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Plenardebatten
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Dienstag, 13. Januar 2009 - Straßburg Ausgabe im ABl.
1. Eröffnung der Sitzung
 2. Vorlage von Dokumenten: siehe Protokoll
 3. Aussprache über Fälle von Verletzungen der Menschenrechte, der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit (Bekanntgabe der eingereichten Entschließungsanträge): siehe Protokoll
 4. Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW) (Neufassung) (Aussprache)
 5. Feierliche Sitzung und Aussprache - ZEHN JAHRE EURO
 6. Abstimmungsstunde
  6.1. Abkommen EG/USA über die Zusammenarbeit bei der Regelung der Sicherheit der Zivilluftfahrt (A6-0468/2008, Paolo Costa) (Abstimmung)
  6.2. Gemeinsame Handelsregelung für Eieralbumin und Milchalbumin (kodifizierte Fassung) (A6-0510/2008, Diana Wallis) (Abstimmung)
  6.3. Gemeinsames Steuersystem für Fusionen, Spaltungen, Abspaltungen, die Einbringung von Unternehmensteilen und den Austausch von Anteilen, die Gesellschaften verschiedener Mitgliedstaaten betreffen, sowie für die Verlegung des Sitzes (kodifizierte Fassung) (A6-0511/2008, Diana Wallis) (Abstimmung)
  6.4. Sprachenregelung für Rechtsmittel gegen die Entscheidungen des Gerichts für den öffentlichen Dienst der Europäischen Union (A6-0508/2008, Costas Botopoulos) (Abstimmung)
  6.5. Handels- und Wirtschaftsbeziehungen mit den Ländern des westlichen Balkans (A6-0489/2008, Bastiaan Belder) (Abstimmung)
  6.6. Gemeinsame Agrarpolitik und weltweite Ernährungssicherheit (A6-0505/2008, Mairead McGuinness) (Abstimmung)
  6.7. Dialog mit den Bürgern im Rahmen des Vertrags von Lissabon (A6-0475/2008, Genowefa Grabowska) (Abstimmung)
  6.8. Umsetzung, Anwendung und Durchsetzung der Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken im binnenmarktinternen Geschäftsverkehr und der Richtlinie 2006/114/EG über irreführende und vergleichende Werbung (A6-0514/2008, Barbara Weiler) (Abstimmung)
  6.9. Die GFP und der Ökosystemansatz beim Fischereimanagement (A6-0485/2008, Pedro Guerreiro) (Abstimmung)
  6.10. Nachhaltiger Einsatz von Pestiziden (A6-0443/2008, Christa Klaß) (Abstimmung)
  6.11. Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln (A6-0444/2008, Hiltrud Breyer) (Abstimmung)
  6.12. Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW) (Neufassung) (A6-0497/2008, Wolf Klinz) (Abstimmung)
  6.13. Die öffentlichen Finanzen in der WWU 2007-2008 (A6-0507/2008, Donata Gottardi) (Abstimmung)
 7. Stimmerklärungen
 8. Feierliche Sitzung - Lettland
 9. Stimmerklärungen (Fortsetzung)
 10. Berichtigungen des Stimmverhaltens und beabsichtigtes Stimmverhalten: siehe Protokoll
 11. Genehmigung des Protokolls der vorangegangenen Sitzung: siehe Protokoll
 12. Sicherheitsmerkmale und biometrische Daten in Pässen und Reisedokumenten (Aussprache)
 13. Zugang der Öffentlichkeit zu den Dokumenten des Parlaments, des Rates und der Kommission (Aussprache)
 14. Vergabe bestimmter öffentlicher Bau-, Liefer- und Dienstleistungsaufträge in den Bereichen Verteidigung und Sicherheit (Aussprache)
 15. Fragestunde (Anfragen an die Kommission)
 16. Arzneimittel-Paket (Aussprache)
 17. Gefährliche Stoffe und Zubereitungen: Dichlormethan (Aussprache)
 18. Fischereisektor: Ratifizierung des IAO-Übereinkommens 188 über die Arbeit im Fischereisektor durch die Mitgliedstaaten (Aussprache)
 19. Tagesordnung der nächsten Sitzung: siehe Protokoll
 20. Schluss der Sitzung


  

VORSITZ: EDWARD McMILLAN-SCOTT
Vizepräsident

 
1. Eröffnung der Sitzung
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(Die Sitzung wird um 9.00 Uhr eröffnet.)

 

2. Vorlage von Dokumenten: siehe Protokoll

3. Aussprache über Fälle von Verletzungen der Menschenrechte, der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit (Bekanntgabe der eingereichten Entschließungsanträge): siehe Protokoll

4. Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW) (Neufassung) (Aussprache)
Video der Beiträge
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  Der Präsident. − Als nächster Punkt folgt der Bericht von Wolf Klinz im Namen des Ausschusses für Wirtschaft und Währung zum Vorschlag einer Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Koordinierung von gesetzlichen Bestimmungen und verwaltungsrechtlichen Auflagen für Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW) (Neufassung) (KOM(2008)0458 - C6-0287/2008 – 2008/0153(COD) (A6-0497/2008).

 
  
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  Wolf Klinz, Berichterstatter.(DE) Herr Präsident, Herr Kommissar, liebe Kolleginnen und Kollegen! Im Juli 2008 hat die Europäische Kommission ihren Vorschlag für eine Überarbeitung der bestehenden Richtlinie über Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW) vorgelegt und damit die Grundlage für das, was wir heute diskutieren, geschaffen. Es war ein äußerst anspruchsvoller Zeitplan, dem wir folgen mussten, wenn wir sicherstellen wollten, noch in dieser Legislaturperiode mit einer Überarbeitung dieser OGAW-Richtlinie, die in ihrer ersten Form ja schon seit 1985 existiert, tatsächlich Erfolg zu haben.

Zielsetzung dieser Reform war eindeutig sicherzustellen, dass die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Fondsindustrie gesteigert wird, dass die Fondsindustrie in den Stand versetzt wird, ihre Kosten zu senken, Skaleneffekte zu entwickeln und zu nutzen, sicherzustellen, dass jeder Fondsanbieter tatsächlich Zugang zu allen Märkten in der Europäischen Union hat und dass dies alles geschieht, ohne dass der Anlegerschutz reduziert wird. Im Gegenteil, wir wollten den Anlegerschutz gleichzeitig erhöhen. Das heißt, wir hatten ein sehr anspruchsvolles Programm vor uns und ich muss sagen, es ist tatsächlich sehr hoch einzuschätzen, dass es im Zusammenwirken mit allen beteiligten Institutionen gelungen ist, innerhalb dieser kurzen Zeit dieses Projekt zu einem Abschluss zu bringen.

Investmentfonds bieten den Kleinanlegern die Möglichkeit, geringe Kapitalbeträge in ein diversifiziertes Portfolio zu investieren, das professionell verwaltet wird. In der Vergangenheit haben sich die europäischen OGAW bereits als große Erfolgsgeschichte herausgestellt. Gemeinsame Anlagen in Wertpapieren werden nicht nur in Europa verkauft und angeboten, sondern darüber hinaus auch zu einem nicht unerheblichen Teil in Regionen außerhalb der Europäischen Union – speziell nach Südamerika und nach Asien – exportiert, und genießen dort höchstes Ansehen. Insofern war es wichtig, die Überarbeitung dieser Richtlinie so vorzunehmen, dass das hohe Standing dieser OGAW nicht in Mitleidenschaft gezogen wurde.

Schon in der Vergangenheit ist die OGAW-Richtlinie zweimal angepasst worden, und auch diesmal ist die Kommission sehr behutsam an die Überarbeitung herangegangen. Sie hat einen Konsultationsprozess durchgeführt, sie hat ein Grünbuch und ein Weißbuch vorgelegt und sich mit allen am Markt Beteiligten intensiv ausgetauscht. Insgesamt hat die Kommission sechs Maßnahmen vorgeschlagen, die helfen sollen, die eingangs erwähnten Zielsetzungen, die mit dieser Überarbeitung verbunden sind, zu erreichen.

Dazu gehören erstens die Einführung eines Verwaltungsgesellschaftspasses, zweitens die Erleichterung von grenzüberschreitenden Fondsverschmelzungen, um sicherzustellen, dass die Zahl der Fonds, die in der Europäischen Union angeboten werden, kleiner wird und insofern das Ungleichgewicht, das wir zwischen Europa und vor allem den USA sehen, überwunden werden kann, drittens die Möglichkeit so genannter Master-Feeder-Strukturen, d. h. die Möglichkeit, dass ein Fonds in einen anderen Master-Fonds investiert und die Anlagen durch diesen Master-Fonds managen lässt, viertens die Entwicklung eines kurzen, nämlich nur zweiseitigen Informationsdokuments, das die wichtigsten Informationen für den Kleininvestor beinhaltet, die sogenannte Key Investor Information, fünftens die Erleichterung des Meldeverfahrens, der sogenannten Notifizierung, um sicherzustellen, dass es, wenn ein Fonds in einem anderen Land, wo er noch nicht zugelassen ist, um Zulassung bittet, nicht de facto zu einer neuen Reautorisierung kommt, und schlussendlich die verstärkte aufsichtliche Zusammenarbeit.

Im Zuge der Finanzkrise hat auch die Fondsbranche Federn lassen müssen. Es hat eine Vielzahl von Mittelausflüssen gegeben, und vor diesem Hintergrund ist es ganz entscheidend, dass wir hier möglichst schnell zu Entschlüssen kommen, um sicherzustellen, dass die Glaubwürdigkeit der Fonds gestärkt wird und die Kleinanleger das Vertrauen in dieses Anlageinstrument nicht verlieren.

Ich möchte noch zwei Schlussbemerkungen anfügen: Erstens, die Kommission hat eine Gruppe unter der Führung von Jacques de la Rosière eingesetzt, die sich mit der Frage der Aufsicht in Europa beschäftigen wird. Ich hoffe, dass das, was dort an Schlüssen gezogen und an Vorschlägen entwickelt wird, schlussendlich auch von der Kommission aufgegriffen wird und hier Eingang findet. Zweitens: Gerade bei grenzüberschreitenden Fondsfusionen stellen wir im Moment noch fest, dass es unterschiedliche steuerliche Behandlungen zwischen grenzüberschreitenden Verschmelzungen und nationalen Verschmelzungen gibt. Hier appellieren wir auch an die Kommission sicherzugehen, dass es hier zu gleichen Voraussetzungen kommt und nicht zu unterschiedlicher Behandlung.

 
  
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  Charlie McCreevy, Mitglied der Kommission. − Herr Präsident! Ich freue mich, die Unterstützung der Kommission für die Änderungsanträge des Parlaments zum OGAW-IV-Vorschlag bekunden zu können. Damit wird die Verabschiedung der OGAW-IV-Neufassung in einer einzigen Lesung möglich. Ein solches Ergebnis stellt eine von den EU-Fondsmärkten, die sich in der letzten Zeit vor sehr großen Herausforderungen gesehen haben, sehr stark begrüßte Entwicklung dar.

Der von der Kommission im vergangenen Juli beschlossene Vorschlag ist das Resultat eines eingehenden Konsultationsprozesses. Dieser begann noch vor der Finanzkrise. Er setzt einige ganz klare Ziele zur Verbesserung der Arbeitsweise der OGAW-Richtlinie. Mit diesem Hintergedanken wollte die Kommission die grenzübergreifenden Verkäufe von OGAW vereinfachen und stimulieren, den Fondsmanagern effektive Tools an die Hand geben, um die Größe ihrer Fonds zu verbessern und dadurch die Kosten zu senken. Es geht aber nicht nur um die Wettbewerbsfähigkeit. Die Kommission wollte auch effektive Regeln für die Auskunftserteilung an die Investoren erreichen, indem sichergestellt wird, dass alle, die ihre Ersparnisse in einen OGAW investieren, klar und verständlich über wesentliche Punkte informiert sind, bevor sie ihre Entscheidung treffen.

Ich freue mich fest zu stellen, dass das von der Kommission gestellte Ziel erreicht wurde. Das Parlament und der Rat haben den Vorschlag der Kommission über Firmenzusammenschlüsse, Master-Feeder-Strukturen, Fondsmitteilung und wesentliche Anlegerinformationen angepasst, wobei das von der Kommission in ihrem ursprünglichen Vorschlag vorgegebene ehrgeizige Niveau vollständig eingehalten wurde.

Die Kommission freut sich über das Resultat des Mitentscheidungsverfahrens hinsichtlich der Kapitel des Vorschlags von Juli. Bezüglich des Themas des Verwaltungsgesellschaftspasses – der zu einem wichtigen Bestandteil des Vorschlags wurde – hatte die Kommission zum Zeitpunkt der Verabschiedung des Vorschlags ernsthafte Vorbehalte wegen der möglichen negativen Auswirkungen, die ein unzureichend ausgearbeiteter Verwaltungsgesellschaftspass auf Wertpapiere- und Kleinanleger haben könnte, die ihr Geld in OGAW-Fonds einbringen.

Blickt man zurück, bin ich überzeugt, dass unsere Entscheidung, den Ausschuss der europäischen Wertpapierregulierungsbehörden zu diesen Angelegenheiten zu konsultieren, genau richtig war. Sie half dem Parlament und dem Rat, solide Bestimmungen zu entwerfen, mit denen die Interessen der Fondsanteilseigner geschützt werden. Das war meine spezielle Überlegung im Umgang mit dem Verwaltungsgesellschaftspass.

Wir haben es seit Juli 2008 weit gebracht. Die Ratschläge des CESR stellten die Grundlage für ein umfassendes Bestimmungspaket dar, mit dem die Haftungen geklärt, ein vollständiger Informationsfluss gewährleistet und die Notwendigkeit der Zusammenarbeit und Unterstützung der Behörden in den EU-Mitgliedstaaten unterstrichen werden. Dies findet auf allen Stufen Anwendung: Erstgenehmigung, kontinuierliche Überwachung und Durchsetzung. Die Kommission kann nun den Kompromisstext unterzeichnen.

Aber unsere Arbeit endet hier nicht. Der Erfolg des Verwaltungsgesellschaftspasses hängt von unserer Fähigkeit ab, wie wir einige verbliebene komplexe Themen handhaben, wie beispielsweise das Risikomanagement über Maßnahmen der 2. Ebene. Diese Arbeit bietet auch die Gelegenheit, Schwächen beim Risikomanagement zu beheben, die bei ein paar wenigen Fällen in der letzten Zeit offensichtlich geworden sind.

Der Kommission wurden sehr strikte Zeitpläne für die Ausarbeitung dieser Maßnahmen vorgegeben. Wir haben unsere Vorbehalte bezüglich der Erfüllung dieser Fristen bereits angemeldet. Wir werden Zeit und Mittel benötigen, um diese Maßnahmen genau vorzubereiten, Betroffene zu konsultieren und die Maßnahmen zu verabschieden. Die Kommission wird sich bemühen, diesen Prozess so schnell wie möglich in Gang zu setzen. Zur rechtzeitigen Fertigstellung werden wir aber auch die volle und aktive Mitarbeit von allen Akteuren, einschließlich dieses Parlaments, benötigen.

Ich möchte mich erneut herzlichst beim Berichterstatter Herrn Wolf Klinz bedanken und meine Wertschätzung und Bewunderung für die effiziente Behandlung dieser Angelegenheit im Parlament ausdrücken. Alle drei Institutionen können mit dem Konsens zufrieden sein, den wir in nur wenigen Monaten erreicht haben. Sie haben gezeigt, dass sich Europa schnell bewegen kann, um nützliche Verbesserungen der Bestimmungen zu erzielen. Jetzt sollten Sie auf dieser Grundlage aufbauen und das ehrgeizige Programm zur Verwirklichung der Gesetzgebung abschließen.

Lassen Sie mich mit zwei Aussagen schließen, welchen die Kommission im Zusammenhang mit der Annahme dieses Berichts zustimmt.

Erstens, bezüglich der Angelegenheit der Besteuerung von grenzüberschreitenden Fusionen. Die Kommission verpflichtet sich, die eventuellen negativen Auswirkungen zu untersuchen, welche die nationalen Besteuerungssysteme für grenzüberschreitende Fusionen haben können, und ihre Mittel einsetzen, sobald die vorgeschlagenen Bestimmungen verabschiedet sind. Die Kommission wird insbesondere die möglichen Fälle von negativen Folgen für die Investoren untersuchen.

Zur Angelegenheit der Überwachung habe ich mich immer schon für eine Stärkung der Kooperation bei der Aufsicht eingesetzt. Bei der Solvabilität-II-Richtlinie und den Änderungsanträgen zur Richtlinie über Kapitalanforderungen hat die Kommission auf meine Empfehlung hin Vorschläge zur Stärkung der Zusammenarbeit bei der Aufsicht unterbreitet. Deshalb fällt es mir nicht schwer, der Notwendigkeit zuzustimmen, diese wesentliche Angelegenheit noch weiter voranzutreiben. Folglich stimmt die Kommission zur Gewährleistung der Konsistenz und Kohärenz bei allen Verordnungen für den Finanzsektor auf der Grundlage der Schlussfolgerungen des Larosière-Berichts darin überein, die Notwendigkeit der Stärkung der Bestimmungen dieser Richtlinie im Zusammenhang mit der Zusammenarbeit bei der Aufsicht zu untersuchen.

 
  
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  Jean-Paul Gauzès, Verfasser der Stellungnahme des Rechtsausschusses. (FR) Herr Präsident, Herr Kommissar, meine Damen und Herren! Erlauben Sie mir, an allererster Stelle die beachtenswerte Arbeit unseres Berichterstatters Wolf Klinz zu würdigen, dem es gelungen ist, eine breite Zustimmung innerhalb des Ausschusses für Wirtschaft und Währung zu erhalten und einen vollkommen zufrieden stellenden Kompromiss mit der Präsidentschaft zu verhandeln.

Der nach seiner Meinung befragte Rechtsausschuss legte seine Sichtweisen dar, die berücksichtigt wurden. Die ursprüngliche OGAW-Richtlinie war der Schlüssel für die Entwicklung der europäischen Investmentfonds. Im Juni 2007 stellte das in OGAW verwaltete Vermögen 6 Billionen Euro und die OGAW ungefähr 75 % des Investmentfonds-Markts in der Europäischen Union dar. Die von den OGAW gestellten internen Sicherheiten erklären, warum sie von Investoren geschätzt werden, die weit über die Grenzen Europas hinausgehen. Die Bestimmungen müssen sich aber ändern, um die Entwicklung dieser Fonds zu fördern.

Die 2001 aufgenommenen Änderungen öffneten neue Investitionsräume für OGAW, hinterließen aber mehrere Engpässe. Das Grünbuch führte zu einer öffentlichen Debatte. 2005 folgte dann ein Weißbuch.

Heute können wir die größten Fortschritte bei der Effizienz willkommen heißen, die der vor uns liegende Vorschlag bietet. Der bedeutendste Fortschritt ist die Anerkennung des europäischen Passes für Verwaltungsgesellschaften. Die vorgeschlagenen Bestimmungen werden die Einführung des Passes für Verwaltungsgesellschaften ermöglichen und gleichzeitig einen angemessenen Schutz der Investoren gewährleisten. Es handelt sich um einen vollständigen Pass, und wir begrüßen ihn. Die darin enthaltenen Aufsichtsmaßnahmen werden tatsächlich alle angeführten Zweifel ausräumen.

Der Vorschlag beinhaltet auch bedeutende technische Verbesserungen, zum Beispiel Mitteilungen, grenzübergreifende Verschmelzungen und die Zusammenlegung von Fonds über Master-Feeder-Strukturen. Die damit erreichte Harmonisierung wird auch gleichberechtigte Wettbewerbsbedingungen in der gesamten Europäischen Union sicherstellen, vorausgesetzt, wie unser Berichterstatter erklärt hat, es werden steuerrechtliche Maßnahmen ergriffen, um Verzerrungen zu vermeiden.

 
  
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  Astrid Lulling, im Namen der PPE-DE-Fraktion. – (FR) Herr Präsident, Herr Kommissar! Mehr denn je habe ich ein sehr gemischtes Gefühl bezüglich des Vorschlags einer Richtlinie, über den das Parlament abstimmen soll. Es stimmt sicherlich, dass der Berichterstatter Herr Klinz viele Jahr lang daran gearbeitet und die Verhandlungen mit Geschick geführt hat, ganz besonders während des Trilogs. Es mag auch stimmen, dass die Richtlinie einige signifikante Fortschritte für die Funktionsweise des Binnenmarkts und der gemeinsamen Verwaltung von Finanzvermögen mit sich bringt, und dass diese von der europäischen Investmentfonds-Branche willkommen geheißen werden. Es ist aber immer noch so, dass die Debatten und Diskussionen im Rat und im Parlament nie vollkommen frei waren, da das Ergebnis schon von Anfang an feststand: Für einige Akteure war es von wesentlicher Bedeutung, um jeden Preis den europäischen Pass für Verwaltungsgesellschaften durchzusetzen.

Im Prinzip gibt es nichts mehr dazu zusagen; der Pass ist seine eigene Verteidigung. Aber es muss sichergestellt werden, dass die Einführung des Verwaltungsgesellschaftspasses von den erforderlichen Sicherheiten begleitet wird, insbesondere was die Fondsaufsicht betrifft, da es zu einer Loslösung der Funktionen über die Grenzen hinaus kommt. Ich muss mit Bedauern feststellen, dass das System, so wie es verwirklicht wird, nicht nur kompliziert ist, sondern auch unterschiedlich ausgelegt werden kann. Es besteht die Gefahr, dass bald praktische Schwierigkeiten auftreten, die den europäischen Fondsexportsektor schädigen, insbesondere die Ausfuhr in Drittländer.

Ich habe tatsächlich festgestellt, dass meine Haltung der Minderheit angehört, obwohl ich mich dabei nicht unwohl fühle. In normalen Zeiten hätte ich versucht zu sagen, dass nur in der Praxis abschließende Schlussfolgerungen für diese Sache gezogen werden können, und dann zu sehen sei, wer Recht hat. Sind es jene, die auf die Fähigkeit der Akteure auf den Märkten vertrauen, sich anzupassen oder jene, die einen umsichtigeren Ansatz fordern? Ich schließe die Möglichkeit des Erfolgs nicht aus, aber er ist auch nicht garantiert. Angesichts der jüngsten Nachrichten, insbesondere über den Madoff-Skandal und seine Auswirkungen auf den Sektor der gemeinsamen Vermögensverwaltung, sind wir natürlich nicht beunruhigt.

Meine Skepsis weicht der Besorgnis. Der Investmentfondssektor wird von der Finanzkrise nicht verschont werden; das wissen wir jetzt. Es kann sein, dass grundlegende Fragen gestellt werden müssen. In dieser tiefen Krise kann die Wahl, die Haftung der Entscheidungsträger abzuschwächen oder von einer perfekten Kooperation der Regulierungsbehörden untereinander auszugehen, wirklich zu Missständen führen.

Ich sage hier was ich denke: Diese Richtlinie stammt auch aus einer anderen Ära, von vor der Krise. Sie ist von einer gewissen Unbekümmertheit gekennzeichnet. Das Finanzsystem durchlebt in der Tat eine lang andauernde und grundlegende Vertrauenskrise, und ganze Teile seines Aufbaus müssen in Frage gestellt werden. Wir dürfen nicht vergessen, dass die erste Pflicht der Geldmarktfonds darin besteht, den Investor zu schützen, indem die Risiken gestreut und strikte Regeln eingerichtet werden. Wenn wir für den Text stimmen, so wie er vorliegt, ohne überhaupt zu wissen, wohin die Reise geht, hat es den Anschein, als ob nicht geschehen wäre. Dieses Abheben von der Realität führt zu nichts Gutem, deshalb werde ich mich der Stimme enthalten, obwohl ich die mit dem Rat verhandelten Kompromissänderungsanträge unterschrieben habe. Angesichts der Umstände scheinen mir die erreichten Verbesserungen von geringer Bedeutung zu sein im Vergleich zu den von mir gerade angesprochenen prinzipiellen Fragen.

 
  
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  Donata Gottardi, im Namen der PSE-Fraktion.(IT) Herr Präsident, Herr Kommissar, meine Damen und Herren! Wir werden bald über eine neue Richtlinie über Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapiere abstimmen. Diese Richtlinie war in der Vergangenheit sehr wichtig und wird es künftig auch bleiben.

Seit der ersten, beinahe schon ein Viertel Jahrhundert alten Richtlinie haben sich die Dinge so schnell verändert, dass wir jetzt die Gesetze, Verordnungen und verwaltungsrechtlichen Bestimmungen, wie der Name der Richtlinie bereits besagt, koordinieren und eine radikale Aktualisierung fordern müssen, bei der die neuen Bedürfnisse berücksichtigt werden, die meiner Meinung nach in einer größeren Fluidität und Mobilität sowie einer verstärkten Aufsicht und Kontrolle zu sehen sind.

Bei der Arbeit im Ausschuss für Wirtschaft und Währung sind wir im Geiste einer ausgezeichneten Kooperation vorangekommen. Der Dank gilt hierbei insbesondere der positiven Haltung des Berichterstatters, aber auch dem Rat, denn wir haben gesehen, dass es um einen Bereich geht, der eng mit der Finanzkrise verquickt ist, und wir dringend zeitgemäße und angemessene Antworten bieten müssten. In diesem Stadium halte ich es für wichtig, ein paar Punkte zusammenzufassen, bei denen wir zu einem guten Einvernehmen und, wie ich hoffe, guten Ergebnisse gelangt sind. Dies ist der Fall bei den Verwaltungsgesellschaften, insbesondere was die Feststellung des anzuwendenden Rechtes betrifft – das Recht des Mitgliedstaats, in dem sich der Fonds befindet oder in dem die Verwaltungsgesellschaft gegründet wurde –, um zu einem klareren, sichereren und effizienteren Aufsichtssystem zu kommen. Dies ist auch der Fall bei der Übereinkunft bezüglich der Level-2-Maßnahmen, um deren zwingende Verabschiedung bis Juli 2010 die Kommission gebeten wurde.

Gleiches gilt für das Verständnis, nach dem die Verwaltungsgesellschaft für Verfahren, Mechanismen und Kontaktnamen haftet, um es den Verbrauchern und Investoren möglich zu machen, konkrete Auskünfte einzuholen, nicht zuletzt, wenn sie Beschwerden vortragen möchten, falls die Verwaltungsgesellschaft ihren Sitz nicht in ihrem Mitgliedstaat hat. Wir sollten die Möglichkeit einer weiteren Stärkung der Kooperation im Bereich der Aufsicht mit bi- und multilateralen Abkommen der zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten über OGAW und Verwaltungsgesellschaften in einem positiven Licht sehen, ebenso wie die Vereinbarung über Verschmelzungen und Master-Feeder-Strukturen, die es möglich machen, auf dem Binnenmarkt in seiner gesamten Weite zu operieren. Wir haben aber noch ein paar Meinungsunterschiede bezüglich der Fristen für das Mitteilungsverfahren, da wir diese nach wie vor länger und angemessener haben wollen, wie der Rat vorgetragen hat.

Zuletzt möchte ich auf die Fortschritte hinweisen, die bei den Emissionsprospekten, den wesentlichen Anlegerinformationen für den Verbraucherschutz, erreicht wurden. Dabei ist zu vermerken, dass wir auch hier, da es sehr klein ist, gerne ein Druckexemplar des Prospekts als automatisches Rundschreiben gehabt hätten, und nicht nur auf Anforderung. Um zum Schluss zu kommen: Ich bin der Ansicht, es sollte eine breite Übereinstimmung herrschen bezüglich der Notwendigkeit, dieses Dossier in der ersten Lesung abzuschließen.

 
  
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  Olle Schmidt, im Namen der ALDE-Fraktion.(SV) Herr Präsident, Herr Kommissar! Ich möchte damit beginnen, dass ich meinem Kollegen von der Fraktion der Allianz der Liberalen und Demokraten für Europa Herrn Klinz für seine ausgezeichnete Arbeit danke. In so turbulenten Zeiten wie in diesem Herbst ist es dem Berichterstatter gelungen, einen angemessenen Kompromiss zu finden, wie wir immer wieder gehört haben. Selbst ohne Finanzkrise ist es nicht einfach, diese Angelegenheiten zu behandeln. Ich weiß das nur zu gut, da ich 2001 für die OGAW-Leitung verantwortlich war.

Ziel der OGAW-Fonds ist, nicht nur einen besseren und größeren Fondsmarkt zu schaffen, sondern auch einen offenen und verbraucherfreundlichen Markt. Das ist zum Großteil geschehen. Viele Hindernisse wurden bereits 2001 abgebaut. Ich möchte Sie alle daran erinnern, dass das damals auch nicht gerade einfach war. Das war noch vor dem Lamfalussy-Prozess. Einige Hindernisse bestehen aber heute immer noch, und nun geht es darum, diese Hindernisse zu behandeln. Es wird eine Verbesserung bei der Vermarktung geben. Es wird einen besseren Schutz für die Investoren geben. Die Verschmelzung von Fonds und Master-Feeder-Strukturen werden möglich sein, und die Zusammenarbeit der Aufsichtsbehörden untereinander wird verstärkt, wie es auch der Kommissar erklärt hat.

Die Regeln für den Verwaltungsgesellschaftspass waren ein heikles Thema. Wir haben dazu bereits Anmerkungen gehört. Wir kennen die unterschiedlichen Meinungen. Ich glaube aber, dass der vorliegende Vorschlag gut ist. Wettbewerb und Offenheit sind auf einem gut organisierten Markt immer gut.

Ein weiteres wichtiges Thema waren die wesentlichen Anlegerinformationen, welche das vereinfachte Prospekt ersetzen. Es muss ein Gleichgewicht erreicht werden zwischen relevanten Informationen und Effektivität. Zu viele Informationen sind nicht gut, zu wenige auch nicht. Die Frage der Sprache ist natürlich auch ein sensibles Thema, aber wir sind der Ansicht, dass wir den Mut haben müssen, es anzugehen, wenn wir bei dem grenzüberschreitenden Handeln mehr Fortschritte erreichen wollen. Ein angemessenes Gleichgewicht ist auch in diesem Bereich erforderlich.

Wie im Herbst offensichtlich wurde, benötigt Europa einen effektiv funktionierenden Finanzmarkt. Die OGAW haben den Weg geebnet und sind ein Erfolg geworden, und noch dazu ein geschätztes Handelszeichen außerhalb Europas. Wir sollten nun diese Entwicklung schützen, was auch mit diesem Vorschlag geschieht.

 
  
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  Eoin Ryan, im Namen der UEN-Fraktion. – Herr Präsident! Ich möchte damit beginnen, dass ich Herrn Klinz, dem Berichterstatter, zu diesem ausgezeichneten Bericht gratuliere. Er hat sich sehr engagiert, um einen vereinbarten Kompromiss zu erreichen, und ich beglückwünsche ihn dazu.

Die überarbeitete OGAW-Richtlinie wird, sobald sie in Kraft tritt, dazu dienen, die drückende Bürokratie und unnötigen Kosten deutlich zu verringern.

Während der Verhandlungen des Kompromisses wurden gewisse spezifische Besorgnisse der Mitgliedstaaten berücksichtig, so dass es möglich wurde, einen starken Vorschlag mit breiter Unterstützung zu erstellen. Ich bin der Ansicht, dass er nicht nur die Verbraucher schützt, sondern auch für die Investoren gut ist. Wie einige Redner bereits angemerkt haben, ein offener Markt ist etwas Positives und kann für alle von uns gut sein, wenn er gut reguliert ist.

Die OGAW-Neufassung bedeutet aber auch die Anerkennung, dass die heutigen Finanzmärkte so stark integriert sind, dass wir gemeinsame Regeln und Standards für die effektive Regulierung und Funktionsweise der globalen Finanzdienstleistungsbranche benötigen. Das wurde nicht nur in Europa erkannt, sondern weltweit, jetzt, wo wir noch nie gehabte Zeiten bei den Finanzen erleben. Es ist sehr wichtig, dass wir auf globaler Ebene zusammenarbeiten, um die Probleme zu lösen zu versuchen und zu lösen.

Lassen Sie mich nur dazu sagen, dass heute eine sehr gute Gelegenheit ist, denn wir feiern den 10. Jahrestag der Eurowährung, die an sich schon die Bedeutung der wirtschaftlichen Zusammenarbeit deutlich macht. Glücklicherweise ist mein eigenes Land, Irland, Mitglied der Eurozone, da die gegenwärtige Währung in Zeiten von noch nie da gewesenen Turbulenzen und der gegenwärtigen globalen Rezession zu einer Quelle für Stabilität für Irland und andere Länder geworden ist. Wäre Irland nicht in der Eurozone, würden wir uns wahrscheinlich in der unglücklichen Lage von Island sehen – aber das ist nicht der Fall.

Ich möchte einige der irischen Mitglieder dieses Hauses – insbesondere Sinn Féin – daran erinnern, dass, wenn ihrem Weg gefolgt worden wäre, wir heute nicht den Euro hätten. Sie nannten ihn seinerzeit einen Rückschritt. Irland würde nicht der Währungsunion angehören und die Lage der irischen Wirtschaft wäre gleich schlecht wie die Islands.

Ich möchte alle, die sich gegen das europäische Projekt in Irland gestellt haben, daran erinnern, dass viele Länder in der ganzen Welt jetzt Irlands Ablehnung des Lissabon-Vertrags anführen und die Verwirrung über die möglichen oder wahrgenommenen Auswirkungen daraus nutzen, um neue Verträge auf Kosten Irlands für sich zu gewinnen. Wirtschaftlich muss Irland im Herzen der Entscheidungsfindung in Europa bleiben, wo wir traditionell waren und wo unsere Unternehmen wollen und brauchen, dass Irland steht.

 
  
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  John Purvis (PPE-DE). - Herr Präsident! Bei all den gegenwärtigen Kontroversen über die Regulierung der Finanzdienstleistungsbranche und der ungestümen Bedrängnis, schnell Überregulierungen zu schaffen, ist das hier ein willkommenes Beispiel für Vernunft sowie angemessene und gemäßigte Regulierung des Sektors. Herr Klinz und die Kommission haben gute Arbeit geleistet und ich freue mich, diese vorgeschlagene Neufassung zu unterstützen.

Die OGAW sind ein wesentlicher Bestandteil der europäischen – und ja, auch der schottischen – Investmentmanagementbranche. Sie sind lebenswichtige Sparformen für Sparer und Investoren, nicht nur in Europa, sondern weltweit. Die Nachahmung ist sicher Kompliment genug, und selbst in den USA sind die OGAW das angestrebte Modell. Herr Klinz hat viel davon aufgenommen, was ich als lebenswichtig betrachte, wie die Diversifizierung in neue Investitionsprodukte und -techniken mit angemessener Sicherheit nach dem allgemeinen Verständnis. Am wichtigsten ist, dass wir in Europa mehr den Skaleneffekt nutzen müssen. Viele unserer OGAW sind zu klein und es gibt zu viele davon, weshalb wir ihre Verschmelzung erleichtern müssen. Ich persönlich hätte es gerne gesehen, wenn wir noch weiter gegangen wären und OGAW mit unterschiedlichen Investitionsgegenständen die Verschmelzung erleichtert hätten, vorausgesetzt der Investor wird angemessen geschützt und von solchen Veränderungen in Kenntnis gesetzt.

Drittens, der Verwaltungsgesellschaftspass ist eine lebenswichtige neue Bestimmung, die einen größeren Skaleneffekt, mehr Effizienz und eine Verringerung der Bürokratie erlaubt. Das kann nur im Interesse der Investoren sein. Die Neufassung wird somit für den Sektor gut sein, aber, und das ist noch wichtiger, sie wird gut sein für die Investoren und die Sparer, nicht nur in Europa, sondern weltweit. Ich freue mich, den Bericht von Herrn Klinz und die OGAW-Neufassung unterstützen zu können.

 
  
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  Pervenche Berès (PSE).(FR) Herr Präsident! Herr Klinz, ich danke Ihnen für Ihre Arbeit, Ihr Engagement und Ihre Verhandlungsfähigkeiten. OGAW ist in gewisser Weise eine Handelsmarke für die europäischen Finanzmärkte; sie sind ein gutes Exportprodukt. Es gibt aber Ungleichgewichte in der Europäischen Union, da es sich um einen Bereich handelt, in dem es Erzeugerländer und Verbraucherländer und somit unterschiedliche Strategien gibt.

Eines der Ziele der Überarbeitung dieser Richtlinie ist, unter diesen Bedingungen einen OGAW-Binnenmarkt zu organisieren, der wirklich funktioniert. In diesem Stadium drängen sich vier Fragen auf: Die erste Frage, die in dieser Debatte bereits angesprochen wurde, ist offensichtlich die des Verwaltungsgesellschaftspasses, und ich habe gehört, wie uns der Kommissar sagte, er hätte Befürchtungen, wenn dieser Pass mangelhaft vorbereitet würde. Aber, Herr McCreevy, es bedarf des Willens, ihn auszuarbeiten: Ich hatte manchmal den Eindruck, dass er nicht etwas ist, was der Kommissar dringend erreichen möchte. Deshalb freut es mich, dass die Verhandlungen auf Initiative des Europäischen Parlaments und des Rats begonnen haben, um sicher zu stellen, dass, sobald die OGAW-Richtlinie überarbeitet ist, wir einen echten Verwaltungsgesellschaftspass verabschieden, der es ermöglicht, dass der Binnenmarkt der Europäischen Union unter normalen Bedingungen funktioniert.

Die zweite Anmerkung bezieht sich auf die Angelegenheit der Einbehalte. Wenn wir mit der Neufassung der Richtlinie über Kapitalanforderungen verlangen, dass die Banken 5 % der von ihnen auf den Markt gebrachten Verbriefungen halten, muss das notwendigerweise unmittelbar harmonisiert werden, und unter ähnlichen Bedingungen auch die Einbehaltsanforderungen im Bereich der OGAW darstellen, denn die gleichen Risiken müssen den gleichen Regeln unterliegen.

Meine dritte Anmerkung hat mit der Aufsicht zu tun. Ich glaube nicht, dass irgendjemand hier an unserer Entschlossenheit zweifelt, verbesserte Aufsichtsbedingungen zu schaffen. Wir alle warten auf Initiative von Präsident Barroso auf die Ergebnisse der von Jacques de Larosière geleiteten Arbeitsgruppe. Ich glaube, es steht so viel auf dem Spiel, dass wir die Umsetzung der Ergebnisse dieser Arbeitsgruppe möglichst schnell in Angriff nehmen müssen. Dies wird sich auf die Bedingungen der Organisation der Aufsicht zwischen den Betroffenen auswirken, mit anderen Worten, den Auflegern und den Verbrauchern von OGAW. Deshalb ist es notwendig, die Angelegenheit der Aufsicht in diesem Bereich zu definieren.

Meine letzte Anmerkung bezieht sich noch auf Angelegenheiten der Besteuerung. Der Berichterstatter hat sie angesprochen und der Kommissar hat eine Verpflichtung übernommen. Hinter der Sache der Steuerregime verbirgt sich Protektionismus, den wir anprangern müssen, den wir überwinden wollen. Dazu muss die Kommission Initiativen ergreifen, damit die Steuersysteme wirklich die Freizügigkeit der OGAW-Produkte ohne Protektionismus zulassen.

 
  
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  Margarita Starkevičiūtė (ALDE).(LT) Ich möchte die ausgezeichnete Arbeit unseres Berichterstatters und seine Fähigkeit, einen angemessenen Kompromiss zu finden, unterstreichen. Aber gleich wie andere Redner, habe auch ich einige Zweifel. Diese Zweifel beziehen sich auf die Bestimmung, dass die EU-Mitgliedstaaten alle Unterlagen im Zusammenhang mit Investitionsgeschäften, wie im Dokument besagt, „in einer im Bereich der internationalen Finanzen üblichen Sprache“ zu erstellen haben, und das bedeutet auf Englisch.

Ich habe mich dafür ausgesprochen, den Unternehmen die Möglichkeit zur Kostensenkung zu bieten, die nicht im Einzelnen reguliert werden, aber Fondsmanager einer bestimmter Sprache, in diesem Fall Englisch, dürfen nicht vorrangig behandelt werden und einen Wettbewerbsvorteil erhalten. Wir müssen es vermeiden, dass Rechtsunsicherheit entsteht.

Wie kann ein Verbraucher seine Rechte wahren, wenn das Dokument Voraussetzung mit zweideutigen Auslegungen der Haftung des Finanzunternehmens schafft? Ich bin für eine eindeutige Definition der Haftung der Finanzunternehmen und der Wettbewerbsbedingungen für die Finanzunternehmen.

 
  
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  Marek Aleksander Czarnecki (ALDE).(PL) Die Verbesserung der Effektivität der Funktionsmechanismen der OGAW sollte, meiner Meinung nach, eine Priorität der Parlamentsarbeit sein. Um die Gewinne und den Wettbewerb des europäischen Fondssektors zu verbessern, sollten die Kosten für die Investoren begrenzt werden, wobei ihnen gleichzeitig ein hoher Schutzgrad gewährt werden muss. Ich stimme mit dem Berichterstatter darin überein, dass der bestehende Prospekt durch ein freies Dokument ersetzt werden soll, das die wichtigsten Informationen für die Investoren enthält.

Es ist auch extrem wichtig, weiter an der Richtlinie im Bereich der Besteuerung von Fondsverschmelzungen zu arbeiten, um steuerrechtliche Hürden abzubauen. Daneben bin ich wie der Berichterstatter der Meinung, dass der praktische Einsatz des Verwaltungsgesellschaftspasses, mit dem den Verwaltungsgesellschaften das Recht zugestanden wird, in der gesamten EU Dienstleistungen zur Verwaltung von Gruppenportfolios anzubieten, einen Beitrag leisten wird, um einen echten Binnenmarkt für den Fondssektor zu schaffen.

 
  
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  Charlie McCreevy, Mitglied der Kommission. − Herr Präsident! Ich möchte noch einmal meiner Wertschätzung und Bewunderung für die effiziente Behandlung dieser Angelegenheit seitens des Parlaments Ausdruck verleihen. Das ist das Ergebnis eines beachtlich schnellen Konsenses.

Wie bereits besagt, das ist noch nicht das Ende des Lieds – es ist noch viel auf Level 2 zu tun. Die Mitgliedstaaten allesamt werden auch die Aufgabe haben, die neuen Regeln – Level 1 und Level 2 – vor dem Sommer 2011 umzusetzen. Die Zusammenarbeit der nationalen Aufsichten untereinander muss eingerichtet werden. Das sind Schlüsselthemen für die gute Funktionsweise des Verwaltungsgesellschaftspasses.

Ich kann Ihnen versichern, dass die Kommission ihrer Rolle nachkommen wird, um diesen Fortschritt zu erleichtern und diese dringend benötigten Änderungen im Fondsektor der EU einzuführen.

 
  
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  Wolf Klinz, Berichterstatter.(DE) Herr Präsident! Zuerst möchte ich dem Kommissar zustimmen, dass wir in der Tat noch nicht am Ende sind. Jetzt geht es darum, die Umsetzung in Angriff zu nehmen, und ein Grund, weshalb wir vom Parlament und auch vom Rat relativ knappe Termine gefordert haben, ist sicherzustellen, dass wir mit der Umsetzung tatsächlich nicht zu lange warten, sondern Schritt halten. Denn wir stellen ja fest, dass die Märkte sich galoppierend schnell verändern, und wenn wir immer hinterherhinken, dann erreichen wir unsere Ziele nicht oder nur zum Teil.

Die Diskussion heute hat gezeigt, dass wir parteiübergreifend eine breite Zustimmung zu dem haben, was hier als Kompromiss ausgehandelt wurde. Ich akzeptiere, dass Astrid Lulling hier zum Teil eine etwas andere Sicht der Dinge hat. Ich bin ziemlich zuversichtlich, dass die Zukunft zeigen wird, dass sich ihre Sorge, dass der Finanzplatz Luxemburg als einer der zentralen Investmentfondsplätze in Europa Schaden nehmen könnte, nicht bestätigen wird, sondern dass im Gegenteil diese neue OGAW-Richtlinie auch für diesen Finanzplatz Chancen bietet.

Pervenche Berès hat völlig Recht: Es geht darum, endlich auch für die Investmentfonds-Branche tatsächlich den Binnenmarkt zu schaffen. Diese Branche ist ein Beispiel dafür, dass wir vom Binnenmarkt sprechen, ihn in vielen Fällen aber noch nicht haben. Das ist entscheidend. Dass das zu einer sehr neuen und sehr anspruchsvollen Zusammenarbeit auch der Aufsichtorgane führen wird, ist unbestritten. Aber das müssen wir ohnehin bewältigen. Die Aufsichtsorgane müssen auch in anderen Bereichen sehr viel enger, vertrauensvoller und konstruktiver zusammenarbeiten als bisher. Wenn die OGAW-Richtlinie einen sanften Druck ausübt, damit dies passiert, dann kann ich nur sagen: umso besser.

Die Level-2-Maßnahmen, die der Kommissar angesprochen hat, sind zahlreich und müssen in kurzer Zeit bewältigt werden. Das stimmt, aber wir haben alle ein Interesse daran, dass dies passiert.

Damit ist es aber nicht getan. Auch die Industrie selbst muss noch die eine oder andere Hausarbeit machen. Die Kommission und auch wir vom Parlament haben bewusst darauf verzichtet, das Thema der Fondsabwicklung (Fund Processing) überhaupt anzusprechen, weil wir darauf bauen, dass die Industrie zu ihrem Wort steht, diese Frage selbst in eigener Regie – ohne legislativen Druck – zu bewerkstelligen. Sie arbeitet schon seit geraumer Zeit daran, und noch haben wir nichts Konkretes auf dem Tisch. Ich hoffe, dass das bald der Fall sein wird, denn sonst sehen wir uns hier gezwungen, in absehbarer Zeit wiederum tätig zu werden.

Zum Schluss möchte ich nicht nur der Kommission, sondern vor allem auch dem Rat für die Zusammenarbeit danken und für die aktive Unterstützung. Ebenso danke ich allen Vertretern der anderen Parteien, speziell Pervenche Berès, Donata Gottardi, Jean-Paul Gauzès, aber auch Astrid Lulling, die streitbar, wie sie sich heute wieder gezeigt hat, ihre Interessen vertreten hat, aber durchaus bereit war, dort, wo wir Kompromisse finden konnten, diese mitzutragen. Vielen Dank.

 
  
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  Der Präsident. − Die Aussprache ist geschlossen.

Die Abstimmung erfolgt in Kürze.

(Die Sitzung wird um 09.40 Uhr unterbrochen und um 10.00 Uhr wieder aufgenommen.)

 
  
  

VORSITZ: HANS-GERT PÖTTERING
Präsident

 

5. Feierliche Sitzung und Aussprache - ZEHN JAHRE EURO
Video der Beiträge
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  Der Präsident. – Als nächster Punkt folgt die Feierliche Sitzung und die Aussprache zum Thema „Zehn Jahre Euro“.

(Filmbeitrag)

Herr Premierminister und Präsident der Eurogruppe, Jean-Claude Juncker, Herr Präsident Valery Giscard d'Estaing, Herr Präsident der Europäischen Zentralbank Jean-Claude Trichet, Herr Kommissar Joaquim Almunia, Frau Vorsitzende des Ausschusses für Wirtschaft und Währung, liebe Kollegin Pervenche Berès, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine sehr verehrten Damen und Herren!

Am 1. Januar 2009 ist unsere Währung, der Euro, zehn Jahre alt geworden. Wir feiern heute im Europäischen Parlament eine der wichtigsten historischen Entscheidungen, die die Europäische Union bislang getroffen hat. Die Schaffung des Euro war in einer wirtschaftlich immer mehr zusammenwachsenden Europäischen Union eine logische Entwicklung zur Festigung des Gemeinsamen Marktes und zur Vereinfachung des Handels im Binnenmarkt. Doch als vor zehn Jahren die Währungen elf souveräner Staaten durch eine einheitliche Währung ersetzt wurden, gab es viel Skepsis im Hinblick auf den Erfolg der geplanten gemeinsamen Währung. Ihre Einführung erforderte Mut und Entschlossenheit.

Nach zehn Jahren können wir nicht nur feststellen, dass der Euro ebenso viel Vertrauen wie die zuvor in den Ländern der Eurozone benutzten Währungen genießt, sondern auch, dass er zweifelsohne zahlreiche Vorteile für die Menschen und Unternehmen in der Europäischen Union mit sich gebracht hat.

Die Eurozone ist zu einem Fels makroökonomischer Stabilität geworden. Angesichts des Gewichts der Wirtschaft der Eurozone und der Tatsache, dass der größte Teil des Handels Binnenhandel ist, erweist sich die Eurozone als weit besser gerüstet als früher die Mitgliedstaaten mit ihren nationalen Währungen, um externen Wirtschaftsschocks standzuhalten.

Gerade in den letzten Monaten der weltweiten Finanzkrise hat sich der Euro als entscheidender Stabilitätsfaktor erwiesen: Die gemeinsame Währung hat uns vor den schlimmsten Folgen der bedeutendsten Finanzkrise seit den Dreißigerjahren bewahrt.

Ohne die Europäische Zentralbank und das Europäische System der Zentralbanken als stabilisierende Faktoren wäre die Situation in der Europäischen Union im Herbst letzten Jahres um Vieles schlimmer gewesen.

Blicken wir nur nach Irland, ein Land, das von der Finanzkrise besonders stark getroffen wurde. Seine Mitgliedschaft in der Währungsunion hat Irland vor einer Krise noch größeren Ausmaßes bewahrt.

Die Währungsunion stellt hoffentlich einen nicht umkehrbaren Schritt hin zu einer tieferen wirtschaftlichen und politischen Integration dar. Sie bedeutet, Teil einer „Union mit einer gemeinsamen Bestimmung“ zu sein. Wie die Mitglieder einer Familie sprechen alle Mitglieder der Eurozone miteinander und beschließen das beste Vorgehen zum Nutzen jedes Einzelnen und aller.

Doch war die Schaffung des Euro nicht nur eine Entscheidung mit wirtschaftlichen und finanziellen Auswirkungen. Sie hat ein sehr deutliches Signal ausgesandt, dass die Europäische Union in der Lage ist, weit reichende Entscheidungen umzusetzen, um eine gemeinsame, von Wohlstand geprägte Zukunft aufzubauen.

Heute wird die einheitliche Währung von vielen Bürgerinnen und Bürgern in der Eurozone als eines der positivsten Ergebnisse der europäischen Einigung betrachtet. Damit dies auch in Zukunft so bleibt, müssen wir an der Stabilität unserer gemeinsamen Währung festhalten. Nur so kann der Euro auch in Zukunft ein Stabilitätsfaktor und bei den Turbulenzen in der Welt ein stabiler Faktor bleiben.

Heute haben weit mehr als die Hälfte der Mitgliedstaaten der Europäischen Union den Euro eingeführt. Vor ein paar Tagen haben wir die Slowakei als 16. Mitglied in der Eurozone willkommen heißen können. Ich bin zuversichtlich, dass wir bei den Feierlichkeiten zu den nächsten runden Geburtstagen des Euro noch mehr Mitglieder sein werden! Das Ziel muss sein, dass eines Tages alle Mitgliedstaaten der Europäischen Union auf der Grundlage der Stabilitätskriterien unserer gemeinsamen Währung angehören.

Eine solche schrittweise Ausweitung würde, so bin ich überzeugt, zur Stärkung der gesamten Eurozone beitragen – und auch gerade für die jungen Menschen in der Europäischen Union Ausdruck einer gemeinsamen friedlichen europäischen Zukunft sein.

Heute ist der frühere Präsident Frankreichs Valery Giscard d'Estaing bei uns. Wir begrüßen ihn herzlich. Zusammen mit dem früheren deutschen Bundeskanzler Helmut Schmidt, dem früheren luxemburgischen Premierminister Pierre Werner und anderen gehört er zu den Architekten unserer gemeinsamen Währung. Herzlich willkommen, Valery Giscard d'Estaing!

(Beifall)

Ich stimme Helmut Kohl zu, der mit François Mitterrand und Jacques Delors und anderen – wir sahen eben auch Jacques Santer in dem Film – dazu beigetragen hat, schließlich den Euro einzuführen, wenn er 1998 sagte: „[...] eine Währung ist natürlich ein Zahlungsmittel. Aber eine Währung ist auch weit mehr als ein Zahlungsmittel. Sie hat etwas zu tun mit einem Stück kultureller Identität und sie ist ein Gradmesser politischer Stabilität. [...] Und wenn Sie sich vorstellen, was es bedeutet, dass hier bei uns in der Europäischen Union [...] mit (der) ganzen Intelligenz, Kreativität und Buntheit dieses Kontinents, mit all seinen Schwierigkeiten [...], dass hier Millionen Menschen eine gemeinsame Währung haben, so ist das eine großartige Sache.“

Im Namen des Europäischen Parlaments möchte ich allen Architekten und Wegbereitern des Euro und natürlich insbesondere der Europäischen Zentralbank mit ihrem heutigen Präsidenten Jean-Claude Trichet sowie seinem viel zu früh verstorbenen Vorgänger Willem Duisenberg für ihre historische Leistung aufrichtig danken. Der Wert der Europäischen Zentralbank kann in der Bedeutung gar nicht hoch genug eingeschätzt werden.

(Beifall)

Dieser Dank gilt auch und vor allem Alexandre Lamfalussy, dem Präsidenten des Europäischen Währungsinstituts. Wir sind ihm gestern Abend schon begegnet, und er nimmt auch gleich an einem Kolloquium teil.

Auch das Europäische Parlament und sein zuständiger Ausschuss, der Wirtschafts- und Währungsausschuss unter der Leitung seines damaligen Vorsitzenden Karl von Wogau und in seiner Nachfolge Christa Randzio-Plath, haben über die Jahre, die ausgehend von der Währungsschlange zur Schaffung der gemeinsamen Währung geführt haben, ihren Beitrag als treibende Kraft dieses historischen Projekts geleistet. Gleiches gilt für den Wirtschafts- und Währungsausschuss heute unter der Leitung von Pervenche Berès, der wir die Anregung für diese Feier heute verdanken.

Seit der Entstehung des Euro vor zehn Jahren haben die Europäische Zentralbank und die Eurogruppe mit dem Europäischen Parlament einen immer enger werdenden Austausch gepflegt. Für die gute Zusammenarbeit mit dem Europäischen Parlament möchte ich den Vorsitzenden der beiden Institutionen, Premierminister Jean-Claude Juncker in seiner Eigenschaft als Präsident der Eurogruppe und dem Präsidenten der Europäischen Zentralbank, Jean-Claude Trichet, aufrichtig danken.

Zu ihrem zehnten Geburtstag wünschen wir unserer gemeinsamen Währung, dem Euro, viele weitere erfolgreiche Jahre für eine gute gemeinsame Zukunft unseres europäischen Kontinents.

 
  
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  Jean-Claude Trichet, Präsident der Europäischen Zentralbank. (FR) Herr Präsident, Herr Giscard d’Estaing, Herr Juncker, meine Damen und Herren! Es ist für mich eine sehr große Ehre und Freude, an dieser Feierstunde für den Euro, einer der größten Leistungen Europas teilnehmen zu dürfen.

Jean Monnet, der Gründungsvater Europas, sagte einst: „Wenn eine Idee mit den Bedürfnissen der Zeit zusammenpasst, hört sie auf, den Menschen zu gehören, die sie erfunden haben, und sie wird stärker als jene, die sie kontrollieren“, und er fügte hinzu, „es gibt keine verfrühten Ideen, es gibt passende Zeitpunkte, die man abzuwarten wissen muss“.

Jahrzehntelang war die europäische Gemeinschaftswährung eine Idee, die nur wenige teilten. Viel mehr Menschen dachten, sie würde nie kommen oder wäre zum Scheitern verurteilt. Heute ist die gemeinsame Währung bereits für 329 Millionen europäische Bürger eine Realität. Eines Tages wird man die Schaffung des Euro als entscheidenden Schritt für eine noch engere Union der Völker Europas betrachten.

Ich kann nicht anders als unseren Gründervätern zu gedenken – Robert Schuman, Walter Hallstein, Alcide de Gasperi, Pierre Werner, Sicco Mansholt und Paul-Henri Spaak –, die, wie wir gerade gesehen haben, Visionäre waren, denen wir die Europäische Union verdanken.

Ich erinnere auch an die Staatsmänner, Staats- und Regierungschefs, die entschlossene, überzeugte und mutige Europäer waren und heute durch Herrn Valéry Giscard d’Estaing vertreten werden. Ohne sie hätten wir den Euro nicht.

Seit der Einführung des Euro haben unsere Bürger eine Preisstabilität erlebt, die wenige in der Eurozone zuvor erreicht hatten. Diese Preisstabilität ist ein Vorteil für alle europäischen Bürger. Sie schützt Einkommen und Ersparnisse, hilft bei der Senkung der Kostenfinanzierung und bestärkt Investitionen, die Schaffung von Arbeitsplätzen sowie den mittel- und langfristigen Wohlstand. Die Gemeinschaftswährung ist für die europäische Wirtschaft ein Faktor für Dynamik. Sie hat die Preistransparenz erhöht, den Handel gestärkt und die wirtschaftliche und finanzielle Integration gefördert.

Jean-Claude Trichet, Präsident der Europäischen Zentralbank. (DE) Die letzten Monate sind Zeugnis eines weiteren Vorteils des Euro. Die Finanzkrise zeigt, dass es in turbulenten Zeiten besser ist, sich auf einem großen und sicheren Schiff zu befinden, als in einem kleinen Boot zu sitzen. Hätten wir in Europa ohne die uns verbindende Gemeinschaftswährung so rasch, entschlossen und kohärent handeln können? Wären wir in der Lage gewesen, viele einzelne nationale Währungen vor den Folgen der Finanzkrise zu bewahren? Wir können stolz sein auf die Reaktionen von Europas Parlamenten, Regierungen und Zentralbanken. Gemeinsam haben wir gezeigt, dass Europa sogar unter schwierigsten Umständen in der Lage ist, Entscheidungen zu treffen.

(Beifall)

Wir verdanken den historischen Erfolg des Euro nicht nur der Entschlossenheit und Beständigkeit von visionären Spitzenpolitikern – und ich habe sie genannt – wir verdanken ihn auch dem effektiven Zusammenspiel der europäischen Institutionen untereinander.

Das Europäische Parlament spielte im Pionierstadium eine wesentliche Rolle. Das Parlament war die erste Institution Europas, die bereits im Jahr 1962 eine Gemeinschaftswährung vorschlug. In den letzten 10 Jahren, seit der Gründung der EZB, haben unsere Institutionen einen sehr engen und fruchtbaren Dialog unterhalten. Dieser Dialog hat über 50 Anhörungen von Vorstandsmitgliedern der EZB in diesem Parlament und den vom Präsidenten genannten Ausschüssen bedeutet. Der Dialog zwischen dem Parlament und der EZB ist sehr wichtig im Zuge der Verantwortlichkeit, denn er ermöglicht es der EZB, ihre Entscheidungen und Maßnahmen dem allgemeinen Publikum über ihre gewählten Vertreter zu erklären.

In seinem ersten Bestehensjahr musste sich der Euro drei großen Prüfungen stellen: der Errichtung einer soliden und glaubwürdigen Zentralbank, der Schaffung einer stabilen neuen Währung und dem Aufbau von Vertrauen. Diese Herausforderungen wurden erfolgreich überwunden, und heute ist der Euro fest etabliert. Es ist die Zeit für Feierlichkeiten, und, wie gesagt, ich bin sehr gerührt. Aber es ist nicht die Zeit für Selbstgefälligkeiten. Aktuelle Herausforderungen stehen mit Druck an, und neue Herausforderungen werden auf uns zukommen. Der zukünftige Erfolg der WWU hängt davon ab, wie diese Herausforderungen angegangen werden.

Ich möchte drei davon nennen.

An erster Stelle, die Finanzkrise. Die Krise hat wesentliche Schwächen im weltweiten Finanzsystem offengelegt. Wir spielen eine sehr aktive Rolle bei den globalen Bemühungen, diese Schwächen zu beheben und die Bestimmung und den institutionellen Rahmen neu zu konzipieren.

Zweitens, die Währungsunion. Die Solidität der Gemeinschaftswährung beruht auf zwei Säulen: Einer Währungspolitik, deren Ziel die Preisstabilität ist, und eine Reihe von soliden Wirtschaftspolitiken – die, Herr Premierminister, sehr stark die Eurogruppe verteidigen. Die besonderen Herausforderungen an der Wirtschaftsfront umfassen die entschiedene und glaubwürdige Umsetzung des Stabilitäts- und Wachstumspaktes, kontinuierliche Bemühungen, um unsere Wirtschaften produktiver und dynamischer zu machen, und das Vermeiden von größeren Wettbewerbsdivergenzen innerhalb der Eurozone.

Drittens, Erweiterung. Als wir vor 10 Jahren begannen, waren wir 11 Länder. Jetzt sind wir 16 Länder. Das sagt viel über unsere historischen Bemühungen aus. Der Umgang mit der Erweiterung auf die bestmögliche Art und Weise ist eine sehr anregende und anspruchsvolle Herausforderung für uns alle, insbesondere aber für den EZB-Vorstand und -Rat.

Der Euro ist eine historische Leistung. Was jetzt gefragt ist, ist unsere Verantwortung für die Zukunft. Neue Herausforderungen kommen auf uns zu. Werden diese Herausforderungen mit maximaler Klarheit und Kühnheit angegangenen, können sie die mächtigen Ideen hervorbringen, auf die sich Jean Monnet bezog, und die uns auf dem Weg der Stabilität und des Wohlstandes in Europa schon so weit gebracht haben.

 
  
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  Jean-Claude Juncker, Präsident der Eurogruppe. (FR) Herr Präsident, Herr Giscard d’Estaing, Herr Trichet, Herr Almunia, meine Damen und Herren! In den letzten 50 Jahren hat Europa oft die Fähigkeit unter Beweis gestellt, große Ambitionen zu verfolgen und den Geist und die Entschlossenheit zu entwickeln, die notwendig sind, um die gesetzten Ambitionen in der Praxis zu verwirklichen.

Die Europäische Union selber ist das beste Beispiel dafür, zusammen mit dem Binnenmarkt und der Erweiterung, in anderen Worten, mit der Erneuerung der Bande zwischen der Geographie und Geschichte Europas, und zusammen mit der Wirtschafts- und Währungsunion, deren 10. Jahrestag wir heute feiern.

Der Weg, der uns zur Schaffung der Wirtschafts- und Währungsunion und der Einführung unserer Gemeinschaftswährung geführt hat, war lang, und das Entstehen der Wirtschafts- und Währungsunion nach dem anfänglichen Anstoß des Werner-Berichts im Jahr 1970 belegt das. Es war eine lange Schaffungsperiode, die über die Währungsschlange, das Europäische Währungssystem, die Schaffung des ECU im Jahr 1979, den Delors-Plan 1989, den Maastricht-Vertrag 1992 und das dänische „Nein“ und das französische „Ja“ führte, das seinerzeit als klein galt, ohne die Krise des Europäischen Währungssystems im Jahr 1993 zu vergessen. Die Reise war nicht frei von Schwierigkeiten und Rückschlägen.

Zu jener Zeit gab es Viele, die die Gemeinschaftswährung kritisierten, sowohl in der Welt der Politik als auch unter den Akademikern, ohne die beachtliche Anzahl an Verantwortlichen von Zentralbanken zu vergessen, die der Meinung waren, die Wirtschafts- und Währungsunion könnte oder sollte nicht erreicht werden, und dass, wenn sie trotzdem geschaffen würde, die Gemeinschaftswährung in Kürze schwach und ohne Zukunft dastehen würde.

Für mich ist es wichtig, den 10. Jahrestag dieses Schlüsselereignisses für die Integration Europas für eine Hommage meinerseits an alle Männer zu nutzen, die den Euro schufen, wie Pierre Werner, Helmut Kohl, François Mitterrand, Jacques Delors, Valéry Giscard d’Estaing und andere. Ich möchte wieder einmal ihrer Vision, ihrer Entschlossenheit und ihrem unfehlbaren Engagement für Europa Tribut zollen. Die eben Genannten und viele mehr, die sie begleiteten, konnten sich nicht den schnellen Erfolg ihres politischen Projekts ausmalen. Seit dem 1. Januar dieses Jahres sind 16 Mitgliedstaaten an der Wirtschafts- und Währungsunion beteiligt und der Euro ist die Währung von fast 330 Millionen europäischen Bürgern. Der Euro wurde somit zum fassbaren Zeichen der europäischen Integration. Als fassbares Zeichen wurde der Euro weltweit anerkannt und ist das Maß für Stabilität. Er schützt seine Bürger vor den schwersten Folgen der Wirtschaftskrise. Nach 10 Jahren muss man anerkennen, dass der Euro ein unbestreitbarer Erfolg ist. Aber Jahrestage haben nur dann einen Wert, wenn sie Brücken in die Zukunft schlagen, da wir eingestehen müssen, dass, trotz unserer gemeinsamen Gefälligkeit, wenn wir uns selber beglückwünschen, die echten Prüfungen für die Festigkeit und Kohärenz der Eurozone noch auf uns warten. Dieses Jahr 2009 wird für die Wirtschaften in der Eurozone und für die europäischen Bürger ein sehr schwieriges Jahr werden. Es erwarten uns zahlreiche Herausforderungen, sowohl intern als auch extern.

Intern müssen die Regierungen der Eurozone gemeinsam handeln, um die Auswirkungen der Wirtschaftskrise einzudämmen, und in die strukturellen Grundlagen der Wirtschaft investieren, um eine Brücke in die Welt nach der Krise zu errichten. Ungewöhnliche Situationen verlangen ungewöhnliche Maßnahmen. Wir dürfen die Tatsache nicht aus den Augen verlieren, dass der Euro, dieser Schutzschild, den wir um unsere Wirtschaften herum aufgebaut haben, uns nicht einfach so in den Schoß gefallen ist. Die Wirtschaften der Eurozone sind besser vor wirtschaftlichen Entwicklungen geschützt, weil Teil der Eurozone zu sein ein Qualitätszertifikat ist, dass die Mitglieder wirklich in der Lage sind, umsichtige volkswirtschaftliche Maßnahmen und eine Politik auf der Grundlage des nachhaltigen Wachstums und des Wohlstandes für ihre Bürger zu verwirklichen. Der vom Euro gebotene Schutz steht somit in direkter Verbindung mit unserer Glaubwürdigkeit, die auf der Fähigkeit beruht, eine solche Politik zu verwirklichen. Diese Glaubwürdigkeit ist das Fundament für die Vorteile der Wirtschafts- und Währungsunion, und wir müssen sie bewahren, um weiterhin umfassend die Vorteile der Gemeinschaftswährung nutzen zu können.

Extern müssen wir die politischen Lehren aus den internationalen Finanz- und Wirtschaftskrisen lernen. Es besteht ein direkter kausaler Zusammenhang zwischen der gegenwärtigen Krise, deren Ursprung in den Vereinigten Staaten zu finden ist, und dem Fortbestehen der großen Ungleichgewichte in der Welt. Die unzureichende Transparenz, Verantwortung und Integrität im Finanzsektor wirkte wie ein Katalysator für die Krise. Die Wiederherstellung der Stabilität in der Finanz- und Realwirtschaft weltweit erfordert eine tief gehende Reform des Finanzsystems und den Ausgleich der größten Unausgewogenheiten bei dem Mix aus weltweitem Verbrauch und weltweiten Ersparnissen. Dieser Ausgleich bedarf einer aktiven Zusammenarbeit der größten Wirtschaften in Amerika, Asien und Europa. Trotz der beachtlichen Fortschritte ist das internationale Image des Euro allzu oft immer noch zu stark fragmentiert und die nationalen Interessen liegen zu oft noch vor dem Gemeinschaftsinteresse, was verhindert, dass die Eurozone umfassend ihrer politischen Verantwortung nachkommt, die ihr auf Grund ihrer wirtschaftlichen Bedeutung zukommt, und es unmöglich macht, alle wirtschaftlichen Vorteile zu nutzen, die sich aus der Wirtschafts- und Währungsunion ableiten. Die Wirtschafts- und Währungsunion ist natürlich ein wirtschaftliches Projekt, aber vor allem anderen ist sie ein politisches Projekt. Deshalb müssen wir das zweite Jahrzehnt des Euro nutzen, um die Wirtschafts- und Währungsunion zu vervollständigen, indem wir ihre politischen Gremien sowohl intern als auch extern stärken.

 
  
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  Joaquín Almunia, Mitglied der Kommission. (ES) Herr Präsident, Premierminister, Ausschussvorsitzende, meine Damen und Herren! Ich bin mir sicher, dass ich der Sichtweise der großen Mehrheit dieser Kammer entspreche, wenn ich sage, dass ich 10 Jahre nach der Einführung als Europäer stolz auf den Erfolg des Euro bin.

Ich möchte dem Parlament zu seiner Initiative, den 10. Jahrestag unserer Gemeinschaftswährung hier in dieser Plenarkammer des Europäischen Parlaments in Straßburg zu feiern, beglückwünschen.

Der Euro und die Wirtschafts- und Währungsunion sind unbestrittene Erfolge. In diesen 10 Jahren hat der Euro viele Vorteile für alle seine Mitglieder gebracht und bringt sie immer noch heute, inmitten einer tiefen Wirtschafts- und Finanzkrise.

In der kurzen Zeit eines Jahrzehnts hat der Euro den verdienten Ruf der Stärke und Stabilität erworben. Der Euro ist die zweite Weltwährung und dank seiner Rolle in der internationalen Wirtschaft kann er bereits in gewissen Bereichen mit dem Dollar als Handelsinstrument und Zahlungsmittel für die internationalen Finanzen verglichen werden.

Vor allem ist der Euro Bestandteil des täglichen Lebens von fast 330 Millionen Menschen in 16 Ländern der Europäischen Union geworden. Wir alle tragen in unseren Brieftaschen diese Symbol der gemeinsamen europäischen Identität mit uns: Denn der Euro ist nicht nur eine Währung, sondern ein wesentliches Element unseres europäischen Projekts, das uns greifbar an die Vorteile des Integrationsprozesses erinnert, der vor einem halben Jahrhundert begonnen hat.

Der Euro hat uns niedrige Inflation und niedrige Zinssätze gebracht, dank eines volkswirtschaftlichen Rahmens, der stabilitätsorientiert ist. Der Euro hat bewiesen, dass er den Handel und die Investitionen unter seinen Mitgliedstaaten deutlich gesteigert hat. Der Euro hat auch die Schaffung von 16 Millionen Arbeitsplätzen in der Eurozone in den letzten 10 Jahren ermöglicht, drei Mal so viel wie im vorausgehenden Jahrzehnt.

Der Euro hat die finanzielle Integration und die Entwicklung des Binnenmarkts gefördert; er hat die Mitglieder der Eurozone vor externen Spaltungen geschützt; und er war und ist ein Pol der Stabilität, nicht nur für die europäische Wirtschaft, sondern auch für die Weltwirtschaft.

Die Krise ist zweifelsohne ein Prüfstein für den Euro. Wer aber glaubt, die Wirtschafts- und Währungsunion sei nicht bereit, sich den Folgen der Krise zu stellen, liegt vollkommen falsch. Ganz im Gegenteil, würde die Gemeinschaftswährung nicht existieren, dann wären die nachteiligen Auswirkungen der Krise viel stärker.

Viele Mitgliedstaaten würden einer höheren Volatilität ihrer Wechselkurse unterliegen, und wahrscheinlich auch spekulativen Angriffen auf ihre Währungen ausgesetzt sein. Die Streuung ihrer Wertpapiere für Staatsschulden wäre viel größer als gegenwärtig, und die Spielräume im Kampf gegen die Krise über Steuerimpulse währen kleiner.

Der 2005 überarbeitete Stabilitäts- und Wachstumspakt hat die Regierungen angehalten, ihre Staatshaushalte auszusortieren, was dazu geführt hat, dass 2007 das niedrigste Haushaltsdefizit der letzten 25 Jahre bestand, so dass sie nun in der Lage sind, sich der Krise unter besseren Bedingungen zu stellen.

Im Verlauf der Krise hat die Europäische Zentralbank mit ihren Maßnahmen nur den soliden Ruf gestärkt, den sie in den frühen Jahren der Wirtschafts- und Währungsunion verdient hatte.

Mit dem entschiedenen Ergreifen der notwendigen Maßnahmen und Übernahme der Führungsrolle in Zusammenarbeit mit anderen Zentralbanken der Industriestaaten fungierte die Europäische Zentralbank als unsere Führung durch diese Zeit und leistete einen wesentlichen Beitrag bei der Vermeidung eines großen finanziellen Zusammenbruchs.

Die wirtschaftliche Lage ist nicht wie wir sie für den Zeitpunkt dieses Jahrestags erhofft hatten, aber die Ereignisse heben mehr denn je die Vorteile der Wirtschafts- und Währungsunion hervor. Für die Länder, die noch nicht der Eurozone beigetreten sind, ist sie eine immer attraktivere Option, wie sich letzte Woche in Bratislava gezeigt hat, als wir die Slowakei als jüngstes und 16. Mitglied in der Euro-Familie willkommen hießen.

Die Europäische Kommission und das Parlament müssen weiterhin mit den Mitgliedstaaten, der Eurogruppe, der Europäischen Zentralbank und der internationalen Gemeinschaft zusammenarbeiten, um unsere Wirtschaften auf den Weg des nachhaltigen Wachstumsaufschwungs zu bringen.

In diesem Sinne sind die Empfehlungen der Kommission im Bericht, den wir vor ein paar Monaten zu den ersten 10 Jahren Wirtschafts- und Währungsunion vorgelegt hatten und über den in dieser Kammer debattiert wurde, heute weiterhin gültig oder sogar noch mehr als im vergangenen Frühjahr.

Eine verstärkte Haushaltsüberwachung, ihre Ausdehnung auf andere volkswirtschaftliche Aspekte, die Verknüpfung zwischen volkswirtschaftlichen Politiken und Strukturreformen, das externe Image des Euro und eine verbesserte Leitung der Wirtschafts- und Währungsunion sind und müssen auch künftig die Kernthemen sein, auf denen das zweite Jahrzehnt des Euro basiert, das zumindest gleich erfolgreich werden wird wie das erste.

Herr Präsident, ich möchte abschließend der Vision und dem Ehrgeiz der Gründungsväter des Euro Tribut zollen, deren Vorstellungskraft und entschiedenes Handeln uns eine Währung hinterlassen haben, auf die wir alle als Europäer stolz sein können. Wir müssen die Grundlagen dieses Erfolgs bewahren.

Die Krise hat ein neues Kapitel für die Weltwirtschaft eröffnet, in dem die Wirtschafts- und Währungsunion weiterhin eine relevante Rolle spielen muss, indem sie den gemeinsamen Interessen und Ambitionen aller Europäer dient.

 
  
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  Valéry Giscard d’Estaing, früherer Präsident der Republik Frankreich. (FR) Herr Präsident, Herr Juncker, Herr Trichet, meine Damen und Herren! Jeder, der an der Entstehung der europäischen Währung beteiligt war, ist Ihnen, Herr Präsident, und Ihnen, meine Damen und Herren, dankbar für diese sehr vornehme Initiative, die Sie zum Begehen des 10. Jahrestags der Geburt des Euro ergriffen haben.

Ich bin normalerweise der Meinung, dass es mittlerweile bereits zu viele Gedenkveranstaltungen gibt, aber diese hier ist gerechtfertigt, denn sie kennzeichnet den größten Beitrag zur Integration Europas seit der Wahl des Europäischen Parlaments durch allgemeine Wahlen im Jahr 1979. Wir haben gewiss einen langen Weg zurückgelegt und vielleicht wird mit dieser angenehmen, freundlichen Versammlung nicht das ganze Bild wiedergegeben.

Ich möchte all jenen Tribut zollen, die diesen Verlauf vorgezeichnet haben und jenen, die ihm gefolgt sind. Wir können den entfernten Ursprung im Bericht des Luxemburger Premierministers Pierre Werner, Ihrem Amtsvorgänger, aus dem Jahr 1970 finden. Es war aber die Währungskrise der folgenden Jahre und die Währungsfluktuationen, die die Handlungen in diesem Bereich in Gang gebracht haben. Solange die Wechselkurse der Währungen feststanden, brachte das Währungssystem nicht unseren Versuch, einen gemeinsamen Markt zu schaffen, ins Wanken. Aber sobald sie fluktuierten, kam dieses Problem zum Vorschein.

Nach den fruchtlosen Versuchen, eine Geldschlange zu schaffen, führte die starke Dynamik von Frankreich und Deutschland von 1975 bis 1980 zum Treffen in Bremen, in Norddeutschland, und dem Beschluss, das Europäische Währungssystem zu schaffen und den ECU einzuführen, den Vorläufer des Euro. Diese Schritte wurden von unseren Partnern in den Benelux-Ländern und Italien unterstützt.

Nach einer ruhigen Zeit zwischen 1980 und 1988 erhielt der Prozess einen erneuten Anstoß mit der Schaffung durch den Rat des Ausschusses unter dem Vorsitz von Jacques Delors, der zur Unterzeichnung des Maastricht-Vertrags führte.

Lassen Sie uns die Pioniere grüßen, die an diesem langen Weg beteiligt waren, so wie Sie selbst vor Kurzem, Herr Präsident, ebenso wie mein Freund Kanzler Helmut Schmidt und sein Staatssekretär Manfred Lahnstein; Bernard Clappier, Präsident der Bank von Frankreich zu jenem Zeitpunkt und Mitautor der Robert-Schuman-Erklärung aus dem Jahr 1950; Alexandre Lamfalussy, der uns seine großen, praktisch einmaligen Fachkenntnisse für die Arbeiten des Ausschusses für die europäische Währungsunion bereitstellte, der unter Helmut Schmidt einberufen wurde, um das Projekt wieder aufzunehmen; Jacques Delors, Präsident der Europäischen Kommission, der übernahm; und zuletzt, aber deswegen nicht minder wichtig, die Verhandlungsführer und Unterzeichner des Maastricht-Vertrags, die einen exzellenten Text entwarfen, der seit dem nicht mehr verändert wurde, unter der Führung von Kanzler Helmut Kohl und Präsident François Mitterrand, deren Entschlossenheit besonders zu nennen ist, zusammen mit ihren anderen Kollegen. Heute müssen wir ihnen allen ein großes „Dankeschön“ sagen.

Was können wir zum Anlass des 10. Jahrestags, der in Krisenzeiten gefeiert wird, zur Unterstützung des Euro sagen? Welche schönen Worte können wir beim Anstoßen auf den Jahrestag sagen? An erster Stelle, dass der Erfolg des Euro alle Erwartungen übertroffen hat, nicht nur aller seiner Gegner, natürlich, sondern sogar der Befürworter. Ich möchte jetzt nicht in Einzelheiten gehen, da Sie mir nur fünf Minuten gegeben haben. Bei den Gesprächen, die ich mit den renommiertesten Währungsexperten zwischen 1995 und 2000 führte, waren alle skeptisch hinsichtlich der Möglichkeit den Euro einzuführen und zu einem Erfolg zu machen.

In 10 Jahren ist der Euro zur Währung Nummer zwei der Welt und, wie gerade jetzt gesagt, zu einer der am meisten geachteten Währungen geworden. Seine solide Verwaltung hat einen Schutzschild gegen die Krise und eine Plattform für Wachstum ohne Inflation geboten. Ohne den Euro wäre das europäische Festland gegenwärtig von einem Währungstornado herumgewirbelt worden, der die Wirtschaftskrise nur noch mehr verschärft hätte.

Wir erwarten, dass die Währungspolitik versucht, im Rahmen der Währungskraft die deprimierenden Auswirkungen der Krise zu zügeln und den Weg für die Rückkehr zum Wachstum ohne Inflation zu ebenen, was wir noch nicht angehen. Dann sollten aber die beträchtlichen Haushaltsdefizite und Verschuldungsniveaus infolge der Krise gelöst sein. In diesem Sinne setzen wir unser Vertrauen auf die Führungskräfte und Mitarbeiter der Europäischen Zentralbank, die seit Anfang der Krise ihre beachtlichen Fachkenntnisse unter Beweis gestellt haben. Wir verneigen uns auch vor ihrer Entschlossenheit und Unabhängigkeit.

Ich möchte gerne mit zwei Anmerkungen schließen. Wir müssen aufpassen, nicht versuchen zu wollen, dem Euro eine weltweite Dimension zu verleihen, was zwar unserer Eitelkeit schmeicheln, aber die Risiken, denen wir ausgesetzt sind, vervielfachen würde. Der Euro ist die Währung Europas und muss seine unterschiedliche Kultur widerspiegeln, ein rationelles und stabiles Modell unter den anderen Währungen der Welt fördern.

Zuletzt glaube ich nicht, dass die Allgemeinheit allzu lange warten muss, bis die Bankregulierung in der Eurozone wieder hergestellt ist. Ich glaube wir können die Europäische Zentralbank in Anspruch nehmen, damit sie diesen Prozess der Wiederherstellung der Ordnung und der Überwachung der Verwirklichung gemäß Artikel  106 (5) des Maastricht-Vertrags durchführt. Wir brauchen wirklich einen starken Impuls, Fachkenntnisse und einen Zeitplan für Entscheidungen, der von der Europäischen Zentralbank erstellt und vom Ministerrat der Eurozone unter Ihrem Vorsitz, Herr Juncker, verabschiedet und umgesetzt werden könnte.

Abschließend, Herr Präsident, möchte ich sagen, dass das Symbol der Integration, das den Erfolg des Euro darstellt, uns allen den Mut geben muss, den nächsten Schritt zur Schaffung eines zusammenwachsenden Europas zu tun, wie es von den verschiedenen Verträgen empfohlen wird und für dessen Erreichen wir uns einsetzen. Setzen wir den unvermeidbaren Fehlern die Energie des Erfolgs entgegen. Dieser Erfolg heute trägt den lieblichen Namen des Euro.

(Beifall)

 
  
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  Pervenche Berès, Vorsitzende des Ausschusses für Wirtschaft und Währung.(FR) Herr Präsident! Der Euro ist das erfolgreiche Resultat einer Vision und eines politischen Willens, und nicht ein Produkt des Marktes. Er belegt das Beste, das Europa erreichen kann, wenn alle ihre Kräfte vereinen.

Auch ich möchte mich natürlich bei dieser Gelegenheit in unserem Namen und im Namen unserer Kinder und im Namen aller anderen vor den Gründungsvätern und den Machern dieses Erfolgs verneigen und ihnen danken: Pierre Werner, der bei uns ist, Kanzler Helmut Schmidt, Präsident Giscard d’Estaing, dem Präsidenten der Europäischen Kommission Jacques Delors, Kanzler Helmut Kohl, Präsident François Mitterrand, Baron Alexandre Lamfalussy, Tommaso Padoa Schioppa, Philippe Maystadt und allen anderen, die ich nicht genannt habe. Ich möchte aber auch den Taten unserer Vorgänger Tribut zollen, Herr Präsident, den Taten meines Vorgängers Karl von Wogau, der immer noch unter uns ist, und von Christa Randzio-Plath, die heute ebenfalls bei uns weilt. Die Handlungen dieses Parlaments spielten eine wesentliche Rolle in der Zeit des Übergangs zum Euro, als wir nicht nur wegen der Umschreibung der Konten bei den Banken besorgt waren, sondern auch wegen unserer Bürger, ob sie in der Lage seien, sich anzupassen und diese neue Währung anzunehmen, die die ihre werden sollte. Ich glaube auch, dass diese Taten unserer Institution erwähnt und anerkannt werden sollten.

Ich freue mich auch, dass die Feierstunde hier im Europäischen Parlament, dem Zuhause der Demokratie für alle Bürger Europas stattfinden kann. Letztendlich ist der Euro an allererster Stelle eine Angelegenheit von uns allen, und dann erst der Banken. Er ist mit Sicherheit die Angelegenheit der Europäer, wie sie uns glücklich sagen. Einige Regierungen sind zurückhaltend, wenn es darum geht Europa Symbole zu verleihen. Aber die Europäer selber haben den Euro als ein Symbol angenommen, das zur Europäischen Union gehört.

Natürlich verwenden wir nicht alle den Euro. Elf von uns haben damit begonnen, und jetzt sind es bereits 16. Wir hoffen, dass weitere hinzukommen. Ich habe aber den Eindruck, dass diese Krise einige Länder der Überlegung näher bringt, der Eurozone beizutreten. Ich denke, das ist der beste Beweis für unseren Erfolg. Europa macht Fortschritte, wie es oft der Fall ist, indem es Effizienz zeigt, und bei dieser Gelegenheit des 10. Jahrestags ist klar erkennbar, dass die Bewertung des Euro zum Großteil positiv ausfällt. Einige Länder, die unschlüssig waren, klopfen nun an die Tore der Eurozone. Wir können sie nur ermutigen, das unter den Bedingungen des Vertrags zu tun, der nie überarbeitet werden musste und dessen nützliche Bestimmungen es Europa ermöglichen, wirtschaftlich und monetär Fortschritte zu machen auf der Grundlage der beiden Säulen der Konsolidierung und der Erweiterung.

Aber der Jahrestag ist auch der Zeitpunkt, um in die Zukunft zu blicken. Der Euro, der in diesen vergangen 10 Jahren an Bedeutung gewonnen hat, muss sich nun für die Entwicklung neuen Bereichen öffnen, nicht, dass wir sie überhaupt nicht beachtet hätten, sondern einfach, weil sie immer noch vor uns sind, was den Fortschritt betrifft.

Im Zusammenhang mit der Kooperation beschrieb Jean-Claude Juncker die Krise, die wir durchleben. Das ist keine normale Situation. In der gegenwärtigen Krise wissen wir alle, dass, wenn wir bei der Wirtschaftsunion Fortschritte gleich schnell wie bei der Währungsunion erreicht hätten, wir heute noch besser dastehen würden. Wir müssen unsere Lehren daraus ziehen. Es ist nicht normal, dass wir uns auf Haushaltsdefizitbilanzen konzentrieren müssen und nicht auf die Höhe der Ausgaben der öffentlichen Hand. Die Regierungen mussten lernen, gemeinsam über ihre Wirtschaftspolitik zu sprechen. Es ist für die Mitgliedstaaten nicht normal, dass sie Gelder zu so unterschiedlichen Zinssätzen aufnehmen müssen, wo sie doch die gleiche Währung und die gleichen von der Europäischen Zentralbank festgesetzten Zinssätze haben.

Das Gleiche gilt für die Aufsicht der Finanzmärkte. Präsident Giscard d’Estaing nannte den Artikel 105(6), der unsere gemeinsame Plattform darstellt und es uns ermöglicht, Fortschritte zu machen. Ich glaube, eine der Lektionen aus dieser Krise ist, dass sie in der Tat aufzeigt, dass die Europäische Zentralbank eine Aufsichtsrolle brauchen wird. Wir möchten nicht die Aufsicht der Finanzmärkte von der makroprudenziellen Aufsicht abkoppeln. Aber um das zu erreichen, müssen auch wir, als politische Anführer, darüber nachdenken, wie wir ein Gleichgewicht herstellen könne. Wenn die Verantwortungen der Europäischen Zentralbank gestärkt werden, muss ihr vorgegeben werden, wie das institutionelle Gleichgewicht insgesamt künftig zu erreichen ist.

Ich möchte eine abschließende Anmerkung zur internationalen Rolle des Euro machen. Ich stimme darin überein, dass wir nicht das übertriebene Privileg fordern dürfen, die Rücklagenwährung zu sein. Es ist aber auch nicht normal, wenn wir 10 Jahre gebraucht haben, um den Euro zu schaffen, und dann 10 Jahre nach dem Übergang zum Euro in der internationalen Arena immer noch passiv sind und die starke Stimme des Euro im Prozess der Wiederherstellung des Gleichgewichts im weltweiten Währungssystem nicht lauter zu hören ist.

Zuletzt glaube ich, dass der Euro viel mehr ist als nur eine Währung. Deshalb ist er eine der großen Angelegenheiten für dieses Parlament. Er ist ein Werkzeug im Dienste unserer Bürger, die eine der schwersten Krisen seit Jahren durchleben. Wir müssen also diese wunderbare Schöpfung, dieses Symbol Europas nutzen, um unseren Bürgern zu helfen, unter den bestmöglichen Bedingungen aus dieser Krise herauszukommen.

 
  
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  Werner Langen, Mitglied des mitberatenden Ausschusses für Wirtschaft und Währung.(DE) Herr Präsident! Zehn Jahre Euro ist in der Tat ein Grund zum Feiern. Wer vor zehn Jahren gesagt hätte, dass sich der Euro so prächtig entwickelt, wie er es getan hat, wäre verspottet worden. Viele haben an diesem Erfolg mitgearbeitet, und ich erinnere mich an viele skeptische Stimmen – von Frühgeburt und nicht überlebensfähigem Projekt ist geredet worden –, und heute wissen wir, dass es eine Vision war, an der viele mitgearbeitet haben. Die Vorredner haben daran erinnert, wer alles daran mitgearbeitet hat, an die Meilensteine, das Europäische Währungssystem, das eine Vereinbarung der Zentralbanken war, Leitkurse zu schaffen, an den Delors-Bericht, der die Einführung der Währungsunion in drei Stufen vorsah, an den Vertrag von Maastricht – nur zwei Jahre nach dem Fall der Mauer –, an die Übergangszeiten – und viele haben daran mitgearbeitet, dass der Euro heute ein so erfolgreiches Projekt geworden ist.

Das Parlament – Frau Berès hat es als Ausschussvorsitzende schon gesagt – hat in diesem Zeitraum, insbesondere von 1994, als die Umsetzung des Vertrags von Maastricht begann, bis zum Jahr 2002, mit der Einführung des Bargelds, an vielen Berichten, Diskussionen, Stellungnahmen und auch Vorschlägen aktiv mitgearbeitet, und ich möchte namentlich den beiden Ausschussvorsitzenden in dieser Zeit, Karl von Wogau und Christa Randzio-Plath, danken, die das Parlament auch nach außen repräsentiert haben und diesem Projekt, das ja ursprünglich von den Regierungen kreiert wurde, die notwendige parlamentarische Begleitung gewährleistet haben. Wir bemühen uns auch heute unter dem Vorsitz von Frau Berès um die gleiche Repräsentanz.

Das Parlament hat am 18. November mit großer Mehrheit einen Bericht angenommen, in dem wir die Erfolge, die Herausforderungen, die Risiken, die Probleme, beschreiben, und ich möchte in Ergänzung zu dem, was Frau Berès gesagt hat, einige wenige Dinge in Erwähnung bringen.

Der Euro ist ein großer Erfolg, und er ist ein einmaliges Projekt: eine zentrale Geldpolitik unter der Führung der Europäischen Zentralbank und eine dezentrale Haushalts- und Finanzpolitik. Es ist wichtig, dass in Zukunft das Scharnier zwischen diesen beiden Verantwortungsebenen der Stabilitäts- und Wachstumspakt auch in Krisenzeiten eingehalten wird. Ohne diesen Stabilitäts- und Wachstumspakt, ohne eine stärkere Koordinierung der Haushalts- und Finanzpolitik erwachsen dem Euro auch in Zukunft Risiken, die wir vermeiden können. Ich appelliere in diesem Zusammenhang insbesondere an die Mitgliedstaaten der Eurozone, aber auch der gesamten Europäischen Union, diese Disziplin, diese koordinierte Zusammenarbeit ernster zu nehmen, als es in der einen oder anderen Frage in der Vergangenheit der Fall war.

Der Euro hat die Inflation erheblich nach unten gedrückt. Er hat damit Vertrauen und Stabilität geschaffen, und er ist in einem Zeitraum, in dem ihm das noch niemand zutraute, zur zweiten Reservewährung geworden. Der Euro hat den Zwang zu Strukturreformen in den Mitgliedstaaten vergrößert und ist damit auch in Zeiten der Globalisierung ein Fitnessprogramm für Unternehmen und für Staaten geworden. Die Institutionen der Eurozone – mehrere meiner Vorredner haben darauf hingewiesen –, der Ecofin-Rat, die Euro-Gruppe, viele andere Institutionen, haben mit der Kommission und der Europäischen Zentralbank zusammen die notwendigen Voraussetzungen geschaffen, weil sie schon funktionierten, weil sie da waren, weil sie unabhängig agierten, um in der Wirtschaftskrise schnell, verlässlich und richtig zu reagieren.

Wir haben den Euro als den Hebel zur Schaffung eines europäischen Finanzmarktes erlebt. Die politische Schlussfolgerung aus diesen gemeinsamen Erfolgen ist, dass Staaten mit gemeinsamer Währung und einem gemeinsamen Binnenmarkt ein einmaliges Integrationsstadium erreicht haben, das Frieden und Wohlstand sichert.

Aber der Euro ist in der Zukunft nicht unbedingt ein Selbstläufer. Es gibt eine Fülle von konkreten Anregungen und Forderungen, dass die Risiken ernst genommen werden müssen: Das Auseinanderdriften der Volkswirtschaften, mit dem bei der Lohnentwicklung und bei den Haushaltsdefiziten eine erhebliche Gefahr verbunden ist, sollte bei einem Jubiläum nicht verschwiegen werden.

Ein völlig anderer Gesichtspunkt ist die unterschiedliche Entwicklung der Zinsen für Staatsanleihen. Wir beobachten jetzt, dass die Zinsspanne, die sicher verringert hat, sich wieder weitet, so dass dort möglicherweise für einzelne Mitgliedstaaten der Eurozone neue Probleme auftauchen.

Ich möchte daran erinnern, dass es insbesondere bei der Erweiterung der Eurozone keine Sonderrabatte geben darf und dass alle Staaten, die Mitglied der Eurozone werden, diese Bedingungen des Vertrags von Maastricht erfüllen müssen und erfüllen können.

Der Euro ist bei den Bürgern angekommen. Er hat sich weltweites Vertrauen erarbeitet. Er hat die erste Bewährungsprobe bestanden und ist ein einmaliger Beitrag zur dauerhaften Integration unserer Völker in Europa. Darauf können wir alle stolz sein. Ich danke Ihnen.

(Beifall)

 
  
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  Jean-Paul Gauzès, im Namen der PPE-DE-Fraktion.(FR) Herr Präsident, Herr Giscard d’Estaing, Herr Juncker, Herr Trichet, Herr Almunia, meine Damen und Herren! Viele gute Dinge wurden bereits gesagt.

In 10 Jahren ist der Euro zu einem starken Symbol für Europa geworden. Schon der Gedanke, dass Europa eine Gemeinschaftswährung schaffen könnte, deren Grundlagen besonders mit der Bremen-Vereinbarung über das Währungssystem 1978 und der Schaffung des ECU gelegt wurden, wäre seinerzeit auf Skepsis der Märkte und der wichtigsten Währungsbehörden außerhalb Europas gestoßen. Wir sollten uns herzlich bei allen Entscheidungsträgern bedanken, deren Namen hier bereits genannt wurden, und wir sollten ihnen gratulieren.

Die Schaffung des Euro ist der beste Beweis, dass Europa in der Lage ist, wenn der politische Wille vorhanden ist, langfristige Entscheidungen für eine gemeinsame und florierende Zukunft zu treffen. Dieser Jahrestag birgt für uns eine besonders passende Botschaft der Hoffnung für die heutigen Zeiten.

Es muss aber auch gesagt werden, dass der Euro von unseren Mitbürgern bis vor Kurzem unterschiedlich wahrgenommen wurde. Für alle Reisenden lagen die Vorteile einer Einheitswährung auf der Hand. Jene, die dies nicht tun, brachten den Euro mit Preissteigerungen in Verbindung. Untersuchungen haben gezeigt, dass in den meisten Ländern Inflation wahrgenommen wurde, selbst wenn die offiziellen Zahlen belegten, dass insbesondere dank der Eingriffe der Europäischen Zentralbank die Währungsstabilität gewährleistet war. Fakt ist, dass manche tatsächlich den Euro nutzten, um Preise aufzurunden, und vielleicht waren die Verbraucher nicht wachsam genug.

Als der Euro im Vergleich zum Dollar gestiegen war, hörten wir auch Kommentare von einigen Herstellern, die zum Großteil in der Eurozone produzieren, aber außerhalb verkaufen. Die Europäische Zentralbank wurde nicht von der Kritik verschont, die sich nicht so sehr auf die Frage der Unabhängigkeit, sonder ihre Zinssatzpolitik bezog, die zu hoch schien.

Heute hat die Krise viele dieser Wahrnehmungen verändert. Wir alle haben verstanden, dass der Euro ein entscheidender Faktor ist, um die Auswirkungen einer aus den Vereinigten Staaten importierten Krise auf Europa zu begrenzen. Die Europäische Zentralbank war mit Sicherheit die aufgeschlossenste Zentralbank. Ihre besonders geeigneten Entscheidungen wurden einstimmig begrüßt. Wie wäre die Situation, wenn die einzelnen Mitgliedstaaten jeweils ihre eigene Währung hätten verteidigen müssen? Abwertungen wären unvermeidbar gewesen und wir hätten eine Währungskrise nicht verhindern können.

Die willkommenen Ergebnisse des Euro müssen uns ermutigen weiter zu machen, die Abstimmung der Wirtschaftspolitiken auszudehnen und die Prinzipien des Stabilitäts- und Wachstumspakts zu achten. Es stimmt, dass gegenwärtig Ausnahmen eventuell akzeptiert werden und werden sollen, aber sie dürfen nur vorübergehend sein, und das Ziel der ausgeglichenen öffentlichen Finanzen muss bestehen bleiben. Gute öffentliche Finanzen und Wirtschaftspolitiken sind langfristig tatsächlich notwendiger denn je. Sie sind Garant für Effektivität, Wettbewerbsfähigkeit und Wachstum. Sie sind die Bedingung für die Stabilität unserer Währung, des Euro.

 
  
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  Robert Goebbels, im Namen der PSE-Fraktion.(FR) Herr Präsident! In diesen Zeiten der Ungewissheit ist es wichtig, die Möglichkeit zu haben, auf etwas mit zuverlässigem Wert zählen zu können: den Euro. Da ich in der Lage war, als Mitglied des Ecofin-Rates während der Vorbereitung der künftigen Gemeinschaftswährung eine gewisse Rolle zu spielen, konnte ich die Zweifel auf beiden Seiten und die Leisetreterei der Mitgliedstaaten sehen, was letztendlich aus der Eurogruppe ein stärkeres Forum für die Zusammenarbeit vor ihrer Zeit machte. Daneben traten zwei der besten Leistungen Europas ein, dank der Entschiedenheit einiger Staaten, die sich engagierten und die Integration zu einer Realität für alle unsere Bürger machten. Ich spreche hier vom Schengen-Abkommen, mit dem die Freizügigkeit der Europäer eingeführt und das auf Initiative von fünf Staaten verwirklicht wurde: Frankreich unter Präsident Mitterrand, Deutschland unter Kanzler Kohl und die Benelux-Länder. Auch die Schweiz ist dem Schengen-Geltungsbereich beigetreten, aber die Briten und Iren sind immer noch abgesondert von diesen Völkern Europas.

Präsident Mitterrand und Kanzler Kohl waren auch die politischen Architekten des Euro, wenngleich viele Menschen diesen Währungserfolg unterstützten, angefangen bei Jacques Delors. Die erste Lehre, die ich daraus ziehen möchte, ist, dass alle, die ein besseres Europa wollen, keine Angst vor zwischenstaatlichen Handlungen haben müssen, insbesondere, wenn es eine Koalition von Staaten gibt, die wirklich wollen, dass Europa vorankommt. Der Prümer Vertrag, mit dem schwere Verbrechen bekämpft werden sollen, ist ein Beispiel für diese positive, verbesserte Kooperation zum Wohle Europas. Jetzt, da der Verfassungsvertrag infolge des negativen Abstimmungsergebnisses einer eigenartigen politischen Koalition, nicht nur in Frankreich, sondern auch in den Niederlanden, tot und begraben ist, und da das unverdauliche Gesetzeswerk unter der Bezeichnung „Mini-Lissabon-Vertrag“ in Irland und möglicherweise auch in der Tschechischen Republik blockiert wird, sollten wir beweisen, dass Europa immer noch funktionsfähig ist, indem wir uns auf einen großen Bereich verbesserter Kooperation stützen.

Auf jeden Fall aber bleibt die Attraktivität des Euro intakt. Nach Slowenien ist gerade auch die Slowakei beigetreten. Andere sind besorgt, weil sie nicht in der Lage sind, den Schutzschild des Euro besser zu nutzen. Selbst im Vereinigten Königreich werden Stimmen laut, welche die starke Isolierung des Landes angesichts des Zusammenbruchs des Pfundes in Frage stellen, dessen Status in weniger als einem Jahrhundert von einer Reservewährung zu einer ganz gewöhnlichen Währung abgerutscht ist. Dank des konsistenten Handelns von Wim Duisenberg, Jean-Claude Trichet und anderen ist der Euro in 10 Jahren zur zweiten Reservewährung in der Welt geworden. Natürlich ist der Dollar immer noch der König bei den weltweiten Transaktionen und stellt weiterhin eine sichere Investition dar. Doch angesichts des mittlerweile enorme Schuldenbergs der Vereinigten Staaten, mit dem erreicht werden sollte, dass die restliche Welt ihren Lebensstil finanziert, werden immer mehr Zweifel bezüglich der Fähigkeit der ersten Wirtschaftsmacht laut, ob sie ihren Verpflichtungen nachkommen kann. Tatsache ist, dass die Welt der Finanzen immer mehr zu einem Euro/Dollar-Duopol tendiert. Alle Währungsduopole durchlaufen regelmäßig Paritätsanpassungen, die oft plötzlich geschehen. In diesen Zeiten einer allgemeinen Rezession braucht die Welt Stabilität und neue Gewissheiten. Dem Euro wird bei dieser neuen Stabilität eine Schlüsselrolle zukommen. Die Europäische Zentralbank (EZB) hat getan, was angesichts der weltweiten Finanzkrise „Made in USA“ zu tun war.

Wie Jacques Delors sagte, der Euro ist der Schild, von dem ganz Europa geschützt wird, aber der Euro hat bislang die europäische Wirtschaft nicht stimuliert. Die EZB ist nur für die Währungspolitik zuständig. Letztendlich ist die Kommission nur ein erstklassiger Berater, der Empfehlungen unterbreitet, die im Allgemeinen nützlich sind, aber die Akteure der Realwirtschaft sind immer noch die Staaten selber, die, leider, desorganisiert agieren. Obwohl die effektive Harmonisierung der zusammengelegten Wirtschaftskraft von 27 Staaten Wunder bewirken könnte, ist die Eurogruppe, trotz der lobenswerten Bemühungen von Jean-Claude Juncker, immer noch eine informelle Diskussionsgruppe. Im Frühjahr 1999 wurde ich Zeuge des Versuchs einiger Finanzminister, darunter Oskar Lafontaine, Dominique Strauss-Kahn, Carlo Ciampi und ein paar andere, innerhalb der Eurogruppe die Wirtschafts- und Währungskooperation zwischen der Europäischen Union und der Europäischen Zentralbank einzurichten. Wim Duisenberg konterte schlagfertig: „Es wird niemals eine Ex-ante-Koordination mit der Europäischen Zentralbank geben, da Sie immer ex-post auf unsere Entscheidungen reagieren werden müssen.“ Der Grund dafür liegt auf der Hand: Die EZB ist bei der Leitung ihrer Währungspolitik unabhängig und wird dies auch bleiben, aber Unabhängigkeit bedeutet nicht das Verbot des konstruktiven Dialogs zwischen Institutionen, die mit der Wahrung der Interessen und gemeinsamen Bestimmung von 500 Millionen Europäern beauftragt sind. Es gibt nichts, was es den Staaten verbieten würde, sich selbst besser zu organisieren, um eine angemessene Koordinierung ihrer Wirtschaftspolitiken zu erreichen, sowohl innerhalb der EU, als auch ganz besonders, wenn sie Europa nach außen vertreten, wie Jean-Claude Juncker mit großem Einfühlungsvermögen soeben als Schlussfolgerung gesagt hat.

 
  
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  Wolf Klinz, im Namen der ALDE-Fraktion.(DE) Meine Herren Präsidenten, Herr Kommissar, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bedaure aufrichtig, dass relativ wenig Kollegen heute dieser Feierstunde beiwohnen, denn sie ist in der Tat so etwas wie ein historisches Ereignis. Wir haben schon von den diversen Vorrednern gehört, wie groß die Skepsis zu Beginn der Einführung des Euro war. Man hat geglaubt, dass wir allein die logistischen Aufgaben, die mit der Einführung von Milliarden von Banknoten und Münzen verbunden sind, nicht würden meistern können und dass man tatsächlich eine gemeinsame Geldpolitik mit einer nach wie vor getrennten Fiskalpolitik in den einzelnen Mitgliedstaaten kombinieren kann, wurde nicht nur als große Herausforderung, sondern schlicht als unrealisierbar verstanden.

Nun, die Fakten sprechen eine andere Sprache. Die Europäische Währungsunion ist ein Faktum. Der Euro existiert heute zehn Jahre. Wir haben so etwas wie ein kleines politisches Wunder, und einmal mehr bewahrheitet sich der Spruch von Walter Hallstein, dem ersten Kommissionspräsidenten: „Wer in europäischen Angelegenheiten nicht an Wunder glaubt, ist kein Realist.“

Die Zweifel der Bürger, die es sicherlich in vielen Mitgliedstaaten schon zu Beginn gegeben hat, die glaubten, mit dem Euro sei eine enorme Verteuerung verbunden, sind inzwischen gewichen. Heute ist der Euro akzeptiert, von vielen Bürgern sogar begeistert angenommen. Er ist so etwas wie ein sichtbares europäisches Identifikationsmittel geworden. Er ist neben Hymne und Fahne eines der wenigen Symbole, die wir heute haben.

Man kann sagen, dass in den ersten Jahren der Existenz der Europäischen Zentralbank Europa und die Wirtschaft Europas in relativ ruhigem Fahrwasser gesegelt sind und es deshalb für die Europäische Zentralbank gar nicht so schwierig war, eine Politik der Stabilität zu verfolgen. Aber immerhin muss man feststellen, dass die durchschnittliche Inflationsrate in den ersten zehn Jahren des Euro bei rund 2 % liegt, also praktisch auf der Zielmarke, die sich die Europäische Zentralbank gesetzt hat, während wir in den fünfzig Jahren des Bestehens der D-Mark, die immer als Leitbild für Stabilität herhalten durfte, eine durchschnittliche Inflation von 3 % hatten, sodass wir von einer guten Leistung der Europäischen Zentralbank sprechen können.

Ihre wahre Stärke, ihre wahre Qualität zeigt sie aber jetzt, im Moment der Krise. Hier spielt sie eine enorm wichtige Rolle. Sie erweist sich als unabhängig, effizient und selbstbewusst, und sie handelt entschlossen und schnell. Sie ist zu einem Beispiel für manche Zentralbank geworden – in Europa in den Ländern, die noch nicht der Eurozone angehören, aber auch außerhalb Europas. Sie zeigt dem Fed in den USA ganz deutlich, dass sie eine erfolgreiche Politik machen kann, nicht obwohl sie unabhängig ist, sondern gerade weil sie politisch unabhängig und nicht an Weisungen der diversen Regierungen gebunden ist.

Nun wissen wir, dass im Moment, nachdem der Bankensektor in den einzelnen Mitgliedstaaten einen Rettungsschirm bekommen hat, die Mitgliedstaaten darangehen, diverse Konjunkturprogramme zu entwickeln, um auch die negativen Auswirkungen der Finanzkrise auf die Realwirtschaft abzufedern. Das wird die Europäische Zentralbank vor erneute Herausforderungen stellen, denn hier besteht die Gefahr, dass es durch die Unterschiedlichkeit der Ansätze zu Wettbewerbsverzerrungen kommt und dass die Konvergenz, die wir zum Teil schon zwischen den Mitgliedern der Eurozone erreicht hatten, verloren geht und wir zunehmend divergente Entwicklungen haben. Hier kommt es darauf an gegenzusteuern. Deswegen ist es so entscheidend und wichtig, dass der Stabilitäts- und Wachstumspakt nicht durchlöchert und aufgegeben wird, sondern dass wir im Gegenteil darauf achten, dass er seine Gültigkeit behält. Deswegen ist es auch so wichtig, dass notwendige Strukturreformen, die die Kommission und die EZB in der Vergangenheit immer wieder gefordert haben, in den einzelnen Mitgliedstaaten tatsächlich weiterhin verfolgt werden.

Eine neue Aufgabe wird in den nächsten Jahren auf die Europäische Zentralbank zukommen. Die Krise hat uns gelehrt, dass wir so etwas wie eine europäische Aufsicht über den Finanzmarkt brauchen. Hier kann die Europäische Zentralbank eine große Rolle spielen. Sie hat grundsätzlich ihre Bereitschaft signalisiert, analog zum Europäischen System der Zentralbanken so etwas wie ein zentrales europäisches Aufsichtssystem einzuführen. Die internationale Rolle des Euro muss weiter gestärkt werden. Die Eurozone sollte mit einer Stimme sprechen und bei internationalen Organisationen wie dem Währungsfonds und der OECD auch zentral einheitlich auftreten können.

Eines gilt nach wie vor: Eine gemeinsame Währung ohne gemeinsame fiskale Wirtschaftspolitik ist und bleibt ein riskantes Unterfangen. Das ist keine Petitesse. Große Herausforderungen liegen darüber hinaus vor der EU. Wir haben eine hohe, leider Gottes wieder steigende Arbeitslosigkeit, wir haben einen demografischen Wandel, wir haben Migrationsdruck, zunehmende Armut mancher Schichten und einen erhöhten Wettbewerb im Zuge der Globalisierung. Die Eurozone kann diese Herausforderungen nur bewältigen, wenn die Wirtschaftspolitiken der Mitgliedstaaten stärker verzahnt werden. Die Ernennung eines Präsidenten der Eurozone war ein erster Schritt in diese Richtung, aber eben nur ein erster Schritt. Weitere müssen folgen.

 
  
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  Cristiana Muscardini, im Namen der UEN-Fraktion.(IT) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Nach 10 Jahren zeigen der zunehmende Raum, den sich der Euro im internationalen Handel geschaffen hat, und seine Verwendung als Reservewährung, dass er zu einem weltweiten Bezugspunkt geworden ist. Er hat die Währungsstabilität sichergestellt und geholfen, die Wirtschaften der Mitgliedstaaten, die ihn eingeführt haben, zu integrieren, und das trotz einiger Einschätzungsfehler, die für die Bürger zu Problemen geführt haben, sowohl auf Grund der tatsächlichen Wechselkurse zwischen den nationalen Währungen und dem Euro als auch wegen der wenigen danach erfolgten Prüfungen der Preise von Waren und Dienstleistungen.

Der Euro wurde nicht als externe Verpflichtung und ohne irgendwelche Eroberungskriege oder politischen Hegemonien auferlegt. Er ist die Konsequenz des freien Zusammenkommens von 11 Regierungen, die an die Schaffung einer Wirtschafts- und Währungsunion glaubten, wie sie in den Verträgen enthalten war, als wesentlicher Schritt im Versuch, die politische Union zu erreichen, die leider immer noch nicht in unserer Reichweite liegt.

Einige der aufgetretenen Probleme sind auf Effizienzmängel in einem System zurückzuführen, das nicht vorbereitet war auf das damit einhergehende große Phänomen vorbereitet war. Ich spreche hier über die immer schneller werdende Internationalisierung und die großen Veränderungen bei der Abwicklung des Handels auf internationaler Ebene. Der Euro hat es möglich gemacht, einer Reihe von Schwierigkeiten Paroli zu bieten, wobei die größte die gegenwärtige Finanzkrise ist, und hat uns vor den großen Belastungen geschützt, die die Märkte aufgewühlt haben. Wäre es nicht wegen des Euro gewesen, hätten sich die Erfahrungen aus dem Jahr 1992 wiederholt, aber schlimmer.

An diesem 10. Jahrestag begrüßen wir herzlich den Beitritt der Slowakei als 16. Land, das sich der Eurozone anschließt. Die von der Europäischen Zentralbank (EZB) und der Kommission ergriffenen Maßnahmen zum Kampf gegen die gegenwärtige Krise haben als Dämpfer und eine Art der Begrenzung gewirkt, aber wir vertreten weiterhin, wie schon so oft in dieser Kammer, die Haltung, dass wir es als unvorstellbar halten, eine von der Wirtschaftspolitik losgelöste Währungspolitik zu haben. Zugegeben, die gegenwärtige Lage ist in gewissem Maß anormal: 16 Mitgliedstaaten mit Gemeinschaftswährung, 27 nationale Wirtschaftspolitiken, die nach bestem Können von der Kommission koordiniert werden, und 11 Mitgliedstaaten mit nationalen Währungen.

Die Koordinierung einer Währungspolitik mit einer Wirtschaftspolitik, die faktisch nicht existiert, ist mit Sicherheit kein Meisterwerk, wenn aber die in unseren Ländern für Wirtschaftspolitik verantwortlichen Institutionen mit den Zentralbanken und der EZB, denen die Aufgabe zukommt, alle diese Politiken zusammenzuziehen, nicht kommunizieren, und umgekehrt, werden für die Europäische Union neue Schwierigkeiten auftreten, wenn es darum geht, sich gemeinschaftlich der gegenwärtigen Krise und den kontinuierlichen Herausforderungen, die von der externen Welt und der Globalisierung zu uns nach Hause gebracht werden, zu stellen.

Wir hoffen, dass die jüngsten Erfahrungen die Menschen von der Notwendigkeit überzeugen, sich den Veränderungen in Europa zu stellen, die Realwirtschaft wieder in das Zentrum zu bringen und eine bessere Kohäsion und Verbindung zwischen der EZB und den europäischen Institutionen, die für die Ausarbeitung der politischen und Planungsstrategie verantwortlich sind, sicher zu stellen. Die erst kürzlich eingetretene Energiekrise hat uns auch gezeigt, dass eine gemeinsame Wirtschaftspolitik bei den wichtigsten strategischen Angelegenheiten von überlebenswichtigem Interesse für die Allgemeinheit ist und nicht länger aufgeschoben werden darf. Liegt der politische Wille vor, wird die Einführung einer solchen Politik durch die zunehmende Stärke des Euro erleichtert.

 
  
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  Alain Lipietz, im Namen der Verts/ALE-Fraktion.(FR) Herr Präsident, Herr Giscard d’Estaing, Herr Juncker, Herr Trichet, Herr Kommissar, meine Damen und Herren! Ich möchte Sie daran erinnern, als im Jahr 1992, als es noch vollkommen unklar war, ob die Franzosen für den Maastricht-Vertrag stimmen würden, Jacques Delors auf dem Parteitag der französischen Grünen sprach, die in der Lage waren, die fehlenden 1 % oder 2 % aufzubringen.

Er sagte uns: „Stimmen Sie für den Euro, dann werden wir ein politisches Europa haben, denn, wenn wir kein politisches Europa schaffen, um Europa zu kontrollieren, werden die Menschen es nicht akzeptieren; sie werden es niemals akzeptieren.“ Er konnte uns nicht überzeugen. Der Maastricht-Vertrag wurde angenommen, aber es wurde kein politisches Europa geschaffen. Das ist das allergrößte Problem, dem wir uns heute zu stellen haben.

Warum waren wir seinerzeit gegen den Euro? Es gab im Wesentlichen zwei Gründe dafür. Erstens, es hatte für uns den Anschein, dass die Maastricht-Kriterien Europa mindestens fünf Jahre lang in eine prozyklische rezessive Politik reißen würde, und zweitens, die Art und Weise, in der nach dem Maastricht-Vertrag die Währungspolitik in die allgemeine Wirtschaftspolitik integriert wurde, war nicht zufrieden stellend. Um der Unabhängigkeit der Europäischen Zentralbank Willen sollte die Währungspolitik von den übrigen Politiken getrennt werden.

Ich muss ehrlich zugeben, dass, selbst wenn ich – gleich wie die anderen Grünen – auch heute noch nicht vom Maastricht-Vertrag überzeugt bin, halte ich die gesetzlichen Veränderungen und die Anwendung der Wirtschafts- und Währungsunion für relativ anziehend.

Drei große Veränderungen sind eingetreten. Erstens, die Preisstabilität hat sich auf einem geringfügig unter 2 % liegenden Niveau eingependelt. Dieses Ziel scheint ein wenig absurd. Zu einem Zeitpunkt, an dem die Welt von Deflation bedroht ist und die Lage durch den Trend einiger Länder verschlimmert wird, übereilt ihren Umsatzsteuersatz als Teil einer Keynes´schen Politik zu senken, liegt es auf der Hand, dass dieses Ziel von 2 % nicht länger nur ein Aushängeschild ist. Wenn es uns nicht gelingt, dieses Ziel von 2 % einzuhalten, laufen wir Gefahr, dass uns tatsächlich sehr hoch ansteigenden Zinssätzen auferlegt werden.

Die zweite Hauptreform ist natürlich die Reform des Stabilitäts- und Wachstumspakts aus dem Jahr 2005, die es uns heute erlaubt, eine Politik zu verfolgen, die antizyklisch ist und deren Ziel der Kampf gegen die Krise ist.

Die dritte große Veränderung ist der Wandel, wie die Dinge in der Praxis funktionieren. Der permanente Dialog, von dem in dieser Kammer wieder einmal von den Herren Trichet, Almunia, Juncker und Barroso gesprochen wurde, verstößt im engsten Sinn gegen den Maastricht-Vertrag an sich. Für mich ist diese Art der Kooperation zwischen Herrn Trichet und Herrn Almunia, zum Beispiel, das Pendant zu der zwischen Herrn Bernanke und Herrn Paulson, was eine positive und wünschenswerte Entwicklung darstellt. Was ist dann also zu tun? Ich würde sagen, alles, was wir brauchen, ist die angemessene Anwendung der guten Aspekte des Maastricht-Vertrags.

Wir haben ein echtes Problem bei der Festlegung des Wechselkurses, worauf meine Vorredner bereits mehrmals eingegangen sind. Die Aufgabe, den Wechselkurs festzulegen, wurde dem Rat übertragen. Wir müssen Mittel finden, um sicher zu stellen, dass der Rat einen Wechselkurs für Europa festlegt, der sich nicht willkürlich von dem von der Europäischen Zentralbank zufällig gewählten Zinssatz ableitet, sondern der eine Industriepolitik widerspiegelt. Wir müssen die geeigneten Instrumente dafür finden.

Zweitens ist der Zweck der Europäischen Zentralbank nicht nur, die 2 % einzuhalten, sondern Europas Politik anzuwenden, und darunter verstehe ich die Lissabon- und Göteborg-Strategie. Wir brauchen eine Politik zur Refinanzierung und Rediskontierung privater Verbindlichkeiten durch die Europäische Zentralbank im Sinne der Göteborg- und Lissabon-Strategie.

Zuletzt, wie bereits gesagt wurde, ist eine Aufsicht auf europäischer Ebene erforderlich, wofür die Europäische Zentralbank optimal positioniert ist.

 
  
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  Ilda Figueiredo, im Namen der GUE/NGL-Fraktion. – (PT) Es ist schade, dass wir diese Gelegenheit nicht für eine eingehende Prüfung der Folgen der Durchsetzung von neoliberalen und monetaristischen Politiken – unter dem Vorwand des Euro – vornehmen, die an der gegenwärtigen schweren sozialen Situation und zunehmenden Ungleichheit, Arbeitslosigkeit, prekären und schlecht bezahlten Arbeit und Armut beteiligt sind.

Es ist inakzeptabel, dass wir an ideologischen Dogmen, wie der Preisstabilität und den irrationalen Kriterien des Stabilitäts- und Wachstumspakts, festhalten, die als Vorwand verwendet werden, um Privatisierungen durchzusetzen und dem Staat die Verantwortung für soziale Aufgaben abzunehmen. Dieser Ansatz beinhaltet auch die Vorstellung des Minimalstaates und der größeren Effizienz der privaten Wirtschaft, mit dem Ziel, die Akzeptanz der so genannten Lohnmäßigung durchzusetzen, die in der Tat zu geringen Steigerungen der Nominallöhne und sogar der Senkung der Reallöhne führt, wie der Fall Portugals leider eindeutig zeigt.

Wir können nicht der falschen Unabhängigkeit der Europäischen Zentralbank zustimmen, die sich bei den Entscheidungen zur Senkung der Zinssätze Zeit lässt und den Euro überbewertet hält, nur um die Länder mit den am stärksten entwickelten Wirtschaften und mächtigsten Wirtschafts- und Finanzkonzernen zu schützen, wodurch das Elend der zerbrechlicheren Wirtschaften und der Menschen mit weniger Finanzmitteln verschlimmert wird.

Diese Politik der Europäischen Zentralbank hat zum Rückgang der europäischen Wirtschaft geführt und eindeutig die Notwendigkeit aufgezeigt, die Leitzinssätze weiter zu senken. Gleichzeitig haben mit dem Schwinden der Kaufkraft der Arbeiter, Rentner und Pensionäre in den letzten 10 Jahren die Gewinne der Wirtschafts- und Finanzkonzerne den höchsten Stand seit 30 Jahren erreicht, was zu Freude und Zufriedenheit geführt hat, wie wir in dieser Kammer gehört haben. Selbst jetzt, in der Krisensituation, die sie verursacht haben, verstaatlichen sie die Schäden, um dann die Gewinne zu privatisieren, während die Arbeiter, Kleinst- und Kleinunternehmer, Rentner und Arbeitslosen die Folgen der Krise zu tragen haben, im besten Fall mit Anrecht auf nur ein paar Krümel. Betrachten Sie doch, was im Finanzsektor geschieht, in dem bestimmte Banken ihre Gewinnspannen seit Beginn der Finanzkrise mehr denn je gesteigert und die erhobenen Margen in nur einem Jahr verdoppelt haben und somit neue Kredite noch stärker benachteiligen.

Deshalb bestehen wir auf der dringenden Notwendigkeit eines richtigen Bruchs mit diesen neoliberalen und monetaristischen Politiken, die Beendigung des Stabilitätspakts, der Steuerparadise und der falschen Unabhängigkeit der Europäischen Zentralbank. Deshalb bestehen wir auf der Notwendigkeit, den EU-Haushalt auf der Grundlage einer gerechten Verteilung von Einnahmen und Wohlstand deutlich zu erhöhen, damit es eine echte Politik der wirtschaftlichen und sozialen Kohäsion geben kann. Wir lehnen Maßnahmen ab, die nur mehr des Gleichen bedeuten, mit anderen Worten, „rette dich selber, wenn du kannst“, wodurch die Reichen noch reicher und die Armen noch ärmer werden, wie die zunehmenden Ungleichheiten und Disparitäten der Wirtschaften in der Eurozone untereinander eindeutig gezeigt haben.

Deshalb bestehen wir auf der Notwendigkeit, die Produktion der Mikro-, kleinen und mittelgroßen Unternehmen zu unterstützen, die Qualität der öffentlichen Dienste zu fördern; die Kreditvergabe zu erleichtern und die Kaufkraft der Familien zu verbessern, und nicht nur für die am stärksten Benachteiligten, sondern auch für die Mittelklasse, um mehr Arbeitsplätze zu schaffen und die Armut und Misere von Millionen Menschen in unseren Ländern zu verringern.

 
  
  

VORSITZ: GÉRARD ONESTA
Vizepräsident

 
  
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  Nigel Farage, im Namen der IND/DEM-Fraktion. – Herr Präsident! Genießen Sie den 10. Geburtstag des Euro, denn ich zweifle stark daran, dass Sie auch den 20. feiern werden. Was wir heute Vormittag hier gesehen haben, waren Reminiszenzen aus alten Sowjetzeiten. Erinnern Sie sich, als bekannt gegeben wurde, die Fünf-Jahres-Pläne seien ein Erfolg, oft bevor sie überhaupt eingeführt waren, mit großen Reden über Rekordernten und wunderbare Produktionszahlen von Traktoren? Ähnlich wie seinerzeit wurden wir heute Vormittag von einer Abfolge von nicht gewählten, alternden Bürokraten behandelt, die uns erzählten, was für ein toller Erfolg das alles gewesen sei. Das sind alles nur Wahnvorstellungen.

Der Gedanke, dass die EZB gute Arbeit geleistet hat, ist außerordentlich. Es war im vergangen Juli, als die Europäische Zentralbank die Zinssätze anhob, genau zu dem Zeitpunkt, als die Märkte einzubrechen begannen und die Zinssätze in der restlichen Welt gesenkt wurden. Das überrascht mich natürlich nicht, denn der Euro ist nur eine politische Sache, die den Menschen in Europa ihren Willen auferlegt. Erinnern Sie sich daran, dass nur zwei Länder – Dänemark und Schweden – ein Referendum über den Euro abhielten und beide „Nein“ sagten, das kleine Wort, dass Sie, wann immer möglich, zu vermeiden suchen.

Die Eurozone wurde nie geprüft, aber das kommt bald. Spanien hat Wirtschaftsprobleme. Italien, wie deutsche Wirtschaftler seinerzeit sagten, hätte nie dem Euro beitreten sollen, aber die Situation in Griechenland ist meiner Meinung nach das Thema, dem wir unsere Aufmerksamkeit widmen sollten. Tausende junge Menschen gehen auf die Straße und demonstrieren, fordern von ihrer Regierung, dass sie etwas unternimmt, fordern von ihrer Regierung die Senkung der Zinssätze, fordern von ihrer Regierung eine Abwertung. Aber die griechische Regierung ist in der Zwangsjacke des Euro gefangen. Sie kann nichts tun. Künftige Neuwahlen in Griechenland können nichts tun, um die Lage zu ändern. Wird den Menschen die Fähigkeit genommen, an den Wahlurnen ihre eigene Zukunft selber zu bestimmen, dann, fürchte ich, wird die Gewalt zur einzigen logischen Alternative.

Was Sie mit diesem Euro getan haben, ist die Menschen in ein wirtschaftliches Gefängnis einsperren. Sie haben die Menschen in einen Völkerkerker gesperrt, aus dem man nur mit sehr viel Mut herauskommt. Es bedarf einer Führung oder möglicherweise des unabwendbaren wirtschaftlichen Zusammenbruchs. Sie können Buh rufen oder verhöhnen, aber bedenken Sie Eines: Großbritannien war am Rande des Euro in der Lage, eine Abwertung vorzunehmen, war in der Lage, die Zinssätze zu senken. Wir waren in der Lage, die Dinge zu machen, die zu tun waren. Verhöhnen Sie das, wenn Sie wollen, aber, haben Sie gemerkt, dass auf den Anleihenmärkten heute Morgen die griechischen Anleihen um 233 Basispunkte höher gehandelt werden als die deutschen Anleihen? Ich weiß, dass die meisten unter Ihnen in diesem Saal nicht einmal wissen, was das bedeutet, und jene, die es tun, werden sich bemühen, es zu ignorieren. Sie können den Kopf weiterhin in den Sand stecken, wenn Sie möchten. Sie können die Märkte ignorieren, wenn Sie wollen, aber gleichzeitig werden die Märkte Sie nicht ignorieren.

 
  
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  Roger Helmer (NI). - Herr Präsident! In den letzten 200 Jahren hat es mindestens ein halbes Dutzend Versuche gegeben, Einheitswährungen oder Mechanismen für feste Wechselkurse zu schaffen. Alle sind fehlgeschlagen, alle haben den Beteiligten geschadet, und das gilt auch für den Euro. Die von den Skeptikern lang vorhergesagten Unausgewogenheiten beginnen in das Gewicht zu fallen. Die italienische Wettbewerbsfähigkeit ist zerschossen. Die spanische Erfahrung ist wie ein Stier bei einem Stierkampf: Stolz und stark am Anfang, aber am Ende im Sand verblutend. Die jüngsten Unruhen in Griechenland stehen eindeutig mit der Arbeitslosigkeit im Zusammenhang, die aus dem überbewerteten Euro resultiert. Der Unterschied zwischen den griechischen und deutschen Anleihen hat ein noch nie da gewesenes Niveau erreicht – über 200 Basispunkte.

Die Märkte spekulieren auf das Zerbrechen des Euro. Wir in Großbritannien können dem Himmel danken, dass wir unsere eigene Währung erhalten haben und nicht Teil des Zugunglücks in Zeitlupe der Eurozone sind. Alles Gutes zum Geburtstag, Euro!

 
  
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  Der Präsident. – Die Aussprache ist geschlossen.

Schriftliche Erklärungen (Artikel 142)

 
  
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  Richard Corbett (PSE), schriftlich. Der zehnte Jahrestag der Abstimmung über den dem Parlament im Namen des Ministerrats von Gordon Brown (damals Ratspräsident) unterbreiteten Vorschlag, die Wechselkurse auf dem Stand jenes Tags zu fixieren und den Euro zu schaffen, ist eine Gelegenheit, um zehn Jahre Erfolg, Stabilität und Stärke des inzwischen zu einer der beiden weltweit führenden Währungen gewordenen Euro zu feiern.

Die gegenwärtige Wirtschaftskrise wäre durch Unruhen auf den Währungsmärkten nur noch schlimmer geworden, wenn wir immer noch die Peseta, Lira, Drachme usw. als getrennte Währungen hätten, die untereinander wild fluktuieren. Der Euro ist ein Fels der Stabilität für seine Mitglieder, wie es das gegenteilige Schicksal von Island und Irland gezeigt hat.

Der Jahrestag ist auch eine Gelegenheit, darüber zu debattieren, ob die langfristige wirtschaftliche Zukunft Großbritanniens in der Euro-Mitgliedschaft liegt. Natürlich kommt Großbritannien kurzfristig außerhalb des Euro zurecht, aber mit der Zeit werden wir Verluste hinnehmen müssen: Unsere Unternehmen sind auf dem europäischen Markt auf Grund der Wechselkosten und der Sicherungskosten, die für ihre Konkurrenten auf diesem Markt nicht bestehen, behindert. Die ausländischen Investoren auf den europäischen Märkten werden es bevorzugen, sich in die Zone mit der größeren Währung zu begeben und nicht in die der kleineren.

 
  
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  Konstantinos Droutsas (GUE/NGL), schriftlich.(EL) Die feierliche Sitzung des Europäischen Parlaments zum Anlass des 10. Jahrestags der Wirtschafts- und Währungsunion (WWU) in Zeiten einer schweren Krise des kapitalistischen Systems folgt wiederholten Entschließungen und Berichten des Europäischen Parlaments zum gleichen Thema und stellt einen weiteren Versuch dar, die Pille der Politik gegen die breite Masse, gegen die Arbeiter der EU zu versüßen, die, nach dem Niedergang des Sozialismus, zum Maastricht -Vertrag und seinem allgemeinen Angriff auf die Rechte und Freiheiten der Arbeitnehmer überging.

Die WWU, die Gründung der Europäischen Zentralbank und die Einführung des Euro sind notwendige Glieder in der Kette der kapitalistischen Umstrukturierungen, die vom Kapital vorangetrieben werden, um sich selbst vor den Forderungen der Arbeitnehmer zu schützen und ihre Renditen zu sicheren, indem sie die Ausbeutung der Arbeiter- und Bauernklasse weiter erhöhen.

Die Argumente der Preisstabilität, Senkung der Inflation und des Schutzes der Wirtschaften vor Gefahren und Krisen haben sich als abgedroschen erwiesen. Die WWU schützt die Gewinne der Monopole und erleichtert die Privatisierungen und Verschmelzungen.

In diesem vergangenen Jahrzehnt haben die Arbeiter mit anschauen müssen, wie ihre Einnahmen zusammenschmolzen, sich die industriellen Beziehungen verschlechterten, ihre Versicherungsrechte entschwanden und sich die Gesundheits- und Bildungsdienste verschlechterten und zu privatisierten Waren wurden.

Die Arbeiter lehnen die europäische Einbahnstraße und deren Unterstützer ab, ebenso wie die Lissabon-Strategie und den Lissabon-Vertrag. Sie kämpfen gegen die WWU und die EU selber für die Macht und die Wirtschaft der breiten Masse.

 
  
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  Zbigniew Krzysztof Kuźmiuk (UEN), schriftlich.(PL) Im Rahmen der Debatte über den Euro möchte ich auf drei negative Aspekte hinweisen.

Erstens, ab dem Zeitpunkt der Einführung des Euro, d. h. von 2002 bis einschließlich 2007, haben sich die drei Mitgliedstaaten, die nicht der Eurozone angehörten (England, Schweden und Dänemark) schneller entwickelt als die Länder in der Eurozone. Das Bruttosozialprodukt wuchs gegenüber der Eurozone durchschnittlich um fast das Doppelte, und die Arbeitslosenquote war niedriger.

Zweitens, der Kampf gegen die Auswirkungen der gegenwärtigen Finanz- und Wirtschaftskrise ist in diesen Ländern deutlich effektiver als in der Eurozone. Die Zentralbanken von England, Schweden und Dänemark senkten sehr schnell und klar die Zinssätze, während sie die Liquidität der kommerziellen Banken sicherstellten. Es scheint auch, dass die in diesen Ländern verfolgte Steuerpolitik sich als effektiver erweisen wird, als die der Eurozone.

Drittens, neue Mitgliedstaaten, die sich auf den Beitritt zur Eurozone vorbereiten, müssen bereits zwei Jahre vor dem Beitritt zahlreiche monetäre und steuerrechtliche Kriterien erfüllen. Einige dieser Kriterien stehen in gegenseitigem Widerspruch, wie beispielsweise die Auflage der Teilnahme am WKM-II-System – und somit die Verpflichtung, den Wechselkurs der nationalen Währung zum Euro innerhalb eines Fluktuationsbandes von ±15 % zu halten – und gleichzeitig eine niedriger Inflation zu erreichen. Gegen den Abwertungsdruck auf die nationale Währung zu wirken beinhaltet Eingriffe der Zentralbanken im Sinne größere Beträge der nationalen Währung in Umlauf zubringen, was natürlich den Inflationsdruck erhöht. Da die Kommission neue Mitgliedstaaten ermutigen möchte, sollte sie in Betracht ziehen, diese offensichtlichen Inkonsistenzen auszuräumen.

 
  
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  Sirpa Pietikäinen (PPE-DE), schriftlich.(FI) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die europäische Wirtschafts- und Währungsunion begann am 1. Januar 1999. 11 EU-Mitgliedstaaten führten zu diesem Zeitpunkt die gemeinsame Währung ein. Der Euro wurde am 1. Januar 2009 zehn Jahre alt. Gleichzeitig kam die Slowakei als 16. Euroland hinzu.

Genau wie Herr Juncker in seiner Rede vor dem Parlament besagte, ist der Euro unzweifelhaft ein „Anker der Stabilität“. Diese Tatsache mussten die Länder, die aus der Eurozone draußen gelassen wurden, schmerzlich feststellen.

Wenn auch der 10. Jahrestag des Euro von der Sorge einer möglichen Verschärfung der Rezession überschattet wird, vertraue ich auf die Fähigkeit der Eurozone, die Krise zu überwinden. Dazu sind allerdings beachtliche Anstrengungen seitens der Union erforderlich. Nach den letzten Schätzungen werden die Wirkungen des vereinbarten Impulspakets deutlich niedriger sein als die für die Region geplanten 1,5 % des Bruttoinlandsprodukts. Laut aktuellen Schätzungen werden sie ungefähr bei 0,6 % liegen. Ein weiterer Impuls ist notwendig.

Der Euro ist ein nicht in Frage gestellter Erfolg, den es aber ohne die kontinuierlichen Anstrengungen nicht gegeben hätte. Jetzt müssen wir Europas Rolle bei der Aufsicht der Finanzmärkte stärken. Wir müssen die Grundprinzipien und Kriterien der Wirtschafts- und Währungsunion aufrechterhalten.

 
  
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  Zita Pleštinská (PPE-DE), schriftlich.(SK) Am 1. Januar 2009 ist der Euro zur offiziellen Währung der Slowakei geworden. Seit diesem Tag erscheint das Doppelkreuz auf den drei Hügeln der slowakischen Fahne auch auf den Ein- und Zwei-Euromünzen, die in der gesamten Eurozone in Umlauf gebracht wurden.

Dieser Tag war für die Slowakei ein historisches Datum, und die Slowaken sind sehr stolz darauf, das erste Land des früheren sozialistischen Blocks zu sein, das den Euro in diesem symbolträchtigen Jahr des 10. Geburtstags der Eurozone einführt.

Ich freue mich sehr, dass die gegenwärtige slowakische Regierung die Verpflichtung von Mikuláš Dzurinda unterzeichnet hat, dessen Kabinett im Herbst 2004 einen Plan für den Austausch der Krone durch die europäische Währung verabschiedete und Anfang 2009 als Zieldatum vorgab.

Hier im Forum des EP scheint es auch passend, dem slowakischen Volk zu danken, denn es war der Protagonist bei den anspruchsvollen „Dzurinda-Reformen“, die die Slowakei bewahrten und ihr halfen, ein erfolgreiches europäisches Land zu werden.

Seit dem 1. Januar 2009 verbindet der Euro jeden Tag die Menschen der Slowakei mit der Union.

Auf Wiedersehen Krone, willkommen Euro.

 
  
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  Nicolae Vlad Popa (PPE-DE), schriftlich.(RO) Die Einführung der europäischen Gemeinschaftswährung vor 10 Jahren kennzeichnete das Ende eines Prozesses, dessen Auswirkungen weit über die Wirtschaft hinausgehen. Der Abschluss des Prozesses der Wirtschafts- und Währungsunion belegte das Engagement der Mitgliedstaaten zur Wahrung der wirtschaftlichen und politischen Einheit der EU.

Der Erfolg des Euro stellt deshalb den Erfolg des Aufbauprozesses einer Entität dar, die zur Förderung der europäischen Werte auf internationaler Ebene und als Bestätigung der Europäischen Union als Hauptakteur in den Geschäfts- und Finanzbeziehungen innerhalb der weltweiten Wirtschaft konzipiert war.

Ich glaube, dass die Vorteile der Einführung des Euro, zu denen auch die volkswirtschaftliche Stabilität, eine deutliche Verringerung der Preisfluktuationen, die Förderung der Schaffung von Arbeitsplätzen und die Unterstützung der Produktivitätssteigerung gehören, und die sich allesamt auf die verstärkte Widerstandsfähigkeit gegen externe Einflüsse stützen, sämtliche Bemühungen der neuen Mitgliedstaaten rechtfertigen, ganz besonders von Rumänien, um so bald wie möglich die Konvergenzkriterien zu erfüllen und Mitglied der Eurozone zu werden.

 
  
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  Richard Seeber (PPE-DE), schriftlich.(DE) Seit Inkrafttreten des Euro am 1. Januar 1999 hat sich die Europäische Währung in vielfacher Hinsicht als großer Stabilitätsfaktor für die Wirtschaft der Union erwiesen. Die einheitliche Währung ist zunächst ein Motor für den europäischen Austausch. Der Wegfall der Wechselkurse in den Euroländern ist ein wichtiger, greifbarer Vorteil für den Bürger und begünstigt die Mobilität der Bevölkerung innerhalb der Union.

Neben den offensichtlichen Vorteilen erwies sich der Euro auch als Anker in der Finanzkrise. Nur eine große Währung, die von vielen Mitgliedstaaten und Volkswirtschaften getragen wird, kann die dramatischen Auswirkungen der Wirtschaftseinbrüche auffangen. Durch die Währungsunion können auf internationaler Ebene makroökonomische Hebel angesetzt werden und aktiv Antworten auf die Finanzkrise gegeben werden.

Schließlich ist der Euro aber auch ein Symbol für die europäische Einigung und den langen Weg, den die Europäer schon gemeinsam gegangen sind. Die Währungsunion ist der logisch nächste Schritt der Wirtschaftsunion und soll auch weiterhin den Weg bereiten für eine umfassende europäische Integration.

 
  
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  Iuliu Winkler (PPE-DE), schriftlich.(RO) Vor fast einem Jahr, als wir den 10. Jahrestag der Gründung der Europäische Zentralbank (EZB) und der Wirtschafts- und Währungsunion (EMU) begingen, betonten wir die Tatsache, dass „die in den zehn Jahren ihres Bestehens erzielten Ergebnisse ein voller Erfolg der WWU sind“.

Ich halte diese Beurteilung für sehr angemessen, da ich absolut von der Bedeutung der Solidarität überzeugt bin, welche die Mitgliedstaaten bei ihrem gemeinsamen Handeln an den Tag legen müssen, um die Auswirkungen der Finanzkrise zu bekämpfen und die negativen Folgen der weltweiten Wirtschaftskrise abzuschwächen. Europa befindet sich in der prekärsten wirtschaftlichen Situation seit Ende des Zweiten Weltkriegs. In diesem Klima muss das Begehen des 10. Jahrestags der Euro-Einführung unsere Aufmerksamkeit wieder auf die großen europäischen Integrationsprojekte lenken.

Die Einführung der europäischen Gemeinschaftswährung und die Schaffung der WWU waren gemeinschaftliche Entscheidungen, die über die Harmonisierung und Solidarität auf der Grundlage der europäischen Werte getroffen wurden. Diese Art von Haltung brauchen wir auch dieses Jahr, um Maßnahmen im Kampf gegen die Finanzkrise zu finden und erfolgreich zu verwirklichen. Die Wettbewerbsfähigkeit Europas konnte in der Eurozone aufrechterhalten und in den Mitgliedstaaten, die sich für den Eintritt in die Eurozone vorbereiten, noch erhöht werden. Daneben müssen die unterschiedlichen Interessen der Mitglieder der WWU als zweite Priorität die gemeinschaftlichen Wirtschaftsinteressen der EU bestimmen.

 
  
  

VORSITZ: MARTINE ROURE
Vizepräsidentin

 
  
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  Die Präsidentin. – Als nächster Punkt folgt die Abstimmungsstunde.

(Einzelheiten zum Ergebnis der Abstimmung: siehe Protokoll)

 

6. Abstimmungsstunde
Video der Beiträge

6.1. Abkommen EG/USA über die Zusammenarbeit bei der Regelung der Sicherheit der Zivilluftfahrt (A6-0468/2008, Paolo Costa) (Abstimmung)

6.2. Gemeinsame Handelsregelung für Eieralbumin und Milchalbumin (kodifizierte Fassung) (A6-0510/2008, Diana Wallis) (Abstimmung)

6.3. Gemeinsames Steuersystem für Fusionen, Spaltungen, Abspaltungen, die Einbringung von Unternehmensteilen und den Austausch von Anteilen, die Gesellschaften verschiedener Mitgliedstaaten betreffen, sowie für die Verlegung des Sitzes (kodifizierte Fassung) (A6-0511/2008, Diana Wallis) (Abstimmung)

6.4. Sprachenregelung für Rechtsmittel gegen die Entscheidungen des Gerichts für den öffentlichen Dienst der Europäischen Union (A6-0508/2008, Costas Botopoulos) (Abstimmung)

6.5. Handels- und Wirtschaftsbeziehungen mit den Ländern des westlichen Balkans (A6-0489/2008, Bastiaan Belder) (Abstimmung)

6.6. Gemeinsame Agrarpolitik und weltweite Ernährungssicherheit (A6-0505/2008, Mairead McGuinness) (Abstimmung)

6.7. Dialog mit den Bürgern im Rahmen des Vertrags von Lissabon (A6-0475/2008, Genowefa Grabowska) (Abstimmung)
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  Christopher Beazley (PPE-DE). - Frau Präsidentin! Es scheint, dass wir jetzt relativ viele namentliche Abstimmungen haben werden, was für jemanden wie mich etwas ärgerlich ist, weil die Geräte nicht funktionieren. Könnte ich deshalb für alles „Ja“ verzeichnen lassen und einen Techniker herbitten?

 

6.8. Umsetzung, Anwendung und Durchsetzung der Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken im binnenmarktinternen Geschäftsverkehr und der Richtlinie 2006/114/EG über irreführende und vergleichende Werbung (A6-0514/2008, Barbara Weiler) (Abstimmung)

6.9. Die GFP und der Ökosystemansatz beim Fischereimanagement (A6-0485/2008, Pedro Guerreiro) (Abstimmung)

6.10. Nachhaltiger Einsatz von Pestiziden (A6-0443/2008, Christa Klaß) (Abstimmung)

6.11. Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln (A6-0444/2008, Hiltrud Breyer) (Abstimmung)

6.12. Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW) (Neufassung) (A6-0497/2008, Wolf Klinz) (Abstimmung)

6.13. Die öffentlichen Finanzen in der WWU 2007-2008 (A6-0507/2008, Donata Gottardi) (Abstimmung)
  

***

 
  
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  Reinhard Rack (PPE-DE).(DE) Frau Präsidentin! Ich habe folgende Bitte: Wenn hier feierliche Sitzungen stattfinden, steht immer eine Kamera inmitten der Sitze. Da ist es für die Kameraleute nicht immer ganz einfach, hier zu arbeiten; es ist aber auch für die Abgeordneten ein Problem, wenn dort, wo man arbeiten will, eine Kamera steht. Könnte man dann nicht die Sitzordnung entsprechend ändern, wenn man diese Kamera hier haben will? Ansonsten sollte man sich eine technisch bessere Lösung einfallen lassen.

 
  
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  Die Präsidentin. – Wir werden die zuständigen Behörden fragen.

 
  
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  Christopher Heaton-Harris (PPE-DE). - Frau Präsidentin! Während der Abstimmung habe ich versucht, einen Parlamentsdiener herzurufen, um Erklärungen zu meinem Stimmverhalten abzugeben, aber da Sie die Abstimmung so glänzend geleitet haben und wir so schnell durchgegangen sind, war es einem Parlamentsdiener nicht möglich, bis zu mir vorzudringen. Ich habe hier ein Papier und bitte darum, zwei mündliche Erklärungen zur Abstimmung über die Berichte McGuinness und Breyer abgeben zu dürfen. Ich würde es sehr schätzen, wenn Sie es mir erlauben würden.

 
  
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  Avril Doyle (PPE-DE). - Frau Präsidentin! Ich bitte ebenso um die gleiche Nachsicht. Mein Antrag ist schon auf dem Weg zu Ihnen.

 

7. Stimmerklärungen
  

Mündliche Stimmerklärungen

 
  
  

- Bericht: Bastiaan Belder (A6-0489/2008)

 
  
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  Carlo Fatuzzo (PPE-DE).(IT) Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Es ist für mich eine große Freude, in dieser großen parlamentarischen Kammer mit Mitgliedern aus allen unseren 27 Mitgliedstaaten sprechen zu dürfen. Ich habe selten die Möglichkeit, mir vor so vielen Menschen Gehör zu verschaffen.

Bei dieser Gelegenheit ist es meine Aufgabe, meine Stimme für den Bericht von Herrn Belder über Handels- und Wirtschaftsbeziehungen mit den westlichen Balkanstaaten zu erklären. Ich bin absolut dafür, dass die Europäische Union es diesen Balkanstaaten so leicht wie möglich macht, der Europäischen Union beizutreten. Ich bin der Ansicht, dass es wichtig ist, die wirtschaftlichen Beihilfen höher anzusetzen als gegenwärtig vorgesehen, und dass wir es ermöglichen sollten, die Verknüpfungen zwischen den Balkanstaaten und Europa zu verbessern, den Fremdenverkehr zu entwickeln und es allen, jungen und alten, Balkanbürgern gestatten sollten, ein besseres Leben zu führen als bisher.

 
  
  

- Bericht: Mairead McGuinness (A6-0505/2008)

 
  
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  Marian Harkin (ALDE). - Frau Präsidentin! An erster Stelle möchte ich nur daran erinnern, dass ich bei dem McGuinness-Bericht auf den falschen Knopf gedrückt habe. Tatsächlich unterstütze ich den McGuinness-Bericht über Ernährungssicherheit komplett – aber ich werde das mit den Diensten später klären.

Ich stimme besonders in dem Punkt überein, dass wir die GAP anpassen müssen, um den Besorgnissen der Ernährungssicherheit gerecht zu werden, und dem Umstand, dass die Land- und Viehwirte ein stabiles politisches Umfeld benötigen, um für die Zukunft planen zu können. Wir können keine Gewissheit haben, aber wir benötigen sicher eine angemessene Stabilität.

Außerdem bin auch ich der Meinung, dass der Markt alleine nicht in der Lage ist, den Erzeugern sichere Einkünften zu bieten, und fordere eine detaillierte Bewertung der Auswirkungen, insbesondere etwa hinsichtlich der Ernährungssicherheit. Wenn wir die konkreten EU-Vorschläge betrachten, zum Beispiel beim Pflanzenschutz, benötigen wir auch hier eine detaillierte Bewertung der Auswirkungen, und wir müssen die Ernährungssicherheit berücksichtigen, wenn wir diese Bewertung vornehmen.

 
  
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  Mairead McGuinness (PPE-DE). - Frau Präsidentin! Ich möchte meinen Kollegen für die Befürwortung dieses Berichts und Marian Harkin für ihre unterstützenden Worte danken.

Der Bericht beinhaltet eine klare Aussage zur Sichtweise dieses Hauses bezüglich der Agrarpolitik, nicht nur auf europäischer Ebene, sondern weltweit. Er fordert insbesondere – und das ist wichtig – eine Umorientierung der Agrarpolitik in der entwickelten Welt mit Unterstützung für jene, die in der Lage sind, Lebensmittel vor Ort zu erzeugen. Ich bin der Ansicht, 1 Milliarde Euro, die die Europäische Union für diesen Zweck aufwenden wird, ist ein Schritt in die richtige Richtung.

Natürlich habe ich meinen eigenen Bericht unterstützt. Ich glaube, er ist ein Entwurf für die Zukunft im Sinne dessen, wie dieses Haus die Landwirtschaft betrachtet. Während die Debatte über Ernährungssicherheit von der politischen Tagesordnung verschwunden ist, bleibt das Problem der 30 000 Kinder, die jeden Tag verhungern.

 
  
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  David Sumberg (PPE-DE). - Frau Präsidentin! Ich danken Ihnen, dass Sie mir die Gelegenheit geben, zu erklären, warum ich mich bei dem McGuinness-Bericht der Stimme enthalten habe. Der Bericht konzentriert sich auf einen sehr wichtigen Aspekt der Europäischen Union, nämlich dass es absolut unumgänglich ist, die Lebensmittelversorgung für jene sicher zu stellen, die verhungern oder nicht angemessen mit Lebensmitteln versorgt werden. Dagegen kann niemand sein, und ich mit Sicherheit auch nicht. Das Problem bei diesem Bericht ist jedoch meiner Meinung nach, dass er die gemeinsame Agrarpolitik betrachtet und sich darauf bezieht, und nicht den Fakt behandelt, dass die Reform und weiterführende Reformen dieser Politik dringend notwendig sind.

Sie dient weder den Menschen in Europa, noch den britischen Landwirten. Solange diese Last nicht von den europäischen Steuerzahlern genommen wird, werden wir Probleme haben. Ja, die Ziele des Berichts sind richtig, aber ich fürchte, dass er ernsthaft dabei versagt, das Kernproblem anzugehen.

 
  
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  Czesław Adam Siekierski (PPE-DE).(PL) Ich unterstütze umfassend die Mehrheit der Vorschläge und Aussagen des McGuinness-Berichts, der vor ein paar Momenten verabschiedet wurde. Plötzliche Fluktuationen bei den Lebensmittelpreisen werden auf dem Weltmarkt immer häufiger auftreten, und das wird sich negativ auswirken.

Die Preisanstiege werden am stärksten von Familien mit niedrigem Einkommen wahrgenommen, die einen großen Anteil ihres Budgets für Lebensmittel ausgeben. Es sind genau diese Menschen, die Hilfe verdienen: die Bedürftigsten, sowohl in den Entwicklungsländern als auch in der Europäischen Union. Ich stimme darin zu, dass die gemeinsame Agrarpolitik an die neuen Bedingungen angepasst werden muss, um die Probleme der Ernährungssicherheit besser anzugehen. Deshalb müssen wir gegen die Aufgabe von Instrumenten zur Verwaltung der Märkte und die Minderung der EU-Ausgaben für Landwirtschaft im künftigen Finanzrahmen stimmen.

Die Idee, ein internationales Organ einzurichten, das die Agrarpreise und Erzeugungsfaktoren unter Aufsicht der Organisation für Ernährung und Landwirtschaft beobachtet, ist gut, um diese Daten weltweit zu überwachen und in der Lage zu sein, schnell auf Fluktuationen zu reagieren. Ich denke, die Einführung eines weltweiten Systems zur Lagerung von Lebensmittellieferung sollte ebenfalls in Betracht gezogen werden.

 
  
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  Syed Kamall (PPE-DE). - Frau Präsidentin! Ich danke Ihnen für die Gelegenheit zu erklären, warum auch ich mich bei diesem Bericht der Stimme enthalten habe.

Ich glaube, die meisten Menschen in dieser Kammer, gleich welchem politischen Spektrum sie angehören, stimmen darin überein, dass die Ernährungssicherheit ein enorm wichtiger Punkt ist. Das Problem ist, dass wir uns nicht einig sind, was Ernährungssicherheit ist. Für viele von uns bedeutet Ernährungssicherheit sicher zu stellen, dass es ausreichend Lebensmittel für die Menschen auf der Welt gibt – gleich woher sie kommen. Für andere ist sie ein Vorwand für Protektionismus. Ernährungssicherheit bedeutet für sie nur Lebensmittel, die in der EU für Europäer erzeugt werden. „Lokale Erzeugung“ ist ein Ausdruck, denn ich oft zu hören bekomme. Ich höre, wie Menschen den Vorwand der Ernährungssicherheit nutzen, um Einfuhren aus der übrigen Welt draußen zu halten und damit die hochwertigen Exporte verdammen, die aus vielen der ärmsten Länder der Welt stammen, und noch mehr Landwirte in ärmeren Ländern zur Armut verurteilen.

Zu sagen, eine gemeinsame Agrarpolitik sollte der Eckpfeiler für Ernährungssicherheit sein, ist eine verblüffende Aussage, die abgeschmettert werden muss.

 
  
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  Christopher Heaton-Harris (PPE-DE). - Frau Präsidentin! Ich pflichte bei dieser Angelegenheit den Anmerkungen meines exzellenten Kollegen Herrn Syed Kamall bei. Ich habe mich der Stimme enthalten, weil es meine Partei für diesen Bericht so beschlossen hat, aber alle wissen, dass die Ernährungssicherheit ein sehr wichtiges Thema für uns alle ist, und deshalb irritiert mich die Art und Weise, wie diese Angelegenheit hier behandelt wird.

In diesem konkreten Bericht – von dem ich glaube, dass wir alle dafür gestimmt haben – benennen wir das Problem, das wir gerade dabei sind, für uns selber zu schaffen, indem wir für die Pflanzenschutzmittel-Richtlinie gestimmt haben. Wir haben soeben die europäische Ernährungssicherheit untergraben. Ungefähr drei Minuten später stimmten wir für diesen Bericht, mit dem wir im Grunde sicherstellen, dass unsere Landwirte nicht in der Lage sein werden, künftig genug Lebensmittel für unseren Kontinent zu erzeugen. Ich halte das für bizarr. Es ist eine Schande, dass niemand sonst einige der Berichte zu lesen scheint, die hier durchgehen.

 
  
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  Avril Doyle (PPE-DE). - Frau Präsidentin! Eine der größten Sorgen und einer der Schlüssel im Zusammenhang mit der weltweiten Ernährungssicherheit ist, eine ausreichende und nachhaltige Erzeugung und letztendlich die Ernährungssicherheit in der so genannten entwickelten Welt, wie hier in der EU, sicher zu stellen, damit wir unsere Erzeugungsüberschüsse exportieren können und nicht mit uns selber auf den Weltmärkten für Lebensmittel konkurrieren und dadurch die Preise in Regionen hochtreiben, die nicht das Klima, das Know-how und die erforderlichen Investitionen besitzen, um ihre eigenen Lebensmittel zu erzeugen.

Wir müssen mit unserer Politik sehr vorsichtig sein, um zu gewährleisten, dass wir nicht nur die Umwelt betreffend, sondern auch weltweit auf die Notwendigkeit einer nachhaltigen Lebensmittelerzeugung reagieren.

 
  
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  Peter Baco (NI). (SK) Ich habe für den Bericht über die gemeinsame Agrarpolitik und globale Ernährungssicherheit gestimmt, weil er Angelegenheiten behandelt, die ich immer wieder im Europäischen Parlament als vorrangige Themen eingebracht habe.

Im ersten Punkt geht es um die Senkung der Erzeugungskosten, was zu einer größeren weltweiten Wettbewerbsfähigkeit führt. Im zweiten Punkt wird die Verringerung der Volatilität der Lebensmittelmärkte angesprochen, insbesondere durch die Erhöhung der Bestände. Im dritten Punkt geht es darum, dem Rückgang der sozialen Bedeutung der Landwirtschaft Einhalt zu gebieten, indem die Bevölkerung verstärkt auf ihre einmalige und unersetzbare Rolle hingewiesen wird. Der vierte Punkt befasst sich damit, dass die willkürlichen Operationen der gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) beendet werden müssen, indem eine systematische Organisation der Politik verwirklicht wird, mit Schwerpunkt auf langfristigen Zielen. Mit dem fünften und letzten Punkt soll der landwirtschaftliche Niedergang in den neuen Mitgliedstaaten gestoppt werden, der durch die diskriminierenden Prinzipien der GAP entsteht, während die Nutzung des brachliegenden landwirtschaftlichen Potenzials in diesen Ländern, den neuen Mitgliedstaaten, gefördert werden soll.

 
  
  

- Bericht: Genowefa Grabowska (A6-0475/2008)

 
  
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  David Sumberg (PPE-DE). - Frau Präsidentin! Hier kommen wir zum Kern der gesamten Europäischen Union. Wir beschließen hier mehr Geld, um zu versuchen, die Allgemeinheit zu überzeugen, für den missratenen Lissabon-Vertrag zu stimmen. Sobald den Bürgern in der Republik Irland die Gelegenheit gegeben wurde, stellten sie absolut klar, dass sie ihn nicht wollen, und wenn die Menschen in Großbritannien die Gelegenheit bekämen – und sie sollten sie bekommen, denn es wurde ihnen bei den letzten Parlamentswahlen von der Labour-Regierung versprochen – würden sie auch mit überwältigender Mehrheit diesen Vertrag ablehnen.

Die Botschaft muss laut und klar in der Europäischen Union zu hören sein. Sie lautet: Die Menschen wollen ihn nicht. Die Menschen wollen nicht mehr Kontrolle aus Brüssel und Straßburg. Die Leute wollen ihre eigenen Regierungen und ihre eigenen gesetzlichen Bestimmungen, um die Entscheidungen zu treffen, die sie betreffen. Bis diese Botschaft ankommt, werden wir noch mehr Geld der Steuerzahler ausgeben, um die Menschen an den Wahlurnen zu zwingen, unter dem Vorwand, dass man sie tatsächlich überzeugen will, ihre Meinung zu ändern. Sie werden es aber nicht tun.

 
  
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  Marian Harkin (ALDE). - Frau Präsidentin! An erster Stellte möchte ich sagen, dass dies hier ein ausgezeichneter Bericht ist. Wir sprechen immer davon, die EU ihren Bürgern näher zu bringen und dass das EU-Projekt nicht ohne Beteiligung der EU-Bürger vorankommen kann.

Es gibt zwei Arten von Demokratie: die repräsentative, die wir in diesem Haus haben, und die partizipative, um die es in diesem Bericht geht. Es ist aber wichtig zu verstehen, dass der Dialog mit den Bürgern in beide Richtungen geht. Er ist wechselseitig. Deshalb müssen die von den Bürgern dargelegten Sorgen und Ideen von den EU-Institutionen berücksichtigt werden. Ich glaube, wir haben ein ausgezeichnetes Beispiel dafür mit einer Million Unterschriften für Erwerbsunfähigkeit und das Dokument, über das wir gegenwärtig in diesem Parlament debattieren.

Ich stimme mit dem letzten Redner überein, denn ich bin der Überzeugung, dass wir, wenn wir den Lissabon-Vertrag durchbringen, die Chance haben werden, die Annäherung der EU an die Bürger viel bedeutsamer zu gestalten. Unsere Rolle in diesem Haus besteht darin, sicher zu stellen, dass der Lissabon-Vertrag, wenn er angenommen wird, effektiv funktioniert.

 
  
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  Daniel Hannan (NI). - Frau Präsidentin! Der Titel dieses Bericht ist schon viel sagend: „Perspektiven für die Entwicklung des Dialogs mit den Bürgern im Rahmen des Vertrags von Lissabon“. Es macht nichts, dass man anscheinend dieses Haus immer wieder daran erinnern muss, dass der Lissabon-Vertrag nicht in Kraft ist. Er wurde in seinen verschiedenen Fassungen dreimal von 55 % der französischen Wähler, 62 % der niederländischen Wähler und 54 % der irischen Wähler abgelehnt.

Konzentrieren Sie sich lieber auf den Teil des Titels aus dem Ministerium für Liebe von Orwell „Perspektiven für die Entwicklung des Dialogs mit den Bürgern“. Es kann natürlich sein, dass nicht in den Sprachgebrauch der Europäischen Union eingeweihte normaler Wähler diese Wort nicht so verstehen, wie wir es in diesem Haus tun, im Sinne von: einen neuen Propagandaetat schaffen, um zu versuchen, die Leute davon zu überzeugen, dass sie ihre Meinung ändern sollen.

Ich muss sagen, dass nicht einmal der gesamte Eurobestand der Europäischen Zentralbank reichen würde, um die Menschen von einer an sich schon schlechten Idee zu überzeugen.

Für einen Dialog sind per Definition zwei Seiten notwendig. Die EU muss in der Lage zu sein, sowohl zu empfangen als auch zu senden. Das bedeutet, für den Vertrag ein Referendum abzuhalten. Pactio Olisipiensis censenda est!

 
  
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  Syed Kamall (PPE-DE). - Frau Präsidentin! Ich danke Ihnen dafür, dass Sie mir die Gelegenheit geben, zu erklären, wie ich bei diesem Bericht gestimmt habe.

Als ich den Titel des Berichts las, „Dialog mit den Bürgern im Rahmen des Vertrags von Lissabon“ erinnerte er mich an einen Satz von Mahatma Gandhi. Als er nach der westlichen Zivilisation gefragt wurde, sagte er, „das wäre eine gute Idee“. Deshalb dachte ich, als ich diesen Titel „Dialog mit den Bürgern im Rahmen des Vertrags von Lissabon“ las, „das wäre doch wirklich eine gute Idee“. Wenn wir nur einen Dialog mit den Bürgern hätten. Wenn wir nur einen Dialog in beide Richtungen hätten. Einer der Vorredner sagte, dass Dialog auf jeden Fall ein Prozess in zwei Richtungen sei, wenn wir aber die Organisationen der Zivilgesellschaft betrachten, die geschaffen wurden, um den Lissabon-Vertrag zu fördern, sehen wir nur Organisationen, die sich umfassend zur Förderung dieses im Wesentlichen undemokratischen Vertrags einsetzen. Wie viele Organisationen, die gegen den Vertrag sind, erhalten Mittel oder dürfen gefördert werden? Es gibt keinen gegenseitigen Dialog, und deshalb werden ihn die Bürger der EU ablehnen, wenn ihnen die Gelegenheit geboten wird und sie nach dem Lissabon-Vertrag gefragt werden.

 
  
  

- Bericht: Pedro Guerreiro (A6-0485/2008)

 
  
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  Syed Kamall (PPE-DE). - Frau Präsidentin! Ich danke Ihnen allen in dieser Kammer für Ihre Geduld. Ich wollte über dieses Thema sprechen, aber ich habe heute zu viel zu sagen. Ich bin so begeistert von all den Abstimmungen, die heute in dieser Kammer stattgefunden haben. Ein Ja zur gemeinsamen Fischereipolitik. Und ein „Ja, lassen Sie uns über nachhaltige Entwicklung sprechen“ – aber diese beiden Aspekte sind von Natur aus widersprüchlich. Will man eine nachhaltige Fischereipolitik haben, muss man die Eigentumsrechte und marktbasierten Lösungen betrachten. Sehen Sie sich die Länder an, in denen die Fischer Rechte besitzen, die veräußert und von einer Generation auf die nächste weitergegeben werden können. Das ist der beste Weg, um sicherzustellen, dass wir nachhaltige Fischbestände haben, nicht irgendwelche künstlichen, kommunistischen Methoden mit zentral geplanter Fischerei. Deshalb erleben wir die große Erschöpfung der Fischbestände und werden am Schluss alle leiden.

 
  
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  Die Präsidentin. – Wir unterbrechen jetzt die Sitzung. Nach der feierlichen Sitzung fahren wir mit den Stimmerklärungen fort.

 
  
  

VORSITZ: HANS-GERT PÖTTERING
Vizepräsident

 

8. Feierliche Sitzung - Lettland
Video der Beiträge
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  Der Präsident. − Herr Präsident der Republik Lettland, sehr geehrter Valdis Zatlers! Es ist uns allen eine sehr große Freude, Sie heute zum ersten Mal im Europäischen Parlament begrüßen zu dürfen. Zunächst möchte ich Ihnen herzlich dafür danken, dass Sie die Einladung des Europäischen Parlaments angenommen haben, heute – am gleichen Tag, an dem wir auch den zehnten Geburtstag unserer gemeinsamen Währung, des Euro, feiern – als Präsident Ihres Landes, eines noch jungen Mitglieds der Europäischen Union, zu uns zu sprechen. Es ist auch in jeder Weise eine Premiere, denn es war das erste Mal, dass die europäische Hymne zur Begrüßung eines Staatsgastes hier im Plenum des Europäischen Parlaments gespielt wurde.

(Beifall)

Erlauben Sie mir, anlässlich Ihres Besuches heute noch einmal auf die historische Bedeutung der im Jahr 2004 durchgeführten Erweiterung der Europäischen Union hinzuweisen. Mehr als 60 Jahre hat es gedauert, um Ihr Land an das freie und demokratische Europa wieder heranzuführen und unseren Kontinent zu vereinen.

Wir leben heute in Frieden, Freiheit und Demokratie. Unsere Bürgerinnen und Bürger genießen Perspektiven, von denen unsere Vorfahren nur hätten träumen können. Und wir müssen und dürfen uns darüber von Herzen freuen.

Doch heute steht die Europäische Union vor neuen und großen Herausforderungen. Auch die Menschen in Lettland haben dies ganz deutlich zu spüren bekommen, beispielsweise durch die Finanzkrise, die auch Ihr Land, Herr Präsident, stark getroffen hat. Aber auch die Gas-Krise zwischen Russland und der Ukraine gibt nicht nur den Bürgerinnen und Bürgern Lettlands zu Recht Anlass zur Sorge.

Gerade in Zeiten der Krise zeigt sich der Wert der Mitgliedschaft in einer Europäischen Union, die auf dem Prinzip der Solidarität zwischen ihren Völkern beruht. Gerade in dieser Zeit der Krise spüren wir alle die Bedeutung der Gemeinschaft und der Zusammenarbeit zwischen unseren Ländern und den europäischen Institutionen.

Gemeinsam sind wir stärker, gemeinsam können wir besser unsere Interessen und Werte weltweit verteidigen. Auch deshalb wünscht sich das Europäische Parlament ein baldiges Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon, der der Europäischen Union eine stärkere Handlungsfähigkeit zur Bewältigung dieser großen Herausforderungen verleiht.

In diesem Zusammenhang sind auch die im Juni dieses Jahres stattfindenden Wahlen zum Europäischen Parlament von großer Bedeutung. Denn gemeinsam – in einer demokratischen Europäischen Union mit einem in fast allen Bereichen mitentscheidenden Europäischen Parlament – wollen wir die Erfolgsgeschichte des europäischen Friedens- und Einigungsprojektes vorantreiben.

Ich hoffe sehr, dass sich die Bürgerinnen und Bürger Lettlands – sowie aller anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union – dieser Bedeutung ihrer Stimme als europäischer Mitentscheidungsmöglichkeit bewusst werden und in diesem Sinne zahlreich an den kommenden Wahlen zum Europäischen Parlament teilnehmen werden.

Herr Präsident, es ist mir eine große Freude, Sie jetzt zu bitten, zum Europäischen Parlament zu sprechen. Nochmals herzlich willkommen im Europäischen Parlament!

(Beifall)

 
  
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  Valdis Zatlers, Präsident von Lettland.(LV) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich danke dem Präsident für seine freundlichen einführenden Worte und seine Einladung, vor den gewählten Vertretern der Nationen Europas zu sprechen. Ich fühle mich geehrt, weil mir diese Gelegenheit geboten wird. Mit großer Freude wende ich mich an das Europäische Parlament in meiner Muttersprache, insbesondere, weil Lettisch nun seit fünf Jahren eine der Amtssprachen der Europäischen Union ist. Ich spreche zu Ihnen heute, zu einem Zeitpunkt, an dem die Amtszeit der ersten in Lettland gewählten Mitglieder des Europäischen Parlaments zu Ende geht. Ich danke Ihnen, dass Sie ihren Aufgaben mit Auszeichnung nachgekommen sind.

Liebe Freunde! Dieses Jahr 2009 ist für Lettland sehr bedeutungsvoll. Es ist jetzt fünf Jahre her, dass Lettland der Europäischen Union und der NATO beigetreten ist. Die Mitgliedschaft in diesen internationalen Organisationen war für Lettland nach der Wiederherstellung der Unabhängigkeit im Jahr 1991 ein strategisches Ziel. Lettland drückte eindeutig seinen Willen aus, sich an den europäischen und transatlantischen Wirtschafts- und Sicherheitsstrukturen zu beteiligen. Die Erweiterung der Familie der demokratischen Nationen Europas im ersten Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts stellte die dynamischsten Veränderungen in Europa seit der Gründung der Europäischen Union dar. Es waren bedeutungsvolle Veränderungen. In die europäischen Strukturen wurden Nationen eingegliedert, die lange Zeit zwangsweise von ihnen getrennt gewesen waren, auch wenn die Werte im Herzen der Europäischen Union historisch auch in diesen Nationen verwurzelt sind.

Am 18. November letzten Jahres feierte Lettland den 90. Jahrestag seiner Ausrufung. Dieser Jahrestag war für unsere Bürger von großer Bedeutung. Erneut wurde unser unerschütterlicher Wille bestätigt, in einer unabhängigen, freien und demokratischen Nation zu leben. Im Protokoll der Proklamation der Republik Lettland aus dem Jahr 1918 steht geschrieben: „Alle Bürger sind unabhängig von ihrer ethnischen Herkunft, aufgerufen, ihre Unterstützung zu bieten, damit alle Menschenrechte in Lettland gewahrt werden. Es soll eine demokratische und gerechte Nation werden, in der es keinen Platz für Unterdrückung und Unrecht gibt ...“ Ich bin sehr stolz auf diese Worte. Dreißig Jahre vor Verabschiedung der Allgemeinen Menschenrechtserklärung erklärte die Republik Lettland ihre Treue für die eigenen Grundwerte und -prinzipien.

Lettland hat sich immer zu Europa zugehörig gefühlt, selbst während der langen Zeit, in der Lettland und andere mittel- und osteuropäische Nationen an einen Staat gebunden waren, in dem viele Werte durch eine besondere ideologische Brille betrachtet wurden. Friede herrschte unter den Nationen des Ostblocks, aber es war der Friede eines Gefängnishofs. Er wurde mit der Präsenz von Panzern, Repression und Bedrohungen erreicht. Vergangenes Jahr, meine Damen und Herren, wurden Sie und ganz Europa durch den Film von Edvīns Šnore „A Soviet Story“ an die unmenschliche und totalitäre Ideologie erinnert. Wir haben eine gemeinsame Geschichte, aber unsere Schicksale waren unterschiedlich. Man muss in die Vergangenheit zurückblicken, um sich gegenseitig zu verstehen und gemeinsam in die Zukunft zu schauen. Deshalb möchte ich dem Europäischen Parlament für die am 22. September letzten Jahres verabschiedete Erklärung danken, den 23. August zum Europäischen Tag des Gedenkens an die Opfer von Stalinismus und Nazismus zu erklären. Diese Erklärung erinnert die Völker Europas an diese tragischen Ereignisse in der Geschichte Lettlands und ganz Europas.

Heute möchte ich die jüngere Geschichte betrachten. Dieses Jahr ist es fünf Jahre her, dass Lettland Mitglied der Europäischen Union und der NATO wurde. Wie war diese Zeit für Lettland? Was hat unsere Nation dazu gewonnen? Was hat unsere Nation erreicht und welche Herausforderungen liegen noch vor uns? An erster Stelle sei gesagt, die Aspiration Teil Europas zu werden förderte die Festigung der Demokratie in unserer Gesellschaft und leistete einen Beitrag zur Entwicklung der demokratischen Institutionen. Mit unserem Beitritt zur Europäischen Union signalisierte Lettland seine Entschlossenheit zu seiner eigenen Zukunft, seine Entschlossenheit, seine Zukunft auf einer europäischen Identität und auf unseren gemeinsamen Werten zu begründen: Freiheit und Demokratie, Verantwortlichkeit, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte, Gleichstellung, Toleranz und Wohlstand. Zweitens, die Mitgliedschaft in der Europäischen Union hat das Klima für Investitionen in Lettland verbessert. Das „europäische Geld“, wie wir allgemein die Strukturfonds der Europäischen Union nennen, haben einen wesentlichen Beitrag zur Entwicklung der lettischen Wirtschaft geleistet. Drittens, wir kommen in den Vorzug des Privilegs der Freizügigkeit für Personen. Uneingeschränkte Reisen in die Schengen-Länder sind üblich und selbstverständlich geworden; es ist absolut natürlich geworden, in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union zu lernen, zu arbeiten und Erfahrungen zu sammeln. Viertens, die Freizügigkeit für Waren und Dienstleistungen hat neue Geschäftsgelegenheiten eröffnet. Jeder Unternehmer und Verbraucher kann in einem freien Umfeld ohne Grenzen und ohne Zollabgaben operieren. Für uns, als Land mit einem kleinen Inlandsmarkt, ist das besonders wichtig. Fünftens, und das ist von allem das Wichtigste, die Stimme Lettlands ist in Europa zu hören und die Stimme Europas in der ganzen Welt. Wir können stolz darauf sein, dass uns ein so einmaliger Mechanismus für die Zusammenarbeit zur Verfügung steht. Er ermöglicht es uns, zusammen aktiv nach Lösungen für die globalen Herausforderungen, den Klimawandel und die demographischen Veränderungen, die Verbesserung der Energiesicherheit, die Migrationsprobleme zu suchen und dies im Fall von Finanzkrisen auf weltweiter Ebene zu tun. Lettland verfügt jetzt über neue politische und wirtschaftliche Instrumente, aber auf der anderen Seite ist auch die Verantwortung unserer Nation für die gemeinsame Zukunft Europas, eine Verantwortung allen Menschen in Europa gegenüber, deutlich größer geworden ist.

Blickt man auf das von uns Erreichte zurück, müssen wir auch kritisch sein mit den eigenen Fehlern, die wir begangen haben. Nach dem Beitritt zur Europäischen Union verfiel die lettische Regierung in ein Gefühl von „gut gemacht“; sie hatte ihr Ziel erreicht. Wir hatten nicht gemerkt, dass wir erst am Anfang und nicht am Ende des Prozesses standen. Die Europäische Union bietet große Chancen, aber jede Nation und jede Gesellschaften muss sie selber ergreifen. Wir in Lettland haben nicht alle Chancen wahrgenommen; wir haben nicht immer klug die Kohäsionspolitik umgesetzt oder die finanziellen Gelegenheiten genutzt, die uns geboten wurden. Unsere staatlichen Institutionen mussten erst lernen, in der Europäischen Union zu leben. Wir waren nicht entschlossen genug den Euro einzuführen; das war einer unserer größten Fehler im Rahmen des Prozesses der Euro-Integration, was heute unter den Umständen der Finanzkrise offensichtlich ist.

Aber selbst die entschiedensten Euroskeptiker mussten einräumen, dass die Mitgliedschaft Lettlands in der Europäischen Union insgesamt positiv war. Gibt es jemanden in Lettland, der zu einem Europa zurückkehren will, in dem es Zollbarrieren zwischen den Nationen gibt? Nein! Gibt es jemanden, der an der Grenze in einer Schlagen warten möchte, um in ein Nachbarland zu kommen? Nein! Gibt es jemanden, der in eine Welt zurück möchte, in der die Freizügigkeit der Arbeitnehmer, ihre Ausbildung- und ihre Einnahmemöglichkeiten eingeschränkt sind? Natürlich nicht! Selbst die Euroskeptiker gewöhnten sich schnell an die guten Dinge und wurden einfach zu Skeptikern.

Meine Damen und Herren! Die Verschlechterung der Lage im Finanzsystem und der Wirtschaft in den letzten Monaten hat die Rolle und Bedeutung der nationalen Regierungen im Rahmen der Wirtschaftsprozesse unwiderruflich verändert. Bis jetzt konnten sich die Finanzmärkte mit großer Freiheit entwickeln. Wir ließen uns davon überzeugen, dass die Gesetze des Marktes selber effizient genug seien, um die wirtschaftliche Entwicklung zu fördern. Wir glaubten, der Markt alleine würde allen Dingen ihren Platz zuweisen. Und das ist auch geschehen. Der Markt regelt sich selber. Was wir auf Grund dieser weltweiten Krise aber sehen ist, dass unsere Finanzsysteme und unsere Wirtschaften unter diesem Markt leiden. Das Wichtigste ist, dass echte Menschen unter der Krise leiden. Die Ereignisse Ende letzten Jahres haben gezeigt, dass die nationalen Regierungen im Wirtschaftsprozess auf jeden Fall eine aktivere Rolle übernehmen müssen. Der frühere Ansatz, am Steuerrad der Wirtschaft einzunicken, war verantwortungslos. Leider sind wir zu spät aufgewacht. So spät, dass wir das Hindernis – den Finanzmorast – auf der Straße vor uns zwar noch erspähen, aber nicht mehr umfahren konnten.

Unter diesen Umständen bedarf es eines komplexen Ansatzes auf nationaler, europäischer und weltweiter Ebene. Auf weltweiter Ebene sind abgestimmte Aktionen für den Neuanstoß des Wirtschaftswachstums notwendig. Das wird aber nur möglich sein, indem eine neue Architektur und Mechanismen für das Finanzsystem konzipiert werden. Es wird überlebenswichtig sein, das System einer strengen Aufsicht zu unterwerfen, aber ohne gleichzeitig die Initiativen oder Prozesse des Marktes einzuschränken. Die schwierigste Herausforderung wird gerade darin bestehen, dieses Gleichgewicht zu finden. Auf europäischer Ebene werden wir einen klaren Vorteil haben, da wir in der Lage sind, koordinierte Maßnahmen zu verwirklichen, vereinte Aktionen durchzuführen und eine nachhaltige Lösung zu finden. Wir begrüßen das Konjunkturprogramm der Europäischen Kommission. Er stellt einen wichtigen Schritt dar, um aus dem Morast herauszukommen, in dem wir uns gegenwärtig befinden.

Ich möchte ein bisschen mehr Zeit für die Lösungen auf nationaler Ebene verwenden. Die weltweite Finanzkrise hat auch Lettland getroffen. Es gibt Denker, die besagen, Lettland würde gerade eine der dramatischsten Rettungsaktionen eines Finanzsystems der zeitgenössischen europäischen Geschichte unternehmen. Gegenwärtig arbeitet Lettland an Maßnahmen zur Stimulierung der Wirtschaft, um die Finanz- und Wirtschaftslage schnell und effektiv zu stabilisieren. Dies ist eine schwierige Aufgabe, aber wir werden die Krise nur dann erfolgreich überwinden, wenn wir einen klaren Weg aus ihr heraus sehen und nicht fälschlich kurzfristige Lösungen für eine langfristige Vision der wirtschaftlichen Entwicklung nehmen.

Ende letzten Jahres vereinbarten sechs im lettischen Parlament vertretene Parteien, sowohl von der Regierung als auch der Opposition, eine gemeinsame Haltung, um den von der lettischen Regierung erstellten Wirtschaftsstabilisierungsplan zu unterstützen. Diese Übereinkunft beinhaltet eine besondere Aufmerksamkeit für die Überwachung, wie die Lettland gewährten Darlehen verwendet werden. Der Plan legt die mittelfristigen Prioritäten der lettischen Wirtschaft fest: Unterstützung der Ausfuhren, Förderung des freien und lauteren Wettbewerbs, deutliche Verringerung des Leistungsbilanzdefizits der Zahlungsbilanz und Einführung des Euro im Jahr 2012. Der Beitritt zur Eurozone ist zu einem der wichtigsten strategischen Ziele der Nation geworden. Es ist wichtig für Lettland, in dieser Situation nicht alleine gelassen zu werden. Es wird uns geholfen, diese schweren Zeiten zu überstehen, nicht nur seitens den internationalen Finanzorganisationen, sondern auch von den Institutionen der Europäischen Union und den Nationen Europas. Lettland ist dankbar für diesen Ausdruck von Solidarität.

Meine Damen und Herren! Jede Erweiterung hat nicht nur neue Mitgliedstaaten für die Europäische Union mit sich gebracht, sondern auch neue Akzente in ihrer Agenda, einschließlich der Außenpolitik. Der Beitritt Lettlands zur Europäischen Union ist in einer Zeit erfolgt, in der die Nachbarschaftspolitik Europas, deren Ziele, Prinzipien und Mechanismen zu deren Verwirklichung erstellt wurden. Seit jener Zeit hat sich die außenpolitische Aktivität der Europäischen Union insbesondere bei den östlichen Nachbarn verstärkt. Das geschah dank des Engagements und der Erfahrung der neuen Mitgliedstaaten. Lettland hat die Nachbarbeziehungen immer schon in einer breiteren Dimension gesehen. Lettland wird auch weiterhin eine aktive Rolle bei der Bestimmung und Umsetzung dieser Politik spielen.

Diese Politik betrifft nicht nur die Beziehungen der Europäischen Union zu bestimmten Staaten, d. h. mit den Staaten, zu denen sie Land- oder Seegrenzen hat. Im Kontext dieser Politik müssen wir den Platz und die Rolle der Europäischen Union in der Welt bestimmen. Zusammen mit gleich denkenden Nationen hat sich Lettland aktiv für ein stärkeres Engagement der Europäischen Union in der östlichen Nachbarschaftsregion eingesetzt. Eine neue politische Initiative, die „Östliche Partnerschaft“ ist daraus entstanden. Ihre Aufgabe besteht darin, die gemeinsame Nachbarschaftspolitik Europas neu zu gestalten und an die spezifischen Merkmale dieser Region anzupassen und somit für einen aktiveren, mutigeren und ehrgeizigeren Prozess zu sorgen. Lettland nimmt mit Freude Kenntnis von den diesbezüglichen Vorschlägen der Europäischen Kommission. In der praktischen Arbeit muss die Östliche Partnerschaft nicht nur die politischen und wirtschaftlichen Beziehungen zwischen der Europäischen Union und den Staaten dieser Region, sondern auch die gegenseitige Zusammenarbeit dieser Staaten untereinander stärken. Bei der Entwicklung der Östlichen Partnerschaft müssen dem Differenzierungsprinzip, der individuellen Beurteilung und der Haltung gegenüber jedem einzelnen Partner besondere Aufmerksamkeit zukommen. Jeder dieser Staaten verfolgt einen eigenen Entwicklungsweg. Es gibt Staaten, die sich gerne in der Europäischen Union sehen würden, und es gibt Staaten, die für sich selber andere Ziele gewählt haben. Unsere Politik wird nur dann erfolgreich sein, wenn wir in der Lage sind, mit allen Staaten in dieser Region zusammen zu arbeiten und ihnen bei Bedarf mit Verständnis zu helfen. Ich habe auch bei meinem Besuch in zentralasiatischen Staaten im vergangenen Oktober, als ich Kasachstan, Usbekistan und Turkmenistan besuchte, positive Signale für die Ausweitung und Vertiefung der Zusammenarbeit erhalten. Lettland wird weiterhin aktiv die europäische Nachbarschaftspolitik unterstützen und sich an ihrer Verwirklichung beteiligen. Jede europäische Nation hat ihre eigenen Erfahrungen aus der Geschichte und ihre eigenen Chancen, an unserem gemeinsamen Projekt zum Wohle der Europäischen Union mitzuarbeiten. Der konkrete Beitrag Lettlands zur östlichen Dimension sind das gegenseitige Vertrauen, das unsere bilateralen, auf einer gemeinsamen Zeit in der Geschichte beruhenden Beziehungen bewiesen haben, und die aus diesem Vertrauen entstandene Kenntnisse. Die Aufgabe Lettlands besteht darin, diese besonderen Umstände zu nutzen, die innerhalb der kommenden 10 Jahren verloren gehen können. In ein paar Jahrzehnten wird Lettland aus der Sicht des Ostens nur ein weiterer Mitgliedstaat der Europäischen Union sein, und nicht mehr das Tor zu Europa. Zur Nutzung dieser Vorteile wird Lettland einen aktiven politischen Dialog aufrechterhalten, um ein besseres Verständnis der Europäischen Union und ihrer Werte in den Nachbarstaaten zu fördern, und so die Ziele der europäischen Nachbarschaftspolitik und der Östlichen Partnerschaft klären. Das wird im gegenseitigen Interesse sein, und wir haben Gelegenheit zu hören, wie unsere Nachbarstaaten ihre künftigen Beziehungen zur Europäischen Union sehen. Ich bin davon überzeugt, dass den Interessen Europas am besten gedient ist, wenn die Östliche Partnerschaft frühzeitig, während der tschechischen Präsidentschaft, eingeläutet wird.

Meine Damen und Herren! Die Frage der Energiesicherheit ist erst vor Kurzem, in den ersten Tagen der tschechischen Präsidentschaft, zu einem brisanten Thema geworden. Die Finanz- und Wirtschaftskrise an sich ist zyklisch. Die Fragen im Zusammenhang mit der Energiesicherheit und den nachhaltigen Energiequellen stehen aber immer auf der politischen Agenda Europas und in der ganzen Welt. Sie werden immer dringender. Die Energiesicherheit besitzt eine markante externe Dimension. Das bedeutet, dass diese Frage nicht losgelöst von der Weltsituation gesehen werden kann. Die jüngsten Ereignisse in der Ukraine und der Konflikt in Georgien belegen das. Sogar bis vor Kurzem betrachteten Mitgliedstaaten der Europäischen Union Energie als ein Thema, das auf nationaler Ebene und auf Ebene der Europäischen Union zu lösen sei. Die Geschehnisse im Energiesektor im vergangenen Jahr, die Unterbrechungen der Energieversorgung, der Rückgang der Energieressourcen und die Volatilität der Preise haben geholfen, unter den Mitgliedstaaten der Europäischen Union ein gemeinsames Verständnis zu schaffen, dass eine gemeinsame Energiepolitik erforderlich ist. An der Stelle, an der sich Energie und Politik kreuzen, liegt unsere Hauptaufgabe darin, eine regelmäßige, ausreichende, wirtschaftliche, nachhaltige und umweltfreundliche Energieversorgung sicher zu stellen.

Sie müssen einräumen, dass die Europäische Union in diesem Bereich nur mäßige Erfolge verzeichnen konnte. Bei einigen Angelegenheiten, wie zum Beispiel der Entwicklung einer umweltfreundlichen Energiewirtschaft, haben wir uns auf europäischer Ebene ehrgeizige Ziele gesetzt, die wir ab jetzt langsam erreichen sollten. Bei anderen Angelegenheiten – Diversifizierung der Energiequellen auf europäischer Ebene und Schaffung eines einzigen Energiemarkts – stehen wir erst am Anfang unseres Wegs. Die Ereignisse der letzten Tage, mit Aussetzung der Gaslieferungen aus Russland, haben die Augen geöffnet für die Notwendigkeit, so schnell wie möglich europaweite Lösungen zu finden. Wir alle sind verantwortlich dafür, dieses gemeinsame Verständnis anzuwenden, um einen wirklich integrierten und diversifizierten europäischen Energiemarkt zu schaffen. Wir dürfen es nicht zulassen, dass unsere Vorsätze mit der Schneeschmelze im Frühjahr dahinschwinden. Die Frage der Energiesicherheit kann nur über einen aktiven Dialog mit den Transit- und Lieferländern der Energiequellen erfolgreich gelöst werden. Die Europäische Union verfügt über außenpolitische Instrumente, um diese Angelegenheit zu lösen. Unsere Verantwortung liegt darin, diese zu nutzen.

Ein anderer Bereich, in dem wir ernsthafte Anstrengungen unternehmen müssen, ist die Integration des baltischen Energiemarktes in die skandinavischen und mitteleuropäischen Energiemärkte. Die Integration der Ostseeregion ist ungleichmäßig. Der Handel und der Transport in der Region entwickeln sich rasch. Der Energiemarkt hingegen ist stagniert. Hierbei hat die Europäische Kommission bemerkenswerte Leistungen erbracht. Ihre Initiative zur Verbesserung der Energiesicherheit und Solidarität umfasst auch die Entwicklung des Anschlussplans für den baltischen Energiemarkt. Dadurch wird eine schrittweise Integration der baltischen Staaten in den europäischen Binnenmarkt für Energie möglich. Ich schätze sehr die Beteiligung Schwedens an den strategischen Gesprächen über die Ostseeregion. Schweden wird bald die Gelegenheit haben, dies während der eigenen Präsidentschaft in der zweiten Hälfte dieses Jahres in die Praxis umzusetzen. Ich bin überzeugt, dass starke Regionen vom Mittelmeer bis zur Ostsee eine starke Europäische Union bedeuten.

Meine Damen und Herren! Das anfängliche Ziel der Europäischen Union – Sicherheit und Wohlstand für die Völker Europas – hat sich nicht geändert. Was sich geändert hat ist das Umfeld, in dem wir diese Ziele erreichen müssen. Die Weltwirtschaft ist heute viel stärker verknüpft als vor einem halben Jahrhundert. Gleichzeitig sind neue und mächtige wirtschaftliche Akteure auf der Weltbühne erschienen. Nur mit Kohärenz, Weitblick und, das ist das Wichtigste von allem, gemeinsamem Handeln seitens der Europäischen Union können wir hoffen, bei diesem weltweiten Konkurrenzkampf nicht zu den Verlierern zu gehören. Nur zusammen können wir die Versprechen von Sicherheit und Wohlstand für unsere Bürger einlösen. Nur so können wir auch die Ziele erreichen, für die uns die Menschen unserer Nationen ihre Stimme gegeben haben, als Unterstützung unserer Beteiligung an der Europäischen Union.

Das Europäische Parlament hat bereits bewiesen, dass es eine breite Vision der Zukunft der Europäischen Union besitzt. Das gilt ganz besonders für seine einheitliche und ausgewogene Herangehensweise an die Erweiterungspolitik der Union. Das dynamische Wachstum Europas hat Europa die Chance gegeben weltweit zu konkurrieren. Dieses Wachstum ist Europas Potenzial, das es auszuschöpfen gilt, damit die Union innerhalb von mehreren Jahrzehnten ein gleichberechtigter wirtschaftlicher Partner für die schnell wachsenden asiatischen und lateinamerikanischen Wirtschaften sein kann. Ganz besonders Sie, als demokratisch gewählte Vertreter der Nationen Europas, fühlen die Verantwortung für diesen Prozess am stärksten. Die Bedeutung des Europäischen Parlaments darf nicht unterschätzt werden, wenn es darum geht, den Menschen in Europa das europäische Projekt und die Ausdehnung der demokratischen Legitimierung näher zu bringen. Künftig wird die Rolle des Europäischen Parlaments sogar noch wichtiger werden.

Es ist wichtig, uns in unserer Vielförmigkeit und Diversität zu vereinen. Es ist wichtig, weiter zu arbeiten, um die Europäische Union zu verbessern. Das ist eine Aufgabe, die alle Europäer zusammen angehen müssen. Das ist unsere gemeinsame Verantwortung Europa gegenüber. Auf jeden Fall muss die Fragmentierung der Europäischen Union verhindert werden. Die Mitgliedstaaten müssen nach Lösungen suchen und die Entwicklung eines Ansatzes für das europäische Projekt mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten verhindern. Die Einigung der Ratssitzung im vergangenen Monat zur Unterstützung des Lissabon-Vertrags wird begrüßt. Der Lissabon-Vertrag stellt die rechtliche Voraussetzung für eine effektive Funktionsweise der Europäischen Union dar. Nur wenn die Prinzipien des Lissabon-Vertrags in die Praxis umgesetzt werden, werden wir in der Lage sein, komplett das vom neuen, vereinten Europa gebotene positive Potenzial auszuschöpfen. Wie effektiv sich der Lissabon-Vertrag in der Praxis erweisen wird, hängt vom politischen Willen der Mitgliedstaaten und Institutionen ab sowie von deren Fähigkeit, sich bei der Verfolgung der Ziele Europas zu vereinen.

Meine Damen und Herren! Bis 2004 war das Ziel Lettlands die Mitgliedschaft in der Europäischen Union. Seit diesem Datum werden die Ziele Lettlands in Anlehnung an die Ziele Europas gesteckt. Wir dürfen uns nicht länger als von Europa getrennt betrachten und wahrnehmen. Wir können die Ziele Lettlands nur dann definieren und erreichen, wenn sie mit der gemeinsamen Sicht der Zukunft Europas übereinstimmen. Die Ziele Europas ihrerseits sind erreichbar, wenn sie mit der Sicht der einzelnen Mitgliedstaaten übereinstimmen. Die Europäische Union wurde auf der Grundlage gemeinsamer Werte errichtet und muss darauf auch gestärkt werden. Nur die öffentliche Diskussion kann diese, uns allen gemeinen Werte an das Tageslicht bringen. Nur im Einklang können wir diese Werte vereinbaren, die wir neben jene stellen wollen, auf denen sich die Europäische Union begründet. Es ist Aufgabe aller Politiker, aber ganz besonders der europäischen Spitzenpolitiker, die europäischen Werte zu definieren und die Diskussion darüber in Gang zu bringen.

Lassen Sie uns in die Zukunft blicken. Wie sehe ich die Europäische Union und Lettland langfristiger? Zum Beispiel im Jahr 2015? Die Welt der Wirtschaft nach der Krise wird sich in verschiedene Machtzentren zusammengeschlossen haben. Eines davon wird die Europäische Union sein. Europa wird den Willen und die Fähigkeit zeigen, sich zu vereinen, denn nur die Einheit bietet uns die Chance, unsere Aufgaben zu erfüllen. Daneben wird die Europäische Union noch all jenen Ländern offen stehen, die ihre Werte annehmen. Diese Einheit in der Vielfalt wird der Schlüssel für die zunehmende Bedeutung der Rolle Europas in der Welt sein. Die Europäische Union wird eine Erweiterung erfahren haben, aber dadurch verliert sie nicht ihre Fähigkeit, effektive Aktionen auszuführen. Die Europäische Union wird in der Lage sein, sich um ihre eigene Sicherheit zu kümmern und den Nachbarn Stabilität zu bieten. Bildung und Kultur werden die Brücke sein, mit der die unterschiedlichen Erfahrungen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union verbunden werden, und das wird helfen, die Führungsrolle Europas in der Welt in den Bereichen der Wissenshaften und Kultur wieder herzustellen. Es wird keine alten und neuen, großen und kleinen europäischen Nationen mehr geben. In Europa werden die Nationen nach ihren Leistungen beurteilt, nicht nach geographischen und geopolitischen Kriterien. Europa wird vereint sein, und diese Einheit wird über starke Regionen gesichert, die ihre eigenen Interessen vertreten, aber gleichzeitig eng untereinander zusammenarbeiten werden, und dadurch ein Netzwerk für Wohlstand und Entwicklung in ganz Europa aufbauen. Jede Nation wird, je nach eigenen Fähigkeiten und konkreten Kenntnissen, ihren Beitrag zu dieser Entwicklung leisten.

Welche Rolle wird Lettland 2015 in der Europäischen Union spielen? Es wird eine Zeit sein, in der Lettland die Krise überwunden haben wird. Die Hauptstadt Lettlands, Riga, wird eines der blühenden Zentren der Wirtschaftsregion des Baltikums sein. Die Wirtschaft Lettlands wird ausgewogener, konkurrenzfähiger und strukturell umgewandelt sein. 2015 wird Lettland zum ersten Mal in der Geschichte des unabhängigen Staates das Vertrauen übertragen, als Mitgliedstaat, das die Präsidentschaft der Europäischen Union inne hat, Fragen der Europäischen Union und der ganzen Welt zu lösen. Unser Beitrag für Europa werden unsere besonderen Beziehungen zu den Ländern der Östlichen Partnerschaft sein. Lettland und unsere Region werden die Brücke zum Osten sein, so wie die Mittelmeerstaaten die Küsten beider Seiten verbinden werden. Unsere Vision eines offenen Europas und unsere Erfahrungen bei der Integration werden der Ansporn für die Offenheit Europas sein.

Meine Damen und Herren! Es ist nicht lang hin bis zum Jahr 2015; nur noch gerade einmal sechs Jahre. Vor einhundert Jahren schrieb der lettische Dichter Rainis: „Was sich verändert, hat Bestand.“ Das sind auch heute noch weise Worte. Ich bin überzeugt, dass sich Europa materiell verändern wird. Es wird in der Wirtschaft, im Wohlstand und in der gegenseitigen Zusammenarbeit stärker wachsen. Seine Werteordnung wird sich festigen. Die Europäer werden stolz darauf sein, in Europa zu leben und trotzdem ihrer eigenen Nation anzugehören. Einheit in Vielfalt, Entwicklung, Erhaltung der Werte und Verantwortung eines jeden Bürgers für seine oder ihre Nation und für die europäische Familie als Ganzes, das ist die Zukunft Europas.

Meine Damen und Herren! Entwicklung und Wohlstand in Europa sind der Maßstab für unseren Erfolg. Danach wird unsere Arbeit beurteilt werden. Das ist unsere Verantwortung. Ich appelliere an Sie alle, als Mitglieder des Europäischen Parlaments, das Verständnis der Europäer für unsere gemeinsamen Ziele und wie diese das Leben eines jeden Europäers in seinem oder ihrem Land beeinflussen werden zu fördern. Die Unterstützung der europäischen Bürger für den europäischen Gedanken ist die stärkste Gewähr für die Zukunft Europas. Ich danke Ihnen, meine Damen und Herren, für Ihre Arbeit in dieser Sitzung. Ich wünsche Ihnen viel Erfolg bei Ihrer künftigen Arbeit und den nächsten Wahlen zum Europäischen Parlament.

 
  
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  Der Präsident. − Herr Präsident, ich darf Ihnen im Namen des Europäischen Parlaments für Ihre Rede danken, für Ihren europäischen Mut und für Ihre europäische Entschlossenheit. Wir haben es natürlich gerne gehört, dass Sie das Europäische Parlament gewürdigt haben – und dies zu Recht.

Ich erinnere mich noch sehr genau daran, dass bei den Beitrittsverhandlungen in der zweiten Hälfte der Neunzigerjahre zunächst Lettland, Litauen und die Slowakei ausgeschlossen waren. Es war dann das Europäische Parlament, das von den Regierungen gefordert hat, dass auch Lettland, Litauen und die Slowakei in die Verhandlungen einbezogen werden sollten. Dadurch wurde es möglich, dass am 1. Mai 2004 auch Lettland, Litauen und die Slowakei Mitglied der Europäischen Union werden konnten.

Sie haben die Energiefrage angesprochen, ich werde Ihnen nur kurz antworten. Wir haben ja einen sehr verantwortungsbewussten Kommissar, einen Landsmann von Ihnen, Andris Piebalgs, der sich in der vergangenen Woche und auch jetzt bei dem Gasstreit mit Russland und der Ukraine, aber im Wesentlichen mit Russland, in hervorragender Weise bewährt hat. Ich möchte Andris Piebalgs in Anwesenheit seines Staatspräsidenten für seine Arbeit sehr herzlich danken!

(Beifall)

Herr Präsident, meine abschließende Bemerkung ist: Sie haben davon gesprochen, dass Sie lernen und dass Lettland lernt. Das ist sicher richtig. Aber auch diejenigen, die von Anfang an zur Europäischen Gemeinschaft, zur Europäischen Union gehörten, lernen von Ihnen, von Ihren historischen Erfahrungen. Wenn wir bereit sind, uns gegenseitig zuzuhören und voneinander zu lernen, dann ist das eine Bereicherung für uns alle. Und auf der Grundlage unserer gemeinsamen Werte sind wir dann stark, demokratisch und frei. Herzlichen Dank, Herr Präsident Zatlers, es ist uns eine Freude, dass Sie heute bei uns waren. Ich danke Ihnen.

(Beifall)

 
  
  

VORSITZ: MARTINE ROURE
Vizepräsidentin

 

9. Stimmerklärungen (Fortsetzung)
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- Bericht: Christa Klaß (A6-0443/2008)

 
  
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  Zuzana Roithová (PPE-DE).(CS) Frau Präsidentin! Ich begrüße den Kompromiss, mit dem die Regierungen der EU-Länder gezwungen werden sollen, einen Zeitplan und Aktionspläne zu erstellen, um die Gefahren durch die Verwendung von Pflanzenschutzmitteln einzuschränken. Die Einschränkungen des Sprühens aus der Luft wird von den EU-Bürgern sicher begrüßt werden, ebenso wie die Pufferzonen zum Schutz des Trinkwassers und der im Wasser lebenden Organismen. Ich habe für die Richtlinie gestimmt, weil sie auf der gleichen Linie liegt wie meine Sicht des Gesundheitsschutzes.

 
  
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  Mairead McGuinness (PPE-DE). - Frau Präsidentin! Ich habe für diesen Kompromiss gestimmt, weil es sinnvoll ist, eine nachhaltige Verwendung der Pflanzenschutzmittel zu machen. Ich glaube, das eigentliche Problem liegt darin, dass es in den Mitgliedstaaten sehr unterschiedliche Bestimmungen gibt: In einigen Ländern werden die Anwender sehr strikt ausgebildet und geschult, so dass sie eine gute und nachhaltige Verwendung der Pflanzenschutzmittel machen, aber das ist nicht in allen Ländern der Fall. Ich glaube, dieser Gesetzestext wird dazu dienen, dass wir in der gesamten Europäischen Union höhere Standards erreichen. Das ist sowohl für jene gut, die die Produkte versprühen, als auch für jene, die damit in Berührung kommen.

Meiner Meinung nach sprechen wir hier von einem sehr sensiblen Paket, so dass es mich sehr freut, es unterstützen zu können. Ich beglückwünsche die Berichterstatterin dazu.

 
  
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  Avril Doyle (PPE-DE). - Frau Präsidentin! Auch ich habe dem Bericht meine Stimme gegeben. Es steht außer jeder Frage, dass wir ein Regulierungssystem für Pflanzenschutzmittel brauchen. Darüber gibt es keine Diskussion. Der Klaß-Bericht dehnt den Kontrollbereich aus und schränkt die Anwendung des Verursacherprinzips auf wesentliche Verwendungen ein.

Interessanterweise hatte ich den Eindruck, dass, während die Debatte über Gefahren und Risiken im Breyer-Bericht sehr heftig geführt wurde, diese Angelegenheit mehr die tatsächliche Anwendung betrifft als die Markteinführung – in anderen Worten, diesen Bericht. Sehr viele allgemein übliche Produkte können sehr gefährlich werden, wenn die Handhabungs- und Anwendungsanweisungen missachtet werden. Die Präsenz auf dem Markt stellt für den Verbraucher, die Umwelt oder den Verwender solcher Produkte noch kein Risiko dar. Pflanzenschutzmittel sind nur dann gefährlich, wenn der Anwender nicht weiß, was er oder sie tut, wenn die Geräte zur Anwendung fehlerhaft sind, wenn die Gewässer nicht beachtet werden, oder wenn sie nicht richtig gelagert werden und Bestandteil eines integrierten Schädlingsbekämpfungsplans sind. Bei dem Konzept der quantitativen Verringerung muss vorsichtig vorgegangen werden, da eine weniger häufige Behandlung zu höheren Pflanzenschutzmittelkonzentrationen führen kann.

Letztendlich geht es darum, dass diese Mittel so wenig wie möglich eingesetzt werden, wie jeder Landwirt weiß.

 
  
  

- Bericht: Hiltrud Breyer (A6-0444/2008)

 
  
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  Zuzana Roithová (PPE-DE). (CS) Frau Präsidentin! Ich möchte erneut auf die Plenardebatte von gestern eingehen. Ich habe die neuen Bestimmungen unterstützt, weil sie meiner Meinung nach ein Werkzeug darstellen, um neue und sichere Alternativen im Pflanzenschutz zu verfolgen. Ich halte die gegenseitige Anerkennung von nach geographischen Zonen zugelassenen Pestiziden für eine positive Leistung unseres Parlaments. Die Ausarbeitung einer Liste der verbotenen Substanzen – dazu gehören krebserregende und genotoxische Substanzen, aber auch Substanzen mit neurotoxischen und immunotoxischen Wirkungen – stellt auch einen Schritt nach vorne dar und beruht auf wissenschaftlichen Erkenntnissen. Wie der Kommissar gestern erklärt hat, scheint dies auf einen recht kleinen Prozentsatz der Substanzen zuzutreffen, die heute noch verwendet werden. Ich möchte darauf hinweisen, dass diese Bestimmungen auch strikt auf importierte Produkte anzuwenden sind. Herr Kommissar, ich wollte noch etwas zu anderen Berichten zusagen, mir wurde aber nicht das Wort erteilt. Die Erklärungen zu diesen Berichten wurden bereits abgegeben oder hier debattiert, weshalb ich glaube, dass sie schriftlich zu verfassen sind.

 
  
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  Diana Wallis (ALDE). - Frau Präsidentin! Ich muss etwas eingestehen. Seit ich ein Kind bin, gibt es ein Gemüse, das ich hasse: Erbsen. Ich habe nun das Pech, die größte britische Erbsenerzeugerregion zu vertreten, was für mich ein großes Problem im Zusammenhang mit dem Breyer-Bericht verursachte. Ich stimme mit den Zielen dieses Berichts überein. Ich stimme mit den Zielen des Gesetzestexts überein, die Gesundheit unserer Umwelt, die Gesundheit von uns als Personen zu fördern, aber es wird tatsächlich möglicherweise ein großer Agrarsektor in meiner Region bedroht.

Nach einem langen Gewissenkampf habe ich mich der Stimme enthalten, möchte aber klarstellen, dass ich der Meinung bin, dass unser Gesetzgebungsverfahren in diesem Zusammenhang mangelhaft war. Zum Schluss hatten wir so viele Informationen – widersprüchliche und andere –, dass ich, und ich denke viele andere auch, die Möglichkeit einer dritten Lesung oder eines Vermittlungsverfahrens begrüßt hätten, um sicher zu stellen, dass wir alle Interessen geschützt haben.

 
  
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  Marian Harkin (ALDE). - Frau Präsidentin! Auch für mich war diese Entscheidung besonders schwer. Ich habe den Eindruck, dass der Bericht allgemein sehr ausgewogen und konstruktiv ist. Er beabsichtigt sicher, einen hohen Schutzgrad für die Gesundheit von Menschen, Tieren und der Umwelt zu gewährleisten.

Ich mache mir aber Sorgen, dass wir Entscheidungen über die Zulassung einer bestimmten Substanz auf der Grundlage, ob diese gefährlich ist oder nicht, treffen, ohne dabei die mögliche Exposition zu berücksichtigen. Meiner Meinung nach benötigen wir Folgebewertungen, die auf wissenschaftlicher Grundlage vorgenommen werden.

Eine meiner Sorgen ist, dass, wenn ich mit Bürgern über die EU spreche, eines der Probleme, das sie ansprechen, ist, dass die EU-Gesetzgebung nicht immer verhältnismäßig ist. Ich glaube zwar, dass dieser Bericht Flexibilität bietet, bin aber der Ansicht, dass wir ein wenig mehr brauchen. Auf jeden Fall aber brauchen wir weitere wissenschaftliche Belege, um den Fall zu unterstützen. Ja, es gibt das Vorsorgeprinzip, und wir müssen das vor Augen haben, aber es müssen auch Entscheidungen getroffen werden, die auf Offenkundigkeiten beruhen, und ich hätte bei dieser Angelegenheit gerne mehr Belege gehabt.

 
  
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  Neena Gill (PSE). - Frau Präsidentin! Der effiziente und effektive Einsatz von Pflanzenschutzmitteln ist eine Notwendigkeit. Während Umweltschutz und Erhaltung der öffentlichen Gesundheit Hand in Hand gehen, glaube ich, dass wir die Bedürfnisse der Verbraucher und der Erzeuger abwägen müssen. Obwohl ich die Ziele des Breyer-Berichts zum Abbau der Bürokratie begrüße, bin ich nicht in der Lage, ihn zu unterstützen.

Wir haben mit vielen Fachleuten, Landwirten und Vertretern des Nationalen Bauernverbands in meinem Wahlkreis in den West Midlands gesprochen, die alle sehr große Vorbehalte bezüglich der Auswirkungen dieses Berichts auf die Ernteerträge hatten. Ich teile ihre Sorgen. Meine größte Sorge ist, dass die Kommission keine angemessene Bewertung der Auswirkungen vorgenommen hat und nicht klar ist, was dieser Bericht für die Landwirtschaft bedeutet.

In Zeiten steigender Lebensmittelpreise in der ganzen Welt glaube ich nicht, dass jetzt der richtige Zeitpunkt für eine unüberlegte Reaktion ist, mit der Maßnahmen eingeführt werden, die viele negative Auswirkungen auf die Lebensmittelerzeugung haben können. Deshalb hat meine Delegation einen Änderungsantrag im Sinne einer eingehenden und lange überfälligen Bewertung der Auswirkungen eingereicht.

 
  
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  Mairead McGuinness (PPE-DE). - Frau Präsidentin! Wie andere Kollegen möchte auch ich sagen, dass dieses Dossier sehr schwierig war. Während sich Diana Wallis Sorgen wegen der Erbsen macht, können Sie sich vorstellen, dass in Irland die Kartoffeln mit Gewissheit auf dem Speiseplan und der Agenda standen. Im Großen und Ganzen bin ich der Ansicht, dass wir über einen viel besseren Vorschlag und ein besseres Paket abgestimmt haben, als ursprünglich vorgelegt – und gratulieren allen, die daran gearbeitet haben.

Erlauben Sie mir, ein paar Dinge zu sagen – und ich werde mit dem springenden Punkt enden. Ich glaube, wir befinden uns in einer Situation, in der die Landwirte Lobbyarbeit beim Sektor der Agrarchemikalien machen müssen, damit dieser sicherere Alternativen herstellt, damit jene weiterhin Lebensmittel erzeugen zu können. Und ich glaube, für diese Lobbyarbeit sollte gleich viel Energie aufgewendet werden wie bislang.

Wenn es um die Lebensmittelimporte geht, muss die Kommission die echten Sorgen der EU-Landwirte und -Erzeuger berücksichtigen, dass für sie die Verwendung von bestimmten Mitteln verboten ist, diese aber in Drittländern weiterhin eingesetzt werden. Wir brauchen eine Erklärung dafür, damit wir die Landwirte auf unsere Seite bekommen.

 
  
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  Ashley Mote (NI). - Frau Präsidentin! Ich habe einfach deshalb mit Nein gestimmt, weil der Vorschlag tatsächlich vom Ausschuss für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit entführt worden ist. Die Berichterstatterinnen prahlten gestern mit Standardisierung, das ist aber immer noch eine Union der Vielfalt. Wenn es einen Bereich gibt, in dem Urteilsvermögen, Diskretion und Vielfalt erforderlich sind, dann ist es vielleicht dieser hier.

Dies war im Wesentlichen ein landwirtschaftliches Thema, aber der dänische Kommissar für Landwirtschaft war zu keiner Zeit irgendwo zu sehen, und das ist eine Schande. Der Grund ist selbstverständlich ein Interessenskonflikt, denn die Dänen schaffen es nicht, ihr Trinkwasser aufzuarbeiten, das sie aus dem Grundwasser gewinnen.

Die Landwirte in meiner Gegend fühlen sich völlig im Stich gelassen und – offen gesagt – vor den Kopf gestoßen angesichts der Tatsache, dass ihnen hier unterstellt wird, sie wüssten nicht, was sie tun und man müsste es ihnen deshalb erklären. Im Ergebnis wurde hier lediglich eine weitere Bevölkerungsgruppe im Vereinigten Königreich offen gegen die Einmischungspolitik der Europäischen Union aufgebracht.

 
  
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  Avril Doyle (PPE-DE). - Frau Präsidentin! In Bezug auf diesen Bericht sind von allen Seiten übertriebene Behauptungen aufgestellt und Befürchtungen geäußert worden. Es ist schwierig, dabei Fakten von Fiktion zu unterscheiden und zu einer Entscheidung über die Abstimmung zu kommen.

Wiewohl ich die mir gegenüber von den irischen Produzenten im Getreide- Kartoffel- und Weichobstanbau geäußerten Bedenken nachvollziehen kann, unterstütze ich den Kompromiss. Mein Eindruck ist, dass die erfolgten Verbesserungen unsere Unterstützung verdienen, obwohl ich nach wie vor einige Bedenken habe. Ich unterstützte die Zustimmung, denn meiner Meinung nach wäre es das Schlimmste, wenn dieser Bericht in das Vermittlungsverfahren käme. Die fünfjährige Ausnahmeregelung, die im Fall bedeutender Pflanzenschutzprojekte verlängerbar ist, stellt ein wichtiges Sicherheitsnetz dar und ist zugleich ein Anreiz für die Pflanzenschutzindustrie, Produktalternativen zu entwickeln und zu produzieren.

 
  
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  Syed Kamall (PPE-DE). - Frau Präsidentin! Ich glaube, wenn man über das europäische Projekt nachdenkt, geht es im Kern um einen dialektischen Aspekt. Wir sprechen über Demokratie, ignorieren aber den demokratischen Volkswillen, wie er in den französischen, niederländischen und irischen Referenden zum Ausdruck gebracht worden ist. Wir sprechen über Lebensmittelsicherheit, stimmen aber über einen Bericht ab, der potenziell die Lebensmittelproduktion in der Europäischen Union behindert. Wir sprechen über Hilfen für Bürger und Bauern in ärmeren Ländern. Das Ergebnis dieser Abstimmung wird nun aber ein Aufruf zum Verbot von Importen von Produkten landwirtschaftlicher Produzenten sein, die Pestizide für ihre Produkte verwendet haben, die in der Europäischen Union künftig verboten sein werden.

Ich möchte lediglich folgende Bitte an meine Mitabgeordneten im Parlament und an die Kommission richten: Bitte lassen Sie uns in Zukunft über die unbeabsichtigten Folgen unserer Gesetze nachdenken. Ich stimme mit Diana Wallis in Bezug auf das Gesetzgebungsverfahren überein und auch, dass es einer dritten Lesung bedurft hätte. Ich denke ebenfalls, dass diese Regelung überstürzt verabschiedet wurde, und wir stimmen wohl alle darin überein, dass eine wissenschaftlich fundierte Folgenanalyse nicht in ausreichendem Maß erfolgt ist. Lassen Sie uns dafür sorgen, dass dies in Zukunft nicht mehr geschieht.

 
  
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  Christopher Heaton-Harris (PPE-DE). - Frau Präsidentin! Ich habe versucht, die Kompromissformulierungen zu verhindern, indem ich gegen die entsprechenden Passagen dieses Berichts stimmte. Ich werde Ihnen erklären warum, indem ich Ihnen ein Schreiben von James Mowbray vorlese, der Landwirt in Skegness in meiner Region ist.

Er schreibt: „Ich persönlich verwende nun schon seit über 40 Jahren Pflanzenschutzmittel in meinem Betrieb. Ich habe diese Produkte stets verantwortungsvoll im Hinblick auf Mensch und Ökosystem eingesetzt, und ich habe dabei meines Wissens weder meiner eigenen Gesundheit noch der Umwelt geschadet. Ich finde es daher besorgniserregend, dass ein mögliches Verbot vieler Produkte, etwa der Triazol-Fungizide, kaum wissenschaftlich begründet ist und mir meine landwirtschaftliche Existenz nicht gerade erleichtern wird. Dadurch wird sich das Angebot heimischer Agrarprodukte eher verringern.“

Diese und ähnliche Einschätzungen habe ich auch von buchstäblich hunderten weiteren Betroffenen erhalten, von Empire World Trade aus Spalding in Lincolnshire, von John Manby aus Parker Farms in Leicester, von John Clark aus Nottinghamshire, Jonathan Reading sowie hunderten weiteren Bürgern. Deshalb wollte ich mit meiner Stimme die Kompromissformel verhindern.

 
  
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  Kathy Sinnott (IND/DEM). - Frau Präsidentin! Nun da diese Abstimmung vorüber ist und alle Argumente vorgetragen worden sind, würde ich gerne auf etwas zu sprechen kommen, das sich wie ein roter Faden durch die Debatte hier und die Ausschussarbeit gezogen hat. Und zwar war dies das spürbare Misstrauen gegenüber Landwirten und die Vorstellung Vieler, dass Landwirte potenziell die Gesundheit der Verbraucher und die Umwelt gefährden. Aus meiner Erfahrung kann ich Ihnen sagen, dass das Gegenteil der Fall ist. Die irischen Farmer sind – und zwar seit jeher – die Sachwalter der Umwelt, die seit tausenden von Jahren die Landschaft schützen und erhalten, sie lebendig, sauber und produktiv gestalten. Entsprechend kann man sagen, dass unsere Bauern die Grundvoraussetzung für unser aller Gesundheit sind. Sie produzieren die gute Nahrung, die die Grundlage unserer guten Gesundheit ist. Ich möchte Sie daher dringend bitten, das Vertrauen in unsere Landwirte zu erneuern, die ihr Bestes geben, um uns – auch unter sehr schweren Bedingungen sowie allem widrigen Wetter, Schädlingsplagen und ja sogar der EU-Politik zum Trotz – zu ernähren.

 
  
  

Schriftliche Stimmerklärungen

 
  
  

- Bericht: Paolo Costa (A6-0468/2008)

 
  
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  John Attard-Montalto (PSE), schriftlich. Wir haben soeben über ein Abkommen zur Sicherheit in der Zivilluftfahrt abgestimmt. Obwohl das Flugzeug eines der sichersten Verkehrsmittel ist, können Sicherheitsvorkehrungen nie sorgfältig genug sein.

Verbunden mit dieser Debatte ist die Diskussion um die Sicherheit. Seit den schrecklichen Terroranschlägen auf das World Trade Center in New York sind unzählige Sicherheitsmaßnahmen ergriffen worden. Ebenso wie die Problematik der Sicherheitsvorkehrungen ist keine Maßnahme, die der Sicherheit der Reisenden dient, zu übertrieben. Vielmehr schlägt der Terror gewöhnlich dann wieder zu, wenn wir uns in völliger Sicherheit wähnen.

Natürlich muss zwischen den bürgerlichen Freiheiten und Rechten einerseits und Sicherheitsmaßnahmen andererseits ein Gleichgewicht gefunden werden. Vor die Wahl gestellt zwischen dem einen oder dem anderen allerdings, müssen Prioritäten gesetzt werden. So gab es beispielsweise mit dem Hinweis auf Datenschutzbedenken beträchtlichen Widerstand gegen die Weitergabe von Passagierlisten. Sicherheitsmaßnahmen dieser Art erlauben allerdings gründliche Überprüfungen, die in dieser Art an den Grenzabfertigungen nicht möglich sind.

Wir leben mittlerweile in einer neuen Ära. Unschuldige Zivilisten werden ganz gezielt zu Anschlagszielen, und dabei werden die Bürger bestimmter Länder bevorzugt angegriffen. Unter solchen Bedingungen ist davon auszugehen, dass diese Länder alles Erdenkliche unternehmen werden, um die Interessen ihrer Bürger zu schützen.

 
  
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  Dragoş Florin David (PPE-DE), schriftlich.(RO) Ich habe für diesen Bericht gestimmt, weil auch die rumänische Luftfahrtindustrie von den entsprechenden Maßnahmen profitieren wird. Das ausgehandelte Abkommen spiegelt im Großen und Ganzen die Struktur eines konventionellen Luftfahrtsicherheitsabkommens wider. Es basiert auf dem gegenseitigen Vertrauen in die Systeme des jeweils anderen und auf der Vergleichsmöglichkeit der unterschiedlichen Bestimmungen. Dies bringt Verpflichtungen und Methoden im Hinblick auf eine Kooperation zwischen den liefernden und empfangenden Behörden mit sich. Die Mittel zur Erreichung dieses Ziels, insbesondere hinsichtlich der Kooperation und der gegenseitigen Anerkennung von Zertifizierungsergebnissen in den Bereichen Flugtüchtigkeit und Wartung, sind allerdings in den Anhängen des Abkommens ausgeführt. Insofern unterscheidet es sich von konventionellen Abkommen, in denen diese Festlegungen gewöhnlich in separaten, unverbindlichen Vereinbarungen auf der Ebene der Zivilluftfahrtbehörden erfolgen. Die Anhänge spiegeln im Großen und Ganzen den Inhalt der Umsetzungsregeln der Gemeinschaft zu Flugtüchtigkeit (Kommissionsverordnung Nr. 1702/2003) und Wartung (Kommissionsverordnung Nr. 2042/2003) wider. Diese unterliegen der Abänderung durch die beteiligten Parteien auf der Grundlage einer Entscheidung des bilateralen Aufsichtsgremiums.

 
  
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  Pedro Guerreiro (GUE/NGL), schriftlich.(PT) Die Ursprünge der verschiedenen Luftfahrtabkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und den Vereinigten Staaten sind in der Liberalisierung der Luftfahrt begründet und stützen sich auf diese.

Diese auf EU-Ebene angesiedelten Abkommen (oder vielmehr durch die Europäische Gemeinschaft – der einzigen existierenden Rechtskörperschaft – und ihrem gemeinsamen Markt, der vollständig liberalisiert werden soll, abgeschlossenen Abkommen) sollen Vorrang haben vor sämtlichen zwischen den verschiedenen Mitgliedstaaten und den Vereinigten Staaten abgeschlossenen Abkommen.

Wie bereits in anderen durch das Europäische Parlament angenommenen Entschließungen formuliert, möchten wir darauf hinweisen, dass wir ganz gewiss die Ersten sind, die an einem „hohen Niveau in der Zivilluftfahrtsicherheit“ und an Maßnahmen „zur Verminderung der wirtschaftlichen Belastung der Luftfahrtindustrie und der Fluggesellschaften durch übermäßige Auflagen“ interessiert sind. Allerdings legen wir dabei auf zwei wichtige Aspekte Wert: (1) Das Ziel und die angenommene Grundlage dieser Verfahren darf nicht darin bestehen, über die Harmonisierung von Standards die Bedingungen für eine verstärkte Liberalisierung des Luftverkehrs herbeizuführen bzw. diese Liberalisierung zu erleichtern; (2) diese Verfahren dürfen nicht die Harmonisierung mittels einer Lockerung von Sicherheitsstandards und Sicherheitsregeln befördern, insbesondere wenn unter Abwägung von Sicherheitsaspekten, der Minimierung von Belastungen und Liberalisierungsgesichtspunkten Erwägungen des Gewinnstrebens und der Unternehmenskonzentration die Überhand gewinnen.

Wir sind der Ansicht, dass der Luftverkehr als öffentliche Dienstleistung bewahrt werden muss, der in jedem Land von öffentlichen Unternehmen bereitgestellt werden muss, die mit ihren Dienstleistungen für die Bürger Qualität und Sicherheit garantieren.

 
  
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  Jörg Leichtfried (PSE), schriftlich. (DE) Ich stimme Paolo Costas Bericht zur Zivilluftfahrt grundsätzlich zu.

Es ist notwendig, dass sich die EU und die USA mithilfe dieses Abkommens auf eine gemeinsame Linie einigen. In dieser Übersee-Partnerschaft ist es allerdings unumgänglich, wirkliche Partner zu sein, sprich nicht nur auf dem Papier. Es müssen Kriterien gefunden werden, an die sich beide „Vertragsparteien“ zu halten haben.

Im Falle von Missachtung, entweder seitens der EU oder der USA, ist eine aufkündbare Variante des Abkommens unentbehrlich.

 
  
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  Bogusław Liberadzki (PSE), schriftlich.(PL) Ich stimmte für den Bericht über einen Vorschlag für eine Ratsentscheidung über den Abschluss eines Abkommens zwischen der Europäischen Gemeinschaft und den Vereinigten Staaten von Amerika bezüglich einer Zusammenarbeit bei der Regulierung der Zivilluftfahrtsicherheit (A6-0468/2008). Ich billige den Vorschlag des Berichterstatters über den Abschluss dieses Abkommens.

Ich glaube, dass die Ziele des Abkommens legitim sind, insbesondere die vorgesehenen Handelserleichterungen für Waren und Dienstleistungen, die von diesem Abkommen abgedeckt werden, sowie die bestmögliche Begrenzung doppelt durchgeführter Überprüfungen, Tests und Kontrollen aufgrund erheblicher Abweichungen der jeweils bestehenden Bestimmungen, und darüber hinaus die Möglichkeit der gegenseitigen Anwendung der jeweiligen Zertifizierungssysteme zur Prüfung der Konformität mit den Vorschriften der jeweils anderen Partei.

Ich hoffe, dass das gegenseitige Vertrauen in die Systeme der jeweils anderen Partei der Umsetzung dieses Abkommens förderlich sein wird.

 
  
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  Marian-Jean Marinescu (PPE-DE), schriftlich.(RO) Als Berichterstatter des Europäischen Parlaments für den legislativen Bericht zur Ausweitung der Befugnisse der Europäischen Agentur für Flugsicherheit (EASA) begrüße ich das mit den Vereinigten Staaten ausgehandelte Abkommen zur Erleichterung der gegenseitigen Anerkennung von Zivilluftfahrtzertifikaten.

Dieses Abkommen stellt einen wichtigen Schritt bei der Ausweitung der transatlantischen Kooperation dar, was ein prioritäres Ziel der Fraktion der Europäischen Volkspartei (Christdemokraten) und der Europäischen Demokraten ist. Es stellt solide Bedingungen für einen intensivierten Handel von Waren und Dienstleistungen im Zivilluftfahrtsektor zwischen der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten dar, wovon Europa zweifellos profitieren wird. Angesichts der erhöhten Anforderungen beim Umweltschutz bietet das Abkommen erweiterte Garantien in Bezug auf die Sicherheit und die verstärkte Kompatibilität von Produkten, Komponenten und Flugzeugen. Unter diesen Bedingungen können wir hoffen, dass die Prinzipien des einheitlichen europäischen Luftraums in Zukunft auch auf die transatlantische Kooperation ausgeweitet wird und dass diese Kooperation darüber hinaus dann den Forschungsbereich mit einschließen und auch die Implementierung neuer Technologien in diesem Bereich auf der Grundlage einer Zusammenarbeit zwischen SESAR und NextGen umfassen wird.

Ich glaube weiterhin, dass dieses Abkommen langfristig die für beide Seiten nutzbringende Erweiterung des Kooperationsrahmens zwischen der EASA und der FAA begünstigen wird, von dem Fluggesellschaften, die Luftfahrtindustrie und vor allen Dingen die Reisenden direkt profitieren werden.

 
  
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  Luís Queiró (PPE-DE), schriftlich.(PT) Die Zukunft der externen Verkehrspolitik erfordert gute Beziehungen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und den Vereinigten Staaten. Im Ergebnis ist einer der wesentlichen Punkte dieses Kooperationsabkommens zur Regulierung der Zivilluftfahrtsicherheit das gegenseitige Vertrauen in die Systeme des jeweils anderen und die Vergleichsmöglichkeit der unterschiedlichen Vorschriften. Das Ziel des Abkommens liegt in Handelserleichterungen für Waren und Dienstleistungen im Luftfahrtsektor durch die bestmögliche Begrenzung doppelt durchgeführter Überprüfungen, Tests und Kontrollen aufgrund der zwischen den Parteien bestehenden, erheblich unterschiedlichen Vorschriften. Wir glauben daher, dass dadurch ein Rahmenwerk geschaffen wird, das für einen reibungslosen Routineablauf sorgen wird und das es erlaubt, aus seiner Implementierung sich ergebende technische Probleme über ein System kontinuierlicher Kooperation und Konsultation zu lösen. Dieses Abkommen ist ein weiterer grundlegender Schritt in Richtung einer extern orientierten Verkehrspolitik. Deshalb habe ich für diesen Bericht gestimmt.

 
  
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  Luca Romagnoli (NI), schriftlich.(IT) Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich möchte mitteilen, dass ich, entsprechend dem Vorschlag für eine Ratsentscheidung, für den Bericht von Paolo Costa über den Abschluss eines Abkommens zwischen der Europäischen Gemeinschaft und den Vereinigten Staaten von Amerika bezüglich einer Zusammenarbeit bei der Regulierung der Zivilluftfahrtsicherheit gestimmt habe.

Ich gehe mit dem Berichterstatter konform, dass sich das Parlament für den Abschluss dieses Abkommens aussprechen muss, denn dies würde eindeutig den Handel von Waren und Dienstleistungen zwischen den Parteien in den Bereichen Flugtüchtigkeit und Wartung straffen und die doppelt durchgeführten Überprüfungen und Checks hinsichtlich der Einhaltung von Sicherheitserfordernissen vermeiden, die bis dato wiederholt werden müssen, selbst wenn sie praktisch miteinander vergleichbar sind. Ich bin allerdings der Ansicht, dass das Abkommen zunächst provisorisch in Kraft treten sollte, so dass eventuell in der Praxis und der Umsetzung auftretende Schwierigkeiten identifiziert und beseitigt werden können, bevor es endgültig in Kraft tritt.

 
  
  

- Bericht: Diana Wallis (A6-0511/2008)

 
  
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  Dragoş Florin David (PPE-DE), schriftlich.(RO) Ich habe für diesen Bericht über eine verbesserte rechtliche Regulierung von Unternehmen innerhalb der EU gestimmt.

 
  
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  Nicolae Vlad Popa (PPE-DE), schriftlich.(RO) Ich stimmte für den Bericht über ein gemeinsames Steuersystem für Fusionen, Spaltungen, Abspaltungen, die Einbringung von Unternehmensteilen und den Austausch von Anteilen, die Gesellschaften verschiedener Mitgliedstaaten betreffen, da diese rechtlichen Transaktionen zu fundamentalen Veränderungen des Rechtsstatus von Wirtschaftsunternehmen führen. Die Europäische Union muss außerdem die nötigen Maßnahmen ergreifen, um eine einheitliche, harmonisierte aber zugleich effektive Regulierung zu erreichen.

Ich unterstütze diesen Vorstoß außerdem, weil ich Rechtanwalt bin, und ich werde auch weiterhin jede vom Europäischen Parlament unternommene Bemühung zur Harmonisierung und Kodifizierung des Steuer-, Wirtschafts-, Zivil- und Strafrechts auf europäischer Ebene unterstützen.

 
  
  

- Bericht: Costas Botopoulos (A6-0508/2008)

 
  
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  Dragoş Florin David (PPE-DE), schriftlich.(RO) Ich stimmte für diesen Bericht, da die Verfahrensordnung des Gerichts Erster Instanz keinerlei Bestimmung zur Sprachenregelung bei Berufungsverfahren (gegen die Entscheidungen des Gerichts für den öffentlichen Dienst der Europäischen Union) vorsieht. Es gibt in der Tat keine Entsprechung zu Artikel 110 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs.

 
  
  

- Bericht: Bastiaan Belder (A6-0489/2008)

 
  
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  Adam Bielan (UEN), schriftlich.(PL) Frau Präsidentin! Hinsichtlich des letzten bewaffneten Konflikts auf dem Balkan haben die Staaten Europas sehr unterschiedlich zu der Problematik Stellung bezogen. Durch ihr aktives Eingreifen in die seinerzeitigen Verhältnisse auf dem Balkan hat die EU allerdings unterstrichen, dass sie diese Region für sehr wichtig hält und dass sie sie als integralen Bestandteil Europas ansieht. Wir haben daher die Pflicht, diese Länder in ihren Bemühungen nach Stabilität und vollständiger Demokratie zu unterstützen. Ich unterstütze den Belder-Bericht, denn er unterstreicht die Notwendigkeit, den Balkanstaaten zu helfen und sie gleichzeitig als individuelle, unabhängige Partner zu behandeln.

Es ist weiterhin gut, dass der Bericht die Notwendigkeit zur Etablierung einer gemeinsamen Energiepolitik hervorhebt. Die Diversifizierung der Energiequellen ist dringend erforderlich. Dies würde nicht nur der EU sondern gesamt Europa nützen.

 
  
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  Avril Doyle (PPE-DE), schriftlich. − Der Bericht von Bastiaan Belder behandelt die aktuelle Situation der Handels- und Wirtschaftsbeziehungen der Europäischen Union mit dieser zunehmend an Stabilität gewinnenden Region, in der viele Länder eine Mitgliedschaft in der EU anstreben. Die EU nimmt in der Region eine wichtige Rolle ein bei der Aufrechterhaltung von Handels- und Wirtschaftsbeziehungen sowie beim Voranbringen eines stabilen und dauerhaften Friedens.

Die starke Position der EU als Wirtschaftspartner, aber auch als Vorbild für eine stabile Zivilgesellschaft, eines stabilen Staatswesens und dynamischer Institutionen muss genutzt werden, um die Entwicklung der Region voranzutreiben. Ein dreidimensionaler und differenzierter Ansatz, der die relativen Unterschiede zwischen den Ländern in der Region berücksichtigt und den Abschluss von Assoziierungsabkommen sowie weitere Hilfen umfasst, zeichnet den Weg deutlich vor, um Probleme der Unterentwicklung anzugehen und die intensive regionale und internationale wirtschaftliche Kooperation zu stützen.

Im Sinne eines Mittels zur Zementierung eines dauerhaften Friedens und zur Förderung der Ideale, denen wir uns alle verpflichtet fühlen, unterstütze ich den Bericht von Bastiaan Belder.

 
  
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  Bruno Gollnisch (NI), schriftlich.(FR) Ich weiß, der Belder-Bericht behandelt lediglich die wirtschaftlichen und Handelsbeziehungen mit den westlichen Balkanstaaten und der offenkundigen Notwendigkeit für die Europäischen Union, beim wirtschaftlichen, rechtlichen, politischen und sozialen Wiederaufbau zu helfen.

Ich bin allerdings dennoch erstaunt, dass der Bericht, ungeachtet der Verlautbarung, dass diese Hilfe, ebenso wie die Beitrittsprozesse, differenziert und an jedes einzelne Land angepasst erfolgen soll, nicht wirklich die individuelle Situation eines jeden Balkanstaats in Betracht zieht. So wird beispielsweise Serbien nicht einmal erwähnt.

Vor allen Dingen aber hat dieses Parlament, das sonst immer schnell bei der Hand ist, um überall in der Welt Menschenrechtsverletzungen anzuprangern oder „Menschenrechtsklauseln“ in internationalen Kooperationsabkommen zu fordern, das Meisterstück vollbracht, für einen Balkanbericht zu stimmen, ohne auch nur ein Mal die dramatische und unhaltbare Situation der serbischen Bevölkerung im Kosovo zu erwähnen, die im Ursprungsland ihrer Vorfahren mittlerweile zu Parias geworden ist. Stattdessen lobt man sich selbst zu den hunderten Millionen Euro, die an die Behörden gezahlt worden sind, die diese Situation heraufbeschworen, organisiert und toleriert hat.

 
  
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  Vural Öger (PSE), schriftlich. (DE) Die Festigung der Wirtschaftsbeziehungen zum Westbalkan ist sowohl für die EU als auch für den Westbalkan von großer Bedeutung. Daher begrüße ich es sehr, dass das EP sich intensiv mit dieser Thematik beschäftigt hat und wir den Bericht Belder heute angenommen haben. Angesichts der Tatsache, dass die Zukunft der Länder des Westbalkans in der EU liegt, ist ihre wirtschaftliche und politische Annäherung an die EU sehr wichtig. Um diese Länder langfristig an die EU zu binden, muss die Entwicklung ihrer Marktwirtschaften und die regionale Zusammenarbeit gefördert werden.

Deswegen sind auch konstruktive und positive Signale aus dem EP wichtig. Es ist im Interesse der EU, sich dafür einzusetzen, dass politische Stabilität, Rechtssicherheit und damit auch gute Rahmenbedingungen in diesen Ländern für ausländische Investitionen geschaffen werden. Der Bericht Belder unterstreicht, dass der Grad der Wirtschaftsbeziehungen vom individuellen Fortschritt des jeweiligen Landes abhängt. Ferner sollte es Ziel der EU sein, die Volkswirtschaften der Länder des Westbalkans zu diversifizieren. All diese wichtigen Aspekte spiegeln sich im Bericht wider. Ich bin überzeugt, dass eine positive Entwicklung der Wirtschaftsbeziehungen zwischen der EU und dem Westbalkan ein Gewinn für alle Länder des europäischen Kontinents sein wird und bin gespannt auf die konkrete Umsetzung unserer Vorschläge.

 
  
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  Luca Romagnoli (NI), schriftlich.(IT) Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe für den Bericht von Bastiaan Belder über die Handels- und Wirtschaftsbeziehungen mit den Ländern des westlichen Balkans gestimmt.

Ich stimme mit meinem Parlamentskollegen darin überein, dass die Europäische Union beim Prozess der wirtschaftlichen und politischen Erneuerung der westlichen Balkanregion im Hinblick auf deren mögliche Mitgliedschaft in der Europäischen Union eine wesentliche Rolle spielen muss, erstens hinsichtlich der Stabilisierung der politischen Situation und zweitens in wirtschaftlicher Hinsicht.

Ich möchte dessen ungeachtet auf die Notwendigkeit hinweisen, vonseiten der Union eine tiefer gehende, länderspezifische Analyse der jeweiligen Situation der Menschenrechte und der demokratischen Prinzipien durchzuführen. Ich möchte hier insbesondere auf Kroatien und die dortige große italienische Bevölkerungsgruppe hinweisen, die, trotz der offiziellen Bewerbung dieses Landes um eine Mitgliedschaft in der EU, eindeutig Diskriminierungen ausgesetzt ist. Dieser Sachverhalt steht meines Erachtens im Widerspruch zur Situation Serbiens, dem lediglich der Status eines potenziellen Beitrittskandidaten zugewilligt wurde, und dem gegenüber die Union aufgeschlossener gegenübertreten sollte als dies bislang der Fall war.

 
  
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  Flaviu Călin Rus (PPE-DE), schriftlich.(RO) Ich habe für diesen Bericht über die Handels- und Wirtschaftsbeziehungen mit den Ländern des westlichen Balkans (A6-0489/2008) gestimmt, da der Antrag auf eine Entschließung des Europäischen Parlaments auch die Stellungnahmen des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten sowie des Ausschusses für regionale Entwicklung, dem ich angehöre, einschließt.

Wirtschaftliches Wachstum und Entwicklung in der westlichen Balkanregion wird die Voraussetzungen für eine konstruktive Partnerschaft mit den östlichen Mitgliedstaaten der EU schaffen, zu denen bekanntlich auch Rumänien zählt.

Darüber hinaus wird die Anbindung der Wirtschafts- und Handelspolitik der westlichen Balkanländer an die Strukturen der Europäischen Union die zwischen der EU und diesen Ländern abgeschlossenen Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen stützen.

Ich habe für diesen Bericht gestimmt, weil wirtschaftliche Stabilität in dieser Region, die in den vergangenen Jahren besonders intensive Turbulenzen erlebte, auch zu politischer Stabilität führen kann.

 
  
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  Czesław Adam Siekierski (PPE-DE), schriftlich.(PL) Die EU sollte alle verfügbaren Mittel nutzen, um die westliche Balkanregion zu motivieren und davon zu überzeugen, grundlegende Reformen durchzuführen. Die Ausweitung regionaler wirtschaftlicher Kooperation scheint in diesem Zusammenhang besonders bedeutsam zu sein, ebenso wie die Aussicht auf Mitgliedschaft in der EU für die Staaten in der Region. Ausgedehnte und stabile wirtschaftliche Kontakte zwischen bestimmten Ländern würden zu einer besonderen wirtschaftlichen Integration führen. Dies würde mit Sicherheit dazu beitragen, die Gefahr künftiger Konflikte einzudämmen. Eine realistische Perspektive für eine EU-Mitgliedschaft würde diesem Ziel ebenfalls dienen. Der Balkan hat bereits große Fortschritte gemacht auf seinem Weg zu einer Annäherung an die EU, aber die Aussicht auf einen Beitritt wird sicherlich viele Balkanländer dazu ermuntern, ihre Integrationsbemühungen mit der Gemeinschaft fortzusetzen.

Ich möchte allerdings betonen, dass neben Instrumenten der Wirtschaftshilfe Initiativen, die auf die Integration der Balkan-Gesellschaft in die EU abzielen, ebenso bedeutsam sind. Daher ist die Einleitung von Veränderungen, die so weit reichend wie möglich sein sollten und die den Personenverkehr erleichtern würden, sehr wichtig – ebenso wie eine breite Unterstützung der jungen Generation in der Region. Nur wenn die Menschen auf dem Balkan das Gefühl haben, die gleichen Rechte zu besitzen wie die anderen Bürger Europas, können wir sagen, dass wir Erfolg gehabt haben.

 
  
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  Bart Staes (Verts/ALE), schriftlich. − (NL) Ich stimme völlig mit dem überein, was Bastiaan Belder ausgeführt hat, und pflichte seinen Empfehlungen bei, wie die Handels- und Wirtschaftsbeziehungen mit den Ländern des westlichen Balkans verbessert werden können. Die EU hat eine Schlüsselrolle inne bei der Erholung dieser Region. Die Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen, die Handelserleichterungen und die technische und finanzielle Unterstützung sind die drei Pfeiler, auf die sich die Hoffnung der EU stützt, Stabilität in die Region bringen zu können. Es ist zutreffend, dass das Entwicklungsniveau und der Grad des erreichten acquis communautaire nicht in allen Ländern der Region gleich hoch ist. Daher ist es ungeachtet des Vorhandenseins einer einheitlichen Strategie erforderlich, spezifische Herangehensweisen zu verfolgen, die sich nach den jeweiligen Erfordernissen richten. Albanien ist nicht Montenegro, und Bosnien-Herzegowina ist nicht der Kosovo.

Die Fortschritte bei den Beitrittsverhandlungen (beziehungsweise deren Einleitung im Fall potenzieller Beitrittsländer) mit den westlichen Balkanstaaten müssen selbstverständlich von der vollständigen Erfüllung der Kopenhagen-Kriterien und der uneingeschränkten Achtung demokratischer Prinzipien und der Menschenrechte abhängig gemacht werden. Gleichzeitig muss aber auch klar sein, dass alle diese Länder eine Zukunft in der EU haben und dass deren Mitgliedschaft dafür sorgen wird, dass die fürchterlichen Konflikte, die diese Region seit Jahrhunderten auszeichnen, fortan der Vergangenheit angehören.

 
  
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  Andrzej Jan Szejna (PSE), schriftlich.(PL) Die Europäische Union spielt beim Prozess des wirtschaftlichen und politischen Wiederaufbaus der Länder des früheren Jugoslawien eine enorm wichtige Rolle. Sie hat aber auch in Bezug auf den gesamten westlichen Balkan eine enorme Verantwortung übernommen. In diesem Zusammenhang ist die EU derzeit mit der schwierigen Aufgabe des Wiederaufbaus der gesamten Region konfrontiert.

Die EU ist inzwischen zum Haupthandelspartner sämtlicher Länder des westlichen Balkans avanciert. Die drei Hauptsäulen dieser Kooperation sind: Stabilisierungsabkommen, Handelserleichterungen sowie technische und finanzielle Unterstützung. Der Stabilisierungsprozess muss in erster Linie auf eine Anhebung des Lebensstandards und die Sicherung einer dauerhaften wirtschaftlichen Entwicklung in den Balkanstaaten ausgerichtet sein. Bei all den Maßnahmen, die die EU hier unternimmt, muss sie die anvisierte Mitgliedschaft einiger dieser Länder und den Status der übrigen Balkanstaaten als potenzielle Beitrittskandidaten berücksichtigen.

Es ist schwierig, nicht mit dem Berichterstatter in seiner Einschätzung überein zu stimmen, dass eine Grundvoraussetzung für die Entwicklung der hier angesprochenen Länder deren Mitgliedschaft in der Welthandelsorganisation ist. Dies trifft im Fall von Kroatien, Albanien und dem früheren Jugoslawien bereits zu. Für eine vollständige Integration in das Welthandelssystem ist es aber erforderlich, dass auch Bosnien und Herzegowina sowie Serbien und Montenegro der WTO beitreten.

Ungeachtet des bereits erzielten Fortschritts in Bezug auf die Modernisierung der Region, muss die vollständige Integration der westlichen Balkanstaaten in das EU-Wirtschaftssystem angestrebt werden.

 
  
  

- Bericht: Mairead McGuinness (A6-0505/2008)

 
  
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  Jan Andersson, Göran Färm, Anna Hedh, Inger Segelström und Åsa Westlund (PSE), schriftlich. − (SV) Der Bericht über die gemeinsame Agrarpolitik und weltweite Ernährungssicherheit spricht wichtige Punkte an: etwa die Folgen steigender Lebensmittelpreise in armen und reichen Ländern und die Bedeutung der Sicherstellung des Zugangs zu Lebensmitteln für alle.

Wir schwedischen Sozialdemokraten beschlossen, gegen den Bericht zu stimmen, denn er enthält eine problematische Wortwahl in Bezug auf die Agrarpolitik. Neben anderen Dingen würden wir gerne eine Reduzierung des für die Agrarpolitik bestimmten EU-Haushaltsanteils sehen, die Eindämmung und Entwicklung der Cross-Compliance-Problematik und eine Marktanpassung des Systems. Der Bericht wird diesen Anforderungen nicht gerecht. Deshalb stimmen wir dagegen.

 
  
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  Liam Aylward (UEN), schriftlich. − Die Sicherstellung einer nachhaltigen Versorgung mit Nahrungsmitteln ist eine der größten Herausforderungen, mit denen wir es zu tun haben. Diese Herausforderung wird mit zunehmender Weltbevölkerung weiter wachsen. Derzeit wächst die Bevölkerung jährlich weltweit um 70 Millionen Menschen. Dies bedeutet, jedes Jahr müssen Nahrungsmittel für 70 Millionen mehr Menschen bereitgestellt werden. Wie soll dies bewerkstelligt werden, wenn bereits über 850 Millionen Menschen weltweit unterernährt sind?

Während die Sicherstellung einer nachhaltigen Versorgung mit Nahrungsmitteln eine der größten Herausforderungen unserer Zeit ist, ist die EU eine der größten Erfolgsgeschichten der jüngsten Zeit, die dem Kontinent Frieden, Stabilität und Wohlstand gebracht hat. Die EU ist weltweit der größte Geber staatlicher Entwicklungshilfe und ein Modell für die internationale Kooperation. Diese Erfahrung kann sie weltweit nutzbringend einsetzen.

Die EU kann es sich nicht erlauben, engstirnigen Politiklinien zu folgen. Ebenso wie internationale Kapitalströme miteinander verwoben sind, stehen immer mehr Politikbereiche untereinander in wechselseitiger Beziehung. Dieser Bericht erkennt diese Problematik und auch, dass die hohen Standards der EU und der Wert ihrer praktischen Erfahrung in der Landwirtschaft von höherem Nutzen bei den Bemühungen um die globale Ernährungssicherheit sein können, auch durch die Bereitstellung von Finanzhilfen für Düngemittel, ertragreiches Saatgut sowie die Vermittlung von Wissen und praktischer Hilfe für Landwirte und Nahrungsmittelproduzenten.

 
  
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  Niels Busk und Anne E. Jensen (ALDE), schriftlich. − (DA) Anne E. Jensen und Niels Busk haben für den Initiativbericht von Mairead McGuinness über die gemeinsame Agrarpolitik und weltweite Ernährungssicherheit gestimmt, da der überwiegende Teil des Berichts ausgezeichnet ist und nur die Alternative zwischen Ablehnung und Zustimmung besteht. Wir können allerdings nicht die Absätze 63 und 64 unterstützen, in denen Zweifel über den freien Handel mit landwirtschaftlichen Produkten geäußert werden. Wir sind starke Befürworter des Freihandels und glauben, dass es absolut richtig ist, auf Verhältnisse hinzuarbeiten, in denen der Handel mit landwirtschaftlichen Produkten auf den Prinzipien des freien Marktes basiert.

 
  
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  Ole Christensen, Dan Jørgensen, Poul Nyrup Rasmussen, Christel Schaldemose und Britta Thomsen (PSE), schriftlich. − (DA) Die dänischen Abgeordneten der Sozialistischen Fraktion im Europäischen Parlament haben gegen den Initiativbericht über die gemeinsame Agrarpolitik und weltweite Ernährungssicherheit gestimmt, da sich der Bericht gegen die Liberalisierung der Agrarpolitik ausspricht und EU-Regelungen zur Beschränkung des Pestizid-Einsatzes kritisiert. Wir glauben, dass ein ausgeglichener Zugang zu einer globalen Nahrungsmittelversorgung erforderlich ist. Aber dies wird nicht dadurch erreicht, dass die EU-Agrarhilfen beibehalten oder sogar noch erhöht werden.

 
  
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  Konstantinos Droutsas (GUE/NGL), schriftlich.(EL) Das globale Ernährungsproblem verschärft sich eher als dass es kleiner wird und trifft sämtliche Unterschichten, nicht nur in den weniger entwickelten Ländern sondern auch in den höher entwickelten Ländern.

Der Hauptgrund für diese Situation ist, dass das wesentliche Kriterium für die Produktion von Agrarprodukten weniger der globale Nahrungsmittelbedarf sondern der Profit ist.

Der Handel mit Nahrungsmitteln an internationalen Warenbörsen hat zu ausufernden Preisanstiegen und in der Folge zu ebensolchen Profiten für die Nahrungsmittelmultis geführt. Außerdem ist ein spürbarer Rückgang der Agrarproduktion und der globalen Nahrungsmittelreserven sowie ein Anstieg der Anzahl unterernährter Menschen die Folge.

Um diese inakzeptable Situation anzugehen, die eine Milliarde Menschen zu Unterernährung und Hunger verdammt, beschränkt sich der Bericht auf das Formulieren von Wunschlisten, die sich selbst ad absurdum führen durch das Beharren auf der immer gleichen Politik: Befürwortung der gemeinsamen Agrarpolitik mit seinen Kontrollmechanismen und Rentabilitätschecks, das Abschließen von Vereinbarungen im Rahmen der Welthandelsorganisation, die Entkopplung von Hilfen von der Produktion, und die Weiterführung der Biokraftstoffproduktion unter dem Deckmantel des Umweltschutzes unter Einsatz von Agrarflächen, die besser der Nahrungsmittelproduktion dienen sollten.

Der Bericht berührt nur wage die Prinzipien der Ernährungssouveränität, der Ernährungssicherheit und des Rechts auf Nahrungsmittelselbstversorgung.

Die MdEP der Kommunistischen Partei Griechenlands haben gegen den Bericht gestimmt, weil er – ungeachtet seiner Untersuchungsergebnisse und geäußerten „Wünsche“ – eine monopolfreundliche, gegen die Unterschichten gerichtete, Politik vertritt, die immer mehr Menschen zu Unterernährung und Hunger verurteilt.

 
  
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  Lena Ek (ALDE), schriftlich. − (SV) Es ist wichtig, dass wir den Hunger in der Welt bekämpfen und lindern. In dieser Hinsicht begrüße ich den Initiativbericht von Mairead McGuinness über die gemeinsame Agrarpolitik und weltweite Ernährungssicherheit.

Ich habe mich dennoch dazu entschlossen, mich der Stimme zu enthalten, denn der Bericht trägt stellenweise stark protektionistische Züge. Das Subventionieren und Regulieren unserer heimischen Landwirtschaft befördert nicht unser Ziel einer offenen, ökologischen, sicheren und unternehmerischen EU. Ein freierer Weltmarkt für landwirtschaftliche Produkte würde es den Menschen in armen Ländern einfacher machen, ihre eigene Landwirtschaft zu entwickeln. Wir sehen dies nun besonders in weiten Teilen Afrikas.

 
  
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  Ilda Figueiredo (GUE/NGL), schriftlich.(PT) Wir stimmen mit verschiedenen in dem Bericht hervorgehobenen Aspekten überein, insbesondere:

- mit der Tatsache, dass die veränderte Agrarpolitik zu einem Verlust potenzieller Marktchancen für EU-Produzenten geführt hat und zu einer erhöhten Abhängigkeit von Nahrungsmittelimporten von außerhalb der Europäischen Union, die nach völlig anderen Produktionsstandards hergestellt werden, wodurch EU-Agrarprodukte benachteiligt werden;

- mit der Sorge, dass dramatische Anstiege der landwirtschaftlichen Produktionskosten zu einem Rückgang der landwirtschaftlichen Aktivitäten und Produktion führen, wodurch sich die Ernährungskrise in Europa und der Welt verschärfen wird;

- mit dem Erfordernis nach Politikinstrumenten, die darauf abzielen, solche erheblichen und schädlichen Preisschwankungen abzuwenden;

- mit der Sorge hinsichtlich einer zunehmenden Marktkonzentration in der Nahrungsmittelindustrie, die zur Ausbildung von Monopolstrukturen geführt hat, sowie der Notwendigkeit nach alternativen Lösungen in den Verhandlungen mit den Einzelhandelskonzernen zugunsten kleiner landwirtschaftlicher Betriebe.

Allerdings enthält der Bericht auch Aspekte, mit denen wir nicht einverstanden sein können:

- und zwar der zunehmenden Ausrichtung der gemeinsamen Agrarpolitik etwa auf den Markt und den geringen Stellenwert der Ernährungssouveränität, wobei der Schwerpunkt lediglich auf die Ernährungssicherheit gelegt und dabei vergessen wird, dass diese nur schwer ohne die Ernährungssouveränität zu haben ist.

Deshalb haben wir uns enthalten.

 
  
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  Duarte Freitas (PPE-DE), schriftlich.(PT) Der McGuinness-Bericht behandelt ein Problem, das meiner Ansicht nach von strategischer Bedeutung ist: die Ernährungssicherheit und die Bedeutung einer starken und wettbewerbsfähigen europäischen Landwirtschaft in einer globalisierten Welt.

Nach der Nahrungsmittelpreiskrise der jüngsten Zeit sollte die Ernährungssicherheit eine Priorität der EU sein. Ungeachtet der Tatsache, dass eine weitere Nahrungsmittelkrise in absehbarer Zeit nicht zu erwarten ist, so ist mit einer solchen in der Zukunft durchaus zu rechnen, wenn wir die negativen Auswirkungen des Klimawandels auf die landwirtschaftliche Produktion und die konstant steigende Nachfrage berücksichtigen.

Wenn wir uns weiterhin der Tatsache bewusst sind, dass viele Entwicklungsländer wahrscheinlich nicht in der Lage sein werden, Nahrungsmittel in ausreichenden Mengen zur Versorgung ihrer wachsenden Bevölkerungen selbst zu produzieren, werden die Industrieländer weiterhin die wichtige Aufgabe haben, Nahrungsmittel zu produzieren und zu exportieren.

Die gemeinsame Agrarpolitik muss daher angesichts deren steigender Bedeutung vor dem Hintergrund der Finanz- und Wirtschaftskrise aufs Neue eine europäische Priorität werden und die Grundlage bilden für die europäische Politik der Ernährungssicherheit.

 
  
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  Jeanine Hennis-Plasschaert, Jules Maaten, Toine Manders und Jan Mulder (ALDE), schriftlich. (NL) Die Delegation der niederländischen Volkspartei für Freiheit und Demokratie (VVD) hat für den McGuinness-Bericht über die gemeinsame Agrarpolitik und weltweite Ernährungssicherheit gestimmt, obwohl sie einige inhaltliche Vorbehalte hat. Die VVD-Delegation hätte sich in dem Bericht klare Festlegungen dahingehend gewünscht, die Handelsbarrieren mit den Entwicklungsländern schrittweise und gegenseitig abzubauen. Darüber hinaus hätte sie sich gewünscht, dass sich der Bericht für ein spezielles, schnelleres Verfahren der Genehmigung cisgener Produkte ausspricht. Diese fallen nach wie vor unter das gleiche Verfahren wie gewöhnliche Biotechnologie-Produkte, obwohl sie genetisches Material aus derselben Art benutzen.

 
  
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  Ian Hudghton (Verts/ALE), schriftlich. Der McGuinness-Bericht beschäftigt sich mit Angelegenheiten von immenser globaler Bedeutung. Innerhalb von zwei Jahren sind die Nahrungsmittelpreise weltweit um über 80 % gestiegen und die Getreidevorräte haben gefährlich niedrige Stände erreicht. Der Druck auf die globalen Nahrungsmittelvorräte speist sich aus relativ neuen Quellen, beispielsweise aus dem zunehmenden Einsatz von Biotreibstoffen. Ich begrüße die allgemeine Richtung dieses Berichts und habe dementsprechend dafür gestimmt.

 
  
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  Anneli Jäätteenmäki (ALDE), schriftlich. (FI) Frau Präsidentin! Ich habe für die Annahme des Berichts von Mairead McGuinness gestimmt, aber ich möchte ihre Aufmerksamkeit insbesondere auf die folgende Problematik richten.

Zum ersten Mal seit den 1970er Jahren haben wir es mit einer akuten weltweiten Ernährungskrise zu tun. Diese Krise begann eigentlich bereits vor der aktuellen globalen Wirtschaftskrise zu einer Zeit als die Weltmarktpreise für Mais und Weizen innerhalb kürzester Zeit in die Höhe schossen. Die Ernährungskrise mag nun mittlerweile zwar Wirtschaftskrise heißen, aber die Erstere ist deshalb leider noch nicht vorüber. Es ist ein schrecklicher Gedanke, dass bereits vor Ausbruch der aktuellen Ernährungskrise ungefähr eine Milliarde Menschen weltweit unter chronischem Hunger und Unterernährung litten.

Ernährungssicherheit – der Zugang zu ausreichenden, sicheren und nahrhaften Lebensmitteln – muss jetzt eine wichtige politische Priorität sowohl hier als auch weltweit werden. Wir können nicht eine Situation tolerieren, in der Hunger sich weltweit immer weiter ausbreitet und die Preise für Nahrungsmittel ständig steigen, während wir hier in Europe die Landwirtschaft drastisch zurückfahren und dies aus den absurdesten Gründen. In Finnland wie in den anderen Mitgliedstaaten müssen die Menschen das Recht haben, jetzt und in Zukunft in lohnendem Umfang Landwirtschaft zu betreiben.

Die Nahrungsmittelindustrie hat erhebliche Auswirkungen auf die Beschäftigung, da sie Arbeit für mehr als vier Millionen Menschen in Europa bietet. Der gesamte Nahrungsmittelsektor in Finnland beschäftigt schätzungsweise 300 000 Menschen, was 13 % aller Beschäftigten im Land darstellt. Es ist unbestritten, dass in diesen Zeiten der Ernährungs- und Wirtschaftskrise die Arbeitsplätze all dieser Menschen erhalten werden müssen.

 
  
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  Nils Lundgren (IND/DEM), schriftlich. − (SV) Es ist interessant anzumerken, dass der Ausschuss für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung einen wichtigen vom Entwicklungsausschuss vorgeschlagenen Aspekt ganz bewusst nicht in seinen Bericht aufgenommen hat, der lautet: „Das Europäische Parlament ruft den Rat und die Kommission dazu auf, in enger Konsultation mit den AKP-Staaten der Frage Priorität einzuräumen, welche Auswirkungen die EU-Subventionen für die Exporte von Agrarerzeugnissen aus der Gemeinschaft in die AKP-Staaten auf diese Staaten haben, und sich um die Ausarbeitung spezifischer und nachhaltiger Lösungsvorschläge zur Vermeidung von Dumping entsprechend den in diesem Bereich eingegangenen Verpflichtungen zu bemühen.“

In dem Bericht wird hingegen die Behauptung aufgestellt, dass die EU die potenziell handelsverzerrenden Elemente der EU-Agrarpolitik, die sich negativ auf die Landwirtschaft in den Entwicklungsländern auswirken kann, bereits angegangen ist. Der Bericht beklagt, dass Nicht-EU-Länder Nahrungsmittel nach sehr unterschiedlichen Produktionsstandards produzieren und dadurch EU-Agrarprodukte ungleichen Wettbewerbsbedingungen ausgesetzt sind.

Diese beiden in dem Bericht enthaltenen Behauptungen sind, vorsichtig formuliert, ziemlich umstritten und nicht dazu angetan, von allen politischen Kräften in der EU mitgetragen zu werden. Falls dem so sein sollte: Könnte denn der Vorschlag des Entwicklungsausschusses nicht ebenfalls noch in den Bericht aufgenommen werden?

Der Bericht spricht sich außerdem gegen die Reduzierung der Agrarsubventionen und gegen jede Reform der gemeinsamen Agrarpolitik aus. Darüber hinaus schlägt er mit Blick auf die gemeinsame Agrarpolitik eine Bürgerinformationspolitik vor, die meines Erachtens den Charakter einer politischen Propaganda für ein System hat, das insbesondere in meinem Land sehr umstritten ist.

Ich habe daher gegen diesen Bericht gestimmt.

 
  
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  Luís Queiró (PPE-DE), schriftlich.(PT) Der außergewöhnliche Anstieg der Nahrungsmittelpreise der jüngsten Zeit hat völlig zu Recht eine Diskussion über die Agrarpolitik, Ernährungssicherheit und die Entwicklung angestoßen. Bedauerlicherweise ist in solchen Debatten nur allzu oft das Thema internationaler Handel abwesend. Dies führt zu einer Suche nach Lösungen, die das positive Potenzial ignoriert, das eine erhöhte globale Nachfrage haben kann.

Obwohl diese Nahrungsmittelpreisinflation anfänglich die Gefahr von Hungersnöten in Ländern und Bevölkerungen in sich birgt, die nicht über entsprechende Ressourcen verfügen, und erhöhte humanitäre Hilfen nach sich ziehen, so bietet sie letztendlich doch einen Anreiz für eine Steigerung der globalen Kapazitäten für die Nahrungsmittelproduktion und für eine Belebung des Welthandels. Dies ist eine Chance für die Agrarbevölkerungen weltweit, die unbedingt genutzt werden muss.

Was nun Europa und die gemeinsame Agrarpolitik anbelangt, so sollte unsere Anpassung an diese neuen globalen Zusammenhänge – mit einem Potenzial für ein langsameres Wachstum als erwartet – nicht um den Preis von entweder Protektionismus und neuen Handelshindernissen oder von Marktverzerrungen erfolgen. Die mittel- und langfristige Rentabilität der europäischen Landwirtschaft und die ländliche Entwicklung sollten bei der gemeinsamen Agrarpolitik und ihrer Reform als entscheidende Kriterien herangezogen werden.

 
  
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  Zuzana Roithová (PPE-DE), schriftlich. (CS) Dieser Bericht vermittelt eher den Eindruck einer Verteidigung der aktuellen gemeinsamen Agrarpolitik denn eines umfassenden Überblicks über Ernährungssicherheit in einer hungernden Welt. Ich habe dennoch dafür gestimmt, denn er lenkt die Aufmerksamkeit auf die Bedeutung eines gesicherten Zugangs von Bauern in Entwicklungsländern zu Krediten, damit sie ihre landwirtschaftliche Produktion modernisieren und den Ertrag und die Qualität ihrer Produkte erhöhen können. Ich bedauere allerdings, dass sich der Bericht nur wenig der Problematik des Aufkaufs von Land in den ärmsten Ländern der Erde widmet, auf dem dann billige Exporterzeugnisse für den Weltmarkt angebaut werden – zum Schaden der wirtschaftlichen Entwicklung und der Bedürfnisse der lokalen Bevölkerungen in Ländern, die bereits unter chronischer Nahrungsmittelknappheit leiden.

 
  
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  Luca Romagnoli (NI), schriftlich. – (IT) Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe für den Bericht von Mairead McGuinness über die gemeinsame Agrarpolitik und weltweite Ernährungssicherheit gestimmt.

Ich teile die von meiner Kollegin zum Ausdruck gebrachten Bedenken und möchte die Aufmerksamkeit auf die dringender denn je vorhandene Notwendigkeit nach angemessenen Maßnahmen zur Sicherstellung des Zugangs für alle Erdenbürger zu gesunden und nahrhaften Lebensmitteln richten, egal ob sie in der Europäischen Union oder sonst wo auf der Welt leben. Ich möchte betonen, dass unsere Bemühungen unter einer mittel- bis langfristigen Perspektive erfolgen müssen und nicht nur auf kurze Sicht angelegt sein dürfen.

Es wird nicht ausreichen, für die armen und unterentwickelten Länder lediglich großzügige Finanzmittel bereitzustellen, solange diese Hilfen nicht durch ernsthafte Bemühungen vonseiten der Industrieländer zur Verhinderung von Preisspekulationen mit Grundnahrungsmitteln begleitet werden, die wir in der jüngsten Vergangenheit erlebt haben, und solange nicht internationale Vereinbarungen getroffen worden sind, die die ganz unterschiedlichen Situationen von Mitgliedstaaten der Welthandelsorganisation berücksichtigen. Sonst werden die zuvor bereits gescheiterten Verhandlungen auch zukünftig wenig Aussicht auf Erfolg haben.

 
  
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  Catherine Stihler (PSE), schriftlich. − Die Problematik der GAP und die weltweite Ernährungssicherheit sind wichtige Themen. Wir müssen dafür sorgen, dass wir unseren Teil in der EU dazu beitragen, dass die Hungrigen der Welt satt werden. Es ist eine Schande, dass es Menschen auf dieser Welt gibt, die wegen unseres Mangels an politischer Koordination Hungers sterben.

 
  
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  Andrzej Jan Szejna (PSE), schriftlich.(PL) Der Zweck der gemeinsamen Agrarpolitik besteht nicht allein darin, die Agrarproduktivität zu erhöhen und die rationale Entwicklung der Agrarproduktion durch den optimalen Einsatz der Produktionsfaktoren, insbesondere der Arbeit, sicherzustellen. Vielmehr geht es auch darum, der ländlichen Bevölkerung einen akzeptablen Lebensstandard zu ermöglichen sowie eine ausreichende Nahrungsmittelversorgung und angemessene Nahrungsmittelpreise für die Verbraucher sicherzustellen.

Eine ausreichende Versorgung mit sicheren und nahrhaften Nahrungsmitteln ist derzeit eine wichtige politische Priorität sowohl auf EU-Ebene als auch weltweit.

Es ist beunruhigend, dass die Nahrungsmittelpreise höher als in den vorangegangenen Jahren sind, und die weltweiten Nahrungsmittelreserven sind auf einen kritischen Tiefstand gefallen. Es besteht die Gefahr, dass die Weltfinanzkrise die entwickelten Länder dazu verleiten wird, ihren Verpflichtungen im Bereich der Entwicklungshilfe für arme Länder nicht mehr nachzukommen.

Mittel- und langfristige Maßnahmen sind erforderlich, um die weltweite Nahrungsmittelproduktion zu sichern und um diejenigen Menschen zu unterstützen, die in Bezug auf die grundlegende Befriedigung ihres Ernährungsbedarfs am härtesten betroffen sind.

Die größte Herausforderung besteht zurzeit darin, eine Agrar- und Ernährungspolitik zu entwickeln, die den Bedürfnissen der weiter zunehmenden Weltbevölkerung gerecht wird. Diese wird Schätzungen zufolge bis zum Jahr 2050 um 40 %, angestiegen sein, während davon ausgegangen wird, dass sich im gleichen Zeitraum die weltweite Nachfrage nach Nahrungsmitteln verdoppeln wird.

Die Entwicklung einer Politik, die den Landwirten ein angemessenes Einkommen für die von ihnen produzierten Nahrungsmittel sichert, ist ein wichtiges politisches Ziel. Dies ist von fundamentaler Bedeutung in Bezug auf die Sicherung der Nahrungsmittelproduktion. Wenn der Markt nicht in der Lage ist, dieses Ziel zu garantieren, muss eine entsprechende Politik dafür sorgen.

 
  
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  Glenis Willmott (PSE), schriftlich. − Die Labour-Delegation wird trotz der starken Vorbehalte gegenüber der GAP für den Bericht über die GAP und die weltweite Ernährungssicherheit stimmen.

Wir sind nicht einverstanden mit der prominenten Rolle, die der GAP bei der Sicherstellung der Ernährungssicherheit beigemessen wird, und auch nicht mit der Kritik an der GAP-Reform, die sich durch eine Schwerpunktverlagerung weg von der Quantität hin zu einer Qualitätsproduktion auszeichnet, wodurch unsere Ernährungssicherheit in Gefahr gerät. Unsere Position ist, dass wir unsere Agrarpolitik modernisieren müssen und nicht mehr zu einer produktionsbasierten Politik zurückkehren, die eine massive Überproduktion begünstigte und zu einer Verzerrung der Märkte beigetragen hat. Dies hat die Fähigkeit anderer Länder beeinträchtigt, Agrarprodukte zu produzieren und mit diesen Handel zu treiben.

Unser Eindruck ist allerdings, dass der Bericht in Bezug auf die weltweite Ernährungssicherheit viele, sehr wichtige Punkte anspricht, beispielsweise die Anerkennung der Bedeutung der Ernährungssicherheit als eine der wichtigen politischen Prioritäten der EU. Weiterhin spricht er sich für mehr Kooperation auf globaler Ebene aus, ruft zu mehr Investitionen in den Entwicklungsländern auf, damit diese ihre Produktionskapazitäten aufbauen können, und mahnt dazu, die Landwirtschaft in das Zentrum der EU-Entwicklungsagenda zu stellen. Alle diese Punkte sind gleichermaßen wichtig und erfordern, über den engen Horizont derjenigen hinauszublicken, die dieses Thema als Rechtfertigung für eine interventionistischere und protektionistischere GAP benutzen.

 
  
  

- Bericht: Genowefa Grabowska (A6-0475/2008)

 
  
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  Jan Andersson, Göran Färm und Åsa Westlund (PSE), schriftlich. − (SV) Wir schwedische Sozialdemokraten haben für den Bericht von Genowefa Grabowska über die Perspektiven des Dialogs mit den Bürgern im Rahmen des Vertrags von Lissabon gestimmt. Die Stärkung des Dialogs mit der Zivilgesellschaft ist wichtig für die Schaffung einer EU, die ihren Bürgern Gehör verschafft und deren Sichtweisen repräsentiert. Wir stimmen außerdem den Forderungen in dem Bericht zu, die den Rat aufruft, sich um mehr Offenheit zu bemühen und der Zivilgesellschaft die Möglichkeit zu geben, in nennenswerter Weise am politischen Dialog teilzuhaben.

Allerdings möchten wir klarstellen, dass wir es für falsch halten, Kirchen und anderen religiösen Gemeinschaften einen Sonderstatus unter den Organisationen der Zivilgesellschaft einzuräumen. Kirchen und andere religiöse Gemeinschaften sollten in gleicher Weise wie alle anderen Organisationen teilhaben am Dialog mit den Unionsinstitutionen.

 
  
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  Adam Bielan (UEN), schriftlich.(PL) Frau Präsidentin! Jede Initiative, die sich zum Ziel setzt, die Bürger den Institutionen näherzubringen, die für sie Entscheidungen treffen, ist zu unterstützen. Allerdings sollte darauf geachtet werden, dass die eingebrachte Initiative nicht aus einer Eigendynamik heraus zu einer weiteren Institution mutiert. Ich habe den Bericht unterstützt, denn jeder Schritt, der unternommen wird, um die Bürger den Institutionen näherzubringen, die für sie Entscheidungen treffen, ist ein Schritt in Richtung einer besseren und transparenteren Demokratie. Allerdings möchte ich betonen, dass, wie in jedem Dialog so auch in diesem den Lissabon-Vertrag betreffenden Dialog, die Ansichten aller Beteiligten berücksichtigt werden sollten.

 
  
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  Martin Callanan (PPE-DE), schriftlich. − Dieser Bericht bezieht sich auf den Vertrag von Lissabon, der – so lassen Sie mich in Erinnerung bringen – bislang nicht in Kraft ist. Es ist daher reichlich anmaßend, um nicht zu sagen arrogant, den Vertrag von Lissabon in einer Weise anzuführen als sei er bereits ein gegebener Fakt.

Für den Fall, dass Sie es bereits vergessen haben sollten: Dem Vertrag von Lissabon wurde durch den demokratischen Willen des irischen Volkes eine Abfuhr erteilt. Die Iren haben dieses Projekt ausgebremst, weil sie eine andere Vorstellung von Europa haben. Die Haltung, die das irische Volk in dieser Abstimmung zum Ausdruck gebracht hat, spiegelt auch die Haltung der Bürger der anderen Mitgliedstaaten, auch meines Landes, wider, denen ein Referendum von ihren jeweiligen Regierungen verwehrt wurde.

Irland wurde daraufhin zur Abhaltung einer zweiten Abstimmung genötigt, aber die Iren werden es wohl kaum schätzen, derart herablassend behandelt zu werden.

Wir sollten es künftig vermeiden, uns durch Diskussionen um hypothetische Szenarien, wie es der Vertrag von Lissabon ist, unglaubwürdig zu machen. So etwas stellt lediglich das arrogante Übergehen der EU von demokratischen Willensbekundungen bloß.

Ich habe gegen diesen Bericht gestimmt.

 
  
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  Koenraad Dillen (NI) , schriftlich. − (NL) Vielleicht lebe ich ja auf einem anderen Planeten, aber ich meine mich daran erinnern zu können, dass die niederländischen und französischen Bürger im Jahr 2005 in einem demokratischen Referendum die Europäische Verfassung abgelehnt haben. Diese Verfassung ist mausetot, zumindest wenn wir uns als Demokraten bezeichnen. Den verwunschenen Vertrag von Lissabon, der lediglich eine umgemodelte Version dieser Verfassung ist, ereilte das gleiche Schicksal – indem er in einem demokratischen Referendum vom irischen Volk abgelehnt wurde.

Europa allerdings weigert sich, die Volksmeinung zu akzeptieren und versucht, seine Verfassung den Europäern über die Hintertür einzuflößen, indem behauptet wird, dass dies die beste aller Lösungen sei. Dabei wird mit dem größten Zynismus von einem „Dialog mit den Bürgern im Rahmen des Vertrags von Lissabon“ schwadroniert.

So soll nun also der „Dialog mit den Bürgern“ aussehen, diese „solide Kultur der Konsultation und des Dialogs“. Dabei beruft sich die Berichterstatterin in ihrem Zynismus ausdrücklich auf Artikel 10 des Vertrags der Europäischen Union: „Jeder Bürger hat das Recht auf Teilhabe am demokratischen Leben in der Union“. Dies mag so sein, aber Europa nimmt in keiner Weise Notiz von der demokratischen Stimme seiner Bürger.

 
  
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  Avril Doyle (PPE-DE), schriftlich. − Dieser Bericht von Genowefa Grabowska unterbreitet Vorschläge für bessere Mechanismen zur Bürgerbeteiligung und für den bürgerschaftlichen Dialog innerhalb der Europäischen Union. Er untersucht die vorhandene Lücke zwischen den Mitgliedern der Union und deren Beziehung zu den ihnen dienlichen Institutionen. Er erkennt die Notwendigkeit einer Intensivierung des bürgerschaftlichen Dialogs zur Aufrechterhaltung des echten Engagements für die Ziele des europäischen Projekts.

Die vor kurzem erfolgte Ablehnung des Lissabon-Vertrages in Irland lag zum Teil auch an den Unterschieden zwischen der Wahrnehmung der Union und der Realität der Union. Um eine echte demokratische Partnerschaft zu erreichen ist es wichtig, dem allgemeinen Mangel an Informationen entgegenzuwirken. Zentraler Aspekt des vorliegenden Vorschlags ist die Vorstellung, dass der Dialog in beide Richtungen laufen muss und dass die zum Ausdruck gebrachten Ansichten beachtet und respektiert werden müssen.

Im Rahmen dieses Berichts stellt Genowefa Grabowska sowohl die Transparenz als auch die Repräsentativität als wesentliche Bestandteile aktiven bürgerschaftlichen Dialogs und einer echten partizipativen Demokratie heraus. Ein offenerer und zugänglicherer Rat, eine besser integrierte interinstitutionelle Kooperation, eine bessere Nutzung neuer Medien als Mittel zur Kommunikation mit den Bürgern sowie Unterstützung für Institutionen der Zivilgesellschaft tragen dazu bei, Europa mehr zusammenzubringen. Aus all diesen Gründen unterstütze ich den Bericht von Genowefa Grabowska.

 
  
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  Bairbre de Brún und Mary Lou McDonald (GUE/NGL), schriftlich. − Wir unterstützen jede Art von Bemühung, die dem Ziel dient, den Bürgern, Verbänden und Organisationen der Zivilgesellschaft mehr Mitspracherechte bei den Entscheidungsfindungsprozessen, auch in der EU, einzuräumen.

Allerdings glauben wir nicht, dass der Lissabon-Vertrag in dieser Hinsicht wirkliche Fortschritte bietet. Außerdem sind wir der Ansicht, dass die eingebrachte Bürgerinitiative nur dann einen Sinn macht, wenn die Kommission rechtsverbindlich zur Erarbeitung eines Weißbuchs verpflichtet würde, in dem sie ihre Stellungnahme zu dem Vorschlag auszuführen hätte, oder sie müsste die EU-Vertragsbestimmung anführen, die ihre Untätigkeit rechtfertigt.

 
  
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  Ilda Figueiredo (GUE/NGL), schriftlich.(PT) Dieser Bericht ist ein weiterer, dem Willen der Mehrheit des Europäischen Parlaments entgegengesetzter Versuch, das Lissabon-Vertragsprojekt um jeden Preis zu „verkaufen“ – ein Unterfangen, das sich nicht als einfach erwiesen hat, wenn man die Ergebnisse vorangegangener Referenden betrachtet. Diese wiederholten Bemühungen haben zumindest ein Verdienst: Sie zeigen deutlich, wie schwierig und sogar schmerzhaft es für die Lissabon-Vertragsbefürworter ist, Argumente für ihr Projekt zu finden.

Keine noch so geschickte Propaganda – und darum geht es letztendlich in diesem Bericht – ist in der Lage, das antidemokratische Wesen zu verschleiern, das in dem hartnäckigen Betreiben der EU-Führer liegt, ein erneutes Referendum in Irland zu erzwingen, um dieses Vertragswerk doch noch durchdrücken zu können. Wir teilen nicht die verengte Ansicht derjenigen, die glauben, dass die Entwicklung eines „bürgerschaftlichen Dialogs“ oder einer „Bürgerinitiative“ ausreicht, um dem eigentlichen Wesen eines Projekts entgegenzuwirken, das als Ganzes gesehen die Bürger jedes Mitgliedstaates daran hindert, ihre kollektive Zukunft selbst zu bestimmen, und das sich auf Politikmaßnahmen gründet, die zu prekären Arbeitsverhältnissen, verlängerten Arbeitszeiten, weniger Kündigungsschutz und der Privatisierung öffentlicher Dienstleistungen führen.

Keine noch so geschickte Propaganda ist in der Lage, den neoliberalen, föderalistischen und militaristischen Wesensgehalt dieses Vertragsprojekts zu verschleiern. Deshalb haben wir gegen diesen Bericht gestimmt.

 
  
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  Bruno Gollnisch (NI), schriftlich.(FR) Genowefa Grabowskas Bericht empfiehlt den permanenten Dialog zwischen allen Europäischen Institutionen und den „Vertretern“ der Zivilgesellschaft. Im Rahmen dieses Verfahrens sollen dann Politik- und Gesetzesvorschläge auf EU-Ebene erarbeitet werden. Mit anderen Worten, es soll eine formale, obligatorische Instanz partizipativer „Demokratie“ auf Unionsebene etabliert werden.

Das Problem ist nur: Partizipative „Demokratie“ ist lediglich ein Deckmantel für diejenigen, die wahre Demokratie in Wirklichkeit ablehnen. Sie erlaubt die Beschränkung des Dialogs auf die rührigsten Organisationen, die selten auch die repräsentativsten sind. Auf diese Weise lassen sich die Ansichten der Bürger bereits im Voraus auskundschaften, damit man ihnen später die Mitsprache umso besser vorenthalten kann.

Wenn das Brüsseler Europa die Stimme seiner Bürger hören möchte, soll es bitteschön das französische und niederländische Nein zur Europäischen Verfassung zur Kenntnis nehmen und den Lissabon-Vertrag aufgeben, der lediglich ein Abklatsch der abgelehnten Verfassung ist. Wenn Meinungsumfragen berücksichtigt werden sollen, wie dies die Berichterstatterin befürwortet, dann sollte man die Beitrittsverhandlungen mit der Türkei abbrechen, denn die Mehrheit der europäischen Bürger ist gegen eine Mitgliedschaft der Türkei in der EU. Wenn das Prinzip richtig ist, dass Entscheidungen so nah wie möglich am Bürger getroffen werden sollen, dann sollte man aufhören, Europa über unseren Alltag bestimmen zu lassen. Dann würde ein Stück Glaubwürdigkeit darin liegen, wenn Europa von Demokratie spricht.

 
  
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  Anna Hedh (PSE), schriftlich. (SV) Ich habe für den Bericht von Genowefa Grabowska über die Perspektiven des Dialogs mit den Bürgern im Rahmen des Vertrags von Lissabon gestimmt. Ich glaube, um eine EU zu schaffen, die auf ihre Bürger hört und deren Ansichten vertritt, ist es wichtig, den Dialog mit der Zivilgesellschaft zu stärken. Ich stimme außerdem den Forderungen in dem Bericht zu, die den Rat aufruft, sich um mehr Offenheit zu bemühen und der Zivilgesellschaft die Möglichkeit zu geben, in nennenswerter Weise am politischen Dialog teilzuhaben. Ich bin allerdings auch der Ansicht, dass es unnötig war, den Lissabon-Vertrag einzubeziehen, da dieser nach dem irischen Nein-Referendum nicht mehr relevant ist.

Außerdem halten wir es für falsch, Kirchen und anderen religiösen Gemeinschaften einen Sonderstatus unter den Organisationen der Zivilgesellschaft einzuräumen. Kirchen und andere religiöse Gemeinschaften sollten in gleicher Weise wie alle anderen Organisationen auch teilhaben am Dialog mit den Unionsinstitutionen.

 
  
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  Jörg Leichtfried (PSE), schriftlich. (DE) Ich stimme dem Bericht über die Perspektiven für den Ausbau des Dialogs mit den Bürgern im Rahmen des Vertrags von Lissabon zu.

Ich halte den zivilen Dialog für sehr bedeutsam, damit die BürgerInnen der EU Einblick in die Tätigkeitsbereiche ihrer gewählten RepräsentantInnen erhalten.

Hervorheben möchte ich die Bemerkung, dass der Dialog zwischen der EU und den UnionsbürgerInnen zweiseitig sein sollte. Denn es reicht tatsächlich nicht, die Heimatländer über die Umsetzung von Vorhaben zu informieren, man muss auch auf die einzelnen Menschen hören, ihre Meinungen ernst nehmen.

 
  
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  Nils Lundgren (IND/DEM), schriftlich. (SV) Der Vertrag von Lissabon ist nicht angenommen worden. Er wurde von den Wählern in Irland in einem Referendum abgelehnt und muss daher als zu den Akten gelegt angesehen werden. Was im Wesentlichen derselbe Vertragsentwurf war, wurde bereits zuvor in Referenden in Frankreich und den Niederlanden abgelehnt.

Allerdings ist die föderalistische Mehrheit des Europäischen Parlaments nicht Willens, auf diese Stimmen zu hören. Stattdessen verfolgt sie weiter ihr Ziel einer Union, die in noch größerem Ausmaß auf der supranationalen Ebene regiert wird, ungeachtet der Tatsache, dass die Bürger in mehreren Volksabstimmungen ihre Skepsis dieser Politik gegenüber zum Ausdruck gebracht haben, und auch dass sie diese Skepsis aller Voraussicht nach in gleicher Weise auch in anderen Ländern zum Ausdruck bringen würden, hätten sie hierzu die Gelegenheit.

Die von der föderalistischen Mehrheit des Europäischen Parlaments an den Tag gelegte Vorgehensweise zeigt, welche Art bürgerschaftlichen Dialogs sie sich eigentlich vorstellt. Sie sind lediglich gewillt, denjenigen Teilen der Zivilgesellschaft Gehör zu schenken, die in ihr föderalistisches Konzept passen.

Abgesehen von dem gesetzgeberischen Verfahren ist der uns vorliegende Bericht nicht übermäßig beeindruckend. Absatz 9 des Berichts führt aus, dass alle EU-Institutionen aktualisierte Register sämtlicher relevanter Nichtregierungsorganisationen unterhalten sollten. Dies zieht ein unnötiges Mehr an Bürokratie nach sich, das zu gar nichts führt. Und weiter in Absatz 11 spricht der Bericht über die Förderung eines „aktiven europäischen Bewusstseins“. Wie aber sollte dieses Bewusstsein definiert sein?

Der bedenklichste Aspekt des Berichts allerdings ist der Vorschlag in Absatz 22, europäischen Vereinigungen und europäischen Organisationen der Zivilgesellschaft einen Rechtsstatus auf EU-Ebene einzuräumen. Dieser Vorschlag ist ein weiterer Schritt hin zur Errichtung eines EU-Staates.

Ich habe daher gegen diesen Bericht gestimmt.

 
  
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  Andreas Mölzer (NI), schriftlich. (DE) Es mag ja ganz nett klingen, wenn von einer in allen Sprachen geführten öffentlichen Debatte zum Lissabonner Vertrag die Rede ist. Allen Täuschungsmanövern zum Trotz haben die Menschen sehr wohl verstanden, dass ein Vertrag, der zu 95 % mit der abgelehnten EU-Verfassung übereinstimmt, kein Ei des Kolumbus ist, auch wenn das EU-Establishment es als solches zu vermarkten versucht.

Interessant ist auch, wenn man diesen Dialog in allen Sprachen führen will, wo man doch nicht einmal in der Lage ist, für durchgängige Internetauftritte der jeweils amtierenden Ratspräsidentschaft in den meist gesprochenen Sprachen der Union, nämlich Englisch, Französisch und Deutsch, zu sorgen. Besonders verhöhnt muss sich auch der Bürger vorkommen, wenn die in der Verfassung neu vorgesehene Bürgerinitiative als Schritt zu mehr Demokratie hochgelobt wird, wo doch bei Referenden so lange abgestimmt wird, bis das seitens der EU gewünschte Ergebnis vorliegt. Da es sich bei der vorliegenden Initiative also nur um eine weitere reine Pro-EU-Verfassungs-Kampagne handeln kann, wofür bereits genug Gelder ausgegeben wurden, habe ich den Bericht Grabowska abgelehnt.

 
  
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  Nicolae Vlad Popa (PPE-DE), schriftlich.(RO) Ich stimmte für diesen Bericht, da die Zivilgesellschaft in Europa im Rahmen des europäischen Integrationsprozesses eine wichtige Rolle spielt, indem sie die Ansichten und Ansinnen der EU-Bürger an die europäischen Institutionen weiterleitet.

Damit die Europäische Union ihre gesteckten Ziele erreichen kann, muss sie sich einer breiteren öffentlichen Debatte stellen. Sie benötigt einen effektiveren bürgerschaftlichen Dialog und die Entwicklung eines politischen Bewusstseins. All diese Aspekte spricht der Bericht an.

Der Bericht unterstreicht darüber hinaus die Bedeutung des Sachverstands, den die Zivilgesellschaft den Institutionen erschließt, und hebt die Rolle und Bedeutung der Mechanismen zur Informierung und Bewusstseinsbildung hervor, die der bürgerschaftliche Dialog mit sich bringt.

Ich hoffe, dass die derzeit laufenden EU-Initiativen, die einer intensiveren Einbeziehung der Zivilgesellschaft in den europäischen Integrationsprozess dienen, auch künftig fortgesetzt werden. Ich beziehe mich hier beispielsweise auf Initiativen wie Europa über Satellit, das Agora-Bürgerforum und weitere Bürgerforen der unterschiedlichsten Art.

Ich hoffe, dieser Bericht trägt zu einem leichteren Zugang zu den Tätigkeitsberichten des Rates der Europäischen Union bei, da dies eine Grundvoraussetzung für die Initiierung eines angemessenen Dialogs mit der Zivilgesellschaft ist.

 
  
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  Zuzana Roithová (PPE-DE), schriftlich. (CS) Meine Damen und Herren! Ich begrüße die Tatsache, dass der Bericht die Aufmerksamkeit auf die Notwendigkeit nach sozialem Dialog richtet in einer Zeit, in der die europäischen Länder eine demokratische Krise erleben. Die Menschen verstehen entweder die Angelegenheiten nicht, die nicht unmittelbar mit ihrem eigenen Alltag zu tun haben, oder sie interessieren sich nicht dafür. Die bei Europawahlen zu beobachtende niedrige Wahlbeteiligung ist eine logische Konsequenz der Tatsache, dass die Bürger Europas nicht wissen, welchen positiven Beitrag die europäischen Gesetze zu ihrem Leben leisten können, und sie glauben nicht daran, dass ihre Wählerstimme irgend etwas bewirken kann. Es ist wenig bekannt, dass der Lissabonner Vertrag die partizipative Demokratie stärkt. Ich stimme mit Genowefa Grabowska darin überein, dass die Mitgliedstaaten Nichtregierungsorganisationen grundlegender unterstützen sollten. Allerdings muss sichergestellt sein, dass sie repräsentativ und transparent sind. Ich habe den Bericht auch deshalb unterstützt, weil er die Kommission zur Veröffentlichung von Listen derjenigen Nichtregierungsorganisationen auffordert, die ihre Vorschläge im Verlauf der legislativen Vorbereitungen angewendet haben. Dies wird mit Sicherheit zur Reduzierung der Anonymität des gesamten Prozesses beitragen und den Nichtregierungsorganisationen mehr Repräsentativität verleihen. Ich bin außerdem der Ansicht, dass der Wahlkampf für das Europäische Parlament eine gute Gelegenheit für verantwortungsbewusste MdEP bietet zu erklären, welche Art von Entscheidungen wir in Straßburg treffen, wie die Zivilgesellschaft an unserer Arbeit teil hat und in welcher Weise sie nach der Annahme des Lissabonner Vertrags am Entscheidungsfindungsprozess partizipieren kann.

 
  
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  Andrzej Jan Szejna (PSE), schriftlich.(PL) Der Vertrag von Lissabon billigt dem Dialog einen imperativen Status zu. Dies gilt verbindlich für alle EU-Politikfelder und Aktivitätsbereiche.

Der Erfolg von Dialog hängt von der Repräsentativität ab und folglich von einem starken Engagement wichtiger Akteure. Nationale, regionale und lokale Behörden sollten die Methode des Dialogs nutzen, damit die Bürger die partizipative Demokratie in ihrer praktischen Anwendung erleben können.

Zugegebenermaßen hat die Europäische Union im Bereich der Kommunikation und insbesondere im Bereich des Dialogs mit den Bürgern noch eine Menge Boden gut zu machen.

Die Bürger der EU müssen sicher sein können, dass keine Entscheidungen auf europäischer Ebene ohne ihre Einbeziehung erfolgen und dass sie durch ihre Wählerstimme einen echten Einfluss auf die Form dieser Entscheidungen haben.

Ich unterstütze in vollem Umfang den Aufruf der Berichterstatterin, die Förderung von Initiativen im Bereich des Dialogs mit den Bürgern voranzubringen.

 
  
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  Charles Tannock (PPE-DE), schriftlich. − Es ist verfrüht, darüber zu sprechen, was geschehen wird, wenn der Lissabonner Vertrag in Kraft tritt. Der Vertrag ist immer noch in der Schwebe und kann nach wie vor später in diesem Jahr von den Iren in einem zweiten Referendum erneut abgelehnt werden.

Solange dies der Fall ist, sollten wir nicht so tun als ob der Lissabonner Vertrag bereits in Kraft wäre. Ein solches Vorgehen setzt uns in höchstem Maß Anschuldigungen der Arroganz und der Geringschätzung demokratischer Verfahren aus, die nach wie vor auf die eine oder andere Weise zu einem Abschluss gebracht werden müssen.

Ich bin außerdem nicht dafür, dass EU-Gelder zur Kommunikation des Lissabonner Vertrags über bürgerschaftlichen Dialog oder sonstige Mittel ausgegeben werden. Wir haben freie Medien und lebendige Demokratien in unseren Mitgliedstaaten, die ganz gut in der Lage sind, diese Diskussionen auf ihre eigene Art zu führen, ohne dass die Kommission versucht, den Lauf der Dinge zu beeinflussen. In meinem eigenen Land, dem Vereinigten Königreich, hat der Versuch der Kommission, eine weitere EU-Integration zu befördern, eher kontraproduktive Effekte.

Ich persönlich, ebenso wie andere britische Konservative möchten vielmehr, dass die Europäische Union in eine andere Richtung geht – indem sie weniger tut, dies aber dafür besser.

Aus diesem Grunde habe ich gegen diesen Bericht gestimmt.

 
  
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  Frank Vanhecke (NI), schriftlich. (NL) Der Grabowska-Bericht ist ein weiteres Beispiel für die skandalöse Art, in der dieses Parlament mit den Prinzipien umgeht, denen es vorgeblich dient. „Dialog mit den Bürgern im Rahmen des Vertrags von Lissabon“: Welch ein Witz! Der Vertrag von Lissabon, der lediglich die verkleidete Fassung der früheren Europäischen Verfassung ist, wurde in den Volksabstimmungen in den Niederlanden und in Frankreich, und später auch in Irland, dem Papierkorb überstellt. Andere Länder wagen es nicht einmal mehr, ihrerseits Volksabstimmungen abzuhalten.

Wenn es Europa um den Dialog mit dem Bürger ernst ist, dann sollte es endlich anfangen, die Demokratie zu respektieren. Wenn das Ergebnis eines Referendums den eurokratischen Nomenklaturen nicht gefällt, dann heißt das nicht unbedingt, dass es dem Stimmvolk an den nötigen grauen Gehirnzellen fehlt. Vielmehr ist das Gegenteil richtig! Ich habe daher nachdrücklich gegen diesen Bericht gestimmt. Nec spe, nec metu, oder: ohne Hoffnung oder Furcht.

 
  
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  Anna Záborská (PPE-DE), schriftlich.(FR) Die europäischen Institutionen und Organe müssen dem Dialog und der Kooperation mit den Bürgern und mit Organisationen der Zivilgesellschaft aufgeschlossen gegenübertreten. Jeder kann seinen Beitrag leisten zum gemeinsamen Guten.

Allerdings sollte verhindert werden, dass Partikularinteressengruppen und Lobbys, die nicht das Allgemeinwohl repräsentieren, unter dem Vorwand des zivilgesellschaftlichen Dialogs den legislativen Prozess infiltrieren. Beim Zugang zum Dialog muss es gerecht zugehen.

Ich lege Wert auf die Feststellung, dass sich der Dialog in erster Linie auf Vereinigungen konzentrieren muss, die den Ärmsten und ihren Familien eine Stimme geben. Der Kampf gegen die extreme Armut und soziale Ungleichheit wird ohne den permanenten Dialog mit armen Menschen und den Familien, die in ihrem Alltag extreme Armut erleben, keinen bleibenden Erfolg haben. Dieser Dialog ist schwierig aber auch notwendig. Die europäischen, nationalen, regionalen und lokalen Behörden können nicht einfach den Weg des geringsten Widerstands beschreiten, wenn wir eine integrative Gesellschaft und ein Europa für alle aufbauen wollen. In Bezug auf Best Practice sollten wir die Arbeit des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses und der Internationalen Bewegung ATD Vierte Welt anerkennen, die seit 1989 in Europa Veranstaltungen der Vierte Welt Volkshochschulen organisieren, die den strukturierten Dialog zwischen Behördenvertretern und Menschen mit direkter Erfahrung extremer Armut ermöglichen.

 
  
  

- Bericht: Barbara Weiler (A6-0514/2008)

 
  
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  Gerard Batten (IND/DEM), schriftlich. − Ich habe mich bei dieser Abstimmung enthalten, obgleich ich und die britische Independence Party in vollem Umfang die Gleichheit zwischen Männern und Frauen unterstützen. Das Vereinigte Königreich verfügt bereits über ein Gleichstellungsgesetz, das bei Bedarf durch unser eigenes, demokratisch gewähltes und verantwortliches Parlament verändert oder verbessert werden kann. Die EU ist antidemokratisch und undemokratisch und kein legitimer Garant wessen Rechte auch immer.

 
  
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  Sylwester Chruszcz (UEN), schriftlich. – (PL) Ich stehe hinter dem Weiler-Bericht und unterstütze Maßnahmen zur Umsetzung der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken im binnenmarktinternen Geschäftsverkehr zwischen Unternehmern und Verbrauchern. Die Idee der Einrichtung einer schwarzen Liste zu unlauteren Geschäftspraktiken nicht nur zwischen Unternehmern und Verbrauchern sondern auch zwischen Unternehmen ist lobenswert. Ich unterstütze außerdem die Mechanismen zur Überwachung und Durchsetzung der Umsetzung von rechtlichen Bestimmungen im Bereich des Verbraucherschutzes bezüglich unlauterer Praktiken. Darüber hinaus unterstütze ich die Initiative zur Einrichtung einer öffentlich zugänglichen Datenbank von nationalen Maßnahmen, die im Rahmen der Richtlinienumsetzung in Bezug auf unlautere Geschäftspraktiken eingeführt worden sind. Aus Sicht des polnischen und europäischen Verbrauchers ist die Initiative wertvoll.

 
  
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  Bruno Gollnisch (NI), schriftlich.(FR) Wir haben uns in Bezug auf den Weiler-Bericht zum Schutz der Verbraucher und Unternehmen vor unlauteren Geschäftspraktiken und irreführender Werbung der Stimme enthalten, da wir erhebliche Kritikpunkte anzubringen haben.

Der erste besteht darin, dass die europäische Gesetzgebung zu dieser Problematik in der Form einer Richtlinie vorgelegt wird. Mit anderen Worten, die Mitgliedstaaten sind relativ frei in den Ressourcen, die sie einsetzen möchten, um die entsprechenden Ziele zu erreichen. Das Bestreben der Berichterstatterin nach Vereinheitlichung, sowohl in der Substanz als auch in der Form nationalen Rechts, wird ein Wunschdenken bleiben, es sei denn, es findet eine völlig inakzeptable Einmischung der Europäischen Union in die Rechts- und Verwaltungssysteme der Mitgliedstaaten ohne jeglichen realen Nutzen für die Verbraucher statt.

Der zweite Punkt ist, dass der Hauptnutzen, den die Europäische Union in diesen Bereichen bringen soll, darin besteht, grenzüberschreitende Rechtsstreitigkeiten zu lösen. Dieses Problem wurde jedoch weder in den derzeit gültigen Gesetzestexten noch in den vorgelegten Änderungsvorschlägen zur Zufriedenheit gelöst.

Das Hauptziel dieses Gesetzes sollte also nicht darin bestehen, per se zu existieren sondern darin, Verbraucher und Unternehmen zu schützen.

 
  
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  Małgorzata Handzlik (PPE-DE), schriftlich.(PL) Die Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken und die Richtlinie über irreführende und vergleichende Werbung sind von erheblicher Bedeutung bei der Bemühung, den Verbrauchern mehr Klarheit und Unternehmen Rechtssicherheit im binnenmarktinternen Geschäftsverkehr zu bieten. Dies ist von besonderer Bedeutung in Bezug auf grenzüberschreitende Transaktionen, die auf dem europäischen Markt immer üblicher werden. Nationale Verbraucherschutzstellen sind nach wie vor mit erheblichen Schwierigkeiten konfrontiert, wenn es darum geht, in solchen Fällen im entsprechenden Zielland in angemessenem Umfang aktiv zu werden.

Die richtige Umsetzung, Anwendung und Durchsetzung dieser Richtlinien sind wichtig zur Erreichung der beabsichtigten Ziele der Richtlinien. Leider sind eine Reihe von Mitgliedstaaten dieser Verpflichtung bis jetzt noch nicht nachgekommen. Dies trägt nicht zur Herausbildung einer angemessenen Beziehung zwischen Unternehmen und Verbrauchern bei.

Im Jahr 2007 setzte die Europäische Kommission im Hinblick auf die Überprüfung und Durchsetzung der Implementierung der Verbraucherschutzgesetze zum ersten Mal das „EU Sweep“-System bei den Internetseiten von Fluggesellschaften ein. Daraufhin wurden bei sage und schreibe 43,6 % der überprüften Websites Unregelmäßigkeiten festgestellt. Dies bestätigt die Notwendigkeit einer besseren Überwachung in Bezug auf die Durchsetzung der vorhandenen Bestimmungen.

Ich begrüße daher die Initiative der Kommission bezüglich der Schaffung einer öffentlich zugänglichen Datenbank von nationalen Maßnahmen, die im Rahmen der Umsetzung dieser Richtlinien eingeführt worden sind.

 
  
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  Ian Hudghton (Verts/ALE), schriftlich. − Die EU hat erhebliche Fortschritte gemacht bei der Verbesserung der Verbraucherrechte. Es ist enttäuschend, dass einige Mitgliedstaaten die Richtlinie zu unlauteren Geschäftspraktiken bisher noch nicht umgesetzt haben – und dieses Haus hat heute ein klares Signal gesetzt, dass diese Mitgliedstaaten dieses Versäumnis nachholen müssen.

 
  
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  Andreas Mölzer (NI), schriftlich. (DE) Bereits 2005 haben wir eine EU-Richtlinie zum Schutz der Verbraucher vor unlauteren Geschäftspraktiken und Werbung erlassen. Aber wir versagen nach wie vor beim Schutz des Bürgers vor Internet-Dialern, unerwünschten Werbeanrufern, Abzockdiensten und Co. Neppfirmen verstecken sich hinter Postfächern und Strohmännern und wechselnden Namen.

Sofern man dieser Firmen dann habhaft wird, werden sie zu einem lächerlich geringen Strafgeld verurteilt, sodass keinerlei abschreckende Wirkung besteht. Hier gehören die Strafen, vor allem im Wiederholungsfall, drastisch erhöht. Es ist wichtig, dass der geneppte Kunde eine Möglichkeit zur Schadenersatzklage hat, sonst lässt man ihn im Regen stehen. Die vorgesehenen Änderungen werden die Situation für die Verbraucher verbessern, weshalb ich dafür gestimmt habe.

 
  
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  Zuzana Roithová (PPE-DE), schriftlich. (CS) Ich begrüße die Debatte über den Bericht zur Umsetzung, Anwendung und Durchsetzung der Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken im binnenmarktinternen Geschäftsverkehr zwischen Unternehmern und Verbrauchern und der Richtlinie 2006/114/EG über irreführende und vergleichende Werbung. Während diese Richtlinien das Rückgrat des Verbraucherschutzes in der EU bilden, müssen sie auch durchgehend in den Mitgliedstaaten zur Anwendung kommen, insbesondere in Bezug auf den Internet-Handel. Der Binnenmarkt darf nicht fragmentiert werden und Unternehmen und Verbraucher müssen sich den gleichen Regeln und Schutzbestimmungen unterwerfen, egal mit welchem Mitgliedstaat sie Geschäfte machen. Ich muss Ihre Aufmerksamkeit auf die Tatsache richten, dass einige Mitgliedstaaten, darunter auch Tschechien, diese Richtlinien nur zögerlich in ihr nationales Recht umsetzen. Das Wichtigste ist nun, dass die nationalen Aufsichtsbehörden Unternehmen, die sich unlauterer Methoden bedienen, auch tatsächlich dazu bringen, diese Bestimmungen in ihre Geschäftspraxis zu übertragen. Die Verkaufszeit nach Weihnachten bietet eine ausgezeichnete Gelegenheit, dies zu überprüfen. Es ist außerdem erforderlich, dass die Europäischen Institutionen die intensivere Kooperation zwischen den nationalen Rundfunk- und Fernsehaufsichtsgremien anregen, die für die Überwachung der Einhaltung der EU-Richtlinien in den Massenmedien zuständig sind. Es ist zudem in unserem Interesse, dass diese Aufsicht in konsistenter Weise in der gesamten EU greift.

 
  
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  Luca Romagnoli (NI), schriftlich. – (IT) Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich stimme für den Bericht von Barbara Weiler über die Umsetzung, Anwendung und Durchsetzung der Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken im binnenmarktinternen Geschäftsverkehr zwischen Unternehmern und Verbrauchern und der Richtlinie 2006/114/EG über irreführende und vergleichende Werbung.

Ich bin fest davon überzeugt, dass die richtige Anwendung der Richtlinie es der Öffentlichkeit ermöglichen wird, sich in vollem Umfang über ihre Rechte im Klaren zu sein. Die Ausweitung der Verbraucherrechte durch die Richtlinie zu unlauteren Geschäftspraktiken muss durch Maßnahmen unterstützt werden, die die Ausübung dieser Rechte erleichtert.

Ich stimme mit der Berichterstatterin überein, wenn sie feststellt, dass die richtige Umsetzung, Anwendung und Durchsetzung der Richtlinien über unlautere Geschäftspraktiken im binnenmarktinternen Geschäftsverkehr zwischen Unternehmern und Verbrauchern und über irreführende und vergleichende Werbung von fundamentaler Bedeutung für das Erreichen der in diesen Richtlinien festgelegten Ziele sind, insbesondere in Erwägung der in den diversen Mitgliedstaaten praktizierten Anwendungs- und Implementierungsmethoden und -systemen, der Komplexität einiger in den Richtlinien enthaltenen Rechtsauffassungen, der Menge und erschöpfenden Natur der nationalen Standards, die im Zusammenhang mit unlauteren Geschäftspraktiken und irreführender Werbung greifen, sowie außerdem die weite Bandbreite der Anwendungsfelder der Richtlinie. Schließlich möchte ich meiner Freude über diese Initiative meiner Kollegin Ausdruck verleihen, deren Ziel die rechtliche Regelung einer Thematik ist, die von überragender Bedeutung für die Gemeinschaft ist.

 
  
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  Andrzej Jan Szejna (PSE), schriftlich.(PL) Ich unterstütze entschieden den Bericht von Barbara Weiler zur Umsetzung, Anwendung und Durchsetzung der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken im binnenmarktinternen Geschäftsverkehr sowie die Richtlinie über irreführende und vergleichende Werbung.

Das Problem irreführender und vergleichender Werbung im Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen wurde durch die Aufstellung einer einzelnen konsolidierten Richtlinie geregelt. Das Problem unlautere Geschäftspraktiken im Geschäftsverkehr zwischen Unternehmern und Verbrauchern wurde in der Richtlinie 2005/29/EG geregelt.

Die Richtlinien wurden aufgestellt, um den Verbrauchern mehr Sicherheit und den Unternehmen größere Rechtssicherheit zu geben. Der Verbraucherschutz wurde zum einen durch das Aufstellen einer „schwarzen Liste“ verstärkt, in der Geschäftspraktiken genannt sind, die unzulässig sein sollen, und zum anderen durch eine bessere Harmonisierung des Schutzes der Verbraucher gegen unlautere Praktiken.

Ein noch höheres Maß an Schutz könnte erreicht werden, wenn die Bestimmungen der Richtlinie durch rechtliche Maßnahmen zu einer effektiveren Durchsetzung begleitet würden. Die Mitgliedstaaten müssen deshalb ihre Rechtssysteme einsprechend durchforsten und die Klarheit des Umsetzungsprozesses erhöhen.

Die eingeführten Änderungen müssen durch klare Verfahren für die Anwendung und effektive Maßnahmen für Regressforderungen untermauert werden. Dies gibt den Verbrauchern Rechtsmittel zur Einklagung von Schadenersatz für erlittene Verluste in Verbindung mit unlauteren Geschäftspraktiken an die Hand – vergleichbar mit den Mechanismen zur Überwachung des Verbraucherschutzes, wie sie erstmals 2007 bei den Internetseiten von Fluggesellschaften angewendet wurden. Auf der Ebene der Mitgliedstaaten sind Informationskampagnen zur Bewusstseinsbildung und zur Verbesserung der Verbraucherbildung zum Thema Rechte der Verbraucher zu überlegen.

 
  
  

- Bericht: Pedro Guerreiro (A6-0485/2008)

 
  
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  Jan Andersson, Göran Färm, Anna Hedh, Inger Segelström und Åsa Westlund (PSE), schriftlich. − (SV) Wir schwedischen Sozialdemokraten haben gegen den Bericht zum Ökosystemansatz beim Fischereimanagement gestimmt. Wir glauben, der Bericht stellt nicht deutlich heraus, dass die Fischereipolitik von umweltpolitischen Aspekten und Kriterien der Nachhaltigkeit ausgehend aufgestellt werden muss. Darüber hinaus fixiert sich der Bericht zu sehr auf die Zurückhaltung der erforderlichen Reformen der Fischereipolitik und betätigt sich als Sachwalter der Interessen der Großfischereiindustrie.

 
  
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  Duarte Freitas (PPE-DE), schriftlich.(PT) Kurz zusammengefasst zielt dieser Initiativbericht des Europäischen Parlaments darauf ab, die Anforderungen der Gemeinschaft hinsichtlich des Erhalts des Meeresökosystems mit der gemeinsamen Fischereipolitik (GFP) in Einklang zu bringen, die als eines ihrer operativen Ziele die stufenweise Anwendung des Ökosystemansatzes im Fischereimanagement vorsieht.

Die Grundgedanken dieses Berichts, die ich gerne herausstellen möchte, lassen sich in der Einschätzung formulieren, dass das gegenwärtige System der gesamten zulässigen Fangquoten nicht den Zielen der reformierten GFP dient. Vielmehr hat es sich sowohl für den Fischereisektor der Gemeinschaft als auch für den Erhalt der Bestände als ungeeignet erwiesen.

Es sollten daher schnell alternative Fischereimanagementsysteme aufgestellt werden. Vor diesem Hintergrund bin ich weiterhin der Ansicht, dass die EU zügiger alternative Ansätze diskutieren sollte, da einige dieser Ansätze, wie beispielsweise das auf Fischereirechten beruhende Management, den Grundstein bilden für die Fischerei in Ländern wie den Vereinigten Staaten, Neuseeland, Norwegen und Island, die alle über eine lange Tradition und großes Potenzial im Fischereiwesen verfügen.

Die Neuformulierung des Wiederauffüllungsplans für Seehecht und Hummer ist ein weiterer zu überlegender grundlegender Punkt.

Ich habe für diesen Bericht gestimmt.

 
  
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  Pedro Guerreiro (GUE/NGL), schriftlich.(PT) Obwohl ich nicht mit dem gesamten Inhalt der angenommenen Entschließung einverstanden bin, enthält sie dennoch eine Reihe wichtiger Ziele und Prinzipien, die in einer Fischereipolitik immer enthalten sein sollten.

Es ist besonders wichtig, diese Ziele und Prinzipien zu verteidigen, was die Kommunistische Partei Portugals (PCP) bisher stets getan hat. Viele dieser Ziele und Prinzipien werden von der gemeinsamen Fischereipolitik (GFP) nicht respektiert (obgleich einige darin enthalten sind), wenn die Europäische Kommission für den nächsten April die Vorstellung eines Grünbuchs über die Zukunft der gemeinsamen Fischereipolitik ankündigt – mit der Perspektive einer möglichen Reform dieser Politik bis 2012.

Angesichts der von der Europäischen Kommission und anderen EU-Institutionen in Bezug auf die Fischereiindustrie formulierten Ziele und Absichtserklärungen sollte dieser Wirtschaftssektor in Portugal – der sich aufgrund der seit Jahrzehnten auf nationaler und Gemeinschaftsebene verfolgten, den Sektor teuer zu stehen kommenden politischen Vorgaben in einer tiefen Krise befindet – auf der Hut sein und den Widerstand gegen neue und noch kostspieligere Maßnahmen mobilisieren. Falls diese Pläne Realität werden sollten, würde dies die Zerstörung eines großen Teils dieses strategischen Sektors mit sich bringen – mit negativen Folgen für Portugal.

All dies ist aber noch keine ausgemachte Sache.

Es gibt Alternativen für die Fischereipolitik in Portugal.

Diese Alternativen werden von der PCP schon seit langem sowohl auf nationaler Ebene als auch im Europäischen Parlament vertreten.

 
  
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  Ian Hudghton (Verts/ALE), schriftlich. Ich habe für den Bericht von Pedro Guerreiro gestimmt. Der Bericht führt ganz richtig aus, dass die EU-Fischereipolitik die Modernisierung und nachhaltige Entwicklung der Fischereiindustrie fördern, ihre sozioökonomische Tragfähigkeit und die Nachhaltigkeit der Fischbestände sicherstellen, die Versorgung der Bevölkerung mit Fischprodukten garantieren, für die Ernährungssouveränität und Ernährungssicherheit sorgen und darüber hinaus die Arbeitsplätze erhalten und verbesserte Lebensbedingungen der im Fischereiwesen Beschäftigten befördern soll. In den letzten drei Jahrzehnten hat die GFP allerdings das Gegenteil von all dem bewirkt. Aus diesem Grund spreche ich mich auch für die Rückführung des Fischereimanagements in den nationalen Rahmen aus.

 
  
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  Luca Romagnoli (NI), schriftlich. – (IT) Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe für den Bericht von Pedro Guerreiro über die GFP (Gemeinsame Fischereipolitik) und den Ökosystemansatz beim Fischereimanagement gestimmt. Es ist von fundamentaler Bedeutung, Meeres- oder Ozeanpolitik nicht mit Fischereipolitik zu verwechseln. In dieser Hinsicht stimme ich dem Berichterstatter vollkommen zu.

Eine Fischereipolitik muss sich auf das Prinzip gründen, dass eine wechselseitige Abhängigkeit besteht zwischen dem Wohlergehen des Fischereigewerbes und der Nachhaltigkeit der Ökosysteme, von denen ersteres einen integralen Bestandteil darstellt. Sie muss insbesondere die Besonderheiten und die Bedeutung der kleinen Küstenfischerei und des Fischereigewerbes anerkennen.

Ich stimme außerdem meinem Parlamentskollegen zu, wenn er ausführt, dass die überragende Hauptaufgabe des Fischereimanagements in seiner Funktion als Bewirtschafter einer erneuerbaren Ressource darin besteht, die Gesamtfischereiaktivitäten unter der Zielsetzung zu überwachen (auf direkte oder indirekte Weise), dass immer nur die unter Nachhaltigkeitsaspekten maximal tragfähigen Mengen gefangen werden. Wenn wir diesen Ansatz übernehmen, kommen wir den von der Europäischen Union formulierten Zielen ein gutes Stück näher.

 
  
  

- Bericht: Christa Klaß (A6-0443/2008)

 
  
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  Ilda Figueiredo (GUE/NGL), schriftlich.(PT) Auch in diesem Fall hat der abschließende Kompromiss letztendlich doch mehrere von uns am ursprünglichen Entwurf vorgebrachten Kritikpunkte berücksichtigt, insbesondere in Bezug auf die Reduzierungsindikatoren und Ziele sowie Messgrößen und Fristenfestlegungen zur Reduzierung der mit dem Pestizideinsatz und der Abhängigkeit von Pestiziden verbundenen Risiken und Gefahren. Unserer Auffassung nach ist es vernünftiger, diese Zielgrößen nicht gleich von Anfang an zu quantifizieren, damit nicht immer mehr Hindernisse für kleine Agrarbetriebe aufgebaut werden.

Wir begrüßen außerdem den Umstand, dass die Ausnahmeregelungen von den in der ursprünglichen Kommissionsvorlage enthaltenen Pflichtinspektionen für Agrargerät und Zubehör weiterhin Bestand haben und dass die allumfassenden Pflichtinspektionen, auch für Agrargerät und Zubehör, das in kleinen Familienbetrieben eingesetzt wird, fallengelassen worden sind.

Wir sind der Ansicht, dass diese Differenzierung – in der Praxis und im Prinzip – zwischen Familienbetrieben und groß angelegter Intensivlandwirtschaft in sämtlichen Festlegungen berücksichtigt werden muss. Im Übrigen sollten wir immer daran denken, dass es nicht die kleinen Familienbetriebe und die nichtintensiven landwirtschaftlichen Produktionsmethoden waren, die zu Skandalen wie BSE, Dioxinen und Nitrofuranen in Lebensmitteln, und anderen Vorfällen geführt haben…

Deswegen haben wir für den Kompromiss gestimmt.

 
  
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  Duarte Freitas (PPE-DE), schriftlich.(PT) Ich stimme der Berichterstatterin zu und gratuliere ihr zu ihrem Abschlussbericht.

Das Inkrafttreten dieser Richtlinie ist äußerst wichtig, um den Druck für eine dringende Änderung der politischen Vorgaben für eine Reduzierung des Risikos beim Einsatz von Pestiziden zu erhöhen. Die entsprechende EU-Politik zeichnete sich bislang durch einen gewissen Mangel an Informationen und Inspektionen von Praktiken und Produkten aus. Zum Schutz der Gesundheit der Menschen und der Umwelt ist es absolut wichtig, die Herangehensweise an Agrarpestizide zu ändern.

Dieses Dokument ist von grundlegender Bedeutung, denn er legt Regeln für die Informierung und Schulung der Benutzer von Pestiziden fest und fordert die Inspektion der eingesetzten Gerätschaften. Es verbietet außerdem den Pestizideinsatz aus der Luft (erlaubt nur in absoluten Ausnahmefällen und wo es keine Alternativen gibt). Ein weiterer positiver Aspekt ist die Möglichkeit für jeden Mitgliedstaat, Schutzflächen und Risikobereiche zu definieren.

 
  
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  Robert Goebbels (PSE), schriftlich. (FR) Ich habe mich bei der Abstimmung über das „Pestizidpaket“ der Stimme enthalten, um gegen diese antidemokratische Methode zu protestieren, bei der in informellen Dreiergesprächen zwischen dem Rat, der Kommission und Vertretern des Europäischen Parlaments ausgehandelte Kompromisse dem Europäischen Parlament vorgelegt werden, die ausschließlich auf Verhandlungen in einem einzigen Parlamentsausschuss beruhen. Indem man auf eine angemessene demokratische Aussprache im Rahmen einer ersten Lesung verzichtet, nimmt man in der Tat nicht nur jedem Parlamentsmitglied das Recht, selbst Änderungsvorschläge einzubringen; ein solches Vorgehen führt außerdem zu einer europäischen Gesetzgebung, die unter Abwesenheit eines demokratisch transparenten Verfahrens aufgestellt wird.

Hinzu kommt: Die auf diese Weise angenommenen Gesetze sind in vielerlei Hinsicht überzogen, bürokratisch und kontraproduktiv.

 
  
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  Eija-Riitta Korhola (PPE-DE), schriftlich. − (FI) Frau Präsidentin! Ich denke, die angenommenen Berichte zu Pestiziden und Pflanzenschutzprodukten enthalten die bestmöglichen Lösungen. Sie sind darüber hinaus realistisch und hilfreich. Deshalb habe ich sie unterstützt.

Obwohl einige Abgeordnete im Plenum im letzten Augenblick Änderungsanträge einbrachten, von denen sie dachten, sie würden dafür sorgen, dass diese Gesetze auf einer solideren wissenschaftlichen Grundlage basieren und zugleich die Möglichkeit von Ausnahmeregelungen für einzelne Mitgliedstaaten eröffnen, war es für die Parlamentsmehrheit dennoch klar, dass es gewagt wäre, nun damit zu beginnen, die Verhandlungsergebnisse zwischen dem Parlament und dem Rat in Frage zu stellen, selbst wenn die Änderungsanträge legitim gewesen wären.

Dabei erregte insbesondere der Bericht über die Marktzulassung von Pflanzenschutzmitteln die Gemüter. Dabei spiegelten sich im Parlament die divergierenden nationalen Interessen und Ansätze wider und auch der fehlende Konsens, der sich bereits im Rat manifestiert hatte. Auch in unserer eigenen Fraktion fand eine hitzige Debatte statt. Dessen ungeachtet zeigen die Reaktionen der Akteure in diesem Sektor, dass dieses Gesetzespaket Sinn macht und die Realisierung der diesbezüglichen EU-weiten Ziele ermöglicht – zum Wohl und zum Schutz sowohl der Umwelt als auch der öffentlichen Gesundheit.

 
  
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  Carl Lang (NI), schriftlich.(FR) Von technischen Instituten und Forschungszentren in Frankreich durchgeführte Verträglichkeitsstudien haben ergeben, dass der Reformentwurf der europäischen Pestizid-Richtlinie zum Verschwinden vieler derzeit noch am Markt erhältlicher Produkte führen könnte.

Es ist hingegen wichtig, dass dieser Entwurf den Landwirten in der Union nicht die Mittel zum Schutz ihrer Ernten nimmt. Ansonsten wird dies zu einem empfindlichen Produktionsrückgang bei den Feldfrüchten führen und möglicherweise auch spürbare Auswirkungen auf die Agrartierhaltung haben.

In Frankreich und Europa könnten ganze Agrarsektoren in ihrer Existenz bedroht sein und die fundamentale Bedeutung der Landwirtschaft – nämlich deren Rolle als Versorger der Bevölkerung mit gesunden und reichhaltigen Nahrungsmitteln – würde bedroht sein.

Ohne die Notwendigkeit des Verbraucherschutzes in Frage stellen zu wollen, dürfen die neuen Bestimmungen nicht Innovationen oder die Diversität chemischer Produktangebote in Frage stellen. Die Richtlinie muss daher von vornherein auch alternative Lösungen beinhalten.

Dies ist die einzige Möglichkeit, die Abwanderung eines großen Teils der landwirtschaftlichen Produktion, und der damit verbundenen Arbeitsplätze und Wertschöpfung, zu vermeiden.

Angesichts dieser für die Landwirte entscheidenden Herausforderungen als Produzenten von Gemüse, Obst und Getreide, müssen wir im Hinblick auf die aktuellen Reformen und den zu deren Umsetzung auf nationaler Ebene unternommenen Maßnahmen wachsam bleiben.

 
  
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  Astrid Lulling (PPE-DE), schriftlich. (DE) Ich habe den beiden Kompromissen, die in schwierigen Trilogverhandlungen zwischen Parlament, Rat und Kommission zustande gekommen sind, zugestimmt.

Pflanzenschutzmittel sind in der modernen Landwirtschaft unverzichtbar. Sie sind ein Garant für die optimale Nutzung der landwirtschaftlichen Flächen in Europa für die Sicherung einer qualitativ hohen Lebensmittelproduktion.

Ich bin natürlich zufrieden, dass meiner im November hier angenommenen Entschließung Rechnung getragen wird, indem bei der Zulassung die Bienentoxizität besonders beachtet wird, so dass Pflanzenschutzmittel, die nachweisbar bienenschädigend sind, nicht zugelassen werden.

Das Ziel ist Effizienz: das heißt so viel wie nötig, so wenig wie möglich. Eine lineare Verringerung der Zahl der Mittel wäre irrsinnig. Die Landwirtschaft braucht genügend und diversifizierte Mittel, sei es nur, um die Bildung von Resistenzen zu vermeiden.

Ich habe sicher noch Bedenken über die tatsächlichen Auswirkungen der Verordnung auf die Landwirtschaft, den Weinbau und den Gartenbau in Bezug auf ihre Versorgung mit Pflanzenschutzmitteln und deren Preisgestaltung. Auch über die Auswirkungen auf die betroffenen Industriesektoren tappen wir noch im Dunkeln. Eine diesbezüglich umfassende Folgenabschätzung ist unabdingbar.

Ich freue mich, dass Luxemburg jetzt mit Belgien und Deutschland in einer Zone liegt, dass heißt, dass unsere Bauern und Winzer die gleichen Mittel diesseits und jenseits der Landesgrenzen benutzen können. Das Problem mit Frankreich muss mit Verstand gelöst werden.

 
  
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  Luca Romagnoli (NI), schriftlich. – (IT) Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe für den Bericht von Christa Klaß über die Rahmenrichtlinie zum nachhaltigen Einsatz von Pestiziden gestimmt. Ich stehe in vollem Umfang hinter der Annahme der Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates.

Das Ziel der Richtlinie besteht darin, die negativen Auswirkungen von Pestiziden auf die menschliche Gesundheit und die Umwelt zu vermindern: Eine mengenmäßige Reduzierung des Pestizideinsatzes sollte daher eines der praktischen Ziele sein. Erreicht werden soll dies durch die Festsetzung bestimmter Höchstmengen und die Anwendung nationaler Aktionspläne. Für einen umfassenden Schutz der Volksgesundheit müssen Kontrollmaßnahmen restriktiver gehandhabt werden. Ich glaube außerdem, dass die Produktkennzeichnungen klar und verständlich für alle gehalten sein müssen, so dass sämtliche mit dem Gebrauch der einzelnen Produkte verbundenen Implikationen verständlich gemacht werden können.

 
  
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  Bart Staes (Verts/ALE), schriftlich. − (NL) Gestern führte ich im Rahmen der Aussprache aus, dass ich den vorliegenden Kompromiss als ein achtbares Ergebnis ansehe und dass die Fraktion der Grünen/Freie Europäische Allianz im Europäischen Parlament ihn unterstützen wird. Ich möchte allerdings betonen, dass wir für die Einigung mit der Agrarlobby und der Pestizidindustrie einige Zugeständnisse machen mussten. Ich bedauere nach wie vor, dass wir das 50-Prozentziel fallen gelassen haben.

Dies hat zur Folge, dass alles dem guten Willen der einzelnen Mitgliedstaaten überlassen wird. Wobei es den Mitgliedstaaten nun ohne weiteres möglich ist, diesbezüglich nicht übermäßig ambitioniert zu sein, was auch zu zu viel Zurückhaltung führen kann. Hinzu kommt, dass im Ergebnis hinsichtlich der Einhaltung von Pufferzonen entlang von Wasserläufen die Vorgaben abgemildert worden sind. Auch dieser Aspekt liegt nunmehr im Ermessen der Mitgliedstaaten. Aus ökologischer und gesundheitspolitischer Sicht wäre ein europaeinheitlicher Mindestabstand wünschenswert gewesen. Positiv ist allerdings, dass öffentliche Bereiche mit sensibler Nutzung (Parks, Sportanlagen, Freizeitgebiete, Schulen und dergleichen) zukünftig besser geschützt sein werden. Diese Thematik findet bereits Beachtung in der Region Flandern und wird von den Regierungen der Mitgliedstaaten in ganz Europa zunehmend in Betracht gezogen.

 
  
  

- Bericht: Hiltrud Breyer (A6-0444/2008)

 
  
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  Martin Callanan (PPE-DE), schriftlich. Dieses Gesetzesvorhaben trägt durch und durch die Handschrift der EU: ein klassisches Beispiel für die Methode, mit dem Vorschlaghammer eine Nuss zu knacken. Seine Auswirkungen auf die Landwirte und Gartenbaubetriebe in Nordostengland, der von mir vertretenen Region, werden beträchtlich sein.

Zweifellos werden Arbeitsplätze verloren gehen oder sogar Betriebe schließen müssen. Zweifellos werden unsere hart bedrängten Landwirte mit noch mehr Bürokratie belastet werden. Zweifellos werden die Agrarerträge zurückgehen. Die Tatsache, dass wir diese Woche auch die weltweite Ernährungssicherheit diskutieren, ist daher reichlich ironisch. Pflanzenschutzmittel sind ein unverzichtbarer Bestandteil für die Agrarproduktion, und sie unterliegen bereits einem strengen System von Auflagen.

Niemand bestreitet die Bedeutung des Umweltschutzes, aber dieses Gesetzesprojekt ist unausgewogen. Es ist überladen mit Vorschriften und es fehlt ihm an Flexibilität. Die Kommission hat es versäumt, eine ausreichend umfassende Verträglichkeitsprüfung durchzuführen.

Aus diesen Gründen habe ich gegen dieses Gesetzesvorhaben gestimmt.

 
  
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  Charlotte Cederschiöld, Christofer Fjellner, Gunnar Hökmark und Anna Ibrisagic (PPE-DE), schriftlich. − (SV) Wir haben heute für den Bericht von Hiltrud Breyer über das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln gestimmt. Die Verordnung, die sowohl zur Verbesserung der Ernährungssicherheit beitragen als auch die Umweltauswirkungen von Pflanzenschutzprodukten unter Kontrolle bringen soll, ist solide konzipiert und von großer Bedeutung.

Seit ihrer ersten Lesung im Europäischen Parlament sind Analysen zu dem Ergebnis gekommen, dass die Verordnung die Gefahr birgt, äußerst weit reichend in die Landwirtschaft einzugreifen und unflexibel zu sein. Eine weitere Folge könnte sein, dass der gewerbsmäßige Anbau der gebräuchlichsten Gemüsearten (beispielsweise Karotten und Zwiebeln) in Schweden nicht mehr möglich sein wird. Die Situation wird auch nicht dadurch besser, dass die Ergebnisse der Verträglichkeitsprüfungen dieser Bestimmungen in Bezug auf einige wichtige Schlussfolgerungen differieren, beispielsweise zwischen denjenigen der schwedischen Aufsichtsbehörde für Chemikalien und ihrem britischen Pendant, dem Pesticides Safety Directorate. Wir bedauern, dass in dieser zweiten Lesung im Parlament keine Möglichkeit vorgesehen war, über entsprechende Präzisierungen abzustimmen. Wir möchten aber gleichzeitig betonen, dass der angenommene Gesetzestext Verbesserungen gegenüber der Vorlage aus der ersten Parlamentslesung enthält.

Wir hätten es gerne gesehen, wenn die zwischen dem Europäischen Parlament und dem Rat erreichte Einigung Eingang in die Vorlage gefunden hätte. Dies würde zu einer klareren Ausgestaltung der Verordnung beitragen mit dem Effekt, dass der gefährliche Einsatz von Wirkstoffen unter ein deutlicheres Verbot gestellt, unabdingbarer, verantwortungsvoller und sicherer Pflanzenschutz hingegen – der nun Gefahr läuft, unter die Verbotsverfügung zu fallen – weiterhin erlaubt sein würde.

 
  
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  Ilda Figueiredo (GUE/NGL), schriftlich.(PT) Der schlussendlich im Europäischen Parlament erreichte Kompromiss stellt einen Rückzieher von den Maximalforderungen dar, die in Bezug auf die Eliminierung von Wirkstoffen aufgestellt worden waren, insbesondere hinsichtlich der negativen Auswirkungen, die diese Vorschläge im Hinblick auf Insektizide und Pestizide gehabt hätten. Dies trifft insbesondere für Länder wie Portugal zu, das stark betroffen ist von bestimmten Insektenplagen an Obst und Gemüsekulturen, Kartoffel- und Olivenpflanzungen, etwa hinsichtlich Kiefern-Nematode und Kastanienbrand. Hier verursachen diese Schädlingsbefälle und Krankheiten – nicht zuletzt aufgrund fehlender effektiver Pflanzenschutzprogramme – erhebliche Schäden, insbesondere bei kleinen Familienbetrieben.

Obwohl wir in Bezug auf bestimmte Aspekte des Kompromisses viele Zweifel hegen, beispielsweise hinsichtlich der Probleme der nichtchemischen Kontroll- bzw. Präventionsmethoden sowie des Schädlingsbefalls- und Feldfruchtmanagements, halten wir es für richtig, das Prinzip der gegenseitigen Anerkennung der Pflanzenschutzproduktautorisierungen und der Schaffung von geografischen Zonen mit ähnlichen Boden- und Klimabeschaffenheiten zu praktizieren.

Allerdings bestehen wir auf der Notwendigkeit nach Studien, die uns ein realistisches Bild der Folgen dieser Maßnahmen auf die Produktivität und demnach auch auf die Einkommen der Landwirte vermitteln, so dass diese Kosten von der gesamten Gesellschaft mitgetragen werden können. Denn schließlich sprechen wir hier über Anforderungen hinsichtlich Umweltschutz und Ernährungssicherheit.

 
  
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  Glyn Ford (PSE), schriftlich. Ich habe gegen die Änderungsvorschläge zum Breyer-Bericht gestimmt. Über diesen Bericht ist in Großbritannien eine völlig unnötige Angstkampagne angestoßen worden in dem Stil: „Das Ende der konventionellen Landwirtschaft wie wir sie kennen.“ Dies ist nicht die von vielen Landwirten in anderen Mitgliedstaaten vertretene Position.

Ungeachtet dessen sind die tatsächlichen Auswirkungen unklar, denn für die Vorlage in ihrer aktuellen Form wurde keine zufrieden stellende Verträglichkeitsprüfung vorgelegt. Ich unterstütze daher die Idee einer Ausnahmeregelung nach 2015, wenn die aktuellen Genehmigungen auslaufen, für den Fall, dass Mitgliedstaaten ernsthafte Bedenken haben sollten, dass aufgrund eventuell nicht mehr verfügbarer Pestizide die Ernteerträge erhebliche Einbußen erleiden könnten.

 
  
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  Duarte Freitas (PPE-DE), schriftlich.(PT) Dieses Dokument wird zur Harmonisierung der Gesetzgebung zu Pestiziden beitragen.

Ich stimme dem angenommenen Bericht zu, insbesondere weil die Anwendung des Prinzips der gegenseitigen Anerkennung der Pflanzenschutzproduktautorisierungen die zwischen den verschiedenen Mitgliedstaaten (und deren unterschiedlich dimensionierten Märkten) bestehenden Wettbewerbsverzerrungen beenden und insbesondere die hinsichtlich des Umweltschutzes und der Ernährungssicherheit bestehenden Bedenken verringern wird. Die Schaffung dreier geografischer Zonen mit ähnlichen Boden- und Klimabeschaffenheiten ist sehr positiv. Es bestünde sonst die Gefahr, völlig unterschiedliche örtliche Verhältnisse in einen Topf zu werfen.

Das Thema Störungen des Hormonsystems verursachende Stoffe hat meiner Ansicht nach eine solide Grundlage: Der vorgeschlagene Text basiert auf wissenschaftlichen Erkenntnissen. Das Problem mit Störungen des Hormonsystems verursachenden Stoffen liegt darin begründet, dass für diese (im Gegensatz zu karzinogenen oder mutagenen Stoffen) keine toxikologischen Parameter vorliegen, wiewohl sie eine ganze Reihe von Effekten hervorrufen, angefangen von geringen Hormonschwankungen bis hin zu genitalen Missbildungen und/oder Krebsgeschwüren.

Es ist wichtig, die Verwendung von Substanzen zu reglementieren, die nachweislich gesundheitsschädliche Effekte auf den menschlichen Organismus haben.

Diese Verordnung besitzt eine dreifache Rechtsgrundlage: jeweils eine auf die Landwirtschaft, den Binnenmarkt und die Volksgesundheit bezogene Rechtsgrundlage. Dies ist meiner Ansicht nach sehr positiv.

 
  
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  Andreas Mölzer (NI), schriftlich. (DE) In den vergangenen Jahren hat die Union die Grenzwerte stets angehoben, eine Reduktion war daher längst überfällig. Ein Fortschritt ist jedenfalls, dass massiv gesundheitsschädigende Pestizide endlich verboten werden, hier wird aber noch viel zu wenig geforscht. Besorgniserregend ist nach wie vor die Akkumulation von Pestiziden, mit der Grenzwertvorgaben umgangen werden können. Über daraus mögliche Wechselwirkungen ist uns noch viel zu wenig bekannt, hier sind rechtliche Vorgaben überfällig.

Inwieweit Dokumentation und Rückverfolgbarkeit wirklich effektiv sind, mag bezweifelt werden. Die Fleischskandale der letzten Jahre führen vor Augen, wie leicht ein Etikettenschwindel ist. Nicht zuletzt stellt sich noch das Problem, dass wir zwar unseren Produzenten und Bauern Pestizid-Vorgaben auferlegen, dann jedoch Waren aus Ländern mit laxeren Vorschriften importieren. Die chinesische Spielzeug-Episode sollte uns eine Lehre sein. Mit den geplanten Regelungen wird ein Schritt in die richtige Richtung gemacht, weshalb ich auch dafür gestimmt habe, sie reichen aber bei Weitem nicht aus.

 
  
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  Bill Newton Dunn (ALDE), schriftlich. Ich habe gegen die in den Dreiergesprächen zwischen Rat, Kommission und Parlament ausgehandelten Schlussfolgerungen und Empfehlungen gestimmt, weil:

- dieses Gesetzesprojekt zu überstürzt durchgezogen werden sollte, nur weil sich die Amtszeiten sowohl des Parlaments als auch der Kommission im kommenden Sommer ihrem Ende zuneigen, was allerdings kein ausreichender Grund ist, Gesetze in Eile zu beschließen;

- für diese Vorschläge keine Verträglichkeitsprüfung durchgeführt wurde;

- die Empfehlungen nicht auf wissenschaftlichen Nachweisen beruhen sondern mehr auf emotionalen Befürchtungen über die Ursachen des alarmierenden weltweiten Bienensterbens und auf befürchteten Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit;

- die von mir vertretenen Landwirte in Lincolnshire und den East Midlands mich einmütig dazu aufgefordert haben, gegen diese Vorschläge Position zu beziehen, und da es sich bei diesen Leuten um ausgewiesene Praktiker handelt, deren tägliches Geschäft es ist, unsere Nahrungsmittel heranzuziehen, sollte man deren Meinung Beachtung schenken.

 
  
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  Luca Romagnoli (NI), schriftlich. – (IT) Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe für den Bericht von Hiltrud Breyer über die Marktzulassung von Pflanzenschutzmitteln gestimmt. Ich stimme mit dem Zweck und den Zielen dieser Arbeit überein, die darin bestehen, ein hohes Maß an Schutz für die menschliche Gesundheit und die Umwelt sicherzustellen.

Die Europäische Union ist seit jeher in besonderem Maß um Themen des Umweltschutzes bemüht, und diese Verordnung ist eine weitere Strategie, die diesem Ziel dient. Ich bin außerdem überzeugt davon, dass es richtig ist, Experimente an Tieren auf ein Minimum zu beschränken und nur im äußersten Notfall darauf zurückzugreifen. Vielmehr sollten alternative Versuchsmethoden genutzt werden, damit Tieren unnötige Qualen erspart bleiben.

 
  
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  Brian Simpson (PSE), schriftlich. Ich habe mich entschlossen, gegen diesen Bericht zu stimmen, und zwar aus zwei Gründen:

Zum einen müssen wir unseren Landwirten die Mittel an die Hand geben, die sie für die Ausübung ihres Berufs benötigen – und diese Vorlage wird deren Möglichkeiten stark einschränken. Dies gilt insbesondere für Landwirte, die in feuchten und nassen Klimaregionen Landwirtschaft betreiben und die Pestizide zum Schutz ihrer Ernten und Viehbestände einsetzen müssen. Ich kenne keinen einzigen Landwirt, der gerne Pestizide verwendet, aber sie sind nun einmal ein wesentliches Hilfsmittel, um für unsere Bevölkerung Nahrungsmittel zu einem erschwinglichen Preis anbieten zu können.

Zweitens wurde für dieses Gesetzesvorhaben keine Verträglichkeitsprüfung durchgeführt. Dies finde ich angesichts der potenziellen, erheblichen Auswirkungen auf den Agrarsektor skandalös.

 
  
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  Bart Staes (Verts/ALE), schriftlich. − (NL) Gestern führte ich im Rahmen der Aussprache aus, dass ich den vorliegenden Kompromiss als ein achtbares Ergebnis ansehe und dass die Fraktion der Grünen / Freie Europäische Allianz im Europäischen Parlament ihn unterstützen wird. Ich möchte allerdings betonen, dass wir für die Einigung mit der Agrarlobby und der Pestizidindustrie einige Zugeständnisse machen mussten. Von welcher Warte man die Problematik auch betrachtet: Was wir hinsichtlich der Grenzwertkriterien erreichen konnten ist im Vergleich zu der Position des EP in erster Lesung ein verwässertes Ergebnis.

Für 12 Wirkstoffe wurden ausdrücklich Ausnahmeregelungen festgelegt. Auch hinsichtlich der Regelung der Einteilung in geografische Zonen hatten wir unsere Vorbehalte. Die Idee dreier Zonen über einen derart großen geografischen Raum hinweg erscheint uns problematisch, denn die Umweltgegebenheiten innerhalb dieser Zonen selbst können dennoch erheblich variieren. Positiv ist allerdings, dass die Rechtsgrundlage auf der Landwirtschaft, dem Binnenmarkt und der Volksgesundheit beruht, wobei der Volksgesundheit sowohl in den entsprechenden Präambeln als auch in Artikel 1 oberste Priorität eingeräumt wird. Darüber hinaus sind die Grenzwertkriterien für Wirkstoffe, die nicht hinnehmbare Auswirkungen auf Bienen haben, ein willkommenes Extra. Die Forderung, gefährliche Produkte schneller durch sichere Alternativen zu ersetzen, wurde ebenfalls berücksichtigt. Obwohl wir uns ein besseres Resultat gewünscht hätten, haben wir dennoch für einen akzeptablen Kompromiss gestimmt.

 
  
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  Catherine Stihler (PSE), schriftlich. Ich war enttäuscht über die nachträgliche Änderung der gemeinsamen Position. Mir wäre die gemeinsame Position lieber, denn sie bietet einen besseren Ausgleich zwischen Volksgesundheit und Nahrungsmittelproduktion.

 
  
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  Glenis Willmott (PSE), schriftlich. Durch die nach wie vor fehlende, umfassende Verträglichkeitsprüfung sieht sich die Labour-Fraktion im EP nicht in der Lage, dem zwischen dem Rat und der Berichterstatterin des Europäischen Parlaments ausgehandelten Kompromisspaket zuzustimmen, da es keine klaren Erläuterungen zu seinen Auswirkungen auf die Nahrungsmittelproduktion enthält.

Wir Labour-MdEP wünschen uns durchaus bessere und sicherere Pestizide, aber wir müssen auch unsere Verantwortung sowohl gegenüber den Produzenten als auch den Verbrauchern wahrnehmen, um abschätzen zu können, welches die schlussendlichen Effekte der vorliegenden Vorschläge auf die Agrarproduktion und die Nahrungsmittelpreise sein werden.

Obwohl dieses Gesetzesvorhaben nicht unbedingt die katastrophalen Auswirkungen haben würde, die ihm von einiger Seite nachgesagt worden ist, sind die damit verbundenen Unsicherheiten dennoch groß genug, um die Labour-Fraktion im EP zu dem Schluss kommen zu lassen, diesem Kompromisspaket nicht zuzustimmen.

 
  
  

- Berichte: Christa Klaß (A6-0443/2008), Hiltrud Breyer (A6-0444/2008)

 
  
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  Liam Aylward, Brian Crowley, Seán Ó Neachtain und Eoin Ryan (UEN), schriftlich. Wir haben uns bei der heutigen Abstimmung zu diesem Pflanzenschutz-Gesetzesprojekt der Stimme enthalten.

Die Entscheidung bei dieser Abstimmung ist eine sehr schwere. Wir waren bis zum jetzigen Zeitpunkt in sämtliche Phasen der intensiven Verhandlungen zu diesem umstrittenen Gesetzespaket involviert.

Im Kern geht es bei diesem Gesetzesvorhaben eindeutig um Gesundheitsaspekte und den Zusammenhang zwischen chemischen Substanzen und Krebsrisiko. Dabei sind die Landwirte aufgrund ihres direkten Umgangs mit solchen Substanzen am direktesten betroffen. Während das Gesetz das Inverkehrbringen von krebserregenden Substanzen einschränken will, ist es Mitgliedstaaten möglich, bestimmte Wirkstoffe auf dem Markt zuzulassen, wenn die Gesundheit von Nutzpflanzen ernsthaft in Gefahr ist. Die Vorlage hat sich zum Ziel gesetzt, die Bienen zu schützen und den bürokratischen Aufwand für die Genehmigung von Wirkstoffen zu reduzieren. Mit einem schrittweisen Aus-dem-Verkehr-ziehen von Substanzen bis 2016, würden wir die Industrie in Zugzwang bringen, umweltfreundliche und wirksame Produkte auf den Markt zu bringen.

Wir können diesem Gesetzesvorhaben allerdings nicht zustimmen. Wiederholten Aufforderungen nach einer neueren Verträglichkeitsprüfung zum Trotz ist die Kommission diesem Ansinnen nicht nachgekommen. Wir können Gesetze aber nicht einfach aus dem Blauen heraus beschließen! Auf diese Weise werden Produkte ohne wissenschaftliche Grundlage nach Gutdünken verboten, anstatt solche Entscheidungen auf Erfahrungswerte aus der praktischen Anwendung zu gründen. Hinzu kommt, dass die Definition des Begriffs „Störungen des Hormonsystems verursachender Stoff“ auf wissenschaftlicher Ebene bislang noch nicht abschließend geklärt worden ist. Wir haben daher Änderungsanträge eingebracht, die für die Einholung gutachterlicher Stellungnahmen durch die Kommission plädieren, die hier Klarheit schaffen sollen.

 
  
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  Michel Teychenné (PSE), schriftlich.(FR) Mit diesem Gesetzestext, der die Produktion und das Inverkehrbringen von Pestiziden einschränkt, sowie dem begleitenden Text, der den Rahmen setzt für die Anwendung dieser Wirkstoffe, hat Europa schließlich beispielhafte Standards in Bezug auf Pestizide erreicht. Hiltrud Breyers Bericht weist in die richtige Richtung. Während der Vorschlag die Marktzulassung von Produkten mit geringem Risikopotenzial vorsieht, sollen 22 als äußerst schädlich eingestufte Substanzen verboten werden.

Wenn wir Aussicht haben wollen, dass sich in der Welt eine vernünftige Landwirtschaftspraxis durchsetzt, dann müssen wir diesen in der Europäischen Union erzielten Fortschritt begrüßen. Die europäische Landwirtschaft, die ausgiebig von Pflanzenschutzmitteln Gebrauch macht, wird durch diese Regelungen nicht geschwächt. Vielmehr werden sie der EU die schärfsten Gesetzesinstrumente zur Bekämpfung toxischer Pestizide an die Hand geben.

 
  
  

- Bericht: Wolf Klinz (A6-0497/2008)

 
  
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  Avril Doyle (PPE-DE), schriftlich. Die gesetzlichen Regelungen bezüglich paneuropäischer Investmentfonds, den Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapiere (OGAW), unterliegen seit einiger Zeit einer beträchtlichen Überarbeitung. Diese OGAW setzen sich aus kollektiven Investmentfondsplänen zusammen, die in der gesamten Europäischen Union gehandelt werden können, sobald sie in einem der Mitgliedstaaten eine Zulassung erhalten haben. Diese Zulassung fungiert als eine Art „Pass“, durch den weitere Prüfungen nicht erforderlich sind. In diesen Zeiten allgemeiner Finanzmarktunsicherheit muss die Regulierung von Finanzmarktgeschäften in fairer und konsistenter Weise erfolgen, um das Vertrauen in diesen Sektor wieder zu stärken.

Der Bericht von Wolf Klinz schlägt die Einführung eines „Passes“ für Vermögensverwaltungsgesellschaften vor, die OGAW-Fonds vertreiben. Dieser Vorschlag sieht die Möglichkeit des grenzüberschreitenden Fondsmanagements ohne die gegenwärtig noch erforderliche Gründung voll funktionsfähiger Vermögensverwaltungsgesellschaften vor. Es ist daher erforderlich, dass ausreichend Fondsmanager zur Verfügung stehen, die sich um die erforderliche Aufsicht über die auszugebenden Pässe für die Vermögensverwaltungsgesellschaften kümmern.

Wolf Klinz hat eine kompromissfähige Vorlage unterbreitet, die ich unterstützen kann.

 
  
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  Andrzej Jan Szejna (PSE), schriftlich.(PL) Bei Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW) handelt es sich um harmonisierte Investmentfonds-Produkte, die Investitionen entsprechend einer festgelegten Investitionspolitik tätigen. Die OGAW-Rahmenrichtlinie, auf die sich der Klinz-Bericht bezieht, sorgt für Kostentransparenz und darüber hinaus für einen hohen Grad an Anlegerschutz – etwas, das in Zeiten der Wirtschafts- und Finanzkrise in der EU von besonderer Bedeutung ist. Die Rahmenrichtlinie legt grundlegende Anforderungen an die Organisation, das Management und die Aufsicht von Investmentfonds fest.

Es trifft zu, dass sich die europäischen Investmentfonds im Vergleich zum amerikanischen Markt durch ihre geringe Größe auszeichnen. Daraus ergeben sich hohe Kosten für die Investoren. Es besteht daher die Notwendigkeit zu einer Überarbeitung der OGAW-Rahmenrichtlinie mit dem Ziel der Anpassung an die Erfordernisse der Anleger und um die Wettbewerbsfähigkeit der EU-Fondsindustrie sicherzustellen.

Die vom Berichterstatter vorgeschlagenen Änderungen umfassen in erster Linie die Einführung neuer Bestimmungen hinsichtlich der Fusionierung von Fonds (in dem Sinne, dass sie als inländische Fusionen angesehen werden und in den Genuss der Steuerneutralität kommen können), die Einführung eines Dokuments, das die wichtigsten Anlegerinformationen liefert (als Ersatz für den vereinfachten Prospekt), sowie die Vereinfachung des vorhandenen Meldeverfahrens durch die Nutzung des direkte Informationsaustauschs zwischen den jeweiligen Aufsichtsbehörden.

 
  
  

- Bericht: Donata Gottardi (A6-0507/2008)

 
  
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  Jan Andersson, Göran Färm and Åsa Westlund (PSE), schriftlich. − (SV) Wir unterstützen den Bericht, denn wir glauben, dass nachhaltige öffentliche Finanzen sehr wichtig sind. Allerdings sind wir mit der Formulierung in Absatz 8 nicht einverstanden, in dem ausgeführt wird, dass die Steuerlast für mittlere bis niedrige Einkommen und Renten schrittweise und deutlich gesenkt werden muss, mit Steuernachlässen, neu festgelegten Steuersätzen und Entschädigung für „Steuerdrift“. Wir glauben, dass diese Angelegenheiten nicht auf EU-Ebene geregelt sondern von den Mitgliedstaaten selbst entschieden werden sollten.

 
  
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  Konstantinos Droutsas (GUE/NGL), schriftlich.(EL) Der Bericht zu den öffentlichen Finanzen in der Wirtschafts- und Währungsunion (WWU) macht sich die gegen die arbeitende Bevölkerung gerichteten Entscheidungen des Rates und der Kommission zu Eigen, die dem Zweck dienen, die Wettbewerbspositionen von Monopolen zu stärken und somit die Profite des Kapitals zu sichern. Dabei wird die Last der tiefen Krise, in der der Kapitalismus steckt, der arbeitenden Bevölkerung aufgebürdet.

Die von der EU mit dem Stabilitätspakt und der Lissabon-Strategie für die Mitgliedstaaten – insbesondere diejenigen in der WWU – gestaltete, gegen die unteren Bevölkerungsschichten gerichtete Politik wird damit gestärkt.

Das Europäische Parlament, ebenso wie die Kommission, unternimmt den Versuch, die zentrifugalen Kräfte und die Logik des „Jeder für sich“ einzudämmen, indem es nach noch größeren Anstrengungen zur Vollendung des Binnenmarktes, zur Harmonisierung des Steuersystems und zur Stärkung des Wettbewerbs und der Regeln des Marktes aufruft.

Die Kritik an dem Umstand, dass die hohen Summen, die zur Bewältigung der Krise bereitgestellt worden sind, nicht die kleinen und mittleren Unternehmen erreichen, von der arbeitenden Bevölkerung ganz zu schweigen, führt in die Irre. Die veralteten und fehlgeschlagenen Modelle staatlicher Interventionen zur Übertünchung der Unzulänglichkeiten des Marktes sind lediglich Ausdruck eines Wunschdenkens und der Versuch, die arbeitende Bevölkerung in die Irre zu führen und sich den sozialen Konsens zu einem abgewirtschafteten System zu erschleichen.

Die einzige Lösung besteht darin, dass die arbeitende Bevölkerung für ihre Rechte und für eine Wirtschaft kämpft, die den Bedürfnissen ihrer Klasse gerecht wird – ein Kampf, der letztendlich die kapitalistische Barbarei überwindet.

 
  
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  Ilda Figueiredo (GUE/NGL), schriftlich.(PT) Es ist eigentlich recht interessant, dass der Bericht anerkennt, dass die Analyse der Situation der öffentlichen Finanzen im Jahr 2007 und im ersten Halbjahr 2008 „deutlich eine wirtschaftliche Trendwende anzeigt und sich ein Wirtschaftsabschwung und eine Wachstumsabschwächung andeutet, gepaart mit einer immer niedrigeren Inflationsrate und steigenden Einkommensdisparitäten“.

Um dieser Krise gegenzusteuern, legt der Bericht dann aber im Wesentlichen die gleichen Rezepte vor, die zu der aktuellen Situation geführt haben – anstatt diese Gelegenheit zu nutzen, um Änderungen dieses neoliberalen und monetaristischen Politikansatzes vorzuschlagen, der zu der aktuellen ernsten sozialen Lage beigetragen hat, die sich durch steigende Ungleichheit, Arbeitslosigkeit, unsichere und schlecht bezahlte Arbeit und Armut auszeichnet.

Der Bericht pocht daher auf Preisstabilität und die Einhaltung des Stabilitäts- und Wachstumspakts – wenn auch mit einem gewissen Grad an Flexibilität – sowie auf die Beachtung der Lissabon-Strategie, die, wie wir wissen, als Vorwand dient, um Privatisierungen voranzutreiben und den Staat von der Verantwortung für soziale Funktionen zu entledigen. Dieser Ansatz umfasst außerdem die Idee des schlanken Staates und der besseren Effizienz des Privatsektors. Ziel ist es, die Arbeitnehmer zu so genannter Lohnzurückhaltung zu nötigen, was diese in der Folge allerdings mit einem Verlust ihrer Kaufkraft bezahlen.

Deshalb haben wir gegen diesen Bericht gestimmt.

 
  
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  Bruno Gollnisch (NI), schriftlich.(FR) Was ich dem Bericht von Donata Gottardi zu den öffentlichen Finanzen entnehmen kann ist, dass in diesem keinerlei Lehren aus der Weltkrise gezogen worden sind.

Frau Gottardi bezeichnet als „Marktversagen“ und „unzureichende Aufsicht“, was in Wirklichkeit das Versagen eines Systems ist, das uns seit Jahren aufgezwungen wird: ein System der Deregulierung, der weltweiten radikalen Freimarktphilosophie, der absurden Aufblähung des Finanzsektors in der Wirtschaft, in der der Markt regiert, der sich angeblich selbst reguliert. Die auf dem G20-Gipfel oder in Brüssel beschlossenen kosmetischen Retuschen werden die Situation nicht grundlegend verändern. Vielmehr müssen wir die wirtschaftlichen Dogmen in Frage stellen, denen wir uns nach wie vor hingeben. Die Krise hat gezeigt, dass die unbegrenzte Freizügigkeit für Waren, Dienstleistungen, Kapital und Menschen nicht zu Wohlstand führt sondern in die Katastrophe. Die Krise hat außerdem gezeigt, dass der Nationalstaat die geeignete, effiziente Entscheidungs-, Handlungs- und Reaktionsebene ist, auch wenn Präsident Sarkozy das Bedürfnis hat, überall hin von EU-Kommissionspräsident Barroso begleitet zu werden, um den Leuten glauben zu machen, dass die Europäische Union in dieser Situation hilfreich ist.

In diesem Zusammenhang sind daher die guten Ratschläge der Berichterstatterin zur Verwaltung der öffentlichen Finanzen und ihr Appell zur Einhaltung des Stabilitäts- und Wachstumspakts leider wenig brauchbar.

 
  
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  Mary Lou McDonald (GUE/NGL), schriftlich. Wir begrüßen einige der positiven Elemente dieses Berichts, insbesondere die Anerkennung der Notwendigkeit, die Steuerlast gerechter zu verteilen sowie die Bedeutung, die den öffentlichen Ausgaben und einer soliden und aktiven Wirtschaftspolitik zukommen. Allerdings habe ich mich bei der Abstimmung enthalten, da sich der Bericht für die fehlerhafte Lissabon-Strategie und für mehr Wettbewerb ausspricht. Außerdem unterstützt er den so genannten Flexicurity-Ansatz und stellt unter dem Deckmantel „struktureller Reformen“ implizit die Sicherheit der Renten, des Gesundheits- sowie des Pflegesystems in Frage.

 

10. Berichtigungen des Stimmverhaltens und beabsichtigtes Stimmverhalten: siehe Protokoll
 

(Die Sitzung wird um 13.00 Uhr unterbrochen und um 15.00 Uhr wieder aufgenommen.)

 
  
  

VORSITZ: ALEJO VIDAL-QUADRAS
Vizepräsident

 

11. Genehmigung des Protokolls der vorangegangenen Sitzung: siehe Protokoll
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12. Sicherheitsmerkmale und biometrische Daten in Pässen und Reisedokumenten (Aussprache)
Video der Beiträge
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  Der Präsident. − Der nächste Tagesordnungspunkt umfasst den Bericht (A6-0500/2008) von Carlos Coelho im Namen des Ausschusses für Bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres zu einem Verordnungsvorschlag des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 2252/2004 über Normen für Sicherheitsmerkmale und biometrische Daten in von den Mitgliedstaaten ausgestellten Pässen und Reisedokumenten (COM(2007)0619 – C6-0359/2007 – 2007/0216(COD)).

 
  
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  Carlos Coelho, Berichterstatter. (PT) Herr Präsident, Herr Barrot, meine Damen und Herren! Die heute diskutierte Vorlage zielt auf die Änderung der von 2004 stammenden Richtlinien, welche die Sicherheitsrichtlinien verbesserten und harmonisierten, die sich auf den Schutz der Reisepässe und Reisedokumente von EU-Bürgern vor Missbrauch beziehen. Gleichzeitig wurden biometrische Identifikationselemente eingeführt. Anders als in dem Verfahren 2004 entscheiden wir nun im Rahmen des Mitentscheidungsverfahrens. Ich möchte zunächst dem französischen Ratsvorsitz und Kommissar Barrot für ihr bemerkenswertes Engagement in dieser Angelegenheit danken, und für ihre Bemühungen, eine Einigung in erster Lesung zu erzielen. Ich möchte außerdem den Schattenberichterstattern für ihre Arbeit und ihre Kooperation danken, die zur Erreichung des vorliegenden Ergebnisses unerlässlich waren.

Diese Lösung war nötig, wenn wir uns vergegenwärtigen, dass diese Verordnung bereits 2004 in Kraft getreten ist, und dass spätestens ab Juni dieses Jahres sämtliche Mitgliedstaaten die Fingerabdrücke von Kindern ab deren Geburt erfassen müssen. Allerdings geht aus vorliegenden Studien zu in mehreren Mitgliedstaaten durchgeführten Pilotprojekten hervor, dass es sich in der Praxis als schwer durchführbar erwiesen hat, die Fingerabdrücke von Kindern unter sechs Jahren zu erfassen oder auch nur auf deren Zuverlässigkeit zu bauen. Es ist zutreffend, dass die nationale Gesetzgebung prinzipiell Ausnahmeregelungen zu dieser Verpflichtung aufstellen kann. Dies würde allerdings bedeuten, dass bis zu der entsprechenden Altersgrenze, bis zu der eine solche Ausnahmeregelung gelten würde, nur zeitlich befristete Reisepässe ausgestellt werden könnten. Für Eltern wäre es eine übermäßige Belastung, für jedes ihrer Kinder wiederholt einen Reisepass beantragen zu müssen, wenn sie außerhalb des Schengenraums reisen möchten.

Es ist uns daher gelungen, zu einer Einigung zu kommen, die während einer Übergangszeit von vier Jahren vorsieht, die Altersgrenze auf 12 Jahre festzusetzen. Dabei greift eine Ausstiegsklausel, die es jenen Mitgliedstaaten, die bereits gesetzliche Regelungen mit einer niedrigeren Altersgrenze beschlossen haben, erlaubt, diese beizubehalten, vorausgesetzt diese Altersgrenze ist nicht niedriger als sechs Jahre. Weiterhin wurde eine Revisionsklausel in Betracht gezogen, welche die Ergebnisse der Studie berücksichtigen soll, um deren Durchführung wir die Kommission gebeten hatten und die Erkenntnisse über die Zuverlässigkeit von Kinderfingerabdrücken bringen soll. Diese Revisionsklausel sieht vor, dass die Altersgrenze verbindlich für alle Mitgliedstaaten in vier Jahren festgesetzt und harmonisiert werden soll.

Eine zweite eingeführte Ausnahmeregelung bezieht sich Personen, die aus unterschiedlichen Gründen physisch nicht in der Lage sind, Fingerabdrücke abzugeben. Die Empfehlung „eine Person - ein Reisepass“ der Internationalen Zivilluftfahrtorganisation wurde ebenfalls angenommen. Nach Aussage des europäischen Datenschutzbeauftragten ist dies eine weitere Vorkehrung im Kampf gegen den Kinderhandel.

Unter der Zielsetzung des Kinderschutzes haben wir darüber hinaus eine zwischen den drei Institutionen abgeschlossene Vereinbarung erzielt, die die Entwicklung einer gemeinsamen Position zur Ausarbeitung erforderlicher Regelungen zum Schutz von Kindern gegen Entführung und Verschleppung vorsieht. Die entsprechenden Initiativen sollen durch die Kommission im Rahmen des entsprechenden Teils des Zivilrechts eingeführt werden.

Ich muss zugeben, dass uns die reduzierte Kompetenz der Union in dieser Angelegenheit etwas zu schaffen macht: Die Ausstellung von Reisepässen ist ein nationales Vorrecht, und die Europäische Union hat lediglich Einflussmöglichkeiten in Bezug auf die verstärkte Integration biometrischer Datenkomponenten in Reisepässe und andere Reisedokumente – all dies unter der Zielsetzung einer verbesserten Sicherheit dieser Dokumente im Rahmen des Grenzkontrollregimes.

Ich muss hinzufügen, dass wir allerdings Regeln zur Sicherstellung der Ausübung der Gemeinschaftskompetenzen aufgestellt haben. Diese legen fest, welche Art von Daten aufgenommen werden – Fingerabdrücke und Fotos – und auch, unter welchen Bedingungen diese Daten ausschließlich verwendet werden dürfen. Sie dürfen nämlich nur für in dieser Richtlinie vorgesehene Zwecke verwendet werden: und zwar im Rahmen der Grenzkontrollen – sowie zur Überprüfung der Echtheit des Dokuments und um zu ermitteln, ob der das Dokument Vorweisende wirklich der rechtmäßige Dokumentinhaber ist oder nicht.

Wir haben weiterhin Einigung in Bezug auf zwei Studien erzielt: eine in Bezug auf die Ausgangsdokumente (Breeder Documents), um sicherzustellen, dass die Dokumente, die für die Ausstellung von Pässen herangezogen werden, dieselbe Zuverlässigkeit auszeichnet wie die Passdokumente selbst, die wir vor Missbrauch schützen wollen. Die zweite Studie bezieht sich auf den Datenabgleich im Rahmen von Grenzkontrollen, die uns in die Lage versetzt, den Anteil ungerechtfertigter Zurückweisungen zu ermitteln. Am Ende dieser Studien müssten zu einem bestimmten Zeitpunkt unter Berücksichtigung der Vierjahres-Revisionsklausel die erforderlichen Änderungen anhand des Mitentscheidungsverfahrens eingeführt werden, ohne dabei allerdings die Einbeziehung des europäischen Datenschutzbeauftragten zu vergessen. Dieses Erfordernis wurde leider bei der Abfassung der Vorlage nicht berücksichtigt.

 
  
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  Jacques Barrot, Vizepräsident der Kommission. (FR) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Lassen Sie mich zunächst dem Vorsitzenden des Ausschusses für Bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres danken. Ich möchte außerdem dem Berichterstatter Carlos Coelho für seinen bemerkenswerten Bericht danken und für die geleistete ausgezeichneten Zusammenarbeit mit der Kommission zu einem so heiklen und sensiblen Thema.

Der Kommissionsvorschlag soll harmonisierte Ausnahmeregelungen zu dem Erfordernis des Abnehmens von Fingerabdrücken einführen, so dass sämtliche EU-Bürger eine gleiche Behandlung erfahren. Darüber hinaus beabsichtigte die Kommission mit dieser Maßnahme, Kinder vor Menschenhandel zu schützen, indem sie dem international anerkannten Prinzip „eine Person - ein Reisepass“ die Rechtsverbindlichkeit verliehen hat.

Ich begrüße die Bemühungen des Europäischen Parlaments zu diesem Vorschlag über die Einbindung von Fingerabdrücken in Reisepässe, die von den Mitgliedstaaten bis spätestens 28. Juni 2009 ausgestellt werden, in erster Lesung zu einer Einigung zu kommen. Wäre eine Einigung nicht zustande gekommen, hätten alle Personen ihre Fingerabdrücke abnehmen lassen müssen, selbst Neugeborene, wenn sie mit einem Reisepass ins Ausland reisen wollen. Ich möchte daher ausdrücklich die Zufriedenheit der Kommission mit dem ausgehandelten Kompromissvorschlag zum Ausdruck bringen. Nun wird sich die Kommission in so effizienter Weise wie möglich an die im Bericht gestellte und vom Europäischen Parlament geforderte Aufgabe machen. Ich denke nicht, dass es noch weiterer Anmerkungen meinerseits bedarf. Ich werde nun mit Interesse den Ausführungen der Abgeordneten zuhören und möchte nochmals Ihrem Berichterstatter, Carlos Coelho danken, der eine ausgezeichnete Arbeit geleistet hat.

 
  
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  Urszula Gacek, im Namen der PPE-DE-Fraktion. – Herr Präsident! Gerne unterstütze ich die heute dargelegten Vorschläge.

Ich glaube, es besteht eine dringende Notwendigkeit zur Schaffung einer Reihe von Standards zur Verifizierung biometrischer Daten. Den Kolleginnen und Kollegen ist vielleicht nicht bekannt, dass es derzeit zwischen verschiedenen Ländern große Unterschiede gibt hinsichtlich beispielsweise der Sorgfalt, mit der Passfotos überprüft werden. In vielen Ländern müssen die Bürger, die einen Reisepass beantragen, persönlich bei der zuständigen Meldebehörde vorsprechen und die erforderlichen Dokumente und Fotos mitbringen. In diesem Fällen können die entsprechenden Sachbearbeiter überprüfen, ob das vorgelegte Foto Ähnlichkeit mit der vorsprechenden Person hat.

In einigen Ländern allerdings – das bekannteste Beispiel ist vielleicht das Vereinigte Königreich – ist die Antragstellung per Post die Norm. Hier wird die Authentizität des Fotos lediglich von einer so genannten „sachkundigen Person“ bestätigt, die den Antragsteller mindestens seit zwei Jahren kennt. Die Liste der zu einer solchen Bestätigung berechtigten Personen ist sehr aufschlussreich. Die Echtheitsbestätigung kann beispielsweise durch den persönlichen Optiker oder den Zahnarzt erfolgen, aber auch durch einen professionellen Fotografen oder durch einen Feuerwehrangehörigen – Höflichkeit gegenüber diesen Berufsständen ist also angebracht.

Es ist außerdem recht interessant, dass in den Vereinigten Staaten ziemlich lockere Regeln für die Fotoverifizierung bestehen. Die Echtheitsbestätigung für Passfotos von Erstantragstellern kann durch so genannte „akzeptable Stellen“ erfolgen. In der Praxis bedeutet dies, dass Mitarbeiter von Postämtern diese Beglaubigungen übernehmen können. Es erscheint unfassbar, dass ein so sicherheitsbewusstes Land wie die Vereinigten Staaten, deren Bürger im visumfreien Verkehr nach Europa reisen können, ein derart nachlässiges Verifizierungssystem hat.

Wenn wir also Reisepässe sicher machen wollen, benötigen wir wesentlich sicherere biometrische Identifizierungsmerkmale, insbesondere Fingerabdrücke. Wir müssen weiterhin dafür sorgen, dass die Stellen, die diese biometrischen Daten erheben und überprüfen, ihre Tätigkeit entsprechend einheitlichen Standards durchführen – nicht nur innerhalb der EU sondern auch in Ländern, deren Bürger den visumfreien Reiseverkehr nach Europa genießen. Dadurch können wir sichergehen, dass auch diese Länder dieselben strengen Sicherheitsanforderungen erfüllen wie unsere Bürger hier in Europa.

 
  
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  Martine Roure, im Namen der PSE-Fraktion.(FR) Herr Präsident! Als im Jahr 2004 die Verordnung über Sicherheitsmerkmale und die Einbindung biometrischer Daten in europäische Reisepässe verabschiedet wurde, planten die Mitgliedstaaten keinerlei Ausnahmebestimmungen von der Pflicht zur Abnahme von Fingerabdrücken. Die gegenwärtige Erfahrung zeigt, dass die derzeit verfügbare Technologie immer noch nicht erlaubt, hinreichend zuverlässige Fingerabdrücke von Kindern unter 12 Jahren zu erfassen, um sie als Sicherheitsmerkmal in Pässen verwenden zu können. Ich begrüße daher den mit den Mitgliedstaaten erzielten Kompromiss, das Mindestalter für die Aufnahme biometrischer Daten auf 12 Jahre festzusetzen und eine Klausel hinsichtlich einer Revision in drei Jahren aufzunehmen. Wir haben unsererseits diese Ausnahmeregelung für jene Mitgliedstaaten akzeptiert, die bereits entsprechende gesetzliche Regelungen für Kinder im Alter über sechs Jahren getroffen haben.

Die Verwendung dieser Art von Daten wäre nur dann akzeptabel, wenn dies wirklich dem Schutz unserer Kinder dient. Dies ist noch nicht der Fall. Wir bleiben allerdings offen gegenüber jeglichen positiven technologischen Änderungen in diesem Bereich. Unsere Priorität ist, dafür Sorge zu tragen, dass alleine reisende Kinder sicher reisen und der Gefahr von Kindesentführung und Kinderhandel entgegengewirkt wird. Die Einbindung solcher Daten in Reisepässe vermittelt allerdings ein falsches Gefühl der Sicherheit, da es nicht verhindern kann, dass Kinder ohne die Einwilligung ihrer Eltern eine Grenze queren. Der mit den Mitgliedstaaten gefundene Kompromiss wird es der Kommission ermöglichen, einen Bericht zu den Anforderungen für allein reisende Minderjährige vorzulegen, die eine EU-Außengrenze überqueren. Dieser Bericht wird dann Initiativen den Weg ebnen, die für einen gesamteuropäischen Ansatz hinsichtlich Regeln zum Schutz von Minderjährigen sorgen werden, wenn diese EU-Außengrenzen von Mitgliedstaaten überqueren.

Schließlich dürfen biometrische Daten in Reisepässen nur verwendet werden, um die Echtheit eines Dokuments zu überprüfen. Außerdem ist die Verwendung sensibler persönlicher Daten wie etwa biometrischer Angaben nur in Verbindung mit strengen Datenschutzregeln akzeptabel.

 
  
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  Gérard Deprez, im Namen der ALDE-Fraktion.(FR) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Lassen Sie mich zunächst unserem Berichterstatter Carlos Coelho und dem vorangegangenen französischen Ratsvorsitz, der erwartungsgemäß heute nicht zugegen ist, dazu gratulieren, dass sie eine Einigung in erster Lesung zustande gebracht haben. Hierfür war der Wille zur Einigung erforderlich sowie die Fähigkeit, den erforderlichen Kompromiss zu akzeptieren. Ich habe ein besonderes Wort des Lobes an Carlos Coelho, unseren Berichterstatter, zu richten, denn seine erklärenden Ausführungen, die ich meinen Kolleginnen und Kollegen zur Lektüre empfehlen kann, sind ein kleines Juwel der Intelligenz und des politischen Geschicks.

Die eingehende Analyse des uns vorliegenden Textes verdeutlicht ein Hauptprinzip, das zugleich das Revolutionäre an diesem Bericht ist. Dieses Revolutionäre hat nichts zu tun mit biometrischen Daten. Darüber wurde bereits 2004 entschieden. Das Prinzip lautet „eine Person - ein Reisepass“. Dies wirft die Frage auf, wie bei Kindern zu verfahren ist, und ab welchem Alter die Fingerabdrücke von Kindern abgenommen werden können. Wir möchten nicht verhehlen, dass der Kompromiss äußerst schwierig war. Einige, wie auch Carlos Coelho zu Beginn, wünschten sich dies zum frühestmöglichen Zeitpunkt, um Kindern den frühestmöglichen Schutz zu bieten. Dies würde allerdings zuverlässige biometrische Daten erfordern, die derzeit noch nicht garantiert werden können. Schlussendlich wurde der folgende Kompromiss erreicht: Die Fingerabdrücke von Kindern sind obligatorisch ab dem 12. Lebensjahr. Mitgliedstaaten, die Fingerabdrücke schon früher abnehmen, können dies während einer Dauer von vier Jahren weiterhin tun. In keinem Fall allerdings darf die Altergrenze unter sechs Jahren liegen. Darüber hinaus wird die Kommission in den kommenden Jahren das System in der Praxis beurteilen und über die gewonnenen Erkenntnisse Bericht erstatten – sowie erforderlichenfalls (und dies ist im Text enthalten) Veränderungen vornehmen. Wir müssen daher unsere Hoffnung zunächst auf den weiteren technologischen Fortschritt setzen, denn es wäre ideal für den Schutz von Kindern, baldmöglichst zuverlässige und vergleichbare biometrische Daten zur Verfügung zu haben. Unter dieser Maßgabe können wir unsere Zustimmung zu diesem Text geben, den ich sehr begrüße. Meine Anerkennung auch an den Berichterstatter, die Kommission für ihren Initial-Vorschlag, und den Rat für seine Kompromissbereitschaft.

 
  
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  Roberta Angelilli, im Namen der UEN-Fraktion. – (IT) Herr Präsident, sehr verehrte Damen und Herren! Zuerst möchte ich dem Berichterstatter zu seiner hervorragenden Arbeit gratulieren. In meiner Eigenschaft als Berichterstatterin zu den Kinderrechten obliegt es mir, auf bestimmte wichtige Punkten in Carlos Coelhos Bericht hinzuweisen, obwohl einige andere Mitparlamentarier dies bereits getan haben.

Erstens, das Prinzip der Garantie eines gemeinsamen Ansatzes für Bestimmungen zum Schutz von Kindern, die unsere Außengrenzen überqueren, ist sehr zu begrüßen.

Zweitens, das Prinzip „eine Person - ein Reisepass“ ist wichtig, weil es die biometrischen Daten unmittelbar mit dem Ausweisinhaber in Verbindung bringt. Dies erlaubt die Vermeidung all der gegenwärtig praktizierten Verfahren, die es zulassen, Kinder einfach den elterlichen Reisepässen hinzuzufügen. Solche Praktiken machen es viel schwieriger und unzuverlässiger, die Identität eines Kindes zu überprüfen. Dadurch wird es leichter, Kinder im Fall von Familienstreitigkeiten zu entführen, und auch dem Menschenhandel und der Ausbeutung von Kindern kann auf diese Weise wenig entgegengesetzt werden.

Drittens sieht der Bericht außerdem vor, dass die Kommission einen Bericht vorlegen wird, der die technische Durchführbarkeit der Verwendung von Fingerabdrücken zu Zwecken der Identifizierung von Kindern im Alter unter 12 Jahren untersuchen wird. Es ist sehr wichtig, an der Verbesserung des Systems zu arbeiten und seine Zuverlässigkeit sicherzustellen, insbesondere hinsichtlich des Kinderschutzes.

Ich möchte meine Ausführungen damit schließen, dass es für die Zukunft äußerst hilfreich sein wird, die ausgefeiltesten, geeignetsten und sichersten technischen Methoden zur Erfassung und somit absolut gesicherten Identifizierung eines Kindes und seines Alters bereits vom frühestmöglichen Zeitpunkt, möglichst bereits ab der Geburt, zur Verfügung zu haben.

 
  
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  Tatjana Ždanoka, im Namen der Verts/ALE-Fraktion. – Herr Präsident! Zunächst möchte ich Carlos Coelho für seine ausgezeichnete Arbeit danken. Obwohl wir alle unterschiedliche politische Ansichten haben, hat er sein Bestes gegeben, um einen Kompromiss zu erreichen.

Die Verts/ALE-Fraktion ist so lange entschieden gegen die breite Einführung biometrischer Daten, bis deren Notwendigkeit über jeden vernünftigen Zweifel hinaus nachgewiesen worden ist. Wir glauben, diese Praxis hat erhebliche Auswirkungen auf den Schutz personenbezogener Daten und auf persönliche Grundrechte. Wir haben daher gegen biometrische Merkmale in Visa gestimmt. Wir sind außerdem gegen biometrische Merkmale in europäischen Reisepässen. Wir betrachten den aktuellen Vorschlag als einen möglichen Weg, der Erfassung von Fingerabdrücken für Reisedokumente Grenzen zu setzen. Wir sind daher über den mit der Kommission und dem Rat erzielten Kompromiss zufrieden. Die Altersgrenze von 12 Jahren wurde für diejenigen Mitgliedstaaten festgelegt, in denen keine Abnahme von Fingerabdrücken von Kindern stattfindet, und für andere Mitgliedstaaten wurde eine Altersgrenze von sechs Jahren festgelegt.

Ich möchte nochmals betonen, dass unsere Unterstützung für Altersgrenzen nicht bedeutet, dass wir die Abnahme von Fingerabdrücken prinzipiell befürworten. Wir sind entschieden der Auffassung, dass biometrische Merkmale in Reisepässen nur für die Überprüfung der Echtheit eines Dokuments oder zur Identifizierung des Dokumentinhabers verwendet werden darf. Die Verwendung solcher Daten für andere Zwecke, etwa zur Strafverfolgung, ist weder legitim noch verhältnismäßig. Wir können uns nicht die Auffassung zu Eigen machen, dass jeder Inhaber eines europäischen Reisepasses als potenziell verdächtige Person angesehen wird, deren Fingerabdrücke zu erfassen sind. Dies ist unsere Position. Aber ich möchte nochmals betonen, dass wir Carlos Coelho, der Kommission und dem Rat zu dem erzielten Kompromiss gratulieren.

 
  
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  Sylvia-Yvonne Kaufmann, im Namen der GUE/NGL-Fraktion.(DE) Herr Präsident! Ich bin nicht dafür, dass schon von kleinen Kindern, ja sogar von kleinsten Babys Fingerabdrücke genommen werden. Kinder müssen von der Pflicht zur Aufnahme von biometrischen Fingerabdrücken in Reisepässen befreit werden. Daher ist es richtig, diesbezüglich Ausnahmen für Kinder zu schaffen. Für die Verwendung von biometrischen Fingerabdrücken von Kindern unter zwölf Jahren gibt es bislang keine gesicherten Erkenntnisse. Unklar ist vor allem, wie lange Fingerabdrücke von Heranwachsenden eigentlich verlässlich sind. Würde man diese Daten einfach verwenden, könnte also genau das Gegenteil von dem passieren, was eigentlich erreicht werden soll, nämlich weniger statt mehr Sicherheit. Daher ist es unverhältnismäßig, Daten zu erheben und zu verwenden, deren Verlässlichkeit nicht zweifelsfrei gewährleistet werden kann.

Der nun mit dem Rat gefundene Kompromiss reflektiert diese Bedenken und stellt dank der Beharrlichkeit des Parlaments und dank der guten Arbeit des Berichterstatters auf die Altersgrenze von zwölf Jahren für eine Übergangszeit von vier Jahren ab. In dieser Zeit soll mittels einer breiten Studie untersucht werden, wie verlässlich biometrische Daten von Kindern sind. Leider sieht der Kompromiss aber auch Ausnahmemöglichkeiten für jene Mitgliedstaaten vor, die bereits per Gesetz in ihren Ländern die Aufnahme von Fingerabdrücken von Kindern unter zwölf Jahren erlauben. Umso wichtiger ist, dass nun im Zuge des gefundenen Kompromisses ausdrücklich festgestellt wird, dass der europäische Rechtsakt über Sicherheitsmerkmale und biometrische Daten in Pässen und Reisedokumenten in keinem Fall als Berufungsgrundlage dafür dienen kann, auf nationaler Ebene mit diesen Daten entsprechende Datenbanken einzurichten.

 
  
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  Gerard Batten, im Namen der IND/DEM-Fraktion. – Herr Präsident! Mit großer Genugtuung kann ich sagen, dass das Vereinigte Königreich von dieser Verordnung ausgenommen ist, weil es nicht zum Schengen-Raum gehört. Allerdings hat die britischen Regierung zugesagt, dass sie im Sinn der Verordnung nachziehen wird, um sicherzustellen, dass britische Dokumente nicht als zweitklassig angesehen werden. Dies bedeutet wohl, dass sie die Vorschläge als erstklassig ansieht, und folglich wird sie letztendlich sowieso an die Substanz der Verordnung gebunden sein.

Wie dieser Bericht allerdings zeigt, werden im Zusammenhang mit der Authentizität biometrischer Daten und ihrer Überprüfung alle möglichen Fragen aufgeworfen. Welche Art von Ausgangsdokumenten werden für die Erstidentifizierung eines Antragsstellers verwendet, und wie kann man sicher sein, dass diese echt sind? Wenn ein Pass ausgestellt worden ist, ist er nur dann eine zuverlässige Urkunde, wenn die darin enthaltenen Angaben die Identität des Inhabers zweifelsfrei belegen, indem man sie mit einer Art nationaler bzw. zentraler Datenbank abgleichen kann.

Der Bericht betont die Notwendigkeit nach hochgradig sicheren Speichermedien, auf denen diese persönlichen Daten gespeichert werden können. Allerdings wissen wir aus Erfahrung in Großbritannien, dass es solche hochgradig sicheren Speichermedien zur Speicherung dieser Daten nicht gibt. Persönliche und hochsensible Daten von buchstäblich Millionen von Bürgern sind in den vergangenen Jahren bereits verloren gegangen oder wurden aus staatlichen Datenbanksystemen gestohlen. Jeder Bürger im Vereinigten Königreich weiß, dass seine in staatlichen Einrichtungen gespeicherten persönlichen Daten nicht sicher sind.

Dieser Bericht sagt nichts aus über die eigentliche Zuverlässigkeit biometrischer Daten. Vielmehr hat ein 2004 von der britischen Passbehörde durchgeführter Versuch zur praktischen Anwendung biometrischer Daten beträchtliche Unzuverlässigkeitsraten ermittelt: Bei der Gesichtserkennung ergab sich eine Fehlerquote von eins zu drei, bei Fingerabdrücken von eins zu fünf und bei Iris-Scans eine solche von ein zu zwanzig. Die biometrische Identifizierung ist eine attraktive Idee, aber sie ist nicht so fehlersicher wie wir uns alle vielleicht vorstellen. Die britische Independence Party wird daher gegen diesen Bericht stimmen.

 
  
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  Philip Claeys (NI).(NL) Herr Präsident! Meiner Meinung nach tut der Berichterstatter gut daran, die Aufmerksamkeit auf eine Reihe von Aspekten zu lenken, die sich im Wesentlichen aus der Tatsache ergeben, dass das Erfassen, Verarbeiten und Vergleichen biometrischer Passdaten eine relativ neue Errungenschaft ist. Es wäre daher vernünftig, das gesamte Verfahren wie vorgeschlagen in drei Jahren erneut auf den Prüfstand zu stellen.

Es ist darüber hinaus von höchster Bedeutung, dass wir in Bezug auf den Umgang mit biometrischen Daten ein gewisses Maß an Harmonisierung einführen, denn eine Kette ist nur so stark wie ihr schwächstes Glied. Theoretisch hätte die Abschaffung der Binnengrenzen in der Europäischen Union zu einer verbesserten Überwachung der Außengrenzen führen sollen. Aber in Wirklichkeit ist es offensichtlich, dass das System nach wie vor ziemlich eklatante Schwachstellen aufweist. Internationale kriminelle Netzwerke, Drogen- und Menschenschmuggler sowie illegale Einwanderer profitieren allesamt von diesen Schwachstellen. Wenn wir ein effizienteres Grenzüberwachungssystem haben wollen, ist es jedenfalls höchste Zeit, dass biometrische Daten zu einem wesentlichen Bestandteil dieses Systems werden.

 
  
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  Esther de Lange (PPE-DE).(NL) Herr Präsident! Ich möchte dem Berichterstatter, meinem Kollegen Carlos Coelho, für seinen Beitrag danken. Es ist ihm bereits in erster Lesung gelungen, einen Kompromiss mit dem Rat und der Kommission zu erzielen. Diesen Kompromiss unterstütze ich ausdrücklich, einschließlich des Prinzips des „eine Person - ein Reisepass“. Ich möchte diese Angelegenheit allerdings etwas genauer betrachten.

Das erwähnte Prinzip soll es ermöglichen, Kindern einen besseren Schutz gegen Verbrechen wie Kinderhandel und Kindesentführung zu bieten. Erreicht werden soll dies dadurch, dass jedes Kind seinen eigenen Reisepass erhält, der einen Chip mit seinen biometrischen Daten enthält. So etwas hat natürlich seinen Preis. Dies trifft insbesondere für Länder zu, die es bis jetzt Eltern erlaubten, ihre Kinder in ihren eigenen Pässen eintragen zu lassen. In den Niederlanden kostet ein Reisepass etwas über 48 Euro, wobei die Kosten für die Aufnahme eines Kindes in den elterlichen Reisepass 8,50 Euro betragen. Für eine Familie mit drei Kindern werden sich die Ausstellungskosten für Reisepässe von zuvor 120,- Euro nach der neuen Regelung auf über 240,- Euro verdoppeln. Selbstverständlich würden alle Eltern dieses Geld gerne bezahlen, wenn es denn zur Sicherheit ihrer Kinder beitrüge. Aber ist es nicht so, dass, wenn es möglich ist, ein Kind zu entführen, es ebenfalls möglich ist, seines Reisepasses habhaft zu werden? Wenn die Verordnung erst einmal in Kraft ist, wird es nicht mehr möglich sein, Kinder in den elterlichen Pass eintragen zu lassen. Ist es aber nicht vielmehr so, dass die Kindereintragung in den Reisepass eines Elternteils dem Sicherheitsinteresse des Kindes eher gerecht wird, da dies deutlich macht, welcher Elternteil das Sorgerecht über das Kind hat? Wie soll es dann noch möglich sein, effektiv die elterliche Fürsorgeberechtigung zu bestimmen?

Innerhalb der nächsten drei Jahre wird die Europäische Kommission zu überprüfen haben, ob nicht eventuell noch Bedarf nach einer weiteren Verordnung besteht, zum Beispiel in Bezug auf Gemeinschaftsregeln hinsichtlich des Grenzübertritts von Kindern. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt sind die Meinungen der Mitgliedstaaten zu diesem Thema noch ziemlich geteilt. Ich fordere die Kommission dazu auf, im Rahmen ihres Überprüfungsverfahrens auch zu untersuchen, inwieweit die Einführung des Prinzips „eine Person - ein Reisepass“ zu einem Rückgang der Anzahl an Kindesentführungen beigetragen hat. Hat der aktuelle Kompromiss die gewünschte Wirkung erzielt oder lediglich zu lösungsbedürftigen Nebeneffekten geführt?

Kommissar Barrot, die Sicherheit unserer Kinder erfordert unsere permanente Aufmerksamkeit. Heute vollziehen wir einen ganz besonderen Schritt. Sollte es mittelfristig im Kindesinteresse erforderlich sein, weitere Maßnahmen zu ergreifen, dann können Sie mit Sicherheit auf die Christdemokraten in diesem Haus zählen.

 
  
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  Stavros Lambrinidis (PSE).(EL) Herr Präsident! Die Tatsache, dass sich heute die Ansicht des Parlaments gegenüber dem Versuch des Rates, biometrische Daten von sechsjährigen Kindern zu erfassen, durchgesetzt hat, ist ein Sieg für das Grundprinzip, dass persönliche Daten nur erhoben werden dürfen, wenn dies nachweislich erforderlich, verhältnismäßig und selbstverständlich nützlich ist. Dieses Prinzip ist, fürchte ich, in den vergangenen Jahren vom Rat und von der Kommission bei ihren Gesetzesinitiativen nur allzu oft ignoriert worden.

Was die Reisepässe und Fingerabdrücke von Kindern angeht, so ist klar, dass Kinder eigene Pässe mit biometrischen Erkennungsmerkmalen benötigen. Dies trägt zur Vorbeugung gegen Kindesentführungen, Kinderpornografie und Kinderhandel bei.

Gleichzeitig aber ist es offenkundig unrechtmäßig, solche Erkennungsmerkmale zu sammeln, wenn dies gar nicht erforderlich ist. In Bezug auf Fingerabdrücke liegen uns Studien vor, die belegen, dass dieses Erkennungsmerkmal bei sechsjährigen Kindern kaum von irgendeinem praktischen Nutzen ist. Deren Fingerabdrücke ändern sich so schnell, dass Ausweisdokumente, die sich auf sie als Erkennungsmerkmal stützen, nutzlos sind.

Das Parlament hat heute also einen Interessenausgleich erreicht. Es fordert von der Kommission ernsthafte Untersuchungen, die Aufschluss darüber geben, in welchen Fällen das Erfassen von Fingerabdrücken wirklich einen Schutz für Kinder bietet, und die ein Erfassen von Fingerabdrücken nur ab einem Alter zulassen, von dem anzunehmen ist, dass es diesen Schutz bietet.

Was nun schließlich die biometrischen Erkennungsmerkmale in Pässen angeht, so sagen wir, „Ja“ für den Zweck der Erkennung des Passinhabers, „Ja“ für den Zweck der Identifizierung des Passinhabers, „Ja“ zur Überprüfung, ob der Pass eine Fälschung ist, aber „Nein“ zum Aufbau von elektronischen Datenbanken, in denen Millionen unbescholtener Bürger erfasst sind.

 
  
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  Marek Aleksander Czarnecki (ALDE).(PL) Die Einführung von Reisepässen mit biometrischen Erkennungsmerkmalen des Inhabers ist eine Antwort auf Appelle zu mehr Engagement im Kampf gegen Urkundenfälschung, Terrorismus und illegale Einwanderung. Es ist daher von außergewöhnlicher Bedeutung, ein hohes Maß an Vertrauen in den Prozess der Erhebung biometrischer Daten sicherzustellen und für gemeinsame Grundstandards bei der Datenerfassung zu sorgen, so dass die Sicherheit und Glaubwürdigkeit dieser Daten gewährleistet ist.

Ich unterstütze den Vorschlag des Berichterstatters, eine Analyse der zwischen den Mitgliedstaaten bestehenden Verfahrensunterschiede bei den Ausgangsdokumenten durchzuführen, die für die Ausstellung eines Reisepasses vorgelegt werden müssen. Der Grund hierfür ist, dass normalerweise die Sicherheitsmerkmale dieser Ausgangsdokumente niedriger einzustufen sind als das Sicherheitsniveau, das bei der Ausstellung biometrischer Pässe zum Tragen kommt. Hieraus ergibt sich die Gefahr, dass diese Ausgangsdokumente möglicherweise leichter gefälscht oder manipuliert werden können.

 
  
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  Bogusław Rogalski (UEN).(PL) Herr Präsident! Die Harmonisierung der Regelungen hinsichtlich Sicherheitsstandards in Verbindung mit der Einführung biometrischer Erkennungsmerkmale sollte einen nützlichen Effekt auf die Überprüfung von Dokumenten im Rahmen von Ausweiskontrollen haben und trägt somit zum Kampf gegen Urkundenfälschung bei. Diese Faktoren bieten wiederum die Gewähr für eine effektivere Bekämpfung von Kriminalität, Terrorismus und illegale Einwanderung.

In Ermangelung geeigneter Testverfahren in Verbindung mit dem Einsatz neuer Technologien sollten die Mitgliedstaaten ihre eigenen Anforderungen im Bereich des Schutzes der Bürgerrechte aufstellen. Die Festsetzung einer Altersgrenze, ab der Kinder einen eigenen Reisepass benötigen, ist erforderlich. Weiterhin sollte es nicht mehr möglich sein, einen Pass für einen Elternteil einschließlich Kind ohne biometrische Erkennungsmerkmale auszustellen. Solche Konstellationen können den Kinderhandel begünstigen, denn dies erschwert die Identitätskontrolle des Kindes. Um solche Verfahrensweisen auszuschließen, muss jede Person über einen eigenen Pass verfügen.

Abschließend möchte ich betonen, dass im Rahmen der Erfassung biometrischer Daten ein hohes Maß an Datenschutz gewahrt werden muss, um die Sicherheit für die Inhaber von Pässen und anderen Identitätsdokumenten zu gewährleisten.

 
  
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  Adamos Adamou (GUE/NGL).(EL) Herr Präsident! Es ist eine Tatsache, dass der Änderungsvorschlag für diese Verordnung, dem wir zustimmen sollen, in einigen Mitgliedstaaten, in denen biometrische Erkennungsmerkmale sogar von Kleinkindern erfasst werden, vielleicht eine Verbesserung bringen wird, und bestimmte Mitgliedstaaten vielleicht für eine gewisse Zeit davon abhalten wird, Kinder unter 12 Jahren, die gegenwärtig in bestimmten Ländern nicht unbedingt gezwungen sind, einen eigenen Reisepass zu führen, solchen Prozeduren zu unterziehen.

Wir müssen diesen Verordnungsvorschlag auf der Basis der realen Motive untersuchen, die hinter ihnen stehen, denn unabhängig von der Diskussion um Altersgrenzen zur Erfassung biometrischer Erkennungsmerkmale werden wir möglicherweise alle früher oder später ohne Ausnahme elektronisch erfasst sein.

Bestimmungen wie diese führen im Wesentlichen zu einer Aufrechterhaltung und weiteren Institutionalisierung von Methoden zur allgegenwärtigen Speicherung von Bürgerdaten – und zwar von Unmengen von Daten unbescholtener Bürger – und berechtigen die Datenbesitzer zur Weiterleitung unserer sensiblen persönlichen Daten.

Es ist daher unsere Pflicht, die Bürger, die wir in einigen Monaten um die Erneuerung unserer Mandate zum Wohl der Prinzipien und der Politik in der Europäischen Union, für die wir stehen, bitten werden, daran zu erinnern, dass wir diese Maßnahmen nicht befürworten.

 
  
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  Andreas Mölzer (NI).(DE) Herr Präsident! Grundsätzlich ist die Erfassung biometrischer Daten sicherlich eine Möglichkeit, um Pässe und Reisedokumente fälschungssicher zu gestalten. Vorrangig wird die neue Technologie uns hoffentlich im Kampf gegen die organisierte Kriminalität und gegen die Flut illegaler Zuwanderer behilflich sein.

Allen Mitgliedstaaten muss in diesem Zusammenhang aber klar sein, dass es nun gilt, Frontex finanziell und auch personell so aufzuwerten, dass dieses seine Aufgabe wirklich effektiv und tatsächlich erfüllen kann. Wenn es keine Binnengrenzen gibt, müssen die Außengrenzen entsprechend geschützt werden. Wenn sich gegenwärtig allerdings Hacker im Internet brüsten, wie leicht Fingerabdrücke auf deutschen Meldeämtern gefälscht wurden, und darauf hinweisen, dass bei einer Reduktion des Ausweises auf Scheckkartenformat die Fotos digital zugeschnitten werden, was die biometrische Erkennbarkeit erschwert, können leicht Zweifel an dieser Technologie entstehen.

Feststeht jedenfalls: Bei der Verwendung biometrischer Daten muss für uns Normalbürger der Datenschutz garantiert sein!

 
  
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  Edit Bauer (PPE-DE).(HU) Herr Präsident, Kommissar Barrot, meine Damen und Herren! Zunächst möchte ich meinem Kollegen Carlos Coelho für seine ausgezeichnete Arbeit danken. Ich möchte lediglich eine Anmerkung zu dem Bericht anbringen.

Die Erfahrungen der jüngsten Zeit haben gezeigt, dass der Menschenschmuggel, und insbesondere der Kinderhandel, sowohl innerhalb als auch außerhalb der Europäischen Union besorgniserregende Ausmaße angenommen hat. Daher halte ich es für einen positiven Schritt nach vorn, dass Minderjährige in Zukunft die Außengrenzen der EU mit einem eigenen Pass überqueren können. Unter dem Gesichtspunkt des Kinderhandels betrachtet kann dies zwar einerseits ein Mehr an Sicherheit bieten, andererseits jedoch muss auch in Betracht gezogen werden, dass ein Kind mit eigenem Reisedokument mit jeder beliebigen anderen Person unterwegs sein kann.

Ich finde es bedauerlich, dass der gemeinsame Vorschlag nicht die Vorgabe enthält, dass die Reisepässe von Minderjährigen neben den persönlichen Angaben des Passinhabers zusätzlich auch die persönlichen Angaben der erziehungsberechtigten Person/Personen aufweisen müssen. Es trifft zu, dass der erste Artikel der Vorlage festlegt, dass die Kommission einen Bericht über die Anforderungen für alleine oder in Begleitung reisende Kinder vorlegen soll, die Außengrenzen der Mitgliedstaaten überqueren, und der erforderlichenfalls Vorschläge hinsichtlich des Schutzes dieser Kinder machen soll.

Dies bietet Möglichkeiten für die Zukunft. Daher fordere ich, dass die Kommission, zusammen mit all den mit dieser Problematik befassten Organisationen, wie die OSZE, OECD, UNICEF, UNHCR und die IOM sowie selbstverständlich auch Europol, gemeinsam die Entwicklung untersuchen und die erforderlichen Schritte zu einem effektiveren Schutz von Kindern unternehmen. Die Erfahrung zeigt, dass die Anzahl der Kinder unter den Opfern des Menschenhandels stetig steigt.

 
  
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  Armando França (PSE).(PT) Herr Präsident, Herr Barrot, meine Damen und Herren! Ich gratuliere Carlos Coelho, Martine Roure und den anderen beteiligten MdEP für ihre Arbeit. Im Dezember 2004 verabschiedete der Rat die Verordnung über Standards für Sicherheitsfunktionen und biometrische Erkennungsmerkmale in Pässen und Reisedokumenten, die von Mitgliedstaaten ausgestellt worden sind. Wir mussten nun neuerliche Schritte zur Bekämpfung von Kindesentführung und Kinderhandel unternehmen.

Die Ausstellung von Pässen für Kinder entsprechend dem Prinzip „eine Person - ein Reisepass“ ist möglicherweise ein grundlegendes Mittel, um diesen schwierigen und wichtigen Kampf zu gewinnen. In meinem Land, Portugal, ist die Abnahme von Fingerabdrücken von Kindern ab sechs Jahren bereits eine langjährige Praxis. Vielleicht ist dies der Grund, warum ich damit keine Probleme habe. Als Verfechter der europäischen Sache glaube ich, dass es wichtig ist, auf diesem Gebiet zu einer harmonisierten Regelung zu kommen. Für mich ist es beruhigend zu wissen, dass Mitgliedstaaten wie Portugal, die bereits seit langem ein Mindestalter von sechs Jahren für die Abnahme von Fingerabdrücken haben, ihr nationales Recht nicht ändern müssen.

Ich muss betonen, dass die Sicherheitsanforderungen für Reisepässe, die jetzt verschärft werden, nicht mit dem vorhandenen Reisepass an sich enden. Der Reisepass selbst genügt einem gestiegenen Sicherheitsniveau, angefangen bei der Einreichung der für die Ausstellung des Passes erforderlichen Ausgangsdokumente, gefolgt von der Erfassung biometrischer Daten, bis hin zur Passkontrolle und dem Datenabgleich an den Grenzkontrollstellen. Dieser Bericht stellt einen weiteren Schritt dar zur Festigung der Rechte des Einzelnen und der Garantie seiner Sicherheit.

 
  
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  Mihael Brejc (PPE-DE).(SL) Ich befürworte den Bericht von Carlos Coelho, der wie gewohnt eine ausgezeichnete Arbeit abgeliefert hat. Ich stimme den gemachten Vorschlägen zu, einschließlich dem Vorschlag des Prinzips „eine Person - ein Reisepass“.

Mich würde allerdings interessieren, was insbesondere die Kommission, oder vielleicht auch mein Kollege Coelho, zu der Frage zu sagen haben, wie zu verfahren ist, wenn Kinder alleine reisen, ohne die Begleitung ihrer Eltern – da hier kein einheitliches Verfahren besteht hinsichtlich der Frage, welche Ausweispapiere sie mit sich führen müssen. Der Berichterstatter schlägt hier vor, dass die Namen der Erziehungsberechtigten im Pass des Kindes eingetragen sein sollten. Manchmal werden Kinder auf Reisen aber auch von anderen Familienmitgliedern begleitet, mit denen sie vielleicht sogar zusammenleben. Wir sollten in dieser Hinsicht also eine gewisse Flexibilität walten lassen.

Andererseits aber bin ich etwas besorgt, dass bislang niemand hinterfragt hat, inwiefern es praktikabel ist, dass sechsjährige Kinder ohne Begleitung auf Reise gehen. Eine Flugreise mag ja vielleicht noch angehen – lassen wir einmal dahingestellt sein uns vorzustellen, welche Ängste ein sechsjähriges Mädchen oder ein sechsjähriger Junge alleine auf einer Flugreise möglicherweise aussteht – denn das Kind kann ja von den Erwachsenen ins Flugzeug gesetzt, am Zielflughafen wieder abgeholt und von den entsprechenden Aufsichtspersonen an den Bestimmungsort, zu den Eltern oder zu wem auch immer begleitet werden. Welche Vorkehrungen wären aber zu treffen, wenn Kinder alleine mit dem Zug, dem Bus oder anderen öffentlichen Verkehrsmitteln reisen? Wie würde in solchen Fällen die Aufsicht zu organisieren sein? Wenn es Eltern gibt, die so verantwortungslos sind und ihre Kinder alleine auf solch weite Reisen schicken, sollten wir in dieser Frage eine aktivere Position einnehmen und den Standpunkt vertreten, dass Kindern nicht erlaubt sein sollte, unter einem gewissen Alter ohne Begleitung Erwachsener zu reisen. Das mag sich jetzt vielleicht etwas hart anhören, aber da an dieser Stelle bereits viel darüber gesagt wurde, wie wertvoll Kinder sind und wie groß die Entführungsgefahr heutzutage ist und so weiter, sollten wir zu diesem Thema eindeutiger Stellung beziehen.

Ich möchte außerdem die Kommission fragen, wie der Stand der Dinge ist in Bezug auf die gemeinsame Stellungnahme des Rates und des Europäischen Parlaments zu den Sicherheitsanforderungen an Originaldokumente, die für die Ausstellung eines Visums zu beachten sind. Ich frage dies, weil ich etwas besorgt darüber bin, dass die entsprechenden Verfahren in bestimmten Mitgliedstaaten möglicherweise dem Missbrauch in der ausstellenden Behörde Vorschub leisten könnten, soweit diese Einschätzung zutrifft. Ich würde abschließend gerne die Kommission oder vielleicht auch Carlos Coelho fragen: Wie ist in Fällen zu verfahren, wenn eine Person an der Grenze kontrolliert wird, aber die Angaben in ihrem Pass nicht mit den entsprechenden offiziellen Datenbankeinträgen übereinstimmen? Ich denke wir sollten eine entsprechende Anweisung hinzufügen, die der Sicherheit des Kindes bzw. des Reisenden dienlich ist.

 
  
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  Wolfgang Kreissl-Dörfler (PSE).(DE) Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Tausende Kinder werden jährlich Opfer von Kinderhandel und weit mehr Opfer von Entführungen. Eine aktuelle Studie zeigt, dass gerade unbegleitete Minderjährige Opfer von solchen Verbrechen werden. Deshalb begrüßen wir, dass die Europäische Kommission mit ihrer Änderung der alten Verordnung nun auch Kinder gebührend berücksichtigt. Wenn wir fordern, dass auch Kinder ab einem bestimmten Alter ihre biometrischen Daten in Pässen haben sollen, geschieht das nicht aus Sammelleidenschaft – diese teile ich nun wirklich nicht –, sondern weil wir unsere Kinder so besser schützen können. Doch dieser Schutz kann nur dann gewährleistet werden, wenn jedes Kind einen eigenen Pass mit seinen biometrischen Daten erhält und wenn in diesem auch die Erziehungsberechtigten eingetragen sind.

Wie bei jeder Erfassung von Daten ist es meiner Fraktion jedoch besonders wichtig, dass eine höchstmögliche Sicherheit bei der Aufnahme, Speicherung und Weiterverarbeitung der biometrischen Daten aller Bürgerinnen und Bürger garantiert wird. Es muss immer nachvollziehbar sein, wer wann auf welche Daten zugreifen kann. Die Verordnungen und Beschlüsse des Rates, die an dieser Stelle wirken, sehen extrem hohe Schutzmechanismen und Kontrollinstanzen gegen Datenmissbrauch vor. Ich muss sagen, dass ich ein Grundvertrauen in meine staatlichen Behörden habe, anders als in manche privatwirtschaftlichen Unternehmen, die zum Teil durch skandalöse Sicherheitslücken persönliche Daten ungeschützt an Dritte weitergeben können und dafür noch ordentlich Gelder kassieren. Gerade deshalb ist es so wichtig, dass staatliche Behörden den Vertrauensvorsprung nutzen und eng mit Datenschutzbehörden zusammenarbeiten. Dazu gehört auch, dass die Europäische Kommission – anders als hier geschehen – ihrer rechtlichen Verpflichtung nachkommt, den europäischen Datenschutzbeauftragten zu konsultieren.

(PT) Ich möchte meinem Freund Carlos Coelho für die hervorragende Arbeit gratulieren, die er für dieses Parlament geleistet hat. Vielen Dank.

 
  
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  Dushana Zdravkova (PPE-DE) . – (BG) Vielen Dank. Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte dem Berichterstatter Carlos Coelho dafür gratulieren, dass ihm der Ausgleich gelungen ist zwischen der Sicherstellung eines höheren Sicherheitsniveaus für internationale Reisedokumente und dem Schutz der persönlichen Daten und der menschlichen Integrität der Bürger der Europäischen Union. Die Vorschläge zur Verbesserung einer Reihe technischer Anforderungen wird der Bekämpfung grenzüberschreitender Kriminalität, illegaler Einwanderung und des Menschenhandels dienlich sein. Für Länder wie Bulgarien mit EU-Außengrenzen, die einem intensiven Druck durch Migrationsströme und den Aktivitäten des international organisierten Verbrechens ausgesetzt sind, haben die schnelle und erfolgreiche Einführung neuer Standards eine erhebliche Bedeutung in Bezug auf den Schutz dieser Grenzen.

Leider haben wir in meinem Land einige schwerwiegenden Fälle zu verzeichnen, wo Kinder verschwunden sind, ohne dass bis zum heutigen Tag irgendwelche Informationen über deren Verbleib vorliegen. Daher denke ich, dass dieser Bericht eine solide Orientierung für die zukünftige Entwicklung von Standards in Bezug auf Sicherheitsmerkmale und biometrische Daten in Pässen für die jüngsten Bürger Europas bietet. Die Einführung des Prinzips „eine Person - ein Reisepass“ wird Kindern noch mehr Sicherheit bei Reisen außerhalb des Gebietes der Europäischen Union bieten. Der Vorschlag zur Einbindung zusätzlicher Dateninformationen in die Reisepässe von Kindern bis zum Alter von 18 Jahren wird die Möglichkeiten für die illegalen Machenschaften des Kinderhandels beschneiden. In Bezug auf die Anwendung der Verordnung im Rahmen des nationalen Rechts der Mitgliedstaaten müssen diese selbstverständlich die möglichen finanziellen Belastungen für mehrköpfige Familien bedenken. Dieses Problem wurde von einigen Mitparlamentariern zuvor bereits angesprochen. Die Reisefreiheit für solche Familien darf nicht dadurch eingeschränkt werden, dass sie hohe Summen für die Reisepässe ihrer Kinder ausgeben müssen.

Was schließlich das Thema des freien Personenverkehrs innerhalb der Europäischen Union angeht, so denke ich, dass die Beschränkungen für das Berechtigungsalter zum Erhalt eines Personalausweises abgeschafft werden können, da dies ebenfalls die Reisefreiheit für die jüngsten EU-Bürger fördern und sicherstellen wird.

 
  
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  Genowefa Grabowska (PSE).(PL) Herr Präsident! Ich möchte meine Ausführungen damit beginnen, dem Berichterstatter zu seinem Bericht zu gratulieren und möchte meine Unterstützung dafür zum Ausdruck bringen. Ich denke, dieser Bericht ist nicht nur wichtig sondern auch eine gute Arbeit. Ich beginne vielleicht damit, die Aussage aufzugreifen, die in diesem Haus geäußert worden ist, wonach ein Reisepass ein durch einen Mitgliedstaat nach nationalem Recht ausgestelltes Dokument ist. Es stimmt natürlich, dass unsere Reisepässe in der Europäischen Union nicht nur in Bezug auf den Einband unterschiedliche Merkmale aufweisen. Aber es ist wichtig, einen Ausgleich zu finden zwischen den Sicherheitsmerkmalen dieser Pässe, so dass sich ein EU-Bürger oder jede andere Person, die in das Gebiet der Europäischen Union einreisen möchte, einwandfrei ausweisen kann, und geeigneten Maßnahmen zur Bekämpfung von Kriminalität – etwa illegale Einwanderung, Terrorismus, Kinderhandel oder Urkundenfälschung – bei der oft Pässe involviert sind. Diesen Ausgleich, denke ich, hat der Bericht gefunden. Es gibt keine Hinweise dafür, dass die in dem Bericht enthaltenen Sicherheitsauflagen in irgendeiner Weise die Mitgliedstaaten bei der Ausstellung von Pässen beeinflussen oder behindern.

Ich möchte noch auf einen Aspekt hinweisen, den ich uneingeschränkt billige: und zwar das Prinzip „eine Person - ein Reisepass“. In Bezug auf den Kinderschutz finde ich dies ein gutes Prinzip, aber ich möchte nicht, dass es für Eltern, die Reisepässe für ihre Kinder ausstellen lassen möchten und deren finanzielle Möglichkeiten vielleicht begrenzt sind, zu einem finanziellen Hindernis wird. Ich möchte aber auch noch auf eine Schwachstelle in diesem Bericht hinweisen, obwohl dies bereits der Berichterstatter selbst getan hat: Und dies ist die Notwendigkeit, dass moderne, noch wenig erprobte Technologien nach einer gewissen Zeit auf ihre Tauglichkeit überprüft werden müssen. Es ist daher gut, dass wir in drei Jahren diese Möglichkeit haben. Ich möchte darüber hinaus die Rolle des europäischen Datenschutzbeauftragten in Erinnerung bringen. Diese EU-Institution muss ebenfalls in den Prozess eingebunden werden, und zwar in viel größerem Umfang als dies bislang der Fall war und über das gesamte Verfahren hinweg. Dafür plädiere ich.

 
  
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  Robert Evans (PSE). - Herr Präsident! Ich möchte Carlos Coelho danken. Dieser Bericht ist sehr wichtig für die Zukunft Europas und seiner 500 Millionen Bürger: für deren Sicherheit und deren Wohlergehen, und unter anderem auch für Maßnahmen zur Terrorabwehr. Wie Dushana Zdravkova ganz richtig anmerkte: Wenn die Technologie verfügbar ist, sollten wir sie auch nutzen.

Was den Kinderschutz betrifft, so haben Roberta Angelilli, Stavros Lambrinidis und andere bereits betont, dass diese Technologie eine wirksame Waffe gegen beispielsweise die Verschleppung von Kindern sein kann.

Der entscheidende Punkt ist allerdings wirklich in dem neuen Artikel 3 dieser Verordnung festgehalten, in dem es heißt, dass der Zweck biometrischer Daten nicht nur in der Überprüfung der Echtheit des Dokumentes besteht, sondern auch in der Überprüfung der Identität des Inhabers mittels direkt verfügbarer und vergleichbarer Merkmale. Im Augenblick verlassen sich die meisten Länder diesbezüglich ausschließlich auf das Merkmal Foto. Allerdings schätze ich sehen die wenigsten Leute – möglicherweise nicht einmal Sie, Herr Präsident, oder Herr Barroso – ihren Passfotos ähnlich – und die wenigsten von uns möchten dies vielleicht! Ich denke also, wenn neue Verfahren und Methoden zur Identitätsüberprüfung vorhanden sind, sollten wir sie auch nutzen.

Was nun Urszula Gacek und Gerard Batten und ihre antibritischen Tiraden mit anschließendem Abtauchen angeht – denn beide sind nun nicht mehr zugegen, um sich die Reaktionen auf ihre Auslassungen anzuhören – so möchte ich entgegnen, dass das britische System wahrscheinlich nicht besser und nicht schlechter ist als viele andere Identitätssysteme in der Europäischen Union. Unser System sieht Kontrollen und Regeln vor, aber all dies ist noch verbesserungsfähig. Wir sollten die Möglichkeiten der im 21. Jahrhundert zur Verfügung stehenden Technologien auch nutzen, und, wie Genowefa Grabowska soeben richtig anmerkte, dazu bereit sein, diese Technologien ständig im Sinne deren effizienten Einsatzes in der Europäischen Union zu optimieren.

 
  
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  Milan Gaľa (PPE-DE). (SK) Der Schutz von Kindern vor Entführung und Verschleppung erfordert die Einführung von Reisepässen für Kinder.

Das Prinzip „eine Person - ein Reisepass“ bedeutet, dass jedes Kind aus der EU, das aus dem Schengen-Raum ausreisen soll, einen Reisepass ausgestellt bekommt. Die neue Identifizierungsmethode wird die Grenzkontrollen erleichtern. Die Instrumente zum Schutz von Kindern vor Entführung umfassen einen europaweiten Notruf für die Meldung vermisster, entführter oder sexuell missbrauchter Kinder, den biometrischen Reisepass sowie das demnächst anlaufende paneuropäische Alarmsystem im Fall von Kindesentführungen.

Bei der Erfassung und Verwendung biometrischer Daten ist allerdings aus Gründen des Datenschutzes ein hohes Maß an Sorgfalt zu beachten. Ich unterstütze die Einschätzung des Berichterstatters, dass zur Abklärung möglicher Unzulänglichkeiten der Fingerabdruckidentifikationssysteme in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union eine Studie durchgeführt werden muss. Nachgelagert wäre die Einführung eines gemeinsamen europäischen Systems zum Abgleich von Fingerabdrücken in Erwägung zu ziehen.

 
  
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  Nicolae Vlad Popa (PPE-DE).(RO) Ich möchte Carlos Coelho zu diesem Bericht gratulieren.

Ich begrüße diese Initiative, die in der Folge des europäischen Ratstreffens von Thessaloniki einen reellen Erfolg darstellt bei den Bemühungen um eine technische Lösung für die sichere Zuordnung eines Reisedokuments zu seinem Inhaber und der Umsetzung des Prinzips „eine Person - ein Reisepass“.

Ich möchte drei wichtige Aspekte herausstellen:

Erstens müssen wir die Prinzipien und Ausnahmen, auf die in diesem Bericht Bezug genommen wird, mit den sich aus der praktischen Anwendung dieser Technik ergebenden Resultaten und Problemen abstimmen. Dies bedeutet, dass das Augenmerk auf den in diesem Bericht vorgeschlagenen dreijährigen Überprüfungszeitraum gelegt werden muss, während dem sowohl die Mitgliedstaaten als auch die Kommission die formulierten Empfehlungen im Spannungsfeld zwischen theoretischen Prinzipien und den in der Praxis auftauchenden Hemmnissen auf den Prüfstand stellen muss.

Zweitens besteht ein ernst zu nehmendes Problem im Hinblick auf die Sicherheit der gespeicherten Daten und dem Schutz der persönlichen Daten des Passinhabers.

Schließlich möchte ich die Aufmerksamkeit auf die Notwendigkeit der Ausarbeitung gemeinsamer Prinzipien richten, die im Rahmen des Verfahrens zur Ausstellung von Reisedokumenten bzw. Pässen zur Anwendung kommen sollen – denn diese Phase ist von besonderer Bedeutung sowohl hinsichtlich der Gewährleistung der Sicherheit der Datenbanken als auch der erwünschten Fälschungssicherheit dieser Ausweisdokumente.

 
  
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  Martine Roure (PSE).(FR) Herr Präsident! Ich möchte nur noch einmal meinen Dank an Carlos Coelho richten: Ich möchte Ihnen sagen, dass es eine große Freude ist, mit Ihnen zusammenzuarbeiten. Sie zeigen stets große Sachkenntnis, Sie verfügen wahrhaft über die Gabe des Zuhörens und der Analyse, und es ist Ihnen zu verdanken, dass wir dieses Ergebnis erzielt haben.

 
  
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  Marian-Jean Marinescu (PPE-DE) . – (RO) Rumänien hat zum 1. Januar 2009 den biometrischen Reisepass eingeführt. Dieser Reisepasstyp umfasst 50 Sicherheitselemente und beinhaltet als Novum in der Europäischen Union Merkmale sowohl zur Gesichtserkennung als auch zur Identifizierung von Fingerabdrücken.

Rumänien hat daher einen wichtigen Schritt in Richtung Beitritt zum Schengen-Raum unternommen, der für 2011 geplant ist. Die Einführung des biometrischen Reisepasses beseitigt das letzte Haupthindernis für die Einbeziehung Rumäniens in das Programm für visumfreies Reisen. Dies hat zur Folge, dass die Weigerung der Vereinigten Staaten zum Verzicht auf den Visumzwang für rumänische Bürger, die in die Vereinigten Staaten reisen, von nun an ausschließlich aus subjektiven Gründen aufrechterhalten werden kann, und ich hoffe, die Vereinigten Staaten werden diese neuen Gegebenheiten gebührend berücksichtigen.

Ich möchte dem Berichterstatter nochmals dazu gratulieren, dass er die erheblichen Verbesserungen der Verordnung durchsetzen konnte. In diesem Zusammenhang ist insbesondere die Schaffung eines einheitlichen europäischen Systems zur Überprüfung der Übereinstimmung von biometrischen Elementen mit den auf einem Speicherelement gespeicherten Daten zu nennen.

 
  
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  Silvia-Adriana Ţicău (PSE).(RO) Die Harmonisierung von Sicherheitsstandards auf europäischer Ebene für biometrische Reisepässe stellt eine Erweiterung der Bestimmungen des Schengen-Acquis dar. Die Verordnung schreibt eine generelle Verpflichtung zur Erfassung von Fingerabdrücken vor, die auf einem kontaktlosen Chip im Reisepass gespeichert sind.

Ich unterstütze die Ausnahmebestimmungen für Kinder unter 12 Jahren hinsichtlich der Erfassung von Fingerabdrücken, und ich mahne eine Überprüfung und Harmonisierung des spezifischen nationalen Rechts an.

Ich bin der Ansicht, dass biometrische Passdaten in Übereinstimmung mit dem Gemeinschaftsrecht zum Schutz persönlicher Daten und der Persönlichkeitsrechte verarbeitet werden müssen. Die Kommission und die Mitgliedstaaten müssen im Fall des Vorhandenseins entsprechender nationaler Bestimmungen die erforderlichen Maßnahmen zur Einhaltung dieser Datenschutzbestimmungen bei der Verarbeitung biometrischer Passdaten ergreifen, sowohl bei Passkontrollen an der Grenze als auch bei der Vorhaltung der Daten in den relevanten Datenbanken.

Ich möchte allerdings Ihre Aufmerksamkeit auf die Problematik richten, dass die Begrenzung der Gültigkeit eines biometrischen Passes auf 12 Monate oder darunter für Personen, die vorübergehend oder dauerhaft nicht in der Lage sind, Fingerabdrücke abnehmen zu lassen, das Leben dieser Betroffenen mit Behinderungen erschweren wird. Ich möchte daher die Kommission bitten, den relevanten Text unter diesem Aspekt neu zu bewerten.

 
  
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  Marios Matsakis (ALDE). - Herr Präsident! Kein gesetzestreuer Bürger muss sich Sorgen machen, wenn seine Identität oder die Identität seiner Kinder festgestellt wird. Ich begrüße daher die Verwendung biometrischer Daten in Pässen und anderen Dokumenten.

Ich möchte nur noch einen Punkt ansprechen, auf den wir in Zukunft zu sprechen kommen sollten. Es ist Tatsache, dass beim Menschen kein biometrisches Charakteristikum das ganze Leben lang unverändert bleibt, bis auf eines: nämlich der genetische Fingerabdruck. Der genetische Fingerabdruck bleibt unverändert von der Geburt bis zum Tod und selbst darüber hinaus. Es ist heute möglich, jemanden auch noch Jahre nach seinem Tod lediglich anhand einiger kleiner Knochenreste zu identifizieren. Die Technologie des DNA-Fingerabdrucks ist schnell, billig und es genügen ein paar Körperzellen, die entweder von einer kleinen Mundspeichelprobe oder einem Blutstropfen etwa von der Nabelschnur eines Neugeborenen gewonnen werden können.

Ich möchte daher anregen, künftig die Methode des genetischen Fingerabdrucks als einziges biometrisches Identifizierungsmerkmal anzuwenden, das für alle und für jeden einzelnen europäischen Bürger garantiert einheitlich ist.

 
  
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  Hubert Pirker (PPE-DE).(DE) Herr Präsident! Ich danke Carlos Coelho und gratuliere ihm auch zu dem Bericht. Wir wären auch alle enttäuscht gewesen, wenn der Bericht nicht in dieser Qualität ausgefallen wäre, weil wir diese Qualitätsstufen von ihm bereits von mehreren Berichten gewohnt sind. Besonders gefallen hat mir, dass Carlos Coelho von Beginn an klar darauf hingewiesen hat, dass es in diesem Bericht um die Sicherheit von Kindern geht. Diese erreiche ich damit, dass ich sichere Pässe ausstelle und mit der Aufnahme von Fingerabdrücken auch ermögliche, dass überprüft werden kann, ob es sich bei der Person, die eben eine Grenze überschreitet, tatsächlich um die Person handelt, die der Pass vorgibt.

Daher ist dies ein Ziel, mit dem die Sicherheit von Kindern erreicht wird. Dass jetzt diskutiert wird, ob der Fingerabdruck mit sechs Jahren oder mit zwölf Jahren genommen werden soll, ist eine Frage der Technik, keine Ansichtssache. Ich hätte kein Problem, wenn der Fingerabdruck bereits mit sechs Jahren genommen würde, weil es eben um die Kinder und um die Sicherheit der Kinder geht. Für mich muss es eine Selbstverständlichkeit sein, dass Datenschutzbestimmungen eingehalten werden. Darüber sollten wir gar nicht diskutieren. Es ist Sache eines Rechtsstaates, das zu kontrollieren. Wenn es aber der Fall ist, dass wir sichere Pässe haben und die Datenschutzbestimmungen einhalten, dann hat die Europäische Union einen ganz entscheidenden Schritt vorwärts gemacht im Interesse der Kinder und gegen den Kinderhandel und Kinderschmuggel.

 
  
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  Jacques Barrot, Vizepräsident der Kommission. (FR) Herr Präsident! Ich denke, das gesamte Parlament hat der Arbeit von Carlos Coelho und seinen persönlichen Qualitäten Anerkennung gezollt, und ich möchte mich dem Lob von Martine Roure anschließen.

Ich möchte die Ausführungen von Gérard Deprez noch einmal aufgreifen und sagen, dass wir versuchen müssen, zu immer zuverlässigeren, immer vergleichbareren biometrischen Daten zu kommen, die uns einen optimaleren Einsatz der ausgefeiltesten Technologien zum Wohl der Sicherheit dieses Freiraums Europa, in dem wir leben, erlauben. Aus diesem Grund haben wir diese Sitzung anberaumt. Ich begrüße daher die Tatsache, dass das Parlament sich ebenfalls an diesen Bemühungen beteiligt hat, die Identifizierung von Kindern sicherer zu machen.

Ich bin gefragt worden, ob bereits Erkenntnisse darüber vorliegen, dass diese Verfahren etwas bringen. Ich würde sagen, dass sich die Effektivität erst in der Praxis richtig überprüfen lassen wird, aber zunächst einmal deutet alles darauf hin, dass mehr Sicherheit für allein reisende Kinder mit einer verbesserten Identifizierungsmethode zu erreichen ist. Auf jeden Fall dürfen wir dieses Hauptziel nicht aus den Augen verlieren. Ich möchte dem Parlament auf mehrere Fragen mehrere Antworten geben.

Zunächst ist zu sagen, dass die Kommission in ihren Vorlagen stets den Datenschutz gebührend berücksichtigt. Im Rahmen des Grundlagenentwurfs wurde der europäische Datenschutzbeauftragte einbezogen. Dessen Anmerkungen wurden von der Kommission berücksichtigt. Ich möchte weiterhin darauf hinweisen, dass unsere Standards hinsichtlich der Erkennungsmerkmale mit den Standards der Internationalen Zivilluftfahrtorganisation ICAO harmonisiert worden sind, was, wie bereits gesagt worden ist, den Dialog mit den Vereinigten Staaten erleichtern wird.

Weiterhin möchte ich daran erinnern, dass mit den Kinderreisepässen offenkundig finanzielle Belastungen für die Familien verbunden sind. Diesbezüglich müssen allerdings die Mitgliedstaaten selbst geeignete Lösungen finden. Im Übrigen möchte ich betonen, dass für Reisen innerhalb des Schengen-Raums der Personalausweis ausreicht. Ein Reisepass wird nur für Reisen außerhalb der Europäischen Union benötigt.

Schließlich möchte ich bestätigen, dass die Kommission eine vergleichende Studie zu den in den einzelnen Mitgliedstaaten vorhandenen Regelungen bezüglich alleinreisenden Minderjährigen durchführen wird. Zu gegebener Zeit werden wir anregen, dass der Rat geeignete Maßnahmen zu einem besseren Schutz von Kindern und zur Vorbeugung gegen den Kinderhandel ergreift. Es ist in höchstem Maß nachvollziehbar, dass die besagte Studie – völlig zu Recht – vom Parlament gewünscht wird. Und ich werde selbstverständlich darauf drängen, dass sie von meinen damit beauftragten Mitarbeitern in sorgfältigster und zeitnaher Weise abgeschlossen wird.

Soweit meine Anmerkungen, aber ich möchte dem Parlament nochmals dafür danken, dass es wieder einmal einen sehr konstruktiven Beitrag zur europäischen Gesetzgebung geleistet hat.

 
  
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  Carlos Coelho, Berichterstatter.(PT) Herr Präsident! Wenn eines in dieser Diskussion deutlich geworden ist, dann die unter der großen Mehrheit dieses Hauses verbreitete Sorge um die effektive Bekämpfung des Menschenhandels – und hier insbesondere des Kinderhandels. Dies ist der größte Nutzen dieser Maßnahme, die wir in Angriff nehmen werden, und ich freue mich ganz besonders darüber, dass nahezu sämtliche Redner auf diesen Aspekt abgehoben haben.

Ich möchte nochmals allen Schattenberichterstattern für ihre Mitarbeit danken – und dies ist wirklich angebracht. Es kann ohne Einschränkung gesagt werden, dass meine Kollegin Martine Roure eine entscheidende Rolle beim Erreichen dieser Einigung gespielt hat, zu der auch Kommissar Barrot und der französische Ratsvorsitz eine Menge beigetragen haben. Ich möchte insbesondere Kommissar Barrot für die Bereitschaft der Kommission danken, den erforderlichen institutionellen Rückhalt für den verstärkten Kampf gegen den Kinderhandel zu gewähren, sowie für ihre Bereitschaft zur Mitarbeit an den drei von uns geforderten Studien zur Zuverlässigkeit von Kinderfingerabdrücken, zu den Ausgangsdokumenten und zum Anteil ungerechtfertigter Zurückweisungen – was einige der Bedenken widerspiegelt, die wir in Bezug auf die Umsetzung dieser Bestimmungen haben.

Schließlich, Herr Präsident, hat Mihael Brejc eine Problematik angesprochen: Er fragte an, ob wir sagen könnten, dass das Ausstellen von Pässen als sicher gelten kann. Um ganz ehrlich zu sein: Ich muss sagen, dies ist von Land zu Land unterschiedlich einzuschätzen. Einige Länder verfügen über strengere Systeme als andere. Dies ist ein weiterer Grund, warum die Studie zu Ausgangsdokumenten sehr wichtig ist. Mir ist bekannt, dass Europa in diesem Bereich keine Zuständigkeitsbefugnisse hat – das Ausstellen von Pässen ist ein nationales Vorrecht – und daher hat es mich sehr gefreut, als Kommissar Barrot dem Ansinnen zustimmte, die Europäische Kommission zur Mitarbeit an dieser Studie zu Ausgangsdokumenten zu bewegen. Wir haben recht wenig davon, wenn Reisepässe in Umlauf kommen, die selbst zwar ungemein fälschungssicher sind, bei denen aber im Ausstellungsverfahren grobe Sicherheitslücken zu verzeichnen sind. Es geht aber nicht darum, den Mitgliedstaaten hier Vorschriften machen zu wollen, sondern darum, sich auf optimale Verfahrensweisen zu einigen, damit sichergestellt ist, dass der europäische Reisepass ein sicheres Ausweisdokument an unseren Außengrenzen darstellt. Haben Sie alle recht herzlichen Dank für Ihre Mitarbeit.

 
  
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  Der Präsident. − Die Aussprache ist geschlossen.

Die Abstimmung findet morgen, Mittwoch, um 12.00 Uhr mittags statt.

Schriftliche Erklärungen (Artikel 142)

 
  
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  Siiri Oviir (ALDE), schriftlich.(ET) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Annahme dieser Verordnung ist ein wichtiger Schritt, um die Reisedokumente der EU-Bürger sicherer zu machen. Dies führt dazu, dass ab dem 29. Juni 2009 in der EU eine klare Verbindung bestehen muss zwischen dem Reisepass und seinem Inhaber, wodurch wir dem Schutz von Pässen vor Missbrauch ein gutes Stück näher gekommen sind.

Ich begrüße insbesondere die Anwendung des Prinzips „eine Person - ein Reisepass“. Dadurch wird die Sicherheit auf Reisen, insbesondere für Kinder, verbessert, und die Aktivitäten von kriminellen Banden, die in Kinderhandel und Entführungen verstrickt sind, behindert. Es ist lobenswert, dass diese Anforderung in allen Mitgliedstaaten durchgesetzt wird. In Estland gilt diese Bestimmung bereits seit dem Jahr 2000.

Über das Vorhandensein von sicheren Reisedokumenten hinaus kommt den Grenzkontrollbehörden der Mitgliedstaaten eine wichtige Rolle zu: Sie müssen bei Kontrollen ein besonderes Augenmerk auf minderjährige Personen richten, die in Begleitung von Erwachsenen oder auch ohne Außengrenzen der EU überqueren – und dieselbe Achtsamkeit walten lassen wie bei ganz normalen Grenzübertritten von Erwachsenen.

Die Sicherheit von Reisedokumenten ist mit Sicherheit nicht alleine auf Reisepässe beschränkt, und der gesamte Verwaltungsprozess ist nicht weniger bedeutsam. Es macht also wenig Sinn, die Sicherheit von Pässen zu verbessern, ohne den übrigen Gliedern in der Kette die gebührende Beachtung zu schenken.

Ich bin der Ansicht, dass, zusätzlich zur Einführung sichererer Reisedokumente, die Europäische Kommission sich über einen gemeinsamen EU-Ansatz Gedanken machen sollte, der die derzeit in den 27 Mitgliedstaaten existierenden unterschiedlichen Regelungen zum Schutz von Kindern, die EU-Außengrenzen überqueren, ersetzen könnte.

 
  
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  Daciana Octavia Sârbu (PSE), schriftlich.(RO) Die Gefahr des Terrorismus macht die Einführung einiger zusätzlicher Sicherheits- und Biometrie-Elemente erforderlich, um die Sicherheit von Reisenden innerhalb der Europäischen Union zu verbessern. Die wichtigsten Elemente in dem Vorschlag für eine Verordnung umfassen den Kampf gegen den Kinderhandel durch die Einführung des Prinzips „eine Person - ein Reisepass“ sowie die Einführung von Ausnahmeregelungen in Bezug auf das Erfassen von Fingerabdrücken von Kindern unter 12 Jahren. Allerdings erlauben es die Gesetze in einigen Mitgliedstaaten, auch die Fingerabdrücke von Kindern unter 12 Jahren zu erfassen. Dies wird allerdings nur für eine Übergangszeit von vier Jahren möglich sein. Wobei aber eine absolute Altersgrenze von sechs Jahren zu beachten sein wird. Einige von Mitgliedstaaten durchgeführte Pilotstudien haben ergeben, dass Fingerabdrücke von Kindern unter sechs Jahren nicht sehr zuverlässig sind und sich im Verlauf des Wachstums der Kinder noch verändern können. Durch das Festsetzen eines Mindestalters kann das Fehlerrisiko bei der Identifizierung von Personen anhand ihrer Fingerabdrücke verringert werden. Dies erschwert zudem auch den Kinderhandel. Die Notwendigkeit zum Schutz von Reisenden hat sich in der Zeit nach dem 11. September 2001 in besonderem Maß gezeigt. Der Ausbau der Sicherheits- und Schutzmaßnahmen muss allerdings einhergehen mit der Wahrung der Rechte und der Würde der Reisenden im Sinn der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und der Grundfreiheiten.

 

13. Zugang der Öffentlichkeit zu den Dokumenten des Parlaments, des Rates und der Kommission (Aussprache)
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  Der Präsident. − Der nächste Tagesordnungspunkt umfasst den Bericht (A6-0459/2008) von Marco Cappato im Namen des Ausschusses für Bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres über den Zugang der Öffentlichkeit zu den Dokumenten des Parlaments, des Rates und der Kommission (Umsetzung der Verordnung (EG) Nr. 1049/2001).

 
  
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  Marco Cappato, Berichterstatter.(IT) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Dies ist ein Bericht über den Stand bezüglich des Zugangs der Öffentlichkeit zu den Dokumenten der Europäischen Union. Dies ist ebenfalls die Gelegenheit, Vorschläge einzubringen. In der kurzen uns zur Verfügung stehenden Zeit möchte ich drei wichtige Punkte ansprechen.

Der erste Punkt bezieht sich auf den Rat. Die Regierungen der Europäischen Union kommen im Europäischen Rat mit gesetzgeberischen Befugnissen zusammen. Daraus folgt, dass sie, wie jede gesetzgebende Versammlung, zur Veröffentlichung ihrer Arbeit und ihrer Entscheidungen verpflichtet sein sollten. Ich möchte dies besonders betonen, denn von der Fraktion der Europäischen Volkspartei (Christdemokraten) und der Europäischen Demokraten wurden Vorschläge zu getrennten Abstimmungen über bestimmte Abschnitte eingebracht. Ich hoffe, diese Teilabstimmungen werden nicht dazu benutzt, wesentliche Teile aus dem Bericht zu entfernen. So fordert zum Beispiel Absatz 3 des Berichts dazu auf, aus dem Urteil des von Maurizio Turco, einem früheren MdEP der italienischen Radikalen Partei, vorgetragenen Falls Konsequenzen zu ziehen. Dieser hatte einen Prozess vor dem Gerichtshof gewonnen, bei dem es um die Veröffentlichung von Rechtsentscheidungen der juristischen Dienste europäischer Institutionen und auch um die Verpflichtung zur Veröffentlichung der Identität von Ratsdelegationen der Mitgliedstaaten ging. Wir haben das Recht zu wissen, wer im Rat eine Stimme hat und wie abgestimmt wird. Ich hoffe daher, dass niemand gegen diesen Absatz 3, oder auch Absatz 9 stimmen wird, der Informationen darüber fordert, was im COREPER, dem Ausschuss der ständigen Vertreter, verhandelt wird, und der auch fordert, dass die Tagungsunterlagen zu veröffentlichen sind und dass all die Positionspapiere zur internationalen Politik nicht als geheim zu haltende diplomatische Dokumente deklariert werden. Dies ist ein sehr wichtiger Punkt!

Der andere Punkt, den wir ansprechen, betrifft das Parlament, unser Parlament, denn wir müssen die Ersten sein, die ihre Aktivitäten veröffentlichen. Wir italienischen Radikale bezeichnen dies als das „öffentliche Verzeichnis gewählter Volksvertreter“, ein Verzeichnis also, dem alles über die Aktivitäten der MdEP zu entnehmen ist: Anwesenheiten und Abwesenheiten, das Abstimmungsverhalten der Abgeordneten, ihre erhaltenen Diäten. Ich möchte allerdings davor warnen zu glauben – und ich sage dies, weil auch zu Absatz 5 ein Antrag auf Teilabstimmung eingereicht worden ist – dass wir uns einen Gefallen damit tun würden, diese Informationen geheim zu halten. Ich spreche hier insbesondere Charlotte Cederschiöld an, von der ich weiß, dass ihr dieses Thema besonders am Herzen liegt. Wir würden damit lediglich erreichen, uns noch mehr den demagogischen Anfeindungen gegenüber MdEP auszusetzen. Wir wissen, dass einige Abgeordnete andere MdEP gefilmt haben. Damit haben sie sich selbst als Spione betätigt, um Mitabgeordnete zu bespitzeln. Es geht nicht nur darum, diesem Treiben ein Ende zu setzen. Die Lösung des Problems liegt in einer uneingeschränkten Veröffentlichung unserer Parlamentsarbeit: Indem wir unsere Türen öffnen und die Arbeit der Parlamentsausschüsse, die Sitzungsprotokolle und sämtliche Tätigkeitsberichte dieses Parlaments im Internet veröffentlichen, stellen wir die Unsitte dieser Leute ab, andere durch das Schlüsselloch auszuspähen.

Der dritte Punkt, den ich ansprechen möchte, bezieht sich auf die Dokumentformate, denn die PPE-DE-Fraktion hat außerdem eine Teilabstimmung zu Absatz 7 beantragt, der diesen Punkt betrifft. In diesem Absatz fordern wir, dass Dokumente mit Opensource-Textverarbeitungssoftware erstellt wird, um es technisch auszudrücken. Weiterhin fordern wir ein effektives System der Mehrsprachigkeit und Technologien, die es auch Menschen mit Behinderungen erlauben, Informationen und Dokumente abzurufen. Ich hoffe, dass niemand in diesem Parlament gegen die Verwendung von Opensource-Technologien und ein mehrsprachiges Informationsangebot ist, die auch Menschen mit Behinderungen den Informationszugang ermöglichen. Schließlich ist dies von wesentlicher Bedeutung für einen Teil der Bürger der Europäischen Union.

Uns ist bekannt, dass die Kommission eine Reform unserer Regeln vorgeschlagen hat, und wir werden uns im Rahmen des Cashman-Berichts damit befassen. Diese Entschließung allerdings ist unsere erste Gelegenheit, einige Referenzpunkte für dieses Parlament festzulegen. Ich hoffe, dass wir diese Gelegenheit nicht ungenutzt verstreichen lassen und dass all die wichtigen Aspekte, die ich versucht habe, in diesem Bericht zur Sprache zu bringen, nicht vergebens eingebracht worden sind.

 
  
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  Margot Wallström, Vizepräsidentin der Kommission. − Herr Präsident! Lassen Sie mich zunächst damit beginnen, Ihnen für diesen gut formulierten und interessanten Bericht zu danken, und ich gratulieren hierfür dem Berichterstatter. Hier handelt es sich um ein wichtiges und gehütetes Thema, insbesondere in diesen Zeiten der Reform der Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 und auch im Hinblick auf die Änderungen, die der Vertrag von Lissabon – soweit er denn in Kraft tritt – in Bezug auf diese wichtigen Angelegenheiten mit sich bringen wird.

Bei diesem Bericht geht es im Prinzip um die Anwendung der Verordnung 1049/2001. Lassen Sie mich daher damit beginnen, eines der positiven Elemente in der Anwendung dieser Verordnung in Erinnerung zu bringen, denn wie den quantitativen Daten zu entnehmen ist, und wie der Parlamentsbericht feststellt, gewähren die EU-Institutionen vermehrt Zugang zu ihren Dokumenten, während ein Rückgang in der Anzahl der Informationsverweigerungen festzustellen ist.

Wir sind jedenfalls weiterhin um einen Ausbau von Transparenz und Offenheit bemüht. Es ist ganz natürlich, dass einige der in dem Bericht geäußerten Empfehlungen über die Anwendung der Verordnung 1049/2001 im Jahr 2006 hinausgehen, und einige stehen nicht direkt im Zusammenhang mit den Aktivitäten der Kommission, wie wir soeben gehört haben.

Der Bericht spricht eine Reihe von Problemen im Zusammenhang mit Offenheit und der Kommunikation mit den Bürgern an. Ich begrüße dies ganz besonders als eine wertvolle Anregung für eine generelle Reflektion über Transparenz, Kommunikation und des Zugehens auf die Bürger.

Lassen Sie mich nur kurz einige dieser Empfehlungen und die ihnen zugrunde liegenden Prinzipien ansprechen, denn sie verdienen die entsprechende Aufmerksamkeit.

Was den Fall Turco angeht, so kann ich Ihnen versichern, dass die Kommission dieses Urteil voll in ihre Erwägungen mit einbezieht. Wie bereits ausgeführt wurde, betrifft dies in erster Linie die Notwendigkeit nach mehr Offenheit in Bereichen, wo der Rat in seiner legislativen Eigenschaft tätig wird. Aber auch die Kommission und sämtliche Institutionen sind tangiert, wobei die Kommission dafür sorgt, dass jede Anfrage auf Dokumentenzugriff sorgfältig auf einer individuellen Fallbasis im Sinne der vom Gerichtshof gesetzten Vorgaben abgewogen wird.

Zweitens, der Vorschlag zur Festlegung gemeinsamer Regeln für Verwaltungsverfahren erfordert intensivere Überlegungen, denn viele dieser Verfahren sind von sehr spezieller Natur und in einigen Fällen je nach Institution auch einzigartig. Dies bedeutet, dass wir etwas mehr Zeit benötigen, um hierfür Lösungen zu finden.

Die Empfehlung, die Verordnung 1049/2001 und die Verordnung (EWG, Euratom) Nr. 354/83 über die Öffnung der historischen Archive zusammenzufassen, ist aus einem bestimmten Grund eine ziemlich komplexe Angelegenheit, denn Artikel 255 des EG-Vertrags und Verordnung 1049/2001 gelten nicht für alle Institutionen und Organe der Gemeinschaft. Dies könnte sich ebenfalls ändern, falls und sobald der Vertrag von Lissabon in Kraft tritt, denn dieser wird das Recht auf den Zugang zu Dokumenten auf alle Institutionen und Organe ausweiten. Deshalb können die beiden Verordnungen auch nicht so einfach zusammengelegt werden, denn sie decken verschiedene Bereiche ab.

Hinsichtlich der kritischen Bemerkung des Europäischen Bürgerbeauftragten zu den öffentlichen Verzeichnissen der Kommission möchte ich Ihnen versichern, dass wir diese Bemerkung sehr ernst nehmen. Wie Sie wissen, führen wir ein öffentliches Dokumentenverzeichnis, das seit Juni 2002 in Betrieb ist. Seither hat die Kommission weiterführend ein spezielles Verzeichnis für Komitologieverfahren und ein weiteres Verzeichnis zu Expertengruppen eingerichtet. Wir unternehmen stets unser Möglichstes, um unsere internen IT-Systeme zu modernisieren.

Dies ist leider nicht von einem Tag auf den nächsten zu erreichen sondern muss nach und nach umgesetzt werden. Wir beziehen stets die Notwendigkeit nach einer Ausweitung der vom öffentlichen Verzeichnis abgedeckten Bereiche in unsere Überlegungen mit ein, und ich hoffe, dass Ihnen mein diesbezügliches persönliches Engagement bekannt ist. Wir erkennen die Notwendigkeit an, dass die abzudeckenden Bereiche unserer öffentlichen Verzeichnisse nach wie vor ausgeweitet werden müssen, und wir bekräftigen unseren Willen, diese öffentlichen Verzeichnisse im Interesse von mehr Transparenz weiterzuentwickeln.

In der Entschließung sprechen Sie die Fragen des Dokumentenmanagement, eines gemeinsamen Portals sowie das Trans-Jai-Projekt an. Die Kommission unterstützt die Idee, ein gemeinsames Portal einzurichten, um den Zugang der Bürger zu Legislativdokumenten zu erleichtern. Ich denke, dies würde eine gemeinsame Methodik mit sich bringen, und wir müssen all die praktischen Konsequenzen hinsichtlich der Dokumentenidentifikation und der Referenzen im Auge behalten. Wir stellen uns ein Portal vor, das den vollständigen Zugang zu den öffentlichen Dokumenten jeder einzelnen Institution bieten würde. Wir sind also bereit, mit Ihnen in diesem Sinn zusammenzuarbeiten.

Was das Trans-Jai-Projekt angeht, so möchte ich auf das zurückkommen, was ich in einer Stellungnahme im Oktober sagte, und zwar, dass diese Einrichtung voraussichtlich ab 2010 für die allgemeine Öffentlichkeit zugänglich sein wird.

Lassen Sie mich auch noch etwas sagen zum Thema Informationsaustausch zwischen den Institutionen. Ich verstehe, was gemeint ist und worauf Sie hinaus wollen. Aber ich möchte Sie daran erinnern, dass wir in Bezug auf den Austausch vertraulicher Informationen vonseiten der Kommission zwischen unseren Institutionen bereits über eine etablierte Arbeitsmethode verfügen. Dieses Verfahren ist in einem Anhang zur Rahmenvereinbarung geregelt. Wir sollten auch nicht vergessen, dass die Frage des Austauschs von Informationen zwischen Institutionen nichts mit dem Thema des öffentlichen Zugangs zu Dokumenten zu tun hat. Daher denken wir, dass dieses Thema getrennt zu behandeln ist, so wie dies gegenwärtig auch der Fall ist.

Der vorliegende Bericht und diese Debatte ist darüber hinaus eine wertvolle und willkommene Anregung für eine andere Gelegenheit, wenn wir diese Arbeit innerhalb eines breiter angelegten Rahmens diskutieren können. Ich bin dankbar für die Bemühungen des Parlaments, das Thema Transparenz und Offenheit auf der Tagesordnung der EU weiter ganz oben anzusiedeln. Auf viele dieser Fragen werden wir schon sehr bald wieder zu sprechen kommen: zum Beispiel anlässlich des gemeinsamen Treffens des Ausschusses für Bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres und des tschechischen Parlaments nächste Woche, dem beizuwohnen ich das Vergnügen haben werde. Und dann erneut in nur einigen Wochen, wenn wir es mit dem wichtigen Thema Reform der Verordnung 1049/2001 zu tun haben werden.

Ich denke, die Diskussionen sollten damit aber nicht abgeschlossen sein. Wir müssen uns der Thematik Transparenz gegenüber aufgeschlossen zeigen und uns auch Gedanken darüber machen, was wir außerhalb des formalen Legislativprozesses noch aktiv bewegen können: zum Beispiel hinsichtlich der Verbesserung der Verzeichnisse, einer besseren Benutzerfreundlichkeit, verbesserten Zugriffsmöglichkeiten, einer aktiven Verbreitung von Informationen und einer schnelleren Veröffentlichung von Dokumenten. Eine Verbesserung, die ich selbst letztes Jahr realisierte, war die direkte Verfügbarkeit des Verzeichnisses meiner eigenen Korrespondenz über das Internet. Ich bin sicher, Ihnen allen fallen Ideen und Beispiele dazu ein, was noch getan werden kann, wenn wir nur ein wenig darüber nachdenken. Dann lassen Sie uns dies doch auch tun.

 
  
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  Luis Herrero-Tejedor, im Namen der PPE-DE-Fraktion.(ES) Herr Präsident, Herr Cappato! Ihr Bericht ist voller guter Absichten. Der beste Beweis hierfür ist die Tatsache, dass es der Ausschusses für Bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres nicht für notwendig erachtet hat, Änderungsanträge einzubringen.

Sie selbst waren derjenige, der 18 Änderungsvorschläge zu Ihrem eigenen Bericht eingebracht hat. Und diese Änderungsvorschläge sind es, die dem Bericht eine radikale Note gegeben haben – um es allgemein auszudrücken – und die bei mir ernsthafte Bedenken haben aufkommen lassen.

Ich würde die von Ihnen eingebrachten Änderungsvorschläge – Änderungsvorschläge, die Sie sich im Übrigen selbst gemacht haben zu einem Bericht, der am Anfang von sämtlichen Fraktionen gebilligt worden war – in vier verschiedene Kategorien einteilen. Erstens sind einige Ihrer Änderungsvorschläge undenkbar; Sie machen Vorschläge, die undenkbar sind. Beispielsweise entbehren einige Ihrer Vorschläge derzeit jeglicher Rechtsgrundlage, Herr Cappato. Solange der Vertrag von Lissabon nicht in Kraft ist, können die Regelungen der verschiedenen Institutionen unmöglich harmonisiert werden. Kommissarin Wallström hat sich soeben ähnlich geäußert. Sie fordern außerdem, das Jahr 2009 zum Europäischen Jahr der Transparenz auszurufen. Aber hierfür ist es bereits zu spät. Dafür ist keine Zeit mehr. Einige Ihrer Vorschläge sind daher undenkbar.

Zweitens, einige Ihrer Vorschläge sind nicht empfehlenswert. So fordern Sie beispielsweise Transparenz in den Fraktionstreffen der politischen Parteien. Dies wäre widersinnig. Es besteht die Notwendigkeit nach einem vertraulichen Rahmen, denn Vertraulichkeit ist ein politischer Wert an sich. Ich möchte auch einmal nicht einverstanden sein können mit meiner Partei – und dazu benötige ich einen vertraulichen Rahmen. Das hat mit Mangel an Transparenz nichts zu tun. Es muss Transparenz herrschen innerhalb öffentlicher Organe, aber nicht innerhalb der Parteien. Die vertrauliche Behandlung von innerparteilichen Diskussionen muss sichergestellt sein. Ich kann Ihnen daher in diesem Punkt nicht zustimmen.

Einige Ihrer anderen Behauptungen sind unrichtig, Herr Cappato. Beispielsweise behaupten Sie, dass 90 % der legislativen Aktivitäten im Rahmen des Komitologieverfahrens abgewickelt werden. Hier übertreiben Sie aber gewaltig, Herr Cappato. Hinzu kommt, dass das Komitologieverfahren seine eigenen impliziten Transparenzstandards hat. Wenn wir noch mehr Verfahrensmechanismen, noch mehr Bürokratie und noch mehr Kontrollen einführen, werden wir das Gegenteil von dem erreichen, was wir erreichen möchten: nämlich mehr Transparenz – und diese steht in enger Beziehung zu Einfachheit.

Lassen Sie mich abschließend noch sagen – bevor mich der Präsident mahnt, zum Schluss zu kommen, weil meine Redezeit gleich vorüber ist – dass einige Ihrer Vorschläge unnötig sind. So kann ich beispielsweise ja verstehen, dass es wirklich schön ist und bei der öffentlichen Meinung gut ankommt, von der Transparenz der Abgeordnetenaktivitäten zu sprechen, damit jeder sehen kann, ob Abgeordnete an den Plenarsitzungen anwesend sind. Dies kann man aber bereits jetzt sehen, Herr Cappato. Es lässt sich auch feststellen, ob Abgeordnete in den Ausschüssen mitarbeiten. Für jeden Ausschuss sind Sitzungsprotokolle verfügbar, die jeder Bürger abrufen kann. Auch die Diäten, die Abgeordnete kassieren, werden veröffentlicht. Mit anderen Worten, es ist ohne weiteres bereits möglich für die Bürger, sich diese Informationen zu beschaffen.

Ich verstehe daher sehr gut, dass es schön ist, sich in der Öffentlichkeit als Verteidiger der Transparenz zu präsentieren, aber Sie müssen realisieren, dass Transparenz bedeutet, dass man die Dinge so darstellen muss wie sie wirklich sind, und dass man nicht zur Transparenz beiträgt, wenn man die Realität verzerrt darstellt, Herr Cappato. Ich danke Ihnen für Ihre Geduld, Herr Präsident.

 
  
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  Michael Cashman, im Namen der PSE-Fraktion. – Herr Präsident! Vielen Dank, Marco Cappato, für einen sehr guten Bericht. Leider muss ich aber anderen Leuten in diesem Haus in deren Einschätzung zustimmen, dass Sie vom Thema abgewichen sind – und ich weiß auch warum.

Der vorangegangene Redner meinte, ihr Vorschläge seien undenkbar. Aber wenn wir nicht das Undenkbare fordern, wie sollen dann jemals Änderungen erreicht werden?

Aber dennoch ist klar, dass Sie den Rahmen des Themas gesprengt haben. Wir werden keine Aufzeichnungen von Fraktionssitzungen sehen. MdEP, die auf ihren Internetseiten oder über den Informationsdienst des Parlaments Informationen über ihre Tätigkeiten veröffentlichen und kund tun, an welchen Tagungen sie teilnehmen, beweisen damit noch lange nicht, dass sie effektiv oder gut sind.

Bei der Verordnung geht es um den Zugang zu sämtlichen von den drei Institutionen im Rahmen ihrer legislativen Funktion vorgehaltenen, erhaltenen oder erstellten Dokumente. Hierauf müssen wir uns konzentrieren. Wir müssen definieren, was wir unter „legislativer Funktion“ zu verstehen haben. Wir müssen uns anschauen, wie sich die Verordnung bislang in der Praxis bewährt hat, und wir müssen sie gegebenenfalls verbessern. Dies ist es, was ich gerne in Verbindung mit allen beteiligten Akteuren tun möchte. In diesem Zusammenhang freue ich mich, hier die schwedische Ministerin Cecilia Malmström begrüßen zu dürfen, die ursprünglich über dieses Thema gearbeitet hat. Wir alle möchten, dass diese gesamte Angelegenheit vorankommt.

Warum? Weil uns bewusst geworden ist, dass viele Bürger sich daran stoßen, dass insbesondere im Rat Dinge vor sich gehen – wie Sie richtig dargelegt haben – bei denen die jeweiligen nationalen Minister in Entscheidungsprozesse eingebunden sind, die Bürger selbst aber gar nicht wissen, welche Debatten geführt werden und welche Positionen diese Minister beziehen, weil diese Veranstaltungen unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden. Sobald wir diesen Schleier der Geheimniskrämerei lüften und offen legen, wie die Minister der einzelnen Mitgliedstaaten in den Entscheidungen, die diese Institution trifft, abstimmen, können diese Minister in ihren Heimatländern zur Rechenschaft gezogen werden. Auf diese Weise wird den Bürgern der einzelnen Mitgliedstaaten schnell bewusst, wie weit sie selbst von Europaangelegenheiten betroffen sind.

Ich muss also leider feststellen Marco, dass Sie über das Ziel hinausgeschossen sind, insbesondere mit den von Ihnen geäußerten Idealvorstellungen. Hätten Sie nicht selbst erwähnt, dass Sie ein italienischer Radikaler sind, ich hätte es aus dem Bericht nicht schließen können, aber die Tatsache, dass Sie verlangen, die politischen Parteien sollen ihre internen Diskussionen offenlegen, also so weit wird es bestimmt nicht kommen, und wie der Vorredner bereits ausführte würde man damit lediglich bestehende Zwietracht bloßstellen, aber gewiss nicht zu dem Gefühl beitragen, dass wir hier mit Überzeugung auf ein Europa hinarbeiten, das seinen Bürgern gegenüber rechenschaftspflichtig ist. Aus diesem Grund wird es schwierig werden mit der Aufstellung der Abstimmungsliste. Vom Gefühl her bin ich auf Ihrer Seite, aber ich muss in diesem Fall der Vernunft Vorrang geben.

 
  
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  Alexander Alvaro, im Namen der ALDE-Fraktion.(DE) Herr Präsident, willkommen, Frau Vizepräsidentin! Wir werden morgen über den Bericht meines Kollegen Marco Cappato über den Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten abstimmen. Michael Cashman – ein sehr guter und normalerweise unglaublich effizienter Kollege – hat ja schon darauf hingewiesen, dass es vor allen Dingen darum geht, der Öffentlichkeit Zugang zu Dokumenten zu geben, über die hier diskutiert und entschieden wird.

Man mag, wie Herr Herrero-Tejedor oder wie Michael Cashman das gemacht haben, Marco Cappato vorwerfen, er sei über das Ziel hinausgeschossen. Das ist sicherlich interpretationsfähig und in diesem Fall auch nicht ganz gerechtfertigt. Die Diskussion, ob grundsätzlich Fraktionssitzungen übertragen werden sollen oder nicht, ist mit Sicherheit etwas, worüber man sprechen kann. Die Frage ist, ob dann das Recht eingeräumt wird, dass z. B. eine solche Sitzung auf Wunsch der Mehrheit der Fraktionsmitglieder in Klausur abgehalten wird, weil es sicherlich sensible Themen gibt – das wissen wir alle aus eigenen Sitzungen –, die man erst einmal untereinander klären muss, bevor man damit an die Öffentlichkeit geht. Es ist meines Erachtens normal, dass man seine schmutzige Wäsche zuhause wäscht und nicht draußen auf der Straße.

Im Übrigen zeigt dieses Beispiel, dass politische Parteien – in diesem Fall nicht Fraktionen der Parteien – immer ein gewisses Interesse an Öffentlichkeit haben: dann, wenn es ihnen nützt. Ansonsten würden wohl kaum Parteitage in solch einer Ausgedehntheit übertragen werden. Interessanterweise beschwert sich niemand darüber, wenn Parteitage von politischen Parteien, bei denen es durchaus heiß hergehen kann, in ihrer vollen Länge übertragen werden können.

Ich glaube also sagen zu können, dass Marco Cappato hier gute Arbeit geleistet hat, auch wenn, was wir aber auch gewohnt sind, aus anderen Fraktionen vielleicht Verbesserungsvorschläge kommen. In einigen Fällen sind sie tatsächlich sogar so gut, dass man darüber nachdenken sollte.

Im Vergleich zu den anderen beiden Institutionen kann aber das Parlament nach wie vor als Vorreiter bezeichnet werden, wo es um Transparenz geht. Insofern würde ich da meinen Schwerpunkt auch nicht zwingend darauf legen. Denn sowohl bezüglich der Zugangsmöglichkeiten zu Dokumenten als auch im Hinblick auf Transparenz von Sitzungen und die Tätigkeit der Abgeordneten des Europäischen Parlaments sind wir offener als jedes nationale Parlament. Das bedeutet nicht, dass da nicht Verbesserungsbedarf wäre, auch bei anderen Institutionen, vor allen Dingen beim Rat, der bedauerlicherweise jetzt nicht da ist. Michael Cashman hat es eben schon angesprochen: Man muss wissen, wer welche Entscheidung wie getroffen hat, um auch eine Verantwortung für politisches Handeln herstellen zu können.

Noch viel wichtiger ist es aber, dass Zugang zu Dokumenten geschaffen wird, die z. B. im Rahmen des Komitologieverfahrens entstehen. Ein besonderes Beispiel war die Verordnung zu Flüssigkeiten im Handgepäck, bei denen der Anhang für Bürger, aber auch für Parlamentarier nicht einsehbar war. Das Transparenzgebot ist nicht umsonst in den meisten Mitgliedstaaten der Europäischen Union eingeführt worden, nämlich um der Bevölkerung die Möglichkeit zu geben, das politische Handeln nachzuvollziehen, Verantwortung herstellen zu können und dann gegebenenfalls auch bei Wahlen anders entscheiden zu können.

Vielen Dank für die Extrazeit, Herr Präsident. Viel Erfolg, Marco. Ich bin bei Dir bei den Abstimmungen morgen, und ich glaube, wir bringen das zu einem guten Ende.

 
  
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  Ryszard Czarnecki, im Namen der UEN-Fraktion.(PL) Herr Präsident! Wenn die Europäische Union für die Bürger da sein soll und nicht für die Eurokraten, dann muss sie auf jeden Fall transparenter werden, ebenso wie die Aktivitäten der Organe der Europäischen Union. Nur dann kann die Union vielleicht die Glaubwürdigkeit wiedergewinnen, die sie so achtlos weggeworfen hat. Beispielsweise wurde ihre Glaubwürdigkeit durch die Versuche beschädigt, den Verfassungsvertrag durchzudrücken und die Abhaltung nationaler Referenden zu verhindern. Es ist daher richtig zu verlangen, dass alle Debatten des Europäischen Rats für die Bürger der Mitgliedstaaten der Europäischen Union zugänglich sein müssen, da dieses Gremium schließlich über das Schicksal Europas entscheidet. Diese Debatten umfassen jedoch nicht die Diskussionen der politischen Fraktionen.

Es ist außerdem wichtig, dass das Parlament, der Rat und die Europäische Kommission im Hinblick auf den Zugang zu Dokumenten einheitliche Prinzipien praktizieren, sodass sie nicht nur Einzelerscheinungen am Informations- und IT-Firmament bleiben. Ich glaube, dass dieser Bericht ein bedeutender Schritt in Richtung Transparenz ist. Ich bin mir allerdings auch ziemlich sicher, dass er in einigen Punkten wohl einen Schritt zu weit gegangen ist. Selbst Genosse Lenin hat einmal gesagt, dass man manchmal zwei Schritte vor und einen zurück gehen muss. Vielleicht möchte der Berichterstatter diese Weisheit bedenken.

 
  
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  Eva-Britt Svensson, im Namen der GUE/NGL-Fraktion.(SV) Herr Präsident! Dem Bericht von Marco Cappato ist zu entnehmen, dass in Bezug auf den Zugang zu EU-Dokumenten bedeutende Mängel zu verzeichnen sind. Ich unterstütze den Vorschlag des Berichterstatters hinsichtlich Verbesserungen in Verbindung mit dem Jahresbericht. Ich unterstütze darüber hinaus die vom Berichterstatter eingebrachten Änderungsvorschläge. Ich gehe weiterhin davon aus, dass das Parlament bei der anstehenden Abstimmung über den Bericht von Michael Cashman zu der Verordnung über den öffentlichen Zugang zu den Dokumenten der europäischen Institutionen für das Prinzip eines echten öffentlichen Zugangs stimmen wird.

In Bezug auf den Jahresbericht möchte ich besonders auf die Tatsache hinweisen, dass es völlig inakzeptabel ist, dass hinsichtlich der delegierten Gesetzgebung, die 90 % der jedes Jahr durch die EU-Institutionen verabschiedeten rechtsverbindlichen Rechtsakte betrifft, kein öffentlicher Zugang zugesichert werden soll. Die Aktivitäten der einzelnen Abgeordneten im Rahmen ihrer Parlamentsarbeit sowie sämtliche finanziellen Zuwendungen im Zusammenhang mit ihrem Parlamentsmandat müssen ebenfalls völlig transparent sein. Ich unterstütze die Idee eines kombinierten öffentlichen Verzeichnisses.

Schließlich möchte ich noch anmerken, dass ein Mehr an öffentlichem Informationszugang keine populistische Forderung sondern eine demokratische Forderung ist.

 
  
  

VORSITZ: MARIO MAURO
Vizepräsident

 
  
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  Nils Lundgren, im Namen der IND/DEM-Fraktion.(SV) Herr Präsident! In einer Demokratie ist Transparenz ein Begriff der Ehrbarkeit. In demokratischen Ländern wird die Regierungsautorität von den Bürgern gewählt. Und diese Autoritäten ernennen Amtsträger für die Umsetzung demokratischer Entscheidungen. Es wäre daher absurd, wenn diese gewählten Vertreter und ernannten Amtsträger dazu berechtigt wären, ihrer Wählerschaft Informationen vorzuenthalten. Die Tatsache, dass dies dennoch geschieht, ist mit zweierlei Sachverhalten zu erklären. Erstens existiert eine Art Vermächtnis aus vordemokratischer Zeit, in der die Menschen als Untertanen nicht gewählter Herrscher angesehen wurden. Diesen Untertanen war es nicht erlaubt, sich in die Angelegenheiten der Herrscher einzumischen. Zweitens spielen Erwägungen der nationalen Sicherheit, der Integrität der Bürger, von Geschäftsgeheimnissen, Markteinflüssen und ähnliches eine Rolle bei möglichen Ausnahmen vom Prinzip der Transparenz.

Die erste Erklärung ist heute vollständig irrelevant. Die Autoritäten, in ihrer Eigenschaft als Autorität, dürfen keine Informationen vor dem Volk zurückhalten. Die zweite Erklärung ist allerdings stichhaltig und erfordert einen schwierigen Balanceakt. Diese legitimen Forderungen nach einem vernünftigen Interessenausgleich werden aber leider von den Autoritäten oft dazu benutzt, sich die Option der Geheimniskrämerei offen zu halten.

Die EU kann leider nicht auf eine stolze Tradition der Transparenz verweisen. In ihren jungen Jahren war die EU eine nahezu völlig abgeschottete Organisation, bis hinunter zum internen Telefonverzeichnis der Kommission. Die EU begann als Mandarin-Reich und ist es auch heute noch, aber es sind wichtige Schritte unternommen worden: der 1993 eingeführte Verhaltenskodex, die Annahme der Forderungen der schwedischen Journalistenvereinigung 1998, und die Verordnung aus dem Jahr 2001.

Nicht ganz ohne Stolz möchte ich anmerken, dass mein eigenes Land, Schweden, über die historisch längste Tradition rechtsverbindlicher Transparenz verfügt. Aus diesem Grund hat sich auch der schwedische Staat in den Fall Turco eingeschaltet und erstritt letzten Sommer ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs, das die Entscheidungen des Rates und des Gerichts Erster Instanz aufhob. Dies war ein weiterer Schritt weg vom Mandarin-Reich EU – aber der Weg zu einer Etablierung demokratischer Transparenz ist noch lang. Es gibt nach wie vor eine Menge internen Widerstands zu überwinden. Marco Cappatos Bericht sollte daher die volle Unterstützung dieses Hauses erhalten. Dies wäre ein weiterer Schritt nach vorn auf diesem langen Weg.

 
  
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  Luca Romagnoli (NI). (IT) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte lediglich einige kurzen Anmerkungen anbringen und betonen, dass ich einem großen Teil von Marco Cappatos Bericht zustimme. Es wäre verwunderlich, wenn dem nicht so wäre. Denn ich glaube, ich bin das einzige italienische MdEP, das versucht hat, eine Anwesenheitsliste und die Anzahl der Fragen, die hier in unserem Parlament durch die italienische Delegation vorgetragen wurden, zu veröffentlichen. Ich verzeichne dies jedes Jahr in einem kleinen Buch, in dem ich über meine parlamentarischen Aktivitäten berichte.

Ich wäre glücklicher, wenn beispielsweise die italienische Presse, die nur allzu oft mit dem Finger auf uns zeigt, einmal Informationen veröffentlichen würde, die vielleicht nicht so weltbewegend sind, die dem Publikum aber durchaus die Art der Aktivitäten nahe bringen könnte, die ein italienischer EU-Parlamentsabgeordneter ausübt. Dies wäre umso segensreicher, wenn es dazu dienen könnte zu verdeutlichen, wie sehr unsere Tätigkeit – wenn richtig ausgeübt – unabhängig ist von den politischen Zugehörigkeiten, für die wir gewählt worden sind, und zwar in dem Sinne, dass wir versuchen, dem gesamten System nützlich zu sein.

Ich begrüße daher Marco Cappatos Initiative. Ich werde daher für nahezu alle in seinem Bericht enthaltenen Vorschläge stimmen.

 
  
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  Marian-Jean Marinescu (PPE-DE) . – (RO) Die Europäische Union gründet sich auf das Prinzip der Transparenz gemäß den Ausführungen in den Artikeln 1 und 6 des Vertrags der Europäischen Union sowie des Artikels 41 der Grundrechtecharta der Europäischen Union.

Europa hat sich von Anfang an einem Entscheidungsfindungsprozess verschrieben, der so transparent und so nahe am Bürger ist wie nur möglich. Das Europäische Parlament ist per se dazu prädestiniert, die erste Institution zu sein, die den öffentlichen Zugang zum Entscheidungsfindungsprozess praktizieren muss – denn unterschiedliche Meinungen zur legislativen und nichtlegislativen Parlamentsarbeit tragen zu einer Festigung des Vertrauens der Bürger Europas in die europäischen Institutionen bei.

Im Augenblick ist der Zugang zu den Dokumenten der europäischen Institutionen als ziemlich gut einzustufen. Es ist allerdings offensichtlich, dass die europäische Gesetzgebung aus dem Jahr 2001, die dieses Zugangsrecht festschreibt, auf den neuesten Stand gebracht werden muss.

Das Parlament forderte 2006 die Kommission dazu auf, Vorschläge für eine Änderung dieser Verordnung vorzulegen und gab dazu mehrere Empfehlungen ab:

- Sämtliche vorbereitende Dokumente zu Rechtsakten sollten für die Öffentlichkeit direkt zugänglich sein, und

- Einrichtung eines zentralen Zugangs zu vorbereitenden Dokumenten.

Diese Empfehlungen wurden von der Kommission unter anderem 2008 in einer Richtlinien-Neufassung berücksichtigt.

Im Verlauf des Entscheidungsfindungsprozesses sind die beteiligten Parteien mit unterschiedlichen, manchmal widersprüchlichen Meinungen konfrontiert. Verhandlungen bringen allerdings die für alle Beteiligten annehmbarsten Beschlüsse. Die Bürger Europas müssen über den Prozess informiert werden, der zu den getroffenen Entscheidungen geführt hat, denn diese Entscheidungen haben direkte Auswirkungen auf ihr Leben.

 
  
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  Marianne Mikko (PSE).(ET) Meine Damen und Herren! Demokratie gründet sich auf Transparenz und Offenheit. Dies ist gerade jetzt besonders wichtig, da wir im Juni die Wahlen zum Europäischen Parlament haben.

Eine Vereinfachung der Internet-Umgebung würde dazu beitragen, die Wahlbeteiligung bei den Wahlen zum Europäischen Parlament zu erhöhen. Wenn wir den Bürgern klar verständliche Informationen zu den Aktivitäten ihrer Volksvertreter und der Funktionsweise des Europäischen Parlaments im Allgemeinen an die Hand geben, dann wird es uns gelingen, Jung und Alt für unsere Arbeit zu interessieren. Das e-Parlament ist daher eine sehr willkommene Initiative.

Auf der Grundlage von Suchkriterien sollten sämtliche Informationen über die Arbeit eines Abgeordneten für die Bürger verfügbar sein. Ich gehe mit dem Berichterstatter konform in der Zielsetzung, dass der einzelne Bürger zusätzlich zu den Aktivitäten seines Abgeordneten in der Plenarversammlung auch Zugang zu Informationen über die parlamentarische Arbeit in Ausschüssen und Delegationen haben sollte. Die Bürger müssen in die Lage versetzt werden, sich ein umfangreiches Bild unserer Arbeit machen zu können.

Ich unterstütze außerdem die Idee, ein gemeinsames Informations- und Dokumentationsverzeichnis aufzubauen. Es ist wichtig, dass die Bürger die Möglichkeit haben, Einsicht in Tätigkeitsberichte zu nehmen, die von Interesse für sie sind, und auf sämtliche Dokumente von einem zentralen Zugangsportal aus zugreifen zu können. Die Schaffung eines solchen zentralen Zugangsportals braucht seine Zeit, aber wir sollten uns in diese Richtung bewegen. Dieser Weg ist uns jetzt und in der Zukunft vorgegeben. Ich unterstütze daher den Cappato-Bericht.

 
  
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  Marian Harkin (ALDE). - Herr Präsident! Ich möchte meinem Kollegen Marco Cappato zu seinem Bericht gratulieren. Es ist wichtig, dass wir ihn hier im Parlament besprechen.

Wenn wir über Rechenschaftspflicht und Transparenz sprechen, dann müssen wir bei uns selbst anfangen, und dies bedeutet sämtliche EU-Institutionen. Ich stimme mit vielem in diesem Bericht überein. In einem oder zwei Punkten habe ich allerdings Vorbehalte. Wenn wir beispielsweise Informationen über die Aktivitäten der Abgeordneten für die Öffentlichkeit zugänglich machen, dann müssen wir auch dafür sorgen, dass diese Informationen umfassend sind. Ansonsten laufen wir Gefahr, dem Bürger Einblicke in alles Mögliche zu gewähren, ohne dass er sich aber ein wirklich realistisches Bild über die spezifische Abgeordnetenarbeit machen kann. Ich will damit sagen, dass unser Tätigkeitsspektrum doch recht breit angelegt ist. Es umfasst nicht nur die Anwesenheit in Ausschüssen und Plenarversammlungen. Jegliche Information über die Tätigkeit der Abgeordneten müsste demzufolge sämtliche Aktivitäten umfassen. Ansonsten könnten wichtige Abgeordnetenaktivitäten, die sich nicht unmittelbar in der Parlamentsarbeit widerspiegeln, aus dem Blickfeld geraten.

Ich möchte in Bezug auf die Bemerkung des Kollegen Luca Romagnoli, dass seiner guten Arbeit von den Medien nicht die gebührende Beachtung entgegengebracht worden ist, nur anfügen, dass man anscheinend nur dann in den Medien Beachtung findet, wenn man seine Arbeit nicht macht.

Schließlich möchte ich noch sagen, dass es im Kern darum geht, Transparenz dann zu praktizieren, wenn wir in legislativer Eigenschaft tätig werden. Ich stimme mit Michael Cashman darin überein, dass alle Bürger sich darüber informieren können müssen, wie ihre jeweiligen Minister im Rat abstimmen. Darauf kommt es an. Sonst spielen wir der „Brüssel-ist-an-allem-Schuld“-Fraktion in die Hände, wenn im eigenen Land etwas schief läuft.

 
  
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  Hans-Peter Martin (NI).(DE) Herr Präsident! Meine Erfahrung ist vermutlich sehr ähnlich wie die von Millionen Europäerinnen und Europäern. Frau Kommissarin, ich bin 1999 mit einem wirklich großen Enthusiasmus in dieses Parlament gekommen, der dem Ihren, den Sie weiterhin zeigen, nicht nachgestanden hat. Dann habe ich das getan, was so viele Bürgerinnen und Bürger auch tun. Ich wollte etwas wissen, nämlich: Wie werden Entscheidungen getroffen? Wohin fließt das Geld? Wer bekommt es? Mehr und mehr Wähler haben sich an mich gewandt und gesagt: Wir kennen uns nicht aus, wenn wir uns mit dieser EU auseinandersetzen. So ging es mir auch. Und dann kommt man leider darauf, dass hinter vielen Maßnahmen bewusst die Absicht steckt, die Verantwortungslosigkeit, die wir institutionell immer noch haben – nicht klar zugeordnete Legislative usw. – zu verdecken. Ich kann Sie nur ermutigen dranzubleiben, viel weiter zu gehen, als der Bericht Cappato jetzt schon geht, und diese Basisinformationen zur Verfügung zu stellen. Das wäre schon was. Und das sage ich nach zehn Jahren!

 
  
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  Carlos Coelho (PPE-DE).(PT) Herr Präsident, Kommissarin Wallström, meine verehrten Damen und Herren! Das Transparenz-Prinzip ist ein Grundprinzip der Europäischen Union. Sie stärkt das demokratische Wesen unserer Institutionen und erleichtert die Beteiligung der Bürger am Entscheidungsfindungsprozess. Dies wiederum verschafft öffentlichen Autoritäten eine größere Legitimität, macht sie effektiver und gegenüber der Bevölkerung kommunikativer. Ich unterstütze das Prinzip, dass alle demokratischen Institutionen dazu verpflichtet werden, ihre Aktivitäten, Dokumente und Entscheidungen öffentlich zugänglich zu machen. Der Zugang zu Dokumenten ist ein fundamentales Element einer loyalen Kooperation, die zwischen den europäischen Institutionen notwendig ist.

Während den Untersuchungen zu den CIA-Aktivitäten in Europa kritisierte ich den Rat heftig, weil er durch die Auferlegung von – sowohl umfassenden als auch teilweisen – Restriktionen hinsichtlich des Zugangs zu wichtigen Dokumenten gegen diese loyale Kooperation verstoßen hat. Daher habe ich auch die Entscheidung des Gerichtshofs im Fall Turco begrüßt, in der dieser entschied, dass prinzipiell eine Verpflichtung zur Offenlegung der Stellungnahmen des Juristische Dienstes des Rats hinsichtlich eines legislativen Verfahrens besteht, da die Kenntnis dieser Stellungnahmen entscheidend für das Verständnis der Richtung sein könne, die der entsprechende Entscheidungsfindungsprozess dann genommen hat.

Ich bin ebenfalls der Ansicht, dass die Reform der Verordnung von 2001 fortgesetzt werden sollte – nicht nur, um Antworten auf die seither aufgedeckten Defizite zu finden sondern auch, um die neueste Rechtsprechung, insbesondere auch den Fall Turco in das Gesetzeswerk zu integrieren. Dessen ungeachtet müssen wir die uns gegebene Rechtsgrundlage unbedingt beachten. Einige Vorschläge des Berichterstatters gehen wesentlich weiter als es der rechtliche Rahmen erlaubt. Die Kollegen Herrero und Cashman haben bereits auf diesen Sachverhalt hingewiesen.

So gibt es beispielsweise Regeln, die auf die nationalen Parlamente von Mitgliedstaaten abzielen, die keinerlei Rechtsgrundlage haben. In dem Urteil im Fall Turco merkt der Gerichtshof selbst an, dass in der praktischen Anwendung der Verordnung das Interesse der Öffentlichkeit am Zugang zu dem betreffenden Dokument gegen die Risiken der Veröffentlichung dieses Dokuments abgewogen werden müssen. In einigen Fällen macht Marco Cappato Vorschläge, die meiner Meinung nach diesen Interessenausgleich in Gefahr bringt.

 
  
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  Călin Cătălin Chiriţă (PPE-DE) . – (RO) Ich möchte auf die Tatsache hinweisen, dass Marco Cappato zu Beginn breite Unterstützung für seine Initiative genoss. Die 18 nachträglichen Änderungsvorschläge führten jedoch zu einem Verlust dieser anfänglichen Unterstützung.

Dennoch bin ich ebenfalls der Ansicht, dass der Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten des Parlaments, des Rates und der Kommission ganz wichtig ist, wenn man die Europäische Union ihren Bürgern näher bringen will. Ich möchte zunächst auf die Notwendigkeit hinweisen, die im Rahmen des Komitologieverfahrens erstellten wichtigen Dokumente zu veröffentlichen.

Zweitens halte ich es für eine gute Idee, auf der Website des Europäischen Parlaments in der Kategorie der persönlichen Profile der Abgeordneten, in der die verschiedenen Aktivitäten der MdEP aufgeführt sind, zusätzlich die von jedem einzelnen MdEP in ihre jeweiligen Parlamentsausschüsse eingebrachten Initiativvorschläge zu veröffentlichen. Die Bürger müssen deutlich sehen können, welche Initiativvorschläge von den Abgeordneten im Rahmen des Entscheidungsfindungsprozesses, zusätzlich zu den Berichten, Entschließungen und Plenardebatten, eingebracht worden sind.

Drittens, wenn der Europäische Rat in Ergänzung des Parlaments als ko-legislative Institution agiert, dann sollte er, ebenso wie dies das Parlament praktiziert, seine eigenen entsprechenden Debatten veröffentlichen. Der Rat sollte Transparenz demonstrieren und seine Debatten von nun an veröffentlichen – bevor ihn der Vertrag von Lissabon dazu zwingt.

 
  
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  Ewa Tomaszewska (UEN).(PL) Herr Präsident! Bürgerrechte beinhalten das Recht auf Information über die Aktivitäten von gewählten Volksvertretern, die wichtige öffentliche Funktionen ausüben. Dies trifft insbesondere zu für Institutionen der Europäischen Union und umfasst auch den Rat, dessen Dokumente schwerer zugänglich sind. Über das Internet zugängliche Informationsprogramme sollten benutzerfreundlich gestaltet sein und den interessierten Bürger auf direktem Weg zu dem gesuchten Dokument leiten. Obwohl viele Menschen heutzutage Internetzugang haben, so trifft dies dennoch nicht für jeden zu. Wir benötigen Publikationen, die in Bibliotheken zugänglich sind, sowie zusammenfassende Texte für Menschen, die weniger belesen sind. Allerdings müssen wir uns überlegen, ob die Veröffentlichung vollständiger Abschriften der Diskussionen in den Fraktionssitzungen ratsam ist.

 
  
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  Charlotte Cederschiöld (PPE-DE).(SV) Herr Präsident! Hinsichtlich der Transparenz hat sich in der EU in letzter Zeit – und insbesondere seit Inkrafttreten der Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 und der Einrichtung des Internetangebots – wirklich einiges getan. Ich bin sicher, dass mir Kommissarin Wallström hierin uneingeschränkt beipflichten wird.

Ich möchte betonen, dass die Kommission und Kommissarin Wallström zu diesem Thema in den letzten Jahren außerordentlich gute und konstruktive Beiträge geleistet haben. Die Aufgabe war von Anfang an keine einfache, aber ich denke, dass die Zusammenarbeit in den vergangenen Jahren sehr konstruktiv gewesen ist. Dafür gebührt Ihnen Lob. Ständig wird die Kommission von allen Seiten kritisiert, aber ich glaube nicht, dass dies in jeder Hinsicht gerechtfertigt ist.

Natürlich können wir keine Zustände hinnehmen, bei denen die Gesetzgebung für Justiz und Inneres hinsichtlich ihrer Rechtfertigungen nicht transparent ist. Alexander Alvaro hat hier völlig Recht. Dies ist selbstverständlich unmöglich. Allerdings wäre es reichlich unvernünftig, von einem Amtsträger oder Europaabgeordneten täglich einen Bericht über seine jeweiligen Aktivitäten zu verlangen. Im Endeffekt würden die Betroffenen den halben Tag damit zubringen, Berichte zu schreiben.

Ich möchte meine Ausführungen mit der Zusage schließen, dass wir den Bericht von Marco Cappato unterstützen, vorausgesetzt er führt zu einem rechtssicheren und klar formulierten Gesetzeswerk, das nicht unnötig bürokratisch ist.

 
  
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  Bogusław Rogalski (UEN). (PL) Herr Präsident! Wenn wir davon ausgehen, dass demokratische Systeme, die auf dem Prinzip der Rechtstaatlichkeit beruhen, dazu verpflichtet sein sollten, gesetzliche Bestimmungen mit verbindlichem Charakter für die Bürger öffentlich zugänglich zu machen, sollten wir sicherstellen, dass die Aktivitäten der entsprechenden Institutionen transparent und offen sind. In der Praxis bedeutet dies, dass die Zusammenkünfte und Debatten demokratischer legislativer Organe sowie deren Abstimmungsergebnisse wenn möglich in transparenter Weise für die Öffentlichkeit zugänglich sein sollten, ebenso wie die entsprechenden Gesetzesentwürfe. Leider verfährt der Rat oft in einer Weise, die es schwer macht, ein Dokument einem Verfahren zuzuordnen – was es dann den Bürgern unmöglich macht, diese Dokumente aufzufinden.

Wie wir wissen, spielt das Internet hinsichtlich des Zugangs zu EU-Dokumenten eine äußerst wichtige Rolle für die Bürger. Wir brauchen daher ein zentrales EU-Portal, das den Zugang zu Dokumenten, Verfahren und Institutionen vereinfacht. Wir müssen gemeinsame Regeln für die Durchführung von Verwaltungsverfahren definieren, ebenso wie für das Einbringen, die Klassifizierung, Erfassung und Verbreitung von Dokumenten. Unser Parlament muss in Bezug auf die anderen Institutionen mit gutem Beispiel vorangehen.

 
  
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  Avril Doyle (PPE-DE). - Herr Präsident! Ich habe die Ausführung des Berichterstatters aufmerksam zur Kenntnis genommen. Es geht hier um zwei Kategorien von Dokumenten: Zugang zu Informationen über die legislative Arbeit der EU und Zugang zu Dokumenten im nichtlegislativen Bereich. In Bezug auf die erste Kategorie unterstütze ich, was als aktive Transparenz im Sinne der Informationsfreiheit als Norm bezeichnet wird. Dies impliziert in der Tat einen äußerst reduzierten Rückgriff auf Zusammenkünfte unter Ausschluss der Öffentlichkeit und die Verwendung vertraulicher Arbeitspapiere auf Ratsebene. Ich denke, wir sollten wissen, wie unsere nationalen Minister im Rat abstimmen, so dass man sie daraufhin zur Rede stellen kann. Damit können wir der Unkultur in den nationalen Parlamenten der Mitgliedstaaten entgegenwirken, alles Unangenehme auf Brüssel zu schieben. Ich spreche mich außerdem dafür aus, dass Bürger problemlos Informationen über die Anwesenheit und das Abstimmungsverhalten der MdEP auf allen Ebenen der Parlamentsarbeit abrufen können.

Wir sind von den Bürgern mit einem Mandat ausgestattet worden, und wir sind ihnen daher rechenschaftspflichtig. Andererseits allerdings zu fordern, sämtliche Fraktions- oder Parteisitzungen der öffentlichen Beobachtung zu unterziehen, ist haarsträubender Unsinn und lädt zur Instrumentalisierung geradezu ein. Wir haben vor Transparenz keine Angst. Wir üben hier eine ehrbare Tätigkeit als Politiker aus, und wir müssen uns für die Verteidigung der Würde unserer Profession einsetzen.

 
  
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  Carlo Fatuzzo (PPE-DE).(IT) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich bin mir absolut sicher, dass es der Bericht von Marco Cappato sorgsam vermieden hat, denjenigen öffentlichen Amtsträgern auf die Füße zu treten, die sich um ihre Privatsphäre Sorgen machen und um die Notwendigkeit der Aufrechterhaltung der Vertraulichkeit hinsichtlich gewisser Zustände, die so bleiben müssen wie sie sind. Dies ist sicherlich ein sehr wichtiger Grund, diesen Bericht zu billigen. Aber ich würde ebenfalls ganz gerne die Bedenken einiger von uns zerstreuen, die fürchten, dass unser Recht auf Handlungsfreiheit und Privatsphäre verletzt werden könnte.

Lassen Sie uns doch einmal schauen, wie das ist, wenn der Spieß umgedreht wird und die Staatsgewalt wissen möchte, was wir Bürger so machen. Da gibt es dann plötzlich keine Privatsphäre mehr: In einigen Mitgliedstaaten werden selbst Telefongespräche zwischen Ehemann und Ehefrau, zwischen Eltern und Kindern und so weiter abgehört. Wir müssen nun wirklich keine Angst vor den Bürgern haben, wenn diese genau erfahren, wie Gesetze zustande kommen und in der Kommission oder dem Rat Entscheidungen getroffen werden – und dies gilt auch für die legislativen Entscheidungen, die in unserem Parlament getroffen werden. Ich begrüße diese Initiative.

 
  
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  Czesław Adam Siekierski (PPE-DE).(PL) Klarheit und Transparenz sollten die Ausgangsbasis für die Aktivitäten der Institutionen der Europäischen Union sein. Nur wenn wir ein angemessenes Niveau an Transparenz an den Tag legen, werden unsere Aktivitäten dem Bürger verständlicher werden und näher an ihn heranrücken. Die institutionelle Krise der Union führt uns all die Konsequenzen vor Augen, die ein falscher Politikansatz in diesem Bereich mit sich bringt. Meiner Meinung nach war es nämlich genau diese herablassende Haltung gegenüber den Bürgern der Europäischen Union, die zu dem Fiasko bei den institutionellen Reformen und der fehlgeschlagenen Ratifizierung des Lissabonner Vertrags in Frankreich, den Niederlanden und Irland geführt hat.

Wir sollten daher aus diesen Vorkommnissen die richtigen Schlussfolgerungen ziehen und uns bewusst machen, dass die gesellschaftliche Akzeptanz der Aktivitäten der Europäischen Union unserer erste Priorität sein sollte. Um diese Akzeptanz zu erreichen, sollten die Bürger im Bilde darüber sein, was wir tun, wie die Dinge bei uns laufen – und schließlich welche Entscheidungen wir treffen. Wir benötigen eine klare, zusammenhängende und wahrnehmbare Informationsquelle zu den Aktivitäten aller Institutionen der Europäischen Union. Es ist mit Sicherheit das Europäische Parlament, das sich an die Spitze dieses Wandels stellen muss, denn es ist die Institution, die den Bürgern der Europäischen Union am nächsten ist. Wir sollten uns daran erinnern, dass die Union für eben diese Bürger geschaffen worden ist.

 
  
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  Margot Wallström, Vizepräsidentin der Kommission. − Herr Präsident! Ich danke Ihnen für diese Debatte und diese Diskussion. Ich glaube, eine Zusammenfassung fällt schwer. Wenn ich es dennoch versuchen wollte, so würde ich wiederholen, was einige von Ihnen zu diesem Thema gesagt haben, nämlich dass wir es hier mit einem grundlegenden Element einer jeden Demokratie zu tun haben.

Ich bevorzuge den Blickwinkel der Bürger: das Recht der Bürger zu wissen, was gerade vor sich geht, und das Recht auf Zugang zu Informationen und Dokumenten, sowie das Treffen einer sachgerechten Entscheidung auf dieser Grundlage. Dieses Jahr wird für uns alle sehr entscheidend sein, denn am 7. Juni werden die Bürger Europas zur Wahlurne gerufen werden. Es ist natürlich absolut wesentlich, dass sie Zugang zu Informationen haben.

Wir tragen nach wie vor eine Last historischer Kulturunterschiede und Sichtweisen darüber, welche Informationen veröffentlicht werden sollen und welche nicht. Ich denke, in einigen Fällen haben wir immer noch mit dieser Last zu kämpfen. Ich komme aus einem Land, in dem wir eine sehr lange Tradition des Prinzips der Offenheit und des Zugangs zu Dokumenten haben. In anderen Mitgliedstaaten hingegen war bislang das Gegenteil üblich: Zunächst ist alles erst einmal geheim zu halten, und erst danach wird entschieden, was nicht als geheim anzusehen ist und an die Öffentlichkeit gehen kann. Ich denke, in diesem Bereich haben wir noch einiges an Widerständen zu überwinden. Ich glaube auch, der Bericht hat all die Beziehungen und Querverbindungen zwischen diesen Problemen aufgezeigt, und wir müssen ihn daher unter einem politischen Blickwinkel betrachten.

Ich möchte erneut darauf hinweisen, dass der Reiz des Vertrags von Lissabon darin besteht, dass er das Recht auf Information und den Zugang zu Dokumenten ausweiten würde und damit hoffentlich dazu beitragen würde, der Neigung, die Schuld auf Brüssel zu schieben, ein Ende zu setzen. Dies würde uns auch die Möglichkeit geben nachzuvollziehen, was im Europäischen Rat vor sich geht. Michael Cashman und auch andere haben darauf hingewiesen, und ich glaube, es ist für uns alle wichtig.

Ich hoffe, Sie wissen, dass Sie mit mir rechnen können, wenn es darum geht, jeden Tag dafür zu sorgen, dass die Kommission den Zugang zu ihren Dokumenten optimiert. Wir können schauen, was in den Ausschüssen verhandelt wird, wir können unsere Verzeichnisse weiter verbessern und Verbesserungen zu einer ganzen Reihe von Punkten anbringen, die Marco Cappato angesprochen hat und die hilfreich für uns sind. Sie sollten durchaus den Druck auf die Kommission aufrechterhalten, aber Sie haben auch deutlich gemacht, dass auch das Parlament hier in der Pflicht ist. Auch Sie können zu den Verbesserungen beitragen und mehr Offenheit und Transparenz an den Tag legen. Dies trägt mit Sicherheit zur Stärkung der Demokratie in Europa bei. Im Zuge der Vorbereitungen zu den Wahlen zum Europaparlament werden wir Gelegenheit haben, diesbezüglich aktiv zu werden. Dies wäre für uns alle eine grundlegende Prüfung aufs Exempel.

Haben Sie vielen Dank für diese Diskussion. Wir werden schon in Kürze wieder auf dieses Thema zu sprechen kommen, wenn wir die Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 besprechen.

 
  
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  Marco Cappato, Berichterstatter.(IT) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte Kommissarin Wallström ganz herzlich danken. Ich habe dies zuvor nicht angesprochen, aber der Bericht erkennt an, dass es in letzter Zeit Verbesserungen hinsichtlich eines effektiven Zugangs zu Dokumenten und des Anteils positiver Bescheide zu Dokumentanfragen gegeben hat. Worauf ich eigentlich hinaus wollte, ist die Notwendigkeit nach einer, nennen wir es einmal Mentalitätsänderung, hin zu einem Paradigma, bei dem die Information bereits zum Zeitpunkt ihrer Entstehung mit der Perspektive ihrer Offenlegung erstellt wird.

Frau Cederschiöld, ich fordere nicht etwa mehr Papierkram wegen der Anforderung zur umfassenden Offenlegung und Bereitstellung von Informationen. Vielmehr geht es darum, ein bereits vorhandenes System in einer Weise auszurichten, dass der Zugang zu einem bestimmten Dokument nicht ausschließlich nur auf spezifische Anfrage gewährt wird sondern dass dieser Informationszugang bereits vom Augenblick der Erstellung eines Dokuments an für den öffentlichen Zugriff vorzusehen ist. Dabei ist selbstverständlich im Hinblick auf die Zusammenkünfte der Parteien und Parlamentsfraktionen die Vertraulichkeit zu wahren. Diese Klarstellung richtet sich auch an Avril Doyle und Luis Herrero, der bereits gegangen ist.

Ich spreche hier von einer größeren und einfacheren Verfügbarkeit von Informationen. Dies heißt aber selbstverständlich nicht, dass die Parlamentsfraktionen dann keine Zusammenkünfte mehr hinter verschlossenen Türen abhalten könnten. Ich spreche nicht von einer absoluten und ideologisch begründeten Öffentlichkeitspflicht für jede Versammlung. Vielmehr geht es darum, dass die entsprechende Infrastruktur bereitsteht, wenn sie gewünscht wird. Ich glaube im Übrigen im Gegensatz zu Luis Herrero nicht, dass Informationen über die Anwesenheit, das Abstimmungsverhalten und so weiter von Abgeordneten in vollem Umfang erfasst und verfügbar ist. Das stimmt so nicht. Für die einzelnen Ausschüsse sind zwar Sitzungsprotokolle verfügbar aber eventuell benötigte Informationen können nur mittels Durchgehen der einzelnen Sitzungsberichte herausgefiltert werden.

Ich selbst war bereits ein Opfer dieser unbefriedigenden Situation. Eine italienische Zeitung prangerte mich in ihren Schlagzeilen an, ich würde mehr als alle anderen Europaabgeordneten durch Abwesenheit im Parlament glänzen – nur weil ich mein Mandat in der Mitte der Wahlperiode angetreten hatte, wobei die Zeitung ihre Recherchen auf die wenigen Monate nach meinem Amtsantritt stützte und meine Anwesenheit mit den vorangegangenen drei Jahren verglichen hatte. Dies ist ein Paradebeispiel dafür, dass wir selbst die Informationen verfügbar halten müssen, die für ein Maximum an Transparenz sorgen. Damit beugen wir der Verdrehung und falschen Darstellung von Tatsachen vor.

Mir ist durchaus bewusst, dass der Wert der Arbeit eines MdEP nicht ausschließlich an Anwesenheits- oder Abwesenheitsquoten zu ermessen ist. Mit ist jedoch nicht verständlich, warum wir mit eindeutigen Informationen hinter dem Berg halten und damit wilden Spekulationen und Rufmordkampagnen Tür und Tor öffnen. Ich hoffe daher, dass wir in Bezug auf diese Aspekte und hinsichtlich des Informationszugangs für behinderte Menschen – ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, warum die Fraktion der Europäischen Volkspartei (Christdemokraten) und der Europäischen Demokraten hier eine getrennte Abstimmung durchführen möchte – ich hoffe also wirklich, dass wir hier in letzter Minute keine unangenehmen Überraschungen erleben müssen, denn ich glaube, dies ist eine Angelegenheit von fundamentaler Bedeutung für uns alle. Herr Präsident, vielen Dank für Ihr Verständnis.

 
  
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  Der Präsident. − Die Aussprache ist geschlossen.

Die Abstimmung erfolgt am Mittwoch, den 14. Januar 2009 um 12.00 Uhr.

Schriftliche Erklärungen (Artikel 142)

 
  
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  John Attard-Montalto (PSE), schriftlich. Bezüglich Letzterem, dies trifft nicht für alle Kommissionsmitglieder zu. Es ist bedauerlich, dass wir gegenwärtig nicht in der Lage sind, Informationen über sonstige erhaltene Gelder zu veröffentlichen. Allerdings existieren hinsichtlich unserer Bezüge allgemein falsche Vorstellungen.

Erstens, bis jetzt ist es so, dass alle Mitglieder des Europäischen Parlaments das gleiche Gehalt beziehen wie die Mitglieder ihrer jeweiligen nationalen Parlamente. Dies bedeutet, dass die maltesische Delegation im EP die gleichen Abgeordnetenhonorare bezieht wie die Parlamentsmitglieder, die sowohl in Brüssel als auch in Malta Funktionen ausüben.

Vielleicht wäre es eine gute Idee, wenn die Kommissionsmitglieder und die Parlamentarier zur Vorlage einer ordentlich geprüften Jahresrechnungslegung verpflichtet würden, in der sämtliche Einkünfte anzugeben wären. Diese Abgeordneten-Jahresrechnungen müssten dann für die Öffentlichkeit einsehbar sein. Ich denke dieser Vorschlag würde die beiden wichtigen Erfordernisse Datenschutz und Transparenz unter einen Hut bringen.

 
  
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  Anneli Jäätteenmäki (ALDE), schriftlich.(FI) Herr Präsident! Ich stimme vielen der in dem Bericht angesprochenen Punkte zu, über den wir am Donnerstag abstimmen werden. Der Rat muss in Zukunft dafür Sorge tragen, dass alle seine Debatten, Dokumente und Informationen für die Öffentlichkeit einsehbar sind.

Ich unterstütze außerdem den Vorschlag in dem Bericht, dass auf den Internetseiten des Parlaments mehr Informationen über die Aktivitäten und Anwesenheiten der Parlamentarier bereitgestellt werden sollten.

 

14. Vergabe bestimmter öffentlicher Bau-, Liefer- und Dienstleistungsaufträge in den Bereichen Verteidigung und Sicherheit (Aussprache)
Video der Beiträge
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  Der Präsident. − Im nächsten Tagesordnungspunkt geht es um den Bericht (A6-0415/2008) von Alexander Graf Lambsdorff, im Namen des Ausschuss für Binnenmarkt und Verbraucherschutz, über den Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates für die Koordinierung von Verfahren hinsichtlich der Vergabe bestimmter öffentlicher Bau-, Liefer- und Dienstleistungsaufträge in den Bereichen Verteidigung und Sicherheit (COM(2007)0766 – C6-0467/2007 – 2007/0280(COD)).

 
  
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  Alexander Graf Lambsdorff, Berichterstatter.(DE) Herr Präsident, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es gibt zurzeit weltweit 13 EU-Missionen, mit denen wir helfen, Frieden und Stabilität zu schaffen. Neun Missionen sind bereits abgeschlossen. Bei vielen dieser Einsätze kommen Streitkräfte, oft auch Polizeikräfte unserer Mitgliedstaaten in schwierigem Umfeld zum Einsatz. Gleichzeitig wissen wir alle, dass es noch viel mehr Krisenherde gibt, dass die Nachfrage nach einem europäischen Beitrag in der internationalen Politik eher wachsen als schrumpfen wird, und wir wissen leider auch, dass wir Europäer oftmals nicht in der Lage sind, unsere Missionen so durchzuführen, wie wir das eigentlich tun müssten, mit optimaler Ausrüstung, interoperabel, strategisch verlegbar. Das müssen wir erreichen, denn das schulden wir unseren Soldaten und Polizisten im weltweiten Einsatz. Doch wir sind weit davon entfernt.

Einer der Gründe ist unser zersplitterter Rüstungsmarkt. Unsere 27 Mitgliedstaaten leisten sich 89 verschiedene, gelegentlich sogar doppelte Forschungsprogramme. Die USA haben gerade einmal 29. Es gibt viel zu wenig Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten bei der Produktentwicklung. So genannte historische Lieferanten werden den nichthistorischen, vielleicht aber besseren vorgezogen. Das wollen wir ändern.

Auf dem europäischen Rüstungsmarkt werden jährlich Güter und Dienstleistungen im Wert von ca. 91 Milliarden Euro beschafft. Davon werden im Schnitt gerade einmal 13 % europaweit ausgeschrieben. Trauriges Schlusslicht ist dabei übrigens Deutschland mit nur ca. 2 %. Unter dem Strich heißt das, der Binnenmarkt für Rüstungsgüter funktioniert nicht. Manch wichtige Innovation in dieser Hightech-Branche kann nicht genutzt werden, unsere Streitkräfte bekommen nicht die beste Ausrüstung, und Steuergelder werden verschwendet. Dabei werden hoch entwickelte Rüstungsgüter immer teurer, gleichzeitig bleiben die Verteidigungshaushalte gleich oder schrumpfen sogar. In dieser Situation ist klar, worum es geht. Nicht um mehr Rüstungsausgaben geht es, sondern darum, das vorhandene Geld schlauer auszugeben. Darum geht es. Das schulden wir unseren Steuerzahlern.

Deswegen hat dieses Parlament 2005 in einem Bericht die Kommission aufgefordert, eine Richtlinie für diesen Sektor vorzulegen. Das hat sie getan, in Abstimmung sowohl mit dem Parlament als auch mit dem Rat. Es war für uns und auch für mich als Berichterstatter wichtig, dass Präsident Sarkozy in seiner Rede zu den Schwerpunkten der französischen Präsidentschaft ausdrücklich den europäischen Rüstungsmarkt erwähnte. Damit war klar, dass Parlament, Rat und Kommission hier an einem Strang ziehen würden. Die Einigung in erster Lesung ist ein Ergebnis dieses gemeinsamen politischen Willens. Wir werden damit morgen – hoffentlich gemeinsam – die Grundlage legen für einen neuen europäischen Rechtsrahmen, der für eine echte Öffnung des Marktes und für mehr Transparenz und Wettbewerb bei der Auftragsvergabe sorgt.

Wir müssen diese Richtlinie auch im Kontext betrachten. Im Dezember haben wir bereits erfolgreich die Richtlinie zur innergemeinschaftlichen Verbringung von Rüstungsgütern verabschiedet. Die heute vorliegende Richtlinie ist der zweite wichtige Baustein des europäischen Rüstungspakets. Beide Richtlinien funktionieren zwar theoretisch unabhängig voneinander, praktisch aber brauchen sie einander. Auch deshalb ist der Abschluss unserer Arbeit am Rüstungspaket morgen so wichtig. Er wird keine Revolution im Markt über Nacht bringen, das ist klar, aber er ist ein wichtiger Fortschritt und er kann die europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik entscheidend voranbringen.

Ich möchte sehr herzlich meinen Kolleginnen danken, den Schattenberichterstatterinnen Charlotte Cederschiöld, Barbara Weiler und Gisela Kallenbach für die stets faire, gelegentlich kritische, aber immer konstruktive Zusammenarbeit. Ich danke genauso auch dem Rat und der Kommission. Für alle Beteiligten gilt, dass politischer Wille, Professionalität und Kompromissbereitschaft hier eine glückliche Mischung eingegangen sind.

Gemeinsam konstruktiv Politik für Europa zu machen, das schulden wir alle hier unseren Bürgerinnen und Bürgern. Ich hoffe, dass wir diese Schuld morgen für unseren Verantwortungsbereich mit der Verabschiedung dieses Pakets einlösen werden. Diese Debatte sollten wir im Übrigen in Brüssel und nicht in Straßburg führen. Ich danke Ihnen.

 
  
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  Charlie McCreevy, Mitglied der Kommission. − Herr Präsident! Zunächst einmal möchte ich mich für meine schwache Stimme entschuldigen, weil ich sehr stark erkältet bin.

Sie sind im Begriff, über den Vorschlag für eine Richtlinie über die Vergabe von Aufträgen in den Bereichen Verteidigung und Sicherheit abzustimmen, den die Kommission im Dezember 2007 im Rahmen des so genannten „Verteidigungspakets“ vorgelegt hat. Dieser Vorschlag ist ein bedeutender Schritt hin zur Schaffung eines europäischen Binnenmarkts für Verteidigungsgüter, der – für sich genommen – einen wichtigen Beitrag zur Sicherheits- und Verteidigungspolitik der Union darstellt. Mit anderen Worten ist diese Richtlinie ein in politischer Hinsicht äußerst wichtiges Instrument, das dazu beitragen wird, die Verteidigungsfähigkeit Europas zu stärken, die Effizienz der öffentlichen Ausgaben zu erhöhen und die Sicherheit unserer Bürger zu verbessern.

Der Verhandlungsprozess hat von der engen Zusammenarbeit zwischen dem Parlament, dem Rat und der Kommission profitiert. Daher möchte ich dem Berichterstatter, Herrn Lambsdorff, für seine intensive und effiziente Arbeit herzlich danken, um mit dem Rat eine Einigung in erster Lesung erzielen zu können. Ich möchte auch den Schattenberichterstatterinnen für ihre konstruktive Zusammenarbeit danken. Ferner möchte ich die französische Ratspräsidentschaft, zusammen mit der slowenischen Ratspräsidentschaft, zu der Art und Weise beglückwünschen, wie sie die Verhandlungen mit dem Rat erfolgreich vorangetrieben haben. Und abschließend möchte ich der tschechischen Ratspräsidentschaft für ihr Engagement bei der endgültigen Ausarbeitung dieses Dokuments danken.

Die Kommission befürwortet den Text, der uns nun vorliegt. Die neue Richtlinie ist maßgeschneidert für das Beschaffungswesen im Bereich der Verteidigungs- und Sicherheitsgüter. Sie wird den öffentlichen Auftraggebern die notwendige Flexibilität zur Aushandlung von Verträgen geben, die häufig ausgesprochen komplex und kritisch sind. Sie wird ihnen auch die Möglichkeit geben, spezielle Sicherheitsklauseln zu verlangen, um vertrauliche Informationen zu schützen und die Versorgungssicherheit zu gewährleisten. All dies macht die Richtlinie zu einem Instrument, das die Mitgliedstaaten auf die Mehrzahl ihrer Verfahren zur Vergabe öffentlicher Aufträge im Verteidigungsbereich anwenden können, ohne ihre Sicherheitsinteressen zu gefährden.

Darüber hinaus wird die neue Richtlinie auch für kritische Vergabeverfahren im Bereich der nicht militärischen Sicherheit gelten. Dieser Ansatz steht im Einklang mit dem heutigen strategischen Umfeld, in dem transnationale Bedrohungen und neue Technologien die Trennlinie zwischen militärischer und nicht militärischer, interner und externer Sicherheit verwischt haben. Das öffentliche Beschaffungswesen darf diese Entwicklungen nicht ignorieren: In Fällen, in denen Ausrüstungsgüter für Polizeikräfte beispielsweise ähnliche Funktionen haben wie Verteidigungsgüter, ist es nur logisch, dass die gleichen Vergabevorschriften zur Anwendung kommen.

All dies wird erhebliche Vorteile mit sich bringen: Die neue Richtlinie wird den Mitgliedstaaten die Möglichkeit geben, die Anwendung der gemäß Artikel 296 des EG-Vertrages vorgesehenen Ausnahmeregelung auf begründete Ausnahmefälle zu beschränken. Somit werden die Grundsätze des Binnenmarkts endlich für wichtige Bereiche der Märkte für Verteidigungs- und Sicherheitsgüter in Europa gelten. In der gesamten Union werden faire und transparente Vergabevorschriften gelten und Unternehmen die Möglichkeiten geben, sich leichter an öffentlichen Ausschreibungen in anderen Mitgliedstaaten zu beteiligen. Die europäische Industrie wird einen weitaus größeren „Inlandsmarkt“ haben, was ihnen größere Produktionsläufe und erhebliche Einsparungen ermöglicht. Dies wird wiederum zu einer Verringerung der Kosten und einer Senkung der Preise führen.

Schlussendlich werden wir dadurch eine stärkere Marktöffnung zum Vorteil aller bewirken: Die Industrien werden wettbewerbsfähiger, die Streitkräfte werden bessere Ausrüstungsgüter zu günstigeren Preisen erhalten, und die Steuerzahler werden von der höheren Wirksamkeit der öffentlichen Ausgaben profitieren. All dies sind die Früchte Ihrer Arbeit und Ihrer Beiträge. Daher möchte ich Ihnen nochmals danken und Sie dazu beglückwünschen.

 
  
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  Charlotte Cederschiöld, im Namen der PPE-DE-Fraktion. – (SV) Herr Präsident! Ein europäischer Markt für Verteidigungsgüter lässt sich zwar nicht über Nacht schaffen, doch der Berichterstatter hat eine vertrauensvolle Zusammenarbeit aufgebaut, die uns dabei geholfen hat, zusammen mit dem Rat, und insbesondere mit der Kommission, einen ersten sehr wichtigen Schritt zu unternehmen. Nun werden Verteidigungsgüter klar in die grundlegenden Vorschriften des Binnenmarkts aufgenommen, was zu einer Verringerung der Preise beitragen sollte. Im Zuge der stärkeren Marktöffnung wird die europäische Wettbewerbsfähigkeit steigen und die Produktion von Ausrüstungsgütern an Effizienz gewinnen.

Auch die französische Regierung verdient Anerkennung für ihre konstruktive Rolle, doch den wichtigsten Beitrag hat natürlich der Berichterstatter, Herr Lambsdorff, geleistet. Außerdem möchte ich der Rüstungsindustrie für ihre wertvolle Mitwirkung danken, durch die die Flexibilität erhöht wurde. Viele Bestandteile aus der Beschaffungsrichtlinie 2004 konnten hier beibehalten werden. Gleichzeitig werden nationale Sicherheitsinteressen und beispielsweise auch spezielle Bedingungen für die Versorgungssicherheit und den Schutz von Informationen gewahrt. Die Anwendung von Artikel 296 wird gemäß der aktuellen Gesetzgebung beibehalten, allerdings wird Missbrauch vermieden. Dieser Umstand dürfte auch von der Industrie begrüßt werden, die natürlich weiterhin Einfluss auf die Umsetzung der Richtlinie sowie auf die Entwicklung neuer Verfahren nehmen kann.

Wir im Parlament freuen uns darüber, dass uns der Rat in Bezug auf die Schwellenwerte und Transparenz auf halbem Wege entgegengekommen ist, um nur einige Beispiele für die zahlreichen Erfolge zu nennen, die das Europäisches Parlament, der Ausschuss für Binnenmarkt und Verbraucherschutz und der Berichterstatter erzielen konnten. Ich persönlich freue mich, dass es möglich war, die kontroversesten Probleme im Hinblick auf die jetzige EG-Gesetzgebung zu lösen. Wenn das Parlament, wie ich hoffe und glaube, diesen Bericht mehrheitlich unterstützt, dann haben wir einen wichtigen und logischen Schritt nach vorn unternommen.

Ich möchte allen meinen Kollegen und anderen Beteiligten danken, die zu diesem konstruktiven und spannenden Prozess beigetragen haben.

 
  
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  Barbara Weiler, im Namen der PSE-Fraktion.(DE) Herr Präsident, Herr Kommissar, liebe Kolleginnen und Kollegen! Zum Jahreswechsel gab es einige bemerkenswerte Schlagzeilen: „Die Welt rüstet auf“, „Das Geschäft mit Waffen boomt“, „Rüstungsindustrie – konkurrenzlos teuer“ und weitere Korruptionsaffären in Deutschland und auch in anderen Ländern der Europäischen Union. Für uns Sozialdemokraten ist ganz klar: Diese Art des Wettrüstens, des Hochrüstens und auch des laissez-faire gegenüber Korruption lehnen wir ab. Darin sind wir auch mit den nationalen Abgeordneten einig.

Die Ziele dieses Gesetzespaketes, dieser zwei Richtlinien – Transfer- und Vergaberichtlinie –, die wir heute diskutieren, werden sicherstellen, dass es nicht nur um Wettbewerbsfähigkeit geht, sondern dass auch die Verschwendung von Steuergeldern bei Rüstungsproduktion gestoppt und dass Korruption verhindert wird. Dies allein sind schon Gründe, warum die Sozialdemokraten dem Ergebnis zustimmen werden.

Es wird einen europäischen Rechtsrahmen für die Auftragserteilung bei Gütern und Dienstleistungen im Bereich von Verteidigung und Sicherheit geben, es wird mehr Kooperation zwischen den Mitgliedstaaten geben, also keine unnötigen Überschneidungen, kein Über-den-Tisch-Ziehen von Mitgliedstaaten durch die Rüstungskonzerne, es wird insgesamt mehr Wettbewerb und weniger Ausnahmen nach Artikel 296 geben.

Für uns Abgeordnete – wie ich meine, aller Fraktionen – war wichtig, dass wir die Rechtsmittelrichtlinie, also die Richtlinie des Kollegen Fruteau, hier eingeführt haben. Das war beim Rat gar nicht so selbstverständlich. Für uns war wichtig, dass es bei Korruption Sanktionen geben wird bis hin zum Ausschluss von Aufträgen. Ich denke, das ist etwas Neues für diese bisher verwöhnte Branche.

Es war aber auch wichtig für uns, dass die Ergebnisse für alle 27 Mitgliedstaaten tragfähig sind. Selbst dann, wenn nur sechs bis sieben Staaten eine eigene Produktion haben und ein paar wenige im Handel mitmachen, ist es wichtig, 27 Staaten hinter uns zu bekommen. Das ist geglückt. Ich bin nicht sicher, ob alles auch so funktionieren wird, wie wir es uns vorstellen. Wir haben daher eingebaut, dass das Parlament weiterhin eine Kontrolle haben will. Wir wollen informiert sein, nicht nur automatisch durch die Kommission, sondern wir wollen über die Ergebnisse und über die Umsetzung dieser Richtlinien, dieses Paketes informiert sein.

Wenn wir in Zukunft noch stärker einen europäischen Binnenmarkt haben werden, europäische Kompetenzen bekommen werden, wie Herr Sarkozy das ja auch geplant hat, dann muss auch das Europäische Parlament als die gewählte Institution in Europa in eine echte Kontrolle einbezogen werden, so wie wir das in nationalen Parlamenten, allerdings noch nicht hier im Europäischen Parlament, haben. Aber das ist die Aufgabe der Zukunft. Wir in Deutschland z. B. sind gebranntes Kind mit Rüstungsproduktion und erhöhten Preisen. Wir haben den Eurofighter – ein überteuertes, ja eines der teuersten Projekte –, und ich bin sicher, jeder Mitgliedstaat hat ähnliche Erfahrungen.

Ich möchte mich zum Schluss nicht bedanken. Die Zusammenarbeit war ganz gut, die Ergebnisse sind vor allen Dingen sinnvoll. Aber ich sage ganz offen: Das parlamentarische Verfahren war unerträglich. Kompromisse mit dem Rat und der Kommission zur ersten Lesung sind einfach keine parlamentarische Arbeit. Aus diesen Gründen darf dieses Verfahren in Zukunft nur eine absolute Ausnahme sein. Bei diesem Gesetzespaket war dieses Verfahren eigentlich nicht notwendig. Wir sollten uns daran halten und gleich nach der Wahl diese Art von Verfahren der nichtparlamentarischen Arbeit abschaffen.

 
  
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  Cristian Silviu Buşoi, im Namen der ALDE-Fraktion. – Herr Präsident! Ich möchte meinen Kollegen, Herrn Lambsdorff, zu seinem hervorragenden Bericht beglückwünschen. Ich weiß, dass er sich für diese sehr wichtige Arbeit stark engagiert hat. Meiner Ansicht nach ist es sehr wichtig, einen gemeinsamen Rüstungsmarkt und den dafür notwendigen Rechtsrahmen zu schaffen, um die europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik (ESVP) weiter zu entwickeln.

Ich begrüße auch die wichtige Errungenschaft, dass die Grundsätze des EG-Vertrages, insbesondere der Grundsatz der Transparenz, der Nichtdiskriminierung und der Offenheit, nun auch in den Märkten für Verteidigungs- und Sicherheitsgüter umgesetzt werden und dass dies, wie bereits gesagt wurde, zu einer Erhöhung der Effizienz der Verteidigungsausgaben führen wird.

Durch den Kommissionsvorschlag sowie den Bericht von Herrn Lambsdorff konnten einige Vorschriften für die Vergabe öffentlicher Aufträge im Bereich der Sicherheit und Verteidigung festgelegt werden, die das ordnungsgemäße Funktionieren des gemeinsamen Rüstungsmarkts ermöglichen.

Ich möchte zumindest zwei wesentliche Verbesserungen für Lieferanten und öffentliche Auftraggeber hervorheben, die die Sicherheit der EU und ihrer Mitgliedstaaten schützen sollen. In diesem Zusammenhang möchte ich die Bestimmungen in Bezug auf die Versorgungssicherheit erwähnen, nämlich die den öffentlichen Auftraggebern vorgelegten Angaben über Bieter und Subunternehmer und die Zusicherungen, die Bieter zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit machen müssen. Andererseits sind die Bieter auch durch die Einführung des Nachprüfungsverfahrens geschützt, das gewährleisten soll, dass das Vergabeverfahren fair ist und ohne Diskriminierung abläuft.

Der Vorschlag erhöht die Transparenz der Verfahren, doch die Mitgliedstaaten sollten ihn unter keinen Umständen ablehnen, da ihre Sicherheitsinteressen gewahrt werden, insbesondere durch die Beibehaltung der Freistellungen von der Offenlegung von Informationen, wenn Sicherheitsinteressen auf dem Spiel stehen.

Abschließend möchte ich betonen, dass ein gemeinsamer europäischer Verteidigungsmarkt für uns sehr wichtig ist. Gleichzeitig sollten wir, wenn wir über dieses Thema – den gemeinsamen europäischen Verteidigungsmarkt – oder zukünftig vielleicht über noch heiklere Themen wie Kompensationsgeschäfte sprechen, die strategischen Interessen und die konkrete Situation des jeweiligen Mitgliedstaates berücksichtigen.

 
  
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  Mieczysław Janowski, im Namen der UEN-Fraktion.(PL) Herr Präsident, Herr Kommissar! Herr Lambsdorff hat ausgezeichnete Arbeit geleistet. Herzlichen Glückwunsch! Die Ausgabe öffentlicher Mittel hat immer schon starke Emotionen geweckt. Dies trifft insbesondere auf das öffentliche Beschaffungswesen für das Militär oder für Verteidigungskräfte zu. Es geht um große Summen, und wir müssen die Hersteller und Dienstleister auswählen, die den besten Service, nicht unbedingt die kostengünstigste Lösung anbieten. Wir benötigen hohe Qualität zu einem vertretbaren Preis.

Wir müssen auch die Gründlichkeit aller Arbeiten und die Qualität der verwendeten Materialien sowie spezifische Fragen wie Vertraulichkeit, sogar Geheimhaltung, insbesondere in Bezug auf kritische Fragen, berücksichtigen. Diese Angelegenheiten sind auch im Zusammenhang mit der Frage von Kompensationsgeschäften und der Gewährleistung der Rentabilität zu sehen. Ich glaube, dass wir auf dieses Thema zurückkommen müssen. Ich bin der Auffassung, dass der im Richtlinienvorschlag vertretene Standpunkt richtig ist. Meiner Meinung nach werden die vorgeschlagenen Lösungen die Effizienz des europäischen Ausschreibungs- und Auftragsvergabesystems im Verteidigungsbereich erhöhen. Wir sollten sie annehmen.

 
  
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  Gisela Kallenbach, im Namen der Verts/ALE-Fraktion.(DE) Herr Präsident! Ich bedanke mich beim Berichterstatter für die gute Zusammenarbeit, weil bei aller berechtigten Kritik am Verfahren in der ersten Lesung diese Zusammenarbeit doch die Voraussetzung dafür war, dass beim Trilog die Stimme des Parlaments tatsächlich deutlich wahrgenommen wurde.

Wir beschließen heute über einen Kompromiss zu einem Handelsgut, dessen bisheriger Markt auf einige wenige Mitgliedstaaten begrenzt war. Es war für mich schon eine recht interessante Erfahrung, dass Verfechter der reinen Lehre von Binnenmarkt und Wettbewerb plötzlich alle Register zogen, um nationale Entscheidungs- und Abschottungsmechanismen auch weiterhin nutzen zu können. Das ist nicht gelungen, und das ist gut so.

Warum? Weil mehr Wettbewerb beim Handel mit Verteidigungsgütern hoffentlich in Zukunft auch ein Abrücken vom Diktat der Preise bedeutet und die Chance besteht, dass die dafür eingesetzten öffentlichen Gelder effizienter genutzt und reduziert werden. Das Gleiche gilt auch für die Reduzierung der Korruption. Das sind wir den Bürgerinnen und Bürgern schuldig. Es ist auch klar, dass jetzt deutliche Ausschreibungsbedingungen gelten, die zu mehr Transparenz bei der Vergabe führen und endlich auch den KMU zu einer reellen Chance auf Markteinstieg verhelfen werden. Des Weiteren wurden auch noch alle denkbaren Schlupflöcher zur Vermeidung der Ausschreibungen reduziert, und vorgesehene Abweichungen müssen vorher mit der Kommission abgesprochen werden. Die bislang rechtlich zwar untersagten, in der Praxis aber durchaus üblichen Tauschgeschäfte wurden mit dieser Richtlinie nicht legalisiert. Und, last but not least, können erstmalig auch Rechtsmittel eingesetzt werden.

Ich hätte mir vorstellen können, dass wir es noch mehr europäisieren, die Schwellenwerte reduzieren und damit noch mehr Transparenz bekommen. Aber dies ist ein großer Schritt in die richtige Richtung, und ich bin gespannt auf die Umsetzung.

 
  
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  Tobias Pflüger, im Namen der GUE/NGL-Fraktion.(DE) Herr Präsident! Diese Richtlinie ist Teil des „Defence Package“, der Kontext ist – ich zitiere: „Die Strategie für eine stärkere und wettbewerbsfähige europäische Verteidigungsindustrie“. Oberste Leitlinie ist der freie Markt, wie bei so vielem, auch für Rüstungsgüter, also für Waffen, und Waffen sind zum Töten und Kriegführen da. Ziel der Richtlinie ist es, größere Effizienz und Konkurrenzfähigkeit der Rüstungsindustrie in der EU zu schaffen. Kollege Swoboda hat bei der letzten Debatte Klartext geredet. Er sagte, es bedürfe besserer Startbedingungen für die europäische Rüstungsindustrie angesichts der Konkurrenz, insbesondere aus den Vereinigten Staaten.

2005 sind die EU-Staaten zusammen erstmals weltweit zum Rüstungsexporteur Nr. 1 geworden. 70 % dieser Exporte werden von den großen vier – Frankreich, Deutschland, Großbritannien und Italien – durchgeführt. Hauptimporteurstaaten sind Staaten des Nahen Ostens. Unsere Sorge sollte nicht eine effizientere Rüstungsindustrie sein, sondern Abrüstung, und dazu gibt es anders als zur Effizienz der Rüstungsindustrie keine Richtlinie. Es ist schon sehr klar, worum es hier eigentlich geht.

 
  
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  Andreas Schwab (PPE-DE).(DE) Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch von meiner Seite aus ein herzliches Dankeschön an den Berichterstatter im Ausschuss für Binnenmarkt und Verbraucherschutz, aber auch an den Unterausschuss für Sicherheit und Verteidigung und seinen Vorsitzenden und den Verfasser der Stellungnahme, zum Bericht Lambsdorff, meinen Freund Karl von Wogau.

Wir beraten hier heute nicht über den Export von Waffen in Staaten außerhalb des europäischen Binnenmarktes, sondern wir beraten ausschließlich über die Frage, wie der Verkauf und Verkehr von Waffen im europäischen Binnenmarkt, in den 27 Mitgliedstaaten der Europäischen Union, kostengünstiger und effektiver werden kann. Dass das Parlament hier einen einheitlichen Standpunkt eingenommen hat, begrüße ich außerordentlich, weil die Bürgerinnen und Bürger damit in einem Markt von ungefähr 70 Milliarden Euro pro Jahr endlich erhebliche Einsparungen und damit in gewisser Weise eine Friedensdividende ausgezahlt bekommen können.

Diese Arbeit und – es enttäuscht ein wenig, dass der Rat heute so spärlich vertreten ist – diese Entscheidung ist vor dem Hintergrund einer extrem schwierigen Diskussion zwischen den Mitgliedstaaten in der Vergangenheit außerordentlich zu begrüßen. So sehr ich die Schwierigkeiten im Trilog, die von der sozialdemokratischen Seite angesprochen wurden, teile, so muss ich doch sagen, dass wir hiermit eines Tages einen Meilenstein in der europäischen Verteidigungspolitik verzeichnen werden. Umso trauriger bin ich gestimmt, dass nur so wenige Kollegen dieser Entscheidung beiwohnen wollen.

Heute morgen haben wir „10 Jahre europäische Währung Euro“ gefeiert. Ich hoffe, dass wir in einigen Jahren auch auf den heutigen Tag zurückblicken, weil es ein Meilenstein in der europäischen Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten im Bereich der Verteidigung und im Bereich der Außen- und Sicherheitspolitik ist, weil in Zukunft das Prinzip gilt: Was wir in unserem eigenen Mitgliedstaat an Anforderungen stellen, das gilt auch unbesehen in allen anderen Mitgliedstaaten. Das ist ein großer Vertrauensvorschuss, den die Mitgliedstaaten inzwischen zu geben bereit sind. Dafür danke ich ausdrücklich.

Ich danke aber auch der Kommission, die an dieser Richtlinie mit sehr viel Nachdruck gearbeitet hat, die die Widerstände in den Mitgliedstaaten übergangen hat, die versucht hat, konstruktiv dem Parlament hier zu einem Weg durch das Dickicht des Vergaberechts zu verhelfen. Die Punkte, die positiv sind, sind bereits angesprochen worden, auch welche Verbesserungen im Vergaberecht hier geschaffen werden, ich möchte das nicht wiederholen.

Mit dem zweiten Teil des Pakets zur Schaffung dieses echten europäischen Verteidigungsgüterbinnenmarktes legen wir wirklich einen weiteren wichtigen Meilenweg zurück. Das stärkt auch die autonome Reaktionsfähigkeit der Europäischen Union in internationalen Krisen, eine Arbeit, der sich der Kollege von Wogau im Unterausschuss für Sicherheit und Zusammenarbeit besonders verschrieben hat. Wenn dann, wie kürzlich beschrieben, ein autonomer Einsatz der Europäischen Union in Afrika unter Leitung eines irischen Generals mit einem polnischen Stellvertreter und Truppenmitgliedern aus 15 verschiedenen Mitgliedstaaten möglich wird, dann zeigt dies, welchen Weg die Europäische Union zurückgelegt hat, um ein Europa der Verteidigung aufzubauen. Auf diesem Weg gilt es weiter zu gehen. Vielen Dank.

 
  
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  Joel Hasse Ferreira (PSE).(PT) Herr Präsident! Zunächst einmal möchte ich dem Berichterstatter, Herrn Lambsdorff, und den Schattenberichterstatterinnen, insbesondere Frau Weiler, meine Anerkennung aussprechen.

Meine Damen und Herren, meiner Ansicht nach ist es wichtig, dass wir einen Schritt hin zur Integration der nationalen Verteidigungsmärkte und sogar der strategischen Koordinierung ihrer Produktion unternehmen. Wir müssen unter Berücksichtigung aller notwendigen Spezifitäten und Vorsichtsmaßnahmen übergehen zur Anwendung der Grundsätze des Binnenmarkts auf die Rüstungs- und Verteidigungsindustrie und zur Erhöhung der Transparenz bei den Ausschreibungsverfahren, die organisiert werden, und bei der Vergabe von Aufträgen, an denen Mitgliedstaaten der Europäischen Union beteiligt sind. Gleichzeitig müssen wir aber auch einen Beitrag zur Schaffung der Bedingungen leisten, durch die europäische Güter und Produkte auf den Weltmärkten wettbewerbsfähiger werden.

Aus meiner Sicht ist es wichtig, Kommissar McCreevy, dass diese Richtlinie Verbesserungen bei den rechtlichen Rahmenbedingungen für die Vergabe öffentlicher Aufträge in den Bereichen Verteidigung und Sicherheit gewährleisten kann. Sie muss den Aufbau des Binnenmarkts vorantreiben und gleichzeitig die Rechte und Interessen der Mitgliedstaaten, vor allem im Bereich der Sicherheit, wahren. Dabei meine ich insbesondere die Staaten, die Waffen, Munition sowie Verteidigungs- und Sicherheitsgüter herstellen, wie beispielsweise mein eigenes Land.

Außerdem möchte ich, Herr Präsident, auf die Bestimmungen hinweisen, die kleinen und mittleren Unternehmen einen leichteren Zugang zu diesem Markt ermöglichen, vor allem durch die Verbesserung der Vorschriften für die Vergabe von Unteraufträgen. Ich möchte auch die Aussicht auf eine Stärkung der Wirtschaftsstruktur und des Industriepotenzials betonen, um einen echten europäischen Markt der Verteidigungsindustrien zu schaffen. Dies kann auch zu einer Stärkung der Forschung und Entwicklung, nicht nur innerhalb dieser Industriezweige, sondern auch in einem Teilbereich der europäischen Industrie beitragen, die von deren Entwicklungsarbeit profitiert.

Abschließend möchte ich sagen, dass meiner Meinung nach auf die offensichtliche Verbindung zwischen der Verteidigungsindustrie und der Außenpolitik der Union hingewiesen werden könnte. Als Reaktion auf einen Vorredner möchte ich ein altes römisches Sprichwort zitieren, das da lautet: „Si vis pacem, para bellum“ (Willst Du den Frieden, so rüste zum Krieg). In der Europäischen Union bezeichnen wir diese Industrien, weil die EU fast eine pazifistische Supermacht ist, als „Verteidigungsindustrien“ und nicht als Rüstungs- oder Kriegsindustrien, weil wir Frieden wollen. Und aus diesem Grunde brauchen wir auch Verteidigungsindustrien.

 
  
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  Janusz Onyszkiewicz (ALDE).(PL) Herr Präsident! Die Verteidigungsausgaben der USA beziffern sich auf rund 500 Milliarden US-Dollar. Die Ausgaben der Europäischen Union belaufen sich auf etwas über 200 Milliarden. Doch es stellt sich die Frage, ob die militärischen Kapazitäten der Mitgliedstaaten der Europäischen Union tatsächlich diese Investitionen von 200 Milliarden widerspiegeln, wie es in den USA der Fall ist. Als ich Verteidigungsminister war, habe ich Vertretern der Industrie bei gemeinsamen Gesprächen gesagt, dass ich als Minister für die nationale Verteidigung und nicht für die Verteidigung der Industrie verantwortlich wäre. Meiner Meinung nach wird die Art der Richtlinie, über die wir heute sprechen und für die ich Herrn Lambsdorff meinen Dank und meine Dankbarkeit aussprechen möchte, dazu führen, dass die enormen Summen, die wir für die Verteidigung ausgeben, weitaus sinnvoller und vernünftiger genutzt werden und dass das militärische Potenzial der Europäischen Union die Höhe unserer Verteidigungsausgaben widerspiegelt.

 
  
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  Angelika Beer (Verts/ALE).(DE) Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte noch einmal darauf hinweisen, dass wir über eine Paketlösung sprechen – der Beschluss im Dezember und diese Debatte heute. Nur wenn man beides zusammennimmt – die Regelung über die innergemeinschaftliche Verbringung von Rüstungsgütern und jetzt die Beschaffungsrichtlinie – wird ein Schuh daraus.

Ich habe die Stellungnahme des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten ausgearbeitet. Wir hatten ja ein politisches Kernziel, dass mit einer Harmonisierung der europäischen Rüstungsindustrie und der Liberalisierung innerhalb der EU gleichzeitig stärkere Kontrollmöglichkeiten in der Frage des Exportes außerhalb der EU durchgesetzt werden. Wenn man die negativen Schlagzeilen nennt, dann soll man hier auch die gute nennen: Der Rat hat in seiner letzten Sitzung Ende letzten Jahres unter französischer Präsidentschaft die Verrechtlichung des Code of Conduct beschlossen. Das ist gut, das ist das, was dieses Parlament immer gefordert hat.

Deswegen möchte ich nochmals darauf hinweisen, dass diese Harmonisierung, die wir für richtig halten – und nicht nur sie, sondern auch die Erarbeitung eines Sanktionsmechanismus für den Fall, dass gegen diese Richtlinien verstoßen wird –, jetzt aber auch der Kontrolle der Nationalstaaten und der Mitglieder unterliegt. Nicht nur die Harmonisierung, diesen Prozess werden wir mit großem Interesse begleiten.

 
  
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  Jacques Toubon (PPE-DE).(FR) Herr Präsident! Ich möchte mich der eben von Herrn Schwab geäußerten Auffassung anschließen. Ich würde sagen, dass die heutige Annahme dieser Richtlinie ein wichtiger Beschluss ist und dass wir dies den außerordentlichen Anstrengungen unseres Berichterstatters, Herrn Lambsdorff, und unserer Schattenberichterstatterin, Frau Charlotte Cederschiöld, zu verdanken haben, denen auch ich danke, und natürlich der französischen Ratspräsidentschaft, die Ende letzten Jahres große Anstrengungen unternommen hat, um einen Kompromiss herbeizuführen.

Was wir heute tun, ist der Abschluss eines Zyklus, der bemerkenswert schnell gewesen ist, nämlich nur wenige Monate, und der sowohl die Richtlinie über den Binnenmarkt für Verteidigungsgüter umfasst, die im Dezember angenommen wurde, den Verhaltenskodex für Ausfuhren, der zum gleichen Zeitpunkt in Kraft trat, und schließlich diese Richtlinie, durch die Artikel 296 des Vertrages in Einklang gebracht wird mit den gemeinsamen Regeln für die Vergabe öffentlicher Aufträge. Tatsächlich verpflichtet uns dieses gesamte Paket, sozusagen, zu einer – wie ich es bezeichnen würde – „Vergemeinschaftlichung“ der Verteidigungswirtschaft. Natürlich könnte dies scheinbar im Widerspruch zu dem Wunsch nach Souveränität oder sogar zu den eigentlichen Merkmalen der Verteidigungspolitik (der einzelnen Staaten) stehen. Tatsächlich vermittelt dies einen Wunsch nach Integration der einzelstaatlichen Souveränitäten.

Das Gleiche ist im Bereich der Justiz festzustellen. Während der gesamten französischen Ratspräsidentschaft und seit der portugiesischen und der slowenischen Ratspräsidentschaft wurden enorme Fortschritte auch in einem weiteren Bereich gemacht, in dem die nationalen Souveränitäten jegliche Einigung oder Zusammenarbeit verhindern wollten.

Durch die Annahme dieses Textes tragen wir, verehrte Kolleginnen und Kollegen, meiner Meinung nach in der Tat dazu bei, die ideologische Debatte über die Art und Form des europäischen Aufbaus zu beenden. Dies ist ein Raum und eine Macht, und das wird auch in zunehmendem Maße in den Bereichen der Verteidigungs- und Außenpolitik anerkannt.

 
  
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  Geoffrey Van Orden (PPE-DE). - Herr Präsident! Als britische Konservative sind wir generell starke Verfechter offener Märkte, doch dieser Bericht zielt, wie es einige Redner bereits angemerkt haben, auf die Stärkung der ESVP und der Integration der EU und nicht so sehr auf echte wirtschaftliche Vorteile ab. Es geht bestimmt nicht um die Stärkung der Verteidigungskapazitäten.

Ich könnte mir vorstellen, dass es einige unbedeutende Vorteile geben könnte, insofern als Großbritannien der Zugang zu den Märkten einiger anderer europäischer Länder in Bezug auf die Beschaffung von Verteidigungsgütern erleichtert wird. Doch der Vorteil für andere in Bezug auf den Zugang zum britischen Markt, der die höchsten Verteidigungsausgaben hat, ist weitaus größer, und – nebenbei bemerkt – hat Großbritannien den offensten Markt für die Beschaffung von Verteidigungsgütern in Europa.

Besonders zu beachten ist die Tatsache, dass eine Regierung oder Firma, die nach den vorgeschlagenen Regelungen enorme Investitionen in einem Bereich der verteidigungsrelevanten Forschung und Entwicklung getätigt hat, unter Umständen nicht mehr in der Lage ist, diese Investitionen in die Entwicklungs- und Produktionsphase wieder hereinzuholen. Entwicklungsverträge sollten für den europäischen Wettbewerb offen sein, es darf nicht sein, dass eine nationale Regierung keine Möglichkeit mehr hat, um geistiges Eigentum zu schützen und Arbeitsplätze oder Ausfuhrmöglichkeiten zu sichern. Das würde die Forschung und Entwicklung blockieren.

Es gibt auch andere Bedenken, aber ich muss sagen, dass dieser Bericht aus verteidigungspolitischer, industrieller oder sogar wirtschaftlicher Sicht nicht unbedingt notwendig ist.

 
  
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  Ioan Mircea Paşcu (PSE). - Herr Präsident! Die Richtlinie über die Beschaffung von Verteidigungsgütern ist ein wichtiger Schritt hin zum europäischen Markt für Verteidigungsgüter (EDEM) und zur Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (ESVP). Ich verstehe, dass es schwierig ist, die Grundsätze des freien Marktes mit dem unvermeidbaren Ermessensspielraum bei Verträgen für Verteidigungsgüter und die gemeinsamen Vorschriften für die Vergabe öffentlicher Aufträge mit den individuellen Praktiken in Bezug auf Verträge für Verteidigungsgüter in Einklang zu bringen.

Diese äußerst komplexen Vorschriften müssen sich natürlich noch in der Praxis bewähren, weil der Versuch, so unvereinbare Komponenten wie Transparenz und Geheimhaltung, Gemeinsamkeit und Individualität, in nur einem Paket zusammenzufassen, eine ständige Überwachung erfordert und die Entschlossenheit zur Bestrafung einzelner Versuche voraussetzt, einer Komponente gegenüber einer anderen den Vorrang einzuräumen, in dem ständigen Bemühen, ein ausgewogenes Gleichgewicht zwischen allen vier beizubehalten.

Das einwandfreie Funktionieren wird sowohl von der Entschlossenheit der EU-Institutionen abhängen als auch ihre Entschlossenheit widerspiegeln, eine Schiedsrichterrolle auf diesem noch jungen europäischen Markt zu übernehmen, und die echte Bereitschaft der nationalen „Verteidigungsmeister“ und der Mitgliedstaaten hinter ihnen, das Spiel gemäß diesen neuen Regeln zu respektieren und zu spielen.

Noch ein Wort zu Kompensationsgeschäften. Für Länder wie mein Land Rumänien sind Kompensationsgeschäfte – zumindest derzeit – ein wichtiger Mechanismus, um das Überleben unserer nationalen Industrie sicherzustellen.

 
  
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  Marian-Jean Marinescu (PPE-DE).(RO) Die europäische Einheit und Sicherheit sind zurzeit sowohl durch die Finanz- und Wirtschaftskrise als auch durch die Energiekrise erneut gefährdet. Dies hat wieder einmal gezeigt, dass wir nur gemeinsam und solidarisch in der Lage sind, die größten Probleme in der modernen Welt zu bewältigen.

Die Einführung gemeinsamer, transparenter Vorschriften für das Beschaffungswesen auf dem Markt für Sicherheits- und Verteidigungsgüter ist ein wichtiger Schritt zur Festigung der europäischen Sicherheitspolitik. Es ist auch ein marktwirtschaftsspezifischer Mechanismus, der es der europäischen Industrie ermöglicht, im Wettbewerb mit den großen internationalen Marktteilnehmern, insbesondere in den USA, erfolgreich zu bestehen.

So schnell wie möglich muss ein zuverlässiges Gemeinschaftssystem für den Umgang mit der Informationssicherheit geschaffen werden, wobei auch ein adäquates Kontrollsystem für die Ausfuhr von Sicherheits- und Verteidigungsgütern in Drittstaaten eingerichtet werden muss. Die Ratifizierung und Durchsetzung des Vertrages von Lissabon werden die Schaffung einer gut strukturierten, ständigen Zusammenarbeit im Bereich der Sicherheitspolitik ermöglichen, die für die Zukunft der EU von entscheidender Bedeutung ist.

 
  
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  Bogusław Rogalski (UEN).(PL) Seit den 1990ern ist klar, dass die Fragmentierung der europäischen Verteidigungsmärkte negative wirtschaftliche Auswirkungen hat. In den letzten 20 Jahren sind die Verteidigungsausgaben gekürzt worden, was zu einem Umsatz- und Beschäftigungsrückgang sowie zu Investitionskürzungen im Bereich der Forschung und neuen Militärtechnologien geführt hat.

Heute haben sogar die großen Mitgliedstaaten Probleme bei der Finanzierung neuer Verteidigungssysteme. Es sollte eine technische und industrielle Grundlage für die europäische Verteidigung geschaffen werden, um das grundlegende Verteidigungspotenzial der Mitgliedstaaten aufzubauen. Dieser Schritt ist enorm wichtig, damit wir uns den globalen Herausforderungen im Bereich der Verteidigung stellen können.

Wir brauchen auch unbedingt einen harmonisierten europäischen Rechtsrahmen, damit die Mitgliedstaaten die Gemeinschaftsvorschriften umsetzen können, ohne ihre eigenen Verteidigungsinteressen zu gefährden. Wir sollten ein wichtiges Element nicht vergessen, nämlich die Einführung eines Kontrollverfahrens. Sein Ziel sollte darin bestehen, einen wirksamen Rechtsschutz der Bieter zu gewährleisten, Transparenz zu fördern und Diskriminierung bei der Auftragsvergabe zu verhindern.

 
  
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  Emmanouil Angelakas (PPE-DE).(EL) Herr Präsident! Auch ich möchte den Berichterstatter, Herrn Lambsdorff, und die Schattenberichterstatterinnen zu ihrer wichtigen Arbeit beglückwünschen.

Das Hauptmerkmal des europäischen Marktes ist die auf nationaler Ebene vorherrschende Fragmentierung. Die Exporte von Produkten aus dem fraglichen Verteidigungs- und Sicherheitsbereich unterliegen nationalen Genehmigungssystemen, die im Hinblick auf Verfahren, Umfang und Fristen unterschiedlich sind.

Diese neue Gesetzgebung fördert die Transparenz und legt den Grundstein für die Schaffung eines europäischen Binnenmarkts für Verteidigungsgüter, der auch ein grundlegender Faktor für die Stärkung der europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik ist.

Es ist auch wichtig, dass es grundlegende Vorschriften zur Gewährleistung der Versorgungs- und Informationssicherheit gibt. Die Zitierung von Artikel 296 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaften ist auch geklärt worden, doch nunmehr auf tatsächliche Ausnahmefälle beschränkt, wie es im Vertrag vorgesehen ist und vom Europäischen Gerichtshof gefordert wurde.

Abschließend möchte ich darauf hinweisen, dass es wichtig ist, dass es flexible Regelungen zur Stärkung der Rolle von kleinen und mittleren Unternehmen gibt, die in einigen Mitgliedstaaten einen Sektor bilden, in dem Tausende von Arbeitskräften beschäftigt sind.

 
  
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  Nickolay Mladenov (PPE-DE). - Herr Präsident! Ich möchte Herrn Lambsdorff zu seiner hervorragenden Arbeit und natürlich auch seinen Schattenberichterstatterinnen, insbesondere Frau Cederschiöld, beglückwünschen, aber auch etwas unterstreichen, das Herr Toubon gesagt hat: die fantastische Arbeit der französischen Ratspräsidentschaft bei der Erzielung einer Einigung über diese Richtlinie.

Ich hoffe, dass wir, wenn wir in einigen Jahren wieder darauf zu sprechen kommen, feststellen werden, dass wir keine Angst davor haben sollten, wegen eines europäischen Binnenmarkts über einen europäischen Markt für Verteidigungsgüter zu sprechen. Ein stärkerer Wettbewerb ist im gemeinsamen Verteidigungsinteresse Europas und im gemeinsamen Interesse Europas.

Lassen Sie mich auf einen Teil dieser Richtlinie näher eingehen, der für viele Mitgliedstaaten außerordentlich wichtig ist, nämlich insbesondere der Text in Bezug auf die Vergabe von Unteraufträgen. Ich bin sehr froh, dass die mit dem Rat und der Kommission erzielte Einigung über den Text in Bezug auf die Vergabe von Unteraufträgen in starkem Maße das widerspiegelt, worauf das Parlament gedrängt hat, nämlich dass es eine größere Transparenz bei der Vergabe von Unteraufträgen gibt; zweitens, dass es bei der Ausarbeitung von Unteraufträgen auf nationaler Basis keine Diskriminierung gibt; und abschließend dass die nationalen Behörden die Möglichkeit haben, den Auftragnehmern zu gestatten, 30 % ihres Auftragswerts an Unterauftragnehmer zu vergeben.

Das ist im Interesse einer stärkeren Zusammenführung unserer Industrie in ganz Europa.

 
  
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  Charlie McCreevy, Mitglied der Kommission. − Herr Präsident! Ich möchte allen danken, die an der Aussprache teilgenommen haben. Es ist klar, dass der vorliegende Text ein Kompromiss ist und als solches nicht alle Vorschläge berücksichtigen kann, die zu seiner Verbesserung gemacht wurden. Gleichzeitig hat das Parlament aber viele Gründe, zufrieden zu sein.

Erstens war es das Parlament, das die Kommission in seiner Entschließung vom 17. November 2005 zum Grünbuch über die Beschaffung von Verteidigungsgütern zur Ausarbeitung dieser Richtlinie aufgefordert hat. Somit ist sie größtenteils ein Vorschlag des Parlaments.

Zweitens – und das ist noch wichtiger – hat der aktuelle Text stark von Ihren Beiträgen und Kommentaren während des Prozesses profitiert. Eine Vielzahl der vom Ausschuss für Binnenmarkt und Verbraucherschutz vorgelegten Änderungsanträge wurde aufgenommen, vor allem im Hinblick auf den Anwendungsbereich, die Bestimmungen über Rechtsmittel und die Transparenz.

Die Kommission kann alle diese Änderungsanträge akzeptieren und unterstützt daher den Text. Wir sind davon überzeugt, dass diese Richtlinie etwas verändern und zu einem echten europäischen Verteidigungsmarkt beitragen wird. Seien wir ehrlich; vor fünf Jahren war die Idee einer Schaffung dieses Markts mit Gemeinschaftsinstrumenten für die meisten Menschen noch reine Utopie, steht jedoch heute kurz vor ihrer Verwirklichung. Wir sollten diese Chance nicht verstreichen lassen.

 
  
  

VORSITZ: MARTINE ROURE
Vizepräsidentin

 
  
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  Alexander Graf Lambsdorff, Berichterstatter.(DE) Frau Präsidentin! Meinem Kollegen Geoffrey Van Orden rufe ich zu, dass es ihm zu denken geben sollte, dass der einzige, der ihn hier unterstützt, die deutsche Linksextreme ist. Und Herrn Pflüger von der Linken rufe ich zu: Der Blick ins Gesetz erleichtert die Rechtsfindung. Es geht überhaupt nicht um Exporte, es geht um den europäischen Binnenmarkt.

Ansonsten ist das richtig, was Frau Kollegin Weiler gesagt hat. Sie hat gesagt: Diese Produkte sind konkurrenzlos teuer. Ja, wenn es keine Konkurrenz gibt, sind sie teuer. Wir führen hoffentlich im europäischen Binnenmarkt mehr Konkurrenz ein. Dadurch werden diese Produkte sicher nicht billig, aber immerhin preiswerter. Das ist eine große Chance, eine Chance für die Industrie, neue Märkte zu erschließen, eine Chance für den Mittelstand, in diese Märkte auch einzudringen. Es ist aber auch – das ist ganz wichtig – eine Chance für die Transparenz und damit für die Bürgergesellschaft, die besser verfolgen kann, wie dieser Markt strukturiert ist, was passiert, und für viele Nichtregierungsorganisationen.

Ich möchte ausdrücklich den Kollegen Nickolay Mladenov und Jacques Toubon für ihren Hinweis auf die ungewöhnliche Arbeit an diesem Projekt danken. Es handelt sich im Kern um ein Projekt der zweiten Säule, die Stärkung der Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik, mit einem Instrument der ersten Säule, nämlich einer Binnenmarktrichtlinie. Ohne die hervorragende Arbeit der französischen Präsidentschaft, die zwischen den Mitgliedstaaten vermittelt hat, was sehr schwierig war, wäre das nie gelungen.

Wir müssen diese Chancen ausdehnen. Es wird eine Chance für das politische Europa. Es wird eine Chance für das Europa der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik, eine Chance für das Europa der Werte und des Friedens. Das ist eine Chance, die wir nutzen müssen!

 
  
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  Tobias Pflüger (GUE/NGL).(DE) Frau Präsidentin! Ich stelle einen Antrag nach Artikel 145 der Geschäftsordnung. Wenn man persönlich angesprochen wird, hat man die Möglichkeit, kurz darauf zu reagieren.

Wer hier der Extremist ist, zeigt sich relativ schnell, wenn man sich ansieht, um was es geht. Es geht um Marktextremismus, der in diesem Bereich vorliegt. Meine Aussage war, dass eine effizientere Rüstungsindustrie innerhalb der Europäischen Union natürlich auch Auswirkungen auf den Rüstungsexport hat. Das ist unleugbar. Alles andere wäre eine völlige Fixierung auf die Europäische Union.

 
  
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  Die Präsidentin. – Die Aussprache ist geschlossen.

Die Abstimmung erfolgt morgen.

Schriftliche Erklärungen (Artikel 142)

 
  
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  Bogdan Golik (PSE), schriftlich.(PL) Ich möchte auf die Bedeutung des Vorschlags für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe bestimmter öffentlicher Bau-, Liefer- und Dienstleistungsverträge in den Bereichen Verteidigung und Sicherheit hinweisen, den ich voll und ganz befürworte.

Die Richtlinie eröffnet die Möglichkeit, das öffentliche Beschaffungswesen im Bereich der Sicherheit und Verteidigung auf transparente Kriterien zu stützen, ohne Bieter aus anderen Mitgliedstaaten zu diskriminieren, wobei gleichzeitig die Sicherheit dieser Staaten gewährleistet ist. Aus diesem Grunde ist es so wichtig, sich auf die Klausel im Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft berufen zu können, die vorsieht, dass seine Bestimmungen außer Acht gelassen werden dürfen, wenn dieser Schritt zum Schutz der wesentlichen Interessen eines EU-Mitgliedstaates notwendig sind.

Durch die gemeinsame Produktion, den gemeinsamen Kauf, die gemeinsame Beschaffung – insbesondere der in technischer Hinsicht modernsten und daher auch kostspieligsten Güter – hat die Europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik eine bessere Erfolgsaussicht. Der Richtlinienvorschlag, den ich unterstütze, ist ein positiver Schritt hin zu einer Öffnung der Märkte der EU-Mitgliedstaaten und zur Verringerung des Konkurrenzkampfes in diesem Bereich zwischen den Ländern, die gemeinsame und kostengünstige Lösungen nutzen könnten.

Gleichzeitig möchte ich meine Bedenken in Bezug auf die Reihenfolge der Standards äußern, die bei der Abfassung der technischen Spezifikationen für den Kauf von Verteidigungsgütern geprüft werden. Die Verteidigungsminister sollten für die Festlegung der Umsetzungsprioritäten verantwortlich sein.

Außerdem habe ich festgestellt, dass in diesem Vorschlag ein Verweis auf den „Code of Best Practice in the Supply Chain“ der Europäischen Verteidigungsagentur fehlt, der von Lieferanten umgesetzt wird. Deshalb ist nicht klar, ob dieses Kriterium bei der Auswahl der Lieferanten weiterhin zu berücksichtigen ist.

 
  
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  Dushana Zdravkova (PPE-DE), schriftlich.(BG) Ich bin der festen Überzeugung, dass die Verteidigung und Sicherheit von höchster Bedeutung für jeden Mitgliedstaat sind, doch dass sie vor allem im Interesse aller Bürgerinnen und Bürger der Europäischen Union und auch der europäischen Verteidigungsindustrie sind.

Es versteht sich von selbst, dass die Möglichkeit der Ausnahmeregelung und Abweichung von dieser Richtlinie auch weiterhin besteht. Aus diesem Grunde ist es außerordentlich wichtig, dass die Mitgliedstaaten zur Verbesserung ihrer gesetzlichen Bestimmungen für die Vergabe öffentlicher Aufträge im Bereich der nationalen Sicherheit aufgefordert werden. Sie sollten die nach Artikel 296 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft vorgesehene Möglichkeit auch nur unter der Bedingung nutzen, dass sie ein ähnliches Maß an Transparenz, Verantwortlichkeit, Ergebnis- und Effizienzorientierung zugesichert haben, einschließlich eines adäquaten Mechanismus für die Beilegung von Streitigkeiten, die aufgetreten sind.

Ich möchte darauf hinweisen, dass eine Richtlinie – so umfassend und detailliert sie auch sein mag – nicht die notwendige klare Vision über die Verteidigungsindustrie der EU und, allgemeiner gesprochen, ihre Sicherheitsindustrie ersetzen kann. Der Mangel an Vision und Strategie lässt sich nicht durch Vorschriften und Ausnahmeregelungen kompensieren, was die Länder zum „Schwindeln“ anstiften wird, um ihre privatwirtschaftlichen Interessen im Groß- oder Einzelhandel entsprechend der Größe ihrer Verteidigungsindustrie zu schützen. Aus diesem Grunde muss eine Strategie in diesem Bereich entwickelt werden, die der Wahrung der europäischen Grundsätze dient.

 

15. Fragestunde (Anfragen an die Kommission)
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  Die Präsidentin. – Als nächster Punkt folgt die Fragestunde (B6-0001/2009).

Wir werden uns jetzt mit einigen Fragen befassen, die an die Kommission gerichtet wurden.

 
  
  

Erster Teil

 
  
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  Die Präsidentin.

– Anfrage Nr. 30 von Colm Burke (H-0992/08)

Betrifft: Zehn Jahre Euro

Kann die Kommission vor dem Hintergrund der Feierlichkeiten anlässlich der Einführung des Euro vor zehn Jahren erläutern, welches insbesondere angesichts der jüngsten Finanz- und Wirtschaftskrise ihre wichtigsten Schlussfolgerungen hinsichtlich der Koordination der Fiskalpolitik in der Eurozone sind?

 
  
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  Joaquín Almunia, Mitglied der Kommission. − Die Erfahrungen mit der haushaltstechnischen Koordinierung waren zwar insgesamt positiv; dennoch lassen sich einige Lehren daraus ziehen. Die Analyse der ersten 10 Jahre stärkt die Auffassung, wonach die Effizienz der Haushaltsüberwachung in guten Zeiten erhöht werden sollte. Sie zeigt auch, dass weiter reichende Probleme berücksichtigt werden müssen, die sich auf die makroökonomische Stabilität eines Mitgliedstaates und das generelle Funktionieren der Wirtschafts- und Währungsunion auswirken können.

Die steuerpolitische Koordinierung sollte das einzelstaatliche Haushaltsverhalten auch besser durch den gesamten Zyklus leiten, d. h. in guten und in schlechten Zeiten. Auf die Überwachung der Entwicklung der öffentlichen Schulden sollte mehr geachtet werden, wobei die mittelfristigen Haushaltsziele zur Berücksichtigung impliziter Verbindlichkeiten stärker berücksichtigt werden sollten. Alle diese Entwicklungen erfordern eine genauere Haushaltsüberwachung.

Die Überwachung sollte jedoch auch zur Berücksichtigung von Entwicklungen in den Mitgliedstaaten ausgeweitet werden, die sich auf die Nachhaltigkeit der Haushalte auswirken können, wie beispielsweise die Zunahme des Leistungsbilanzdefizits, anhaltende Inflationsdifferenzen, immer noch bestehende Unterschiede bei der Entwicklung der Lohnstückkosten oder Tendenzen unausgewogenen Wachstums.

Die Überwachung muss auf den vorhandenen Instrumenten basieren. Die wichtigsten Instrumente für die haushaltspolitische Überwachung und die Koordinierung der Wirtschaftspolitik sind im EG-Vertrag und natürlich auch im Stabilitäts- und Wirtschaftspakt verankert.

Durch die kürzliche Annahme des von der Kommission am 26. November letzten Jahres aufgelegten Konjunkturprogramms werden neue Wege eingeschlagen, was den Steuerungsrahmen und die Koordinierung der Haushaltspolitik anbelangt.

Es unterstreicht die Rolle der Kommission als Katalysator für kurzfristige Notmaßnahmen zur Stabilisierung der Wirtschaft. Auf Basis unserer eigenen wirtschaftlichen Einschätzung hat die Kommission schnell eine umfassende und quantifizierte Antwort auf die Rezession ausgearbeitet. Das rasche Handeln der Kommission ist eine Reaktion auf die eindeutigen Risiken der jetzigen wirtschaftspolitischen Maßnahmen der einzelnen Mitgliedstaaten, die noch nie so umfassend waren.

Das Konjunkturprogramm erkennt die inhärente Aufgabenteilung in der europäischen Wirtschaftsunion an. Da die Mitgliedstaaten für die Haushaltspolitik verantwortlich sind, setzt die Kommission ein globales Ziel für zusätzliche finanzpolitische und steuerliche Anreize unter Berücksichtigung der Summe, die zur Wiederankurbelung der europäischen Wirtschaft insgesamt notwendig ist.

Die Mitgliedstaaten können den Umfang und die Zusammensetzung ihrer jeweiligen steuerlichen Anreize selbst bestimmen. Dies bedeutet nun Herausforderungen im Hinblick auf die Koordinierung und Überwachung der Umsetzung der einzelstaatlichen Maßnahmen. Die Kommission und der ECOFIN-Rat werden die Umsetzung der nationalen Maßnahmen gemäß dem im Konjunkturprogramm festgelegten Grundsätzen überwachen.

Künftig soll die vernünftige Umsetzung der haushaltspolitischen Überwachung die Erwartungen zukünftiger Haushaltsentwicklungen verankern. Zusammen mit der Stärkung der nationalen Haushaltsvorschriften und Finanzrahmen und der Umsetzung von Reformen zur Eindämmung des Anstiegs alterungsbedingter Ausgaben soll dadurch wieder die Tragfähigkeit des Haushalts gesichert werden.

Somit werden die nachteiligen Auswirkungen der zu erwartenden steigenden Defizite und Schulden auf Risikoprämien sowie auf den privaten Verbrauch und auf Investitionen eingedämmt.

 
  
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  Colm Burke (PPE-DE). - Herr Kommissar! Ich danke Ihnen vielmals für Ihre Antwort. Sehen Sie angesichts der Tatsache, dass wir eine gemeinsame Währungspolitik haben, und angesichts der anhaltenden Probleme eine wichtigere Rolle der Eurogruppe unter Berücksichtigung der Steuerpolitik in den einzelnen Staaten? Glauben Sie, dass sich die Umsetzung oder die Annahme des Vertrages von Lissabon in irgendeiner Weise auf den Steuerbereich auswirken würde? Wichtig ist meiner Ansicht nach, dass wir zusammenarbeiten müssen. Wie sehen Sie neue Möglichkeiten vor, um zu versuchen, Anreize in den Volkswirtschaften der EU-Mitgliedstaaten zu schaffen?

 
  
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  Joaquín Almunia, Mitglied der Kommission. − Worin besteht die Rolle der Eurogruppe? Wie Sie wissen, ist die Eurogruppe derzeit ein informelles Gremium und wird dies auch nach Inkrafttreten des Vertrages von Lissabon bleiben. Daher kann die Eurogruppe keine formellen Beschlüsse fassen, selbst wenn diese nur Mitglieder der Euro-Zone betreffen, die dem Ecofin-Rat angehören.

Doch in den letzten drei bis vier Jahren, seit Beginn der Präsidentschaft von Jean-Claude Juncker, insbesondere im Januar 2005, hat die Eurogruppe den Inhalt der Diskussionsagenda verbessert. Die Mitglieder der Eurogruppe sprechen zusammen mit der Kommission und der EZB über diese genauere haushaltspolitische und breiter angelegte wirtschaftspolitische Überwachung, die ich zu Beginn erwähnt habe. Häufig erörtert die Eurogruppe auch andere Themen zur externen Rolle des Euro und der externen Dimension der Euro-Zone.

Steuerfragen sind, wie Sie alle sehr wohl wissen, ein sehr heikles Thema. Gemäß dem jetzigen Vertrag, doch auch gemäß dem Vertrag von Lissabon erfordern steuerpolitische Entscheidungen die Einstimmigkeit auf EU-Ebene, und in naher Zukunft erwarte ich keinerlei Änderungen an den Rahmenbedingungen für die Beschlussfassung.

 
  
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  Jörg Leichtfried (PSE).(DE) Herr Kommissar, mich würde Folgendes interessieren: Die Eurogruppe hat sich ja in diesen zehn Jahren unglaublich bewährt, und gerade in der letzten Krise hat man gesehen, dass auch vonseiten anderer Länder ein Interesse besteht, zu dieser Gruppe hinzu zu stoßen. Gibt es in Bezug auf diese Länder schon Pläne der Kommission, wer unter Umständen in Zukunft dazukommen könnte? Gibt es weitere Interessenten, die zum Euroraum hinzu stoßen möchten, weil es sich so bewährt hat, in der Eurozone zu sein?

 
  
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  Nils Lundgren (IND/DEM). – (SV) Erstens möchte ich die folgende Frage stellen: Wenn sie sich in den letzten 10 Jahren so bewährt hat, warum haben Italien und Griechenland, um nur zwei Beispiele zu nennen, einen Zinssatz für 10-jährige Schatzanleihen, der einige Prozentpunkte über dem von Deutschland liegt?

Zweitens, warum liegt der Zinssatz für 10-jährige Anleihen in Schweden 0,4 Prozentpunkte unter dem in Deutschland und 0,6 Prozentpunkte über dem in Finnland, wenn beide Länder so gut gemanagt sind?

 
  
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  Joaquín Almunia, Mitglied der Kommission. − Wie Sie wissen, ist die Slowakei am 1. Januar dieses Jahres dem Euro-Währungsgebiet beigetreten, sodass nunmehr 16 der 27 EU-Mitgliedstaaten Vollmitglied der EWU sind und die gleiche Währung haben. Wer wird der Nächste sein? Es liegt nicht an der Kommission, diese Frage zu beantworten. Es liegt an den Kandidaten, die der Euro-Zone beitreten möchten, den Antrag zu stellen. Zum jetzigen Zeitpunkt wissen wir, welche EU-Mitgliedstaaten so bald wie möglich der Euro-Zone angehören möchten, doch leider nicht alle nach dem Vertrag vorgeschriebenen Kriterien erfüllen – die baltischen Staaten, Ungarn und andere; und wir wissen, dass zwei EU-Mitgliedstaaten, nämlich Großbritannien und Dänemark, eine Opt-out-Klausel haben, sodass sie von der Verantwortung aller EU-Mitgliedstaaten ausgeschlossen werden können, um sich selbst und ihre Volkswirtschaft vorzubereiten, um eines Tages der Euro-Zone beizutreten.

Ich weiß nicht, wer der Euro-Zone als Erstes nach der Slowakei beitreten wird. Es könnte einer der beiden Mitgliedstaaten sein, die eine Opt-out-Klausel haben. Es ist möglich, dass beispielsweise Dänemark in den kommenden Monaten beschließt, nicht mehr an der Opt-out-Klausel festzuhalten und den Beitritt zur Euro-Zone zu beantragen. Denn Dänemark erfüllt alle gemäß dem Vertrag vorgesehenen Kriterien für den Beitritt zur Euro-Zone; doch es liegt bei den dänischen Behörden, dem dänischen Parlament und möglicherweise den dänischen Staatsbürgern bei einem Referendum, diesen Beschluss zu fassen.

Heute Morgen haben wir hier den 10. Jahrestag des Euro begangen. Ich bin mir sicher, dass alle - oder fast alle – EU-Mitgliedstaaten in den nächsten 10 Jahren der Euro-Zone beitreten werden, weil die Vorteile, dem Euro-Währungsgebiet anzugehören, in diesen Krisen- und schwierigen Wirtschaftszeiten beträchtlich zugenommen haben. Diejenigen, die der Euro-Zone noch nicht beigetreten sind, erkennen, dass die Vorteile weitaus größer und bedeutender sind als die Verpflichtungen, die sie als Mitglied des Euro-Währungsgebiets übernehmen müssen, oder die Schwierigkeiten.

Nun zu Ihren Anmerkungen. Wenn ich an Ihrer Stelle wäre, würde ich nicht mit Zinssätzen gegen die Euro-Zone argumentieren. Fragen Sie Dänemark, was in diesen Krisenzeiten mit seinen Zinssätzen geschehen ist. Als Land, das nicht dem Euro-Währungsgebiet angehört, ist Dänemarks Währung mit dem Euro verknüpft, und seine Zentralbank folgt stark den Entscheidungen der Europäischen Zentralbank. Die Märkte honorieren nicht diejenigen, die nicht dem Euro-Währungsgebiet angehören. Sie bürden ihnen höhere Risikoprämien auf.

 
  
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  Die Präsidentin.

– Anfrage Nr. 31 von Paulo Casaca (H-1016/08)

Betrifft: Verfall der Preise für Milcherzeugnisse auf dem EU-Markt

Wie aus einem Arbeitsdokument der Kommission vom 21. November 2008 über die Überwachung der Preisentwicklung, Begleitdokument zu der Mitteilung über die Lebensmittelpreise in Europa, S. 9, hervorgeht, ist der Preis für Butter auf dem EU-Markt zwischen Oktober 2007 und Oktober 2008 um 30 % und der Preis für Milchpulver um 40 % gefallen, womit sich beide Preise unaufhaltsam den Interventionspreisen annähern.

Ist die Kommission der Ansicht, dass ihr vor einem Jahr ausgearbeiteter Vorschlag zur Erhöhung der Milchquoten, der vom Europäischen Parlament und vom Rat gebilligt wurde, in Anbetracht dieser Entwicklung der Märkte beibehalten werden sollte?

Ist die Kommission der Auffassung, dass die in den geltenden Rechtsvorschriften vorgesehenen Höchstmengen für die Intervention bei Milchpulver und Butter ausreichend sind, um verheerende Folgen für die Einkommen von Landwirten, wie beispielsweise der Landwirte auf den Azoren, deren Tätigkeit völlig von den Märkten für Milcherzeugnisse wie Milchpulver und Butter abhängig ist, abzuwenden?

 
  
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  Mariann Fischer Boel, Mitglied der Kommission. − Zu Beginn möchte ich beschreiben, wie die Situation noch vor wenigen Jahren aussah. Wir erinnern uns alle, dass der Milchsektor sehr stabil war und nur sehr geringe Preisschwankungen aufwies, doch in den letzten Jahren hat sich die Situation drastisch verändert. Zunächst haben wir 2007 – im August und September, daran erinnere ich mich noch deutlich – enorme Preissteigerungen für Milcherzeugnisse erlebt, und dann haben wir letztes Jahr den gleichen oder einen noch schlimmeren Preisrückgang erlebt. Aufgrund dessen ist die Situation heute so, dass die Preise in der Nähe der Interventionspreise und in einigen Teilen Europas sogar unter den Interventionspreisen liegen.

Ich kann den Mitgliedern versichern, dass ich mir um die rasche Verschlechterung des europäischen Milchsektors sehr große Sorgen mache. Wir haben Stützungsmaßnahmen, die zur Unterstützung des Milchsektors aktiviert werden können; und wir haben schon Maßnahmen ergriffen.

Im Gegensatz zur normalen Situation, in der die Beihilferegelung für die private Lagerhaltung von Butter am 1. März aktiviert wird, haben wir beschlossen, die Regelung ab dem 1. Januar zu aktivieren, was bedeutet, dass die Produktion, die im Dezember stattgefunden hat, auch beihilfefähig ist. Der Interventionsankauf oder die Gewährung von Ausfuhrerstattungen sind weitere Instrumente, die zur wirksamen Unterstützung des Milchsektors oder Milchmarktes zur Verfügung stehen.

Im Hinblick auf das im März beginnende Interventionssystem – und somit auch zur Berücksichtigung der Produktion, die im Februar erfolgt – können Butter und Magermilchpulver bis Ende August gekauft werden. Zuerst für feste Mengen zu festen Preisen, gefolgt von einem Ausschreibungssystem, sofern die Situation dies erfordert.

Ich möchte Sie auch an die Situation im Jahr 2007 erinnern. Ich glaube, wir erinnern uns alle noch an die umgehende und schnelle Reaktion vonseiten des Europäischen Parlaments, des Rates, der Mitgliedstaaten; das hat mich enorm unter Druck gesetzt, die Quoten zur Entspannung der Situation bei den Verbraucherpreisen umgehend – lieber gestern als morgen – zu erhöhen.

Ich möchte heute auch sehr klar und deutlich sagen, um Missverständnissen, die kursieren, entgegenzutreten, dass die Erhöhung der Milchquoten an den sehr niedrigen Milchpreisen, die wir heute haben, schuld ist. Tatsache ist, dass die Milchproduktion trotz der Erhöhung der Quoten um 2 %, die nach April dieses Jahres stattgefunden hat, gesunken ist. Das ist, soweit wir es jetzt überblicken können, auf die Tatsache zurückzuführen, dass eine Erhöhung der Quoten für Mitgliedstaaten oder für Landwirte eine Möglichkeit zur Produktion, jedoch bestimmt keine Verpflichtung ist. Das zeigt ganz klar, dass Hersteller von Milcherzeugnissen auf Marktsignale reagieren.

Somit können die relativ geringen Änderungen, die im Quotensystem zu beobachten waren, auf keinen Fall eine Erklärung für die derzeit zu beobachtende Marktvolatilität sein. Die niedrigere verbraucherseitige Nachfrage ist vermutlich eine Reaktion auf die hohen Preise, die im letzten Jahr zu beobachten waren, als die Verbraucher die qualitativ hochwertigen und hochpreisigen Milcherzeugnisse zu umgehen versuchten oder umgehen wollten. Nicht zu vergessen ist dann natürlich auch die derzeitige Wirtschaftslage. Aus dem gleichen Grunde ist es wichtig, dass wir uns nichts vormachen und glauben, dass wir durch Mikromanagement Beschlüsse für den gesamten Sektor fassen. Die Schlussfolgerung muss darin bestehen, dass das Quotensystem nicht in der Lage war, die Marktstabilität zu gewährleisten.

Was die Frage der Azoren anbelangt, so haben die portugiesischen Behörden jede Möglichkeit zur Forderung höherer Milchquoten für die Inseln aufgrund der Tatsache genutzt, dass die Azoren anscheinend äußerst wettbewerbsfähig sind und anscheinend von der höheren Produktion profitieren. Ich bin recht sicher, dass die höheren Quoten und letztendlich die Beendigung des Quotensystems dem Milchsektor der Azoren zugute kommen werden. Das wird meiner Meinung nach trotz der Tatsache der Fall sein, dass diese schönen Inseln recht weit entfernt sind und dass die Milch zwischen neun Inseln hin und her befördert werden muss.

Abschließend kann ich den Mitgliedern versichern, dass ich unsere Instrumente der Milchpolitik auf verantwortungsvolle Weise einsetzen werde, um ein effektives Sicherheitsnetz für den Milchsektor zu gewährleisten.

 
  
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  Paulo Casaca (PSE).(PT) Vielen Dank für Ihre Klarstellungen, Frau Kommissarin. Leider kann ich Ihren Optimismus in Bezug auf die Art und Weise nicht teilen, wie diese Erhöhungen der zulässigen Produktionskontingente der Produktion der Azoren zugute kommen sollen.

Ich kann Ihnen versichern, dass sich diese Effekte – gemäß einem in dieser Woche veröffentlichten Zeitschriftenartikel haben sie seit August 2007 schon einen Rückgang von schätzungsweise über 60 % des Weltmarktpreises für Milchpulver zu verzeichnen – sehr stark auf die Einnahmen der Landwirte in der Autonomen Region der Azoren und sicherlich auch in anderen Teilen Europas auswirken werden. Diese Maßnahmen, von denen ich einige Wirkung erhoffe, haben bislang noch keine Wirkung erzielt. Aus diesem Grunde habe ich Sie, Frau Kommissarin, darum gebeten, dieser Situation Ihre ungeteilte Aufmerksamkeit zu widmen.

 
  
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  Mariann Fischer Boel, Mitglied der Kommission. − Sie wissen, dass ich stets sehr gern im Dialog mit Ihnen stehe und über die Bedeutung des Agrarsektors und auch über die Azoren diskutiere.

Wir befinden uns heute in einer extrem schwierigen Marktsituation. Das trifft nicht nur auf die Azoren zu, sondern ist die allgemeine Situation in Europa, in der wir erkennen müssen, dass die Preise auf ein Niveau sinken, das wir uns noch vor sechs Monaten überhaupt nicht vorstellen konnten. Ich kann Ihnen versichern – und ich denke, dass Sie meiner Fähigkeit, die richtigen Lösungen zum richtigen Zeitpunkt zu finden, Glauben schenken – dass dies der Weg zur Verwaltung des Systems unter den gegebenen Umständen sein wird.

 
  
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  Mairead McGuinness (PPE-DE). - Ich wünsche der Kommissarin ein frohes Neues Jahr, obwohl die Neuigkeiten im Milchbereich nicht gut sind.

Könnte ich speziell Sie, Frau Kommissarin, fragen – weil Sie auf einige der Faktoren angespielt haben, die zum Preisrückgang geführt haben – ob es angesichts der Tatsache, dass wir uns über die Gründe für den drastischen Preisanstieg nicht im Klaren waren, eine detaillierte Analyse dafür gibt, warum die Preise so drastisch gefallen sind? Sind Sie sicher, dass die Reformen des Gesundheitschecks angesichts all dieser Ungewissheit ausreichen? Und schließlich noch die Frage, ob ein Sicherheitsnetz ausreicht, wenn wir das Vertrauen der Erzeuger untergraben und sie ihre Milchproduktion senken, wie es derzeit geschieht?

 
  
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  Mariann Fischer Boel, Mitglied der Kommission. − Zunächst einmal glaube ich, dass es mehrere Gründe für die derzeit sehr niedrigen Milchpreise gibt.

Möglicherweise ist der wichtigste Grund die Tatsache, dass der russische Markt von enormer Bedeutung für die Europäische Union ist und dass wir erst vor kurzem eine große Abwertung im wirtschaftlichen Bereich in Russland erlebt haben, was bedeutet, dass die Preise für den russischen Verbraucher drastisch gestiegen sind. Ich kenne die genauen Zahlen nicht, aber die Abwertung liegt bei mindestens 50 %. Demzufolge sind auch die Möglichkeiten, unsere Produkte in Russland zu verkaufen, drastisch geschwunden. Außerdem gibt es, wie ich bereits gesagt habe, die Konsequenz der hohen Preise, die 2007 festzustellen waren, als die Leute etwas Abstand von den hochpreisigen Milchprodukten genommen haben – und offenbar sind sie noch nicht wieder zu ihnen zurückgekommen. Und dann gibt es Unsicherheiten in Bezug auf die allgemeine wirtschaftliche Situation.

Frau McGuinness hat gefragt, ob das, was wir beim Gesundheitscheck getan haben, unserer Meinung nach ausreicht. Tatsache ist, dass der Gesundheitscheck erst am 1. Januar 2010 anlaufen wird, mit all den verschiedenen Instrumenten, die zur Unterstützung der verschiedenen Bereiche zur Verfügung stehen. Was wir bei den Diskussionen festgestellt haben, ist, dass es neue Herausforderungen gibt und dass wir die modulierten Geldmittel für diese neuen Herausforderungen vorgesehen haben. Doch diese werden erst 2009 wirksam. Aus diesem Grunde haben wir dem Europäischen Parlament, dem Rat und dem Ecofin-Rat vorgeschlagen, einen Teil der so genannten ungenutzten Geldmittel – insgesamt 5 Mrd. Euro aus der Landwirtschaft, und für die ländliche Entwicklungspolitik sind es speziell 1,5 Mrd. Euro – schon jetzt in 2009 auszugeben. Es liegt dann in den Händen des Parlaments und des Rates, festzustellen, ob ein Teil dieser Geldmittel ausgegeben werden kann.

Wenn Sie sich an die Liste der neuen Herausforderungen erinnern, war auch der Milchsektor darin erwähnt. Daher hoffe ich, dass es auch im Parlament ein Verständnis dafür geben wird, einen Teil dieser Geldmittel zur Verwendung nicht nur, sondern auch für die Herausforderungen freizugeben, denen sich der Milchsektor gegenübersieht.

 
  
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  Die Präsidentin.

– Anfrage Nr. 32 von Johan Van Hecke (H-1018/08)

Betrifft: Kleinstkredite

Im Mai 2008 schlug Mariann Fischer Boel, Mitglied der Kommission, vor, Mittel der EU, die zuvor für Ausfuhrbeihilfen, Preisstützung und die Lagerung von Überschüssen verwendet wurden, für Kleinstkredite zweckzubestimmen, mit deren Hilfe Bauern in den Entwicklungsländern Saatgut und Kunstdünger kaufen können. Kleinstkredite sind zweifelsohne ein wichtiges Instrument im Kampf gegen die Armut und im Dienste der Millenniums-Entwicklungsziele. Bereits im Jahre 2008 sprach sich das Europäische Parlament dafür aus, im Wege einer schriftlichen Erklärung mehr Mittel für Kleinstkreditprojekte freizugeben.

Welche konkreten Maßnahmen hat die Kommission bisher im Anschluss an diesen Vorschlag ergriffen?

 
  
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  Jim Allister (NI). - Ist es nicht üblich, zwei Zusatzfragen nach dem Fragesteller zu beantworten, und habe ich nicht schon direkt zu Beginn der Frage an die Kommissarin angedeutet, dass ich eine Zusatzfrage hätte?

Weshalb ist sie nicht aufgerufen worden?

 
  
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  Die Präsidentin. – Herr Allister, ich wusste überhaupt nicht, dass Sie eine Frage stellen wollten. Wenn ich es gewusst hätte, hätte ich Ihnen natürlich das Wort erteilt.

 
  
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  Jim Allister (NI). - Bei allem Respekt, Ihre Mitarbeiter haben mir zu verstehen gegeben, dass meine Wortmeldung notiert worden sei. Also wenn es Ihre Mitarbeiter wussten, dann hätten Sie es auch wissen müssen.

Warum sind Sie nicht informiert worden?

 
  
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  Die Präsidentin. – Es tut mir leid, doch nach Aussage meiner Mitarbeiter hat Sie niemand gesehen.

 
  
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  Louis Michel, Mitglied der Kommission.(FR) Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die Diskussionen zwischen dem Parlament und dem Rat über die Annahme der Verordnung zur Schaffung einer europäischen Krisenreaktionsfazilität haben zu der Entscheidung geführt, die in Kapitel 2 des Haushalts verfügbaren Mittel zur Finanzierung dieser Fazilität zu nutzen, im Gegensatz zu dem, was von der Kommission vorgeschlagen worden war. Doch die am 16. Dezember 2008 angenommene Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates sah einen Haushalt in Höhe von 1 Mrd. Euro in Kapitel 4 des Haushalts für den Zeitraum 2008 bis 2010 vor. Er soll zur Finanzierung von Stützungsmaßnahmen für die Landwirtschaft und Ernährungssicherheit in den Entwicklungsländern verwendet werden, die von der Lebensmittelkrise am stärksten betroffen sind. Die Mikrokredite gehören zu vielen dieser Maßnahmen sowie anderen, die die landwirtschaftliche und ländliche Produktion stärken sollen. Das Parlament wird das Recht haben, die Programmplanung der durch diese Fazilität finanzierten Maßnahmen zu prüfen, im Einklang mit den Bestimmungen der Komitologieverordnung. Ich kann Ihnen mitteilen, dass ein erstes Paket in Höhe von ca. 300 Millionen Euro – das betrifft 24 bis 25 Länder – im Februar vorgelegt wird, wobei die allgemeine Planung für die Verwendung der gesamten Fazilität auf jeden Fall von der Kommission vorgelegt und bis zum 1. Mai 2009 angenommen werden soll.

Die Kommission unterstützt die Entwicklung von Mikrokrediten und genereller von Mikrofinanzinstituten. Abgesehen von Krediten bieten Letztere eine Vielzahl von Finanzdienstleistungen, wie u. a. Spareinlagen, Versicherungsprodukte, Geldüberweisungen und Zahlungssysteme. Die Kommission will den am stärksten benachteiligten Personen und Personen mit geringem Einkommen den Zugang zu diesen Finanzdienstleistungen erleichtern. Sie ist der Auffassung, dass die größte Hürde für die Entwicklung von Finanzsystemen für die am stärksten Benachteiligten nicht der Mangel an Finanzmitteln, sondern vielmehr die mangelnde institutionelle und technische Kapazität ist. Aus diesem Grunde konzentriert die Kommission ihre Anstrengungen in erster Linie auf die Stärkung der institutionellen Kapazitäten von Mikrofinanzanbietern. In Fällen, in denen sich der Zugang zu Kapital als großes Hindernis für Mikrofinanzinstitute erweist, beispielsweise wenn ein Mikrofinanzinstitut seine Dienstleistungen in ländlichen Regionen ausweiten möchte, kann die Kommission den Kapitalbedarf dieser Institute außerdem auch über spezielle Finanzinstitute wie die Europäische Investitionsbank (EIB) in Form von Krediten finanzieren, um Darlehen zu gewähren oder sich am Kapital zu beteiligen. In bestimmten Fällen, in denen es um die Einrichtung neuer Mikrofinanzinstitute geht, kann die Kommission auch beschließen, Finanzmittel für diese Start-ups über spezielle Nichtregierungsorganisationen bereitzustellen. Auf der Grundlage dieser vergleichbaren Vorteile verwaltet die EIB zudem auch die Organisation von Mikrofinanzierungen im allgemeinen Rahmen der über den EU-Haushalt finanzierten Fazilitäten, nämlich die FEMIP (Investitionsfazilität und Partnerschaft Europa-Mittelmeer) für den Mittelmeerraum oder über den Europäischen Entwicklungsfonds, d. h. die Investitionsfazilität für die AKP-Staaten.

 
  
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  Johan Van Hecke (ALDE).(NL) Frau Präsidentin! Alle hier Anwesenden haben die Entscheidung begrüßt, 1 Milliarde Euro für die ärmsten Landwirte in den Ländern vorzusehen, die von der Lebensmittelkrise am härtesten getroffen wurden; ich persönlich bedauere es jedoch, dass der Kommissionsvorschlag, ungenutzte Agrarmittel für diesen Zweck zu verwenden, aufgrund des Drucks vonseiten einiger Mitgliedstaaten und auch eines Teils des Parlaments nicht umgesetzt worden ist.

Wie der Kommissar gesagt hat, misst die Kommission Mikrodarlehen als wirksames Instrument für die Armutsbekämpfung große Bedeutung bei; in letzter Zeit sind jedoch einige Fragen aufgeworfen worden und ist Kritik laut geworden, insbesondere was den Zugang zu diesen Fazilitäten anbelangt. Man sagt, dass es sich hierbei um ein städtisches Instrument handelt, zu dem ländliche Regionen keinen Zugang haben.

Meine Frage an die Kommission ist: Wurde eine generelle Bewertung dieses Instruments vorgenommen?

 
  
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  Louis Michel.(FR) Wie bereits gesagt, sind wir natürlich dabei, den Mechanismus auszuarbeiten, der es uns ermöglichen sollte, die für diesen Zweck vorgesehenen Finanzmittel sofort zu nutzen.

Meiner Ansicht nach stellt weder die Beschaffenheit noch die Herkunft dieser Mittel ein Problem in Bezug auf die Kapazität dar. Es ist klar, dass dies selbst bei Projekten im ländlichen Raum überhaupt keine Schwierigkeiten bereiten wird. Ich kann Ihnen daher diesbezüglich versichern, dass es auf keinen Fall Schwierigkeiten geben dürfte; Ihre Bedenken werden, wie Sie feststellen werden, größtenteils im ersten Paket, das Ende Februar vorgelegt wird, und auch im allgemeinen Plan berücksichtigt, der spätestens bis zum 1. Mai vorliegen soll.

 
  
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  Jörg Leichtfried (PSE).(DE) Ich habe nur eine kurze Frage: Wird daran gedacht und halten Sie es für sinnvoll, auch bei diesen Mikrokrediten gewisse Steuerungsziele vorzugeben, nämlich dahingehend, sich auf den Bereich des fairen Handels oder den Bereich der biologischen Nahrung zu konzentrieren? Oder sind Sie der Ansicht, dass es relativ egal ist, ob diese Vorgaben gemacht werden?

 
  
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  Louis Michel.(FR) Natürlich kann ich mich nicht mit der direkten Verwaltung der Entwicklungsländer befassen. Im Allgemeinen haben Entwicklungsländer diesbezüglich eine äußerst fragile Politik. Ich glaube, dass ich den eigentlichen Sinn Ihrer Frage verstanden habe, und bin der Auffassung, dass der von Ihnen vorgeschlagene Ansatz grundsätzlich viel versprechend klingt. Ich kann auch verstehen, welches Ziel Sie dadurch erreichen möchten. Ich könnte diese Frage wieder aufgreifen und versuchen, sie in die aktuellen Überlegungen einfließen zu lassen, und dann wieder auf Sie zurückgekommen, um zu sehen, wie sich das organisieren lässt.

Ich nehme an, dass Sie an Anreize denken, die es uns ermöglichen würden, bestimmte politische Maßnahmen auf kleine landwirtschaftliche Familienbetriebe usw. auszurichten. Ich glaube, dass der ökologische Landbau in einigen Entwicklungsländern zweifellos eine Option ist, sofern man in der Lage wäre, Branchen zu schaffen. Doch das ist nur aus dem Stegreif gesprochen. Wenn wir eine Branche in einem Land schaffen können, in dem es zu einem bestimmten Zeitpunkt eine landwirtschaftliche Überproduktion gibt, dann könnte dies eine interessante Diversifizierung mit guter Wertschöpfung darstellen. Ich verstehe den Nutzen Ihres Vorschlags sehr wohl, und ich verspreche Ihnen, dass ich meine Dienststellen davon unterrichten werde, um festzustellen, wie wir ihn in unsere Überlegungen einbeziehen können.

 
  
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  Mairead McGuinness (PPE-DE). - Haben Sie, Herr Kommissar, die Sorge, dass das Problem der globalen Ernährungssicherheit, das Teil dieser Frage ist, aufgrund der Weltwirtschaftskrise nicht mehr ganz oben auf der politischen Agenda steht? Was unternimmt die Kommission, um sicherzustellen, dass es ganz oben auf der politischen Agenda steht, denn jeden Tag sterben immer noch 30 000 Kinder an Hunger und Entkräftung?

 
  
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  Louis Michel.(FR) Über manche Fragen wundere ich mich manchmal, nicht weil man über sie nicht täglich spricht und sich nicht täglich mit ihnen befasst. Mit Ihrer Frage unterstellen Sie, dass die Kommission scheinbar kein Interesse daran hat, die Arbeit fortzusetzen, die übrigens größtenteils mit der Hilfe und Unterstützung des Parlaments begonnen wurde.

Sie können beruhigt sein; ich muss Ihnen sagen, dass dies eine interessante Frage ist, insofern als die Tatsache, dass die Preise seit der Lebensmittelkrise vor einigen Monaten gefallen sind, bei einigen den Eindruck erwecken könnte, dass das Problem gelöst ist. Obwohl die Preise gesunken sind, werden sie nicht mehr auf das relativ niedrige Niveau zurückkehren, das sie vorher hatten. Insofern unterstreichen Sie dies zu Recht und weisen darauf hin, dass die Lebensmittelkrise weiterhin anhält und noch viele Jahre lang ein echtes Problem sein wird. Sie können sicher sein, dass ich diesen Sachverhalt sehr genau im Auge behalten werde; er wird nicht in Vergessenheit geraten.

 
  
 

Zweiter Teil

 
  
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  Die Präsidentin.

– Anfrage Nr. 33 von Marian Harkin (H-0970/08)

Betrifft: Reform des Haushaltsplans

Die Ergebnisse der von der Kommission durchgeführten öffentlichen Konsultation zum Thema „Den Haushalt reformieren, Europa verändern“ lassen die an die Kommission gerichtete Forderung erkennen, Effektivität und Effizienz der Ausführung des Haushaltsplans durch Verbesserung der Transparenz und des Zugangs der Öffentlichkeit zu verbessern. Darüber hinaus wurden in dem unlängst veröffentlichten Jahresbericht des Rechnungshofs für 2007 mehrere Empfehlungen im Hinblick auf die Ausgewogenheit von Kosten und Risiken, die Überwachung und die Berichterstattung, die Vereinfachung der Instrumente sowie die Verbesserung der von den Mitgliedstaaten durchgeführten Information und Kontrolle formuliert. Kann die Kommission angeben, welche Schritte sie ergreifen wird, um die wichtigsten Ergebnisse der öffentlichen Konsultation und des Berichts des Rechnungshofs im Hinblick auf die Steigerung der Leistungsfähigkeit und die Verringerung der Verwaltungslast auf ein Minimum aufzugreifen?

 
  
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  Dalia Grybauskaitė, Mitglied der Kommission. − Heute liegen mir zwei Fragen zur Reform des Haushaltsplans vor, eine eher allgemeine Frage und eine Frage, die sich mehr auf die Landwirtschaft konzentriert. Ich freue mich, dass zumindest zwei Fragen an mich gerichtet werden, weil wir um ein stärkeres Interesse vonseiten des Parlaments gebeten haben.

In Beantwortung der ersten Frage, die allgemeinerer Art ist und eher die Ausführung und Effizienz der Ausführung des EU-Haushaltsplans betrifft. Die öffentliche Konsultation hat sich zum Teil insbesondere darauf konzentriert, wie die Ausführung des EU-Haushaltsplans effizienter, schneller, einfacher und transparenter gestaltet werden kann. Die öffentliche Konsultation hat mit Nachdruck die höhere Effektivität und Effizienz des EU-Haushaltsplans gefordert, insbesondere was die Vereinfachung und Verhältnismäßigkeit des Verwaltungsaufwands und der Kontrollen anbelangt.

In diesem Zusammenhang wurden mehrere Punkte ausgemacht, von denen einige bereits konkrete Formen in der Kommission annehmen. Zu diesen Initiativen, die es bereits gibt, gehört die Europäische Transparenzinitiative. Dank dieser Initiative hat die Kommission schon eine erste Reaktion auf den Bedarf nach höherer Transparenz und leichterem Zugang zum Haushalt vorgelegt.

Einige andere Fragen, die im Rahmen der Konsultation angesprochen wurden, verdienen unsere ungeteilte Aufmerksamkeit. Die erste ist die Integration von Ausgaben, die derzeit außerhalb des Haushalts liegen – die so genannte Budgetisierung der Mittel. Dies würde zweifelsohne zu einer Erhöhung der Synergieeffekte und Legitimität und zur Verwaltungsvereinfachung beitragen. Doch in dieser Hinsicht waren wir in den letzten Jahren nicht unbedingt erfolgreich, wie Ihnen in Bezug auf einige Mittel bekannt ist. Die Verantwortung der Mitgliedstaaten ist ein weiteres wichtiges Element. Es gilt, die Verantwortung der Mitgliedstaaten weiter zu stärken, die über 80 % des EU-Haushalts verwalten, insbesondere in Bereichen mit geteilter Mittelverwaltung. Die Zuständigkeitsbereiche müssen klarer zwischen den Mitgliedstaaten und der Kommission abgegrenzt werden. Dies wird sich hoffentlich auch zum Teil nach dem Inkrafttreten des Vertrages von Lissabon verbessern.

Das dritte Element ist die Rigidität unseres Haushalts. Der jetzige EU-Haushalt ist immer noch zu unflexibel. Als Beispiele aus der jüngsten Vergangenheit seien die Verhandlungen für die Krisenreaktionsfazilität oder das europäische Konjunkturprogramm genannt, insbesondere unter den jetzigen Gegebenheiten. Dann haben wir Probleme mit der Gasversorgung in Europa, insofern als wir nicht liefern können oder keine Einigung zwischen den Mitgliedstaaten in Bezug auf Investitionen in zukünftige Projekte haben, wie Verbundpläne oder Gasspeicherung. Das zeigt erneut, wie viel wir in die operationellen Kapazitäten des EU-Haushalts investieren müssen, um reagieren zu können.

Die dritte Gruppe von Problemen, die im Rahmen der Konsultationen angesprochen wurden, betrifft die Verringerung des Verwaltungsaufwands. Die Kommission hat auch bereits mehrere Zusagen gemacht. Im Aktionsplan für einen integrierten internen Kontrollrahmen hat sich die Kommission verpflichtet, Vorschläge für die Vereinfachung der Vorschriften in Bezug auf die Förderfähigkeit von Ausgaben auszuarbeiten. Dazu zählt die stärkere Verwendung von Pauschalbeträgen oder die Vornahme von Pauschalzahlungen, sofern dies angemessen ist. In ihrer jüngsten Mitteilung zum tolerierbaren Risiko schlägt die Kommission vor, das Kontrollsystem im Hinblick auf die Risikoziele und eine akzeptable Fehlerquote neu zu definieren. Wir hoffen, dass uns das Parlament bei diesen politischen Diskussionen und später bei den Verhandlungen mit dem Rat unterstützen wird.

Die Kommission freut sich auf die generelle Unterstützung des Parlaments bei der Rationalisierung und Vereinfachung der Haushaltsführung und danach bei der Prüfung der zukünftigen Rechtsvorschriften im Allgemeinen. Ich danke Ihnen für die Fragen. Dies ist die uninteressanteste Frage, die wir normalerweise erhalten, weil sie manchmal als zu technisch angesehen wird. Ganz gleich, wie gut die politischen Entscheidungen auch sein mögen, gute Politik kann fehlschlagen, wenn wir keine effizienten Umsetzungsmechanismen haben.

 
  
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  Marian Harkin (ALDE). - Vielen Dank für Ihre umfassende Antwort, Frau Kommissarin. Sie sprachen über die Verantwortung der Mitgliedstaaten. Können Sie Näheres sagen zu den bisherigen Fortschritten bei der Vereinfachung der Grundlage für die Berechnung der zuschussfähigen Ausgaben und bei der stärkeren Vornahme von Pauschalzahlungen, insbesondere im Bereich der Strukturfonds?

Meine zweite Frage bezieht sich auf das Konsultationsdokument selbst und die größtenteils negative Antwort für die Landwirtschaft. Wenn man sich das Konsultationsdokument ansieht, werden darin Herausforderungen von morgen wie Vielfalt, wissenschaftlicher und technischer Fortschritt, wissensbasierte Wirtschaft, Klimawandel, Energiesicherheit aufgeführt; doch die Ernährungssicherheit wird darin nicht erwähnt. Wird die negative Antwort für die Landwirtschaft also unangemessenerweise durch das Dokument selbst beeinflusst?

 
  
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  Silvia-Adriana Ţicău (PSE).(RO) Ich möchte die Tatsache erwähnen, dass 2009 das Europäische Jahr der Kreativität und Innovation ist.

Wir haben auch eine andere Priorität, nämlich den Klimawandel. Wir dürfen nicht vergessen, dass im Rahmen des europäischen Konjunkturprogramms prioritäre Infrastrukturen, wie die für Energie und Transport, finanziert werden müssen und dass diese ebenfalls eine Priorität sind.

Wie schlägt sich das in der Haushaltsreform nieder?

 
  
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  Dalia Grybauskaitė, Mitglied der Kommission. − Also drei Zusatzfragen.

Zu den Strukturfonds und dem, was wir bereits unternehmen: Bei den Verhandlungen mit dem Parlament zur Vereinbarung des Haushaltsplans 2009 haben wir bereits vereinbart und eine Erklärung abgegeben, dass wir die Absorption beschleunigen und den Entscheidungsfindungsprozess für die Mitgliedstaaten flexibler gestalten wollen, u. a. auch in Bezug auf die Art des Einsatzes der Strukturfonds. Das ist auch in unserem Konjunkturprogramm vorgesehen. Es ist wichtig, und wir rechnen damit, dass dies zu einem schnelleren Einsatz der Strukturfonds von ca. 6 Milliarde Euro allein im Jahr 2009 beitragen wird. Es ist unsere Verpflichtung gegenüber dem Parlament, und wir haben dies auch mit den Mitgliedstaaten im Rat vereinbart, die diese Anstrengungen unterstützt haben.

Daher sind von der Kommission zwei Pakete mit Änderungen der Verordnungen vorgelegt worden; ich hoffe, dass sie schon irgendwo beim Parlament, zumindest beim Ausschuss für Regionalpolitik und Raumordnung, und beim Rat vorliegen; und ich hoffe, dass sie sehr schnell verabschiedet werden, damit die Mitgliedstaaten sie verwenden können.

Zur Frage im Zusammenhang mit der Ernährungssicherheit und GAP: Es ist sehr interessant, Ihre Frage zu hören, und ich kann mir vorstellen, welche Fragen ich von anderen Mitgliedern erhalten werde. Es ist eine sehr vernünftige Frage zur GAP im Allgemeinen. Wir haben beim Konsultationsprozess viel Kritik zur Qualität der GAP geerntet, nicht gegen die Politik, sondern gegen die Qualität und Kapazität in Bezug auf die rechtzeitige Reaktion und Hilfe.

Die Politik ist aufgrund ihrer Art sehr kostenaufwändig, und so haben die Teilnehmer diese Politik hauptsächlich wahrgenommen. Und Sie haben natürlich völlig recht; unserem Verständnis nach soll sich diese Politik in nächster Zeit und mittelfristig ändern; es soll stärker in umwelt- und gesundheitsspezifische Aspekte, einschließlich der Ernährungssicherheit, investiert werden. So wird die mittelfristige Zukunft vermutlich aussehen.

Doch natürlich war nicht alles allen Teilnehmern recht. Wir haben versucht, möglichst objektiv zu sein. Wir haben alle Konsultationsunterlagen veröffentlicht. Sie wurden bei der Konferenz im November unter dem Vorsitz von Präsident Barroso erörtert, und alles wurde veröffentlicht, u. a. auch unsere Untersuchungsergebnisse zu den Beiträgen von Think-Tanks, alle Konsultationsunterlagen und unsere Zusammenfassung. Es ist also öffentlich zugänglich und noch nicht unsere Stellungnahme. Wir haben versucht, objektiv zu sein und uns nicht einer Meinung anzuschließen, sondern wir wollten die Reaktion der Öffentlichkeit abwarten. Wir wollten Ihnen eine objektive Meinung darüber geben, wie wir mit unseren politischen Maßnahmen oder unserem Haushalt von außen gesehen werden, damit wir dies für unsere zukünftige Ausarbeitung der politischen Beschlüsse nutzen.

Zur dritten Frage in Bezug auf die Prioritäten, da haben Sie vollkommen recht. Jeder spricht darüber. Wir wissen, was wir tun müssen. Die Mitgliedstaaten wissen es, die Regierungen wissen es, doch wir sind nicht immer einer Meinung, wenn es um Geld geht. Bei den Verhandlungen über die endgültige Verabschiedung des Haushalts geht es im Wesentlichen immer um „Juste retour“-Verhandlungen (Grundsatz der angemessenen Gegenleistung). Wer erbringt die Gegenleistung? Insbesondere jetzt während dieser Rezession – in Zeiten, in denen wir so ernsthafte Probleme im Energiebereich und in der externen Welt haben – insbesondere jetzt müssen wir uns wieder darauf konzentrieren und dürfen nicht vergessen, dass das strategische Ziel, das wir alle zusammen, die Kommission und Sie, erreichen müssen, in der Ausarbeitung des Strategiepapiers zur Haushaltsreform besteht.

 
  
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  Die Präsidentin.

– Anfrage Nr. 34 von Mairead McGuinness (H-0996/08)

Betrifft: Reform des EU-Haushalts

Erfüllt es die Kommission mit Genugtuung, dass die jüngste öffentliche Konsultation „Den Haushalt reformieren, Europa verändern“ offenbar die Ansicht der Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger der EU widerspiegelt; oder gibt ein wie es heißt hundertfach geäußerter Standpunkt tatsächlich das gesamte Meinungsspektrum der EU wider?

Welche wichtigen Schlüsse können in diesem Zusammenhang gezogen werden und welche wesentlichen Änderungen werden nach Auffassung der Kommission künftig am EU-Haushalt vorgenommen?

Was erwartet die Kommission insbesondere von den großen Reformen des Agrarhaushalts?

 
  
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  Dalia Grybauskaitė, Mitglied der Kommission. − Die Frage wurde mir mit dem Hauptaugenmerk auf die Ergebnisse der Konsultationen zur Agrarpolitik gestellt, wobei auch allgemeinere Aspekte in die Frage eingeschlossen wurden. Deshalb möchte ich mit einigen allgemeinen Anmerkungen beginnen.

Was die von uns eingeleiteten Konsultationen anbelangt, so waren wir sehr zufrieden, weil die Debatte erstmalig in der europäischen Geschichte so offen stattgefunden hat; alle, die dazu in der Lage und bereit waren, konnten sich am Prozess beteiligen. Wir haben enorm viele Beiträge von Nichtregierungsorganisationen, Regierungen, Thinks-Tanks und der Zivilgesellschaft erhalten; und das war sehr nützlich für uns und wird dies auch weiterhin sein.

Natürlich spiegeln sie eine Vielzahl von Meinungen und Sichtweisen wider, die sich nicht auf eine oder zwei Kernaussagen reduzieren lassen; doch im Großen und Ganzen wurde der generelle Ansatz der Kommission für die Haushaltsreform unterstützt, mit der strategischen Zielsetzung, den europäischen Mehrwert für jeden Euro, der aus dem EU-Haushalt ausgegeben wird, zu maximieren. Sie bieten Kriterien zur Konkretisierung des Gedankens und der Ideen darüber, in welchem Verhältnis die Stabilität und die Reaktionsfähigkeit des EU-Haushalts zueinander stehen sollten.

Viele, die einen Beitrag geleistet haben, sind einhellig der Auffassung, dass sich der Haushalt in den letzten Jahren enorm weiterentwickelt hat; nur sehr wenige sind jedoch vollkommen unzufrieden mit der jetzigen Gliederung des Haushaltsplans. Die Konsultationen vermitteln ein Gefühl für die Prioritäten im Hinblick auf die Herausforderungen, die Europa zu meistern hat, wobei der Klimawandel und die globale Wettbewerbsfähigkeit ganz oben auf der Prioritätenliste stehen.

In den Beiträgen werden auch mehrere mögliche Reformen in Bezug auf bestimmte ausgabenpolitische Maßnahmen, das Finanzsystem und die Art der Ausführung des Haushaltsplans vorgeschlagen. Nähere Informationen sind, wie ich bereits gesagt habe, auf den Websites der Kommission zu finden.

Schließlich zeigt die Konsultation im Hinblick auf die Landwirtschaft eine wachsende Zustimmung dahingehend, dass die GAP weiter reformiert werden muss. Einige sind der Auffassung, dass die GAP-Reform möglichst im Einklang mit dem früheren „Gesundheitscheck“ oder der Halbzeitbilanz fortgesetzt werden sollte; andere befürworten radikalere Änderungen. Die meisten Beitragenden unterstreichen die Notwendigkeit, die GAP schwerpunktmäßig auf die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Landwirtschaft auszurichten, die Reaktionsfähigkeit auf Klimawandel, Lebensmittelsicherheit und Qualitätsanforderungen sowie andere umweltspezifische Ziele. In Bezug auf die Art und den Umfang der Änderungen gehen die Meinungen allerdings auseinander.

Die Erwartungen der Kommission in Bezug auf Hauptausgabenbereiche, vor allem im Agrarbereich, unterliegen laufenden Arbeiten auf Basis von Konsultationen, technischen Bewertungen, wissenschaftlichen Beiträgen und sektorbezogenen politischen Diskussionen. Sie werden ein Bestandteil der politischen Reaktion sein, die später in diesem Jahr erfolgen wird. Dann wird die Kommission unser Strategiepapier ausarbeiten, wobei ich sehr hoffe, dass wir in Zusammenarbeit mit Ihnen in der Lage sein werden, unsere Pflicht gemeinsam zu erfüllen.

 
  
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  Mairead McGuinness (PPE-DE). - Vielen Dank, Frau Kommissarin, nicht nur für Ihre Antwort, sondern auch für Ihre Anmerkungen zu den Ausführungen von Marian Harkin zum Thema Ernährungssicherheit. Meiner Meinung ist es eine große Lücke auf dem Markt.

Ich möchte Ihre Aufmerksamkeit auf den von mir verfassten Bericht, der heute in diesem Parlament mit überwältigender Mehrheit von den Befürwortern der GAP und ihrer Rolle bei der globalen Ernährungssicherheit angenommen wurde, und auf die Diskussion lenken, die wir über die sinkenden Einnahmen von Milchviehbetrieben hatten. Wir brauchen hier eine Art Realitätsprüfung für diejenigen, die wilde Reformen vorschlagen. Wir sprechen über Lebensmittel für europäische Bürgerinnen und Bürger und über die Einkommen derjenigen, die in ländlichen Gebieten leben und diese verwalten. Ich würde Sie bitten, diese Personen in Zukunft zu berücksichtigen.

 
  
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  Göran Färm (PSE). – (SV) Ich habe eine kurze Frage an die Frau Kommissarin. Ich habe an der ausgezeichneten Konferenz der Kommission im Dezember über die Halbzeitbilanz des Haushalts teilgenommen. Bei dieser Konferenz hat die Kommissarin eine ausgezeichnete und proaktive Rede darüber gehalten, wie wichtig es ist, jetzt Änderungsvorschläge einzureichen. Doch jetzt hören wir Gerüchte, wonach es einen Vorschlag für die Halbzeitbilanz des Haushalts erst nach der Europawahl und nach der deutschen Bundestagswahl im September geben soll. Meine Frage ist einfach: Wird die Kommissarin einen Vorschlag für eine Halbzeitbilanz des Haushalts noch vor dem Sommer oder erst nach der deutschen Bundestagswahl vorlegen?

 
  
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  Justas Vincas Paleckis (PSE).(LT) Frau Kommissarin, ich möchte Ihnen für Ihre präzisen und offenen Antworten danken und sagen, dass die Diskussionen über die Haushaltsreform seit einiger Zeit, schon über ein Jahr im Gange sind. Welchen Einfluss hat die Finanzkrise auf diese Diskussionen? Ich möchte auch wissen, ob bei der Haushaltsreform über mögliche Auswege nachgedacht wird, damit wir Finanzkrisen wie die, die wir derzeit erleben, in Zukunft vermeiden können?

 
  
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  Dalia Grybauskaitė, Mitglied der Kommission. − In Bezug auf eine Realitätsprüfung stimme ich voll und ganz zu, dass unsere Beschlüsse, insbesondere Beschlüsse strategischer Art, in politischer Hinsicht sehr verantwortungsbewusst sein müssen. Wir sollten nicht das Beste ändern, sondern müssen Altes oder nicht mehr Wirksames loswerden.

In Bezug auf die Halbzeitbilanz liegt meiner Ansicht nach ein Missverständnis vor. Wir sind nie zur Ausarbeitung einer Halbzeitbilanz des EU-Haushalts aufgefordert worden. Wir sind aufgefordert worden, bis Ende 2009 ein umfassendes Dokument zur Haushaltsreform auszuarbeiten; die Entscheidung über den Zeitpunkt, wann es aus politischer Sicht angemessener ist oder wann wir eine effizientere und effektivere Reaktion erwarten können, ist unsere Aufgabe. Ich persönlich würde eine frühere Ausarbeitung vorziehen, vielleicht im Frühjahr. Doch ich muss eine ernste Realitätsprüfung vornehmen, weil Wahlen bevorstehen, vielleicht die Ratifizierung des Vertrages von Lissabon usw. Wir sollten einen guten Vorschlag nicht zunichte machen und dürfen nicht zulassen, dass er von operativen Ereignissen überschattet wird. Wir sollten Präsident Barroso die Entscheidung über das endgültige Datum überlassen; doch wir sind bereit und diese Kommission ist bereit, ihre Aufgabe zu erledigen.

(LT) Herr Paleckis, Ihre Fragen sind wirklich sehr wichtig, sehr tiefgehend, man könnte sagen so tiefgehend und wichtig, dass nicht einmal der gesamte europäische Haushalt eine Antwort geben könnte. In Wahrheit sind Ihre Fragen strategischer Natur, denn kein Haushalt könnte auf wirksame Weise jetzt oder in Zukunft auf die Art der Finanzkrise reagieren, die sich ereignet hat.

Der EU-Haushalt stellt nur 1 % des Bruttoinlandsprodukts dar, doch die Finanzkrise wurde größtenteils nicht verursacht aufgrund von Geldmangel, sondern vielmehr, würde ich sagen, durch Überwachungsprobleme, die Globalisierung des Finanzsystems, seine Monopolisierung und aus vielen anderen Gründen.

Wie das Budget einer sehr kleinen internationalen Organisation hat der EU-Haushalt zweifelsohne eine gewisse Auswahl an Instrumenten, doch sie ist wirklich nicht groß. Diese Auswahlmöglichkeiten bestehen größtenteils nicht in tatsächlichen Finanz- oder Geldmitteln, sondern vielmehr in Regulierungsmaßnahmen, Kontrollmaßnahmen, Empfehlungsmaßnahmen, u. a. auch im Bereich der makroökonomischen Politik. Das ist vermutlich noch wichtiger als die Tatsache, wie viel Geld wir tatsächlich haben oder investieren können.

Derzeit haben wir den Fonds für die Anpassung an die Globalisierung, wir haben das Flexibilitätsinstrument und andere, aber sie sind nicht wirklich effizient oder effektiv. Genau aus diesem Grunde hat die Kommission im Konjunkturprogramm Investitionen in Höhe von 5 Mrd. Euro in strategische strukturelle Veränderungen für Energieverbund- und andere Energieinfrastrukturprojekte vorgeschlagen; und bislang sind die Mitgliedstaaten nicht in Eile und auch nicht unbedingt bereit, darüber zu diskutieren.

Die Krise selbst zeigt, dass Investitionen in strategische Energieprojekte und andere gemeinsame europäische strategische Projekte außerordentlich wichtig sind. Ich hoffe sehr, dass diese Krise eine der Lektionen sein wird, die Europa sehr ernst nehmen sollte. Ich hoffe auch, dass sie zur Konzentration und künftigen Nutzung des EU-Haushalts in den Bereichen beitragen wird, in denen wir den größtmöglichen Nutzen erzielen können, da er viel zu klein ist, um alles abdecken und alles lösen zu können.

Daher ist es nicht leicht, Ihre sehr allgemeinen Fragen zu beantworten; doch – wie ich bereits gesagt habe – hoffe ich, dass diese Krisensituation in der Welt und die Rezession, die derzeit in ganz Europa zu beobachten ist, wirklich dazu beitragen werden, dass die Politiker mehr in europäische Strategie investieren.

 
  
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  Die Präsidentin.

– Anfrage Nr. 35 von Seán Ó Neachtain (