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Ausführliche Sitzungsberichte
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Mittwoch, 3. September 2008 - Brüssel Ausgabe im ABl.
1. Eröffnung der Sitzung
 2. Lage in Georgien (eingereichte Entschließungsanträge): siehe Protokoll
 3. Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen – Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen (Anpassung der Richtlinien 76/768/EWG, 88/378/EWG, 1999/13/EG, 2000/53/EG, 2002/96/EG und 2004/24/EG) – Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen (Anpassung der Verordnung (EG) Nr. 648/2004) (Aussprache)
 4. Typgenehmigung von Kraftfahrzeugen mit Wasserstoffantrieb (Aussprache)
 5. Erklärung des Präsidenten
 6. Verstärkte Einbeziehung der Jugend in die EU-Politikbereiche – Zusammenarbeit bei Noteinsätzen zur Rettung vermisster Kinder (schriftliche Erklärungen): siehe Protokoll
 7. Abstimmungsstunde
  7.1. Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen (A6-0140/2008, Amalia Sartori) (Abstimmung)
  7.2. Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen (Anpassung der Richtlinien 76/768/EWG, 88/378/EWG, 1999/13/EG, 2000/53/EG, 2002/96/EG und 2004/24/EG) (A6-0142/2008, Amalia Sartori) (Abstimmung)
  7.3. Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen (Anpassung der Verordnung (EG) Nr. 648/2004) (A6-0141/2008, Amalia Sartori) (Abstimmung)
  7.4. Typgenehmigung von Kraftfahrzeugen mit Wasserstoffantrieb (A6-0201/2008, Anja Weisgerber) (Abstimmung)
  7.5. Lage in Georgien (Abstimmung)
  7.6. Gemeinsamer Referenzrahmen für das Europäische Vertragsrecht (Abstimmung)
  7.7. Sonderbericht des Europäischen Bürgerbeauftragten im Anschluss an den Empfehlungsentwurf an die Kommission in der Beschwerde 3453/2005/GG (A6-0289/2008, Proinsias De Rossa) (Abstimmung)
  7.8. Gleichstellung von Frauen und Männern – 2008 (A6-0325/2008, Iratxe García Pérez) (Abstimmung)
  7.9. Klonen von Tieren für die Lebensmittelversorgung (Abstimmung)
 8. Feierliche Sitzung – Costa Rica
 9. Abstimmungsstunde (Fortsetzung)
  9.1. Auswirkungen von Marketing und Werbung auf die Gleichstellung von Frauen und Männern (A6-0199/2008, Eva-Britt Svensson) (Abstimmung)
 10. Stimmerklärungen
 11. Zusammensetzung des Parlaments: siehe Protokoll
 12. Genehmigung des Protokolls der vorangegangenen Sitzung: siehe Protokoll
 13. Evaluierung der EU-Sanktionen als Teil der Aktionen und Maßnahmen der EU im Bereich der Menschenrechte (Aussprache)
 14. Milleniumsentwicklungziele – Ziel Nr. 5: die Gesundheit der Mütter verbessern (Aussprache)
 15. Fragestunde (Anfragen an die Kommission)
 16. Dienstleistungsverkehr (Aussprache)
 17. Verhaltenskodex in Bezug auf Computerreservierungssysteme (Aussprache)
 18. Eine europäische Hafenpolitik (Aussprache)
 19. Güterverkehr in Europa (Aussprache)
 20. Zusammensetzung der Ausschüsse und Delegationen: siehe Protokoll
 21. Schutz der parlamentarischen Immunität: siehe Protokoll
 22. Tagesordnung der nächsten Sitzung: siehe Protokoll
 23. Schluss der Sitzung


  

VORSITZ: DIANA WALLIS
Vizepräsidentin

 
1. Eröffnung der Sitzung
  

(Die Sitzung wird um 9.00 Uhr eröffnet.)

 

2. Lage in Georgien (eingereichte Entschließungsanträge): siehe Protokoll

3. Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen – Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen (Anpassung der Richtlinien 76/768/EWG, 88/378/EWG, 1999/13/EG, 2000/53/EG, 2002/96/EG und 2004/24/EG) – Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen (Anpassung der Verordnung (EG) Nr. 648/2004) (Aussprache)
Video der Beiträge
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  Die Präsidentin. − Als erster Punkt folgt die gemeinsame Aussprache über– den Bericht von Amalia Sartori im Namen des Ausschusses für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit über den Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen sowie zur Änderung der Richtlinie 67/548/EWG und der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 (KOM(2007)0355 – C6-0197/2007 – 2007/0121(COD)) (A6-0140/2008),– den Bericht von Amalia Sartori im Namen des Ausschusses für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit über den Vorschlag für eine Entscheidung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinien 76/768/EWG, 88/378/EWG und 1999/13/EG des Rates sowie der Richtlinien 2000/53/EG, 2002/96/EG und 2004/42/EG zwecks ihrer Anpassung an die Verordnung (EG) Nr. … über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen sowie zur Änderung der Richtlinie 67/548/EWG und der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 (KOM(2007)0611 – C6-0347/2007 – 2007/0212(COD)) (A6-0142/2008) und – den Bericht von Amalia Sartori im Namen des Ausschusses für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit über den Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 648/2004 zwecks ihrer Anpassung an die Verordnung (EG) Nr. … über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen sowie zur Änderung der Richtlinie 67/548/EWG und der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 (KOM(2007)0613 – C6-0349/2007 – 2007/0213(COD)) (A6-0141/2008).

 
  
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  Günter Verheugen, Vizepräsident der Kommission. − Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte mich zunächst auch im Namen meines Kollegen Stavros Dimas bei der Berichterstatterin, Frau Sartori, für die intensive Arbeit an diesem schwierigen Vorschlag bedanken. Aber diese intensive Arbeit hat eine Einigung mit dem Rat in erster Lesung möglich gemacht, was die Kommission ausdrücklich begrüßt. Es geht wieder einmal um Chemikalien und den Schutz der Menschen und der Umwelt vor ihren möglicherweise gefährlichen Auswirkungen.

Chemikalien sind kein europäisches Problem, kein europäisches Monopol. Sie werden weltweit hergestellt, weltweit gehandelt und weltweit verbraucht, und die Gefahren, die mit der Verwendung von Chemikalien verbunden sind, sind auf der ganzen Welt dieselben. Deshalb ist es naheliegend, dass wir uns um ein weltweit gültiges System bemüht haben, mit dem diese Gefahren beschrieben und gekennzeichnet werden. Das, was wir heute verabschieden werden, schafft die Grundlage für weltweit einheitliche Umwelt-, Gesundheits- und Sicherheitsinformationen über möglicherweise gefährliche Chemikalien.

Nur wenn einheitliche Maßstäbe benutzt werden, um die von Chemikalien ausgehenden Gefahren zu ermitteln und auf dieselbe Weise zu kennzeichnen, wird der Schutz der Gesundheit und der Umwelt weltweit transparent und vergleichbar. Es gilt außerdem, hier auch nicht die ökonomischen Vorteile zu unterschätzen. Die europäischen Unternehmen werden Kosten einsparen, weil sie die ja in allen Ländern vorgeschriebenen Gefahrenhinweise für Chemikalien nicht mehr anhand unterschiedlicher Kriterien und in unterschiedlichen Systemen beurteilen müssen. Gleichzeitig werden auch die professionellen Nutzer von Chemikalien und die Verbraucher in aller Welt von einer derartigen Harmonisierung profitieren. Man wird also als Nutzer von Chemikalien nicht mehr mehrere Systeme kennen müssen, um zu wissen, welche Gefährdung möglicherweise von einer Chemikalie ausgeht.

Der von der Frau Berichterstatterin vorgelegte Kompromiss ist ausgewogen und trägt insbesondere den Belangen der Praktikabilität und der Klarheit der Bestimmungen Rechnung. Die von den Mitgesetzgebern vorgeschlagenen Änderungen sind zwar zahlreich, sie ändern aber weder am Grundgedanken noch an der Grundstruktur des ursprünglichen Kommissionsvorschlages etwas Wesentliches. Die Kommission kann diesen Vorschlägen deshalb gerne folgen. Schon bei der Ausarbeitung des Vorschlags war die Kommission darauf bedacht, das derzeit bereits bestehende sehr hohe Schutzniveau für die menschliche Gesundheit und die Umwelt unverändert zu belassen. Ich bin sehr zufrieden mit der Tatsache, dass Parlament und Rat in dieser Grundüberzeugung mit uns übereinstimmen. Die enge und konstruktive Zusammenarbeit zwischen Parlament, Rat und Kommission kam dem Verhandlungsprozess sehr zugute, und, wie gesagt, dementsprechend können wir allen von der Berichterstatterin, Frau Sartori, eingebrachten Kompromissvorschlägen zustimmen.

 
  
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  Amalia Sartori, Berichterstatterin. (IT) Frau Präsidentin, Herr Kommissar, meine Damen und Herren! Wie der Kommissar bereits in Erinnerung brachte, hatten wir uns mit dem Thema der Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen – einem besser unter der Abkürzung „GHS“ bekannten System, für das ich Berichterstatterin bin – in den letzten Monaten mehrfach befasst.

Daher möchte ich nicht erneut auf die technischen Einzelheiten des Dossiers eingehen, sondern zunächst meinen Kolleginnen und Kollegen sowie den Schattenberichterstattern danken, mit denen ich zusammengearbeitet habe, um auf der Grundlage einer engen Zusammenarbeit und der Transparenz einen konstruktiven und äußerst zufrieden stellenden Dialog zu führen. Bedanken möchte ich mich insbesondere für die Unterstützung, die mir zuteil wurde, sowie für das mir entgegengebrachte Vertrauen. Damit besaß ich genügend Rückhalt, um die Verhandlungen mit dem Rat und der Kommission zu einem erfolgreichen Abschluss zu bringen.

Mein Dank gilt auch den Verfassern der Stellungnahmen der im Rahmen des Verfahrens der verstärkten Zusammenarbeit beteiligten mitberatenden Ausschüsse – Frau Laperrouze für den Ausschuss für Industrie, Forschung und Energie, und Herrn Schwab für den Ausschuss für Binnenmarkt und Verbraucherschutz. Durch die Stellungnahmen dieser beiden Ausschüsse wurde der Vorschlag nämlich ergänzt und verbessert, womit er für die Endnutzer – Verbraucher, Unternehmen, Handelsverbände, Kontrollbehörden und Mitgliedstaaten – nützlicher und einfacher geworden ist. Erwähnen möchte ich die ausgezeichnete Arbeit, die von den Bediensteten des Parlaments und den Fraktionsmitgliedern, die uns unterstützt haben, sowie von den Vertretern der Kommission und des Rates geleistet wurde.

In den letzten Monaten waren wir alle bestrebt und bemüht, die Zahl der Änderungsanträge so gering wie möglich zu halten und uns auf bestimmte Kompromisslösungen zu einigen. Nach zweimonatigen Fachberatungen im Rahmen des Trilogs haben wir ein zufrieden stellendes Kompromisspaket mit dem Rat erreicht, das am 27. Juni vom COREPER angenommen wurde und dank dessen wir heute im Falle eines positiven Abstimmungsergebnisses die erste Lesung abschließen können.

Mit dieser neuen Rechtsvorschrift müssen wir zum einen den Verpflichtungen, die wir auf internationaler Ebene eingegangen sind, nachkommen – und mithin die inhaltliche Übereinstimmung zwischen dem auf UN-Ebene festgelegten GHS und unserer eigenen Gesetzgebung sicherstellen –, und zum anderen müssen wir uns an die durch unsere REACH-Verordnung vorgegebenen Fristen halten.

Mit dieser neuen Verordnung wird es uns gelingen, den Verbrauchern dieser Stoffe einen besseren Schutz zu bieten und zugleich unsere Unternehmen wettbewerbsfähiger und effizienter zu gestalten. Nach diesen neuen Bestimmungen, die in der ganzen Welt gleich sind, ist die Möglichkeit ausgeschlossen, dass wie bisher die Schädlichkeit desselben Stoffes von Land zu Land unterschiedlich eingestuft wird. Da von demselben Stoff unabhängig von seinem Standort überall die gleichen Gefahren ausgehen, ist die unterschiedliche Einstufung nicht nur unlogisch, sondern auch äußerst riskant, sobald solche Produkte von einem Land in ein anderes Land exportiert und letztlich von Personen benutzt werden, die keine Ahnung von der Gefährlichkeit des von ihnen verwendeten Erzeugnisses haben.

Deshalb glaube ich, dass für die Nutzer und Arbeitnehmer dieses Sektors, insbesondere in den äußerst zahlreichen kleinen und mittleren Unternehmen, unser Vorschlag eine hilfreiche Antwort sein kann; dies gilt nicht nur für alle unsere Bürger und alle Europäer, sondern für die Menschen weltweit.

 
  
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  Anne Laperrouze, Verfasserin der Stellungnahme des mitberatenden Ausschusses für Industrie, Forschung und Energie. (FR) Frau Präsidentin, Herr Kommissar, werte Kolleginnen und Kollegen! Zunächst möchte ich unsere Berichterstatterin, Frau Sartori, sowie die Schattenberichterstatter der anderen Fraktionen beglückwünschen. Aus meiner Sicht hat unsere Arbeit, die mit einem Text von 2 000 Seiten keineswegs einfach war, echte Fortschritte ermöglicht.

Einleitend möchte ich im Namen des Ausschusses für Industrie, Forschung und Energie sprechen, für den ich als Verfasserin der Stellungnahme tätig war, und anschließend werde ich mich im Namen meiner Fraktion äußern.

Der Ausschuss für Industrie hat mehrere Änderungsanträge verabschiedet, deren wichtigste ich hier kurz nennen will.

Es ging darum, die Situation der KMU zu berücksichtigen: Sie haben bei der vorbereitenden Befragung durch die Kommission ihr Interesse an diesem Dossier bekundet. So antworteten von 360 Unternehmen 45 % mit weniger als 250 Beschäftigten auf diese On-line-Befragung, die die Kommission im Zeitraum vom 21. August bis zum 21. Oktober 2006 durchgeführt hat.

Unser Ausschuss wollte deutlich machen, dass über das Informationsgebot hinaus das GHS auch dem Ziel dient, die Verbraucher und die Umwelt zu schützen. Unser Ausschuss appellierte an die Mitgliedstaaten, ein Verfahren einzuführen, das allen Zulieferern, vor allem den KMU, in bestimmten Produktionssektoren behilflich ist, die geeignete Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung dieser Stoffe und Gemische festzulegen.

Zugleich legte unser Ausschuss Wert auf die Kohärenz mit REACH und hat deshalb Änderungsanträge bezüglich der Mengen eingebracht.

Neben der Absicht, eine Überschneidung von Rechtsvorschriften hinsichtlich der Verpackung zu vermeiden, kam es unserem Ausschuss schließlich darauf an, Vorsorge für eventuelle Streitfälle im Zusammenhang mit der Auslegung der Vorschriften der Verordnung zu treffen, die in diesem Falle zwischen dem Lieferer und einem Mitgliedstaat auftreten könnten, und die Notwendigkeit eines Verfahrens zur Sicherung einer harmonisierten Einstufung zu berücksichtigen.

Nun zu meiner Rolle als Schattenberichterstatterin der ALDE-Fraktion. Lassen Sie mich die Grundsätze nennen, von denen wir uns leiten ließen.

Wir begrüßen natürlich diese Initiative. Ein globaler Ansatz ist vollkommen kohärent mit einem Ziel des größeren Schutzes der Gesundheit und der Umwelt und dem Handel mit Produkten.

Da es sich um ein globales System handelt, darf die künftige Verordnung für die europäischen Unternehmen nicht mit Auflagen verbunden sein, denen ihre internationalen Wettbewerber nicht unterliegen. Die Kohärenz mit REACH ist wünschenswert, sowohl hinsichtlich der Fristen als auch hinsichtlich des Mengenansatzes oder betreffend die Anhänge, vor allem Anhang VI.

Was die Informationen über das Endprodukt betrifft, müssen wir uns, da die Kommission sich dafür entschieden hat, das Thema Postproduktion einzubeziehen, von der Qualität und der Sachgerechtigkeit der Information leiten lassen und nicht von der Menge an Informationen. Unsere Fraktion erachtet es als wichtig, die Existenz und den Wert der übrigen Informationsquellen anzuerkennen, vor allem der NRO und der Industrie, aber auch die Bedeutung von Kommunikationsträgern wie dem Internet. Zugleich muss für einige Daten die Vertraulichkeit gewahrt bleiben. Schließlich dürfen diese Rechtsvorschriften nicht eine Zunahme der Tierversuche bewirken.

Angesichts des engen Zeitrahmens, aber auch der Kompliziertheit der Anhänge möchte ich daran erinnern, dass die Abgeordneten sich entschieden haben, zu diesen keine Änderungsanträge einzubringen. Damit sollen zugleich die Verhandlungen erleichtert werden. Das ist ein wichtiges Zugeständnis des Parlaments. Jedoch ist uns aufgefallen, dass im vorliegenden Falle einer dieser Anhänge ein ernstes Problem der unmittelbaren Konformität und der Umsetzung für die betroffenen Industrien mit sich bringt.

So enthält Anhang VI die Liste von Stoffen mit harmonisierten Einstufungen auf europäischer Ebene. Nun existiert aber bereits eine ähnliche Liste, auf die sich die Industrie stützt, um Gemische einzustufen und zu kennzeichnen. Bei der Übertragung wurden jedoch Änderungen an dieser Liste vorgenommen, und diese muss mit dem Inkrafttreten des GHS angewandt werden, während im Rahmen technischer Anpassungen diese Frist mindestens 18 Monate beträgt.

Von dieser Änderung sind zahlreiche KMU betroffen. Es kommt nun darauf an, mit dem Rat eine Einigung in erster Lesung zu erzielen und die Veröffentlichung der Bestimmungen baldmöglichst abzuschließen, um der Industrie und den Nutzern Zeit zu lassen, damit sie sich an das neue System anpassen und es bis Ende 2008 wirksam werden lassen können.

Deshalb fordere ich die Kommission auf, eine Lösung vorzuschlagen, damit die Industrie über ausreichend Zeit verfügt, um sich den Erfordernissen der Verordnung ohne unverhältnismäßige Nebenwirkungen anzupassen.

Nach dem Trilog und abgesehen von dem Problem des Anhangs halte ich den zur Abstimmung stehenden Text für gut. Lassen Sie mich einige Kernpunkte hervorheben. Wir haben viel über die PBT-Stoffe diskutiert: Sie sind durch das GHS der Vereinten Nationen nicht abgedeckt. Das Parlament hat erreicht, dass die Europäische Kommission sich für ihre Einstufung auf der Ebene der Vereinten Nationen einsetzt. Zugleich hat das Parlament erreicht, dass keine weiteren Unterteilungen der Kategorie „Augenreizung“ vorgenommen werden, die zweifellos eine Erhöhung der Tierversuche bewirkt hätten, ohne jedoch einen echten Wertzuwachs zu bringen. Erwähnt sei auch, dass die Versuche an Menschen allein zum Zwecke dieser Verordnung verboten sind, oder dass die GHS der UNO ein dynamischer Prozess ist; es wurde ein Mechanismus gefunden, um dessen Entwicklungen bei dem europäischen GHS zu berücksichtigen. Im Übrigen wird die Vertraulichkeit in ausgewogener Weise gewahrt.

Die Kohärenz mit REACH ist garantiert, und das Parlament hat akzeptiert, dass für die Einstufung und Meldung die Schwelle Null gilt, während wir ursprünglich für einige Produktkategorien eine Schwelle von einer Tonne gewünscht hatten. Diese Nullschwelle wurde akzeptiert, da die Stoffe und Gemische zu ausschließlichen FuE-Zwecken ohnehin nicht in diesen Anwendungsbereich fallen.

Meiner Meinung nach haben wir gute Arbeit geleistet, und ich wünsche mir eine gute Abstimmung und eine gute Umsetzung des GHS.

 
  
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  Andreas Schwab, Verfasser der Stellungnahme des mitberatenden Ausschusses für Binnenmarkt und Verbraucherschutz. − Frau Präsidentin, Herr Kommissar, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Zunächst einmal darf ich sagen, dass der vorgelegte Kompromiss der Kollegin Sartori für den Ausschuss für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit vom mitberatenden Ausschuss für Binnenmarkt und Verbraucherschutz mit großer Genugtuung zur Kenntnis genommen wird. Wir glauben, dass wir mit dieser Lösung einen sehr guten Kompromiss und eine sehr gute Lösung sowohl für die chemischen Unternehmen im europäischen Binnenmarkt – die in der Regel weltweit tätig sind – als auch für Verbraucher gefunden haben und in dem Bereich gerade auch für sensible Verbraucher einen sehr guten Ausgleich hinbekommen haben.

Dies war nur möglich, weil wir eine sehr freundschaftliche und verlässliche Zusammenarbeit zwischen den Berichterstattern hatten. Hier darf ich insbesondere Frau Kollegin Sartori ganz herzlich für ihre Art der Verhandlungsführung – auch im Trilog – danken, die am Ende sicherlich entscheidend für eine Lösung war, die alle Erwartungen erfüllt hat.

Ich bin zufrieden mit dem Ergebnis, weil ich glaube, dass aus der Sicht des Binnenmarkts, aus der Sicht der Unternehmen und gerade der chemischen Unternehmen, die im Zusammenhang mit REACH ja nicht immer positive Erfahrungen mit der europäischen Ebene gemacht haben, GHS als weltweite, von den VN vorberatene Regelung im europäischen Binnenmarkt in sehr unbürokratischer und praxisnaher Weise umgesetzt werden kann. Das wird für die Unternehmen, die im europäischen Binnenmarkt tätig sind, zunächst einmal Wettbewerbsvorteile in diesem Markt direkt bringen, weil die einheitliche Kennzeichnung ein erheblicher Fortschritt im Verhältnis zur bestehenden Regelung war, die in einigen Randbereichen nach wie vor unterschiedlich ist.

Herr Kommissar Verheugen, wir haben bei den Beratungen im Trilog ja auch kurz darüber gesprochen, dass das Transportrecht für diese Verbrauchsgüter nach wie vor nicht einheitlich geregelt ist und durchaus zu überlegen wäre, ob wir das Transportrecht für den Transport chemischer Güter in den nächsten Monaten einmal in den Fokus nehmen.

Zum Zweiten war es richtig – und da möchte ich mich gerne Frau Laperrouze von der Fraktion der Liberalen und Demokraten für Europa anschließen, mit der wir ebenfalls eine sehr gute Zusammenarbeit hatten –, die Anhänge nicht zu öffnen, weil wir durch diesen Schachzug eine Diskussion wie bei REACH haben vermeiden können. Darunter hat dann im Einzelfall der eine oder andere Punkt leiden müssen, den wir gerne verbessert hätten. Aber ich glaube, im Nachhinein betrachtet war es der richtige Weg.

Dennoch möchte ich mich ausdrücklich dem Wunsch von Frau Kollegin Laperrouze anschließen, dass im Anhang 6 für die dort geänderten Stoffe, die für uns am Anfang der Beratungen, als wir uns zu dieser Lösung durchgerungen haben, so nicht absehbar waren, eine Übergangsfrist geschaffen wird. Herr Kommissar Verheugen, es wäre mir außerordentlich recht, wenn Sie dazu vielleicht in Ihrer Antwort kurz etwas sagen könnten.

Die Nutzer von chemischen Verbrauchsgütern sind in der Regel mit der Zusammensetzung dieser Güter nicht vertraut. Deswegen haben wir bei der Beratung von GHS besonderen Wert darauf gelegt, dass wir eine auch für Verbraucher praxisnahe Umsetzung hinbekommen. Hier haben wir – wenn auch nicht alle Einzelfälle wirklich im Detail angeschaut werden konnten – zumindest bei den gängigen Verbrauchsgütern wie Waschmitteln und Spülmitteln eine Lösung gefunden, die einerseits das Ziel, die Verbraucher über die dort gefundenen Mengen an Chemikalien aufzuklären, erreicht, gleichzeitig aber auch den gewohnten Umgang mit diesen Produkten in Zukunft in gleicher Weise ermöglicht, wie dies in der Vergangenheit der Fall war.

Ich darf Ihnen vielleicht ein Beispiel nennen: Die Nutzung von Spülmitteln war früher nur möglich, wenn man mehrere Liter große Flaschen genutzt hat. Durch die immer umweltfreundlichere Technik bei der Herstellung und auch bei der Verwendung dieser Produkte konnten die Mengen dieser Spülmittel immer stärker eingedämmt werden, und wir haben heute nur noch 0,3 oder 0,5 Liter große Gefäße, die in der Küche aufbewahrt werden.

Zweifellos ist die Konzentration der in diesen Mitteln enthaltenen Chemikalien natürlich höher geworden. Aber dies ist für die Verbraucher mit der vorliegenden Lösung der GHS durchaus verträglich, weil wir wissen, dass die Verbraucher mit diesen Produkten täglich umgehen und deswegen eine Überklassifizierung an dieser Stelle vermieden werden konnte.

Ich bin damit auf alle für den Binnenmarkt wichtigen Punkte eingegangen und bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

 
  
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  Guido Sacconi, im Namen der PSE-Fraktion.(IT) Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! In einer Situation wie dieser, in der wir uns alle einig sind, besteht für unsere Aussprache die Gefahr von Wiederholungen. Da ich mit den Ausführungen meiner Vorredner völlig konform gehe, will ich mich für meinen Teil auf drei kurze politische Bemerkungen beschränken.

Erstens möchte ich natürlich meine Anerkennung für die von der Berichterstatterin von Anfang an unter Beweis gestellte Beharrlichkeit zum Ausdruck bringen. Bereits auf den ersten Sitzungen gab sie ihre politische Entschlossenheit zu erkennen, das Dossier in erster Lesung abzuschließen, und sie hat uns gleichsam dazu gezwungen, indem sie uns unter Druck setzte. Wir waren jedoch alle davon überzeugt, dass dies für die rasche Einführung einer Rechtsvorschrift notwendig ist, um eine unverzügliche Einstufung sämtlicher Stoffe zu erreichen und konkrete Fortschritte auf dem Weg zu strikteren Bestimmungen für den Schutz der Gesundheit der Verbraucher sowie – dem stimme ich zu – der Arbeitnehmer vieler Wirtschaftszweige zu erzielen, in denen solche Stoffe verwendet werden, insbesondere in den kleinen Unternehmen, in denen die Verhältnisse problematischer sind.

Zweitens haben wir die wachsende Gefahr einer Neuauflage vergangener, mit der Verabschiedung von REACH ad acta gelegter Diskussionen vermieden, was mir ein besonders wichtiges Anliegen war. Was die internationale Ebene anbelangt, so halte ich nicht zuletzt die Tatsache, dass REACH in zunehmendem Maße weltweit als Bezugspunkt für andere Länder und als Modell für die Anpassung ihrer eigenen Rechtsvorschriften dient, für höchst zufrieden stellend.

Die Bestimmungen zur Einstufung der Stoffe, die wir heute verabschieden werden, müssen auf jeden Fall so angepasst und integriert werden, dass sie der Hauptverordnung über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen entsprechen, ohne dass neue Elemente hinzugefügt werden.

Wie alle Kolleginnen und Kollegen wissen, bedeutet dies letztendlich, dass das GHS nicht das letzte Wort zum Thema Einstufung und Kennzeichnung der Stoffe ist. Über die PBT wurde viel diskutiert. Wir dürfen nicht vergessen, dass es sich um einen laufenden Prozess handelt. Momentan wird bereits Bestehendes umgesetzt, und es werden Stoffe eingestuft, für die im Rahmen der Vereinten Nationen bereits eine Risikoanalyse durchgeführt wurde. Sobald es neue Gefahrenkategorien geben wird und die Ergebnisse neuer Studien vorliegen, wird das GHS entsprechend aktualisiert, sodass es hier um einen fortlaufenden Prozess geht.

 
  
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  Liam Aylward, im Namen der UEN-Fraktion. – (GA) Herr Präsident! Umwelt und Volksgesundheit betreffen jeden Bürger, und diese Rechtsvorschriften stehen mit beidem in unmittelbarem Zusammenhang. Das Parlament hat sich für das REACH-System ausgesprochen, das jetzt in Kraft ist und die Gesundheit der Menschen und die Umwelt vor den von Chemikalien ausgehenden Gefahren schützt. Das Ziel von REACH besteht darin, dafür zu sorgen, dass Hersteller und Importeure Chemikalien registrieren, einstufen und freigeben. Ein wesentliches Element des Systems ist die Bereitstellung von Informationen für die Öffentlichkeit durch eine Kennzeichnung dieser Chemikalien.

Ich kann diese Vorschriften nur befürworten und dem Kommissar mein Lob dafür aussprechen, dass er dem EU-System den gleichen Stellenwert verschafft hat wie dem UN-GHS (UN Globally Harmonised System of Classification and Labelling). Die Öffentlichkeit wird mithilfe von Piktogrammen, die die Gefahren in Bezug auf Explosionen, Brand, Krebs und Toxizität anzeigen, über die Gefahren von Chemikalien informiert. Es wird Vorteile für die Industrie geben, da das GHS-System von Ländern weltweit akzeptiert wird. Und die Verbraucher werden mehr Vertrauen in Chemikalien haben, die mit Hinweisen und einer klaren und eindeutigen Kennzeichnung versehen sind.

 
  
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  Carl Schlyter, im Namen der Verts/ALE-Fraktion. – (SV) Wir reden viel darüber, die Initiative in der Frage des Klimawandels zu ergreifen, aber wenn wir tatsächlich eine ganzheitliche Herangehensweise an Umweltfragen hätten, so würden wir auch hier die UNO-Vorschriften eins zu eins kopiert haben. Jetzt beseitigen wir also die akute Toxizität der Kategorie 5. Warum tun wir das? Nun, aus dem seltsamen Grund, weil sich ansonsten die Anzahl der einzustufenden und zu kennzeichnenden Substanzen erhöhen würde. Das hat also nichts mit Umweltlogik oder Gesundheitslogik zu tun. Nein, wir wollen Kategorie 5 nicht kopieren, weil damit die Anzahl der Stoffe steigen würde, obwohl der Sinn des Ganzen darin besteht, einen gemeinsamen weltweiten Standard einzuführen, der sowohl den Handel und in diesem Fall auch den Umweltschutz und die Information der Verbraucher erleichtern würde. Ich habe für eine Wiedereinführung der akuten Toxizität der Kategorie 5 gekämpft, hatte aber leider keinen Erfolg damit.

Eine weitere Frage, in der wir uns engagiert haben, und in der wir auch wirklich Erfolg hatten, war die Verhinderung des Vorschlags, die Einstufungsgrenze auf 10 kg herabzusetzen. Wir möchten dem Rat für seine Standhaftigkeit danken. Auch die Kommission hat einen positiven Beitrag geleistet. Wäre dieser Vorschlag angenommen worden, hätte das ein Untergraben von REACH bedeutet. Bei REACH geht es darum, Chemikalien zu untersuchen, um herauszufinden, ob sie gefährlich sind, und sie zu registrieren. Es werden jedoch lediglich die 30 000 am häufigsten verwendeten Chemikalien, das heißt die mit den größten Volumen, bewertet und registriert. Die übrigen 70 000 verwendeten chemischen Stoffe könnten mit dieser Vorschrift eingestuft werden. Darum ist es sehr gut, dass wir den bisherigen Zustand beibehalten haben und es keine Untergrenze für die Einstufung chemischer Stoffe gibt. Wäre der Vorschlag angenommen worden, wäre das GHS keine Ergänzung zu REACH geworden. Ich bin sehr froh, dass es nicht so gekommen ist und kann daher diesen Vorschlag unterstützen.

Zudem freue ich mich, dass es uns gelungen ist, eine unnötige Aufteilung in Kategorien für Tierversuche, beispielsweise Augenreizungstests, zu verhindern.

Mit diesen beiden von uns erreichten Siegen kann ich für diesen Bericht stimmen. Ich möchte jedoch noch einmal mit Nachdruck betonen, dass es uns zwar jetzt und hier nicht gelungen ist, die äußerst gefährlichen PBT-Stoffe (persistent, bioakkumulierbar und toxisch) oder eine Liste von Stoffen, die vorrangig zu prüfen sind, aufzunehmen, aber dass wir dennoch zumindest einen Text erhalten haben, der besagt, dass diese Frage auf UNO-Ebene behandelt und in das UNO-System einbezogen wird. Nun hoffe ich wirklich, dass die Kommission sich intensiv für das Erreichen dieses Ziels einsetzt, das von großer Bedeutung ist. Anderenfalls wäre unsere Chemikalienpolitik völlig fehlgeschlagen. Es ist äußerst wichtig, dass diese Stoffe jetzt schnell in das UNO-System einbezogen werden, da es uns nicht gelungen ist, den ersten Schritt hier zu tun.

Was geschieht jetzt für die Verbraucher? Sie werden über die Gefahren chemischer Stoffe nicht so gut informiert, wie es möglich wäre, was enttäuschend ist. Aber sie erhalten auf jeden Fall einen halbwegs ordentlichen Standard sowie eine Grundlage, um sich vor gefährlichen Chemikalien schützen zu können. Am Ende ist also ein Kompromiss herausgekommen, mit dem niemand wirklich zufrieden ist, aber das ist wohl meistens der Fall.

 
  
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  Avril Doyle, im Namen der PPE-DE-Fraktion. (EN) Frau Präsidentin! Chemikalien sind ein normaler und wichtiger Teil unserer Umwelt. Obwohl wir oft nicht daran denken, benutzen wir Chemikalien jeden Tag. Die moderne Welt könnte ohne sie nicht funktionieren. Sie halten unsere Lebensmittel frisch und unsere Körper rein, sie lassen unsere Pflanzen wachsen, sie treiben unsere Autos an. Wenn sie richtig eingesetzt und richtig gehandhabt werden, ermöglichen uns Chemikalien ein längeres und gesünderes Leben.Diese vorgeschlagene Verordnung, die REACH ergänzt und das EU-System der Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen dem weltweit harmonisierten System der Vereinten Nationen anpasst, ist ein vernünftiger und ausgewogener Vorschlag.Wenn wir die Vorteile von Chemikalien zu vertretbaren Kosten nutzen wollen, dann müssen wir Gefahren in Kauf nehmen. Wir müssen darum für einen Ausgleich zwischen Gefahren und Vorteilen sorgen, indem wir von Chemikalien ausgehende Gefahren durch sorgfältige Kennzeichnung, wissenschaftlich gestützte Regulierung und innovative Technologien kontrollieren. Auch muss ein Mittelweg gefunden werden zwischen der genauen Umsetzung der internationalen Verpflichtungen der Europäischen Union, die sie im Wirtschafts- und Sozialrat der Vereinten Nationen auf dem Weltgipfel für nachhaltige Entwicklung im September 2002 in Johannesburg eingegangen ist, und andererseits der Vermeidung unnötiger Belastungen der Wirtschaft durch unpraktische und übertriebene Kennzeichnung.Zu diesem Zweck habe ich mehrere Änderungsanträge zu dem Vorschlag eingereicht. Ich finde es besonders wichtig sicherzustellen, dass die Einstufung von Produkten nicht zur Verwirrung unter Konsumenten oder Gesundheitsdienstleistern führt. Zu viel Information ist gleichbedeutend mit gar keiner Information. Deshalb beschäftigt sich ein Änderungsantrag z. B. mit der Verpackung von Produkten, die ungünstige Formen aufweisen oder so klein sind, dass es technisch unmöglich ist, eine Kennzeichnung anzubringen. In diesen Fällen sollte die Gefahreninformation auf eine andere passende Weise wie z. B. durch Anhängeschildchen stattfinden.Ich möchte der Berichterstatterin, Frau Sartori, insbesondere für die Unterstützung meiner Änderungsanträge sowie für die hervorragende Arbeit an diesem Bericht danken.Während bestehende Verordnungen zur Identifizierung und Bekanntmachung der gefährlichen Eigenschaften von Chemikalien sich in vielen Punkten ähneln, sind doch ein paar Unterschiede bedeutsam genug, um zu unterschiedlicher Einstufung und Kennzeichnung und zu unterschiedlichen Sicherheitsdatenblättern (SDB) zu führen. Das weltweit harmonisierte System (GHS) wird hoffentlich diese verschiedenen Einstufungen auf wirksame Art und Weise zusammenführen. Die Vorteile der Verwendung von Chemie überwiegen bei weitem die Risiken und dies ist insbesondere so seit der Einführung der Gesetzgebung zur Registrierung, Bewertung und Zulassung chemischer Stoffe, bekannt als REACH.Wir müssen uns alle dessen bewusst sein, dass Chemikalien durch die verschiedenen Stufen von ihrer Herstellung bis zu ihrer Handhabung, ihrem Transport und Gebrauch potenzielle Gefahren für die menschliche Gesundheit und die Umwelt bergen können. In diesem Zusammenhang wird von der GHS-Vereinbarung zwischen den Vereinten Nationen und der EU eine Verbesserung der Bedingungen für die menschliche Gesundheit und den Umweltschutz erwartet, und sie wird auch zu größerer Übersichtlichkeit für die Unternehmen führen, besonders für die Handelsunternehmen, die international tätig sind.Die möglichen, aber kontrollierbaren Risiken von Chemikalien unterstreichen, wie notwendig unsere Gesetzgebung betreffend einen weltweit harmonisierten Ansatz zur Verpackung und Kennzeichnung von Chemikalien ist, und diesbezüglich freue ich mich, dass Rat und Parlament sich am 27. Juni auf einen Text geeinigt haben, und ich beglückwünsche noch einmal unsere Berichterstatterin zu der Arbeit an diesem komplexen, aber sehr wichtigen Dokument.

 
  
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  Jens Holm, im Namen der GUE/NGL-Fraktion. – (SV) Diejenigen, die mit der Herstellung chemischer Stoffe beschäftigt sind, sind besonders stark gefährdet. Einer finnischen Studie zufolge sind täglich etwa 32 Millionen EU-Bürger am Arbeitsplatz kanzerogenen Chemikalien ausgesetzt.

Es ist unsere Pflicht, gefährliche Chemikalien zu verbieten und generell die Kontrolle über alle chemischen Stoffe zu erlangen. Das war das eigentliche Ziel der Chemikalienverordnung REACH, die wir im vergangenen Jahr verabschiedet haben. Über das Ergebnis von REACH lässt sich diskutieren – ich persönlich halte das Endergebnis für verwässert und von der Industrielobby aufgeweicht –, aber letztendlich liegt sie vor, die umfassendste Chemikaliengesetzgebung der Welt.

Das GHS – das global harmonisierte System zur Einstufung und Kennzeichnung von Chemikalien – ist Fortsetzung und Ergänzung von REACH, und es soll Arbeitnehmer und Verbraucher über chemische Stoffe informieren. Dazu sollen die Tausende uns umgebenden Stoffe und Gemische eingestuft und gekennzeichnet werden. Das GHS ist im Grunde ein UNO-Übereinkommen, das wir jetzt auf Gemeinschaftsebene umsetzen. Wenn das GHS beschlossen ist, was leider für Stoffe nicht vor 2010 und für Gemische erst ab 2015 der Fall ist, sollen alle Chemikalien leicht zu identifizieren sein. Es geht also um eine bessere Information der Millionen von Arbeitnehmern, die täglich mit chemischen Stoffen in Berührung kommen, sowie der Verbraucher, die unbedingt wissen müssen, was sie kaufen. Die Kennzeichnung wird außerdem generell zur Verbesserung der öffentlichen Gesundheit und der Umweltqualität führen.

Die Industrie wird davon profitieren, dass einheitlichere Vorschriften den internationalen Handel erleichtern. Das ist ein großer Schritt nach vorn und der Grund dafür, warum die Fraktion der Vereinigten Europäischen Linken/Nordische Grüne Linke diesen Kompromiss unterstützt.

Es ist jedoch bedauerlich, dass wir nicht so weit gekommen sind, wie wir gekonnt hätten. Chemische Stoffe mit persistenten, bioakkumulierbaren und toxischen Eigenschaften, kurz PBT, werden nicht gekennzeichnet. Stattdessen beinhaltet der Kompromiss, dass die Frage der PBT auf UNO-Ebene behandelt werden soll. Das ist ein ernster Mangel der Vereinbarung. Wir hätten beschließen sollen, dass PBT-Chemikalien den gleichen Status wie alle anderen erhalten und ebenfalls gekennzeichnet werden müssen. Jetzt bleibt nur zu hoffen, dass andere Länder in der Frage der PBT Druck ausüben, was meiner Ansicht nach langfristig auch der Fall sein wird.

Dennoch ist dies ein recht ordentlicher Kompromiss, der dazu führen wird, dass Millionen Europäer, Arbeitnehmer und Verbraucher mehr Informationen über die Zehntausende von Chemikalien erhalten werden, die uns umgeben. Für alle, die durch den Kontakt mit Chemikalien an Krebs, Allergien oder Hautkrankheiten leiden, ist dies ein großer und wichtiger Beschluss.

 
  
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  Graham Booth, im Namen der IND/DEM-Fraktion. (EN) Frau Präsidentin! Da die REACH-Verordnung nun ihren schrecklichen Tribut von der produktiven Industrie, besonders von kleineren Unternehmen, zu fordern beginnt und die Zahl der Tierversuche drastisch steigt, kommen hier mit dem Bericht A6-0140/2008 noch ein paar Anweisungen von den Weltregierungsfanatikern der UNESCO, um kundzutun, wie sich die Ergebnisse ihrer vorigen Idee einstufen, kennzeichnen und verpacken ließen.In gleicher Weise nach antidemokratischer Weltbeherrschung dürstend, beeilt sich die wirtschaftliche und politische Elite, aus der die Europäische Union besteht, diese Anweisungen umzusetzen, wie sie es schon bei der Einführung von REACH getan hat. Ihre Flut von Beteuerungen ihrer guten Absichten mag für den Augenblick ihre so genannten Interessenvertreter in Sicherheit wiegen oder täuschen, aber sie wird nicht die große Zahl von Arbeitslosen zufrieden stellen, die diese Maßnahmen im Begriff sind hervorzubringen.Ein Krümel Anerkennung der öffentlichen Meinung fällt vom Tisch des Herrn in Form der Änderungsanträge 10, 12, 39 und 42, um unter bestimmten Umständen die Reduzierung der Tierversuche über die Befolgung des Buchstabens des Gesetzes zu stellen. Sicher ist dies dem Druck der einflussreichen Umweltgruppen geschuldet, denen die EU einen Großteil ihrer Unterstützung verdankt; und das Wohlergehen nichtmenschlicher Primaten über das von Menschen zu stellen, wie in Änderungsantrag 40 geschehen, geht sicher zu weit, um sie zu beschwichtigen, aber im beklemmenden und besessenen Rechtsetzungsprozess der EU etwas zu finden, was ein positives Votum verdient, ist eine Seltenheit, die schon eine Anmerkung wert ist.Im Übrigen gibt es keinen Grund, weshalb sinnvolle Sicherheitsstandards von demokratischen Nationalstaaten mit unabhängiger Judikative und freiem öffentlichem Zugang zum Gerichtswesen nicht freiwillig angenommen werden sollten. Supranationale Vorgaben stellen scheinbar eine einfache Option dar, aber die zentralisierte, niemandem verantwortliche Macht, die sie verleihen, eine mandatslose Richtlinie nach der anderen, ist nicht schlicht ihre Kehrseite, sondern ihre erste schlimme Wirkung.Der in Erwägung 7 vorgebrachte Anspruch, diese Gesetzgebung sorge für einen Wettbewerbsvorteil der Industrie und zwar besonders, wie Änderungsantrag 1 hinzufügt, der kleinen und mittleren Unternehmen, ist einfach lächerlich. Wie immer werden die großen Geschäftemacher der EU vom Scheitern ihrer kleineren Mitbewerber profitieren. Sie werden ein noch größerer Fisch in einem kleineren Teich werden oder ins Ausland flüchten und, weit davon entfernt, der EU und ihren lächerlichen Beschränkungen zu katzbuckeln, werden die Händler in Übersee viel profitabler miteinander Handel treiben als mit uns. Der Boom ist vorbei. Die Rezession hat begonnen und unter der Last von EU-Verordnungen wie der im Bericht A6-0140/2008 vorgeschlagenen sinken unsere Volkswirtschaften wie Steine auf den Grund.Jeder, der da absahnen will, kann seiner Wählerschaft alles Mögliche in ihrer jeweiligen Sprache erzählen, ohne befürchten zu müssen, dass sie zufällig mithört, was seine Kollegen in anderen Staaten ihren Wählern erzählen. Es gibt keine allgemeine EU-Wählerschaft und es kann keine geben, bis vielleicht in einem oder zwei Jahrhunderten jeder dieselbe Sprache spricht, und bis dahin wird die EU-Demokratie ein Witz sein, und ein schwarzer und gefährlicher Witz noch dazu. Aber Ihre Privilegien sind enorm. Weshalb sollten Sie sich darum kümmern oder um die verrückten kontraproduktiven Gesetze, die Sie ständig bewilligen? Und weshalb sollte ich mich darum kümmern, da ich doch Ende des Monats in Rente gehe? Als ich Änderungsantrag 28 gelesen habe, wurde mir klar, warum ich von all diesem Unsinn genug gehabt habe. Er lautet: „Zubereitung: Gemische oder Lösungen, die aus zwei oder mehreren Stoffen bestehen, wobei die Begriffe Gemisch und Zubereitung synonym verwendet werden.“ Nun, wie würden wir bloß überleben ohne diesen so überaus fürsorglichen Staat, der uns solche Sachen erklärt, und wie, um alles in der Welt, habe ich bis ins reife Alter von 68 Jahren überlebt, da ich doch meine Kinderjahre damit verbracht habe, die Bleifarbe vom Holzrahmen meines Bettes abzukauen? Ich nehme an, sie gab meinen Antikörpern etwas zu tun – damals, als wir tatsächlich noch Antikörper hatten.Mit jedem bleiernen Erlass rückt der Zusammenbruch der EU näher. Ich freue mich darüber, aber ich beklage den Schaden, den Sie 27 ehemaligen Demokratien zufügen, ein katastrophales Jahr nach dem anderen.

 
  
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  Jim Allister (NI).(EN) Frau Präsidentin! Da Chemikalien weltweit hergestellt und gehandelt werden, leuchtet mir ohne weiteres ein, dass sich die Beschreibung von Gefahren auf ihrer Verpackung nicht zwischen den Ländern unterscheiden sollte, weil das sowohl für die Konsumenten als auch für diejenigen, die das Risiko genau beschreiben, von Nachteil ist.Ich stelle jedoch fest, dass gegenwärtig das „weltweit harmonisierte“ System nicht gerade das ist, was sein Name verspricht. Es tritt eher vereinzelt als global auf. Ich frage mich, ob andere Länder dem Beispiel der EU in der Umsetzung dieses UNO-Systems folgen werden und was die Auswirkungen für europäische Unternehmen sein könnten, wenn sie es nicht tun.Bei der Einführung dieser Maßnahmen müssen wir einen Mittelweg finden. Erstens ist es entscheidend, eine übertriebene Produktklassifizierung, die Konsumenten und Gesundheitsdienstleister verwirren würde, zu vermeiden.Zweitens müssen wir diese internationalen Verpflichtungen umsetzen, ohne unseren Unternehmen unnötige Lasten aufzubürden. Etliche Firmen bringen Bedenken zu den Kosten der Einführung vor. Es wird hohe informationstechnische Ausgaben, Ausbildungs- und Wiederverpackungskosten geben, die wir nicht unterschätzen dürfen, besonders im Fall kleiner Firmen. Ich möchte noch einmal der Sorge Ausdruck verleihen, dass kleine und mittlere Unternehmen die Leid Tragenden sein könnten, insbesondere wenn sie Überseehandel betreiben, denn das hieße, dass diese Kosten ihre Möglichkeiten wohl übersteigen würden.

 
  
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  Eija-Riitta Korhola (PPE-DE).(FI) Frau Präsidentin! Die Aussprache über die jüngsten Europäische Chemikalien-Verordnung REACH ist immer noch gut in unserer Erinnerung. Es war eines der härtesten Rechtsetzungspakete der laufenden Legislaturperiode. Die Verordnung über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen, mit der wir uns jetzt befassen, beruht teilweise auf der gerade in Kraft getretenen REACH-Verordnung und ergänzt sie. Deshalb hat sie im Vorfeld auch eine Menge an Fragen aufgeworfen.

Der Wunsch der Kommission, bereits in erster Lesung eine Einigung zu erzielen, erschien angesichts der Tatsache, dass das Parlament zuvor Interesse an der Gesetzgebung für Chemikalien gezeigt hatte, zunächst ein wenig zu ehrgeizig. Ich kann daher die verdienstvolle Arbeit und Führung von Frau Sartori bei der Arbeit an diesem technischen Bericht nur bewundern. Bemerkenswert ist auch, wie sie es geschafft hat, der Versuchung zu widerstehen, die Verordnung allzu stark zu ändern und zum Beispiel mit neuen Artikeln und Klassifikationen von Stoffen in den Anhängen zu versehen, die das Inkrafttreten der Verordnung verzögert, wenn nicht gar verhindert hätten.

Der von uns in den Ausschüssen erörterte Bericht ist fraglos geeignet, die Zielvorgaben der Verordnung zu erreichen, vor allem im Hinblick auf die Harmonisierung und die Vereinfachung der Rechtsvorschriften. Die GHS-Verordnung und die REACH-Verordnung ergänzen einander und erleichtern nicht nur die Arbeit der Hersteller und Vertreiber von Chemikalien. Klare und sichere Kennzeichnungen bedeuten vielmehr eine Rückkehr des Verbrauchervertrauens.

Als der Ausschuss seine Arbeit aufnahm, bestand die Sorge, dass die GHS-Verordnung dazu führen würde, dass beispielsweise eine große Anzahl von Reinigungsmitteln gleichermaßen als korrosionsfördernd hätte eingestuft werden müssen. So hätten dann, zum Beispiel, Rohrfreimittel und Handwaschflüssigkeiten dieselbe Einstufung und Verpackungskennzeichnung gehabt, mit dem Ergebnis, dass der Verbraucher nicht in der Lage gewesen wäre, zwischen gefährlichen Produkten und milden Reinigungsmitteln zu unterscheiden. Jetzt aber entspricht die Einteilung der Stoffe ihrem tatsächlichen Gefahrenpotenzial, so gut man dies erwarten kann.

Ziel dieses auf einer UNO-Vereinbarung basierenden Systems ist, dass die gleichen Kriterien für die Einstufung und Kennzeichnung von Chemikalien und die Vorschriften über den Transport, den Verkauf und die Verwendung von Chemikalien in der ganzen Welt gelten. Laut der Vereinbarung sollte es bereits im Jahr 2008 voll wirksam werden. Wir haben ja noch ein paar Monate Zeit.

 
  
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  Gyula Hegyi (PSE).(EN) Frau Präsidentin! Die weltweite Harmonisierung der Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen muss begrüßt werden und die Europäische Union sollte eine Vorreiterrolle beim Schutz unserer Bürger gegen gefährliche Chemikalien spielen. Die Initiative als Ganzes geht von den Vereinten Nationen aus und ist deshalb ein globales Projekt. Das weltweit harmonisierte System ist ein viel versprechendes Zeichen globaler Zusammenarbeit in Umweltfragen. Daher unterstütze ich die Annahme des Kompromisses auf der Grundlage des Berichts von Amalia Sartori.Ich habe mehr als 20 Änderungsanträge eingereicht, um die angemessene Kennzeichnung und den sicheren Einsatz von Chemikalien zu gewährleisten. Siebzehn dieser Änderungsanträge wurden vom ENVI-Ausschuss bestätigt. Aber dieser Umweltausschuss hat auch mehrere Änderungsanträge der Berichterstatterin angenommen, die eine Schwächung der Verbraucherrechte bedeuten würden, was die Information über Gefahren von Chemikalien in Produkten betrifft.Die Sozialdemokratische Fraktion und ich haben gegen diese Vorschläge gestimmt, weil die Interessen der Verbraucher für uns von größter Bedeutung sind. Ich bin zufrieden, dass der neue Kompromiss diese gegen die Verbraucher gerichteten Änderungsanträge nicht enthält, und ich schlage deshalb vor, ihn anzunehmen. Ich bin nicht rundum glücklich mit ihm, aber wir können uns bei der Umsetzung des GHS in unser Recht keine Verzögerungen leisten.Lassen Sie uns als einen Grundsatz anerkennen, dass Firmen sich nicht auf das Geschäftsgeheimnis berufen sollten, wenn sie gefährliche Chemikalien auf den Markt bringen. Verbraucher müssen das Recht auf alle notwendigen Informationen über Gefahren haben.Natürlich steckt der Teufel im Detail und wir werden sehen, wie das GHS in der Praxis funktioniert, wie Gefahrenzeichen von den Unternehmen auf den Produkten angezeigt und ob die Verbraucher die Zeichen und Warnungen verstehen werden. Die Information sollte klar und leicht verständlich sein. Alles in allem hoffe ich, dass das GHS ein gutes Mittel sein wird, um das Ergebnis von REACH der Öffentlichkeit zu präsentieren, sodass den Chemikalien vonseiten der Verbraucher viel mehr vertraut wird, was wiederum auch unserer Industrie zugute kommen wird.Mein Mitarbeiter Gergely Simon, der viel Arbeit in dieses und andere Dossiers gesteckt hat, wird das Parlament in naher Zukunft verlassen. Ich möchte ihm danken für seinen Beitrag zu unserem gemeinsamen Ziel, einem in chemischer Hinsicht sichereren Europa.

 
  
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  Hiltrud Breyer (Verts/ALE). - Frau Präsidentin! Wir alle wissen: Chemikalien werden weltweit produziert und vermarktet, aber auch die Gefahren, die Risiken sind global. Daher brauchen wir Leitplanken in Form von klaren Klassifikationen und Kennzeichnungen, die global wirken. Ich hätte mir gewünscht, dass die Europäische Union als Lokomotive für eine sehr klare Kennzeichnung und einen starken Verbraucherschutz fungiert. Aber ich habe hier sehr viele Reden gehört, denen zufolge die EU nicht Lokomotive sein, sondern im Bremserhäuschen sitzen soll.

Ich kann mit dieser politischen Einigung leben, aber ganz glücklich bin ich damit nicht. Wir haben zwar erreicht, dass es einen wichtigen Schritt zu mehr Sicherheit für Mensch und Umwelt gibt. Ich freue mich auch, dass es trotz des allzu industriefreundlichen Berichts des ENVI-Ausschusses im Zusammenhang mit den Schwellenwerten für die Kennzeichnung – die Datenmengen bei der Klassifizierung sollten ja gekennzeichnet werden – gelungen ist, bei den Verhandlungen mit dem Rat und der Kommission Schadensbegrenzung zu betreiben. Ich freue mich, dass es keinen mengenmäßigen Schwellenwert für die Kennzeichnungspflicht und auch keine akzeptierten Schlupflöcher für die Industrie mehr gibt und dass das vorgesehene Klassifizierungssystem die Weichen für Alternativen zu Tierversuchen stellt.

Aber ich hätte mir auch gewünscht, dass die Kennzeichnung schwer abbaubarer bioakkumulativer und toxischer Substanzen verbessert worden wäre, dass wir eine neue Kategorie akuter Toxizität eingeführt hätten, denn das ist etwas, was wirklich aktuell ist, wo wir Handlungsbereitschaft hätten zeigen müssen. Daher denke ich, dass wir heute ein wichtiges Signal für mehr Sicherheit für Mensch und Umwelt gesetzt haben. Aber das sind keine Lorbeeren, auf denen wir uns ausruhen sollten. Von daher glaube ich, dass uns das Thema auch in Zukunft beschäftigen wird, und da gilt es, vieles nachzubessern.

 
  
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  Jean-Claude Martinez (NI).(FR) Frau Präsidentin! Es gibt bereits weltweite Rechnungsführungsnormen, die weltweiten Lebensmittelnormen des Codex alimentarius, weltweite Steuernormen, Modellvereinbarungen der UNO über die Doppelbesteuerung. Nun kommen globale Normen für die Kennzeichnung, Einstufung, Verpackung und Mengenbezeichnung von chemischen Substanzen hinzu.

Es geht also um weltweit geltende Rechtsvorschriften des Wirtschafts- und Sozialrates der UNO von 2002, das Global Harmonisierte System, das hier in Gemeinschaftsrecht umgesetzt werden soll.

Gewiss ist diese internationale Harmonisierung für alle nützlich – für die Verbraucher, die Nutzer, die KMU –, aber über diese 2 000 Seiten und die Verfahren, die Anhänge und Listen hinaus zeigt die Verordnung doch, dass das europäische Normenniveau der Globalisierung des Problems nicht gerecht wird. Ein globales Problem erfordert eine globale Lösung. Das heißt, dass der britische Premierminister Gordon Brown Recht hat: Zwischen der Ebene der Nationalstaaten und der weltweiten Ebene ist die europäische Ebene zunehmend überholt, obsolet und auf längere Sicht unnütz.

 
  
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  Zuzana Roithová (PPE-DE).(CS) Meine Damen und Herren! Es ist nicht länger tragbar, dass auf dem europäischen Binnenmarkt unterschiedliche einzelstaatliche Rechtsvorschriften für den Handel, vor allem mit gefährlichen Stoffen, gelten. Die Vereinheitlichung der Einstufung und Kennzeichnung gefährlicher Chemikalien und Gemische ist eine gute Nachricht für die Verbraucher, denn die vorgeschlagene Harmonisierung erhöht den Schutz ihrer Gesundheit und der Umwelt. Es ist auch eine vorzügliche Nachricht für die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie, denn diese komplexe Verordnung, die sich sowohl auf den Transport und die Lieferung, als auch auf die Verwendung gefährlicher Stoffe erstreckt, wird nicht nur in der Europäischen Union, sondern dank einer UN-Empfehlung auch in anderen Ländern der Welt gelten.

Die Verordnung knüpft an REACH an, führt jedoch darüber hinaus Gefahrenklassen und -kategorien ein. Die Kennzeichnungsschilder werden Hinweise und obligatorische grafische Symbole und Piktogramme enthalten, die die Menschen überall in der Welt verstehen können. Die neuen Anforderungen an Verpackungen und Verschlüsse bieten Schutz gegen das Öffnen der Behälter durch Kinder und ermöglichen auch eine Kennzeichnung für Blinde. Kritiker warnen vor den hohen Kosten der Umkennzeichnung, der Anlegung so genannter Sicherheitsdatenblätter und der Einführung neuer Verpackungstechnologien. Ich bin jedoch überzeugt, dass diese kurzfristigen Ausgaben geringer als die langfristigen Kosteneinsparungen sein werden, die sich aus der Abschaffung der derzeitigen, je nach Bestimmungsort unterschiedlichen Kennzeichnung der Produkte ergeben. Auch mit der gestaffelten Einführung zwischen 2010 und 2015 wird ausreichend Rücksicht auf die Industrie genommen.

Ich schätze es sehr, dass Amalia Sartori es geschafft hat, innerhalb des Parlaments und zugleich mit dem Rat einen ausgezeichneten Kompromiss zu erzielen. Nach monatelangen Diskussionen über die Einwände gegen den Entwurf der Kommission ist ihr eine große Verbesserung und Ausgewogenheit gelungen, und deshalb bitte ich dringend darum, den Entwurf morgen schon in erster Lesung anzunehmen. Er ist ein Beispiel der hervorragenden Arbeit der Parlamentsberichterstatter mit den Teams des Rates und der Kommission.

 
  
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  Genowefa Grabowska (PSE).(PL) Frau Präsidentin! Heute erörtern wir eine äußerst wichtige Verordnung, die sich aus einer Diskussion und später einem UNO-Beschluss ergeben hat. Im Rahmen dieser Debatte, die durch die Annahme eines weltweit harmonisierten Systems zur Einstufung und Kennzeichnung von Chemikalien durch den Wirtschafts- und Sozialrat gekrönt war, haben alle Mitgliedstaaten, nicht nur die UNO, eine aktive und bedeutende Rolle gespielt, allen voran die Europäische Union sowie auch die Kommission. Folglich ist das geschaffene System damit auch unser System. Darum ist es begrüßenswert, dass wir am heutigen Tage unsere Verordnungen über die Verwendung von chemischen Stoffen verabschieden, um dem System Genüge zu tun und gleichzeitig sicherzustellen, dass unsere Bürger, die EU-Bürger, und unsere Umwelt vor den Folgen der Verwendung gefährlicher Stoffe geschützt sind, denn Ziel der Harmonisierung, Einstufung und Kennzeichnung von gefährlichen Stoffen ist eine Verbesserung des Gesundheits- und Umweltschutzes.

Die Chemie hat auf Menschen auf der ganzen Welt dieselben Auswirkungen. Wenn man ein Produkt kauft, muss man nicht wissen, was drin ist. Aber man sollte schon wissen, dass man ein sicheres Produkt erwirbt. Man sollte dem Hersteller und dem erworbenen Erzeugnis vertrauen können. Unsere Aufgabe besteht in der Kennzeichnung, die noch immer in großem Maße Abweichungen aufweist. Ein in dem einen Land als gefährlich gekennzeichnetes Produkt wird in einem anderen als giftig und in einem dritten als schädlich ausgewiesen. Es ist undenkbar, dass die Wirtschaft und der Handel mit Chemikalien auf diese Weise funktioniert. Darum begrüße ich unseren heutigen Bericht und die entsprechende Aussprache. Nach meinem Dafürhalten beschäftigen wir uns mit etwas sehr Wichtigem.

Ich möchte die Aufmerksamkeit auf einen letzten Aspekt lenken, und zwar auf die Folgen der Notwendigkeit der Bereitstellung von Informationen bei der Kennzeichnung. Ich meine damit die Angaben, die allen bekannt sein müssen, die mit Müllentsorgung zu tun haben. Abfälle chemischer Produkte, die für unsere Umwelt von enormer Bedeutung sind und bleiben, müssen auch in diesem Bereich berücksichtigt werden, mit dem sich der Kreis des Produkt- und Stoffmanagements chemischer Erzeugnisse sowie folglich der Entsorgung von Gefahrenstoffen schließt. Die europäischen Bürger sollten Qualität erhalten, und wir sollten ihnen ein Gefühl chemischer Sicherheit vermitteln.

 
  
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  Luca Romagnoli (NI).(IT) Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die ausgezeichnete Arbeit von Frau Sartori erscheint als optimales Ergebnis eines Rechtsetzungsprozesses, bei dem es um die Aktualisierung und mithin bessere Regelung bestimmter Aspekte des Umgangs mit chemischen Stoffen geht. Der Bericht entspricht lobenswerterweise nicht nur dem Harmonisierungsprogramm der Vereinten Nationen, sondern ist offensichtlich auch insofern kohärent, als darin die Erfordernisse der Erzeuger und der Verbraucher ebenso wie, soweit dies objektiv möglich ist, der Umwelt berücksichtigt werden.

Einige der Kolleginnen und Kollegen sind wie gewöhnlich nicht ganz zufrieden. Der Grund dafür liegt nach meinem Dafürhalten in einer ideologischen Radikalisierung angesichts des technologischen und wissenschaftlichen Fortschritts, mit dem unter dem Vorwand des Umweltschutzes allzu oft versucht wird, uns unter Druck zu setzen. Gleichzeitig werden aus völlig entgegengesetzten Gründen von Ländern außerhalb der Europäischen Union, nicht zuletzt China, im Namen des Primats der Wirtschaft die Herstellung, Beförderung und Lagerung von Chemikalien unter Bedingungen zugelassen, die eine gravierende Missachtung all dessen bedeuten, was wir hier ganz zu Recht schützen möchten.

Der Bericht Sartori, in dem es um die Harmonisierung der Einstufung von Stoffen und Gemischen sowie der Vorschriften für die Kennzeichnung und Verpackung gefährlicher Stoffe und Gemische geht, stellt einen substanziellen Fortschritt dar. Zweifellos trägt dies zur Verbesserung der Sicherheit und zur Vermeidung der Gefahren für die Gesundheit und Sicherheit der Verbraucher und Arbeitnehmer sowie für die Umwelt bei.

Zurzeit ist es durchaus möglich, dass ein und derselbe Stoff von Land zu Land unterschiedlich eingestuft wird, weil es verschiedene Einstufungssysteme gibt, und diese Unterschiede können so groß sein, dass dies eine Gefahr bedeutet. Stoffe, die in Europa als gefährlich eingestuft werden, müssen z. B. in China nicht mit besonderen Warnhinweisen gekennzeichnet werden.

Diese Situation führt nicht nur zu ungerechten Wettbewerbsvorteilen, sondern stellt eine ernste Gefahr für die Verbraucher allgemein dar, und dies trifft, obwohl es von Ihnen häufig beanstandet wird, werte Kolleginnen und Kolleginnen, leider in besonderem Maße auf einen globalen Markt zu.

 
  
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  Åsa Westlund (PSE). (SV) Frau Präsidentin! Bevor ich begonnen habe, mich mit Umweltfragen zu beschäftigen, waren meine Kenntnisse über Chemikalien relativ begrenzt. Und ich muss gestehen, je mehr ich gelernt habe, desto skeptischer stehe ich der Anwendung einer so riesigen Menge von chemischen Stoffen in unserer heutigen Gesellschaft gegenüber. Vor kurzem habe ich beispielsweise gelesen, dass der Verbrauch an Reinigungschemikalien für einen ganz normalen Haushalt in meinem Heimatland Schweden drastisch angestiegen ist. Niemand weiß, welche Auswirkungen das tatsächlich auf unsere Gesundheit hat. Was wir wissen, ist, dass bereits heute allein in Schweden jährlich viele Kinder die Notaufnahme aufsuchen müssen, weil sie akut toxische Haushaltschemikalien geschluckt haben, obwohl solche Chemikalien bereits heute eine Warnkennzeichnung tragen.

Leider wird dieser Warnaufdruck nun aufgrund unseres heutigen Beschlusses auf vielen Produkten verschwinden. Ich habe gemeinsam mit einigen Kolleginnen und Kollegen versucht, das zu ändern und diese Kennzeichnung handelsüblicher Haushaltsprodukte beizubehalten. Das ist uns jedoch leider nicht gelungen. Ich bedauere das zutiefst, denn damit geht eine wichtige Verbraucherinformation verloren.

Dennoch begrüße ich die Tatsache, dass die EU jetzt eine einheitliche Vorschrift zur Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung als Ergänzung zu REACH erhält, die auf der Grundlage des bereits vorhandenen freiwilligen internationalen Systems erarbeitet wurde. Das macht es sowohl Verbrauchern als auch Unternehmen leichter. Wenn wir heute diesen Beschluss fassen, wird es von größter Bedeutung sein, dass alle zuständigen nationalen Behörden ihrer Verantwortung gerecht werden und nicht nur Unternehmen, sondern darüber hinaus auch verschiedene Verbrauchergruppen umfassend über das neue Kennzeichnungssystem informieren.

Darum möchte ich die Gelegenheit nutzen, um die Kommission und Kommissar Verheugen dringend aufzufordern, weiterzuverfolgen, wie und mit welchem Erfolg dies in der Praxis durchgeführt wird, damit wir erfahren, ob die europäischen Verbraucher verstehen, was die Kennzeichnung ab jetzt bedeutet.

 
  
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  Rovana Plumb (PSE). (RO) Frau Präsidentin! In Verbindung mit den beiden anderen Rechtsakten – der Verordnung über Detergenzien und der Entscheidung zur Änderung der nachgelagerten Rechtsvorschriften – sollen mit dem Vorschlag für eine Verordnung die europäischen und weltweiten Rechtsvorschriften über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Chemikalien harmonisiert werden. Ihre Durchsetzung wird sich positiv auf die menschliche Gesundheit, den Umweltschutz und die chemische Industrie auswirken sowie Bedeutung für die Entwicklung des Handels in Bezug auf Sicherheit und Verbraucherinformationen tragen.

Die Umsetzung des GHS, des weltweit harmonisierten Systems zur Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Chemikalien, muss Hand in Hand mit der Durchsetzung der REACH-Richtlinie für Hersteller – in der EU gibt es etwa 27 000, von denen 95 % kleine und mittlere Unternehmen sind – sowie mit der Entwicklung des Handels mit Nicht-EU-Mitgliedern gehen, was 25 % des Handelsvolumens der Europäischen Union ausmacht. Ich bitte die Kommission, den Vorschlag für die Durchsetzung der neuen Verordnung über den gesamten Produktmanagementzyklus, einschließlich der Entsorgung des Erzeugnisses, nicht zurückzuziehen.

Ich gratuliere der Berichterstatterin zu ihrer Arbeit.

 
  
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  Edit Herczog (PSE).(HU) Vielen Dank, Frau Präsidentin. Meine Glückwünsche gelten der Kommission und den Berichterstattern, die es vermocht haben, eine konstruktive Diskussion über den UN-Vorschlag und den von uns bereits verabschiedeten REACH-Plan anzustoßen, und das hat Fortschritte gezeitigt. Der größte Gewinn ist aus Sicht des Ausschusses für Binnenmarkt, der Verbraucher und der Unternehmen die einheitliche Kennzeichnung. Vergessen wir aber nicht, dass chemische Stoffe durch die Kennzeichnung nicht sicherer werden! Eine sicherere Verwendung und zielgerechtere Auswahl durch den Verbraucher schaffen mehr Sicherheit. Deshalb können wir feststellen, dass dieser Legislativentwurf einen Schritt nach vorn bedeutet und begrüßenswert ist. Und schließlich möchte ich Sie darauf aufmerksam machen, dass wir uns als Europäische Union mit der UNO verbündet haben und nun in Zusammenarbeit mit ihr alles daransetzen müssen, dass auch die übrige Welt dies übernimmt. Ich unterbreite diesen Vorschlag, damit wir möglichenfalls in der übrigen Welt, im Transatlantischen Wirtschaftsrat und in anderen internationalen Foren Nachahmer für unsere Rechtsvorschriften für die chemische Industrie finden. Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

 
  
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  Alessandro Foglietta (UEN).(IT) Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich möchte die Berichterstatterin, Frau Sartori, zusammen mit ihren Schattenberichterstattern, sowie den Rat und die Kommission dazu beglückwünschen, in erster Lesung eine Einigung über das GHS-Paket erzielt zu haben.

Wir vermochten das Ziel zu erreichen, das wir uns gesetzt hatten, nämlich die zügige und mit der REACH-Verordnung im Einklang stehende Einrichtung des neuen Systems und die gleichzeitige Gewährleistung eines hohen Schutzniveaus der menschlichen Gesundheit und der Umwelt sowie ferner die Berücksichtigung der Handelserfordernisse der Unternehmen, die sich künftig leichter den Außenmärkten zuwenden können.

Sobald das GHS in Betrieb ist, werden die Unternehmen auf der Grundlage eines einheitlichen weltweit harmonisierten Systems zur Einstufung von Chemikalien, das unter anderem über die Europäische Agentur für chemische Stoffe einen leichteren Zugang zu den einschlägigen Rechtsvorschriften ermöglicht, arbeiten können. Mit dieser Verordnung, mit der die internationalen Kriterien für die Einstufung und Kennzeichnung von gefährlichen Stoffen und Gemischen in der Europäischen Union eingeführt werden, werden wir dafür sorgen, dass unsere Unternehmen darauf vorbereitet sind, sich dem Weltmarkt zu öffnen. Unzweifelhaft wird auch der Verbraucher, der gefährliche Stoffe wie beispielsweise toxische, ätzende und Reiz erzeugende Substanzen leichter wird erkennen können, Vorteile daraus ziehen.

Das GHS-Kennzeichnungssystem mit seinen einheitlichen und leicht verständlichen Piktogrammen wird die Erkennung der Gefahren von in alltäglichen Gebrauchsgütern wie Reinigungsmittel und Seifen enthaltenen Chemikalien erleichtern. Außerdem wird das GHS, das für zahlreiche Stoffe besondere Sicherheitsvorkehrungen für den Verpackungsverschluss verlangt, zum Schutz unserer Kinder vor gefährlichen häuslichen Unfällen durch unbeabsichtigte Einnahme toxischer oder ätzender Substanzen beitragen.

Selbstverständlich wird das GHS den Unternehmen, vor allem den kleinen und mittleren, die Vertrauen in das neue System gewinnen müssen, gewisse Anstrengungen abverlangen. Das System wird nämlich sieben neue Gefahrenkategorien sowie eine neue Einstufung für das Transportwesen einführen. Deshalb sind wir über das erzielte Einvernehmen mit dem Rat, der der notwendigen Unterstützung, Unterrichtung und Einarbeitung vor allem der KMU Rechnung getragen hat, besonders erfreut.

Bei dem Einvernehmen wurde ferner berücksichtigt, dass sich alle Fraktionen darin einig sind, dass Tierversuche und eventuelle Überschneidungen solcher Versuche auf ein Minimum begrenzt werden müssen. Aus all diesen Gründen wird meine Fraktion für das vorgelegte Paket stimmen.

 
  
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  Carl Schlyter (Verts/ALE). (SV) Ich möchte nur darauf antworten, was mein Kollege Booth eben gesagt hat, nämlich, dass die Umweltbewegung Menschen schützen möchte, aber keine Tiere. Er scheint da etwas missverstanden zu haben. Hier geht es um die Einstufung. In den Texten, auf die sich Herr Booth bezieht, steht, dass ein chemisches Gemisch nicht zum Zweck der Einstufung manipuliert werden darf, um einen bestimmten Grenzwert zu unterschreiten, und das nicht zahlreiche Tierversuche durchgeführt werden dürfen, um eine Kennzeichnung zu vermeiden. Das würde nämlich dazu führen, dass wir viele chemische Gemische erhalten, die gefährliche Stoffe, aber unterschiedlicher Art, enthalten und somit nicht genau die Grenzwerte für eine Kennzeichnung erreichen. Der Zweck wäre in diesem Fall somit die Durchführung von Tierversuchen einzig und allein zur Vermeidung einer Kennzeichnung. Aus diesem Grunde brauchen wir diese Texte.

Hier gehen die Tiergesundheit und die menschliche Gesundheit Hand in Hand. Tierversuche werden vermieden, aber Menschen erhalten vernünftige Informationen über die Chemikalien, damit sie konkrete Maßnahmen ergreifen können, um sich davor zu schützen. Herr Booth hat das wirklich missverstanden.

 
  
  

VORSITZ: MARTINE ROURE
Vizepräsidentin

 
  
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  Günter Verheugen, Vizepräsident der Kommission. − Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten! Diese sehr intensive und auch durchaus lebhafte Debatte hat gezeigt, dass wir es mit einem wichtigen und weit reichenden Thema zu tun haben. Ich denke schon, dass wir heute feststellen können, dass mit diesem Schritt die sich über viele Jahre erstreckende intensive Gesetzgebungsarbeit in Bezug auf die chemische Industrie und die Herstellung und Verwendung von Chemikalien in Europa zu einem Abschluss gekommen ist.

Ich möchte das auch sehr deutlich sagen, im Hinblick auf das schöne Bild, das Frau Breyer verwendet hatte: Wer sitzt da in der Lokomotive, und wer sitzt im Bremserhäuschen? Eines kann man nicht bezweifeln: Was die Chemikaliengesetzgebung angeht, ist die Europäische Union die Lokomotive der Welt. Nirgendwo sonst gibt es Bestimmungen, wie wir sie eingeführt haben, und nirgendwo sonst werden an die chemische Industrie solche Anforderungen gestellt, wie wir das tun. Die Kommission ist deshalb sehr entschieden der Meinung, dass wir im Zusammenhang mit der horizontalen Gesetzgebung für diesen Sektor jetzt ein paar Jahre Zeit brauchen, um das alles auch zu verwirklichen, was wir bereits beschlossen haben, und dass wir nicht schon gleich wieder große Pläne haben sollten. Die REACH-Gesetzgebung sieht ja aus guten Gründen Überprüfungszeiträume vor, und wir sollten auch wirklich die vom Gesetzgeber beschlossenen Überprüfungszeiträume strikt beachten. Das heißt, die Kommission wird die Berichte und Vorschläge immer rechtzeitig vorlegen. Aber was große horizontale Initiativen angeht, so sage ich noch einmal, dass die Kommission nicht die Absicht hat, in absehbarer Zeit weitere Vorschläge zu machen.

Ich kann Sie auch im Hinblick auf die globale Wirksamkeit dieses Systems beruhigen. Alle mir zur Verfügung stehenden Informationen zeigen, dass in der Tat weltweit alle Betroffenen intensiv an der Umsetzung des von den Vereinten Nationen beschlossenen Systems arbeiten. Wir liegen eindeutig vorne, was die tatsächliche Umsetzung angeht. Ich denke, dass eine ganze Reihe von wichtigen Ländern in der Welt genau auf das warten, was heute hier passiert ist, weil sie sich bei ihrer eigenen Gesetzgebung, bei der eigenen Umsetzung doch an dem orientieren wollen, was wir in der Europäischen Union tun. Ich rechne damit, dass wir jetzt in einer ganzen Reihe von Ländern sehr schnell erleben werden, dass die Prozesse abgeschlossen werden.

Der Kollege Schwab hat eine sehr interessante Frage aufgeworfen, die Frage nämlich, ob wir bei den Konservationsgrenzwerten in Anhang 6 Übergangsfristen haben sollten, die im Zuge des Kompromisses zwischen den Gesetzgebern gestrichen worden sind. Ich kann nur sagen: Die Kommission hat kein Problem mit Übergangsfristen. Ich persönlich halte sie sogar für absolut notwendig und angemessen. Was hier nicht im Gesetz steht, ist aber kein Zufall, es ist Teil des Gesamtkompromisses, und bei Abwägung aller Umstände denke ich nicht, dass es für die Kommission richtig gewesen wäre, den Kompromiss wegen dieser Frage von Übergangsfristen für einige wenige Produkte zum Scheitern zu bringen. Wir werden aber darauf achten, dass der Wille des Gesetzgebers in angemessener Form realisiert wird.

Ich teile die Bedenken derjenigen, die sich besorgt über Tierversuche geäußert haben. Ich hoffe sehr, dass diese Gesetzgebung nicht zu einer Vermehrung von Tierversuchen führt. Es ist wichtig, dass auf jeden Fall Tierversuche mit Primaten im Zusammenhang mit dieser Gesetzgebung verboten sind. Ich will Ihnen noch einmal ganz deutlich sagen, dass die Politik dieser Kommission mit aller Energie dafür sorgen wird, dass Tierversuche soweit wie möglich zurückgedrängt werden. Das heißt für mich in erster Linie, dass wir unsere Bemühungen immer weiter verstärken müssen, anerkannte alternative Methoden zu finden, mit denen Tierversuche ersetzt werden. Jeder von Ihnen, der in dieser Richtung Sorgen hat, findet mich auf seiner Seite.

Lassen Sie mich abschließend noch sagen, dass ich glaube, dass wir hier ein Stück Gesetzgebung vor uns haben, das für alle Betroffenen eine Win-Win-Situation darstellt. Ich bin allen, die daran mitgewirkt haben, sehr dankbar.

 
  
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  Amalia Sartori, Berichterstatterin. (IT) Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Mit der geführten Aussprache bin ich außerordentlich zufrieden. Ich möchte allen Kolleginnen und Kollegen für ihre heutigen Redebeiträge danken, und ich möchte mich bei ihnen auch für ihren freundlichen Zuspruch zu meiner Arbeit bedanken, die nur mit ihrer Hilfe sowie mit der Hilfe der Schattenberichterstatter und Verfasser der Stellungnahmen des Ausschusses für Industrie, Forschung und Energie und des Ausschusses für Binnenmarkt und Verbraucherschutz durchgeführt werden konnte. Die große Mehrheit der Kolleginnen und Kollegen, die das Wort ergriffen haben, ist mit den erzielten Ergebnissen offensichtlich zufrieden.

Ich begrüße es, wenn hier gesagt wurde, auch das GHS sei ein fortlaufender Prozess; darüber hinaus ist es eine Arbeitsmethode, die wir festgelegt haben. Genau darum geht es in solchen Situationen, und uns ist bewusst, dass sich die Welt weiter ändern und fortentwickeln wird. Dies ist der Grund, weshalb wir bei dieser Verordnung ebenso wie bei REACH und anderen Verordnungen darauf bedacht waren, eine sehr genaue, präzise Rahmenregelung zu schaffen und Spielraum für künftige Änderungen anhand von Kriterien zu lassen, die allerdings schon vorher festgesetzt wurden. In diesem Sinne habe ich die Ausführungen des Kommissars verstanden, der soeben von der Möglichkeit der stückweisen Verwirklichung dessen, was beschlossen worden ist, sprach.

Wir sind uns dessen bewusst, dass wir heute eine Verordnung verabschieden werden, die breite Zustimmung findet und den Verbrauchern und Arbeitnehmern in diesem Sektor, die die überwältigende Mehrheit der Bevölkerung darstellen, Vorteile bringen kann. Wir wissen, dass es sich hier um Bestimmungen handelt, die als Rahmen sowie als unbestrittene und unantastbare Bezugspunkte dienen werden. Nochmals, hier geht es um einen in ständigem Wandel begriffenen Bereich und um die Bezugnahme auf die Bestimmungen, die von der Kommission bearbeitet werden.

 
  
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  Die Präsidentin. - Die gemeinsame Aussprache ist geschlossen.

Die Abstimmung findet heute statt.

Schriftliche Erklärungen (Artikel 142)

 
  
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  Daciana Octavia Sârbu (PSE), schriftlich. – (RO) Der Vorschlag für einen Beschluss zur Einführung des weltweit harmonisierten Systems zur Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Chemikalien (GHS) stellt einen wichtigen Schritt auf dem Weg zu Umwelt- und Verbraucherschutz dar, da Verbraucher damit über mehr Entscheidungsmacht verfügen werden sowie für Unternehmen, die auf dem internationalen Markt agieren wollen.

Die harmonisierte Verwendung von Kennzeichnungen und die einheitliche Beschreibung von Gefahren, die durch chemische Stoffe verursacht werden, sorgen für größeres Vertrauen der Verbraucher in die entsprechenden Erzeugnisse und erleichtern zudem den internationalen Handel, da die Industrie so in der Lage ist, die gleichen Kennzeichnungsschilder für alle Ausfuhrregionen zu verwenden. Darüber hinaus spielt das harmonisierte System zur Kennzeichnung von Stoffen eine entscheidende Rolle, um den freien Warenverkehr im Binnenmarkt zu gewährleisten.

Dennoch muss sichergestellt werden, dass sich durch die Verordnung nicht die Zahl von Tests an Wirbeltieren zum Zwecke der Harmonisierung der Einstufungskriterien erhöht, sondern diese nur durchgeführt werden, wenn keine alternativen, qualitativ gleichwertigen Lösungen zur Verfügung stehen.

Durch das weltweit harmonisierte System der Einstufung sollte auch die Anwendung von Methoden möglich sein, bei denen keine Tierversuche zum Einsatz kommen, selbst wenn ihre Validierung ein langes und kostspieliges bürokratisches Verfahren nach sich zieht. Da Tierversuche nie offiziell bewertet worden sind, scheint die Authentifizierung alternativer Tests lästig, aber die diesbezügliche Forschung sollte gefördert werden.

 
  
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  Richard Seeber (PPE-DE), schriftlich. – In der modernen Welt kommen die Konsumenten immer häufiger mit verschiedenen und manchmal auch gefährlichen Substanzen in Kontakt.

Bei der Verwendung mancher Produkte auch des täglichen Lebens sind Informationen über die darin enthaltenen Stoffe für eine sichere und nicht gesundheitsgefährdende Nutzung unerlässlich. Das 2002 auf UNO-Ebene mit reger Beteiligung der EU entwickelte Global Harmonisierte System zur Einstufung und Kennzeichnung von Chemikalien ist im heurigen Jahr von allen Mitgliedstaaten zu implementieren. Ein Hauptvorteil dieses Systems ist die Verwendung von allgemein gültigen Piktogrammen. Konsumenten und Wirtschaftstreibende können somit auf einen Blick sehen, ob ein Produkt besondere Stoffe, die auch gefährlich sein können, enthält. Zudem werden mit diesem System einheitliche Definitionen, beispielsweise der LD50 (lethal dose 50) eingeführt, die einen klaren Hinweis auf die Gefährlichkeit des Stoffes geben. Die Gemeinschaft und wir im Europäischen Parlament haben es uns zum Ziel gemacht, Tierversuche zur Einschätzung der Stoffe möglichst hintan zu halten.

Des Weiteren wurden die Definitionen präzisiert und klarere Handlungsanweisungen an die Behörden in den Mitgliedstaaten ausgearbeitet. Die erfolgreiche Implementierung des Global Harmonisierten Systems zur Einstufung und Kennzeichnung von Chemikalien stellt einen wichtigen Meilenstein zur Verwirklichung des europäischen Binnenmarktes dar, der zudem dem internationalen Handel zugute kommt.

 

4. Typgenehmigung von Kraftfahrzeugen mit Wasserstoffantrieb (Aussprache)
Video der Beiträge
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  Die Präsidentin. – Als nächster Punkt folgt der Bericht von Anja Weisgerber im Namen des Ausschusses für Binnenmarkt und Verbraucherschutz über den Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über die Typgenehmigung von Kraftfahrzeugen mit Wasserstoffantrieb und zur Änderung der Richtlinie 2007/46/EG (KOM(2007)0593 – C6-0342/2007 – 2007/0214(COD)) (A6-0201/2008).

 
  
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  Günter Verheugen, Vizepräsident der Kommission. − Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordnete! Es geht wieder einmal um das Auto der Zukunft – ein Thema, das das Europäische Parlament in dieser Woche ja in einem anderen Zusammenhang schon sehr intensiv beschäftigt hat.

Heute sprechen wir über eine technische Möglichkeit, die uns helfen könnte, die von Kraftfahrzeugen verursachten Umweltprobleme zu lösen. Ich wiederhole: eine Möglichkeit, die uns helfen könnte. Wir wissen nicht, ob diese Möglichkeit flächendeckend realisiert werden kann, aber wir sollten die Chance dazu nutzen. Darum geht es.

Wir stimmen ja alle darin überein, dass nachhaltige Mobilität für die kommenden Jahre eine der zentralen Herausforderungen ist, die wir lösen müssen. Wir wollen den Bürgerinnen und Bürgern Europas das Recht auf individuelle Mobilität nicht einschränken. Auf der anderen Seite kann kein Zweifel daran bestehen, dass dieses Recht auf individuelle Mobilität – also im Klartext gesprochen das Recht, Auto zu fahren, ein Auto zu besitzen und zu benutzen – in einer Art und Weise genutzt werden muss, die unsere Umwelt nicht zerstört, das heißt, wir brauchen Autos, die umweltverträglich sind.

Nebenbei bemerkt: Das ist nicht nur im Hinblick auf den Zustand der Umwelt dringend erforderlich, das wird auch ökonomisch immer wichtiger. Der herkömmliche Verbrennungsmotor ist nicht mehr zeitgemäß, weil der Kraftstoffverbrauch so hoch ist und wir alles daran setzen müssen, den Verbrauch von fossilen Brennstoffen überall, wo er erfolgt, zu reduzieren.

Deshalb also in diesem Kontext die Frage: Können wir die Entwicklung von Kraftfahrzeugen mit Wasserstoffantrieb erleichtern? Der Vorschlag, den die Kommission gemacht hat, nämlich eine Verordnung zur Typzulassung von Kraftfahrzeugen mit Wasserstoffantrieb, folgt diesem Grundgedanken.

Ich möchte zuerst der Berichterstatterin, Frau Weisgerber, für die konstruktive und erfolgreiche Arbeit an diesem Vorschlag danken. Ich bin sehr froh, dass durch diese Arbeit von Frau Weisgerber eine Einigung in erster Lesung möglich wurde.

Wir wissen derzeit noch nicht, welches die beste Technologie für eine nachhaltige Mobilität ist. Wenn Sie die Zeitungen aufschlagen und sich die Fernsehprogramme anschauen, werden Sie jeden Tag mit einer anderen Erkenntnis konfrontiert. Die einen reden von der Brennstoffzelle, andere reden vom Elektroauto, wieder andere reden von neuartigen Hochleistungsbatterien. Es gibt viele Möglichkeiten, die mit dem Wasserstoffantrieb konkurrieren, auf jeden Fall Elektromotoren und Brennstoffzellen.

Unsere Aufgabe besteht darin, unter strikter Wahrung der technologischen Neutralität die notwendigen Sicherheitsvorgaben für vielversprechende Technologien festzulegen. Dazu gehört eben auch Wasserstoff. Wasserstoff kann konventionellen Kraftstoff ersetzen und die nachteiligen Auswirkungen des Straßenverkehrs auf die Umwelt beträchtlich reduzieren. Ich möchte allerdings – in Klammern – hinzufügen, dass all diese Überlegungen nur dann Sinn machen, wenn wir Wasserstoff auf eine umweltfreundliche Art und Weise herstellen können. Wenn Wasserstoff mit schmutziger Energie hergestellt wird, dann verlagern wir das Problem nur.

Mit der vorgeschlagenen Verordnung werden Fahrzeuge mit Wasserstoffantrieb in das europäische System der Typzulassung integriert. Wasserstofffahrzeuge werden auf diese Art und Weise wie herkömmliche Kraftfahrzeuge behandelt, so dass eine einzige Genehmigung für die gesamte Europäische Union ausreicht. Dieser Genehmigungsprozess ist weniger schwerfällig und wesentlich kostengünstiger. Hersteller können alle Formalitäten bei einer einzigen Anlaufstelle erledigen und damit erhebliche Einsparungen erzielen. Dies stärkt die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie und bedeutet weniger Verwaltungsaufwand.

Wasserstoff hat andere Eigenschaften als konventionelle Kraftstoffe wie Benzin und Diesel. Der Vorschlag legt daher vor allen Dingen die erforderlichen Sicherheitsanforderungen fest. Wir müssen insbesondere gewährleisten, dass die Speicherung des Wasserstoffs im Fahrzeug absolut sicher ist. Mit dieser Verordnung wird erreicht, dass alle in der Europäischen Union in Verkehr gebrachten Kraftfahrzeuge mit Wasserstoffantrieb so sicher sind wie Fahrzeuge mit konventionellem Antrieb. Das soll auch dazu beitragen, das Vertrauen der Öffentlichkeit in eine ungewohnte neue Technologie zu stärken. Der Vorschlag führt auch ein System zur Identifizierung der Fahrzeuge ein, damit Rettungsdienste Wasserstofffahrzeuge ohne weiteres erkennen können.

Die enge Zusammenarbeit zwischen Parlament, Rat und Kommission hat sich positiv auf das Verhandlungsergebnis ausgewirkt. Ich kann deshalb allen Änderungsvorschlägen, die Ihre Berichterstatterin, Frau Weisgerber, eingebracht hat, nur zustimmen.

 
  
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  Anja Weisgerber, Berichterstatterin. − Frau Präsidentin, Herr Kommissar Verheugen, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die fossilen Energieträger sind endlich. Die Nachfrage steigt und damit auch die Preise. Dies können wir jeden Tag an der Tankstelle feststellen. Die Erwartung, dass Erdöl, Erdgas und Kohle in Zukunft zur Neige gehen, ist ein Grund für steigende Preise. Daher müssen wir heute schon Technologien erforschen, die fossile Energieträger in Zukunft ersetzen können.

Eine dieser Alternativen – Herr Kommissar Verheugen hat gerade völlig zu Recht betont: eine dieser Alternativen, aber es ist eine Alternative – ist die Wasserstofftechnologie. Natürlich sind Wasserstofffahrzeuge momentan noch nicht marktreif. Doch es laufen verschiedene Förderprojekte, um dies zu ändern. Das EU-Projekt Highways ist gerade erst mit einem ermutigenden Bericht abgeschlossen worden.

Die Forschungsminister der EU haben im Februar eine langfristige öffentlich-private Forschungspartnerschaft beschlossen. Diese hat das Ziel, zwischen 2015 und 2025 die Marktreife der Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie zu erreichen. Dazu sollen in den kommenden Jahren insgesamt ca. 940 Millionen Euro in dieses Forschungsprogramm investiert werden – jeweils die Hälfte von öffentlichen Stellen und von privaten Investoren.

Wir sehen, alle Weichen für die Marktreife von Wasserstofffahrzeugen sind gestellt. Die derzeit noch hohen Preise für die Brennstoffzellen können kein wirksames Argument gegen die Wasserstofftechnolgie sein. Dies ist nämlich bei allen Zukunftstechnologien so: Die erste Digitalkamera mit 0,5 Megapixeln wurde vor Jahren für die Raumfahrt entwickelt und hat etwa 10 Millionen Euro gekostet. Heute hat fast jeder eine Digitalkamera.

Mit der vorliegenden Verordnung wird es künftig zum ersten Mal europaweit harmonisierte technische Vorschriften für die Zulassung von Wasserstofffahrzeugen mit Wasserstoffantrieb geben. Einheitliche Kriterien sind notwendig, um die Verbreitung dieser Technologie zu fördern und gleichzeitig ein hohes Sicherheits- und Umweltschutzniveau zu gewährleisten.

Wasserstofffahrzeuge sind derzeit nicht in das EG-Typgenehmigungssystem einbezogen. Daher können die Mitgliedstaaten für solche Fahrzeuge Einzelgenehmigungen erteilen. In manchen Mitgliedstaaten gibt es eine entsprechende Praxis, in anderen ist dies vollkommen unbekannt. Bei dieser Genehmigungspraxis besteht eben die Gefahr, dass jeder Mitgliedstaat seine eigenen Genehmigungsbedingungen aufstellt und der Binnenmarkt gestört wird. Dies würde zu hohen Kosten für die Hersteller und zu Risiken für die Sicherheit führen.

Wasserstoff ist einer der Energieträger der Zukunft. Es ist daher unsere Aufgabe – die wir heute mit der Verabschiedung dieser Verordnung erfüllen –, mit einheitlichen Zulassungskriterien die politischen Rahmenbedingungen für den Einsatz dieser Zukunftstechnologie festzulegen. Ich freue mich, dass es uns fraktionsübergreifend gelungen ist, eine Einigung in erster Lesung zu erzielen, und dass wir auch eine so exzellente Zusammenarbeit mit dem Rat und der Kommission hatten. Mein Dank für die ausgezeichnete Zusammenarbeit gilt daher insbesondere den Schattenberichterstattern – Herrn Bulfon und Herrn Manders möchte ich namentlich auch erwähnen. Dadurch wurde eine Einigung in erster Lesung möglich. Unser Hauptaugenmerk lag dabei auf der Frage der Kennzeichnung von Wasserstofffahrzeugen.

Wasserstoffbetriebene Fahrzeuge sind genauso sicher wie Personenkraftwagen mit Diesel- oder Benzinantrieb. Nach der Verordnung müssen sie genauso strenge Sicherheitstests bestehen wie alle anderen Fahrzeuge. Es ist aber sinnvoll, dass Rettungskräfte bei einem Einsatz am Unfallort wissen, dass sie es mit einem Wasserstofffahrzeug zu tun haben. Dann können sie bestimmte Besonderheiten berücksichtigen. Allerdings dürfen Wasserstofffahrzeuge dadurch auch nicht ungerechtfertigt an den Pranger gestellt werden. Denn – wie gesagt – Wasserstoffautos sind ebenso sicher wie Fahrzeuge mit anderen Treibstoffen. Das ist eine wichtige Botschaft, die ich auch herüberbringen möchte.

Daher schlagen wir vor, dass Wasserstofffahrzeuge zunächst eine dezente Kennzeichnung an den wasserstoffführenden Bauteilen erhalten. Wir haben aber zusammen mit Kommission und Rat den Kommissionstext auch noch einmal verbessert und das Wort „Kennzeichnung“ durch „Identifikation“ ersetzt, denn langfristig sollte und könnte diese Kennzeichnung durch eine elektronische Identifikation ersetzt werden. Es handelt sich dabei um ein intelligentes Notrufsystem, genannt eCall.

Es sind noch weitere Fragen aufgeworfen worden. Ich werde am Ende vielleicht noch einmal kurz auf die Frage der Wasserstofftankstellen-Infrastruktur eingehen. Ich freue mich jetzt auf die angeregte Diskussion und bin gespannt auf Ihre Redebeiträge.

 
  
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  Alojz Peterle, Verfasser der Stellungnahme des mitberatenden Ausschusses für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit. − (SL) Ich möchte meiner Kollegin, Frau Dr. Weisgerber, für ihren herausragenden Bericht danken und meine Zufriedenheit darüber zum Ausdruck bringen, dass wir so schnell ein derart hohes Maß an Konsens mit dem Rat erzielen konnten. Mit dieser Verordnung stellen wir uns auf die Seite der neuen Energie- und Umweltpolitik, die sich zweifelsohne auch positiv auf die öffentliche Gesundheit auswirken wird. Ich stimme mit dem Kommissar darin überein, dass wir diese Gelegenheit beim Schopfe packen müssen. Diese Verordnung zählt zu den ersten Schachzügen und ist Teil der Antwort auf die Herausforderungen im Energie- und Umweltbereich, in dem Wasserstoff eine Schlüsselrolle einnimmt. Wir meinen nicht Wasserstoff allein, sondern auch Wasserstoff, nicht nur die einzelnen Mitgliedstaaten, sondern die gesamte Europäische Union.

Insbesondere auf die richtige Dynamik zur Schaffung des gesamten Umsetzungsrahmens kommt es an. Dabei sollten wir auch sämtliche Erwägungen unserer Bürger berücksichtigen, beginnend bei der Infrastruktur. Die Dynamik der Entwicklung und vor allem das Problem des rasanten Fortschreitens neuer Technologien sind angesichts der außerordentlich angespannten Energielage von entscheidender Bedeutung. Meines Erachtens eröffnen die neuen Technologien ungeahnte Möglichkeiten in dem Sinne, dass die Wasserstofferzeugung dezentral vor sich gehen kann. Wenn noch dazu die Solartechnik eingesetzt wird, lassen sich tatsächlich die Erzeugung streuen und die Abhängigkeit von den derzeit bekannten Energiequellen verringern. Die Kommission könnte nach meinem Dafürhalten die Entwicklung in diese Richtung erfolgreich fördern und beschleunigen.

 
  
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  Malcolm Harbour, im Namen der PPE-DE-Fraktion. (EN) Frau Präsidentin! Im Namen des Ausschusses und natürlich als Mitglied meiner eigenen Fraktion möchte ich der Berichterstatterin Anja Weisgerber herzlich danken, die ein weiteres Mal, wie ich meine, ihre Beherrschung komplexer technischer Dossiers bewiesen hat, wobei sie auch schon sehr erfolgreich an einigen Dokumenten zum Thema Emissionen als Verfasserin der Stellungnahme mitgewirkt hat. Aber ich bin hocherfreut, dass sie nun ihren eigenen Bericht hat, und ich beglückwünsche sie zu der sehr sorgfältigen Art und Weise, in der sie diese bedeutsame Aufgabe bewältigt hat. Ich weiß, wie viel Arbeit darin steckt, war ich doch selber der Berichterstatter über die allgemeine Richtlinie zur Typgenehmigung.Ich möchte auch Günther Verheugen und seinen Mitarbeitern in der Kommission danken, die uns sehr zügig und rechtzeitig diesen wichtigen Vorschlag vorgelegt haben, der die konkreten Anforderungen für Wasserstofffahrzeuge auf wirksame Weise in die Rahmenrichtlinie zur Typgenehmigung einfügen wird. Nebenbei zeigt es meines Erachtens die Tragweite dieses nun endlich verwirklichten gemeinsamen Rahmens zur Typgenehmigung von Kraftfahrzeugen, dass wir so flexibel sind, um auf diese neuen Entwicklungen reagieren und diese mit einbeziehen zu können.In diesem Zusammenhang will ich nur betonen, was einige Kolleginnen und Kollegen schon gesagt haben, aber eben aus meiner Sicht, da ich als Abgeordneter dieses Parlaments in Zusammenarbeit mit der Kommission an der Gruppe CARS 21 beteiligt gewesen bin, die gebildet wurde, um eine wettbewerbsfähige Kfz-Regelungsstrategie für das 21. Jahrhundert zu erarbeiten – genau das beabsichtigte CARS 21 – und dies ist eindeutig ein Vorschlag des 21. Jahrhunderts. Aber ausschlaggebend ist, dass er der herstellenden Industrie – und nicht nur den großen Herstellern, den vielen Unternehmen, die mit der Entwicklung der Systeme und Bauteile zur Verbesserung der Fahrzeuge mit Wasserstoffantrieb beschäftigt sind –einen präzisen Rechtsrahmen zur Verfügung stellen wird, auf dessen Grundlage nun gearbeitet werden kann. Sie müssen nicht darauf warten. Das ist ein Riesenvorteil und er bedeutet, dass wir einen Rahmen für Europa haben werden – einen einzigen Rahmen –, und das wiederum heißt, dass man bei Einhaltung dieser Anforderungen sein Fahrzeug überall verkaufen kann.Aber das ist wirklich nicht genug, und ich freue mich, dass Anja eine konkrete Bitte an die Kommission in ihren Bericht aufgenommen und dabei betont hat: „Wir wollen die Sicherheitsanforderungen an Wasserstofffahrzeuge zu einem weltweiten Anliegen machen“. Weltweit arbeiten Menschen an Normen für Wasserstofffahrzeuge. Es ist absolut der richtige Zeitpunkt, dieses Thema in der weltweiten Arbeitsgemeinschaft für Fahrzeugbau aufzuwerfen, weil wir anfangen sollten, wenn wir vorankommen und diese globalen Normen für Wasserstofffahrzeuge haben wollen. Zugleich soll Europa bei der Entwicklung dieser Technologien Vorreiter sein, und beides können wir mit auf der Grundlage dieses Vorschlags erreichen.

 
  
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  Wolfgang Bulfon, im Namen der PSE-Fraktion. – Frau Präsidentin, Herr Kommissar, Hohes Haus! Ein EU-weites einheitliches Zulassungsverfahren für mit Wasserstoff betriebene Fahrzeuge wird zumindest eine Hürde bei der Entwicklung umweltfreundlicher Formen der Mobilität beseitigen. Gerade im Bereich des öffentlichen Nahverkehrs gibt es bereits einige viel versprechende Projekte, die einen serienmäßigen Einsatz von mit Wasserstoff betriebenen Personenkraftwagen in unmittelbare Nähe rücken lassen. Dabei muss man allerdings auch die Frage stellen, wie der Wasserstoff gewonnen wird. Ob die CO2-Bilanz positiv ausfällt, hängt doch sehr stark davon ab, wie der Wasserstoff künftig hergestellt wird. Es bringt keinen Nutzen, wenn durch die Herstellung mehr CO2 anfällt als durch den Wasserstoffantrieb eingespart wird. Gleichzeitig müssen wir aber dafür sorgen, dass die entsprechende Tankstelleninfrastruktur geschaffen und gebaut wird, denn auch ein wasserstoffbetriebenes Auto muss betankt werden. Hier sind vor allem die Mitgliedstaaten gefordert.

Durch die klaren Vorgaben dieses Berichts, schaffen wir einen Rechtsrahmen, welcher erst die Weiterentwicklung dieser zukunftsträchtigen Technologie und vieler anderer Innovationen möglich macht. Der Präsident dieses Hauses, Herr Pöttering könnte aus eigener Erfahrung über wasserstoffbetriebene Fahrzeuge berichten. Es wäre doch zumindest überlegungswert, seine Erfahrungen dazu zu nutzen, die Flotte dieses Hauses entsprechend zu adaptieren. Es wäre zumindest eine überlegenswerte Anregung.

Abschließend möchte ich mich bei Frau Weisgerber für die freundliche Zusammenarbeit bei der Zusammenstellung und Erstellung dieses Berichts herzlich bedanken.

 
  
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  Vladko Todorov Panayotov, im Namen der ALDE-Fraktion. – (BG) Die Berücksichtigung von Kraftfahrzeugen mit Wasserstoffantrieb im allgemeinen Rechtsrahmen der EU ist von herausragender Bedeutung, da die aktuell geltenden gesetzlichen Verfahren der Typgenehmigung nicht gewährleisten, dass Fahrzeuge gleicher Qualität auf dem gesamten Markt der Europäischen Union freigegeben werden können.

Durch die Verabschiedung einer EU-Verordnung würde man dafür sorgen, dass sämtliche im Markt befindlichen Fahrzeuge mit Wasserstoffantrieb unter Einhaltung einer gemeinsamen Norm hergestellt, geprüft und gekennzeichnet werden sowie dass ihr Sicherheitsniveau mindestens dem von konventionellen Kraftfahrzeugen entspricht. Mit einer gemeinsamen Verordnung würde man zudem die Bündelung von Anstrengungen für die Einführung von Wasserstoff als nachhaltigem Treibstoff garantieren, sodass die gemeinsame Umweltbilanz durch die Einführung von Wasserstoff als Brennstoff für Kraftfahrzeuge positiv ausfiele. Die europaweite Verordnung sollte auch gemeinsame Anforderungen in Bezug auf die Überwachung der betreffenden Kraftfahrzeuge und die notwendige Infrastruktur – Tankstellen – umfassen.

Durch Annahme einer EU-Vorordnung würde zudem die Anwendung gemeinsamer Normen für die Herstellung und den Betrieb von wasserstoffbetriebenen Fahrzeugen gewährleistet werden, die in Drittstaaten wie den USA und den ASEAN-Ländern gefertigt werden, womit ein Beitrag zur Verteidigung der Interessen Europas geleistet werden würde.

Gestatten Sie mir, darauf hinzuweisen, dass die Mitgliedstaaten aufgrund des Handlungsdefizits auf EU-Ebene anderenfalls abweichende Standards für Fahrzeuge mit Wasserstoffantrieb annehmen, was zu Nachteilen im Binnenmarkt hinsichtlich von Kosteneinsparungen durch Massenproduktion sowie zu Verzögerungen in der Fahrzeugentwicklung führt.

Erst wenn eine, nur eine einzige, Typengenehmigung je Fahrzeug ausreicht, um es für den EU-Markt freizugeben, sollten sich die EU-Mitgliedstaaten für Fahrzeuge mit Wasserstoffantrieb öffnen. Durch diese Genehmigung wird die Einführung dieser umweltfreundlichen Technologie für den Antrieb von Fahrzeugen beschleunigt, wodurch die Umweltvorteile durch den Einsatz von Wasserstofffahrzeugen früher erkennbar werden.

Und schließlich könnten Investitionen in die Fertigung von Fahrzeugen mit Wasserstoffantrieb, in Fertigungswerkstoffe und Überwachungsmöglichkeiten weitere Impulse erhalten, was die schnelle Einführung der Wasserstofftechnologie in den Ländern der Europäischen Union fördern würde.

 
  
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  Leopold Józef Rutowicz, im Namen der UEN-Fraktion. – (PL) Frau Präsidentin! Herr Kommissar! Die Einführung von Kraftfahrzeugen mit Wasserstoffantrieb wird Auswirkungen auf den Umwelt- und Gesundheitsschutz sowie den Treibhauseffekt haben und ist wegen der Knappheit herkömmlicher Kohlenwasserstoff-Brennstoffe von politischer und wirtschaftlicher Bedeutung. Der für ihre Einführung wichtigste Schritt ist die Ausarbeitung einer Richtlinie über die Typgenehmigung von Kraftfahrzeugen mit Wasserstoffantrieb. Ich möchte zwei Anmerkungen zum Richtlinienentwurf und den Änderungsanträgen machen.

Erstens wird im Entwurf die Notwendigkeit der Überprüfung der Vorschriften für Instandhaltung und Einsatz bei der Typgenehmigung außer Acht gelassen. Wasserstoff als Kraftstoff mit seinem äußerst hohen Energiewert ist ein besonders gefährliches Produkt, mit dem Fahrzeugbenutzer erstmals zu tun haben.

Zweitens wird eine Überprüfung nach einem Jahr nach Inkrafttreten der Richtlinie festgelegt, um Schlussfolgerungen aus ihrer Funktionsweise und festgelegte internationale Normen in diesem Bereich zu berücksichtigen.

Die UEN-Fraktion unterstützt die Einführung der Richtlinie. Ich danke Frau Weisgerber für ihren professionellen Bericht.

 
  
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  Jaromír Kohlíček, im Namen der GUE/NGL-Fraktion. – (CS) Liebe Kolleginnen und Kollegen! Beim Lesen der Begründung zu der hier diskutierten Verordnung war ich unangenehm überrascht. Einerseits ermöglicht Wasserstoff die Speicherung von Energie, andererseits lässt sich damit praktisch ein erheblicher Anteil der Emissionen eliminieren. Die Richtlinie sieht jedoch auch seine Einbeziehung in die traditionellen Systeme vor. Einfach gesagt: Wasserstoff soll zur Verbrennung genutzt werden.

Neben dem Problem der Verbrennung eines Methan-Wasserstoff-Gemischs, worüber ich einiges weiß, da sich meine Dissertation mit Verbrennung beschäftigt hat, müsste bei der Nutzung üblicher Motoren auch Harnstoff zum Einsatz kommen, um die Abgaswerte nach Euro 5 bis Euro 6 zur Eliminierung von Stickoxiden zu erreichen.

Ein Ziel der Europäischen Union besteht darin, die Nutzung von Wasserstoff im Verkehr in nächster Zukunft auszuweiten; bis 2020 soll es hier einen drastischen Anstieg geben. Es stimmt, dass die mit der Lagerung und Handhabung von Wasserstoff verbundenen technischen Probleme klare und einheitliche Vorschriften einschließlich der Kennzeichnung der mit Wasserstoff arbeitenden Systeme erfordern. Hier stimme ich mit der Berichterstatterin völlig überein. Ich möchte aber auch betonen, dass es in vielen Ländern verboten ist, Fahrzeuge, die mit Druckbehältern ausgestattet sind, in geschlossenen Räumen, vor allem in unterirdischen Parkhäusern, zu parken. Auch deshalb ist eine einfache Kennzeichnung dafür so notwendig.

Wasserstoffbetriebene Brennstoffzellen stellen einen der viel versprechenden Fahrzeugantriebe dar. In vielen Städten der Europäischen Union verkehren bereits seit längerer Zeit Busse, die diese Energiequelle nutzen. Ich glaube, dass die vorbereitete und diskutierte Verordnung eine Vereinheitlichung der grundlegenden Anforderungen an die technische Ausstattung von Kraftfahrzeugen mit Wasserstoffantrieb ermöglichen wird. Ich hoffe, dass damit bessere Rahmenbedingungen für eine schnelle technische Weiterentwicklung und für die betriebstechnische Überprüfung der einzelnen Systemkomponenten von Wasserstofffahrzeugen geschaffen werden. So kann die praktische Nutzung, vor allem wasserstoffbetriebener Brennstoffzellen, wesentlich beschleunigt werden, aber Wasserstoff darf nicht mehr in größerem Umfang in herkömmlichen Systemen, d. h. in Verbrennungsmotoren, eingesetzt werden, da dies meiner Ansicht nach unsinnig ist. Unter diesem Vorbehalt empfehle ich im Namen der GUE/NGL-Fraktion wärmstens, das Dokument anzunehmen.

 
  
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  Andreas Schwab (PPE-DE). - Frau Präsidentin, Herr Kommissar, liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Bericht von Frau Kollegin Weisgerber ist ein Musterbeispiel dafür, wie sich die europäische Politik an die wandelnden Märkte anpasst und frühzeitig, proaktiv Normen und Rechtsgrundlagen für technologische Innovationen schafft. Der Rat will sich in wenigen Monaten mit der Normung beschäftigen und dazu Schlussfolgerungen ziehen. Bei dieser Diskussion wird auch die Frage eine Rolle spielen, wie schnell Normen auf den technologischen Fortschritt reagieren, wie schnell der Gesetzgeber auf den technologischen Fortschritt reagiert und wie schnell sich Normen an die wirtschaftliche Realität anpassen. Ich glaube, dass mit dem vorliegenden Bericht über die Typgenehmigung von Wasserstofffahrzeugen Europa Vorreiter auf einer einheitlichen regulatorischen Plattform für die Entwicklung von Wasserstofffahrzeugen sein kann.

Zu Recht wurde darauf hingewiesen, dass bis heute nicht feststeht, ob die Nutzung von Wasserstoff als Treibstoff für Kraftfahrzeuge am Ende dem Grundsatz der Nachhaltigkeit entspricht und ökologisch nachhaltig sein wird. Dies kann aber heute auch nicht ausgeschlossen werden. Deswegen glaube ich, dass wir für die weitere Erforschung mit diesem Bericht eine gute Grundlage für die im europäischen Binnenmarkt führenden Forschungsinstitute und vor allem für die führenden Unternehmen schaffen. Dies ist besonders wichtig, auch vor dem Hintergrund der Diskussion über die CO2-Politik bei Kraftfahrzeugen und des Wunsches, hier eine stärkere Fächerung der verschiedenen Technologien hinzubekommen, um am Ende wirklich zu wissen, welches Fahrzeug, welche Motortechnik für die Umwelt und für die Menschen am besten geeignet ist.

Aus Binnenmarktsicht glaube ich, dass wir diesen Bericht insbesondere deshalb begrüßen müssen, weil erst durch eine Harmonisierung der Zulassung der Wasserstofffahrzeuge in den verschiedenen Mitgliedstaaten der Europäischen Union ein wirklich integrierter Binnenmarkt entstehen kann und damit auch die Synergieeffekte dieses Marktes genutzt werden können. Es ist vorhin ebenfalls darauf hingewiesen worden, dass natürlich am Ende auch eine weltweite Typenzulassung auf dieser Basis stehen sollte. Wir hoffen, dass wir das hinkriegen. Ihnen viel Erfolg!

 
  
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  Arlene McCarthy (PSE).(EN) Frau Präsidentin! Ich bedanke mich herzlich bei unserer Berichterstatterin, Frau Weisgerber, und bei den Schattenberichterstattern für die Ausarbeitung dieses Berichts und dafür, dass sie mit dem Rat und der Kommission eine sehr gute Vereinbarung ausgehandelt haben, in der die Hauptanliegen des Parlaments gewahrt bleiben. In einer Zeit, da sich die Benzinpreise in Europa verdoppelt haben und die Bürger Europas wie auch die Menschen der ganzen Welt immer mehr über die Folgen des Klimawandels beunruhigt sind, brauchen wir unbedingt neue Hoffnung auf künftige Kraftstoffe.Diese europaweite Rechtsvorschrift zu Autos mit Wasserstoffantrieb kann den Weg zu einer umfassenden Produktion dieser Autos ebnen und Europas Autofahrern in nicht allzu ferner Zukunft echte Alternativen bieten. Die Verkaufszahlen von mit alternativem Kraftstoff betriebenen Fahrzeugen sind z. B. allein im Vereinigten Königreich von gerade mal ein paar Hundert im Jahr 2000 auf über 16 000 im letzten Jahr gestiegen. Die Verkäufe von Elektroautos und anderer Alternativen sind in die Höhe geschnellt, aber Wasserstoffautos stehen erst an der Schwelle zu einer Produktion in großem Maßstab. Meines Erachtens wird diese neue Vorschrift der Entwicklung dieser Fahrzeuge Auftrieb geben, weil sie ihre Verlässlichkeit und Sicherheit gewährleistet. Mithilfe der Vorschrift wird die Massenproduktion laut jetziger Vorhersage in Europa im Jahr 2015 beginnen, wobei im Jahr 2025 etwa 5 % des gesamten Fahrzeugbestands der EU auf wasserstoffbetriebene Fahrzeuge entfallen sollen.Ob der Umwelt durch Wasserstofffahrzeuge Vorteile entstehen, wird von der Energiequelle abhängen, die zur Herstellung von Wasserstoff verwendet wird. Diese Autos können direkt der durch Benzin verursachten Luftverschmutzung abhelfen und unsere Abhängigkeit vom Öl verringern, aber sie können nur dann das Problem der Erderwärmung lösen helfen, wenn Wasserstoff auf nachhaltige Art und Weise hergestellt wird. Deshalb unterstütze ich entschieden Frau Weisgerbers ausgehandelte Änderungsanträge, um dafür zu sorgen, dass Wasserstoffkraftstoff nachhaltig und, so weit wie möglich, aus erneuerbaren Energieträgern gewonnen wird.Zu betonen ist, dass wasserstoffbetriebene Autos genauso sicher sein können wie Fahrzeuge mit Benzinantrieb und dass die Rettungskräfte bei einem Unfall wissen müssen, mit welchen Fahrzeugen sie es zu tun haben. Deshalb hat Frau Weisgerber sichergestellt, dass Fahrzeuge von Rettungsdiensten schnell identifizierbar sein werden. Diese Rechtsvorschrift leistet etwas, was nur die Europäische Union in einem starken Binnenmarkt veranlassen kann. Sie gewährleistet einen europaweiten Markt für Güter mit gemeinsamen Regeln und hohen Sicherheitsanforderungen. Dieser Markt kann die Wasserstofffahrzeuge der Zukunft herstellen und ich glaube, diese Rechtsvorschrift heute, wenn wir denn dafür stimmen, ist entscheidend, um dieses Ziel zu erreichen.

 
  
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  Danutė Budreikaitė (ALDE). - (LT) Dem Kommissionsvorschlag für die Typgenehmigung von Kraftfahrzeugen mit Wasserstoffantrieb kommt für die Lösung der Probleme auf dem Gebiet der Suche nach alternativen Kraftstoffen für Fahrzeuge, des Umweltschutzes, des Klimawandels und der Gesundheit der Bevölkerung immense Bedeutung zu. Ich möchte Ihre Aufmerksamkeit auf einige Aspekte lenken, die bei der Entwicklung von Wasserstofffahrzeugen im Vordergrund stehen.

Erstens, das Hauptproblem von Kraftfahrzeugen mit Wasserstoffantrieb besteht nicht im Herstellungsprozess selbst, sondern in der Wiederbefüllung. Bislang gibt es in ganz Europa nur etwa 40 Tankstellen. Beispielsweise Frankreich verfügt über zwei solcher Tankstellen, Spanien über eine, in den neuen Mitgliedstaaten, die der Europäischen Union 2004 und 2007 beigetreten sind, sucht man sie hingegen vergebens. In den USA gibt es lediglich in Kalifornien Tankstellen in signifikanter Zahl. Deshalb gehe ich mit dem Redner darin konform, dass ein genormtes Befüllungssystem für ein europaweites Tankstellennetz für wasserstoffbetriebene Fahrzeuge geschaffen werden muss. Ohne eine geeignete Infrastruktur wird es Wasserstofffahrzeuge weiterhin nur als Einzelmodelle geben.

Zweitens, Wasserstoff ist lediglich ein Energieträger und keine Energiequelle, und daher muss Wasserstoff als Motorentreibstoff sicher und nachhaltig erzeugt werden. Wir müssen wissenschaftliche Forschung aktiver betreiben, die dazu führt, dass sich der Einsatz fossiler Kraftstoffe umgehen lässt und die alternative Verfahren zur Spaltung von Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff hervorbringt. Möglicherweise ist die Fotolyse ein solches Verfahren, obgleich die umfassende wissenschaftliche Erforschung noch aussteht. Darüber hinaus könnte die schadstofflose Wasserstofferzeugung auch außerhalb des Verkehrsbereichs eingesetzt werden.

Drittens, ich befürworte den Kommissionsvorschlag zur Verwendung von Gemischen aus Erdgas und Wasserstoff, die jedoch nur übergangsweise als Kraftstoff in Ländern verwendet werden sollten, in denen eine gute Erdgasinfrastruktur besteht. Hervorheben möchte ich zudem, dass die USA und Kanada auf dem Gebiet der Entwicklung und Herstellung wasserstoffbetriebener Fahrzeuge Vorreiter sind, während Japan aufholt und wir selbst nicht weiter ins Hintertreffen geraten sollten.

 
  
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  Małgorzata Handzlik (PPE-DE). (PL) Frau Präsidentin! Die Aussicht auf eine Zukunft mit wasserstoffbetriebenen Autos ist aufregend. Auch wenn noch viel Zeit ins Land gehen wird, bevor die Technik in großem Stil genutzt wird, ist es dennoch äußerst wichtig, dass die Bestimmungen für die Typgenehmigung jetzt harmonisiert werden.

Hauptziel der uns heute zur Aussprache vorliegenden Verordnung ist die Einführung von EU-Kriterien für die Typgenehmigung von Kraftfahrzeugen mit Wasserstoffantrieb, um das ordnungsgemäße Funktionieren des Marktes zu gewährleisten. Die in einzelnen Mitgliedstaaten geltenden unterschiedlichen Kriterien für die Typgenehmigung stellen eine Behinderung des Binnenmarktes dar, wodurch es zu einem unnötigen Anstieg der Herstellungskosten kommt, die Sicherheit gefährdet und – das darf man hierbei nicht vergessen – die Entwicklung der Wasserstofftechnologie in der EU beträchtlich erschwert werden. Insbesondere diesen Punkt darf man nicht aus den Augen verlieren, da neben Biokraftstoffen und Elektrizität vor allem Wasserstoff ein Hoffnungsträger für die Substitution von Öl im Verkehrssektor ist. Am wichtigsten ist aber vielleicht die Tatsache, dass bei der Wasserstoffverbrennung kein umweltschädliches Kohlendioxid, sondern Wasser entsteht, infolgedessen sich Luftverschmutzung und CO2-Emissionen ganz eindeutig verringern lassen, worum wir uns alle ja redlich bemühen, nicht nur in diesem Hause.

Natürlich ist das Erreichen all dieser Zielstellungen von der Verbreitung dieser Technologien abhängig. Diese wiederum hängt, wie die Berichterstatterin, der ich zu diesem hervorragenden Bericht gratuliere, richtig herausgestellt hat, von der Existenz eines Netzes von Wasserstofftankstellen ab. Solche Tankstellen sollten gleichzeitig in allen Mitgliedstaaten entstehen, um jedem europäischen Verbraucher den Zugang zu ermöglichen. Des Weiteren hoffe ich, dass Fahrzeughersteller auf die wachsende Verbrauchernachfrage nach Wasserstofffahrzeugen reagieren werden, damit ein Binnenmarkt in diesem Bereich vernünftig funktionieren kann.

 
  
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  Matthias Groote (PSE). - Frau Präsidentin, sehr geehrter Herr Kommissar, verehrte Berichterstatterin, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, dies ist ein gutes Beispiel dafür, dass Politik handlungsfähig ist, weil in Zukunft Typengenehmigungen für Wasserstofffahrzeuge möglich sein werden, obwohl die Technologie noch nicht verfügbar ist.

Wir reden viel über CO2-Einsparungen im Verkehrsbereich, ganz speziell bei den Kraftfahrzeugen. Dies könnte eine Möglichkeit sein, um den CO2-Ausstoß zu reduzieren. Wichtig dabei ist aber – ich bin Mitglied im Umweltausschuss und war dort der zuständige Schattenberichterstatter –, dass wir den Wasserstoff dann aus erneuerbaren Energien generieren. Dies bietet auch eine Möglichkeit, Energie aus erneuerbaren Energiequellen zu speichern. Das könnten wir dann im Verkehrssektor benutzen, und das wäre ein guter Weg. Es wäre wichtig, dass wir das in Zukunft im Blickfeld behalten.

Wichtig wird aber auch sein, dass wir eine Infrastruktur bei den Tankstellen schaffen. Wir sehen es bei den CNG-Fahrzeugen, wo die Infrastruktur noch sehr löcherig ist. Die Fahrzeuge sind verfügbar, aber die Kunden, die Autofahrer sind beim Kauf dieser Fahrzeuge noch zurückhaltend, weil die Verfügbarkeit nicht gewährleistet ist. Das sollten wir bei der zukünftigen Diskussion unbedingt im Fokus behalten.

 
  
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  Bogusław Liberadzki (PSE). (PL) Frau Präsidentin! Gestatten Sie mir, die Gelegenheit zu nutzen, um der Berichterstatterin sowie der Kommission zu einer Initiative zu gratulieren, die auf die Suche nach neuen Antriebsquellen für Fahrzeuge und neuen Quellen zur Energiegewinnung ausgerichtet ist.

Dabei gibt es drei wichtige Zielstellungen. Erstens unsere kontinuierliche Befreiung aus der Abhängigkeit vom Öl. Das zweite Ziel bezieht sich auf den CO2-Ausstoß. Und drittens und letztens – und das ist das wichtigste Ziel – die Stabilisierung und Senkung der Fahrzeugnutzungskosten für Kraftfahrer.

Aus meiner Sicht beinhaltet das zur Diskussion stehende Dokument folgende drei Bereiche: erstens die Kennzeichnung von Fahrzeugen mit Wasserstoffantrieb; zweitens Anforderungen für Tankstellen (Standortwahl und Einführung). Der in meinen Augen wichtige dritte Bereich umfasst schließlich den sicheren Betrieb von Wasserstofffahrzeugen. Durch die Verordnung wird zunächst ein Rechtsrahmen geschaffen, der festschreibt, wie diese Energie genutzt werden sollte und zweitens Infrastrukturanforderungen aufstellt, wodurch sichergestellt wird, dass grundlegende Voraussetzungen für die Entwicklung der neuen Technologie im Kern erfüllt sind.

 
  
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  Silvia-Adriana Ţicău (PSE).(RO) Im Verkehrssektor sollte man sich ständig um die Markteinführung von Fahrzeugen bemühen, die mit alternativen Kraftstoffen betrieben werden, wodurch eine signifikante Verbesserung der Luftqualität in städtischen Gebieten erreicht werden kann.

Gemeinsame Normen für die Genehmigung von wasserstoffbetriebenen Motoren sind erforderlich, um den sicheren Einsatz von Wasserstoff für den Fahrzeugantrieb zu garantieren. Durch die Nutzung von Wasserstoff als Kraftstoff – entweder in Form von Brennstoffzellen oder als Verbrennungsmotoren – werden keine CO2-Emissionen oder Treibhausgase erzeugt. Die Typgenehmigung von Kraftfahrzeugen mit Wasserstoffantrieb stützt sich auf die Spezifikation und Einhaltung der technischen Anforderungen für Bauteile auf Wasserstoffbasis.

Angesichts der Merkmale von Wasserstoff machen entsprechende Fahrzeuge eine besondere Behandlungsweise durch Rettungsdienste erforderlich. Ich möchte die Notwendigkeit betonen, dass die Mitgliedstaaten in die für die Speicherung und den Vertrieb von alternativen Kraftstoffen nötige Infrastruktur investieren müssen, ohne die die Zahl verschmutzungsärmerer Fahrzeuge nicht maßgeblich ansteigen kann.

 
  
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  Bogusław Liberadzki (PSE). (PL) Frau Präsidentin! Da ich mich an die vorgegebene Redezeit, nämlich eine Minute, halten wollte, ist es mir nicht gelungen, einen wichtigen Punkt zu vermitteln, den ich als Vorteil der Lösung herausstellen möchte. Nämlich, dass wir vorfristig einen Lösungsvorschlag vorlegen und damit die Bedingungen für die Moderne schaffen. Gleichzeitig mag dies auch ein Anreiz sein, nach weiteren Technologien zu forschen. Aus diesem Grund möchte ich sowohl Kommissar Verheugen als auch der Kommission Anerkennung zollen.

 
  
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  Günter Verheugen, Vizepräsident der Kommission. − Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich bin sehr froh feststellen zu können, dass diese Debatte ja in mehrerer Hinsicht einen breiten Konsens gezeigt hat: Erstens einen breiten Konsens darüber, dass Wasserstofftechnologie ein interessanter möglicher Beitrag zur Lösung unserer Energieprobleme ist, zweitens einen Konsens darüber, dass Wasserstofftechnologie auch im Straßenverkehr eine mögliche interessante Option ist, und drittens einen ganz breiten Konsens darüber, dass die gesamte Wasserstofftechnologie natürlich nur dann Sinn hat, wenn die ökologische Bilanz positiv ist, also bei Herstellung von Wasserstoff aus sauberen Energiequellen. Das ist ein sehr wichtiges Ergebnis.

Ich möchte Sie auch noch darüber informieren, dass die Kommission im 7. Forschungsrahmenprogramm ja einen besonderen Schwerpunkt auf die Entwicklung von Wasserstofftechnologie gesetzt hat. In einer gemeinsamen Technologieinitiative stehen 800 Millionen Euro zur Erforschung der Wasserstofftechnologie zur Verfügung – keineswegs nur für Fahrzeuge. Ich möchte den Eindruck vermeiden, dass wir 800 Millionen Euro ausgeben, um den Wasserstoff als Kraftstofftechnologie erforschen zu lassen. Dies ist nur ein Teil des Projektes. Insgesamt geht es bei dem Projekt darum, klare Grundlagen dafür zu schaffen, inwieweit Wasserstoff in der Tat dazu beitragen kann, die CO2-Emissionen in unserer Gesellschaft drastisch zu reduzieren.

Ich selbst hatte bereits den Vorzug – wie auch der Präsident des Hauses, Herr Pöttering –, ein Fahrzeug eine Zeit lang benutzen zu können, das mit Wasserstoff angetrieben wird. Mein persönlicher Eindruck war, dass die technischen Probleme, die mit der Verwendung von Wasserstoff in Fahrzeugen verbunden sind, im Wesentlichen gelöst sind. Also die Technologie ist da. Man kann es machen. Was vollständig fehlt – und darauf ist hier ja auch mehrfach hingewiesen worden – ist die Infrastruktur.

Ich könnte mir vorstellen, dass wir uns nach der Annahme dieses Vorschlags und der Ermutigung, die ja darin auch für die Industrie steckt, in Zukunft mit der Frage beschäftigen müssen – die auch in dieser Debatte von Herrn Bulfon aufgeworfen wurde –, ob nicht zum Beispiel diejenigen, die größere Flotten betreiben – wie Parlamente, dieses Parlament, nationale Parlamente, Regierungen, auch die Europäische Kommission –, die im Wesentlichen im Nahverkehr eingesetzt werden, nicht, sobald die Möglichkeiten es erlauben, mit gutem Beispiel vorangehen und durch eine entsprechende Beschaffungspolitik die Markteinführung solcher Fahrzeuge erleichtern sollten. Das ist im Augenblick noch Zukunftsmusik, es ist aber etwas, woran man zum gegebenen Zeitpunkt denken sollte.

Lassen Sie mich noch einmal der Berichterstatterin für ihre wirklich hervorragende Arbeit danken und allen Sprecherinnen und Sprechern der Fraktionen und der Ausschüsse, die gezeigt haben, dass wir hier eine gemeinsame Vision haben, wie die Zukunft des Kraftfahrzeugs in Europa aussehen könnte.

 
  
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  Anja Weisgerber, Berichterstatterin. − Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Vielen Dank für die sehr interessanten Redebeiträge. Ich möchte mich auch noch einmal ausdrücklich bei den Schattenberichterstattern, der Kommission, den Ratsvertretern und auch den Mitarbeitern für die ausgezeichnete Zusammenarbeit bedanken. Nur so war diese politische Einigung in erster Lesung möglich.

Wir haben gesehen, Wasserstoff ist eine Zukunftstechnologie. Wasserstoff kann ein Teil der Antwort auf die Herausforderungen des Klimawandels und der Emissionsminderung sein. Wasserstoff ist eine saubere Alternative zu fossilen Brennstoffen, und rundum nachhaltig ist die Verwendung von Wasserstoff dann, wenn dieser Energieträger – das ist zu Recht gesagt worden: es ist ein Energieträger – aus erneuerbaren Energien oder aus Kernenergie gewonnen wird. In diese Richtung muss es in den kommenden Jahren gehen.

Mich fasziniert die Idee, den wirklich absolut schadstofffreien Wasserstoffkreislauf zu haben, bei dem Wasserstoff letztendlich aus erneuerbaren Energien gewonnen wird und dann zu Wasser verdampft. Das ist wirklich eine ganz faszinierende Sache. Ich habe diese Technologie auch schon vor meiner Zeit im Europäischen Parlament unterstützt, seit langer Zeit auch ehrenamtlich.

Wir haben heute die rechtlichen Weichen gestellt. Wir haben die notwendigen Voraussetzungen dafür geschaffen, dass wir letztendlich eine einheitliche Zulassungsverordnung bekommen. Wir haben damit auch den Weg für eine internationale Zulassungsverordnung aufgezeigt. Die Weichen im Bereich Forschung und Entwicklung sind gestellt.

Die Technologie ist vorhanden – wie Kommissar Verheugen zu Recht gesagt hat. Jetzt müssen wir die anderen infrastrukturellen Fragen klären. Auch die Frage der Tankstelleninfrastruktur wird in einer öffentlich-privaten Partnerschaft angegangen. Wir können es dann vielleicht schaffen, dass es nicht in allzu ferner Zukunft liegt, dass Wasserstofffahrzeuge nicht nur als Prototyp auf unseren Straßen zu sehen sind.

Vielen Dank nochmals für die gute Zusammenarbeit!

 
  
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  Die Präsidentin. - Die Aussprache ist geschlossen.

Die Abstimmung findet heute statt.

Schriftliche Erklärungen (Artikel 142)

 
  
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  Zita Pleštinská (PPE-DE), schriftlich. – (SK) Die Vorräte an Rohstoffen für die Erzeugung herkömmlicher Kohlenwasserstoffbrennstoffe nehmen ständig ab, weshalb das Thema Forschung und Entwicklung neuer alternativer Antriebe in der Kraftfahrzeugindustrie höchst aktuell ist.

Für das 7. EU-Forschungsrahmenprogramm werden 800 Millionen Euro für die Erforschung der Wasserstofftechnologie bereitgestellt. Der Forschung zufolge ist Wasserstoff die ideale Alternative für klassische fossile Brennstoffe. Die Nutzung von Wasserstoff als Kraftstoff der Zukunft für Straßenfahrzeuge wäre eine außergewöhnlich umweltfreundliche Lösung, denn er verursacht keine Kohlenstoff- und Treibhausgasemissionen. Die ersten Prototypen solcher Fahrzeuge wurden bereits in der EU erprobt.

Um das Funktionieren des Binnenmarktes zu gewährleisten und gleichzeitig einen umfassenden Schutz für die Bevölkerung und die Umwelt zu sichern, müssen europaweite Regeln für die Konstruktion von Kraftfahrzeugen mit Wasserstoffantrieb festgelegt werden. Einheitliche Zulassungsbestimmungen in der gesamten EU sind die Mindestvoraussetzung, um Fahrzeuge mit Wasserstoffantrieb auf den Markt zu bringen. Die erfolgreiche Einführung der neuen Technologien hängt auch vom rechtzeitigen Aufbau eines Netzes von Wasserstofftankstellen ab.

Ich glaube, dass die heutige Aussprache dazu beitragen wird, das Vertrauen der europäischen Verbraucher in die Anwendung neuer Technologien in der Kraftfahrzeugindustrie zu verbessern und den Anteil dieser Fahrzeuge auf dem europäischen Markt zu erhöhen.

Ich bin überzeugt, dass nur eine technisch gut gerüstete EU im Wettbewerb mit den USA, Japan und Korea, die bereits erheblichen Anstrengungen auf diesem Gebiet entwickelt haben, bestehen kann. Unter diesem Aspekt halte ich die Initiative für sehr positiv.

 
  
  

(Die Sitzung wird um 11.00 Uhr unterbrochen und um 11.30 Uhr wieder aufgenommen.)

 
  
  

VORSITZ: GÉRARD ONESTA
Vizepräsident

 

5. Erklärung des Präsidenten
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  Der Präsident. – Im Namen des Europäischen Parlaments möchte ich eine Solidaritätsbotschaft an die Opfer des Hurrikans Gustav in der Region der Karibik richten.

Annähernd einhundert Personen sind in der Dominikanischen Republik, in Haiti, in Jamaika, auf den Kaimaninseln und in Kuba ums Leben gekommen, Tausende sind obdachlos. Wieder einmal haben die Bürger dieser Entwicklungsländer, mit denen wir dank des Abkommens von Cotonou enge Beziehungen unterhalten – der Gruppe der AKP-Länder – unter den Verwüstungen zu leiden, die durch eine erneute Naturkatastrophe in diesen Regionen ausgelöst wurden.

Seien Sie versichert, dass die Europäische Union die Entwicklung der Lage in den betroffenen Ländern aufmerksam verfolgt und humanitäre Hilfe leistet. Das Europäische Parlament wird natürlich der Bereitstellung der humanitären Hilfe für die Länder der Region große Aufmerksamkeit schenken, vor allem über ihren Ausschuss für Entwicklung und die Paritätische Parlamentarische Versammlung AKP-EU.

 

6. Verstärkte Einbeziehung der Jugend in die EU-Politikbereiche – Zusammenarbeit bei Noteinsätzen zur Rettung vermisster Kinder (schriftliche Erklärungen): siehe Protokoll
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7. Abstimmungsstunde
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  Der Präsident. - Als nächster Punkt folgt die Abstimmungsstunde.

(Abstimmungsergebnisse und sonstige Einzelheiten der Abstimmung: siehe Protokoll)

 

7.1. Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen (A6-0140/2008, Amalia Sartori) (Abstimmung)

7.2. Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen (Anpassung der Richtlinien 76/768/EWG, 88/378/EWG, 1999/13/EG, 2000/53/EG, 2002/96/EG und 2004/24/EG) (A6-0142/2008, Amalia Sartori) (Abstimmung)

7.3. Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen (Anpassung der Verordnung (EG) Nr. 648/2004) (A6-0141/2008, Amalia Sartori) (Abstimmung)

7.4. Typgenehmigung von Kraftfahrzeugen mit Wasserstoffantrieb (A6-0201/2008, Anja Weisgerber) (Abstimmung)

7.5. Lage in Georgien (Abstimmung)
  

- Vor der Abstimmung über Ziffer 19:

 
  
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  Elmar Brok, im Namen der PPE-DE-Fraktion. – Herr Präsident! Bei der Abfassung der Entschließung haben wir den alten Text genommen, der von der Formulierung her nicht ganz auffängt, dass inzwischen der Europäische Rat getagt hat. Deswegen würde ich Ihnen vorschlagen, dass es jetzt im zweiten Teil des Textes heißt: „and therefore welcomes the decision of the European Council to deploy“. Bisher steht in unserem Text, dass wir den Rat fragen, es zu tun. Er hat es inzwischen bereits getan. Deswegen sollten wir die Formulierung entsprechend anpassen.

 
  
  

(Der mündliche Änderungsantrag wird angenommen.)

- Vor der Abstimmung über die Entschließung:

 
  
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  Martin Schulz, im Namen der PSE-Fraktion. – Herr Präsident! Meine Fraktion hat gestern eine sehr intensive Debatte über diese Kompromissentschließung geführt. Sie weicht in wesentlichen Punkten von dem Text ab, den wir als Sozialdemokratische Fraktion ursprünglich hier eingebracht haben. Damit will ich keineswegs die Verhandlungen in Frage stellen und den Verhandlungserfolg schmälern, den unsere Verhandler bei der Kompromissentschließung mit anderen Fraktionen hatten, aber es gibt ein Element, das wir hier nicht durchsetzen konnten, das aber in unserer Entschließung eine besondere Rolle spielt.

Obwohl dieses Element, das ich gleich nennen werde, nicht mehr in dem Text enthalten ist, hat sich unsere Fraktion entschlossen, der Kompromissentschließung zuzustimmen, und zwar deshalb, weil wir glauben, dass ein gemeinsames Signal des Europäischen Parlaments wichtig ist. Dennoch will ich hier deutlich machen: Wir hätten es gerne gesehen, dass die aggressive Haltung von Präsident Saakaschwili festgehalten worden wäre und dass auch festgehalten worden wäre, dass am Anfang des Konflikts ein völlig unangemessenes …

(Protestrufe von rechts und Beifallsbekundungen von links)

Wir hätten es gerne gesehen, dass das, was am Anfang passiert ist, in dieser Entschließung enthalten ist. Allein schon deshalb, um klarzumachen, dass diejenigen, die hier jetzt schreien, auch diejenigen sind, die die Verschärfung der Konflikte wollen und nicht ihre Reduzierung.

(Beifall von links und Protestrufe von rechts)

 
  
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  Der Präsident. – Sie werden verstehen, dass ich zu diesem Zeitpunkt der Abstimmung nicht die Absicht habe, eine neue Debatte zu eröffnen. Die Sozialdemokratische Fraktion hat es für angebracht gehalten, ihre Schlussabstimmung mit dieser Bemerkung zu erläutern, ich denke, alle haben verstanden, worum es ging. Es ist nicht erforderlich, eine neue Debatte zu eröffnen. Wir kommen also nun zur Abstimmung über den Vorschlag für eine Gemeinsame Entschließung.

 

7.6. Gemeinsamer Referenzrahmen für das Europäische Vertragsrecht (Abstimmung)

7.7. Sonderbericht des Europäischen Bürgerbeauftragten im Anschluss an den Empfehlungsentwurf an die Kommission in der Beschwerde 3453/2005/GG (A6-0289/2008, Proinsias De Rossa) (Abstimmung)

7.8. Gleichstellung von Frauen und Männern – 2008 (A6-0325/2008, Iratxe García Pérez) (Abstimmung)
  

- Vor der Abstimmung über Änderungsantrag 5:

 
  
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  Iratxe García Pérez, Berichterstatterin. (ES) Herr Präsident! Auf der Stimmliste meiner Fraktion, der Sozialdemokratischen Fraktion im Europäischen Parlament, haben wir vorgeschlagen, für den Änderungsantrag 5 zu stimmen, sofern die Verfasser des Änderungsantrags zugestehen würden, dass es sich um einen Zusatz handelt. In den Gesprächen, die wir mit ihnen geführt haben, sind die Verfasser jedoch nicht auf diesen Vorschlag eingegangen, sodass wir den Absatz in seiner ursprünglichen Form in dem Bericht verbleiben lassen wollten und dementsprechend gegen den Änderungsantrag 5 stimmen werden, sofern nicht vereinbart wird, dass es sich um einen Zusatz handelt.

 
  
  

(Die GUE/NGL-Fraktion, die den Änderungsantrag eingebracht hat, erklärt ihr Einverständnis.)

 

7.9. Klonen von Tieren für die Lebensmittelversorgung (Abstimmung)
  

(Die Sitzung wird um 11.55 Uhr unterbrochen und um 12.00 Uhr wieder aufgenommen.)

 
  
  

VORSITZ: HANS-GERT PÖTTERING
Präsident

 

8. Feierliche Sitzung – Costa Rica
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  Der Präsident. − Bienvenido al Parlamento Europeo, Presidente Arias! Herr Präsident der Republik Costa Rica, meine sehr verehrten Damen und Herren! Im Namen des Europäischen Parlaments möchte ich Sie, sehr verehrter Herr Präsident Arias, auf das Herzlichste begrüßen.

Herr Präsident, Ihr Besuch ist ein Meilenstein in den Beziehungen zwischen dem Europäischen Parlament, der Europäischen Union, Costa Rica und Lateinamerika.

Dr. Oscar Arias, Sie waren bereits zwischen 1986 und 1990 Präsident von Costa Rica und wurden 2006 erneut für vier Jahre in dieses Amt gewählt. Vor allem sind Sie uns als Träger des Friedensnobelpreises bekannt, der Ihnen 1987 verliehen wurde. Damit wurden Ihre enormen Anstrengungen bei der Suche nach Wegen zum Frieden in Mittelamerika gewürdigt.

Die Anstrengungen von Präsident Arias in seiner Rolle als internationaler Vermittler mündeten in die Abkommen von Esquipulas, die am 7. August 1987 von allen Präsidenten der mittelamerikanischen Länder unterzeichnet wurden. Die Europäische Union hat diese Anstrengungen uneingeschränkt unterstützt.

Der Präsident von Costa Rica ist damit ein Vorbild für die Menschen überall in der Welt. Er sagte einmal, es sei notwendig, Werte, Prinzipien und Ideale zu haben und für diese zu kämpfen. Dies haben Sie, Herr Präsident, mit Engagement über die Jahre gemacht. Die Bürgerinnen und Bürger Costa Ricas haben Ihre großen Verdienste mit Ihrer Wiederwahl vor zwei Jahren auch entsprechend gewürdigt.

Beim 5. Gipfeltreffen EU-Lateinamerika/Karibik in Lima, das im Mai dieses Jahres stattfand, habe ich in meiner Ansprache die grundlegende Bedeutung der regionalen Integration für das 21. Jahrhundert betont. Wie es einer der Gründerväter der Europäischen Union, Jean Monnet, prägnant darstellte, geht es nicht darum, Staaten miteinander zu verbünden, sondern Menschen zu vereinen. Herr Präsident, auch Sie haben sich diesem Ideal verschrieben und sich aktiv dafür eingesetzt.

Aus der Sicht des Europäischen Parlaments wäre der baldige Abschluss des Assoziationsabkommens – ich habe das in Lima auch so gesagt – zwischen Mittelamerika und der Europäischen Union wünschenswert, und ich möchte hinzufügen – wir haben das gerade in unserem Gespräch vertieft: Wenn irgendwo ein Krieg ausbricht, dann sind sofort Milliardenbeträge in Dollar oder in Euro oder in welcher Währung auch immer verfügbar. Wenn es aber darum geht, den Frieden zu stabilisieren, dann streiten wir um wenige Millionen. Wir müssen dem Frieden eine Chance geben!

(Beifall)

Das ist unsere Botschaft heute an die anderen europäischen Institutionen.

Herr Präsident, lassen Sie mich abschließend sagen: Wir glauben, dass Costa Rica und Sie, Herr Präsident Arias, auch weiterhin eine entscheidende Rolle dabei spielen werden, diese Verhandlungen zu einem erfolgreichen Abschluss zu bringen.

Im Namen aller Mitglieder des Europäischen Parlaments möchte ich Sie noch einmal willkommen heißen. Ich hoffe, Ihr Besuch gibt uns die Möglichkeit, die freundschaftlichen Bande zwischen Europa, Costa Rica und Lateinamerika zu festigen.

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich etwas unprotokollarisch hinzufügen: Es ist schön, dass der Präsident Costa Ricas hier ist, und es ist ein schöner Zufall – ausnahmsweise darf man jetzt einmal das Alter nennen –, dass das Mitglied der Europäischen Kommission, das für die Außenpolitik zuständig ist, Kommissarin Benita Ferrero-Waldner, heute ihr sechzigstes Lebensjahr vollendet. Auch das ist ein Anlass zur Freude sowie ein Anlass dafür, ihr herzlichst zu gratulieren.

(Beifall)

 
  
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  Óscar Rafael Arias Sánchez, Präsident der Republik Costa Rica. (ES) Herr Präsident! Ich grüße Sie im Namen einer kleinen amerikanischen Republik, in der etwas mehr als 4,5 Millionen Menschen jeden Tag zu leben und zu träumen wagen, in der das Ideal einer Gesellschaft ohne eine Armee möglich geworden ist und in der wir bald 110 Jahre Demokratie feiern werden. Ich grüße Sie im Namen einer kleinen amerikanischen Republik, die während der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts von den entsetzlichsten Diktaturen umgeben war, ohne dabei selbst Unterdrückung erlebt zu haben, und die sich geweigert hat, ein Bauer auf dem Schachbrett des Kalten Krieges zu sein, die auf den Einsatz von Waffen zur Friedensschaffung verzichtet hat. Ich grüße Sie im Namen der Republik Costa Rica.

Herr Präsident, meine Damen und Herren!

Zwei Ereignisse sind mir heute vorausgegangen, durch Jahrhunderte und Jahrzehnte von der Gegenwart getrennt und doch mit ihr verknüpft wie die Morgendämmerung des heutigen Tages. Heute vor 225 Jahren endete mit der Unterzeichnung des Vertrags von Paris der US-amerikanische Unabhängigkeitskrieg, die erste Welle der Unabhängigkeitsbewegung, die praktisch den ganzen amerikanischen Kontinent erfasst hat. Und ebenfalls heute vor 69 Jahren begann der Zweite Weltkrieg mit den Kriegserklärungen Frankreichs und Großbritanniens gegenüber Deutschland und der Geburt des Bündnisses der Alliierten, in das ein großer Teil Amerikas einbezogen war. Ich erinnere an diese Ereignisse, weil ich dieses Podium – ein Symbol der Gemeinschaft verschiedener Völker – betrete und mir dabei des historischen Gepäcks bewusst bin, das ich auf meinen Schultern trage und das auch Sie tragen mit der Vergangenheit jeder einzelnen Nation, die Sie vertreten. Wir sind hier nicht zusammengekommen, um Beziehungen zwischen unseren beiden Kontinenten zu knüpfen, sondern um zu erkennen, dass es diese Beziehungen bereits seit sehr langer Zeit gibt und dass jeder Versuch, sie zu verbessern, mit dem Versuch beginnen muss, sie in ihrer Gesamtheit zu verstehen.

Mit der Offenheit, die unter Freunden herrschen sollte, müssen wir zugeben, dass unsere gemeinsame Geschichte ihren Ursprung in der Beherrschung einer Zivilisation durch die andere hat. Amerika lernte Europa zuerst durch seine Macht kennen, viel später erst durch sein Gedankengut. Angst kennzeichnete die Eroberung und Empörung die Kolonialisierung. Und doch konnten wir nicht umhin, diese uralte Kultur zu bewundern. Trotz der Kämpfe, die wir ausgefochten haben, ist es unbestreitbar, dass Europa das Licht der Vernunft in unserem Land entzündet hat und dass es uns eine Verbundenheit mit den höchsten Anliegen der Menschheit hinterlassen hat, Anliegen, die wir nicht aufgegeben haben, als wir unabhängig wurden.

Es waren vor einundzwanzig Jahren genau diese Anliegen, die mich während meiner ersten Amtzeit als Präsident von Costa Rica nach Europa führten. Damals kam ich, um die Unterstützung dieses Kontinents für die Friedensschaffung in Zentralamerika zu erbitten, wo fünf Nationen inmitten des Bürgerkriegs ums Überleben kämpften. Blutvergießen entzweite unsere Völker und machte Brüder zu Feinden. In einem grausamen Experiment benutzten uns die damaligen Mächte als Versuchsfeld für die Demonstration ihrer Stärke: Sie lieferten die Waffen, und wir beklagten die Toten. Die Zahl der Opfer belief sich Schätzungen zufolge auf 350 000. Proportional betrachtet entspricht dies einer Zahl von knapp 4 Millionen US-Bürgern, die im Irak-Krieg umgekommen wären. Nur durch die Schaffung von Frieden konnten wir unserer Region eine Zukunft sichern.

Europa war damals die Antwort auf unsere Gebete. Die moralische Unterstützung dieses Kontinents legitimierte unsere Bemühungen um eine diplomatische Lösung des Konflikts, eine zentralamerikanische Lösung für zentralamerikanische Probleme. Die internationale Hilfe, die Sie uns in jenen Zeiten leisteten, war umfassend und großzügig und ein Zeichen für Europas aufrichtigen Wunsch, den Fortschritt der zentralamerikanischen Nationen zu unterstützen.

Heute, einundzwanzig Jahre später, komme ich wieder nach Europa, und wie Fray Luis de León nach seiner Freilassung nach vier Jahren Gefängnis fühle ich mich geneigt, mit „Wie wir gestern sagten...“ zu beginnen, weil wir in vielerlei Hinsicht dort weitermachen müssen, wo wir aufgehört haben. Die Beziehungen zwischen Europa und Zentralamerika, die in Kriegszeiten so eng waren, sind in Friedenszeiten distanzierter geworden. Die europäische Hilfe für Zentralamerika, die in den Zeiten der Unterdrückung so außerordentlich war, ist in den Zeiten der Freiheit zurückhaltender geworden. Wir haben nicht geahnt, dass wir beim Übertreten der Schwelle zum Frieden in das Reich des Vergessens eintreten würden. Ich möchte gern glauben, dass jetzt die Zeit gekommen ist, in der sich zeigt, dass die Freunde, die uns in unseren dunkelsten Tagen geholfen haben, dies auch in unseren helleren Tagen tun können, gerade weil unsere Tage jetzt heller sind.

Ich möchte Ihnen heute drei Aktionslinien vorschlagen, mit denen wir unsere Beziehungen festigen und Seite an Seite um die Verwirklichung der Utopien ringen können, die zu verfolgen Sie selbst uns gelehrt haben: die Unterzeichnung des Assoziierungsabkommens zwischen Mittelamerika und der Europäischen Union, den Konsens von Costa Rica und den „Frieden mit der Natur“.

Ich bin mir bewusst, dass in diesem Parlament alle nur möglichen Ansichten zum Freihandel vertreten sind. Ich weiß aber auch, dass diese Meinungen aus der erhöhten Perspektive derer geäußert werden, die das Glück haben, in einem entwickelten Land zu leben. Ich möchte Ihnen heute die Perspektive von unten in der Ebene näherbringen. Ein Land wie das meine, das zu den kleinsten der Welt gehört, kann unmöglich alles, was es verbraucht, selbst produzieren. Wir sind dazu verurteilt, die Phönizier der Moderne zu sein. In einer Zeit der Globalisierung ist das Dilemma, in dem die Entwicklungsländer stecken, so schmerzlich wie einfach: Wenn wir nicht in der Lage sind, immer mehr Waren und Dienstleistungen zu exportieren, werden wir am Ende immer mehr Menschen exportieren.

Es ist klar, dass sich Europa um die Interessen der Europäer kümmern muss. Klar ist aber auch, dass die Interessen der Europäer – wie jedes anderen Volkes in der Welt auch – zunehmend von dem gemeinsamen Schicksal der Menschheit bestimmt sind. Keine Nation kann weitermachen wie bisher, wenn jenseits ihrer Grenzen Hunger, Unwissenheit, Gewalt und Krankheit herrschen. Solange das Gefälle zwischen unseren Ländern so groß ist, wird eine globale Diaspora weiterhin Tausende von Menschen über die Ozeane, die Flüsse, die Stadtmauern führen auf der Suche nach den Chancen, die sie in ihren eigenen Ländern nicht haben konnten.

Das Assoziierungsabkommen zwischen Mittelamerika und der Europäischen Union, das vielleicht erste interregionale Abkommen, das die Europäische Union abschließt, ist die naheliegendste, eindeutigste und unmittelbarste Gelegenheit, die Europa zur Neubelebung seiner Präsenz in Lateinamerika besitzt. Seit der Schaffung des Gemeinsamen Zentralamerikanischen Marktes haben wenige Initiativen ein größeres Potenzial gehabt, das Wirtschaftswachstum der zentralamerikanischen Landenge zu fördern, unsere Institutionen zu modernisieren und denjenigen Menschen in Zentralamerika, die immer noch in Armut leben, neue Chancen zu eröffnen. Die Erreichung dieses Abkommens würde für Europa bedeuten, seine verloren gegangene Führungsposition wieder einzunehmen und zugleich den vakanten Platz an vorderster Front im Kampf um die Entwicklung unseres Lateinamerikas zu übernehmen. Gestern waren wir Verbündete für den Frieden, heute können wir Partner bei der Entwicklung sein.

Zwischen Zentralamerika und Europa gibt es allerdings noch gewaltige Unterschiede, die berücksichtigt werden müssen. Der erste ist der Unterschied zwischen unseren beiden Integrationsmodellen: Europa muss anerkennen, dass die Integration Mittelamerikas in der Art und Weise erfolgt ist, wie sie unsere institutionelle Entwicklung zugelassen hat. Wir sind jetzt die am stärksten integrierte Region unter den Entwicklungsländern und meinen deshalb, dass es nicht gerecht ist, uns für die Fortsetzung der Verhandlungen Bedingungen im Hinblick auf unsere Integration aufzuerlegen; Bedingungen, die Zentralamerika nur schwer erfüllen kann und die an andere Regionen der Welt übrigens gar nicht gestellt werden.

Der zweite Unterschied zwischen unseren Regionen – und vielleicht der wichtigste – sind unsere unterschiedlichen Entwicklungsstände: Entscheidend ist, dass der wirtschaftliche Teil des Abkommens eine asymmetrische Behandlung zu Gunsten Mittelamerikas einräumt und damit vor allem die bittere Praxis beendet wird, die Hemmnisse gerade in jenen Bereichen beizubehalten, in denen gerade Mittelamerika über vergleichbare Vorteile verfügt. Wenn wir auf der Grundlage dieser Voraussetzungen eine Einigung erzielen, würde Europa einen riesigen Sprung zugunsten der Menschen in Mittelamerika machen, aber auch zugunsten der Europäer, weil es in Zeiten internationaler Krisen großen Nutzen aus einer Volkswirtschaft ziehen könnte, die in den vergangenen fünf Jahren im Vergleich zu Europa etwa die zweifache Wachstumsrate verzeichnen konnte.

Europa kann eine neue Führungsrolle in den Entwicklungsländern übernehmen, muss zuvor jedoch sicherstellen, dass diese Führungsrolle tatsächlich der Entwicklung nützt. Goethe sagte, dass „ein alter Irrtum mehr Freunde [hat] als eine neue Wahrheit“. Wir können nicht in eine neue Phase der internationalen Zusammenarbeit eintreten, solange wir die Bürden der Vergangenheit mitnehmen, insbesondere die Last der Militärausgaben, die an sich schon eine wahrhafte Beleidigung für die fast 200 Millionen Menschen in Lateinamerika ist, die in Armut dahinsiechen. Die Zeit ist gekommen, da die internationale Finanzgemeinschaft lernen muss, die Spreu vom Weizen zu trennen, und – mit dem Beweis auf der Hand – erkennen muss, welche Ausgaben zu einem besseren Lebensstandard der Menschen führen und welche nicht.

Es ist kein Ruhmesblatt, dass sich die Militärausgaben in Lateinamerika im Jahr 2007 auf 36 Milliarden Dollar beliefen, in einer Region, in der – mit Kolumbien als einziger Ausnahme – derzeit kein bewaffneter Konflikt stattfindet. Von dem Geld, das für ein einziges Flugzeug des Typs Sukhoi Su-30k ausgegeben wird, könnten rund 200 000 Laptops vom Typ MIT Media Lab XO für unsere Schüler und Studenten gekauft werden. Von dem Geld, das für einen einzigen Black-Hawk-Helikopter ausgegeben wird, könnte 5 000 lateinamerikanischen Jugendlichen ein Jahr lang ein Stipendium von 100 Dollar im Monat gezahlt werden. Die entwickelten Länder der Erde dürfen weder finanziell noch anderweitig die Entscheidung derer unterstützen, die lieber ihre Soldaten ausrüsten, anstatt ihre Kinder auszubilden. Das ist der Grund, meine Damen und Herren, weshalb meine Regierung den Konsens von Costa Rica verkündet hat, eine Initiative, mit der Mechanismen zum Schuldenerlass und zur finanziellen Unterstützung derjenigen Entwicklungsländer geschaffen werden sollen, die mehr in Umweltschutz sowie Bildung, Gesundheit und Wohnungen für ihre Bürger und weniger in Waffen und Soldaten investieren. Ich hoffe noch immer, dass der Konsens von Costa Rica – mit Ihrer Unterstützung – eines Tages Wirklichkeit wird.

Ich hoffe auch, dass wir ein Projekt verabschieden können, das eng mit dem Konsens verbunden ist: das Waffentransferabkommen, das Costa Rica den Vereinten Nationen vorgeschlagen hat und das es Ländern untersagt, Waffen an Staaten, Gruppen oder Einzelpersonen zu liefern, wenn Grund zu der Annahme besteht, dass diese Waffen für Zwecke verwendet werden, die die Menschenrechte oder das Völkerrecht verletzen. Ich weiß nicht, wie lange wir noch überleben können, ohne zu begreifen, dass es ebenso verwerflich ist, Tag für Tag ein paar Menschen zu töten wie viele Menschen an einem einzigen Tag umzubringen. Die zerstörerische Kraft der 640 Millionen Klein- und Leichtwaffen, die es auf der Welt gibt und von denen sich 74 % in den Händen von Zivilisten befinden, hat sich als mörderischer erwiesen als die von Atombomben und stellt eine der wichtigsten Ursachen der öffentlichen Unsicherheit auf nationaler wie internationaler Ebene dar. Todesangst darf nicht die Tonart sein, in der die Zukunft unseres Volkes geschrieben wird. Wir können heute etwas tun, damit es nicht so kommt.

Nur noch eines möchte ich ansprechen, etwas, das ebenfalls mit Gewalt und Zerstörung zu tun hat, aber nicht nur gegen die Menschen, sondern gegen alle Lebewesen. Jeder Wald, den wir roden, jede Tonne Kohlendioxid, die wir in die Luft ausstoßen, jeder Fluss, den wir verschmutzen, führt uns dem Tor zum Untergang unserer Gattung einen Schritt näher, an dessen Schwelle wir – wie an den Toren zu Dantes Hölle – alle Hoffnungen aufgeben müssen. Ich weigere mich, Zeuge zu sein, wie die Menschheit durch dieses Tor geht.

Vor 60 Jahren hatte der damalige Präsident von Costa Rica, José Figueres, die Vision, die nationale Armee abzuschaffen und der Welt damit den Frieden zu erklären. Wir haben uns nun entschieden, den „Frieden mit der Natur“ zu erklären. Wir haben uns vorgenommen, im Jahr 2021 – in dem wir 200 Jahre Unabhängigkeit feiern – ein CO2-neutrales Land zu sein. Dank der Anpflanzung von 5 Millionen Bäumen haben wir uns im vergangenen Jahr weltweit zu dem Land mit den meisten Bäumen pro Kopf und pro Quadratkilometer entwickelt. Im Jahr 2008 werden wir insgesamt weitere 7 Millionen Bäume anpflanzen. Wir stehen an der Spitze eines internationalen Feldzugs gegen die globale Erwärmung, und ich bitte Sie heute in aller Bescheidenheit darum, sich uns anzuschließen.

Auf Grund der globalen Erwärmung ist es möglich, dass Olivenbäume an Englands Küsten wachsen, ein für die wissenschaftliche Gemeinschaft wirklich alarmierendes Zeichen. Im Gegensatz zur biblischen Geschichte bringt die Taube den Olivenzweig dieses Mal nicht zum Zeichen des Friedens, sondern zum Zeichen der Gefahr. Ich bitte Sie heute, dass wir diese Taube bis in den entferntesten Winkel der Welt senden, damit sie bei ihrer Rückkehr den Willen aller Völker der Erde zum Umdenken mitbringe. Nur gemeinsam können wir ein neues Bündnis schließen, diesmal nicht zwischen Gott und dem Menschen, sondern zwischen dem Menschen und der Schöpfung Gottes.

Herr Präsident!

Der große argentinische Schriftsteller Jorge Luis Borges pflegte zu sagen, dass er ein im Exil lebender Europäer sei, und spielte damit auf die europäische Abstammung des Großteils der Bevölkerung unseres amerikanischen Kontinents an. Nach Jahrhunderten der Vermischung und des Austauschs der Rassen gibt es auch hier bei Ihnen wahrscheinlich viele im Exil lebende Amerikaner. Aufgrund des geografischen Zufalls eines Ozeans und aufgrund des historischen Zufalls eines Pendels, das uns je nach den Umständen vereint oder trennt, leben wir im Exil. Ich halte es für an der Zeit, dieses Pendel in der Stellung der Vereinigung anzuhalten, erneut den Weg zu gehen, den die Winde vor 180 Millionen Jahren genommen haben, bevor sich die Erde spaltete, als Europa noch mit Amerika verbunden war und es möglich gewesen wäre, zu Fuß von Paris nach New York zu gehen.

Wir alle gehören einer einzigen Gattung an, die noch immer in der Lage ist, die schönsten Blumen im Garten des Lebens zu pflücken. Unsere Träume sind ein gemeinsames Erbe, und unsere Entscheidungen haben Einfluss auf das Leben aller anderen, ob uns das gefällt oder nicht. Ich glaube, dass dies –weit davon entfernt, eine Gefahr zu bedeuten – ganz im Gegenteil eine großartige Chance darstellt. Ich denke, wie der größte costaricanische Dichter Jorge Debravo sagte, dass es – vor allem – wundervoll sei zu wissen, dass wir die Fähigkeit haben, die entferntesten Dinge, die wir berühren, mit Leben zu erfüllen, unseren Horizont zu erweitern und auf keine Grenzen zu stoßen, weil alle Dinge, die wir betrachten, mit uns unendlich werden. Für mich besteht kein Zweifel, dass wir in der Lage sein werden, diese unendliche Kraft zum Wohl aller, von Europäern wie Amerikanern, einzusetzen, und dass wir Seite an Seite dem Stern einer Zukunft mit mehr Gerechtigkeit und Freiheit folgen werden.

(Die Mitglieder des Parlaments erheben sich und spenden lang anhaltenden Beifall.)

 
  
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  Der Präsident. − Herr Präsident Arias! Im Namen des Europäischen Parlaments möchte ich Ihnen für diese großartige und bedeutende Rede von Herzen danken. In Ihren Worten kam zum Ausdruck: Sie und Ihr Land vertreten die Demokratie und die Freiheit, Sie engagieren sich gegen Gewalt, gegen Terror, gegen Diktatur. Wenn Sie sagen, Costa Rica sei ein kleines Land, dann möchte ich sagen: Es kommt nicht darauf an, wie viele Einwohner ein Land hat oder wie groß die geografische Fläche eines Landes ist. Es kommt darauf an, welchen Geist ein Land und der Präsident eines Landes hat. Wenn man Ihre Rede hört, dann sagt man: Präsident Arias und Costa Rica stehen für die Freiheit, stehen für die Demokratie. Deswegen ist Costa Rica ein großes Land auf dieser Erde.

(Beifall)

Sie sind ein Mann des Friedens, und deswegen ist Ihnen 1987 der Friedensnobelpreis verliehen worden. Aber Sie haben sich damit nicht zur Ruhe gesetzt. 21 Jahre sind vergangen, und heute treten Sie ein für den Frieden zwischen den Menschen und für den Frieden mit der Natur. Und bei diesen Prinzipien steht das Europäische Parlament an Ihrer Seite.

Ich möchte auch die Sie begleitenden Minister Ihrer Regierung sehr herzlich begrüßen: Herrn Außenminister Stagno Ugarte und Herrn Wirtschaftsminister Ruiz Gutiérrez, die auch hier im Plenarsaal sind, sowie die vielen Bürgerinnen und Bürger aus Costa Rica, die hier in Brüssel und in Belgien leben. Seien Sie stolz auf Ihr Land! Nicht im Sinne des Nationalismus, denn da wären ja auch Länder stolz auf sich, die eine Diktatur und Gewaltherrschaft haben. Nein, seien Sie stolz auf Ihr Land, auf Costa Rica, weil Sie die richtigen Werte vertreten: Demokratie, Freiheit und Frieden!

Noch einmal herzlichen Dank! Muchas gracias, Presidente Arias!

(Beifall)

 
  
  

VORSITZ: GÉRARD ONESTA
Vizepräsident

 

9. Abstimmungsstunde (Fortsetzung)
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  Der Präsident. - Die Abstimmungsstunde wird fortgesetzt.

 

9.1. Auswirkungen von Marketing und Werbung auf die Gleichstellung von Frauen und Männern (A6-0199/2008, Eva-Britt Svensson) (Abstimmung)

10. Stimmerklärungen
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Mündliche Stimmerklärungen

 
  
  

- Lage in Georgien (B6-0402/2008)

 
  
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  Michl Ebner (PPE-DE). - Herr Präsident! Ich habe für die Entschließung gestimmt und danke vor allem auch dem Kollegen Elmar Brok für seine Bemühungen, hier einen breiten Konsens zu schaffen.

Ich glaube, dass wir bei aller Notwendigkeit eines Dialogs mit Russland doch zusehen müssen, dass wir energiepolitisch nicht völlig von Russland abhängig werden bzw. großteils abhängig bleiben, weil das auch die entsprechende Diskussionsmöglichkeit erheblich mindert. Man darf auch nicht vergessen, dass die militärische Antwort Georgiens auf eine lang anhaltende und in letzter Zeit sehr intensive Provokation der separatistischen Kräfte zurückgeht und dass diese Maßnahme der Selbstverteidigung für Russland der Anlass für den Einmarsch war. Nichtsdestotrotz sollten wir eine friedliche Lösung des Konfliktes als oberste Priorität ansehen, und ich wünsche all jenen, die hier mit eingebunden sind, einen schnellstmöglichen Erfolg, damit auf Südossetien letztlich nicht auch noch die Krim, Lettland, Litauen und Kasachstan folgen.

 
  
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  Danutė Budreikaitė (ALDE).(LT) Europas Politiker brechen nunmehr ihr langes Schweigen und bezeichnen Russlands Vorgehen in Georgien als unverhältnismäßig. Nein, hier handelt es sich um einen Fall, in dem die Rechte der Russen in anderen Ländern durch militärische Aggression geschützt werden. Einige EU-Staaten, die sich gegen die Perspektive für einen NATO-Beitritt Georgiens und der Ukraine sperrten, haben es Russland ermöglicht, seine aggressive Annexionspolitik zu verfolgen. Die meisten EU-Staaten sind von Energieimporten aus Russland abhängig und befürchten, dass ihnen der Gashahn abgedreht wird. Von daher kann Russland der gesamten EU auf wahrhaft unangemessene Weise seine Bedingungen diktieren. Ich habe für den Entschließungsantrag gestimmt, obwohl nach meinem Dafürhalten die Position der Kommission und des Parlaments bezüglich der künftigen Beziehungen zu Russland nicht klar genug definiert worden ist.

 
  
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  Miroslav Mikolášik (PPE-DE).(SK) Nach meinem Dafürhalten sollten wir das Visaerleichterungsabkommen aussetzen, Russlands „friedensstiftende“ Einheiten abziehen und durch internationale Einheiten ersetzen lassen und drittens die Gespräche über Partnerschaft und Zusammenarbeit mit Russland unterbrechen. Ich glaube auch, dass Europa einen einheitlichen und klaren Standpunkt zur Lage in Georgien einnehmen muss und vor der groben Verletzung der Souveränität und Integrität eines Nachbarstaats durch Russland nicht die Augen verschließen darf.

Moskau hat internationale Abkommen gebrochen, als seine Truppen Anfang August die Grenze zu Georgien überschritten – eine Grenze, die es in der Vergangenheit selbst anerkannt hat. Russische Truppen sind nicht nur in das Hoheitsgebiet von Südossetien einmarschiert, sondern auch tiefer ins Landesinnere eingedrungen.

Ich verurteile die Anerkennung der Unabhängigkeit Abchasiens und Südossetiens durch Russland scharf. Wir dürfen nicht vergessen: Während die einen die Unabhängigkeit feiern, trauert Georgien um unschuldige Menschen, die bei der Intervention der russischen Truppen ums Leben gekommen sind und ihr Heim verloren haben. Ich bin überzeugt, dass Europa Druck ausüben und im Rahmen der internationalen Gemeinschaft die territoriale Integrität Georgiens durchsetzen muss.

Die Slowakische Republik hat den Grundsatz der territorialen Integrität auch im Falle des Kosovo respektiert und dessen Loslösung von Serbien bis heute nicht anerkannt. In dem gleichen Sinne erkenne ich auch die Unabhängigkeit der georgischen Regionen und Südossetiens nicht an.

 
  
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  Toomas Savi (ALDE).(EN) Herr Präsident! Als Mitverfasser des Entschließungsantrags zur Lage in Georgien habe ich für den Änderungsantrag 1 gestimmt, mit dem das Internationale Olympische Komitee ersucht wird, ernsthaft zu prüfen, ob seine Entscheidung, die Olympischen Winterspiele 2014 nach Sotschi zu vergeben, im Lichte der jüngsten Ereignisse in der unmittelbaren Nachbarschaft der künftigen Veranstaltungsorte der Olympischen Spiele weiterhin Gültigkeit besitzt. Es wäre in hohem Maße unverantwortlich, wenn das IOC die Leben der olympischen Athleten dadurch in Gefahr brächte, dass die Spiele in solch einer unberechenbaren Region abgehalten würden.Ich brauche Sie nicht daran zu erinnern, dass am 5. September 1972 in München 11 olympische Athleten hingemordet wurden. Ich war damals ein Arzt der sowjetischen Olympiamannschaft und habe noch gut die Auswirkungen dieser tragischen Geschehnisse auf den olympischen Geist im Gedächtnis. So etwas darf sich niemals wiederholen.

 
  
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  Bernd Posselt, (PPE-DE). - Herr Präsident! Ich schätze den Kollegen Schulz sehr, aber seine heutige Erklärung war inakzeptabel. Präsident Medwedew hat heute früh den demokratisch gewählten georgischen Präsidenten Saakaschwili als politische Leiche bezeichnet. Das wäre schon unter demokratischen Gesichtspunkten ungeheuerlich. Aber wenn man bedenkt, dass Herr Medwedew ein Regime vertritt, das den Vorvorgänger Swiad Gamsachurdia hat ermorden lassen, das den tschetschenischen Präsidenten hat ermorden lassen und das jetzt einen inguschischen Bürgerrechtler hat ermorden lassen, dann ist es nahezu eine physische Drohung.

Ob man nun Herrn Saakaschwili mag oder nicht, wir müssen in dieser Situation den gewählten Repräsentanten des georgischen Volkes unterstützen, das Opfer eines imperialistischen Aktes wurde und das man derzeit zu strangulieren versucht. Deshalb glaube ich, dass es dringend notwendig ist, dass wir im Anschluss an unsere Entschließung, die ich begrüße, einen Schritt weiter gehen und in Georgien europäische Friedenstruppen stationieren. Dazu brauchen wir weder ein Mandat der UNO noch der OSZE, denn Georgien ist ein souveränes Land und hat uns um europäische Präsenz gebeten. Außerdem müssen wir dafür sorgen, dass dieses Land in Freiheit überleben kann, denn russische Truppen als Friedenstruppen, wie es die UNO und die OSZE gemacht haben, das ist der Brandstifter als Feuerwehrhauptmann!

 
  
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  Bogdan Pęk (UEN). (PL) Herr Präsident! Die Entschließung zur Lage in Georgien ist wichtig. Ich habe dafür gestimmt, obgleich die Europäische Union, die aufgrund der Ereignisse in Georgien vor einem wichtigen Test stand, diesen meines Erachtens nicht bestanden hat. Der Hauptgrund für ihr Scheitern liegt meiner Ansicht nach darin, dass einige entscheidende deutsche Interessen im Spiel waren, vor allem die Interessen der deutschen Linken und von Kanzler Schröder. Herr Schulz hat darum heute hier kein Blatt vor den Mund genommen.

Die Europäische Union muss begreifen, dass die Ostsee-Pipeline letztlich möglicherweise die Ursache für eine tatsächliche Erpressung gegenüber Litauen, Lettland, Estland, Polen und Belarus ist. Diese Pipeline muss weg. Trotz ihrer Erklärungen muss die EU endlich einen Standpunkt für eine einheitliche Energiepolitik beziehen, in der die Ostsee-Pipeline unter keinen Umständen Platz hat, auch wenn dies bestimmten deutschen Interessen zuwiderläuft. Die Deutschen müssen akzeptieren, dass sie sich entweder an der Schaffung einer vereinten Europäischen Union beteiligen und ihre Erklärungen echt sind oder dass sie scheinheilig handeln und ihre eigenen Interessen über die Interessen der EU stellen.

 
  
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  Milan Horáček (Verts/ALE). - Herr Präsident! Ich habe für die Entschließung gestimmt, wenn auch mit einigen Bauchschmerzen. Der Russland-Georgien-Krieg hat die Unterschiedlichkeit der Krisenbewältigung deutlich gemacht. Georgien hat verschiedene ungelöste Probleme. Russland aber handelt in der bewährten Tradition halbasiatischer Despotien mit Hinterlist, Provokation und kriegerischer Brutalität. Dies ist nicht nur eine Gefahr für den Kaukasus oder die Ukraine, sondern für uns selbst.

Unsere Stärken sind die Menschenrechte, die Demokratie, die Rechtsstaatlichkeit und die gemeinsam erkämpfte Freiheit, die Freiheit von Abhängigkeiten und Zwängen. Diese Werte müssen wir dringend mit einer gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik verteidigen.

 
  
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  Charles Tannock (PPE-DE).(EN) Herr Präsident! Die Delegation der britischen Konservativen hat den Entschließungsantrag zu Georgien unterstützt, der insgesamt ausgewogen war. Wir haben jedoch Einwände gegen Ziffer 19, die nach einer militärischen ESVP-Mission in Georgien verlangt – obwohl wir nichts gegen die Anwesenheit ziviler Beobachter der EU hätten.Ebenso ist Ziffer 30, in der behauptet wird, der Vertrag von Lissabon würde die Position der EU bezüglich der Bewältigung dieser Krise stärken, unseres Erachtens unbegründet. Wir befürworten eine stabilere gemeinsame Außenpolitik zur Sicherung der Energieversorgung im Rahmen der GASP mit Blick auf die russischen Öl- und Gasimporte, aber wir sehen nicht, welchen Unterschied der Vertrag von Lissabon in der Bewältigung dieser Krise gemacht haben würde. Hier geht es nicht um die weltweite außenpolitische Schwäche der EU, sondern um Russlands Psychoterror und Revanchismus im Südkaukasus.

 
  
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  Richard Falbr (PSE).(CS) Ich habe mich der Stimme enthalten, denn die Antwort auf die Frage: „Stimmt es, dass die Georgier mit Raketenwerfern eine schlafende Stadt angegriffen haben?“ lautet „Ja“.

 
  
  

- Europäisches Vertragsrecht (B6-0374/2008)

 
  
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  Bruno Gollnisch (NI).(FR) Herr Präsident! Wir haben uns der Frage, die Herr Lehne an die Kommission richten will, angeschlossen. Aus unserer Sicht müssen die Probleme des Vertragsrechts in Europa zwei wesentlichen Bedürfnissen genügen, die zusammengehören. Das erste betrifft die Klarheit und Einfachheit, das zweite die Sicherheit. Wir freuen uns, dass der Berichterstatter die bemerkenswerten Arbeiten der „Société de législation compareé“ berücksichtigt hat, und wünschen uns, dass diese Arbeit unter Bezugnahme auf unser gemeinsames Erbe, das römische Recht, geleistet wird. Die Regeln der Vertragsautonomie, die Regeln der Gültigkeit, des Zustimmungsmangels und der Öffentlichkeit sind von alters her in unserer Zivilisation verankert. Darauf, auf dieses gemeinsame Rechtserbe unserer Zivilisation, muss man Bezug nehmen.

Im Übrigen wünschen wir uns, dass um der Verfahrenssicherheit willen der Vereinheitlichung der Regeln für Rechtskonflikte Vorrang vor der Vereinheitlichung der Sachregeln eingeräumt wird. Verträge zwischen Personen, die sich an verschiedenen Orten aufhalten, und vor allem die schwierige Frage des Vertragsangebots, der so genannten „Pollicitation“, und der Vertragsannahme, die entsprechenden Modalitäten, Fristen, Beweise, all das kann Gegenstand einer Vereinheitlichung sein, ohne dass man deshalb die grundsätzlichen Regeln unserer verschiedenen Rechtsvorschriften vereinheitlichen muss.

 
  
  

- Bericht Proinsias De Rossa (A6-0289/2008)

 
  
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  Mario Borghezio (UEN). - (IT) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Vor einigen Tagen haben sardische Separatisten auf einer kleinen Insel in der Nähe Sardiniens gewaltlos und im Interesse des Umweltschutzes eine neue Republik mit dem poetischen polynesisch klingenden Namen „Republik Maluventu“ ausgerufen. Ich möchte darauf hinweisen, dass die sich auf die Charta der Vereinten Nationen und den unverletzlichen Grundsatz der Selbstbestimmung der Völker beziehende Charta dem Präsidenten bereits zugegangen ist. Europa stand stets Seite an Seite derer, die mit friedlichen und demokratischen Mitteln für die Freiheit kämpften. Lang lebe der Kampf des sardischen Volkes für sein Recht auf Selbstbestimmung!

 
  
  

- Bericht Iratxe García Pérez (A6-0325/2008)

 
  
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  Frank Vanhecke (NI).(NL) Herr Präsident! Ich habe gegen den Bericht García Pérez gestimmt, obgleich ich der Überzeugung bin, dass Männer und Frauen selbstverständlich gleichgestellt sind und selbstverständlich Anspruch auf gleiches Entgelt für gleiche Arbeit haben. Noch allzu oft vergessen wir, dass die Gleichstellung der Geschlechter zu den endgültigen Errungenschaften des heutigen Europas, der europäischen Welt, der westlichen Welt zählt und dieser Grundsatz in einigen anderen Teilen der Welt beileibe nicht fest verankert ist. Das dürfen wir niemals vergessen.

Allerdings ist das nur ein Aspekt dieses Berichts. Ansonsten strotzt der Bericht nur so von Dingen, bei denen ich grundsätzlich einen anderen Standpunkt vertrete. Ein Beispiel ist die Unterstützung für die endlosen Frauenquoten, als seien Frauen unmündige Geschöpfe, die Positionen nicht aus eigener Kraft und aufgrund ihrer Fähigkeiten erringen können. Ein weiteres ist die beständige Rückendeckung für Abtreibung: Ich frage mich, was das in diesem Bericht zu suchen hat.

Aus all diesen und vielen anderen Gründen habe ich gegen den Bericht García Pérez gestimmt.

 
  
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  Christopher Heaton-Harris (PPE-DE).(EN) Herr Präsident! Aus einem seltsamen Grund habe ich heute in diesem Parlament zum ersten Mal in meinem Leben nicht gegen einen Bericht des Ausschusses für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter gestimmt – ich habe mich der Stimme enthalten.In der Vergangenheit habe ich immer gegen diese Berichte gestimmt, da sie in der Regel voll sind von reinem Blödsinn. Aber als verheirateter Vater zweier Mädchen versuche ich jedes Wort dieser Berichte zu lesen und zu erraten, was sie wohl eigentlich bedeuten.Ich habe ein paar Bedenken zu dem Ausschuss, von dem dieses Zeug kommt – ich bin nicht wirklich der Ansicht, dass wir einen Frauenausschuss an dieser Stelle brauchen, wenn wir doch den Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres haben.Es gibt ein paar Formulierungen in diesem Bericht – z. B. die „Feminisierung der Armut“ –, die absolut nichts bedeuten, aber für den politisch korrekten Trupp da draußen großartig klingen. Ich frage mich echt, was dieser Ausschuss wohl etwa über Frauen denken würde, die es schaffen, die „gläserne Decke“ zu durchbrechen: z. B. eine Mutter mit fünf Kindern, deren jüngstes am Down-Syndrom leidet und deren älteste Tochter im fünften Monat schwanger wäre – wie im Fall der möglichen künftigen Vizepräsidentin der USA, Sarah Palin? Ich glaube, dem Ausschuss würde es nicht gefallen, dass sie Karriere gemacht hat. Aber ich habe mich der Stimme zu diesem Bericht enthalten.

 
  
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  Ewa Tomaszewska (UEN). (PL) Herr Präsident! Obgleich ich eine Verfechterin der Gleichstellung bin, habe ich gegen die Entschließung zur Gleichstellung von Frauen und Männern gestimmt. Die Entschließung enthält einige versteckte Punkte zur Abtreibung und verletzt damit das Subsidiaritätsprinzip in diesem Bereich. Da der Änderungsantrag 2 – ein Antrag, durch den die betreffenden Punkte gestrichen werden – in der Abstimmung abgelehnt wurde, muss die gesamte Entschließung abgelehnt werden. Es ist beschämend, dass das Europäische Parlament die Grundprinzipien, nach denen die Europäische Union arbeitet, so fahrlässig verletzen kann.

 
  
  

- Klonen von Tieren (B6-0373/2008)

 
  
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  Hynek Fajmon (PPE-DE).(CS) Herr Präsident! Ich habe gegen das Klonverbot gestimmt. Ein Klonverbot ist ein Angriff auf die Freiheit der wissenschaftlichen Forschung und auf die unternehmerische Freiheit. Eine Einschränkung dieser Freiheiten bringt der Europäischen Union nichts Gutes, sondern führt im Gegenteil zu einer weiteren Abwanderung von Wissenschaftlern in die Vereinigten Staaten von Amerika und andere Staaten der Erde, in denen es keine solchen Verbote gibt. Ein Verbot des Handels mit diesen Produkten wiederum führt zu weiteren Handelsstreitigkeiten innerhalb der Welthandelsorganisation. Eine solche Entwicklung möchten wir nicht.

Die gesundheitlichen und anderen Risiken des Klonens müssen gründlich und in Übereinstimmung mit den geltenden Methoden und Verfahren geprüft und die Ergebnisse der Öffentlichkeit mitgeteilt werden. Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit hat in der ersten Hälfte des Jahres eine wissenschaftliche Konsultation zu diesem Thema geführt, und die Ergebnisse dieser Konsultation geben keinen Grund, das Klonen zu verbieten.

 
  
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  Avril Doyle (PPE-DE).(EN) Herr Präsident! Ich habe gegen die Entschließung zum Verbot geklonter Tiere in unserer Lebensmittelkette gestimmt, weil es an wissenschaftlicher Exaktheit fehlt, die unser Vorgehen im Parlament untermauern würde. Sei es nun eine Legislativabstimmung, eine Entschließung zu einer Anfrage des Parlaments oder ein Initiativbericht, Beschlüsse des Europäischen Parlaments und Abstimmungen im Plenum werden ernsthaft entwertet, wenn sie nicht genauer wissenschaftlicher Überprüfung standhalten. Die Glaubwürdigkeit und Integrität unserer Arbeit wird deshalb zu Recht in Frage gestellt.

 
  
  

- Bericht Eva-Britt Svensson (A6-0199/2008)

 
  
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  Ivo Strejček (PPE-DE).(EN) Herr Präsident! Ich habe gegen den Bericht von Eva-Britt Svensson gestimmt, und ich bin dankbar, dass mir Gelegenheit gegeben wird, mein Abstimmungsverhalten zu erläutern.Meine Gründe sind die folgenden. Erstens ist kein Verbraucher allwissend, wie auch kein Gesetzgeber. Deshalb ist Werbung ein wesentlicher Teil von Handel und Gewerbe. Zweitens muss jede Werbung (leider oder Gott sei Dank) aufdringlich, verlockend, plakativ und ins Auge fallend sein. Das kommt daher, dass es immer zumindest ein paar Hersteller gibt, die dasselbe Produkt verkaufen, und jeder will nur sein eigenes Produkt verkaufen. Drittens beachtet Frau Svensson bei ihrem Versuch diese Grundsätze, und sie versucht dabei, die Kräfte des Marktes durch künstliche Rechtsetzungsschritte zu verbessern, die den natürlichen Kräften des Marktes, die im Verhältnis von Angebot und Nachfrage ihre Ursache haben, schaden und sie verzerren werden. Deshalb habe ich dagegen gestimmt.

 
  
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  Frank Vanhecke (NI).(NL) Herr Präsident! Wenn ich zusammenfassen müsste, weshalb ich gegen den Bericht Svensson gestimmt habe, könnte ich ganz einfach sagen, dass der Bericht in meinen Augen völliger Unsinn ist. Zum x-ten Mal ruft dieses Parlament, das doch offiziell die Freiheit der Bürger Europas verteidigen soll, in einem Bericht zur Beschränkung der Freiheit und zu Zensur auf. Einzelne Passagen in dem Bericht Svensson wie Ziffer 14 über Zensur scheinen direkt aus „Fahrenheit 451“ entnommen zu sein, einem Buch, in dem eine Welt dargestellt wird, aus der Bücher verbannt sind und in der kritische Gedanken unterdrückt werden.

Ich stehe diesem Europäischen Parlament ohnehin recht kritisch gegenüber, aber es sollte Acht geben, dass es nicht zur hoffnungslosen Lachnummer verkommt und sich in eine Art Klon des Obersten Sowjets verwandelt.

 
  
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  Philip Claeys (NI).(NL) Herr Präsident! Mein Glückwünsche an Frau Svensson. Ihr Bericht zählt zu den herablassendsten, interventionistischsten und politisch korrektesten Texten dieser gesamten Wahlperiode. Sie scheint tatsächlich davon überzeugt zu sein, dass Werbung und Marketing eine einzige große Verschwörung sind, um von den ersten Jahren der Sozialisierung eines Kindes an zur Geschlechterdiskriminierung beizutragen, die die lebenslange Fortschreibung der Ungleichheiten zwischen Frauen und Männern verstärkt. Ich denke mir das nicht aus: Dieser Satz findet sich im Wesentlichen wortwörtlich in Erwägung M des Textes.

Selbstverständlich befürwortet der Bericht mehr Rechtsvorschriften und die Einrichtung von Institutionen, die speziell mit der Überwachung der Einhaltung all dieser neuen Vorschriften befasst sind. Ich möchte fast sagen Vetternwirtschaft, wäre dieser Ausdruck nicht so furchtbar geschlechterundifferenziert. Ziffer 14 des Textes, in der dafür plädiert wird, Botschaften, die Geschlechterstereotype vermitteln, aus Lehrbüchern, Spielzeug, Videos und Computerspielen, Internet und Werbung zu beseitigen, schießt den Vogel ab. Mit anderen Worten Zensur. Ich weiß nicht, ob sich der Terminus „Lehrbücher“ auch auf Literatur erstreckt, wenn dem aber so ist, dann können wir uns schleunigst daranmachen, Shakespeares Werke auf der Straße zu verbrennen.

 
  
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  Christopher Heaton-Harris (PPE-DE).(EN) Herr Präsident! Ich bin wieder ganz der Alte bei diesem Bericht und habe gegen ihn gestimmt. Ich möchte einige der Gründe dafür näher erläutern.Ich habe einen Riesenrespekt vor der Berichterstatterin, Frau Svensson, die auf diesem Gebiet eine Menge Arbeit geleistet hat und in diesem Parlament als Frau eine echte Vorbildfunktion ausübt. Bestimmte Punkte in dem Bericht jedoch – einige von ihnen wurden abgelehnt – waren nahezu unglaublich. So der Ruf nach einer Gedankenpolizei in Geschlechterfragen in Ziffer 9. So die Infragestellung traditioneller Geschlechterrollen in Ziffer 13, und in Ziffer 14 kommt so etwas wie Hass auf neue Bildformen im Internet auf.Die äußere Erscheinung von Männern und Frauen ist immer in der Werbung benutzt worden. Die Männer sehen in der Regel besser aus als ich und die Frauen gewöhnlich besser als, sagen wir einmal, einige Mitglieder dieses Hauses. Das ist für Sie Werbung. Selbst die Europäische Kommission – auf ihrer Website oder in irgendeiner Reklame, mit der sie ihre Gebäude behängt – benutzt Bilder von Männern und Frauen, die ein wenig besser aussehen als der Durchschnitt.

 
  
  

Schriftliche Stimmerklärungen

 
  
  

- Bericht Amalia Sartori (A6-0140/2008)

 
  
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  Jan Andersson, Göran Färm, Anna Hedh, Inger Segelström und Åsa Westlund (PSE), schriftlich. (SV) Wir haben für den Bericht gestimmt, da er auf eine globale Harmonisierung der Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Chemikalien abzielt. Das kann zu einer sichereren Handhabung von Chemikalien führen, was zu einem besseren Umwelt- und Gesundheitsschutz beiträgt.

Wir hätten allerdings gern eine Kennzeichnung von Chemikalien der Kategorie 5 gesehen.

Diese chemischen Stoffe werden oft im Haushalt verwendet und sind eine weit verbreitete Ursache für Vergiftungen bei Kindern.

 
  
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  Ilda Figueiredo (GUE/NGL), schriftlich. − (PT) Die Eröffnung der Debatte auf internationaler Ebene über chemische Stoffe und die Rolle, die diese in unserem Leben spielen, geht zurück auf das Jahr 1980, anfangs im Rahmen der Internationalen Arbeitsorganisation und anschließend im Rahmen der Vereinten Nationen, die im Dezember 2002 das GHS (Weltweit Harmonisiertes System zur Einstufung und Kennzeichnung von Chemikalien), mit einer Revision im Jahr 2005, annahmen.

Diese Entscheidungen hatten Auswirkungen auf Gemeinschaftsebene, die zur Annahme verschiedener Dokumente geführt haben.

Womit wir uns derzeit beschäftigen, ist lediglich der Vorschlag für eine Verordnung über die Einstufung und Kennzeichnung von Stoffen und Gemischen, mittels derer die Europäische Union anstrebt, die vom Wirtschafts- und Sozialrat der Vereinten Nationen vereinbarten internationalen Kriterien für die Einstufung und Kennzeichnung von gefährlichen Stoffen und Gemischen, auch bekannt als das Weltweit Harmonisierte System (GHS), in Rechtsvorschriften zu überführen.

Ziel der Anwendung dieses Systems ist der Schutz der menschlichen Gesundheit und der Umwelt, ohne dabei den Verkehr von Stoffen und Gemischen zu behindern, indem man Einstufungs- und Informationskriterien festlegt, die Maßgaben zur Kennzeichnung sowie Sicherheitsdatenblätter enthalten. Dies dient dem Erhalt der Sicherheit bei der Beförderung gefährlicher Güter und dem Schutz der Gesundheit und Sicherheit der Verbraucher, Arbeitnehmer und der Umwelt. Wir haben daher für diese Berichte gestimmt.

 
  
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  Marian Zlotea (PPE-DE), schriftlich. – (RO) Chemische Stoffe werden weltweit hergestellt und vermarktet. Die damit verbundenen Risiken sind überall gleich. Für Stoffe, die in einem Land als gefährlich eingestuft werden, kann in einem anderen Land etwas anderes gelten. Das gleiche Produkt sollte in unterschiedlichen Ländern nicht anders gekennzeichnet werden.

Neben dem Bedarf an Informationen zielt das GHS (weltweit harmonisiertes System zur Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Chemikalien) hauptsächlich auf den Verbraucherschutz ab. Die neuen Rechtsvorschriften im Bereich der Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen sollen für stärkeren Schutz der menschlichen Gesundheit und Umwelt sorgen. Nach meinem Dafürhalten sind Kompromisse erzielt worden, die sinnvolle Lösungen für die Gesundheit der Verbraucher darstellen. Gewerbliche Nutzer von chemischen Stoffen und Verbraucher auf der ganzen Welt gewinnen durch die weltweite Harmonisierung.

Nach Durchsetzung dieses Berichts wird sich der Schutz von Personen im Umgang mit gefährlichen Substanzen erhöhen, und Unternehmen wird es besser gelingen, die Zahl von Unfällen zu verringern. Die Verwendung gefährlicher Stoffe wird sicherer. Verbraucher erhalten fachgemäße, vollständige und genaue Informationen, um einen umfassenderen Verbraucherschutz zu gewährleisten.

 
  
  

- Berichte Amalia Sartori (A6-0140/2008) (A6-0141/2008) (A6-0142/2008)

 
  
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  Ian Hudghton (Verts/ALE), schriftlich. – (EN) Die Berichte von Amalia Sartori befassen sich mit wichtigen Fragen, die alle unsere Bürger betreffen. Chemikalien werden weltweit hergestellt und gehandelt, und ihre Gefahren bleiben dieselben, wo auch immer sie benutzt werden; folglich ist es angemessen, dass die Einstufung und Kennzeichnung gefährlicher Stoffe entsprechend harmonisiert wird. Das heute gebilligte Paket ist ein vernünftiger Kompromiss, der zwischen den Fraktionen und den EU-Organen erreicht worden ist, und deshalb konnte ich ihn unterstützen.

 
  
  

- Bericht Anja Weisgerber (A6-0201/2008)

 
  
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  Sylwester Chruszcz (NI), schriftlich.(PL) Durch den Bericht wird die Produktion von Kraftfahrzeugen mit Wasserstoffantrieb auf eine rechtliche Grundlage gestellt. Es handelt sich dabei um eines der seltenen Dokumente, in denen man sich wohl überlegt dem Problem alternativer Kraftstoffe für Fahrzeuge nähert. Dies ist besonders lobenswert, da es sich um eine völlig neue Technologie handelt, die absolut umweltverträglich ist, da als Abgas Wasser entsteht. Ich hege keinen Zweifel daran, dass der Bericht Anregungen vom Hersteller des von Hans-Gert Pöttering benutzten Fahrzeugs enthält, aber ich habe bewusst dafür gestimmt.

 
  
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  Hanne Dahl (IND/DEM), schriftlich.(DA) Die Junibewegung bewertet derzeit Brennstoffzellen, in denen Wasserstoff als Energieträger auf der Basis erneuerbarer Energien wie Solar-, Wind- und Wellenenergie als Verkehrssystem eingesetzt wird, da es sich um einen sauberen Kraftstoff handelt, d. h. es entsteht kein Feinstaub, und der Brennstoff kann mithilfe erneuerbarer Energien erzeugt werden. Doch Kraftfahrzeuge mit Wasserstoffantrieb haben im Allgemeinen einen äußerst niedrigen energetischen Wirkungsgrad von 20 %. Mit computergesteuerten Lithiumbatterien betriebene Elektrofahrzeuge sind ihnen mit ihrer Energieeffizienz von 80-90 % weit überlegen. Gleichzeitig könnten Millionen von Batterien das Problem der Speicherung erneuerbarer Energien lösen. Deshalb möchten wir die Kommission auffordern, Maßnahmen zur Förderung dieser Alternative voranzutreiben.

 
  
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  Proinsias De Rossa (PSE), schriftlich. (EN) Dieser Bericht erlaubt es, die Lücke für Wasserstofffahrzeuge innerhalb des Binnenmarkts unter Berücksichtigung der Erfordernisse des Verbraucherschutzes zu schließen.Es ist Eile geboten, Wasserstofffahrzeuge in den EU-Rahmen zur Typgenehmigung einzubeziehen, um so Forschung und Entwicklung dieser umweltfreundlichen Technologie innerhalb des gesamten Binnenmarkts zu fördern.Überdies wurden genaue technische Vorgaben festgelegt, um die Zuverlässigkeit und Sicherheit der Wasserstoff führenden Bauteile und Systeme zu gewährleisten ebenso wie die eindeutige Identifizierung wasserstoffbetriebener Fahrzeuge durch eine Kennzeichnung, die bei einem Notfall von Bedeutung wäre.

 
  
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  Ian Hudghton (Verts/ALE), schriftlich. (EN) Ich habe für den Bericht Weisgerber gestimmt. Das Potenzial von Wasserstoff als einer sauberen Antriebsform ist lange schon erkannt und die Technologien auf diesem Gebiet sind ständig verbessert worden. Trotzdem kann Wasserstoffantrieb nur dann echt wirkungsvoll als eine saubere und umweltfreundliche Energieform sein, wenn der Wasserstoff aus nachhaltigen und im Idealfall erneuerbaren Quellen stammt, und dieser Umstand findet im endgültigen Bericht Erwähnung.

 
  
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  Jörg Leichtfried (PSE), schriftlich. Ich stimme für den Bericht von Anja Weisgerber über die Typgenehmigung von Kraftfahrzeugen mit Wasserstoffantrieb.

Die Förderung von alternativen und umweltfreundlichen Kraftstoffen in der EU ist ein wichtiger Schritt, der in der heutigen Zeit unbedingt unterstützt werden muss. Wasserstofffahrzeuge bieten sich dafür an, sie müssen jedoch ein hohes Niveau an Sicherheit und Umweltschutz garantieren. Damit das gewährleistet ist, sind einheitliche Bedingungen für die Typgenehmigung in der Europäischen Union von Nöten. Ohne EU-weit geregelte Typisierung von Kraftfahrzeugen mit Wasserstoffantrieb besteht die Gefahr, dass Einzelgenehmigungen der Mitgliedstaaten den Wettbewerb verzerren und eine Investierung der Unternehmen in Wasserstofffahrzeuge nicht mehr lukrativ ist.

Ein einheitliches Typgenehmigungssystem bietet den Bürgern den Schutz einer EU-weiten Richtlinie und fördert die so wichtige Verbreitung von umweltverträglichen Kraftfahrzeugen.

 
  
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  David Martin (PSE), schriftlich. (EN) Ich begrüße den Bericht von Anja Weisgerber über die Typgenehmigung von Kraftfahrzeugen mit Wasserstoffantrieb. Der Bericht ist ein positiver Schritt, der mithelfen wird, die Industrie dazu zu bringen, ihre Anstrengungen auf dem Gebiet von Forschung und Entwicklung zu verstärken. Die Förderung der Einführung wasserstoffbetriebener Fahrzeuge im Binnenmarkt wird einen bedeutenden Beitrag zur Erreichung der europäischen Klimaschutzziele leisten. Ich habe für die Empfehlungen des Berichts gestimmt.

 
  
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  Andreas Mölzer (NI), schriftlich. Wasserstoffantrieb ist sicherlich eine Technik mit Zukunftspotential, die jedoch noch keineswegs ausgereift ist. Zusätzlich zu noch nicht finanzierbaren Anschaffungskosten kommen hohe Kosten für Herstellung und Speicherung des Wasserstoffs. Und auch wenn die Autos selbst keine schädlichen Abgase produzieren, ist noch ungeklärt, wie der Wasserstoff möglichst energiearm und CO2-frei hergestellt werden kann.

Schlussendlich wissen wir auch noch nicht, ob sich Batteriefahrzeuge oder Autos mit Brennstoffzellen-Antrieb durchsetzen werden. Wichtig ist jedenfalls, dass wir alternative Techniken unterstützen, um unsere Abhängigkeit von fossilen Energien zu reduzieren. Folglich habe ich auch für den Bericht Weisgerber gestimmt.

 
  
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  Eluned Morgan (PSE), schriftlich. (EN) Ich habe für diesen Bericht gestimmt, weil diese Rechtsvorschrift den Weg zu einer Produktion dieser Autos in vollem Umfang ebnen und Europas Autofahrern in naher Zukunft echte Alternativen bieten wird. Diese neue Vorschrift wird der Entwicklung dieser Fahrzeuge Auftrieb geben, indem sie ihre Zuverlässigkeit und Sicherheit gewährleistet, und die in diesem Bericht vorgesehenen Maßnahmen werden sicherstellen, dass der Umwelt durch wasserstoffbetriebene Fahrzeuge größtmögliche Vorteile erwachsen können.

 
  
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  Daciana Octavia Sârbu (PSE), schriftlich. – (RO) Der Bau von Automotoren, die mit Wasserstoff betrieben werden, stellt eine Garantie für die Entwicklung umweltfreundlicher Verkehrsmittel in der Zukunft und den Schutz der Volksgesundheit dar. Um aus dem Einsatz wasserstoffbetriebener Fahrzeuge Umweltvorteile zu erzielen, sollten Letztere nachhaltig hergestellt werden, sodass Lärmpegel und Luftqualität im Voraus verbessert werden.

Durch die Verordnung wird gewährleistet, dass Wasserstoffsysteme so sicher wie konventionelle Antriebstechniken sind, womit die Industrie zum Bau solcher Fahrzeugtypen angeregt wird. Es muss ein angemessener Rahmen geschaffen werden, um die Vermarktung von Fahrzeugen mit innovativer Antriebstechnologie zu beschleunigen, damit der Verkehrssektor einen größeren Beitrag zu einer saubereren und sichereren Zukunft leistet.

Unter Berücksichtigung der durch Klimawandel und fehlende Energiequellen verursachten weltweiten Probleme sollten Fahrzeuge mit Wasserstoffantrieb international gefördert werden, vor allem in Entwicklungsländern und in den USA, um einen umfassenderen Umweltschutz im Kampf gegen die globale Erwärmung zu garantieren.

Darum habe ich für den Vorschlag für eine Verordnung gestimmt, die einen ersten Schritt auf dem Weg zu einem saubereren Europa markiert.

 
  
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  Peter Skinner (PSE), schriftlich. (EN) Angesichts der derzeitigen und künftigen Probleme, die von mit Mineralöl betriebenen Kraftfahrzeugmotoren verursacht werden, ist die Entwicklung von Alternativen unerlässlich. Die Genehmigung diesbezüglicher Spezifitäten ist ein guter Schritt vorwärts. Der Zusammenhang zwischen dem Ölgesamtverbrauch durch Autobenutzung und der steigenden Zahl von Atemwegserkrankungen und gleichzeitig zunehmender Umweltverschmutzung wird bei der Kraftfahrzeugbauweise der „nächsten Generation“ in Betracht gezogen werden müssen.Sicherlich wirft der Aspekt der Wasserstofferzeugung durch Strom u. a. die Frage auf, woher man die Energie für die Herstellung der ursprünglichen Elektrizität nehmen soll. Dieser Bericht ist jedoch hilfreich, um die Debatte und den Fokus der Industrie auf das Auto der Zukunft und in die richtige Richtung zu lenken.

 
  
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  Bernard Wojciechowski (IND/DEM), schriftlich.(PL) Wasserstoff gilt allgemein als umweltfreundlichster und umweltverträglichster Kraftstoff, da bei seiner Verbrennung lediglich Wasser entsteht.

Trotz der mit der Speicherung von Wasserstoff sowie dem Einfüllen in einen Treibstofftank verbundenen enormen Schwierigkeiten deuten die weltweit von Forschungszentren beständig unternommenen Anstrengungen darauf hin, dass es sich um den Brennstoff der Zukunft handelt. Als Kraftstoff ist Wasserstoff eine für die Umwelt sichere erneuerbare Energiequelle.

Die Einführung von EU-Kriterien für die Typgenehmigung von Kraftfahrzeugen mit Wasserstoffantrieb ist für das ordnungsgemäße Funktionieren des Binnenmarktes sowie für die Gewährleistung eines hohen Maßes an Sicherheit und Umweltschutz unerlässlich.

 
  
  

- Lage in Georgien (B6-0402/2008)

 
  
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  Alessandro Battilocchio (PSE), schriftlich. (IT) Ich werde für den vorliegenden Entschließungsantrag stimmen in der Hoffnung auf ein rasches und friedliches Ende dieser verheerenden Krise. Zwei Punkte müssen meines Erachtens bekräftigt und nachdrücklich betont werden: Zum einen der Grundsatz der Unverletzlichkeit der territorialen Integrität der verschiedenen Staaten und zum anderen die unbedingt notwendige Achtung der Rechte der betroffenen Minderheiten.

Nach den Ereignissen im Kosovo ist die Stimme der Völkergemeinschaft zweifellos schwächer und weitaus weniger glaubwürdig, im Hinblick auf eine verlässliche und konkrete Lösung bedarf es jedoch verstärkter diplomatischer Anstrengungen. Während auf der internationalen Ebene der Regierungen Betriebsamkeit herrscht, besteht allerdings dringender Handlungsbedarf, um der sich infolge der wachsenden Zahl der Flüchtlinge verschärfenden humanitären Krise zu begegnen. Die Europäische Union muss zur Linderung des Leidens Hunderttausender von Menschen in Not eine Task Force einrichten.

Ich stehe mit der internationalen Kontaktperson bei UNICEF in Verbindung, von der bestätigt wurde, dass die Situation sehr ernst ist. Ich hoffe, die Europäische Kommission wird ihren Part übernehmen, so wie sie es bei anderen Situationen tat.

 
  
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  Giorgos Dimitrakopoulos (PPE-DE), schriftlich. – (EL) Die MdEP von der ND-Partei (Neue Demokratie) haben beschlossen, sich bei der Abstimmung über die Entschließung zur Lage in Georgien der Stimme zu enthalten. Dieser Beschluss wurde gefasst, da der endgültige Entschließungsentwurf, über den abgestimmt wurde, so formuliert war, dass die Ausgewogenheit der vorherigen Entschließungsentwürfe verloren gegangen ist.

 
  
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  Glyn Ford (PSE), schriftlich. (EN) Ich werde für diese gemeinsame Entschließung stimmen, da die Union der russischen Führung unbedingt eine unmissverständliche Botschaft zukommen lassen muss. Nichtsdestoweniger versäumt sie es, die verantwortliche Rolle der georgischen Führung bei der Auslösung der Krise angemessen zu kritisieren. Meiner Meinung nach ist Georgien unter der gegenwärtigen Führung in absehbarer Zeit ganz sicher nicht auf dem Weg zu einem NATO-Beitritt.Zweitens erhebt diese Krise verstärkt die Forderung nach einer gemeinsamen europäischen Außen- und Sicherheitspolitik. Je früher dieses Element des Vertrags von Lissabon umgesetzt wird, desto besser.

 
  
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  Hélène Goudin und Nils Lundgren (IND/DEM), schriftlich. – (SV) Die Lage in Georgien und die Einstellung dazu sind außenpolitische Fragen. Die Juniliste vertritt den Standpunkt, dass sich weder das Europäische Parlament noch irgendein anderes EU-Organ zu diesen Fragen äußern sollte, da Außenpolitik auf der Ebene der Mitgliedstaaten und nicht durch die Europäische Union betrieben werden sollte.

Es überrascht kaum, dass das Europäische Parlament die Chance zur Propaganda für eine verstärkte gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik sowie – was noch schlimmer ist – für eine Einführung des Vertrags von Lissabon nutzt. Wir sehen bereits heute, dass einzelne Mitgliedstaaten unterschiedliche Haltungen in Bezug auf Georgien einnehmen. Es ist also nicht wünschenswert, dass die EU mit einer Stimme spricht, denn diese Stimme würde gegen die Standpunkte vieler Mitgliedstaaten sprechen. Die zahlreichen Verweise auf die NATO sind ebenfalls äußerst problematisch, da es EU-Mitgliedstaaten gibt, die nicht der NATO angehören.

Die Lage in Georgien ist sehr ernst, insbesondere angesichts der zahlreichen zivilen Opfer des Konflikts. Dennoch darf die EU keine Außenpolitik betreiben, und so haben wir gegen diesen Entschließungsantrag gestimmt.

 
  
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  Pedro Guerreiro (GUE/NGL), schriftlich. (PT) Die von der Mehrheit im Parlament angenommene und von uns abgelehnte Entschließung ist ein wesentlicher Bestandteil der antirussischen Kampagne derjenigen, die diese Vorgehensweise dazu nutzen, um ihre eigene schwer wiegende Verantwortung für die Verschlechterung der internationalen Situation zu vertuschen und sich einen Vorwand für gefährliche neue Schritte in der eskalierenden Konfrontation zu schaffen.

Unter anderem wird in der Entschließung die Tatsache verschwiegen, dass die Ursache für die derzeitige internationale Lage und die Situation im Kaukasus im neuen Rüstungswettlauf und in der von den USA und der NATO (mit ihrem offensiven strategischen Konzept und ihrer Ausdehnung an die Grenzen Russlands) angeheizten Militarisierung der internationalen Beziehungen, in der Einrichtung von neuen US-Stützpunkten und der Stationierung von US-Raketen in Europa sowie in der weiteren Militarisierung dieses Kontinents, in der Aggression gegen Jugoslawien und der Auflösung dieses Landes und in der Anerkennung der Unabhängigkeit der serbischen Provinz Kosovo unter Missachtung des Völkerrechts, in den Angriffen auf Afghanistan und den Irak und der Okkupation dieser Länder, sprich, im Imperialismus (und den zwischenkapitalistischen Widersprüchen) liegen.

Einige derjenigen, die jetzt die Respektierung des Völkerrechts, der territorialen Integrität, der Souveränität und der Unabhängigkeit von Staaten fordern, sind genau dieselben, die die Aggressionen gegen Jugoslawien oder den Irak forciert und unterstützt haben. Was für eine Heuchelei!

Der Weg zum Frieden und zur Verteidigung der Zukunft der Menschheit liegt in der Achtung der Prinzipien, die in Artikel 7(1), (2) und (3) der portugiesischen Verfassung verankert sind.

 
  
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  Ian Hudghton (Verts/ALE), schriftlich. (EN) Ich bin zufrieden, dass der Änderungsantrag meiner eigenen Fraktion erfolgreich war. Wir haben gefordert, dass die russische und die georgische Regierung Informationen über die Gebiete abgeben sollen, in denen während der Feindseligkeiten Streubomben abgeworfen wurden, um damit die Minenräumungstätigkeiten zu beschleunigen.Das Parlament hat den Einsatz von Gewalt verurteilt und ist der Meinung, dass Konflikte im Kaukasus nicht durch Gewalt gelöst werden können; eine rasche Minenräumung wird künftige Opfer unter der Zivilbevölkerung verhindern.

 
  
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  Ona Juknevičienė (ALDE), schriftlich. (LT) Ich habe für die Änderungsanträge 2 und 5 gestimmt, da Russland meines Erachtens beansprucht, durch Anwendung verschiedener Mittel die Gebietsgrenzen der ehemaligen Sowjetunion wiederherzustellen. Mit seinen Handlungen in Georgien stellt Russland erneut seine Bereitschaft unter Beweis, unter dem Vorwand der Verteidigung der Rechte seiner Bürger in das Hoheitsgebiet eines souveränen Staates einzudringen und es zu besetzen. Nach meinem Dafürhalten muss die EU in ihrer Entschließung klar die Grundlosigkeit expansionistischer Pläne Russlands, vor allem in Bezug auf die baltischen Länder, aufzeigen.

Durch meine Abstimmung gegen Satz 2 von Ziffer 27 möchte ich ausdrücken, dass die EU nicht entscheiden kann und darf, ob sich Georgien noch im Beitrittsprozess zur NATO befindet. Wir können nur die Tatsache feststellen, dass die NATO am 3. März 2008 die Möglichkeit eines Beitritts Georgiens zu diesem Bündnis bestätigte; es obliegt jedoch dem souveränen Staat Georgien, diesbezüglich eine Entscheidung zu treffen.

 
  
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  Filip Kaczmarek (PPE-DE), schriftlich. – (PL) Sehr verehrte Damen und Herren! Ich habe für die Entschließung zur Lage in Georgien gestimmt, nicht weil die Entschließung perfekt ist. Nach meinem Dafürhalten könnte unsere Entschließung zweifelsohne besser sein. Ich war mir unschlüssig, ob ich den Entschließungsentwurf unterstützen sollte.

Herr Schulz hat kurz vor der Abstimmung meine Zweifel genährt. Er brachte sein Bedauern darüber zum Ausdruck, dass in der Entschließung keine Kritik am georgischen Präsidenten geübt wird. Diese bemerkenswerte Äußerung hat mich überzeugt, dass die Entschließung wesentlich schlechter hätte ausfallen und von der pro-russischen Lobby im Europäischen Parlament zum Scheitern verurteilt werden können. In seinen Worten hat Herr Schulz die Einheit des Parlaments angesichts der Krise im Kaukasus unterschätzt. Jetzt ist klar, dass es besser gewesen wäre, wenn das Europäische Parlament bereits zu einem früheren Zeitpunkt eine Sondersitzung zum Thema Georgien abgehalten hätte. Es ist bedauerlich, dass wir unseren Standpunkt nicht auf einer Ratssitzung dargelegt haben. Es ist beschämend, dass wir unsere Vorschläge und Ansichten nicht vor dem Treffen der Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten vorgelegt haben.

 
  
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  Carl Lang und Fernand Le Rachinel (NI), schriftlich. – (FR) Herr Präsident! Indem sie einseitig Stellung gegen Russland beziehen und Europa in die Konfliktlösung einbeziehen, setzen der Europäische Rat und die Mehrheit unseres Hauses einen Prozess in Gang, der ebenso gefährlich ist wie der, der unseren Kontinent in den Ersten Weltkrieg gestürzt hat.

Dieser Prozess ergibt sich aus der unvorbereiteten Osterweiterung, die uns näher an die Konfliktzonen auf dem Balkan und im Kaukasus heranrücken lässt. Welche Folgen hätte ein Beitritt der Türkei, die an den Irak und den Iran grenzt? Weiterhin haben unsere Regierungen mit der Anerkennung der Unabhängigkeit der serbischen Provinz Kosovo die Büchse der Pandora geöffnet und damit nicht nur die territoriale Integrität Georgiens, sondern der meisten europäischen Staaten im Osten wie im Westen gefährdet.

Wenn Georgien, wie es die Sozialdemokraten, die Liberalen, die PPE und die Grünen wünschen, der NATO beitreten und Mitglied einer Europäischen Union nach dem Vertrag von Lissabon werden sollte, würden unsere Nationen einen Konflikt mit Russland vom Zaun brechen.

Das Brüsseler Europa bedeutet Krieg. Angesichts der Erstarkung Chinas und der islamistischen Bedrohung ist es höchste Zeit, ein anderes Europa zu errichten, das Europa der souveränen Vaterländer, das mit Russland durch Bande der Zivilisation verbunden ist, die unser griechisches und christliches Erbe ausmachen.

 
  
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  David Martin (PSE), schriftlich. (EN) Ich begrüße die rasche Vorgehensweise der französischen Präsidentschaft im Hinblick auf eine Beilegung des Konflikts zwischen Georgien und Russland. Bei aller möglichen Kritik am militärischen Eingreifen von Tiflis in Südossetien sind doch die Vergeltungsmaßnahmen Moskaus sowohl unverhältnismäßig als auch eine klare Verletzung der territorialen Integrität Georgiens. Ich möchte das Europäische Parlament auffordern, der russischen Führung eine unmissverständliche Botschaft zukommen zu lassen, dass ihr Vorgehen inakzeptabel ist. Deshalb habe ich für die Entschließung gestimmt.

 
  
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  Erik Meijer (GUE/NGL), schriftlich. − (NL) Wir haben allen Grund, der Bevölkerung Georgiens humanitäre Hilfe zu leisten sowie die Militärintervention in der nicht umstrittenen Region und den Einsatz von Streubomben durch Russland zu verurteilen. An diesem Entschließungsantrag missbillige ich, dass darin Partei für Georgien ergriffen und der Versuch unternommen wird, Russland wegen der Anerkennung der Unabhängigkeit Abchasiens und Südossetiens zu bestrafen, zu isolieren und von der NATO zu umzingeln.

Ein Großteil der heutigen europäischen Länder entstand quasi durch Abspaltung von einem anderen Land, eine einseitige Unabhängigkeitserklärung und die letztendliche Anerkennung durch andere Länder. Die meisten europäischen Länder gründeten sich nach 1830, vornehmlich in Wellen nach 1918 und 1991. Kosovo ist das jüngste Beispiel. Es gibt keinerlei Grund, die Entstehungsgeschichte des Kosovo für einzigartig zu erklären oder so zu tun, als käme letztmals ein neues Land hinzu.

Es gibt nie ein letztes Mal. Solange die Bewohner einer Region die herrschende Regierung als nutzlos oder sogar bedrohlich ansehen, weil sie sie als ausländische Herrschaft wahrnehmen, werden sich weiterhin neue Länder bilden. Wir sollten anerkennen, dass die Bevölkerung Abchasiens und Südossetiens Georgien nicht untertan sein will.

 
  
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  Andreas Mölzer (NI), schriftlich. Russland ist für die EU nicht nur als Energielieferant von Bedeutung, sondern auch als Gegengewicht zum Weltherrschaftsstreben der USA. Nicht nur aus diesen Gründen, sondern auch um nicht ihre Glaubwürdigkeit aufs Spiel zu setzen, ist es wichtig, dass die EU eine neutrale Vermittlerrolle zwischen Georgien und Russland einnimmt.

In vielen Nachfolgestaaten der Sowjetunion wie etwa in der Ukraine leben außerordentlich große russische Bevölkerungsgruppen. Daher ist es mehr als verständlich, dass sich der Kreml für diese russischen Volksgruppen in besonderer Weise verantwortlich fühlt. Die EU könnte helfen, eine für alle Seiten tragbare Lösung auszuverhandeln, sich etwa für großzügige Volksgruppenrechte der im postsowjetischen Raum lebenden Russen stark machen, was auch den viel zitierten Menschenrechtszielen der Europäischen Union entgegenkommen würde. In diesem Sinne bevorzuge ich die am Sondergipfel gefundene Position und bin gegen die Vasallen-Haltung des vorliegenden Berichts gegenüber den USA, weshalb ich auch dagegen gestimmt habe.

 
  
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  Athanasios Pafilis (GUE/NGL), schriftlich.(EL) Die gemeinsame Entschließung bestätigt die Politik der EU, die sich die Krise im Kaukasus zu Nutze macht. Es handelt sich hierbei um einen Versuch, die Eingriffe und die Präsenz der EU in dieser Schlüsselregion zu verstärken. Als Friedensstifter maskiert schlägt sie eine Reihe von Maßnahmen zur Erleichterung der Festigung ihrer Position und der Intervention im Kaukasus vor. Die Entschließung ist eine Provokation, denn der brutale Angriff der georgischen Euro-NATO-Regierung und die Ermordung von Tausenden von Zivilisten werden nicht verurteilt. Sie bietet im Gegenteil umfangreiche Unterstützung für die Politik Georgiens und den Beitritt des Landes zur NATO. Die Verurteilung der Abspaltungsbestrebungen von Südossetien und Abchasien sind gelinde gesagt Ausdruck einer lächerlichen Scheinheiligkeit im Lichte des Zerfalls von Jugoslawien und der jüngsten EU-Entscheidung zum Kosovo.

Inmitten des Geflechts aus Konflikten und Rivalitäten zwischen der EU, den USA und Russland entspricht die Entschließung des Europäischen Parlaments in jeder Hinsicht der US-amerikanischen Politik, denn es wird ein einseitiger Standpunkt gegenüber Russland eingenommen, um sich eine bessere Verhandlungsposition für einen Teil des eurasischen Marktes und wertvolle Rohstoffe zu sichern.

Die Verschärfung des Konflikts und der Rivalität durch die Imperialisten und Russlands Versuch, seine Position in der imperialistischen Pyramide zu verbessern, schafft neue Gefahren für die Menschen im Kaukasus und der weiteren Umgebung. Die Antwort der Menschen kann und muss darin bestehen, sich dem antiimperialistischen Kampf anzuschließen.

 
  
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  Dimitrios Papadimoulis (GUE/NGL), schriftlich.(EL) Ich habe wie die gesamte Konföderale Fraktion der Vereinigten Europäischen Linken/Nordische Grüne Linke gegen die Entschließung zur Lage im Kaukasus gestimmt, weil sie die Krise durch die verzerrte Linse einer Politik der Unterstützung von Bush und des Eigennutzes betrachtet. Am problematischsten und provokativsten in der Entschließung ist die Tatsache, dass darin nicht die geringste Kritik am opportunistischen Kurs des georgischen Präsidenten Saakaschwili geübt wird, der die Krise angezettelt hat, um die amerikanischen Beschützer nicht zu verärgern. Die Mehrheit der Abgeordneten des Europäischen Parlaments nimmt in dieser Frage einen Standpunkt ein, der der Haltung, die die gleichen politischen Kräfte vor sechs Monaten in der Kosovo-Frage vertreten haben, diametral entgegengesetzt ist.

Stabilität in der Kaukasusregion wird nicht erreicht indem wir eine Politik im Schatten der Vereinigten Staaten betreiben, die Augen vor der eigentlichen Lage verschließen und eine Politik der Doppelmoral verfolgen.

 
  
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  Ioan Mircea Paşcu (PSE), schriftlich. (EN) Ich habe für Änderungsantrag 2 gestimmt, weil ich es für unzulässig halte, dass unter dem Vorwand der „Sorge“ für die Minderheiten in Nachbarländern Grenzen geändert werden können. Ich habe auch dafür gestimmt zu erwähnen, dass Georgien auf dem Gipfeltreffen in Bukarest die NATO-Mitgliedschaft in Aussicht gestellt worden ist und dass es dazu aus folgenden Gründen die Möglichkeit hat:a) Es trifft zu: Georgien wurde die NATO-Mitgliedschaft zugesichert, so steht es offiziell in der Schlusserklärung des NATO-Gipfels von Bukarest.b) Wenigstens ein einflussreicher europäischer Regierungschef hat gesagt – im Zusammenhang mit dem jüngsten Krieg gegen Russland –, dass Georgien in die NATO aufgenommen würde.c) Die EU ist verpflichtet, Georgiens Sicherheit, Unabhängigkeit und territoriale Integrität zu garantieren aufgrund des Partnerschaftsabkommens, das die EU im Rahmen der Europäischen Nachbarschaftspolitik mit Georgien abgeschlossen hat; und da sie selbst es nicht tun kann – weil ihr die Struktur dazu fehlt –, bleibt als einzige Institution zur Umsetzung dieser Verpflichtung die NATO, der auch die meisten EU-Staaten als Mitglieder angehören.

 
  
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  Béatrice Patrie (PSE), schriftlich. – (FR) Die vom Europäischen Parlament verabschiedete Entschließung verdient, wenngleich sie unvollkommen ist, in dem Maße unterstützt zu werden, wie sie die Einheit stärkt, die Europa bezüglich der Lösung der Lage in Georgien an den Tag gelegt hat.

Diese komplizierte Krise beweist, dass die EU dringend eine echte Regionalstrategie gegenüber dem Kaukasus und Russland entwickeln muss. In diesem Sinne täte die EU gut daran, die Einberufung einer internationalen Konferenz ähnlich der Konferenz von Helsinki vorzuschlagen, aus der im Jahre 1975 die OSZE hervorgegangen ist.

Gegenwärtig gilt es zu vermeiden, dass die gerechtfertigte Verschiebung der Verhandlungen über die Verstärkung der Partnerschaft zwischen der EU und Russland die Notwendigkeit verdrängt, mit diesem Land einen ausgewogenen Dialog aufzubauen, der alle Fragen von gemeinsamem Interesse, wie beispielsweise die demokratischen Werte und die Energiedimension, einschließt.

Aus dieser Sicht ist es bedauerlich, dass das Europäische Parlament nicht eindeutiger zu einer Revision unserer Energiestrategie aufruft, die neben der angekündigten Diversifizierung unserer Versorgungsquellen auch die Entwicklung erneuerbarer Energien und Energieeinsparungen vorsehen muss.

 
  
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  Gilles Savary (PSE), schriftlich. – (FR) Ich habe mich zu der Entschließung des Europäischen Parlaments betreffend die Ereignisse in Südossetien und Abchasien der Stimme enthalten, da sie meiner Meinung nach eine asymmetrische und unausgewogene politische Position gegenüber der einseitigen Unabhängigkeitserklärung des Kosovo innerhalb eines normalisierten und demokratisierten Serbiens zum Ausdruck bringt.

Unser Parlament hatte es nicht für angebracht gehalten, eine solche Entschließung im Namen der gleichen Grundsätze der Achtung des Völkerrechts und der Integrität der nationalen Grenzen zu verabschieden, wie es sie heute geltend macht, um die Anerkennung der Unabhängigkeit von Südossetien und Abchasien durch Moskau zu verurteilen. Die Erklärung ist uns allen bekannt: Was man heute zu Recht Russland vorwirft, wollten wir den westlichen Staaten, die eiligst die einseitige und illegale Unabhängigkeitserklärung des Kosovo anerkannt haben, nicht vorwerfen.

Wenngleich die militärischen Initiativen der georgischen Regierung ebenso wie die Russlands entschieden zu verurteilen sind und einer diplomatischen Regelung und internationalen Vermittlung Raum gegeben werden muss, kann die Europäische Union sich doch nicht anmaßen, mit zweierlei Maß an die zahlreichen „eingefrorenen Konflikte“, die auf den Kalten Krieg folgten, heranzugehen.

Für die Sicherheit unseres Kontinents gäbe es nichts Schlimmeres als dass die Union in diesem Teil der Welt wie anderswo Bündnispflichten mit Untertänigkeit gegenüber der Politik der „Anstachelung zu Verbrechen“ seitens der Bush-Regierung verwechselt.

 
  
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  Geoffrey Van Orden (PPE-DE), schriftlich. (EN) Obwohl in der Entschließung viele Auffassungen vertreten werden, denen ich beipflichten kann – besonders dem Ansatz zu dem endgültigen Status von Südossetien und Abchasien und der Forderung nach einem Rückzug der russischen Truppen aus Georgien selbst –, enthält sie doch auch viele wenig hilfreiche Elemente.Die EU könnte dadurch eine nützliche Rolle spielen, dass sie zivile Beobachter entsendet und humanitäre Hilfe leistet. Sie sollte jedoch nicht versuchen, die Georgien-Krise für ihre eigenen Belange zu missbrauchen, indem sie nach einer Stärkung der Verteidigungs- und Sicherheitspolitik der EU verlangt, Beobachter in eine ESVP-Mission einbindet oder den abgelehnten Vertrag von Lissabon ins Feld führt. Außerdem war es enttäuschend, dass die Formulierung „dass Georgien nach wie vor die Möglichkeit hat, letztlich dem (NATO-)Bündnis beizutreten“ in der Abstimmung nicht beibehalten wurde. Deshalb habe ich mich zu dieser Entschließung der Stimme enthalten.

 
  
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  Glenis Willmott (PSE), schriftlich. (EN) Die Labour-Partei im Europäischen Parlament begrüßt diese Entschließung, die eine starke und deutliche Einigkeit zwischen den EU-Mitgliedstaaten im Rat und dem Europäischen Parlament in dieser sehr wichtigen Frage zeigt. Wir beklagen den tragischen Verlust von Menschenleben in diesem Konflikt und verurteilen die gewalttätigen Handlungen auf beiden Seiten. Wir unterstützen Schritte hin zu einem dauerhaften Frieden, die Bereitstellung humanitärer Hilfe für die Opfer und die Anstrengungen zum Wiederaufbau.Wir haben uns zum zweiten Teil von Ziffer 27 der Stimme enthalten, weil wir der Meinung sind, dass dies eine Entschließung ist mit dem Ziel einer Klärung der Lage in Georgien. Die Diskussion über eine künftige Mitgliedschaft zu einer externen Organisation wie der NATO würde nur von diesem entscheidenden Punkt ablenken.Wir unterstützen voll und ganz die Forderung in der Entschließung nach einer dauerhaften Konfliktlösung auf der Grundlage des von der EU ausgehandelten Sechs-Punkte-Abkommens und fordern Russland auf, entschlossen die vereinbarten Bedingungen dieses Waffenstillstandsplans einzuhalten, damit die Verhandlungen über das Partnerschaftsabkommen zwischen der EU und Russland wieder aufgenommen werden können.

 
  
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  Vladimír Železný (IND/DEM), schriftlich. (CS) Ich habe mich bei der Abstimmung zur Entschließung des Europäischen Parlaments über die Lage in Georgien der Stimme enthalten, nicht etwa, weil ich am berechtigten Vorgehen Georgiens Zweifel hätte, und erst recht nicht, weil ich dieses falsche und aggressive Vorgehen Russland befürworten würde. Wie es in letzter Zeit häufig der Fall gewesen ist, haben einige euroföderalistische Abgeordnete den Konflikt in Georgien und die entsprechende Entschließung einmal mehr dazu missbraucht, die baldige Ratifizierung des Lissabon-Vertrages zu fordern. Und genau dieses Fehlverhalten hat mich zur Stimmenthaltung veranlasst.

 
  
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  Marian Zlotea (PPE-DE), schriftlich. (EN) Die Sondertagung des Europäischen Rates vom 1. September hat die Einigkeit der EU gezeigt und bekräftigt, was einen Fortschritt verglichen mit dem Jahr 2003 darstellt, als die Lage im Irak die Einheit der EU in Frage gestellt hat.Europa muss weiterhin seine Solidarität und Entschlossenheit zum Ausdruck bringen, wenn es darum geht, dass Russland internationale Rechtsvorschriften und Normen einhalten soll. Die Entschließung, für die wir heute gestimmt haben, betont, dass die Partnerschaft zwischen Europa und Russland auf der gegenseitigen Achtung der grundlegenden Regeln für die Zusammenarbeit in Europa beruhen muss.Russland verletzt nach wie vor bestimmte Bedingungen der Waffenstillstandsvereinbarungen – diesem Verhalten muss mit vereintem politischen und wirtschaftlichen Druck begegnet werden, um Russland zu veranlassen, alle Truppen vollständig von georgischem Territorium zurückzuziehen und ihre militärische Präsenz in Südossetien und Abchasien zu verringern.Es ist entscheidend, dass umgehend gehandelt wird, um eine kontinuierliche Hilfeleistung für die vertriebenen Opfer dieses Konflikts sicherzustellen. Diesen von Russland verursachten beunruhigenden Ereignissen muss mit vereinter Entschlossenheit Europas begegnet werden. Um sich gegen künftige Herausforderungen dieser Art zu wappnen, muss Europa alternative Energiequellen finden und die europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik stärken, so wie es im Vertrag von Lissabon dargelegt worden ist.

 
  
  

- Europäisches Vertragsrecht (B6-0374/2008)

 
  
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  Ian Hudghton (Verts/ALE), schriftlich. (EN) Ich habe für den Entschließungsantrag des Rechtsausschusses gestimmt. Der Gemeinsame Referenzrahmen wird eine wichtige rechtliche Entwicklung sein, und wir wissen bis jetzt nicht, welche Gestalt er annehmen wird. Es ist sehr wichtig, dass dieses Parlament und Akteure in allen Ländern und Rechtssystemen umfassend über alle künftigen Entwicklungen informiert werden.

 
  
  

- Bericht Proinsias De Rossa (A6-0289/2008)

 
  
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  Proinsias De Rossa (PSE), schriftlich. (EN) Trotz des komplizierten Titels betrifft dieser Bericht eine im Jahr 2001 vorgebrachte Beschwerde bezüglich eines Missstands in der Verwaltungstätigkeit der Kommission in Beziehung auf das Versäumnis der deutschen Regierung, die Arbeitszeitrichtlinie ordnungsgemäß umzusetzen. Der Fall wurde auf dem Weg eines Sonderberichts vom Europäischen Bürgerbeauftragten an das Europäische Parlament weitergeleitet.Dem Europäischen Parlament einen Sonderbericht vorzulegen, ist die letzte rechtliche Maßnahme, die der Bürgerbeauftragte ergreifen kann, um eine zufrieden stellende Antwort im Namen eines Bürgers einzuholen. Mein Bericht im Namen des Petitionsausschusses unterstützt die Schlussfolgerung des Bürgerbeauftragten, dass die Tatsache, dass die Beschwerde des Beschwerdeführers von der Kommission innerhalb eines Zeitraums von fast acht Jahren nicht bearbeitet wurde, einen Fall von Missstand in der Verwaltungstätigkeit darstellt.Der Bericht betrifft nicht den Inhalt der Arbeitszeitrichtlinie selbst und deshalb wurde ein Änderungsantrag, der den Inhalt der Direktive zum Thema machen wollte, als unerheblich für diesen Bericht abgelehnt.

 
  
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  Konstantinos Droutsas (GUE/NGL), schriftlich.(EL) Der Bericht über die Weigerung der Kommission, die Beschwerde eines deutschen Arztes wegen einer Verletzung des Arbeitszeitgesetzes durch den deutschen Staat zu untersuchen, unterstreicht die vom Klassensystem geprägte Natur der EU. Die Kommission reagiert mit Lichtgeschwindigkeit, wenn die Interessen des Kapitals bedroht sind. Sie zwingt Mitgliedstaaten, EU-Gesetze einzuhalten, aber wenn Arbeitnehmer über die Verletzung ihrer Rechte klagen, schenkt die Kommission ihren Einwänden keine Beachtung.

Die provokative Haltung der Kommission ist eine natürliche Folge der volksfeindlichen Politik der EU, die eine Rückkehr zu mittelalterlichen Beschäftigungsbedingungen für die Arbeiterklasse fördert, um die Rentabilität der europäischen Monopole zu sichern. In diesem Zusammenhang billigte der Rat der Arbeitsminister im vergangenen Juli eine Änderung der EU-Arbeitszeitrichtlinie. Im Rahmen dieser arbeitnehmerfeindlichen Travestie wird Arbeitszeit in aktive und inaktive Zeit unterteilt, wobei Letztere nicht als bezahlte Arbeitszeit gilt, und die Richtlinie gibt Arbeitgebern das Recht, ihre Arbeitnehmer bis zu dreizehn Stunden pro Tag, 65 Stunden die Woche, zu beschäftigen, ohne ihnen Überstunden zu bezahlen.

Die Rechte der Arbeiterklasse und der Angestellten werden nicht durch an die Kommission gerichtete Beschwerden gesichert, sondern durch Kundgebungen und eine Ausweitung des Klassenkampfes gegen das Kapital und die EU, um diese Politik zu kippen.

 
  
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  Hélène Goudin und Nils Lundgren (IND/DEM), schriftlich. – (SV) Nach Ansicht der Juniliste sind Arbeitszeiten auf einzelstaatlicher Ebene zu regeln. Dieser Bericht sollte daher nicht im Europäischen Parlament behandelt werden, auch wenn es darin formell um die Behandlung eines Vertragsverletzungsverfahrens durch die Kommission geht.

Das zu jedem feierlichen Anlass hoch gelobte Subsidiaritätsprinzip ist hier von grundlegender Bedeutung. Wenn aber die Mehrheit des Europäischen Parlaments ins Detail geht, ist es genau umgekehrt, dann kann nichts den Mitgliedstaaten überlassen werden. Die Arbeitszeitrichtlinie an sich stellt einen glatten Verstoß gegen das Subsidiaritätsprinzip dar. Die Mitgliedstaaten haben unterschiedliche Wirtschaftsstrukturen, in einigen gibt es vorwiegend Schwerindustrie, in anderen dominiert die Leichtindustrie und in wieder anderen der Fremdenverkehr und saisonabhängige Wirtschaftszweige, und auch der öffentliche Sektor ist unterschiedlich strukturiert. Daher ist der Versuch, die Arbeitszeiten für die gesamte EU einheitlich zu regeln, völlig unangemessen, zumal es dafür auch keinen Grund gibt. Die Befürworter einer solchen Regelung argumentieren damit, dass anderenfalls die Gefahr eines Sozialdumpings in der EU besteht. Das ist eine äußerst schwere Anschuldigung den EU-Mitgliedstaaten gegenüber, die alle die Kopenhagener Kriterien erfüllen und die Rechtsstaaten sind, in denen das Recht auf Vereinigungsfreiheit respektiert wird.

Dieser Bericht stellt einen weiteren Versuch der EU dar, sich in Arbeitszeitfragen einzumischen, die im Zuständigkeitsbereich der Mitgliedsstaaten liegen. Wir haben gegen diesen Bericht gestimmt und verweisen dabei auf das Subsidiaritätsprinzip.

 
  
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  Ian Hudghton (Verts/ALE), schriftlich. (EN) Ich konnte den Bericht von Herrn Proinsias De Rossa unterstützen und hoffe, dass die Kommission die Empfehlungen des Bürgerbeauftragten, was die Rechtsstaatlichkeit und den Grundsatz guter Verwaltungsführung betrifft, in vollem Umfang übernimmt.

 
  
  

- Bericht Iratxe García Pérez (A6-0325/2008)

 
  
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  Richard James Ashworth (PPE-DE), schriftlich. – (EN) Meine Kollegen der britischen Konservativen und ich befürworten voll und ganz den Grundsatz der Chancengleichheit zwischen Frauen und Männern. Wir stimmen mit einigen Punkten dieses Berichts überein, wie z. B. der Notwendigkeit größerer Fortschritte im Abbau des Lohngefälles zwischen Frauen und Männern; der Förderung des Unternehmertums unter Frauen; der Wichtigkeit politischer Maßnahmen auf nationaler Ebene, die ein ausgewogeneres Verhältnis zwischen Arbeit und Privatleben fördern wollen. Wie unsere Schattenministerin für Frauenfragen gesagt hat: „Ein konservativer Ansatz zur Gleichstellung der Geschlechter wird sich auf den Glauben an Chancengleichheit und gleiche rechtliche, wirtschaftliche, soziale und politische Behandlung gründen.“Wir sind jedoch beunruhigt über bestimmte Punkte des Berichts, z. B. über die Forderung nach neuen Rechtsgrundlagen im EU-Recht und nach einer Entscheidung über die „vollständige Vergemeinschaftung politischer Maßnahmen“. Auch können wir die Gründung eines kostspieligen „Europäischen Instituts für Gleichstellungsfragen“, wie im Bericht dargelegt, nicht unterstützen; solche Angelegenheiten müssen den einzelnen Mitgliedstaaten überlassen bleiben.Aus diesen Gründen haben wir beschlossen, uns zu diesem Bericht der Stimme zu enthalten.

 
  
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  Jean-Pierre Audy (PPE-DE), schriftlich. – (FR) Ich habe für die Entschließung des Europäischen Parlaments zu dem Bericht meiner spanischen Kollegin Garcia Pérez über die Gleichstellung von Frauen und Männern gestimmt. Mehr denn je müssen wir der doppelten Dimension dieses Themas Beachtung schenken: einerseits die Gleichstellung in allen politischen Bereichen sichern (Einbeziehung der Genderdimension) und andererseits zielgerichtete Maßnahmen ergreifen, um durch Sensibilisierungskampagnen, den Austausch beispielhafter Praktiken, den Dialog mit den Bürgern und Initiativen der öffentlich-privaten Partnerschaft die Diskriminierung gegenüber Frauen zu verringern. Dabei sind alle Themen wichtig: ungleiche Entlohnung, Beteiligung an der Entscheidungsfindung, vor allem bei öffentlichen Entscheidungen, Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben, Gewalt gegenüber Frauen. Die Gleichstellung der Geschlechter ist eine höchst wichtige Angelegenheit, die gut auf den Weg gebracht wurde, die jedoch die volle Aufmerksamkeit der fortschrittlichen humanistischen politischen Kräfte erfordert und überall debattiert werden muss, auch im Rahmen des interkulturellen Dialogs.

 
  
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  Koenraad Dillen, Carl Lang und Fernand Le Rachinel (NI), schriftlich. – (FR) Zuweilen gibt es glückliche Zufälle, die geradezu amüsant sind. So möchten wir die Gelegenheit dieses Jahresberichts über die Gleichstellung von Männern und Frauen und sein zeitliches Zusammentreffen mit der französischen Präsidentschaft der Europäischen Union nutzen, um auf eine marginale, aber unterhaltsame Erscheinung hinzuweisen, die schlimmstenfalls ein Mangel an Taktgefühl und bestenfalls eine perfekte Umsetzung des Grundsatzes der Gleichstellung von Männern und Frauen bis hin zum Verschwinden jeglichen Unterschieds ist.

Vor einigen Tagen wurden anlässlich des Beginns der so medienwirksamen Präsidentschaft von Herrn Sarkozy den Europaabgeordneten Geschenke gemacht. In dem Geschenk in Form einer Aktentasche befand sich vor allem eine Krawatte.

Von den 785 Europaabgeordneten sind etwa ein Drittel Frauen. Hätten nicht auch sie Anspruch auf ein kleines persönliches Geschenk gehabt, oder müssen wir daraus schlussfolgern, dass die Frauen ebenfalls eine Krawatte tragen sollten?

Immerhin scheint zu Zeiten der großen Reden über den Platz und die Rolle der Frauen im politischen Leben noch immer vielfach die Tollpatschigkeit über die Galanterie zu siegen.

 
  
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  Konstantinos Droutsas (GUE/NGL), schriftlich. – (EL) Wir können nicht für den Bericht zur Gleichstellung von Frauen und Männern – 2008 stimmen, weil in ihm der Versuch unternommen wird, Frauen davon zu überzeugen, dass flexible Arbeitsverhältnisse sowie die Kürzung und Kommerzialisierung der Sozialleistungen, die der Arbeiterfamilie noch bleiben, ein notwendiges Übel sind, damit sich die Frauen der EU-Politik für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf anpassen.

Auf die stichhaltigen Erkenntnisse zur Lohn- und Gehaltsschere zwischen Männern und Frauen wird nicht eingegangen, stattdessen enthält der Bericht bloße Ermunterungen bzw. die Institutionalisierung eines Internationalen Tages der Lohngleichheit. Die vorgeschlagenen Maßnahmen zur Bekämpfung von Geschlechterstereotypen und für eine gleichberechtigte Vertretung der Geschlechter bei Entscheidungsprozessen, zur Beseitigung aller Formen geschlechtsspezifischer Gewalt usw. sind ein Schritt in die richtige Richtung, bleiben aber so lange Wunschdenken, wie die Grundursache für diese Bedingungen und ihre Beibehaltung fortbesteht, nämlich das kapitalistische System, das zu Diskriminierung und Ungleichheit führt und sie verstärkt.

Echte Gleichberechtigung erfordert einen Kampf für eine Veränderung der Machtverhältnisse. Eine solche Politik begünstigt die Arbeitnehmer und die Abschaffung der EU-Strategie. Darüber hinaus sollte gegen Kapitalgeschäfte und dagegen, dass die Arbeitgeber keine Verantwortung übernehmen, gekämpft werden. Keine Maßnahme wird sich als wirksam erweisen, wenn nicht die Volksbewegung in jedem Land gestärkt wird und Ziele für erhebliche Veränderungen bis hin zur Ebene der Machtausübung vereinbart werden.

 
  
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  Edite Estrela (PSE), schriftlich. − (PT) Ich habe für den Bericht von Frau García Pérez über die Gleichstellung von Frauen und Männern – 2008 gestimmt, da die Verringerung der Ungleichheiten zwischen Frauen und Männern meiner Ansicht nach eine grundlegende Voraussetzung für eine gerechtere Gesellschaft und auch ein ausschlaggebender Faktor für das Wirtschaftswachstum, den Wohlstand und die Wettbewerbsfähigkeit der Europäischen Union ist.

Ich möchte den Vorschlag der Berichterstatterin, der auf eine Stärkung der europäischen Rechtsvorschriften zur Gleichstellung der Geschlechter gerichtet ist, hervorheben. Trotz der Aktionen, die in diesem Bereich durchgeführt wurden, hat es auf europäischer Ebene keine wesentlichen Fortschritte gegeben, vor allem was die ungleiche Bezahlung von Frauen und Männern, die Teilhabe von Frauen an Entscheidungen, die Bekämpfung der Gewalt gegen Frauen, den Zugang zu Bildung und lebenslangem Lernen oder gar die Vereinbarkeit zwischen beruflichem, familiären und privaten Leben betrifft.

Indes bedauere ich, dass Änderungsantrag 1 angenommen wurde, wodurch der wichtige Hinweis, dass die Kommission und der Rat eine eindeutige Rechtsgrundlage für die Bekämpfung aller Formen von Gewalt gegen Frauen schaffen müssen, entfernt worden ist.

 
  
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  Ilda Figueiredo (GUE/NGL), schriftlich. − (PT) Dieser Bericht betont wichtige Aspekte in Bezug auf die Arten von Diskriminierung, die in der Gesellschaft fortbestehen, und konzentriert sich dabei vor allem auf die Bereiche Beschäftigung, Vergütung, Armut, Rente und Reformen. Er thematisiert außerdem das Problem der Gewalt gegen und des Handels mit Frauen, Fragen der Bildung und Ausbildung, den Mangel an sozialen Einrichtungen und den Zugang zu Dienstleistungen für die Betreuung von Kindern und anderen betreuungsbedürftigen Familienangehörigen sowie die Förderung der sexuellen und reproduktiven Gesundheit von Frauen.

Gleichwohl enthält der Bericht einige Widersprüche, z. B. bei den im Bereich Beschäftigung vorgeschlagenen Maßnahmen, wo ein von uns eingereichter Vorschlag abgelehnt worden ist, während ein anderer, bei dem es um die Sicherung wichtiger Aspekte im Zusammenhang mit Frauen geht, angenommen wurde. Ich spreche von dem folgenden Antrag, der jetzt Teil der endgültigen Entschließung des EP ist: „...fordert daher die Mitgliedstaaten auf, wirksame Maßnahmen zu ergreifen, die die Einhaltung der Sozialstandards und eine die Arbeitnehmerrechte achtende Arbeit in den einzelnen Branchen gewährleisten und so den Arbeitnehmern und insbesondere den Frauen ein menschenwürdiges Entgelt, das Recht auf Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz, auf sozialen Schutz und auf Gewerkschaftsfreiheit zusichern und dazu beitragen, die Diskriminierung zwischen Männern und Frauen am Arbeitsplatz zu beseitigen.“

Daher haben wir für den Bericht gestimmt, bedauern es aber, dass andere konstruktive Vorschläge abgelehnt wurden.

 
  
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  Hélène Goudin und Nils Lundgren (IND/DEM), schriftlich. – (SV) Die Juniliste distanziert sich entschieden von jeder Form der Diskriminierung. Die EU ist eine Werteunion, deren Mitgliedstaaten alle gesellschaftlichen Gruppen gerecht und gleichgestellt zu behandeln haben.

Der Bericht enthält jedoch einen Vorschlag, den wir absolut ablehnen, und zwar die an das Europäische Parlament die Kommission und den Rat gerichtete Forderung, über die vollständige Vergemeinschaftung der Themen Einwanderung und Asyl zu entscheiden. Diese Fragen müssen von jedem einzelnen Mitgliedstaat entschieden werden.

Im Allgemeinen enthält der Bericht viele Meinungen darüber, wie Gleichstellung erreicht werden kann. Vorgeschlagen werden arbeitsmarktpolitische Maßnahmen, Informationskampagnen, der Dialog mit den Bürgern, Quoten, ein Ausgleich des Lohngefälles, Maßnahmen gegen die Aufteilung des Arbeitsmarktes im Bildungswesen sowie Verbesserungen bei der Verfügbarkeit von Einrichtungen bei Mutterschaft selbstständiger Frauen. Ferner wird im Bericht auch die Gründung des Europäischen Instituts für Gleichstellungsfragen begrüßt. Außerdem werden die Gemeinschaftsorgane und die Mitgliedstaaten aufgefordert, einen „Internationalen Tag für gleiches Entgelt“ einzuführen.

Die Gleichstellung von Frauen und Männern muss das Ziel aller Mitgliedstaaten sein. Doch welche politischen Maßnahmen zum Erreichen dieses Zieles ergriffen werden, sollte auf nationaler Ebene entschieden werden. Die wünschenswerte internationale Koordinierung sollte auf globaler Ebene, vorzugsweise innerhalb der UNO, erfolgen. Wir haben daher beschlossen, gegen diesen Bericht zu stimmen.

 
  
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  Marian Harkin (ALDE), schriftlich. (EN) Im Großen und Ganzen unterstütze ich sehr den Inhalt dieses Berichts. Ich habe jedoch ein Problem mit Ziffer 9. Ich meine, der Text von Ziffer 9 sollte dahin gehend modifiziert werden, dass er die Notwendigkeit feststellt, in der Frage des Schwangerschaftsabbruchs die nationale Rechtsetzung zu respektieren.Irland hat diesbezüglich ein Protokoll zum Vertrag von Maastricht und außerdem fällt das Thema Schwangerschaftsabbruch nicht in die Zuständigkeit der EU. Jeder Mitgliedstaat hat hier das Recht auf eine eigene Gesetzgebung und das Parlament muss deshalb das Subsidiaritätsprinzip anerkennen. Leider ist der Text in diesem Punkt unklar formuliert.

 
  
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  Ian Hudghton (Verts/ALE), schriftlich. (EN) Der Bericht von Iratxe García Pérez behandelt viele wichtige Fragen, was Gleichstellung der Geschlechter, soziale Gerechtigkeit und Grundrechte betrifft. Ein Thema, das in Europa immer mehr Sorge bereitet, ist der Menschenhandel, dessen Opfer sowohl von innerhalb als auch von außerhalb der EU stammen. Will man das organisierte Verbrechen dieser Art ernsthaft bekämpfen, ist dafür ein grenz- und behördenübergreifendes Konzept erforderlich, und es steht fest, dass die EU hier eine Schlüsselrolle zu spielen hat.

 
  
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  David Martin (PSE), schriftlich. (EN) Bei allem Fortschritt in der Frage der Gleichstellung der Geschlechter in Europa sind wir doch weit von völliger Gleichheit entfernt. Der Bericht hebt verschiedene Bereiche hervor, denen die Kommission ihre Aufmerksamkeit widmen sollte, z. B. der Arbeitsplatzqualität und der Notwendigkeit eines besseren Instrumentariums, um der Gewalt gegen Frauen begegnen zu können. Ich möchte auch die Aufforderung an die Mitgliedstaaten unterstützen, das Übereinkommen des Europarats zur Bekämpfung des Menschenhandels zügig zu ratifizieren. Ich habe für den Bericht von Iratxe García Pérez über die „Gleichstellung von Frauen und Männern – 2008“ gestimmt.

 
  
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  Mairead McGuinness (PPE-DE), schriftlich. (EN) Ich begrüße den Bericht über die „Gleichstellung von Frauen und Männern − 2008“ und befürworte einen Großteil seines Inhalts.Ich habe mich jedoch in der Schlussabstimmung der Stimme enthalten, weil der Änderungsantrag 2 abgelehnt wurde. Meines Erachtens war die Formulierung dieses Änderungsantrags besser als der ursprüngliche Text.

 
  
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  Eluned Morgan (PSE), schriftlich. (EN) Ich habe für diesen Bericht gestimmt, der sich des Problems der Ungleichbehandlung der Geschlechter annimmt. Ohne Zweifel haben Frauen nicht dieselben Möglichkeiten wie Männer, Fortschritte in ihrer beruflichen Entwicklung zu machen. Arbeitende Mütter werden niemals in der Lage sein, Familien- und Berufsleben miteinander in Einklang zu bringen, ohne stärkere Elternrechte sowohl für Männer als auch für Frauen.Deshalb unterstütze ich voll und ganz die Forderungen nach Verlängerung der Dauer des Elternurlaubs, insbesondere nach verstärkten Anreizen für Väter, Elternurlaub in Anspruch zu nehmen, und nach flexiblen Arbeitsbedingungen. Nur mit derartigen Rechten werden wir das Problem der geschlechterspezifischen Benachteiligung in den Griff bekommen können. Frauen werden erst dann wirklich gleichgestellt sein, wenn Männer ihren gerechten Anteil an der Verantwortung für Kinderbetreuung und Haushaltsführung übernehmen, so wie es mein wunderbarer Ehemann macht. Er kocht und geht einkaufen, nur beim Bettenmachen ist er nicht ganz so gut!

 
  
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  Rovana Plumb (PSE), schriftlich. – (RO) Als Schattenberichterstatterin der PSE-Fraktion im http://www.europarl.eu.int/committees/empl_home.htm" habe ich für den Bericht gestimmt, denn meines Erachtens ist er im Hinblick auf die Vorschläge für die Gleichstellung von Frauen und Männern auf dem Arbeitsmarkt äußerst wichtig. In diesem Kontext möchte ich die Bedeutung von Ziffer 42 im Bericht betonen, in dem die Kommission und die Mitgliedstaaten aufgefordert werden, eine Reihe von Quantitäts- und Qualitätsindikatoren sowie von geschlechterbezogenen Statistiken, die verlässlich, vergleichbar und im Bedarfsfall erhältlich sind, auszuarbeiten, die während der Nachbereitung der Umsetzung der Lissabon-Strategie für Wachstum und Beschäftigung zu verwenden sind.

Da einer der entscheidenden Faktoren für die Erhöhung der Beschäftigungsquote die Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist, möchte ich auch Ziffer 34 erwähnen, in dem die Kommission aufgefordert wird, bewährte Praktiken in Bezug auf ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Arbeit und Privatleben und eine stärkere Einbindung von Männern in das Familienleben zu sammeln und zu verbreiten.

 
  
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  Lydia Schenardi (NI), schriftlich. – (FR) Das Europäische Parlament muss wohl der Meinung sein, dass seine Abgeordneten an Alzheimer leiden! Jedes Jahr tauchen etwa zur selben Zeit zwei Berichte auf: einer über die Situation der Menschenrechte in der Union und einer über die Gleichstellung zwischen Männern und Frauen.

Bei dem ersten mag sich der Inhalt von einem Jahr zum anderen, wenn auch nur geringfügig, ändern, so gilt das nachgewiesenermaßen nicht für den zweiten Bericht.

Um sich davon zu überzeugen, genügt es, die Vorgängerberichte noch einmal zu lesen, den Bericht Kauppi im Jahr 2007 oder den Bericht Estrela im Jahr 2006 über die Gleichstellung von Männern und Frauen. Darin finden sich die gleichen Herausforderungen, die gleichen Feststellungen von Ungleichheiten, die gleichen Empfehlungen. Kann man daraus schließen, dass sich nichts geändert hat? Nein, denn es gab auf lokaler, nationaler und europäischer Ebene Fortschritte hinsichtlich der Beschäftigung sowie der Teilnahme der Frauen an der Entscheidungsfindung.

Es ist lediglich festzustellen, dass sich unsere Eurokraten, die von den Frauenlobbys getrieben werden, wobei ich insbesondere an die mächtige Europäische Frauenlobby denke, nicht mit Fortschritten zufrieden geben, sie wollen und predigen immer mehr Gleichheit, immer mehr Ähnlichkeit zwischen Männern und Frauen, bis hin zur Absurdität.

Ist denn diese erzwungene Gleichstellung wünschenswert, die über diskriminierende und gemeinschaftsweit verbindliche Quoten erreicht werden soll?

Das glaube ich nicht. Es darf nicht zum Krieg der Geschlechter kommen.

 
  
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  Olle Schmidt (ALDE), schriftlich. – (SV) Der Bericht der Kollegin García Pérez über die Gleichstellung von Frauen und Männern – 2008 ist im Wesentlichen gut. Er enthält eine Reihe wichtiger Aspekte, nicht zuletzt die Möglichkeit für Frauen (und Männer!), Berufs- und Familienleben zu vereinbaren, und die Bedeutung eines großzügigen Elterngeldes.

Ich hätte noch damit leben können, dass der Bericht viel heiße Luft und jede Menge Wiederholungen enthält. Viel schwieriger war es indes, Ziffer 4 zu akzeptieren, in der eine Rechtsgrundlage für die Bekämpfung „jeglicher Form von Gewalt gegen Frauen“ gefordert wird. Die Absicht an sich ist lobenswert, und hätte es sich um grenzüberschreitenden Menschenhandel gehandelt, gäbe es auch kein Problem. Hier wird jedoch die „vollständige Vergemeinschaftung politischer Maßnahmen“ auf einem Gebiet gefordert, das in erster Linie der einzelstaatlichen Zuständigkeit unterliegt, was noch viel beunruhigender ist.

Der Grund, warum ich mich letztendlich der Stimme enthalten habe, ist jedoch der zweite Satz in Ziffer 6, in dem zur Einführung von Quoten aufgefordert wird. Das möchte ich nicht einmal auf nationaler Ebene haben und erst recht nicht als Diktat aus Brüssel.

 
  
  

- Bericht Eva-Britt Svensson (A6-0199/2008)

 
  
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  Richard James Ashworth (PPE-DE), schriftlich. (EN) Meine Kollegen der britischen Konservativen und ich befürworten voll und ganz das Prinzip der Chancengleichheit zwischen Frauen und Männern. Wir unterstützen den Grundsatz, wie er in Ziffer 1 des Berichts skizziert wird: „hält es für überaus wichtig, dass Frauen und Männer die gleichen Chancen erhalten, sich unabhängig von ihrem Geschlecht als Individuen zu entwickeln“.Wir halten diesen Bericht jedoch für allzu vorschreibend und unbeholfen in seinem Ansatz und seinen Schlussfolgerungen. Wir glauben nicht, dass die EU auf diesem Gebiet größere Befugnisse haben sollte. Solche Fragen sollten der Entscheidung der einzelnen Mitgliedstaaten überlassen werden. Wir lehnen den Ansatz ab, wie er in Erwägung J umrissen wird, in der es heißt: „in der Erwägung, dass Geschlechterstereotypisierung in der Werbung somit die ungleiche Machtverteilung zwischen den Geschlechtern widerspiegelt“. Solche Stellungnahmen befördern keine vernünftige Diskussion über Gleichstellung. Ebenso können wir nicht die Ansicht unterstützen, die u. a. hinter den Erwägungen F und G steht. Die im Bericht erwähnten Forderungen nach „Null Toleranz“ sind zu vage und könnten zu schlechten Rechtsvorschriften führen, würde ihnen Folge geleistet.Aus diesen Gründen haben wir beschlossen, gegen diesen Bericht zu stimmen.

 
  
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  Edite Estrela (PSE), schriftlich. − (PT) Ich habe für den Bericht von Frau Svensson über die Auswirkungen von Marketing und Werbung auf die Gleichstellung von Frauen und Männern gestimmt, weil ich auch der Meinung bin, dass ein Verhaltenskodex für die Werbebranche entwickelt werden muss, der in allen Mitgliedstaaten anwendbar ist, die Achtung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen garantiert und die Verwendung von Geschlechterstereotypen bekämpft.

Ich glaube, dass Werbung und Marketingbotschaften ein gefährliches Instrument zur Geschlechterstereotypisierung darstellen und dazu führen, dass Frauen wie Männer in ihrem gesamten Leben in unterschiedlichem Maße und entsprechend ihren Rollen in ihrer Freiheit beschränkt werden, was sich wiederum negativ auf ihre Rolle in der Gesellschaft auswirkt.

 
  
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  Ilda Figueiredo (GUE/NGL), schriftlich. − (PT) Dieser Bericht der schwedischen Abgeordneten Svensson von der Konföderalen Fraktion der Vereinigten Europäischen Linken/Nordische Grüne Linke hat uns zu einer weitgehend positiven Stellungnahme zu den Auswirkungen von Marketing und Werbung auf die Gleichstellung von Frauen und Männern veranlasst.

Wie die Berichterstatterin erwähnte, besteht der eigentliche Zweck von Werbung darin, jeden Einzelnen von uns zu beeinflussen – das gilt für Frauen ebenso wie für Männer. Ja, die Entscheidungen, die wir im Verlauf unseres Lebens treffen, werden von einem ganzen Spektrum von Faktoren beeinflusst, darunter von der gesellschaftlichen Schicht, der wir angehören, unserem Geschlecht sowie den Bildern und Begriffen von Geschlecht und Geschlechterrollen, die durch Erziehung, Medien und Werbung ständig gegenwärtig sind.

Deshalb ist es wichtig, die Geschlechterstereotype, die in unseren Gesellschaften trotz verschiedener Programme der Gemeinschaft zur Förderung der Gleichstellung der Geschlechter fortbestehen, auch in Zukunft zu bekämpfen.

Das Schulwesen muss, so der Bericht, eine wesentliche Rolle bei der Entwicklung eines kritischen Bewusstseins von Kindern gegenüber Bildern und den Medien im Allgemeinen spielen, um dem verhängnisvollen Einfluss vorzubeugen, der durch die Wiederholung von Geschlechterstereotypen in Marketing und Werbung hervorgerufen wird.

Wir brauchen aber auch konkrete Maßnahmen zur Förderung bewährter Praktiken in der Werbung. Beispiele hierzu finden sich in der nunmehr angenommenen Entschließung des EP.

 
  
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  Petru Filip (PPE-DE), schriftlich. – (RO) Nach meinem Dafürhalten drückt man durch Stimmenthaltung am besten die Heterogenität des Berichts aus. Genauer gesagt erörtern wir ein reales Problem, auf das meiner Ansicht nach unzureichende Antworten gefunden worden sind. Es reicht nicht zu erklären, dass „Geschlechterstereotypen beseitigt werden müssen“.

Meiner Ansicht nach geht es nicht darum, „an Medien und Werbeprofis Preise für Geschlechtergleichstellung zu verleihen“, wie in einigen Ziffern des Berichts empfohlen wird (Ziffer 9 und 27). Stattdessen sollten wir präzise EU-Verordnungen und -programme erarbeiten, durch die entsprechende Preise überflüssig werden. Da die verschiedenen Formen der Werbung, die unser tägliches Leben prägen, eine Realität mit tief greifenden und unmittelbaren soziokulturellen Auswirkungen sind, ist dafür ein einheitlicher und kohärenter Rechtsrahmen nötig.

Aus diesem Grund liefert eine Reihe von anschaulichen Hinweisen auf ein aktuelles und wichtiges Thema (wie der Bericht von Eva-Britt Svensson) keine ausreichend überzeugenden Argumente für eine positive Abstimmung und bietet keine klaren und anwendbaren Antworten auf die in Betracht gezogenen Lösungen.

 
  
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  Ona Juknevičienė (ALDE), schriftlich. (EN) Nach meinem Dafürhalten ist Werbung ein wirkungsvolles Instrument, um Identität, Werte, Überzeugungen und Haltungen zu prägen, und sie hat einen unbestreitbaren Einfluss auf das Verhalten der Bürger. Andererseits kann unkontrollierte Werbung nachteilige Auswirkungen auf das Selbstwertgefühl von Frauen haben – im Falle von Anzeigen für sexuelle Dienstleistungen in Zeitungen – und besonders auf das von Teenagern und Frauen, die anfällig für Essstörungen sind.Wir müssen den Schutz unserer Kinder vor schädlichen Einflüssen gewährleisten und in diesem Zusammenhang darf die Rolle von Schule und Erziehung nicht unterschätzt werden. Ich unterstütze auch den Vorschlag, die Kommission und die Mitgliedstaaten sollten einen „Verhaltenskodex“ für die Werbebranche entwickeln, der auf den Grundsatz der Gleichstellung von Männern und Frauen gegründet ist.

 
  
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  Eija-Riitta Korhola (PPE-DE), schriftlich. – (FI) Gemäß dem Standpunkt unserer Fraktion habe ich gegen den Bericht von Frau Svensson gestimmt.

Ich habe dies getan, weil ungeachtet dessen, dass der Bericht über die Auswirkungen von Marketing und Werbung auf die Gleichstellung von Frauen und Männern viele gute Ideen enthält, die ich voll und ganz unterstütze, darunter der Ansatz, Kindern zu vermitteln, von ihrer Kritikfähigkeit gegenüber den Medien Gebrauch zu machen, und die Menschen zu lehren, geschlechtsspezifische Stereotypen in Frage zu stellen, der der Bericht nach meinem Dafürhalten grundsätzlich zu weit geht. Die Vorschläge zur Schaffung eines Verhaltenskodexes auf EU-Ebene und zur Einrichtung eines Überwachungsgremiums, an das man sich mit Beschwerden über Geschlechterstereotypen in Werbung und Marketing wenden kann, sind genau jene Art von Bevormundungspolitik, die zur Ablehnung der EU führt.

Marketing und Werbung sind ein wichtiger Teil der Kommunikation, und wenn die Produkte der Hersteller auf dem Markt wettbewerbsfähig sein sollen, dann muss die Werbung selbstverständlich zu Mitteln greifen, die die Aufmerksamkeit der Menschen erregen. Meiner Ansicht nach sollte die Einführung von Regeln für Marketing und Werbung jedoch auf nationaler Ebene geschehen, und Kritik an den Medien und ein gesundes Hinterfragen geschlechtsspezifischer Stereotypen beginnt mit Bildung und Erziehung.

 
  
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  Roselyne Lefrançois (PSE), schriftlich. (FR) Ich freue mich über die Verabschiedung dieses Berichts, der deutlich macht, welche Rolle Marketing und Werbung bei der Herausbildung und Beibehaltung von Geschlechterstereotypen spielen, und einige Wege aufzeigt, um diese zu bekämpfen.

Die Ergreifung von Sensibilisierungsmaßnahmen halte ich beispielsweise für eine nützliche Sache, vor allem gegenüber Kindern, die eine besonders anfällige Gruppe darstellen. Wenn bereits kleine Kinder sexistischen Klischees ausgesetzt sind, die über die Medien vermittelt werden, so trägt das weitgehend zur lebenslangen Reproduktion der Ungleichheiten zwischen Frauen und Männern bei. Deshalb ist es sehr wichtig, bereits bei Kindern eine kritische Haltung gegenüber dem Bild und den Medien im Allgemeinen zu entwickeln.

Ich teile auch die Idee, dass Marketing und Werbung eine große Verantwortung dafür tragen, dass die Zahl der Personen, die unter Ernährungsstörungen leiden, zunimmt und dass sie deshalb bei der Auswahl der weiblichen Models bedachtsamer vorgehen sollten.

Es ist allerdings bedauerlich, dass der Vorschlag, den Kampf gegen sexistische Klischees ausdrücklich in gegenwärtige oder künftige Kodizes guter Praktiken aufzunehmen, indem man an die Akteure in den betroffenen Sektoren appelliert, sich für die Einhaltung der übernommenen Verpflichtungen einzusetzen, mehrheitlich nicht unterstützt wurde.

 
  
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  Jörg Leichtfried (PSE), schriftlich. Ich stimme für den Bericht von Eva-Britt Svensson über die immer noch diskriminierende Werbung.

Geschlechterstereotypisierung ist heutzutage, trotz schon vorgenommener Maßnahmen, immer noch ein wichtiges Thema in der Gesellschaft. Besonders Werbungen neigen dazu, festgefahrene Stereotypen von Männern und Frauen zu reproduzieren. Speziell Kinder und Jugendliche identifizieren sich mit den Figuren in der Werbung und übernehmen so wiederum die dargestellten Klischees. Dies sollte auf jeden Fall verhindert werden, damit heranwachsende Generationen mit dem Thema Gleichstellung der Geschlechter unproblematischer umgehen können. Ich bin der Meinung, dass spezielle Bildungsprogramme für Geschlechtergleichstellung hierfür einen guten Lösungsansatz darstellen. Vor allem auch in Lehrbüchern soll die allgegenwärtige Stereotypisierung beseitigt werden.

Zusammenfassend kann man sagen, dass alle Bürger und Bürgerinnen im täglichen Leben mit Werbung konfrontiert sind und Werbung daher vorbildlich gestaltet werden muss. Der Bericht erleichtert den Weg zum vorgenommenen Ziel.

 
  
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  Astrid Lulling (PPE-DE), schriftlich. (FR) Wir haben in diesem Parlament die schlechte Angewohnheit, Initiativberichte über alles und nichts sowie über Themen zu erstellen, die eher in den Bereich der Subsidiarität gehören, das heißt in die sich die EU nicht einmischen sollte, weil sie zu Bereichen gehören, die in die Souveränität der Mitgliedstaaten fallen und besser auf einzelstaatlicher Ebene zu lösen sind.

Der Bericht ist in der Form, wie er durch eine Mehrheit des Ausschusses für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter verabschiedet wurde, inakzeptabel.

Lassen Sie mich präzisieren, dass wir natürlich angesichts der Geschlechterstereotypen beunruhigt sind, die durch gewisse Werbeträger verbreitet werden.

Natürlich sind wir gegen die Werbung, die sexuelle Dienstleistungen anbietet und die Stereotypen bezüglich der Frau als Objekt verstärkt.

Natürlich wollen wir die Kinder vor einer Werbung schützen, die unter anderem zu Gewalt und Sexismus anstachelt.

Natürlich sind wir uns der Bedeutung von Berufskodizes und Verhaltenskodizes bewusst, aber es ist nicht Sache der Kommission, diese den Mitgliedstaaten aufzuzwingen.

Die Werbung muss die Werte respektieren, die uns teuer sind, aber sie muss in der Marktwirtschaft existieren und ihre Rolle spielen können, ohne aller Übel angeklagt zu werden, was der Tenor dieses Berichts ist.

 
  
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  Nils Lundgren (IND/DEM), schriftlich. – (SV) Dieser Berichtsentwurf enthält viele verschiedene Ideen und Wünsche. Ich möchte jedoch betonen, dass das Europäische Parlament die Probleme auf diesem Gebiet nicht lösen kann und dass auch Rechtsvorschriften auf europäischer Ebene nicht der richtige Weg dafür sind.

Schließlich glauben wir, dass durch Meinungsbildung und Diskussionen in den Mitgliedstaaten die Annoncen für sexuelle Dienste aus den Tageszeitungen verschwinden werden. Boykottdrohungen der Verbraucher können die Zeitungen dazu bringen, solche Anzeigen abzulehnen und Hotels pornofrei machen. Das erfordert jedoch eine Formung der öffentlichen Meinung von unten, nicht durch Maßnahmen auf Gemeinschaftsebene.

Nach reiflicher Überlegung haben wir schließlich doch für den Bericht in seiner Gesamtheit gestimmt, möchten aber betonen, dass wir dies nur getan haben, weil wir viele der darin enthaltenen Werte und Forderungen für außerordentlich wichtig halten. Über den Weg zum Erreichen dieser Ziele gehen unsere Meinungen jedoch auseinander.

 
  
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  David Martin (PSE), schriftlich. (EN) Ich begrüße den Bericht von Eva-Britt Svensson darüber, wie sich Marketing und Werbung auf die Gleichstellung von Frauen und Männern auswirken. Der globale Charakter der modernen Werbung verlangt nach gemeinsamen europäischen Anstrengungen, um Werbetreibende zu veranlassen, von der Geschlechterstereotypisierung abzugehen. Praktiken der Selbstkontrolle sind im Vereinigten Königreich bereits ziemlich streng, und ich will hoffen, dass andere Mitgliedstaaten aufgeschlossen genug sind, um ähnliche Maßnahmen zu ergreifen. Deshalb habe ich für den Bericht gestimmt.

 
  
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  Rovana Plumb (PSE), schriftlich. – (RO) Ich habe für den Bericht gestimmt, weil darin der Zeitpunkt des Eingreifens sehr richtig genannt wird, in dem der negative Einfluss von Marketing und Werbung auf die Gleichstellung von Frauen und Männern eingedämmt werden muss, nämlich die ersten Jahre der Sozialisierung eines Kindes.

Die Entstehung von Stereotypen und Vorurteilen im frühen Alter trägt entscheidend zur geschlechterspezifischen Diskriminierung bei und hat unmittelbar lebenslange Auswirkungen auf die Betonung von Unterschieden zwischen Frauen und Männern.

Dass Kinder von Informationen überschwemmt werden, kann kaum verhindert werden. Eine Anfang des Jahres in Rumänien durchgeführte Studie zeigt, dass Kinder im Alter von sechs Jahren die größten Konsumenten von Werbung sind.

Ich begrüße die Idee der Einrichtung einer spezifischen Gleichstellungsstelle in den nationalen Medienüberwachungsgremien der Mitgliedstaaten, aber sie müssen unbedingt eine zweifache Aufgabe erfüllen, und zwar die regelmäßige und systematische Überwachung von Geschlechterbildern in den Massenmedien sowie die obligatorische Überwachung ihrer Informationsmedien. Ohne Zwang werden unsere Initiativen nutzlos bleiben.

 
  
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  Teresa Riera Madurell (PSE), schriftlich. − (ES) Ich habe für einen guten Bericht zu einem äußerst wichtigen Thema gestimmt: Werbung und Marketing als mächtige Instrumente, die entscheidend dazu beitragen können, gegen sexistische Stereotype anzugehen.

Alle europäischen Institutionen sollten Mechanismen schaffen, mit denen sichergestellt werden kann, dass diese Instrumente konstruktiv eingesetzt werden, um die Gleichbehandlung von Männern und Frauen zu fördern und ein Frauenbild zu vermitteln, das der Wirklichkeit entspricht.

Ein besonderes Augenmerk verdienen dabei die von allen öffentlichen Stellen übernommene Verpflichtung zur Beseitigung der Gewalt gegen Frauen und die Rolle, die Werbung und Marketing in diesem Prozess spielen sollten.

Es ist anzuerkennen, dass viele Fachleute darauf hinarbeiten, doch unterstreicht der Bericht auch, dass immer noch viel zu tun ist; deshalb müssen Mechanismen geschaffen werden, die sowohl die strikte Einhaltung dieser Forderungen als auch die Verfügbarkeit der Mittel garantieren, um auf Beschwerden effektiv reagieren zu können.

Das neue Europäische Institut für Gleichstellungsfragen sollte über die Mittel verfügen, um Bilder und Sprache genau zu überwachen und Gewaltbilder sowie solche Bilder zu beseitigen, die Frauen auf subtile Weise zu Objekten herabwürdigen, die man kontrollieren und besitzen kann und die deshalb zu Übergriffen geradezu einladen.

 
  
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  Olle Schmidt (ALDE), schriftlich. – (SV) Der Bericht der Kollegin Svensson hat vor der Abstimmung nicht wenig Kopfschmerzen bereitet. In seiner ersten Fassung war er voller Pauschalisierungen und – meiner Ansicht nach – Übertreibungen. Er schwankte wild hin und her – zwischen Medien und Werbung, Verhaltenskodizes und Legislativvorschlägen, Selbstregulierung und neuen Behörden.

Der nach der Abstimmung vorliegende Bericht war jedoch ein völlig anderer. Die schlimmsten Übertreibungen waren nunmehr entfernt, und was blieb, war das recht vernünftig formulierte Problem, dass Werbung manchmal, aber nicht immer, ein Zerrbild und eine Geschlechterstereotypisierung darbietet. Ich halte es überhaupt nicht für problematisch, die Beunruhigung darüber zu äußern, welchen Eindruck Kinder und junge Mädchen dadurch erhalten, insbesondere durch Bilder von extrem mageren Frauen. Der Bericht war nicht völlig frei von sozialistischen Untertönen, aber das Problem ist ein echtes und kein ideologisches. Darum habe ich letztendlich für den Bericht gestimmt.

 
  
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  Thomas Ulmer (PPE-DE), schriftlich. Ich stimmte gegen diesen Initiativbericht, da er zu sehr in die Meinungsfreiheit eingreift und einer Zensur mit diktatorischen Mitteln ähnelt. Alle Fragen der Zulässigkeit und Ethik von Werbung sind auf nationaler Ebene bereits hinreichend geregelt. Die EU ist nicht aufgerufen, die Vielfalt der Meinungsfreiheit und Werbefreiheit einzuschränken. Glücklicherweise handelt es sich hier nur um einen Initiativbericht.

 
  
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  Anna Záborská (PPE-DE), schriftlich. (SK) Ich habe für die Annahme dieser Entschließung gestimmt.

Sie ist das Ergebnis der Zusammenarbeit im Ausschuss für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter und zugleich das Ergebnis von Kompromissen, die dem Bericht größere Unterstützung sichern sollten. Das Ziel dieses Berichts besteht nicht darin, alle Aspekte des Lebens durch Gesetze zu regeln, obwohl er einige zentralistische Züge hat. Andererseits bin ich mir aber sicher, dass, wenn die Europa-Abgeordneten zur Förderung und Unterstützung des Gemeinwohls beitragen können, wir die moralische Pflicht haben, das auch zu tun. Wir haben die Pflicht, das Verbot von sexistischen Darstellungen zu fordern, die die Frau herabwürdigen. Auch die Erziehung und Lenkung der Jugend im Umgang mit den Medien zu fordern, ist Teil dieser Strategie.

Der Bericht bezieht sich auch auf den Schutz von Kindern, bei denen Werbung mit brutalem und sexuellem Unterton unrealistische Vorstellungen hervorruft. Auf jeden Fall müssen wir wachsam sein. Keine europäische Richtlinie kann die Natur von Frauen und Männern verändern. Bevor wir die Beseitigung von geschlechterspezifischen Stereotypen verlangen, sollten wir Soziologen und Psychologen in einer fundierten Analyse untersuchen lassen, welche Auswirkungen das auf künftige Generationen hat.

Die Analysen unabhängiger Experten werden oft nicht veröffentlicht, weil sie dem politischen Meinungsbild widersprechen. Naturgesetze lassen sich nicht per Parlamentsentschließung ändern. Im Gegenteil, wenn das Parlament Respekt erlangen will, sollte es die Gesetze der Natur stärker beachten.

Der Bericht über die Auswirkungen von Marketing und Werbung auf die Gleichstellung von Frauen und Männern ist auch nicht annähernd gut, aber er spricht einige Probleme an, denen das Europäische Parlament lieber ausweichen würde.

 
  
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  Vladimír Železný (IND/DEM), schriftlich. (CS) Ich habe gegen diesen Bericht und gegen die meisten Änderungsanträge gestimmt, die mithilfe von sechs umfangreichen prioritären Aktionsbereichen planmäßig und vereinheitlicht eine Gleichstellung von Frauen und Männern in der Werbung erreichen sollen und die sich damit befassen, wie bestimmte diskriminierende Stereotypen, die die Gleichstellung von Frauen und Männern negativ beeinflussen, durch Werbung unterstützt und verfestigt wird.

Ich habe dagegen gestimmt, denn dieser Bericht bedeutet eine ernste Bedrohung und noch dazu einen gefährlichen Eingriff in einen Bereich, in dem in den einzelnen Mitgliedstaaten ausgesprochen individuelle und verschiedenartige Kulturen vorherrschen. Was in einem Land als peinlich oder unannehmbar empfunden wird, kann in einem anderen als lustig und unterhaltsam gelten. Demgegenüber würde wohl der Versuch einer europaweit geregelten Darstellung der beiden Geschlechter in der Werbung zu einer Art homogenisierten sterilen Einheitstyp führen. Dieser Bericht enthält umfangreiche Vorschläge für Maßnahmen, die weit über die Zuständigkeit der EU hinausgehen. Die Mitgliedstaaten verfügen über Gremien zur Selbstregulierung wie den Werberat, mit deren Hilfe die jeweilige nationale Werbebranche nach und nach akzeptable Muster für die Werbetätigkeit herausbildet und anpasst.

Dank ihrer nationalen Spezifik ist die Werbung ein typisches Gebiet der Selbstregulierung, das die nationalen kulturellen Traditionen, Sitten und Muster sehr viel sensibler reflektiert. Niemals werden diese durch eine vereinheitlichte und homogenisierte Regulierung von außen ersetzt werden können, die die Wirksamkeit der Werbung, eines durchaus legitimen und wichtigen Bereichs der nationalen Wirtschaft, grundlegend beeinträchtigen könnte.

 
  
  

- Klonen von Tieren (B6-0373/2008)

 
  
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  Ilda Figueiredo (GUE/NGL), schriftlich. − (PT) Dieser Entschließung ging eine wichtige Diskussion zum Klonen von Tieren für die Lebensmittelversorgung und die möglichen Folgen für die genetische Vielfalt bei Nutztierbeständen, Lebensmittelsicherheit, Gesundheit und Wohlergehen von Tieren und Umwelt voraus. Es ist klar, dass es beim gegenwärtigen Stand der Dinge noch viele Zweifel und zu wenige Untersuchungen mit verständlichen und genauen Schlussfolgerungen hinsichtlich der Folgen gibt und das Image der landwirtschaftlichen Erzeugung in den Ländern der Europäischen Union dadurch ernsthaft gefährdet ist.

Darum hat das Europäische Parlament auf Vorschlag des Ausschusses für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung beschlossen, die Europäische Kommission aufzufordern, Vorschläge zu unterbreiten, die das Klonen von Tieren für die Lebensmittelversorgung, die Zucht von Klontieren oder ihren Nachkommen, die Vermarktung von Fleisch- oder Milchprodukten, die von Klontieren oder ihren Nachkommen stammen, und die Einfuhr geklonter Tiere oder ihrer Nachkommen sowie von Fleisch- oder Milchprodukten, die von Klontieren oder ihren Nachkommen stammen, verbieten.

Der Vorschlag erscheint uns im Moment vernünftig und berücksichtigt das Vorsorgeprinzip. Darum haben wir dafür gestimmt.

 
  
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  Petru Filip (PPE-DE), schriftlich. – (RO) Meine Zustimmung stützt sich auf die folgenden dogmatischen und praktischen Gründe: Erstens verletzt jede Form des Klonens – ob Mensch oder Tier – das christliche Prinzip und die christliche Glaubenslehre, auf der die Doktrin der Europäischen Volkspartei fußt.

Ethisch betrachtet, gibt es darüber hinaus einige kontroverse Fragen, die erörtert und geklärt werden müssen. Was die praktischen Aspekte betrifft, so können die Auswirkungen des Klonens bislang nicht genau quantifiziert werden.

Darüber hinaus stellt sich auch die Frage der Unmöglichkeit, den Zugang zu entsprechenden Produkten tierischen Ursprungs und ihre Rückverfolgung zu kontrollieren, wenn sie erst einmal Eingang in das Wirtschaftssystem gefunden haben. Deshalb ist es meiner Ansicht nach zum gegenwärtigen Zeitpunkt am besten, das Klonen von Tieren für die Lebensmittelversorgung zu verbieten.

 
  
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  Ian Hudghton (Verts/ALE), schriftlich. (EN) Angesichts der wissenschaftlichen Unsicherheit und der mit dem Thema verbundenen ethischen Fragen unterstütze ich voll und ganz die Aufforderung an die Kommission, Vorschläge zu unterbreiten, die das Klonen von Tieren für die Lebensmittelversorgung verbieten sollen.

 
  
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  David Martin (PSE), schriftlich. (EN) Das Klonen von Tieren für die Lebensmittelversorgung birgt meines Erachtens verschiedene Risiken sowohl für die menschliche Gesundheit als auch für das Wohlergehen der Tiere in sich. Ich bin nicht überzeugt, dass die Anwendung dieser Art Technologie zu Konsumzwecken den europäischen Bürgern nützt. Daher habe ich für die Forderung nach einem Verbot des Klonens von Tieren für die Lebensmittelversorgung gestimmt.

 
  
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  Mairead McGuinness (PPE-DE), schriftlich. (EN) Ich begrüße die Aussprache über das Klonen von Tieren. Ich habe mich in der Schlussabstimmung über den Entschließungsantrag zum Klonen von Tieren für die Lebensmittelversorgung der Stimme enthalten, weil ich einige Bedenken hinsichtlich eines völligen Verbots hege, wie es in dieser Entschließung vorgeschlagen wird.Bis jetzt ist Kritik an den Auswirkungen, die das Klonen auf das Wohlergehen der Tiere hat, laut geworden und sie muss ernst genommen werden. Fragen der Lebensmittelsicherheit scheinen nicht aufzutauchen.Was wir jedoch brauchen, bevor wir über ein Verbot beschließen, sind genauere und wissenschaftlich fundierte Informationen und Ratschläge. Daher erwarte ich mit Spannung die diesbezüglichen Vorschläge der Kommission, für die dann die Empfehlungen der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) und der Europäischen Gruppe für Ethik der Naturwissenschaften und der neuen Technologien (EGE) in Betracht gezogen werden.

 
  
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  Andreas Mölzer (NI), schriftlich. Erst vor zwölf Jahren sorgte eine junge Technik, die augenscheinlich mit hohen Todesraten und beträchtlichem Leid verbunden ist, mit der Klonung des Schafes Dolly für weltweite Verblüffung. Und schon reiben sich ganze Industriezweige die Hände, träumen von „gesundem“ Klon-Schweinefleisch, angereichert mit Omega-3-Fettsäuren. Und dann soll diese Tierquälerei auch noch den Schweinen zugute kommen, weil diese ja ebenfalls gesünder wären. Und natürlich würden auch die Züchter profitieren, weil sie weniger finanzielle Ausfälle hätten.

Das Ganze erinnert frappierend an diverse Gentechnik-Verlockungen, bei denen reihenweise Bauern in den Ruin getrieben wurden, weil das Saatgut nur einmal verwendbar war und sie sich kein neues leisten konnten. Und es erinnert an plötzliche, unnatürliche Todesfälle ganzer Herden nach dem Genuss gentechnisch veränderter Futtermittel.

Derzeit sind die Langzeitfolgen von radioaktiver Verstrahlung oder gar Gentechnik noch nicht ausreichend abgeklärt, geschweige denn, dass sich die Auswirkungen vom Klonen abschätzen lassen. Mal ganz abgesehen von Kreuzreaktionen. Was passiert denn, wenn ein Klon-Tier mit Gen-Futter gemästet wird, und welche Auswirkungen hat dies dann auf den Menschen? Frankenstein lässt grüßen! Deshalb meine Gegenstimme bei dieser Abstimmung.

 
  
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  James Nicholson (PPE-DE), schriftlich. (EN) Das Klonen von Tieren für Lebensmittel ist im Moment ein aktuelles Thema. Generell bin ich nicht aus Gründen wissenschaftlicher Forschung und tierischer Brutentwicklung gegen das Klonen. Mit Blick auf das Wohlergehen der Tiere und die Lebensmittelsicherheit lehne ich es aber ganz und gar ab, dass geklonte Tiere in die Lebensmittelkette eintreten.Forschung und bisherige Erfahrungen haben bewiesen, dass geklonte Tiere eher zu Krankheiten neigen und eine geringere Lebenserwartung haben. Obwohl ich der Wissenschaft nicht in die Quere kommen will, sind wir uns zweifellos noch nicht völlig im Klaren über alle Konsequenzen und Auswirkungen des Klonens, was sowohl das Wohlergehen der Tiere als auch die menschliche Ernährung betrifft.Aus diesem Grund sollten klare Kriterien und Kontrollen eingeführt werden, um sicherzustellen, dass geklonte Tiere nicht in die Lebensmittelkette gelangen. Gerade weil dies ein heikles Thema ist, meine ich, sollten wir übervorsichtig sein. Produktqualität, Tierschutz und Sorge um die Belange der Umwelt sollten unsere vordringlichen Anliegen in Sachen Lebensmittelerzeugung bleiben.

 
  
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  Luca Romagnoli (NI), schriftlich. (IT) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich werde für den von Herrn Parish eingereichten Entschließungsantrag zum Klonen von Tieren für die Lebensmittelversorgung stimmen. Den Gründen für den Entschließungsantrag und den darin geäußerten Bedenken pflichte ich bei.

Es stimmt, dass in der Vergangenheit besonders „revolutionäre“ Innovationen mit Skepsis betrachtet wurden und erst mittel- und langfristig einen Nutzen erbracht haben; es stimmt auch, dass sich der Gegenstand des vorliegenden Entschließungsantrags dieser Kategorie zuordnen ließe. Nichtsdestotrotz müssen die Gefahren sorgfältig bedacht werden, die das Klonen von Tieren für die Lebensmittelversorgung vor allem in drei Bereichen in sich birgt: Lebensmittelsicherheit, Wohlergehen geklonter Tiere sowie genetische und zootechnische Vielfalt dieser Tiere. Diese Aspekte hängen eindeutig miteinander zusammen. Daher begrüße ich diese Initiative und vertraue darauf, dass Maßnahmen sowohl für das Wohlergehen von Tieren ergriffen werden als auch für den Schutz der menschlichen Gesundheit durch eine weiterhin hohe Produktqualität unserer Lebensmittel.

 
  
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  Anna Záborská (PPE-DE), schriftlich. (SK) Ich habe für diese Entschließung gestimmt. Die Verbraucher in den EU-Staaten müssen vor den negativen Folgen, die das Klonen von Produkten für die Lebensmittelversorgung für ihre Gesundheit haben kann, geschützt werden. Hier gilt es, angemessene Weitsicht walten zu lassen. Das Parlament unterstreicht gleichfalls viele Vorzüge einer qualitativ hochwertigen Landwirtschaft, was ich unterstütze.

Trotzdem überrascht mich eine traurige Tatsache: Das Parlament hat gegen den Klonen von Tieren gestimmt, es unterstützt aber über Versuche an menschlichen Stammzellen das Klonen des Menschen zu Forschungszwecken. Das Siebte Forschungs-Rahmenprogramm finanziert bereits solche Projekte zum Klonen menschlicher Lebewesen. Wir vernichten menschliches Leben einfach für Forschungszwecke.

Zudem werden diese Versuche aus Steuergeldern finanziert, sogar von Staaten, in denen Klonen von Gesetzes wegen als Straftat gilt. Wie es scheint, machen sich die europäischen Gesetzgeber um das Klonen von Tieren für die Lebensmittelversorgung mehr Sorgen als um den Schutz des Menschen vor wissenschaftlichen Forschungen.

 
  
  

(Die Sitzung wird um 13.10 Uhr unterbrochen und um 15.00 Uhr wieder aufgenommen.)

 
  
  

VORSITZ: ALEJO VIDAL-QUADRAS
Vizepräsident

 

11. Zusammensetzung des Parlaments: siehe Protokoll
Video der Beiträge

12. Genehmigung des Protokolls der vorangegangenen Sitzung: siehe Protokoll
Video der Beiträge

13. Evaluierung der EU-Sanktionen als Teil der Aktionen und Maßnahmen der EU im Bereich der Menschenrechte (Aussprache)
Video der Beiträge
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  Der Präsident. − Als nächster Punkt folgt der Bericht von Hélène Flautre im Namen des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten über die Evaluierung der EU-Sanktionen als Teil der Aktionen und Maßnahmen der EU im Bereich der Menschenrechte (2008/2031(INI) (A6-0309/2008).

 
  
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  Hélène Flautre, Berichterstatterin. (FR) Herr Präsident! Der russische Außenminister Lawrow hat Herrn Kouchner einer „krankhaften Fantasie“ bezichtigt, als er Sanktionen gegenüber Russland ins Gespräch brachte. Mit dieser „Fantasie“ habe ich mich nun bei der Arbeit an diesem Bericht beschäftigt. Und ich möchte der Kommission und dem Rat dafür danken, dass sie immer zu einer nützlichen Zusammenarbeit bereit waren.

Wie ist nun der heutige Stand der Debatte über die Sanktionen? Da gibt es im Wesentlichen zwei Dinge: erstens die Kritik an der Ergreifung von Strafmaßnahmen, die zu allererst die bösen kleinen Fische auf der internationalen Bühne treffen würden, das heißt jene, die meinen strategischen Interessen zuwiderhandeln: politisierte Sanktionen mit zweierlei Standard. Die zweite Kritik besteht darin, dass man davon ausgehen muss, dass die Sanktionen nicht wirksam sind, vor allem, weil sie verheerende Wirkungen haben und immer am Ziel vorbeigehen, und dass man deshalb darauf verzichten sollte. Ziel dieses Berichts ist nicht, für mehr Sanktionen oder für strengere Sanktionen oder für den Verzicht darauf zu plädieren. Es kommt darauf an, alle Bedingungen zu schaffen, damit die Sanktionen wirksam sind, und das Ziel dieses Berichts besteht eben darin, sie zunichte zu machen.

Wirksam in Bezug worauf? Natürlich in Bezug auf das angestrebte Ziel. Und hinsichtlich der Verletzungen der Menschenrechte oder des Völkerrechts und des humanitären Rechts muss das angestrebte Ziel darin bestehen, eine Änderung des Verhaltens der Zielgruppen zu erreichen. Das ist ein wesentlicher Punkt. Die Sanktion ist weder eine Bestrafung noch die Anwendung einer Art europäischen Strafrechts für den internationalen Gebrauch. Die Sanktion ist ein Instrument, das politisch heikel zu handhaben und sehr anspruchsvoll in seiner Umsetzung ist, das darauf abzielt, eine Änderung der Praktiken und des Verhaltens zu bewirken.

Die EU ist sehr zurückhaltend in der Anwendung von Sanktionen als Rundumschlag und praktiziert bis heute 31 Sanktionsregelungen, die sich gegen Drittstaaten oder Einheiten richten und mehrheitlich in Waffenembargos und gezielten Sanktionen bestehen, die darauf abzielen, eine maximale Wirkung auf die Einheiten auszuüben, deren Verhalten sie beeinflussen sollen, wobei gleichzeitig die negativen Auswirkungen im humanitären Bereich weitestgehend beschränkt werden sollen. Das ist a priori eine eher positive Feststellung, aber mehr könnte ich derzeit dazu nicht sagen. Die EU setzt ja ihre Aktionen fort, ohne jemals umfassende Impaktstudien angefertigt zu haben. Wir sind also machtlos, wenn es darum geht, die Eignung unserer Sanktionen zur Krisenbewältigung und zur Förderung der Menschenrechte einzuschätzen.

Gegenstand dieses Berichts ist es also, für eine transparentere, effizientere und somit glaubwürdigere europäische Sanktionspolitik zu plädieren.

Dabei ist es zunächst unerlässlich, eine Bewertung vorzunehmen. Zweitens gilt es, eine strikte Methode für Vorabstudien hinsichtlich der spezifischen Situationen anzuwenden, die Sanktionen erforderlich machen, um die am besten geeignete Reaktion für die Herbeiführung einer Veränderung festzulegen.

Sie haben in den letzten Tagen über die Maßnahmen beraten, die die Union zur Verfügung hat, um beispielsweise auf die russischen Behörden einzuwirken. Positiv an den Schlussfolgerungen ist, dass das angestrebte Ziel klar ist und praktisch bewertet werden kann. Das ist die Einhaltung der sechs Punkte des Abkommens. Und genau darum geht es. Es kommt wesentlich darauf an, klare, präzise Kriterien festzulegen, die bis zum Schluss, das heißt unter Umständen sehr lange, die notwendigen und ausreichenden Voraussetzungen für die Aufhebung der Sanktionen bieten. Diese Kriterien müssen also realistisch und objektiv messbar sein.

Wenngleich das Waffenembargo gegen China nach den Ereignissen auf dem Tiananmen-Platz vollkommen legitim ist, darf man sich doch nicht wundern, dass es keinerlei positiven Effekt zeitigt, da die Europäische Union seine Aufhebung von keiner speziellen Forderung abhängig gemacht hat.

Allzu häufig ist die Sanktionspolitik annähernd und flexibel, je nach den Kapazitäten der einflussreichsten Mitgliedstaaten oder der kommerziellen oder geopolitischen Bedeutung der Zielgruppen. Um die Politik der Union glaubwürdiger zu machen, schlage ich deshalb vor, ein Netzwerk unabhängiger Experten einzusetzen, die beauftragt sind, die Kommission in ihrer schwierigen Aufgabe, die sie unter unglaublichen Bedingungen zu bewältigen hat, da sie hierfür quasi keine Ressourcen besitzt, zu begleiten.

Täuschen wir uns nicht. Es geht nicht darum, den Rat aus seiner Zuständigkeit, den politischen Anstoß zu geben, oder die Kommission aus ihrem Vorschlagsrecht zu entlassen. Es kommt lediglich darauf an, die Garantie dafür zu schaffen, dass eine bewusste Entscheidung getroffen wurde.

Das ist jedoch nicht alles. Sanktionen sind ein Instrument. Sie sind ein Instrument von vielen – da verweise ich Sie auf die beiden ersten Berichte des Unterausschusses für Menschenrechte – wir brauchen eine globale und integrierte Sanktionspolitik. Es gibt keine wirksame Sanktion ohne Menschenrechtsstrategie in dem jeweiligen Land. Die Sanktionen müssen auf allen Ebenen diskutiert werden, und die Kontrollmechanismen, beispielsweise der Menschenrechtsklausel müssen voll zum Einsatz kommen.

Jede Sanktion gegen ein Land muss systematisch mit einer sichtbaren, also politischen, aber auch konkreten Unterstützung für die Verteidiger der Menschenrechte vor Ort einhergehen. Das ist ebenfalls ein wesentlicher Punkt des Berichts.

Abschließend sei gesagt, dass dieser Bericht auch davon ausgeht, dass jeder vorsätzliche und unumkehrbare Angriff auf die Umwelt faktisch Verletzungen der Menschenrechte auslöst und deshalb unter die Motive, die Sanktionen auslösen können, aufgenommen werden muss. Er erinnert daran, dass die Sanktionen der Union sich nicht nur an Drittstaaten richten, sondern auch an natürliche und rechtliche Einheiten wie Söldner oder multinationale Konzerne, die das Völkerrecht herausfordern, indem sie quasi ungestraft handeln. Kurz, dieser Bericht versucht, auf die derzeitigen Merkmale der globalen Krisen zu reagieren.

 
  
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  Jean-Pierre Jouyet, amtierender Ratspräsident. (FR) Herr Präsident, Frau Kommissarin, Frau Berichterstatterin, meine Damen und Herren Abgeordneten! Lassen Sie mich zunächst unsere Dankbarkeit für die Arbeit zum Ausdruck bringen, die die parlamentarischen Ausschüsse geleistet haben, insbesondere Frau Flautre als Vorsitzende des Unterausschusses für Menschenrechte.

Das ist eine wichtige Arbeit, denn zu allererst ist die Beziehung zwischen dem Ergreifen restriktiver Maßnahmen und den Menschenrechten ein Thema von vorrangiger Bedeutung, das, wie Sie in Erinnerung gerufen haben, Frau Flautre, erst unlängst die ganze Aufmerksamkeit der verschiedenen Akteure auf der internationalen Bühne gefunden hat. Lassen Sie mich daran erinnern, dass im Rahmen der gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik eines der Ziele der restriktiven Maßnahmen nach wie vor in dem Fundament der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit sowie der Achtung der Menschenrechte und der Grundfreiheiten besteht. Dennoch ist es legitim sich zu fragen, welche Auswirkungen derartige Maßnahmen möglicherweise auf die Grundrechte der davon betroffenen Menschen haben, wie wir es tun und wie Sie es in Ihrem Bericht getan haben. Deshalb hat der Rat ein konzeptuelles Dokument über die restriktiven Maßnahmen unter dem Titel „Grundprinzipien für den Einsatz restriktiver Maßnahmen“ verabschiedet, in dem er daran erinnert, dass wir, ich zitiere „für die uneingeschränkte Wahrung der Menschenrechte und der Rechtsstaatlichkeit … sowie die uneingeschränkte Einhaltung unserer völkerrechtlichen Verpflichtungen Sorge tragen“. Diese Verpflichtung bildet natürlich nach wie vor das Kernstück unserer Prioritäten.

Man sollte auch nicht vergessen, dass der Einsatz restriktiver Maßnahmen sich nicht auf die Menschenrechtspolitik beschränkt. Hierbei handelt es sich um eines der Instrumente der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik, und es gibt neben der Verteidigung der Menschenrechte noch andere Ziele, die die Erhaltung des Friedens und die Stärkung der internationalen Sicherheit, die Wahrung der grundlegenden Interessen und die Stärkung der Sicherheit der Union oder ganz einfach die Förderung der internationalen Zusammenarbeit betreffen.

Die Sanktionen müssen also, wie Sie hervorgehoben haben, Teil eines globalen und integrierten Ansatzes eines Landes sein, der gleichzeitig den politischen Dialog, Anreizmaßnahmen, Konditionalität und andere außenpolitische Instrumente einschließt, und aus dieser Sicht freue ich mich darüber, dass der Bericht mit der Auffassung des Rates übereinstimmt, die besagt, dass alle zur Verfügung stehenden Instrumente, einschließlich restriktiver Maßnahmen, flexibel eingesetzt werden müssen.

Sie werden verstehen, dass es nicht einfach ist, unter Beschränkung auf die verschiedenen Sanktionsregelungen und unter Zugrundelegung der Menschenrechtssituation in dem jeweiligen Land als einziges Kriterium eine vergleichende Analyse vorzunehmen, und es kommt darauf an, eine Regelung restriktiver Maßnahmen nicht aus ihrem Kontext zu lösen, ebenso wie man natürlich bei der Umsetzung dieser Maßnahmen nicht davon ausgehen darf, dass alles automatisch verläuft.

Gerade bei der Umsetzung restriktiver Maßnahmen im Falle der Terrorismusbekämpfung besteht das Ziel vor allem darin, vorbeugend gegen Terrorakte vorzugehen, vor allem was die Finanzierung solcher Akte betrifft. Die Listen sind bekannt und liegen öffentlich vor, ebenso wie die daraus resultierenden Maßnahmen.

Eine der Voraussetzungen für die Nachhaltigkeit dieses Systems beruht auf zwei Pfeilern: Erstens müssen diese Instrumente glaubwürdig sein, was einschließt, dass größte Aufmerksamkeit auf die Aktualisierung dieser Listen gerichtet wird, damit sie die Realität widerspiegeln. Das zweite Prinzip ist die Achtung der Rechtsstaatlichkeit und somit einiger grundlegender Prinzipien, wie der Transparenz der Verfahren, der Einspruchsmöglichkeiten und der Rechte auf Verteidigung.

In dieser Debatte – es tut mir leid, dass ich so lange spreche, aber die Aktualität zwingt mich dazu – müssen wir natürlich das Urteil des Gerichtshofs berücksichtigen, das heute Vormittag ergangen ist und das mit Wirkung ab 3. Dezember dieses Jahres eine Gemeinschaftsverordnung bezüglich des Einfrierens von Geldern außer Kraft setzt, die in Anwendung einer Resolution des Sicherheitsrates gegenüber zwei Klägern verfügt worden war, weil sie die Motive, aus denen sie auf die Terroristenlisten gesetzt wurden, nicht kennen konnten. Wir müssen festhalten, dass der Gerichtshof dem Rat nicht untersagt, neue Maßnahmen für das Einfrieren von Geldern zu ergreifen, vorausgesetzt, dass die betroffenen Personen über die Gründe informiert werden, aus denen sie von einer solchen Maßnahme betroffen sind, sei es zum Zeitpunkt der Beschlussfassung über diese Maßnahme oder zumindest baldmöglichst nach dieser Entscheidung.

Wir stellen auch fest, dass das Urteil des Gerichtshofs besagt, dass der Vorrang der Resolutionen des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen auf der Ebene des Völkerrechts nicht in Frage gestellt wird und dass also auf dieser Grundlage die Verordnung nach vorheriger Information Ihres Hauses bis zum 3. Dezember geändert wird.

Der Bericht von Frau Flautre behandelt im Einzelnen den Mechanismus für die Bewertung der Sanktionen und fordert den Rat auf, eine Bewertung oder eine Impaktstudie der einschlägigen Politik der Union vorzulegen. Ich möchte unterstreichen, dass der Rat bereit ist, dies zu tun und vor allem dafür zu sorgen, dass ein Erfahrungsaustausch und die Entwicklung der besten nationalen Praktiken bezüglich der Ergreifung restriktiver Maßnahmen vorgenommen werden können. Die Erfahrungen bei der Erarbeitung und Umsetzung der Maßnahmen in den verschiedenen Kontexten sind kontinuierlich in allen politischen Debatten im Rat präsent, und der Rat führt darüber hinaus eingehende Diskussionen über die Sachgerechtigkeit, den Charakter und die vorgezogene Effizienz eventueller Maßnahmen und stützt sich dabei auf die Berichte der Missionschefs der Europäischen Union sowie auf die Anmerkungen der Mitgliedstaaten.

Was den Charakter der Sanktionen betrifft, begrüßen wir also die Übereinstimmung der Meinungen mit dem Bericht und vor allem die Tatsache, dass zielgerichtete Sanktionen Vorrang gegenüber allgemeinen Sanktionen haben, und wir haben zur Kenntnis genommen, dass der Bericht den Rat und die Kommission aufruft, einen variablen Ansatz zu verfolgen – den man als eine Mischung von Zuckerbrot und Peitsche bezeichnen könnte – wie wir ihn für erforderlich halten.

Zugleich teilen wir die Analyse des Berichts hinsichtlich der Bedeutung der internationalen Zusammenarbeit; das ist die Grundlage für die Glaubwürdigkeit. Besondere Priorität räumen wir der Aktion im Rahmen der Vereinten Nationen ein. Wir sind im Rahmen des Rates darauf bedacht, dass auf der Grundlage der UNO-Resolutionen und der vom Sicherheitsrat beschlossen Maßnahmen eine Abstimmung mit den Ländern erfolgt, die der Europäischen Union am nächsten stehen. Wir sind ebenfalls darauf bedacht, dass die Fragen der Sanktionen auch in den Tagungen des politischen Dialogs und den Menschenrechtskonsultationen angesprochen werden, die wir mit einigen Zielländern führen.

Schließlich bringt das Europäische Parlament in diesem Berichtsentwurf den Wunsch zum Ausdruck, in alle Etappen des Prozesses einbezogen zu werden, der zur Erarbeitung, zur Umsetzung und zur Überwachung der restriktiven Maßnahmen führt. Der Rat ist sich dessen voll bewusst und freut sich über das lebhafte Interesse, das das Europäische Parlament der Politik der Union entgegenbringt. Aus diesem Grund legt der Rat besonderen Wert darauf, dass Ihr Haus regelmäßig über die Ereignisse in diesem Bereich informiert wird.

Abschließend möchte ich das Engagement des Europäischen Parlaments in diesem Bereich begrüßen und es ermutigen, alle parlamentarischen Kontakte mit Drittländern zu nutzen, um das Verständnis für die Sanktionsregelung der Europäischen Union zu verbessern und die Möglichkeiten einer koordinierten Aktion für die Förderung der Menschenrechte zu prüfen. Aus all diesen Gründen begrüße ich den von Frau Flautre vorgelegten Bericht.

 
  
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  Benita Ferrero-Waldner, Mitglied der Kommission. − (FR) Herr Präsident, Herr Ratspräsident, Frau Berichterstatterin, meine Damen und Herren Abgeordnete! Die Kommission nimmt den Bericht über die Evaluierung der EU-Sanktionen als Teil der Aktionen und Maßnahmen der EU im Bereich der Menschenrechte mit Interesse zur Kenntnis. Sanktionen stellen eines der wirksamen Instrumente dar, über die die Europäische Union verfügt, um die Achtung der Menschenrechte in den Drittländern zu fördern, und sie wurden zu diesem Zweck insbesondere gegenüber Belarus, China, Myanmar, Usbekistan, Ex-Jugoslawien und Simbabwe angewandt, um nur einige wichtige Fälle zu nennen.

Die Kommission begrüßt diese Aussprache über die Umsetzung und die Bewertung dieses wichtigen Instruments der gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik. Wie der Präsident sagte, muss – im vollen Bewusstsein, dass diese Politik mehreren Zielen dient – jede Entscheidung bezüglich der Anwendung von Sanktionen im Rahmen der GASP nach Bewertung und Abwägung mehrerer objektiver Interessen getroffen werden. Deshalb ist eine Bewertung der Kohärenz der Sanktionspolitik erforderlich, nicht nur was die Bilanz der Drittländer hinsichtlich der Achtung der Menschenrechte betrifft, sondern auch unter Berücksichtigung der übrigen Ziele und Kriterien der GASP.

Die systematische und einseitige und sozusagen automatische Anwendung von Sanktionen gegen alle Länder, deren Politik die Menschenrechte nicht voll einhält, halte ich nicht für wünschenswert. Die Europäische Union sollte berücksichtigen, welche Wirkung die Sanktionen auf die Beziehungen zu den Ländern haben, gegen die sie gerichtet sind, da die Sanktionen sowohl wirtschaftlicher als auch politischer Art sind. Jedoch kommt es darauf an, nicht nur die Wirkung auf unsere diplomatischen Beziehungen zu berücksichtigen, sondern auch die Wirkung auf die internationale Tätigkeit unserer Wirtschaftsakteure zu bewerten. Generell müssen die Sanktionen zielgerichtet sein und sich nur gegen die Führer des jeweiligen Landes richten und die Bevölkerung aussparen, die bereits unter der Nichtachtung der Menschenrechte leidet. Darüber hinaus sollte man, wenn Sanktionen beschlossen werden, auch entscheiden, nach welchen Kriterien sie wieder aufgehoben werden können, eine „exit strategy“ bei gleichzeitiger Wahrung eines Minimums an Flexibilität für die Fälle, in denen die betroffenen Drittländer die meisten der Kriterien, jedoch nicht alle erfüllen.

Zugleich möchte ich hervorheben, dass die Sanktionen kein Ersatz für rechtliche Verfahren gegen die Verantwortlichen für die Verletzungen der Menschenrechte sein sollen. Diese Verbrechen fallen in die Zuständigkeit der Gerichte, einschließlich des Internationalen Strafgerichtshofs. Ziel der Sanktionen ist es hingegen, einen Politikwandel in einem Drittland zu bewirken, beispielsweise die Achtung der Menschenrechte in der Rechtsordnung des jeweiligen Landes. Sie verfolgen also ein evolutives Ziel und können aufgehoben werden, wenn die Politiken des jeweiligen Landes sich weiterentwickeln. Die Europäische Union wandte beispielsweise Sanktionen zur Unterstützung des Internationalen Strafgerichtshofs für das ehemalige Jugoslawien an.

Wir erachten es als wichtig, die Achtung der Menschenrechte in den Drittländern zu fördern, und beobachten zugleich ständig die Umsetzung in den Drittländern. In jedem einzelnen Fall sollte man unter den möglichen Instrumenten diejenigen auswählen, die natürlich am effizientesten sind. Somit erachten wir ein gründliches Nachdenken über die Anwendung der Sanktionen zur Förderung der Politiken, die die Menschenrechte achten, als eine nützliche Politik, und in diesem Sinne möchte ich Ihnen, Frau Flautre, für Ihre Initiative danken.

 
  
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  Renate Weber, Verfasserin der Stellungnahme des mitberatenden Entwicklungsausschusses. (EN) Herr Präsident! Als Verfasserin der Stellungnahme des Entwicklungsausschusses zu diesem Bericht möchte ich feststellen, dass die Europäische Union dieses außergewöhnliche Instrument der Außenpolitik mit Vernunft und Besonnenheit nutzen sollte. Welcher Art die Umstände oder verhängten Sanktionen auch sein mögen, immer besteht die Möglichkeit negativer Nebenwirkungen, die bedauerliche Situationen heraufbeschwören können.Ich bin fest davon überzeugt, dass Sanktionen nur dann zum Zuge kommen sollten, wenn diplomatische Einflussnahme fehlgeschlagen ist, und damit sie effizient sind, muss die EU immer über eine umfassende Beurteilung der Lage, eine kohärente Strategie und eine genaue Bewertung der Ergebnisse verfügen. Um ihre Glaubwürdigkeit zu wahren und den Vorwurf zu vermeiden, sie messe mit zweierlei Maß, muss die EU in der Lage sein, die Verhängung bzw. Nichtverhängung von Sanktionen zu rechtfertigen, und zwar vor allem aus Sicht der Menschenrechte und der Wirksamkeit. Ich halte es für entscheidend, dass die EU durch die Verhängung von Sanktionen ihre Stärke und nicht ihre Schwäche offenbart.

 
  
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  Jas Gawronski, im Namen der PPE-DE-Fraktion. – (IT) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Im Namen meiner Fraktion spreche ich zum Bericht Flautre, um hier zu bestätigen, was bereits im Ausschuss zum Ausdruck gebracht wurde, nämlich dass wir alles in allem den Text begrüßen, insbesondere nach einigen Änderungen und, wie ich zu behaupten wage, Nachbesserungen aufgrund unserer Änderungsvorschläge, die von Frau Flautre übernommen worden sind, der wir für ihre Aufgeschlossenheit danken möchten.

Durch diesen Bericht kommen neue interessante Elemente, neue Ansätze hinzu (z. B. die Schädigung der Umwelt als ausreichender Grund für den Einsatz restriktiver Maßnahmen). Meine Fraktion wollte die Notwendigkeit der Festlegung klarer Voraussetzungen, erreichbarer Ziele und angemessener Bezugsnormen für die Anwendung von Sanktionen betonen. Sie wollte ferner hervorheben, dass Sanktionsmaßnahmen, um wirkungsvoller zu sein, so gezielt wie möglich sein sollten – in diesem Sinne hatte sich soeben auch Kommissarin Ferrero-Waldner geäußert. Beispielsweise dürfen solche Sanktionen keine Zivilpersonen betreffen, sie dürfen nicht unterschiedslos verhängt werden, da dies zur Isolation der Bevölkerung führen würde. In einer der Ziffern des Berichts heißt es, dass die EU-Sanktionspolitik weiterhin auf dem Konzept einer Vorrangstellung des Systems der Vereinten Nationen beruhen sollte.

Bei diesem Punkt wäre klarzustellen, dass eine solche Priorität die Europäische Union nicht davon abhalten darf, eigene Sanktionen in einigen bestimmten Situationen anzuwenden, in denen solche Maßnahmen aus zeitlichen Gründen, infolge der besonderen Umstände sowie aufgrund der geographischen Nähe direkter und leichter anwendbar sind, entsprechend dem Grundsatz der Subsidiarität.

Durch einen fraktionsübergreifenden Kompromissänderungsantrag wurde nunmehr entschieden, dass die Geheimdienste, die die berüchtigten Schwarzen Listen überwachen, über die wir hier im Parlament vor kurzem gesprochen haben, beim Kampf gegen den Terrorismus in der Lage sein müssen, mit der für das einwandfreie Funktionieren des Systems gebotenen Diskretion vorzugehen; sie werden übrigens deswegen als Geheimdienste bezeichnet, weil es ihnen möglich sein muss, geheim zu agieren – nicht aber straffrei, nicht unter Verletzung des Völkerrechts.

Selbstverständlich ist eine politische Bewertung der Sanktionen durch die Europäische Union erforderlich. Die von uns ergriffenen Maßnahmen müssen wesentliche Auswirkungen haben, bei deren Ausbleiben die Sanktionsverfahren selbst revisionsbedürftig sind. In dem Bericht wird die Einrichtung von Netzwerken unabhängiger Sachverständiger zur Bewertung der Sanktionen empfohlen, wie Frau Flautre in ihrer Rede dargelegt hat.

Unsere Fraktion würde es vorziehen, dass die entsprechenden Beschlüsse vom Rat selber gefasst werden, der befugter und berechtigter ist als nicht staatlich kontrollierte externe Sachverständige. In diesem Sinne schlagen wir vor, gegen den neuen Änderungsantrag zu stimmen, der morgen von der Fraktion der Grünen/Freie Europäische Allianz, der Sozialdemokratischen Fraktion im Europäischen Parlament und der Fraktion der Allianz der Liberalen und Demokraten für Europa im Plenum zu Ziffer 70 eingereicht wird, in der eine solche Forderung gestellt wird. Da meine Fraktion die durchgeführte Arbeit insgesamt begrüßt, wird sie, Frau Präsidentin, für den Bericht Flautre stimmen. Wir gratulieren der Berichterstatterin.

 
  
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  Maria-Eleni Koppa, im Namen der PSE-Fraktion.(EL) Herr Präsident! Zunächst möchte ich Frau Hélène Flautre danken und ihr zu ihrer hervorragenden Arbeit gratulieren. Zugleich muss ich jedoch meine Enttäuschung und die meiner Fraktion darüber zum Ausdruck bringen, dass der Bericht während der Abstimmung über die Änderungsanträge in den jeweiligen Ausschüssen in beträchtlichem Umfang abgeändert wurde.

Sanktionen sind ein weiteres Mittel, das uns zum Schutz der Menschenrechte weltweit zur Verfügung steht. Entscheidend ist dabei allerdings, dass die betreffenden Sanktionen an sich keine Verletzung der Menschenrechte darstellen dürfen. Bei dem Versuch, Unrecht zu richten, sollten wir nicht mit größerem Unrecht antworten.

Zudem muss unsere Aufmerksamkeit unter Wahrung des Völkerrechts zielgerichteteren wirtschaftlichen Maßnahmen gelten. Darum messe ich der Tatsache große Bedeutung bei, dass im Bericht im Rahmen der Durchsetzung von Sanktionen ein Überprüfungsmechanismus vorgesehen ist. Gleiches gilt für die Anregung der Berichterstatterin, ein Expertennetz einzurichten, das dem Rat Vorschläge für die angemessensten restriktiven Maßnahmen unterbreitet.

Frühere Vorgehensweisen wie beispielsweise Embargos für Arzneimittel und andere Bedarfsgüter treffen die Bevölkerung, vor allem Kinder, willkürlich. Man kann sie nur als unannehmbar verurteilen.

In ähnlicher Weise müssen die Entscheidungen der zuständigen Rechtsorgane durchgesetzt werden. Der Rat und die Kommission müssen letztlich das Verfahren zur Aufnahme von Personen oder Organisationen in die „schwarze“ EU-Terrorliste überprüfen, damit deren Grundrechte geachtet werden und die Glaubwürdigkeit der EU als Verfechterin der Menschenrechte rund um den Globus gewahrt bleibt.

Es kommt vor allem darauf an, die Wirksamkeit von Sanktionen sicherzustellen und uns über dieses Thema innerhalb der Union zu verständigen sowie die Zusammenarbeit mit anderen internationalen Organisationen wie der Afrikanischen Union und der ASEAN, die oftmals wesentlich näher an den Problemherden sind, zu gewährleisten.

Neben dem Beschluss und der Durchsetzung von Sanktionen muss es auch spezifische Bestimmungen für die Aufhebung von Sanktionen geben. Es besteht Bedarf an der ständigen Überwachung und an festgeschriebenen Bedingungen, damit das Ziel von Sanktionen klarer ist und die Sanktionen nach Erreichung des Ziels aufgehoben werden können. Ein solcher Ansatz erhöht die Wirksamkeit von Sanktionen und verleiht unserer Politik Glaubwürdigkeit.

Zum Schluss möchte ich darauf hinweisen, dass ich ursprünglich den Gedanken hegte, es sollte kein Bezug auf einzelne Länder genommen werden. Da jedoch einige Staaten im Text erwähnt werden, sollte man meiner Ansicht nach Palästina auf keinen Fall vergessen. In diesem Punkt herrscht eine tiefe Widersprüchlichkeit in der europäischen Politik. Sie unterstützt die Verbreitung der Demokratie in der Welt, hat allerdings beschlossen, EU-Sanktionen gegen die palästinensische Regierung, die durch frei demokratische Wahlen an die Macht gelangt ist, zu verhängen.

Sanktionen sind kein Mittel, um die Welt zu verändern, aber sie können ein wichtiges Werkzeug sein, um Länder, die das Völkerrecht und Menschenrechte verletzen, zu einer Umkehr ihrer Politik zu zwingen. Es reicht, dass Sanktionen gezielt und gerechtfertigt angewendet werden und einer ständigen Überprüfung und Bewertung unterliegen.

 
  
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  Marco Cappato, im Namen der ALDE-Fraktion. – (IT) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte der Berichterstatterin für ihre Arbeit danken. Der Vorschlag, einheitlichere Kriterien für die Sanktionspolitik festzulegen, kommt meines Erachtens zum richtigen Zeitpunkt. Besonders unterstreichen möchte ich ein in Ziffer 6 des Berichts enthaltenes konkretes Element, das ökologische Vergehen wie die Schädigung der Umwelt betrifft. Es wird empfohlen, bei einer absichtlichen Schädigung ebenfalls Sanktionen zu verhängen. Dieser Vorschlag sollte, denke ich, ernsthaft in Betracht gezogen werden.

Im Übrigen liegt die Beschränkung der Sanktionspolitik zwar häufig in ihrer mangelnden Kohärenz, vor allem aber steht sie im Zusammenhang mit den Grenzen, die der gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik der EU gesetzt sind: je solider und kohärenter diese Politik ist und je mehr sie als existent bezeichnet werden kann, desto solider und kohärenter wird ein Sanktionssystem. Unser Problem in der Europäischen Union besteht darin, dass wir oft zu unschlüssig sind. Mitunter ist es derart schwierig, den nötigen parteiübergreifenden Konsens zwischen den Mitgliedstaaten zur Verhängung von Sanktionen zu finden, dass wir handlungsunfähig und machtlos sind. Gestatten Sie mir, die Anwesenheit des französischen Ratsvorsitzes zu nutzen, um darauf hinzuweisen, dass im Falle eines Regimes wie Myanmar der Ausschluss von Energie aus der Liste der Sanktionen die Wirksamkeit solcher Sanktionen selbstverständlich erheblich schmälern würde.

Des Weiteren sollte die Frage der Menschenrechte und der Demokratie in der internationalen Politik und mithin auch in der Sanktionspolitik Priorität besitzen. Dies ist nicht der Fall, und zwar aufgrund des in den Ziffern 18 und 19 des Berichts Flautre aufgeworfenen Problems der Kooperationsabkommen, in denen Klauseln und Bestimmungen mit der Verpflichtung zur Achtung der Menschenrechte enthalten sind. Diese Klauseln sind für die Europäische Union verbindlich, werden aber systematisch missachtet.

Bevor auf Sanktionen zurückgegriffen wird, müssen daher zuerst die Mechanismen zur Durchsetzung dieser Klauseln festgelegt werden. Mit Vietnam und anderen asiatischen Ländern werden Neuverhandlungen geführt. Es müssen Mechanismen, selbst graduelle, festgelegt werden, was aber nur möglich ist, wenn die Rechtsgültigkeit der Klauseln und schriftlichen Vereinbarungen, die von der EU unterzeichnet wurden, geachtet wird.

 
  
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  Konrad Szymański, im Namen der UEN-Fraktion. – (PL) Herr Präsident! Nicht zufällig ist der Begriff „Sanktionen“ im Völkerrecht nicht definiert. Es handelt sich dabei um ein Druckmittel, das nur schwer fassbar ist. Deshalb sind die ehrgeizigen Ziele der Berichterstatterin, die Prinzipien für die Anwendung von Sanktionen zu harmonisieren, noch schwieriger zu erreichen. Sie könnten auch kontraproduktiv sein.

Sanktionen sind ein unentbehrliches Instrument der EU-Außenpolitik. Angesichts der umfangreichen Zuständigkeiten der EU im Handel und bei den Grenzkontrollen sind sie von enormer Wichtigkeit, um unsere Ziele sowohl im Bereich der Sicherheit als auch der Verteidigung der Menschenrechte durchzusetzen. Deshalb sind Sanktionen Teil unseres Spektrums an außenpolitischen Instrumenten schrecken wir auch nicht davor zurück, sie recht großzügig und mitunter unangemessen anzuwenden. Statt Sanktionen vielleicht einigen strengen Regeln zu unterwerfen, sollten wir im Namen der Wirksamkeit unseres Einflusses auf die Weltpolitik ihre Anwendung einer klugen politischen Bewertung unterziehen. Ungeachtet dieses allgemeinen Vorbehalts unterstützt unsere Fraktion den Bericht.

 
  
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  Raül Romeva i Rueda, im Namen der Verts/ALE-Fraktion.(ES) Herr Präsident! Die für die Außenpolitik der Europäischen Union im Blick auf Sanktionen immer kennzeichnender werdenden Doppelstandards und das Fehlen konkreter Bewertungs- und Überwachungsinstrumente stellen gegenwärtig eine der ernsthaftesten Gefährdungen für Europas Glaubwürdigkeit dar.

In zahlreichen Fällen stützen sich diese Sanktionen oder – wie sie auch genannt werden – restriktiven Maßnahmen eher auf bestimmte Zuneigungen und Abneigungen als auf eine klare, schlüssige und überzeugende Strategie, die darauf ausgerichtet sein müsste, nicht nur – wie in den Zielen der GASP formuliert – die Sicherheit der Europäischen Union zu garantieren, sondern auch die Position der Menschenrechte und Grundfreiheiten, der Rechtsstaatlichkeit und der guten Regierungstätigkeit in der Welt zu stärken, wie es Artikel 11 des Vertrags über die Europäische Union vorsieht.

Deshalb ist es erforderlich, umgehend Auswertungen und Untersuchungen zur Wirksamkeit des Systems der Sanktionen vorzunehmen, um eine legitime und wirkungsvolle Politik hinsichtlich der Sanktionssysteme entwickeln zu können.

Das ist letzten Endes das Ziel des Berichts Flautre. Die Grundlage des Berichts, die auf der Arbeit des Unterausschusses Menschenrechte beruht, ist nach vernünftigem Ermessen gut und enthält einige Aspekte, die ich für wesentlich halte. So wird zum Beispiel nachdrücklich darauf verwiesen, dass sich der Rat mit der Annahme der oben genannten Grundprinzipien für den Einsatz restriktiver Maßnahmen verpflichtet hat, Sanktionen als Bestandteil einer breit angelegten Politik einzusetzen, in deren Rahmen Menschenrechts- und Demokratieklauseln sowie allgemeine Präferenzsysteme und Entwicklungshilfe als Instrumente zum Einsatz kommen sollten.

Desgleichen bekräftigt der Bericht die Forderung, dass der Rat der Europäischen Union unverzüglich einen Gemeinsamen Standpunkt zur Kontrolle der Rüstungsexporte annehmen muss, wodurch der derzeitige Verhaltenskodex in diesem Bereich Rechtsverbindlichkeit erhalten würde, wie wir es in der Vergangenheit in diesem Parlament bereits mehrfach beschlossen haben.

Einige Aspekte, die nach meiner Auffassung von zentraler Bedeutung sind, fehlen jedoch in dem Bericht, und ich hoffe, dass sie im Rahmen der Aussprache und der morgigen Plenarabstimmung aufgenommen werden können.

Erstens ist es notwendig, die schwarzen Listen im Kontext der Terrorismusbekämpfung dahingehend zu überarbeiten, dass die Menschenrechte und grundlegenden Rechtsgarantien derjenigen, die auf diesen Listen stehen, eingehalten werden.

Zweitens befürworte ich, dass die Kommission, wie bereits vorgeschlagen wurde, ein Netzwerk unabhängiger Experten einrichtet, dessen Aufgabe es ist, dem Rat in Abhängigkeit von der jeweiligen Lage die geeignetsten restriktiven Maßnahmen vorzuschlagen und auf der Grundlage festgelegter Kriterien und Zielsetzungen regelmäßige Berichte über die Entwicklung der Lage zu erstellen und gegebenenfalls Verbesserungen für den Einsatz von Sanktionen vorzuschlagen.

 
  
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  Vittorio Agnoletto, im Namen der GUE/NGL-Fraktion. – (IT) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte Frau Flautre zu ihrer ausgezeichneten Arbeit beglückwünschen. Bei der Abstimmung im Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten wurde diese jedoch, zumindest teilweise, so entstellt, dass sich die Sozialdemokratische Fraktion im Europäischen Parlament und die Fraktion der Grünen/Freie Europäische Allianz veranlasst sahen, sich der Stimme zu enthalten. Nur die Fraktion der Europäischen Volkspartei (Christdemokraten) und europäischer Demokraten sowie die Fraktion der Allianz der Liberalen und Demokraten für Europa haben den Text gebilligt, der wesentlich modifiziert war, weil sich aufgrund der Annahme einer Reihe der von ihnen eingereichten Änderungsanträge sein politisches Gleichgewicht verschoben hatte. Ich weise darauf hin, dass meine Fraktion, die Konföderale Fraktion der Vereinigten Europäischen Linken/Nordische Grüne Linke, im Ausschuss dagegen gestimmt hat.

Als Fraktion stimmen wir zu, dass die dreizehn eingereichten Änderungsanträge selbst im Falle ihrer Annahme den politischen Tenor des Berichts nicht ändern können. Deshalb bleibt, wenngleich wir für die meisten Änderungsanträge stimmen werden, unser Endvotum kritisch.

Das Problem liegt unserer Ansicht nach darin, dass der Dialog und die gegenseitige Achtung die Grundlage der internationalen Beziehungen bilden müssen, selbst wenn unterschiedliche Standpunkte vertreten werden. Sanktionen als solche müssen die den Mitgliedstaaten und den internationalen Organisationen zu Gebote stehende ultima ratio sein, während sie in dem Bericht als wichtigstes außenpolitisches Instrument der EU gepriesen werden.

Des Weiteren muss nach unserem Dafürhalten den so genannten positiven Anreizmaßnahmen Vorrang eingeräumt werden. Verpflichtet sich ein Land mit der Unterzeichnung bestimmter Wirtschafts-, Handels- und Finanzabkommen zur Förderung und Achtung der Menschenrechte, muss es dafür belohnt werden. In dem Bericht wird der Nachdruck hingegen auf negative Maßnahmen gelegt, die seltsamerweise stets gegen die üblichen Verdächtigen, wie z. B. Kuba, gerichtet sind. Diese Beispiele belegen, wie verfehlt die Sanktionspolitik ist.

Kurzum, vonnöten sind mehr Zusammenarbeit und weniger einseitige Bestrafungen. Auch die Europäische Union besitzt in Sachen Rechte kein Monopol, wie die unhaltbare Art unseres Umgangs mit Migranten und Roma zeigt. Vielleicht sollten wir gegen uns selbst Sanktionen verhängen!

 
  
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  Bastiaan Belder, im Namen der IND/DEM-Fraktion. – (NL) Herr Präsident! Die Berichterstatterin erachtet zuallererst eine Bewertung und anschließend eine Neubewertung der europäischen Sanktionspolitik für unverzichtbar (siehe Ziffer 11). Aktionen und Maßnahmen der EU in Form von Sanktionen können tatsächlich einen positiven Wert haben, wenn sich dadurch die Menschenrechtslage in dem betreffenden Partnerland wirklich verbessert. Eine gründliche Evaluierung ist daher zur Beurteilung der Wirksamkeit der Sanktionspolitik unerlässlich.

Der Rat und die Kommission müssen jedoch in eine ernsthafte Debatte über die Anwendung der Sanktionspolitik eintreten. In Ermangelung eines klaren Rahmens ist es, wie Frau Flautre bereits ganz richtig anmerkte, schwer, wirksame Sanktionen zu verhängen. Ich frage mich, ob angesichts der zahlreichen Mitgliedstaaten der Union einmütige Sanktionen überhaupt möglich sind, und da denke ich an Kuba und auch an Simbabwe. Im Lichte der Möglichkeit zu der auch von Frau Flautre befürworteten Neubewertung der Sanktionspolitik bin ich darüber im Zweifel, ob die Sanktionspolitik tatsächlich solch ein geeignetes Instrument ist.

Kurzum, zur Verbesserung der Sicherheit und der Menschenrechtslage in den Partnerländern der Union ist ein Nachdenken über das richtige Instrument angezeigt. Können beispielsweise gravierende Verletzungen der Religionsfreiheit in China und Indien Anlass zu echten formellen Aktionen der Europäischen Union geben? Ein Umdenken über europäische Aktionen in derlei Fällen ist derzeit eher an der Tagesordnung als eine voreilige Neubewertung der Sanktionspolitik.

Davon abgesehen kann ich den Bericht Flautre vermutlich unterstützen, sofern einige Änderungsanträge nicht angenommen werden.

 
  
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  Frank Vanhecke (NI).(NL) Herr Präsident! Gestatten Sie mir zunächst ein paar kritische Worte. Ich empfinde es als recht zynisch, in einem Bericht über die Menschenrechte wiederholt auf die notwendige Anwendung einiger Bestimmungen des Vertrags von Lissabon hinzuweisen. Dieser Vertrag wurde, wie wir alle wissen, in Irland in einer demokratischen Volksbefragung abgelehnt, und er ist nur in Irland gescheitert, weil kein anderes Land seinen Bürgern das Menschenrecht zugestand, ihre demokratische Meinung zu diesem Vertrag kundzutun. Lissabon war übrigens lediglich eine Kopie einer europäischen Verfassung, die bereits von den Franzosen und den Niederländern im Rahmen von Referenden abgeschmettert wurde. Mithin sollten wir damit anfangen, die Menschenrechte unserer eigenen Wähler zu achten und nicht mehr systematisch auf einen Vertrag zu verweisen, der abgelehnt wurde und rechtlich tot ist.

Ein zweite kritische Anmerkung. Dieser Bericht ist vollgestopft mit guten Absichten, die Wirklichkeit sieht jedoch anders aus. Gerade gingen die Olympischen Spiele in China zu Ende, wo sich alle unsere europäischen Demokraten an der Seite eines kommunistischen Regimes gezeigt hatten, eine Wiederholung der Ereignisse in Nazi-Deutschland im Jahr 1936. Unter diesen Umständen wäre es vielleicht ratsam, ein paar Monate in beschämter Stille zu verharren, wenngleich ich einräume, dass der Bericht in seiner jetzigen Form für Parlamentsverhältnisse als auffallend ausgewogen bezeichnet werden kann und zu Recht eine Vielzahl von Problemen wie die Lage in Kuba und in Simbabwe thematisiert. Allerdings mangelt es an einer ernsten Warnung vor der weltweiten Islamisierung, die eine Gefahr für all die Freiheiten darstellt, die die eigentliche Grundlage unserer Gesellschaft bilden.

Und schließlich noch ein weiterer Kritikpunkt, der mir sehr am Herzen liegt. In unseren eigenen europäischen Ländern, speziell in Belgien, meinem Heimatland, werden zunehmend Maulkorbgesetze installiert, die die freie Meinungsäußerung einschränken und sogar Freiheitsstrafen für Meinungsdelikte einführen, insbesondere in Fragen der Einwanderung und Islamisierung. Diese Entwicklung gibt meines Erachtens Anlass zu ernsthafter Sorge, und ich meine, wir müssen in diesem Kontext – auch in diesem Parlament, wenn es um die Menschenrechte geht – die freie Meinungsäußerung auch in unseren EU-Mitgliedstaaten mit aller Macht verteidigen.

Drei kritische Bemerkungen zu einem Bericht, der ansonsten sicherlich nicht der schlechteste ist, der hier je präsentiert wurde und den wir unterstützen, sofern morgen keine inakzeptablen Änderungsanträge angenommen werden.

 
  
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  Laima Liucija Andrikienė (PPE-DE).(LT) Offenkundig sind die Meinungen zu den politischen Auswirkungen von Sanktionen sehr geteilt. Es gibt Fälle, in denen Sanktionen gegen ein herrschendes Regime Leid über unschuldige Menschen bringen und so indirekt die Entwicklung einer Schattenwirtschaft und eines Schwarzmarktes begünstigen. In anderen Fällen bringen sie die Gefahr der Verletzung von Menschenrechten mit sich, wenn die Namen von Personen in schwarze Listen aufgenommen werden. Die Glaubwürdigkeit von Sanktionen wird weiterhin dadurch beeinträchtigt, dass bei ihrer Anwendung in Abhängigkeit von der strategischen Bedeutung des EU-Partners mit zweierlei Maß gemessen wird. Jüngstes Beispiel ist das Versäumnis der EU, gegen Russland Sanktionen zu verhängen, obwohl Russland mit der Invasion des Hoheitsgebietes eines souveränen Staates – Georgien – unter dem Vorwand der Verteidigung seiner Staatsbürger gegen das Völkerrecht verstoßen hat. Gleichwohl gehören Sanktionen nach wie vor zu den Waffen im EU-Arsenal. Meiner Auffassung nach sind Sanktionen ein integraler Bestandteil der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik, genauer gesagt ein Mittel zur Förderung der Menschenrechte und Demokratie, und das sollten sie auch bleiben.

Verständlicherweise bemüht sich die EU nach dem Prinzip „Zuckerbrot und Peitsche“, die Anwendung von Sanktionen zu umgehen. Notfalls sollten sie jedoch verhängt werden, und dabei kommt es darauf an, dass Sanktionen Teil einer umfassenderen und kohärenteren Strategie zum Schutz der Menschenrechte sind.

Die Berichterstatterin, Frau Flautre, hat das nach dem Massaker vom Tiananmen-Platz verhängte Waffenembargo gegen China erwähnt. Vorschläge zur Aufhebung des Embargos wurden unterbreitet. Allerdings, meine Damen und Herren, haben wir bis zum heutigen Tag weder eine Erklärung für das Massaker vom Tiananmen-Platz, das die Welt erschütterte, noch eine Entschuldigung dafür erhalten. Weshalb sollten wir diese Sanktion dann aufheben? Herausstellen möchte ich, dass die Europäische Union bei der Verhängung von Sanktionen eine engere Zusammenarbeit mit anderen Ländern und internationalen Organisationen anstreben sowie ihre Politik und Aktionen koordinieren sollte, damit die Sanktionen eine größere Wirksamkeit entfalten.

 
  
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  Libor Rouček (PSE).(CS) Meine Damen und Herren! Sanktionen sind ein fester Bestandteil der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik der EU, um die Einhaltung der Menschenrechte sowie die Bewahrung von Demokratie und Souveränität zu unterstützen. Obwohl die Europäische Union nunmehr schon fast 20 Jahre die verschiedensten Sanktionsinstrumente nutzt, gab es bis heute keine Einschätzung oder Studie über die Wirkung der Sanktionspolitik der EU. Daher begrüße ich sowohl den Bericht von Hélène Flautre als wichtigen Beitrag auf diesem Gebiet als auch seine vielen Schlussfolgerungen.

Auch ich bin der Ansicht, dass Sachverstand und Analysefähigkeiten der Europäischen Union bei der Einschätzung von Sanktionen gestärkt werden müssen. Die Ratifizierung des Vertrags von Lissabon und die Schaffung eines europäischen auswärtigen Dienstes würden dazu die passende Gelegenheit bieten. Wenn Sanktionen angewendet werden, sollten sie Bestandteil eines Gesamtkonzepts der Außenpolitik sein, anders gesagt, sie sollten nicht isoliert, für sich allein und ohne Rücksicht auf die sonstigen Instrumente der Außenpolitik und ohne Zusammenwirken mit den übrigen Akteuren des internationalen Systems angewendet werden. Sanktionen sollten auch mit positiven Maßnahmen und Stimuli zur Unterstützung der Menschenrechte, der Zivilgesellschaft und der Demokratie einhergehen. Und schließlich sollten Sanktionen nicht an humanitäre Hilfe geknüpft werden. Sanktionen sollen sich gegen ganz konkrete Personen richten, indem z. B. ihre Bewegung eingeschränkt oder ihr Vermögen beschlagnahmt wird, aber nicht gegen Opfer ihrer heimtückischen Handlungen.

 
  
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  Janusz Onyszkiewicz (ALDE). (PL) Herr Präsident! Sanktionen sind ein wichtiges Werkzeug der Außenpolitik dar. Zweifellos haben sie zum Ende der Apartheid in der Republik Südafrika geführt. Im Grunde bin ich selbst Nutznießer von Sanktionen, weil ich 1983 im Ergebnis einer durch Sanktionen erzwungenen Amnestie aus dem Gefängnis freigelassen wurde, wenngleich leider nicht für lange Zeit.

Allerdings scheitern Sanktionen auch häufig, wie die Beispiele Simbabwe und Kuba zeigen. Wirtschaftssanktionen werden oft eingesetzt, um Schwierigkeiten, die hauptsächlich Ergebnis einer inkompetenten diktatorischen Regierung sind, zu rechtfertigen.

Immerhin gibt es eine Art von Sanktion, die der Propaganda nicht eine solche Bühne bietet: das Einreiseverbot in die Europäische Union. Allerdings dürfen davon nicht nur Vertreter der höchsten Behörden betroffen sein, wie im Fall von Belarus, sondern es muss auch Personen der mittleren Ebene des Apparates der Unterdrückung und Verletzung von Menschenrechten einbeziehen. Dann werden die einfachen Menschen erkennen, dass die Maßnahmen nicht auf sie abzielen, sondern auf den diktatorischen Machtapparat.

 
  
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  Ģirts Valdis Kristovskis (UEN).(LV) Ich möchte den Bemühungen von Frau Flautre, die Fähigkeiten der Europäischen Union zu stärken und ihre Autorität zu erhöhen, mein Lob aussprechen. Ich bezweifle nicht, dass Sanktionen flexibel eingesetzt werden müssen, aber die Berichterstatterin weist zugleich darauf hin, dass es nicht hinnehmbar ist, mit zweierlei Maß zu messen. Ein Mangel an Folgerichtigkeit bedroht die Glaubwürdigkeit der Sanktionen und Politiken Europas. Die Europäische Union kompromittiert sich selbst, wenn sie ein Sanktionssystem einführt und dann selbst dagegen verstößt, wie es bei Robert Mugabe der Fall ist. Die Europäische Union behandelt Nicht-EU-Länder nicht selten auf unterschiedliche Weise. Das hat Folgen. Die zustimmende Haltung der EU in der Georgien-Frage führte in Russland zu einer wahren Welle des Enthusiasmus. Nach Meinung dieses Landes ist militärische Aggression das beste Instrument zum Schutz der Menschenrechte. Natürlich setzen sich in der ganzen Welt unterschiedliche Werte durch. Die Zahnlosigkeit der GASP ist ein Beweis dafür, dass sich die EU von wirtschaftlichen Interessen leiten lässt. Wenn wir sie praktisch bewerten, muss dies der Fall sein. Leider steigert dies das Gefühl der Straflosigkeit seitens gewisser Großmächte und ihr Bewusstsein, dass sie internationales Recht brechen können. Die gegenwärtige Doppelmoral wird in der Zukunft zu noch mehr Problemen führen.

 
  
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  Erik Meijer (GUE/NGL).(NL) Herr Präsident! Sanktionen waren ein geeignetes Instrument, um den schlimmsten Formen der Kolonialherrschaft und der Apartheid in Südafrika und Südrhodesien allmählich den Garaus zu machen. In der Vergangenheit waren es stets die Gegner von Veränderungen, die Sanktionen ablehnten und vor allem auf die negativen Nebenwirkungen verwiesen. Die Vertreter der Armen und Unterdrückten in diesen Ländern hingegen betonten, dass sie die Nachteile des Boykotts als den Preis in Kauf nahmen, den sie für ihre Befreiung zu zahlen hatten.

Seit dem längeren Wirtschaftsboykott gegen das Schreckensregime Saddam Husseins im Irak wissen wir, dass ein solcher Boykott mitunter auch dazu führen kann, dass die Einwohner des betreffenden Landes isoliert werden, sich vor der Außenwelt fürchten und ihre Regierung unterstützen. Ein Boykott ist sicherlich nicht hilfreich, um die Wünsche der Außenwelt gegen die einheimische Öffentlichkeit durchzusetzen. Es ist und bleibt ein geeignetes Instrument, um in einem Land die unterdrückte öffentliche Meinung und den Kampf für Verbesserungen zu unterstützen. Wenn wir hier klar trennen, bleiben Sanktionen ein nützliches Instrument zur Schaffung von mehr Gleichheit und Demokratie.

 
  
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  Kinga Gál (PPE-DE).(HU) Danke, dass Sie mir das Wort erteilen, Herr Präsident. Nach meinem Dafürhalten kommt der Evaluierung der Maßnahmen und Sanktionen der EU, die Teil der Unionspolitiken sind, im Bereich der Menschenrechte entscheidende Bedeutung zu, insbesondere in einer Zeit extrem großer Spannungen wie der gegenwärtigen Georgien-Krise, der die Krise in Tibet oder sogar in Simbabwe vorausging. Deshalb möchte ich Frau Flautre zu ihrem Bericht beglückwünschen. Diese Sanktionspolitik basiert auf klaren Grundsätzen der Menschenrechte und des Völkerrechts, die in zahllosen Dokumenten der Vereinten Nationen und der Union bekräftigt werden.

Die Probleme treten nicht auf der Ebene der Grundsätze als vielmehr auf der ihrer praktischen Anwendung auf, wo es an Konsistenz, Effizienz und Ausgewogenheit mangelt. Die systematische Durchsetzung der Menschenrechtskriterien ist zur Wahrung der Glaubwürdigkeit der Union unerlässlich. An Konsistenz mangelt es meiner Ansicht nach, weil sie nicht selten den täglichen politischen Interessen zum Opfer fällt. Einheitliches Handeln ist nicht minder wichtig. Unsere gemeinsamen Standards haben keinen Sinn, wenn die praktische Anwendung in den einzelnen Mitgliedstaaten stark voneinander abweicht. Obwohl beispielsweise die EU den Schutz der Menschenrechte im Falle Tibets verteidigte, weist ein Mitgliedstaat der Union tibetische Flüchtlinge aus. Im Interesse der politischen Wirksamkeit von Sanktionen müssen wir eine Sanktionspolitik konzipieren, die transparent, einheitlich ist und klar definierte Ziele verfolgt. Neben den einheitlichen Aktionen kommt es auch auf eine schnelle oder sogar sofortige Reaktion an. Wir erleben, dass das diplomatische Ringen nicht nur unsere Sanktionspolitik, sondern auch die gesamte Union der Lächerlichkeit preisgibt. Mit all dem wird das alleinige Ziel jedoch nur dann erreicht, wenn es durch positive Maßnahmen zur Unterstützung der betreffenden Zivilgesellschaft flankiert wird. Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

 
  
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  Corina Creţu (PSE).(RO) Ich hoffe, dieser Bericht wird eine wichtige Rolle bei der Stärkung der europäischen Politik zur Anwendung von EU-Sanktionen spielen.

Nach meinem Dafürhalten ist ein stärkerer Zusammenhalt zwischen den Mitgliedstaaten in der Zukunft sowohl im Rahmen des Entscheidungsprozesses über die Verhängung von Sanktionen als auch in Bezug auf ihre ordnungsgemäße Anwendung von grundlegender Bedeutung. Wenn die Europäische Union auf der internationalen Bühne und in ihren Handlungen, auch was Sanktionen betrifft, als starker und geachteter Akteur auftreten und größtmögliche Wirkung erzielen soll, müssen wir unbedingt viel Solidarität an den Tag legen und vermeiden, dass mit zweierlei Maß gemessen wird.

Sanktionen dürfen sich so wenig wie möglich auf die Bevölkerung von Ländern auswirken, deren politische Regionen Sanktionen unterworfen sind. Diese Menschen sollten nicht zweimal Leid erfahren, solange sie Opfer von Unterdrückungsregimes oder korrupten Regierungen sind. Es erfüllt mich mit Freude, dass die Frau Kommissarin diesen Aspekt auch in den Vordergrund gerückt hat.

Abschließend möchte ich noch das Thema der Möglichkeit der Anwendung von Sanktionen ansprechen. Anfang dieser Woche wurden wir mit einem besonderen Fall konfrontiert: der Krise in Georgien und dem Standpunkt der 27 Mitgliedstaaten gegenüber Russland. Die Ergebnisse des Gipfeltreffens vom Montag erregen die Gemüter, eben wegen der Diskrepanz zwischen dem scharfen, fast rasenden Ton und der Zurückhaltung bei der Verhängung von Sanktionen.

Meines Erachtens sollte man nicht zu Sanktionen greifen, solange man Dinge noch lösen und durch Dialog eine Verschlechterung der Lage verhindern kann. Sanktionen sollten lediglich das letzte Mittel sein.

 
  
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  Ignasi Guardans Cambó (ALDE).(ES) Herr Präsident! Die in diesem Bericht zur Thematik der Sanktionen angestellten Überlegungen sind sehr begrüßenswert. Es liegt auf der Hand, dass in diesem Bereich ein ernsthaftes Nachdenken notwendig ist: Zu oft haben sich Sanktionen als absolut untauglich und in vielen Fällen als ungerecht erwiesen; zu oft gehen sie zu Lasten der Schwächsten der Gesellschaft.

Warum müssen die mauretanischen Fischer dafür bezahlen, dass es in ihrem Land plötzlich einen Putsch gegeben hat? Welchen Sinn hat das? Die Sanktionen müssen deshalb überprüft und analysiert werden: sowohl hinsichtlich ihrer Konzeption als auch ihrer Anwendung.

Außerdem verlieren Sanktionen – wenn sie zu häufig und zu uneinheitlich verhängt werden, wie die Europäische Union dies tut – ihre Glaubwürdigkeit, und damit auch die EU. Es ist eine Sache, unsere eigenen Interessen zu wahren, eine ganz andere ist es jedoch, dies als Maßstab für die Verhängung oder Nichtverhängung von Sanktionen zu nehmen.

Unbedingt erforderlich ist die konkrete Kontrolle der Wirksamkeit dieser Maßnahmen; wir müssen intelligente Sanktionsmethoden fördern, die diejenigen, die für Menschenrechtsverletzungen verantwortlich sind, unmittelbar und persönlich treffen. Wir sollten aus dem lernen, was die USA in Nordkorea und mit der Sperrung der Bankkonten in Macao erreicht haben. Wir sollten uns mit diesem Beispiel befassen, dem wenig Öffentlichkeit zuteil wurde, das aber deutlich wirksamer ist, als die Abhaltung unzähliger Pressekonferenzen gegen einzelne Regierungen.

Deshalb unterstütze ich diesen Bericht, auch wenn seitens der Kommission und des Rates noch viel zu tun ist, um eine echte Kontrolle dessen zu erreichen, was getan wird, warum es getan wird und wie es getan wird.

 
  
  

VORSITZ: LUIGI COCILOVO
Vizepräsident

 
  
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  Eoin Ryan (UEN).(EN) Herr Präsident! Zuerst möchte ich der Berichterstatterin danken und ihr versichern, dass wir ihren Bericht unterstützen werden.Zu Recht verfügt die Europäische Union über einen kraftvollen Satz politischer und wirtschaftlicher Instrumente, die gegen Regierungen in aller Welt eingesetzt werden können, wenn sie die Menschenrechte ihres Volkes verletzen. Aber die Europäische Union muss mit der Verhängung politischer und wirtschaftlicher Sanktionen sehr vorsichtig sein.Die EU leistet den größten Beitrag zur öffentlichen Entwicklungshilfe, aber sie muss im Falle von Sanktionen mit Vernunft und Besonnenheit vorgehen. Die Sanktionen gegen Simbabwe, den Sudan und Myanmar, um nur drei Länder zu nennen, haben sich sehr zum Nachteil des einfachen Volkes in diesen Ländern ausgewirkt. Wir müssen also versuchen und sicherstellen, dass es nicht die ärmsten und die am stärksten unterdrückten Menschen dieser Länder trifft, sondern den Regierenden an den Kragen geht.Einige haben Kuba erwähnt. Ich kann nicht verstehen, warum wir Sanktionen gegen Kuba haben. Man sollte wieder zu normalen Handelsbeziehungen mit Kuba zurückkehren: Täten wir dies anstelle dieser lächerlichen Sanktionen, wäre Kuba in 10 Jahren ein völlig anderes Land.Wir müssen vorsichtig sein, wie gesagt, wenn wir Sanktionen verhängen, und wirtschaftliche und politische Sanktionen müssen die Verantwortlichen treffen. Nehmen wir doch einmal ihre ausländischen Finanzangelegenheiten oder ihre Reisemöglichkeiten ins Visier. Der Nutzen von Sanktionen ist begrenzt, besonders wenn sie nur von Ländern der Europäischen Union eingesetzt werden. UN-Sanktionen sind weitaus stärker und können wesentlich wirksamer sein.Ich unterstütze diesen Bericht, halte aber die Wirkung von Sanktionen für begrenzt. Sie können effektiv sein, aber wir müssen auch Besonnenheit und Vernunft walten lassen, wenn wir sie verhängen.

 
  
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  Athanasios Pafilis (GUE/NGL) . – (EL) Herr Präsident! Unter dem Vorwand des Schutzes der Menschenrechte wird im vorliegenden Bericht die möglichst wirksame Anwendung der unannehmbaren und unmenschlichen Waffe von Sanktionen und Embargos vorgeschlagen, um EU-Politiken durch Erpressung und Druckausübung auf Länder, Menschen und Regierungen, die sich gegen die kapitalistische Barbarei erheben, durchzusetzen.

Die hier vorgeschlagenen Sanktionen mit sehr geschickten Zielstellungen sind in Verbindung mit der Finanzierung von Nichtregierungsorganisationen als Söldner der EU die schamloseste Einmischung in die inneren Angelegenheiten von Ländern. Damit werden selbst die Grundsätze der noch gültig gebliebenen völkerrechtlichen Bestimmungen verletzt.

In der Praxis billigt der Bericht die Embargopolitik der USA gegen Kuba gemäß dem Helms-Burton-Gesetz, das u. a. Unternehmen aus Drittstaaten, die mit den USA Handel treiben, verpflichtet, sich an die von ihr verhängten Sanktionen zu halten.

Dieses Gesetz und das Embargo sind wiederholt von den Mitgliedstaaten der UNO auf ihrer Generalversammlung verurteilt worden. Im Endeffekt handelt es sich um den Export von nationalem Recht, was einen Missbrauch und die Missachtung der internationalen Prinzipien und der Charta der Vereinten Nationen darstellt.

Ein Aufruf an die Vereinten Nationen unter Hinweis auf die Menschenrechte ist wie ein Feigenblatt, um die aggressive imperialistische Politik der EU zu verschleiern. Diese Scheinheiligkeit ist unglaublich. Wir fragen Sie: Warum ergreifen Sie keine Maßnahmen gegen Russland? Natürlich sollten wir dem nicht zustimmen. Warum ergreifen Sie keine Maßnahmen gegen China? Natürlich sollten wir der Ergreifung solcher Maßnahmen nicht unser Einverständnis geben. Die entsprechende Erklärung dafür lautet: Es gibt dort wirtschaftliche Interessen. Diejenigen, die die Menschenrechtsklausel in den Bericht von Vittorio Agnoletto eingebracht haben, müssen sich für einiges verantworten, weil sie der EU ein Alibi und einen Vorwand für ihre menschenfeindliche, kriminelle Politik gegeben haben.

Diejenigen von uns, die genug Kompetenz und Verantwortungsbewusstsein zeigen, um ihre Probleme selbst zu lösen, sind unserer Auffassung nach die Völker selbst. Sie brauchen keine selbsternannten Beschützer, am allerwenigsten brauchen sie die EU.

 
  
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  Bogusław Sonik (PPE-DE).(PL) Herr Präsident! Die Anwendung von Sanktionen sollte ein realer und wirksamer Aspekt der EU-Außenpolitik im Bereich der Menschenrechte sein. Die in den Bericht von Helene Flautre eingearbeiteten Schlussfolgerungen enthalten viele gute Absichten. Die bislang gängige Politik, dass mit zweierlei Maß gemessen wird, muss geändert werden. Es ist sinnvoll, den Anwendungsbereich der Menschenrechts- und Demokratieklausel auf sämtliche Handelsabkommen der EU mit Drittstaaten auszudehnen. Politische und wirtschaftliche Sanktionen müssen unbedingt gleichzeitig verhängt werden, wobei Erstere dazu gedacht sind, jene Sektoren am härtesten zu treffen, die eine strategische Einkommensquelle für Regierungen darstellen. Bei der Anwendung von Sanktionen sollten wir auch gemeinnützige und Nichtregierungsorganisationen in den jeweiligen Ländern unterstützen.

Ich habe allerdings den Eindruck, dass es nicht reicht, lediglich Entschließungen zu verabschieden. Einzelne Fälle, in denen einzelne Mitgliedstaaten sich von ihren eigenen Interessen leiten ließen und das Solidaritätsprinzip der EU verletzten, sind der beste Beweis dafür. Ohne einen echten politischen Willen der EU-Mitgliedstaaten bleiben Entschließungen nur Buchstaben auf dem Papier. An der Haltung der EU-Behörden im Hinblick auf Russlands Vorgehen in Georgien wird sich zeigen, ob die EU-Außenpolitik den Test besteht. Es reicht nicht mehr, lediglich zweckdienliche Prinzipien und Forderungen zu verkünden; es wird nun höchste Zeit, dass sie auch angewendet werden. Genau darum geht es im vorliegenden Bericht. Ich möchte Frau Flautre dafür meinen tiefen Dank aussprechen.

 
  
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  Katrin Saks (PSE). - (ET) Nach meinem Dafürhalten zählen die Bezugsnormen zu den Grundgedanken dieses Berichts.

Bei der Verhängung von Sanktionen müssen wir auch Bezugsnormen dafür festlegen, wie, wann und unter welchen Bedingungen diese Sanktionen aufzuheben sind. Ohne solche Bezugsnormen sind Sanktionen an sich nutzlos.

Ich möchte das Beispiel Andischan anführen. Erstmals sah das Sanktionsregime dort eine Politik der positiven Maßnahmen vor, das heißt, Usbekistan hatte vor der Verhängung von Sanktionen sechs Monate die Wahl, unsere Kriterien innerhalb eines Zeitrahmens zu erfüllen.

Die Anwendung des Mechanismus positiver Maßnahmen ist zwar begrüßenswert, zugleich aber sollten Bezugsnormen festgelegt werden: Die Sanktionen werden solange aufrechterhalten, bis nennenswerte positive Entwicklungen im Zusammenhang mit dem Massaker von Andischan zu verzeichnen sind.

Damit komme ich zu einem weiteren Punkt, der in dem Bericht zur Sprache kommt. Nämlich die Einrichtung eines unabhängigen Sachverständigenausschusses für Sanktionen, der die Art der Sanktionen und den Zeitpunkt ihrer Verhängung festlegt.

Beachtung verdient auch die symbolische Bedeutung von Sanktionen, etwas, das ich in Usbekistan erlebt habe und das sich nur schwer quantifizieren lässt. Wenngleich ihre praktischen Auswirkungen wie beispielsweise die Visaerteilung (die Funktionäre, zumeist jene, gegen die sich die Sanktionen gerichtet hatten, waren ausgereist) und das Waffenembargo (Waffenlieferungen erfolgten dorthin nicht) nicht besonders groß waren, hatten sie doch einen immensen symbolischen Wert. Diese Auffassung wurde von allen geteilt, vom Taxifahrer bis hin zum Minister.

 
  
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  Toomas Savi (ALDE).(EN) Herr Präsident! Die Außenpolitik der Europäischen Union ist Wegbereiterin eines positiven Modells der Konditionalität – der „Zuckerbrot-Methode“ – gewesen, das sie erfolgreich in den Beziehungen zu ihren Beitrittskandidaten einsetzt.Fortschritte auf dem Gebiet der Menschenrechte in Entwicklungsländern zu belohnen, hat sich leider nicht immer als die wirksamste Maßnahme erwiesen, um diese Länder zu ermuntern, weitere Anstrengungen zu unternehmen, denn es sind neue Akteure auf der politischen Bühne aufgetaucht, die politisches Dumping praktizieren. Chinas Afrikapolitik z. B. nimmt keine Rücksicht auf Menschenrechte oder Demokratie. Aber anstatt uns auf die Grundwerte der EU zurückzuziehen, sollten wir nicht davor zurückschrecken, nötigenfalls die Peitsche hervorzuholen, um zu zeigen, dass die Nichterfüllung bestimmter Grundvoraussetzungen unangenehme Konsequenzen nach sich ziehen würde, die Dritte tunlichst vermeiden sollten.

 
  
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  Ryszard Czarnecki (UEN). (PL) Herr Präsident! Die Tatsache, dass im Bereich der Verletzung von Menschenrechten mit zweierlei Maß gemessen wird, ist für die EU eine Katastrophe. Seit langem und auch in Verbindung mit Russlands Aggression gegen Georgien sind wir seit kurzem wieder in einer Lage, in der man besondere Nachsicht gegenüber Staaten walten lässt, die diktatorisch oder halbdiktatorisch regiert werden, aber reich bzw. groß sind und auch die Menschenrechte verletzen, was aber aus europäischer Sicht bzw. aus der Sicht amerikanischer Geschäftsleute nicht so sehr ins Gewicht fällt.

Wir sollten die Anwendung von Sanktionen als Instrument gegen Länder, die Menschen- und Bürgerrechte verletzen und europäischen Normen in diesem Bereich mit Geringschätzung begegnen, nicht aufgeben. Allerdings sollte dieses Instrument nicht entwertet, sondern flexibel eingesetzt werden. In diesem Kontext sollten wir die Androhung der möglichen Verhängung von Sanktionen gegen Russland wegen des Krieges im Kaukasus nicht ausschließen.

Abschließend bin ich sehr erfreut, dass wir bereit sind, die bewusste Zerstörung der Umwelt als Menschenrechtsverletzung anzuerkennen. Kolleginnen und Kollegen aus Finnland, Schweden und den baltischen Staaten sprechen in diesem Zusammenhang von möglicherweise drastischen Auswirkungen auf die Umwelt durch Investitionen in die Nord-Stream-Gaspipeline auf dem Meeresboden der Ostsee.

 
  
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  Maria da Assunção Esteves (PPE-DE). - (PT) Herr Präsident! In Europa ist ein grundlegender Wandel nötig, damit Rechte ernst genommen werden. Intelligente und wirksame Sanktionen müssen mit einer strukturellen und systemhaften Reaktion verknüpft werden. Wir brauchen mehr Einigkeit in Europa. Der Grenzmythos ist noch immer gegenwärtig, wenn wir am Tisch Entscheidungen treffen, desgleichen postkoloniale Nostalgie und gegenwärtige Interessen. Menschenrechte verlangen jedoch die Autorität Europas und eine intensivere und extensivere Integration. Ein neues Europa ist nicht eines, in dem jeder entscheiden kann, was er will und wie er es will. Ein neues Europa ist ein einheitliches Ganzes und hat die Menschenrechte nicht nur zum Ziel, sondern sie sind sein eigentliches geopolitisches Instrument.

Der Weg ist einfach: ein starkes europäisches politisches Zentrum, ein Europäisches Parlament mit Entscheidungsbefugnis, gemeinsame Verantwortung in diplomatischen Verhandlungen der Mitgliedstaaten bei der Verteidigung der Menschenrechte entsprechend den Leitlinien der Europäischen Kommission, stärker politische und weniger bürokratische Delegationen der Europäischen Kommission in Drittländern, Druck auf die WTO, die demokratische Integrität ihrer Mitglieder zu untersuchen, Förderung organisatorischer Strukturen entsprechend denen der Union, ein intensiver Dialog mit der Afrikanischen Union, der Union Südamerikanischer Nationen und anderen regionalen Gruppierungen, Drängen auf Reform der Vereinten Nationen, wobei die Europäische Union eine Schlüsselrolle spielen muss, Entwicklung einer internen Strategie zur Vermeidung von Abhängigkeitsverhältnissen mit dem Schwerpunkt auf einer einheitlichen Energiepolitik und einer konsistenten Verteidigungspolitik.

Meine Damen und Herren, wir benötigen in diesem Bereich der Menschenrechte eine Revolution in der Politik.

 
  
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  Vural Öger (PSE). - Herr Präsident! Die aktuelle Debatte über mögliche Sanktionen gegen Russland als Reaktion auf den Kaukasus-Konflikt zeigt einmal mehr, wie leichtfertig manchmal mit Sanktionen umgegangen wird. Es ist fragwürdig, ob sie als ein universell und undifferenziert einsetzbares Instrument legitim sind, und unklar, wann und wie ihr Wirkungsgrad tatsächlich gewährleistet ist.

Wichtig ist vor allem, die Effektivität von EU-Sanktionen richtig zu evaluieren. Sie dürfen nicht den Falschen treffen, vielmehr müssen sie maßgeschneidert sein. Oft sind repressive Regierungen verantwortlich. Welche Kriterien der Bewertung zugrunde gelegt werden, bleibt trotz aller Bemühungen als Kernfrage offen. Wann führen Sanktionen tatsächlich zu einer Änderung des Verhaltens? Anstatt ad hoc verhängter Sanktionen wünsche ich mir eine EU-Strategie, die in eine kohärente und nachhaltige Sanktionspolitik mündet. Dafür müsste allerdings ein Konsens über ihre optimalen Einsatzbedingungen bestehen. Bisher fehlt es noch an einer wirklichen Sanktionsstrategie.

Dieser Bericht ist allerdings ein Schritt in die richtige Richtung. Gerade das Europäische Parlament ist der wichtigste Promotor für Menschenrechte. EU-Sanktionen sollten kein aggressives politisches Instrument darstellen, sondern im Interesse der Menschen vor Ort sein. Sanktionen, die die Zivilbevölkerung abstrafen, sind kontraproduktiv und verfehlen das eigentliche Anliegen.

 
  
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  Ramona Nicole Mănescu (ALDE).(RO) Sanktionen sind eines der Instrumente, die die Union einsetzen kann, um ihre Menschenrechtspolitik umzusetzen.

Wie auch die Berichterstatterin erkannt hat, ist es, da es keine Studie zu den Auswirkungen der Sanktionspolitik der EU gibt, dennoch schwierig, die Folgen und die Wirksamkeit dieser Politik vor Ort zu bewerten, was somit ein Zeichen für mangelnde Transparenz, Kohärenz und sogar Legitimität von EU-Sanktionen ist.

Solange die Europäische Union im Rahmen ihrer gemeinsamen Sicherheitspolitik nicht mit einer Stimme spricht, ist die Verhängung wirksamer und systematischer EU-Sanktionen mit größten Schwierigkeiten verbunden. Bedauerlicherweise haben die EU und die Mitgliedstaaten Sanktionen bisher nicht systematisch eingesetzt, weshalb in meinen Augen, Herr Präsident, eine kohärente Strategie für die Sanktionspolitik ausgearbeitet werden muss, um die Menschenrechte zu achten – eine Strategie, in der die bereits unterzeichneten Abkommen und Bestimmungen berücksichtigt werden und nicht mehr mit zweierlei Maß gemessen wird, um damit zur Stärkung der Glaubwürdigkeit der Union beizutragen.

Ich gratuliere Frau Flautre zu ihrem Bericht.

 
  
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  Genowefa Grabowska (PSE). (PL) Herr Präsident! Im Völkerrecht existiert ein lateinischer Grundsatz mit folgendem Wortlaut: „par in parem non habet imperium“ (Gleiches hat über Gleiches keine Herrschaft). Das heißt, ein Staat kann nicht über einen anderen Staat richten oder ihm gegenüber Sanktionen verhängen. Aber das ist Vergangenheit, das ist Geschichte. Geleitet vom gesunden Menschenverstand und Rationalismus, hat die internationale Gesellschaft eine enorme Wende vollzogen. Die primitiven Sanktionen, die Staaten nach dem Vergeltungsprinzip, dem aus dem Alten Testament stammenden biblischen Grundsatz „Auge um Auge, Zahn um Zahn“, früher gegeneinander einsetzten, sind von dem erstklassigen Mechanismus der kollektiven, organisierten Sanktionen abgelöst worden, bei dem in Verfahren entschieden wird, wer diesen Mechanismus wann und wie anwenden darf. Es freut mich, dass die Europäische Union eine immer weiter verfeinerte Methode für die Verhängung von Sanktionen ausarbeitet, bei der auch nach Lage der Dinge und Schuldmaß unterschieden wird.

Gestatten Sie mir, zwei Dinge hervorzuheben: Ich befürworte kluge und vernünftige Sanktionen, die zweckmäßig eingesetzt werden, aber ich lehne so genannte präventive Sanktionen ab. Nach meinem Dafürhalten stellen präventive Sanktionen Missbrauch dar. Zweitens möchte ich uns alle aufrufen, der Gesellschaft, unseren Bürgern mehr Aufmerksamkeit zu schenken, indem wir sie darüber in Kenntnis setzen, dass Sanktionen keine primitive Strafe sind, sondern eine natürliche, gesunde Reaktion auf eine schwer wiegende Rechtsverletzung, und dass sie dazu dienen, die Demokratie zu verteidigen.

 
  
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  Reinhard Rack (PPE-DE). - Herr Präsident, Frau Kommissarin! Ich möchte ein Thema aufgreifen, das mehrere Kollegen angesprochen haben. Sanktionen dürfen nicht die Falschen treffen. Sie dürfen insbesondere nicht die Ärmsten aller Armen treffen. Hier bietet sich seit geraumer Zeit etwas an, das in Entwicklung ist, bei dem wir aber diesen Weg konsequent weitergehen müssen. Wir haben in der Vergangenheit immer wieder die Erfahrung gemacht, dass korrupte und menschenrechtsverachtende Regime sehr häufig als Begleiterscheinung haben, dass sehr viele öffentliche Gelder in der Regel ins private Vermögen überführt und dann irgendwo auf wunderschönen Konten geparkt werden, bis das betreffende Mitglied des Regimes diese Gelder wieder abholen und genießen kann.

Hier geht es darum, dass wir in ähnlicher Weise, wie wir das beim Internationalen Strafgerichtshof im Ansatz geschafft haben, eine weltweite Kooperation suchen und finden. Die Europäische Union kann hier eine wichtige Rolle spielen, damit sichergestellt wird, dass die Früchte dieser Politik nicht dort ankommen, wo wir nicht wollen, dass sie ankommen.

 
  
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  Csaba Sándor Tabajdi (PSE). - (HU) Herr Präsident! Ich beglückwünsche Frau Flautre zu ihrem vortrefflichen, ausgewogenen Bericht. In drei Fällen regiert in der Europäischen Union meiner Ansicht nach eine Doppelmoral. Erstens ist eine Doppelmoral erkennbar, wenn wir zwei kleine Länder gegeneinander abwägen, eines opponiert gegen uns und ist uns feindlich gesinnt, das andere erklärt sich selbst für prowestlich und europafreundlich. Mit zweierlei Maß wird zwischen kleinen Ländern und den größeren Mächten wie Russland und China gemessen, denn dann kommen wirtschaftliche Interessen ins Spiel. Und drittens herrscht eine Doppelmoral, die die Frage aufwirft, inwieweit unsere Glaubwürdigkeit gewahrt ist und die Europäische Union berechtigt ist, an Drittstaaten Kritik bezüglich der Menschen- und Minderheitenrechte zu üben, wenn in einigen Ländern der Union wie in zwei baltischen Staaten mehrere hunderttausend Menschen ohne Staatsangehörigkeit sind oder wenn eine Führungsmacht in der Europäischen Union in ihrer Verfassung nach wie vor die Anerkennung von Regionalsprachen verbietet. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

 
  
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  Zsolt László Becsey (PPE-DE). - (HU) Herr Präsident! Ich möchte mich jenen anschließen, die die Doppelmoral und die Inkohärenz herausstellten. Frau Flautre darf ich auf Ziffer 22 des Berichts aufmerksam machen, in der es um die Bekräftigung hinsichtlich der Länderstrategiepapiere und um die Rechtmäßigkeit von Sanktionen oder einer Sanktionspolitik geht. Im September 2004 beschloss dieses Parlament, eine Erkundungsmission in die Vojvodina, den nördlichen Teil Serbiens, zu entsenden. Dabei handelte es sich nicht nur um eine Frage der Menschenrechte als vielmehr auch um eine Form der Solidarität, da dort zahlreiche Ungarn sowie Rumänen und Deutsche leben, die die Stürme der Geschichte dorthin verschlagen haben. Wir verschafften uns einen Überblick über die dortige problematische Menschenrechtslage. Der Entscheidung zufolge sollte der Unterausschuss für Menschenrechte eine Untersuchung vornehmen. Das ist nicht geschehen, nicht einmal nach dreieinhalb Jahren. Von daher fordere ich den Unterausschuss auf, diese gravierende Lage in Einklang mit der Entscheidung zu untersuchen, denn dann erst ist das Parlament imstande, die Aufmerksamkeit des Rates und der Kommission auf die tatsächliche Situation zu lenken und an der Sanktionspolitik mitzuwirken.

 
  
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  Jean-Pierre Jouyet, amtierender Ratspräsident. − (FR) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Zunächst möchte ich Frau Flautre sowie Herrn Romeva I Rueda und all denen, die sich zu der Notwendigkeit geäußert haben, eine Expertise zu erstellen und eine Bewertung sowie Impaktstudien vorzunehmen, antworten. Ich halte das wirklich für sehr wichtig, und der Rat teilt die Sorge Ihres Hauses bezüglich dieser Sanktionsentscheidungen auf der Grundlage der bestmöglichen Informationen, ihrer Aktualisierung, wobei die beschlossenen Maßnahmen jeweils Gegenstand regelmäßiger Neubewertungen auf der Grundlage von Impaktstudien sind und der Rat sich zumeist auf Berichte der Missionschefs vor Ort stützt, die am besten in der Lage sind, ihre Effizienz zu beurteilen.

Im Übrigen hat der Rat seine Konsultationen mit den internationalen und lokalen Nichtregierungsorganisationen beträchtlich ausgeweitet, und Ihr Haus hat heute deutlich gemacht, dass es eine sehr wichtige Rolle bei dieser Bewertung spielen kann.

Jedoch trifft es auch zu, dass die Sanktionen ein Instrument sind, das einen politischen Charakter beibehalten muss. Wir müssen eine Strategie bezüglich der Methodik verfolgen, jedoch können wir uns nicht abkapseln und auch nicht auf einen gewissen Automatismus setzen – das will ich hier ganz klar und verantwortungsbewusst sagen –; es wird also immer gewisse Unterschiede in den Einschätzungen geben. Um auch Frau Koppa zu antworten, die einen sehr ausführlichen Beitrag geleistet hat, sei gesagt, dass die Sanktionen ein politisches Instrument bleiben. Sie sind nicht das einzige Instrument zur Förderung der Menschenrechte. Es gibt noch zwei weitere Instrumente, die die Zielländer weniger stigmatisieren, die jedoch ebenfalls ein Instrument für die Förderung der Menschenrechte sind. Hierbei handelt es sich um die Konditionalitäten, die vor allem in der Politik der Erweiterung des Stabilisierungs- und Assoziierungsprozesses mit den Balkanstaaten oder der Nachbarschaftspolitik vorgesehen sind, und Sie finden verbindliche Menschenrechtsklauseln auch in allen Abkommen, die die Europäische Union mit einem Drittland oder eine Gruppe von Ländern abgeschlossen hat, deren Verletzung die Aussetzung des Abkommens zur Folge haben kann.

Ich möchte Frau Koppa beruhigen, es gibt kein Embargo für Arzneimittel, sondern ein Kontrollsystem in dem Maße, wie diese Erzeugnisse Güter mit doppeltem Verwendungszweck sind und deshalb der Regelung der Nichtverbreitung unterliegen. Der Rat teilt die Auffassung der zahlreichen Redner, die sich dahingehend geäußert haben, dass die Sanktionen zielgerichtet bleiben müssen und nicht die Zivilbevölkerung treffen dürfen.

Herr Cappato und Herr Gawronski haben ebenfalls ein wichtiges Problem angeschnitten, und mehrere Redner sind auf die Frage der Schädigung der Umwelt eingegangen. Heute gehört die Frage der Schädigung der Umwelt nicht zu den Zielen der gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik, und es trifft also zu, dass diese Problematik nicht berücksichtigt wird und dass wir darüber nachdenken sollten, ob wir nicht diese Schädigung der Umwelt aufnehmen sollten, da sie eine Bedrohung sowohl der internationalen Sicherheit als auch der Rechte der Bevölkerungen und der Menschenrechte darstellt. Man sollte also Überlegungen darüber anstellen. Ich möchte auch Herrn Cappato sagen, dass in den verschiedenen angeführten Fällen in der Praxis der Europäischen Union bereits Energiesanktionen ergriffen wurden und dass es das bereits unter verschiedenen Umständen gegeben hat.

Lassen Sie mich nur einige Fälle aus jüngerer Zeit herausgreifen, von denen mehrere bereits erwähnt wurden. Was den Krieg zwischen Russland und Georgien betrifft, so möchte ich ganz klar sagen, dass die Sanktionen ihr Ziel nicht erreichen können, wenn sie zur Folge haben, dass jeder Kontakt zu dem jeweiligen Land, hier also Russland, abgebrochen wird. Schließlich sind auch Überlegungen darüber angezeigt, inwieweit die Verhängung von Sanktionen in diesem Falle im Interesse Georgiens läge. Ich bitte Sie alle, darüber nachzudenken.

Lassen Sie mich auf das eingehen, was zum Benchmarking gesagt wurde. Frau Saks hat das angesprochen. Das ist ein wirklich wichtiger Fall, besonders was Usbekistan betrifft, ich kann das beurteilen, da ich anlässlich einer Konferenz über Zentralasien und die Präsenz der Europäischen Union in Zentralasien dort gewesen bin. Ich traf dort auch mit Frau Tadschibajewa zusammen, eine politische Gefangene, die befreit werden konnte und der wir wünschen, dass es gesundheitlich aufwärts geht und sie eine gute Fürsorge findet. Ich konnte jedoch auch feststellen, dass eine gute Benchmarkingpolitik es möglich gemacht hat, Fortschritte zu erzielen und zu erreichen, dass sich die Behörden verpflichtet haben, die von der EU aufgestellten Kriterien besser zu erfüllen. Wenn alles gut geht, werden wir im Oktober noch einmal in dieses Land reisen.

Was Kuba und diejenigen, die dies angesprochen haben, betrifft, so möchte ich daran erinnern, dass die Sanktionen gegen Kuba im Juni 2008 aufgehoben wurden, was uns nicht daran hindert, die Entwicklung der Menschenrechtssituation vor Ort weiterhin genau zu überwachen.

Soweit einige Präzisierungen zum Abschluss dieser äußerst erschöpfenden und fruchtbaren Aussprache, die deutlich macht, wie wichtig die Einbeziehung Ihres Hauses ist.

 
  
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  Benita Ferrero-Waldner, Mitglied der Kommission. (EN) Herr Präsident! Diese Diskussion war meines Erachtens sehr nützlich, da hier einige sehr wichtige Fragen hervorgehoben worden sind, über die wir nachdenken müssen, wenn wir uns für Sanktionen entscheiden, weil Sanktionen eben nur ein Mittel unserer Außenpolitik sind. Wir dürfen sie immer nur nach genauer und umfassender Überlegung in Verbindung mit allen anderen Instrumenten einsetzen, zu denen Entwicklungsarbeit oder die Unterstützung politischer und wirtschaftlicher Reformen in Drittländern gehören. Mit allen diesen Mitteln wollen wir eines erreichen: die Wahrung und Förderung der Menschenrechte.Der Bericht von Frau Flautre zeigt deutlich, dass wir dieses Instrument weiter verbessern und sicherstellen müssen, dass unser Sanktionssystem in sich selbst voll im Einklang mit dem Völkerrecht steht und keine grundlegenden Menschenrechte verletzt, denen wir alle verpflichtet sind. Ich meine, dass unsere Gerichte – wie es der Europäische Gerichtshof in der Tat heute getan hat – einen erheblichen Beitrag zur Entwicklung unseres Sanktionssystems leisten und zugleich Grundsätze wie Rechtsstaatlichkeit und das Recht auf ein ordentliches Verfahren schützen. Noch einmal, wir sollten die Menschenrechte fördern und der breiteren Bevölkerung helfen und sie nicht bestrafen, weder wirtschaftlich noch auf andere Weise.Dies ist ganz entscheidend. Deshalb weise ich noch einmal darauf hin, dass wir mit Sanktionen diejenigen ins Visier nehmen müssen, die für die Verletzung von Menschenrechten verantwortlich sind, und dass wir – wie Herr Rack gesagt hat – z. B. Konten einfrieren und Verbote der Visaerteilung erlassen sollten, um so den Regierenden oder denjenigen, die für die Verletzung von Menschenrechten verantwortlich sind, alle Annehmlichkeiten zu entziehen.Einige Redner, auch Frau Flautre selbst, haben eine exakte Evaluierung von EU-Sanktionen gefordert und die Entwicklung einer gewissen Methodik vorgeschlagen. Ich denke, Jean-Pierre Jouyet hat schon kurz auf die diesbezüglich im Rat geleistete Arbeit Bezug genommen, die ich unterstützen möchte, und wir sollten insbesondere etwas an der Vorabbewertung vor der Verhängung von Sanktionen verbessern. Hier kann ich auch wieder die Dienste unserer Delegationen anbieten, weil sie an Ort und Stelle sind und sehr gut über die Vorgänge Bescheid wissen; Beiträge der Zivilgesellschaft und von Menschenrechtsorganisationen sind da sicher sehr nützlich.Mit Blick auf die Kohärenz möchte ich sagen, dass Sanktionen ein wichtiges Instrument sind, aber mit einem offensiven Ansatz in unserer Entwicklungsarbeit ergänzt werden müssen: Unterstützung für Menschenrechtseinrichtungen und politische Reformen und Förderung der Zivilgesellschaft. Myanmar ist dafür ein gutes Beispiel. Neben Sanktionen wird zugleich die Möglichkeit offen gehalten, mit NRO und Menschenrechtsorganisationen zusammenzuarbeiten. Ich halte dies für einen großen Schritt nach vorn.

 
  
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  Hélène Flautre, Berichterstatterin. − (FR) Herr Präsident! Ich freue mich über diese Aussprache und über Ihre Beiträge sowie die des amtierenden Ratspräsidenten und der Kommission.

Ich glaube, in dieser Aussprache zeichnet sich wirklich so etwas wie eine gemeinsame Philosophie ab. Ich habe viele Appelle für eine kohärentere Politik, eine glaubwürdige Politik gehört, die nicht mit zweierlei Maß misst, und nach meinem Dafürhalten sollten wir weiter an diesen Fragen arbeiten. Ich habe bei der Erarbeitung dieses Berichts und in den verschiedenen Diskussionen viel gelernt. Ich glaube wirklich, dass noch viel zu tun bleibt, dass die künftige Arbeit sich auf die globale und umfassende Bewertung der derzeitigen Sanktionspolitik stützen sollte, denn wenn die Frage sich stellt – das sehen wir heute mit Russland – erhitzen sich die Gemüter sofort, und die Medien sind umgehend zur Stelle. Wir brauchen also eine solide Philosophie, und wir müssen uns hinsichtlich unserer Verfahren und unserer Politik wirklich einig sein.

Um das zu erreichen, und da komme ich auf die Frage des Expertennetzwerks zurück, kommt es meiner Meinung nach nicht darauf an, eine politische und sensible Entscheidung durch eine technische Expertise zu ersetzen, sondern dafür zu sorgen, dass diese sensible politische Entscheidung sich auf objektive Bewertungspunkte stützt. Wenn man sich auf die Sanktionspolitik einlässt, muss man bis zum Ende gehen und das respektieren, was viele von Ihnen „objektive Kriterien“ genannt haben, die es ermöglichen, die reale Effizienz dieser Sanktionen einzuschätzen.

Ich glaube, wir kommen wirklich konkret voran. Jedoch bleiben, wie jeder anhand einiger Beiträge verstehen konnte, einige kleinere Punkte, die noch geklärt werden müssen, die der Grund für meine Stimmenthaltung im Ausschuss für Auswärtige Angelegenheiten waren. Meiner Meinung nach, werte Kolleginnen und Kollegen, dürfen wir wirklich nicht hinter den Forderungen der vollständigen Achtung der Menschenrechte und des Völkerrechts bei der Erstellung Schwarzer Listen, bei der Aufnahme oder Streichung von Personen auf diesen Listen zurückbleiben. Das von Ihnen, Herr Jouyet, erwähnte Urteil des Gerichtshofs veranlasst uns, genau in dieser Richtung tätig zu werden.

Ich gestatte mir, Ihnen, werte Kolleginnen und Kollegen, nicht einen perfekten Bericht zu unterbreiten, sondern einen höchst ehrenwerten Bericht, auf den wir stolz sein können und der ein gutes Arbeitsinstrument darstellt.

 
  
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  Der Präsident. − Die Aussprache ist geschlossen.

Die Abstimmung findet am Donnerstag, den 4. September 2008, statt.

Schriftliche Erklärungen (Artikel 142)

 
  
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  Desislav Chukolov (NI), schriftlich. – (BG) Herr Pöttering! Frau Flautre! Zu dem einen oder anderen Zeitpunkt waren die meisten von Ihnen im Laufe ihrer politischen Karriere schon einmal in der Opposition. Diese Erfahrung ist Ihnen vertraut: Der Amtsinhaber tut so, als gäbe es Sie nicht, während Sie ihn wegen Diebstahls und (undurchsichtiger) Machenschaften verurteilen. In Bulgarien sind gegenwärtig die Erben von Terroristen und ausgemachten Faschisten an der Macht.

Die folgenden Parteien bilden in Bulgarien die Dreiparteienkoalition: gottlose Personen, die Kirchen bombardierten, um Eindruck bei der Komintern zu schinden wie die Bulgarische Sozialistische Partei (BSP); eine Partei geschart um den Nachfolger von Boris III, der Bulgarien in den Zweiten Weltkrieg zog und mit Hitler gut Freund war – sie sind die Diebe der Nationalbewegung Simeon II (SNM) – und schließlich die verfassungsfeindliche muslimische Partei der Bewegung für Rechte und Freiheit (MRF), die sich aus Terroristen zusammensetzt, die vor knapp zwanzig Jahren Mutter-Kind-Abteile der Eisenbahn in die Luft sprengten.

Am 30. Juli 2008 haben diese Machtinhaber meinen Kollegen Dimitar Stoyanov geschlagen. In einer medizinischen Untersuchung wurden 34 durch die Verbrecher in Polizeiuniform verursachte Verletzungen festgestellt.

Vor dem Hintergrund einer wirksamen EU-Politik für die Anwendung von Sanktionen im Falle schwer wiegender Menschenrechtsverletzungen, um die es im vorliegenden Bericht geht, fordere ich das Parlament und alle Abgeordneten auf, ihre Meinung zu diesem für uns alle beschämenden Vorfall zu äußern und die in meinem Heimatland regierende Mafia auf das Schärfste zu verurteilen.

 
  
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  Urszula Gacek (PPE-DE), schriftlich. (EN) Die Strafgerichtsbarkeit dient dazu, den Täter zu bestrafen, abzuschrecken und zu resozialisieren. Generell verfolgen Sanktionen dieselben Ziele. Unsere Strafrechtssysteme mögen wohl bestrafen, aber es ist die Frage, wie erfolgreich sie abschrecken und resozialisieren. Ebenso haben Sanktionen oft nur begrenzten Einfluss darauf, Nationen davon abzuhalten, das Völkerrecht zu brechen und Menschenrechte zu verletzen, und sie zum Umdenken zu bewegen.Forschungen zur Wirksamkeit von über 100 Fällen wirtschaftlicher Sanktionen seit dem 1. Weltkrieg haben gezeigt, dass Sanktionen sehr wahrscheinlich dann Wirkung zeigen, wenn die von uns geforderte Veränderung maßvoll ist; große und mächtige Nationen oder Gruppen von Nationen gegen eine schwächere Nation agieren; die betroffene Nation wirklich abhängig ist vom Handel mit denen, die Sanktionen verhängen; Sanktionen schnell verhängt werden und der Schaden für diejenigen, die sie einsetzen, begrenzt bleibt.Im Falle von Sanktionen sollte die EU präzise und zielgerichtet handeln. Maßnahmen, die in Betracht gezogen werden können, sind: Einfrieren von Vermögenswerten, Verbot von Transaktionen, Einschränkung von Investitionen; Handelsbeschränkungen für bestimmte Waren; Reisebeschränkungen; Beschränkungen auf diplomatischem, kulturellem und sportlichem Gebiet.Es ist von größter Bedeutung, dass die EU ihre Sanktionspolitik überprüft, nicht nur, um die angestrebten Veränderungen bei Nationen zu erreichen, die sich etwas zu Schulden kommen lassen haben, sondern auch um ihrer eigenen Glaubwürdigkeit willen.

 
  
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  Bruno Gollnisch (NI), schriftlich. – (FR) Vor der UNO gibt das Europäische Parlament vor, das Reich der Menschenrechte überall in der Welt errichten zu wollen. Es sollte besser vor seiner eigenen Tür kehren.

In Frankreich, in Belgien, in Deutschland, in Österreich werden Tausende Bürger, unter ihnen Hochschullehrer, Journalisten, gewählte Abgeordnete verfolgt, verurteilt, ruiniert, ihres Arbeitsplatzes beraubt, inhaftiert und des Rassismus angeklagt, weil sie die Zuwanderung kritisiert haben, der Fremdenfeindlichkeit beschuldigt, weil sie die legitime nationale Präferenz verteidigt haben, des Negationismus beschuldigt, weil sie die „offiziellen“ jedoch wechselnden Wahrheiten der Zeitgeschichte kritisiert haben, der Homophobie angeklagt, weil sie eine legitime Präferenz für die natürliche Familie bekundet haben, die als einzige in der Lage ist, das Leben weiterzugeben.

Diese politischen und gerichtlichen Verfolgungen machen auch vor Rechtsanwälten nicht Halt. In Deutschland wurde die Rechtsanwältin Sylvia Stolz verhaftet, weil sie vor Gericht die Positionen ihrer Mandantin vertreten hat. In Frankreich hat sich der Rat der Rechtsanwaltskammer von Paris mit der Verweigerung der Ehrenmitgliedschaft des pensionierten Rechtsanwalts Eric Delcroix selbst entehrt, anstatt ihn zu verteidigen.

Richter wie Estoup in Versailles, Schir in Lyon, Cotte in Paris wetteifern miteinander, um diese willkürlichen Gesetze extensiv entgegen allen Grundsätzen des Schutzes der Freiheiten anzuwenden. Vor allem aber haben mehrere Verantwortliche dieser freiheitsfeindlichen Rechtsvorschriften hier in diesem Hause ihren Sitz. Ihnen muss in erster Linie unsere Missbilligung gelten.

 
  
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  Tunne Kelam (PPE-DE), schriftlich. (EN) Die Europäische Union baut auf Werte wie Demokratie und die Achtung der Menschenrechte auf. Sie zu schützen und für sie einzutreten, ist der Kern einer jeden von der Europäischen Union betriebenen Politik.Die Menschenrechte sind in die Außenpolitik der EU integriert worden. Trotzdem spricht die EU allzu oft nicht mit einer Stimme und ist nicht in der Lage, schnell und wirksam auf massive Verletzungen der Menschenrechte zu reagieren.Sanktionen sind Teil der Menschenrechtspolitik, werden aber nicht gleichmäßig angewendet. Die EU sollte nicht die Augen verschließen und Ausnahmen machen bei großen Ländern wie Russland und China, was genau genommen Handel mit Menschenrechten für wirtschaftliche Vorteile bedeutet.In Fällen fortdauernder Verletzungen der Menschenrechte, denen mit Sanktionen und dem Aussetzen weiterer Verhandlungen zu begegnen ist, müssen die wirtschaftlichen Beziehungen zu Drittländern sorgfältig bedacht werden.Deshalb ersuche ich die Kommission und den Rat nachdrücklich, mit Entschlossenheit, Einigkeit und Stärke zu reagieren. Außerdem fordere ich die EU auf, die Menschenrechtspolitik gleichmäßig anzuwenden und Sanktionen gegen jedes Land zu verhängen, in dem massive Menschenrechtsverletzungen nachgewiesen werden.

 
  
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  Eija-Riitta Korhola (PPE-DE), schriftlich. – (FI) Herr Präsident! Ich danke der Berichterstatterin, Frau Flautre, für ihren ausgewogenen und wertvollen Bericht, dessen Forderung nach Neubewertung von Sanktionen der EU und nach Forschung als Bestandteil einer umfassenderen EU-Menschenrechtspolitik völlig richtig und auch angebracht ist. Solange wir nicht über Informationen verfügen, die auf breit angelegten Untersuchungen beruhen, ist die Debatte über die Wirksamkeit oder Unwirksamkeit von Sanktionen ein nutzloses Unterfangen.

Sanktionen im Bereich der Menschenrechte können auf zweierlei und einander ergänzende Art und Weise von Bedeutung sein. Auf der einen Seite sind sie eine moralische Botschaft seitens der Europäischen Wertegemeinschaft und als solche ein wertvolles Signal. Auf der anderen Seite können sie spürbare Auswirkungen auf die Entwicklung des Zielstaates haben. Beide Aspekte waren zweifellos in den Fällen, in denen tatsächlich nachhaltige Ergebnisse erreicht worden sind, von Bedeutung, beispielsweise bei der Abschaffung der Apartheidpolitik in Südafrika.

Es ist wohl offensichtlich, dass Sanktionen allein nicht zu Ergebnissen wie diesem führen können. Um die Menschenrechte und die politische Lage in einem Land wirklich und dauerhaft zu ändern, bedarf es der Koordinierung und umfassenden Nutzung der Instrumente der Menschenrechtspolitik. Das Parlament hat bereits in der Vergangenheit betont, wie wichtig es ist, über ein wirksameres Gremium für Menschenrechtspolitik zu verfügen.

Zur Vermeidung humanitärer Katastrophen sollten wir die Möglichkeit gezielter Sanktionen in Erwägung ziehen, die sich vor allem gegen die politischen Führer der Länder und die Gruppen richten sollten, die gegen die Menschenrechte verstoßen. Wir sollten uns aber insbesondere vor der Art lähmender Maßnahmen hüten, die die Wachstumschancen für kleine und mittlere Unternehmen zerstören.

Meine eigene Frage an dieser Stelle ist, nach welchen Kriterien Sanktionen verhängt werden sollten. Es ist bedauerlich, dass hinter der Bewertung von Sanktionen nur allzu oft Zweckmäßigkeitserwägungen erkennbar sind, die von den kommerziellen Interessen der EU geleitet sind.

 

14. Milleniumsentwicklungziele – Ziel Nr. 5: die Gesundheit der Mütter verbessern (Aussprache)
Video der Beiträge
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  Der Präsident. − Als nächster Punkt folgen die Erklärungen des Rates und der Kommission zum Millenniums-Entwicklungsziel Nr. 5: die Gesundheit der Mütter verbessern.

 
  
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  Jean-Pierre Jouyet, amtierender Ratspräsident. − (FR) Herr Präsident, meine Damen und Herren Abgeordneten, Frau Kommissarin! Ebenso wie das Europäische Parlament misst auch der Rat der Verwirklichung aller Millenniums-Entwicklungsziele in der ganzen Welt bis zum Jahr 2015 und vor allem dem Ziel der Reduzierung der Müttersterblichkeit um drei Viertel im Zeitraum von 1990 bis 2015 eine große Bedeutung bei.

Die Europäische Union erinnert in diesem Zusammenhang daran, dass die Voraussetzung für nachhaltige Fortschritte auf diesem Gebiet in der Achtung und Förderung der Rechte der Frauen und Mädchen besteht, indem ihnen der Zugang zu gesundheitlicher Betreuung, vor allem sexueller Gesundheit, gewährt wird und sie gegen das AIDS-Virus geschützt werden. Die drei Institutionen der Union haben klar ihren kollektiven Willen bekundet, die Müttergesundheit in den Entwicklungsländern zu verbessern, insbesondere indem sie am 20. Dezember 2005 den europäischen Entwicklungskonsens unterzeichneten, der die Müttergesundheit zu einem vorrangigen Ziel der Entwicklungspolitik der EU erhebt. Wir haben uns mit den erforderlichen finanziellen Instrumenten ausgestattet, um dieses Ziel umzusetzen, insbesondere im Rahmen der Partnerschaft zwischen der Europäischen Union und Afrika zu den Millenniumszielen.

Wie Sie wissen, stehen wir im Gesundheitsbereich nach wie vor vor gewaltigen Herausforderungen. Diese wurden im Jahresbericht der Vereinten Nationen genannt. Weiterhin sterben jährlich 500 000 Frauen an den Folgen von Schwangerschafts- oder Entbindungskomplikationen, die nicht behandelt werden können. Diese Toten lassen sich in diesem Stadium nicht vermeiden, wenn wir keine Fortschritte erzielen. Die Wahrscheinlichkeit für eine Frau, aus einem dieser Gründe der Mutterschaft zu sterben, liegt im subsaharischen Afrika bei 1:16, gegenüber 1:3 800 in den entwickelten Ländern. Angesichts dieser gewaltigen Herausforderungen und dieser absolut nicht hinnehmbaren Situation hat der Rat also beschlossen, seine Aktion zu beschleunigen und zu verstärken. Im Juni verabschiedete er eine Aktionsagenda. Diese Agenda sieht vor, dass die Europäische Union dringend die Anstrengungen unterstützt, die darauf gerichtet sind, das im Jahr 2005 beschlossene Ziel, das vor allem den universellen Zugang zur Fortpflanzungsgesundheit betrifft, sowie die für 2010 festgelegten Zwischenziele zu erreichen, die bekanntlich darin bestehen, jährlich in weiteren vier Millionen Fällen das Leben von Kindern zu retten, davon zwei Millionen in Afrika, und jährlich zusätzliche Geburtshilfe bei 35 Millionen Entbindungen zu gewähren, davon dreizehn Millionen in Afrika. Wenn wir die Müttersterblichkeit bis zum Jahr 2015 um drei Viertel reduzieren wollen, so bedeutet dies, dass bis zum Jahr 2010 jährlich 21 Millionen zusätzliche Geburten durch qualifiziertes Gesundheitspersonal unterstützt werden müssen.

Die Union wird Unterstützung leisten, um ihr Ziel zu erreichen, dass in Afrika bis zum Jahr 2010 fünfzig Millionen Frauen zusätzlich Zugang zu modernen Methoden der Empfängnisverhütung und generell zur Familienplanung erhalten. Die vom Rat erarbeitete Agenda sieht zugleich vor, dass die Union einen Beitrag dazu leistet, bis zum Jahr 2010 das Finanzierungsdefizit zur Erreichung dieser Ziele abzubauen. Ich kann Ihnen sagen, dass die Weltgesundheitsorganisation heute das Finanzierungsdefizit auf mehr als 13 Milliarden Euro veranschlagt.

Wenn, wie uns die Frau Kommissarin bestätigen wird, die Europäische Kommission der Auffassung ist, dass wir zur Behebung dieser Finanzierungsdefizite eine Aufstockung der Hilfe der Europäischen Union um acht Milliarden Euro bis zum Jahr 2010 benötigen, von denen sechs Milliarden für Afrika bestimmt sein müssten, so ist es unerlässlich, dass sowohl die Partnerländer als auch die Geberländer dabei mitwirken, diesen Herausforderungen zu begegnen.

In diesem Zusammenhang ist die Präsidentschaft davon überzeugt, dass die Stärkung der Gesundheitssysteme in den Entwicklungsländern eine wesentliche Priorität im Rahmen der Millenniumsziele darstellt. Diesbezüglich sind mehrere konkrete Aktionen vorgesehen, die ich in Erinnerung rufen möchte: Die Präsidentschaft und die Kommission bereiten ein gemeinsames Dokument über die Absicherung des Krankheitsrisikos vor; die Entwicklungsminister werden anlässlich des informellen Treffens in Bordeaux am 29. und 30. September mit Blick auf Schlussfolgerungen des Rates im November und der nächsten Präsidentschaften zusammentreten, um einen universellen Zugang zur gesundheitlichen Betreuung zu gewährleisten; schließlich wird der Rat den Bericht der Kommission über den Aktionsplan der Europäischen Union gegen den Mangel an Gesundheitspersonal in den Entwicklungsländern prüfen – wobei ich deutlich gemacht habe, wie dringend diese Aufgabe ist.

Sie können versichert sein, Herr Präsident, Frau Kommissarin, meine Damen und Herren Abgeordneten, dass der Rat weiterhin alles in seinen Kräften Stehende tun wird, damit die Europäische Union auch künftig eine führende Rolle bei der Verbesserung der Müttergesundheit in den Entwicklungsländern und vor allem in Afrika spielt.

 
  
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  Benita Ferrero-Waldner, Mitglied der Kommission. – Herr Präsident! Das Recht auf Gesundheit ist wahrscheinlich heutzutage das Grundrecht mit den größten Ungleichheiten auf der Welt. Diejenigen, die in tiefster Not und aufs Äußerste von Krankheit und vorzeitigem Tod bedroht sind, haben den schlechtesten Zugang zur Gesundheitsversorgung – oftmals überhaupt keinen. Dieser Umstand stellt enorme Herausforderungen an die Europäische Union und die ganze Weltgemeinschaft.Die Europäische Union ist sehr engagiert in der Umsetzung der Millenniums-Entwicklungsziele (MDG), einschließlich des Ziels Nr. 5 zur Verbesserung der Gesundheit der Mütter, das Thema, über das wir heute diskutieren.Wir sind uns der Tatsache bewusst, dass die Erhöhung der Aufmerksamkeit für sexuelle und reproduktive Gesundheit und für Gesundheitsfinanzierung im Allgemeinen einen wesentlich kohärenteren und viele Bereiche umfassenden Ansatz erfordert, der auch andere Millenniums-Entwicklungsziele einbezieht. Gute Ergebnisse im Gesundheitswesen lassen sich nicht ohne angemessene Investitionen in die Systeme erreichen, die für bessere Gesundheit sorgen. Gesundheitspolitik muss in eine breitere Planung sozialer und wirtschaftlicher Entwicklung eingebettet werden. Die Länder benötigen eine auf lange Sicht vorhersehbare Hilfe von externen Gebern. Geber müssen eine klare Verbindung zwischen Finanzierung und Ergebnissen sehen, und es werden dringend Mechanismen gebraucht, um alle Partner für ihre Erfüllung internationaler Vereinbarungen in die Verantwortung zu nehmen.Arme Menschen in Entwicklungsländern – Frauen, Männer und Kinder – sind mit einer Vielzahl miteinander verbundener Probleme der sexuellen und reproduktiven Gesundheit konfrontiert. Darunter finden sich u. a. HIV/AIDS, sexuell übertragbare Krankheiten, ungeplante oder unerwünschte Schwangerschaft, Komplikationen während Schwangerschaft und Geburt, Genitalverstümmelung oder Beschneidung, Unfruchtbarkeit, sexueller Missbrauch, unsichere Abtreibung, Gebärmutterkrebs. Alle diese Umstände verursachen viel Leid und viele vorzeitige Todesfälle. Verschlimmert durch die Armut und die untergeordnete Stellung der Frau in der Gesellschaft, sind sie hauptsächlich darauf zurückzuführen, dass der Zugang zu geeigneten Gesundheitsdiensten fehlt, dass es an Informationen mangelt und dass ausgebildete Fachkräfte und Vorräte von Artikeln der reproduktiven Gesundheit nur unzureichend verfügbar sind.Deshalb sind die Verbesserung der Gesundheit der Mütter und die Verringerung der Müttersterblichkeit ganz wesentliche Belange in der Arbeit der Europäischen Kommission auf dem Gebiet von Gesundheit und Entwicklung gewesen. Aber trotz unserer Anstrengungen und der Vorgaben der Millenniums-Entwicklungsziele ist die Erfüllung von Ziel Nr. 5 weltweit möglicherweise am weitesten in die Ferne gerückt – besonders, wie schon gesagt, in Afrika. Dies ist eine sehr ernste Angelegenheit, umso mehr als sich die meisten Todesfälle von Müttern zu Hause ereignen, weit entfernt von den Gesundheitsdiensten, und oft nicht registriert werden. So dürfte die tatsächliche Sterblichkeitsrate von Müttern wohl um einiges über der halben Million pro Jahr liegen, die wir aus den Statistiken kennen.Aus politischer Sicht ist da noch etwas, das Sorge macht. Nämlich die zunehmende Tendenz, in Programmen politische Maßnahmen, die der sexuellen und reproduktiven Gesundheit und den damit verbundenen Rechten dienen, wegen des heiklen Themas Abtreibung hintanzustellen. Auf diese Weise lassen wir die ungleiche Stellung der Frauen in vielen unserer Partnerländer außer Acht, die nicht gefragt werden, wie viele Kinder sie haben wollen, oder zu sexuellen Beziehungen gezwungen werden, manchmal sogar mit einem Partner, der wahrscheinlich HIV-infiziert ist. Lassen Sie uns nicht die vielen Opfer von Vergewaltigungen vergessen, die jungen Mädchen und Frauen, die oft als Gipfel von Verletzung und Trauma von ihren Verwandten und Gemeinschaften verstoßen werden.Im Rahmen des 10. Europäischen Entwicklungsfonds und des Haushalts der Kommission planen wir daher, das Gesundheitswesen in 31 Entwicklungsländern direkt zu unterstützen. Viele dieser Länder haben sehr hohe Sterblichkeitsraten von Müttern und sehr schwache Gesundheitssysteme.In dieser Beziehung wird Budgethilfe, die auf Ergebnisse im Gesundheitsbereich abzielt, ein weiteres wichtiges Instrument, um der Müttersterblichkeit zu begegnen. Um diese Hilfe vorhersehbarer zu machen, führt die Kommission in einigen Partnerländern ein neues Finanzierungsmodell, die „MDG-Vereinbarungen“, ein, bei dem sich die Budgethilfe über einen längeren Zeitraum erstreckt und in Verbindung mit vereinbarten Resultaten steht, die zum Erreichen der Millenniums-Entwicklungsziele beitragen. Damit werden Regierungen wiederkehrende Kosten der Gesundheitssysteme, z. B. die Gehälter des Gesundheitspersonals, bestreiten können. Das ist entscheidend, um den Zugang zur medizinischen Grundversorgung in steigendem Maße zu ermöglichen, was u. a. sichere Entbindungen bedeutet und Fortschritte in Richtung auf das 5. Millenniums-Entwicklungsziel.Wir wissen jedoch, dass das, was im Moment zur Unterstützung der Gesundheit von Müttern getan wird, nicht genügt und dass weitere Anstrengungen nötig sind, um die derzeitige Lage zu ändern. Deshalb hat der Rat der Europäischen Union am 24. Juni 2008 die EU-Aktionsagenda für die Millenniums-Entwicklungsziele angenommen, wodurch sich die Kommission und die Mitgliedstaaten verpflichten, ihre Unterstützung des Gesundheitswesens bis zum Jahr 2010 um die erwähnten zusätzlichen 8 Milliarden Euro, und 6 Milliarden Euro in Afrika, aufzustocken.Mit Blick auf Ziel Nr. 5 enthält die Aktionsagenda für die Millenniums-Entwicklungsziele zwei wichtige Vorgaben bis zum Jahr 2010: Erstens sollen bei 21 Millionen mehr Geburten qualifizierte Geburtshelfer zur Verfügung stehen und zweitens sollen 50 Millionen mehr Frauen in Afrika Zugang zu modernen Verhütungsmitteln erhalten.Wir als Kommission – aber auch die Mitgliedstaaten – sind nun gehalten, es gemeinsam Wirklichkeit werden zu lassen. Wir sind die Verpflichtung eingegangen und sind entschlossen, die Lage von Frauen in armen Ländern zu verbessern, wenn sie gebären, meiner Meinung nach die natürlichste Sache der Welt. Ich bin froh, dass ich das als für die Außenbeziehungen zuständige Kommissarin heute anstelle von Louis Michel sagen kann, denn als Frau fühle ich mich außerordentlich solidarisch.(Beifall)

 
  
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  Filip Kaczmarek, im Namen der PPE-DE-Fraktion. (PL) Herr Präsident! Frau Kommissarin! Das Millenniumsentwicklungsziel Nr. 5 umfasst eine äußerst wichtige Zielsetzung, denn es geht darin nicht nur um Lebensqualität, sondern um das Leben an sich, seinen Anfang und seine Fortsetzung. Die Bedeutung dieses Entwicklungsziels ist umso größer, da seine erfolgreiche Verwirklichung nicht viel Geld kostet. Schon heute gibt es rund um den Globus Programme und Projekte, die umgesetzt werden und stark zu einer Verringerung der perinatalen Sterblichkeit beigetragen haben. Dennoch sind die Ergebnisse bei der Erreichung von Ziel Nr. 5 in einigen Regionen schlecht beziehungsweise sehr schlecht. Darüber hinaus sind in manchen Regionen, insbesondere im subsaharischen Afrika, keine Verbesserungen seit dem Jahr 2000 zu verzeichnen. Das ist ein äußerst beunruhigendes Phänomen, weil dies bedeutet, dass die weltweite Umsetzung von Millenniumsentwicklungsziel Nr. 5 damit ernsthaft gefährdet ist.

Bedauerlicherweise herrscht in einigen entwickelten Ländern noch immer die Tendenz, das Problem zu ideologisieren und sich auf ein wirklich recht kontroverses Thema zu konzentrieren, nämlich die reproduktiven Rechte. Dieses Stichwort ist heute bereits gefallen. Aber eine der wichtigsten Todesursachen bei Müttern sind riskante Abtreibungen. Aus welchem Blickwinkel man die Sache auch betrachtet: Die Verringerung der Zahl der Abtreibungen würde logischerweise zu einem Rückgang der Müttersterblichkeit führen. Sicher wäre es einfacher, die Anzahl der Abtreibungen einzugrenzen, als die Zahl der so genannten sicheren Abtreibungen zu erhöhen.

Darum fällt es schwer, der Behauptung zuzustimmen, reproduktive Gesundheit sollte eine vorrangige Stellung in der Entwicklungspolitik einnehmen. Natürlich ist dies wichtig, aber, und damit teile ich die Auffassung der Kommissarin, sollte der Kampf gegen die Armut Vorrang sollte haben, um die Position von Frauen zu verbessern und die Versprechen der entwickelten Länder zu halten. Die Festlegung von Prioritäten ist sehr wichtig, weil falsche Entscheidungen Maßnahmen nach sich ziehen können, die sich als nachteilig erweisen könnten. Beispielsweise gehören Erfahrungsaustausche und bewährte Verfahren standardmäßig zu Entschließungen, aber wenn das Ziel unpassend gewählt ist, kann auch der Austausch von Erfahrungen und bester Verfahren wirkungslos beziehungsweise regelrecht unerwünscht sein.

Außerdem lohnt es sich, daran zu erinnern, dass es moralisch zwiespältig ist, anderen Ländern unsere Normen und Standards aufzunötigen. In Fragen der Ethik sollten Länder, die in den Genuss unserer Hilfe kommen, selbst entscheiden, was gut und annehmbar ist. Wir sollten beispielsweise nicht erklären, dass Abtreibung eine sinnvolle Lösung sei. Das wäre widersprüchlich und eine ungerechtfertigte Einmischung. Widersprüchlich deshalb, weil wir in Europa unsere Geburtenrate erhöhen wollen, während wir in anderen Ländern deren Begrenzung fördern; und eine ungerechtfertigte Einmischung deshalb, weil uns niemand die Berechtigung erteilt hat, in anderen Ländern ethische Entscheidungen zu treffen.

Meiner Ansicht nach sollten wir uns daher auf Themen konzentrieren, die nicht zu Kontroversen führen, insbesondere da es viele Bereiche gibt, die unstrittig sind und über die wir uns alle bereits verständigt haben: Bildung, Stärkung der Stellung von Frauen, Mutterschutz, gute Ernährung, Zugang zu fachmännischer medizinischer Betreuung und Geburtshilfe. Dies sind Felder, auf die wir unser gemeinsames Augenmerk richten können, um so die Verwirklichung von Millenniumsentwicklungsziel Nr. 5 zu ermöglichen.

 
  
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  Alain Hutchinson, im Namen der PSE-Fraktion. – (FR) Herr Präsident, Herr Ratspräsident, Frau Kommissarin, der ich übrigens gleichzeitig herzlich zum Geburtstag gratulieren möchte! Ich werde Ihnen hier nicht den Text vortragen, den ich eigentlich im Namen meiner Fraktion verlesen wollte, denn ich glaube, wir befinden uns gerade in einer besonders wichtigen Aussprache.

Die Feststellung, dass dieses Millenniumsziel gescheitert ist, dieses fünfte Ziel, das immerhin von besonderer Bedeutung ist, da es sich um Frauen und ihr Leiden während der Schwangerschaft handelt, macht es erforderlich, diese äußerst scheinheilige Haltung und Analyse aufzugeben, die wir auf europäischer Ebene beziehen, wenn man weiß und sieht und bezeugen kann, wie die Situation in Afrika vor Ort, in den Dörfern, in den Landgebieten und im Busch ist. Was unser Kollege Kaczmarek gerade gesagt hat, hat mich ziemlich geärgert, und deshalb habe ich mein Papier beiseite gelegt. Es geht hier nicht darum zu behaupten, dass die Abtreibung ein Wundermittel sei, um alle Probleme der Frauen, die entbinden müssen, zu lösen. Absolut nicht. Es geht hier darum die notwendigen Mittel einzusetzen, um dafür zu sorgen, dass diese Frauen alles in Anspruch nehmen können, was sie brauchen: Bildung, echte Familienplanung, Empfängnisverhütung und wenn notwendig einen freiwilligen Schwangerschaftsabbruch unter guten Bedingungen – was aber nicht unser vorrangiges Ziel ist. In diesem Hause ist es jedoch außerordentlich schwer, die Dinge klar auszusprechen, weil einige von uns im Namen der Moral, manchmal sogar im Namen des Konservatismus weiterhin dagegen sind, dass wir echte Maßnahmen zugunsten dieser Frauen in den betroffenen Ländern ergreifen.

 
  
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  Beniamino Donnici, im Namen der ALDE-Fraktion. – (IT) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Bei unseren Arbeiten an dem gemeinsamen Entschließungsantrag zur Müttersterblichkeit haben wir der Tatsache Rechnung getragen, dass das Ziel Nr. 5 „Verringerung der Müttersterblichkeit zwischen 1990 und 2015 um 75 %“ noch längst nicht erreicht ist und eine kräftige Initiative erfordert, eine kräftige und konkrete Initiative der internationalen Gemeinschaft, deren Interpret und Garant zu sein für ein Europa der Rechte und Werte eine moralische Verpflichtung bedeutet.

Die Zusicherungen von Herrn Jouyet und Frau Ferrero nehmen wir zur Kenntnis; den Worten müssen aber rasch Taten folgen. Zusammen mit der Kindersterblichkeit ist die Müttersterblichkeit letztendlich der wichtigste Indikator für den Stand der menschlichen Entwicklung, und dass heute noch jedes Jahr mehr als eine halbe Million Frauen während der Schwangerschaft oder bei der Geburt sterben, ist, wie bereits ausgeführt wurde, inakzeptabel.

Die meisten dieser Frauen leben bekanntlich in Afrika südlich der Sahara, wo jede Minute ein Sterbefall zu verzeichnen ist. Für Frauen, die in der entwickelten Welt leben, liegt das Risiko bei 1 zu 3 700. Diese Zahlen erscheinen noch dramatischer angesichts der ermutigenden Fortschritte, die im gleichen Zeitraum in einigen Ländern mit mittlerem Einkommen in Ostasien, Südostasien, Nordamerika, Lateinamerika und Nordafrika erzielt wurden und zeigen, dass diese unerträgliche Situation überwunden werden kann.

Unserer Ansicht nach kommt daher der vorliegende Entschließungsantrag, der prägnant und umfassend ist, zur rechten Zeit; darin werden Strategien aufgezeigt, mit denen diesem wahrhaft weltweiten akuten Gesundheitsproblem abgeholfen werden kann, und die Tatsache anerkannt, dass der Zugang zu einer angemessenen Gesundheitsversorgung ein grundlegendes Menschenrecht ist.

Abschließend hoffe ich, dass der zwischen den Fraktionen zu einem so erschütternden Thema erzielte löbliche Kompromiss im Parlament breitestmögliche Zustimmung finden möge und dass die Annahme des gemeinsamen Entschließungsantrags zu konkreten Schritten aller unserer Institutionen und Länder sowie zu entsprechenden Investitionen in Infrastrukturen und Verkehrsmittel, medizinisches Gerät, Schulung des Bedienungspersonals, Bildung, Sicherheit und politische Maßnahmen zur Emanzipierung der Frauen führen wird, damit dieses für die Zivilisation elementare Ziel bis 2015 erreicht werden kann .

 
  
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  Ewa Tomaszewska, im Namen der UEN-Fraktion. – (PL) Herr Präsident! Die perinatale Sterblichkeit bleibt ein sehr beängstigendes Phänomen, das angesichts des heutigen Stands der Medizin nicht gerechtfertigt ist. Die Verbesserung des Gesundheitszustands von Schwangeren ist in Zeiten des demografischen Kollapses sogar ein noch größeres Problem.

Man sollte nicht vergessen, dass eine Abtreibung für eine Frau eine schwer wiegende Verstümmelung darstellt. Das Dilemma, in die Tötung des eigenen Kindes einzuwilligen, um das eigene Überleben zu sichern, ist untragbar. Für eine Verringerung der perinatalen Sterblichkeit um 75 % bis 2015 im Vergleich zu 1990 sind eine allgemeine Verbesserung des Gesundheitszustands von Frauen sowie eine Erhöhung der Mittel für Gesundheitsversorgung und Bildung zum Zwecke der Prävention erforderlich.

Am gravierendsten ist die Lage im subsaharischen Afrika sowie in Asien. Jedes Jahr zahlen eine halbe Million Frauen für ihren Wunsch, ein Kind zu haben, mit ihrem Leben. Bei Frauen, die mit dem HIV-Virus und Malaria infiziert sind, kommt neben der Gefährdung der Gesundheit der Mutter auch die Gefahr hinzu, dass sich die Kinder infizieren. Es muss betont werden, dass in diesem Zusammenhang die Armut ein entscheidender Negativfaktor ist, weshalb finanzielle Mittel für die Lösung des Problems vorgesehen werden sollten. Diese Situation zeigt sehr deutlich den Wert der Solidarität unter Menschen. Die Anerkennung der Gesundheit von Frauen, der Gesundheit werdender Mütter, als eine Priorität und die Mobilisierung internationaler Kräfte, um die Gesundheitsvorsorge für Schwangere zu verbessern, stellen uns vor eine große Herausforderung.

 
  
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  Kathalijne Maria Buitenweg, im Namen der Verts/ALE-Fraktion. – (NL) Herr Präsident! Ich bin nunmehr seit neun Jahren Parlamentarierin und habe in dieser Zeit zwei Kindern das Leben geschenkt, die jetzt zwei und fast acht Jahre alt sind. Natürlich sind Schwangerschaften immer spannend –– man fragt sich stets, ob das Kind völlig gesund zur Welt kommt –, aber offen gestanden habe ich mich bei beiden Schwangerschaften nie darüber Gedanken gemacht, ob ich überleben werde. Das ist ein ungeheurer Luxus!

Die Zahlen wurden bereits genannt: In Europa sterben weniger als 1 von 3 800 Frauen an den Folgen einer Schwangerschaft, in einigen afrikanischen Ländern fällt die Zahl jedoch erheblich höher aus: 1 von 16. In Niger ist es jede 7. Frau. Ein Grund dafür sind unsichere Abtreibungen. Auch ich wünschte mir, es käme nicht dazu, das aber würde Veränderungen wie die Bereitstellung von Empfängnisverhütungsmitteln oder Zurückhaltung vonseiten der Männer voraussetzen. Weitere Gründe sind die mangelnde oder verspätete medizinische Hilfe, zu viele Schwangerschaften nacheinander und in einem zu jungen Alter.

Die gewaltigen Unterschiede zwischen der Situation in Europa und in sehr vielen dieser anderen Länder zeigen, dass sich Investitionen auszahlen. Augenscheinlich drängen Investitionen in die Gesundheitsversorgung die Müttersterblichkeit zurück. Trotzdem passiert in dieser Hinsicht kaum etwas. 1987 starben etwa eine halbe Million Frauen während der Schwangerschaft oder bei der Geburt, 2008 ist diese Zahl unverändert – und das ist doch höchst enttäuschend. Ich möchte meinen Zynismus nicht verhehlen. Nach meinem Empfinden wird der Bekämpfung von Aids weitaus mehr Beachtung geschenkt, weil daran auch Männer sterben. Gleichwohl ermutigen mich die Ausführungen der Kommissarin Ferrero-Waldner und auch die des Ratspräsidenten, und mein herzlicher Dank gebührt an dieser Stelle der Frau Kommissarin für ihre Rede.

Zwischen Müttersterblichkeit und Selbstbestimmung besteht ein eindeutiger Zusammenhang. Jüngsten Untersuchungen zufolge wollen etwa 200 Millionen Frauen in Entwicklungsländern sehr gern weniger Kinder gebären, aber die Hälfte hat keinen Zugang zu Empfängnisverhütungsmitteln und sexueller Aufklärung. Daraus resultieren jährlich 52 Millionen unerwünschte Schwangerschaften, und darüber müssen wir uns Sorgen machen. Nach Ansicht von Kofi Annan ist der Kampf gegen Hunger und Armut von vornherein chancenlos, wenn es der internationalen Gemeinschaft nicht gelingt, die Rechte von Frauen zu stärken. Wir, die Europäische Union, befinden uns in der einzigartigen Position, dem Ruf nach Gleichberechtigung von Frauen weltweit zu mehr Gehör zu verhelfen. Wir sind zwar willens, drücken uns aber eigentlich vor unserer wirklichen Verantwortung.

Deshalb plädiere ich für eine europäische Gesandte für Frauenrechte. Das Parlament hat dies bereits mehrheitlich begrüßt, und auch die Kommissarin bitte ich um Unterstützung. Dabei handelt es sich um eine Spitzendiplomatin, die im Namen der EU ihre Stimme erheben oder vermitteln kann, wenn Frauen Gewalt angetan wird, die dem Ministerrat und der Europäischen Kommission Vorschläge unterbreitet und dem Europäischen Parlament Rechenschaft ablegt. Sie ist eine treibende Kraft, die wir brauchen, jemand, der sicherstellt, dass all unsere Vorschläge den Frauenrechten Rechnung tragen, da dies von immenser Bedeutung ist.

Herr Präsident, ich habe diesen Vorschlag bereits einem Vertreter der französischen Präsidentschaft vorgelegt. Nach seinem Bekunden sei er interessant. Ich möchte von dem Ratspräsidenten wissen, was er damit zu tun gedenkt. Den Vorschlag habe ich bei mir, auch auf Französisch und Deutsch. Ich werde ihn dem Ratspräsidenten übergeben und hoffe zutiefst, dass dieser Gesandte für Frauenrechte Wirklichkeit wird, denn diese treibende Kraft ist für echte Veränderungen dringend vonnöten.

 
  
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  Feleknas Uca, im Namen der GUE/NGL-Fraktion. – Herr Präsident, Frau Kommissarin, Herr Ratspräsident! Die aktuellen Statistiken zeigen, dass das MDG 5 insgesamt in weite Ferne gerückt ist bzw. die Müttersterblichkeit in Afrika und Südasien sogar zugenommen hat.

Jährlich sterben 536.000 Frauen an den Folgen von Schwangerschaft und Geburt. 99 % der Todesfälle ereignen sich in Entwicklungsländern. Jede 16. Frau in Afrika stirbt in der Schwangerschaft oder bei der Geburt. In Industrieländern ist die Wahrscheinlichkeit um ein Vielfaches geringer. Die häufigsten Todesursachen sind schwere Blutungen, Infektionen und unsachgemäß durchgeführte Schwangerschaftsabbrüche. Schätzungsweise 68.000 Frauen sterben jedes Jahr an den Folgen unsicherer Abtreibungen, und Millionen Frauen tragen lebenslange Behinderungen oder andere gesundheitliche Schäden davon. Dabei werden 97 % aller unsicheren Abtreibungen in Entwicklungsländern vorgenommen.

Jede Minute stirbt eine Frau auf der Welt an den Folgen von Schwangerschaft und Geburt. Wir haben die moralische Verpflichtung und die Möglichkeit, dies zu verhindern. In den Entwicklungsländern, und hier insbesondere in den ländlichen Gebieten, brauchen Frauen dringend einen universellen Zugang zur allgemeinen Gesundheitsversorgung, zu medizinischer Hilfe und zur Beratung zu Schwangerschaft und Geburt.

Zudem fordere ich eine Familienplanung, die den Zugang zu wirksamen Verhütungsmitteln und sicher durchgeführten Schwangerschaftsabbrüchen mit einschließt. Die Verbesserung der reproduktiven Gesundheit und die Abschaffung jeglicher Form von Frauendiskriminierung sind unabdingbar und überaus wichtige Voraussetzungen für das Erreichen der Millenniums-Entwicklungsziele bis 2015.

 
  
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  Nils Lundgren, im Namen der IND/DEM-Fraktion. – (SV) Herr Präsident! Die von der UNO formulierten Millenniums-Entwicklungsziele verdienen wirklich jede Unterstützung von uns reichen Europäern. Es ist eine Tragödie und ein Skandal zugleich, dass so viele Menschen auf dieser Welt in äußerster Armut leben, dass so viele Frauen während der Schwangerschaft und bei der Entbindung sterben, dass so viele Neugeborene sterben, dass so viele Menschen keinen Zugang zu sicheren Verhütungsmitteln haben und dass so viele Menschen mit HIV/Aids infiziert sind und keinen Zugang zu antiretroviralen Medikamenten erhalten.

Der Grund für diese fürchterliche Situation ist nicht ein Mangel an Ressourcen, Technik oder medizinischen Kenntnissen. Wir wissen, wie diese Fragen zu lösen sind. Das zeigt sich deutlich daran, dass viele Länder sie vor langer Zeit bereits gelöst haben. Was wir brauchen, ist die Veränderung der gesellschaftlichen Situation in den armen Ländern, damit auf diesen Gebieten eine echte Entwicklung möglich ist. In mehreren armen Ländern, beispielsweise Ägypten und Bangladesh, hat es ja auch bereits Fortschritte gegeben.

Die UNO-Mitgliedstaaten haben sich nach umfassenden Analysen und ausführlichen politischen Diskussionen verpflichtet, auf diese Ziele hinzuarbeiten. Das sind jedoch globale Fragen, die auf die Ebene der UNO gehören.

Warum tauchen sie also hier in der EU auf? Globale Fragen müssen auf internationaler Ebene behandelt werden, dass heißt im Rahmen der UNO, der alle EU-Mitgliedstaaten angehören. Die EU soll sich mit den gemeinsamen Fragen ihrer Mitgliedstaaten beschäftigen, dass heißt mit grenzüberschreitenden europäischen Angelegenheiten. Was die EU zur Verringerung der Armut und damit der Müttersterblichkeit tun kann und sollte, ist die schnellstmögliche Abschaffung ihrer Agrarpolitik.

 
  
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  Irena Belohorská (NI).(SK) Ich habe drei Jahre lang als Geburtshelferin in Afrika gearbeitet, sodass ich einiges über dieses Problem weiß. Auch während meiner Zeit im Europarat war ich Berichterstatterin für einen Bericht zur Mutterschaft, in dem festgestellt wurde, dass Frauen in den Entwicklungsländern, aber auch in Europa, während der Schwangerschaft oft der Mindestschutz nicht gewährt wird.

Es gibt viele Übereinkommen und Erklärungen im Zusammenhang mit dem Rechts- und Gesundheitsschutz für Frauen, ob nun von der UNO oder der IAO, die nicht eingehalten werden und oft noch nicht einmal ratifiziert sind. Was die Grundversorgung in Entwicklungsländern betrifft, so ist das gesamte Gesundheitssystem sehr schwach. Nur 10 % der afrikanischen Bevölkerung hat Zugang zu Gesundheitsdienstleistungen. Auch deshalb ist die Müttersterblichkeit so hoch. Es mangelt in Afrika an qualifizierten Fachleuten und Ärzten, und nach wie vor sterben Mütter an AIDS. Trotz der Proteste der Weltöffentlichkeit werden immer noch Beschneidungen an Frauen durchgeführt.

In Asien wiederum trifft das Problem der Mutterschaft auf religiöse und durch das Kastenwesen bedingte Hindernisse. Notwendig sind kombinierte Investitionen, die das Gesundheitswesen unterstützen, aber insbesondere auch die Betreuung von Mutter und Kind fördern, da die Kindersterblichkeit bekanntlich ebenfalls sehr hoch ist. Statt großer Ziele befürworte ich Umsicht und Kontrolle der von uns bereitgestellten Mittel.

Wenn die europäischen Mittel ihrem Zweck dienen sollen, müssen die Ziele klar, verständlich und auf eine kleine Anzahl von Vorhaben konzentriert sein, die nur dann erfolgreich sein werden, wenn wir sie gut überwachen.

 
  
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  Colm Burke (PPE-DE).(EN) Herr Präsident! Seit dem Jahr 2000 sind wir bezüglich des Millenniums-Entwicklungsziels (MDG) Nr. 5 zur Verbesserung der Gesundheit der Mütter nicht vorangekommen, besonders in den afrikanischen Staaten südlich der Sahara und in Südasien, und auch vor dem Jahr 2000 gab es praktisch nicht den geringsten Fortschritt.Im September 2000 nahmen die führenden Entscheidungsträger der Welt die Millenniums-Erklärung der Vereinten Nationen an, in der sie ihre Länder verpflichten, die äußerste Armut bis zum Jahr 2015 durch die Vorgaben der Millenniums-Entwicklungsziele zu verringern. Die Zahlen betreffend die Gesundheit der Mütter, die eines der acht Ziele darstellt, sind heute dieselben wie vor 20 Jahren. Mehr als eine halbe Million Frauen stirbt alljährlich während der Schwangerschaft oder bei der Geburt, also jede Minute stirbt eine Mutter. 99 % dieser Todesfälle sind in Entwicklungsländern zu verzeichnen. In Teilen Afrikas besteht die sehr hohe Wahrscheinlichkeit, dass eine von sechzehn Müttern stirbt. In den am wenigsten entwickelten Ländern steht nur 28 von 100 Frauen bei der Geburt qualifiziertes Fachpersonal zur Seite. Das 5. Millenniums-Entwicklungsziel will die Zahl der Frauen, die bei der Geburt sterben, um drei Viertel im Zeitraum von 1990 bis 2015 reduzieren.Ich fordere den Rat und die Kommission im Vorfeld der Hochrangigen Tagung der Vereinten Nationen zur Überprüfung der Millenniums-Entwicklungsziele im September dieses Jahres in New York auf, vorrangig im Sinne dieser Ziele zu handeln und besonders dem Ziel Nr. 5 nachzukommen. Ich werde Ende dieses Monats als Mitglied der Delegation des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten des Europäischen Parlaments zu den Vereinten Nationen nach New York reisen und möchte betonen, wie wichtig es ist, dass die Mitgliedstaaten der EU ihr Bekenntnis zur Erfüllung der Millenniums-Entwicklungsziele bis zum Jahr 2015 erneuern.Jetzt, da wir, was die Millenniums-Entwicklungsziele betrifft, Halbzeit haben, ist es entscheidend, dass die Mitgliedstaaten der EU weiter darauf hinarbeiten, bis 2015 einen Anteil der öffentlichen Entwicklungshilfe von 0,7 % des BNE zu erzielen. In Anbetracht dessen, dass der Umfang der Entwicklungshilfe der EU von 0,41 % des BNE im Jahr 2006 auf 0,38 % im Jahr 2007 gesunken ist – das ist ein Rückgang um 1,5 Millionen Euro –, bitte ich die Mitgliedstaaten dringend, von ihrer Verweigerungshaltung in Bezug auf die Einhaltung von Finanzierungszusagen abzulassen. Diejenigen, die derzeit nicht auf dem Weg sind, dieses Ziel zu erreichen, müssen ihre Anstrengungen erhöhen. Ich fordere die Ratspräsidentschaft auf, „diesbezüglich eine führende Rolle einzunehmen und mit gutem Beispiel voranzugehen, indem eine angemessene und vorhersehbare Finanzierung bereitgestellt wird und verstärkte Anstrengungen unternommen werden, damit Leben gerettet werden können“.

 
  
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  Glenys Kinnock (PSE).(EN) Herr Präsident! Darf ich zu Beginn der Frau Kommissarin ganz herzlich danken für ihre starke und mutige Erklärung, die sehr gut aufgenommen worden ist.Darf ich auch Herrn Kaczmarek sagen, dass er sich dessen bewusst sein sollte, dass 19 % der Todesfälle von Müttern auf unsichere Abtreibungen zurückzuführen sind. Sicher muss diesem Problem mit allem Ernst begegnet werden, und es sollte keinen Vorwand geben, dass damit irgendwie anders umgegangen werden kann.Wenn wir den Blick auf die Rechte der sexuellen und reproduktiven Gesundheit lenken, hören wir von der anderen Seite, sie habe Probleme mit dem Vokabular dieser Entschließung. Offensichtlich wollen sie nicht einmal das Wort „Rechte“ benutzen; ebenso wenig das Wort „Dienste“. Ich fürchte, diese Wortklaubereien würden keinen großen Anklang finden bei den Tausenden und Abertausenden trauernder mutterloser Kinder in den Entwicklungsländern oder bei den Kindern, deren Mütter qualvoll gestorben sind, weil kein Narkotikum zur Hand war, oder mit einer Mutter, die verblutet ist, weil es keinen Faden zum Nähen gab, oder mit einer Mutter, die stirbt, weil keiner die drei Cent hat, um Magnesiumsulfat zu kaufen, dass sie vor dem Verbluten retten würde. Sagen Sie ihnen, dass die Wortwahl dieser Entschließung wichtig ist. Versuchen Sie ihnen zu sagen, dass alles zu viel kostet. Diese Leben sind wertvoll und keine Frau, die Leben gibt, darf sterben.Wir müssen auch in Betracht ziehen, dass manche sagen, die Realität sei eben so, dass Frauen einen niedrigen Status und Wert hätten, und somit könnten wir nichts ändern. Das ist völliger Blödsinn. Wir müssen Dinge verändern. Wir müssen uns mit dieser Art Frauenfeindlichkeit befassen, die zu diesem Leiden und Schmerz führt.Wir fordern auch von der Präsidentschaft Veränderungen. Wir verlangen von der Präsidentschaft Handeln im Sinne der Verpflichtungen, die sie mit den Millenniums-Entwicklungszielen eingegangen ist. Wir schätzen die schönen Worte der Präsidentschaft der Europäischen Union, aber wir wollen mehr Taten sehen.Das Millenniums-Entwicklungsziel Nr. 5 zu erfüllen heißt, Gesundheitssysteme aufzubauen und finanzielle Voraussetzungen dafür zu schaffen, dagegen angehen zu können, dass weltweit 40 % der Frauen bei der Geburt keine fachkundige Hilfe zur Seite steht. Wir erwarten von der Präsidentschaft, dass sie hier die führende Rolle übernimmt. Zum Beispiel ging in Frankreich die Hilfe für Afrika zwischen 2006 und 2007 wirklich zurück. Frankreich kommt seinen Verpflichtungen nicht mehr nach, und wir müssen wissen, dass sich die Präsidentschaft den Aufruf zum Handeln zu Herzen nimmt und die Art von Engagement an den Tag legt, die vor dem Jahr 2010 benötigt wird.Würde die Präsidentschaft darlegen, ob diese Mittelbindungen realisiert werden? Beabsichtigt sie, das Versprechen zu halten? Wir wissen um die Notwendigkeit, Müttersterblichkeit zu bekämpfen. Wir wissen, wie viel es kostet. Wir wissen leider auch, wie viel es kostet, es nicht zu tun.

 
  
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  Toomas Savi (ALDE).(EN) Herr Präsident! Die Verdammung der Verwendung von Verhütungsmitteln und die Verhinderung legaler Abtreibung ist eines der niederträchtigsten Verbrechen gegen die Menschlichkeit gewesen, da einige Verhütungsmittel auch Schutz gegen sexuell übertragbare Krankheiten wie z. B. gegen HIV bieten. Sie verbessern auch die Gesundheit der Mütter, wenn sie mit hinreichender Sexualerziehung verbunden werden. Legale Abtreibung bewahrt ungewollte Kinder vor einem Leben in Armut, Hunger und Krankheit. Indem wir Frauen die Entscheidungsfreiheit absprechen, entfernen wir uns vom Erreichen der Millenniums-Entwicklungsziele. Um die Müttergesundheit in Entwicklungsländern zu verbessern, muss die Europäische Union die so genannte „Global Gag Rule“ (Mexiko-City-Politik) der USA ebenso wie das von einigen Kirchen befürwortete Verbot der Verwendung von Verhütungsmitteln verurteilen.

 
  
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  Carlo Casini (PPE-DE).(IT) Herr Präsident, Herr Kommissar, Herr amtierender Ratspräsident, meine Damen und Herren! Es ist unsere grundsätzliche Pflicht, Maßnahmen zu ergreifen, damit Frauen ihre Aufgabe als Mütter unter optimalen gesundheitlichen Bedingungen erfüllen können. Das ist eine Selbstverständlichkeit, und daher verdient der in dem vorliegenden Entschließungsantrag in diesem Sinne geäußerte Wunsch unsere Unterstützung.

Ich kann jedoch nicht verhehlen, dass es mir Unbehagen bereitet, wenn ich höre, wie in internationalen Kreisen der Begriff „reproduktive Gesundheitsdienste“ missbraucht wird: Wir wollen reproduktive Gesundheitsdienste, können es aber nicht zulassen, dass dazu auch die freiwillige Abtreibung gehört und die tragische Vernichtung menschlicher Wesen im Anfangsstadium ihrer Existenz damit zu einem sozialen Dienst wird.

Welche Ansicht zum Abtreibungsrecht jeder von uns auch immer vertritt, so darf in einem Dokument zur Gesundheit der Mütter meines Erachtens nicht außer Acht gelassen werden, dass es bei der Mutterschaft nicht um eine Person allein, sondern um zwei Personen geht. Daher begrüße ich es, dass in dem Kompromissentschließungsantrag sowohl auf die Erklärung der Rechte des Kindes als auch auf das UNO-Übereinkommen über die Rechte des Kindes Bezug genommen wird, in denen der Begriff „Kind“ auch für ungeborene Kinder verwendet wird und besondere Fürsorge und Schutz für das Kind und seine Mutter gefordert werden.

Ich hielt es nur für richtig, dass in Dokumenten zur Gewährleistung einer sicheren Mutterschaft nicht nur auf diese Instrumente verwiesen wird, sondern auch auf andere Mittel eines besseren Lebensschutzes, seien es öffentliche Fürsorge, wirtschaftliche, soziale und psychologische Unterstützung oder die Erziehung zur Achtung des Lebens. Wird hiervon ein beschränkter Gebrauch gemacht und wird der Nachdruck lediglich auf die Empfängnisverhütung gelegt, Abtreibung eingeschlossen, so werden die erwünschten Ergebnisse hingegen nicht erzielt werden.

Es gibt Länder in Europa wie Frankreich und das Vereinigte Königreich, in denen die Empfängnisverhütung zweifellos weitaus stärker verbreitet ist als in anderen Ländern, in denen jedoch offiziellen Berichten zufolge die Zahl der Abtreibungen gleichwohl ständig steigt. Ich möchte die Kolleginnen und Kollegen bitten, darüber einmal nachzudenken.

 
  
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  Anne Van Lancker (PSE).(NL) Herr Präsident, Frau Kommissarin, Herr Ratspräsident! Ich möchte der Kommissarin meinen Dank für ihre sehr überzeugende Erklärung aussprechen. Es trifft zu, dass Müttersterblichkeit die Ungleichheit zwischen den Frauen im Norden und im Süden am deutlichsten veranschaulicht. Offensichtlich haben einige unserer Kollegen in diesem Saal noch immer nichts verstanden. Herr Casini, jährlich werden 50 Millionen Frauen ungewollt schwanger, weil sie keinen Zugang zu Verhütungsmitteln haben. 42 Millionen dieser Frauen unterziehen sich einer unsicheren Abtreibung, 80 000 sterben daran. Das sind die harten Fakten. Die allermeisten dieser Frauen leben in Afrika südlich der Sahara, der Westen hat also überhaupt keinen Grund, diesen Frauen die Leviten zu lesen.

Das ist eine Schande, denn Müttersterblichkeit lässt sich vollkommen vermeiden, wenn Frauen Zugang zu Gesundheitsfürsorge sowie zu sexueller und reproduktiver Gesundheit haben. Der Weltgesundheitsorganisation zufolge bedarf es 34 Euro pro Person und Jahr für die medizinische Grundversorgung. Das ist machbar, wenn die Europäische Union auf die Zusagen der Entwicklungsländer selbst 15 % der Entwicklungshilfe für die Gesundheitsversorgung, einschließlich sexueller und reproduktiver Gesundheit, draufsattelt. Aber gerade da drückt der Schuh. Die Investitionen der Mitgliedstaaten in die Gesundheitsfürsorge wurden in den vergangenen Jahren kontinuierlich zurückgefahren. Die Mittel im Bereich der Familienplanung haben sich seit 1994 quasi halbiert. Selbst im Europäischen Entwicklungsfonds werden knapp 4 % für Gesundheitsversorgung aufgewendet gegenüber 30 % für die Infrastruktur und Budgethilfe. Es ist also eindeutig an der Zeit, dass die Worte des Rates und die Versprechen der Kommission in konkrete Projekte umgemünzt werden, indem beispielsweise Budgethilfe an sichtbare Ergebnisse auf dem Gebiet des Millenniums-Entwicklungsziels Nr. 5 und der Rettung von Frauenleben in Afrika geknüpft wird.

 
  
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  Sophia in 't Veld (ALDE). - (NL) Herr Präsident! Ich möchte nicht verhehlen, dass es mir schwerfällt, hier eine zusammenhängende Rede zu halten, nachdem ich vernommen habe, was die Herren auf dieser Seite des Hohen Hauses zu sagen haben. Das zerreißt mir auch als Frau das Herz, betrifft es doch auch mich und die anderen Frauen in diesem Saal. Denn schließlich erörtern wir weder ein medizinisches, noch ein finanzielles Problem (obwohl ich für die Zusage von mehr Mitteln dankbar bin), sondern ein gesellschaftliches Problem. Eine Problematik, die die Haltung der Gesellschaft gegenüber Frauen berührt, einer Gesellschaft, die Frauen auf der ganzen Welt noch immer als Bürger zweiter Klasse betrachtet.

Offen gestanden finde ich es unfassbar, wenn ich höre, was diese beiden Herren von sich geben dürfen, wohl wissend, dass dies jährlich einer halben Million Frauen das Leben kostet. Das ist unglaublich. Keine einzige Frau will eine Abtreibung, keine einzige! Wenn sie jedoch keine andere Wahl hat, dann muss sie zumindest sicher und legal abtreiben können. Das ist ein Frauenrecht, das übrigens zu meiner großen Freude vom Europarat befürwortet wird. Wenn wir dieses Recht nicht anerkennen, dann sind es nur Krokodilstränen, die wir alle hier vergießen. Ich appelliere daher an jeden Einzelnen in diesem Saal, für die Änderungsanträge zu stimmen, die die „Global Gag Rule“ der Vereinigten Staaten und auch das Kondomverbot des Vatikans verurteilen, denn diese beiden Dinge sind unmittelbar für Millionen von Toten verantwortlich und müssen meines Erachtens von diesem Parlament gebrandmarkt werden.

 
  
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  Mairead McGuinness (PPE-DE).(EN) Herr Präsident! Unsere politischen Maßnahmen betreffend die Gesundheit von Müttern in den Entwicklungsländern schlagen fehl. Wir wissen es aus der heutigen Aussprache, denn es ist kein Fortschritt dabei erzielt worden, das Grauen, dass eine gebärende Frau stirbt, zu verringern. Wenn in Irland eine Frau bei der Geburt stirbt, gibt es einen Aufschrei und eine umfassende medizinische Untersuchung, weil das selten vorkommt. Dafür bin ich dankbar, aber es ist immer noch schockierend. Dass eine von sechzehn Frauen in den Entwicklungsländern bei der Geburt stirbt, ist eine erschreckende Statistik, und während wir hier in unseren Komfortzonen diskutieren, gibt es in afrikanischen Dörfern schwangere Frauen, die wissen, dass ihre Leben in Gefahr sind und dass sie vielleicht nicht weiterleben werden, um ihr geborenes Kind zu sehen oder auch um ihre anderen Kinder großzuziehen.Gesundheit von Müttern ist Teil der Gesamtgesundheit und schließt den Zugang zu Lebensmitteln mit ein, die Frage der Lebensmittelsicherheit ist von großer Bedeutung. Aber kann ich ein anderes Thema ansprechen, das hier noch nicht angeschnitten worden ist? Ich danke der Frau Kommissarin für ihre Äußerungen über die Notwendigkeit der Ausbildung von medizinischem Fachpersonal. Eine riesige Anzahl von Fachkräften müsste geschult werden, aber – seien wir ehrlich – die Industriestaaten stehlen Afrika die ausgebildeten Kräfte, damit sie sich hier um uns kümmern, sowohl in den USA als auch in der EU, wir sollten da ganz ehrlich sein. Wir können es uns leisten, sie zu bezahlen, und sie wollen kommen und arbeiten, aber wir berauben diese Länder ihrer eigenen qualifizierten Leute. Es wäre schön, wenn Sie das vielleicht in Ihren abschließenden Bemerkungen ansprechen.Mit Schmerz, Leiden und Tod hat das zu tun, worüber wir hier reden. Ich habe die Kinder erwähnt, die zurückbleiben. In Indien wohnten wir kurz vor Weihnachten als Teil der Indien-Delegation einem sehr nützlichen Projekt bei, das von der EU finanziert wird und in dem die Frauen der Dörfer – weil es keine ausgebildeten Ärzte und Krankenschwestern gibt – geschult werden, um die Kindersterblichkeit abbauen zu helfen. Dieses bescheidene Projekt hatte großen Erfolg, weil es von der Basis her aufgebaut ist. Vielleicht sollten wir uns derartige Programme zum Vorbild nehmen, um dem Sterben der Mütter Einhalt zu gebieten, da wir wissen, dass wir alle diese sehr gut ausgebildeten Fachkräfte benötigen.

 
  
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  Neena Gill (PSE).(EN) Herr Präsident! Ich freue mich, dass dieses Parlament eine Aussprache über das Millenniums-Entwicklungsziel Nr. 5 führt, weil gerade jetzt, da ich spreche, irgendwo auf der Welt eine Frau ihr Leben verliert, um neues Leben zu geben. Wie schrecklich das auch ist, der Fortschritt bei diesem Ziel war unwesentlich, wie wir ja gehört haben; und es ist auch das einzige Millenniums-Entwicklungsziel, bei dem sich nichts gebessert hat – und in einigen Gegenden ist sogar eine Verschlechterung eingetreten.Manche würden sagen, dass dieses Thema deshalb so wenig Aufmerksamkeit auf sich zieht, weil es Frauen betrifft und weil sich 99 % der Todesfälle in den Entwicklungsländern ereignen. Dies ist eine der größten sozialen Ungleichheiten in der Welt, und ich bin der Meinung, dass sich die EU – wobei ich das persönliche Engagement der Frau Kommissarin anerkenne – nur sehr langsam der Problematik angenommen hat.Ich möchte also die Kommission und den Rat fragen, was sie zu tun gedenken, damit die Finanzierung erhöht und diese Haushaltslinie nicht gekürzt wird. Wenn Sie sich die Rubrik 4 anschauen, in der kurzfristige Krisen und Naturkatastrophen tendenziell Vorrang haben, müssen wir die Priorität nicht nur innerhalb der Union, sondern auch international gewährleisten. Ich möchte die Kommission und die Mitgliedstaaten auffordern, die Durchführung dieser Programme erneut genau zu überprüfen, um sicherzustellen, dass die Umsetzung der acht Ziele nicht von schlechter Qualität der Dienste, Korruption und fehlender Verantwortlichkeit geplagt wird – dies sind alles Gründe, weshalb der Plan in einigen Ländern keine Fortschritte gemacht hat. Gut durchdachte Programme sind notwendig. Wie Frau McGuinness dargelegt hat, haben wir in Indien ein Projekt mit sehr geringer Finanzierung gesehen, in dem Handys zur Verfügung gestellt wurden und das für so kleine Maßnahmen sorgte wie eine Schulung von zwei Tagen für eine Verbindungsperson, die Gefahrenzeichen während und nach der Schwangerschaft erkennen sollte, und dies machte – zusammen mit Erziehung, der notwendigsten persönlichen Körperhygiene und einfach der Möglichkeit, Wasser zu kochen – den Unterschied zwischen Leben und Sterben aus. In diesem Jahr, das die Vereinten Nationen zum Aktionsjahr für die Millenniums-Entwicklungsziele ausgerufen haben, können wir nicht länger selbstgefällig bleiben, sondern müssen wir dafür sorgen, dass wir die tragische Kluft zwischen reicher und armer Welt abschaffen.

 
  
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  Edite Estrela (PSE).(PT) Herr Präsident, Frau Kommissarin! Es war mir eine Freude, Ihnen zuzuhören. Ihr Befund war korrekt, und Sie haben konkrete Maßnahmen vorgeschlagen. Wir benötigen Aktionspläne, finanzielle Unterstützung und eine Auswertung der Ergebnisse. Also mehr Handeln und weniger Gerede! Wir müssen außerdem die verloren gegangene Zeit wettmachen, da in Entwicklungsländern Jahr für Jahr Abertausende Frauen durch unzureichende Informationen und mangelnden Zugang zu sexueller und reproduktiver Gesundheit sterben. Die Statistiken sind nicht einfach nur Zahlen, sie stehen für Familientragödien, für Kinder, die zu Waisen wurden, für sterbende Menschen, die man hätte retten können. Hält uns der Gedanke daran, das Bewusstsein, das so etwas in der Welt geschieht, nachts nicht wach?

Sexuelle und reproduktive Gesundheit müssen Priorität haben. Es ist bedauerlich, dass einige versuchen, das Thema sexuelle und reproduktive Gesundheit nur auf Abtreibung zu reduzieren. Es muss jedoch sichergestellt werden, dass Abtreibung legal und ungefährlich ist, und sie muss eine Ausnahme sein, denn nur so kann illegale Abtreibung bekämpft werden. Alle Frauen aller Kontinente haben das Recht auf Zugang zu sexueller und reproduktiver Gesundheit. Ohne das Recht auf sexuelle und reproduktive Gesundheit gibt es keine Gleichberechtigung der Geschlechter. Die Kommission und der Rat müssen geeignete Maßnahmen ergreifen.

 
  
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  Françoise Castex (PSE).(FR) Herr Präsident, Frau Kommissarin, Herr Ratspräsident, werte Kolleginnen und Kollegen! Das Scheitern des Ziels Nr. 5 der Millenniums-Entwicklungsziele berührt uns, weil es das Scheitern beim Bemühen um Fortschritte hinsichtlich der Emanzipation der Frauen in der Welt deutlich macht. Wir sind uns darüber einig, dass wir dies zu einem vorrangigen politischen Ziel machen müssen, weil es für uns eine Gewissensfrage ist. Wir müssen jedoch auch den Mut aufbringen, zu sagen, dass Hunderttausende Frauen zugleich Opfer der Unwissenheit, der Nachlässigkeit und der Desinformation sind. Nachlässigkeit, weil die Mehrzahl der 500 000 Fälle von Müttersterblichkeit vielfach durch Prävention und einfache Gesundheitsfürsorge vermeidbar wäre. So könnten beispielsweise durch die Verteilung imprägnierter Moskitonetze die Fälle der Malaria verhindert werden, die für Tausende Frauen tödlich sind. Die Unwissenheit: Die Mädchen und Frauen haben noch allzu oft keinen Zugang zu der Basiserziehung, die es schlichtweg ermöglichen würde, einfache Hygiene- und Pflegehinweise zu lesen und zu verstehen. Schließlich die Desinformation: Eine gewisse konservative Auffassung von Religion und Tradition, die die Frauen in einer heutzutage unerträglichen Abhängigkeit hält, sehr frühe Eheschließungen, Mutterschaften in sehr kurzer Abfolge, Tabus der Empfängnisverhütung durch die Frau. Wir handeln also, und die Netzwerke der Parlamentarier für die Bevölkerung in den Entwicklungsländern, Europa und Afrika arbeiten unter der Ägide der UNFPA zusammen. Wir setzen uns für die Gesundheit, Fortpflanzung und Meisterung der Mutterschaft durch die Frauen ein, und über die erforderliche finanzielle Unterstützung hinaus müssen wir dazu beitragen, die Mentalitäten und die Stellung der Frauen zu verändern. Das ist ein wesentliches politisches Ziel für die Entwicklung all dieser Länder.

 
  
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  Marusya Ivanova Lyubcheva (PSE). (BG) Ich gratuliere Ihnen, Frau Kommissarin, zu Ihrem Standpunkt. Es gibt eine Vielzahl von Problemen, von denen das Problem der Gesundheit der Mütter eines ist. Einerseits geht es dabei um das Gesundheitssystem, andererseits um das Sozialsystem, die allgemein mit dem Schutz der Mutterschaft zusammenhängen. Die Gesundheit, der mentale und körperliche Zustand von Müttern, aber auch von Kindern, hängt davon ab, wie diese beiden Systeme miteinander verzahnt sind. Drittens ist Mutterschaft unlösbar mit den demografischen Herausforderungen jedes Landes verknüpft, was bekanntlich ein schwer wiegendes Problem ist.

Das Problem der Gesundheit von Müttern hängt zum Teil mit der Finanzierung zusammen. Die Länder sollten aufgefordert werden, ausreichende Mittel für jene bereit zu stellen, die keine Hilfe erhalten, damit die Sterblichkeitsrate bei jungen Müttern und Kindern verringert werden kann und die nötigen Präventivmaßnahmen getroffen werden können, denn jedes Leben ist ein Geschenk. Außerdem sollten Maßnahmen für möglichst umfassende Gesundheitsdienste und Sozialleistungen für Frauen ergriffen werden.

Der Schutz der Mutterschaft hängt auch von der Entlohnung des medizinischen Personals auf Geburtsstationen ab. Dieses Problem, das viele Länder kennen, darunter auch EU-Mitgliedstaaten, muss gelöst werden.

 
  
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  Danutė Budreikaitė (ALDE). - (LT) Das Europäische Parlament hat Gespräche über den von der Kommission vorgeschlagenen Anreiz zur Anwerbung hoch qualifizierter Fachkräfte aus Drittstaaten für den EU-Arbeitsmarkt – die so genannte Blue Card – aufgenommen. Die Mitgliedstaaten sind aufgefordert, Facharbeiter aus sensiblen Sektoren der Entwicklungsländer wie dem Bildungs- und Gesundheitswesen nicht anzuwerben, obgleich einige Mitgliedstaaten, darunter das Vereinigte Königreich, nicht darauf vorbereitet sind. Mit der einen Hand geben, mit der anderen nehmen! Wenn wir Fachkräfte aus dem Gesundheitswesen abwerben, in dem ohnehin schon Arbeitskräftemangel herrscht, ist die Gesundheit der Frauen, die Gesundheit aller Mitglieder der Gesellschaft im Allgemeinen gefährdet und in einem noch schlimmeren Zustand. Ich empfehle sicherzustellen, dass sich die von uns verabschiedeten Rechtsakte nicht widersprechen und unsere Politiken in Einklang mit unseren Grundsätzen stehen.

 
  
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  Proinsias De Rossa (PSE).(EN) Herr Präsident! Ich ergreife das Wort in dieser Aussprache, um als Erstes dem Rat für seinen Aktionsplan vom Juni zu danken, dann aber ganz besonders, um meiner Anerkennung für die sehr direkte Erklärung der Frau Kommissarin Ferrero-Waldner Ausdruck zu verleihen.Es ist erschreckend und skandalös, dass dieses Millenniums-Entwicklungsziel verfehlt wird und dass wir keinen Fortschritt seit dem Jahr 2000 und während der letzten 20 Jahre zu verzeichnen haben. Millionen von Frauen sind gestorben und ungezählte Kinder wurden sinnlos zu Waisen.Wir sind uns bewusst, was diese Todesfälle verursacht und wie wir sie verhindern können. Wir haben die Mittel und das Wissen dazu, und doch geschieht nichts. Warum? Warum versagen wir? Mir scheint, wir lassen zu, dass die Neinsager, die mit ihrem Gewissen argumentieren, den Fortschritt auf diesem Gebiet blockieren. Wir müssen die Moralapostel links liegen lassen – jene, die dieses Thema immer nur auf die Frage der Abtreibung und die Verwendung von Kondomen reduzieren. Warum irgendjemand ein Kondom als eine Art Teufelswerkzeug ansehen sollte, übersteigt doch Verstand und Vernunft!Ich möchte diejenigen, die in der Lage sind, Entscheidungen zu treffen und diese durchzusetzen, dringend bitten, die aus Pflichtbewusstsein handelnden Verweigerer zu ignorieren und mit der Arbeit fortzufahren.

 
  
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  Zbigniew Zaleski (PPE-DE).(EN) Herr Präsident! Nur eine kleine Überlegung zu diesem Thema, das politische, psychologische, körperliche und moralische Aspekte hat und also sehr kompliziert ist. Wenn Frau Kinnock sagt, diese Seite möge nicht einmal den Ausdruck „Dienst“, so muss ich widersprechen. Es gibt sehr viele „Dienste“, aber unter ihnen einen, der sehr umstritten ist: Abtreibung. Ich glaube, die Seite zu meiner Rechten will es mit ein paar wunderschönen Worten verdecken, indem sie Begriffe wie „reproduktive Gesundheit“ benutzt. Ich denke, Sie kennen die Position der meisten auf dieser Seite des Hauses, aber da sind so viele andere „Dienste“, denen Sie zustimmen, die Sie in Anspruch nehmen und im Rahmen des finanziell Machbaren unterstützen wollen, und dies wird, hoffe ich, die Zahl an Todesfällen in jenen verschiedenen Momenten, die wir heute erörtert haben, verringern. Dieser Vorwurf ist also nicht gerade gerechtfertigt, obwohl wir um die moralischen Probleme wissen, die mit diesem einen „Dienst“ verbunden sind.

 
  
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  Catherine Stihler (PSE).(EN) Herr Präsident! Meines Erachtens ist die Tatsache, dass jede Minute eine Frau stirbt, wenn sie gebärt – nach den Worten der Frau Kommissarin eine der natürlichsten Sachen auf der Welt –, erschreckend und skandalös. Genauso beschämend ist auch, dass wir es nicht schaffen, diesem Millenniums-Entwicklungsziel nachzukommen und dass wir die am stärksten gefährdeten Frauen und Kinder unserer Welt im Stich lassen.Ich möchte sowohl die französische Präsidentschaft als auch die Kommission bitten, dem Haus zu berichten, was in New York Ende dieses Monats beschlossen wird, und dass sie in den nächsten Wochen eine Veränderung nicht nur auf der Ebene der Mitgliedstaaten, sondern auf internationaler Ebene zu ihrer persönlichen Priorität machen, um dies auf der politischen Agenda noch höher zu rücken.

 
  
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  Jean-Pierre Jouyet, amtierender Ratspräsident. (FR) Herr Präsident, meine Damen und Herren Abgeordneten! Ich möchte nicht das noch einmal aufgreifen, was die Frau Kommissarin mit viel Emotion gesagt hat, wobei ich ihre Überzeugungen angesichts des Skandals, dem wir uns gegenüber sehen, uneingeschränkt teile. Deshalb hat der Rat ein Aktionsprogramm erarbeitet. Zwar interveniert er spät, aber dieses Programm ist ehrgeizig, ich möchte nicht noch einmal darauf eingehen.

Die Präsidentschaft ihrerseits wird, dies sei ganz klar gesagt, der Förderung und Verteidigung der Rechte der Frauen Priorität einräumen. Unser Programm umfasst insbesondere die Erarbeitung von Leitlinien zur Bekämpfung der Gewalt gegen Frauen, die das Handeln der Europäischen Union in den internationalen Gremien und Ende dieses Monats bei den hochrangigen Tagungen in den Vereinten Nationen über den Entwicklungsbedarf Afrikas im Rahmen der Millenniumsziele bestimmen werden. Wir haben ferner die Initiative über Frauen und bewaffnete Konflikte, die es ermöglichen soll, die besondere Situation der Frauen dort, wo die Europäische Union ihre Außen- und Sicherheitspolitik umsetzt, besser zu berücksichtigen, indem wir als Präsidentschaft zusammen mit den Niederlanden die Initiative für eine neue Resolution der Generalversammlung der Vereinten Nationen zum Thema Gewalt gegen Frauen ergreifen. Und da von der nationalen Situation die Rede war, möchte ich, da ich als Vertreter des Rates hier bin, sagen, dass alle Mitgliedstaaten aufgerufen sind, sich dieser Resolution im Rahmen der Vereinten Nationalen anzuschließen. Im Dezember 2008 soll schließlich ein Forum der Nichtregierungsorganisationen zur Situation der Frauen stattfinden.

Was die Müttergesundheit und Ihre Ausführungen zu diesem Thema betrifft, so kann ich das Engagement und die Empörung nur teilen, die hier zum Ausdruck gebracht wurden, vor allem im Zusammenhang mit dem HIV-Virus, wobei ich sagen möchte, dass die Union den Weltfonds gegen AIDS im Jahr 2007 in Höhe von 91 Millionen Euro finanzieren und damit der erste Geber für diesen Fonds in diesem Jahr sein wird.

Was die Anmerkungen von Frau Kinnock betrifft, die als überzeugte Europäerin die Ratspräsidentschaft nicht mit einem Nationalstaat gleichsetzen kann – sonst würde ich sie heute nicht wiedererkennen – so will ich sagen, dass bezüglich der Haushaltsmittel der Europäischen Union die von Frankreich aufgebrachten Mittel im Jahr 2008 erhöhen werden. Um es genau zu sagen, der Anteil für den Gesundheitsbereich stieg im Zeitraum von 2006 bis 2008 von 820 Millionen Euro auf 930 Millionen Euro. Ich glaube jedoch nicht, dass dies der richtige Ort ist, um immer wieder die gleichen Wettkämpfe zwischen uns auszutragen.

Persönlich muss ich sagen, dass, nachdem ich Ihre Aussprache verfolgt habe, die Präsidentschaft dem Vorschlag von Frau Buitenweg, den sie mir übergeben hat, sehr große Beachtung schenken wird. Für die Präsidentschaft ist die Armutsbekämpfung mit der Verbesserung der Situation der Frauen und der Achtung ihrer Rechte an allen Orten gekoppelt. Die Einmischung beginnt dort, wo systematisch die Gesundheit der Frauen in Frage gestellt ist und wo man sich die notwendigen Mittel, alle notwendigen Mittel unter legalen und sicheren Bedingungen in die Hand geben muss, um diesem Skandal ein Ende zu setzen, und von diesem Standpunkt aus dürfen wir unabhängig von unseren Überzeugungen keines dieser Mittel auslassen.

Wir müssen Fortschritte ansteuern, um diesen echten Skandal hinsichtlich der Situation der Frauen, insbesondere in den ärmsten Ländern, zu beenden. Unter diesem Gesichtspunkt sollte, lassen Sie mich das wiederholen, unabhängig von unseren Überzeugungen Einmütigkeit zwischen uns bestehen. Die Präsidentschaft ihrerseits ist entschlossen, in diesem Sinne zu handeln, vor allem in Afrika, und alle ihr zur Verfügung stehenden Mittel einzusetzen.

 
  
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  Benita Ferrero-Waldner, Mitglied der Kommission. (EN) Herr Präsident! Wir haben einige sehr wichtige Äußerungen gehört. Zu diesem emotionalen Thema gibt es unterschiedliche Standpunkte. Meines Erachtens sollten wir auf das Aktionsprogramm der in Kairo abgehaltenen Internationalen Konferenz über Bevölkerung und Entwicklung zurückkommen, das deutlich Achtung vor nationalen rechtlichen Rahmen erkennen lässt. Auf jeden Fall lehnen wir Zwangsabtreibung, Sterilisation ohne Einwilligung der Betroffenen, Kindestötung und andere Menschenrechtsverletzungen ab, die ohne Zweifel nicht im Einklang mit dieser Politik stehen.Zugleich muss man einsehen, dass Geburten nicht ohne Komplikationen ablaufen. Das ist, wie Frau Buitenweg gesagt hat, ein Luxus in unseren Ländern, aber durchaus nicht in anderen. Der Grundsatz der freiwilligen Entscheidung sollte deshalb dieses Aktionsprogramm leiten, dessen Absicht es ist, allgemeinen Zugang zur gesamten Bandbreite sicherer und zuverlässiger Methoden der Familienplanung – das hat natürlich Vorrang – und zu Dienstleistungen im Bereich der reproduktiven Gesundheit, die nicht gesetzwidrig sind, zu ermöglichen.Einzelpersonen und Paare sollen dabei unterstützt werden, aufgrund eigener Entscheidung ihre reproduktiven Ziele zu verwirklichen, indem man ihnen in vollem Umfang die Möglichkeit gibt, selbst zu bestimmen, ob sie ihr Recht auf Kinder wahrnehmen wollen. Das muss unser Ziel sein.Auf keinen Fall wird Abtreibung als Methode der Familienplanung befürwortet. Die Regierungen sind verpflichtet, sich mit den gesundheitlichen Folgen unsicherer Abtreibungen zu befassen – da sie vorkommen, und wir haben gehört, wie viele Frauen an ihnen sterben –, handelt es sich dabei doch um ein Anliegen der öffentlichen Gesundheit, und mithilfe verbesserter Familienplanungsdienste dafür zu sorgen, dass weniger zu Abtreibungen Zuflucht gesucht wird. Sofern Abtreibungen nicht gesetzwidrig sind, sollten sie sicher sein und Teil eines umfassenden reproduktiven Gesundheitsdienstes. Das ist von höchstem Belang.Andererseits sollten Gesundheitssysteme zweifellos besser sein, da sie unzulänglich sind, und wir wollen jetzt diese Systeme durch die Ausbildung von mehr medizinischem Personal und das Konzept einer Gesundheitsversicherung stärken. Das ist eine Initiative der französischen Präsidentschaft.Wahr ist, dass viel Geld z. B. zur Bekämpfung von HIV/AIDS in den letzten Jahren ausgegeben worden ist, aber leider werden immer mehr Frauen in Afrika mit HIV/AIDS infiziert: Eines von vier Mädchen im Alter zwischen 16 und 24 ist heute HIV-positiv. Eine schreckliche Feststellung. Die Kommission ist sich dessen bewusst und fördert durch den Globalen Fonds Projekte, die mehr auf Frauen und die Gleichstellung der Geschlechter ausgerichtet sind. Schließlich, zur Frage der Migration, dies könnte in die falsche Richtung gehen. Die Abwanderung von Fachkräften, der „Braindrain“, ist eines der Themen, das angegangen werden muss, wenn Migration als Ganzes zur Debatte steht. Es hat positive wie negative Seiten, und wir müssen das richtige Verhältnis dafür finden.

 
  
  

VORSITZ: MANUEL ANTÓNIO DOS SANTOS
Vizepräsident

 
  
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  Der Präsident.(PT) Zum Abschluss der Aussprache wurden gemäß Artikel 103 Absatz 2 der Geschäftsordnung sechs Entschließungsanträge(1) eingereicht.

Die Aussprache ist geschlossen.

Die Abstimmung findet morgen statt.

Schriftliche Erklärungen (Artikel 142)

 
  
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  Cristian Silviu Buşoi (ALDE), schriftlich.(RO) Die EU hat sich verpflichtet, die Millenniumsentwicklungsziele zu verwirklichen, wozu beispielsweise auch die Verringerung der Müttersterblichkeit um 75 % bis zum Jahr 2015 gehört.

Obgleich sich die EU-Mitgliedstaaten insgesamt auf dem richtigen Weg befinden, ist der Fortschritt im Bereich der Gesundheit von Müttern schleppend. Initiativen der EU-Kommission, Mittel für die Reform der Gesundheitssysteme vorzusehen, um die Qualität der vor- und nachgeburtlichen Betreuung sowie den Zugang zu den entsprechenden Leistungen zu verbessern, Unterstützung für Forschungsarbeiten auf dem Gebiet der Reproduktionsmedizin und die Ausbildung von medizinischem Personal wären geeignet, um Ziel Nr. 5 zu erreichen.

Auch die im Juni 2008 in Tallinn verabschiedete Charta über die Verbesserung der Leistungsfähigkeit der Gesundheitssysteme ist ein wichtiger Schritt nach vorn. Dennoch gibt es entwickelte Länder wie Frankreich, Großbritannien oder die Niederlande mit einer äußerst geringen Sterblichkeitsrate, für die eine Senkung um 75 % bis 2015 schwierig sein dürfte, da die Entwicklung langsamer ist, als in Ländern mit einer höheren Müttersterblichkeit. Darüber hinaus gibt es Unterschiede im Hinblick auf die in den Mitgliedstaaten der EU erzielten Fortschritte sowie sogar innerhalb der Regionen verschiedener Länder.

Um das für 2015 gesetzte Ziel zu erreichen, ist daher die umgehende Modernisierung der europäischen Gesundheitssysteme erforderlich, wobei ein besonderer Schwerpunkt auf die Forschung zur Verbesserung von vor- und nachgeburtlicher Versorgung sowie auf die effizientere Gesundheitserziehung und Familienplanung gelegt werden sollte.

 
  
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  Monica Maria Iacob-Ridzi (PPE-DE), schriftlich. – (RO) Die Europäische Union ist eine starke Befürworterin der von den Vereinten Nationen verabschiedeten Millenniumsentwicklungsziele. Die UNO hat Zielvorgaben für Frieden, Sicherheit, Entwicklung, Staatsführung und Menschenrechte festgelegt, die bis 2015 erreicht werden sollen.

Von den acht Zielen sollte der Verbesserung der Gesundheit von Müttern besondere Beachtung zukommen, da über eine halbe Million Frauen, vor allem in Afrika und Asien, während der Schwangerschaft oder der Geburt ihres Kindes sterben.

Die wichtigste Ursache für den weltweiten Anstieg der Sterblichkeit ist der Mangel an qualifiziertem Personal in der Vorsorge für Schwangere und in der Geburtshilfe. Dafür muss eine Lösung gefunden werden, indem umfangreiche Mittel in unterentwickelten Ländern in die Ausbildung von Fachkräften und in medizinische Ausrüstungen investiert werden.

Für Rumänien besteht die Zielstellung zur Verbesserung der Gesundheit von Müttern darin, die Sterblichkeitsrate bis 2015 auf zehn Todesfälle pro 100 000 Geburten zu senken sowie den allgemeinen Zugang zu Gesundheitsdiensten sicherzustellen.

Gegenwärtig verzeichnet Rumänien ein negatives Bevölkerungswachstum und eine Sterblichkeitsrate von 12 %. Durch Sozialhilfe und Informationsprogramme, Angebote für Mutter und Kind sowie zusätzliche finanzielle Unterstützung durch die EU muss die Geburtenrate wieder eine steigende Tendenz erreichen, und Rumänien muss Teil der demografischen Strategie der EU bleiben.

 
  

(1) Siehe Protokoll.


15. Fragestunde (Anfragen an die Kommission)
Video der Beiträge
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  Der Präsident. – Als nächster Punkt folgt die Fragestunde (B6-0457/2008).

Wir behandeln die folgenden Anfragen an die Kommission.

 
  
  

Erster Teil

 
  
  

Anfrage Nr. 35 von Stavros Arnaoutakis (H-0546/08)

Betrifft: Lebensmittelkrisen in der EU und Schutz der europäischen Verbraucher

Hat die Kommission nach den verschiedentlichen Lebensmittelkrisen in Europa spezifische Maßnahmen beschlossen, um einen effizienten Verbraucherschutz sicherzustellen?

 
  
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  Androula Vasiliou, Mitglied der Kommission. – (EL) Herr Präsident! Zunächst möchte ich Herrn Arnaoutakis für seine Frage zum stets aktuellen Thema der Lebensmittelsicherheit danken.

Der Kommission stehen vielfältige Möglichkeiten zur Verfügung, um zu gewährleisten, dass die Bürger Europas vor möglichen Lebensmittelkrisen geschützt sind. Erstens garantiert die Kommission, dass die zuständigen Behörden in allen 27 Mitgliedstaaten umgehend und zeitgleich über das Europäische Schnellwarnsystem für Lebensmittel und Futtermittel (RASFF) gewarnt werden.

Zweitens führt das Lebensmittel- und Veterinäramt (LVA) der Kommission systematische Inspektionen in den Mitgliedstaaten und in Drittländern durch.

Drittens prüft die Kommission sämtliche ihr von der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit, internationalen Medien oder anderen Quellen zur Verfügung gestellten Informationen sehr genau.

Wenn nötig und vor allem, wenn von Lebensmitteln oder Futtermitteln eine ernsthafte Bedrohung der öffentlichen Gesundheit ausgeht und diese Gefahr von den Mitgliedstaaten nicht wirksam bekämpft werden kann, ergreift die Kommission Maßnahmen auf EU-Ebene.

So wurde das RASFF im Fall des mit Mineralöl verseuchten ukrainischen Sonnenblumenöls von den zuständigen französischen Behörden am 23. April 2008 informiert. Diese Mitteilung ging an alle Mitgliedstaaten. Über das RASFF benachrichtigte die Kommission die anderen EU-Mitgliedstaaten unverzüglich über den Vorfall. Am 10. Juni 2008 wurde die Entscheidung 2008/433/EG der Kommission zur Festlegung besonderer Bedingungen für die Einfuhr von Sonnenblumenöl, dessen Ursprung oder Herkunft die Ukraine ist, wegen des Risikos einer Kontamination durch Mineralöl, herausgegeben. Außerdem wurden Ermittlungen aufgenommen, um die Quelle der Verunreinigung ausfindig zu machen.

Darüber hinaus ermöglicht es das System der Rückverfolgbarkeit gemäß Verordnung (EG) Nr. 178/2002, besser als die Allgemeine Verordnung zum Lebensmittelrecht bekannt, gezielte, genaue Produktrücknahmen beziehungsweise -rückrufe vorzunehmen, ausreichende Informationen für Verbraucher und Betreiber von Lebensmittelunternehmen bereitzustellen sowie die Risiken abzuwägen und eine unnötige Unterbrechung des Handels zu vermeiden.

Des Weiteren überprüft die Kommission die Fähigkeit der zuständigen Inspektionsbehörden der Mitgliedstaaten, die Einhaltung der Vorschriften des Lebensmittelrechts sowohl innerhalb als auch außerhalb der EU zu gewährleisten.

So hat das Lebensmittel- und Veterinäramt der Kommission in Malaysia erhebliche Probleme im Hinblick auf die Erfüllung der Auflagen für den Export von Fischerzeugnissen festgestellt. In der EU hat die Kommission unverzüglich reagiert und die Einfuhr von Fisch aus Malaysia verboten. Das ist nur eines von vielen Beispielen, wie die Kommission wirksamen Verbraucherschutz betreibt und Lebensmittelkrisen verhindert.

Aus diesem Grund vertritt die Kommission die Auffassung, die bestehenden Rechtsvorschriften enthalten die nötigen Mechanismen für die effiziente Bewältigung von Lebensmittelkrisen und für wirksamen Verbraucherschutz.

Gleichzeitig sorgen wir aber auch für die stetige Verbesserung der Kommunikationskanäle und der diesbezüglichen Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten. Beispielsweise erarbeiten wir neue Leitlinien für den Einsatz des RASFF, die die Kommission in Kürze verabschieden wird.

 
  
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  Stavros Arnaoutakis, Verfasser. – (EL) Vielen Dank für Ihren Bericht, Frau Kommissarin. Gestatten Sie mir anzumerken, dass die europäischen Verbraucher gegenwärtig einen Vertrauensverlust erleben. Ihr Vertrauen ist erschüttert worden.

Darum muss aus Sicht der Kommission geschaut werden, welche Schritte notwendig sind, um die Verbraucher zu informieren. Vielleicht tun Sie ja, wie dargelegt, in der Tat schon richtigerweise alles Mögliche und verdienen Glückwünsche. Dennoch hatten wir in Griechenland zum Beispiel das besagte ukrainische Sonnenblumenöl, das zum Teil von über der Hälfte der griechischen Bevölkerung verzehrt worden ist. Wie können Verbraucher geschützt werden und welche Maßnahmen wollen Sie ergreifen?

 
  
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  Androula Vasiliou, Mitglied der Kommission.(EL) Gestatten Sie mir, darauf hinzuweisen, dass der zunehmende Wirbel um dieses Thema und die vom RASFF herausgegebenen Warnungen zeigen, dass das System wirklich funktioniert.

Im Falle von Griechenland und dem ukrainischen Sonnenblumenöl wurde tatsächlich am 23. April 2008 eine allgemeine Warnung herausgeben, dass sich verunreinigtes Sonnenblumenöl auf dem EU-Markt befindet. Als die Schweizer Behörden am 5. Mai 2008 unser Zentrum speziell davor warnten, dass sich das betreffende Öl u. a. auf dem Weg nach Griechenland, Italien und in die Türkei befände, führten die griechischen Behörden die nötigen Ermittlungen durch, stellten uns Informationen zur Verfügung und nahmen die Erzeugnisse vom Markt.

Ich möchte indes betonen, dass die Maßnahmen, die die EU-Kommission ergreifen kann und die sie auch ergreift, nicht mit den Verpflichtungen der Mitgliedstaaten verwechselt werden sollten, da es sich um innere Angelegenheiten handelt.

Selbstverständlich werden Sie von mir wissen wollen, ob Kontrollen durchgeführt werden. Ja. Das Lebensmittel- und Veterinäramt, das verschiedenen Mitgliedstaaten regelmäßig Besuche abstattet, kontrolliert, ob die Abteilungen arbeiten, deckt Mängel auf und weist die Mitgliedstaaten darauf hin. Dies geschieht natürlich sowohl in Griechenland als auch in anderen Ländern.

 
  
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  Mairead McGuinness (PPE-DE).(EN) Frau Kommissarin! Die EU hat in ihrem System vom landwirtschaftlichen Erzeuger bis zum Verbraucher Hervorragendes geleistet, und die Verbraucher sollten ihm vertrauen, aber ich frage ich mich, wie es mit dem Schutz der europäischen Produzenten steht. Meiner Meinung nach behandeln wir importierte Lebensmittel längst nicht so streng wie in der Union hergestellte. Beispielsweise erlauben wir außerhalb der Europäischen Union Stoffe, die wir hier verbieten, und mit der neuen Gesetzgebung zu Pflanzenschutzmitteln wird das in der Getreideproduktion noch zunehmen. Frau Kommissarin, würden Sie sich bitte zu diesem speziellen Problem äußern? Am Ende könnten wir in Europa Lebensmittel konsumieren, die man in der Europäischen Union gar nicht produzieren darf.

 
  
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  Danutė Budreikaitė (ALDE). - (LT) Ich möchte die Frage aufwerfen, was eine Lebensmittelkrise ist. Kann das Inverkehrbringen eines unsicheren Nahrungsmittels auf dem EU-Markt als Lebensmittelkrise angesehen werden? In diesem Fall könnten wir auch von einer Spielzeugkrise reden, da Spielzeug, das die Sicherheitsanforderungen nicht erfüllt, ebenso wie eine ganze Reihe anderer unsicherer Produkte bekanntermaßen verkauft wird. Wie lässt sich eine Lebensmittelkrise definieren? Handelt es sich um eine Krise, wenn die Lebensmittelpreise, die alle Verbraucher betreffen, stets und ständig steigen?

 
  
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  Androula Vassiliou, Mitglied der Kommission.(EN) Zunächst möchte ich zur zweiten Frage sagen, dass wir nicht von einer Lebensmittelkrise sprechen können, wenn wir auf dem Markt eine fehlerhafte Ware feststellen. Zu einer Lebensmittelkrise könnte es kommen, wenn wir diese Ware in der Europäischen Union frei zirkulieren ließen. Erst dann könnten wir vor einer Krise stehen, denn wir könnten die Gesundheit unserer Bürger gefährden.

Aber mit dem System, das wir in Kraft gesetzt haben und peinlich genau anwenden, wollen wir solche Krisen vermeiden. Bei vielen (und noch nicht so lange zurückliegenden) Anlässen ist es uns gelungen, Lebensmittelkrisen abzuwenden.

Zu den Kontrollen von Produkten und Nahrungsmitteln, die außerhalb der Europäischen Union hergestellt werden, muss ich sagen, dass wir von unseren Handelspartnern genau die gleichen Kontrollen fordern wie wir sie auf hier hergestellte Nahrungsmittel anwenden.

Deshalb erwähnte ich z. B. Malaysia, wo unser Lebensmittel- und Veterinäramt bei einer Vor-Ort-Kontrolle feststellte, dass das System nicht richtig funktioniert, weshalb wir Fischimporte aus Malaysia untersagt haben. Gleiches galt für Rindfleisch aus Brasilien und bei vielen anderen Anlässen aus Bangladesch.

Also fordern wir von unseren Partnern, wenn sie in die Europäische Union exportieren wollen, sich an genau die Hygienevorschriften zu halten, die wir innerhalb der Union anwenden.

 
  
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  Der Präsident.

Anfrage Nr. 36 von Bilyana Ilieva Raeva (H-0548/08)

Betrifft: Straßenverkehrssicherheit

Die Zahl der bei Verkehrsunfällen getöteten und verletzten Personen stellt ein humanitäres, gesundheitliches, ökologisches, finanzielles, soziales und demographisches Problem dar. Außerdem haben die aus dieser tragischen Situation erwachsenden Kosten zahlreiche negative Auswirkungen auf die Lebensqualität, die nachhaltige Entwicklung und die globale Erwärmung.

In diesem Zusammenhang sollten Strategien erarbeitet werden, durch die die Mitgliedstaaten angehalten werden, dafür zu sorgen, dass die Zahl der Opfer von Verkehrsunfällen nicht höher ist als der EU-Durchschnitt.

Auf welche Weise beabsichtigt die Kommission, entschiedenere Maßnahmen in die Wege zu leiten, etwa im Rahmen der Rechtsvorschriften der Gemeinschaft, indem die bestehenden gemeinsamen Bestimmungen ausgedehnt werden – insbesondere indem ein gemeinsamer EU-Indikator für Verkehrsunfälle eingeführt wird, an den sich die Mitgliedstaaten strikt zu halten haben?

Wird die Kommission die Möglichkeit prüfen, einen einheitlichen Ansatz für Überwachung, Kontrolle und Sanktionen auf dem Hoheitsgebiet der EU zu entwickeln? Können wir davon ausgehen, dass eine künftige gemeinsame Politik der Europäischen Union im Bereich der Straßenverkehrssicherheit auch zu einer gemeinsamen Politik im Bereich der Verkehrspolizei führen wird, wodurch die Qualität der Kontrolle und Überwachung der Straßenverkehrssicherheit verbessert würde?

 
  
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  Jacques Barrot, Vizepräsident der Kommission. − (FR) Herr Präsident! Da Herr Tajani wegen einer Ministerratstagung verhindert ist, freue ich mich, auf die Frage von Frau Raeva antworten zu können, zumal ihre Frage ein Thema betrifft, mit dem ich mich persönlich vielfach beschäftigt habe und das mir sehr am Herzen liegt.

Im Jahr 2001 hat sich die Europäische Union das Ziel gesetzt, dass die Zahl der Verkehrstoten bis zum Jahr 2010 um die Hälfte gesenkt wird. Dieses Ziel wurde durch das Europäische Parlament und durch den Rat anerkannt. Es war im Jahr 2003 Gegenstand eines Europäischen Aktionsprogramms für die Straßenverkehrssicherheit, in dem sechzig Maßnahmen festgelegt wurden, um die Verkehrsteilnehmer zu einem besseren Verhalten anzuregen und den technischen Fortschritt zu nutzen, um die Sicherheit der Fahrzeuge zu erhöhen, die Straßeninfrastruktur zu verbessern, den gewerblichen Verkehr sicherer zu machen, die Fürsorge für Unfallopfer zu verbessern und die Analyse der Unfalldaten weiterzuentwickeln. Um die Entwicklung der Situation in diesem Bereich der Straßenverkehrssicherheit zu verfolgen, wurden durch die Kommission Leistungsindikatoren entwickelt: Zahl der Verkehrstoten je Million Einwohner, Quote des Tragens von Sicherheitsgurten und Schutzhelmen, Anzahl und Prozentsatz von unter Alkohol stehenden Unfallbeteiligten, Anzahl und Prozentsatz der Personen, die die zulässige Geschwindigkeit überschritten haben.

Im Bereich der gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften ist die neue Richtlinie über den Führerschein zu nennen, die das Europäische Parlament und der Rat am 20. Dezember 2006 verabschiedet haben. Diese Richtlinie zielt darauf ab, die Straßenverkehrssicherheit für junge Straßenverkehrsteilnehmer und die Freizügigkeit der Bürger innerhalb der Europäischen Union zu verbessern. Weiterhin haben wir eine Richtlinie über das Sicherheitsmanagement für die Straßenverkehrsinfrastruktur, die im Juni 2008 nach einer Einigung in erster Lesung verabschiedet wurde. Hinzu kommt ein Vorschlag für eine Richtlinie über die Kontrolle der Durchsetzung von Verkehrssicherheitsvorschriften, den die Kommission 2008 eingereicht hat und der derzeit im Europäischen Parlament und im Rat beraten wird.

Im Übrigen bemüht sich die Kommission, den Austausch guter Praktiken zwischen den Mitgliedstaaten im Bereich der Straßenverkehrssicherheit maximal zu fördern. Im Rahmen des Aufrufs zur Einreichung von Vorschlägen beteiligt sie sich an der Finanzierung von Kampagnen für die Straßenverkehrssicherheit oder innovative Projekten in diesem Bereich unter Einbeziehung mehrerer Mitgliedstaaten.

Ebenso unterstützt die Kommission finanziell den Forschungsplan für künftige Projekte zur Verbesserung des Wissens in bestimmten Bereichen und zur Anregung von Legislativvorschlägen auf zuverlässigen wissenschaftlichen Grundlagen. Das Projekt DRUID (Driving under the influence of Drugs, Alcohol and Medicines) ist hierfür ein Beispiel, während heute die Bekämpfung des Fahrens unter dem Einfluss psychoaktiver Substanzen in den neuen Mitgliedstaaten zu einem Schwerpunkt wird. Schließlich, Frau Raeva, ist ein neues europäisches Aktionsprogramm für den Zeitraum 2010-2020 in Vorbereitung. Dieses Aktionsprogramm wird Anfang 2009 Gegenstand einer öffentlichen Anhörung sein, bevor es durch die Kommission verabschiedet wird.

Soweit die Punkte, die Herr Tajani in Beantwortung Ihrer Anfrage anführen wollte.

 
  
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  Bilyana Ilieva Raeva, Verfasserin. – (BG) Herr Kommissar! Es freut mich außerordentlich, Ihnen zu Ihren bisherigen Bemühungen in Ihrer vorigen Funktion als EU-Verkehrskommissar zu gratulieren. Damit meine ich die letzten beiden Jahre. Außerdem möchte ich Ihnen herzlich für die zusammenfassende Vorstellung der Gemeinsamen EU-Politik für die Sicherheit auf der Straße danken.

Genau in diese Richtung zielt meine Frage: Wenn wirklich Indikatoren vorliegen und wenn es definitiv eine ernst zu nehmende Initiative der Europäischen Kommission zur Verkehrssicherheit gibt, wie erfolgt die Überwachung der Implementierung dieser Kenngrößen und wie wird gewährleistet, dass die Zahl der Verkehrstoten in Europa um mindestens 50 % sinkt? Denn für ein Land wie Bulgarien ist diese Zahl zu hoch. Europa braucht im Falle der Verletzung dieser Auflagen zweifelsohne Sanktionen.

 
  
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  Jacques Barrot, Vizepräsident de Kommission. − (FR) Herr Präsident, Frau Abgeordnete! Die Überwachung, die Kontrollen und die Sanktionen bei Verkehrsverstößen fallen natürlich in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten.

Ich möchte Sie jedoch daran erinnern, dass die Kommission am 21. Oktober 2003 eine Empfehlung zu Durchsetzungsmaßnahmen im Bereich der Straßenverkehrssicherheit verabschiedet hat, die die besten Praktiken hinsichtlich der Kontrolle von Verkehrsverstößen definiert. Vor allem möchte ich Ihnen sagen, dass der Europäische Tag der Verkehrssicherheit uns die Gelegenheit bietet, für jeden Mitgliedstaat Bilanz zu ziehen. Diese Bilanz zeigt die Entwicklungen einiger Mitgliedstaaten sowie auch die Schwachstellen anderer Mitgliedstaaten auf. Ich sehe in diesem Europäischen Tag der Verkehrssicherheit ein Mittel, um wirklich die Leistungen der Mitgliedstaaten zu beleuchten.

Sie haben zu Recht hervorgehoben, dass wir die erhofften Leistungen noch nicht erreicht haben. Wir machen uns große Sorgen um das Ziel das darin bestand, die Zahl der Unfallopfer bis zum Jahr 2010 zu halbieren. Möglicherweise müssen wir in dem nächsten Mehrjahresprogramm, das auf zehn Jahre angelegt ist, noch die Auflagen für die Mitgliedstaaten verschärfen.

Lassen Sie mich bei dieser Gelegenheit auch daran erinnern, Herr Präsident, welche Bedeutung wir der Abstimmung über die Richtlinie beimessen, die es ermöglichen wird, die Verstöße zu bestrafen, den Autofahrer in einem anderen Mitgliedstaat als ihrem Wohnsitzstaat begehen. Heute gibt es noch zu viel Straffreiheit für Kraftfahrer, die keine Regeln einhalten, wenn sie sich in einem anderen Mitgliedstaat als dem Ihren befinden, und ich glaube, da haben wir wirklich ein Mittel, um die europäischen Bürger zu einem besseren Verhalten auf der Straße zu bewegen.

Danke für diese Frage. Ich weiß, dass mein Nachfolger, Herr Tajani, sich in der Frage der Straßenverkehrssicherheit ebenfalls sehr engagiert, und ich kann ihnen sagen, dass all Ihre Anregungen und Ihre Mobilisierung uns dabei helfen werden, dieser schlimmen Geißel ein Ende zu setzen.

 
  
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  Der Präsident. – Da der Fragesteller nicht anwesend ist, ist Anfrage Nr. 37 hinfällig.

 
  
  

Zweiter Teil

 
  
  

Anfrage Nr. 38 von Emmanouil Angelakas (H-0525/08)

Betrifft: Aufklärung und Schulung junger Verbraucher

Ein großer Teil der Verbraucher, die Waren erwerben und Dienstleistungen in Anspruch nehmen, sind Jugendliche. Die jungen Verbraucher werden mit Werbebotschaften zugeschüttet, die – oftmals in irreführender Weise – Schulartikel, Spielzeug, Bekleidung, Lebensmittel, Getränke, audiovisuelles Material usw. anpreisen.

Wird die Kommission außer dem Europa Diary, das bereits zur Verfügung steht, eine gesamteuropäische Kampagne zur Aufklärung und Schulung jugendlicher Verbraucher zu sie betreffenden Themen ins Leben rufen? Auf welche Weise und mit welchen Mitteln wird sie eine solche Initiative einleiten? Wie und mit welcher Methode wird die Kommission die Daten im Hinblick auf junge Verbraucher, die für das Verbraucherbarometer verwendet werden, bearbeiten? Wie sollen diesbezügliche Informationen an die Zielgruppe gelangen?

 
  
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  Meglena Kuneva, Mitglied der Kommission. – (EN) Herr Präsident! Die Kommission ist sich der Sorgen der Abgeordneten bewusst und möchte darauf hinweisen, dass dank bestehender Gemeinschaftsvorschriften über Verbraucherrechte junge Menschen schon jetzt reichlichen Schutz genießen. Beispielsweise zielt die Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken (UGP) darauf ab, Verbraucher und darunter auch junge vor Praktiken zu schützen, die ihren wirtschaftlichen Interessen schaden, z. B. vor irreführender Werbung oder aggressiven Praktiken. Dabei werden gefährdete Verbraucher, u. a. jüngere Bürger, bei der Bewertung unlauterer Geschäftspraktiken besonders berücksichtigt. Zur Richtlinie gehört auch eine schwarze Liste mit Geschäftspraktiken, die EU-weit unter allen Umständen verboten sind. Zum Beispiel ist es in der gesamten EU untersagt, in der Werbung Kinder direkt aufzufordern, Produkte zu kaufen.

Im September 2008 startet die Kommission eine Kommunikationskampagne im Internet zur UGP-Richtlinie. Diese Richtlinie ist recht neu und zielt auch auf junge Leute ab. Für die Kampagne wird eine spezielle Webseite mit Animationen, Illustrationen und Quizfragen genutzt, um die UGP-Vorschriften interessanter und interaktiv zu erläutern. Um die Verbraucher darauf hinzuweisen, werden Banner und fingierte Anzeigen auf mehreren großen Verbraucher-Webseiten geschaltet. Dazu kommen Portale für spezifische Verbrauchergruppen, z. B. Jugendliche, virtuelle Gemeinden, Musik-Webseiten und Blogs. Einen Monat lang werden die Informationen im Internet abrufbar sein, wobei aber schwer vorherzusagen ist, wie lange diese Daten auf Partner-Webseiten vorgehalten werden. Hier erwarten wir, dass die Informationen mindestens einige Monate im Netz verfügbar sein werden.

Die spezielle UGP-Webseite, an der gerade gearbeitet wird, ist für die Verbraucher zeitlich unbegrenzt zugänglich. Derzeit plant die Kommission keine speziellen europaweiten Maßnahmen, um junge Verbraucher zu informieren und zu bilden. Aber neben dem „Schülerkalender“ („Europe Diary“) baut sie auch die Webseite „Dolceta“ als ein internetgestütztes Bildungsinstrument mit Lernmodulen für Verbraucher auf, das sich an Lehrer in Grund- und Sekundarschulen wendet.

Was das Verbraucherbarometer betrifft, so unterscheiden unsere Daten derzeit nicht zwischen unterschiedlichen Verbrauchergruppen. Der Anzeiger kann sich nicht im Detail allen Märkten oder allen unterschiedlichen Typen von Verbrauchern widmen. Gibt es aber konkrete Daten für jüngere Verbraucher, z. B. Studenten, etwa die Eurobarometer-Umfragen, so veröffentlichen wir die Daten für diese Gruppe.

 
  
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  Emmanouil Angelakas, Verfasser. – (EL) Herr Präsident! Frau Kommissarin! Vielen Dank für Ihre umfassende und ausführliche Antwort. Es ist sehr beruhigend und erfreulich, dass die Kampagne nun in diesem Monat online gestartet wird.

Gestatten Sie mir, eine ergänzende Frage zu stellen: Erwägt die Kommission, Fernsehwerbung für Kinder zu verbieten, wie dies bereits in einigen Mitgliedstaaten geschehen ist, wo bestimmte Werbespots für Kinder in einer festgelegten Zeit – bis 22 oder 23 Uhr –, in der Kinder Fernsehen schauen, untersagt sind.

 
  
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  Meglena Kuneva, Mitglied der Kommission. – (EN) Dies ist auch in meiner Generaldirektion wohl bekannt, fällt aber eigentlich eher in die Zuständigkeit meiner Kollegin, Kommissarin Viviane Reding, da die Frage auch mit der Informationsfreiheit zusammenhängt, die ganz allgemein zum Aufgabenbereich ihrer Generaldirektion gehört.

Ich kann Ihnen nur sagen, dass wir die Richtlinie „Fernsehen ohne Grenzen“ haben, die solche Fragen behandelt, und dass es die schwarze Liste in der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken gibt. Der Grund für ein solches Instrument wie die Schwarze Liste ist, dass wir bei Bedarf und genügendem Nachweis eine solche Praktik auf die Schwarze Liste setzen können, wenn wir uns einig sind, dass dagegen etwas getan und in ganz Europa verboten werden muss. Natürlich brauchen wir dafür handfeste Beweise. Kurz, wir sind uns des Problems voll bewusst.

Es gehört zwar nicht direkt zu den unlauteren Geschäftspraktiken (UGP), aber wir sind zu Untersuchungen bereit, wenn es eine Praktik gibt, von der wir meinen, sie gehöre auf eine schwarze oder graue Liste, und Kommissarin Reding tut alles, um sicher zu sein, dass die Fernsehrichtlinie genau solche Fragen angeht.

 
  
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  Danutė Budreikaitė (ALDE). - (LT) Fünfundfünfzig Prozent der Lebensmittelwerbung im Fernsehmarkt betreffen ungesunde Lebensmittel. Achtzig Prozent der Kinder wollen von ihren Eltern zum Frühstück genau die Marken, die sie in der Fernsehwerbung gesehen haben. Meine Frage lautet: Sollte die Europäische Union eine Schwerpunktverlagerung weg von der Werbung, die von den Herstellern in Auftrag gegeben wird, vornehmen? Können wir einen Weg finden, um die Hersteller dazu anzuhalten, gesündere Lebensmittel herzustellen und anschließend zu bewerben?

 
  
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  Meglena Kuneva, Mitglied der Kommission.(EN) Ich glaube, man kann Hersteller mit Marktinstrumenten dazu bringen, gesunde Lebensmittel zu produzieren. Gibt es eine Nachfrage auf dem Markt, werden sie darauf reagieren. Zwar können wir sagen, was die Hersteller produzieren sollen, aber so darf die Kommission das Problem eben nicht anpacken. Was wir tun können, ist, die Informationen zu 100 % auf verständliche Weise verfügbar zu machen. Daran arbeitet die Kommission intensiv, um richtige Informationen über Lebensmittelprodukte zu bekommen.

Sie sagen, Werbung sei teilweise falsch oder gefährde Kinder. Würde man z. B. von einem Produkt behaupten, es könne einen heilen oder plötzlich zehn Jahre jünger machen (was natürlich unmöglich ist), dann fiele dies in meinen Aufgabenbereich, und ich könnte dagegen mit der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken vorgehen. Wenn Sie andererseits vom Gesundheitsaspekt bei Lebensmitteln sprechen, muss ich sie wieder an Kommissarin Vassiliou verweisen. Sie leistet Ausgezeichnetes für die ordnungsgemäße Lebensmittelkennzeichnung, wonach die Verbraucher dann selbst entscheiden können. Und genau das wollen wir erreichen: gut informierte Verbraucher, und über die Bildungskampagne, an der meine Generaldirektion auch stark beteiligt ist, können wir das Marktbewusstsein verbessern.

 
  
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  Der Präsident.

Anfrage Nr. 39 von Marie Panayotopoulos-Cassiotou (H-0530/08)

Betrifft: Verbraucherschutz und Bildung

Bekanntlich liegt die Bildungspolitik in der Zuständigkeit der jeweiligen Behörden der Mitgliedstaaten. Dennoch sind Produkte, die mit Bildung, Berufsausbildung und lebenslangem Lernen zusammenhängen, Handelsgüter, und zwar im grenzüberschreitenden Handel, und betreffen daher auch die Verbraucher. Kann die Kommission daher mitteilen, wie die europäische Politik zum Schutz der Verbraucher hinsichtlich Qualität und Preis ausgestaltet ist?

 
  
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  Meglena Kuneva, Mitglied der Kommission.(EN) Die Kommission hat nicht die Befugnis, Preise für Produkte für Bildungszwecke oder deren Qualität festzulegen. Dennoch halte ich die Frage für recht relevant. Nach den EU-Rechtsvorschriften sind die Verbraucher jedoch vor irreführenden und aggressiven Praktiken geschützt, wenn sie Bildungsprodukte erwerben.

Gemäß der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken, über die ich gerade sprach, dürfen Händler die Verbraucher nicht mit falschen oder irreführenden Informationen täuschen, z. B. über die Nutzeffekte eines Produkts, die von seinem Gebrauch zu erwartenden Ergebnisse oder die Resultate durchgeführter Tests oder Kontrollen.

Zudem enthält die Richtlinie eine schwarze Liste von Praktiken, die unter allen Umständen verboten sind: Zu behaupten, ein Produkt sei von einer öffentlich-rechtlichen oder privaten Stelle zugelassen oder gebilligt (z. B. anzugeben, ein Buch für Bildungszwecke sei vom Bildungsministerium zugelassen, wenn dem nicht so ist) ist in der EU absolut verboten.

Ferner müssen Händler den Verbrauchern alle Informationen geben, die diese für eine Entscheidung in voller Kenntnis der Sachlage benötigen. Beispielsweise ist bei der Kommission eine Beschwerde über Kurse eingegangen, die auf einer englischsprachigen Webseite zu erwerben waren, dann aber in einer anderen Sprache gehalten wurden. Den Verbraucher nicht über die für die Kurse benutzte Sprache zu informieren, kann als irreführende Praktik betrachtet werden. Allerdings obliegt es den für die Durchsetzung der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken zuständigen einzelstaatlichen Behörden und Gerichten, vorbehaltlich der im EG-Vertrag verankerten Grundsätze der Freizügigkeit zu bestimmen, welche Informationen entsprechend den europäischen Rechtsvorschriften von Fall zu Fall erheblich sind.

 
  
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  Marie Panayotopoulos-Cassiotou, Verfasserin. – (EL) Vielen Dank für Ihre Antwort, Frau Kommissarin. Preisverzerrungen im Hinblick auf die Produktqualität geben bei Verbrauchern Anlass zur Besorgnis. Ich meine damit nicht die Preisfestsetzung, sondern die Bestimmung des Verhältnisses zwischen Preis und Produkt auf der Grundlage des Wettbewerbs sowie den Versand von Bildungsprodukten aus einem Mitgliedstaat in einen anderen und den grenzüberschreitenden Verbraucherschutz.

Verfügen Sie über Informationen zum grenzüberschreitenden Schutz beim Transfer von Bildungsmaterialien in einen anderen Mitgliedstaat?

 
  
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  Meglena Kuneva, Mitglied der Kommission. – (EN) Für grenzüberschreitende Probleme mit Unterrichtsmitteln haben wir die Europäischen Verbraucherzentren, deren Arbeit auf der Verordnung über die Zusammenarbeit im Verbraucherschutz beruht und die gute Botschafter für Verbraucherrechte in ganz Europa sind.

Bei einer grenzüberschreitenden Unstimmigkeit zwischen einem Verbraucher und dem Anbieter einer Leistung, eines Buchs oder eines Materials für Bildungszwecke kann sich der Verbraucher an ein Verbraucherzentrum wenden. Vermag der Verbraucher das Problem nicht direkt zu lösen, so kann das Verbraucherzentrum in seinem Land ihn unterstützen, eine befriedigende Lösung im Ursprungsland der Bildungsleistungen oder -materialien zu erwirken.

Vollständige Angaben zu allen unterschiedlichen Erfahrungen und Fällen in den verschiedenen Mitgliedstaaten habe ich nicht bei mir, aber ich kann Ihnen sagen, dass diese Europäischen Verbraucherzentren mehrmals im Jahr zusammenkommen. Schon jetzt besteht ein ausgebautes und gutes Netz, und die meisten Zentren arbeiten sehr aktiv und sind in der Lage, die von den Verbrauchern angesprochenen Probleme zu lösen.

Da die Frage den Bildungssektor betraf, könnte man die Zentren fragen, wie sie solche Probleme gelöst haben. Allerdings ist das Grundprinzip das gleiche, und diese Verordnung funktioniert wirklich gut.

 
  
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  Paul Rübig (PPE-DE). - Mich würde interessieren, wie es eigentlich mit den Fernstudien im Internet aussieht. Gibt es im Zusammenhang mit Beschwerden die Möglichkeit, dass die Kommission auch eine Homepage einrichtet, wo man sehen kann, bei welchen Ferninstituten Probleme auftreten, sodass hier mehr Transparenz entsteht?

 
  
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  Reinhard Rack (PPE-DE). - Wir haben immer wieder das Problem, dass sich sehr viele Menschen in Europa fragen, wo denn der europäische Mehrwert ist. Nun ist die Europäische Union zwar nicht für Bildungsfragen zuständig, aber wir sind etwa für Fragen der Qualitätssicherung und des Verbraucherschutzes zuständig. Hier machen wir auch Einiges. Wäre es nicht möglich, dass im Rahmen der allgemeinen Informationstätigkeit der Kommission ganz bewusst als Adressaten die Schulen und hier vielleicht sogar die niedrigen Schulstufen angesprochen werden? Hier kann man mit Projekten und Wettbewerben zeigen: Europa bringt einen europäischen Mehrwert. Vielleicht könnte man – auch im Zusammenhang mit der vorhergehenden Frage – dieses Thema so zu den ganz jungen Leuten bringen.

 
  
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  Meglena Kuneva, Mitglied der Kommission. – (EN) Ich freue mich sehr über Ihre wertvollen Anregungen und Gedanken, und ich weiß diese auch zu würdigen. Mit meiner Antwort möchte ich etwas weiter ausholen und sagen, dass wir uns in einer Phase der Vollendung des Binnenmarktes befinden, auf dem sich schließlich die Union gründet. Bisher war der Markt aber eher auf die Wirtschaft und die Schaffung der richtigen Bedingungen für die Wirtschaft orientiert, und das zu Recht. Jetzt aber müssen wir den Binnenmarkt mit einer zweiten Phase vollenden, in der sich die Verbraucher überall genauso willkommen und genauso geschützt fühlen. Das ist die Verbraucherpolitik für das 21. Jahrhundert.

Ich freue mich sehr, Ihnen berichten zu können, dass in der Verbraucherstrategie 2007-2015 die Bildung mit dem Ziel der Stärkung der Verbraucher den ersten und grundlegenden Pfeiler der Verbraucherstrategie darstellt. Im Moment kann ich Ihnen dazu nicht mehr sagen, aber wir haben Instrumente wie den gerade auf Teenager abzielenden „Schüler-Kalender“, und wir haben Dolceta als Ergänzung zur Lehrerbildung. Dennoch sind wir sehr stark von den Bemühungen der Mitgliedstaaten abhängig.

Diese Politik müssen wir aus Sicht der Subsidiarität betrachten. Es gibt Länder, die bereit sind, mehr in Verbraucherbildung zu investieren und die Bemühungen der Kommission insgesamt zu unterstützen. In Schreiben an alle zuständigen Minister bat ich um ihre Unterstützung, denn wir befinden uns in einer wirklich ganz entscheidenden Phase, was einen genauso gut funktionierenden Verbrauchermarkt in ganz Europa angeht.

Künftig werden wir verstärkt darüber reden, wie sich Verbraucher in diesem Binnenmarkt fühlen. Das mal als ganz grundsätzliche Bemerkung. Weiter wäre anzumerken, dass wir Beschwerden der Verbraucher stärker und umfassender Rechnung tragen müssen. In der Europäischen Kommission gibt es keine gemeinsame Basis für Verbraucherbeschwerden. Wie Sie erhalten wir viele Beschwerden, von denen auch einige vom Parlament, aus Ihren Wahlkreisen, an die Kommission weitergeleitet werden. Aber hier müssen wir auf die Frage eingehen, wie wir mit diesen Beschwerden umgehen. Die Kommission kann nicht die Arbeit eines Bürgerbeauftragten oder eines Mitgliedstaates noch einmal machen, aber wenn ein Problem in dem einen oder anderen Bereich der Verbraucherpolitik hartnäckig fortbesteht, müssen wir uns darum kümmern, darunter auch mit der Gesetzgebung.

Es gibt gute Beispiele dafür, dass durch Verbraucherbeschwerden die vorherrschende Richtung in der Verbraucherpolitik durchaus geändert werden kann. Wir versuchen gegenwärtig, solche Informationen mithilfe des Verbraucherbarometers zu erfassen. Anfang des Jahres erschien die erste Ausgabe des Verbraucherbarometers. Hier gibt es einen speziellen Indikator „Verbraucherbeschwerden“. Wir vergleichen die Mitgliedstaaten, um festzustellen, wie viele Beschwerden sie behandeln und in welchen Bereichen das passiert. Ich bin gespannt auf die Informationen aus den Mitgliedstaaten für die nächste Ausgabe des Verbraucherbarometers Anfang des nächsten Jahres. Schritt für Schritt geht es also in Richtung eines Binnenmarktes für die Bürger.

 
  
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  Der Präsident.

Anfrage Nr. 40 von Giovanna Corda (H-0545/08)

Betrifft: Verbraucherbeschwerden über den elektronischen Online-Handel

Die Ergebnisse einer neueren Umfrage des Europäischen Verbraucherzentrums (EVZ) haben eine sehr hohe Zahl von Rechtstreitigkeiten zutage gefördert, deren Opfer die Verbraucher sind, die ihre Einkäufe über das Internet tätigen (2007 gab es 2 583 Streitsachen und 8 834 Beschwerden).

Ist die Kommission nicht der Ansicht, dass sie angesichts der exponentiellen Entwicklung des elektronischen Handels Informationskampagnen auflegen sollte, um die Verbraucher vor den mit dieser neuen Handelsform verbundenen Risiken zu warnen? Sollten nicht dringliche und wirksame Verfahren eingeführt werden, um diese grenzübergreifenden Rechtsstreitigkeiten beizulegen, insbesondere in den immer zahlreicheren Fällen, bei denen Produkte nicht geliefert wurden oder die gelieferten Produkte nicht den bestellten entsprachen?

 
  
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  Meglena Kuneva, Mitglied der Kommission. – (EN) Hier geht es um das Internet, ein sehr wichtiges Thema. Dem Verbraucher bietet das Internet enorme Möglichkeiten. Es gewährt ihm Zugriff auf bessere Informationen, vergrößert den Markt, auf dem er sich bewegt, verschafft ihm Zugang zu mehr Anbietern und mehr Auswahl.

Bereits 150 Millionen EU-Bürger – ein Drittel unserer Bevölkerung – kaufen heute schon im Internet ein. So schnell aber die Zahl der im Internet kaufenden EU-Bürger auch wächst, die Zahl der grenzüberschreitenden Käufer steigt nicht so rapide.

Damit zeigt sich, dass die Kommission das Problem, das mit dem Verbrauchervertrauen zusammenhängt, zu Recht mit einer ganzen Reihe von Informationsmaßnahmen aufgreift. Dabei sei auch der Benutzerleitfaden für digitale Online-Dienste erwähnt, den die Kommission derzeit erstellt. Bis Ende 2008 wird er veröffentlicht. Erweitern ließe sich dieser Leitfaden durch Leitlinien, wie die Rechtsvorschriften über unlautere Geschäftspraktiken bei unlauteren Geschäftspraktiken im Internet umzusetzen ist.

Ein weiteres hier schon erwähntes Instrument ist Dolceta, das sich der Verbraucherbildung widmet, z. B. dem Fernabsatz und der Durchsetzung von Rechtsansprüchen der Verbraucher. Entscheidend ist die Bildung junger Verbraucher, die ja im Internet besonders aktiv sind. Der „Europäische Schülerkalender“ mit der Rekordverbreitung von 2,8 Millionen Exemplaren (die Information könnte auch für Herrn Angelakas interessant sein) in über 18 000 Schulen in diesem Jahr enthält Informationen zur Internetnutzung und zur grenzüberschreitenden Durchsetzung von Rechtsansprüchen.

Die verbraucherpolitische Strategie 2007-2013 sieht Maßnahmen zur Verbraucherinformation als Teil ihrer Schwerpunktaufgabe, Verbraucher besser zu informieren und zu bilden, vor. Die Hauptinstrumente der Europäischen Kommission für die Information der Bürger und der Beteiligten über die Verbraucherpolitik sind in diesem Rahmen eine Webseite, der Newsletter Consumer Voice und Informationskampagnen. Der Newsletter enthält den elektronischen Handel als wichtiges Thema für Kampagnen in mehreren Mitgliedstaaten.

Zur zweiten Frage, bei der es um die Durchsetzung und Beilegung von Rechtsstreitigkeiten geht, ist die Kommission der festen Auffassung, dass für ein Funktionieren des Binnenmarktes die europäischen Verbraucher darauf vertrauen müssen, ihre Rechte durchsetzen und Streitigkeiten in der ganzen Europäischen Union ausräumen zu können. Beschwerden bezüglich des elektronischen Handels, darunter darüber, dass Produkte nicht geliefert oder unzulängliche Produkte geliefert wurden, können unter den derzeitigen Rahmenbedingungen für die Rechtsdurchsetzung behandelt werden, die wir für die europäischen Verbraucher schon geschaffen haben. Zu diesen Rahmenbedingungen gehören das ECC-Netz, die beiden Empfehlungen der Kommission zur alternativen Streitbeilegung, die unlängst verabschiedete Mediationsrichtlinie und die Verordnung zur Einführung eines europäischen Verfahrens für geringfügige Forderungen.

Zudem prüft die Kommission gerade, ob eine EU-Initiative zur kollektiven Durchsetzung von Verbraucherrechten notwendig ist, und wenn ja, welche Art von Initiative dies sein soll. Ich bin der festen Überzeugung, dass das Netz ein neuer Marktplatz ist.

 
  
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  Giovanna Corda, Verfasserin. (FR) Herr Präsident, Frau Kommissarin! Sie haben teilweise die Frage schon beantwortet, die ich zu den Problemen beim Kauf stellen wollte.

Die Verfahren sind lang, kompliziert, kostenaufwändig. Die Schäden sind umso größer, als sie vielfach die Ärmsten unter uns betreffen.

Wäre es denkbar, dass angesichts des rechtsfreien Raums die europäischen Verbraucherzentren über die Mittel verfügen, diese Schritte vielleicht gemeinsam, aber auch einzeln anstelle der geschädigten Verbraucher einzuleiten?

 
  
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  Paul Rübig (PPE-DE). - Es geht ganz einfach darum, dass wir uns Gedanken darüber machen, welche Möglichkeiten in Zukunft vorhanden sind, um Beschwerden transparent an die Öffentlichkeit zu bringen. Wenn grenzüberschreitende Handlungen wiederholt werden, ist es notwendig, dass auch die Gerichte und die Staatsanwaltschaften Zugriff bekommen. Glauben Sie, dass es möglich ist, hier eine Datenbank einzurichten?

 
  
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  Justas Vincas Paleckis (PSE). - (LT) Frau Kommissarin, in Ihrer Rede haben Sie sehr überzeugend auf die Ausdehnung des elektronischen Handels verwiesen, und ich bin mir ziemlich sicher, dass sich diese Entwicklung in den älteren EU-Staaten erheblich schneller vollzieht. Ich möchte wissen, was zur Förderung des elektronischen Handels in den Mitgliedstaaten unternommen wird, die der Europäischen Union im 21. Jahrhundert beitraten, wie die Verbraucherrechte geschützt werden und welche Maßnahmen zur Angleichung der Verhältnisse konzipiert werden. Eines noch zum Missbrauch: Treten Missbrauchsfälle häufiger in den älteren oder in den neuen Mitgliedstaaten auf?

 
  
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  Meglena Kuneva, Mitglied der Kommission. – (EN) Der Vorschlag, Europäische Verbraucherzentren im Namen europäischer Verbraucher klagen zu lassen, ist ein Gedanke, den wir in unserer Mitteilung zur kollektiven Rechtsdurchsetzung noch vor Jahresende diskutieren werden. Bisher bemühe ich mich, vor der Vorlage eines endgültigen Vorschlags vorurteilsfrei vielfältige Meinungen zu sammeln.

Dabei müssen wir wirklich die Gesamtsituation betrachten und alle uns zur Verfügung stehenden Instrumente nutzen, einschließlich der Richtlinie über Unterlassungsklagen, die auch eines der Mittel ist, die wir in Europa grenzüberschreitend nutzen können.

Mit der Datenbank bin ich voll einverstanden, und sie hat meine feste Unterstützung. Wir brauchen sie, um bessere politische Schritte und bessere Rechtsvorschriften auf den Weg zu bringen.

Meiner festen Überzeugung nach müssen wir uns bei jedem Vorschlag für Rechtsvorschriften oder bei gemeinsamen Durchsetzungsmaßnahmen auf Fakten bzw. Beweise stützen.

Ich werde mit Durchsetzungsmaßnahmen fortfahren, die in allen 27 Ländern gleichzeitig durchgeführt werden – die „Sweep“ genannten systematischen Überprüfungen von Webseiten, auf denen z. B. Flugtickets oder Klingeltöne angeboten werden. Normalerweise eignen sich Webseiten sehr gut für solche Arten von grenzüberschreitenden Durchsetzungsmaßnahmen.

Jedes Land ist anders. Wir müssen die Breitbandnutzung verstärken, und wir brauchen mehr als nur einen gewissen prozentualen Anteil der Bevölkerung, der Instrumente gleich welcher Art vorteilhaft für den elektronischen Handel nutzt, gewöhnlich das Internet. Ich glaube auch, dass wir diese Nutzung durch Kohäsionspolitik, Regionalpolitik und den Kohäsionsfonds verbessern können. Hier haben die neuen Mitgliedstaaten die einzigartige Chance, richtig schnell aufzuholen und dabei mitunter manche unserer früheren Fehler zu vermeiden. Dabei sind wahre Sprünge von ihnen gefordert.

Hat man gute, zielgerichtete Gesetze, die in allen Mitgliedstaaten vollständig harmonisiert sind, wirkt sich das ungeheuer stark auf die Steigerung des Vertrauens der Verbraucher wie auch auf die Leistungsfähigkeit der Verbraucher in allen Mitgliedstaaten aus. Der elektronische Handel ist ein Weg, um günstiger einzukaufen und mehr Auswahl zu haben. Dabei ist er kein bloßes Marktinstrument, sondern ein sehr wichtiges demokratisches Werkzeug.

 
  
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  Der Präsident.

Anfrage Nr. 42 von Colm Burke (H-0537/08)

Betrifft: Binnenmarktanzeiger

Die uneingeschränkte Umsetzung der Rechtsvorschriften über den Binnenmarkt bringt den Verbrauchern und der Industrie überall in Europa Nutzen. Der Binnenmarktanzeiger ist ein effektives Instrument, um die jeweilige Leistung der Mitgliedstaaten bei der Umsetzung der einschlägigen Rechtsvorschriften darzustellen. Wie sollten die Ergebnisse dieses Anzeigers den Verbrauchern und der Industrie ausführlich mitgeteilt werden?

 
  
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  Charlie McCreevy, Mitglied der Kommission. – (EN) Herr Präsident! Ich danke dem Herrn Abgeordneten für seine positiven Anmerkungen zum Binnenmarktanzeiger. Es stimmt, die Ergebnisse des Anzeigers müssen starke Verbreitung finden. Auf der Europa-Webseite sind alle Ausgaben des Anzeigers nachzulesen. Papierausgaben sind allen Ständigen Vertretungen der Mitgliedstaaten und den Vertretungen der Kommission in den Hauptstädten der 27 Mitgliedstaaten zugegangen. Zudem gingen Exemplare an andere EU-Institutionen sowie an nationale Behörden. Nach Herausgabe jedes Anzeigers wird eine Pressemitteilung in 21 Sprachen veröffentlicht, und die Ergebnisse werden auf einer Pressekonferenz vorgestellt, damit sie den nationalen Medien schnell zur Verfügung gestellt werden können.

 
  
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  Colm Burke, Verfasser.(EN) Vielen Dank, Herr Kommissar, für die Behandlung dieser Anfrage. Ich begrüße die Arbeit auf diesem Gebiet, die das gesamte Thema der Wahrnehmung der Europäischen Union in den Mitgliedstaaten betrifft.

In Irland hatten wir ein spezielles Problem während der Debatte zum Vertrag von Lissabon, denn immer wenn etwas Negatives hochkommt, neigen wir dazu, der Europäischen Union die Schuld zu geben. Darf ich nur ein typisches Beispiel für ein Gebiet nennen, wo wir nichts tun können: es geht um einen Mitgliedstaat, der nicht nach einer Richtlinie der Europäischen Union handelt? In Wicklow, im Gebiet von Cromane, aus dem ich stamme, gab es vor etwa acht Jahren den Fall, dass Europa der irischen Regierung Mittel im Rahmen einer Richtlinie zur Verfügung stellte, aber danach nichts geschah. Dadurch sind jetzt fünfzig Familien nicht mehr in der Lage, ihrer normalen Arbeit in der Muschelzucht nachzugehen. Die Zeitungen vor Ort gaben der Europäischen Union die Schuld. Wir haben keine Rechtsmittel…

(Der Präsident entzieht dem Redner das Wort.)

 
  
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  Charlie McCreevy, Mitglied der Kommission. – (EN) Uns steht eine Reihe von Instrumenten gegen die verzögerte Umsetzung von Richtlinien zur Verfügung, womit sich der EU-Anzeiger in erster Linie befasst. Verzögern die Mitgliedstaaten die Umsetzung weiterhin, können wir natürlich als letzten Ausweg den Fall gerichtlich weiter verfolgen. All dies möchten wir aber vermeiden, indem wir Folgendes tun: Hat ein Mitgliedstaat bei der Umsetzung einer Richtlinie Schwierigkeiten, dann organisieren wir Treffen mit seinen Vertretern, halten Seminare ab und versuchen, spezifische Fragen und Probleme zu lösen, die er möglicherweise hat. Also geben wir unser Bestes, um die Umsetzung möglichst schnell zu realisieren.

Herr Burke hat Recht, wenn er sagt, dies gelte nicht nur in Irland, sondern auch in anderen EU-Ländern. Alle Regierungen neigen sehr stark dazu, gute Ergebnisse sich selbst zuzuschreiben, auch wenn sie aus Europa oder ursprünglich durch einen Gedanken aus Europa angeregt wurden. Ich bin sicher, dessen haben sich auch jene von uns schuldig gemacht, die einmal Mitglied des irischen Parlaments waren oder in Irlands Regierung gedient haben. Wenn es dann aber etwas Negatives gibt, das irgendwie nach Europa klingt, geben wir natürlich Europa die Schuld. Also hat Herr Burke Recht: Wir sollten positiver an das Gute herangehen, das wir hier in Europa tun.

Versäumt es ein Mitgliedstaat, auf einem bestimmten Gebiet zu handeln, ergreifen wir natürlich die entsprechenden Maßnahmen, versuchen aber, dies nach Möglichkeit zu vermeiden, indem wir die Mitgliedstaaten ermuntern, ihre Angelegenheiten so schnell wie möglich in Ordnung zu bringen.

 
  
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  Der Präsident.

Anfrage Nr. 43 von Jim Higgins (H-0539/08)

Betrifft: Bankensektor in Grenzregionen

Kann die Kommission angeben, ob sie beabsichtigt, der Frage zusätzlicher Gebühren für die grenzüberschreitende Nutzung von Geldautomaten, Debit- und Kreditkarten nachzugehen, insbesondere im Hinblick auf die Tatsache, dass viele Banken auf beiden Seiten der Grenze zwischen Nordirland und der Republik Irland tätig sind?

 
  
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  Charlie McCreevy, Mitglied der Kommission. – (EN) Für Nutzer von Debit- und Kreditkarten in Grenzregionen können drei Kategorien von Gebühren bei Kartenzahlungen anfallen: die üblichen Gebühren für den Karteneinsatz unabhängig vom geografischen Standort oder Mitgliedstaat; Gebühren für die Währungsumrechnung, wenn die Zahlung zwischen Mitgliedstaaten mit unterschiedlichen Währungen erfolgt, z. B. zwischen Euro und Pfund Sterling; und drittens Gebühren an der Ladenkasse oder beim Geldabheben am Automaten.

Für die erste Kategorie, also die normalen Gebühren für Kartennutzer, gibt es eine Regelung auf europäischer Ebene bei Zahlung in Euro: Erfolgt eine grenzüberschreitende Euro-Zahlung zwischen zwei Mitgliedstaaten laut Verordnung (EG) Nr. 2560/2001 über grenzüberschreitende Zahlungen in Euro, dann müssen die für eine solche Zahlung erhobenen Gebühren den Gebühren gleichen, die für entsprechende Euro-Zahlungen in dem Mitgliedstaat anfallen, in dem die Karte ausgestellt wurde. Zugleich unterliegen Zahlungen mit Karten, die an nicht in Euro geführte Konten gebunden sind, z. B. Konten in Pfund Sterling, nicht dieser Verordnung.

Bei einer Euro-Zahlung zwischen einem Mitgliedstaat des Euroraums, etwa Irland, und einem Mitgliedstaat außerhalb des Euroraums, etwa Großbritannien, so können Aufschläge für die Währungsumstellung bei Kartenzahlung berechnet werden. Die Richtlinie über Zahlungsdienste regelt die Bedingungen, unter denen die Währungsumrechnung angeboten werden muss. Allerdings muss sie von den Mitgliedstaaten erst umgesetzt werden.

Und schließlich kann bei Kartenzahlung auch ein Preisaufschlag an der Ladenkasse oder eine zusätzliche Abhebegebühr an privaten Geldautomaten verlangt werden. Preisaufschläge bzw. Preisnachlässe bei Verwendung bestimmter Zahlungsmittel sind nach europäischem Recht Händlersache. Zugleich hindert aber nichts die Mitgliedstaaten, solche Aufschläge zu verbieten oder zu begrenzen. In der bereits erwähnten Richtlinie über Zahlungsdienste im Binnenmarkt wird dies ausdrücklich bestätigt.

Daher fehlt der Kommission jede Rechtsgrundlage, um bei Zusatzgebühren für grenzüberschreitende Zahlungsdienste in Großbritannien und Irland einzugreifen. Allerdings meint die Kommission, dass der Wettbewerb beiderseits der Grenze die Kosten in einem vernünftigen Rahmen halten wird. Würden Marktakteure den Wettbewerb abbauen oder einschränken, müssten die zuständigen nationalen Behörden im besten Interesse der Bürger eingreifen.

 
  
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  Jim Higgins, Verfasser.(EN) Wie ich, sind auch Sie, Herr Kommissar, mit der Lage in Irland vertraut, wo 18 000 Arbeitnehmer tagtäglich die Grenze von einer Gerichtsbarkeit zur anderen überqueren und wo 5 200 Studenten und 1,7 Millionen Menschen grenzüberschreitend in Urlaub fahren oder einkaufen gehen.

Ich weiß, der Herr Kommissar erwähnte die Zuständigkeit der nationalen Regierungen und die Tatsache, dass Banken nicht der Verordnung (EG) Nr. 2560/01 unterliegen, aber es wäre doch gewiss möglich, Regelungen zum Verbot solcher Aufschläge einzuführen. Ein sehr gutes Beispiel gab Ihre Kollegin, Frau Vivien Reding, die für Information und Medien zuständige Kommissarin, die den Mobiltelefonunternehmen hartnäckig Widerstand leistete – und heute sehen wir das Ergebnis zugunsten des Verbrauchers. So wie bisher fortzufahren, scheint mir falsch, zumal es Schwesterbanken auf beiden Seiten der Grenze gibt.

 
  
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  Charlie McCreevy, Mitglied der Kommission. – (EN) Ich stimme Herrn Higgins zu, diese Frage der Zusatzgebühren oder Aufschläge für grenzüberschreitende Dienste hat in bestimmten Kreisen zu Verärgerung geführt.

Dennoch ist dieses Thema Sache der nationalen Behörden, denn – und dies wurde ausdrücklich in der jüngst beschlossenen Richtlinie über Zahlungsdienste bestätigt – die nationalen Behörden wollten, nach dem von uns erzielten Kompromiss, selbst über dieses Thema entscheiden. Folglich können sich die nationalen Behörden der jeweiligen Mitgliedstaaten mit dieser Frage befassen, wenn sie das wünschen, aber in dieser speziellen Phase gab es keine Mehrheit von Mitgliedstaaten, die Maßnahmen auf EU-Ebene befürwortet hätten. So war die Lage zum damaligen Zeitpunkt. Aber wie alles im politischen und wirtschaftlichen Leben ändert sich dies vielleicht später.

In der kürzlich geführten Diskussion zur Richtlinie über Zahlungsdienste gab es also keine Mehrheit unter den Mitgliedstaaten zugunsten von Maßnahmen, aber wer weiß, welche Vorschläge künftig vorgelegt werden – vielleicht gibt es doch noch eine Mehrheit.

 
  
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  Der Präsident.

Anfrage Nr. 44 von Dimitrios Papadimoulis (H-0553/08)

Betrifft: Verkauf der griechischen Telefongesellschaft OTE und Nicht-Ausschreibung eines öffentlichen Übernahmeangebots

Das griechische Parlament hat ein Gesetz verabschiedet, mit dem die Vereinbarungen zwischen OTE und DT (Deutsche Telekom) ratifiziert wurden, ohne die Bestimmungen von Richtlinie 2004/25/EG(1) betreffend den Schutz von Wertpapierinhabern mit Minderheitenbeteiligungen zu berücksichtigen. Als Rechtfertigung hierfür wurde Paragraph 8 Buchstabe g des Gesetzes 3461/2006 herangezogen, der staatliche Unternehmen, die sich im Privatisierungsprozess befinden, von den Anforderungen bezüglich „eines öffentlichen Übernahmeangebots“ befreit.

Da der griechische Staat vor Abschluss dieser Vereinbarungen mit Telekom lediglich 28 % der OTE besaß, wird die Kommission um Mitteilung ersucht, ob sie die OTE als staatliches Unternehmen betrachtet? Ab welcher staatlichen Beteiligung und aufwärts wird ein Unternehmen als „staatlich“ betrachtet? Ist sie ferner der Auffassung, dass mit der Ausnahmeregelung gemäß dem oben genannten Gesetz die Rechte der Minderheitenaktionäre ausreichend geschützt sind. Wurde in diesem Fall auf Gemeinschaftsebene den Grundsätzen von Offenlegung und Transparenz bei Falle öffentlichen Übernahmeangeboten entsprochen? Haben in den Mitgliedstaaten die Aktionäre von Unternehmen, an denen auch der Staat beteiligt ist, weniger Rechte als die Aktionäre von Unternehmen, an denen der Staat nicht beteiligt ist?

 
  
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  Charlie McCreevy, Mitglied der Kommission.(EN) Eingangs möchte ich betonen, dass der Schutz der Interessen von Minderheitsaktionären börsennotierter Unternehmen eines der Hauptziele der gemeinschaftlichen Regelungen zu Übernahmeangeboten darstellt. Bei einem Kontrollwechsel in einem börsennotierten Unternehmen sind alle Aktionäre gleich zu behandeln und Minderheitsaktionäre zu schützen. An diesem Grundprinzip hält die Kommission uneingeschränkt fest.

Minderheitsaktionäre börsennotierter staatlicher Unternehmen genießen genau die gleichen Rechte wie Minderheitsaktionäre von Unternehmen im Privatbesitz. Normalerweise bedeutet dieser Grundsatz, dass jemand, der die Kontrolle über ein börsennotiertes Unternehmen übernimmt, ein Pflichtangebot über dem von den Minderheitsaktionären gehaltenen Kapital abgeben muss. Gleichwohl können nach den Gemeinschaftsregelungen die Mitgliedstaaten von der Pflichtangebotsregel abweichen, um bestimmten Umständen auf nationaler Ebene Rechnung zu tragen.

Diesen Ermessensspielraum hat Griechenland wahrgenommen. Seine einzelstaatlichen Gesetze sehen vor, dass die Pflichtangebotsregelung in bestimmten Situationen nicht zutrifft. Dazu gehört insbesondere der Fall, in dem das Privatisierungsverfahren eines Unternehmens läuft. Diese Befreiung ist allgemeiner Natur, aber der Teufel steckt im Detail.

Die Kommission bezweifelt nicht, dass die griechische nationale Telefongesellschaft OTE, der die Anfrage des Abgeordneten gilt, ein staatliches Unternehmen war. Obwohl der Staat nur 28 % des Unternehmens hielt, wurde das Unternehmen von der Regierung vollständig kontrolliert. Hier geht es aber um die Frage, wie lange ein Privatisierungsprozess laufen darf. Im Fall von OTE scheint sich das Privatisierungsverfahren in die Länge zu ziehen. Tatsächlich scheint es sich stark in die Länge zu ziehen. Vor zwölf Jahren begann der Prozess, der offenbar immer noch läuft. Wie lange kann man nun ein Unternehmen aus dem Anwendungsbereich der Pflichtangebotsregelung in der Richtlinie über Übernahmeangebote heraushalten? Die griechische Aufsichtsbehörde, also die Griechische Kapitalmarktkommission, hat entschieden, dass sich die OTE noch im Privatisierungsprozess befindet und daher kein Pflichtangebot notwendig war.

Abschließend sei gesagt: Weichen Mitgliedstaaten von der Regelung über Pflichtangebote ab, müssen sie dennoch den allgemeinen Grundsatz des Schutzes von Minderheitsaktionären beachten und gewährleisten, dass diese die gleiche Behandlung wie Mehrheitsaktionäre genießen. Bisher sehe ich nicht, wie die griechischen Behörden im vorliegenden Fall diesen Schutz sicherstellen wollen. Daher habe ich meine Mitarbeiter beauftragt, sich anzusehen, ob dieser Schutz erreicht wurde, und zu untersuchen, ob die Regelungen der Richtlinie über Übernahmeangebote in diesem Fall von den griechischen Behörden beachtet wurden.

 
  
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  Dimitrios Papadimoulis, Verfasser. – (EL) Herr Kommissar! Genau das ist das Problem. Ich begreife nicht, wonach Sie all diese Monate gesucht haben. Die griechischen Behörden verstoßen gegen Artikel 3 und 5 der Richtlinie 25/2004/EG. Sie lehnen Gleichbehandlung und öffentliche Ausschreibungen aus dem lächerlichen Grund ab, ein Unternehmen, nämlich die OTE (die griechische Telekommunikationsgesellschaft), an der der Staat 28 % hält, sei ein Unternehmen im Staatsbesitz.

Wird die Kommission weiter das Gesetz verletzen und gegen die Richtlinie über die Gleichstellung und den Schutz von Kleinaktionären verstoßen? Vielleicht haben Sie, Herr Kommissar McCreevy, Richtlinie 25/2004/EG ebenso nicht gelesen wie den Vertrag von Lissabon.

 
  
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  Charlie McCreevy, Mitglied der Kommission.(EN) Wie gesagt, wir sehen uns das griechische Gesetz und seine Vereinbarkeit mit den Regelungen für den Binnenmarkt an, speziell hinsichtlich des freien Kapitalverkehrs und der Niederlassungsfreiheit, und bei Bedarf kann der Fall weiter verfolgt werden.

Bei diesen Ermittlungen arbeiten unterschiedliche Dienststellen der Kommission eng koordiniert, um eine umfassende Analyse der Lage sicherzustellen. Ich kann Ihnen, Herr Abgeordneter, versichern, dass wir nach Abschluss der Ermittlungen die richtigen Maßnahmen ergreifen, wenn – und nur wenn – aus unseren Untersuchungen hervorgeht, dass die griechischen Behörden unrechtmäßig gehandelt haben. So gehen wir mit jedem Mitgliedstaat ordnungsgemäß und rechtlich einwandfrei um, und mit den griechischen Behörden verhält es sich jetzt nicht anders.

Wenn die Ermittlungen abgeschlossen sind, treffen wir die dann geeigneten Entscheidungen und verfolgen den Fall weiter, wenn wir dies zu diesem Zeitpunkt als notwendig erachten.

 
  
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  Der Präsident.

Anfrage Nr. 48 von Georgios Papastamkos (H-0526/08)

Betrifft: „Schwarzmeersynergie“

Ein Jahr ist vergangen, seit die Initiative „Schwarzmeersynergie“ gestartet wurde. Ist die Kommission der Auffassung, dass dementsprechend eine umfassende, die Kohäsion fördernde Strategie zur Anbindung dieser Region erstellt worden ist? Sind die Hauptinitiativen der EU in diesem Zusammenhang gezielt ausgerichtet auf den Ausbau der Schifffahrtsverbindungen, des Straßentransports und entsprechender Korridore sowie auf die Zusammenarbeit im Energiesektor bei gleichzeitiger Förderung der nachhaltigen Entwicklung? Wie plant die Kommission die Präsenz von Mitgliedstaaten in dieser Region (Griechenland, Bulgarien, Rumänien) zu nutzen?

 
  
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  Benita Ferrero-Waldner, Mitglied der Kommission.(EN) Am 19. Juni 2008 veröffentlichte die Kommission einen Bericht über das erste Jahr der Umsetzung der Schwarzmeersynergie. Darin beschreibt sie die Erfolge in vielfältigen Sektoren und formuliert Vorschläge zur Weiterentwicklung der Synergie zu einem regionalen Kooperationsprozess. Dazu gehört die Festlegung langfristiger, messbarer Ziele sowie die Auswahl federführender Länder oder Organisationen, um Maßnahmen zur Erfüllung dieser Ziele zu koordinieren, sowie die Schaffung von Sektorpartnerschaften zur Kofinanzierung der notwendigen Vorhaben.

Wie die Kommission bereits erklärt hat, bilden bilaterale Politiken in der Region – hauptsächlich Maßnahmen der europäischen Nachbarschaftspolitik – den strategischen Rahmen, und die Schwarzmeersynergie ergänzt sie auf regionaler Ebene. Die Nachbarschaftspolitik läuft auf bilateraler Ebene, und dies ist die erste regionale Ergänzung.

Die in Ihrer Anfrage genannten Sektoren stehen auf der Tagesordnung der Kommission ganz oben. Hier geht es um Vorschläge zur Schaffung von Schwarzmeerpartnerschaften auf mehreren Gebieten, darunter Verkehr und Umwelt, und die Mitgliedstaaten der Region fördern diese Initiativen besonders aktiv.

Zwischen der Kommission und den drei Mitgliedstaaten wird die Koordinierung verstärkt, sowohl bei der Weiterentwicklung der Synergie als auch bei der Arbeit mit der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit im Schwarzmeerraum.

Weitere Fortschritte der Synergie erfordern die aktive Einbeziehung einer wachsenden Zahl von Mitgliedstaaten und Schwarzmeerpartnern, wobei die Mitgliedstaaten am Schwarzen Meer eine wesentliche Rolle spielen können und auch werden.

 
  
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  Georgios Papastamkos, Verfasser. – (EL) Vielen Dank für Ihre Antwort, Frau Kommissarin. Sie haben der Schwarzmeersynergie in der Tat Ihren persönlichen Stempel aufgedrückt, aber zugleich sind Sie sich bewusst, dass die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit im Schwarzmeerraum mittlerweile eine ausgereifte institutionelle Struktur für die regionale Organisation ist und die Zusammenarbeit sich intensiviert und ausweitet, vor allem, weil Europa und Asien hier zusammentreffen und das auf vielen Ebenen.

Eine Sache interessiert mich: Beabsichtigt die Kommission über die Initiative der Schwarzmeersynergie hinaus die Struktur der interregionalen Beziehungen zwischen der EU und den Schwarzmeerstaaten in einem engeren institutionellen Rahmen zu konzipieren, sodass eine institutionell gesicherte Form der Zusammenarbeit zwischen den Regionen entsteht?

 
  
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  Benita Ferrero-Waldner, Mitglied der Kommission.(EN) Hinter der Schwarzmeersynergie steckte der Gedanke, alle unsere östlichen Partner – auch die Türkei und Russland – einzubeziehen, und da sie bereits an der Schwarzmeer-Wirtschaftskooperation beteiligt waren, hielten wir dies für richtig.

Aber Sie wissen auch, dass wir vom Europäischen Rat aufgefordert wurden, auch eine spezifische Ostpartnerschaft zu entwickeln, woran wir arbeiten werden – im Spätherbst werden meine Mitarbeiter und ich konkretere Vorschläge für das Zusammengehen nur mit den Ostpartnern, ohne die Türkei und Russland, vorlegen. Doch eines wollte ich noch einmal betonen: Am 13. und 14. Februar war ich in Kiew, wo das erste Ministertreffen stattfand. Verständlich dürfte sein, dass dies der Beginn der Konferenz war. Natürlich brauchen Vorhaben Zeit, um unter Dach und Fach gebracht zu werden und echte Fortschritte zu zeigen.

Sie erinnern sich bestimmt noch, wie lange wir am Barcelona-Prozess gearbeitet haben, und Sie wissen, wie langsam sich die Dinge entwickeln. Also meine ich, es gibt noch Raum für die Schwarzmeerkooperation einerseits, aber es wird auch diesen engeren Rahmen für die Ostpartnerschaft geben.

 
  
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  Der Präsident.

Anfrage Nr. 49 von Robert Evans (H-0533/08)

Betrifft: Wahlbeobachtungsmissionen der EU

Die Kommission wendet erhebliche Geldmittel für weltweite Wahlbeobachtungsmissionen auf, und erfüllt dadurch in einigen der schwierigsten Länder eine äußerst wertvolle Aufgabe.

Wie bewertet die Kommission diese Missionen auf lange Sicht? Wie können wir diesen Ländern wirksamer dabei helfen, die bei einer Wahl festgestellten Schwachstellen in Angriff zu nehmen und auf diese Weise die Vorbereitungen für die nächste Wahl unterstützen?

 
  
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  Benita Ferrero-Waldner, Mitglied der Kommission.(EN) Dem stimme ich zu: Weltweite Wahlbeobachtungsmissionen der EU sind ihr Geld wert. In den letzten acht Jahren berichteten EU-Beobachter über entscheidende Wahlen und halfen so, Auseinandersetzungen über Wahlergebnisse zu entschärfen oder Bereiche zu beleuchten, in denen politische und Wahlreformen dringend notwendig sind. Somit sind dies Erfolge, die längerfristige Auswirkungen haben.

Heute betrachtet man die Europäische Union als einen der glaubwürdigsten internationalen Wahlbeobachter. Ich weiß, Herr Evans ist selbst erst kürzlich von den Wahlen in Sri Lanka zurückgekehrt. Bestimmt hat er seine eigenen Gedanken, was gut funktioniert hat und was vielleicht in Zukunft noch zu tun ist. Daher wird die Kommission die EU-Wahlbeobachtungsmissionen weiterhin vorrangig behandeln, und solange ich dabei bin, werde ich dies unterstützen.

Dennoch sind Wahlbeobachtungsmissionen keine losgelösten Maßnahmen und können dies auch nicht sein. Wahlbeobachtung ist kein Selbstzweck, sondern soll helfen, Defizite im Wahlverfahren festzustellen und auch längerfristig institutionelle und demokratische Reformen anzustoßen.

Die Berichte der Wahlbeobachter bilden einen wesentlichen Ausgangspunkt für den Abbau von Defiziten im Wahlverfahren. Definitionsgemäß sind sie langfristig ausgerichtet. Normalerweise benennen die Empfehlungen der Wahlbeobachter mögliche Änderungen im Wahlsystem, z. B. der rechtlichen Rahmenbedingungen oder bei der Durchführung der Wahlen. Zunehmend finden sie Eingang in eine breitere Strategie der Wahlunterstützung, was die Langzeitwirkungen verstärkt.

Hinsichtlich anderer Wahlbeobachtungsmissionen in letzter Zeit kann ich bestätigen, dass wir z. B. in Ruanda, in Kambodscha und im Jemen die jeweiligen Wahlkommissionen unterstützt haben. Diese Projekte ergaben sich direkt aus früheren EU-Wahlbeobachtungsmissionen, bei denen einige Defizite im Wahlverfahren festgestellt wurden. In diesem Zusammenhang hat die Kommission in den letzten Jahren die finanziellen Beihilfen für die Unterstützung von Wahlen erheblich aufgestockt, was auf die Empfehlungen der Wahlbeobachtungsmissionen der EU zurückging. Seit 2000 belaufen sich diese Beihilfen auf 400 Millionen Euro, also ein stattlicher Betrag.

Wertvolle Arbeit, um die Voraussetzungen für Wahlreformen im Ergebnis einer Wahlbeobachtungsmission der EU zu schaffen, leisten auch die Delegationen der Europäischen Kommission im Land und natürlich die Chefbeobachter, wenn sie zur Vorlage ihres Abschlussberichts in das Land zurückkehren.

Da Wahlreformen oft einen sehr ausgeprägten politischen Charakter haben, vollziehen sie sich schließlich auch nicht ohne weiteres und erfordern verschiedene Akteure und ein kontinuierliches Engagement. Neben dem Chefbeobachter kann meiner Meinung nach das Parlament – und dies geschieht bereits sehr oft – eine wesentliche Rolle bei der Durchsetzung von Wahlreformen nach der Wahlbeobachtungsmission spielen.

Daher ermutige ich die ständigen Delegationen des Europäischen Parlaments im jeweiligen Land, sich auch mit dieser Frage stärker zu befassen und Defizite im Wahlverfahren im Zusammenhang mit umfassenderen institutionellen und demokratischen Änderungen anzusprechen. Dies war Gegenstand eines ersten Seminars zwischen der Kommission und dem Parlament, und in diesem Jahr, ich glaube im Dezember, soll es ein weiteres zwischen der Kommission und dem Parlament geben.

 
  
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  Robert Evans, Verfasser.(EN) Ich danke Ihnen, Frau Kommissarin, und ich stimme Ihnen zu, dass die Wahlbeobachtungsmissionen mit zu den wertvollsten Aufgaben der Europäischen Union zählen. Ihre Arbeit in diesen Ländern findet große Beachtung, und nahezu ausnahmslos ist das Geld dafür sinnvoll ausgegeben. Ich bin sehr stolz, im Laufe der Jahre an einigen Wahlbeobachtungsmissionen beteiligt gewesen zu sein, zuletzt in Pakistan. Übrigens weilte ich kürzlich mit einer Delegation in Sri Lanka.

Aber vielleicht noch eine Zusatzfrage an Sie, Frau Kommissarin. Zwischen einer Wahlbeobachtungsmission und der nächsten liegen ja vier oder vielleicht fünf Jahre. Leistet die EU in dieser Zeit eigentlich spezielle Hilfe und unterbreitet sie Vorschläge, um Defizite zu beseitigen oder Dinge zu ändern, bei denen wir eventuell Bedarf sehen und um Gedanken, Unterstützung und möglicherweise auch Gelder beisteuern zu können, damit gewährleistet wird, dass die Länder bei künftigen Wahlen ihre früheren Fehler nicht wiederholen?

 
  
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  Martin Callanan (PPE-DE).(EN) Herr Präsident! Was Herr Evans zum Wert von Wahlbeobachtungsmissionen sagt, ist richtig. Auch ich hatte die Ehre, von der Frau Kommissarin bei den letzten Wahlen in Kambodscha als Chefbeobachter eingesetzt worden zu sein. Meiner Meinung nach erwiesen sich diese Missionen wie alle Wahlbeobachtungsmissionen für die kambodschanischen Behörden als eine sehr nützliche Hilfe bei der Durchführung ihrer Wahlaufgaben.

Meine Bitte an die Frau Kommissarin wäre, die ihr zur Verfügung stehenden Mittel zu prüfen, um künftig möglichst noch mehr Missionen dieser Art durchzuführen, denn auch ich stimme zu, dass sie sehr wertvolle Maßnahmen sind, die große Beachtung finden. Von den Ländern, in denen die verschiedenen Missionen stattfinden, und auch von den jeweiligen Staatschefs werden sie hoch geschätzt.

 
  
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  Benita Ferrero-Waldner, Mitglied der Kommission.(EN) Zunächst möchte ich sagen, dass die Empfehlungen für das langfristige Vorgehen und die nächsten Wahlen genau der Bereich sind, in dem wir alle stärker zusammenarbeiten sollten.

Grund dafür ist, dass einige Länder diese Empfehlungen übernommen haben, andere dagegen nicht, und die Empfehlungen sollten stärker in unsere Länderberichte und in die Auswertungen durch die Delegationen und durch die Delegationen des Europäischen Parlaments eingehen.

Um die zweite Frage zu beantworten: Wäre der Haushalt viel größer, könnten wir auch in wesentlich mehr Ländern tätig sein, aber ich muss eine Auswahl treffen. Dabei versuche ich, nach dem Haushalt auszuwählen, der Afrika, Asien, Lateinamerika und, solange man uns einlädt, die Maghreb- und arabischen Länder abdecken muss, Länder, in die wir meiner Meinung nach öfter gehen sollten, da wir dort aufgrund unserer – prinzipiellen – Objektivität einen sehr guten Ruf haben.

 
  
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  Der Präsident.

Anfrage Nr. 50 von David Martin (H-0543/08)

Betrifft: Einbehaltung von palästinensischen Steuergeldern durch Israel

Welche Maßnahmen hat die Kommission ergriffen, um Israel daran zu hindern, weiterhin palästinensische Steuergelder einzubehalten?

 
  
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  Benita Ferrero-Waldner, Mitglied der Kommission. – (EN) Ich glaube, der Herr Abgeordnete bezieht sich auf den Rückstand bei der monatlichen Überweisung von Zöllen, die Israel im Namen der Palästinensischen Behörde einzieht. Zur letzten Verzögerung kam es im Monat Juni, und sie folgte fast unmittelbar auf ein Schreiben des palästinensischen Ministerpräsidenten Fayed, in dem er sich gegen die laufenden Diskussionen zur Weiterentwicklung der Beziehungen zwischen der EU und Israel aussprach.

Damals wurde die verzögerte Überweisung von Steuer- und Zolleinnahmen auf höchster Ebene angesprochen, und auch ich habe dieses Problem in einem Gespräch mit der Außenministerin aufgeworfen.

Ich ersuchte Israel die den Palästinensern zustehende Zahlung abzuwickeln, und schließlich muss ich sagen – und kann ich sagen – wurde die Überweisung eine Woche später als gewöhnlich vorgenommen.

Seitdem sind der Kommission keine weiteren Fälle von Verzögerungen bei der Überweisung von Steuergeldern berichtet worden.

 
  
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  David Martin, Verfasser.(EN) Danke, Frau Kommissarin, für die Antwort und danke dafür, dass Sie Maßnahmen ergriffen haben, wobei die Maßnahmen erst griffen, nachdem ich die Anfrage aufgesetzt hatte. Sie werden verstehen, dass zwischen dem Aufsetzen von Anfragen und deren Beantwortung doch viel Zeit liegt.

Dennoch möchte ich betonen, dass es sich hier um palästinensische Gelder handelt. Das sind auf keinen Fall israelische Gelder, und deshalb dürfen sie nicht zurückgehalten werden. Sie zu behalten käme einem Diebstahl gleich, wenn nicht der Gelder, dann der Zinsen. Regelmäßig erpresst man die Palästinenser damit, und ich hoffe, die Kommission übt weiterhin Druck auf Israel aus, diese Gelder freizugeben, denn sie stehen den Palästinensern zu und dürfen nicht als weiteres politisches Werkzeug genutzt werden.

 
  
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  Reinhard Rack (PPE-DE). - Es ist schön, dass dieses Problem offensichtlich rasch und prompt gelöst werden konnte. Nur eine Rückfrage: Wir haben seinerzeit des Öfteren das Problem gehabt, dass Gelder, die die Palästinensische Behörde verwendet hat, möglicherweise nicht so verwendet wurden, wie sich das die Geber vorgestellt hatten. Sind auch diese Probleme in der Zwischenzeit bereinigt?

 
  
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  Benita Ferrero-Waldner, Mitglied der Kommission.(EN) Um auf die erste Bemerkung einzugehen: Ja, es gab in den letzten Jahren große Verzögerungen bei palästinensischen Geldern – und Sie haben Recht, es sind palästinensische Gelder –, aber ich habe stets versucht, wenn es nötig war – und sehr oft baten mich die Palästinenser darum –, persönlich einzugreifen, um die Gelder freizubekommen. Das dauerte mitunter lange, und es gab Zeiten, in denen es wirklich schwierig war, aber ich habe mich stets bemüht. Ich stimme Ihnen zu, auch künftig muss dies geschehen.

Herr Abgeordneter Rack! Ich kann Ihnen ganz klar versichern, dass die Art und Weise, wie wir unser Geld an die Palästinenser liefern – früher durch den so genannten TIM, den Temporary International Mechanism, und jetzt durch den Finanzmechanismus PEGASE –, so gestaltet ist, dass wir volle Kontrolle haben. Ich glaube, das war auch das Wesentliche.

Im Übrigen haben sogar die Israelis jetzt diesen Single Treasury Account, dieses einzige Konto des Finanzministeriums benützt, um darauf israelische Gelder zu überweisen. Mit Salam Fajad als Finanz- und Premierminister haben wir hier auch eine Person, die das Vertrauen der internationalen Gemeinschaft hat. Aber wir haben vor allem selber unsere eigenen Kontrollen vorgenommen, und ich achte, soweit ich persönlich kann, sehr genau darauf. Meine Delegation hat hier ein eigenes System und ein eigenes Team aufgebaut, damit es zu keinen Unregelmäßigkeiten kommt.

 
  
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  Der Präsident. – Die Anfragen, die aus Zeitgründen nicht behandelt wurden, werden schriftlich beantwortet (siehe Anlage).

 
  
  

(Die Sitzung wird um 19.10 Uhr unterbrochen und um 21.00 Uhr wieder aufgenommen.)

 
  
  

VORSITZ: MARIO MAURO
Vizepräsident

 
  

(1) ABl. L 142 vom 30.4.2004, S. 12.


16. Dienstleistungsverkehr (Aussprache)
Video der Beiträge
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  Der Präsident. − Als nächster Punkt folgt der Bericht von Syed Kamall im Namen des Ausschusses für internationalen Handel zum Dienstleistungsverkehr (2008/2004(INI)) (A6-0283/2008).

 
  
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  Syed Kamall, Berichterstatter.(EN) Herr Präsident! Zu Beginn möchte ich den Schattenberichterstattern und ihren Fraktionsberatern für die nützlichen Zuarbeiten zu diesem Bericht danken. Wir hatten, wie ich meine, sehr interessante Diskussionen und waren nicht immer einer Meinung. Aber zumindest ist es uns gelungen, die Diskussionen sehr gesittet zu führen.

Ich möchte auch dem Sekretariat des Ausschusses für Internationalen Handel für seine Beiträge danken, und wenn ich schon bei Danksagungen bin, gilt mein Dank auch den Vertretern der Generaldirektion Handel für ihre nützlichen Hinweise und Anregungen.

Natürlich hat die Europäische Union als größter Exporteur von Dienstleistungen starkes Interesse an der Erschließung neuer Märkte für Dienstleistungen. Allerdings konzentriert sich mein persönliches Interesse an diesem Thema eher darauf, wie Dienstleistungen als Instrument genutzt werden können, den Ärmsten aus ihrer Armut zu helfen.

Aber bevor wir das tun, erinnern wir uns doch noch einmal an die Bedeutung von Dienstleistungen. Die Dienstleistungen machen etwa 75 % (über die genau Zahl wird etwas debattiert und gestritten) des BIP der EU verglichen mit nur etwa 2 % für die Landwirtschaft aus. In Afrika entfällt auf Dienstleistungen ein wachsender Anteil von 52 % des BIP verglichen mit 16 % für die Landwirtschaft. Angesichts dieser Zahlen ist es ein Jammer, dass in der Doha-Entwicklungsrunde der Landwirtschaft so viel Bedeutung beigemessen wurde, obgleich doch in Wirklichkeit die Öffnung des Handel und der Dienstleistungen so viele Menschen aus der Armut befreien könnte. Daher war ich bereit, Änderungen zu akzeptieren, in denen es heißt, dass Verhandlungen über Handel und Dienstleistungen nicht nur den Interessen der EU, sondern auch dem Wirtschaftswachstum der ärmsten Länder dienlich sind.

Dabei dürfen wir nicht vergessen, was Entwicklung eigentlich bedeutet: nämlich Menschen von Armut zu befreien, was wir erreichen können, wenn wir Unternehmer ermuntern, Wohlstand und Arbeitsplätze zu schaffen.

In vielen der ärmsten Länder höre ich von Unternehmern, dass sie ja die Armut dringend bekämpfen wollen. Aber sie bräuchten Bankdienstleistungen, um billigere Kredite zu bekommen, damit sie ihr Geschäft erweitern, mehr Leute einstellen und mehr Wohlstand vor Ort schaffen können; Versicherungsdienstleistungen, um dann, wenn in ihrem Leben oder Unternehmen etwas zusammenbricht oder schief läuft, darauf zurückgreifen zu können; juristische Dienstleistungen, um mit ihren Partnern abgeschlossene Verträge durchzusetzen; Kommunikationsdienstleistungen, um die besten Preise auf dem heimischen Markt zu kennen, über den Zeitpunkt des Einstiegs in den heimischen Markt zu entscheiden und dann den heimischen Markt tatsächlich zu erschließen.

Allerdings sollte uns allen klar sein, dass dort, wo Regierungen ohne eigenes Verschulden den Ärmsten solche grundlegenden Leistungen wie Gesundheit, Bildung und Wasser nicht anbieten können, die Unternehmer eine Rolle spielen müssen, um bei der Bereitstellung von Leistungen einzuspringen.

Leider macht der Handel mit Dienstleistungen nur etwa 25 % des Welthandels aus. Er hat aber das Potenzial, viel mehr Wohlstand und Arbeitsplätze zu schaffen. Aber lassen Sie uns zu einigen strittigen Fragen im Bericht kommen.

Einer der strittigen Punkte waren die so genannten Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse. Dabei sollten wir uns aber vor Augen halten, dass die einzelnen Länder diese Dienstleistungen unterschiedlich definieren. In einigen Ländern meint man, für Gesundheit, Bildung und Wasser sei allein der Staat zuständig. In anderen bedient man sich nichtstaatlicher Akteure. In Äthiopien, Nigeria, Kenia und Uganda beziehen über 40 % der Menschen im untersten wirtschaftlichen Fünftel ihren Gesundheitsschutz von privaten Anbietern. Mit Sicherheit sollten wir stärkere Investitionen in diesen Sektoren fördern.

Was die Bildung betrifft, so fordere ich meine Kollegen nachdrücklich auf, sich die Arbeiten von Professor James Tooley von der Universität Newcastle anzusehen. Er begann mit seinen Forschungen am Londoner Institute of Education in dem Glauben, private Bildung wäre ein Gräuel. Bald stellte er jedoch fest, möglicherweise im Gegensatz zu seiner eigenen Anschauung, dass Privatschulen den Armen bessere Bildung vermitteln konnten. Als in Indien eine Erhebung über staatliche Schulen im Land durchgeführt wurde, blieben einige ganz einfach geschlossen. In anderen kamen die Lehrer nicht zum Unterricht, und in einem Fall ließ ein Lehrer die Schüler den ganzen Tag für sich Tee kochen. Also stimmten die erwerbstätigen Armen, mit den Füßen ab. Sie sparten für private Bildung, nicht in einem Turm aus Stahl und Glas, sondern eher in einem bescheidenen Raum über einem Laden. Diese Schulen subventionierten dann die kostenlose Bildung für die nicht erwerbstätigen Armen.

Was ist falsch daran, frage ich mich, den Handel mit diesen Dienstleistungen zu fördern, wenn er den Ärmsten hilft? Nun höre ich von einigen Abgeordneten in diesem Hohen Haus, dass nur der Staat diese Leistungen bereitstellen dürfe, und zwar als Monopol. Und auch wenn der Staat versagt oder nicht genügend Einnahmen macht, um diese Dienstleistungen erbringen zu können, sollte es nach Ansicht dieser Abgeordneten den nichtstaatlichen Akteuren nicht erlaubt werden, einzuspringen. Wäre es ihnen lieber, die Ärmsten hätten keinen Zugang zu Wasser? Wäre es ihnen lieber, die Ärmsten hätten keinen Zugang zu Bildung? Würden sie die Ärmsten lieber ohne Gesundheitsschutz lassen, statt sich an einen privaten Anbieter zu wenden?

Strittig war auch die Frage der Souveränität. Natürlich stimme ich denen zu, die sagen, dass wir unseren Verhandlungspartnern die Öffnung von Handel und Dienstleistungen nicht aufzwingen dürfen. Aber wenn ein Land beschließt, eine Dienstleistung zu liberalisieren, die wir vielleicht als von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse ansehen, haben wir kein Recht, ihm die Liberalisierung seiner Märkte zu verbieten.

Dazu muss ich auch sagen, dass ich von einigen meiner Kolleginnen und Kollegen enttäuscht bin. Der Auffassung einiger Abgeordneten dieses Hohen Hauses nach, sollten wir Entwicklungsländern doch tatsächlich empfehlen, ihre Märkte abzuschotten. Aber es darf nicht um privat gegen staatlich gehen. Es darf nicht um einheimische gegen ausländische Anbieter gehen. Es muss darum gehen, was funktioniert. Stattdessen sollten wir alle gemeinsam am Abbau der Handelsschranken, die die Armen bestrafen, arbeiten.

Wir sollten gemeinsam daran arbeiten, staatliche Monopole zu beseitigen, die vielen der Ärmsten wesentliche Dienstleistungen vorenthalten, und wir sollten jenen Unternehmern stets freundlich gesonnen sein, die weltweit die Armut bekämpfen wollen, indem sie Wohlstand und Arbeitsplätze durch verstärkte Investitionen in Dienstleistungen schaffen.

 
  
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  Peter Mandelson, Mitglied der Kommission. – (EN) Herr Präsident! Ich bin dem Europäischen Parlament für diesen Bericht dankbar. Wie darin zum Ausdruck kommt, machen Dienstleistungen in entwickelten Ländern den größten Anteil am BIP aus. Daher ist die Liberalisierung des Handels mit Dienstleistungen von zentraler Bedeutung für unser Wirtschaftswachstum, was auch für Entwicklungsländer gilt, in denen Dienstleistungen nicht ausreichend entwickelt sind.

Im Großen und Ganzen teile ich die im Bericht ausgedrückten Ansichten. Sie entsprechen unserer Strategie „Globales Europa“, die sich auf eine ehrgeizige multilaterale Agenda und auf eine sorgfältig erarbeitete Reihe bilateraler Abkommen gründet. Wir fühlen uns der Entwicklungsdimension der multilateralen Handelsrunde voll verpflichtet und halten, wie der Bericht bekräftigt, eine multilaterale Vereinbarung über Dienstleistungen sowohl für die Interessen der EU als auch für die Interessen ärmerer Länder für positiv.

Ich begrüße, dass der Bericht ehrgeizige Verpflichtungen in den laufenden und künftigen Verhandlungen über bilaterale und regionale Abkommen unterstützt. Wir werden uns die Empfehlungen des Berichts für die unterschiedlichen laufenden Verhandlungen aufmerksam ansehen, die allgemein die Sektoren betreffen, die für unsere Dienstleistungsindustrie als bedeutsam gelten.

Gestatten Sie mir eine allgemeine Bemerkung zu den Verhandlungen über Dienstleistungsabkommen, die sowohl bilaterale als auch multilaterale Vereinbarungen betrifft. Für Verhandlungen über Dienstleistungen gibt es keine einfache Lösung, keine simple Formel, die sich auf sämtliche Dienstleistungssektoren in allen Ländern anwenden lässt. Zu diesen Verhandlungen gehört, sich mit den komplexen und oft detailreichen rechtlichen Rahmenbedingungen der Länder auf Gebieten zu befassen, die so unterschiedlich wie die im letzten Abschnitt Ihres Berichts sind – von Finanzdienstleistungen bis hin zur Gesundheitsfürsorge oder Bildung. Hier sollten wir behutsam vorgehen und das Recht von Drittländern achten, ihre unterschiedlichen einheimischen Dienstleistungssektoren so zu regulieren, wie sie es wünschen, während sie zugleich für ausländische Angebote erschlossen werden, wenn Wettbewerb vorgezogen wird. Diskriminierung darf es dabei nicht geben.

Wir wissen, dass einige Dienstleistungssektoren einen größeren Anteil am BIP als andere haben und dass dementsprechend die Liberalisierung ihres Handels größere Auswirkungen auf unseren Wohlstand insgesamt haben kann. Wenn wir aber bestimmte Sektoren vorrangig behandeln, müssen wir u. a. auch die relative Spezialisierung unserer EU-Länder und Regionen in unterschiedlichen Sektoren berücksichtigen.

Und schließlich möchte ich noch einen Gedanken zum multilateralen Prozess äußern. Ihr Bericht begrüßt die Ankündigung einer Konferenz über Dienstleistungen zur Wiederbelebung der Verhandlungen auf Ministerebene im Rahmen der Doha-Entwicklungsrunde. Darauf hatten wir stark gedrängt, und sie fand im Juli in Genf mit relativem Erfolg statt. Nicht alle von uns gewünschten Signale waren zu hören, aber wir vernahmen genug, um zu sagen, dass die WTO-Mitglieder und mehrere unserer Zielländer die Bedeutung verstanden haben, die wir einem zufrieden stellenden Ergebnis für den Marktzugang im Dienstleistungssektor beimessen.

Ich bin kein Hellseher und weiß nicht, wohin die multilateralen Gespräche in der Doha-Entwicklungsrunde von dem Punkt aus, an dem wir im Juli standen, führen werden. Wir befinden uns in der Situation, dass ein Thema – der besondere Schutzmechanismus in der Landwirtschaft für Entwicklungsländer – die unmittelbare Ursache für das Scheitern war, auch wenn es noch andere zu lösende Probleme gab. Somit ist die Unterstützung für die Vereinbarung über die Grundzüge insgesamt sehr brüchig und nicht nur davon abhängig, ob die USA und Indien ihre Differenzen in der Landwirtschaft beilegen. Für mich ist das so, als müsse man eine unbezahlbare, hauchzarte und überaus kunstfertig hergestellte Vase über einen extrem rutschigen Boden tragen. Eine falsche Bewegung, und schon könnte das gute Stück in tausend Stücke zerspringen. Daher müssen wir sehr vorsichtig vorgehen. Wir dürfen nicht stehenbleiben, aber sich nach vorn zu bewegen ist genauso schwer.

Wir sind bereit, die Gespräche wieder aufzunehmen, gleich welche Ebene dafür von Nutzen ist, um sicherzustellen, dass wir nicht das verlieren, was wir erreicht hatten und was nach wie vor auf dem Tisch liegt. Dazu bedarf es aber eines echten politischen Engagements anderer, um sich an einem Verhandlungsprozess zu beteiligen. In diesem Zusammenhang geht der Fortschritt, der auf der Konferenz zur Wiederbelebung der Verhandlungen über Dienstleistungen erzielt wurde, nicht verloren. Die dortigen Signale warfen etwas Licht auf die Flexibilität unserer Haupthandelspartner im Dienstleistungsbereich, und das sind wertvolle Informationen.

Unter den jetzigen Umständen, da die Genfer Verhandlungen gescheitert sind, wäre unser bester Beitrag, realistisch und positiv zu denken und deutlich zu machen, welch große Chance wir verpassen, sollten wir insgesamt scheitern. Daher kommt Ihr Bericht zur rechten Zeit, denn er drückt klar und ausgewogen aus, wie wichtig die Handelsliberalisierung in einem der Schlüsselbereiche der Doha-Entwicklungsrunde – Dienstleistungen – sowohl für uns als auch für unsere Partner wäre. Ich freue mich auf die weitere Zusammenarbeit und den Dialog mit dem Parlament, sowohl auf diesem Gebiet als auch auf anderen handelspolitischen Gebieten.

 
  
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  Olle Schmidt, Verfasser der Stellungnahme des mitberatenden Ausschusses für Wirtschaft und Währung. – (SV) Herr Präsident! Der Handel mit Dienstleistungen ist heute eine Notwendigkeit für alle Volkswirtschaften geworden. Kein Land ist heute mehr in der Lage, wirtschaftliche Erfolge mit einer teuren und ineffizienten Dienstleistungsinfrastruktur zu erzielen. Darum möchte ich dem Kollegen Kamall recht herzlich für einen guten und wichtigen Bericht danken.

Die Hersteller und Exporteure von Textilien, Tomaten und anderen Waren sind nicht wettbewerbsfähig, wenn sie keinen Zugang zu einem effizienten Bankwesen, zu Versicherungsgesellschaften, Wirtschaftsprüfern sowie Telekommunikations- und Transportsystemen haben.

In der Stellungnahme des mitberatenden Ausschusses für Wirtschaft und Währung wird betont, dass der Zugang zu Finanzdienstleistungen wie Kleinstkredite, der Zugang zu grundlegenden Bankdienstleistungen und internationale Überweisungen für Einzelpersonen in den Entwicklungsländern notwendig sind, damit sie grundlegenden wirtschaftlichen Tätigkeiten nachgehen und Unternehmen gründen können.

Der Ausschuss betont außerdem, dass der besondere Charakter des Finanzsektors gut durchdachte Lösungen in einer globalisierten Welt erfordert, was Kommissar Mandelson selbst auch angesprochen hat. Wenn unsere Verhandlungspartner, in erster Linie die in den Entwicklungsländern, die Möglichkeit einer Öffnung ihrer Dienstleistungsmärkte ablehnen, werden dadurch ihre Chancen auf wirtschaftliche Entwicklung beeinträchtigt.

Denjenigen in diesem Hause, die das bezweifeln, möchte ich sagen: Schauen Sie sich an, wie Ihre eigenen Länder sich entwickelt haben! Die Entwicklung des Warenhandels ist mit der Entwicklung des Dienstleistungshandels einhergegangen. Zum Vorteil aller Bürger, Herr Präsident!

 
  
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  Zbigniew Zaleski, im Namen der PPE-DE-Fraktion. – (EN) Herr Präsident! Hinter dem sozialistisch angehauchten Vorgehen gegen die Liberalisierung dieses Marktes steckt die Furcht, dass bei Übergabe der Dienstleistung in private Hände der Staat die Sagen darüber verlöre und irgendetwas falsch liefe. Fünfzig Jahre Kommunismus haben bewiesen, dass dem nicht so ist. Wettbewerbsfähige Dienstleistungen im Tourismus-, Finanz- und Verkehrsbereich – um Dinge verfügbar zu machen – sowie in der allgemeinen und beruflichen Bildung sind eine große Aufgabe und eine Hoffnung, arme Länder in ihrer Entwicklung zu unterstützen.

Wie sehe ich diese Hilfe zur Entwicklung, wenn wir den Markt für Waren – greifbare Dinge – und Dienstleistungen vergleichen? Bei Dienstleistungen geht es um Menschen mit ihren Aktivitäten. Sie ermöglichen Wissenstransfer. Es geht also nicht darum, jemandem einen Fisch, sondern eine Angel zu geben, wie wir hier im Parlament schon hörten. Dazu kommt die Chance, persönliche Initiative, Innovation und stärkere Beteiligung an verschiedenen Aktivitäten freizusetzen. Außerdem ist der Dienstleistungsmarkt besser in der Lage, sich kulturellen Anforderungen anzupassen, er ist flexibler und kommt besser mit nationalen Vorschriften, die in jedem Land zu beachten sind, zurecht. Dadurch kann Arbeitslosigkeit abgebaut werden. Auf sozialer Ebene kann er eine stärkere Beteiligung von Menschen unterschiedlicher Werdegänge und sozialer Klassen erreichen.

Wir sprechen hier von Wasser, Bildung und Gesundheit, und warum auch nicht? Die fünfzig Jahre Kommunismus und die Veränderungen in meinem Land in letzter Zeit beweisen, dass die Liberalisierung eine Kraft ist, die Gutes und nicht etwa Schlechtes schafft, und ich unterstütze sie nachdrücklich.

 
  
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  Françoise Castex, im Namen der PSE-Fraktion. – (FR) Herr Präsident, Herr Kommissar, werte Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie mich zunächst dem Berichterstatter für die Qualität seines Berichts danken. Er bot uns Gelegenheit für eine neue eingehende Aussprache über den Dienstleistungsverkehr. Wir konnten die Gemeinsamkeiten sowie einige Diskussionspunkte herausarbeiten. Im Ergebnis der Aussprache und der Abstimmung werden wir sehen, ob es sich um tief greifende Meinungsverschiedenheiten handelt.

Sowohl was den Binnenmarkt als auch was den Außenhandel betrifft, sind wir uns darüber einig, dass der Dienstleistungsmarkt einen mehrheitlichen Anteil an der Schaffung der Reichtümer und ein Viertel des Welthandels ausmacht. Es ist in der Tat denkbar, dass dieser Wirtschaftssektor noch über ein Wachstumspotenzial für die Europäische Union verfügt. Deshalb ist es legitim, den Dienstleistungsmarkt in bilaterale und multilaterale Handelsverhandlungen einzubeziehen. Das setzt allerdings voraus, dass wir die Prinzipien und Marktmodalitäten des Dienstleistungsverkehrs festlegen.

Der erste Punkt, den meine Fraktion geltend machen möchte, besteht darin, dass der Dienstleistungsmarkt vom Warenmarkt unterschieden werden muss. Dienstleistungen sind keine Waren wie die anderen, und das aus mehreren Gründen. Zunächst weil nicht alle Dienstleistungen gleicher Art sind, einige sind an fundamentale Bedürfnisse und Rechte gebunden. Wir legen sehr viel Wert darauf, einen Unterschied zwischen kommerziellen und nicht kommerziellen Dienstleistungen zu machen, seien es solche im Gesundheits- oder im Bildungsbereich. Lebenswichtige Dienstleistungen wie Wasser und Energie müssen ebenfalls mit einem besonderen Status versehen werden.

Dienstleistungen sind keine Waren wie alle anderen, weil der Handel mit ihnen vielfach sehr direkt die menschliche Arbeit impliziert und nicht nur den virtuellen Austausch einer Technologie. Wenn sie potenziell Arbeitsplätze schaffen, so finden wir in diesem Sektor zugleich die meiste informelle Arbeit und die meiste Prekarität. Ich begrüße es also, dass dieser Bericht daran erinnert, dass die Handelsregeln die Sozialstandards der IAO respektieren müssen, denn mit dem Ziel der Entwicklung müssen wir auch gegen Prekarität und Armut kämpfen.

Schließlich haben wir auch die Ziele von Doha und den internationalen Handel als Entwicklungsträger nicht aus dem Auge verloren. Dieses Konzept verpflichtet uns, bei der Verhandlung über Verpflichtungslisten und Wirtschaftspartnerschaftsabkommen die verschiedenen Interessen der Mitgliedstaaten und der Entwicklungsländer zu berücksichtigen. Die Europäische Union muss bei der Öffnung der Dienstleistungsmärkte und insbesondere bei der Liberalisierung bestimmter Dienstleistungen dem jeweiligen Entwicklungsstadium, den Rhythmen und dem Willen der Staaten Rechnung tragen, wobei ich insbesondere an die Finanzdienstleistungen denke. Es geht nicht an, Druck auf Drittländer auszuüben, was die Konzepte und Vorschriften für ihre Dienstleistungen betrifft. Die Souveränität dieser Staaten muss respektiert werden, wenn es um so sensible Dinge geht wie die öffentliche Dienstleistungen und Finanzdienstleistungen.

Ich weiß nicht, ob wir in dieser Frage einen vollständigen Konsens erreichen können. Möglicherweise berühren wir da ein Thema, zu dem es Differenzen zwischen der Rechten und der Linken in diesem Hause gibt.

 
  
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  Ignasi Guardans Cambó, im Namen der ALDE-Fraktion. – (ES) Herr Präsident! Dieser Bericht unterstreicht sehr klar die Bedeutung der Dienstleistungen in unseren Volkswirtschaften und die Wichtigkeit ihrer schrittweisen Liberalisierung.

Für den Schattenberichterstatter ist es wirklich interessant gewesen, diese Aussprache zu verfolgen, die bestätigt hat, warum einige von uns im Zentrum dieses Plenums sitzen und nicht an dem einen oder anderen Rand, warum einige von uns genau hier in der Mitte sitzen.

Was genau unterscheidet uns eigentlich – freundlich ausgedrückt – von Leuten, die weiterhin an einer strengen Vorstellung dessen festhalten, was Dienstleistungen sind, was privatisiert werden darf und was nicht, von Leuten, die noch immer allergisch auf die Idee reagieren, dass bestimmte Dienstleistungen sehr effizient durch die Privatwirtschaft erbracht werden können, und dies in vielen Fällen effizienter als durch die öffentliche Hand und häufig sogar unabhängig davon, welchen Entwicklungsstand ein Land aufweist; was unterscheidet uns von Leuten, die dem Staat in weniger entwickelten Ländern noch immer einen übermäßigen Stellenwert beimessen wollen, als ob die Lösung all ihrer Probleme darin bestünde, dass sich der Staat darum kümmert, ohne zu berücksichtigen, dass es häufig gerade dieser Stellenwert des Staates ist, der für die gewaltige Macht der Korruption in diesen Ländern verantwortlich ist?

Man hörte einige Nuancen, einen Anflug von Misstrauen gegen das, was freier Wettbewerb, freies Unternehmertum bedeutet und die Aussicht, dass die Bürger im Rahmen der freien Wirtschaft in den Genuss von Dienstleistungen durch die Gesellschaft selbst kommen.

Das wurde in dieser Aussprache zum Ausdruck gebracht. Allerdings möchte ich auch betonen, dass wir – und deshalb sind wir in der Mitte – auch nicht ganz mit dem teilweise entstehenden Eindruck einverstanden sind, dass dem Berichterstatter – obwohl er im Nachhinein bei der Aufnahme von Änderungsanträgen aus den anderen Fraktionen sehr großzügig war – die notwendige Sensibilität tatsächlich fehlt oder in bestimmten Fällen gefehlt haben mag, um zu beurteilen, was im Gemeinwohl liegt, um zu verstehen, dass nicht alles den Regeln des Marktes unterliegt, um zu verstehen, dass die Mitgliedstaaten natürlich die Freiheit haben und bewahren müssen, bestimmte Dienstleistungen jenseits des reinen Marktes durch Regulierung oder teilweise auch durch ausschließliche Erbringung durch die öffentliche Hand zu schützen.

Um welche Dienstleistungen geht es dabei? Das können wir nicht sagen. Nicht einmal in Europa herrscht Einigkeit darüber, was im allgemeinen Interesse liegt: Bereits innerhalb Europas gibt es unterschiedliche Lösungen bezüglich der Gewichtung von öffentlicher Hand und Privatwirtschaft bei Müllabfuhr, Bildung, Wasserversorgung, Bestattungs- und Friedhofswesen, öffentlichem Verkehr und Postdiensten. Klar muss allerdings sein, dass Bildung, Gesundheitswesen usw. eine Dimension besitzen, die nicht uneingeschränkt und rigoros der Privatwirtschaft überlassen werden kann.

Vor diesem Hintergrund sollten wir die Liberalisierung der Dienstleistungen voranbringen und einsehen, dass wir damit die Dienstleistungen, die die Bürger erhalten, verbessern können. Es ist von entscheidender Bedeutung, dass die Europäische Union diesbezüglich in allen ihren Handelsabkommen die Initiative ergreift, vor allem angesichts des Scheiterns der Doha-Runde – bei dem noch unklar ist, ob es vorübergehend oder bereits endgültig ist – und des multilateralen Rahmens in diesem Bereich insgesamt.

Die Europäische Union trägt daher eine erhebliche Verantwortung für die Einforderung dieses Fortschritts und die praktische Unterstützung einer Liberalisierung der Dienstleistungen, selbst in weniger entwickelten Ländern, unbedingt allerdings unter Achtung ihrer Freiheit und mit der Einsicht – und damit schließe ich, Herr Präsident –, dass diese Liberalisierung mit einer sehr strengen Regulierung einhergehen muss. In vielen Fällen muss die Liberalisierung von Regulierung und eindeutigen Vorschriften begleitet sein, mit Rücksicht auf die Freiheit und Autonomie der einzelnen Mitgliedstaaten bei der Entscheidung, was bei ihnen – auf Grund von Traditionen, der tatsächlichen Bevölkerungssituation oder den tatsächlichen Umständen – in öffentlicher Hand verbleiben sollte.

 
  
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  Cristiana Muscardini, im Namen der UEN-Fraktion. – (IT) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Im Namen der Fraktion Union für das Europa der Nationen beglückwünsche ich Herrn Kamall zu seiner ausgezeichneten Arbeit. Der Dienstleistungssektor ist – wie er selbst anerkannte –in fast allen Ländern der Welt der bedeutendste Wirtschaftszweig. Auch in Afrika und Asien entfällt auf ihn der höchste Anteil des BIP. Durch diesen strategisch wichtigen Sektor muss jedoch nun das Wirtschaftswachstum angekurbelt werden, insbesondere in noch unterentwickelten Ländern.

In dem Bericht wird lobenswerterweise die Bedeutung des Dienstleistungsverkehrs als Motor für mehr Wohlstand und Stabilität, vor allem für die Länder, die sich noch entwickeln müssen, hervorgehoben. Der Handel mit Dienstleistungen stellt auch einen Know-how-Transfer zwischen Ländern und Bürgern dar. Die Freiheit eines solchen Handels ist deshalb für jegliche Wachstumsstrategie von entscheidender Wichtigkeit, vorausgesetzt, er vollzieht sich im Rahmen allgemein anerkannter Regeln, die auch eingehalten werden. Niemand sollte versuchen, Modelle zu importieren oder sie an andere zu exportieren: jedes Entwicklungsland muss den eigenen Wachstumskapazitäten entsprechende Zeiträume festlegen.

Beim Einschlagen des neuen Weges zur Liberalisierung gilt es daher zu berücksichtigen, dass die Regierungen die Bedürfnisse der Bürger befriedigen müssen und, falls sie nicht in der Lage sind, ihrer Bevölkerung grundlegende Dienstleistungen wie Wasser oder Energie zu erbringen, die Möglichkeit der Dienstleistungserbringung nicht – wie in Afrika leider bisweilen geschehen – an mit den Regierungen anderer Länder verbundene öffentliche Unternehmen veräußern dürfen, weil damit natürlich die Gefahr bestünde, dass auf internationaler Ebene ebenfalls wirtschaftliche, politische und Sicherheitsprobleme entstehen.

Das Scheitern der Doha-Entwicklungsrunde bedeutete leider Nachteile für alle: für die Europäische Union, die Industrieländer, vor allem aber – wie wir meinen – für die ärmsten Länder. Deshalb hoffen wir, mit dem vorliegenden Bericht ein weiteres starkes Signal für einen erneuten Aufbruch zur harmonischen Entwicklung der gesamten Gesellschaft aussenden zu können.

 
  
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  Caroline Lucas, im Namen der Verts/ALE-Fraktion. – (EN) Herr Präsident! Ich möchte zunächst dem Berichterstatter für seine Offenheit und Zusammenarbeit danken. Gleichwohl kann unsere Fraktion in der Abstimmung morgen seinen Bericht nicht unterstützen, teilweise durchaus wegen der Vermessenheit zu sagen, Handel mit Dienstleistungen sei im Wesentlichen genau das Gleiche wie Handel mit Waren. Wie Frau Castex bereits gesagt hat, stimmt dies einfach nicht. Dem können wir nicht zustimmen, nicht zuletzt weil Handel mit Dienstleistungen immer Änderungen von einzelstaatlichen Rechtsvorschriften oder Durchführungsverordnungen erfordert, die oft den Kern des sozialen Gefüges einer Gesellschaft berühren, besonders wenn es grundlegende Leistungen betrifft, von denen die Menschen abhängen.

Dem widerspricht auch, dass WTO-Mitglieder selbst zunehmend zwischen Handel mit Waren und Handel mit Dienstleistungen unterscheiden. Auf dem letzten WTO-Ministertreffen gerade vor einigen Monaten im Juli in Genf brachte eine Gruppe lateinamerikanischer Länder sogar den Vorschlag in Umlauf, Gesundheit, Bildung, Wasser, Telekommunikation und Energie völlig aus der WTO herauszunehmen, weil es sich hierbei nämlich im Wesentlichen um öffentliche Dienste handelt und diese Dienste Menschenrechte darstellen, die nicht als handelsfähige Güter behandelt werden dürfen. Abschließend zitiert der Bericht recht selektiv einige positive nationale Beispiele für Liberalisierung und grundlegende Dienstleistungen, verweist aber überhaupt nicht auf die vielen verheerenden Beispiele, die man genauso gut hätte benennen können und die wir auch bedenken müssen.

Das Problem, das für mich im Vordergrund steht, ist die Liberalisierung von Finanzdienstleistungen. Nichts in diesem Jahr beherrschte die Schlagzeilen mehr als die globale Finanzkrise. Weithin herrscht Übereinstimmung, dass sie durch nicht ausreichend regulierte Finanzmärkte gefördert wurde. Und doch streben reichere Länder in den WTO-Verhandlungen über Dienstleistungen nach einer weiteren Deregulierung und Liberalisierung der Finanzmärkte, und dieser Bericht unterstützt diesen Vorschlag auch noch voll und ganz. Ich finde es etwas ironisch, dass der WTO-Direktor Pascal Lamy einen Abschluss der WTO-Agenda als Lösung für die globale Finanzkrise fordert, da ihre Politik nach objektiver Beurteilung doch wohl viel eher zu weiterer finanzieller Instabilität beitragen dürfte.

Mich enttäuscht, dass alle unsere Änderungsvorschläge, die zumindest eine Pause bei der weiteren Liberalisierung der Finanzdienstleistungen erfordert hätten, bis das Forum für Finanzmarktstabilität seine Empfehlungen für einige grundlegende neue Regelungen veröffentlicht, etwa Kapitalanforderungen und grenzüberschreitende Liquidität – und das war nur ein ganz bescheidener Wunsch, bis dann zu warten –, abgelehnt wurden. Daher haben wir die Änderungsanträge erneut eingebracht, und wir ersuchen Sie natürlich darum, diese zu unterstützen.

 
  
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  Helmuth Markov, im Namen der GUE/NGL-Fraktion. – Herr Präsident, Herr Kommissar, Kolleginnen und Kollegen! Konsens des Berichts ist die gemeinsame Überzeugung, dass ein multilaterales Normen- und Regelsystem wichtig und notwendig ist, dass Handel und Entwicklung keine Gegensätze darstellen müssen und dass die Europäische Union angesichts ihres wirtschaftlichen Gewichts eine besondere Verantwortung bei der Mitgestaltung der internationalen Wirtschaftsbeziehungen hat.

Grundsätzliche Unterschiede bestehen aber in der Herangehensweise. Zwar ist es wichtig, weltweit den Zugang, die Qualität und die Auswahlmöglichkeiten von Dienstleistungen wesentlich zu verbessern, insbesondere in Entwicklungsländern. Mit einem pauschalen Konzept von Wettbewerb, Liberalisierung und Privatisierung ist das aber nicht zu erreichen, vor allem nicht in den Bereichen der öffentlichen Daseinsvorsorge: Wasser, Gesundheit, Bildung, Energie und Personenbeförderung.

Noch viel weniger ist die Marktöffnungsstrategie, die die Kommission in den multilateralen und zunehmend auch in bilateralen Verhandlungen verfolgt, der richtige Weg, nachhaltige Entwicklung in der Welt zu fördern, weil diese vor allem auf weltweiten Zugang für europäische, transnational agierende Unternehmen und viel zu wenig auf kleine und mittelständische Unternehmen abzielt.

Ein weiterer Punkt: Die Europäische Union will mit Ländern wie China, Korea, Indien, den ASEAN- und den AKP-Staaten den Abschluss von Freihandelsabkommen, die sich auch auf Auslandsinvestitionen beziehen. Deutschland dagegen führt gerade ein Gesetz ein, mit dem der Anteil ausländischer Stimmanteile an einem deutschen Unternehmen auf maximal 25 % begrenzt werden kann. Als Bolivien der Meinung war, dass der weit höhere Anteil ausländischen Kapitals an seiner Erdgasproduktion eingeschränkt werden muss, hat Europa Zeter und Mordio geschrien.

Meine Fraktion ist der Überzeugung, dass jedes Land selbst entscheiden muss, wann, nach welchen Regeln und wie weit es sich dem globalen Wettbewerb öffnen will. Heute hat Präsident Arias gesagt: Wir brauchen ein asymmetrisches Herangehen. Das ist das Entscheidende.

 
  
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  Georgios Papastamkos (PPE-DE).(EL) Herr Präsident! Wie der Berichterstatter und Kommissar Mandelson bereits gesagt haben, sind Dienstleistungen sowohl in der europäischen als auch der Weltwirtschaft einer der dynamischsten Sektoren. Dennoch müssen wir anerkennen, dass es beträchtlichen Raum für die Stärkung des internationalen Dienstleistungsverkehrs, einschließlich der damit einhergehenden Vorteile sowohl für Unternehmen als auch – und in noch größerem Maße – für Verbraucher, gibt.

Was den Ausfuhrhandel betrifft, so spielt der Dienstleistungssektor eine besonders wichtige Rolle für die Entwicklungsländer. Die schrittweise Öffnung ihrer Märkte nach dem Prinzip der unterschiedlichen Behandlung kann zum Transfer von Technologie und Know-how sowie zur Verbesserung ihrer Infrastrukturen beitragen.

Hauptziele für die EU sind als Mindestmaß die verbindliche Konsolidierung des gegenwärtigen Zugangs zu den Märkten sowie deren weitere Liberalisierung. Meiner Ansicht nach bedarf es eines Abbaus von Hürden für europäische Unternehmen und der Gewährleistung von mehr Transparenz und Vorhersagbarkeit in ausländischen Märkten.

Das Niveau von Angeboten und der allgemeine Verlauf der WTO-Verhandlungen sind im Dienstleistungssektor bislang enttäuschend gewesen. Bilaterale bzw. interregionale Verhandlungen über ehrgeizige Freihandelsabkommen werden insbesondere nach dem Scheitern der Verhandlungen im Juli zu einer notwendigen Ergänzung des multilateralen Rahmens.

Bei den Verhandlungen über eine weitere Öffnung der Märkte muss das Recht der EU und ihrer Handelspartner auf Regulierung, vor allem im Bereich der öffentlichen Dienstleistungen und Dienstleistungen von allgemeinem Interesse, garantiert werden.

 
  
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  Carlos Carnero González (PSE).(ES) Herr Präsident! Ich möchte die Herren Zaleski und Guardans daran erinnern, dass es, wie ihnen sicher bekannt ist, ein berühmtes Bild von Goya mit dem Titel „Der Traum der Vernunft gebiert Ungeheuer“ gibt, und daran, dass der Traum von der Liberalisierung, unter Anwendung der strengen Regeln des Marktes, manchmal zu Ineffizienz und Ungleichheit führen kann. Wenn wir über Dienstleistungen sprechen, müssen wir uns das vor Augen halten.

Stellen wir uns zum Beispiel ein armes Land mit einem schlecht funktionierenden Bildungssystem vor, in dem beschlossen wird, externe Akteure heranzuziehen, die die Kinder in diesem Land – so die Annahme – mit einer qualitativ hochwertigen Bildung versorgen sollen. Wie können wir sicher sein, dass diese privaten Firmen dabei nicht das Ziel verfolgen werden, ein Monopol oder Oligopol aufzubauen oder Preise festzulegen, die für die Verbraucher – in diesem Fall die Schüler – nicht erschwinglich sind, sodass sie am Ende eine Bildung von minderer Qualität anbieten? Wer kann uns garantieren, dass nicht genau das passiert? Denn dann hätten wir nicht Bedingungen des freien Wettbewerbs, sondern befänden uns im Zustand eines gänzlich regulierten Wettbewerbs in privater Hand.

Deshalb müssen wir die Privatisierung des Dienstleistungsverkehrs zwar klar bejahen, zugleich aber öffentliche Dienste und Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse genau davon abgrenzen und dafür Sorge tragen, dass Kriterien und Vorschriften für die Zugänglichkeit und Qualität eingehalten werden und natürlich die sozialen Kriterien ausreichend Berücksichtigung finden.

Die Volkswirtschaften zu stärken bedeutet, die Mitgliedstaaten zu stärken, diejenigen Staaten, die sich den Regeln des Marktes öffnen, ohne die Bürger dabei aber mit den Dienstleistungen derjenigen allein zu lassen, die bei der Anwendung dieser Regeln am stärksten sind.

 
  
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  Mieczysław Edmund Janowski (UEN). (PL) Herr Präsident! Herr Kommissar! Ich möchte Herrn Syed Kamall meine Anerkennung für seinen ausgezeichneten Bericht zollen. Herzlichen Glückwunsch!

Es sollte unterstrichen werden, dass Marktzugang und Freihandel im Bereich von Dienstleistungen von grundlegender Bedeutung für Wirtschaftswachstum und Abbau der Arbeitslosigkeit sind. Unsere Länder und Regionen profitieren von dieser Lösung. Dies gilt auch für Partner außerhalb der EU, insbesondere für arme Länder. Verhandlungen im Rahmen der Entwicklungsagenda von Doha sollten in ein harmonisiertes Dienstleistungspaket münden. Die EU ist in dieser Hinsicht sehr offen und transparent.

Diese Offenheit sollte jedoch mit Gegenseitigkeit und Achtung einhergehen. In diesem Zusammenhang sollte man auch die so genannten Steueroasen unter die Lupe nehmen. Bei den zu verabschiedenden Regelungen sollte die Notwendigkeit der Stimulierung des Wettbewerbs berücksichtigt werden, d. h. die Senkung von Preisen und die Erhöhung der Dienstleistungsqualität bei gleichzeitiger Bekämpfung von Korruption und Marktmonopolisierung.

An dieser Stelle möchte ich darauf hinweisen, dass der Dienstleistungsverkehr immer öfter hoch entwickelte Technologien, IT, Kulturgüter usw. umfasst. Über das Internet erbrachte Dienstleistungen müssen besonders im Auge behalten werden. Rechte am geistigen Eigentum und der Schutz personengebundener Daten müssen garantiert werden. Außerdem ist Schutz vor Betrug, vor Handel mit Pornografie und anderen kriminellen Handlungen erforderlich. Eine alternde Gesellschaft und behinderte Menschen brauchen ein höheres Maß an Gesundheits- und Pflegedienstleistungen. Deshalb sollten wir auf eine steigende Zahl von Zuwanderern gefasst sein, die in diesen Bereichen arbeiten. Aufgrund der gegenwärtigen politischen Situation sollten auch Energie- und Kommunikationsdienste unsere Beachtung finden.

Bekanntlich spielen Dienstleistungen überall auf der Welt eine außerordentlich wichtige Rolle für das Bruttosozialprodukt. Der weltweite Dienstleistungsverkehr verzeichnet einen wachsenden Trend und macht heute schon ein Viertel aller Dienstleistungen aus. Hoffen wir, dass es uns gelingt, ein System mit klaren und fairen Regeln zu schaffen, das die Gleichbehandlung aller Beteiligten garantiert. Das ist keine einfache Aufgabe, aber wer sagt denn, dass unsere Arbeit ein Kinderspiel sei?

 
  
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