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Verfahren : 2008/2085(INI)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadium in Bezug auf das Dokument : A6-0370/2008

Eingereichte Texte :

A6-0370/2008

Aussprachen :

PV 21/10/2008 - 6
CRE 21/10/2008 - 6

Abstimmungen :

PV 22/10/2008 - 6.2
CRE 22/10/2008 - 6.2
Erklärungen zur Abstimmung
Erklärungen zur Abstimmung

Angenommene Texte :

P6_TA(2008)0513

Ausführliche Sitzungsberichte
Dienstag, 21. Oktober 2008 - Straßburg Ausgabe im ABl.

6. Herausforderungen für Tarifverträge in der EU (Aussprache)
Video der Beiträge
PV
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  Die Präsidentin. - Als nächster Punkt folgt der Bericht von Jan Andersson in Namen des Ausschusses für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten über die Herausforderungen für Tarifverträge in der EU (2008/2085(INI)) (A6-0370/2008).

 
  
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  Jan Andersson, Berichterstatter. (SV) Frau Präsidentin! Ich hoffe dass die Kommissionsvertreter bald eintreffen werden, weil sie noch nicht anwesend sind.

Einleitend möchte ich einige generelle Anmerkungen zu dem Bericht machen. Bei verschiedenen Gelegenheiten haben wir im Europäischen Parlament darüber gesprochen, welche Politik in einer globalisierten Gesellschaft zu verfolgen ist. Wir sollten nicht um niedrige Arbeitslöhne wetteifern, sondern wir sollten gute Arbeitsbedingungen haben. Um Erfolg zu haben, sollten wir uns auf das Humankapital, die Menschen, Investitionen und andere Dinge konzentrieren. Bei vielen Gelegenheiten haben wir auch schon über das Gleichgewicht zwischen offenen Grenzen und einer stark sozial ausgerichteten EU gesprochen und festgestellt, dass dieses Gleichgewicht von großer Bedeutung ist.

Außerdem haben wir häufig über die Frage und die Bedeutung der Gleichbehandlung von Menschen unabhängig von ihrem Geschlecht, ihrer ethnischen Herkunft und ihrer Nationalität gesprochen und dargelegt, dass die Gleichbehandlung und Nichtdiskriminierung bestimmend sein sollten.

Bei diesem Bericht geht es um die Notwendigkeit offener Grenzen. Der Ausschuss befürwortet offene Grenzen ohne Einschränkungen oder Übergangszeiten, doch gleichzeitig sollten wir eine soziale EU haben, in der wir nicht miteinander konkurrieren, indem geringere Löhne, schlechtere Arbeitsbedingungen usw. erzwungen werden.

Der Bericht befasst sich auch mit dem Grundsatz der Gleichbehandlung, d. h. der Gleichbehandlung ohne Diskriminierung von Arbeitskräften, und zwar unabhängig von ihrer Nationalität. Es darf einfach nicht sein, dass Menschen aus Lettland, Polen, Deutschland, Schweden oder Dänemark auf dem gleichen Arbeitsmarkt unterschiedlich behandelt werden. Dies ist auch die Grundlage für die in diesem Bericht unterbreiteten Vorschläge. Die wichtigsten Vorschläge beziehen sich auf die Richtlinie über die Entsendung von Arbeitnehmern, da drei der Urteile entsandte Arbeitnehmer betreffen. Es ist äußerst wichtig, dass wir die Entsenderichtlinie nicht zu einer Mindestrichtlinie machen.

Es stimmt, dass die Richtlinie zehn Mindestanforderungen enthält, die zu erfüllen sind. Diese Bedingungen müssen berücksichtigt werden; doch das grundlegende Prinzip ist die Gleichbehandlung. Daher muss hier Klarheit bestehen. Die Gleichbehandlung, unabhängig von der Nationalität, ist ein Muss. Auf jedem Arbeitsmarkt, beispielsweise auf dem Arbeitsmarkt in dem deutschen Bundesland Niedersachsen, sollten alle Arbeitnehmer den dort geltenden Bedingungen unterliegen, unabhängig davon, woher sie kommen. Dies ist ein wichtiger Grundsatz, der nach den Urteilen noch klarer werden muss.

Der zweite wichtige Punkt ist die Tatsache, dass wir unterschiedliche Arbeitsmarktmodelle haben. All diese Modelle müssen im Hinblick auf die Umsetzung gleichwertig sein. Bestimmte andere Punkte in der Richtlinie sollten ebenfalls geändert werden. Darüber hinaus müssen wir unbedingt klarstellen, dass das Streikrecht ein in der Verfassung verankertes Grundrecht ist, das nicht der Freizügigkeit untergeordnet werden darf. Dies gilt in Bezug auf den neuen Vertrag, doch auf andere Weise auch im Primärrecht.

Drittens darf das EU-Recht nicht gegen das Übereinkommen der Internationalen Arbeitsorganisation verstoßen. Die Rechtssache Rüffert bezieht sich auf eine IAO-Konvention, die sich mit öffentlichen Aufträgen befasst. In diesem Fall gelten die Arbeitsbedingungen, die an dem Ort maßgebend sind, wo die Arbeit geleistet wird. Das ist der Grund für die Vorschläge, die vorgelegt worden sind. Ich werde der Aussprache aufmerksam folgen und möchte mich bei dieser Gelegenheit bei allen Beteiligten, auch dem Schattenberichterstatter, für unsere konstruktive Zusammenarbeit bedanken.

(Beifall)

 
  
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  Vladimír Špidla, Mitglied der Kommission. – (CS) Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Zunächst einmal möchte ich mich für meine kurze Verspätung entschuldigen. Leider konnte ich den starken Verkehr nicht vorhersehen.

Meine Damen und Herren, die vor kurzem in den Rechtssachen Viking, Laval und Rüffert vom Europäischen Gerichtshof ergangenen Urteile haben auf EU-Ebene eine breite Debatte über den Schutz von Arbeitnehmerrechten im Zusammenhang mit der zunehmenden Globalisierung und der Mobilität von Arbeitskräften entfacht. Für das einwandfreie Funktionieren des europäischen Arbeitsmarkts müssen wir gute Vorschriften festlegen. Die Entsenderichtlinie ist ein wichtiges Instrument für die Erreichung dieses Ziels. Ich möchte Sie daran erinnern, dass die Richtlinie auf die Schaffung eines Gleichgewichts abzielt zwischen einem angemessenen Schutz für die Arbeitnehmer, die vorübergehend in einen anderen Mitgliedstaat entsendet werden, einerseits und dem freien Dienstleistungsverkehr innerhalb des Binnenmarkts andererseits.

Die Kommission ist entschlossen, dafür zu sorgen, dass die im Vertrag verankerten Grundfreiheiten nicht im Widerspruch zu dem Schutz der Grundrechte stehen. Die Kommission hat den Wunsch zur Einleitung einer offenen Debatte mit allen betroffenen Parteien geäußert, damit wir die Folgen der Urteile des Gerichtshofs gemeinsam analysieren können. Diese Debatte ist von enormer Bedeutung, da sie zur Klärung der Rechtslage beitragen und die Mitgliedstaaten schlussendlich in die Lage versetzen würde, angemessene rechtliche Regelungen einzuführen. Am 9. Oktober 2008 hat die Kommission ein Forum zu diesem Thema veranstaltet, an dem alle Interessengruppen teilgenommen haben. Dieses Forum sollte als Ausgangspunkt für die so dringend benötigte Debatte dienen.

Die Kommission teilt die Auffassung, dass infolge der höheren Mobilität der Arbeitnehmer in Europa neue Herausforderungen entstanden sind, da hiervon auch Funktionieren der Arbeitsmärkte und die Regelung der Beschäftigungsbedingungen betroffen sind. Nach Auffassung der Kommission sind die Sozialpartner am besten in der Lage, sich der Herausforderung zu stellen und mögliche Verbesserungen vorzuschlagen. Daher hat die Kommission die europäischen Sozialpartner dazu aufgefordert, die Folgen der größeren Mobilität in Europa und die Urteile des Europäischen Gerichthofs einer Prüfung zu unterziehen. Ich freue mich, dass die europäischen Sozialpartner die Herausforderung angenommen haben. Die Kommission wird ihre Arbeit bei Bedarf unterstützen.

Die Kommission möchte darauf hinweisen, dass die von dem Urteil des Gerichtshofs am stärksten betroffenen Mitgliedstaaten derzeit an der Festlegung von rechtlichen Regelungen arbeiten, die im Einklang mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs stehen werden. Die Kommission kann nicht dem Vorschlag zustimmen, wonach die Entsenderichtlinie auch einen Verweis auf die Freizügigkeit enthalten sollte. Eine derartige Ausweitung würde zwangsläufig zu Missverständnissen in Bezug auf den Geltungsbereich der Richtlinie führen, da sie den Unterschied zwischen zwei unterschiedlichen Kategorien von Arbeitnehmern – nämlich entsendeten Arbeitnehmern und Wanderarbeitnehmern – verwischen würde. Ich möchte mit Nachdruck darauf hinweisen, dass es eindeutig einen Unterschied zwischen entsendeten Arbeitnehmern und Wanderarbeitnehmern gibt.

Die Kommission teilt die Auffassung des Parlaments in Bezug auf die notwendige Verbesserung der Anwendung und Umsetzung der Entsenderichtlinie. In diesem Zusammenhang möchte ich Sie daran erinnern, dass die Kommission im April 2008 die Empfehlung der von den Mitgliedstaaten geforderten stärkeren Verwaltungszusammenarbeit angenommen hat, um die jetzigen Defizite zu beheben. Die Kommission unterstützt die Verbesserung der Zusammenarbeit auch durch ihren Plan, in Zukunft einen Ausschuss von Sachverständigen aus den Mitgliedstaaten einzurichten. Nach Auffassung der Kommission wird es im Rahmen des vorgeschlagenen Vertrages von Lissabon durch Änderungen wie die neuen Sozialklauseln zu einer deutlichen Stärkung der sozialen Rechte kommen, aufgrund derer alle anderen Maßnahmen der Europäischen Union soziale Fragen berücksichtigen müssen, auch im Hinblick auf die Umsetzung eines rechtsverbindlichen Verweises auf die Charta der Grundrechte.

 
  
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  Małgorzata Handzlik , Verfasserin der Stellungnahme des Ausschusses für Binnenmarkt und Verbraucherschutz. – (PL) Frau Präsidentin! Aufgrund des Berichts, über den wir heute debattieren, wird die Entsenderichtlinie zu einer Herausforderung für Tarifverträge. Ich kann verstehen, dass die Urteile des Europäischen Gerichtshofs von einigen Mitgliedstaaten möglicherweise nicht begrüßt worden sind. Dennoch sorgen sie für ein Gleichgewicht zwischen allen Zielen der Richtlinie, namentlich zwischen Dienstleistungsfreiheit, Achtung der Rechte von Arbeitnehmern und Wahrung der Grundsätze des lauteren Wettbewerbs. Ich möchte betonen, dass die Wahrung dieses Gleichgewichts eine Conditio sine qua non für uns ist.

Das Hauptproblem in Bezug auf die richtige Umsetzung dieser Richtlinie besteht in ihrer falschen Auslegung durch die Mitgliedstaaten. Demzufolge sollten wir uns nicht so sehr auf die Bestimmungen der Richtlinie selbst, sondern vielmehr auf ihre Auslegung konzentrieren. Daher ist in erster Linie eine gründliche Analyse auf Ebene der Mitgliedstaaten erforderlich. So wird es möglich sein, die Schwierigkeiten, die sich durch die Urteile ergeben, und die möglicherweise vor uns liegenden Herausforderungen zu erkennen. Infolgedessen bin ich der Meinung, dass wir zum jetzigen Zeitpunkt davon Abstand nehmen sollten, Änderungen der Richtlinie zu fordern. Es sollte nicht vergessen werden, dass die Entsendung von Arbeitnehmern untrennbar mit der Dienstleistungsfreiheit verbunden ist. Letztere ist eines der Grundprinzipien des europäischen Binnenmarkts. Unter keinen Umständen sollte dies als Einschränkung für Tarifverhandlungen angesehen werden.

 
  
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  Tadeusz Zwiefka, Verfasser der Stellungnahme des Rechtsausschusses. – (PL) Unabhängig von der jeweiligen Überzeugung ist es meiner Meinung nach inakzeptabel, Urteile des Europäischen Gerichtshofs zu kritisieren. Dieser eine unabhängige und neutrale Institution, die für das Funktionieren der Europäischen Union unerlässlich ist. Wir mögen den Gesetzen nicht zustimmen und sind natürlich in der Lage, sie zu ändern, doch ich Probleme, die Kritik an dem Gerichtshof zu akzeptieren. Seine Urteile stützen sich immer auf geltendes Recht.

Ich möchte auf zwei wichtige Punkte im Zusammenhang mit den Fragen hinweisen, über die wir heute sprechen. Erstens haben die Urteile des Gerichtshofs keine Auswirkung auf die Freiheit zum Abschluss von Tarifverträgen. Zweitens dürfen die Mitgliedstaaten gemäß den Erklärungen des Gerichtshofs Mindeststandards nur in den Bereichen einführen, die in der Richtlinie 96/71/EG über die Entsendung von Arbeitnehmern aufgeführt sind. Der Gerichtshof erkennt das Recht auf die Durchführung kollektiver Maßnahmen eindeutig als ein Grundrecht an, das Bestandteil der allgemeinen Grundsätze des Gemeinschaftsrechts ist. Gleichzeitig stellt der Grundsatz des freien Dienstleistungsverkehrs zusammen mit anderen Freiheiten des Binnenmarkts eine ebenso wichtige Grundlage für die europäische Integration dar.

Was die Konsequenzen dieses Berichts anbelangt, so fordert der Berichterstatter eine Überarbeitung der Richtlinie über die Entsendung von Arbeitnehmern und argumentiert, dass die Auslegung des Gerichtshofs den Absichten des Gesetzgebers zuwiderläuft. Dieser Auffassung stimme ich auf keinen Fall zu.

 
  
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  Jacek Protasiewicz, im Namen der PPE-DE-Fraktion. – (PL) Frau Präsidentin! Jedes Jahr werden auf dem Gebiet der Europäischen Union rund eine Million Menschen zur Arbeit in ein anderes Land entsendet als das Land, in dem sich der Hauptsitz ihres Arbeitgebers befindet.

In den letzten Jahren gab es nur einige wenige problematische Fälle bei der Auslegung der Bestimmungen der Richtlinie und der EU-Rechtsvorschriften für diesen Bereich. Der Europäische Gerichtshof hat sich mit diesen Fällen befasst. Grob gesagt kam er zu dem Schluss, dass das Problem nicht auf den Inhalt der Richtlinie, sondern vielmehr auf die falsche Umsetzung der Richtlinie durch einzelne Mitgliedstaaten zurückzuführen sei. Das deutet darauf hin, dass die EU-Rechtsvorschriften zur Regelung der Entsendung von Arbeitnehmern fundiert und gut formuliert sind. Das einzig mögliche Problem bezieht sich auf ihre Umsetzung in den einzelnen Mitgliedstaaten.

Offenbar bedeutet dies nicht, dass die Rechtsvorschriften so gut sind wie sie sein könnten. Erstens sollte jedoch angemerkt werden, dass die jetzige Richtlinie die Grundrechte der Arbeitnehmer schützt, indem ihnen Mindestgarantien in Bezug auf Entlohnung sowie Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz gewährt werden. Zweitens verhindert die Richtlinie nicht den Abschluss von Vereinbarungen mit Bedingungen, die günstiger sind als die in den Tarifverträgen festgelegten Mindestbedingungen für die Beschäftigung. Ich möchte hierauf mit Nachdruck hinweisen. Gleichzeitig schafft die Richtlinie ein hervorragendes Gleichgewicht zwischen der Dienstleistungsfreiheit und dem Schutz der Rechte von Arbeitnehmern, die für die Erbringung von Dienstleistungen in ein anderes Land entsendet werden. Aus diesem Grunde haben wir in dem von Herrn Andersson vorgelegten Bericht vereinbart, die Kommission aufzufordern, sich erneut mit der Richtlinie zu befassen. Nach wie vor widersprechen wir mit Entschiedenheit der Auffassung, dass diese Richtlinie schlecht sei und in diesem Bereich dringend drastische Änderungen der europäischen Rechtsvorschriften erforderlich seien.

 
  
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  Stephen Hughes, im Namen der PSE-Fraktion. – Frau Präsidentin! Ich gratuliere Herrn Andersson zu seinem hervorragenden Bericht und möchte mit einem Teilzitat aus Absatz 12 des Berichts beginnen. Dort heißt es: „...ist der Ansicht, dass die mit der Entsenderichtlinie und der Dienstleistungsrichtlinie verfolgte Absicht des Gesetzgebers nicht mit den Auslegungen des Gerichtshofs vereinbar ist“. Ich schließe mich dem an. Ich zählte zu den Gesetzgebern dieser beiden Richtlinien und hätte nie erwartet, dass sie – in Verbindung mit dem Vertrag – den Gerichtshof zu der Schlussfolgerung veranlassen könnten, dass die wirtschaftlichen Freiheiten Vorrang vor den Grundrechten der Arbeitnehmer haben.

Wenn dieser Fall eintritt, sollte der Gesetzgeber handeln, um die Rechtssicherheit wiederherzustellen. Wir sind ein Mitgesetzgeber, und diese Entschließung macht deutlich, was unserer Meinung nach getan werden muss. Herr Kommissar, wir können unserer Pflicht als Gesetzgeber allerdings erst dann nachkommen, wenn Sie Ihr Initiativrecht ausüben. Ich bin Mitvorsitzender der interfraktionellen Arbeitsgruppe „Gewerkschaften“ und berufe auch ihre Sitzungen mit ein. Sie umfasst alle wichtigen Fraktionen. Durch sie komme ich mit vielen Gewerkschaftsvertretern in Kontakt, nicht nur in Brüssel und Straßburg, sondern auch vor Ort. Ich kann Ihnen sagen, dass man hinsichtlich des durch diese Urteile hervorgerufenen Ungleichgewichts allgemein zunehmend besorgt ist. Herr Kommissar, dies ist angesichts der bevorstehenden Europawahlen im nächsten Jahr ein ernstes Problem. Wenn Gewerkschaftsvertreter vor Ort finden, dass Europa Teil des Problems und nicht Teil der Lösung ist, dann könnte das allen Bereichen dieses Hauses und dem demokratischen Prozess selbst erheblichen Schaden zufügen.

Ich bin froh, von Ihnen zu hören, dass die Entsenderichtlinie Ihrer Ansicht nach verbessert werden muss, weil wir auch eine Überarbeitung dieser Richtlinie anstreben. Hiermit soll zumindest verdeutlicht werden, inwiefern Tarifverträge für die Umsetzung von Mindestbedingungen genutzt werden können, und gesagt werden, wie kollektive Maßnahmen zum Schutz dieser Rechte eingesetzt werden können.

Also, Herr Kommissar, schenken Sie dieser direkt gewählten Institution bitte Gehör. Wir sind nah an der Basis. Nutzen Sie Ihr Initiativrecht und zeigen Sie, dass Sie Handlungsbedarf sehen.

 
  
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  Luigi Cocilovo, im Namen der ALDE-Fraktion. – (IT) Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Auch ich möchte Herrn Andersson für diese Initiative und allen Fraktionen und Berichterstattern für die Beiträge zu der vom Ausschuss angenommenen endgültigen Textfassung danken. Meiner Meinung nach ist der Standpunkt des Europäischen Parlaments wirklich wichtig. Ich möchte ganz klar sagen, dass das Parlament die Urteile des Gerichtshofs nicht per se infrage stellt oder kritisiert; sie sind immer legitim. Es möchte jedoch auf die Fragen der Auslegung der Entsenderichtlinie eingehen, die sich teilweise durch diese Urteile ergeben.

Es ist falsch, von der Annahme auszugehen, dass diese Reaktion Bedenken in Bezug auf bestimmte Grundfreiheiten wie die Freiheit zur Erbringung grenzüberschreitender Dienstleistungen verdeckt; wir möchten diese Freiheit uneingeschränkt gewährleisten, ebenso wie wir den Grundsatz eines gesunden und transparenten Wettbewerbs gewährleisten möchten. Nicht akzeptabel ist eine Form des Wettbewerbs, der sich auf die Vorteile stützt, die durch „Dumping“ entstehen, eines Wettbewerbs, der sich der Illusion hingibt, dass es akzeptabel ist, gegen bestimmte Grundsätze wie die Freizügigkeit von Unternehmen und die Nichtdiskriminierung zu verstoßen. Ganz gleich, wie viel man an der Auslegung herumwerkelt, beruht dieser Grundsatz auf einer einfachen Wahrheit: Es darf keine Unterschiede bei der Behandlung von Arbeitnehmern im Hinblick auf das Land geben, in dem die Dienstleistungen erbracht werden, unabhängig davon, ob es sich um entsandte Arbeitnehmer oder um Wanderarbeitnehmer handelt, und unabhängig von ihrer Nationalität. Für Unternehmen in dem betreffenden Land und für Unternehmen, die Entsendevereinbarungen in Anspruch nehmen, sollten die gleichen Vorschriften gelten, einschließlich des Streikrechts.

Wir sind der Auffassung, dass jedes andere europäische Modell abgelehnt und mit Misstrauen betrachtet würde. Die Freizügigkeit bezieht sich auch auf Grundsätze, und jede Abweichung von diesem Kurs würde in erster Linie Europa schaden, ungeachtet der Auslegung einer bestimmten Richtlinie.

 
  
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  Elisabeth Schroedter, im Namen der Verts/ALE-Fraktion. – (DE) Frau Präsidentin, Herr Kommissar, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Gleichbehandlung ist ein Grundprinzip der Europäischen Union. Die Mitgliedstaaten müssen vor Ort sicherstellen können, dass diese Gleichbehandlung auch wirklich durchgesetzt wird. Der Gerichtshof hat uns hier in eine sehr schwierige Lage gebracht. Ich kann nicht verhehlen – und es ist ja bekannt –, dass die Kommission zumindest in einem Fall Steigbügelhalter war. Das Streikrecht und das Tarifrecht können nicht einfach in Frage gestellt werden. Da müssen wir reagieren! Die Gerichtsentscheidung hat ein so negatives Bild von Europa gezeichnet, dass sich viele Menschen inzwischen abwenden. Da können wir doch nicht untätig zuschauen!

Wer den Wunsch hat, mehr Mobilität in Europa zu fördern, der muss doch dafür sorgen, dass es Gleichbehandlung vor Ort gibt. An dieser Stelle hat der Europäische Gerichtshof uns wirklich einen Bärendienst erwiesen, und das soziale Europa hat dadurch Schaden genommen.

In dieser verfahrenen Situation müssen wir als Gesetzgeber handeln, weil der Gerichtshof auch eine Schwäche der Entsenderichtlinie aufgedeckt hat. Er hat nämlich gezeigt, dass es ein Problem gibt, wenn Arbeitnehmer Dienstleister sind. Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen müssen wieder als Arbeitnehmer behandelt werden, und deswegen brauchen wir die Revision der Richtlinie.

Gleicher Lohn für gleiche Arbeit am gleichen Ort – dieses Prinzip muss sichergestellt werden. Es hat sich gezeigt, dass die Entsenderichtlinie nach der Interpretation des Gerichtshofs dies nicht mehr sicherstellt. Um die Glaubwürdigkeit Europas wiederherzustellen, brauchen wir die Revision, denn ohne dieses Projekt können wir nicht in einen Wahlkampf gehen. Sonst haben wir das Problem, dass die Freiheit des Binnenmarktes und die Gleichbehandlung vor Ort in eine Schieflage geraten werden.

Der Kollege Cocilovo hat es gesagt: Es kann nicht sein, dass Wettbewerb kein Qualitätswettbewerb ist, sondern ein Wettbewerb auf der Grundlage von Sozialdumping. Wir müssen handeln! Ich plädiere nochmals hier an die Runde, dass es ganz dringend notwendig ist, den Bericht Andersson so anzunehmen. Denn er bietet eine ganz konkrete Strategie zum Handeln, wie wir die Revision der Entsenderichtlinie auch machen. Das Prinzip der Gleichbehandlung ist ein Prinzip des sozialen Europas. Dieses soziale Europa wiederherzustellen, dazu sind wir hier gewählt, und deswegen müssen wir den Bericht annehmen!

 
  
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  Ewa Tomaszewska, im Namen der UEN-Fraktion. – (PL) Frau Präsidentin! Ich habe mit Bedauern festgestellt, dass wirtschaftlichen Rechten allzu häufig Vorrang vor Grundrechten und -freiheiten eingeräumt wird. Das traf insbesondere auf die Urteile des Europäischen Gerichtshofs in den Rechtssachen Laval und Viking und anderen Rechtssachen zu.

Es ist wichtig, die richtige Reihenfolge dieser Rechte entsprechend ihrer Bedeutung festzulegen und der Tatsache Rechnung zu tragen, dass Menschen wichtiger sind als Geld. Rechte im Zusammenhang mit wirtschaftlichen Freiheiten dürfen kein Hindernis für das Versammlungsrecht von Einzelnen und ihr Recht auf kollektive Wahrnehmung ihrer Rechte darstellen. Insbesondere Arbeitnehmer haben das Recht, Vereinigungen zu gründen und Arbeitsbedingungen kollektiv auszuhandeln. Die Tarifverhandlungssysteme und die Tarifverträge über Arbeitsbedingungen, die aus den Verhandlungen hervorgehen, verdienen Anerkennung und Unterstützung. Letztendlich gewährleistet die Zustimmung der verantwortlichen Sozialpartner soziale Harmonie und bietet den abgeschlossenen Verträgen eine Chance auf Erfolg. Die Konventionen der IAO sind ein Beispiel für diesen Ansatz.

Die wesentliche Herausforderung, vor der wir derzeit im Bereich der Tarifverträge stehen, ist die Berücksichtigung der Tatsache, dass Wanderarbeitnehmern, entsendeten Arbeitnehmern und Arbeitnehmern, die in ihrem Heimatland beschäftigt sind, die gleichen Rechte garantiert werden müssen. Glückwunsch an den Berichterstatter.

 
  
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  Mary Lou McDonald, im Namen der GUE/NGL-Fraktion. – (GA) Frau Präsidentin! Jahrelang haben Arbeitnehmer und Gewerkschaften darauf vertraut, dass die Europäische Union ihre Arbeitsbedingungen verbessert und schützt.

Arbeitnehmer in ganz Europa haben ein Recht auf menschenwürdige Arbeit, auf Gleichbehandlung aller Arbeitnehmer. Sie haben ein Recht, sich zur Verbesserung ihrer Arbeitsplatzbedingungen zu vereinigen, sich dafür stark zu machen und einzusetzen. Zu Recht erwarten sie, dass diese Rechte gesetzlich anerkannt und geschützt werden.

Die verschiedenen Urteile des Europäischen Gerichtshofs, die der Andersson-Bericht ins Visier nimmt, stellen einen dreisten Angriff auf diese Grundrechte dar. Durch diese Rechtsprechung des Gerichtshofs ist der Ausbeutung von Arbeitnehmern im großen Stil grünes Licht gegeben worden. Die Urteile spiegeln den rechtlichen Status quo wider: Wenn die Rechte der Arbeitnehmer im Widerspruch zu den Wettbewerbsregeln stehen, behält der Wettbewerb die Oberhand. Die Rechtsprechung des Gerichtshofs hat das rechtlich legitimiert, was wir als „Wettlauf nach unten“ bezeichnen.

Ich bin sehr enttäuscht über diesen Bericht. Mit Absicht vermeidet er die Forderung nach den Änderungen an den EU-Verträgen, die – wie wir alle wissen – zum Schutz der Arbeitnehmer notwendig sind. Diese Forderung nach einer Änderung des Vertrages wurde absichtlich und zynischerweise aus dem ersten Entwurf dieses Berichts gestrichen, trotz der eindringlichen Appelle seitens der Gewerkschaftsbewegung in ganz Europa, eine soziale Fortschrittsklausel in die Verträge aufzunehmen.

Die Verletzbarkeit der Arbeitnehmerrechte war einer der Hauptgründe für das irische Votum gegen den Vertrag von Lissabon, obgleich die Spitzenpolitiker der EU diese unbequeme Tatsache geflissentlich ignorieren. Wenn ein neuer Vertrag für die Menschen in ganz Europa akzeptabel sein soll, dann muss er einen angemessenen Schutz für die Arbeitnehmer gewährleisten.

Wir Parlamentarier haben jetzt die Chance, darauf zu bestehen, dass die Verträge eine verbindliche soziale Fortschrittsklausel oder ein Sozialprotokoll enthalten. Wenn die diesbezüglichen Änderungen heute nicht verabschiedet werden, dann entfernt sich das Europäische Parlament einen weiteren Schritt von den Menschen, die wir angeblich vertreten. Und in diesem Fall werden die irischen Arbeitnehmer ohne Zweifel ebenso enttäuscht sein wie ich, dass das Europäische Parlament sie im Stich gelassen hat.

 
  
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  Hanne Dahl, im Namen der IND/DEM-Fraktion. (DA) Frau Präsidentin! Die Entwicklungen, die angesichts der weit reichenden Urteile in den Rechtssachen Rüffert, Laval und Waxholm auf dem Arbeitsmarkt zu beobachten waren, stehen in krassem Widerspruch zu dem Wunsch nach Einführung des Flexicurity-Modells als Wirtschaftsmodell für Europa, da offenbar völlig in Vergessenheit geraten ist, dass sich gerade dieses Flexicurity-Modell auf die Jahrhunderte alte Tradition stützt, dass der Arbeitsmarkt das Recht hat, stabiler und unabhängiger Tarifverträge auszuhandeln. Man kann also kein Flexibilitätsmodell auf dem europäischen Arbeitsmarkt einführen und gleichzeitig Gesetze umsetzen oder Urteile akzeptieren, die den Gewerkschaften die Umsetzung und Wahrung eines Systems erschweren, das auf Tarifverträgen basiert. Wenn das Flexicurity-Modell eingeführt und gleichzeitig zugelassen wird, dass die Binnenmarktregeln der EU Vorrang vor Tarifverhandlungen und der Sicherheit der Arbeitsumgebung haben, dann werden die Arbeitskämpfe eines Jahrhunderts schlussendlich zunichte gemacht. Der Andersson-Bericht ist ein Verband auf der Wunde, die der Europäische Gerichtshof den Ergebnissen der Arbeitskämpfe von einhundert Jahren zugefügt hat, und er geht nicht annähernd weit genug.

 
  
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  Roberto Fiore (NI).(IT) Frau Präsidentin, verehrte Damen und Herren! Zweifellos geht dieser Bericht in die richtige Richtung, wenn er die Arbeit über die Wirtschaft und die sozialen Rechte über die Rechte der freien Marktwirtschaft stellt. Im Wesentlichen verteidigt er ein allgemeines Konzept der sozialen Grundsätze, die ein Teil der europäischen Tradition sind.

Dennoch muss gesagt werden, dass in diesem Bericht ein wesentliches aktuelles Problem nicht angesprochen wird, nämlich die außerordentlich hohe Zahl von entsandten oder ausländischen Arbeitnehmern, die die nationalen Arbeitsmärkte überschwemmen. Daher müssen wir ein wachsames Auge auf das „Dumping“ haben, das in der Tat in Ländern wie Italien zu beobachten ist, in denen eine enorme Anzahl von Menschen, beispielsweise Rumänen, den Arbeitsmarkt überschwemmt haben. Dies würde zweifellos einem „Dumping“ gleichkommen, das für Großunternehmen positiv, für die lokalen Arbeitnehmer jedoch negativ ist.

 
  
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  Gunnar Hökmark (PPE-DE). - (SV) Frau Präsidentin! Ich möchte betonen, was im Bericht enthalten und was nicht enthalten ist. Mein Dank geht an den Berichterstatter. Er hatte Verständnis für die unterschiedlichen Ansichten im Ausschuss, und das bedeutet, Herr Špidla, dass in dem Bericht nicht davon die Rede ist, dass die Entsenderichtlinie von Grund auf geändert oder neu gefasst werden muss. Zunächst verurteilte und kritisierte der Bericht den Gerichtshof, doch diese Passagen wurden herausgenommen. Und genau darüber sprechen wir jetzt.

Um diesen Punkt zu verdeutlichen, möchte ich in deutscher Sprache zitieren:

Ich möchte die deutsche Fassung von Absatz 27 zitieren: „Begrüßt die Andeutung der Kommission, dass sie nun bereit ist, die Auswirkungen des Binnenmarkts auf die Arbeitnehmerrechte und die Tarifverhandlungen einer erneuten Prüfung zu unterziehen“; und: „Spricht sich dafür aus, dass diese erneute Prüfung eine teilweise Überarbeitung der Entsenderichtlinie nicht ausschließen sollte“, also „nicht ausschließen“.

(SV) Frau Präsidentin, das bedeutet, dass es keinen Änderungsbedarf gibt. Allerdings wird eine Prüfung seitens der Kommission befürwortet, wie dies in den verschiedenen Mitgliedstaaten in der Praxis funktioniert. Wenn diese Prüfung Anlass zu Änderungen gibt, dann sollten diese nicht ausgeschlossen werden.

Ich wollte das sagen, weil die Entsenderichtlinie eine sehr wichtige Rolle spielt. Eine Million Menschen haben die Möglichkeit, in anderen Ländern zu arbeiten. Dabei geht es auch um Gleichbehandlung, um gleiche Rechte auf Arbeit in allen Teilen der Europäischen Union, selbst wenn ein Arbeitnehmer einem Tarifvertrag in seinem bzw. ihrem Heimatland unterliegt. Genau darum geht es doch. Solange Arbeitnehmer die Vorschriften der Entsenderichtlinie einhalten, haben sie das Recht, in jedem Teil der EU zu arbeiten. Dies war auch die Schlussfolgerung, zu der der Gerichtshof beispielsweise in der Rechtssache Laval gekommen ist.

Herr Kommissar, Frau Präsidentin, die am Gerichtshof geübte Kritik ist in dem Vorschlag des Ausschusses nicht mehr enthalten, und es gibt keine Notwendigkeit, die Entsenderichtlinie in Stücke zu reißen. Dies sollte bei der Fortsetzung der Debatte unbedingt berücksichtigt werden.

 
  
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  Magda Kósáné Kovács (PSE) . – (HU) Frau Präsidentin! Vielen Dank. Das Problem bei der heutigen Aussprache lässt sich mit dem folgenden lateinischen Sprichwort umschreiben: „Wenn man nicht weiß, welchen Hafen man ansteuert, ist kein Wind günstig.“ Leider sehen wir bei der heutigen Aussprache auch nicht den Hafen, in dem jeder zufrieden vor Anker gehen kann. Die Regelung in Bezug auf die Freizügigkeit von entsendeten Arbeitnehmern ist nicht in dem Kompromisstext der Dienstleistungsrichtlinie von 2006 enthalten, doch das Problem besteht weiterhin, wie die Reaktion auf die Urteile des Gerichtshofs zeigt, und es bereitet uns nun Kopfzerbrechen. Gleichermaßen lassen sich der Vertrag von Maastricht, der Verfassungsvertragsentwurf und der stockende Vertrag von Lissabon nicht von den Problemen im Zusammenhang mit dem freien Dienstleistungsverkehr trennen, das heißt von der wiederkehrenden Debatte darüber, was stärker geschützt werden sollte: die vier Grundfreiheiten oder die sozialen Rechte, selbst wenn das eine dem anderen zum Nachteil gereicht.

Es stimmt, dass Dienstleister in den neuen Mitgliedstaaten durch die EU-Vorschriften vorübergehend einen Wettbewerbsvorteil haben. Doch andererseits hat der freie Waren- und Kapitalverkehr für die weiter entwickelten Mitgliedstaaten günstige Marktbedingungen geschaffen. Meiner Ansicht nach sind diese Unterschiede vorübergehender Natur, weil sich die Qualität und die Bedingungen der Waren- und Kapitalmärkte und der Arbeits- und Dienstleistungsmärkte zwangsläufig aneinander annähern werden. Daher besteht unsere vorrangige Aufgabe nicht darin, Gesetze neu abzufassen und gegen die Rechtsprechung des Gerichtshofs zu opponieren, sondern die bestehenden Rechtsvorschriften durchgängig und effektiv umzusetzen. Heutzutage werden Kriege nicht in erster Linie mit Waffen geführt, sondern Finanzkrisen, wie wir sie derzeit erleben, können ebenso verheerenden Schaden anrichten wie ein Krieg. Ich hoffe, dass das Parlament und alle anderen Entscheidungsforen der EU – eingedenk unseres Wunsches nach einem dauerhaften Frieden und einer dauerhaften Zusammenarbeit nach dem 2. Weltkrieg  – eine gerechte Lösung anstreben werden, damit wir Mitglieder einer dauerhaften, prosperierenden, sich gegenseitig unterstützenden und in sich geschlossenen Gemeinschaft sind. Dabei sollte engstirniger Protektionismus auf der Strecke bleiben. Danke, Frau Präsidentin.

 
  
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  Olle Schmidt (ALDE). - (SV) Frau Präsidentin! Ich möchte Herrn Andersson für diesen wichtigen Bericht danken. Vieles dreht sich um die Rechtsprechung in der Rechtssache Laval, bei der die schwedische Gewerkschaft zu weit gegangen ist. Der Bericht enthält viele Dinge, die mir nicht gefallen. Er schlägt bei der Auslegung der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs einen gewissen Ton an, und an mehreren Stellen gibt es Hinweise auf die ursprüngliche Absicht von Herrn Andersson, nämlich die Entsenderichtlinie in Stücke zu reißen. Doch das wird im überarbeiteten Bericht nicht gesagt, wie Herr Hökmark zu Recht angemerkt hat. Jetzt geht es um die Frage, eine teilweise Überarbeitung der Richtlinie nicht auszuschließen, was eher der Auffassung des Ausschusses für Binnenmarkt und Verbraucherschutz entspricht, für den ich verantwortlich war.

Die Abstimmung wird hoffentlich ebenfalls zu dem Ergebnis führen, dass die Entsenderichtlinie nicht von Grund auf geändert werden muss. In diesem Zusammenhang möchte ich auf die Vorschläge 14 und 15 der Fraktion der Allianz der Liberalen und Demokraten für Europa verweisen.

Herr Andersson, es ist falsch zu glauben, dass das schwedische Modell am besten gewahrt wird, indem man über Brüssel geht. Genau das Gegenteil ist der Fall. Wenn wir über Brüssel gehen, dann könnten wir das schwedische Modell gefährden, das auf verantwortungsvollen Parteien basiert, und würden in Schweden eine Gesetzgebung und Mindestlöhne erhalten. Das kann nicht wirklich im Interesse der schwedischen Gewerkschaften sein.

 
  
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  Roberts Zīle (UEN). - (LV) Frau Präsidentin, Herr Kommissar! Vielen Dank. Häufig verbergen sich hinter den scheinbaren Versuchen, die Arbeitsnormen zu schützen und gleiche Arbeitsbedingungen zu schaffen, in Wahrheit Protektionismus und eine eindeutige Einschränkung des freien und fairen Wettbewerbs. Die Entlohnung der einzelnen Arbeitnehmer sollte von ihrem Erfolg und ihrer Produktivität am Arbeitsplatz und nicht von den Tarifvereinbarungen der Sozialpartner abhängen. Dabei kommen alle Teilnehmer des Binnenmarkts der Europäischen Union schlecht weg, weil die Wettbewerbsfähigkeit der EU auf den Weltmärkten schwindet. Wir müssen keine Änderungen an der Entsenderichtlinie vornehmen, damit sie auf die Sozialsysteme einiger Mitgliedstaaten angewandt werden kann. Die grundlegende Pflicht der Europäischen Union besteht darin, Unternehmen aus den alten und den neuen Mitgliedstaaten die gleichen Rechte für ihre Geschäftstätigkeit auf dem Binnenmarkt für Dienstleistungen zu gewährleisten. Wenn uns die Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs nicht gefallen, dann ändern wir die Gesetze. Ich bin mir nicht sicher, ob die Europäische Union für ihre Bürgerinnen und Bürger dadurch leichter verständlich wird.

 
  
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  Gabriele Zimmer (GUE/NGL).(DE) Frau Präsidentin! Ich möchte mich als erstes gegen den Geist einer vor wenigen Minuten gehörten Aussage verwahren, dass Ausländer unseren Arbeitsmarkt überschwemmen würden.

Zweitens hätte ich mir vom Ausschuss für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten einen klareren, eindeutigeren Bericht gewünscht. Vertrauen in die soziale Bindungskraft der Europäischen Union kann nur erreicht werden, wenn fundamentale soziale Rechte als europäisches Primärrecht definiert werden. Wir sollten Rat, Kommission, Mitgliedstaaten und dem EuGH ein stärkeres Signal senden und uns nicht damit zufriedengeben, lediglich eine Balance zwischen Grundrechten und Binnenmarktfreizügigkeiten einzufordern. Damit ändern wir nichts! Soziale Grundrechte sind ebenso wie Freiheitsrechte Menschenrechte, die nicht durch Freizügigkeiten des Binnenmarktes eingeschränkt werden dürfen.

Es geht darum, dass wir das europäische Sozialmodell verteidigen und verbessern und dass es höchste Zeit ist für die Einführung einer sozialen Fortschrittsklausel als bindendes Protokoll zu den bestehenden EU-Verträgen. Es ist Zeit, die Entsenderichtlinie so zu verändern, dass Lohn- und Mindeststandardsforderungen nicht auf Mindestforderungen begrenzt werden dürfen.

 
  
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  Hélène Goudin (IND/DEM). - (SV) Frau Präsidentin! Eine der wichtigsten Schlussfolgerungen von Herrn Andersson ist die Tatsache, dass der Arbeitsmarkt durch die Änderung der Entsenderichtlinie geschützt werden soll. Für Schweden bestünde die beste Lösung jedoch darin, im EU-Vertrag klar festzulegen, dass Arbeitsmarktfragen auf nationaler Ebene entschieden werden. Wenn wir aus dem Laval-Urteil eine Lehre gezogen haben, dann die, dass unser Arbeitsmarkt nicht durch aufdringliche EU-Rechtsvorschriften geregelt werden sollte.

Die Juniliste befürwortet den Ausschluss Schwedens vom EU-Arbeitsrecht. Es wäre interessant zu hören, was Herr Andersson von diesem Vorschlag hält. Sind die EU-Rechtsvorschriften immer zukunftsweisend? Das Laval-Urteil ist das Ergebnis der Zustimmung der EU-Sozialdemokraten und bürgerlich konservativen Politiker zu den Änderungen des EU-Vertrages, wodurch der EU und dem Europäischen Gerichtshof noch mehr Befugnisse in Bezug auf die Arbeitsmarktpolitik verliehen werden. Wir werden natürlich gegen Herrn Anderssons Befürwortung des Vertrags von Lissabon stimmen.

 
  
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  Philip Bushill-Matthews (PPE-DE). - Frau Präsidentin! Die PPE-DE-Fraktion hat den Bericht von Jan Andersson in seiner ursprünglichen Fassung nicht unterstützt. Doch infolge der guten Arbeit unseres Schattenberichterstatters und der Zusammenarbeit mit anderen Schattenberichterstattern mit dem Ziel, den Bericht entscheidend zu überarbeiten, konnten wir ihn im Ausschuss beruhigt unterstützen. Unsere Fraktion wird ebenfalls vorschlagen, ihn in seiner jetzigen Fassung zu unterstützen. Allerdings gibt es bestimmte Änderungsanträge, die unserer Meinung nach auch unterstützt werden sollten. Ich hoffe, dass der Berichterstatter diese seinerseits berücksichtigen wird.

Ich möchte nur auf einen sehr wichtigen Punkt eingehen. Stephen Hughes hat bereits auf die Tatsache hingewiesen – die mit Sicherheit wahr ist –, dass unter den Gewerkschaften die Sorge hinsichtlich möglicher Einschränkungen des Streikrechts weit verbreitet ist. Das möchte ich nicht bestreiten, doch ich hoffe, dass auch er mir nicht widerspricht, wenn ich sage, dass unter Arbeitnehmern die Sorge in Bezug auf eine mögliche Einschränkung ihres Rechts auf Arbeit weit verbreitet ist. Ich habe nicht genügend über dieses wichtige Recht gehört, weder bei dieser Aussprache noch im Ausschuss. Natürlich ist das Streikrecht ein Grundrecht: Das ist unstrittig. Doch das Recht auf Arbeit – die Freiheit zu arbeiten – ist ebenfalls ein sehr wichtiges Recht, und das ist etwas, das wir auf dieser Seite des Parlaments hervorgehoben haben möchten.

 
  
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  Proinsias De Rossa (PSE). - Frau Präsidentin! Der Binnenmarkt ist kein Selbstzweck. Er ist ein Instrument für die Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen von allen, und daher müssen Mängel in der Entsenderichtlinie, die einen Wettlauf nach unten fördern können, dringend behoben werden.

Der Sozialistischen Fraktion ist es gelungen, eine überwältigende Mehrheit der Mitglieder des Ausschusses für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten zur Unterstützung dieser Reformen zu bewegen. Die einzigen Fraktionen, die sich diesem Konsens nicht anschließen, sind aus dem rechtsextremen und linksextremen Lager, denn sie ziehen parteipolitische Spielchen der Suche nach einer politischen Lösung der Probleme vor.

Wir in diesem Parlament müssen einen klaren Appell an die Kommission und die Regierungen der Mitgliedstaaten richten, dass eine menschenwürdige Entlohnung und menschenwürdige Arbeitsbedingungen nicht auf dem Altar des Binnenmarkts geopfert werden dürfen. Europa kann sich nur auf der Grundlage qualitativ hochwertiger Dienstleistungen und Waren und nicht durch die Herabsetzung des Lebensstandards erfolgreich im Wettbewerb behaupten.

Ich begrüße die heutigen Andeutungen der Kommission, dass sie nun bereit ist, die Entsenderichtlinie einer erneuten Prüfung zu unterziehen, dass sie überarbeitet werden muss. Doch die Frage lautet, Herr Kommissar, wann? Wann werden Sie diesem Haus eine Initiative vorlegen, aus der klar hervorgeht, welche Änderungen Sie an der Entsenderichtlinie vorschlagen möchten?

Gleichbehandlung und gleicher Lohn für gleiche Arbeit am gleichen Arbeitsplatz müssen unbedingt gewährleistet und verstärkt werden, wie dies bereits in den Artikel 39(12) des EG-Vertrags vorgesehen ist. Die Dienstleistungsfreiheit oder die Niederlassungsfreiheit, die Staatsangehörigkeit des Arbeitgebers, der Arbeitnehmer oder der entsendeten Arbeitnehmer darf nicht als Rechtfertigung für Ungleichheiten in Bezug auf Arbeitsbedingungen, Entgelt oder die Ausübung von Grundrechten, beispielsweise des Rechts von Arbeitnehmern auf Kollektivmaßnahmen, dienen.

 
  
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  Anne E. Jensen (ALDE). - (DA) Frau Präsidentin! Ich möchte ganz klar sagen, dass wir die Angriffe auf den Europäischen Gerichtshof und die Entsenderichtlinie einstellen sollten. Vielmehr sollten die Mitgliedstaaten stärkere Anstrengungen unternehmen. Im Anschluss an das Laval-Urteil werden wir in Dänemark jetzt eine mit beiden Seiten der Industrie vereinbarte Gesetzesänderung umsetzen. Neun Zeilen Gesetzestext gewährleisten, dass die Gewerkschaften Arbeitskampfmaßnahmen zur Sicherung der Arbeitsbedingungen ergreifen dürfen, die in dem jeweils betroffenen Bereich Standard sind. Offenbar prüfen auch die Schweden derzeit, wie sich die Entsenderichtlinie in die Praxis umsetzen lässt. Wir dürfen die Richtlinie nicht ändern. Wir benötigen bessere Informationen, damit sich die Arbeitnehmer über ihre Rechte und die Arbeitgeber über ihre Pflichten im Klaren sind. Was wir brauchen, ist eine bessere Umsetzung der Richtlinie in der Praxis.

 
  
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  Jan Tadeusz Masiel (UEN). – (PL) Frau Präsidentin! In einigen Monaten werden wir uns wieder an die Bürgerinnen und Bürger der Europäischen Union wenden und sie zur Wahl ihrer Vertreter im Europäischen Parlament auffordern. Und wieder werden die Bürgerinnen und Bürger nicht verstehen, warum sie dazu aufgefordert werden oder welchen Zweck dieses Parlament erfüllt. Daher wird die Wahlbeteiligung wiederum gering sein.

Die heutige Aussprache über die Entsenderichtlinie und die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zeigt, dass das Europäische Parlament u. a. den Zweck erfüllen soll, die Bürgerinnen und Bürger vor bestimmten politischen Maßnahmen zu schützen, die von ihren eigenen Regierungen befürwortet werden. Diese politischen Maßnahmen können kurzsichtig und unausgewogen sein. In diesem Fall sind sie auch übermäßig liberal. Gegenwärtig räumen das Europäische Parlament und der Europäische Gerichtshof dem Schutz der Arbeitnehmerrechte Vorrang vor der unternehmerischen Freiheit ein. Es ist unmöglich, den Grundsatz der Gleichbehandlung der Arbeitnehmer in der gesamten Union abzulehnen. Wir alle müssen die gleichen Preise in den Geschäften bezahlen, und wir fordern gleichen Lohn für gleiche Arbeit innerhalb der gesamten Union.

 
  
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  Thomas Mann (PPE-DE).(DE) Frau Präsidentin! Zu den meistbeachteten Erfolgen des Europäischen Parlaments gehört die Abänderung der Bolkestein-Richtlinie durch die Ersetzung des Herkunftslandsprinzips durch das Dienstleistungsprinzip. Die Beschäftigten brauchen faire Arbeitsbedingungen, die Unternehmen, speziell der Mittelstand, brauchen Schutz vor existenzgefährdender Billigkonkurrenz. Achten wir darauf, dass das Ergebnis auf Dauer gesichert wird!

Zweifel daran gibt es – das hat die Debatte gerade ergeben – aufgrund der jüngsten Rechtsprechung in Sachen Viking, Laval und Rüffert. Stimmt es, dass die Dienstleistungsfreiheit vom EuGH höher eingeschätzt wird als der Schutz der Arbeitnehmer? Ordnet er das Streikrecht dem Recht der Freizügigkeit unter? So sehr an Einzelurteilen gezweifelt werden darf, so wenig ist hinnehmbar, die Unabhängigkeit oder die Legitimität der Institution in Frage zu stellen.

Um Klärung zu erreichen, brauchen wir keine Modifizierung der Entsenderichtlinie, wir brauchen eine konsequente Umsetzung in den Mitgliedstaaten. Sie ist die notwendige Balance zwischen der Sicherung der Freizügigkeit und dem Arbeitnehmerschutz. Das Prinzip gleicher Lohn für gleiche Arbeit am gleichen Ort darf nicht aufgeweicht werden.

Arbeitsbedingungen, die über das Mindestniveau hinausgehen, behindern nicht den Wettbewerb, und Tarifverhandlungen dürfen auf keinen Fall eingeschränkt werden. Wir brauchen eine klare Absage an jedes Sozialdumping und wir brauchen eine klare Absage an die Versuche, Briefkastenfirmen ins Leben zu rufen, die Mindeststandards für Lohn- und Arbeitsbedingungen verhindern sollen. Soziale Grundsätze dürfen nicht ökonomischen Freiheiten untergeordnet werden.

Erst wenn es gerecht zugeht in der Europäischen Union, erzielen wir die dringend notwendige Zustimmung zum Konzept der sozialen Marktwirtschaft bei den Unternehmern und beim Mittelstand.

 
  
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  Zuzana Roithová (PPE-DE). – (CS) Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Zu den geschätzten Eigenschaften dieses Parlaments gehört seine erfolgreiche Erarbeitung einheitlicher Standpunkte. Ich stimme der Untergrabung der Entsenderichtlinie nicht zu. Im Gegenteil, sie muss vollständig eingehalten werden. Die Urteile des Gerichtshofs geben eine klare Richtung vor. Der Bericht über die Tarifverträge versetzt diesen Urteilen und auch dem Kompromiss, der bei der Aussprache über die Dienstleistungsrichtlinie im Europäischen Parlament erzielt wurde, einen Schlag. Dies kann ich nicht unterstützen. Dumping funktioniert über illegale arbeitsrechtliche Verfahren und die Umgehung der Richtlinie. Daher möchte ich Sie, meine Damen und Herren, zur Unterstützung unserer Änderungsanträge auffordern, die sich auf die gültigen Rechtsvorschriften beziehen. Gemäß den Bestimmungen und Bedingungen der aktuellen Richtlinie haben Unternehmer ein Recht auf Erbringung grenzüberschreitender Dienstleistungen, und ich stimme zu, dass gewährleistet sein muss, dass die Menschen, mit anderen Worten, die Arbeitnehmer, sich darüber generell im Klaren sind.

 
  
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  Csaba Sándor Tabajdi (PSE). - (HU) Inzwischen ist der bedrohliche Schatten des lettischen Bauarbeiters an die Stelle des Buhmanns des polnischen Klempners getreten. Die wieder aufflammende ungehörige Debatte hat der gesamten EU großen Schaden zugefügt. Manche schlagen Alarm in Bezug auf soziales Dumping, eine schier endlose Invasion von Arbeitnehmern aus den neuen Mitgliedstaaten. Das trifft so nicht zu. Wir sollten realistisch sein. Wir sollten die Wähler mit derartigem Gerede nicht einschüchtern. Die zwölf neuen Mitgliedstaaten haben kaum Wettbewerbsvorteile. Einer dieser Vorteile, d. h. die relativ geringeren Löhne, wird nur einige Jahre lang bestehen bleiben. Glücklicherweise steigen die Löhne und Gehälter in unseren Ländern ebenfalls. Ich appelliere an Sie, dass es bei Ihren Diskussionen über Gleichbehandlung – ein weiterer Aspekt dieses Sachverhalts – auch um die Gleichbehandlung der neuen und alten Mitgliedstaaten gehen muss. Wenn wir das Potenzial des Wettbewerbs innerhalb des Binnenmarkts einschränken, wenn wir die unternehmerische Freiheit einschränken, dann wird das der gesamten EU schaden. Dennoch ist der soziale Aspekt auch für mich äußerst wichtig. Ich danke Ihnen.

 
  
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  Marian Harkin (ALDE). - Frau Präsidentin! Bei der jüngsten Debatte über den Vertrag von Lissabon in Irland standen die durch die Rechtssachen Laval und Viking aufgeworfenen Fragen im Mittelpunkt vieler Debatten und haben zu echter Verunsicherung und Unruhe beigetragen. Ich habe gehört, dass viele meiner Kollegen diese Gefühle heute Morgen hier erneut geäußert haben, und daher freue ich mich über die Bemühungen dieses Parlaments heute Morgen.

Ich bin auch beruhigt über die Aussage des Herrn Kommissars, dass die Kommission dem Parlament zustimmt, dass die Entsenderichtlinie verbessert und richtig umgesetzt werden muss.

Die Auffassung des Parlaments ist ganz klar. In Absatz 33 bekräftigt es, dass die grundlegenden sozialen Rechte in einer Hierarchie der Grundfreiheiten nicht den wirtschaftlichen Rechten unterstellt sind. Weiter unten im Bericht wird betont, dass die Dienstleistungsfreiheit nicht im Widerspruch zu dem Grundrecht auf Streik steht und diesem in keiner Weise übergeordnet ist. Diese Aussagen sind glasklar und zeigen den Standpunkt des Parlaments. Jetzt warten wir darauf, dass die Kommission das Staffelholz übernimmt und losläuft.

Ich habe eingangs über Lissabon gesprochen und möchte auch damit abschließen: Die Ratifizierung der Grundrechtecharta und die Aufnahme der Sozialklausel in den Vertrag von Lissabon hätten die Situation der Arbeitnehmer in der gesamten EU verbessert.

 
  
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  Bairbre de Brún (GUE/NGL). - (GA) Frau Präsidentin! Die Gewerkschaften verlieren ihre Rechte auf die Aushandlung besserer Löhne und Bedingungen für ihre Mitglieder. Die Regierungen werden daran gehindert, Gesetze zur Verbesserung der Lebensbedingungen der Arbeitsnehmer zu erlassen.

Ich stimme meinen heute anwesenden Kollegen zu, dass die Aufnahme einer verbindlichen sozialen Fortschrittsklausel in die EU-Verträge die notwendige Mindestanforderung ist, um zu gewährleisten, dass dies nicht passiert.

Dennoch trifft der Bericht von Herrn Andersson nicht den Kern der Sache. Er könnte durch mehrere Änderungen verstärkt werden. Die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs steht im Einklang mit den Verträgen. Solange die Verträge Einschränkungen der Arbeitnehmerrechte und eine Verschlechterung von Löhnen und Bedingungen zulassen, kann der Gerichtshof keine andere Entscheidung treffen.

 
  
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  Luca Romagnoli (NI).(IT) Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich begrüße den Andersson-Bericht, weil sein Hauptaugenmerk auf den Grundsätzen liegt, von denen der Binnenmarkt im Hinblick auf das Gleichgewicht zwischen der Dienstleistungsfreiheit und den unveräußerlichen Rechten der Arbeitnehmer bestimmt werden sollte.

Wenn die Probleme in der Praxis auf nationaler Ebene angegangen werden, müssen wir hier andererseits einschreiten, um die negativen sozialen und politischen Auswirkungen der Freizügigkeit der Arbeitnehmer zu bekämpfen. Daher müssen wir die Entsenderichtlinie überarbeiten, die Sozialklauseln der Monti-Richtlinie und der Dienstleistungsrichtlinie zusammenfassen und die Richtlinie über Leiharbeitnehmer annehmen, für die die gleichen Regeln gelten sollten wie für Dauerbeschäftigte.

Und schließlich unterstütze ich die Dringlichkeit geeigneter Maßnahmen zur Bekämpfung von Briefkastenfirmen, die zur Erbringung von Dienstleistungen außerhalb des Landes ihrer Niederlassung gegründet werden und die im Land ihrer Geschäftstätigkeit gültigen Vorschriften im Hinblick auf Löhne und Arbeitsbedingungen umgehen. Mit einigen Ausnahmen befürworte ich den Bericht also.

 
  
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  Mairead McGuinness (PPE-DE). - Frau Präsidentin! Wie bereits gesagt wurde, haben das Laval-Urteil und andere Urteile bei der Debatte über den Vertrag von Lissabon in Irland für Kontroversen gesorgt, und sie wurden in dieser Hinsicht instrumentalisiert.

Dieser Bericht befasst sich in erster Linie mit den Prinzipien des Binnenmarktes, fordert jedoch Gleichbehandlung und gleichen Lohn für gleiche Arbeit, und das muss heute unser Leitprinzip hier sein. Sozialdumping ist etwas, das viele mit großer Sorge erfüllt. Doch ich möchte sagen, dass wir eine seltsame und einzigartige Situation in Europa haben werden, wenn Länder wie Irland, die einen Zuzug von Arbeitnehmern zu verzeichnen hatten, vielleicht feststellen, dass sich die Situation ändert. Es ist in unser aller Interesse, dass unsere Arbeitnehmer, wo immer sie sich auch in der Europäischen Union befinden, gute und gleiche Rechte haben.

Zudem möchte ich anmerken, dass Europa mit einem weitaus größeren Problem konfrontiert ist, nämlich mit der Verlagerung ganzer Branchen und Unternehmen aus der Europäischen Union, die offensichtlich die Arbeitsplätze und die Früchte ihrer Geschäftstätigkeit in Länder außerhalb unserer Grenzen verlagern, während wir nur die Ergebnisse importieren. Das ist ein Problem, das wir lösen müssen.

 
  
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  Costas Botopoulos (PSE). - (EL) Frau Präsidentin! Meiner Ansicht nach ist der Andersson-Bericht ein mutiger Schritt des Europäischen Parlaments, denn auf dem Spiel steht das Gleichgewicht zwischen den rechtlichen Grundsätzen und den politischen Wahrnehmungen, das sich direkt auf das Leben nicht nur der Arbeitnehmer, sondern aller Bürger auswirkt.

Es ist kein Zufall, dass die Rechtssachen, über die wir sprechen, sowohl in Juristenkreisen – glauben Sie mir, ich bin Anwalt und weiß das – als auch bei all denjenigen Bürgerinnen und Bürgern der Europäischen Union Widerspruch hervorgerufen haben, die das Gefühl haben, dass die Europäische Union sie nicht versteht. Wie wir gehört haben, waren diese einer der Hauptgründe für das „Nein“ der Iren zum Vertrag von Lissabon.

Dabei – seltsam, aber wahr – ist es gerade der Vertrag von Lissabon, der in diesem Fall höchstwahrscheinlich die Lösung wäre, weil er die Auslegung der entsprechenden Bestimmungen in ein anderes Licht rücken würde. Die Sozialklausel und die speziellen Klauseln in der Grundrechtecharta würden den Gerichtshof höchstwahrscheinlich dazu zwingen, einen anderen Standpunkt einzunehmen.

 
  
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  Søren Bo Søndergaard (GUE/NGL). - (DA) Frau Präsidentin! Mein dänischer Kollege von der Fraktion der Allianz der Liberalen und Demokraten für Europa sagte vorhin, dass das Problem, vor dem wir nach dem Waxholm-Urteil stehen, in Dänemark gelöst worden sei. Ich muss sagen, das entspricht nicht der Wahrheit. Die Leute mögen zwar glauben, dass sie das Problem gelöst haben, doch jede Lösung ist eigentlich nur auf eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs zurückzuführen. Das ist natürlich genau das Problem. Denn die Frage, ob die Menschen in verschiedenen Mitgliedstaaten streiken dürfen, wird jetzt vom Europäischen Gerichtshof entschieden. Aus diesem Grund hätten wir den Vertrag anders abfassen müssen, damit klar festgelegt ist, dass eine derartige Sachlage nicht richtig sein kann. Leider macht der Bericht von Herrn Andersson hierzu keine genauen Angaben. Er enthält einige konstruktive Passagen, doch keine Aussage zu diesem speziellen Punkt. Zudem fehlt in dem Bericht eine klare Forderung, die Entsenderichtlinie zu ändern, und daher fordere ich Sie dringend dazu auf, für die Änderungsanträge zu stimmen, die diese Fragen klären, damit das Europäische Parlament eine klare politische Linie vorgeben kann.

 
  
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  Elmar Brok (PPE-DE).(DE) Frau Präsidentin, Herr Kommissar, meine Damen und Herren! Lassen Sie mich noch einige wenige Sätze dazu sagen.

Die Freizügigkeit ist eine der großen Errungenschaften der Europäischen Union. Wir müssen aber auch deutlich machen – und in manchen Ländern, wo es geringere Standards gibt, wird man das bald verstehen, weil man dort die Standards erhöhen wird –, dass die Freizügigkeit nicht dazu führen darf, dass in einem normalen Wettbewerb sozial gewachsene Standards beseitigt werden. Es kann nicht sein, dass Europa bedeutet, lang erkämpfte soziale Rechte und Arbeitnehmerrechte abzuschaffen. Aus diesem Grund sollten wir klarmachen, dass dies niemals unsere Politik war und dass diese Politik auch niemals durchgesetzt werden soll.

Wenn in einem Land eine Arbeit durchgeführt wird, muss es für dieselbe Arbeit dasselbe Geld geben. Es darf keine Klassengesellschaft geben, indem ausländische Arbeitnehmer für weniger Geld arbeiten. Dies ist für beide Seiten unfair. Deswegen sollten wir dies klar machen.

 
  
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  Yannick Vaugrenard (PSE). – (FR) Frau Präsidentin! Zunächst einmal möchte ich unserem Kollegen, Herrn Andersson, meine Anerkennung für seine Arbeit aussprechen. Was genau will die Europäische Union eigentlich? Einen Binnenmarkt, der dem zügellosen Wettbewerb überlassen wird und sämtliche kollektiven Rechte zunichte macht, oder einen regulierten Binnenmarkt, der den Bürgerinnen und Bürgern die Möglichkeit gibt, in ganz Europa einer menschenwürdigen Arbeit nachzugehen?

Die Aussagen des Europäischen Gerichtshofs, häufig die der Kommission und manchmal die der Ratspräsidentschaft sind weder klar noch immer einheitlich. Eine Gesellschaft ist nur so viel wert wie der Vertrag, den sie sich selbst auferlegt – und kann nur mit diesem Vertrag bestehen. Deregulierung, der Ansatz „Jeder macht seins“, führt zu noch mehr Deregulierung und schlussendlich zum Zusammenbruch des Systems.

Das wollen wir nicht. Es ist richtig, dass wir einen Binnenmarkt wollen, doch einen Markt, der zur Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen unserer Mitbürger dient. Im Vertrag von Lissabon sind einige Grundsätze festgelegt, auch das Recht auf die Aushandlung von Tarifverträgen. Wir sollten gewährleisten, dass dieser Grundsatz von der Europäischen Union und von allen Mitgliedstaaten geachtet wird.

 
  
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  Ilda Figueiredo (GUE/NGL).(PT) Frau Präsidentin! Es reicht nicht aus, die inakzeptablen Standpunkte zu kritisieren, die der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in seinen Urteilen vertreten hat, die einen schweren Angriff auf die grundlegendsten Rechte der Arbeitnehmer darstellen. Wir müssen viel weiter gehen und die europäischen Verträge umfassend ändern, um zu verhindern, dass sich solche Situationen wiederholen.

Die im Rahmen der Referenden zum Ausdruck gebrachte Ablehnung der so genannten europäischen Verfassung und des Entwurfs des Vertrags von Lissabon sind ein klarer Beweis für die allgemeine Unzufriedenheit mit dieser Europäischen Union, die die Arbeitnehmer abwertet und ihre Würde nicht achtet. Ich bedauere die Tatsache, dass dieser Bericht nicht zu der gleichen Schlussfolgerung gelangt, obwohl er die in den Urteilen des Gerichtshofs vertretenen Standpunkte kritisiert und die Arbeitnehmerrechte damit verteidigt. Das allein reicht allerdings nicht aus.

 
  
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  Vladimír Špidla, Mitglied der Kommission. – (CS) Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte dem Berichterstatter und Ihnen für die Aussprache danken, die nun begonnen hat, da es sich hierbei um eine Debatte über ein äußerst sensibles und tiefgründiges Thema handelt. Meiner Meinung nach hat die Debatte sowohl eine ganze Reihe von Ansichten zu Tage gefördert, die eine heftige Diskussion anstoßen könnten, als auch eine Reihe von gegenteiligen Ansichten. Dies unterstreicht auch die Bedeutung und Schwierigkeit dieser Debatte. Ich möchte mit Nachdruck auf einige grundlegende Gedanken hinweisen. Zunächst einmal haben die Urteile des Gerichtshofs in Luxemburg die Grundrechte weder geschwächt noch angegriffen. Das entspricht einfach nicht der Wahrheit. Ich möchte auch erklären, dass der Gerichtshof in Luxemburg zudem als Erster durch seine Rechtsprechung erklärt hat, dass das Streikrecht ein Grundrecht ist. Das wurde in der Rechtsprechung oder in unserem Rechtssystem zuvor noch nie formuliert.

Ich möchte auch auf die bei der Debatte oft geäußerte Auffassung eingehen, dass die Frage der entsendeten Arbeitnehmer eine Angelegenheit ist, welche die alten Mitgliedstaaten von den Neuen trennt. Ich kann Ihnen mitteilen, dass das Land, das die meisten Arbeitnehmer entsendet, die Bundesrepublik Deutschland ist. Das Land mit der zweithöchsten Zahl von entsendeten Arbeitnehmern ist Polen, gefolgt vonBelgien und Portugal. Auch die Auffassung, dass die Entsendung von Ost nach West, von den neuen zu den alten Mitgliedstaaten erfolgt, ist nicht richtig. Ebenso falsch ist die Auffassung, dass die Entsendung von Mitarbeitern implizit Sozialdumping bedeutet. Ich möchte darauf hinweisen, dass die Kommission das politische Grundprinzip verfolgt, jede Form von Dumping – und das schließt Sozialdumping ein – abzulehnen und aktiv zu bekämpfen. Darüber hinaus entspricht es der Politik der Kommission, die Sozialstandards, die wir erreicht haben, zu schützen und sie unter keinen Umständen in irgendeiner Form zu untergraben.

Außerdem möchte ich darauf verweisen, dass die meisten Mitgliedstaaten, für die die Rechtsprechung in den Rechtssachen Laval und Rüffert maßgebend war, im Rahmen der beim Workshop eingeleiteten Debatte nicht der Ansicht waren, dass wir die Richtlinie ändern sollten. Eine klare Mehrheit dieser Mitgliedstaaten sah eine Lösung im Rahmen der Anwendung nationalen Rechts, und einige von ihnen haben bei diesem Prozess bereits gute Fortschritte erreicht. In diesem Zusammenhang möchte ich Dänemark und Luxemburg erwähnen und auch darauf hinweisen, dass laut Informationen, die ich aus Schweden erhalten habe, dort innerhalb von etwa fünfzehn Tagen eine wichtige Entscheidung ansteht – eine Entscheidung, die von den Sozialpartnern und der Regierung in allen Einzelheiten erörtert worden ist.

Darüber hinaus möchte ich – selbst wenn dies nur ein Detail ist – darauf hinweisen, dass die so genannten Briefkastenfirmen kein Ausdruck der Entsendung von Arbeitnehmern oder der Freizügigkeit sind. Im Rahmen des Binnenmarkts der einzelnen Staaten finden Sie ein paar hundert Beispiele dieser Art; und meiner Ansicht nach ist dies eine offene Frage. Eine weitere sehr wichtige Angelegenheit, die ich hervorheben möchte, ist die Tatsache, dass sich die von dem Gerichtshof in Luxemburg bislang ergangenen Urteile auf ein älteres Problem beziehen. Die endgültige Rechtsprechung obliegt den einzelstaatlichen Gerichten, da dies in ihren Zuständigkeitsbereich fällt.

Meine Damen und Herren, meiner Meinung nach ist es absolut notwendig, mit Nachdruck darauf hinzuweisen, dass dies eine sehr grundsätzliche Frage ist. Die Kommission verfolgt sie von den Standpunkten, über die wir gesprochen haben, und ist bereit, alle notwendigen Maßnahmen zur Klärung der Lage zu ergreifen und einen entsprechenden Konsens zu finden, weil – ich wiederhole es noch einmal – selbst bei dieser Debatte noch nicht klar geworden ist, wo die Trennlinie verläuft. Es besteht noch enormer Handlungsbedarf, doch ich möchte anmerken und betonen, dass den Sozialpartnern in diesem Bereich eine entscheidende Bedeutung zukommt.

 
  
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  Jan Andersson, Berichterstatter. (SV) Frau Präsidentin! Ich möchte einige kurze Anmerkungen machen:

Es gibt einen Unterschied zwischen den Aufgaben des Gerichtshofs und uns als Gesetzgeber. Der Gerichtshof hat seine Stellungnahme abgegeben. Als Gesetzgeber müssen wir nun handeln, wenn wir denken, dass der Gerichtshof die Rechtsvorschriften nicht in unserem Sinne ausgelegt hat. In dem Bericht sagen wir, dass wir und auch die Kommission Maßnahmen ergreifen sollten. Wir sollten Änderungen an der Entsenderichtlinie nicht ausschließen, etwas, worauf wir ebenfalls hinweisen. Es gibt keinen Widersprich zwischen der Freizügigkeit und guten sozialen Bedingungen. Ganz im Gegenteil!

Einige Worte zu den von der Fraktion der Europäischen Volkspartei (Christdemokraten) und Europäischen Demokraten vorgelegten Änderungsanträgen. Leider enthalten sie zahlreiche Widersprüche, bei denen sie Kompromisse anstreben. Einerseits kritisieren sie einseitige Stellungnahmen vonseiten des Rats, andererseits begrüßen sie Meinungsvielfalt. In ihren Änderungsanträgen gibt es viele Widersprüche. Ich sage „Nein“ zu Ausnahmen für bestimmte Länder, weil es sich hierbei um europäische Probleme handelt, die wir gemeinsam lösen sollten. Unterschiedliche Arbeitsmärkte sollten nebeneinander funktionieren.

Wir sagen „Ja“ zu dem neuen Vertrag, da die Probleme mit den Urteilen unter dem alten Vertrag aufgetreten sind. Ich sage nicht „Nein“ zu Maßnahmen auf nationaler Ebene. Solche Maßnahmen sind beispielsweise in Schweden und Deutschland notwendig, doch wir benötigen auch Maßnahmen auf europäischer Ebene.

Abschließend möchte ich sagen, dass die Kommission jetzt handeln muss. Wenn die Kommission nicht auf das Parlament und insbesondere nicht darauf hört, was die Bürger in Irland, Deutschland, Schweden und anderen Mitgliedstaaten sagen, dann wird das europäische Projekt stark in Mitleidenschaft gezogen. Dies ist eine der wichtigsten Fragen für die Bürgerinnen und Bürger in Europa. Freizügigkeit – ja, aber mit guten sozialen Bedingungen und ohne Sozialdumping. Wir müssen auf dieses Ziel hinarbeiten, daher muss dem Parlament Gehör geschenkt werden.

(Beifall)

 
  
  

VORSITZ: HANS-GERT PÖTTERING
Präsident

 
  
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  Der Präsident. – Die Aussprache ist geschlossen.

Die Abstimmung findet am Mittwoch, 21.10.2008, statt.

Schriftliche Erklärungen (Artikel 142)

 
  
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  Ole Christensen (PSE), schriftlich. (DA) Die Mobilität auf dem europäischen Arbeitsmarkt muss erhöht werden. Daher muss stärker auf Gleichbehandlung und Nichtdiskriminierung geachtet werden.

Es ist nur recht, dass alle, die für eine Arbeit von einem Land in ein anderes Land gehen, unter den in ihrem neuen Land geltenden Bedingungen arbeiten sollten.

Die Länder sollten darauf achten, wie sie die Entsenderichtlinie umsetzen, damit sie zu mehr Klarheit beiträgt.

Dennoch sind auch europäische Lösungen erforderlich.

- Das Streikrecht darf nicht den Binnenmarktregeln untergeordnet werden.

- Die Entsenderichtlinie muss an die ursprünglich verfolgten Absichten angepasst werden. Die Länder müssen in der Lage sein, für entsendete Arbeitnehmer bessere Bedingungen als die Mindestanforderungen zu schaffen. Auf diese Weise werden wir die Mobilität steigern und die Gleichbehandlung von Arbeitnehmern sowie Tarifverträge stärken, einschließlich des Rechts auf Arbeitskampfmaßnahmen.

 
  
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  Richard Corbett (PSE), schriftlich. Der Andersson-Bericht ist ein nützlicher Beitrag zu dieser kontroversen und in rechtlicher Hinsicht äußerst komplexen Debatte. Zu begrüßen sind insbesondere die darin genannte Empfehlung, wonach die EU-Mitgliedstaaten die Entsenderichtlinie richtig umsetzen sollten, und die Forderung, dass die Kommission Legislativvorschläge ausarbeiten soll, um die durch die Urteile aufgezeigten Gesetzeslücken zu schließen und widersprüchliche Rechtsauslegungen zu verhindern. Wir müssen gewährleisten, dass die Entsenderichtlinie kein Sozialdumping zulässt und Tarifverträge nicht durch Arbeitnehmer aus anderen EU-Mitgliedstaaten untergraben werden, die zu geringeren Löhnen und schlechteren Arbeitsbedingungen als im Gastland arbeiten.

Wir sollten nicht den Gerichtshof kritisieren, der nur klarstellt, was das Gesetz sagt – schließlich sind vom Gerichtshof auch viele aus sozialer Sicht positive Urteile ergangen –, sondern unser Augenmerk auf die Richtigstellung der zu Grunde liegenden Rechtslage richten. Die Kommission selbst hat im April dieses Jahres erklärt, dass das Grundrecht auf Streik und Mitgliedschaft in einer Gewerkschaft keinen Vorrang vor dem Recht auf Erbringung von Dienstleistungen hat.

Es ist sehr wichtig, dass dieser Bericht nicht das Ende der Debatte bedeutet. Bei Bedarf sollten wir von unserem Vetorecht gegenüber der neuen Kommission Gebrauch machen, wenn sie die notwendigen Legislativvorschläge nicht in ihr erstes Arbeitsprogramm aufnimmt.

 
  
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  Gabriela Creţu (PSE), schriftlich. (RO) Ich möchte einen Punkt klarstellen. Arbeitnehmer aus dem östlichen Teil der Europäischen Union beteiligen sich nicht an Sozialdumping und wollen das auch nicht. Sie sind nicht diejenigen, die sich „billig“ verkaufen möchten. Leider sind die Kosten für die Umschulung und Weiterbildung der Arbeitskräfte in Ost und West vergleichbar. Einige Kosten sind in Rumänien sogar noch höher als in anderen Regionen, doch auch hier müssen Rechnungen bezahlt werden.

Die Verantwortung für die Schaffung dieser prekären Situation auf dem Arbeitsmarkt und für die Verschlechterung der Arbeitsbedingungen in der Europäischen Union liegt nicht bei den Arbeitnehmern, sondern bei denjenigen, die größtmöglichen Druck ausüben, um die derzeit geltenden arbeitsrechtlichen Garantien abzuschaffen, und die dabei nur ein Ziel verfolgen, nämlich die Maximierung der Gewinne um jeden Preis – selbst wenn sie dabei alle Werte und Grundsätze opfern müssen, die wir als gemeinsamen Nutzen ansehen, der von den Gesellschaften Europas erzielt wurde.

In diesem Fall ist es unsere Pflicht, den Anspruch der Arbeitnehmer aus Osteuropa auf ein Grundrecht zu schützen: gleicher Lohn für gleiche Arbeit. Die Sozialisten und die Gewerkschaften müssen vor allem vermeiden, dass eine falsche, künstliche Trennung innerhalb der Gruppe derjenigen geschaffen wird, die diese Rechte nur erlangen können, wenn sie solidarisch bleiben. Abgesehen von der Solidarität haben sie keine andere Macht.

 
  
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  Marianne Mikko (PSE), schriftlich. (ET) Die Freizügigkeit der Arbeitnehmer ist eine der vier Freiheiten des Binnenmarkts. Wenn wir den Wunsch haben, dass die Integration Europas schneller voranschreitet, dann ist es ausschlaggebend, dass wir die Ängste der westeuropäischen Arbeitnehmer vor den osteuropäischen Arbeitnehmern zerstreuen, ohne dabei gleichzeitig die Arbeitsmärkte zu verschließen. Leider wird der Wunsch mehrerer westeuropäischer Gewerkschaftsorganisationen, die Märkte für die neuen Mitgliedstaaten zu verschließen, wieder nicht zur Einigung Europas beitragen. Das ist ein wirtschaftlich ungeeigneter Weg, der die Arbeitnehmer falsch informiert, Misstrauen schafft und nicht dem Geist der internationalen Solidarität entspricht.

Die Freizügigkeit der Arbeitnehmer ist eine Lösung, mit der sich der Arbeitskräftemangel in bestimmten Sektoren überwinden lässt. Es gibt Regionen, in denen dringend Busfahrer gesucht werden, während in anderen Regionen ein Fachärztemangel herrscht. Diese Freizügigkeit darf nicht unterbunden werden.

Da die Gleichbehandlung eines der Grundprinzipien der Europäischen Union ist, sollte die Freizügigkeit der Arbeitnehmer auf den gleichen Bedingungen basieren. Das weit verbreitete Prinzip, dass ausländische Arbeitnehmer schlechter bezahlt sind als die Bürger des Gastlands, entspricht diesem Prinzip nicht. Ich stimme dem in dem Bericht hervorgehobenen Grundsatz zu – Gleichbehandlung und gleicher Lohn für gleiche Arbeit.

Bei der Entsendung von Arbeitnehmern innerhalb der Europäischen Union muss wenigstens der Mindestlohn garantiert sein.

Historisch gesehen unterscheiden sich die Mechanismen für den Schutz der Arbeitnehmer in den verschiedenen Teilen Europas. Es ist jedoch an der Zeit, dass wir auch in diesem Bereich die Methoden ändern. Wenn die Arbeitnehmer jetzt nur ihre nationale Identität verteidigen, dann haben sie freiwillig kapituliert. Es ist sehr schwierig, Menschen aus den neuen Mitgliedstaaten zu erklären, dass Änderungen nicht möglich sind, wenn man bedenkt, dass Estland beispielsweise in der Lage war, den gesamten gemeinschaftlichen Besitzstand in weniger als sechs Jahren umzusetzen. Der Schutz der Arbeitnehmer ist ein ausreichend hehres Ziel. Wir sollten uns bemühen, einen Konsens zu erzielen.

 
  
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  Siiri Oviir (ALDE), schriftlich. (ET) Der zur Diskussion stehende Initiativbericht ist unausgewogen und hat protektionistische Tendenzen. Niemand stellt das Streikrecht in Frage, doch dies darf nicht so weit gehen, dass die Wettbewerbsfähigkeit der Dienstleistungserbringer gefährdet wird.

Wir haben heute über bestimmte Urteile des Europäischen Gerichtshofs gesprochen, insbesondere über die Rechtssachen Laval, Rüffert und Viking. Ich möchte auf die Tatsache hinweisen, dass keines der oben genannten Urteile den Inhalt von Tarifverträgen, die möglicherweise in den Mitgliedstaaten unterzeichnet werden, oder das Recht auf Abschluss solcher Verträge betrifft. Das Recht auf Durchführung kollektiver Maßnahmen fällt in den Geltungsbereich des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft und muss daher durch maßgebliches Allgemeininteresse gerechtfertigt und verhältnismäßig sein.

 
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