Der Präsident. − Als nächster Punkt folgt eine kurze Darstellung des Berichts (A6-0356/2008) von Jean Marie Beaupuy im Namen des Ausschusses für regionale Entwicklung über Governance und Partnerschaft auf nationaler und regionaler Ebene und die Grundlage für Vorhaben im Bereich der Regionalpolitik.
Jean Marie Beaupuy, Berichterstatter. − (FR) Herr Präsident, Herr Kommissar, meine Damen und Herren! Ich muss Ihnen sagen, dass es mir sehr viel Freude bereitet hat, bei der Ausarbeitung dieses Berichts mit den verschiedenen Betroffenen die Prinzipien der Governance anzuwenden.
Außerdem zeigte diese Arbeitsmethode ihren Wert bei der Erstellung des Berichts, denn sie machte es mir möglich, praktisch alle von meinen Kollegen unterbreiteten Vorschläge zu berücksichtigen, und am 9. September spiegelte sich das in einer einstimmigen Annahme im Ausschuss für regionale Entwicklung wider.
Aber dieser Konsens wäre wertlos, wenn er nicht konkret in einem Text niedergeschrieben worden wäre, der spezifisch und konsistent ist, wie ich Ihnen gleich beweisen werde. Deshalb möchte ich mich ganz herzlich bei allen meinen Kollegen bedanken, die an diesem Bericht beteiligt waren, und ganz besonders den Schattenberichterstattern, die heute Abend sehr gern hier gewesen wären, um ihr Engagement zu zeigen.
Herr Kommissar! Mein Dank gilt natürlich den Diensten der Kommission, und ich wäre Ihnen dankbar, wenn sie ihn weiterreichen würden, denn diese Zusammenarbeit war sowohl konstruktiv als auch angenehm.
Ich möchte auch dem Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und seinem Berichterstatter, Herrn van Iersel, dem Ausschuss der Regionen, Herrn Kisyov, und den zahlreichen beteiligten Organen danken.
Also, worum geht es bei Governance und Partnerschaft überhaupt? Wir müssen einen Initiativbericht zum Thema Governance und Partnerschaft erstellen, denn „Governance“ und „Partnerschaft“ sind Begriffe, die jeden Tag verwendet werden. Man muss nur eine Zeitung oder einen Bericht nehmen, und immer wieder tauchen diese Wörter auf.
Herr Kommissar, es gibt einen Zeitpunkt für Worte und es gibt einen Zeitpunkt für Taten. Es gibt eine Zeit für Ziele und es gibt eine Zeit, um sich selbst die Mittel zu geben, um diese zu erreichen. Seit etlichen Jahren hören wir nun immer wieder den Spruch, dass die Governance verbessert werden muss. Sie ist in unsere Verordnungen aufgenommen, über sie wird in unseren Aussprachen diskutiert, aber Fortschritte werden kaum erreicht. Was geschieht wirklich, wenn wir sehen, dass der integrierte Ansatz in den zahlreichen Berichten erscheint, die von Kommission und Parlament ausgegeben werden?
Berücksichtigen sich unsere europäischen Politiken für Transport, Umwelt und regionale Entwicklung gegenseitig? Wo ist aber der integrierte Ansatz, den wir alle zu sehen hoffen? Jede Politik verfügt über ihr eigenes Etat, ihren eigenen Minister, ihren eigenen Kommissar und ihren eigenen Zeitplan. Wir können, gerade im Zusammenhang mit den Strukturfonds, sehen, dass EFRE, ESF und ELER vor Ort getrennt angewendet werden.
Herr Kommissar! Bei der Wahrnehmung Ihrer Aufgaben zusammen mit Ihren Kollegen wissen Sie, dass wir es alle für sehr wichtig halten, die Ziele von Lissabon zu erreichen. Aber wenn wir auf diesem Weg weitermachen, mit einem so stark aufgegliederten Ansatz vor Ort, glauben Sie, dass das möglich sein wird? Glauben Sie, eine Organisation, unabhängig davon, wie mächtig und wie entschlossen sie ist, kann Erfolge erzielen, wenn der Ansatz „jeder für sich selbst“ bei der Umsetzung zugelassen wird?
Heute ist der Zeitpunkt gekommen, zu dem die verschiedenen privaten und öffentlichen Verantwortlichen ihre Fähigkeiten, ihre Etats und ihre Zeitpläne zusammenführen müssen, wenn wir an der gleichen Sache im gleichen geografischen Gebiet arbeiten. Mein Bericht schlägt 37 spezifische Maßnahmen zur Erreichung dieses Ziels vor, aber ich werde sie hier nicht alle einzeln aufzählen. Ich werde nur auf drei wesentliche Punkte eingehen.
Der erste Schlüsselpunkt ist, den verschiedenen Verantwortlichen, gleich ob privat, öffentlich, Einzelperson oder Organisation, die Mittel zu geben, um diese Governance umzusetzen. Der erste Punkt, und ich habe das gegenüber Ihrer Kollegin Frau Danuta Hübner betont, ist die Entwicklung eines praktischen Leitfadens für die Governance. Wir sprechen nicht mehr von abstrakten Botschaften – es muss sich um einen praktischen Leitfaden handeln.
Der zweite Punkt ist die Schulung der Volksvertreter im Rahmen eines Erasmus-Programms. Unsere Volksvertreter auf lokaler und regionaler Ebene müssen zum echten Motor dieser neuen Governance der Territorien werden. Des Weiteren – und das ist der zweite Schlüsselpunkt – müssen unsere europäischen und nationalen Institutionen als Beispiel auftreten. Deshalb verlange ich in meinem Bericht ein jährliches Treffen der für Kohäsionspolitik im Rat verantwortlichen Minister. Herr Kommissar! Wie Sie selbst wissen, gibt es auch Unterschiede zwischen den einzelnen Kommissaren und Generaldirektionen. Wir brauchen eine effektivere, abteilungsübergreifende Arbeit. Der Ausschuss der Regionen ist meiner Aufforderung zuvorgekommen und hat vor zwei Wochen auf unsere Vorschläge geantwortet.
Drittens, wird es natürlich notwendig sein, Herr Kommissar, bindende Verfahren zu erstellen. Da meine Zeit zu Ende ist, kann ich nicht mehr in Details gehen, aber beachten Sie bitte, dass wir von der Kommission erwarten, dass sie bei dieser Revolution der gegenwärtigen Praxis bahnbrechend wirkt. Wir müssen von Worten zu Taten kommen. Ich und meine Kollegen, die an diesen Texten mitgewirkt haben, erwarten von der Kommission, dass sie Entscheidungen trifft, die sowohl schnell als auch effektiv sind.
Joe Borg, Mitglied der Kommission. − Herr Präsident! Im Namen der Kommission möchte ich Herrn Beaupuy für diesen Bericht über Governance und Partnerschaft im Bereich der regionalen Politik danken, denn Partnerschaft und Governance sind in der Tat wesentliche Prinzipien der Kohäsionspolitik.
Der Bericht von Herrn Beaupuy enthält zahlreiche Empfehlungen und vertritt vor allem die Notwendigkeit, den integrierten Ansatz zu stärken, die Notwendigkeit einer verstärkten Dezentralisierung der Kohäsionspolitik und die Notwendigkeit der vollständigen Anerkennung und Verbindung der verschiedenen Partner in den Programmen der Regionalpolitik, insbesondere auf der Ebene der kommunalen und städtischen Behörden.
Der Bericht schlägt auch die Entwicklung von Werkzeugen vor, um die Partnerschaft und die neue Governance zu stärken. Ich kann Herrn Beaupuy versichern, dass die Hauptbotschaften seines Berichts mit dem übereinstimmen, was die Kommission vertritt und fördert. Die Praxis hat gezeigt, dass die Fähigkeit, echte Partnerschaften einzugehen, oft eine Voraussetzung für den Erfolg und die Effektivität der Programme ist, die durch Struktur- und Kohäsionsfonds unterstützt werden.
Deshalb wurde dieses Prinzip in jedem Programmplanungszeitraum durch die Erweiterung der Zusammensetzung solcher Partnerschaften und der Reichweite beibehalten bzw. gestärkt.
Dank der gemeinsamen Bemühungen der Kommission und des Parlaments sowie des Drucks seitens der Zivilgesellschaft, sind die Verordnungen des Jahres 2006 für diesen Zeitraum einen Schritt weiter gegangen und umfassen ausdrücklich und zum ersten Mal neue Partner aus der Zivilgesellschaft.
Die Durchführungsmechanismen wurden bei den Verhandlungen der einzelnen nationalen strategischen Rahmenpläne und des operationellen Programms für den Zeitraum 2007-2013 diskutiert, und die Kommission hat versucht, diese zu verbessern, um sie weniger institutionell zu gestalten. Es gibt immer noch sehr große Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten und Regionen, aber insgesamt hat es bei der Anwendung des Partnerschaftsprinzips echte Verbesserungen gegeben. In Polen, zum Beispiel, wurde der Dialog mit der Zivilgesellschaft und ganz besonders mit den NRO dank der Anforderungen der Kohäsionspolitik vorangetrieben.
Mit der Zeit ist die Kohäsionspolitik zu einem mächtigen multilateralen Governance-System geworden, an dem zahlreiche Partner sowohl auf vertikaler als auch auf horizontaler Ebene beteiligt sind. Da es kein Einheitsrezept gibt, ist eine stärkere Beteiligung der regionalen und lokalen Behörden – neben allen relevanten Verantwortlichen – bei der Auslegung, Umsetzung und Bewertung der Eingriffe nach einem für das Team und natürlich auch die Regionen angepassten Schema von grundlegender Bedeutung, um den Erfolg der Politik sicherzustellen. Aber trotzdem muss man eingestehen, dass noch viel zu tun ist, um eine echte und aktive Partnerschaft und Governance zu erreichen, nicht nur bei den Vorarbeiten und während des Verhandlungsprozesses, sondern auch in den anderen Lebensphasen der operationellen Programme, das heißt: Umsetzung, Überprüfung und Bewertung. Ich kann Herrn Beaupuy darüber informieren, dass die Dienste von Kommissarin Hübner, mit dem Ziel, ein klareres Bild von der aktuellen Situation und der aktuellen Praktiken zu erhalten, gegenwärtig an einer Studie über die regionale Governance im Kontext der Globalisierung arbeiten. Daraus sollten wir wesentliche Informationen erhalten, ob ein Leitfaden, so wie ihn Herr Beaupuy in seinem Bericht fordert, bei dieser Angelegenheit hilfreich wäre.
Die Kommission ist auch davon überzeugt, dass die Kohäsionspolitik vereinfacht werden, einen Mehrwert für die regionale Entwicklung schaffen und gleichzeitig näher an den europäischen Bürgerinnen und Bürgern sein muss. Die Kommission stimmt darin überein, dass es notwendig ist, einen integrierten Ansatz bei den verschiedenen sektorspezifischen Politiken in einem bestimmten Territorium zu verfolgen, um bessere Ergebnisse zu erzielen. Wir sollten unsere Überlegungen zu der gegenwärtigen Art der Umsetzung und Koordinierung der Kohäsionsfonds auf der einen Seite, und der Art, wie sie im nächsten Programmplanungszeitraum nach 2013 artikuliert werden könnten, auf der anderen Seite, vertiefen, um eine wirklich kohärente strategische Entwicklung auf regionaler Ebene beizubehalten. Dies ist tatsächlich eine Besorgnis, die in vielen Beiträgen ausgedrückt wird, die im Rahmen unserer öffentlichen Konsultationen über die Zukunft der Politik eingegangen sind.
Unter den im Bericht genannten Werkzeugen zur Verbesserung der neuen Governance befindet sich die Anregung, ein ERASMUS-Programm für Volksvertreter zu schaffen. Die Kommission wird ihr Bestes tun, um diese interessante Idee zu verwirklichen, obwohl sie sich als schwierig erweisen kann, wenn sie von der Haushaltsbehörde als Pilotprojekt genehmigt wird.
Über das Prinzip der Kohäsionspolitik hinaus, die eine zentrale Säule für das Erreichen der neuen nachhaltigen Entwicklungsziele ist und bleibt, und um den Regionen zu helfen, sich den künftigen globalen Herausforderungen zu stellen, die sich immer stärker auf ihre Entwicklung auswirken, ist die Kommission der Ansicht, dass wir alle weiterhin die Durchführungsmechanismen der Kohäsionspolitik stärken sollten, die auf den Prinzipien eines integrierten Ansatzes, der Partnerschaft und der multilateralen Governance aufbauen.
Die Kommission ist davon überzeugt, dass der Bericht von Herrn Beaupuy und die Unterstützung des Parlaments dabei helfen werden, die Lage zu verbessern.
Der Präsident. − Damit ist die Aussprache beendet.
Die Abstimmung findet am Dienstag statt.
Schriftliche Erklärungen (Artikel 142)
Bairbre de Brún (GUE/NGL), schriftlich. – (GA) Ich begrüße wärmstens diesen ausgezeichneten Bericht von Herrn Beaupuy über Governance und Partnerschaft.
Leider wird das Prinzip der Partnerschaft nicht immer bei der Ausgabe von Strukturfonds befolgt. Trotzdem habe ich sehr gute Beispiele in Nordirland erlebt, wie die Partnerschaft funktionieren kann, und ich habe die Vorteile der Partnerschaft gesehen, wenn sie richtig eingesetzt wird.
Ich begrüße auch die Appelle in diesem Bericht für eine engere Zusammenarbeit und einen engeren Kontakt zwischen den lokalen und regionalen Behörden und anderen Ebenen der Governance, insbesondere der Europäischen Kommission. Die parlamentarische Versammlung für Nordirland muss auf diesen bereits von der Europäischen Kommission hergestellten Verbindungen aufbauen. Dies gilt insbesondere für die Arbeit der Expertengruppe, die vom Präsidenten der Europäischen Kommission, Herrn Barroso, eingerichtet wurde.
Die parlamentarische Versammlung für Nordirland und unsere lokalen Gemeinden sind bereit, bei der Umsetzung der EU-Programme auf Gemeinschaftsebene eine größere Rolle zu spielen. Dieser Bericht zeigt auf, wie sie dazu befähigt werden können.
Rumiana Jeleva (PPE-DE), schriftlich. – (BG) Erlauben Sie mir an erster Stelle, Herrn Beaupuy zu seinem ausgezeichneten Bericht zu gratulieren. Als Schattenberichterstatterin für die PPE-DE-Fraktion habe ich für diesen Bericht gestimmt, als Unterstützung für eine gute Governance und Partnerschaft in der regionalen Politik.
Ich möchte diese Gelegenheit nutzen, um daran zu erinnern, dass im Juli, nach dem kritischen Bericht der Kommission über Bulgarien, die Finanzierung unter den drei Heranführungsprogrammen PHARE, ISPA und SAPARD ausgesetzt wurde. Gleichzeitig wurden Verfahren eingesetzt, um es den operationellen Programmen zu ermöglichen, dass deren Finanzierung aus den Struktur- und Kohäsionsfonds beginnen konnte. Das versetzte mein Land in eine sehr schwierige Lage. Ich möchte die Annahme dieses Berichts nutzen, um meiner Hoffnung Ausdruck zu verleihen, dass die eingefrorenen Fonds für Bulgarien freigegeben werden und die bulgarischen Bürgerinnen und Bürger in den vollen Genuss der Vorteile der europäischen Mitgliedschaft ihres Landes kommen.
In Übereinstimmung mit dem im Bericht geäußerten Appell an die Mitgliedstaaten möchte auch ich dazu aufrufen, den Dezentralisierungsprozess bei der Umsetzung der regionalen Politik in Bulgarien zu stärken, um sicherzustellen, dass das Mehrebenensystem auf der Grundlage der Prinzipien der Partnerschaft und der Subsidiarität mit optimaler Effektivität funktioniert.
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Grażyna Staniszewska (ALDE), schriftlich. – (PL) Es ist von grundlegender Bedeutung, das Prinzip der Partnerschaft auf allen Verwaltungsebenen zu verfolgen, wenn es um die Umsetzung der regionalen Politik geht. Dies gilt ganz besonders im Zusammenhang mit der Effektivität. Soll die Gesellschaft vollständig mobilisiert werden, müssen die nationalen und regionalen Behörden das Ziel verfolgen, die örtlichen Bewohner einzubinden und zu beteiligen, und zwar sowohl an Planungsänderungen als auch der anschließenden Überwachung der Verwendung der Strukturfonds. Gelingt die Identifizierung mit regionalen Zielen nicht, treten immer Streitigkeiten auf und Maßnahmen werden behindert, was zu zahlreichen Verzögerungen führt.
Eine echte, nicht oberflächliche Partnerschaft ist auch im Zusammenhang mit der Europäischen Gemeinschaft von wesentlicher Bedeutung, denn sie stellt die einzige Möglichkeit dar, den Bürgerinnen und Bürgern Informationen über die Natur der Aktivitäten der Europäischen Union zu vermitteln. Eine Partnerschaft ist äußerst wichtig, kostet aber auch Geld. Deshalb ist es erforderlich, 2-3 % der Strukturfonds für diesen Zweck zu binden. Das gegenwärtige freiwillige Prinzip funktioniert nicht. Wenn die Regionen nicht dazu verpflichtet werden, Geld für die Veranstaltung von Treffen, Workshops oder zur Bewertung der Umsetzung auszugeben, werden sie es auch nicht tun. Meistens wird das Prinzip der Partnerschaft darauf reduziert, den Plan mit der Post zu verschicken, so dass manchmal gerade einmal eine Woche für Anmerkungen zur Verfügung steht.
Ich glaube, es wäre klug, diesem Problem größere Aufmerksamkeit zu widmen, wenn wir sicherstellen möchten, dass Europa zu einer Gemeinschaft von aktiven, bewussten und mitarbeitenden Bürgerinnen und Bürgern wird.