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Verfahren : 2006/0135(CNS)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadien in Bezug auf das Dokument :

Eingereichte Texte :

A6-0361/2008

Aussprachen :

PV 20/10/2008 - 14
CRE 20/10/2008 - 14

Abstimmungen :

PV 21/10/2008 - 8.26
CRE 21/10/2008 - 8.26
Erklärungen zur Abstimmung
Erklärungen zur Abstimmung

Angenommene Texte :

P6_TA(2008)0502

Ausführliche Sitzungsberichte
Montag, 20. Oktober 2008 - Straßburg Ausgabe im ABl.

14. Anwendbares Recht in Ehesachen - Zuständigkeit in Ehesachen und Einführung von Vorschriften betreffend das anwendbare Recht in diesem Bereich (Aussprache)
Video der Beiträge
Protokoll
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  Die Präsidentin. – Als nächster Punkt folgt die gemeinsame Aussprache über

– den Bericht von Evelyne Gebhardt im Namen des Ausschusses für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres über den Vorschlag für eine Verordnung des Rates zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 im Hinblick auf die Zuständigkeit in Ehesachen und zur Einführung von Vorschriften betreffend das anwendbare Recht in diesem Bereich (KOM(2006)0399 – C6-0305/2006 – 2006/0135(CNS)) (A6 0361/2008) und

– die mündliche Anfrage an die Kommission über die Verordnung des Rates zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 im Hinblick auf die Zuständigkeit in Ehesachen und zur Einführung von Vorschriften betreffend das anwendbare Recht in diesem Bereich von Evelyne Gebhardt und Gérard Deprez im Namen des Ausschusses für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres (O-0106/2008 – B6-0477/2008).

 
  
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  Evelyne Gebhardt, Berichterstatterin.(DE) Frau Präsidentin, sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir reden heute über eine Frage, die für die Bürgerinnen und Bürger von äußerster Wichtigkeit ist. Wir haben ein schönes Europa, in dem die Menschen immer mobiler sind. Wir haben ein Europa, in dem immer mehr binationale Ehen geschlossen werden bzw. Paare in ein anderes Land ziehen, und das ist ja eine schöne Sache und ein Erfolg der Europäischen Union. Aber dieser Erfolg hat leider auch eine Kehrseite, dass nämlich diese Ehen immer wieder auseinandergehen, und da geht es dann um die Scheidungen, die stattfinden müssen.

Das Recht, das wir heute haben, ist zum Teil so unglücklich, dass es passieren kann, dass ein Paar keinen zuständigen Richter oder kein Recht findet, nach dem es sich scheiden lassen kann. Das ist natürlich eine sehr ungute Situation für diese Bürgerinnen und Bürger. Dem müssen wir Abhilfe und eine Antwort geben. Hier geht es um das tatsächliche Leben von Menschen und das ist von äußerster Wichtigkeit.

Ich freue mich deswegen, dass die Europäische Kommission das Thema angegangen ist, und ich wollte noch einmal vorausschicken, dass es in dieser Frage keine Harmonisierung des Rechtes geben wird. Das dürfen wir auch nicht, und es ist ganz klar in den Verträgen der Europäischen Union und der Europäischen Gemeinschaften festgehalten, dass das Recht in diesen Fragen Sache der Mitgliedstaaten ist.

Aber wir müssen dafür sorgen, dass Transparenz da ist und dass die Bürger auch von diesem Recht Gebrauch machen können. Das Recht ist ja sehr unterschiedlich. Wir haben das Land Malta, in dem es gar keine Scheidung gibt, und auf der anderen Seite Schweden, wo man sich innerhalb von sechs Monaten scheiden lassen kann. Wir haben die Niederlande, wo es Ehen für Homosexuelle gibt, während so etwas in Polen unvorstellbar ist. Das sind alles Fragen, die sich stellen und auf die wir eine Antwort geben müssen.

Wir haben eine gute Arbeit im Europäischen Parlament gemacht, in guter Zusammenarbeit mit der Europäischen Kommission, aber auch mit dem Rat. Auf den Rat kommt es an, der ja einstimmig beschließen muss, was wir in Zukunft in diesem Bereich machen werden. Da hakt es jetzt leider zurzeit, aber darauf komme ich später noch einmal zurück. Die Antworten, die die Europäische Kommission uns vorgeschlagen hat, sind sehr positiv. Zum einen möchte sie die Wahl der Möglichkeiten vergrößern, nach welchem Recht ein Paar sich scheiden lassen kann, wenn sich beide Teile einig sind, wobei ganz klar ist, dass ein Bezug zu dem Leben, dem Wohnort, dem Ort der Hochzeit des Paares oder zu anderen Aspekten da sein muss, damit dies auch wirklich angewandt werden kann.

Es stellt sich auch die Frage, was passiert, wenn sich ein Paar oder nur ein Partner scheiden lassen will und das Paar sich nicht über das Recht einigen kann, das angewandt werden muss. Da, sagen wir, kann die Wahlfreiheit nicht so groß sein, denn wir müssen dafür sorgen, dass es einen Katalog gibt. Wir können kein „Forum Shopping“ akzeptieren. Wir können nicht akzeptieren, dass sich der Stärkere in der Partnerschaft aussucht, welches Recht für ihn das Günstigste ist, und der andere hat den Nachteil. Das können wir nicht akzeptieren. Deswegen haben wir in diesen Fragen auch zwei unterschiedliche Antworten.

Für beide gilt eines ganz klar, das besonders wichtig ist: Wir müssen dafür sorgen, dass beide Partner sehr gut darüber informiert sind, welche Konsequenzen, sowohl soziale wie auch rechtliche, die Wahl des Rechts hat. Es geht um Sorgerechtsfragen, es geht um den Unterhalt und all diese Fragen, die ja auch in diesem Fall zusammenhängen. Das müssen die Betreffenden wissen, bevor sie eine Entscheidung treffen. Wir verlangen, dass die Richter prüfen, dass die Partner auch wirklich wissen, welche Konsequenzen diese Wahl hat.

Es ist auch wichtig, dass wir verhindern, dass ein Recht angewandt wird, das von irgendwoher kommt und das nach den Grundsätzen der Europäischen Union nicht akzeptabel ist – ich denke da an die Scharia, das chinesische Recht oder was auch immer. Da haben wir auch klare Formulierungen gefunden, insbesondere in den Änderungsanträgen 25 und 30, die ich in meinem Änderungsantrag 36 versucht habe, zu verstärken, nämlich dass das jeweilige Recht den Grundprinzipien der Europäischen Union entsprechen muss, sonst kann es nicht angewandt werden. Das ist für uns ganz klar.

Die EVP hat eine Reihe von Änderungsanträgen eingebracht, die ich absolut nicht akzeptieren kann. Sie bringen eine totale Restriktion dessen, was wir heute schon haben, und würden auch gegen das internationale Recht, so wie wir es heute zum Beispiel im Haager Übereinkommen haben, verstoßen. Das können wir nicht akzeptieren! Wir müssen noch einmal miteinander reden, und ich hoffe, dass es uns gelingt, bis morgen doch noch eine Lösung für das Problem zu finden. Auf jeden Fall, danke schön, Herr Demetriou, für die Art und Weise, wie Sie mit mir zusammenarbeiten. Das ist sehr positiv.

Der Rat hat ein großes Problem. Er muss einstimmig beschließen, und es gibt zurzeit einen Staat, der schlicht und einfach verhindert, dass diese Einstimmigkeit zustande kommt. Deswegen haben wir in unserem Ausschuss diese mündliche Anfrage an den Rat und an die Europäische Kommission gestellt. Ich finde es sehr bedauerlich, dass der Rat jetzt nicht da ist, um diese Frage zu beantworten. Der Herr Minister ist gerade weggegangen. Es ist essenziell für uns, für die Zukunft der Europäischen Union, für die Bürger und Bürgerinnen, zu wissen, was wir jetzt machen.

Die erste Frage an die Europäischen Kommission – Herr Barrot, ich freue mich, dass Sie hier sind, um die Frage zu beantworten – lautet: Beabsichtigen Sie, Ihren Vorschlag zurückzuziehen? Zweitens: Beabsichtigen Sie, gemäß Artikel 11 des EG-Vertrags und im Einklang mit den Artikeln 43 und 45 des Vertrags, dem Rat einen Vorschlag zur Einrichtung eines Verfahrens der verstärkten Zusammenarbeit vorzulegen? Vom Rat hätte ich gerne gewusst, ob er diesen Weg auch tatsächlich gehen will, denn das ist die große Frage, die sich stellt.

 
  
  

VORSITZ: LUISA MORGANTINI
Vizepräsidentin

 
  
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  Jacques Barrot, Mitglied der Kommission.(FR) Frau Präsidentin, verehrte Parlamentarier! Ich möchte zunächst auf den Bericht von Evelyne Gebhardt eingehen und mich dann der mündlichen Frage zuwenden, die Sie bei dieser Gelegenheit mit dem Bericht verknüpft haben. Ich freue mich, dass auch Gérard Deprez anwesend ist.

Haben Sie vielen Dank, Frau Gebhardt, für Ihren sehr bemerkenswerten Bericht und nicht zuletzt für Ihre vorbildliche Kooperation mit der Kommission hinsichtlich eines solch schwierigen und sensiblen Themas.

Der Rom III-Vorschlag kommt in der Tat unseren Vorstellungen sehr nahe. Dies gilt nicht nur für die Kommission – ich weiß, dass er auch für das Europäische Parlament von großem Interesse ist. Ich glaube, er wird in Bezug auf die Förderung des freien Personenverkehrs in der EU ganz wichtig sein.

Ich möchte lediglich, Frau Präsidentin, einige Zahlen anführen, über die wir verfügen: In der Europäischen Union werden jedes Jahr 2 200 000 Ehen geschlossen; von diesen sind 350 000 Eheschließungen binationale Ehen. Dies ist eine stattliche Zahl, und dieses Phänomen wird sicherlich weiter steigende Tendenz aufweisen. Von dem vorliegenden Vorschlag sind rund 170 000 Scheidungen jährlich betroffen. Dies sind rund 19 % von insgesamt 875 000 Scheidungen jährlich in der Europäischen Union. Also an die 20 % – das ist ein beträchtlicher Anteil!

Aus diesem Grund teilt die Kommission im Wesentlichen Ihre Einschätzung, Frau Gebhardt, in Bezug auf den Rom III-Vorschlag: Er bietet eine bessere Berechenbarkeit und Rechtssicherheit für die betroffenen Paare. Wie Sie bereits ausführten, greifen die Paare angesichts des momentan fehlenden rechtlichen Rahmens entweder auf das „Forum Shopping“ zurück oder der dominante Partner bestimmt letztendlich die Spielregeln.

Die Kommission unterstützt daher weitestgehend den Bericht des Europäischen Parlaments zu dem ursprünglichen Rom III-Vorschlag, allerdings unter bestimmten Vorbehalten. Die Kommission unterstützt die Änderungsanträge des Parlaments, die darauf abzielen, dass die Eheleute kluge Entscheidungen treffen können. Die Kommission sieht daher ebenso wie das Parlament die Notwendigkeit, die formalen Bedingungen für den Abschluss von Eheverträgen enger zu fassen und den schwächeren Ehepartner zu schützen. Wir müssen dabei aber auch die diesbezüglichen unterschiedlichen Rechtssysteme der Mitgliedstaaten in Betracht ziehen. Wie Sie ganz richtig betont haben: Hier geht es nicht um Harmonisierung.

In diesem Zusammenhang begrüßt die Kommission den Vorschlag des Parlaments, die Sachkenntnis der betroffenen Öffentlichkeit hinsichtlich der jeweiligen nationalen und europäischen gesetzlichen Regelungen zum Ehe- und Scheidungsrecht zu verbessern. In einem Punkt gibt es allerdings unterschiedliche Auffassungen: Die Kommission sieht keine Notwendigkeit, ein neues Kompetenzkriterium auf der Grundlage des Ortes einzuführen, an dem die Eheschließung vollzogen worden ist. Denn die Verbindung zwischen dem Ort, an dem die Eheschließung vollzogen worden ist, und der Situation des Ehepaares zum Zeitpunkt der Trennung ist möglicherweise nur schwach ausgeprägt.

Nichtsdestotrotz unterstützt die Kommission den Änderungsantrag des Parlaments, wonach die Eheleute die Möglichkeit haben sollen, sich als letzte Möglichkeit an das Gericht am Eheschließungsort zu wenden, wenn es sich als unmöglich herausstellt, die Scheidung durch das zuständige Gericht des gewöhnlichen Aufenthaltsorts vollziehen zu lassen. Wir sehen diese Möglichkeit allerdings eher als einen Ausnahmefall an.

Die Kommission zieht es außerdem vor, die Auslegung des Begriffs „gewöhnlicher Aufenthaltsort“ dem Gerichtshof zu überlassen. Dieser Begriff kommt bereits in einer Reihe von Rechtsinstrumenten vor und ist bislang nicht formell definiert worden. Die nationalen Gerichte scheinen aber bislang keinerlei Probleme bei der Anwendung dieses Begriffs gehabt zu haben. Wir haben den Eindruck, dass wir im Sinne der Achtung der Diversität der Rechtssysteme ruhigen Gewissens dem Gerichtshof diese Definitionsarbeit überlassen können.

Wir halten es auch nicht für erforderlich, Rom III ausschließlich auf die Rechtssysteme der Mitgliedstaaten zu beschränken. Dies ist ein wichtiger Punkt, denn die Mitgliedstaaten werden das Scheidungsrecht von Drittstaaten, die unsere demokratischen Werte teilen, auch weiterhin zur Anwendung kommen lassen wollen. Wenn beispielsweise eine Deutsche oder eine Französin einen Schweizer heiratet, dann erscheint es vernünftig, dass es auch möglich sein muss, die Regeln, die wir für uns selbst festgelegt haben, für die betreffende Ehe, für die betreffende Scheidung, anzuwenden.

Zu beachten ist dabei jedoch, dass die Kommission ebenso wie das Parlament selbstverständlich die Notwendigkeit sieht, in Rom III eine Antidiskriminierungsklausel einzuführen, die es europäischen Richtern erlaubt, ausländisches Recht auszuschließen, wenn es mit dem Gleichheitsgrundsatz der Ehepartner nicht vereinbar ist. Diese Antidiskriminierungsklausel ermöglicht es uns aber zweifelsohne immer noch, dem Gleichheitsgrundsatz Rechnung zu tragen, beispielsweise bei Ehen zwischen einem/einer Schweizer Staatsangehörigen oder einem/einer norwegischen Staatsangehörigen und einem/einer Staatsangehörigen aus den EU-Mitgliedstaaten.

Ich wende mich nun der Frage zu, wie wir Rom III zu einem Erfolg machen können. Ich möchte an dieser Stelle erneut Evelyne Gebhardt und Gérard Deprez für deren mündliche Anfrage zum Vorankommen des Rom III-Projekts danken. Ebenso wie Sie bedauere ich natürlich den Verfahrensstillstand im Rat bezüglich der Verhandlungen zu Rom III. Letzten Juli hatten wir eine Debatte unter den Justizministern über die Möglichkeit einer verstärkten Zusammenarbeit im Hinblick auf Rom III. Ende Juli unterbreiteten dann neun Mitgliedstaaten der Kommission eine Aufforderung zu einer verstärkten Zusammenarbeit. Dies entspricht über einem Drittel der an Rom III beteiligten Mitgliedstaaten. Es ist daher klar, dass die Kommission diesem Ansinnen zu einer verstärkten Zusammenarbeit Beachtung schenken muss. Aber Sie werden auch verstehen, dass wir dabei den Gesamtzusammenhang beachten müssen, wenn wir wollen, dass dieses Projekt ein Erfolg wird.

Ich möchte jetzt auf drei Fragen antworten, die Sie der Kommission gestellt haben. Zunächst einmal kann ich Ihnen sagen, dass es keine Pläne dafür gibt, den ursprünglichen „Rom III“-Vorschlag der Kommission zurückzuziehen. Wenn die Kommission beschließt, dem Rat einen Vorschlag zur verstärkten Zusammenarbeit im Rahmen von „Rom III“ vorzulegen, kann sie jedoch – sobald dies beschlossen ist – ihren ursprünglichen Vorschlag im Interesse der Rechtsklarheit zurückziehen, um ihn zu ändern; aber dies wäre nur dann der Fall, wenn wir wirklich die Möglichkeit hätten, die verstärkte Zusammenarbeit zu lancieren. Eine Rücknahme steht jedenfalls nicht an.

Ich möchte diese Gelegenheit nutzen, um das Verfahren im Rahmen des Mechanismus der verstärkten Zusammenarbeit kurz zusammenzufassen. Zunächst muss von mindestens acht Mitgliedstaaten ein Antrag bei der Kommission eingereicht werden, wie in diesem Fall. Wenn der Antrag die anderen im Vertrag über die Europäische Union festgelegten Kriterien erfüllt – wenn er in Einklang mit den Binnenmarktvorschriften ist –, kann die Kommission den Antrag dem Rat vorlegen. Wenn sie beschließt, dies nicht zu tun, muss sie Gründe dafür liefern. Die verstärkte Zusammenarbeit muss dann vom Rat genehmigt werden, je nach Situation nach Konsultation oder Zustimmung des Parlaments.

Der Antrag auf verstärkte Zusammenarbeit wirft natürlich bestimmte Fragen auf, sowohl in rechtlicher als auch in politischer Hinsicht. Wir müssen der Notwendigkeit gerecht werden, unser gemeinsames Vorgehen bezüglich des Familienrechts so bürgernah wie möglich fortzusetzen, und wir müssen diese Notwendigkeit gegen das Risiko der Fragmentierung des europäischen Rechtsraums abwägen, die aus einer Reihe von Abkommen zur verstärkten Zusammenarbeit resultieren könnte. Bevor ich eine Erklärung abgebe, möchte ich selbstverständlich die Ansichten der Mitglieder des Parlaments hören, und ich möchte natürlich, dass die Mitgliedstaaten ihren Standpunkt deutlich machen.

In jedem Fall möchte ich dem Europäischen Parlament versichern, dass es meine Absicht ist – und nicht nur meine Absicht, sondern auch mein Wunsch –, die justizielle Zusammenarbeit in Zivilsachen in Europa voranzubringen. Das Familienrecht darf nicht der arme Verwandte des Zivilrechts sein: Dies wäre eher paradox, da die von ihm abgedeckten Themen dem täglichen Leben der Menschen am nächsten kommen. Glücklicherweise sind bezüglich der Anerkennung von Entscheidungen in Scheidungssachen, der elterlichen Verantwortung und des Umgangsrechts mit Kindern Fortschritte erzielt worden.

Bezüglich dieses Themas möchte ich auch sagen, dass – jetzt, da wir die Texte haben – ich als Kommissar mit Ihrer Hilfe sicherstellen muss, dass die Vorschriften eingehalten werden. Ich denke dabei vor allem an das Umgangs- und Sorgerecht, bezüglich derer die aktuelle Situation in Europa nicht vollkommen zufriedenstellend ist.

Zusammenfassend gesagt: Wir werden tatsächlich einen Legislativvorschlag zum anwendbaren Recht in Bezug auf dieses Thema vorlegen können. Ich möchte auch hinzufügen, dass wir gleichzeitig ein auf Ehesysteme anwendbares Recht ausarbeiten, das Anfang 2010 verabschiedet werden könnte.

An diesem Punkt, Frau Präsidentin, befinden wir uns bezüglich dieses Themas. Natürlich kann ich nicht das Ergebnis der Konsultation vorhersehen, die wir sehr bald mit den Mitgliedstaaten führen werden. Was ich jedoch sagen kann, ist, dass die Kommission wirkliche Fortschritte erzielen möchte, während trotzdem nochmals versichert wird, dass wir die Mehrheit der Mitgliedstaaten überzeugen können. Dies ist die kurze Zusammenfassung meines Standpunkts; aber ich hoffe, wie Sie und wie das Parlament – obwohl ich Ihnen genau zuhören werde –, dass die Dinge vorankommen werden.

 
  
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  Carlo Casini, Verfasser der Stellungnahme des Rechtsausschusses. – (IT) Frau Präsidentin, Herr Kommissar, meine Damen und Herren! Der betreffende Vorschlag für eine Verordnung wurde vom Rechtsausschuss, für den ich die Ehre habe, als Verfasser zu fungieren, genau geprüft.

Die in der von diesem Ausschuss einstimmig angenommenen Stellungnahme vorgebrachten Vorschläge wurden im Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres jedoch nur teilweise angenommen. Dennoch muss ich sagen, dass wir zusammen den ursprünglichen Vorschlag des Rates so weit wie möglich zu rationalisieren versucht und Rechtssicherheitselemente hinzugefügt haben.

Die von den zwei Ausschüssen mit Hilfe von Frau Gebhardt – der ich danken möchte – angenommenen Kompromissänderungsanträge sind begrüßt worden und haben die Grundsätze gestärkt, auf die wir uns mit dem Ziel berufen haben, diese Verordnung auf den Weg zu bringen. In diesem Zusammenhang werden die Behörden eines Staates, der keine Scheidung vorsieht oder eine derartige Ehe nicht anerkennt, nicht dazu verpflichtet, diese Ehe aufzulösen.

Bezüglich eines Punktes bleibt jedoch ein Meinungsunterschied – bezüglich des zuvor von Frau Gerhardt erwähnten. Der grundlegende Punkt ist, dass die Rechtswahl in der Rechtswelt komplett neu ist, da es in der Regel nicht möglich ist, das Recht zu wählen, sondern nur einen Richter, wodurch dies zu einem vollkommen neuen Konzept wird. Auf welches Recht möchten wir uns angesichts dieser Rechtswahl berufen? Auf das Recht eines der 27 Staaten der Europäischen Union oder auf das Recht jedes beliebigen Landes auf der Welt? Es ist wahr, dass es eine Grenze gibt. Die Grenze ist jene bereits durch die öffentliche Ordnung gegebene und die in einem bestimmten Staat nicht mögliche Anwendung eines Rechts, das eine bestimmte Art von Ehe ermöglicht, die in diesem Staat als nicht existent betrachtet wird.

Wenn wir wirklich Rechtssicherheit möchten – mein Einwand ist technischer Natur –, wenn wir wirklich „shopping around“ hinsichtlich der Wahl des anwendbaren Rechts einführen möchten, wenn wir uns wirklich an das schwächste Gesetzbuch halten möchten – denn lassen Sie uns nicht vergessen, dass für die Rechtswahl Konsens benötigt wird, und dieser Konsens kann auch enormem Druck unterliegen –, wenn wir wirklich einen europäischen Rechtsraum schaffen möchten, dann ist es meiner Meinung nach sinnvoll, dass für all diese Änderungsanträge die Rechtswahl nur auf das Recht der 27 Staaten der Europäischen Union begrenzt wird.

In diesem Sinne handelt es sich, obwohl wir mehrere Änderungsanträge vorgelegt haben, im Wesentlichen um ein und denselben, und da es sich um eine technische Änderung handelt, die unsere Gesamtstellungnahme zu dem Vorschlag nicht ändert, appellieren wir an die Vernunft aller Mitglieder, damit diese Änderung angenommen wird.

 
  
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  Panayiotis Demetriou, im Namen der PPE-DE-Fraktion. – (EL) Frau Präsidentin! Ich möchte zunächst einmal der Berichterstatterin für die lange Zusammenarbeit danken, die zu dem uns heute zur Aussprache vorgelegten Bericht geführt hat, und anmerken, dass wir mehrere Treffen abgehalten haben, bei denen wir das gesamte Material diskutiert haben.

Das Familienrecht ist eine ernste Angelegenheit, und der besondere Aspekt, den wir in Zusammenhang mit der Scheidung untersuchen, womit ich die gerichtliche Zuständigkeit und die Rechtswahl meine, ist schon immer einer der schwerwiegendsten Aspekte des Familienrechts gewesen.

Ich möchte darauf hinweisen, dass unsere Politik darin besteht, die Institution Familie zu unterstützen, nicht die Auflösung der Ehe zu fördern. Dennoch ist die Scheidung heutzutage ein soziales Phänomen, und wir müssen uns in der Tat damit befassen. Wir möchten sie nicht einfacher machen; aber wenn eine Ehe einen Punkt erreicht, an dem sie nicht weitergeführt werden kann, müssen wir in der Lage sein, rechtmäßige Auswege zu bieten, sodass keine der Parteien das gesamte Leid und die gesamte Strafe erdulden muss.

Ich glaube nicht, dass es eine einfache Möglichkeit zur Wahl des anwendbaren Rechts in Bezug auf die Ehescheidung gibt; aber wir könnten hinsichtlich der öffentlichen Ordnung und Menschenrechte eindeutiger sein, um den Gerichten die Ermessensbefugnis zu geben, Gesetze abzulehnen, die nicht in Einklang mit europäischen Bräuchen, Menschenrechten und der öffentlichen Ordnung stehen.

Was die verstärkte Zusammenarbeit angeht, bin ich der Ansicht, dass die Kommission – und ich gratuliere Ihnen, Herr Kommissar, zu dem Standpunkt, den Sie heute eingenommen haben – diese Angelegenheit noch weiter voranbringen sollte, damit wir – wenn möglich – an dem Punkt ankommen, an dem die verstärkte Zusammenarbeit akzeptabel ist.

 
  
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  Inger Segelström, im Namen der PSE-Fraktion. (SV) Frau Präsidentin! Ich möchte als Erstes Frau Gebhardt für ihre konstruktive Arbeit danken und sagen, wie leid es mir tut, dass es nicht möglich war, zu derselben Auffassung zu gelangen, die Schweden und ich vertreten. Folglich konnte ich weder im Ausschuss noch im Plenum für den Bericht stimmen. Für mich als schwedische Sozialdemokratin ist dieser Vorschlag ein Rückschritt hinsichtlich der Gleichstellung von Frauen und Männern. Diese Themen sollten daher auch in Zukunft auf nationaler Ebene angegangen werden.

Ich denke, dass es ausgereicht hätte, wenn die Scheidung nur dann gewährt würde, wenn beide Parteien sich absolut einig sind. Der Vorschlag bedeutet, dass der schwächeren Partei, in den meisten Fällen der Frau, jetzt Lösungen vom Mann aufgezwungen werden können, entweder weil er zuerst handelt oder Zwang ausübt. Die Gerichte können daher gezwungen sein, Gesetze anzuwenden, die wir stark kritisieren – Gesetze, die beleidigend sind und eine antiquierte und altmodische Sichtweise in Bezug auf Frauen, Ehe und Scheidung zum Ausdruck bringen. Für mich sind schnelle Scheidungsvereinbarungen weniger wichtig als die Gleichstellung und die Sicherheit von Frauen. Ich werde daher an meinen Bemühungen festhalten und weiterhin gegen diesen Vorschlag stimmen, bis wir eine andere Lösung finden.

 
  
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  Sophia in 't Veld, im Namen der ALDE-Fraktion. (NL) Frau Präsidentin! Bevor ich auf das anstehende Thema zu sprechen komme, möchte ich vorschlagen, dass wir in Zukunft jede Ratspräsidentschaft darum bitten, eine Wachspuppe oder eine Gummipuppe in dieses Haus mitzubringen, da der Rat selbst bei Aussprachen dieser Art immer abwesend ist, und ich möchte gern jemanden ansprechen. Vielleicht können Sie diese Bitte formell an die Präsidentschaft weiterleiten. Ich nehme an, dass meine Kolleginnen und Kollegen meiner Meinung sind.

Zunächst einmal möchte ich – auch im Namen meiner Fraktion – der Berichterstatterin, die im vergangenen Jahr ausgezeichnete Arbeit geleistet hat, gratulieren und meine Unterstützung für sie zum Ausdruck bringen. Alle Anerkennung gebührt ihr.

Frau Präsidentin, die EU befasst sich selbstverständlich nicht mit Eheethik, aber mit der Gewährleistung der Rechte von EU-Bürgern, wo immer diese sein mögen und wen immer sie zu heiraten beschließen. Es geht uns in der Tat nichts an, wen sie zu heiraten beschließen; aber was wir tun müssen, ist, die Rechte von Bürgern zu schützen. In diesem Lichte ist es äußerst bedauerlich, dass die Mitgliedstaaten keine Einigung erzielen konnten.

Ich möchte meinen sehr geschätzten schwedischen Kolleginnen und Kollegen sagen, dass ich das Gefühl habe, dass es ein großes Missverständnis gibt. Ich bin der Meinung, dass Menschenrechte, insbesondere die von Frauen, hierdurch gestärkt werden, nicht geschwächt. Ich begrüße wirklich die Tatsache, dass Menschen im 21. Jahrhundert eigene Entscheidungen über ihr Leben treffen können – und die Scheidung kann ein wesentlicher Bestandteil hiervon sein.

Zudem möchte ich, wie die Berichterstatterin, sagen, dass meine Fraktion ebenfalls gegen die von der Fraktion der Europäischen Volkspartei (Christdemokraten) und Europäischer Demokraten vorgebrachten Änderungsanträge stimmen wird, und ich stimme auch den Argumenten von Herrn Casini nicht zu.

Es ist auch eine Grundsatzfrage, weil ich denke, dass wir selbst entscheiden sollten, was wir für unsere Bürger möchten, und wir sollten uns nicht von der Angst vor der Scharia überwältigen lassen. Der vorliegende Vorschlag und der zusätzliche Änderungsantrag der Sozialdemokratischen Fraktion im Europäischen Parlament, den wir unterstützen werden, enthalten genügend Garantien. Dies ist Gegenstand früherer Diskussionen gewesen.

Ich möchte des Weiteren Folgendes sagen – und hiermit gehe ich auf die Bemerkungen von Herrn Casini ein: Es ist wirklich sehr harsch, dass dieselben Argumente, die verwendet werden, um bestimmte Rechtssysteme – beispielsweise die Scharia – auszuschließen, auch innerhalb der Europäischen Union verwendet bzw. herangezogen werden, um völlig rechtmäßige Ehen, die innerhalb der EU geschlossen worden sind, nicht anzuerkennen, und zwar nur aufgrund der sexuellen Orientierung des Ehepaares. Dies ist meiner Meinung nach eine völlige Anomalie.

Ich möchte wiederholen, dass ich es äußerst bedauerlich finde, dass die Mitgliedstaaten keine Einigung erzielen konnten.

Wenn ich es richtig verstehe, hält die Kommission vorerst an einer europäischen Lösung fest. Dies erfüllt mich mit großer Freude. Mir ist bewusst, dass dies äußerst schwer zu bewerkstelligen ist: Wenn dieses Problem selbst trotz des enormen Tatendrangs von Herrn Sarkozy nicht gelöst worden ist, muss es wirklich sehr schwierig sein.

Abschließend kann ich nur die Hoffnung zum Ausdruck bringen, dass – sollte eine engere Zusammenarbeit allen Widrigkeiten zum Trotz erreicht werden – alle 26 Mitgliedstaaten, die sich geeinigt haben, meinem eingeschlossen, sich danach richten.

 
  
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  Kathalijne Maria Buitenweg, im Namen der Verts/ALE-Fraktion. (NL) Frau Präsidentin! Laut einer Studie der Kommission, die diese Woche veröffentlicht wurde, leiden Fernpendler häufig unter Kopfschmerzen, Schlafentzug und beeinträchtigten Beziehungen, und folglich gibt es in allen internationalen Umgebungen, unsere eigene eingeschlossen, wahrscheinlich eine sehr hohe Scheidungsrate. Auf jeden Fall deuten die von Kommissar Barrot eben zitierten Zahlen wieder darauf hin, dass es bei weitem wahrscheinlicher ist, dass internationale Beziehungen mit einer Scheidung enden als nationale.

Es ist jedoch viel schwieriger, diese Scheidungen zu formalisieren, während ihre Auswirkungen erheblich sind, da einer der Partner immer in einem fremden Land lebt, wo er bzw. sie kein soziales Sicherheitsnetz hat oder mit der Situation in diesem Land nicht genügend vertraut ist, wodurch es schwierig wird, zu einer fairen Vereinbarung zu kommen.

Aus diesem Grund möchte ich der Berichterstatterin, Frau Gebhardt, für ihre Arbeit Anerkennung zollen: Ich finde, dass sie sehr gewissenhaft gewesen ist und sichergestellt hat, dass vor allem die Rechte von schwächeren oder weniger sachkundige Menschen verbessert werden und dass die Partner wirklich gut über ihre Rechte informiert sind und wissen, was das Beste für sie ist.

In dieser Hinsicht finde ich wichtig, dass die Website nicht nur eine Art Zusammenfassung der Finanzen sowie Informationen über die Dauer des Scheidungsverfahrens beinhaltet, sondern dass beispielsweise auch den möglichen Optionen für die Elternschaft Aufmerksamkeit gewidmet wird. Ich bin der Meinung, dass die Rechte der Kinder geschützt werden sollten, obwohl dies von den Eltern abhängt. Während es die Eltern sind – und nicht die Regierung –, die bestimmen sollten, was richtig und im Interesse des Kindes ist, sollte es möglich sein, eine geeignete Lösung zu finden, vorzugsweise eine, bei der sich beide Elternteile um die Kinder kümmern. Es sollte in jedem Fall eine Einigung geben. Nicht alles sollte der Frau aufgebürdet werden, sondern es sollte eine Einigung darüber geben, wie beide Elternteile mit der Angelegenheit umgehen.

Auch ich fand die Bemerkung unserer schwedischen Kollegin verwirrend; denn wenn eine Frau eine Ehe beenden möchte, ist es natürlich schrecklich, wenn ihr Mann nicht zustimmen sollte.

Ich möchte abschließend der Berichterstatterin sagen, dass es in den Niederlanden keine homosexuellen Ehen gibt. Wir haben eine Ehe, die allen Paaren offensteht, unabhängig von ihrem Geschlecht. Es gibt einfach nur eine Ehe, und daher ist es nur die Europäische Union, nicht die Niederlande, die einen Unterschied innerhalb unserer niederländischen Ehe macht.

 
  
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  Eva-Britt Svensson, im Namen der GUE/NGL-Fraktion. (SV) Frau Präsidentin! Mit dem Vorschlag soll sichergestellt werden, dass Menschen, die sich scheiden lassen, ihre Rechte wirklich geltend machen können und die Informationen erhalten, die sie benötigen. Das Recht auf Information und Wissen ist jedoch nicht von gemeinsamen Regelungen abhängig. Diese an sich erhöhen nicht die Aufmerksamkeit bzw. führen nicht dazu, dass die Menschen besser informiert sind.

Die Regelung in meinem eigenen Land, Schweden, sieht so aus, dass es genügt – es sei denn, es gibt gemeinsame kleine Kinder –, die Scheidung lediglich bekannt zu geben. Es gibt auch Beispiele für andere EU-Länder, in denen die Scheidung gänzlich verboten ist. Wenn es irgendetwas gibt, das die Notwendigkeit von Rechtsvorschriften in diesem Bereich belegt, dann ist es dieser Stand der Dinge. Sicherlich stellt der Vertrag von Lissabon bestimmte Aspekte des Zivil- und Familienrechts auf eine supranationale Ebene; aber wie die Dinge liegen, haben wir keinen Vertrag von Lissabon. Ich frage mich, weshalb die Kommission Vorschläge in einem Bereich vorbringt, der bislang in die nationale Zuständigkeit gefallen ist. Meine Fraktion wird nicht für den Vorschlag stimmen. Ich fand außerdem, dass meine Kollegin von der Sozialdemokratischen Fraktion im Europäischen Parlament, Frau Segelström, einen ausgesprochen guten Fall dargelegt hat.

 
  
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  Johannes Blokland, im Namen der IND/DEM-Fraktion. (NL) Frau Präsidentin! Das internationale Privatrecht berührt zwei Fragen. Die erste Frage ist: Welches Gericht ist zuständig? Die zweite Frage ist: Welches Recht sollte das Gericht anwenden?

Meiner Ansicht nach ist es nachvollziehbar, dass die erste Frage auf europäischer Ebene behandelt wird. Hierdurch wird gewährleistet, dass jeder europäische Bürger seinen Fall vor Gericht bringen kann.

Die zweite Frage bezieht sich auf einen Bereich, mit dem sich die Mitgliedstaaten in der Regel selbst befassen und dies in der Tat auch sollten. Bestehende nationale Rechtsvorschriften unterliegen vielen nationalen Grundsätzen, und diese sollten beachtet werden.

Jedoch wird mit dem Vorschlag der Kommission auch beabsichtigt, diese Kollisionsnormen zu harmonisieren. Der Bericht von Frau Gebhardt berücksichtigt den größten Teil des Berichts der Kommission und unternimmt nicht den Versuch, Kapitel IIa aus dem Vorschlag zu streichen. Aus diesem Grund werde ich gegen den Bericht und gegen den Vorschlag stimmen. Ich möchte daher den Rat ersuchen, ebenfalls den Vorschlag der Kommission abzulehnen.

 
  
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  Daciana Octavia Sârbu (PSE). - (RO) Zunächst einmal möchte ich der Berichterstatterin, Frau Gebhardt, für die ausgezeichnete Arbeit danken, die sie eingebracht hat. Was den Vorschlag für eine Verordnung betrifft, ist es erfreulich, zu sehen, dass ein klarer, vollständiger Rechtsrahmen etabliert wird, der sowohl Vorschriften bezüglich der gerichtlichen Zuständigkeit und der Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen als auch Vorschriften bezüglich des anwendbaren Rechts abdeckt, indem den Parteien ein gewisser Grad an Autonomie gewährt wird.

Der Vorschlag der Kommission bietet den Parteien die Möglichkeit, einvernehmlich den Gerichtsstand und das anwendbare Recht zu wählen. Die Tatsache, dass die Ehegatten im Scheidungsverfahren dieses Recht genießen, erhöht die Parteiautonomie und ermöglicht es ihnen, in Einklang mit bestimmten optionalen Kriterien frei zu wählen. Wir müssen sicherstellen, dass die von den Parteien getroffene Wahl eine Wahl in voller Sachkenntnis ist. Mit anderen Worten: Beide Ehegatten sind ausreichend über die konkreten Auswirkungen ihrer Wahl informiert worden. In dieser Hinsicht ist es für uns wichtig, darüber nachzudenken, wie am besten sichergestellt werden kann, dass vor der Unterzeichnung des Rechtsakts umfassende Informationen zur Verfügung stehen. In ähnlicher Weise muss der Zugang zu Informationen unabhängig von der finanziellen Lage des jeweiligen Ehegatten ermöglicht werden.

 
  
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  Gerard Batten (IND/DEM). - Frau Präsidentin! Dr. Johnson wurde einst gefragt, welchen Rat er einem jungen Paar geben würde, das eine Ehe in Erwägung zieht. Seine Antwort war, es nicht zu tun. Er beschrieb auch Zweitehen als den „Triumph der Hoffnung über die Erfahrung“.

Dieser Bericht muss ähnliche Reaktionen hervorrufen. Welcher Rat sollte Nationen gegeben werden, die es in Erwägung ziehen, ihr Scheidungsrecht durch die Europäische Union regeln zu lassen? Die Antwort ist offensichtlich: Tut es nicht! Dies angesichts all der vorhergehenden inkompetenten und schädlichen EU-Gesetzgebung zu tun, ist sicherlich – gelinde gesagt – der Triumph der Hoffnung über die Erfahrung. Erstaunlicherweise scheint dies in diesem Fall auch die Schlussfolgerung des Rates zu sein. Der Rat möchte die von der Kommission gemachten Vorschläge nicht. Der Rat scheint vernünftigerweise vom Rand des Abgrunds zurückzutreten und auf das alte Sprichwort „Heirate in Eile, bereue mit Muße“ zu hören. Was für ein Spaß es sein wird, wenn die Kommission Vorschläge zur Harmonisierung der homosexuellen Ehe und des Gesetzes der Scharia vorbringt!

 
  
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  Czesław Adam Siekierski (PPE-DE).(PL) Wir leben in einer Zeit, in der die Grenzen verschwinden und unsere Bürger sich frei bewegen und frei heiraten können. Trotzdem sind wir bisher nicht dazu in der Lage, die Dinge für diejenigen zu vereinfachen, die beschlossen haben, getrennte Wege zu gehen. Ein Beispiel für die Probleme in Zusammenhang mit dem Fehlen eines einheitlichen Scheidungsrechts in Europa ist der Fall von Ehen zwischen Polen und Deutschen. Seit 1990 sind etwa 100 000 solcher Ehepaare registriert worden. Viele dieser Ehen haben die Zeit nicht überdauert.

Letztes Jahr waren mehrere Polen in das Europäische Parlament eingeladen, die als Folge von Entscheidungen deutscher Behörden, die für Kinder und Jugendliche zuständig sind, den Kontakt zu ihren Kindern verloren haben. Vorwürfe der Kindesentführung und ein Verbot der Verwendung der polnischen Sprache sind nur zwei Beispiele für die erniedrigende Behandlung, die diesen Eltern und ihren Kindern zuteil wurde. Als Reaktion auf die von dieser oben erwähnten Institution begangenen Menschenrechtsverletzungen wurde ein polnischer Verband von Eltern gegen die Diskriminierung der Kinder in Deutschland gegründet. Wenn es uns gelingt, die vorgeschlagenen Änderungen in das Scheidungsrecht aufzunehmen, werden wir damit vielen unserer Bürger helfen, mit dieser Phase ihres Lebens zivilisiert abzuschließen. Was noch wichtiger ist: Wir müssten nicht zulassen, dass Kinder von einem ihrer Elternteile getrennt werden.

 
  
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  Carlos Coelho (PPE-DE).(PT) Frau Präsidentin, Herr Barrot! Ich habe im Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres die von Frau Gebhardt und auch meinem Kollegen, Herrn Demetriou, bezüglich dieses Berichts durchgeführte Arbeit miterlebt. Frau Gebhardt hat bereits dargelegt, dass die gesteigerte Mobilität zu einer steigenden Anzahl von Ehen, aber auch zu einer steigenden Anzahl von Scheidungen führt. Die Unterschiede in der nationalen Gesetzgebung führen zu Rechtsunsicherheit und vor allem zu ungleichen Chancen, da der besser informierte Ehegatte sich an die Gerichte wenden kann, in denen das Recht angewendet wird, das seinen oder ihren Interessen am besten dient. Ich unterstütze daher diese Initiative, die meiner Meinung nach äußerst wichtig ist, da sie einen klaren und vollständigen Rechtsrahmen für die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung dieser Entscheidungen bietet.

Ich muss sagen, dass meiner Ansicht nach alles, was einen unnötigen Konflikt reduziert, nicht nur mehr Gerechtigkeit für die Menschen sicherstellt, sondern auch vor allem mehr Vertrauen zwischen den am rechtlichen Verfahren Beteiligten schafft. Dadurch wird auch der Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts geschaffen, den wir alle wünschen.

 
  
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  Konrad Szymański (UEN).(PL) Soweit ich weiß, ist in keinem der Verträge vorgesehen, dass das Eherecht, das heißt das Familienrecht, auf Unionsebene zu entscheiden ist. Ich glaube daher, dass der Vorschlag der Kommission einen typischen Fall einer gewissen Hyperaktivität darstellt, die völlig unnötig ist und nur dazu dienen wird, Verwirrung bezüglich der Natur der wirklichen Zuständigkeiten der Europäischen Union zu generieren.

Meiner Ansicht nach stellt dies ein vorsätzliches Eindringen in das Gebiet dar, um weiter in das Eherecht und dessen Harmonisierung einzugreifen. Eine derartige Aktivität ist völlig unnötig, da das bestehende internationale Privatrecht Eheproblemen – und auch Scheidungen auf internationaler Ebene – sehr gut gerecht wird.

 
  
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  Ljudmila Novak (PPE-DE). - (SL) Ich würde gern sagen können, dass die Anzahl der Scheidungen in Europa abnimmt. Bedauerlicherweise ist dies nicht der Fall; daher müssen wir die Frage angehen, wie wir die Position derer verbessern können, die das gefährdetste Glied in der Kette darstellen, nämlich Kinder.

Leider sind Kinder die Hauptopfer, vor allem in Ländern, in denen bei Gerichtsverfahren größere Verzögerungen auftreten. Mein eigenes Land, Slowenien, ist ein Beispiel für ein Land, in dem Kinder sehr leiden, ehe die Gerichte entscheiden können, mit welchem Elternteil die Kinder leben werden. Dies führt auch zu größeren Familientragödien und hat ernste psychologische Auswirkungen auf viele Kinder.

Ich kenne etliche solcher Fälle, und ich hoffe, dass diese gemeinsame Richtlinie auch zu einer Verbesserung der Situation in den einzelnen Mitgliedstaaten beitragen wird.

 
  
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  Dumitru Oprea (PPE-DE). - (RO) Im Fall der ehemaligen kommunistischen Länder bestand eine Möglichkeit für Mädchen aus dieser Region, der Unterdrückung zu entkommen, der sie ausgesetzt waren, darin, zu heiraten – manchmal tatsächlich aus Liebe, aber in den meisten Fällen aus materiellen Gründen. Dies hat jedoch zu einer Reihe von Entführungen, zu Vorfällen mit psychologischer und physischer Folter und zur Zerstörung von Menschen geführt. Als Folge dieser ganzen Situation haben die aus diesen Ehen hervorgegangenen Kinder am meisten zu leiden. Die Unkenntnis des Gesetzes wird als Entschuldigung angeführt; aber dies ist vollkommen falsch. Lassen Sie es uns in Fällen dieser Art in Erwägung ziehen, zu empfehlen, dass, wenn die Ehe vorbei ist und eine Atmosphäre der Liebe, des Verständnisses und der Freundlichkeit vorherrscht, sehr klare Scheidungsbedingungen aufgestellt werden sollten, wobei die aus der Ehe hervorgehenden Kinder zu berücksichtigen sind.

 
  
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  Jacques Barrot, Vizepräsident der Kommission. − (FR) Frau Präsidentin! Ich bin allen Rednerinnen und Rednern dankbar. Ich möchte Frau Segelström bestätigen, dass ich natürlich Gespräche mit den schwedischen Behörden aufgenommen habe. Nichtsdestoweniger haben wir große Schwierigkeiten damit, den Standpunkt Ihres Landes nachzuvollziehen. Wie Frau Gebhardt gesagt hat, gründet Rom III wirklich auf der Absicht, den schwächeren Ehegatten zu dem Zeitpunkt zu schützen, zu dem Eheverträge abgeschlossen werden. Es ist wirklich in diesem Sinne, und es stimmt wohl – vielleicht müssen wir unseren Dialog fortsetzen –, dass wir nicht verstanden haben, dass wir im Fall eines Ehepaares, bei dem einer der Ehepartner schwedisch ist, auch die Tatsache berücksichtigen müssen, dass, wenn keine Vorschriften vorhanden sind, es wohl der Grundsatz „Macht geht vor Recht“ ist, der obsiegt. Von daher rührt unsere Verständnisschwierigkeit. Dennoch nehmen wir einmal mehr Ihren Standpunkt und den Ihrer schwedischen Kollegin zur Kenntnis.

Nebenbei möchte ich auch gewisse Missverständnisse beseitigen. Einige haben gesagt, dass dies nicht in unsere Zuständigkeit fiele und dass diese Fragen ausschließlich in die nationale Zuständigkeit fielen. Sehen Sie, es gibt hier ein Paradoxon. Ein Mitgliedstaat kann seine nationale Zuständigkeit nicht bezüglich Fragen geltend machen, die zwei Personen betreffen, von denen die eine die Staatsangehörigkeit dieses Mitgliedstaats besitzt und die andere nicht. Es ist logisch, dass die Europäische Union gewiss versuchen sollte, die Dinge ein bisschen zu organisieren, vor allem da – im Gegensatz zu dem Gesagten – das internationale Privatrecht keine wirkliche Antwort auf diese Art von Problem bietet und angesichts der Tatsache, dass wir einen Raum haben, in dem es Freizügigkeit gibt – und dieser Raum wird naturgemäß mehr und mehr Probleme mit sich bringen. Wenn dieses Anliegen die Kommission beschäftigt, so wie es das Parlament beschäftigt, ist es keine Form von Wahn, das gesamte Problem anzupacken; es ist stattdessen eine Antwort auf die Erwartungen einer zunehmenden Anzahl von Ehepaaren, die es vermeiden wollen, sich im Fall von Unstimmigkeit oder Trennung in einer sehr konfrontationsreichen Situation zu befinden. Da liegt das Problem. Selbstverständlich darf ich nicht zulassen, dass gesagt wird, der Rat habe Nein gesagt. Er hat nicht Nein gesagt; er hat abweichende Meinungen geäußert! Dennoch gibt es neun Mitgliedstaaten, die die verstärkte Zusammenarbeit fordern. Zum Abschluss wollte ich das Folgende sagen. Ich erinnere Sie daran, dass Rom III eine Antidiskriminierungsklausel enthält, die es ermöglicht, ausländische Gesetze, die keine Gleichstellung der Ehegatten gewährleisten würden, zu umgehen. Soviel ist klar. Wir sprechen hier nicht von der Scharia. Dies ist eine Frage des Grundsatzes der Gleichstellung von Frauen und Männern, und der Text verbessert die Integration von Frauen, die auf unserem gemeinsamen europäischen Boden leben, indem dem Recht des Landes des gewöhnlichen Aufenthalts Vorrang gegeben wird. Diese Frauen werden einen Richter ersuchen können, in ihrem Fall europäisches Recht anzuwenden, wenn dieses der Gleichberechtigung stärker entspricht. Ich denke, dass es das ist, was wir bedenken sollten.

Von daher ist diese Aussprache interessant gewesen, und ich bin allen Rednerinnen und Rednern dankbar. Ich möchte auch Frau Gebhardt und Herrn Deprez dafür danken, dass sie diese Gelegenheit bereitwillig genutzt haben, um herauszufinden, ob wir uns – am Vorabend einer neuen Runde von Konsultationen mit Mitgliedstaaten – für die Ausübung einer verstärkten Zusammenarbeit engagieren. Diese Aussprache neigt sich dem Ende zu, und ich danke dem Europäischen Parlament sehr, weil ich glaube, dass eine große Mehrheit der Mitglieder wirklich möchte, dass wir diesen Weg gehen und dabei mit der notwendigen Umsicht vorgehen, um zum größtmöglichen Konsens zu gelangen. Meinen Dank an das Parlament.

 
  
  

VORSITZ: MAREK SIWIEC
Vizepräsident

 
  
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  Evelyne Gebhardt, Berichterstatterin.(DE) Herr Präsident! Ich möchte mich bei allen Rednerinnen und Redner bedanken. Ich möchte noch einmal klarstellen, dass wir die Bestimmungen noch einmal verstärkt haben, die bereits in Rom III festgelegt sind und die die Kommission vorgeschlagen hat, indem wir zum Beispiel in Änderungsantrag 25 ganz klar definieren: Wird nach dem bestimmten Recht die Trennung oder Ehescheidung nicht anerkannt oder erfolgt sie in einer für einen der Ehepartner diskriminierenden Weise, gilt das Recht des Gerichtsstands.

Das heißt, in Schweden gilt solchen Fällen der Gerichtsstand Schweden. Wir haben ganz klar gesagt, wenn es derartige Fälle geben sollte, dann gibt es eine eindeutige Antwort. Klarer kann man es in einem Text eigentlich nicht mehr festlegen. Deswegen verstehe ich auch das Problem nicht! Aber wir sollten uns bemühen – und ich bin Ihnen dankbar, Herr Barrot, dass Sie sich so klar geäußert haben und noch einmal mit unseren Kollegen in Schweden reden wollen –, zu verstehen, was eigentlich das Problem ist. Ich habe es noch nicht verstanden!

Durch diese Regelung wollen wir ja all jene Bestimmungen noch verbessern, die eigentlich jetzt schon bestehen. Für mich als Frau, die Frauenpolitik immer mitgestaltet hat, ist es sehr wichtig, eine positive Antwort zu finden, weil der schwächere Teil in einer Partnerschaft in der Regel die Frau ist. Wir müssen ganz besonders darauf achten, dass eine gute Position gefunden wird.

Ich hoffe auch, dass es uns im Sinne des Kompromisses, um den wir uns immer wieder bemüht haben – Herrn Demetriou, vielen Dank dafür! –, auch gelingen wird, Herrn Casini noch davon zu überzeugen, dass wir hier eine gute Position haben. Dafür bietet auch Änderungsantrag 38 eine Grundlage, in dem wir noch einmal klarstellen – obwohl es schon im Text steht –, dass natürlich nur solches Recht in den Mitgliedstaaten angewandt wird, das den Grundsätzen der Europäischen Union und der Charta der Grundrechte wirklich entspricht, denn das ist eine Selbstverständlichkeit für uns. Es kann auch gar nicht anders sein! Kein Gericht in der Union würde ein anderes Recht in irgendeiner Weise anwenden. Das kann ich mir absolut nicht vorstellen, und das wird natürlich auch klargestellt.

 
  
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  Der Präsident. − Die Aussprache ist geschlossen.

Die Abstimmung findet am Dienstag statt.

Schriftliche Erklärungen (Artikel 142)

 
  
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  Lidia Joanna Geringer de Oedenberg (PSE), schriftlich.(PL) Die gesteigerte soziale Mobilität hat zu einer höheren Anzahl von gemischten Ehen und auch Scheidungen geführt. Schwierigkeiten sind häufig bezüglich der Wahl des anzuwendenden Rechts aufgetreten, wenn die Ehepartner jeweils aus unterschiedlichen EU-Mitgliedstaaten kommen oder wenn ein Partner ein EU-Bürger ist und der andere nicht. Dies ist der Grund, weshalb eine Harmonisierung der Bestimmungen bezüglich gemischter Ehen dringend benötigt wird, um eine Diskriminierung während der Scheidungsverfahren zu verhindern.

Die Wahl des Gerichtsstands sollte auf der Grundlage des Zugangs beider Ehepartner zu umfassenden Informationen über die wichtigsten Aspekte des nationalen Rechts und des Gemeinschaftsrechts erfolgen. Sie sollten auch über die Verfahren in Zusammenhang mit der Scheidung und der Trennung informiert werden. Die Möglichkeit, den geeigneten Gerichtsstand und das geeignete Recht zu wählen, sollte nicht die Rechte und Chancengleichheit der Ehegatten verletzen. Folglich muss die Wahl des Rechts eines bestimmten Landes eine Wahl zwischen dem Recht des Staates, in dem die Ehe geschlossen wurde, dem Recht des Staates, in dem die Ehegatten in den letzten drei Jahren ihren gewöhnlichen Aufenthaltsort hatten, oder dem Recht des Herkunftslandes sein.

Es erscheint außerdem angemessen, den so genannten Grundsatz des Rechts des Gerichtsstaats anzuwenden, wenn die Gefahr der Diskriminierung eines der Ehegatten besteht. Ein Beispiel könnte der Fall von Frauen aus Drittstaaten sein, in denen die Scheidung nicht anerkannt wird, die aber in der EU wohnhaft sind und die Scheidung oder die Trennung beantragen. In solchen Situationen sollten die sich für den Einzelnen aus einer Scheidung oder Trennung – als Ausdruck seiner Unabhängigkeit als Person – ergebenden Vorteile mehr Gewicht haben als die Argumente für die Umsetzung des nationalen Rechts.

 
  
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  Gyula Hegyi (PSE), schriftlich. – (HU) Die öffentliche Meinung in Ungarn wird von Zeit zu Zeit von Fällen aufgewühlt, in denen die Kinder eines ungarischen Elternteils von einem ausländischen Ehegatten ins Ausland gebracht werden. Die öffentliche Meinung sympathisiert in erster Linie mit der Mutter, der das Kind weggenommen worden ist, hat aber auch mit dem Vater Mitleid, dem sein Kind entzogen worden ist, wenn das Kind in fremden und ungünstigen Verhältnissen unterkommt. Es gibt eine steigende Anzahl an „gemischten“ Ehen innerhalb der Europäischen Union; dennoch sind die Vorschriften für die Eheauflösung und das Sorgerecht häufig wirr und nicht eindeutig. Das Gemeinschaftsrecht regelt bisher nur den Rahmen für Streitigkeiten, beispielsweise die Frage des Gerichtsstands, das heißt, welches Gericht für die Verhandlung in Scheidungs- und Sorgerechtsfällen zuständig ist. Es bietet jedoch keine Lösungen in Bezug auf das anwendbare Recht in Ehesachen, mit anderen Worten: in Bezug darauf, das Recht welches Staates die Gerichte bei Gerichtsverfahren anwenden sollten. Die große Abweichung zwischen der Gesetzgebung der Mitgliedstaaten hat daher zu Rechtsunsicherheit geführt, wodurch die Parteien häufig gezwungen sind, so schnell wie möglich Verfahren einzuleiten, damit die günstigsten Rechtsvorschriften anwendbar sind. Mit der Verordnung, die jetzt in Vorbereitung ist, soll der Situation Abhilfe geschaffen werden, vor allem durch die Begünstigung einer Einigung zwischen den Parteien. Dies kann im Fall der einverständlichen Scheidung geeignet sein; aber da ich weiß, wie die Dinge in der Praxis häufig liegen, fürchte ich, dass hierdurch nur wenige Rechtsstreitigkeiten gelöst werden. Die richtige Lösung wäre, wenn wir es längerfristig schafften, einheitliche europäische Sorgerechtsregelungen zu entwickeln.

 
  
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  Antonio Masip Hidalgo (PSE), schriftlich.(ES) Wir unterstützen den Mechanismus der verstärkten Zusammenarbeit in diesem Fall, da er größere Rechtssicherheit und Stabilität sicherstellen, „forum shopping“ vermeiden und die europäische Integration voranbringen wird.

Außerdem ist das neue System von Vorteil, da damit das Recht des gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthaltsorts als das zuerst anzuwendende Recht festgelegt wird. Im Fall Spaniens wird dies das Kriterium des Rechts der gemeinsamen Staatsangehörigkeit ersetzen, was – bei Berücksichtigung der Anzahl der in Spanien lebenden Einwanderer-Ehepaare – für die Gerichte und für die Bürger, die Gerechtigkeit suchen, sehr zweckmäßig ist.

 
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