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Ausführliche Sitzungsberichte
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Dienstag, 2. September 2008 - Brüssel Ausgabe im ABl.
1. Eröffnung der Sitzung
 2. Vorlage von Dokumenten: siehe Protokoll
 3. Aussprache über Fälle von Verletzungen der Menschenrechte, der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit (Bekanntgabe der eingereichten Entschließungsanträge): siehe Protokoll
 4. Sozialpaket (Erster Teil) (Aussprache)
 5. Abstimmungsstunde
  5.1. Programm „Jugend in Aktion“ (2007-2013) (A6-0274/2008, Katerina Batzeli) (Abstimmung)
  5.2. Programm „Kultur“ (2007-2013) (A6-0273/2008, Katerina Batzeli) (Abstimmung)
  5.3. Programm „Europa für Bürgerinnen und Bürger“ (2007-2013) (A6-0275/2008, Katerina Batzeli) (Abstimmung)
  5.4. Aktionsprogramm im Bereich des lebenslangen Lernens (A6-0276/2008, Katerina Batzeli) (Abstimmung)
  5.5. Protokoll zum Abkommen EG/Usbekistan anlässlich des EU-Beitritts Bulgariens und Rumäniens (A6-0306/2008, Jacek Saryusz-Wolski) (Abstimmung)
  5.6. Protokoll zum Abkommen EG/Kirgisische Republik anlässlich des EU-Beitritts Bulgariens und Rumäniens (A6-0307/2008, Jacek Saryusz-Wolski) (Abstimmung)
  5.7. Protokoll zum Abkommen EG/Tadschikistan anlässlich des EU-Beitritts Bulgariens und Rumäniens (A6-0320/2008, Jacek Saryusz-Wolski) (Abstimmung)
  5.8. Haftung Montenegros für die Serbien und Montenegro (ehemalige Bundesrepublik Jugoslawien) gewährten langfristigen Darlehen (A6-0281/2008, Helmuth Markov) (Abstimmung)
  5.9. Ökologische/biologische Produktion und die Kennzeichnung von ökologischen/biologischen Erzeugnissen (A6-0311/2008, Neil Parish) (Abstimmung)
  5.10. Übereinkommen über die Fischerei im südlichen Indischen Ozean (A6-0315/2008, Philippe Morillon) (Abstimmung)
  5.11. Berichtigungshaushaltsplan Nr. 5/2008 (A6-0328/2008, Kyösti Virrankoski) (Abstimmung)
  5.12. Europäisches Justizielles Netz (A6-0292/2008, Sylvia-Yvonne Kaufmann) (Abstimmung)
  5.13. Gegenseitige Anerkennung von Abwesenheitsurteilen in Strafsachen (A6-0285/2008, Armando França) (Abstimmung)
  5.14. Fischerei und Aquakultur im Rahmen des integrierten Küstenzonenmanagements in Europa (A6-0286/2008, Ioannis Gklavakis) (Abstimmung)
  5.15. Nutzung des Visa-Informationssystems (VIS) im Rahmen des Schengener Grenzkodex (A6-0208/2008, Mihael Brejc) (Abstimmung)
  5.16. Stärkung von Eurojust und Änderung des Beschlusses 2002/187/JI (A6-0293/2008, Renate Weber) (Abstimmung)
  5.17. Bewertung des Dublin-Systems (A6-0287/2008, Jean Lambert) (Abstimmung)
  5.18. Bestimmte Aspekte der Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung (A6-0249/2008, Nickolay Mladenov) (Abstimmung)
  5.19. Koordinierte Strategie zur Verbesserung der Bekämpfung des Steuerbetrugs (A6-0312/2008, Sharon Bowles) (Abstimmung)
 6. Stimmerklärungen
 7. Berichtigungen des Stimmverhaltens und beabsichtigtes Stimmverhalten: siehe Protokoll
 8. Genehmigung des Protokolls der vorangegangenen Sitzung: siehe Protokoll
 9. Vorlage des Entwurfs des Gesamthaushaltsplans durch den Rat – Haushaltsjahr 2009 (Aussprache)
 10. Elektronische Kommunikationsnetze und -dienste – Europäische Behörde für die Märkte der elektronischen Kommunikation – Gemeinsames Konzept für die Nutzung der durch die Digitalumstellung frei werdenden Frequenzen – Elektronische Kommunikationsnetze und -dienste: Universaldienst und Nutzerrechte, Schutz der Privatsphäre und Verbraucherschutz (Aussprache)
 11. Fragestunde (Anfragen an den Rat)
 12. Weiterbehandlung eines Antrags auf Schutz der Immunität: siehe Protokoll
 13. Sonderbericht des Europäischen Bürgerbeauftragten im Anschluss an den Empfehlungsentwurf an die Kommission in der Beschwerde 3453/2005/GG (Aussprache)
 14. Gleichstellung von Frauen und Männern – 2008 (Aussprache)
 15. Europäische Agentur für Netz- und Informationssicherheit (ENISA) (Aussprache)
 16. Auswirkungen von Marketing und Werbung auf die Gleichstellung von Frauen und Männern (Aussprache)
 17. Klonen von Tieren für die Lebensmittelversorgung (Aussprache)
 18. Tagesordnung der nächsten Sitzung: siehe Protokoll
 19. Schluss der Sitzung


  

VORSITZ: MIGUEL ANGEL MARTÍNEZ MARTÍNEZ
Vizepräsident

 
1. Eröffnung der Sitzung
Video der Beiträge
  

(Die Sitzung wird um 9.05 Uhr eröffnet.)

 

2. Vorlage von Dokumenten: siehe Protokoll

3. Aussprache über Fälle von Verletzungen der Menschenrechte, der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit (Bekanntgabe der eingereichten Entschließungsanträge): siehe Protokoll

4. Sozialpaket (Erster Teil) (Aussprache)
Video der Beiträge
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  Der Präsident. − Als nächster Punkt folgen die Erklärungen der Kommission und des Rates zum Sozialpaket (Erster Teil).

 
  
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  Vladimír Špidla, Mitglied der Kommission. − (CS) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Vor zwei Monaten hat die Kommission eine erneuerte Sozialagenda angenommen. Diese Agenda soll der Union helfen, die sozialen Probleme lösen, vor denen Europa im 21. Jahrhundert steht. Sie beinhaltet ein ehrgeiziges und geschlossenes Maßnahmenpaket auf sozialpolitischem Gebiet, das die Europäer in die Lage versetzen wird, die sich ihnen bietenden Chancen zu nutzen.

Wie schon gesagt, wurde die erneuerte Sozialagenda von den Arbeits- und Sozialministern Anfang Juli auf einer informellen Tagung des Rates Sozialpolitik in Chantilly erörtert.

Mit Freude habe ich die Nachricht über die ausgesprochen positive Aufnahme der erneuerten Sozialagenda durch die Mitgliedstaaten zur Kenntnis genommen, und nun erwarte ich mit Interesse die Schlussfolgerungen, die der Rat Ende dieses Jahres verabschieden wird. Ich hatte schon Gelegenheit, dieses Paket der Konferenz der Präsidenten und dem Ausschuss für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten vorzustellen. Damit ist der richtige Zeitpunkt für eine ausführliche Aussprache hier im Parlament gegeben. Der heutige Meinungsaustausch wird uns – davon bin ich überzeugt – einem Konsens in der Frage, welches soziale Europa wir für die europäischen Bürger errichten wollen, näher bringen.

Gestatten Sie mir eine Rückschau auf die bisherige Entwicklung. Dieses umfassende Paket ist das Ergebnis von zwei Jahren gemeinsamer Anstrengungen. Die Kommission hat mit allen interessierten Seiten zusammengearbeitet – den Sozialpartnern, der Zivilgesellschaft, den Mitgliedstaaten und den regionalen und lokalen Gebietskörperschaften. Als ein in sich geschlossenes Ganzes mit Verknüpfungen zu anderen Bereichen wie Bildung, Gesundheit, Umwelt, Informationsgesellschaft und Wirtschaft zeigt das Paket klar, dass die wirtschaftlichen und sozialen Ziele zwei Seiten einer Medaille sind und eng zusammenwirken müssen, um den Menschen zu nutzen. Es ist ein ehrgeiziges Paket, das sich um praktische Antworten auf die Sorgen der Menschen und die Verbesserung ihrer Lebensbedingungen bemüht. Es ist auch ein sehr umfangreiches Paket – das größte, das die Kommission je auf einmal angenommen hat –aus 18 Initiativen, die zusammen mit einer Erklärung vorgelegt werden. Weitere 20 Initiativen, die ein großes Themenspektrum betreffen, werden noch verhandelt.

Ich will heute auf zwei Maßnahmen eingehen – die vorgeschlagene Antidiskriminierungsrichtlinie und die Überarbeitung der Richtlinie über die europäischen Betriebsräte. Aber gestatten Sie mir zunächst ein paar Worte zu den Grundprinzipien dieses Pakets.

Die erneuerte Sozialagenda geht von drei wesentlichen Grundsätzen aus: Chancen, Zugangsmöglichkeiten und Solidarität. Wir Europäer schätzen den Wert des Individuums und wollen, dass alle die gleichen Chancen haben, um ihr Potenzial auszuschöpfen. Dazu müssen die Hindernisse, die den Menschen im Weg stehen, beseitigt und solche Bedingungen geschaffen werden, die es jedem ermöglichen, die gebotenen Chancen zu nutzen – bei gleichzeitiger Wahrung der europäischen Vielfalt und unter Vermeidung von Zwistigkeiten.

Dem Glauben der Europäer an die Gleichheit entspringt ihr gemeinsamer Sinn für soziale Solidarität: einer Solidarität zwischen den Generationen, den Regionen, zwischen jenen, denen es besser geht, und jenen, die schlechter gestellt sind, zwischen den reicheren und den weniger reichen Mitgliedstaaten, und auch mit unseren Nachbarn und Freunden in anderen Teilen der Welt, denn Solidarität ist ein untrennbarer Bestandteil des Funktionierens der europäischen Gemeinschaft und unserer Beziehungen zu den übrigen Staaten der Erde.

Meine Damen und Herren, wie sie wissen, ist der Rechtsschutz gegen Diskriminierung in der EU derzeit je nach den Gründen der Diskriminierung unterschiedlich ausgeprägt. Diskriminierung beschränkt sich aber nicht nur auf einen Bereich. Deshalb haben wir im Rahmen des Pakets eine horizontale Richtlinie vorgeschlagen, die Diskriminierung aufgrund des Alters, der sexuellen Ausrichtung, der Religion oder einer Behinderung außerhalb von Beschäftigung und Beruf verbietet. Eine horizontale Richtlinie bringt den Mitgliedstaaten, den Wirtschaftsakteuren und den Bürgern die größte Klarheit und Rechtssicherheit.

Dieser Entwurf ist eine Antwort auf die wiederholten Forderungen des Parlaments, und er kommt der politischen Verpflichtung nach, die die Kommission bei ihrem Amtsantritt übernommen hat. Er ist ein flexibles Instrument, das auf Grundsätzen basiert, die bereits in den Mitgliedstaaten angenommen und in bestehenden Vorschriften festgeschrieben wurden.

Lassen Sie mich eines betonen: Wenn wir alle Gründe von Diskriminierung in der gleichen Weise behandeln, heißt das nicht, dass auf allen Gebieten einheitliche Regeln angewendet werden müssen. Im Versicherungs- und Bankwesen können beispielsweise Unterschiede im Hinblick auf das Alter oder eine Behinderung gemacht werden. Diese Unterschiede werden jedoch mit überzeugenden Argumenten und zuverlässigen statistischen Angaben belegt werden müssen. Für Ältere wird es auch weiterhin Ermäßigungen in öffentlichen Verkehrsmitteln und bei Kulturveranstaltungen geben. Und es wird auch weiterhin möglich sein, den Zugang zu bestimmten Waren aus Gründen des Gesundheitsschutzes, z. B. beim Verkauf von Alkohol an Minderjährige, einzuschränken.

Die Richtlinie erstreckt sich auf die Bereitstellung sämtlicher Waren und Dienstleistungen und betrifft sowohl Unternehmen als auch Privatpersonen, die Waren und Dienstleistungen kommerziell anbieten.

Die Richtlinie entspricht auch hinsichtlich der Beweislast dem Verhältnismäßigkeitsprinzip, das sowohl in den bestehenden Antidiskriminierungsrichtlinien als auch in der von den Mitgliedstaaten und der Europäischen Union unterzeichneten UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit einer Behinderung verankert ist.

Die vorgeschlagene Richtlinie verbietet Diskriminierung, achtet aber zugleich die sonstigen Grundrechte und -freiheiten einschließlich des Privat- und Familienlebens und der in diesem Kontext stattfindenden Handlungen sowie die Religions- und Versammlungsfreiheit.

Ein weiteres Problem, auf das ich aufmerksam machen möchte, ist die Diskriminierung der Roma, die die Kommission wiederholt als mit den EU-Prinzipien unvereinbar verurteilt hat. Das Paket enthält eine Mitteilung über unser erneuertes Engagement für Chancengleichheit und zur Bekämpfung von Diskriminierung sowie ein Arbeitsdokument der Dienststellen der Kommission über die gemeinschaftlichen Instrumente und Maßnahmen zur Eingliederung der Roma.

Das ist eine Reaktion auf Forderung des Europäischen Rates an die Kommission vom Dezember 2007, die bestehenden Instrumente und Maßnahmen zu überprüfen und ihm einen Bericht über die erreichten Fortschritte vorzulegen.

Dem Arbeitsdokument der Dienststellen der Kommission zufolge sind die erforderlichen Rechts-, Finanz- und Koordinierungsinstrumente vorhanden und werden auch genutzt, allerdings noch nicht in ausreichendem Maße. Die erneuerte Sozialagenda umfasst einige Initiativen, mit denen die Fähigkeit der Union erhöht werden soll, auf Veränderungen effektiver zu reagieren. Wir sind überzeugt, dass dem europäischen Sozialdialog und den europäischen Betriebsräten in diesem Zusammenhang eine besondere Aufgabe zukommt. Die Richtlinie über die Einsetzung europäischer Betriebsräte verlangt schon seit einiger Zeit nach Überarbeitung.

Gegenwärtig gibt es in der Union 820 europäische Betriebsräte, die 15 Millionen Arbeitnehmer vertreten. Wie jedoch Fälle aus jüngster Zeit zeigen, kommen sie ihrer Aufgabe nicht zufriedenstellend nach, und die Arbeitnehmer werden bei der Umstrukturierung von Unternehmen oft nicht richtig informiert oder konsultiert. Mit Hilfe der Initiative soll daher der soziale Dialog in den Unternehmen auf supranationaler Ebene gestärkt werden.

Es handelt sich um einen ausgewogenen Vorschlag, der sicherstellen soll, dass die Arbeitnehmervertreter in den sie betreffenden Angelegenheiten ausreichend unterrichtet und konsultiert werden, und der es den Unternehmen gleichzeitig gestattet, sich der Globalisierung anzupassen.

Selbstverständlich hätte die Kommission eine Lösung bevorzugt, die vorher zwischen den Sozialpartnern vereinbart worden wäre, aber da es nicht gelungen ist, diese im Juni letzten Jahres an den Verhandlungstisch zu bringen, sah sie sich gezwungen, auf eigene Initiative einen Vorschlag zu unterbreiten.

Gleichwohl schätze ich den gemeinsamen Brief, den die Sozialpartner im August an den Rat und das Parlament gerichtet haben. Wir anerkennen das Bemühen beider Seiten, bei einem so komplexen Thema Einigung zu erzielen. Ich bin auch froh, dass sie sich entschlossen haben, den Vorschlag der Kommission als Grundlage für die weitere Arbeit anzunehmen, und hoffe sehr, dass das Parlament die praktischen Vorschläge der Sozialpartner berücksichtigen wird, wenn es zur ersten Lesung kommt. Die Kommission wird sich nach Kräften bemühen, den Weg dahin so weit wie möglich zu ebnen.

Nun einige Worte zu den Auswirkungen der Globalisierung. Manchmal ist eine Umstrukturierung von Unternehmen unvermeidlich, aber die Auswirkungen auf die Beschäftigten und deren Familien können sehr schmerzlich sein. Der Europäische Fonds für die Anpassung an die Globalisierung sieht in solchen Situationen Unterstützung vor. Bislang hat der Fonds 7 250 Arbeitnehmern geholfen, eine neue Beschäftigung zu finden. Darüber können wir uns freuen, aber es muss sichergestellt werden, dass der Fonds allen zugänglich ist, die von ihm profitieren können.

Laut dem Bericht, der zum Paket über die Sozialagenda gehört, wurden 2007 nur 4 % der jährlich zur Verfügung stehenden 500 Millionen Euro in Anspruch genommen. Daher sollte darüber nachgedacht werden, wie die Ergebnisse der Aktivitäten des Fonds verbessert werden können.

Zum Thema Arbeitnehmermobilität möchte ich sagen, dass die Entsenderichtlinie von 1996 sowohl den freien Dienstleistungsverkehr unterstützt als auch die Arbeitnehmer gegen Missbrauch schützt und ihnen die Einhaltung der Grundrechte in den Mitgliedstaaten garantiert, in die sie entsandt werden. Jüngste Urteile des Gerichtshofs in dieser Sache haben eine Reihe von Fragen aufgeworfen. Die Reaktionen darauf sind völlig legitim, und wir müssen hier gemeinsam eine Antwort finden. Ich lade für den 9. Oktober zu einem Forum ein, auf dem diese komplizierte Problematik mit politischen Organen, Sozialpartnern, Vertretern europäischer Institutionen und Rechts- und Wirtschaftsexperten erörtert werden soll.

Selbstverständlich wird die Kommission auch weiterhin allen Stimmen Gehör schenken, doch für den Augenblick sehe ich keinen Bedarf, die Richtlinie zu ändern. Wir werden auf jeden Fall dafür sorgen, dass es nicht zu einem Konflikt zwischen den im Vertrag verankerten Grundfreiheiten und den Grundrechten der Bürger kommt.

Meine Damen und Herren, diese neue Sozialagenda ist eine Bestätigung für das Engagement der Europäischen Union, eine starke und echte soziale Dimension für Europa zu unterstützen, ein soziales Europa, das den Erwartungen unserer Mitbürger gerecht wird. Das ist aber nicht möglich ohne Einbeziehung der Bildungsdimension, die von großer Bedeutung ist. In diesem Zusammenhang möchte ich drei Dokumente erwähnen:

1. Empfehlung des Rates über die europaweite Mobilität junger Freiwilliger,

2. Mitteilung „Bessere Kompetenzen für das 21. Jahrhundert: eine Agenda für die europäische Zusammenarbeit im Schulwesen“,

3. Grünbuch. Migration & Mobilität: Chancen und Herausforderungen für die EU-Bildungssysteme.

Es ist unser gemeinsamer Wunsch, die soziale Dimension Europas zu stärken und zu vertiefen. Die in dem Paket enthaltenen achtzehn Maßnahmen stellen in dieser Richtung den ersten Schritt unserer Bemühungen dar. Ich weiß, dass ich mich auf Sie, deren Aufgabe es ist, die Stimme der Menschen zu vertreten, verlassen kann und dass Sie diese Vorschläge und politischen Dokumente eingehend und sorgfältig prüfen werden. Das ist von grundlegender Bedeutung für ihre Zukunft.

 
  
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  Xavier Bertrand, amtierender Ratspräsident. (FR) Herr Präsident, Herr Kommissar, meine Damen und Herren! Wir sind hier, um über das soziale Europa zu sprechen. Wir sollen über das soziale Europa sprechen, und ich freue mich, dies heute vor dem Europäischen Parlament zu tun, das im institutionellen Gefüge Europas ein Schlüsselakteur ist, ein unverzichtbarer Partner, mit dem der französische Ratsvorsitz so eng wie möglich zusammenarbeiten möchte.

Ich habe dies bereits gesagt und sage es nun noch einmal: 2008 muss das Jahr der Wiederbelebung des sozialen Europa sein. Dies erwarten meines Erachtens alle unsere europäischen Akteure. Das Gipfeltreffen in Luxemburg im Juni, das Treffen in Chantilly im Juli sind Meilensteine auf diesem Weg. Wir wollten, dass sich der französische Ratsvorsitz mit der Überprüfung der europäischen Sozialagenda, von der Kommissionsmitglied Špidla gerade gesprochen hat, auseinandersetzt. Dies ist eine Schlüsselfrage, die von uns verlangt, eine soziale Vision für Europa festzulegen und diese Vision in konkretes Handeln umzusetzen. Die Gespräche von Chantilly, an denen das Parlament durch Ihren Ausschussvorsitzenden, Herrn Andersson, teilnahm, haben es uns ermöglicht, eine Reihe gemeinsamer Werte, die wir alle teilen, zu bekräftigen, und eben diese Werte bestimmen die sozialpolitischen Ziele Europas. Diese Werte sind der soziale Dialog, die Solidarität zwischen den Generationen, Maßnahmen gegen Armut und Diskriminierung, Gleichstellung der Geschlechter, sozialer Schutz, berufliche Mobilität und die Bedeutung der Dienstleistungen von allgemeinem Interesse bei der Gewährleistung des sozialen Zusammenhalts und der sozialen Verantwortung von Unternehmen und Industrie. Aus der Sicht Pekings, Washingtons, Kapstadts, Neu Delhis oder gar Brisbanes machen diese Werte die Besonderheit des europäischen Sozialmodells aus.

Chantilly war für uns eine Gelegenheit, die Welt daran zu erinnern, dass diese Werte für die Entwicklungsstrategie Europas, die Lissabon-Strategie zentrale Bedeutung haben. Mit anderen Worten, in Chantilly wurde daran erinnert, dass dieses Sozialmodell, diese gemeinsamen Werte, eine europäische Stärke in unserer globalisierten Welt sind.

Warum? Weil die wissensbasierte Wirtschaft, die Innovationswirtschaft nur aufgebaut werden können, wenn der Schwerpunkt auf der Entwicklung des Humankapitals und auf dem lebenslangen Lernen liegt. Denn die gesamte Wirtschaft verliert, wenn ganze Bevölkerungsgruppen über lange Zeit von der Arbeitswelt ausgeschlossen werden, nicht zur Erwirtschaftung von Wohlstand beitragen können und keinen Zugang zu Waren und Dienstleistungen haben. Denn auch Arbeitnehmer sind produktiver, wenn sie gute Beschäftigungsbedingungen und einen sozialen Schutz haben, der sie vor den Widrigkeiten des Lebens schützt.

Wirtschaftlicher Fortschritt bedeutet nicht, sozialen Fortschritt zu opfern, ganz im Gegenteil. Ich bin nicht der einzige, für den sie untrennbar miteinander verbunden sind. Ohne sozialen Fortschritt erschöpft sich der wirtschaftliche Fortschritt früher oder später. Deshalb muss Europa an beiden Fronten voranschreiten: wirtschaftlicher Fortschritt, ja, aber auch sozialer Fortschritt.

Neben dieser Überzeugung, die wir gemeinsam bekräftigt haben, konnten wir eine andere Feststellung machen: das europäische Sozialmodell muss sich ändern, muss sich an die Globalisierung anpassen, an den Klimawandel, den demografischen Wandel und die zunehmende Vielfalt der europäischen Gesellschaften. Daher müssen wir unsere Arbeitsmärkte anpassen und die „Flexicurity“ einführen, das heißt neue Sicherheiten und Flexibilität für Arbeitnehmer und Arbeitgeber.

Die Dinge ändern sich. Zunächst erschreckte der Begriff „Flexicurity“ die Menschen, alarmierte sie. Doch nun stellt er ein europäisches Ideal dar, das von allen Akteuren, einschließlich der Sozialpartner, angestrebt wird. Das Wort ist gang und gäbe, ein alltäglicher Begriff; dies zeigt, dass die Dinge sich tatsächlich geändert haben, dass die Einstellungen sich ändern.

Eine andere Frage, mit der wir uns auseinandersetzen müssen, wenn wir unser Sozialmodell weiterentwickeln wollen, ist die Sicherstellung des sozialen Zusammenhalts, mit Maßnahmen zur Bekämpfung neuer Formen von Armut, insbesondere solcher, unter denen Kinder leiden. Es ist an der Zeit, unsere Kräfte zu bündeln und unsere Gesellschaften besser auf diesen demografischen Wandel vorzubereiten, die Solidarität zwischen den Generationen zu stärken und dafür zu sorgen, dass die Menschen Zugang zu hochwertigen sozialen Dienstleistungen von allgemeinem Interesse haben.

Dieser Prozess der Anpassung läuft bereits seit mehreren Jahren. Dank der Initiativen der Kommission, des Ministerrates, des Europäischen Parlaments und der Sozialpartner machen wir Fortschritte bei konkreten Initiativen, um auf die Anliegen der europäischen Bürger zu reagieren. Wie können wir gleichzeitig die Freizügigkeit der Arbeitnehmer in Europa und die Wahrung der Rechte derjenigen sicherstellen, die sich auf dem Markt bewegen? Wie können wir die Umstrukturierung besser steuern, indem wir die Arbeitskräfte europaweit einbinden? Wie stellen wir sicher, dass die Menschen zu arbeiten in der Lage sind und damit Anteil an der Gesellschaft nehmen, und was können wir tun, um die Diskriminierung wirksamer zu bekämpfen?

Diese Bemühungen werden während des französischen Ratsvorsitzes weitergehen. Vor allem, da – und ich sage das ganz offen – angesichts der bevorstehenden Wahlen die zweite Jahreshälfte 2008 unsere letzte Möglichkeit sein wird, während dieser Legislaturperiode Ergebnisse bei bestimmten Themen zu erzielen. Alle von uns werden in Kürze von unseren europäischen Mitbürgern an den Wahlurnen zur Rechenschaft gezogen.

Die Europäer erwarten hierbei Ergebnisse. Die Reaktionen auf die jüngsten Entscheidungen des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften sind ein Beweis dafür. In diesem Bereich kann uns das Europäische Parlament helfen, ebenso bei vielen anderen Bereichen, auf die ich kurz eingehen werde.

Zunächst die Überarbeitung der Richtlinie über die europäischen Betriebsräte, von der Vladimír Špidla gerade gesprochen hat. Dies ist ein sehr wichtiges Unterfangen, das den sozialen Dialog in Europa stärken wird. Die derzeitige Richtlinie gilt für über vierzehn Millionen Arbeitnehmer und 820 Unternehmer. Durch die Überarbeitung der Richtlinie wird deren Anzahl noch zunehmen.

In Chantilly haben wir Vertreter des Europäischen Gewerkschaftsbundes und von Business Europe zusammengebracht, um ihre Standpunkte zu dem überarbeiteten Text zu hören, den die Kommission vorgelegt hat. Sie haben den Vorschlag als Arbeitsgrundlage begrüßt und sagten, sie könnten verhandeln, um strittige Punkte zu klären. Sie stellen momentan eine Reihe gemeinsamer Vorschläge fertig, die sie zu gegebener Zeit übermitteln werden.

Wenn dies verwirklicht wird, wenn die Sozialpartner gemeinsame Vorschläge zur Überarbeitung der Richtlinie ausarbeiten, wird dies unsere Arbeit, die Arbeit des Parlaments und des Rates unterstützen. Warum also nicht so rasch wie möglich eine Einigung in erster Lesung erreichen? Und falls möglich, vor Ende des Jahres?

Zu unserem zweiten Arbeitsschwerpunkt: Ich muss natürlich den Vorschlag für eine Richtlinie zum Schutz vor Diskriminierung über den Arbeitsplatz hinaus erwähnen, den die Kommission ebenfalls am 2. Juli angenommen hat. Darüber wurde in Chantilly viel diskutiert, der Ratsvorsitz hat die Verhandlungen über diesen Text Anfang Juli eingeleitet. Das Parlament wird zu dieser Frage konsultiert werden, aber ich möchte hervorheben, dass im Kommissionsvorschlag, der vier Gründe für Diskriminierung umfasst, die Entschließung berücksichtigt wurde, die das Parlament im vergangenen Frühjahr zum Bericht von Elizabeth Lynne angenommen hat.

Die dritte Frage, die ebenfalls viel Aufmerksamkeit weckte, betraf die sozialen Dienstleistungen von allgemeinem Interesse. Alle Mitgliedstaaten sprechen darüber. Sie reden alle über die gleiche Sache, auch wenn sie, zugegebenermaßen, nicht alle genau das Gleiche sagen. Doch die Annahme des Zusatzprotokolls zum Vertrag von Lissabon und die Bewertung des Altmark-Pakets geben uns die Möglichkeit, über den Beitrag nachzudenken, den diese Dienstleistungen zum sozialen Zusammenhalt in Europa leisten können, über die Notwendigkeit, ihre Qualität sicherzustellen und die Wichtigkeit, ihnen einen verlässlichen Rechtsrahmen zu geben. Wir hoffen, mit der Kommission und allen, die dazu beitragen wollen, einen Fahrplan ausarbeiten und eine Reihe von Zwischenzielen aufstellen zu können, um Fortschritte bei diesem so wichtigen Thema zu erreichen.

Und schließlich gibt es die Richtlinien zur Zeitarbeit und zur Arbeitszeit. Bei beiden ist das Europäische Parlament am Zug, für die zweite Lesung. Wir müssen ein Vermittlungsverfahren vermeiden. Millionen Zeitarbeiter in Europa warten ungeduldig auf das Inkrafttreten der Richtlinie zur Zeitarbeit, und in einigen Mitgliedstaaten muss die Frage des Bereitschaftsdienstes dringend geregelt werden. Ich kann das Parlament also nur darin bestärken, uns über den weiteren Verlauf zu unterrichten, auch hier unter Berücksichtigung der ausgleichenden Faktoren, derer ich mir sehr bewusst bin. Aber auch hier haben die Menschen Erwartungen an uns, und alle Augen sind auf uns gerichtet.

Ich denke beim Thema der Mobilität auch daran, dass eine Einigung über die Durchführungsverordnung zur Abstimmung der Systeme der sozialen Sicherheit erreicht werden muss.

Der französische Ratsvorsitz braucht die Unterstützung des Europäischen Parlaments bei all diesen Fragen, um konkrete Ergebnisse zu erzielen. Diese Ergebnisse – Sie wissen dies, aber ich wiederhole es noch einmal – werden von den Europäern ungeduldig erwartet, die von uns fordern, unsere Vision eines sozialen Europa zum Nutzen ihres Alltags weiterzuverfolgen, damit Europa mehr Anteil an ihrem täglichen Leben hat. Wir wissen heute, dass wir nicht weniger, sondern mehr Europa brauchen. Wir wissen heute genau, dass wir nicht weniger soziales Europa brauchen, sondern mehr. Meine Damen und Herren, wir wissen genau, welche Herausforderungen wir bewältigen müssen.

 
  
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  Joseph Daul, im Namen der PPE-DE-Fraktion. – (FR) Herr Präsident, Herr amtierender Ratspräsident, Herr Kommissionspräsident, Herr Kommissar Špidla, meine Damen und Herren! Die Fraktion der Europäischen Volkspartei und europäischer Demokraten misst der sozialen Gerechtigkeit einen hohen Stellenwert bei. Die Wahrung der europäischen Sozialmodelle ist eine unserer Prioritäten in einer immer stärker globalisierten Welt. Aus diesem Grund begrüße ich als Vorsitzender der PPE-Fraktion den Vorschlag der Kommission zu dem neuen Sozialpaket. Dieser Text bietet Antworten auf einige Fragen von grundlegender Bedeutung für unsere Gesellschaften, wie den demografischen Wandel, die Globalisierung und die Bekämpfung der Armut.

Meine Fraktion ist der Ansicht, dass die Kommission noch weiter gehen und konkretere Maßnahmen ergreifen sollte. Die Bekämpfung der Armut, die Eingliederung von Bevölkerungsgruppen, die vom Arbeitsmarkt ausgeschlossen sind, die Förderung der Mobilität der Arbeitnehmer und die Verbesserung der Bildung und Ausbildung von Arbeitnehmern fordern ein zielgerichtetes Programm, konkrete Maßnahmen und ein starkes Engagement der Europäischen Union und ihrer Mitgliedstaaten.

Der demografische Wandel ist eine große Herausforderung für unsere Volkswirtschaften. Ältere Arbeitnehmer, Frauen, Jugendliche und vor allem behinderte Menschen – ganz allgemein alle, die eine längere Zeit nicht in den Arbeitsmarkt eingegliedert waren – müssen eine neue Chance bekommen. Wir müssen diesen Menschen helfen, Arbeit zu finden oder sich wieder in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Dafür wollen wir konkrete Maßnahmen zur Förderung des lebenslangen Lernens.

Die in den Arbeitsmarkt integrierten Personen sind weiterhin Ungleichheiten ausgesetzt. Wir sind sehr besorgt darüber, dass Männer und Frauen immer noch keine gleiche Bezahlung erhalten. Dies dürfte es im Europa des Jahres 2008 nicht mehr geben. Ebenso müssen angemessene Betreuungsmöglichkeiten geschaffen werden, um Berufs- und Familienleben miteinander vereinbaren zu können. Wir fordern die Kommission und den Rat daher auf, hier konkrete Maßnahmen zu ergreifen. Meine Fraktion ist gegen sämtliche Formen von Diskriminierung. Daher befürworten wir die erklärte Absicht der Kommission, die in den einschlägigen Rechtsvorschriften noch bestehenden Lücken zu schließen. Die Bekämpfung der Diskriminierung von Menschen mit Behinderungen muss verstärkt werden.

Meine Damen und Herren, unseres Erachtens ist das Wirtschaftswachstum unser wirksamstes Instrument, um die Sozialmodelle im Zeitalter der Globalisierung zu bewahren. Aber wir sind davon überzeugt, dass wir zur Verwirklichung der Ziele der Lissabon-Strategie die Unternehmen und die Industrie fördern müssen, da sie die wichtigste Triebkraft bei der Schaffung von Arbeitsplätzen sind. Wir müssen das Image des Unternehmers in Europa verbessern und junge Menschen dazu ermutigen, ihre eigenen Unternehmen zu gründen. Wir müssen auch für ein wettbewerbsfähiges Umfeld für unsere Unternehmen sorgen und dabei vor allem kleine und mittlere Unternehmen unterstützen, die bei der Schaffung von Arbeitsplätzen führend sind.

Uns dessen bewusst, fordern wir alle Akteure in diesem Bereich auf, sich für mehr „Flexicurity“ in Europa einzusetzen. Das Konzept hat sich in den Ländern, die es angewendet haben, als nützlich erwiesen. Es verleiht den Unternehmen die notwendige Flexibilität, um international wettbewerbsfähig zu sein, und schützt gleichzeitig die Arbeitnehmer. Ich begrüße die Absicht der Kommission, den sozialen Dialog zu fördern. Für uns ist eine Partnerschaft, die auf Vertrauen in den Unternehmen basiert, ein Schlüsselelement für ihren Erfolg auf dem Markt.

Meine Damen und Herren, in den derzeitigen Verträgen sind für soziale Fragen weiterhin im Wesentlichen die Mitgliedstaaten zuständig. Dies kann und muss sich ändern, doch bis dahin müssen wir das Subsidiaritätsprinzip wahren. Wir haben keine Wahl. Das darf die Kommission nicht davon abhalten, Folgenabschätzungen vorzunehmen, Ungleichheiten zu verurteilen und die sozialen Folgen aller neuen Rechtsvorschriften zu bewerten. Ich fordere sie ausdrücklich dazu auf. Wir stehen vor gewaltigen sozialen und gesellschaftlichen Aufgaben. Wir müssen unsere Wirtschaftssysteme reformieren, sie anpassen, um sie wettbewerbsfähiger zu gestalten, damit weniger Menschen ausgegrenzt werden. Es kann keinen sozialen Fortschritt ohne Wirtschaftswachstum geben, aber die Wirtschaft kann ohne sozialen Fortschritt nicht wettbewerbsfähig sein. Die PPE-DE-Fraktion ist heute mehr denn je entschlossen, hierbei Ergebnisse zu erzielen.

 
  
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  Martin Schulz, im Namen der PSE-Fraktion. – Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn man die Reden meiner Vorredner, von Herrn Kommissar Špidla, Minister Bertrand, von Ihnen, Herr Kollege Daul, hört, ist ja alles in Ordnung. Sie sind auf dem guten Weg: 2008 wird das Jahr der Wiederbelebung des sozialen Europas.

Das hört sich alles schön an, aber die Realität ist bitterer. Die Realität sieht anders aus! Die Realität ist, dass es eine enorme soziale Ungleichheit in der Europäischen Union gibt! Es gibt immer mehr enorm steigende Gewinne bei stagnierenden Löhnen. Die Einkommensschere klafft immer weiter auseinander. Der Kaufkraftverlust der einfachen Leute in der Europäischen Union ist bei den dramatischen Steigerungen der Energiepreise ein richtiges Verarmungsprogramm! Das ist das Problem, mit dem wir uns im sozialen Europa auseinandersetzen müssen und nicht mit schönen Worten! Das, was Sie auf den Weg bringen, Herr Špidla, ist schön. Das begrüßen wir!

Meine Kolleginnen und Kollegen, wir werden im Detail darauf eingehen, was wir zu den einzelnen Vorschlägen sagen. Deshalb kann ich ein paar grundsätzliche Bemerkungen dazu machen, was wir vom sozialen Europa erwarten. Wenn vor fünfzehn Jahren Menschen in der Europäischen Union – egal in welchem Land – das Gefühl hatten, dass irgendetwas falsch läuft, dass irgendein Standard, den man im nationalen Rahmen entwickelt hatte, in Gefahr war, dann haben die Leute gesagt: Das muss Europa regeln, das müssen wir auf europäischer Ebene regeln, weil die Leute damals glaubten, dass die europäischen Regelungen im europäischen Rahmen einen die Staatengrenzen überschreitenden Schutz schaffen.

Heute, fünfzehn Jahre später, müssen sie jemandem einmal sagen: Das regeln wir in Europa. Dann haben viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer Angst, weil sie glauben, dass dieses Europa, so wie es heute aufgestellt ist, ihren sozialen Schutz nicht mehr gewährleistet.

Wenn Sie einmal das irische Referendum und das Wahlverhalten von jungen Leuten genau analysieren, dann sagen diese jungen Leute: Europa ist eine tolle Idee. Aber so, wie es heute organisiert und aufgestellt ist, ist es nicht gut organisiert, ist es nicht gut aufgestellt. Da wir in einen Wahlkampf gehen, muss man auch einmal die Frage stellen: Woher kommt die Situation vor fünfzehn Jahren, als es sozialpolitischen Optimismus für Europa gab? Und woher kommt der Pessimismus heute? Da müssen wir als Sozialdemokraten sagen: Europa wird rechts regiert! Sie halten eine schöne sozialdemokratische Rede, Herr Minister – das ist wunderbar, was Sie hier sagen! Aber wie hat sich Ihre Regierung denn bei der Arbeitszeitrichtlinie im Rat verhalten?

(Beifall)

Ihre Regierungspartei ist ein Mitglied der Europäischen Volkspartei. Die Europäische Volkspartei stellt den überwiegenden Anteil der Regierungschefs in der Europäischen Union. Sie stellen die absolute Mehrheit der Kommissare in der Kommission, sie stellen den Kommissionspräsidenten. Sie sind die stärkste Fraktion in diesem Hause, aber wenn man Ihnen zuhört, haben Sie mit der sozialen Fehlentwicklung in Europa überhaupt nichts zu tun. Europa wird rechts regiert, und zwar in die falsche Richtung, und das muss bei der Europawahl korrigiert werden!

(Beifall)

Sie werden eine gute Chance bekommen, wenn es darum geht, das in die Tat umzusetzen, was Sie eben gesagt haben. Das soziale Europa ist für uns eine Schlüsselfrage, haben Sie gesagt. Für unsere Fraktion, ja! Was bedroht eigentlich die Menschen stark in der Europäischen Union? Unkontrollierte Finanzmärkte! Unkontrollierte Hedgefonds und Private-Equity-Unternehmen, die irgendwelche Unternehmen kaufen, auspressen, die Arbeitnehmer auf die Straße setzen – nur für die Profitmaximierung der Anleger.

Mein Kollege Paul Nyrup Rasmussen hat einen sehr guten Bericht vorgelegt. Wir brauchen hier die qualifizierte Mehrheit, damit die Kommission eine Initiative zur Kontrolle der Hedgefonds, zur Kontrolle der Private-Equity-Unternehmen ergreifen kann. Wer verweigert denn die Zustimmung dazu? Sie, die EVP, Ihre Abgeordneten im Wirtschaftsausschuss sind dagegen!

Deshalb muss in aller Klarheit gesagt werden, dass der Kampf um ein soziales Europa auch der Kampf um ein Konzept ist. Sie haben richtigerweise gesagt, Herr Bertrand: Die Europäische Union war ein Erfolgsmodell, weil ökonomischer Fortschritt mit sozialem Fortschritt gekoppelt wurde. Das war immer die Philosophie, übrigens auch der Christdemokraten in Europa. Jahrzehntelang waren das zwei Seiten der gleichen Medaille, bis der neoliberale Mainstream zu Beginn der 90er Jahre angefangen hat, uns zu erzählen, dass weniger Löhne, längere Arbeitszeiten und weniger Mitbestimmung im Betrieb die Grundvoraussetzung für mehr Wachstum seien. Jahrzehntelang haben uns doch Leute – auch in der Kommission sitzen sie heute noch in hellen Scharen herum, Leute, denen die Pferderennbahn wichtiger ist als das soziale Europa, die aber hier für den Binnenmarkt zuständig sind – erzählt und erzählen es noch heute – Herr Trichet vorneweg bei jeder Pressekonferenz –, die Löhne in Europa seien zu hoch – vielleicht für die Vorstandsmitglieder der Europäischen Zentralbank, das kann sein, aber nicht für normale Arbeitnehmer in Europa!

Wir werden also dafür sorgen müssen, dass es insgesamt auch einen politischen Richtungswechsel gibt, einen Richtungswechsel dahin, dass das europäische Sozialmodell tatsächlich wieder dahin zurückkehrt, wo Sie es haben wollen, Herr Bertrand, nämlich dass jeder ökonomische Fortschritt, den die Europäische Union erzielt, auch zu einem sozialen Mehrwert für die Bürgerinnen und Bürger in der Europäischen Union wird.

Klar, im weltweiten Wettbewerb von Peking bis Brisbane – da haben Sie Recht – kann die EU nur bestehen, wenn wir diesen Binnenmarkt entwickeln. Das wollen wir: Wir wollen einen fähigen Binnenmarkt. Wir wollen einen leistungsfähigen, einen wettbewerbsfähigen europäischen Kontinent. Aber wir wollen ihn, damit ein Mehrwert geschaffen wird, von dem alle profitieren, nicht nur die Anleger großer Konzerne, großer Aktiengesellschaften, großer Banken.

Wenn es in Europa die Philosophie gibt, dass Leute europäische Preise ergattern, die bei Pressekonferenzen zur Leistungsbilanz ihrer Firma sagen: Wir haben Milliarden Überschüsse in ganz Europa gemacht, für die wir in Europa keine Steuern zahlen, weil wir sie europäisch machen und nicht national und deshalb national nicht besteuert werden; damit das so bleibt und unsere Aktionäre weiterhin ihren Profit haben, setzen wir zehntausend Leute auf die Straße – solange das die Realität des sozialen Europas ist, können wir hier diskutieren, soviel wir wollen, die Leute werden sich nicht hinter Europa stellen.

Wir wollen aber den europäischen Gedanken stabilisieren, die Integration voranbringen! Deshalb: Ein soziales Europa misst sich an Ihren Taten. Das gilt, Herr Bertrand, für Sie im Rat und hier im Parlament, Herr Daul, für Sie.

 
  
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  Graham Watson, im Namen der ALDE-Fraktion. – (EN) Herr Präsident! Dieses Sozialpaket stellt einen begrüßenswerten Fortschritt beim Aufbau einer europäischen Gemeinschaft dar, der das Wohl ihrer Bürger am Herzen liegt.

Die Bürger, die gegen die europäische Verfassung und den Vertrag von Lissabon gestimmt haben, haben damit eine klare Botschaft ausgesandt. Diese Botschaft lautet, dass sie die Europäische Union nicht mit neuen Befugnissen ausstatten werden, nur weil wir das so wollen. Unsere Menschen wollen wissen, was für eine Europäische Union wir da errichten.

Dieses Paket ist umfangreich und kontrovers, und wir müssen dafür sorgen, dass die Menschen die Vorteile kennen, die es für ihr Leben bringt.

Wie Kommissar Špidla sagte, enthalten die Richtlinie über den Europäischen Betriebsrat und natürlich auch der Vorschlag über Patientenrechte in der grenzüberschreitenden Gesundheitsversorgung, für den meine Fraktion so hart gekämpft hat, viel Lobenswertes.

Doch ich möchte mich heute auf zwei spezielle Maßnahmen in diesem Paket konzentrieren. Bei der ersten handelt es sich um die Überarbeitung des Fonds für die Anpassung an die Globalisierung, der Menschen, die ihren Arbeitsplatz verloren haben, helfen soll, einen neuen zu finden. Derzeit ist es so, dass in einem Unternehmen eintausend Arbeitsplätze in Gefahr sein müssen, bevor es einen entsprechenden Antrag stellen kann. Die Allianz der Liberalen und Demokraten begrüßt den Vorschlag, diese Schwelle zu senken und die Antragsverfahren zu vereinfachen, und zwar nicht, weil die Europäische Union die Arbeit für Europa planen sollte – für diese Aufgabe ist der Binnenmarkt am besten geeignet – oder weil wir glauben, dass die EU die Arbeitslosenunterstützung bereitstellen sollte – das ist Aufgabe der Mitgliedstaaten. Sondern wir begrüßen diesen Vorschlag, weil er auf einem soliden liberalen Grundsatz beruht: dass nämlich Beschäftigung die beste Quelle für soziales Wohlergehen darstellt.

Ausgehend davon, dass das Wachstum zum Erliegen kommt und sich einige Mitgliedstaaten bereits in der Rezession befinden, wird diese Politik dazu beitragen, die Spirale aus dem plötzlichen Verlust vieler Arbeitsplätze und der damit verbundenen Abhängigkeit von Sozialleistungen zu verhindern.

Die zweite Maßnahme betrifft die Richtlinie über die Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes: Meine Fraktion hat sich seit Beginn der Amtszeit der jetzigen Kommission konsequent dafür eingesetzt.

Die Definition der Diskriminierung wird sich nunmehr auf die wichtigsten Minderheitengruppen – ältere Menschen, Homosexuelle, Behinderte, Menschen aller Glaubensbekenntnisse und Atheisten – erstrecken und für Kunden und Verbraucher sowie Arbeitnehmer gelten.

Auch dabei handelt es sich um eine liberale Maßnahmen, die mit praktischem Nutzen verbunden sein wird, und zwar die Art von Nutzen, die aus dem Wissen resultiert, dass man unbehelligt von Tyrannei und Vorurteilen seiner Arbeit nachgehen und sein Leben leben kann.

Der Richtlinienentwurf geht allerdings nicht weit genug. Er weist noch immer Lücken auf, und die Diskriminierungsgefahr ist nicht vollständig gebannt. Wieso, Herr Kommissar, ist es beispielsweise in Ordnung, die Diskriminierung am Arbeitsplatz zu verbieten, aber den Mitgliedstaaten die Verwendung diskriminierender Schulbücher im Unterricht zu gestatten?

Dennoch reißt Europa die Schranken der Diskriminierung Stück für Stück nieder.

Meine Fraktion begrüßt die Verpflichtung der Kommission und des Rates, diesen Prozess auszubauen, so wie wir gleichzeitig darauf bestehen, dass dieses Haus umfassend in die Gestaltung der Maßnahmen, mit denen er zum Abschluss gebracht wird, einbezogen wird.

Im Februar hat Herr Barroso hier ein umfangreiches Paket von Maßnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels vorgestellt. Und heute beweisen die Vorschläge der Kommission zur Sozialpolitik ihren Kritikern, dass Europa der Zusammenhalt der Gemeinschaft sehr viel bedeutet und dass eine liberale Wirtschaftspolitik keine Gefahr für progressive Maßnahmen darstellt, die auf eine gesunde Umwelt und eine Gesellschaft auf solidarischer Grundlage gerichtet sind.

Herr Schulz beklagt die Vorherrschaft der Mitte-Rechts-Regierungen in der Europäischen Union, aber wir leben in einer Demokratie, und die Menschen wählen ihre Regierung selbst. Das, was die Sozialdemokraten zu bieten haben, kann sie eindeutig nicht überzeugen.

 
  
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  Jan Tadeusz Masiel, im Namen der UEN-Fraktion. – (PL) Herr Präsident! Die Fraktion Union für das Europa der Nationen begrüßt das neue Sozialpaket der Europäischen Union. Es ist die soziale Dimension, die Europa am stärksten von anderen Weltmächten, wie beispielsweise den USA oder China, unterscheidet. Das Europa des 20. Jahrhunderts wurde im Westen größtenteils auf sozialen Werten errichtet. Für die neuen Mitgliedstaaten wurde das soziale Modell nach ihrem Beitritt zur Europäischen Union im Jahre 2004 bzw. 2007 zu einem wertvollen Vorbild, da sich der Kapitalismus in vielen dieser Länder nach Erreichen der politischen und ökonomischen Unabhängigkeit Ende der 80er Jahre in seiner schlimmsten Form durch Verletzung der Rechte der Arbeiternehmer und ohne Achtung der Menschenwürde zu etablieren versuchte.

Im 21. Jahrhundert müssen wir uns alle der Globalisierung stellen, die für die Menschheit eine Chance, aber auch eine Bedrohung sein kann. Aus diesem Grunde sollten aus Brüssel klare Signale für die Mitgliedstaaten kommen, die sie ermutigen, die sozialen Errungenschaften, die den Interessen aller Bürgerinnen und Bürger der Europäischen Union dienen, zu schützen und weiterzuentwickeln.

 
  
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  Jean Lambert, im Namen der Verts/ALE-Fraktion. – (EN) Herr Präsident! Ich kann nur begrüßen, was der Herr Minister heute Vormittag gesagt hat, und hoffe, dass sich vieles davon in den Aussagen des Rates wiederfinden wird, obwohl uns die bisherigen Anhaltspunkte wenig zuversichtlich stimmen.

Für viele von uns steht hinter unserem Schutz des sozialen Aspekts im Angesicht der Marktdominanz noch ein großes Fragezeichen. Wir werden in diesem Paket aufgefordert, die Auswirkungen der jüngsten Urteile des Europäischen Gerichtshofes in Betracht zu ziehen. Nun, viele von uns haben sie in der Tat in Betracht gezogen und dabei festgestellt, wie Besorgnis erregend es ist, wenn wir ständig aufgefordert werden, bei allen Maßnahmen darauf zu achten, dass sie den Markt nicht beeinträchtigen, anstatt dabei eine hohe Qualität von Dienstleistungen und die Qualität der Rechte der Arbeitnehmer usw. in den Mittelpunkt zu stellen. Genau das kommt jetzt im Sozialpaket zum Ausdruck, wo wir anerkennen müssen, dass Menschen trotz Beschäftigung in Armut leben und die Lücke zwischen Arm und Reich immer größer wird. Während wir die Ansichten in Bezug auf die Bekämpfung der Armut, die im Paket der Kommission geäußert werden, begrüßen, vermissen wir bisher ganz konkrete Aktionen.

Natürlich begrüßen wir die horizontale Richtlinie zur Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes. Dafür haben wir uns fraktionsübergreifend eingesetzt. Das ist aus allen möglichen Gründen von Bedeutung, nicht zuletzt, weil sich damit jetzt wirklich die Möglichkeit der umfassenden Teilhabe an der Gesellschaft bietet.

Wir begrüßen ferner viele der Vorschläge zu den Roma. Wir begrüßen das Engagement der Kommission und wünschen uns, dass alle Mitgliedstaaten positiv reagieren, anstatt an Vorurteilen und Bigotterie festzuhalten. Die Schulung im Bereich der Chancengleichheit ist ein wichtiger Teil der Qualifikation vor allem jener, die für die Gestaltung der Politik in diesem Bereich zuständig sind.

Wir begrüßen zumindest, dass es Vorschläge zum europäischen Betriebsrat gibt, auch wenn wir an deren Inhalt etliches zu kritisieren haben. Was den Aspekt der Mobilität in diesem Paket betrifft, so müssen wir uns jetzt auch mit der Auswirkung der Mobilität in sozialer Hinsicht befassen: Was passiert beispielsweise, wenn vor allem nicht erwerbstätige Menschen umziehen und plötzlich feststellen, dass sie vom Gesundheitssystem des entsprechenden Mitgliedstaates ausgeschlossen sind; was passiert, wenn die Menschen älter werden und sie in einem anderen Mitgliedstaat leben, wie sieht ihre Zukunft aus?

Ferner begrüßen wir den Vorschlag zu „Neuen Kompetenzen für neue Beschäftigungen“ und sind davon überzeugt, dass sich hier wirklich eine Verbindung zur Klimawandel-Agenda herstellen lässt. Dabei muss es aber auch um neue Kompetenzen für alte Beschäftigungen gehen, denn die Mehrzahl der Arbeitnehmer hat die formelle Bildung abgeschlossen, so dass hier wirklich das Konzept des lebenslangen Lernens zum Tragen kommen muss. Wir müssen überlegen, wie wir die Kompetenzen vermitteln, die wir wirklich brauchen, damit unsere Klimaziele auch erreichbar sind.

 
  
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  Gabriele Zimmer, im Namen der GUE/NGL-Fraktion. – Herr Präsident! Mir sind bei der jetzigen Diskussion drei Gedanken im Gedächtnis verblieben. Zum einen der Satz von Innenminister Bertrand, 2008 zum Jahr der Wiederbelebung des Sozialen zu machen. Dann der Satz von Kommissar Špidla, dass das Sozialpaket den Erwartungen der Bürgerinnen und Bürger innerhalb der Europäischen Union entspricht, und Herr Schulz, von Ihnen die Aussage, dass Europa von rechts regiert wird.

Ich denke, dass alle drei Sätze sehr kritisch zu hinterfragen sind. Zum einen: Wie kann eine französische Präsidentschaft erklären, 2008 zum Jahr der Wiederbelebung des Sozialen zu machen, wenn Sie sich weigern, diesen Punkt als Schwerpunkt der französischen Präsidentschaft überhaupt zu nennen? Das Sozialpaket entspricht aus meiner Sicht in keiner Weise den Erwartungen der Bürgerinnen und Bürger, weil es die sozialen Spaltungen innerhalb der Europäischen Union eben überhaupt nicht überwindet und noch nicht einmal etwas dafür tut, diese sozialen Spaltungen zu stoppen, noch nicht einmal dafür, sie einzufrieren, sondern mit diesem Paket wird es weitergehen.

Und drittens, Herr Schulz, kann ich Ihnen die Karte gerne zurückgeben. Bereits in den neunziger Jahren, als die sozialdemokratischen Regierungen an der Macht waren, wurde diese Entwicklung eingeleitet. Wir müssten also von Ihnen erwarten, dass Sie erklären: Nach Lissabon 2010 wird es ein neues Konstrukt, eine neue Strategie geben, die ganz klar die Verteidigung des europäischen Sozialmodells in den Vordergrund stellt und die Prioritäten wieder anders setzt.

Zum Sozialpaket selbst: Es entspricht nicht den Erwartungen. Wir wollen endlich aus jener Entwicklung herauskommen, bei der die Zahl jener Jobs abnimmt, von denen Menschen nicht leben können. Dies darf als Kriterium innerhalb der Europäischen Union endlich nicht mehr gelten, sondern es muss bezahlbare Arbeit in den Vordergrund gestellt werden.

Dieses Sozialpaket enthält keine Ansage dafür, dass dort, wo sie notwendig ist, eine soziale Fortschrittsklausel für alle europäischen Verträge kommt. Und es gibt auch keine Antwort darauf, dass denjenigen, die wesentliche Partner bei der Verteidigung der sozialen Rechte innerhalb der Europäischen Union sind, mit der Richtlinie über einen europäischen Betriebsrat mehr an Handwerkzeug, mehr an Kampfmitteln in die Hand gegeben wird. Es wird lediglich der Status-quo beschworen und gesagt: Wir halten das alles bei der jetzigen Linie, hier wird nichts mehr drauf gesetzt.

Wir lehnen dieses Paket in seiner Unkonkretheit und in seiner Fehlentwicklung ab. Die Kolleginnen und Kollegen aus meiner Fraktion werden in den weiteren Beiträgen zu den einzelnen Punkten noch Stellung nehmen.

 
  
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  Derek Roland Clark, im Namen der IND/DEM-Fraktion. – (EN) Herr Präsident! Der Lissabon-Vertrag wurde durch das legitime irische Referendum abgelehnt, und natürlich brauchen Sie jetzt ein großes Programm, um davon abzulenken. Daher dieses neue Paket. Nun, es ist ja nicht wirklich neu, sondern eine Neuauflage früherer Vorschläge. Aber es ist groß. Es umfasst EU-Rechtsvorschriften, sozialen Dialog, Kooperation, Finanzierung, Partnerschaft, Dialog, Kommunikation…, und das ist erst eine Seite.

Ich möchte mich auf die Finanzierung konzentrieren. Eine florierende Wirtschaft liefert die Finanzen, aber Sie haben sich den Euro aufgehalst, und der Zinssatz der EZB soll nun all den unterschiedlichen Volkswirtschaften gerecht werden. Dieselbe Zwangsjacke für alle, nur dass sie keinem passt.

Im Vereinigten Königreich schafft es die Bank of England nicht, allen Regionen gerecht zu werden. So war erst in den Zeitungen vom letzten Wochenende zu lesen, dass das Wirtschaftsgefälle zwischen dem Norden und dem Süden des Landes jetzt größer ist als je zuvor.

Die EU ist protektionistisch. Sie fürchten die Globalisierung. Wehren Sie sich nicht dagegen, bekämpfen Sie sie nicht, sondern beteiligen Sie sich an ihr. Beteiligen Sie sich am Weltmarkt für eine immer größer werdende Bevölkerung. Fördern Sie das Unternehmertum, indem Sie die Bürokratie abbauen. Schieben Sie dem nicht enden wollenden Strom von Richtlinien und Verordnungen, die die Privatwirtschaft nur behindern, einen Riegel vor. Akzeptieren Sie die übrige Welt als gleichberechtigt, und die europäische Wirtschaft wird wachsen und das größte Sozialpaket überhaupt mit sich bringen: mehr und bessere Arbeitsplätze.

Abschließend bleibt festzustellen, dass die Aufgabe, dieses Unterfangen in Gang zu setzen, der französischen Ratspräsidentschaft zufällt, aber wird sie das auch tun? Der EurActiv-Webseite vom 3. Juli zufolge haben sowohl die Kommission als auch die französische Ratspräsidentschaft die Sozialpolitik zu einer Schwerpunktaufgabe erklärt. Doch auf der Webseite der Deutschen Welle war am 2. Juli zu lesen, dass der französische Präsident Nicolas Sarkozy klipp und klar festgestellt hat, dass die Sozialpolitik keine vorrangige Aufgabe sein wird. Im Mittelpunkt werden Fragen wie Zuwanderung, Klimawandel und Energie stehen.

Welcher Feststellung soll man also Glauben schenken? Ich jedenfalls glaube, dass die Franzosen das tun werden, was sie immer tun, nämlich zuerst an sich selbst denken. Dazu gratuliere ich ihnen. Ich wünschte, meine Regierung würde auch so verfahren.

 
  
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  Carl Lang (NI).(FR) Herr Präsident, Herr Minister, meine Damen und Herren! Es ist üblich, dass wir hier in diesem Hohen Haus große Reden über die Sozialpolitik schwingen. Leider ist das europäische Sozialmodell heute nur noch ein Mythos, denn die soziale Wirklichkeit in unserem Land, Frankreich, und vor allem in meiner Region, Nord-Pas-de-Calais, sieht so aus, dass wir uns in einem Stadium des sozialen Niedergangs, der sozialen Angst, der prekären sozialen Verhältnisse, der Massenarbeitslosigkeit und, auch dies ist alarmierend und ein grundsätzliches Phänomen, einer rückläufigen Geburtenrate befinden.

Unserem Denken liegt immer noch das Sozialmodell der 1960-er Jahre zugrunde, das heißt, ein Modell, das auf Vollbeschäftigung und einer großen Erwerbsbevölkerung fußt. In den letzten dreißig Jahren hatten wir es jedoch mit Massenarbeitslosigkeit und einer stark sinkenden Geburtenrate zu tun, was uns von einem Babyboom zu einem Seniorenboom geführt und die Finanzierung unserer Rentensysteme in die Krise gestürzt hat.

Wir müssen aufhören, zu denken, wir müssten das europäische Sozialmodell um jeden Preis verteidigen, und uns stattdessen darauf vorbereiten, es umzustrukturieren. Unserer wirtschaftlichen und historischen Analyse zufolge sollte dies auf zweierlei Art geschehen: Erstens brauchen wir eine Familienpolitik, die einen Wiederanstieg der Geburtenrate bewirkt; anderenfalls können wir unsere Rentensysteme in den nächsten Jahrzehnten nicht finanzieren. Und zweitens brauchen wir eine Politik, um den Binnenmarkt zu beleben und die Menschen wieder auf den Arbeitsmarkt zurückzubringen.

Um dem Binnenmarkt wieder zum Aufschwung zu verhelfen, müssen wir reindustrialisieren. Leider werden wir, wenn wir an unserem fast religiösen Glauben an den Freihandel und den unkontrollierten Liberalismus festhalten, nicht in der Lage sein, zu tun, was wir tun müssen, um unsere Unternehmen auf unserem eigenen Binnenmarkt wettbewerbsfähig zu machen.

Deshalb müssen unsere künftigen Anstrengungen und unser Ziel einer Verbesserung der sozialen Bedingungen auf dem Gedanken einer nationalen Präferenz und einer Gemeinschaftspräferenz und des Schutzes der Mitgliedstaaten und der Gemeinschaft basieren.

 
  
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  Thomas Mann (PPE-DE). - Herr Präsident! Die Lissabon-Strategie für Wachstum und Beschäftigung hat zu mehr und besseren Arbeitsplätzen beigetragen – ein Erfolg, der in Frage gestellt wird von denen, die sich nur schwer zurechtfinden im Europa der Veränderung, des outsourcing, der Rationalisierung, der Übernahme von Unternehmen. Wer sich persönlich als jederzeit austauschbar empfindet, für den ist der Exportboom unserer Wirtschaft weit weg. Als eine der Gegenmaßnahmen brauchen wir eine in sich stimmige neue Sozialstrategie. Das vorliegende Paket aber ist so umfangreich, dass es nicht möglich ist, es bis 2009 umzusetzen. Das schwächt die Glaubwürdigkeit des eigentlich positiven Ansatzes.

Herr Kommissar Špidla, es kann nicht um Aktionismus gehen. Es geht um Nachhaltigkeit. Es kann aber auch nicht um das gehen, was Herr Schulz gerade zelebriert hat, nämlich Wahlkampf pur. Aber er hat ja schon den Saal verlassen. Wir tragen mit Verantwortung dafür, dass Menschen nicht ausgegrenzt werden, dass sie sich nicht in Parallelgesellschaften oder Scheinwelten zurückziehen. Es fängt schon in den Schulen an: Die erschreckend hohe Zahl der Schulabbrecher muss deutlich verringert werden, damit sich die Schere zwischen Nichtqualifizierten und Qualifizierten nicht noch weiter öffnet. Also brauchen wir motivierenden Unterricht. Von früh an müssen Fähigkeiten und Talente gefördert werden – eine Investition, die sich in jedem Fall lohnt. Unser Konzept des lebenslangen Lernens bringt dann den europäischen Mehrwert, den Herr Schulz vorhin vermisst hat. Auch durch unsere Bildungsprogramme Sokrates, Leonardo und Erasmus, die dringend auf die berufliche Welt abzustimmen sind. Dafür muss der Schulterschluss mit den KMU gelingen. Die kleinen und mittelständischen Unternehmen haben die meisten Arbeitsplätze, sie haben die Ausbildungsplätze zur Verfügung zu stellen. Aber Sie müssen auch daran arbeiten, dass sie nicht aufhören, in Fortbildung und Weiterbildung zu investieren. Sonst gehen uns die Innovationen aus.

Eine Ressource liegt immer noch sträflich brach: die älteren Arbeitnehmer. Ihr Schatz an Erfahrung, Kreativität und Belastbarkeit muss endlich genutzt werden können. Noch stehen sie hier weit abgeschlagen am Ende der demografischen Arbeitsstatistiken.

Letztlich muss der Zusammenhalt der Gesellschaft gestärkt werden. So brauchen wir beim europäischen Betriebsrat einen tragfähigen Kompromiss zwischen den Sozialpartnern. Wir werden im Ausschuss für Beschäftigung unseren Beitrag dazu leisten. Wir brauchen auch den Ausgleich zwischen den Regionen, und dafür liefern wir den Europäischen Sozialfonds, den Regionalfonds, den Globalisierungsfonds. Aber wir halten nach wie vor einen Bereich für höchst kritisch, nämlich das Thema Nichtdiskriminierung. Wir lehnen als EVP-Fraktion die horizontale Richtlinie ab. Die ohnehin herrschende Rechtsunsicherheit wird weiter zunehmen, die nationalen Gestaltungsmöglichkeiten werden weiter eingeschränkt. Damit die Sozialagenda insgesamt gelingt, müssen unsere Mitgliedstaaten die Hauptzuständigen bleiben. Auf nationaler, regionaler und lokaler Ebene ist effizienter zu koordinieren und zu kommunizieren, und bewährte Praktiken müssen endlich nicht nur angeschaut oder hinterfragt werden, sondern auch einmal übernommen werden. Dann ist die Chance groß, dass der angestrebte und notwendige soziale und wirtschaftliche Wandel gelingt und die Idee des sozialen Europa lebendig wird.

 
  
  

VORSITZ: MANUEL ANTÓNIO DOS SANTOS
Vizepräsident

 
  
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  Harlem Désir (PSE).(FR) Herr Präsident, Herr Kommissar, Herr amtierender Ratsvorsitzender, meine Damen und Herren! Die neue Sozialagenda kommt spät und ist eine kümmerliche Antwort auf die unsichere Lage, die Ungleichheiten und die Auswirkungen der Rezession, die Arbeitnehmer und viele unserer Mitbürger in Europa derzeit zu spüren bekommen.

Mit mehr als 70 Millionen Menschen in Armut, auch dort, wo die Arbeitslosenrate sinkt, den unsicheren Lebens- und Arbeitsbedingungen und der Zunahme atypischer Beschäftigung brauchen wir wirklich eine solide soziale Grundlage, ein Europa, das uns schützt. Dies ist einer der Schwerpunkte des französischen Vorsitzes der Europäischen Union. Wie Sie sagten, Herr Minister, sollte das Jahr 2008 das Jahr des Neuanfangs werden, das Jahr, in dem das soziale Europa wiederbelebt wird. Bedauerlicherweise hat Ihre Regierung die soziale Dimension nicht zu einer der vier Prioritäten ihres Vorsitzes erhoben. Da wir uns dem Ende der Amtszeit der Europäischen Kommission nähern, haben wir Vorschläge, von denen einige, das muss gesagt werden, endlich die Forderungen des Europäischen Parlaments und insbesondere unserer Fraktion widerspiegeln: eine echte Richtlinie zur Bekämpfung der Diskriminierung in allen Bereichen, nicht nur bei Behinderungen; endlich Bemühungen um eine Verstärkung und Überarbeitung der Richtlinie über die europäischen Betriebsräte sowie Maßnahmen, um sicherzustellen, dass unsere bestehenden Grundsätze und Gesetze zur gleichen Bezahlung von Männern und Frauen in den Mitgliedstaaten ordnungsgemäß angewendet werden.

Doch die neue Sozialagenda steckt voller Mängel und Lücken! Ich möchte insbesondere zwei davon nennen. Erstens die Antwort auf die jüngsten Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs in den Rechtssachen Laval, Rüffert und Viking, durch die unser Widerstand gegen das Sozialdumping in der Europäischen Union geschwächt wird. Unseres Erachtens reicht die Versicherung in der Mitteilung der Kommission, die Kommission werde Rechtssicherheit und Auslegungsleitlinien zu dieser Richtlinie liefern, nicht aus. Es muss beachtet werden, dass die Richtlinie fehlerhaft ist. Im Recht der Union muss durch eine Überarbeitung der Richtlinie zur Entsendung von Arbeitnehmern klargestellt werden, dass die wirtschaftlichen Freiheiten der Union und die Niederlassungsfreiheit die grundlegenden Arbeitnehmerrechte, das Recht auf Tarifverhandlungen, die Rechte auf Bezahlung sowie gegebenenfalls das Recht, zur Verteidigung seiner Interessen zu streiken, nicht behindern dürfen. Der Ausschuss für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten hat im Parlament Anhörungen hierzu veranstaltet.

Wir fordern daher, die Überarbeitung dieser Richtlinie auf die Tagesordnung zu setzen, und wir wollen eine soziale Schutzklausel, die sicherstellt, dass künftig keine Richtlinie, keine Politik der Union, keiner der Grundsätze des Vertrags zum Nachteil der Arbeitnehmerrechte angewendet werden darf. Bestehen in einem Land höhere Standards bei den Arbeitnehmerrechten als in einem anderen, dürfen diese Standards niemals wieder durch die Berufung auf das Prinzip des Herkunftslands gesenkt werden, wie dies bei der ersten Fassung der Dienstleistungsrichtlinie, der Bolkestein-Richtlinie, der Fall war.

Zweitens erklärt uns Herr Bertrand, die sozialen Dienstleistungen von allgemeinem Interesse, die Gemeinwohlaufgaben, sollten für das Gleichgewicht unseres Sozialmodells gefördert werden. Aber wir hatten keinen Vorschlag für eine Richtlinie über Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse. Wir können soziale Dienstleistungen von allgemeinem Interesse nicht angemessen schützen und Artikel 14 des Vertrags von Lissabon umsetzen, der die Rechtsgrundlage für die Vergabe und Finanzierung dieser Dienstleistungen darstellt, wenn der Rat keinen Antrag bei der Kommission stellt und die Kommission nicht ihr Initiativrecht nutzt, damit wir endlich über einen Rechtsrahmen sprechen können, der die staatlichen Versorgungsleistungen schützt. Einen Rechtsrahmen, der die Unabhängigkeit der kommunalen Gebietskörperschaften bei ihren öffentlichen Dienstleistungen vor Ort garantiert und uns zusichert, dass die künftigen Entscheidungen des Gerichtshofs dieses wesentliche Merkmal des europäischen Sozialmodells nicht in Frage stellen. Die Menschen dürfen, wie Herr Schulz sagte, nicht das Gefühl haben, dass Europa gegen ihr Sozialmodell arbeitet, sondern sie müssen spüren, dass die Kommission und die anderen europäischen Institutionen sich für seinen Schutz einsetzen.

 
  
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  Bernard Lehideux (ALDE).(FR) Herr Präsident! Der Kommission mag mit ihrer „Paketpräsentation“ von Texten, die in ihrer Art und Qualität sehr unterschiedlich sind, eine geschickte Öffentlichkeitsarbeit gelungen sein, doch im Grunde hat sie ihr Initiativrecht bei Fragen von größter Wichtigkeit ausgeübt. Sie bewegt sich in die richtige Richtung, und wir sollten dies begrüßen.

Nun sind also wir wieder am Zug, und vielleicht vor allem der Rat. Jeder weiß, dass das Parlament recht hartnäckig sein und versuchen wird, neuartige Texte auszuarbeiten, die den Bedürfnissen der Bürger Europas Rechnung tragen. Wird das auch für den Rat gelten? Das ist vermutlich zu bezweifeln, wie wir wissen. Ich hoffe, sie werden auf Sie hören, Herr Minister.

Hochtrabende Reden, die lediglich missverständliche und unverbindliche Rechtstexte hervorbringen, untergraben ernsthaft die Glaubwürdigkeit unserer Arbeit. Ich möchte drei Beispiele von vielen nennen.

Ich gehöre seit langem zu denjenigen, die eine umfassende Richtlinie gegen alle Formen von Diskriminierung fordern. Dafür sollten wir uns auf den Bericht Lynne vom Mai 2008 stützen, der weit ambitionierter ist als der Kommissionsvorschlag.

Zweites Beispiel: die Betriebräte. Wir werden uns dafür einsetzen, dass durch die Rechtstexte ihre internationalen Befugnisse und Zuständigkeiten geklärt werden. Die Anhörung der Sozialpartner ist bei Unstrukturierungen von Konzernen, die in mehr als einem EU-Staat operieren, unerlässlich. Wir werden sicherstellen, dass die Arbeitnehmer vor allen Umstrukturierungen gehört werden und Betriebsräte ihre Standpunkte zu Themen abgeben können, die häufig sehr technisch sind.

Drittes Beispiel: soziale Dienstleistungen von allgemeinem Interesse. Wir haben hier genügend Zeit verschwendet. Die Akteure in diesem Bereich sind verwirrt. Es besteht eine enorme Rechtsunsicherheit, die der Qualität der für den Zusammenhalt unserer Gesellschaften unverzichtbaren Dienstleistungen abträglich ist. Und wir sind dabei, ein weiteres Jahr zu vergeuden. Das ist unverantwortlich.

Für mich ist das ein Zeichen, dass die Arbeit der Kommission, die eine breite Palette an Tätigkeitsbereichen abzudecken scheint, unzureichend ist, weil sie bestimmte grundlegende Punkte außer Acht lässt.

Ich möchte abschließend betonen, dass das Sozialpaket nur ein Schritt auf dem Weg sein sollte. Ich bin davon überzeugt, dass die offene Koordinierungsmethode in einigen Bereichen ihre Grenzen erreicht hat. Wir müssen beschließen, eine breitere Zusammenarbeit, aber auch eine größere Harmonisierung anzustreben, wo immer dies möglich ist.

 
  
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  Ryszard Czarnecki (UEN). - (PL) Herr Präsident! Der Vertreter des Rates hat ein sozialeres Europa gefordert. Ich würde dem Minister mit einem Aufruf zu mehr gesundem Menschenverstand antworten. Das wäre besser. Natürlich kann die Europäische Union eine Menge vorschlagen, aber es muss betont werden, dass die Sozialpolitik ein Bereich ist, in dem die Mitgliedstaaten Entscheidungshoheit haben. Kurz gesagt, wir brauchen weniger Phrasen und mehr konkrete Maßnahmen!

Die Europäische Union schlägt 19 Initiativen vor, von denen nur drei Vorschläge legislativen Inhalt haben. Der vielleicht wichtigste Vorschlag, der zur grenzüberschreitenden Gesundheitsversorgung, steht heute nicht zur Diskussion. Das ist äußerst bedauerlich, und es ist schade, dass die Diskussion warten muss, bis der französische Gesundheitsminister auf unserer Sitzung erscheint. Zum Schluss sollte hervorgehoben werden, dass die EU-Mitgliedstaaten 27 % ihres BIP für die Sozialpolitik einsetzen – gegenüber 15 % in den USA. Die Frage ist, ob es gut investiertes Geld ist.

 
  
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  Elisabeth Schroedter (Verts/ALE). - Herr Präsident, sehr geehrter Herr Kommissar, sehr geehrter Herr Minister, liebe Kolleginnen und Kollegen! Erst das Nein in Irland, der Sieg der Gegner des gemeinsamen Europas, scheint die Kommission wach gerüttelt zu haben. Längst hatte die Kommission sich nämlich mit ihrer neoliberalen Politik von den Interessen der Bürgerinnen und Bürger in der Union entfernt. Die Forderung nach einem sozialeren Europa steht längst auf der Tagesordnung.

Es ist einfach peinlich, wenn dann am Ende der Amtsperiode die Versäumnisse der letzten Jahre endlich auf den Tisch gelegt werden. Ich finde es auch dreist, wenn das Ganze dann auch noch unter dem vollmundigen Titel einer erneuerten Sozialagenda verkauft wird. Die Dossiers vom Juli sind längst überfällig. Schaut man in den Inhalt, scheint die Kommission aber noch immer nicht gelernt zu haben. Bis auf zwei Ausnahmen ist darin nichts von Solidarität, Chancengleichheit, sozialem Ausgleich und Partizipation zu entdecken. Im Gegenteil, überwiegend findet sich auch dort die neoliberale Grundeinstellung wieder.

Die Kommission fordert mehr Mobilität von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern. Gleichzeitig strengt sie Gerichtsurteile an, in denen der Schutz entsandter Arbeitnehmer abgebaut wird. Im Nachhinein sagt sie: In einem Forum lösen wir das Problem! Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer brauchen aber Schutz und nicht ein Forum! Glauben Sie wirklich, dass es denen, die täglich auf Lohn verzichten, hilft, wenn sie ihre Probleme erst in einem Forum diskutieren wollen? Auch bringt die seit neun Jahren überfällige Revision der Betriebsräte-Richtlinie nicht das, was Sie versprechen Herr Kommissar! Da muss das Parlament nämlich erheblich nachbessern. Zum Beispiel fehlen Sanktionsmechanismen.

Aber gehen wir weiter zum Thema Solidarität. Die Gesundheits-Richtlinie öffnet entgegen der Kritik die Tür für mehr Marktfähigkeit der Gesundheitsdienstleistungen und greift damit in die Solidaritätssysteme der Mitgliedstaaten ein. Sie gefährdet die Solidarität, statt sie zu unterstützen. Es gibt nur wenige Dossiers des Pakets, welche die von den Bürgerinnen und Bürgern gewünschte fortschrittliche Politik in Bezug auf das soziale Europa wirklich symbolisieren. Ich möchte da ganz besonders die neue Richtlinie gegen Diskriminierung außerhalb von Beruf und Beschäftigung nennen. Allerdings war die auch seit 2004 angekündigt. Nur auf Druck des Parlaments hat die Kommission sie endlich vorgelegt. Es wird auch hier ganz deutlich sein, dass das Parlament diese Richtlinie in der Mehrheit tragen wird. Sie muss allerdings an vielen Stellen auch verbessert werden, besonders in Bezug auf die Rechte der behinderten Menschen.

Insgesamt ist der Name „Sozialpaket” einfach eine Täuschung. Die soziale Bilanz der Kommission ist aus meiner Sicht ein Armutszeugnis.

 
  
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  Dimitrios Papadimoulis (GUE/NGL).(EL) Herr Präsident, Herr Ratspräsident! Ihre Politik, der Marktfundamentalismus, hat in den letzten Jahren auf gefährliche Weise die Ungleichheit verstärkt und den Wohlfahrtsstaat ausgehöhlt.

Das Paket, das Sie uns mit schönen Worten vorgestellt haben, ist nur eine leere Hülle. Von den 19 Vorschlägen sind lediglich 3 Legislativvorschläge, und einer von diesen, der Vorschlag zur grenzüberschreitenden Gesundheitsversorgung, führt durch die Hintertür die Bolkestein-Richtlinie ein, da er einen neoliberalen Standpunkt bezieht.

Während Sie bei der Vorstellung dieser leeren Hülle schöne Worte machen, spielt die Regierung Sarkozy durch die Annahme einer bedauerlichen Richtlinie zur Arbeitszeit eine Schlüsselrolle im Rat. Das stellt einen erheblichen sozialen Rückschritt dar.

Sie sollten nicht durch schöne Worte einen guten Eindruck zu machen versuchen und nach den Europawahlen schielen, die sich seit dem irischen „Nein“ schwieriger zu gestalten scheinen – es wäre besser, wenn Sie konkrete Maßnahmen vorschlagen und Einnahmen aus dem Gemeinschaftshaushalt zuweisen würden.

Auch einige Worte an Herrn Schulz, falls er mir gerade zuhört. Es trifft zu, dass Regierungen der Rechten viel zur Zerstörung des europäischen Sozialmodells beigetragen haben. In mehreren Ländern, Herr Schulz, wozu auch Ihr Heimatland, Deutschland, oder die Niederlande oder Österreich zählen, haben sie sich mit den Sozialdemokraten zusammengetan, um das europäische Sozialmodell zu zerstören.

 
  
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  Hanne Dahl (IND/DEM).(DA) Herr Präsident! Ich möchte meine heutige Redezeit dazu nutzen, um über die gesundheitspolitische Agenda zu sprechen. Der vorliegende Vorschlag für eine Richtlinie über die Ausübung der Patientenrechte in der grenzüberschreitenden Gesundheitsversorgung weist gegenüber der ursprünglichen Version entscheidende Verbesserungen auf. Doch leider wurde an den wesentlichen Grundlagen für alle vom Binnenmarkt abhängigen Angelegenheiten nichts geändert. Die Interessen der freien Marktwirtschaft gehen eben immer über die Interessen der Menschen.

Natürlich wollen wir alle so schnell wie möglich optimal behandelt werden, wenn wir schwer erkranken. Doch leider wird das mit dieser Richtlinie keinesfalls gewährleistet. Diese Richtlinie sorgt dafür, dass die reichsten Patienten aus den reichsten Ländern der EU die bestmögliche Behandlung erhalten. Es besteht also ein großes Risiko, dass sich zwei Klassen von Patienten herausbilden. Die Patienten mit dem meisten Geld werden die Möglichkeit haben, die beste Behandlung in anderen Ländern zu suchen, wozu Patienten ohne Geld und Macht jedoch nicht in der Lage sein werden.

Mit der Richtlinie wird der Anspruch auf eine Behandlung in einem anderen Land zu den Kosten derselben Behandlung im Heimatland des Patienten gewährleistet. Auch hier besteht das Risiko von Ländern erster und zweiter Klasse. Die Kosten ein und derselben Behandlung werden natürlich von Land zu Land unterschiedlich sein. Die aktuelle Richtlinie macht die Ergebnisse von den Marktbedingungen abhängig, doch das ist ein risikoreicher Ansatz. Wenn der Markt reagiert, werden immer diejenigen zu Verlierern, die mit den herrschenden Marktbedingungen nicht klarkommen.

 
  
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  Andreas Mölzer (NI). - Herr Präsident! Auf ständig neue Teuerungswellen und steigende Armut ist eine Reaktion auf europäischer Ebene meines Erachtens nach längst überfällig. Der neue Entwurf für ein europaweites Sozialpaket geht ansatzweise und erfreulicherweise ja auch in die richtige Richtung. Zu begrüßen ist etwa, dass man den Zugang zur Gesundheitsversorgung in anderen europäischen Ländern erleichtern will. De facto werden beispielsweise Urlaubsgäste heute oft allzu schamlos mit horrenden Arztrechnungen ausgenutzt, die ihnen bei der Rückkehr nicht oder nur teilweise erstattet werden. Umgekehrt werden zwischen den einzelnen Mitgliedstaaten Millionen Euro geschuldet – reine Willenserklärungen reichen da nicht aus.

Auch reicht es nicht aus, sich etwa bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf an die Fahne zu heften. Damit sich wieder mehr Menschen Kinder leisten können, ist es notwendig, sich gegen das Lohn- und Sozialdumping zu wenden, was leider Gottes weitgehend unterlassen wird. Es kann nicht angehen, dass öffentliche Aufträge einerseits EU-weit ausgeschrieben werden müssen und dann die an die Vergabe verknüpfte Zahlung des tariflichen Mindestlohns vom EuGH als nicht mit der Entsende- und Dienstleistungsrichtlinie vereinbar aufgehoben wird. Da zeigt die EU ihr wahres Gesicht als reine Wirtschaftsgemeinschaft, welche die sozial Schwachen mit Peanuts und leeren Worten abspeist.

Mit leeren Phrasen lassen sich die EU-Bürger nicht länger ruhigstellen und können der Geburtenrückgang und die steigende Armut nicht abgefangen werden. Papier ist vielleicht geduldig – die Bürger sind es zweifellos nicht mehr.

 
  
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  Philip Bushill-Matthews (PPE-DE).(EN) Herr Präsident! Eingangs möchte ich Martin Schulz dafür danken, dass er alle daran erinnert hat, dass die Mitte-Rechts-Kräfte die größte Fraktion in diesem Parlament stellen, dass sie die Mehrzahl der Kommissare stellen und dass die meisten Regierungen in den EU-Mitgliedstaaten Mitte-Rechts-Regierungen sind. Im Gegenzug möchte ich ihn daran erinnern, dass es dafür einen Grund gibt: und der lautet, dass die Menschen das so entschieden haben. Die Menschen haben diese Entscheidung getroffen, weil sie erkannt haben, dass die Kluft zwischen den schönen Worten der Linken und der Realität immer größer wurde, und dagegen haben sie sich gewehrt. Ich möchte ihn außerdem daran erinnern, dass er als guter Demokrat nicht vergessen darf, dass das Volk natürlich immer Recht hat.

Damit komme ich zum Sozialpaket allgemein und kann feststellen, dass wir auf dieser Seite des Hauses die nachdenklichen Ausführungen des Kommissars und seine Initiative in Bezug auf die überarbeitete Sozialagenda begrüßen. Das gilt insbesondere für das Thema, das uns alle daran erinnert, dass es bei der EU um Menschen geht, darum, den Menschen mehr und bessere Chancen zu bieten und sie insbesondere mit dem Rüstzeug auszustatten, das sie brauchen, um die Herausforderungen des Wandels meistern zu können.

Ich möchte in aller Kürze drei Punkte aus dem exzellenten Beitrag meines Kollegen Joseph Daul aufgreifen. Der eine betrifft die wichtige Rolle der Mitgliedstaaten, die Subsidiarität. Viele Mitgliedstaaten verfolgen unterschiedliche Ansätze, aber die Themen und die von ihm skizzierte Richtung sollten ihnen Mut machen.

Der zweite Punkt betrifft die Bedeutung der Arbeitsplätze. Harlem Désir sprach sehr treffend über die Rechte der Arbeitnehmer. Wir respektieren die Bedeutung der Rechte der Arbeitnehmer, aber meine Fraktion möchte auch auf die Rechte der Nichterwerbstätigen aufmerksam machen – jene Menschen, die gegenwärtig keine Arbeit haben, die aus welchen Gründen auch immer vom Arbeitsmarkt verdrängt wurden und Arbeit suchen. Sie spielen eine immer größere Rolle, gerade in der derzeitigen globalen Kreditkrise, in der die Arbeitslosigkeit wahrscheinlich noch ansteigt, bevor sie wieder zurückgeht. Wir müssen also dafür sorgen, dass alles, was wir tun, zur Schaffung von Arbeitsplätzen beiträgt und mehr Bürgern hilft, eine Arbeit zu finden.

Der dritte Punkt betrifft die kleinen und mittleren Unternehmen (KMU), die er ebenfalls erwähnte. In der „Financial Times“ von gestern stieß ich auf einen Verweis auf eine Einigung innerhalb des Vereinigten Königreichs in Bezug auf Zeitarbeitnehmer, und vonseiten der KMU hieß es, sie seien dazu noch nicht einmal konsultiert worden. Mir geht es hier weniger um das Vereinigte Königreich, sondern darum, dass wir es hier mit einem echten Problem zu tun haben, und ich wende mich diesbezüglich direkt an den Kommissar. Das Problem besteht darin, dass die KMU aktiv in den Konsultationsprozess einbezogen werden müssen, denn sie stellen nicht nur die größte Zahl von Arbeitgebern, sondern sie beschäftigen auch die meisten Arbeitnehmer. Von Volksabstimmungen – beispielsweise über den Lissabon-Vertrag – wissen wir, dass Dinge, die man von oben verordnet, nicht funktionieren. Man muss mit den Menschen arbeiten, und die KMU beschäftigen mehr Menschen.

Abschließend ein Wort zu den Europäischen Betriebsräten, die sowohl der Kommissar als auch der amtierende Ratspräsident erwähnt haben und zu denen ich der Berichterstatter bin. Meine Fraktion wird auf jeden Fall die Tatsache anerkennen, dass dazu eine zu begrüßende Einigung der Sozialpartner vorliegt. Ich persönlich mag diese Einigung nicht sonderlich, aber ich begrüße nachdrücklich die Tatsache, dass es eine Einigung gibt, und ich glaube, dass wir im Parlament versuchen sollten, darauf aufzubauen, so wie wir versuchen werden, auf der Einigung zur Arbeitszeit und zu Zeitarbeitnehmern aufzubauen. Wir wollen keine Zeit verlieren, weil wir an echten Fortschritten interessiert sind und nicht mit Blick auf die nächsten Wahlen schöne politische Reden halten wollen.

 
  
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  Magda Kósáné Kovács (PSE).(HU) Vielen Dank, Herr Präsident. Die Vorankündigung des Sozialpakets durch die Kommission hat die sozialdemokratischen Parteien und die Bürger, die sich für die Lösung der sozialen Probleme verantwortlich fühlen, mit Hoffnung erfüllt. Die aufgelaufenen Schulden und die vielen Fragen, die soeben gestellt worden sind, vermitteln ein fast überraschendes Bild davon, wie wenig wir trotz unserer Anstrengungen vorangekommen sind und wie viele ungelöste Probleme es noch gibt. Es ist eine Tatsache, dass das Wirtschaftswachstum der letzten fünfzehn Jahre die Kluft zwischen Arm und Reich nicht geschlossen, sondern im Gegenteil vergrößert hat. Doch der Wettlauf zur Armut hat eine neue Dimension erreicht. Jedes Land hat seine Armen, und das Ausmaß und die Qualität der Armut unterscheiden sich von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat, doch wir wissen, dass Armut überall gleichermaßen schmerzt. Doch bei vielen der etwa achtzehn Dokumente, die in der Sozialagenda genannt werden, handelt es sich lediglich um Entwürfe; doch wenn sich die europäischen Bürger stärker mit der Union identifizieren sollen, braucht es etwas, das konkret und handfest ist und gemeinsame Fortschritte möglich macht, und keine Länder, die beim Wettlauf zur Armut Druck aufeinander ausüben.

Ich freue mich, dass die Kommission auf Drängen des Rates und des Europäischen Parlaments eine Einschätzung der Situation der Roma und der diesbezüglichen Maßnahmen vorgelegt hat. Doch leider enthält diese Einschätzung keinen Rahmen für eine langfristige Roma-Politik. Es stellt sich außerdem die Frage, ob in diesem Dokument genug konkrete Maßnahmen gefordert werden, ob auf dieses Dokument eine genaue Einschätzung folgen wird oder ob es den Mitgliedstaaten nicht gelingen wird, Schritte einzuleiten und sie stattdessen von den gewünschten Praktiken abweichen. Ich habe das Gefühl, dass eine echte Lösung noch aussteht.

Außerdem begrüßen wir die Antidiskriminierungsrichtlinie. Das Parlament und die Kommission waren über die Notwendigkeit, das Verbot von Diskriminierung in einer umfangreichen Richtlinie zu regeln, geteilter Meinung, und entsprechend dem sozialliberalen Standpunkt haben wir es letztendlich nicht geschafft, die diskriminierten Gruppen zu klassifizieren. Wir können von der Richtlinie erwarten, dass sie den Menschen und Gruppen umfassenden Schutz bietet, die auf verschiedene Art und Weise bedroht werden. Das ist auch bitter nötig, da diejenigen, die Hass schüren, die Rassisten und diejenigen, die nur denen etwas zugestehen, die es ihrer Meinung nach wert sind, möglicherweise auch unter den rivalisierenden Armen Anhänger finden. Der Wähler hat immer Recht, doch er kann durch Populismus irregeleitet werden. Vielen Dank.

 
  
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  Gérard Deprez (ALDE).(FR) Herr Präsident, Herr amtierender Ratspräsident, Herr Kommissar, meine Damen und Herren! Als Mitglied und auch als Vorsitzender des Ausschusses für bürgerliche Freiheiten möchte ich mich auf den Vorschlag für eine Richtlinie zur Bekämpfung von Diskriminierung beschränken.

Zunächst einmal beglückwünschen wir Sie, Herr Kommissar, dass Ihnen endlich die Annahme eines Richtlinienvorschlags in der Kommission gelungen ist, mit dem Diskriminierung aufgrund der Religionszugehörigkeit, des Glaubens, einer Behinderung, des Alters und der sexuellen Ausrichtung bekämpft werden soll. Bis vor kurzem fürchteten wir – wir waren, wie Sie wissen, beunruhigt und haben dies auch kundgetan –, dass Sie sich auf eine Mini-Richtlinie beschränken könnten, in der lediglich Diskriminierung aufgrund von Alter und Behinderung behandelt wird.

Sie werden nicht überrascht sein, wenn ich sage, dass ich es bedauerlich finde, dass das Europäische Parlament bei einer so grundlegenden Frage lediglich „konsultiert“ wird. Doch ich habe auch das Gefühl, dass der Vorsitz offen für alle Vorschläge oder Anregungen ist, die das Europäische Parlament vorlegen könnte. Wir werden uns also gleich an die Arbeit machen, Herr Kommissar, und ich persönlich kann drei Aspekte des Textes sehen, die wir verbessern wollen.

Erstens müssen wir bei einer Reihe von Begriffen oder der Abgrenzung zwischen einigen dieser Begriffe präziser sein. Ich denke an den Bereich der „sachlich gerechtfertigten“ Ungleichbehandlung. Ich ziehe sie natürlich nicht in Zweifel, aber es darf nicht sein, dass diese sachlich gerechtfertigte Ungleichbehandlung zu einer direkten oder indirekten Diskriminierung führt. Das kann sehr rasch geschehen.

Zweitens darf die Richtlinie durch die vorschnelle Aufnahme von Begriffen wie öffentliche Sicherheit oder öffentliche Ordnung nicht ihre Substanz verlieren, wie dies meines Erachtens gegenwärtig in einem großen Land im Süden der Europäischen Union, das ungenannt bleiben soll, der Fall ist.

Drittens müssen wir uns stärker mit der Frage der Sanktionen auseinandersetzen. Herr Kommissar, wenn Sie in Ziffer 14 schreiben: „Die Mitgliedstaaten legen die Sanktionen fest, die bei einem Verstoß gegen die nationalen Vorschriften zur Umsetzung dieser Richtlinie zu verhängen sind“, kommen wir damit nicht sehr weit.

Kurz gesagt, ich vertraue darauf, dass diese Richtlinie, die so viele Hoffnungen weckt, sich in der Wirklichkeit nicht als eine große „Mini-Richtlinie“ erweist, groß in Hinblick auf die Grundsätze, doch sehr vage bei den Einzelheiten.

 
  
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  Wojciech Roszkowski (UEN). - (PL) Herr Präsident! Das Wirtschaftswachstum sollte dazu dienen, die materiellen Verhältnisse in unseren Gesellschaften zu verbessern. Indem wir aber Komfort und Sicherheit an die erste Stelle setzen, lassen wir außer Acht, dass das soziale Wirtschaftsmodell in der Praxis mehr Bürokratie bedeutet. Wenn dabei auch unberücksichtigt bleibt, dass Wirtschaftswachstum das sicherste Fundament für die Sozialpolitik ist, können wir uns in wohlklingenden Slogans verlieren, die keinen Bezug zur Realität haben und die darüber hinaus – so wie die Bestimmungen zur Nichtdiskriminierung – auch die Grundsätze der Subsidiarität verletzen und dem gesunden Menschenverstand zuwiderlaufen können.

Wie können wir diesen Teufelskreis durchbrechen? Die erneuerte Sozialagenda gibt auf diese Herausforderung nur eine Teilantwort. Es ist darin zu viel von Rechten und Privilegien die Rede, und der einfachen Tatsache, dass sie ohne gut organisierte Bemühungen und Verantwortung für die ökonomischen Auswirkungen auf jeder Stufe nicht garantiert werden können, wird nicht genug Beachtung geschenkt. Jeder nach seinen Möglichkeiten, jeder nach seinen Bedürfnissen. Das ist eine Utopie, die zu einem Mangel an Waren und Dienstleistungen in angemessener Qualität führen muss.

 
  
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  Tatjana Ždanoka (Verts/ALE).(EN) Herr Präsident! An die Ausführungen meiner Vorredner anknüpfend möchte ich über den Kampf gegen Diskriminierung sprechen. Zunächst möchte ich der Kommission dafür danken, dass sie den Mut hatte und sich im Entwurf für eine Richtlinie zur Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes außerhalb des Beschäftigungsbereichs für einen horizontalen Ansatz entschieden hat. Wir müssen berücksichtigen, dass einige Mitgliedstaaten die Annahme dieses dringend erforderlichen Dokuments nach wie vor blockieren.

Dennoch gibt es Reserven für weitere Verbesserungen durch das Europäische Parlament. Ich verstehe nicht, weshalb es eine Opt-out-Möglichkeit für Privatpersonen im Hinblick auf den Zugang zu Gütern und Dienstleistungen gibt. Die geltende Richtlinie gegen Diskriminierung aufgrund der Rasse sieht eine solche Opt-out-Möglichkeit nicht vor. Bedauerlicherweise wird auch die Mehrfachdiskriminierung in diesem Entwurf nicht angemessen behandelt. Ich hoffe also, dass wir alle die Arbeit an dieser Richtlinie fortsetzen werden.

 
  
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  Jacky Hénin (GUE/NGL).(FR) Herr Präsident! Die EU-Institutionen entdecken nach 51 Jahren ihres Bestehens erst jetzt die soziale Dimension. Diese Entdeckung ist lediglich relativ, denn es fällt auf, dass soziale Anliegen nicht zu den Prioritäten des französischen Vorsitzes gehören. Für Institutionen, die der Geschäftswelt so nahe stehen und die das allgemeine Interesse der Bevölkerung der Union mit den privaten Interessen der Finanzmärkte verwechseln, ist diese soziale Dimension ein Störfaktor. Und ihre Entdeckung, hängt zwangsläufig mit dem „Nein“ der Iren, Niederländer und Franzosen und der vielen sozialen Bewegungen, die Lohn- und Gehaltsforderungen in der Union unterstützen, zusammen.

Ja, die Kommission und die Mehrheit in diesem Parlament fühlen sich verpflichtet, anzuerkennen, dass in der Union nicht nur Aktionäre und Verbraucher, sondern auch Arbeitnehmer, deren Arbeit den Wohlstand Europas schafft, leben.

Deshalb fühlt sich die Kommission verpflichtet, die Richtlinie über die europäischen Betriebsräte auszugraben; dies ist eine verdienstvolle Initiative, doch der Inhalt ist schwach. Die europäischen Betriebsräte müssen zu einem echten Forum der sozialen Demokratie werden, sie müssen den Beschäftigten die Interventionsmöglichkeiten bieten, die sie brauchen, um die strategischen Entscheidungen ihrer Arbeitgeber zu beeinflussen.

Ja, Europa braucht dringend eine echte soziale Demokratie, um nachteilige Entwicklungen, wie die Erhöhung der Arbeitszeit auf fast siebzig Wochenstunden, zu verhindern.

Um der Arbeitnehmer willen sollten wir uns daher schneller, sehr viel schneller bewegen.

 
  
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  Nils Lundgren (IND/DEM). (SV) Herr Präsident! Auf dieser Sitzung diskutieren wir die erneuerte Sozialagenda, die Millenniums-Entwicklungsziele und viele weitere Themen. In einigen Stunden werden wir über Kulturprogramme, die Kennzeichnung von ökologischen Produkten und die Forderung nach Steuerharmonisierung abstimmen, allesamt Fragen, bei denen die Union sich nicht einmischen sollte.

Durch diese politische Machtkonzentration vergrößert sich der Abstand zwischen den Regierenden und den Regierten. Die Empörung unter den Bürgern nimmt zu. Das Establishment ist gezwungen, immer härtere Maßnahmen zu ergreifen, um sich über den Volkswillen hinwegzusetzen. Es wäre wesentlich besser, einen Bericht darüber zu erstellen, was wir unter dem Begriff Subsidiarität verstehen und dies gründlich zu diskutieren. Das sollten wir tun, bevor wir versuchen, das Verhalten der Sozialpartner auf dem Arbeitsmarkt in 27 sehr verschiedenen Ländern zentral zu regeln.

In meinem Heimatland herrscht großer Zorn darüber, dass die EU und ihre Richter sich die Freiheit nehmen können, ein anderes Arbeitsmarktsystem als das festzulegen, welches in den letzten 70 Jahren in großer nationaler Einigkeit bei uns gewachsen ist.

 
  
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  Jana Bobošíková (NI). - (CS) Meine Damen und Herren! Der Entwurf der Richtlinie über die Durchsetzung des Gleichbehandlungsprinzips, das jegliche Diskriminierung außerhalb des Arbeitsplatzes verbietet, ist eine überflüssige Vorschrift, die wir überhaupt nicht diskutieren sollten. Ich weise darauf hin, dass Diskriminierung schon jetzt durch drei EU-Richtlinien, die UN-Menschenrechtscharta, die Grundrechtecharta der EU und die UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen untersagt wird. Ferner wird Gleichbehandlung auch im Amsterdam-Vertrag und der Lissabon-Strategie geregelt.

Ich weise auch darauf hin, dass die Richtlinie zwei sehr gefährliche Dinge fordert. Sie fordert eine positive Diskriminierung, und sie fordert die Verlagerung der Beweislast vom Kläger auf den Beklagten. Das widerspricht der europäischen Rechtstradition und kann zu Ungerechtigkeiten und neuer Unbill führen.

Meine Damen und Herren, ich bin davon überzeugt, dass die Europäische Union noch immer ein demokratischer und zivilisierter Raum ist, in dem Menschen mit wirklichen Fähigkeiten Anerkennung erhalten, ein Raum, in dem Schwächeren die Hand gereicht wird. Die angeborenen oder anerzogenen Fähigkeiten sind aber individuell und bei jedem Menschen anders und somit logischerweise ungleich. Wenn wir Ungleichheiten dieser Art durch Vorschriften zu beseitigen versuchen, dann gehen wir arrogant über kulturelle Unterschiede hinweg, greifen in die natürliche Entwicklung der Gesellschaft ein und – was das Schlimmste ist – stellen Gleichheit über die Freiheit der Wahl. Eine Gleichbehandlungsrichtlinie sollte es deshalb überhaupt nicht geben.

 
  
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  Juan Andrés Naranjo Escobar (PPE-DE). - (ES) Herr Präsident, Herr Kommissar, Herr Ratspräsident, meine Damen und Herren! Dieses Sozialpaket kann nur dann Früchte tragen und Wirkung entfalten, wenn wir uns über den Inhalt der Schlüsselinitiativen einigen können. Es liegt auf der Hand, dass die Arbeitslosigkeit den größten von uns zu bekämpfenden sozialen Missstand darstellt. Sie destabilisiert eine Gesellschaft am stärksten und verursacht andere, kleinere Missstände. Daher stellt eine Politik, die zur Schaffung von Arbeitsplätzen beiträgt, die beste Sozialpolitik dar.

Wir müssen uns von dem falschen Widerspruch zwischen Solidarität und Wettbewerb lösen, da beide miteinander nicht unvereinbar sind. Um aber eine gesunde und effiziente Sozialpolitik zu schaffen und die Armut auszumerzen, benötigen wir Wachstum und Stabilität. Daher sollte sich unser Sozialmodell der neuen Realität anpassen. Die Globalisierung birgt auch Chancen: Wer sich anpasst, gewinnt, wer es unterlässt, landet auf der Verliererseite.

Europa ist nicht mit einer klassischen Wachstumskrise oder zyklischen Problemen konfrontiert – es steht aber vor tiefgreifendem Wandel. Von unserer Fähigkeit, heute kluge Entscheidungen zu treffen, hängt der Wohlstand zukünftiger Generationen ab. Die Alterung und Abnahme der Bevölkerung haben Europa schon erreicht; sie stellen keine Drohung, sondern eine Realität dar: Davor unsere Augen zu verschließen ist nicht hilfreich.

Über welche Antworten auf die vielen Folgen dieser Entwicklung verfügen wir heute? Über sehr wenige. Wir besitzen beispielsweise keine Instrumente oder Anreize, um ein flexibles, geplantes Eintreten in den Ruhestand zu ermöglichen, das den Menschen gestattet, über das Durchschnittsalter, mit dem sie den Arbeitsmarkt verlassen, hinaus zu arbeiten. Entscheidend ist das Erreichen eines gleichmäßigen Niveaus des Schutzes gegen Diskriminierung und Ausgrenzung, aber die Masse der europäischen Gesetzgebung garantiert nicht die Beseitigung von Diskriminierung; deshalb muss die Arbeit an der Beseitigung dieser negativen sozialen Praktiken schon an den Schulen beginnen.

Schulversagen und Abbruchquoten sind eine Tragödie unserer Gegenwart und könnten es auch in der Zukunft bleiben. In diesem Bereich steht für uns viel auf dem Spiel; hierauf sollten wir uns konzentrieren, auf den Mehrwert, den die Europäische Gemeinschaft ermöglichen kann, sollten wir abstellen, um diese Situation zu stoppen und ihr ein Ende zu bereiten.

Kurz gesagt, meine Damen und Herren, sind wir nicht gezwungen, unser Sozialmodell aufzugeben, sondern wir müssen es erneuern, es mit größerer Flexibilität, Mobilität und Sicherheit ausstatten, damit die Schwächsten nicht am Wegesrand zurückbleiben.

 
  
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  Stephen Hughes (PSE).(EN) Herr Präsident! Ich möchte Kommissar Špidla dafür danken, dass wir überhaupt ein Sozialpaket haben, denn seine Aufgabe in der Kommission Barroso kann, wie ich schon sehr oft gesagt habe, nicht einfach sein.

Das Paket selbst vermittelt einen Eindruck von den Spannungen in der Kommission Barroso zwischen jenen auf der einen Seite, die auf Gedeih und Verderb an der neoliberalen Agenda festhalten wollen, und denjenigen auf der anderen Seite, die erkennen, dass in Europa ein dringender Bedarf an mehr Bürgernähe herrscht.

Wir müssen unseren Bürgern glaubhaft vermitteln, dass Europa bei der Inangriffnahme der Probleme, die aus der Globalisierung, dem demografischen Wandel, dem Klimawandel und anderer globaler Herausforderungen resultieren, Teil der Lösung und nicht Teil des Problems ist.

Wenn das die Aufgabe ist, die es zu lösen gilt, dann muss ich leider feststellen, dass dieses Paket ihr einfach nicht gewachsen ist. Es ist völlig unzureichend, und man merkt ihm an, mit wie viel Widerwillen es geschnürt wurde. Selbst die guten Elemente sind enttäuschend, wenn man weiß, wie widerwillig sie aufgenommen wurden. Die horizontale Richtlinie zur Bekämpfung der Diskriminierung ist ein gutes Beispiel. Sie ist Teil des Pakets, aber wir alle wissen, wie sehr sich Präsident Barroso bis zur letzten Minute gegen ihre Einbeziehung gesträubt hat.

Ein weiteres Beispiel ist der Vorschlag für einen Europäischen Betriebsrat. Der Inhalt ist äußerst schwach im Vergleich zu der früheren Mitteilung der Kommission an die Sozialpartner. Ich glaube, dass die neoliberalen Kräfte in der Kommission und ihre Verbündeten hier aufwachen und sich der Realität, mit der wir es zu tun haben, stellen müssen. Viele Millionen unserer Bürger führen ein Leben in Angst, Armut und Ausgrenzung, und in der Amtszeit von Herrn Barroso sind noch sehr viele hinzugekommen.

Insgesamt sehe ich darin einen verspäteten Versuch, mit dem Präsident Barroso die Linke davon überzeugen will, dass er ein soziales Gewissen hat und dass er Unterstützung für eine zweite Amtsperiode als Kommissionspräsident verdient.

Nun, darauf falle ich nicht herein, und zwar ebenso wenig wie viele meiner Kollegen. Wie ich bereits sagte, ist das alles vollkommen unzureichend und außerdem viel zu spät, als dass der klägliche Rest lohnenswerter Elemente noch vor den Wahlen im nächsten Jahr sicher unter Dach und Fach gebracht werden könnte.

Präsident Barroso beleidigt nicht nur die Intelligenz der Linken in diesem Haus, sondern auch die der Millionen von Bürgern in der EU, die etwas Besseres verdient haben.

 
  
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  Ona Juknevičienė (ALDE).(EN) Herr Präsident! Im ersten Jahresbericht der Kommission über den Europäischen Globalisierungsfonds wird festgestellt, dass über 13 000 erwerbslose Arbeitnehmer in acht Mitgliedstaaten unterstützt werden. Bisher wurden 3,7 % der verfügbaren Mittel ausgegeben. Das ist natürlich sehr schleppend.

Die Kommission schlägt vor, die Verfahren zu vereinfachen, das Programm umfassend zu propagieren, den Erfahrungsaustausch zu fördern und die Unterstützungsdauer zu verlängern. Ich begrüße diese Maßnahmen. Eingerichtet wurde der Fonds als Zeichen der Solidarität mit Arbeitnehmern, die ihre Arbeit verloren haben, weil ihre Unternehmen der Globalisierung nicht gewachsen sind. Deshalb kommt es darauf an, dass diese Mittel diejenigen erreichen, die Hilfe brauchen. Sie dürfen nicht unter Vermittlern, Ausbildern oder den Herausgebern von Broschüren aufgeteilt werden. In einem Jahr werden wir feststellen, was wirklich erreicht wurde. Es geht nicht darum, wie viel Geld verteilt wurde, sondern wie viele Arbeitslose einen neuen Arbeitsplatz gefunden haben.

Ich rufe die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, ordentliche Kriterien und Benchmarks aufzustellen, um eine Evaluierung der Ergebnisse zu ermöglichen. Wir müssen eine effiziente Verwendung des europäischen Haushalts gewährleisten.

 
  
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  Ewa Tomaszewska (UEN). - (PL) Her Präsident! Es freut mich sehr, dass das künftige Maßnahmenpaket im Rahmen der erneuerten Sozialagenda auch die Überarbeitung der Richtlinie über Europäische Betriebsräte umfasst.

Vor kurzem haben wir die Probleme besprochen, die auf Ungenauigkeiten der Bestimmungen der Richtlinie zurückzuführen sind, deren Ziel die Sicherung der Rechte der Arbeitnehmer auf Unterrichtung und Anhörung ist. Die Richtlinie zur Teilzeitarbeit und zur Bekämpfung der Armut unter Arbeiternehmern in Vollzeitbeschäftigung ist ebenfalls außerordentlich wichtig. Der Nachdruck, mit dem die Lage junger Menschen, ihr Zugang zu Bildungsmöglichkeiten und Gesundheitsversorgung sowie die Verhinderung ihrer Ausgrenzung behandelt werden, stimmt mich ebenfalls zuversichtlich. Die berufliche Mobilität der künftigen Arbeitnehmer ist ihre Chance im Leben, aber sie ist auch eine Chance für die Wirtschaft. Die Betonung der Stärkung der Patientenrechte bildet eine fundamentale Voraussetzung für den Schutz der öffentlichen Gesundheitsversorgung. Allerdings wird das Grünbuch zu den Beschäftigten des Gesundheitswesens, auf das wir alle warten, wichtig für die Umsetzung dieser Maßnahmen sein.

 
  
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  Ilda Figueiredo (GUE/NGL). - (PT) Herr Präsident! Dieses so genannte Sozialpaket nährt nur Illusionen über das Ausmaß der sozialen Ungleichheit, von der die etwa 80 Millionen in Armut lebenden Menschen betroffen sind, unter ihnen Millionen schlecht bezahlter Arbeitnehmer mit unsicheren Arbeitsplätzen und Millionen Arbeitslose, deren Zahl immer größer wird, während Wirtschafts- und Finanzgruppen weiterhin skandalöse Profite erwirtschaften und multinationale Standortwechsel erfolgen.

Die wirklichen Ursachen für diesen Zustand werden übersehen, nämlich das Beharren auf neoliberalen Grundsätzen, die durch die vorgeschlagene Richtlinie über Gesundheitsdienste nur noch verstärkt würden, die Arbeitsplatzflexibilität, die durch die Vorschläge zur Arbeitszeit weiter erhöht würde, und der Angriff auf die entwicklungsstrategisch wichtigen Dienstleistungs- und Produktionssektoren.

Deshalb fordern wir ein echtes Sozialpaket, das die neue Arbeitszeitrichtlinie ablehnt, sich für eine Verkürzung der täglichen Arbeitszeit ohne Lohnausfall ausspricht, den Stabilitätspakt und die liberale Lissabon-Strategie widerruft, die Kriterien der Europäischen Zentralbank ändert und mit der Pseudounabhängigkeit Schluss macht, stattdessen als Alternative einen Pakt für Beschäftigung und sozialen Fortschritt ins Leben ruft, Investitionen in kleine und Kleinstunternehmen sowie in öffentliche Dienste sowie deren Unterstützung fördert und die Würde der arbeitenden Bevölkerung wahrt.

 
  
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  Marie Panayotopoulos-Cassiotou (PPE-DE).(EL) Herr Präsident, Herr Kommissar, Herr Ratspräsident! Im antiken Griechenland hieß es, dass Menschen den Wert der Dinge bestimmen. Wenn die Menschen also Verantwortung für die Umsetzung dieses uns heute vorgestellten Pakets übernehmen, wenn sie die alten Maßnahmen und Vorschläge mit den neuen harmonisieren können, dann werden diese Menschen in Wirklichkeit nicht als Ressourcen eingesetzt, sondern in ihren Rollen als Arbeitgeber, Arbeitnehmer, Arbeitslose, Inhaber kleiner und großer Unternehmen, Frauen und Männer, Junge und Alte aktiv werden. Innerhalb der EU wird es keine Diskriminierung hinsichtlich Demokratie und Subsidiarität geben, keinen chauvinistischen Wortschwall darüber, wer die Macht hat, oder über Zugehörigkeiten zum rechten oder linken Lager, wie sie hier zu hören waren. Neben mir sitzt mein Kollege Herr Őry, von dem ich erfahre, dass in seinem Heimatland die sozialistische Regierung Sozialleistungen bekämpft.

Wir können daher nicht der globalen Krise die Schuld zuschieben; wir müssen die Dinge positiv betrachten. Wir müssen uns unserer eigenen demografischen Krise auf bestmögliche Weise stellen. Lassen Sie uns die alten Verpflichtungen nicht vergessen – die Beschlüsse von Barcelona zur Harmonisierung von Familien- und Berufsleben, die Europäische Allianz für Familien, den Europäischen Pakt für die Jugend, die gemeinsame Einwanderungspolitik, die Verbesserung der Mobilität im Bildungswesen und der Ausbildung für Arbeitsplatzmobilität. Die Verschiedenheiten, Traditionen und Sprachen zugewanderter Arbeitnehmer müssen respektiert werden. Sozialer Diskriminierung muss entgegengewirkt werden, die Rechte der Schwachen und Benachteiligten sowie der Kinder müssen so geachtet werden, wie wir uns in der Europäischen Union für sie stark gemacht haben. Die Armut muss bekämpft werden, weshalb wir das Jahr 2010 diesem Kampf widmen werden. Wir müssen den sozialen und territorialen Zusammenhalt unserer Regionen durch Dialog, Entgegenkommen und Transparenz bei der Verwendung von Finanzmechanismen stärken.

 
  
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  Alejandro Cercas (PSE). - (ES) Herr Präsident, Herr Kommissar, Herr Minister! Ich schließe mich meinen Kollegen an, die diese Agenda als einen Schritt voran betrachten, obwohl es ein sehr bescheidener Schritt ist, der klar erkennbar weit von den Erfordernissen entfernt ist, mit denen wir uns heute in Europa konfrontiert sehen. Daher muss ich Ihnen leider sagen, Herr Kommissar, dass Sie vorhin mit Ihrer Bemerkung irrten, diese Agenda würde die Besorgnis in der Öffentlichkeit zerstreuen. Die Öffentlichkeit ist beunruhigt, und das mit gutem Grund, wenn sie eine Europäische Union erlebt, die die grundlegenden Probleme, denen sich die Menschen jeden Tag gegenüber sehen, nicht löst.

Die Agenda trägt einen sehr viel versprechenden Titel: Agenda für das 21. Jahrhundert. Leider beinhaltet sie etwas, was schon verurteilt wurde: Sie stellt eine interne Festlegung auf die Widersprüche dar, die in Europa existieren, mit denjenigen, die sich mehr Europa, und denen, die sich weniger Europa wünschen; sie ist deshalb eine Anhäufung leerer Rhetorik und ein Vakuum, was konkrete Inhalte angeht. Nur drei Richtlinien werden durch die europäische Linke kommentiert, und zwar recht kritisch.

Sehen so die Ansprüche Europas an das 21. Jahrhundert aus? Nein, Herr Kommissar. Das Debattieren sozialer Probleme ist nicht nur unser Anliegen. Die Europäische Union – nicht nur Europa – benötigt Antworten. Diese Antworten zu geben fällt sehr schwer, wenn sie, wie von der Agenda vorgesehen, auf nationaler Ebene gefunden werden müssen. Einige Antworten sind auf nationaler Ebene, andere auf der Ebene der Europäischen Union zu suchen; die Errichtung des Binnenmarkts sollte von Normen begleitet sein, die ihm ein menschliches Gesicht verleihen, die Sozialdumping verhindern und wirklich alle in den Verträgen enthaltenen Kompetenzen umsetzen.

Es ist ja schön und gut, die Probleme zu diskutieren, besser wäre es jedoch, sie zu lösen und nicht durch Maßnahmen, wie die Arbeitszeitrichtlinie, neue Probleme zu schaffen.

Herr Kommissar, Europa braucht stärkere Initiativen; Europa benötigt eine wesentlich zukunftsträchtigere Agenda, um bürgernah zu sein, und ich hoffe, dass die Europäer, die sich eine andere Politik wünschen, bei den nächsten Wahlen – und das ist nicht bloß rhetorisch gemeint – den europäischen Politikern eine neues, sozialeres Antlitz verleihen.

 
  
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  Sophia in 't Veld (ALDE).(EN) Herr Präsident! Ich begrüße den seit langem erwarteten Vorschlag zur Vervollständigung des Antidiskriminierungspakets, sodass wir endlich die Hierarchie der Rechte überwinden können. Eine Europäische Union, in der einige Europäer gleicher sind als andere, ist an ihrer Mission gescheitert.

Ich kann mich den klugen Worten von Gérard Deprez nur anschließen: Die Richtlinie muss wesentlich verbessert werden. Sie enthält zu viele Ausweichklauseln, die die Gefahr einer Kodifizierung bestehender Diskriminierungspraktiken bergen, anstatt sie zu beenden. Familienrecht und öffentliche Ordnung sind und bleiben in der Zuständigkeit der Mitgliedstaaten, doch in der Praxis werden sie als Vorwand für die Diskriminierung hauptsächlich homosexueller Bürger benutzt bzw. missbraucht. Es ist sehr bedauerlich, dass die Kommission dies offenbar duldet.

Religionsfreiheit ist ein Grundrecht, das ich immer auf das Entschiedenste verteidigen werde, aber sie ist ein individuelles Recht; sie ist kein kollektives Recht für bestimmte Gruppen, das ihnen das Recht zur Diskriminierung und Missachtung des Gesetzes gibt.

Abschließend möchte ich noch anmerken, dass dieses Paket merkwürdigerweise ein höheres Maß an Schutz vor Diskriminierung aller Art mit Ausnahme der geschlechtsbezogenen Diskriminierung bietet. Die Lücke zwischen der Richtlinie zur geschlechtsbezogenen Diskriminierung und dieser Richtlinie muss geschlossen werden.

 
  
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  Kyriacos Triantaphyllides (GUE/NGL).(EL) Herr Präsident! Wir sehen uns gezwungen, in der Debatte über das Sozialpaket einen kritischen Standpunkt zu beziehen, da wir, einmal abgesehen von der Wahl des Zeitpunkts, der den Verdacht einer Geheimagenda aufkommen lässt, auch grundsätzlich nicht mit seinem Inhalt einverstanden sind.

Das Paket wird in einer Zeit der zunehmenden Ablehnung und Unzufriedenheit der Bevölkerung mit dem sozialen Profil Europas vorgelegt. Diese Aussage stammt nicht von uns; es sind Daten der EU, die ein düsteres Bild von der Zukunft zeichnen: das ist die bei den europäischen Bürgern, besonders bei der Jugend, vorherrschende Stimmungslage, und sie verschlechtert sich kontinuierlich.

Vielleicht zielt das Paket ja darauf ab, vor der Europawahl das Vertrauen der Bürger wiederherzustellen.

Wir als Linke können den Inhalt des Pakets nicht akzeptieren, da seine legislativen Bestimmungen die Marktliberalisierung stärken, wie es auch bei der vorgeschlagenen Richtlinie zur grenzübergreifenden Gesundheitsfürsorge der Fall ist, die auf den früheren Bolkestein-Vorschlägen aufbaut.

Gleichzeitig führt der Vorschlag der Kommission zur grenzübergreifenden Gesundheitsfürsorge zu einer Zwei-Klassen-Medizin: Den Reichen und Gebildeten wird ermöglicht, sich dort nach Gesundheitsleistungen umzuschauen, wo sie den größten Nutzen daraus ziehen können.

Ein sozialeres Europa bedarf eines breiteren Denkansatzes und nicht der Verkündung von Maßnahmen, die nur an der Oberfläche der Probleme kratzen und sich in dem engen Rahmen des heutigen Charakters der EU bewegen.

 
  
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  Anja Weisgerber (PPE-DE). - Herr Präsident! Europa ist mehr als ein Gemeinsamer Markt! Europa ist neben einer Wirtschaft, auch eine Wertegemeinschaft. Ich verstehe Europa als Antwort auf die Globalisierung. In einer globalisierten Welt gibt ein gewisser sozialer Rahmen auf europäischer Ebene den notwendigen Schutz. Das ist die Idee des sozialen Europas, die ich auch unterstütze.

Auf der anderen Seite müssen wir aber auch im internationalen Wettbewerb bestehen. In der Lissabon-Strategie betonen wir unser Ziel, die Union zum wettbewerbsfähigsten wissensbasierten Wirtschaftsrahmen der Welt zu entwickeln. Dabei müssen wir unser Hauptaugenmerk insbesondere auf die kleinen und mittleren Unternehmen richten, denn diese sind die Stütze der wirtschaftlichen Entwicklung.

Wir müssen auch die Frage zulassen: Wie wirken sich Regelungen auf diese Betriebe aus? Die Antidiskriminierungspolitik ist dafür ein gutes Beispiel. Ich bin gegen Diskriminierung, ganz klar. Aber eine umfassende Rahmenrichtlinie ist meiner Meinung nach und nach der Ansicht von weiteren 261 Europaabgeordneten nicht der richtige Weg, vor allem nicht, um die Betroffenen zu schützen. Wir erreichen genau das Gegenteil und bewirken eher eine Ausgrenzung dieser Menschen. Es ist eine große Rechtsunsicherheit entstanden aufseiten der Mitgliedstaaten wie auch aufseiten der europäischen Bürger. Derzeit laufen zahlreiche Vertragsverletzungsverfahren gegen 14 Mitgliedstaaten wegen mangelhafter Umsetzung der bereits bestehenden vier Richtlinien. Wir sollten zunächst das bestehende Recht umsetzen, bevor wir neue Regelungen schaffen. Mit einer neuen Antidiskrimierungs-Rahmenrichtlinie bekommen wir eben nicht die Klarheit, die Kommissar Špidla angekündigt hat.

Die neuen Regelungen werfen viele Fragen auf. Wer kann sich z. B. auf das Merkmal Religion/Weltanschauung berufen – auch Scientology oder rechtsradikale Gruppierungen? Muss nun jedes noch so kleine Restaurant eine Rollstuhlrampe haben, um einen barrierefreien Zugang zu garantieren? Die Richtlinie sieht da zwar bei Unverhältnismäßigkeit der Maßnahme eine Ausnahme vor, aber wer bestimmt diese Maßnahmen, eine mitgliedstaatliche Regelung oder eine Gerichtsentscheidung? Unpräzise, ausufernde Regelungen wie die Rahmenrichtlinie sind nicht praxistauglich, und was das wichtigste ist: Sie helfen den Betroffenen nicht. Das ist nicht die Idee des sozialen Europas. So wird es nicht funktionieren.

 
  
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  Anne Van Lancker (PSE).(NL) Herr Präsident, Herr Kommissar, Herr Minister! Ich war seinerzeit Berichterstatterin für den sozialen Aktionsplan, der uns von Anna Diamantopoulou vorgelegt und während der vorigen französischen Präsidentschaft unter der Leitung von Frau Aubry abgeschlossen wurde. Was mich beunruhigt, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist, wie die europäischen sozialen Ambitionen systematisch abgebröckelt sind. Dafür gibt es meines Erachtens klare politische Gründe. Es ist auffallend, wie die Kommission immer wieder betont, Sozialpolitik müsse eine nationale Angelegenheit bleiben. Das Sozialpaket, Herr Kommissar, enthält sehr interessante Arbeitsdokumente und Mitteilungen, aber nur vier Rechtsetzungsinitiativen. So willkommen diese auch sind, so ist dies doch eine sehr magere Ausbeute! Als ob der Schutz sozialer Rechte, die Schaffung gleicher sozialer Bedingungen für alle in einem Europa der 27, nicht länger in der Verantwortung der Europäischen Union läge.

Gemeinsam mit der PPE-DE und den sozialen Organisationen erwarten wir, zusätzlich zu diesem Sozialpaket, mindestens stärkere Rechtsvorschriften in Bezug auf eine Entsendung, die die sozialen Rechte schützt, eine bessere Rechtsetzung zur Beseitigung der Lohnkluft zwischen Männern und Frauen, eine Rahmenrechtsvorschrift für den Schutz sozialer Dienstleistungen und verbindliche Zusagen im Kampf gegen die Armut. Was wir brauchen, ist ein wirklicher Sozialpakt mit einer kohärenten Vision und einem ernsthaften Engagement für ein soziales Europa, um den Bürgern zumindest zu zeigen, dass Europa mehr ist als nur ein Markt. Ich hoffe, Herr Bertrand, dass wir in diesem Kampf noch auf die Unterstützung der französischen Präsidentschaft zählen können.

 
  
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  Elizabeth Lynne (ALDE).(EN) Herr Präsident! Seit Jahren setze ich mich gemeinsam mit meinen Mitstreitern für eine umfassende Antidiskriminierungsgesetzgebung ein, um die Diskriminierung von behinderten und älteren Menschen beim Zugang zu Gütern und Dienstleistungen zu verbieten. Ich weiß, dass im Falle der Beschäftigung bereits sämtliche Gründe abgedeckt sind, aber seit Jahren verspricht man uns, dass etwas getan wird, und nichts passiert.

Heute können wir sagen, dass wir unser Ziel, Vorschriften zu erlassen, die sich nicht nur auf das Alter und Behinderungen erstrecken, sondern auch auf die sexuelle Ausrichtung und die Religion, fast erreicht haben. Das hatte ich ja in meinem Bericht gefordert. Ich möchte der Kommission dafür danken, dass sie einen entsprechenden Vorschlag vorgelegt hat. Mein besonderer Dank gilt Kommissar Špidla für seine Hartnäckigkeit. Wir wissen, dass die vorgeschlagene Regelung nicht perfekt ist, und wir werden sicher Änderungen einfordern. Zudem hätten wir es begrüßt, wenn sie der Mitentscheidung unterliegen würde. Trotzdem freue ich mich, von dieser Stelle aus feststellen zu können, dass wir auf dem besten Weg sind, endlich die Gleichbehandlung aller EU-Bürger durchzusetzen.

 
  
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  Georgios Toussas (GUE/NGL).(EL) Herr Präsident! Das so genannte Sozialpaket, das die Europäische Kommission vorgestellt hat, stellt den gescheiterten Versuch dar, die Wut der Arbeitnehmer über die unbeliebte Politik der Kommission zu zerstreuen. Es gelingt ihr nicht, den zunehmenden Zweifeln an ihrer Institution und an der Struktur der EU entgegenzuwirken, wie sie auch in dem überwältigenden irischen „Nein“ zum Ausdruck gekommen sind.

Menschen aus der Arbeiterklasse und die Armen werden zum Ziel eines lang anhaltenden, gnadenlosen, gegen das Volk gerichteten Angriffs der EU, die damit die Rentabilität ihrer eigenen Kartelle erhöhen will.

Die Arbeiterklasse und die Armen leiden unter der Deregulierung und der Privatisierung öffentlicher Institutionen und Dienstleistungen von strategischer Bedeutung, unter dem vollständigen Scheitern der Tarifverhandlungen, der Aushöhlung von Tarifverträgen, der weit verbreiteten Durchsetzung von Flexicurity, unter zeitlich begrenzten flexiblen Formen der Beschäftigung und der Ausweitung der Bolkestein-Richtlinie auf den Gesundheitssektor.

Der Rat hat beschlossen, die Arbeitszeit in aktive und inaktive Phasen aufzugliedern. Dadurch sind Arbeitnehmer gezwungen, wöchentlich 65 bis 77 Stunden zu arbeiten. Schwere und ungesunde Arbeit lässt hunderttausende griechische Arbeiter arbeitsunfähig werden.

Nach den offiziellen Statistiken der Europäischen Agentur für Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz – Herr Präsident, bitte ertragen Sie mich noch einen Augenblick, da die Informationen, die ich mitteilen möchte, sehr wichtig sind. Lassen Sie mich Folgendes sagen: Nach offiziellen Statistiken erleidet alle 4,5 Sekunden ein Arbeitnehmer einen Unfall und alle 3,5 Minuten kommt ein Arbeitnehmer ums Leben. Jedes Jahr gibt es 7 Millionen Unfälle...

(Der Präsident entzieht dem Redner das Wort.)

 
  
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  Manfred Weber (PPE-DE). - Herr Präsident, Herr Kommissar, Herr Minister, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte zunächst auf zwei Punkte der Debatte eingehen. Zum Ersten: Europa wird nicht rechts regiert, sondern Europa wird bürgerlich und liberal regiert. Bei meinem Heimatland darf ich darauf hinweisen, dass wir eine sozialdemokratische Regierung hatten, die am Ende eine Bilanz von 5 Millionen Arbeitslosen hatte. Heute haben wir 3 Millionen Arbeitslose, d. h., 2 Millionen Menschen gehen heute wieder einer Beschäftigung nach. Das ist wirkliche Sozialpolitik, das ist sozial.

Das Zweite: Mich ärgert es persönlich als Mitglied dieses hohen Hauses, dass wir selbst unsere europäische Idee so schlecht reden. Europa ist heute ein soziales Projekt. Wenn ich daran denke, dass der Binnenmarkt Millionen von Arbeitsplätzen schafft, Wohlstand und Zukunftsperspektiven für Menschen schafft, und wenn ich darauf verweisen darf, dass wir mit der Kohäsionspolitik, mit dem europäischen Sozialfonds Milliarden an Mitteln in die Hand nehmen, um europäisch solidarisch zu handeln und europäisch solidarisch zu sein, dann bitte ich trotz aller Probleme darum, unser eigenes Projekt nicht schlecht zu reden.

Ich möchte vor allem auf die Diskriminierungsfrage eingehen, weil sie bei uns im Innenausschuss bearbeitet wird. Jeder sagt nein zur Diskriminierung. Sie ist Gift für unsere Gesellschaft, und Europa muss beim Kampf gegen Diskriminierung Vorbild sein. Das wird jeder in diesem Hohen Haus hoffentlich so unterstreichen.

Aber es sind auch Fragen erlaubt. Erstens: Ist es verhältnismäßig? Die Frage der kleinen mittelständischen Unternehmen ist bereits angesprochen worden.

Zweitens: Wie sieht es mit der Umsetzung der bestehenden Rechtslage aus? Evaluation auf dem Papier ist durchgeführt worden. Aber wie sieht es in der Praxis mit der Umsetzung der bestehenden Richtlinien aus? Danach muss man fragen, bevor man neue schafft.

Drittens: Haben wir wirklich Defizite in der europäischen Gesetzgebung? Ist nur Europa für dieses Themenfeld zuständig? Alle EU-Mitgliedstaaten sind Demokratien, alle EU-Mitgliedstaaten haben rechtstaatliche Strukturen. Deswegen: Muss Europa in diesem Bereich denn unbedingt netter, sympathischer und überzeugender werden? Können wir nicht auch einmal darauf vertrauen, dass die Subsidiarität wirkt und die Mitgliedstaaten ihre Aufgaben in diesen Grundfragen selbst in den Griff bekommen?

 
  
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  Andrzej Jan Szejna (PSE). - (PL) Herr Präsident! Ein soziales Europa ist ein großartiges Ziel und viel ist bereits dafür getan worden. Dennoch bergen die bestehenden Ungleichheiten und die neuen Herausforderungen, vor denen die Welt steht, das Risiko dauerhafter sozialer Spaltungen in unseren Gesellschaften auf vielen Ebenen: Zwischen Kindern aus reichen und armen Familien, den gut und den weniger gut Ausgebildeten, zwischen Männern und Frauen, Zuwanderern und denen, die seit Generationen Europäer sind, Menschen unterschiedlicher sexueller Orientierung, unterschiedlichen Alters oder Gesundheitszustands. Ich könnte viele weitere Beispiele anführen. Der Kampf gegen Ungleichheit am und außerhalb des Arbeitsplatzes ist eine wesentliche Aufgabe für uns. Die Europäische Union und die Mitgliedstaaten müssen auf echte Bedürfnisse reagieren, wirkliche Chancen erschließen und neue Hoffnungen im Interesse aller Bürger Europas wecken.

Das neue Initiativenpaket der Kommission im Bereich des europäischen Sozialmodells ist längst überfällig und stellt eine unvollständige Ergänzung zu den auf nationaler Ebene ergriffenen Maßnahmen im Kampf um die Erhöhung des Lebensstandards der europäischen Bürger, die Stärkung ihrer Rechte und die Bekämpfung von Diskriminierung dar. Ich bin zuversichtlich, dass die neue Richtlinie zur Gleichbehandlung, die wir als sozialdemokratische Fraktion seit langem gefordert haben, uns in die Lage versetzen wird zu erklären, dass wir wirklich alle Formen von Diskriminierung bekämpfen. Die Revision der Richtlinie über Europäische Betriebsräte, die derzeit ihrer Rolle als Instrument für den sozialen Dialog gerecht wird, ist ein positives Element im Sozialpaket. Wir müssen uns auch weiterhin mit dem unvollständigen Schutz der Arbeitnehmer in den drastischen Umstrukturierungsprozessen auseinandersetzen, die eine Folge der Globalisierung sind. Auch die Gesetzgebung zur Sozialpolitik ist von enormer Bedeutung für das politische Erwachen Europas und seiner Bürgerinnen und Bürger sowie für die Wiederherstellung des Vertrauens in ein gemeinsames Projekt, insbesondere im Hinblick auf die institutionelle Krise und die bevorstehenden Wahlen zum Europäischen Parlament.

 
  
  

VORSITZ: GÉRARD ONESTA
Vizepräsident

 
  
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  Jean Marie Beaupuy (ALDE).(FR) Herr Präsident, Herr Minister, Herr Kommissar! Ich habe unsere langen und angeregten Aussprachen über den europäischen Globalisierungsfonds noch im Ohr. Unsere Kollegin, Frau Bachelot, mit der ich, ebenso wie mit Herrn Cottigny, an diesem Fonds gearbeitet habe, hat uns davon überzeugt, einige äußerst wichtige Entscheidungen zu treffen. Und was sehen wir heute? Nur knapp 4 % der für diesen europäischen Fonds veranschlagten Hilfe wurde 2007 bereitgestellt.

Herr Kommissar, Sie haben bereits mündlich und schriftlich angekündigt, dass Sie die Absicht haben, die Kriterien zu überarbeiten. Ist diese Überarbeitung der Kriterien der Behandlung dieser Fragen angemessen? Nein, das ist sie nicht! Wenn 96 % dieser Hilfe nicht verwendet werden, müssen wir wirklich eine grundlegende Frage stellen: Ist das Ziel, das wir mit der Annahme dieses Beschlusses über den europäischen Globalisierungsfonds verfolgen, angemessen? Wir müssen uns, wie Sie sagten, den demografischen Herausforderungen und im Hinblick auf die Globalisierung und die Technologie auch vielen wirtschaftlichen Herausforderungen stellen.

Herr Kommissar, ich fordere Sie auf, nicht nur die Kriterien des Globalisierungsfonds zu überarbeiten, sondern sich auch mit dem eigentlichen Ziel dessen, was wir hier tun, zu beschäftigen.

 
  
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  Peter Liese (PPE-DE). - Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich kann meine Enttäuschung über die Erklärungen von Rat und Kommission nicht verbergen. Es wurden viele Worte über das soziale Europa gemacht, und ein Teil der Vorschläge der Kommission zielt meiner Ansicht nach über das Ziel hinaus – zur Antidiskriminierungsrichtlinie ist von den Fraktionskollegen einiges gesagt worden. Aber wenn es dann bei den Schutzrechten von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern sehr konkret wird, dann kneifen Rat und Kommission.

Der Ratspräsident hat immerhin den Kompromiss zu Leiharbeit und Zeitarbeit angesprochen, der im Juni beschlossen wurde, aber irgendwie – ich glaube aus Scham – haben Rat und Kommission die Arbeitszeitrichtlinie beschlossen. Denn das, was da im Juni im Rat verabschiedet wurde, ist nun wirklich kein Ruhmesblatt für das soziale Europa. Ich war, bevor ich ins Parlament kam, angestellter Arzt in einem Krankenhaus und ich weiß, dass viele angestellte Ärzte und viele andere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sich zunächst einmal gefreut haben, dass der EuGH festgestellt hat, dass Bereitschaftszeit Arbeitszeit ist. Nun weiß ich auch, dass es bei der Umsetzung Schwierigkeiten gibt und dass man Bereitschaftszeit vielleicht gewichten und die Kosten und die unterschiedliche Belastung berücksichtigen muss. Aber was der Rat gemacht hat, nämlich das EuGH-Urteil praktisch komplett zurückzudrehen und sogar jene Aspekte, bei denen der Kommissionsvorschlag noch einige Verbesserungen gegenüber der früheren Rechtslage vorgesehen hatte, zu ignorieren, das geht nicht.

Wir brauchen einen Kompromiss, und das Parlament hat hier in erster Lesung den Weg vorgezeichnet, etwa dass wir einen Quotienten nehmen können. Aber wenn man beispielsweise im Krankenhaus ist und jede Minute ein schwerkranker Patient kommen kann, dessen Leben bedroht ist, dann kann man das nicht als Ruhezeit bezeichnen, wie das nach dem Ratskompromiss möglich wäre. Also muss hier nachgebessert werden, sonst nützt uns das ganze Gerede über das soziale Europa nicht.

 
  
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  Evangelia Tzampazi (PSE).(EL) Herr Präsident, Herr Ratspräsident, Herr Kommissar, meine Damen und Herren! Die derzeitigen wirtschaftlichen und sozialen Bedingungen erfordern ein gestärktes soziales Europa. Während gegenwärtig 16 % der europäischen Bevölkerung nur über das Allernotwendigste zum Leben verfügen, ist die Diskriminierung immer noch ausgeprägt und weit verbreitet.

Eine Wirtschaftspolitik, die Arbeitslosigkeit und Unsicherheit ansteigen lässt, vertieft auf Kosten Europas und seiner Zukunftsaussichten die Vertrauenskrise bei den Bürgern. In diesem Zusammenhang stellt die erneuerte Sozialagenda nach einer langen Periode des Stillstands einen Fortschritt im Bereich der Sozialgesetzgebung dar.

Dennoch sind aber aus der Fülle der Vorschläge ganze drei rechtsverbindlich, während es sich beim Rest um Empfehlungen und nichtlegislative Mitteilungen handelt. Wir kommen daher zu dem Schluss, dass das neue Sozialpaket nur eine begrenzte Wirkung auf das Leben der europäischen Bürger entfalten wird.

Die Absichten sind gut, wie man am Neuentwurf der Antidiskriminierungsrichtlinie erkennen kann. Das stellt einen wichtigen Erfolg für die Sozialdemokratische Fraktion im Europäischen Parlament dar, da sie den Antrag für eine Richtlinie mit horizontaler Wirkung unterstützt hat, um das hierarchische System des Diskriminierungsschutzes der Gemeinschaft abzuschaffen. Dennoch leidet die neue Sozialagenda unter einem Mangel an ehrgeizigen Zielen und Klarheit und an wesentlichen Unzulänglichkeiten.

Deshalb sind klares politisches Handeln, ein Aufhalten der rasant zunehmenden Ungleichheiten und eine Verbesserung der Arbeits- und Lebensbedingungen erforderlich.

 
  
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  Viktória Mohácsi (ALDE).(HU) Herr Präsident! Der Kommissar hat seine Erwartungen in seiner Rede sehr schön zusammengefasst, doch die Dokumente, die uns zur Verfügung stehen, spiegeln das nicht wider. Es gibt da ein klitzekleines semantisches Problem: Diskriminierung darf nicht als Erweiterung der Möglichkeiten bezeichnet werden. Allein auf die Segregation von Roma-Kindern mache ich nun schon seit vier Jahren aufmerksam. Darüber hinaus wird die Hälfte unserer Kinder, mehrere Millionen Roma-Kinder, als behindert klassifiziert. Was ist das, wenn nicht Diskriminierung?! Dass das Thema Segregation in der horizontalen Richtlinie nicht auftaucht, ist ein unverzeihliches Verbrechen. Kommissar Barrot sollte ebenfalls in die Arbeit einbezogen werden, und die Forderungen des Parlaments sollten auch nicht übergangen werden! Wir wollen, in Form von mindestens vier Entschließungen, ein Paket für die Integration der Roma mit Rechtsvorschriften und einem Budget, sowie eine Gruppe zur Koordinierung der Ausschüsse, damit künftige Programme effektiv umgesetzt werden können. Kommissar Špidla kann diese Angelegenheit nicht selbst lösen. Vielen Dank.

 
  
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  Iva Zanicchi (PPE-DE).(IT) Herr Präsident, Herr Kommissar, meine Damen und Herren! Das jetzt vorgelegte Dokument zum Sozialpaket stellt eine große Herausforderung für die Entwicklung Europas im Rahmen der Lissabon-Strategie dar, die von den europäischen Entscheidungsträgern als Leitlinie für einen konstruktiven und unaufhaltsamen Prozess der Integration, Modernisierung und des weiteren Aufbaus unseres gemeinsamen Hauses verabschiedet wurde.

Das Paket umfasst Maßnahmen in den Bereichen Beschäftigung, Soziales, Bildung, Jugend, Gesundheit, Informationsgesellschaft und Wirtschaft – alles grundlegende Aspekte von unmittelbarem Einfluss auf das tägliche Leben von uns allen als europäische Bürger, die daher einer eingehenden, koordinierten und insbesondere transparenten Untersuchung unterzogen werden müssen.

Als Mitglied der Ausschusses für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten möchte ich die Bedeutung und Notwendigkeit dieses Vorschlags unterstreichen, in dem es ganz allgemein darum geht, sich bei der Behandlung der eben erwähnten Bereiche auf solche Themen wie demografischer Wandel, Globalisierung und die Bedeutung des menschlichen Faktors zu konzentrieren, sie zu analysieren und Antworten darauf zu finden.

Ich begrüße die von der Kommission beabsichtigte Überarbeitung der Richtlinien (EG) 92/85 und 96/39 in Bezug auf den Mutterschaftsurlaub, denn dieser Vorstoß zielt auf die Verbesserung der Qualität des Familienlebens all der Frauen ab, die neben der Versorgung einer Familie tagtäglich im Berufsleben stehen.

Von der Kommission hätte ich gern eine Antwort auf zwei Fragen im Zusammenhang mit der Armutsbekämpfung – und damit meine ich nicht die Armut in der Dritten Welt, sondern die Armut innerhalb der EU-Grenzen –, ein von Jahr zu Jahr bedrohlicher werdendes Problem, von dem jeder Mitgliedstaat der Europäischen Union betroffen ist. Meine Frage dazu lautet: Welchen konkreten Weg wird die Kommission im Hinblick auf die Lösung eines Problems einschlagen, das, wie schon gesagt, die europäischen Volkswirtschaften Jahr um Jahr systematisch trifft und infolgedessen direkte Auswirkungen auf den Lebensstandard von Millionen europäischer Bürger hat?

Zweitens möchte ich wissen – und als Frau fühle ich mich unmittelbar davon berührt –, was die Kommission gegen die Diskriminierungen von Frauen zu unternehmen gedenkt, die in unserer Gesellschaft auch noch im Jahr 2008 im Beschäftigungsbereich und speziell bei Löhnen fortbestehen. Mit Hilfe welcher konkreten Maßnahmen lässt sich dieses Ungleichgewicht beenden?

Abschließend möchte ich Kommissar Špidla für das vorliegende Dokument und seiner dabei geleisteten Arbeit danken. Ich möchte mich bei den Vertretern des Rates bedanken und nochmals die Bedeutung dieses Sozialpakets im Rahmen der überarbeiteten Sozialagenda unterstreichen.

 
  
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  Jan Cremers (PSE).(NL) Herr Präsident, meine Damen und Herren, sehr geehrter Herr Minister, sehr geehrter Herr Kommissar! Die soziale Agenda der Kommission enthält neben willkommenen Vorschlägen in den Bereichen Antidiskriminierung und grenzüberschreitende Gesundheitsfürsorge den lang erwarteten Vorschlag zu den Europäischen Betriebsräten. Die Kommission spricht sich zudem auch gegen die Überarbeitung der Entsenderichtlinie aus, eine Richtlinie, die nach einigen sehr kontroversen Urteilen des Europäischen Gerichtshofs stark unter Beschuss geraten ist. Ich möchte beide Themen kurz ansprechen.

Zunächst zu den Rechten europäischer Arbeitnehmer auf Unterrichtung und Anhörung. Wir wissen alle, woran es hier hapert. Eine zu geringe Einhaltung (nur jedes dritte der betroffenen Unternehmen verfügt über einen Europäischen Betriebsrat), zu unverbindliche Informations- und Beratungsrechte und es fehlt an Einrichtungen. Ich bedauere in hohem Maße, dass die Kommission keine Sanktionen bei Nichteinhaltung vorgeschlagen hat. Auch bleiben in meinen Augen die subsidiären Vorschriften hinter dem zurück, was wünschenswert ist und in guten Beispielen auch vereinbart wurde, nämlich mehrere und regelmäßig stattfindende Sitzungen pro Jahr, die sich mit der nötigen Ausbildung und Unterstützung leicht vorbereiten lassen. Eine Sitzung pro Jahr ist nicht viel mehr als Symbolpolitik, und dafür ist der soziale Dialog im Unternehmen viel zu wichtig.

Zweitens die Entsenderichtlinie. Bei der ersten Beschränkung, die der EuGH bezüglich der in einem Mitgliedstaat geltenden Arbeitsbedingungen vornahm, schien es noch um einen Politikwandel im europäischen Recht zu gehen, initiiert vom Gericht, ohne Unterstützung des europäischen Gesetzgebers. Nach dem Luxemburg-Fall ist deutlich, dass auch die Kommission bewusst auf eine Demontage von Grundsätzen, die in der Richtlinie formuliert sind, aus ist. Was einmal als Richtlinie zum Schutz von Arbeitnehmern gegen Ausbeutung und unlauteren Wettbewerb im Falle grenzüberschreitender Dienstleistungen gedacht war, ist so durch Zutun des Gerichtshofs und der Kommission zu einer Gefahr für die in einem Mitgliedstaat geltenden Verpflichtungen in Bezug auf die zu beachtenden Arbeitsbedingungen geworden. Die Kommission muss ihrer gesetzgeberischen Verantwortung auf diesem Gebiet wieder nachkommen und dafür sorgen, dass die Mitgliedstaaten künftig weiterhin in der Lage sind, ihre allgemein geltenden Regeln im Bereich Arbeitsrecht und Tarifverträge anzuwenden.

 
  
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  Evelyne Gebhardt (PSE). - Herr Präsident! Ich habe nur Fragen zu stellen: Warum so spät, und warum so sachte? Warum erklären wir im September letzten Jahres, dass wir das Jahr 2008 zum Jahr des Sozialen ausrufen, zählen es aber nicht zu den Prioritäten der Ratspräsidentschaft? Warum hat die Rechte bei der Dienstleistungsrichtlinie jahrelang gegen die sozialen Rechte gekämpft, wenn sie heute behauptet, wir seien doch ganz sozial? Warum wurde im Juli in meinem Ausschuss gegen den Bericht Hamon und für den Bericht Handzlik gestimmt, also genau das Gegenteil von dem, was heute hier erklärt worden ist? Warum ist das denn so?

Seien Sie doch ehrlich und sagen Sie, was Sie machen, anstatt den Bürgerinnen und Bürgern das Gegenteil zu sagen! Darum muss ich Sie einfach einmal bitten, das ist wirklich notwendig. Aber warum ist das so? Schlicht und einfach deshalb, weil Ihr Rechten die falsche Philosophie habt. Ihr geht davon aus, dass die Menschen für die Wirtschaft da sind. Wir Sozialdemokraten sagen, das Gegenteil ist wahr: Die Wirtschaft ist für die Menschen da, und so müssen wir Politik gestalten.

 
  
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  Gabriela Creţu (PSE).(RO) Ich hatte gehofft, dass mit diesen Vorschlägen die Verringerung der sozialen Ungleichheiten zwischen den europäischen Bürgern gefördert würde. Leider konfrontiert uns das Paket lediglich mit einer anderen sozialen Schere, der Schere zwischen guten Absichten und den zu ihrer Umsetzung nötigen Instrumenten.

Das geschieht auch dann, wenn eine europäische Verordnung existiert, die die Mitgliedstaaten zum Handeln zwingt.

Ein Beispiel dafür ist die auf dem Arbeitsmarkt herrschende Lohndiskriminierung von Frauen. In diesem Bereich gibt es Rechtsvorschriften, wiederholt eingegangene Verpflichtungen – es wurden aber in den letzten acht Jahren keinerlei Verbesserungen erzielt. Selbst wenn man annimmt, dass die Arbeitgeber die wirtschaftlichen Vorteile korrekter Bezahlung erkannt und ihre rechtlichen Verpflichtungen verstanden haben, bleiben die Schwierigkeiten unüberwindlich. Es fehlt ein System der nicht diskriminierenden Bewertung von Arbeit, das als gemeinsames Kriterium zum Vergleich unterschiedlicher Tätigkeiten dienen könnte. Ohne solch ein System bleiben das Prinzip der gleichen Bezahlung für gleichwertige Arbeit, wie auch die Verkleinerung der Schere zwischen den Branchen eine Illusion.

Die Systeme zur Klassifizierung von Tätigkeiten sind mängelbehaftet, wenn es sie überhaupt gibt. Uns liegen schon Gerichtsurteile vor, in denen zugestanden wird, dass durch die Verwendung körperlicher Arbeit als Maßstab verschiedene Fähigkeiten, die bei der Arbeit erforderlich sind, vernachlässigt werden und Diskriminierungen geschaffen werden.

Die Methode der offenen Koordinierung besitzt lobenswerte soziale Zielsetzungen, aber sogar die Indikatoren, die einige dieser Ziele messen, fehlen in der Liste allgemeiner Indikatoren.

Daraus muss der traurige Schluss gezogen werden, dass dem mangelnden Interesse an Fragen der Gleichstellung der Geschlechter einzig der mangelnde politische Wille zu wirksamen gemeinschaftlichen Regelungen auf dem Arbeitsmarkt gleichkommt.

 
  
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  Donata Gottardi (PSE).(IT) Herr Präsident, Herr Minister, Herr Kommissar, meine Damen und Herren! Ungeachtet all der Untersuchungen und Studien, auch zur korrekten Umsetzung der Antidiskriminierungs-Richtlinien, sind Effektivität und Innovation noch immer die Schlüsselelemente.

Wie ist der Entwurf der geplanten neuen „horizontalen“ Richtlinie, die derzeit nichts anderes als der über den Arbeitsplatz hinaus erweiterte Schutz in einer Reihe von Bereichen ist, möglich, wenn die Frage positiver Maßnahmen noch immer so gesehen wird, als ginge es nicht um die Suche nach neuen Maßnahmen, sondern darum, diejenigen, die nicht verboten sind, zu bewahren?

Ein kleines – aber zu zaghaftes – Zeichen des Fortschritts stellt der Appell zu einem neuen allgemeinen Engagement auf diesem Gebiet dar, der mit der Forderung nach einer besseren Umsetzung der den Roma gewidmeten Instrumente endet, gleichsam als Beschwörung von bislang Unerreichtem. Sind es bloße Worte, was wir schreiben? In diesem Kontext fürchte ich, Ja! Beispielsweise scheinen Anfragen an die Kommission, in denen auf Fälle von Diskriminierung bzw. auf rückständige nationale oder subnationale Rechtsvorschriften hingewiesen wird, momentan sinnlos zu sein.

Allzu oft, eigentlich fast immer wird in der Antwort lediglich auf die bestehenden EU-Schutzvorschriften verwiesen: Süßwasser, keine Fortschritte, Schweigen! Gleichwohl diskutieren wir jetzt über den fundamentalen Grundsatz der Gleichbehandlung, und ich beziehe mich auch auf die grenzüberschreitende Entsendung von Arbeitskräften.

Die neue Sozialagenda ist vielleicht eine gute Übung, das Paket der vorgeschlagenen Themen gleicht jedoch mehr einem Puzzle von Karten, die am Ende der Legislaturperiode nach Abschluss einer Reihe gezielter Maßnahmen für ein wirklich innovatives Projekt noch nicht auf ihren Platz gesetzt worden sind. Und was Diskriminierungen und Stereotype anbelangt, Herr Minister, so danken Sie bitte Ihrem Präsidenten für seine Krawatte.

 
  
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  Richard Falbr (PSE). - (CS) Herr Präsident! Da die Worte „zu wenig zu spät“ bei der Beurteilung des Sozialpakets schon häufig gefallen sind, will ich meine Einschätzung noch hinzufügen: Der Berg gebar eine Maus. Meine Frage lautet: „Was haben Sie vier Jahre lang gemacht?“ Sie haben sozial unannehmbare Vorschläge vorgelegt, deren Höhepunkt der von Rat und Kommission vielgepriesene Entwurf der Arbeitszeitrichtlinie war. Daher kann man den Entwurf des Sozialpakets trotz einiger positiver Seiten nur als Propaganda sehen, die der Europäischen Kommission das Attribut „sozial“ verschaffen soll. Die meisten Vorschläge können gar nicht behandelt werden, sie sind nicht mehr als ein Schlag ins Wasser. Es ist ja so einfach zu erklären, dass der Gemeinsame Markt für die Menschen da ist und nicht die Menschen für den Markt, und dass man, wenn man verbindliche Regeln für das Verhalten der Unternehmen am Markt festlegt, auch Mindestregeln für die Stellung der EU-Arbeitnehmer, einen Mindestlohn als Prozentsatz vom Durchschnittslohn in allen Mitgliedstaaten, Gleichbehandlung und gleiche Löhne für die in einem anderen als ihrem eigenen Land beschäftigten Arbeitnehmer festlegen muss. Es hätte genügt zu erklären, dass die Union die Achtung der ILO-Übereinkommen über die Höchstarbeitszeit, das Recht auf freie gewerkschaftliche Vereinigung und die Führung von Tarifverhandlungen durchsetzt.

Der Wettbewerb der Mitgliedstaaten um niedrigste Steuern und Löhne und die geringste Transparenz in der Position der Gewerkschaften geht munter weiter, und die offene Koordinierungsmethode ist nur eine weitere uneffektive Art, das zu tun, was niemand machen will. Denen, die die französische Ratspräsidentschaft kritisieren, möchte ich sagen: „Warten Sie die tschechische Ratspräsidentschaft ab. Sie werden Augen machen“. Vor einigen Wochen hat der Präsident das Gesetz über das Verbot von Diskriminierung zurückgewiesen, weil es angeblich überflüssig sei.

 
  
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  Karin Jöns (PSE). - Herr Präsident! Bei der Sozialen Agenda – ich komme nicht umhin, das auch zu sagen – fehlt mir jegliches Herzblut. Kein einziges heißes Eisen wird überzeugend angepackt. Eine Reform der Europäischen Betriebsräte ohne die Möglichkeit zu mehr Sitzungen und ohne Sanktionsmechanismen bei Verstößen, das kann es ja wohl nicht sein. Ebenso geht es nicht, dass jegliche Bereitschaft fehlt, die Entsenderichtlinie zu reformieren.

Herr Kommissar, keine klare Positionierung zur Arbeitszeit in einer Sozialen Agenda, das beweist einmal mehr, dass auch diese Kommission nicht vor 65 Stunden Arbeitszeit in der Woche zurückschreckt. Mit einem sozialen Europa, das meine Fraktion anstrebt, das wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten wollen, hat das nichts mehr zu tun.

Und dem Rat sage ich: Es ist unerträglich, wie Sie die Sozialpartner bei der Reform der Richtlinie über die Europäischen Betriebsräte unter Druck setzen – um es vornehm auszudrücken.

Meine Fraktion wird dieses Spiel nicht mitmachen. Wenn Europas Arbeitnehmerschaft sich nicht völlig von Europa abwenden soll, müssen wir sie besser vor den Folgen der Globalisierung schützen und auch rasch den Weg für grenzüberschreitende Tarife ebnen.

 
  
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  Monica Maria Iacob-Ridzi (PPE-DE).(RO) Ich möchte bezüglich des Gesetzespakets in der europäischen Sozialagenda einige Ideen zur Diskussion stellen.

Die Initiativen der Europäischen Kommission in diesem Bereich und die Initiativen, die in ihrer Mitteilung „Bessere Kompetenzen für das 21. Jahrhundert: eine Agenda für die europäische Zusammenarbeit im Schulwesen“ vorgestellt wurden, empfinde ich als anerkennenswert.

Zusätzlich zu diesen Initiativen möchte ich der Europäischen Kommission vorschlagen, ein Pilotprojekt zur Einrichtung eines europäischen Stipendiums für Kinder aus wirtschaftlich und geografisch benachteiligten Regionen zu starten.

In Europa leben 19 Millionen Kinder und Jugendliche in Armut, und jährlich brechen 6 Millionen die Oberschule ab. In Rumänien beispielsweise haben laut einer Eurobarometer-Studie Jugendliche in ländlichen, dezentral gelegenen oder Bergregionen nur eine Aussicht von 5 %, dass sie in den Genuss höherer Bildung gelangen. Diesen Prozentsatz trennen Welten vom Ziel der Europäischen Union, 85 % der Jugendlichen Zugang zu einer sekundären Universitätsausbildung zu geben.

Den Mitgliedstaaten fehlen die nötigen finanziellen Mittel, um dieser beunruhigenden Situation im Alleingang abzuhelfen. Die Europäische Union sollte daher mit allen in Frage kommenden Mitteln, wie Rechtsvorschriften, Finanzmitteln und Gemeinschaftsstrategien, die Bildungsmöglichkeiten und den Bildungszugang für alle jungen Menschen fördern.

 
  
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  Proinsias De Rossa (PSE).(EN) Herr Präsident! Herr Watson, der Vorsitzende der ALDE-Fraktion, sagt, ein Arbeitsplatz sei die beste Sozialhilfe. Bedauerlicherweise arbeiten zu viele Millionen von Menschen in Europa für weniger Geld, als sie in Form von Sozialhilfe bekommen würden. Arme und unterbezahlte Menschen sterben früher, leiden häufiger unter physischen und psychischen Erkrankungen, müssen häufiger ins Krankenhaus und werden öfter straffällig. Sie sind fast völlig von der Teilnahme am gesellschaftlichen Leben ausgeschlossen und ihnen wird ein allseitiges kulturelles, bürgerliches, soziales, ja sicheres Leben verwehrt. Ihre Kinder sind zu dem gleichen Teufelskreis der Benachteiligung verdammt, es sei denn, wir Politiker beschließen sozial- und wirtschaftspolitische Maßnahmen, die integriert und aufeinander abgestimmt sind. Die Menschen müssen wie Bürger behandelt werden und nicht wie Wirtschaftseinheiten.

Kann diese Agenda das leisten? Leider nein. Damit sollen die positiven Elemente – wie die horizontale Richtlinie zur Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes – nicht in Abrede gestellt werden. Ich bestreite auch gar nicht, dass Kommissar Špidla in einem feindseligen Umfeld hart für die Durchsetzung dieses Pakets gekämpft hat. Wir werden gemeinsam mit ihm an dessen weiterer Verbesserung arbeiten. Der Kommission und dem Rat bleiben neun Monate, um ihre hehren Absichten in Bezug auf ein soziales Europa unter Beweis zu stellen. Dann werden die Menschen ihr Urteil abgeben.

 
  
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  Mieczysław Edmund Janowski (UEN). - (PL) Herr Präsident! Herr Kommissar! Wir diskutieren heute äußerst wichtige Probleme, die Fragen der Beschäftigung, der sozialen Rechte und des Gesundheitsschutzes berühren. All das steht in Beziehung zur Familie, der kleinsten Zelle der Gesellschaft. Dabei geht es auch um Menschen mit Behinderungen, Rentner und Pensionäre sowie das gravierende Problem der Arbeitslosigkeit. Die Schaffung eines vernünftigen Verhältnisses zwischen Bezahlung und Arbeit in Verbindung mit angemessener sozialer Sicherheit ist kein Gnadenakt, sondern eine Pflicht, die uns durch unsere Sorge um die Zukunft Europas auferlegt ist. Die von den Mitgliedstaaten für die Sozialpolitik bereitgestellten Mittel müssen zielgerichteter vergeben werden. Gleiches gilt für die des Europäischen Sozialfonds.

Unser Kontinent ist heute von einer schnellen Überalterung der Bevölkerung gekennzeichnet. Aber sehen wir auch die Mängel der europäischen Politik im Hinblick auf die Familie? Was haben wir zu den Einkommen von Familien zu sagen? Wie steht es um unsere Solidarität mit den Armen? Ich verwende das Wort „Solidarität“ mit Bedacht in einer Zeit, da wir den 28. Jahrestag der Gründung der Solidarność-Bewegung und der gleichnamigen Gewerkschaft begehen, die zu den großen Veränderungen in Europa beigetragen haben.

 
  
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  Maria Petre (PPE-DE).(RO) Ich freue mich, dass wir heute über den Neustart des Sozialpakets debattieren.

Europa braucht sozialen Fortschritt, Europa als Ganzes, mit seinen alten und neuen Mitgliedern. Das vereinte Europa stellt sich den gleichen Herausforderungen: der Überalterung der Bevölkerung, Arbeitsplatzverlusten vor dem Hintergrund der Globalisierung, Kinderarmut.

Herr Kommissar Špidla, ich begrüße Ihre Herangehensweise an die Frage der Solidarität zwischen den Generationen. Wir benötigen in dieser Angelegenheit einen neuen Anstoß, aber ich begrüße ebenfalls, dass die Idee der Solidarität zwischen den Regionen wiederaufgegriffen wird, da wir dabei den sozialen Zusammenhalt oder sein Fehlen am genauesten messen können.

 
  
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  Jan Andersson (PSE). (SV) Herr Präsident! Ich bitte um Entschuldigung für meine verspätete Ankunft, aber ich hatte gestern am späten Abend noch eine Besprechung in Schweden und bin gerade erst angekommen. Ich weiß nicht, was bereits diskutiert worden ist, aber lassen Sie mich zu Beginn unterstreichen, dass wir natürlich das Sozialpaket begrüßen. Unserer Ansicht nach kommt es etwas zu spät und hätte schon früher in dieser Wahlperiode angenommen werden müssen, doch wenigstens ist es jetzt da. Sicherlich sind die Ambitionen des Europäischen Parlaments größer als die im Paket, aber ich möchte dennoch drei positive Aspekte hervorheben, auf denen wir aufbauen können.

Ich persönlich habe mich sehr viel mit den Urteilen des Europäischen Gerichtshofs und ihren Folgen beschäftigt. Daher begrüße ich die offenere Haltung der Kommission, beispielsweise in Bezug auf das zu organisierende Forum. Ich hoffe, es wird ein Erfolg.

Eine weitere positive Sache ist das Übereinkommen der IAO, das insofern auch mit den Urteilen des Europäischen Gerichtshofs verbunden ist, als die Mitgliedstaaten zur Unterzeichnung des IAO-Übereinkommens aufgefordert werden.

An dritter Stelle seien das Programm für soziale Integration, das im Oktober vorgestellt werden soll, sowie der Kampf gegen Armut, Ausgrenzung und weitere Aspekte genannt. Ich hoffe, wir werden in diesen Fragen erfolgreich zusammenarbeiten können, denn sie sind außerordentlich wichtig.

 
  
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  Richard Corbett (PSE).(EN) Herr Präsident! Wenn man einen Markt auf europäischer Ebene hat – und den haben wir mit unserem europäischen Binnenmarkt –, dann braucht man natürlich gemeinsame Regeln für diesen gemeinsamen Markt, damit er fair und effizient funktioniert, und zwar nicht zuletzt im sozialen Bereich. Deshalb haben wir Beschäftigungsstandards aufgestellt und arbeitsrechtliche Vorschriften zum Schutz der Arbeitnehmer erlassen – wie die Arbeitszeitrichtlinie, Vorschriften zum Arbeits- und Gesundheitsschutz, die Richtlinie zum Elternurlaub, Regelungen zur Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer.

Doch die britische konservative Partei – und wie ich sehe, ist nicht ein einziges Mitglied dieser Partei im Saal, um diese Problematik jetzt zu erörtern – möchte, dass sich das Vereinigte Königreich vollkommen aus dem Sozialkapitel des Vertrags zurückzieht, falls sie im Vereinigten Königreich je wieder die Macht erlangt. Glauben sie wirklich, die übrigen Mitgliedstaaten der Union würden akzeptieren, dass sich ein einziger Mitgliedstaat nicht an der Erfüllung der Verpflichtungen beteiligt, die wir gemeinsam auf europäischer Ebene zur Regulierung unseres Marktes entwickelt haben? Glauben sie wirklich, diese Art von unfairem Wettbewerb mit schlechteren Sicherheits- und Gesundheitsschutzstandards und beschnittenen Rechten der Arbeitnehmer wäre akzeptabel? Das wäre sie natürlich nicht! Mit den britischen Konservativen ist die Katastrophe für Großbritannien und Europa vorprogrammiert.

 
  
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  Xavier Bertrand, amtierender Ratspräsident. (FR) Herr Präsident, Herr Kommissar, meine Damen und Herren! Eine erregte Aussprache, aber eine Aussprache zum sozialen Europa, und die Tatsache, dass wir diese Aussprache führen, sind ein Beweis für eine Annäherung. Unsere Aussprache zeigt auch, wie schwierig es gegenwärtig ist, die Betrachtung sozialer Fragen auf Gemeinschaftsebene von politischen Diskussionen auf nationaler Ebene zu trennen. In gewisser Weise zeigt sie auch, dass wir bei der europäischen Integration Fortschritte machen.

Einige haben den Ratsvorsitz angegriffen. Ich werde auf diese Vorwürfe nicht näher eingehen. Ich bin nicht hier, um zu polemisieren. Wie Sie bin ich hier, um das soziale Europa voranzubringen.

Ist das soziale Europa eine Priorität des französischen Vorsitzes? Diese Frage wurde gestellt. Die Antwort lautet eindeutig Ja, und, wie Sie wissen, werden wir alle nicht an unseren ursprünglichen Bestrebungen, unseren ursprünglichen Ambitionen, sondern allein daran gemessen, was wir erreicht haben. Wir wissen heute, dass es eine hohe Wahrscheinlichkeit gibt, diese Ergebnisse zu erreichen, positive Ergebnisse, die positiv für das soziale Europa sind. Ich glaube fest an den Pragmatismus.

Was die verschiedenen Themen angeht, Betriebsräte und Zeitarbeit, so setzen wir uns, wie Präsident Nicolas Sarkozy in seiner Rede vor dem Parlament sagte, dafür ein, das erste Thema abzuschließen; das zweite befindet sich wie gesagt derzeit in den Händen des Parlaments. Und ich wiederhole noch einmal, wir müssen alle in Kürze zu unserer Verantwortung stehen. Ich werde nicht auf Fragen wie die zurückkommen, ob eine konservative Regierung „sozialer“ sein könnte als eine andere. Ich möchte lediglich sagen, dass ich selbst in Frankreich Minister für Arbeitsbeziehungen und Solidarität bin. Denn, wenn man Wohlstand teilen will, muss man ihn zuerst schaffen. Und wie schafft man ihn? Durch Arbeit. So schafft man Wohlstand. Ich möchte auch nicht erwähnen, dass damals, 1993, als die berühmte Arbeitszeitrichtlinie vorgelegt wurde, eine französische sozialistische Regierung und eine sozialistische Ministerin – Frau Aubry – diese Richtlinie und ihr Opt-out verteidigten. Und was tun wir heute mit dieser berühmten Richtlinie? Wir sollten die Dinge realistisch sehen: Stellt sie eine Verbesserung gegenüber der gegenwärtigen Lage dar, in der wir uns bei mehr als 48 Stunden in einem echten Niemandsland befinden, oder nicht? Ehrlicherweise muss gesagt werden, dass das jeder weiß. Es muss lediglich gesagt werden, dass diese Richtlinie zwar möglicherweise nicht zwangsläufig den ursprünglichen Gedanken von 1993 verkörpert, das Opt-out verschwinden zu lassen, doch sie bietet nun einen Rahmen und zusätzliche Garantien für die heutige, und nicht für die gestrige Lage. Dürfen wir das sagen? Natürlich dürfen wir das, denn ich glaube, die öffentliche Debatte und die politische Debatte sollten lehrreich sein. Entweder bleibt das Opt-out bestehen und wird angemessen geregelt, denn wir wissen heute aus dem aktuellen Fallrecht, dass Bereitschaftszeit ein wichtiges Thema ist. Oder wir sind pragmatisch, vertreten die Ansicht, dass es einen Fortschritt bedeutet und billigen eine Überarbeitung, durch die einige Fragen gelöst werden und die Lage verbessert wird, auch wenn das heutige Resultat natürlich nicht jedem zwangsläufig gefallen wird, und ich weiß, wovon ich spreche.

Dann ist da die Frage der Entscheidungen des Gerichtshofs. Es geht nicht um die Beurteilung eines Urteils, ganz und gar nicht. Aber wir müssen die heutige Lage im Lichte der Urteile des Gerichtshofs betrachten. Worin besteht die neue Rechtslage? Wir müssen auch die Standpunkte der vor allem betroffenen Staaten hören. Ich habe dies mit meinen Amtskollegen erörtert. Die Sozialpartner müssen ebenfalls ihre Ansichten zu dem Thema äußern, und dies nicht notwendigerweise getrennt. Gemeinsam wäre es weitaus besser, damit wir unsere Schlussfolgerungen daraus ziehen können. Was dies betrifft, so wird der Ratsvorsitz keine vorgefassten Meinungen in die Diskussion einbringen. Sollte die Richtlinie überarbeitet werden? Ich habe diese Frage wiederholt gehört, und nicht nur in diesem Haus. Meines Erachtens sollte die Antwort darauf nach der Debatte und nicht unbedingt bei ihrem Beginn gegeben werden. Anderenfalls bedeutet dies, dass man vorfasste Meinungen hat, und das trifft auf mich nicht zu.

Zum Thema der sozialen Dienstleistungen von allgemeinem Interesse scheint mir, dass alle Mitgliedstaaten die Struktur des Gemeinwohlauftrags beibehalten wollen, der jedem einzelnen Staat eigen ist. Doch seien wir ehrlich, es besteht Uneinigkeit darüber, was auf Gemeinschaftsebene getan werden soll. Manche sind der Ansicht, die Subsidiarität sei die einzige Antwort, andere vertreten dagegen die Auffassung, dass es einen gemeinschaftlichen Rechtsrahmen geben sollte. Dies wird natürlich nicht rasch entschieden werden. Unser Vorschlag für einen Fahrplan mit der Kommission ist ein Versuch, sicherzustellen, dass diese Themen entsprechend den Fristen der Union angemessen erörtert werden.

Viele andere spannende Themen wurden angesprochen. Zu den Maßnahmen gegen Diskriminierung hat der Ratsvorsitz versprochen, die neue Richtlinie voranzubringen. Ihre Fertigstellung erfordert, wie Sie wissen, die Einstimmigkeit der Mitgliedstaaten.

Ich habe wiederholt das Wort Verfügbarkeit gehört. Das trifft sich gut, denn Effizienz erfordert Verfügbarkeit. Wir müssen den Dingen heute ins Gesicht sehen. Kann sich das soziale Europa weiterentwickeln oder nicht? Für mich ist die Antwort ein klares Ja, und wir müssen das soziale Europa voranbringen. Ist das Jahr 2008 denn nicht schon weit fortgeschritten? Ja, das ist richtig. Ist es zu spät? Natürlich nicht! Es ist nie zu spät. Wollen wir Fortschritte machen? Offensichtlich, ja. Doch die Frage lautet: Werden wir das soziale Europa gemeinsam voranbringen? Und hier, meine Damen und Herren, müssen wir Farbe bekennen!

 
  
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  Vladimír Špidla, Mitglied der Kommission. (CS) Meine Damen und Herren! Meines Erachtens hat die Tiefe und Leidenschaftlichkeit der Aussprache gezeigt, dass das soziale Europa wieder auf dem Vormarsch ist. In der Debatte sind etliche Detailfragen angeklungen, auf die, wie ich meine, nicht im Einzelnen reagiert werden muss, denn die kommenden Verhandlungen werden Gelegenheit bieten, die Argumentation zu vertiefen und ein angemessenes Gleichgewicht zu finden. Lassen Sie mich dennoch auf einige Dinge generell eingehen.

Vor allem betrachtet diese Agenda, deshalb ist sie so umfangreich, die Sozialagenda und Sozialpolitik als Ausdruck eines komplexen politischen Ansatzes und als das Ergebnis eines komplexen Ansatzes in einer Reihe von Politikbereichen. Es ist eine Art Mainstream-Konzept, also keine irgendwo an den Rand gedrängte Sozialpolitik mit zweifellos interessanten und technischen Aspekten, die jedoch eindeutig marginalisiert ist.

Diese Agenda hat die Sozialpolitik in den Mittelpunkt der europäischen Politik gerückt. Natürlich stellt sich die Frage, ob mit dieser Agenda nicht einfach ein technisches politisches Interesse verfolgt wird, was meiner Ansicht nach ganz entschieden verneint werden muss. Sie verfolgt kein solches Interesse, denn der Ansatz dazu wurde schon vor Jahren formuliert. Er findet sich in vielen Dokumenten der Europäischen Kommission, die auch im Parlament erörtert wurden. Sie hängt demzufolge mit keinem noch so bedeutenden Ereignis wie z. B. dem irischen Referendum zusammen.

Diese Agenda zeigt unter anderem die Entschlossenheit der Kommission. Sie hat die Agenda als ein Verfahren vorgeschlagen, das alle Instrumente zu nutzen versucht, die ihr als Europäischer Kommission auf europäischer Ebene zur Verfügung stehen: die Rechtsetzung, die offene Koordinierungsmethode und alle weiteren Methoden. Sie umfasst daher nicht nur Gesetzesvorlagen, sondern natürlich auch Vorschläge für Mitteilungen und andere Dokumente.

Ich möchte betonen, dass diese Agenda im Rahmen der Möglichkeiten, die die Europäische Kommission beeinflussen kann, realistisch ist. Zweifellos werden die einzelnen Vorschläge im Parlament diskutiert und bestimmt in vieler Hinsicht verändert werden, dennoch sind es konkrete Vorschläge, über die gesprochen werden kann. Vereinzelt wurde in der Debatte auch der Gedanke angesprochen, und ich denke, darauf sollte ich reagieren, die auf das Gesundheitswesen abzielenden Vorschläge seien eine Art Hintertür zur Bolkestein-Richtlinie im Bereich der Gesundheitsversorgung. Das stimmt nicht. Diese Vorschläge sind nicht auf die freie Erbringung von Dienstleistungen gerichtet, sondern sie werden den Zugang der Europäer zur Gesundheitsversorgung erleichtern. Die Vorschläge beinhalten ohne Zweifel eine Reihe heikler Aspekte, und es ist offenkundig, dass sie ernsthaft und gründlich diskutiert werden müssen, von ihrer Grundtendenz und ihrem Ergebnis her werden sie jedoch die Gesundheitsversorgung für die Bürger Europas verbessern.

Ein weiterer Gedanke, den ich hervorheben möchte, ist der Kampf gegen Armut. Der Gedanke der Armutsbekämpfung ist klar formuliert, und in der Aussprache wurde die Frage gestellt: „Mit welchen Methoden?“ Die Agenda geht nicht von einer einzig wirksamen Methode der Armutsbekämpfung aus, sondern sie will von unterschiedlichen Gesichtspunkten aus gegen Armut vorgehen. Das Bemühen, Schulabbrüche zu einzuschränken, ist Kampf gegen Armut. Das Bemühen, Raum für lebenslanges Lernen zu schaffen, ist Kampf gegen Armut. Auch die klar formulierte Absicht, dass in den Rentensystemen Gerechtigkeit und soziale Effizienz an erster Stelle stehen müssen, ist Kampf gegen Armut. Das Thema Diskriminierung und die Antidiskriminierungsrichtlinie sind auch Methoden der Armutsbekämpfung, denn die Eröffnung von Zugangsmöglichkeiten für Menschen mit Behinderung, die Verhinderung der Diskriminierung von Menschen, die im Beruf alt geworden sind, usw. sind ebenfalls Kampf gegen Armut.

Es wurde auch die Frage nach der Chancengleichheit von Männern und Frauen aufgeworfen. Ich möchte feststellen, dass diese Chancengleichheit von Männern und Frauen in anderen Richtlinien behandelt wird und daher nicht explizit in die vorgeschlagene Richtlinie eingearbeitet zu werden brauchte.

Es gab auch eine Debatte zu den ILO-Übereinkommen. Dazu möchte ich unterstreichen, dass diese Agenda zweifelsfrei zeigt, wie stark sich die Kommission und Europa für das Konzept menschenwürdiger Arbeit auf globaler Ebene engagieren. Auch die Richtlinie zur Umsetzung des Übereinkommens der Sozialpartner im Seearbeitsrecht ist ein deutlicher Beweis dafür, wie Europa die verschiedenen ILO-Übereinkommen betrachtet. In allen Dokumenten werden die europäischen Staaten aufgefordert, das Gesamtpaket so schnell wie möglich zu ratifizieren.

Meine Damen und Herren, die Debatte war intensiv und bisweilen hart. Ich meine, es war eine Debatte, die der Bedeutung der europäischen Sozialpolitik angemessen war.

 
  
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  Der Präsident. - Die Aussprache ist geschlossen.

Die Aussprache findet auf der nächsten Tagung statt, irgendwo in Europa.

Schriftliche Erklärungen (Artikel 142)

 
  
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  Petru Filip (PPE-DE), schriftlich. – (RO) Herr Präsident! Im Gefolge der bekannten Verlautbarungen, nach denen 2008 das Jahr des Neustarts des sozialen Europas sein soll, stellt das so genannte Sozialpaket eine Sammlung von Rechtsetzungsinitiativen dar, deren Konvergenz gegenwärtig noch zu gewährleisten ist. Es ist wohl an der Zeit, dass wir uns diesem Themenkomplex, dessen direkte Auswirkungen auf die Bürger größer als je zuvor sind, mit mehr Entschlossenheit und Sorgfalt widmen.

Unser Auftrag lautet unter diesen Umständen, für alle Unionsbürger Arbeits- und Lebensbedingungen zu sichern, die frei von Diskriminierung sind. Zuallererst bietet sich in diesem Zusammenhang die Wiederaufnahme der Debatte über einen Mindestlohn in der Gemeinschaft nicht nur an – sie ist auch erforderlich. Zweitens trifft dies auch genauso auf die Schaffung einheitlicher Bedingungen bezüglich des Gemeinschaftsarbeitsmarkts in allen EU-Staaten zu. Es ist nicht richtig, wenn einige EU-Regierungen sogar heute noch bei ihrer Haltung zu den europäischen Bürgern nach deren Herkunftsland differenzieren.

Im selben Zusammenhang scheint mir die Initiative der Kommission bedeutsam zu sein, die Sichtbarkeit und die Funktionsweise der EU-Strategie zu sozialer Integration und sozialem Schutz zu verbessern und ihr Zusammenwirken mit anderen politischen Maßnahmen zu festigen. Ich habe den Vorschlag der Kommission zu einer horizontalen Richtlinie zur Bekämpfung der Diskriminierung auf Gebieten, die über den Bereich Beschäftigung hinausgehen, mit Freude zur Kenntnis genommen.

 
  
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  Lívia Járóka (PPE-DE), schriftlich.(HU) Eines der wichtigsten Ergebnisse der überarbeiteten sozialpolitischen Agenda der Europäischen Kommission ist die Wiederherstellung der Rechte der europäischen Roma als europäische Bürger und das Ende ihrer sozialen Ausgrenzung. Ich freue mich, dass das in dem Dokument zum Ausdruck kommt.

In den in der Agenda genannten Bereichen befinden sich die Roma in einer viel schlechteren Lage als der überwiegende Teil der Gesellschaft – in den Bereichen Bildung, Beschäftigung, Lebensbedingungen, Diskriminierung und Gesundheit.

Programme für lebenslanges Lernen, die den Roma entsprechende Fertigkeiten für Festanstellungen und selbstständige Tätigkeit vermitteln, könnten ein nützliches Werkzeug für die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit sein.

Die Werkzeuge zur Bekämpfung der Diskriminierung müssen in nationales Recht umgesetzt werden, damit sich diejenigen, die diskriminiert werden, an die Gerichte wenden können und damit die nationalen Behörden und die für die Chancengleichheit zuständigen Einrichtungen Verstöße erkennen und entsprechende Sanktionen verhängen können.

Die Strukturfonds könnten noch viel effektiver gegen die soziale Ausgrenzung der Roma eingesetzt werden, doch dazu muss den Roma-NRO für die Auswahl, Planung, Umsetzung und Bewertung von Projekten, die von den Fonds finanziert werden, mindestens das Diskussionsrecht eingeräumt werden, und es müssen Programme ins Leben gerufen werden, die den Roma-NRO das für die Erstellung erfolgreicher Angebote notwendige Wissen vermitteln.

Wir hoffen, dass die sozialpolitische Agenda befriedigende Antworten auf diese Fragen geben kann. Ich finde es wichtig, dass wir diese Themen auf der großen Roma-Konferenz am 16. September diskutieren können, und ich hoffe, dass die Frage der sozialen Eingliederung der Roma auf die Tagesordnung des Europäischen Rates gesetzt wird, sowohl als eigenständiger Punkt als auch als Teil der Sozialagenda.

 
  
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  Sirpa Pietikäinen (PPE-DE), schriftlich. – (FI) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Das Sozialpaket der Kommission ist eine seit langem erwartete Reform am Gebäude der sozialen Dimension der Union. Wie viele meiner Kolleginnen und Kollegen hätte ich es aber gerne gesehen, wenn die Kommission einen etwas mutigeren und ehrgeizigeren Ansatz für ihre Vorschläge und Reformen gewählt hätte. Meiner Meinung nach lässt das Paket vor allem da Wünsche offen, wo es um den Schutz der grundlegenden öffentlichen Dienstleistungen geht.

Das Paket enthält jedoch eine Vielzahl guter Vorschläge. Ich möchte der Kommission insbesondere für ihre nach langen Beratungen getroffene Entscheidung danken, eine horizontale Richtlinie zum Kampf gegen die Diskriminierung zu erstellen, die sämtliche Gründe für Diskriminierung umfasst. Bürgerinnen und Bürger, die der Diskriminierung in verschiedenen Formen und aus unterschiedlichen Gründen ausgesetzt sind, dürfen nicht ungleich behandelt werden. Der horizontale Ansatz ist die einzige reale Möglichkeit zur Gewährleistung der Gleichbehandlung für alle. Außerdem ist der Vorschlag zur Stärkung der Rolle der Europäischen Betriebsräte sehr zu begrüßen.

Der Vorschlag für eine Richtlinie zu den Rechten der Patienten bei der grenzüberschreitenden Gesundheitsversorgung, die relativ wenig Publizität erfahren hat, wird spürbare Auswirkungen auf das Alltagsleben vieler Europäer haben. Angesichts der Öffnung der europäischen Grenzen und der erweiterten Möglichkeiten im Gesundheitswesen ist es besonders wichtig zu präzisieren, wer für die Gesundheit eines Patienten verantwortlich ist und wie weit diese Verantwortung reicht. Der Vorschlag der Kommission für eine Richtlinie ist eine willkommene Klarstellung der gesamteuropäischen Vorschriften.

Trotz seiner Mängel ist das Paket definitiv ein Schritt in die richtige Richtung, und ich hoffe, dass die Kommission ihre Anstrengungen fortsetzen wird, um das Gefühl der sozialen Sicherheit der europäischen Bürgerinnen und Bürger in den kommenden Jahren weiter zu verbessern. In diesem Zusammenhang fordere ich die Kommission auf, mit ihren Plänen bezüglich des Entwurfs einer Richtlinie über die Verlängerung des Mutterschaftsurlaubs von 14 auf 18 Wochen fortzufahren. Möge diese Richtlinie so schnell wie möglich Praxis werden. Ich würde es allerdings begrüßen, wenn sich der Vorschlag der Kommission insbesondere darauf konzentrieren würde, den Elternurlaub auszudehnen und so die Rechte und Möglichkeiten beider Eltern zu verbessern, nach der Geburt ihres Kindes zu Hause bleiben zu können.

 
  
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  Katrin Saks (PSE), schriftlich.(ET) Martin Schulz hat zweifellos Recht, wenn er sagt, das Sozialpaket hätte besser sein können. Die Kommission hätte das Paket schneller ausarbeiten sollen, damit wir uns mit diesem wichtigen Thema nicht im Vorfeld der Wahlen, sondern schon eher hätten beschäftigen können, als noch Zeit war, alle Aspekte dieses wichtigen Pakets sorgfältig abzuwägen, und es ist ja auf jeden Fall ein wichtiges Paket.

Ich möchte unter anderem auf die Mitteilung der Kommission zum Europäischen Globalisierungsfonds eingehen. Obwohl mit diesem Fonds Tausende von Menschen beispielsweise in Deutschland, Frankreich, Portugal und Finnland unterstützt wurden, zeigt die Statistik für 2007, dass ein relativ großer Teil des Fonds ungenutzt blieb.

In Litauen erhielten Textilarbeiter im August eine Entschädigung aus dem Europäischen Globalisierungsfonds. Das ist ein gutes Zeichen dafür, dass auch die neuen Mitgliedstaaten im Falle von Veränderungen, die auf die Globalisierung zurückzuführen sind, erfolgreich Unterstützung beantragen können.

Die Kommission wird demnächst die Kriterien prüfen, auf deren Grundlage Entscheidungen über die Gewährung von Unterstützung getroffen werden. Ich möchte darauf hinweisen, dass in kleinen Ländern wie Estland viele Unternehmen aufgrund der Globalisierung Hunderte von Mitarbeitern entlassen mussten. Eine Vereinfachung der Beantragung von Unterstützung aus dem Globalisierungsfonds würde zweifellos auch die Unterstützung dieser Menschen erleichtern.

 
  
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  Silvia-Adriana Ţicău (PSE), schriftlich. – (RO) Im Vertrag von Lissabon wird anerkannt, dass sich die Gemeinschaft auf eine soziale Marktwirtschaft stützen soll, die den Bürgern Zugang zu menschenwürdigen Arbeits- und Lebensbedingungen, Bildung und Dienstleistungen in den Bereichen Gesundheit und Sozialschutz gewährt.

Die Bevölkerung der Gemeinschaft wird älter. Während 2007 die über 65 Jahre alten Bürger 17 % der Unionsbevölkerung ausmachten, wird dieser Anteil im Jahr 2030 schon 24,6 % erreichen. Die neuesten Statistiken von Eurostat zeigen, dass die Sterblichkeitsrate ab 2015 die Geburtenrate übersteigen und so zu einer Abnahme der Zahl der EU-Bürger von 521 Millionen im Jahr 2015 auf 506 Millionen im Jahr 2060 führen wird.

Unter diesen Umständen scheint die Einwanderung der wichtigste Faktor für das Bevölkerungswachstum in der Gemeinschaft zu bleiben. Die Einwanderungsströme haben aber unterschiedliche Auswirkungen auf die Mitgliedstaaten. Während Irland zwischen 1985 und 2007 ein Bevölkerungswachstum von 21,8 % verzeichnete, verringerte sich die Bevölkerung Bulgariens im selben Zeitraum um 14,4 %.

Welche Lösungen werden im Sozialpaket für diese Herausforderungen geboten? Die Bürger der Gemeinschaft erwarten tatkräftiges Handeln zur Schaffung gut bezahlter Arbeitsplätze, die Garantie des Zugangs zu qualitativ hochwertigen Diensten in den Bereichen Bildung, Gesundheits- sowie Sozialschutz. Das Sozialpaket stellt die Versicherungspolice für die Zukunft der Gemeinschaft dar und ist entscheidend für ihre langfristige Entwicklung.

 
  
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  Bernard Wojciechowski (IND/DEM), schriftlich. – (EN) Es steht außer Zweifel, dass das europäische Sozialmodell reformiert werden muss. Das gilt vor allem für das veraltete Sozialleistungssystem in den größeren Mitgliedstaaten. Sämtliche Diskussionen über ein europäisches Sozialmodell sind doch wohl eher ein Schritt in die falsche Richtung.

Es ist unwahrscheinlich, dass eine von der Kommission veröffentlichte Sozialagenda oder ein anderes sozialpolitisches Dokument der Kommission das Wirtschaftswachstum oder die Schaffung von Arbeitsplätzen fördern wird. Angesichts der raschen Ausbreitung der amerikanischen Wirtschaftskrise auf den europäischen Kontinent sollten unsere Regierungen handeln, damit unsere Bürger von den negativen Auswirkungen einer Rezession so wenig wie möglich zu spüren bekommen. Die EU-Bürokratie wird eine Wirtschaftskrise oder eine Rezession nicht aufhalten. Die Mitgliedstaaten sollten sich darauf konzentrieren, ihre Volkswirtschaften zu liberalisieren, Steuern und Zinsen zu senken und den Verwaltungsaufwand vor allem für den Mittelstand zu verringern.

Ein zentralistisches Eingreifen in die Wirtschaft hat noch nie funktioniert. Die von der Kommission vorgeschlagenen Top-down-Maßnahmen werden den Bürgern möglicherweise nicht nur nicht helfen, die Arbeitslosigkeit abzuwehren, sondern könnten Beschäftigungs- und Wirtschaftswachstum sogar behindern.

 
  
  

(Die Sitzung wird um 11.40 Uhr unterbrochen und um 12.00 Uhr wieder aufgenommen.)

 
  
  

VORSITZ: EDWARD MCMILLAN-SCOTT
Vizepräsident

 
  
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  Dimitar Stoyanov (NI).(BG) Herr Präsident! Ich möchte das Parlament über einen Verstoß gegen das Protokoll über die Vorrechte und Befreiungen der Europäischen Gemeinschaften informieren, denn am 30. Juli wurde ich von der Polizei verhaftet und geschlagen; und außerdem drohte man, mir den Hals aufzuschlitzen.

Es ist eine Schande, dass sich das Parlament zu diesem Verbrechen, das gegen mich verübt wurde, noch nicht geäußert hat. Und ich möchte die Kolleginnen und Kollegen hier im Plenum fragen: „Worauf wartet ihr, Kollegen? Darauf, dass man mir den Hals tatsächlich aufschlitzt? Dass man die Drohungen wahr macht und mich umbringt?“ Gegen ein Mitglied des Europäischen Parlaments wurde eine grausame Ungerechtigkeit begangen, und Sie schweigen dazu. Vielen Dank.

 
  
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  Der Präsident. − Vielen Dank, dass Sie uns darüber informiert haben, Herr Stoyanov. Wir werden das an die zuständige Stelle der Institution weiterleiten.

 

5. Abstimmungsstunde
Video der Beiträge
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  Der Präsident. − Als nächster Punkt folgt die Abstimmung.

(Abstimmungsergebnisse und sonstige Einzelheiten der Abstimmung: siehe Protokoll.)

 

5.1. Programm „Jugend in Aktion“ (2007-2013) (A6-0274/2008, Katerina Batzeli) (Abstimmung)
  

– Vor der Abstimmung:

 
  
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  Katerina Batzeli, Berichterstatterin. – (EL) Herr Präsident! Lassen Sie mich im Namen des Ausschusses für Kultur und Bildung zu den vier Berichten, über die hier abgestimmt wird, betonen, dass die mehrjährigen Programme in den Bereichen Kultur, Bildung, Jugend und Bürgerbeteiligung an Gemeinschaftsaktivitäten mit zu den wichtigsten Maßnahmen der EU und speziell des Europäischen Parlaments gehören.

Daher müssen die Entscheidungen über die Auswahl und die Bezuschussung der verschiedenen, durch diese Programme abgedeckten Aktivitäten auf klaren und objektiven Kriterien beruhen. Es sollten vereinfachte Verfahren in Anwendung gebracht werden, um den europäischen Bürgern unnötige Verzögerungen zu ersparen.

Die vier Komitologieberichte, die dem Europäischen Parlament heute im Plenum zur Entscheidung vorliegen, zielen darauf ab, transparente, schnelle und effiziente Verfahren sicherzustellen. Das wird gleichzeitig auch die Rolle des Europäischen Parlaments im Bereich der Verfahren stärken.

Die Tatsache, dass diese Vorschläge des Parlaments sowohl durch die Kommission als auch durch den Rat angenommen wurden, ist besonders erfreulich und bestärkt die Hoffnung für die zukünftige interinstitutionelle Vereinbarung.

Abschließend möchte ich der Kommission, dem Rat unter slowenischem Vorsitz und der gegenwärtigen französischen Ratspräsidentschaft für den Geist der Zusammenarbeit und der Einigkeit und die Art und Weise danken, in der sie diese vier Gemeinschaftsprogramme behandelt haben.

 

5.2. Programm „Kultur“ (2007-2013) (A6-0273/2008, Katerina Batzeli) (Abstimmung)

5.3. Programm „Europa für Bürgerinnen und Bürger“ (2007-2013) (A6-0275/2008, Katerina Batzeli) (Abstimmung)

5.4. Aktionsprogramm im Bereich des lebenslangen Lernens (A6-0276/2008, Katerina Batzeli) (Abstimmung)

5.5. Protokoll zum Abkommen EG/Usbekistan anlässlich des EU-Beitritts Bulgariens und Rumäniens (A6-0306/2008, Jacek Saryusz-Wolski) (Abstimmung)

5.6. Protokoll zum Abkommen EG/Kirgisische Republik anlässlich des EU-Beitritts Bulgariens und Rumäniens (A6-0307/2008, Jacek Saryusz-Wolski) (Abstimmung)

5.7. Protokoll zum Abkommen EG/Tadschikistan anlässlich des EU-Beitritts Bulgariens und Rumäniens (A6-0320/2008, Jacek Saryusz-Wolski) (Abstimmung)

5.8. Haftung Montenegros für die Serbien und Montenegro (ehemalige Bundesrepublik Jugoslawien) gewährten langfristigen Darlehen (A6-0281/2008, Helmuth Markov) (Abstimmung)

5.9. Ökologische/biologische Produktion und die Kennzeichnung von ökologischen/biologischen Erzeugnissen (A6-0311/2008, Neil Parish) (Abstimmung)

5.10. Übereinkommen über die Fischerei im südlichen Indischen Ozean (A6-0315/2008, Philippe Morillon) (Abstimmung)

5.11. Berichtigungshaushaltsplan Nr. 5/2008 (A6-0328/2008, Kyösti Virrankoski) (Abstimmung)

5.12. Europäisches Justizielles Netz (A6-0292/2008, Sylvia-Yvonne Kaufmann) (Abstimmung)

5.13. Gegenseitige Anerkennung von Abwesenheitsurteilen in Strafsachen (A6-0285/2008, Armando França) (Abstimmung)
  

– Vor der Abstimmung:

 
  
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  Armando França, Berichterstatter. – (PT) Dieser Bericht war ein gutes Beispiel der Verständigung und Zusammenarbeit im Parlament und der Zusammenarbeit zwischen Parlament und Rat. Mein Dank gilt deshalb den Kollegen Abgeordneten, den Vertretern des Rates, den Fachkräften und allen, die in diesen schwierigen und komplexen Bericht involviert waren.

Der Rahmenbeschluss wird für die Strafjustiz in der Europäischen Union sehr wichtig sein. Er fördert den Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung, stellt die Stärkung der Rechte der Vertretung und Garantien des Angeklagten sicher, führt zu einer rascheren und wirksameren Vollstreckung von in Abwesenheit gefällten Urteilen in Strafsachen und leistet einen Beitrag zur Bekämpfung der Kriminalität in Europa. Darüber hinaus wird der zukünftige Rahmenbeschluss zur Stärkung des Vorrangs des Rechts und des Rechtsstaates und zur Förderung des europäischen Aufbauwerks beitragen. Der im Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres erzielte breite Konsens war entscheidend, und es wäre gut, wenn er hier und jetzt erneut zustande käme. Ich danke allen vielmals.

 

5.14. Fischerei und Aquakultur im Rahmen des integrierten Küstenzonenmanagements in Europa (A6-0286/2008, Ioannis Gklavakis) (Abstimmung)
  

Vor der Abstimmung:

 
  
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  Ioannis Gklavakis, Berichterstatter. – (EL) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Lassen Sie mich kurz zum integrierten Küstenzonenmanagement referieren, das vor allem dem Schutz von Fischerei und Fischzucht dienen soll. Wegen der Aussprache zur Lage in Georgien, einem dringlichen und wichtigen Thema, wurde die Aussprache über den Bericht abgesetzt. Deshalb spreche ich heute.

Mein Bericht behandelt hauptsächlich den Umweltschutz, ich bitte Sie daher, ihn durch Ihre Stimme zu unterstützen. Ich darf anmerken, dass der Fischereiausschuss einstimmig abgestimmt hat.

Mein Bericht enthält verschiedene Vorschläge, von denen vier besonderen Stellenwert besitzen. Das sind erstens der Abschluss des Meeresuntersuchungsplans, zweitens der langfristige Plan, aber auch begleitende Diskussionen, an denen sich die Vertreter aller Berufsgruppen, besonders die Fischer, beteiligen. Drittens die mögliche Bildung eines zentralen Koordinierungsgremiums, da in den letzten Jahren ein Mangel an Koordinierung zwischen den Gremien zu beklagen war. Viertens sollte ein Zeitplan festgelegt werden, da seit 2002, als es ähnliche Gespräche gab, einige Maßnahmen ohne festen Zeitplan ergriffen worden sind.

Ich schlage vor, dass unsere Entscheidungen einem Zeitplan entsprechend umgesetzt werden. Da ich annehme, dass wir alle wünschen, dass der Ozean geschützt wird, bitte ich Sie, dafür zu stimmen und danke Ihnen im Voraus.

 

5.15. Nutzung des Visa-Informationssystems (VIS) im Rahmen des Schengener Grenzkodex (A6-0208/2008, Mihael Brejc) (Abstimmung)

5.16. Stärkung von Eurojust und Änderung des Beschlusses 2002/187/JI (A6-0293/2008, Renate Weber) (Abstimmung)
  

– Vor der Abstimmung über Änderungsantrag 19:

 
  
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  Evelyne Gebhardt (PSE). - Herr Präsident! Ich hatte schon vor der Abstimmung darauf hingewiesen, dass es einen mündlichen Kompromissänderungsantrag gibt, den ich mit Frau Weber und mit Herrn Demetriou abgesprochen habe – einen Kompromiss zwischen den Änderungsanträgen 37 und 39. Dieser Kompromiss würde folgendermaßen lauten:

(EN) „andere Formen von Straftaten, sofern es tatsächliche Anhaltspunkte dafür gibt, dass eine kriminelle Organisation beteiligt ist oder es sich um schwere Straftaten handelt.“

So würde der Kompromiss lauten, und damit wären die beiden Änderungsanträge 37 und 19 abgedeckt.

 
  
  

(Der mündliche Änderungsantrag wird angenommen.)

 

5.17. Bewertung des Dublin-Systems (A6-0287/2008, Jean Lambert) (Abstimmung)

5.18. Bestimmte Aspekte der Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung (A6-0249/2008, Nickolay Mladenov) (Abstimmung)

5.19. Koordinierte Strategie zur Verbesserung der Bekämpfung des Steuerbetrugs (A6-0312/2008, Sharon Bowles) (Abstimmung)
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  Der Präsident. − Damit ist die Abstimmungsstunde beendet.

 

6. Stimmerklärungen
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Mündliche Stimmerklärungen

 
  
  

- Bericht Kaufmann (A6-0292/2008)

 
  
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  Hubert Pirker (PPE-DE). - Herr Präsident! Ich konnte meine Erklärung aufgrund der Lautstärke nicht abgeben und möchte das jetzt nachholen. Ich habe für den Bericht Kaufmann gestimmt, weil es hier um eine Klarstellung geht, dass das Justizielle Netz eine Notwendigkeit ist, weil es während der letzten zehn Jahre im Zusammenhang mit dem Rechtshilfeverfahren effektiv gearbeitet hat. Es geht jetzt aber darum, eine klare Abgrenzung zu Eurojust zu machen. Beide Institutionen haben ihre Rechtfertigung. Das Ziel ist, eine gegenseitige Ergänzung bzw. eine Zusammenarbeit von Eurojust und dem Europäischen Justiziellen Netz herzustellen und damit die Sicherheit für die Mitgliedstaaten zu gewährleisten.

 
  
  

- Bericht França (A6-0285/2008)

 
  
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  Hubert Pirker (PPE-DE). - Herr Präsident! Zur Vollstreckung von Abwesenheitsurteilen: Es hilft uns in der Europäischen Union nichts, wenn wir eine ausgezeichnete Zusammenarbeit der Polizei auf der einen Seite haben, und realisieren auf der anderen Seite aber eine Strafverfolgung, nicht optimal funktioniert.

Hier haben wir, glaube ich, mit diesem Beschluss eine Lücke geschlossen. Durch die gegenseitige Anerkennung der Urteile im Strafvollzug wird nun ein Strafvollzug, eine Vollstreckung über Grenzen hinweg auch bei Abwesenheit möglich. Das ist ein entscheidender Schritt, um durch die Justizarbeit die Polizei in ihrer Arbeit zu unterstützen.

 
  
  

- Bericht Brejc (A6-0208/2008)

 
  
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  Hubert Pirker (PPE-DE). - Herr Präsident! Es geht hier um die Möglichkeit, die wir endlich erhalten, dass das Visasystem im Zusammenhang mit den Übertritten an den Schengener Außengrenzen auch genutzt und überprüft wird. Wir wissen, dass viele Illegale deshalb illegal in der Europäischen Union sind, weil Visa abgelaufen oder ungültig geworden sind. Mit dieser Kooperation zwischen dem Schengen-System und dem Visa-Informationssystem schaffen wir Voraussetzungen, damit der Visamissbrauch in der Europäischen Union beendet und die legale Ein- und Ausreise in die Europäische Union sichergestellt wird.

 
  
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  Frank Vanhecke (NI).(NL) Herr Präsident! Ich habe selbstverständlich, wie wohl die meisten Menschen, keine Einwände gegen Verbesserungen am Visa-Informationssystem der Schengen-Länder, aber was hier in diesem Bericht vorliegt, ist wirklich lächerlich. Das Visa-System solle wegen Wartezeiten an den Grenzen tatsächlich gelockert werden! Jeder, der einmal in der Welt gereist ist, weiß, dass es nun einmal Wartelisten gibt und dass diese bisweilen auch notwendig sind. Ich frage mich, welche Bewertung möglich sein könnte, dass Grenzschützer entscheiden sollen, wann Gefahr droht und wann nicht. Wer weiß, woher terroristische und andere Gefahren kommen?

Außerdem habe ich kein Problem damit, dass wir hier wieder einmal hinter den Tatsachen herlaufen. Die Europäisierung unserer Grenzkontrollen erfolgte unüberlegt, unvorbereitet und unter dem Druck ideologischer Scharfmacher, die die Sicherheit der Bürger dem großen Ideal der neuen europäischen Sowjetunion unterordnen.

 
  
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  Daniel Hannan (NI). - (EN) Herr Präsident! Ich erhebe mich – wie es bei derartigen Gelegenheiten nunmehr schon Tradition ist –, um darauf hinzuweisen, dass die Harmonisierung der europäischen Politik in den Bereichen Justiz und Inneres eine mehr als schwache Rechtsgrundlage hat. Zahlreiche Regelungen in den Berichten, über die wir eben abgestimmt haben – die Berichte Kaufmann, França, Brejc, Weber und Lambert – dienen dazu, bestimmten politischen Aspekten, Initiativen und im Falle von Eurojust einer ganzen Institution Befugnisse zu verleihen, obwohl sie über kein ordnungsgemäßes rechtliches Mandat verfügen. Es stimmt, dass die Europäische Verfassung bzw. der Lissabon-Vertrag ein solches Mandat geschaffen hätten, aber es stimmt auch – und daran muss dieser Saal offenbar immer wieder erinnert werden –, dass die Verfassung dreimal abgelehnt wurde: von 55 % der französischen Wähler, von 62 % der niederländischen Wähler und von 54 % der irischen Wähler.

Die Möglichkeit, sich bezüglich der Durchsetzung strafrechtlicher Zwangsmaßnahmen mittels eines Systems der Strafgerichtsbarkeit das Monopol zu verschaffen, ist vielleicht das entscheidendste Attribut der Eigenstaatlichkeit. Wir können einen Staat definieren als ein Territorium mit vereinbarten Regeln, die von einer gemeinsamen Behörde durchgesetzt werden. Wenn sich die Europäische Union dieses oberste Attribut der Eigenstaatlichkeit verleihen möchte, dann sollte sie den Anstand besitzen und seine Bürger vorher mittels Referendum um Erlaubnis bitten. Pactio Olisipiensis censenda est!

 
  
  

- Bericht Weber (A6-0293/2008)

 
  
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  Hubert Pirker (PPE-DE). - Herr Präsident! Es geht um die Stärkung von Eurojust. Auch dieses Instrumentarium dient letzten Endes dazu, die polizeiliche Kooperation zu verstärken und effektiv zu machen. Es hat sich gezeigt, dass sehr viele Institutionen innerstaatlich mit der Justizkooperation befasst sind. Daher ist es sehr sinnvoll, was wir hier zu realisieren vorschlagen, nämlich innerhalb der Mitgliedstaaten und zwischen den Mitgliedstaaten ein Koordinierungssystem einzurichten, damit eben die Effizienz der Zusammenarbeit gewährleistet ist, insbesondere in Terrorismusfragen und auch in anderen Bereichen organisierter Kriminalität.

Was ich als besonders positiv herausstreichen möchte, ist, dass dann Verbindungsrichter und -staatsanwälte in Drittstaaten eingerichtet werden sollen, ähnlich wie wir das bei der Polizei bereits haben, und dass dann die Kooperation mit diesen Drittstaaten auch entsprechend verbessert werden kann. Das heißt, die Europäische Union baut mit diesem System einen weiteren Sicherheitsgürtel vor der Europäischen Union auf.

 
  
  

- Berichte Lambert (A6-0287/2008), Bowles (A6-0312/2008)

 
  
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  David Sumberg (PPE-DE). - (EN) Herr Präsident! Darf ich eingangs feststellen, welch große Freude es ist zu wissen, dass Sie den Vorsitz einer vollständigen Plenartagung hier in Brüssel führen. Ein kleiner Schritt für Herrn McMillan-Scott; ein vielleicht großer Schritt für das Europäische Parlament. Wer weiß. Warten wir es ab.

Ich erhebe mich zum Bericht Lambert und, falls Sie mich dazu aufrufen, auch zum Bericht Bowles. Es fällt mir schwer, den Bericht Lambert zu befürworten. Darin finden sich Verweise auf eine mögliche Verteilung illegaler Zuwanderer auf die große Mehrzahl der EU-Länder, was ich für vollkommen unpraktisch halte. Noch wichtiger aus britischer Sicht ist die Tatsache, dass wir im Gegensatz zu allen anderen, fast allen anderen (denn Zypern ist in der gleichen Position), eine Insel sind. Deshalb kommt es meines Erachtens darauf an, dass das Vereinigte Königreich die Kontrolle über seine Grenzen behält, die von britischen Behörden und nicht von der Europäischen Union mit ihren langen und recht durchlässigen Grenzen kontrolliert werden sollten. Ausgehend davon halte ich deshalb den Bericht Lambert für inakzeptabel.

Der Bericht Bowles ist deshalb unannehmbar, weil er trotz einiger guter Vorsätze praktisch Steueroasen die Schuld an den hohen Steuern gibt, unter denen viele von uns leiden. Dabei sind unsere Steuern – jedenfalls im Vereinigten Königreich – deshalb so hoch, weil wir eine Labour-Regierung haben, die felsenfest entschlossen ist, das Steueraufkommen zu erhöhen und das britische Volk und die britischen Steuerzahler dafür zur Kasse zu bitten.

Hohe Steuern sind im Kern ein nationales Problem und sollten es auch bleiben, und die Regierungen sollten dafür auf nationaler Ebene die Verantwortung tragen. Besteuerung sollte nicht in die Verantwortung der Europäischen Union fallen.

 
  
  

- Bericht Lambert (A6-0287/2008)

 
  
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  Frank Vanhecke (NI).(NL) Herr Präsident! Die Berichterstatterin, Frau Lambert, hat sicherlich Recht, wenn sie sagt, dass die Dublin-Ziele in Bezug auf Asyl-Shopping auf keinen Fall realisiert wurden, ganz im Gegenteil. Das ist richtig. Sie hat auch Recht, wenn sie sagt, dass das System den Mitgliedstaaten an den Außengrenzen der Europäischen Union unvermeidlich eine unverhältnismäßig große Last aufbürdet. Auch das ist richtig. Es ist daher eine gute Sache, dass eine Unterstützung dieser Länder dringend gefordert wird.

Andererseits vermisse ich doch einige wichtige Dinge in diesem Bericht, und bin auch keineswegs mit den meisten Annahmen und Zielsetzungen der Berichterstatterin einverstanden, im Gegenteil. Ein Beispiel: In der Bewertung durch die Kommission hieß es bereits, Zehntausende Asylsuchende würden aufgrund des Dublin-Systems untertauchen, und dennoch plädiert die Berichterstatterin gegen Haftmaßnahmen. Das kann nicht mehr ernst gemeint sein. Die enge Zusammenarbeit zwischen den europäischen Mitgliedstaaten im Bereich Asyl kann Früchte tragen, aber dann muss erst einer ganzen Reihe politisch korrekter Dogmen, von denen dieser Bericht nur so strotzt, ein Ende bereitet werden.

 
  
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  Philip Claeys (NI).(NL) Herr Präsident! In nur einer Minute kann man unmöglich alle Probleme beim Bericht Lambert aufzählen, daher werde ich mich auf einige Aspekte beschränken. Was den Schutz von Kindern angeht, gibt der Bericht an, bei Unklarheiten über das Lebensalter sei zugunsten des Kindes zu entscheiden. Das klingt zwar gut, ist im Grunde aber eine regelrechte Einladung zu noch mehr Betrug mit Ausweispapieren.

Ferner sei dem Bericht zufolge die Definition des Begriffs „Familienangehöriger“ zu restriktiv, was erneut eine offene Aufforderung zu noch mehr Missbrauch ist. In Afrika beispielsweise ist jeder mehr oder weniger mit jedem verwandt, und wenn wir dies berücksichtigen müssen, können wir besser gleich alle Türen aufreißen.

Der Bericht spricht sich auch gegen das Zugänglichmachen der Eurodac-Datenbank für die Polizei und die Strafverfolgungsbehörden der Mitgliedstaaten aus, da, ich zitiere, „dies die Gefahr einer Stigmatisierung für Asylbewerber erhöht“. Dies ist eine lächerliche Überlegung, umso mehr als Eurodac eine Fülle von Informationen im Kampf gegen illegale Einwanderung, internationales Verbrechen und Terrorismus enthalten könnte.

 
  
  

- Bericht Bowles (A6-0312/2008)

 
  
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  Christoph Konrad (PPE-DE). - Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Bericht Bowles enthält zu Recht auch die Problematik Mehrwertsteuerbetrug – immerhin ein Volumen von 20 Milliarden Euro im Jahr. Ich unterstütze diese Vorschläge, die dazu gemacht worden sind. Allerdings ist wichtig, darauf hinzuweisen, dass wir einen Systemwechsel, eine Strukturreform in diesem Bereich brauchen. Was wir von der Kommission in diesem Zusammenhang hören, ist immer nur der Hinweis: Wir wollen in dieser Frage die Zusammenarbeit zwischen den Staaten stärken, und wir wollen in diesem Bereich evaluieren, recherchieren usw.

Bei dem Volumen an Betrug, das wir dort haben, ist es an der Zeit, dass die Kommission die reformwilligen Staaten, die tatsächlich dieses Reverse-Charge-Verfahren einführen wollen, unterstützt und die passive Haltung aufgibt. Dies ist auch eine Aufforderung an Herrn Kovács, hier endlich umzudenken. Ich hoffe, dass wir noch in dieser Legislaturperiode einen entsprechenden Vorschlag erhalten und die Vorschläge der Staaten Österreich und Deutschland unterstützt werden.

 
  
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  Ivo Strejček (PPE-DE). - (EN) Herr Präsident! Ich habe gegen den Bericht Bowles gestimmt.

Ich möchte drei Punkte hervorheben. Erstens fordert der Bericht eine Verbesserung der steuerpolitischen Koordinierung. Das wäre meines Erachtens schädlich für den Steuerwettbewerb, denn der steuerliche Wettbewerb ist eine solide und fruchtbare Erscheinung. Zweitens beseitigt man den Steuerbetrug nicht durch Reduzierung des Wettbewerbs, sondern durch konsequente Abschaffung der Steuerfreiheit. Drittens sollte Betrug im Bereich der Mehrwertsteuer durch Vereinheitlichung der MwSt.-Sätze beseitigt werden, die die Zahl der Freistellungen und Gesetzeslücken rasch verringern würde.

Der Bericht Bowles bietet andere Mittel an. Deshalb habe ich gegen ihn gestimmt.

 
  
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  Astrid Lulling (PPE-DE).(FR) Herr Präsident! Wie ich gestern gesagt habe, bin ich gegen jede Form von Steuerbetrug, und ich habe die Kommission und den Rat gebeten, sofortige Abhilfemaßnahmen gegen die verheerenden Auswirkungen des Mehrwertsteuerbetrugs zu ergreifen: die Verluste wurden auf 20 Milliarden Euro pro Jahr geschätzt, was fast einem Fünftel des EU-Haushalts entspricht.

Ich habe ein von RTvat entwickeltes und uns von dieser Organisation hier im Parlament vorgestelltes Modell erwähnt, durch das der Mehrwertsteuerbetrug um etwa 275 Millionen Euro pro Tag reduziert und der Verwaltungsaufwand insbesondere für die KMU verringert würde. Meines Erachtens sollte die Kommission diese Vorschläge prüfen, denn die Modelle gibt es bereits. Es muss natürlich auch der politische Wille für ihre Umsetzung vorhanden sein.

Dennoch konnte ich nicht für den Bericht stimmen, weil die Änderungsanträge meiner Fraktion − insbesondere der Änderungsantrag bezüglich des Satzes, wonach ein gesunder Steuerwettbewerb zur Beibehaltung und Erhöhung der Steuereinnahmen der Mitgliedstaaten beiträgt, sowie der Änderungsantrag, der sich gegen die Ausweitung des Anwendungsbereichs der Richtlinie über die Besteuerung von Sparguthaben ausspricht − nicht angenommen wurden. Wir sind jedoch entschieden gegen die Ausweitung des Anwendungsbereichs dieser Richtlinie auf sämtliche Rechtspersonen und Einnahmequellen.

In diesem Zusammenhang dürfen wir meiner Meinung nach nicht außer Acht lassen, dass „zu viele Steuern zu Steuervernichtung führen“, und die Mitgliedstaaten, die diese Ausweitungen befürworten, sollten vorsichtig sein, denn in Macao, Singapur und Hongkong reibt man sich bereits die Hände beim Gedanken daran, dass wir eine derartige Richtung einschlagen könnten. Aus diesen Gründen habe ich nicht für den Bericht gestimmt, weil ich möchte, dass dieser Punkt klar und präzise geregelt wird.

 
  
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  Avril Doyle (PPE-DE).(EN) Herr Präsident! Ich wollte nur kurz etwas zum Bericht Bowles sagen, in dem es um eine koordinierte Strategie zur Verbesserung der Bekämpfung des Steuerbetrugs geht. Angesichts einer solchen Überschrift möchte man meinen, dass es einem sehr schwer fallen müsste, den Bericht oder Teile davon abzulehnen.

Tatsächlich ist es aber so, dass ich einen koordinierten Ansatz bei der Bekämpfung des Steuerbetrugs zwar uneingeschränkt befürworte – und wir brauchen in diesem Bereich dringend eine ernsthafte Untersuchung und Koordinierung –, jedoch der Meinung bin, dass jeglicher Versuch, die Steuern zu harmonisieren und/oder den Steuerwettbewerb in der EU der 27 Mitgliedstaaten im Rahmen einer Lösung im Kampf gegen den Steuerbetrug abzubauen, völlig inakzeptabel ist.

Ich bin nicht sicher, ob Europa, d. h. der Kommission, klar ist, wie viel Schaden diese permanenten Verweise auf eine Zentralisierung, Kontrolle oder Einschränkung der Zuständigkeit der Mitgliedstaaten im Bereich der Besteuerung in den Mitgliedstaaten anrichten. Das war während der Debatte über unser Referendum am 12. Juni ein ganz großes Thema, auch wenn es in Bezug auf den Lissabon-Vertrag nicht relevant ist. Es ist uns leider nicht gelungen, jene, die fürchteten, Europa – d. h. die europäischen Institutionen – beabsichtigt, die Besteuerung in unterschiedlichem Maße und aus unterschiedlichen Gründen zentral zu regeln, vom Gegenteil zu überzeugen, davon, dass der Lissabon-Vertrag diesen Ansatz nicht unterstützt. Bitte hüten Sie sich vor zu starken Eingriffen in diesem speziellen Bereich.

 
  
  

- Bericht Kaufmann (A6-0292/2008)

 
  
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  Frank Vanhecke (NI).(NL) Herr Präsident! Ich habe nicht gegen den Bericht Kaufmann gestimmt, obwohl ich überhaupt nicht davon überzeugt bin, dass die Europäisierung unserer Justizsysteme oder die Schaffung einer europäischen Staatsanwaltschaft unbedingt der richtige Weg ist, um das Funktionieren von Polizei und Justiz oder gar die Bestrafung von grenzüberschreitender Kriminalität zu verbessern. Ganz im Gegenteil.

Ich dränge jedoch auf eine sehr weit reichende und noch engere Zusammenarbeit zwischen allen souveränen europäischen Sicherheitsdiensten, und in diesem Sinne kann ich einige Empfehlungen und Verbesserungen im Bericht Kaufmann, Verbesserungen am Europäischen Justiziellen Netz, größtenteils unterstützen. Dies darf jedoch nicht zu einem weltfremden, überbezahlten und arroganten europäischen Justizsystem führen, wie wir es in den vergangenen Monaten kennen gelernt haben, das sich in einer Weise einmischt, die weit über die notwendige Zusammenarbeit zwischen souveränen Mitgliedstaaten hinausgeht. Ich habe mich daher, aus diesem zweiten Grund, bei der Endabstimmung über den Bericht Kaufmann der Stimme enthalten.

 
  
  

Schriftliche Stimmerklärungen

 
  
  

- Bericht Batzeli (A6-0274/2008)

 
  
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  Jean-Pierre Audy (PPE-DE), schriftlich. – (FR) Ich habe für die legislative Entschließung auf der Grundlage des Berichts meiner griechischen Kollegin Katerina Batzeli gestimmt, der in erster Lesung des Mitentscheidungsverfahrens den Vorschlag für einen Beschluss des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung des Beschlusses Nr. 1719/2006/EG über die Einführung des Programms „Jugend in Aktion“ im Zeitraum 2007-2013 billigt. Ich begrüße und unterstütze die Änderungsanträge, mit denen das Beratungsverfahren durch eine Verpflichtung der Kommission zur unverzüglichen Unterrichtung des Europäischen Parlaments und der Mitgliedstaaten über jedwede Maßnahmen ersetzt wurde, die zur Umsetzung des Beschlusses ohne Mitwirkung eines Ausschusses ergriffen werden, damit die Auswahlentscheidungen schneller und effizienter abgewickelt werden können.

 
  
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  Alessandro Battilocchio (PSE), schriftlich. (IT) Ich habe für den Bericht von Frau Batzeli gestimmt und begrüße es sehr, dass die betreffenden Mittel wesentlich aufgestockt worden sind. Das Programm „Jugend in Aktion“ war in den vergangenen Jahren ein wichtiges Instrument zur Einbindung der heranwachsenden Generation unserer Union in das große europäische Projekt: ein fundamentales Band mithin, um die neue Generation näher an Europa heranzuführen und ihr die Mitwirkung an einigen wirklich interessanten politischen und kulturellen Initiativen zu ermöglichen. Die Europäische Kommission tut recht daran, diesen Weg zu gehen: Als junger Vertreter dieses Parlaments und in dem Wissen, wofür Kommissar Figel eintritt und welche Ziele er verfolgt, kann ich hinsichtlich des Erfolgs des neuen Programms 2007-2013 absolut optimistisch sein.

 
  
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  Slavi Binev (NI) , schriftlich. (BG) Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen!

Das Programm „Jugend in Aktion“ ist ein Werkzeug, das uns hilft, unsere Kinder in konstruktive Aktivitäten einzubinden, die ihnen Führungsqualitäten, Solidarität und Toleranz vermitteln. Gleichzeitig ist das der beste Weg, um den jungen Menschen zu zeigen, dass uns die Lösung ihrer Probleme am Herzen liegt, und um sie mit der Idee des gesamteuropäischen Hauses vertraut zu machen. Deshalb ist es von entscheidender Bedeutung für die Zukunft der Union, dass die Mittel für die europäische Jugend so effektiv wie möglich verwaltet werden.

Die Ermutigung zur Eigeninitiative, die Reduzierung des Verwaltungsaufwands und die Verstärkung der Transparenz zählen zu den wichtigsten Prioritäten dieses Parlaments. Frau Batzeli offeriert Lösungen für die Verkleinerung des Zeitfensters, in dem die Mittel für die Siegerprojekte bereitgestellt werden, und das ist für die jungen Menschen ein positives Signal. Gleichzeitig bleibt mit den Änderungsanträgen die Kompetenz des Europäischen Parlaments bei der Kontrolle der Ausgaben der Gemeinschaftsmittel gewahrt. Deshalb habe ich für den Bericht zur Änderung des Programms „Jugend in Aktion“ gestimmt.

Ich gratuliere der Berichterstatterin zu ihrer ausgezeichneten Arbeit!

 
  
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  Neena Gill (PSE), schriftlich. – (EN) Ich stimme sehr gern für diesen Bericht, weil ich glaube, dass das Programm „Jugend in Aktion“ eine ausgezeichnete Initiative darstellt. Programme wie dieses sind für das Miteinander der jungen Menschen in Europa von ganz entscheidender Bedeutung.

Dieses Miteinander ist dringend erforderlich. Von meinen Wählern bekomme ich immer wieder zu hören, dass die Europäische Union nichts für sie tut. Ohne Mittel zur Finanzierung von Programmen für die Zivilgesellschaft dürfte es jenen, die an die Bedeutung des europäischen Projekts glauben, schwerfallen, Kritikpunkte wie Demokratiedefizite und bürgerferne Institutionen zu entschärfen.

Hinzu kommt, dass diese negative Einstellung unter Jugendlichen besonders weit verbreitet ist. Bei meinen Schulbesuchen in meinem Wahlkreis fällt mir jedes Mal auf, mit welchem Zynismus sie die Rolle der EU sehen. Deshalb stellt ein Bericht wie dieser eine Initiative zur rechten Zeit für ein dringendes – und wachsendes Problem – dar.

Doch der Bericht wird von den Bangemachern, die behaupten, er stärke die Kommission, abgelehnt. Klar ist, dass alle Informationen objektiv sein müssen. Nur so können entsprechende Aktionen effektiv sein. Trotzdem möchte ich die Abgeordneten fragen, wie eine Stärkung der Zivilgesellschaft und der Rolle junger Menschen der Kommission zu mehr Macht verhelfen könnte.

 
  
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  Hélène Goudin und Nils Lundgren (IND/DEM), schriftlich. – (SV) Bei der Kultur geht es um grundlegende langfristige Fragen für Länder und Zivilisationen. Daher sollte Kulturpolitik nach Ansicht der Juniliste von Politikern mit großer Nähe zu den Bürgern betrieben werden, das heißt in erster Linie auf nationaler Ebene. Unserer Meinung nach werden im EU-Haushalt zu großzügige Mittel für einen Bereich bereitgestellt, für den im Wesentlichen die Mitgliedstaaten zuständig sein sollten. Wir befürworten generell mehr Mittel für die Kultur, sind aber gegen deren Bereitstellung durch EU-Organe, die weit entfernt von den Bürgern sind.

Bei der heutigen Abstimmung über die vier Berichte Batzeli brauchten wir nur zu Änderungsanträgen technischer Art bezüglich der Struktur der Durchführung der Programme Stellung zu nehmen. Wir haben jedoch gegen diese Berichte gestimmt, um deutlich zu machen, dass wir große Investitionen in die Kultur auf Gemeinschaftsebene ablehnen.

 
  
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  David Martin (PSE), schriftlich. − (EN) Ich begrüße Katerina Batzelis Bericht über das Programm „Jugend in Aktion“. Die im Rahmen des Programms bereitgestellten Finanzhilfen tragen entscheidend dazu bei, dass junge Europäer die Möglichkeiten, die die EU bietet, umfassend nutzen können. Ziel des Berichts ist es, die Bürokratie abzubauen und die Entscheidungsfindung bei der Vergabe von Finanzhilfen zu vereinfachen. Deshalb befürworte ich seine Empfehlungen.

 
  
  

- Bericht Batzeli (A6-0273/2008)

 
  
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  Jean-Pierre Audy (PPE-DE), schriftlich. – (FR) Ich habe für die legislative Entschließung auf der Grundlage des Berichts meiner griechischen Kollegin Katerina Batzeli gestimmt, der in erster Lesung des Mitentscheidungsverfahrens den Vorschlag für einen Beschluss des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung des Beschlusses Nr. 1855/2006/EG über das Kulturprogramm (2007-2013) billigt. Ich begrüße und unterstütze die Änderungsanträge, mit denen das Beratungsverfahren durch eine Verpflichtung der Kommission zur unverzüglichen Unterrichtung des Europäische Parlaments und der Mitgliedstaaten über jedwede Maßnahmen ersetzt wurde, die zur Umsetzung des Beschlusses ohne Mitwirkung eines Ausschusses ergriffen werden, damit die Auswahlentscheidungen schneller und effizienter abgewickelt werden können.

 
  
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  Nicodim Bulzesc (PPE-DE), schriftlich. – (RO) Ich habe für diesen Bericht gestimmt, da er darauf abzielt, die Entscheidungsfrist für die Vergabe europäischer Fördermittel durch das Programm für Kultur 2007-2013 zu verkürzen.

Die Erfahrungen der vergangenen Jahre zeigen, dass das Vergabeverfahren für Fördermittel durch diesen Mechanismus recht langsam ist und europäische Kulturschaffende aus diesem Grund in finanzielle Schwierigkeiten geraten können.

Da die kulturellen Institutionen und Künstler, die diese Mittel beantragen, sich meist in einer angespannten Finanzsituation befinden, begrüße ich jede Maßnahme, die den Zugang zu europäischen Mitteln erleichtert.

 
  
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  David Martin (PSE), schriftlich. − (EN) Katerina Batzelis Bericht über das Programm „Kultur“ für den Zeitraum 2007-2013 vereinfacht das Verfahren, nach dem über Finanzhilfen im Rahmen des Programms entschieden wird. Eine effizientere Gestaltung dieses Verfahrens kommt Vorhaben wie dem Programm „Europäische Kulturhauptstädte“ zugute. Deshalb habe ich für den Bericht gestimmt.

 
  
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  Zdzisław Zbigniew Podkański (UEN), schriftlich. − (PL) Herr Präsident! Die zur Abstimmung vorgelegten Berichte von Katerina Batzeli bezüglich der Programme „Jugend in Aktion“ (2007-2013), „Kultur“ (2007-2013), „Europa für Bürgerinnen und Bürger“ (2007-2013) und des Aktionsprogramms im Bereich des lebenslangen Lernens zeigen, dass die Verfahren im Hinblick auf die Annahme von mehrjährigen Programmen für Kultur, die Bildung junger Menschen und aktive Bürgerschaft die Ausarbeitung und Durchführung dieser Programme erschweren. Daraus ergibt sich die Frage: Ist das auf den bürokratischen Verwaltungsstil der Europäischen Kommission zurückzuführen oder auf mangelndes Verständnis für die wichtige Problematik einer aktiven Bürgerschaft?

Kultur und Bildung sind mit Bürokratie nicht vereinbar. Daher hat sich der Ausschuss für Kultur und Bildung des Europäischen Parlaments, was die Beschlussfassung betrifft, „wiederholt für ein schnelles, effizientes und transparentes Verfahren ausgesprochen…, das aber dennoch das Kontroll- und Informationsrecht gewährleistet“. Ohne schnelle Entscheidungen werden die erhofften Auswirkungen ausbleiben. Die genannten Fakten rechtfertigen voll und ganz die Abstimmung zugunsten der Berichte, insbesondere da Kultur im weitesten Sinne den Reichtum der Nationen verkörpert und ein Garant für ihre Entwicklung und Beständigkeit ist.

 
  
  

- Bericht Batzeli (A6-0275/2008)

 
  
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  Jean-Pierre Audy (PPE-DE), schriftlich. – (FR) Ich habe für die legislative Entschließung auf der Grundlage des Berichts meiner griechischen Kollegin Katerina Batzeli gestimmt, der in erster Lesung des Mitentscheidungsverfahrens den Vorschlag für einen Beschluss des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung des Beschlusses Nr. 1904/2006/EG über das Programm „Europa für Bürgerinnen und Bürger“ (2007-2013) zur Förderung einer aktiven europäischen Bürgerschaft billigt. Ich begrüße und unterstütze die Änderungsanträge, mit denen das Beratungsverfahren durch eine Verpflichtung der Kommission zur unverzüglichen Unterrichtung des Europäischen Parlaments und der Mitgliedstaaten über jedwede Maßnahmen ersetzt wurde, die zur Umsetzung des Beschlusses ohne Mitwirkung eines Ausschusses ergriffen werden, damit die Auswahlentscheidungen schneller und effizienter abgewickelt werden können.

 
  
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  Alessandro Battilocchio (PSE), schriftlich. (IT) Vielen Dank, Herr Präsident! Wie bei den vorhergehenden Berichten bin ich auch von dem vorliegenden Bericht der Kollegin Batzeli überzeugt und werde daher dafür stimmen.

Das Programm „Europa für Bürgerinnen und Bürger“ stellte bei der schwierigen Aufgabe der letzten Jahre, Europa den Bürgern näher zu bringen, einen wichtigen Schritt dar: Europa galt nämlich in der Vergangenheit allzu oft als eine entrückte Bürokratie, fernab der alltäglichen Realität seiner Bürger und Bürgerinnen.

Da wir heute ausnahmsweise eine Plenartagung in Brüssel abhalten, bietet sich uns damit die Gelegenheit zu einem Signal, das die europäischen Bürgerinnen und Bürger positiv aufnehmen werden: Setzen wir die Diskussion über den einheitlichen Sitz des Europäischen Parlaments in Brüssel in Gang. Für unsere Bürger und Bürgerinnen ist dieser monatliche „Umzug“ mit dem damit verbundenen zunehmend höheren finanziellen und organisatorischen Aufwand immer weniger nachvollziehbar. Fangen wir an, darüber ohne Tabus zu sprechen.

 
  
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  David Martin (PSE), schriftlich. − (EN) Ich begrüße die Vorschläge zum Abbau der Bürokratie im Hinblick auf die Beschlussfassungsverfahren für das Programm „Europa für Bürgerinnen und Bürger“. Durch effizientere Auswahlverfahren für die Vergabe von Zuschüssen für Städtepartnerschaften und die Unterstützung der Zivilgesellschaft wird die EU besser in der Lage sein, europäisches Denken und Engagement bei ihren Bürgerinnen und Bürgern zu fördern. Ausgehend davon habe ich für den Bericht von Katerina Batzeli über das Programm „Europa für Bürgerinnen und Bürger“ zur Förderung einer aktiven europäischen Bürgerschaft (2007-2013) gestimmt.

 
  
  

- Bericht Batzeli (A6-0276/2008)

 
  
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  Jean-Pierre Audy (PPE-DE), schriftlich. – (FR) Ich habe für die legislative Entschließung auf der Grundlage des Berichts meiner griechischen Kollegin Katerina Batzeli gestimmt, der in erster Lesung im Rahmen des Verfahrens der Mitentscheidung den Vorschlag für einen Beschluss des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung des Beschlusses Nr. 1720/2006/EG über die Einführung eines Aktionsprogramms im Bereich Bildung und lebenslanges Lernen billigt. Ich begrüße und unterstütze die Änderungsanträge, mit denen das beratende Komitologieverfahren durch die Verpflichtung der Europäischen Kommission ersetzt wurde, das Europäische Parlament und die Mitgliedstaaten unverzüglich über alle Maßnahmen zu informieren, die zur Umsetzung der Entscheidung ohne die Einschaltung eines Ausschusses getroffen wurden, um somit eine raschere und effizientere Durchführung der Auswahlentscheidungen zu ermöglichen.

 
  
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  David Martin (PSE), schriftlich. − (EN) Das Programm im Bereich des lebenslangen Lernens trägt zur Finanzierung von Bildungsprogrammen wie Erasmus bei. Durch Programme wie dieses können die Menschen in ganz Europa nicht nur den kulturellen Reichtum Europas kennen lernen, sondern sich auch mit der Vielzahl von Lernmöglichkeiten vertraut machen, die die EU zu bieten hat. Deshalb habe ich für den Bericht von Katerina Batzeli über ein Aktionsprogramm im Bereich des lebenslangen Lernens gestimmt.

 
  
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  Andreas Mölzer (NI), schriftlich. Es ist kontraproduktiv, einerseits das eigene Volk zum Lernen anzuhalten, andererseits aber mit den „Blue-Card“-Plänen aufzuwarten. Denn durch die Zunahme an atypischen Verhältnissen und den verstärkten Konkurrenzdruck ist eine gute Grund- und weiterführende Ausbildung jetzt schon kein Schutz mehr vor Arbeitslosigkeit.

Es gibt genug gut ausgebildete Leute, die von den Unternehmen nur deshalb abgelehnt werden, weil letztere auf der Suche nach möglichst billigen Mac-Job-Doktoren oder -Magister sind bzw. nur mehr atypische Arbeitsverhältnisse anbieten wollen.

Grundsätzlich ist der als Vorwand genommene Facharbeitermangel durch Ausbildungsoffensiven zu beseitigen; falls unmöglich, ist ein Saisoniermodell zu bevorzugen. So wird sichergestellt, dass es zu keiner weiteren Massenzuwanderung kommt.

 
  
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  Dumitru Oprea (PPE-DE), schriftlich. – (RO) Ich habe aus mehreren Gründen für den Bericht von Katerina Batzeli gestimmt.

Es ist bekannt, dass Bildung und Ausbildung entscheidende Prioritäten der Europäischen Union bei der Erreichung der Lissabon-Ziele darstellen. Das Ziel des Programms zum lebenslangen Lernen sollte im Erhalt einer flexiblen und autonomen, wissensbasierten Gesellschaft bestehen, die sich qualitativ und quantitativ auf wirtschaftlichem und kulturellem Gebiet im Rahmen und im Geiste eines stärkeren sozialen Zusammenhalts entwickelt. Deshalb muss das lebenslange Lernen alle sozialen Faktoren umfassen.

Natürlich muss das Programm, wie jedes andere Programm dieser Größe, nachvollziehbar und kohärent sein, regelmäßig nach jeder Umsetzungsphase überprüft und bewertet werden, damit Korrekturen, vor allem im Hinblick auf die Prioritäten bei der Durchführung der Maßnahmen, ermöglicht werden.

Dennoch sollten die Programme zum lebenslangen Lernen auch auf erwachsene Menschen zugeschnitten werden. Angesichts der Tatsache, dass die Betonung meist auf der Ausbildung im ersten Lebensabschnitt liegt, und der persönliche Wissensstand sich danach einschränkt, sollten alle Bürger dazu angeregt und motiviert werden, sich an einer Form des lebenslangen Lernens zu beteiligen, was die Möglichkeit einer Beschäftigung im Arbeitsmarkt, unabhängig vom Alter, sicherstellen würde.

Das wird umso wichtiger, wenn wir die Statistiken zur Alterung und Abnahme der arbeitsfähigen Bevölkerung betrachten.

 
  
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  Mihaela Popa (PPE-DE), schriftlich. – (RO) Ganz Europa setzt sich derzeit mit einer Reihe dringend erforderlicher und dramatischer Umstellungen für die Bürger aller Altersgruppen auseinander.

Der Stellenwert von Bildung und Ausbildung in der Lissabon-Strategie für Wachstum und Beschäftigung ist erkannt worden, und der Europäische Rat hat wiederholt die Rolle von Bildung und Ausbildung bei der langfristigen Wettbewerbsfähigkeit der Europäischen Union betont.

Wir können heute nicht mehr damit rechnen, dass die Menschen ihr ganzes Leben lang in derselben Branche oder am selben Arbeitsplatz verbleiben werden. Ihre berufliche Entwicklung wird nicht vorhersehbare Wege nehmen, und sie werden über weit gefächerte allgemeine Fähigkeiten verfügen müssen, um sich anzupassen.

Um sie auf das Leben und die Gesellschaft vorzubereiten, sollten die Schulen sie auf das lebenslange Lernen orientieren, ein umfassendes Programm der Europäischen Union, das die Menschen befähigt, in jeder Altersstufe lernen zu können und so lebendige und aktive Mitglieder der Gesellschaft zu bleiben.

Deshalb habe ich mit vollstem Vertrauen für den Bericht gestimmt, da wir, und hier beziehe ich mich speziell auf die neuen EU-Mitgliedstaaten, die Programme entwickeln müssen, die für diese Zwecke entworfen worden sind.

 
  
  

- Bericht Saryusz-Wolski (A6-0306/2008)

 
  
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  Marian Zlotea (PPE-DE), schriftlich. – (RO) Das Abkommen über Partnerschaft und Zusammenarbeit zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Usbekistan andererseits wurde am 1. Juli 1999, vor der Erweiterung der Europäischen Union um die Republik Bulgarien und Rumänien, wirksam. Das Protokoll zum Abkommen musste abgefasst werden, damit die neuen Mitgliedstaaten (Rumänien und Bulgarien) sich dem Abkommen anschließen können.

Meiner Meinung nach sollte das Parlament mehr Initiativen dieser Art ergreifen, die auch die mit anderen Ländern der Region unterzeichneten Partnerschaften einbeziehen. Bezüglich der Situation in der Region ist dieses Jahr der Abschluss einer Partnerschaft zwischen der Europäischen Union und Aserbaidschan erforderlich, damit Europa die Fortsetzung seiner Energieprojekte ermöglicht wird.

Die Europäische Union muss Aserbaidschan besondere Aufmerksamkeit schenken, wobei auch von der Realität der sehr ausgewogenen Politik dieses Landes und seiner Bereitschaft auszugehen ist, zur Verwirklichung der Energieprojekte der Europäischen Union beizutragen.

 
  
  

- Bericht Markov (A6-0281/2008)

 
  
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  Jean-Pierre Audy (PPE-DE), schriftlich. – (FR) Nach dem Referendum am 21. Mai 2006 in Montenegro über die Unabhängigkeit des Landes, bei dem sich die Mehrheit der Wähler (55,4 %) für die Unabhängigkeit ihres Landes ausgesprochen hat, erklärte das montenegrinische Parlament am 3. Juni 2006 die völlige Unabhängigkeit Montenegros nach dem Völkerrecht erklärt. Serbien hat die Unabhängigkeit Montenegros anerkannt, und am 5. Juni 2006 fasste das serbische Parlament einen Beschluss, in dem Serbien als Nachfolgestaat des Staatenbundes Serbien-Montenegro festgelegt wurde. Dies war die neue Bezeichnung der Bundesrepublik Jugoslawien gemäß der neuen Verfassung vom 4. Februar 2003. Vor diesem Hintergrund habe ich für die legislative Entschließung des Europäischen Parlaments gestimmt, die im Rahmen des Konsultationsverfahrens den Vorschlag für einen Beschluss des Rates über die getrennte Haftung Montenegros und die proportionale Reduzierung der Haftung Serbiens für die dem Staatenbund Serbien-Montenegro (ehemalige Bundesrepublik Jugoslawien) von der Gemeinschaft gewährten langfristigen Darlehen billigt.

 
  
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  Brian Simpson (PSE), schriftlich. − (EN) Ich werde für den Bericht von Helmuth Markov stimmen. Meines Erachtens ist es für die Stabilität und Sicherheit in Europa unerlässlich, dass wir alles tun, um sowohl Serbien als auch Montenegro bei der Überwindung der gravierenden wirtschaftlichen und sozialen Probleme zu unterstützen, die durch das Auseinanderbrechen von Jugoslawien und die sich anschließenden Kriege entstanden sind.

Ich hoffe, dass das Augenmerk dabei vor allem auf den Bereichen Infrastruktur und Verkehr liegen wird. Wenn wir in unseren Bestrebungen für beide Länder realistisch bleiben wollen, dann ist diese Einigung dringend erforderlich und sollte konsequent unterstützt werden. Ich hege die Hoffnung, dass sowohl Serbien als auch Montenegro irgendwann einmal der Europäischen Union beitreten können.

Diese Einigung ist der erste Schritt auf dem Weg zu diesem Ziel.

 
  
  

- Bericht Parish (A6-0311/2008)

 
  
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  Jean-Pierre Audy (PPE-DE), schriftlich. (FR) Auf der Grundlage des Berichts meines bewundernswerten britischen Kollegen Neil Parish habe ich für die legislative Entschließung gestimmt, die im Rahmen des Konsultationsverfahrens den Vorschlag für eine Verordnung des Rates zur Änderung der Verordnung des Rates vom Juni 2007 über die ökologische/biologische Produktion und die Kennzeichnung von ökologischen/biologischen Erzeugnissen billigt. Die Verordnung des Rates vom 28. Juni 2007 über die biologische Produktion und die Kennzeichnung von biologischen Erzeugnissen sollte eigentlich am 1. Januar 2009 verbindlich in Kraft treten. Ziel des vorliegenden Vorschlags ist die Verschiebung der obligatorischen Verwendung des EU-Logos bis zum Entwurf eines neuen Logos, damit die Verbraucher durch kurzfristige Änderungen der EU-Logos nicht verwirrt werden und den Unternehmen, die ihre Verpackungen und Drucksachen in sehr kurzer Zeit ändern müssten, keine zusätzliche finanzielle Belastung entsteht. Daher wird vorgeschlagen, die Verwendung des EU-Logos erst ab dem 30. Juni 2010 verpflichtend vorzuschreiben.

 
  
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  Glyn Ford (PSE), schriftlich. − (EN) Ich unterstütze diesen Bericht des Ausschusses für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung über die ökologische/biologische Produktion und die Kennzeichnung von ökologischen/biologischen Erzeugnissen. Ich bin nicht völlig davon überzeugt, dass es immer besser ist, auf einen maximalen Anbau und Verbrauch von Bioprodukten zu orientieren. Ich glaube, dass es der Wissenschaft gelungen ist, die Produktivität der Lebensmittelproduktion und die Lebensmittelsicherheit in einigen wichtigen Bereichen zu verbessern. Mein eigener Verbrauch widerspiegelt diese Überzeugung. Dennoch haben jene, die einen fundamentalistischeren Standpunkt vertreten, ein Recht darauf zu erwarten, dass als Bioprodukte gekennzeichnete Erzeugnisse tatsächlich aus ökologischem Anbau stammen und es sich nicht nur um ein Etikett handelt, um gutgläubigen und schlecht informierten Verbrauchern das Geld aus der Tasche zu ziehen.

 
  
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  Hélène Goudin und Nils Lundgren (IND/DEM), schriftlich. – (SV) Die Nachfrage nach ökologisch/biologisch erzeugten Lebensmitteln und anderen Waren ist hoch und steigt weiterhin an. Um sie zu befriedigen, müssen die Verbraucher natürlich in der Lage sein, diese Produkte auf dem Markt zu erkennen, was eine Kennzeichnung erforderlich macht, damit der Markt in dieser Hinsicht funktioniert.

Wir haben jedoch bereits früher gegen eine EU-Kennzeichnung ökologischer bzw. biologischer Erzeugnisse gestimmt, da unserer Überzeugung nach die Kräfte des Marktes mit bewussten europäischen Verbrauchern an der Spitze diese Aufgabe selbst lösen können. Falls eine politische Regelung für die Kennzeichnung ökologischer bzw. biologischer Erzeugnisse notwendig ist, sollte diese auf nationaler Ebene erfolgen.

Bei der Abstimmung zu diesem Bericht standen wir jedoch nur vor der Frage, die obligatorische Verwendung des EU-Logos auf ökologischen bzw. biologischen Erzeugnissen zu verschieben, und haben darum für diesen Vorschlag gestimmt.

 
  
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  Ian Hudghton (Verts/ALE), schriftlich. − (EN) Ich habe für den Bericht Parish gestimmt, mit dem der Vorschlag der Kommission für einen Aufschub der obligatorischen Verwendung des Gemeinschaftslogos auf Bioprodukten gebilligt wird. Dabei sollte jedoch angemerkt werden, dass eine entsprechende freiwillige Kennzeichnung nicht verboten ist. Sämtliche Schritte, die den Verbrauchern zugute kommen, sind zu begrüßen.

 
  
  

- Bericht Morillon (A6-0315/2008)

 
  
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  Jan Andersson, Göran Färm, Anna Hedh, Inger Segelström und Åsa Westlund (PSE), schriftlich. – (SV) Wir haben für den Bericht gestimmt, da die vom Parlament vorgeschlagenen Änderungsanträge für den Abschluss solcher Abkommen eine Zustimmung des Parlaments erforderlich machen würden. Wir sind für eine umfassende Überarbeitung der Fischereiabkommen der Europäischen Union und betrachten dies als einen positiven ersten Schritt, der uns größere Möglichkeiten der Einflussnahme bietet.

Die wissenschaftlichen Berichte, die eine Überfischung der Meere belegen, nehmen wir sehr ernst und betrachten daher die EU-Fischereiabkommen nicht als langfristig nachhaltige Maßnahme zur Armutsbekämpfung und zur Unterstützung der Entwicklung. Wir streben eine Änderung der Gemeinsamen Fischereipolitik dahingehend an, dass sie zu einer Erholung der Fischbestände führt. Außerdem wollen wir durch Änderungen in der Handels- und Entwicklungshilfepolitik der EU eine nachhaltige Entwicklung in den Ländern unterstützen, in denen die Fischereiabkommen mit der EU gegenwärtig eine bedeutende Einkommensquelle darstellen.

 
  
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  Ian Hudghton (Verts/ALE), schriftlich. − (EN) Ich habe den Bericht Morillon über das Übereinkommen über die Fischerei im südlichen Indischen Ozean unterstützt. Ich bin der Ansicht, dass Fischereistaaten ihre Fischerei in eigener Kontrolle durchführen und gleichzeitig im Rahmen regionaler Fischereiorganisationen international zusammenarbeiten sollten.

Die EU hat Fischereiinteressen in Küstenregionen im Indischen Ozean und muss folglich die Auflagen des Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen erfüllen. Ich hoffe jedoch, dass Frankreich und andere EU-Länder eines Tages in der Lage sein werden, ihre Fischereiinteressen in eigener Kontrolle wahrzunehmen.

 
  
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  Margie Sudre (PPE-DE), schriftlich. – (FR) Das Europäische Parlament hat soeben dem Übereinkommen über die Fischerei im südlichen Indischen Ozean zugestimmt, das 2006 von der Europäischen Gemeinschaft unterzeichnet wurde. Da die Gemeinschaft wegen La Réunion in dieser Region Fischereiinteressen vertritt, war sie in der Tat nach dem Seerechtsabkommen der Vereinten Nationen verpflichtet, mit den anderen beteiligten Vertragsparteien in Sachen Bewirtschaftung und Erhaltung der regionalen Ressourcen zusammenzuarbeiten.

Diese neue regionale Fischereiorganisation bildet einen besonderen institutionellen Rahmen, dessen Kernstück der ständige Wissenschaftliche Ausschuss ist. Die Hauptaufgabe dieses Ausschusses ist die wissenschaftliche Bewertung der Fischereiressourcen und der Auswirkungen der Fischerei auf die Meeresumwelt unter Berücksichtigung der regionalen Umweltbedingungen. Außerdem fördert das Abkommen die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der wissenschaftlichen Forschung.

Auf der Grundlage dieser wissenschaftlichen Empfehlungen werden die Vertragsparteien gänzlich in der Lage sein, Erhaltungs- und Bewirtschaftungsmaßnahmen zu ergreifen, die den schwierigen Aufgaben in der Region am besten gerecht werden können. Dieses Übereinkommen ist ein echter Fortschritt in Sachen Förderung der Fischereiressourcen und der nachhaltigen Entwicklung.

 
  
  

- Bericht Virrankoski (A6-0328/2008)

 
  
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  Jean-Pierre Audy (PPE-DE), schriftlich. – (FR). Ich habe für die Entschließung des Europäischen Parlaments auf der Grundlage des Berichts meiner Kollegin Kyösti Virrankoski über den Entwurf des Berichtigungshaushaltsplans Nr. 5/2008 (EBNH Nr. 5/2008) gestimmt, der die Überarbeitung der Planung der traditionellen Eigenmittel (TEM, das heißt Zölle, Agrarzölle und Zuckerabgaben), der Mehrwertsteuer- und BNE-Grundlagen sowie die haushaltsmäßige Erfassung und Finanzierung der Ausgleichszahlung an das Vereinigte Königreich, die zu einer veränderten Verteilung Eigenmittelbeiträge der Mitgliedstaaten zum EU-Haushalt führen, betrifft.

 
  
  

- Bericht Kaufmann (A6-0292/2008)

 
  
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  Jean-Pierre Audy (PPE-DE), schriftlich. – (FR) Ich habe für die legislative Entschließung auf der Grundlage des Berichts meiner deutschen Kollegin Sylvia-Yvonne Kaufmann gestimmt, der im Rahmen des Verfahrens der Mitentscheidung die Initiative mehrerer Mitgliedstaaten zur Stärkung des Europäischen Justiziellen Netzes billigt. In der Entschließung werden der Rat und die Kommission aufgefordert, nach Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon jedem künftigen Vorschlag – der vom Parlament im Dringlichkeitsverfahren geprüft werden soll – zur Änderung des Initiativtextes Priorität einzuräumen. Ich unterstütze die stärkere Betonung des „Datenschutzes“ und dass die Kontaktstellen des Justiziellen Netzes den nationalen Mitgliedern von Eurojust bestimmte Informationen zur Verfügung stellen sollen. Ich begrüße insbesondere die Bezugnahme auf den künftigen Rahmenbeschluss zum Schutz personenbezogener Daten, die im Rahmen der polizeilichen und justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen verarbeitet werden.

 
  
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  Koenraad Dillen, Carl Lang und Fernand Le Rachinel (NI), schriftlich. – (FR) Einmal ist keinmal. Was die Franzosen, Niederländer und Iren in den Referenden 2005 und im Juni 2008 zurückgewiesen haben, möchte Brüssel durch die Hintertür wieder hereinholen: die Schaffung einer gemeinsamen europäischen Staatsanwaltschaft.

Die Versuchung für unsere pro-europäischen Zauberlehrlinge ist einfach zu groß. Die Einwände, Zurückweisungen und legitimen Widerstände der europäischen Völker müssen, koste es, was es wolle, in den Wind geschlagen und ignoriert werden, so dass sämtliche Themen im Bereich Justiz, Sicherheit und Einwanderung mit Gewalt vergemeinschaftet werden können.

Europa unterliegt einem fürchterlichen Irrtum. Die notwendige Zusammenarbeit zwischen den Staaten in justiziellen, polizeilichen oder auch strafrechtlichen Angelegenheiten darf nicht zu ihrer Unterwerfung unter eine supranationale Rechtsordnung führen, die ungeachtet aller Unterschiede zwischen den Rechtssystemen und Rechtstraditionen der Mitgliedstaaten geschaffen wurde.

Wir lehnen diese supranationale Rechtsordnung ab, die den uns so wichtigen Grundsätzen und Werten völlig zuwiderlaufen würde.

 
  
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  Luca Romagnoli (NI), schriftlich. (IT) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Bericht von Frau Kaufmann über das Europäische Justizielle Netz findet meine Zustimmung. Ich bin mit seinem Inhalt und seinem Ziel, nämlich Stärkung der bestehenden Strukturen sowie Vereinheitlichung ihres Vorgehens, einverstanden. Wesentliche Änderungen in den letzten Jahren im Bereich der justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen machten es erforderlich, entsprechende Strukturen einzurichten und weiter auszubauen, um die Koordinierung und Unterstützung auf europäischer Ebene zu ermöglichen.

Obwohl der Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung in die Praxis umgesetzt zu werden beginnt, bestehen noch immer zahlreiche konkrete Schwierigkeiten und wächst die Zahl höchst komplizierter grenzübergreifender Fälle, in denen es zunehmend notwendiger wird, den zuständigen Justizbehörden der Mitgliedstaaten Unterstützung und Rechtshilfe zu gewähren.

 
  
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  Carl Schlyter (Verts/ALE), schriftlich. – (SV) Ich bin absolut dagegen, religiöse Überzeugung, sexuelle Orientierung, politische Meinungen usw. als zur Übermittlung zwischen Behörden relevante Informationen aufzunehmen. Aber in diesem Bericht werden diese Dinge nur im Zusammenhang mit dem Datenschutz sowie als Versuch der Verbesserung der geltenden Rechtsvorschriften genannt. Darum stimme ich für den Bericht.

 
  
  

- Bericht França (A6-0285/2008)

 
  
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  Jean-Pierre Audy (PPE-DE), schriftlich. – (FR) Ich habe für die legislative Entschließung auf der Grundlage des Berichts des portugiesischen Kollegen Armando França gestimmt, in dem die Initiative mehrerer Mitgliedstaaten (Republik Slowenien, Französische Republik, Tschechische Republik, Königreich Schweden, Slowakische Republik, Vereinigtes Königreich und Bundesrepublik Deutschland) zur Änderung einer Reihe von Rahmenbeschlüssen (2002/584/JI über den europäischen Haftbefehl, 2005/214/JI über die Anwendung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung von Geldstrafen und Geldbußen, 2006/783/JI über die Anwendung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung auf Einziehungsentscheidungen und 2008/.../JI über die Anwendung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung auf Urteile in Strafsachen) im Hinblick auf die Regelung bei Abwesenheitsurteilen gebilligt wird. Ich unterstütze den Vorschlag für eine Reihe von Verfahrensgarantien zur Stärkung der „Rechte von in Abwesenheit verurteilten Personen“ sowie die Bemühungen um gemeinsame Lösungen für die „Gründe der Nichtanerkennung“ der betreffenden Urteile.

 
  
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  Edite Estrela (PSE), schriftlich. (PT) Ich habe für den Bericht von Herrn França zur Anwendung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung gerichtlicher Entscheidungen in Strafsachen gestimmt, weil ich es für wesentlich halte, für die gegenseitige Anerkennung von in Abwesenheit getroffenen Entscheidungen einheitliche Regelungen einzuführen.

Ich gratuliere dem Berichterstatter zu den im Bericht enthaltenen Vorschlägen, die meiner Meinung nach für die Harmonisierung von Verfahrensgarantien in allen Mitgliedstaaten und für einen verstärkten Schutz der Grundrechte wie des Rechts auf Verteidigung und des Rechts auf eine Verhandlung entscheidend sind.

 
  
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  Glyn Ford (PSE), schriftlich. − (EN) Ich werde diesen Bericht über die gegenseitige Anerkennung von Urteilen in Strafsachen befürworten. Ich bin der Ansicht, dass jene, die wegen einer Straftat verurteilt wurden, nicht die Möglichkeit haben sollten, sich innerhalb der Europäischen Union ihrer Strafe zu entziehen. Jeder, der in einem Mitgliedstaat verurteilt wurde, sollte unionsweit als schuldig gelten. Falls wir die Unabhängigkeit und Integrität der Gerichte in einem der Mitgliedstaaten anzweifeln, dann sollten wir die Mitgliedschaft dieses Mitgliedstaates vorübergehend aussetzen. Ansonsten sollten wir so, wie wir keinen Unterschied zwischen Straftätern in London und Manchester machen, auch dann keinen Unterschied machen, wenn es sich um Madrid oder Lissabon handelt.

 
  
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  Kartika Tamara Liotard (GUE/NGL), schriftlich. – (NL) Ich habe gegen den Bericht França über die Anwendung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung auf Urteile in Strafsachen gestimmt, da er auf eine Harmonisierung des Strafrechts auf europäischer Ebene abzielt.

Meiner Ansicht nach fällt das Strafrecht in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten und nicht der EU. Es sollte daher nicht harmonisiert werden.

 
  
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  Erik Meijer (GUE/NGL), schriftlich. (NL) Ich habe gegen den Bericht über die „Anwendung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung auf Urteile in Strafsachen“ von Berichterstatter França gestimmt, da dieser Bericht auf eine Harmonisierung des Strafrechts auf europäischer Ebene abzielt. Ich bin der Ansicht, dass das Strafrecht in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten und nicht in die Zuständigkeit der EU fällt. Selbstverständlich bin ich für das Recht von Angeklagten auf eine ordentliche Verteidigung, es besteht jedoch keine Notwendigkeit für eine Harmonisierung.

 
  
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  Rareş-Lucian Niculescu (PPE-DE), schriftlich. – (RO) Grundlage der justiziellen Zusammenarbeit auf europäischer Ebene ist die gegenseitige Anerkennung; jegliche Konkretisierung der zur Durchsetzung dieses Prinzips dienenden Instrumente ist willkommen.

Die heute angenommene Entscheidung kommt zur rechten Zeit. Ich möchte die Aufmerksamkeit jedoch auf ein anderes Problem lenken, und zwar auf die Art und Weise, in der einige Mitgliedstaaten wichtige Instrumente, wie den Europäischen Haftbefehl, implementieren.

Im Januar 2007 stellten die rumänischen Behörden einen Europäischen Haftbefehl auf den Namen des tschechischen Staatsbürgers František Příplata aus, der im Fall der Ermordung eines rumänischen Gewerkschaftsführers im Jahr 2000 wegen Aufrufs zu schweren Straftaten zu acht Jahren Gefängnis verurteilt wurde. Die tschechische Republik, auf deren Territorium der Mörder sich aufhält, führt Auslieferungen nur für Straftaten durch, die seit dem 1. November 2004 begangen wurden.

Daher wurde der Verurteilte acht Jahre nach Begehung der Straftat immer noch nicht ausgeliefert, und der Strafvollzug hat noch nicht begonnen.

Ich meine, dass die Mitgliedstaaten, die das Durchsetzen von Instrumenten der justiziellen Zusammenarbeit auf diese Art verstehen, ernsthaft den Sinn solcher Vorbehalte überdenken sollten.

 
  
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  Nicolae Vlad Popa (PPE-DE), schriftlich. – (RO) Ich habe für den Bericht von Armando França zur Anwendung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung auf Einziehungsentscheidungen und des Rahmenbeschlusses 2008/.../JI über die Anwendung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung auf Urteile in Strafsachen, durch die eine freiheitsentziehende Strafe oder Maßnahme verhängt wird, für die Zwecke ihrer Vollstreckung in der Europäischen Union gestimmt.

Die Zahl der Fälle, in denen gefährliche Verbrecher die Freizügigkeit und die Beseitigung der Grenzen innerhalb der Europäischen Union nutzen, um einer Verurteilung zu entgehen, steigt ständig an.

Dieser Bericht erhält meine vorbehaltlose Zustimmung, da er eine einheitliche Regelung im Bereich von in Abwesenheit getroffenen Entscheidungen sicherstellt, eine zur Vermeidung möglicher Blockaden des Rechtssystems durch diejenigen, die vor der Justiz in ein anderes Land der Europäischen Union fliehen, unbedingt erforderliche Regelung.

 
  
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  Carl Schlyter (Verts/ALE), schriftlich. – (SV) Die Änderungsanträge des Parlaments zielen auf einen verstärkten Schutz des Einzelnen sowie auf die Verbesserung des vorhandenen Rechtsrahmens ab. Aus diesem Grunde stimme ich dafür.

 
  
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  Andrzej Jan Szejna (PSE), schriftlich. − (PL) Ich unterstütze voll und ganz die Initiative zur Änderung der rechtlichen Bestimmungen zur Anwendung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung von Urteilen in Strafsachen.

Es sind größte Anstrengungen zu unternehmen, um die justizielle Zusammenarbeit unter den Mitgliedstaaten so effektiv wie möglich zu gestalten. Gleichzeitig müssen wir uns auch darum bemühen, alle bürgerlichen Rechte, einschließlich des Grundrechtes auf Verteidigung in Strafverfahren, umfassend zu gewährleisten.

Nach meinem Dafürhalten werden die vorgeschlagenen Änderungen nicht nur die Zusammenarbeit zwischen den Gerichten erheblich erleichtern, sondern vor allem dazu beitragen, die Rechte der Bürger im Hinblick auf die Rechtsprechung in der gesamten Europäischen Union, insbesondere in Bezug auf das Verteidigungsrecht und das Recht auf ein Wiederaufnahmeverfahren, zu stärken.

 
  
  

- Bericht Gklavakis (A6-0286/2008)

 
  
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  Jan Andersson, Göran Färm, Anna Hedh, Inger Segelström und Åsa Westlund (PSE), schriftlich. – (SV) Dieser Initiativbericht behandelt die Fischerei und die Aquakultur im Rahmen des integrierten Küstenzonemanagements in Europa.

Ein ökologisch nachhaltiges Management der Wasser- und Fischereiressourcen ist natürlich wichtig für den Schutz unserer Lebensumwelt. Leider verschließt der Bericht die Augen vor den Problemen des Fischereisektors der EU. Aus diesem Grund haben wir uns der Stimme enthalten. Überkapazitäten der Fischereiflotten in der EU führen zu übermäßigen Fängen, was die maritimen Ökosysteme und den Zugang zu Speisefischen bedroht.

Wir befürworten eine erhebliche Reduzierung der Anzahl von Fischereifahrzeugen sowie der Fangquoten, die auf biologisch sicheren und wissenschaftlichen Grundlagen beruhen. Natürlich müssen den von Umstrukturierung betroffenen Arbeitnehmern Umschulungen und eine angemessene finanzielle Unterstützung angeboten werden, damit sie in anderen Teilen der Wirtschaft, in denen Arbeitskräfte benötigt werden, Arbeit finden können.

 
  
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  Emanuel Jardim Fernandes (PSE), schriftlich. (PT) Ich habe für den von meinem Kollegen Gklavakis vorgelegten Bericht über Fischerei und Aquakultur im Rahmen des integrierten Küstenzonenmanagements (IKZM) meine Stimme gegeben und gratuliere ihm zur Qualität seiner Arbeit. Ich stimme dafür, weil der Bericht die wirtschaftliche und soziale Bedeutung dieser Aktivitäten für die Küstenzonen hervorhebt und ihre Unterstützung im Rahmen des IKZM fordert. Auch aus diesem Grund kommen die nationalen und regionalen Regierungen der Gebiete in äußerster Randlage nicht umhin, integrierte IKZM-Strategien auszuarbeiten, um eine ausgeglichene Entwicklung ihrer Küstenzonen sicherzustellen.

Mit Nachdruck spreche ich mich auch für den Vorschlag des Berichterstatters aus, den Europäischen Fischereifonds für die langfristige Finanzierung von Maßnahmen im Rahmen des IKZM zu nutzen, da durch den Fonds Maßnahmen zur nachhaltigen Entwicklung von Fischereigebieten unterstützt werden, wobei in einem übergreifenden Ansatz alle in den Regionen stattfindenden maritimen Aktivitäten eingeschlossen sind.

Abschließend möchte ich besonders betonen, dass die Regionalplanung bisher vorwiegend auf das Land orientiert war, während die Auswirkungen der Küstenentwicklung auf bestimmte maritime Aktivitäten unberücksichtigt blieben. Die dadurch verursachte Schädigung von Meereslebensräumen macht einen neuen Ansatz unerlässlich.

 
  
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  Ian Hudghton (Verts/ALE), schriftlich. − (EN) Der Bericht Gklavakis verweist zu Recht auf die Bedeutung der Fischerei für die an der Küste gelegenen Gemeinden sowie für die Erhaltung ihrer kulturellen Traditionen. Viel zu oft wird dieser sehr menschliche Aspekt der Fischfangindustrie bei der Umsetzung der Gemeinsamen Fischereipolitik offenbar übersehen. Der Bericht stellt ganz richtig fest, dass die Behörden auf europäischer, nationaler und regionaler Ebene im Bereich des Küstenmanagements zusammenarbeiten sollten, und ich bin der Ansicht, dass Küstenregionen und -nationen in diesem Zusammenhang mit gutem Beispiel vorangehen sollten, wobei die EU als Vermittler fungieren könnte.

 
  
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  Sebastiano (Nello) Musumeci (UEN), schriftlich. − (IT) Fischerei und Aquakultur sind zwei der wichtigsten Tätigkeiten für die soziale und wirtschaftliche Entwicklung in bestimmten Küstengebieten der Europäischen Union. Erforderlich ist daher ein entsprechendes Küstenzonenmanagement, um sowohl eine nachhaltige Nutzung der Fischerei zu gewährleisten als auch der steigenden Nachfrage nach Fischereierzeugnissen gerecht zu werden.

Zu diesem Zweck müssen die EU-Mitgliedstaaten eine Reihe von Maßnahmen zum Schutz der Küstenzonen und zur Förderung einer sauberen Meeresumwelt durchführen. Angesichts des grenzübergreifenden Charakters vieler die Küsten betreffender Fragen ist eine Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten sowie zwischen diesen und den benachbarten Drittländern erforderlich.

Eine der Maßnahmen betrifft die Planung der Landnutzung für Touristikzwecke. In vielen Gebieten leistet der Fremdenverkehr einen wesentlichen Beitrag zum lokalen BIP. Gefördert werden muss meiner Meinung nach allerdings ein „umweltverträglicher“ Tourismus, d. h. eine Form des Tourismus im Zusammenwirken mit politischen Maßnahmen zum Landschafts- und Umweltschutz.

Vonnöten ist des Weiteren eine Koordinierung der Industrietätigkeiten: man denke beispielsweise an die Bedeutung einer effizienten gemeinsamen Politik zur Bewirtschaftung von Abwässern, um einen wichtigen Wirtschaftszweig mit der Notwendigkeit und Verpflichtung zur Erhaltung der Meeresumwelt in Einklang bringen zu können.

Die handwerklich betriebene Küstenfischerei ist eine wichtige Einnahmequelle für Tausende von Familien und hält jahrhundertealte Traditionen am Leben, die Europa meiner Ansicht nach fördern und bewahren sollte.

 
  
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  Luca Romagnoli (NI), schriftlich. (IT) Ich werde für den Bericht Gklavakis, in dem die Notwendigkeit einer europäischen Strategie für die nachhaltige Entwicklung der Küstengebiete unterstrichen wird, stimmen.

Eine Strategie zur Förderung des Integrierten Küstenzonenmanagements vermag nämlich einen geeigneten Rahmen für die nachhaltige Nutzung dieser Zonen und die tragfähige Entwicklung der dort ausgeübten Tätigkeiten zu liefern. Ich pflichte uneingeschränkt dem Standpunkt des Berichterstatters bei, dass es einer langfristig angelegten Planung bedarf, an der alle betroffenen Wirtschaftszweige beteiligte sein müssen.

Ich stimme dieser Ansicht zu und möchte außerdem betonen, dass dies nur der Beginn einer größeren Aufmerksamkeit für diesen Sektor sein darf, und ich fordere die Kommission zu einer entsprechenden diesbezüglichen Politik auf.

 
  
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  Kathy Sinnott (IND/DEM), schriftlich. − (EN) Ich habe mich bei dieser Abstimmung der Stimme enthalten, weil ich die nachhaltige Fischerei überall befürworte und weil ich die Küstengemeinschaften und Fischer in Irland unterstütze. Die Gemeinsame Fischereipolitik hat, obwohl sie diese beiden Ziele anstrebt, das Gegenteil bewirkt: die Zerstörung der Meeresumwelt, einen Rückgang der Fischbestände und die Verarmung der Meeresumwelt.

 
  
  

- Bericht Brejc (A6-0208/2008)

 
  
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  Jean-Pierre Audy (PPE-DE), schriftlich. – (FR) Auf der Grundlage des Berichts meines bewundernswerten slowenischen Kollegen Mihael Brejc habe ich für die legislative Entschließung gestimmt, die in erster Lesung des Mitentscheidungsverfahrens den Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 562/2006 in Bezug auf die Nutzung des Visa-Informationssystems (VIS) im Rahmen des Schengener Grenzkodexes billigt. Angesichts der Erwartungen der europäischen Bürger in Sachen innere Sicherheit unterstütze ich voll und ganz die Änderungen des Schengener Grenzkodexes, die vorgesehen sind, um den effizienten Einsatz des Visa-Informationssystems (VIS) an den Außengrenzen zu gewährleisten. Dieser Vorschlag für eine Verordnung zielt darauf ab, gemeinsame Regeln in Bezug auf die obligatorische Nutzung des VIS (das heißt, eine systematische Suche mit Hilfe der Nummer der Visamarke in Kombination mit der Verifizierung der Fingerabdrücke) an den Außengrenzen festzulegen und somit die Weiterentwicklung eines integrierten Grenzschutzes innerhalb der Europäischen Union voranzutreiben.

 
  
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  Koenraad Dillen, Carl Lang und Fernand Le Rachinel (NI), schriftlich. – (FR) Obwohl Europa gerne das Gegenteil beweisen möchte, hat es keine Fortschritte im Bereich der Freiheit, Sicherheit und des Rechts erzielt. Ganz im Gegenteil. Seit der Umsetzung der betrüblichen Schengener Abkommen hat die Abschaffung der Kontrollen an den Binnengrenzen zu einer explosionsartigen Zunahme der organisierten Kriminalität und verschiedenster Formen des Schwarzhandels geführt.

Die Europäische Union, ein echter Zauberlehrling in Sachen Sicherheit, hat uns mit Methoden, die allzu häufig eine Gefahr für die Sicherheit der Staaten und Völker bedeuten, diesen Raum der Unsicherheit, der nicht vorhandenen Freiheiten und des fehlenden Rechts aufgezwungen.

Der Schengener Grenzkodex wird nutzlos sein, denn bereits die Grundpfeiler der Schengener Abkommen sind unzulänglich und inakzeptabel.

Eine gemeinsame Sicherheit wird es nur dann geben, wenn jeder Staat seine volle Souveränität in Sachen Grenzverwaltung und Migrationspolitik zurückerlangt. Der Höhepunkt der Absurdität ist erreicht, wenn damit einer ohnehin gelähmten Union noch mehr Aufgaben übertragen werden.

 
  
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  Jörg Leichtfried (PSE), schriftlich. Ich stimme für den Bericht von Mihael Brejc über die Nutzung des Visa-Informationssystems im Rahmen des Schengener Grenzkodex.

Die gemeinsamen Regeln für die Schengener Außengrenzen müssen geändert werden, die Anwendung des Visa-Informationssystems effizienter und einheitlicher gestaltet werden. Das muss mit viel Augenmaß und vorsichtig passieren, da Datenschutz und Menschenrechte immer im Vordergrund stehen und eingehalten werden müssen.

Eine flächendeckende Überprüfung der Fingerabdrücke an den Grenzen mit Hilfe des Visa-Informationssystems führt zu unnötig langen Staus und zu langen Grenzaufenthalten auch für Bürger, die kein Visum benötigen.

Durch den Bericht sind nun lediglich stichprobenweise Abfragen im Informationssystem durchzuführen. Der Grenzbeamte überprüft weiterhin, ob der Einreisende über alle Voraussetzungen für die Einreise in die EU verfügt. Er kann aber selbst entscheiden, ob er zusätzlich eine Abfrage vornehmen möchte. Mit diesem Vorgehen wird die Sicherheit in einem sehr hohen Maße auch weiterhin gewährleistet, der Aufenthalt an den Grenzen jedoch nicht länger als unbedingt nötig.

 
  
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  Andreas Mölzer (NI), schriftlich. Die Aufrüstung des Visa-Systems ist sicherlich dazu geeignet, künftig Betrugsbekämpfung zu erleichtern, und ist daher – unter der Prämisse, dass der Datenschutz sichergestellt ist – zu begrüßen. Wenn künftig für die Vergabe von Schengen-Visa die Speicherung von Fingerabdrücken und Gesichtsaufnahmen nötig ist, wird dies zu erheblichen Umstellungen in den Botschaften führen. In Deutschland wird diskutiert, dass einige Botschaften dazu personell und räumlich nicht in der Lage sind. Die im Zuge dessen debattierte mögliche Auslagerung der Datenspeicherung an Fremdfirmen ist jedoch höchst bedenklich. Damit eröffnen sich neue Potentiale für künftige Visa-Skandale.

Das Visa-System hat gute Ansätze, ist aber insgesamt noch nicht ausreichend durchdacht, weswegen ich dem vorliegenden Bericht auch nicht zustimmen konnte.

 
  
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  Luca Romagnoli (NI), schriftlich. − (IT) Der Brejc-Bericht findet meine Zustimmung. Ich bejahe den Vorschlag und seine Zielsetzungen. Zu bestimmten Zeiten drängen sich an unseren Grenzen die Menschen, die in den Schengenraum einreisen möchten.

Mit dem Vorschlag soll zwar das übliche Kontrollsystem vereinfacht werden, sein Ziel besteht jedoch auch darin, Reisende zu schützen und ihnen bei der Durchführung der Kontrollen lange Wartezeiten an den Grenzübergängen zu ersparen. Die Ausnahme muss allerdings eine solche bleiben und darf nicht zur allgemeinen Regel werden, und ich pflichte bei, dass Häufigkeit und Dauer der Ausnahme so weit wie möglich begrenzt werden müssen. Alles in allem begrüße ich in diesem Zusammenhang die Einführung bestimmter Voraussetzungen, die erfüllt sein müssen, damit eine solche Ausnahme Anwendung findet.

 
  
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  Andrzej Jan Szejna (PSE), schriftlich. − (PL) Ich bin für die Änderung der Verordnung Nr. 562/2006 in Bezug auf die Nutzung des Visa-Informationssystems (VIS) im Rahmen des Schengener Grenzkodex.

Nach meinem Dafürhalten ist es unnötig und zu zeitaufwändig, Drittstaatsangehörige, die im Besitz eines Visums sind, bei jedem Grenzübertritt einer Kontrolle zu unterziehen. Das führt zu übermäßig langen Wartezeiten an den Grenzübergängen.

Meines Erachtens hat eine reduzierte Intensität der Grenzkontrollen keinen Einfluss auf das Sicherheitsniveau in der EU. Aus diesem Grunde vertrete ich die Auffassung, dass eine Begrenzung der Kontrollen durch den verantwortlichen Grenzbeamten auf stichprobenweise Abfragen im VIS-System die richtige Lösung darstellt.

 
  
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  Marian Zlotea (PPE-DE), schriftlich. – (RO) Ich habe heute für den Bericht von Mihael Brejc gestimmt, da der Einsatz des VIS (Visa-Informationssystem) von maßgeblicher Bedeutung für die Wirksamkeit der Kontrollen an den Außengrenzen ist. Die Grenzpolizisten sollten gezielt zu allen Visuminhabern Anfragen an das Visa-Informationssystem richten, um die Sicherheit der Grenzen zu gewährleisten.

Durch die Ausdehnung des Schengengebiets sind Grenzen innerhalb der Europäischen Union beseitigt worden. Bürger von Drittstaaten werden nach wie vor nur einmal bei der Einreise überprüft. 50 % der illegalen Einwanderer reisen legal in die EU ein, überschreiten aber die Aufenthaltsdauer, da kein Visum-Kontrollsystem existiert.

Wir möchten Europa sicherer machen und gleichzeitig alle, die aus touristischen oder geschäftlichen Gründen einreisen, gastfreundlich empfangen. Der Änderungsantrag, über den heute im Europäischen Parlament abgestimmt wurde, gereicht EU-Bürgern und Einwohnern von Drittstaaten, die kein Visum benötigen, zum Vorteil, da so die Stauungen an den Grenzübergängen zu Lande erheblich abgebaut werden.

 
  
  

- Bericht Weber (A6-0293/2008)

 
  
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  Jean-Pierre Audy (PPE-DE), schriftlich. – (FR) Auf der Grundlage des Berichts meiner rumänischen Kollegin Renate Weber habe ich für die legislative Entschließung des Europäischen Parlaments gestimmt, die die Initiative mehrerer Mitgliedstaaten (Königreich Belgien, Tschechische Republik, Republik Estland, Königreich Spanien, Französische Republik, Italienische Republik, Großherzogtum Luxemburg, Königreich der Niederlande, Republik Österreich, Republik Polen, Portugiesische Republik, Republik Slowenien, Slowakische Republik und Königreich Schweden) zur Stärkung von Eurojust billigt. Ich befürworte die stärkere Betonung des „Datenschutzes“ im Vorschlag und dass das Europäische Parlament umfassender informiert werden soll, damit es die Aufgaben und Pflichten von Eurojust besser kontrollieren kann. Eurojust wurde 2002 als mit Rechtspersönlichkeit ausgestattete Einrichtung der Europäischen Union gegründet, um die Koordination und die Zusammenarbeit zwischen den zuständigen Justizbehörden der Mitgliedstaaten zu fördern und zu verbessern. Inzwischen haben die Erfahrungen von Eurojust gezeigt, dass seine Effizienz optimiert werden muss, insbesondere durch eine Annäherung des Status der nationalen Mitglieder. Außerdem befürworte ich die Koordinierungszelle für dringliche Fälle, die nationalen Koordinierungssysteme, die Partnerschaften mit anderen gemeinschaftlichen Sicherheits- und Schutzeinrichtungen (Europol, Frontex, Olaf) und die Möglichkeit für Eurojust, Verbindungsstaatsanwälte in Drittstaaten abzuordern.

 
  
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  Patrick Gaubert (PPE-DE), schriftlich. – (FR) Ich begrüße die Annahme des Berichts von Frau Lambert über die Bewertung des Dublin-Systems. In dem Bericht wird ganz richtig darauf hingewiesen, dass die Ziele des Systems insgesamt zwar weitgehend erreicht wurden, die Kosten des Systems jedoch mangels präziser Daten nicht ermittelt werden konnten. Zu wünschen übrig lassen noch die praktische Umsetzung und die Wirksamkeit des Systems.

Mit dem Bericht wird die Debatte über die Zukunft der gemeinsamen europäischen Asylpolitik eröffnet, die im Juni 2007 mit der Veröffentlichung des Grünbuchs eingeleitet wurde.

Der Bericht verweist auf die noch zu klärenden oder zu ändernden Aspekte des Systems: Achtung des Grundsatzes der Nichtzurückweisung; die Antragsteller müssen alle notwendigen Informationen über das Dublin-System in einer Sprache erhalten, die sie verstehen, und sie müssen während des gesamten Verfahrens Zugang zu Rechtsbeistand haben; darüber hinaus müssen sie gegen jeden Überstellungsbeschluss einen Rechtsbehelf mit aufschiebender Wirkung einlegen können; die Kriterien, nach denen das Alter Minderjähriger bestimmt wird, sollten harmonisiert werden; es sollten Mechanismen vorgesehen werden, um Überstellungen in Staaten zu verhindern, in denen die Rechte des Antragstellers offenkundig nicht gewährleistet werden.

 
  
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  Bruno Gollnisch (NI), schriftlich. – (FR) Unter dem Vorwand der Stärkung der operativen Möglichkeiten von Eurojust im Kampf gegen verschiedene Arten von Kriminalität verfolgt der vorliegende Vorschlag in erster Linie den Zweck, den political-correctness-Wahn der Befürworter der Gedankenpolizei zu befriedigen.

Das nur dürftig getarnte Ziel besteht darin, unter Androhung von Strafe alle Äußerungen, ob es sich um schriftliche oder in Versammlungen gemachte Äußerungen handelt, zu kontrollieren. Verschiedene Mitglieder dieses Hauses haben bereits die Verabschiedung einer Rahmenrichtlinie gefordert, mit der eine Verurteilung angeblich rassistischer und fremdenfeindlicher Akte bezweckt sowie im Hinblick auf die Sicherstellung der zügigen Umsetzung einer solchen Richtlinie in nationales Recht ein gemeinsamer europäischer Staatsanwaltschaft eingesetzt werden soll – der neue Torquemada der political correctness der EU.

Je mehr Entscheidungsbefugnisse das Europäische Parlament, das sich selbst als Tempel der Demokratie bezeichnet, erhält, desto mehr werden leider die Grundfreiheiten, insbesondere die Freiheit der Forschung, Meinung und Rede, mit Füßen getreten. In Wirklichkeit ist dieses totalitäre Europa wesentlich gefährlicher als die „Monster“, die es angeblich bekämpfen möchte. Für die Befürworter der euro-globalistischen und einwanderungsfreundlichen Ideologie geht es vor allem darum, durch die Verabschiedung repressiver europäischer Strafgesetze ihre lästigen Gegner auszuschalten.

Das können wir nicht akzeptieren.

 
  
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  Georgios Toussas (GUE/NGL), schriftlich. – (EL) Der Vorschlag des Rates und der zugehörige Bericht zur Änderung des Beschlusses zu Eurojust verleihen diesem repressiven EU-Mechanismus noch mehr Macht.

Die gerichtliche Zuständigkeit von Eurojust wird auf fast alle Gebiete des Strafrechts ausgedehnt und seine Interventionsmöglichkeiten bei den nationalen Justizbehörden sind gestärkt worden. Die Weiterleitung von Informationen und persönlichen Daten (einschließlich DNA-Daten) von einem Mitgliedstaat an Eurojust wird obligatorisch und es wird ein Netzwerk nationaler Anlaufstellen von Eurojust geschaffen. Die Verbindungen von Eurojust zu anderen repressiven Mechanismen der EU (Europäisches Justizielles Netz, Frontex) und von Drittstaaten gestalten sich enger. Die Verstärkung von Eurojust gewährt Europol Schützenhilfe und steigert ganz allgemein die Zahl der über EU-Arbeitnehmer und Ausländer angelegten Akten. Dies wird durch die Aktualisierung der Schengen- und VIS-Überwachungssysteme und die Aufnahme des Prümer Vertrags in das Gemeinschaftsrecht unterstützt. Hinter den Vorwänden von Terrorismus und organisiertem Verbrechen verbirgt sich der Versuch, das Kapital gegen die durch die EU-Politik und die Regierungen der Mitgliedstaaten erzeugte verstärkte Reaktion des Volkes zu wappnen. Das rasante Wachstum von Repressionsmechanismen auf nationaler und europäischer Ebene entlarvt noch stärker das reaktionäre Wesen der EU und spornt die Menschen noch mehr an, Widerstand gegen dieses imperialistische Gebilde zu leisten und es zu stürzen.

 
  
  

- Bericht Lambert (A6-0287/2008)

 
  
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  John Attard-Montalto (PSE), schriftlich. − (EN) Die maltesischen Inseln bilden die südliche Grenze der EU. Aufgrund ihrer zentralen Lage im Mittelmeer sind sie Zufluchtsort einer unverhältnismäßig großen Anzahl von irregulären Einwanderern. Die Mehrzahl von ihnen stellt einen Asylantrag.

Frontex, das von Regierungsvertretern als Mittel zur Reduzierung der Anzahl irregulärer Einwanderer gepriesen wurde, hat völlig versagt.

Wir haben um eine Lastenteilung gebeten – ohne bzw. mit sehr begrenztem Erfolg. Jetzt, im letzten Jahr vor den Europawahlen, schlagen wir Mechanismen für die Lastenteilung vor. Jetzt endlich anerkennen wir, dass wir Mechanismen brauchen, „die zur Entlastung der Mitgliedstaaten beitragen könnten, welche gegebenenfalls eine unverhältnismäßig hohe Last zu tragen haben – insbesondere die Mitgliedstaaten mit Außengrenzen“.

Das Tatsache, dass wir anerkennen, dass „bis zur Schaffung europäischer Mechanismen zur Lastenteilung nichtfinanzielle Mechanismen“ vorgesehen werden sollten, „um die verheerenden Auswirkungen, die sich aus deren Anwendung für die an den Außengrenzen gelegenen kleinen Mitgliedstaaten ergeben, abzumildern“, ist sehr zu begrüßen und bezieht sich auf Malta, ohne dass dessen Name genannt wird.

Vom europäischen Geist der Solidarität war in dieser Angelegenheit nichts zu spüren. Es ist an der Zeit, unseren Worten endlich Taten folgen zu lassen.

Die EU muss erkennen, dass ihr kleinster Staat nicht auch künftig die riesige Anzahl von Immigranten auffangen kann, die Zuflucht und Asyl suchen.

 
  
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  Jean-Pierre Audy (PPE-DE), schriftlich. – (FR) Ich habe für den Bericht des britischen Kollegen Jean Lambert über das Dublin-System gestimmt. Gleichzeitig danke ich dem Berichterstatter unserer PPE-DE-Fraktion, meinem Freund Patrick Gaubert, für seine Arbeit. Mit dem Dublin-System soll festgelegt werden, welcher Mitgliedstaat für die Prüfung des von einem Drittstaatsangehörigen auf dem Gebiet eines der EU-Mitgliedstaaten, Norwegens oder Islands gestellten Asylantrags zuständig ist. Obwohl allgemein betrachtet die Ziele des Dublin-Systems, insbesondere die Einführung eines klaren und praktikablen Mechanismus zur Festlegung des für die Prüfung des Asylantrags zuständigen Mitgliedstaates, weitgehend verwirklicht wurden, gibt es noch Probleme hinsichtlich der Effizienz des Systems und seiner praktischen Umsetzung sowie hinsichtlich der Kosten, die noch nicht geschätzt wurden. All dies ist ein Indiz für die Dringlichkeit einer europäischen Einwanderungs- und Asylpolitik, und ich begrüße die Arbeit des für die diesen Bereich zuständigen gegenwärtigen Ratsvorsitzenden, meines Freundes Brice Hortefeux, französischer Minister für Immigration, Integration, nationale Identität und Ko-Entwicklung, der am 8. und 9. September 2008 in Paris die europäische Ministerkonferenz zum Thema Asylrecht geleitet hat.

 
  
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  Jan Březina (PPE-DE), schriftlich. (CS) Ich habe gegen den Bericht über die Bewertung des Dublin-Systems gestimmt, da er das System meiner Meinung nach nicht verbessert, sondern vielmehr dessen wirksames Funktionieren behindert.

Insbesondere muss ich davor warnen, einen Rechtsbehelf mit automatischer aufschiebender Wirkung gegen die Entscheidung über die Überstellung eines Asylbewerbers in einen anderen Mitgliedstaat einzuführen. Auch die sehr zurückhaltende Nutzung der Ingewahrsamnahme bei Überstellung eines Asylbewerbers an den für die Prüfung des Asylantrags zuständigen Staat wird keinesfalls dazu beitragen, die Effektivität des Systems zu erhöhen, sondern wird es in Frage stellen und unsicher machen.

Damit besteht die Tendenz in dem Bericht eher in der Aufgabe oder zumindest der Schwächung der Instrumente, mit denen die Mitgliedstaaten die Vollstreckbarkeit ihrer Entscheidungen im Rahmen des Dublin-Systems gewährleisten können, und dem kann nicht zugestimmt werden. Das ist falsch, weil der nicht definierte humanitäre Aspekt bei der Bewertung von Asylanträgen nicht dazu führen darf, dass die Entscheidungen der Mitgliedstaaten im Falle der Nichtkooperation der Antragsteller nur auf dem Papier bleiben.

Auch dem Ruf nach Einführung europäischer Mechanismen zur Lastenteilung kann ich mich nicht anschließen, da die bestehenden Mechanismen der finanziellen Kompensation für Staaten mit dem höchsten Antragsaufkommen meiner Ansicht nach völlig ausreichen und es keinen Grund gibt, mit einer weiteren Regulierung in die Souveränität der Mitgliedstaaten auf dem Gebiet der Asylgewährung einzugreifen.

 
  
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  Koenraad Dillen, Carl Lang und Fernand Le Rachinel (NI), schriftlich. – (FR) Wir können mit einer gewissen Ironie feststellen, dass ein Bericht des Europäischen Parlaments die massiven Einwandererströme in die Mitgliedstaaten der Union zum ersten Mal als eine „Last“ bezeichnet.

Sollte die Einwanderung nicht vielmehr eine Chance, ein Gewinn für alle europäischen Völker sein?

Ich möchte jedoch klarstellen, dass die Absurdität der Pflicht zur Aufnahme von Asylbewerbern und die unbedingte Einhaltung des Grundsatzes der Nichtzurückweisung überhaupt nicht in Frage gestellt werden. Es werden lediglich die Unzulänglichkeiten des Dublin-Systems in Bezug auf die Festlegung des Mitgliedstaates, der den Asylantrag zu prüfen hat, erwähnt. Das ist angesichts der ständig zunehmenden Migrationsströme vor allem in Richtung der Länder an den südlichen Außengrenzen der Union durchaus einleuchtend.

In diesem Bericht wird wieder einmal eine abwegige Lösung für die technischen und menschlichen Probleme im Zusammenhang mit den Einwanderungswellen vorgeschlagen. Notwendig ist nicht der Aufbau eines gemeinsamen Asylsystems, das in einem sich ständig erweiternden Hoheitsgebiet mit durchlässigen Grenzen notgedrungen ineffizient sein muss. Ganz im Gegenteil. Den Mitgliedstaaten muss weiterhin ihr Selbstbestimmungsrecht in Fragen Migration und Grenzverwaltung zuerkannt werden.

 
  
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  Konstantinos Droutsas (GUE/NGL), schriftlich. – (EL) Das Dublin-System hat sich in der Praxis als Mechanismus erwiesen, der die gesamte gegen Flüchtlinge gerichtete Politik der EU propagiert. Sein reaktionäres Wesen wird durch die verschiedenen Ungerechtigkeiten bei seiner Anwendung bestätigt, die in diesem Bericht dargestellt sind.

Die EU, die aufgrund ihrer Unterstützung unbeliebter Regime und der Schürung innerer Konflikte, Kriege und imperialistischer Interventionen einen erheblichen Teil der Verantwortung dafür trägt, dass Hunderttausende zu Flüchtlingen wurden, hat, statt Opfern Zuflucht zu gewähren und ihre Rechte zu respektieren, in den vergangenen Jahren ihre Haltung zu ihnen zunehmend härter gestaltet.

Ein Aspekt dessen ist das untragbare Hin- und Herschieben von Asylbewerbern aus einem EU-Staat in den nächsten. Das wird durch den Beschluss von Dublin sanktioniert. Zur Realität wurde das Ganze durch die Schaffung von Frontex zur Abschiebung von Flüchtlingen über die EU-Grenzen, durch die neue Richtlinie über ihre Inhaftierung von bis zu 18 Monaten, durch die Zustimmung zur Ausdehnung der Anwendung von Eurodac auch zu anderen Zwecken, wie der Anlegung von Akten, und durch die allgemein inhumane Behandlung.

Daher ist es offensichtlich, dass wir mit allen Kräften für die Rücknahme dieses Beschlusses und der flüchtlingsfeindlichen Politik der EU im Allgemeinen kämpfen müssen. Wir müssen das Recht von Asylbewerbern respektieren, in das ihnen am geeignetsten erscheinende Land zu flüchten, und die Einhaltung der Genfer Konvention von 1951 durch die Mitgliedstaaten sicherstellen.

 
  
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  Pedro Guerreiro (GUE/NGL), schriftlich. (PT) Unserer Meinung nach enthält der Bericht positive Aspekte in seiner Bewertung des Dublin-Systems in Bezug auf Asylanträge in Mitgliedstaaten.

Wir stimmen unter anderem folgenden Punkten zu:

- der Verurteilung der Überstellung von Asylbewerbern an Mitgliedstaaten, die keine umfassende und angemessene Behandlung garantieren, der Verurteilung der restriktiven Definition von Familienangehörigen sowie der Tatsache, dass ein erweiterter Zugang zur EURODAC-Datenbank das Risiko der Weitergabe von Informationen an Drittländer erhöht;

- ferner den Vorschlägen, durch die Asylbewerbern das Recht auf eine aufschiebende Klage gegen Entscheidungen garantiert wird, die die Zuständigkeit einem anderen Mitgliedstaat übertragen, durch die der Grundsatz der Nicht-Zurückweisung gewährleistet wird sowie der Grundsatz, die Abweisung einer Klage aus verfahrensrechtlichen Gründen nicht zuzulassen, durch die die Familienzusammenführung ebenso sichergestellt wird wie der Grundsatz, immer im besten Interesse des Kindes zu handeln (Altersschätzung, Haftverschonung, Definition von Familienangehörigen usw.).

Nicht einverstanden sind wir jedoch mit der Klassifizierung und Anerkennung EU-weit geltender Instrumente und mit dem Eintreten für eine zunehmende Vergemeinschaftung der Asylpolitik; dieser föderalistische Ansatz ist unserer Meinung nach die Ursache für die Härten, die derzeit Asylbewerber in ganz Europa treffen.

Aus diesem Grund enthalten wir uns der Stimme.

 
  
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  Anna Hedh (PSE), schriftlich. – (SV) Ich habe für den Initiativbericht der Kollegin Lambert (A6-0287/2008) über die Bewertung des Dublin-Systems gestimmt, auch wenn dieser Meinungen wiedergibt, die ich nicht teile. Der Grund für meine Zustimmung ist, dass ich die starke Kritik im Bericht an der Aushöhlung der Rechte von Asylbewerbern durch die gegenwärtigen EU-Rechtsvorschriften teile, beispielsweise durch die Überstellung von Asylbewerbern an Mitgliedstaaten, welche keine umfassende und faire Behandlung garantieren. Ich bin jedoch gegen eine vollständige Harmonisierung der EU-Asylpolitik.

 
  
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  Ian Hudghton (Verts/ALE), schriftlich. − (EN) Ich habe für den Bericht meiner Kollegin Frau Lambert über die Bewertung des Dublin-Systems gestimmt. Vor allem möchte ich auf jene Abschnitte verweisen, in denen hervorgehoben wird, dass bei allen Entscheidungen, die Kinder betreffen, das Wohl des Kindes stets von übergeordneter Bedeutung sein muss.

In Schottland, meinem Heimatland, haben wir die unhaltbare Situation, dass im Aufnahmezentrum Dungavel die Kinder von Asylanten praktisch wie Gefangene behandelt werden. Bei einer solchen Praxis kann beim besten Willen nicht die Rede vom Wohl des Kindes sein, und ich unterstütze die Bemühungen der schottischen Regierung, diese Einrichtung zu schließen und die Zuwanderung wieder schottischer Zuständigkeit zu unterstellen.

 
  
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  Andreas Mölzer (NI), schriftlich. Es ist wichtig, dass im Rahmen der Asylverfahren einige Regeln geklärt sind, und dazu zählt auch die Abklärung der Zuständigkeit, um eine Mehrfach-Antragstellung auszuschließen. Während der Innenausschuss mehr Schutz von Kindern in Asylverfahren fordert, tauchen an Europas Grenzen immer mehr allein reisende Kinder auf, die den besonderen Schutz vor Abschiebung und Zurückweisung ausnutzen wollen. Sie riskieren ihr Leben immer und immer wieder auf der Suche nach neuen, raffinierteren Fluchtwegen.

Wenn das, was zum Schutz gedacht ist, dergestalt zum Lockmittel für immer neue Risiken avanciert, werden wir uns neue Wege überlegen müssen.

Der vorliegende Bericht enthält einige Ansätze, ist aber insgesamt meines Erachtens nicht weitgehend genug, weshalb ich ihm auch nicht zustimmen konnte.

 
  
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  Dimitrios Papadimoulis (GUE/NGL), schriftlich. – (EL) Ich habe für den Bericht Lambert zur Bewertung des Dublin-Systems gestimmt. Der Bericht bringt Bedenken wegen der Mängel des Systems zum Ausdruck und fordert die Kommission auf, Maßnahmen gegen Staaten zu ergreifen, die die vollständige und faire Behandlung der bei ihnen eingehenden Asylanträge nicht sicherstellen.

Nach dem unakzeptablen Richtlinienentwurf zur Nichtzurückweisung, der im Juni beschlossen wurde, betont das Europäische Parlament heute, dass Asylbewerber laut dem Gemeinschaftsrecht über Rechte verfügen und dass die Mitgliedstaaten Pflichten haben.

Griechenland verletzt die Grundrechte von Asylbewerbern systematisch. In seinen Aufnahmelagern herrschen inakzeptable Bedingungen; es hat eine der niedrigsten Quoten bei der Annahme von Anträgen. Bestimmte Mitgliedstaaten haben sich bereits geweigert, in Fällen, in denen Griechenland das zuständige Land ist, den Beschluss von Dublin umzusetzen; weitere diskutieren darüber, diesem Beispiel zu folgen. Wir bitten die Kommission, substanzielle und wirksame Maßnahmen vorzuschlagen, damit gesichert wird, dass Asylanträge durch die griechischen Behörden ordnungsgemäß bearbeitet werden.

 
  
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  Daciana Octavia Sârbu (PSE), schriftlich. – (RO) Die Asylgesetzgebung und die Asylverfahren der Mitgliedstaaten weisen immer noch Unterschiede auf, und die Asylbewerber werden von Land zu Land unterschiedlich behandelt.

Das Dublin-System wird – sowohl aus technischer als auch aus menschlicher Sicht – stets unbefriedigende Resultate erbringen, solange kein die ganze Europäische Union umfassendes befriedigendes und einheitliches Schutzniveau erreicht wird; die Asylbewerber werden weiterhin triftige Gründe haben, ihren Antrag an einen bestimmten Mitgliedstaat zu richten, um so von den günstigsten Entscheidungen auf nationaler Ebene zu profitieren.

Die Vielzahl von Mehrfachanträgen und die geringe Zahl der durchgeführten Überstellungen zeigen die Defizite des Dublin-Systems und die Notwendigkeit der Schaffung eines gemeinsamen europäischen Asylsystems auf.

Die Durchführung der Dublin-Verordnung kann eine ungleiche Verteilung der Verantwortung für Schutz suchende Menschen zum Nachteil einiger Mitgliedstaaten bewirken, die den Migrationsströmen einfach aufgrund ihrer geografischen Lage besonders stark ausgesetzt sind.

Laut Bewertung der Kommission mussten im Jahr 2005 die 13 Mitgliedstaaten mit EU-Außengrenzen immer größere Herausforderungen bewältigen, die sich aus dem Dublin-System ergeben. Daher hat das vom Dublin-System eingeführte Kriterium des Landes der Ersteinreise die Mitgliedstaaten mit EU-Außergrenzen in eine sehr schwierige Lage gebracht.

 
  
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  Carl Schlyter (Verts/ALE), schriftlich. – (SV) Dieser Initiativbericht konzentriert sich auf mögliche Verbesserungen und Verstärkungen des Schutzes von Asylbewerbern. Ich distanziere mich aber von der darin aufgestellten Behauptung, ein gemeinsames europäisches Asylsystem würde dieses Problem lösen.

Dennoch stimme ich für den Bericht, da er überwiegend positiv für die Asylbewerber ist, die darin auch im Mittelpunkt stehen.

 
  
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  Olle Schmidt (ALDE), schriftlich. – (SV) Das Europäische Parlament hat heute einen Bericht angenommen, der deutlich und kritisch die Schwächen des gegenwärtigen Dublin-Systems aufzeigt. Es besteht kein Zweifel daran, dass wir in einem immer grenzenloseren Europa eine gemeinsame Einwanderungs- und Asylpolitik auf Gemeinschaftsebene benötigen. Die Frage ist nur, wie wir das erreichen können.

Die schwedische Volkspartei stimmt dieser Kritik zum größten Teil zu und hält es für richtig, ein starkes Signal für eine Veränderung in Richtung auf größere Humanität zu senden. Darum habe ich für den Bericht gestimmt, wenn auch mit gewissen Vorbehalten.

Änderungsantrag 5 übt Kritik an bestimmten Ländern wegen systematischer Freiheitsberaubung von Asylbewerbern, die in Gewahrsam genommen werden. Meiner Ansicht nach sollte diese Kritik erhalten bleiben, insbesondere da Schweden eines der Länder ist, die sich in der Vergangenheit genau dieses Tatbestandes schuldig gemacht haben. Ich stimme jedoch nicht dem Vorschlag der Fraktion der Vereinigten Europäischen Linken/Nordische Grüne Linke zu, den Gewahrsam ganz und gar zu verbieten, obwohl er meiner Meinung nach nur im äußersten Notfall angewandt werden sollte. Bezüglich Änderungsantrag 6, in dem es darum geht, „dass für Organisationen wie das Rote Kreuz oder den Roten Halbmond eine Pflicht eingeführt werden sollte, selbst die Initiative zu ergreifen und nach Familienangehörigen zu forschen“, habe ich mich der Stimme enthalten. Eine solche Pflicht kann nur einer Behörde auferlegt werden und sollte nicht für eine Organisation der Zivilgesellschaft eingeführt werden. Da weder der Ausgangstext noch der Änderungsantrag eine andere Auffassung erkennen ließen, habe ich mich der Stimme enthalten.

 
  
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  Søren Bo Søndergaard (GUE/NGL), schriftlich. (DA) Obwohl der Bericht von Frau Lambert über die Bewertung des Dublin-Systems (A6-0287/2008) Ansichten und Vorschläge enthält, die ich nicht unterstütze, habe ich in der Schlussabstimmung für den Bericht gestimmt. Ich habe das vor allem deshalb getan, um zu zeigen, dass ich die in diesem Bericht enthaltene deutliche Kritik begrüße. Diese Kritik richtet sich gegen die Art und Weise, in der die geltenden EU-Vorschriften die Rechte der Asylbewerber untergraben, zum Beispiel indem sie zur Überstellung von Asylbewerbern in Mitgliedstaaten beitragen, welche keine umfassende und faire Bearbeitung ihres Antrags garantieren können.

 
  
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  Bart Staes (Verts/ALE), schriftlich. (NL) Die Vereinbarungen über Dublin II beruhen auf der politischen Fiktion, dass 27 Mitgliedstaaten einander vertrauen, wenn es um die Bearbeitung von Asylanträgen geht, und dass alle Mitgliedstaaten gleichsam prinzipientreu ihre Verantwortung übernehmen.

Ich selbst habe die Betreuung tschetschenischer Flüchtlinge in Polen untersucht, da eine Reihe tschetschenischer Flüchtlinge aus Belgien aufgrund von Dublin nach Polen zurückgeschickt worden waren. Es gab heftige Proteste. Daher führte ich meine eigene Untersuchung durch. Die Bilder davon können Sie übrigens auf meiner Website sehen.

Solange es kein hinreichendes und kohärentes Schutzniveau in allen 27 Mitgliedstaaten gibt, ist Dublin II meines Erachtens nicht viel mehr als politische Fiktion und schafft grobe Ungerechtigkeit. Ich konnte in Polen mit eigenen Augen feststellen, dass die Grundprinzipien der Dublin-Regelung nicht in die Praxis umgesetzt werden. Die Qualität der Betreuung, der Betreuung von Kindern und die Nichterteilung von Schulunterricht, die unhygienischen Bedingungen, unter denen Flüchtlinge leben müssen, die mangelnde Gesundheitsfürsorge: All diese Dinge unterscheiden sich sehr stark von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat.

Der Bericht Lambert benennt die Probleme, geht von einer korrekten Analyse aus und bietet Lösungen für zahlreiche Gebiete. Er verdient unsere volle Unterstützung.

 
  
  

- Bericht Mladenov (A6-0249/2008)

 
  
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  Małgorzata Handzlik (PPE-DE), schriftlich. − (PL) Eine Folge der Freizügigkeit von Personen in der Europäischen Union ist der zunehmende grenzüberschreitende Autoreiseverkehr. Damit wächst die Notwendigkeit, auf EU-Ebene Regelungen im Bereich der Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung einzuführen, die dem wirksamen Schutz von Verkehrsunfallopfern dienen.

Zur Verwirklichung dieses Ziels ist die Effektivität des Systems der Schadenregulierungsbeauftragten, das vom Versicherungsunternehmen im Wohnsitzland des Geschädigten eingerichtet wird, von ganz besonderer Bedeutung. Es gehört zu den Pflichten des Schadenregulierungsbeauftragten, die Geschädigten zu informieren, wie sie ihre Ansprüche gegenüber einer ausländischen Partei geltend machen können. Darüber hinaus würde es das Vertrauen der Verbraucher steigern, wenn das vor Abschluss des Versicherungsvertrages zugängliche Informationspaket umfassende Informationen darüber enthielte, wie das System der Schadenregulierungsbeauftragten funktioniert und angewendet wird und welchen Nutzen es für den Geschädigten hat.

Des Weiteren sprach der Berichterstatter die wichtige Frage an, ob in allen Mitgliedstaaten obligatorisch eine Rechtsschutzversicherung eingeführt werden sollte. Ich unterstütze seine Auffassung, dass die Beibehaltung des bestehenden Systems der freiwilligen Rechtsschutzversicherung die richtige Lösung ist. Die Erhöhung des Verbrauchervertrauens, das ein obligatorisches System mit sich brächte, würde durch höhere Kosten der Versicherung selbst und durch die Verzögerungen infolge der Schlichtung von Streitigkeiten durch die Gerichte aufgewogen. Dennoch ist es unbedingt notwendig, unverzüglich Maßnahmen im Hinblick auf den Abschluss einer Rechtsschutzversicherung, insbesondere in den neuen Mitgliedstaaten, zu ergreifen.

 
  
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  Ian Hudghton (Verts/ALE), schriftlich. − (EN) Der Bericht Mladenov räumt Verbraucherorganisationen bei der Bewertung der Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung ein angemessenes Mitspracherecht ein. Den Verbraucherorganisationen kommt neben den EU-Institutionen, den Mitgliedstaaten und dem Versicherungsgewerbe selbst in diesem Bereich tatsächlich eine wichtige Rolle zu.

 
  
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  Arlene McCarthy (PSE), schriftlich. − (EN) Ich möchte Herrn Mladenov, dem Berichterstatter unseres Ausschusses, danken.

Dieser Bericht über bestimmte Aspekte der Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung ist ein gutes Beispiel dafür, dass die Bürger in praktischer und pragmatischer Weise von der EU-Mitgliedschaft profitieren.

Angesichts von jährlich 1,2 Millionen Verkehrsunfällen auf Europas Straßen werden einige Bürger (Kraftfahrzeugführer, Insassen und Fußgänger) bedauerlicherweise Opfer von Autounfällen.

Dennoch wissen viele Bürger nicht, dass es EU-Rechtsvorschriften gibt, die Betroffene bei der Schadensregulierung unterstützen, ohne dass sie sich mit einer ausländischen Versicherungsgesellschaft in einer fremden Sprache auseinander setzen müssen.

Diese EU-Rechtsvorschriften ermöglichen den Betroffenen, in ihr Heimatland zurückzukehren und dort den Schaden rasch und problemlos in ihrer eigenen Muttersprache regulieren zu lassen.

Durch Einrichtung von Informationszentren in jedem Mitgliedstaat sorgt die Vierte Kraftfahrzeughaftpflicht-Richtlinie für eine Unterstützung von Unfallopfern.

Da der Gesetzgeber derzeit eine obligatorische Deckung von Anwalts- und Gerichtskosten noch nicht vorsieht, sollten die Bürger den Abschluss einer Rechtsschutzversicherung in Betracht ziehen.

Als Berichterstatterin des Parlaments für Mediation hoffe ich, dass Betroffene versuchen, Konflikte mithilfe von alternativen Verfahren beizulegen und damit die mit gerichtlichen Verfahren verbundenen Kosten und Verzögerungen zu vermeiden.

Mit konkreten und praktischen Maßnahmen wie diesem Gesetz können wir unseren Bürgern zeigen, wie sinnvoll Europa für sie ist.

 
  
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  Bernard Wojciechowski (IND/DEM), schriftlich. (PL) In den Jahren 2003 bis 2005 wurden ca. 17 000 Drittstaatsangehörige in andere EU-Mitgliedstaaten überstellt, um dort ihren Asylantrag prüfen zu lassen. Davon entfielen 12 % auf Anträge von Personen, die schon einmal Asyl beantragt hatten.

Derzeit stehen die Chancen, Asyl gewährt zu bekommen, von einem EU-Mitgliedstaat zum nächsten sehr unterschiedlich. Am deutlichsten wird dies am Beispiel der Iraker. In Deutschland beträgt ihre Chance auf Asyl 75 %, in Griechenland sind es lediglich 2 %.

Für die EU wäre es vorteilhaft, Erscheinungen wie „Refugees in Orbit“, sekundäre Migration und die gleichzeitige Einreichung von Asylanträgen in mehreren Ländern abzuschaffen und dafür ein System einzuführen, nach dem ein Mitgliedstaat allein für die Prüfung von Asylanträgen zuständig wäre.

 
  
  

- Bericht Bowles (A6-0312/2008)

 
  
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  Jan Andersson, Göran Färm, Anna Hedh, Inger Segelström und Åsa Westlund (PSE), schriftlich. – (SV) Steuerbetrug verursacht für die Mitgliedstaaten große wirtschaftliche Verluste und reduziert Möglichkeiten zur Aufrechterhaltung und Erhöhung der Qualität der öffentlichen Dienstleistungen, die wir gemeinsam über die Steuern finanzieren.

Wir haben uns jedoch bei der Schlussabstimmung der Stimme enthalten, da in mehreren Änderungsanträgen ein Wettbewerb zwischen den Mitgliedstaaten als positiv betrachtet wird und die schädlichen Auswirkungen von Steueroasen auf die Wirtschaften der Mitgliedstaaten herabgespielt werden.

Außerdem haben wir gegen die Formulierung des zweiten Teils von Ziffer 3 gestimmt, der ein zu positives Bild der Steuerharmonisierung zwischen den Mitgliedstaaten vermittelt.

 
  
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  Jean-Pierre Audy (PPE-DE), schriftlich. – (FR) Ich habe für die Entschließung des Europäischen Parlaments gestimmt, die auf dem Initiativbericht meiner britischen Kollegin Sharon Bowles über die koordinierte Strategie zur Verbesserung der Bekämpfung des Steuerbetrugs beruht und eine Antwort auf die Mitteilung der Kommission zum selben Thema darstellt. Die Steuereinnahmen, also die Gesamtsumme aller Steuern und Pflichtsozialbeiträge, beliefen sich im Jahr 2004 auf 39,3 % des BIP der Europäischen Unon, das entspricht 4,1 Billionen Euro. Es gibt nur sehr wenige Schätzungen hinsichtlich der Steuerausfälle aufgrund von Steuerbetrug, dessen Ausmaß mit etwa 2 bis 2,5 % des BIP veranschlagt wird. Da die Besteuerung in den nationalen Zuständigkeitsbereich fällt, stellt der Steuerbetrug eine Beeinträchtigung des reibungslosen Funktionierens des Binnenmarktes dar, weil die Steuerzahler unter Wettbewerbsverzerrungen zu leiden haben. Die Bekämpfung des Steuerbetrugs hat unstrittig eine europäische Dimension, insbesondere aufgrund der Globalisierung der Wirtschaft.

 
  
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  Ilda Figueiredo (GUE/NGL), schriftlich. (PT) Wir haben gegen diese endgültige Entschließung gestimmt, weil die Mehrheit im Europäischen Parlament über die Hauptursachen für die meisten Steuerhinterziehungen, nämlich die Existenz von Steueroasen, hinwegsieht. Gleichwohl enthält sie auch einige positive Vorschläge, für die wir gestimmt haben.

Obwohl der Bericht des Ausschusses des Parlaments einige positive Vorschläge enthält, insbesondere die ausdrückliche Erwähnung von Steueroasen und ihrem wesentlichen Anteil an der Steuerhinterziehung und an der Erosion der steuerlichen Basis, wodurch dem Staat Einnahmen entgehen und ihm die Umsetzung von Maßnahmen zur sozialen Absicherung erschwert wird, wurden einige dieser Punkte bei der Abstimmung im Plenum abgelehnt beziehungsweise verwässert.

Die politische Mehrheit im Europäischen Parlament will jedoch die Steueroasen, in denen Unsummen an Vermögen und Börsengewinnen aus zahlreichen mehr oder weniger illegalen Geschäften deponiert werden, gar nicht abschaffen. Eines der Zentren solch skandalöser kapitalistischer Profite soll nun sogar gefördert werden, selbst wenn dies geringere öffentliche Einnahmen bedeutet und die Möglichkeiten verringert, mit staatlichen Maßnahmen auf die Bedürfnisse der Arbeitnehmer und der Bevölkerungsgruppen zu reagieren.

 
  
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  Bruno Gollnisch (NI), schriftlich. – (FR) Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Der Bericht von Frau Bowles ist typisch für dieses Parlament: in ihm werden Lösungen für Probleme vorgeschlagen, die ohne das Europa von Brüssel gar nicht existieren würden, Lösungen, die zudem die bestehenden Probleme noch verschärfen oder neue Probleme schaffen würden.

Im vorliegenden Fall bestehen die vorgeschlagenen Lösungen zur Bekämpfung des Steuerbetrugs in der Forderung nach Besteuerung im Herkunftsland in Verbindung mit der Schaffung einer Clearingstelle, die die Steuereinnahmen einzelner Mitgliedstaaten von den Transferzahlungen anderer Mitgliedstaaten abhängig machen würde. Ferner soll die Mehrwertsteuer gemäß den Sätzen des importierenden Mitgliedstaates berechnet (statt des bisherigen Befreiungssystems) oder die Umkehrung der Steuerschuldnerschaft angewandt werden, Vorschläge, die im Falle ihrer Umsetzung für die Unternehmen zu unüberwindbaren verwaltungstechnischen und steuerrechtlichen Erschwernissen führen würden. Des Weiteren sollen die Steuerbehörden generell direkten Zugriff zu den elektronisch gespeicherten Daten der Steuerzahler anderer Mitgliedstaaten erhalten. Die Besteuerung von Spareinlagen und das Strafrecht für Steuerbetrug sollen vereinheitlicht und einige reduzierte Mehrwertsteuersätze abgeschafft werden.

All das zeigt, dass es in Wirklichkeit weniger um die Bekämpfung des Steuerbetrugs, der ein besorgniserregendes und tatsächliches Problem ist, sondern vielmehr um die Abschaffung der steuerlichen Souveränität der Mitgliedstaaten geht.

 
  
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  Hélène Goudin und Nils Lundgren (IND/DEM), schriftlich. – (SV) Der Kampf gegen Steuerbetrug verdient natürlich volle Unterstützung. Darum haben wir für den Entschließungsentwurf in seiner Gesamtheit gestimmt, obwohl er verschiedene schlecht durchdachte und unmotivierte Aspekte enthält. In Ziffer 3 wird erklärt, „dass ein auf dem „Prinzip des Ursprungsorts“ beruhendes MwSt.-System, um funktionieren zu können, eine Angleichung der Steuern zwischen den Ländern zur Verhinderung von Steuerwettbewerb“ erfordert. Eine solche Formulierung werden wir nicht unterstützen.

Eine Angleichung der Mehrwertsteuer und der Steuersysteme der Mitgliedstaaten ist ein sehr gefährlicher Schritt, der von der nationalen Selbstbestimmung in einem der fundamentalsten Politikbereiche wegführt. Das Europäische Parlament sollte sich nicht derartig pauschal zu einer so wichtigen Frage äußern.

Der Steuerwettbewerb hat auch Vorteile, indem Länder Fortschritte erzielen und wirksamere Steuern oder andere Lösungen zur Finanzierung der öffentlichen Ausgaben entwickeln können, wenn sie frei von schlecht durchdachten EU-Vorschriften sind.

 
  
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  Marian Harkin (ALDE), schriftlich. − (EN) Der Bericht zur Bekämpfung des Steuerbetrugs hat meine volle Unterstützung, und mir ist klar, dass es dazu der engen Zusammenarbeit zwischen den Verwaltungsbehörden in jedem Mitgliedstaat und der Kommission bedarf.

Der in der Begründung enthaltenden Schlussfolgerung, dass eine gemeinsame konsolidierte Körperschaftssteuer-Bemessungsgrundlage (GKKB) in irgendeiner Form erforderlich sei, um Steuerbetrug zu bekämpfen, kann ich mich nicht anschließen. Die GKKB ist derzeit lediglich eine technische Überlegung. Eine entsprechende Mitteilung wurde bisher nicht vorgeschlagen, und deshalb sind Feststellungen über ihren Wert im Kampf gegen den Steuerbetrug verfrüht.

 
  
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  Bogusław Liberadzki (PSE), schriftlich. (PL) Herr Präsident! Ich stimme für den Bericht über eine koordinierte Strategie zur Verbesserung der Bekämpfung des Steuerbetruges (2008/2033(INI)).

Frau Sharon Bowles weist zu Recht darauf hin, dass Steuerbetrug ernste Folgen für die nationalen Haushalte hat. Er führt zu einer Verletzung des Grundsatzes einer gerechten Besteuerung und kann zu Wettbewerbsverzerrungen führen.

Verzerrungen infolge von Mehrwertsteuerbetrug stören das Gesamtgleichgewicht des Eigenmittelsystems. Verschiedenen Quellen zufolge liegen die Mehrwertsteuerausfälle in der Europäischen Union in der Größenordnung von 60 bis 100 Milliarden Euro pro Jahr, was dazu führt, dass von den Mitgliedstaaten verstärkt auf dem Bruttonationaleinkommen beruhende Eigenmittel abgerufen werden müssen.

Aus diesem Grunde stimme ich der Initiative von Frau Sharon Bowles zu. Die durch Mehrwertsteuerbetrug verursachten Probleme müssen aus der Welt geschafft werden. Um das reibungslose Funktionieren der Gemeinschaft zu gewährleisten, müssen wir für ein gerechtes und transparentes Eigenmittelsystem sorgen.

 
  
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  Andreas Mölzer (NI), schriftlich. In den letzten 10 Jahren reden wir um den heißen Brei herum und konnten uns noch immer nicht auf Methoden verständigen, mit denen wir dem Mehrwertsteuerbetrug – bei dem immerhin Steuern im Ausmaß von 2-2,5 % der Wirtschaftsleistung hinterzogen werden – wirksam einen Riegel vorschieben.

Das Reverse-Change-System klingt auf dem Papier ganz nett, scheint aber noch zu unausgegoren, weshalb nach wie vor einmal mehr hauptsächlich bessere Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten eingefordert wird.

Gerade im Betrugsbereich haben wir einige Mitgliedstaaten, die mit besonderer Betrugsanfälligkeit und laxen Kontrollen auffallen, gleichzeitig herrscht inakzeptables Laissez-faire bei der Wiedereinziehung. Der Parlamentsbericht erscheint mir nicht aussagekräftig und bietet meines Erachtens auch keine neuen Lösungen an, weshalb ich mich der Stimme enthalten habe.

 
  
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  John Purvis (PPE-DE), schriftlich. − (EN) Die Delegation der britischen Konservativen bedauert, dass sie den Bericht von Frau Bowles nicht befürworten kann. Uns ist klar, dass Steuerbetrug ein ernstes Problem darstellt, gegen das dringend etwas unternommen werden muss, und dass vor allem eine Lösung für den so genannten MwSt.-Karrusselbetrug gefunden werden muss.

Dennoch veranlasst uns die Tatsache, dass der Bericht keine klare Befürwortung von Steuerwettbewerb und -souveränität erkennen lässt, dass er einen unrealistischen Ansatz in Bezug auf Steueroasen verfolgt und nicht erkennt, dass es eine Verbindung gibt zwischen hoher Besteuerung und ausgeprägter Steuerflucht und Steuerhinterziehung, die Europäische Union zu ersuchen, sich genau zu überlegen, wie sinnvoll es ist, steuerpolitische Maßnahmen vorzuschlagen, die lediglich eine Kapitalflucht auslösen, ausländische Direktinvestitionen bremsen oder sogar weiterem Steuerbetrug Vorschub leisten.

 
  
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  Eoin Ryan (UEN), schriftlich. − (GA) Ich begrüße diesen Bericht, der die Notwendigkeit anerkennt, eine Strategie zum Umgang mit Steuerbetrug auszuarbeiten. Obwohl die Umsetzung der geltenden Vorschriften überwiegend Sache der Mitgliedstaaten ist, müssen wir auf europäischer Ebene zusammenarbeiten. Unternehmen, insbesondere kleine und mittelständische, sollte kein unverhältnismäßig hoher Verwaltungsaufwand aufgebürdet werden, und im Einklang mit der Politik der Kommission sollten dem Amtsschimmel und der Bürokratie der Kampf angesagt werden.

Ich habe den Änderungsantrag der Berichterstatterin unterstützt, in dem auf die Bedeutung eines fairen Steuerwettbewerbs für die Wirtschaft der Europäischen Union hingewiesen wird. Gleichzeitig bin ich jedoch enttäuscht, dass sich dieselbe Berichterstatterin in ihrer Begründung auf die gemeinsame konsolidierte Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage (GKKB) bezieht. Die GKKB wurde noch nicht ausreichend getestet, um sicherstellen zu können, dass ein solches Besteuerungssystem positive Ergebnisse erzielen würde, und wahrscheinlich gibt es mehr Beweise für das Gegenteil. Diese Textpassage beruht auf reinen Annahmen, und da sie nur in der Begründung enthalten ist, können wir über dieses Thema nicht abstimmen. Deshalb möchte ich die Gelegenheit nutzen, um meiner Enttäuschung Ausdruck zu verleihen und meine Einwände zu äußern.

 

7. Berichtigungen des Stimmverhaltens und beabsichtigtes Stimmverhalten: siehe Protokoll
  

(Die Sitzung wird um 12.50 Uhr unterbrochen und um 15.00 Uhr wieder aufgenommen.)

 
  
  

VORSITZ: HANS-GERT PÖTTERING
Präsident

 

8. Genehmigung des Protokolls der vorangegangenen Sitzung: siehe Protokoll
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9. Vorlage des Entwurfs des Gesamthaushaltsplans durch den Rat – Haushaltsjahr 2009 (Aussprache)
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  Der Präsident. − Als nächster Punkt folgt die Aussprache über die Vorlage des Entwurfs des Gesamthaushaltsplans für das Haushaltsjahr 2009 durch den Rat. Ich darf dazu Herrn Minister Éric Woerth als Vertreter der Ratspräsidentschaft willkommen heißen.

 
  
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  Éric Woerth, amtierender Ratspräsident. − (FR) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es ist mir eine Ehre und gleichzeitig eine Freude, heute in Ihrem Parlament zu sprechen, und dies aus zwei Gründen: Zunächst einmal, weil Ihre Versammlung das Herz der europäischen Demokratie darstellt. Die französische Präsidentschaft bringt der Arbeit, die Sie zur Förderung der europäischen Integration geleistet haben, großen Respekt und viel Bewunderung entgegen, und der beste Beweis für unseren Willen zum gemeinsamen Voranbringen des europäischen Aufbauwerks war die Rede des Präsidenten der Französischen Republik im Juli hier in Straßburg. Auch ich und alle meine Kolleginnen und Kollegen in der französischen Regierung lassen sich von demselben Geist leiten. Zweitens, weil der Haushaltsentwurf für 2009, den ich Ihnen heute vorstellen möchte, am 17. Juli 2008 einstimmig vom Rat gebilligt wurde. Diese Einstimmigkeit belegt, dass dieser Haushaltsentwurf ausgeglichen ist und sich alle Regierungen der Europäischen Union damit identifizieren können.

Unsere ersten Kontakte haben den Aufbau einer soliden Grundlage für das weitere Haushaltsverfahren ermöglicht. Der Trilog und die Treffen im Rahmen der Konzertierung haben in einer konstruktiven Atmosphäre stattgefunden. Wir haben uns bereits auf sechs Erklärungen geeinigt, und ich bin überzeugt, dass wir uns auch bei vielen anderen Themen von gemeinsamem Interesse einigen werden.

Ich kann Ihnen versichern, dass der Rat zur Fortsetzung dieses wertvollen Dialogs bereit ist, eine für alle zufrieden stellende Einigung über den Haushalt 2009 herbeizuführen.

Dieses Übereinkommen soll drei Grundsätzen entsprechen: Erstens, Gewährleistung der Finanzierung der vorrangigen Politikbereiche der Europäischen Union – und wir haben einen Finanzrahmen für den Zeitraum 2007 bis 2012 festgelegt, den wir umsetzen müssen, um insbesondere unsere Zielvorgaben in Sachen Wettbewerbsfähigkeit, Zusammenhalt und Wachstum zu erreichen. Zweitens, Wahrung der Vorschriften zur Haushaltsdisziplin und zur wirtschaftlichen Haushaltsführung, wie in der Interinstitutionellen Vereinbarung festgeschrieben. Die Ausgaben dürfen die in der Vereinbarung festgelegten Grenzen nicht überschreiten, und es müssen ausreichende Margen unterhalb der Obergrenze der einzelnen Rubriken eingehalten werden. Drittens schließlich müssen Ermächtigungen dem jeweiligen tatsächlichen Bedarf angepasst werden. Insbesondere müssen Lehren aus dem bisherigen Haushaltsvollzug gezogen werden, damit wir beurteilen können, inwieweit wir zur tatsächlichen Umsetzung einzelner Politikbereiche in der Lage sind. Seit der Einführung der Finanziellen Vorausschau im Jahr 1988 hat der Gemeinschaftshaushalt übrigens stets eine zu geringe Verwendungsrate der Zahlungsermächtigungen aufgewiesen. Dank der Bemühungen der Kommissarin Dalia Grybauskaité zeichnen sich Verbesserungen beim Haushaltsvollzug ab, in Bezug auf den Haushalt 2009 bestehen jedoch noch große Unsicherheiten, und bisher deutet nichts darauf hin, dass 2009 eine Veränderung im Vergleich zu den Vorjahren bringen wird.

Des Weiteren müssen die Interessen der europäischen Steuerzahler gewahrt werden. Dies gilt umso mehr beim derzeitigen wirtschaftlichen Klima; alle Ermächtigungen, die nicht verwendet werden können, sollten daher möglichst nicht in den Haushalt aufgenommen werden. Das Ziel eines realistischen und ausgeglichenen Haushalts war mithin das Leitprinzip der Tätigkeit des Rates.

Bevor ich Ihnen das Ergebnis seiner Arbeiten vorstelle, möchte ich kurz darauf zu sprechen kommen, wie auf den explosionsartigen Anstieg der Lebensmittelpreise in den Entwicklungsländern rasch reagiert werden kann. Dieses Thema wird im Mittelpunkt unserer Gespräche der kommenden Wochen stehen. Der Europäische Rat hat auf seiner Tagung am 19. und 20. Juni einen starken politischen Impuls gegeben, indem er die Absicht der Kommission zur Unterbreitung eines Vorschlags für einen neuen Unterstützungsfonds für die Landwirtschaft in den Entwicklungsländern begrüßt hat. Das Mandat des Europäischen Rates ist in dieser Hinsicht allerdings unmissverständlich: eine Lösung muss unter strikter Einhaltung der derzeit gültigen Finanziellen Vorausschau gefunden werden.

Ich weiß, dass das Europäische Parlament diese Ansicht gegenwärtig nicht teilt. Nichtsdestotrotz wird der Rat den Vorschlag, der am 18. Juli 2008 von der Kommission verabschiedet wurde, unter diesem Gesichtspunkt prüfen.

Schließlich möchte ich daran erinnern, dass der Europäische Rat erst gestern seinen Willen bekräftigt hat, die Anstrengungen für den Wiederaufbau Georgiens, einschließlich der Regionen Südossetien und Abchasien, über die bereits zur Verfügung gestellten sechs Millionen Euro Soforthilfe hinaus zu unterstützen. Die EU wird also die Initiative zur kurzfristigen Einberufung einer internationalen Konferenz im Hinblick auf die Wiederaufbauhilfe für Georgien ergreifen. Der Europäische Rat hat gestern den Rat und die Kommission um die Vorbereitung dieser Konferenz gebeten.

Nun möchte ich Ihnen die Leitlinien des vom Rat ausgearbeiteten Haushaltsentwurfs für 2009 vorstellen.

Wir schlagen einen Haushalt mit Verpflichtungsermächtigungen in Höhe von 134 Milliarden Euro vor, was einer Kürzung um 469 Millionen Euro im Vergleich zum Haushaltsvorentwurf entspricht. Die Erhöhung der Verpflichtungsermächtigungen gegenüber 2008 beläuft sich somit auf 2,8 %, die Verpflichtungskapazitäten der Union werden also vollständig eingehalten.

Bei den Zahlungsermächtigungen hat der Rat eine auf 1,7 Milliarden Euro begrenzte Anpassung gegenüber dem Haushaltsvorentwurf vorgenommen. Gemäß Ihrem in den letzten Jahren geäußerten Wunsch hat der Rat keine wahllosen Pauschalkürzungen in allen Rubriken durchgeführt. Diese Kürzung beruht im Gegenteil auf einer detaillierten Analyse der Haushaltsdurchführung in den Jahren 2007 und 2008 sowie auf einer realistischen Einschätzung der Möglichkeiten zur Umsetzung und Durchführung der Gemeinschaftsprogramme. Der Haushaltsentwurf beläuft sich folglich auf Zahlungsermächtigungen in Höhe von 115 Milliarden Euro.

Die Kürzung der Höhe der Zahlungsermächtigungen für 2009 ist, dies möchte ich betonen, keine Überraschung. Sie wurde bereits bei der Verabschiedung des Finanzrahmens 2007-2013 vorweggenommen. Wenn die Obergrenze der Zahlungsermächtigungen 2009 somit deutlich unterhalb derjenigen von 2008 und 2010 liegt, so erklärt sich dies insbesondere durch die Entwicklung der Ermächtigungen für die Kohäsionspolitik, die 2009 durch das Ende des Programmzeitraums 2000-2006 sowie einen schrittweisen Anstieg im Laufe des Programmzeitraums 2007-2013 gekennzeichnet sein wird. Im Übrigen verfügen wir über keinerlei Hinweise auf ein zügigeres Anlaufen neuer Programme. Im Gegenteil, die Überwachung der Verabschiedung der Management- und Kontrollsysteme sowie der Hauptprogramme belegt die Verzögerungen beim Start neuer Programme. So wurden bei einer Gesamtzahl von 433 Programmen lediglich für zwei Programme in Ungarn Überbrückungszahlungen geleistet.

Die Höhe der Zahlungsermächtigungen in unserem Haushaltsentwurf ist also realistisch und an die Erfordernisse der Union angepasst.

Einige Punkte sollten Rubrik für Rubrik gesondert erläutert werden.

Hinsichtlich der Rubrik „Wettbewerbsfähigkeit für Wachstum und Beschäftigung“ legt der Rat großen Wert auf die Umsetzung der Lissabonner Strategie. Ihm ging es daher um die Gewährleistung einer adäquaten Finanzierung, insbesondere für die Programme Forschung und technologische Entwicklung, die transeuropäischen Netze und die Verbesserung der Qualität von Bildung und lebenslangem Lernen. Der Rat hat die Erhöhung der Verpflichtungsermächtigungen begrenzt, wobei er sich, wie schon gesagt, auf die Analyse der Umsetzungsmöglichkeiten der Programme gestützt hat.

Ich möchte allerdings betonen, dass in diesem Zusammenhang die Erhöhung der Verpflichtungsermächtigungen für die vorrangigen Programme recht deutlich ausfällt. So wurde beispielsweise das Forschungsrahmenprogramm im Vergleich zu 2008 um 10 % erhöht, das Programm für Innovation und Wettbewerbsfähigkeit um 16 % und das für die europäischen Bürger bedeutsame „Programm lebenslanges Lernen“ um 6 %.

Diese Beispiele verdeutlichen die vom Rat verfolgte Strategie. Der Rat hat übrigens die Zahlungsermächtigungen durch Kürzung einiger Zielvorgaben verringert (um 471 Millionen Euro) und so Konsequenzen aus der tatsächlichen Mittelverwendung gezogen.

In der Rubrik 1b, „Kohäsion für Wachstum und Beschäftigung“, hat der Rat die Höhe der Verpflichtungsermächtigungen, wie sie im Haushaltsvorentwurf von der Kommission vorgeschlagen wurde, gebilligt. Bei den Zahlungsermächtigungen gab es ein ausgeglichenes Vorgehen mit einer Erhöhung um 50 Millionen Euro für die Konvergenzstaaten und -regionen einerseits und einer Kürzung um 300 Millionen Euro im Bereich regionale Wettbewerbsfähigkeit andererseits.

Dies bedeutet eine maßvolle globale Absenkung der Zahlungsermächtigungen um 250 Millionen Euro, und ich begrüße es, dass wir uns auf eine gemeinsame Erklärung zu den Struktur- und Kohäsionsfonds sowie zu den Programmen für ländliche Entwicklung einigen konnten.

In der Rubrik „Erhaltung und Bewirtschaftung der natürlichen Ressourcen“ hat der Rat eine begrenzte Kürzung um 382 Millionen Euro bei den Verpflichtungsermächtigungen und um 497 Millionen Euro bei den Zahlungsermächtigungen festgelegt. Dies betrifft insbesondere die Haushaltslinien in den Bereichen Marktinterventionen und Rechnungsabschluss sowie, in angemessener Höhe, im Bereich Entwicklung.

Ferner möchte ich darauf hinweisen, dass die Haushaltslinien im Bereich Ernährungsprogramme, kostenlose Verteilung von Obst und Gemüse, Schulmilch und Maßnahmen zur Absatzförderung beibehalten wurden. Wir haben auch die von der Kommission vorgeschlagenen Beträge für die Umweltpolitiken beibehalten.

In der Rubrik 3, „Unionsbürgerschaft, Freiheit, Sicherheit und Recht“, hat der Rat die verfügbaren Margen unterhalb der Obergrenzen leicht erhöht, so dass sie eine Gesamthöhe von 76 Millionen Euro erreichen, wobei gezielte Kürzungen bei den Verpflichtungsermächtigungen in Höhe von 20 Millionen Euro vorgenommen wurden. In diesem Zusammenhang möchte ich betonen, dass die französische Präsidentschaft der Einwanderungspolitik große Bedeutung beimisst. Der im Haushaltsvorentwurf für die Agentur Frontex vorgeschlagene Betrag wurde somit übernommen.

In der Rubrik 4, „Die Europäische Union als globaler Akteur“, wollten wir den Bedarf für Palästina und den Kosovo vorziehen und nicht erst das Berichtigungsschreiben der Kommission abwarten, das nächste Woche genehmigt werden soll. Wir haben also eine zusätzliche Rücklage im Vergleich zum Haushaltsvorentwurf in Höhe von 100 Millionen Euro für Palästina und 60 Millionen Euro für den Kosovo gebildet.

Bezüglich der GASP hat der Rat die bereits im Haushaltsvorentwurf enthaltenen Verpflichtungs- und Zahlungsermächtigungen vorsorglich gebilligt, die mit den in der Interinstitutionellen Vereinbarung vom 17. Mai 2006 vorgesehenen Beträgen in Einklang stehen. Bei den Zahlungsermächtigungen beläuft sich die Kürzung auf 393 Millionen Euro, die Hälfte dieser Kürzung betrifft jedoch die Rückstellungen für die Soforthilfe, und wie Sie wissen, ist der Rat der Ansicht, dass die Finanzierung dieser Rückstellungen durch eine Umstrukturierung der Zahlungsermächtigungen erreicht werden kann, wie in den letzten Jahren festzustellen war.

In der Rubrik 5, „Verwaltung“, schließlich hat der Rat eine mäßige Erhöhung der Verwaltungsmittel um 3,8 % beschlossen, die seines Erachtens für ein reibungsloses Arbeiten der Institutionen unerlässlich ist. Die für die Rubrik 5 verfügbare Marge beläuft sich somit auf 224 Millionen Euro. Selbstverständlich hat der Rat die 250 Stellen gebilligt, die im Zusammenhang mit der Erweiterung von 2007 geschaffen wurden. Wir haben übrigens statt der fast schon traditionellen pauschalen Kürzungen eher gezielte Kürzungen durchgeführt, die sich auf die vergangene Haushaltsdurchführung gründen.

Mein letzter Punkt betrifft die dezentralen Gemeinschaftseinrichtungen, deren aktuellen Entwicklungsstand wir berücksichtigt haben. Man kann voll funktionsfähige Einrichtungen nicht genauso behandeln wie die Institutionen, deren Mandat noch nicht ausgereift ist, die also noch im Entwicklungsprozess stecken, und wir haben der Überschüsse Rechnung getragen, die von einigen Einrichtungen in den letzten Haushaltsjahren erwirtschaftet wurden. Dies gilt beispielsweise für Frontex und Eurojust, die wir als vorrangig ansehen.

Abschließend bin ich also der Meinung, dass der Haushaltsentwurf 2009 ein Gleichgewicht darstellt zwischen den ehrgeizigen Zielen, wie wir sie natürlich alle für unsere Europäische Union verfolgen, und einer korrekten Haushaltsführung, für die wir gegenüber den Bürgern Rechenschaft ablegen müssen. Dies ist nämlich von wesentlicher Bedeutung, damit die Bürger das erforderliche Vertrauen in das europäische Vorhaben teilen.

Ihr Parlament mag eine andere Auffassung vertreten, aber wir stehen erst am Anfang des Haushaltsverfahrens und haben noch genügend Zeit, um unsere Standpunkte zur Struktur des Haushalts 2009 einander anzunähern und die großen Aufgaben in Angriff zu nehmen, die uns aufgrund der neuen Vorschläge von Seiten der Kommission übertragen wurden. Ich bin sicher, dass die drei Institutionen somit alle Hebel in Gang setzen werden, um bis zur Vermittlung im November, also in zwei Monaten, ein umfassendes Übereinkommen in allen Fragen zu erarbeiten, und ich wünsche mir, dass dieses Übereinkommen den besten aller möglichen Kompromisse für die Institutionen wie auch für die europäischen Bürger darstellen wird. Selbstverständlich können Sie in dieser Hinsicht mit meinem größtmöglichen Engagement rechnen.

 
  
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  Der Präsident. − Ganz herzlichen Dank, Herr Minister Woerth! Sie hätten es verdient gehabt, dass wir hier eine etwas größere Präsenz zeigen. Aber wir entscheiden über vieles mit der Qualität der Abgeordneten. Heute geht es ja um eine erste Diskussion, und ein früherer Minister, der Ihr Amt einmal wahrgenommen hat, ist hier ebenfalls anwesend.

 
  
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  Jutta Haug, Berichterstatterin. − Herr Präsident, Frau Kommissarin, Herr Ratspräsident! Sie haben gerade gesagt: Wir sind am Anfang des Haushaltsverfahrens. Für das Parlament ist das eigentlich nicht so. Wir haben das Haushaltsverfahren und die Diskussion über das Haushaltsverfahren und unseren Haushalt 2009 schon zu Anfang des Jahres begonnen. Wir sind also schon ein großes Stück weitergekommen. Wir sind uns im Parlament vor allen Dingen auch einig darüber, dass weder die Kommission mit ihrem Haushaltsvorentwurf noch der Rat mit seinem Entwurf, der ja dann den Haushaltsvorentwurf der Kommission, sowohl was die Verpflichtungsermächtigungen, als auch was die Zahlungsermächtigungen angeht, noch mal abgesenkt hat, geglänzt hat. Wir sind durchaus nicht der Meinung, dass das ein ambitionierter Haushalt ist, der den Anforderungen gerecht wird, die an uns als Europäische Union in allen möglichen Politikbereichen gestellt werden.

Insbesondere hat das Parlament seine geregelten Schwierigkeiten damit, dass wir überall und immer davon reden, dass wir den Kampf gegen den Klimawandel aufnehmen wollen, aber sich das nicht genügend im Haushalt niederschlägt. Wir als Parlament – das können Sie ja auch an dem Votum ablesen, das das Plenum dem Verhandlungsteam des Haushaltsausschusses im Juli mit überwältigender Mehrheit gegeben hat – werden dafür sorgen, dass an vielen Stellen im Haushalt der Kampf gegen den Klimawandel verstärkt werden kann, und zwar mit europäischen Mitteln. Wir sind nicht der Meinung, dass eine so große Lücke zwischen den Verpflichtungsermächtigungen und den Zahlungsermächtigungen, wie sie die Kommission vorgeschlagen hat – nämlich von 15%, die der Rat dann noch mal vergrößert hat – bleiben kann.

Wir werden also an der Stelle dafür sorgen, dass wir einen Haushalt kriegen, der mehr der Haushaltswahrheit und der Haushaltsklarheit entspricht. Ich denke, dass wir, im Herbst sicherlich die eine oder andere strittige Diskussion haben werden. Aber ich bin voller Hoffnung, dass wir zu guten Ergebnissen kommen werden, wenn wir dann auch bestimmte Dinge miteinander verabreden.

 
  
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  Janusz Lewandowski, Berichterstatter. − (PL) Herr Präsident! Wie immer im Herbst treten wir in die entscheidende Phase des Haushaltsverfahrens ein, diesmal für das Jahr 2009. Unsere Aufgabe besteht darin, sämtliche seit Einreichen des vorläufigen Haushaltsvorschlags eingetretenen Änderungen festzustellen und zu berücksichtigen.

Als Berichterstatter über den Haushalt des Europäischen Parlaments und der anderen europäischen Institutionen sehe ich das größte Problem und die Schwierigkeit dabei in der Ungewissheit, die im Hinblick auf das Schicksal des Vertrags von Lissabon besteht. Die Haushaltsvorschauen für 2009 basierten auf dem wahrscheinlichsten Ergebnis, nämlich dem Inkrafttreten eines Vertrags, der die Mitentscheidungsbefugnisse des Europäischen Parlaments grundlegend erweitert. Da der Vertrag zum gegenwärtigen Zeitpunkt mit einem Fragezeichen versehen ist, besteht die normale Reaktion bezüglich des Haushalts darin, die direkt mit dem Lissabon-Vertrag verbundenen Ausgaben von den vorläufigen Ausgaben für das kommende Jahr zu trennen. Das war die Bitte, die wir an alle europäischen Institutionen gerichtet haben. Vom Europäischen Parlament haben wir eine Antwort erhalten, die derzeit geprüft wird. Es ist noch kein offizielles Dokument des Präsidiums des Parlaments, aber es erfüllt die Forderung, die mit dem Lissabon-Vertrag verbundenen Ausgaben, die zu einem späteren Zeitpunkt bei Änderung der Lage berücksichtigt werden können, gesondert zu behandeln.

Natürlich befreit uns die sich auf den Haushalt 2009 auswirkende Ungewissheit im Hinblick auf das Schicksal des Vertrags von Lissabon nicht davon, die anderen Grundsätze für die Aufstellung des Haushaltsplans 2009 in Ansatz zu bringen. Wir müssen die neuen Vorschriften über die Vergütung der Europaabgeordneten sowie die Vergütung und Beschäftigung von Assistenten der Abgeordneten berücksichtigen. Die Kosten der europäischen Wahlkampagne müssen gedeckt und die im Jahre 2008 erfolgten Preisbewegungen in Bezug auf die verschiedenen Energiequellen berücksichtigt werden. Aber vor allem ist das Jahr 2009 ein Wahljahr, in dem wir um Sparzwang und Haushaltsdisziplin ringen müssen. Ein Zuwachs an Bürokratie – mit anderen Worten eine Erweiterung des europäischen Verwaltungsaufwands – ist nicht die beste Botschaft an die Menschen, die wir auffordern, die Mandate der Mitglieder des Europäischen Parlaments zu erneuern.

Gern möchte ich Ihre Aufmerksamkeit noch auf ein anderes Problem lenken, das mich nicht in meiner Funktion als Berichterstatter des Europäischen Parlaments betrifft, sondern als Mitglied einer Gemeinschaft demokratischer Nationen, die sich um Menschenrechte und die Souveränität aller Nationen Europas bemühen. Wir sollten auch auf Haushaltsebene auf die Ereignisse in Georgien reagieren. Nach meinem Dafürhalten sollte das Europäische Parlament in der ersten Lesung Position in dieser Frage beziehen, da es schwierig werden wird, die europäischen Steuerzahler davon zu überzeugen, weiterhin Russland bedingungslos Hilfe zu leisten, wenn das Land Geld für Kriege jenseits der eigenen Grenzen ausgibt.

 
  
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  Kyösti Virrankoski, stellvertretender Vorsitzender des Haushaltsausschusses. – (FI) Herr Präsident, Herr Minister, Frau Kommissarin! Zunächst einmal möchte ich sagen, wie dankbar ich bin, dass der Entwurf des Haushaltsplans für das kommende Jahr jetzt dem Parlament zur Behandlung vorliegt. Gleichzeitig möchte ich erklären, wie Leid es mir tut, dass unser Ausschussvorsitzender, Reimar Böge, bei dieser Aussprache nicht anwesend sein kann, da er zur gleichen Zeit wichtigen Verpflichtungen in seinem Land nachkommen muss. Aus diesem Grund werde ich an seiner Stelle die Rede für den Haushaltsausschuss halten.

Ich möchte dem Rat und seinem Vorsitz für die konstruktive Zusammenarbeit danken, da wir bei der Haushaltskonzertierung im Juli wichtige, gemeinsame Erklärungen zur Umsetzung der Strukturfonds und des Kohäsionsfonds, zum Europäischen Solidaritätsfonds, zum Europäischen Fonds für die Anpassung an die Globalisierung sowie zu den Personalausgaben und anderen Fragen verabschiedet haben. Das verspricht auch eine positive Atmosphäre bei der Konzertierung im November. Leider hat sich der Rat nicht ganz so kooperativ im Hinblick auf die Finanzierung der zahlreichen neuen Stellen gezeigt, die beispielsweise im Zusammenhang mit den Entschließungen des Europäischen Rates im Juni erörtert und darin aufgenommen wurden.

Bereits der Haushaltsvorentwurf der Kommission war ziemlich dürftig. Die Verpflichtungsermächtigungen beliefen sich auf 134,4 Milliarden Euro, das heißt 2,6 Milliarden weniger als die Finanzielle Vorausschau, und der Umfang der Zahlungsermächtigungen fiel mit 116,7 Milliarden Euro noch magerer aus. Dies entspricht bei den Zahlungsmitteln nur 0,9 % des BIP der EU und liegt damit deutlich unter dem bereits extrem engen Finanzrahmen von durchschnittlich 1 %. Der Rat hat den Haushalt weiter um insgesamt 500 Millionen Euro an Verpflichtungsermächtigungen und 1,8 Milliarden Euro an Zahlungsermächtigungen gekürzt.

Meiner Meinung nach spiegelt dieser stark reduzierte Haushalt weder die Prioritäten der EU noch die des Parlaments wider. Es ist sehr gefährlich, Kürzungen in Rubrik 1 vorzunehmen, die von entscheidender Bedeutung für das nachhaltige Wachstum und die Beschäftigung ist. Die Knappheit an Zahlungsermächtigungen stellt eine besondere Bedrohung für die Strukturpolitik dar, die ja eine der wichtigsten Prioritäten des Parlaments ist. Ihre Umsetzung hat sich in jedem Fall bereits stark verzögert.

Es ist völlig klar, dass die Rubrik 1 im Haushalt einer besonderen Überprüfung bedarf, insbesondere aber auch Rubrik 4, die von Jahr zu Jahr chronisch unterfinanziert zu sein scheint. Gerade in diesem Moment gibt es Schwierigkeiten mit dem Kosovo und mit Palästina.

Abschließend möchte ich noch auf zwei Fragen eingehen. Die erste betrifft das Instrument für Nahrungsmittelhilfe, das Food Facility Instrument. Die Kommission schlägt rund eine Milliarde Euro für die Entwicklung der Nahrungsmittelhilfe und die Nahrungsmittelproduktion in den Entwicklungsländern vor. Das Europäische Parlament unterstützt dies, bedauert jedoch, dass die Kommission keinerlei geeignete Instrumente vorgeschlagen hat. Die interinstitutionelle Vereinbarung bietet eine gute Gelegenheit dafür, und der Haushaltsausschuss ist willens und bereit, die Vereinbarung auch in diesem Punkt zu stärken.

Das Europäische Parlament ist ferner bereit, den Wiederaufbau in Georgien zu unterstützen. Das Haushaltsverfahren hält auch dafür Möglichkeiten bereit. Wir hoffen, dass die Kommission, wenn sie bei der nächsten Geberkonferenz im Namen der Europäischen Union Versprechungen macht, diese vorher mit der Haushaltsbehörde abstimmt.

 
  
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  Dalia Grybauskaitė, Mitglied der Kommission. − (EN) Herr Präsident! Ich möchte uns allen die sehr gute Atmosphäre unserer Verhandlungen ins Gedächtnis zurückrufen, die wir im Frühjahr aufgenommen und vor der Sommerpause abgeschlossen haben. Ich hoffe, dass wir das gesamte Verfahren in diesem Geist absolvieren können.

Ich möchte Ihre Aufmerksamkeit auf die Tatsache lenken, dass unsere Verhandlungen vier große Problemblöcke umfassen werden. Der erste betrifft die Höhe der Zahlungsermächtigungen, die vom Rat um 1,8 Milliarden gekürzt wurden. Das Parlament kommt bei der Evaluierung des Vorschlags des Rates zu dem Ergebnis, dass dieser zu bescheiden ist, und der Rat meint, dass er zu ehrgeizig ist. Ich hoffe also, dass es uns gelingen wird, im letzten Abschnitt unserer Verhandlungen einen Kompromiss zu finden und uns auf einen angemessenen Haushalt für Europa zu einigen.

Der zweite Problemblock betrifft Rubrik 4, und hier möchte ich drei Elemente nennen: zusätzliche Ressourcen für das Kosovo und Palästina; die Reserve für Soforthilfe, vor allem weil es in diesem und im kommenden Jahr Bedarfsfälle geben wird, die eine rasche Reaktion erfordern werden; und natürlich die bevorstehende Geberkonferenz zur Unterstützung von Georgien, und diesbezüglich liegt uns – zumindest bis jetzt – noch keine Entscheidung vor.

Der dritte Block, der nach Ansicht der Kommission ein Problem darstellt, betrifft Verwaltungsausgaben, bei denen der Rat wie gewöhnlich Stellen billigt, aber die Finanzierung kürzt. Das bedeutet, dass die Kommission auf der Grundlage dieser Vorschläge zum jetzigen Zeitpunkt nicht in der Lage ist, zusätzliche Mitarbeiter einzustellen, obwohl 250 erweiterungsbedingte Stellen gebilligt wurden.

Der vierte Block betrifft die Lebensmittelfazilität. Auf Anregung des Rates haben wir einen Vorschlag unterbreitet, der vom Parlament bisher noch nicht als Instrument gebilligt wurde. Das ist also der vierte Block, den ich bei unseren Verhandlungen für problematisch halte.

Generell kann also davon ausgegangen werden, dass lediglich diese vier Punkte Schwierigkeiten bereiten dürften. Die übrigen Abschnitte sind sehr gut vorbereitet und sehr gut kalkuliert, und ich denke, dass es uns größtenteils gelingen sollte, eine rasche Einigung zu erzielen. Wenn wir den heutigen Geist der Zusammenarbeit aufrechterhalten, dann, so hoffe ich, werden wir alle unsere Probleme lösen.

 
  
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  Éric Woerth, amtierender Ratspräsident. − (FR) Zunächst möchte ich Ihnen für die geführte Diskussion danken. Frau Haug möchte ich sagen, dass es sich in der Tat um einen ambitionierten Haushalt handelt, auch wenn dies nicht für jede einzelne Rubrik in gleichem Maße gilt. Selbstverständlich verfolgen wir alle dasselbe Ziel, und natürlich müssen wir unsere Standpunkte einander anzunähern, wofür wir nun zwei Monate Zeit haben.

Zweitens, Herr Lewandowski, was Ihre Aussagen über die Folgen des Lissabonner Vertrags anbelangt, so teilen wir Ihren Wunsch, nämlich zu berücksichtigen, dass der Ratifizierungsprozess noch nicht abgeschlossen und es somit vernünftig ist, diese Ausgaben nicht in den Haushalt aufzunehmen. Ich denke, in diesem Punkt sind wir eindeutig derselben Meinung. Sie haben Georgien angesprochen. Der europäische Kommissar hat dieses Thema in der Tat als eines der wichtigsten Probleme, die es zu lösen gilt, genannt, und der Rat hat sich zu diesem Thema geäußert. Wir müssen nun also den gestern Nachmittag festgelegten Politikbereichen Substanz verleihen.

Herr Virrankoski, Sie haben bezüglich des Haushaltsvorentwurfs gesagt, er sei bereits sehr straff und wir würden ihn in Wirklichkeit noch stärker straffen. Das stimmt. Zunächst aber muss man zwischen Verpflichtungsermächtigungen und Zahlungsermächtigungen unterscheiden. Bei den Verpflichtungsermächtigungen ist eine Erhöhung von knapp unter 3 % im Vergleich zu 2008 vorgesehen. Meines Erachtens zeigt dies unsere Ambitionen. Was die Zahlungsermächtigungen anbelangt, so ist hier in der Tat eine etwa gleich hohe Kürzung geplant. Ich habe zu erläutern versucht, dass wir eine sehr gründliche Untersuchung vorgenommen haben und es sich hier nicht um das Ergebnis einer willkürlichen, undifferenzierten Methode der Kürzung von Zahlungsermächtigungen handelt. Es handelt sich ganz einfach um das Ergebnis einer exakten und realistischen Analyse der Verwendungsrate der Ermächtigungen für die verschiedenen Politikbereiche. Ich habe versucht, dies Rubrik für Rubrik zu erläutern. In der Rubrik 1, um kurz darauf zurückzukommen, erfolge in der Tat eine Kürzung, gleichzeitig aber ist innerhalb dieser Kürzung eine Aufstockung um 50 Millionen Euro für die Konvergenzstaaten und -regionen vorgesehen; das wollte ich nicht unerwähnt lassen. Die Rubrik 4 – der Kommissar hat dies ebenfalls angesprochen – enthält eine Erhöhung der Ermächtigungen für Palästina und den Kosovo, und die Hälfte der Kürzung bei den in den Haushaltsentwurf eingestellten Ermächtigungen betrifft die Soforthilfe, die wie bisher durch Mittelumschichtungen finanziert werden kann. Wir haben nun also bis November Zeit, ganz präzise, klar definierte und bestimmten Parametern unterliegende Punkte eingehender zu erörtern, und wir werden uns bemühen, den bestmöglichen Kompromiss herbeizuführen, das heißt natürlich einen Kompromiss, der uns voranbringt.

 
  
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  Der Präsident. − Das war eine wichtige Zwischenaussprache über den Haushalt. Sie haben alle auch sehr schnell die Krise und den Krieg um Georgien aufgegriffen. Ich habe dazu ja gestern vor dem Europäischen Rat eine Erklärung abgegeben und fühle mich mit meiner gestrigen Stellungnahme dort in Übereinstimmung mit allen Seiten der europäischen Institutionen. Vielen Dank!

 

10. Elektronische Kommunikationsnetze und -dienste – Europäische Behörde für die Märkte der elektronischen Kommunikation – Gemeinsames Konzept für die Nutzung der durch die Digitalumstellung frei werdenden Frequenzen – Elektronische Kommunikationsnetze und -dienste: Universaldienst und Nutzerrechte, Schutz der Privatsphäre und Verbraucherschutz (Aussprache)
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  Der Präsident. − Als nächster Punkt folgt die gemeinsame Aussprache über

– den Bericht von Catherine Trautmann im Namen des Ausschusses für Industrie, Forschung und Energie über den Zugang zu elektronischen Kommunikationsnetzen und zugehörigen Einrichtungen sowie deren Zusammenschaltung und der Richtlinie 2002/20/EG über die Genehmigung elektronischer Kommunikationsnetze und -dienste (KOM(2007)0697 – C6-0427/2007 – 2007/0247(COD)) (A6-0321/2008),

– den Bericht von Pilar del Castillo Vera im Namen des Ausschusses für Industrie, Forschung und Energie über die Einrichtung der Europäischen Behörde für die Märkte der elektronischen Kommunikation (KOM(2007)0699 – C6-0428/2007 – 2007/0249(COD)) (A6-0316/2008),

– den Bericht von Patrizia Toia im Namen des Ausschusses für Industrie, Forschung und Energie über die Ausschöpfung der digitalen Dividende in Europa: Ein gemeinsames Konzept für die Nutzung der durch die Digitalumstellung frei werdenden Frequenzen (2008/2099(INI)) (A6-0305/2008) und

– den Bericht von Malcolm Harbour im Namen des Ausschusses für Binnenmarkt und Verbraucherschutz über die Verarbeitung personenbezogener Daten und den Schutz der Privatsphäre in der elektronischen Kommunikation und der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 über die Zusammenarbeit im Verbraucherschutz (KOM(2007)0698 – C6-0420/2007 – 2007/0248(COD)) (A6-0318/2008).

 
  
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  Luc Chatel, amtierender Präsident des Rates.(FR) Herr Präsident, Frau Kommissarin, meine Damen und Herren Abgeordnete! Um die strategische Bedeutung der Telekommunikation und der neuen Informationstechniken für Europa zu ermessen, braucht man sich nur einige Zahlen anzusehen: Allein auf die Telekommunikationstechniken gehen ein Viertel des europäischen Wachstums und 40 % unserer Produktivitätszuwächse zurück. Und wenn man sich eine Reihe von Studien ansieht, stellt man fest, dass die Wachstumslücke zwischen den USA und Europa seit zwölf Jahren zu 50 % durch den Entwicklungsrückstand unserer Informations- und Kommunikationstechniken bedingt ist. Europa muss daher langfristig in diesen Sektor investieren. Eine rasche Überarbeitung unseres europäischen Rechtsrahmens für die elektronische Kommunikation ist somit notwendig, um die Wettbewerbsfähigkeit und das Wachstum der europäischen Wirtschaft zu fördern.

Wie ich bereits bei meiner Anhörung im Ausschuss für Industrie, Forschung und Energie ausführen konnte, besteht das Ziel der französischen Präsidentschaft darin, auf der Sitzung des Rates am 27. November eine politische Einigung zu erreichen, die sich inhaltlich natürlich so weit wie möglich an den Positionen des Europäischen Parlaments orientieren soll. In Vorbereitung will die Präsidentschaft im Verlaufe des zweiten Halbjahres 2008 etwa 15 Arbeitssitzungen durchführen. Daher möchte ich Ihnen in einigen Minuten die Position darlegen, die im Rat zu den Hauptfragen vorherrscht, die von den drei Berichterstattern, Frau Trautmann, Frau Del Castillo und Herrn Harbour, behandelt werden. Mein Kollege Eric Besson wird sich mit dem Bericht von Frau Toia über die digitale Dividende befassen.

Ich möchte die beträchtliche Arbeit würdigen, die von den drei Berichterstattern zu den Themen geleistet wurde, auf die ich nun eingehen möchte. Meiner Meinung nach bewirken die drei Berichte eine Klärung der Situation und liefern eine neue Grundlage für die Aufnahme von Diskussionen im Rat, wobei ich insbesondere den umfassenden Konsens hervorheben möchte, der zwischen unseren beiden Organen – dem Parlament und dem Rat – besteht.

Lassen Sie mich zunächst Catherine Trautmann zu der Arbeit beglückwünschen, die sie bisher als Berichterstatterin über die Richtlinie zur Änderung der Zugangs- und der Genehmigungs-Rahmenrichtlinie geleistet hat. Ich begrüße ihre Bereitschaft, die durch die Entwicklung von Netzen der neuen Generation entstehende Herausforderung zu berücksichtigen – ein Anliegen, das sämtliche Betroffenen und die Mitgliedstaaten bewegt.

Frau Trautmann, Ihr Bericht hebt die Notwendigkeit hervor, den Wettbewerb, insbesondere den infrastrukturgestützten Wettbewerb, weiter zu fördern; dies ist auch die Auffassung des Rates. Ihr Bericht regt an, die geografische Unterteilung des Marktes stärker in Anwendung zu bringen, um ordnungspolitische Vorabverpflichtungen dort aufzuheben zu können, wo es einen effektiven Wettbewerb gibt. Dieser zweite Punkt wird im Rat stärker debattiert.

Nun zur Marktregulierung, insbesondere zur vorgeschlagenen Erweiterung des Vetorechts der Kommission gegen Abhilfemaßnahmen, die von Regulierungsbehörden vorgeschlagen werden. Frau Trautmann betont in ihrem Bericht, dass die Kommission keine Richterrolle, sondern eher die Rolle einer Schlichtungsstelle übernehmen sollte; daher schlägt sie einen Koregulierungsmechanismus vor, nach dem die umgestaltete Gruppe der Regulierungsbehörden angerufen werden kann, wenn z. B. eine von einer dieser Behörden vorgeschlagene Abhilfemaßnahme von der Kommission angefochten wird. Die Berichterstatterin des Parlaments sucht damit einen Kompromiss zwischen dem Status quo und dem ursprünglich von der Kommission vorgeschlagenen Vetorecht, das – wie Sie wissen – auf eine gewisse Ablehnung von Seiten der Mitgliedstaaten stößt. Es handelt sich also um einen wirklichen Fortschritt gegenüber dem ursprünglichen Text in einem für den Rat äußerst heiklen Punkt, der gegenwärtig nicht voll und ganz bereit zu sein scheint, der Kommission so viel Macht einzuräumen.

Ein weiterer äußerst umstrittener Punkt ist die Funktionstrennung. Im Bericht von Frau Trautmann wird vorgeschlagen, die Auferlegung der Funktionstrennung als Abhilfemaßnahme beizubehalten, die in Sonderfällen von den nationalen Regulierungsbehörden verhängt werden kann. Für die Anwendung dieser Sonderfällen vorbehaltenen Abhilfemaßnahme sollen größere Einschränkungen gelten, da die vorherige Zustimmung der Kommission sowie eine befürwortende Stellungnahme des Gremiums der Europäischen Regulierungsbehörden für Telekommunikation (BERT) erforderlich sind. Der von der Berichterstatterin gewählte Ansatz scheint in diesem Punkt generell dem Kompromiss zu entsprechen, der sich im Rat dazu abzeichnet, nämlich die Beibehaltung der Möglichkeit zur Anwendung dieser Abhilfemaßnahme, ohne sie jedoch zu generalisieren.

Die Verwaltung der Funkfrequenzen ist ein weiterer wesentlicher Punkt in diesen Verhandlungen. Ihre Berichterstatterin befürwortet, wie auch der Rat, ein schrittweises Vorgehen bei Änderungen in der Verwaltung des Frequenzspektrums, um die von der Kommission betonten Neutralitätsgrundsätze mit der Komplexität der Verwaltung dieser knappen Ressource zu vereinbaren. In dem vom Industrieausschuss angenommenen Bericht wird die Schaffung eines neuen Gremiums angeregt, nämlich eines Ausschusses für Funkfrequenzpolitik (RSPC), der das Europäische Parlament, den Rat und die Kommission in Fragen der Funkfrequenzpolitik beraten soll. Dieser Ausschuss soll den Auftrag erhalten, ein strategisches Legislativprogramm zur Nutzung des Frequenzspektrums zu erarbeiten. In dieser Frage hat der Rat meiner Meinung nach die legitime Forderung des Europäischen Parlaments durchaus berücksichtigt, stärker in die Festlegung der generellen Leitlinien für die Verwaltung der Funkfrequenzen einbezogen zu werden, allerdings ist der Rat, wie Sie wissen, ebenfalls bestrebt, nicht zu viele Gremien entstehen zu lassen, die für diese Ressource zuständig sind, um die Reaktionsfähigkeit zu erhalten, die für diese Märkte und für diese Ressource erforderlich ist, die für die Innovation von strategischer Bedeutung ist.

Zum Bericht von Frau Pilar Del Castillo zur Einrichtung der Europäischen Behörde für die Märkte der elektronischen Kommunikation, dessen Qualität ich hoch schätze, möchte ich anmerken, dass er eine äußerst sensible Frage zum Gegenstand hat, zu der ebenfalls große Übereinstimmung zwischen dem Parlament und dem Rat herrscht. Dieser Bericht, Frau Abgeordnete, kommt zu dem Schluss, dass die Europäische Behörde in ihrer ursprünglich vorgeschlagenen Form nicht die geeignete Lösung ist, um die Zusammenarbeit zwischen den Regulierungsbehörden zu verstärken und die Harmonisierung der Praktiken zu fördern, was auch die Auffassung des Rates ist. Sie lehnen die Einrichtung einer europäischen Superbehörde ab und schlagen stattdessen die Schaffung eines Gremiums vor, des BERT, das den Regulierungsbehörden näher steht, größere Unabhängigkeit gegenüber der Europäischen Kommission besitzt und eine einfachere Struktur und Arbeitsweise als ursprünglich vorgeschlagen aufweist. Der Rat hat Verständnis für alle diese Argumente, doch, wie Sie wissen, hat eine Mehrheit von Mitgliedstaaten gegenwärtig noch Bedenken gegenüber der Vorstellung, ein neues Gemeinschaftsgremium zu schaffen. Der Rat muss daher in den nächsten Wochen ein ausgeglichenes Verhältnis zwischen zwei Optionen finden: Institutionalisierung einer privatrechtlichen Einrichtung, die die europäischen Regulierungsbehörden umfasst, oder Errichtung einer Gemeinschaftseinrichtung, deren Unabhängigkeit gewährleistet sein muss.

Meine letzten Ausführungen gelten dem Bericht von Malcolm Harbour, dem ich zur Qualität seiner Arbeit gratulieren möchte, wobei ich ganz besonders begrüße, dass er das grundlegende Interesse der Verbraucher berücksichtigt. Das Parlament unterstützt ebenso wie der Rat die Initiativen der Kommission zur Verstärkung des Verbraucherschutzes – ein Anliegen, das in letzter Zeit durch den immer größeren Einfluss von Telekommunikationsdiensten auf das tägliche Leben unserer Mitbürger an Bedeutung zugenommen hat.

Im Bericht von Herrn Harbour wird insbesondere vorgeschlagen, die in die Verträge aufzunehmenden Angaben genau aufzuführen, die von den Staaten zugunsten behinderter Nutzer zu ergreifenden Maßnahmen zu verstärken sowie die Zeit für die wirksame Übertragung der Rufnummer zu verkürzen, um den Wettbewerb zu verstärken. Der Rat stimmt generell all diesen Maßnahmen zu.

Die Frage des Schutzes der Privatsphäre, die im Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres im Verfahren der verstärkten Zusammenarbeit mit Herrn Alvaro behandelt wurde, ist ebenfalls ein wichtiger Punkt, der angesprochen werden muss, und ich begrüße es, dass z. B. unerbetene Werbung über SMS berücksichtigt wurde.

Zu der spezifischen Frage des Urheberrechts wird im Bericht von Herrn Harbour vorgeschlagen, die Verpflichtung der Anbieter von elektronischen Kommunikationsdiensten zur Information der Teilnehmer über die unrechtmäßige Nutzung von Diensten und Netzen beizubehalten. Weiterhin wird vorgeschlagen, die Zusammenarbeit zwischen den Beteiligten anzuregen, um die Verbreitung rechtmäßiger Inhalte zu fördern. Diese Bedingungen erscheinen ausgewogen, doch ist zu berücksichtigen, dass dies ein hoch sensibler Punkt sowohl für das Hohe Haus als auch für den Rat ist.

Zum Abschluss meiner Ausführungen zu den Bereichen, für die ich zuständig bin, möchte ich, Herr Präsident, ehe ich das Wort meinem Kollegen Eric Besson zum Thema der digitalen Dividende überlasse, zum Ausdruck bringen, dass unserer Meinung nach die Standpunkte des Parlaments und des Rates nahe beieinander liegen, obgleich leichte Meinungsunterschiede zu dem Genauigkeitsgrad bestehen, der in dieser Richtlinie vorzusehen ist. Wir sind natürlich bestrebt, weiterhin eng mit dem Parlament und der Kommission zusammenzuarbeiten, damit möglichst rasch Kompromisse zwischen den drei Organen erreicht werden.

 
  
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  Der Präsident. − Danke, Herr Staatssekretär Chatel. Herr Staatssekretär Chatel ist Staatssekretär beim Wirtschaftsministerium.

Es ist heute eine Premiere, dass wir einen zweiten Vertreter des Rates hören, nämlich Herrn Staatssekretär Eric Besson, Staatssekretär beim Premierminister.

 
  
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  Eric Besson, amtierender Präsident des Rates.(FR) Herr Präsident, Frau Kommissarin, meine Damen und Herren Abgeordnete! Wie mein Kollege Luc Chatel soeben sagte, ist es meine Aufgabe, vor Ihnen über das äußerst wichtige Thema der digitalen Dividende zu sprechen.

Am 12. Juni 2008 nahm der Rat Schlussfolgerungen zu der Mitteilung der Kommission „Ausschöpfung der digitalen Dividende in Europa: Ein gemeinsames Konzept für die Nutzung der durch die Digitalumstellung frei werdenden Frequenzen“ an. Durch die Einstellung des analogen Rundfunks werden Frequenzen im Ultrahochfrequenzbereich frei, die wegen ihrer Übertragungseigenschaften besonders begehrt sind. Der Übergang zum digitalen Rundfunk stellt somit eine einmalige Gelegenheit dar, die es optimal zu nutzen gilt. Dies ist das Thema des Berichts von Frau Toia, über den Sie abzustimmen haben, während ich hier die Qualität der von ihr geleisteten Arbeit würdigen möchte.

Wie Frau Toia in ihrem Bericht aufzeigt, beträgt das gesamte Marktvolumen im Bereich der von der Nutzung dieses Funkfrequenzspektrums abhängigen elektronischen Kommunikationsdienste in der Europäischen Union über 250 Milliarden Euro, das sind rund 2,2 % des jährlichen Bruttoinlandsprodukts der Union. Eine gute Spektrumsverwaltung kann wesentlich zu den Lissabon-Zielen Wettbewerbsfähigkeit und Wirtschaftswachstum beitragen und eine breite Palette von sozialen, kulturellen und wirtschaftlichen Bedürfnissen der europäischen Bürger abdecken. Konkret wird eine kluge und zweckdienliche Nutzung der digitalen Dividende zu einer Verringerung der digitalen Kluft, insbesondere in benachteiligten, abgelegenen und ländlichen Gebieten, beitragen. Wie Ihre Berichterstatterin zu Recht betont, müssen die durch die Digitalumstellung freiwerdenden Frequenzen schnellstmöglich wieder vergeben werden.

Ich kann Ihnen bereits jetzt sagen, dass der Rat im Wesentlichen die Auffassung der Berichterstatterin teilt, dass ein koordiniertes Vorgehen auf EU-Ebene bei der Frequenznutzung eine optimale Verwertung der digitalen Dividende ermöglichen wird. Die Festlegung eines harmonisierten Unterbandes für neue elektronische Kommunikationsdienste wird es den Betreibern und Ausrüstungsherstellern ermöglichen, über einen Markt von ausreichender Größe zu verfügen. Diese Frage ist von strategischer Bedeutung für die industrielle und politische Entwicklung Europas.

Wenn Europa ein koordiniertes Vorgehen in Bezug auf die digitale Dividende gelingt, wie dies der Fall beim GSM war, dann hat es für die nächsten 20 Jahre die historische Möglichkeit, erneut eine wirkungsvolle Politik zum Nutzen seiner Industrie und seiner Verbraucher zu betreiben. Wie von den Ministern im Juni hervorgehoben, ist der Rat jedoch der Ansicht, dass der Grundsatz einer flexiblen Nutzung der digitalen Dividende beachtet werden muss, wobei dies unbeschadet der notwendigen Einschränkungen geschehen muss, um schädliche Störungen zu vermeiden oder um Ziele von allgemeinem Interesse wie z. B. eine umfassende Verfügbarkeit des Dienstes, Medienpluralismus oder kulturelle bzw. sprachliche Vielfalt zu fördern. Die nationalen Überlegungen zur Frequenzvergabe müssen rasch erfolgen, doch der Gemeinschaftsansatz muss, um akzeptiert zu werden, kompatibel mit den gegenwärtig erfolgenden nationalen Abwägungen zur Neunutzung der Frequenzen bleiben.

Abschließend möchte ich feststellen, dass der Rat daher die Kommission auffordert – und ich weiß, dass sie dies bereits tut –, die notwendigen Studien und Konsultationen einzuleiten, um eine kohärente Grundlage für die koordinierte Spektrumnutzung festlegen zu können. Die Kommission ist ebenfalls aufgefordert, die Mitgliedstaaten bei der Erreichung dieses Zieles zu unterstützen und ihnen Hilfe zu gewähren. Der Rat erwartet daher mit großem Interesse den bis Dezember 2008 vorzulegenden Bericht der Kommission über die Ergebnisse dieses Prozesses und weiterer sich gegebenenfalls als notwendig erweisender Maßnahmen.

 
  
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  Viviane Reding, Mitglied der Kommission. − (EN) Herr Präsident! Ich möchte eingangs den Berichterstattern, Catherine Trautmann, Pilar del Castillo Vera, Patrizia Toia und Malcolm Harbour, für die mit vielen Schwierigkeiten verbundene Arbeit sowie die überaus konstruktiven Vorschläge danken. Ich möchte mich beim Parlament generell bedanken, denn es hatte eine sehr schwierige Aufgabe zu lösen, und ich weiß, dass sie sehr gründliche und umfangreiche Vorarbeiten umfasste wie Anhörungen mit Betroffenen und die Bearbeitung von Hunderten von Änderungsanträgen. Ich weiß auch, dass Sie gegen die Uhr gearbeitet haben, und oftmals erzielt man gerade unter derartigen Umständen die besten Ergebnisse, was in diesem Fall ganz sicher zutrifft.

Ganz gleich, wie angemessen der jetzige Regulierungsrahmen in vielerlei Hinsicht ist, so sind sich alle darin einig, dass er unbedingt verbessert werden muss. Wieso? Wir müssen den Schutz der Verbraucher verbessern, indem wir sicherstellen, dass sie bei der Vielzahl der in Konkurrenz stehenden Produkte und Dienstleistungen in voller Sachkenntnis ihre Wahl treffen können. Wir müssen dafür sorgen, dass die Mitgliedstaaten bei der nationalen Frequenzverwaltung – es wurde ja bereits festgestellt, dass diese Frequenzen eine wichtige Ressource darstellen – einen sozialen und wirtschaftlichen Nutzen erzielen, wenn sie ihre Frequenzverwaltung effizient, transparent und flexibel gestalten und eine bessere Koordinierung auf EU-Ebene anstreben. Wir müssen dafür sorgen, dass unser Regulierungssystem Investitionen in Netze der nächsten Generation fördern und nicht behindern wird, damit Europa auch in 21. Jahrhundert wettbewerbsfähig ist.

Und schließlich – und das bildet die Grundlage aller unserer Bemühungen – müssen wir den Binnenmarkt stärken. Hier geht es nicht um Lippenbekenntnisse, sondern darum, die EU mit einem effizienten wettbewerbsfähigen Binnenmarkt auszustatten, dessen Größenvorteile nicht nur dem Sektor der elektronischen Kommunikation zugute kommen, sondern auch den Bürgern und der Wirtschaft generell. Es ist die Wirtschaft insgesamt, die profitiert, und das muss unterstützt werden. Wir sollten die Vorzüge des europäischen Kontinents nutzen: Lassen Sie uns die Hindernisse beseitigen, die für die Zersplitterung und den Mangel an wirtschaftlicher und sozialer Effizienz verantwortlich sind.

All diese vier Grundelemente – Verbraucherschutz, Frequenzen, Investitionen und Binnenmarkt – sind sehr wichtig, und das hat das Parlament verstanden. Ich muss das Parlament dazu beglückwünschen, dass es die eigentlichen Probleme erkannt, die richtige Diagnose gestellt und reale Lösungen vorgeschlagen hat.

Ich komme jetzt zu den Binnenmarktmechanismen. Hier steht besonders viel auf dem Spiel, und in diesem Bereich sind auch nach wie vor besonders schwierige Diskussionen mit dem Rat abzusehen. Ich sage das, obwohl die Minister am Ende der slowenischen Ratspräsidentschaft selbst erkannt haben, dass wir die Kohärenz des Binnenmarktes für elektronische Kommunikation verbessern müssen.

Diese Erkenntnis ist schön und gut, aber wie steht es um die Lösungen? Das Parlament hat ganz richtig erkannt, dass es im Hinblick auf das Gremium und die Mechanismen zur Verbesserung der Funktionsweise des Binnenmarktes nur eine Debatte gibt – und nicht zwei. Das gilt insbesondere für die Mechanismen gemäß Artikel 7 zur Notifizierung nationaler Marktüberprüfungen. Das sind die beiden Seiten ein und derselben Binnenmarktmedaille – sie gehören zusammen.

Wir alle wissen, dass die derzeitigen Vorkehrungen für die Zusammenarbeit zwischen nationalen Regulierungsbehörden im Rahmen der Gemeinschaft – d. h. in der Gruppe Europäischer Regulierungsstellen (ERG) – verbessert werden müssen, um sinnvoll zu sein. Deshalb begrüßt die Kommission die Änderungsanträge, die auf dem Vorschlag der Kommission zur Gestaltung einer transparenteren und effektiveren Zusammenarbeit, die zudem der demokratischen Kontrolle unterliegt, aufbauen.

Vor allem begrüßt die Kommission die Vorschläge des Parlaments für eine gemeinschaftliche Behörde. Eine solche Behörde – mit allem, was dazugehört – muss ihrem Bestimmungszweck entsprechen: Sie muss effizient, fair und zuverlässig arbeiten und über den Verdacht, dass sie einigen Regulierungsbehörden nähersteht als anderen, erhaben sein. Deshalb müssen wir in finanzieller Hinsicht einen kohärenten Ansatz verfolgen. Eine nationale Finanzierung, welchen Anteil sie auch immer haben mag, stellt die Glaubwürdigkeit eines Gremiums in Frage und führt zu Verwaltungs- und Rechtsunsicherheit.

Wir wissen aus Erfahrung, dass Hybridfinanzierungen für Probleme sorgen. Deshalb müssen wir der Entstehung solcher Probleme vorbeugen. In diesem Zusammenhang möchte ich dem Parlament nahelegen, sich vor einem Ansatz zu hüten, den ich mit einem belgischen Fußballklub vergleichen möchte. Das muss ich Ihnen erklären. Sie wissen, dass die ERG als Beraterin der Kommission von der Kommission gebildet wurde. Vor kurzem haben die nationalen Regulierungsbehörden nach belgischem Recht eine private Einrichtung gebildet, der als Sekretariat für die Gruppe der unabhängigen Regulierungsbehörden, die IRG, fungieren soll. Die IRG agiert außerhalb des Gemeinschaftsrahmens – ihr gehören mehr Länder als die 27 Mitgliedstaaten an –, und in der Praxis versteht niemand, wo die IRG beginnt und die ERG aufhört. Die Kommission wollte diesem Verwirrspiel mit der Schaffung einer klar definierten und rechenschaftspflichtigen Behörde ein Ende bereiten. Auf keinen Fall wollen wir, dass eine private belgische Einrichtung, die mit dem Gemeinschaftsansatz und den damit verbundenen Garantien nicht vertraut ist, in den europäischen Entscheidungsprozess eingreift.

Deshalb gilt es, eine Reihe rechtlicher und institutioneller Fragen im Zusammenhang mit der Einsetzung des Gremiums zu bedenken, und zwar vor allem im Hinblick auf dessen organisatorische Struktur. Wir müssen den richtigen Weg finden, um die Unabhängigkeit der nationalen Regulierungsbehörden in einer Weise zu schützen, die den gemeinschaftlichen Ansatz garantiert.

Aber ich muss vor allem betonen, dass das Gremium ein Mittel zum Zweck ist und kein Selbstzweck. Das Gremium ist nichts weiter als ein Instrument zur Verbesserung der regulatorischen Einheitlichkeit. Deshalb ist auch die andere Seite der Binnenmarktmedaille so wichtig, und deshalb ist es absolut richtig, dass das Europäische Parlament das auf Einheitlichkeit setzende Verfahren gemäß Artikel 7 zur Notifizierung nationaler Marktüberprüfungen, bei dem das Gremium übrigens auch eine Rolle spielen wird, erneut unterstreicht.

Der vom Parlament in Artikel 7 Buchstabe a vorgeschlagene neue Schiedsmechanismus zeigt, dass sich Kommission und Parlament in diesem Punkt einig sind: Wir brauchen wirksame Mechanismen zur Gewährleistung der operationellen Einheitlichkeit.

Der Vorschlag des Parlaments ermöglicht es der Kommission, einzuschreiten und die nationale Regulierungsbehörde aufzufordern, ihr Regulierungskonzept zu ändern, wenn nach einer Peer-Review durch das Gremium ein Problem festgestellt wird. Wir müssen noch weitere Details des Ansatzes des Parlaments klären, um das im Vertrag vorgesehene institutionelle Gleichgewicht zu wahren, doch die Logik des Ansatzes ist meines Erachtens absolut richtig, also die Suche nach dem richtigen Maß zwischen den Interessen der Subsidiarität und denen des Binnenmarktes, und im Anschluss daran müssen dann klare operationelle Schlussfolgerungen gezogen werden.

Dank der Peer-Review durch die Gemeinschaftsbehörde gibt es ein Mittel zur Nutzung der gemeinsamen Erfahrungen der nationalen Regulierungsbehörden in Verbindung mit deren Gespür für legitime lokale Unterschiede. Es ist doch sicher nur vernünftig, dass Konsequenzen gezogen werden, wenn nach Ansicht des Gremiums der Binnenmarkt ein entsprechendes Problem aufweist und die Kommission als Hüterin der Verträge entsprechende Bedenken geäußert hat.

Im Interesse der Rechtssicherheit (die sich auch auf die Wirtschaft bezieht) muss die Kommission befugt sein, die notifizierende nationale Regulierungsbehörde in einem solchen Fall aufzufordern, ihr Vorgehen zu ändern, denn es kann nicht angehen, dass die notifizierende nationale Regulierungsbehörde nach einem sehr langwierigen Überprüfungsverfahren nach Artikel 7 einfach sagen kann: „Vielen Dank für Ihren Standpunkt, aber ich bevorzuge meinen eigenen Ansatz.“ Und dann macht sie so weiter, als sei nichts geschehen.

Deshalb beglückwünsche ich das Parlament, das ganz richtig den Standpunkt vertritt, dass das ganze Verfahren nicht einfach mit einem allgemeinen Gejammer enden darf. Die Industrie, die Verbraucher und die Steuerzahler hätten kein Verständnis dafür, dass wir komplexe und zeitaufwändige Regulierungssysteme entwickeln, die dann völlig wirkungslos bleiben. Deshalb muss das System mit einer Art Netz ausgestattet werden, und zwar sollte die Kommission letztlich die Möglichkeit haben, eine verbindliche Entscheidung zu treffen.

Ich habe bereits erwähnt, wie wichtig es ist, einen investitionsfreundlichen Regulierungsrahmen zu schaffen. Deshalb hat die Kommission in ihrem Vorschlag nicht nur am wettbewerbsbasierten Regulierungsansatz festgehalten, sondern ihn bekräftigt, denn wettbewerbsfähige Märkte fördern die Investitionstätigkeit. Das ist ferner der Grund, weshalb die Kommission dem Ausschuss für Industrie, Forschung und Energie dafür dankbar ist, dass er sich um eine investitionsfreundlichere Gestaltung der Telekommunikationsvorschriften bemüht, insbesondere in Bezug auf Großinvestitionen, die zur Umrüstung der alten Kupferkabel auf moderne Glasfasernetze erforderlich sind.

Diese altmodischen Teilnehmeranschlüsse – und das ist die große Mehrzahl der europäischen Haushalte und kleiner Unternehmen, die auf einen Internetanschluss angewiesen sind – sind der Engpass des Hochgeschwindigkeitsinternets, der Punkt, an dem der Verkehr auf der Super-Datenautobahn fast zum Erliegen kommt, und deshalb begrüße ich die Bemühungen des Parlaments um eine Ankurbelung des Infrastrukturwettbewerbs um diese Zugangsnetze der nächsten Generation, indem es sich aktiv für die gemeinsame Nutzung der Leitungsrohre, in denen die neuen Glasfaserkabel verlaufen, und die Risikoteilung für die neuen Anlagen einsetzt. Diese Bemühungen sind zu begrüßen und befinden sich im Einklang mit der Empfehlung, an der ich derzeit arbeite und die nationalen Regulierungsbehörden in dieser Frage als Anleitung dienen soll.

Doch die Modernisierung der Engpässe des Hochgeschwindigkeitsinternets darf sich nicht zu einer neuen und dauerhaften Bremse für den Wettbewerb entwickeln, und uns liegen viele Anhaltspunkte dafür vor, dass sich der Übergang zu Glasfasernetzen für alternative Investoren kaum lohnen dürfte, weil eine Entbündelung von Glasfaserleitungen derzeit weder technisch noch wirtschaftlich möglich ist. Das heißt, dass alternative Betreiber in eigene Glasfaserleitungen investieren oder die Bitstream-Dienste etablierter Unternehmen nutzen müssten.

Wir müssen den Tatsachen ins Auge sehen. In vielen geographischen Zonen, in denen ein Infrastrukturwettbewerb nicht möglich ist, wird eine angemessene Regulierung auch künftig die einzige Möglichkeit sein, um den Wettbewerb aufrechtzuerhalten. Wettbewerb sorgt für niedrigere Preise, eine bessere Qualität der Leistungen und eine größere Auswahl, sodass die Verbraucher die wirklichen Nutznießer sind.

Doch ich mache mir da nichts vor. Ich weiß, dass das Parlament diese Bedenken teilt. Die Auswahl muss echt sein; die Verbraucher müssen in die Lage versetzt werden, den Wettbewerb bestmöglich zu nutzen, und das bedeutet, dass sie informiert und mündig sein müssen. Deshalb sind Vereinfachungen in Bezug auf einen Anbieterwechsel so wichtig. Ich begrüße die Tatsache, dass sich das Parlament ebenfalls dafür einsetzt, dass die Nummernübertragbarkeit innerhalb eines Tages möglich sein sollte. Wenn es in Australien innerhalb von zwei Stunden möglich ist, dann sollte in Europa ein Tag wohl ausreichend sein.

Ferner begrüße ich, dass das Parlament durch Veränderungen in Bezug auf eine bessere Information der Verbraucher für mehr Klarheit gesorgt hat, sodass die Verbraucher wirklich wissen, welche Leistungen sie von ihren Anbietern erhalten, und nützliche Vergleiche anstellen können. Diese verbesserte Transparenz unterstützt zudem die offene Architektur des Internets, die wir unterstreichen, die wir wollen und die wir verteidigen. Wenn es irgendwelche Beschränkungen für den Internetzugang gibt, dann müssen die Verbraucher unmissverständlich über diese Beschränkungen informiert werden, und ich freue mich, dass sich Kommission und Parlament in diesen Punkten einig sind.

Allerdings fällt es mir schwerer nachzuvollziehen, weshalb das Parlament den Text so verändert hat, dass die Teilnehmer in Bezug auf den Schutz ihrer persönlichen Daten nicht in ähnlicher Weise in ihrer Selbstverantwortung gestärkt und informiert werden. Ich weiß, dass das Parlament den Schutz der Verbraucher und der Grundrechte der Bürger sehr ernst nimmt, und deshalb überrascht es mich, dass die im Vorschlag der Kommission vorgesehenen Auflagen zur Meldung von Verstößen durch die vorgeschlagenen Änderungen derart verwässert wurden.

Der Normalfall sollte so aussehen, dass die Teilnehmer über jede Verletzung der Sicherheit ihrer persönlichen Daten informiert werden, damit sie entsprechende Vorkehrungen treffen können. Es kann nicht dem Erbringer dieser Leistungen überlassen werden zu entscheiden, ob eine solche Verletzung dem Teilnehmer potenziell schaden kann – der Teilnehmer und dessen persönliche Daten müssen geschützt werden. Wie kann ein Anbieter beispielsweise wissen, wie sensitiv diese Daten im Einzelfall sind? Deshalb würde ich das Parlament dringend bitten, seinen Standpunkt in dieser Angelegenheit zu überdenken.

Abschließend ein Wort zu den Frequenzen. Ich brauchte das Parlament von der Bedeutung dieser Problematik nicht zu überzeugen. Deshalb begrüßt die Kommission die Politisierung der Debatte über die Frequenzproblematik. Diese Debatte sprengt den rein technischen Rahmen. Obwohl sie auch künftig vieles der intensiven Arbeit und den Lösungen des Frequenzausschusses zu verdanken haben wird, wurde durch die Frequenzentscheidung viel erreicht. Das sollten wir erhalten. Doch das Parlament hat Recht: Weitere Fortschritte hängen von der Einbeziehung einer politischen Dimension ab, damit die Probleme, um die es eigentlich geht, ordentlich diskutiert werden können. Ein effizienterer – und das heißt ein besser abgestimmter – Ansatz seitens der Mitgliedstaaten birgt die Aussicht auf eine für alle Beteiligten zufrieden stellende Lösung, von der nicht nur die europäische Wirtschaft profitiert, sondern bei der auch soziale und kulturelle Zielsetzungen erreicht werden.

Wichtige Fortschritte bei der Ausschöpfung der digitalen Dividende und in Bezug auf andere Fragen in diesem Zusammenhang lassen sich nur mit einer Strategie und wichtigen politischen Entscheidungen erzielen, denen sowohl das Parlament als auch der Rat zustimmen. Die Kommission befürwortet also das legitime Ziel des Parlaments in Bezug auf eine stärkere Einbeziehung in die Gestaltung der Frequenzpolitik und akzeptiert die vom Parlament vorgeschlagenen Änderungen dem Grundsatz nach.

Natürlich wird auch der Rat zu Wort kommen. Ich möchte signalisieren, dass die Kommission sich in dieser Debatte hinter das Parlament stellen und dem Rat helfen wird, eine Einigung mit dem Parlament zu erzielen.

 
  
  

VORSITZ: MARTINE ROURE
Vizepräsidentin

 
  
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  Catherine Trautmann, Berichterstatterin. – (FR) Frau Präsidentin, Frau Kommissarin, meine Herren Minister, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Reform des Rechtsrahmens, über die wir beraten, muss, um gerechtfertigt zu sein, spürbare Verbesserungen mit sich bringen, sowohl für die Verbraucher in Bezug auf Gebühren, Zugang und Übertragungsgeschwindigkeit als auch für die Unternehmen mit der Aussicht auf fairen Wettbewerb, neue Investitionen und Wettbewerbsfähigkeit.

Die Vielzahl der betroffenen Akteure impliziert divergierende oder gar gegensätzliche Interessen. Ich meinerseits habe mich von Anfang an bemüht, mir alle Standpunkte anzuhören, aber auch rasche und verlässliche Signale zu setzen, um das Vertrauen der Unternehmen und der Verbraucher zu gewinnen bzw. wiederzugewinnen.

Die elektronische Kommunikation ist eine wirkliche Chance für Europas Wachstum. Der Sektor entspricht 3 % des europäischen BIP. Allerdings ist dazu die Fähigkeit notwendig, dieses Potenzial in der EU voll und ganz im Hinblick auf Investitionen und die Entwicklung der Dienste auszunutzen. Dazu ist Wettbewerb erforderlich, aber nicht nur. Es müssen auch die Voraussetzungen für ein nachhaltiges und verantwortungsvolles Wachstum geschaffen werden, oder anders gesagt, die Gestaltung eines Ökosystems dieser wissensbasierten Wirtschaft, die wir uns alle wünschen.

Wir müssen jetzt die IKT als Ressource betrachten. Es handelt sich also um ein öffentliches wie auch privates Anliegen, das es notwendig macht, flexible Regulierung sowie die Verantwortlichkeit aller Beteiligten über eine Zusammenarbeit zwischen den Regulierungsbehörden und der Kommission ebenso wie zwischen Betreibern und Kunden auf der Basis von Verträgen in den Vordergrund zu stellen.

Meiner Meinung nach bestehen vier Kernbereiche, die ich bestrebt war zu stärken: erstens Verbraucherservice in Bezug auf Zugang – durch noch umfassendere territoriale Abdeckung in Netzform –, faire Gebühren bzw. Qualität; zweitens dauerhafte industrielle Tätigkeit zur Gewährleistung von Beschäftigung und Innovation, denn technologischer Fortschritt trägt ebenfalls zur Senkung der Preise bei; drittens Wettbewerbsfähigkeit von Groß- und Kleinunternehmen, um nachhaltigen Wettbewerb in den Mitgliedstaaten sowie die notwendigen Investitionen, insbesondere in die Glasfasertechnik, zu gewährleisten, sodass sich unsere Wettbewerbsstellung auf dem Weltmarkt verbessert; und viertens Rechtssicherheit, d. h. die Notwendigkeit der Gewährleistung der Verlässlichkeit des Systems durch Einbeziehung der Akteure in die Verantwortung und deren Zusammenarbeit, insbesondere zwischen Regulierungsbehörden selbst, aber auch zwischen ihnen und der Kommission.

Ich freue mich feststellen zu können, dass der Ausschuss für Industrie, Forschung und Energie meine Kompromissvorschläge auf dieser Grundlage vielfach mit breiter Mehrheit angenommen hat, und ich danke meinen Kolleginnen und Kollegen für ihre hohe Einsatzbereitschaft trotz der zuweilen sehr kurzen Termine, die es uns jedoch ermöglichten, den Zeitplan einzuhalten, um das Ziel, diese Verordnung noch vor dem Ende der Legislaturperiode abzuändern, erreichen zu können. Dies ist das Ergebnis gemeinsamer Anstrengungen.

Ich persönlich habe den Eindruck, dass der Sektor generell positiv auf diese Orientierungen reagiert hat, und ich hoffe, dass dies auch bei unseren Partnern im Rat der Fall sein wird. Ich habe mir die Ausführungen der Herren Minister genau angehört, ebenso wie die von Kommissarin Reding, und möchte ihnen für ihre sachdienlichen und im Allgemeinen positiven Äußerungen danken.

Lassen Sie mich nun auf die noch umstrittenen Punkte zurückzukommen und die Frage der Abhilfemaßnahmen ansprechen.

Ohne die Kompetenz der nationalen Regulierungsbehörden in Frage stellen zu wollen, hat sich doch ein Konsens über eine kohärente Anwendung von Abhilfemaßnahmen auf EU-Ebene herausgebildet. Allerdings wird das von der Kommission vorgeschlagene Vetorecht gegen Abhilfemaßnahmen einstimmig – bzw. fast einstimmig – abgelehnt. Im Rahmen des in meinem Bericht vorgesehenen Mechanismus hat jedes Gremium seinen angemessenen Platz: Die Kommission kann Vorbehalte gegen eine Abhilfemaßnahme vorbringen, doch kann sie sie nicht vollständig verhindern, ohne dass das BERT ebenfalls eine negative Stellungnahme abgibt. Umgekehrt ist im Falle der Anordnung der Funktionstrennung als Abhilfemaßnahme die Zustimmung sowohl der Kommission als auch des BERT erforderlich. Mit diesen Einschränkungen versehen, bleibt die Funktionstrennung eine deutliche Drohung, kann jedoch nicht leichtfertig angeordnet werden.

Zum Frequenzspektrum zielen unsere Vorschläge auf eine erhöhte Flexibilität in der Verwaltung dieser knappen Ressource ab, jedoch in einer moderaten und verhältnismäßigen Art und Weise, während gleichzeitig Maßnahmen zur Optimierung der Spektrumverwaltung eingeführt werden. Für uns ist der erste Stein eine wirkliche europäische Frequenzpolitik, die gleich nach Annahme des Pakets auf einer großen Konferenz zu Beginn der kommenden Legislaturperiode vorgestellt werden könnte.

Die neuen Netze fehlten im Vorschlag der Kommission bzw. sind nur in unzureichendem Maße angesprochen worden, obwohl diese technische Revolution in Europa bereits begonnen hat. Daher hielten wir es für erforderlich, den Mitgliedstaaten und den Regulierungsbehörden bereits jetzt Orientierungen und Instrumente zur Verfügung zu stellen, um die diesbezüglichen Investitionen zu fördern und gegebenenfalls den Ausbau dieser Netze ordnungspolitisch zu begleiten. Unsere Vorschläge dazu sind kurz vor der Sommerpause von einem anerkannten Expertenpanel bekräftigt worden.

Ein letztes Problem, das erst zu später Stunde auftauchte, ist der Urheberrechtsschutz. Ich bedauere, dass die Beratung des Telekompakets so stark von dieser Problematik überlagert wurde, denn ich denke nicht, dass dies der geeignete Rahmen ist, um Mechanismen zur Gewährleistung der vollen Einhaltung des Autorenrechts zu erörtern.

Ich möchte lediglich anmerken, dass ich hoffe, wir können die Beratung dieses Pakets in aller Sachlichkeit beenden, ohne uns von dieser zweifellos wichtigen Frage ablenken zu lassen, da die kreativen Inhalte bereits Thema einer Mitteilung der Kommission sind. Auf die sonstigen Punkte werde ich in den zwei Minuten eingehen, die mir zum Abschluss zur Verfügung stehen.

 
  
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  Pilar del Castillo Vera, Berichterstatterin. (ES) Frau Präsidentin! Ich möchte eingangs unterstreichen, was Herr Chatel sagte: Der elektronische Kommunikationssektor ist für 25 % des europäischen Wachstums und für 40 % der Produktivität verantwortlich. Kurz gesagt, bestätigen diese Zahlen die Feststellungen der Lissabon-Agenda zur Notwendigkeit, eine wissensbasierte europäische Wirtschaft zu entwickeln, deren große Entwicklungstriebkraft in Wirklichkeit die elektronische Kommunikation ist.

Dieses Verständnis bestätigte die Kommission durch den Vorschlag einer Reihe von Maßnahmen, die den 2002 angenommenen ordnungspolitischen Rahmen neu definieren. Mehrere Märkte wurden dereguliert, und es stehen immer noch einige wichtige Verordnungen aus, die darauf abzielen, die Wettbewerbsfähigkeit des Binnenmarkts auf „Volle Kraft voraus“ zu schalten.

Ich werde mich aber natürlich auf die Position des Parlaments konzentrieren. Eine Position, die, Herr Chatel, Vertreter des Rates, Frau Viviane Reding, Vertreterin der Kommission, meine Damen und Herren, einen gemeinsamen Nenner besitzt, einen Faktor, der die Position des Parlaments meiner Meinung nach außergewöhnlich konsistent, kohärent und kraftvoll werden lässt. Dieser gemeinsame Nenner, der in den durch das Parlament erstellten Berichten enthalten ist und durch die entsprechenden Ausschüsse akzeptiert wurde, ist ganz elementar: das Konzept der gemeinsamen Verantwortung.

Der Bericht von Frau Trautmann basiert auf gemeinsamer Verantwortung. Der Vorschlag, ein Gremium nationaler Regulierungsbehörden zu schaffen, basiert auf gemeinsamer Verantwortung. In beiden Fällen wurde ausgeführt, dass in der gemeinsamen Verantwortung das Instrument zu sehen ist, das im elektronischen Kommunikationsmarkt in Europa noch benötigt wird. Alle Vorschläge beruhen auf dem Konzept der gemeinsamen Verantwortung, ob das nun das Zusammenspiel der Kommission mit dem Gremium der nationalen Regulierungsbehörden (BERT) bei der gemeinsamen Regulierung oder die Organisation und Finanzierung von BERT betrifft.

Da die Zeit drängt und schon ausführlich debattiert worden ist und die Diskussionen auch in Zukunft weitergehen werden, möchte ich mich jetzt lediglich auf BERT beschränken. Dies ist ein Vorschlag, der sich in das Konzept der gemeinsamen Verantwortung und die Entwicklung eines grundlegend erfolgreichen Markts einfügt, der aber zuvor noch einiger Stützen bedarf, um sich vollständig an die Wettbewerbsregeln anzupassen, eines Gremiums, das auf der Zusammenarbeit zwischen der Kommission und den Mitgliedstaaten in Gestalt der Regulierungsbehörden basiert. Vor diesem Hintergrund und in Anbetracht der gegenwärtigen Situation sind die Aufgaben des Gremiums, ebenso wie sein Aufbau, sein Verantwortungsbereich, seine Rechenschaftspflicht und Finanzierung, besser definiert.

In diesem Sinne möchte ich sagen, Frau Kommissarin, meine Damen und Herren, Herr Chatel, dass die Aufrechterhaltung von Kohärenz und Einheitlichkeit entscheidend ist. Die von mir für das Gremium vorgeschlagene und vertretene Kofinanzierung steht im Einklang mit dem Konzept der gemeinsamen Verantwortung, das das Rückgrat aller Vorschläge des Parlaments darstellt, sowohl in dem Bericht von Frau Trautmann als auch in meinem.

Im Gegensatz dazu wäre es nicht einheitlich und kohärent, wenn sich durch die Hintertür ein Finanzierungsmechanismus einschleichen würde, der lediglich auf Gemeinschaftsfinanzierung beruht; das würde nicht den übrigen Teilen des Vorschlags entsprechen und deshalb zu einer gewaltigen Dysfunktion mit dem Konzept und der Begründung dieser vom Parlament vorgeschlagenen Neufassung führen.

Ich bin überzeugt, dass das Parlament, die Kommission und auch der Rat um die Erreichung derselben Ziele bemüht sind, was wir auch bewiesen haben, und ich bitte zur weiteren Arbeit in dieser Richtung um die Fortsetzung des bisherigen Gleichgewichts und guten Einverständnisses. Der Bereich, mit dem wir uns beschäftigen, hat es verdient.

 
  
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  Patrizia Toia, Berichterstatterin. − (IT) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Im Bereich der Telekommunikation ist jedes Medium, durch das die Übertragung von Stimmen, Daten und Bildern ermöglicht wird, eine wertvolle Ressource. Deshalb stellt die Vorstellung, dass in einigen Jahren eine große, um nicht zu sagen enorme Frequenzmenge frei wird – d. h. neue Frequenzen, die für neue Nutzungsmöglichkeiten verfügbar sind –, nicht nur eine einzigartige wirtschaftliche und kommerzielle, sondern auch soziale und kulturelle Chance dar: Der kommerzielle Wert der digitalen Dividende ist sogar schon von jemandem gemessen worden.

Daher bedarf es einer geeigneten europäischen Politik, um diese Ressource optimal nutzen zu können und es zu ermöglichen, dass Europa zu einem Motor und nicht lediglich einem Monteur einzelstaatlicher Politiken wird. Wie wir alle wissen, wird diese Ressource in anderen Teilen der Welt wie Japan und den USA bereits sehr effizient genutzt, was für die Unternehmen in diesen Regionen einen Wettbewerbsvorteil bedeutet.

Es besteht infolgedessen ein gewisser Aufholbedarf, oder jedenfalls die Notwendigkeit eines Wettlaufs mit der Zeit, und selbst wenn die Digitalumstellung 2012 – eine unbedingt und strikt einzuhaltende Frist – abgeschlossen sein wird, müssen wir uns jetzt unverzüglich auf die Frequenzreform und die digitale Dividende konzentrieren.

Funkfrequenzen sind eine Naturressource und mithin ein öffentliches Gut. Ihr Wert muss demnach zwar für wirtschaftliche Zwecke genutzt werden, sie besitzen jedoch ebenso einen sozialen Wert, der für die allgemeine Öffentlichkeit genutzt werden muss, indem beispielsweise allen Bürgern, auch den benachteiligten, ein breiter Zugang gewährleistet wird, indem Breitbanddienste den entlegensten Gebieten unserer Länder zugänglich gemacht werden und somit die digitale Kluft überwunden wird, durch die noch immer zahlreiche Teile Europas gekennzeichnet sind, und ich denke dabei nicht nur an ländliche, sondern desgleichen an städtische und an Industriegebiete.

Ich sprach davon, dass die Zeit für die digitale Umstellung drängt, und wir sollten, denke ich, diese letzte Phase der Wahlperiode nutzen, um gemeinsam, die Mitgliedstaaten und Europa gleichermaßen, gewisse Fortschritte zu machen, gemeinsame Fortschritte – und damit wende ich mich an die Kommission und den Rat – in Richtung einer konkreteren Antwort auf die notwendige Harmonisierung, einer Antwort, die uns, wie wir alle betont haben, eine optimale und effizientere Nutzung der digitalen Dividende ermöglichen wird. Wir wünschen uns eine enge Koordinierung auf europäischer Ebene und hoffen, dass Europa bei den internationalen Verhandlungen, die – ich glaube in Genf – aufgenommen worden sind, mit einer Stimme zu sprechen vermag.

In unserem Bericht werden mehrere Punkte aufgeführt, wovon ich nur einen oder zwei herausgreifen möchte: Die Notwendigkeit einer Win-win-Strategie, wie sie von der Frau Kommissarin soeben bezeichnet wurde, d. h. einer Ressourcenzuweisung, die sowohl die Akteure im audiovisuellen und im Medienbereich – die bereits aktiv sind, um die kulturelle Vielfalt zu sichern und die kulturellen Identitäten zu schützen – zufrieden stellt als auch den Erfordernissen der Telekommunikationssektoren gerecht wird und ihnen den nötigen Raum bietet, um neue Dienste sowie eine breite Palette von Technologien entwickeln zu können, die den Anforderungen neuer Verbraucher entsprechen. Zwischen Medien und Telekommunikation besteht mithin die Möglichkeit eines Zusammenspiels im Sinne einer Partnerschaft unter gleichen Rahmenbedingungen.

Es gibt jedoch eine dritte Partei, die ich als weiteren Gewinner neben den anderen sehen möchte, nämlich jene Nutzer ohne Nutzungslizenz, die durch nicht gewinnorientierte Organisationen, Gebietskörperschaften, Netzwerke kleiner Gemeinden sowie Verbände von allgemeinem Interesse vertreten sind. Ein weiterer Punkt, mit dem ich zum Schluss kommen werde, Herr Präsident, und zu dem, wie auch von den Ratsvertretern betont wurde, im Parlament und zwischen den einzelnen Mitgliedstaaten unterschiedliche Ansichten bestehen, betrifft den Umfang der Zusammenarbeit der diversen einschlägigen Instanzen.

Meiner Meinung nach müssen wir einerseits – und darin ist sich das Parlament einig – die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten für die Frequenzzuweisung achten, aber ebenso müssen wir gemeinsam die unabdingbare Notwendigkeit einer Harmonisierung anerkennen, denn wir sollten uns alle darüber im Klaren sein, dass ohne Harmonisierung, ohne Koordinierung und ohne gemeinsame Entscheidungen der wirtschaftliche und soziale Wert des Frequenzspektrums gemindert wird. Ich denke beispielsweise an den erfolgreichen und glücklichen Ausgang des GSM.

Daher bin ich der Auffassung, dass wir auf der Grundlage von Kosten-Nutzen-Analysen, die in den verschiedenen Ländern im Rahmen nationaler Projekte zu der in unserem Bericht geforderten Dividende durchgeführt werden, auf der Grundlage einer breitestmöglichen Debatte, die in den Mitgliedstaaten geführt werden muss und an der die Akteure sowie die allgemeine Öffentlichkeit zu beteiligen sind, am Schluss, mit einer gehörigen Portion politischen Willens auf europäischer Ebene, alle zu der Erkenntnis gelangen müssen, dass eine europaweite Verwaltung dieser Ressource, die für Europa sowohl eine gesellschaftliche wie wirtschaftliche Bewährungsprobe sein wird, einen zusätzlichen Nutzen darstellt.

 
  
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  Malcolm Harbour, Berichterstatter. − (EN) Frau Präsidentin! Es ist eine Ehre für mich, dass ich das zweite Mal als Berichterstatter vor Ihnen stehen darf, denn ich war für diese Richtlinie bereits 2001 Berichterstatter. Außerdem war es eine große Freude, mit meinen Kolleginnen Frau Trautmann und Frau del Castillo zusammenarbeiten zu können, denn hier handelt es sich um eine gemeinsame Anstrengung. Dies ist ein Paket.

Wie die Kommissarin bereits sagte, wurde sehr viel erreicht. Deshalb wollen wir die Rechte der Verbraucher reformieren und verbessern, damit sie gut informiert und in der Lage sind, bestehende Angebote zu nutzen und weitere Innovationen anzuregen.

Natürlich brauchen wir eine funktionierende Struktur, und ich darf die Kommissarin daran erinnern, dass sich eben dieses Parlament für die Rolle der Kommission im Rahmen von Artikel 7 eingesetzt hat. Wir haben diese Rolle befürwortet, und zwar zum damaligen Zeitpunkt gegen den Rat. Niemand ist sich stärker als dieses Parlament der Tatsache bewusst, dass wir das richtige Maß finden müssen, aber ausgehend davon, dass es hier um Teamwork geht, würde ich fast sagen, dass es für die Aufsichtsbehörden an der Zeit ist, nicht nur auf nationaler Ebene Verantwortung für die einheitliche Umsetzung der Verordnung zu übernehmen, sondern auch einen Beitrag zur gemeinschaftlichen Politikgestaltung zu leisten. Meines Erachtens wird das Ergebnis, wie immer es aussehen mag, nur dann funktionieren, wenn sie an diesem Gremium beteiligt sind – die Entscheidung darüber, was ich damit meine, überlasse ich Ihnen!

Ich möchte allen Mitgliedern des Teams, die gemeinsam mit mir an der Verbesserung dieser Richtlinie gearbeitet haben, meine Anerkennung aussprechen. Ich danke sowohl dem Minister als auch der Kommissarin für die freundlichen Worte, die sie bezüglich der von uns vorgeschlagenen Verbesserungen gefunden haben. Unsere Arbeit erstreckte sich sowohl auf Nutzerrechte als auch die Richtlinie zum Schutz der e-Privatsphäre.

In diesem Parlament liegen die Verantwortung für den Datenschutz und ein Teil der entsprechenden Kompetenz beim Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres. Meines Erachtens war es ein Fehler, diese beiden Regelungen zusammenzulegen, aber ich denke, wir haben das Problem erfolgreich bewältigt. Mein Kollege Alexander Alvaro wird sich zu diesen Aspekten äußern, und die Kommissarin sollte ihm dafür dankbar sein, dass er im Einzelnen herausgearbeitet hat, wie die Notifizierung von Verstößen funktioniert, denn es war vollkommen inakzeptabel, dass uns die Kommission einen Vorschlag vorgelegt hat, bei dem sämtliche Details der Durchführung an einen Ausschuss delegiert wurden. Das sind außerordentlich wichtige politische Entscheidungen. Ich teile Ihre Ansicht, dass wir noch einiges zu tun haben, aber Sie sollten wirklich vor allem ihm dafür danken, dass er in diesem Punkt Ihre Arbeit erledigt hat.

Was mich betrifft, so bin ich enttäuscht darüber, dass die ganze Problematik des Universaldienstes vertagt wurde. Wir behandeln diese Angelegenheit in zwei Schritten. Wir warten auf Ihren Bericht, den wir in Kürze erhalten werden. Ich habe die Nutzerrechte, soweit dies möglich war, behandelt, aber es ist diesbezüglich noch einiges zu tun. Damit meine ich, dass wir uns wünschen, dass diese mündigen und gut informierten Verbraucher ihre Wahl auf der Grundlage absolut klarer Informationen über den Preis und darüber treffen, was in den Leistungen inbegriffen ist, ob es irgendwelche Beschränkungen gibt und ob die Kosten des Mobiltelefons bei Abschluss eines länger laufenden Vertrags inbegriffen sind. Wir wollen ihnen den Erwerb entsprechender Produkte und Leistungen erleichtern und die Übertragung der Rufnummer beschleunigen, und ich freue mich, dass Sie uns in diesem Punkt unterstützen. Wir wollen, dass sie die Laufzeit des Vertrags prüfen können und dass Vertragslaufzeiten nicht benutzt werden, um den Verbraucher bei einem Anbieterwechsel zu behindern.

Wir wollen auch einen Blick auf die Ansprüche der Verbraucher werfen. Sie haben Anspruch auf Datensicherheit. Sie haben Anspruch auf sichere und verfügbare Netze. Sie haben Anspruch auf Netze, bei denen Betreiber nicht wettbewerbswidrig bestimmte Inhalte oder Leistungen blockieren. Wir stimmen Ihrer Vorstellung von einer neuen Qualität des Versorgungsauftrags zu und glauben, dass wir diesbezüglich Verbesserungen erzielen konnten. Das ist ein sehr wichtiger Anspruch. Die Verbraucher haben Anspruch auf Universalnotdienste in guter Qualität sowie Leistungen in Bezug auf den Anruferstandort. Vor allem behinderte Nutzer haben Anspruch auf diese Dienste und bessere Dienste.

Meines Erachtens haben die Verbraucher aber auch ein Recht darauf, dass man sie über potenzielle Probleme informiert, seien dies die potenzielle Verletzung von Urheberrechten, die potenziell unbefugte Nutzung oder der potenzielle Kauf von Produkten, die möglicherweise ihrer Gesundheit schaden wie nachgeahmte Arzneimittel. Wieso sollten wir die Anbieter von elektronischen Dienstleistungen nicht zur Übernahme von öffentlichen Hinweisen verpflichten, wie sie derzeit im Fernsehen üblich sind? Darum geht es, liebe Kolleginnen und Kollegen. Es geht hier nicht um einen Mechanismus zur Durchsetzung des Urheberrechts, die in die Verantwortung der nationalen Regierungen fällt, sondern darum, das Leben für Verbraucher zu erleichtern und zu verbessern.

Wir haben noch eine Menge zu tun, Frau Kommissarin, aber ich freue mich, feststellen zu können, dass wir zu einem großen Paket von Kompromissen Einvernehmen erzielen konnten, und ich bin, was ihre Annahme betrifft, zuversichtlich. Ich freue mich darauf, gemeinsam mit dem französischen Ratsvorsitz auf die Einhaltung des ambitionierten Zeitplans hinzuarbeiten, denn Europa ist darauf angewiesen, dass wir diesen Zeitplan einhalten.

 
  
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  Jutta Haug, Verfasserin der Stellungnahme des mitberatenden Haushaltsausschusses. − Frau Präsidentin! Dem Haushaltsausschuss geht es bei der Gesetzgebung zur elektronischen Kommunikation, dem so genannten Telekom-Paket, selbstverständlich um den Teil, der den europäischen Haushalt Geld kosten soll. Uns geht es also um die Agentur – als Behörde für die Märkte der elektronischen Kommunikation von der Kommission vorgeschlagen und von den Kollegen im Fachausschuss abgeändert zum Gremium der Europäischen Regulierungsbehörden für Telekommunikation (BERT).

Um es klar zu sagen: Wir haben weder für die eine noch für die andere Konstruktion so ohne weiteres Geld genug in der Kategorie 1A. Deshalb begrüßen wir sehr, dass die Kollegen unsere Änderungsanträge an Bord ihres Berichtes genommen haben und dass sie einen Konstruktionsvorschlag machen, der unseren Haushalt weniger belastet. Nur müssen wir alle gemeinsam aufpassen, dass wir BERT zum europäischen Gremium machen und dass wir als Europäisches Parlament die Kontrolle über BERT behalten. Ich darf auch daran erinnern, dass sich das Parlament und der Rat nach Artikel 47 der Interinstitutionellen Vereinbarung über die Finanzierung von BERT einigen müssen.

 
  
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  Karsten Friedrich Hoppenstedt, Verfasser der Stellungnahme des mitberatenden Ausschusses für Wirtschaft und Währung. − Herr Präsident! Als Verfasser der Stellungnahme zum ersten Teil – Bessere Rechtsetzung – im ECON verweise ich auf meinen Bericht, aber drei Punkte sind mir besonders wichtig: erstens die Förderung und der Ausbau von Glasfasernetzen – der so genannten next generation networks: Zur Förderung dieser NGN müssen u. a. Risiko-Kosten-Beteiligung sowie das Ductsharing berücksichtigt werden. Neben den TK-Unternehmen müssen aber auch öffentliche Unternehmen beim Ductsharing mit einbezogen werden.

Zweitens: Den Zentralisierungsbestrebungen – dies ist schon angedeutet worden – der Kommission durch Behörde, Vetorecht und Komitologieverfahren sollte eine klare Absage erteilt werden. Drittens: Die genaue Zuteilung der Frequenzen sollte noch nicht festgelegt werden, solange nicht zahlreiche Vorfragen geklärt sind: Ist die EU zuständig? Wo ist sie zuständig? Welchen Umfang hat die digitale Dividende wirklich? Und welche Auswirkungen haben konkrete Aufteilungsmodelle?

Es darf auch nicht zu einer Gefährdung der sekundären Dienste wie der drahtlosen Mikrofonsysteme kommen, denn das sind die Verantwortlichen für große Übertragungen wie bei Olympischen Spielen. Daher müssen die Ergebnisse der bereits laufenden Untersuchungen der Fachgremien in die politische Entscheidungsfindung über die Aufteilung des Spektrums mit einfließen.

Ich hoffe, dass wir dann gemeinsam einen europäischen Mehrwert aller Beteiligten erzielen.

 
  
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  Gunnar Hökmark, Verfasser der Stellungnahme des mitberatenden Ausschusses für Wirtschaft und Währung. − (EN) Frau Präsidentin! Ob Europa eine führende Rolle im Bereich Telekommunikation und mobiles Internet übernehmen kann, das hängt von unserer Fähigkeit ab, uns Innovationen und neuen Diensten zu öffnen.

Ausgehend davon wäre es gefährlich, an alten Strukturen und alten Akteuren festzuhalten. Wir müssen uns öffnen, und deshalb müssen wir die digitale Dividende so nutzen, dass das gesamte Frequenzspektrum für neue Dienste und Möglichkeiten freigesetzt wird, während existierende Rundfunkanstalten und ihr heutiges Leistungsangebot erhalten werden sollten.

Es muss möglich sein, unterschiedliche Dienste in allen Teilen des Frequenzspektrums zu entwickeln. Da, wo es noch keinen Infrastrukturwettbewerb gibt, müssen wir durch eine funktionelle Trennung für einen echten Wettbewerb sorgen.

 
  
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  Robert Goebbels, Verfasser der Stellungnahme des mitberatenden Ausschusses für Wirtschaft und Währung. − Frau Präsidentin! In sechzig Sekunden und im Namen meines Kollegen Bernard Rapkay hier einige kurze Anmerkungen. Gerade für uns Sozialisten ist die Schaffung eines gut funktionierenden Binnenmarktes für Telekommunikation eine sehr große Priorität. Wir begrüßen die aktive Rolle der Kommission in diesem Bereich. Insbesondere sind die Konsumenten vor den offensichtlichen Machtmissbräuchen der großen Betreiberfirmen zu schützen. Es gibt offensichtlich noch immer zu viel Luft bei den Gebühren. Die Initiativen der Kommission in Sachen Roaming zeigen, dass auch in einer Marktwirtschaft Eingriffe in die Preisgestaltung notwendig sind. Wir ziehen es vor, die sichtbare Hand der Kommission zu sehen anstatt die unsichtbare Hand des Marktes, die oft die Hand der Taschendiebe in der Börse der Konsumenten ist.

(FR) Frau Präsidentin, zum Schluss möchte ich allen Berichterstattern und vor allem Catherine Trautmann danken, die eine äußerst umfangreiche Arbeit geleistet hat, dank derer wir morgen mit einer sehr großen Mehrheit rechnen können.

 
  
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  Sophia in 't Veld, Verfasserin der Stellungnahme des mitberatenden Ausschusses für Wirtschaft und Währung. – (NL) Frau Präsidentin! Dieses Paket enthält an sich gute Vorschläge für den Schutz der Rechte und der Privatsphäre von Verbrauchern, es ist aber leider nicht kohärent genug und schafft deshalb sowohl für Unternehmen als auch für Verbraucher Rechtsunsicherheit, da der Geltungsbereich völlig unklar ist.

Ich habe das Gefühl, die Kommission hat sich mehr durch die internen institutionellen Strukturen und die Rechtsgrundlage als durch reale Fakten leiten lassen, denn worüber sprechen wir eigentlich genau? Über Telefonie? Das ist doch völlig überholt! Oder um mobile Telefonie? Und was ist dann Skype? Was sind Bezahldienste per Telefon? Ist das auch Telekommunikation? Was ist mit RFID-Netzwerken? Das bleibt unklar. Warum gibt es Regeln für die Meldung von Sicherheitsverletzungen für Telekommunikations- und Internetanbieter, aber nicht beispielsweise für Banken, Versicherungsgesellschaften oder Träger von Sozialleistungen, die häufig dieselben Daten nutzen? Was ist, wenn die von einem Unternehmen gesammelten personenbezogenen Daten von einem Dritten verwendet werden, beispielsweise Behörden, Polizei, Justiz, wie in der Datenschutz-Richtlinie festgelegt ist? Wer ist dann für diese Daten verantwortlich? Welchen Nutzen hat der Bürger davon? Wohin kann ich mich als Bürger wenden?

Abschließend denke ich, dass wir dringend mit den USA Gespräche über transatlantische und internationale Normen auf diesem Gebiet aufnehmen müssen.

 
  
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  Reino Paasilinna, Verfasser der Stellungnahme des mitberatenden Ausschusses für Industrie, Forschung und Energie. – (FI) Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Minister und Kommissare, und insbesondere Frau Trautmann! Jetzt geht es also konkret um die Frage der Menschenrechte in der Informationsgesellschaft, die wir mit den wesentlichen Zielen der Demokratie und der guten Geschäftspraktiken verbessern wollen. Verbesserungen sind daher notwendig, und wir verbessern auch den Schutz der Privatsphäre und der Sicherheit, beispielsweise in Bezug auf Junk-E-Mails. Wir bestehen auf dem Grundsatz des freien Zugangs und schaffen gesetzliche Regelungen für den Zugang zu den Diensten, was keine unbedeutende Frage ist: Die Gebühren müssen niedrig sein, und das Breitband für jedermann ist beispielsweise ein Bürgerrecht. Wir haben jetzt speziell den Status von älteren und behinderten Menschen gestärkt, und ich denke, dass das ein humanitäres und angemessenes Ziel ist.

Zweitens: Wir brauchen Wettbewerb in den Netzen, und wir müssen dafür sorgen, dass die Betreiber diesen nicht länger behindern. Vielmehr gilt es, den Wettbewerb zu stärken, und die Herstellung von Datenendgeräten, mit denen man nur auf einen einzelnen Betreiber zugreifen kann, sollte nicht zugelassen werden. Das wäre so verrückt, als hätte man ein Radio, das nur einen Sender spielt.

Den Radio- und Fernsehanstalten sollten jetzt und für alle Zeit ihre eigenen Frequenzen garantiert werden, weil sie niemals das Geld für eine Teilnahme an Auktionen haben werden. Das stellt zweifelsfrei eine solide Grundlage für die Informationsgesellschaft dar, und die müssen wir allezeit aufrechterhalten. Dennoch brauchen wir Freiräume für den 3G-Bereich, und das wird organisiert werden. Wir müssen auch gewährleisten, dass es Raum für neue Technologien und Innovationen gibt.

Eine Sache muss ich noch ansprechen: Je gerechter und technisch fortschrittlicher Europa ist, desto besser wird es uns gehen als demokratische Kraft in der Informationsgesellschaft und als Gemeinschaft, die die Lissabon-Ziele erfüllt, wovon wir im Augenblick noch weit entfernt zu sein scheinen. Es ist an uns: Vor uns liegt ein Legislativpaket, das einen Schritt in die richtige Richtung darstellt.

 
  
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  Marian Zlotea, Verfasser der Stellungnahme des mitberatenden Ausschusses für Binnenmarkt und Verbraucherschutz. – (RO) Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, verehrte Frau Kommissarin, werte Minister! Ich möchte die mit der Arbeit am Telekompaket befassten Berichterstatter beglückwünschen.

Ich denke, dass der Bericht von Catherine Trautmann eine ausgewogene Position bezieht, und ich unterstütze die vorgeschlagenen Kompromissänderungsanträge. Ich freue mich auch darüber, dass bestimmte Änderungsanträge, vor allem die Anträge zur Harmonisierung der Frequenzen, und auch bestimmte Verordnungen bezüglich der globalen Telekommunikationsdienste, angenommen wurden.

Ein dynamischer und wettbewerbsfähiger Telekommunikationssektor stellt eine Vorbedingung für Wirtschaftswachstum und Wohlstand der Verbraucher in Europa dar. In durch Wettbewerb geprägten Märkten stehen Breitbandverbindungen zur Verfügung, die Marktneulinge haben Geschwindigkeitserhöhungen und innovative Dienste eingeführt.

Die Rahmenrichtlinie im Telekommunikationspaket sollte sich auf die Erhöhung der Investitionen konzentrieren, wir müssen auch die Netzwerke der nächsten Generation einbeziehen, und die Optionen für den Verbraucher sollten stärker diversifiziert werden und zu seinem Vorteil bei niedrigeren Kosten und besseren Dienstleistungen führen.

Abschließend darf ich mein Vertrauen mit Blick auf die von uns beabsichtigten Änderungen am Telekompaket zum Ausdruck bringen, das den Verbrauchern nützen und ihnen eine breite Auswahl, niedrigere Kosten und erweiterte Dienstleistungen bringen wird.

 
  
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  Edit Herczog, Verfasserin der Stellungnahme des mitberatenden Ausschusses für Binnenmarkt und Verbraucherschutz. − (HU) Vielen Dank, Frau Präsidentin. Wir können mit Fug und Recht sagen, dass die Union im elektronischen Kommunikationssektor in den vergangenen zehn Jahren Erfolge erzielt hat. Gleichzeitig gibt es jedoch noch einige grenzüberschreitende Probleme und Ungleichheiten beim Zugang zu Breitbanddiensten, bei der Verbreitung der digitalen Gesellschaft und Dienstleistungen. Wenn wir wirklich einen „gemeinsamen“ Markt wollen, dann müssen die Bedingungen dafür geschaffen werden.

Infolge der in den vergangenen Monaten geführten Diskussionen haben wir für die Einrichtung des BERT gestimmt, da dies die Zusammenarbeit der nationalen Regulierungsbehörden vereinfachen und eine echte Teilnahme garantieren würde. Wir sind nach wie vor der Meinung, dass das BERT den europäischen Institutionen gegenüber rechenschaftspflichtig und transparent sein sollte. Doch dafür werden Gemeinschaftsmittel benötigt; es heißt, eine Kofinanzierung durch die Mitgliedstaaten würde eine größere Unabhängigkeit und Effektivität ermöglichen, doch in Wirklichkeit ist dem nicht so – wir würden diese Organisation der Kontrolle der Europäischen Union und des Europäischen Parlamentes entziehen. Das können wir nicht unterstützen. Wir müssen zusammen mit der Kommission weiterhin für den Schutz der Interessen der Verbraucher kämpfen, sodass diese die Kosten für die sich stetig weiterentwickelnden neuen Technologien nur dort tragen müssen, wo das notwendig ist, und damit sie, ähnlich wie beim Roaming, nicht Opfer von Rechnungsbetrug werden. Vielen Dank.

 
  
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  Manolis Mavrommatis, Verfasser der Stellungnahme des mitberatenden Ausschusses für Kultur und Bildung. – (EL) Frau Präsidentin! Als Verfasser der Stellungnahme des Ausschusses für Kultur und Bildung möchte ich betonen, dass die geistigen Rechte von Urhebern unbedingt als gleichwertige Grundrechte behandelt werden müssen.

Wir alle, besonders die Gesetzgeber, sollten nie vergessen, dass fehlender Schutz geistigen Schöpfertums und die Verletzung der legitimen Rechte der Urheber im Namen des Schutzes personenbezogener Daten auch eine Einschränkung der den Nutzern zur Verfügung gestellten künstlerischen Inhalte zur Folge hat.

Piraterie und illegaler Vertrieb von Musik und Filmen im Internet stellen eine unbestreitbare Realität dar. Die Kehrseite dieser Technologie ist aber, dass die Urheber geschädigt werden. Ob es uns nun gefällt oder nicht – das angebotene Material stammt von ihnen.

Im Namen des Ausschusses für Kultur rufe ich alle Abgeordneten in allen Ausschüssen und allen Fraktionen dazu auf, die Kreativität in Europa zu schützen und so die künstlerischen Inhalte zu sichern, die durch die neuen Medien zur Verfügung gestellt werden.

 
  
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  Cornelis Visser, Verfasser der Stellungnahme des mitberatenden Ausschusses für Kultur und Bildung. – (NL) Frau Präsidentin! Kommissarin Reding hat mit dem Telekommunikationspaket erneut ihre Tatkraft unter Beweis gestellt. In Bezug auf den Kommissionsvorschlag zur Ausschöpfung der digitalen Dividende habe ich für den Ausschuss für Kultur und Bildung sehr konstruktiv mit Frau Toia zusammengearbeitet. Ich möchte hiermit auch der Vorsitzenden des Ausschusses für Industrie, Forschung und Energie, Frau Niebler, im Namen des Ausschusses für Kultur und Bildung für die gute Zusammenarbeit danken.

Der Ausschuss für Kultur und Bildung betrachtet Radio und Fernsehen als wichtige Medien zur Verbreitung von Kultur und Sprache. Durch die Umschaltung von analogem auf digitales Fernsehen wird derzeit Platz im Spektrum frei. Die Anbieter von mobiler Telefonie und Breitbandinternet sind an diesen Frequenzen sehr stark interessiert. Der Ausschuss für Kultur und Bildung ist nicht gegen technologische Erneuerung, aber er will den Schutz der Rechte der jetzigen Nutzer, nämlich der öffentlich-rechtlichen und kommerziellen Rundfunkanstalten. Die kulturelle und sprachliche Vielfalt der Sendungen muss weiterhin in vollem Umfang gewährleistet werden, ebenso wie die Interessen der Verbraucher und ihre Investitionen in Fernsehgeräte.

 
  
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  Gyula Hegyi, Verfasser der Stellungnahme des mitberatenden Ausschusses für Kultur und Bildung. − (EN) Frau Präsidentin! Es muss unbedingt darauf hingewiesen werden, dass die Telekom-Revolution nicht nur ein technologischer und ökonomischer Prozess ist, sondern auch ein soziales und kulturelles Phänomen. Wir sollten die Führungsrolle der EU in diesem Prozess erhalten und sanktionieren.

Dabei sollten zwei Aspekte berücksichtigt werden: Zum einen geht es um den allgemeinen und demokratischen Zugang zu elektronischen Kommunikationsdiensten. Das bedeutet, dass jeder das Recht auf Zugang zu derartigen Diensten haben sollte. Zum anderen geht es darum, das Kultur- und Bildungserbe zu bewahren und zu vermitteln. Der Ausschuss für Kultur hat sich bemüht, in diesen beiden Punkten das richtige Maß zu finden.

Als Verfasser der Stellungnahme im Ausschuss für Kultur zum Gremium der Europäischen Regulierungsstellen im Telekommunikationsbereich (BERT) habe ich mich lediglich auf die Aspekte konzentriert, die in die Verantwortung des Ausschusses für Kultur fallen. Das BERT sollte für Kontakte nicht nur mit der Branche und Verbrauchergruppen, sondern auch mit kulturellen Interessengruppen offen stehen, da diese nützliche und zuverlässige Informationen zu kulturellen Aspekten bereitstellen können.

Wenn wir die Entwicklung im Bereich Telekommunikation richtig nutzen, dann kann der gesamte Prozess meines Erachtens dazu beitragen, dass sich Europa zur weltweit führenden Wissensgesellschaft entwickelt – und das ist unser Hauptziel.

 
  
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  Ignasi Guardans Cambó, Verfasser der Stellungnahme des mitberatenden Ausschusses für Kultur und Bildung.(FR) Frau Präsidentin, ich möchte zunächst die Berichterstatter zu ihrer Arbeit beglückwünschen.

Der Ausschuss für Kultur und Bildung hat dieses Thema von Anfang an sehr ernst genommen, denn wir können nicht länger Rechtsvorschriften zu den elektronischen Netzen oder das Funkfrequenzspektrum erlassen, ohne das wirkliche Wesen der übertragenen Inhalte zu berücksichtigen. Dies kann nicht mit rein technischen oder gar wirtschaftlichen Kriterien geschehen, die den Zielen der Kulturpolitik und der Gewährleistung der Vielfalt nicht Rechnung tragen. Die Realität der digitalen Welt zwingt uns zur Zusammenarbeit mit Fernsehanstalten und Betreibern elektronischer Dienste und zur Ausrichtung unserer gesetzgeberischen Tätigkeit auf einen Telekommunikations-Binnenmarkt, der untrennbar mit dem audiovisuellen Markt verbunden ist.

Wir brauchen ebenfalls eine ausgewogene Antwort auf das Problem der illegalen Inhalte im Internet, indem jeder seiner Verantwortung gerecht wird in einem Kampf, den wir alle führen müssen, um sowohl unsere Kinder als auch die Kultur, so wie wir sie kennen, zu schützen.

Daher unterstütze ich alle diese Texte in ihrer jetzigen Form und hoffe, dass unsere Beratungen und die Endabstimmung nicht durch äußeren Druck beeinträchtigt werden, der von Missinformation geleitet wird.

 
  
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  Lidia Joanna Geringer de Oedenberg, Verfasserin der Stellungnahme des mitberatenden Rechtsausschusses. − (PL) Frau Präsidentin! Die europäische Rahmengesetzgebung für Telekommunikation wurde in den 1990er Jahren angenommen. Durch sie wurden die einzelstaatlichen Märkte von den Staatsmonopolen befreit, was zu einer signifikanten Preissenkung für Telefongespräche führte, die von konkurrierenden Anbietern durchgeführt wurden. In den letzten Jahren haben sich revolutionäre Veränderungen in der Kommunikationstechnologie vollzogen: Mobiltelefone und die Entwicklung des Internets und der drahtlosen Netze haben das Gesicht der Telekommunikation grundlegend verändert. Das EU-Recht muss diese Änderungen widerspiegeln, einschließlich der damit verbundenen sozialen Implikationen.

Ca. 15 % der Europäer haben eine Behinderung. Bis zum Jahr 2020 wird die Zahl der älteren Menschen 25 % der Gesellschaft ausmachen. Es sind genau diese Menschen mit besonderen Bedürfnissen, denen der Zugang zu Telekommunikationsdienstleistungen erleichtert werden sollte. Es ist notwendig, einen kostenfreien Zugang zu einer gemeinsamen Notrufnummer – und zwar der 112 – für Menschen überall in der EU zu gewährleisten, einschließlich für Nutzer der Internettelefonie und anderer elektronischer sprachgebundener Kommunikationsdienste. Darüber hinaus müssen die Verbraucher auch das Recht auf umfassende Information haben, sowohl was rechtliche Verpflichtungen, die sich aus der Nutzung eines bestimmten Dienstes ergeben, z. B. Autorenrechte, als auch vom Gesetzgeber vorgesehene Restriktionen betrifft. Der Schlüssel zu einem besseren Verbraucherschutz liegt in einer genauen Definition der Zuständigkeiten der einzelstaatlichen Regulierungsbehörden im Hinblick auf die tagtägliche Ausübung der Verbraucherrechte.

 
  
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  Manuel Medina Ortega, Verfasser der Stellungnahme des mitberatenden Ausschusses für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres. − (ES) Frau Präsidentin! Die Berichterstatterin, Frau Trautmann, führte aus, dass Fragen des geistigen Eigentums nicht Gegenstand dieser Aussprache sein sollten. Ich stimme ihr zu, da meiner Ansicht nach der Schutz des geistigen Eigentums, wie auch der Schutz der Privatsphäre und andere rechtliche Konzepte, bereits in anderen rechtlichen Rahmen definiert worden sind.

Es muss hier jedoch gesagt werden, dass der Schutz geistigen Eigentums auch im Hinblick auf die Aktualisierung von Inhalten eine wichtige Rolle spielt. Die Telekommunikation ist als Autobahn beschrieben worden, auf der man sich frei bewegen kann; wird auf der Autobahn aber eine Straftat begangen, dann greift die Polizei ein. Man kann nicht ein Auto stehlen, damit auf der Autobahn unterwegs sein und, wenn die Polizei kommt, sich auf freie Fahrt auf Autobahnen berufen.

Vom Standpunkt des Parlaments aus betrachtet scheint es mir wesentlich, dass wir noch ein Mal den Stellenwert des Schutzes von geistigem Eigentum, den Stellenwert des Schutzes des Privatlebens und auch des Rechts der Menschen auf ihre Privatsphäre unterstreichen. Letzteres wird derzeit von großen Telekommunikationsfirmen verletzt.

 
  
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  Alexander Alvaro, Verfasser der Stellungnahme des mitberatenden Ausschusses für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres. − Frau Präsidentin! Wenn Sie mir noch die Redezeit der drei Vorredner geben, dann ist das gar nicht mehr so verkehrt. Im Übrigen sollten wir feststellen, ich dachte, ich hätte zweieinhalb Minuten.

Aber um die nicht zu verschwenden, danke ich den Kollegen Malcolm Harbour, Catherine Trautmann und Pilar del Castillo Vera für die wirklich hervorragende Zusammenarbeit. Malcolm hat das eben schon angesprochen. Wir sind sehr reibungslos und auch vertrauensvoll im Wege der verstärkten Zusammenarbeit an das Thema herangegangen. Das strukturelle Defizit, beide Richtlinien zusammenzulegen, lässt sich leider nun auch nicht mehr beheben.

Nichtsdestotrotz, in der Kürze der Zeit: Ich bin sehr froh, dass die Kommission insgesamt das Thema Datenschutz angesprochen hat – wenn auch etwas stiefmütterlich. Denn, Frau Kommissarin, Sie würden mir wahrscheinlich nicht Ihre Kreditkartendaten, Ihre Telefonnummer und Ihre Adresse geben, selbst wenn ich freundlich frage. Das Problem ist nur: Wenn Sie im Netz unterwegs sind, wird vieles von dem gegebenenfalls schon dort sein, wo Sie es nicht vermuten möchten und wo Sie es nicht haben möchten. Insofern bin ich froh, dass ich es in der Zusammenarbeit mit anderen Fraktionen und den Kollegen ermöglichen konnte, dass dieses Recht des Verbrauchers auf die Vertraulichkeit seiner Daten und den Schutz persönlicher Systeme hier eingearbeitet wird.

Ich sehe, dass sich die Zeit dem Ende zuneigt, aber ich hoffe, dass wir noch Möglichkeiten haben, das eine oder andere durchzudiskutieren. Insofern, Nochmals vielen Dank für die gute Zusammenarbeit, und vielleicht entwickeln wir den Datenschutz im Sinne des Verbrauchers für Europa weiter.

 
  
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  Angelika Niebler, im Namen der PPE-DE-Fraktion. – Frau Präsidentin, Frau Kommissarin, liebe Herren Ratsvorsitzende, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Auch von meiner Seite zunächst ein Dankeschön an unsere Berichterstatter, Frau Trautmann, Herrn Harbour, Kollegin del Castillo und Frau Toia, sowie an alle Schattenberichterstatter, zum einen für die gute Arbeit, die alle geleistet haben, zum anderen auch für die gute Zusammenarbeit mit denen, die in das Dossier nicht so eingebunden waren.

Der letzte Rechtsrahmen zur Liberalisierung der Märkte stammt aus dem Jahr 2002. Dass der Markt wichtig ist, ist heute schon betont worden. Immerhin – wenn ich noch eine Zahl in Erinnerung rufen darf – sind allein in der Europäischen Union über 300 Milliarden Euro im Telekommunikationssektor umgesetzt worden. Tausende von Arbeitsplätzen hängen an diesem Markt, und deshalb ist es wichtig, dass wir hier den Rechtsrahmen, der sich seit 2002 bewährt hat, doch so weiterentwickeln, dass diese Erfolgsgeschichte in Europa fortgeschrieben werden kann. Dazu müssen wir unseren Rechtsrahmen natürlich vor allen Dingen auch an die neuen technologischen Entwicklungen anpassen.

Ich möchte in meiner auch kurzen Zeit zwei Punkte herausgreifen, die mir persönlich besonders wichtig sind. Zum einen das Thema Investitionen in die Hightech-Infrastruktur in Europa. Wir stehen in Europa vor der großen Herausforderung, möglichst bald und möglichst viel in diese neuen Hochleistungsbreitbandnetze zu investieren. Das ist eine Grundvoraussetzung, um Europa wettbewerbsfähig zu machen. Wir müssen die rechtlichen Voraussetzungen schaffen, damit sich diese Investitionen lohnen. Auf der anderen Seite dürfen wir aber auch keine neuen Monopole schaffen und die Märkte nicht zementieren.

Wir haben bei uns im Ausschuss vorgesehen, dass es zu einer fairen Verteilung der Risiken beim Bau der neuen Netze kommt und dass diese Risikoverteilung künftig bei den Regulierungsbehörden berücksichtigt werden muss.

Ferner haben wir uns intensiv mit dem Thema Frequenzpolitik befasst. Wir sind für eine flexiblere Frequenzpolitik in Europa. Ich bin der Meinung, dass es auch eine gute Lösung geben wird, die digitale Dividende aufzuteilen, auf der einen Seite den berechtigten Interessen der Rundfunkanbieter Rechnung zu tragen, aber trotzdem so viel Flexibilität auch für neue Dienste einzubringen.

 
  
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  Erika Mann, im Namen der PSE-Fraktion. – Frau Präsidentin! Ich möchte nur auf zwei Punkte eingehen. Ich möchte mit dem Punkt anfangen, wo wir mit der Kollegin Pilar del Castillo Vera noch einige Themen zu klären haben. Und zwar betrifft das die Frage, wie die Unabhängigkeit und die Autonomie der zukünftigen kleinen Agentur gewährleistet werden kann und welche Form der Finanzierung am besten dazu passt. Da gibt es sehr unterschiedliche Vorstellungen. Ich würde gerne vonseiten des Rates wissen, wie sich die Debatten darüber im Rat gestalten und wie der Rat sowohl die Konstruktion des Sekretariats oder von BERT – je nachdem, welchen Namen man nimmt – gewährleistet sehen möchte und wie der Rat – ich denke, die Kommissarin hatte völlig recht mit ihrem Hinweis darauf, dass wir eine europäische Struktur wollen und nicht Strukturen gründen möchten, die sich nicht an das europäische Rechtssystem anschmiegen – sich vorstellt, wie die Finanzierung erfolgen soll.

Es stehen ja zwei Wege zur Diskussion: zum einen die von der Kollegin angeregte gemischte Finanzierung und zum anderen der Vorschlag, den ich gemacht habe und den meine Fraktion unterstützt, dass wir eine Finanzierung aus dem Gemeinschaftshaushalt nehmen. Aber wie auch immer, es ist interessant zu hören, wie sich der Rat, der ja darüber heftige Kontroversen geführt hat, und auch die nationalen Regulierer jetzt dazu stellen.

Meine zweite Frage, ebenfalls an den Rat, betrifft die Frage der Finanzierung der neuen Netze. Auch dort haben wir unterschiedliche Anträge angenommen – bei der Abstimmung im Ausschuss für Industrie, Forschung und Energie unter anderem auch einen Antrag von mir, der sich noch einmal ein wenig detaillierter damit beschäftigt hat, wie eine Risikoteilung aussehen könnte, wenn Unternehmen entsprechende Investitionen vornehmen und Wettbewerber von Anfang an Zugang zu den Netzen haben sollen. Soweit ich höre, hat der Rat hier andere Vorstellungen und möchte nicht so sehr ins Detail gehen und den Unternehmen nicht die Gewährleistung geben, dass irgendeine Risikoteilung erfolgen kann. Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie sich dazu äußern würden.

 
  
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  Patrizia Toia, im Namen der ALDE-Fraktion. – (IT) Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Der Rückgang der Produktion und des Wirtschaftswachstums in Europa macht sich auch im Telekommunikationssektor bemerkbar, der gegenwärtig diverse Krisen durchlebt. Es ist ein Sektor, der Investitionen erfordert, der von Forschung und Innovation lebt und der einige Zeit benötigt, um seine Weichenstellungen vornehmen zu können. Deshalb müssen wir nach meinem Dafürhalten jede erdenkliche Unterstützung gewähren und kann unser Paket zur Überarbeitung des Regelungsrahmens die Neubelebung dieses Sektors durch die Schaffung eines stabilen, soliden und effizienten Rechtsrahmens befördern.

Darin besteht meines Erachtens der Zweck unserer Arbeit im Parlament und im ITRE-Ausschuss. In der Überzeugung, dass bisweilen kein Bedarf an mehr Bestimmungen bzw. Rechtsvorschriften, sondern an einem zuverlässigen und wirksamen Instrumentarium zur Umsetzung der bestehenden Bestimmungen sowie mitunter auch zur Deregulierung des geltenden Rahmens besteht, hatten wir folgendes Ziel vor Augen: die Schaffung eines, wie Frau Trautmann darlegte, gegenüber dem vorhergehenden weniger komplizierten, eindeutigeren und effizienteren Rahmens.

Wir haben hart gearbeitet, um einen offenen, wettbewerbsfähigen Markt zu errichten, und wir haben die ewige Zweiteilung zwischen alten, um nicht zu sagen historischen sowie ehemals monopolistischen Akteuren einerseits und neuen Akteuren andererseits zu lösen versucht, indem wir erklärten, dass in einem ausgewogenen Rahmen Raum für alle bestehen kann, solange Unternehmensfähigkeit und Planungsvermögen vorhanden und sofern die finanziellen Mittel verfügbar sind.

Schließlich haben wir unterstrichen – und insbesondere ich halte diesen Punkt für entscheidend –, dass in einem flexibleren und deregulierten Rahmen einer Regelung der verschiedenen Zuständigkeiten, d. h. der Verantwortungskette, zentrale Bedeutung zukommt, und ich stimme dem vorhin geäußerten Standpunkt der Frau Kommissarin zu, dass die Aufgaben und Zuständigkeitsbereiche der diversen mit dem wichtigen Auftrag der Regulierung betrauten Gremien klar definiert und festgelegt werden müssen.

Ein letzter von der Berichterstatterin, deren Arbeit von uns allen gelobt wurde, sowie auch von mehreren Kolleginnen und Kollegen angesprochener Punkt betrifft die Rolle des Verbrauchers: häufig steht der Verbraucher nur im Hintergrund, wir aber möchten ihn in den Mittelpunkt rücken und ihn ins Rampenlicht stellen, denn er, so würde ich sagen, gehört zusammen mit den Unternehmen zu den eigentlich treibenden Marktkräften.

 
  
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  Roberts Zīle, im Namen der UEN-Fraktion. – (LV) Vielen Dank, Frau Präsidentin. Zuerst möchte ich allen Berichterstattern des elektronischen Kommunikationspakets für ihre Arbeit – von der Organisation der Sitzungen bis hin zur Ausarbeitung der Berichte – danken. Ich möchte außerdem Kommissarin Reding meinen Dank für ihre zuverlässige und aktive Arbeit im elektronischen Kommunikationssektor, sowohl am Thema des Roamings als auch an diesem Paket, aussprechen. Gleichzeitig bin ich nicht davon überzeugt, dass die Änderungsvorschläge der einzelnen Ausschüsse an den Entwürfen der Kommission zu einer besseren Nutzung der Ressourcen, mehr Wettbewerb innerhalb des EU-Binnenmarktes und einer größeren Effektivität für die Verbraucher führen wird. Ich möchte Ihnen einige Gründe dafür nennen:

Erstens ist es zwar möglich, dass die aus den nationalen Regulierungsbehörden gebildete gemeinsame Struktur, das BERT, eine demokratischere Regulierungsstruktur sein wird, als die von der Kommission vorgeschlagene Behörde, doch genauso gut könnte die Zusammenarbeit unter dem BERT schlechter funktionieren und es der Kommission erschweren, Regulierungsentscheidungen zu treffen. Und um ein zweites Beispiel zu nennen: Die funktionelle Trennung der Telekommunikationsunternehmen mit dem Ziel der Trennung des Netzzugangs von anderen Einzelhandelsprodukten, war ein mutiger Vorschlag der Kommission. So wie es aussieht, wird diese als Ausnahme vorgesehene Trennung, die ja von den nationalen Regulierungsbehörden umgesetzt werden soll, in vielen Märkten in Wirklichkeit nie zur Anwendung kommen. Es ist kein Geheimnis, dass in den kleineren EU-Ländern die Macht der Regulierungsbehörden, solche Sondermaßnahmen gegenüber großen Unternehmen durchzusetzen, sehr begrenzt ist, und daher bin ich nicht davon überzeugt, dass das Parlament in diesem Fall – verglichen mit dem Vorschlag der Europäischen Kommission – Fortschritte bei der Stärkung des europäischen Binnenmarktes macht.

 
  
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  Rebecca Harms, im Namen der Verts/ALE-Fraktion. – Frau Präsidentin! Ich möchte den vielen „Dankeschöns“ ein ganz besonderes aus meiner Sicht hinzufügen. Ich war im Industrieausschuss für die Rahmenrichtlinie zuständig, und es ist den besonderen medienpolitischen Instinkten von Catherine Trautmann und auch ihrer Fähigkeit zu einem sehr strukturierten systematischen Arbeiten zu verdanken, dass wir als Parlament eine Fehlorientierung in der Medienpolitik durch den Bericht zur Rahmenrichtlinie möglicherweise verhindern konnten. Wir werden sehen.

Frau Kommissarin, meiner Meinung nach haben wir als Parlament bei der Rahmenrichtlinie sowohl zum Wettbewerbsrecht als auch insbesondere zum Frequenzhandel entscheidende Veränderungen vorgenommen. Ich fand, dass Ihre ersten Vorschläge für die Rahmenrichtlinie allein auf den Markt orientiert waren und die digitale Dividende enorm übertrieben haben. Gott sei Dank hat es darauf unter den Abgeordneten des Kultur- und dann auch des Industrieausschusses kein positives Echo gegeben. Im Gegenteil: Meine Kollegen haben öffentliche kulturelle und politische Interessen sowie Gemeinwohlinteressen in den Mittelpunkt der Beratungen gestellt, und das schlägt sich im Bericht Trautmann für mich insbesondere in folgenden Punkten nieder:

Funkfrequenzen werden als öffentliches Gut definiert und bleiben auch in der Kompetenz der Mitgliedstaaten. Insbesondere dem Rundfunk, aber auch meinungsbildenden Diensten wird Vorrang gegeben. Ihr Versuch, den Rundfunk in eine defensive Rolle zu drängen, ist gescheitert, Frau Kommissarin. Die Einführung europaweiter Dienste wird erleichtert – das ist gut, darin sind wir uns sicher einig. Für die weitere Harmonisierung der Frequenzen sind auch in erster Linie die Mitgliedstaaten zuständig. Wenn es Schwierigkeiten gibt, entscheidet nicht alleine die Kommission, sondern das Parlament ist beteiligt. BERT spielt eine große Rolle. Dass die Finanzierung europäisch sein muss, ist für mich eine Selbstverständlichkeit. Ich hoffe, wir kriegen das hin.

Ich möchte außer zur Rahmenrichtlinie und zu dem Punkt über die Frequenzen zu zwei anderen Berichten etwas sagen. Zunächst zum Bericht Harbour. Herr Kollege Harbour, in Ihrem Bericht ist wirklich für die Verbraucher und die Verbraucherinteressen einiges sehr gut angelegt. Da werden auch behinderte Bürger mit ihren Interessen in Zukunft besser berücksichtigt. Ich finde auch, dass Sie sogar durch die Pflichtbereichsregelung zu Medienpluralismus beitragen.

Nicht einverstanden ist meine Fraktion aber mit dem Versuch, in diesem Bericht auch Urheberrechte zu regeln. Wir halten davon gar nichts. Weder das französische Modell – das richtet sich auch an die Ratspräsidentschaft – noch das „Three Strikes“-Modell werden von uns unterstützt. Im Gegenteil! Wir machen uns, wenn wir uns das ansehen, sowohl weiter Sorgen um das Urheberrecht als auch um die Privatheit, den Schutz der privacy im Internet.

Zum Bericht Alvaro ein letzter Satz: Herr Kollege Alvaro, Sie haben jetzt wieder sehr engagiert über Datenschutz geredet. Ich finde im Moment so, wie Sie das in Ihren Reden suggerieren, noch keine konsequente Linie zum Beispiel zum Schutz der IP-Adressen. Die Erfahrungen mit dem Telekom-Skandal und dem Handel mit Adressen über Callcenter zeigen, dass IP-Adressen höchsten Schutz genießen müssen, und hoffe, dass wir uns in den nächsten 14 Tagen darauf verständigen.

 
  
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  Eva-Britt Svensson, im Namen der GUE/NGL-Fraktion. – (SV) Frau Präsidentin! Ich hoffe, unsere Bürger verfolgen diese Aussprache und engagieren sich vor der Abstimmung, da es hier um sehr erhebliche Veränderungen geht, vor allem in Bezug auf die Internetdienste.

Die Vereinigte Europäische Linke möchte vor allem drei Punkte besonders hervorheben:

Erstens ist die Konföderale Fraktion der Vereinigten Europäischen Linken/Nordische Grüne Linke gegen den Vorschlag zur Schaffung einer neuen europäischen Behörde auf diesem Gebiet. Das würde alles teurer und komplizierter machen, sodass die Einrichtung einer weiteren Behörde unnötig ist.

Zweitens müssen in Bezug auf die elektronischen Dienste geografische und infrastrukturelle Unterschiede stärker berücksichtigt werden. Wir müssen deutlich machen, dass die Verbraucher einen gleichberechtigten Zugang zu diesen Diensten erhalten müssen, damit keine weiteren Gräben in unseren Gesellschaften entstehen. Es darf keinen Unterschied im Zugang zu elektronischen Diensten geben zwischen denjenigen, die in größeren Städten und wirtschaftlich stärkeren Regionen leben und den Bewohnern wirtschaftlich schwacher und dünn besiedelter Gebiete. Wenn nicht die Gesellschaft oder der Staat so wichtige Infrastrukturinvestitionen übernehmen, sondern private Akteure, besteht die Gefahr, dass nicht alle Bürger den gleichen Zugang zu den gleichen Kosten erhalten.

Drittens wendet sich die GUE/NGL-Fraktion gegen den großen Einfluss von Lobbygruppen aus der Industrie. Das Telekommunikationspaket darf sich nicht auf das Urheberrecht auswirken, aber die Lobbyisten haben dennoch insbesondere für diesen Vorschlag Gehör erhalten. Die Vorschläge der Lobbygruppen, die von allen Fraktionen mit Ausnahme der Vereinigten Europäischen Linken – die als einzige Fraktion im Ausschuss für Binnenmarkt und Verbraucherschutz dagegen gestimmt hat – angenommen wurden, schaffen Möglichkeiten für die Kontrolle von Downloads und des freien Zugangs, beispielsweise zu Websites wie MySpace und YouTube.

Die Änderungsanträge sind spät und durch die Hintertür gekommen und ohne dass es eine größere Diskussion mit den Bürgern über diese erheblichen Veränderungen gegeben hätte. In Schweden hatten wir beispielsweise eine umfassende Debatte über das Filesharing. Ich engagiere mich auf nationaler Ebene aktiv gegen ein Verbot des Filesharings und tue dies auch auf EU-Ebene. Die Gefahr eines Beschlusses auf Gemeinschaftsebene ist allerdings größer als die einzelstaatlicher Beschlüsse, da die Lobbygruppen erheblichen Einfluss und Einwirkung auf das EU-System haben und viele Bürger nicht über ausreichende Informationen verfügen, wenn wir diese Fragen auf EU-Ebene diskutieren. Ich hoffe auf eine starke Welle der Meinungsäußerungen von Bürgern zur Verteidigung der Redefreiheit und des Zugangs zu Internetdiensten.

 
  
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  Nils Lundgren, im Namen der IND/DEM-Fraktion. – (SV) Frau Präsidentin! Ich fühle mich wie Sisyphus. Ich bin von 15 Prozent des schwedischen Volkes gewählt worden, um mich hier im Europäischen Parlament dagegen stark zu machen, dass die EU sich in immer neue Bereiche einmischt und damit die europäische Gesellschaft immer mehr zentralisiert und bürokratisiert. Das ist wahrlich eine Sisyphusarbeit.

Telekommunikation ist ein Bereich, in dem die EU eine wichtige Funktion zu erfüllen hat, und ich betrachte mit Befriedigung das vorgeschlagene Telekommunikationspaket, bei dem es um mehr Wettbewerb und die Stärkung des Schutzes personenbezogener Daten geht. Allerdings scheint es unvermeidlich zu sein, dass wir damit auch eine stärkere Zentralisierung und Bürokratisierung erhalten. Ich wende mich dabei vor allem gegen zwei Aspekte. Erstens wird vorgeschlagen, die durch die Digitalumstellung frei werdenden Frequenzen nach EU-Vorschriften zuzuteilen. Zweitens wird die Einrichtung einer Europäischen Behörde für die Märkte der elektronischen Kommunikation vorgeschlagen.

Ich appelliere an das Parlament, diese beiden Vorschläge abzulehnen. Die frei werdenden Frequenzen sollten durch die Mitgliedstaaten zugeteilt werden, und die natürliche Lösung wäre die Weiterentwicklung der bereits vorhandenen Organe der Europäischen Aufsichtsbehörden im Telekommunikationsbereich.

 
  
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  Desislav Chukolov (NI).(BG) Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich wundere mich über die Dinge, die heute hier im Plenum gesagt worden sind, und niemand hat dabei darauf hingewiesen, dass die Vertraulichkeit von Informationen gewahrt werden muss. Ich fordere Sie dazu auf, sich bei so wichtigen Themen auf keinen Fall an den Vereinigten Staaten zu orientieren.

Sie wissen ja, dass die supranationale Oligarchie unter dem Vorwand der „Bekämpfung von Terrorismus und Piraterie“ versucht, so viele Bürger wie möglich einer totalen, bedingungslosen und unverantwortlichen Kontrolle durch die Bürgergesellschaft zu unterwerfen. Die Vertraulichkeit unserer persönlichen Informationen muss um jeden Preis gewahrt werden. Ich wiederhole: Um jeden Preis!

Gegenwärtig werden in Bulgarien alle Telefonanrufe kontrolliert. Ab nächstem Jahr wollen diejenigen, die in meinem Heimatland das Sagen haben, den vollständigen und bedingungslosen Zugang zu allen Protokolldateien und versandten und empfangenen E-Mails von jedem einzelnen Computer. Das geschieht nicht etwa aus Hilflosigkeit. In Bulgarien und in Europa gibt es genug gut ausgebildete und fähige Spezialisten, die jede Art von Computerkriminalität bekämpfen können. Nein, das geschieht, und ich wiederhole es noch einmal, mit dem Ziel der totalen Kontrolle über die Bürger.

Das Recht auf Freiheit garantiert auch unser Recht auf Menschenwürde. Jeder, der versucht, uns unsere Würde zu nehmen, sollte zur Rechenschaft gezogen und entlarvt werden, statt von den Medien unterstützt zu werden und mit solchen Absichten davonzukommen.

Vor einiger Zeit gab es in Bulgarien eine apathische Diskussion über das Thema der Bürgerrechte in der elektronischen Welt. Die einzige Schlussfolgerung, die damals gezogen wurde, war, dass sich die Bürger unabhängig von ihren Wünschen mit dem arrangieren, was ihnen auferlegt wird. Ich kann allen Bürgern Bulgariens die absolute Garantie geben, dass die Partei Attack bereits mit Beginn ihrer Regierungszeit im nächsten Jahr alle Zugriffe auf Internet-Korrespondenz und die Internet-Überwachung unterbinden wird.

Abschließend möchte ich sagen, dass, wenn unser Recht auf Privatkorrespondenz erst einmal beschnitten ist, es immer so bleiben wird. Selbst dann, wenn die Terroristen anfangen, ihre Post mit Brieftauben zu verschicken. Jeder, der Freiheit gegen Sicherheit eintauscht, verdient weder Freiheit noch Sicherheit. Vielen Dank.

 
  
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  Paul Rübig (PPE-DE). - Frau Präsidentin, sehr geehrte Kommissarin Reding, meine sehr geehrten Damen und Herren! Zuerst möchte ich der Kommissarin gratulieren. Wir haben jetzt die zweite Stufe der Reduktion bei den Roaming-Gebühren in der Sprachtelefonie. Ich glaube, dass sich diese Regulierung in der Praxis sehr gut bewährt hat. Trotzdem werden am Ende der Ferien wieder Schockrechnungen zu unseren Konsumenten kommen, weil im Bereich der SMS und vor allem im Bereich des Datenroamings in Wahrheit im Markt zu wenig Fortschritte gemacht werden.

Deshalb fordere ich auch die Kommissarin auf, hier tätig zu werden und für die europäischen Konsumenten einen europäischen Binnenmarkt zu schaffen. Wir müssen feststellen, dass der europäische Binnenmarkt in diesem Bereich noch nicht funktionsfähig ist und dass es hier dringend erforderlich ist, den europäischen Binnenmarkt einzurichten, insbesondere bei der schrittweisen Einführung eines gemeinsamen flexiblen Frequenznutzungsplans. Eine effiziente Verwaltung dieser knappen Ressource ist ganz besonders wichtig.

Die digitale Dividende ist eine historische Chance, und auch für die Fernsehanstalten wird es wichtig sein, im 3G-Bereich ihre Sendungen verbreiten zu können, sodass wir einen europäischen Medienraum bekommen. Hier gibt es neue Chancen auch im Bereich der europäischen Kommunikation.

Ferner möchte ich darauf hinweisen, dass es wichtig ist, die Beschlüsse der World Radio Conference auch dementsprechend umzusetzen, und ich fordere die Kommission auf – nachdem es hier im BERT nicht vorgesehen ist –, eine eigene Behörde oder eine eigene Gruppe einzurichten, die sich mit diesen Themen auseinandersetzt und kompetente Leitlinien für die Kooperation erlässt.

Ich glaube auch, dass BERT zu 100 % aus Gemeinschaftsmitteln finanziert werden sollte, weil wir ganz einfach eine Behörde oder eine Institution brauchen, die sich für den europäischen Binnenmarkt einsetzt, und weil die Regulatoren in den Mitgliedsländern mehr Rechte in den anderen Ländern erhalten sollten.

 
  
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  Silvia-Adriana Ţicău (PSE).(RO) Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Entwicklung der Informationsgesellschaft beruht auf elektronischen Kommunikationsnetzen und -diensten.

Durch den Übergang vom analogen zum digitalen Fernsehen bis 2012 wird auf europäischer Ebene ein großes Frequenzband frei, wodurch die Entwicklung neuer Technologien und innovativer Lösungen ermöglicht wird, die die europäische Wettbewerbsfähigkeit auf diesem Gebiet anregen werden. Um die digitale Dividende in Europa voll und ganz einzustreichen, unterstützt das Europäische Parlament seine einheitliche, flexible und ausgewogene Vorgehensweise, die einerseits Programmanbietern ermöglicht, ihre Dienstleistungen weiterhin anzubieten und auszuweiten, und andererseits den Anbietern elektronischer Kommunikation erlaubt, über diese Ressource neue, mit wichtigen sozialen und wirtschaftlichen Einsatzgebieten verbundene Dienstleistungen zur Verfügung zu stellen, und die die Tatsache betont, dass die digitale Dividende entsprechend dem Prinzip der technologischen Neutralität verteilt werden soll.

Die Ausnutzung der digitalen Dividende kann bei der Erreichung der Ziele der Lissabon-Strategie helfen, indem sie, besonders für die Menschen in benachteiligten, dezentral gelegenen oder ländlichen Gebieten, die Erbringung besserer und vollständig kompatibler sozialer Dienste, wie E-Government, E-Health und E-Learning, ermöglicht.

Wir erkennen das Recht der Mitgliedstaaten an, über die Verwendung der digitalen Dividende zu entscheiden; wir sind der Meinung, dass ein abgestimmtes Vorgehen der Gemeinschaft den Wert der digitalen Dividende deutlich erhöhen wird und die wirksamste Möglichkeit darstellt, negative Interferenzen zwischen Mitgliedstaaten untereinander und zwischen Mitglied- und Drittstaaten zu vermeiden und den Frequenznutzern einen Zugewinn durch alle Vorteile des Binnenmarktes zu gewährleisten.

Das Verbrauchervertrauen zu den Diensten der Informationsgesellschaft steht und fällt mit der Qualität elektronischer Kommunikationsdienste, ihrer Sicherheit und dem Schutz personenbezogener Daten. Entscheidend ist, dass die nationalen Regulierungsbehörden alle Anbieter elektronischer Kommunikationsdienste konsultieren, bevor sie spezifische Maßnahmen auf dem Gebiet der Sicherheit und Integrität elektronischer Kommunikationsnetze durchführen. Meines Erachtens sollten die Mitgliedstaaten auch Verordnungen erlassen, die die Schaffung eines Marktes für den Handel mit Waren und Dienstleistungen in großem Umfang fördern, der auch für Nutzer mit Behinderungen vorgesehene Funktionen enthält.

 
  
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  Alexander Alvaro (ALDE). - Frau Präsidentin! Dies gibt mir unverhofft die Möglichkeit, auf den Beitrag von Frau Harms einzugehen, was ich mit allergrößtem Vergnügen mache. Denn der Unterschied zwischen Suggestion und Tatsache wird, glaube ich, durchaus in dem Bericht bemerkbar. Wir haben ein Bundesverfassungsgerichturteil, das ein neues Grundrecht geschaffen hat, wesentlich umgesetzt. Das Recht auf die Vertraulichkeit und die Integrität informationstechnischer Systeme ist als Erstes in diesem Gesetzgebungsakt aufgenommen worden. Damit sind wir schneller als jeder andere Mitgliedstaat gewesen, erst recht schneller als mein eigener. Öffentlich zugängliche private Netze sind mit aufgenommen worden, Sachen wie Facebook, Bebo usw., die bis jetzt völlig außerhalb des Anwendungsbereichs zu dieser Richtlinie lagen. Cookies, ähnliche Software oder sonstige Applikationen, die Nutzerdaten ohne vorherige Zustimmung des Verbrauchers quasi nach Hause funken, wird es das in Zukunft nicht mehr geben? Wir haben grundsätzlich die vorherige Zustimmung des Verbrauchers bei allem, was sich auf seinem Rechner, Handy oder sonstigem an Drittanwendungen oder auch an Zugriffsmöglichkeiten befindet. Standortdaten können in Zukunft nur anonym oder mit vorheriger Zustimmung des Verbrauchers erfasst werden. Unerwünschtes Marketing, nervige SMS, dumme E-Mails, sonstige Dinge – all dies wird mit dieser Richtlinie klar ausgeschlossen. Die Benachrichtigung der Datenschutzbehörden wird in Zukunft zwingend sein, sobald irgendeine Behörde persönliche Daten von irgendjemandem abfragt.

Nicht zuletzt haben wir der Benachrichtigungspflicht bei Sicherheitsverletzungen und dem Verlust von Daten einen klareren Rahmen gegeben, als es bis dato der Fall war. Aber weil wir eben auch bei Suggestionen waren: Ich möchte nicht unterschlagen, dass wir darüber nachdenken, wie wir mit IP-Adressen umgehen, weil IP-Adressen – und das darf man nicht durcheinander werfen – nicht diese Daten sind, die gehandelt werden – das sind persönliche Daten, Kreditkartendaten usw. –, und selbst wenn sie es wären – nur um das kurz zu erklären –, ist eine IP-Adresse nicht zwingend ein persönliches Merkmal, zumindest nicht dann, wenn Ihr Kühlschrank nach Hause funkt.

(Die Präsidentin unterbricht den Redner)

 
  
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  Seán Ó Neachtain (UEN).(GA) Herr Präsident! Es ist unerlässlich, dass die Menschen überall, wo sie leben, in großen oder kleinen Gemeinden, auf dem Land oder in der Stadt, Zugang zu Breitbanddiensten und moderner Technologie haben. Wenn sich Unternehmen irgendwo niederlassen, dann brauchen sie dort einen schnellen Internet-Dienst. Wenn in einer Region kein Breitbanddienst verfügbar ist, können weder Investoren angelockt noch Unternehmen dazu gebracht werden, sich dort niederzulassen.

Es ist unabdingbar, dass sich die Regierungen mit der Ungleichheit auseinandersetzen, die bei den digitalen und Breitbanddiensten zwischen den ländlichen und städtischen Gebieten herrscht, um die Wettbewerbsfähigkeit und die Investitionen in solchen Regionen zu gewährleisten. In Irland ist diese Ungleichheit besonders augenscheinlich, denn durch die Existenz des privaten Unternehmens Eircom, das die Internet-Dienste beherrscht, gibt es eine furchtbare Ungleichheit zwischen ländlichen und städtischen Gebieten. Ich möchte, dass das Kommissionsmitglied die Lage sondiert, denn allem Anschein nach sind weder die nationale Regulierungsbehörde noch die Regierung dazu in der Lage.

 
  
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  David Hammerstein (Verts/ALE). - (ES) Offenkundig ist von dem ehrgeizigen Projekt, das die Europäische Kommission vor einem Jahr vorstellte, nur ein schwacher Schatten übriggeblieben. Das ist aus vielen Gründen bedauerlich, da die Verbraucher ein unabhängiges europäisches Management benötigen und keinen Klub nationaler Regulierungsbehörden, die stark von nationalen Marktführern beeinflusst werden.

Die Grünen sind dagegen, die Europäische Behörde für die Märkte der elektronischen Kommunikation als von ihnen selbst finanzierten Klub für die Regulierungsbehörden auszugestalten, dem Transparenz fehlt und für den keine ausreichenden Kontrollmöglichkeiten oder das Vetorecht seitens der Europäischen Kommission existieren. Die Unabhängigkeit des neuen Gremiums ist fragwürdig.

Es ist auch bedauerlich, dass aufgrund des Drucks der großen Telekommunikationsfirmen neue, innovative Unternehmen keinen Zugang zu wichtigen Telekommunikationsinfrastrukturen erhalten, was eine Duplikation der Infrastruktur erforderlich werden lässt.

Die Grünen setzen sich für Technologieneutralität und Operationsentbündelung mit dem Ziel ein, die dominanten Stellungen der staatlichen Telekomgiganten zu beseitigen. Das Europäische Parlament war allerdings zu ängstlich, hat sich durch Lobbys beeinflussen lassen und die Interessen der neuen, innovativeren Unternehmen außen vor gelassen, die die meisten drahtlosen Dienste in Europa zur Verfügung stellen und den Verbrauchern Vorteile bieten.

Ich muss leider feststellen, dass wir eine Chance vertan haben, dem Telekommunikationsmarkt einen viel höheren europäischen Mehrwert zu sichern. Besonders beunruhigen uns einige gefährliche Vorschläge im Bericht Harbour, die ganz klar das Prinzip der Neutralität des Netzes als Kommunikationsmittel beeinträchtigen, in die Privatsphäre des Nutzers eingreifen, die Freiheit des Internet bedrohen und vor allem eindeutig den rechtlichen Rahmen des Telekommunikationspakets bezüglich der Inhalte, bezüglich dessen, was beim geistigen Eigentum rechtmäßig und legal und was unrechtmäßig und illegal ist, und bezüglich der Informationsfilter überschreiten.

Bei diesem Paket geht es um die Infrastruktur des Markts, um die Verbraucher und nicht darum, Internetdienstleister zu digitalen Polizisten zu machen.

 
  
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  Hanne Dahl (IND/DEM).(DA) Frau Präsidentin! In seiner jetzigen Form enthält das Telekommunikationspaket viele gute Maßnahmen. Normalen Verbrauchern wird der Zugang erleichtert, es wird billiger, und gleichzeitig wird der Markt transparenter. Doch das Paket enthält auch einige sehr missliche Aspekte, auf die mein Vorredner bereits hingewiesen hat. Die Suche nach einer Definition für rechtmäßige und unrechtmäßige Inhalte von Websites öffnet der Überwachung, Registrierung und Kontrolle unserer gesamten Internet-Korrespondenz und -Transaktionen Tür und Tor, und dann hätten wir Länder, die wir normalerweise nicht als demokratisch bezeichnen würden!

Wir dürfen eine Registrierung nicht zulassen, so wie wir es den Diensteanbietern auch nicht gestatten dürfen, den Datenverkehr willkürlich einzustellen, nur weil ihn irgendjemand für schädlich hält. Das wäre so ziemlich dasselbe wie wenn wir eine Armada von Inspektoren in die europäischen Postämter schicken würden, um Briefe aus dem Verkehr zu ziehen, deren Inhalt sie als schädlich für den Empfänger ansehen. Denn wer hat das Recht, meine Liebesbriefe zu lesen? Wir müssen dafür sorgen, dass zukünftige Rechtsvorschriften keine elektronischen Zwangsjacken darstellen, sondern einen Rahmen für die Entfaltung der Kultur, der gesellschaftlichen Debatte und des interaktiven Lebens der Zukunft bieten.

 
  
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  Jerzy Buzek (PPE-DE). - (PL) Frau Präsidentin! Zu Beginn möchte ich Kommissarin Reding meine Glückwünsche aussprechen. Ein Jahr nach der Verordnung zum Roaming haben wir schon das nächste Paket, das gerade für die Verbraucher besonders wichtig ist. Ich möchte auch den Berichterstattern gratulieren. Nicht weniger als vier Berichte mussten abgestimmt werden, und diese Koordinierung scheint sehr erfolgreich gewesen zu sein.

Der Verbraucherschutz, auf den in den Verordnungen Bezug genommen wird, die in Malcom Harbours Bericht angesprochen werden, ist sehr eng verbunden mit einer angemessenen Ausschöpfung der digitalen Dividende, auf die die Verbraucher warten. So wie von Kommissarin Reding vorgeschlagen, wird es darauf ankommen, die Nutzung der Frequenzen durch Koordinierung auf europäischer Ebene zu optimieren. Fernsehen und Mobilfunk werden als Hauptbegünstigte der digitalen Dividende vorgeschlagen, aber ich möchte auch die Bedeutung des drahtlosen Internetzugangs hervorheben. Für Millionen von Menschen in vielen Teilen Europas, insbesondere in ländlichen und entlegenen Gebieten, ist das der einzig mögliche Zugang zum Internet. Wenn also das Wirtschaftswachstum des von uns besprochenen Sektors besonders stark ist, sollte ein wesentlicher Teil der sich ergebenden Dividende für drahtlose Breitbanddienste bereitgestellt werden.

Ein zweiter wichtiger Punkt betrifft die Forschung auf dem Gebiet der Optimierung und Zuteilung der Dividende. Sie könnte vom Gemeinsamen Forschungszentrum übernommen werden, und ich möchte die Kommissarin fragen, ob diese Möglichkeit wirklich in Betracht gezogen wird. Die folgenden drei Anforderungen hatten Priorität: Die Verbraucher müssen wählen können, die Verordnungen müssen Investition und Wettbewerbsfähigkeit fördern und der Binnenmarkt muss gestärkt werden. Nach meinem Dafürhalten ist dazu Lobbyarbeit notwendig, nicht nur im Parlament, sondern auch im Rat, d. h. in jedem Mitgliedstaat.

 
  
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  Eric Besson, amtierender Präsident des Rates.(FR) Frau Präsidentin, ich danke Ihnen, dass Sie mir ermöglichen, bereits jetzt schon zu sprechen, und bitte zu entschuldigen, dass ich anschließend nach Paris zurück muss.

Mein Kollege Luc Chatel wird auf viele der gestellten Fragen antworten. Ich werde lediglich einige Ausführungen zu der Feststellung von Herrn Harbour machen, dass keine Diskussion über den Umfang des Universaldienstes stattfindet. Ich möchte dem Berichterstatter zunächst darin zustimmen, dass der Breitbandzugang sowohl in Bezug auf den Zugang zu Wissen als auch zu wesentlichen Diensten eine der Hauptaufgaben für unsere Gesellschaften darstellt. Wie Herr Harbour darlegte, gehört der Breitbandzugang gegenwärtig nicht zum Umfang des Universaldienstes. Die französische Präsidentschaft möchte lediglich die Debatte darüber eröffnen, wie der Breitbandzugang in ganz Europa gewährleistet werden kann.

Wenn man sich die Meinungen der einzelnen Mitgliedstaaten anhört, wird deutlich, dass mehrere Szenarien vorstellbar sind. Erstens die Einbeziehung des Breitbandzugangs in die Universaldienstrichtlinie; die zweite Möglichkeit besteht darin, es den Mitgliedstaaten freizustellen, den Breitbandzugang in ihren Universaldienst aufzunehmen; und drittens eine Zwischenlösung, nach der die Einbeziehung des Breitbandzugangs in den Universaldienst für die Mitgliedstaaten obligatorisch wird, wenn die Breitbandtechnik einen ausreichenden Reifegrad erreicht hat. Wir haben somit die Möglichkeit, unter der französischen Präsidentschaft gemeinsam diese Debatte zu eröffnen und zu versuchen, die Standpunkte einander anzunähern, worum sich auch die Kommission bemüht.

Ich möchte lediglich noch einige Worte an Frau Harms richten: Wir haben nicht vor, die Entwicklung des Internets und den Urheberrechtsschutz in Gegensatz zueinander zu bringen. Im Zeitalter der Konvergenz müssen wir sowohl die Netze als auch die Schaffung von Inhalten fördern, d. h. das Medienschaffen und die Autoren unterstützen. Wie Sie anmerkten, legt Frankreich großen Wert auf das Urheberrecht, aber die französische Präsidentschaft will niemandem das Modell aufzwingen, das wir in Frankreich auf der Grundlage der Vorbeugung und der abgestuften Reaktion entwickeln wollen und das in unserem Land als Gesetz über schöpferische Inhalte im Internet bekannt ist.

Des Weiteren sind wir uns, wie Sie festgestellt haben, der Notwendigkeit zum Schutz der Privatsphäre sowie der personengebundenen Daten voll und ganz bewusst. Dies scheint uns durchaus nicht unvereinbar mit anderen Anliegen zu sein.

 
  
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  Bernadette Vergnaud (PSE).(FR) Frau Präsidentin, meine Herren Minister, Frau Kommissarin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Nach monatelangen Diskussionen, die im Übrigen immer noch nicht abgeschlossen sind, glaube ich sagen zu können, dass wir dank der Arbeit von Herrn Harbour und des Schattenberichterstatters zu einem für die Verbraucher durchaus günstigen Kompromiss gekommen sind. So soll ein besserer Wettbewerb durch eine Reihe von Vorschriften gewährleistet werden, die insbesondere die Betreiber verpflichten, angemessene Vertragslaufzeiten anzubieten und die Übertragung der Rufnummer bei Anbieterwechsel innerhalb eines Arbeitstages tatsächlich umzusetzen.

Was den Schutz betrifft, so müssen die allgemeinen Verbraucherschutzvorschriften auch für den Telekommunikationssektor gelten; es sind Kostenkontrollmechanismen und eine Verbesserung der außergerichtlichen Streitbeilegungsverfahren vorgesehen.

Eine weitere äußerst wichtige Frage ist der Zugang zu Notdiensten und die Übertragung von Angaben zum Anruferstandort, die unabhängig von der verwendeten Technologie verlässlich erfolgen muss.

Auch der Schutz der Privatsphäre gehört zu den Prioritäten ebenso wie der Schutz von Kindern; daher müssen die Anbieter den Teilnehmern kostenlos Filtersoftware zur Verfügung stellen.

Alle diese Fortschritte sollten für einen möglichst großen Nutzerkreis gewährleistet werden. Daher gibt es zahlreiche Maßnahmen zugunsten des gleichberechtigten Zugangs von behinderten Nutzern, von einkommensschwachen Personen, und auch die Bedürfnisse der KMU sind nicht vergessen worden. Der Bericht betont ebenso die Notwendigkeit, den Geltungsbereich des Universaldienstes namentlich auf den Breitbandbereich auszuweiten. Dass diese Frage in die Prioritäten der französischen Präsidentschaft aufgenommen wurde, ist als äußerst positiv zu werten.

Lassen Sie mich nun auf die Frage der Inhalte und des Urheberrechts zu sprechen kommen, die dazu tendierte, alle sonstigen im Text enthaltenen Verbesserungen zu überschatten. Uns war immer daran gelegen, die Teilnehmer generell über die Einhaltung des Urheberrechts zu informieren, wie im ursprünglichen Kommissionsvorschlag vorgesehen. Wir werden bis zur Schlussabstimmung daran arbeiten, die Formulierung der Kompromisse zu verbessern, wobei wir auf die Einhaltung des Grundsatzes der Neutralität des Zugangsangebots achten werden. Bestimmte Änderungen, die an der Richtlinie zur Privatsphäre vorgenommen wurden, sind hingegen wirklich problematisch, und wir werden darauf achten, dass sie gestrichen werden.

Ich möchte meinen Kolleginnen und Kollegen nochmals danken, und ich erwarte konkretere Vorschläge der Präsidentschaft zur Verbesserung dieses Textes bis zur nächsten Plenartagung.

 
  
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  Cristian Silviu Buşoi (ALDE). - (EN) Frau Präsidentin! Das Telekom-Paket ist ein wichtiger Fortschritt auf dem Weg der Modernisierung und Harmonisierung der Telekommunikation in Europa. Ich habe an der Richtlinie über die Rechte der Bürger mitgearbeitet, und gemeinsam mit dem Berichterstatter, Herrn Harbour, konnten wir nach intensiver Arbeit in vielen Fragen einen Konsens erzielen.

Diese Richtlinie wird für einen besseren Schutz der Verbraucherrechte im Bereich der elektronischen Kommunikation sorgen. Die Nummernübertragbarkeit, der Schutz der Privatsphäre und die Sicherheit in der Telekommunikation sind weitere Beispiele für Verbesserungen, die diese Richtlinie bringt.

Wir hatten eine sehr heikle Diskussion zur Netzneutralität. Meiner Ansicht nach wird die extreme Netzneutralität, wie sie in einigen Änderungsanträgen zum Ausdruck kommt, zur Überlastung der Netze und zur Verlangsamung des Datenverkehrs beitragen, die Effizienz senken und die Kosten in die Höhe treiben. Ein Netzmanagement ist erforderlich, damit die Netze effizient und intelligent betrieben und bestmögliche Bedingungen für den Nutzer gesichert werden können. Ich bin sehr froh darüber, dass wir uns auf Änderungen zur Notrufnummer 112 geeinigt haben, und sobald die Richtlinie verabschiedet ist, werden die Mitgliedstaaten weitere Maßnahmen zur Information und Aufklärung der Öffentlichkeit bezüglich der Nutzung der Rufnummer 112 ergreifen. Die Rufnummer 112 wird im gesamten Territorium der EU zugänglich sein, und die Mitgliedstaaten müssen die Verpflichtung zur Übermittlung von Angaben zum Anruferstandort durchsetzen.

Außerdem kann der Zugang zu Notdiensten über die 112 bei wiederholtem Missbrauch durch den Nutzer gesperrt werden, und für Bürger mit Behinderungen wird der Zugang erleichtert.

Ich hoffe zudem, dass der Änderungsantrag zur Einrichtung eines EU-weiten Frühwarnsystems angenommen werden wird. Dieser Änderungsantrag erfordert nicht die Einrichtung einer Agentur in Brüssel, sondern die Formulierung gemeinsamer Standards für das Frühwarnsystem, die gemeinsam durch die zuständigen Behörden in den Mitgliedstaaten erfolgen sollte. Natürlich würde der Alarm auf lokaler Ebene ausgelöst werden, aber dank gemeinsamer Standards wäre sichergestellt, dass alle potenziell betroffenen Bürger der EU diese Nachricht in einer ihnen verständlichen Sprache erhalten würden und damit in der Lage wären, lebensrettende Maßnahmen einzuleiten.

Ich bin davon überzeugt, dass das Telekom-Paket die Bemühungen der Unternehmen zur Verbesserung ihrer Leistungen und Investitionen in neue Technologien unterstützen und gleichzeitig die Verbraucherrechte der europäischen Bürger stärken wird.

 
  
  

VORSITZ: DIANA WALLIS
Vizepräsidentin

 
  
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  Leopold Józef Rutowicz (UEN). - (PL) Frau Präsidentin! Die europäische Gesellschaft und die Welt allgemein sind zunehmend auf die elektronische Kommunikation angewiesen. Sie ist das Nervensystem der Wirtschaft und wird in Bildung, Verwaltung, Gesundheitsversorgung, in den Medien und für das lebenslange Lernen eingesetzt. Neben den enormen Vorzügen birgt die elektronische Kommunikation aber auch eine Reihe von direkten Gefahren für die Bürger, Institutionen und Unternehmen.

Zu den Erwartungen der Bürger, die das System weniger intensiv nutzen, gehört ein breiter Zugang zu den Diensten zu möglichst niedrigen Preisen, z. B. für Roaming-Telefonate zwischen EU-Mitgliedstaaten, sowie die Beseitigung von Risiken, denen sich Nutzer von elektronischen Kommunikationsdiensten gegenübersehen, auf die im Bericht von Malcom Harbour und an anderer Stelle verwiesen wird. Wir müssen diesen Erwartungen auf der Grundlage der modernen Technologie und der Wettbewerbsfähigkeit sowie mit finanzieller Unterstützung der Europäischen Union gerecht werden, insbesondere in ländlichen Gebieten und Gebirgsregionen. Im Hinblick auf die Wechselwirkungen und Verknüpfungen dieser Anforderungen und Regulierungsmechanismen sowie der Wahrnehmbarkeit durch die Öffentlichkeit sollten wir überlegen, ob es vielleicht ratsam wäre, die von uns diskutierten Bestimmungen in einer einzigen Richtlinie zusammenzufassen. Ich möchte allen Berichterstattern für die von ihnen geleistete Arbeit danken.

 
  
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  Kathy Sinnott (IND/DEM).(EN) Frau Präsidentin! Kommunikationskanäle sind für unser Leben in der heutigen Zeit von immenser Bedeutung. Der Zugang zu Breitbanddiensten muss gewährleistet werden, und zwar vor allem in entlegenen Regionen und für Menschen mit Behinderungen wie Sehbehinderte. Während wir die Freiheit genießen, die das Internet bietet, müssen wir uns darüber im Klaren sein, dass diese Freiheit mit Verantwortung verbunden ist.

Ich bin eine engagierte Befürworterin der Netzneutralität. Angesichts der zunehmenden Globalisierung der Welt kommt es darauf an, dass die Menschen die Möglichkeit haben, ungehindert zu kommunizieren. Doch mit dieser Freiheit, die sehr wertvoll ist, muss respektvoll umgegangen werden. Wir müssen uns darüber im Klaren sein, dass das Internet ohne diesen Respekt die Gefahr des Missbrauchs birgt.

Wir haben Maßnahmen gegen einige der schlimmsten Fälle von Missbrauch im Internet wie Pädophilie ergriffen. Doch wir müssen auch etwas gegen andere Arten von Missbrauch unternehmen. Die Internet-Dienstanbieter müssen ebenfalls einen Beitrag leisten, um zu verhindern, dass ihre Plattformen für destruktive Zwecke wie Verleumdung, Hass und Ausbeutung genutzt werden. An die Adresse der Kommissarin würde ich feststellen, dass wir alles in unseren Kräften Stehende tun müssen, um die Freiheit zu schützen und gleichzeitig die Verantwortung im Internet zu fördern.

 
  
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  Jacques Toubon (PPE-DE).(FR) Frau Präsidentin, Herr Minister, Frau Kommissarin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist eine hervorragende Arbeit geleistet worden. Das von unseren Ausschüssen erreichte Ergebnis ist ausgewogen, und Sie haben vollkommen Recht, Herr Ratspräsident, wenn Sie dies umfassend berücksichtigen wollen. Ich möchte daher meinen Kollegen Catherine Trautmann, Pilar del Castillo und Malcolm Harbour zu ihrer Arbeit gratulieren.

Daher fällt es mir leicht, Catherine Trautmann zu sagen, dass ich ihre Auffassung, dass jeder Bezug auf geistige Eigentumsrechte vermieden werden soll, nicht teile. Neben den Plattformen und den Kanälen, von denen wir sprechen, insbesondere in ihrem Bericht, ist doch für uns wichtig, wozu diese Plattformen und Kanäle den Zugang ermöglichen, d. h. der Inhalt. Herr Guardans, Herr Medina und Herr Mavrommatis haben dies sehr treffend zum Ausdruck gebracht, und ich stimme mit ihnen voll überein.

Im Text der Kommission gab es zwei Bezugnahmen auf diese Frage, und sie hätten besser beibehalten werden sollen. Jetzt gibt es Diskussionen zu einem Verweis auf die Richtlinien von 2001 und 2004 zum Urheberrecht und zur Zusammenarbeit zwischen den Betroffenen. Zu welchem Zweck? Zur Förderung von legalen Angeboten, anders gesagt, zu Inhalten, die zur Entfaltung unserer Industrie und unserer kulturellen Vielfalt beitragen. In den Kritiken gegen diese Texte, die sogar hier in unserem Haus Widerhall gefunden haben, ist beispielsweise das Gespenst des Olivennes-Abkommens beschworen worden. Doch das Modell, an dem wir uns orientieren müssen, ist das Memorandum of Understanding, das am 24. Juli von der britischen Regierung, der OFCOM-Behörde und anderen Betroffenen angenommen wurde. Soviel ich weiß, sind dies keine Anhänger der Bürokratie oder der Internetdiktatur.

Es geht darum, die Anwendung der Gesetze in den Mitgliedstaaten nicht zu blockieren, die Vereinbarkeit mit den Menschenrechten zu gewährleisten und die neuen Technologien und die neue Ökonomie nicht daran zu hindern, einen Beitrag zu leisten zu unserer kulturellen Vielfalt, zu unseren Spitzenindustrien, zur Intelligenz und zum Talent der Europäer, die unsere besten Waffen und unsere größten Trümpfe im weltweiten Wettbewerb sind.

 
  
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  Evelyne Gebhardt (PSE). - Frau Präsidentin! Wie Frau Vergnaud möchte ich diesen einen Teil des Berichts von Herrn Harbour begrüßen, der den Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher anbelangt und in dem sehr viele sehr gute Beschlüsse gefasst worden sind. Der universelle Zugang zu diesen Diensten ist eine ganz wichtige Sache, und das kann nicht genug hervorgehoben werden. Dieser Teil hat auch die volle Unterstützung meiner Fraktion, das kann ich Ihnen, Herr Harbour, noch einmal zusichern.

Es gibt allerdings Teile, die müssen nachbearbeitet werden. Das ist ganz richtig. Frau Reding, Sie haben in Ihren Einführungssätzen gesagt, Sie wundern sich, dass das Europäische Parlament den Datenschutz vermindern will. Ich möchte Ihnen dazu sagen: Das gilt nicht für das Parlament – denn das Parlament wird erst in zwei Wochen abstimmen, und erst dann werden wir sehen, welche Position das Parlament in diesen Fragen hat. Bis dahin werden wir all die Dinge, die noch im Argen liegen, nachbearbeiten. Ich verspreche Ihnen, dass es mit unserer Fraktion keine Verminderung des Datenschutzes geben wird. Wenn in den Bereichen Datenschutz, Zugang zum Netz und Netzneutralität im Parlament keine zufrieden stellende Einigung zustande kommt, wird meine Fraktion auch nicht zustimmen können, und dann werden wir sehen, wie wir weiterkommen.

 
  
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  Erna Hennicot-Schoepges (PPE-DE).(FR) Frau Präsidentin, Frau Kommissarin! Ich gratuliere Ihnen zu Ihrem Engagement, und natürlich gratuliere ich ebenso unseren Berichterstattern und besonders Frau Trautmann, die enorme Anstrengungen für diesen Konsens unternommen hat, den sie neutral und ohne sektorale Unterschiede wünschte. Bezüglich der Frequenznutzungsrechte ist hervorzuheben, dass die Investitions- und Amortisierungszeiträume in den einzelnen Sektoren unterschiedlich sind. Durch die Bestimmungen des Textes zur Frequenzzuweisung sowie zur Frequenz- und Lizenzharmonisierung geraten die Satellitenbetreiber jedoch auf Grund des besonderen Charakters ihres Sektors in eine gewisse Rechtsunsicherheit. In dem von der Berichterstatterin vorgeschlagenen neuen Artikel 8a sind zwar Garantien vorgesehen, doch muss dieser Artikel unter Beachtung der Subsidiarität und der ITU-Regeln eindeutiger formuliert werden. Fragen bestehen ebenfalls noch zum Inhalt und zum Umfang des Verhandlungsmandats der Kommission.

Bezüglich des Berichts von Herrn Harbour möchte ich einen Aspekt der in Artikel 1 Nummer 2 Buchstabe b festgelegten Definition des öffentlich zugänglichen Telefondienstes ansprechen. Sie dürfte in Übereinstimmung mit der in der Richtlinie zur Privatsphäre enthaltenen Definition nur für zweidirektionale Dienste gelten. Voice over Internet Protocol (VoIP) oder Spielkonsolen können keinesfalls den herkömmlichen Telefondiensten gleichgesetzt werden. Eine solche Gleichstellung würde zu einem Rechtsrahmen führen, der die Innovation behindern und uninformierten Nutzern Instrumente in die Hand geben würde, mit denen sie für bestimmte Verwendungszwecke nicht umgehen könnten, wie z. B. das Absetzen eines Notrufs von einer Spielkonsole aus, mit der eine eindirektionale Verbindung hergestellt werden kann. Daher muss die Definition auf zweidirektionale Dienste beschränkt werden.

Was das Urheberrecht betrifft, so stimme ich mit allen meinen Kollegen überein, die dieses Problem angesprochen haben.

 
  
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  Francisca Pleguezuelos Aguilar (PSE). - (ES) Zunächst möchte ich die Berichterstatter zu ihrer guten Arbeit beglückwünschen. Diese Reform erreicht die gesteckten Ziele, ihr gelingt die Anpassung an eine neue Zeit und neue Herausforderungen, sowohl für Unternehmen als auch für die Verbraucher.

Lassen Sie mich aber noch bei einem bestimmten Punkt des Berichts Harbour verweilen. Es stimmt, dass der Berichterstatter hervorragend gearbeitet hat, aber ich denke, wir sollten in dieser Richtlinie nicht die Gruppe der letzten Änderungsanträge zum Netzinhalt angehen, denn kurz gesagt, ermöglichen diese Änderungsanträge den Anbietern von Vermittlungsdiensten, Inhalte aus dem Netz zu filtern und zu blockieren, wodurch die Verbraucher letztlich ihre Anonymität verlieren.

Meine Damen und Herren, diese Position läuft Artikel 12 der E-Commerce-Richtlinie zuwider, die bereits vorsieht, dass Anbieter von Vermittlungsdiensten sich bei der Übermittlung elektronischer Informationen wie neutrale Zwischeninstanzen zu verhalten haben.

In einem Rechtsstaat können keine Vorschriften zum Netz erlassen werden, die sich bei anderen Formen der Kommunikation verbieten. Daher bitte ich Herrn Harbour, diese Änderungsanträge zurückzunehmen, damit das Gleichgewicht zwischen dem Urheberrecht und den Rechten der Internetnutzer wieder hergestellt wird.

 
  
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  Zita Pleštinská (PPE-DE).(SK) Ich möchte zunächst den Berichterstattern für die hervorragend vorbereiteten Berichte danken. Da die Arbeit an Paketen von Rechtsvorschriften nie leicht ist, schätze ich ihre Schlüssigkeit umso mehr.

Ich möchte ebenfalls unterstreichen, dass das wichtigste Ziel dieses Pakets darin besteht, den Verbrauchern bei der Nutzung von Mobiltelefonen und Breitbandinternet oder Kabelfernsehen bessere Kommunikationsdienstleistungen zu bieten. Ich denke, dass die Verbraucher dank unserem Berichterstatter Malcolm Harbour dann besser und schneller informiert sein dürften.

Wenn sich die Verbraucher zu einem Anbieterwechsel entschließen, fehlt es oft an vergleichbaren Angeboten, und die Übertragung der Nummer dauert noch immer unangemessen lange. Daher begrüße ich den Bericht von Malcolm Harbour, auf dessen Grundlage Anbieter den Verbrauchern transparente und vor allem vergleichbare Preise liefern müssen und der Anbieterwechsel unter Beibehaltung der bisherigen Nummer innerhalb nur eines Tages möglich sein wird.

Obwohl ich es niemandem wünsche, je die Notrufnummer 112 wählen zu müssen, sollte betont werden, dass der Rettungsdienst laut dieser Richtlinie Zugang zu Informationen über den Standort des Anrufers erhalten wird und dadurch schneller und wirksamer Hilfe leisten kann.

Der Umstieg auf den digitalen Sendebetrieb macht ein Spektrum frei, in dessen Rahmen auch die entlegensten Gebiete der EU in der Zukunft mit einem Internetanschluss versorgt werden könnten. Frau Kommissarin, ich denke, die Kommission wird dafür Sorge tragen, dass diese „digitale Dividende“ im Interesse jedes Nutzers so effektiv wie möglich genutzt wird.

 
  
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  Stavros Lambrinidis (PSE).(EL) Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir leben in einer Welt, in der sich jeder – Regierungen, Unternehmen und Kriminelle gleichermaßen – größtmöglichen und möglichst ungehinderten Zugang zu unseren elektronischen Daten verschaffen möchte.

Daher müssen jegliche Änderungen an der Richtlinie über den Schutz der Privatsphäre in der elektronischen Kommunikation genau dem gerecht werden, was ihr Titel besagt: den größtmöglichen Schutz unserer personenbezogenen Daten und unserer Privatsphäre sicherzustellen.

Ich bin deshalb gegen jeden Versuch, die Definition der personenbezogenen Daten von europäischen Bürgern abzuschwächen, denn sie werden durch das Gesetz geschützt, weil sie personenbezogen sind. Die gewünschten Ausnahmen, besonders für IP-Adressen, stellen verkappte Verstöße gegen geltendes europäisches Recht dar.

Weiterhin bin ich auch nicht der Ansicht, dass die Anbieter von Internetdiensten selbst darüber zu befinden haben sollten, welche Verstöße gegen die Sicherheit ihrer Netzwerke eine Gefährdung ihrer Nutzer darstellen und welche nicht. Nicht sie sollten die Entscheidung treffen, wann die Nutzer und die Behörden bei grob fahrlässigem Handeln informiert werden.

Ich respektiere die Rolle und den Beitrag der privaten Unternehmen, aber es darf nicht zugelassen werden, dass die Internetgiganten die Gesetze diktieren, die sich Europa zum Schutz der Grundrechte seiner Bürger gibt.

 
  
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  Ruth Hieronymi (PPE-DE). - Frau Präsidentin! Vielen Dank allen Berichterstattern für ihre wirklich hervorragende Arbeit. Aber ich möchte hier zwei Punkte ansprechen. Die Europäische Union ist nicht nur eine Wirtschaftsgemeinschaft, sondern auch eine Wertegemeinschaft, und deshalb ist der private Datenschutz ein zentrales Anliegen. Aber gleichzeitig dürfen der technische Fortschritt und der Schutz kultureller und kreativer Werke nicht zueinander im Widerspruch stehen. Beide sind entscheidende Wettbewerbsfaktoren für die Zukunft. Deshalb bitte ich gemeinsam mit vielen Kollegen, die sich heute gemeldet haben, nachdrücklich um eine Stärkung der Position der Rechteinhaber, derjenigen, die ihr Urheberrecht geschützt haben wollen. Alle anderen brauchen diesen Schutz nicht; deshalb die Einführung von Kooperationsmodellen mit den Internetprovidern. Ein Schritt in diese Richtung entspricht der Konvergenz der Technologie, auch der Konvergenz der Stärkung des Urheberrechts.

 
  
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  Katerina Batzeli (PSE).(EL) Frau Präsidentin, Frau Kommissarin! Bei der Verwaltung und Zuweisung von Sendefrequenzen müssen wir sicherstellen, dass alle Bürger vollen und effizienten Zugang zu diesem öffentlichen Gut erhalten.

Die Vorschläge zu Sendefrequenzen und digitaler Dividende in den Berichten von Catherine Trautmann und Patrizia Toia geben der Diskussion von Anfang an ein festes Fundament. Sie verweisen zuallererst auf die soziale, kulturelle und demokratische Bedeutung und auf die neuen Möglichkeiten, die die digitale Dividende eröffnet und die wir den europäischen Bürgern anbieten sollten.

Die Diskussion über die digitale Dividende sollte sich nicht auf die Wahl zwischen Schwarz und Weiß, zwischen Kommerzialisierung und sozialem Nutzen reduzieren. Was wir aber auf der Ebene der Gemeinschaft unschwer erreichen können, sind Maßnahmen, mit denen auf nationaler Ebene konkrete Strategien festgelegt werden, die es allen Mitgliedstaaten ermöglichen, Ziele öffentlichen Interesses zu setzen und diese zu erreichen und zu koordinieren.

Aber das neue Konzept der Kommission, das stärkere Harmonisierung auf der EU-Ebene bezüglich der Frequenzzuweisung aufgrund allgemeiner Verwaltungskriterien, wie das Prinzip der Neutralität der Dienste und die Ausweitung des Prinzips einer Allgemeingenehmigung, bevorzugt, scheint den öffentlichen Charakter der Sendefrequenzen zu ignorieren und den kommerziellen Aspekt in den Vordergrund zu stellen.

Deshalb meine ich, dass wir nicht zustimmen dürfen und die von unseren Berichterstattern eingebrachten Vorschläge weiterverfolgen müssen.

 
  
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  Dumitru Oprea (PPE-DE).(RO) In Anbetracht der Tatsache, dass digitale Technologie vielerorts noch immer entweder vollkommen fehlt oder wegen fehlender Infrastruktur kein Zugang zu digitalen Diensten besteht, gibt es dank des hier diskutierten Berichts durch die bestmögliche Ausnutzung der digitalen Dividende eine Möglichkeit, die Anwendung von Breitbandtechnologien in ländlichen, isolierten oder benachteiligten Gebieten in größerem Maßstab zu stimulieren.

Ich unterstütze die Beschleunigung der Ausarbeitung nationaler Strategien bezüglich der digitalen Dividende, bei der die Mitgliedstaaten, unter ihnen Rumänien, in Rückstand geraten sind, die Maßnahmen für einen schnelleren und einfacheren Zugang der Bürger zu vollständig kompatiblen sozialen Diensten, vor allem zum Bildungs-, Berufsbildungs- und Gesundheitssystem, durchführen sollen.

Wir weisen auf die nötige Sorgfalt hin, die zur Absicherung der größtmöglichen Transparenz bei der Neuzuweisung freigewordener Frequenzen und den Investitionen in Infrastrukturen der nächsten Generation erforderlich ist, damit alle Staaten der Europäischen Union Zugang dazu erhalten können.

 
  
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  Arlene McCarthy (PSE).(EN) Frau Präsidentin! Als Vorsitzende des Ausschusses für Binnenmarkt und Verbraucherschutz (IMCO) möchte ich diese Gelegenheit nutzen und Herrn Harbour sowie den Schattenberichterstattern für die Erarbeitung eines Berichts danken, den das Parlament, wie ich hoffe, als ausgewogenen und umsetzbaren Vorschlag für den Bereich der Universaldienste betrachten wird.

Ich möchte die Aufmerksamkeit des Hauses auf eine Bestimmung lenken, die ich vorgeschlagen habe und die der Ausschuss befürwortet hat. Dabei geht es darum, die Einrichtung einer Hotline für vermisste Kinder unter der Rufnummer 116000 für alle Mitgliedstaaten verbindlich vorzuschreiben. Die Kommissarin wird wissen, dass einem unlängst veröffentlichten Bericht zufolge 18 Monate nach Einführung der Rufnummer Anfang 2007 lediglich sieben Mitgliedstaaten eine Hotline für vermisste Kinder eingerichtet haben. Der Ansatz der Freiwilligkeit hat ganz klar versagt. In Europa verschwinden jedes Jahr annähernd 130 000 Kinder.

Diese Zahl macht deutlich, dass dies ein Bereich ist, in dem Europa helfen kann, handeln muss und vermisste Kinder identifizieren, aufspüren und finden muss. Deshalb fordere ich die Kommission und die Mitgliedstaaten dringend auf, diese Bestimmung zu befürworten, die Einrichtung der Hotline für vermisste Kinder zu beschleunigen und die europäischen Anstrengungen zur Schaffung eines EU-weiten Warnsystems für vermisste Kinder – eines „Amber-Alert-Systems“ – in großem Umfang zu unterstützen.

 
  
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  Pierre Pribetich (PSE).(FR) Frau Präsidentin! Ich möchte Frau Trautmann, Frau Pilar del Castillo, Frau Toia und Herrn Harbour zu der Qualität der von ihnen geleisteten Arbeit gratulieren.

Die volle Ausschöpfung der digitalen Dividende? Das ist in der Tat die Frage. Die Nutzung des Digitalrundfunks setzt zweifelsohne Frequenzen frei und wird dies weiterhin tun. Ich verwende dabei bewusst die Gegenwarts- und die Zukunftsform, um hervorzuheben, dass diese Entwicklung sich nicht schlagartig wie auf ein Kommando hin vollziehen wird, was bei den Überlegungen der einzelnen Betroffenen oft vergessen wird. Zudem dürfte der Umfang der erforderlichen Investitionen, um in den Genuss dieses unverhofften Geldregens von 250 Milliarden zu kommen, zahlreiche Investoren abschrecken. In unseren Politiken muss daher die Verteilung dieser Behinderungsfaktoren berücksichtigt werden.

Ich möchte diese recht kurze Redezeit nutzen, um darauf zu verweisen, dass dringend eine europäische Frequenzpolitik festgelegt werden muss, wobei das Parlament als ein wichtiger Akteur einzubeziehen ist, der sich der aus der Physik der elektromagnetischen Wellen und aus der Spektrumsverwaltung resultierenden Begrenzungen bewusst sein muss, der die Rolle der Normungsgremien für die optimale Nutzung dieser knappen Ressource achten und dabei stets das Allgemeininteresse unserer europäischen Mitbürger berücksichtigen muss.

Weiterhin möchte ich die Frau Kommissarin darauf aufmerksam machen, dass die Entwicklung von Glasfasernetzen – um mit Jean Cocteau zu sprechen – natürlich eindringlicher Liebeserklärungen bedarf, aber ebenso greifbarer Liebesbeweise in Form von im Haushalt vorgesehenen Finanzmitteln zu ihrer Umsetzung, damit diese Breitbandnetze Wirklichkeit werden und so eine digitale Kluft in Europa verhindert wird.

 
  
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  Luc Chatel, amtierender Präsident des Rates.(FR) Frau Präsidentin! Zum Abschluss dieser Aussprache möchte ich zunächst Ihnen, sehr verehrte Abgeordnete, danken, denn ich finde, dass sowohl das Niveau Ihrer Beratungen wie auch Ihr Engagement bei diesem Thema von der Bedeutung der Telekommunikation in den gegenwärtigen europäischen Debatten zeugen. Wir suchen gegenwärtig in Europa nach wirtschaftlich strategischen Themen, die unsere Mitbürger berühren. Der Telekommunikationssektor stellt eindeutig eine wichtige strategische Herausforderung dar – Sie haben seine möglichen Auswirkungen auf Europas Wachstum hervorgehoben –, doch er betrifft zugleich Fragen, die das tägliche Leben unserer Mitbürger berühren; und genau solche Themen braucht Europa. Im Grunde genommen verleiht die Telekommunikation Europa so etwas wie ein menschliches Antlitz.

Ich bin erfreut über den breiten Konsens, den ich zum Abschluss dieser Aussprache zwischen dem Parlament und dem Rat feststellen kann, insbesondere zur Verbesserung der Spektrumsverwaltung, zur Verstärkung des Verbraucherschutzes, zur Begrenzung der Anwendung der Funktionstrennung, um deren Generalisierung zu vermeiden, wobei dies eine Frage ist, die mehrfach angesprochen wurde. Hingegen ist festzustellen, dass unsere Organe an einer Reihe von Fragen noch weiter arbeiten müssen, um einen Kompromiss zu finden. Dabei denke ich natürlich an die Einführung eines Vetorechts der Kommission gegen Abhilfemaßnamen sowie an die Rechtsform und die Finanzierung einer Alternative zur Europäischen Regulierungsbehörde, denn zu ihrer Rolle und zu ihrem Kompetenzbereich scheint es zwischen Parlament und Rat übereinstimmende Meinungen zu geben.

Lassen Sie mich rasch noch auf drei Fragen eingehen, und zwar erstens genau die Frage der Finanzierung dieses mehrfach erwähnten neuen Gremiums. Wie Sie wissen, meine Damen und Herren Abgeordnete, haben sich die Mitgliedstaaten noch nicht im Einzelnen zu dieser Frage entschieden, wobei feststeht, dass die Art der Finanzierung ganz wesentlich von der Rechtsform und den diesem Gremium übertragenen Vollmachten abhängt. Wie Sie auch wissen – ich habe dies vorhin erwähnt –, hat eine Mehrheit der Mitgliedstaaten noch Vorbehalte gegen die Vorstellung, ein weiteres Gremium zu schaffen. Der Rat muss daher ein Abwägung der heute Nachmittag dargelegten Optionen vornehmen.

Was die ebenfalls angesprochene Frage der Netze der neuen Generation betrifft, so denke ich, wie dies Frau Trautmann zu Recht nachdrücklich hervorgehoben hat, dass es zur Förderung neuer Netze, der Netze der neuen Generation, in erster Linie erforderlich ist, den Wettbewerb weiter zu unterstützen, insbesondere den Infrastrukturwettbewerb, der Anreize für Investoren schafft und der die Risikoteilung zwischen den einzelnen Marktteilnehmern fördert. Wie Ihnen bekannt ist, werden im Rat dazu gegenwärtig Überlegungen angestellt. Diese Fragen müssen dringend in Angriff genommen werden, denn sie machen ergänzende und kurzfristigere Maßnahmen erforderlich. Wie Sie wissen, gibt es einen diesbezüglichen Empfehlungsvorschlag der Kommission, und vielleicht könnte die Frau Kommissarin einige nähere Ausführungen dazu machen.

Die dritte Frage, auf die ich eingehen möchte, ist ebenfalls von mehreren Rednern angesprochen worden und betrifft – wie könnte es anders sein – den Schutz personenbezogener Daten sowie generell Aspekte bezüglich der Inhalte im Verhältnis zu den Übertragungskanälen. Eric Besson hat bereits einige Ausführungen zu dieser Frage gemacht. Wie ich denke, hat die französische Präsidentschaft nicht die Absicht, einen Gegensatz zwischen beiden zu konstruieren oder ein Modell vorzuschreiben. Ich war beeindruckt von den Redebeiträgen einer Reihe von Rednern heute Nachmittag, die ausführten, dass wir, wenn wir diese neue Wirtschaft, diese künftige Wachstumsquelle aufbauen, dies natürlich für die europäische Wirtschaft tun, aber auch, um unserer Kultur, unseren Kulturschaffenden zu ermöglichen, ihre Präsenz auf der globalen Bühne zu verstärken. Meiner Meinung kann man daher diese beiden Fragen nicht voneinander trennen, obwohl ich weiß, dass in anderen Gremien ebenfalls wichtige Debatten zu diesem Thema im Gange sind. Man muss sich stets vor Augen halten, dass die Modernisierung der Infrastruktur ebenfalls darauf abzielen muss, die Verbreitung unserer Inhalte sowie den Schutz des Urheberrechts zu fördern, um das kulturelle Schaffen in der Europäischen Union zu erhalten.

Damit, Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, bin ich am Ende meiner Ausführungen, die ich zum Abschluss dieser Aussprache machen wollte.

 
  
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  Viviane Reding, Mitglied der Kommission.(FR) Frau Präsidentin! Was wollen wir erreichen? Wir wollen, dass alle Bürger, wo sie auch wohnen und wohin sie auch fahren, raschen Zugang zu sicheren Mehrfachdiensten zu erschwinglichen Gebühren haben. Wir wollen, dass alle Bürger Zugang zu reichhaltigen Inhalten haben, die die kulturelle Vielfalt Europas widerspiegeln.

Wir wollen, dass strategisch bedeutsame Unternehmen durch die Entwicklung neuer Infrastrukturen und einer breiten Palette von Inhalten zu wirtschaftlichem Wachstum und zur Schaffung von Arbeitsplätzen beitragen. Und wir wollen, dass ein unbehinderter Binnenmarkt entsteht, der Europa zum Kontinent der Netzanbindung, der Kommunikation und der neuen Technologien macht, doch wir hoffen auch, dass Europa eine führende Rolle beim Schutz der Verbraucherrechte und der Privatsphäre der Bürger spielt. Das ist es, was wir alle hier wollen, und ich denke, dass die zahlreichen unterschiedlichen Meinungen, die vom Parlament zum Ausdruck gebracht wurden, in diese Richtung tendieren und die Annahme von ausgewogenen Entscheidungen fordern, damit ein Konsens gefunden werden kann.

Natürlich ist all dies nur durch die Arbeit der Berichterstatter möglich geworden. Ich möchte ihnen meine Hochachtung aussprechen, weil ihnen oft die Quadratur des Kreises gelungen ist. Unsere Berichterstatter, aber auch die Ausschüsse und die Koordinatoren haben ausgezeichnete Arbeit geleistet.

In den kommenden Wochen müssen wir alle – die Kommission, der Rat, das Parlament – versuchen, daraus ein lebendiges Projekt zu machen, ein Projekt, das fähig ist, unseren Kontinent voranzubringen und einen Konsens zwischen dem Rat und dem Parlament herzustellen. Ich und meine Kollegen von der Kommission werden als „ehrliche Makler“ fungieren, um dies möglich zu machen.

 
  
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  Catherine Trautmann, Berichterstatterin.(FR) Frau Präsidentin! Zum Abschluss dieser Aussprache möchte ich dem Rat und der Frau Kommissarin dafür danken, dass Sie uns aufmerksam zugehört haben, was Ihnen ermöglicht hat, den breiten Konsens, die sehr große Meinungsübereinstimmung unseres Parlaments zum Telekom-Paket festzustellen.

Es gibt in unserem Leben wohl nichts Alltäglicheres als ein Mobiltelefon, einen Fernseher oder die Möglichkeit zu kommunizieren. Mit der Einheitlichen Akte ist der freie Personen- und Warenverkehr zu einem Grundrecht, einer Grundfreiheit geworden. Auch die Kommunikation ist, wie Herr Paasilinna vorhin feststellte, ein Grundrecht, ein Weg, um Europa eine Seele zu verleihen, seine Existenz zu verstetigen und die Bürger miteinander zu verbinden. Daher müssen wir den notwendigen Ehrgeiz aufbringen, dieses Telekom-Paket zu einem Erfolg zu machen.

Deshalb fordere ich den Rat auf, sich nicht in Richtung auf einen Kompromiss oder die Bereitschaft zu einem Kompromiss zu bewegen, der die Punkte, zu denen wir Einigkeit erzielen konnten, zu stark beeinträchtigen könnte. Unserer Meinung nach haben wir unsererseits und mithilfe meiner Kollegen Malcolm Harbour, Pilar del Castillo, Alexander Alvaro und anderen – es wäre unmöglich, sie alle aufzählen zu wollen – bereits viel auf der Grundlage von Vernunft und gemeinsamem Willen erreicht.

Als Antwort auf die kritischen Bemerkungen, die Herr Toubon vorhin an meine Adresse gerichtet hat, möchte ich sagen, dass man mir nicht vorwerfen kann, ich wolle die notwendige Unterstützung für das kulturelle Schaffen in Europa nicht berücksichtigen. Ich bin vielmehr der Ansicht, dass dieses Schaffen eine starke Innovationskraft, einen Reichtum und einen geistigen Mehrwert darstellt, die in unserer heutigen Welt unabdingbar sind.

Doch wir müssen auch die Freiheit berücksichtigen, die wir mit unseren Texten gewährleisten müssen – wir haben äußerst wichtige Texte zum Schutz personengebundener Daten angenommen, und wir waren die Einzigen in der Welt, die dies in der heutigen Zeit getan haben. Wir müssen die beiden Aspekte miteinander in Einklang bringen. Es gibt keinen Gegensatz zwischen ihnen: Das Ziel ist das gleiche, nämlich sowohl die schöpferische Freiheit als auch die Freiheit jedes Einzelnen zu wahren. In diesem Sinne wird es uns gelingen, unsere Vorschläge noch weiter zu verbessern.

 
  
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  Pilar del Castillo Vera, Berichterstatterin. (ES) Frau Präsidentin! Ich möchte in meiner abschließenden Rede dem Rat für seine verständnisvolle Haltung danken, die sich auch heute wieder zeigte. Ich möchte auch der Kommission sehr danken, insbesondere auch der Kommissarin für die Sensibilität, die sie stets durch ein – wie ich es nennen würde – unerschütterliches Eintreten für einen stärker wettbewerbsorientierten Markt für elektronische Kommunikation und Verbraucherschutz demonstriert hat. Vor allem möchte ich auch allen meinen Kollegen meinen Dank ausdrücken, die heute hier, so wie an vielen Tagen in der Vergangenheit, gezeigt haben, wie sehr ihnen der Stellenwert dieses Sektors für das Wirtschaftswachstum in Europa und damit für Beschäftigung und Wohlstand aller europäischen Bürger bewusst ist.

Ich möchte jetzt nur den Rat bitten, in diesem Endstadium und bis zum Ende der gegenwärtigen Ratspräsidentschaft diesem Telekompaket mindestens dieselbe Priorität wie der Energie einzuräumen – mir ist bekannt, wie wichtig Energie ist, aber dieses Paket ist nicht weniger wichtig –, damit wir von der erreichten ausgeglichenen Position aus, auf die sich soeben meine Kollegin Trautmann bezogen hat, voranschreiten können.

Das Parlament macht eine Reihe von Vorschlägen, die meiner Ansicht nach im Allgemeinen recht ausgewogen sind und in den Verhandlungen mit dem Rat und der Kommission zu einem befriedigenden Ergebnis führen werden. Vielen Dank. Wir setzen in dieser Sache große Hoffnungen auf die Präsidentschaft.

 
  
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  Patrizia Toia, Berichterstatterin. − (IT) Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Auch ich möchte mich bei allen Schattenberichterstattern bedanken und lediglich auf zwei Punkt hinweisen. Es wurde hier von dem konkreten Ansatz gesprochen, den wir verfolgt haben. Darin besteht meines Erachtens das unsere gesamte Arbeit kennzeichnende Merkmal, ob es sich um die bereits erzielten Übereinkünfte handelt oder um diejenigen, die noch bevorstehen.

Konkreter Ansatz heißt, dass wir nicht nur die auf dem Spiel stehenden Interessen, den Stellenwert der einzelnen Industrien, die Arbeitsleistung der Beschäftigten dieses Sektors und mithin dessen Gewicht in der europäischen Gesamtwirtschaft sachlich betrachtet haben, sondern ebenso die Rolle des Bürgers, des Verbrauchers, angefangen bei denen, die besonders benachteiligt sind und aus der digitalen Umstellung Nutzen ziehen könnten, sofern ihnen bei diesem Übergang geholfen wird. In einigen Ländern, auch in Frankreich, laufen in diesem Zusammenhang zwar Informations- und Unterstützungskampagnen, ohne beratende Betreuung könnten diese Bürger jedoch möglicherweise Schwierigkeiten haben.

Wir sind also so vorgegangen, dass wir die Dinge unter dem Gesichtspunkt des Verbrauchers bzw. des Nutzers betrachteten, unter dem Aspekt der Möglichkeit neuer Dienste, auch Telekommunikationsdienste, die den neuen Anforderungen, der Notwendigkeit, umfassender informiert, in das große Informationsnetzszenario stärker integriert zu sein, besser gerecht werden. Eine solche Vorgehensweise Europas, nämlich den Markt auch unter dem Blickwinkel des Verbrauchers zu sehen, bedeutet ein bürgernahes Europa, und die Initiative hinsichtlich der Roaming-Kosten hat meines Erachtens Europa ein positives Image in den Augen vieler Bürger und Jugendlicher verliehen, die möglicherweise gar nicht voll erfasst haben, welche Rolle dies bei den konkreten Entscheidungen spielen könnte, was ihr Leben, ihre Finanzen und auch ihr persönliches Budget anbelangt.

Der zweite Punkt betrifft ein ausgewogenes Konzept, ein Konzept, bei dem es meines Erachtens um ein Gleichgewicht sowohl zwischen den zahlreichen Interessen, die auf dem Spiel stehen und die sogar, wie die von Frau Trautmann angeführten, entgegengesetzt sein können, als auch zwischen der Vielzahl der betroffenen Sektoren geht: und hier denke ich an die digitale Dividende. Dass im Rahmen einer Zusammenkunft zwischen Vertretern des Ausschusses für Kultur und Bildung und des ITRE-Ausschusses gesagt worden ist, es bestehe Raum für die verschiedenen Akteure vom Telekommunikations- bis hin zum audiovisuellen Sektor, bedeutet meiner Meinung nach, dass wir auch hier um einen ausgewogenen Ansatz bemüht waren, und zwar hoffentlich mit Erfolg.

Abschließend wünsche ich mir einen starken europäischen Ansatz. Mir wäre es völlig unbegreiflich, wenn durch die berechtigten Forderungen nach Einhaltung des Subsidiaritätsprinzips, d. h. nach Achtung der unveräußerlichen Zuständigkeiten der Mitgliedstaaten, verhindert werden sollte, dass jener zusätzliche Nutzen zur Geltung gebracht wird, dessen Aufwertung Europa unbedingt gelingen muss. An die Kommission und den Rat möchte ich appellieren, die Fähigkeit herauszustellen, zu koordinieren, zu harmonisieren sowie – in meinen Augen – als politischer Wegweise Europas zu fungieren.

 
  
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  Malcolm Harbour, Berichterstatter. − (EN) Frau Präsidentin! Ich befinde mich in der untypischen Situation, dass ich in dieser wichtigen Aussprache das letzte Wort habe, deshalb möchte ich abschließend ein paar Ausführungen allgemeiner Art machen.

Doch zunächst möchte ich, was meinen eigenen Bericht betrifft, den zahlreichen Kollegen danken, die einen Beitrag geleistet und unseren Ausschuss in seiner Entschlossenheit bestärkt haben, diese Verbesserungen vorzunehmen und durchzusetzen. Ich möchte meinen Kollegen versichern, dass wir an diesen weiteren Verbesserungen arbeiten werden, und zwar vor allem im Bereich des Datenschutzes, zu dem wir heute Morgen ein sehr erfolgreiches Treffen hatten. Ich denke, wir können diesbezüglich eine Einigung erzielen. Was die Frage der Benachrichtigung im Falle von Sicherheitsverletzungen angeht, so ist hier, das wird niemanden überraschen, noch eine Menge zu tun, denn wir haben uns dieser Sache gerade erst angenommen. Ich möchte die Kommission, die bereits mitgearbeitet hat, einladen, uns bei der abschließenden Formulierung des Entwurfs zu unterstützen, denn schließlich war diese Problematik in ihrem ursprünglichen Vorschlag nicht enthalten.

Mit einem weiteren Punkt, den ich ansprechen möchte, wende ich mich an Frau Harms, da sie als einzige Vertreterin der Partei der Grünen anwesend ist. Ich war äußerst erstaunt, von ihrem Kollegen David Hammerstein Mintz, mit dem ich mich sehr gut verstehe, zu hören, dass er in meinem Bericht eine Gefahr für die Netzneutralität sieht. Wir haben mit hohem Zeitaufwand einen neuen Vorschlag erarbeitet, um den Regulierungsbehörden die Möglichkeit zu geben einzugreifen, wenn sie eine Verletzung der Netzneutralität feststellen. Trotzdem kommt Herr Hammerstein Mintz in diesen Saal und erklärt mir, ohne vorher mit mir zu sprechen oder eine Alternative anzubieten, dass mein Bericht gefährlich ist. Dazu kann ich an die Adresse von Frau Harms nur sagen, dass es für die Verbraucher tatsächlich gefährlich wird, wenn die Fraktion der Grünen weiterhin Panik verbreitet und unseren Bericht verteufelt, denn damit gefährden sie auch alles andere. Ich lade sie herzlich ein, sich mit uns an einen Tisch zu setzen und uns zu sagen, weshalb unser Bericht gefährlich ist. Vielleicht können wir ihre Bedenken ausräumen. Sicher erhalten viele von Ihnen täglich Emails. Ich habe eine erhalten, in der mir mitgeteilt wurde, dass dieser Bericht die Netzneutralität gefährdet. Ich kann Ihnen nur versichern, dass wir bemüht sind, das Gegenteil zu erreichen.

Abschließend möchte ich feststellen, dass wir alle eine riesige Verantwortung tragen und der französischen Präsidentschaft helfen müssen, eine Einigung zu erzielen. Diesen Punkt möchte ich unterstreichen. Da draußen in der realen Welt herrscht große Verunsicherung, gerade bei denjenigen, die drauf und dran sind, riesige Investitionen zu tätigen – in die Netzwerke der nächsten Generation. Sie sind an einer baldigen Verabschiedung dieses Pakets interessiert. Dazu können wir durch unsere weitere erfolgreiche Zusammenarbeit einen Beitrag leisten. Das ist wirklich eine große Verantwortung. Ich kann von meiner Seite aus versprechen – und ich weiß, dass sich meine Kollegen in dieser Sache anschließen werden –, dass wir nichts unversucht lassen werden, um erfolgreich mit der französischen Präsidentschaft zusammenzuarbeiten. Ich möchte Herrn Chatel und Herrn Besson für ihr enormes Engagement in diesem ganzen Prozess und ihr großes Fachwissen meine besondere Anerkennung aussprechen. Ich bin sicher, dass es uns gemeinsam gelingen wird, dieses Paket binnen kürzester Zeit zu verabschieden.

 
  
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  Die Präsidentin. − Die Aussprache ist geschlossen.

Die Abstimmung findet während der nächsten Plenartagung statt.

Schriftliche Erklärungen (Artikel 142)

 
  
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  Ivo Belet (PPE-DE), schriftlich. – (NL) Das neue Telekommunikationsrecht, über das wir heute sprechen, hat für uns alle als Internet- und Telekommunikationsnutzer weitreichende Folgen.

Unsere Privatsphäre im Internet wird besser geschützt. Persönliche Informationen, die auf dem Computer gespeichert werden oder über das Internet gesendet werden (auch das Surf-Profil!) dürfen nicht verwendet (missbraucht) werden, es sei denn, man hat vorab seine ausdrückliche Zustimmung erteilt.

Die Zusammenarbeit zwischen der Industrie für Informationsinhalte (in erster Linie für Musik- und Filminhalte) und Telekommunikationsbetreibern wird angeregt, um das Problem der Piraterie (illegales Downloaden) anzupacken. Es ist wichtig, dass die Verbraucher gut informiert sind, was im Netz erlaubt ist und was nicht, der Zugang zum Internet darf aber keinesfalls verwehrt werden.

Telefonnummern können beim Wechsel des Anbieters einfacher mitgenommen werden. Die Übertragung einer Nummer darf höchstens 1 Tag dauern, in Abhängigkeit von Maßnahmen zur Verhinderung von Missbrauch.

Es ist zu hoffen, dass wir hierüber rasch zu einer Einigung gelangen können und die Abonnenten so bald wie möglich von diesen Verbesserungen profitieren können.

 
  
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  Bairbre de Brún (GUE/NGL), schriftlich.(GA) In der stark vernetzten, globalisierten Welt von heute sollten die Privatsphäre und der Datenschutz zu unser aller Prioritäten zählen. Bei der Privatsphäre darf es keine Kompromisse geben, wie das im Bericht Harbour der Fall ist. Es ist nicht Sache einer nationalen oder europäischen Institution, in das Leben der Menschen einzugreifen, indem sie ihre Internet-Nutzung überwacht.

Das Europäische Parlament muss handeln und einige der rückschrittlichsten Punkte der Richtlinie rückgängig machen. So wie die Dinge stehen, könnte diese Richtlinie eine stärkere Verbindung der Unternehmen und staatlichen Organe mit der privaten Internet-Nutzung der Menschen zur Folge haben. Der Schutz der geistigen Eigentumsrechte darf nicht als Vorwand genutzt werden, um verantwortungslosen Institutionen Zugang zu persönlichen und privaten Daten zu gewähren.

 
  
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  András Gyürk (PPE-DE), schriftlich. – (HU) Die Annahme des Gesetzgebungspakets stellt einen wichtigen Fortschritt bei der Verbreitung der Breitbandkommunikationstechnologie dar. Es ist wichtig, dass diese Technologie Boden gewinnt, damit Europa wirklich zu einer der wettbewerbsfähigsten Regionen wird, so wie wir es uns vorstellen. Wir müssen jetzt nur verstärkte Anstrengungen in Richtung effektive Telekommunikationsregelungen unternehmen, denn die Entwicklung dieses Sektors kann einen großen Beitrag zur Schaffung von Arbeitsplätzen leisten.

Die Öffnung des Telekommunikationsmarktes hat seit der zweiten Hälfte der 1990er Jahre an Fahrt gewonnen und das Dienstleistungsniveau spürbar verbessert. Doch unserer Meinung nach gibt es hinsichtlich eines stärkeren Wettbewerbs und der daraus resultierenden Senkung der Verbraucherpreise noch viel zu tun. Zusätzlich zu all dem macht der Vormarsch der neuen Technologien eine Überarbeitung der geltenden Vorschriften dringend notwendig.

Unseres Erachtens ist es eine sehr positive Entwicklung, dass die Überarbeitung der bisher üblichen Frequenzzuteilungsverfahren einen wichtigen Pfeiler der neuen Rahmenregelung bildet. Unserer Meinung nach muss hier das Prinzip der Technologieneutralität maßgebend sein, um den Wettbewerb zu verstärken. Außerdem ist es ein wichtiges Ergebnis, dass es auch einen neuen Rahmen für die künftige Zusammenarbeit der nationalen Behörden geben wird.

Wir sollten es begrüßen, dass die neue Regelung legislative Auswirkungen auf den Verbraucherschutz haben wird, die keinesfalls unbedeutend sind. Damit werden transparentere Bedingungen für die Preisgestaltung geschaffen und die Freiheit, den Anbieter zu wechseln, gestärkt. Die Bedeutung der Rahmenregelung, die angenommen werden wird, liegt unserer Ansicht nach darin begründet, dass sie den marktwirtschaftlichen Wettbewerb erhöhen wird, ohne ein angemessenes Verbraucherschutzniveau zu vernachlässigen.

 

11. Fragestunde (Anfragen an den Rat)
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  Die Präsidentin. − Als nächster Punkt folgt die Fragestunde (B6-0457/08).

Wir behandeln die folgenden Anfragen an den Rat.

 
  
  

Anfrage Nr. 1 von Manuel Medina Ortega (H-0527/08)

Betrifft: Versorgungsstrategie für Agrarerzeugnisse

Es hat international Alarmrufe gegeben, die durch die Angst vor einer Nahrungsmittelknappheit hervorgerufen wurden, und diese Alarmrufe haben verschiedene Staaten veranlasst, die Ausfuhr von Agrarerzeugnissen in außergewöhnlicher Weise zu beschränken oder zu erschweren. Zieht der Rat angesichts dieser Sachlage heute die Möglichkeit in Erwägung, dass im Rahmen der gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik die Frage der Versorgungssicherheit bei Agrarerzeugnissen, einschließlich spezifischer Abkommen mit den wichtigsten Ländern, die uns mit diesen Erzeugnissen versorgen, behandelt wird?

 
  
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  Jean-Pierre Jouyet, amtierender Präsident des Rates.(FR) Frau Präsidentin, Herr Abgeordneter! Auf seiner Tagung am 19. und 20. Juni dieses Jahres hat der Europäische Rat festgestellt, dass der starke Anstieg der Rohstoffpreise in jüngster Zeit zunehmend Anlass zur Besorgnis sowohl innerhalb der EU, insbesondere im Hinblick auf die einkommensschwachen Haushalte, als auch außerhalb der EU, vor allem in Bezug auf Entwicklungsländer gibt. Diese Erscheinung hat komplexe Ursachen, deren erste der Anstieg der weltweiten Nachfrage, insbesondere der größten Schwellenwirtschaften, ist. Die zweite besteht im Anstieg der Produktions- und Transportkosten, der zum Teil auf die Verteuerung des Öls zurückgeht. Die dritte Ursache hängt mit der Funktionsweise der Finanzmärkte zusammen, mit Spekulationen auf internationalen Märkten und örtlichen Lebensmittelmärkten. Des Weiteren gab es in einigen großen Erzeugerländern Missernten aufgrund schlechter Klimabedingungen. Der Rat „Allgemeine Angelegenheiten und Außenbeziehungen“ wird sich im kommenden Monat wiederum mit diesen Fragen befassen, und zwar unter besonderer Beachtung der Notwendigkeit, die Ernährungssicherheit durch koordiniertes Vorgehen im Rahmen der Vereinten Nationen sowie der internationalen Finanzinstitutionen und der G8 zu verbessern. Es werden Sitzungen des IWF sowie der Weltbank stattfinden, und ich bin besonders erfreut darüber, dass der UNO-Generalsekretär Ban Ki-moon eine hochrangige Arbeitsgruppe zur Ernährungssicherheit eingesetzt hat. Die Europäische Union wird ihrer Rolle bei der Umsetzung der auf der FAO-Konferenz auf hoher Ebene zur Welternährungssicherheit am 5. Juni 2008 in Rom vereinbarten Erklärung in vollem Umfang gerecht werden. Natürlich müssen auch die nächsten Sitzungen der Vereinten Nationen und der Weltbank genutzt werden, um die Aktivitäten zur Verstärkung der Nahrungsmittelerzeugung in den betroffenen Entwicklungsländern zu entwickeln und auszuweiten.

Wie Sie sehen, sind es hauptsächlich die Agrarpolitik, die Entwicklungspolitik und die Handelspolitik, die in dieser Nahrungsmittelkrise im Vordergrund stehen und zu ihrer Überwindung beitragen können. Die von Herrn Medina Ortega angesprochene GASP kann auch einen Beitrag dazu leisten, allerdings nur am Rande, insbesondere im Rahmen des politischen Dialogs mit Drittstaaten, um diese zu ermutigen, angemessenere Agrarpolitiken, die zur Ernährungssicherheit der Entwicklungsländer beitragen, zu entwickeln, und die regionale Zusammenarbeit in den am stärksten betroffenen Regionen zu verstärken.

 
  
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  Manuel Medina Ortega (PSE). - (ES) Vielen Dank für Ihre Antwort. Der Rat ist also tatsächlich über diese Angelegenheit besorgt.

Ich möchte begreiflich machen, dass Hunger einen konstanten Faktor in der europäischen Geschichte darstellt, wie zum Beispiel die berühmte Kartoffelhungersnot in Irland, die zur Entvölkerung der Insel führte; auch viele andere Teile Europas wurden durch Hungersnöte entvölkert, beispielsweise die Ukraine.

Wir leben in einer Zeit, in der wir daran erinnert werden, was geschehen kann; wir sprechen über eine Gemeinschaft von 500 Millionen Menschen, die sich zum großen Teil von aus dem Ausland eingeführten Lebensmitteln ernähren.

Meint der Rat nicht, dass es an der Zeit wäre, eine umfassende Politik für die allgemeine Ernährungssicherheit zu entwickeln und diese Ernährungssicherheitspolitik zu einer allgemeinen Politik der Europäischen Union zu machen, damit gesichert wird, dass Massenhungersnöte dieser Art in Zukunft nicht wieder auftreten?

 
  
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  Jean-Pierre Jouyet, amtierender Präsident des Rates.(FR) Herr Medina Ortega hat völlig Recht. Ich denke, dass bei unserer Überprüfung der Gemeinsamen Agrarpolitik, bei den Zusammenkünften zur Entwicklungspolitik und zum Erfahrungsaustausch sowie bei den Gipfeltreffen mit den Entwicklungsländern der Rat in der Tat die Frage der Nahrungsmittelversorgung und der Ernährungssicherheit in den Vordergrund stellen wird. Dies sind zwei unterschiedliche Problematiken, die jedoch gemeinsam behandelt werden müssen. Auf jeden Fall besteht eine der Bestrebungen der französischen Präsidentschaft darin, insbesondere im Hinblick auf die Oktobertagung des Europäischen Rates diese Fragen anzusprechen und gemeinsam zu diskutieren.

 
  
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  Jim Allister (NI).(EN) Wäre es nicht sinnvoller, die Ernährungssicherheit wieder zu einem der ursprünglichen Hauptziele der GAP zu erklären, wie das Präsident Sarkozy in seiner bemerkenswerten Rede auf der Pariser Agrarschau im Februar versprochen hat, anstatt die recht merkwürdige, in der Frage angesprochene Möglichkeit in Betracht zu ziehen, dass die Ernährungssicherheit im Rahmen der gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik behandelt werden sollte? Präsident Sarkozy hatte die Ernährungssicherheit und die Erhöhung des europäischen Beitrags zur Nahrungsmittelproduktion in der Welt zu seinen wichtigsten Zielen bei der Umgestaltung der GAP erklärt. Kann uns der französische Minister mitteilen, welche Fortschritte bei der Erreichung dieser Zielsetzungen zu verzeichnen sind?

 
  
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  Paul Rübig (PPE-DE). - Frau Präsidentin, sehr geehrter Herr Präsident! Wir haben hier einen Paradigmenwechsel von zu viel Produktion in Europa zu einer Angst um die Versorgungssicherheit. Glauben Sie, dass die WTO-Verhandlungen, die ja jetzt unter der Präsidentschaft Frankreichs geführt wurden, bis Dezember noch eine Chance haben, einen dementsprechend positiven Abschluss zu finden?

Glauben Sie, dass für unsere Landwirtschaft der Weltmarkt eine Riesenchance sein könnte? Wir haben ja gesehen, dass die Preise enorm gestiegen sind und dass mit diesen Preisen natürlich nicht nur unsere Landwirtschaft – in Frankreich, in Großbritannien und vor allem in den neuen Ländern – völlig neue Einkommenschancen hat, sondern dass vor allem in den ärmsten der armen Länder, in den least developed countries, große Chancen auf Einkommen bestehen würden.

 
  
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  Jean-Pierre Jouyet, amtierender Präsident des Rates.(FR) Als Antwort auf die Frage von Herrn Allister möchte ich sagen, dass die Ernährungssicherheit meiner Überzeugung nach unbedingt im Mittelpunkt unserer Überprüfung der Gemeinsamen Agrarpolitik stehen muss. Dies ist eines der Ziele, die wir im Rahmen der Überprüfung der Gemeinsamen Agrarpolitik voranbringen wollen. Daher müssen wir bei dieser Überprüfung versuchen, nicht nur die quantitativen GAP-Ziele im Blick zu haben, sondern auch mehr qualitative Aspekte zu berücksichtigen, um zu gewährleisten, dass alle unsere Mitbürger unabhängig davon, wo sie leben, Zugang zu hochwertigen Nahrungsmitteln haben.

In Bezug auf die Frage von Herrn Rübig möchte ich feststellen, dass wir gegenwärtig in der Tat von hohen Weltmarktpreisen profitieren, was eine Chance für die europäischen Ausfuhren ist. Angesichts der weltweiten Nachfrage insgesamt kann es aber auch geschehen, dass wir in bestimmten Bereichen zu Importeuren werden oder wir feststellen, dass unsere Produktion nicht ausreicht. Bei den multilateralen Handelsgesprächen hat Europa, wie Sie wissen, seine Hausaufgaben erledigt und bei den Reformen im Rahmen der Vereinbarungen zur Gemeinsamen Agrarpolitik eine Reihe von Zugeständnissen gemacht. Es ist festzustellen – und das bedauern wir –, dass für die Blockaden andere Länder verantwortlich sind. Auf jeden Fall müssten die Fragen im Zusammenhang mit der Ernährungssicherheit und einer ausgeglichenen weltweiten Nahrungsmittelproduktion im Rahmen der Doha-Entwicklungsrunde stärker im Vordergrund stehen, als dies gegenwärtig der Fall ist.

 
  
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  Die Präsidentin. − Anfrage Nr. 2 von Marie Panayotopoulos-Cassiotou (H-0529/08)

Betrifft: Europäischer Pakt für die Jugend

Alle Politikbereiche, und insbesondere die Strukturen für Bildung und lebenslanges Lernen, Beschäftigung und Mobilität, soziale Integration, Gesundheit und Unabhängigkeit, sowie die Initiativen zur Förderung von Unternehmertum und Volontariat betreffen allesamt die jungen Menschen in der Europäischen Union. Wird der Rat folglich mitteilen, wie er den Europäischen Pakt für die Jugend (7619/05) umzusetzen gedenkt und wie er in Maßnahmen, die sich auf junge Menschen auswirken, investieren will?

 
  
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  Jean-Pierre Jouyet, amtierender Präsident des Rates.(FR) Frau Panayotopoulos-Cassiotou, wie Sie treffend feststellen, gibt es eine ganze Reihe von Politikfeldern, die junge Leute betreffen. Vielen Dank für diese Feststellung. Jugendpolitik ist naturgemäß bereichsübergreifend. Genau das ist auch das Ziel des Europäischen Jugendpaktes, den der Europäische Rat 2005 angenommen hat, um die Jugenddimension gemäß der Lissabon-Strategie stärker in verschiedene Politiken einzubeziehen.

Unsere Ziele sind einfach, nämlich das Bildungspotenzial Europas, die berufliche Ausbildung, die Mobilität der Jugend, die berufliche Eingliederung und die gesellschaftliche Integration der jungen Menschen zu verbessern. Wir wissen, dass wir diesen Pakt gemeinsam noch wirksamer machen müssen und dass wir konkrete Ergebnisse brauchen. Zu unserer Unterstützung wird die Kommission ab 2009 alle drei Jahre einen Jugendbericht erstellen. Dieser Bericht soll eine umfassende Analyse der Lage der Jugend in Europa geben und uns damit besser in die Lage versetzen, ihre Anliegen stärker zu berücksichtigen.

Die Union hat dabei zweifelsohne große Verantwortung, aber das Wirken der Mitgliedstaaten ist gegenwärtig aufgrund der Verträge noch wesentlicher, und wir müssen gewährleisten, dass wir uns in der EU stärker auf bewährte Verfahren auf nationaler, örtlicher oder regionaler Ebene konzentrieren. Wir müssen alle Arten von Synergien zwischen den Beteiligten – also Unternehmen, Schulen, Verbänden, für Beschäftigung zuständigen Stellen, Jugendarbeitern, Wissenschaftlern, Familien und auch Sozialpartnern – fördern. In diesem Zusammenhang ist es dem Rat ein besonderes Anliegen, die grenzüberschreitende Mobilität der Jugend weiterzuentwickeln. Diese Frage wird auf der Tagung des Rates am 20. und 21. November auf der Grundlage des Berichts einer hochrangigen Sachverständigengruppe unter Leitung von Frau Maria João Rodriguez zum Thema Mobilität erörtert. Wir wollen, dass das Erasmus-Programm, das ein Erfolg ist, ausgeweitet wird. Wir wissen, dass dies nicht von heute auf morgen möglich ist, aber wir möchten, dass Erasmus demokratischer und noch stärker ausgeweitet wird.

Wir wollen auch, dass Berufsbildungs-Programme in der Art von Leonardo auf europäischer Ebene weiterentwickelt werden. Wir haben geplant, im Rahmen der französischen Präsidentschaft eine Großveranstaltung zu diesem Thema durchzuführen, um die Mobilität der Auszubildenden zu erhöhen. Ebenso möchten wir im Rahmen der französischen Präsidentschaft die Gesundheit der Jugend zu einer unserer jugendpolitischen Prioritäten machen, um jugendspezifische Gesundheitsfragen wie Hygiene, Bekämpfung von Tabakmissbrauch, Alkoholmissbrauch und natürlich Drogenmissbrauch besser bekannt zu machen.

Im Jahr 2009 wird sich der Rat aktiv am allgemeinen Prozess der Bewertung der europäischen Zusammenarbeit im Jugendbereich beteiligen. Da es sich dabei um einen langfristigen Prozess handelt, kommt es darauf an, dass die Kontinuität zwischen den einzelnen Präsidentschaften gesichert wird. Daher arbeiten wir mit den nachfolgenden Präsidentschaften – der tschechischen und der schwedischen – zusammen, um die Kontinuität in dieser für die kommende Generation in Europa so wesentlichen Politik zu gewährleisten.

 
  
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  Marie Panayotopoulos-Cassiotou (PPE-DE).(EL) Frau Präsidentin! Ich danke dem amtierenden Ratspräsidenten für seine Antwort und bringe die besten Wünsche zum Ausdruck, dass die französische Präsidentschaft ihre Ziele erreichen möge.

Nach dem Abschluss des Pakts gab es auf jeden Fall auch eine Einigung im Rat über quantitative Zielstellungen: eine 10-prozentige Reduzierung des Fernbleibens der Schüler vom Schulunterricht und eine klar definierte zahlenmäßige Verringerung der Jugendarbeitslosigkeit in einem konkreten Zeitraum nach Ausbildungsabschluss.

In welchem Maße sind sie zu einer Zeit, in der die Statistiken eine immer noch sehr hohe Jugendarbeitslosigkeit belegen, erreicht worden?

 
  
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  Jean-Pierre Jouyet, amtierender Präsident des Rates.(FR) Es stimmt, dass die Jugendarbeitslosigkeit immer noch sehr hoch ist, auch wenn sich die Situation im Unionsdurchschnitt in den letzten Jahren verbessert hat.

Ich denke, dass wir uns auf drei Aktionsfelder konzentrieren müssen. Erstens muss gesichert werden, dass die berufliche Ausbildung stärker auf die Anforderungen des Marktes, insbesondere des Arbeitsmarktes, ausgerichtet wird und dass die Ausbildungssysteme stärker in Übereinstimmung mit der im Rahmen der Lissabon-Politik verfolgten Wettbewerbsstrategie gebracht werden.

Zweitens muss ein Dialog mit den Arbeitgebern, den Sozialpartnern eingeleitet werden, um die gesellschaftliche Verantwortung der Unternehmen und die soziale Integration der Jugendlichen zu fördern. In dieser Beziehung tragen alle Unternehmen in Europa, insbesondere die Großunternehmen, eine besondere Verantwortung.

Drittens bin ich davon überzeugt, dass wir im Bildungsbereich bestrebt sein müssen, Exzellenz-Netzwerke zu schaffen und die länderübergreifende Mobilität zu fördern ebenso wie die gegenseitige Anerkennung von Abschlüssen und Qualifikationen, um eine größere Durchlässigkeit auf dem europäischen Arbeitsmarkt zu erreichen.

 
  
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  Jörg Leichtfried (PSE). - Frau Präsidentin, Herr Minister! Ich möchte auf einen Teilumstand hinweisen, der mir in dieser Frage sehr wichtig erscheint. Bei allen Umfragen, die es auf europäischer Ebene gibt, kommt immer wieder heraus, dass gerade junge Menschen von dieser Europäischen Union am meisten begeistert sind. Junge Menschen sind es auch, die glauben, am meisten von dieser Union profitieren zu können – im Gegensatz zu den stärksten Gegnern, die meistens alte, verbissene, desillusionierte Männer sind.

Mich würde interessieren, inwieweit Sie im Zuge dieses Plans und vielleicht auch darüber hinaus Projekte vorhaben, die dieses Interesse der jungen Menschen, dieses Ja zu Europa noch stärken könnten.

 
  
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  Jean-Pierre Jouyet, amtierender Präsident des Rates.(FR) Frau Präsidentin, Herr Abgeordneter! Vielleicht kann ich meine Ansichten in einer weniger polarisierenden Art darlegen. Ich denke in der Tat, dass junge Menschen sich für Europa begeistern, das muss man begreifen, was nicht bedeutet, dass die Menschen einer anderen Generation, die Europa errichtet haben, weniger begeistert wären. Leider gibt es im europäischen Maßstab sowohl Befürworter als auch Gegner Europas. Die Meinungsumfragen zeigen auch – wie erst kürzlich festzustellen war –, dass die Ablehnung zuweilen sehr radikal sein kann, weshalb unsere Bemühungen in dieser Hinsicht noch tiefgreifender sein müssen.

Was den vorgesehenen Pakt betrifft, mit dem die Jugend mobilisiert und Europa konkreter gemacht werden soll, so bin ich zutiefst überzeugt, dass die länderübergreifende Mobilität unserer Jugend gefördert werden muss und dass wir – mithilfe dieser Programme, die mit mehr Mitteln ausgestattet werden müssen, obwohl ich weiß, dass dies viel Zeit in Anspruch nehmen wird, dass dies ein langwieriger Prozess ist – bei der Revision des Rahmens unserer gemeinsamen Politiken dafür sorgen müssen, mehr Programme zu erarbeiten, die dazu beitragen, die Mobilität unserer Jugendlichen und unserer Kinder weiter zu erhöhen, sei es für Studenten oder, wie ich bereits darlegte, für Auszubildende oder junge Arbeitnehmer im Rahmen von Praktika oder Berufsbildungsmaßnahmen.

Meiner Meinung nach wird es uns nur auf diese Weise gelingen, Europa konkreter zu gestalten, die Begeisterung der Jugend voll zum Tragen zu bringen und dazu beizutragen, dass eine neue Generation von Europäern heranwächst, die Sie sich ebenso wünschen wie ich.

 
  
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  Die Präsidentin. − Anfrage Nr. 3 von Robert Evans (H-0532/08)

Betrifft: Abwegigkeiten im Zusammenhang mit den überseeischen Gebieten der EU

Hält der Ratsvorsitz es für abwegig, dass ein in Südamerika gelegenes Land als Teil der Europäischen Union betrachtet wird, während die Beitrittsverhandlungen mit Kroatien, der Türkei und anderen europäischen Staaten mit einem geographisch eindeutig besser begründeten Anspruch auf Eis gelegt werden?

Wie beabsichtigt der Rat angesichts des derzeitigen Klimas nach dem irischen Referendum mit derlei Beitrittsanträgen zu verfahren? Wurde dies jemals im Rat erörtert?

 
  
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  Jean-Pierre Jouyet, amtierender Präsident des Rates.(FR) Herr Evans, ich bin froh darüber, dass Sie anwesend sind, denn ich bin mir nicht ganz sicher, wie diese Frage zu verstehen ist. Vielleicht habe ich den Inhalt nicht richtig erfasst, und Sie können sie präzisieren.

Auf dem südamerikanischen Kontinent gibt es Regionen in extremer Randlage, die integraler Bestandteil des Gebietes der Europäischen Union sind und in dieser Eigenschaft Anspruch auf spezifische Politiken haben. Aber es gibt keinen südamerikanischen Staat als solchen, der Mitglied der Europäischen Union wäre – ich drücke mich hier sehr vorsichtig aus, weil ich die Frage vielleicht nicht in all ihren Nuancen begriffen habe.

Was die Türkei und Kroatien betrifft, so sind seit Eröffnung der Verhandlungen mit ihnen bereits beträchtliche Fortschritte erzielt worden. Im Fall der Türkei beispielsweise ist das Screening, das die erste formale Etappe für jedes Kapitel darstellt, bereits für 23 Kapitel abgeschlossen worden; acht Kapitel sind für die Verhandlungen eröffnet, und eines ist vorläufig geschlossen worden. Unsere Präsidentschaft ist der Auffassung, dass zwei weitere Kapitel geöffnet werden können.

Bei Kroatien ist der Screening-Prozess bereits abgeschlossen. 21 Kapitel sind geöffnet worden, von denen drei wieder vorläufig geschlossen wurden. Am 25. Juli dieses Jahres hat eine Beitrittskonferenz stattgefunden, und das erste ziemlich heikle Kapitel, das zum Warenverkehr, wurde geöffnet, und Kapitel 20 zur Unternehmens- und Industriepolitik wurde geschlossen. Wie Sie wissen, hängt der Verhandlungsfortschritt im Wesentlichen von den in den Bewerberländern erzielten Ergebnissen ab. Ausschlaggebend dafür sind die bei der Erfüllung der Kriterien für die Öffnung bzw. die Schließung von Kapiteln erreichten Fortschritte sowie die im Verhandlungsrahmen vorgesehenen Anforderungen, einschließlich der revidierten Beitrittspartnerschaften, und wir berücksichtigen natürlich das Urteil der Kommission. Ich möchte wiederholen, Herr Evans, sollte meine Antwort nicht ganz treffend gewesen sein, würde ich mich freuen, wenn Sie den Inhalt Ihrer Frage noch etwas präzisieren würden.

 
  
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  Robert Evans (PSE).(EN) Ich möchte mich etwas präziser ausdrücken und bei meiner Frage etwas weiter ausholen. Der amtierende Ratspräsident hat einige der von mir angesprochenen Punkte beantwortet, und dafür danke ich ihm. Er hat Recht. Meiner Ansicht nach ist es eine Anomalie, dass wir Ländern wie Französisch Guayana den Status der Vollmitgliedschaft in der Europäischen Union mit allen damit verbundenen Ansprüchen und Vorzügen zubilligen – das betrifft nicht nur französische Territorien, aber ich denke an Martinique und Guadeloupe.

Und innerhalb von Europa – der amtierende Ratspräsident hat die laufenden Verhandlungen mit Kroatien und die potenziellen Verhandlungen mit der Türkei erwähnt – stellen wir uns quer. Einige Länder in der Europäischen Union sind darüber nicht besonders erfreut.

Doch es gibt weitere Abwegigkeiten vor unserer Haustür – die Kanalinseln, Jersey und Guernsey, die nicht Mitglied der Europäischen Union und von entsprechenden Rechtsvorschriften ausgenommen sind. Sie sind Steuerparadiese, wo die Reichen keine der Abgaben zu zahlen brauchen, die alle anderen zahlen müssen.

Wird darüber oder über diese Anomalien im Rat diskutiert? Kann der Ratspräsident die Mitgliedschaft von Französisch Guayana in der Europäischen Union rechtfertigen, und glaubt er, dass diese Situation nicht nur kurzfristig, sondern auch langfristig andauern wird? Könnte er einen Blick auf seine Kristallkugel werfen und mir einen kleinen Einblick in die Entwicklung gewähren, die die Europäische Union in globaler Hinsicht verfolgt?

 
  
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  Jean-Pierre Jouyet, amtierender Präsident des Rates.(FR) Vielen Dank, Herr Evans. Ich fürchtete wirklich schon, die Bedeutung Ihrer Frage richtig verstanden zu haben, sodass ich mir die weiteren Präzisierungen, die Sie gegeben haben, nicht anhören müsste. Doch jetzt wieder im Ernst, erstens sind die Regionen in extremer Randlage, alles, was als Übersee bezeichnet wird, ein Teil, ein wichtiger Teil der Europäischen Union, unabhängig davon, wo sie sich befinden und ob sie mit Frankreich, Spanien, Portugal, dem Vereinigten Königreich oder anderen Ländern verbunden sind.

Sie haben die Übersee-Departements erwähnt, die seit dem 17. Jahrhundert französisch sind. Ihre Bewohner haben seit 1848 die französische Staatsbürgerschaft – all das ist also nicht neu und ist von Anfang an in dem Gründungsvertrag zunächst für die Europäische Gemeinschaft und dann für die Europäische Union berücksichtigt worden.

Ein weiterer Punkt, den Sie hervorheben – doch ich glaube, es geht hier um die Frage der Ausweitung des Einflusses von Europa nach Übersee –, betrifft die Art der Politik, die verfolgt werden soll. Meiner Meinung nach ist es wichtig für uns, hier größere Anstrengungen zu unternehmen, nicht weil es sich um französische Territorien handelt, sondern weil es, wie ich wiederholen möchte, auch um eine Frage des Einflusses geht.

Der andere Punkt, den Sie ansprachen, entspricht einem Anliegen des Rates und betrifft – ohne hier Namen nennen zu wollen – ein schwieriges Thema, nämlich wie Offshore-Finanzplätze vermieden werden können, sei es in Übersee, auf dem Kontinent oder in der Nähe des Kontinents. Dies ist ein echtes Problem. Einige Überlegungen dazu werden im Rat „Wirtschaft und Finanzen“ angestellt. Es sind auch einige Vorschläge unterbreitet worden. Wir versuchen stets, die Steuerparadiese wirksam zu bekämpfen, sowohl auf EU-Ebene als auch im Rahmen internationaler Vereinbarungen, zu deren Unterzeichnern die Union gehört.

 
  
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  Justas Vincas Paleckis (PSE).(LT) Ich möchte eine nicht ganz ernst gemeinte Frage stellen: Sollten wir in Erwägung ziehen, uns in Europäische und Südamerikanische Union umzubenennen? Sollten wir darüber hinaus nach einem potenziellen Beitritt der Türkei auch Asien aufnehmen? Doch im Ernst: Fakt ist, dass die EU-Bürger sehr wenig über diese überseeischen Gebiete wissen. Wäre es möglich, im Rahmen der EU-Informationskampagne mehr Informationen zu diesen Themen zu vermitteln, damit uns diese Länder bekannter vorkommen und vertrauter klingen, insbesondere für die jungen Bürger der EU? Es würde ihnen ein besseres Verständnis dieser Gebiete vermitteln, und Anfragen wie diese würden gar nicht erst gestellt.

 
  
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  Avril Doyle (PPE-DE).(EN) Ich danke dem Rat. Vielleicht ist mir das ja entgangen, aber ich habe die Antwort des Ministers auf den zweiten Teil der Frage von Herrn Evans, der das Klima im Rat nach dem irischen Referendum betraf, nicht gehört. Könnte er erstens einen präzisen Eindruck vom Klima im Rat nach dem irischen Referendum vermitteln und uns mitteilen, ob es sich auf die Bearbeitung der Anträge von Kroatien, der Türkei und der anderen europäischen Staaten, die genannt wurden, auswirkt? Anders ausgedrückt: Wie stellt sich die Lage jetzt nach dem irischen Referendum am Tisch des Rates in Bezug auf diese Anträge dar?

 
  
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  Jean-Pierre Jouyet, amtierender Präsident des Rates.(FR) In Beantwortung zunächst der Frage von Herrn Paleckis möchte ich sagen, dass er meiner Meinung nach völlig Recht hat. Es müssen in der Tat größere Anstrengungen unternommen werden, um die europäischen Bürger stärker über diese fernen, aber zu Europa gehörigen Regionen zu informieren und aufzuklären. Wie ich feststelle, sind sie auf den Eurobanknoten dargestellt, was immerhin schon ein Fortschritt ist. Wir müssen in unseren Informations- und Kommunikationsbemühungen jedoch noch weiter gehen. Zu Frau Doyle möchte ich sagen, dass die von ihr angesprochene Frage sehr umfassend ist. Wir sollten uns daher auf die laufenden Verhandlungen beziehen. Was den Rat betrifft, so basieren die laufenden Verhandlungen auf den Vorschlägen, die die Kommission in den Screening-Berichten unterbreitete, die die ganz normale Grundlage darstellen.

Wir haben ebenfalls deutlich gemacht, dass wir bereit wären, die Beziehungen zu einer Reihe weiterer Länder zu vertiefen, vor allem zu den Balkanländern, und dass wir, abgesehen von Kroatien, unsere Beziehungen auch mit Serbien sowie mit anderen Ländern wie Bosnien und Montenegro vertiefen möchten.

Des Weiteren stellt sich die Frage der Partnerschaften. Am 9. September wird ein wichtiges Gipfeltreffen zwischen der Europäischen Union und der Ukraine stattfinden. Angesichts des derzeitigen Konflikts zwischen Russland und Georgien werden wir nun auch versuchen, unsere Partnerschaft mit der Ukraine auszubauen. Und wie Sie wissen, haben wir gestern anerkannt, dass es notwendig ist, unsere Beziehungen zu Georgien zu verstärken. So viel zu den gegenwärtig laufenden Verhandlungen.

Bleibt noch die Problematik des Vertrags von Lissabon. Wenn es keinen Vertrag von Lissabon gibt, haben einige der Mitgliedstaaten gesagt, darunter auch das meinige – und ich spreche hier nicht als Ratsvertreter –, dass der gegenwärtige Vertrag eben nur ein Vertrag mit 27 Partnern sei und dass für eine Erweiterung unbedingt der Vertrag von Lissabon erforderlich sei. So lautet, Frau Doyle, ganz offen gesagt, zum gegenwärtigen Zeitpunkt der Standpunkt des Rates.

 
  
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  Die Präsidentin. − Anfrage Nr. 4 von Avril Doyle (H-0534/08)

Betrifft: Grenzanpassungsmaßnahmen (GAM) für weniger CO2-effiziente Einfuhren

Könnte der Rat seine Ansichten zu Grenzanpassungsmaßnahmen (GAM) für weniger CO2-effiziente Einfuhren aus Drittländern in dem EU-EHS-Handelszeitraum nach 2012 darlegen?

 
  
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  Jean-Pierre Jouyet, amtierender Präsident des Rates.(FR) Die von Ihnen angesprochene äußerst wichtige Frage hat der Europäische Rat auf seiner diesjährigen Märztagung erörtert, wo er dargelegt hat, dass vor dem globalen Hintergrund wettbewerbsgeprägter Märkte die Gefahr der Verlagerung von CO2-Emissionsquellen in bestimmten Wirtschaftssektoren, z. B. bei den energieintensiven Branchen, die in besonderem Maße dem internationalen Wettbewerb ausgesetzt sind, besteht. Dies ist ein echtes Problem, das im Rahmen der neuen Richtlinie zum Emissionshandel dringend analysiert und in Angriff genommen werden muss.

Die beste Art und Weise zur Behandlung der Frage der Verlagerung von CO2-Emissionsquellen und damit zur Aufrechterhaltung der Wirksamkeit des Emissionshandelssystems der EU ist der Abschluss eines internationalen Abkommen, Frau Doyle. Es steht jedoch fest, dass wir auch handlungsfähig sein müssen, wenn es nicht zu einem internationalen Abkommen kommt. Daher diskutieren wir gegenwärtig über den besten Weg, wie unsere Industrie wettbewerbsfähig gehalten werden und gleichzeitig alles getan werden kann, damit die EU eine beispielgebende Rolle bei der Bekämpfung der Treibhausgase spielt.

Wir halten es für wichtig, dass dies in einer Weise geschieht, dass unsere gesamte Industrie über hinreichende Klarheit für ihre Investitionen erhält, insbesondere zu einem Zeitpunkt, da sich die internationale Wirtschaftskonjunktur abschwächt und wir vor einer Verlangsamung des internationalen Wachstums stehen, wobei alles darauf hindeutet, dass sich diese Situation im nächsten Jahr fortsetzen wird.

In ihrem Richtlinienvorschlag verpflichtet sich die Kommission, auf der Grundlage der Ergebnisse der internationalen Verhandlungen einen Analysebericht vorzulegen, der auch geeignete Vorschläge für die Bewältigung möglicher Probleme im Zusammenhang mit der Gefahr der Verlagerung von CO2-Emissionsquellen enthält.

Dazu gibt es zwei mögliche Optionen: entweder die Anpassung des Anteils freier Quoten und/oder die Einbeziehung der Importeure von Erzeugnissen von sehr energieintensiven Branchen in das Gemeinschaftssystem, wobei gleichzeitig gewährleistet sein muss, dass das System mit den WTO-Regeln vereinbar ist. Die Ratspräsidentschaft hofft natürlich, dass der Rat, aber auch Ihr Parlament in der Lage sein werden, diese Fragen zu klären, damit Europa über eine eigene, wettbewerbsfähige Grundlage verfügt und wir so bald wie möglich, auf jeden Fall vor 2011, wissen, welche Mechanismen künftig zur Anwendung kommen.

 
  
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  Avril Doyle (PPE-DE).(EN) Ich akzeptiere, dass Grenzanpassungsmaßnahmen Teil unseres Instrumentariums sein müssen, aber wir sollten sie als eine Art Zuckerbrot in petto haben und nicht als Peitsche bei internationalen Verhandlungen einsetzen, bei denen wir in gutem Glauben versuchen, eine Einigung im Kampf gegen den Klimawandel zu erzielen. Könnte sich der Herr Minister bitte zu Artikel 20 des WTO-Übereinkommens äußern, der eine solche Möglichkeit zulässt, also ein Verbot in Fällen, in denen der Schutz der nicht regenerativen „natürlichen Ressourcen“ gefährdet ist? Werden Ziele zur Senkung von Kohlendioxidemissionen ebenso in den Geltungsbereich dieser Definition aufgenommen wie bisher die Sauberhaltung der Luft? Ich bitte den Minister, seine Gedanken dazu darzulegen.

 
  
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  Jean-Pierre Jouyet, amtierender Präsident des Rates.(FR) Frau Präsidentin! Frau Doyle, ich glaube erstens, dass, wie Sie ganz richtig feststellen, die verschiedenen möglichen Maßnahmen als Anreiz und nicht als Abschreckung genutzt werden müssen, um sicherzustellen, dass es keine Ausnahme von der Verpflichtung zur Senkung der Treibhausgasemissionen gibt. Weiterhin muss das richtige Verhältnis in Bezug auf die Forderungen der Industrie gefunden werden, die diesbezüglich nicht immer fair sind. Was Artikel 20 der WTO betrifft, so entspricht diese Maßnahme unserer Meinung nach auf jeden Fall dem legitimen Ziel der Bewahrung erschöpfbarer natürlicher Ressourcen und ist somit nach den uns vorliegenden Sachverständigengutachten vereinbar mit den Regeln des internationalen Handelsrechts.

 
  
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  Syed Kamall (PPE-DE).(EN) Ich möchte den Herrn Minister zu dieser Plenartagung hier in Brüssel – anstelle von Straßburg – begrüßen und feststellen, wie sehr ich mich darauf freue, den französischen Ratsvorsitz bei künftigen Plenartagungen hier in Brüssel statt in Straßburg zu sehen.

Ich möchte daran anknüpfen und ihn fragen, ob er akzeptieren würde, dass eine der besten Möglichkeiten im weltweiten Kampf gegen die Armut darin besteht, Unternehmer in armen Ländern zur Existenzgründung und zur Wertschöpfung durch Handel zu ermuntern? Wie würde er ausgehend von seinem offensichtlichen Interesse an Grenzanpassungsmaßnahmen – bei denen es sich in Wirklichkeit um Einfuhrzölle handelt – Kritikern antworten, die behaupten, dass Grenzanpassungsmaßnahmen gegen die Entwicklung gerichtet sind und eine imperialistische protektionistische Maßnahme darstellen, mit denen Europa versucht, Ausfuhren der Entwicklungsländer vom europäischen Markt fernzuhalten und die Armut in diesen Ländern aufrechtzuerhalten?

 
  
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  Jean-Pierre Jouyet, amtierender Präsident des Rates.(FR) Frau Präsidentin! In meiner Eigenschaft als Präsident werde ich angesichts dieser völlig ungerechtfertigten und deplatzierten Angriffe die Ruhe bewahren, denn wir sind ganz sicher nicht die einzigen, die in den armen Ländern Handel treiben!

Ernsthaft gesprochen glaube ich, dass die Mechanismen, über die wir nachdenken – und hier antworte ich auch auf die Ausführungen von Frau Doyle von vorhin –, keinen abschreckenden Charakter gegenüber den Entwicklungsländern haben. Doch ganz objektiv gesehen müssen wir bei der Suche nach einem angemessenen Verhältnis zwischen Wettbewerbsfähigkeit und Bekämpfung der Treibhausgase auf ein ausgewogenes Verhältnis in Bezug auf unsere größten Partner achten. Einer dieser Partner sind die USA, die – soweit mir bekannt ist – in diesem Bereich nicht die gleichen Verpflichtungen eingegangen sind wie wir. Ein weiterer Partner ist Japan, das auch weniger Verpflichtungen eingegangen ist und weniger tut. Dann ist Russland zu nennen, von dem man mir ständig sagt, dass es nicht dieselben Werte habe, dass man realistisch mit ihm sprechen müsse, dass es eine aufstrebende Großmacht sei. Weiterhin gibt es Brasilien, Indien und natürlich China, das Mitglied der Welthandelsorganisation ist. Daher kann ich wirklich nicht begreifen, warum wir nicht mehr realistisch sein sollten, sondern naiv. Trotzdem müssen wir einen beispielhaften Kampf gegen die Klimaerwärmung führen. Europa ist Spitzenreiter in diesem Bereich und muss es bleiben und seinen Vorteil in den internationalen Verhandlungen, insbesondere in den Verhandlungen nächstes Jahr in Kopenhagen, wahren. Doch in diesem Rahmen braucht es sich keineswegs zu schämen, wenn es seine Interessen gegenüber Mächten verteidigt, die mindestens ebenso reich sind wie wir. Und wie dies von anderen Sprechern bei den vorangegangenen Anfragen dargelegt wurde, haben auch wir in Europa unsere Zonen der Armut.

 
  
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  Die Präsidentin. − Anfrage Nr. 5 von Colm Burke (H-0536/08)

Betrifft: Hochrangiges Forum zur Wirksamkeit der Entwicklungszusammenarbeit in Accra (Ghana) im September

Das Hochrangige Forum zur Wirksamkeit der Entwicklungszusammenarbeit, das im September in Accra stattfinden soll, bietet Gebern und Partnerregierungen eine echte Chance, bei künftigen Verpflichtungen Zeitpläne festzulegen und die Umsetzung zu bewerten, um eine wirksamere Hilfe für die Armen zu gewährleisten.

Was können der Rat und die Mitgliedstaaten tun, um einen noch anspruchsvolleren Beitrag zur Verwirklichung der Ziele der Pariser Erklärung von 2005 zu leisten? Können Rat und Mitgliedstaaten gewährleisten, dass sich die Regierungen nicht nur um eine effizientere Abwicklung der Hilfe im Einklang mit dieser Erklärung bemühen, sondern dass auch die Wirksamkeit der Hilfe – also die Frage, welche realen Verbesserungen sie im Leben der Armen bewirkt – berücksichtigt wird? Kann der Rat eine aktualisierte Stellungnahme zur Entschließung des Parlaments (P6_TA(2008)0237) über die Folgemaßnahmen zur Pariser Erklärung von 2005 über die Wirksamkeit der Entwicklungshilfe abgeben? Angesichts der Tatsache, dass die EU-Entwicklungshilfe von 0,41 % des BNE im Jahre 2006 auf 0,38 % im Jahre 2007 zurückgegangen ist, was einem Betrag von ca. 1,5 Milliarden Euro entspricht, wird der Rat jetzt – sozusagen zur Halbzeit – gebeten darzulegen, wie er dafür sorgen will, dass die Regierungen ihren MEZ-Verpflichtungen nachkommen?

 
  
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  Jean-Pierre Jouyet, amtierender Präsident des Rates.(FR) Herr Burke, Ihre Frage betrifft drei eng mit der Entwicklungszusammenarbeit in Verbindung stehende Aspekte: die Wirksamkeit der Hilfe, die Millenniums-Entwicklungsziele und den Umfang der Hilfe.

Ihre Frage ist höchst aktuell, denn das dritte Hochrangige Forum zur Wirksamkeit der Entwicklungszusammenarbeit findet ab heute in Accra statt, und in knapp einem Monat, am 25. September, wird in New York das hochrangige Treffen über den Stand der Millenniums-Entwicklungsziele eröffnet. Ein weiteres wichtiges Ereignis wird die Internationale Folgekonferenz zur Entwicklungsfinanzierung sein, die vom 29. November bis 2. Dezember in Doha stattfindet, um die Umsetzung des Monterrey-Konsenses zu überprüfen.

Zu allen diesen Konferenzen bereitet sich der Rat aktiv vor und hat seit Juni dieses Jahres eine Reihe von Schlussfolgerungen verabschiedet. Zur Wirksamkeit der Entwicklungszusammenarbeit stellt der Rat fest, dass trotz bestimmter Fortschritte noch viel zu tun bleibt. Es müssen die Sektoren bzw. Projekte ermittelt werden, bei denen die Union wirklich etwas bewegen und einen Mehrwert in Bezug auf andere Geber erbringen kann. Zweifellos müssen auch die nationalen Systeme genutzt und die Eigenverantwortung der Empfänger der Hilfe gestärkt werden. Dieses Ziel haben wir uns für die Konferenz von Accra gesetzt, und wir streben im Rahmen des Aktionsplans von Accra eine ehrgeizige strategische Erklärung an, die weit reichende, präzise und messbare Ziele sowie einen Zeitplan für deren Umsetzung enthält, um unsere Partner stärker für die Erhöhung der Wirksamkeit der Entwicklungszusammenarbeit zu sensibilisieren.

Der zweite Punkt betrifft die Millenniums-Entwicklungsziele. Für ihre Realisierung im Rahmen einer nachhaltigen Entwicklung haben alle Partner – sowohl die Empfänger- als auch die Geberländer – eine gemeinsame Verantwortung und müssen ihre Verpflichtungen einhalten. Der Rat hat im Juni dieses Jahres ein Aktionsprogramm der Europäischen Union für die Millenniumsziele angenommen, und wir haben für deren Erreichung eine Reihe von Zwischenzielen festgelegt.

Was schließlich den Umfang der Hilfe betrifft, so sind wir in der Tat besorgt über den Rückgang des Gesamtumfangs der öffentlichen Entwicklungshilfe, die von 47,7 Milliarden Euro im Jahr 2006 auf 46 Milliarden Euro im Jahr 2007 gesunken ist. Trotz dieses Rückgangs bleibt Europa der größte Geber, insbesondere für Afrika, und wir hoffen, dass dieser Rückgang nur vorübergehender Natur ist. Wenn die von den Mitgliedstaaten gelieferten statistischen Angaben korrekt sind, dann dürften wir 2008 einen sehr großen Umfang an Entwicklungshilfe erreichen und in der Lage sein, die Millenniumsziele für 2010 und 2015 zu erreichen. Deshalb hat der Rat die Mitgliedstaaten aufgefordert, voraussichtliche Richtzeitpläne über die weitere Entwicklung ihrer öffentlichen Entwicklungshilfe vorzulegen.

 
  
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  Colm Burke (PPE-DE).(EN) Im Zusammenhang mit der Entwicklungszusammenarbeit stieß ich auf einen Fall, bei dem die EU 1,2 Milliarden Euro für ein Projekt in Äthiopien bereitstellte und feststellen musste, dass die äthiopische Regierung Mehrwertsteuern in Höhe von 17 % erhob. Deshalb frage ich mich, ob wir in unseren Beziehungen zu Entwicklungsländern, die Entwicklungshilfe erhalten, eigentlich Fortschritte erzielt haben.

Ferner wüsste ich gern, ob es zum jetzigen Zeitpunkt seitens der Mitgliedstaaten Hinweise darauf gibt, inwiefern sie in ihrem Haushalt für 2009 Hilfebeiträge für 2009 berücksichtigen. Ist im Zuge des Konjunkturrückgangs mit einer Senkung zu rechnen und wirkt der Ratsvorsitz gegenüber den Mitgliedstaaten vorausschauend darauf hin, dass dies nicht der Fall ist?

 
  
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  Jean-Pierre Jouyet, amtierender Präsident des Rates.(FR) Ich werde nochmals auf die Frage von Herrn Burke zurückkommen müssen, um ihm eine umfassendere Antwort zu geben, denn im Moment verfüge ich nicht über Angaben zu den Vorschlägen der Mitgliedstaaten zum Haushalt 2009. Ich sagte bereits, dass wir Richtbudgets angefordert haben. Ich schlage Herrn Burke daher vor, dass ich nochmals auf seine Frage zurückkomme und dass die Dienststellen des Rates ihm baldmöglichst präzise Angaben zum Haushalt 2009 übermitteln, sobald diese vorliegen, denn ich bin informiert worden, dass wir zurzeit nur über unvollständige Angaben verfügen. Wenn Herr Burke einverstanden ist, werde ich in Bezug auf Äthiopien gleichermaßen verfahren, um prüfen zu können, ob die Vorschriften zur Anwendung der Mehrwertsteuer auf Entwicklungshilfe eingehalten wurden.

 
  
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  Die Präsidentin. − Anfrage Nr. 6 von Jim Higgins (H-0538/08)

Betrifft: EU-Mission im Tschad

Kann der Rat Auskunft über den aktuellen Stand des Einsatzes der EUFOR im Tschad geben? Sind unvorhergesehene Probleme aufgetreten und falls ja, was sind die wichtigsten Erkenntnisse, die aus dieser Erfahrung gewonnen wurden?

 
  
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  Jean-Pierre Jouyet, amtierender Präsident des Rates.(FR) Herr Higgins, die drei multinationalen Bataillone, die die EUFOR-Truppe im Osten des Tschads und in der Zentralafrikanischen Republik ausmachen, sind jetzt voll einsatzfähig. Diese 3 200 Mann umfassende Eingreiftruppe kann somit jetzt alle Aufgaben ausführen, die ihr vom Rat übertragen wurden. Es sei hinzugefügt, dass an dieser Eingreiftruppe auch Albanien, Kroatien und Russland beteiligt sind, das in Kürze vier Hubschrauber vor Ort einsetzen wird. Die Ukraine hat Verhandlungen eingeleitet, doch bisher keine weiteren Schritte unternommen.

Das Oberkommando dieser Operation hat – wie Sie wissen – Ihr Landsmann, General Patrick Nash, inne, dem die Ratspräsidentschaft ihre besondere Hochachtung für seine Professionalität aussprechen möchte.

Nach der gemeinsamen EU-UNO-Evaluierungsmission im Tschad und in der Zentralafrikanischen Republik vom 18. zum 24. Juni erstattete Javier Solana Bericht und machte Empfehlungen für die Fortführung der Operation durch die Vereinten Nationen. Der Bericht von Javier Solana wurde am 25. Juni dieses Jahres vom Rat gebilligt und fließt ein in den Bericht des UNO-Generalsekretärs ein, der demnächst im Sicherheitsrat debattiert wird.

Es ist zu unterstreichen, dass sich die EUFOR seit Einsatzbeginn stets unparteilich, unabhängig und neutral verhalten hat. Sie hat zur Sicherung der Lage im Osten des Tschad und im Nordosten der Zentralafrikanischen Republik beigetragen, indem sie in wenigen Monaten weit entfernt von den europäischen Stützpunkten und in einer besonders feindlichen Umgebung eine starke und allein durch ihre Präsenz abschreckend wirkende Truppe stationierte, im gesamten Gebiet patrouillierte und somit zur Verringerung der Unsicherheit beitrug, für humanitäre Organisationen, die dies wünschten, Eskorten bereitstellte, Wege öffnete, Anlagen schützte oder alternative Lösungen anbot und es der örtlichen Polizei und Gendarmerie somit auf indirekte Weise ermöglichte, stärker tätig zu werden und ihren normalen Aktionsradius zu erweitern.

Unter strikter Einhaltung ihres Mandats hat sich die EUFOR-Truppe im Besonderen bei den Rebellenangriffen auf Goz Beïda und Biltine Mitte Juni ausgezeichnet, als sie rund 300 humanitäre Mitarbeiter, die dies wünschten, evakuierte und sodann unter sicheren Bedingungen unterbrachte und die Plünderung des Marktes von Goz Beïda verhinderte. Die irischen Truppen, die einen Standort absicherten, an dem sich Vertriebene aufhielten, waren im Übrigen einem direkten Beschuss ausgesetzt und leisteten wirksam Widerstand.

Bei den Konfrontationen zwischen den Gemeinschaften der Dadjo und der Mouro im Juli in Kerfi hat die EUFOR eine verstärkte Kompanie zur Sicherung des Gebiets entsandt und etwa dreißig humanitäre Mitarbeiter auf deren Wunsch evakuiert.

Ich möchte unterstreichen, dass sich die Koordinierung zwischen der EUFOR und der Mission der Vereinten Nationen in der Zentralafrikanischen Republik (MINURCAT), die in der Zentralafrikanischen Republik sowie im Tschad aktiv ist, sehr gut bewährt und, wie ich bereits darlegte, die Koordinierung zwischen der EUFOR und den humanitären Organisationen ebenfalls ausgezeichnet ist.

 
  
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  Jim Higgins (PPE-DE).(GA) Wird es mit dem Ende der Regenzeit denn nicht zum Krieg zwischen der Regierung und den Rebellen kommen? Kann der Rat uns sagen, welche der anderen Städte bereit sind, sich mit Soldaten, Ausrüstung und Geld an der Mission zu beteiligen?

 
  
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  Jean-Pierre Jouyet, amtierender Präsident des Rates.(FR) Die EUFOR greift nicht in die Auseinandersetzungen zwischen der Regierung und den Rebellen ein, sondern achtet streng darauf, ihre Aufgaben völlig unparteilich und ohne Einmischung in die Auseinandersetzungen wegen innenpolitischer Probleme zwischen der Regierung und den Rebellen auszuführen. Sie erfüllt ihr Mandat neutral und ohne jede Einmischung in die inneren Angelegenheiten des Tschads und der Zentralafrikanischen Republik und ist grundsätzlich bestrebt, zur Verbesserung der Sicherheit im Osten des Tschads und im Nordosten der Zentralafrikanischen Republik beizutragen. Wenn sie jedoch in Auseinandersetzungen und Zwischenfälle der von mir genannten Art eingegriffen hat, dann geschah dies jedes Mal, weil humanitäre Missionen in Gefahr waren. Ihr Eingriff diente dann nur dem Schutz dieser Missionen.

 
  
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  Colm Burke (PPE-DE).(EN) Ich war im März drei Wochen nach der Rebellenoffensive im Tschad. Ich bin im Verlaufe meines sechstägigen Aufenthalts mit verschiedenen Gruppen zusammengetroffen. Dabei fiel mir u. a. auf, dass Vertreter der Rebellengruppen an den Verhandlungstisch gebracht werden sollten. Ich wüsste gern, ob diesbezüglich von der UNO oder der Europäischen Union Fortschritte erzielt wurden, denn soweit ich weiß, stehen zwischen 7 000 und 10 000 Personen unter 18 Jahren unter Waffen. Wenn es hier irgendwelche Fortschritte geben soll, dann müssen die Rebellengruppen von irgendjemandem an den Tisch geholt werden. Ich wüsste gern, ob man in dieser Angelegenheit vorangekommen ist.

 
  
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  Marian Harkin (ALDE).(EN) Ich hätte vom Herrn Minister gern gewusst, wie er die Zukunft dieser Mission sieht. Soweit ich weiß, soll sie ja im März enden. Glaubt er, dass die Mission danach vielleicht für weitere sechs Monate unter der EUFOR-Flagge fortgesetzt wird oder dass sie vielleicht unter der UNO-Flagge verlängert wird? Hält er es für denkbar, dass die Mission im kommenden März endet? Wie ich schon sagte, interessieren mich seine Ansichten zur Zukunft der Mission.

 
  
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  Jean-Pierre Jouyet, amtierender Präsident des Rates.(FR) Als Antwort auf die Ausführungen von Herrn Burke und Frau Harkin glaube ich sagen zu können, dass wir allen Grund haben, auf diese Mission stolz zu sein. Es ist – wie ich betonen möchte – die größte ESVP-Mission, die jemals entsandt wurde.

Als Antwort an Frau Harkin möchte ich betonen, wie wichtig ein rascher Übergang zu den Vereinten Nationen ist, damit MINURCAT gegebenenfalls die EUFOR ablösen kann. Der Sonderbeauftragte der Europäischen Union vor Ort, Botschafter Brylle, ist in Kontakt mit den Rebellengruppen. Es wäre gelogen zu behaupten, dass alles zum Besten stünde.

Ich meine, diese Mission ist absolut notwendig, und sie tut alles in ihrer Macht Stehende für die Vertriebenen, für die Menschen in Not. Es handelt sich hier um eine wirkliche humanitäre Tragödie, doch es muss auch gesagt werden, dass es der Mission noch immer an Ressourcen mangelt – was wir ständig wiederholen und bedauern – und dass der Rat um eine Verstärkung dieser Ressourcen bemüht ist, ehe die Vereinten Nationen übernehmen. Doch auf jeden Fall wird dies ein langfristiger Prozess sein. Ich möchte noch Frau Harkin antworten und betonen, dass wir daher einen Übergang einer Mandatsverlängerung vorziehen würden.

 
  
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  Die Präsidentin. − Die Anfragen, die aus Zeitgründen nicht behandelt wurden, werden schriftlich beantwortet (siehe Anlage).

 
  
  

Die Fragestunde ist geschlossen.

(Die Sitzung wird um 19.05 Uhr unterbrochen und um 21.00 Uhr wieder aufgenommen.)

 
  
  

VORSITZ: MIGUEL ANGEL MARTÍNEZ MARTÍNEZ
Vizepräsident

 

12. Weiterbehandlung eines Antrags auf Schutz der Immunität: siehe Protokoll
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13. Sonderbericht des Europäischen Bürgerbeauftragten im Anschluss an den Empfehlungsentwurf an die Kommission in der Beschwerde 3453/2005/GG (Aussprache)
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  Der Präsident. − Als nächster Punkt folgt der Bericht von Proinsias de Rossa im Namen des Petitionsausschusses über den Sonderbericht des Europäischen Bürgerbeauftragten an das Europäische Parlament im Anschluss an den Empfehlungsentwurf an die Europäische Kommission in der Beschwerde 3453/2005/GG (2007/2264(INI)) (A6-0289/2008).

 
  
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  Proinsias De Rossa, Berichterstatter. − (EN) Herr Präsident! Ich freue mich, heute Abend hier zu sein, obwohl es mir etwas früher lieber gewesen wäre. Dennoch ist es wichtig, dass dieser Bericht im Parlament diskutiert wird.

Dieser Bericht betrifft eine Beschwerde gegen die Kommission über Missstände in deren Verwaltungstätigkeit. Der Fall wurde in Form eines Sonderberichts des Europäischen Bürgerbeauftragten an das Europäische Parlament weitergeleitet. Ein Sonderbericht an das Europäische Parlament ist die letzte rechtliche Maßnahme, die der Bürgerbeauftragte in seinem Bemühen um eine zufrieden stellende Lösung im Auftrag eines Bürgers ergreifen kann. Folglich befassen wir uns hier nur in seltenen Fällen mit Berichten dieser Art.

Mein Bericht im Namen des Petitionsausschusses unterstützt die Schlussfolgerung des Bürgerbeauftragten, dass die Unterlassung der Behandlung der Beschwerde des Beschwerdeführers durch die Kommission, innerhalb eines Zeitraums, der objektiv als eine unbegründete Verzögerung von mehreren Jahren festgestellt wurde, einen Verwaltungsmissstand darstellt.

Ich möchte an dieser Stelle betonen, dass sich der Bericht nicht mit dem Inhalt des Gemeinschaftsrechts befasst, sondern mit der Art und Weise, in der es die Kommission versäumt hat, die Beschwerde zu behandeln, und deshalb möchte ich feststellen, dass ich den einzigen Änderungsantrag zu diesem Bericht, der von der GUE/NGL-Fraktion vorgelegt wurde und in dem es um die Einführung von Elementen in Bezug auf die Rechtsvorschriften selbst geht, nicht akzeptiere.

In der ursprünglichen Beschwerde gegen die Kommission aus dem Jahre 2001 ersuchte der Beschwerdeführer, ein in Deutschland tätiger Arzt, die Europäische Kommission um Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens gegen Deutschland, wobei er argumentierte, dass dieses Land gegen die Richtlinie 93/104/EG des Rates, die allgemein als „Arbeitszeitrichtlinie“ bekannt ist, verstößt. Es ging darum, dass die Umsetzung der Richtlinie durch Deutschland im Hinblick auf die Tätigkeit von Ärzten in Krankenhäusern, insbesondere was den Bereitschaftsdienst dieser Ärzte betreffe, gegen diese Richtlinie verstößt. Nach Auffassung des Beschwerdeführers hatte dies beträchtliche Risiken sowohl für Mitarbeiter als auch für Patienten zur Folge.

Der Bürgerbeauftragte stellte in Bezug auf die Beschwerde fest, dass die fünfzehn Monate, die vergangen seien, bevor die Kommission begonnen habe, sich mit der Beschwerde zu befassen, einen Fall von Missstand in der Verwaltungstätigkeit darstelle.

In der Zwischenzeit hatte Deutschland ein neues Gesetz erlassen, um die Richtlinie ordnungsgemäß umsetzen zu können, und die Kommission teilte dem Beschwerdeführer mit, dass sie Zeit brauche, um die Vereinbarkeit dieser neuen Rechtsvorschriften mit der Gemeinschaftsgesetzgebung zu prüfen und um festzustellen, ob sie die Beschwerde effektiv behandelt hat.

2004 teilte sie dem Beschwerdeführer mit, dass sie neue Vorschläge für eine Änderung der ursprünglichen Richtlinie angenommen hatte und sie die Beschwerde im Lichte dieses Vorschlags prüfen werde. Ein Jahr später, also 2005, wandte sich der Beschwerdeführer erneut an den Bürgerbeauftragten und vertrat die Auffassung, dass die Kommission die früheren Erkenntnisse des Bürgerbeauftragten missachte.

Es gibt keine Anzeichen dafür, dass die Kommission seit Vorlage dieses Vorschlags im Jahre 2004 weitere Schritte unternommen hat, um die Untersuchung der Beschwerde des Arztes fortzusetzen. Anstatt eine von zwei möglichen Entscheidungen zu treffen – entweder formale Vertragsverletzungsverfahren einzuleiten oder den Vorgang einzustellen –, nahm die Kommission davon Abstand, weitere Maßnahmen in Bezug auf ihre Untersuchung zu ergreifen. Die Tatsache, dass die Richtlinie zur Änderung anstand (die übrigens noch immer nicht erfolgt ist, und wir haben inzwischen 2008), ist für die Beschwerde ohne jede Bedeutung. Das Gemeinschaftsrecht zieht nicht die Möglichkeit in Betracht, bestehende Gesetze und Urteile mit der Begründung außer Acht zu lassen, dass neue Vorschriften geprüft und gegebenenfalls erlassen werden.

Mein Bericht ersucht die Kommission ferner, eine Liste mit den Namen der Mitgliedstaaten zur Verfügung zu stellen, deren Gesetzgebung nicht im Einklang mit allen Bestimmungen der Arbeitszeitrichtlinie steht, und die Maßnahmen zu spezifizieren, die sie diesbezüglich ergreift. Er drängt die Kommission, unverzüglich im Einklang mit ihren Vorrechten in allen Fällen und in allen Mitgliedstaaten, in denen die Umsetzung oder die Anwendung der Richtlinie nicht den vom Gesetzgeber und vor allem auch vom Europäischen Gerichtshof erlassenen Vorschriften entspricht, tätig zu werden. Ich empfehle diesen Bericht dem Hohen Haus.

 
  
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  Vladimír Špidla, Mitglied der Kommission. − (CS) Meine Damen und Herren! Ich danke Ihnen, dass ich zum Beitrag des Herrn Abgeordneten und ganz allgemein zu dem hier behandelten Fall Stellung nehmen kann. Wie schon gesagt, hängt die Beschwerde bezüglich der Arbeitszeitrichtlinie mit den Urteilen des Gerichtshofs in den Rechtssachen SIMAP und Jäger über Bereitschaftsdienstzeiten zusammen. Das ist eine Frage, die in der Richtlinie nicht ausdrücklich geregelt wurde. Überdies hat die Auslegung des Gerichtshofs nach Ansicht vieler Mitgliedstaaten grundsätzliche Probleme hervorgerufen, und sie hatte weitreichende Auswirkungen auf die Finanzierung und Organisierung des öffentlichen Gesundheitswesens und der Rettungsdienste.

Um den durch diese Urteile entstandenen Problemen zu begegnen, führte die Kommission 2004 umfangreiche Konsultationen durch. Sie kam zu dem Schluss, dass die geeignete Lösung in einem Änderungsvorschlag läge, der die Anwendung der Richtlinie auf Bereitschaftsdienstzeiten und Ausgleichsruhezeiten regelt. Diesen Änderungsvorschlag hat die Kommission 2004 vorgelegt. Wegen der außerordentlichen Bedeutung dieser Fragen für die öffentlichen Gesundheitsdienste entschied die Kommission 2004, dass sie in den Fällen, in denen das Gesetz durch den Änderungsvorschlag geändert wird, kein Vertragsverletzungsverfahren einleiten wird. Die Kommission räumt ein, dass sie in diesem Fall außerordentlich lange Zeit benötigt hat, aber die Gründe habe ich bereits erwähnt.

Da der bestehende Acquis bis zum Inkrafttreten der Änderung gültig bleibt, hat die Kommission offen gelassen, wie sowohl diese konkrete Beschwerde als auch andere diese Frage betreffende Beschwerden behandelt werden sollen. Darüber hinaus eröffnete sie in begründeten Fallen ein Vertragsverletzungsverfahren im Zusammenhang mit Beschwerden gegen die Arbeitszeitrichtlinie, die jedoch nicht unter die Rechtsetzung des Änderungsvorschlages fielen.

Die Kommission überprüft und analysiert auch weiterhin die sich ergebenden Veränderungen der geltenden nationalen Rechtsvorschriften in allen Mitgliedstaaten sowie die Reaktion der Gesetzgeber, der nationalen Gerichte und Sozialpartner auf das Urteil des Gerichtshofs. Das ist sehr wichtig, denn die in der konkreten Beschwerde aufgeworfenen Fragen, auf die sich der Bericht bezieht, sind in der Tat für mehr als nur einen Mitgliedstaat von Bedeutung.

Die Kommission wird dem Parlament in etwa zwei Monaten einen ausführlichen Bericht über die Anwendung der Arbeitszeitrichtlinie vorlegen, der eine komplexe und aktuelle Information über die Übereinstimmung mit dem acquis einschließlich der SIMAP/Jaeger-Urteile in allen 27 Mitgliedstaaten geben wird. Der Bericht wird dann auch eine Reaktion auf einige Vorschläge des jetzigen Berichts enthalten.

Wegen des spezifischen Kontextes der Beschwerden zur Arbeitszeitrichtlinie, die die Regelung von Bereitschaftsdienstzeiten betreffen, hält es die Kommission nicht für angebracht, allgemeine Schlussfolgerungen zu den Vertragsverletzungsverfahren zu ziehen, die die Kommission normalerweise durchführt. Die Einjahresfrist für Entscheidungen über Beschwerden, die bei der Kommission eingehen, ist größtenteils angemessen, sie gilt jedoch ausdrücklich als allgemeiner Grundsatz und kann nicht in allen Fällen angewendet werden.

 
  
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  Alejandro Cercas, Verfasser der Stellungnahme des mitberatenden Ausschusses für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten. – (ES) Herr Präsident, Herr Kommissar! Ich spreche für mich selbst, aber auch im Namen der 34 Abgeordneten im Ausschuss für Beschäftigung, die im vergangenen Mai für den Initiativbericht gestimmt haben, den wir für diese Aussprache erstellt haben. Wir stimmen alle dem Bericht zu und befürworten die Arbeit von Herrn de Rossa, der unsere volle Unterstützung hat.

In wenigen Sekunden möchten wir darlegen, dass wir nicht nur über den Hintergrund der Frage der ärztlichen Bereitschaftsdienste und der Arbeitszeitrichtlinie besorgt sind, sondern es auch mit einer Besorgnis erregenden Situation zu tun haben: Europäische Bürger erhalten keine Antwort, wenn sie sich um Informationen von der Kommission bemühen.

Zweitens sind wir besorgt, da die Kommission sich der vacatio legis bewusst zu sein scheint, wenn sie Verfahren zur Änderung von Richtlinien einleitet.

Obwohl meine Zeit sehr kurz bemessen ist, muss ich dem Kommissar sagen, dass unabhängig davon, was wir oder die Kommission über das Fallrecht oder das geltende Recht denken, Letztere verpflichtet ist, die Verträge zu implementieren und voranzuschreiten, und dass sie kein Recht besitzt, irgendeine Norm oder irgendetwas, das den gemeinschaftlichen Besitzstand betreffen könnte, in der Schwebe zu halten.

 
  
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  Mairead McGuinness, im Namen der PPE-DE-Fraktion. – (EN) Herr Präsident! Ich möchte Herrn De Rossa für seinen Bericht danken.

Ich habe mir die Erwiderung der Kommission sehr genau angehört und möchte wiederholen, dass es in diesem Bericht darum geht, wie die Kommission mit einer Beschwerde umgegangen ist. Auch wenn der Gegenstand natürlich sehr umstritten und hochaktuell ist, befassen wir uns in dieser Aussprache heute Abend damit, wie die Kommission Beschwerden behandelt. Wir unterstützen die Schlussfolgerungen des Bürgerbeauftragten in Bezug auf die ungeheure Verzögerung, die von der Kommission heute Abend in diesem Haus eingeräumt wurde.

Zu Beschwerden generell möchte ich feststellen, dass sich Bürger an die Kommission wenden, weil sie ein Problem haben und eine Reaktion in irgendeiner Form erwarten – vielleicht nicht sofort, aber auf jeden Fall nicht erst nach Monaten oder Jahren.

Ich möchte Sie an eine Sache im Zusammenhang mit der Equitable Life erinnern, wo der Gesetzgeber Zurückhaltung geübt hat und nicht sonderlich klar war, wie das Gemeinschaftsrecht eigentlich umgesetzt wird – und die Konsequenzen in diesem Fall waren bitter.

Abschließend sei erwähnt, dass der Kommission derzeit eine Beschwerde über die Anwendung der irischen Planungsgesetzgebung vorliegt. Während die Kommission anfangs sehr aktiv und eine große Stütze war, herrscht, so fürchte ich, derzeit Funkstille. Ich wünsche mir, dass der Fall wenigstens etwas vorankommt.

 
  
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  Maria Matsouka, im Namen der PSE-Fraktion. – (EL) Herr Präsident! Obwohl dieser Bericht keinen legislativen Inhalt besitzt, ist er doch für die Auslegung und Entwicklung des Gemeinschaftsrechts besonders wichtig. Daher beglückwünsche ich den Bürgerbeauftragten zu der Initiative, einen Sonderbericht zu entwerfen, und auch meinen Kollegen, Herrn De Rossa, zur Unterstützung des Standpunkts, dass der Ermessensspielraum der Kommission bei der Behandlung von Beschwerden keine willkürlichen Auslegungen, vor allem nicht zuungunsten von Bürgern, zulässt.

Das Vertrauen in die Gemeinschaft, das wir den EU-Bürgern gern vermitteln würden, beruht sowohl auf der Einbringung von Rechtsvorschriften, die ihre Rechte schützen, als auch auf deren korrekter Umsetzung.

Die Kommission sollte ihrer Rolle als Hüterin der Verträge gerecht werden, und sie darf es nicht zulassen, dass die Entscheidungen des Rates bei der Revision europäischer Rechtsvorschriften blockiert werden und so die Umsetzung bestehender Vorschriften behindert wird. Darüber hinaus sollte die EU überall dort, wo es die Verfahren zulassen, Direktwirkung haben.

Die Kommission ist verpflichtet, die Abneigung oder Unfähigkeit von Staaten in Bezug auf die Anwendung von EU-Recht aufzuzeigen. So lernen einerseits die Bürger zu überprüfen, inwiefern ihre nationalen Behörden sich an ihre europäischen Verpflichtungen halten, und die Regierungen werden andererseits endlich für diese Verpflichtungen einstehen müssen.

 
  
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  Marian Harkin, im Namen der ALDE-Fraktion. – (EN) Herr Präsident! Ich möchte den Berichterstatter, Herrn De Rossa, zu seinem ausgezeichneten Bericht beglückwünschen. Als Mitglied des Petitionsausschusses bin ich mir sehr stark der Tatsache bewusst, dass wir für viele EU-Bürger das Gesicht der EU sind. Wenn ich sage „wir“, dann meine ich den Petitionsausschuss selbst wie auch die Kommission, die ebenfalls Petitionen bearbeitet. Im vorliegenden Fall wurde der Beschwerdeführer praktisch ignoriert, und laut Urteil des Bürgerbeauftragten stellt dies einen Verwaltungsmissstand dar.

Ich freue mich, dass der Berichterstatter und der Petitionsausschuss diesem Standpunkt zustimmen. Die europäischen Bürger können mit Recht erwarten, dass die Kommission als Hüterin der Verträge dafür sorgt, dass die europäische Gesetzgebung fristgemäß und effektiv umgesetzt wird. Sie können mit Recht erwarten, dass sie eine termingerechte und aussagekräftige Antwort erhalten, und während es im Ermessen der Kommission liegt, über ihr weiteres Vorgehen in einem bestimmten Fall zu entscheiden, d. h. ob sie ein Vertragsverletzungsverfahren einleitet oder nicht, steht es ihr nicht frei zu versäumen, innerhalb eines angemessenen Zeitraums Stellung zu beziehen. Genau das ist im vorliegenden Fall geschehen.

Was Änderungsantrag 1 betrifft, so ist das eine Angelegenheit, die der Klärung bedarf, allerdings unabhängig von diesem Bericht.

Abschließend eine persönliche Bemerkung zur Arbeit des Petitionsausschusses: Die Vorlage einer Petition ist für viele Bürger ihr einziger Kontakt mit den Institutionen der EU. Deshalb kommt es wirklich darauf an, dass dieses System effektiv und transparent funktioniert. Die Kommission ist Teil dieses Prozesses, aber das Parlament eben auch. Wir müssen dafür sorgen, dass dem Ausschuss ausreichend Ressourcen zur Verfügung stehen, damit er effektiv und fristgerecht arbeiten kann.

Um diese Problematik vollständig verstehen zu können, müssen wir uns in den Beschwerdeführer hineinversetzen und das Problem aus seiner Perspektive betrachten. Er nimmt es als Einzelner oder als Gruppe mit dem System auf. Wenn das System nicht effektiv reagiert, dann empfindet er es als bürokratischen Alptraum, und er und wahrscheinlich jeder, mit dem er darüber spricht, fühlt sich vor den Kopf gestoßen. Das ist etwas, was wir um der Öffentlichkeit und der EU willen, unbedingt vermeiden müssen.

 
  
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  Marcin Libicki, im Namen der UEN-Fraktion. – (PL) Herr Präsident! Ich spreche heute im Namen der Fraktion Union für das Europa der Nationen, aber auch als Vorsitzender des Petitionsausschusses. Es freut mich, dass alle, die bisher zu dieser Problematik das Wort ergriffen haben, Mitglieder dieses Ausschusses sind. Auch der Präsident, der unsere heutige Sitzung leitet, ist Mitglied des Petitionsausschusses. Wir sind also mit diesen Problemen sehr vertraut.

Sehr geehrte Damen und Herren! Der heutige Bericht von Proinsias De Rossa, dem ich zu einem ausgezeichneten Dokument gratulieren möchte, geht auf einen Bericht des Europäischen Bürgerbeauftragten zurück, mit dem wir als Petitionsausschuss des Europäischen Parlaments kontinuierlich zusammenarbeiten. Diese Zusammenarbeit mit dem Europäischen Bürgerbeauftragten ist ausgezeichnet. Wir alle kommen täglich mit seiner Arbeit in Berührung, da der Petitionsausschuss das Gremium ist, dem das Parlament die Zuständigkeit für die Beziehungen zum Bürgerbeauftragten übertragen hat.

Jeder von uns, der sich zu dieser Problematik geäußert hat, ist sich dessen bewusst, dass die Länge von Verfahren ein Alptraum für die europäischen Institutionen und folglich auch ein Alptraum für die Bürgerinnen und Bürger Europas ist. Demzufolge müssen wir die Europäische Kommission auffordern, alle erdenklichen Anstrengungen zu unternehmen, um den ihr auferlegten Pflichten schneller nachzukommen.

Ich möchte die Aufmerksamkeit auf den entscheidenden Punkt im Bericht von Proinsias De Rossa lenken, nämlich auf Punkt 1, der besagt, dass das Europäische Parlament „die Empfehlung des Europäischen Bürgerbeauftragten an die Kommission unterstützt“. Das Parlament unterstützt die Empfehlung des Bürgerbeauftragten, so wie das normalerweise der Fall ist, da wir seine Forderungen und Argumente für gewöhnlich als sehr fundiert erachten.

 
  
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  Elisabeth Schroedter, im Namen der Verts/ALE-Fraktion. – Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich wende mich als erstes an den Kommissar. Herr Kommissar, heute früh haben Sie versucht uns zu erklären, welch tolles Programm für gute Arbeit und ein soziales Gesicht der EU die Kommission für die Bürgerinnen und Bürger in Europa bereit hält. Wenn es aber darum geht, konkrete Maßnahmen zu ergreifen, dann kneift die Kommission.

Im vorliegenden Fall handelt es sich nur um eine Beschwerde eines deutschen Arztes und um die Maßnahme, darauf zu reagieren. Es ging schlichtweg nur darum, wenigstens die vorhandenen Mindestnormen bezüglich der Arbeitszeit in der Europäischen Union zu überprüfen. Nicht mal das kriegt die Kommission zustande. Ihre Reaktion war alles andere als das, was man von einer Hüterin der Verträge erwartet. Sie schweigen jahrelang, und dann weichen Sie auch noch die Normen auf. Das ist das, was die Bürgerinnen und Bürger als Betrug an ihren Rechten empfinden. Sie haben mit diesem Schweigen und den Änderungen an der Arbeitszeitrichtlinie dem Projekt der Europäischen Union massiv geschadet. Das muss an dieser Stelle mal festgestellt werden.

 
  
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  Lidia Joanna Geringer de Oedenberg (PSE). - (PL) Herr Präsident! Die von Bürgern eingereichten Beschwerden sind eine wichtige Informationsquelle zu möglichen Verstößen gegen das Gemeinschaftsrecht. Der Fall, um den es hier geht und der sich über sieben Jahre hingezogen hat, betrifft das Versäumnis der deutschen Regierung, bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung (d. h. Richtlinie 2003/88, durch die Richtlinie 93/104 aufgehoben und ersetzt wurde) ordnungsgemäß umzusetzen. Da eine effektive Reaktion seitens der Europäischen Kommission ausgeblieben ist, stellt dies nach Meinung des Bürgerbeauftragten einen Missstand in der Verwaltung dar.

Der ungerechtfertigt lange Zeitraum – manchmal erstreckt er sich über mehrere Jahre –, den die Kommission benötigt, um im Falle von Versäumnissen seitens der Mitgliedstaaten zu reagieren, gibt Anlass zur Besorgnis. Gleiches trifft auf die zahlreichen Fälle zu, in denen die Mitgliedstaaten den Urteilen des Gerichtshofs nicht nachkommen. Derartige Praktiken untergraben die Glaubwürdigkeit der konsequenten Anwendung des Gemeinschaftsrechts, bringen die Ziele der Europäischen Union in Misskredit und mindern das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die EU-Institutionen. Die Art und Weise, wie Beschwerden von Bürgern geprüft werden, muss den Grundsätzen guter Verwaltungsführung entsprechen. Beschwerden müssen effizient und so schnell wie möglich geprüft werden.

 
  
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  Ewa Tomaszewska (UEN). - (PL) Herr Präsident! Beschwerden in Bezug auf die Arbeitszeitgestaltung sind Angelegenheiten von Dringlichkeit. Stellen Sie sich vor, was passieren könnte, wenn gegen die Arbeitszeitbestimmungen von Ärzten verstoßen wird: Es könnte dazu führen, dass ein Chirurg eine komplizierte Operation ausführen muss, nachdem er bereits 23 Stunden lang Dienst hatte. Es gibt eine ganze Reihe von Berufen, in denen eine unangemessene Arbeitszeitgestaltung Leben gefährden kann. Aus diesem Grunde ist es außerordentlich wichtig, dass Beschwerden innerhalb einer angemessenen Zeit bearbeitet werden.

 
  
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  Mairead McGuinness (PPE-DE).(EN) Herr Präsident! Ich möchte zwei Punkte ansprechen. Erstens unterstütze ich, was Frau Harkin zu den Ressourcen gesagt hat. Vielleicht gibt es innerhalb der Kommission diesbezüglich ein Problem. Wenn dem so ist, dann sollten wir davon Kenntnis erhalten.

Zweitens bedarf es eines sehr hartnäckigen Bürgers, an einer Beschwerde festzuhalten, obwohl man ihn ignoriert hat, und ich mache mir Sorgen um die vielen, die nicht die Zeit, die Ressourcen oder vielleicht die Fähigkeit haben, gegen das System anzugehen. Wie viele von ihnen bleiben auf der Strecke? Wird darüber eigentlich Buch geführt?

 
  
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  Vladimír Špidla, Mitglied der Kommission. (CS) Meine Damen und Herren! Ich möchte nur einige grundlegende Punkte herausheben, die meiner Ansicht nach noch angesprochen werden müssen.

Wir haben es in diesem Fall mit einer Beschwerde zu tun. Diese Beschwerde begründet keine allgemeine Regel, denn auf die Eingaben der Bürger rechtzeitig zu reagieren, ist eine grundlegende Sache und eine der wichtigsten Pflichten. Ich denke, bei eingehender Prüfung des Umfangs der Agenda wird deutlich, dass die Kommission in diesen Fällen konsequent vorgeht.

Dieser Fall war gerade dadurch außergewöhnlich, dass seine Auswirkungen mehrere Mitgliedstaaten als Ganzes hätten treffen können. Deshalb hat die Kommission 2004 ihren Ermessensspielraum genutzt und ist so vorgegangen, wie sie es getan hat. Heute denke ich, dass die Zeit klar gezeigt hat, dass diese Entscheidung nicht ganz optimal war, aber es ist eine Entscheidung, die im Ermessensspielraum der Kommission lag.

Ich möchte feststellen, dass die Vertragsverletzungsfälle, die die Nichteinhaltung des Rechts in Sachen Arbeitszeitrichtlinie betreffen, im üblichen Tempo behandelt werden, denn obwohl es für die Entscheidung meiner Ansicht nach ernsthafte Gründe gab, hat die Zeit gezeigt, dass es keine optimale Entscheidung war.

 
  
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  Proinsias De Rossa, Berichterstatter. − (EN) Herr Präsident! Ich möchte mich bei allen bedanken, die heute Abend hiergeblieben sind, um an der Aussprache teilzunehmen. Ferner danke ich dem Kommissar für seine Ausführungen. Sein Eingeständnis, dass es tatsächlich zu außergewöhnlichen Verzögerungen gekommen ist und dass es vielleicht nicht zu diesen Verzögerungen hätte kommen sollen, ist zu begrüßen.

Dennoch sind der Petitionsausschuss und der Bürgerbeauftragte noch immer unterschiedlicher Meinung darüber, wie die Kommission ihr Recht, sich nicht mit einer Beschwerde zu befassen, mit der sie sich ihrer Ansicht nach nicht befassen muss, auslegt. Wir meinen, dass diese Ermessensfreiheit nicht für eine Verzögerung von acht Jahren gilt, um die es hier geht.

Ich begrüße die Tatsache, dass der Kommissar die Veröffentlichung eines Berichts innerhalb von zwei Monaten angekündigt hat, der einen Überblick über die Einhaltung der entsprechenden Vorschriften in allen Mitgliedstaaten geben wird, einschließlich der Problematik der speziellen Beschwerde, um die es heute Abend geht.

Meines Erachtens hätte ein rechtzeitigeres Handeln der Kommission durchaus zu einer früheren Änderung der Arbeitszeitrichtlinie beitragen und vielleicht zu einem früheren Zeitpunkt die Risiken ausräumen können, denen Patienten und auch Ärzte und Schwestern in den Krankenhäusern unseres Gesundheitsdienstes in all den Jahren, in denen ihre Arbeits- und Bereitschaftsdienstzeit bis zu 100 Stunden pro Woche betrug, ausgesetzt waren.

Meiner Ansicht nach macht der Streit in dieser Sache deutlich, dass die derzeitigen Vertragsverletzungsverfahren Mängel aufweisen und dass politische Überlegungen wie auch materielle Überlegungen in heiklen Fragen, die in Übereinstimmung mit den Rechtsvorschriften und nicht je nach politischer Befindlichkeit behandelt werden sollten, ins Spiel kommen.

Abschließend muss festgestellt werden, dass Beschwerden im Normalfall zwischen dem Bürgerbeauftragten und der Agentur, der Kommission oder auch dem Rat, gegen die bzw. den sich die Beschwerde richtet, geklärt werden. Es kommt sehr selten vor, dass wir uns in diesem Haus mit dieser Problematik zu befassen haben. Der Fall, dass dieses Haus gebeten wird, die Entscheidung des Bürgerbeauftragten gegen die Kommission zu befürworten, ist selten. Ich finde es äußerst bedauerlich, dass wir das tun müssen, aber das ist leider der Fall.

Deshalb wünsche ich mir, dass der Kommissar zum gegebenen Zeitpunkt andeutet, eingesteht und einräumt, dass er akzeptiert hat, dass die Verzögerung nicht akzeptabel war. Ich würde es begrüßen, wenn er eine dahingehende Verpflichtung abgeben würde, dass entsprechende Vorkehrungen getroffen werden, um zu vermeiden, dass sich die Bearbeitung von Beschwerden je wieder derart in die Länge zieht.

 
  
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  Der Präsident. − Die Aussprache ist geschlossen.

Die Abstimmung findet morgen um 11.00 Uhr statt.

Schriftliche Erklärungen (Artikel 142 GO)

 
  
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  Anneli Jäätteenmäki (ALDE), schriftlich. – (FI) Herr Präsident! Ich war entsetzt, als ich den Bericht von Herrn De Rossa über die Beschwerde gegen Deutschland bezüglich der Arbeitszeitregelungen für Ärzte gelesen habe.

Es zeugt von einer völlig ineffizienten Verwaltung, wenn sich die Europäische Kommission erst nach einer gänzlich ungerechtfertigten Verzögerung von mehreren Jahren mit der Beschwerde eines Petenten befassen kann. Dieser Fall stellt einen klaren Missbrauch der Ermessensfreiheit dar, die der Kommission bei der Auslegung ihrer Pflichten zusteht. Anstatt ihr Ermessen auszuüben, scheint die Kommission vollkommen willkürlich vorgegangen zu sein.

Es ist an der Zeit, dass uns die Kommission erklärt, wie sie beabsichtigt, mit Beschwerden künftig auf eine Art und Weise umzugehen, die so schnell und so wirksam wie möglich ist.

Vielen Dank!

 

14. Gleichstellung von Frauen und Männern – 2008 (Aussprache)
Video der Beiträge
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  Der Präsident. − Als nächster Punkt folgt der Bericht von Iratxe García Pérez im Namen des Ausschusses für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter über die Gleichstellung von Frauen und Männern – 2008 (2008/2047(INI)) (A6-0325/2008).

 
  
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  Iratxe García Pérez, Berichterstatterin. (ES) Herr Präsident, Herr Kommissar! Ich möchte gleich zu Beginn meiner Rede der Kommission für ihren Bericht 2008 über die Gleichstellung von Frauen und Männern danken, der sich umfassend mit Politiken, die die geschlechtsspezifische Dimension einbinden, und Politiken zu konkreten Maßnahmen positiver Diskriminierung befasst. Obwohl man sagen muss, dass der Bericht der Kommission eingestandener Maßen Fragen der Arbeitswelt im Mittelpunkt hat, lässt er viele andere Fragen und Schwierigkeiten außer Acht, denen Frauen sich ausgesetzt sehen, und die wir daher in diesen Bericht des Parlaments einzubeziehen versucht haben.

Ich möchte auch allen meinen Kollegen Dank sagen, die durch ihre Bemühungen den ursprünglich vorgelegten Bericht zu verbessern geholfen haben. Wir sind uns einig, dass trotz der erreichten Fortschritte noch vieles zu tun bleibt.

In dieser Hinsicht ist Selbstzufriedenheit unser schlimmster Feind. Wenn wir uns die noch bevorstehenden Herausforderungen und die noch zu leistende Arbeit nicht bewusst machen, wird es uns schwer fallen, Fortschritte bei den Gleichstellungsfragen zu erzielen.

Die Perspektive dieses Berichts wird durch das Prinzip der Einbindung der Geschlechterdimension geprägt, und er beschäftigt sich mit verschiedenen Fragen, die sich auf dieses Prinzip beziehen. Sie alle besitzen einen großen Stellenwert, und wir können keine davon unter den Tisch fallen lassen: die Eingliederung der Frau in den Arbeitsmarkt, häusliche Gewalt, Frauen im Bildungssektor, die Vereinbarung von Familienleben und Arbeit und gefährdete Gruppen wie Migrantinnen oder Frauen mit Behinderungen. Alle diese Aspekte müssen bedacht werden und erfordern gründliche Untersuchung und Analyse; aber in der mir zur Verfügung stehenden Zeit möchte ich mich auf die Aspekte konzentrieren, die mir am wichtigsten erscheinen.

Häusliche Gewalt stellt heute nicht nur in Europa, sondern auch weltweit die schlimmste soziale Geißel dar. Sie ist eine soziale Ungerechtigkeit, bei der Frauen, nur weil sie Frauen sind, durch Männer Gewalt erfahren, da chauvinistische Werte in unserer Gesellschaft noch immer ziemlich fest verwurzelt sind.

Deshalb müssen in den Mitgliedstaaten Gesetze zur Bekämpfung dieses sozialen Missstands auf den Weg gebracht werden. Spanien gibt uns das beste Beispiel. Dort wurde vor wenigen Jahren das Gesetz gegen die häusliche Gewalt in die nationale Rechtsordnung aufgenommen. In ihm werden die Rechte misshandelter Frauen anerkannt und eine umfassende Politik implementiert, die Vorbeugung, Behandlung und Wiedereingliederung der betroffenen Frauen umfasst.

Bezüglich der Stellung der Frau auf dem Arbeitsmarkt sollten wir uns bewusst sein, dass wir von der Erreichung der Ziele der Lissabon-Strategie noch weit entfernt sind. Die Beschäftigung von Frauen hat zugenommen, aber die Arbeitslosenzahlen liegen bei Frauen immer noch viel höher als bei den Männern, und wir müssen daher sowohl durch die Europäische Kommission als auch durch die Mitgliedstaaten politische Maßnahmen ergreifen, um die Frauen dabei unterstützen, zu denselben Bedingungen wie Männer am Arbeitsmarkt teilzunehmen.

Eine andere, nicht zu vernachlässigende Tatsache stellt die Kluft bei der Entlohnung dar, die seit 2003 bei 15 % verharrt. Hier sind größere, zwischen Unternehmern und Gewerkschaften abgestimmte Maßnahmen erforderlich.

In diesem Bericht schlagen wir auch vor, dass die Gemeinschaftsorgane und die Mitgliedstaaten den 22. Februar zum „Internationalen Tag für gleiches Entgelt“ erklären. Eine Frau müsste im Jahr 52 Tage zusätzlich arbeiten, um denselben Lohn wie ein Mann zu erreichen.

Um eine Vereinbarkeit von Arbeit und Privatleben herzustellen, müssen wir etwas daran ändern, dass gegenwärtig 85 % der informellen Pflegepersonen von Frauen gestellt werden. Wir brauchen mehr öffentliche Dienstleistungen zur Betreuung von Kindern und pflegebedürftigen Personen.

Ebenso sollten wir durch soziale Organisationen, Gewerkschaften und politische Parteien Initiativen zur verstärkten Teilnahme von Frauen am öffentlichen Leben unterstützen. Frauenquoten stellten einen entscheidenden Schritt dar, dem wir auf dem Weg der gleichberechtigten Demokratie weitere folgen lassen müssen.

Auch über andere entscheidende Aspekte dürfen wir nicht hinwegsehen: den Bildungszugang, die Überwindung sozialer Stereotypen, die Probleme und Schwierigkeiten, mit denen sich Frauen in ländlichen Gemeinden konfrontiert sehen. Zu diesem Zweck müssen wir unsere Kräfte bündeln. Wir müssen eng mit Organisationen zusammenarbeiten und die Gleichstellung von Mann und Frau als grundlegendes Prinzip der Europäischen Union zur Realität werden lassen, da wir so einem Europa mit mehr Rechtsstaatlichkeit und größerer sozialer Gerechtigkeit näher kommen.

 
  
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  Vladimír Špidla, Mitglied der Kommission. − (CS) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Kommission begrüßt den Bericht und den Entwurf einer Entschließung über die Gleichstellung von Frauen und Männern in der Europäischen Union. Mit der Annahme des Berichts wird die Verpflichtung des Parlaments in Bezug auf die Gleichstellung von Frauen und Männern hervorgehoben und die Unterstützung des Parlaments für den Ansatz der Kommission bestätigt. Ich möchte vor allem der Berichterstatterin, Frau García Pérez, für die Unterstützung des Vorgehens der Europäischen Kommission auf diesem Gebiet danken.

Die Gleichstellung von Frauen und Männern ist einer der Grundwerte der Europäischen Union. Zugleich ist sie ein Bereich, in dem Europa den sozialen Entwicklungen häufig vorgegriffen hat. Auch in den letzten Jahren hat es hier wichtige und ehrgeizige Initiativen auf den Weg gebracht. Durch die Annahme des Fahrplans für die Gleichstellung von Frauen und Männern wurde der Wille der Kommission unterstrichen, alles in ihren Kräften Stehende zu tun, damit Europa einer wirklichen Gleichstellung von Frauen und Männern auf allen Gebieten näher kommt.

Darüber hinaus stellt die Kommission fest, dass der Entschließungsentwurf des Parlaments bestimmte Punkte unterstreicht, die in den Prioritäten des Fahrplans enthalten sind. Dabei geht es vor allem um die Stellung der Frau auf dem Arbeitsmarkt, die Vereinbarung von Berufs- und Familienleben, um eine ausgewogene Vertretung in Führungspositionen und auch um die Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen. Dieser Ansatz stimmt mit der Politik der Kommission in diesem Bereich überein und enthält Themen, die im Bericht für das Jahr 2008 hervorgehoben wurden.

Obwohl in der Gleichstellung von Frauen und Männern ein deutlicher Fortschritt erzielt wurde, stehen uns noch wichtige Aufgaben bevor. Wir müssen unsere Anstrengungen fortsetzen und die Rechtsgrundlage stärken.

Die Kommission schließt sich der Meinung der Berichterstatterin an, dass der Vereinbarung von Berufs- und Familienleben eine zentrale Rolle zukommt, wenn eine wirkliche Gleichstellung von Frauen und Männern erreicht werden soll. Wir wissen, dass es größtenteils Frauen sind, die Pflichten in Familie und Haushalt übernehmen. Deshalb sind Frauen auch häufiger gezwungen, ihr Studium und ihre berufliche Laufbahn zu unterbrechen, und sehr oft kehren sie nicht mehr dorthin zurück. Die Erhöhung der Frauenbeschäftigtenquote hängt also vorrangig vom Zugang zu einer qualitativ guten und erschwinglichen Kinderbetreuung ab. Die Kommission wird in den nächsten Wochen einen Bericht über die Entwicklung auf diesem Gebiet vorlegen.

Darüber hinaus hat die Kommission 2006 und 2007 mit den Sozialpartnern Konsultationen über die Vereinbarung von Berufs- und Privatleben geführt. Diese haben im Juli 2008 ihre Absicht bekundet, über eine Elternzeit zu verhandeln. Daher wird die Kommission zum jetzigen Zeitpunkt keinen Entwurf dazu vorlegen.

Die Kommission beabsichtigt in Kürze, ein Paket von Initiativen zu unterbreiten, das die Vereinbarung von Berufs- und Privatleben betrifft; darin enthalten sind vor allem ein Bericht über Kinderbetreuung, der Vorschlag für eine Richtlinie zur Änderung der Richtlinie über den Mutterschaftsurlaub und der Vorschlag für eine Richtlinie zur Änderung der aus dem Jahr 1986 stammenden Richtlinie über „mithelfende Ehegatten“. Die derzeitige Lage der mithelfenden Ehegatten in der Landwirtschaft, aber auch in anderen Wirtschaftszweigen, in denen es Familienbetriebe gibt, ist unannehmbar. Es ist inakzeptabel, dass Menschen, die regelmäßig für das Familienunternehmen arbeiten, in einigen Ländern kein Recht auf Sozialversicherung haben und bei einer Scheidung, beim Tod des Haushaltsvorstandes oder bei wirtschaftlichen Schwierigkeiten in größte Not geraten.

Grundsätzliche Bedeutung hat die Politik der Gleichstellung, wenn es um die Vorbeugung und Bekämpfung von Gewalt gegen das andere Geschlecht geht, denn diese hat ihre Grundlagen gerade im Kräfteungleichgewicht zwischen Frauen und Männern. Hingegen tragen wirksame Maßnahmen gegen geschlechtsbedingte Gewalt zu einem wirklichen Schutz der Rechte der Frauen in der Gesellschaft und zur Unterstützung der Gleichstellung bei.

Gewalt gegen Frauen ist nicht hinnehmbar. Vergewaltigung, sexueller Missbrauch von Mädchen, Frauenhandel zwecks sexueller oder ökonomischer Ausbeutung, häusliche Gewalt, Belästigung am Arbeitsplatz wie auch traditionelle oder schädigende Praktiken – z. B. Genitalverstümmelungen – beeinträchtigen die Gesundheit, Freiheit, Würde und die physische und emotionale Unversehrtheit der Frauen. Vor allem wenn international organisierte kriminelle Gruppen Gewalt gegen Frauen gebrauchen, wie das beim Menschenhandel der Fall ist, müssen wir entschieden und außerordentlich wirksam einschreiten.

Aus diesem Grund erwägt die Kommission, die Rechtsvorschriften über den Menschenhandel, die Ausbeutung und den sexuellen Missbrauch von Kindern, der ein hauptsächlich an Mädchen begangenes entsetzliches Verbrechen ist, im Rahmen ihres Arbeitsprogramms für 2009 zu überarbeiten und zu verschärfen.

Abschließend möchte ich sagen, dass der Gleichstellungspolitik eine grundlegende Rolle zukommt, um das Denken und Handeln zu verändern. Sie besitzt daher Schlüsselbedeutung nicht nur für die Gewährleistung der rechtlichen, sondern auch der tatsächlichen Gleichstellung von Frauen und Männern. Die Kommission begrüßt deshalb die Unterstützung, die das Europäische Parlament ihr mit diesem Entschließungsentwurf bekundet.

 
  
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  Marian Harkin, Verfasserin der Stellungnahme des mitberatenden Ausschusses für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten. − (EN) Herr Präsident! Eingangs möchte ich feststellen, dass es sich hier um einen sehr umfassenden Bericht handelt, der viele der Fragen in den Vordergrund rückt, die geklärt werden müssen, um die Gleichbehandlung von Frauen und Männern zu gewährleisten.

Besonders freut mich, dass das Problem der Gewalt gegen Frauen thematisiert wird, denn viel zu viele Menschen sehen in der Gewalt gegen Frauen ein Frauenproblem, obwohl es sich dabei um ein gesellschaftliches Problem handelt, und solange es nicht als gesellschaftliches Problem behandelt wird, besteht keine Aussicht auf seine Überwindung.

Ferner stimme ich der Berichterstatterin und ihren Ausführungen über die Feminisierung der Armut und über die Gruppen zu, die besonders gefährdet sind, sowie über die zentrale Frage, dass Frauen den gleichen Zugang zu Renten- und Sozialleistungen haben müssen wie Männer.

In diesem Zusammenhang hätte ich mir gewünscht, dass Ziffer 14 aus meiner Stellungnahme, in der ich speziell auf Pflegende eingehe, übernommen wird. Ausgehend davon, dass im Jahr 2030 das Verhältnis von erwerbstätigen zu nichterwerbstätigen Menschen 2:1 sein wird, werden Pflegende eine wesentlich größere Rolle spielen, und ausgehend davon, dass es in der EU bereits 100 Millionen Pflegende – Männer und Frauen, aber vor allem Frauen – ohne ordnungsgemäßen Zugang zu Sozialleistungen oder Renten gibt, müssen wir verhindern, dass sich diese Generation der Pflegenden nicht zur nächsten Generation ärmerer, älterer Menschen entwickelt und die Feminisierung der Armut verstärkt.

Abschließend eine persönliche Anmerkung zu Ziffer 9, die nicht die Ansichten des Beschäftigungsausschusses widerspiegelt: Meines Erachtens sollte der Text mit einer Einschränkung versehen werden, der zufolge im Zusammenhang mit der Frage der Abtreibung auf die Notwendigkeit der Achtung nationaler legislativer Prozesse verwiesen wird. Es gibt ein Protokoll zum Maastrichter Vertrag, dem zufolge Artikel 40.3.3 der irischen Verfassung über den Schutz ungeborenen Lebens nicht durch Gemeinschaftsrecht außer Kraft gesetzt werden darf.

Während der irischen Debatte über den Lissabon-Vertrag habe ich von vielen Bürgern zu hören bekommen, dass die EU beabsichtigt, die Abtreibung in Irland zu legalisieren. Obwohl ich gesagt habe, dass das nicht der Fall ist, behaupteten viele dennoch, dass das Parlament diese Problematik forciert, und deshalb muss meines Erachtens unsere Absicht klar sein. Es geht hier nicht darum, was man selbst von der Abtreibung hält. Ich vermute, dass sich meine Ansicht dazu von der des Berichterstatters unterscheidet, aber darum geht es nicht. Es geht um Subsidiarität, und die Bürger müssen sich unabhängig von ihrem Standpunkt zur Abtreibung darauf verlassen können. Ich glaube, dass jeder von uns in diesem Parlament das ebenfalls respektieren sollte.

 
  
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  Maria Badia i Cutchet, Verfasserin der Stellungnahme des mitberatenden Ausschusses für Kultur und Bildung. (ES) Herr Präsident! Zunächst möchte ich die Berichterstatterin zu dem richtigen Ansatz beglückwünschen, den sie bei der Abfassung dieses Berichts zur Gleichstellung von Männern und Frauen gefunden hat.

Ich möchte als Berichterstatterin des Ausschusses für Kultur die wesentlichsten Beiträge unseres Ausschusses hervorheben, die natürlich im Zusammenhang mit zu unserem Ressort gehörenden Gebieten, wie Bildung, Kultur, Sport und Kommunikation, stehen.

Als Erstes haben wir die Förderung gleichberechtigten Verhaltens an den Schulen vorgeschlagen und die Beseitigung von Geschlechterstereotypen, die in bestimmten Medien immer noch allzu verbreitet sind; die Ergreifung von Maßnahmen, um die Zusammensetzung des Personals auf den verschiedenen Ebenen des Schulsystems zu ändern, damit Lehrer beiderlei Geschlechts auf jeder Ebene gleichmäßig eingebunden sind; die Beseitigung jeglicher Diskriminierung beim Gehalt aufgrund des Geschlechts auf den Gebieten Bildung, Kultur, Sport und Kommunikation; und die Förderung einer stärkeren Repräsentation von Frauen in Leitungsgremien dieser Bereiche, in denen Frauen in der Minderheit sind.

Wie die Berichterstatterin schon sagte, bleibt noch vieles zu tun. Das erinnert mich an einige Zeilen von Machado, der sagte: „Wanderer, gibt es keinen Weg, dann schreite aus, und bahne dir deinen eigenen Pfad“, denn, liebe Freunde, wir werden die Gleichstellung in dem Maße erreichen, in dem wir für sie kämpfen.

 
  
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  Marie Panayotopoulos-Cassiotou, im Namen der PPE-DE-Fraktion. – (EL) Herr Präsident! Im Namen meiner Fraktion beglückwünsche ich den Ausschuss zu seinem Bericht. Ich darf auch meiner Kollegin dazu gratulieren, dass sie den Standpunkt des Parlaments in ihrem Bericht formuliert hat, obwohl wir zu seiner Verbesserung Änderungen an bestimmten Punkten vorgeschlagen haben, auch um durch den Bericht des Parlaments zu zeigen, dass wir anerkennen, was aufgrund des Fahrplans für die Gleichstellung von Frauen und Männern und des Gleichstellungspakts geschehen ist.

Wir können einen beträchtlichen quantitativen Erfolg verzeichnen. Bei der Qualität der Implementierung der Maßnahmen müssen wir noch besser werden. Wir müssen durch die Einsetzung eines zuständigen Beschwerdegremiums in jedem Mitgliedstaat und die Festlegung von auf dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beruhenden Sanktionen effektive Implementierung und erweiterten Rechtsschutz sicherstellen.

Wir setzen uns auch für die Aufrechterhaltung der Prinzipien von Subsidiarität und freier Wahl ein. Was die Verbindung der Arbeit innerhalb der Familie mit dem Berufsleben anbetrifft, fordern wir, dass nicht nur arbeitende Frauen einbezogen werden. Auch Arbeitslose, diejenigen, die sich dafür entscheiden, nur in ihren Haushalten tätig zu sein, Freiberufler und in Familienbetrieben tätige Selbständige müssen einbezogen werden.

Wir wollen die Rolle des Mutterschafts- und Familienurlaubs stärken. Wir nehmen an, dass die Mitteilung, die wir von der Kommission erwarten, uns hierbei mit einem guten Vorschlag unterstützen wird.

Da Frauen mehr studieren und arbeiten, steht ihnen auch eine Entlohnung für alles von ihnen Geleistete zu.

 
  
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  Zita Gurmai, im Namen der PSE-Fraktion.(HU) Vielen Dank. Herr Präsident, Herr Kommissar, meine Damen und Herren! Die regelmäßigen Berichte der Kommission, die uns ein klares Bild von der aktuellen Lage vermitteln, sind auf dem Weg zur Gleichstellung von Frauen und Männern von besonderer Bedeutung. Kommissar Špidla ist für sein Engagement in dieser Sache bekannt. Der erste Bericht über die Gleichstellung von Frauen und Männern wurde vor fünf Jahren ausgearbeitet, und wir wollen jetzt zu Recht Ergebnisse sehen. Laut dem Bericht über die Gleichstellung von Frauen und Männern von 2008 hat es einige Fortschritte gegeben, doch leider werden darin auch einige „eingefrorene“ Bereiche genannt, in denen es keine spürbaren Veränderungen gegeben hat.

Der Unterschied bei den Arbeitsentgelten für Frauen und Männer stagniert seit fünf Jahren bei 15 %, und die Frau Kollegin erwähnte, dass das 54 Tagen bzw. einem Zeitraum bis zum 22. Februar entspricht. In den Entscheidungsgremien ist das Verhältnis Frauen zu Männer nach wie vor ungünstig, und das Bild, das die Medien von Frauen vermitteln, ist ein nachteiliges. Das größte Problem ist, dass es ausgerechnet im Bereich der Beschäftigung und den damit zusammenhängenden Bereichen keine nennenswerten Fortschritte gegeben hat, doch genau das sind die entscheidenden Bereiche, einerseits wegen der demografischen Herausforderungen in der EU und andererseits wegen des wirtschaftlichen Wachstums und für die Gewährleistung der Gleichstellung. Diese wichtigsten Prioritäten verlangen nach einer stärkeren Beteiligung von Frauen am Arbeitsmarkt.

Ein quantitativer Erfolg der Lissabon-Strategie ist es, dass zwölf Millionen neue Arbeitsplätze geschaffen wurden, von denen 7,5 Millionen mit Frauen besetzt wurden, doch das ist nicht gleichbedeutend mit einer Verbesserung der Qualität. „Erzwungene“ Teilzeitbeschäftigung, die geplante 65-Stunden-Arbeitswoche, die horizontalen und vertikalen Arbeitsmärkte und die Segregation werden leider dazu führen, dass die Vereinbarkeit von Arbeits- und Privatleben ein unlösbares Problem bleibt, dass wegen des Mangels an Kinderbetreuungseinrichtungen größer werden wird. Ich halte es für notwendig, dass die Mitgliedstaaten weitere koordinierte Strategien und Methoden ausarbeiten und diese effektiv in die Tat umsetzen, und dass sie zudem echte politische Unterstützung anbieten. Ich möchte der Frau Kollegin zu ihrer Arbeit gratulieren; sie hat einen ausgezeichneten Bericht vorgelegt.

 
  
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  Raül Romeva i Rueda, im Namen der Verts/ALE-Fraktion. – (ES) Herr Präsident! Ich möchte natürlich zunächst meiner Freundin und Kollegin Iratxe García für ihre Arbeit an diesem Bericht danken, den ich als wichtiges und umfassendes Dokument betrachte. Weiterhin möchte ich zumindest vier im Bericht enthaltene Punkte, die die Berichterstatterin in ihrer Rede erwähnte, unterstreichen, die auch für meine Fraktion große Bedeutung besitzen.

Erstens müssen die europäischen Institutionen angesichts der derzeitigen Welle chauvinistischer Gewalt sowohl bezüglich der Gesetzgebung als auch bei der Schaffung einer klaren Rechtsgrundlage für die Bekämpfung aller Formen von Gewalt gegen Frauen voranschreiten; das sollte beispielsweise auch die Anerkennung des Asylrechts aufgrund von geschlechtsspezifischer Verfolgung umfassen.

Um eine größere Beteiligung von Frauen an Entscheidungsprozessen sicherzustellen, ist es zweitens erforderlich, dass sich alle Institutionen und politischen Parteien mit dieser Frage beschäftigen und konkrete Maßnahmen dazu ergreifen. Wir schließen Quotenregelungen bei Wahlen hierbei nicht aus.

Drittens ist es wichtig, ein für allemal festzustellen, dass zur Sicherung der völligen Gleichberechtigung der Frau es die Frauen selbst seien müssen, die die Entscheidungen über ihre Rechte bezüglich ihrer sexuellen und reproduktiven Gesundheit treffen.

Viertens bedauern wir den mangelhaften Fortschritt in den Entlohnungsunterschieden zwischen Frauen und Männern, die berüchtigte Kluft bei Lohn und Gehalt, in den letzten Jahren und sehen wir es als von entscheidender Bedeutung an, dass die Kommission und die Mitgliedstaaten ihre Strategien und Maßnahmen überprüfen, die im Einklang mit den Sozialpartnern eine Bereinigung dieser Situation ermöglichen.

 
  
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  Eva-Britt Svensson, im Namen der GUE/NGL-Fraktion. – (SV) Herr Präsident! Auch ich möchte der Berichterstatterin zu diesem Bericht gratulieren, den ich voll und ganz befürworte. Ich unterstütze auch die von meiner Kollegin Figueiredo eingebrachten Änderungsanträge zum Arbeitsmarkt. Mir steht nur eine Minute Redezeit zur Verfügung, und ich möchte daher keine besonderen politischen Fragen aufgreifen, sondern nur einen Aspekt hervorheben, den ich für wichtig halte.

Die Berichterstatterin führt verschiedene Maßnahmen an, die zum Erreichen der Gleichstellung von Frauen und Männern erforderlich sind. Ihre Liste umfasst dabei insgesamt 45 Punkte. Ich wiederhole: 45 Punkte! Damit zeigt dieser Bericht, dass in der EU und ihren Mitgliedstaaten, die seit langem erklären, der Gleichstellung von Frauen und Männern Priorität einzuräumen, Änderungen auf 45 verschiedenen Gebieten erforderlich sind. Dem braucht man nichts mehr hinzuzufügen, außer dass ich Ja sage zu diesem Bericht und vor allem Ja zu konkreten Sofortmaßnahmen.

 
  
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  Urszula Krupa, im Namen der IND/DEM-Fraktion. – (PL) Herr Präsident! Nach meinem Dafürhalten ist ein wichtiges Element dieses Berichts die Forderung, Beschäftigten die Rückkehr ins Arbeitsleben nach einer Karrierepause aufgrund von Mutterschafts- oder Erziehungsurlaub zu erleichtern und Ungleichheiten in Entlohnung und Bildung zu beseitigen.

Es ist dennoch schwierig, den direkten kausalen Zusammenhang zu akzeptieren, der zwischen den Lebensproblemen vieler Menschen und der Tatsache, eine Frau zu sein, hergestellt wird. Das gesellschaftliche Leben wie einen Kampf der Geschlechter zu behandeln, wobei ein neuer Feind nach dem alten Vorbild des Klassenkampfes kreiert wird, gibt den Befürwortern dieses Ansatzes das Recht auf unbegrenzte Einmischung in alle Sphären der menschlichen Existenz, einschließlich der Funktionsweise der Familie.

Das Problem in Europa ist nicht der Kampf zwischen Männern und Frauen, sondern die mangelnde Achtung von Rechten und moralischen Grundsätzen, die sich insbesondere in hemmungsloser Gier und Egoismus manifestiert. Als Frau würde ich es vorziehen, wenn gleiche Rechte nicht zu einer Gleichstellung mit Männern in jeder Hinsicht führten, sondern zu Regelungen, die dem Schutz der Frauen dienten und ihr Leben erleichterten. Nicht mehr als anonymes Personal behandelt zu werden würde ihnen die Möglichkeit eröffnen, in vielen Bereichen der Wirtschaft einen schöpferischen Beitrag zu leisten.

 
  
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  Zita Pleštinská (PPE-DE).(SK) Dieser Bericht über die Gleichstellung von Frauen und Männern 2008 fasst die bereits angenommenen Berichte des Europäischen Parlaments zusammen, in denen viele interessante Anregungen enthalten sind, die in die Praxis umgesetzt werden müssen. Für mich reflektiert er die Tätigkeit des Ausschusses für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter, deshalb möchte ich gleich zu Beginn der Kollegin García Pérez für die Ausarbeitung des Berichts danken.

Für die Erfüllung der Lissabon-Ziele ist es unerlässlich, das Potenzial der Frauen auf dem Arbeitsmarkt möglichst voll auszuschöpfen. Ebenso wichtig ist es, dass Frauen einen besseren Zugang zum postgradualen Studium und lebenslangen Lernen, zu den neuen Technologien und zur Informationsgesellschaft erhalten, damit sie im Wettbewerb auf dem Arbeitsmarkt bestehen können.

Ich habe große Hochachtung vor Frauen, die große Unternehmen, aber auch kleine Familienbetriebe leiten und neue Arbeitsplätze schaffen. Eine Unternehmerin meistert neben ihren täglichen Aufgaben als Frau und Mutter auch die Rolle der Managerin ihres Unternehmens und kümmert sich nicht nur um den Erfolg ihrer Familie, sondern auch um den ihrer Firma. Nicht immer nimmt die Gesellschaft genügend zur Kenntnis, wie wichtig diese Aufgabe der Frau für die Gesellschaft ist. Frauen in leitenden Positionen haben zwangsläufig viele zusätzliche Hürden zu bewältigen, die vor allem mit ihren Pflichten in der Familie zusammenhängen.

Die Vereinbarung von Familien- und Berufsleben ist eine der wesentlichen Voraussetzungen für die Erhöhung der Frauenerwerbsquote. Deshalb müssen Maßnahmen vorgeschlagen werden, die die Väter zur Inanspruchnahme des Elternurlaubs motivieren, sodass der Mutterschaftsurlaub auf beide Elternteile aufgeteilt wird.

Heute ist vielen Frauen bewusst, dass sie bedeutende Positionen nicht auf der Grundlage eines sozialen Förderprogramms erreichen, sondern nur aufgrund ihrer eigenen Fähigkeiten. Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel ist ein prägnantes Beispiel dafür, dass wir Frauen unseren Platz auch in der Weltpolitik haben.

Wenn wir einen Blick in die Geschichtsbücher werfen, erfahren wir viel über die Heldentaten von Männern. Frauen kommen nur im Hintergrund vor. Ich bin überzeugt, dass es unsere Pflicht ist, die namenlosen Scharen engagierter Frauen ins Blickfeld zu rücken, ohne die sich die Welt nicht vorwärts drehen würde.

 
  
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  Gabriela Creţu (PSE).(RO) Liebe Kollegen! Es gibt Dinge, über die viel geredet, aber für die wenig getan wird. In der Aussprache zum Sozialpaket wurde der Mangel an Instrumenten zur Umsetzung des Prinzips gleicher Bezahlung für gleiche Arbeit und zur Verringerung der Kluft bei der Entlohnung von Männern und Frauen angesprochen. Ohne diese bleiben unsere Verpflichtungen lediglich Worte, und die Rechtsvorschriften sind nutzlos.

Es gibt auch Probleme, für die sehr wenig oder gar nichts getan wird, über die wir aber nicht einmal reden. Die Leute sprechen, außer hier, spätabends, nicht wirklich über die 100 000 Frauen, die jedes Jahr verkauft werden, vermutlich, weil sie Waren und keine Bürger, sind. Die meisten von ihnen werden zur Prostitution verkauft. Wir fordern strengere integrierte Maßnahmen gegen die illegalen Handelsnetze und auch konzertierte Aktionen zur Abschwächung der Nachfrage für Prostitution. Ohne Nachfrage entfällt der Existenzgrund für den Menschenhandel.

Auch über die Lage von Frauen, die als Haushälterinnen im häuslichen Umfeld arbeiten, wird nicht gesprochen – sie sind unsichtbar. Ohne jegliche soziale Rechte oder mit minimalen Rechten sind sie denselben Risiken schlechter Behandlung, einschließlich Ausbeutung, wie Frauen in ihren Familien ausgesetzt. Die Nichtausübung politischer Rechte trägt bei denjenigen, die im Ausland arbeiten, zur Anfälligkeit ihrer sozialen und wirtschaftlichen Situation bei. Die korrekte Regelung ihrer Lebenssituation ist nicht nur eine aktuelle Frage der Gerechtigkeit, sondern könnte auch die zukünftige Fortschreibung der hohen Armutsquote bei älteren Frauen verhindern.

Etwas anderes, worüber wir nicht diskutieren können, sind Frauen in der Regierung meines Heimatlands – es gibt einfach keine. Sehr geehrter Herr Kommissar, liebe Kolleginnen und Kollegen, wir denken, es ist an der Zeit, von Absichtserklärungen darüber, was wir tun sollten, dazu überzugehen, das zu tun, was wir tun sollten.

 
  
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  Ilda Figueiredo (GUE/NGL). - (PT) Herr Präsident! Die Realität zeigt, dass die Diskriminierung der Frau noch immer nicht überwunden ist und letztlich die Arbeitnehmerinnen betroffen sind, deren Einkommen im Durchschnitt über 15 % unter denen ihrer männlichen Kollegen liegen. In einigen Ländern, darunter auch Portugal, beträgt diese Differenz sogar mehr als 25 %; diese Situation hat sich seit einigen Jahren sogar noch verschärft.

Aus diesem Grund fordern wir die Aufwertung von Beschäftigung, angemessene Löhne, die Einhaltung von Sozial-, Gesundheits- und Sicherheitsstandards und eine Verkürzung der täglichen Arbeitszeit ohne Lohnausfall. Dadurch könnten mehr Arbeitsplätze mit Frauenrechten geschaffen und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf gefördert werden.

Es müssen Maßnahmen gefördert werden, die der Bekämpfung prekärer Arbeitsverhältnisse dienen, von denen insbesondere Frauen betroffen sind, und mit denen Tarifverhandlungen unterstützt werden, in denen der Arbeitnehmer- und Arbeitnehmerinnenschutz gestärkt wird. Es müssen auch staatliche Maßnahmen gefördert werden, die Frauen unter Wahrung ihrer Würde den Zugang zu Dienstleistungen auf dem Gebiet der sexuellen und reproduktiven Gesundheit erleichtern und ihr Bewusstsein um die eigenen Rechte und die vorhandenen öffentlichen Dienstleistungen schärfen.

 
  
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  Godfrey Bloom (IND/DEM).(EN) Herr Präsident! Im Vereinigten Königreich werden Frauen bedauerlicherweise massiv diskriminiert. Ich weiß, dass mein Ausschuss, der Ausschuss für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter, das Herz auf dem richtigen Fleck hat. Doch die Diskriminierung ist vor allem darauf zurückzuführen, dass die Beschäftigungsgesetze für Kleinbetriebe, die junge Frauen einstellen, so erdrückend ist, dass sie diese Frauen einfach verdeckt diskriminieren.

Meines Erachtens handelt es sich hier um das klassische Gesetz der unbeabsichtigten Folgen. Man erlässt hier ein Gesetz, man erlässt da ein Gesetz, und eigentlich passiert gar nichts, wodurch sich die entsprechende Lage noch manifestiert.

Ich möchte wirklich nicht unhöflich sein, aber wenn ich mich in meinem Ausschuss so umschaue – dem Ausschuss für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter –, dann stelle ich fest, dass das Denken seiner Mitglieder noch tief in den 1970er Jahren verwurzelt ist. Sie haben sich nicht weiterentwickelt. Ich fürchte, das Leben hat sich inzwischen verändert, und wenn ich jemanden über Emanzipation sprechen höre, dann kann ich nur sagen, dass die aus meiner Sicht als Engländer vor sehr langer Zeit stattfand. Ich weiß nicht, welche Probleme andere Länder haben, aber ich würde Sie bitten, das Vereinigte Königreich, wo dieses Problem nicht existiert, nicht damit zu behelligen, denn, und ich sage es noch einmal: Ihr Herz ist auf dem richtigen Fleck (das Gesetz der unbeabsichtigten Folgen), aber Sie produzieren totalen Stuss.

 
  
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  Mary Honeyball (PSE).(EN) Herr Präsident! Es mag ein nützlicher Zufall sein, dass ich unmittelbar nach Godfrey Bloom das Wort ergreife, der im tiefsten 19. Jahrhundert zu leben scheint. Er ist der Mann, der dafür berühmt ist, dass er vor nicht allzu langer Zeit sagte, dass Frauen hinter dem Kühlschrank saubermachen sollten und dass das eine ihrer Hauptaufgaben im Leben sei. Falls ich diejenige bin, die sich nicht weiterentwickelt hat, dann bin ich stolz darauf, denn gerade als Engländerin möchte ich nicht mit Äußerungen wie diesen in Verbindung gebracht werden.

Eigentlich möchte ich Folgendes sagen: In diesem ausgezeichneten Bericht wird eine Vielzahl wichtiger Probleme angesprochen, und dafür danke ich dem Berichterstatter. Ich möchte mich auch beim Kommissar für seine Ausführungen bedanken. Ein spezieller Punkt, den ich aufgreifen möchte, betrifft die Problematik des Menschenhandels. Als Vertreterin aus London – und vor allem als weibliche Vertreterin aus London – habe ich an dieser Problematik ein besonderes Interesse, denn London gehört zu den Orten, die besonders stark von Frauenhandel betroffen sind.

Die Mitgliedstaaten sind derzeit aufgerufen, das Übereinkommen des Europarates zur Bekämpfung des Menschenhandels zu unterzeichnen. Obwohl einige Mitgliedstaaten es bereits unterzeichnet haben, gibt es andere – 15 um genau zu sein –, die es noch nicht unterzeichnet haben, und es gibt sogar zwei, die dazu offenbar auch nicht bereit sind. Ich würde deshalb darum bitten, dass alle Mitgliedstaaten der EU dieses Übereinkommen zur Bekämpfung des Menschenhandels ratifizieren und dass es sich alle hier Anwesenden, einschließlich der Mitglieder des Ausschusses für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter, zur Aufgabe machen, bei ihren Regierungen darauf hinzuwirken, dass diese noch konsequenter gegen den abscheulichen und verurteilungswürdigen Handel mit Frauen vorgehen.

 
  
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  Věra Flasarová (GUE/NGL). - (CS) Herr Kommissar, meine Damen und Herren! Ich begrüße den von Frau Pérez und der Europäischen Kommission vorgelegten Bericht. Zwar vermitteln die Statistiken, denen zufolge die Frauenbeschäftigungsquote auf 57,2 % gestiegen ist, ein günstiges Bild, aber wie der Bericht zeigt, bleibt eine ganze Reihe von Problemen bestehen. Frauen bekleiden nach wie vor nur ein Drittel der Führungspositionen in privaten Unternehmen wie auch in anderen Bereichen einschließlich der Politik. Ein großer Teil der neu entstehenden Arbeitsplätze ist nicht durch unbefristete Arbeitsverträge abgedeckt und daher in der Perspektive ungewiss. Aber gerade diese Stellen werden sehr oft von Frauen besetzt. Sie werden immer noch als Personen betrachtet, deren vorrangige Pflicht die Sorge um die Familie ist und deren Verdienst nur eine Ergänzung zum Familienbudget darstellt. Deshalb werden Frauen im Vergleich zu Männern für die gleiche Arbeit und bei gleicher Qualifikation schlechter bezahlt. Diese Stereotype sind eines der Instrumente, mit denen Frauen auf dem Arbeitsmarkt diskriminiert werden. Auch lässt die Bereitschaft der Arbeitgeber, den Frauen Erleichterungen zu gewähren, die ihnen bei der Betreuung der Familie helfen und ihnen gleichzeitig ihr berufliches Fortkommen und ihre Karriere erleichtern, nach meinem Dafürhalten sehr zu wünschen übrig.

 
  
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  Mihaela Popa (PPE-DE).(RO) Wir sprechen hier über die Notwendigkeit, Gewalt gegen Frauen zu bekämpfen, die Beteiligung von Frauen an gesellschaftlichen Aktivitäten zu fördern und über einen Aspekt, der in den Bereich des Ausschusses für Kultur fällt – Unterschiede bei der Bildung von Frauen und Männern.

Obwohl Frauen im Bildungsbereich bessere Ergebnisse als Männer erzielen, besteht auf dem Arbeitsmarkt immer noch ein Lohngefälle zwischen den Geschlechtern. Ich habe als Mitglied des Ausschusses für Kultur und Bildung persönlich einen Änderungsantrag zu der von CULT zu diesem Bericht verfassten Stellungnahme vorgelegt. Wegen der Wirkung der Massenmedien auf öffentliche Wahrnehmungen und Einstellungen halte ich es für ausschlaggebend, die Bilder, die Frauen in erniedrigenden Posen zeigen, aus den Massenmedien zu verbannen.

Die Sicherung der Gleichstellung zwischen Frauen und Männern in allen Handlungsfeldern der Politiken der Europäischen Union ist immer noch ein aktuelles Problem der westlichen Gesellschaft.

 
  
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  Anna Záborská (PPE-DE).(SK) Der Bericht beginnt mit einer Ziffer, in der die Gleichstellung von Frauen und Männern als Grundprinzip der Europäischen Union angeführt wird, ein Prinzip, das seit über 50 Jahren gültig ist. Im zweiten Teil enthält der Bericht jedoch 46 Ziffern mit Empfehlungen, Aufforderungen und Forderungen, wie dieses Prinzip durchgesetzt werden kann. Dazu gehören so grundlegende Empfehlungen wie gleicher Zugang zu Fonds, zur Bildung, zur gesundheitlichen Betreuung oder Entlohnung. Es gibt eine Forderung nach Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen, eine Forderung gegen Frauenhandel und viele weitere.

Solche Berichte sind gewiss wichtig, und ich beglückwünsche die Berichterstatterin. Andererseits sagen sie jedoch etwas über die unzulängliche Anwendung der bereits angenommenen Dokumente aus. Sie zeugen davon, dass die Kontrolle und die Sanktionen mangelhaft sind. Sie zeugen aber auch von der Unaufrichtigkeit der Politiker, die nach außen hin die Gleichstellung von Frauen und Männern verkünden, aber sie in der Praxis nicht respektieren. Und deshalb sind die Erwartungen nicht so, wie wir es wünschen.

 
  
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  Czesław Adam Siekierski (PPE-DE). - (PL) Herr Präsident! Bei näherer Betrachtung der Entschließung zur Gleichstellung von Frauen und Männern fällt es schwer, sie nicht zu unterstützen. Ich meine damit insbesondere jene Punkte, die sich auf Gewalt gegen Frauen und die Notwendigkeit der frühen Wissensvermittlung über Diskriminierung beziehen. Wir sind uns voll und ganz bewusst, dass entsprechende Erziehung und Bildung am besten geeignet sind, Diskriminierung und Gewalt gegen Frauen auszumerzen.

Die Bürgerinnen und Bürger der EU sind über den Frauenhandel schlecht informiert und größtenteils ist ihnen gar nicht bewusst, dass es in unserer Zeit diesen schrecklichen, brutalen Handel gibt, der in einer zivilisierten Welt völlig unvertretbar ist. Deshalb sollten meiner Meinung nach beträchtliche Mittel für eine Informationskampagne bereitgestellt werden.

Es sollte jedoch darauf hingewiesen werden, dass trotz aller schwierigen Probleme, die wir hier diskutieren, in den letzten Jahren doch auch beträchtliche Fortschritte im Bereich der Gleichstellung von Frauen und Männern erzielt wurden, was insbesondere in ländlichen Gebieten augenfällig ist.

 
  
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  Monica Maria Iacob-Ridzi (PPE-DE).(RO) Herr Präsident! Die Gleichstellung zwischen Männern und Frauen sollte ein Grundprinzip der europäischen Gesellschaft sein.

Die letzte Eurobarometer-Umfrage belegt, dass Frauen im ländlichen Umfeld nicht an den Entscheidungsprozessen in den Gemeinden, denen sie angehören, beteiligt sind, keinen festen Arbeitsplatz besitzen, und dass die meisten von ihnen nur im Haushalt Verantwortung übernehmen; dieser Prozentsatz erreicht in einigen Gebieten 98 %. Trotzdem wünschen sich über 50 % der Frauen einen Zugang zum europäischen Arbeitsmarkt und den Erwerb einer Qualifikation, die ihre Beschäftigung in der öffentlichen Verwaltung, der Landwirtschaft, den sozialen Fürsorgediensten oder im Bildungswesen ermöglichen würde. Weiterhin würde ein gewichtiger Anteil von Frauen gern die auf europäischer Ebene angebotenen Möglichkeiten zur Gründung eines Unternehmens wahrnehmen.

Daher sollten meines Erachtens Initiativen von Frauen aus dem ländlichen Umfeld unterstützt werden, die darauf abzielen, sich aktiv in die Gesellschaft einzubringen, an der wirtschaftlichen Entwicklung ihrer Herkunftsregionen teilzunehmen und diese dauerhaft zu verbessern. Die Beseitigung von Diskriminierung verlangt gemeinsames europäisches Handeln. In Partnerschaft mit örtlichen Gebietskörperschaften und Behörden umzusetzende Programme wie etwa der Europäische Sozialfonds und „Progress“ sollten mehr Mittel zur Unterstützung von Frauen in ländlichen Gebieten bereitstellen.

 
  
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  Vladimír Špidla, Mitglied der Kommission. − (CS) Meine Damen und Herren! Ich danke Ihnen für die Diskussion. Allgemein gesehen können wir zwar einen spürbaren Fortschritt in der Entwicklung verzeichnen, doch ist gleichfalls klar, meine Damen und Herren, dass wir bei weitem noch nicht am Ziel sind. Das ist auch der Grund, warum sich die Kommission bemüht, komplex zu handeln und sämtliche ihr zur Verfügung stehenden Instrumente zu nutzen. So habe ich beispielsweise die bereits vorbereiteten Legislativvorschläge oder die Absicht erwähnt, die Strafen für Menschenhandel zu verschärfen.

Ich möchte auch unterstreichen, dass das Bemühen um Gleichheit tiefe ethische Gründe hat; auch wenn wir aus der Sicht des gesellschaftlichen Gleichgewichts, der Stabilität der Sozialsysteme oder aus wirtschaftlicher Sicht keine Gründe fänden, wäre es dennoch notwendig und richtig, konsequent voranzugehen. Ich möchte aber auch feststellen, dass wirkliche Chancengleichheit für die Europäische Union oberste Priorität hat und dass eine Gesellschaft, der es nicht gelingt, Chancengleichheit herzustellen, im globalen Wettbewerb langfristig überhaupt keine Chance hat. Sie ist also nicht nur gerecht und ethisch gerechtfertigt, sondern gleichzeitig auch vorteilhaft. Ich denke, auch aus diesem Grund ist es wesentlich, dass wir vorankommen und uns nicht mit einer Entwicklung zufrieden geben, die in mancher Hinsicht gewiss als Fortschritt gewertet werden kann, wo wir aber auf der anderen Seite in sehr vielen Dingen nur bescheidene Ergebnisse aufzuweisen haben.

 
  
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  Iratxe García Pérez, Berichterstatterin. − (ES) Herr Präsident! Ich begrüße die Worte aller meiner Kolleginnen und Kollegen , die sich zu dieser Frage geäußert haben, da wir, wie ich denke, feststellen können, dass wir alle, trotz unterschiedlicher Schwerpunktsetzungen und einiger Meinungsverschiedenheiten, ein gemeinsames Ziel teilen.

Auch dem Herrn Kommissar möchte ich mitteilen, dass mich seine Rede und sein Beitrag zur Aussprache sehr gefreut haben. Wir alle können uns seiner Rede in allen Punkten anschließen. Deshalb möchte ich meine Freude zum Ausdruck bringen, aber hinzufügen, dass wir nun den konkreten politischen Willen benötigen, all die Initiativen, die gegenwärtig auf dem Tisch liegen, umzusetzen. Er wird daher dieses Parlament auf seiner Seite haben, wenn er den Stellenwert dieses Problems weiterhin betont und seine Bemühungen zu Umsetzung aller dieser Vorschläge fortsetzt.

Ich möchte nur einen Aspekt anmerken: Die gewichtige Rolle der Männer beim Kampf für die Gleichstellung von Männern und Frauen.

Die Einbindung der Männer in diese Aufgabe ist entscheidend. Die Tatsache, dass heute männliche Kollegen an dieser Aussprache teilgenommen haben, ist vielleicht ein Ausdruck dessen, dass Männer auch beim Kampf für die Gleichstellung an der Seite der Frauen stehen müssen.

Abschließend möchte ich eine Frage kommentieren, die in dieser Debatte von einem Kollegen angesprochen wurde, der meinte, dass die Frauen seit dem 19. Jahrhundert immer nur dasselbe Altbekannte sagen würden. Ich darf ihm mitteilen, dass die Frauen in meinem Heimatland im 19. Jahrhundert das Wahlrecht forderten: Sie konnten noch nicht einmal wählen. Es gibt also einen klaren Unterschied.

Es sind große Fortschritte gemacht worden, das lässt sich nicht bestreiten. Wir müssen all den Frauen, all den Organisationen danken, die im Kampf für die Gleichstellung tätig geworden sind. Das kann aber nicht bedeuten, dass wir bestreiten, was offenkundig ist: Es liegt noch ein langer Weg vor uns, es bleibt noch vieles zu tun. Wenn wir alle, Männer und Frauen, weiter daran arbeiten, werden wir die wirkliche Gleichstellung von Männern und Frauen erreichen können.

 
  
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  Der Präsident. − Die Aussprache ist geschlossen.

Die Abstimmung findet morgen um 11.30 Uhr statt.

Schriftliche Erklärungen (Artikel 142 GO)

 
  
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  Sylwester Chruszcz (NI), schriftlich. (PL) Sehr geehrte Damen und Herren! Viele Themen sind in dieser Aussprache behandelt worden. Ich möchte Ihre Aufmerksamkeit auf die Frage des Mutterschafts- und Erziehungsurlaubs lenken. Europa steht vor einem demographischen Problem, das nicht nur auf die wirtschaftlichen Probleme unseres Kontinents zurückzuführen ist, sondern auch auf mangelnde Unterstützung für junge Mütter. Für eine Frau, die ein Kind bekommen hat, ist es äußerst wichtig, unterstützt zu werden, sodass sie und ihr Kind die notwendige Sicherheit haben und die Mutter nicht an einer Rückkehr in die Berufstätigkeit oder das gesellschaftliche Leben gehindert wird.

Mütter müssen so geschützt werden, dass sie zu gegebener Zeit wieder an ihren Arbeitsplatz zurückkehren und sich angemessen um ihre Familien kümmern können. Des Weiteren müssen wir sicherstellen, dass diese Regelungen überall in Europa mit der gleichen Ernsthaftigkeit behandelt werden.

 
  
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  Corina Creţu (PSE), schriftlich. – (RO) Obwohl sich Rumänien in Bezug auf die Rahmengesetzgebung sowie auf die Zahl der Regierungsinitiativen und -programme zum Abbau der Ungleichheiten zwischen den Geschlechtern auf den vorderen Rängen innerhalb der Europäischen Union bewegt, bestehen Mängel bezüglich wichtiger Aspekte, die die Ungleichheit zwischen Frauen und Männern akzentuieren und immer weiter fortschreiben.

Was den Zugang von Frauen zu Führungspositionen angeht, gehört Rumänien zu den Schlusslichtern in Europa. Nur 37 von 331 Abgeordneten des Parlaments, knapp über 11 % der Gesamtzahl, sind Frauen. Dennoch ist der Frauenanteil in der örtlichen Verwaltung Rumäniens noch niedriger. Schweden hat fast die gleiche Anzahl weiblicher wie männlicher Parlamentsabgeordneter. Weiterhin arbeiten in Rumänien fast ein Drittel der Frauen in Teilzeit, im Vergleich zu nur 7,7 % der Männer, für einen durchschnittlich um 15 % niedrigeren Lohn.

Dieser Zustand hängt eng mit dem Fortbestehen von Geschlechterstereotypen zusammen, die die meisten Pflichten im Haushalt in den Verantwortungsbereich der Frauen fallen lassen. Leider beschränken sich die Ungleichheit der Geschlechter und damit verbundene Vorurteile nicht auf das Umfeld der Familie, sondern bestehen auch im Bildungsbereich der Rumänen. Studien belegen, dass sowohl schulische als auch durch Lehrer organisierte Aktivitäten, die der sozial-ökonomischen Orientierung dienen, die Tendenz beinhalten, nach Geschlechtern differenzierte Mentalitäten zu formen.

Daher betone ich, dass es wichtig ist, die Probleme in den Bericht einzubeziehen, die den Stellenwert der Bildung beim Abbau der geschlechtsspezifischen Ungleichheiten betreffen.

 
  
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  Véronique Mathieu (PPE-DE), schriftlich. – (FR) Die Gleichstellung von Frauen und Männern ist ein Grundprinzip der Europäischen Union. Die Zahlen des Berichts 2008 zeigen jedoch, dass es weiterhin keine Gleichstellung gibt. Der Lohnunterschied beispielsweise liegt seit 2003 bei 15 %.

Angesichts dieser Situation müssen meines Erachtens die europäischen Rechtsvorschriften verstärkt werden, indem zum Beispiel die Arbeitgeber zur Durchführung von Lohn- und Gehaltsprüfungen im Hinblick auf eine Verringerung des Lohngefälles verpflichtet werden.

Außerdem muss die besondere Situation der Frauen in ländlichen Regionen, die auf dem offiziellen Arbeitsmarkt nirgends als „aktiv“ geführt werden, unter die Lupe genommen werden. Diese Frauen, die sehr wohl arbeiten, da sie ihren Mann im Familienbetrieb unterstützen, begegnen jedoch, mangels eines klaren beruflichen Status, zahlreichen finanziellen und rechtlichen Schwierigkeiten in Bezug auf den Zugang zu Renten- und Sozialversicherungsleistungen. Ich werde jede Initiative zur Verbesserung der Situation dieser Frauen unterstützen.

Und schließlich begrüße ich die vorgeschlagenen Maßnahmen zur Erleichterung des Zugangs von Frauen zu Dienstleistungen im Bereich der sexuellen und reproduktiven Gesundheit. Dieser Zugang ist nämlich eine unabdingbare Voraussetzung für die Ausübung ihrer Freiheit.

 
  
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  Dumitru Oprea (PPE-DE), schriftlich. – (RO) Meiner Meinung nach wird die Geschlechtsdiskriminierung hauptsächlich durch alte Denkweisen aufrechterhalten, die in modernen Gesellschaften noch bestehen: Der Mann ist für den finanziellen Unterhalt seiner Familie zuständig; die Frau trägt die soziale Verantwortung für sie. Diese Einstellungen sind in allen Ländern, besonders aber in benachteiligten Regionen, zu beobachten. Dieser Zustand könnte durch entsprechende Erziehung beseitigt werden.

In diesem Zusammenhang sollten wir meiner Ansicht nach auch beachten, dass der Wandel der heutigen Gesellschaft als Ganzes zu einer zunehmenden Einbindung der Frauen in das aktive Leben geführt und ihr Status in der Gesellschaft sich deutlich verbessert hat. Dennoch können auf der Ebene der Familie Probleme auftreten – besonders bezüglich der Kinderversorgung durch die Eltern und der Beteiligung der Eltern an der Erziehung und Bildung. Zeitmangel, Arbeitsdruck, der Traum von fernen Ländern haben während der Ferien und in der Zeit von 14 bis 18 Uhr an Schultagen zu einer Verminderung der elterlichen Aufsicht über ihre Kinder geführt.

Durch die Entwicklung schulischer und außerschulischer Aktivitäten, die den Mangel an elterlicher Aufsicht wieder wettmachen können, müssen daher Lösungen für die Sorgen darum gefunden werden, was die Kinder tun, während die Eltern sich am Arbeitsplatz aufhalten.

Tatsächlich sollte die Betreuung nach der Schule ausgebaut und zu einem Projekt werden, das der Familie, der Gemeinschaft, dem Land und Europa Nutzen bringt.

 
  
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  Rovana Plumb (PSE), schriftlich. – (RO) Ich möchte die Berichterstatterin beglückwünschen und den hohen inhaltlichen Stellenwert dieses Berichts für die Erreichung der wirtschaftlichen Wachstumsziele im Rahmen der Lissabon-Strategie betonen.

Es ist die Aufgabe sowohl der Europäischen Union als auch der Mitgliedstaaten, ein besseres Modell für die Gesellschaft zu liefern. Trotz des erreichten Fortschritts besteht die Ungleichheit zwischen Männern und Frauen weiter; daher müssen wir handeln.

Ich möchte auf ein Problem aufmerksam machen, mit dem sich sehr viele Frauen täglich konfrontiert sehen und bei dem nur sehr wenige von ihnen rechtlichen Schutz erhalten – die sexuelle Belästigung.

Nach einer in Rumänien durchgeführten nationalen Studie waren in 90 % der Fälle Frauen die Opfer sexueller Belästigungen; einer von neun Menschen im städtischen Umfeld ist schon einmal in die Situation geraten, sexuellen Belästigungen ausgesetzt zu sein. In über 55 % der Fälle waren die Täter berufliche Vorgesetzte der Opfer.

Ich denke, dass eine Neubewertung der Strategien und Maßnahmen in diesem Handlungsfeld erforderlich ist, um die Lebens- und Berufsstandards der Frauen zu erhöhen, und dass die Mitgliedstaaten die Durchsetzung des Gemeinschaftsrechts zur Gleichstellung zwischen Frauen und Männern bezüglich des Arbeitsmarkts, einschließlich der Bestimmungen zur sexuellen Belästigung, beschleunigen sollten.

 
  
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  Theodor Dumitru Stolojan (PPE-DE), schriftlich. – (RO) Es ist an der Zeit, die Stereotypen aufzugeben und wirkungsvoll zu handeln, um echte Chancengleichheit für Frauen und Männer zu schaffen. In den letzten zehn Jahren hat bezüglich der Erhöhung der Repräsentation von Frauen in der europäischen Spitzenpolitik zweifellos ein Fortschritt stattgefunden, der aber noch immer nicht ausreicht. Im Gegenteil, die Kluft bei der Entlohnung hat sich in den vergangenen Jahren kaum verändert. Europäische Unternehmen tragen immer noch zu der grundlegenden Ausgrenzung bei, und es sind strenge und mutigere Entscheidungen und eine diesem Zweck dienende, viel wirksamere Kampagne in den Medien erforderlich.

Auch in Rumänien, dem einzigen Land ohne eine Frau in einem Ministeramt, das zudem auch im Parlament lediglich über eine Frauenrepräsentation von 9 % verfügt, unterliegt die allgemeine Beteiligung von Frauen am Entscheidungsprozess ganz offensichtlichen Verzerrungen. Die rumänische Gesellschaft ist verpflichtet, bestimmte Denkweisen und geschlechtsspezifische Diskriminierungen in allen ihren alltäglichen Formen zu bekämpfen.

Ich bin von der positiven Wirkung von Wahlquoten für die Repräsentation von Frauen überzeugt. In den nordischen Staaten, und nicht nur dort, können wir Modelle für vorbildliche Verfahren finden. Unabhängig davon, ob wir uns für ein System, das durch Wahrung der Geschlechtergleichstellung bei den Kandidaten auf dem Verhältniswahlrecht beruht, bei gleichzeitiger ausgeglichener Präsenz in den Medien (Belgien), oder für gesetzlich festgelegte Verteilungsquoten (Finnland, Schweden, Spanien, Frankreich) entscheiden, kann meiner Ansicht nach in Rumänien die Lage der Frauen, die diese Art der Beteiligung am politischen, wirtschaftlichen und sozialen Leben wünschen, verbessert werden.

 

15. Europäische Agentur für Netz- und Informationssicherheit (ENISA) (Aussprache)
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  Der Präsident. − Als nächster Punkt folgt die Aussprache zur mündlichen Anfrage von Giles Chichester und Angelika Niebler im Namen der PPE-DE-Fraktion an die Kommission über die Europäische Agentur für Netz- und Informationssicherheit (ENISA) (O-0060/2008 – B6-0159/2008).

 
  
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  Angelika Niebler, Verfasserin. − Herr Präsident, verehrte Frau Kommissarin, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! 2004 wurde die Europäische Agentur für Netz- und Informationssicherheit, kurz ENISA genannt, ins Leben gerufen. Ihre Aufgabe besteht im Wesentlichen darin, die Netz- und Informationssicherheit in der Europäischen Union zu verbessern und die Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten untereinander zu intensivieren.

Die Aufgabenstellung für die ENISA ist überaus komplex. Computerviren, Spam-Mails, Phishing und Trojaner sind reale Bedrohungen in einer virtuellen Datenwelt. Hackerangriffe bedrohen private und öffentliche Netze. Die Schäden für unsere moderne Kommunikationsgesellschaft sind immens. Sicherheit ist die Achillesferse unserer Computersysteme. Hier sind wir angreifbar und gefährdet, und wenn ich das so sage, werden Sie verstehen, wie wichtig diese Agentur für uns ist.

Andererseits hat diese Agentur nicht viele Mitarbeiter, aber doch eben diese veritable Mammutaufgabe, die sie leisten soll. Deshalb stellt sich zu Recht die Frage, ob die ENISA in der Form, wie sie momentan funktioniert, ihre Aufgaben tatsächlich erfüllen kann. Sehr oft haben wir sowohl im Parlament als auch in anderen Gremien hier die Diskussion geführt, wie die ENISA vielleicht weiterentwickelt werden kann. Der jüngste Vorschlag der Kommissarin ging dahin, die ENISA mit der geplanten Europäischen Behörde für Telekommunikationsmärkte zusammenzulegen. Dieser Vorschlag ist vom Parlament nicht aufgegriffen worden und vom Rat auch nicht. Vielmehr haben Rat und Parlament noch vor der Sommerpause entschieden, das Mandat für die ENISA um drei Jahre zu verlängern.

Unsere Anfrage an die Kommission geht nun dahin, letztlich diese Debatte über die nächsten drei Jahre zu strukturieren. Wir wollten eben mit unserer Anfrage auch den Finger in die Wunde legen und die Kommission auffordern, zu den aus unserer Sicht kritischen Punkten Stellung zu nehmen. Kann die ENISA in der bisherigen Form die erwarteten Aufgaben erfüllen? Denkt die Kommission darüber nach, die ENISA durch eine andere Organisation zu ersetzen? Müssen die Aufgaben unbedingt von einer EU-Agentur erbracht werden? Welche Änderungen im Allgemeinen sollten nach Auffassung der Kommission im Bereich der ENISA-Struktur überlegt werden?

Ich freue mich auf die Antwort der Frau Kommissarin. Ich bin gespannt, wie weit die Überlegungen im Hause der Kommission sind. Wir als Parlament sind dann natürlich auch aufgefordert, uns eine Meinung darüber zu bilden, wie die ENISA künftig aussehen soll.

 
  
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  Viviane Reding, Mitglied der Kommission. − (EN) Herr Präsident! Die verehrten Abgeordneten werden wissen, dass das Mandat der ENISA gemäß der Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über die Errichtung der ENISA am 13. März 2009 automatisch abläuft.

Die Kommission ist jedoch der Ansicht, dass die Kontinuität der Maßnahmen im Bereich der Netz- und Informationssicherheit unbedingt gewahrt werden muss. Dieser Ansicht hatten sich das Parlament und der Rat in den Debatten über den Vorschlag für eine Änderungsverordnung, mit der das Mandat der ENISA verlängert werden soll, angeschlossen. Daher ist die Maßnahme zur Verlängerung des Mandats der ENISA um weitere drei Jahre gerechtfertigt.

Es stimmt, dass bei der von der Kommission 2006 eingeleiteten Evaluierung der ENISA eine Reihe von Problemen festgestellt wurde, aber es wurden auch positive Aspekte im Hinblick auf die Leistungen der Agentur festgestellt, zumal wenn man bedenkt, wie begrenzt deren Mittel sind. Die Kommission reagierte auf die Bedenken und legte einen Vorschlag für eine Verordnung zur Errichtung einer Agentur für Telekommunikation vor.

Wir stellen heute fest, dass der Rat und das Parlament die Ansicht teilen, dass die ENISA separat von einem als Alternative zur Telekom-Behörde neu zu errichtenden Gremium fortbestehen sollte, und die Kommission ist nach wie vor der Ansicht, dass eine effiziente Behörde zur Kontrolle von Sicherheits- und Integritätsfragen erforderlich ist. Deshalb sollte die Arbeit der ENISA unbedingt weitergeführt werden.

Dennoch bin ich der festen Überzeugung, dass Probleme in Bezug auf die Netzsicherheit eine konsequente und abgestimmte europäische Reaktion erfordern. Die jüngsten Angriffe aus dem Internet (Cyber Attacks) in Estland und Georgien – den schwer wiegenden Angriff im letzten Sommer hat offenbar keiner bemerkt – haben deutlich gemacht, dass ein Land allein sehr schutzlos sein kann.

Deshalb rufe ich das Europäische Parlament und den Rat auf, Anfang 2009 eine intensive Debatte über den europäischen Ansatz bei der Netzsicherheit und das Vorgehen gegen Angriffe aus dem Internet einzuleiten und die Zukunft der ENISA in diese Überlegungen einzubeziehen.

Während der Debatte über die Verlängerung der ENISA-Verordnung wurden seitens sowohl des Parlaments als auch des Rates Forderungen nach einer Debatte über die Ziele einer möglichen modernisierten Politik im Bereich der Netz- und Informationssicherheit und die dafür am besten geeigneten Mittel laut. Dabei wurde ausdrücklich festgestellt, dass die Verlängerung des ENISA-Mandats den Ausgang dieser Debatte nicht beeinflussen sollte. Zur Erleichterung dieser Debatte werden die Dienststellen der Kommission im zweiten Halbjahr 2008 einen Fragebogen für eine öffentliche Online-Konsultation über mögliche Ziele einer modernisierten Politik im Bereich der Netz- und Informationssicherheit auf EU-Ebene und Möglichkeiten zur Erreichung dieser Ziele erarbeiten. Dies wird natürlich in Abstimmung mit der ENISA und deren Verwaltungsrat geschehen.

 
  
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  Nikolaos Vakalis, im Namen der PPE-DE-Fraktion. – (EL) Herr Präsident, Frau Kommissarin! Das Europäische Parlament und der Rat haben der Verlängerung der Tätigkeit von ENISA bis Ende 2012 zugestimmt. Diese dreijährige Verlängerung ermöglicht eine Fortsetzung der Diskussion zur Zukunft von ENISA und der darüber hinausgehenden Frage der erhöhten Sicherheit von Netzen und Information in Europa.

Meiner Meinung nach sollte sofort mit der Revision begonnen werden. Damit sollte eine Umwandlung von einem nichtständigen in ein ständiges Gremium erfolgen; vor allem muss dies mit einer gleichzeitigen Personalerhöhung und einer Aktualisierung der sehr wichtigen Artikel 2 und 3 seiner Geschäftsordnung einhergehen. Mit dieser Lösung wird das Gremium mit einem erweiterten und verbesserten Mandat so schnell wie möglich an die Arbeit gehen können.

Ich darf Sie an dieser Stelle daran erinnern – und dies ist auch die Ansicht der Kommission –, dass nur eine europäische Agentur die Netz- und Informationssicherheit gewährleisten kann. Ich möchte auch ansprechen, dass heute die überwältigende Mehrheit der Partner zustimmen, dass ENISA die geeignetste und zweckmäßigste Struktur darstellt, um eine neue, dynamische europäische Politik für die Netz- und Informationssicherheit zu entwickeln.

In der Vergangenheit wurde scharfe Kritik an ENISA geäußert. Ich muss Sie jedoch daran erinnern, dass ENISA im Bewertungsbericht von 2007 nur für das erste Jahr ihres Bestehens bewertet werden konnte; die Bewertung ist daher nicht mehr verlässlich und natürlich nicht mehr aktuell. Vor kurzem erstellte Bewertungsstudien unabhängiger Gremien haben die Dinge wieder an ihren richtigen Platz gerückt. Es ist entscheidend, dass die entsprechenden Ressourcen freigegeben werden, damit die Agentur effizienter arbeiten kann.

Abschließend darf ich Ihnen mitteilen, dass die griechische Regierung eine tragfähige Lösung unterstützen möchte: Sie hat zugesagt, die Unterhaltungskosten eines ENISA-Büros in Athen zu übernehmen, um Arbeit und Funktionieren der Agentur zu erleichtern.

 
  
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  Anni Podimata, im Namen der PSE-Fraktion. – (EL) Herr Präsident, Frau Kommissarin, meine Damen und Herren! Die Faktenlage zum Zeitpunkt der heutigen Aussprache über die mündliche Anfrage der Fraktion der Europäischen Volkspartei (Christdemokraten) und europäischer Demokraten zu ENISA ist auf jeden Fall eine ganz andere als zum Zeitpunkt der Einreichung der Anfrage. Zunächst einmal haben der Rat und das Europäische Parlament der Verlängerung des Mandats der Agentur bis 2012 zugestimmt.

Gleichzeitig wurde der Vorschlag der Europäischen Kommission zur Einrichtung einer Europäischen Behörde für Telekommunikation durch Rat und Europäisches Parlament mit Vorsicht aufgenommen. Stattdessen schlagen Rat und Europäisches Parlament in Wirklichkeit die BERT-Empfehlung mit einer grundsätzlichen Verantwortlichkeit für die bessere Umsetzung des Regulierungsrahmens für Telekommunikationsdienste vor, ohne sich mit den Problemen von Netzsicherheit und -integrität zu befassen.

Diese Probleme sind jedoch tatsächlich von besonderer Tragweite, wie Sie, Frau Kommissarin, soeben und in Ihrem vorausgehenden Beitrag vom heutigen Tage richtig darlegten. Sie betonten, dass die kürzlich erfolgten Angriffe auf den Cyberspace Estlands und anderer Staaten unterstreichen, wie wichtig es ist, dass wir sofort eine überzeugende und koordinierte europäische Antwort finden.

Aber das genau ist die Rolle, die ENISA spielen kann und spielen muss, sobald sie mit einem erweiterten und verbesserten Mandat arbeitet, das Pflichten und Ziele klar definiert, und, natürlich, sobald sie über die nötigen Mittel und das erforderliche Personal verfügt.

Ich hoffe, dass die Kommission dieses Mal einen bedeutenden und echten Beitrag leistet und ENISA bei ihrer Arbeit für die Netzsicherheit und -integrität unterstützt. Das ist entscheidend, um das Vertrauen der Unternehmen und natürlich der EU-Bürger in die europäischen Netze zu stärken.

 
  
  

VORSITZ: LUIGI COCILOVO
Vizepräsident

 
  
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  Jorgo Chatzimarkakis, im Namen der ALDE-Fraktion. – Herr Präsident, Frau Kommissarin! Netzwerksicherheit und Netzsicherheit – das hört sich nach Spezialwissen an. Aber die Sicherheit der Netze beeinflusst immer mehr immer weitere Bereiche unseres täglichen Lebens: Mobile Kommunikation, das Internet, das sich quasi wie eine Krake in weitere Bereiche des Alltags vorkämpft, ambient intelligence, die Umwelt und die Intelligenz, die in die Umgebung verlagert wird, sei es zur Hilfe von alten Menschen, sei es zur Steuerung komplexer Arbeitsprozesse. All das zeigt uns: Wir geraten immer mehr in die Abhängigkeit dieser modernen Technologien. Sie bestimmen unser Leben, das Wachstum unserer Wirtschaft.

Wie abhängig wir sind, hat vor kurzem das Beispiel Estlands gezeigt. Sie, Frau Kommissarin, haben gesagt, dass auch Georgien betroffen war. Das ist den Menschen nicht so klar geworden. Aber hätten wir eines beeindruckenderen Beispiels als Estland bedurft – da kam es: Wir haben gesehen, wie eine moderne, eine netzwerkgesteuerte Wirtschaft von diesem Faktor, von dieser Technologie plötzlich abhängig war und angegriffen wurde und die Sicherheit wirklich sehr stark bedroht wurde. Das ist auch der Grund, warum die Kommission damals unter Kommissar Liikaanen richtigerweise erkannt hat: Wir brauchen eine Netzwerkagentur. Deswegen waren wir überrascht, als plötzlich ENISA nach nur einem Jahr evaluiert wurde, ohne rechtmäßig und richtig ausgestattet zu sein, und dann ganz ENISA in Frage gestellt wurde. Das hat uns dann doch überrascht und deswegen bin ich ganz froh, dass wir hier diese Debatte führen.

Warum haben wir schon nach einem Jahr diese Agentur in Frage gestellt? Wie gedenken Sie, wie gedenken wir das Mandat von ENISA so auszustatten, dass sie arbeiten kann wie eine Agentur, die sich auf Augenhöhe mit den Agenturen bewegt, die es in den USA, in Japan und in China gibt?

Ich möchte mich für die Anerkennung bedanken, die Sie ENISA nach der weiteren Evaluierung ausgesprochen haben. Dennoch: Wir diskutieren hier als Abgeordnete Tag für Tag diesen kulturellen Wandel, diesen Klimawandel, der sich auswirkt auf unsere Wirtschaft, auf die Umstellung unserer Ökonomien weg von fossilen Brennstoffen hin zu anderen. Jeden Tag sind hier alle begeistert dabei. Wir alle wissen, dass das nur durch eine Veränderung von Systemen geht. Dafür brauchen wir intelligente Lösungen, dafür brauchen wir Netzwerksicherheit, denn Sicherheit geht vor. Deswegen bin ich dankbar, dass wir diese Debatte als einen Baustein führen, im Sinne einer robuster ausgestatteten ENISA und einer besseren Netzwerksicherheit.

 
  
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  Viviane Reding, Mitglied der Kommission. − (EN) Herr Präsident! Abschließend möchte ich feststellen, dass der Rat die Verlängerung des ENISA-Mandats um drei Jahre einhellig unterstützt und dieser Vorschlag auch im Europäischen Parlament breite Unterstützung findet. Beide Gesetzgebungsarme kamen überein, schnellstmöglich und noch vor dem automatischen Ablauf der geltenden Verordnung eine Einigung in erster Lesung zu erzielen.

Soweit mir bekannt ist, plant der Rat die Änderungsverordnung auf einer bevorstehenden Ratstagung als A-Punkt anzunehmen. Damit wäre das Problem geklärt, und das Parlament könnte, sobald die Kommission ein Dokument über die grundlegenden Probleme im Zusammenhang mit Angriffen aus dem Internet vorgelegt hat, dieses in Betracht ziehen und eine echte Debatte über die Zukunft unserer Maßnahmen in diesem Bereich einleiten.

 
  
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  Der Präsident. − Die Aussprache ist geschlossen.

 

16. Auswirkungen von Marketing und Werbung auf die Gleichstellung von Frauen und Männern (Aussprache)
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  Der Präsident. − Als nächster Punkt folgt der Bericht von Eva -Britt Svensson im Namen des Ausschusses für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter über die Auswirkungen von Marketing und Werbung auf die Gleichstellung von Frauen und Männern (2008/2038(INI)) (A6-0199/2008).

 
  
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  Eva-Britt Svensson, Berichterstatterin. – (SV) Herr Präsident! Ich möchte meinen Kolleginnen und Kollegen vom Ausschuss für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter und vor allem den Schattenberichterstattern für ihre ausgezeichneten bzw. konstruktiven Beiträge zu diesem Bericht danken.

Der Ratspräsident hat die große Bedeutung des Kampfes gegen Geschlechterstereotype hervorgehoben, der einen der sechs Prioritätsbereiche der Ratspräsidentschaft darstellt. Darum halte ich es für wichtig, dass auch wir hier im Parlament unsere Ansicht zum Problem der Geschlechterstereotype und zu deren Auswirkungen auf die Gleichstellung von Frauen und Männern zum Ausdruck bringen.

Um Missverständnissen vorzubeugen, möchte ich besonders und sehr deutlich betonen, dass ich in dem Bericht definitiv keine neuen gesetzlichen Bestimmungen auf diesem Gebiet vorschlage, weder auf Gemeinschafts- noch auf nationaler Ebene. Die von mir vorgeschlagenen Maßnahmen beziehen sich auf die bereits existierenden Organe der freiwilligen Selbstkontrolle in den Mitgliedstaaten, die sowohl Produzenten als auch Werbekunden und Verbraucher vertreten. Diese Gremien sollten sich für eine Sensibilisierung für die Bedeutung der Geschlechterstereotypisierung in der Werbung einsetzen. Ferner sollten die Mitgliedstaaten Gremien einrichten, an die sich die breite Öffentlichkeit mit Beschwerden wenden kann. Zusätzlich kann von dem künftigen Europäischen Institut für Gleichstellungsfragen Forschungsarbeit in Bezug auf die Auswirkungen dieser Art von Werbung auf die Gleichstellung geleistet werden. Wir brauchen mehr Kenntnisse.

Warum ist das alles so wichtig? Weil Werbung überall präsent ist, in unseren Wohnungen, im öffentlichen Raum, in Zeitungen, in Medien und so weiter. Natürlich werden wir davon beeinflusst, ob wir uns dessen nun bewusst sind oder nicht. Die Unternehmen würden ja nicht Milliarden in die Werbung investieren, wenn diese keine Wirkung hätte.

Heutzutage geht es bei Werbung und Marketing nicht nur darum, eine Ware oder ein Produkt zu verkaufen, sondern um den Verkauf eines ganzen Lebensstils, einer Form der Kultur. Wir sollen also bestimmte Verhaltens- und Handlungsweisen an den Tag legen, um den Erwartungen verschiedener Normen zu entsprechen. Besonders wichtig ist die Bekämpfung dieses Phänomens dort, wo es junge Menschen trifft, die ihre Erwachsenenidentität, ihre zukünftigen Ausbildungswege usw. suchen. Ich möchte, dass alle Menschen Wahlmöglichkeiten haben, ohne bewusst oder unbewusst von verschiedenen Normen der Geschlechtsstereotypen beeinflusst zu werden.

Heutzutage ist es für einen Werbekunden unmöglich, für ein Produkt zu werben, das die Umweltprobleme vergrößert oder den Klimawandel beschleunigt. Ich habe die Vision, dass es in der Zukunft ebenso unmöglich sein wird, Produkte mit einer geschlechterdiskriminierenden oder geschlechterstereotypen Aussage zu verkaufen.

Ferner bin ich überzeugt davon, dass sich die Verbraucher – sowohl Männer als auch Frauen – mit wachsendem Bewusstsein für die Bedeutung von Werbung weigern werden, Produkte mit einer solchen Werbebotschaft zu kaufen. Ich glaube auch genauso fest daran, dass die Verbraucher Unternehmen und Hersteller mit einer bewussten Werbepolitik bevorzugen werden, die keine Geschlechterstereotypisierung in ihrer Werbung zulassen. Das wird zu einem wichtigen Erfolgsfaktor für Unternehmen und Werbekunden werden, die deutlich machen, dass sie Verantwortung übernehmen, indem sie ihren Einfluss ausüben und zu mehr Gleichstellung beitragen. Das ist schließlich das Ziel, das wir nach eigener Aussage alle verfolgen. Dies ist zwar nur ein Faktor unter vielen, aber ein wichtiger.

 
  
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  Viviane Reding, Mitglied der Kommission. − (EN) Herr Präsident! Ich möchte dem Parlament und der Berichterstatterin, Frau Svensson, dafür danken, dass sie sich der sehr heiklen Frage angenommen haben, wie sich Marketing und Werbung auf die Gleichstellung von Frauen und Männern auswirken.

Die Werbung spielt bei der Finanzierung der Medien eine wichtige Rolle. Sie trägt dazu bei, dass Zeitschriften und Tageszeitungen weniger kosten und große Mengen an audiovisuellen Inhalten den Verbrauchern kostenlos zur Verfügung stehen. Das ist für Meinungsfreiheit und Vielfalt – eine in diesem Haus häufig diskutierte Problematik – sehr wichtig.

In den letzten Jahren wurden immer mehr Verbote oder Einschränkungen für die Werbung erlassen – Zigaretten, Alkohol, fetthaltige Speisen –, und demnächst wird es neue Vorschriften für Automobilhersteller und deren Werbung in Bezug auf CO2-Emissionen geben. Werbung ist ein leicht zu treffendes Ziel, denn es ist wesentlich einfacher, die Werbung zu regulieren als die eigentlichen Probleme anzugehen, die häufig viel komplexer sind – obwohl sich der Bericht, um den es heute Abend geht, für weitere Kontrollen für die Werbung ausspricht, diesmal aus der subjektiven Sicht der Gleichstellungspolitik.

Als Kommissionsmitglied mit Zuständigkeit für die Medien bin ich mir über die politischen Bedenken, die diesen Überlegungen zugrunde liegen, im Klaren, aber ich frage mich auch, wie sie sich auswirken werden, wenn sie auf einen ganzen Industriezweig und die Öffentlichkeit angewendet werden. Da die Werbung aufgrund der vielen Verbote und immer knapper werdender Mittel schwieriger geworden ist, misst die Werbeindustrie der Werbung bei ihren Marketing-Ausgaben weniger Bedeutung bei. Es gibt andere Möglichkeiten zur Vermarktung von Produkten, ohne für sie in den Medien zu werben – beispielsweise die Produkt-Promotion. Das wirkt sich sehr nachteilig auf den Medienpluralismus aus, da vor allem Printmedien – Tageszeitungen und Zeitschriften – zu geringe Einnahmen haben und ihr Fortbestand dadurch gefährdet ist.

Der Bericht lässt die positiven Aspekte unberücksichtigt, die den Zielen des Berichts und damit dem Schutz der Bürger dienen. Dazu möchte ich Ihnen einige Beispiele geben. Artikel 3 der Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste enthält ganz klare Formulierungen zur Menschenwürde und zur Nichtdiskriminierung im Zusammenhang mit der audiovisuellen Werbung. Ich kann Ihnen versichern, dass die Kommission dafür sorgen wird, dass die Umsetzung dieser Richtlinie durch die Mitgliedstaaten den Wünschen des Gesetzgebers entsprechen wird.

Ebenso wenig unterstreicht der Bericht die wertvolle Rolle, die die Selbstregulierung spielt. Auch dafür möchte ich Ihnen ein Beispiel geben. Sie sollten wissen, dass darauf in Fällen der – ich zitiere – „anstößigen Stereotypisierung“ gut reagiert wurde, und ich möchte Ihnen ein sehr konkretes Beispiel geben. Die Modeindustrie hat ihre „Porno-Chic-Kampagnen“ eingestellt, in denen Frauen als reine Sexobjekte stigmatisiert wurden. Es gibt also legislative Maßnahmen zur Lösung der Probleme.

Wir sollten diesbezüglich einen sehr realistischen Ansatz verfolgen. Werbung ist ein kurzformatiges Medium, das man in einem Printmedium oder in einem 30-sekündigen Videosport kurz sieht. Was der Bericht als „Stereotypisierung“ bezeichnet, das ist vielleicht nur eine Möglichkeit, um eine schnelle Verbindung zwischen einem Produkt und einer bestimmten Gruppe von Verbrauchern herzustellen. Andererseits gibt es gute Werbung und schlechte Werbung, und als Kommissionsmitglied für Medien muss ich akzeptieren, dass die freie Meinungsäußerung auch das Recht zu versagen – sogar total zu versagen – umfasst, auch wenn uns das nicht gefällt. Wenn ich das Plenum bitten würde, dazu einen Beschluss zu fassen, dann, so glaube ich, würde es kaum am Recht zu versagen rütteln.

Wie der Bericht einräumt, liegen keine schlüssigen Erkenntnisse über einen Zusammenhang zwischen der Geschlechterstereotypisierung und der Ungleichheit der Geschlechter vor. Politikgestaltung erfordert eine aussagekräftige Evidenzbasis und nicht nur feste Überzeugungen, und auf eben dieser Grundlage erarbeiten wir unsere Vorschläge, und deshalb befürwortet die Kommission die positiven Empfehlungen im Bericht des Europäischen Parlaments. Der Austausch von bewährten Verfahren beispielsweise zwischen Regulierungsbehörden ist etwas, das wir stets unterstützen. Maßnahmen im Bereich der Bildung und Forschung sowie weitere Aussprachen sollten unbedingt fortgesetzt werden.

Ich möchte betonen, dass ich mich seit nunmehr neun Jahren als Medienkommissarin konsequent dafür einsetze, dass in Schulen Medienkompetenz gelehrt wird. Wenn es uns gelänge, Jugendliche zu einem kritischen Urteil zu befähigen, das ihnen das Verständnis von Werbung erleichtert, so dass sie schlechte Werbung als etwas ablehnen, das für unsere Gesellschaft nicht relevant ist, dann wäre das meines Erachtens das Allerwichtigste. Ich möchte mich auf bewährte Verfahren konzentrieren. So gefällt mir das Beispiel von Spanien, wo Preise für Werbung vergeben wird, in der geschlechtsspezifische Aspekte geschickt behandelt werden. Das ist der richtige Weg, und deshalb sollten wir das Positive akzentuieren und prüfen, wie wir weiter vorankommen können, denn es lohnt sich, dafür zu kämpfen.

 
  
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  Esther Herranz García, im Namen der PPE-DE-Fraktion. (ES) Herr Präsident! Wahre Freiheit endet dort, wo die Freiheit der anderen beginnt, und eine Gesellschaft ist umso freier, je freier die Medien sind. Der Verlust der Freiheit beginnt genau bei der Zensur von Werbung und setzt sich bei den redaktionellen Inhalten fort.

Daher hat die Europäische Volkspartei Änderungsanträge zu diesem Bericht gestellt, um eine Anzahl von totalitären Verirrungen zu korrigieren, die dem Prinzip einer freien Gesellschaft zuwider laufen.

Marketing und Werbung in Europa üben bereits eine Selbstkontrolle aus, und in den Mitgliedstaaten existiert eine ausreichende Gesetzgebung. Marketing und Werbung bewegen sich ja nicht nur im Medienbereich, sie sind ein Bestandteil unseres täglichen Lebens, und zum Glück gibt es in diesen Sektoren hervorragende Fachleute, die sich zum größten Teil über ihren Einfluss auf das soziale Gleichgewicht im Klaren sind. Aus diesem Grund wird die Europäische Volkspartei gegen die von den Kommunisten vorgeschlagenen Änderungen und Artikel stimmen, in denen abfällig über einen bei den Beschäftigten der Branche weit verbreiteten Chauvinismus und Sexismus die Rede ist, was so nicht zutrifft.

In der Europäischen Volkspartei glauben wir an die Gleichstellung von Männern und Frauen, wir glauben aber, dass sie verteidigt werden muss, ohne dass irgendjemand anderes herabgewürdigt wird. Wir sind der Ansicht, dass Kindheit und Jugend zu schützen sind und dass Kinder und Jugendliche durch ihre Familien und die Gesellschaft als Ganzes erzogen werden sollten. Erzogen mit Werten, die ihnen helfen, bessere Menschen zu werden.

Ich betrachte den sektiererischen Gebrauch der Gleichstellung, auf den dieser Bericht abzielt, als schweren Fehler, den die Europäische Volkspartei natürlich nicht zulassen wird. Wir hoffen sehr, dass unsere Änderungsanträge angenommen werden, damit wir den Bericht unterstützen können. Anderenfalls werde ich mich in der abschließenden Abstimmung aus Respekt vor der Subsidiarität der Mitgliedstaaten und aus Respekt vor den in der Marketing- und Werbebranche Tätigen der Stimme enthalten.

Ich glaube nicht, dass es gut ist, wenn wir nationale Gesetzgebungen kritisieren und die Vollmachten dieses Parlaments überschreiten, da das in der Zukunft unsere Glaubwürdigkeit vermindern wird.

 
  
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  Bernadette Vergnaud, im Namen der PSE-Fraktion. – (FR) Dieser Bericht ist nicht so unbedeutend, wie man angesichts der späten Stunde, zu der über ihn diskutiert wird, annehmen könnte, und ich möchte Frau Svensson für Ihre Arbeit und Ihre Zusammenarbeit danken.

Marketing und Werbung sind in unseren Gesellschaften allgegenwärtig und tragen zur Schaffung sozialer Gefüge bei, was bisweilen negative Auswirkungen hat, wie beispielsweise in Form von Diskriminierung oder Rückzug auf vereinfachende geschlechtsspezifische Klischees. Werbung ist zwar auch eine Quelle der Kreativität, und derartige Darstellungen werden manchmal bewusst in humorvoller Weise verwendet. Die Werbemacher dürfen jedoch nicht vergessen, dass sie eine wichtige erzieherische Funktion haben und dass bei den jungen Leuten ein kritisches Bewusstsein entwickelt werden muss, insbesondere um jegliche Form der Diskriminierung durch teilweise entwürdigende auf dem Geschlecht basierende Bilder, die die Würde des Individuums verletzen könnten, zu unterbinden.

Ziel dieses Berichts ist nicht die Infragestellung der redaktionellen oder kreativen Freiheit, sondern die in diesem Sektor tätigen Personen sollen dazu angeregt werden, die bestehenden selbstregulierenden Systeme zu verbessern, mit den zuständigen Behörden zusammenzuarbeiten, um die Verhaltenskodizes zu verbessern und sich ihrer Verantwortung bewusst zu werden, nicht nur hinsichtlich der Gleichstellung der Geschlechter, sondern auch hinsichtlich der physischen und psychischen Gesundheit, die bisweilen aufgrund von vorgegebenen Schönheitsnormen sehr stark unter Druck steht.

Aus diesem Grund fordere ich meine Kolleginnen und Kollegen auf, die zahlreichen, für Streichungen plädierenden Änderungsanträge zurückzuweisen, damit dieser Text nicht seines Inhalts beraubt wird.

 
  
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  Sophia in 't Veld, im Namen der ALDE-Fraktion. – (NL) Herr Präsident! Ich erkenne das von der Berichterstatterin beschriebene Problem sehr genau. Ich stelle mir eine Aufklärungsmission vom Planeten Mars vor. Sie kommen zur Erde und zur Vorbereitung schauen sie nur Werbung, um sich ein Bild von den Menschen auf der Erde zu machen. Dann kommen sie hierher und sehen zu ihrer Überraschung, dass sich Frauen nicht nur für Putzmittel interessieren und nicht nur den ganzen Tag herumsitzen und darauf warten, dass ihr Mann von der Arbeit nach Hause kommt, dass Frauen selbstständig und intelligent sind und ihr eigenes Geld verdienen und damit auch Verbraucher sind, und dass es außerdem auf der Erde noch andere Arten von Familien gibt, die man nie in der Werbung sieht, wie allein Erziehende oder homosexuelle Paare mit Kindern, Einwandererfamilien oder beispielsweise Menschen im Rollstuhl oder mit einem Sprachfehler. Die sieht man nämlich nie in der Werbung. Bis hierher bin ich also mit der Berichterstatterin einer Meinung.

Dies vorausgeschickt schließe ich mich jedoch den Worten von Kommissarin Reding und auch meines Kollegen von der PPE-DE an: Es gibt noch so etwas wie Freiheit der Meinungsäußerung. Ich glaube daher nicht, dass wir, auf welche Weise auch immer, in den Inhalt von Werbung eingreifen sollen. Bewährte Verfahren sind eine bessere Idee. Natürlich darf ich hier keine Markennamen nennen, aber ich denke an ein italienisches Modelabel, das bereits seit zwanzig Jahren Tabus bricht, und auch an andere Produkte.

Davon abgesehen ist dieser Bericht viel zu umfassend, denn der Titel spricht von „Marketing und Werbung“, es geht aber auch um Schulbücher, Fernsehen, Internet, Videospiele und noch viel mehr. Ehrlich gesagt, sollte sich die EU da heraushalten.

Außerdem befasst sich der Bericht noch mit Werbung für sexuelle Dienstleistungen. Das gehört nun wahrlich nicht zur Sache. Es gibt unterschiedliche Geschmäcker und Moralvorstellungen, und ich denke nicht, dass wir diese von der EU aus einheitlich vorschreiben können.

Abschließend, wenn man das Frauenbild betrachtet, das in der Werbung bereits seit fünfzig Jahren skizziert wird, stelle ich zufrieden fest, dass Frauen viel schlauer sind, als wir denken. Sie lassen sich nämlich von der Werbung nicht davon abhalten, einfach selbstständig zu werden.

Schließlich, wenn wir wirklich etwas tun wollen, dann habe ich zwei konkrete Vorschläge. Erstens, wenn die Werbung uns nicht gefällt, treten wir als Verbraucher in den Streik, und zweitens schlage ich vor, dass mindestens eine Frau auf einen der vier Spitzenposten in der Europäischen Union ernannt werden sollte.

 
  
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  Ewa Tomaszewska, im Namen der UEN-Fraktion. – (PL) Herr Präsident! Ich möchte die Aufmerksamkeit auf Werbung sowohl im Fernsehen, einschließlich der öffentlich-rechtlichen Sender, als auch auf Werbeträger lenken, deren Inhalt oder Form die darin erscheinenden Personen erniedrigt. Am häufigsten sind Frauen davon betroffen, aber nicht ausschließlich. Aussagen, die entwürdigend sind, in denen sie als Objekte dargestellt werden, die sie als Personen auf niedrigerer intellektueller Stufe zeigen oder die lediglich auf sexuellem Gebiet interessant sind, führen bei Personen, die unvorbereitet solchem Werbematerial ausgesetzt werden, zu mangelndem Selbstwertgefühl. So werden ihre Anstrengungen zur Verwirklichung ihrer Lebenspläne gemindert und ihr Ehrgeiz gedämpft. Solcherart Werbung beeinflusst insbesondere junge Menschen, was die Auswirkungen noch verschlimmern kann. Das ist eine der vielen Folgen des allgegenwärtigen Konsumismus. Für viele Menschen ist Gewinn – selbst wenn er durch unlautere Mittel erzielt wurde – wichtiger als die Behandlung von Menschen als Wesen mit einem immanenten Wert, den es zu schützen gilt. Aus diesem Grunde ist es wichtig, Werbung dieser Art durch gesetzliche Regelungen einzuschränken.

 
  
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  Hiltrud Breyer, im Namen der Verts/ALE-Fraktion. – Herr Präsident! Die Gleichstellung der Geschlechter ist Wert und Ziel der Europäischen Union. Die EU will diese Gleichstellung in allen Bereichen herstellen. Es kann nicht sein, dass der wichtige Bereich der Werbung davon ausgenommen ist. Daher begrüße ich den Bericht meiner Kollegin Svensson, die sich dieses wichtigen Themas angenommen und einen ausgeglichenen Bericht vorgelegt hat. Herzlichen Dank!

Werbung wirkt unbewusst auf uns. Ein wichtiger Faktor ist z. B., Stereotype über Geschlechter zu verbreiten. Die Diskriminierung in der Werbung steht dem Ziel der Gleichstellung entgegen. Die EU tut nicht genug, um Sexismus und Diskriminierung in den Medien abzubauen. Daher müssen wir deutlich machen: Europa ist auch ein Europa der Werte. Wir wollen keine frauenfeindliche Werbung, keine Werbung, in der Frauen zu Objekten degradiert werden, in der plumpe Klischees über Frauen gefeiert werden. Das Gleiche gilt natürlich auch für Werbung über Männer.

Mich würde es freuen, wenn die Werbung im Gegenteil dazu beiträgt, unser fest gefügtes Rollenverständnis, unsere Bilder über Männer und Frauen ins Wanken zu bringen. Aber bedauerlicherweise wurde vonseiten der Werbeindustrie Front gemacht gegen etwas, das eigentlich selbstverständlich sein sollte, nämlich Respekt, Respekt vor allem vor Frauen. Ich kann nicht verstehen, dass die Werbeindustrie einen Sturm im Wasserglas betreibt. Einen Sturm im Wasserglas nenne ich es gerade deshalb, weil das offensichtlich leider bei vielen Kolleginnen auf Gehör gestoßen ist.

Dabei können wir uns doch eigentlich auf folgende Grundlagen einigen: Wir brauchen mehr Aufmerksamkeit für Diskriminierung in den Medien. Wir brauchen auch nationale Monitoring-Behörden, bei denen Beschwerden eingereicht werden können. Übrigens gibt es so was Ähnliches in vielen Mitgliedstaaten. Von daher verstehe ich die ganze Aufregung nicht. Ich hätte mir sogar gewünscht, dass wir in diesem Bericht weitergingen. Von daher hoffe ich, dass wir uns wirklich auf das, was jetzt vorliegt, einigen können. Denn wir brauchen diesen Bericht als Grundlage, und wir sollten ihn nicht noch weiter verwässern.

 
  
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  Urszula Krupa, im Namen der IND/DEM-Fraktion. – (PL) Herr Präsident! Trotz der vielen positiven Aspekte des Berichts im Hinblick auf negative Einflüsse von Medien, Marketing und Werbung, die Menschen als Karikaturen darstellen und zu Objekten machen, sie diskriminieren und ihrer Würde berauben, muss ich dennoch gegen einige Argumente protestieren, die einen manipulierenden Charakter haben und auf die Schaffung einer modernen egalitären Gesellschaft bar jeder ethischen Vorbilder abzielen. Es ist richtig, dass verschiedene Hormontherapien und psychologische Behandlungen Versuche an Menschen möglich machen, aber solche Experimente verursachen schwere Traumata und sollten verboten werden, so wie auch Tierversuche nur eingeschränkt zulässig sind.

Sowohl Männlichkeit als auch Weiblichkeit, die duale Form der Körperlichkeit des Menschen, sind die Persönlichkeit formende Elemente. Es ist unmöglich, die Rollen zu verändern, da sie im Wesen des Menschen verankert sind. Die Aufmerksamkeit auf den Einfluss der Werbung zu lenken, das ist schön und gut, besser wäre aber eine Forderung nach ethisch-rechtlicher Kontrolle, basierend auf einer vorherigen Akzeptanz eines universellen Wertesystems, das am besten auf göttlichem Gesetz gegründet sein sollte.

 
  
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  Edit Bauer (PPE-DE).(SK) Wir sind uns manchmal gar nicht bewusst, dass die Werbepolitik weit reichende Folgen für die Beibehaltung von Stereotypen hat, die ein fast unüberwindliches Hindernis darstellen, wenn es um notwendige Veränderungen zur Erreichung der erklärten Ziele, so auch der Ziele von Lissabon, geht.

Dennoch hat die Werbung an sich natürlich viel Positives. Wir sollten uns darüber klar werden, dass Werbepolitik vor allem in der Beziehung zwischen Männern und Frauen den Prozess der Vereinbarung von Berufs- und Familienleben bremst, da sie oft das Bild einer Frau suggeriert, die spielend und lächelnd alle ihre bisweilen konfliktreichen Aufgaben meistert, die ihr aufgrund ihrer verschiedenen sozialen Rollen zufallen und die sehr häufig unter enormem Zeitdruck bewältigt werden müssen.

Das Problem besteht nicht allein in der Beibehaltung überkommener Stereotype von der Rolle von Mann und Frau, sondern auch in deren weiterer Verstärkung, weisen doch Fachleute warnend darauf hin, dass die Werbung Erwartungen nicht nur erhöht, sondern auch neue schafft. Einer der augenfälligsten Beweise dafür ist die Vielzahl von Mädchen, die an Magersucht leiden.

Da Marketing und Werbung vorhandene Stereotype ausnutzen oder auch missbrauchen, ist es für den Europäischen Rat zwecklos, Resolutionen zur Bekämpfung von Stereotypen anzunehmen, da sie ohne jede Wirkung sein werden.

Die Lösung liegt jedoch auf keinen Fall in einem besonderen europäischen Verhaltenskodex. Das Problem von Marketing und Werbung kann nicht allein den Medien als solchen zugeschrieben werden. Es ist schade, dass der Bericht in seinem Bemühen, das Problem zu lösen, Wege wählt, die entweder nicht gangbar sind oder nicht zum Ziel führen.

 
  
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  Marusya Ivanova Lyubcheva (PSE).(BG) Herr Präsident, Frau Kommissarin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich halte den Bericht für sehr wichtig und sehr notwendig. Das Umfeld, das uns die ganze Zeit umgibt, ist für die Herausbildung von Einstellungen, Verhaltensweisen und den Umgang mit Problemen von außerordentlicher Bedeutung, einschließlich der Gleichberechtigung. Marketing, Werbung, Medien, Internet und Fernsehen haben einen starken Einfluss auf die Ausbildung von positiven bzw. sehr negativen Einstellungen zur Gleichstellung von Frauen und Männern.

Ohne die Freiheit der Aktivitäten von Medien, Organisationen und Institutionen einzuschränken, die mit Marketing und Werbung zu tun haben, ohne zu zensieren, sollten wir an die negativen Folgen denken und die Darstellung von Frauen in einem ungünstigen Licht anprangern, wenn sie als Personen gezeigt werden, die Gewalt und Sexismus provozieren, oder wenn sie in einer Kombination aus „heißen“ weiblichen Bildern und noch heißeren, verführerischen alkoholischen Getränken dargestellt werden. Ist das etwa nicht demütigend?

Da wir die Gleichstellung als Partnerschaft ansehen, finden wir, dass die Toleranz von Marketing und Werbung gegenüber diesen Problemen gleichermaßen für Männer gilt. Werbung und Marketing sollten den Weg für ein besseres Verständnis der Gleichstellung ebnen, sie sollten ethische Modelle der Gleichstellung von Männern und Frauen widerspiegeln und die Gleichstellungsphilosophie nicht im Interesse des Profits verzerren. Marketing und Werbung sollten also ein Umfeld des sozialen Verständnisses, der sozialen Aussichten schaffen.

Der Bericht unterstreicht die Notwendigkeit, die Grundsätze der Gleichstellung der Geschlechter in den Medien mithilfe von Programmen und Materialien zu verbreiten, die sich an unterschiedliche Altersgruppen richten, er propagiert die bewährten Praktiken des Respekts, die Wertschätzung der Unterschiede zwischen den Geschlechtern, der Nichtdiskriminierung. Das wird eine Kultur der Gleichberechtigung schaffen und zu Gleichberechtigung führen.

 
  
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  Zita Pleštinská (PPE-DE).(SK) Werbung ist ein untrennbarer Bestandteil unseres Lebens, und sie hat einen nicht zu bestreitenden Einfluss auf das Verhalten der Öffentlichkeit und die Bildung der öffentlichen Meinung.

Es gibt im Bericht der Berichterstatterin Frau Svensson Punkte, denen ich zustimme. Das sind vor allem jene Punkte, die auf die Notwendigkeit hinweisen, Kinder und Jugendliche vor negativer Werbung zu schützen. Werbung für den Verkauf sexueller Dienstleistungen oder Prostitution hat auf die Kinder bereits vom frühen Lebensalter an einen verderblichen Einfluss.

Im Gegensatz zur Berichterstatterin habe ich eine andere Meinung, wie das definierte Ziel zu erreichen ist. Wir können schwerlich auf europäischer Ebene in die Freiheit der Medien eingreifen und den Subsidiaritätsgrundsatz missachten. Ich denke nicht, dass es uns gelingen wird, einen europäischen ethischen Kodex im Bereich Marketing und Werbung anzunehmen.

Unsere Sorge um die junge Generation müssen wir vor allem an Eltern und Erzieher richten. Ich bin davon überzeugt, dass die Hauptverantwortung bei den Eltern und Erziehern liegt, die den Kindern einen vernünftigen und verantwortungsbewussten Umgang mit dem Fernsehen und den neuen Technologien beibringen können.

 
  
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  Zbigniew Zaleski (PPE-DE). - (PL) In der Entschließung wird der Schwerpunkt zu sehr auf das Problem der Ungleichheit zwischen Männern und Frauen und die Geschlechterstereotypisierung gelegt. Negative Stereotypisierung muss natürlich angesprochen werden, und die Ungleichheit der Geschlechter ist ein wesentliches Element schlechter Werbung, aber nicht das einzige.

Erstens zeigen viele psychologische Versuche, wie Kindern – insbesondere Kindern, aber auch Erwachsenen – Aggression, negative Einstellungen und Verhaltensweisen über das Fernsehen und die anderen Medien vermittelt werden. Anknüpfend an das, was von Kommissarin Reding zum Thema Erziehung in der Schule gesagt worden ist und was ich als Psychologin bedeutsam finde, muss uns klar sein, dass die Menschen wissenschaftlichen Erkenntnissen zufolge davon überzeugt sind, Fernsehen und insbesondere Werbung beeinflussten sie nicht so stark wie es in Wirklichkeit der Fall ist. Marketing und Werbung in den Medien spielen geschickt mit Informationen, Promotion und Manipulation. Das Problem liegt in der Unterscheidung zwischen ihnen. Wo freie Werbung nicht den moralischen, gesellschaftlichen und psychologischen Prinzipien entspricht, ist sie schädlich. Das ist wahrscheinlich der wichtigste Aspekt.

 
  
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  Monica Maria Iacob-Ridzi (PPE-DE).(RO) Ich möchte einige konkrete Maßnahmen vorschlagen, mit denen wir das Problem des negativen Einflusses der Werbung auf die Gleichstellung der Geschlechter in Europa angehen können.

Aus dem Blickwinkel des geltenden Gemeinschaftsrechts stellt das Prinzip des Herkunftslands eine entscheidende Frage dar. Es ist auch auf die Werbung anwendbar, womit eine durch ein nationales Sendegremium eines Mitgliedstaats angenommene Produktion auch in allen anderen Mitgliedstaaten zur Ausstrahlung zugelassen werden muss.

Vor kurzem haben wir uns mit deutlichen Beispielen von Geschlechtsdiskriminierung beschäftigt, die in Werbeproduktionen auftraten, die in den Ländern der Europäischen Union nicht von der Ausstrahlung ausgeschlossen werden konnten. Daher meine ich, dass Ausnahmeregelungen vom Herkunftslandprinzip eingeführt werden sollten, wenn festgestellt wird, dass der Europäische Pakt für die Gleichstellung der Geschlechter durch beleidigende Medienproduktionen verletzt wurde. Da wir von einem Handlungsfeld, Handel mit audiovisuellen Diensten, reden, das in die Kompetenz der Gemeinschaft fällt, sollten meiner Meinung nach von der Europäischen Kommission gegen Produzenten, die via Werbung diskriminierende Bilder verbreiten, Strafzahlungen verhängt werden.

 
  
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  Marie Panayotopoulos-Cassiotou (PPE-DE).(EL) Herr Präsident! Wir treten für Marktwirtschaft und Wettbewerb ein. Wir möchten, dass auf der Grundlage eines gesunden Wettbewerbs die Wahrheit gesagt wird – Produkte sollten aufgrund tatsächlicher Fakten miteinander konkurrieren.

Freiheit bedeutet nicht, dass keine Rechenschaft abzulegen ist – genauso wenig stellt Werbung eine Strategie dar, mit der jeder seine Produkte anpreisen kann. Wir haben heute Morgen davon gesprochen, die Diskriminierung anzugehen. Da ist es doch recht merkwürdig, dass diejenigen, die die Abschaffung der Diskriminierung unterstützen, die Menschenwürde nicht durch den Einsatz einer Selbstkontrolle der Werbung schützen wollen.

Ich beglückwünsche die Kommissarin, da sie durch ihre Vorschläge oft bewiesen hat, dass sie mithilfe der Medien und besonders der modernen Technologien Maßnahmen ergreift, um Minderjährige zu schützen und Werte zu sichern.

 
  
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  Agnes Schierhuber (PPE-DE). - Herr Präsident! Ich unterstütze die Meinung, dass die Eltern und Erziehungsberechtigten eine wesentliche Verantwortung im Umgang mit Kindern tragen. Heute werden Kinder in der Wirtschaft als wichtige Konsumenten gesehen und behandelt. Daher ist es notwendig, sie von klein auf darauf vorzubereiten, welche Macht eigentlich von Werbung ausgeht und wie negativ sie sein kann. Ich halte aber nichts davon, dass wir das europaweit einheitlich regeln.

Wir müssen – wie auch die Kommissarin sagt – in der Bildung von klein auf versuchen, ihnen einen Weg zu zeigen und sie dabei auch auf die Chancen, aber auch auf die Gefahren aufmerksam zu machen, die die Werbung in sich birgt.

 
  
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  Eva-Britt Svensson, Berichterstatterin. – (SV) Ich danke Ihnen für diese Aussprache. Lassen Sie mich noch eine Sache verdeutlichen: Dieser Bericht kommt von der Vereinigten Europäischen Linken, und nichts anderes. Was die Änderungsanträge betrifft, möchte ich daran erinnern, dass im Ausschuss 53 Änderungsanträge der verschiedenen Fraktionen angenommen wurden, darunter vier von Frau Herranz García.

Es ist hier die freie Meinungsäußerung genannt worden. Selbstverständlich ist die Meinungsfreiheit heilig. An keiner Stelle im Bericht wird eine neue gesetzliche Regelung erwähnt, weder auf Gemeinschaftsebene noch auf der Ebene der Mitgliedstaaten. Das ist eine Angelegenheit der einzelnen Länder. Wir konzentrieren uns in diesem Bericht auf die schon vorhandenen Gremien, auf Organe der freiwilligen Selbstkontrolle und paritätische Organe, in denen Hersteller, Werbekunden und Verbraucher gemeinsam die besten Methoden finden.

Die Kommission spricht davon, dass mehr Grundlagenforschung zum Einfluss auf die Gleichstellung erforderlich ist. Dem stimme ich zu, und unterstreiche das daher auch in meinem Bericht. Wir brauchen mehr Forschung. Und wir müssen das kritische Denken wecken. Genau darum geht es im Bericht: um eine Schärfung des Bewusstseins und damit auch des kritischen Denkens.

 
  
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  Der Präsident. − Die Aussprache ist geschlossen.

Die Abstimmung findet am Mittwoch, dem 3. September, um 11.30 Uhr statt.

Schriftliche Erklärungen (Artikel 142)

 
  
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  Zita Gurmai (PSE), schriftlich.(HU) Die Bekämpfung von Stereotypen ist einer der sechs Schwerpunkte des Fahrplans für die Gleichstellung für 2006 – 2010.

Das ist eine Frage des Prinzips, dessen praktische Auswirkungen extrem weitreichend und tief greifend sind, da Stereotypen Frauen in eine skandalöse Lage bringen und ihrem Erfolg sehr im Wege stehen – wenn es um die Suche nach einem Arbeitsplatz, um die Arbeit, ihre Karriere, ihre Teilnahme am Entscheidungsfindungsprozess oder die Vereinbarung von Arbeits- und Privatleben geht. Stereotypen schaffen und erhalten die Ungleichheit in jedem Lebensbereich und richten so an der gesamten Gesellschaft immensen Schaden an; außerdem senken sie die Effektivität der Anstrengungen in Sachen Gleichberechtigung signifikant.

Ich finde, dass wir gut geplante, koordinierte Maßnahmen und Kampagnen gegen Stereotypen brauchen, zu deren wesentlichen Elementen das soziale Gewissen, dessen Ausprägung bereits in der Kindheit beginnt, die Bildung und die Anwendung von bewährten Praktiken zählen.

Die Marketing- und Werbekampagnen der Medien spielen eine wichtige Rolle bei der Prägung des Frauenbildes – das nachteilige Bild trägt entscheidend dazu bei, dass die skandalöse Situation aufrechterhalten wird, doch gleichzeitig kann diese Tendenz umgekehrt werden, indem man die Wirklichkeit, die Möglichkeiten und Fähigkeiten realistisch abbildet. Deshalb müssen wir an diesen potenziellen Werkzeugen und Maßnahmen feilen, mit deren Hilfe wir positive Veränderungen herbeiführen können. Außerdem ist es entscheidend, dass die bestehenden Gesetze richtig angewandt werden.

 
  
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  Andrzej Tomasz Zapałowski (UEN), schriftlich. (PL) Herr Präsident! Der Bericht von Eva-Britt Svensson über die Auswirkungen von Marketing und Werbung auf die Gleichstellung von Frauen und Männern gehört zu den Dokumenten, in denen Themen angesprochen werden, die angesichts der heute vor der Europäischen Union stehenden Probleme einfach nicht von vorrangiger Bedeutung sind. In bestimmten Aspekten ist der Bericht schlichtweg nicht seriös.

Für die Berichterstatterin stellt die Geschlechterstereotypisierung ein größeres Problem dar als die zunehmende Gewalt in den Medieninhalten, insbesondere im Hinblick auf Kinder. Die Feststellung, dass Werbung zu Hass aus Gründen des Geschlechts aufstachelt, ist in Anbetracht der für die Medien verbindlichen Verhaltenskodizes für Werbung eine Übertreibung. Im Bericht wird das wachsende Problem der geschlechterspezifischen Diskriminierung unter EU-Bürgern muslimischen Glaubens nicht erwähnt. Ich befürchte, die muslimische Presse wird im Hinblick auf die Gleichstellung von Frauen und Männern nicht überwacht.

Für die Mitgliedstaaten der EU ist das ein sehr ernstes Problem, das es zu lösen gilt. In die normalen Beziehungen im Bereich der Gleichstellung von Männern und Frauen in der traditionellen, historisch gewachsenen europäischen Gesellschaft muss zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht eingegriffen werden. Einzelfälle unmoralischen Verhaltens auf diesem Gebiet können mit Hilfe der geltenden Gesetze bekämpft werden.

 

17. Klonen von Tieren für die Lebensmittelversorgung (Aussprache)
Video der Beiträge
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  Der Präsident. − Als nächster Punkt folgt die Aussprache über die mündliche Anfrage an die Kommission über das Klonen von Tieren für die Lebensmittelversorgung von Neil Parish im Namen des Ausschusses für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung (O-0069/2008 – B6-0545/2008).

 
  
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  Neil Parish, Verfasser. − (EN) Herr Präsident! Ich möchte Kommissarin Vassiliou sehr herzlich hier begrüßen, die heute Abend zu uns gekommen ist, um sich unsere mündliche Anfrage anzuhören, noch dazu zu dieser späten Stunde.

Was das Klonen betrifft, so geht es dabei nicht nur um Lebensmittelsicherheit, sondern wir hier in Europa sind der Ansicht, dass wir im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik Lebensmittel erzeugen, die sehr hohen Anforderungen genügen, und zwar auch im Hinblick auf das Wohlergehen der Tiere. Die Problematik des Klonens betrifft nicht nur das Wohlergehen der Tiere, sondern auch das Vertrauen der Verbraucher in Lebensmittel, die von geklonten Tieren stammen könnten.

Man braucht nur einen Blick über den Atlantik zu werfen und sich anzuschauen, wie die USA verhindern, dass geklonte Tiere in die Nahrungskette gelangen. Wenn beispielsweise ein geklonter Bulle an seinem Lebensende 1000 Euro wert wäre, wenn er der Nahrungskette zugeführt werden würde, dann müssen diejenigen, die den Bullen gezüchtet haben, eine Kaution in Höhe von vielleicht 3000 Euro aufbringen. Wenn sie das Tier dann töten und dafür sorgen, dass es nicht in die Nahrungskette gelangt, bekommen sie die Kaution zurück. Das ist eine recht einfache Möglichkeit, um geklonte Tiere aus der Nahrungskette fernzuhalten.

Meines Erachtens sollten wir diese Angelegenheit sehr ernst nehmen, und ich würde die Kommissarin bitten, sie nochmals zu prüfen.

Ich werde jetzt auf einige Probleme im Zusammenhang mit dem Klonen eingehen, und zwar unter besonderer Berücksichtigung des Wohlergehens der Tiere. Das Klonen birgt ernste Probleme für die Gesundheit und das Wohlergehen der geklonten Tiere und der Ersatzmuttertiere. Die gesundheitlichen Probleme resultieren aus den invasiven Verfahren, die für das Klonen notwendig sind. Die Ersatzmuttertiere, die die geklonten Föten austragen, sind großen gesundheitlichen Belastungen ausgesetzt, und die geklonten Tiere weisen in ihren ersten Lebensjahren eine hohe Krankheits- und Mortalitätsrate auf.

In der „Scientific and Technical Review“ des Internationalen Tierseuchenamtes OIE wird festgestellt, dass lediglich 6 % der geklonten Embryos zu gesunden Klonen mit guten Überlebenschancen heranwachsen.

In einem Bericht der EFSA wird zudem auf einen erhöhten Anteil an Fehlgeburten und Graviditätsstörungen bei den Ersatzmuttertieren verwiesen. Diese Störungen und die überdurchschnittliche Größe geklonter Tiere erfordern bei Rindern, die mit geklonten Tieren trächtig sind, häufiger einen Kaiserschnitt, als dies bei der herkömmlichen Trächtigkeit der Fall ist. Die Sterblichkeits- und Erkrankungsrate bei geklonten Tieren ist höher als bei durch geschlechtliche Fortpflanzung reproduzierten Tieren, und das Wohlergehen sowohl der Ersatzmuttertiere als auch der geklonten Tiere können beeinträchtigt werden.

Was die Ethik betrifft, so bezweifelt die Europäische Gruppe für Ethik, dass das Klonen von Tieren für Ernährungszwecke ethisch vertretbar ist. Zudem bestehen ihrer Ansicht nach keine überzeugenden Argumente, die die Erzeugung von Nahrungsmitteln aus Klonen und ihren Nachkommen rechtfertigen würden.

Schaut man sich an, was passiert, wenn Tiere geklont werden, so stellt man fest, dass geklonte Kälber häufig 25 % schwerer sind, was eine schmerzhafte Geburt zur Folge hat; 25 % der Kühe, die ein geklontes Tier austragen, erkranken ab dem 120. Tag der Tragezeit an einer Hydrallantois. Berichten aus dem Jahr 2003 zufolge reifen nur 13 % der einem Ersatzmuttertier eingepflanzten Embryonen zu voll entwickelten Kälbern heran. Lediglich 5 % aller geklonten Embryos, die einer Kuh eingepflanzt wurden, haben überlebt. In ihrem Gutachten verweist die EFSA auf eine Studie, der zufolge bei 2 170 Rindern, denen Embryonen eingepflanzt wurden, 106 Lebendgeburten zu verzeichnen waren – 4,9 % –, und davon überlebten nur 82 Kälber länger als zwei Tage.

Wir müssen zudem berücksichtigen, welche Probleme nicht nur im Hinblick auf das Wohlergehen der Tiere auftreten, sondern auch im Genpool der Tiere – das ist auch ein landwirtschaftlicher Aspekt. So wird beispielsweise im Falle des Holstein-Friesian-Rindes angenommen, dass es davon lediglich 50 Zuchtlinien gibt. Wenn wir anfangen, Bullen zu klonen, und die Färse eines geklonten Bullen dann wieder mit diesem Nachkommen paaren, sodass also dasselbe Vatertier zum Einsatz kommt, dann verkleinern wir damit den Genpool weiter. Dadurch werden Krankheiten und genetische Probleme an die entsprechenden Nachkommen weitergegeben. Deshalb müssen wir für Bastardvitalität sorgen.

Die Branche selbst kann nicht erklären, wieso ein geklontes Tier die Zelle des Elterntiers – eine ältere Zelle – hat. Es besteht also auch hier die Gefahr, dass ein Tier gezüchtet wird, dass nicht so stark oder gesund ist wie andere Tiere.

Deshalb fordere ich die Kommission auf, Vorschläge vorzulegen, um das Klonen von Tieren für die Versorgung mit Lebensmitteln und das Inverkehrbringen von geklonten Tieren auf dem Markt für Fleisch- und Molkereiprodukte zu verbieten.

 
  
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  Androula Vassiliou, Mitglied der Kommission. (EN) Herr Präsident! Ich möchte Herrn Parish dafür danken, dass er diese Frage aufgeworfen hat, denn das ist eine Frage, mit der sich die Kommission eingehend beschäftigt und die sie für sehr wichtig hält. Diese Problematik nimmt in unseren Überlegungen breiten Raum ein. Wie Herr Parish sagte, hat die Europäische Kommission EFSA gebeten, ein Gutachten über die Auswirkungen des Klonens von Tieren auf Lebensmittelsicherheit, Tiergesundheit und Tierschutz sowie die Umwelt zu erarbeiten.

Das endgültige Gutachten wurde am 15. Juli dieses Jahres angenommen, und die Kommission prüft derzeit, welche Schritte eingeleitet werden sollten. Dieses Gutachten verweist auf Unsicherheiten in der Risikobewertung aufgrund der begrenzten Anzahl verfügbarer Studien. Es verweist ferner darauf, dass die Gesundheit und das Wohlergehen eines signifikanten Anteils der geklonten Tiere nachteilig (oft schwer und mit tödlichem Verlauf) beeinflusst waren.

Die Kommission ist sich darüber im Klaren, dass die Effizienz des Klonens von Tieren in den letzten Jahren zwar verbessert werden konnte, das Klonen aber dennoch noch immer mit negativen Auswirkungen auf die Tiergesundheit und den Tierschutz verbunden ist. Es gibt Hinweise darauf, dass Sterblichkeitsrate und Krankheitsanfälligkeit von Klonen nach der Geburt höher sind als bei auf natürlichem Weg gezeugten Tieren. Die Mehrzahl der überlebenden Klone entwickelt sich jedoch normal und gesund, wie aus physiologischen Messungen sowie Verhalten und klinischen Untersuchungen hervorgeht.

Die Kommission verfolgt aufmerksam die wissenschaftlichen Entwicklungen in diesem Bereich. Im Jahre 2004 finanzierte die Kommission zudem ein europaweites Forschungsprojekt mit dem Titel „Cloning in Public“ (Klonen in der Öffentlichkeit), das sich mit ethischen, rechtlichen und anderen gesellschaftlichen Aspekten des Klonens von landwirtschaftlichen Nutztieren befasste. Koordiniert wurde das Projekt vom Dänischen Zentrum für Bioethik und Risikobewertung, und das Ziel bestand darin, die öffentliche Debatte über Fragen der Biotechnologie anzuregen.

Was die Einbeziehung der Öffentlichkeit betrifft, so leitete die Kommission im Herbst 2007 eine öffentliche Konsultation zur Ethik des Klonens von Tieren für die Lebensmittelversorgung ein und organisierte im September 2007 einen offenen Runden Tisch zum gleichen Thema mit Vertretern aus Wissenschaft, Industrie, NRO, der Zivilgesellschaft, internationalen Organisationen usw. Um die Öffentlichkeit stärker einzubeziehen, wurde der Runde Tisch auch im Internet übertragen, und das Protokoll wurde veröffentlicht.

Last but not least hat die Kommission unlängst eine Eurobarometer-Umfrage durchgeführt, um zu ermitteln, was die Verbraucher vom Klonen von Tieren zur Lebensmittelerzeugung halten. Es ging darum, die Einstellung der Öffentlichkeit zur Klontechnologie und zu Lebensmitteln, die aus den Nachkommen geklonter Tiere hergestellt werden, zu ermitteln und festzustellen, inwiefern sich die Öffentlichkeit dieser Problematik bewusst ist. Die Ergebnisse werden in Kürze zur Verfügung stehen.

Die Kommission berücksichtigt bei der Behandlung heikler Fragen wie Klonen auch ethische Überlegungen in vollem Umfang. Die Kommission befasst sich seit 1997 mit der Ethik des Klonens von Tieren, als die Beratergruppe für ethische Fragen der Biotechnologie bei der Kommission eine Stellungnahme zu den ethischen Aspekten des Klonens abgab. Aufgrund des damaligen Standes der Technik ging die Stellungnahme nicht auf den Einsatz der Klontechnologie zu Herstellung von Lebensmitteln ein. Deshalb ersuchte die Kommission die Europäische Gruppe für Ethik der Naturwissenschaften und der Neuen Technologien (EGE), ein unabhängiges Beratergremium der Kommission auf diesem Gebiet, ein Gutachten zu den ethischen Aspekten des Klonens von Tieren für die Lebensmittelversorgung abzugeben. Dieses Gutachten wurde im Januar dieses Jahres veröffentlicht. Angesichts des derzeitigen Umfangs der Leiden und Gesundheitsprobleme von Leihmuttertieren und tierischen Klonen bezweifelt die Europäische Gruppe für Ethik der Naturwissenschaften und der Neuen Technologien, ob das Klonen von Tieren für die Lebensmittelversorgung ethisch gerechtfertigt ist. Sie stellte fest, dass sie derzeit keine überzeugenden Argumente für die Rechtfertigung der Lebensmittelerzeugung aus Klontieren und ihren Nachkommen sieht. Die Kommission prüft zurzeit die von der Ethik-Gruppe geäußerten Bedenken.

Laut internationaler Vorschriften darf die Einfuhr von Produkten nur aufgrund legitimer Bedenken beschränkt werden. Diese Beschränkungen dürfen nicht diskriminierend und müssen dem anvisierten Ziel angemessen sein. Gemäß den Vorschriften für den globalen Handel kann die Einfuhr von Lebensmittelerzeugnissen aus Drittstaaten ausgesetzt werden, wenn sie eine ernste Gefahr für die Tiergesundheit oder die öffentliche Gesundheit darstellen. Ausgehend von den durchgeführten Untersuchungen und dem Gutachten der EFSA wird die Kommission prüfen, ob Beschränkungen vorgesehen werden müssen. Ich bin sicher, dass dies in Kürze erfolgen wird.

 
  
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  Agnes Schierhuber, im Namen der PPE-DE-Fraktion. – Herr Präsident, Frau Kommissarin! Die heutige Diskussion ist unbedingt notwendig, um auf die Gefahren hinzuweisen, die das Klonen in sich birgt. Ich bin Neil Parish sehr dankbar, dass er die mündliche Anfrage an die Kommission gemacht hat. Eines ist ganz klar: Tiergesundheit bedeutet auch Lebensmittelsicherheit.

Wie wir wissen, gibt es verschiedene Arten von Klonverfahren: therapeutisches und reproduktives Klonen sowie die DNA-Klonierung. Heute diskutieren wir das reproduktive Klonen. Das reproduktive Klonen bedeutet, eine genetisch identische Kopie von etwas herzustellen: von Pflanze, Tier und vielleicht auch einmal – wenn wir glauben, wir müssen alle Grenzen überschreiten – vom Menschen.

Wenn es in der Tierzucht für Lebensmittel angewandt wird, möchte ich doch auf die Problematik hinweisen. Erstens: sehr hohe Ausfallrate. Wir wissen von den Amerikanern: Es überleben nur sehr wenige. Es ist daher finanziell unrentabel für die Nahrungsmittelversorgung. Der Klon hat von vornherein das genetische Alter des Originals, d. h wenn das Original eine sechs Jahre alte Kuh ist, ist der Klon ein Kalb, dessen Gene sechs Jahre alt sind. Beim Klonprozess kommt es zwangsläufig zur Schädigung des klonenden Genoms. Dadurch wird der Klon anfällig für Krankheiten und Parasiten.

Frau Kommissarin, beim Klonen über mehrere Generationen kommt es immer mehr zu einer Abnahme der genetischen Vielfalt, die für das Überleben einer Spezies unabdingbar ist, weil sie sich damit an die Veränderungen des natürlichen Lebensraumes anpassen kann.

Zum Schluss stellt sich die Frage, ob der Mensch sich anmaßen darf, in die natürlichsten Dinge des Lebens einzugreifen, selbst wenn es mit der besten Absicht geschieht. Was über Millionen von Jahren funktioniert hat, scheint keiner Änderung zu bedürfen. Ein Mensch lebt ohnehin viel zu kurz, um die Auswirkungen seines Tuns über lange Zeiträume zu erleben. Ich hoffe, dass es uns nicht so geht, wie dem Zauberlehrling von Goethe, wo es heißt: Die ich rief, die Geister, werd’ ich nun nicht los.

 
  
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  Csaba Sándor Tabajdi, im Namen der PSE-Fraktion.(HU) Herr Präsident! Ich stimme dem Vorschlag von Herrn Parish voll und ganz zu – wir brauchen hier zwei Arten von Nulltoleranz. Erstens dürfen geklonte Tiere in keiner Form in die Nahrungskette gelangen, da sind wir uns alle einig. Ebenfalls einig sind wir uns darüber – und wir möchten die Kommission bitten dafür zu sorgen –, dass geklonte Tiere aus Argentinien, Brasilien oder anderen Ländern außerhalb der Union in keiner Form in die Europäische Union importiert oder transportiert werden dürfen. Das ist die doppelte Nulltoleranz, die ich für den Kern von Herrn Parishs Vorschlag halte. Frau Schierhuber und Herr Parish haben beide gesagt, dass immer noch ein großes Risiko besteht, dass es keine echten, angemessenen Kontrollen oder Überwachungsmethoden gibt, und dass es ungeeignete Testproben, ungeeignete Experimente und solche Experimente gibt, die nur mit Schweinen und Rindern durchgeführt werden, deshalb besteht ein großes Risiko. Tatsächlich könnte man zusammenfassend sagen, dass sie nicht in die Nahrungskette gelangen dürfen, und es wäre natürlich absurd und idiotisch, die Gentechnik und die biotechnologische Forschung zu behindern. Die Forschung ist eine Sache, aber die Nahrungskette ist eine andere Sache, und drittens brauchen wir gründliche, zuverlässige und von den Organisationen der Branche unabhängige Kontrollen sowie eine unabhängige Überwachung, die öfter und über längere Zeiträume erfolgen sollte. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

 
  
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  Mojca Drčar Murko, im Namen der ALDE-Fraktion. – (EN) Herr Präsident! Aus unseren Erfahrungen mit anderen Fragen im Zusammenhang mit der Lebensmittelsicherheit sowie in Bezug auf das Verhältnis zwischen dem Menschen als der herrschenden Art und dem Tier wissen wir, dass die öffentliche Wahrnehmung in hohem Maße von der genauen Kenntnis der Materie abhängt. Die Verbraucher entwickeln eine zunehmende Sensibilität für das Leiden und die Verletzung von landwirtschaftlichen Nutztieren. Deshalb müssen sie ordnungsgemäß über die Risiken informiert werden, die das Klonen von Tieren birgt. Wir brauchen eine Informationskampagne, um sie darüber aufzuklären, in welch riesigem Umfang bisher Mittel für dieses Verfahren vergeudet wurden.

Es war zu erwarten, dass die EFSA keine eindeutigen Sicherheitsbedenken in Bezug auf Lebensmittel haben würde, die aus geklonten Tieren im Vergleich zu konventionell gezüchteten Tieren erzeugt werden. In ihrem jüngsten Bericht unterstrich die EFSA jedoch auch, dass diese Praxis nachhaltige Auswirkungen auf die Gesundheit und das Wohlergehen der Tiere hat.

Dieses Thema wirft gesellschaftliche Probleme auf, aufgrund derer es angeraten scheint, das Klonen von Tieren für die Erzeugung von Lebensmitteln sowie die Einfuhr von geklonten Tieren und deren Nachkommen zu verbieten.

 
  
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  Janusz Wojciechowski, im Namen der UEN-Fraktion. – (PL) Herr Präsident! Unsere Zivilisation lebt von der Verwertung von Tieren, und das wird wohl noch lange Zeit so bleiben. Wir töten Tiere zur Befriedigung vielfältiger Bedürfnisse, aber wir setzen uns diesbezüglich auch bestimmte Normen. Wir Europäer setzen dem Leiden von Tieren zumindest Grenzen und fördern ihr Wohlergehen. Unsere Gesetzgebung schreibt vor, dass ein Tier kein Objekt ist.

Das Klonen von Tieren ist eine kontroverse wissenschaftliche Errungenschaft. Tiere für wirtschaftliche Zwecke zu klonen, das ist andererseits ethischer Missbrauch. Es ist keine Tierhaltung, sondern Tierproduktion. Klonen basiert nicht einmal auf dem Fließbandprinzip, sondern folgt dem des Fotokopierers. Wir sollten es aus moralischen Gründen im Namen der Achtung vor den Tieren, aber auch aus Gründen unserer eigenen Humanität ablehnen. Es ist nur ein kleiner Schritt von der Behandlung von Tieren als Objekten hin zur Behandlung von Menschen als Objekten. Vom Klonen von Tieren zum Klonen von Menschen ist es ohnehin nur noch ein kleiner Schritt. Im Namen der Fraktion Union für das Europa der Nationen unterstütze ich diesen Entschließungsantrag.

 
  
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  David Hammerstein, im Namen der Verts/ALE-Fraktion. (ES) Herr Präsident! Ich frage mich, was wir eigentlich mit einem Moratorium beim Klonen von Tieren für die Lebensmittelversorgung erreichen wollen. Was wollen wir durch die Anwendung des Vorsorgeprinzips und die Verhinderung des Imports geklonter Tiere erreichen? Was hoffen wir zu erreichen, wenn wir Tiere nicht länger als bloße Sachen behandeln und ihnen keine unnötigen Leiden mehr zufügen?

Das Schaf Dolly starb krank und mit Missbildungen. Das Experiment mit dem Schaf Dolly war ein Fehlschlag. Es scheint jedoch so, als ob wir nichts aus ihm gelernt hätten.

Klonen kann die genetische Vielfalt verringern, es kann größere Anfälligkeit gegenüber Tierkrankheiten verursachen, es kann zu einer Situation führen, in der Wesen mit Empfindungen, unsere tierischen Verwandten, die Schmerzen wahrnehmen und fühlen können, noch größerem Leiden ausgesetzt sind.

 
  
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  Kartika Tamara Liotard, im Namen der GUE/NGL-Fraktion. – (NL) Herr Präsident! Ich möchte Herrn Parish aufrichtig danken, und ich kann ihn in seinen Ausführungen nur unterstützen. Es ist bewiesen, dass Klonen Tieren Leid zufügt. Zu diesem Schluss gelangte auch die EFSA. Wenn wir das Klonen von Tieren für die Lebensmittelversorgung zulassen, haben wir neben Tierleid und ethischen Bedenken auch mit den folgenden Problemen zu tun: Es ist sehr fraglich, ob die Verbraucher überhaupt Fleisch von geklonten Tieren essen wollen, es ist ungewiss, wie sicher dieses Fleisch sein wird, und letztlich ist die öffentliche Diskussion über Lebensmittel aus geklonten Tieren noch nicht einmal richtig in Gang gekommen.

Ich bin daher ziemlich empört darüber, dass die Kommission es sogar wagt vorzuschlagen, dass Klonen unter die Definition der Verordnung über neue Lebensmittel fallen darf. Sie weist hiermit indirekt darauf hin, dass sie das Klonen von Tieren für die Lebensmittelversorgung befürworten kann. Ich fordere daher die Kommission nachdrücklich auf, auch in diesem Bericht ihren Standpunkt zu überdenken. In Anbetracht aller Einwände rufe ich die Kommission auch dazu auf, unverzüglich Vorschläge für ein allgemeines Verbot des Klonens von Tieren vorzulegen.

 
  
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  Jim Allister (NI). - (EN) Herr Präsident! Es ist richtig und natürlich, dass wir die Qualität unserer Bestände verbessern wollen, indem wir die besten Tiere zur Zucht einsetzen. Künstliche Besamung und Embryotransfer sind dafür die geeigneten Mittel. Klonen ist allerdings etwas ganz anderes: Es ist, wie die britische Lebensmittelbehörde feststellte, ein Quantensprung, bei dem Mutter Natur mehr als nur ein wenig unter die Arme gegriffen wird.

Abgesehen von ethischen Fragen und der Gefahr, dass die Wissenschaft möglicherweise ähnliche Versuche beim Menschen anstellt, ist das Wohlergehen der Tiere ein echtes Problem. Vorzeitige Alterung und gesundheitliche Probleme, wie sie von in den Medien ausführlich behandelten Fällen wie Dolly, dem Schaf, bekannt sind, verdeutlichen diese Problematik. Die Bereitstellung von mehr Mitteln für die Bekämpfung von Tierkrankheiten wäre weit sinnvoller als Experimente mit der Natur.

Aus der Sicht der Verbraucher stellt sich hier auch die Frage nach der Lebensmittelqualität, da geklonte Bestände dieselbe Anfälligkeit für bestimmte Krankheitsstämme aufweisen, während die genetische Vielfalt einer der besten Schutzmechanismen gegen den Ausbruch und die rasche Verbreitung von Krankheiten ist. Ganz gleich, unter welchem Blickwinkel ich diese Problematik betrachte, es gibt kein Argument, das mich davon überzeugen könnte, dass das Klonen von Tieren, richtig, notwendig und im öffentlichen Interesse ist.

 
  
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  Czesław Adam Siekierski (PPE-DE). - (PL) Herr Präsident! Wenn der Schutz der biologischen Vielfalt für die Europäische Kommission Priorität hat, dann sollten wir über das Klonen gar nicht reden. Ich würde gern überzeugende Argumente für das Klonen von Tieren für die Lebensmittelversorgung hören. Sollten wir uns einzig und allein von ökonomischen Überlegungen leiten lassen? Wie steht es um ethische und gesellschaftliche Fragen und Probleme der Gesundheit?

Bevor wir die Entscheidung treffen, solche Lebensmittel auf dem europäischen Markt zu vertreiben, müssen wir die Zustimmung unserer Bürgerinnen und Bürger zu einem solchen Schritt einholen. Ich bin mir nicht sicher, ob ich in der Lage wäre, ein Schweinekotelett von einem geklonten Schwein oder Milch von einer geklonten Kuh zu verzehren.

Anstatt über genetisch veränderte Lebensmittel und solche aus Klontieren zu reden, sollten wir uns mehr Gedanken über Maßnahmen zugunsten einer Rückkehr zu natürlichen Nahrungsmitteln machen, die aus ökologischem Anbau stammen, gesund sind und keine Chemikalien enthalten. Das Klonen sollten wir weiterhin der Forschung überlassen. Meines Erachtens ist der Weg vom Labor bis zum Teller des europäischen Verbrauchers noch weit, denn es gibt immer noch zu viele Fragezeichen. Und angesichts der vielen noch offenen Fragen bin ich überzeugt, dass wir in dieser Sache keine Eile an den Tag legen sollten.

Ebenso wenig sollte die Kommission gegen den Willen der Bürgerinnen und Bürger Europas handeln. Selbst wenn Nahrungsmittel, die von Klontieren stammen, auf dem Binnenmarkt erlaubt wären, bin ich überzeugt, dass diese Produkte bei eindeutiger Kennzeichnung und unter der Bedingung, dass die Menschen eine bewusste Kaufentscheidung treffen könnten, nicht viele Abnehmer unter den EU-Verbrauchern fänden.

Wenn wir Produkte aus geklonten Schafen, Ziegen, Rindern oder geklontem Geflügel einführen, zerstören wir das Image des europäischen Landwirtschaftsmodells, das dem Schutz der Umwelt und dem Wohlergehen von Tieren so große Bedeutung beimisst.

 
  
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  Andrzej Tomasz Zapałowski (UEN). - (PL) Herr Präsident! Auch ich unterstütze voll und ganz den Vorschlag von Neil Parish bezüglich eines Verbots, Klontiere für die Lebensmittelproduktion zu verwenden. Allerdings beobachte ich schon seit geraumer Zeit, wie sich die Kommission darum bemüht, den Mitgliedstaaten rechtliche Vereinbarungen aufzuerlegen, die zur Einführung gentechnisch veränderter Lebensmittel in den Massenvertrieb führen. Das könnte in der Zukunft vielleicht auch Fleisch betreffen, das von Klontieren stammt.

In vielen Ländern, darunter auch in Polen, haben die lokalen Behörden Entschließungen angenommen, die fordern, dass ganze Regionen, ja selbst ein ganzes Land, von GVO freizuhalten sind. Unter Druck seitens der Industrielobby ignoriert die Kommission diese Entschließungen und drängt auf die Markteinführung gentechnisch veränderter Nahrungsmittel. Die EU-Mitgliedstaaten schulden der Öffentlichkeit eine klare Antwort: Sind sie für gesunde, natürliche Nahrungsmittel oder für gentechnisch veränderte und geklonte? Wir müssen in dieser Frage offen und ehrlich sein!

Des Weiteren möchte ich die Kommissarin fragen, wie sie die Öffentlichkeit vor unwissentlichem Kauf von Nahrungsmitteln, die in der Zukunft von Klontieren stammen könnten, zu schützen gedenkt? Solche Lebensmittel werden nicht besonders gekennzeichnet, folglich werden Exporteure versuchen, sie auf den europäischen Markt zu schmuggeln.

 
  
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  John Purvis (PPE-DE).(EN) Herr Präsident! Ich werde in dieser Auseinandersetzung eine andere Stimme sein, denn seit Menschengedenken manipuliert der Mensch die Tierzucht und verbessert die Produktivität der Tiere entsprechend seinen Bedürfnissen. Es gibt ein ganz klares Kontinuum vom natürlichen Deckakt zur künstlichen Besamung. Es folgten Embryotransfer, Embryoteilung, künstliche Befruchtung, Blastomeren-Kerntransfer, fötaler Kerntransfer und jetzt der somatische Zellkerntransfer.

Bei jeder neuen Entwicklung war man der Ansicht, sie ginge zu weit, und jedes Mal wurde das Verfahren verbessert und vervollkommnet. Der Nutzen stellte sich ein, und die erwarteten Probleme verflüchtigten sich.

Inzwischen gehen die Bauernverbände davon aus, dass das Klonen Vorteile für die Gesundheit und das Wohlergehen der Tiere bringen wird. Die Behörde für Lebensmittelsicherheit stellte fest, dass es keine Anzeichen dafür gibt, dass im Hinblick auf die Lebensmittelsicherheit Unterschiede zwischen dem Fleisch und der Milch von gesunden Rinder- und Schweineklonen und ihren Nachkommen und dem Fleisch und der Milch von konventionell erzeugten gesunden Tieren bestehen. Sie konnte auch keine Gefahren für die Umwelt feststellen – es gibt jedoch Vorteile: Schutz wertvoller Rassen und ihres genetischen Materials, Erhaltung und sogar Vermehrung gefährdeter Arten, Eliminierung gefährlicher Krankheitserreger und Verhinderung ihrer internationalen Verbreitung, Erhöhung der Produktivität und der Wettbewerbsfähigkeit sowie Förderung von Forschung und Entwicklung vorzugsweise in Europa.

Warum müssen wir Europäer neuen Entwicklungen immer wieder automatisch mit Misstrauen begegnen und sie möglichst schnell verbieten? Wir brauchen uns nur anzuschauen, wie wir mit GVO verfahren sind. Lassen Sie uns also diskutieren und debattieren und unseren Argumenten wissenschaftliche Erkenntnisse und Fakten zugrunde legen. Ich fordere die Kommission auf, die Entwicklungen aufmerksam zu verfolgen, die Forschung anzuregen, Erkenntnisse zu präzisieren, die Fakten zu verteidigen, aber keine Verbote auszusprechen. Wir sollten diesen ungenauen, unlogischen und unsinnigen Entschließungsantrag fallen lassen.

 
  
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  Mairead McGuinness (PPE-DE).(EN) Herr Präsident! Damit Herr Purvis nicht denkt, dass er allein ist, möchte ich versuchen, einen Mittelweg zu finden. Dies ist eine sehr beachtenswerte Aussprache, und es ist bedauerlich, dass sie zu so später Stunde stattfindet. Ich habe mir den ersten Teil in meinem Büro angehört und fand ihn spannend, was bei Aussprachen im Europäischen Parlament nicht so häufig vorkommt, weil es um praktische Dinge geht.

Ich möchte eine Reihe von Punkten ansprechen. Was mir jetzt in dieser Debatte etwas Sorge bereitet, dass ist die Verknüpfung von genetisch veränderten Lebensmitteln und dem Klonen von Tieren. Ich gehöre nicht zu jenen, die ein Verbot für GVO fordern, weil wir in Irland große Mengen genetisch veränderter Zutaten für Tierfutter verwenden und dies auch künftig tun müssen. Die von Herrn Parish, dem Vorsitzenden des Landwirtschaftsausschusses, so treffend angesprochenen Bedenken in Bezug auf das Klonen haben mit dem Wohlergehen der Tiere zu tun, und es gibt eindeutig Befürchtungen, dass die Tiere leiden. Das ist ein Problem, das geprüft werden muss.

Der Ruf nach einem Verbot für geklonte Tiere in der Lebensmittelproduktion geht, was das Forschungsstadium dieses Prozesses betrifft, möglicherweise an dieser Problematik vorbei. Obwohl ich als Mitglied des Landwirtschaftsausschusses zunächst den Entschließungsentwurf unterstützen wollte – ich bin froh, dass wir dieses Thema angesprochen haben und spreche dem Ausschuss und seinem Vorsitzenden dafür meine Anerkennung aus – sagt mir mein Bauch, dass Herr Purvis vielleicht Recht hat und dass ein totales Verbot vielleicht einen Schritt zu weit geht. Ich bin auf die wohlerwogene Meinung der Kommission gespannt.

 
  
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  James Nicholson (PPE-DE).(EN) Herr Präsident! Zunächst begrüße ich die Tatsache, dass wir die Möglichkeit haben, diese Aussprache zu führen, die meines Erachtens genau zum richtigen Zeitpunkt stattfindet.

Diese Problematik gibt Anlass zu großer Sorge. Es gefällt mir nicht, dass wir hier in Europa über keine ausreichenden Kontrollen verfügen, mit denen wir gewährleisten können, dass geklonte Tiere nicht in die Nahrungskette gelangen. Ich verstehe, dass es notwendig ist, die Zucht und die Entwicklung von Tieren zu ermöglichen, und ich verstehe voll und ganz, was Herr Purvis sagt – und es geht mir wirklich nicht darum, die Wissenschaft daran zu hindern, sich in alle Richtungen zu entwickeln, – aber ich bin der festen Überzeugung, dass wir klare Kriterien und Kontrollen brauchen. Ich teile Herrn Parishs Sorge um das Wohlergehen der Tiere. Das Wohlergehen der Tiere liegt mir wirklich sehr am Herzen, denn ein hoher Anteil der geklonten Tiere leidet bereits sehr früh unter gesundheitlichen Problemen.

Ich möchte wiederholen: Ich lehne künftige Entwicklungen weder ab noch möchte ich mich ihnen in den Weg stellen. Wir haben in der Vergangenheit viele Fehler gemacht. Das sollten wir bei dieser heiklen Problematik vermeiden. Lassen Sie uns die Nahrungskette vor geklonten Tieren schützen. Ich lehne sie in der Nahrungskette ab.

 
  
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  Androula Vassiliou, Mitglied der Kommission. − (EN) Herr Präsident! Die Meinung des Europäischen Parlaments zu dieser neuen Technologie und ihren Folgen ist für mich natürlich von größter Bedeutung, und ich begrüße die Meinungsäußerungen der verehrten Abgeordneten. Vor allem möchte ich feststellen, dass uns das Gutachten der EFSA neue Denkanstöße gibt, und es müssen viele Faktoren in Betracht gezogen werden. Ich teile die Ansicht, dass der Bereich der neuartigen Lebensmittel nicht das richtige Instrument ist, um die Frage von Lebensmitteln aus geklonten Tieren zu behandeln, und das ist eine Frage, über die wir im Rahmen unserer Diskussionen über den Vorschlag für neuartige Lebensmittel sprechen können.

Ich möchte jedoch etwas klarstellen. Eine Reihe von Abgeordneten sprach über das Klonen und die Gentechnik, als seien sie ein und dasselbe. Nein: Bei Gentechnik und Klontechnologie handelt es sich um zwei unterschiedliche Verfahren. Nach Expertenmeinung wird beim Klonen das genetische Material nicht verändert. Klone sind lediglich genetische Kopien der ursprünglichen Tiere.

Abschließend möchte ich Ihnen versichern, dass die Kommission bei allen künftigen Maßnahmen sämtliche beteiligten Faktoren sorgfältig prüfen wird.

 
  
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  Der Präsident. − Die Aussprache ist geschlossen.

Im Namen des Ausschusses für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung wurde der Entschließungsantrag(1) B6-0373/2008 eingereicht.

Die Aussprache ist geschlossen.

Die Abstimmung findet am Mittwoch, den 3. September 2008, um 11.30 Uhr statt.

Schriftliche Erklärungen (Artikel 142)

 
  
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  Magor Imre Csibi (ALDE), schriftlich. – (EN) Das Klonen von Tieren für die Lebensmittelversorgung ist für viele Menschen selbst dann eine riskante und moralisch unvertretbare Praxis, wenn strenge Auflagen erfüllt werden und obwohl die EFSA schlussfolgert, dass keine wesentlichen Unterschiede zwischen dem Fleisch von Klonen und dem Fleisch herkömmlich erzeugter Tiere bestehen. Der derzeitige Umfang der Leiden und Gesundheitsprobleme von Klonen unterstützt diese Ansicht. Warum sollten wir eine Technik fördern, die viele Tiere leiden und sterben lässt, wenn herkömmliche Methoden funktionieren. Damit verbessern wir weder die Zucht noch die Lebensmittelsicherheit oder die Versorgungssicherheit. Für den Verbraucher sind keinerlei offensichtliche Vorteile damit verbunden.

Hinzu kommt, dass die europäischen Verbraucher mehrfach bekundet haben, dass sie keine Lebensmittel verzehren möchten, die aus Klonen oder deren Nachkommen hergestellt wurden. Das ist eine legitime Forderung und ein klares Signal. Weshalb also beschäftigen wir uns überhaupt mit der Frage des Klonens zum Zweck der Lebensmittelversorgung? Die Menschen möchten selbst entscheiden, was sie essen, und sie haben Angst, dass man ihnen letztlich die Klontechnik aufzwingen wird. Ich möchte nicht zu einer weiteren Entfremdung der Bürger von der europäischen Sache beitragen und glaube, dass wir auf den Willen der Bürger hören und ihm Rechnung tragen sollten. Deshalb fordere ich, dass keine Tiere zum Zweck der Lebensmittelversorgung geklont werden dürfen.

 
  
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  Anna Záborská (PPE-DE), schriftlich. – (SK) Beim Lesen dieser Entschließung war ich verwundert. Zunächst möchte ich sagen, dass ich diese Entschließung in der Abstimmung unterstützen werde, aber ich habe einige Anmerkungen:

Erwägung B: „in der Erwägung, dass Klonverfahren niedrige Überlebensraten für übertragene Embryonen und geklonte Tiere ausweisen, wobei viele geklonte Tiere in frühen Lebensphasen ... sterben...“.

Wie sähe die Zukunft für die Menschheit aus, würde der Mensch die gleiche bewundernswerte Aufmerksamkeit genießen und würden wir aufhören, menschliche Embryonen einzufrieren?

Erwägung C: „in der Erwägung, dass Sterblichkeitsrate und Krankheitsanfälligkeit von Klonen höher sind als bei auf natürlichem Weg gezeugten Tieren und dass Abgänge und Störungen in einem späten Trächtigkeitsstadium das Wohlergehen der Leihmütter beeinträchtigen können“.

Wie sähe die Zukunft für die Menschheit aus, würden die Mütter von Familien durch die ganze Gesellschaft ebenso unterstützt, wie wir die Leihmütter von Tieren schützen?

Erwägung D: „in der Erwägung, dass die Europäische Gruppe für Ethik angesichts des derzeitigen Umfangs der Leiden und Gesundheitsprobleme von Leihmuttertieren und tierischen Klonen hinterfragt, ob das Klonen von Tieren ... ethisch gerechtfertigt ist...“.

Wie sähe die Zukunft für die Menschheit aus, nähme diese Gruppe Rücksicht auf das Leiden von Frauen, die Leihmütter werden, um ihre finanzielle Situation aufzubessern, auf den Stress von Frauen nach wiederholten erfolglosen Versuchen einer künstlichen Befruchtung oder untersagte sie konsequent die Verwendung menschlicher Embryonen für Forschungszwecke, weil das moralisch unzulässig ist.

Glückliche Tiere, denn diese Entschließung zeigt, dass sie in manchen Fällen besser geschützt sind als der Mensch.

 
  

(1)Siehe Protokoll.


18. Tagesordnung der nächsten Sitzung: siehe Protokoll
Video der Beiträge

19. Schluss der Sitzung
  

(Die Sitzung wird um 23.50 Uhr geschlossen.)

 
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