Der Präsident. − Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die EuroMedScola hat heute und gestern hier in Straßburg ihr Programm absolviert. Es war uns eine große Freude, über 250 Jugendliche im Alter zwischen 16 und 18 Jahren aus dem gesamten Euro-Mittelmeerraum – also der Union für das Mittelmeer, einschließlich der 27 Mitgliedstaaten der Europäischen Union und der Partnerländer in der Region, also aus 37 Ländern – zu empfangen.
Die Teilnehmer haben inzwischen oben auf der Tribüne Platz genommen. In den vergangenen beiden Tagen haben sie eine ganze Reihe von Themen erörtert, so z. B. Umwelt, Einwanderung, Gleichstellung, Rolle der Bürger, Bildung und viele andere Fragen. Das ist ein Ausdruck der Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Union und den südlichen Mittelmeerländern.
Es sind auch Schülerinnen und Schüler aus Israel, aus Palästina, aus den arabischen Staaten, aus allen Ländern der Europäischen Union hier gewesen, und ich möchte ganz herzlich unsere jungen Freunde auf der Tribüne begrüßen. Es waren tolle Tage, und ich bin Ihnen dankbar, dass ich Ihnen begegnen konnte. Noch einmal herzlich willkommen im Europäischen Parlament.
3. Genehmigung des Protokolls der vorangegangenen Sitzung: siehe Protokoll
Der Präsident. – Der endgültige Entwurf der Tagesordnung dieser Tagung, wie er in der Konferenz der Präsidenten in ihrer Sitzung vom Donnerstag, 13. November, gemäß Artikel 130 und 131 der Geschäftsordnung festgelegt wurde, ist verteilt worden. Zu diesem Entwurf wurde folgende Änderung beantragt:
Mittwoch:
Die Sozialdemokratische Fraktion beantragt, eine Erklärung des Rates und der Kommission über die Lage der Automobilindustrie in die Tagesordnung vom Mittwochmorgen einzufügen. Es ist darauf hinzuweisen, dass im Falle einer Hinzufügung dieses Punktes die mündliche Anfrage über die Überprüfung der Empfehlung zur Festlegung von Mindestkriterien für Umweltinspektionen in den Mitgliedstaaten auf die Tagesordnung von Donnerstagmorgen verschoben werden muss.
Hannes Swoboda, im Namen der PSE-Fraktion. – (DE) Sehr geehrter Herr Präsident! Ich glaube, es weiß jeder in diesem Haus, dass die Autoindustrie in der Europäischen Union – zum Teil im Zusammenhang mit der krisenhaften Entwicklung der Autoindustrie in Amerika – in eine sehr schwierige Situation gekommen ist. Daher glaube ich, wäre es auch durchaus sinnvoll, dass wir von der Kommission eine Mitteilung bekommen, wie sie diese Krise sieht, welche Lösungsmöglichkeiten sie sieht – denn es geht u.a. auch um staatliche Hilfe –, welche Wettbewerbsregelungen etc. einzuhalten sind. Ich halte das schon für eine wichtige Frage.
Ich möchte aber gleich hinzufügen: Es geht uns nicht darum, dass die umweltpolitischen Zielsetzungen für die Autoindustrie abgeschwächt oder verschoben werden. Wir beharren darauf, dass diese umweltpolitischen Zielsetzungen um- und durchgesetzt werden, aber gleichzeitig sollten wir hier auch die wirtschaftlichen Probleme der Autoindustrie mit einem Vertreter der Kommission besprechen können. Das ist das Anliegen, das wir haben, und ich hoffe, dass wir eine breite Unterstützung dafür bekommen.
Koenraad Dillen (NI). - (NL) Herr Präsident! Ein Hinweis zur Geschäftsordnung: Gemäß Artikel 7 der Geschäftsordnung möchte ich meinem Bedauern darüber Ausdruck verleihen, dass der Lehne-Bericht, der normalerweise heute Abend zur Diskussion gestanden hätte und der die Immunität meines Kollegen Herrn Frank Vanhecke behandelt, heute Abend von der Tagesordnung gestrichen wurde. Somit gibt es darüber, im Gegensatz zum ursprünglichen Wortlaut der Tagesordnung, keine Aussprache.
Zweitens möchte ich dagegen protestieren, dass Herr Lehne sich nach der Diskussion im Ausschuss geweigert hat, diesen Bericht an die betreffende Person zu senden, mit dem Hinweis, dass dieser Bericht ihm nach der Diskussion in der Plenarsitzung zur Verfügung gestellt würde. Dieselbe Angelegenheit wurde jedoch heute Abend ausführlich im belgischen Fernsehsender VRT behandelt, so dass es den Anschein hat, dass Informationen nach außen gelangt sind. Ich möchte Sie daher bitten, herauszufinden, wie dieser vertrauliche Bericht, den die betroffene Person selbst noch nicht lesen durfte, bereits am selben Abend im belgischen Fernsehen diskutiert werden konnte und somit schließlich keineswegs so vertraulich zu sein scheint.
Der Präsident. – Wir nehmen das zur Kenntnis. Ich will und kann Sie nicht beruhigen, aber ich darf Ihnen sagen, dass selbst Briefe, die ich schreibe, die in meinem Kabinett absolut vertraulich behandelt werden, manchmal in die Öffentlichkeit gelangen. Das ist ein Vorgang, der sich nicht nur auf Sie beschränkt, sondern ist auch in anderen Fällen bedauerlich. Wir nehmen das zur Kenntnis und werden das nachprüfen.
Der Präsident. – Als nächster Punkt folgen die Ausführungen von einer Minute zu wichtigen politischen Fragen.
Nicodim Bulzesc (PPE-DE). - Herr Präsident! Am 04. und 05. Dezember 2008 diskutiert das Europäische Parlament eine Reihe von Vorschlägen zur Änderung der Richtlinie 2003/87/EG über ein System für den Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten für den Zeitraum 2013-2020.
Der Vorschlag sieht bereits für 2013 einen enormen Anstieg der Auktionen vor. Während heute 90 % der Verschmutzungsrechte kostenlos an Industrieanlagen vergeben werden, legt die neue Richtlinie fest, dass ab 2013 nur noch Auktionen die Regel sein sollen.
Im Fall Rumäniens wird dies schwerwiegende Konsequenzen für die gesamte Wirtschaft haben, und die Industrie wird in erheblichem Maße beeinträchtigt. Zahlreiche Industriebetriebe müssten ihren Standort in Drittländer mit schwächeren Klimaschutzbestimmungen verlegen, wodurch die Preise steigen und das Projekt zur Entwicklung der Infrastruktur Rumäniens verlangsamt wird. Daher fordere ich, dass die Industriebetriebe in Rumänien für den gesamten Zeitraum ihre Rechte an CO2-Zertifikaten kostenlos erhalten.
Miguel Angel Martínez Martínez (PSE). – (ES) Herr Präsident! In der vergangenen Nacht haben Sicherheitskräfte aus Frankreich und Spanien in einer gemeinsamen und völlig reibungslosen Operation auf französischem Staatsgebiet einen der wichtigsten und wahrscheinlich blutrünstigsten Anführer der ETA, Txeroki, festgenommen, der seit mehr als sechs Jahren wegen verschiedener Morde und Anschläge verfolgt wurde.
Bei aller Vorsicht, die in solchen Fällen stets erforderlich ist, glaube ich, dass dies sehr gute Neuigkeiten sind, und ich bin sicher, dass dieses Haus unsere Befriedigung teilt, die uns nun für unsere Empörung bei anderen Gelegenheiten entschädigt, wenn wir über die Verbrechen dieser Organisation sprachen.
Dies ist ein ernster Schlag für die Terrororganisation, und wir sollten den Sicherheitskräften, den Regierungen und der Bevölkerung von Frankreich und Spanien zum Erfolg dieser Operation gratulieren. Wir sollten auch uns selbst gratulieren, da dies ein wichtiges Beispiel für die internationale Zusammenarbeit als wesentliches Instrument im Widerstand gegen den Terrorismus ist.
Schließlich, Herr Präsident, muss ich sagen, dass die Terroristen wissen sollten, dass dies ihr Schicksal sein wird: Festgenommen und an die Gerichte übergeben zu werden und für ihre Verbrechen, zumindest für die Verbrechen, die man ihnen nachweisen kann, mit langjährigen Haftstrafen zu zahlen.
Viktória Mohácsi (ALDE). – (HU) Ich danke Ihnen, Herr Präsident. Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist nun fast zehn Monate her, dass das Europäische Parlament eine Entschließung verabschiedet hat, die verlangt, dass die Europäische Kommission eine Strategie zur Frage der Roma formuliert. Abgesehen von einem Arbeitsdokument der Dienststellen hat die Kommission nicht einmal für den Europäischen Roma-Gipfel, der als ein historischer bezeichnet wurde, etwas Neues zustande gebracht.
Zwischenzeitlich leben die Roma im Kosovo nach wie vor in lebensbedrohlichen Ansiedlungen, die durch Bleiverschmutzung kontaminiert sind, und in Ungarn wurden in neun Siedlungen mit Molotowcocktails oder Feuerwaffen Angriffe auf Häuser von Roma-Familien verübt. Der letzte und schrecklich traurige Schauplatz solcher Angriffe war Nagycsécs, wo zwei Roma, die versuchten, aus einem brennenden Haus zu entkommen, mit Schrotgewehren grausam erschossen wurden.
Im gleichen Zeitraum sind aufgrund des brutalen Vorgehens der Polizei und von allgemeinen Ressentiments gegen die Roma in den letzten Monaten laut Berichten von zivilen Organisationen fast 30 000 Roma aus Italien geflohen. Zu dieser Situation kommt noch die gegenwärtige Wirtschaftskrise hinzu, die – daran besteht kein Zweifel – die ausgegrenzten und notleidenden sozialen Klassen sowie die Roma am härtesten treffen wird. Ich möchte alle verantwortungsbewussten Politiker daran erinnern, dass dies ein weiterer Grund ist, warum wir eine Europäische Strategie zur Roma-Problematik entwickeln müssen. Vielen Dank.
Bogusław Rogalski (UEN). – (PL) Herr Präsident! Ich möchte das Problem der Umgehungsstraße um die Stadt Augustów in Polen ansprechen. Das lange Warten auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs in dieser Angelegenheit bedeutet weitere tödliche Verkehrsunfälle mit Fußgängern. Jedes Jahr fahren ca. zwei Millionen Fahrzeuge mitten durch das Stadtzentrum. Angesichts der zahlreichen Projekte für geschützte Gebiete in der Region von Podlasie bedeutet das Einfrieren sämtlicher Investitionen in den Straßenbau in der Region durch die Europäische Kommission, dass der Region die Gelegenheit zu einer künftigen Entwicklung genommen wird.
Die Entscheidung der Europäischen Kommission bedeutet, dass der Bereich in ein skansen, eine Art Freilichtmuseum, verwandelt wird, wodurch er nach dem Modell einiger westlicher Länder zu einem bevorzugten Touristenressort wird. Aber wenn die Augustów-Umfahrung nicht gebaut wird, weil der Umweltschutz um jeden Preis Vorrang hat, während die Bedürfnisse der Menschen ignoriert werden, dann nimmt man den Bewohnern im Nordosten von Polen die Chance auf Entwicklung und ein würdiges Leben. Die Europäische Kommission muss dies berücksichtigen. Die Natur muss geschützt werden, aber nicht auf Kosten des menschlichen Lebens.
László Tőkés (Verts/ALE). – (HU) Herr Präsident! „Barmherzigkeit will ich, nicht Opfer“: die Worte Jesu klingen in unseren Herzen, wenn wir der in dieser Welt verbreiteten Gewalt und Grausamkeit begegnen. Terror und Gewalt sind aber umso schmerzlicher, wenn sie im Namen einer fundamentalistischen Religiosität oder eines religiösen Exklusivismus verübt werden.
Daher müssen wir gegen die brutale Exekution des dreizehn Jahre alten somalischen Mädchens protestieren, das, nachdem es von drei Männern vergewaltigt wurde, auf den Beschluss eines islamischen Gerichts zu Tode gesteinigt wurde. Und wir müssen erneut gegen die Verfolgung der christlichen Minderheit im Irak protestieren, bei der Tausende von militanten Schiiten gezwungen wurden, aus ihren Häusern in Mosul und der umgebenden Region zu fliehen.
Im Sinne unserer europäischen christlichen Tradition, in Sinne der religiösen Toleranz und der ökumenischen Brüderlichkeit sollte die Europäische Union ihre Stimme erheben und Maßnahmen ergreifen, um die Opfer von religiöser Gewalt und Verfolgung zu schützen.
Ilda Figueiredo (GUE/NGL). – (PT) In Portugal kämpfen die Arbeiter in zahlreichen Sektoren für ihre Rechte. Wir möchten unsere Solidarität mit den Kämpfenden ausdrücken. Wir unterstützen insbesondere den mutigen Kampf der Lehrer und die beeindruckende Demonstration, die in Lissabon am 08. November 120 000 Lehrer aus allen Teilen des Landes versammelte. An dieser zweiten Großdemonstration in sechs Monaten nahmen fast 80 % dieses Berufsstandes teil. Es folgten weitere Veranstaltungen, die zeigen sollten, dass die Lehrer entschlossen sind, die staatlichen Schulen zu verteidigen und für ihre Würde und den Respekt vor ihrer Arbeit zu kämpfen, die für die Ausbildung der jungen Menschen und für die Sicherstellung von Entwicklung und Fortschritt in Portugal, das mit die schlechtesten Schulleistungen in der Europäischen Union aufweist, von wesentlicher Bedeutung ist.
Wir unterstützen außerdem den Kampf der Arbeiter von Pirites Alentejanas in Aljustrel gegen das von dem multinationalen Konzern beschlossene Ende der Bergbauarbeiten, sechs Monate nach Beginn der Förderungen, wodurch mehr als 600 Menschen arbeitslos werden. Es muss dringend gehandelt werden, um zu verhindern, dass die Arbeitslosigkeit in diesem benachteiligten Gebiet steigt und das Land noch ärmer wird.
Georgios Georgiou (IND/DEM). - (EL) Herr Präsident! Ich möchte das Parlament darüber informieren, dass in den letzten drei Tagen, vom 14. bis 16. November, ein Land, das ein Beitrittskandidat der Europäischen Union ist, mit seinen Schiffen vor dem griechischen Festland lag. Es ist nicht meine Absicht, hier für Griechenland das Wort zu ergreifen. Das griechische Festland ist auch Teil des Europäischen Festlands, und ich sehe keine Einwände dagegen, dass Europa seine Hoheitsrechte in diesem Bereich verteidigt.
Ich frage mich, wie ein Land, das sich so verhält und das eine so unverfrorene Präsenz und solche Absichten zeigt, Europa beitreten kann, und wie wir dieses asiatische Land in Europa aufnehmen wollen, wenn es sich in einer solchen Weise verhält.
Irena Belohorská (NI). – (SK) Im Oktober letzten Jahres reichte ich eine schriftliche Erklärung ein, in der ich vor dem Auftreten einer extremen rechten Organisation mit dem Namen „Ungarische Garde“ warnte. Leider hat nun die Untätigkeit der ungarischen Behörden, in Kombination mit unserer Indifferenz auf europäischer Ebene, ihre Früchte getragen. Dieser Faschismus wurde nun bereits in die Slowakei exportiert.
Wir dürfen die Provokationen der vergangenen zwei Wochen nicht tatenlos mit ansehen. Am 08. November marschierten in der slowakischen Stadt Kráľovsky Chlmec 28 Mitglieder der ungarischen Organisation in nachgemachten faschistischen Uniformen und legten für die Kriegsopfer einen Kranz nieder, der die provokative Inschrift trug: „Ich glaube an eine ungarische Wiedergeburt“. Ich bin entsetzt darüber, dass die Intervention der slowakischen Behörden in Europa unbemerkt geblieben ist.
Wie ist es möglich, dass genau zu dem Zeitpunkt, an dem Europa des 70. Jahrestags der Reichspogromnacht gedenkt, ein Mitgliedstaat auf seinem eigenen Hoheitsgebiet die Existenz von Organisationen wie den „Nyilas“, der Ungarischen Garde, Jobbik oder Hnutie 64 dulden kann? Können wir unsere Augen wirklich vor der Tatsache verschließen, dass dies eine Demonstration der Verachtung für die Millionen Opfer des Zweiten Weltkriegs darstellt; dürfen wir wirklich ignorieren, dass die Faschisten wieder durch die Städte eines unserer Mitgliedstaaten marschieren?
Ján Hudacký (PPE-DE). – (SK) An dem Tag, an dem wir den 19. Jahrestag der Samtenen Revolution in der ehemaligen Tschechoslowakischen Republik feiern, möchte ich mein Unbehagen angesichts der Politik der gegenwärtigen slowakischen Regierung Ausdruck verleihen, insbesondere im Bereich der Wirtschaft, die der Politik aus der Zeit vor dem November 1989 in ihrem Umriss sehr ähnlich ist.
Die Versuche, den privaten Sektor ausschließlich politisch zu verwalten, und die regulatorischen Eingriffe des Staates in dem von dieser Regierung praktizierten Umfang sind für ein gesundes Marktsystem nicht akzeptabel. Durch Änderungen der gesetzlichen Preisfestlegung und des Strafrechts wurde der Weg frei für eine neue Preisregulierung in Verbindung mit dem Übergang zum Euro, einschließlich Strafen von bis zu drei Jahren Haft für kleine Händler und Dienstleistungsanbieter.
Zusätzlich zu den Maßnahmen in Bezug auf den Anstieg der Energiepreise hat die Regierung eine Reihe populistischer Ankündigungen und Drohungen ausgesprochen, mit dem Versuch, eine Reihe von Privatunternehmen auf dem Energiesektor zu enteignen, und, im Namen des sogenannten allgemeinen wirtschaftlichen Interesses, einen Vorschlag für harte, oberflächliche gesetzliche Maßnahmen gemacht, deren Ende noch offen ist und die gegen private Firmen gerichtet sind.
Unter dem Vorwand, die Finanzkrise und die wirtschaftliche Rezession angehen zu wollen, werden die oben genannten Maßnahmen die weitere, lebenswichtige Liberalisierung verhindern, die Marktumgebung verzerren und potenzielle Investoren abschrecken.
Marek Siwiec (PSE). – (PL) Herr Präsident, am 14. November fand in Poznań, wie jedes Jahr, ein Marsch für die Gleichheit statt. Eine Gruppe meiner jungen Kollegen, Mitglieder des Verbands Junger Sozialdemokraten, nahmen an dem Marsch teil. Ihr Slogan lautete: Ja zu Vielfalt, Nein zu Intoleranz. Dies gehört zu einer größeren Kampagne der sozialistischen Fraktion im Europäischen Parlament in ganz Europa zur Frage der Toleranz, die nun bereits seit mehreren Monaten durchgeführt wird. Als die Demonstration vorüber war, wurde die Gruppe von einem Dutzend Schläger angegriffen, die ihre Teilnehmer verprügelten und ihnen die Fahnen mit dem Logo der Sozialistischen Fraktion im Europäischen Parlament wegnahmen. Eines der Opfer musste in ein Krankenhaus eingeliefert werden. Ich erwarte, dass die für diesen Zwischenfall verantwortlichen Personen von den Behörden in Polen ermittelt und bestraft werden. Ich erwarte, dass politische Übergriffe, die an die Stelle des Dialogs treten sollen, von allen, die in der Politik tätig sind, uneingeschränkt verurteilt werden.
Ryszard Czarnecki (UEN). - (PL) Herr Präsident! Am Freitag endete der EU-Russland-Gipfel in Nizza, der hastig einberufen wurde, um die Teilnahme am G20-Treffen zu ermöglichen. Die Europäische Union beschloss in der Tat, die Verhandlungen mit Russland zum Partnerschaftssystem wieder aufzunehmen, und verstieß damit gegen ihren eigenen Beschluss vom 01. September dieses Jahres, die Verhandlungen mit Russland so lange auszusetzen, bis die russischen Truppen sich aus den besetzten Gebieten in Georgien zurückgezogen hätten. Die Europäische Union verhält sich in dieser Sache wie ein alter Mann, der sich genauer an das erinnert, was er vor 50 Jahren getan hat, als die Römischen Verträge entstanden, und vergisst, was er vor zwei Monaten getan hat, als die EU sich selbst und Europa in dieser wichtigen Frage ihre Zusicherung erteilte. Nun distanziert sie sich von ihren eigenen Zusagen, und was am 1. September gemeinsam beschlossen wurde, wurde wieder verworfen.
In diesem Kontext stellt sich die Frage, ob die Menschenrechte, die wir im Europäischen Parlament häufig in der ganzen Welt verfechten, auch in europäischen Ländern gelten sollen, wie beispielsweise in Georgien und Russland, wenn die Europäische Union sich in dieser Frage einfach wie Pontius Pilatus verhält.
Monica Frassoni (Verts/ALE). – (IT) Herr Präsident! Meine Damen und Herren, vielleicht haben auch Sie schon gehört, dass es in Kampanien keine Müllkrise mehr gibt. Nun, dies ist nicht der Fall: Vor einigen Tagen wurden in Chiaiano, einem der Standorte von Berlusconis berüchtigten Deponien, 12 000 Tonnen Asbest und Giftmüll entdeckt. Niemand weiß wirklich, woher der Müll kommt.
Derzeit ist in Italien ein Dekret in Kraft, das eindeutig gegen jede betreffende europäische Regelung verstößt, insbesondere die Regelung zum Schutz der Gesundheit und über Folgenabschätzungen. Mehr noch, die Situation wird als Staatsgeheimnis behandelt, da diese Bereiche zu verbotenen Zonen erklärt wurden und es unmöglich ist, Informationen darüber zu erhalten, was dort vor sich geht.
Wir haben die Kommission aufgefordert, hier einzugreifen, weil das Vorhandensein von 10 000 Tonnen Asbest und Giftmüll da draußen im Freien eine Gefahr für alle Menschen darstellt. Wir hoffen, dass Kommissar Dimas handeln wird und dass er es öffentlich tut.
Árpád Duka-Zólyomi (PPE-DE). – (HU) Herr Präsident! Es ist nicht akzeptabel, dass die slowakisch-ungarischen Beziehungen sich gemäß den Absichten der extremistischen Kräfte entwickeln. Wir verurteilen nachdrücklich alle, welche die Beziehungen zwischen diesen beiden Völkern zerstören möchten, denn wir kennen die Schuldigen. In der Slowakei heizt die Regierungspartei, die Slowakische Nationalpartei, die Spannungen mit ihrer Hassrede gegen Minderheiten, ihren Schmähungen gegen die Nation und ihren anti-ungarischen Verleumdungen an. In Ungarn sind es dagegen nicht die Regierungsbehörden, sondern außerparlamentarische Extremistengruppen, die nur darauf lauern, exzessiv auf diese Attacken zu reagieren. Das ist ein fundamentaler Unterschied.
Beide Phänomene sind verurteilenswert. Einer der Gründe für die vergifteten Beziehungen zwischen den beiden Völkern ist, dass sich die sozialistische Fraktion im Europäischen Parlament gegenüber der Strategie der slowakischen SMER-Parteienkoalition taub gestellt und damit eine extreme, ausdrücklich minderheitenfeindliche Politik gefördert hat. Daher war die Entscheidung der sozialistischen Fraktion, die SMER wieder in ihre Kreise aufzunehmen, schlecht, da sie den extremistischen, anti-ungarischen Äußerungen freien Raum bietet. Leider bietet auch die Regierungskoalition in Bratislava keine Chance auf eine Verbesserung der slowakisch-ungarischen Beziehungen. Ich danke Ihnen.
Hannes Swoboda (PSE). – (DE) Herr Präsident! Ich will jetzt nicht im Einzelnen darauf eingehen, aber ich glaube, der Kollege – und wir verstehen uns ja ganz gut – weiß sehr wohl, dass die Sozialdemokratische Partei Europas der Koalition und insbesondere der Partei von Herrn Slota sehr kritisch gegenübersteht.
Jetzt ist aber die Zeit gekommen, die Dinge so zu regeln, dass sich beide Länder, insbesondere nach dem sehr begrüßenswerten Treffen zwischen Premierminister Fico und Premierminister Gyurcsány darauf besinnen, die Probleme gemeinsam friedlich zu lösen und den Radikalen nicht das Wort zu geben. Da stimmen wir überein: Den Radikalen darf nicht erlaubt werden, immer wieder neues Gift zu streuen. Das gilt sicherlich auch für den Verbalradikalismus eines Herrn Slota, das gilt aber insbesondere auch für die Ungarische Garde. Ich bitte darum, dass sich beide Länder und beide Premierminister sowie alle Parteien in diesem Saal darum bemühen, dass den Radikalen das Wort abgeschnitten wird, dass die Grenzblockaden der Radikalen verhindert werden und dass die friedlich gesinnten Menschen, die die Minderheiten schützen und fördern wollen, das Wort bekommen.
Der Präsident. − Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist mir eine große Freude, auf der Besuchertribüne eine Gruppe ehemaliger Abgeordneter des ersten frei gewählten Parlaments der DDR begrüßen zu können.
Dieses Parlament ist damit in die Geschichtsbücher eingegangen, dass es die Wiedervereinigung Deutschlands beschlossen hat, um sich dann wenig später selbst aufzulösen. Die Delegation wird geleitet von der damaligen Parlamentspräsidentin, Frau Dr. Sabine Bergmann-Pohl. Seien Sie herzlich willkommen im Europäischen Parlament.
(Beifall)
20. Ausführungen von einer Minute zu Fragen von politischer Bedeutung (Fortsetzung)
Jim Higgins (PPE-DE). - Herr Präsident! Das eCall-System in Kraftfahrzeugen ist ein großer Fortschritt bei der Unterstützung von Rettungsdiensten, so rasch wie möglich an eine Unfallstelle zu gelangen. Das Gerät bestimmt den exakten Standort des Unfalls, sodass die Rettungskräfte, die Polizei und die Feuerwehr so schnell wie möglich zur Unfallstelle gelangen können. Das ist in ländlichen Gebieten und isolierten Bereichen besonders wichtig, insbesondere bei Unfällen, an denen nur ein Auto beteiligt ist.
eCall gehört jetzt zur Standardausstattung in allen neuen Fahrzeugen in zahlreichen EU-Ländern. Leider ist es in meinem eigenen Land, Irland, nicht verfügbar, hier haben wir immer noch eine nicht akzeptabel hohe Anzahl von tödlichen Unfällen. Ich glaube, dass das System in allen Mitgliedstaaten Pflicht sein sollte.
Hier geht es um die Rettung von Menschenleben, und dieses Gerät rettet Leben. Das ist der Grund, weshalb ich an die Kommission appelliere, darauf zu bestehen, dass in allen Mitgliedstaaten gefordert wird, dieses Gerät in allen neuen Kraftfahrzeugen bereitzustellen.
Vladimír Maňka (PSE). – (SK) Laut einer Untersuchung des Soziologischen Instituts der slowakischen Wissenschaftsakademie sind die slowakischen Einwohner ungarischer Herkunft stolz darauf, Bürger der slowakischen Republik zu sein. Diese Ansicht wird von über 70 % der Menschen geteilt; dies ist der höchste Prozentsatz in der Geschichte der Slowakischen Republik.
Dieses Ergebnis enthält eine klare Botschaft, die die Behauptungen einiger Politiker widerlegt, die versuchen, Europa davon zu überzeugen, dass die ungarische Minderheit in der Slowakei diskriminiert wird. Im Europäischen Parlament haben es einige meiner Kollegen zwei Jahre lang vorgezogen, eine Kommunikationsmethode zu verfolgen, die die heimische politische Szene nur noch mehr radikalisiert, anstatt sich an den Verhandlungstisch zu setzen.
Ich möchte diejenigen, denen eine freundschaftliche Koexistenz von Ungarn und der Slowakei am Herzen liegt, dazu einladen, die Bemühungen der beiden Premierminister zu unterstützen, die sich am Samstag getroffen haben, um den Kampf gegen Extremismus zu koordinieren und beide Länder hin zu guten nachbarschaftlichen Beziehungen zu führen.
Ich schätze die Tatsache, dass der ungarische Premierminister zwei Tage nach den Gesprächen Maßnahmen ergriffen hat, die zu Änderungen der Gesetze gegen den Extremismus führen werden. Das wird die effektivste Waffe gegen diejenigen sein, die heute die Demokratie in dieser Region bedrohen und damit ungeschoren davonkommen.
Eoin Ryan (UEN). - Herr Präsident! Eines der zentralen Elemente des EU-Weißbuchs zum Sport ist die Bekämpfung des Rassismus, insbesondere bei Fußballspielen. Leider hat der Rassismus sein hässliches Gesicht in der schottischen Fußballliga gezeigt, und wir alle bedauern dies sehr. Einige Spieler, die erklärt haben, sie würden für Irland spielen, wurden diskriminiert und es wurde außerdem für sie der „Famine Song“ gesungen, was eine schwere Beleidigung darstellt, nicht nur für die Spieler, sondern auch für die irische Bevölkerung.
Ich begrüße es, dass der schottische Fußballverband und der ehemalige britische Innenminister John Reid entsprechende Maßnahmen ergreifen werden. Aber Rassismus kann nicht toleriert werden, ungeachtet, wo er sein hässliches Haupt erhebt, und ich glaube, wir müssen alle aufstehen und sagen, dass dies vollkommen inakzeptabel ist und nicht geschehen darf, egal wo.
Milan Horáček (Verts/ALE). – (DE) Herr Präsident! Auf dem EU-Russland-Gipfel in Nizza letzten Freitag wurde beschlossen, die Verhandlungen für ein neues Partnerschaftsabkommen mit Russland ab dem 2. Dezember fortzusetzen. Dies, obwohl einige Mitgliedstaaten ihre Bedenken geäußert haben und einige Fragen, wie beispielsweise das weitere Vorgehen in Georgien und im Kaukasus, ungeklärt blieben.
Ich sehe die Entwicklungen in Russland mit großer Besorgnis. Völlig undurchsichtig hat nun die Duma die Verlängerung der Amtszeit des Präsidenten auf sechs Jahre gebilligt. Die Menschenrechte werden weiterhin mit Füßen getreten. Wie z. B. der Fall einer ehemaligen Mitarbeiterin des seit fünf Jahren inhaftierten Michail Chodorkowski, Frau Swetlana Bachmina, zeigt, der eine vorzeitige Entlassung aus einem sibirischen Straflager weiterhin verwehrt wird, und das obwohl sie hochschwanger ist. Die Europäische Union darf sich in den Verhandlungen nicht auf Erpressungsversuche von Russland im Energiebereich einlassen und muss Missstände im Bereich der Menschenrechte klar ansprechen.
József Szájer (PPE-DE). - (HU) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Eines der wichtigsten Rechte der europäischen Bürger ist das Recht auf Freizügigkeit. Als wir vor einem Jahr die Grenzen des Schengenraums öffneten, erschienen an bestimmten Grenzen der neuen Mitgliedstaaten merkwürdige Hindernisse, wie beispielsweise an den Grenzen zwischen Österreich und der Tschechischen Republik, zwischen Ungarn und der Slowakei sowie zwischen Ungarn und Österreich. In der Nähe meiner Heimatstadt stellten die österreichischen Behörden an einer Straße, die normalerweise mit Autos befahren werden darf, ein Schild „Keine Einreise mit dem Auto“ auf.
Da dieses ärgerliche Hindernis unserer Ansicht nach eines der wichtigsten Rechte der europäischen Bürgerinnen und Bürger, die Freizügigkeit, einschränkt, haben meine Kollegen, Othmar Karas, Lívia Járóka und ich das Schild infolgedessen symbolisch mit der EU-Flagge bedeckt, als Protest gegen dieses Hindernis, das bei den Menschen hier vor Ort für erhebliche Irritationen sorgt.
Wir müssen heute nicht mehr gegen den Eisernen Vorhang kämpfen, verehrte Kolleginnen und Kollegen – ich habe bereits mehrfach dieses Stück echten Eisernen Vorhangs aus der Nähe meiner Heimatstadt hier vorgebracht – sondern nur gegen ein paar „Kein Zutritt“-Schilder, aber ich denke, wir sollten doch im Geiste Europas dafür sorgen, dass auch diese entfernt werden.
Zum Konflikt zwischen Ungarn und der Slowakei möchte ich nur sagen, dass diejenigen, die gegen die Extremisten protestieren, nur dann glaubwürdig sind, wenn sie dies auch dann getan hätten, als Ján Slota, ein Mitglied der Koalitionspartei, seine Erklärungen gegen die Ungarn vorbrachte und die Ausweisung der Ungarn aus der Slowakei verlangte.
Kristian Vigenin (PSE). - Herr Präsident! In diesem Jahr begehen wir den 70. Jahrestag der Reichspogromnacht. Es scheint, dass das kollektive Gedenken schwächer und schwächer wird, da wir uns mit einem wachsenden Extremismus, verbunden mit Rassismus, Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus und einem aggressiven Nationalismus weltweit, auch in den europäischen Demokratien, konfrontiert sehen.
Hinsichtlich der Wahlen zum Europäischen Parlament im Jahr 2009 ist die PSE-Fraktion davon überzeugt, dass die politischen Repräsentanten eine positive Rolle bei der allgemeinen Förderung von gegenseitigem Respekt und Verständnis spielen können.
Die PSE-Fraktion setzt sich für eine stärkere Sensibilisierung für den Wert der kulturellen und religiösen Vielfalt als Quelle einer wechselseitigen Bereicherung der Gesellschaften ein. Wir betonen stets, wie wichtig es ist, dass öffentliche Persönlichkeiten sich von Äußerungen distanzieren, die die Stigmatisierung von Personengruppen fördern. Ich möchte meiner Bestürzung darüber Ausdruck verleihen, dass die EVP sich in Bulgarien als wichtigsten Partner eine Partei erwählt hat – und immer noch an ihr festhält –, deren Anführer die staatsmännischen Fähigkeiten von Stalin, Hitler und Mao schätzt; der glaubt, Integration dadurch zu erreichen, dass für alle Neugeborenen von nicht-bulgarischer Herkunft eine Liste mit bulgarischen Namen verbindlich festgelegt wird; ein Mann, der sagt, dass es bulgarische Bürger in Bulgarien und türkische Bürger in der Türkei gebe, und wenn jemand ein Türke sei, solle er in die Türkei gehen.
Ich frage mich, ob Sie, Herr Präsident, oder die EVP den gleichen Ansatz für die ethnischen Türken in Deutschland unterstützen. Ich betone, wie wichtig die Rolle der europäischen Parteien bei der sorgfältigen Auswahl ihrer Partner ist, denn wenn Sie Qualität gegen Quantität eintauschen, werden die Glaubwürdigkeit der EVP, die Stabilität der nationalen politischen Systeme und, natürlich, die Überzeugungen der normalen Wähler des rechten Spektrums die ersten Opfer sein.
Der Präsident. – Herr Kollege, da Sie mich persönlich angesprochen haben, erlaube ich mir darauf hinzuweisen, dass das Europäische Parlament am vergangenen Montag in Brüssel eine sehr beeindruckende Gedenkveranstaltung zur Reichspogromnacht hatte.
Was meine Parteimitgliedschaft angeht, so amtiere ich hier als Präsident und nicht als Angehöriger einer Partei, obwohl ich mich natürlich meiner Partei verbunden fühle. Aber Sie müssen dann die Verantwortlichen selbst fragen. Das ist also keine Frage, die an den Präsidenten gerichtet werden kann.
Nicolae Vlad Popa (PPE-DE). - (RO) Zunächst begrüßen wir den beim letzen G20-Treffen verabschiedeten Aktionsplan sowie die besonderen Beiträge von Herrn Barroso und Präsident Sarkozy. Die abschließenden Entscheidungen spiegeln die Strategie wieder, die von den Mitgliedstaaten der Europäischen Union diskutiert und verabschiedet wurde.
Wir sollten ebenso das Engagement aller Teilnehmer begrüßen, im Kampf gegen die aktuelle Krise im Finanzbereich zusammenzuarbeiten. Gegenwärtig sind die Menschen nicht an Disputen, sondern nur an echten Lösungen interessiert. Gegenseitige Abhängigkeit erzeugt bidirektionale Kanäle, die eine Ausbreitung der Krise ermöglichen, gleichzeitig können sie jedoch auch eine Verbreitung der Lösungen für die wirtschaftliche Erholung ermöglichen.
Im Fall Rumäniens steigt durch die Arbeitslosigkeit in jedem Land der Europäischen Union die Arbeitslosenquote in unserem Schwellenland doppelt so schnell. Dies liegt zum einen daran, dass die Menschen, die im Ausland arbeiten, in ihre Heimat zurückgeschickt werden, zum anderen am Abbau der Arbeitsplätze bei ausländischen Unternehmen, die ihre Aktivitäten zurückfahren.
Gegenwärtig muss die Frage der Arbeitslosigkeit übergreifend auf der Ebene der Europäischen Union analysiert werden, aber die Lösungen müssen an beiden Enden dieser Kanäle umgesetzt und finanziert werden.
Gábor Harangozó (PSE). - (HU) Vielen Dank, Herr Präsident. Meine Damen und Herren! Ich möchte Ihre Aufmerksamkeit auf den Druck auf dem Maismarkt richten, der besonders in Mitteleuropa überhand nimmt. Rekordernten, ungünstige internationale Marktbedingungen und die in Mitteleuropa üblichen schwankenden Erträge haben die Preise in bestimmten Regionen innerhalb Ungarns weit unter Interventionsniveau getrieben.
Wir müssen für die Hersteller und im Interesse der Marktstabilität Maßnahmen ergreifen. Unter den gegenwärtigen Umständen ist Ungarn selbst nicht in der Lage, die Überschüsse aufzukaufen; es gibt jedoch andere Möglichkeiten, den Markt zu stabilisieren. Erstens muss die Interventionsmenge für Staaten, die keine Seehäfen besitzen, angehoben werden. Das System muss in dieser Hinsicht die Rolle eines Sicherheitsnetzes spielen, wie es ursprünglich vorgesehen war.
Zweitens müssen zur Unterstützung der Länder ohne Seehäfen Ausschreibungen zum Export in Drittländer durchgeführt werden. Schließlich müssen die besonderen privaten Lagermöglichkeiten ebenfalls geöffnet werden. Die Einführung dieser Maßnahmen würde sehr dazu beitragen, eine Verschlechterung der Situation zu verhindern, und unseren Produzenten helfen, sich den außergewöhnlichen Umständen anzupassen. Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Der Präsident. – Damit ist dieser Tagesordnungspunkt abgeschlossen.
21. Zehn Jahre Wirtschafts- und Währungsunion – Errungenschaften und Herausforderungen (Aussprache)
Der Präsident. - Wir werden nun die Debatte führen: Zehn Jahre Wirtschafts- und Währungsunion – Errungenschaften und Herausforderungen. Ich darf dazu sehr herzlich den Premierminister und Finanzminister Luxemburgs, den Vorsitzenden der Eurogruppe, Herrn Jean-Claude Juncker, begrüßen. Herzlich willkommen im Europäischen Parlament!
(Beifall)
Natürlich ist es eine Freude, auch den zuständigen Kommissar Joaquín Almunia hier zu begrüßen.
Pervenche Berès, Berichterstatterin. − (FR) Herr Präsident, Herr Vorsitzender der Eurogruppe, Herr Kommissar! Ich glaube, dass dies ein wichtiger Augenblick ist und dass das Thema, das wir heute debattieren werden, alle Europäer in hohem Maße betrifft.
Ich glaube, und jeder ist heute davon überzeugt, dass der Euro unser größtes Kapital, unsere beste Investition darstellt. Es ist jetzt Zeit für eine Bewertung, aber durch eine Bewertung in einem Krisenzeitraum müssen wir eindeutig herausfinden, mit welchen Mitteln wir wieder Bewegung in die Sache bekommen. In welcher Situation wären wir heute ohne den Euro? Ohne den Euro wäre Island heute mehr oder weniger wieIrland, bzw. Irland würde Island ähneln.
Wir haben in dieser Krise die Debatten erneut eröffnet, weil allen klar geworden ist, welche zentrale Bedeutung der Euro für unsere Fähigkeit hatte, den Ereignissen zu widerstehen, nicht nur in normalen Zeiten, sondern auch in Zeiten der Krise.
Herr Kommissar! Ich möchte Ihnen für Ihre weise Voraussicht danken, denn niemand war sich, als Sie im Mai 2008 in diesem Haus dieses Dokument auf die Tagesordnung setzten, darüber im Klaren, wie nützlich und notwendig es sein würde, bzw. wie sehr es die unerlässliche Arbeit untermauern würde, die zum Ziel hat, dass wir in die Zukunft blicken können und in der Lage sind, die Krise, die uns bedroht, auf der Basis des soliden Fundaments, des Euro, zu meistern.
Ich bin mir aber völlig der Tatsache bewusst, dass in Ihrer Diskussion mit den Wirtschafts- und Finanzministern diese plötzlich an andere Dinge dachten, sie dachten an Dinge, denen sie keine Aufmerksamkeit geschenkt hatten: an die Angelegenheiten der Finanzmärkte. Sie müssen sie daran erinnern, dass sie, wenn sie in der Zukunft heil aus der Krisensituation, in der wir uns befinden, hervorgehen wollen, dies nur schaffen werden, wenn sie zwei Dinge unternehmen.
Sie werden die Wirtschafts- und Währungsunion im Gleichgewicht halten müssen. Wir haben gesehen, dass dies getan wurde, um die Krise auf den Finanzmärkten zu bewältigen. Wir sehen, dass es heute getan wird, um die Krise in der Realwirtschaft, mit der wir uns konfrontiert sehen, zu bewältigen. Die Geld- und Währungspolitik kann vieles tun: Durch Liquiditätsspritzen unterstützt sie die Handlungsfähigkeit der Märkte, und durch die Senkung der Zinsen versucht sie, die Investitionstätigkeit neu zu beleben. Aber das ist alles! Danach liegt es an den Regierungen, Maßnahmen zu ergreifen, um die Banken zu retten, „toxische“ Produkte auszulagern und künftig die wirtschaftlichen Aktivitäten innerhalb der Europäischen Union neu zu beleben.
Es ist daher an der Zeit, dass die Wirtschafts- und Finanzminister den Vertrag umsetzen, der fordert, dass sie ihre Wirtschaftspolitik als Politik von gemeinsamem Interesse betrachten sollen. Starten Sie, Herr Kommissar, die Debatte im ECOFIN-Rat auf dieser Basis erneut, fordern sie diesen Fahrplan, den Sie ihnen vorgeschlagen haben, und richten Sie sich mit uns auf der Basis der Vorschläge, unserer Vorschläge, die Sie unterstützen werden, neu aus, damit der Euro in Zukunft wirklich dem Wachstum und der Beschäftigung dient.
Hinsichtlich der Geld- und Währungspolitik respektieren wir natürlich die Unabhängigkeit der Zentralbank, aber wir respektieren auch den Vertrag als Ganzes, und Artikel 105 schreibt zusätzlich zur Preisstabilität vor, dass die Zentralbank auch die anderen Zielen der Union verfolgen muss. Muss ich das eigens hervorheben? Muss ich sagen, dass wir möglicherweise ebenso gut morgen eine neue Debatte eröffnen? Das ist nicht notwendig, das steht nicht in unserem Bericht, aber wird es nicht erforderlich sein, eine Debatte über die Aufnahme des Ziels der Finanzmarktstabilität in die währungspolitischen Ziele anzustoßen? Ich gebe diese Frage an Sie weiter.
Sicher, wir werden bezüglich der Wirksamkeit der Wirtschafts- und Währungsunion keine Fortschritte erzielen, wenn wir die Beziehung zwischen der Realwirtschaft und den Finanzmärkten stärker berücksichtigen. Heute zahlen wir den Preis dafür, dass wir dies vergessen haben.
Zur Erweiterung ist zu sagen, dass diese Krise die Bedingungen der Debatte wieder neu anstößt, aber ich glaube, dass wir hart bleiben müssen. Eine Reform vor dem Beitritt zur Eurozone ist leichter als eine Reform nach dem Beitritt zur Eurozone, selbst wenn dies eine extreme Herausforderung darstellt. Herr Kommissar! Sie haben diesen Punkt zu einem zentralen Thema in Ihrem Bericht gemacht: Die Idee, dass die Unterschiede, die nach der Einrichtung der Eurozone zutage getreten sind, Grund zur Sorge darstellen. Diese sind größer, als wir zunächst dachten.
Daher rufen wir, das Europäische Parlament, Sie auf, die Europäische Union mit Instrumenten auszustatten, die diese in die Lage versetzen, die Qualität der öffentlichen Ausgaben zu beobachten, um zu sehen, wie die Mitgliedstaaten reagieren, und sicherzustellen, dass dies nicht nur eine Debatte über Grenzwerte ist, die nur eine allgemeine Debatte zulässt, und keine Debatte über die Qualität der öffentlichen Ausgaben, die in der Zuständigkeit der Wirtschafts- und Finanzminister liegt.
Wir glauben auch, Herr Kommissar, dass Sie sich in dem Fahrplan, den Sie uns vorschlagen, heute an die Mitgliedstaaten wenden müssen, um sie zu einer Überprüfung ihrer Pläne aufzufordern. Ihre nationalen Reformpläne berücksichtigen derzeit noch nicht die jüngsten Vorhersagen, die Sie vorgelegt haben.
Wenn wir die gemeinsame Koordinierung der Wirtschaftspolitik ernst nehmen sollen, müssen diese Pläne jetzt auf der Grundlage der Wachstumsvorhersagen überprüft werden, die Sie vorgelegt haben und die vom Internationalen Währungsfonds und von der OECD gestützt und bestätigt wurden.
Schließlich möchte ich unter allen Vorschlägen, die wir formulieren, Ihre Aufmerksamkeit auf die Probleme lenken, die in Bezug auf die Außenvertretung der Eurozone bestehen. Wir haben uns zu lange passiv verhalten. Der Euro hat uns geschützt. Zusätzlich zu diesem Schutz muss er uns aber auch in die Lage versetzen, als Akteur mit einer gewichtigen Stimme auf der internationalen Bühne aufzutreten, so dass wir nicht nur das treibende Verbindungsglied in einer Debatte zwischen den anderen Währungsmächten darstellen. Wir sind selbst eine starke Währungsmacht, wir müssen die Konsequenzen daraus uneingeschränkt akzeptieren, und dies ist außerdem ein Thema für eine konsistente, konzertierte Debatte im Ministerrat.
Wie Sie wissen, sind wir, das Europäische Parlament, mehr als bereit, unsere Rolle bei dieser Übung zu spielen.
Werner Langen, Berichterstatter. – (DE) Herr Präsident! Ich begrüße die Repräsentanten der Eurozone, den Premierminister und den Währungskommissar. Wenn wir Bilanz ziehen, dann können wir sagen, dass der Euro in den ersten zehn Jahren ein uneingeschränkter Erfolg war. Nicht alles verlief reibungslos, aber die Institutionen haben sich gerade in der letzten Finanzmarktkrise bewährt. Auf der Grundlage der institutionellen Zusammenarbeit der Eurozone waren die Entscheidungen schnell vorzubereiten, zügig umzusetzen und insbesondere für alle 27 Mitgliedstaaten vorbildlich.
Wir haben einen Bericht mit 62 detaillierten Punkten vorgelegt, einschließlich Bilanz und Ausblick. Frau Kollegin Berès hat bereits zu einigen Punkten des Ausblicks Stellung genommen. Ich möchte das ergänzen. Bei aller positiven Resonanz des Euro besteht die Frage: Wie geht es weiter? Sind der Euroraum und auch die Europäische Zentralbank vor den kommenden Herausforderungen gefeit? Da gibt es sicherlich die eine oder andere Herausforderung, die analysiert werden muss. Ich möchte an die unterschiedliche Entwicklung der Wettbewerbsfähigkeit im Euroraum erinnern, denn das Geheimnis ist, dass wir zwar eine zentrale Geld- und Währungspolitik haben, aber eine dezentrale Haushalts- und Finanzpolitik. Der Stabilitäts- und Wachstumspakt kann nur dann als Anker zwischen diesen beiden Ebenen funktionieren, wenn die Mitgliedstaaten bereit sind, sich an diesen Pakt zu halten, die Bedingungen zu akzeptieren und die notwendige Disziplin zu zeigen. Deshalb steht der Stabilitäts- und Wachstumspakt jetzt mit der Bewältigung der Finanzmarktkrise vor seiner ersten größeren Bewährungsprobe. Nach meiner Meinung ist die notwendige Flexibilität gegeben und kann es allenfalls vorübergehende Ausnahmen im Extremfall geben, aber keine generelle Aussetzung des Stabilitäts- und Wachstumspakts.
Die andere Frage lautet: Wie geht es mit der Verschuldung weiter? Das Finanzmarktpaket war schnell geschnürt, die Regierungen haben gehandelt, Handlungsfähigkeit in der Krise ist bewiesen worden, auch von der Kommission. Aber die Frage ist: Werfen wir unsere Grundsätze, die zur Stabilität des Euro beigetragen haben, jetzt über den Haufen oder gelingt es uns, diese Grundsätze weiterzuentwickeln und durchzuhalten?
Wir haben darüber hinaus eine Fülle von Vorschlägen gemacht, die ich aufgrund der mir jetzt überraschend zugestandenen kurzen Zeitvorgabe nicht auflisten will und kann. Aber Tatsache ist, dass wir in der Außenvertretung des Euro – wir unterstützen hier uneingeschränkt die Haltung des luxemburgischen Premierministers und Vorsitzenden der Eurozone – eine kompetentere und einheitlichere Außenvertretung des Euro brauchen. Für mich war es verwunderlich, dass Herr Juncker als Vorsitzender der Eurogruppe nicht zu dem jüngsten Gipfel in Washington eingeladen wurde. Ich sage das ganz offen, weil das allen positiven Entwicklungen entgegensteht. Wir wollen natürlich auch eine angemessene Einbindung des Europäischen Parlaments und wir haben einen Diskussionspunkt, über den wir schon lange streiten, das ist die Frage: Genügt eine verstärkte Koordinierung der Haushalt- und Finanzpolitik oder – wie Frankreich glaubt – genügt das nicht und muss man stattdessen eine institutionalisierte Form einer so genannten – in Deutschland heftig umstrittenen – Wirtschaftsregierung vorsehen? Welches ist der richtige Weg? Für meine Fraktion ist klar: Wir brauchen keine Wirtschaftsregierung, aber wir brauchen eine stärkere Koordinierung, auch über den verabredeten „policy mix“. Wir brauchen allerdings auch die notwendige Disziplin der Mitgliedstaaten, sonst kann der Euro auf Dauer in Schwierigkeiten geraten, und niemand will das.
Einen herzlichen Dank an alle Verantwortlichen. Das Parlament ist zu einer intensiven Zusammenarbeit bereit, und wir sind sicher, dass es uns gelingen wird, mit diesem Bericht Akzente zu setzen.
Joaquín Almunia, Mitglied der Kommission. – (ES) Herr Präsident, Herr Vorsitzender der Eurogruppe, meine Damen und Herren! Ich muss zunächst, im Namen der Kommission, den beiden Berichterstattern, Frau Berès und Herrn Langen, und allen, die an diesem ausgezeichneten Bericht gearbeitet haben, danken.
Zu der Qualität dieses Berichts zum zehnten Jahrestag der Wirtschafts- und Währungsunion kann ich nur gratulieren. Auch zu der Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen politischen Fraktionen mit der Demonstration des hohen Maßes an Zusammenhalt in diesem Parlament möchten wir gratulieren. Dies ist ein weiteres Gut und ein weiteres positives Element dieser Wirtschafts- und Währungsunion, sowohl in ihrer Gegenwart als auch für ihre Zukunft.
Diese Wirtschafts- und Währungsunion existiert nun seit zehn Jahren. Dies war der Ausgangspunkt für unsere Analyse und gleichzeitig der Ausgangspunkt für den von der Kommission erstellten Bericht. Es war außerdem der Ausgangspunkt für die Mitteilung der Kommission, die ich Ihnen am 7. Mai vorstellen durfte. Dennoch fällt der zehnte Jahrestag des Euro und der Wirtschafts- und Währungsunion zusammen mit einer ausnehmend schwierigen und komplexen wirtschaftlichen Lage. Dies ermöglicht uns eine Analyse dieser Wirtschafts- und Währungsunion in Bezug darauf, welchen Nutzen der Euro, unsere einheitliche Währung, unser Integrationsbeweis, bei der Bewältigung einer solchen Situation haben kann, in der wir uns zum ersten Mal befinden.
Das Ergebnis lautet, dass die ersten zehn Jahre des Euro sehr positiv zu bewerten sind. In Bezug auf den Nutzen der Wirtschafts- und Währungsunion bei der Bewältigung der gegenwärtigen Situation ist das Ergebnis ebenfalls positiv. Wir durchleben schwierige Zeiten, aber wir verfügen über ein außerordentlich nützliches Instrument, um diese Schwierigkeiten zu meistern.
Offensichtlich müssen die Ergebnisse der Analyse in unserer Mitteilung, die ich hier am 7. Mai vorgestellt habe, und die Ergebnisse Ihres Bericht in die Praxis umgesetzt werden, damit dieses Instrument zum jetzigen Zeitpunkt nutzbringend eingesetzt werden kann. Ich stimme mit den beiden Berichterstattern in ihrer Aussage überein, dass die Koordination ein zentrales Element ist.
Bei dem Treffen in Washington an diesem Wochenende wurde ebenfalls über Koordination gesprochen. Ohne Koordination können wir diese Situation nicht effektiv meistern. Ohne eine koordinierte Wirtschaftspolitik kann kein Land in einer solchen Lage seine wirtschaftlichen Probleme lösen. Dies war vor wenigen Wochen offensichtlich, als wir uns mit der Gefahr eines Zusammenbruchs des Finanzsystems konfrontiert sahen. Es ist auch jetzt offensichtlich, da wir in den meisten unserer Wirtschaften der Gefahr einer Rezession gegenüberstehen und wir, zum ersten Mal in unserem Leben, sogar eine Deflation fürchten müssen.
Die Haushaltspolitiken müssen koordiniert werden. Der Bericht über die Wirtschafts- und Währungsunion spricht von der Notwendigkeit, die Überwachung der Haushalte zu verstärken und die Art der Koordination der Steuer- und Haushaltspolitik zu erweitern, wie Herr Langen gesagt hat. Wir dürfen jedoch auch die Nachhaltigkeit nicht vergessen, wie Frau Berès anmerkte, die Qualität der öffentlichen Finanzen und die Tatsache, dass wir im Stabilitäts- und Wachstumspakt über ein Regelsystem verfügen, das 2005 überarbeitet wurde. Diese Überarbeitung erweist sich nun als überaus nützlich, da sie es uns in Zeiten der wirtschaftlichen Erholung ermöglicht hat, mit der steuerlichen Konsolidierung fortzufahren. Der Euroraum schloss 2007 nahezu ausgeglichen – erstmals in seiner Geschichte mit einem Defizit von 0,6-0,7 % – ab, aber dies bedeutet, dass wir nun über eine ausreichende Flexibilität verfügen, sodass unsere Steuerpolitik wirklich dazu dienen kann, die Nachfrage zu stützen, so wie es auch unsere Währungspolitik tun sollte.
Die Schlussfolgerungen unseres Berichts sind besonders zweckdienlich in Bezug auf die Notwendigkeit, die Haushaltspolitiken mit Strukturreformen zu verknüpfen, und in diesem Punkt stimme ich mit Frau Berès überein: Wir müssen die nationalen Lissabon-Programme und die nationalen Reformprogramme überprüfen und wir müssen auch die Stabilitäts- und Konvergenzprogramme der Mitgliedstaaten überprüfen und sie an die aktuelle Lage anpassen. Wir werden in den kommenden Monaten darüber diskutieren und aus diesem Grund wird die Kommission, wie Sie wissen, am 26. November einen Aktionsplan mit den Zielen, den Instrumenten, den politischen Strategien und den Verpflichtungen vorlegen. Dieser Plan wird auf die Notwendigkeit hinweisen, die nationalen Programme anzupassen, um die nationalen Politiken zu vereinheitlichen und sie in Übereinstimmung und Konsistenz mit einer europäischen Strategie und europäischen Richtlinien und Instrumenten zu bringen. Ich stimme mit Ihnen und mit dem Bericht darin überein, dass wir die äußere Dimension des Euro und der Wirtschafts- und Währungsunion stärken müssen.
Wie Herr Juncker sehr gut weiß, müssen wir in Bezug auf die multilateralen Organisationen und die anderen wichtigsten Beteiligten über eine Strategie verfügen, mit der wir unsere Interessen in Bezug auf unsere Währung und unsere Wirtschafts- und Währungsunion und damit gleichzeitig die wirtschaftlichen Interessen der Europäischen Union verteidigen können.
Diese Strategie muss auf Grundsätzen und Prioritäten basieren sowie auf Instrumenten für das Ergreifen entsprechender Maßnahmen, die es uns ermöglichen, mit einer Stimme zu sprechen und so den Einfluss aller Europäer und insbesondere des Euroraums zu stärken. Das ist auch eine Frage der Governance. Ich stimme vielen der Governance-Aspekte, die Sie in Ihren Bericht aufgenommen haben, uneingeschränkt zu, und ich hoffe, dass die Finanzminister im ECOFIN-Rat und in der Eurogruppe ebenfalls zustimmen werden.
Frau Berès – ich komme zum Schluss – sagte in ihrer Rede, dass der Kommissar und die Kommission die Finanzminister noch einmal auf die Ergebnisse dieses Berichts aufmerksam machen sollten. Es gibt eine Figur bei Molière, die sagte, sie dachte, sie hätte in Versen gesprochen, aber tatsächlich hatte sie in Prosa gesprochen, ohne es zu merken. Ich glaube, dass es sich bei den Diskussionen, die nun unter dem Vorsitz von Jean-Claude Juncker von den Ministern in der Eurogruppe, von den Ministern im ECOFIN-Rat und von den Ministern bei dem Treffen in Washington geführt werden, um Diskussionen handelt, die exakt mit den Prioritäten und der Notwendigkeit der Koordination übereinstimmen, die im Bericht der Kommission und in Ihrem Bericht reflektiert werden, wenn dies wahrscheinlich auch nicht allen klar ist.
(Beifall)
Jean-Claude Juncker, Vorsitzender der Eurogruppe. – (FR) Herr Präsident, Herr Kommissar, Frau Berès, Herr Langen, meine Damen und Herren! Ich möchte zunächst Ihren beiden Berichterstattern zu dem Ihnen und uns vorgelegten Bericht gratulieren: Wir lesen ihn und debattieren darüber. Dieser Bericht ist fair und geht weit genug, um sicherzustellen, dass wir auch in den kommenden Monaten genug zu tun haben werden.
Ich stimme der Analyse im Bericht von Frau Berès und Herr Langen über die Bewertung der ersten zehn Jahre der Einheitswährung zu. Ihren Ausführungen im Bericht ist nichts hinzuzufügen, und nichts davon ist zu streichen. Es ist außerdem ein Bericht, der die Unterstützung einer großen Mehrheit in diesem Haus genießt, zumindest, als die Kommission ihre Meinung dazu äußerte. Ich stelle fest, dass die Begeisterung dieses Hauses für die Einheitswährung weit größer ist als noch vor 12 oder 13 Jahren, ja selbst noch vor 10 Jahren, darüber sollten wir uns freuen.
In Hinblick auf die wirtschaftlichen Divergenzen, die Abweichungen in den strukturellen Reformen und die Unterschiede bei der Verwaltung der öffentlichen Finanzen möchte ich zunächst darauf hinweisen, dass ich nicht verstanden habe, was der Bericht damit meinte, als er sagte, die Ergebnisse erfüllten nicht die Erwartungen, die zum Zeitpunkt der Einführung der Einheitswährung existierten. Ich kenne keinen quantitativen Bericht über die Unterschiede zwischen den verschiedenen Mitgliedstaaten der Eurozone. Da dieser Bericht nicht existiert, handelt es sich somit um einen unwesentlichen Kommentar, den ich nicht verstanden habe. Ich teile die Ansicht, dass diese Unterschiede zeitweilig dazu neigen, größer zu werden, ein Umstand, der bisher keine Bedrohung für den Zusammenhalt der Eurozone darstellte, der den Zusammenhalt jedoch langfristig schädigen könnte, wenn diese Divergenz bestehen bleibt.
Im Übrigen sollten wir in dieser Hinsicht froh sein, dass Europa – die Europäische Union im Allgemeinen und die Eurogruppe im Besonderen –, das sich derzeit mit einer der schwersten Krisen der letzten Jahrzehnte konfrontiert sieht, es geschafft hat, die Krise, in der wir uns zurzeit befinden, kompetent zu bewältigen, nicht zuletzt, weil wir es vermieden haben, die Fehler zu wiederholen, die wir in den 70er Jahren in Europa gemacht haben. Zu sagen, dass wir dieselben Fehler nicht wiederholt haben, ist gar nicht wenig, denn wirtschaftlich und politisch konnten wir so verhindern, dass die Krise die Unterschiede innerhalb der Währungsunion verschärft und den Zusammenhalt untergraben hat.
Tatsache ist, angesichts einer Krise dieses Ausmaßes, wie wir sie gerade erleben und angesichts einer Krise, die sich zunehmend auf die Realwirtschaft ausweitet, dass eine starke und koordinierte wirtschaftspolitische Antwort auf europäischer Ebene notwendig ist, und wir müssen darüber nachdenken, welches die beste Art ist, dies zu organisieren, indem wir einerseits unsere konzeptuellen und rechtlichen Rahmenvorschriften – damit meine ich den Stabilitäts- und Wachstumspakt und die Lissabon-Strategie – und andererseits die Schwere der Krise berücksichtigen, deren Auswirkungen weit besorgniserregender sind, als wir es uns noch vor einigen Monaten hätten vorstellen können.
Die Schaffung der zweitgrößten Währung weltweit bringt sicherlich Vorteile mit sich, aber auch einige Verpflichtungen: Erst am vergangenen Freitag und Samstag haben uns die G20 in Washington an unsere Verpflichtungen und die der anderen erinnert. Wir müssen die drei Wochen, die uns vor dem Europäischen Rat im Dezember noch bleiben, nutzen und das Beste daraus machen, um unsere europäische Strategie zu verfeinern und abweichende Antworten auf nationaler Ebene zu verhindern. Diese abweichenden Antworten stellen für uns natürlich ein Risiko dar. Es rührt mich, wenn ich die Aufrufe und die wiederholten Aufrufe nach einer koordinierten Wirtschaftspolitik höre, die vorwiegend in der Sprache Voltaires zu vernehmen sind.
Ich wünschte mir, diejenigen, die so dringlich und vorrangig eine Koordination der Wirtschaftspolitiken fordern, würden mit gutem Beispiel vorangehen und zeigen, dass sie meinen, was sie sagen. Ich stelle fest, dass die unterschiedlichen Regierungen der verschiedenen Mitgliedsländer der Eurozone sich erfolgshungrig, und aus gutem Grund, auf die Probleme stürzen, mit denen sich der Automobilsektor ihrer Länder konfrontiert sieht. Ich wünschte mir, diejenigen, die vom Automobilsektor sprechen, und die von der Koordination der Wirtschaftspolitiken sprechen, würden ihre nationalen Maßnahmen koordinieren, wenn es darum geht, Maßnahmen für den Automobilsektor zu ergreifen. Der Rest ist kaum von Bedeutung. Sorgen Sie für eine echte Koordination und eine wirkliche Verbesserung, und beweisen Sie mit handfesten Beispielen, dass Sie es ehrlich meinen.
(Beifall)
Sie wissen, wie zurückhaltend ich im Hinblick auf die Währungspolitik bin. Ich würde niemals ein Wort darüber verlieren, es sei denn, um zu sagen, dass ich nach wie vor glaube, dass die Rolle, welche die Europäische Zentralbank in den letzten Monaten gespielt hat, wirklich beispielhaft war.
Die Integration und Überwachung der Finanzmärkte - das ist ein weiteres Feld von Überlegungen, das Ihre Berichterstatter in ihrem Bericht behandelt haben. Die G20 haben uns einen ehrgeizigen Fahrplan auferlegt; er muss nun von den G20 und somit auch von der Europäischen Union und den Mitgliedern der Eurogruppe in konkrete Maßnahmen umgesetzt werden. Sie werden sich zweifellos daran erinnern, dass die Mitgliedsländer der Eurogruppe und die der Europäischen Union die ersten waren, die dazu aufriefen, aus der gegenwärtigen Krise unsere Lehren zu ziehen, und ich möchte meine Erinnerungen an diesen Zeitraum nicht auf einen späteren Zeitpunkt verschieben. Vier Jahre lang haben wir – ich spreche dabei von den Verantwortlichen für die Eurogruppe – den japanischen und US-amerikanischen Finanzministern wiederholt erklärt und haben unsere US-amerikanischen Freunde unermüdlich darauf hingewiesen, welche Risiken ihr doppeltes Defizit birgt, welche Risiken entstehen, wenn Risiken ständig unterschätzt werden, insbesondere in Verbindung mit Immobilien.
Zwei Jahre lang haben einige von uns auf der Ebene der G7, und insbesondere unter dem deutschen Vorsitz der G7, recht unverblümt eine umfassendere Regulierung der Finanzmärkte gefordert. Ich kann mich für die Tatsache nicht erwärmen, dass diejenigen, die dies in der Vergangenheit abgelehnt haben, heute den Eindruck vermitteln, sie würden die europäische Antwort anführen. Die Regierungen der USA und des Vereinigten Königreichs hatten alle Zeit, die sie benötigt hätten, um die Vorschläge der Eurogruppe für eine bessere Regulierung der Finanzmärkte zu akzeptieren; das wollten sie nicht. Sie sollten heute nicht den Eindruck vermitteln, als würden sie die anderen anführen.
Zur Erweiterung der Eurozone kann ich dem, was Ihre Berichterstattern bereits gesagt haben, nichts hinzufügen. Ich möchte nur darauf hinweisen, dass die Zugehörigkeit zur Eurozone natürlich ein Vorteil, eine Chance ist, aber sie bringt auch Verpflichtungen mit sich, die zuerst erfüllt werden müssen, bevor ein Beitritt zur Eurozone möglich ist.
Die vollkommen verständliche Begeisterung für die neue Formierung der G7 verursacht allerdings Probleme bei der Außenvertretung der Eurozone. Wir haben innerhalb der Eurogruppe immer gefordert, dass die Europäische Union und die Eurogruppe bei den G20, im Internationalen Währungsfonds und im Finanzmarktstabilisierungsfonds stärker vertreten sind. Wir in der Eurogruppe waren die ersten, die einen dauerhaften und permanenten Sitz der Kommission bei den G20 forderten, was den Präsidenten der Kommission nicht daran hinderte, den Vorsitz der Eurogruppe zu verlangen – zu den Folgen hiervon kommen wir später. Wie auch immer, wir glauben, dass die Europäische Zentralbank und die Kommission auf einer langfristigen Basis in der Gruppe der G20 vertreten sein sollten, ebenso wie die Eurogruppe, ob sie nun durch den Vorsitzenden der Eurogruppe, der bescheiden versucht, die Arbeit der Finanzminister zu leiten, die Herr Sarkozy als nicht gleichberechtigt bezeichnete, oder durch jemand anderen vertreten wird. Ich strebe den Vorsitz der Eurogruppe auf der Ebene der Finanzminister nicht zu meinem Privatvergnügen und wegen der hohen Ehre dieses Amtes an, die nicht gerade überwältigend ist; ich tue dies aus Pflichtgefühl. Wenn andere denken, sie könnten diese Aufgaben besser erledigen, sollen sie das tun, aber sie sollten sich diesen Aufgaben auch künftig mit derselben Intensität widmen, mit der arbeiten zu wollen sie jetzt den Eindruck erwecken.
Im Übrigen glaube ich in Hinblick auf die wirtschaftlichen Instrumente der WWU und die Governance unserer Gruppe, dass wir in den letzten Jahren beachtliche Fortschritte erzielt haben, aber wenn wir über Devisenpolitik und Währungspolitik auf internationaler Ebene sprechen, ist es undenkbar, dass die zweitgrößte Währung der Welt weder in politischer noch in währungspolitischer Hinsicht durch diejenigen vertreten sein sollte, die für das Management dieser beiden Aspekte und dieser beiden Bereiche unserer gemeinsamen Politik verantwortlich sind.
Wenn wir möchten, dass die Finanzminister innerhalb der Eurogruppe den Wirtschaftsbereich der Wirtschafts- und Währungsunion ordnungsgemäß verwalten, müssen die verschiedenen Staats- und Regierungschefs ihren Finanzministern die notwendigen Anweisungen erteilen. In Luxemburg stellt dies, wie Sie wissen, überhaupt kein Problem dar.
(Beifall)
Der Präsident. – Herzlichen Dank, Herr Vorsitzender der Eurogruppe, nicht nur für diesen Bericht, sondern auch für Ihre engagierte Arbeit in dieser Aufgabe als Vorsitzender der Eurogruppe.
Jean-Pierre Audy, Verfasser der Stellungnahme des Ausschusses für internationalen Handel. – (FR) Herr Präsident, Herr Vorsitzender der Eurogruppe, Herr Juncker, Herr Kommissar, meine Damen und Herren! Ich möchte zunächst meinen Kollegen, Frau Berès und Herrn Langen, zu der Qualität ihres Berichts gratulieren und ihnen dafür danken, dass sie die Änderungsanträge, die vom Ausschuss für internationalen Handel eingereicht wurden, übernommen haben.
Zehn Jahre nach ihrer Einrichtung sollte die WWU als eine europäische Erfolgsgeschichte betrachtet werden, auf die wir stolz sein sollten. Niemand kann die Tatsache bestreiten – und zahlreiche Studien belegen dies –, dass in der Tat eine Verbindung zwischen der Währungspolitik und der Handelspolitik besteht und dass in dieser Hinsicht die positive Rolle der Währungsstabilität für das nachhaltige Wachstum des internationalen Handels notwendig ist.
Die verstärkte Nutzung des Euro als internationale Währung kommt den Mitgliedstaaten der Eurozone zugute, da sie es europäischen Unternehmen ermöglicht, ihr Devisenrisiko zu senken und ihre internationale Wettbewerbsfähigkeit zu steigern.
Wie auch immer, obwohl die Europäische Zentralbank durch die stärkere Gewichtung der Preisstabilität das Vertrauen in den Euro gestärkt hat, kann niemand ernstlich bestreiten, dass die Inflation eine globale Realität ist und dass dieses globale Phänomen in einer offenen Marktwirtschaft nicht allein mit den Mitteln einer europäischen Währungspolitik bewältigt werden kann.
Es ist klar, dass die Wechselkurse für den Euro zu lange zu hoch waren und daher negative Folgen hatten, nicht zuletzt durch die Einschränkung der Exporte und die Steigerung der Importe innerhalb des Binnenmarkts. Viele Hersteller haben diesbezüglich ihre Befürchtungen geäußert. Laut einer Studie, die wir im Ausschuss für internationalen Handel in Auftrag gegeben haben, hat uns die Hochzinspolitik der EZB in den letzten Jahren 0,5 Wachstumspunkte pro Jahr gekostet.
In dieser Hinsicht bedaure ich, dass die Kommission keine präzisere Analyse der internationalen Rolle des Euro und der entsprechenden Auswirkungen auf den Binnenmarkt in Hinblick auf den internationalen Handel durchgeführt hat.
Die Währungspolitik einiger Partnerländer der EU mit dem Ziel einer Unterbewertung ihrer Währung unterminiert den Handel auf unfaire Weise. Sie könnten als nichttarifäre Handelshemmnisse für den internationalen Handel betrachtet werden. In diesem Zusammenhang schlagen wir vor, die Realisierbarkeit eines Gremiums für die Regulierung von Währungsdifferenzen zu untersuchen, und zwar am Beispiel dessen, was den Staaten in der Handelssphäre der Welthandelsorganisation zu schaffen gelungen ist.
Dieses Gremium, das dem IWF unterstellt wäre, könnte dazu beitragen, das internationale Währungssystem zu stabilisieren, das Missbrauchsrisiko zu verringern und den globalen Märkten das Vertrauen wiederzugeben, das sie benötigen.
Ich unterstütze den Vorschlag der Kommission, gemeinsame, europäische Währungspositionen zu entwickeln, indem wir für die Eurozone langfristig einen gemeinsamen Sitz in den internationalen Finanzinstitutionen und -foren erhalten.
Abschließend möchte ich mein Bedauern darüber ausdrücken, dass der Bericht die Idee einer Wirtschaftsregierung nicht aufgenommen hat. Herr Juncker, dies ist keine Frage der Ehrlichkeit; es ist ein politischer Vorschlag für die Organisation unserer Gemeinschaftsinstrumente.
In der Vergangenheit legten Regierungen größere internationale Störung durch Kriege bei. Heute führen wir einen ökonomischen und sozialen Krieg, aber anstatt zu sterben, werden die Menschen bei uns arbeitslos, und wir wissen nicht länger, wer wirklich unser Feind ist.
Wir dürfen in diesem Zusammenhang nicht naiv sein und sollten unermüdlich an der Umsetzung einer europäischen wirtschaftlichen und sozialen Governance arbeiten. Die letztere ist an sich möglicherweise nicht ausreichend, aber sie ist eine notwendige Bedingung für den Erfolg einer europäischen sozialen Marktwirtschaft.
VORSITZ: MARIO MAURO Vizepräsident
Karsten Friedrich Hoppenstedt, im Namen der PPE-DE-DE-Fraktion. – (DE) Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich darf dem Berichterstatter ganz herzlich für die Ausführungen über die Zukunft des Euros und alle Politikbereiche um ihn herum, danken und sagen, dass er eine sehr breit gefächerte Unterstützung im Ausschuss gefunden hat.
Ich danke aber auch den anderen Beteiligten, vor allen Dingen Jean-Claude Juncker, der in Washington bei der IWF-Tagung das Gesicht Europas dargestellt und sehr gut gearbeitet hat. Wir waren stolz auf ihn, und ich darf nur sagen: Lassen Sie sich nicht durch Negativdiskussionen davon entmutigen, diese Arbeit weiterhin so erfolgreich fortzusetzen!
Vor zehn Jahren durfte ich für die EVP-Fraktion über den Euro sprechen, und ich habe damals gesagt – ich zitiere: „Der Euro wird stark werden, Negativmeldungen trotzend“, wie denen des späteren Kanzlers Gerhard Schröder, der damals sagte, der Euro sei eine kränkelnde Frühgeburt. Das haben wir zurückgewiesen, und wie ich glaube, erfolgreich.
Der Euro ist ja nun nach mehrjähriger Diät durch eine straffe, konsequente Fitnesspolitik auf die Welt gebracht worden, und er ist ja auch erfolgreich. Darauf will ich nicht noch einmal eingehen. Damals war Gordon Brown amtierender Ratspräsident, und er hat damals sehr deutlich gesagt, dass das EP im Rahmen des historischen Prozesses der Währungsunion eine große Rolle gespielt hat. Auch andere Beteiligte sind zu Wort gekommen, u. a. Jacques Santer, aber auch Wilfried Maartens, der damals die Länder der Eurozone – erst 11, dann 15, dann 16 – als Pioniere desEuropas des Mutes bezeichnete.
Ich glaube, dass wir hier in Europa Mut für die Zukunft brauchen, um weiterhin so erfolgreich arbeiten zu können und uns in der Welt der anderen Großen – USA, Asien und der anderen Weltmächte – erfolgreich mit dem Euro präsentieren zu können. Die Währungsreserven in der Welt, die in Euro angelegt sind, sind das beste Zeugnis für die erfolgreiche Arbeit des Euros und der Eurozone.
Elisa Ferreira, im Namen der PSE-Fraktion. – (PT) Ich möchte nicht nur den Berichterstattern, sondern auch der Kommission zu ihrer Initiative bei der Vorbereitung dieses Textes zur Bewertung der ersten 10 Jahre Wirtschafts- und Währungsunion gratulieren. Es ist ein strategischer Text, und diese Analyse war von grundlegender Bedeutung.
Wie hier heute bereits gesagt wurde, ist der Euro unbezweifelbar ein Erfolg. Von Lissabon bis Helsinki und von Dublin bis Bratislava hat sich der Euro als stark und solide erwiesen, sogar während der aktuellen, starken Turbulenzen. Es ist eindeutig von entscheidender Bedeutung, dass die Grenzen dieses Clubs erweitert werden.
Jetzt steht jedoch täglich die Solidität des europäischen Projekts in vielen anderen Dimensionen auf dem Prüfstand. Wie bereits gesagt, ist der Euro von zentraler Bedeutung für das Funktionieren des Finanzsystems. Aber sogar der Text der Kommission kommt klar zu der grundlegenden Schlussfolgerung, dass weder das Wachstum in der Realwirtschaft noch die soziale oder räumliche Konvergenz mit diesem Erfolg Schritt gehalten haben. Im Gegenteil, die Kommission kommt eindeutig zu dem Schluss, dass die Ungleichheit während der ersten Dekade der Einheitswährung stark gewachsen ist.
Diese Divergenz betrifft Regionen in meinem Land, besonders im Norden Portugals, und auch andere Regionen in anderen Mitgliedstaaten. Die einheitliche Geld- und Währungspolitik, besonders der sehr hohe Wechselkurs, hatte einen größeren Einfluss auf die Regionen, die dem internationalen Wettbewerb stärker ausgesetzt sind, und auf die, die am meisten exportieren.
Heute greift die aus der Deregulierung resultierende Krise ernsthaft die Realwirtschaft an und verschlimmert weiter die Lage zahlreicher Bürgerinnen und Bürger in vielen Regionen. Regionen, die dem internationalen Wettbewerb ausgesetzt sind, Regionen, die von kleinen und mittelgroßen Unternehmen abhängig sind und bei denen der Zugang zu Krediten sehr wichtig ist, fallen diesem Prozess nun zum Opfer, und es droht sogar eine Depression.
Der Erfolg des Euro hängt von dem Vertrauen ab, das die europäischen Bürgerinnen und Bürger in ihn setzen. Die mächtigsten europäischen Länder haben bereits Schritte unternommen, um ihre nationalen Wirtschaften zu stimulieren. Wir können hier ausdrücklich auf die Initiativen verweisen, die für die Automobilindustrie unternommen wurden. Dennoch, Europa ist mehr als nur das. Es muss viel mehr sein als die mehr oder weniger koordinierte Summe der nationalen Politiken. Die Zeit ist gekommen, den Euro zu einem der zentralen Werkzeuge Europas zu machen, um eine robuste Währung und ebenso eine robuste Realwirtschaft sicherzustellen. Der Euro muss von Mechanismen flankiert werden, die das zentrale Ziel, das Erreichen von sozialer und regionaler Konvergenz, gewährleisten, denn dies ist im Kern das eigentliche Herz des europäischen Projekts.
Die Debatte über die Koordination der Wirtschaftspolitik in der Eurozone ist jetzt zweifellos relevanter und aktueller. Die Koordination der nationalen Politiken ist jedoch nicht ausreichend. Es muss mehr getan werden. Eine Lissabon-Strategie zu haben, die allein die Summe von nationalen Initiativen ist und einen Stabilitäts- und Wachstumspakt zu haben, der in unterschiedlicher Form Druck auf verschiedene Länder ausübt, die ihn nutzen und ihm unterliegen, sind Einschränkungen, zu denen das begrenzte verfügbare Budget noch hinzukommt.
Krisen erzeugen Möglichkeiten. Die Währungsunion kann nur aufrecht erhalten werden, wenn es eine Konvergenz im Wohlergehen der Mitgliedstaaten und ihrer Bürgerinnen und Bürger gibt, unabhängig davon, wo sie geboren wurden. Wie sonst können wir die Menschen zur Unterstützung der Einheitswährung bewegen? Die Kommission muss ihrer eigenen Diagnose gewachsen sein, daher erwarten wir am 26. November sehnlichst die diesem Haus und den europäischen Bürgerinnen und Bürgern unterbreiteten konkreten Vorschläge der Kommission.
Es ist von zentraler Bedeutung, dass diese Krise zu einer neuen Phase in der Union führt, in der die Konsolidierung und Stärkung des Finanzsystems von echtem Wohlstand begleitet wird, der auf dem Zusammenhalt und einem Konzept von Bürgerschaft basiert, das auch wirtschaftlich ist.
Wolf Klinz, im Namen der ALDE-Fraktion. – (DE) Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir erleben zurzeit die schwerste Finanzkrise seit vielen Jahrzehnten. Die Europäische Zentralbank und der Euro haben den Lackmustest dieser Finanzkrise und ihre Herausforderungen bisher souverän bestanden. Die EZB hat in der Krise schnell und entschlossen gehandelt und ihre Aufgabe besser erfüllt als manch andere Zentralbank. Dadurch hat die EZB ihre Fähigkeiten als Krisenmanager in schwerer Zeit eindrucksvoll unter Beweis gestellt. Der Euro hat sich als starke Währung erwiesen, die für den Erhalt der Stabilität in der Eurozone sorgt und die selbst manchen Ländern außerhalb der Eurozone durch gezielte Maßnahmen unter die Arme gegriffen hat.
Der Ruf nach einer europäischen Wirtschaftsregierung verkennt, dass de facto schon sehr viel getan wurde und auch getan wird, um die Politiken der einzelnen Mitgliedstaaten abzustimmen und in Einklang zu bringen. Was hier geleistet worden ist, ist nicht zuletzt auf Sie, Herr Jean-Claude Juncker, zurückzuführen, und deswegen danke ich Ihnen hier ganz besonders!
Länder, die nicht zur Eurozone gehören, wie Dänemark und Ungarn, erfahren zurzeit schmerzlich, wie kostspielig es sein kann, nicht zu dem Euroverband zu gehören und nicht unter dem schützenden Schirm des Euro zu stehen. Länder, die dem Beitritt in die Eurozone bisher kritisch gegenüberstanden, wie Dänemark und Schweden, ändern nun ihre Meinung und erwägen eine Einführung in wenigen Jahren.
Die Finanzkrise zeigt auch, wie eng verflochten die Finanzsysteme sind und wie groß ihre Verwundbarkeit ist. Daher haben wir ein Interesse daran, dass die Länder, die noch nicht dabei sind, möglichst schnell Mitglied werden, und die Opt-out-Länder ihre Meinung ändern, allerdings nicht mit Konzessionen, die den Kriterien des Beitritts nicht entsprechen. Die Europäische Wirtschafts- und Währungsunion ist eine Zone der Stabilität mit klaren Kriterien für den Beitritt, und da sollte es auch zu keiner Verwässerung kommen. Das Einzige, was man überlegen könnte, wäre, als Referenzpunkt bei der Inflationsrate nicht die drei besten Länder der Europäischen Union, sondern der Eurozone zu nehmen, da wir inzwischen ja ein großer Verbund mit 16 Mitgliedern geworden sind.
Der Stabilitäts- und Wachstumspakt bietet seit seiner Überarbeitung vor wenigen Jahren genügend Flexibilität, um in Zeiten wirtschaftlichen Ungleichgewichts adäquat auf Herausforderungen wie in der jetzigen Krise reagieren zu können. Deswegen ist es abwegig, die Auflagen des Paktes aufweichen und neu formulieren zu wollen.
Die Krise zeigt auch sehr deutlich, dass exzessive Defizite, wie wir sie in den USA erleben, auf Dauer nicht haltbar sind, dass wirtschaftliche Entwicklung auf Pump im Übermaß nicht funktioniert und dass es deshalb keine Alternative zu Maßnahmen einer konsequenten Haushaltskonsolidierung gibt. Wir sind zuversichtlich, dass die Finanzkrise – anders, als es gegenwärtig auf den Finanzmärkten diskutiert und in den Medien kolportiert wird – die Währungsunion am Ende eher stärken als schwächen wird.
Eoin Ryan, im Namen der UEN-Fraktion. – Herr Präsident! Zuerst möchte ich Frau Berès und Herrn Langen für die Arbeit danken, die sie in diesen sehr wichtigen Bericht gesteckt haben. Es ist ein ausgezeichneter Bericht, der zur Kenntnis genommen werden sollte.
Als über dieses Thema zum ersten Mal auf Ausschussebene berichtet wurde, erlebten wir ein gänzlich anderes wirtschaftliches Klima. Die Subprime-Krise in den Vereinigten Staaten von Amerika war ausgebrochen, aber ich denke, niemand sah die Folgen und das ganze Ausmaß der Auswirkungen voraus, die sie auf die Finanzmärkte auf der ganzen Welt haben sollte.
Als sich die finanzielle Situation verschlechterte, hat sich auch der Ton unserer Debatten hier im Ausschuss für Wirtschaft und Währung geändert. Die aktuelle Krise ist eine weltweite Krise, und um sie zu überstehen, müssen wir eine koordinierte weltweite Antwort geben, daher begrüße ich die an diesem Wochenende unternommene Initiative und ihr Ergebnis sehr. Es gibt noch sehr viel mehr zu tun, aber ich denke, dass dies ein sehr guter Start ist.
Für Irland ist die Stabilität, die durch den Euro gekommen ist, besonders hinsichtlich der Zinssätze und Wechselkurse, ein zentraler Faktor, um aus den Turbulenzen herauszukommen, nicht unbeschadet, aber sicher noch aufrecht.
Wenn es immer noch jemanden in Irland oder anderswo in der Eurozone gibt, der die Vorteile einer Mitgliedschaft bezweifelt, braucht er nur in den Nordwesten Europas zu blicken und zur Kenntnis zu nehmen, was gerade in Island geschieht.
Wenn die Menschen in Irland auf diejenigen gehört hätten, die nicht nur gegen den Vertrag von Lissabon, sondern auch gegen die Verträge von Maastricht und Nizza gewesen sind, wo wäre Irland dann heute? Wir wären draußen. Wir wären nicht in der Eurozone, und wir wären wirtschaftlich sehr stark betroffen, weil wir nicht über die Stabilität verfügen würden, die der Euro unserem Land gegeben hat.
Ich erwarte keine Antwort von solchen Parteien wie Sinn Féin, die beständig gegen Europa und die von uns unternommenen Schritte waren, aber ich glaube wirklich, dass es Zeit ist, dass sie aufstehen und sagen, was genau sie denken und wo sie in der gesamten Frage Europas und unserer wirtschaftlichen Zukunft stehen.
Pierre Jonckheer, im Namen der Verts/ALE-Fraktion. – (FR) Herr Präsident, Herr Vorsitzender der Eurogruppe, Herr Kommissar! Im Namen meiner Fraktion möchte ich ebenfalls Frau Berès und Herr Langen für den wichtigen Bericht danken, den sie uns vorgelegt haben. Mit seinen 62 Absätzen und 14 dichten Seiten bietet er viel Stoff zum Nachdenken. Ich möchte die Gegenwart des Vorsitzenden der Eurogruppe und des Kommissars nutzen, um ihnen, wieder im Namen meiner Fraktion, verschiedene Anmerkungen zu unterbreiten, die aus meiner Sicht einer weit sorgfältigeren Prüfung bedürfen, als es in diesem Bericht geschehen ist.
Die erste Anmerkung betrifft die Wechselkurspolitik für den Euro. Ich räume ein, dass ich noch immer nicht verstehe, ob es eine Wechselkurspolitik für den Euro in Beziehung zu den anderen internationalen Währungen gibt oder nicht, und ob, in der G20 oder anderswo, eine Diskussion über die Art und Weise geführt wird, wie die äußerst substanziellen Defizite der Vereinigten Staaten weiterhin finanziert werden.
Meine zweite Anmerkung betrifft die Frage der Koordination. Ich glaube, dass der Euro besonders aus einem politischen Blickwinkel ein Erfolg ist, weil er der Europäischen Union den Status einer politischen Macht verleiht. Ich glaube aber auch, dass seine Koordination nicht sehr gut funktioniert, und dies bei mindestens drei Punkten.
Der erste Punkt ist das Thema der Besteuerung. Sie kennen die Haltung der Grünen/EFA-Fraktion zu diesem Thema: Wir sind für einen Steuerwettbewerb in der Union, aber für einen gerechten Steuerwettbewerb. Wir glauben, dass wir bei der Bekämpfung von Steuerparadiesen noch viel zu weit zurückliegen, auch innerhalb der Europäischen Union, und wir glauben, dass wir viel zu weit zurückliegen, wenn es darum geht, die Richtlinie im Bereich der Besteuerung von Zinserträgen zu erweitern.
In Hinblick auf die Frage der Koordination der Haushaltspolitik – dem zweiten Punkt – stelle ich fest, dass die Mitgliedstaaten gegenwärtig alle an „Wiederbelebungsplänen“ arbeiten. Auf europäischer Ebene höre ich Herrn Strauss-Kahn beispielsweise sagen, dass 1 % des BIP der Gemeinschaft bereitgestellt werden soll, eine Zahl, die praktisch den gesamten EU-Haushalt eines Jahres darstellt. Wo stehen wir in Hinblick auf diesen Gesichtspunkt? Ich glaube, dass die Koordinationsbemühungen nicht sehr gut verlaufen, und ich glaube außerdem, dass die Antworten, die Sie in Bezug auf den überarbeiteten Stabilitäts- und Wachstumspakt bereitstellen, weder hinreichend sind noch eine hinlängliche Reaktion auf die Herausforderung darstellen, die uns erwartet.
Der dritte Punkt schließlich, in dem mir die Koordination unzureichend und ungenügend erscheint, ist die Lohnpolitik der unterschiedlichen EU-Länder. In der Realität hat Deutschland seine starke Performance in den letzten zehn Jahren dadurch ausgebaut, dass es eine Lohnpolitik praktiziert hat, die angesichts der Größe der deutschen Wirtschaft für den allgemeinen Aufschwung der Eurozone verantwortlich ist. Ich glaube, dass dies in Hinsicht auf die Höhe der Binnennachfrage und das Niveau der Löhne für eine Reihe von Arbeitsplatzkategorien ein Problem darstellt, ganz zu schweigen von dem Problem der Ungewissheit der Arbeitsplätze.
Bei diesen drei Punkten, Herr Vorsitzender der Eurogruppe, erwarte ich von Ihnen und vom Rat der Finanzminister, den Sie repräsentieren, zukünftig mehr Ehrgeiz, da wir hier auch über die Herausforderungen der Zukunft sprechen.
Sahra Wagenknecht, im Namen der GUE/NGL-Fraktion. – (DE) Herr Präsident, werte Kolleginnen und Kollegen! Zehn Jahre nach Verwirklichung der Währungsunion befindet sich Europa in einer schweren Krise. Banken brechen zusammen oder werden mit Milliardensummen aus dem Staatshaushalt gestützt. Der Absatz bricht ein und Millionen Menschen fürchten um ihre Arbeitsplätze und um ihre Zukunft.
Nicht nur der Markt hat versagt. Auch die herrschende Politik scheint unfähig, aus ihren Fehlern zu lernen. Wir sind der Ansicht, dass bei der Konstruktion der Wirtschafts- und Währungsunion gravierende Fehler begangen wurden. Ein solcher Fehler ist das strukturelle Auseinanderfallen von Geld- und Fiskalpolitik. Man kann nicht eine gemeinsame Währung schaffen, ohne gleichzeitig die Steuer- und Ausgabenpolitik wenigstens in Ansätzen zu harmonisieren. Ich denke, die wirtschaftlichen Ungleichgewichte der Eurozone haben sich enorm verschärft. Was wir jetzt brauchen, ist tatsächlich eine bessere Koordinierung der Wirtschafts- und vor allem der Steuerpolitik. Wir brauchen wirksame Maßnahmen gegen Steuerdumping, außerdem müssen Steueroasen geschlossen und der Kapitalverkehr endlich wieder kontrolliert werden.
Den zweiten gravierenden Fehler sehen wir in der Konstruktion des Stabilitäts- und Wachstumspakts. Wer in Zeiten wie diesen eine Konsolidierung der Haushalte für unumgänglich hält, der lebt offenbar in einer anderen Welt. Nichts wäre fataler, als auf diese Wirtschaftskrise jetzt auch noch mit öffentlichen Sparprogrammen zu reagieren. Der Stabilitätspakt hat sein Scheitern ganz klar unter Beweis gestellt. Er sollte durch eine integrierte europäische Strategie für Solidarität und nachhaltige Entwicklung ersetzt werden. Nötig ist unseres Erachtens eine Investitionsoffensive zur Erneuerung der öffentlichen Infrastruktur und zur Verbesserung der Lage der sozial Benachteiligten in Europa.
Einen dritten Fehler sehen wir in der Konstruktion der Europäischen Zentralbank selbst, die keiner demokratischen Kontrolle unterliegt und allein dem Ziel der Preisstabilität verpflichtet ist. Wir treten dafür ein, die Europäische Zentralbank demokratisch zu kontrollieren, und außerdem fordern wir eine Korrektur des geldpolitischen Auftrags der EZB, in dem in Zukunft Wachstum und Beschäftigung mindestens gleichrangig mit Preisstabilität gefördert werden müssen.
Die gegenwärtige Krise bietet auch eine Chance für tiefgreifende Reformen der europäischen Währungs- und Finanzarchitektur. Diese Chance sollte nicht leichtfertig verspielt werden!
Nils Lundgren, im Namen der IND/DEM-Fraktion. – (SV) Herr Präsident! Wenn wir über einen gemeinsamen literarischen Referenzrahmen in Europa verfügen würden, würde ich meine Rede mit dem Zitat eines großen schwedischen Dichters beginnen: Die Stimme der Schmeichelei schläfert Dich ein: höre manchmal auf die Stimme der Wahrheit. Das Versmaß ist ein Alexandriner mit einer Zäsur. Beide Berichterstatter bewerten die Währungsunion als Erfolg. Infolgedessen tragen sie dazu bei, rund um den Euro einen Mythos zu schaffen, der nicht in einem kritischen westlichen Denken verankert ist.
Die Wahrheit über den Euro ist eine ganz andere. Erstens waren seine ersten zehn Jahre mit enormen Kosten in Form eines Wachstumsrückgangs und eines Anstiegs der Arbeitslosigkeit verbunden. Zweitens wurde die Währungsunion bislang nicht in schweren Zeiten getestet. Untersuchungen weisen darauf hin, dass die Auswirkungen auf das Volumen des Außenhandels erheblich sein könnten, vielleicht sogar 3–4 % des BSP betragen. Auf der anderen Seite ist es offensichtlich, dass der sozioökonomische Gewinn dieses Handelszuwachses sehr moderat ist, er liegt vielleicht bei 3–5 Promille des BSP, dies kommt einem Einmal-Gewinn gleich. Dieser vernachlässigbare Zuwachs an Wohlstand wurde auf Kosten der Länder der Eurozone erzielt, die nicht in der Lage waren, eine unabhängige Währungs- und Finanzpolitik durchzuführen. Deutschland ist mit einer stark überbewerteten Währung in diese Währungsunion gekommen und hat einen hohen Zinssatz und eine zu restriktive Finanzpolitik verfolgt.
Die Kosten hierfür waren beträchtlich, und wie geht es jetzt weiter? Die Geschichte, die uns nun erzählt wird, berichtet, dass die Länder der Eurozone sich energisch zusammengeschlossen und den Kampf gegen die Finanzkrise angeführt haben. Wie jeder weiß, ist dies ein Mythos. Es war Großbritannien, das nicht in der Währungsunion ist, und es war Gordon Brown, die die Initiative ergriffen haben. Die Eurozone folgte erst später.
Roger Helmer (NI). - Herr Präsident! Ich möchte Herrn Lundgren zu seinem Bemerkungen gratulieren und Herrn Ryan von der UEN-Fraktion herausfordern, der uns erzählt, dass die durch den Euro bereitgestellte Stabilität ein großer Segen für Irland gewesen ist. Wenn er die jüngste Geschichte der irischen Wirtschaft verfolgt hätte, wüsste er, dass die mangelnde Flexibilität der Euro-Währungspolitik zu ernsten Inflationsproblemen geführt hat und dass die irische Immobilienblase wesentlich schlimmer war, als sie hätte sein müssen, wenn Irland in der Lage gewesen wäre, seine Geld- und Währungspolitik selbst zu kontrollieren.
Uns wurden die großen Vorteile des Euro angepriesen; man bot uns Reiseerleichterungen, Wachstum und Effizienzsteigerung, und die Geldtransfers zwischen den Mitgliedstaaten würden plötzlich einfacher werden. Aber das ist nicht eingetreten. Ja, wir haben Reiseerleichterungen, aber wir haben kein Wachstum und keine Effizienzsteigerung, und ich glaube, es ist noch beinahe genauso schwierig und teuer, Geld zwischen den Staaten der Eurozone zu transferieren, wie es immer der Fall war.
Diejenigen von uns, die Zweifel am Europrojekt hatten, sehen sich nun bestätigt. Nun haben wir für die meisten Länder zur meisten Zeit den falschen Zinssatz. Italien hatte eine der schwersten Krisen in puncto Wettbewerbsfähigkeit, als seine Lohnstückkosten im Vergleich zu Deutschland um 40 % gestiegen sind. Uns wird erzählt, dass der Euro wegen seiner Stärke als Währung ein großer Erfolg sei. Gut, wir sollten einmal zu einigen Exporteuren der Eurozone gehen und sie fragen, was sie von der Stärke des Euro halten. Sie fügt ihnen einen gewaltigen Schaden zu.
Der wahre Test für den Erfolg einer Währung ist der Grad des Vertrauens in den Markt, und dieser wird in diesem Fall am Anleihe-Spread zwischen den Staaten der Eurozone gemessen. Als ich zum letzten Mal nachgesehen habe, lag der Anleihe-Spread zwischen Griechenland und Deutschland bei über 150 Basispunkten. Das ist unhaltbar. Dies zeigt den vollständigen Mangel an Vertrauen der Märkte in den Euro. Die Frage für uns lautet nicht, wie lange sich der Euro halten kann, sondern welcher Mitgliedstaat zuerst aussteigt.
Ján Hudacký (PPE-DE). – (SK) Herr Präsident, Herr Kommissar! Lassen Sie mich zunächst beiden Berichterstattern für einen gut ausgewogenen Bericht danken.
In Verbindung mit diesem Bericht werde ich zuerst auf die aktuellen Probleme in der Eurozone eingehen. Trotz der positiven Auswirkungen, die in den zehn Jahren seit dem Bestehen der Eurozone erzielt wurden, sieht diese sich nun vor der neuen Herausforderung, wie der Finanzkrise und der anschließenden wirtschaftlichen Rezession zu begegnen ist.
Ich möchte hierzu zunächst einige der unsystematischen regulatorischen Interventionen herausstreichen, die eine Reihe von Regierungen der Mitgliedstaaten unter dem Vorwand, diese neue Situation bereinigen zu wollen, am Markt unternommen haben.
Ich muss mit einiger Überraschung feststellen, dass die Regierungen von Mitgliedstaaten häufig durch die Aussagen bestimmter Vertreter der Europäischen Union dazu ermutigt werden, nicht besonders hilfreiche Interventionen im Finanzsektor zu unternehmen, aber diese lösen oft nur die peripheren Aspekte der Situation.
Dies gilt beispielsweise für den Fall des Festhaltens an den Bedingungen des Stabilitäts- und Wachstumspakts, wenn einige Regierungen bereits signalisieren, dass sie offensichtlich nicht an einem geplanten Defizit in ihren öffentlichen Finanzen festhalten werden, und in diesem Kontext auf die Ermutigungen durch die Europäische Union verweisen.
Die Übernahme gebeutelter Finanzinstitutionen durch die Regierungen einiger Mitgliedstaaten schafft einen gefährlichen Präzedenzfall für die Enteignung von Privatunternehmen in allen Sektoren, die nicht bereit sein, sich an unsystematische Vorschriften anzupassen, und für diskriminierende Interventionen, zum Beispiel im Interesse einer niedrigen Inflationsrate.
Die groß angelegten Finanzinterventionen in einigen Wirtschaftsbereichen, wie zum Beispiel in der Automobilindustrie, werfen die Frage auf, ob solche Interventionen eine übermäßige Marktverzerrung verursachen und außerdem andere Bereiche diskriminieren.
Ohne eine klare und sorgfältige Koordination und klare Regeln auf der Ebene der Europäischen Union oder der Eurozone wird es schwierig, diese überaus anspruchsvollen Prozesse zu bewältigen.
In diesem Kontext möchte ich die Vertreter der Europäischen Kommission und der Europäischen Zentralbank sowie der anderen relevanten EU-Institutionen auffordern, eine überlegte und koordinierte Position einzunehmen, wenn sie nach der optimalen Lösung in diesen schwierigen Zeiten suchen, in denen ganz Europa eine wirtschaftliche Rezession erlebt.
Kurzfristig können eine Überregulierung und Regierungsinterventionen auf dem freien Markt möglicherweise den weiteren wirtschaftlichen Kollaps in der EU aufhalten, aber mittelfristig wird es damit sicher nicht gelingen, für den so sehnlich erwarteten Schwung in der Entwicklung zu sorgen.
Antolín Sánchez Presedo (PSE). – (ES) Herr Präsident, Herr Kommissar Almunia, meine Damen und Herren! Die Wirtschafts- und Währungsunion hat dem europäischen Integrationsprozess eine neue Dimension hinzugefügt. Ihre Governance basiert auf zwei asymmetrischen Pfeilern: der Währungsunion, die von Natur aus föderal ist, und der wirtschaftlichen Koordination, die zwischen den Regierungen erfolgt. Beide müssen die Stabilität, das Wachstum, die Fairness und die Nachhaltigkeit garantieren, die unsere Bürgerinnen und Bürger verlangen.
Die Überprüfung der zehn Jahre Euroraum ist positiv verlaufen. Der Nachweis liegt in der Tatsache, dass der Euro zunehmend als Refugium und sicherer Hafen für die Mitgliedstaaten betrachtet wird. Wir müssen jedoch noch weiter gehen und seinen Umfang erweitern. Das ist erforderlich, um die Herausforderungen der Globalisierung, des Klimawandels und der Überalterung der Bevölkerung zu bewältigen, sowie die aktuelle Finanzkrise, wozu wir unsere Vorgehensweise verbessern müssen. Das ist außerdem erforderlich, um das ganze Ausmaß der Rezession zu handhaben, die zum ersten Mal in Erscheinung tritt.
Der Euro kann nicht einfach als sicherer Hafen dienen, er muss auch eine Maschine sein, die das Wachstum antreiben kann. Der Euroraum und die Wirtschafts- und Währungsunion müssen in der Lage sein, auf diese Herausforderungen zu antworten.
Ich muss den Berichterstattern zu ihrer ausgezeichneten Arbeit gratulieren und ihnen insbesondere dafür danken, dass sie zwei meiner Vorschläge übernommen haben. Der erste betraf die Einführung der Notwendigkeit einer Finanzanalyse in die Definition unserer Geld- und Währungspolitik, gemeinsam mit dem wirtschaftlichen und dem währungspolitischen Pfeiler, um diese Politik richtig definieren zu können. Diese Definition muss den Transfer der Geld- und Währungspolitik, die Entwicklung der Kredite und der Vermögenswerte, die Merkmale neuer Produkte und die Konzentration von Risiken und Liquidität berücksichtigen.
Zweitens müssen wir die Divergenzen zwischen den Mitgliedstaaten in Betracht ziehen, die mit dem Erweiterungsprozess noch steigen werden. Eine Einheitslösung in der Geld- und Währungspolitik wird nur in wenigen Fällen der Situation der unterschiedlichen Länder gerecht. Sie sollte daher angepasst werden, indem wir für die Länder, die aufgrund dieser allgemeingültigen Politik den gegenteiligen Effekt erfahren, Finanzierungsfazilitäten einführen, da die Effekte der Erweiterung durch steuerpolitische Maßnahmen leicht zu korrigieren sind.
Margarita Starkevičiūtė (ALDE). - (LT) Man sagt, dass jede Krise alle Stärken und Schwächen der wirtschaftlichen und institutionellen Strukturen zum Vorschein bringt. Ich muss zugeben, dass ich zuvor kaum Zweifel daran hatte, dass eine größere Aufmerksamkeit für die Länder in der Eurozone die Voraussetzungen für das Entstehen eines Europa der zwei Geschwindigkeiten schaffen würde und dass die aufstrebenden Wirtschaften, wie zum Beispiel die Litauens, sich bei ihrem Eintritt in die Eurozone mit Hindernissen konfrontiert sehen würden. Aber die aktuellen Ereignisse auf den Finanzmärkten haben meine Position zur Rolle der Eurogruppe und ihren Auswirkungen auf die Europäische Union verändert.
Es ist offensichtlich, dass die Eurozone der ersten starken Welle der Finanzkrise widerstanden hat. Es ist klar, dass der wirtschaftliche Abschwung aufgehalten werden kann, indem wir eine Wirtschaftspolitik umsetzen, die unter den Mitgliedstaaten besser koordiniert ist und die Integration und die Erweiterung des Binnenmarkts beschleunigt. Die Länder, die außerhalb der Grenzen der Eurozone geblieben sind, haben mehr gelitten. Wir haben hauptsächlich aus dem Grund gelitten und sind Opfer der Finanzkrise geworden, weil Kapital zurückgezogen wird. Deshalb stellen wir uns nachdrücklich gegen Entscheidungen, die zur Erleichterung von Kapitalverschiebungen in den Ländern der Europäischen Union beitragen, aber wir wenden uns nicht gegen Integration. Als professioneller Ökonom weiß ich, dass Integrationsprozesse das Wirtschaftswachstum ankurbeln. Aber eigentlich möchten wir, dass die Eurozone ein Fels wird, an dem die Wellen der Finanzkrise abprallen, ein Fels, auf den wir klettern können und hinter dem wir vor den eisigen Winden Zuflucht suchen können.
Was müssen wir tun, damit aus der Stärke der Eurozone die Stärke der gesamten Europäischen Union wird? Wir sollten es sicherlich vermeiden, eine Menge neuer Maßnahmen vorzuschlagen. Herr Kommissar, ich habe heute die Entschließungen durchgesehen, die das Europäische Parlament zur Wirtschaftspolitik verabschiedet hat. Jetzt wäre es für uns von Vorteil, wenn wenigstens ein Teil dieser Vorschläge bereits umgesetzt worden wäre. Es gibt eine Vielzahl von Vorschlägen, und mir scheint, dass uns nicht noch weitere einfallen werden. Nun sollten wir diese Vorschläge konsolidieren.
Derzeit gibt es Diskussionen, ob wir eine stärkere staatliche Einmischung brauchen oder eine liberalere Politik, um die wirtschaftliche Rezession zu überstehen. Ich würde sagen, dass beide wirtschaftlichen Strategien eingesetzt werden sollten. Vor allem ist offensichtlich, dass wir ein soziales Netz brauchen, in dem der Staat Unterstützung und Unterhalt bietet, sodass Menschen, die durch die Krise und durch Restrukturierungsmaßnahmen ihre Arbeitsplätze verloren haben, einen neuen Platz im Leben finden können. Auf der anderen Seite brauchen wir liberale Reformen, um den Integrationsprozess zu verstärken, sodass dieser bessere Chancen für geschäftliche Erweiterungen in der Europäischen Union schaffen kann. Hier hat die Eurozone eine wichtige Aufgabe zu erfüllen.
Abschließend möchte ich mich meinen Kollegen anschließen und Ihnen, Herr Vorsitzender der Eurogruppe, sagen, dass wir Ihre Arbeit schätzen und wissen, wie kompliziert dies alles ist – zumindest im Europäischen Parlament finden Sie Unterstützung.
Dariusz Maciej Grabowski (UEN). - (PL) Herr Präsident! Eine Bewertung von zehn Jahren Wirtschafts- und Währungsunion sollte aus einer internationalen Perspektive vorgenommen werden. Wir sollten uns fragen, wo die Europäische Union ihre Vorteile vor ihren weltweiten Hauptkonkurrenten, den USA und Asien, gezeigt hat. Diese Perspektive zeigt eindeutig, dass die Bilanz der Eurozone negativ ist. Die Europäische Union hat sich langsamer entwickelt als ihre Konkurrenten. Das Wachstum bei der Beschäftigung und besonders das Wachstum im Bereich der Arbeitsproduktivität ist niedriger als in den USA, von Asien ganz zu schweigen. Dies bedeutet, dass die Gemeinschaftswährung ihre grundlegende Aufgabe nicht erfüllt.
Ein weiterer Aspekt ist die Zukunft der Eurozone: Dokumente der Europäischen Zentralbank und der Behörden der EU legen zunehmend die Betonung auf die Notwendigkeit, den Euro als Instrument einzusetzen, um den Mitgliedstaaten eine einheitliche Wirtschaftspolitik aufzuzwingen, insbesondere hinsichtlich der Haushalts- und Steuerpolitik. Diese Erklärung ist für die weniger entwickelten Länder, besonders für die neuen Mitgliedstaaten, ein Grund zur Besorgnis. Wie können sie sich entwickeln und den Abstand zu den alten Mitgliedstaaten verkürzen, wenn sie in eine Politik gezwungen werden, die das Wirtschaftswachstum in allen Mitgliedstaaten verlangsamt?
Der Hauptkritikpunkt bei der Europäischen Zentralbank ist, dass sie in dem Bemühen, aus dem Euro eine Weltwährung zu machen, die Wirtschaftsprobleme der Regionen und der weniger entwickelten Mitgliedstaaten vernachlässigt. Sie nimmt auch keine Rücksicht auf die sozialen Aspekte, wie zum Beispiel die demografische Struktur und die Mobilität der Bürger.
Die Position der EU-Behörden ist noch weniger akzeptabel, wenn man bedenkt, dass sowohl Deutschland als auch Frankreich die strengen Bedingungen von Maastricht nicht eingehalten haben, weil sie wussten, dass dies in ihrem nationalen Interesse liegt. Und sie wurden nie aufgefordert, Rechenschaft abzulegen, oder gar bestraft. Daher ist es meiner Ansicht nach erforderlich, die gegenwärtige Wirtschaftsdoktrin der Eurozone nicht weiter zu verfolgen, sondern einen radikalen Wechsel zu vollziehen, der nicht nur dazu beitragen wird, die aktuelle Finanzkrise zu bewältigen, sondern der vor allem die Energie der einzelnen EU-Mitgliedstaaten freisetzen wird, um sich wirtschaftlich weiterzuentwickeln.
Kyriacos Τriantaphyllides (GUE/NGL). - (EL) Herr Präsident! Der Vorschlag der Europäischen Kommission zu den ersten zehn Jahren Wirtschafts- und Währungsunion enthält eine Reihe widersprüchlicher Aussagen. Er hat zum Ziel, den Kreis der Deregulierung der Märkte zu schließen, während in der Realwirtschaft die Preise für Waren und Dienstleistungen eine absolute Rekordhöhe erzielt haben und die Arbeitslosigkeit in der Eurozone 2009 voraussichtlich 8,6 % und im Jahr 2010 9 % erreichen wird.
Die Entwicklungen bestätigen, dass der Abstand zwischen Arm und Reich keineswegs abgenommen hat. Die globale Wirtschafts- und Finanzkrise hängt direkt mit den Einschränkungen des Staates und mit der Deregulierungspolitik zusammen. Und während uns bestätigt wird, dass der Reichtum ungleich verteilt ist, spricht sich die Kommission für die fortgesetzte Anwendung und die ausgleichenden Effekte des Stabilitäts- und Wachstumspakts und für eine stärkere Rolle des Internationalen Währungsfonds aus.
Dieser Ansatz ignoriert rücksichtslos die Besonderheiten der Wirtschaften der einzelnen Mitgliedstaaten und kollidiert mit der Philosophie der unterschiedlichen Wachstumsraten in jedem Mitgliedstaat.
Hanne Dahl (IND/DEM). - (DA) Herr Präsident! Nun sind seit der Einführung des Euro in einer Vielzahl von Ländern der EU zehn Jahre vergangen. In Dänemark haben wir die Einführung des Euro nach langen und sehr intensiven Debatten zweimal abgelehnt, und nun ist es an der Zeit für eine Bestandsaufnahme und eine neuerliche Lagebewertung. Wir müssen unsere gemeinsame Währung sehr kritisch betrachten. Seit Juli ist der Euro im Vergleich zum Dollar nach dem Beginn der Finanzkrise um 30 % gefallen. Die Investoren haben kein Vertrauen in den Euro. Die Frage lautet, warum? Ein Teil der Antwort ist offensichtlich: Vieles deutet darauf hin, dass die innerhalb der EU verfolgte Geld- und Währungspolitik, die nur auf die Inflation abzielt, falsch ist. Die sehr strikte Finanzpolitik, die den Mitgliedstaaten im Namen des Stabilitätspakts aufgezwungen wird, ist im Moment einfach nicht die richtige. Der im Vergleich zum Dollar niedrige Eurokurs ist ein Ergebnis des mangelnden Vertrauens in die Wirtschaftspolitik der Euroländer. Man könnte auch sagen, dass die Finanzkrise etwas anderes zeigt – dass der Anspruch des Euro „eine Währung für Alle“ zu sein, nicht funktioniert. Immer mehr Wirtschaftswissenschaftler sind der Ansicht, dass eine expansive Finanzpolitik verfolgt werden sollte. Wenn wir sie als Instrument nutzen möchten, benötigen wir mehr individuelle Wirtschaftspolitiken, als der Euro zulässt. Eine Einheitsgröße wird niemandem jemals wirklich gut passen. Sie wird bei allen immer nur schlecht sitzen.
Abschließend muss ich Herrn Klinz – der sagte, dass wir in Dänemark gerne der Eurozone beitreten würden und dass unsere Währung schwach sei – sagen, dass die dänische Wirtschaft so solide wie Felsgestein ist und dass wir die Finanzkrise besser als das durchschnittliche Euroland bewältigt haben.
Andreas Mölzer (NI). – (DE) Herr Präsident! Zum gegenwärtigen zehnjährigen Jubiläum der Wirtschafts- und Währungsunion gibt es im Moment wahrlich wenig Grund zum Feiern. Wir versuchen verzweifelt, mit einer Vielzahl von Rettungspaketen einen Dammbruch unserer Finanzsysteme zu verhindern, und schaffen es dabei gerade, die Bruchstellen notdürftig zu kitten. Da werden von den Banken Staatsgelder in Milliardenhöhe kassiert und gleichzeitig Boni und Gewinne ausbezahlt, und der Durchschnittsbürger ist gleich mehrfach der genarrte. Sein Steuergeld landet beim Bankenroulette, dafür drohen ihm Arbeitslosigkeit und möglicherweise auch Einbußen bei seinen Ersparnissen und seiner Pensionsvorsorge.
Mitten in diesem Dilemma werden nun Stimmen laut, die meinen, wir müssten endlich dafür sorgen, dass die europäischen Konzerne nicht demnächst außereuropäischen, etwa chinesischen Eigentümern gehören. Dabei hat der Ausverkauf Europas schon vor Jahren begonnen, nämlich mit Cross-Border-Leasing und ähnlichen Machinationen. Überdies droht der WWU angesichts des griechischen Schuldenstrudels und der italienischen Sorglosigkeit nach dem Beitritt zum Euroclub gewiss noch einiges an Ungemach.
Wir müssen also dafür sorgen, dass Fehler im Zusammenhang mit dem Euro nicht von neuen Mitgliedern wiederholt werden und dass mit öffentlichen Geldern, also mit Volksvermögen, keine weiteren riskanten Finanzspielchen getrieben werden können. Wir brauchen nicht nur eine EU-weite strenge Überwachung dubioser Finanzkonstrukte, wir müssen vielmehr auch von den Profiteuren von Spekulationsgeschäften einen Solidarbeitrag verlangen. Vor allem hat die EU ganz grundsätzlich einem völlig enthemmten Kapitalismus abzuschwören, um stattdessen die Bürger vor brutaler Profitgier und den negativen Auswirkungen einer unkontrollierten Globalisierung zu schützen.
Othmar Karas (PPE-DE). (DE) Herr Präsident, Herr Präsident der Eurozone, Herr Jean-Claude Juncker, meine Damen und Herren! Mein Vorredner hat eine Themenverfehlung begangen, weil alles, was er sagte, wenig mit dem Euro zu tun hat.
Der Euro und die Erweiterung sind die sichtbarsten Erfolgsprojekte der Europäischen Union der letzten zehn Jahre. Wir haben aber auch festzuhalten, dass ohne Maastricht-Kriterien, ohne Stabilitäts- und Wachstumspakt, ohne Europäische Zentralbank und ohne politischen Willen, ohne die Bereitschaft zur Übernahme von europäischer Verantwortung diese Erfolgsgeschichte nicht hätte geschrieben werden können. Wir sprechen jetzt über Zusammenarbeit und Koordinierung. Ja, wir brauchen mehr Zusammenarbeit und Koordinierung. Das setzt aber voraus, dass wir mehr Vertrauen zueinander haben. Wir brauchen mehr Zusammenarbeit und Koordinierung, auch im Lichte von mehr Europa im Bereich der Wirtschaftspraktiken.
Die Europäische Zentralbank, die Fed, die japanische Nationalbank haben dazu beigetragen, in den vielfältigen Krisen Währungskrisen von Europa fernzuhalten. Ich möchte daher nochmals daran appellieren, dass es keinen Gipfel geben kann ohne Vertretung der Eurozone und ohne Vertretung der Europäischen Zentralbank. Die Finanzkrise zeigt uns, dass uns der Euro geholfen hat, Währungsspekulationen zu verhindern und in der Eurozone keine vorkommen zu lassen. Die Reaktionen in Dänemark, dem Vereinigten Königreich, Schweden und Ungarn zeigen uns sehr deutlich, was wir am Euro haben.
Mein letzter Punkt, Herr Präsident, ist: Wir wollen auch, dass im IWF, in der Weltbank, in der globalen Finanzmarktordnung die Europäische Union ihrer Stärke entsprechend vertreten ist. Wir fordern von allen, die jetzt nach globalen Regelungen schreien, dass sie auch in Europa und in ihren Mitgliedstaaten das tun, was sie von anderen verlangen!
Olle Schmidt (ALDE). - (SV) Herr Präsident, Herr Kommissar, sehr geehrter Herr Juncker, ich möchte zunächst einem reifen Zehnjährigen meine herzlichen Glückwünsche überbringen und beiden Berichterstattern für einen ausgezeichneten Bericht danken.
Die letzten Monate haben natürlich die Stärke des Euro demonstriert. Nur wenige glaubten vor zehn Jahren, dass der Euro einen solchen Erfolg haben würde. Einige Länder, einschließlich meines eigenen, haben ängstlich draußen gewartet. Manche Kritiker dachten wahrscheinlich, dass der Euro den Test nicht bestehen würde, wie Herr Lundgren gesagt hat. Aber er und die anderen Unheilspropheten haben geirrt. Nach Monaten finanzieller Unsicherheit ist nun klar, dass nur die Zusammenarbeit in Wirtschaftsangelegenheiten, mit dem Euro als Dreh- und Angelpunkt, die Sicherheit bieten kann, die die gegenwärtigen globalen Wirtschaftssysteme benötigen. Gerade die Tatsache, dass es gemeinsame Aktionen waren, die zu Markterleichterungen führten, beweist die Stärke der Kooperation der Euroländer.
Der Euro sollte die Währung von ganz Europa sein. Wenn diese Vision Wirklichkeit werden soll, sollten die bereits strengen Konvergenzkriterien nicht noch strenger werden. Ich glaube daher, dass es falsch ist, die Mitgliedschaft in der Eurozone in einen exklusiven Club mit höheren Zutrittsbedingungen zu verwandeln, wie es einer der Änderungsanträge verlangt.
Lassen Sie mich zur Position Schwedens außerhalb der Eurozone einige Worte sagen. Für Schweden, das nur einen Fuß in der Europäischen Union hat, aber immer noch nicht in der Eurozone ist, liegen die Vor- und Nachteile nun klarer als je zuvor auf der Hand, sogar, wie ich hoffe, für Herrn Lundgren. Als die vorherige Finanzkrise Schweden im Jahr 1992 traf, konnten wir letztlich nichts anders tun, als eine Abwertung der Krone zuzulassen. Die Lektionen, die wir damals gelernt haben, führten zu unserer Entscheidung, uns der europäischen Familie anzuschließen. Im letzten Jahr ist die Schwedische Krone im Vergleich zu dem Euro erneut gefallen. Jetzt, da wir gegen die Finanzkrise kämpfen müssen, findet sich Schweden außerhalb des geschützten Bereichs, den der Euro bietet, und ist von den Entschließungen, die vom Krisenmanagement innerhalb der Eurogruppe angenommen und gefordert werden, ausgenommen. Kleine Länder wie Schweden sollten jetzt den Wert einer gemeinsamen Währung erkennen. Die Stabilität, die der Euro bietet, ermöglicht die langfristige Perspektive, die für ein Land, das so sehr von Exporten abhängt, wie Schweden, von großer Bedeutung ist. Schweden kann eine positive Wirtschaftsentwicklung vorweisen, das ist wahr, aber die Mitgliedschaft in der Eurozone hätte uns zu mehr Stabilität in unserer Geld- und Währungspolitik verholfen, mehr Arbeitsplätze geschaffen und für eine stabilere Wirtschaft und höhere Exportraten gesorgt.
Die schwedischen Parteien sollten daher darauf vorbereitet sein, ihre passive Haltung dem Euro als Währung für Schweden gegenüber noch einmal zu überdenken. Schweden sollte ein vollwertiges Mitglied der Europäischen Union sein. Es ist daher an der Zeit, in meinem Land ernsthaft über ein neues Referendum zu sprechen. Meinerseits hoffe ich auf eine schwedische Mitgliedschaft in den nächsten fünf Jahren.
Zbigniew Krzysztof Kuźmiuk (UEN). - (PL) Herr Präsident! Ich möchte auf zwei Fragen in dieser Debatte aufmerksam machen, Fragen, die meiner Ansicht nach einen Schatten auf die Funktionsfähigkeit der Wirtschafts- und Währungsunion werfen. Zunächst haben wir eine raschere Entwicklung der Länder außerhalb der Eurozone als der Länder innerhalb. Von 2002 bis 2007 entwickelten sich die alten Mitgliedstaaten außerhalb der Eurozone – England, Schweden und Dänemark – wesentlich schneller als die Länder der Eurozone. Das BIP-Wachstum in diesen Ländern war doppelt so hoch wie der Durchschnitt in der Eurozone und die Arbeitslosigkeitsraten waren deutlich niedriger als die in der Eurozone. Die Unterschiede zwischen den Ländern der Eurozone und den neuen Mitgliedstaaten sprechen eine noch deutlichere Sprache.
Zweitens werden die Länder, die der Wirtschafts- und Währungsunion beitreten möchten, und die Länder, die bereits Mitglieder dieser Union sind, ungleich behandelt. Die Kandidaten der Währungsunion müssen zwei Jahre vor Einführung der Währung strenge steuer- und währungspolitische Kriterien einhalten, während die beiden größten EU-Länder – Deutschland und Frankreich – die in der Eurozone sind, den Grenzwert für das Haushaltsdefizit zwischen 2002 und 2005 überschritten haben. Es war eine Änderung des Stabilitäts- und Wachstumspakts notwendig, um zu vermeiden, dass diese beiden Länder mehrere Milliarden Euro an Strafen für die Nichteinhaltung der Kriterien zahlen mussten.
Jens Holm (GUE/NGL). - (SV) Dieser Bericht feiert die WWU. Ich frage mich, was es da eigentlich zu feiern gibt. Die Eurozone befindet sich in der Rezession, und die Arbeitslosigkeit steigt rapide an. Einige der großen WWU-Länder erfüllen die grundlegenden wirtschaftlichen Anforderungen für die Mitgliedschaft nicht mehr. Dies allein weist bereits auf die mangelnde Flexibilität des Projekts hin.
Vor fünf Jahren hat die schwedische Bevölkerung gegen die WWU gestimmt. Bei mehreren Gelegenheiten habe ich die Kommission jedoch sagen hören, dass Schweden der WWU früher oder später beitreten müsse. Ich möchte daher diese Gelegenheit nutzen, die Kommission zu fragen, ob Sie dies ein für alle Mal klären könnten. Muss Schweden der WWU beitreten?
Die WWU braucht eine grundlegende Reform. Die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit müsste als klares Ziel für die Europäische Zentralbank aufgenommen werden. Es sollte eine größere wirtschaftliche Flexibilität zugelassen werden. Dies wären einige wenige Schritte in die richtige Richtung.
Zsolt László Becsey (PPE-DE). - (HU) Vielen Dank, Herr Präsident! Ich halte die Einführung des Euro für einen Erfolg, da wir angesichts der Stabilität hinter dem Euro einen Rückgang der Arbeitslosigkeit und einen Anstieg der Beschäftigungszahlen verzeichnen können. Einen weiteren Beweis liefert die gegenwärtige Krise, da jedes Land, das diese starke Leitwährung verwenden kann, einfach keine Schwierigkeiten mit den Zahlungsbilanzen haben kann, während andere – wie beispielsweise Ungarn – mit solchen Problemen konfrontiert sind.
Die Eurozone hat es jedoch nicht geschafft, die Konvergenz zu erreichen, trotz der Unterstützung durch den Kohäsionsfonds, und die Ursachen dafür sind es, die wir untersuchen sollten. Sie ist ein sehr starker Anziehungspunkt für Kapital. Daher schlage ich vor, dass wir bei der Untersuchung der vergangenen Ereignisse nicht nur das BIP, sondern auch das BNE berücksichtigen sollten.
Ich freue mich darüber, dass im Bericht auch gefordert wird, gegen Mitgliedstaaten, die fortgesetzt falsche, geschönte Vorhersagen abgegeben haben – wie wir es aus den Ereignissen in Ungarn im Jahr 2006 wissen –, Maßnahmen einzuleiten, und ich glaube, dass dies in der Tat von wesentlicher Bedeutung ist.
Ich halte es für wichtig, dass wir das Prestige der EU-Mitgliedschaft weiterhin hochhalten. Auf der anderen Seite sollten Staaten, die nicht Mitglied der Europäischen Union sind, auch nicht der Eurozone beitreten, da dies bedeuten würde, dass wir die dramatische Anstrengungen bestimmter Staaten, die Mitgliedschaft zu erringen, nicht rechtfertigen könnten.
Die Instrumente der EZB sollten vor allem in der gegenwärtigen Krise für jeden Mitgliedstaat, insbesondere in Bezug auf die Liquidität, angewendet werden; in dieser Hinsicht sollten wir nicht selbstsüchtig sein. Dies verleiht dem Schutzschild der EU und der Mitgliedschaft im Binnenmarkt eine Bedeutung, die eine erhebliche Herausforderung darstellt, insbesondere für die weniger entwickelten Mitgliedstaaten. Gleichermaßen sollten wir dies jedoch auch bei der Zusammensetzung des Direktoriums der EZB berücksichtigen.
Die wichtigste Überlegung betrifft jedoch die Außenvertretung der Eurozone. Dies ist notwendig, es sollten jedoch alle Mitgliedstaaten an der Übertragung des Mandats für die Außenvertretung der Eurozone beteiligt werden; die Außenvertretung sollte kein exklusiver Club sein, da die EU eine geeinte Gesamtheit ist.
Abschließend möchte ich sagen, dass die Mitgliedstaaten der Eurozone so bald wie möglich beitreten müssen, unter strengen, aber logischen Bedingungen. Daher freue ich mich über den vernünftigen Vorschlag von Herrn Klinz, dass die Referenzländer auf die Länder in der EU beschränkt werden. Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Vladimír Maňka (PSE). – (SK) In Verbindung mit der Finanzkrise in den letzten Wochen haben die Einwohner Europas gesehen, wie die Mitgliedstaaten in der Eurozone besser dafür gerüstet sind, auf größere Störungen zu reagieren. Das sehen die Menschen auch in meinem eigenen Land, der Slowakei, die der Eurozone am 01. Januar beitritt.
Die Finanzinvestoren und Spekulanten der Währungsmärkte betrachten uns bereits als Teil der Eurozone. Es zahlt sich nicht mehr aus, mit unserer Währung zu spekulieren, seit wir einen festen Umrechnungskurs festgelegt haben. Gleichzeitig fallen die Kurse unserer Nachbarländer. Die Spekulanten sehen in ihnen ein Risiko, das sie aufgrund der Krise an den Finanzmärkten nicht eingehen möchten. Einige Währungen sind auf ihren niedrigsten Stand seit Jahren gefallen.
Die Übernahme des Euro für eine kleine und offene Wirtschaft schützt die Unternehmer und die Einwohner vor Wechselkursschwankungen. Selbst die Einwohner des Landes mit der höchsten Beschäftigungsrate der Welt, Dänemark, das lange eine Wettbewerbsfähigkeit und einen Lebensstandard auf höchstem Niveau weltweit aufwies, haben entdeckt, dass sie, wenn sie Mitglieder der Eurozone wären, günstigere Wechselkurse hätten und besser in der Lage wären, die aktuellen globalen Probleme zu bewältigen. Dasselbe gilt auch für Schweden, natürlich, über das wir heute bereits gesprochen haben. Vielleicht ist nun der richtige Zeitpunkt für sie, ihren Beitritt zur Eurozone neu zu bewerten.
Ein Kollege aus meinem eigenen Land hat heute kritisiert, dass die slowakische Regierung Maßnahmen ergreift, um den Rahmen für die Regelung und Überwachung zu stärken. Ich möchte ihn gerne auf eine Entschließung des Europäischen Parlaments aufmerksam machen, das die Kommission kürzlich aufgefordert hat, Maßnahmen zur Stärkung des Rahmens für die Regelung und Überwachung in der gesamten EU zu ergreifen. Es gibt keinen anderen Weg. Deshalb hat die Mehrheit der Abgeordneten aus verschiedenen politischen Fraktionen für diese Option gestimmt.
Abschließend möchte ich den beiden Berichterstattern zu einem ausgezeichneten Bericht gratulieren.
Danutė Budreikaitė (ALDE). - (LT) Die Wirtschafts- und Währungsunion ist 10 Jahre alt. Das ist ein schöner Geburtstag, aber auch eine Gelegenheit zur Betrachtung, wie die EU und die globale wirtschaftliche, finanzielle und politische Situation sich verändert haben und ob die Maastricht-Kriterien den gegenwärtigen globalen Veränderungen noch Rechnung tragen.
2005 wurde der Stabilitäts- und Wachstumspakt überarbeitet, vielleicht, weil seine Anforderungen von den größten Ländern in der Eurozone nicht umgesetzt worden waren.
In dem Zeitraum von 10 Jahren hat praktisch keines der Länder in der Eurozone alle Maastricht-Kriterien umgesetzt.
Wir wissen, dass das Inflationsziel der Europäischen Zentralbank bei 2 % liegt. Wenn wir dieses Ziel heute anstreben würden, würden wir sehen, dass keines der EU-Länder es erreicht hat; deren Inflationsraten bewegten sich in diesem September zwischen 2,8 % in den Niederlanden und 14,7 % in Lettland, und das Maastricht-Kriterium der Preisstabilität läge bei 4,5 %.
Wenn die Mitglieder der Eurozone es nicht schaffen, das Kriterium der Preisstabilität zu erfüllen, wie können wir dann von Inflationsstabilität sprechen? Die Rede von der Inflationsstabilität begann 2006 mit dem Beginn der Erweiterung der Eurozone. Sprechen wir bei den neuen Anforderungen ausschließlich für die neuen Kandidaten der Eurozone? Wie stehen die Aussichten für die Erweiterung der Eurozone?
Ich ersuche die Europäische Kommission und die Europäische Zentralbank, die Grundsätze, die Lenkung und die Maastricht-Kriterien der Wirtschafts- und Währungsunion noch einmal zu überprüfen, und sich zu fragen, ob sie in der gegenwärtigen globalen wirtschaftlichen und finanziellen Situation umgesetzt werden und was die Zukunft für die Wirtschafts- und Währungsunion und die Kandidaten der Eurozone bereithält.
Ryszard Czarnecki (UEN). - (PL) Herr Präsident, Herr Juncker! Sie haben kein Glück, denn die heutige Aussprache über den Erfolg von Euroland findet gerade in dem Augenblick statt, in dem Eurostat angekündigt hat, dass in den Ländern, die die gemeinsame Währung haben, gerade eine große Rezession beginnt. Das sollte Sie eher zur Selbstkritik veranlassen, als zu der ungezügelten Erfolgspropaganda. Die Autoren preisen in ihrem Bericht den Rückgang der Arbeitslosigkeit, die neun Jahre lang zugegebenermaßen nur etwas mehr als 1,5 % betrug, aber laut Vorhersagen steht der Eurozone im kommenden Jahr ein signifikanter Anstieg der Arbeitslosigkeit bevor. Die andere Seite der Medaille ist weniger erfreulich und der Bericht unterstreicht dies. Dabei geht es um das sehr unbefriedigende wirtschaftliche Wachstum und den signifikanten Rückgang der Produktivität (von 1,5 % in den 90er Jahren auf 0,75 % im vergangenen Jahrzehnt).
Es ist klar, dass der Euro weder ein Allheilmittel gegen wirtschaftliche Not darstellt, noch ein Instrument ist, das von Natur aus für ein schnelleres wirtschaftliches Wachstum und größeren Wohlstand sorgt als in den EU-Ländern außerhalb des Euro – Schweden, Dänemark und Großbritannien.
Margaritis Schinas (PPE-DE). - (EL) Herr Präsident! Es kann keinen Zweifel geben, dass die Geburt der WWU und des Euro einen Höhepunkt in der sechzigjährigen Geschichte der Europäischen Integration darstellt.
Dies ist das erste Mal in Europa und weltweit, dass wir einen so strukturierten Übergang zu einer gemeinsamen Währung sehen, ohne Krieg, ohne Blutvergießen, durch Konsens und durch den politischen Willen unabhängiger Länder, die gemeinsam und demokratisch beschlossen haben, diesen Weg in Richtung währungspolitische Stabilität einzuschlagen. Es war ein schwieriger Weg, aber ein Weg, der beiden Gruppierungen Europas zusagte: sowohl den Ländern, die an finanzielle Stabilität gewohnt waren und dieselben anti-inflationäre Politik weiterverfolgt haben, als auch den anderen, die nach Jahrzehnten finanzpolitischer Disziplinlosigkeit zum ersten Mal im Euro eine Oase gefunden haben, in der sie ihre wirtschaftlichen Grundlagen rationalisieren und restrukturieren konnten.
So viel zur Vergangenheit. Jetzt befinden wir uns allerdings in einer sehr schwierigen Phase, einer zentralen Phase, in der wir auf das „W“ für „Wirtschaft“ in der Wirtschafts- und Währungsunion achten müssen. Bisher hat uns das „W“ für „Währung“ dabei geholfen, dahin zu gelangen, wo wir heute stehen, von jetzt an aber fürchte ich, werden wir ohne einen kohäsiven, konsistenten, einheitlichen europäischen Ansatz für die wirtschaftlichen Aspekte dieses Themas feststellen, dass zahlreiche unserer Errungenschaften umgestoßen wurden.
So sind künftig also zwei Fragen zu klären: Die Koordinationsregeln für die europäische wirtschaftliche Governance, die das globale System außerdem gegen die Exzesse und gegen die Anarchie immunisieren soll, die die aktuelle Krise verursacht haben, und zweitens müssen wir die wirtschaftliche Anbiederung bei der Bevölkerung durch all diejenigen verurteilen, die die Krise nutzen möchten, um so wichtige Errungenschaften in Zweifel zu ziehen.
Manuel António dos Santos (PSE). – (PT) Ich möchte zunächst den Berichterstattern zu diesem hervorragenden Bericht gratulieren. Nur die wenigen, die absolut vergesslich sind, oder die vielen, denen jegliches Verständnis fehlt, können der Ansicht sein, dass der Euro und die damit verbundene Währungspolitik kein Riesenerfolg für die Menschheit und ein großer Erfolg für die europäische Wirtschaft sind. Sie müssen nur die enorme Anzahl von Arbeitsplätzen betrachten, die in Europa während der Herrschaft des Euro geschaffen wurden, um seine Bedeutung zu begreifen. Ebenso signifikant muss doch sein, dass diejenigen, die sich noch vor kurzem skeptisch zur gemeinsamen Währungspolitik und zum Euro äußerten, in einer Krisensituation, in welcher die europäische Wirtschaft dank ihrer Instrumente positiver reagiert als andere regionale Wirtschaften, nun rasch um Zusammenarbeit mit dem Euroraum und sogar um ihre Aufnahme bitten.
Das ist jedoch nicht alles, und es bedeutet nicht, dass ich persönlich damit zufrieden bin, wie die Europäische Union mit den Problemen der finanziellen Konsolidierung und der finanziellen Stabilität umgeht. Ich habe in diesem Haus schon bei unzähligen Gelegenheiten gesagt, dass ich für finanzielle Stabilität und für den Stabilitäts- und Wachstumspakt bin, aber dass ich das Gefühl habe, dass dieser Pakt nicht immer gut für die Realwirtschaft war. Weder dieser Pakt noch die Währungspolitik waren besonders gut für die Realwirtschaft. Die Realwirtschaft sah sich durch eine übertrieben konventionelle Anwendung der Regeln des Stabilitäts- und Wachstumspakts häufig mit enormen Problemen konfrontiert.
Ich habe noch keinen Wirtschaftswissenschaftler getroffen oder einen wirtschaftlichen Text gelesen, der gesagt hätte, dass zwei, drei und sechzig, die magischen Zahlen des Stabilitäts- und Wachstumspakts (Inflation, Defizit und Verschuldungsgrad), wissenschaftlich erwiesen sind. Ich habe noch niemanden getroffen, und ich habe insbesondere noch keinen Wirtschaftswissenschaftler oder Wirtschaftstheoretiker getroffen, der irgendwann einmal gesagt hätte, es sei absolut lebenswichtig, diese Art von Konfiguration beizubehalten. Eine zäh von der Kommission und den konservativeren Lagern Europas verteidigte Idee ist, dass wir ausgeglichene oder sogenannte Null-Budgets benötigen. Das ist eine absolut absurde Vorstellung. Ein ausgeglichenes Budget bedeutet auf jedem Wachstumsniveau den uneingeschränkten Ausschluss künftiger Schulden. Das ist weder in sozialer Hinsicht fair, noch ist es fair in Bezug auf die Beziehungen zwischen den Generationen, und es steht in keinerlei Beziehung zur Realität und zur Realwirtschaft.
Jim Higgins (PPE-DE). - Herr Präsident! Der Berès-Langen-Bericht ist hervorragend, weil er uns die Geschichte der WWU in den letzten 10 Jahren veranschaulicht und beschreibt, wie es in Zukunft weitergehen sollte. Der Euro war entschieden ein Erfolg: Er ist die zweitwichtigste Währung der Welt; die Inflation in den ersten 10 Jahren stimmt im Großen und Ganzen mit dem Ziel von 2 % der EZB überein; er hat außerdem zu Erleichterungen bei Reisen, beim Handel und bei der Beschäftigung geführt, und, was am wichtigsten ist, er markiert einen weiteren Schritt in der Konsolidierung der EU.
Die Ankündigung der vergangenen Woche, dass sich die Eurozone in einer Rezession befindet, bedeutet, dass jetzt sowohl innerhalb der EU als auch global Maßnahmen ergriffen werden müssen, aber was wir nicht tun können, ist, den Euro für die gegenwärtige Krise verantwortlich zu machen. Die Regeln des Stabilitäts- und Wachstumspakts haben den gut gemeinten Zweck, die maximalen Kreditrichtlinien für die Mitgliedstaaten festzulegen; sie haben die gegenwärtige globale Wirtschaftskrise nicht vorausgesehen – und niemand hätte diese voraussehen können. Die aktuelle Krise ruft meiner Meinung nach zur Flexibilität auf, weil, solange der Kreditdruck der Finanzinstitutionen nicht nachlässt, die Möglichkeit besteht, dass die Krise verschärft wird und immer mehr Arbeitsplätze verloren gehen.
Ich muss sagen, ich möchte den Präsidenten Barroso und Sarkozy mein Lob aussprechen für die Art und Weise, in der sie die Europäische Union bei den G20-Gesprächen in Washington letzte Woche vertreten haben. Ich denke, sie haben uns Ehre gemacht, und ich denke, sie haben Europa Ehre gemacht.
Schließlich müssen wir untersuchen, wie wir in die gegenwärtige Krise geraten sind und aus welchen Gründen. Wir müssen daraus unsere Lehren ziehen, und wir müssen sicherstellen, dass dies nie wieder geschieht. Wenn das Reform bedeutet – Reform der Institutionen, Reform des Internationalen Währungsfonds –, dann sollten wir das tun. Wenn das bedeutet, dass die Operationen der Europäischen Zentralbank auf den Prüfstand gehören, dann sollten wir das tun. Wir sollten in diesem Stadium eine forensische Analyse durchführen, und, ungeachtet der Krise, die Europa gerade durchmacht – wir wissen nicht, wie ernst sie ist, wie sie enden wird oder welche Auswirkungen sie haben wird – wir sollten sie forensisch untersuchen und dann Lösungen umsetzen.
Dariusz Rosati (PSE). - (PL) Herr Präsident, Herr Kommissar, Herr Juncker! Ich teile die Ansicht, dass die gemeinsame Währung ein großer europäischer Erfolg war. Für mehrere Jahre hatten wir niedrige Preise und niedrige Inflationsraten, wir hatten niedrige Zinssätze, transparente Preise unter den Ländern, wir hatten eine makroökonomische Stabilität – und dies ist ein besonderer Erfolg für die Länder, die zuvor Probleme mit Inflation und ihrem Haushaltsdefizit hatten. Ich teile die Ansicht, dass dies ein Erfolg ist.
Ich möchte kurz kommentieren, was mein polnischer Kollege vor ein paar Minuten gesagt hat, als er sagte, dass wir in der Eurozone zunehmende Arbeitslosigkeit und eine Finanzkrise haben. Leider hat er die Kammer jetzt verlassen, aber wenn er geblieben wäre, hätte er einige weise Worte hören können. Weil er die Tatsache ignoriert, dass Europa ohne den Euro in einer wesentlich schlechteren Lage wäre, als heute. Das wird besonders deutlich, wenn wir die Situation von Ländern wie zum Beispiel Island oder Ungarn betrachten, die jetzt mit großen wirtschaftlichen Schwierigkeiten zu kämpfen haben. Würden sie zur Eurozone gehören, wäre ihre Lage wesentlich besser.
Ich möchte noch sagen, dass der langfristige Erfolg jeder Währung durch reale Faktoren bestimmt wird, er wird bestimmt durch die langfristige wirtschaftliche Entwicklung, und diese fehlt derzeit in Europa. Wir sollten zur Kenntnis nehmen, dass der US-Dollar in den vergangenen Wochen im Vergleich zum Euro stärker wurde, ein Beweis dafür, dass Investoren, oder zumindest ein Großteil von ihnen, selbst in einer Wirtschaftskrise glauben, dass der Dollar ein sicherer Hafen für ihre Investitionen ist. Daher müssen wir die Grundlage für ein langfristiges Wachstum in Europa schaffen, das die europäische Währung stärkt. Aber hierzu sind Reformen notwendig, dies erfordert einen wirtschaftlichen Aufschwung und dies erfordert höhere Produktivitätsraten.
Der zweite Punkt ist, dass ich glaube, wir sollten die nominalen Konvergenzkriterien überprüfen und wir sollten sicherstellen, dass wir die Kriterien an die neuen Bedingungen anpassen, insbesondere die Inflationskriterien und das Berechnungsverfahren für die Benchmark, sodass sie die Wirtschaften der neuen Mitgliedstaaten, die sehr dynamisch sind, in die Lage versetzen, der Eurozone beizutreten.
Paolo Bartolozzi (PPE-DE). – (IT) Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte dem Vorsitzenden der Eurogruppe und dem Kommissar sowie den beiden Berichterstattern, die diesen Bericht erstellt haben, danken, denn ich bin davon überzeugt, dass die Einführung des Euro die Bürgerinnen und Bürger in die Lage versetzt hat, ihre eigenen Familienbudgets erfolgreicher zu verwalten, indem er sie dabei unterstützt hat, bei den Ausgaben für Waren und Dienstleistungen zu sparen, und nicht nur das.
Wie andere bereits ausgeführt haben, hatten wir in diesen zehn Jahren eine durchschnittliche Inflationsrate von 2 %, sowie die Entstehung von rund 16 Millionen Arbeitsplätzen und die Senkung des Defizits der öffentlichen Haushalte, das sich im Jahr 2007 – wie der Kommissar bereits sagte – auf ca. 0,6 % des BIP belief, verglichen mit 4 % in den 80er und 90er Jahren.
Mehr noch, der Euro hat an internationalem Prestige gewonnen und ist zu einer attraktiven Währung sogar für Länder außerhalb der Gemeinschaft geworden, und trotz der jüngsten finanziellen Turbulenzen, die dem weltweiten Finanz- und Bankensystem schwer zugesetzt haben, hat der Euro die verheerenden Auswirkungen dieser Finanzkrise von globalen Ausmaßen zweifellos abgemildert. Heute besteht jedoch die Gefahr, dass die globale Verlangsamung der Nachfrage die Exporte weiter schwächen und die Vorteile des Diskontsatzes des Euro zunichte machen wird, der durch den sinkenden Wechselkurs im Vergleich zum Dollar bedroht ist.
Es ist klar, dass wir erneut versuchen müssen, die Grundstruktur des Euro deutlich anzupassen, um die Mitgliedstaaten mit einem unterdurchschnittlichen BIP in die Lage zu versetzen, ihre Nachteile auszugleichen. Ein Fahrplan für die WWU, um die wirtschaftlichen Divergenzen besser analysieren zu können, die strukturellen Reformen voranzutreiben und die öffentlichen Finanzen und die Finanzmärkte zu überwachen sowie ihre Integration zu beschleunigen, ist daher äußerst begrüßenswert. All das kann und muss nach und nach umgesetzt werden, während wir uns, hoffentlich so bald wie möglich, aus dieser Situation der Instabilität herausarbeiten, die gegenwärtig nicht nur die dringenden Entscheidungen der nationalen Regierungen noch dringlicher macht, sondern auch die Verwirrung der Sparer erhöht. Das Vertrauen der Sparer muss wiederhergestellt werden, um Bewegung in Investitionen und Konsum zu bringen und die allgemeinen Rahmenbedingungen zu verbessern, innerhalb derer wir dann ruhiger handeln können. Mit anderen Worten, die Verantwortung muss kollektiv übernommen werden, aber auf Seiten der zuständigen Behörden ist eine konzertierte Anstrengung gefordert, um zu beurteilen, welche Reformen mit einer rigorosen Governance und einer entschlossenen politischen Führungsstärke unterstützt werden sollen.
Sirpa Pietikäinen (PPE-DE). - Herr Präsident! Ich möchte zunächst beiden Berichterstattern, Frau Berès und Herrn Langen, für einen sehr ausgewogenen Bericht danken, der das Thema von einem weiten Blickwinkel aus betrachtet. Zweitens denke ich, dass, als dieser Bericht initiiert wurde, niemand daran gedacht hat, wie zeitgemäß er zu diesem Zeitpunkt sein würde. Ich denke, dass dies ein Zeichen für die Fähigkeit der EU ist, auf globale Herausforderungen zu reagieren, die Wettbewerbsfähigkeit zu sichern und für Stabilität zu sorgen.
Ohne die Europäische Währungsunion wäre diese Finanzkrise sowohl für die Euroländer als auch für die Länder außerhalb des Euro wesentlich gefährlicher geworden. In den vergangenen 10 Jahren hat die Europäische Zentralbank eine sehr positive Rolle gespielt, und diese Initiative hat für eine sehr stabile Geld- und Währungspolitik sowie eine stabile Wirtschaftspolitik gesorgt, die uns tatsächlich in die Lage versetzt hat, rechtzeitig auf die Krise zu reagieren und proaktiv Maßnahmen zu ergreifen, nicht nur im Bereich der EU, sondern auch global, wenn von der Reform der globalen Finanzarchitektur die Rede ist.
Ich denke, dass dies mehr als nur eine Krise finanzieller Natur ist: Es ist eine Krise der Entscheidungsfindung und der Spielregeln. Was wir jetzt brauchen, ist eine stärkere europäische Rolle für die Überwachung und für die Europäische Zentralbank. Wir brauchen besser harmonisierte Regeln für all die unterschiedlichen Finanzinstrumente. Wir brauchen Transparenz durch ordnungsgemäße Verfahren und, vor allem anderen, müssen wir Europäer fest und geeint zusammenstehen, um diese Politik global voranzutreiben. Wir müssen geeint sein, weil die Märkte über die Fähigkeiten unserer Nationalstaaten hinausgewachsen sind, und wir brauchen auf nationaler Ebene, auf europäischer Ebene und global kohärente Maßnahmen.
Zita Pleštinská (PPE-DE). – (SK) Der Euro stellt für ausländische Investoren auch in der Region Mitteleuropa den besten Investitionsanreiz dar. Daher obliegt es, in Verbindung mit der Einführung des Euro in der Slowakei am 01. Januar 2009, der Regierung von Robert Fico, aus dieser Chance das Beste zu machen.
Die anhaltende Inflation und das Defizit der öffentlichen Finanzen werden in der Slowakei sehr genau beobachtet, und die gegenwärtige slowakische Regierung muss daher die Reformen der früheren Regierung unter Mikuláš Dzurinda fortsetzen. Andernfalls hat die Slowakei möglicherweise ein Problem, die Inflationsrate nach dem Beitritt zur Eurozone niedrig zu halten.
Ich glaube, dass sich die Regierung der Slowakei die Empfehlungen der Berichterstatter des Europäischen Parlaments zu Herzen nehmen und das Land nicht mit weiteren Schulden belasten wird. Sie sollte sich nicht in dem Versuch, an die Mittel der privaten Sparer zu gelangen und das Defizit der öffentlichen Finanzen kurzfristig zu verbessern, in die Reformen der Altersversorgung einmischen, sie wird keine Gesetze verabschieden, die mit den Marktregeln in Konflikt geraten, und sie wird zur allgemeinen Verbesserung der unternehmerischen Umgebung beitragen.
Silvia-Adriana Ţicău (PSE). - (RO) Herr Präsident, Herr Kommissar! Die Europäische Union bezieht ihre Stärke von ihren rund 490 Millionen europäischen Bürgerinnen und Bürgern. Die Eurozone ist ein Pfeiler der Stabilität für Europa und die gesamte globale Wirtschaft. In der Eurozone wurden allein in den letzten 10 Jahren 16 Millionen Arbeitsplätze geschaffen. Künftig wird sich die Union den Herausforderungen der demografischen Veränderungen und des Klimawandels stellen müssen. Eine alternde Bevölkerung wird große Probleme sozialer, wirtschaftlicher und haushaltspolitischer Natur verursachen. Ich glaube, dass die Freizügigkeit von Waren, Personen, Kapital und Dienstleistungen verteidigt werden muss, vor allem jetzt, vor dem Hintergrund der Finanzkrise und der wirtschaftlichen Rezession.
Die Beseitigung der Grenzen, die die Freizügigkeit der Arbeitsnehmer verhinderten, garantiert ordnungsgemäße, angemessene Arbeitsbedingungen für alle europäischen Arbeitnehmer und bietet ein effektives Mittel, um Sozialdumping und Steuerbetrug zu verhindern. Ich fordere die Europäische Kommission und die Mitglieder der Eurogruppe auf, zusammen mit den Regierungen der Mitgliedstaaten die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um die den rumänischen und bulgarischen Arbeitnehmern auferlegten Restriktionen aufzuheben. Die Eurozone muss ein Beispiel für eine soziale Marktwirtschaft darstellen.
Vittorio Prodi (ALDE). - (IT) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte zunächst Kommissar Almunia und dem Vorsitzenden Juncker für ihre Arbeit an der Entwicklung dieses Instruments danken, das so wichtig ist. Der Euro ist eine zuverlässige Realität, die uns in dieser Krise geschützt hat.
Daher müssen wir nun die Vorreiterrolle übernehmen und eine Wirtschaftspolitik entwickeln, um entlang der Geld- und Währungspolitik zu arbeiten, die so erfolgreich gewesen ist; eine Politik für die Eurogruppe als Ganzes, aber möglicherweise auch genauso für die Union, eben weil wir zu diesem kritischen Zeitpunkt ein Sofortprogramm einleiten müssen, um die vorhergesagten wirtschaftlichen Schwierigkeiten angehen zu können.
Ich glaube daher, dass ein starkes Engagement erforderlich ist; wir müssen mit einem hochwirksamen Programm beginnen, um in der Union eine Energieinfrastruktur aufzubauen und Energieeinsparungen zu erzielen. Ich bin überzeugt, dass wir dies sobald wie möglich tun müssen.
Gay Mitchell (PPE-DE). - Herr Präsident! Erlauben Sie mir, meine Punkte in Stichpunkten vorzubringen.
Einheitliche Märkte sind der Kern des Systemfehlers, den wir haben, und wenn wirklich gute Führungskräfte wie Herr Juncker und Herr Almunia den Märkten keine Heterogenität zurückbringen können, dann verschieben wir die Lösung des Fehlers lediglich auf einen späteren Zeitpunkt. Einheitliche Märkte stehen im Zentrum dieses Problems.
Zweitens wurde in Irland vorausgesagt, dass der Euro als Währung so etwas wie ein Fahrzeug ohne Bremsen, Steuerrad und Beleuchtung sein wird. Wie sehr haben sie sich getäuscht! Wo wären wir heute in Irland, wenn der Euro und die Europäische Zentralbank nicht zur Stelle wären? Warum rechnen wir uns das nicht stärker als Verdienst an? Dies ist eine Sache, die uns beim Ratifizierungsprozess des Vertrags von Lissabon Vertrags behilflich sein könnte.
Schließlich ist zum Argument der Impfung zu sagen, hier haben die Eltern das Entscheidungsrecht, aber wenn alle Eltern sich gegen das Impfen entscheiden, werden die Epidemien ansteigen.
Ich möchte nur soviel dazu sagen: Niemand ist eine Insel. Großbritannien mag wohl eine Insel sein, aber es ist nun an der Zeit, dass Großbritannien die Frage des Beitritts zum Eurozone erneut aufgreift, denn wir können nicht alle unsere Sonderwege gehen.
Gerard Batten (IND/DEM). - Herr Präsident! Es war immer schon wirtschaftlicher Unsinn für unterschiedlich starke Wirtschaften, die gleichen Zinsen und Wechselkurse zu teilen. Zudem ist die primäre Funktion und gesetzliche Verpflichtung der Europäischen Zentralbank, die Inflation zu kontrollieren, die in der sich entwickelnden wirtschaftlichen Krise eines unserer geringsten Probleme ist.
Dies sind die Spannungslinien, die die europäische Einheitswährung möglicherweise auseinanderreißen werden. Aber die Europhilen in Großbritannien kommen nun mit dem Argument, dass der sinkende Kurs des Pfunds eine Gelegenheit für uns sei, der Eurozone beizutreten. Ein wirtschaftliches Grundwissen würde ihnen sagen, dass dies eben der Grund ist, warum Großbritannien dies nicht tun sollte.
Die Fähigkeit des Pfunds, seinen eigenen Wert gegenüber anderen Ländern zu finden, wird für Großbritannien bei der Bewältigung des heraufziehenden wirtschaftlichen Sturms eine wesentliche Hilfe sein. Großbritannien braucht die europäische Einheitswährung so sehr wie ein Ertrinkender die Zwangsjacke.
Dragoş Florin David (PPE-DE). - (RO) Herr Präsident, Herr Kommissar! Ich möchte vorab beiden Berichterstattern, Frau Berès und Herr Langen, gratulieren. Zehn Jahre sind weder viel noch wenig, aber sie haben eindeutig einen wesentlichen Beitrag zur Konsolidierung des Einheitsmarktes und, für den Moment, zum Aufbau eines Schutzschilds gegen die Finanzspekulation geleistet. Ich glaube, dass eine stärkere Regulierung des Finanz- und Bankensektors, verbunden mit Investitionsanreizen für Forschung und Entwicklung, der Förderung des Wettbewerbs und der Bereitstellung von Schulungen für die Bürger in Finanzangelegenheiten möglicherweise effektivere Lösungen in dieser Krisenzeit sind.
Ich denke, dass die Staaten der Europäischen Union wirtschaftliche und finanzielle Solidarität zu dem Zeitpunkt zeigen sollten, zu dem eine Intervention im Finanz- und Bankensektor allein nicht ausreicht, um die Wirtschaftskrise, wenn auch nur oberflächlich, zu stabilisieren. Ich hoffe, Herr Kommissar, dass die Auswirkungen der Krise nicht die Budgetentwürfe für 2007–2013 treffen, da die europäischen Mittel möglicherweise in der Lage sein werden, die erwünschten Effekte beim Erreichen der nachhaltigen Entwicklung der Union bereitzustellen.
Christopher Beazley (PPE-DE). - Herr Präsident! Zur Frage der Mitgliedschaft Großbritanniens in der Eurozone denke ich, dass Großbritannien hinsichtlich des Beitritts zu europäischen Vereinbarungen anfänglich stets zurückhaltend war. Es hat sehr schnell gelernt, diese Entscheidung zu bedauern. Wir beantragen dann den Beitritt zur Unzeit. Wären wir Gründungsmitglieder der Eurozone – was wir hätten sein sollen –, wären wir heute in einer weit stärkeren Position. Ich freue mich auf die nächste konservative Regierung, die den Beitritt zur Eurozone wirklich gleich beantragen wird.
(Beifall)
Kurt Joachim Lauk (PPE-DE). – (DE) Herr Präsident! Ich möchte nur zwei Bemerkungen machen. Zunächst einmal: Der Euro hat seine Bewährungsprobe bestanden. Uns wären wahrscheinlich in dieser Finanzkrise ohne den Euro Spekulationen nicht erspart geblieben, die gegen ganze Volkswirtschaften in Europa gegangen wären. Insofern hat der Euro seine Bewährungsprobe bestanden. Wir würden wahrscheinlich in Europa vor erheblich größeren Schwierigkeiten – wenn nicht gar vor einem Scherbenhaufen – stehen, wenn wir den Euro in dieser Krise nicht gehabt hätten.
In Zukunft sind, glaube ich, zwei Dinge absolut wichtig. Der Euro kann nur stabil bleiben und als Leitwährung gegenüber dem Dollar in der Welt weiter vorankommen, wenn zwei Dinge gewährleistet sind: erstens, die Unabhängigkeit der EZB, die sich bewährt hat – die verschiedenen Argumente wurden genannt –, und zweitens, der Stabilitäts- und Wachstumspakt muss fortgeschrieben werden. So wie er ist, ist er ausgesprochen hilfreich, er muss aber auch angewandt und geschützt werden.
Joaquín Almunia, Mitglied der Kommission. - (ES) Herr Präsident, ich möchte allen Mitgliedern danken, die in dieser Aussprache das Wort ergriffen haben. Ich glaube, dass wir hinsichtlich dieser Aussprache zu dem Schluss kommen können, dass ein breiter Konsens der Zustimmung zu dem diskutierten Bericht herrscht, zusammen mit einer breiten Unterstützung für die Fortführung des Projekts der Wirtschafts- und Währungsunion und zu Gunsten unserer Einheitswährung. Ich sage dies nicht aus dem Wunsch heraus, die Argumente derjenigen zu wiederholen, die vor 10 Jahren die Einrichtung der Wirtschafts- und Währungsunion unterstützt haben, sondern aufgrund der Analyse der Ereignisse dieser Dekade und dessen, was wir jetzt, in diesen wirtschaftlich sehr schwierigen Zeiten tun müssen.
Die aktuellen Probleme können natürlich nicht dem Euro zugeschrieben werden. Wie wir alle wissen, liegen die Ursachen dieser sehr tiefen Krise nicht hier in Europa oder im europäischen Raum. Aber es ist auch klar, dass wir, genauso wie andere Industrienationen, Schwellen- und Entwicklungsländer, den Preis dafür zahlen. Denn in einer globalen Wirtschaft ist Abkopplung nicht möglich. Allerdings verfügen wir mit der Wirtschafts- und Währungsunion zumindest über die Instrumente, um die Probleme effektiver anzugehen. Wir glauben, dass wir schneller aus dieser Krise hervorgehen, wenn wir zusammenarbeiten, als wenn jedes Land versucht, alleine zu gehen.
Ich stimme all denen zu – und es waren viele –, die gesagt haben, dass die Europäische Zentralbank eine Einrichtung ist, die seit ihrer Gründung das Vertrauen, das wir im Vertrag von Maastricht in sie gesetzt haben, mehr als hinlänglich gerechtfertigt hat. Ich glaube, dass sie ihre Arbeit sehr gut erledigt hat und dass diese Arbeit unterstützt werden sollte, weil sie ein wesentlicher Teil der Wirtschafts- und Währungsunion ist.
Ich stimme auch all denen zu, die gesagt haben, dass der Stabilitäts- und Wachstumspakt in seiner gegenwärtigen Form beibehalten werden sollte, nach seiner Überarbeitung im Jahr 2005, sodass wir die in diesem Jahr eingebrachte und hier bei vielen Gelegenheiten diskutierte Flexibilität nutzen können. Diese Flexibilität wird es uns ermöglichen, die Haushaltsdisziplin und -regeln zu wahren. Sie wird uns in die Lage versetzen, die Nachhaltigkeitsziele unserer öffentlichen Finanzen zu verankern. Gleichzeitig wird sie es uns ermöglichen, unsere Steuerpolitik in einer Situation zu nutzen, die eine aktive Politik in Fragen der Besteuerung und steuerpolitische Instrumente erfordert.
Der steuerliche Anreiz muss koordiniert sein, damit er effektiv ist. Unser Rahmen für die Haushaltdisziplin vereinfacht diese Koordination, aber er setzt auch Grenzen, um zu verhindern, dass die Koordination von Steueranreizen die Nachhaltigkeit unserer öffentlichen Konten gefährdet. Drittens – und viele Redner haben dies heute erwähnt – müssen wir zweifellos die Stimme des Euro stärken, indem wir die Stabilität unserer Währung verteidigen und durch bilaterale und multilaterale Beziehungen zu den Inhabern unserer Währung, zu denen, die andere Währungen vertreten und insbesondere zu den anderen Währungen der wichtigen Akteure in der globalen Wirtschaft.
Diese Krise wurde letztlich durch das makroökonomische Ungleichgewicht verursacht, das behoben hätten werden sollen, aber nicht behoben werden konnte, weil die effektiven Instrumente zur Lösung des globalen Ungleichgewichts fehlen. Wir haben in Washington darüber gesprochen und müssen diese Diskussionen auch weiterhin fortsetzen. Wir als Europäer können das nur dann effektiv tun, wenn wir dem Euro unsere uneingeschränkte politische Unterstützung geben sowie die notwendigen Governance-Mechanismen, sodass unsere Interessen verteidigt werden können, so, wie sie es verdienen, durch den Wechselkurs für unsere Währung. Ich glaube, dass dies der richtige Weg ist, wie in dem Bericht ausgeführt wurde, wie vom Vorsitzenden der Eurogruppe gesagt wurde, wie dem die Kommission zugestimmt hat und wie dem in den kommenden Monaten die Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten ebenfalls zunehmend zustimmen werden.
Das erfordert Koordination, vorausgesetzt, es handelt sich um die richtige Art von Koordination. Es bedeutet nicht, die Unabhängigkeit der Europäischen Zentralbank herauszufordern oder künstlich wirtschaftspolitische Entscheidungen zu koordinieren, die wie bisher je nach Lage der Dinge in den einzelnen Ländern getroffen werden müssen. Das ist keine echte Koordination. Wir brauchen die Koordination, die immer schon hinter dem wirtschaftlichen Zweig der Wirtschafts- und Währungsunion stand, die Koordination, die den Zielen der Wirtschafts- und Währungsunion dient, sowohl in der makroökonomischen Politik als auch in der Verknüpfung, die zwischen der makroökonomischen Politik und der strukturellen Politik unerlässlich ist.
Wenn wir in der Kommission von Koordination sprechen, meinen wir diese Art der Koordination. Ich habe das Gefühl, dass das Rezessionsrisiko, das uns droht, unter den gegenwärtigen Bedingungen zeigt, dass diese Koordination Priorität hat und dass die Wirtschafts- und Währungsunion uns die Instrumente an die Hand gibt, dies zu erreichen.
Jean-Claude Juncker, Vorsitzender der Eurogruppe. − (FR) Herr Präsident! Ich werde mich sehr kurz fassen, da sich die Mehrzahl derjenigen, die diese Aussprache führen wollten, nicht mehr in der Kammer befindet. Daher besteht keine Notwendigkeit, ihnen zu antworten.
Allen anderen möchte ich sagen, dass ich von dem übergreifenden Konsens, den die Debatten im Europäischen Parlament zur Folge hatten, beeindruckt bin, da wir fast alle übereinstimmend der Ansicht sind, dass der Euro ein Erfolg war. Ich freue mich, dass diejenigen, die zur Eurozone gehören, dies bestätigen. Ich freue mich, dass diejenigen, die ihre Länder gerne als Mitglieder der Eurozone sehen würden, dies ebenfalls bestätigen. Ich stelle fest, dass diejenigen, die immer gesagt haben, dass alles, was wir tun, äußerst idiotisch sei, an ihrer Ansicht festhalten, die man allerdings kaum anders bezeichnen kann. Konsequenterweise gibt es im Parlament nichts Neues, ausgenommen, dass ein Hauch Besorgnis – das ist noch höflich ausgedrückt – in alle unsere Debatten eingeflossen ist. Die Ursache dafür ist die Finanz- und Wirtschaftskrise, in der wir uns gegenwärtig befinden.
An diesem Punkt möchte ich daher zwei Dinge sagen, um einer Reihe von Rednern zu antworten. Niemand in Europa argumentiert radikal für eine exzessive Haushaltskonsolidierung. Niemand. Wir haben einen reformierten Stabilitäts- und Wachstumspakt. Einige Mitglieder dieses Hauses waren mit den Reformen dieses Pakts nicht einverstanden. Sie sind heute die ersten, die die Weisheit der Entscheidungen loben, die im März 2005 getroffen wurden, als wir bei der Interpretation dieses Stabilitäts- und Wachstumspakts eine wirtschaftlichere Perspektive ansetzten. Diese Perspektive ermöglicht es nun den Mitgliedstaaten und ihren Haushalten, heute etwas aufzuatmen, obwohl wir gerade in eine Phase eintreten, die nicht depressiv ist, aber in der die Konsolidierung der öffentlichen Finanzen weniger strikt vorangetrieben wird.
Die Mitgliedstaaten, die in Bezug auf die Haushaltskonsolidierung in den letzten Jahren tugendhaft waren, verfügen über ausreichende Haushaltsspannen, um auf die aktuelle Wirtschaftskrise zu reagieren, wozu die strukturellen Aspekte gehören, mit denen wir nun konfrontiert sind. Die weniger tugendhaften Mitgliedstaaten haben nun größere Schwierigkeiten beim Freigeben der Haushaltsressourcen, die es ihnen ermöglichen würden, auf die Krise zu reagieren, in der wir uns in diesem Augenblick befinden.
Wie auch immer, innerhalb der Eurozone haben wir die Pflicht, auf die Krise zu reagieren, wenn die Wirtschaftspolitik betroffen ist. Es reicht nicht, über die Haushaltsstabilität zu sprechen. Es reicht nicht, unsere Anstrengungen ausschließlich auf die Finanzkrise zu konzentrieren. Es ist klar, dass die Eurozone eine entschlossene und koordinierte Antwort auf die Wirtschaftskrise geben muss. Daher bleiben uns einige Wochen, um alle Informationen zu sammeln, die wir benötigen, um Analysen durchzuführen und Maßnahmen zu ergreifen, so dass wir diese praktische und entschlossene Antwort geben können. Wie auch immer, alle diejenigen, die eine stärkere wirtschaftspolitische Koordination verlangen, müssen natürlich auch darauf hinarbeiten, indem sie versuchen, die wirtschaftspolitischen Entscheidungen nicht zu antizipieren, die sie nicht an ihre Kollegen innerhalb der Eurogruppe weitergeleitet haben.
Es ist einfach, im Parlament, die Koordination der Wirtschaftspolitik zu fordern. Ich möchte Ihnen vorschlagen, gemäß Ihrer Geschäftsordnung, dass Sie einen fraktionsübergreifenden Text vorlegen, in dem die großen Fraktionen im Namen des Europäische Parlaments die Eurogruppe und ihre jeweiligen nationalen Regierungen aufrufen, wirtschaftspolitische Maßnahmen erst dann anzukündigen, nachdem sie sie ihren Kollegen in der Eurogruppe vorgelegt haben.
Drängen Sie Ihre Regierungen – es ist einfach, das hier zu fordern – drängen Sie Ihre Regierungen, den Grundsatz der Koordinierung der Wirtschaftspolitik zu respektieren. Stellen Sie einen fraktionsübergreifenden Entschließungsantrag, und dann sehen wir weiter. Wir werden in zwei, drei, vier Monaten sehen, ob die Regierungen – und die politischen Parteien, denen Sie angehören, sind sehr oft Teil der Regierungen, an die Sie sich wenden würden – getan haben, was Sie von ihnen gefordert haben. Das wäre glaubwürdig, vernünftig, logisch, rational und konsistent.
Daher sage ich, dass wir eine entschlossene und koordinierte wirtschaftliche Antwort auf das benötigen, was sich mehr und mehr zu einer Wirtschaftskrise entwickelt. Und, zur Frage der Lohnpolitik, wir werden nicht alles sagen, was wir sagen möchten, aber alles, das es wert ist, gesagt zu werden.
Sie haben recht, wenn Sie sagen, dass die sozialistischen Regierungen der Grünen in Deutschland eine Lohnpolitik praktiziert haben, die die Kaufkraft der deutschen Arbeitnehmer verringert hat. Die Lage hat sich seither gebessert. Mehr noch, derselbe Kommentar gilt auch für Frankreich, dessen Regierung zur damaligen Zeit – zwischen 1998 und 2002-2003 – nicht zum reaktionären Lager gehörte. Nach allem, was ich verstanden habe, war eher das Gegenteil der Fall. Ein wenig Selbstkritik würde die Kommentare einiger Redner natürlich positiv bereichern.
In Bezug auf die Besteuerung von Zinserträgen sind wir dem Zeitplan, den wir vereinbart hatten, um drei Jahre voraus. Sie haben völlig recht, Herr Jonckheer, die Erweiterung der Reihe von Finanzprodukten zu fordern, die unter diese Richtlinie fallen sollen. In Hinblick auf Steuerparadiese werden Sie in der Sprache Ihres Landes mit Ihrer eigenen Regierung sprechen und feststellen, dass hier einige Arbeit auf Sie wartet.
Pervenche Berès, Berichterstatterin. − (FR) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Vielen Dank für diese Aussprache. Ich glaube, dass dies ein profunder Beitrag des Europäischen Parlaments zu dem ist, dessen Umsetzung wir nun von Ihnen, Herr Kommissar, Herr Vorsitzender der Eurogruppe, mittels eines Fahrplans erwarten.
Herr Juncker, Sie sagten zu uns: „Wenn nur die Fraktionen zu einer Einigung kämen!“ Nun, die Fraktionen kommen zu einer Einigung: Morgen werden sie über eine Ziffer 61(d) und 61(g) abstimmen, in denen sie genau das fordern, was zu fordern Sie von ihnen verlangen. Daher können Sie morgen darauf zählen, wenn Sie die Minister für Wirtschaft und Finanzen treffen.
Sie haben gesagt: „Es gibt keinen Bericht über Divergenz“. Vielleicht gibt es nicht genau diesen Bericht, aber eines ist sicher: Die Konvergenz der wirtschaftlichen Situationen innerhalb der Eurozone, die wir erwartet haben, ist nicht eingetroffen, und Frau Ferreira hat Ihnen ein konkretes Beispiel dafür genannt.
In Bezug auf die Gegensätze zwischen den Mitgliedstaaten, Herr Vorsitzender der Eurogruppe, kann ich nur erneut sagen, dass ich Ihre Ansicht nicht teile. Ich habe keine Zeit für diejenigen, die Koordination nur dann fordern, wenn es ihnen passt, und sie ablehnen und sich für die nationale Souveränität aussprechen, wenn dies ihnen gerade mehr zusagt. Fragen der wirtschaftspolitischen Koordination sind Fragen von allgemeinem Interesse und die Situation, in der wir uns heute befinden, ist nicht akzeptabel: Auf Seiten der USA war es bereits möglich, zwei Paulson-Pläne umzusetzen, während Sie uns in Europa erzählen, dass wir noch einige Wochen benötigen, um etwas zu finden, das wir den Menschen in Europa sagen können, die auf unsere Antworten warten. Wir müssen nun unsere Kräfte bündeln, und die Kommission hält heute die Mittel in ihren Händen, um auf der Grundlage der Vorschläge des Europäischen Parlaments weiterzuarbeiten. Ich hoffe, dass wir Gehör und Unterstützung finden.
Werner Langen, Berichterstatter. – (DE) Herr Präsident! Ich möchte da anknüpfen, wo der Premierminister aufgehört hat. Ich glaube, die Flexibilität, die die Eurozone und die 27 Mitgliedstaaten in den letzten Wochen gezeigt haben, ist ein ganz guter Ansatz. Das muss weiterentwickelt werden, und ich bin sicher, wenn die Erfahrung, die Sie beide hier eingebracht haben, auch von den Mitgliedstaaten akzeptiert wird, dann sind wir auf dem richtigen Weg.
Ich möchte mich bei allen Kollegen für ihre Beiträge bedanken. Der Kollege Hoppenstedt hat aus der ersten Debatte über den Euro zitiert, als der Euro eine Frühgeburt genannt wurde. Heute, zehn Jahre danach, ist es ein kräftiger Junge geworden – der Euro ist ein Junge in meiner Sprache, die Deutsche Mark war weiblich –, der in der Grundschule nur gute Noten bekommen hat und jetzt in die Sekundarstufe zwei geht. Jetzt wird sich entscheiden, ob er die weiteren Hürden überwinden wird. Ich bin ziemlich optimistisch, dass das gelingen wird. Wenn ich von dem Kollegen Beazley höre, dass jetzt sogar bei den Konservativen in Großbritannien ernsthaft überlegt wird, der Eurozone beizutreten – das sind ja ganz neue Perspektiven! Nur eins kann ich natürlich sagen: Den Eurobeitritt wird es auch für Großbritannien nicht kostenlos geben. Dann müssen sie auch in der Finanzmarktkoordinierung und -regulierung ihre Pflichten erfüllen und die notwendige Mindestharmonisierung mitmachen.
In dem Sinne sind wir auf dem richtigen Weg. Ich möchte der Kommission und speziell Herrn Almunia sowie dem Vorsitzenden der Eurogruppe für die gute Kooperation danken. Wir werden das, was Sie angeregt haben, beim Wort nehmen. Wir wollen mit Ihnen zusammenarbeiten.
(Beifall)
Der Präsident. – Die Aussprache ist geschlossen.
Die Abstimmung findet am Dienstag, den 18. November 2008, um 12.00 Uhr, statt.
22. Anwendung des Grundsatzes des gleichen Entgelts für Frauen und Männer (Aussprache)
Der Präsident. – Als nächster Punkt folgt der Bericht (A6-0389/2008) von Frau Bauer, im Namen des Ausschusses für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter, mit Empfehlungen an die Kommission zur Anwendung des Grundsatzes des gleichen Entgelts für Männer und Frauen (2008/2012(INI)).
Edit Bauer, Berichterstatterin. – (SK) Das geschlechtsspezifische Lohngefälle ist nichts Neues. Seit mehr als fünfzig Jahren gibt es einen Artikel im Vertrag von Rom, der die geschlechtliche Diskriminierung beim Gehaltsniveau verbietet, und seit 1975 ist die Richtlinie 117 in Kraft, die die Mitgliedstaaten auffordert, den Grundsatz des gleichen Entgelts für gleiche Arbeit durchzusetzen. Es stimmt natürlich, dass nicht alle Unterschiede bei der Bezahlung das Ergebnis von Diskriminierung sind. Nach dem Gesetz der großen Zahl sind die fortdauernden Unterschiede bei den Bruttostundensätzen jedoch nicht zu erklären.
Zwischen 1995 und 2006 gingen die Unterschiede bei den Stundensätzen laut Eurostat von 17 auf 15 % zurück, und das in einer Zeit, in der die Mehrzahl der Universitätsabsolventen heute Frauen sind.
Der Trend geht vielleicht nach unten, aber nicht geradlinig. Laut einer Studie der Dublin Foundation aus dem Jahr 2007, in der vier Länder in der Europäischen Union untersucht wurden, wurde das Gefälle tatsächlich sogar größer. Wenn das Lohngefälle im bisherigen Tempo zurückgehen und nicht von Zeit zu Zeit wieder ansteigen würde, hätten wir vielleicht nach siebzig Jahren eine ausgewogenere Bezahlung.
Wir können alle der Tatsache zustimmen, dass die gegenwärtige Gesetzgebung in diesem Bereich nicht sehr effektiv ist. Die Gründe für das Lohngefälle sind vielfältig. Sie sind sowohl systembedingter als auch individueller Natur. Die Trennung nach Sektoren sowie die vertikale und horizontale Trennung, die Klassifizierung von Berufen, die Bedingungen für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie stereotype Vorstellungen spielen eine wesentliche Rolle beim Fortbestand des Lohngefälles, das später in ein Rentengefälle übergeht und das das Endergebnis dessen ist, dass die Armut ein weibliches Gesicht hat, wie wir sagen.
Das Lohngefälle hat auch individuelle Dimensionen. Laut einer Studie der Kommission steigen diese mit dem Alter, dem Beschäftigungszeitraum und der Bildung. Mehr noch, die Statistik zeigt, dass bei jungen Menschen hier minimale Unterschiede bestehen. Das Gefälle tritt nach der Geburt des ersten Kindes und mit der Rückkehr der Frau aus der Elternzeit auf.
In Zusammenhang mit der demografischen Krise, die uns bevorsteht, wirft dieses Problem, außer, dass es einen wesentlichen Faktor im wirtschaftlichen Wettbewerb darstellt, ein tiefgehendes moralisches Problem auf, das wir nicht übersehen sollten.
Die Frage heute ist, was das Europäische Parlament zur Lösung dieser Situation beitragen kann. Auf der einen Seite haben wir ein andauerndes Problem, und auf der anderen Seite haben wir einige ziemlich ineffektive Gesetze. Gleichzeitig dürfen wir natürlich die Tatsache nicht aus den Augen verlieren, dass die Ursachen für das Lohngefälle zum Großteil weit außerhalb der Möglichkeiten der Gesetzgebung liegen.
Das Europäische Parlament verfügt jedoch nur über ein Instrument – die Gesetzgebung. Alle Betroffenen in dieser Situation tragen ihre eigene Verantwortung, und in unserer liegt es, klar und deutlich zu signalisieren, dass wir bessere und effektivere Gesetze wünschen, um fairere Bedingungen auf dem Arbeitsmarkt zu schaffen.
VORSITZ: MAREK SIWIEC Vizepräsident
Vladimír Špidla, Mitglied der Kommission. – (CS) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Kommission begrüßt diesen Initiativbericht zum Grundsatz des gleichen Entgelts für Frauen und Männer, und ich gratuliere der Berichterstatterin zu der Qualität ihrer Arbeit.
Die Kommission betrachtet, wie das Parlament, das Lohngefälle von 15 % zwischen Frauen und Männern in Europa heute als inakzeptabel. Wir müssen natürlich vorsichtig sein und die Tatsache bedenken, dass dieser Indikator die relativen Unterschiede im Bruttostundenlohn von Frauen und Männern in der gesamten Wirtschaft vergleicht. Daher wird nicht einfach die direkte Diskriminierung gemessen, sondern wir haben hier einen Indikator für alle damit verbundenen Faktoren und alle Nachteile, unter denen Frauen zu leiden haben, bevor sie auf den Arbeitsmarkt gelangen sowie während ihrer gesamten beruflichen Laufbahn.
Die Mitteilung der Kommission vom Juli 2007 stellt fest, dass die Gesetze der Gemeinschaft bei der Eliminierung der direkten Diskriminierung effektiv sind – mit anderen Worten, in Fällen, in denen das Entgelt für die gleiche Arbeit bei Frauen niedriger ausfällt als bei ihren männlichen Kollegen. Sie waren allerdings weniger effektiv darin, sicherzustellen, dass der Grundsatz des gleichen Entgelts für gleichwertige Arbeit beachtet wird.
Anhand einer detaillierten Analyse kam die Kommission zu dem Schluss, dass es möglich sein sollte, eine Änderung des gemeinschaftlichen Gesetzes in Betracht zu ziehen, mit dem Ziel, vor allem sicherzustellen, dass die Systeme zur Festlegung der Entgeltsätze sowohl eine direkte als auch eine indirekte geschlechtliche Diskriminierung ausschließen.
Die Kommission kündigte an, dass sie im Jahr 2008 die gemeinschaftlichen Gesetze vom Standpunkt ihrer Auswirkungen hinsichtlich des Lohngefälle evaluieren und die notwendigen Änderungen vorschlagen würde. Die zuvor erwähnte detaillierte Analyse wird derzeit durchgeführt, und ich kann nicht vorhersagen, wie die Ergebnisse ausfallen werden. Um eine gute Qualität sicherzustellen, nutzt die Kommission externe, spezialisierte Berater und das umfassende und detaillierte Fachwissen und die Kenntnisse der innerstaatlichen Organe, die mit der Geschlechtergleichstellung befasst sind.
Die vorläufigen Ergebnisse dieser Studie werden in einem Workshop in ersten Quartal 2009 diskutiert, an dem alle interessierten Parteien teilnehmen sollten, wie beispielsweise die Mitgliedstaaten, die Rechtsexperten, die mit der Geschlechtergleichstellung befassten innerstaatlichen Organe, die Sozialpartner und die Zivilgesellschaft.
Die Position des Parlaments in diesem Prozess wird entscheidend sein. Es ist bezeichnend, dass eines der teilnehmenden gesetzgebenden Organe deutlich die Meinung geäußert hat, dass die fraglichen Gesetze schnell geändert werden müssten. Wichtig ist außerdem, dass die praktischen Empfehlungen des Parlaments in Hinblick auf die Änderungen sich auf die Bereiche beziehen, die von den wichtigsten Beteiligten als problematisch identifiziert wurden, darunter die Transparenz der Entlohnung sowie Arbeitsbeurteilungen und Sanktionen.
Abschließend möchte ich sagen: Wir teilen die Ansicht des Parlaments, dass ein so großer Unterschied in der Bezahlung von Frauen und Männern in Europa nicht akzeptabel ist. Die Kommission ist der Meinung, dass nun der richtige Zeitpunkt gekommen ist, um die Analyse und Bewertung abzuschließen und die nächsten Schritte zu planen, die zu konkreteren Ergebnissen führen werden.
Donata Gottardi, Verfasserin der Stellungnahme des mitberatenden Ausschusses für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten. – (IT) Herr Präsident, Herr Kommissar, meine Damen und Herren! Ich bin wirklich stolz auf die von diesem Parlament geleistete Arbeit und auf seine Fähigkeit, die bereits anerkannte Macht, Gesetze vorzuschlagen, zu nutzen.
Der Bericht, über den wir abstimmen werden, betrifft ein zentrales Problem, einen fundamentalen Grundsatz im Europäischen Gesetz: den Grundsatz des gleichen Entgelts für Frauen und Männer am Arbeitsplatz. Das ist nicht nur ein fundamentaler Grundsatz, es ist auch der erste, zumindest in zeitlicher Reihenfolge, der Grundsätze der Gleichstellung. Wir wissen, dass er bereits im Vertrag von Rom enthalten war, wir wissen, dass er seit den allerersten Urteilen des Europäischen Gerichtshofs angewendet wurde, dass er bereits in einer Richtlinie aus dem Jahr 1975 geregelt wurde und mit der Neufassung dieser Richtlinie 2006 erneut geregelt wurde, dass er Gegenstand fortgesetzter Untersuchungen und Forschungen ist, wie der Kommissar selbst gesagt hat, und dass beständig seine Anwendung eingefordert wird.
Warum also wenden wir uns ihm heute erneut zu, um ihn in all seinen Dimensionen zu betrachten? Dafür gibt es viele Gründe: Zunächst, weil wir uns weigern, seine weit verbreitete Nichtanwendung zu akzeptieren, die von sämtlichen Statistiken bezeugt wird, und zweitens, weil wir glauben, dass die extreme Ungerechtigkeit, unter der Frauen in allen Ländern der Europäischen Union und in allen Berufen, auf allen Ebenen und in allen Bereichen zu leiden haben, unbedingt beseitigt werden muss, und es ist in der Tat offensichtlich, dass die Instrumente, über die wir verfügen, dafür nicht ausreichend sind, sonst hätten wir diesen Trend nach all dieser Zeit sicherlich bereits erfolgreich umgekehrt.
Schließlich, weil wir glauben, dass es an der Zeit ist, das Lohngefälle ernst zu nehmen und es vor allem nicht als ein bloßes Missgeschick im Arbeitsleben von Frauen zu betrachten. Was also wollen wir eigentlich? Wir bitten die Kommission um eine spezifische, angemessene Richtlinie zur Frage des Lohngefälles im Allgemeinen, aber das ist noch nicht genug, wir bitten nicht einfach um eine Richtlinie, wir übersenden der Kommission präzise Empfehlungen. Wir haben eine Brücke gebaut, um einen echten Wandel zu erreichen, und wir glauben, dass diese Brücke stabil sein kann, wenn sie auf acht Pfeilern ruht.
Zuerst und vor allem soll eine Definition der Lohndiskriminierung festgelegt werden; es reicht nicht aus, nur den Bruttostundenlohn zu betrachten, weil dieser nur die direkte Diskriminierung angibt und eine solche direkte Diskriminierung ist in der Tat bereits überwunden worden. Es ist also kein Zufall, wenn die gesamte Forschung das große Ganze betrachtet, auch die Teilzeitbeschäftigung, und uns ermutigt, die direkte und indirekte Segregation, die Diskriminierung und die horizontale und vertikale Segregation zu berücksichtigen.
Wir fordern vergleichbare, effektive, konsistente und vollständige Daten. Nur zu häufig treffen wir auf manipulierte oder versteckte Angaben, durch Systeme zur Klassifizierung von Personal vereinfacht, von rückwärtsgewandten Arbeitsstrukturen, die von stereotypen Vorstellungen geprägt sind. Wir glauben, dass die Gleichstellungsorganisationen eine wichtige doppelte Rolle im Kampf gegen die Diskriminierung spielen können, indem sie das Bewusstsein schärfen und Schulungen für die Justizbehörden und für die Sozialpartner anbieten.
Wir streben an, das spezifische Strafen eingeführt werden, wobei wir stets bedenken, dass präventives Handeln und entsprechende Maßnahmen ebenfalls notwendig sind; wir brauchen positive Aktionen sowie Integration und somit Mainstreaming. Ich hoffe, dieses Haus wird den gesamten Text annehmen, denn je präziser und detaillierter die Arbeit ist, die wir der Kommission vorlegen, desto mehr werden wir an effektiver Geschwindigkeit erzielen. Denn das ist unsere eigentliche Hoffnung: Es reicht nicht, über das gleiche Entgelt zu reden oder zu schreiben, wir wollen, dass es Realität wird.
Anna Záborská, im Namen der PPE-DE-Fraktion. – (SK) Ich möchte Frau Bauer ganz herzlich zu dem vorgelegten Text gratulieren. Wie Frau Bauer schon sagte, ist das Thema dieser Aussprache so alt wie der Vertrag von Rom. Seit fünfzig Jahren hat sich wenig geändert.
Die Frage des gleichen Entgelts für die gleiche Arbeit, die von Männern und Frauen geleistet wird, taucht mit bemerkenswerter Regelmäßigkeit, vor allem in Wahlperioden, aus der Versenkung auf. Wenn der Ausschuss für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter für die Unternehmen, die einen wesentlichen Grundsatz der Vergütung nicht einhalten, Sanktionen vorschlägt, werden Einwände mit dem Verweis auf den Grundsatz der Subsidiarität erhoben, als ob dies die Ungleichheit rechtfertigen würde.
Vergangene Woche habe ich an der Ministerkonferenz in Lille teilgenommen. Ich habe den Versuch der französischen Präsidentschaft, dieses Thema zu behandeln, zu schätzen gewusst, aber von den Mitgliedstaaten kamen nur sehr wenige konstruktive und lösungsorientierte Antworten. Die Statistik zeigt, dass die Ungleichheit beim Entgelt für Frauen vor allem nach der Geburt des ersten Kindes auftritt.
Die nationalen und europäischen politischen Strategien, die zum Ziel haben, eine Ausgewogenheit zwischen der Verantwortung für die Familie und den beruflichen Ambitionen zu erreichen, sollten nicht zulassen, dass zwischen den Beschäftigten, die familiäre Verpflichtungen haben, und denen, die unverheiratet oder kinderlos sind und daher keine entsprechende Verantwortung tragen, neue Unterschiede auftreten. Dies ist zuerst und vor allem eine Frage des sozialen Modells, das wir anstreben.
Ich schlage vor, mit den Industriebetrieben eine Koalition einzugehen. Wenn die Manager dieser Unternehmen nicht bereit sind, in enger Partnerschaft mit uns zusammenzuarbeiten, um die Gleichstellung beim Entgelt zu fördern, wird unser Bericht lediglich als Staubfänger dienen können.
Lissy Gröner, im Namen der PSE-Fraktion. – (DE) Herr Präsident! Ich wundere mich, dass die Frauen immer noch so viel Geduld mit uns haben. Seit fünfzig Jahren reden wir über die Lohnunterschiede, und nichts Wesentliches hat sich geändert. Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: 15 % weniger für die gleiche Arbeit. Dadurch wird den Frauen ihr gerechter Lohn vorenthalten, d. h. anders herum gesagt, dass Frauen ein Viertel länger arbeiten müssen, um das gleiche Geld zu verdienen. Wo sind wir denn in der Europäischen Union?
Die Mitgliedstaaten müssen hier mehr tun, und ich danke Kommissar Špidla, dass er unsere Vorschläge hier im Parlament aufgreift und legislativ aktiv werden möchte. Anders geht es offensichtlich nicht. In Deutschland, einer der ganz großen Mitgliedstaaten der Europäischen Union, beträgt der Lohnunterschied 23 % in der Privatwirtschaft. Das ist unerträglich, und wir sind eins der Schlusslichter in der EU.
Wir wissen genau, dass es in Frankreich und in Skandinavien positive Maßnahmen gibt. Da geht es ja auch. Wir fordern die Sozialpartner auf, tätig zu werden, und die Sozialdemokratische Fraktion fordert Transparenz in den Unternehmen, damit Lohnzusätze deutlich gemacht werden und in die öffentliche Bewertung einfließen, damit man das nachvollziehen kann. Regelmäßige Lohn-Audits können Misserfolge oder Erfolge bei der Bekämpfung der Lohndiskriminierung deutlich machen.
Ich glaube, ein Gesetz für die Privatwirtschaft wird in Deutschland unumgänglich sein. Wir müssen mehr Druck auf die Mitgliedstaaten ausüben, dass endlich auch ein gesetzlicher Mindestlohn eingeführt wird, damit ein existenzsicherndes Einkommen für Frauen die Selbstverständlichkeit wird, weil das der beste Garant gegen Altersarmut ist.
Ich fordere allerdings – um diese Klarheit im Bericht von Frau Bauer zu erhalten – die EVP-Fraktion auf, ihre Streichungsanträge zurückzuziehen, die den Bericht wieder verwässern würden. Bleiben wir bei der klaren Sprache, die er jetzt hat!
Siiri Oviir, im Namen der ALDE-Fraktion. – (ET) Herr Kommissar, Herr Präsident, sehr geehrte Kollegen! Die Berichterstatterin Frau Bauer hat festgestellt, dass die Armut ein weibliches Gesicht hat. Ich muss auch wiederholen, dass sogar schon im Jahr 1957, der Artikel 119 des Vertrags von Rom den Grundsatz enthielt, dass Männer und Frauen das gleiche Entgelt für die gleiche Arbeit erhalten sollten. Heute jedoch, im Jahr 2008, verdienen Frauen in der Europäischen Union durchschnittlich 15 % weniger als Männer, und in meinem Heimatland, Estland, verdienen sie sogar 25 % weniger als Männer.
Der Lohnunterschied hat einen signifikanten Einfluss auf die Position der Frauen im wirtschaftlichen und sozialen Leben, sowohl während ihres aktiven Arbeitslebens als auch danach. Es steigert das Armutsrisiko für die Frauen, insbesondere in Familien mit alleinerziehenden Elternteilen. Der Lohnunterschied zwischen Männern und Frauen führt häufig zu Unterschieden in der Altersversorgung für Männer und Frauen. Alleinlebende Rentnerinnen leben häufig mit einem Armutsrisiko.
Daher begrüße ich die in dem Bericht vertretene Position, dass die Europäische Kommission einen Legislativvorschlag vorlegen soll, der die Überprüfung der gegenwärtigen Gesetzgebung in Bezug auf die Grundsätze des gleichen Entgelts für Männer und Frauen bis zum 31. Dezember 2009 betrifft. Wir haben zu viele Gesetze verabschiedet und zu lange gewartet, aber die Ergebnisse sind nicht sehr gut.
Wie die Zeit gezeigt hat, kann dieses Problem nicht durch die Gesetzgebung der Europäischen Union allein gelöst werden. Ein wesentlicher Beitrag zur Lösung des Problems wäre, wenn dem Thema in allen politischen Aktionsplänen eine hohe Priorität eingeräumt würde. Nur eine effektive Kombination der politischen Strategien, die eine bessere und effektivere Gesetzgebung beinhalten und die verantwortliche Partei bestimmen, wird es ermöglichen, eine positive Lösung für dieses Problem zu finden.
Ich möchte der Berichterstatterin dafür danken, dass sie in diesem Bericht äußerst wichtige Aspekte dargelegt hat, und ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Hiltrud Breyer, im Namen der Verts/ALE-Fraktion. – (DE) Herr Präsident! In der Tat, 50 Jahre nach Abschluss der Römischen Verträge sind wir bei der Gleichstellung der Frauen auf dem Arbeitsmarkt leider nicht weitergekommen. Es gibt alarmierende Zahlen: 80 % der Teilzeitbeschäftigten sind Frauen, und nur 57 % der Frauen sind beschäftigt im Vergleich zu 72 % der Männer. Auch die Lohnungleichheit ist seit 2003 gleich geblieben und hat sich seit 2000 nur um ein Prozent geändert. Das sind alarmierende Zahlen, die wir hier alle beklagen. Wir haben auch angesprochen, dass Frauen doppelt bestraft werden, denn diese Lohnungleichheit setzt sich ja in unterschiedlichen Rentenansprüchen und unterschiedlichen Sozialstandards fort, und wir haben auch ein Steuer- und ein Sozialsystem, das Frauen nachhaltig bestraft, denn beispielsweise werden unverheiratete Paare und Zweifachverdiener über viele Steuersysteme, wie beispielsweise in Deutschland, nach wie vor benachteiligt.
Die Kommission hat angekündigt, es wird Legislativvorschläge geben. Warum kommen sie so spät? Warum sind alle diese Jahre gerade in ihrer Legislativperiode verstrichen, ohne dass es in diesem Bereich Vorschläge gibt? Wir im Parlament haben uns bereits für Vorschläge ausgesprochen. Die Quote: Wir haben gesagt, es soll gesetzliche Vorgaben geben. Wir haben auch Mitgliedstaaten, die wie Schweden Zielvorgaben geben und mit einem Zeitrahmen dazu. Warum nutzen wir das nicht, dass wir genau diese Gender-Vorgaben geben, um Mitgliedstaaten dazu zu bringen, Anstrengungen zu machen, dieses beschämende Lohngefälle zu beseitigen. In Deutschland – es ist bereits angesprochen worden – nehmen wir den traurigen drittletzten Platz ein mit einem beschämenden Lohngefälle von 23 %. Wir müssen auch klarmachen, dass ein gesetzlicher Mindestlohn dazu führen wird, dass es gerade in Branchen, in denen vorwiegend Frauen beschäftigt sind, zu Veränderungen kommen wird. Aber wir müssen auch den Mut haben, deutlich zu machen, .....
(Der Präsident entzieht der Rednerin das Wort.)
Ilda Figueiredo, im Namen der GUE/NGL-Fraktion. – (PT) Die Abwertung der Arbeit durch niedrige Löhne bleibt eine der vom Kapitalismus am häufigsten angewandten Methoden, die Arbeiter noch stärker auszubeuten. Das betrifft vor allem Arbeitnehmerinnen und impliziert somit gleichzeitig eine Abwertung der Mutterschaft.
Es ist inakzeptabel, dass mehr als 30 Jahre nach einer Richtlinie über den Grundsatz des gleichen Entgelts für Frauen und Männer die Diskriminierungsraten nach wie vor hoch sind, insbesondere die indirekte Diskriminierung, deren Ursache eine mangelnde Arbeitsplatzstabilität ist, die besonders Frauen und junge Menschen trifft. In einigen Ländern, wie zum Beispiel Portugal, in denen eine hohe Arbeitslosigkeit herrscht, sind die durchschnittlichen Lohnunterschiede zwischen Männern und Frauen gestiegen. Sie überschreiten inzwischen den Anteil von 25 % im privaten Sektor und bedeuten, dass die Armut nach wie vor ein weibliches Gesicht hat, auch bei den Beschäftigten im Ruhestand.
Die Europäische Kommission und die Mitgliedstaaten müssen die Maßnahmen treffen, die erforderlich sind, um den Wert der Arbeit zu erhöhen, die Lohnunterschiede zu überwinden und die mit den Arbeitsplätzen und Sektoren verbundenen stereotypen Vorstellungen, die immer eine Diskriminierung von Frauen darstellen, zu eliminieren. Die Berufe und Sektoren, in denen vorwiegend Frauen arbeiten, wie der Einzelhandel und der Dienstleistungssektor sowie einige Industrien, müssen höher bewertet werden.
Die Erfahrung zeigt, dass eine steigende Arbeitslosigkeit die Rechte der Frauen schwächt, die Ausbeutung der Arbeiter intensiviert und die Diskriminierung erhöht.
Daher bestehen wir auf einer neuen Politik, deren oberste Priorität die auf Rechten beruhende Beschäftigung, der Kampf gegen Diskriminierung und der Schutz von Mutter- und Vaterschaft als grundlegende soziale Werte sind.
Daher unterstützen wir diesen Bericht, zu dem wir einige Änderungen vorgeschlagen haben, in denen wir darauf hinweisen, dass Tarifverhandlungen eine wichtige Rolle im Kampf gegen die Diskriminierung von Frauen spielen, nicht zuletzt in Bezug auf den Zugang zu Beschäftigung, das Entgelt, die Arbeitsbedingungen, den beruflichen Aufstieg und die berufliche Ausbildung.
Urszula Krupa, im Namen der IND/DEM-Fraktion. – (PL) Herr Präsident! Der Berichtsentwurf über das gleiche Entgelt für Frauen und Männer enthält einige berechtigte Fakten zum gleichen Entgelt für gleichwertige Arbeit. Die Gleichstellung bei der Entlohnung ist notwendig, ebenso wie eine ordnungsgemäße Entlohnung für Tätigkeiten, die aufgrund ihrer psychologischen und physischen Prädisposition vorwiegend von Frauen ausgeübt werden.
Der Effekt der Regelungen, die in zahllosen, sinnlos vervielfältigten Dokumenten niedergeschrieben wurden, hängt ganz entschieden von der effektiven Umsetzung des Gesetzes in den einzelnen Mitgliedstaaten ab. Wie auch immer, die Umsetzung ist in Hinblick auf den dominierenden privaten Sektor möglicherweise ziemlich schwierig, da die meisten Manager vor allem auf den Profit ihrer Unternehmen blicken und weder ethische noch moralische Grundsätze respektieren, wobei sie gleichzeitig Aktionen von Gewerkschaften verhindern, die Arbeitnehmer schützen und an Lohnverhandlungen teilnehmen würden. Das Problem der ungleichen Entlohnung gehört daher zu den Aspekten von Diskriminierung der Schwachen.
Wir brauchen keine Akademiker und Experten, um zu erkennen, dass die Diskriminierung vor allem das Ergebnis der linken materialistischen Ideologie ist, der mangelnden Umsetzung von ethischen Grundsätzen, des Mangels an persönlicher Entwicklung, von Selbstsucht, Neid, Übervorteilung der Armen und Schwachen, nicht nur in Bezug auf die Löhne, sondern auch in Bezug auf die zunehmende Praxis in der Europäischen Union, die selbst die ärmsten und schwächsten Staaten erfasst, die Praxis der Diskriminierung von Katholiken und Personen mit anderen Ansichten, als die, die uns von der hier verlangten politischen Korrektheit auferlegt werden.
Gabriele Stauner (PPE-DE). – (DE) Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Tatsache, dass Frauen für die gleiche Arbeit noch immer schlechter bezahlt werden als Männer, ist ein trauriges Kapitel in unserem gemeinsamen Europa.
Eigentlich kann man das gar nicht verstehen, denn rechtlich ist die Lage eindeutig. Seit Beginn der Gemeinschaft im Jahr 1957 – das wurde hier schon einige Male gesagt – ist der Grundsatz in den Römischen Verträgen verankert, und zwar als unmittelbar geltendes Recht. Das heißt, jede Bürgerin könnte unmittelbar vor dem EuGh dieses Recht einklagen. Einen stärkeren rechtlichen Schutz haben wir in dieser EU nicht. Trotzdem verfehlen wir die Erfüllung des Grundsatzes um durchschnittlich 20 %. Deshalb ist es auch absolut notwendig – wie die Kommission das hier vorschlägt –, dass wir diesen Grundsatz durch Sekundarrecht durchsetzen.
Allerdings zeigt dieser Sachverhalt wieder einmal, dass es einen Unterschied zwischen der Rechtslage und dem tatsächlichen Leben gibt. Menschen, die besonders auf ihren Arbeitsplatz und ihren Arbeitsverdienst angewiesen sind – und das sind eben vielfach Frauen –, wagen es häufig einfach nicht, selbstverständliche Rechte einzufordern, weil sie sonst leicht vor die Tür gesetzt werden. Deshalb können wir nur wieder einmal an die Unternehmerverantwortung appellieren, dass es ein Gebot des Anstands ist, Frauen beim Gehalt nicht schlechter als Männer zu behandeln. Wer aber nicht hören will, muss fühlen. Deshalb bin ich für empfindliche und konsequente Sanktionen bei Übertretungen. Gerade die Mitgliedstaaten sind hier aufgefordert, endlich ernst zu machen und die Unternehmen, die gegen diesen Grundsatz verstoßen, auch zu outen und zum Beispiel über das Vergaberecht abzustrafen.
An die Kommission möchte ich einen leisen Vorwurf richten: Vielleicht ist das Vorgehen ein wenig lasch gewesen in diesem Fall, vielleicht hat man zu sehr auf die Wirtschaft geschaut. Ich beglückwünsche die Kollegin Bauer zu ihrem Bericht!
Teresa Riera Madurell (PSE). - (ES) Herr Präsident, Herr Kommissar! Auch ich möchte der Berichterstatterin zu ihrer Arbeit gratulieren. Dies ist ein äußerst wichtiger Bericht angesichts der Tatsache, dass das Lohngefälle in der Europäischen Union eine Realität darstellt, die beseitigt werden sollte. Es ist nicht akzeptabel, dass Frauen 15 % weniger verdienen als Männer und dass dieser Unterschied im privaten Sektor bis zu 25 % betragen kann.
Dieses Lohngefälle ist so schwer zu bekämpfen, weil es von einer indirekten Diskriminierung herrührt: Die meisten schlecht bezahlten Arbeiten und die Mehrzahl der Teilzeitjobs werden von Frauen ausgeführt.
Was sollen wir tun? Grundsätzlich müssen wir eine Politik der Chancengleichheit fördern, welche die Vereinbarkeit von Berufs- und Familienleben zum Ziel hat, sowie eine Politik, die anstrebt, die Anzahl der schlecht bezahlten Tätigkeiten zu verringern und das Entgelt für solche Tätigkeiten zu erhöhen, die vorwiegend von Frauen ausgeführt werden.
Daher möchte ich von den Empfehlungen des Berichts – die alle von wesentlicher Bedeutung sind – diejenigen hervorheben, die eine Änderung der Richtlinie zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen in Bezug auf Beschäftigung und Beruf enthalten, indem sie auf das Lohngefälle verweisen, sowie die Empfehlung zur Änderung des Rahmenabkommens zur Teilzeitbeschäftigung, bei der die Unterschiede am größten sind.
Marco Cappato (ALDE). - (IT) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte Herrn Kommissar Špidla sagen, dass ich zusätzlich zur Betrachtung der ausgezeichneten Vorschläge in Frau Bauers Bericht glaube, dass, wenn wir auf EU-Ebene Gesetze gegen die Lohndiskriminierung erlassen können, es angebracht wäre, auch die Diskriminierung bei den Altersbezügen mit aufzunehmen. Dabei handelt es sich zwar vielleicht um eine etwas subtilere, indirekte Form der Diskriminierung, sie ist in einem Land wie Italien jedoch besonders verabscheuungswürdig.
Sie betrifft auch die Diskriminierung in Bezug auf das Rentenalter, ein Problem, mit dem sich die Europäische Kommission bereits befasst hat, und das, wie ich glaube, anerkannt werden muss. Bereits 2004 gab die Europäische Kommission der italienischen Regierung zu verstehen, dass es nicht akzeptabel sei, verschiedene Renteneintrittsaltersstufen vorzusehen: 60 für Frauen und 65 für Männer, das wir als üblicheres Alter für den Renteneintritt betrachten können. Wie die Radikalen haben wir, gemeinsam mit Emma Bonino, auf jede nur erdenkliche Weise versucht, die öffentliche Meinung, die Regierung, die Opposition und die Parteien darauf aufmerksam zu machen, dass diese Struktur beseitigt werden muss. Es ist nicht geschehen.
Dank der Europäischen Kommission hat der Gerichtshof am 13. November schließlich beschlossen, dass diese Diskriminierung rechtswidrig ist und gegen die Verträge und die gemeinschaftlichen Gesetze verstößt. Am schlimmsten ist die von Italien zur Verteidigung dieser Diskriminierung vertretene Argumentationslinie. Italien hat behauptet, dies sei gerechtfertigt durch das Ziel, die bestehende soziokulturelle Diskriminierung von Frauen zu eliminieren – mit anderen Worten: Die Diskriminierung auf dem Arbeitsmarkt existiert. Um diese Form der Diskriminierung zu beseitigen, wird eine andere geschaffen, die die Frauen zwingt, vor den Männern in den Ruhestand zu gehen. In meinen Augen erfordert auch diese Maßnahme ganz besonders eine Intervention, weil sie auf europäischer Ebene beseitigt werden könnte.
Eva-Britt Svensson (GUE/NGL). - (SV) Herr Präsident! Ich möchte zunächst Frau Bauer für einen wichtigen und konstruktiven Bericht danken, den ich uneingeschränkt unterstütze. Zweitens hat ein Kollege aus diesem Haus kürzlich auf Frauen als das schwache Geschlecht verwiesen. Ich möchte dazu nur sagen, dass Frauen nicht schwach sind. Es sind jedoch die patriarchalischen Strukturen in der Gesellschaft, die Frauen schwächen.
Die EU-Richtlinie für gleiches Entgelt existiert nun sein 30 Jahren. Trotzdem sind Frauen immer noch weniger wert als Männer – sei es in Bezug auf die Entlohnung, sei es in Bezug auf den Einfluss – sowohl in der Gesellschaft als auch am Arbeitsplatz. Trotz der Tatsache, dass Frauen in der Regel über eine höhere Bildung verfügen, verdienen sie im Durchschnitt 15 % weniger als Männer für die gleiche oder ähnliche Arbeit. Daher ist klar, dass es nicht ausreicht, die bestehende Gesetzgebung zu verbessern, um das Problem der Lohndiskriminierung zu beheben. Die Lohnunterschiede zwischen Frauen und Männern sind letztlich ein weiterer Hinweis auf die fortgesetzte Diskriminierung von Frauen in allen unterschiedlichen Bereichen. Es ist nicht genug, dass wir für die gleiche Arbeit weniger Lohn erhalten, wir werden häufig auch gezwungen, atypische Arbeiten oder Teilzeitarbeiten auszuführen usw. Diese Lohndiskriminierung verfolgt Frauen ihr ganzes Leben hindurch, da wir häufig auch schlechtere Rentenbedingungen erhalten und schlechtere Bedingungen, wenn wir älter werden.
Es ist höchste Zeit, dass wir gemeinsam Maßnahmen ergreifen, um dieser Diskriminierung von Frauen Einhalt zu gebieten.
Godfrey Bloom (IND/DEM). - Herr Präsident! Leider besteht bei den meisten Politikern ein grundlegendes Missverständnis in Bezug auf die Ursachen für die Unterschiede zwischen den Geschlechtern bei der Bezahlung. Die grundlegende Voraussetzung, so falsch sie ist, verbreitet nach wie vor den Mythos, dass die Beschäftigung ein nachfrageorientiertes, vom Arbeitgeber gesteuertes Phänomen sei. Das ist sie keineswegs. Diejenigen, die dafür eintreten, dass alle Frauen wegen der empfundenen Ähnlichkeiten in der Arbeitsplatzbeschreibung dasselbe Entgelt erhalten sollten wie Männer, verfehlt völlig den Aspekt, dass es sich bei Individuen nicht um ökonomische Einheiten handelt.
Trotz des bereits völlig überfrachteten Arbeitsrechts, das in der Regel von Menschen gestaltet wird, die nur über geringe oder gar keine unternehmerische Erfahrung verfügen, bestehen Lohnunterschiede aus dem einen, einfachen Grund weiter: Bei der Beschäftigung geht es um Angebot und Nachfrage; es geht um die Wahl des Lebensstils; sie basiert häufig auf bestimmten Prioritäten, wie der angestrebte frühe Ruhestand, der Wunsch, in bestimmten Teilen eines Landes oder einer Stadt zu leben, der Druck durch Hobbys oder Sport oder durch den Nachwuchs. Arbeitgeber und Arbeitnehmer schließen ebenso wie Käufer und Verkäufer beliebiger Waren ein Geschäft ab.
Der britische Ausschuss für Gleichstellung und Menschenrechte beschäftigt wesentlich mehr Frauen als Männer und das durchschnittliche Entgelt für die männlichen Beschäftigten ist höher als das der Frauen. Ich stimme zu, dass die bisherigen Rechtsvorschriften nur einen begrenzten Einfluss auf diese Dynamik besitzen. Ja, man könnte ebenso gut Gesetze gegen ein...
(Der Präsident entzieht dem Redner das Wort.)
Zita Pleštinská (PPE-DE). – (SK) Danke, Herr Präsident, sehr geehrter Herr Kommissar! Ich freue mich außerordentlich, dass diese Aussprache zum Thema Frauen unter Ihrem Vorsitz stattfindet.
Ich schätze die Bemühungen der Berichterstatterin, Edit Bauer, einen ausgewogenen Ansatz für die Formulierung von Empfehlungen an die Kommission zu finden und den Rahmen der EU-Vorschriften, insbesondere ihre effektive Durchsetzung zu verbessern.
Infolge verschiedener Transpositionen, Umsetzungen und Interpretationen auf innerstaatlicher Ebene ist es der Richtlinie zur Verwirklichung des Grundsatzes des gleichen Entgelts für Männer und Frauen nicht gelungen, das geschlechtsspezifische Lohngefälle zu beseitigen, das hauptsächlich mit den verschiedenen Stufen der beruflichen Segregation zusammenhängt.
Ich weiß zu schätzen, dass die Berichterstatterin in ihrem Bericht betont hat, dass die Mutterschaft keinen Nachteil für Frauen darstellen sollte, die beschlossen haben, ihre berufliche Laufbahn zu unterbrechen, um sich um ihre Kinder zu kümmern. In allen Mitgliedstaaten sollten Eltern für mindestens ein Jahr nach der Geburt eines Kindes eine Unterstützung in Höhe ihres Nettoeinkommens vor dem Beginn der Elternzeit erhalten, und gleichzeitig sollten diese Arrangements in ein Lohnsystem eingebunden werden, das bei der Festlegung der Stundenlöhne die Anzahl der Arbeitsjahre berücksichtigt. Die Mutterschaft sollte für Frauen Vorteile bringen, keine Nachteile.
Bildung ist genauso wichtig, da sie dazu beitragen kann, gegen stereotype Geschlechtervorstellungen anzugehen und die Vergütung der wenigen bezahlten Positionen und Stellen, die weiterhin nicht durch Frauen besetzt werden, zu verbessern.
Die Mitgliedstaaten müssen eine konsistente Informationskampagne starten, um das Bewusstsein der Arbeitgeber und Arbeitnehmer für bestehende oder potenzielle Lohnunterschiede auf dem Arbeitsmarkt in der EU zu schärfen. Gleichzeitig müssen sie über die wesentlichen Maßnahmen informiert werden, die verabschiedet wurden, um sicherzustellen, dass Arbeitgeber für die Nichtbeachtung des Grundsatzes des gleichen Entgelts für gleiche Arbeit bestraft werden.
Dank der Empfehlungen des Europäischen Parlaments in diesem Bericht, zu dem ich der Berichterstatterin Frau Edit Bauer gratuliere, glaube ich, dass die Europäische Kommission, in Zusammenarbeit mit dem Europäischen Parlament und den Mitgliedstaaten, Gesetze entwerfen wird, die tatsächlich für gleiche Löhne für Männer und Frauen sorgen werden.
Gabriela Creţu (PSE). – (RO) Meine sehr verehrten Kollegen! Dieser Bericht ist vielleicht das ernsthafteste Dokument, das wir in Bezug auf das Lohngefälle jemals erstellt haben. Besonders die begleitenden Empfehlungen stellen einen wichtigen Fortschritt in Hinblick darauf dar, dass der Grundsatz des gleichen Entgelts für gleichwertige Arbeit endlich Anwendung finden soll. Ich muss allen, die zu diesem Bericht beigetragen haben, gratulieren. Bisher wurde Arbeit auf der Grundlage von Tradition und Verhandlungsgeschick bewertet. Wenn ich von Verhandlungen spreche, denke ich an die Beteiligung mächtiger Gewerkschaften, die Regierungen und Arbeitgeber dazu bringen können, ordnungsgemäße Löhne zu akzeptieren. Diese beiden Kriterien waren für Frauen von Nachteil.
Wir brauchen ein nichtdiskriminierendes System zur Bewertung von Arbeit und eine neue Methode zur Klassifizierung von Berufen. Wir fordern die Mitgliedstaaten und die Kommission auf, endlich den Weg einzuschlagen und spezifische Maßnahmen zugunsten der Geschlechtergleichstellung zu ergreifen. Wir hoffen, dass sie das publik machen, indem sie am Ende dieses Monats in Paris die für Frauen in Europa günstigste Klausel unterstützen. Wir sollten uns allerdings keine Illusionen machen. Selbst wenn das neue System empfohlen und umgesetzt wird, würde es sich doch ausschließlich auf bezahlte Arbeit beziehen. Die Arbeit, die zu Hause und in der Schattenwirtschaft geleistet wird, wird auch weiterhin geleistet werden, vor allem von Frauen, und zwar ganz ohne Lohngefälle, da sie für diese Arbeit nicht einmal einen Lohn erhalten.
Věra Flasarová (GUE/NGL). – (CS) Herr Kommissar, meine Damen und Herren! Ich betrachte den Bericht von Edit Bauer als großen Erfolg. Die Ungleichheit beim Entgelt für Männer und Frauen ist eine der hartnäckigsten Formen der Diskriminierung von Frauen. Wie Frau Bauer bereits sagte, fehlt es sowohl auf nationaler als auch auf EU-Ebene an angemessenen Statistiken über Arbeitsplätze. Ich habe mich selbst in einer Reihe von Büchern und Artikeln, die ich in den letzten Jahren veröffentlicht habe, mit diesem Problem befasst. Niedrigere Löhne für Frauen, die die gleiche Arbeit verrichten und dieselben Qualifikationen und dieselbe Produktivität aufweisen, werden leider durch das tiefsitzende Stereotyp, wer der Brotverdiener sein sollte, verursacht.
Diese Pflicht wird traditionell Männern zugesprochen, und bis heute haben wir dieses Schema in allen Beschäftigungsstrukturen, ob im privaten oder öffentlichen Sektor, mehr oder weniger geduldet. Es ist eine tief verwurzelte Vorstellung, dass ein Mann mit seinem Lohn nicht nur sich selbst, sondern auch seine Familie unterstützt, während der Lohn der Frau lediglich eine Art zusätzliches Extra für das Familienbudget darstellt.
So unglaublich es scheinen mag, so fest ist diese Illusion verwurzelt, dass wir bei der Einhaltung der gleichen Rechte am Arbeitsplatz nicht auf eine kulturelle Aufklärung setzen können, sondern stattdessen leider Wege finden müssen, die Gleichheit mittels Rechtsvorschriften durchzusetzen. Daher bin ich sehr für die Idee, dass Artikel 29 der Richtlinie 2006/54 erweitert werden sollte, um präzise Anweisungen zur Anwendung des Grundsatzes der Gleichstellung aufzunehmen.
Marie Panayotopoulos-Cassiotou (PPE-DE). - (EL) Herr Präsident, Herr Kommissar! Der Bericht von Frau Bauer erfordert keine zusätzlichen Kommentare von unserer Seite, um zu zeigen, dass der Weg, den wir einschlagen müssen, um ein Phänomen abzuschaffen, für das sich die Gesellschaft schämen sollte und das einen fortwährenden Kreis der Ungerechtigkeit bildet, bei dem Kinder in einer Familie sehen, wie ihre Mutter der gleichen Arbeit nachgeht, wie ihr Vater, und schlechter bezahlt wird, und Arbeitnehmerinnen sehen, dass sie die gleiche Arbeit verrichten, wie ihre männlichen Kollegen, und dafür schlechter bezahlt werden.
So toleriert die Gesellschaft dieses Phänomen und reproduziert es, weil Frauen über die gesetzlichen Mittel verfügen sollten, die es ihnen ermöglichen, ihre Lebensumstände im erforderlichen Maß und zum erforderlichen Zeitpunkt zu korrigieren, und die staatlichen Mächte sollten geeignete Maßnahmen einführen, die die Zeiten berücksichtigen, die dem Familienleben gewidmet werden, Zeiten der Nichtbeschäftigung sowie Krankheitszeiten, und die für eine gerechte Besteuerung sorgen, um die ungleichen Löhne auszugleichen, die Frauen für ihre Tätigkeit erhalten, die nicht nur nach der mit Arbeit verbrachten Zeit, sondern auch nach der Qualität und nach zusätzlichen Aspekten beurteilt werden sollte, die eine Frau in ihre Arbeit einbringt.
Ich wiederhole, Herr Kommissar, den Aufruf von Herrn Cappato an Sie, Ihre Position als Kommission zu überprüfen, sowohl in Hinblick auf die Gespräche, die einige der Mitgliedstaaten in Bezug auf das Rentenalter für Männer und Frauen geführt haben, als auch in Bezug auf das Land, in dem diese Diskussion stattfand, die dann vor den Europäischen Gerichtshof gebracht wurde. Diese Diskussionen waren korrigierende Diskussionen für alle Frauen, ungeachtet, ob sie Mütter sind oder nicht, und natürlich ist es für Mütter noch wichtiger, dass die gesamte Zeit berücksichtigt wird, insbesondere wenn man bei der Berechnung der Arbeitszeit für einen gesamten Lebenszyklus eintritt.
(Der Präsident entzieht der Rednerin das Wort.)
Lidia Joanna Geringer de Oedenberg (PSE). - (PL) Herr Präsident! In der Europäischen Union verdienen Frauen im Durchschnitt 15 bis 25 % weniger als Männer. Zusätzlich werden die Frauen durch das Vergütungssystem, das zur Festsetzung der Vergütungsstufen nur die Dienstjahre berücksichtigt, benachteiligt, da sie ihre berufliche Laufbahn aus familiären Gründen häufig unterbrechen müssen. Das Aufziehen von Kindern, Arbeitsplatzwechsel oder kürzere Arbeitszeiten versetzen Frauen in die Lage einer beständigen strukturellen Verzögerung. Das Konzept des gleichen Entgelts für gleiche Arbeit kann durch einen stereotypen Ansatz für geschlechtsspezifische und soziale Rollen nicht verzerrt werden, die früher die Berufs- und Bildungswahl der Menschen erheblich beeinflusst haben, während die Elternzeit oder familiär bedingte Unterbrechungen der Berufslaufbahn keinen Grund für die Diskriminierung von Frauen auf dem Arbeitsmarkt darstellen können.
Die Richtlinie zur Verwirklichung des Grundsatzes der Chancengleichheit und der Gleichbehandlung von Frauen und Männern in Bezug auf Beschäftigung und Beruf ist ein unwiderrufliches Element des gemeinschaftlichen Besitzstandes und die Mitgliedstaaten müssen sie so bald wie möglich umsetzen. Das Ziel, das Lohngefälle zu verringern, muss vollständig in arbeitsrechtliche Regelungen umgesetzt werden, und regelmäßige Lohnaudits sowie die Androhung von Sanktionen sollten allen Formen der Diskriminierung, insbesondere der geschlechtlichen Diskriminierung, ein Ende setzen.
Ria Oomen-Ruijten (PPE-DE). - (NL) Herr Präsident! Ich bin Frau Bauer für ihren hervorragenden Bericht dankbar. Man höre und staune, wir diskutieren heute ein Thema, das schon seit 1957 auf der Tagesordnung steht, als die Gleichbehandlung von Mann und Frau und die gleiche Bezahlung für Männer und Frauen in den Verträgen verankert wurden. Wir haben seit 30 Jahren europäische Regelungen und Gesetze. Wir haben von der Europäischen Kommission einen Fahrplan für die Gleichstellung von Frauen und Männern (2006-2010), und eines der Schlüsselziele, das auch Bestandteil der Strategie von Lissabon ist, ist die Verringerung des Lohngefälles zwischen Männern und Frauen.
Trotzdem ist das Lohngefälle nicht kleiner geworden. Tatsächlich habe ich erst am vergangenen Samstag in der Times gelesen, dass die Lohndifferenz zwischen Männern und Frauen im Vereinigten Königreich im privaten Sektor auf 21,7 % und im öffentlichen Sektor auf 13,8 % gestiegen ist. Es gibt auch in den anderen Mitgliedstaaten kein Anzeichen für eine Verbesserung, nehmen Sie zum Beispiel mein eigenes Land. Der Genderbericht für die Niederlande vom Weltwirtschaftsforum zeigt, dass die Niederlande nur auf Platz 88 der Liste über gleiche Bezahlung bei gleicher Arbeit stehen.
Daher sind hier Taten gefordert. Am Freitag haben die Minister Frankreichs, der Tschechischen Republik und Schwedens einen Aktionsplan angenommen. Wie viele Aktionspläne brauchen wir noch? Frau Bauer schlägt in dieser von ihr vorgelegten Entschließung eine große Zahl an Empfehlungen vor, was großartig ist, meiner Ansicht nach haben aber zwei davon Priorität. Zunächst einmal müssen wir die Anwendung der Gleichbehandlung sicherstellen, und viel strengere Kontrollen sollten in dieser Hinsicht – gleiches Entgelt für Männer und Frauen, darauf basieren alle unsere Sozialversicherungssysteme – vorgenommen werden. Zweitens – und ich glaube wirklich, dass dies unsere Aufmerksamkeit verdient – ist da noch das Rentengefälle zwischen Männern und Frauen. Wir sind mit einer alternden Bevölkerung konfrontiert, und wenn Frauen keine Rente haben, kommt eine sehr traurige Situation auf uns zu. Hierauf müssen wir uns in Zukunft konzentrieren.
Marusya Ivanova Lyubcheva (PSE). – (BG) Ich begrüße die Diskussion über diesen Bericht. Dass die Ungleichheiten beim Entgelt zwischen Männern und Frauen weiterhin fortdauern, ist inakzeptabel. Wir sollten jedoch unsere Diskussion nicht auf die Frage des gleichen Entgelts für gleiche Arbeit beschränken. Wir müssen eine breitere Perspektive wählen. Die individuelle Natur der Arbeit ist der Ausgangspunkt aller Aktivität, und es ist wichtig, einen objektiven Weg zu finden, um ihren Wert zu beurteilen, mit klaren Regeln, Kriterien und Indikatoren, die eine größere Objektivität erzielen und die Diskriminierung durch klare gesetzgeberische Maßnahmen beseitigen. Ein wichtiges Instrument ist die Bewertung von Beschäftigungen und Arbeitsplätzen und eine Veranschlagung ihres Preises. Der niedrige finanzielle Status mancher Tätigkeiten macht sie unattraktiv, so dass Männer sie grundsätzlich meiden und Frauen sie wählen. Die Verbesserung dieser Situation hätte eine positive Auswirkung auf die wirtschaftliche Unabhängigkeit der Frauen. Der niedrige finanzielle Status der Dienste von beispielsweise Krankenpflegern oder Lehrern ist nicht akzeptabel, denn er entspricht ihrer Bedeutung für die Entwicklung der Gesellschaft keineswegs. Dies ist ein Bereich, in dem die Kommission und die Mitgliedstaaten auch Verpflichtungen haben.
Romana Jordan Cizelj (PPE-DE). - (SL) Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte zu Beginn sagen, dass ich es für meinen Teil völlig inakzeptabel finde, dass Frauen im Durchschnitt 15 % weniger verdienen als Männer und dass diese Differenz im privaten Bereich mehr als 25 % beträgt. Lassen Sie mich in dieser Hinsicht betonen, dass in meinem eigenen Land, Slowenien, Frauen in Fragen der Ausbildung nicht hinter den Männern zurückliegen, sodass Maßnahmen erforderlich sind. Viele Menschen fragen sich vielleicht, warum es notwendig ist, Maßnahmen auf europäischer Ebene vorzunehmen und warum die Lösung dieses Problems nicht den Mitgliedstaaten überlassen werden kann. Einer der Gründe dafür ist, dass die Angleichung dieser Unterschiede zu lange dauern würde, und ein weiterer Grund ist, dass in der Mehrheit der Mitgliedstaaten zu wenig Frauen an der Politik beteiligt sind, um geschlechtsspezifischen Problemen die angemessene Aufmerksamkeit zu widmen.
Eine Minderheit ist nur dann in der Lage, ihre Probleme glaubhaft herauszustellen, wenn sie in einer bestimmten Institution, wie einem Parlament oder einer Regierung, mit mindestens 30 % aller Mitglieder vertreten ist. Und es gibt eine große Zahl von europäischen Ländern, in den Frauen nicht mit einem Anteil von 30 % in der Politik vertreten sind. Der durchschnittliche Anteil von Frauen in den Regierungen der Mitgliedstaaten und in ihren Parlamenten liegt bei weniger als 30 %. Unsere Repräsentanz im Europäischen Parlament liegt bei 31 %, das ist gerade ein wenig mehr als die kritische Masse, die wir benötigen, um geschlechtsspezifische Probleme effektiv hervorzuheben. Deshalb müssen wir dieses Problem von hier aus angehen.
Eine andere Frage, die ich mir selbst gestellt habe, ist, ob die vorgeschlagenen Maßnahmen zu revolutionär sind und ob sie im Widerspruch zum Subsidiaritätsprinzip stehen. Ich stimme hier der Berichterstatterin zu, wenn sie sagt, dass die Gesetzgebung nicht effektiv genug ist und dass sie verstärkt werden könnte und sollte. Unsere Vorschläge müssen mutig sein und einen stichhaltigen Ausgangspunkt für die Gestaltung der realen Politik darstellen. Ich unterstütze ihren Vorschlag, dass die Kommission bis spätestens zum 31. Dezember des nächsten Jahres einen neuen Gesetzesvorschlag vorbereiten soll, der die bestehenden Gesetze zur gleichen Entlohnung von Männern und Frauen berücksichtigt, und ich gratuliere ihr zu einem gut vorbereiteten Bericht.
Iratxe García Pérez (PSE). – (ES) Herr Präsident! Vor zwei Monaten haben wir hier im Haus die Aussprache zum jährlichen Bericht über die Gleichstellung von Frauen und Männern geführt. Einer der besorgniserregendsten Aspekte, der in dieser Aussprache hervorgehoben wurde, ist jetzt Gegenstand der heutigen Aussprache: der Unterschied im Entgelt für Männer und Frauen.
Es ist besorgniserregend, dass wir es seit 2003 nicht geschafft haben, dieses Lohngefälle von 15 % zu verringern. Dies bedeutet, dass eine Frau im Jahr 52 Tage mehr arbeiten muss als ein Mann, um das gleiche Entgelt zu verdienen.
Dies ist eine völlig inakzeptable Situation in der Europäischen Union, und wir müssen daher, da besteht nicht der geringste Zweifel, sowohl strengere Rechtsvorschriften als auch strengere Vereinbarungen mit den Arbeitgebern verabschieden, um dieses Problem anzugehen und das Lohngefälle aufzuheben.
Wir werden jedoch in Kürze auch ein anderes, in dieser Hinsicht fragwürdiges Thema betrachten. Nächsten Monat werden wir die Arbeitszeitrichtlinie diskutieren, die sich möglicherweise ebenso als besorgniserregender Faktor hinsichtlich der Vereinbarkeit von Familien- und Berufsleben für Frauen erweist. Dies ist in Bezug auf das Thema Arbeit unzweifelhaft ein sehr empfindlicher Bereich. Daher sind wir in dieser Hinsicht auch sehr gespannt.
Rumiana Jeleva (PPE-DE). - (BG) Ich möchte Edit Bauer zu ihrer ausgezeichneten Arbeit bei den Empfehlungen zum Thema des gleichen Entgelts für Männer und Frauen gratulieren. Ich weiß, dass sie große Anstrengungen unternommen hat, um ein Dokument zu entwerfen, das so gut wie möglich die reale Situation berücksichtigt, und ich hoffe, dass die darin enthaltenen Empfehlungen in die Praxis umgesetzt werden.
In meinem Land, Bulgarien, liegt das Lohngefälle zwischen Männern und Frauen bei 25 % bis 30 %, und auch wenn das Gesamtbild in der Europäischen Union eine geringere Differenz zeigt, bleibt die Tatsache, dass Frauen schlechter bezahlt werden als Männer. Warum das so ist? Einer der Faktoren ist die Lohn- und Gehaltsstruktur bei einigen Beschäftigungen mit einem hohen Anteil von weiblichen Beschäftigten. Ein anderer Grund liegt in der Tatsache, dass sich niemand für diese Situation und damit auch nicht für ihre Lösung verantwortlich fühlt. Die gegenwärtig tief verwurzelten Stereotypen und Vorurteile bezüglich der Arbeitsverteilung zwischen den Geschlechtern sind nicht nur hinderlich, sondern dienen oft als Entschuldigung, die Probleme zu ignorieren.
Was können wir in dieser Situation tun? Erstens ist es, wie der Bericht sagt, eine zwingende Voraussetzung, dass sich die Mitgliedstaaten nach der aktuellen Gesetzgebung richten. Die staatliche Politik muss die Einrichtung gleicher Rechte und gleicher Löhne fördern. Zweitens muss die Transparenz bei der Bewertung von Arbeit und bei der Festlegung der Entgeltsätze eher ein integraler als ein formaler Aspekt der Arbeit in Unternehmen werden. Und schließlich muss die Förderung des internen Dialogs und der guten Kommunikation zwischen der Leitung und den Arbeitskräften besonders in kleinen und mittleren Unternehmen in den einzelnen europäischen Gesellschaften und in Europa als Ganzem Teil einer neuen Kultur werden.
Ich möchte Frau Bauer nochmals zu ihrer gekonnten Präsentation der von ihr hervorgehobenen Probleme und Lösungen gratulieren. Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Mairead McGuinness (PPE-DE). - Herr Präsident! Ich möchte Ihnen für diese Aussprache danken. Ich möchte gerne eine Frage aufwerfen, vielleicht kann sie von der Kommission behandelt werden. Wir sprechen über gleiches Entgelt für gleiche Arbeit, und wir alle wünschen uns von Herzen, dass dies Wirklichkeit wird. Wie ist die Ansicht der Kommission zur aktuellen Beschäftigungssituation? Ich habe die Sorge, dass dieser Punkt angesichts der hohen Arbeitsplatzverluste in den Ländern der Europäischen Union eher schlimmer werden könnte, weil viele Menschen Geld verdienen wollen, selbst wenn es weniger ist, als sie in Wirklichkeit wert sind. Ich würde einen Kommentar von der Kommission hierzu sehr begrüßen.
Ich möchte noch eine Diskriminierung ansprechen, die sicher für Männer und Frauen gilt: Arbeitnehmer im öffentlichen Sektor im Vergleich zu Arbeitnehmern im privaten Sektor, in dem ganz andere Bedingungen herrschen. Sie genießen unterschiedliche Rentenansprüche und Absicherungen, und manchmal sind die Ungleichheiten nicht geschlechtsspezifisch, obwohl ich es begrüße, dass dieser Bericht die Geschlechtsfrage behandelt, und natürlich mein Bedenken dahin geht, dass sich dieses Problem in der aktuellen Situation verschlechtert, anstatt sich zu verbessern.
Silvia-Adriana Ţicău (PSE). – (RO) Herr Präsident, Herr Kommissar! Es gibt eine Differenz von 15 % zwischen den Entgelten, die Frauen und Männer für die gleiche Arbeit erhalten. Im Fall von weiblichen Führungskräften steigt diese Zahl auf 20 % und sogar auf 30 % an, wenn es sich um Führungskräfte von KMU handelt.
28 % der Wissenschaftlerinnen in der Industrie und nur 34 % der Frauen in der Industrie haben mehr als ein Kind.
Herr Kommissar, während Frauen sich in Elternzeit befinden, entsteht durch den durchschnittlichen jährlichen Prozentsatz, der zur Berechnung des Ertrags dieser Zeiträume verwendet wird, ein finanzieller Verlust, ungeachtet der Bedeutung dieses Zeitraums für die Sozialfürsorge. Mütter dürfen nicht für eine Geburt bestraft werden und dafür, dass sie sich in den ersten paar Monaten ihres Lebens um die Kinder kümmern.
Ich glaube auch, dass Mutterschaftsgeld nicht nur für Mütter bezahlt werden sollte, die während der letzten 12 Monate vor der Geburt gearbeitet haben. Ich denke nicht, dass es die Schuld eines Kindes ist, wenn seine Mutter während dieses Zeitraums nicht gearbeitet hat. Vor allen Dingen glaube ich, dass es keine Diskriminierung von Kindern gleich von ihrer Geburt an geben darf.
Danutė Budreikaitė (ALDE). - (LT) Ich kann nur wiederholen, dass schon 1974 Dokumente verabschiedet wurden, die die Mitgliedstaaten verpflichten, Männer und Frauen für die gleiche Arbeit gleich zu entlohnen. Obwohl jedoch seither mehr als 30 Jahre vergangen sind, hat sich die Situation nicht geändert. Überdies hat in meinem Land, Litauen, die Reform des Altersversorgungssystems begonnen. Ein Teil der Mittel, die von Arbeitnehmern in die gesetzliche Rentenversicherung einbezahlt wurden, wird in private Rentenversicherungen transferiert. In wenigen Jahren wird deutlich werden, dass Frauen 35 % mehr Beiträge zahlen müssen als Männer, um aus diesen Fonds die gleiche Rente zu erhalten, da sie länger leben. Mehr noch, der Austritt aus diesen Fonds ist wie der Austritt aus der Sklaverei, er ist unmöglich – dies allein ist ein Verstoß gegen die Menschenrechte und die Wahlfreiheit. Außer Litauen verwendet nur Bulgarien dieses geschlechtsdifferenzierende System.
Nachdem ich solche Fälle recherchiert habe, möchte ich die Kommission auffordern, die Initiative zu ergreifen und Entscheidungen vorzuschlagen.
Zuzana Roithová (PPE-DE). – (CS) Herr Kommissar, meine Damen und Herren! Die Tatsache, dass Frauen in der Europäischen Union nahezu zwei Monate länger arbeiten müssen, um genauso viel zu verdienen wie Männer, ist mehr als alarmierend. Selbst wenn Europa stirbt, können wir hier nur noch konstatieren, dass eine Lohndiskriminierung gegen Frauen und Familien mit Kindern bis zu einer Quote von 25 % fortbesteht, obwohl Frauen die Männer beim Bildungsabschluss inzwischen im Verhältnis von 60:40 überflügelt haben. Frau Bauer hat darauf hingewiesen, dass die Arbeit der Frauen in den sogenannten Männerberufen gewohnheitsmäßig ohne objektiven Grund unterbewertet wird. Wenn die Ursache jedoch im Fehlen der Arbeitsjahre liegt, die Frauen stattdessen der Pflege ihrer Familien widmen, müssen wir über diese Angelegenheit ernsthaft nachdenken. Familien sollten kein Nachteil sein.
Frau Bauer schlägt Wellen, und ihre Argumente für den Beginn einer Überprüfung der Antidiskriminierungsgesetze sind überzeugend. Ich unterstütze auch den Vorschlag, dass der Zugang zu öffentlichen Ausschreibungen und zu aus Mitteln der EU finanzierten Projekten davon abhängig gemacht werden sollte, ob ein bestimmtes Unternehmen eine antidiskriminierende Lohnpolitik vorweisen kann. Ich glaube, dass dies, besonders im privaten Sektor, eine Möglichkeit ist, die Geschlechterstereotypen bei Arbeitgebern zu ändern. Ich möchte der Berichterstatterin für einen hochprofessionellen Bericht danken.
Bogusław Liberadzki (PSE). - (PL) Herr Präsident! Es ist bei der Diskussion dieses wichtigen Themas typisch, dass es nur zwei Einwendungen von Männern zu diesem Thema gab. Im Fall von Herrn Bloom war seine Einwendung so männlich, dass es schwer fällt, ihr zuzustimmen.
Wir behandeln aber einen sehr wichtigen Bericht. Wir behandeln einen Bericht, aus dem wir wissen, dass Arbeit einen großen Wert besitzt, dass sie gleich entlohnt werden muss und dass dieses Entgelt auf der Grundlage von Kriterien differenziert werden muss, wie beispielsweise die Art der Arbeit, die Effizienz, mit der sie ausgeführt wird, die Fähigkeit, Mehrwert zu schaffen, und nicht nach geschlechtsspezifischen Kriterien. Aber auch in den Mitgliedstaaten kommt es zum Wandel. Erlauben Sie mir, mein eigenes Land zu nennen, in dem wir erst vor sehr kurzem die Geschlechtergleichstellung eingeführt haben, die es Vätern jetzt erlaubt, Vaterschaftsurlaub zu nehmen. Dies zeigt, dass wir uns annähern und auf dem richtigen Weg sind.
Ewa Tomaszewska (UEN). - (PL) Herr Präsident! Frauen erhalten nicht das gleiche Entgelt für gleiche Arbeit. Ihr Entgelt ist jedoch auch deshalb niedriger, weil sie in Niedrig-Lohn-Sektoren arbeiten und in befristeten, weniger hochwertigen Tätigkeitsformen. Ein Resultat der Ungleichheit beim Entgelt ist auch die Ungleichheit bei den Sozialleistungen, besonders hinsichtlich der Altersversorgung. Auf der einen Seite erhalten sie weniger Entgelt für die gleiche Arbeit, und auf der anderen Seite sind sie bedingt durch ihre Aufgaben als Mütter weniger lang beschäftigt. Dies sind die beiden Gründe für die Armut von Frauen bei Erreichen des Rentenalters. Daher trifft die Ungleichheit des Entgelts die Frauen doppelt hart.
Ich möchte darauf hinweisen, dass das Gesetz in der Regel Diskriminierung verbietet, während die Praxis eine fortgesetzte Diskriminierung zeigt. Die wesentliche Frage ist daher die Durchsetzung des Gesetzes in der Praxis.
Zbigniew Zaleski (PPE-DE). - (PL) Es gibt in dieser Hinsicht keine Gründe für eine Diskriminierung von Frauen, und es ist keine Angelegenheit, die diskutiert werden muss. Drei kurze Fragen: Im Bereich der Wirtschaft sollte das Entgelt den Auswirkungen der Arbeit auf der Grundlage der geleisteten Dienste entsprechen, unabhängig wer sie geleistet hat. Der zweite Punkt: Europa wird älter, ob es Ihnen gefällt oder nicht. Vielleicht sollten wir uns für Frauen, die die gleiche Arbeit wie Männer leisten und sich gleichzeitig für Kinder und ihre Erziehung entscheiden und dadurch die Bevölkerungszahl hoch halten, einen Bonus überlegen. Drittens: Ein gutes Beispiel in diesem Bereich sind akademische Einrichtungen, zumindest die, die ich kenne, in denen die gegebenen Chancen gleich sind und das Entgelt schlicht auf den Arbeitsergebnissen basiert. Vielleicht könnte dieses Modell auf andere Sektoren ausgedehnt werden.
Andrzej Jan Szejna (PSE). - (PL) Herr Präsident! Ich möchte mich den männlichen Stimmen, die in der gegenwärtigen Aussprache leider so selten sind, anschließen und denen zustimmen, die anerkennen, dass es zu den wichtigsten garantierten Fragen und zu den garantierten Rechten im nationalen und europäischen Recht gehört, die öffentliche Aussprache zu ermöglichen und eine so wichtige Angelegenheit wie Vergütung und gleiches Entgelt für Frauen und Männer auf die politische Tagesordnung zu setzen.
Ich kann wie jeder andere nur sagen, dass ich nicht zustimme, dass das Entgelt vom Geschlecht abhängen sollte. Es kann von der Ausbildung und der Erfahrung abhängen, aber unter keinen Umständen vom Geschlecht. Nach meinem Eindruck sind die nationale und die EU-Gesetzgebung in diesem Punkt gut entwickelt, und in vielen Fällen sollte man vielleicht sagen, zu gut entwickelt, aber was mich besorgt ist, dass sie nicht durchgesetzt wird, nicht in die Praxis umgesetzt wird, da es keine entsprechende Tradition gibt. Der Europäische Gerichtshof hat häufig wiederholt, dass sie nicht durchgesetzt wird. Es geht daher nicht darum, mehr Gesetze zu machen, sondern darum, ihre Einhaltung sicherzustellen.
Astrid Lulling (PPE-DE). – (FR) Herr Präsident! Das in diesem Haus angesprochene Lohngefälle ist umso schwerer zu verstehen, als die jungen Frauen von heute in allen Mitgliedstaaten in der Schule erfolgreicher sind als Männer und außerdem den höheren Anteil an Hochschulabsolventen stellen.
Ich möchte dennoch betonen, dass wir seit 1975 und besonders seit 2006 über eine solide gesetzliche Basis verfügen und dass die letztere es mir in den Jahren von 1975 bis 1980 ermöglicht hat, Frauen in meinem Land, die diskriminiert wurden, zu ermutigen, gerichtlich gegen ihre Arbeitgeber vorzugehen, vor allem im öffentlichen Sektor. Nachträglich wurden ihnen hunderte Millionen luxemburgische Francs, die damals geltende Währung, ausgezahlt.
Zuerst und vor allem sollten wir daher die umfassenden geltenden Rechtsvorschriften anwenden, auch wenn dies bedeutet, sie durch die Unterstützung der hervorragenden Empfehlungen unserer Berichterstatterin zu verbessern.
Vladimír Špidla, Mitglied der Kommission. – (CS) Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte Ihnen für eine Aussprache danken, die ein Problem behandelt hat, das schlicht inakzeptabel ist. Es gibt keine echten oder stichhaltigen Gründe dafür, warum eine Situation Bestand haben sollte, in der Frauen weiterhin durchschnittlich weniger Entgelt erhalten als Männer. Sie haben in der Aussprache eine Vielzahl von Ansätzen und eine Vielzahl von Problemen genannt, die mit dem Lohngefälle verbunden sind, und ich denke, aus der Aussprache geht klar hervor, wie komplex diese Frage ist.
Ich möchte feststellen, dass diese Frage auf der europäischen politischen Tagesordnung steht, weil die Kommission sich eben in einer Reihe ihrer Dokumente mit dieser Frage befasst hat und auch angesichts der Tatsache, dass die Kommission eine spezifische potenzielle Überarbeitung der gegenwärtigen Gesetze erstellt, und natürlich auch, weil sich das Parlament der Frage angenommen hat, dank des Berichts von Frau Bauer, für den ich erneut meine Wertschätzung ausdrücken möchte. Und nicht zuletzt auch dank der Tatsache, dass die Troika der drei aufeinanderfolgenden Präsidentschaften in Lille einen Aktionsplan nicht nur angekündigt sondern auch verabschiedet hat, der diesem Thema einen Platz auf der Agenda der drei folgenden Präsidentschaften einräumt, mit anderen Worten, den Präsidentschaften von Frankreich, der Tschechischen Republik und von Schweden.
Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte außerdem feststellen, dass den einzelnen Mitgliedstaaten bei der Debatte in Lille zusätzlich zum Aktionsplan eine Reihe konkreter Aktionen in diesem Bereich vorgestellt wurden, von denen einige, wie ich gestehen muss, sehr radikal waren und meiner Meinung nach auch Resultate erzielen können.
Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte Ihnen noch einmal dafür danken, dass ich hier sprechen durfte sowie für die Aussprache, und ich möchte sagen, dass die Kommission uneingeschränkt bereit ist, in dieser Frage mit dem Parlament zusammenzuarbeiten, um die schrittweise Abschaffung dieser ungerechten und unhaltbaren Sachlage zu bewirken.
Edit Bauer, Berichterstatterin. – (SK) Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte Ihnen für eine überaus interessante Aussprache danken. Erlauben Sie mir einige Anmerkungen. Zunächst: Das Problem kann nicht allein durch Rechtsvorschriften gelöst werden. Wie bereits gesagt wurde, gibt es zahlreiche Gründe für die Erstellung von Rechtsvorschriften, aber es ist natürlich nicht möglich, bestimmte wirtschaftliche Probleme mittels Rechtsvorschriften zu beheben.
Ich stimme ebenfalls zu, dass wir die bestehenden Rechtsvorschriften zweifellos besser anwenden sollten. Die lange Geschichte dieser Rechtsvorschriften macht jedoch deutlich, dass sie in ihrer gegenwärtigen Form nicht sehr effektiv ist. Wir haben keine anderen Instrumente außer Rechtsvorschriften. Das bedeutet, dass unsere Aufgabe darin besteht, sicherzustellen, dass die bestehenden Rechtsvorschriften dazu beitragen, dieses lang währende Problem so zu beheben, dass der Arbeitsmarkt fairer wird.
Ich möchte mit einer letzten Anmerkung schließen. Viele meiner Kollegen und Kolleginnen hier haben betont, dass der Fortbestand dieser Unterschiede aus der Sicht der gleichen Rechte inakzeptabel ist. Ich möchte jedoch einen anderen Blickwinkel herausstellen, einen weiteren Aspekt dieses Themas, und zwar die Anforderungen des wirtschaftlichen Wettbewerbs, denn die Forderung des gleichen Entgelts für gleiche Arbeit ist bereits Bestandteil des Vertrags von Rom und zwar als Anforderung für einen fairen wirtschaftlichen Wettbewerb. Ich habe das Gefühl, dass dies die Antwort ist, die wir den Kollegen geben müssen, die betont haben, dass der Arbeitsmarkt anhand anderer Anforderungen funktioniert.
Der Präsident. − Die Aussprache ist geschlossen.
Die Abstimmung erfolgt am Dienstag, den 18. November 2008.
Schriftliche Erklärungen (Artikel 142)
John Attard-Montalto (PSE), schriftlich. – Die gesetzlichen Rahmenvorschriften in der EU in Hinblick auf das gleiche Entgelt für Männer und Frauen sind sehr weitreichend. Das Problem liegt in der Durchsetzung.
Es herrscht Übereinstimmung darin, dass die Diskriminierung beim Entgelt aufgrund des Geschlechts durch die bestehenden Rechtsvorschriften verringert wurde. Die indirekte Diskriminierung ist jedoch immer noch ein Problem. Meistens liegt die Ursache dafür in der wirtschaftlichen Segregation und die bestehenden Rechtsvorschriften werden in solchen Fällen nur begrenzt angewendet. Die Auswertung der gesetzlichen Rahmenvorschriften zeigt einige Unterschiede bei den Rechtsvorschriften bezüglich des geschlechtsspezifischen Lohngefälles.
Obwohl die operativen Rechtsvorschriften streng genommen denselben Geltungsbereich haben, zeigen die bestehenden Richtlinien fundamentale Unterschiede:
a) 1975 galt das geschlechtsspezifische Lohngefälle als ein Problem des wirtschaftlichen Wettbewerbs, als ein „integraler Bestandteil der Verwirklichung oder des Funktionierens des gemeinsamen Marktes“, während
b) die Richtlinie von 2006 auf dem Grundsatz der „Gleichbehandlung und Chancengleichheit“ basiert.
Die Daten zeigen ein konstantes Gefälle zwischen den Entgelten für Männer und Frauen. Die neuesten Zahlen zeigen einen Unterschied von 15 % zwischen dem Bruttostundenlohn von Männern und Frauen. Im privaten Sektor ist dieser Unterschied noch größer und steigt auf 25 %.
Das geschlechtsspezifische Lohngefälle wurde durch die Unterschiede auf individueller Basis erklärt, wie beispielsweise Alter, Bildung und Erfahrung. Es ist jedoch erwiesen, dass diese Unterschiede für das Fortbestehen des geschlechtsspezifischen Lohngefälles eine relativ unbedeutende Rolle spielen.
Petru Filip (PPE-DE), schriftlich. – (RO) Der Grundsatz der Chancengleichheit und Gleichbehandlung zwischen Frauen und Männern ist in den osteuropäischen Ländern, die vor kurzem aufgenommen wurden, ein Thema mit einer ganz bestimmten Konnotation. Die für die berufliche Leistung verwendeten Benchmarks sind weiterhin im Wesentlichen vorwiegend an Männern orientiert. Diese Perspektive kann in den ehemals kommunistischen Gebieten nur schwer geändert werden, in denen die kollektive Mentalität infolge der Propaganda des Regimes ein vollkommen künstliches Modell der Gleichstellung angenommen hat. Die mangelnde Konsistenz in der primitiven Gleichstellung, die von den kommunistischen Regimes gefördert wurde, hat dazu geführt, dass die aktuellen Anstrengungen, die Gleichbehandlung zwischen Frauen und Männern zu fördern, unterminiert wurden.
Unter dieser Voraussetzung habe ich das Gefühl, dass jedes Bemühen, heute den Grundsatz der Gleichstellung der Geschlechter durchzusetzen, sich auf einen breiteren Bildungsaspekt stützen und den Bürgerinnen und Bürgern der Gemeinschaft realistische Systemmodelle für eine nicht diskriminierende Behandlung bieten muss. Um diesen Grundsatz in der ganzen Gemeinschaft durchzusetzen, müssen die Institutionen Europas mit besseren Vorschlägen aufwarten als mit dem, einen Europäischen Tag des gleichen Entgelts zu organisieren.
Zita Gurmai (PSE), schriftlich. – (HU) Es ist kein Zufall, dass einer der wichtigsten Punkte des Fahrplans von 2006-2010 für die Gleichstellung zwischen Männern und Frauen das Bemühen ist, das Lohngefälle zwischen den Geschlechtern zu beseitigen. Das Problem des Lohngefälles zwischen Männern und Frauen geht über den fundamentalen Grundsatz des gleichen Entgelts für gleiche Arbeit hinaus. Die Lohnunterschiede spiegeln die ernstlichen Ungleichheiten wider, die auf dem Arbeitsmarkt zu beobachten sind und vor allem Frauen treffen. Dies weist auf ein ernstes demokratisches Defizit Europas hin.
Zur Behebung des Problems sind komplexe Arrangements erforderlich, die nicht ohne politische Entschlossenheit möglich sind. Die bestehenden Rechtsvorschriften müssen optimiert werden, und ihre praktische Anwendung muss gefördert und überwacht werden.
Der eigentliche Grundsatz der Chancengleichheit kann nur dann in die Praxis umgesetzt werden, wenn alle Mitgliedstaaten einen entschiedenen politischen Willen demonstrieren und konstruktive Schritte ergreifen, um das Lohngefälle zwischen den Geschlechtern zu beenden. Es ist nicht akzeptabel, dass eine ganze Reihe von Mitgliedstaaten dem Lohngefälle zwischen den Geschlechtern immer noch keine besondere Aufmerksamkeit widmet, sei es in öffentlichen Debatten oder in politischen Programmen.
Der Start einer sozialen Debatte und die Organisation von Bildungskampagnen sind ebenfalls unerlässlich. Ich dränge darauf, zur Lösung dieses Problems ein Paket von politischen Maßnahmen vorzubereiten, das in jedem Fall die nationalen Unterschiede sowie die bewährten und die tatsächlichen Praktiken berücksichtigen muss.
Wir brauchen genauere und detailliertere statistische Daten, um die wahre Sachlage zu erfassen und die Entwicklungen strenger zu überwachen. Die Ursachen für die Lohnunterschiede müssen untersucht werden. Die so erhaltenen Informationen sollten verwendet werden, um die Diskriminierung besser zu beleuchten, sie zu beseitigen und künftig zu verhindern.
Lívia Járóka (PPE-DE), schriftlich. – Ich möchte Frau Bauer für ihre harte Arbeit zur Erstellung der überaus wichtigen Empfehlungen an die Europäische Kommission hinsichtlich der Verwirklichung des Grundsatzes über gleiches Entgelt danken. Das Lohngefälle hat enorme Auswirkungen auf den Status von Frauen im wirtschaftlichen und sozialen Leben und stellt ein Hindernis für eine gleichberechtigte wirtschaftliche Unabhängigkeit dar.
Es gibt verschiedene Bereiche, in denen Frauen von dem ausschließlich auf dem Geschlecht basierenden Lohngefälle in Europa betroffen sind. Frauen treffen in den neuen und alten Mitgliedstaaten gleichermaßen auf unterschiedliche Stundensätze. Die Unterschiede zeigen sich in der Einkommensverteilung zwischen Männern und Frauen: 20 Prozent der Frauen, verglichen mit 40 Prozent der Männer in Europa, erhalten in den obersten Entgeltgruppen eine ähnliche Einkommensverteilung. Eine weitere schreiende Ungleichheit beim Entgelt liegt in der sektorbezogenen geschlechtsspezifischen Segregation, da die Hälfte der Arbeitsplätze in drei Sektoren männlich dominiert ist.
Schließlich wirkt sich die Überrepräsentierung von Frauen – 30 Prozent – bei den Teilzeitbeschäftigungen auf ihren Beitrag zum Arbeitsmarkt aus. Diese Zahlen sind noch schlechter bei Frauen mit bestimmten ethnischen Hintergründen, wie beispielsweise die Roma. Zwar verfügt die EU über äußerst umfassende gesetzliche Rahmenvorschriften in Bezug auf gleiches Entgelt, in der Europäischen Union werden Frauen jedoch immer noch schlechter bezahlt als Männer – selbst Frauen mit ähnlichen Fähigkeiten und einer ähnlichen Bildung –, was zeigt, dass die Verbesserung der Rechtsvorschriften durch die Stärkung ihrer Effizienz das oberste Ziel sein muss.
Anneli Jäätteenmäki (ALDE), schriftlich. – Das geschlechtsspezifische Lohngefälle ist in der EU alarmierend hoch. Es gab einige Initiativen, es zu verringern, aber die Geschwindigkeit, mit der das Gefälle geringer wird, ist viel zu niedrig. Das Parlament hat die Kommission wiederholt aufgefordert, Initiativen zu ergreifen. Der Bericht über das geschlechtsspezifische Lohngefälle beschreibt viele spezifische Möglichkeiten, wie die EU dieses Problem angehen kann.
Es ist wichtig, Begriffe, wie „Rentengefälle“, „direkte Lohndiskriminierung“ und „indirekte Lohndiskriminierung“ klarer und detaillierter zu definieren, so dass wir über bessere Instrumente verfügen, um uns mit dem geschlechtsspezifischen Lohngefälle zu befassen.
Derzeit fehlen uns die exakten statistischen Daten, die zur Bewertung der Situation erforderlich sind. Die Mitgliedstaaten und die Kommission sollten ihre Statistiken verbessern, dasselbe gilt für private Unternehmen. Unternehmen sollten aufgefordert werden, reguläre Lohnaudits durchzuführen und die Ergebnisse zur Verfügung zu stellen.
Eine weitere Möglichkeit, zur Problemlösung beizutragen, ist die Hinzufügung eines spezifischen Verweises auf die Lohndiskriminierung in Artikel 26 (Vorbeugung von Diskriminierung) der Richtlinie 2006/54/EG.
Es ist einfach nicht akzeptabel, dass Frauen in der EU im Durchschnitt 15 % weniger verdienen als Männer. Als regierendes Organ müssen wir etwas unternehmen, um diese Ungerechtigkeit zu korrigieren.
Der Präsident. − Als nächster Punkt folgt der Bericht von Astrid Lulling im Namen des Ausschusses für Wirtschaft und Währung zum Vorschlag für eine Richtlinie des Rates über das allgemeine Verbrauchsteuersystem (KOM(2008)0078 – C6-0099/2008 – 2008/0051(CNS)) (A6-0417/2008).
Astrid Lulling, Berichterstatterin. − (FR) Herr Präsident, Herr Kommissar, sehr geehrte Damen und Herren! Dieser Vorschlag für eine Richtlinie, welche die Richtlinie von 1992 ersetzen soll, beabsichtigt vor allem die Einführung zum 1. April 2009 der elektronischen Kontrolle der Beförderung verbrauchsteuerpflichtiger Waren – das berühmte System zur Beförderung und Kontrolle der Beförderung verbrauchsteuerpflichtiger Waren (EMCS) – in Übereinstimmung mit den Rechtsvorschriften.
Es handelt sich daher um eine technische Maßnahme, aber gleichzeitig ist dies auch ein Schritt hin zu einem geringeren bürokratischen Aufwand, zu weniger Betrugsfällen und zu höheren Geschwindigkeiten.
Neben einigen wenigen Änderungsanträgen, die ich eingereicht habe und die angenommen wurden, um mehr Konsistenz beim Betrieb des neuen Systems zu erreichen, sind wir uns über diesen Handlungsfaden im Vorschlag der Europäischen Kommission einig.
In seiner Position hat der Ausschuss für Industrie, Forschung und Energie den Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Währung wesentlich sperriger gemacht, indem eine Vielzahl von Änderungen, die im Rat verhandelt wurden, kopiert wurde. Tatsächlich erreicht dieser Zug nichts Wesentliches, soweit wir betroffen sind.
Die politische Debatte läuft woanders. Sie betrifft die Bedingungen der Beförderung und der Besteuerung von verbrauchsteuerpflichtigen Waren, insbesondere Alkohol und Tabak, die von Privatkunden gekauft werden. Die Europäische Kommission war so klug, wenigstens diesmal, einen Text vorzulegen, der auf der aktuellen Rechtsprechung beruht, das heißt, auf einer Rechtsprechung, die es den Europäern ermöglicht, Waren zu befördern, die in einem anderen Mitgliedstaat als ihrem Heimatland gekauft wurden, und zwar ohne quantitative Beschränkungen, vorausgesetzt, dass die Waren nur für den privaten Bedarf gekauft wurden.
Mein Vorschlag und meine Position als Berichterstatterin sind eindeutig: Ich bin uneingeschränkt für diesen Text der Kommission, denn er ist klar, präzise und beruht auf den Grundsätzen, die den Binnenmarkt lenken. Dennoch haben sich einige meiner Kollegen und Kolleginnen, Sozialisten und Liberale vor allem, verpflichtet gefühlt, Änderungsanträge einzureichen, die wieder Steuergrenzen einrichten würden, wie die, die bis 1992 bestanden, indem sie Richtmengen einführen.
Tatsache ist, dass theoretische Richtmengen in der Praxis quantitative Einschränkungen darstellen. Infolge von Abwesenheiten und unter Ausnutzung der mangelnden Kenntnisse einiger Kollegen haben sie im Ausschuss eine Mehrheit erhalten. Meine politische Fraktion hat einstimmig beschlossen, Änderungsanträge zur Wiederherstellung der ursprünglichen Vorschläge der Europäischen Kommission einzureichen. Es ist nur fair, wenn wir das tun. Wir möchten nicht zu den Grenzen und den Verfahren zurückkehren, die es vor der Einführung des Binnenmarktes gab.
Im Gegenteil, wir streben Lösungen an, die unserer Zeit entsprechen, auch in Hinblick auf den elektronischen Handel. Unsere Botschaft für den Rat muss eindeutig sein: Schlagen Sie unseren Mitbürgern nicht vor, beim gemeinsamen Besitzstand Rückschritte zu machen.
Was einfach unverständlich erscheint, ist die Haltung einiger Sozialisten und Liberalen, die auch die letzten noch verbleibenden Duty-free-Läden an den Außengrenzen der Europäischen Union abschaffen möchten. Auch die Kommission möchte das, selbst wenn diese Läden in keiner Weise den Binnenmarkt stören. Ihr Schließen würde dennoch Tausende ihren Job kosten, insbesondere an den Grenzen zu Griechenland. Wir haben wirklich einen günstigen Zeitpunkt erwischt, um solche Dinge vorzuschlagen!
Es kommt aber noch schlimmer. Die geringe Mehrheit im Ausschuss für Wirtschaft und Währung hat sogar meinen Änderungsantrag abgelehnt, der zum Ziel hatte, die Möglichkeit zum zollfreien Einkauf für Reisende beizubehalten, deren letztes Ziel ein Drittland ist, um die Situation bei Flügen zu berücksichtigen.
Warum kann ich, wenn ich über Frankfurt oder Paris von Luxemburg nach Singapur fliege, in meinem Abflughafen nicht zollfrei einkaufen? Ich muss schon sagen, das ist ziemlich deprimierend, Herr Präsident; ich möchte Ihnen mitteilen, dass ich sechs Minuten habe, aber ich werde sie gar nicht brauchen. Ich vertraue nun auf den gesunden Menschenverstand der meisten unserer Kolleginnen und Kollegen – schade, dass sie nicht hier sind – eine Lösung anzunehmen, die auch im Interesse der Verbraucher liegt und nicht wieder neue Steuern und neue bürokratische Hindernisse erfindet.
Diejenigen, die morgen gegen unsere vernünftigen Vorschläge stimmen, werden Schwierigkeiten haben, unseren Landsleuten diesen Rückschritt zu erklären. Sie können darauf zählen, dass ich und meine Kollegen ihre rückwärtsgerichteten Ansichten aufdecken werden.
VORSITZ: ALEJO VIDAL-QUADRAS Vizepräsident
László Kovács, Mitglied der Kommission. − Herr Präsident! Zunächst möchte ich Frau Lulling und dem Ausschuss für Wirtschaft und Währung für den Bericht und die rasche Bearbeitung dieses Vorschlags danken, der die rechtliche Grundlage für die Einführung der EDV-gestützten Verbrauchsteuerverfahren ab April 2010 darstellt.
Die Mitgliedstaaten und die Kommission haben eine Menge in das System zur Beförderung und Kontrolle der Beförderung verbrauchsteuerpflichtiger Waren (EMCS) investiert. Es ersetzt die aktuellen papierbasierten Systeme zur Überwachung der Beförderung durch ein neues, computergestütztes System.
Die umfassendere Nutzung der transeuropäischen Kommunikationsnetze zwischen Händlern und Steuerbehörden sowie zwischen den Steuerbehörden untereinander reduziert den Zeitaufwand für die Erledigung der steuerlichen Verpflichtungen für die Beförderung verbrauchsteuerpflichtiger Waren.
Dies stellt den zuständigen Behörden ein wichtiges Instrument zur Verfügung, um effektiv gegen Betrug vorzugehen und damit den legitimen Handel zu schützen. Gleichzeitig werden die Dienstleistungen für die Steuerzahler verbessert, die von einer besseren Rechtssicherheit und dem unmittelbaren Informationsaustausch mit ihren Steuerbehörden profitieren.
Neben diesen neuen Bestimmungen wird die vorgeschlagene Richtlinie die alte horizontale Verbrauchsteuerrichtlinie von 1992 vollkommen neu gestalten und aktualisieren. Sie wird die Verbrauchsteuerverfahren vereinfachen und modernisieren, mit dem Ziel, die Verbrauchsteuerpflichten für Händler zu reduzieren, insbesondere für Händler, die grenzüberschreitende Geschäfte tätigen, ohne die Verbrauchsteuerkontrollen zu beeinträchtigen.
Da die Kommission einen neuen und aktuellen gesetzlichen Rahmen vorgeschlagen hatte, mussten natürlich auch einige der eher politischen Fragen in diesen Rechtsvorschriften neu diskutiert werden.
Dies betrifft die Fragen der steuerfreien Läden an Land, die Position von Transitflughäfen und die Beibehaltung von Richtmengen zur Unterscheidung der kommerziellen verbrauchsteuerpflichtigen Beförderungen von der Beförderung von verbrauchsteuerpflichtigen Waren für den persönlichen Gebrauch.
Viele vom Parlament vorgeschlagene Änderungen stimmen bereits mit dem Text der allgemeinen Ausrichtung überein, der bei dem ECOFIN-Treffen am 4. November 2008 vereinbart wurde, oder gehen in dieselbe Richtung. Sie sind auch für die Kommission akzeptabel.
Ich bin daher zuversichtlich, dass der Vorschlag bald angenommen werden kann und die rechtzeitige Anwendung des EMCS sichergestellt ist.
Manuel António dos Santos, Verfasser der Stellungnahme des Ausschusses für Industrie, Forschung und Energie. – (PT) Ich werde die erste meiner beiden Minuten nutzen, um kurz die wichtigsten Grundzüge meiner Stellungnahme zu beschreiben, die im Ausschuss für Industrie, Forschung und Energie einstimmig angenommen wurde.
Die Grundzüge lauten wie folgt: Die Effizienz von Produktion und Vertrieb von Waren und Dienstleistungen muss gesteigert werden, vor allem durch den Abbau von Bürokratie, die bestehenden Regeln müssen verbessert und an die derzeitigen Umstände angepasst werden, insbesondere um den nationalen Verwaltungen risikobasierte Überwachungsverfahren zu ermöglichen, die Verfahren müssen vereinfacht und die Transparenz für den innergemeinschaftlichen Handel muss erhöht werden, indem die Rechtssicherheit erhöht wird und faire Vorschriften festgelegt werden, und schließlich sollte das System der Erhebung und Erstattung der Steuer nicht zum Entstehen diskriminierender Kriterien führen, und Doppelbesteuerung ist zu vermeiden.
Dies waren die wesentlichen Grundzüge der Stellungnahme, die ich dem Ausschuss für Wirtschaft und Währung im Namen des Ausschusses für Industrie vorgelegt habe. Ich möchte wiederholen, dass im Ausschuss für Industrie ein breiter Konsens über die Stellungnahme herrschte.
Aus diesem Grund muss ich sagen, und ich verwende dafür meine zweite Minute, dass ich als Mitglied der sozialistischen Fraktion im Europäischen Parlament die Anmerkung von Frau Lulling nicht verstehe, dass die sozialistische Fraktion und die Fraktion der Allianz der Liberalen und Demokraten für Europa – und nur sie allein – Mengengrenzen eingeführt hätten. Es war nicht nur die sozialistische Fraktion und die ALDE-Fraktion, zumindest im Ausschuss für Industrie, es waren alle, angesichts der Tatsache, dass meine Stellungnahme einstimmig angenommen wurde, wie ich bereits sagte.
Ich habe das Gefühl, es ist wirklich außerordentlich, dass keine Mengengrenzen aufgenommen wurden, da wir wissen, dass diese Steuerart verschiedene Ziele verfolgt. Das erste Ziel sind offensichtlich die Steuereinnahmen, es geht jedoch auch um den Schutz der öffentlichen Gesundheit. Natürlich misst jedes Land diesen beiden Zielen jeweils eine unterschiedlich hohe Bedeutung zu.
Daher habe ich das Gefühl, dass die Lösung, die wir entwickelt haben (das Festlegen von Mengengrenzen) eine faire und ausgewogene Lösung ist, die kein Land besonders bevorzugt. Ebenso wird keines der Länder benachteiligt, die selbstverständlich eine andere Ansicht haben, als das Land, das Frau Lulling vertritt, und das ich natürlich respektiere. Wie auch immer, die Wünsche dieses Landes können offensichtlich nicht den Vorrang vor den allgemeinen Wünschen der anderen Länder der Europäischen Union erhalten.
Mein abschließender Kommentar in nur zehn Sekunden lautet, dass die sozialistische Fraktion den Binnenmarkt und seine Erweiterung offensichtlich unterstützt und nicht glaubt, dass die entweder im Ausschuss für Industrie oder im Ausschuss für Wirtschaft angenommenen Vorschläge den Binnenmarkt gefährden können.
Bill Newton Dunn, Verfasser der Stellungnahme des Ausschusses für Binnenmarkt und Verbraucherschutz. − Sehr geehrter Herr Präsident, das Parlament verteidigt individuelle und kleine Organisationen, kleine Unternehmen, im Gegensatz zu den Regierungen, die gerne alles Unangenehme wegfegen würden, und der Ausschuss für Binnenmarkt und Verbraucherschutz ist davon überzeugt, dass die außerhalb der Landesgrenzen liegenden Läden bleiben dürfen sollten. Sie sollten besser kontrolliert werden, wie alle Kontrollen in Hinblick auf die grenzübergreifende Kriminalität in Europa erheblich verbessert werden sollten, aber das ist kein Grund, sie zu beseitigen.
Zweitens ist der Ausschuss für den Binnenmarkt in Bezug auf den See- und Flugverkehr davon überzeugt, dass die Reisenden – abhängig von ihrem Endziel, im Gegensatz zu einem Transitziel – zollfrei einkaufen dürfen sollten, weil dies kleinen Regionalflughäfen zu Einnahmen verhelfen würde. Es mag für die Regierungen unbequem sein, aber wir verteidigen diesen Standpunkt mit großem Nachdruck.
Der dritte und letzte Punkt, den ich ansprechen möchte – und es ist sehr bedauerlich, dass die Kommission diesen Punkt nicht in ihre Konsultation von 2006 zu diesen Rechtsvorschriften aufgenommen hat –, ist die Abschaffung dieser Ausnahmen, die sie nun vorschlägt. Warum hat sie diesen Punkt nicht aufgenommen? Warum hat sie keine Folgenabschätzung durchgeführt, was dies bedeuten würde, bevor sie es vorgeschlagen hat?
Zsolt László Becsey, im Namen der PPE-DE-Fraktion. – (HU) Ich danke Ihnen, Herr Präsident. Ich möchte der Kommission und den Berichterstattern zu ihrer Arbeit gratulieren, und ich glaube, dass dieses elektronische Aktualisierungssystem einen zeitgemäßen und sehr positiven Effekt haben wird.
Erlauben Sie mir zwei Anmerkungen. Zuerst sollten wir einen funktionsfähigen Binnenmarkt ermöglichen. Ich glaube, dass der Verkehr für den persönlichen Bedarf durch Privatpersonen keinen großen Schaden verursacht, wenn das System zur Steuererfassung und der Informationsaustausch gut funktionieren. Wenn jemand irgendwo – nachdem er Waren für den persönlichen Bedarf gekauft hat – die Verbrauchsteuer zahlt, werden die Großhandelspreise und zum Teil die unterschiedlichen Mehrwertsteuersätze in jedem Fall miteinander konkurrieren.
Es ist nicht nötig, alles mit Obergrenzen zu versehen, und es ist vollkommen unnötig, negative Signale auszusenden, um die Staatskassen der Länder mit den hohen Preisen zu schützen. Es wäre sehr merkwürdig, insbesondere innerhalb des Schengen-Raums, wenn wir uns mit Inspektionen durch die Polizei oder den Zoll befassen müssten, da wir wissen, dass es verschiedene andere Verfahren gibt, den Inhalt großer Lastkraftwagen zu scannen. Daher sehe ich keinen Sinn in einer quantitativen Auflistung.
Meine andere Anmerkung lautet, dass auch ich die Rechte der Bürger unterstütze, die den Binnenmarkt verlassen, beim Verlassen dieses Marktes solche Waren zu kaufen. In Hinblick auf Überlandreisen denke ich nicht, dass dies Anlass zu groß angelegten Schmuggeleien geben würde oder dass die benachbarten Mitgliedstaaten große Verluste erleiden müssten, da die Preise in benachbarten Drittländern wesentlich niedriger sind als innerhalb der EU-Mitgliedstaaten. Dabei denke ich nicht an einen Warenexport im industriellen Maßstab.
Ich nehme an, dasselbe gilt für Flughäfen, da es nicht möglich ist, in dem aufgegebenen Gepäck oder im Handgepäck so große Warenmengen zu befördern, dass wir es verbieten müssten, solche Waren für den persönlichen Bedarf in Drittländer außerhalb der Zollunion mitzunehmen. Ich danke Ihnen vielmals, Herr Präsident, für die Gelegenheit, hier zu sprechen.
Elisa Ferreira, im Namen der PSE-Fraktion. – (PT) Herr Präsident, Herr Kommissar, meine Damen und Herren! Ich möchte zunächst der Berichterstatterin, Frau Lulling, und den Schattenberichterstattern, Benoît Hamon und Olle Schmidt gratulieren. Aus unvermeidbaren Gründen kann mein Kollege Benoît Hamon heute nicht hier sein, daher werde ich versuchen, seine Position zu vertreten, die auch die Position unserer politischen Fraktion ist, in einer Angelegenheit, die unsere volle Aufmerksamkeit verdient. Tatsächlich ist die Besteuerung hinsichtlich der Verbrauchsteuer eine sensible Frage.
Wenn wir über Verbrauchsteuern sprechen, müssen wir bedenken, dass sie auf klar festgelegte Verbrauchsgüter und Dienstleistungen erhoben werden: Tabak, Alkohol und Energieerzeugnisse.
Der Vorschlag der Kommission ändert einen Text aus dem Jahr 1992. Der Binnenmarkt für diese Waren hat sich seitdem erheblich verändert. Außerdem ist zu beachten, dass das neue elektronische System zur Verwaltung und Kontrolle von Transaktionen eine Veränderung darstellt, die wir begrüßen und die die Funktionsweise des Systems vereinfachen dürfte, sowohl für die Betreiber als auch für die Steuerbehörden, wie der Kommissar eben erwähnt hat.
Was die technischeren Aspekte angeht – beispielsweise die Fristen für das Weiterleiten von Dokumenten, die Regeln für die Festlegung von finanziellen Garantien durch die Betreiber und so weiter – verdienen der Vorschlag der Kommission und der Bericht der Berichterstatterin unsere Anerkennung und unsere Zustimmung, da sie einen echten und zweckmäßigen Fortschritt darstellen.
In Hinblick auf diese Verbrauchsteuern sollte der politische Inhalt jedoch nicht bei den technischen Aspekten haltmachen, wie mein Kollege Manuel António dos Santos bereits ausgeführt hat. Die von diesem Vorschlag betroffenen Waren sind sensible Waren, deren Verkauf nicht einfach den Kräften des Wettbewerbs überlassen werden sollte. In dieser Hinsicht möchte ich daher vor allem zwei anschauliche Beispiele herausstreichen. Das eine Beispiel betrifft die Richtgrenzen für den persönlichen Transport dieser Waren, das andere betrifft die Regeln, die für Internetverkäufe gelten.
In diesen Punkten stimmen wir ganz und gar nicht mit der Berichterstatterin überein.
In Hinblick auf Alkohol, Tabak und auch Öl sind die Unterschiede in der Besteuerung zwischen den Mitgliedstaaten enorm, weswegen auch die Einzelhandelspreise sehr unterschiedlich sind. Ich möchte hier nur darauf hinweisen, dass der Preis für ein Päckchen Tabak aufgrund dieser signifikanten Steuerunterschiede innerhalb der Union zwischen 1 Euro und 7 Euro betragen kann.
In der Regel sind die Steuern im Verbrauchsland fällig, ausgenommen sind Waren, die innerhalb der Europäischen Union transportiert werden. Bei den gegenwärtigen Regelungen müssen bestimmte Mengengrenzen eingehalten werden, andernfalls kann man davon ausgehen, dass die Waren zu kommerziellen Zwecken transportiert werden.
Der Vorschlag der Kommission beabsichtigt, diese Mengengrenzen abzuschaffen, und in diesem spezifischen Aspekt stimmt die Berichterstatterin, Frau Lulling, zu. So wurde dies im Ausschuss für Wirtschaft und Währung jedoch nicht verstanden. Im Gegenteil, wir haben, den Initiativen der Schattenberichterstatter, Benoît Hamon und Olle Schmidt sowie meiner eigenen folgend, vereinbart, diese Grenzen zu senken.
Die Liberalisierung erlaubt einigen Verbrauchern, diese Waren billiger einzukaufen. Dies hat jedoch nur dann einen Sinn, wenn es den öffentlichen Finanzen der Mitgliedstaaten oder den Zielen der öffentlichen Gesundheit nicht schadet, zu deren Wahrung die Mitgliedstaaten berechtigt sind. Es hat auch dort keinen Sinn, wo der graue Markt unterstützt wird, den wir doch alle vermeiden sollten.
Daher wurde im Ausschuss letztlich beschlossen, dass die Grenzen in vernünftigem Maße beibehalten werden sollten, nämlich 400 Zigaretten oder 45 Litern Wein pro Person. Dies sind die Mengen, die als persönlicher Verbrauch angenommen werden. Infolgedessen sind Reisende, die diese Waren im Rahmen dieser Mengengrenzen kaufen, nicht betroffen.
Aus denselben Gründen stimmen wir gegen den Änderungsantrag 68 der Fraktion der Europäischen Volkspartei (Christdemokraten) und Europäische Demokraten, der vorschlägt, Fernverkäufe, insbesondere Verkäufe über das Internet, im Land des Verkäufers, nicht im Land des Verbrauchers zu besteuern. Das ist eine (ungerechtfertigte) Umkehrung des allgemeinen Besteuerungsgrundsatzes. Diese Änderung würde auch die Tür für einen breiten grauen Markt öffnen und muss daher absolut abgelehnt werden.
Abschließend muss ich noch das Problem der Duty-free-Läden erwähnen. Der international anerkannte Grundsatz lautet, dass Duty-free-Läden nur in Häfen und Flughäfen bestehen dürfen, um eine optimale Kontrolle zu gewährleisten und jegliches Betrugs- oder Missbrauchsrisiko zu verhindern. Wir müssen den Menschen daher ausreichend Zeit geben, sich den neuen Verhältnissen anzupassen. Daher schlagen wir im Namen der Sozialdemokratischen Fraktion im Europäischen Parlament einen Übergangszeitraum für die Mitgliedstaaten vor, in denen noch andere Duty-free-Verkaufsstellen existieren, damit sie sich schrittweise an die neue Situation anpassen können. So schlagen wir das in ferner Zukunft liegende Datum 1. Januar 2017 vor, um eine schrittweise Konvergenz an die gemeinschaftliche Regelung zu ermöglichen.
Wir glauben, dieser Ansatz ist angemessen. Es ist ein Ansatz, der im Konsens entwickelt wurde. Es war kein einstimmiger Konsens, aber er wurde von einer Mehrheit im Ausschuss für Wirtschaft und Währung angenommen, und ich hoffe, dass er auch morgen in der Abstimmung im Plenum angenommen wird.
Olle Schmidt, im Namen der ALDE-Fraktion. – (SV) Herr Präsident, Herr Kommissar und Frau Lulling! Nun treffen wir erneut zusammen, um dieses Thema zu diskutieren. Natürlich ist es nicht das erste Mal, dass wir, Frau Lulling und ich, darüber streiten, welche Form die Verbrauchsteuer in Europa annehmen sollte. Es ist aber wahrscheinlich das erste Mal, dass ich das Gefühl habe, die Mehrheit auf meiner Seite zu haben. Es ist gefährlich, den Dingen vorzugreifen, aber wir werden ja sehen, wie es ausgeht.
In der Frage des neuen technischen Systems, EMCS, stimmen wir völlig überein. Es ist das sensible Thema der Importquoten, bei dem unsere Ansichten stark auseinandergehen.
Wenn der Ansatz des Ausschusses aufgegriffen wird, wird das Parlament damit sowohl sein Engagement für die Freizügigkeit in Europa als auch seine Verpflichtung, den Wunsch nach einer vernünftigen Gesundheitspolitik zu unterstützen, zum Ausdruck gebracht haben. Wie immer, wenn es um steuerliche Fragen geht, müssen wir eine Ausgewogenheit finden zwischen den Angelegenheiten, die in der Zuständigkeit der Mitgliedstaaten verbleiben sollten, und denen, für die wir uns gemeinschaftlich verantwortlich fühlen. Wenn wir für den Vorschlag des Ausschusses stimmen, bedeutet dies, dass das Europäische Parlament festlegt, dass Tabak und Alkohol nicht mit beliebigen anderen Waren gleichzusetzen sind, wie wir es bereits eben in diesem Haus gehört haben, und dass sie anders behandelt werden müssen. Das ist natürlich nichts Neues, da diese Ansicht schon seit langem von Vielen geäußert wird.
Indem wir entscheiden, die Richtmengen für den Import zu halbieren und gleichzeitig grundsätzlich an Grenzwerten festzuhalten, geben wir den Mitgliedstaaten einen großen Spielraum, ihre eigene Politik zu verfolgen, während die gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften den grenzüberschreitenden Handel für Unternehmen und Einzelpersonen gleichzeitig erleichtern. Oder, um es einfacher zu sagen: Schweden erhält die Möglichkeit, gesundheitspolitischen Fragen den Vorrang zu geben, während Lullings Luxemburg weiterhin seine Politik der niedrigen Steuern verfolgen kann. Der Binnenmarkt kann nicht aufgebaut werden, wenn der Alkoholtourismus als Modell dient.
Der Alkoholismus und seine Folgen sind kein schwedisches Problem, wie ich manchmal sagen höre. Vor kurzem haben wir Forderungen nach strengen Maßnahmen gehört, um den Alkoholismus in Großbritannien zu bekämpfen – darüber sollten die britischen Mitglieder vielleicht ebenfalls nachdenken. Ich denke, es ist höchste Zeit, dass das Europäische Parlament einen vernünftigeren Standpunkt zu diesen Fragen einnimmt und den Mitgliedstaaten die Möglichkeit gibt, Maßnahmen für die öffentliche Gesundheit zu ergreifen.
Zbigniew Krzysztof Kuźmiuk, im Namen der UEN-Fraktion. – (PL) Herr Präsident, Herr Kommissar! Im Namen der Fraktion Union für das Europa der Nationen möchte ich Ihre Aufmerksamkeit auf drei Punkte lenken. Zunächst sollten die Steueränderungen auf Ebene der Europäischen Union den Anstieg der Herstellung und der Verteilung von Waren und Dienstleistungen fördern, vor allem durch weniger Bürokratie, aber auch, indem der Einsatz von Kontrollverfahren auf der Basis von Risikoanalysen für die nationalen Verwaltungen vereinfacht wird.
Zweitens erfüllen die in dieser Richtlinie vorgeschlagenen Lösungen diese Anforderungen. Vereinfachte Verwaltungsverfahren und ein elektronisches System für den Informationsaustausch werden den Steuerbehörden der Mitgliedstaaten ein Instrument für bessere und besser verwaltete Kontrollen an die Hand geben. Drittens müssen wir die von der Berichterstatterin vorgeschlagenen Lösungen unterstützen, die die Aufnahme von Fernverkäufen steuerpflichtiger Waren in den Geltungsbereich der Richtlinie und in das Verfahren zur Steueraussetzung betreffen, indem geringere Garantien für Organisationen gelten, die die Bedingungen für ein gutes Verhalten erfüllen und das Garantiesystem regelmäßig nutzen .
Trevor Colman, im Namen der IND/DEM-Fraktion. – Herr Präsident! Laut Artikel 10 des Vorschlags der Kommission in Bezug auf das Verfahren 2008/0051(CNS) können die „Mitgliedstaaten […] bestimmen, dass die Verbrauchsteuern auf Verbrauchsteuerpflichtige Waren […] erstattet werden.“ Auf dieser Grundlage teilt uns Frau Lulling mit, dass der Vorschlag in Hinblick auf die Bedingungen für die Erstattung der Verbrauchsteuer grundsätzlich vorsieht, dass es Sache der Mitgliedstaaten ist, diese Bedingungen festzulegen.
Artikel 10 führt jedoch weiter aus: „wenn […] eine solche Erstattung nicht zu anderen als den in Artikel 11 aufgeführten Steuerbefreiungen führt.“ Artikel 11 bezieht sich auf Ausnahmen zu diplomatischen Zwecken, für die Unterstützung internationaler Organisationen, für die Unterstützung der Streitkräfte der NATO und im Rahmen bestimmter Vereinbarungen mit Nicht-EU-Ländern, also alles – ich denke, da werden Sie mir zustimmen – recht spezielle Ausnahmen, die im Gegensatz zu der Aussage von Frau Lulling nicht das allgemeine Prinzip bestätigen, dass es Sache der Mitgliedstaaten ist, die Bedingungen für die Erstattung festzulegen.
Es gibt in diesem Vorschlag keine Ausnahme für Mitgliedstaaten, und aus diesem Grund empfehle ich den Mitgliedern den Änderungsantrag 54, der einen eklatanten Fehler in diesem Vorschlag korrigieren soll.
Margaritis Schinas (PPE-DE). - (EL) Herr Präsident! Wir haben hier vor uns einen weiteren exzentrischen Vorschlag der Kommission; der mit dem Vorschlag, alle Duty-free-Läden an den Landgrenzen zwischen der Gemeinschaft und Drittländern abzuschaffen, nicht mehr und nicht weniger als eine Bulldozer-Politik vertritt.
Die große Frage lautet nun, warum? Warum, Herr Kommissar, hatten Sie diesen Gedanken, und warum haben Sie ihn dann nicht bei der Konsultation vorgetragen, die Sie 2006 organisiert haben, und warum haben Sie ihn nicht in eine entsprechende Folgenabschätzung aufgenommen, die Sie im Rahmen des neuen Grundsatzes einer besseren Regulierung durchführen mussten?
Sie müssen uns daher erklären, warum wir hunderten von Arbeitnehmern sagen sollten, dass sie ihren Arbeitsplatz verlieren werden, insbesondere in diesen schwierigen Zeiten; Sie müssen uns erklären, welche enormen Folgen sich für den Binnenmarkt ergeben, sodass Sie auf einen Schlag alle Läden an den Landgrenzen zu Drittländen abschaffen müssen, die im Fall meines Landes, Griechenland, extrem erfolgreich arbeiten und keinerlei Betrugsprobleme verursachen oder sich irgendwie auf den Binnenmarkt auswirken. Das Parlament und die politischen Fraktionen, die diese Ansicht teilen, müssen auch die politische Verantwortung übernehmen und den Arbeitnehmern erklären, warum wir diese erfolgreichen Läden abschaffen möchten.
Was mich betrifft – wie Frau Lulling recht deutlich sagte und wie auch der Ausschuss für Binnenmarkt und Verbraucherschutz (IMCO) in seinem Bericht recht deutlich sagte – so haben wir keine überzeugende Antwort erhalten, daher halten wir dies für eine Art Laune der Kommission. Wir haben keine überzeugende Antwort erhalten.
Ich möchte daher in letzter Minute dazu aufrufen, morgen für die Änderungsanträge 63, 64 und 65 zu stimmen, um zu verhindern, dass diese Bulldozer-Politik wieder einmal alles in Grund und Boden stampft, was in der Europäischen Union funktioniert.
Katerina Batzeli (PSE). - (EL) Herr Präsident, Herr Kommissar! Ich möchte einen spezifischen Vorschlag für das System der Ausnahme von Läden an Land machen.
Herr Kommissar, Sie führen eine allgemeine Ausnahme für Läden an Land ein, die für diese Unternehmen eine Diskriminierung darstellt und sich erheblich auf die Funktionsfähigkeit dieser ansonsten gesunden Läden auswirkt, welche einen signifikanten Beitrag für die nationalen Gemeinschaften und die lokale Beschäftigungssituation leisten.
In Mitgliedstaaten wie zum Beispiel Griechenland, die lange Landgrenzen zu Drittländern haben, arbeiten diese Läden seit langem reibungslos und profitabel, wobei die nationalen Behörden die Frage der systematischen Verletzung des Kriteriums der Einkäufe zum persönlichen Gebrauch bzw. Fälle von systematischem Missbrauch und Steuerbetrug eindeutig unter Kontrolle haben. Wenn Duty-free-Läden den Handel an den Landgrenzen weiterführen dürfen, dann wäre das meiner Meinung nach eine Lösung, die auch mit dem eigenen Vorschlag der Kommission übereinstimmt, wobei die Kontrolle der Vorgehensweise dieser Läden und die Bekämpfung von Steuerbetrugsfällen – wie bei allen anderen Läden auch – in der Verantwortung der Häfen und Flughäfen liegen würde.
Daher denke ich, dass wir in der morgigen Abstimmung die Änderungsanträge 57, 63, 64 und 65 und im schlimmsten Fall auch den Änderungsantrag 69, der den Betriebszeitraum dieser Läden bis 2012 verlängert, unterstützen sollten.
Colm Burke (PPE-DE). - Herr Präsident! Ich begrüße den Bericht über das allgemeine Verbrauchsteuersystem. Ich möchte den Fortschritt hervorheben, der bei den Einkaufszöllen gemacht wurde. Wäre der Originalvorschlag umgesetzt worden, so hätten Passagiere zollfreie Waren nur am letzten Abflughafen vor Verlassen der EU kaufen dürfen. In der Praxis hätte dies bedeutet, dass ein Passagier, der von Cork in Irland über Paris nach Dubai fliegt, ausschließlich in Paris zollfreie Waren einkaufen darf. Dies hätte die Profitabilität der irischen Regionalflughäfen erheblich geschmälert, da derzeit viele einen Großteil ihrer Einnahmen aus kommerziellen Aktivitäten beziehen. Das hätte zweifelsohne zu Arbeitsplatzverlusten geführt. Dieses Problem wurde nun jedoch angegangen, und entsprechend möchte ich der Berichterstatterin dazu gratulieren, dass er sich bei seiner Arbeit unserer Befürchtungen angenommen hat.
Das ist eine willkommene Entwicklung zu einer Zeit, in der die irische Regierung eine neue Flughafensteuer eingeführt hat, die kleinere, bereits angeschlagene Flughäfen zu Gunsten des schon völlig überfüllten Flughafens Dublin diskriminieren wird. In dieser Hinsicht rufe ich die Kommission auf, die Legalität dieser Maßnahme in Hinblick auf die Wettbewerbsregelungen der EU zu untersuchen. Ich begrüße den Bericht von Frau Lulling und der Kommission.
Peter Skinner (PSE). - Herr Präsident! Vielleicht würde ich mir, wenn ich Frau Lulling wäre und in Luxemburgwohnen würde, ebenso sehr wünschen, es gebe keine Richtmengen.
Leider lebe ich auf einer Insel, auf der viel geschmuggelt wird und viel von dem Alkohol und dem Tabak, der angeblich für den persönlichen Eigenverbrauch bestimmt ist, tatsächlich später durch den gewerblichen Wiederverkauf an andere verkauft wird. Ich fürchte, dass alles, was wir tun, um Richtmengen abzuschaffen, ein Signal und eine Botschaft an diese Schmuggler senden würde, die Alkohol und Zigaretten weiterverkaufen.
Richtmengen sind vielleicht kein sicherer Leitfaden für Verbraucher, aber sie sind ein sicherer Leitfaden für Kinder – Kinder, die am Ende häufig die von Schwarzhändlern und Schmugglern verkauften Alkoholika und Zigaretten konsumieren, die diese in meine Region im Südosten bringen und auf der Straße, in den Seitenstraßen und auf Grundstücken gegen Kleingeld verkaufen, vielleicht eine oder zwei Zigaretten, aber genug, um die Kinder zum ersten Konsum zu bewegen.
Genau dieser Handel muss kontrolliert werden, und er kann nur durch die Festlegung von Richtmengen kontrolliert werden, sodass wir an die Quelle dieser Leute kommen, die versuchen, zu handeln, und die versuchen, die Waren an unserer Polizei und unserer Zollbeamten vorbei zu schmuggeln.
Deshalb glaube ich, dass wir die Richtmengen beibehalten sollten. Das bedeutet, wie ich schon sagte, nicht das Ende der Integration des gemeinsamen Marktes, aber es sorgt sicherlich für ein besseres Konzept des sozialen Zusammenhalts und des sozialen Verhaltens, und in Großbritannien haben die Zoll- und Steuerbeamten sowie die Polizeibeamten dies gefordert. Sie haben Richtmengen gefordert, weil diese eine gute Richtschnur dafür darstellen, was erwartungsgemäß für den privaten Bedarf mitgebracht wird.
Tabak hat eine Haltbarkeit von nur sechs Monaten. Wenn Sie also Lieferwagen stoppen, die bis unter das Dach mit Zigaretten beladen sind, müssen Sie doch fragen: Ist das wirklich für den privaten Bedarf, oder wird diese Ware wiederverkauft – und häufig an Kinder?
Gabriela Creţu (PSE). – (RO) Sehr geehrte Kollegen! Verbrauchsteuern und elektronische Gebührensysteme erscheinen im Allgemeinen als technische Angelegenheiten, aber sie dienen auch bestimmten wichtigen politischen Zielen. Um sie einsetzen zu können, müssen wir jedoch neben den abstrakten Theorien auch die spezifische Situation in den jeweiligen Mitgliedstaaten berücksichtigen. Gleichzeitig müssen wir die Übereinstimmung mit allgemeiner gefassten Grundsätzen unserer Politik sicherstellen. Dies gilt zum Beispiel für den Grundsatz der Gleichbehandlung.
Dieser Bericht würde beide Bedingungen erfüllen, wenn ein Vorschlag angenommen wird. Das gilt besonders für den Änderungsantrag 69, der sich auf den Erhalt der Duty-free-Läden an den Zollstationen der Union bis zum Jahr 2017 bezieht, bei denen es sich nicht um Häfen und Flughäfen handelt. Dieser Änderungsantrag beseitigt die Diskriminierung zwischen denen, die per Schiff oder Flugzeug reisen und denen, die auf dem Landweg reisen, welche nicht nur aus wirtschaftlicher und theoretischer Sicht, sondern auch vom praktischen Standpunkt aus vollkommen ungerechtfertigt ist. Gleichzeitig bietet sie denen, die in den Grenzgebieten leben, einen gewissen Vorteil, wie bereits beschrieben wurde. Diese Menschen sind in der Regel durch ihre Randlage wirtschaftlich benachteiligt, aber wenn ihre Arbeitsplätze verschwinden, hätte das sehr negative Folgen für sie.
Liebe Kollegen, das sind triftige Gründe für Sie, diesen Änderungsantrag morgen in Ihrer Abstimmung anzunehmen. Verglichen mit den enormen Ausgaben, die wir zur Rettung von Unternehmen ohne Murren zu leisten bereit sind, hat diese Ausnahme nur geringe finanzielle Auswirkungen.
Zuzana Roithová (PPE-DE). – (CS) Herr Präsident! Die Freizügigkeit von Personen und Waren ist eine der großen Errungenschaften der Europäischen Union, aber sie funktioniert bei Waren, die zwischen den Mitgliedstaaten unterschiedlich hohen Verbrauchsteuern unterliegen, nicht sehr gut. Die gegensätzlichen Ansichten der Kommission, des Ausschusses, des Europäischen Gerichtshofs und der Berichterstatter in Bezug auf die Mengenstrategie haben gezeigt, dass wir keine gute Lösung finden, solange diese Steuerunterschiede fortbestehen. Es stört mich, dass die Kommission keine Folgenabschätzung durchgeführt hat, damit wir die wirtschaftliche Bedeutung des Parallelmarkts und die soziale Bedeutung, die unsere Bürger einschränkt und die wir alle anerkennen, beurteilen können. Ich hätte gerne, dass diese Aussprache zu einer Koordinierung der verschiedenen Strategien zur Verbrauchsteuer auf Alkohol und Tabak führen würde, unter anderem auch wegen der gesundheitlichen Risiken. Tatsache ist, dass Länder mit hohen Steuern keine sichtbaren Erfolge im Kampf gegen den Alkoholismus verbuchen können.
Silvia-Adriana Ţicău (PSE). – (RO) Herr Präsident, Herr Kommissar! Kapitel 4 enthält die grundlegenden Bestimmungen und Verfahren, die als Teil des Systems zur Kontrolle der Beförderung verbrauchsteuerpflichtiger Waren angewendet werden. Der neue Aspekt ist die Einführung des System und der administrativen Dokumentation in elektronischer Form.
Um die effiziente Funktion des EDV-gestützten Systems sicherzustellen, sollten die Mitgliedstaaten einheitliche Datensätze und -strukturen in ihre nationale Anwendung aufnehmen, um eine zuverlässige Schnittstelle für die kommerziellen Betreiber bereitzustellen.
Der Übergangszeitraum für die Annahme des Systems zur Kontrolle der Beförderung verbrauchsteuerpflichtiger Waren mit der vorübergehenden Aussetzung der Verbrauchsteuer muss unter Berücksichtigung der Machbarkeit der Einführung des EDV-gestützten Systems in allen Mitgliedstaaten festgelegt werden. Angesichts dessen ergreifen die Mitgliedstaaten und die Kommission die notwendigen Maßnahmen, um die wichtigsten öffentlichen Einrichtungen auf nationaler Ebene zu implementieren und ihre Interoperabilität sicherzustellen.
Herr Kommissar, angesichts der erwähnten Nahrungsmittelkrise und der sozialen und wirtschaftlichen Bedeutung der Landwirtschaft Europas sollten wir meines Erachtens die Möglichkeit einer Abschaffung der Verbrauchsteuer auf Kraftstoffe für landwirtschaftliche Zwecke und auf Energie für Bewässerungspumpen ernsthaft in Erwägung ziehen.
László Kovács, Mitglied der Kommission. − Herr Präsident! Den Diskussionen entnehme ich eine allgemeine Unterstützung des Hauptziels des Vorschlags der Kommission, d. h. der Schaffung der gesetzlichen Grundlagen für die Einführung des EDV-gestützten Verbrauchsteuerverfahrens bis April 2010.
Ich möchte hier betonen und bestätigen, dass der Vorschlag die Vereinfachung und Modernisierung des Verbrauchsteuerverfahrens bezweckt, um die Kontrolle der Beförderungen von Verbrauchsteuerpflichtigen Waren zu verbessern und gleichzeitig den bürokratischen Aufwand für Händler im Hinblick auf Verbrauchsteuerverpflichtungen und den Aufwand für private Reisende zu verringern. Dies waren die Leitlinien für den Vorschlag.
Ich möchte einige Anmerkungen zu den Änderungsanträgen bezüglich einiger sensiblerer Themen des Vorschlags machen.
Hinsichtlich der „Richtmengen“ könnte die Kommission ihre Beibehaltung als Instrument akzeptieren, obwohl wir ursprünglich keine Richtmengen einführen oder vorschlagen wollten. Der gegenwärtigen mengenmäßigen Referenzwerte müssen jedoch beibehalten werden. Wir können nicht akzeptieren, dass diese Werte heruntergesetzt werden, weil dies im Vergleich zu der Richtlinie von 1993 einen Rückschritt bedeuten würde.
Zur Abschaffung der Duty-free-Läden an den Landgrenzen – ein weiteres sensibles Thema – möchte ich Sie daran erinnern, dass der Ursprung dieses Ansatzes auf das Jahr 1960 zurückgeht, als die WCO, die Weltzollorganisation, die Abschaffung der Duty-free-Läden an Landgrenzen empfahl, und ich möchte Sie außerdem daran erinnern, dass im Jahr 2002, als die Beitrittsgespräche mit zehn neuen Ländern abgeschlossen wurden, Länder wie Slowenien, Ungarn und einige andere gezwungen wurden, ihre Duty-free-Läden an Landgrenzen zu schließen. Ich denke daher, dass die vorgeschlagene Lösung, die einen sehr langen Übergangszeitraum für Griechenland und Rumänien vorsieht, verglichen mit dem Standpunkt gegenüber den damaligen neuen Ländern ziemlich fair ist.
Bei der Erstattung der Verbrauchsteuer an kleine Kraftstoffvertreiber hält die Kommission an dem Grundsatz fest, dass die Insolvenz des Endverbrauchers kein Grund sein kann, keine Verbrauchsteuer zu erheben. Gleichzeitig sollte es den Mitgliedstaaten angesichts der gegenwärtigen Wirtschaftskrise und der bisweilen anhaltend hohen Kraftstoffpreise wie auch im Hinblick auf die Sicherstellung der Kraftstoffversorgung der Endverbraucher ermöglicht werden, das Interesse der kleinen Vertreiber anderweitig zu schützen, sofern diese Maßnahmen den Wettbewerb nicht verzerren.
In Bezug auf die Folgenabschätzung, ein Punkt, den viele Redner angesprochen haben, möchte ich Sie daran erinnern, dass bereits 2004 eine Folgenabschätzung durchgeführt wurde, daher hielten wir es einfach nicht für notwendig, sie zwei Jahre später zu wiederholen.
Abschließend möchte ich dem Parlament für seine Unterstützung und seinen konstruktiven Ansatz danken. Mit der Schaffung der gesetzlichen Grundlage für das neue System zur Kontrolle der Beförderung Verbrauchsteuerpflichtiger Waren können die Mitgliedstaaten ihre Vorbereitung auf die Einführung des Systems beschleunigen, die bis April 2010 geplant ist. Die Kommission wird alle notwendigen Schritte ergreifen, um sicherzustellen, dass alle zentralen Systeme bis zu diesem Zeitpunkt einsatzbereit sind, und Unterstützung leisten, um eine reibungslose Umstellung auf die neue, papierlose Umgebung zu ermöglichen.
Astrid Lulling, Berichterstatterin. − (FR) Herr Kommissar! Uns liegt viel daran, im April 2009 die Verfahren in Papierform durch das System zur Kontrolle der Beförderung Verbrauchsteuerpflichtiger Waren zu ersetzen und wir hoffen, dass die ganze unglückliche Aussprache zu den Richtmengen die Annahme der Richtlinie nicht hinauszögert.
Ich möchte Herrn Dos Santos antworten, dass diese Richtmengen nichts mit der Gesundheit oder mit Luxemburg zu tun haben. Frau Ferreira möchte ich darauf hinweisen, dass wir 2005 in diesem Haus den Bericht des Mitglieds der sozialistischen Fraktion im Europäischen Parlament, Herrn Rosati, angenommen haben, in dem wir die Abschaffung der Richtmengen bereits unterstützt haben. Zudem hatte Herr Hamon, der sich nun um andere Fragen kümmert, in seinem Änderungsantrag weit höhere Grenzwerte gefordert als diejenigen, die in dem infamen sozioliberalen Kompromiss enthalten sind, der hinter meinem Rücken geschlossen wurde. Zu Herrn Schmidt möchte ich sagen, dass wir Äpfel nicht mit Birnen vergleichen und Steuer- und Gesundheitspolitik in einem Atemzug nennen sollten. Denn das Übel des Alkoholismus steht leider in direktem Verhältnis zur Höhe der Verbrauchsteuer; je höher der Verbrauchsteuersatz, desto größer das Übel des Alkoholismus in den Ländern. Den letzteren steht es offensichtlich frei, einen beliebig hohen Verbrauchsteuersatz zu erheben, denn wir haben lediglich Mindestsätze, keine Höchstsätze; aber sprechen Sie bitte nicht über Gesundheitspolitik, wenn Sie solche Steuersätze haben.
Zu Herrn Skinner möchte ich sagen, dass Schmugglern Grenzwerte und Richtmengen absolut gleichgültig sind. Außerdem gibt es im Vorschlag der Kommission Kriterien zur Definition von für den privaten Bedarf erworbenen Waren, die einen besseren Schutz bieten als die Richtmengen, auch gegen Schmuggel. Ich hoffe, dass wir morgen die richtige Lösung finden werden, nämlich die, die ich vorgeschlagen habe.
Der Präsident. − Die Aussprache ist geschlossen.
Die Abstimmung erfolgt morgen um 12.00 Uhr.
24. EU-Solidaritätsfonds: Hindernisse für seine Reform (Aussprache)
Der Präsident. – Als nächster Punkt folgt die Aussprache über die mündliche Anfrage von Gerardo Galeote Quecedo, im Namen des Ausschusses für regionale Entwicklung, an die Kommission: Solidaritätsfonds der Europäischen Union: Behinderung seiner Reform (O-0092/2008 – B6-0472/2008).
Gerardo Galeote, Verfasser. – (ES) Herr Präsident, Herr Kommissar, meine Damen und Herren! Wieder einmal widmen wir eine Aussprache in der Plenarsitzung der Reform des Solidaritätsfonds der Europäischen Union, der, wie wir alle wissen, bei Schäden helfen soll, die durch Naturkatastrophen auf dem Gebiet der Union verursacht werden.
Es zeigte sich schnell, dass dieser Fonds seine Ziele nicht effektiv erreichen kann, und so präsentierte die Europäische Kommission 2005 einen Vorschlag zu Änderung der Regelungen für dieses Instrument unserer Solidarität. Das Ziel war nicht nur die Verbesserung seiner Funktionsfähigkeit, sondern auch die Verbesserung des Zugangs zu diesem Fonds und seines Geltungsbereichs im Fall einer schweren Naturkatastrophe.
Das Europäische Parlament hat, wie leicht zu beweisen ist, schnell und intensiv an diesem Vorschlag gearbeitet, sodass unsere Institution im Mai 2006 die erste Lesung des Vorschlags abgeschlossen hatte. Zu dieser Zeit dachten wir alle, dass der Rat dasselbe tun würde, da das Verfahren der Mitentscheidung anwendbar war. Wie wir alle wissen, war dies jedoch nicht der Fall. Entgegen aller Erwartungen kam der Prozess durch die Untätigkeit des Rates zum Stillstand.
In diesem Zeitraum ereigneten sich in der Europäischen Union zusätzlich zu schweren Hochwassern schlimme Brände, die einige Todesopfer forderten, und harte Dürreperioden. Der Rat blieb teilnahmslos. Der Vorschlag, die Regelung zu verbessern, liegt immer noch auf dem Tisch des Rates, und das trotz der Aufforderungen der Europäischen Institutionen und der gesellschaftlichen Kräfte.
Wir möchten den Rat heute nochmals auffordern, endlich zu handeln, und ihn daran erinnern, dass eine Änderung der Regelung keinen einzigen zusätzlichen Euro aus dem Gemeinschaftshaushalt kostet: Unsere Forderungen haben keine finanziellen Konsequenzen und zielen ausschließlich darauf ab, die operationellen Probleme zu beheben, die seit der Schaffung dieses Instruments der Solidarität bestehen.
Wir möchten einfach seine Funktionsfähigkeit und Beweglichkeit verbessern, wobei das Subsidiaritätsprinzip immer gewahrt werden wird. Wir nehmen zur Kenntnis, dass sich der Zugang zu diesem Instrument derzeit sehr schwierig, restriktiv und inflexibel gestaltet, wie wir leider in den beinahe sieben Jahren seines Bestehens erfahren haben.
Ich möchte daher fragen, ob es eine stichhaltige Erklärung dafür gibt, dass die Delegationen, aus denen der Rat besteht, nicht zu einer gemeinsamen Position gelangen, und ob irgendjemand uns mitteilen kann, durch wen und welche Argumente die Reform dieser Regelung blockiert wird. Wir möchten, dass die Europäische Kommission die Reform dieses Fonds vorantreibt, dass sie uns mitteilt, welche Maßnahmen sie zu ergreifen gedenkt und dass sie klar die möglichen Alternativen darstellt, die sie in Betracht zieht, um dazu beizutragen, dass die Blockade in dieser Angelegenheit aufgehoben wird. Wenn die Kommission Alternativen hat, möchten wir natürlich gerne wissen, worum es sich dabei handelt und welcher Zeithorizont dafür vorgesehen ist.
Ich glaube, es ist gerechtfertigt, die Anwesenden, insbesondere die französische Präsidentschaft, daran zu erinnern, dass dieses Instrument mit einem lobenswerten Ziel eingerichtet wurde: Die Solidarität der Union mit ihren Bürgern schnell, angemessen und sichtbar zu zeigen.
Abschließend, Herr Präsident, möchte ich speziell an die französische Präsidentschaft eine weitere Forderung richten, und zwar in einer Angelegenheit, die eng mit dieser Frage verbunden ist: Der Einrichtung einer Europäischen Katastrophenschutztruppe, zu der Michel Barnier – wie Sie wissen ein ehemaliger Kommissar – dem Europäischen Rat 2006 einen Bericht vorlegte.
Ich komme nun zum Schluss. Der Fonds wurde vor allem als symbolischer Ausdruck der Solidarität zwischen der Europäischen Union und ihren Bürgern geschaffen. Meine letzte Bitte: Wenn wir es schaffen, diesen Fonds nach all der Zeit und all dem Aufwand auf irgendeine Weise funktionsfähig zu machen, dann sollten wir zuerst an diejenigen denken, die diesen Katastrophen in der Europäischen Union zum Opfer gefallen sind, und entsprechende Maßnahmen ergreifen.
Danuta Hübner, Mitglied der Kommission. − Herr Präsident! Ich möchte dem Europäischen Parlament und insbesondere den Mitgliedern des Ausschusses für regionale Entwicklung für ihr anhaltendes Interesse an dem Solidaritätsfonds und für ihre Unterstützung dieses Fonds danken.
Er ist ein wichtiges Instrument zur Förderung des strategischen Ziels der Solidarität in der Europäischen Union. Seit seiner Einrichtung im Jahr 2002 sind 61 Anträge eingegangen, und der Fonds hat in 33 Fällen in 20 Ländern interveniert. Der Gesamtfonds beläuft sich bisher auf 1 523 Millionen Euro. Aus dem aktuellen Spezialbericht des Rechnungshofs geht hervor, dass der Fonds über ein gutes Management verfügt und schnell, effizient und flexibel arbeitet.
Dieser Fonds hat allerdings seine Grenzen. Die Schwelle für die Mobilisierung des Solidaritätsfonds der Europäischen Union ist extrem hoch. Infolgedessen ist der Fonds für bestimmte Arten von Katastrophen nicht gut geeignet, in der Regel bei Fällen mit geringeren förderfähigen Ausgaben, beispielsweise Waldbränden, und mehr als zwei Drittel aller bisher eingereichten Anträge auf Unterstützung durch den Fonds basierten auf Ausnahmen für so genannte „außergewöhnliche regionale Katastrophen“.
Zudem ist es mit allen bestehenden gemeinschaftlichen Instrumenten extrem schwierig oder in der Tat unmöglich, auf durch Menschen verursachte Katastrophen zu reagieren, wie es Industrieunfälle wie die Ölverschmutzung durch die Prestige oder Terrorakte wie der Bombenanschlag in Madrid im März 2004 veranschaulichen. Ebenso ist es derzeit nicht möglich, bei schweren Krisen in Bezug auf die öffentliche Gesundheit Unterstützung aus dem Solidaritätsfonds der Europäischen Union bereitzustellen.
Aus diesen Gründen hat die Kommission im April 2005 einen Vorschlag für eine Überarbeitung der Regelung angenommen. Trotz der vereinten Bemühungen mit verschiedenen Präsidentschaften ist der Rat seit 2005 nicht in der Lage, in Bezug auf diesen Vorschlag zu einer Einigung zu gelangen. Ein Grund dafür ist, dass die große Mehrheit der Mitgliedstaaten der Ansicht ist, dass der Fonds mit dem gegenwärtigen System sehr gut funktioniert. Sie halten eine Erweiterung auf zusätzliche Situationen daher weder für notwendig noch für angemessen, vor allem, weil sie die Folgen einer solchen Erweiterung für den Haushalt fürchten.
Der Rat hat die Positionen der einzelnen Mitgliedstaaten nicht formal genannt, die Ansicht des Rates wird jedoch quasi einstimmig unterstützt. Außerdem wurde nicht mitgeteilt, in welchen Bereichen Kompromisse denkbar wären, um in Hinblick auf den Vorschlag der Kommission zu einer Übereinkunft zu gelangen.
Die Kommission ist nach wie vor davon überzeugt, dass eine Überarbeitung der Verordnung über den Solidaritätsfonds erforderlich ist, damit die Union bei schweren Katastrophen, die derzeit nicht durch den Fonds abgedeckt sind, rascher reagieren kann. Daher wird sie einen Bericht annehmen, um eine Bestandsaufnahme der sechs Jahre seit Einführung des Fonds zu erstellen, um die Grenzen des Solidaritätsfonds zu identifizieren und mögliche Verbesserungen zu bestimmen. Wir hoffen, dass der Bericht die Diskussionen im Rat und im Europäischen Parlament über eine Überarbeitung der gegenwärtigen Verordnung über den Solidaritätsfonds wieder anstößt. Der Bericht dürfte gegen Ende des ersten Quartals 2009 abgeschlossen sein.
Im Hinblick auf den Zivilschutz hat die Kommission begonnen, auf der Grundlage von schweren Katastrophenszenarien Lücken in den Zivilschutzressourcen zu identifizieren und die Optionen zum Schließen dieser Lücken zu bewerten. In diesem Kontext wird die Kommission innovative Vereinbarungen mit den Mitgliedstaaten prüfen, um die allgemeine Reaktionsfähigkeit der EU auf Katastrophen im Rahmen des Pilotprojekts und die Vorbereitungsmaßnahmen, die im Haushalt von 2008 vorgesehen sind, zu verstärken.
Auf der Grundlage dieser Arbeit kann die Kommission vorschlagen, die Lücken durch die Entwicklung von jederzeit einsatzbereiten Zivilschutzmodulen oder durch zusätzliche Reservekapazitäten in Ergänzung der nationalen Reaktionskräfte für schwere Katastrophen, auch im Bereich der Bekämpfung von Buschbränden, zu schließen.
Rolf Berend, im Namen der PPE-DE-Fraktion. – (DE) Herr Präsident, Frau Kommissarin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich spreche als Berichterstatter für den Sozialfonds, den Solidaritätsfonds des Jahres 2002 und für die erweiterte und verbesserte Variante aus dem Jahr 2006.
Seit über zwei Jahren liegt dieser vom Europäischen Parlament mit übergroßer Mehrheit verabschiedete Bericht auf Eis, da er im Rat blockiert wird! Dabei wird der Ruf der Bürger nach europäischer Solidarität vor dem Hintergrund immer stärker auftretender Naturkatastrophen zunehmend größer. Mit dem Solidaritätsfonds, der nach den verheerenden Flutkatastrophen von 2002 mit heißer Nadel im Zuge schneller notwendiger Hilfsmaßnahmen gestrickt wurde, wurde ein Instrument geschaffen, das Soforthilfemaßnahmen in Katastrophenfällen versprach. Es hat sich jedoch – wie Sie, Frau Kommissarin, zu Recht gesagt haben – im Laufe der Zeit gezeigt, dass es mit dem vorhandenen Instrument außerordentlich schwierig, ja zum Teil unmöglich ist, auf EU-Ebene auf Krisen größeren Ausmaßes angemessen zu reagieren.
Zum anderen ist die derzeitige Schwelle für die Mobilisierung – Sie sagten es, Frau Kommissarin – extrem hoch, so dass Ausnahmeregelungen überhand nehmen. Darauf gibt aber die revidierte Fassung des Katastrophenfonds eine klare Antwort. Umso mehr hält das Europäische Parlament es für ein fundamentales Interesse, dass dieses effektive Instrument nun den Menschen, die von Katastrophen betroffen sind, zur Verfügung gestellt wird. Daher noch einmal die konkrete Frage: Warum erreicht der Rat in dieser für die in Not geratenen Bürger der Europäischen Union so wichtigen Frage keine gemeinsame Position? Welche Mitgliedstaaten befürworten den verbesserten Vertrag, welche lehnen ihn ab? Sie, die Kommission, deuten eine Möglichkeit Anfang 2009 an. Wir hoffen es, wollen dem hier aber noch einmal Nachdruck verleihen, denn man kann das Votum dieses Parlaments nicht so missachten, wie das bisher von den verschiedenen Präsidentschaften gemacht worden ist!
Iratxe García Pérez, im Namen der PSE-Fraktion. – (ES) Herr Präsident, Frau Kommissarin! Wie meine Kollegen bereits ausgeführt haben, hatten wir schon 2006 in diesem Haus eine Aussprache zur Änderung der Verordnung über den Solidaritätsfonds mit der Aussicht auf Annahme, um ein schnelles und effektives Reaktionsinstrument bereitzustellen. Heute liegt dieses Thema immer noch auf dem Tisch.
Es war nicht einfach, die extrem breite Zustimmung zu erzielen, die in diesem Haus erreicht wurde, da sowohl die verschiedenen politischen Fraktionen als auch die Interessen bestimmter Länder zu sehr unterschiedlichen Ansichten darüber führten, in welcher Form diese Verordnung zu ändern sei.
Ich habe jedoch das Gefühl, dass wir uns alle sehr bemüht haben, eine Übereinkunft zu erzielen und die Änderung dieser Verordnung zu ermöglichen. Ich habe den Eindruck, dass das Parlament mit gutem Beispiel vorangegangen ist und gezeigt hat, was wir nun alle anstreben sollten: Die einvernehmliche Änderung der Verordnung.
Die Europäische Kommission muss jede nur erdenkliche Anstrengung unternehmen, um diese Übereinkunft zu fördern und das gesteckte Ziel zu erreichen. Ich freue mich über die heutige Antwort der Kommissarin, die sagte, dass eine Studie durchgeführt werde, um die Ziele zu definieren, die wir nun in Hinblick auf die Änderung der Verordnung festlegen müssen, und zwar nicht zuletzt, damit die künftige Zustimmung des Rates gewährleistet ist.
Wir müssen sicherstellen, dass durch die Änderung dieser Verordnung eine rasche und effektive Reaktion auf diejenigen Katastrophen möglich ist, die die Mitgliedstaaten nicht allein bewältigen können, indem wir die gegenwärtige Förderfähigkeit auf Industriekatastrophen, Terrorakte und Notfälle im Bereich der öffentlichen Gesundheit erweitern – nicht zu vergessen so wichtige Punkte wie die schweren Dürren, die sich vor allem in bestimmten Bereichen im Mittelmeerraum häufen.
Außerdem müssen wir weiterhin mit Nachdruck vorschlagen, dass die Schwelle für die Inanspruchnahme von Mitteln aus dem Fonds von Schäden in Höhe von 3 000 Millionen Euro auf 1 000 Millionen Euro gesenkt wird, ohne die regionale Komponente zu vergessen. Dieses Instrument muss bei Dürren, Bränden und Hochwasser Finanzhilfen bereitstellen, dabei dürfen wir jedoch unter keinen Umständen die Opfer vergessen, die unmittelbare Hilfe und Unterstützung benötigen.
Der Solidaritätsfonds ist ein politisches Instrument zur Problemlösung, daher muss ich noch einmal die Notwendigkeit betonen, alles zu unternehmen, um dieses grundlegende Thema voranzubringen, doch wir müssen hierbei die erforderlichen Änderungen im Auge behalten, die angesichts der heutigen Realität angebracht sind.
Jean Marie Beaupuy, im Namen der ALDE-Fraktion. – (FR) Herr Präsident, Frau Kommissarin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Es wurden bereits einige Beispiele genannt. Ich möchte mich zur Einführung auf einige davon beziehen, da wir Naturkatastrophen bekämpfen müssen. Wer weiß noch, was vor genau einem Jahrhundert, im Jahr 1908, in Messina geschehen ist, als 100 000 Menschen ums Leben kamen? Natürlich erinnert sich noch jeder an Tschernobyl, aber wenn wir uns ungefähr auf die letzten 10 Jahre beschränken, gab es da die Stürme und Tankeruntergänge von 1999, die gerade bereits erwähnten Hochwasser in Mitteleuropa, ganz zu schweigen vom 11. September in New York, den Terroranschlägen im März 2004, dem Ausbruch des Chicungunya-Fiebers und so weiter.
Wir wissen nicht, welche Katastrophe uns als nächstes erwartet oder wie groß ihr Ausmaß sein wird, aber in einem Punkt können wir sicher sein: dass es bald eine weitere Katastrophe geben wird.
Wenn diese Zeit kommt, werden unsere Mitbürger, die 50 Jahre lang gewohnt waren, den Aufbau eines angeblich geeinten Europas zu sehen – und eine Reihe von Berichten, über die wir in dieser Woche abgestimmt haben, bezeugen dies – sich umdrehen und uns dieselbe Frage stellen, die sie uns in Bezug auf die aktuelle Finanzkrise gestellt haben: „Was habt Ihr denn getan?“
In den letzten Wochen haben vielleicht einige von Ihnen gehört, wie der ehemalige Direktor des Internationalen Währungsfonds in einem früheren Bericht von vor drei oder vier Jahren erklärte: „Wir beim IWF haben gesagt, dass es eine Krise geben werde, und wir haben erklärt, wie sie verhindert werden kann.“
Frau Kommissarin, Sie sind also heute Abend zu uns gekommen, um uns zuzuhören, und wir hoffen, dass Sie das tun und sicherstellen können, dass Europa nicht unvorbereitet sein wird, wenn es zu einer Katastrophe kommt, anders als bei der gegenwärtigen Finanzkrise.
Ich für mein Teil möchte zwei Vorschläge machen. Zunächst einen Vorschlag zu der Form der zu ergreifenden Maßnahmen. Sie sagten dies in den abschließenden Bemerkungen, Frau Kommissarin, Sie bezogen sich auf den Bericht von Michel Barnier.
Wir können keine zwei getrennten Maßnahmen haben, auch wenn Sie selbst, wie jeder von uns, insbesondere im Ausschuss für regionale Entwicklung immer sagen, dass wir integrierte Ansätze benötigen. Wir können nicht auf der einen Seite die Entwicklung des Solidaritätsfonds und auf der anderen Seite eine Präventionspolitik verfolgen. Diese beiden Maßnahmen sollten miteinander verknüpft werden, nicht zuletzt, um diese infamen Finanzminister zu überzeugen, die uns erklären, dass die Kosten eventuell sogar im Fall einer Anpassung der Kriterien des Solidaritätsfonds – und Sie haben hierüber gesprochen – steigen würden. Sie sollten sich vom Barnier-Bericht inspirieren lassen, dann würden sie verstehen, dass wir Geld sparen würden, wenn wir gleichzeitig eine Präventionspolitik verfolgen, bei der Einsatzressourcen sowie die Vorbeugung von Unfällen und Naturkatastrophen gebündelt werden.
Somit geht es natürlich nicht nur darum, Geld zu sparen und Katastrophen vorzubeugen, sondern vor allem um die Rettung von Menschenleben – das hat wirkliche Priorität.
Aus diesem Grund, Frau Kommissarin, möchte ich Sie gemeinsam mit meinen Kollegen dringend auffordern, mit allen Kräften sicherzustellen, dass Sie am Ende der französischen Präsidentschaft und während der tschechischen Präsidentschaft von der schwedischen Präsidentschaft eine echte Garantie erhalten, dass der Aktionsplan nicht nur geprüft, sondern eingeführt wird.
Wir zählen auf Ihre Entschlossenheit. Wir brauchen sie. Sie wissen, dass das Parlament hinter Ihnen steht – dieser Abend hat dies klar und deutlich gezeigt. Wir warten nun darauf, unbedingt in einem Jahr Ergebnisse zu sehen.
Elisabeth Schroedter, im Namen der Verts/ALE-Fraktion. – (DE) Herr Präsident, sehr verehrte Frau Kommissarin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Rat ist ja nicht anwesend. Er ist ja der Blockierer, und an ihn müsste diese Diskussion adressiert werden. Denn wer stellt denn die Anträge, wenn es brennt oder wenn die Flut kommt? Die Mitgliedstaaten, und mit lauter Sonderwünschen! Großzügige Beihilfen werden gewünscht, und nicht immer werden sie korrekt ausgegeben. Wir hatten ja gerade das Beispiel Großbritannien.
Trotzdem möchte ich hier noch ein Anliegen an die Kommission loswerden. Ursprünglich war die Kommission unter Kommissar Bernier sehr engagiert im Bereich Prävention, weil sie verstanden hat, dass Naturkatastrophen nur durch präventives Handeln wirklich bekämpft werden können. Dies ist heute deutlich unterbelichtet. Ich fände es gut, wenn die Kommission Leitlinien zur Umsetzung des Solidaritätsfonds entwickelt, in denen die Prävention wirklich einen Schwerpunkt hat.
Ich weise auch noch einmal darauf hin, dass die Kommission auch jetzt schon Möglichkeiten hat, zusätzlich auf Prävention zu pochen, z. B. im Rahmen des EFRE-Programms. Was tut sie denn dafür? Bisher ist da wenig rübergekommen, und es ist wenig investiert worden, um zu verhindern, dass Naturkatastrophen stattfinden. Es ist nicht in naturnahe Flüsse investiert worden, es ist zu wenig darauf gedrängt worden, dass es eine natürliche Durchmischung der Wiederaufforstung gibt, z. B. in Griechenland, wo die Pinienwälder diejenigen sind, die ganz leicht brennen.
Ich erwarte, dass die Kommission schon jetzt in den vorhandenen Anträgen engagierter ist, und dass sie darauf achtet, wofür das Geld ausgegeben wird, damit sich Katastrophen nicht wiederholen, sondern um zu ermöglichen, dass naturnahe Investitionen wirklich stattfinden. Dieses Engagement habe ich nicht gesehen, insofern hat die Kommission hier auch eine Menge Schuld mitzutragen. Obwohl wir von Naturkatastrophen sprechen, sind die meisten Naturkatastrophen zum ganz großen Teil hausgemacht, einmal aufgrund des zu geringen Beitrags zur Bekämpfung der Klimaveränderung und zum anderen durch das Bebauen von Flussauen und das Anpflanzen von Monotonwäldern. Hier muss die Kommission jetzt engagiert sein und darf nicht warten.
Pedro Guerreiro, im Namen der GUE/NGL-Fraktion. – (PT) Während der Aussprache zu der Änderung der Verordnung über den Solidaritätsfonds am 18. Mai 2006, an der wir uns mit einer Reihe von Vorschlägen aktiv beteiligt haben, haben wir unseren Missbilligung der von der Mehrheit im Parlament verabschiedeten Position unterstrichen. Unsere Missbilligung betraf insbesondere den Punkt, dass die Förderfähigkeit von regionalen Katastrophen – welche am häufigsten auftreten – nicht beibehalten wird, wie es in der gegenwärtigen Verordnung vorgesehen ist. Wir waren auch nicht mit der Ablehnung der Möglichkeit einer stärkeren finanziellen Unterstützung für die Kohäsionsländer und Konvergenzregionen einverstanden und haben die Herabsetzung der Schwelle für die Inanspruchnahme von Mitteln aus dem Fonds missbilligt, da so die EU-Länder mit dem höchsten Bruttoinlandsprodukt eindeutig am stärksten profitieren würden.
In Übereinstimmung mit dem, was wir bisher getan haben und abgesehen von den angesprochenen Änderungen werden wir uns weiterhin unter anderem für die folgenden Aspekte einsetzen: Anerkennung der Besonderheit von Naturkatastrophen in der Mittelmeerregion; Anpassung des Solidaritätsfonds hinsichtlich des zeitlichen Rahmens (bei der Mobilisierung und der Auszahlung von Gemeinschaftsmitteln an die Opfer kam es zu ungerechtfertigten und inakzeptablen Verzögerungen); Anpassung des Solidaritätsfonds hinsichtlich förderungsfähiger Maßnahmen, insbesondere in Bezug auf den spezifischen Charakter von Naturkatastrophen wie Dürren und Bränden; Einbeziehung von Unterstützungsmaßnahmen zur Wiederherstellung der Produktionstätigkeit in Katastrophengebieten und von Operationen zur Bereitstellung von Land- und Wassergeräten zur Bekämpfung von Waldbränden in die förderungsfähigen Maßnahmen.
Hinsichtlich aller Initiativen im Bereich des Zivilschutzes sind wir der Ansicht, dass die Förderung der Vorbeugung und die Verbesserung und Koordinierung der Zivilschutzressourcen der einzelnen Mitgliedstaaten Priorität haben sollte.
Lambert van Nistelrooij (PPE-DE). - (NL) Herr Präsident, Frau Kommissarin! Es wird erwartet, dass Europa proaktiv handelt. Bürger in betroffenen Gebieten können nicht verstehen, warum es Monate dauern soll, bevor Europa, gefangen in seinen eigenen Verfahren, Klarheit garantieren kann.
Wie funktioniert das? Irgendwo passiert etwas. Sie können es ein paar Stunden später im Fernsehen anschauen und denken dann, dass dieses Gebiet unsere Hilfe und Solidarität braucht. Darauf folgt ein ohrenbetäubendes Schweigen. Wir sind dann zwischen dem Nationalstaat und den europäischen Behörden gefangen. Das Frustrierende dabei ist, dass es an diesem Punkt keine Kommunikation gibt. Der Rat blockiert – und das schon seit zwei Jahren, aber wir sollten sicherlich herausfinden können, was der Grund für diesen Widerstand ist, und Alternativen hören. Das ist der springende Punkt. Schon bald, in sechs Monaten, endet die Amtszeit des Parlaments. Wenn wir ein neues Parlament haben, müssen wir dieses Dossier übergeben, ohne dass wir unsere Ziele erreicht haben, obwohl vernünftige Vorschläge vorliegen.
Die französische Präsidentschaft ist mit allem Möglichen beschäftigt, nur nicht mit dieser Angelegenheit. Sie ist keinen Deut vorangekommen und wir würden nur zu gerne wissen, warum das so ist. Ich möchte dennoch der Europäischen Kommission gratulieren. Frau Hübner und ihre Kollegen haben definitive Fortschritte erzielt, und es sollte möglich sein, die Widerstände mit vereinten Kräften auszuräumen. Wir müssen öffentlich anprangern, dass der Rat und die französische Präsidentschaft in diesem Punkt versagt haben.
Wolfgang Bulfon (PSE). – (DE) Herr Präsident! Wann braucht der Bürger die Solidarität Europas? Wann braucht der Mitgliedstaat die Solidarität der Europäischen Union? Natürlich in erster Linie im Katastrophenfall. Genau diese Frage stellte ich im Zusammenhang mit der Abstimmung des vierten Kohäsionsberichts heuer im Frühjahr.
Herr Präsident, wir diskutieren heute über die Adaptierung des Solidaritätsfonds, um uns für die Herausforderungen der Zukunft besser zu wappnen und um eine schnelle und effektive Hilfe zu ermöglichen. Die Kommission und das Parlament sind sich gemäß ihren Entschließungen über die Ziele dieser Gesetzesinitiative einig. Im Juli dieses Jahres erlaubte ich mir eine Anfrage an den Rat bezüglich des Stands des Verfahrens. Der Rat teilte mir mit, dass er im Gegensatz zum Parlament zum gegebenen Zeitpunkt keine Notwendigkeit für eine Initiative sieht. Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass ein ehemaliger französischer Kommissar und Minister in seinem Bericht die Notwendigkeit der Adaptierung unterstrichen hat, ist mir die Haltung des Rates unverständlich. Daher möchte ich allen Abgeordneten einen Ausschussvorsitzenden wie Herrn Galeote wünschen, welcher nicht bereit ist, die Missachtung eines Parlamentsbeschlusses zu akzeptieren. Dafür möchte ich ihm meinen ausdrücklichen Dank aussprechen. Die französische Ratspräsidentschaft möchte ich dringendst auffordern, ihre Haltung im Sinne der Bürger Europas zu revidieren!
Agnes Schierhuber (PPE-DE). – (DE) Herr Präsident! Es ist höchste Zeit, und ich möchte mich beim Berichterstatter ganz herzlich bedanken.
Ich denke, das ist eine der Kernfragen, die unser Europa zusammenhält, das ist auch eine Frage der Solidarität. Es ist höchste Zeit, dass die Mitgliedstaaten beginnen, hier endlich Taten zu setzen. Die EU muss eine finanzielle Unterstützung für jene Organisationen bieten, die uns im Ernstfall helfen. Viele Mitgliedstaaten mussten in den letzten Jahren verheerende Naturkatastrophen erleben. Ich denke auch an die Waldbrände, die wir immer wieder in Griechenland haben, und zwar erst im letzten Jahr, oder die Überschwemmungen in Mitteleuropa 2002, wovon auch Österreich sehr betroffen war.
Solche Katastrophen entziehen den Menschen mitunter die wirtschaftlichen Grundlagen. Hier werden außerordentliche Mittel benötigt, Herr Präsident, denn es geht nicht nur um die Notversorgung, sondern um den Wiederaufbau von jahrhundertealten Infrastrukturen. Ein Mitgliedstaat alleine verfügt nicht über diese Mittel. Weiters ist zu bedenken, dass manche Staaten leider öfter diesen Naturkatastrophen ausgesetzt sind. Ich denke jetzt wieder an Österreich. Die Menschen in Österreich sprechen heute noch mit großer Dankbarkeit davon, wie sie damals rasche Hilfe von der EU bekommen haben. Der europäische Solidaritätsfonds soll nicht nur den Wiederaufbau mitfinanzieren, sondern auch Rettungsorganisationen unterstützen. Die Arbeit der freiwilligen Feuerwehr, des Roten Kreuzes und anderer freiwilliger Organisationen ist unschätzbar. Man kann sich gar nicht vorstellen, wie viel Geld aufgewendet werden müsste, wenn dieser Dienst nicht auf freiwilliger Basis erbracht würde. Weiters helfen diese Organisationen immer im Notfall und sind unentbehrlicher Teil eines sozialen Gefüges in den ländlichen Regionen.
Daher besteht dringender Handlungsbedarf, diese Hilfsstrukturen zu erhalten und zu erweitern. Ich hoffe, dass wir jetzt rasch zu einer Einigung kommen, damit wir es nicht bereuen müssen, wenn es wieder zu Katastrophen kommt und wir nicht rasch genug handeln können.
Evgeni Kirilov (PSE). - (BG) Wie der Berichterstatter, Herr Galeote, und eine Reihe anderer Mitglieder hervorgehoben haben, ist der Solidaritätsfonds ein notwendiges Instrument, dessen eigentlicher Zweck darin besteht, einen der wichtigsten Grundsätze der Europäischen Union zu erfüllen, wie sein Name schon sagt – den der Solidarität unter den Mitgliedstaaten. Seit der Fonds genutzt wird, wurden Versäumnisse und Mängel offensichtlich, und aus diesem Grund ist eine Reform erforderlich, um diese Mängel zu beseitigen und auf die Gefahren, denen wir uns ausgesetzt sehen, zu reagieren. Wie erwähnt, gibt es ein Reformverfahren und das Europäische Parlament hat seinen Standpunkt erklärt. Es kommt darauf an, alle möglichen Probleme, mit denen der Fonds konfrontiert werden könnte, zu berücksichtigen, sodass er ein Instrument werden kann, das wirklich nützlich ist, und die Menschen spüren, dass etwas getan wird. Niemand braucht ein nutzloses Instrument, das zwar im Prinzip eingesetzt werden kann, aber in der Praxis kaum funktioniert. Lassen Sie uns gleichzeitig klar und deutlich sagen, dass die größte Wirkung durch eine schnelle Reaktion erreicht wird. Wir sind immer noch weit von einem effektiven System entfernt. Die kleineren Mitgliedstaaten verfügen nicht über die Ressourcen der Größeren, während wir von Kooperation und Koordination auf europäischer Ebene nur träumen können. Wie bereits hervorgehoben wurde, ist nicht unbedingt immer mehr Geld erforderlich.
In diesem Sommer kam es in meinem Land Bulgarien, im Rila-Gebirge, den malerischsten und unzugänglichsten Bergen des Landes, zu einem Großbrand, den wir nur mithilfe französischer Feuerwehrhubschrauber löschen konnten, und wir sind dafür überaus dankbar. Aber bei der Organisation und Koordinierung der Operation ging zu viel wertvolle Zeit verloren. Die Bürger der Europäischen Union warten ungeduldig auf effektive Entscheidungen, nicht unbedingt auf enorme Geldmittel. Mit effektiven Entscheidungen kann sogar Geld gespart werden, wie Herr Beaupuy sagte.
James Nicholson (PPE-DE). - Herr Präsident! Wir sind uns alle darüber im Klaren, dass der Hintergrund und die Ursprünge des Europäischen Solidaritätsfonds in den verheerenden Hochwassern im östlichen Mitteleuropa im Jahr 2002 liegen; seine Notwendigkeit wurde dann durch andere Naturkatastrophen wie die Waldbrände in Griechenland weiter untermauert. Und auch die jüngsten Hochwasser in meinem eigenen Wahlkreis in Nordirland haben mir wieder verdeutlicht, wie wichtig er ist.
Trotz der breiten Unterstützung und des großen Engagements für den Fonds in Parlament und Kommission und auch unter den EU-Bürgern behindert der Rat mit seiner Zurückhaltung im Hinblick auf die Zusammenarbeit dessen uneingeschränkte Umsetzung. Sicher möchte die Europäische Union den Mitgliedstaaten, die von Naturkatastrophen getroffen werden, ihre Unterstützung zusichern. Diese Unterstützung muss schnell und unkompliziert gewährt werden, damit sie auch wirklich effektiv sein kann. Der Rat legt gegenwärtig jedoch Hindernisse in den Weg, die ein reibungsloses Funktionieren des Fonds verhindern. Ich freue mich daher über diese mündliche Anfrage. Ihre Dringlichkeit wird durch den Ausschuss hervorgehoben.
Außerdem möchte ich den Teil der vom Ausschuss gestellten Frage hervorheben, in dem es darum geht, welche Mitgliedstaaten gegen den Fonds sind und warum. Mit dem Solidaritätsfonds steht der Europäischen Union ein extrem wichtiges Instrument zur Verfügung. Die Probleme bei seiner Umsetzung haben sich jedoch viel zu sehr in die Länge gezogen, und meiner Meinung nach müssen diese so schnell wie möglich gelöst werden.
Ganz gleich, ob es um Hochwasser oder Waldbrände geht: Menschen in Not benötigen Hilfe und Unterstützung, vor allem brauchen sie direkte und schnelle finanzielle Unterstützung – und zwar nicht so, wie es bei dem derzeitigen System der Fall ist, das Monate und Jahre gebraucht hat und von der Bürokratie völlig erstickt wurde. Wenn Sie wirklich etwas Positives tun möchten, dann dies, damit machen Sie sich stärker um Europa verdient als mit irgendeinem anderen Ihrer Vorschläge oder allen anderen Vorschlägen zusammen.
Das möchte ich dem Rat wirklich verdeutlichen. Meiner Meinung nach – aber das ist nur meine Meinung – hat der Rat nicht zugestimmt, weil man nicht möchte, dass das Parlament und – noch wichtiger – die Mitglieder dieses Parlaments im lokalen Bereich tätig sind, in dem wir wichtiger sind als Sie, die Kommission, oder der Rat. Denn wenn etwas geschieht, schauen die Menschen auf die Mitglieder. Sie schauen weder auf die Kommission noch auf den Rat, und sie kennen Sie nicht. Sie sind ein unberührbares, gesichtsloses, bürokratisches Gremium in Brüssel. Daher sind es die Mitglieder – laufen Sie nicht davor weg – wir, das Parlament, sind diejenigen, die die ganze Zeit vor Ort bei den Menschen sind, und wir brauchen diese Unterstützung. Ich habe in meinem Leben noch nie so dürftige Ausreden gehört; es ist an der Zeit, dass diese Sache endlich erledigt wird.
Stavros Arnaoutakis (PSE). - (EL) Herr Präsident, Frau Kommissarin! Wir sagen in der Regel, dass wir eine Union sind, deren Grundprinzip die Solidarität ist. Heute brauchen unsere Bürger eine Union, die dieses Prinzip in die Praxis umsetzen kann. Sie brauchen Taten, nicht nur Worte. Heute fordern wir den Rat auf, den Erwartungen der Bürger Rechnung zu tragen und zu zeigen, dass er der Aufgabe gewachsen ist, was den Solidaritätsfonds anbetrifft.
Wir alle kennen aus unseren Ländern die Auswirkungen häufiger Naturkatastrophen. Wir haben alle die Verzweiflung unserer Mitbürger erlebt, die betroffen waren, und wir alle wissen und verstehen, wie wichtig es für diese Menschen ist, zu spüren, dass die Europäische Union ihnen beisteht. Im Mai 2006 verabschiedete das Europäische Parlament den Plan der Europäischen Kommission zu einem neuen Solidaritätsfonds, einem neuen, schnelleren, flexibleren und effektiven Fonds, der zwischen 2007 und 2013 umgesetzt werden sollte, bisher jedoch auf dem Schreibtisch des Rats verstaubt.
Ich kann wirklich nicht verstehen, wie wir über ein so gutes Instrument verfügen können und es dann nicht umsetzen. Die Europäische Union braucht den neuen Solidaritätsfonds jetzt mehr denn je.
Oldřich Vlasák (PPE-DE). – (CS) Herr Präsident, Frau Kommissarin, meine Damen und Herren! Als Mitglied des Ausschusses der Regionen konnte ich mit eigenen Augen die Sturmschäden in den Wäldern der Hohen Tatra in der Slowakei, die Brände in Portugal und die Überschwemmungen in der Tschechischen Republik sehen. In den Gesprächen mit der Bevölkerung vor Ort ist mir klar geworden, wie sehr die Verwendung des europäischen Fonds zur Behebung der Schäden und zur Aufforstung des Tatra-Nationalparks als konkretes Zeichen der europäischen Solidarität empfunden wurde. Der Solidaritätsfonds kann in bestimmten Krisensituationen einzelnen Staaten helfen und dadurch dem Gefühl, zu einem größeren Europa zu gehören, deutlichen Auftrieb verleihen. Leider ist die derzeitige Verwaltung dieses Fonds nicht sehr effizient, sodass die Hilfe oft erst mit monatelanger Verspätung eintrifft. Daher versucht das Europäische Parlament seit langem, den gesetzlichen Rahmen zu ändern, damit das Gesetz bei der Verwendung dieser finanziellen Mittel neue Anforderungen berücksichtigen und schnelle und effektive Hilfe in kürzerer Zeit ermöglichen kann.
Angesichts des globalen Klimawandels müssen wir darauf gefasst sein, dass Katastrophen wie Hochwasser, Dürreperioden, Stürme und Brände auf unserem alten Kontinent immer häufiger auftreten werden. Außerdem gibt es neue Bedrohungen in Form von Terroranschlägen und Pandemien. In der Realität versuchen einzelne Staaten, auf bilateraler Basis zu kooperieren. Sie organisieren gemeinsame Übungen und Veranstaltungen für ihren Katastrophenschutz. Sie unterstützen damit indirekt einige der Ideen zum Zivilschutz, die Michel Barnier im Jahr 2006 dargelegt hat. Bedauerlicherweise muss diese Diskussion noch fortgesetzt werden.
Meine Damen und Herren, schnelle Reaktionen, die effektivere Verwendung des Solidaritätsfonds und die internationale Zusammenarbeit bei der Vorbeugung und dem Versuch, die Auswirkungen von Katastrophen zu bekämpfen, sind hochgradig aktuelle Themen, besonders im Vorfeld der bevorstehenden Wahlen zum Europäischen Parlament. Ich verstehe daher voll und ganz die Fragen, die gestellt wurden, und ich fordere die Europäische Kommission und den Rat auf, die Situation schnell zu klären.
Gábor Harangozó (PSE). - (HU) Vielen Dank, Herr Präsident. Frau Kommissarin, meine Damen und Herren! Die Europäische Gemeinschaft hat den Solidaritätsfonds mit dem erklärten Ziel eingerichtet, bei dringenden Notfällen schnell, effizient und flexibel reagieren zu können. Man kann allerdings nicht behaupten, dass sich der Rat durch Schnelligkeit und Effizienz auszeichnet, wenn es darum geht, einen gemeinsamen Standpunkt zu formulieren.
Bedauerlicherweise warten die größten Naturkatastrophen nicht, bis ein gemeinsamer Standpunkt formuliert wurde. Ungeachtet der positiven Ergebnisse, die seit der Einrichtung des Solidaritätsfonds erzielt wurden, sind weitere Verbesserungen erforderlich, um Hilfe für die Bedürftigen schneller und effizienter bereitstellen zu können. Wir stehen vor enormen Herausforderungen, und aus diesem Grund kann ich nicht verstehen, warum die Jahre vergehen, ohne dass der Rat eine Entscheidung trifft. Die Bürger werden das noch viel weniger verstehen als ich.
Wir dürfen keine weitere Verzögerung zulassen, sondern müssen eine Debatte anstreben, die zu Ergebnissen führt. Wir müssen so schnell wie möglich zu einer Vereinbarung kommen, um die Herausforderungen der immer häufiger auftretenden Naturkatastrophen zu bewältigen. Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Rumiana Jeleva (PPE-DE). – (BG) Während der letzten Jahre haben sich Naturkatastrophen und von Menschen verursachten Katastrophen gehäuft. Diese Katastrophen führten nicht nur zu schweren finanziellen Verlusten, sondern leider auch zum Verlust von Menschenleben. In den vergangenen Jahren erlebten wir in Bulgarien Hochwasser, Dürrekatastrophen und Waldbrände. An diesem Wochenende ereignete sich in Bulgarien ein Erdbeben, das glücklicherweise nicht sehr stark war. Obwohl das nur ein schwacher Trost ist, bestätigt dies die Notwendigkeit eines effektiven europäischen Solidaritätsfonds.
Ich möchte hervorheben, dass wir nicht das einzige Land in Europa sind, das unter solchen Katastrophen leidet. Das benachbarte Griechenland z. B. hatte im Jahr 2007 mit verheerenden Waldbränden zu kämpfen. Dies bedeutet, dass wir mehr tun müssen, um die Folgen dieser Katastrophen zu bewältigen. Es ist klar, dass wir Änderungen an den Verordnungen benötigen, um flexiblere Werkzeuge bereitzustellen. Wie Herr Berend in seinem Bericht von 2006 richtig folgerte, müssen wir die Bereitstellung der Hilfeleistungen beschleunigen und die Bürokratie abbauen. Wir müssen sicherstellen, dass die Hilfe die Bürger erreicht, wenn sie benötigt wird, nicht Tage oder sogar Wochen später. Aus diesem Grund begrüße ich die Senkung des Schwellenwerts und die Einführung neuer, beschleunigter Zahlungen, die Ausdruck von echter Solidarität sind. Ein anderer sehr wichtiger Aspekt ist, dass der neue, überarbeitete Vorschlag auch Industriekatastrophen abdeckt. Wenn es z. B. in Bulgarien zur Explosion einer Ölpipeline oder einem Schiffsunglück käme, würde dies ebenfalls zur Hilfe aus dem Solidaritätsfonds berechtigen.
Abschließend möchte ich eine Idee zur Finanzierung vorbringen. Langfristig könnten wir darüber nachdenken, zur Finanzierung von Instrumenten wie dem Solidaritätsfonds einen Teil der Gelder zu verwenden, die unter den N+2- und N+3-Regeln verloren gehen. Vorerst müssen wir uns jedoch auf einen echten Wandel konzentrieren, und aus diesem Grund fordere ich die Kommission und besonders den Rat dringend auf, die Änderung des europäischen Solidaritätsfonds zu unterstützen.
Emmanouil Angelakas (PPE-DE). - (EL) Herr Präsident, Frau Kommissarin! Der Solidaritätsfonds ist ein wichtiges Werkzeug für die Umsetzung der Sozialpolitik in Mitgliedstaaten, die von Naturkatastrophen getroffen werden. Er ist ein praktischer Ausdruck der Solidarität mit den europäischen Bürgern, die von derartigen Katastrophen betroffen sind. Mit solchen Verfahren werden wir der Vision einer aktiven Unterstützung der Bürger durch die Europäische Union gerecht.
Der wichtige Beitrag des Fonds zu der Bewältigung größerer Katastrophen zeigte sich während der Hochwasser in Mitteleuropa, den Erdbeben in Italien und den Bränden in Portugal und in meinem Land Griechenland im Jahr 2007, und es ist bezeichnend, dass eine große Zahl von Mitgliedstaaten Mittel aus dem Fonds in Anspruch genommen haben. Gleichzeitig kann die Europäische Union mit der aktuellen Regelung und den vorhandenen Ressourcen nicht auf andere Krisen reagieren, die nicht ausschließlich natürliche Ursachen haben, wie beispielsweise industrielle Umweltverschmutzungen, Pandemien in Europa, Dürreperioden und dergleichen.
Die vorgeschlagene Reform der Verordnung deckt breitere Anforderungen ab, beschleunigt die Verfahren, führt die Neuerung von Vorauszahlungen ein und ergreift allgemein praktische und positive Maßnahmen. Angesichts dessen und in Hinblick auf die Annahme des Vorschlags der Kommission durch das Europäische Parlament kann ich keine Gründe und Ursachen für die Verzögerung der Ratifizierung der Verordnung erkennen.
Es ist tröstlich, Frau Kommissarin, dass Sie in Ihrer Stellungnahme heute Ihre Unterstützung unserer Ansichten zum Ausdruck gebracht haben. Diese Verzögerung steht nicht im Einklang mit dem Geist der Solidarität, der uns leiten sollte. Der Rat trägt ein hohes Maß an Verantwortung, und wir hoffen, dass er der Aufforderung des Europäischen Parlaments nachkommt und diese unverzüglich wahrnimmt, auch wenn er heute nicht anwesend ist.
Maria Petre (PPE-DE). – (RO) Herr Präsident, Frau Kommissarin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Vorab möchte ich sagen, wie sehr ich mich freue, dass wir endlich eine Aussprache zu diesem Thema haben. Ich hoffe, dass die heutige Aussprache auch die Ergebnisse erzielt, die uns die Kommissarin bereits versprochen hat. Wir wissen alle, dass die aktuellen Verfahren für einen Zugriff auf den Solidaritätsfonds sehr langwierig sind. Ich schlage daher vor, das Budget der Union aufzubessern.
Als z. B. Rumänien infolge der Hochwasser im Frühjahr/Sommer des Jahres 2005 Hilfe aus dem Solidaritätsfonds beantragt hatte, musste es etwa ein Jahr warten, bis dass die Gelder flossen. Die Bestimmungen der Verordnung sehen vor, dass der Antrag nicht später als zehn Wochen nach Eintreten der Katastrophe eingereicht werden sollte und der Gesamtwert der Verluste beziffert werden muss, da dies hilft, die Art der Katastrophe zu klassifizieren. Es ist ziemlich schwierig, diese Anforderungen zu erfüllen, wenn es sich beispielsweise um Hochwasser handelt. Um die Verluste richtig zu bewerten, muss das Wasser erst vollständig abgelaufen sein. Das hängt aber unter keinen Umständen von nationalen Institutionen und Behörden ab. Im nächsten Verfahren muss die Kommission prüfen, ob die Bedingungen erfüllt werden, insbesondere im Hinblick auf eine größere Katastrophe. Das dauert seine Zeit, unter anderem aufgrund der zusätzlichen Informationen und Klärungen. Wenn das geänderte Budget dann endlich bewilligt ist, bereitet die Kommission die Entscheidungen zur Mittelvergabe vor und genehmigt diese. Darauf folgt zuletzt der Transfer der Mittel, die spätestens innerhalb eines Jahres ausgegeben werden müssen. In der Praxis werden mit diesen Mitteln die Ausgaben erstattet, die vom Empfängerstaat infolge der Katastrophe bereits geleistet wurden. Auf der Grundlage dieser Bedingungen fragen wir uns alle, ob das wirklich als Notfallhilfe bezeichnet werden kann.
Ich möchte abschließend sagen, dass die Ablehnung des Vorschlags der Kommission zur Änderung der Verordnung nach deren Besprechung in der Arbeitsgruppe der Finanzreferenten und ohne Konsultation der Arbeitsgruppe für Strukturmaßnahmen zu dem Schluss führen kann, dass die Finanzminister praktisch nicht zugestimmt haben. Dieser Schluss stellt uns vor zahlreiche Probleme, insbesondere in dem gegenwärtigen problembeladenen Klima und auch auf Ebene der Mitgliedstaaten.
Mairead McGuinness (PPE-DE). - Herr Präsident! Einige der besten Fragen werden am späten Abend gestellt, und dies ist eine davon, obwohl sie ein wenig von einem „Dialog der Tauben“ hat, weil der Rat nicht anwesend ist, um diese Aussprache zu hören.
Es gibt zwei Worte, über die wir in Europa viel sprechen: Das eine ist „Subsidiarität“, das andere „Solidarität“. Subsidiarität beinhaltet die Respektierung der Mitgliedstaaten und ihrer Rechte und Solidarität spiegelt meiner Ansicht nach die Gemeinsamkeit der Europäischen Union und unsere gegenseitige Unterstützung wider. Warum kann dieser Fonds das dann nicht leisten? Eine der Gefahren und der aus diesem Nichtfunktionieren resultierende Schaden besteht tatsächlich darin, dass wir verfügbare Finanzhilfen ankündigen und diese dann nicht auszahlen, weil das System komplex, bürokratisch und für Gemeinschaften und Einzelpersonen äußerst unhandlich ist.
Ich vermute, es geht hier um den Haushalt und letztlich also um Geld. Ich habe letzte Woche sehr genau den Kommentaren der für Finanzplanung und Haushalt zuständigen Kommissarin zu zahlreichen Punkten zugehört, von der gemeinschaftlichen Agrarpolitik bis hin zu anderen Themen, insbesondere aber der Forderung nach einem flexibleren Haushalt, einem Haushalt, der rasch auf weltweite Ereignisse reagiert und nicht dazu führt, dass die Europäische Union den Ereignissen hinterherhinkt.
Ich bedaure, dass sie nicht über die Notwendigkeit einer flexiblen Reaktion auf Ereignisse in der Europäischen Union gesprochen hat, denn ich denke, dies ist das Thema, über das wir heute Abend hier reden. Ich komme aus einem Land, das „Nein“ zum Vertrag von Lissabon gesagt hat, in dem wir zunehmend über den Versuch sprechen, die Bürger näher an die Europäische Union heranzuführen, und dies gelingt uns am ehesten, wenn die Menschen Europa mit Aktionen anstatt mit Worten in Verbindung bringen. Ich befürchte, dass es hier in der Europäischen Union zu viele Ankündigungen gibt und zu wenige Aktionen vor Ort, wo die Menschen dann sehen können, wie die Union funktioniert.
Erfreulicher dagegen war heute Morgen ein Blick in die Zeitungen, der nahe legt, dass die irische Bevölkerung ihre Einstellung zu Lissabon möglicherweise ändert. Daher möchte ich auf keinen Fall, dass Sie die Kammer niedergeschlagen verlassen.
Sérgio Marques (PPE-DE). – (PT) Herr Präsident, Frau Kommissarin, meine Damen und Herren! Diese der Europäischen Kommission im Namen des Ausschusses für regionale Entwicklung von Gerardo Galeote vorgelegte mündliche Anfrage ist absolut gerechtfertigt und wichtig. Die Gründe, warum der Rat die Reform des Solidaritätsfonds blockiert hat, sollten angesichts seiner Unfähigkeit, sich auf einen gemeinsamen Standpunkt zu einigen, der die Fortsetzung des legislativen Prozess ermöglichen würde, klar dargelegt werden.
Es ist schwer zu verstehen, welche Gründe es für den Standpunkt des Rates geben könnte, ausgenommen vielleicht ganz gewöhnliche finanzielle Gründe. Möchte der Rat nicht schneller und direkter auf Naturkatastrophen reagieren können? Möchte der Rat nicht auch bei allen anderen Arten von Katastrophen so schnell reagieren können, z. B. bei größeren Industriekatastrophen, Terroranschlägen oder Krisensituationen im Bereich der öffentlichen Gesundheit?
Es ist entscheidend, dass wir auf diese Fragen klare Antworten erhalten, wie es auch entscheidend ist, zu klären, was die Europäische Kommission über diese Situation denkt und ob sie etwas zu unternehmen gedenkt, um die Blockade dieses legislativen Prozesses zu lösen.
Der Wert der Solidarität muss auch in diesem Bereich uneingeschränkt gewährleistet sein. Die Bürger würden es wirklich nicht verstehen, wenn dies nicht der Fall wäre.
Czesław Adam Siekierski (PPE-DE). – (PL) Herr Präsident! Die Bürger beurteilen die Europäische Union häufig anhand dieses Fonds. In den vergangenen Jahren haben wir immer mehr und immer schwerere Naturkatastrophen beobachtet. Immer wieder hören wir von Hochwassern, Dürreperioden, Bränden oder Stürmen in verschiedenen Mitgliedstaaten. Bei diesen Problemen bleibt es aber nicht. Wir müssen auch Hilfeleistungen bei Ereignissen wie Chemieunfällen, Explosionen, Industriebränden oder Störfällen in Kernkraftwerken ermöglichen.
Ebenso müssen wir auf neue Herausforderungen vorbereitet sein, müssen Terrorangriffe abwehren und uns um die Folgen kümmern. Auch Krisensituationen, in denen die Gesundheit unserer Bürger gefährdet ist, oder Tierseuchen dürfen wir nicht außer Acht lassen. Bei der Bewältigung solcher Bedrohungen stellen die Kosten für Arzneimittel, Impfungen und Ausrüstung ein großes Hindernis dar. Der Fonds muss elastisch sein, damit wir jederzeit auf solche Situationen angemessen reagieren können, und dies muss auch im umfassenden Maße erfolgen. Das Antragsverfahren für Beihilfen muss ebenfalls so einfach wie möglich gehalten werden.
Mieczysław Edmund Janowski (UEN). - (PL) Herr Präsident! Kommissarin Hübner muss heute eine sehr schwierige Situation meistern. Sie muss sich im Namen des Rates äußern, der heute hier nicht vertreten ist. Bei der Sturzflut während der dänischen Präsidentschaft im Jahr 2002 schaffte es der Rat, sich zu mobilisieren und in wenigen Wochen die relevanten Dokumente zu erstellen. Heute müssen wir leider den vier Präsidentschaften ihre Nachlässigkeit bei der Reform des Solidaritätsfonds vorwerfen. Wir brauchen diesen Fonds. Die Hilfe, die er liefert, sollte nicht nur ein Zeichen unserer Solidarität sein, sondern muss auch schnell, effektiv und ohne große bürokratische Umstände funktionieren.
Zwei Themen sollten meiner Meinung nach hier angesprochen werden: Zum einen, wie und in welchen Situationen der Fonds verwaltet werden soll und zum anderen, wie weitere Ressourcen aus anderen Fonds, wie zum Beispiel dem Kohäsionsfonds, für langfristige Maßnahmen im Katastrophenschutz eingesetzt werden können. Aber das ist ein Thema für sich. Ich möchte der Kommission bei dieser Gelegenheit eine Frage stellen. Es wurde zu einem gewissen Zeitpunkt die Frage der Einrichtung eines „Krisenreaktionsmechanismus“ erörtert sowie die Vorbereitung auf größere Katastrophen. Für diese Möglichkeit war ein Budget von ungefähr 200 Millionen Euro vorgesehen. Ich weiß nicht, was mit diesem Projekt geschehen ist, das durchaus mit dem zur Debatte stehenden Problem in Verbindung steht.
Rolf Berend (PPE-DE). – (DE) Herr Präsident! Es ist ungewöhnlich, dass man beim „catch-the-eye“ noch einmal das Wort ergreift, aber ich will einfach am Schluss der Debatte noch einmal sagen, dass all die Kritik, die heute Abend geäußert wurde, in erster Linie gar nicht in Richtung Kommission geht.
Die Kommission hat uns bei der Erstellung der Revision dieses Vertrags immer geholfen. Auch bei dem Versuch, ihn umzusetzen, war die Kommission immer auf der Seite des Parlaments. Der Schuldige ist der Rat, und wir wollten eigentlich diese Anfrage derart gestalten, dass wir im Angesicht des Rates unsere Kritik vorbringen könnten. Dass er nicht anwesend ist, ist eine Missachtung des Parlaments. Das sollten wir uns in dieser Form nicht bieten lassen, dass wir hier so abgespeist werden.
Frau Hübner, Sie haben unsere volle Unterstützung in allem, was sie dem Rat gegenüber unternehmen werden, um diesen revidierten Fonds auf den Weg zu bringen.
Danuta Hübner, Mitglied der Kommission. − Herr Präsident! Ich möchte Ihnen drei Erklärungen unterbreiten. Dies hier ist kein Solidaritätsfonds für Nothilfe; es handelt sich vielmehr um einen Fonds, der auf der Rückerstattung bestimmter Kosten für Notfallmaßnahmen nach Katastrophen basiert und die Rückkehr zu normalen Lebensbedingungen ermöglichen soll. Die Kommission schlägt vor – das Parlament und der Rat entscheiden.
Zweitens, der Änderungsantrag für die Verordnung beinhaltet eine Erweiterung des Umfangs, ein Senken der Schwelle und eine Änderung des Verfahrens, das insbesondere eine Vorauszahlung ermöglicht.
Drittens, die Liste meiner Beiträge und der Beiträge von Präsident Barroso über die Zeit von sieben Präsidentschaften ist wirklich sehr lang; die Liste der Sitzungen und Schreiben füllt praktisch zwei ganze Seiten aus. Obwohl einige der sieben Präsidentschaften dem Änderungsantrag für die Verordnung zunächst positiv gegenüberstanden, konnte doch keine im Rat eine Einigung zur Annahme erzielen. Ich weigere mich, den Antrag vor dem Rat zurückzuziehen und hoffe, dass wir mit dem neuen Bericht, den wir als Kommission Anfang nächsten Jahres erstellen und verabschieden werden, in einer neuen Debatte die Änderungen voranbringen können; vielleicht entwickeln wir jetzt auch neue Ideen, möglicherweise sogar weiter reichende Änderungen für diesen Fonds. In diesem Sinne hoffe ich stark, dass Sie an dieser Aussprache teilnehmen und den Vorschlag der Kommission unterstützen werden.
Ich wollte mich noch kurz zu dem Thema der Prävention äußern: Ende dieses Jahres werden wir eine Mitteilung verabschieden mit dem Titel „Towards a comprehensive new approach to preventing disasters“ (Schritte zu einem umfassenden Ansatz zur Krisenprävention). Wir haben die beiden Sondierungsstudien und Anhörungen bereits abgeschlossen, und die Folgenabschätzung wird zurzeit vorbereitet. Jemand, ich denke, es war Herr Janowski, erwähnte die Einbindung der Kohäsionspolitik in Präventionsmaßnahmen. Die Kohäsionspolitik zählt Präventionsmaßnahmen bereits zu ihren Prioritäten, vor allem im Umweltbereich.
Dies wäre alles, Herr Präsident. Ich hoffe, wir werden weiterhin gemeinsam auf eine Änderung des Fonds hinarbeiten, sodass er eine wichtigere Stellung einnimmt und den Bedürfnissen der europäischen Bürger besser gerecht wird.
Der Präsident. − Die Aussprache ist geschlossen.
Schriftliche Erklärungen (Artikel 142)
Margie Sudre (PPE-DE), schriftlich. – (FR) Das Parlament und die Kommission sind vor zwei Jahren übereingekommen, den Geltungsbereich des Solidaritätsfonds im dem Maße zu erweitern, dass er nicht nur Naturkatastrophen abdeckt, sondern auch für Industrieunfälle, terroristische Anschläge und größere Krisen im Bereich der öffentlichen Gesundheit bereitsteht.
Die Übereinkunft sieht vor, dass ein besonderes Augenmerk auf Gebiete in äußerster Randlage gelegt wird, auch wenn diese die Auswahlkriterien nicht vollständig erfüllen, damit sie im Falle unvorhergesehener Notfälle Hilfe erhalten.
Diese Reform ist jedoch noch nicht in Kraft getreten, weil der Rat bisher noch zu keiner Entscheidung gekommen ist. Infolgedessen wurde die Verabschiedung eines Gemeinsamen Standpunkts noch weiter verzögert.
Dieser Fonds wurde erst vor kurzem eingesetzt, um Hilfeleistungen für La Réunion nach dem Zyklon Gamede und für die beiden vom Hurrikan Dean betroffenen Inseln Martinique und Guadeloupe bereitzustellen. Trotzdem besteht weiterhin Unsicherheit über die Zulässigkeit jedes einzelnen Antrags, da der Rat bei dieser Reform keine zügige Entscheidung trifft.
Die Kommission sollte weiterhin ihre Vorschläge hinsichtlich einer Verstärkung des Zivilschutzes überprüfen, damit die Fachkenntnisse und die geografische Lage der Gebiete in äußerster Randlage und der überseeischen Länder und Gebiete (ÜLG) genutzt werden, die für den Fall von Einsätzen außerhalb Europas als Stützpunkte dienen wollen.
Bei diesen beiden Themen erwarten die Gebiete in äußerster Randlage, dass die EU tatkräftig reagiert, um ihre Sicherheit zu gewährleisten.
25. Verbraucherschutz in Kredit- und Finanzfragen (kurze Darstellung)
Der Präsident. – Als nächster Punkt folgt der Bericht (A6-0393/2008) von Frau Iotova, im Namen des Ausschusses für Binnenmarkt und Verbraucherschutz zum Verbraucherschutz: bessere Allgemeinbildung und Sensibilisierung der Verbraucher in Kredit- und Finanzfragen (2007/2288(INI)).
Iliana Malinova Iotova, Berichterstatterin. – (BG) Der Bericht über finanzielle Bildung, der morgen in der Plenarsitzung zur Abstimmung vorgelegt wird, ist gerade jetzt von größter Bedeutung. Es versteht sich von selbst, dass die Finanzkrise, mit der wir jetzt konfrontiert sind, hätte vermieden werden können, wenn die Verbraucher ausreichend über die Risiken informiert wären, die sich hinter verschiedenen Arten von Krediten verbergen. Wir können mit Bestimmtheit sagen, dass uns die aktuelle Situation, oder zumindest das Ausmaß dieser Krise, erspart geblieben wäre, hätten wir uns in der Vergangenheit stärker mit der finanziellen Allgemeinbildung der Menschen befasst. Im Sinne einer besseren Zukunft müssen wir sicherstellen, dass unsere Kinder überall in Europa die Chance erhalten, den richtigen Umgang mit Kreditkarten und Darlehen zu erlernen. Wir müssen uns auf Studiendarlehen sowie auf Renten- und Investmentfonds konzentrieren. Diese Finanzprodukte wirken sich in hohem Maße auf das Leben der Verbraucher aus, und aus diesem Grund müssen sie auch berücksichtigt werden. Wir dürfen nicht vergessen, dass sich immer mehr junge Menschen hoch verschulden, ohne im Geringsten zu ahnen, welche Auswirkungen dies auf ihr Leben haben wird.
Wir haben viele Monate lang eng zusammengearbeitet, um den Text dieses Berichts zu verfassen. Wir haben direkt am Vorabend der Krise eine sehr interessante öffentliche Diskussion mit den Vertretern der europäischen und US-amerikanischen Banken und Finanzinstitute geführt. Selbst zu diesem Zeitpunkt waren die Probleme schon klar erkennbar und die Alarmglocken läuteten. Andererseits konnten wir auch die Erfahrung und die bewährten Methoden der finanziellen Bildung in Ländern sehen, in denen diese Tradition hat und die kontinuierlich an ihrer Verbesserung arbeiten – im Vereinigten Königreich, in Frankreich, inDeutschland und auch anderswo. Natürlich haben wir auch die Ansichten derjenigen gehört, die jetzt ihre ersten Schritte auf diesem Gebiet machen. Ich begrüße die Ergebnisse der Abstimmung über den Bericht im Ausschuss für Binnenmarkt und Verbraucherschutz und auch die Entscheidung des Rates im Hinblick auf das für die Unterstützung des Projekts benötigte Budget.
Wir haben bezüglich des Initiativberichts auch viele ermutigende Reaktionen von führenden Finanzinstituten erhalten. Meiner Meinung nach haben wir hier einen Kompromiss schließen können, der alle politischen Gruppen zufrieden stellt, und daher hoffe ich, dass die morgige Abstimmung über den Bericht erfolgreich sein wird. Wir können die aktuelle Finanzkrise nur mit vereinten Kräften überwinden und müssen daher gemeinsam an dieser allgemeinen Initiative arbeiten. Es ist Zeit zu handeln und sicherzustellen, dass die europäischen Verbraucher das nötige Wissen über Konsum- und andere Kredite erhalten, damit es nie wieder zu einem finanziellen Desaster dieser Art kommt. Um dies zu erreichen, ist es außerordentlich wichtig, dass die Mitgliedstaaten die ergriffenen Maßnahmen umsetzen und eng zusammenarbeiten. Abschließend möchte ich noch den Mitgliedern der Europäische Kommission meinen tiefen Dank für die Unterstützung aussprechen, die sie mir gewährt hat.
Danuta Hübner, Mitglied der Kommission. − Herr Präsident! Der Bericht kommt gerade zur rechten Zeit. Er beleuchtet viele der Herausforderungen, vor denen die europäischen Verbraucher im Zusammenhang mit der aktuellen Finanzkrise stehen. Ich möchte daher Frau Iotova für ihre ausgezeichnete Arbeit danken.
Die Kommission hat die Bedeutung der finanziellen Bildung für einen funktionierenden Binnenmarkt in ihrer Mitteilung anerkannt, die im Dezember letzten Jahres angenommen wurde. Die Verbraucher müssen in jedem Fall in die Lage versetzt werden, hinsichtlich ihrer privaten Finanzen verantwortungsbewusste Entscheidungen zu treffen. Nur auf diese Weise können sie die konkreten Vorteile einer finanziellen Integration der Europäischen Union nutzen.
Die Bildung fällt in den Zuständigkeitsbereich der Mitgliedstaaten. Die Kommission übernimmt hier vor allem eine unterstützende, wenn auch wichtige Funktion.
Die nationale Ebene ist für die Umsetzung von Programmen zur Verbraucherinformation am besten geeignet, am wirkungsvollsten und am effizientesten. Die Mitgliedstaaten übernehmen eine Schlüsselrolle, zum Beispiel bei der Einführung nationaler Strategien zur finanziellen Allgemeinbildung, die auf öffentlich-privaten Partnerschaften basieren.
Wir glauben, dass die Kommission als Förderer der EU-weiten finanziellen Allgemeinbildung fungieren, Vorteile hervorheben, Bemühungen koordinieren und bewährte Methoden zeigen sollte.
In dieser Hinsicht haben wir verschiedene praktische Initiativen umgesetzt und die Expertengruppe für finanzielle Allgemeinbildung gegründet, die sich im Oktober zum ersten Mal getroffen und nationale Strategien zur finanziellen Allgemeinbildung besprochen hat.
Wir haben auch die Entwicklung der Online-Instrumente „Dolceta“ vorangebracht, die es den Lehrern erleichtern sollen, Finanzthemen in den bestehenden Lehrplan einzubinden. In Kürze werden wir die europäische Datenbank für die finanzielle Allgemeinbildung veröffentlichen: Eine elektronische Bibliothek von Programmen, die von verschiedenen Arten von Anbietern betrieben wird. Schließlich übernimmt die Kommission regelmäßig die Schirmherrschaft für ausgewählte Ereignisse, welche die finanzielle Allgemeinbildung in den Fokus rücken.
Wir stimmen vollkommen mit der allgemeinen Richtung dieses parlamentarischen Berichts und der Mehrzahl seiner Vorschläge überein. Das wichtigste Problem ist die Ausbildung von Kindern und Jugendlichen. Die Kommission teilt mit dem Parlament die Überzeugung, dass Finanzkenntnisse in der Schule gelehrt werden sollte.
Wir sind bereit und willens, die Mitgliedstaaten bei der Entwicklung ihrer grundlegenden Bildungsprogramme im Bereich der privaten Finanzen zu unterstützen. Ähnliches gilt für die Idee, die Kommission damit zu betrauen, EU-Informations- und Medienkampagnen über finanzielle Allgemeinbildung durchzuführen. Solche bewusstseinsbildenden Kampagnen sollten auf die speziellen Bedürfnisse des Publikums zugeschnitten sein. Sie sind am effektivsten, wenn sie auf nationaler oder sogar lokaler Ebene umgesetzt werden. Natürlich werden wir auch dies unterstützen.
Ich möchte mich abschließend bei dem Parlament für seine gute Arbeit in dieser Sache bedanken und freue mich darauf, den Dialog zwischen Parlament und Kommission über die wichtigen Fragen der finanziellen Allgemeinbildung der Verbraucher fortzusetzen.
Der Präsident. – Damit ist dieser Tagesordnungspunkt abgeschlossen.
Die Abstimmung erfolgt morgen um 12.00 Uhr.
Schriftliche Erklärungen (Artikel 142)
Dragoş Florin David (PPE-DE), schriftlich. – (RO) Die Unkenntnis des Gesetzes schützt uns nicht vor der Strafe. Ebenso schützt die Unkenntnis über Finanzmechanismen nicht vor den dadurch erlittenen Verlusten.
Finanz- und Bankinstitute und Versicherungsgesellschaften sind nach wie vor verpflichtet, die Verbraucher mit den „Bedienungsanleitungen“ für Finanzinstrumente auszustatten, damit sie informierte Entscheidungen treffen können. Darum denke ich, dass die Bildung der Bürger Europas in Finanz-, Bank- und Versicherungsfragen durch staatliche und nicht-staatliche Institutionen eine gute Lösung für alle darstellt, die dies wirklich wünschen. Es muss jedoch die Pflicht der Anbieter in diesen Bereichen sein, Bürgern, die solche Instrumente nutzen, entsprechende Informationen zu liefern. Meiner Meinung nach haben die EU-Kommission und die Mitgliedstaaten die Pflicht, die europäischen Bürger vor bestimmten schädlichen Produkten oder Dienstleistungen zu warnen und sie darüber zu informieren und den europäischen Markt so zu regulieren, dass diese schädlichen Produkte oder Dienstleistungen nicht auf dem Markt gelangen können.
Ich möchte abschließend der Berichterstatterin Frau Iotova und unseren Kollegen vom Ausschuss für internationalen Handel und vom Ausschuss für Wirtschaft und Währung zu der Effizienz gratulieren, mit der sie diesen Entschließungsentwurf vorbereitet haben.
Zita Pleštinská (PPE-DE), schriftlich. – (SK) Die Krise aufgrund von risikobehafteten Hypotheken hat bestätigt, dass die EU-Bürger zu wenig über Finanzprodukte wissen. Die Verbraucher kennen sich nicht ausreichend mit den Risiken aus, die durch Konkurs und Überschuldung entstehen. Die von Finanzinstituten vor allem in Form von Werbung gelieferten Informationen über Finanzprodukte sind schwer verständlich und mitunter verwirrend. Sie bieten den Verbrauchern vor dem Unterzeichnen von Verträgen keine ausreichenden Informationen.
Die Information der Verbraucher über Finanzen und Darlehen sollte bereits in der Schule ansetzen, wo die Verbraucher von morgen mit den Produkten des Banksektors vertraut gemacht werden sollten. Vor allem die Programme für Jugendliche, Rentner und benachteiligte Gruppen müssen forciert werden.
Ich bin fest davon überzeugt, dass die Kommission im Budget eine Position für finanzielle Allgemeinbildungsprogramme auf EU-Ebene einrichten sollte. Auf diese Weise könnten man alle relevanten Organe zusammenbringen, wie zum Beispiel den Staat, Nichtregierungsorganisationen, Verbraucherverbände und Finanzinstitutionen.
Ich möchte hierbei insbesondere die Rolle der Verbraucherorganisationen auf Gemeindeebene wie auch auf zwischenstaatlicher Ebene betonen, da sie sich am besten mit den spezifischen Bedürfnissen der Zielgruppen im Bereich der Bildungsprogramme auskennen. Viele Mitgliedstaaten sehen in ihrem Haushalt keine angemessenen Mittel für Verbraucherschutzstrategien vor und schenken den Aktivitäten der Verbraucherorganisationen weder Beachtung noch gewähren sie ihnen finanzielle Unterstützung.
Nur wenige Verbraucher können sich persönliche Finanzberater leisten. Ich bin daher überzeugt, dass die Verbraucher von unabhängiger Seite in Form von EU-Schulungsprogrammen und im Rahmen der Verbraucherorganisationen über geeignete Kurse beraten werden sollten.
Marian Zlotea (PPE-DE), schriftlich. – (RO) Ich möchte Frau Iotova für die Bearbeitung dieser Thematik in ihrem Bericht danken. Meiner Meinung nach ist die finanzielle Allgemeinbildung ein sehr wichtiges Thema. Wir sind in Rumänien zurzeit mit dem Problem konfrontiert, dass Menschen ihre Schulden nicht länger zahlen können, weil sie Kredite bei verschiedenen Banken aufgenommen haben. Sie wurden nicht nur hinsichtlich der Folgen des Kredits schlecht beraten, sondern verfügten auch über keinerlei angemessene finanzielle Allgemeinbildung, die es ihnen ermöglicht hätte, sich für eine passende Finanzierung zu entscheiden.
Wir sollten finanzielle Allgemeinbildung nicht mit Verbraucherinformation verwechseln. Programme zur finanziellen Allgemeinbildung müssen gemäß den Altersgruppen und den Bedürfnissen der verschiedenen Segmente der Bevölkerung entwickelt werden.
Ich hoffe, das Programm „Dolceta“ wird so schnell wie möglich ins Rumänische und Bulgarische übersetzt, damit alle Bürger der Mitgliedstaaten davon profitieren können.
Der Präsident. – Es folgt der Bericht (A6-0392/2008) von Frau Anna Hedh, im Namen des Ausschusses für Binnenmarkt und Verbraucherschutz zum Verbraucherbarometer (2008/2057(INI)).
Anna Hedh, Berichterstatterin. – (SV) Herr Präsident! Der Binnenmarkt ist ein sehr wichtiger Teil der europäischen Zusammenarbeit, aber für viele Verbraucher ist er nicht mehr als ein vages Konzept. Ungeachtet dessen, welche Bedeutung wir ihm und seinen Vorschriften und Bestimmungen beimessen, sind wir doch alle Verbraucher und damit von der Funktionsweise des Binnenmarkts betroffen. Ich war schon immer der Meinung, dass wir mit zufriedenen und vertrauensvollen europäischen Verbrauchern auch einen effizienten und florierenden Binnenmarkt haben werden.
Um dieses Vertrauen zu gewinnen, müssen wir einen Binnenmarkt schaffen, der effizienter und empfänglicher ist für die Erwartungen und Probleme der Bürger. Dies bedeutet nicht unbedingt eine strengere Gesetzgebung und von der EU auferlegte Vorschriften. Information, Bildung und Selbstregulierung können häufig eine bessere und wirkungsvollere Lösung bieten. Bei jeder Lösung muss das Ziel darin bestehen, die Verbraucherrechte zu schützen, damit sie gute und fundierte Entscheidungen treffen können. Das ist natürlich auch für den Markt selbst von Vorteil. Daher begrüße ich gemeinsam mit dem Ausschuss für Binnenmarkt und Verbraucherschutz das Verbraucherbarometer, das die Kommission auf Anfrage des Ausschusses vorgelegt hat. Wir glauben, dass dies ein wichtiges Instrument für die zukünftige Entwicklung der Verbraucherpolitik darstellt.
Der Binnenmarkt umfasst ungefähr 500 Millionen Verbraucher und bietet große Mengen an Waren und Dienstleistungen. Es ist natürlich unmöglich, alle Aspekte des Binnenmarkts im Detail zu untersuchen. Es ist daher wichtig, analytische Ressourcen zu nutzen, wo diese tatsächlich am dringendsten benötigt werden. Ich heiße auch die fünf Bereiche gut, auf die sich die Kommission konzentriert hat: Beschwerden, Preisniveaus, Zufriedenheit, Wechsel und Sicherheit. Diese fünf Hauptindikatoren sind relevant und anwendbar, auch wenn es im Laufe der Zeit erforderlich sein wird, diese weiterzuentwickeln und zu verbessern und vielleicht auch einige neue Kategorien einzuführen.
Ich würde auch gerne darauf hinweisen, wie wichtig es ist, ein Bewusstsein für das Barometer unter den Verbrauchern selbst und in der Öffentlichkeit zu schaffen. Es sollte daher unbedingt in einer leicht verständlichen Sprache formuliert werden. Weiterhin sollte das Verbraucherbarometer auf den entsprechenden Webseiten veröffentlicht werden.
Abschließend möchte ich noch erwähnen, dass die Entwicklung des Barometers geraume Zeit in Anspruch nehmen wird. Einerseits, weil den verschiedenen Mitgliedstaaten hinsichtlich Verbraucherpolitik und Verbraucherschutz unterschiedlich weit fortgeschritten sind und andererseits, weil wir verschieden sind, verschiedene Kulturen und Traditionen haben. Wir müssen daher Geduld haben und dem Verbraucherbarometer Zeit lassen.
Ich möchte weiterhin die Gelegenheit wahrnehmen, um Frau Kommissarin Kuneva und ihrem Sekretariat sowie auch meinem eigenen Sekretariat für die außerordentlich konstruktive Zusammenarbeit zu danken.
Danuta Hübner, Mitglied der Kommission. − Herr Präsident! Die Initiative des Verbraucherbarometers wurde vor weniger als einem Jahr ins Leben gerufen und während dieser Zeit hat die Kommission das Interesse und die Unterstützung des Parlaments schätzen gelernt.
Das Verbraucherbarometer war das Thema vieler Aussprachen im Ausschuss für Binnenmarkt und Verbraucherschutz. Aus den Aussprachen und auch aus den vorgetragenen Vorschlägen haben wir viel gelernt. Hierfür möchte ich Ihnen danken. Besonderer Dank geht aber an Frau Anna Hedh für den ausgezeichneten Bericht.
Lassen Sie mich kurz erneut darauf eingehen, warum das Verbraucherbarometer für uns alle so wichtig ist. Wenn wir an Verbraucher liefern, müssen wir ihre Erwartungen besser erfüllen und die Probleme besser verstehen, vor denen sie tagtäglich stehen. Dafür benötigen wir eine Informationsbasis, die zeigt, wie Märkte hinsichtlich wirtschaftlicher und sozialer Ergebnisse für Verbraucher funktionieren und wie Verbraucher auf dem Markt agieren. Für eine solide Politik benötigt man genaue Daten. Wir sind in diesem Punkt voll und ganz ihrer Meinung.
Das Verbraucherbarometer sammelt Daten, mit deren Hilfe Märkte identifiziert werden, auf denen die Gefahr besteht, dass die Verbraucher nicht gut versorgt werden, und die daher zusätzliche Aufmerksamkeit benötigen. Der Fortschritt der Integration des Einzelhandels kann verfolgt und das Verbraucherumfeld in den Mitgliedstaaten einem Benchmarking unterzogen werden, insbesondere im Hinblick auf die Einhaltung von Verbrauchergesetzgebung, die Durchsetzung, Entschädigung und Handlungskompetenz der Verbraucher. Wir begrüßen Ihre Wahl der Indikatoren für dieses Verbraucherbarometer und denken, dass die Einrichtung einer EU-weiten harmonisierten Datenbank für Verbraucherbeschwerden einen wesentlichen Fortschritt darstellt. Dadurch können wir Probleme auf Verbrauchermärkten frühzeitig erkennen und gegebenenfalls die entsprechenden Maßnahmen ergreifen.
Die Kommission ist fest überzeugt, dass es wichtig ist, auch Preisdaten zu berücksichtigen, weil die Preise zu den vorrangigen Anliegen der Verbraucher gehören. Das aktuelle politische und wirtschaftliche Klima steigert den Bedarf an soliden Preisdaten. Wir müssen unseren Verbrauchern eindeutig signalisieren, dass wir ein Auge auf die Preise innerhalb des Binnenmarkts haben. Die Kommission versichert Ihnen, dass sie sich der Komplexität dieses Themas vollständig bewusst ist, und wird diese Daten selbstverständlich mit aller Sorgfalt auswerten und dafür sorgen, dass sie im richtigen Kontext betrachtet werden. Die Preisunterschiede auf dem Binnenmarkt mögen an angemessenen wirtschaftlichen Gründen liegen, aber sie liegen auch daran, dass der Markt schlecht funktioniert. Wir wollen Wege finden, dies voneinander zu unterscheiden.
Wir teilen Frau Hedhs Sicht über die Bedeutung der engen Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten. Dieses Jahr hat die Kommission begonnen, die Indikatoren des Verbraucherbarometers gemeinsam mit nationalen Entscheidungsträgern, statistischen Ämtern, Strafverfolgungsbehörden und Verbraucherorganisationen weiterzuentwickeln, und wir werden diese Zusammenarbeit in den kommenden Jahren fortsetzen. Frau Hedh hat betont, dass wir dieses Verbraucherbarometer einer breiteren Öffentlichkeit besser zugänglich machen und ein Bewusstsein dafür wecken sollten. Die Kommission akzeptiert diesen Punkt und wird ihre Anstrengungen in diese Richtung verstärken. Ich werde Ihnen gerne die Ergebnisse der zweiten Version des Verbraucherbarometers präsentieren.
Was die Kommission abschließend noch in Frau Hedhs Berichts hervorheben möchte – auch wenn ich mit etwas mehr Zeit noch viele andere Punkte anführen könnte – ist der Wunsch nach mehr Indikatoren für die Handlungskompetenz wie Bildung und Fähigkeiten. Die Kommission plant, im Rahmen der Sozialstudie European Social Survey (ESS) des Eurostat ein Modul zur Handlungskompetenz der Verbraucher umzusetzen, mit dessen Hilfe Verbraucherfähigkeiten, Verbraucherinformation, das Bewusstsein für Rechte und die Durchsetzungsfähigkeit gemessen werden sollen. Damit hätten wir die Möglichkeit, eine statistische Momentaufnahme der Bürger Europas in ihrer Eigenschaft als Verbraucher zu erstellen. Wir betrachten dies als das Hauptthema des Pilotprojekts, das vom Parlament für 2009 vorgeschlagen wurde. Lassen Sie mich abschließend Frau Hedh für das Interesse und die Unterstützung danken, die sie, nicht zuletzt auch in finanzieller Hinsicht, geleistet hat.
Der Präsident. – Damit ist dieser Tagesordnungspunkt abgeschlossen.
Die Abstimmung erfolgt morgen um 12.00 Uhr.
Schriftliche Erklärungen (Artikel 142)
Slavi Binev (NI), schriftlich. – (BG) Ich begrüße den Bericht von Frau Anna Hedh über das Verbraucherbarometer und dessen Absicht, den Binnenmarkt stärker an den Erwartungen und Anliegen der Bürger auszurichten. In den letzten 19 Jahren der so genannten demokratischen Übergangsphase Bulgariens haben uns die bulgarischen Regierungsbehörden mit unterschiedlichen Privatisierungslösungen überhäuft. Es ist schon seltsam, dass die nachweislichen Diebe des Energieunternehmens ČEZ Měření auf dem bulgarischen Markt zugelassen wurden. Die Herrschaften der ČEZ, die wir von der Koalition ATAKA seit langem als eklatante Betrüger identifiziert haben, wurden in ihrem eigenen Land angeklagt. 32 ihrer Angestellten wurden für die Erpressung von Kunden verhaftet, die sie beschuldigt hatten, Strom zu stehlen. Offensichtlich zu sehr mit der Korruption beschäftigt, sah die dreigliedrige Koalition in Bulgarien hierin jedoch keine ausreichende Begründung, um diese Verbrecher aus dem Land zu werfen, wie es die Regierungen von Kanada und Ungarn taten. Somit treibt die ČEZ weiterhin ihr Unwesen, beraubt und erpresst den bulgarischen Steuerzahler unter dem Deckmantel ihrer sauberen kleinen Privatisierungsabkommen.
Ich denke, dass die Annahme des Verbraucherbarometers die Instrumente zur Kontrolle von Marktsegmenten verbessern wird, die auf Schwachstellen und Verstöße hin untersucht werden müssen. Die nationalen Verbraucherschutzbehörden werden bei der Wahrung der Qualität sozialer Dienstleistungen einbezogen, und das Barometer wird dabei helfen, das Vertrauen der Verbraucher in den Binnenmarkt wiederherzustellen.
Zita Pleštinská (PPE-DE), schriftlich. – (SK) Der Ausschuss für Binnenmarkt zum Verbraucherschutz des Europäischen Parlaments verfolgt das vorrangige Ziel, die Position der europäischen Verbraucher auf dem Binnenmarkt zu verbessern. Er wendet sich unablässig an die Kommission und die Mitgliedstaaten, um zu ergründen, was die Verbraucher über ihren Binnenmarkt denken und – vor allem – was sie benötigen. Die Hauptvoraussetzung für einen effektiven und gut funktionieren Binnenmarkt ist das Verbrauchervertrauen.
Da er die Vorzüge der Bewertungstabelle für den Binnenmarkt erkannt hat, die seit dem Jahr 1997 in Gebrauch ist, hat der Ausschuss an die Kommission appelliert, auch einen Vorschlag für eine Tabelle für Verbrauchermärkte vorzulegen, die als Instrument für die Einschätzung des Markts aus Verbrauchersicht dient.
Beschwerden, Preisniveaus, Zufriedenheit, Schnittstellen und Sicherheit sind die fünf wichtigsten in der Bewertungstabelle verwendeten Indikatoren. Da es sich hier um die erste Bewertungstabelle für Verbrauchermärkte überhaupt handelt, ist dem Ausschuss bewusst, dass die einige dieser Indikatoren in Zukunft durch neue ersetzt werden müssen. Insbesondere der Indikator „Preisniveaus“ ist umstritten.
Ich stimme mit der Meinung der Berichterstatterin, Frau Anna Hedh, überein, dass die Tabelle in den Medien und auf den entsprechenden Webseiten angemessen veröffentlicht werden sollte. Ich denke, die Kommission sollte eine Öffentlichkeitskampagne finanziell unterstützen, die von den Verbraucherorganisationen umgesetzt wird. Aufgrund ihrer Erfahrung im Bereich der Verbraucherpolitik werden sie den besten Weg finden, die Tabelle den Verbrauchern nahe zu bringen.
Ich bin fest davon überzeugt, dass die Tabelle das Interesse der Verbraucher wecken muss, um ein wichtiges Instrument für die zukünftige Entwicklung der Verbraucherpolitik zu werden.
27. Unterstützung der frühzeitigen Demonstration einer nachhaltigen Stromerzeugung aus fossilen Brennstoffen (kurze Darstellung)
Der Präsident. – Als nächster Punkt folgt der Bericht (A6-0418/2008) von Herrn Christian Ehler im Namen des Ausschusses für Industrie, Forschung und Energie zur Unterstützung der frühzeitigen Demonstration einer nachhaltigen Stromerzeugung aus fossilen Brennstoffen (2008/2140(INI)).
Christian Ehler, Berichterstatter. – (DE) Herr Präsident, sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen, ein besonderer Gruß natürlich immer von einem Brandenburger in Richtung der Kommissarin Danuta Hübner! Ich darf Ihnen heute kurz den Bericht des Industrieausschusses zu einer Mitteilung der Kommission zu den CCS-Demonstrationsanlagen vortragen. Um die beschlossenen Energie- und Klimaziele der Europäischen Union zu erfüllen, ist es offensichtlich, dass eine der entscheidendsten Fragen die Reduzierung der CO2-Emissionen ist. Dabei muss die Kohle als fossiler Brennträger eine fast entscheidende Rolle spielen. Auf der anderen Seite befinden wir uns in Europa im Moment in einem Dilemma. Wir haben drei Ziele in der Umwelt- und Energiepolitik. Zum einen den Umweltschutz, zum anderen die Versorgungssicherheit, und mit der Versorgungssicherheit das dritte Ziel, das in wirtschaftlich schweren Zeiten wie jetzt so wichtig ist, das Thema der Preisstabilität.
Die Kohle, das ist uns allen in Europa klar, ist der einzige fossile Energieträger, die einzige fossile Energiereserve Europas, die damit von strategischer Bedeutung für diese drei Ziele ist. Ohne die CCS-Technologie, also ohne saubere Kohletechnologie wird aber gerade dieser Energieträger keine Zukunft haben. Der Vorschlag der Kommission zur Förderung von dringend benötigten Demonstrationsvorhaben wird daher von der Mehrheit des Ausschusses begrüßt. Die Kommission hat einen sehr vernünftigen Vorschlag auf den Tisch gelegt. Wir brauchen – und damit sind wir uns in der Mehrheit des Ausschusses einig – so schnell wie möglich Anreize für die großtechnische Nutzung der CCS-Technologie. Deshalb – und das sagen wir auch ganz ausdrücklich – hält aber auch eine Mehrheit im Parlament eine finanzielle Unterstützung der sauberen Kohletechnologie für unabdingbar für die energie- und klimapolitischen Ziele Europas.
Der Vorschlag des Ausschusses für Industrie, Forschung und Energie unterstützt ganz konkret die Errichtung von mindestens 12 Demonstrationsanlagen mit Mitteln aus dem Siebten Forschungsrahmenprogramm und aus erwarteten Treibhausgasemissionszertifikaten. Die Anlagen müssen die verschiedenen Technologieansätze mit den verschiedenen Speichermöglichkeiten und den verschiedenen Transportoptionen kombinieren und möglichst europaweit errichtet werden.
Wir haben mit vorsichtigem Optimismus vernommen, dass in den bereits laufenden Trilogverhandlungen über die CCS- und die ETS-Richtlinie eine erste Bewegung von Seiten der Kommission zu spüren ist. Mit vorsichtigem Optimismus sind wir der Meinung, dass wir es in den Trilogverhandlungen erreichen müssen, dass wir nicht nur die künftigen Rahmenbedingungen für CCS klären, sondern auch eine solide Grundlage für die Finanzierung der dringend notwendigen Vorversuchsanlagen erreichen werden.
Danuta Hübner, Mitglied der Kommission. − Herr Präsident! Ich möchte Herrn Ehler herzlich für seinen Bericht über die Mitteilungen der Kommission zur Unterstützung der frühzeitigen Demonstration einer nachhaltigen Stromerzeugung aus fossilen Brennstoffen danken. Wir schätzen die allgemeine Unterstützung des Berichts für unsere politischen Ziele und für die Anerkennung der wichtigen Rolle, die die Kohlenstoffbindung und -speicherung (CCS) bei der Bekämpfung des Klimawandels weltweit einnehmen kann.
Der Bericht sieht außerdem den dringenden Bedarf, bis zu zwölf groß angelegte Demonstrationsprojekte umzusetzen, damit die CCS-Technologie im Jahr 2020 kommerziell nutzbar sein wird. Unsere Mitteilung muss als Teil des gesamten und umfassenden Energie- und Klimapakets verstanden werden. Zu diesem Paket gehören neben der CCS-Richtlinie mit ihrem Rechtsrahmen zur Ermöglichung des Betriebs von CCS-Technologien in Europa auch das Emissionshandelssystem, das den wirtschaftlichen und kommerziellen Rahmen für die CCS-Technologie festlegt, und der Vorschlag der Kommission, der vorsieht, dass die Mitgliedstaaten 20 % der Auktionserlöse für Investitionen in CO2-arme Technologien wie CCS verwenden. Gleich, welche Entscheidung letztendlich getroffen wird – die Auktionserlöse werden eine wesentliche Finanzierungsquelle für die CCS-Demonstrationsprojekte darstellen.
Unsere Mitteilung schlägt zudem vor, Anfang des Jahres 2009 eine europäische Koordinationsstruktur zu schaffen, die durch Wissensaustausch, gemeinsame Kommunikationsmaßnahmen und andere gemeinsame Aktionen die CCS-Demonstrationsprojekte unterstützt.
Ich schätze die allgemeine Unterstützung des Energie- und Klimapakets und vor allem auch der Mitteilung. Der Bericht weist allerdings auch darauf hin, dass die Bemühungen der Kommission möglicherweise nicht ausreichen, um das vom Rat gesetzte Ziel der zwölf Demonstrationsprojekte zu erreichen. Ich verstehe diese Bedenken.
Hinsichtlich der Finanzierungsfrage hat der Ausschuss für Umweltfragen einen Änderungsantrag bezüglich des EHS-Vorschlags verabschiedet, der vorsieht, 500 Millionen Euro der Mittel aus der Neuanlagenreserve für die Finanzierung der CCS-Demonstrationsprojekte zu verwenden.
Die Kommission hat ein Optionspapier an das Parlament gesendet, um eine Konsensbildung im Rat zu unterstützen und die ausreichende Finanzierung der CO2-armen Technologien sicherzustellen.
In dem Bericht werden auch zwei weitere Themen angesprochen, denen die Kommission zu diesem Zeitpunkt nicht voll zustimmen kann. Erstens, der Bericht appelliert an die Kommission, eine ausführliche Beurteilung der Kosten und des Anteils an privaten und öffentlichen Mitteln für jede der zwölf Demonstrationsanlagen zu erstellen. In diesem Zusammenhang würde ich gerne darauf hinweisen, dass die Demonstrationsprojekte erst nach Ausschreibungen auf gesamteuropäischer Ebene oder auf Ebene der Mitgliedstaaten genau festgelegt werden. Die Beurteilung der Kosten ist zurzeit in Arbeit, aber es kann nur eine grobe Schätzung abgegeben werden, da jedes Projekt einzigartig ist.
Zweitens schlägt der Bericht vor, Ressourcen der Fazilität für Finanzierungen auf Risikoteilungsbasis zur Unterstützung der CCS-Technologie einzusetzen. Da diese Ressourcen bereits vollständig festgelegt sind, würde, wie Sie wissen, jede Umverteilung auch eine Änderung des Siebten Forschungsrahmenprogramms erfordern.
Ich danke Ihnen daher abschließend für diese ausgezeichnete Arbeit an dem Bericht und hoffe, dass das Parlament der allgemeinen Ausrichtung und der Ziele des Berichts in seiner Abstimmung Rechnung trägt.
Der Präsident. – Damit ist dieser Tagesordnungspunkt abgeschlossen.
Die Abstimmung erfolgt morgen um 12.00 Uhr.
Schriftliche Erklärungen (Artikel 142)
Adam Gierek (PSE), schriftlich. – (PL) Herr Präsident, Herr Kommissar! Eines der Ziele der Europäischen Union ist der ehrgeizige Klimaschutzplan bis 2020, auch bekannt als „3x20“. Zu den Instrumenten für die Umsetzung zählt auch die Einführung von Auktionen im Rahmen des Emissionshandelssystems und von CCS-Technologien nach 2015. Allerdings ist eine Einhaltung der ab 2015 geltenden Emissionsgrenzwerte von 500 g CO2/kWh selbst für moderne Kohlekraftwerke technisch nicht realisierbar. Diese würden daher eine Art Moratorium für die Errichtung von Kohlekraftwerken darstellen und somit die Energiesicherheit gefährden.
Die CCS-Technologien könnten auch in Branchen genutzt werden, in denen große CO2-Ströme als Abfallprodukt anfallen, zum Beispiel beim Schmelzen von Roheisen. Aus diesem Grund sollten Mitgliedstaaten, die am stärksten von Kohle abhängig sind, bereits jetzt beginnen, Demonstrationsanlagen zu errichten, um einschlägige Erfahrungen zu sammeln. Zu diesem Zweck ist eine sofortige finanzielle Unterstützung notwendig, da alle nach 2013 durch den Emissionshandel erzeugten Mittel zu spät kommen. In Polen sollten wir beispielsweise jetzt zwei bis drei solcher Anlagen bauen, die mit unterschiedlichen CCS-Technologien arbeiten. Ich denke an moderne stein- oder braunkohlegefeuerte Kraftwerke, die in porösen geologischen Formationen oder unterirdischen Reservoirs unterschiedliche Methoden der CO2-Bindung nutzen.
András Gyürk (PPE-DE), schriftlich. – (HU) Die Frage der CO2-Bindung und -Speicherung spielt in der Diskussion um den Klimawandel heutzutage eine unverzichtbare Rolle. Wir sprechen hier über eine sehr viel versprechende Technologie, die sich allerdings noch das Vertrauen der Gesellschaft verdienen muss. Ihre zukünftige Nutzung könnte eine Art realistischen Kompromiss zwischen der unvermeidbaren Nutzung fossiler Brennstoffe und den Zielen des Klimaschutzes darstellen.
Da die Bindung von Kohlendioxid beträchtliche Langzeitinvestitionen voraussetzt, ist es von entscheidender Bedeutung, dass die Europäische Union konsistente und stabile rechtliche Rahmenbedingungen schafft. Ich denke, das vom Parlament nachgebesserte Klimapaket geht diesbezüglich in die richtige Richtung.
Dieser lobenswerte Schwenk des parlamentarischen Berichts schlägt vor, kostenlose Emissionsquoten für die 10-12 experimentellen Kraftwerke zu vergeben, anstatt direkte finanzielle Unterstützung zu leisten. Ich halte es für unabdingbar, dass die Kraftwerke, welche Anrecht auf kostenlose Quoten haben, von der Europäischen Kommission nach dem Prinzip des regionalen Gleichgewichts festgelegt werden. Ich stimme dem Berichterstatter dahingehend zu, dass die Quellen für neue Forschung und Entwicklung zur Förderung neuer Technologien erheblich gestärkt werden müssen, und zwar sowohl auf der Ebene der Mitgliedstaaten als auch der EU.
Die EU-Unterstützung kann die Bemühungen des Privatsektors nicht ersetzen. Wenn es sich bei der CO2-Bindung und -Speicherung tatsächlich um eine tragfähige Lösung handelt, werden sich auch Unternehmen finden, welche bereit sind, die notwendigen Investitionen zu tätigen. Darüber hinaus sollte darauf hingewiesen werden, dass die CO2-Bindung nicht aus Fonds finanziert werden darf, die eigentlich für erneuerbare Energiequellen vorgesehen sind. Die hier diskutierte Technologie mag realisierbar sein, aber sie stellt in keinem Fall die einzige Lösung für die Begrenzung der Auswirkungen des Klimawandels dar.
28. Tagesordnung der nächsten Sitzung: siehe Protokoll