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Verfahren : 2008/2657(RSP)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadien in Bezug auf das Dokument :

Eingereichte Texte :

RC-B6-0556/2008

Aussprachen :

PV 23/10/2008 - 13.2
CRE 23/10/2008 - 13.2

Abstimmungen :

PV 23/10/2008 - 14.2

Angenommene Texte :

P6_TA(2008)0526

Ausführliche Sitzungsberichte
Donnerstag, 23. Oktober 2008 - Straßburg Ausgabe im ABl.

13.2. Demokratische Republik Kongo: Zusammenstöße in den östlichen Grenzregionen
Video der Beiträge
Protokoll
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  Der Präsident. - Als nächster Punkt folgt die Aussprache über sechs Entschließungsanträge über die Demokratische Republik Kongo: Zusammenstöße in den östlichen Grenzregionen(1).

 
  
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  Renate Weber, Verfasserin. − Herr Präsident! Der Konflikt in der Demokratischen Republik Kongo (DRK) traumatisiert die kongolesische Gesellschaft zutiefst.

Neben anderen Gräueltaten wird die Vergewaltigung seit vielen Jahren als Kriegswaffe eingesetzt, und mehrere zehntausend Frauen und Mädchen leiden darunter. Unsere Empathie genügt hier nicht. Ohne jeden Zweifel findet im Kongo derzeit ein Völkermord gegen Frauen statt, und wir können es uns nicht länger leisten, vor dieser furchtbaren Situation unsere Augen zu verschließen. Worte reichen nicht aus, um die Grausamkeiten zu beschreiben, die diese Frauen aushalten müssen. Die Zusammenstöße der Rebellen in den östlichen Provinzen werden zweifellos immer mehr Gewalt mit sich bringen, darunter auch sexuelle Gewalt.

Wie viele Frauen und Mädchen müssen sterben, von mehreren Männern vergewaltigt, abgeschlachtet, versklavt, mit HIV infiziert und von ihren Kommunen ausgestoßen werden, bevor wir uns auf internationaler Ebene dazu entschließen, hier ernsthaft und nachhaltig einzuschreiten? Sexuelle Gewalt gegen Mädchen und Frauen sollte nicht toleriert werden. Die Straffreiheit der Täter muss ein Ende haben, und in den östlichen Provinzen der DRK muss die Rechtsstaatlichkeit wiederhergestellt werden.

Wir alle müssen anerkennen, dass diese Situation eine vielschichtige Herangehensweise erfordert. In den östlichen Provinzen der Demokratischen Republik Kongo muss ein Frieden erreicht, die Rechtsstaatlichkeit wiederhergestellt und die Gesellschaft aus der Armutsfalle gerettet werden. Dies bedeutet, dass auch die Gewinnung der kongolesischen Rohstoffe im Rahmen der Rechtsstaatlichkeit erfolgen muss.

 
  
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  Giovanna Corda, Verfasserin. − (FR) Herr Präsident, werte Kolleginnen und Kollegen! Zunächst einmal möchte ich Sie bitten, die Entschuldigung meines Kollegen Herrn Hutchinson anzunehmen, der heute nicht hier sein kann.

5 400 000 Menschen – das ist die Zahl der Opfer, die der Konflikt in der Demokratischen Republik Kongo seit 1998 gefordert hat. Jeden Tag sterben 1 500 Menschen. Bei diesen Menschen handelt es sich um Frauen, die die Verstümmelungen nicht überleben, die ihnen zugefügt werden, um Rebellen oder Soldaten der regulären kongolesischen Armee, um Kindersoldaten, die ihren Eltern geraubt werden, um kleine Mädchen, deren kurze Zeit auf Erden ein Albtraum gewesen sein wird.

Die Gewalt, die ich mit meinen Worten zum Ausdruck bringe, ist nichts im Vergleich zu der Gewalt, die in der Demokratischen Republik Kongo schon viel zu lange herrscht, eine Gewalt, die in den vergangenen Wochen zugenommen und sich ausgebreitet hat, und all dies hat die internationale Gemeinschaft kalt gelassen. Die Berichte, die wir gesammelt haben, sind jedoch sehr belastend: belastend für die Soldaten, die sich in mehrere Rebellengruppen zusammengeschlossen haben, belastend für die Regierungstruppen, die statt die Bevölkerung zu schützen eine Bedrohung für sie darstellt, und sogar belastend für die UN, die nicht imstande sind, den Schutz der Zivilbevölkerung zu gewährleisten.

Daraus folgt, dass der Entschließungsantrag, über den wir heute debattieren, die internationale öffentliche Meinung darüber aufklären soll, was dort vor sich geht, und er enthält eine Reihe äußerst praktischer Forderungen mit dem Ziel der Gewährleistung einer schnellen und nachhaltigen Lösung dieses Konflikts.

In Bezug auf diese Forderungen legt die Sozialdemokratische Fraktion im Europäischen Parlament besonderen Schwerpunkt auf mehrere Punkte: erstens fordern wir den Ausbau der UN-Mission mit europäischem Personal, das in der Lage ist, mit der Bevölkerung zu kommunizieren, und zweitens appellieren wir an die höchsten politischen und militärischen Behörden im Kongo, dass sie ihr Bestes geben, um sicherzustellen, dass die Soldaten der kongolesischen Armee ein für alle Mal ihren Grausamkeiten ein Ende setzen.

 
  
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  Raül Romeva i Rueda, Verfasser.(ES) Herr Präsident! Ich möchte auf einige der Aspekte eingehen, die in Bezug auf die Lage in der Demokratischen Republik Kongo bereits erwähnt worden sind.

Der erste ist offensichtlich. Der Konflikt, über den wir sprechen, hat viele Ursachen. Wir sprechen über ein Problem, das den Zugang zu den Rohstoffen betrifft. Wir sprechen auch über die Ungestraftheit, mit der diese Rohstoffe gewonnen werden, die Ungestraftheit, mit der bestimmte Leute durch die Region „streunen“ und Grausamkeiten begehen, ohne von den lokalen Behörden oder internationalen Truppen verfolgt zu werden, und drittens über die Ungestraftheit infolge der ständigen Präsenz internationaler Waffen, die nach wie vor in die Region gelangen.

Meines Erachtens sind diese drei Elemente sowie die Verbindung zwischen ihnen wesentlich, denn erstens verweisen sie auf die Notwendigkeit einer gründlichen Prüfung der Präsenz der Vereinten Nationen in der Region.

Zweitens müssen wir das Thema der Gewalt gegen Frauen, insbesondere der sexuellen Gewalt, sehr genau untersuchen. Dies ist ein Thema, über das wir bereits zuvor in diesem Plenum diskutiert haben. Wir sollten diese Gelegenheit nutzen, um erneut darauf zu bestehen, dass sowohl die Vereinten Nationen als auch die Europäische Union fordern, dass Vergewaltigung und insbesondere der Rückgriff auf Folter und Missbrauch von Frauen als sexuelle Waffe als Kriegsverbrechen betrachtet werden. Wir haben in allen geeigneten Foren bereits seit langem dazu aufgerufen.

Es gibt auch noch einen dritten Aspekt, der meines Erachtens angeführt werden sollte: das ganze Problem ergibt sich aus einer der größten Quellen für Wohlstand in der Welt, den Diamanten. Die konsequente und präzise Anwendung von Überwachungsmechanismen wie der Kimberley-Prozess ist für dieses grundlegende Problem absolut wesentlich.

Erlauben Sie mir bitte, Sie daran zu erinnern, dass kommende Woche bei den Vereinten Nationen eine Debatte über den Abschluss eines internationalen Abkommens über Waffenexporte beginnt. Ich denke, dies ist eine goldene Gelegenheit, um zu betonen, dass ein solches Abkommen in einem Kontext wie dem der Demokratischen Republik Kongo absolut notwendig ist.

 
  
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  Erik Meijer, Verfasser. (NL) Herr Präsident! Für die Einwohner Kongos wird es immer wichtiger, Wege zu finden, um zu überleben, selbst wenn es unmöglich bleibt, eine Zentralregierung zu bilden. Wir sollten dringend versuchen, alle Umstände zu verhindern, die sie der Gewalt und Ausbeutung, Zwangsumsiedlung oder Hungersnot aussetzen.

Weshalb verkörpert der Kongo die Summe all dessen, was in Afrika schief gehen kann? Der Kongo entstand als koloniales Bergbauprojekt im kaum zugänglichen afrikanischen Binnenland. Es gab kein kongolesisches Volk mit gemeinsamen Interessen und Hoffnungen, lediglich eine Menge unterschiedlicher Völker in isolierten Gebieten.

Als der Kongo vor knapp 50 Jahren seine Unabhängigkeit erlangte, wurden die sich damals bekriegenden Politiker weltweit zu einem Begriff. Tshombe und Kalonji, die in enger Verbindung mit den Bergbauunternehmen standen, strebten eine Spaltung ihrer südöstlichen Region, die über beträchtliche Bodenschätze verfügte, vom Rest des Landes an. Patrice Lumumba, der einzige Visionär, der stolz darauf sein kann, dem Land als Ganzes eine ernstzunehmende Zukunftsperspektive geboten zu haben, wurde bald zum Schweigen gebracht.

Im Anschluss daran führte der Militärdiktator Mobutu das Land wie ein privates Unternehmen, eines das für lange Zeit seinen Launen ausgesetzt war. Die Hoffnung, der Tod Mobutus könne endlich einen Fortschritt im Kongo einläuten, wurde zunichte gemacht.

Auch dem zweiten Präsidenten in der Nachfolge von Mobutu, Herrn Kabila, ist es nicht gelungen, große Teile des Landes zu inspirieren oder zu kontrollieren. Die aktuellen Optionen im Kongo werden durch gescheiterte Wahlen bestimmt, deren Ausgang vom ersten Moment an kontrovers und mit Sicherheit nicht allgemein anerkannt ist, sowie durch die Masseneinwanderung aus den östlichen Nachbarländern, von regionalen Herrschern und Rebellenarmeen. Es bleibt zu erwarten, ob eine einheitliche Lösung für ein ungeteiltes Kongo noch in Aussicht steht.

 
  
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  Ewa Tomaszewska, Verfasserin. − (PL) Herr Präsident! Zurzeit befinden sich einige polnische Kleriker gemeinsam mit Kirchenvertretern aus anderen Ländern im Kongo. Sie bemühen sich in ihren Missionen darum, die Zivilbevölkerung, vor allem Frauen und Kinder, vor Gewalt zu schützen. Die polnischen Streitkräfte wurden ebenfalls in die Friedensmissionen einbezogen. Ich fühle mich daher persönlich von den dramatischen Ereignissen im Kongo betroffen.

Besondere Besorgnis wurde über die Situation in Nord Kivu und bei der Friedenssicherung in der Ituri-Gegend geäußert. Bereits seit vielen Jahren gehören schreckliche Massaker, die Vergewaltigung von Frauen und Mädchen und auch die Rekrutierung von Kindern für die Armee zur Tagesordnung in diesem Land. Wir rufen daher die Regierungen der Demokratischen Republik Kongo und Ruandas auf, sich um einen konstruktiven Dialog zu bemühen, damit der Kongo sich aus dieser humanitären Katastrophe befreien kann.

Ich möchte dazu etwas sehr Wichtiges sagen. Der wahre Grund für das Anhalten dieses Konflikts liegt darin, dass die südafrikanischen Arbeiter sich geweigert haben, chinesische Waffen zu entladen. Wir appellieren an die Regierungen in der Region der Großen Seen, sich für einen Dialog einzusetzen, damit der Gewalt im Kongo ein Ende gesetzt wird. Ich fordere von der Europäischen Kommission, die medizinische Hilfe für die Zivilbevölkerung im Kongo aufzustocken. Insbesondere für Frauen und Kinder, die durch Vergewaltigung mit Krankheiten angesteckt wurden, wird Hilfe benötigt.

 
  
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  Bernd Posselt, in Vertretung der Verfasser. – (DE) Herr Präsident! Der Kongo erleidet derzeit das, was Europa nach dem Dreißigjährigen Krieg erlitten hat, als alle Staatlichkeit zerfallen war. Und zwar erleidet der Kongo das potenziert. Es sind uniformierte Banden unterwegs, ein Teil dieser Banden nennt sich „offizielle Armee“, ein anderer Teil dieser Banden nennt sich „Privatarmee“. In Wirklichkeit sind es allesamt Räuberbanden, die auf Kosten der Zivilbevölkerung das Land ausplündern, Menschen ermorden, vergewaltigen und rauben. Der Kongo wird nicht zu einem Frieden finden, bevor nicht regional und überregional ein Minimum an Staatlichkeit wiederhergestellt ist.

Deshalb ist es unsere Aufgabe als Europäische Union, erstens humanitäre Hilfe zu leisten, aber zweitens auch dafür zu sorgen, dass es in diesem Land eben wieder ein Minimum an staatlicher Sicherheit und Existenz gibt. Davon sind wir weit entfernt, und auch die Intervention, die es dort gegeben hat, hatte ja offenbar – das sollte man einmal selbstkritisch feststellen – nicht den Erfolg, den wir uns gewünscht haben.

Deshalb ist es dringend notwendig, dass wir einen Plan entwickeln, wie wir dieses Land im Herzen Afrikas wieder stabilisieren können – mit allen uns verfügbaren friedlichen und zur Not auch militärischen Mitteln oder sogar mit Friedenstruppen. Wir sind zwar an diesem Punkt noch nicht angelangt, sollten aber darüber diskutieren. Denn wenn man den Kongo betrachtet, und ich hatte mehrfach die Gelegenheit, den Kongo zu überfliegen, dann weiß man, dass vom Kongo aus alle Teile Afrikas gleichermaßen berührt werden in einer Art und Weise, wie das mit keinem anderen afrikanischen Land der Fall ist.

Es wird keinen stabilen afrikanischen Kontinent ohne einen stabilen Kongo geben, und deshalb sind wir hier in einer ganz besonderen Verpflichtung.

 
  
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  Tunne Kelam, im Namen der PPE-DE-Fraktion. – Herr Präsident! Wir sind in der Tat sehr besorgt angesichts des Wiederaufflammens der Gewalt in den östlichen Provinzen des Kongo. Wir rufen daher alle Beteiligten auf, unverzüglich zum Friedensprozess zurückzukehren, zu dem sie sich im Januar verpflichtet haben.

Ich möchte drei Aspekte nennen. Zunächst ist zu erwähnen, dass die Regierung des Kongo eine besondere Verantwortung dafür trägt, der als Waffe in diesem Bürgerkrieg weitverbreiteten sexuellen Gewalt gegen Frauen und Mädchen ein Ende zu setzen. Zweitens ist zu sagen, dass sowohl auf die Demokratische Republik Kongo wie auch auf Ruanda internationaler Druck ausgeübt werden sollte, damit sie wieder in einen konstruktiven Dialog eintreten. Drittens appellieren wir an alle EU-Regierungen, der Bevölkerung im Ostkongo unverzüglich besondere Unterstützung zu leisten.

 
  
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  Katrin Saks, im Namen der PSE-Fraktion. – (ET) Sehr geehrte Damen und Herren! Wir beschäftigen uns heute mit einer sehr komplizierten Region. Es scheint mir jedoch, als wollten wir bei diesen Gesprächen eher die Schwere der Situation betonen, ohne jedoch eine genaue Vorstellung davon zu haben, wie sie zu bewältigen ist. Ich möchte mir jedoch einige Bemerkungen erlauben, auch wenn ich die Aussagen meiner Vorredner, einschließlich Herrn Kelam, wiederholen sollte.

Das Wichtigste ist die Unterstützung der Demokratischen Republik Kongo, damit eine Lösung für die Krise gefunden wird. Gewalt erzeugt lediglich Gegengewalt, und auch wenn ich in keiner Weise behaupten möchte, dass das Leben von Männern weniger wichtig oder Gewalt gegen Männer verzeihlich sei, ist doch die Situation der Frauen und Kinder im Kongo wahrhaft schrecklich, und sie verdienen besondere Aufmerksamkeit. Ich wende mich hiermit an die internationale Gemeinschaft: an den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen um bessere Unterstützung, an den Rat und die Kommission für die Bereitstellung medizinischer Versorgung – vor allem für die größten Risikogruppen – und auch an die Mitgliedstaaten, deren besondere Unterstützung zweifellos wichtig ist.

 
  
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  Marios Matsakis, im Namen der ALDE-Fraktion. – Herr Präsident! Die östliche Region der Demokratischen Republik Kongo war in den letzten Jahren der Schauplatz von Massakern und einer Vielzahl überaus grausamer und sadistischer Verbrechen gegen die Menschlichkeit, von denen vorwiegend unschuldige Zivilisten betroffen waren, darunter viele Frauen und Kinder.

Die Afrikanische Union, die EU und die Vereinten Nationen zeigten sich schändlicherweise unfähig, sich entschieden um den Frieden in dieser Region zu bemühen. Der Grund dafür war hauptsächlich die mangelnde Versorgung mit Ressourcen, die notwendig sind, um effektiv den Schutz der ansässigen Bevölkerung, die dringend benötigte Unterstützung und eine echte Hilfe bei der Herbeiführung einer politischen Lösung für die bestehenden Konflikte zu leisten. Wir haben die Hoffnung, dass diese Entschließung zur Unterstützung des Friedens im Kongo beiträgt. Möglicherweise kann sie auch die übelgesinnten Regierungen dieser Welt davon abhalten, die kriegsführenden Gruppen weiterhin mit Waffen zu beliefern.

 
  
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  Zdzisław Zbigniew Podkański , im Namen der UEN-Fraktion. – (PL) Herr Präsident! Das in Goma am 28. Januar 2008 erzielte Friedensabkommen hat weder die Probleme gelöst, noch hat es Frieden in den östlichen Gebieten der Demokratischen Republik Kongo geschaffen. Die Vergewaltigungen von Frauen und sogar kleinen Mädchen haben ebenso wenig aufgehört wie die Plünderungen und die Zwangsrekrutierung von Zivilisten und Kindern. In diesem Konflikt haben alle Seiten Grausamkeiten begangen. Ich könnte hier die Rebellengruppen nennen wie die Soldaten der Demokratischen Kräfte zur Befreiung Ruandas (FDLR) sowie die kongolesische Armee. Die Auseinandersetzungen wurden wieder aufgenommen, was darauf hindeutet, dass der vor vier Jahren begonnene Krieg andauert und immer intensiver wird. Beunruhigende Berichte erreichten uns vor kurzem aus Nord Kivu über Hunderte von in Flüsse geworfene Leichen und über ungefähr hunderttausend Vertriebene.

Der Krieg bringt nicht nur viele Tote mit sich, sondern auch Verwüstung, noch mehr akuten Hunger und eine flächendeckende Demoralisierung. Die kongolesischen Behörden und die Armee können die Probleme der Region nicht eigenständig lösen. Hier ist internationale Unterstützung gefragt – auch die Unterstützung der Europäischen Union. Materielle Hilfe in Form von Nahrungsmitteln und medizinischer Versorgung wird ebenfalls dringend benötigt. Die Fraktion der Union für das Europa der Nationen unterstützt die Entschließung in diesem Haus. Das Wohlergehen jedes Einzelnen und ihr oder sein Recht auf Leben und Frieden muss über allem stehen.

 
  
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  Gerard Batten (IND/DEM). - Herr Präsident! Die Grausamkeiten, welche die Menschen im Kongo erleiden müssen, sind unvorstellbar für diejenigen von uns, die in friedlichen zivilisierten Gesellschaften leben. Wie können wir einer Bevölkerung wie den Kongolesen praktische Hilfe anbieten? Ein direktes militärisches Eingreifen und humanitäre Hilfe kann nur im Zuge internationaler Anstrengungen und unter der Leitung der Vereinten Nationen erfolgen. Es lässt sich jedoch immer wieder beobachten, dass die Führer dieser Art von gescheiterten Staaten ihre Länder plündern und ihren Reichtum ohne weiteres dann in der westlichen Welt genießen können. Die stabilen und friedlichen Länder dieser Welt sollten sich dagegen verbünden, damit es keine Möglichkeiten mehr gibt, enorme Reichtümer zu stehlen und sie dann ungestraft in den Banken des Westens zu deponieren.

Internationale Abkommen sollten getroffen werden, damit die Regierungsmitglieder solcher Staaten ihre unrechtmäßig erworbenen Reichtümer nicht ausgeben können. Das wäre zumindest ein kleiner Schritt hin zu einer Gesamtlösung für die Entwicklung von Stabilität in Ländern wie dem Kongo.

 
  
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  Kathy Sinnott (IND/DEM). - Herr Präsident! Die erneuten Kämpfe im Ostkongo ziehen die Menschenrechte ins Lächerliche und bringen die Demokratie zum Schweigen. Trotz der Unterzeichnung des Friedensabkommens von Goma im Januar dieses Jahres hält die Missachtung der fundamentalsten Menschenrechte an: Frauen jeden Alters werden vergewaltigt, es werden Massaker verübt und Kindersoldaten rekrutiert. Eine so fragile Situation darf nicht ignoriert werden. Wir müssen als eine der stärksten Stimmen der internationalen Gemeinschaft unser Gewicht in die Waagschale werfen und Frieden, Zusammenarbeit und Stabilität für die Region fordern.

Wir können unsere Stimme auch dazu nutzen, die neuesten Erklärungen von Laurent Nkunda zu verurteilen, der zu einem Umsturz der gewählten und rechtmäßigen Regierung des Kongo aufgerufen hat. Die kongolesische Armee hat nicht die menschlichen, technischen und finanziellen Ressourcen, um ihren Aufgaben im Ostkongo nachzukommen. Aber eine globale Erklärung, wie die Unterzeichnung des „Child Soldier Accountability Act“ (Gesetzentwurf über die Haftung für die Rekrutierung und den Einsatz von Kindersoldaten) in den Vereinigten Staaten in diesem Monat erinnert uns alle daran, dass wir diesen Ländern und ihren Behörden dabei helfen können, diejenigen, die die Menschenrechte verletzen, ihrer gerechten Strafe zuzuführen.

 
  
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  Andris Piebalgs, Mitglied der Kommission. − Herr Präsident! Die Kommission teilt Ihre Sorge hinsichtlich der desolaten Situation im östlichen Teil der Demokratischen Republik Kongo, die eine zusätzliche Belastung für eine bereits schwer betroffene Bevölkerung darstellt. Sie ist insbesondere beunruhigt über die weitverbreiteten Menschenrechtsverletzungen in der Region, wozu auch die Gewalt gegen Frauen und die fortwährende Mobilisierung von Kindersoldaten in diesem Konflikt gehören.

Die Kommission erklärt erneut ihre Überzeugung, dass die aktuelle Krise, in die auch Kinshasa und die kongolesischen Rebellengruppen involviert sind, militärisch nicht gelöst werden kann. Wir rufen daher alle Parteien in diesem Konflikt auf, den Dialog schnellstens wiederaufzunehmen und mutige politische Kompromisse voranzutreiben, ohne die im Januar 2008 vereinbarte Verpflichtungserklärungen außer Acht zu lassen, die sogenannten „Actes d’engagement de Goma“.

Vor diesem Hintergrund ist es außerordentlich wichtig, dass bei allen direkt betroffenen kongolesischen Beteiligten ein annehmbares Vertrauensverhältnis wiederhergestellt wird. Als vorläufigen Schritt sollten alle Parteien ohne Ausnahme unverzüglich einen wirksamen Waffenstillstand einhalten im Sinne der Umsetzung des militärischen Rückzugsplans der Vereinten Nationen.

Es ist weiterhin zu berücksichtigen, dass zu den ursächlichen Gründen des Konflikts auch die dramatischen Probleme gehören, die durch die Gegenwart ausländischer bewaffneter Gruppen auf dem Gebiet der Demokratischen Republik Kongo entstanden sind, wobei insbesondere die ruandische FDLR zu nennen ist. Bezüglich dieser Frage steht die Umsetzung der meisten im Nairobi-Communiqué eingegangenen Verpflichtungen noch aus.

Angesichts der vielfältigen Herausforderungen, die in der Demokratischen Republik Kongo noch zu bewältigen sind, rät die Kommission dringend zu einer Erneuerung und, sofern möglich, zu einer Stärkung des Mandats für die UN-Friedenssicherungsmission, um einen wirkungsvollen Schutz der Bevölkerung und eine Unterstützung der kongolesischen Armee im Kampf gegen die ausländischen bewaffneten Gruppen zu gewährleisten.

Zusätzlich zu den unermüdlichen Bemühungen des EU-Vermittlungsteams muss auch eine stärkere Beteiligung der afrikanischen Diplomatie (einschließlich der Afrikanischen Union) bei der Entschließung über die Konflikte des Ostens der Demokratischen Republik Kongo gesichert sein. Dies gilt im Besonderen für Gebiete, in denen eine enge Zusammenarbeit der benachbarten Staaten eine nachhaltige Lösung stark erleichtern würde, vor allem im Fall der Demokratischen Republik Kongo und Ruanda.

Was unsere Unterstützung der Bevölkerung in den Konfliktgebieten anbelangt, wird die Kommission auch weiterhin Unterstützung in Form von humanitärer Hilfe und Entwicklungshilfe leisten.

Genauer gesagt: Hinsichtlich der Gesundheitsversorgung (ein Thema, das in allen Entschließungen zur Sprache kommt) ist zu betonen, dass die Kommission seit 1994 im Gesundheitssektor der Demokratischen Republik Kongo aktiv ist, der heute einen zentralen Sektor unserer Zusammenarbeit darstellt.

Neben der humanitären Hilfe leisten wir zurzeit den kongolesischen Behörden strategische und finanzielle Unterstützung bei der Verbesserung der Qualität der Gesundheitsversorgung und der Qualifizierung des medizinischen Personals.

 
  
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  Der Präsident. - Die Aussprache ist geschlossen.

Die Abstimmung findet am Ende der Aussprachen heute Nachmittag statt.

 
  

(1) Siehe Protokoll.

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