Die Präsidentin. – Als nächster Punkt folgen die Erklärungen von Rat und Kommission über demographische Trends und deren wirtschaftliche und soziale Auswirkungen.
Jean-Pierre Jouyet, amtierender Präsident des Rates. − (FR) Frau Präsidentin! Da wir leider heute einen Teil des Abends gemeinsam verbringen müssen, werde ich im Namen des Rates und auch im Namen von Kommissar Potočnik versuchen, die Absichten des Rates zu demographischen Trends und deren wirtschaftlichen und sozialen Auswirkungen zusammenzufassen.
Herr Kommissar, meine Damen und Herren! Die alternde Bevölkerung, mit anderen Worten, der wachsende Anteil älterer Menschen, ist hauptsächlich das Ergebnis des wirtschaftlichen, sozialen und medizinischen Fortschritts, der den Europäern ein langes Leben mit einem Maß an Komfort und Sicherheit beschert, das in der Geschichte beispiellos ist. Dies ist jedoch auch eine der größten Herausforderungen für die Union in den kommenden Jahren.
Diese Alterung ist das Ergebnis von vier Faktoren. Der erste Faktor ist die niedrige Geburtenrate pro Frau. Der Durchschnitt in der Union beträgt 1,5 Kinder. Dies liegt weit unter der Reproduktionsrate, die etwas mehr als 2-2,1 betragen müsste, um die Bevölkerungszahl zu stabilisieren.
Der zweite Faktor ist die in den letzten Jahrzehnten nach dem „Babyboom“ der Nachkriegsjahre gesunkene Fruchtbarkeit. Das bedeutet, dass diese „Babyboomer“ heute dazu führen, dass die Gruppe der 45- bis 65-Jährigen vergleichsweise groß ist.
Die Lebenserwartung bei der Geburt ist seit 1960 um acht Jahre gestiegen – das ist der dritte Faktor – und sie könnte bis 2050 um weitere fünf Jahre ansteigen, möglicherweise sogar noch mehr.
Der vierte und letzte Faktor besteht darin, dass es in Europa, wie Sie wissen, immer mehr Zuwanderer aus anderen Ländern gibt. Im Jahr 2004 wurden 1,8 Millionen Einwanderer verzeichnet, mehr als in den Vereinigten Staaten im Verhältnis zur Gesamtbevölkerung, jedoch gleicht diese Einwanderungsrate die Folgen geringer Fruchtbarkeit und gestiegener Lebenserwartung nur teilweise aus.
Wir befinden uns deshalb in einer Situation, in welcher sich der Grad der Abhängigkeit, mit anderen Worten, die Zahl der über 65-Jährigen im Vergleich zu der Zahl der Menschen zwischen 15 und 64 Jahren verdoppeln und bis 2050 auf über 50 % steigen wird. In der Union, in der früher vier Menschen im erwerbsfähigen Alter auf eine Person über 65 Jahre kamen, wird diese Zahl somit auf nur zwei sinken.
Angesichts dieser Faktoren wird der demographische Wandel, den ich gerade beschrieben habe, von einem tief greifenden sozialen Wandel begleitet, der die Familienstrukturen betrifft. Dies alles führt zu einer wachsenden Zahl älterer Menschen, die allein leben, und sehr alter Menschen, die von anderen abhängig sind.
Wie Sie wissen, gehören die meisten dieser Themen in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten. Dies gilt für die Familienpolitik, die Sozialversicherungssysteme und zum großen Teil für die Steuerpolitik. Vor dem Hintergrund dieser Tatsachen ist der Rat der Meinung, dass die Strategie von Lissabon und die offene Koordinierungsmethode den Rahmen bilden, innerhalb dessen die Mitgliedstaaten in diesem Bereich aktiv werden sollten, und die meisten Mitgliedstaaten stimmen zu, dass keine neue Strukturen geschaffen werden sollten.
Für den Rat besteht ein wichtiges Leitprinzip darin, dass zusätzlich zu einer stärkeren Ausgewogenheit von Berufs- und Privatleben intensiver versucht werden sollte, die Rollen von Mann und Frau im Haushalt besser zu verteilen und mehr hochwertige Infrastrukturen für die Betreuung von Kindern und anderen pflegebedürftigen Menschen zu bieten.
In einer alternden Gesellschaft wird der Beitrag der jungen Menschen immer wichtiger. Wir müssen unsere Bemühungen im Kampf gegen die Jugendarbeitslosigkeit intensivieren und die Zahl der Schulabbrecher senken. Investitionen in unsere Kinder müssen oberste Priorität haben, wenn wir die Zukunftsaussichten der jungen Menschen verbessern wollen.
Wir müssen auch feststellen, dass für Europa der Ruhestand ein größeres Problem darstellt als die Alterung, obwohl diese Trends beunruhigend sind und es ohne gesunde Staatsfinanzen unmöglich sein wird, alle Folgen der demographischen Alterung abzufangen.
Das heißt, wir müssen genau auf die Zukunftsfähigkeit der Ruhestandsregelungen achten und die laufenden Reformen fortsetzen, um diese Regelungen zu modernisieren und nachhaltig zu gestalten, was der aktuellen Strategie innerhalb der Union entspricht. Es wäre auch sinnvoll, ältere Arbeitnehmer zu ermutigen, weiterzuarbeiten, und insbesondere sinnvolle Anreize zu schaffen.
Der Rat ist sich all dieser Herausforderungen vollkommen bewusst und hat die Empfehlungen des Ausschusses für Sozialschutz zu Aspekten des demographischen Wandels in Europa und den daraus resultierenden Herausforderungen angenommen. Zudem hat der Rat am 30. Mai die Schlussfolgerungen zu Strategien verabschiedet, die den Bedürfnissen der Familien entsprechen, und eine Reihe von Initiativen auf den Weg gebracht, um die Familienpolitik zu unterstützen.
In diesem Kontext fand am 18. September ein informelles Treffen statt, das von der französischen Präsidentschaft unter Einbeziehung der Familienminister organisiert wurde. Auf diesem Treffen ging es in den Diskussionen hauptsächlich um die Kinderbetreuung als Möglichkeit für die Schaffung eines Gleichgewichts zwischen Arbeit und Familienleben sowie den Schutz von Kindern im Internet.
Fazit: Der Rat fordert die Kommission auf, das erste Forum zur künftigen demographischen Struktur in Europa, das am 30. und 31. Oktober in Brüssel stattfand, als Ausgangspunkt für einen strukturierten und dauerhaften Dialog in und zwischen den Mitgliedstaaten zu sehen und so zu handeln, dass die Kommission die zuständigen Organe unterstützen kann, um die besten Strategien für eine Antwort auf diesen demographischen Wandel zu finden.
Janez Potočnik, Mitglied der Kommission. − Frau Präsidentin! Ich brauche vielleicht etwas länger, aber ich verspreche, dies in der zweiten Antwort wieder auszugleichen.
Die Forderung des Parlaments nach einer Erklärung des Rates und der Kommission zu demographischen Trends kommt genau zur richtigen Zeit. Am Freitag dieser Woche werden die Dienststellen der Kommission ihren zweiten Demographiebericht vorlegen – rechtzeitig für das Europäische Demographieforum am 24. und 25. November.
Die Europäische Union erlebt gegenwärtig einen enormen demographischen Wandel. In allen Mitgliedstaaten zeigt sich, dass infolge des wissenschaftlichen, wirtschaftlichen und sozialen Fortschritts die Lebenserwartung der Bevölkerung steigt und die Fruchtbarkeitsziffern sinken. Heute leben die Europäer länger und gesünder als ihre Vorfahren, und wir können davon ausgehen, dass die Lebenserwartung künftig noch steigen wird.
Diese Alterung der Bevölkerung Europas ist kein abstraktes Szenario mehr, das in weiter Ferne liegt. Der Babyboom begann vor 60 Jahren, und die ersten Babyboomer erreichen jetzt das Rentenalter. Deshalb ist die demographische Entwicklung der Europäischen Union an einen Wendepunkt gekommen. Von jetzt an wird die Zahl der Menschen, die 60 Jahre oder älter sind, in den nächsten 25 Jahren jährlich um zwei Millionen steigen.
Unterdessen sinkt der Anteil der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter rapide, und diese Tendenz wird noch ca. sechs Jahre anhalten. Heute kommen in den 27 Mitgliedstaaten vier Personen im erwerbsfähigen Alter – zwischen 15 und 64 – auf eine Person ab 65 Jahren. Im Jahr 2060 wird das Verhältnis 2:1 betragen.
Einige sehen die Alterung als Bedrohung und malen ein düsteres Bild des Konflikts zwischen den Generationen. Der demographische Wandel muss jedoch keine Bedrohung sein, wenn wir die Chancen betrachten, die er bietet. Länger und gesünder zu leben kann bedeuten, länger aktiv zu bleiben. Die meisten der Babyboomer sind gebildeter und besser ausgebildet als die früheren Jahrgänge. Sie sind heute immer noch fit und gesund.
Ich bin davon überzeugt, dass der demographische Wandel die Chance einer größeren Solidarität der Generationen bietet. Ich erwarte jedoch nicht, dass dies von selbst geschieht. Die Gesellschaft muss die Fähigkeiten aller Generationen besser nutzen und jedem die Chance bieten, sein volles Potenzial zu entwickeln. Das bedeutet eine Modernisierung unserer Sozialpolitik – im Einklang mit der neuen Sozialagenda, welche die Kommission im Juli verabschiedet hat. Die neue Sozialagenda bestimmte die alternde Gesellschaft Europas als Aktionsschwerpunkt und empfahl verschiedene politische Antworten. Wir wollen den Mitgliedstaaten helfen, ihre Möglichkeiten optimal zu nutzen und mit den Auswirkungen einer alternden Gesellschaft effektiv umzugehen.
Die Ansätze und Empfehlungen in der Mitteilung der Kommission von 2006 „The demographic future of Europe: From challenge to opportunity“ (Die demographische Zukunft Europas: Von der Herausforderung zur Chance) sind immer noch gültig. Diese Mitteilung drückte das Vertrauen in die Fähigkeit Europas aus, sich an den demographischen Wandel anzupassen. Sie hebt jedoch auch die Notwendigkeit hervor, in fünf Schlüsselbereichen tätig zu werden: Förderung der demographischen Erneuerung in Europa durch Schaffung von Voraussetzungen, unter denen sich unsere Mitbürger ihren Kinderwunsch erfüllen können, insbesondere durch Unterstützung der Bemühungen, Arbeit, Familie und Privatleben in Einklang zu bringen; Förderung der Beschäftigung in Europa durch Schaffung von mehr und besseren Arbeitsplätzen und eine Verlängerung der Lebensarbeitszeit, um das Gleichgewicht von arbeitender und nicht arbeitender Bevölkerung zu verbessern; Förderung eines produktiveren und dynamischeren Europas durch die Optimierung der Fähigkeiten in jeder Altersstufe; Aufnahme und Integration von Migranten in Europa durch Anwerbung gelernter und ungelernter Arbeitskräfte aus dem Ausland und Förderung ihrer Integration, um den Arbeitskräftemangel abzufedern; Gewährleistung der Nachhaltigkeit der Staatsfinanzen durch die Konsolidierung der Haushalte und durch Reformen der sozialen Sicherungssysteme, um in Zukunft eine geeignete soziale Sicherung und öffentliche Dienste zu garantieren.
Die Strategie von Lissabon umfasst bereits die wichtigsten dieser politischen Antworten, konzentriert sich jedoch weniger auf eine langfristige Perspektive als die demographische Debatte. Deshalb hat die Kommission zusätzliche Werkzeuge in Form von Zweijahresberichten zur demographischen Lage in Europa und zwei jährlichen Demographieforen vorgeschlagen.
Im Bericht von 2008 wird der Schwerpunkt auf dem Potenzial der Babyboom-Jahrgänge liegen. Eine wachsende Zahl der 60- und 70-Jährigen wird wahrscheinlich bereit sein, weiterhin aktiv am sozialen und wirtschaftlichen Leben teilzunehmen.
Die Beschäftigungsquoten älterer Menschen sind in den letzten Jahren gestiegen und kehren den ehemaligen Trend hin zu einem immer früheren Ruhestand um. Es muss jedoch noch mehr getan werden: Wenn sie das Alter von 60 erreichen, gehen nur 40 % der Männer und 30 % der Frauen noch einer Erwerbstätigkeit nach. Die meisten Menschen in dieser Altersgruppe sind jedoch noch fit und in der Lage, einen Beitrag zu Wirtschaft und Gesellschaft zu leisten. Die alternden Babyboomer können auch als informelle Betreuer und in Ehrenämtern einen wichtigen Beitrag zur Gesellschaft leisten. Ihr Beitrag muss anerkannt und durch öffentliche Strategien unterstützt werden. Es muss unbedingt gewährleistet werden, dass die wachsende Zahl älterer Menschen so lange wie möglich ein selbstbestimmtes Leben führen kann.
Ein Schlüsselziel der Demographieforen ist die Förderung des gegenseitigen Lernens unter den Mitgliedstaaten auf Grundlage bewährter Methoden. Das nächste Europäische Demographieforum, das am 24. und 25. November in Brüssel stattfinden soll, wird den Schwerpunkt auf Familienpolitik und aktives Altern legen. Es wird zudem Gelegenheit bieten, Bilanz zu ziehen, wie gut die Mitgliedstaaten auf den demographischen Wandel vorbereitet sind, und die wichtigsten Möglichkeiten für weitere Maßnahmen herauszuarbeiten.
Anfang nächsten Jahres wird die Kommission, basierend auf den neuen Bevölkerungsprognosen von Eurostat, eine Aktualisierung der Folgen des demographischen Wandels für künftige Staatsausgaben vorstellen, insbesondere im Bereich Altersversorgung, Gesundheitswesen und Langzeitpflege.
Abschließend möchte ich betonen, dass es in der Verantwortung der einzelnen Mitgliedstaaten liegt, die richtigen Strategien in Hinblick auf den demographischen Wandel umzusetzen. Der demographische Wandel ist jedoch eine Herausforderung für uns alle. Die Mitgliedstaaten können viel von ihren jeweiligen Erfolgen und Misserfolgen lernen, die sie bei der Reaktion auf den demographischen Wandel erzielt haben. Deshalb regt die Kommission eine europaweite Debatte über den demographischen Wandel an und bietet eine Plattform für Erfahrungsaustausch und gegenseitiges Lernen.
John Bowis, im Namen der PPE-DE-Fraktion. – Frau Präsidentin! Die beiden Eröffnungsreden haben die lange Lebenszeit zu Recht als wichtigste demographische Änderung hervorgehoben. Das bedeutet natürlich, dass die Menschen länger leben und zumeist gesünder sind, in späteren Jahren jedoch dann körperliche oder geistige Gebrechen auftreten.
Dies hat zu einem enormen Anstieg neurodegenerativer Erkrankungen geführt, und die Kosten dafür sind gewaltig. Medikamente gegen die Parkinson-Krankheit kosten in vielen Ländern mehr als Medikamente gegen Krebs. Laut Forschungsprognosen in Großbritannien wird die Zahl der Menschen mit Demenz bis 2051 um 154 % steigen.
Langzeitpflege kommt nun später auf uns zu. Früher war das meist der Fall, wenn die Menschen über 70 waren. Jetzt sind die Menschen dann über 80 und zunehmend bereits über 90 Jahre alt. Die Langzeitpflege bedeutet jedoch immer höhere Kosten für Einzelpersonen und Familien, die auf ihre Ersparnisse zurückgreifen müssen.
Die Herausforderung besteht darin, ein langes Leben als Lohn und nicht als Bestrafung zu sehen. Wir müssen daher im Hinblick auf das Altern umdenken von der Frage „Wie erbringen wir Pflegeleistungen?“ zu der Frage „Wie fördern wir ein gesundes Alter?“. Das bedeutet natürlich eine gesündere Lebensweise bereits in jüngeren Jahren – Verzicht auf Tabak und Drogen, maßvoller Alkoholkonsum, gesundes Essen, körperliche Betätigung, aber auch Stressmanagement.
Ein flexibles Arbeitsleben bedeutet Zeit für Freizeit und Familie. Es bedeutet die Vorbereitung auf ein Leben nach der Erwerbstätigkeit mit flexiblem Ruhestandsalter und gestaffeltem Eintritt in den Ruhestand, wie ich es in den Niederlanden gesehen habe. Es bedeutet bessere soziale Unterstützung auf neue und innovative Art und Weise und mehr häusliche Dienste, damit die Menschen länger in ihrem eigenen Zuhause bleiben können. Wir brauchen Dienstleistungen und Instrumente, die dem geänderten Bedarf entsprechen.
Als meine Mutter 80 wurde, brauchte sie ein Faxgerät zur Kommunikation. Mit 90 brauchte sie einen Treppenlift. Mit 100 brauchte sie Anregung, da ihr Hör- und Sehvermögen sowie ihre Mobilität abgenommen hatten. Sie war jedoch noch geistig fit und brauchte Schutz und Anregung, wenn sie eine echte Lebensqualität haben sollte.
Jan Andersson, im Namen der PSE-Fraktion. – (SV) Frau Präsidentin! Der Trend hin zu immer weniger Erwerbstätigen und immer mehr älteren Menschen könnte als dramatisch beschrieben werden, gleichzeitig ist jedoch die Tatsache, dass wir heute länger gesünder sind, eine positive Entwicklung.
Dies bringt jedoch auch viele Herausforderungen mit sich. Ich möchte einige davon beschreiben. Heutzutage werden weniger Kinder geboren als früher. Allerdings ist die Situation in den einzelnen Mitgliedstaaten sehr unterschiedlich. Wir können sehen, dass die Ergebnisse in den Mitgliedstaaten besser sind, in denen ein System eingerichtet wurde, das es Eltern erlaubt, Berufsleben und Elternschaft vereinbaren können, und zwar sowohl den Frauen als auch den Männer in einer Familie. Wir müssen in dieser Hinsicht voneinander lernen.
Obwohl unsere Bevölkerung altert, geht der langfristige Trend hin zu einer Verkürzung des Arbeitslebens. Das ist erstens darauf zurückzuführen, dass die Menschen jetzt später ins Berufsleben eintreten, und zweitens – mit Ausnahme der letzten Jahre, in denen die Entwicklung positiver war – darauf, dass die Lebensarbeitszeit kürzer geworden ist. Wir müssen etwas an beiden Seiten unternehmen, um das Arbeitsleben zu verlängern, und vor allem müssen wir für die Zeit vor dem Eintritt in den Ruhestand flexible Lösungen anbieten.
Wir haben heute über die „Blue Card“ diskutiert. Wir müssen jedoch dafür sorgen, dass jeder, der aus einem anderen Teil der Welt gekommen ist, in dem gegenwärtig eine hohe Arbeitslosigkeit herrscht, integriert wird und Zutritt zur Arbeitswelt erhält, auch Menschen mit Behinderungen und anderen Problemen. All dies muss im Rahmen des Lissabon-Prozesses erfolgen, damit wir diese Herausforderungen langfristig meistern können.
Marian Harkin, im Namen der ALDE-Fraktion. – Frau Präsidentin! Es gibt viele Fragen, die sich aus der Diskussion heute Abend ergeben, ich möchte jedoch nur einen Punkt aufgreifen: Pflege und Betreuer.
Wenn wir das Glück haben, lange zu leben, brauchen wir wahrscheinlich Pflege, und obwohl es Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten gibt, wird es sich vermutlich großenteils um informelle Pflege handeln.
Betreuer bilden die Grundlage formeller und sozialer Pflege und ist ein unverzichtbarer Teil der Langzeitpflege. Wenn von Betreuern erwartet wird, dass sie Pflegeleistungen erbringen – was der Fall ist –, müssen ihre Bedürfnisse fester Bestandteil der Strategieentwicklung in Bezug auf Gesundheitswesen und Sozialfürsorge sein.
In diesem Zusammenhang bin ich froh, dass auf der Website der Generaldirektion für Gesundheit und Verbraucher, DG SANCO, ein kurzer Abschnitt für Betreuer eingerichtet wurde, und ich habe keinen Zweifel daran, dass dies ein Ergebnis des Antrags der Interessengruppe der Betreuer an die DG SANCO zu ihrem Jahresarbeitsprogramm ist.
Es genügt aber nicht, wenn Betreuer nur erwähnt werden. Wir glauben, es ist Zeit, einen neuen Sozialvertrag für die Pflege zu entwerfen, der deutlich über die traditionelle Sicht eines Vertrags zwischen dem Staat und dem Einzelnen hinausgeht und der ein neues Engagement auch von Arbeitgebern, lokalen Trägern und Kommunen fordert. Das jüngste Urteil des EuGH zur Diskriminierung durch Assoziation weist den Weg.
Pflege kann nicht allein in der Verantwortung der informellen Betreuer oder des Mitgliedstaates liegen. Das informelle Pflegesystem wird ohne angemessene Unterstützung zusammenbrechen, während bei einem ausschließlich staatlich basierten Ansatz die Kosten einfach zu hoch sind. Deshalb brauchen wir diesen breiter angelegten Sozialvertrag.
Schließlich gibt es ca. 100 Millionen Menschen in der gesamten EU, die Betreuungsleistungen erbringen. Sie arbeiten ohne oder für zu geringe Bezahlung und werden in vielen Fällen nicht adäquat unterstützt. Ich begrüße die Erwähnung auf der Website der DG SANCO, dies ist jedoch nur ein erster Schritt. Es handelt sich hier insgesamt um ein europäisches Thema, und die Maßnahmen müssen zwischen den Mitgliedstaaten koordiniert werden.
Die Politik im Hinblick auf Betreuer sollte Gegenstand der Arbeit der DG SANCO sowie der Generaldirektion Beschäftigung und Soziales sein.
Guntars Krasts, im Namen der UEN-Fraktion. – (LV) Ich danke Ihnen, Frau Präsidentin. Die europäische Bevölkerung wird älter. Wenn dieser Trend weiter anhält, könnte das organische Bevölkerungswachstum sogar negativ werden. In vielen Mitgliedstaaten ist dies bereits der Fall. Die Zahl der Erwerbstätigen sinkt im Verhältnis zur Zahl der Menschen im Ruhestand in allen Mitgliedstaaten. Eine geringe Geburtenrate in Verbindung mit einer höheren Lebenserwartung und Einwanderung verstärken den Druck auf Renten, Gesundheitsschutz und Sozialleistungen. Es gibt jedoch auch einige Mitgliedstaaten, die dem negativen demographischen Trend in Europa entgegenwirken konnten.
In diesen Ländern wurde ein Gleichgewicht zwischen Privat- und Arbeitsleben erzielt. Dadurch können Eltern ihre Kinder großziehen, ohne dafür ihre Karriere opfern zu müssen, und die entsprechenden wirtschaftlichen und Sozialleistungen in Anspruch nehmen. Zweifellos müssen die Mitgliedstaaten die meisten wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Lösungen finden, um der Alterung ihrer Bevölkerung entgegenzuwirken. Es gibt jedoch auch Aufgaben, die auf Ebene der Europäischen Union angegangen werden sollten. Der Arbeitsmarkt der EU besitzt immer noch enorme Reserven. Wir müssen dafür sorgen, dass es auf dem Binnenmarkt keine Hemmnisse für die Freizügigkeit der Arbeitnehmer gibt. Auch wenn sich diese Aufgabe kompliziert gestaltet – wir müssen zur Liberalisierung der Dienstleistungsmärkte zurückkehren und die angenommene Dienstleistungsrichtlinie überprüfen. Die Umsetzung dieser beiden Grundfreiheiten würde helfen, die durch den demographischen Prozess entstandenen finanziellen Defizite auszugleichen. Natürlich darf es auch keine Diskriminierung aufgrund von Geschlecht und Alter geben. Ich danke Ihnen.
Jean Lambert, im Namen der Verts/ALE-Fraktion. – Frau Präsidentin! Es ist interessant, dass wir oft die sinkende Geburtenrate usw. als Problem ansehen. Dies ist nicht notwendigerweise der Fall, wenn wir beginnen, den übermäßigen Wohlstand, den wir auf Ebene der Europäischen Union besitzen, teilweise mit Menschen aus anderen Ländern zu teilen, wenn wir uns mit technischen Innovationen und der Frage befassen, wie wir die Produktivität steigern können und eventuell sogar weniger der wertlosen Güter produzieren, die zurzeit unser Leben und unseren Planeten überschwemmen.
Es geht natürlich auch darum, das Arbeitskräftepotenzial bestmöglich zu nutzen. Deshalb sind die Antidiskriminierungsrichtlinien auf dem Gebiet der Beschäftigung entscheidend, und deshalb ist es unerlässlich, dass die Mitgliedstaaten diese Richtlinien adäquat umsetzen. Sie sollten auch auf die Hindernisse für den gestaffelten Eintritt in den Ruhestand nicht außer Acht lassen – Fragen wie: Welche Auswirkungen hat eine Verkürzung der Arbeitszeit auf die Rentenzahlungen, auf das Leben und den Zugang zu Sozialleistungen?
Wir sollten auch nicht vergessen, was in der gegenwärtigen Finanzkrise im Hinblick auf zahlreiche unserer Vorstellungen in diesem Bereich passiert. Weil man die Antidiskriminierungsvorschriften nicht richtig anwendet, werden wahrscheinlich mehr ältere Arbeitnehmer entlassen, von denen viele vielleicht niemals wieder eine Arbeit finden und unter den entsprechenden Folgen zu leiden haben.
Andere haben umso größere Schwierigkeiten beim Eintritt in das Arbeitsleben oder beim Aufbau von Rentenansprüchen – all das sind Probleme, die entstehen, wenn man eine Zeitlang nicht arbeitet. Da ist die Frage der Unzufriedenheit unter den Jugendlichen, die keine Arbeit finden, für die es immer schwieriger wird, und natürlich sind da die Probleme, vor denen viele Menschen stehen werden, wenn ihre private oder berufliche Vorsorge nicht die Leistungen erbringen kann, die sie erwartet haben.
Deshalb müssen wir die demographische Situation auch im Kontext der aktuellen Krise betrachten und sehen, wie wir dies für eine bessere Ausbildung nutzen können. Wir sollten dies als Weg nutzen, den Menschen zu helfen, ihre Fähigkeiten zu verbessern, um vielleicht auf eine körperlich weniger anspruchsvolle Arbeit umzusteigen – wir haben bereits seit geraumer Zeit gesagt, dass dies notwendig sei. Wir sollten prüfen, wie wir Menschen, die dazu in ihrer Jugend keine Möglichkeit hatten, zu höheren Bildungsabschlüssen führen können.
Wir können uns jetzt mit einigen der problematischen Faktoren auseinandersetzen und uns wirklich mit Lösungen befassen, um die demographische Lage angehen werden.
Pedro Guerreiro, im Namen der GUE/NGL-Fraktion. – (PT) Unserer Meinung nach sollte diese Aussprache nicht den Titel „Demographische Tendenzen – wirtschaftliche und soziale Auswirkungen“ tragen, sondern „Wirtschafts- und Sozialpolitik und ihre Auswirkungen auf demographische Tendenzen“ heißen.
Die Prognosen hinsichtlich der demographischen Tendenz für ein Land oder eine Region dürfen nicht von den in diesem Land oder dieser Region verfolgten Strategien abgekoppelt werden, denn diese politischen Ansätze bestimmen und bedingen die demographische Entwicklung.
So basieren beispielsweise die Prognosen über 50 Jahre auf Annahmen, die erläutert werden sollten, z. B. den ökonomischen Strategien, welche die entsprechenden Szenarien bestimmen. Mit anderen Worten, was wir angesichts der erstellten Prognosen heute diskutieren sollten, sind die Folgen für die demographische Entwicklung, die aus Arbeitslosigkeit, zunehmender Arbeitsplatzunsicherheit, Deregulierung der Arbeitszeit sowie einer Geldpolitik entstehen, die auf Mäßigung und Abwertung von Löhnen und Gehältern ausgerichtet ist. Was wir heute diskutieren sollten, sind die Folgen der Zinspolitik der Europäischen Union für Tausende und Abertausende Familien, die Hypotheken aufgenommen haben, um Häuser zu kaufen, die Folgen der Liberalisierung und Privatisierung öffentlicher Dienste sowie die Folgen niedriger Renten für die Unabhängigkeit und Lebensqualität von Millionen Rentnern. Was wir diskutieren sollten, sind politische Ansätze, welche die Zentralisierung und Konzentration von Reichtum fördern und zunehmend zu sozialer Ungleichheit führen.
Es geht gegenwärtig im Wesentlichen um die Einhaltung oder Nichteinhaltung von Menschenrechten, z. B. dem Recht auf Ernährung, Beschäftigung, angemessene Entlohnung, Wohnung, Gesundheit, Bildung und Freizeit.
Kathy Sinnott, im Namen der IND/DEM-Fraktion. – Frau Präsidentin! Wir stehen in Europa vor einer Krise, für die wir keine Lösung finden werden, bis wir begreifen, dass wir diese Krise selbst gemacht haben.
In der EU töten wir jedes Jahr mehr als eineinhalb Millionen ungeborene Leben. Wir zerstören unsere Zukunft, und dann wundern wir uns, warum wir eine Krise haben. Wir reden über ein Fruchtbarkeitsproblem, aber dies ist gar kein Fruchtbarkeitsproblem – es ist die Weigerung, Millionen von empfangenen Babys auf die Welt kommen zu lassen. Solange wir hier nicht ehrlich sind, kann es keine Lösung geben. Die Lösung liegt darin, das Leben zu achten und die Familie zu unterstützen, damit dieses Leben ein Umfeld vorfindet, in dem es gedeihen kann. Mit diesen Schritten können wir beginnen, die Herausforderung einer verzerrten demographischen Entwicklung in Angriff zu nehmen. Eine Verbesserung ist nicht über Nacht möglich, aber jetzt können wir die Katastrophe noch abwenden.
Wir sollten uns den Fall Japans vor Augen führen. Vor zwanzig Jahren war Japan die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt – und eine der Fortschrittlichsten. 2007 hatte die Bevölkerungszahl in Japan ihren Spitzenwert erreicht, seither ist sie rückläufig. 1995, zwölf Jahre vor dem Abschwung, trat Japan in eine Deflation ein, da die negative demographische Entwicklung bereits anfing, ihren Tribut zu fordern. Das Land hat sich davon nie erholt. Japan ist Europa dabei 20 Jahre voraus, es war den europäischen Ländern aber auch bei der Legalisierung der Abtreibung 20 Jahre voraus. Wir werden den Gipfel 2025 erreichen – bis dahin sind es nur noch 17 Jahre. Ich frage mich, ob die Deflation, die bei uns jetzt, im Jahre 2008, einsetzt, von Dauer ist und die Bankenkrise durch eine demographische Krise ersetzt wird, die uns begleiten wird, bis wir lernen, das Leben wieder zu achten.
Philip Claeys (NI). – (NL) Frau Präsidentin! Ich freue mich, dass Rat und Kommission eine Erklärung über die wirtschaftlichen und sozialen Auswirkungen der aktuellen demographischen Trends abgeben. Viele Politiker haben die schlechte Angewohnheit, nur kurzfristig zu denken und eine langfristige Politik zu vernachlässigen. Die demographische Herausforderung, vor der wir stehen, ist langfristig ein entscheidendes Problem, das auch langfristige Lösungen erfordert. Die durchschnittliche Geburtenrate pro Frau liegt in der Europäischen Union bei 1,5 – dies ist zu niedrig, um die jetzigen Generationen zu ersetzen. Auch da liegt das Problem. Eine Option wäre, kurzfristig eine einfache Lösung zu suchen, indem wir für eine noch stärkere Einwanderung aus Ländern außerhalb Europas plädieren. Zwar mag dies theoretisch als gute Idee erscheinen, doch die tägliche Realität in unseren großen Städten zeigt, dass die laxe Einwanderungspolitik der letzten 30 Jahre komplett gescheitert ist. Die Arbeitslosenzahl in Europa beträgt 20 Millionen, und die Kommission möchte immer noch mehr Einwanderer nach Europa holen. Darf ich darauf hinweisen, dass die Arbeitslosenquote unter nichteuropäischen Einwanderern bedeutend höher liegt als unter der einheimischen Bevölkerung in den Mitgliedstaaten?
Aus Zeitmangel kann ich nicht auf die sozialen Probleme eingehen, z. B. die sozialen Verwerfungen, die durch die massive Einwanderung verursacht werden. Was wir brauchen, ist eine Politik in den Mitgliedstaaten, die junge europäische Familien in ihrem Kinderwunsch unterstützt. In den Mitgliedstaaten sind steuerpolitische Maßnahmen erforderlich, die es attraktiver machen, Kinder zu haben. Die Kinderbetreuung muss verbessert und ausgebaut werden. Wir sollten auch wagen, die Einführung eines Erziehungsgeldes für den zu Hause bleibenden Elternteil in Erwägung zu ziehen, der den größten Teil seiner Zeit für die Kindererziehung aufwendet.
Othmar Karas (PPE-DE). – (DE) Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich begrüße die Debatte, weil sie Bewusstsein schafft und nicht Angst macht. Wir müssen Taten setzen, jetzt und nicht erst morgen.
Der demografische Wandel hat seine Ursachen, Folgen und Herausforderungen. Die sinkende Bevölkerungszahl, Personen im Erwerbsleben werden weniger, wir leben länger. Die Kinder, die in diesen Minuten auf die Welt kommen, haben die Chance, 100 Jahre alt zu werden. Jedes zweite Kind wird das auch werden. Die Menschen werden älter und die Kinder leider weniger. Die Alters- und damit Bevölkerungsstruktur ändert sich dramatisch. Neue Infrastrukturanforderungen, neue Anforderungen an öffentliche Dienstleistungen, an wirtschaftliche, bildungspolitische und soziale Angebote stehen uns ins Haus und sind gefordert. Wir sind ein alternder Kontinent. Jean-Claude Juncker hat einmal gesagt: Wenn wir unsere Sozial-, Pensions- und Gesundheitssysteme nicht rasch nachhaltig sanieren und zukunftsfit machen, werden wir vom Gewinner zum Verlierer der Globalisierung werden.
Was ist zu tun? Viel! Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf wirklich sicherstellen. Menschen nicht mehr aus dem Erwerbsleben drängen. Neue Formen der Pflege, der Kinderbetreuung, der mobilen Dienste, wie Essen auf Rädern, sind gefordert. Die Finanzierung der Pflege muss in allen Mitgliedstaaten aus der Sozialhilfe herausgelöst und zur solidarischen Verantwortung werden. Wir haben eine bildungspolitische Herausforderung. Wir sollten als Ziel haben, der kinder- und menschenfreundlichste Kontinent der Welt zu werden. Die Anrechnung der Kindererziehungszeiten, der Pflege – 80 % der Pflegenden sind Familienangehörige. Gleicher Lohn für gleiche Arbeit. Es gibt viel zu tun. Die Ursachen für unsere Probleme sind vielfältig.
Françoise Castex (PSE). – (FR) Frau Präsidentin, Herr Minister! Ich möchte mich kurz äußern: Der Hemmschuh bei der Meisterung dieser demographischen Herausforderung besteht darin, dass die Zahl der Erwerbstätigen zurückgeht. Hierzu zwei Zahlen: 2010 wird es 217 Millionen Menschen im erwerbsfähigen Alter geben, im Jahre 2050 werden es jedoch nur noch 180 Millionen sein – ein Defizit von fast 36 Millionen Menschen.
Müssen wir einen Arbeitskräftemangel befürchten? Müssen wir ein Ungleichgewicht zwischen der erwerbstätigen und der nicht erwerbstätigen Bevölkerung befürchten?
Wir schlagen zwei Lösungen für dieses Problem vor, mit denen ein optimales Arbeitskräftemanagement erzielt werden soll. Erstens: Vollbeschäftigung. Wir müssen Vollbeschäftigung anstreben. Es gibt gegenwärtig angesichts der Unterbeschäftigung von jungen Menschen, Frauen, Menschen über 55 Jahren und gering qualifizierten Personen sehr gute Möglichkeiten. Wir sehen gerade, wie ein enormes Potenzial verschwendet wird. Wenn wir den Beschäftigungsgrad bei Frauen und Menschen im Alter zwischen 55 und 65 bis 2050 so weit anheben, bis dass er dem Spitzenwert in Europa entspricht, könnten wir diesen Arbeitskräftemangel kompensieren.
Schließlich: lebenslange Bildung und Fortbildung. Wir möchten auf eine optimale Länge des Erwerbslebens hinarbeiten. Es ist inakzeptabel, dass ein Arbeiter, ein Projektmanager, ein 50 Jahre alter Manager kaum andere berufliche Aussichten hat als die Stagnation. Hier geht es um die soziale Verantwortung unserer Firmen.
(Der Präsident unterbricht die Rednerin.)
Marco Cappato (ALDE). – (IT) Frau Präsidentin, Herr Kommissar, meine Damen und Herren! Die Weltbevölkerung hat sich innerhalb weniger Jahrzehnte verdoppelt, mit verheerenden Folgen für unseren Planeten. Deshalb ist die Tatsache, dass der Trend in Europa wenigstens teilweise anders ist, positiv zu sehen.
Es gibt natürlich Probleme im Hinblick auf Sozialleistungen, doch die Antwort darauf lautet nicht, die Menschen zu ermutigen, mehr Kinder zu bekommen, sondern eher, das Rentenalter anzuheben, die Diskriminierung von älteren Menschen in Ländern wie Italien zu bekämpfen, wo die negativen Anreize für eine Fortführung der Erwerbstätigkeit nach Erreichen des Rentenalters so hoch sind, dass die Altersversorgung kein Recht, sondern eine Pflicht ist.
Auf globaler Ebene appelliere ich besonders an die Präsidentschaft, etwas zu unternehmen, damit die neue Konferenz der Vereinten Nationen zu Bevölkerungsfragen einberufen wird, die seit Jahren blockiert wird, weil Staaten wie der Vatikanstaat und diejenigen Druck ausüben, die verantwortungsvolle Regelungen zu Informationen über Sex und Familienplanung fürchten.
Ewa Tomaszewska (UEN). – (PL) Frau Präsidentin! Die demographischen Trends für Europa sind nunmehr seit über einem Dutzend Jahren äußerst alarmierend. Die Reproduktionsrate beträgt 2,16. In Polen beträgt die Geburtenrate 1,2. Gleichzeitig führen der medizinische Fortschritt und eine gesündere Lebensweise dazu, dass die Menschen länger leben. Europa wird immer älter, stirbt aber auch aus. Im Jahr 2030 wird das Verhältnis der erwerbstätigen zur nicht erwerbstätigen Bevölkerung 1:2 betragen.
Eine familienfeindliche soziökonomische Politik, die Propagierung von Familienmodellen mit wenigen Kindern oder kinderlosen Ehen durch die Medien sowie eine Politik, die zum Zusammenbruch der Familie beiträgt, sind wichtige Ursachen der negativen demographischen Veränderungen in Europa. Die bedeutendsten Folgen sind ein Arbeitskräftemangel auf dem Arbeitsmarkt, der die wirtschaftliche Entwicklung bedroht, ein dramatischer Effizienzverlust des Rentensystems und gestiegene Gesundheitskosten aufgrund der speziellen Bedürfnisse einer alternden Gesellschaft.
Irena Belohorská (NI). – (SK) Ich begrüße die Aussprache zu diesen Themen und glaube, dass sie jetzt, wo wir gleichzeitig eine Finanz- und eine Wirtschaftskrise bewältigen müssen, besonders wichtig ist. Demographische Trends zeigen, dass die Bevölkerung aufgrund der Kombination aus verbesserter Gesundheitsversorgung und sinkenden Geburtenraten altert. Wir müssen uns deshalb auf diese Gegebenheiten einstellen und in den entsprechenden Bereichen Vorkehrungen treffen.
Im sozialen Bereich wird es relativ schwierig sein, die Renten zu sichern. Im Gesundheitsbereich müssen wir an Behandlungsmöglichkeiten denken, vor allem für Krankheiten im höheren Lebensalter. Wir wissen beispielsweise, dass bis zu zwei Drittel der Krebserkrankungen im Alter über 60 auftreten.
Die Nachhaltigkeit des Sozialsystems erfordert mehr, bessere und besser angepasste Beschäftigungsbedingungen für ältere Menschen. Dies betrifft vor allem Frauen über 55 und Männer im Alter von 55 bis 64 Jahren. Der Bevölkerungsrückgang kann durch die Einwanderung junger Menschen aus Drittländern abgefangen werden, wir müssen jedoch vor allem versuchen, Bedingungen zu schaffen, damit die jungen, gebildeten Bevölkerungsschichten nicht mehr in die USA abwandern.
Angesichts der abnehmenden reproduktiven Gesundheit junger Frauen sollten wir die künstliche Fortpflanzung unterstützen. Viele junge Familien können diese nicht bezahlen. Meines Erachtens werden wir nicht in der Lage sein, die Strategie von Lissabon zu erfüllen. Wir sollten zumindest versuchen, die Idee einer europäischen Allianz zur Unterstützung von Familien wiederzubeleben, entweder über Steuervergünstigungen oder über bessere Einrichtungen für Kinder im Vorschulalter. Der Mutterschutz sollte voll und nicht nur mit einem Minimalsatz bezahlt werden.
Gabriela Creţu (PSE). – (RO) Herr Minister! Bitte entschuldigen Sie, wenn ich Ihnen widerspreche, aber wir haben mehrere Probleme, nicht nur eines. Wir haben nicht nur demographische Probleme, sondern auch politische, soziale und ethische. Wir sagen, dass wir eine höhere Geburtenrate möchten, doch 30 % der bereits geborenen Kinder leben unterhalb der Armutsgrenze. Die Folgen für die Zukunft sind schlechte Bildung, schlechte Arbeitsplätze, geringere Produktivität und geringe Beitragsleistungen.
Die Position des Rates zur Arbeitszeitrichtlinie widerspricht eklatant der Absicht, ein Gleichgewicht zwischen Arbeits- und Privatleben zu erzielen. Unfruchtbarkeit wird von der WHO als Krankheit anerkannt, von vielen Mitgliedstaaten jedoch nicht. Deshalb übernehmen die Krankenkassen die Behandlungskosten nicht. Für einen einzigen Versuch einer IVF müsste in Rumänien ein Durchschnittsverdiener den gesamten Verdienst von neun Monaten aufwenden. Für eine Empfängnis sind 3 bis 4 Versuche nötig, und dann dauert es noch neun Monate, bis das Kind geboren wird.
Liebe Kollegen! Die effektivste Lösung wäre, eine konsistente Politik der Staaten zu fördern und dafür zu sorgen, dass die abgegebenen Erklärungen und die verabschiedeten Maßnahmen auch übereinstimmen.
Samuli Pohjamo (ALDE). – (FI) Frau Präsidentin! Die Herausforderungen der demographischen Trends scheinen besonders groß in den dünn besiedelten Gebieten des Nordens. Durch die Migration verlassen junge und gebildete Menschen eine Region, wobei die alternde Bevölkerung im Verhältnis zum Rest schnell zunimmt. Dies führt zu gestiegenen Kosten für Sozial- und Gesundheitsleistungen – ein Problem, das durch die großen Entfernungen noch verschärft wird. Jedoch haben neue Technologien und Innovationen neue Dienste hervorgebracht, die der alternden Bevölkerung helfen und in der gesamten Union genutzt werden können.
Ein anderer Weg, Herausforderungen in Chancen umzuwandeln, ist eine effektive Regionalpolitik. Mit einer effektiven Regionalpolitik kann man die Möglichkeiten der verschiedenen Gebiete nutzen, neue Arbeitsplätze schaffen und zusätzlichen Wert für Europa als Ganzes schaffen. Gleichzeitig können die Bevölkerungstrends zum Positiven verändert werden.
Jan Cremers (PSE). – (NL) Frau Präsidentin, Herr Kommissar, Herr Jouyet, meine Damen und Herren! Als wir im Frühjahr in diesem Haus über die Auswirkungen der demographischen Entwicklungen diskutiert haben, hatte uns die aktuelle Wirtschaftskrise noch nicht mit voller Wucht getroffen. Diese Krise wird den Druck auf unsere Sozialsysteme erhöhen. Infolge des erwarteten Anstiegs der Arbeitslosigkeit kann der Arbeitsmarkt kurzfristig möglicherweise eine gewisse Entspannung verzeichnen. Langfristig löst dies jedoch das spezifische Problem einer alternden Bevölkerung nicht.
Wenn ein zunehmend schlechtes Wirtschaftsklima immer mehr Druck auf die älteren Arbeitnehmer ausübt, früher in den Ruhestand zu gehen, dann verfallen wir in alte Fehler. Der Schwerpunkt sollte jetzt und in Zukunft auf flexiblen Rentenvereinbarungen auf freiwilliger Basis liegen. Dies sollte kombiniert werden mit einer Arbeitsorganisation, die eine längere Lebensarbeitszeit zu einer echten Option werden lässt. Die Finanzkrise hat erneut gezeigt, warum wir sorgsam mit den Rentenkassen umgehen müssen. Der Tragfähigkeit des Rentensystems, das in Einklang mit der demographischen und wirtschaftlichen Entwicklung steht und langfristig auf risikoarmen Investitionsstrategien basiert, sollte hohe Priorität eingeräumt werden. Zudem sollte die Europäische Kommission ihre Aufmerksamkeit auf die Regulierung und Überwachung paneuropäischer Rentenversicherungen lenken.
Miroslav Mikolášik (PPE-DE). – (SK) Der veränderte Lebensstil der jüngeren Generation sieht so aus, dass jeder nach Abschluss des Studiums einige Jahre reisen und anschließend seine Karriere aufbauen möchte. Die jungen Menschen, auch die jungen Frauen, sind dann schon über 30, und die meisten von ihnen bekommen nur ein Kind. Eine Familie wird heute als negative Belastung gesehen, und außerdem sind die jungen Männer nicht in der Lage, den Frauen die Ehe und Sicherheit zu versprechen.
Die Zahl der Abtreibungen hat eine Rekordhöhe erreicht, und ein großer Teil der Frauen nimmt hormonelle Kontrazeptiva, sodass die Zahl der Frauen, die physiologisch tatsächlich in der Lage sind, schwanger zu werden, sehr gering ist. Der Fruchtbarkeitsindex in den europäischen Ländern schwankt zwischen 1,1 und 1,3. Nur Frankreich, das Familien seit langem finanziell unterstützt, hat einen Index von fast 2. Ein europäischer Kongress zu Familienfragen, der kürzlich an der Universität von Ružomberok stattfand ...
Mairead McGuinness (PPE-DE). – Frau Präsidentin! Es sieht so aus, als würden wir alle länger leben, könnten uns aber an immer weniger Enkelkindern erfreuen. Ich nehme an, die Gründe hierfür sind sehr komplex und vielfältig. Ich denke, Kinder werden als „Problem“ betrachtet – das hören Sie, wenn Sie mit kinderlosen Menschen sprechen. Wir sprechen auch eher über ein „Kinderbetreuungsproblem“ als über eine „Lösung“.
Ältere Menschen haben ebenfalls das Gefühl, dass sie anderen zur Last fallen, und machen sich Sorgen, wer sie im höheren Alter betreuen wird. Ich denke, dass diejenigen unter uns, die jetzt in den mittleren Jahren sind, ihr bevorstehendes Schicksal fürchten, weil es in Zukunft noch weniger Menschen geben wird, die unsere Renten zahlen und sich um uns kümmern, wenn auch wir dazu nicht mehr in der Lage sind.
Die Rolle von Betreuern in der Gesellschaft ist, wie Marian Harkin zu Recht herausgestellt hat, völlig unterbewertet, und das muss sich ändern. Wenn ich die heutige Aussprache verfolge, dann frage ich mich – im Kontext der Finanz- und Wirtschaftskrise –, ob die Kommission auf diese Frage eine Antwort hat und sieht, dass sich dieses Problem des demographischen Trends angesichts der jetzigen Lage noch verschlimmern könnte. Das wäre bedauerlich.
Silvia-Adriana Ţicău (PSE). – (RO) Frau Präsidentin, Herr Kommissar! Die Europäische Union muss auf die demographischen Herausforderungen vorbereitet sein. Ein soziales Europa muss in der Lage sein, die Erwartungen seiner Bürger zu erfüllen, indem es ihnen hochwertige Bildung, ein effizientes und zugängliches Gesundheitssystem und Arbeitsplätze bietet, die ein angemessenes Leben ermöglichen und eine angemessene Rente garantieren.
Die Bevölkerung der EU wird immer älter. Gleichzeitig gibt es, abgesehen von Irland und Frankreich, einige Mitgliedstaaten, in denen die Geburtenrate gestiegen ist und die auf diesem Gebiet dank spezieller politischer Ansätze gute Ergebnisse erzielt haben. Obwohl die Kindersterblichkeit auf Ebene der Gemeinschaft auf 4,7 pro tausend Einwohner gesunken ist, gibt es immer noch einige Mitgliedstaaten, in denen diese Zahl 12 pro tausend Einwohner beträgt.
Europa muss in Gesundheit, Bildung und Sozialleistungen investieren. Die Garantie gut bezahlter Arbeitsplätze bedeutet ein angemessenes Leben für die Arbeitnehmer, gewährleistet jedoch auch die für die Rentenzahlung erforderlichen Ressourcen. Das Rentensystem basiert auf der Solidarität zwischen den Generationen.
Toomas Savi (ALDE). – Frau Präsidentin! Die Europäische Union ist eine alternde Gesellschaft. Viele Menschen in der EU möchten lieber beruflich vorankommen, anstatt sich auf das Familienleben zu konzentrieren, bis es für sie zu spät ist, Kinder zu bekommen.
Ich bin kürzlich Großvater geworden und ein leidenschaftlicher Unterstützter einer Maßnahme zur Familienplanung in Estland, die es einem Elternteil ermöglicht, 18 Monate nach Geburt des Kindes zu Hause zu bleiben, wobei ihm soziale Leistungen garantiert sind, die mehr oder weniger seinem Gehalt entsprechen, das er vor der Geburt erhalten hat – das Elterngeld.
Ich bin fest davon überzeugt, dass wir einen ähnlichen Ansatz in der gesamten EU verfolgen sollten, wenn wir unsere Kinder nicht mit unangemessen hohen Steuern belasten wollen. In Estland beispielsweise hat eine solche Politik die Nation aus einem scheinbar nicht zu stoppenden Rückgang der Bevölkerungszahl herausgeführt.
Avril Doyle (PPE-DE). – Frau Präsidentin! Die wichtigste Aufgabe eines Bürgers ist die Erziehung der nächsten Generation. Ohne die jungen Frauen von heute, egal, ob verheiratet oder Single, belehren zu wollen – wir müssen für alle Frauen, die zu Hause bleiben und ein zweites oder drittes Kind bekommen möchten, wieder die Möglichkeit einräumen, sich frei zu entscheiden. Wir müssen dafür sorgen, dass sie nicht gezwungen sind, aus wirtschaftlichen und finanziellen Gründen weiter arbeiten zu gehen.
Wir müssen dafür sorgen, dass Frauen, die zu Hause bleiben, volle Renten oder eine Elternrente bzw. eine Mütterrente erhalten, damit sie im Alter finanziell abgesichert sind und angemessen vom Staat dafür entlohnt werden, dass sie die wichtigste Aufgabe für uns alle übernehmen: die Erziehung der nächsten Generation.
Ein anderer Punkt ist, dass die meisten von uns heute im Durchschnitt mehr gesunde Jahre haben. Deshalb muss das obligatorische Rentenalter – das traditionelle Rentenalter – von 65 Jahren überprüft werden, und dies sollte bald geschehen. Im Durchschnitt sind die Frauen jetzt schon weit in den Dreißigern, wenn sie ihr erstes Kind bekommen. Wir müssen diese Situation so schnell wie möglich überprüfen.
Czesław Adam Siekierski (PPE-DE). – (PL) Frau Präsidentin! Wir wissen alle, dass die europäische Gesellschaft altert, aber wissen wir auch alle, welche Folgen dies für unsere Wirtschaft und unseren Arbeitsmarkt haben wird? In einer Ära der Globalisierung haben demographische Probleme eine viel größere Tragweite. Aus diesem Grund braucht die Europäische Union integrierte Maßnahmen auf vielen Ebenen.
Einerseits müssen wir garantieren, dass die Ziele der Strategie von Lissabon erreicht werden: Wir brauchen mehr Arbeitsplätze, wir brauchen mehr Frauen auf dem Arbeitsmarkt, und wir müssen dem Trend hin zu einem vorzeitigen Ruhestand Einhalt gebieten. Wir müssen auch stärkeres Gewicht auf Ausbildung legen, vor allem in den Bereichen Ingenieurwesen und Informationstechnologie, die für eine wissensbasierte Wirtschaft ausschlaggebend sind. Zudem ist es äußerst wichtig, die lebenslange Bildung zu fördern und die Arbeitnehmer darauf vorzubereiten, neue Herausforderungen anzunehmen.
Jean-Pierre Jouyet, amtierender Präsident des Rates. − (FR) Frau Präsidentin! Ich werde versuchen, Ihren Rat einzuhalten. Herr Kommissar, meine Damen und Herren! Die Aussprache war sehr fruchtbar, und aus den verschiedenen Wortmeldungen geht eindeutig hervor, dass es viele Ansatzpunkte gibt, um diese demographische Herausforderung zu meistern.
Verschiedene Vorgehensweisen können sich gegenseitig ergänzen, wie ich im Folgenden beschreiben werde. In gewissem Maße stimmt es, dass wir den Beschäftigungsgrad erhöhen müssen, es stimmt weiterhin, dass wir Einwanderer brauchen, um dieses demographische Defizit auszugleichen, und es ist auch wichtig, dass die Einwanderung kontrolliert und organisiert erfolgt. Es stimmt auch, dass wir eine Familienpolitik brauchen und die vorhandene Geburtenrate unterstützen müssen. Es gibt einen Pflegebedarf für ältere Menschen, und der Umgang mit ihnen muss verbessert werden. In diesem Kontext müssen wir auch genau auf die Entwicklung der Bildungsinfrastruktur, die Kinderbetreuung und die Verminderung der Abhängigkeit im Alter achten.
Wie mehrere Redner gesagt haben, müssen wir unsere Stärken in Betracht ziehen, vor allem neue Informationstechnologien, Forschung und Entwicklung und die Flexibilität, die sie im Hinblick auf medizinische Dienste und Gesundheitsleistungen bieten. Zudem müssen wir alles in Betracht ziehen, was zur Unterstützung der pränatalen Diagnostik, der Früherziehung und der öffentlichen Kinderbetreuung getan werden kann. Es gibt deshalb verschiedene Herausforderungen, wir besitzen jedoch schon heute die Ressourcen, um dieses demographische Defizit anzugehen.
Wie in der Aussprache betont wurde, müssen wir bereit sein, die Folgen des demographischen Wandels zu überwachen. Wir müssen die Funktionsfähigkeit unserer Sozialversicherungs- und Rentensysteme überwachen, die eines der Hauptmerkmale des europäischen Solidaritätsmodells darstellen. Trotz der derzeitigen Wirtschafts- und Finanzkrise müssen wir langfristige Maßnahmen ergreifen, um die Funktionsfähigkeit dieser Systeme sicherzustellen, und wir müssen auch die zukünftigen Auswirkungen dieses demographischen Wandels auf verschiedene Aspekte der Organisation der Arbeitswelt berücksichtigen. Herr Cappato hat diesen Punkt an einem speziellen Beispiel illustriert, und dies völlig zu Recht.
Abschließend glaube ich, dass – wie Kommissar Potočnik zweifellos zustimmen wird – Kommission, Parlament und Rat den Dialog im Geiste der heutigen Aussprachen fortsetzen müssen. Europa steht zweifellos vor einer langfristigen Herausforderung, und wir müssen vorausschauend handeln, uns selbst organisieren und dürfen nicht zulassen, dass die Wirtschafts- und Finanzkrise uns davon abhält, Maßnahmen zu ergreifen und eine Reform anzustoßen.
Janez Potočnik, Mitglied der Kommission. − Frau Präsidentin! Wir haben heute eine klare Botschaft gehört, dass wir vor einer sehr ernsten Herausforderung stehen – dem Altern der Gesellschaft.
Das 21. Jahrhundert ist in vielerlei Hinsicht eine Ära der Unsicherheit, und wir müssen uns damit auseinandersetzen. Wir alle müssen alles unternehmen, was möglich ist. Wie bereits erwähnt wurde, sollte ein langes Leben Lohn und keine Bestrafung sein. Es wurde auch schon erwähnt, dass es konsequent wäre, im Kontext der Lissabon-Agenda zu handeln, und ich stimme dem zu. Wir können die Lissabon-Agenda ganz einfach als Schritt in Richtung einer wissensbasierten Gesellschaft und als Maßnahme für Nachhaltigkeit verstehen, sei es in Bezug auf Sozialschutz, Umwelt oder Wirtschaft. Was wir aus dieser Krise gelernt haben, ist, dass selbst Gewinne eindeutig nachhaltig sein müssen.
Daher darf die gegenwärtige Finanzkrise unsere Aufmerksamkeit nicht von den Problemen ablenken, die wir in den letzten Jahren geduldig diskutiert haben, auch nicht von dem Problem, über das wir heute sprechen. Hierbei handelt es sich nur um ein zusätzliches Problem. Wenn wir uns damit befasst haben, müssen wir aus der Finanzkrise mit einer Struktur heraustreten, die für alle Herausforderungen des 21. Jahrhunderts geeignet ist. Deshalb ist es in diesem Kontext wichtig, dass wir uns aller möglichen Aspekte der Nachhaltigkeit bewusst sind – Nachhaltigkeit für den Planeten, auf dem wir leben, zwischen den Lebewesen auf dem Planeten, zwischen uns Menschen und zwischen den Generationen – dies ist im Grunde genommen die Quintessenz der demographischen Frage, die wir heute diskutieren.
Unsere Politik muss sich definitiv damit befassen. Das Demographieforum am 24. und 25. November – das ich in meiner Eröffnungsrede erwähnt habe – bietet dafür sicherlich eine gute Gelegenheit. Wir sollten natürlich den Dialog zwischen Rat, Mitgliedstaaten, Parlament und Kommission fortsetzen. Ihre heutigen Diskussionen beweisen, dass die Aussprache genau zur richtigen Zeit kommt. Ich möchte Ihnen im Namen der Kommission für Ihre Wortmeldungen danken. Alles, was Sie angesprochen haben, ist außerordentlich wichtig – Förderung einer demographischen Erneuerung, Vereinbarung von Familie und Berufsleben, die Fragen der Betreuer, Mobilität und Antidiskriminierung sowie andere politische Ansätze. All dies ist wichtig, wenn wir über dieses Problem sprechen.
Die Präsidentin. – Die Aussprache ist geschlossen.