Der Präsident. – Als nächster Punkt folgt die Debatte zur mündlichen Anfrage an die Kommission zu Aspekten des Tiertransports, die von Herrn Parish im Namen des Ausschusses für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung eingebracht wurde (O-0134/2008 - B6-0496/2008).
Neil Parish, Verfasser. − Herr Präsident! Ich bringe heute diese mündliche Anfrage nicht nur im Namen des Ausschusses für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung, sondern auch im Namen der Interfraktionellen Arbeitsgruppe „Tierschutz“ ein, denn ich glaube, wir haben in der Europäischen Union eine sehr starke Landwirtschaft. Eine Voraussetzung für eine starke Landwirtschaft ist eine starke Gemeinwohlpolitik, da meines Erachtens die Zukunft der europäischen Landwirtschaft vor allem bei qualitativ hochwertigen Produkten und der Erfüllung hoher Standards in Bezug auf die Gemeinwohlorientierung liegt. Dann können wir bei der Vermarktung unserer Produkte viele positive Aspekte hervorheben. Deshalb ist Tiertransport nicht nur ein Mosaikstein, sondern es ist von ganz entscheidender Bedeutung, dass die dafür geltenden Gesetze die richtigen sind.
Ich möchte mich heute Vormittag in vielerlei Hinsicht auf die Tatsache konzentrieren, dass es Gesetze zu diesem Thema gibt. Es lässt sich darüber streiten, ob diese Gesetze ausreichen oder nicht. In diesem Moment kommt es aber vor allem darauf an, diese Gesetze zu prüfen und absolut sicher zu sein, dass sie von den Mitgliedstaaten auch eingehalten werden. Denn wir wissen beispielsweise, dass es in einigen Mitgliedstaaten das Problem gibt, dass die nationalen Regierungen Gesetze erlassen, die von regionalen Regierungen umgesetzt werden müssen. Dann wird es problematisch. Und schließlich sind die Tiere die Leidtragenden.
Ich könnte auf viele Aspekte eingehen. Ein Aspekt, mit dem wir hier in Europa besondere Probleme haben, ist der Pferdetransport. Viele Pferde werden an ihrem Lebensende in Italien zu Salami verarbeitet. Der Transport dorthin erfolgt in vielerlei Hinsicht nicht unter den besten Bedingungen. Wir haben etliche dieser Transportfahrzeuge durch die Mitgliedstaaten der Europäischen Union verfolgt. Dabei mussten wir feststellen, dass Gesetze nicht eingehalten wurden, die vorgeschriebenen Ruhepausen nicht eingehalten wurden, die Fahrzeuge nicht dem vorgeschriebenen Typ entsprachen oder auch nicht mit einer ordnungsgemäßen Klimaanlage sowie Wasserversorgung ausgestattet waren. Das darf so nicht weitergehen.
Ich habe der Kommission schon einige Male gesagt, dass ich mich gegen zusätzliche Kosten ausspreche, aber wenn Tiere zum Schlachthof transportiert werden sollen, dann müssen auch die Transportunternehmen eine gute Arbeit leisten, selbst wenn das die Kosten erhöht. Sie müssen die richtigen Fahrzeuge haben, und sie dürfen nicht zu viele Tiere in diese Fahrzeuge pferchen. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, dann sage ich: Einverstanden, dann soll es so sein! In vielen Fällen kann es auch sinnvoller sein, die Tiere nicht über lange Strecken zum Schlachthof zu fahren, sondern sie in ihrem heimatlichen Mitgliedstaat zu schlachten und dann das gekühlte Fleisch zu transportieren. In dieser Hinsicht haben wir noch viel zu tun.
Ich möchte Ihnen auch sagen, dass Herr Kyprianou, der frühere Kommissar für Gesundheit und Verbraucherschutz, uns versichert hatte, dass er in seiner Amtszeit nicht nur die geltende Gesetzgebung ordnungsgemäß umsetzen würde, sondern dass er am Ende seiner Amtszeit auch die Situation neu bewerten würde. Bis zum Ende der aktuellen Wahlperiode dauert es nicht mehr lange. Ich möchte Frau Vassiliou, die Herrn Kyprianou sehr gut ersetzt hat, bitten, sich an dessen Zusage zu halten. Die Thematik der Tiertransporte gehört zu jenen Angelegenheiten, die wir sehr ernst nehmen müssen.
Wir haben diese Punkte schon häufig angesprochen. Wir sind eine zivilisierte Gesellschaft, und zivilisierte Gesellschaften werden häufig auch daran gemessen, wie sie nicht nur ihre Menschen, sondern auch ihre Tiere behandeln. Diesen Punkt kann man gar nicht genug betonen.
Abschließend möchte ich auf die eigentliche mündliche Anfrage eingehen und daran erinnern, dass die Verordnung über den Schutz von Tieren beim Transport bereits seit 2007 in Kraft ist. Die Kommission sollte deshalb bereits die ersten Jahresberichte zur Inkraftsetzung dieser Verordnung aus den Mitgliedstaaten erhalten haben. Kann die Kommission sagen, welche Mitgliedstaaten bereits ihre Berichte abgegeben haben? Hat die Kommission bereits eine vorläufige Analyse der Berichte erarbeitet, sodass einige Aussagen zu den Mängeln und Schwierigkeiten, aber auch zu den wichtigsten Erfolgen bei der Umsetzung dieser Verordnung möglich sind? Erarbeitet die Kommission demzufolge auch einen Bericht zu den Prozessen der Inkraftsetzung dieser Richtlinie in den Mitgliedstaaten? Eine solche Analyse wäre für die Vorbereitung einer Überarbeitung der Tierschutztransportverordnung wesentlich. Deshalb bitte ich Sie, Herr Kommissar, um Antworten auf diese Fragen.
Vladimír Špidla, Mitglied der Kommission. – (CS) Herr Präsident, sehr verehrte Damen und Herren! Ich stimme Herrn Parish zu: Die Frage, wie wir Tiere, unter ihnen auch Nutztiere, behandeln, beinhaltet zweifellos auch ethische und zivilisatorische Aspekte. Der Kommission ist sich bewusst, dass der Transport von Vieh zu kommerziellen Zwecken den Tieren schweres Leid zufügen kann. Zumeist sind davon sogenannte geringwertige Tiere betroffen, die zum Schlachten vorgesehen sind. Die gesetzlichen Bestimmungen zum Transport über lange Strecken werden nur unzureichend durchgesetzt. In den letzten Monaten erhielt die Kommission auch Berichte über Grausamkeiten, die Tieren zugefügt wurden. Deshalb wird die Kommission auch weiterhin die bestmöglichen verfügbaren Optionen unterstützen, um die Situation zu verbessern. Unser Ziel ist eine bessere Umsetzung der EU-Gesetzgebung. Dann wären die betroffenen Tiere gesünder, und sie würden unter akzeptablen Bedingungen leben. In einer von der Gemeinsamen Forschungsstelle durchgeführten Studie wurde festgestellt, dass neue und effektivere Kontrollsysteme (beispielsweise eine Überwachung der Transporte mithilfe von Satellitenpositionierungssystemen) die Situation verbessern und eine transparentere Umsetzung der Bestimmungen ermöglichen würden. Die Anwendung dieser neuen Technologien würde auch dazu beitragen, die administrative Belastung der zwischenstaatlichen Behörden und Organisationen zu verringern.
Die Kommission erwägt auch, vor Ablauf ihres Mandats neue Standards vorzuschlagen, die auf den Ergebnissen wissenschaftlicher Forschungsarbeiten zu den Transportzeiten, der Anzahl der verladenen Tiere sowie der Anzahl der in Kraftfahrzeugen verladenen Tiere basieren. Derzeit bewertet die Kommission auf der Grundlage der von den Mitgliedstaaten im Rahmen der geltenden EU-Bestimmungen vorgelegten Berichte die Umsetzung des EU-Rechts. Die in diesen Berichten enthaltenen Ergebnisse werden mit den Ergebnissen von Stichproben verglichen, die Veterinärexperten in den Mitgliedstaaten vorgenommen haben. Die Ergebnisse dieser von Fachleuten der Kommission durchgeführten Stichproben werden auf der Website der Kommission veröffentlicht. Außerdem werden derzeit Daten ausgewertet, die von internationalen Nichtregierungsorganisationen, die auf diesem Gebiet aktiv sind, veröffentlicht wurden.
Die meisten Mitgliedstaaten haben bereits 2007 der Kommission Berichte zu Tiertransporten vorgelegt. Per Ende 2008 fehlen noch die Berichte von Zypern, Litauen, Malta, Bulgarien und Luxemburg. Diese Staaten wurden von der Kommission an ihre Pflichten erinnert. Wir verfolgen diese Situation sehr genau. Allerdings wird mit der Verordnung (EG) Nr. 1/2005 von der Kommission nicht verlangt, einen Bericht über die bei der Umsetzung der Verordnung in den einzelnen Mitgliedstaaten erzielten Fortschritte zu erarbeiten. Die Kommission stimmt der Auffassung zu, dass die Durchsetzbarkeit ein entscheidender Aspekt eines jeden Gesetzentwurfs ist. Deshalb wird die Kommission die Auswertung der Berichte der Mitgliedstaaten sowie zukünftige Veränderungen an den Bestimmungen der Gemeinschaft auf diesem Gebiet sehr genau verfolgen.
Struan Stevenson, im Namen der PPE-DE-Fraktion. – Herr Präsident! Betrachten wir zunächst den Hintergrund dieser gesamten Situation. Im Dezember 2004 wurden acht Stunden als verbindliche Obergrenze für die Dauer von Tiertransporten vereinbart. Die entsprechende Verordnung trat im Januar 2007 in allen 27 Mitgliedstaaten in Kraft. Bestimmte Ausnahmeregelungen gestatten auch längere Transportzeiten. Dann muss jedoch nachgewiesen werden, dass die Fahrzeugstandards verbessert wurden, die Tiere Zugang zu Wasser haben, die Temperatur geregelt wird, eine adäquate Belüftung gewährleistet ist und häufige Ruhezeiten eingehalten werden.
Weitere Ausnahmebestimmungen wurden für entlegene ländliche Gebiete sowie Inseln, wie in meinem eigenen Wahlkreis Orkney und Shetland, festgelegt, wo längere Transportzeiten unvermeidlich sind. Für diese Fälle wurden jedoch speziell ausgerüstete Transportfahrzeuge mit Ruheplätzen und Zugang zu Wasser entworfen, sodass die Tiere relativ komfortabel transportiert werden können. Darüber hinaus wurde für bestimmte Tiere ein vollständiges Transportverbot erlassen, beispielsweise für weniger als zehn Tage alte Kälber und weniger als eine Woche alte Lämmer.
Mit einer gewissen Zufriedenheit kann ich an dieser Stelle konstatieren, dass diese Transportbestimmungen strikt eingehalten werden. Das gilt insbesondere für Länder wie Schottland, wo wir auch weiterhin in einigen Aspekten der Umsetzung auf das höchste Niveau innerhalb der gesamten EU verweisen können. Sorge bereiten mir jedoch Berichte darüber, dass, wie Neil Parish sagte, in anderen Teilen der EU diese Vorschriften nicht mit der gleichen Konsequenz eingehalten werden. Das betrifft insbesondere einige Mitgliedstaaten im südlichen Mittelmeerraum und einige der neuen Mitgliedstaaten aus Osteuropa. Ein besonderes Problem ist jedoch, wie Neil Parish ebenfalls betonte, der Transport von Pferden zu Schlachthöfen.
Noch immer werden von Nichtregierungsorganisationen, die im Bereich des Tierschutzes arbeiten, Belege für Fälle von grausamer Missachtung der Vorschriften vorlegt. Aus diesen Berichten geht hervor, dass Pferde, mitunter aber auch andere Nutztiere, in sengender Hitze über riesige Entfernungen transportiert werden, und zwar ohne Zugang zu Wasser, ohne ordnungsgemäße Belüftung, ohne Ruhezeiten, eingepfercht in überfüllte Lkws. Mit zunehmender Transportdauer werden die Tiere immer erschöpfter, sie dehydrieren, einige leiden stark unter der Hitzebelastung, sodass sie verzweifelt hecheln und nach Luft schnappen. Nicht selten versterben Tiere bereits auf dem Transport. Diese Praxis muss beendet werden. Die Verordnung muss in allen Mitgliedstaaten strikt eingehalten werden.
Ich unterstütze die einzelnen Punkte der heute von Neil Parish eingebrachten mündlichen Anfrage, deren Ziel darin besteht, den Grad der Einhaltung dieser Maßnahmen zu ermitteln. Ich hoffe, dass die Kommission uns nun diese Informationen vorlegen und uns versichern kann, dass Schritte zu einer konsequenten Umsetzung des Achtstundenlimits für Tiertransporte (mit den von mir genannten, angemessenen Ausnahmen) unternommen werden und den grausamen Verstößen gegen geltendes EU-Recht endlich Einhalt geboten wird.
Rosa Miguélez Ramos, im Namen der PSE-Fraktion. – (ES) Herr Präsident, sehr verehrte Damen und Herren! Für einige europäische Länder hat der Transport von Tieren, je nach der geografischen Lage – wie Herr Stevenson ausführte – sowie ihrer Fläche und der Länge ihrer Handelsströme eine besondere Bedeutung.
Herr Kommissar, ich möchte in diesem Zusammenhang auf zwei konkrete Aspekte eingehen. Erstens scheint es für mich klar zu sein, dass sich die Kommission mit Schwierigkeiten bei der Durchführung einer Analyse auf dem Territorium der Gemeinschaft konfrontiert sieht. Aufgrund der aktuellen Gesetzgebung sollten die Mitgliedstaaten jedoch – wie wir bereits gesehen haben – jährlich einen Bericht zu den im Vorjahr durchgeführten Kontrollen vorlegen. Allerdings wird durch die Verordnung weder eine minimale Anzahl von Überprüfungen vorgeschrieben, noch sieht es so aus, als bestünde bezüglich der statistischen Basis Einheitlichkeit. Vergleiche der von den einzelnen Ländern vorgelegten Daten sind deshalb nicht möglich. Herr Kommissar, ich glaube, dass diese Situation im Interesse aller Betroffenen schnellstmöglich verbessert werden sollte.
Mich beunruhigt jedoch noch ein zweiter Aspekt. In ihrer Rede haben Sie Tiere, die zum Schlachthof transportiert werden, als geringwertig bezeichnet. Herr Kommissar, da muss ich Ihnen strikt widersprechen. Nach meiner persönlichen Auffassung haben diese Tiere einen hohen wirtschaftlichen Wert, und ich bin sicher, dass mir die Industrie in diesem Punkt zustimmt. Da das Fleisch dieser Tiere einen so hohen wirtschaftlichen Wert hat, sind einwandfreie Transportbedingungen von grundlegender Bedeutung. Da spielt es keine Rolle, was das Endziel des Transports ist, und sei es der Schlachthof, und welche Entfernung zurückgelegt wird. Anders ausgedrückt: Wichtig ist, dass diese Tiere unter positiven Bedingungen transportiert werden.
Ich bitte Sie deshalb, diese Überlegungen bei den Änderungsvorschlägen zu dieser Verordnung zu berücksichtigen, an denen die Kommission derzeit arbeitet. Wir wissen, dass neben neuen Technologien auch Veränderungen an den maximalen Transportzeiten, wie an dieser Stelle bereits erwähnt wurde, sowie an den maximalen und minimalen Temperaturen während des Transports Gegenstand der Reform sein werden.
Ich möchte deshalb Sie, Herr Kommissar, und die gesamte Kommission erneut auffordern, vor der Veränderung solcher wichtiger Bestimmungen eine solide wissenschaftliche Basis zu schaffen. Außerdem möchte ich Sie um Folgendes bitten: Solange diese solide wissenschaftliche Basis fehlt (und das ist derzeit in einigen der genannten Problembereiche der Fall), sollten wir es unterlassen, die vorgeschlagenen Veränderungen an den bestehenden Bestimmungen missbräuchlich in Berichte aufzunehmen, die nichts mit Fragen des Transports zu tun haben. Ich meine damit den Schutz der Tiere während der Schlachtung, wozu wir derzeit einen Bericht erarbeiten. Meines Erachtens sollten in Angelegenheiten dieser Bedeutung wir alle – die Kommission und das Parlament – unsere Karten offen auf den Tisch legen.
Anne E. Jensen, im Namen der ALDE-Fraktion. – (DA) Herr Präsident, Herr Kommissar! Ich muss zugeben, dass ich ein wenig enttäuscht darüber bin, dass nach mehr als vier Jahren noch immer kein Vorschlag der Kommission zur Verschärfung der Gesetzgebung im Bereich der Tiertransporte vorliegt. Es gab gute Absichten sowie eine konstruktive Zusammenarbeit zwischen Herrn Kyprianou und nun auch Frau Vassiliou und dem Parlament. Doch wann wird uns ein Vorschlag vorgelegt? Das würde ich sehr gerne wissen. Wichtig ist auch, dass wir die bestehenden Gesetze ordnungsgemäß durchsetzen. Wichtig ist, dass wir die Dauer des Transports von Tieren zur Schlachtung tatsächlich auf acht Stunden begrenzen. Wir sollten jedoch noch weiter gehen. Wir sollten nicht einfach über ein Zeitlimit sprechen. Forschungen haben gezeigt, dass für geschwächte Tiere bereits ein einstündiger Transport zu lange sein kann. Für Tiere mit einem stabilen Gesundheitszustand, die unter guten Bedingungen transportiert werden, sind unter Umständen auch längere Transporte kein Problem. Möglicherweise werden wir auch weiterhin Zuchttiere über längere Entfernungen transportieren. In diesem Zusammenhang hat das Parlament ein Pilotprojekt mit Ruhestationen vorgeschlagen, an denen den Tieren nach 24 Stunden Transport die Möglichkeit zur Erholung gegeben werden muss. Mich interessiert, welche Fortschritte bei der Entwicklung dieses Projekts mit Ruhestationen bereits erreicht wurden. Ein Ziel besteht dabei auch darin, die Betreiber von Kontrollstationen, Veterinärbehörden, Wissenschaftler und Tierschutzorganisationen zusammenzubringen, sodass sie gemeinsam Kriterien für eine akzeptable Vorgehensweise auf diesem Gebiet ermitteln. Es ist schwierig, ein solches Projekt auf den Weg zu bringen. Den Versuch ist es jedoch wert, denn es ist wichtig, dass sich der aktuelle Kenntnis- und Forschungsstand zum Wohlbefinden der Tiere während des Transports auch in der Gesetzgebung und in der Praxis widerspiegelt.
Janusz Wojciechowski, im Namen der UEN-Fraktion. – (PL) Herr Präsident! Neil Parish hat uns berechtigterweise an einige Dinge erinnert, die wir in diesem Plenarsaal schon mehrfach zur Sprache gebracht haben. Das gilt insbesondere für die Tatsache, dass die Art und Weise, in der wir mit Tieren umgehen, auch uns selbst widerspiegelt, unsere kulturelle und zivilisatorische Entwicklung. Tieren werden auf dem Transport häufig Grausamkeiten zugefügt. Bestimmte Verbesserungen wurden vorgenommen, beispielsweise durch Einführung höherer Standards für den Transport von Tieren, doch diese Maßnahmen gehen nicht weit genug.
Meines Erachtens ist es eine gute Lösung, wie schon einmal vor langer Zeit vorgeschlagen, die Dauer von Tiertransporten auf acht Stunden und die Gesamtdauer des Transports und Aufenthalts im Schlachthof auf zwölf Stunden zu begrenzen. Wir streben an, diesen Vorschlag im Rahmen der laufenden Arbeiten an der Tierschutz-Schlachtverordnung einzubringen.
Sehr geehrte Damen und Herren! Das Argumentieren für humane Maßnahmen ist die eine Sache. Es gibt jedoch auch noch einen anderen Aspekt, nämlich den finanziellen (der für bestimmte Personen von größerem Interesse ist). Tatsache ist: Durch die Transporte über große Entfernungen erhöhen sich die Kosten, und diese Kostensteigerungen werden letztlich wieder an den Verbraucher weitergegeben. Wir sollten diese Kosten abschätzen und als Argument dafür nutzen, dass wir endlich, nach vielen Jahren der Debatte, Tiertransporte begrenzen und das Leid der Tiere lindern.
Carl Schlyter, im Namen der Verts/ALE-Fraktion. – (SV) Herr Präsident! Ein mögliches Kriterium für die Bewertung der Entwicklung einer Zivilisation ist, wie sie mit den schutzlosesten lebenden Kreaturen umgeht. Daran gemessen, wie wir unsere Tiere behandeln, sind wir noch immer Barbaren.
Ich erinnere mich noch an die Zeit, als Schweden der EU beitrat, was bald fünfzehn Jahre zurückliegt. Viele Diskussionen vor unserem Beitritt betrafen den Tiertransport. In diesem Bereich sollten wir die Situation in unserem Land verbessern. Dann kam im Jahr 2005 die erste Verordnung. Die Bedingungen für die Tiere haben sich jedoch noch immer nicht gebessert. Stattdessen wurde uns nun gesagt, dass die Überwachung von nun an funktioniert, dass GPS-Systeme von nun an eingeführt werden, dass die Fahrer von nun an geschult werden, und dass die Lkws von nun an besser ausgestattet sein werden. Fünf Länder wurden noch nicht einmal damit belästigt, einen Bericht vorlegen zu müssen. Ich fordere die Kommission auf, diese Länder unverzüglich zu bestrafen. Was die übrigen 22 Länder betrifft: Wie viele Kontrollen haben sie durchgeführt? Wie haben sie die Bestimmungen eingehalten? Funktioniert das? Die Antwort lautet in vielen Fällen leider „Nein“.
Dann hat Herr Kyprianou uns versprochen, dass er vor dem Ende seiner Amtszeit nochmals hier auftreten würde, falls das notwendig und die öffentliche Meinung dementsprechend sei. Es ist notwendig, und die öffentliche Meinung ist dementsprechend! Viele der neuen Mitgliedstaaten sind recht klein, und dort wird es wahrscheinlich nicht notwendig sein, an die erste 24-Stunden-Fahrt die nächste anzuschließen. Demnächst wird eine neue Schlachtrichtlinie herauskommen, nach der auch mobile Schlachthöfe zulässig sein werden, wodurch der erforderliche Transportaufwand sinkt.
Wir müssen die Bedingungen, denen die Tiere während des Transports ausgesetzt sind, nochmals überprüfen. Wie viele von uns würden es begrüßen, wenn in ihrem Ehebett 24 Stunden lang vier Kühe oder zehn Schafe liegen würden? So sehr werden die Tiere aber derzeit eingepfercht. Oder stellen Sie sich vor, dass es noch immer möglich ist, dass die Exkremente der Hühner in der obersten Ebene eines Transportfahrzeugs auf die in den Ebenen weiter unten befindlichen Tiere fallen. Wer würde unter solchen Bedingungen transportiert werden wollen? Ich lade alle Landwirtschaftsminister der EU ein, mit mir gemeinsam eine Reise von Stockholm nach Brüssel zu unternehmen – und zwar unter den gleichen Bedingungen wie die Tiere. Ich bin gespannt darauf, wie viele diese Einladung annehmen werden. Möglicherweise würden sie dann doch lieber die Gesetzgebung ändern.
Wir sprechen über Kosten. Die höchsten Kosten in dieser Hinsicht sind die auf den langen Transportweg zurückzuführenden Umweltkosten. Aber auch in Zusammenhang mit dem Leid der Tiere während des langen Transports entstehen Kosten. Darüber hinaus führen diese langen Transporte aber auch zu einer schlechteren Fleischqualität. Das Ergebnis ist ein sehr realer Wertverlust. Aus einem gestressten Tier kann weniger qualitativ hochwertiges Fleisch gewonnen werden, und damit betrifft das Leiden der Tiere die gesamte Wertschöpfungskette. Denken Sie auch an den Bauern, der viel Mühe und Geld dafür aufgewandt hat, ein qualitativ hochwertiges Tier zu produzieren. Und in der letzten Phase seines Lebens wird dieses Tier schwer geschädigt.
Nein, wir brauchen noch vor den Wahlen einen neuen Vorschlag. Ich verstehe nicht, wie wir in der Lage sein sollen, eine Wahlkampagne zu führen, wenn uns nicht wenigstens ein Vorschlag der Kommission vorliegt, der belegt, dass wir nun endlich die Bedingungen für die Tiere verbessern möchten.
Jens Holm, im Namen der GUE/NGL-Fraktion. – (SV) Herr Präsident! Ausgangspunkt dieser Diskussion ist selbstverständlich die Tatsache, dass Tiere empfindsame Wesen sind. Tiere empfinden wie wir Schmerzen, Stress und Leid. Das müssen wir bei der Gesetzgebung berücksichtigen. Derzeit ist das noch nicht der Fall.
Immer mehr Tiere werden innerhalb der EU transportiert. Dieses Phänomen ist eine direkte Folge des Binnenmarktes. Der Binnenmarkt führt zu Spezialisierung. Die Tiere werden an dem einen Ort großgezogen, an einem anderen geschlachtet, und dann wird das Fleisch an einen dritten Ort transportiert. Den Mitgliedstaaten wird nicht einmal gestattet, aus Gründen des Tierschutzes Tiertransporte zu verbieten. Eine solche Situation ist in der Tat inakzeptabel. Im Rahmen einer schwedischen Studie wurde ermittelt, wie viele Tiere insgesamt innerhalb der EU über Ländergrenzen transportiert wurden. Für die EU-15-Staaten wurde ermittelt, dass zwischen ihnen jährlich 22 Millionen Vierbeiner wie Schweine, Pferde und Kühe sowie 500 Milliarden Stück Geflügel transportiert werden. Nochmals: Das betraf die aus 15 Mitgliedstaaten bestehende EU. Man kann sich gut vorstellen, wie die Zahlen für 27 Mitgliedstaaten aussehen. Sie werden selbstverständlich wesentlich höher sein.
Ich möchte die Kommission fragen, wann wir die neue Richtlinie für Tiertransporte haben werden. Herr Kyprianou hat selbstverständlich versprochen, dass noch in dieser Wahlperiode eine neue Richtlinie verabschiedet wird. Ist die Kommission in der Lage, uns zu versprechen, dass wir dies anstreben, insbesondere eine Obergrenze von acht Stunden für Tiertransporte? Außerdem möchte ich noch Herrn Špidla eine Reihe von Fragen stellen. Sie sagen, fünf Mitgliedstaaten hätten noch keine Berichte vorgelegt. Ein solcher Stand der Dinge ist erschreckend. Was unternehmen Sie in der Kommission mit diesen Berichten aus den Mitgliedstaaten? Analysieren Sie sie in irgendeiner Art und Weise? Wir Parlamentarier würden uns eine Analyse oder einen Bericht der Kommission wünschen, in dem Sie alles zusammenfassen und eindeutige Maßnahmen angeben, die zu einer Veränderung der Bedingungen, unter denen Tiere transportiert werden, führen. Wann werden wir eine neue Richtlinie mit einem Achtstundenlimit haben? Können wir eine Analyse der Berichte aus den Mitgliedstaaten erhalten?
Godfrey Bloom, im Namen der IND/DEM-Fraktion. – Herr Präsident! Es ist so faszinierend wie immer. Wieder ist in diesem Plenum kein Sinn für Ironie festzustellen. Eines der größten Probleme, die wir haben, insbesondere im Vereinigten Königreich, ist die monströse und dumme Lawine von Gesetzen und Vorschriften, die seit 10 Jahren für Schlachthöfe gelten und die zur Schließung von über 1 000 Schlachthöfen im Vereinigten Königreich sowie zu wesentlich längeren Transportzeiten für die Tiere führten.
Mein Schwager ist Fleischer. Er besitzt einen Schlachthof in Yorkshire. Einmal – und dieser Vorfall fand Eingang in die Satirezeitschrift Private Eye – wurde sein Schlachthof von einem Tierarzt besucht, der einen Tierarzt kontrollierte, welcher einen Fleischbeschauer kontrollierte, der zwei Schlachter kontrollierte! Diese Art von Nonsens entsteht, wenn Sie mit den Regeln und Bestimmungen dieser Organisation zu tun haben. Das Problem sind die Transportzeiten. Nun werden von Bridlington in meinem Wahlkreis Schweine, Schafe und Rinder quer durch England bis Manchester transportiert, weil unzählige Schlachthöfe ihren Betrieb eingestellt haben. Und darum müssen wir uns kümmern.
Ich möchte außerdem auf den Transport von Pferden eingehen. Mein Kollege Nigel Farage sagte mir, dass es Länder in der Europäischen Union gibt, in denen Pferde tatsächlich als Nahrungsmittel betrachtet werden! Ich als Engländer finde es absolut unglaublich, dass Menschen ihre Pferde essen. Ein Engländer würde ebenso wenig sein Pferd essen, wie er seinen Hund oder seine Kinder essen würde. Doch ich vermute, dass ein solcher Umstand die enormen kulturellen Unterschiede zeigt, die zwischen uns und den anderen Ländern dieser Union bestehen.
(Gelächter)
Jim Allister (NI). – Herr Präsident! Mir fällt es nicht ganz leicht, an die Ausführungen meines Vorredners anzuknüpfen! Ich habe keinerlei Probleme mit effizienten, angemessenen Regeln zum Tierschutz, doch mich besorgt zunehmend, dass wir in eine Tretmühle geraten, in der wir unserer Landwirtschaft so enge Manschetten anlegen, dass sie praktisch kaum mehr funktionieren kann. Zeichen einer solchen Entwicklung sehe ich beispielsweise bei den Konsultationen der Kommission zur Überprüfung der maximalen Transportzeiten sowie der Anzahl der Tiere pro Flächeneinheit im Transportfahrzeug.
Erinnern wir uns daran, dass die Kommission mit der Verordnung aus dem Jahr 2005 ihren ursprünglichen Weg verließ. Weniger als zwei Jahre nach dem Inkrafttreten dieser Verordnung versucht sie nun wieder, die Wiederholbarkeit der Acht-Stunden-Obergrenze zu streichen. Ich muss an dieser Stelle anmerken, dass eine solche Festlegung für meinen Wahlkreis in Nordirland ruinös wäre. Um Tiere zu exportieren (was wir tun), sind wir darauf angewiesen, sie auf dem Seeweg zu transportieren. Wäre nur ein Acht-Stunden-Zeitraum zulässig, wäre das völlig unangemessen und völlig inakzeptabel.
Ich möchte dieses Haus daran erinnern, dass solche erschwerten Bedingungen keinem Vergleich mit den riesigen Entfernungen standhalten, über die Tiere in Südamerika transportiert werden, von woher wir sie unbesorgt importieren! Nochmals: Wir würden unsere eigenen Bauern bestrafen, wenn wir uns nicht hinreichend um die Umstände der Importe kümmern, die bei uns eingehen.
Ich meine, wir sollten endlich aufhören, uns geradezu obsessiv ins eigene Fleisch zu schneiden.
Elisabeth Jeggle (PPE-DE). – (DE) Herr Präsident, Herr Kommissar, meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Wir diskutieren wieder ein Thema, bei dem man sehr schnell merkt, dass es auf der einen Seite starke Emotionen gibt, auf der anderen Seite aber auch ganz konkrete Realitäten. Ich möchte ausdrücklich unserem Vorsitzenden im Agrarausschuss, Neil Parish, für diese Anfrage danken. Die Anfrage war wichtig, aber nicht, um Emotionen zu transportieren, sondern um ganz konkret nachzufragen: Was ist passiert, Herr Kommissar? Wie lassen sich die Dinge, die sich entwickelt haben, belegen? Haben Sie Belege? Welche Belege haben Sie? Welche Zahlen haben Sie?
Sie haben ein paar Zahlen genannt. Ich bin aber der festen Überzeugung, dass zwischen den Mitgliedstaaten noch weit andere Differenzen da sind als nur jene, dass der eine Staat gemeldet hat und der andere Staat nicht. Wie wird umgesetzt? Wie werden die langen Transporte kontrolliert? Wie werden sie in den einzelnen Mitgliedstaaten kontrolliert?
Einen anderen großen Problembereich müssen wir dringend diskutieren, und das sind die Probleme, die dadurch aufgetreten sind, dass wir den Landwirtschaftsbereich ganz einfach als wirtschaftlichen Bereich definiert haben und hier Dinge gleichsetzen, die man möglicherweise differenziert betrachten müsste. Zum Beispiel: Welche fachliche Ausbildung in Sachen Transport muss ein ausgebildeter Landwirt zusätzlich machen? Wie muss er das machen? Bei wem muss er das machen? Wo muss er das vorweisen, um den Befähigungsnachweis zu bekommen?
Noch einmal: Der Landwirt ist ausgebildet und geht mit Tieren um. Im Gegensatz dazu haben wir den Transporteur, der einen Fahrer einstellt, der im Leben möglicherweise überhaupt noch nie mit Tieren umgegangen ist. Das sind doch zwei Dinge, die man eigentlich nicht gleichsetzen kann. Wir haben sie aber ziemlich gleichgesetzt.
Die zweite Sache, die zu großen Problemen führt, ist: Wenn ein Landwirt ein eigenes Kalb transportiert, kann er das bis zu 50 km machen. Erlauben Sie mir an dieser Stelle zu sagen: Ja, wir müssen dringend wieder darüber nachdenken, wie wir kleinere Schlachthöfe wirtschaftlich arbeiten lassen können, sodass im ein oder anderen Fall weitere Transportwege unnötig werden.
Also: Das eigene Tier darf er 50 km weit transportieren, nimmt er aber das seines Nachbarn mit, dann hat er schon ein Problem. Auch darüber müssen wir nachdenken. Ist diese 50-km-Grenze richtig angesetzt, oder müssen wir da nicht auch bei den Schlachthöfen schauen, wie sich diese Dinge entwickelt haben. Ein Landwirt darf ein Pferd zu Hobbyzwecken transportieren – ohne Problem, ohne dass diese Verordnung greift. Transportiert er es auf den Markt, greift die Verordnung, und er muss die Bedingungen einhalten. Diese Fragen sollten wir in den weiteren Debatten beantworten und diskutieren.
Luis Manuel Capoulas Santos (PSE). – (PT) Die Frage des Tiertransports und Tierschutzes ist eine, die – wie Herr Parish und andere sehr gut anmerkten – hauptsächlich aus der Perspektive der Zivilisation gesehen werden muss. Das Leid der Tiere bestmöglich zu lindern, ist ein ethisches Gebot, das Teil unseres kulturellen Erbes ist. Dieses Gebot gilt trotz des offensichtlichen Paradoxons, dass wir bemüht sind, das Wohlergehen der Tiere in einem Moment zu gewährleisten, in dem sich viele auf ihrem letzten Transport befinden.
Andererseits darf nicht vergessen werden, dass die Umsetzung der derzeit geltenden, anspruchsvollen Regelungen mit hohen Kosten verbunden ist. Die damit verbundenen Probleme verzerren den Wettbewerb und haben einen starken Einfluss auf die ländliche Entwicklung einiger Regionen der Europäischen Union.
Bestimmte Regionen und Mitgliedstaaten verfügen nicht über die erforderlichen Kapazitäten, um ihren Bedarf an Fleisch bestimmter Tierarten selbst decken zu können, und sind von den Produktionszentren weiter entfernt, was beispielsweise auch für mein Heimatland gilt. Deshalb fällt es der Schlacht- und Verarbeitungsindustrie in diesen Ländern relativ schwer, ihre Wettbewerbsfähigkeit zu sichern. Dagegen nehmen die Vorteile der Regionen und Länder, in denen Überschüsse produziert werden, weiter zu, denn ihnen fällt der Verkauf bereits verarbeiteter Produkte leichter, was sich direkt positiv auf die Beschäftigung und die Wertschöpfung auswirkt.
Sobald diese Verordnung zwei Jahre in Kraft ist, sollte die Kommission eine möglichst umfassende Einschätzung vorlegen, die sich nicht nur auf die konkreten Probleme bei der strikten Umsetzung der Bestimmungen zu Tiertransporten bezieht, sondern in der auch auf die wirtschaftlichen und sozialen Konsequenzen für jene Regionen und Mitgliedstaaten eingegangen wird, in denen einige für den menschlichen Verbrauch wichtige Tierarten nur beschränkt produziert werden können.
Deshalb bin ich der Meinung, dass die Kommission diese Fragen möglichst schnell, objektiv und vollständig beantworten sollte.
Mojca Drčar Murko (ALDE). – (SL) Ein Großteil der Lebendtiertransporte passiert Slowenien. Überwiegend kommen diese Transporte aus Osteuropa und fahren nach Italien. Nach den Erfahrungen unserer Veterinärbehörden ist die geltende europäische Gesetzgebung zwar recht umfassend, aber auch ein wenig schwerfällig und kompliziert umzusetzen.
Das größte Problem in Slowenien stellen die Kontrollen dar. Zwischenstaatliche Grenzen gibt es in diesem Teil Europas nicht mehr, und deshalb fällt es schwer, festzustellen, ob ein Lkw-Fahrer tatsächlich an den festgelegten Kontrollstellen eine Pause eingelegt hat. Gestatten Sie mir an dieser Stelle den Hinweis, dass Slowenien aufgrund seiner Größe keine eigenen Kontrollstellen unterhalten muss, sondern stattdessen entsprechende Vereinbarungen mit Ungarn und Italien abgeschlossen hat. Wir brauchen dringend eine einheitliche Lösung, die auch einheitlich umzusetzen ist.
Die Situation im Bereich der Tiertransporte über längere Strecken ist in Europa katastrophal. Vor diesem Hintergrund sollte eine Überarbeitung der Verordnung aus dem Jahr 2005 als Gelegenheit dienen, die Tierschutzstandards zu erhöhen. Zwischen Tiertransporten und dem Umgang mit den Tieren vor dem Schlachten besteht ein enger Zusammenhang. Ich stimme deshalb denjenigen meiner Kollegen zu, die der Ansicht sind, dass eine Zulassung von Transporten mit einer Länge von mehr als acht Stunden nicht zu begründen ist.
Deshalb spreche ich mich für eine strikte Begrenzung der Transportzeiten aus. Darüber hinaus unterstütze ich den Vorschlag der Einführung mobiler Schlachthöfe.
Andrzej Tomasz Zapałowski (UEN). – (PL) Herr Präsident! Die Verordnung über den Schutz von Tieren beim Transport ist extrem wichtig, und Informationen dieser Art sind von grundlegender Bedeutung. An dieser Stelle soll betont werden, dass ein Großteil des in die Europäische Union importierten und hier verzehrten Fleischs keinen vergleichbaren Bestimmungen unterliegt. Diese Verordnung ist jedoch eine der sinnvolleren Rechtsvorschriften zum Halten und Schlachten von Tieren.
Ich weiß, dass große Lebensmittelkonzerne häufig gegen das Arbeitsrecht verstoßen, ganz zu schweigen davon, ob sie Tiere angemessen behandeln. Besonders in Großbetrieben findet Tiermissbrauch der schlimmsten Art statt. Kleine und mittlere Unternehmen sind von dieser Problematik nur selten betroffen. Die einzige Lösung besteht darin, striktere polizeiliche Kontrollen zu gewährleisten und die Namen jener Unternehmen zu veröffentlichen, die gegen die Rechte von Tieren verstoßen, sodass der Verbraucher Produkte dieser Unternehmen meiden kann.
Kathy Sinnott (IND/DEM). – Herr Präsident! Beim Transport von Tieren kommt es darauf an, ihre Sicherheit zu gewährleisten und vermeidbares Leid zu verhindern. Ich verwende diesen Begriff ganz bewusst, denn in der Regel haben Tiere bei jeglicher Art von motorisiertem Transport Angst. Deshalb ist es wichtig, solche Transporte möglichst zu minimieren.
Wenn wir Bestimmungen zur Sicherheit und zur Minimierung des Leids von Tieren während des Transports erarbeiten, tendieren wir auch dazu, auf die Dauer und die Länge der Transporte zu achten. Diese Neigung ist nur allzu natürlich, aber auch stark vereinfachend. Denken wir in diesem Zusammenhang beispielsweise an Irland, das, wie Sie wissen, ein Inselstaat und eine große Tierexportnation ist. Zeitliche Limits und Entfernungsgrenzen können bei der Überquerung der Seegebiete, die uns vom europäischen Festland und unseren Märkten trennen, nicht absolut sein. Hier wurde eine maximale Transportdauer von acht Stunden erwähnt. Es dauert jedoch länger als acht Stunden, um Tiere zu verladen und auf dem Seeweg zu transportieren. Es ist auch schlichtweg unmöglich, bei der Überquerung des Ärmelkanals die Tiere auf halber Strecke grasen zu lassen.
Deshalb empfehle ich, dass wir uns ansehen, unter welchen Bedingungen die Tiere transportiert werden, insbesondere im Fall von Irland, und dass wir nicht nur auf solche Aspekte wie Zeit und Entfernung achten.
Lydia Schenardi (NI). – (FR) Herr Präsident! Zwar ist die Tierschutztransportverordnung seit Januar 2007 in Kraft, doch offensichtlich halten die Mitgliedstaaten diese Verordnung nicht systematisch ein – schließlich fehlen einige der geforderten Jahresberichte. Dadurch fehlt eine erhebliche Menge an Informationen zu den für Kontrollen eingesetzten Ressourcen, und das erschwert eine umfassende Analyse. Als Mitglied von Tierschutzverbänden sowie der Interfraktionellen Arbeitsgruppe „Tierschutz“ bin ich an dieser Frage ganz besonders interessiert.
Jahrzehntelang haben die Tierschutzverbände unbeirrt gekämpft, bis schließlich im Jahr 2007 rechtliche Bestimmungen auf diesem Gebiet erlassen wurden. Doch nun ist eine gewisse Laxheit der Mitgliedstaaten in dieser Angelegenheit nicht zu übersehen. Ich würde sogar so weit gehen, von Widerwilligkeit zu sprechen, denn wie wir wissen, ist die Ausführung von Kontrollen und Inspektionen nicht so schwierig. Wir wissen, wo die Tiere aufgezogen werden, wo sich die Schlachthöfe befinden und entlang welcher Routen die Tiere transportiert werden. Wo liegt also das Problem?
Meines Erachtens ist es in einer Zeit, in der die Öffentlichkeit ein wachsendes Interesse am Schutz der Tiere während ihrer Aufzucht, während des Transports und im Schlachthof zeigt, wichtig, dass die Mitgliedstaaten diese Ansichten respektieren.
Ich möchte meine Redegelegenheit nutzen, darauf hinzuweisen, dass auf allen Transporten, welcher Länge auch immer, die jeweils herrschenden klimatischen Bedingungen berücksichtigt werden sollten. Ein mehrstündiger Transport im Frühjahr in den Niederlanden unterscheidet sich deutlich von einem ähnlich langen Transport im Hochsommer in einem Land wie Griechenland. Sollten wir für Transporte wie den letztgenannten nicht zwingend vorschreiben, dass sie nur nachts durchgeführt werden dürfen?
Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie diesen Vorschlag zukünftig berücksichtigen könnten.
Mairead McGuinness (PPE-DE). – Herr Präsident! Die Verordnung über den Schutz von Tieren beim Transport trat erst im Januar 2007 in Kraft und ist folglich noch relativ neu. Sicherlich hoffen wir alle, dass die meisten Bestimmungen dieser Verordnung generell seit dem Tag ihres Inkrafttretens eingehalten werden, doch das würde fast an ein Wunder grenzen. Schließlich ist diese Verordnung sehr detailliert und stellt – berechtigterweise – gewaltige Anforderungen an die Mitgliedstaaten und die betroffenen Betriebe und Unternehmungen.
Ich begrüße die heute von Neil Parish, dem Vorsitzenden des Ausschusses für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung, eingebrachte mündliche Anfrage, denn wir möchten wissen, wie sich diese Verordnung in der Praxis bewährt. Vor allem müssen wir jedoch wissen, dass sie umgesetzt wird, denn es ist uns wichtig zu wissen, wie Tiere innerhalb der Europäischen Union transportiert werden.
In Ländern wie Irland, die über einen großen Tierbestand verfügen, wurde ab dem ersten Tag enorm viel Arbeit zur Umsetzung dieser Verordnung geleistet. Das gilt sowohl für die Branche selbst, als auch für die Kontrollbehörden, beispielsweise das Ministerium für Landwirtschaft. Lizenzierte Betriebe haben viel Geld investiert, um ihre Transportfahrzeuge nachzurüsten und die Bestimmungen der Verordnung zum Schulungs- und Kompetenzniveau ihrer Mitarbeiter einzuhalten. Tatsächlich stelle ich fest, dass gerade in diesem Monat in Irland viele Schulungslehrgänge für die Fahrer von Fahrzeugen zum Transport von Rindern, Schafen, Schweinen, Ziegen und Geflügel veranstaltet werden – diesen Punkt hat Frau Jeggle aufgegriffen. Möglicherweise müssen andere Mitgliedstaaten ähnlich verfahren.
Interessant ist, dass die Verordnung nur für den Transport von Tieren in Verbindung mit wirtschaftlichen Aktivitäten gilt. Ich befürchte jedoch, dass wir dabei den erforderlichen Schutz der Haustiere vergessen. Ich kenne Personen, die glauben, sehr gut zu wissen, wie man mit Tieren umgeht, die in der Praxis aber völlig falsch handeln. Nicht selten bestehen genau diese Personen darauf, für die Landwirtschaft und wirtschaftliche Aktivitäten konkrete Regeln festzulegen. Diesen Bereich sollten wir uns einmal näher betrachten.
Ich glaube, dass die etablierten lizenzierten und bevollmächtigten Tiertransportunternehmen im Allgemeinen die höchsten Tierschutzstandards einhalten, denn es ist in ihrem ureigensten Interesse: Schließlich müssen die von ihnen transportierten Tiere in einem guten Zustand ankommen, um den Anforderungen ihrer Abnehmer zu entsprechen. Problematisch ist hingegen der nicht regulierte Sektor, wo diese Regeln mitunter missachtet werden. Diesem Bereich muss unsere besondere Aufmerksamkeit gelten. Wer sind diese Personen, die sich außerhalb des Gesetzes stehend wähnen, wie können wir sie ermitteln und aus dem wirtschaftlichen Verkehr eliminieren?
Gestatten Sie mir in Bezug auf zeitliche Obergrenzen und die Acht-Stunden-Regelung die folgende Bemerkung: Europa hatte deshalb ein Problem mit der Verabschiedung dieser Verordnung, weil viele Mitgliedstaaten, darunter Irland, wissen, dass sie Tiere auch länger transportieren müssen. Wir wissen aber auch, wie wir die Tiere dabei zu behandeln haben. Ich möchte folglich jenen widersprechen, die die zeitliche Dauer der Transporte reduzieren möchten. Allerdings bin auch ich der Meinung, dass dem Tierschutz ebenfalls Priorität eingeräumt werden muss.
Was Pferde angeht, so wünsche ich mir oft, ich wäre ein Vollblüter, denn dann würde auch ich erster Klasse reisen. Offensichtlich ist, dass Tiere mit einem höheren wirtschaftlichen Wert besser behandelt werden. In diesen Zeiten der wirtschaftlichen Krise bin ich jedoch um das Wohlergehen der Pferde besorgt, Punkt. Ich würde sagen: keine weiteren Vorschriften. Wir haben wahrscheinlich bereits zu viele, und sie nehmen der Branche, die sie einhalten soll, allmählich den Atem. Sorgen wir jedoch dafür, dass die Vorschriften von allen eingehalten werden, und lassen Sie uns jene aus dem System drängen, die sie nicht einhalten.
Robert Evans (PSE). – Herr Präsident! Ich möchte Herrn Parish dazu gratulieren, dass er diese Angelegenheit zur Sprache gebracht hat. Trotz unserer politischen Differenzen und seiner ganz offensichtlichen Defizite als menschliches Wesen glaube ich, dass er in diesem Punkt sehr klar denkt. Deshalb unterstütze ich ihn. Wir sind darauf angewiesen, dass diese Verordnung ein Erfolg wird, und wir müssen sie universell in Kraft setzen. Allerdings habe ich auch einige Vorbehalte und bin anderer Meinung als einige Kollegen, die sich heute Vormittag geäußert haben.
Herr Stephenson sagte, längere Reisen wären unvermeidlich. Ich sage: nein. Herr Jensen sprach von 24-stündigen Transporten: nicht notwendig. Herr Allister, die Landwirtschaftsbranche muss sich selbst einige Fragen stellen. Als zivilisierte Gesellschaft müssen wir die gesamte Frage betrachten, den gesamten Zweck, den gesamten Grundgedanken des Transports von Tieren über weite Entfernungen, um sie abschließend zu töten. Wäre ich Fleischesser, würde ich fragen: Wie können das uns allen bekannte Leid während des Transports, der Stress und – das betrifft unsere Kollegen in Nordirland und Irland – die Seetransporte letztlich die Qualität des Produkts verbessern?
Meines Erachtens ist das wirtschaftlich sinnlos. Es ist auch menschlich sinnlos. Deshalb befürworte ich ein vollständiges Verbot von Tiertransporten, was nach meiner Überzeugung auch die ländlichen Wirtschaftsregionen unterstützen würde. Dadurch würden lokale Produzenten – kleinere und mittlere Unternehmen, wie jemand erwähnte – gefördert, und die Lebensmittel würden möglichst nahe am Ort ihrer Erzeugung verzehrt.
Ich weiß, dass ein solches Ziel in näherer Zukunft nicht zu erreichen ist. Deshalb müssen wir die geltende Verordnung auch konsequent umsetzen. Ich fordere die Kommission nachdrücklich auf, alle einschlägigen Behörden in Europa, bei Bedarf auch die Polizei auf den Autobahnen, zur Kontrolle der Transportfahrzeuge einzusetzen, sodass überprüft werden kann, ob ihre Fracht uneingeschränkt den Bestimmungen dieser Verordnung entspricht.
Fiona Hall (ALDE). – Herr Präsident! Hat die Kommission schon einmal über die gesundheitlichen Auswirkungen einer mangelnden Umsetzung der Tierschutzbestimmungen nachgedacht? Während des Transports, insbesondere über längere Strecken und bei zu wenig Platz, kommt es zu Stress, und Stress bedeutet eine höhere Krankheitsanfälligkeit. Das gilt insbesondere für Pferde, die laut wissenschaftlichen Studien bei Transporten extrem viele Haare verlieren können. Außerdem haben sie erheblich mehr Stuhlgang als unter normalen Umständen, wodurch wiederum die Wahrscheinlichkeit einer Verbreitung von Krankheiten deutlich zunimmt. Viele Tiertransporte führen zum Schlachthof – in der EU betrifft das jährlich 320 Millionen Tiere. Folglich besteht ein deutlich erhöhtes Risiko des Eindringens von Salmonellen in die Nahrungsmittelkette.
Angesichts des sehr niedrigen Niveaus der Umsetzung der aktuellen Bestimmungen und der mit langen Reisen insbesondere für Pferde – selbst bei Einhaltung der Ruhezeiten – verbundenen Stressbelastungen frage ich Sie: Plant die Kommission die Festlegung einer absoluten zeitlichen Begrenzung von Tiertransporten, falls erforderlich auch auf wissenschaftlicher Grundlage? Das wäre sowohl im Interesse des Wohlergehens der Tiere als auch der menschlichen Gesundheit.
Zdzisław Zbigniew Podkański (UEN). – (PL) Herr Präsident, Herr Kommissar! Das Problem der Tiertransporte ist sehr wichtig, und es ist gut, dass sich das Parlament erneut mit diesem Thema beschäftigt. Weniger positiv ist jedoch die Tatsache, dass es uns nicht gelingt, die Verordnung effektiv umzusetzen.
Ich begrüße die Tatsache, dass wir uns im Verlauf unserer heutigen Debatten auch weiterhin auf den Transport von Pferden konzentrieren. Diese Meinung ist nicht nur darauf zurückzuführen, dass ich selbst Pferde züchte, sondern auch darauf, dass die geltenden Standards auf diesem Gebiet definitiv nicht eingehalten werden. Ich möchte diese Gelegenheit nutzen und darauf hinweisen, dass Pferde in der Lage sind, Menschen zu verstehen. Pferde verstehen uns immer. Doch wir verstehen die Pferde nicht immer. Pferde verspüren wie wir Menschen Angst und Furcht, und sie sind auch in der Lage, Menschen zu vertrauen. Ich erinnere mich noch gut an eines unserer Pferde, das schwer krank in der Tierklinik lag und in Abwesenheit meiner Tochter keinem Tierarzt gestattete, es anzufassen. Nachdem meine Tochter eingetroffen war, konnten die Ärzte tun, was sie für richtig hielten. Dieses Pferd vertraute meiner Tochter einfach. So wie wir Menschen nicht jedem Arzt trauen, hatte dieses Pferd kein Vertrauen zu den Tierärzten. Der ihm bekannten Person vertraute es jedoch. Deshalb glaube ich, dass die Menschen die Pferde auch dann nicht verstehen, wenn sie verängstigt sind oder versuchen, sich selbst zu verteidigen. Ein solches Verhalten der Pferde wird häufig als Ungehorsamkeit fehlinterpretiert. Deshalb schlägt der Besitzer das Pferd. Das Pferd wiederum weiß, warum sein Besitzer verärgert ist, und es weiß auch, wie es sich ihm fügen kann. Deshalb ist es meine Pflicht, allen Mitgliedern des Europäischen Parlaments, die fähig sind, sich dieser Thematik aus der Perspektive des Guten anzunähern, Folgendes zu raten: Betrachten Sie diese Thematik als eine, bei der es um lebende Kreaturen geht, und betrachten Sie sie mit einer gewissen Humanität.
Esther de Lange (PPE-DE). – (NL) Herr Präsident! Wir diskutieren in diesem Hause erneut über den Transport von Tieren, und wir werden erneut zu einer zweifachen Schlussfolgerung kommen. Erstens bleibt die aktuelle Gesetzgebung weit hinter den Ambitionen des Parlaments zurück, wie im Bericht meines Vorredners Albert Jan Maat deutlich wurde. Er hatte meines Erachtens recht mit der Unterscheidung zwischen Schlachttieren und anderem Vieh. Tatsächlich wurden Schritte zur Schulung der Fahrer, für bessere Transportbedingungen und zur Nutzung des GPS unternommen, doch das reicht definitiv nicht aus.
Zweitens bleibt die Überwachung die Achillesferse dieser Verordnung. Die Überwachung durch Europa bleibt ein frommer Wunsch. Tatsächlich wird sie zum größten Teil auf nationaler Ebene organisiert. Folglich müssen dringend Vereinbarungen für den Umgang mit Beschwerden und das grenzüberschreitende Erfassen von Belegen getroffen werden. Ich würde mich auch darüber freuen, wenn das Lebensmittel- und Veterinäramt seine Überwachungsaktivitäten erweitern könnte. Mein Änderungsantrag, der darauf abzielte, im Haushaltsverfahren mehr finanzielle Mittel dafür bereitzustellen, wurde unter anderem von der Europäischen Kommission abgelehnt. Und nun nimmt die Europäische Kommission Bezug auf nationale Berichte, die sie auf dem Papier bewertet. Möchte die Europäische Kommission in dieser Frage ihre Hände in Unschuld waschen und keine europaweite Überwachung, keine Ad-hoc-Inspektionen durch Europäische Inspektoren und auch keine Europäische Aufsicht garantieren?
An der aktuellen Gesetzgebung müssen weitere Verbesserungen vorgenommen werden. Dazu gehören mehr und besser ausgestattete Ruheplätze innerhalb und außerhalb der Europäischen Union und eine genauere Anpassung der klimatischen Bedingungen in den Fahrzeugen an die einzelnen Tierarten. Schließlich müssen wir auch damit beginnen, die Nutzung von Satellitensystemen für verbindlich zu erklären, wobei bevollmächtigte Personen Zugang zu einer zentralen Datenbank haben.
Obwohl ein vollständiger Überblick über die tatsächliche Umsetzung dieser Verordnung in der Europäischen Union fehlt, hört man selbstverständlich verschiedene Gerüchte. In Österreich beispielsweise beobachtet ein lokaler Inspektor, dass viele leere Transportfahrzeuge in Richtung Polen und Tschechische Republik fahren, aber keine vollen zurückkommen, die Richtung Südeuropa fahren. Bedeutet dies, dass die Fahrer der vollen Fahrzeuge Österreich bewusst umfahren, möglicherweise, um die im Vergleich zu den Nachbarländern strikteren Überwachungsvorschriften zu umgehen? Das ist meines Erachtens ein Beleg dafür, dass die Gesetzgebung in den Mitgliedstaaten sehr unterschiedlich angewandt wird.
Ein weiteres Problem ist die Rolle der Tierärzte, die den Transport abzeichnen müssen. Herr Kommissar, in einigen Fällen sind diese Tierärzte nichts als Stempelmaschinen. Es kann doch niemand, der bei vollem Verstand ist, einen Plan für einen Pferdetransport abzeichnen, der von Rumänien nach Süditalien führen und 24 Stunden dauern soll! Die letzten 500 km dieses Transports sollten gemäß dem Transportplan übrigens 2,5 Stunden dauern. Da fragt man sich, ob diese Pferde in einem Ferrari transportiert werden sollten.
Schließlich werden junge Tiere, insbesondere Welpen, ohne rechtliche Grundlagen quer durch Europa transportiert. Deshalb möchte ich die Europäische Kommission dringend bitten, sich einmal intensiver mit dieser Thematik zu beschäftigen.
Wir Abgeordneten haben unsere Hausaufgaben gemacht. Nun freuen wir uns auf die Vorschläge der Kommission, wobei wir davon ausgehen, dass sie uns noch vor den nächsten Wahlen vorgelegt werden.
Elizabeth Lynne (ALDE). – Herr Präsident! Ich möchte mich, wie einige meiner Kollegen, in meiner Rede auf den Transport von Pferden konzentrieren. Es gibt überwältigende Belege dafür, dass die EU-Vorschriften zum Schutz der Pferde auf Langstreckentransporten missachtet werden, was zu inhumanen Bedingungen und unnötigem Leid der Tiere führt. In einigen Fällen werden die Pferde wie Ölsardinen in stählerne Lkw-Aufbauten gepfercht, wo Temperaturen von über 40 °C entstehen können. Mitunter werden die Tiere unter diesen Bedingungen über Tausende Kilometer ohne Nahrung oder Wasser transportiert, sodass sie erkranken oder sogar sterben.
Verfügt die Kommission über Informationen darüber, wie viele Verstöße gegen die Verordnung (EG) Nr. 1/2005 seit ihrem Inkrafttreten am 5. Januar 2007 von den Mitgliedstaaten vor Gericht gebracht wurden, und ob die EU-Bestimmungen zu einer harmonisierten GPS-Überwachung von Kraftfahrzeugen durchgesetzt werden? Gibt es für Privatpersonen eine Möglichkeit, an die GPS-Daten von Tiertransporten innerhalb der Mitgliedstaaten zu gelangen? Ich weiß, dass die Kommission momentan solche Zugriffsmöglichkeiten hat, Privatpersonen hingegen nicht. Ich bitte Sie um Antworten auf diese drei konkreten Fragen.
Den Dover (PPE-DE). – Herr Präsident! Ich freue mich sehr, in dieser äußerst wichtigen Debatte am heutigen Vormittag das Wort ergreifen zu können. Ich möchte betonen, wie extrem wichtig der Transport lebender Tiere für den Nordwesten von England ist. Wie der Vorsitzende des Landwirtschaftsausschusses sagte, wäre es wesentlich besser, erst die Tiere zu schlachten und sie dann zur Weiterverarbeitung zu transportieren, sofern ein Transport des Fleischs erforderlich ist. Wir im Nordwesten Englands verfügen jedoch über viele Pferde, Schafe und Rinder, sodass bei uns auch viele Tiertransporte notwendig sind.
Ich gehörte 18 Jahre lang dem britischen Parlament an. Das war ein Dauerproblem, auf das mich meine Wähler immer wieder ansprachen. Vermutlich haben sich die Dinge in den letzten 10 bis 20 Jahren nicht verbessert.
Deshalb freue ich mich, dass diese Frage heute hier erörtert wird. Die Verordnung trat 2007 in Kraft, und bis Juni 2008 mussten Berichte eingereicht werden. Ich vermute jedoch, dass wir hinter den programmatischen Zielen zurückbleiben. Ich habe dem Kommissar genau zugehört – er möchte die Vorteile der Satellitenüberwachung prüfen. Das halte ich für eine gute Idee. Ich möchte den Kommissar jedoch daran erinnern, dass in der Verordnung richtigerweise viele detaillierte Kontrollen festgelegt sind. Überprüft werden muss beispielsweise die Eignung der Tiere für den Transport, die Transportverfahren, die Transportmittel, die Behälter für den Seetransport, die Dauer der Beförderung, die Ruhezeiten oder auch der den Tieren zur Verfügung stehende Platz. Alle diese Punkte können nicht per Satellit überwacht werden. Hierfür sind detaillierte Inspektionen erforderlich, und die entsprechenden Erfahrungen müssen berücksichtigt werden.
Ich hätte mir gewünscht, dass er in seinen abschließenden Bemerkungen ein Datum genannt hätte, bis zu dem er noch in dieser frühen Phase der Umsetzung der Verordnung seine Vorschläge erarbeiten und vorlegen möchte. Schließlich gilt: Je früher etwas zur Verbesserung der Situation unternommen wird, desto besser.
Erschreckend ist, dass die Tiere an den letzten Tagen ihres Lebens solche langen Transporte ertragen müssen. Die Verbraucher möchten sehen, dass wir die Tiere human behandeln, wie es beispielsweise bei Hühnern mit freiem Auslauf der Fall ist. Sie sind bereit, einen höheren Preis für das Fleisch zu bezahlen, denn sie möchten sehen, dass wir uns um diese so wertvollen und zur Deckung unseres Ernährungsbedarfs notwendigen Tiere auch kümmern.
VORSITZ: MIGUEL ÁNGEL MARTÍNEZ MARTÍNEZ Vizepräsident
Samuli Pohjamo (ALDE). – (FI) Herr Präsident, Herr Kommissar! Mein Dank gilt Herrn Parish für diese Debatte.
Das Wohlergehen von Tieren zu garantieren, ist sehr wichtig. Die Kommission muss sicherstellen, dass die Tierschutztransportverordnung EU-weit umgesetzt und einheitlich überwacht wird.
In der EU ist der Transport von Tieren gesetzlich streng geregelt. Die immer wieder auftretenden schwerwiegenden Probleme mit Tiertransporten sind auf gravierende Gesetzesverstöße zurückzuführen. Die derzeit geltenden Bestimmungen zur zeitlichen Begrenzung von Tiertransporten sowie die entsprechenden Ausnahmebestimmungen sind bei ordnungsgemäßer Überwachung und gleichzeitiger Gewährleistung einer erstklassigen Qualität der Fahrzeugflotte angemessen. Die Fahrzeuge müssen mit einer ordnungsgemäßen Belüftung, einer Temperaturregelung, einer Trinkwasseranlage und einem Satellitennavigationssystem ausgestattet sein. Darüber hinaus müssen die Fahrer geschult werden, und es müssen Richtlinien für ordnungsgemäße Bedingungen beim Tiertransport erarbeitet werden, was derzeit in vielen Mitgliedstaaten geschieht.
Meines Erachtens ist es wichtig, dass die aktuelle Tierschutztransportverordnung in der gesamten EU ordnungsgemäß umgesetzt wird und die dabei gewonnenen Erfahrungen beim Entwurf neuer Bestimmungen berücksichtigt werden.
Agnes Schierhuber (PPE-DE). – (DE) Herr Präsident, Herr Kommissar, meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Eine Gemeinschaft kann nur positiv miteinander arbeiten, wenn alle sich an die Gesetze und Vorschriften halten. Gerade die Bauern und Landwirte legen höchste Priorität darauf, dass die Tiere so transportiert werden, dass nach der Schlachtung bestes Fleisch mit so wenig Stresseinwirkung wie möglich für unsere Konsumenten zur Verfügung steht. Schwarze Schafe müssen an den Pranger gestellt werden, denn diese Überschreitungen sind nicht akzeptabel und bringen eine ganze Wirtschaftssparte in Verruf.
Es muss gelingen, die Lebendtransporte von Schlachttieren zu verringern. Ich hoffe, dass wir hier endlich zu nachvollziehbaren Situationen kommen und auch wissenschaftliche Grundlagen vorhanden sind. Nach wie vor, Herr Kommissar, fordere ich, dass Importe aus Drittländern genauso wie Tiertransporte im EU-Raum behandelt und geahndet werden, wenn sie nicht den Vorschriften entsprechen.
Richard Corbett (PSE). – Herr Präsident! Diese Debatte hat gezeigt, dass es zumindest sehr zweifelhaft ist, ob die derzeitige Gesetzgebung funktioniert, ob sie in allen Mitgliedstaaten ordnungsgemäß durchgesetzt wird und sogar ob sie überhaupt ordnungsgemäß durchgesetzt werden kann. Ist es möglich, diese Gesetzgebung durchzusetzen, wenn Tiere in internationalem Maßstab transportiert werden?
Wir werden zu prüfen haben, ob wir zur Idee eines strikten Acht-Stunden-Limits ohne jegliche Abweichungen und Ausnahmen zurückkehren müssen, abgesehen vielleicht vom Seetransport von Inseln aus.
Die Kollegen wird es vielleicht interessieren, dass eine neue Internetkampagne exakt dafür wirbt und auch Unterschriften sammelt. Die Adresse der Website lautet: www.8hours.eu. Möglicherweise sind viele Abgeordnete und andere Zuhörer dieser Debatte daran interessiert, diese Website zu besuchen.
Sylwester Chruszcz (UEN). – (PL) Herr Präsident! Zur Thematik einer humanen Behandlung der Tiere und zu der Frage, inwiefern wir eine zivilisierte Gesellschaft sind, wurde bereits viel gesagt. Ich stimme zu, dass unsere Debatten und Schlussfolgerungen im Großen und Ganzen ein Schritt in die richtige Richtung sind. Diese Debatte ist extrem notwendig.
Die von uns eingeschlagene Richtung ist gerechtfertigt und korrekt. Dennoch sollten wir den Landwirten und Unternehmen keine künstlichen oder unnötigen Lasten auferlegen. Das können wir nach meiner Überzeugung vermeiden. Ich appelliere einfach an die Kommission und an uns alle hier im Europäischen Parlament, dafür zu sorgen, dass wir dieses gute Projekt nicht in unnötige Schwierigkeiten bringen. Da wir heute diese absolut gerechtfertigten Lösungen so betonen, möchte ich auch an Sie appellieren, sich nicht später für eine selektive Vorgehensweise zu entscheiden. Wir alle, und zwar alle Länder der Gemeinschaft, der Europäischen Union, müssen diese Lösungen einheitlich umsetzen. Heute beispielsweise bin ich verärgert über ...
(Der Präsident entzieht dem Redner das Wort.)
Constantin Dumitriu (PPE-DE) . – (RO) Tierversuche repräsentieren eine wichtige Stufe in der biologischen und medizinischen Forschung. Im Rahmen dieser Aktivität muss jedoch besonders auf die Betreuung der für wissenschaftliche und andere experimentelle Zwecke genutzten Tiere geachtet werden. Die Europäische Union muss mit gutem Beispiel vorangehen und zeigen, wie diese Tiere unterzubringen und zu betreuen sind.
Die Richtlinie 86/609 der Europäischen Kommission ist mehr als 20 Jahre alt und regelt diese Aspekte nur in einer vagen, unbestimmten Art und Weise. Gemäß statistischer Daten wurden in dieser Zeit europaweit ca. 235 Millionen Tiere für Versuche genutzt. Mehr als 12 Millionen werden jedes Jahr in den Labors der Europäischen Union getötet.
Eine ganze Reihe materieller und anderer Bedingungen müssen erfüllt sein, um eine ordnungsgemäße Betreuung der in Versuchen genutzten Tiere zu gewährleisten. Jeder Aspekt, vom Handel mit Tieren über ihren Transport und ihre chirurgische Behandlung bis hin zum Töten und damit Beenden des Lebens eines Tiers, muss den einschlägigen nationalen und internationalen Bestimmungen für die betreffende Tierart und -gattung uneingeschränkt entsprechen. Auch die konkreten Umstände sind zu berücksichtigen, um physisches und psychisches Leid weitestgehend zu vermeiden.
Diese Betreuung erfordert ...
(Der Präsident entzieht dem Redner das Wort.)
Maria Petre (PPE-DE). – (RO) Die neuen Mitgliedstaaten, und dabei beziehe ich mich speziell auf mein Heimatland Rumänien, müssen, wie hier bereits zum Ausdruck gebracht wurde, die Vollmachten jener Behörden stärken, die für die Überprüfung der Anwendung der Verordnung zum Tiertransport, über die wir heute debattieren, verantwortlich sind.
Für die rumänischen Veterinärbehörden ist es noch immer sehr schwer, Tiertransporte ohne die Polizei zu prüfen, denn die Polizei ist als einzige Behörde befugt, Verkehrsmittel anzuhalten.
Das zweite speziell rumänische Problem ist die Fortsetzung der Wanderweidewirtschaft (wenngleich in einem wesentlich geringeren Maßstab), die meines Erachtens als separates Thema behandelt und weitestgehend erhalten bleiben sollte.
Der dritte und letzte Punkt, auf den ich eingehen möchte, sind die Besorgnisse, die wir angesichts der Vollmachten in Zusammenhang mit den von uns diskutierten Inspektionen und Berichten haben sollten.
(Der Präsident entzieht der Rednerin das Wort.)
Avril Doyle (PPE-DE). – Herr Präsident! Ich bin der festen Überzeugung, dass die Qualität der Fahrzeuge und die Qualifikation des Fahrers nicht weniger wichtig als die Länge des Transports ist. Zwei Stunden in einem alten, klapprigen, mit überhöhter Geschwindigkeit gefahrenen Fahrzeug können sich – insbesondere bei Kurvenfahrten – stärker auf das Wohlergehen von Tieren auswirken als acht oder zehn Stunden in einem komfortablen, ordnungsgemäß ausgestatteten Lkw, der umsichtig und unter Rücksichtnahme auf die beförderten Tiere gefahren wird.
Das Wohlergehen von Pferden auf dem Transport zum Schlachthof ist auch weiterhin ein ernsthaftes Problem. Es hat immer noch den Anschein, als würden einige Mitgliedstaaten die Gesetzgebung auf diesem Gebiet ignorieren, möglicherweise sogar vorsätzlich. Herr Kommissar, haben Sie von Irland den letzten im Juni fälligen Jahresbericht erhalten? Welche Länder haben den Bericht nicht eingereicht? Werden diese Berichte im Internet verfügbar sein? Verfügen Sie über nähere Einzelheiten zur Anzahl der Verfahren, die in den einzelnen Mitgliedstaaten angestrengt wurden? Ich bitte Sie herzlich, mir diese vier Fragen zu beantworten.
Czesław Adam Siekierski (PPE-DE). – (PL) Herr Präsident! Die Europäische Union legt großen Wert auf eine ordnungsgemäße Behandlung von Tieren während ihres gesamten Lebens, von der Geburt bis zum Schlachthof. Wie wir wissen, hängt die Fleischqualität auch davon ab, wie die Tiere während ihrer Aufzucht und während des Transports behandelt werden.
Für bestimmte Tierarten müssen auf der Grundlage wissenschaftlicher Nachweise Tierschutzstandards festgelegt werden, die während des Transports einzuhalten sind. Deshalb müssen wir diese Verordnung überarbeiten. Aufgrund wirtschaftlicher Erfordernisse werden Tiere häufig über zu lange Entfernungen transportiert, was erhebliche Zeit in Anspruch nimmt. Deshalb ist es wichtig, die vorgeschriebenen Prinzipien und Standards zu akzeptieren. Deshalb war die Frage, wie und ob die EU-Gesetzgebung zum Transport von Tieren umgesetzt wird, absolut gerechtfertigt. Wir sollten auch eine Einschätzung der Situation in bestimmten Mitgliedstaaten vornehmen. Dabei sollten wir allerdings nie vergessen, dass das alles Auswirkungen auf die Kosten und die Wettbewerbsfähigkeit hat. Die Bürger der Europäischen Union sind sehr sensibel ...
(Der Präsident entzieht dem Redner das Wort.)
Neil Parish (PPE-DE). – Herr Präsident! Ich werde mich extrem kurzfassen, denn ich bin der Verfasser der Anfrage. Ich möchte den Kommissar vor seinem Resümee darauf hinweisen, dass er von den drei ihm gestellten Fragen die erste insofern beantwortet hat, als er die Mitgliedstaaten nannte, die noch keinen Bericht vorgelegt haben. Was mich tatsächlich interessiert, ist Folgendes: Hat die Kommission bereits eine vorläufige Analyse der Berichte vorgenommen, und was passiert danach? Außerdem: Wird die Kommission in Zukunft einen Bericht zur Verordnung vorlegen? Das ist es, was wir dringend brauchen.
Wir müssen auch darauf achten, nach den besten Methoden zu arbeiten. In Slowenien beispielsweise werden die Fahrzeuge, die das Land durchfahren, von den zuständigen Behörden verfolgt. Um es auf den Punkt zu bringen: Viele Länder leisten eine gute Arbeit, andere eine schlechte. Wird die Kommission alle diese Sachverhalte ordnungsgemäß analysieren, und wann wird sie über die entsprechenden Ergebnisse informieren?
Vladimír Špidla, Mitglied der Kommission. – (CS) Herr Präsident, sehr verehrte Damen und Herren! Im römischen Recht sind Tiere als Sachen definiert. Ich erinnere mich an eine militärische Vorschrift, gemäß der ein einzelner Waggon mit 8 Pferden oder 48 Männern besetzt werden durfte. Das zeigt, dass im Laufe der Zivilisation allmählich verstanden wurde, dass zwischen menschlichen Wesen und Tieren eine größere Affinität als zwischen menschlichen Wesen und Sachen besteht. Meines Erachtens hat uns die Entwicklung der Zivilisation dazu gebracht, zu verstehen, dass Tiere keine Sachen sind, sondern dass es sich dabei um Lebewesen handelt, die wesentliche Rechte haben. Diese Ansicht fand auch Eingang in unsere Gesetze. Ich glaube sagen zu können, dass die nun geltende europäische Gesetzgebung zweifellos zivilisatorische Fortschritte repräsentiert. Andererseits hat diese Debatte deutlich gezeigt, dass diese Gesetze nicht einheitlich angewandt werden und dass Gründe gefunden werden können, sie in ihrer Struktur weiter zu verbessern.
Die Kommission stimmt diesen allgemeinen Aussagen zu und versucht, mit ihren Aktivitäten das System zur Umsetzung der Kontrollen und zur Überwachung der Situation weiter zu optimieren. Wir befinden uns folglich in einem Prozess des Erarbeitens neuer Bestimmungen, wobei versucht wird, die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse aus den unterschiedlichsten Fachgebieten zu berücksichtigen. Schließlich handelt es sich hierbei, und das hat diese Debatte auch deutlich gezeigt, um ein sehr komplexes Problem. Das Thema ist alles andere als einfach. Deshalb reicht es auch nicht aus, zu sagen: „Gut, setzen wir diese ein oder zwei Maßnahmen um, und dann ist die Sache geklärt.“ Meines Erachtens hat die Debatte auch deutlich gezeigt, dass der Gedanke des Tierschutzes nicht allein auf praktischen Erwägungen in Zusammenhang mit dem Verbraucherschutz basiert. Wir sind gewillt, auch dann bestimmte Schutzmaßnahmen zu ergreifen, wenn sie keine wirkliche Bedeutung für die Verbraucher haben und keinen echten Nutzen bringen, und zwar einfach deshalb, weil es sich um eine extrem wichtige ethische Frage handelt.
Ich möchte versuchen, noch einige konkrete Fragen zu beantworten. Sie haben eine Vielzahl von Fragen gestellt. Selbstverständlich sind wir bereit, Fragen, auf die ich nachfolgend nicht eingehe, den einzelnen Abgeordneten detaillierter zu beantworten. Eine dieser Fragen betraf die von mir in meiner Eingangsrede erwähnten Länder, die noch keine Berichte vorgelegt haben. Da es sich dabei um eine so wichtige Angelegenheit handelt, möchte ich die Namen dieser Länder nochmals nennen: Zypern, Litauen, Malta, Bulgarien und Luxemburg haben noch keinen Bericht vorgelegt. Diese Frage betraf folglich nicht Irland, denn dieses Land kam seinen Verpflichtungen nach. Außerdem wurden Fragen in Bezug auf die Zugänglichkeit der Informationen gestellt. Ich möchte darauf hinweisen, dass es theoretisch möglich ist, die Berichte der einzelnen Länder zu veröffentlichen. Aufgrund der geltenden Bestimmungen ist es den Mitgliedstaaten jedoch gestattet, dies aus Gründen der Vertraulichkeit zu untersagen. Allerdings hat bisher kein Mitgliedstaat von diesem Recht Gebrauch gemacht. Falls die Veröffentlichung eines bestimmten Berichts gewünscht wird, fragt die Kommission den betreffenden Mitgliedstaat, ob er von der Vertraulichkeitsbestimmung Gebrauch machen möchte. Da ich nicht davon ausgehe, dass dies der Fall sein wird, kann der Bericht dann vollständig veröffentlicht werden, was meines Erachtens eine weitere Debatte anregen dürfte. Die vorgelegten Jahresberichte werden von eigenen Experten der Kommission ausgewertet. Gleichzeitig werden sie durch die Ergebnisse ergänzt, die Beamte der Kommission vor Ort ermittelt haben. Damit existiert eine Basis für weitere Kommentare zur Einhaltung der Bestimmungen der Verordnung sowie für weitere Ideen zur Entwicklung des rechtlichen und organisatorischen Systems der EU auf diesem Gebiet.
Was die Frage des Entwurfs einer weiteren Richtlinie zur Änderung des Rechtssystems betrifft, so habe ich bereits erklärt, dass die Kommission an solchen Entwürfen arbeitet und versucht, die aktuellsten wissenschaftlichen Erkenntnisse einfließen zu lassen. Es wurde auch die Frage gestellt, wie viele Verletzungsverfahren derzeit laufen. Derzeit laufen zwei Verletzungsverfahren, und zwei oder drei Klagen wurden gegen Andalusien oder besser Spanien eingereicht. Insgesamt wurden 2008 sechs Mitgliedstaaten einer detaillierten Inspektion unterzogen. Dies sind einige konkretere Fakten zu den gestellten Fragen. Sehr geehrte Damen und Herren, ich möchte Ihnen nochmals für diese umfassende Debatte danken. Sie hat deutlich gezeigt, dass die Positionen der Kommission und des Parlaments sehr dicht beieinanderliegen. Meines Erachtens ist das ein positives Zeichen für weitere Fortschritte auf diesem außerordentlich sensiblen Gebiet.
Der Präsident. – Die Aussprache ist geschlossen.
Schriftliche Erklärungen (Artikel 142)
Neena Gill (PSE), schriftlich. – Herr Präsident! Es hat erneut den Anschein, als würden die von uns verabschiedeten Gesetze nicht in allen Mitgliedstaaten umgesetzt. Die Tierschutztransportverordnung ist nun seit 2 Jahren in Kraft, doch noch immer wird massiv gegen die Tierrechte verstoßen. Das gilt insbesondere für den Transport und das Schlachten von Pferden. Ich möchte die Kommission fragen, was sie unternimmt, um sicherzustellen, dass Pferde in ihren Heimatländern geschlachtet werden, ohne dass sie einen langen und qualvollen Transport in die Verbraucherländer erleiden müssen.
Ein großes Problem für mich und die von mir vertretenen Personen besteht darin, dass diese Tiere unter inhumanen Bedingungen in überfüllten, verschmutzten Fahrzeugen ohne ausreichend Nahrung und Trinkwasser transportiert werden. Es ginge auch anders. Zwar können wir den Verzehr von Fleisch nicht verbieten, doch wenn Tiere geschlachtet werden sollen, dann soll das in ihren Heimatländern passieren. Die Schlachtkörper können dann in andere Länder transportiert werden. Außerdem müssen die Verbraucher darüber informiert werden, dass das von ihnen konsumierte Fleisch nicht lokalen Ursprungs ist, sondern über Hunderte von Kilometern transportiert wurde.
Herr Präsident, im Interesse des Wohlergehens der Pferde dürfen die von uns in diesem Parlament unternommenen Anstrengungen nicht länger ignoriert werden.
Der Präsident. – Als nächster Punkt folgt die von Herrn Parish im Namen des Ausschusses für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung eingereichte mündliche Anfrage zur mediterranen Ernährungsweise. Die Grundsätze dieser Ernährungsweise werden übrigens vom Präsidenten dieser Plenarsitzung angemessen konsequent eingehalten, was bisher zu mehr als akzeptablen Ergebnissen führte.
Neil Parish, Verfasser. − Herr Präsident! Es freut mich, dass Sie die Grundsätze der mediterranen Ernährungsweise einhalten, und ich sehe die großen Erfolge, die Sie damit erreichen!
Mir als dem Vorsitzenden des Ausschusses für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung hat der heutige Vormittag gezeigt, dass wir die unterschiedlichsten Themen zu besprechen haben. Soeben sprachen wir noch über Tiertransporte – ein sehr wichtiges Thema –, um nun über ein weiteres wichtiges Thema zu debattieren: die mediterrane Ernährungsweise.
Am 16. Juli 2007 hat die Kommission anlässlich der Zusammenkunft des Ministerrats in Brüssel ihre volle Unterstützung für die Nominierung der mediterranen Ernährungsweise als Immaterielles Kulturerbe der Menschheit durch die UNESCO wiederholt. Die in diesem Zusammenhang notwendigen Arbeiten gehören zu meinen Aufgaben als Vorsitzender des Landwirtschaftsausschusses, und wir arbeiten mit aller Kraft an der Erreichung dieses Ziels. Im Jahr 2009 wird diese Nominierung durch den verantwortlichen Ausschuss der UNESCO geprüft. Die entsprechenden Arbeiten laufen bereits. Plant die Kommission die Verabschiedung einer konkreten, koordinierten Strategie zur Unterstützung dieser Nominierung, da wir nun sehr schnell vorankommen?
Wie ich bereits sagte, repräsentiere ich hier den Landwirtschaftsausschuss. Da wir über Fragen der Ernährungsweise sprechen, repräsentiere ich darüber hinaus wahrscheinlich alle Abgeordneten, denn einer der großen Vorzüge Europas ist seine Vielfalt und seine Kultur, und dazu gehören selbstverständlich auch unsere Nahrungsmittel.
Die mediterrane Ernährungsweise ist eine außerordentlich positive Art und Weise der Ernährung. Wodurch ist diese Ernährungsweise geprägt? Ich bin sicher, dass wir darüber heute Vormittag in aller Ausführlichkeit diskutieren könnten. Allgemein zusammengefasst, wird diese Ernährungsweise durch fetten Fisch, Olivenöl, Obst und Gemüse bestimmt. Zweifellos ist diese Ernährungsweise auch sehr schmackhaft, und wie Sie an meinen Ausmaßen sehen können, bin ich ein sehr großer Fan dieser Ernährungsweise. Sie ist jedoch nicht nur schmackhaft, sondern auch gesund, denn sie ist eine bedeutende Quelle für essenzielle Fettsäuren und Antioxidantien. Diese Kombination unterstützt die Optimierung des Cholesterinspiegels und den Schutz der Herzgesundheit. Neueste medizinische Forschungen legen auch den Schluss nahe, dass durch eine mediterrane Ernährungsweise das Risiko bestimmter Erkrankungen, beispielsweise Demenz, verringert werden kann.
Wer in ein Mittelmeerland reist, sieht, wie die Menschen diese Ernährungsweise genießen, und zwar nicht nur die Einheimischen, sondern auch wir als Gäste, die wir in diesen Ländern vor allem die Sonne und das sehr gute Essen zu schätzen wissen.
Diesen Aspekt müssen wir in einer Welt, in der alles immer einheitlicher zu werden scheint, ernsthaft berücksichtigen. Wir sehen, wie die junge Generation von den Fastfood-Ketten regelrecht bombardiert wird. Ich möchte sie hier und heute nicht alle beim Namen nennen, doch ihre Verbreitung nimmt innerhalb der Europäischen Union immer mehr zu. Ja, auch Fastfood-Ketten haben ihre Funktion. Es wäre jedoch schrecklich, wenn wir in späteren Jahren bei der Fahrt durch Europa nur noch Fastfood konsumieren könnten. In bestimmten Teilen der USA – insbesondere an der Westküste – scheint es fast ausschließlich Fastfood-Restaurants zu geben, und das ist das Letzte, was wir uns hier in der Europäischen Union wünschen.
Wie ich bereits gesagt habe, müssen wir die mediterrane Ernährungsweise unterstützen, um die Kultur und Vielfalt unseres Kontinents zu schützen. Ich denke, dass wir uns zukünftig auch mit anderen Ernährungsweisen innerhalb der Europäischen Union beschäftigen werden. Denn eines möchte ich an diesem Vormittag sehr deutlich erklären: Ich bin zwar ein großer Unterstützer der mediterranen Ernährungsweise, doch ich spreche hier zu Ihnen nicht ausschließlich deshalb in meiner Eigenschaft als Vorsitzender des Landwirtschaftsausschusses, um die mediterrane Ernährungsweise zu unterstützen. Schließlich gibt es europaweit noch weitere Arten der Ernährung, die nicht weniger gut sind, sondern sich durch andere Qualitäten und Nahrungsmittel auszeichnen.
Deshalb ist dieser Moment der Ausgangspunkt für eine ganze Reihe zukünftiger Maßnahmen. Wie ich bereits sagte, möchte ich von der Kommission gerne wissen, wie sie diesen Antrag in diesem Jahr unterstützen möchte. Wir freuen uns doch darauf, dass die mediterrane Ernährungsweise eine solche Würdigung erfährt, und wir freuen uns auch darauf, auch in Zukunft sehr gute Mittelmeerkost konsumieren zu können.
Vladimír Špidla, Mitglied der Kommission. – (CS) Herr Präsident, sehr verehrte Damen und Herren! Ich möchte meine Ausführungen damit beginnen, zu unterstreichen, wie wichtig eine gesunde Ernährungsweise für die Vermeidung von Krankheiten ist. Sie als Abgeordnete wissen, dass in dem von der Europäischen Kommission am 30. Mai 2007 verabschiedeten Weißbuch „Ernährung, Übergewicht, Adipositas: Eine Strategie für Europa“ alle Grundsätze der Europäischen Union zusammengefasst sind, die zu einer Verbesserung der Essgewohnheiten und zur Vermeidung von Adipositas beitragen sollen. Dazu gehören hauptsächlich Maßnahmen auf dem Gebiet des Gesundheitswesens, des Catering, des Verkehrswesens, der Regionalpolitik, des Sports, der Bildung, der Statistik und der Landwirtschaftspolitik.
Eines der besten Beispiele ist die Initiative der Kommission für ein europaweites Programm zur Versorgung der Schulen mit Obst und Gemüse. Ziel des Programms ist es, unseren Kindern einen gesunden Start ins Leben zu erleichtern. Das Programm wird mit dem Beginn des Schuljahres 2009/2010 erstmalig umgesetzt. Das Jahresbudget von 90 Millionen Euro ist für den Kauf von frischem Obst und Gemüse für die Schulen vorgesehen.
Was die konkrete Frage zum Antrag auf Aufnahme der mediterranen Ernährung in die Weltkulturerbeliste der UNESCO betrifft, so hat der Vorgänger der heutigen Kommissarin, Herr Markos Kyprianou, dieses Thema auf einem Treffen des Landwirtschaftsausschusses im Juli 2007 bereits angesprochen. Die Kommission begrüßt diese Initiative, da sie dazu beitragen kann, gesunde Ernährungsgewohnheiten in der EU zu unterstützen.
Die Europäische Kommission ist aber selbstverständlich formell nicht berechtigt, einen solchen Antrag im Rahmen der UNESCO zu unterstützen, da sie selbst kein Mitglied der UNESCO ist und folglich auch nicht an ihren Prozessen der Entscheidungsfindung mitwirken kann. Dennoch hoffe ich, dass die teilnehmenden Staaten mit ihrem Antrag bei der UNESCO Erfolg haben und in ihren Bemühungen von den anderen Mitgliedstaaten der EU angemessen unterstützt werden.
Rosa Miguélez Ramos, im Namen der PSE-Fraktion. – (ES) Herr Präsident! Zunächst möchte ich der Kommission für ihre wiederholte explizite Unterstützung des Antrags auf Anerkennung der mediterranen Ernährungsweise als Kulturelles Erbe der Menschheit durch die UNESCO danken.
Bezug nehmend auf die Antwort des Kommissars möchte ich daran erinnern, dass Ernährung ein kultureller Wert ist und der Begriff der Ernährung weit mehr als die Art der von einer bestimmten Person konsumierten Nahrung umfasst. Selbstverständlich hat die mediterrane Ernährungsweise, wie Herr Parish bereits sagte, für einen gesunden Lebensstil eine sehr große Bedeutung, darunter auch für die Verhinderung von Krankheiten, die mit Ernährungsfehlern und einem Mangel an körperlicher Bewegung verbunden sind.
Der Begriff der mediterranen Ernährungsweise geht jedoch weit darüber hinaus, und in dieser Hinsicht möchte ich die Ausführungen von Herrn Parish ergänzen. Dieser Begriff umfasst auch einen bestimmten Lebensstil, der dadurch gekennzeichnet ist, dass man Lebensmittel gemeinsam nutzt und sie in der Gemeinschaft genießt. Dieser Lebensstil ist mit einem bestimmten Landschaftstyp und einer bestimmten Region sowie Gesellschaften verbunden, die im Laufe der Jahrhunderte bestimmte kulturelle und künstlerische Traditionen entwickelt haben, die ebenfalls in einem Zusammenhang mit dem Begriff der mediterranen Ernährungsweise stehen.
Wir haben inzwischen geklärt, was mediterrane Ernährungsweise für mich und die Mehrzahl der auf diesem Gebiet tätigen Menschen bedeutet und welche Motive dem bei der UNESCO eingereichten Antrag zugrunde liegen. Die Kommission hat ihre Bereitschaft zur Zusammenarbeit erklärt. Wir wissen, dass die Kommission nicht Mitglied der UNESCO ist, und wir wissen auch, dass sie nicht in die Prozesse der Entscheidungsfindung bei der UNESCO involviert ist. Trotzdem sollten wir, Herr Kommissar, überlegen, wie die Kommission diesen Antrag durch indirekte Maßnahmen unterstützen kann, die zweifellos eine positive Wirkung auf die Wahrnehmung der am Abstimmungsprozess Beteiligten hätten.
Hierfür gibt es mehrere Möglichkeiten. Ich schlage vor, dass die Europäische Union formell ihre Unterstützung des Antrags erklärt. Auch andere internationale Organisationen wie die FAO, die Weltgesundheitsorganisation sowie wissenschaftliche und akademische Gemeinschaften geben solche Unterstützungserklärungen ab.
Was den zukünftigen Managementplan betrifft, sind wir selbstverständlich der Meinung, dass die Kommission involviert werden sollte, indem sie konkret vorgeschlagene transnationale Maßnahmen unterstützt bzw. sich an solchen Maßnahmen beteiligt. Dies war das Jahr des interkulturellen Dialogs. Zu den Staaten, die den Antrag unterstützen, gehört auch einer unserer Nachbarn im Mittelmeerraum, das Königreich Marokko. Alle diese Punkte sind besonders wichtig, wenn man das von Ihnen zum Ausdruck gebrachte Interesse der Kommission an einer Förderung gesunder Lebensstile und Ernährungsweisen in Europa unterstützt.
Die Kommission könnte auch dadurch helfen, dass sie nach Möglichkeiten zu Unterstützung und Zusammenarbeit sucht und ihr Ansehen für diplomatische Bemühungen nutzt, insbesondere in den Mittelmeerstaaten außerhalb der EU, aber auch außerhalb des Mittelmeerraums und der Europäischen Union. Selbstverständlich, Herr Kommissar, könnte sich die Kommission auch bereiterklären, mögliche Aktivitäten, die in diesen Monaten auf einigen Gebieten anstehen, zu organisieren bzw. bei solchen Aktivitäten mitzuwirken.
Jorgo Chatzimarkakis, im Namen der ALDE-Fraktion. – (DE) Herr Präsident! Vielen Dank, Neil Parish, für die Anfrage, danke auch an die Kommission für die Beantwortung. Europa wird in der Welt um viele Dinge beneidet, um unsere Mode, um unseren Lifestyle, um unsere Sozialversicherungssysteme, und zunehmend werden wir auch um unsere Ernährungsweise beneidet. Wir als Europäer tun gut daran, die gesündeste Ernährungsweise, nämlich die Mittelmeerdiät, in den Vordergrund zu stellen.
Zur Klärung der Definition: Die Mittelmeerdiät geht auf ein Ernährungsmuster zurück, das für die Insel Kreta, für große Teile Griechenlands und für Süditalien typisch ist. Da kommt dieser Begriff her. Hauptbestandteil – der Kommissar hat es schon gesagt – ist das Olivenöl. Ein Grund mehr, lieber Herr Špidla – das geht an die gesamte Kommission –, dieses ureuropäische Produkt noch besser zu schützen.
Zur mediterranen Diät gehören weiterhin faserreiches Brot, große Mengen an Gemüse und an Obst – deswegen begrüßen wir das Schulobstprogramm der Kommission –, Fisch und Milchprodukte in moderater Menge, aber auch Wein. Es ist wissenschaftlich erwiesen – und das ist ein Ergebnis des British Medical Journal vom September 2008 –, dass die Mittelmeerdiät dazu beiträgt, Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu senken. Die moderne Epidemie Europas, nämlich Typ-2-Diabetes herunterzufahren, Krebserkrankungen zu verringern, und Alzheimer und Parkinson in ihren Auswirkungen abzuschwächen. Ein Besuch auf Friedhöfen der Insel Kreta zeigt Ihnen das. Wenn Sie sehen, wie alt die Menschen dort werden – und mein Vater kommt aus Kreta –, dann wird Ihnen das bewusst.
Daher müssen wir alles dafür tun, dass die Mittelmeerdiät auch in Europa und darüber hinaus mehr Anhänger gewinnt, und die Aufnahme in die Liste des Weltkulturerbes ist ein wichtiger Schritt. Ich danke der Kommission für ihre Bemühungen.
Aber wir müssen auch sehen, wenn China und Indien die amerikanische Ernährungsweise übernehmen, was sie zunehmend tun, dann hat das dreifache negative Auswirkungen. Erstens wird der Gesundheitszustand der Weltbevölkerung schlechter. Zweitens kommt es zu mehr Massentierhaltung mit all den negativen Auswirkungen für die Umwelt, und drittens ist die Methanproduktion zu nennen, denn das meiste Fleisch wird Rindfleisch sein. Rinder produzieren Methan und das ist schlecht für das Weltklima. Deswegen ist es so wichtig, genau diesen Schritt zu tun. Ich danke noch einmal Neil Parish.
Sebastiano (Nello) Musumeci, im Namen der UEN-Fraktion. – (IT) Herr Präsident, Herr Kommissar, sehr verehrte Damen und Herren! Die Entscheidung der Europäischen Union, die Anerkennung der mediterranen Ernährungsweise als Kulturelles Erbe der Menschheit durch die UNESCO zu unterstützen, erinnert uns in erster Linie daran, dass die Menschen ein Recht darauf haben, ihre Identität und ihre enge Verbundenheit mit ihrer Heimat zu schützen. Das von Italien, Spanien, Griechenland und Marokko gezeigte institutionelle Engagement kann jedoch nicht nur auf das Erreichen dieser prestigeträchtigen Anerkennung begrenzt werden.
Ich denke, wir müssen die heutzutage immer schwächer und fragiler werdende Verbindung zwischen der landwirtschaftlichen Produktion und den Nahrungsmitteln für den alltäglichen Verzehr wieder herstellen. Das bedeutet, wir müssen die Verbraucher ermutigen, sich Wissen über die Prinzipien einer gesunden Ernährung sowie über die saisonale Produktion von Nahrungsmitteln anzueignen. Die Produkte müssen wieder natürlich und ohne Zusätze und chemische Konservierungsstoffe hergestellt werden. Von der internationalen wissenschaftlichen Gemeinschaft wird uns versichert, dass der Verzehr natürlicher Produkte die Sterblichkeitsrate deutlich senkt. In diesem Zusammenhang denke ich beispielsweise an natives Olivenöl extra, Wein, Obst sowie insbesondere an die sizilianischen Blutorangen, deren Pigmentierung weltweit einzigartig und reich an Antioxidantien ist.
Abschließend möchte ich meine Hoffnung zum Ausdruck bringen, dass auch andere Mittelmeerländer dieses Ziel verfolgen. Da hierfür eine konkrete Strategie erforderlich ist, kann nur die Kommission eine führende Rolle übernehmen und als Mittler auf diesem Gebiet agieren.
Pedro Guerreiro, im Namen der GUE/NGL-Fraktion .– (PT) Initiativen, die auf eine Sicherung und Förderung menschlicher Kulturen abzielen, sind generell zu begrüßen. Ganz besonders gilt dies jedoch für Nahrungsmittel. Ein Beispiel ist die Nominierung der Mittelmeerdiät als Immaterielles Kulturerbe der Menschheit. Die Überprüfung dieses Antrags durch den verantwortlichen Ausschuss der UNESCO wird im Jahr 2009 erfolgen.
Das Erreichen eines solchen Ziels kann zur Bewahrung, zu einem größeren Bekanntheitsgrad und zur Förderung einer Ernährungsweise beitragen, die in den Mittelmeerländern dominiert und die von Ernährungswissenschaftlern und anderen Fachleuten als nachweislich gesund bezeichnet wird. Wie hier bereits erwähnt wurde, basiert diese Ernährungsweise auf den traditionellen Produkten der Mittelmeerregion, beispielsweise Obst und Gemüse, Olivenöl, Fisch, Getreide, Nüssen, aromatischen Kräutern, Milchprodukten, Schaf- und Ziegenfleisch sowie Wein.
Die Anzahl der Menschen, die diese gesunden Ernährungsgewohnheiten pflegen, sinkt jedoch.
Deshalb sind wir der Meinung, dass neben anderen folgerichtigen und notwendigen Initiativen effektive Maßnahmen ergriffen werden müssen, um die traditionelle Produktion im Mittelmeerraum zu unterstützen. Das gilt insbesondere im Rahmen der gemeinsamen Agrar- und Fischereipolitik. Ziel dieser Maßnahmen sollten kleine und familiengeführte Landwirtschaftsbetriebe sowie die Fischer der Region sein, um deren Produktion zu garantieren. Durch diese Maßnahmen sollte der Wert von traditionellen Produkten und Handwerksprodukten erhöht und die Entwicklung regionaler Märkte gefördert werden.
Vor allem müssen Maßnahmen gegen den zunehmenden Rückgang landwirtschaftlicher Aktivitäten sowie die sinkenden Bevölkerungszahlen ergriffen werden. Nur die Menschen mit ihrem Wissen können die Produktion dieser traditionellen Qualitätsprodukte sichern und an andere Generationen weitervermitteln.
Alle diese Probleme und Maßnahmen liegen im Aufgabenbereich der Europäischen Kommission.
Luis Manuel Capoulas Santos (PSE). – (PT) Herr Präsident, sehr verehrte Damen und Herren! Es ist alles andere als üblich, dass ein einzelnes Thema zu gleicher Zeit und positiv die drei überaus wichtigen Bereiche Gesundheit, Kultur und Wirtschaft vereint. Mit der mediterranen Ernährung als Gegenstand der Debatte ist das möglich.
Aus der Perspektive der Gesundheit betrachtet, bestehen offensichtlich keine wissenschaftlichen Zweifel an den Vorteilen, die eine auf frischen, natürlichen Nahrungsmitteln basierende Ernährungsweise für die menschliche Gesundheit hat. Wie hier bereits erwähnt wurde, gehören dazu Getreide, Reis, Hülsenfrüchte, Nüsse, Obst und Gemüse, der häufige Verzehr von Fisch, Olivenöl als Hauptfettart sowie ein moderater Weingenuss.
Kulturell betrachtet, sind die Systeme der Produktion und Verarbeitung sowie des Verzehrs dieser Produkte auf von Generation zu Generation weitervermittelte Techniken und Traditionen zurückzuführen, deren Wurzeln bis in die griechisch-römische Kultur zurückreichen und die in vielfältiger Hinsicht in den Praktiken, Bräuchen und Techniken der Gesellschaften im Mittelmeerraum noch vorhanden sind.
In wirtschaftlicher Hinsicht sind diese Aktivitäten insbesondere mit der Landwirtschaft, dem Fischereiwesen und dem ländlichen Tourismus verbunden. Alle diese Branchen sind außerordentlich wichtig, um Entvölkerung zu verhindern und die Vitalität der ländlichen Gebiete und der Küstenregionen zu sichern. Damit haben diese Maßnahmen auch erhebliche sozioökonomische Auswirkungen. Gleichzeitig repräsentieren diese Branchen, zu denen auch die Landwirtschaft gehört (was auf den ersten Blick leicht verwundert), die wettbewerbsstärksten Formen der Produktion in der Europäischen Union, die immer von den finanziellen Unterstützungen im Rahmen der gemeinsamen Agrarpolitik profitiert haben, und seien diese Unterstützungen auch noch so gering.
Aus allen diesen Gründen hat die Initiative der spanischen Behörden, die mediterrane Ernährungsweise von der UNESCO als Kulturerbe der Menschheit anerkennen zu lassen, bereitwillige Unterstützung verdient. Meines Erachtens ist es die Pflicht der Europäischen Union, das in ihren Kräften Stehende zu unternehmen, um diese Entscheidung zu beeinflussen, denn eine solche Unterstützung dient nicht den speziellen Interessen eines Landes oder einer Gruppe von Ländern, sondern sie dient den Interessen der gesamten Union.
Salvatore Tatarella (UEN). – (IT) Herr Präsident, Herr Kommissar, sehr verehrte Damen und Herren! Adipositas hat sich zu einem schwerwiegenden und meines Erachtens bedeutenden Problem in Europa entwickelt, insbesondere unter der Jugend. Wenn uns die Gesundheit unserer Kinder am Herzen liegt, ist es nach Expertenmeinung das Beste, die täglichen Mahlzeiten nach den Traditionen der mediterranen Küche zuzubereiten. Das ist die einzige Lebensversicherung, die jeder Finanzkrise widersteht.
Alfonso Iaccarino, ein bekannter italienischer Küchenmeister und Mitglied des Expertenausschusses zur Anerkennung der mediterranen Ernährung als Immaterielles Kulturerbe der Menschheit, empfiehlt die Rückkehr zu natürlichen, einfachen Speisen sowie zu Tradition, Vielfalt und Qualität beim Kochen. Die mediterrane Ernährung umfasst nicht nur Brot und Pasta. Auch viel Bewegung, körperliche Aktivitäten und ein bestimmter Lebensstil sind unter diesem Oberbegriff zusammenzufassen. Die auf nativem Olivenöl extra und gutem Wein basierende mediterrane Ernährung wirkt sich außerordentlich positiv auf die Gesundheit aus: Durch das Olivenöl wird der Cholesterinspiegel im Blut gesenkt, und Wein wirkt, moderat genossen, als Antioxidans.
Die mediterrane Ernährungsweise hat den Italienern dabei geholfen, den europäischen Langlebigkeitsrekord zu brechen. Darüber hinaus führt Italien die Wertung zum Body-Mass-Index an, einer Verhältniszahl aus Körpergröße und Gewicht. Abschließend möchte ich noch erwähnen, dass der italienische Senat kürzlich einstimmig ein Papier zugunsten der Anerkennung der mediterranen Ernährungsweise als Erbe der Menschheit gebilligt hat. Ich hoffe, dass das Europäische Parlament derselben Meinung ist und die Kommission dementsprechend handelt.
(Der Präsident entzieht dem Redner das Wort.)
Vincenzo Lavarra (PSE). – (IT) Herr Präsident, Herr Kommissar, sehr verehrte Damen und Herren! Ich möchte dem Vorsitzenden des Ausschusses für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung, Herrn Parish, für seine Unterstützung danken, die er nach der wertvollen Expertenanhörung im Ausschuss gezeigt hat.
Die mediterrane Ernährungsweise ist unstrittig ein Teil des historischen und kulturellen Erbes unseres Kontinents. Die positiven Auswirkungen dieser Ernährungsweise auf die Gesundheit sind unstrittig. Im Weißbuch der Kommission zu Adipositas wird die mediterrane Ernährungsweise als exzellente Naturmedizin gewürdigt.
Die positiven Auswirkungen auf die Gesundheit sind wissenschaftlich belegt und werden auch in anderen Ländern, insbesondere in den Vereinigten Staaten, ausdrücklich gewürdigt. Damit steht dieser Begriff nun auf einer so breiten Grundlage, dass er von seiner ursprünglichen Bedeutung abweicht. Eine Anerkennung durch die UNESCO würde auch die Erarbeitung einer Definition unterstützen, um diese besondere Ernährungsweise zu schützen. Herrn Parish möchte ich sagen, dass wir im Kontext der speziellen Ernährungsweisen in der europäischen gastronomischen Kultur derzeit über mediterrane Nahrungsmittel sprechen, doch das ist mit Sicherheit nicht die einzige Ernährungsweise, die die außerordentlich reiche europäische Gastronomie zu bieten hat.
Herr Kommissar, Sie haben die Verpflichtung Ihres Vorgängers zur Anerkennung der Bedeutung dieser Initiative eingehalten, wofür ich Ihnen danken möchte. Sie haben betont, dass Sie in Bezug auf das bei der UNESCO ablaufende Verfahren keine Entscheidungsbefugnisse haben. Meines Erachtens könnten Sie jedoch eine Erklärung abgeben und diplomatische Anstrengungen unternehmen ...
(Der Präsident entzieht dem Redner das Wort.)
Alessandro Battilocchio (PSE). – (IT) Herr Präsident, Herr Kommissar, sehr verehrte Damen und Herren! Wir alle kennen den Begriff der mediterranen Ernährungsweise. Wie in vielen Studien bestätigt wurde, kann sie im Kampf gegen Adipositas und kardiovaskuläre Erkrankungen helfen. Auch allgemein hat sie mannigfaltige positive Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit.
Hierbei geht es jedoch nicht darum, die mediterrane Ernährungsweise in der gesamten EU verbindlich einzuführen. Es soll auch nicht versucht werden, durchzusetzen, dass sie gegenüber anderen Ernährungsweisen, die besser an andere klimatische Verhältnisse und Regionen angepasst sind, bevorzugt wird. Wir haben jedoch die Aufgabe, diese Ernährungsweise zu schützen sowie ihre Substanz und ihre Eigenschaften zu definieren, um sie vor externen Imitationen und Verfälschungen zu schützen, die ihr Image und ihren Wert schädigen könnten.
Folglich sollte diese Ernährungsweise ebenso wie alle anderen Ausdrucksformen der europäischen Kultur geschätzt werden, die einen weltweiten Schutz und die Förderung ihres Bekanntheitsgrades verdient haben. Weltweit wurden bereits Versuche unternommen, dieses Modell zu imitieren. Deshalb ist es wichtig, den speziellen Charakter dieser Ernährungsweise zu definieren und zu schützen, um zu vermeiden, dass ein wichtiger Teil des europäischen Erbes im Meer der Globalisierung versinkt.
Czesław Adam Siekierski (PPE-DE). – (PL) Auch aus anderen Gründen verdient die mediterrane Ernährungsweise den Schutz und die Förderung ihres Bekanntheitsgrades. Die heutige Welt wird von Supermarktkost und Fastfood dominiert. Vor diesem Hintergrund stellt die mediterrane Ernährungsweise eine empfehlenswerte Ausnahme dar, denn sie ist sowohl populär als auch gesund. Sie ist keine Erfindung von Ernährungswissenschaftlern, sondern das Ergebnis jahrhundertealter Traditionen, die von Generation zu Generation weitergegeben wurden.
Mehr als die Hälfte der Bevölkerung der Europäischen Union ist übergewichtig. Sage und schreibe 15 % sind adipös. Auch ich bin von diesem Problem betroffen. Diese Statistik ist alarmierend. Wir sollten Maßnahmen zum Kampf gegen diesen negativen Trend ergreifen. Eine Möglichkeit zur Bewältigung des Problems ist die Förderung gesunder Essgewohnheiten, wozu die mediterrane Ernährungsweise mit Sicherheit gehört. Wissenschaftliche Forschungen haben gezeigt, dass sie zu einer Verringerung des Risikos kardiovaskulärer Erkrankungen, insbesondere der ischämischen Herzkrankheit und verschiedener Krebsarten, beiträgt und auch positive Auswirkungen auf die durchschnittliche Lebenserwartung hat.
Marios Matsakis (ALDE). – Herr Präsident! Es ist bekannt, dass die Ernährung wesentlich zu einer guten Gesundheit beiträgt. Mittlerweile ist wissenschaftlich zweifelsfrei belegt, dass die auf den traditionellen Ernährungsgewohnheiten der Bewohner der südlichen Teile Europas wie Kreta und Zypern basierende mediterrane Ernährungsweise zu einem längeren und gesünderen Leben führt. Der amerikanisch beeinflusste Ernährungsstil des Junkfood, zu dem industriell hergestellte Hamburger, Pommes frites und Süßigkeiten gehören, verkürzt hingegen die Lebenserwartung und erhöht die Anfälligkeit für Krankheiten. Eine gute Ernährung ist insbesondere für Kinder wichtig. Wird also die Kommission mehr – und zwar wesentlich mehr – unternehmen, um sicherzustellen, dass die Mitgliedstaaten die mediterrane Ernährung in den Schulen effektiv fördern und andere Ernährungsweisen, die nachweislich die Gesundheit der Kinder schädigen, verbieten?
Übrigens, Herr Kommissar, ich habe nicht richtig verstanden, warum die EU kein Mitglied der UNESCO ist. Sollte sie nicht Mitglied dieser Organisation sein?
(Der Präsident entzieht dem Redner das Wort.)
Ewa Tomaszewska (UEN). – (PL) Herr Präsident! Es ist besser, sich gesund zu ernähren und Krankheiten zu vermeiden, als sich einer möglichst effektiven und modernen medizinischen Behandlung zu unterziehen. Medizinische Behandlungen, darunter auch die bei Patienten mit übermäßig hohem Cholesterinspiegel erforderlichen komplizierten chirurgischen Eingriffe, sind darüber hinaus wesentlich teurer als einfache, traditionelle Nahrungsmittel. Eine solche Vorgehensweise ist vernünftig, denn sie basiert auf guten, erprobten, bewährten Traditionen. Die mediterrane Ernährungsweise bringt uns Gesundheit und Lebensfreude und verhindert darüber hinaus übermäßige Gewichtszunahmen. Ich begrüße die Tatsache, dass die UNESCO die mediterrane Ernährung in ihre Welterbeliste aufgenommen hat.
Jean-Claude Martinez (NI). – (FR) Herr Präsident! Ich freue mich darüber, dass es mit Herrn Parish ein Brite ist, der diesen Text eingebracht hat. Das zeigt Ihnen, dass die römischen Soldaten vor zweitausend Jahren richtig handelten, als sie ihre mit Olivenöl und Wein gefüllten Amphoren mit nach Großbritannien brachten. Dieser Umstand zog zwei Konsequenzen unvermeidlich nach sich. Erstens, dass es eher seltsam ist, die Lebensmittelbehörde in Helsinki anzusiedeln, und zweitens, dass es unvernünftig ist, dass die Europäische Kommission nicht nochmals die folgenden Themen aufgegriffen hat: die Wiederaufnahme der Hilfen für die Anpflanzung von Mandelbäumen, den Stopp der Abholzung von Olivenbäumen, insbesondere in Andalusien, aber auch in anderen europäischen Regionen, den Stopp der Angriffe auf die Fischer, die im Mittelmeerraum den Roten Thun fangen sowie den Stopp der Attacken auf europäische Weinfelder und -berge, wodurch Weinstöcke vernichtet werden. Ich schlage dem Kommissar und Herrn Barroso vor, dass sie in Portugal ein großes Bankett organisieren und Schafskäse sowie Wein aus Samos servieren.
(Der Präsident entzieht dem Redner das Wort.)
Vladimír Špidla, Mitglied der Kommission. – (CS) Sehr verehrte Damen und Herren! Auf der Grundlage der im Weißbuch formulierten Strategie unterstützt die Kommission alle Vorschläge und Verfahren, die zur Verbreitung gesunder Essgewohnheiten beitragen. Diese Initiativen werden von der Kommission nachdrücklich befürwortet. Sie ist jedoch nicht in der Lage, solch eine eng definierte Zusammenstellung von Essgewohnheiten zu unterstützen, da zwischen den einzelnen Mitgliedstaaten und Regionen, aber beispielsweise auch zwischen einzelnen Mittelmeerländern erhebliche Unterschiede bestehen. Selbstverständlich möchte ich damit in keiner Weise meine einleitenden Worte zur Unterstützung des Antrags auf Anerkennung der mediterranen Ernährungsweise als Teil des kulturellen Erbes der Menschheit durch die Kommission widerlegen. Wir erreichen Fortschritte auf diesem Gebiet, und es ist selbstverständlich klar, dass wir zwar nicht Mitglied der UNESCO sind, es aber definitiv Möglichkeiten zur Unterstützung dieses Antrags gibt.
Sehr verehrte Damen und Herren, ich möchte noch speziell auf einen Redebeitrag eingehen, mit dem ich absolut nicht einverstanden bin. Ich sehe absolut keinen Grund dafür, warum die genannte Behörde nicht in Finnland ansässig sein sollte. Ich habe keinen Zweifel, dass die Mitarbeiter dieser Behörde uneingeschränkt in der Lage sind, ihre Aufgaben zu erfüllen. Meines Erachtens war die Entscheidung für den Sitz dieser Behörde richtig und vernünftig.
Der Präsident. – Ich weiß nicht, ob zwischen bestimmten Mitgliedstaaten oder Gruppen große Unterschiede bestehen. Sicher ist jedoch, dass in der Debatte, die wir hier geführt haben, keine Differenzen zu verzeichnen waren, ungeachtet dessen, ob die Redner aus Deutschland oder Polen, aus dem Vereinigten Königreich oder Portugal, aus Spanien oder Zypern stammten. Ich glaube, bezüglich der Unterstützung dieser Initiative besteht große Einigkeit.
Vielen Dank. Wir unterbrechen die Sitzung für einige Minuten. Es ist uns gelungen, die Debatte pünktlich und vor allem in einer ruhigen Atmosphäre zu führen, sodass wir einander zuhören konnten. Das ist ein guter Start in dieses neue Sitzungsjahr. Die Sitzung wird um 12.00 Uhr zur Durchführung der Abstimmungen wieder aufgenommen.
(Die Sitzung wird um 11.50 Uhr unterbrochen und um 12.00 Uhr wieder aufgenommen.)
VORSITZ: HANS-GERT PÖTTERING Präsident
Francis Wurtz (GUE/NGL). – (FR) Herr Präsident, sehr verehrte Damen und Herren! Leider muss ich Sie darüber informieren, dass wir soeben erfahren haben, dass das für die Unterstützung von Flüchtlingen verantwortliche Hauptquartier der Vereinten Nationen in Gaza von Granaten getroffen wurde, die von israelischen Panzern abgefeuert wurden. Drei Personen wurden verletzt. Die UN haben beschlossen, alle ihre Operationen einzustellen.
Angesichts der Tatsache, dass dort bald Wahlen stattfinden sollen, hielt ich es für wichtig, Sie alle über diese Tatsache zu informieren.
(Beifall)
Der Präsident. − Vielen Dank, Herr Kollege Wurtz, für diese Information. Wenn das zutreffen sollte, ist die Abstimmung, die wir gleich vornehmen werden, umso dringlicher.
4. Übermittlung von Gemeinsamen Standpunkten des Rates: siehe Protokoll
5. Wiederaufnahme des Sendebetriebs des chinesischen Fernsehsenders NTDTV durch Eutelsat (schriftliche Erklärung)
Marco Cappato (ALDE). – (IT) Herr Präsident, sehr verehrte Damen und Herren! Ich möchte Ihnen im Namen aller Unterstützer dieser Initiative recht herzlich danken. Darüber hinaus danke ich den über 440 Abgeordneten, die ihre Unterstützung durch ihre Unterschrift bekundet haben. Dieses Parlament fordert Eutelsat auf, die Ausstrahlung von NTDTV nach China wieder aufzunehmen: Der freie Zugang zu Informationen und Wissen ist ein grundlegendes Menschenrecht. Damit demonstriert dieses Parlament wie im Fall des Sacharow-Preisträgers Hu Jia sowie der Einladung des Dalai Lama: Wenn wir China oder die EU in Menschenrechtsfragen kritisieren, tun wir dies in der Absicht, die Freiheit des chinesischen Volkes zu unterstützen.
Der Präsident. − Als nächster Punkt folgt die Abstimmungsstunde.
(Abstimmungsergebnisse und sonstige Einzelheiten der Abstimmung: siehe Protokoll)
6.1. Kontrolle der Ausführung von EU-Mitteln in Afghanistan (A6-0488/2008, Véronique Mathieu) (Abstimmung)
6.2. Umsetzung und Anwendung der Richtlinie 2002/73/EG zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung, zur Berufsbildung und zum beruflichen Aufstieg sowie in Bezug auf die Arbeitsbedingungen (A6-0491/2008, Teresa Riera Madurell) (Abstimmung)
6.3. Lage im Nahen Osten / Gaza (Abstimmung)
– Vor der Abstimmung:
Martin Schulz (PSE). – (DE) Herr Präsident! Ich danke Ihnen, dass Sie mir das Wort geben. Ich bitte Sie und auch die Kolleginnen und Kollegen, mir zu gestatten, zwei Bemerkungen zu machen, zunächst eine zu der Entschließung, die zur Abstimmung vorliegt, und danach eine persönliche Bemerkung, die einen Kollegen dieses Hauses betrifft.
Zur vorliegenden Entschließung: Meine Fraktion hat gestern Abend noch einmal sehr intensiv und auch sehr leidenschaftlich, aber sehr bedächtig über diese Entschließung diskutiert. Ich glaube, wir alle stehen heute Morgen, bevor wir abstimmen, unter dem Eindruck dessen, was Francis Wurtz gerade berichtet hat. Wenn in einer kriegerischen, bewaffneten Auseinandersetzung die internationalen Institutionen nicht mehr sicher sind, dann ist ein Grad erreicht, der äußerst bedenklich ist. Man muss einen Appell in diesem Fall insbesondere an Israel richten, die Einrichtungen der internationalen Staatengemeinschaft zu respektieren, weil sonst die Aufrechterhaltung der humanitären Infrastruktur nicht gewährleistet ist, was sicher nicht im Rahmen des internationalen Völkerrechts ist.
Zum anderen aber haben wir uns entschlossen, diese Entschließung mitzutragen, weil wir – nach langer Diskussion gestern Abend – glauben, dass es wichtig und richtig ist, sie zum jetzigen Zeitpunkt zu verabschieden, und dass die Signale, die wir aussenden, auch die Signale, die das Europäische Parlament als Institution aussendet, notwendig sind. Aber ganz sicher ist eins: Eine Entwicklung der Gewalt, die nicht einmal mehr haltmacht vor Schulen und Kindergärten, ist ein Grad, den man nicht bedauern kann, sondern aufs Schärfste verurteilen muss. Das findet sich in der Entschließung nicht wieder,
(Lebhafter Beifall)
aber wir wollen – weil wir glauben, dass wir damit auch dem Gefühl vieler Kolleginnen und Kollegen, auch aus anderen Fraktionen, Ausdruck verleihen – das hier doch so festhalten.
Gestatten Sie mir, zu einem Kollegen, der sich in seiner ganzen politischen Karriere gerade um den Frieden in der Welt und in der Europäischen Union große Verdienste erworben hat, am heutigen Tag etwas zu sagen. Das ist heute die letzte Plenarsitzung, an der mein Kollege Michel Rocard teilnehmen wird. Für uns Sozialistinnen und Sozialisten, aber ich glaube für uns alle ....
(Die Mitglieder des Parlaments erheben sich und spenden Beifall.)
Der Präsident. – Vielen Dank, Herr Schulz. Da ich gestern an dem Empfang nicht teilnehmen konnte, weil der Präsident des Europäischen Rates, der Ministerpräsident Tschechiens, Mirek Topolánek, hier war, möchte ich an die Adresse des Kollegen Rocard sagen: Herr Kollege Michel Rocard, ich möchte Ihnen meine größte Hochachtung und meine Freundschaft zum Ausdruck bringen und wünsche Ihnen für all das, was Sie jetzt vorhaben, Glück und Erfolg. Ich hoffe, dass wir uns oft wiedersehen, und danke Ihnen für Ihren großen Beitrag, den Sie für die europäische Einigung geleistet haben. Aufrichtigen Dank, Michel Rocard!
(Lebhafter Beifall)
– Vor der Abstimmung – betrifft Ziffer 3:
Michael Gahler (PPE-DE). – (DE) Herr Präsident! Auch in Absprache mit den anderen Fraktionen möchte ich folgende Änderung vorschlagen:
Die Wortgruppe „eine besondere Verantwortung“ sollte durch die Wortgruppe „eine wichtige Rolle“ ersetzt werden, sodass es heißt: „was eine wichtige Rolle für Ägypten einschließt“.
(Der mündliche Änderungsantrag wird berücksichtigt.)
Der Präsident. − Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich möchte Sie darüber informieren, dass ich jetzt den Versuch unternehmen werde, in meiner Eigenschaft als Präsident der Euromediterranen Parlamentarischen Versammlung eine ähnliche Entschließung des Präsidiums dieser Parlamentarischen Versammlung herbeizuführen, wie Sie ihn gerade hier im Europäischen Parlament beschlossen haben.
(Beifall)
6.4. Lage am Horn von Afrika (Abstimmung)
– Vor der Abstimmung:
Ana Maria Gomes (PSE). – (PT) Ich schlage vor, dem Absatz 1 einen neuen Absatz voranzustellen, der wie folgt lautet:
„In der Erkenntnis, dass die aktuelle Situation in den Ländern am Horn von Afrika nicht den im Artikel 9 des Cotonou-Abkommens aufgeführten grundlegenden Elementen der Zusammenarbeit entspricht;“.
Dieser Satz war bereits in dem Bericht enthalten, den uns unsere drei Kollegen, die die Region besucht hatten, kürzlich vorlegten.
(Der mündliche Änderungsantrag wird nicht berücksichtigt.)
6.5. Strategie der Europäischen Union gegenüber Belarus (Abstimmung)
– Vor der Abstimmung – betrifft Ziffer 9:
Jan Marinus Wiersma (PSE). - Wir schlagen vor, den letzten Satz des Absatzes 9 zu streichen. Er lautet wie folgt: „ruft die belarussischen Behörden auf, ihre Praxis der Ausstellung von Ausreisevisa an ihre Staatsbürger, insbesondere an Kinder und Studenten, einzustellen“. Wir sind für die Streichung dieses Satzes, da die Behörden dieses System der Ausstellung von Ausreisevisa bereits abgeschafft haben. Er ist also inaktuell.
(Der mündliche Änderungsantrag wird berücksichtigt.)
6.6. 11. Juli: Tag des Gedenkens an die Opfer des Massakers von Srebrenica (Abstimmung)
– Vor der Abstimmung – betrifft Ziffer 3:
Doris Pack (PPE-DE). – (DE) Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Alle haben zugestimmt, dass wir Punkt 3 ergänzen. In Punkt 3 geht es um die Aufgabe des Internationalen Gerichtshofs in Den Haag. Wir möchten ihn gerne um folgenden Satz ergänzen:
„wiederholt in dieser Hinsicht, dass Kriegsverbrecherprozessen in den Heimatländern eine größere Aufmerksamkeit zuteilwerden muss;“.
(Der mündliche Änderungsantrag wird berücksichtigt.)
Daniel Hannan (NI). – Herr Präsident! Die Frage des gleichen Entgelts und der Gleichstellung der Geschlechter gehört wahrscheinlich zu den besten Beispielen für den juristischen Aktivismus in der Europäischen Union: Im Vertrag steht eine Bestimmung, die dann vom Europäischen Gerichtshof umfassend und kreativ interpretiert wird.
Die Römischen Verträge enthalten einen Satz zu diesem Thema, vom dem man eigentlich annehmen müsste, dass er sehr einfach zu verstehen sei: „Männer und Frauen müssen bei gleicher Arbeit das gleiche Entgelt erhalten.“ Doch in einer Reihe strittiger Urteile, beispielsweise in Sachen Defrenne gegen Sabena, Barber gegen Guardian Royal Exchange und anderen, wurde diese Definition progressiv erweitert. Zunächst wurden auch Urlaubsansprüche, Pensionen usw. einbezogen, und dann wurde die Anwendbarkeit dieses Satzes auch auf gleichwertige Arbeit ausgedehnt.
Völlig unklar ist jedoch, wie ein Arbeitgeber die Gleichwertigkeit von Arbeit einschätzen soll und ob er dazu beispielsweise die Verfügbarkeit angemessen qualifizierter Bewerber zu berücksichtigen hat. Mir geht es dabei weniger um die Gleichstellung der Geschlechter, sondern viel mehr um die Fairness gegenüber den Mitgliedstaaten. Sie haben einen Vertrag unterschrieben, und dann stellen sie fest, dass ihm vor den Gerichten durch Richter eine Bedeutung zugewiesen wird, die er möglicherweise niemals haben sollte.
Bevor wir durch den Vertrag von Lissabon die Tür für massive neue Ausweitungen öffnen, sollten wir ihn in einem Referendum zur Abstimmung stellen. Pactio Olisipiensis censenda est!
VORSITZ: GÉRARD ONESTA Vizepräsident
Philip Claeys (NI). – (NL) Herr Präsident! Mit dem Bericht von Frau Riera Madurell kann ich mich nicht identifizieren, und das liegt nicht daran, dass ich gegen das Prinzip der Gleichstellung der Geschlechter bin. Selbstverständlich bin ich ganz im Gegenteil für eine solche Gleichstellung. Das Problem, das ich mit diesem Bericht wie auch mit ähnlichen Berichten aus diesem politisch korrekten Haus habe, ist seine bevormundende Tonlage. Wie sollte man beispielsweise dem Prinzip der Beweislastumkehr zustimmen können? Es gehört doch zu den Grundprinzipien des Rechts, dass die Schuld eines Menschen und nicht etwa seine Unschuld nachzuweisen ist.
Warum werden Unternehmen dazu verpflichtet, jährlich ein Konzept zur Gleichstellung der Geschlechter vorzulegen? Das stellt eine starke Bevormundung dar und belastet die Unternehmen mit bürokratischem Unfug, nur um unmissverständlich klarzumachen, dass bestimmte Prinzipien gelten, die ohnehin universell anerkannt, aber in der Praxis eben nicht immer leicht umzusetzen sind. Wie können wir ein Unternehmen dazu zwingen, eine gleiche Anzahl an Männern und Frauen einzustellen, anstatt einfach nach der für eine bestimmte Stelle am besten geeigneten Person zu suchen?
- Entschließungsantrag B6-0051/2009 (Lage im Nahen Osten / Gaza)
Laima Liucija Andrikienė (PPE-DE). – (LT) Ich habe für den Entschließungsantrag zur Lage im Gaza-Streifen gestimmt, da er viele Punkte enthält, die auch den Einwohnern Litauens, die mich in dieses Parlament abgeordnet haben, wichtig sind.
Der wichtigste Punkt ist ein sofortiger und dauerhafter Waffenstillstand. Die gestern von den weltweiten Nachrichtenagenturen veröffentlichten Statistiken sind erschreckend: mehr als 1 000 Tote, Hunderte verletzter, verstümmelter, weinender Kinder. Das darf so nicht weitergehen.
Ich arbeite im Unterausschuss Menschenrechte des Europäischen Parlaments mit. Deshalb empfinde ich die Menschenrechtsverletzungen und die humanitäre Situation im Gaza-Streifen als besonders wichtige Probleme. Es sollte keine Hindernisse für humanitäre Hilfe geben. Hilfe müssen diejenigen erhalten, für die sie bestimmt ist und die sie am meisten brauchen: die Zivilisten.
Ich begrüße diese Entschließung des Europäischen Parlaments. Sie war dringend notwendig. Das Europäische Parlament schweigt nie und darf nie schweigen, wenn Menschen sterben.
Mairead McGuinness (PPE-DE). – Herr Präsident! Es scheint eher nutzlos zu sein, diesen Antrag für eine Entschließung zur Lage in Gaza zu unterstützen, was ich selbstverständlich tue. Bisher wurden diese Worte aber im Lärm und Getöse des Raketenfeuers, der Geschosse und der schreienden Männer, Frauen und Kinder, die in dieser Region verwundet wurden oder starben, überhört. Möglicherweise kommt es heute zu weiteren Entwicklungen in Richtung eines Waffenstillstands in dieser Region, der sehr zu begrüßen wäre.
In dieser Hinsicht unterstützen wir die Bemühungen Ägyptens, einen Waffenstillstand zu vermitteln. Ägypten und die politischen Führer des arabischen Raums können ihren Einfluss auf die Hamas geltend machen. In Bezug auf Israel glaube ich, dass die USA diesen Einfluss haben, obwohl ich auch hoffe, dass der heute in diesem Parlament einstimmig unterstützte Entschließungsantrag den Druck in Richtung einer sofortigen und effektiven humanitären Hilfe, eines Waffenstillstands und eines dauerhaften Friedens in der Region weiter erhöht.
Daniel Hannan (NI). – Herr Präsident! Zunächst habe ich mich darüber gefreut, dass keine Maßnahmen gegen die Abgeordneten ergriffen wurden, die während dieser Abstimmung mit ihren Plakaten mit der Aufschrift „Stoppt den Krieg“ und ihren palästinensischen Flaggen demonstriert haben. Ich hoffe, dass wir nun den Präzedenzfall geschaffen haben, dass wir im Unterschied zu denen, die für ein Referendum demonstriert haben, das Recht auf eine angemessene und friedliche Meinungsäußerung als Teil des demokratischen Prozesses akzeptieren.
Wie alle in diesem Haus bin auch ich über das im Nahen Osten Geschehene entsetzt. Keine Seite dieses Konflikts kann zum Verlierer erklärt werden. Verlierer sind alle gutwilligen Menschen dieser Region. Es gibt Familien im Gaza-Streifen, die versuchen, ihre Kinder friedlich zu erziehen und die nun die Hölle des Raketenfeuers durchleben müssen. Es gibt auch Israelis, die verstehen, dass eines Tages ein unabhängiges Palästina ihr Nachbar sein wird und dass Maßnahmen dieser Art kaum dazu beitragen können, dass dieser Nachbar ein freundlich gesonnener ist. Unter den aktuellen Umständen möchte jedoch niemand auf solche Stimmen hören.
Ich möchte einfach sagen, dass mir das im Entschließungsantrag zum Ausdruck gebrachte Insistieren auf Proportionalität ein Rätsel ist. Ich bin mir nicht sicher, was Proportionalität bedeutet. Wären die Kritiker der israelischen Regierung glücklicher, wenn nach dem Zufallsprinzip eine äquivalente Anzahl israelischer Raketen auf Dörfer im Gaza-Streifen niedergegangen wäre? Ich sehe, dass Sie den Hammer bereits erhoben haben. Deshalb möchte ich einfach sagen, dass ich auf die rasche Aushandlung eines Waffenstillstands sowie darauf hoffe, dass wir zu Gesprächen zurückfinden und eine friedliche Lösung dieses Konflikts erreichen.
Bernd Posselt (PPE-DE). – (DE) Herr Präsident! Ich danke dem tschechischen Außenminister und Ratspräsidenten Fürst Schwarzenberg sowie der Außenkommissarin Ferrero-Waldner für ihre gestrige Präsenz bei unserer Debatte und den Kollegen für die heutige fast einstimmige Abstimmung.
Die EU ist in der Tat viel geschlossener, als dies behauptet wird. Wenn wir diese Geschlossenheit bewahren, können wir im Nahen Osten auch etwas erreichen. Deshalb müssen wir auf dieser Linie fortfahren.
Die Elemente sind eigentlich klar: Ja zum Existenzrecht Israels, Nein zu Krieg und Blutvergießen, Nein zum Raketenbeschuss der Hamas, Nein zum Terrorsystem der Hamas, und vor allem – was ganz wesentlich ist – brauchen wir Verhandlungen über die strittigen Punkte einschließlich des Siedlerproblems, was neben dem inakzeptablen Terror der Hamas zum Kern des Ganzen gehört.
Das heißt, die Grundelemente liegen auf dem Tisch. Von daher ist es unsere Aufgabe als EU, die Dinge mit Energie und Entschlossenheit voranzutreiben, statt wieder zu einem zerrissenen Debattierklub zu werden, der wir leider in den letzten Jahren in der Frage der Nahostpolitik waren.
Hannu Takkula (ALDE). – (FI) Herr Präsident! Ich glaube, dass wir alle in der Europäischen Union und im Europäischen Parlament Frieden für diese Region wünschen – Frieden und einen Waffenstillstand. Damit ein Waffenstillstand aber zustande kommen kann, müssen wir gewaltige Anstrengungen unternehmen, um sicherzustellen, dass die Hamas, eine terroristische Organisation, vollständig entwaffnet wird.
Meines Erachtens hätte in diesem Entschließungsantrag stärker auf den Charakter der Hamas als terroristische Organisation eingegangen werden müssen. Ich weiß jedoch auch, dass dies bei einem zwischen verschiedenen Parteien auszuhandelnden Kompromiss nur schwer umzusetzen ist. Auf jeden Fall müssen wir als Europäer jedoch unparteiisch und objektiv bleiben und vor allem immer und unter allen Umständen die Prinzipien von Demokratie, Menschenrechten, Redefreiheit und Ablehnung von Terror aufrechterhalten. Das ist am wichtigsten. Wir dürfen auch nicht vergessen, dass der Ausgangspunkt dieser Geschehnisse ein Terroranschlag war, und nun müssen wir das terroristische Element mit der Wurzel beseitigen.
Kristian Vigenin (PSE). – Herr Präsident! Ich freue mich darüber, dass unser Parlament in der Lage war, diesen Entschließungsantrag durch ein solch beeindruckendes Votum ohne Gegenstimme anzunehmen. Wir alle, auch ich persönlich, haben diesen Entschließungsantrag unterstützt, denn das Europäische Parlament muss eine klare Position vertreten und eine gemeinsame Basis finden, selbst wenn der heute angenommene Entschließungsantrag nicht uneingeschränkt der Position der SPE-Fraktion entspricht.
Gestatten Sie mir, zu wiederholen, dass die SPE-Fraktion ihr tiefstes Entsetzen über die Gewalt im Gaza-Streifen, die Konsequenzen des unverhältnismäßigen Einsatzes von Mitteln der Gewalt durch die israelische Armee sowie die militärische Eskalation zum Ausdruck bringt, die Hunderte von Opfern fordert, die meisten davon Zivilisten, unter ihnen auch viele Kinder. Wir bedauern außerordentlich, dass Zivilisten und Einrichtungen der UN getroffen wurden.
Wir betonen erneut, dass jegliche Vertiefung der politischen Beziehungen zwischen der EU und Israel nur unter der strikten Voraussetzung einer Respektierung des humanitären Völkerrechts, einer tatsächlichen Verpflichtung zu einer umfassenden Friedensvereinbarung, der Beendigung der humanitären Krise im Gaza-Streifen und in den besetzten palästinensischen Gebieten sowie der Respektierung der uneingeschränkten Umsetzung des zwischen der EU und der PLO abgeschlossenen Interimsassoziationsabkommens möglich sein darf.
Astrid Lulling (PPE-DE). – (FR) Herr Präsident! Ich möchte einfach etwas klarstellen, da einer meiner Kollegen in einer mündlichen Stimmerklärung verschiedene Dinge sagte und von bestimmten Bestimmungen behauptete, sie seien in der Entschließung enthalten, obwohl sie nicht darin enthalten sind. Die Arbeitgeber sind nicht verpflichtet, Pläne zu erarbeiten. Wir haben alle diese Verpflichtungen und alle diese Forderungen aus dem Bericht gestrichen, als er vom Ausschuss für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter verabschiedet wurde. Wir haben eine gemeinsame Entschließung vorgelegt, und ich hoffe, dass mein Kollege nichts dagegen hat, wenn die Notwendigkeit der Förderung eines sozialen Dialogs zwischen den Sozialpartnern betont wird, um die Anwendung des Prinzips der Gleichberechtigung zu gewährleisten, oder wenn die Mitgliedstaaten aufgefordert werden, ihre Arbeitnehmer und deren Vertreter regelmäßig über die Einhaltung des Prinzips der Gleichstellung zu informieren. Alle kritisierten Punkte sind in der verabschiedeten Entschließung nicht mehr enthalten. Das wollte ich nur klarstellen.
Laima Liucija Andrikienė (PPE-DE). – (LT) Ich habe für unsere Entschließung zur Strategie der Europäischen Union im Umgang mit Belarus gestimmt. Ich bin der Meinung, dass das Dokument in perfekter Art und Weise die Veränderungen widerspiegelt, die in diesem Land in den letzten sechs Monaten abliefen und die bewertet werden müssen.
Selbstverständlich macht eine Schwalbe noch keinen Sommer, doch Belarus ist ein großer und wichtiger Staat, ein Nachbar der Europäischen Union, und über positive Veränderungen freuen wir uns zweifellos alle sehr. Die Freilassung politischer Häftlinge, die Aufhebung bestimmter Beschränkungen der Pressefreiheit und der mit der Europäischen Union geführte Dialog zu Fragen der Energieversorgung, des Umweltschutzes sowie zu anderen Angelegenheiten sind positive Veränderungen.
Heute möchte ich meine Überzeugung zum Ausdruck bringen, dass die Zeit für einen Besuch von Belarus durch eine Delegation des Europäischen Parlaments gekommen ist, und diese Entschließung spricht in dieser wichtigen Angelegenheit eine deutliche Sprache. Ich hoffe, dass der Zeitpunkt nicht fern ist, zu dem Belarus die Vorteile der positiven Möglichkeiten nutzen kann, die durch die Europäische Nachbarschaftspolitik geboten werden. Lassen Sie uns aber keinesfalls auf halbem Wege stehen bleiben. Das gilt sowohl für Belarus als auch für die Europäische Union.
Roberto Fiore (NI). – (IT) Herr Präsident, sehr verehrte Damen und Herren! Ich habe gegen die Entschließung gestimmt, obwohl sie ausgewogene und akzeptable Elemente enthielt. Ich bin der Meinung, dass es keine ausreichenden Gründe für eine Aufrechterhaltung des Systems von Sanktionen im Umgang mit Belarus mehr gibt. Was die wirtschaftliche, politische und religiöse Freiheit angeht, so hält dieses Land die freiheitlichen Grundsätze, an die auch wir glauben, nahezu uneingeschränkt ein.
Meines Erachtens ist es stattdessen notwendig, aufrichtige, gute Beziehungen zu Belarus aufzunehmen, um die Integration dieses Landes in Europa zu erleichtern. Das gilt umso mehr in einer Zeit, in der wir erkennen, dass wir unsere Beziehungen zu Russland öffnen müssen. Belarus könnte eine hervorragende Brücke zwischen Europa und Russland darstellen. Deshalb glaube ich, dass nicht bedrohliche Sanktionen, sondern ehrliche, beiderseits profitable Beziehungen zu diesem Land initiiert werden sollten.
Laima Liucija Andrikienė (PPE-DE), schriftlich. - (LT) Ich habe für den Bericht zur Kontrolle der Ausführung von Afghanistan zugewiesenen EU-Haushaltsmitteln und die Entschließungen des Europäischen Parlaments in dieser Sache gestimmt, die meine Kollegin Véronique Mathieu erarbeitet hat.
Es handelt sich dabei um ein umfassendes, gut erarbeitetes Dokument, in dem nicht weniger als drei Ausschüsse des Europäischen Parlaments ihre Meinungen darlegen, darunter auch der Haushaltsausschuss, dessen Stellungnahme ich erarbeitete.
Ich möchte noch einmal Ihre Aufmerksamkeit auf die wichtigsten Aspekte lenken, von denen die Ergebnisse unserer Hilfe für Afghanistan abhängen. Dazu gehört vor allem die Koordinierung der finanziellen Unterstützung, und zwar nicht nur zwischen den Mitgliedstaaten der EU und der Europäischen Kommission, sondern auch zwischen den Mitgliedstaaten selbst, sowie die Koordination mit weiteren Geberländern.
Zweitens möchte ich die Bedeutung von Prioritäten hervorheben. Ich bin davon überzeugt, dass die Entwicklung der Infrastruktur, die Unterstützung alternativer Quellen zum Bestreiten des Lebensunterhalts, die zu einem Abbau der Armut sowie zu einem Ersatz des Opiumanbaus durch andere Aktivitäten beitragen, sowie schließlich Einrichtungen des Gesundheits- und Bildungswesens auf der Prioritätenliste der EU stehen sollten.
Robert Atkins (PPE-DE), schriftlich. − Meine Kollegen von den britischen Konservativen und auch ich selbst unterstützen die Bemühungen der EU und internationaler Kräfte um Frieden, Demokratie und Wohlstand für die Bevölkerung in Afghanistan uneingeschränkt. Die zukünftige Stabilität von Afghanistan ist für die Sicherheit der Mitgliedstaaten der EU und das größere Umfeld von entscheidender Bedeutung.
Wir unterstützen die Finanzierung der Entwicklung sowie die Förderung einer verantwortungsbewussten Regierungsführung in Afghanistan uneingeschränkt, glauben aber gleichzeitig auch, dass diese Finanzierung effektiv überwacht werden muss. Transparenz im Umgang mit den Geldern der Steuerzahler ist außerordentlich wichtig. Jedem Anschein einer Veruntreuung oder eines Missbrauchs muss ordnungsgemäß nachgegangen werden.
Wir möchten klarstellen, dass unsere Unterstützung für diesen Bericht in keiner Weise eine Anerkennung des Vertrags von Lissabon impliziert, was auch im Punkt 11 der Präambel des Berichts zum Ausdruck gebracht wird. Unsere Einwände gegen den Vertrag von Lissabon sind grundsätzlicher Natur.
Călin Cătălin Chiriţă (PPE-DE), schriftlich. – (RO) Ich habe dem von Véronique Mathieu vorgelegten Bericht zur Kontrolle der Ausführung von EU-Mitteln in Afghanistan zugestimmt. Es handelt sich dabei um einen ausgewogenen Bericht von großer Bedeutung, da der Erfolg der auf finanziellem, politischem, zivilem und militärischem Gebiet unternommenen Anstrengungen zur Stabilisierung Afghanistans für die EU und die gesamte demokratische Welt ein besonders wichtiges Anliegen ist.
Rumänien trägt zu diesen internationalen Anstrengungen in Afghanistan mit 721 Soldaten im Rahmen der ISAF-Mission (unter dem Kommando der NATO) und 57 an der Operation Enduring Freedom (militärische Mission von Koalitionstruppen) beteiligten Soldaten bei. Bei diesen Missionen wurden auch einige rumänische Soldaten getötet oder verletzt, was bei den betroffenen rumänischen Familien und in der Gesellschaft große Trauer auslöste. Sie sollen nicht umsonst ihr Leben geopfert haben. Möge der von Rumänien geleistete finanzielle, militärische und humanitäre Beitrag zu den europäischen und internationalen Anstrengungen zu langfristiger Stabilität in Afghanistan und zur Beseitigung von Brennpunkten des Terrorismus führen.
Dragoş Florin David (PPE-DE), schriftlich. – (RO) Ich habe für den Bericht gestimmt, denn die Kommission muss ihre Ressourcen im Kampf gegen den Drogenhandel ausweiten.
In den Jahren 2004-2007 hat die EU sowohl direkte als auch indirekte Hilfe geleistet. Zwischen 2002 und 2007 lag der Anteil der direkten Gemeinschaftshilfe bei 70 % (970 Millionen Euro) aller durch die Gemeinschaft gewährten Hilfen. Der Anteil der von internationalen Organisationen verwalteten indirekten Gemeinschaftshilfen lag bei 30 % aller Gemeinschaftshilfen (422 Millionen Euro).
Dass die Koordination zwischen den Geberländern auf internationaler Ebene mangelhaft war, darf jedoch nicht übersehen werden. Ähnlich ist die Situation zwischen den verschiedenen Mitgliedstaaten der Europäischen Union und der Kommission, und das in einer Zeit, in der beide eine einigende Rolle spielen könnten. Als direkte Folge dieser Situation ist das Verhältnis von Kosten und Wirkung wesentlich niedriger als es sein sollte. Es besteht die Überzeugung, dass die afghanische Bevölkerung wesentlich stärker von den internationalen und den Gemeinschaftsmitteln hätte profitieren können, die diesem Land zugewiesen wurden.
Koenraad Dillen (NI) , schriftlich. − (NL) Die EU ist einer der größten Geber von humanitärer und Entwicklungshilfe für Afghanistan. Zwischen 2002 und 2007 hat die Europäische Kommission diesem Land Hilfen in Höhe von insgesamt 1 400 000 000 Euro zur Verfügung gestellt.
Der Bericht ist von exzellenter Qualität, denn er basiert auf korrekten Aussagen und gibt eine Vielzahl stimmiger Empfehlungen. Beispielsweise müssen die Kontrollen über die Verwendung der EU-Mittel ausgeweitet und stärkere Anstrengungen unternommen werden, um die zügellose Korruption in diesem Land zu bekämpfen. (Gilt diese Aussage nicht im Prinzip für alle Entwicklungsländer, die Hilfen von uns erhalten?)
Das Europäische Parlament setzt sich außerdem für mehr Entwicklungshilfe und eine Vergrößerung der Delegation der Kommission in Kabul ein, um die nötigen Kontrollen, Überprüfungen und Inspektionen durchführen zu können.
Da Afghanistan den Kampf gegen den internationalen Terrorismus nur gewinnen oder verlieren kann, sind weitere Hilfen außerordentlich wünschenswert.
Carl Lang (NI), schriftlich. – (FR) Der Inhalt des Berichts zur Kontrolle der Ausführung von EU-Mitteln in Afghanistan zeigt erneut, dass der Interventionismus des Westens in diesen Ländern nichts geändert hat. Unsere Präsenz verlängert lediglich den Krieg und das daraus resultierende Leid, anstatt es zu eliminieren.
Von Demokratie und Gleichheit der Geschlechter in einem Land zu sprechen, in dem die Bräuche mitunter in unmittelbarer Nähe der Barbarei liegen, ist für die himmelschreiende Ignoranz der Ultra-Europäer typisch. Diese Kreise kümmern sich noch immer lieber um internationale Angelegenheiten, als dass sie sich mit der Lösung europäischer Probleme beschäftigen.
In Afghanistan tobt seit Jahrhunderten Krieg. Die ethnischen Gruppen dieses Landes werden niemals eine ausländische Okkupation akzeptieren, wie „humanitär“ auch immer sie sein mag. Dadurch werden die Positionen der Taliban und anderer extremistischer Fraktionen nur gestärkt. Eine stabile, kompetente legitime Macht zur Weiterentwicklung und Stabilisierung des Landes kann auf diese Weise nicht aufgebaut werden.
Die Europäer müssen sich aus dem afghanischen Wespennest so schnell wie möglich zurückziehen.
Bogusław Liberadzki (PSE), schriftlich. – (PL) Herr Präsident! Ich stimme für die Annahme des Berichts zur Kontrolle der Ausführung von EU-Mitteln in Afghanistan (2008/2152(INI)).
Frau Mathieu hat völlig recht mit ihrer Feststellung, dass die Sozialindikatoren von Afghanistan extrem niedrig sind. Es gibt dauerhaft Konflikte oder Krieg, internationale Konflikte und Stammeskonflikte, Drogenhandel und Korruption. Deshalb braucht Afghanistan internationale Hilfe.
Ich möchte meine Unterstützung zur Gewährung von Hilfen an Afghanistan ausdrücken. Ich begrüße die langfristige Verpflichtung zu Maßnahmen, die auf eine Unterstützung dieses Landes abzielen. Ich glaube, dass die im Länderstrategiepapier der Kommission für die Jahre 2007-2013 beschriebenen Prioritäten den Erfordernissen der afghanischen Gesellschaft gerecht werden.
Alexandru Nazare (PPE-DE), schriftlich. – (RO) Die Europäische Union gehört zu den Hauptgebern in Afghanistan und trägt damit zur Stabilisierung und Verbesserung der Sicherheitslage in dieser Region bei. Dabei sind bereits konkrete Ergebnisse feststellbar, beispielsweise ein Anstieg der Lebenserwartung.
Die EU muss mit der Gewährung von Hilfen an Afghanistan fortfahren. Allerdings kann auch der verschwenderische Umgang mit Geldern aus dem Gemeinschaftshaushalt nicht ignoriert werden, denn schließlich kommen diese Mittel aus den Taschen unserer Steuerzahler. Deshalb begrüße ich diesen Bericht als Instrument zur Straffung der Zuweisung von EU-Hilfen in Afghanistan sowie zur Maximierung der finanziellen Wirkungen dieser Mittel. In diesem Sinne gehört die Koordinierung und Kontrolle der Unterstützungsmittel, die Afghanistan gewährt werden, zu den drei Elementen, die entscheidend dafür sind, dass die Gelder bestimmungsgemäß verwendet werden.
Im Berichtsentwurf ist eine ganze Reihe von Problemen zusammengefasst, die mit der Gewährung von EU-Mitteln für Afghanistan zusammenhängen, und es wird eine Vielzahl realisierbarer Empfehlungen gegeben. Ich möchte meine Unterstützung für diesen Bericht zum Ausdruck bringen und hoffe, dass diesem Bericht die Umsetzung einer ganzen Reihe konkreter Maßnahmen folgt, die auf eine stärkere Wirkung der eingesetzten EU-Mittel abzielen und eine straffere Kontrolle ihrer Verwendung sicherstellen. Auch angesichts der aktuellen wirtschaftlichen Situation in den meisten unserer Länder bin ich der Meinung, dass es die Pflicht des Europäischen Parlaments als Gremium mit Funktionen im Bereich der Haushaltsplanung ist, eine maximale Effizienz des Einsatzes öffentlicher Gelder zu garantieren.
Luca Romagnoli (NI), schriftlich .– (IT) Herr Präsident, sehr verehrte Damen und Herren! Ich habe für den Bericht von Frau Mathieu zur Kontrolle der Ausführung von EU-Mitteln in Afghanistan gestimmt.
Der Bericht enthält sehr klare Schlussfolgerungen zu den durch die Gemeinschaftshilfen ab dem Moment der Unterzeichnung des Vertrags bis zum heutigen Tag erreichten Ergebnissen. Zwar hätten die Ergebnisse durchaus weiterreichend sein können, doch sind sie als positiv und beachtenswert einzuschätzen. Insbesondere möchte ich auf die Senkung der Säuglingssterblichkeit, die bessere Zugänglichkeit zu medizinischer Grundversorgung sowie den erheblichen Anstieg der Anzahl der Kinder verweisen, die eine Schule besuchen. Ich stimme der Berichterstatterin auch in ihrer Auffassung zu, dass erhöhte Anstrengungen unternommen werden sollten, um die Koordination zwischen der Gemeinschaft und internationalen Gebern zu verbessern. Damit sollen doppelte Mittelzuweisungen und mögliche Korruptionsquellen im Land vermieden werden.
Außerdem ist es wichtiger als je zuvor, dass bei der Gewährung von Finanzhilfen an ein Land mit schwerwiegenden sozialen und politischen Problemen ein effektives Kontrollsystem existiert. Anderenfalls besteht das Risiko, dass sich die Situation nicht verbessert, sondern verschlechtert. Deshalb hoffe ich, dass das Kontrollsystem, insbesondere ex-ante, im Vergleich zur bisherigen Situation verbessert und konsequenter angewandt wird.
Robert Atkins (PPE-DE), schriftlich. − Meine Kollegen von den britischen Konservativen und ich unterstützen das Prinzip der Gleichbehandlung von Mann und Frau in allen Lebensbereichen uneingeschränkt. Das gilt auch für den Zugang zur Beschäftigung, zur Berufsbildung und zum beruflichen Aufstieg sowie in Bezug auf die Arbeitsbedingungen.
Meines Erachtens sind diese Angelegenheiten jedoch primär von den Mitgliedstaaten und nicht von der Europäischen Union zu verfolgen. Deshalb haben wir uns dafür entschieden, uns bei der Abstimmung über diesen Bericht der Stimme zu enthalten.
Gerard Batten, Godfrey Bloom, Derek Roland Clark, Nigel Farage, Michael Henry Nattrass und John Whittaker (IND/DEM), schriftlich. − Die UKIP tritt uneingeschränkt für die Gleichstellung von Männern und Frauen ein. Allerdings existieren im Vereinigten Königreich bereits Gesetze zur Gleichstellung, die bei einem entsprechenden Wunsch unseres Parlaments oder der Bevölkerung geändert und nachgebessert werden können. Eine weitere Gesetzgebung und Bürokratie seitens der EU ist damit nicht erforderlich. Darüber hinaus ist die EU undemokratisch und für niemandes Rechte ein zuverlässiger Sachverwalter, auch nicht für die der Frauen.
Koenraad Dillen (NI) , schriftlich. − (NL) Ich habe gegen diesen soundsovielten politisch korrekten Bericht gestimmt, der uns in diesem Parlament zur Genehmigung vorgelegt wurde. Zunächst möchte ich hervorheben, dass in der EU seit vielen Jahren eine Gleichstellung der Geschlechter besteht. Folglich ist dieser Bericht völlig überflüssig. Darüber hinaus möchte ich Einspruch gegen die Beweislastumkehr erheben, die mit diesem Bericht (Absatz 20) befürwortet wird und die nach rechtsstaatlichen Grundsätzen von keinem Staat zum Prinzip erhoben werden kann. Gleichzeitig wird den mit der Umsetzung dieser Richtlinie beauftragten Organisationen eine uneingeschränkte Allmacht eingeräumt (Absatz 19).
Die Tatsache, dass die Mitgliedstaaten verpflichtet sind, von den Unternehmen die Erarbeitung von Jahresplänen zur Gleichstellung der Geschlechter und eine zwischen den Geschlechtern ausgewogene Besetzung der Aufsichtsräte zu verlangen, stellt einen diametralen Gegensatz zur Freiheit des Unternehmers dar. Für Unternehmen, die aufgrund der internationalen Finanzkrise ohnehin Schwierigkeiten haben, könnte sich der mit dieser Forderung verbundene Papierkram als verheerend erweisen. In einem freien Markt gesunder Unternehmen wird sich Qualität immer durchsetzen, ungeachtet dessen, ob sie männlich oder weiblich ist. Dafür gibt es unzählige Beispiele.
Constantin Dumitriu (PPE-DE), schriftlich. – (RO) In der aktuellen wirtschaftlichen Krise gehören Frauen zu dem Personenkreis, der am stärksten von Arbeitslosigkeit und Gehaltskürzungen betroffen ist. Auf europäischer Ebene müssen die Mitgliedstaaten die Bestimmungen der Richtlinie 2002/73/EG umsetzen. Die Europäische Kommission muss diese Maßnahmen überwachen und das Europäische Parlament regelmäßig informieren.
Im Bericht von Frau Madurell wird auch darauf eingegangen, dass eines der größten Probleme beim Kampf gegen die geschlechtliche Diskriminierung mangelnde Kenntnisse über die Rechte von Diskriminierungsopfern sind. Die Verantwortung dafür ist gleichmäßig unter den Mitgliedstaaten, den europäischen Institutionen wie dem Europäischen Institut für Gleichstellungsfragen und den Arbeitgebern verteilt. Dabei spielen auch die Organisationen der Zivilgesellschaft eine wichtige Rolle. Sie können zum Ausgleich für mangelnde Aktivitäten auf nationaler oder europäischer Ebene solche Instrumente wie Informationskampagnen und Kontrollberichte nutzen.
Die Kommission ist verpflichtet, zu überwachen, dass die Mitgliedstaaten Maßnahmen ergreifen, die auf die Vereinbarkeit von Privat- und Berufsleben, die Reduzierung des Lohngefälles zwischen Männern und Frauen sowie die Schaffung von Möglichkeiten des Zugriffs auf Führungspositionen durch Frauen abzielen. Uns in Rumänien haben die auf europäischer Ebene verabschiedeten Bestimmungen dabei geholfen, ein institutionelles System aufzubauen, durch das die Gleichberechtigung von Männern und Frauen garantiert ist.
Edite Estrela (PSE), schriftlich. − (PT) Ich habe für den Bericht von Teresa Riera Madurell zur Umsetzung und Anwendung der Richtlinie 2002/73/EG zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung, zur Berufsbildung und zum beruflichen Aufstieg sowie in Bezug auf die Arbeitsbedingungen gestimmt, da ich es für wichtig erachte, das Prinzip der Gleichbehandlung von Männern und Frauen in den von dieser Richtlinie betroffenen Angelegenheiten anzuwenden.
Von den unterschiedlichen Fehlern bei der Umsetzung dieser Richtlinie möchte ich insbesondere die Tatsache hervorheben, dass in der Gesetzgebung der verschiedenen Mitgliedstaaten kein spezieller Bezug auf die geschlechtliche Diskriminierung genommen wird. Wie die Berichterstatterin erwähnte, bleibt das Lohngefälle hoch, wobei Frauen durchschnittlich 15 % weniger verdienen als Männer. Zwischen den Jahren 2000 und 2006 konnte dieses Gefälle um lediglich 1 % verringert werden. Im Kontext der Lissabon-Strategie kommt es vor allem auf eine Veränderung des Status quo an. Deshalb stimme ich der Berichterstatterin in ihrer Auffassung zu, dass es wichtig ist, zu empfehlen, dass die Europäische Kommission die Umsetzung der Richtlinie sowie die Konformität der nationalen Gesetze mit der Richtlinie aktiv überwacht.
Mieczysław Edmund Janowski (UEN), schriftlich. − (PL) Ich habe für den Bericht von Frau Madurell zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung, zur Berufsbildung und zum beruflichen Aufstieg gestimmt. Gleichbehandlung ungeachtet des Geschlechts, der ethnischen und religiösen Zugehörigkeit usw. ist ein grundlegendes Menschenrecht. Selbstverständlich dürfen wir dabei auch die zwischen Männern und Frauen bestehenden natürlichen biologischen Unterschiede nicht vergessen.
Meines Erachtens ist die flächendeckende automatische Anwendung des Grundsatzes eines 50:50-Gleichgewichts zwischen den Geschlechtern kein wirkliches Anzeichen dafür, dass uns die Gleichstellung der Geschlechter ein Anliegen ist. Bei körperlich schweren Tätigkeiten wie beispielsweise im Bergbau, in einem Stahlwerk usw. führt eine solche Vorgehensweise zu lächerlichen Situationen. Genauso verhält es sich im Fall von Krankenschwestern oder Lehrern. Wir können auch junge Frauen nicht dazu zwingen, eine technische Fachrichtung zu studieren, um das 50:50-Gleichgewicht aufrechtzuerhalten. Zu den Grundproblemen gehört der Zugang zu Bildung auf allen Ebenen, das Besetzen von Führungspositionen (darunter auch in politischen Institutionen), die Umsetzung des Prinzips „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“, ein adäquater Zugang zur Sozialversicherung und entsprechenden Leistungen sowie die medizinische Behandlung (unter Berücksichtigung des Mutterschaftsurlaubs). Die Gewerkschaften sollten auf diesem Gebiet eine wichtige Rolle spielen. Es handelt sich hierbei um ein wichtiges Problem auf lokaler, regionaler und nationaler Ebene sowie auch auf der Ebene der Institutionen der Europäischen Union.
Ich möchte die Gelegenheit nutzen und Ihre Aufmerksamkeit auf Scheidungsurteile von Gerichten lenken, die eine Diskriminierung von Männern darstellen, da sie fast immer automatisch der Frau das Sorgerecht für die gemeinsamen Kinder zubilligen.
Jörg Leichtfried (PSE), schriftlich. − (DE) Ich stimme dem Bericht von Teresa Riera Madurell zur Umsetzung der Richtlinie zur Gleichbehandlung zu.
Meines Erachtens ist es höchst an der Zeit, dass Frauen den Männern nicht nur ansatzweise, sondern voll und ganz gleichgestellt werden.
Von Chancengleichheit im Berufszugang bzw. -alltag kann noch lange keine Rede sein. Was die Einkommensschere zwischen den Geschlechtern betrifft, so schließt sich diese in manchen Mitgliedsländern äußerst zaghaft, in anderen öffnet sie sich sogar wieder.
Aufgrund dieser offenkundigen Ungerechtigkeiten und vor allem deshalb, weil ich als Familienmensch Frauen sehr schätze und respektiere, liegt mir die Realisierung dieser Richtlinie ganz besonders am Herzen.
Astrid Lulling (PPE-DE), schriftlich. – (FR) Der Ausschuss für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter ist über die Umsetzung der Richtlinie zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung, zur Berufsbildung und zum beruflichen Aufstieg sowie in Bezug auf die Arbeitsbedingungen besorgt.
Da kein entsprechender Bericht der Europäischen Kommission vorliegt, hat unser Ausschuss unter den nationalen Parlamenten und Gleichstellungsorganisationen eine eigene Umfrage durchgeführt. An 22 Mitgliedstaaten wurden Aufforderungsschreiben versandt. Einige Definitionen wurden in 15 Mitgliedstaaten falsch umgesetzt. Per 5. Oktober 2008 hatten neun Mitgliedstaaten die Kommission noch nicht über die zur Umsetzung der Richtlinie ergriffenen Maßnahmen informiert.
Unser in Eigeninitiative erarbeiteter Bericht ist ein Alarmsignal und eine Warnung an die Mitgliedstaaten. Leider wurden im Ausschuss auch übertriebene Erklärungen und Forderungen eingereicht. Ich habe deshalb einen alternativen Entschließungsantrag vorgelegt.
Schließlich konnten wir uns auf eine gemeinsame Entschließung einigen, der ich zugestimmt habe. Der Bericht über die Durchführung steht noch aus. Wir rechnen damit, ihn bis Mitte 2009 zu erhalten. Dann kann eine gründliche Analyse durchgeführt werden, sodass jene Folgemaßnahmen festgelegt werden können, die zur Gewährleistung der Einhaltung des Vertrags und der auf dem Gebiet der Gleichbehandlung und gleicher Möglichkeiten für Männer und Frauen geltenden Gesetzgebung erforderlich sind.
Nils Lundgren (IND/DEM), schriftlich. − (SV) Diskriminierung und Schikanierung haben in einer liberalen Gesellschaft keinen Platz. Dieser Bericht erinnert uns an die erschreckende Tatsache, dass viele Mitgliedstaaten noch einen weiten Weg vor sich haben, bis die Gleichstellung von Mann und Frau im Privat- und Berufsleben erreicht ist. Die Verantwortung für den Kampf gegen Ungerechtigkeiten am Arbeitsmarkt beispielsweise liegt jedoch nicht bei den Institutionen der EU, sondern ist eine Angelegenheit verantwortungsbewusster Bürger und ihrer politischen und gewerkschaftlichen Vertreter in den Mitgliedstaaten, und das sollte sie auch bleiben. Ich bin absolut gegen Formulierungen, mit denen der Versuch unternommen wird, diese Ungerechtigkeiten als Argumente für eine Stärkung des Supranationalismus auf Kosten der Selbstbestimmung der Mitgliedstaaten zu nutzen. Eine Vergrößerung der Distanz zwischen denen, die regieren, und denen, die regiert werden, ist kein Weg zu einer liberalen Gesellschaft, die auf dem Prinzip der Gleichstellung aller Menschen basiert.
Das primäre Ziel des Berichts besteht jedoch darin, zu illustrieren, wie Diskriminierung und Schikanierung die Lebenschancen und Mitwirkungsmöglichkeiten von Menschen zerstören können. Dieser Aspekt ist so wichtig, dass ich mich entschlossen habe, trotz allem für den alternativen Entschließungsantrag zu stimmen.
Iosif Matula (PPE-DE), schriftlich. – (RO) Ich habe für den Bericht zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung, zur Berufsbildung und zum beruflichen Aufstieg sowie in Bezug auf die Arbeitsbedingungen gestimmt.
Zwar gehört die Gleichstellung der Geschlechter zu den in der Europäischen Union geltenden Grundrechten, doch zeigen offizielle Statistiken, dass in Bezug auf die Beschäftigungsquote noch immer Unterschiede bestehen. Das gilt insbesondere für jene Länder, die erst kürzlich der Europäischen Union beigetreten sind.
Angesichts der Tatsache, dass die Gleichbehandlung von Männern und Frauen noch immer ein strukturelles Problem ist, wurde durch den Europäischen Rat im März 2000 in Lissabon der Europäischen Union das Ziel auferlegt, bis 2010 die Beschäftigungsquote der Frauen auf über 60 % zu erhöhen, was in den neuen Mitgliedstaaten genau überwacht werden muss.
Meines Erachtens ist die Umsetzung der EU-Richtlinie für uns von grundlegender Bedeutung, um die Diskriminierung von Frauen am Arbeitsmarkt zu beseitigen. Das gilt gerade in einer Zeit, in der zusätzliche Anstrengungen unternommen werden, um die in diesem Punkt bestehenden Einstellungen insbesondere in ländlichen Gebieten zu verändern.
Nicolae Vlad Popa (PPE-DE), schriftlich. – (RO) Ich habe für diesen Bericht gestimmt, da ich glaube, dass die darin formulierte Aufforderung an die Kommission, die Umsetzung der Richtlinie 2002/73/EG und die Einhaltung der nach dem Umsetzungsprozess verabschiedeten Gesetze konsequent zu überwachen, legitim und notwendig ist.
Mit der Annahme dieses Berichts hat das Europäische Parlament den Mitgliedstaaten ein nützliches Instrument zur Konsolidierung ihrer nationalen Gesetzgebung zur Gleichbehandlung von Männern und Frauen am Arbeitsmarkt zur Verfügung gestellt.
Laut den vorliegenden Statistiken liegt der Unterschied in der Beschäftigungsquote zwischen Männern und Frauen noch immer bei 28,4 %. Dadurch wird deutlich, dass die Ungleichheit der Geschlechter am Arbeitsmarkt noch immer ein Problem ist, an dessen Lösung gearbeitet werden muss.
Deshalb bin ich der Meinung, dass die Mitgliedstaaten alle Anstrengungen unternehmen müssen, die erforderlich sind, um die Strategien zur Unterstützung der Gleichstellung der Geschlechter auch umzusetzen.
Luca Romagnoli (NI), schriftlich. – (IT) Herr Präsident, sehr verehrte Damen und Herren! Hiermit erkläre ich, für den Bericht von Teresa Riera Madurell zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung, zur Berufsbildung und zum beruflichen Aufstieg sowie in Bezug auf die Arbeitsbedingungen gestimmt zu haben.
Ich stimme meiner Kollegin in ihrer Einschätzung zu, dass das Prinzip der Gleichstellung am Arbeitsmarkt in der Praxis noch immer bei Weitem nicht umgesetzt ist, und zwar trotz der Anstrengungen der Europäischen Union zur Steigerung des Anteils berufstätiger Frauen im Rahmen der Lissabon-Ziele. Ich teile die Einschätzungen der Berichterstatterin in Bezug auf die Umsetzung der Richtlinie 2002/73/EG durch die Mitgliedstaaten sowie die Notwendigkeit, die durch diese Richtlinie zur Verfügung gestellten Instrumente für eine Stärkung der nationalen Gesetzgebung zur Gleichbehandlung von Männern und Frauen am Arbeitsmarkt zu nutzen. Die Gleichbehandlung der Geschlechter hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung ist nicht nur ein ethisch hehrer Grundsatz, sondern ist auch die Grundlage einer nachhaltigen, dauerhaften wirtschaftlichen Entwicklung der Europäischen Union als Ganzes.
Catherine Stihler (PSE), schriftlich. − Die Gleichstellung von Mann und Frau gehört zu den Grundprinzipien der Europäischen Union. Um dieses Prinzip in der Praxis uneingeschränkt umzusetzen, ist noch viel zu tun. Ich hoffe, dass wir diese Angelegenheit zu einer politischen Priorität in allen Bereichen unserer Arbeit im Europäischen Parlament werden lassen. Nicht nur der Ausschuss für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter sollte solche Themen vorbringen.
Andrzej Jan Szejna (PSE), schriftlich. − (PL) Trotz der Tatsache, dass die Gleichstellung der Frau ein Grundrecht ist, bleibt die ungleiche Behandlung der Geschlechter am Arbeitsmarkt (was das Entgelt, die Beschäftigungsquote und die Qualität der Beschäftigung betrifft) ein schwerwiegendes strukturelles Problem. Leider müssen wir erkennen, dass ein höheres Qualifikationsniveau nicht immer zu einer Verringerung der Unterschiede in der Bezahlung männlicher und weiblicher Arbeitskräfte führt.
Im Bericht von Frau Madurell werden die in den Mitgliedstaaten bestehenden Mängel in Bezug auf die Umsetzung und Anwendung der Richtlinie 2002/73/EG zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung, zur Berufsbildung und zum beruflichen Aufstieg sowie in Bezug auf die Arbeitsbedingungen offengelegt.
Die Berichterstatterin hebt dabei vor allem hervor, dass viele Mitgliedstaaten die Definition des Begriffs „Diskriminierung“ nicht ordnungsgemäß in ihre Rechtssysteme übertragen haben. In vielen Ländern ist die einzig verbindliche Definition sehr allgemein gehalten, und geschlechtliche Diskriminierung wird nicht einmal erwähnt. In anderen Ländern wird kein Bezug auf sexuelle Belästigung genommen, oder es wird nur in einer allgemeinen Definition des Begriffs „Belästigung“ darauf eingegangen (in Polen wird der Begriff der sexuellen Belästigung im Abschnitt 6 Artikel 183 Absatz a des Arbeitsgesetzbuchs definiert), was Geschädigten die Durchsetzung der eigenen Rechte erheblich erschwert.
Basisinitiativen, die das Bewusstsein der Gesellschaft erhöhen möchten, spielen beim Kampf gegen Diskriminierung eine extrem wichtige Rolle.
- Entschließungsantrag B6-0051/2009 (Lage im Nahen Osten / Gaza)
Marco Cappato (ALDE), schriftlich. – (IT) Um die Position der Partito Radicale von den Positionen jener zu unterscheiden, die in diesem Haus Begründungen vorgebracht haben, die zu unseren gegensätzlich sind, haben wir Lose gezogen. Auf diese Weise haben wir entschieden, wer von uns sich der Stimme enthalten und nicht an der Abstimmung teilnehmen wird. Präsident Pöttering wiederholte heute hier in Straßburg die von der EU unterstützte Lösung zum Erreichen eines langfristigen, strukturellen Friedens: die Existenz zweier souveräner, unabhängiger Staaten.
Die Gründungsväter Europas hatten eine gegenteilige Auffassung: Um Frieden zu erreichen, muss auf eine absolute Souveränität verzichtet werden. Dieser Gedanke kommt im Manifest von Ventotene zum Ausdruck.
Heute müssen wir zur Kenntnis nehmen, dass die Mehrheit der israelischen Staatsbürger, die den Beitritt Israels zur EU anstreben, von den herrschenden Klassen Israels und der EU überhaupt nicht zur Kenntnis genommen wird.
Das „inklusive“ Europa der Nachkriegszeit, offen für Beitritte und ein Bezugspunkt für seine Nachbarländer, war ein Faktor des Friedens, wenngleich in einer inadäquaten Art und Weise. Das „exklusive“ Europa der Nationalstaaten dagegen, das europäische „Grenzen“ anstrebt und sich auf die „jüdisch-christlichen Wurzeln“ beruft, ist ein Europa, das zu Kriegen führt, wie beispielsweise im Nahen Osten, auf dem Balkan oder im Kaukasus, und das Spannungen produziert, beispielsweise im Ural, in der Türkei und in den Maghreb-Staaten.
Wir als Gewaltfreie Radikale Partei sind der Meinung, dass die strukturelle Friedenslösung im europäischen Föderalismus liegt, in Vereinigten Staaten von Europa, die ihre Türen für die Türkei, Israel und zukünftig für weitere demokratische Staaten öffnen, die bereit sind, auf ihre eigene absolute nationale Souveränität zu verzichten.
Proinsias De Rossa (PSE), schriftlich. − Ich verurteile bedingungslos das willkürliche und brutale Töten von Zivilisten im Gaza-Streifen, und ich verurteile auch das kaltschnäuzige und unentschuldbare Töten israelischer Zivilisten durch Raketen der Hamas.
Ich habe für die Entschließung des Europäischen Parlaments zum Gaza-Streifen gestimmt, da sie explizit die Resolution des UN-Sicherheitsrats unterstützt, mit der ein sofortiger Waffenstillstand gefordert wird. Gleichzeitig wird mit dieser Entschließung die Aufmerksamkeit auf die vom Parlament im Dezember getroffene Entscheidung gelenkt, die Erweiterung der Beziehungen zwischen der EU und Israel zu verschieben. Die Sprache der Resolution ist schwächer als ich mir gewünscht hätte. Dennoch hat eine von einem überwältigenden Votum dieses Parlaments getragene Resolution wahrscheinlich einen größeren Einfluss auf die Entscheidungen Israels und der Hamas als Entscheidungen einzelner politischer Gruppen.
Ich bin gegen die Erweiterung der Beziehungen zwischen der EU und Israel, und ich bin der Meinung, dass das Handelsabkommen mit Israel so lange auf Eis gelegt werden sollte, bis das Land die Menschenrechtsnormen einhält und mit seinen Nachbarn konstruktive, substanzielle Verhandlungen über die Umsetzung einer Zweistaatenlösung zur Bewältigung dieses Konflikts aufnimmt. Alle Mitgliedstaaten sollten sich nun einverstanden damit erklären, ihre früheren Entscheidungen über eine Erweiterung ihrer Beziehungen mit Israel aufzuheben. Ein solcher Schritt könnte dazu beitragen, das Land mit realistischen Vorschlägen an den Verhandlungstisch zurückzubringen.
Manuel António dos Santos (PSE), schriftlich. − (PT) Ich habe mich in Bezug auf den Entschließungsantrag zur Situation im Nahen Osten bzw. im Gaza-Streifen zur Stimmenthaltung entschieden. Der einzige Grund für diese Entscheidung besteht darin, dass ich eine Entschließung des Europäischen Parlaments in diesem Moment für nicht gerechtfertigt halte.
Ich glaube, eine Diskussion in dieser Angelegenheit ohne anschließende Abstimmung wäre ein effektiverer Weg zur Einbeziehung des Europäischen Parlaments in dieser Frage.
Koenraad Dillen (NI) , schriftlich. − (NL) Une fois n’est pas coutume, das ist eine sehr ausgewogene Entschließung, die unsere uneingeschränkte Unterstützung verdient, da sie beide Parteien dieses Konflikts eindeutig auffordert, nicht auf das Mittel der Gewalt zurückzugreifen. Dennoch sollten wir uns keinerlei Illusionen darüber machen, welchen Einfluss Europa und, a fortiori, das Europäische Parlament auf die Entwicklung der Situation im Nahen Osten haben kann. Ehe wir nach einer Lösung suchen können, muss die Hamas allerdings ihre Raketenangriffe auf Israel stoppen. Gleichzeitig muss Israel die unangemessen starke Intensität des eigenen Einsatzes militärischer Gewalt, der unschuldige Kinder und Zivilisten zum Opfer fallen, reduzieren. Auch wenn ich diese Entschließung unterstütze, möchte ich doch dieses Haus daran erinnern, dass die Hamas die Hauptschuld an dieser Eskalation trägt.
Glyn Ford (PSE), schriftlich. − Ich habe für eine gemeinsame Entschließung gestimmt, obwohl sie in ihrer Verurteilung der israelischen Maßnahmen im Gaza-Streifen weniger rigoros war als ich mir gewünscht hätte.
Die willkürlichen Raketenangriffe der Hamas können nicht unterstützt werden. Allerdings war es auch nicht die alleinige Verantwortung der Hamas, dass der Waffenstillstand endete. Die israelischen Maßnahmen sind völlig unangemessen und gegen unschuldige Zivilisten – Männer, Frauen und Kinder – gerichtet. Eine solche Form der Kollektivbestrafung widerspricht dem humanitären Völkerrecht.
Die Angriffe auf Büros der UN und damit auf ihre Hilfsmaßnahmen waren ganz offensichtlich ein vorsätzlicher Akt, mit dem die Hilfe für die Bedürftigen abgeschnitten und die unabhängigen Beobachter der barbarischen Maßnahmen Israels vertrieben werden sollten.
Mathieu Grosch (PPE-DE), schriftlich. – (DE) Ich finde es richtig, dass das Europäische Parlament mit einer Stimme spricht. Unsere Bemühungen müssen dahin gehen, dass sowohl Israel als auch die Hamas eindeutig verstehen, dass wir gegen jede Form von kriegerischer Gewalt sind und den absoluten Respekt für die Friedenstruppen und Hilfsorganisationen fordern.
Pedro Guerreiro (GUE/NGL), schriftlich. − (PT) Trotz des Aufrufs zu einem Waffenstillstand, einem dringenden Anliegen, dem wir zustimmen, ist die vom Parlament verabschiedete Entschließung zu der extrem ernsten Lage im Gaza-Streifen in hohem Maße unangemessen. Sie enthält sogar negative Aspekte, insbesondere im Vergleich mit der Entschließung des UN-Menschenrechtsrats (UNHRC) vom 12. Januar. An der Entschließung des Parlaments ist Folgendes zu kritisieren:
- Trotz der brutalen Aggression, der Verbrechen und der Verstöße selbst gegen die elementarsten Menschenrechte findet sich kein Wort der Verurteilung Israels.
- Sie ist unklar, denn sie unterschlägt die Tatsache, dass sich in Palästina ein Besiedler und ein Besiedelter, ein Aggressor und ein Opfer, ein Unterdrücker und ein Unterdrückter, ein Ausbeuter und ein Ausgebeuteter befinden, und sie verschleiert die Verantwortlichkeiten Israels.
- Sie stellt eine Reinwaschung der Verantwortlichkeiten der EU dar, die an der Straffreiheit Israels mitschuldig ist. Denken Sie auch an die jüngste Entscheidung zur Stärkung der bilateralen Beziehungen mit diesem Land sowie die beschämende Stimmenthaltung der Länder der EU bei der Abstimmung über die vom UNHRC angenommene Entschließung.
- Darüber hinaus ist trotz einer so ernsten Situation wie momentan in der Entschließung keine Kritik an der Verletzung von UN-Resolutionen durch Israel, an den illegalen Siedlungen, am Mauerbau, an den Morden und Inhaftierungen, an den unzähligen Demütigungen des palästinensischen Volkes zu lesen, keine Aufforderung zum Beenden der Okkupation und auch nichts über das unabdingbare Recht Palästinas auf einen eigenen Staat in den Grenzen von 1967 mit einer Hauptstadt Ost-Jerusalem.
Jens Holm und Eva-Britt Svensson (GUE/NGL), schriftlich. − (SV) Wir begrüßen die Tatsache, dass mit der Entschließung eine sofortige Einstellung der Tötung von Einwohnern des Gaza-Streifens durch Israel gefordert wird. Wir bedauern jedoch, dass mit der Entschließung keine Aussetzung des Assoziationsabkommens mit Israel und auch kein Ende der Erweiterung der Beziehungen zu Israel verlangt wird. Wenn ein Land so offensichtlich gegen die von ihm selbst eingegangenen Verpflichtungen verstößt, insbesondere in Bezug auf die Respektierung der Menschenrechte und internationaler Gesetze, ist es selbstverständlich, dass solche Forderungen erhoben werden müssen.
Wir stellen auch die Behauptung infrage, dass der israelische Überfall als Reaktion auf den Raketenbeschuss durch die Hamas initiiert wurde. Israel hat permanent gegen den Waffenstillstand verstoßen, darunter auch am 4. November des letzten Jahres, als israelische Truppen in den Gaza-Streifen eindrangen und sechs Palästinenser töteten, aber auch mit der Kollektivbestrafung des palästinensischen Volkes durch Embargos, die Abschaltung der Stromversorgung, den Bau neuer Siedlungen und Mauern, das Kidnapping führender palästinensischer Politiker usw.
Dessen ungeachtet begrüßen wir die gemeinsame Entschließung und die gegenüber Israel erhobene Forderung, das Töten unverzüglich einzustellen.
Mikel Irujo Amezaga (Verts/ALE), schriftlich. – (ES) Präsident Pöttering hatte es eilig, festzustellen, dass es keine Gegenstimmen gibt. Ich habe gegen diese Entschließung gestimmt. Zwar gebe ich zu, dass sie auch sehr positive Elemente enthält, wozu insbesondere die Verwendung des Begriffs einer „Kollektivbestrafung“ der Einwohner des Gaza-Streifens gehört. Dennoch halte ich die Entschließung für nicht ausreichend. Die einzige praktische Handlung, die dieses Parlament unternehmen kann, ist der Versuch, das Assoziationsabkommen mit Israel auf Eis zu legen. Ansonsten bleibt lediglich die Möglichkeit, zu reden – zwar positiv und werbend für die eigene Position –, doch es sind nur Gespräche. Schöne Worte zählen in der Politik nichts. Handeln ist notwendig. Deshalb wird sich nach dieser Entschließung in Gaza NICHTS ändern. Hätten wir über einen anderen Staat als Israel gesprochen, wäre die Entschließung erheblich kraftvoller ausgefallen. Ich bin der festen Überzeugung, dass Israel das Recht hat, in Frieden zu existieren. Aber es ist nicht so, dass alles erlaubt ist, und Israel muss das wissen. Das einzige Ergebnis dieser Offensive wird eine Intensivierung des Konflikts sein. Das ist kein guter Tag für dieses Parlament, denn es hat sich dafür entschieden, zu reden anstatt zu handeln.
Carl Lang (NI), schriftlich. − (FR) Der von allen Fraktionen dieses Parlaments vorgelegte Text, der die Interessen der europäischen Völker repräsentieren soll, enthält tatsächlich einige hervorragende Empfehlungen, beispielsweise den Aufruf zu einem Waffenstillstand. Auf den Import dieses Konflikts nach Europa wird jedoch nicht eingegangen. Neben der Gewalt im Umfeld waren zwei Bilder von den Demonstrationen gegen die israelische Intervention besonders schockierend.
Das eine zeigte Demonstranten, bei denen es sich mehrheitlich um Immigranten handelte, die Flaggen Palästinas, Algeriens, der Hamas und der Hisbollah sowie Spruchbänder mit arabischen Schriftzügen schwenkten.
Auf dem anderen waren Führer der extremen französischen Linken dargestellt, und zwar Olivier Besancenot von der Revolutionär-kommunistischen Liga und Marie-George Buffet von der Kommunistischen Partei, die zusammen mit den Imamen marschierten.
Diese Bilder belegen zwei besorgniserregende Entwicklungen: einerseits die allmähliche Übernahme der Immigrantenmassen aus der muslimischen Welt durch islamistische Vereinigungen, und andererseits Absprachen zwischen islamistischen Bewegungen und der extremen kommunistischen Linken, die versuchen, unsere Zivilisation zu zerstören. Mehr denn je ist es im Interesse der Identität und der Freiheit des europäischen Volkes erforderlich, solche Demonstrationen zu verbieten und eine Politik zu verfolgen, durch die eine Umkehr der Immigrantenströme erreicht wird.
Roselyne Lefrançois (PSE), schriftlich. − (FR) Angesichts des ernsten Charakters der Lage im Gaza-Streifen konnte das Europäische Parlament nicht schweigen. Ich habe deshalb diese Entschließung unterstützt, mit der ein sofortiger und dauerhafter Waffenstillstand gefordert wird, einschließlich der Beendigung der militärischen Maßnahmen Israels im Gaza-Streifen sowie des Raketenbeschusses von Israel durch die Hamas.
Ich bedaure jedoch, dass die Angriffe der israelischen Armee, die bereits mehr als 1 000 Menschleben forderten, unter ihnen viele Zivilisten, nicht konsequent und bedingungslos verurteilt wurden. Zwar stimme ich Martin Schulz, dem Vorsitzenden der Sozialdemokratischen Fraktion im Europäischen Parlament, zu, der vor der Abstimmung wiederholte, dass diese Angriffe unentschuldbar sind. Allerdings hätte ich mir gewünscht, dass diese Entrüstung schriftlich zum Ausdruck gebracht wird.
Ähnliches gilt für einen anderen Aspekt: Zwar werden die israelischen Behörden aufgefordert, eine ununterbrochene Versorgung mit humanitärer Hilfe sowie freien Zugang für internationale Journalisten in den Gaza-Streifen zu garantieren, doch geht der Entschließungsentwurf nicht so weit, wie wir uns gewünscht hätten und macht die Erweiterung der Beziehungen zwischen der EU und Israel nicht von der Einhaltung der Menschenrechte durch den Staat Israel abhängig.
Europa muss bei der Lösung dieses Konflikts eine bedeutende Rolle spielen. Eine Vereinbarung über einen dauerhaften Frieden zwischen Israelis und Palästinensern kann jedoch meines Erachtens nur durch die Bildung eines lebensfähigen palästinensischen Staats, der Israel anerkennt und von Israel anerkannt wird, erreicht werden.
Willy Meyer Pleite (GUE/NGL), schriftlich. – (ES) Die gemeinsame Entschließung zur Lage im Gaza-Streifen hat positive Effekte, beispielsweise die Aufforderung zu einem sofortigen Waffenstillstand, die Anerkennung der 1 000 Todesopfer, unter ihnen Frauen und Kinder, die durch Handlungen der israelischen Armee ums Leben kamen, sowie die Anerkennung der Tatsache, dass das von Israel für den Gaza-Streifen erlassene Embargo einen Verstoß gegen das humanitäre Völkerrecht darstellt.
Dennoch war ich nicht in der Lage, für diese Entschließung zu stimmen, da sie die Verantwortung für die aktuelle Situation in gleichem Maße bei der Hamas und bei Israel sieht. Damit wird nicht anerkannt, dass es die israelische Armee war, die am 4. November in den Gaza-Streifen einfiel und Luftangriffe flog. Stattdessen wird die Hamas beschuldigt, den Waffenstillstand gebrochen zu haben. Die Entschließung ist eindeutig unzureichend, denn sie fordert die Kommission und den Rat nicht zu energischen Maßnahmen auf. Die EU sollte das Assoziationsabkommen mit Israel mit der Begründung einfrieren, dass das Land gegen den Artikel 2 dieses Abkommens verstoßen hat. In diesem Artikel ist festgelegt, dass die Respektierung der Menschenrechte eine Bedingung für das Abkommen ist. Darüber hinaus wird mit der gemeinsamen Entschließung keine Beendigung der israelischen Blockade des Gaza-Streifens gefordert und auch nicht verlangt, dass die 27 Mitgliedstaaten der EU alle Rüstungsexporte nach Israel beenden.
Alexandru Nazare (PPE-DE), schriftlich. – (RO) Mit dieser Entschließung ist es gelungen, die wichtigsten politischen Gruppen des Europäischen Parlaments für eine Erklärung zusammenzubringen, die angesichts der aktuellen humanitären und Sicherheitssituation im Nahen Osten absolut notwendig ist.
Ungeachtet der Entwicklungen, die zum Ausbruch dieses Konflikts führten, wirkt er sich bereits jetzt nachteilig auf große Teile der Zivilbevölkerung in diesem Gebiet und auf die Präsenz der Vereinten Nationen im Gaza-Streifen aus. Gemeinsam mit meinen anderen Kollegen bin ich der Meinung, dass wir einen Punkt erreicht haben, an dem nachhaltige Ergebnisse nur durch Dialog zu erreichen sind, was wiederum nur mit einem Waffenstillstand möglich ist.
Im Übrigen hatten die konsistenten rumänischen Positionen einen erheblichen Einfluss auf dieses Dokument. Ich freue mich, für ein Dokument stimmen zu können, das sowohl den Standpunkt der europäischen politischen Familie, der ich angehöre, als auch den meines Landes zum Ausdruck bringt.
Vural Öger (PSE), schriftlich. − (DE) Ich begrüße die Annahme der Entschließung zur Situation im Gazastreifen. Es ist unabdingbar, dass sich das Europäische Parlament zu der Krise äußert. Die Verurteilung dieses humanitären Desasters liegt in der Pflicht des EPs, das bei der Einhaltung von Menschenrechten einen moralischen Führungsanspruch erhebt. Eben deswegen kann das EP nicht länger schweigen. Daher habe ich für diese Entschließung gestimmt. Dennoch hätte das EP ein stärkeres Signal setzen können. An einigen Punkten bleibt die Entschließung zu schwach. Es ist wichtig, dass wir einen nachhaltigen Waffenstillstand fordern und das Leiden der Zivilbevölkerung verurteilen. Es liegt aber auch in unserer Pflicht, konkrete Lösungen für die Beendigung des Krieges aufzuzeigen und die EU dazu aufzufordern, sich für diese im Rahmen des Nahost-Quartetts einzusetzen. Da die USA derzeit aufgrund des Präsidentenwechsels paralysiert sind, muss die EU sich noch stärker in der Pflicht sehen. Eine Pause in den Verhandlungen über ein Upgrading in den Beziehungen zu Israel ist wegen einer derart unverhältnismäßigen militärischen Aktion angebracht. Leider erwähnen wir nichts davon in der Entschließung. Wenn Israel nicht direkt mit der Hamas verhandeln will, so ist es auch Aufgabe der EU, sich dafür einzusetzen, dass andere mit der Hamas reden. Der Fortgang der militärischen Offensive kostet zu viele Menschenleben. Lippenbekenntnisse sind bei einer humanitären Krise dieses Ausmaßes nicht ausreichend.
Athanasios Pafilis (GUE/NGL), schriftlich. – (EL) In der gemeinsamen Entschließung bleiben die eigentlichen Ursachen des von Israel geführten, aggressiven und barbarischen Krieges ungenannt. Stattdessen werden sie als Reaktion auf die Raketenangriffe der Hamas bezeichnet. Jeder weiß, dass dieser Krieg im Voraus geplant war und dass seine Ursachen in der israelischen Okkupation und in der Ablehnung der UN-Resolutionen zu einem unabhängigen palästinensischen Staat mit Hauptstadt Ost-Jerusalem durch Israel liegen. Der Krieg ist auch das Ergebnis der von den USA und der EU unterstützten aggressiven Politik Israels, der illegalen Siedlungen und der Weigerung Israels, zu den Grenzen von 1967 zurückzukehren.
Zwar ist in der Entschließung von einer Beendigung des Kriegs die Rede. Doch sie bleibt abwartend und verlangt Maßnahmen der EU. Man konnte sich nicht einmal dazu durchringen, die neuen Vorzugsbeziehungen einzufrieren, um Druck auf Israel auszuüben. Die aggressive Politik Israels wird in der Entschließung nicht verurteilt. Stattdessen mischt man sich in innerpalästinensische Probleme ein.
Die Kräfte, die diese Entschließung unterzeichnet haben, verlangen eine stärkere Rolle der EU bzw. stimmen einer solchen stärkeren Rolle zu, und das ist auf ihre imperialistischen Ambitionen in dieser Region zurückzuführen. Sie stärken die „Broader Middle East Initiative“ der USA und der NATO, der auch die EU zugestimmt hat und mit der die Imperialisten beabsichtigen, sich die gesamte Region zu unterjochen.
Aus diesen Gründen hat die Kommunistische Partei Griechenlands nicht für die gemeinsame Entschließung der politischen Fraktionen gestimmt. Stattdessen fordern wir eine Stärkung des antiimperialistischen Kampfes, denn es gibt weder einen guten noch einen schlechten Imperialismus.
Dimitrios Papadimoulis (GUE/NGL), schriftlich. – (EL) Ich habe nicht für die gemeinsame Entschließung des Europäischen Parlaments zur Lage im Gaza-Streifen gestimmt, da sie zwar positive Aspekte enthält, aber die militärische Überreaktion, die zu der humanitären Katastrophe führt, nicht klar und deutlich verurteilt hat. Die vom Europäischen Parlament in Zusammenhang mit den Angriffen auf Zivilisten und die Behinderung des Zugangs zu humanitärer Hilfe zum Ausdruck gebrachten Gefühle des Erschreckens und Bedauerns reichen nicht aus. Europa muss zu seiner Verantwortung stehen, ein definitives Ende der israelischen Aggression verlangen sowie versuchen, eine realisierbare langfristige Lösung zu finden. In dem vom Europäischen Parlament angenommenen Kompromiss einer Entschließung fehlt leider dieser starke politische Wille.
Luís Queiró (PPE-DE), schriftlich. − (PT) Das Recht Israels auf eine Existenz in Frieden und Sicherheit ist unabdingbar. Gleichermaßen unabdingbar ist aber auch das Recht der Palästinenser, in einem freien, selbstverwalteten Gebiet, in Frieden und Demokratie sowie unter Respektierung der Menschenrechte zu leben. Jede für diese Region gefundene Lösung muss garantieren, dass diese Rechte nicht gefährdet werden.
Die Konfrontation im Gaza-Streifen zeigt durch die entgegengesetzte Situation im Westjordanland, dass Beziehungen zwischen den Parteien trotz aller Spannungen und Konflikte möglich sind, wenn beide Parteien bereit sind, die Existenz der jeweils anderen zu akzeptieren. Die Hamas ist dazu nicht bereit. Sie nutzt das von ihr kontrollierte Territorium dafür, ihr selbsterklärtes Ziel zu verfolgen: die Existenz Israels zu verhindern.
Dadurch wird allerdings die Tragik der Todesfälle im Gaza-Streifen nicht abgeschwächt. Wir wissen, dass die Hamas ohne jede Rücksicht auf das Leben von Palästinensern die eigene Bevölkerung als menschliche Schutzschilde gegen die Angriffe Israels einsetzt und die bei diesen Angriffen getöteten Personen als Propagandawaffen nutzt. Israel ist entschlossen, die eigenen legitimen Sicherheitsinteressen durchzusetzen und setzt trotz dieser tragischen Konsequenzen seinen Kampf fort. Dieser Prozess ist unausweichlich, wenn nicht die internationale Gemeinschaft, einschließlich der arabischen Länder, die Lebensfähigkeit der einen und die Sicherheit der anderen Seite als Ziel des Friedensprozesses im Nahen Osten fördert.
Luca Romagnoli (NI), schriftlich. – (IT) Herr Präsident, sehr verehrte Damen und Herren! Ich erkläre, dass ich dem Entschließungsantrag zur tragischen Lage im Gaza-Streifen zugestimmt habe.
Ich teile uneingeschränkt die Bedenken, dass sich dieser Konflikt nicht einer Lösung annähert, trotz des von der internationalen Gemeinschaft zum Ausdruck gebrachten Wunsches nach einer Einstellung der Feindseligkeiten. Ich stimme meinen Kollegen zu und möchte ebenfalls mein tiefes Bedauern für die zivilen Opfer im Gaza-Streifen zum Ausdruck bringen. Ich glaube, dass die einzige Lösung (und zwar nicht nur in diesem Gebiet, sondern im gesamten Heiligen Land) nur in Dialog, Verhandlungen und Diplomatie bestehen kann, niemals aber in Krieg, der den Hass nur verschlimmert.
Die Europäische Union kann und muss in diesem Prozess eine prominente Rolle übernehmen. Das gilt sowohl für das Bemühen um einen Waffenstillstand, als auch für das Öffnen von Kanälen zu humanitären Zwecken. Deshalb stimme ich für diesen Entschließungsantrag. Ich hoffe, dass die Bemühungen um Versöhnung schnellstmöglich zu konkreten Fortschritten im Friedensprozess führen.
Martine Roure (PSE), schriftlich. – (FR) Der Konflikt zwischen Israel und dem Gaza-Streifen dauert einfach bereits zu lange.
Mittlerweile werden die Toten bereits nach Tausenden gezählt. Vor diesem Hintergrund ist es unsere vorrangige Pflicht, eine sofortige Einstellung der Kampfhandlungen zu gewährleisten.
Die Politik der Isolierung des Gaza-Streifens ist misslungen. Die Bevölkerung war das erste Opfer dieser Politik, und das führte zu ihrer Radikalisierung.
Eine militärische Lösung des israelisch-palästinensischen Konflikts ist nicht möglich.
Die einzig mögliche Form der Beilegung des Konflikts ist eine dauerhafte, umfassende Friedensvereinbarung zwischen den Parteien. Deshalb fordern wir eine internationale Konferenz, angeregt vom Nahost-Quartett, an der alle betroffenen Seiten dieser Region teilnehmen. Diese Konferenz sollte schnellstmöglich organisiert werden, und zwar auf der Grundlage der Initiative der Arabischen Liga und der früheren Vereinbarung zwischen den Israelis und Palästinensern.
Bis dahin, so glauben wir, muss jede Erweiterung der politischen Beziehungen zwischen der EU und Israel strikt auf der Respektierung des humanitären Völkerrechts basieren. Deshalb sind wir auch weiterhin gegen das Votum zur Unterstützung einer verstärkten Einbeziehung Israels in Gemeinschaftsprogramme.
Flaviu Călin Rus (PPE-DE), schriftlich. – (RO) Ich habe für die Entschließung des Europäischen Parlaments zur Lage im Gaza-Streifen und für einen sofortigen Waffenstillstand in dieser Region gestimmt.
Ich glaube, dass ungeachtet der Positionen der Konfliktparteien Dialog die einzige Möglichkeit zur Lösung der Probleme im Interesse des Allgemeinwohls ist.
Olle Schmidt (ALDE), schriftlich. − (SV) Die heute im Europäischen Parlament zur Abstimmung gekommene Entschließung zur Situation im Gaza-Streifen enthielt keine Verurteilung der terroristischen Organisation Hamas, die den Waffenstillstand vom Dezember gebrochen hat und Zivilisten als menschliche Schutzschilde nutzt. Auch wenn dies nicht Gegenstand der Entschließung war, hielt ich es für wichtig, für einen Aufruf zu einem Waffenstillstand in der Region zu stimmen, weshalb ich auch für die Entschließung stimmte.
Brian Simpson (PSE), schriftlich. − Die Lage im Gaza-Streifen ist bedauerlich. Hunderte unschuldiger Zivilisten wurden getötet, und Tausende sind derzeit täglich mit dem Tod konfrontiert. Ja, ich akzeptiere die Forderung, dass Israel in Frieden leben können sollte. Ja, grenzüberschreitende Raketenangriffe sind inakzeptabel und sollten gestoppt werden.
Doch die israelische Antwort ist völlig unangemessen und kann nicht unterstützt werden.
Die Israelis haben die internationale Gemeinschaft missachtet. Sie haben das UN-Gelände bombardiert, sie haben Schulen und Kinder angegriffen. Das ist völlig inakzeptabel und muss gestoppt werden. Wir brauchen einen sofortigen Waffenstillstand.
Ich werde zugunsten dieser Entschließung stimmen, da die Stimme des Europäischen Parlaments Gehör finden muss, damit die im Gaza-Streifen eingeschlossenen palästinensischen Zivilisten nicht vergessen werden.
Israel: Du hast das Recht, in Frieden zu leben. Du hast aber nicht das Recht, unschuldigen Zivilisten in schamloser Weise Tod und Zerstörung zu bringen. Deine Aktionen bedeuten, dass du der Aggressor bist und nicht das Opfer.
Bart Staes (Verts/ALE), schriftlich. − (NL) Ich habe dem uns vorliegenden Kompromiss zugestimmt, obwohl es ihm an der Schlagkraft und Unerschrockenheit fehlt, die ich mir gewünscht hätte. Ich bin bestürzt und verärgert über die in großem Maßstab ausgeführte, unangemessene Offensive der israelischen Luftwaffe und der Bodentruppen in diesem dicht besiedelten Gebiet.
Ich fühle Solidarität mit den 1,5 Millionen Palästinensern, die im Gaza-Streifen eingeschlossen sind und dieses Gebiet nicht verlassen können, und ich sorge mich um ihr Schicksal und ihre Sicherheit. Das gleiche Gefühl habe ich auch in Zusammenhang mit der humanitären Situation der Palästinenser im Westjordanland, die trotz der von der palästinensischen Autonomiebehörde gezeigten Kooperation keine Verbesserung ihrer Lebensbedingungen erkennen können.
Leider wird in dem Kompromiss nicht auf die problematische Erweiterung der Beziehungen zwischen der EU und Israel eingegangen. Ich fordere den Rat eindringlich auf, die Erweiterung der Beziehungen zu Israel so lange einzufrieren, bis zwischen allen Seiten ein vollständiger, dauerhafter Waffenstillstand vereinbart wurde und Israel einen uneingeschränkten Zugang für humanitäre Hilfen gewährt.
Die Beziehungen zwischen der EU und Israel können nur erweitert werden, wenn die Menschenrechte und das humanitäre Völkerrecht respektiert werden, die humanitäre Krise im Gaza-Streifen und in den besetzten palästinensischen Gebieten beendet wird und uneingeschränkte Anstrengungen für einen umfassenden Friedensvertrag und eine vollständige Umsetzung des Interimsassoziationsabkommens zwischen der EU und der PLO unternommen werden.
Catherine Stihler (PSE), schriftlich. − Ich unterstütze die Entschließung zur Lage im Gaza-Streifen und die Aufrufe zu einem sofortigen Waffenstillstand.
- Entschließungsantrag B6-0033/2009 (Lage am Horn von Afrika)
Alessandro Battilocchio (PSE), schriftlich. – (IT) Ich danke Ihnen, Herr Präsident. Ich stimme für den Entschließungsantrag. Die Lage am Horn von Afrika gibt auch weiterhin Anlass zu großer Sorge. Die Probleme und Konflikte sind mittlerweile so miteinander verflochten, dass die permanente Aufmerksamkeit der EU erforderlich ist, um eine dramatische Verschlechterung der Situation zu vermeiden. Wie meine gesamte Fraktion bin ich der Meinung, dass die Lage am Horn von Afrika dringend ein umfassendes Handeln erfordert.
Wie bereits gesagt wurde, sind die wichtigsten Probleme auf die zahlreichen Konflikte zwischen den verschiedenen Ländern in dieser Region zurückzuführen. Deshalb ist es absolut notwendig, an der Sicherheit und den vielen Wechselbeziehungen in Verbindung damit zu arbeiten. Dabei ist auch die Frage zu beantworten, wie Regierungswechsel überwacht werden sollten. Darüber hinaus sollten die Regierungen dieser Region gedrängt werden, sich aktiv für eine verbesserte Umsetzung der Menschenrechte einzusetzen.
Marie-Arlette Carlotti (PSE), schriftlich. – (FR) Das Horn von Afrika leidet derzeit unter einer Vielzahl von einander verstärkenden Geißeln. Dazu gehören:
- Bürgerkriege und regionale Kriege,
- das Fehlen von Demokratie und Freiheit,
- Hunger und Nahrungsmittelkrise.
Die an ein anderes Zeitalter erinnernden Piratenakte sind nur das letzte Produkt dieses Chaos.
Angesichts dieser Tragödien, die die Region zerreißen und zu immer mehr Blutvergießen führen, können wir nicht schweigen oder uns auf Machtlosigkeit berufen.
Die internationale Gemeinschaft zeigt sich von dieser offensichtlich unendlichen Krise allmählich ermüdet. Gerade zu einem solchen Zeitpunkt muss die EU eine führende Rolle übernehmen.
Mit dem Beginn der Operation „Atalanta“ zum Schutz gefährdeter Schiffe und zur Sicherung der Nahrungsmittellieferungen für somalische Flüchtlinge hat die Union demonstriert, dass sie in der Lage ist, in einem Notfall reale, effektive Lösungen zu finden.
Allerdings muss sie auch Antworten auf die allgemeine politische Krise in der Region geben.
Sie muss die „Regionale politische Partnerschaft der EU zur Förderung von Frieden, Sicherheit und Entwicklung am Horn von Afrika“ aufbauen, die der Entwicklungsausschuss mit der Annahme seines Berichts im April 2007 ins Leben rief.
Lassen wir nicht zu, dass das Horn von Afrika ein Gebiet der Gesetzlosigkeit wird, in dem keinerlei Entwicklung stattfindet.
Nils Lundgren (IND/DEM), schriftlich. − (SV) Da ich der festen Überzeugung bin, dass sich das Europäische Parlament vollständig aus der Außenpolitik heraushalten sollte, habe ich gegen diese Entschließung als Ganzes gestimmt. Das bedeutet jedoch nicht per se, dass ich den gesamten Inhalt dieser Entschließung für falsch oder nicht wünschenswert erachte. Im Gegenteil: Der Bericht enthält auch positive Elemente, die ich gern von ganzem Herzen unterstützt hätte, wenn es sich dabei beispielsweise um eine Erklärung der schwedischen Regierung gehandelt hätte. Ein solches Beispiel ist der Fall des schwedischen Eritrea-Journalisten Dawit Isaak, der ohne Gerichtsverfahren seit 2001 inhaftiert ist.
Alexandru Nazare (PPE-DE), schriftlich. – (RO) Die Chancen, dass die EU und die internationale Gemeinschaft die grundlegenden Umstände in Somalia ändern kann, sind gering. Die Bekämpfung einer Konsequenz dieser Umstände, der Piraterie, steht dagegen viel eher in unserer Macht. Wir dürfen nicht vergessen, dass Piraterie primär ein Mittel zur Einnahme von Einkünften für die Bevölkerungsgruppen im Süden und in der Mitte Somalias ist. Diese Einkünfte werden aber wiederum auch zum Schüren der Konflikte genutzt, die im Land und in der Region ausgetragen werden.
Eine stärkere Flottenpräsenz in der Region kann einen positiven Einfluss auf die Entwicklung der Sicherheit in Somalia und damit auch auf die Region als Ganzes haben. Deshalb muss die EU die moderaten Elemente in der somalischen Führung unterstützen, die engagiert für Stabilität und Frieden in der Region eintreten. Die Bekämpfung der Piraterie ist eine Option, die der Europäischen Union zur Verfügung steht, denn sie verfügt über die notwendigen militärischen Kapazitäten und kann damit nicht nur zur Wiederherstellung der Sicherheit eines wichtigen Transitwegs, sondern auch zur Schaffung von Stabilität und Frieden in der Region beitragen.
Luca Romagnoli (NI), schriftlich. – (IT) Herr Präsident, sehr verehrte Damen und Herren! Ich stimme für den Entschließungsentwurf zur Lage am Horn von Afrika.
Aufgrund der labilen Situation in dieser Region Afrikas müssen die europäischen Institutionen eine entschiedene Haltung einnehmen. Deshalb stimme ich zu, an den Rat zu appellieren, einen speziellen EU-Vertreter oder Gesandten für die Region am Horn von Afrika zu ernennen. Äthiopien, Eritrea, Somalia und Djibouti müssen zusammenarbeiten, wenn sie die derzeitige Sackgasse überwinden möchten.
Deshalb muss die Regierung von Eritrea ihren momentanen Rückzug aus der IGAD überdenken. Deshalb muss Djibouti alles in seiner Kraft Stehende unternehmen, um einen besseren Schutz der Rechte von Gewerkschaften zu gewährleisten. Deshalb muss Äthiopien die Ankündigung zur Registrierung und Regulierung ziviler Organisationen und karitativer Institutionen aufheben. Deshalb muss Somalia eine der schlimmsten humanitären und sicherheitspolitischen Krisen weltweit beenden.
Alessandro Battilocchio (PSE), schriftlich. – (IT) Es hat den Anschein, als würde das Lukaschenko-Regime, wenngleich zögerlich, Signale aussenden, sich gegenüber der internationalen Gemeinschaft zu öffnen. Nehmen wir davon Notiz und arbeiten wir schnell auf einen gemeinsamen Prozess hin, um die Beziehungen mit diesem Land, das sich so dicht an unseren Grenzen befindet, zu verbessern. Von unseren Forderungen in Bezug auf die Respektierung der Menschenrechte und das Garantieren von Meinungs- und Informationsfreiheit dürfen wir jedoch keinen Zollbreit abrücken. Die Bilder der Unterdrückung der verschiedenen Versuche friedlicher, demokratischer Demonstrationen durch die Opposition sind noch immer frisch.
Darüber hinaus empfehle ich größere Anstrengungen bei der Vereinbarung gemeinsamer Regeln zum heiklen Thema der Besuche belarussischer Kinder bei Gastfamilien in der EU während der Sommermonate. Die belarussische Regierung ändert jährlich ihre Strategie in dieser Angelegenheit. Das führt oft zu sehr schwierigen Situationen mit negativen Auswirkungen, insbesondere auf die bereits in anderer Hinsicht benachteiligten Kinder. Der aktuelle Prozess ist zu begrüßen, die Wegstrecke bis zum Ziel ist jedoch noch sehr lang: Wir hoffen, dass Herr Lukaschenko nach mehreren Fehlstarts bereit ist, zumindest einen Teil dieser Wegstrecke gemeinsam zurückzulegen.
Martin Callanan (PPE-DE), schriftlich. − Aufgrund des autoritären Regierungsstils von Präsident Lukaschenko ist Belarus noch immer ein von der Europäischen Union weitestgehend geächtetes Land. In den letzten fünf Jahren hat das Europäische Parlament zweimal den Sacharow-Preis an belarussische Dissidenten vergeben, weitere kamen in die engere Wahl. Das zeigt die explizite Anerkennung des Umstands, dass in Belarus Menschenrechte und politische Freiheiten unterdrückt werden.
Dennoch gibt es Anzeichen dafür, dass Herr Lukaschenko allmählich dem Westen entgegenkommt. Natürlich ist die Situation in Belarus noch immer ernst. Wir müssen jedoch erkennen, dass eine Möglichkeit, Belarus näher an die Europäische Union heranzuführen, darin besteht, die Angebote Herrn Lukaschenkos zu würdigen und darauf zu reagieren. Kurz: In dieser Situation ist eine Politik von Zuckerbrot und Peitsche angebracht.
Ich verfolge mit großem Interesse die Entwicklung der früheren Sowjetrepubliken in Mittelasien und sehe Parallelen zwischen dieser Region und Belarus. Die vorliegende Entschließung hält nicht mit Kritik an Herrn Lukaschenko hinterm Berg, enthält jedoch auch eine Art Roadmap, die Herrn Lukaschenko den Weg zur Normalisierung der Beziehungen mit der EU bahnt.
Wir sollten uns in Bezug auf Belarus keinen Illusionen hingeben, und wir sollten auch nicht zögern, den Dialog abzubrechen, wenn sich die Situation verschlechtert. Diese Entschließung lässt jedoch einige Hoffnung, dass sich die Beziehungen im Laufe der Zeit verbessern. Deshalb habe ich für diese Entschließung gestimmt.
Koenraad Dillen (NI) , schriftlich. − (NL) Ich habe für diese Entschließung gestimmt. Das Europäische Parlament begrüßt die Tatsache, dass die Beschränkungen der Pressefreiheit in Belarus ein wenig gelockert und einige politische Gefangene freigelassen wurden. Es wurde jedoch auch betont, dass andere Dissidenten noch immer hinter Gittern sitzen. Zur Verbesserung der Beziehungen empfiehlt diese Entschließung, dass alle politischen Häftlinge in Belarus freigelassen werden, die Regierung Meinungsfreiheit garantiert usw. Auch die Gesetzgebung sollte geändert werden, und die Belarussen sollten Bewegungsfreiheit erhalten.
Das sind Punkte, die wir alle befürworten. Dennoch möchte ich Sie fragen: Sollte das Europäische Parlament nicht diese Entschließungen auf andere Länder ausdehnen, mit denen Europa freundschaftlichen Beziehungen unterhält? Dabei denke ich an China, wo die Menschenrechtssituation mindestens ebenso dramatisch wie in Belarus ist. Oder halten uns vielleicht wirtschaftliche Aspekte davon ab?
Alexandru Nazare (PPE-DE), schriftlich. – (RO) Mit der Entschließung wird ein fortlaufender, produktiver Dialog mit der Regierung in Minsk fortgesetzt. Sie ist ein Beleg dafür, mit welcher Besorgnis das Europäische Parlament und die von ihm vertretenen Bürger die Menschenrechtssituation und die allgemeinen Entwicklungen in Belarus verfolgen.
Die belarussischen Behörden haben einige Fortschritte erreicht, was anerkennenswert ist. Dennoch hoffen wir, dass sie einen Prozess der Demokratisierung auf den Weg bringen und nicht nur einige temporäre kosmetische Korrekturen vornehmen. Die vorliegende Entschließung ist ausreichend bestimmt, aber auch fein nuanciert und drückt unsere Zufriedenheit über den ersten Punkt sowie unsere Unzufriedenheit über den zweiten aus.
Die aktuellen Ereignisse in der Region verdeutlichen erneut die Wichtigkeit von Transparenz im Regierungsgeschäft sowie die Bedeutung der demokratischen Verantwortung, die Regierungen gegenüber den von ihnen vertretenen Bürgern haben. Zwischen den übernommenen demokratischen Werten einerseits sowie Stabilität und Entwicklung von Gesellschaften und Werten andererseits besteht ein enger Zusammenhang. Das gilt auch für die Energiemärkte. Die Entschließung ist ein Schritt zur nochmaligen Bekräftigung dieser Werte.
Zdzisław Zbigniew Podkański (UEN), schriftlich. – (PL) Die Beziehungen zwischen der Europäischen Union und Belarus hängen von beiden Parteien ab. Wenn es einen gemeinsamen guten Willen gibt, ist Dialog möglich. Gleiches gilt für eine angemessene Nachbarschaftspolitik sowie die Östliche Partnerschaft. Verbote und Anweisungen können keine Grundlage für partnerschaftliche Beziehungen sein. Deshalb begrüße ich die jüngste Initiative der Europäischen Kommission zur Verbesserung der Beziehungen mit Belarus. Objektiv gesprochen, müssen wir zugeben, dass Belarus ebenfalls viel zur Verbesserung des beiderseitigen Verständnisses getan hat. Als Beispiele können die Zulassung der Bewegung „Für die Freiheit“, die Genehmigung der Veröffentlichung und Distribution oppositioneller Zeitungen sowie die Aufgeschlossenheit gegenüber der Initiative „Östliche Partnerschaft“ genannt werden. Die Europäische Union hat jedoch noch größere Erwartungen. Und dafür gibt es selbstverständlich gute Gründe. Es gibt jedoch auch gute Gründe für viele der von Belarus gehegten Erwartungen.
Auf vielen Gebieten muss zwischen beiden Partnern Symmetrie und gegenseitiges Verständnis hergestellt werden. Beispielsweise rufen wir die belarussischen Behörden auf, die Ausstellung von Ausreisevisa für ihre Bürger, insbesondere Kinder und Studenten, zu stoppen. Warum unternimmt jedoch die Europäische Union keine Schritte zur Vereinfachung und Liberalisierung der Visaverfahren für belarussische Staatsbürger? Diese Probleme sind besonders jenen von uns wichtig, die in Grenzregionen leben, in denen zwischen beiden Seiten kulturelle und familiäre Bindungen bestehen.
Neben kulturellen Angelegenheiten und der Frage der Nationalität ist auch die wirtschaftliche und grenzüberschreitende Zusammenarbeit wichtig. Auch auf diesem Gebiet können und sollten die Kommission und der Rat mehr tun.
Luís Queiró (PPE-DE), schriftlich. − (PT) Der aktuelle Kontext und die Zukunft der Beziehungen mit Belarus sind eine Herausforderung für die Außenpolitik der Europäischen Union. Einige Gesten aus Minsk rechtfertigen die Wiederaufnahme gewisser Beziehungen. Klar ist jedoch, dass zur Beschleunigung dieses Prozesses der Energiefaktor im aktuellen Kontext eine wichtige Rolle spielt. Das ist verständlich. Realismus ist ein integrales Element der Außenpolitik. Durch diesen Realismus kann, muss und sollte jedoch nicht von Werten und Strategien abgewichen werden. Die Förderung der Demokratie in Belarus ist sowohl eine Frage der Werte als auch der Strategie. Diese Wahrnehmung der mittel- und langfristigen europäischen Interessen muss ein zentrales Anliegen in dieser neuen Phase der Beziehungen sein. Anderenfalls produzieren wir eine zukünftige Abhängigkeit, in der die Werte kurzfristigen Strategien untergeordnet werden – mit geringerem Erfolg.
Luca Romagnoli (NI), schriftlich. – (IT) Herr Präsident, sehr verehrte Damen und Herren! Ich möchte für den Entschließungsantrag zur Haltung der Europäischen Union im Umgang mit Belarus stimmen.
Ich freue mich darüber, dass der belarussische Außenminister die Absicht seines Landes bestätigt hat, gemeinsam mit anderen osteuropäischen Ländern in der Östlichen Partnerschaft mitzuwirken. Es ist jedoch notwendig, dass Belarus beim Bau eines neuen Kernkraftwerks internationale Sicherheitsstandards und -anforderungen sowie das Rahmenabkommen über die nukleare Sicherheit einhält.
Schließlich stimmt mich die Tatsache traurig, dass Belarus als einziges Land in Europa nicht auf die Todesstrafe verzichtet. Wenn eine zukünftige Erweiterung der Union erwogen werden soll, muss diese barbarische Form der Bestrafung abgeschafft werden.
Flaviu Călin Rus (PPE-DE), schriftlich. – (RO) Ich habe für die Entschließung der EU zu Belarus gestimmt, weil ich der Meinung bin, dass jede Veränderung, die zu mehr Demokratie in einem Land dieser Welt führt, ein positiver Schritt ist.
Durch den Prozess der Demokratisierung in Belarus wird der Respekt für die Rechte und Freiheiten der Bürger dieses Landes gefördert.
Ich begrüße diese Entschließung auch deshalb, weil ich hoffe, dass durch diese Maßnahme eine immer größere Anzahl belarussischer Bürger einen leichteren Zugang zu Visa für die Staaten der Europäischen Union erhält, sodass sie von unseren Werten und unserer Tradition lernen können. Ich hoffe außerdem, dass es in Belarus schon sehr bald keine politischen Häftlinge mehr gibt und auch niemand mehr unter Hausarrest steht.
Charles Tannock (PPE-DE), schriftlich. − Meine Kollegen von den britischen Konservativen und ich unterstützen voll und ganz die Auffassung, dass die demokratische Opposition in Belarus in den Prozess einer allmählichen Wiederaufnahme der Beziehungen zwischen der EU und Belarus einbezogen werden muss. Derzeit sind vom starken Mann des Landes, Präsident Lukaschenko, der ein autoritäres Regime führt, Angebote an die EU sowie eine Distanzierung von Moskau zu vernehmen. Diesen Prozess sollten wir durch eine Verbesserung unserer politischen Beziehungen mit Minsk unterstützen.
Wir unterstützen auch die an die belarussische Regierung gerichtete Aufforderung, die Menschenrechte einzuhalten und zu respektieren, was ein wichtiger Teil des Prozesses zur Verbesserung der Beziehungen zwischen der EU und Belarus ist.
Aus diesen Gründen und um die Bedeutung einer demokratischen Zukunft von Belarus zu betonen, haben wir uns für eine Unterstützung dieser gemeinsamen Entschließung entschieden. Bezug nehmend auf den Absatz 16 dieser gemeinsamen Entschließung möchten wir auch klarstellen, dass die Frage der Todesstrafe für die Abgeordneten der britischen Konservativen eine Gewissensfrage ist.
Alessandro Battilocchio (PSE), schriftlich. (IT) Ich habe dafür gestimmt.
Srebrenica ist eine Wunde, die in der europäischen Geschichte eine tiefe Narbe hinterlassen hat. Die Überlebenden erzählen noch heute davon, wie zwischen April 1992 und April 1993 Tausende von Flüchtlingen, die sich vor den Übergriffen der bosnischen Serben schützen wollten, in Kellern, Garagen und sogar in von den Serben verlassenen Häusern versteckten; wie sie nur Wurzeln zum Essen hatten; wie sie von Flöhen befallen waren; wie sie sich, in der Kälte des langen Winters 1992 frierend, an brennenden Autoreifen und Kunststoffflaschen wärmten; und wie die Körper der an Hunger und Schutzlosigkeit Verstorbenen von Hunden gefressen wurden. 17 Jahre nach dem Massaker steht die Identifizierung der sterblichen Überreste Hunderter Personen noch aus.
Deshalb glaube ich, dass die Ausrufung eines Gedenktags dafür sorgen würde, dass wir nicht vergessen. Dadurch käme auch unsere Solidarität mit den Familienangehörigen der Opfer dieses unsinnigen Massakers zum Ausdruck, und unser politisches Wirken für ein Europa des Friedens, der sozialen Gerechtigkeit und der Freiheit würde noch entschiedener unterstützt. Denn wir sind davon überzeugt, dass die Respektierung der Gleichberechtigung nur durch Anerkennung der Unterschiede erreicht werden kann.
Glyn Ford (PSE), schriftlich. − Diese Entschließung erinnert auf tragische Art und Weise daran, dass die Inhumanität des Menschen gegenüber dem Menschen nach dem Holocaust im Zweiten Weltkrieg nicht endete. Sie fand in Europa in Srebrenica und heute im Gaza-Streifen ihre Fortsetzung!
Erik Meijer (GUE/NGL), schriftlich. − (NL) Ich befürworte die Einführung eines Jahrestags des Gedenkens an den Genozid in Srebrenica, und zwar genau deshalb, weil die Intervention der EU und ihrer Mitgliedstaaten ein falsches Gefühl der Sicherheit schuf, sodass die Einwohner nicht rechtzeitig flohen. Die Befürworter von Militärinterventionen werden diese Kritik nicht gern hören. Inmitten meiner Rede gestern Abend wurde mir vom Präsidenten das Wort entzogen, möglicherweise aufgrund der Irritationen, die ihr Inhalt hervorrief. Die letzte Passage war aufgrund der starken Hammerschläge des Präsidenten kaum mehr zu hören. Sie stimmt mit dem vorliegenden Bericht überein.
Srebrenica ist auch ein Symbol für den Irrweg der optimistischen Vorstellungen von humanitären Interventionen und sicheren Häfen. Es hätte von Anfang an klargestellt werden sollen, dass eine ausländische Militärpräsenz nur falsche Illusionen wecken kann. Damit entwickelte sich Srebrenica zu einer Operationsbasis gegen das serbische Umfeld. Gleichzeitig wurde klar, dass es schließlich von genau diesem Umfeld verschluckt werden würde.
Ohne die niederländische Armee in Srebrenica wäre es nicht zu einer Kriegssituation gekommen, und es hätte keinen Anlass für eine Revanche durch die Serben gegeben. Die Opfer sind nicht nur der Grund dafür, dass sich Mladić und Karadžić vor der Justiz verantworten müssen, sondern auch dafür, dass über die Misserfolge militärischer Interventionen und aller Versuche nachgedacht wird, ein ethnisch geteiltes Bosnien zu vereinigen.
Athanasios Pafilis (GUE/NGL), schriftlich. – (EL) Die gemeinsame Entschließung des Europäischen Parlaments zu Srebrenica ist ein Versuch, die Geschichte zu verzerren und die Verantwortung für die Verbrechen der amerikanischen und europäischen Imperialisten, die Zerstückelung des Landes und den gegen dieses Land von der NATO unter Mithilfe der EU geführten barbarischen Krieg den Opfern des ehemaligen Jugoslawien in die Schuhe zu schieben.
Gleichzeitig versucht dieses Parlament, das Ansehen des von den Amerikanern angeregten, verachteten Sondergerichtshofs in Den Haag zu stärken, vor den die Imperialisten ihre Opfer bringen möchten und der bereits zur physischen Eliminierung des jugoslawischen Staatsoberhaupts Slobodan Milosevic genutzt wurde.
Die Ereignisse von Srebrenica als das größte Verbrechen der Nachkriegsgeschichte zu bezeichnen und gleichzeitig einen Vorschlag zur Festlegung eines Tags des Gedenkens an dieses Ereignis in den Mitgliedstaaten der EU einzubringen, während in Bezug auf das tatsächliche Geschehen in Srebrenica noch immer viele Fragen offen sind, ist eine grobe Fehlinterpretation der Geschichte. Tatsächlich war das größte Verbrechen, das in der bisherigen Nachkriegsgeschichte in Europa begangen wurde, das Abschlachten des jugoslawischen Volkes durch die amerikanischen und europäischen Imperialisten.
Die Kommunistische Partei Griechenlands lehnt die Annahme solcher inakzeptabler Entschließungen ab, insbesondere in einer Zeit, in der wir alle Zeugen des täglichen Tötens Hunderter palästinensischer Kinder und Zivilisten durch Israel werden – ein Verbrechen, das mit der Unterstützung der gleichen imperialistischen Kräfte begangen wird, die nun wegschauen. Das jugoslawische Volk wurde an der betreffenden Entschließung nicht beteiligt.
Luís Queiró (PPE-DE), schriftlich. − (PT) Die dunkle Geschichte Europas ist noch nicht zu Ende, und die Fähigkeit des Menschen, die schlimmsten Seiten des eigenen Charakters offen zu legen, sind auch weiterhin vorhanden. Srebrenica und seine schreckliche Tragödie sind nicht nur das neueste Beispiel menschlicher Gräuel. Diese Ereignisse sind auch eine Erinnerung daran (sofern eine solche erforderlich ist), dass Zerstörung immer möglich ist, dass der Mensch permanent für Frieden kämpfen muss und dass nichts, was wir schaffen, von Dauer ist. Die Erinnerung an dieses Massaker und das Gedenken an diese Tragödie sind auch der Tribut, den das Böse an das Gute bezahlen muss.
Wir Portugiesen sind geografisch und kulturell weit von den Orten der schlimmsten europäischen Gräueltaten des 20. Jahrhunderts entfernt, und wir haben eine andere Geschichte. Deshalb ist es für uns umso wichtiger, sich an diese Taten zu erinnern. Aus geografischen und kulturellen Gründen blicken wir auf eine unterschiedliche Geschichte zurück. Doch in unserem Menschsein sind wir vereint. Das Erinnern an Ereignisse, deren Zeuge auch wir hätten sein können, ist ein integraler Bestandteil unseres Erbes.
Luca Romagnoli (NI), schriftlich. – (IT) Herr Präsident, sehr verehrte Damen und Herren! Ich stimme zugunsten des Entschließungsantrags, mit dem der 11. Juli zu einem Tag des Gedenkens an die Opfer des serbischen Massakers erklärt werden soll.
Der tragische Monat Juli 1995, als serbische Truppen unter der Führung von Ratko Mladić über 8 000 Bosnier massakrierten, ist in unseren Herzen noch immer lebendig. Die beste Möglichkeit, die Opfer der Gräuel des Krieges im ehemaligen Jugoslawien zu ehren, ist die Verkündung eines Tags des Gedenkens, sodass an das Geschehene immer wieder erinnert wird.
Weitere Anstrengungen und Opfer sind notwendig, um sicherzustellen, dass die Schuldigen dieses Genozids (deren wichtigste Person der General Ratko Mladić ist) vor Gericht gebracht werden. Das erfordert unsere Achtung gegenüber den Vätern, Müttern, Kindern, Brüdern und Schwestern der unschuldigen Opfer, die in diesen Jahren ums Leben kamen, aber auch die Achtung gegenüber einem Europa, das in Freiheit leben möchte.
8. Berichtigungen des Stimmverhaltens und beabsichtigtes Stimmverhalten: siehe Protokoll
(Die Sitzung wird um 12.35 Uhr unterbrochen und um 15.00 Uhr wieder aufgenommen.)
VORSITZ: GÉRARD ONESTA Vizepräsident
9. Genehmigung des Protokolls der vorangegangenen Sitzung: siehe Protokoll
Der Präsident. - Als nächster Punkt folgt die Debatte zu den fünf Entschließungsanträgen zum Iran.(1)
Marios Matsakis, Verfasser. − Herr Präsident! Die Verfolgung der Nobelpreisträgerin Shirin Ebadi ist nur ein Beispiel von vielen, die derzeit im Iran zu beobachten sind. Angesichts der bornierten Vorstellungen der anachronistisch-theokratischen Machthaber dieses Landes sollte uns diese Verfolgung allerdings nicht überraschen.
Ebenso wenig sollten wir von der Tatsache überrascht sein, dass das Regime im Iran keinerlei Notiz von dieser Entschließung nehmen wird. Sie werden darüber lachen und sie dann in den Papierkorb werfen – genauso, wie sie mit allen bisherigen Entschließungen dieses Parlaments umgegangen sind. Wer kann ihnen dafür einen Vorwurf machen? Sie wissen, dass unsere Entschließungen nur Worte sind und keine Verträge. Nach ihrer Einschätzung sind sie das Papier nicht wert, auf dem sie gedruckt sind.
Wenn wir tatsächlich im Iran etwas ändern möchten, müssen wir für eine Übereinstimmung zwischen unseren Worten und unseren Taten sorgen. Wir könnten beispielsweise die iranische Volksmudschaheddin von unserer Terrorliste streichen oder keine lukrativen Verträge zwischen EU-Mitgliedstaaten und Beitrittskandidaten sowie dem Iran mehr abschließen. Würden wir solche Maßnahmen ergreifen, könnten wir sicher sein, von den Autoritäten in Teheran ernst genommen zu werden. Dann würden sie es sich gründlich überlegen, ehe sie ihre nach Demokratie strebenden Bürger weiter verfolgen.
Momentan habe ich den Eindruck, dass wir zusätzlich zu dem vorliegenden noch einen zweiten Entschließungsantrag einbringen sollten, in dem wir die Regierungen einiger EU-Mitgliedstaaten, beispielsweise des Vereinigten Königreichs und Frankreichs, sowie von Beitrittskandidaten wie der Türkei aufrufen, ihre scheinheilige Haltung zum Iran aufzugeben und sofort und effektiv wirkliche Maßnahmen gegen dieses Land zu ergreifen.
Catherine Stihler, Verfasserin. − Herr Präsident! Die Geschichte von Shirin Ebadi, der mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichneten Rechtsanwältin, der ersten muslimischen Frau und der ersten Iranerin, die diesen Preis erhielt, ist vielleicht den meisten der von uns heute hier Versammelten gut bekannt. Sie bekleidete als erste Frau des Landes ein Richteramt, wurde dann aber aufgrund der iranischen Revolution gezwungen, dieses Amt aufzugeben.
Sie verteidigte die Rechte iranischer Frauen und Kinder und kämpfte für eine Veränderung des Scheidungs- und des Erbrechts im Iran. Sie engagierte sich für die Verteidigung religiöser Minderheiten und ihrer Rechte. Erst kürzlich hat sie sieben Mitglieder der Bahai-Gemeinde verteidigt, die gemeinsam eingesperrt wurden und die wie viele andere Menschen im Iran aus religiösen Gründen verfolgt werden. Ihr Einsatz für die Menschenrechte, ihr Mut und ihre Entschlossenheit verdienen den Respekt von uns allen in diesem Hause.
Mutig hat sie gemeinsam mit anderen Menschenrechtsaktivisten das Zentrum zur Verteidigung der Menschenrechte in Teheran gegründet. Sein Zweck war die Berichterstattung über Menschenrechtsverletzungen im Iran, die Vertretung politischer Gefangener und die Unterstützung ihrer Familien. Seit den ersten Momenten seines Bestehens haben die Behörden jedoch versucht, dieses Büro zu schließen. Die Mitarbeiter wurden bedroht, inhaftiert und eingeschüchtert. Shirin Ebadi persönlich erhielt mehrere Todesdrohungen. Schon seit geraumer Zeit ist die internationale Gemeinschaft um ihre Sicherheit besorgt. Kurz vor Weihnachten, als die Mitarbeiter des Zentrums des 60. Jahrestags der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte gedachten, wurde es von iranischen Sicherheitsbeamten geschlossen.
Dieses Zentrum muss unverzüglich wiedereröffnet werden. Wir müssen Druck auf die Kommission, den Hohen Vertreter, die tschechische Präsidentschaft und unsere eigenen Mitgliedstaaten ausüben, dass sie sich für eine Wiedereröffnung des Zentrums einsetzen.
Wir, die wir hier in diesem Parlament sitzen, können wohl kaum nachvollziehen, welcher Mut, welche Courage und welche Stärke Menschenrechtsaktivisten wie Shirin Ebadi abverlangt wird, um im Iran wirken zu können und Widerstand gegen die Diktatur zu leisten. Der Arbeit der Menschenrechtsanwälte und -aktivisten ist jedoch notwendig, um ein Schlaglicht auf das Geschehen im Iran zu werfen und Menschen wie den Brüdern Alaei Hoffnung zu geben. Die auf die Prävention und Behandlung von HIV und AIDS spezialisierten Ärzte Arash und Kamiar Alaei wurden unter dem Vorwurf der Kooperation mit einem Feind angeklagt. Dabei haben sie lediglich versucht, den Kranken zu helfen.
Ich hoffe, dass das Menschenrechtszentrum wiedereröffnet wird und dass dieses Parlament alles in seiner Macht Stehende unternimmt, um Shirin Ebadi zu helfen. Es ist ein Gebot der Mitmenschlichkeit, dass ihr Kampf auch unser Kampf ist.
Jean Lambert, Verfasser. − Herr Präsident! Ich halte es für wichtig, dass wir all jene unterstützen, die die Menschenrechte verteidigen, ungeachtet dessen, ob wir der Meinung sind, dass wir von den betreffenden Regierungen auch tatsächlich gehört werden. Wir hören von den Betroffenen oft, dass sie eine große Ermutigung aus der externen Anerkennung der Gefahr ziehen, der sie ausgesetzt sind.
Wie bereits gesagt wurde, handelt es sich hierbei um einen schwerwiegenden Fall, denn ein Angriff auf eine international so bekannte Menschenrechtsaktivistin signalisiert, dass Menschen, die den Staat infrage stellen oder ihre Grundrechte ausüben (beispielsweise das der Glaubensfreiheit), nicht sicher sind. Sie müssen sich entweder staatskonform verhalten oder den Konsequenzen ins Auge sehen.
Shirin Ebadi war selbst schon mehrfach tödlichen Gefahren ausgesetzt, und zwar nicht zuletzt, weil sie die sieben Mitglieder der Bahai-Gemeinde im Iran verteidigte, die selbst massiv verfolgt werden. In den letzten 24 Stunden wurden weitere Personen inhaftiert, die mit ihr zusammenarbeiteten, sowie auch weitere Mitglieder der Bahai-Gemeinde.
Wenn wir uns näher betrachten, was wir in diesen Angelegenheiten unternehmen, registrieren wir bei bestimmten Regierungen weltweit auch eine veränderte Einstellung zur Anerkennung der Menschenrechte. Dieser Umstand hat auch Einfluss auf jene Länder, mit denen die Europäische Union zu tun hat. Diese Länder haben nun den Eindruck, dass sie selbst den Menschenrechten keine so große Aufmerksamkeit mehr widmen müssen, denn sie können schließlich auch mit jenen Ländern geschäftliche Beziehungen pflegen und kooperieren, denen die Menschenrechte völlig gleichgültig sind. Deshalb glaube ich, dass es immer wichtiger wird, dass wir uns selbst um die Einhaltung dieser Standards bemühen. Wie bereits gesagt wurde, sollten wir nicht versuchen, die Geschäftsbeziehungen mit Ländern zu vertiefen, die permanent Menschenrechte verletzen, sondern sollten stattdessen alles unternehmen, um Menschenrechtsaktivisten und Demokraten zu unterstützen, die undemokratischen Kräften Widerstand leisten.
Tunne Kelam, Verfasser. − Herr Präsident! Die Situation der iranischen Staatsbürger, die unter der unterdrückerischen Diktatur der Mullahs in Teheran leben, ist alarmierend und hat sich seit 2005 auf allen Gebieten verschlechtert. Deshalb möchte ich die Kommission nachdrücklich auffordern, auch weiterhin die Menschenrechtssituation in diesem Land im Blick zu behalten und einen umfassenden Bericht zur dortigen Situation in der ersten Hälfte dieses Jahres vorzulegen.
Heute protestieren wir gegen die Schikanierung der Nobelpreisträgerin Shirin Ebadi und ihres Zentrums zur Verteidigung der Menschenrechte. Häufig wurde die Frage gestellt, welche Ergebnisse dieser Protest bringt. Diese Frage sollte auch an den Rat und die Kommission gerichtet werden.
Das iranische Regime ist die wahrscheinlich größte Gefahr für Frieden und Rechtsstaatlichkeit in der Welt. Höchstwahrscheinlich wird Teheran bereits in nächster Zukunft über nukleare Gefechtsköpfe verfügen. Im Besitz der entsprechenden Trägerraketen ist das Regime bereits. Der Iran ist jedoch auch ein großer Exporteur von Terrorismus, beispielsweise in den Irak, und das Land unterstützt die Hisbollah und die Hamas.
Gleichzeitig hofft die EU noch immer, diese Diktatur mit Kompromissen zu überzeugen. Bis vor Kurzem hat sie sogar dem terroristischen Regime in Teheran dabei geholfen, der wichtigsten demokratischen Opposition die Hände zu binden – ironischerweise dadurch, dass sie sie als terroristische Organisation eingestuft hat.
Wir müssen klar und nachdrücklich auf der Einhaltung der Menschenrechte bestehen und der Menschenrechtssituation im Iran im Umgang mit dem Regime in Teheran Priorität einräumen.
Erik Meijer, Verfasser. − (NL) Herr Präsident! Herr Matsakis hat recht. Die Verfolgung Shirin Ebadi ist kein isolierter Einzelfall. Unter den Kritikern des Regimes hatte sie jahrelang eine privilegierte Stellung. Durch die Existenz ihres Menschenrechtszentrums entstand der Eindruck, dass die Zustände im Iran nicht so schlecht sind.
Die meisten Opfer des theokratischen Regimes im Iran bleiben unbekannt. Eine abweichende politische Meinung, Proteste diskriminierter ethnischer Minderheiten, Homosexualität und der Kampf gegen die Benachteiligung der Frauen – all das kann ausreichen, um eingesperrt oder ermordet zu werden. Viele Dinge, die wir hier in Europa für selbstverständlich halten, können ausreichen, um im Iran getötet zu werden. An manchen Opfern wird ein Exempel statuiert, und sie werden in Anwesenheit großer Menschenmassen an riesigen Kränen gehenkt.
Trotzdem zeigt der Rest der Welt, einschließlich Europa, kein übermäßiges Interesse an dieser haarsträubenden Situation und den Möglichkeiten, sie zu beenden. Die internationale Aufmerksamkeit gilt eher anderen Dingen. Die internationale Gemeinschaft ist zwar stark an einer Begrenzung der militärischen Macht des Irans und einer Beendigung der Nutzung der Nuklearenergie in diesem Land interessiert, doch misst sie kontinuierlichen Erdöllieferungen sowie der Pflege und/oder Vertiefung guter Handelsbeziehungen einen wesentlich größeren Wert bei.
Im Ergebnis dessen herrscht im Iran eine permanente Kriegsgefahr. Kritik an der mangelnden Umsetzung der Menschenrechte wird dagegen nicht zum Ausdruck gebracht. Das führt sogar zu einer Situation, in der die Kooperation mit dem iranischen Regime dadurch erkauft wird, dass die wichtigsten, im Exil befindlichen Oppositionsgruppen dauerhaft auf die Terrorliste gesetzt werden. Wir müssen die bizarre Situation beenden, in der auf jedes Gerichtsurteil, das eine solche Aufnahme in die Terrorliste für illegal erklärt, vom Rat im Namen der Europäischen Union eine neue, identische Entscheidung getroffen wird.
Im Unterschied zu anderen Opfern der Verfolgung im Iran ist Shirin Ebadi nicht anonym, sondern international bekannt und respektiert. Bisher hat ihr der Status einer Nobelpreisträgerin ein gewisses Maß an Freiheit gesichert. Die Tatsache, dass dieser Status nun offensichtlich nichts mehr nützt, belegt die Notwendigkeit einer internationalen Unterstützung jener Kräfte, die um Veränderungen bemüht sind.
Bernd Posselt, im Namen der PPE-DE-Fraktion. – (DE) Herr Präsident! Ich habe mein Büro in München in einer Straße, in der viele christliche Armenier aus dem Iran leben. Sie sind Angehörige einer der ältesten christlichen Gemeinschaften der Welt und gleichzeitig patriotische Perser. Das zeigt, dass der Iran oder Persien eine uralte Tradition der Toleranz hat, der religiösen Toleranz, aber auch der Toleranz gegenüber den vielen Völkern, die dieses große Reich ausmachen.
Es ist absolut uniranisch und unpersisch, so intolerant zu herrschen, wie es dieses Mullah-Regime tut. Es widerspricht den vornehmsten und besten Traditionen eines der ältesten Staaten der Erde. Deshalb handeln wir im Interesse des iranischen Volkes und seiner Zukunft, wenn wir diese Missstände deutlicher als bisher anprangern.
Frau Shirin Ebadi, die das mit großem Risiko getan hat und dafür den Friedensnobelpreis bekommen hat, tut das immer wieder für alle ethnischen Gruppen, für alle Religionsgemeinschaften. Wir können nicht dulden, dass sie auf eine derart schreckliche und erbärmliche Art und Weise verfolgt wird. Sie braucht unsere Solidarität. Deshalb appelliere ich an die tschechische Ratspräsidentschaft, ihre gute Menschenrechtspolitik auch in dieser Frage anzuwenden.
Józef Pinior, im Namen der PSE-Fraktion. – (PL) Herr Präsident, Herr Kommissar! Zunächst möchte ich darauf hinweisen, dass die tschechische Präsidentschaft während dieser Debatte fehlt. Ich bedauere diese Tatsache sehr, denn die Tschechische Republik ist ein Erbe der demokratischen Tradition des Kampfes für Menschenrechte in ganz Mittel- und Osteuropa. Ich wiederhole: Es ist sehr zu bedauern, dass kein Vertreter der tschechischen Präsidentschaft an dieser Debatte teilnimmt. Andere Ratspräsidentschaften, beispielsweise die deutsche, haben immer einen Vertreter entsandt.
Heute diskutieren wir über die Menschenrechte im Iran, einem wichtigen Land im Nahen Osten, das entscheidenden Einfluss auf die politische Lage in dieser Region hat. Die iranische Regierung sollte deshalb noch stärker verpflichtet werden, die Menschenrechte und internationale Standards auf dem Gebiet des humanitären Rechts uneingeschränkt zu respektieren.
Wir verteidigen die Nobelpreisträgerin Shirin Ebadi und wenden uns gegen die jüngsten Maßnahmen der Behörden, aber auch gegen die Regierungskampagne, mit der versucht wird, die öffentliche Meinung so zu beeinflussen, dass sie sich allmählich gegen Shirin Ebadi wendet. Ich möchte Ihre Aufmerksamkeit auch auf weitere Inhaftierungen von Studenten der Universität Shiraz wenden. In dieser Woche, während der Tagung des Europäischen Parlaments in Straßburg (genau am 12. Januar), wurden weitere sechs Personen inhaftiert. Wir müssen die Unabhängigkeit der Studentenbewegung im Iran verteidigen. Außerdem möchte ich Ihre Aufmerksamkeit auf die Unterdrückung und Schikanierung der beiden auf dem Gebiet der AIDS-Forschung tätigen Ärzte lenken.
Herr Kommissar, hieraus kann nur eine Schlussfolgerung gezogen werden: Die Menschenrechtssituation im Iran muss auch weiterhin von der Europäischen Kommission und der gesamten Europäischen Union überwacht werden.
Leopold Józef Rutowicz, im Namen der UEN-Fraktion. – (PL) Herr Präsident! Im Iran, wo die Prinzipien des Fundamentalismus von einem Großteil der Gesellschaft unterstützt werden, sehen sich alle demokratischen Organisationen, die auf abweichenden kulturellen Grundsätzen basieren, in ihren Aktivitäten erheblichen Widerständen und einem großen Maß an Intoleranz ausgesetzt. Beispiele dieser Art sind im Iran immer wieder zu beobachten.
Zwar unterzeichnen die im Iran an der Macht stehenden Politiker zur Verbesserung des eigenen Images die eine oder andere aus internationalen Vereinbarungen resultierende Verpflichtung, doch die alltägliche Realität zeigt ein deutlich anderes Bild. Der Fall von Shirin Ebadi, Friedensnobelpreisträgerin und Direktorin des Zentrums zur Verteidigung der Menschenrechte, kann hierfür als Beispiel dienen. Die Tatsache, dass ihre Aktivitäten verfolgt werden, ist auf die Schwäche der herrschenden Klasse zurückzuführen. Sie fürchtet um ihren Status und ist nicht in der Lage, die in antidemokratische Aktivitäten involvierten Fundamentalisten zu disziplinieren. Wir unterstützen die Entschließung. Ich glaube, dass auf diesem Gebiet radikalere Maßnahmen notwendig sind.
Alexandru Nazare (PPE-DE) . – (RO) Die Fälle von Menschenrechtsverletzungen im Iran sind möglicherweise die am wenigsten dokumentierten in der gesamten internationalen Gemeinschaft. Momentan sind keinerlei Anzeichen einer Verbesserung dieser Situation zu erkennen. In dieser Hinsicht handelt es sich bei der Verfolgung von Shirin Ebadi um eine sehr ernste Angelegenheit. Die gleiche Einschätzung trifft auch auf die Situation der sechs Studenten zu, die ich zu einem früheren Zeitpunkt bereits erwähnt hatte.
Ermutigend ist, dass zu diesem Thema bereits mehrere, von verschiedenen politischen Fraktionen initiierte Entschließungsanträge eingebracht wurden. Ich glaube jedoch, dass die von der Europäischen Volkspartei eingebrachte Entschließung unserer Verpflichtung zur Verteidigung der Menschenrechte wesentlich besser entspricht. Ich bin Bürger eines Landes, das in den letzten Jahren zunächst von einem totalitären Regime beherrscht wurde, das dann jedoch von einem demokratischen System abgelöst wurde, in dem Redefreiheit garantiert ist. Ich kann nicht umhin, mit den Beweggründen dieser Frau zu sympathisieren, die für Menschenrechte kämpft. Ich bin sicher, dass diese Angelegenheit auch Berücksichtigung finden wird.
Eine solche konstruktive Kritik kann die Beziehungen zwischen der Europäischen Union und dem Iran nur verbessern.
Paulo Casaca (PSE). – (PT) Ich möchte nicht nur diese Entschließung unterstützen, sondern insbesondere die Position aller Freunde eines freien Irans, die wie Herr Matsakis und andere betont haben, dass das Hauptproblem die Politik der Beschwichtigung gegenüber dem iranischen Regime ist. Diese Politik wird mehr durch Öl- und Handelsabkommen als durch Prinzipien bestimmt.
Die Tatsache, dass die iranischen Volksmudschaheddin auf die Liste der Terrororganisationen gesetzt wurden, war von Anfang an ein Skandal. Dadurch entwickelte sich ein außerordentlich wichtiges reales Problem zu einer Politik, die das Gegenteil des ursprünglich Beabsichtigten erreichte: Unterstützt werden jene, die tatsächlich eine terroristische Politik verfolgen.
Aus diesem Grund möchte ich den Rat nochmals dringend bitten, diese Situation unverzüglich zu beenden und die iranischen Volksmudschaheddin von der Liste der terroristischen Organisationen zu streichen.
Janusz Onyszkiewicz (ALDE). - (PL) Herr Präsident! Zbigniew Brzeziński beschreibt den Bogen der Instabilität von Ägypten bis Pakistan als die Hauptgefahr für globale Stabilität und die weiteren Perspektiven der globalen Entwicklung. Nach seiner Auffassung ist das wichtigste Land in diesem Bogen, eine Art Brückenpfeiler, der Iran. Wenn wir das Problem des Irans nicht lösen, wenn wir nicht sicherstellen, dass der Iran sich zu einem berechenbaren, demokratischen Land entwickelt, wird es sehr schwierig werden, die Gefahr auszumerzen, von der Herr Brzeziński spricht.
Wir sind jedoch nicht in der Lage, im Iran für Demokratie oder Stabilität zu sorgen. Diese Aufgabe müssen die Iraner selbst erfüllen. Dabei meine ich mit den „Iranern“ die im Iran lebenden Menschen, beispielsweise Frau Ebadi, aber auch im Exil lebende Iraner wie Miriam Rajavi. Deshalb ist es wichtig, genau diese demokratischen Bewegungen zu stärken und endlich anzuerkennen, dass es sich bei den Volksmudschaheddin nicht um eine terroristische Organisation handelt.
Zbigniew Zaleski (PPE-DE). - (PL) Herr Präsident! Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass die Situation im Iran der Situation im Gaza-Streifen ähnelt, wo die Hamas herrscht: Beide Regierungen wurden vom Volk gewählt.
Unser Problem ist, dass wir da wenig tun können. Im Iran muss sich etwas ändern. Wir können nur vor der gesamten Welt erklären und dem Iran unsere Botschaft übermitteln, dass wir die Verletzung der Menschenrechte und den Mangel an Demokratie verurteilen – ob ihnen das passt oder nicht. Möglicherweise dienen in diesem Fall unsere Worte als Waffen und unterstützen gleichzeitig jene Menschen im Iran, die für wirkliche Freiheit kämpfen – ein Ziel, das sie hoffentlich erreichen.
Vladimír Špidla, Mitglied der Kommission. – (CS) Herr Präsident, sehr verehrte Damen und Herren! Die Europäische Kommission beobachtet die Entwicklungen bezüglich der Situation von Shirin Ebadi genau und erachtet die Gefahren, der sie und ihre Kollegen seit der Durchsuchung ihres Büros in Teheran am 29. Dezember ausgesetzt sind, für inakzeptabel. Die Durchsuchung des Büros ist nur der jüngste einer ganzen Reihe von Versuchen zur Einschüchterung von Frau Ebadi, wozu auch die im Dezember vollzogene Schließung des Zentrums zur Verteidigung der Menschenrechte gehörte, an dessen Spitze sie stand.
Die Europäische Kommission unterstützt deshalb uneingeschränkt die französische Ratspräsidentschaft der Union, die am 22. und 31. Dezember des vergangenen Jahres zwei Erklärungen zum Fall von Frau Ebadi vorlegte. Die Kommission betont insbesondere die Tatsache, dass die iranischen Behörden ihre internationalen Verpflichtungen auf dem Gebiet der Menschenrechte einhalten müssen. Das gilt insbesondere für das im Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte verbriefte Recht, sich friedlich versammeln zu dürfen. Auch der Iran hat diesen Pakt unterzeichnet und ratifiziert. Folglich muss das Land die Wiedereröffnung der Büros des Zentrums zur Verteidigung der Menschenrechte zulassen und ihnen den seit vielen Jahren geforderten rechtlichen Status zuerkennen.
Wie in der Vergangenheit wird die Kommission auch im Jahr 2009 keine Gelegenheit auslassen, Druck auf die iranischen Behörden auszuüben, um den Schutz von Frau Ebadi und anderer Menschenrechtsaktivisten (seien es Einzelpersonen oder Organisationen) zu gewährleisten und ihnen die Fortsetzung ihrer Aktivitäten im Land gestatten, ohne sich in ihre legitimen Aktivitäten einzumischen.
Wie Sie alle wissen, schränken die Probleme in Bezug auf die Nutzung der Kernkraft und die Menschenrechtssituation den Umfang unserer Aktivitäten im Iran stark ein. Trotzdem wird die Kommission 2009 die Zusammenarbeit auf gemeinsamen Interessengebieten fortsetzen, insbesondere beim Kampf gegen den Drogenhandel. Es ist uns auch gelungen, einige Programme zur Stärkung der Menschenrechte und zur ordnungsgemäßen öffentlichen Verwaltung weiterzuführen. Dazu gehört beispielsweise ein zusammen mit der UNICEF realisiertes Projekt zur Unterstützung der Rechte von Kindern sowie Projekte zur Unterstützung einer Reform des Rechtssystems.
Wir verfolgen auch Aktivitäten, die auf eine Intensivierung der Kooperation und des Austauschs auf dem Gebiet der Bildung und Kultur abzielen. Dazu gehört der Austausch im Rahmen des Programms „Erasmus Mundus“, der kürzliche Aufenthalt mehrerer iranischer Journalisten in Brüssel sowie die Übertragung von Fernsehprogrammen in persischer Sprache, die die Kommission noch vor dem Ende dieses Jahres starten möchte. Trotzdem ist klar, dass sich unsere Beziehungen nicht normal entwickeln können, wenn sich die Menschenrechtssituation im Iran nicht deutlich verbessert.
Der Präsident. – Die Aussprache ist geschlossen.
Die Abstimmung findet am Ende der Aussprache statt.
Der Präsident. – Als nächster Punkt folgt die Aussprache über sechs Entschließungsanträge zur Lage in Guinea.(1)
Marios Matsakis, Verfasser. − Herr Präsident! Guinea hat eine sehr wechselvolle Geschichte durchlebt, und die europäischen Länder waren an der tragischen Vergangenheit dieses Landes in der einen oder anderen Weise beteiligt. Im 15. Jahrhundert wurde das Land von den Portugiesen besetzt. Im 16. Jahrhundert und darüber hinaus gehörte Guinea zu jenen Ländern, dessen Einwohner als Sklaven gehandelt wurden. 1890 wurde es von Frankreich kolonialisiert. Nach seiner Unabhängigkeit 1958 kam es zu einer engen Anbindung an die Sowjetunion. Die postkoloniale Zeit von Guinea war größtenteils von präsidialem Totalitarismus bestimmt, wobei die Machtbasis der politischen Führung die zugegebenermaßen eher primitive Armee war.
Guinea ist zwar mit einem großen Reichtum an Bodenschätzen, darunter Eisen, Bauxit, Gold, Diamanten und Uran, gesegnet, gehört aber dennoch zu den ärmsten Ländern der Welt. Die Bodenschätze werden von Unternehmen aus Russland, der Ukraine, Frankreich, Großbritannien, Australien und Kanada ausgebeutet.
Dass unter den Beamten Korruption weit verbreitet ist, ist allgemein bekannt. Die Regierungen der Länder, aus denen diese Unternehmen stammen, sind offensichtlich nur in sehr geringem Maße am Wohlergehen der Einwohner von Guinea interessiert und erheben nur dann ihr Wort gegen die haarsträubende Menschenrechtssituation in diesem Land, wenn ihre finanziellen Interessen beeinträchtigt oder gefährdet sind.
Wie dem auch sei: Gegenwärtig ist in Guinea ein weiterer Diktator an der Macht, Hauptmann Camara, ein junger Armeeoffizier. Er steht an der Spitze einer Junta, die gelobt, das Land von Korruption zu befreien und den Lebensstandard seiner 10 Millionen Einwohner zu verbessern. Deshalb wurde zur Führung des Landes ein 32-köpfiger Nationalrat für Demokratie und Entwicklung eingesetzt.
Ich weiß nicht, ob Hauptmann Camara in seinen Bemühungen aufrichtig ist und ob er mit seinen Bemühungen zur Verbesserung der allgemeinen Lage in Guinea erfolgreich sein wird. Eines ist jedoch sicher: Schlechter als in den letzten Jahrzehnten kann es nicht werden, als Europa und der Rest der Welt glücklich damit war, sich zurücklehnen, die Lage beobachten und die Vorteile der Ausbeutung der Bodenschätze von Guinea nutzen zu können. Zwar bin ich a priori gegen Militärdiktaturen, doch ich kann nur hoffen, dass nach kurzer Zeit ein Übergang zur Demokratie hergestellt werden kann.
Jean-Pierre Audy, Verfasser. − (FR) Herr Präsident, Herr Špidla, sehr verehrte Damen und Herren! Am 22. Dezember 2008 ist der Präsident der Republik Guinea, Lanzana Conté, im Alter von 74 Jahren verstorben. Im Verlaufe der Nacht vom 22. zum 23. Dezember, inmitten von Gerüchten über einen Staatsstreich, waren seine engsten Verwandten intensiv bemüht, Vorkehrungen für die Übergangszeit zu treffen.
Waren sie in genau diesem Moment ehrlich, diese Männer an der Spitze eines Landes, das von Transparency International als eines der korruptesten weltweit eingestuft wird und in dem von Recht und Demokratie noch nie die Rede sein konnte? Haben sie sich in genau diesem Moment daran erinnert, dass vor 24 Jahren der General Lanzana Conté die Macht an sich riss, als der Vater der Unabhängigkeit von 1958, der marxistische Präsident Sékou Touré, 1984 starb? Dachten sie in genau diesem Moment daran, dass ein für die Kraftstoffbeschaffung der Armee verantwortlicher, einfacher Offizier die Macht an sich reißen würde? Haben sie es in genau diesem Moment bedauert, nicht hart genug am Aufbau wirklicher Rechtsstaatlichkeit und echter Demokratie gearbeitet zu haben? Dann wäre es möglich gewesen, innerhalb von 60 Tagen, wie durch die Verfassung vorgeschrieben, die für die Demokratie so wertvollen Wahlen anzusetzen.
Wenn sie tatsächlich dieses Bedauern empfunden hätten, hätten sich die Gefühle von Hauptmann Moussa Dadis Camara und die seiner Freunde innerhalb weniger Stunden in Reue gewandelt. Am Mittwoch, dem 24. Dezember, rief sich der unbekannte Hauptmann zum Präsidenten der Republik aus, wobei ihm Tausende Einwohner Guineas zujubelten. Am 25. Dezember lies er die zivile Regierung den Treueeid schwören, die sich seinem Ultimatum unterwarf. Er versprach, die Korruption zu bekämpfen und bis 2010 Wahlen zu organisieren. Außerdem ernannte er einen ehrlichen Mann, der bis dahin in Ägypten als internationaler Beamter tätig war, zum Premierminister. Er sprach davon, wie glücklich er sei, dass ihn niemand in Guinea verurteilte; die Oppositionsparteien und die Zivilgesellschaft akzeptierten die Situation.
Sollte der Staatsstreich unter diesen Umständen verurteilt werden? Ja, sehr verehrte Damen und Herren, wir müssen ihn verurteilen! Die EVP-Fraktion, in deren Namen ich die Ehre habe zu sprechen, verurteilt diesen Staatsstreich. Aber wir sind auch nicht naiv und wissen, dass politische Lösungen in einem Land, das sich aus einer Diktatur entwickelt, niemals einfach sind. Wir rufen Sie auf, der von sechs politischen Fraktionen gemeinsam eingebrachten Entschließung zuzustimmen.
Erik Meijer, Verfasser. − (NL) Herr Präsident! Am 15. Februar 2007 diskutierten wir über die von Diktator Lansana Conté in Guinea ausgeübte Gewalt, wobei wir dieses Thema als dringende Angelegenheit behandelten. Dieser Diktator kam 1984 nach einem Staatsstreich an die Macht, die er seitdem innehielt. Er betrachtete das Land als seinen Privatbesitz, was angesichts der vorhandenen Bodenschätze wie Gold, Eisen und Bauxit von besonderer Bedeutung war. Die meisten Parteien boykottierten die unter seiner Kontrolle organisierten Wahlen, und die zeitweilig im Parlament vertretene offizielle Opposition musste dieses später verlassen.
Folglich entwickelten sich die beiden Gewerkschaftsverbände CNTG und USTG zu den wichtigsten Kräften im Kampf um Demokratie. Die vom Sohn des Diktators geführten Sicherheitskräfte reagierten auf eine von den Gewerkschaften organisierte Protestkundgebung am 22. Januar 2007 mit Gewalt, wobei 59 Personen getötet und weitere 150 verwundet wurden.
Mit dem Tode des Diktators im Dezember letzten Jahres fand dieses Schreckensregime ein unerwartetes Ende. Die Junta setzt einen Banker als neuen Premierminister ein. Die Frage ist nun, wofür die Militärjunta, die schließlich die Macht übernahm, den Boden bereitete. Handelt es sich dabei um einen Schritt in Richtung Demokratie und Gleichheit aller Einwohner des Landes, oder bereitet dieser neuerliche Staatsstreich den Weg für einen neuen Diktator, der wiederum vor allem an den natürlichen Ressourcen des Landes und der Aussicht, sich die Taschen füllen zu können, interessiert ist?
Das Ausland reagiert auf die Vorgänge in diesem Land konfus. Die Westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft (ECOWAS) verurteilte den letzten Staatsstreich. Der nigerianische Präsident würdigt den verstorbenen Diktator, verlangt glücklicherweise aber auch eine reibungslose Übergabe der Macht an eine demokratisch gewählte Regierung. Auch Frankreich und Senegal drängen auf Wahlen innerhalb eines Jahres.
Meine Fraktion hat in den letzten Jahren immer die Forderungen der demokratischen Opposition von Guinea unterstützt, die jedoch noch immer politisch chancenlos zu sein scheint. Wir verurteilen den Machtwechsel nicht, doch wir verurteilen die mögliche Fortsetzung mangelnder demokratischer Zustände in näherer Zukunft. Momentan gibt es keinen Grund für eine Bestrafung oder Isolierung Guineas. Wir sollten jedoch die neue Staatsführung daran erinnern, dass ihr Aufenthalt im Rampenlicht möglicherweise nur von sehr kurzer Dauer ist. Dieses Land braucht keinen neuen Diktator, sondern die Wiederherstellung der Demokratie.
Filip Kaczmarek, im Namen der PPE-DE-Fraktion. – (PL) Herr Präsident, Herr Kommissar! Glücklicherweise sind die Zeiten vorbei, in denen ein Militärputsch die einzige Möglichkeit war, eine westafrikanische Regierung zu stürzen. In einigen Nachbarländern von Guinea, nämlich in Sierra Leone, der Elfenbeinküste, Senegal oder Liberia, setzt sich allmählich politisches Tauwetter durch. Dort sind die Militärregime zusammengebrochen, und es entwickelt sich eine junge Demokratie. Guinea bleibt jedoch der Vergangenheit verhaftet. Der verstorbene Präsident Conté war durch einen Militärputsch an die Macht gekommen. Nun hat man ein gewisses Déjà-vu-Erlebnis. Vierundzwanzig Stunden nach der Bekanntgabe des Todes des Präsidenten riss das Militär die Macht in Guinea an sich und setzte die Verfassung außer Kraft.
Die einzige gute Nachricht ist, dass dieser Coup von anderen afrikanischen Staaten und von der Afrikanischen Union verurteilt wurde. Weitere Hilfen der Europäischen Union für Guinea müssen zweifelsohne an den Wiederaufbau der verfassungsgemäßen Ordnung und die schnellstmögliche Ausrufung von Präsidentschaftswahlen geknüpft werden. Unabhängige internationale Organisationen sollten den Wahlprozess und die Fairness der Wahlen beobachten. Falls Hauptmann Camara auch nur in Ansätzen den Wunsch hat, ein guineischer Obama zu werden, müssten Korruption und Armut in diesem Land radikal abgebaut werden.
Ewa Tomaszewska, im Namen der UEN-Fraktion. – (PL) Herr Präsident! Am Tag nach dem Tod von Präsident Lansana Conté, am 23. Dezember 2008, übernahm in Guinea eine Militärjunta unter der Leitung von Hauptmann Camara die Macht. Sie setzte die Verfassung und das Recht auf politische Betätigung außer Kraft und löste die Regierung auf. Die Junta erklärte der Korruption den Krieg und beabsichtigt die Durchführung von Neuwahlen bis zum Dezember 2010. Bis dahin war gesetzlich festgelegt, dass Wahlen spätestens 60 Tage nach dem Ende einer Amtszeit durchgeführt werden müssen.
Man darf jedoch nicht übersehen, dass die Bevölkerung von Guinea die neue Regierung unterstützt. Am 29. Dezember setzte die Afrikanische Union die Mitgliedschaft von Guinea in der Organisation außer Kraft und gab dem Land sechs Monate Zeit für den Wiederaufbau der verfassungsgemäßen Ordnung. Das Europäische Parlament sollte die guineische Regierung auffordern, das bürgerliche Recht wieder in Kraft zu setzen und schnellstmöglich demokratische Präsidentschaftswahlen durchzuführen. Ich hoffe, dass die Europäische Kommission der Zivilbevölkerung humanitäre Hilfe leistet und einen Prozess des Dialogs mit der Regierung Guineas einleitet.
Charles Tannock (PPE-DE). – Herr Präsident! Präsident Lansana Conté war der Prototyp eines starken Mannes in Afrika, ein korrupter Diktator, der das Volk von Guinea mit eiserner Faust beherrschte. Tatsächlich kam Guinea im ersten halben Jahrhundert seiner Unabhängigkeit nie in den Genuss wirklicher Demokratie.
Der Tod von Herrn Conté bietet Guinea die Chance, das Blatt zu wenden. Der Militärputsch zerstörte jedoch alle Hoffnungen auf einen Übergang zu einer wirklichen Demokratie. Wie vorherzusehen war, fiel die Reaktion der Afrikanischen Union auf den Putsch erbärmlich lustlos aus. Die AU kann nicht erwarten, international ernst genommen zu werden, wenn sie auch weiterhin Tatsachen verdreht und auf Zeit spielt. Warum sollten wir im Westen in dieser Angelegenheit große Anstrengungen unternehmen, wenn die afrikanischen Regierungen so uneinheitlich auftreten?
Die EU sollte erwägen, die im Abkommen von Cotonou festgelegten Sanktionsbestimmungen umzusetzen. Hauptmann Camara und die anderen Führer des Militärputsches müssen verstehen, dass die EU als Gegenleistung für Handel und Unterstützung die Einhaltung bestimmter Standards der Regierungsarbeit erwartet. Die einzige Möglichkeit für Guinea, zu Wohlstand zu gelangen, ist eine demokratische, zivile Regierung.
Zdzisław Zbigniew Podkański (UEN). – (PL) Herr Präsident, Herr Kommissar! Wir sehen uns nun mit einem weiteren Fall konfrontiert, in dem eine Gruppe von Offizieren die Macht an sich reißt. Militärjunten handeln immer nach einem ähnlichen Schema: Zunächst werden Personen verhaftet, dann wird die Verfassung außer Kraft gesetzt, und später wird die Ausrufung demokratischer Wahlen angekündigt. In diesem Fall sollen die Wahlen in zwei Jahren stattfinden. In der Praxis ist es jedoch häufig so, dass die Offiziere allmählich Gefallen an der Machtausübung finden. Dies führt dann zu sozialer Unterdrückung und Revolten sowie zur Verletzung von Menschenrechten und demokratischen Prinzipien. Wir haben Grund zu der Annahme , dass in Guinea das gleiche passiert, obwohl wir auch hoffen, dass diesmal die Dinge einen anderen Lauf nehmen, die Ereignisse sich zum Guten wenden und das Ergebnis positiver sein wird.
Ich denke, dass die Ankündigung der Westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Afrikanischen Union, die Mitgliedschaft Guineas in ihren Organisationen auszusetzen, einen gewissen Druck ausübt und an den gesunden Menschenverstand appelliert. Außerdem glaube ich, dass die Europäische Union und demzufolge auch die Europäische Kommission angesichts der sozialen Situation, das heißt des permanent sinkenden Pro-Kopf-Einkommens, ebenfalls angemessene und wohlüberlegte, aber auch couragierte Maßnahmen ergreifen wird, um sicherzustellen, dass in diesem Land schnellstmöglich wieder Normalität Einzug hält. Das liegt im Interesse der Menschen, trägt aber auch dazu bei, Genozid und Menschenrechtsverletzungen zu vermeiden.
Laima Liucija Andrikienė (PPE-DE). – (LT) Heute diskutieren wir über den Staatsstreich in Guinea, einem der korruptesten Länder Afrikas. Darüber hinaus ist die soziale und wirtschaftliche Situation in Guinea wenig beneidenswert. Die Lebensbedingungen der Einwohner sind extrem hart, es mangelt an Grundnahrungsmitteln und die Menschenrechte werden grob verletzt. Eine solche Gemengelage führt zur Herausbildung eines Umfelds, das eine Machtergreifung mit illegalen Mitteln begünstigt.
Andererseits wissen wir sehr gut, dass die Machtübernahme durch einen Militärputsch in Guinea Tradition hat. Als die Wahlperiode der Nationalversammlung vor zwei Jahren endete, wurden keine Parlamentswahlen ausgerufen. Alle diese Umstände beunruhigen zweifellos die internationale Gemeinschaft. In jedem Land führt eine solche Situation früher oder später zu Aufruhr, Instabilität und häufig auch Blutvergießen.
Deshalb erkläre ich mich mit der debattierten Entschließung einverstanden, durch die die Organisation von Parlaments- und Präsidentschaftswahlen, die Einhaltung internationaler Standards sowie Hilfen seitens der Afrikanischen Union und der Westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft verlangt werden. Darüber hinaus müssen vor den Wahlen Presse-, Rede- und Versammlungsfreiheit garantiert werden. Anderenfalls bleiben die Wahlen eine Farce.
Leopold Józef Rutowicz (UEN). – (PL) Herr Präsident! Der Staatsstreich in Guinea lief nach demselben Strickmuster wie die Mehrzahl ähnlicher Umwälzungen in Afrika und auf anderen Kontinenten ab. Er ereignete sich unmittelbar nach dem Tod von Präsident Conté, der selbst nach einem Militärputsch vor 24 Jahren an die Macht gekommen war. Die wirtschaftliche und soziale Situation dieses extrem armen Landes bewegt die Menschen dazu, zu protestieren. Diese Proteste werden dann von den bewaffneten Kräften niedergeschlagen, die eine korrupte Regierung und die Teilung des Landes in wohlhabende und arme Menschen, die an Hunger sterben, stützen.
Die Tatsache, dass die Afrikanische Union und die Westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft ihre Beziehungen zur Militärjunta ausgesetzt haben, ist ein positiver Schritt in dieser Angelegenheit. Externer Druck kann die Junta dazu zwingen, demokratische Wahlen auszurufen. Die Lehre aus dieser Situation besteht darin, dass die Afrikanische Union zur Unterstützung der Demokratie in Afrika einen Maßnahmeplan braucht, durch den Militärputsche vermieden werden, die zu enormen Verlusten für die Zivilbevölkerung dieser armen Weltregion führen. Ich unterstütze diese Entschließung.
Vladimír Špidla, Mitglied der Kommission. – (CS) Herr Präsident, sehr verehrte Damen und Herren! Auf die Nachricht vom Tod des guineischen Präsidenten Lansana Conté, die uns am Morgen des 23. November 2008 erreichte, folgte nur wenige Stunden später ein Militärputsch. An dessen Spitze stand eine Junta, die einen Nationalrat für Demokratie und Entwicklung bildete, die Verfassung außer Kraft setzte und die Regierungsinstitutionen auflöste.
Die Europäische Kommission unterstützt von ganzem Herzen die Erklärung der EU-Ratspräsidentschaft, mit der diese gewaltsame Machtübernahme verurteilt und die Machthaber in Guinea aufgerufen werden, schnellstmöglich zu einer zivilen, verfassungsgemäßen, demokratischen Regierung zurückzukehren. Dass die guineische Öffentlichkeit, insbesondere die politischen Parteien und die Gewerkschaften, die Machtübernahme durch das Militärregime begrüßt, zeigt eindeutig, dass sich der Lebensstandard der Guineer so weit verschlechtert hat, dass selbst ein Militärputsch als Veränderung zum Besseren und als Ereignis betrachtet wird, das optimistische Zukunftsaussichten wecken kann. Dies zeigt auch, dass das ehemalige Regime das Vertrauen der Guineer in einem solchen Maß verloren hat, dass sie eine Machtübernahme durch militärische Einheiten gegenüber den offiziellen Nachfolgern den Vorzug gaben.
In dieser konfusen Situation sind die schnellen und effektiven Initiativen der Westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft (ECOWAS) und ihres Vorsitzenden, Herrn Chambas, sowie auch die Konsequenz und Entschlusskraft dieser Gemeinschaft und der Afrikanischen Union sehr zu begrüßen. Beide Organisationen haben die Mitgliedschaft Guineas ausgesetzt und die gewaltsame Machtübernahme verurteilt. Die Kommission ist entschlossen, die Bemühungen der ECOWAS und der Afrikanischen Union zu unterstützen, um eine schnellstmögliche Rückkehr zu einer zivilen, verfassungsgemäßen, demokratischen Regierung durch freie und transparente Wahlen zu ermöglichen.
Die internationale Gemeinschaft ist in den nächsten Monaten mit der Herausforderung konfrontiert, Guinea bei seinem Übergang zur Demokratie und bei der Organisation freier und demokratischer Wahlen zu einer gesetzgebenden Versammlung sowie zur Bestimmung eines Präsidenten zu unterstützen.
Sehr verehrte Damen und Herren, wie Sie wissen, haben wir im März 2004 nach Wahlen, bei denen gegen demokratische Prinzipien verstoßen wurde und die eine Verletzung grundlegender Elemente des Abkommens von Cotonou darstellten, entschieden, gemäß Artikel 96 des Vertrags Konsultationen zwischen Guinea und der Europäischen Union aufzunehmen. Dabei wurden auf folgenden Gebieten Fortschritte erreicht: 2006 folgten allgemeine Wahlen, die Medien wurden liberalisiert, das Wahlsystem wurde von der Regierung und der Opposition gemeinsam verändert, und auch bezüglich der makroökonomischen Rahmenbedingungen wurden Verbesserungen erreicht.
Wir geben die Hoffnung nicht auf. Wir glauben fest daran, dass der im Oktober des vergangenen Jahres begonnene Wahlprozess erfolgreich wieder aufgenommen werden kann. Am Donnerstag dieser Woche reist eine gemeinsame Mission der Präsidentschaft und der Kommission nach Guinea. Dieser Mission gehören auch Gruppen der ECOWAS und der Afrikanischen Union an. Ihr Ziel wird es sein, die Situation im Land zu bewerten und geeignete Maßnahmen zur Unterstützung Guineas beim Übergang zur Demokratie vorzuschlagen.
Der Präsident. – Die Aussprache ist geschlossen.
Die Abstimmung findet am Ende der Aussprache statt.
Der Präsident. - Als nächster Punkt folgt die Aussprache zu den sechs Entschließungsanträgen zur Pressefreiheit in Kenia.(1)
Marios Matsakis, Verfasser. − Herr Präsident! Pressefreiheit ist gleichbedeutend mit Meinungsfreiheit und Demokratie. Auf unsere Gesellschaft ist dieser Satz jedoch nicht in dieser idealen Form anzuwenden. Auch in einigen westlichen Ländern, darunter in den USA und einigen EU-Mitgliedstaaten, sind Phänomene wie Medienbarone und die Beeinflussung der Medien durch politische Parteien keine Seltenheit, sondern weit verbreitet. Doch zumindest aufgrund der Gesetzgebung genießen die Medien in unseren Gesellschaften jenen theoretischen Rechtsschutz, den sie brauchen, um bestmöglich funktionieren zu können.
In diesem Punkt gestatten wir uns, anderer Meinung als die kenianische Regierung zu sein, die legislative Maßnahmen in Kraft setzt, welche zur Unterdrückung und Verfolgung der Presse durch den Staat genutzt werden können. Deshalb rufen wir die kenianischen Behörden auf, ihren Standpunkt in dieser Angelegenheit zu überdenken und den eigenen Massenmedien die gesetzliche Freiheit zu geben, die sie brauchen, um mindestens versuchen zu können, möglichst demokratisch zu funktionieren. Die kenianische Regierung muss verstehen und akzeptieren, dass der Schutz der Presse von grundlegender Bedeutung für den weiteren Weg des Landes zu einer Verbesserung des Lebensstandards seiner Bürger ist. Wir hoffen und sind zuversichtlich, dass der mit dieser Entschließung von uns vorgetragene Appell nicht als Einmischung betrachtet wird, sondern lediglich als freundschaftlicher Rat an die Regierung von Kenia. Folglich hoffen wir auch, dass dieser Appell ernsthaft berücksichtigt wird und die bisher unternommenen Schritte nochmals überdacht werden.
Lidia Joanna Geringer de Oedenberg, Verfasserin. − (PL) Herr Präsident! Kenia führt schon seit langer Zeit einen harten Kampf gegen eine schwere politische Krise. Der derzeitige Präsident, Herr Kibaki, setzt Maßnahmen um, mit denen eindeutig die Absicht verfolgt wird, die Rede- und Pressefreiheit einzuschränken. Am 2. Januar 2009 verletzte er die Bestimmungen der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte sowie der Afrikanischen Charta der Menschenrechte, indem er Änderungen am kenianischen Informationsgesetz aus dem Jahre 1998 sanktionierte, durch die die nationalen Behörden neue Rechte erhalten, darunter auch das Recht auf Demontieren von Rundfunk- und Kommunikationstechnik, sowie das Recht zur Kontrolle und Veränderung der Inhalte von Veröffentlichungen in Massenmedien. Die internationale Gemeinschaft erkannte in dieser Vorgehensweise einmütig einen weiteren Schritt in Richtung einer Medienzensur in Kenia.
Darüber hinaus hat es der kenianische Präsident trotz früherer im Rahmen von Vereinbarungen zur Bildung der großen Koalition in Kenia eingegangenen Verpflichtungen unterlassen, in Zusammenhang mit dieser und anderen Entscheidungen den Premierminister zu konsultieren. Das verschärfte die seit über einem Jahr andauernde Krise in Kenia noch, aufgrund der bisher ca. 1 000 Menschen ums Leben kamen und 350 000 ihr Obdach verloren. Bei einer solchen unverhohlenen Verletzung von Grundfreiheiten kann die Europäische Union nicht zusehen.
Wir sollten die vom kenianischen Präsidenten abgegebenen Zusicherungen begrüßen, die Veränderungen zu überarbeiten und alle politischen Kräfte in dieser Angelegenheit zu konsultieren, damit die Veränderungen eine neue, demokratische Qualität erhalten und eine breite Unterstützung durch die kenianische Gesellschaft sichergestellt ist. Die Europäische Union muss diese Maßnahmen unterstützen und detailliert überwachen sowie den Pluralismus beim Aufbau einer Zivilgesellschaft fördern. Gleichzeitig sollten die kenianischen Behörden stärkere Anstrengungen unternehmen, um Normalität im Land herzustellen. Dazu gehört auch die Schaffung eines Sonderausschusses aus lokalen und internationalen Experten, um die Schuldigen an der Gewalt und dem Ausbruch der Krise im Vorjahr zu bestrafen. Es besteht die Chance, dass diese Maßnahmen die Lage im Land stabilisieren und eine humanitäre Katastrophe verhindern, die diesem ostafrikanischen Land mit seinen zehn Millionen Einwohnern unvermeidlich droht.
Colm Burke, Verfasser. − Herr Präsident! Ich bedaure die Unterzeichnung eines Gesetzes zur Veränderung des kenianischen Mediengesetzes durch Präsident Kibaki. Dieses neue Gesetz stellt eine Missachtung der Rechte auf Meinungs- und Pressefreiheit dar, die in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte verankert sind und in anderen internationalen Konventionen wiederholt werden, darunter auch in der Afrikanischen Charta der Menschenrechte und der Rechte der Völker.
Mit diesem Gesetz würde der kenianische Informationsminister erhebliche Befugnisse erhalten, um Razzien in Medienhäusern durchzuführen, die als Bedrohung der nationalen Sicherheit eingestuft werden. Auch ein Demontieren der in diesen Häusern befindlichen Rundfunktechnik wäre dann möglich. Dadurch erhielte darüber hinaus der Staat die Macht, die von den elektronischen und Printmedien auszustrahlenden bzw. zu veröffentlichenden Inhalte zu regulieren. Ich begrüße jedoch, dass Präsident Kibaki seine Bereitschaft zur Veränderung dieses Mediengesetzes sowie zur Berücksichtigung von Änderungsvorschlägen erkennen ließ, die von Medienmitarbeitern eingebracht wurden.
Die Meinungsfreiheit ist ein Grundrecht, das im Artikel 19 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte formuliert ist. Ich rufe die kenianische Regierung auf, Konsultationen mit allen betroffenen Seiten aufzunehmen, um einen Konsens darüber zu erreichen, wie die Medienindustrie besser zu regulieren ist, ohne dass dies mit Eingriffen in die Pressefreiheit sowie mit der Verletzung anderer in der Grundrechtecharta verankerter Rechte verbunden ist.
Schließlich möchte ich noch unterstreichen, dass es notwendig ist, die Kultur der Straffreiheit in Kenia zu korrigieren, sodass die Verantwortlichen für die Gewalt nach den Wahlen vor einem Jahr der Justiz übergeben werden können. Ich rufe dazu auf, eine unabhängige Kommission einzusetzen, der lokale und internationale Rechtsexperten angehören, die die Gewaltereignisse nach den umstrittenen Wahlen im Dezember 2007 untersuchen und strafrechtlich verfolgen können.
Erik Meijer, Verfasser. − (NL) Herr Präsident! Die Geschichte Kenias ist reich an Gewalt. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde in Europa nach und nach akzeptiert, dass die Unabhängigkeit der afrikanischen Staaten letztlich unvermeidlich ist. Kenia wurde dabei jedoch ausdrücklich ausgeklammert, wie auch ein anderes, heute unter dem Namen Simbabwe bekanntes Land. Nach Meinung der kolonialen Machthaber gab es dort zu viele ausländische Kolonisten, aber auch zu viele wirtschaftliche Interessen anderer Länder, als dass man das Schicksal dieser beiden Staaten in die Hände der vorwiegend schwarzen Bevölkerung hätte legen können.
Im Unterschied zu anderen westafrikanischen Staaten wurde die Unabhängigkeit in Kenia nicht auf friedlichem Wege erreicht, sondern erst nach einem langwierigen, gewalttätigen Kampf der Unabhängigkeitsbewegung Mau Mau. Diese Notwendigkeit eines bewaffneten Kampfes bildete die Grundlage für andauernde Gewalt und Feindseligkeiten. Die Sieger gehören zumeist einem großen Volksstamm, den Kikuyu, an. Andere Volksgruppen blieben immer in der Opposition, falls notwendig auch durch manipulierte Wahlergebnisse. Die letzten Präsidentschaftswahlen belegten erneut, dass eine Person, die nicht dem Stamm der Kikuyu angehört, auch dann nicht Präsident werden kann, wenn die Wähler mehrheitlich für sie stimmen.
Dank eines Kompromisses ist der Kandidat der Opposition nun Premierminister, und es hat den Anschein, als sei der Frieden im Land wieder hergestellt. Von den beiden afrikanischen Ländern mit manipulierten Präsidentschaftswahlen gilt Simbabwe als das Land, in dem ein schlechter Kompromiss erzielt wurde. Der Kompromiss in Kenia wird dagegen allgemein gewürdigt. Jahrelang hielten Westeuropa und Amerika Kenia für eine große Erfolgsgeschichte. Im Land herrschte relativer Wohlstand und Freiheit für internationale Unternehmen, zum Westen bestanden freundschaftliche Beziehungen, das Land war für Touristen attraktiv. Dieses Image Kenias als Erfolgsgeschichte gehört nun der Vergangenheit an. Nahrungsmittelmangel und ein neues Pressegesetz sorgen für neue Spannungen. Der Nahrungsmittelmangel ist teilweise auch auf die Tatsache zurückzuführen, dass der Präsident als Gegenleistung für den Bau des Hafens 40 000 Hektar Agrarland an den Ölstaat Katar für Nahrungsmittellieferungen verpachtet hat.
Das Pressegesetz ist nun offensichtlich ein Hebel, den der Präsident nutzt, um die Macht der Koalitionsregierung zu begrenzen und kritische Gegner zu eliminieren. Umso erschreckender ist, dass der Premierminister in allen diesen Fragen nicht einmal konsultiert wurde. Der zwischen dem Präsidenten und dem Premierminister abgeschlossene Koalitionskompromiss ist gefährdet, wenn der Präsident die Möglichkeit erhält, den Premierminister zu umgehen, die Rolle der Regierung zu begrenzen und seine eigene Rolle vor der kritischen Presse zu schützen.
Charles Tannock, im Namen der PPE-DE-Fraktion. – Herr Präsident! Bis zum Gewaltausbruch im Vorjahr hatte Kenia den Ruf, zu den politisch stabileren Ländern Afrikas zu gehören. Außerdem existierte im Land traditionell eine relativ freie, etablierte Presse.
Präsident Kibaki muss erkennen, dass politische Stabilität und eine freie Presse einander stärken. Die vorgeschlagene Einschränkung der Redefreiheit ist einem Mann unwürdig, der bei seiner Machtübernahme eine neue Ära der Offenheit und Transparenz versprochen hatte. Leider hat es den Anschein, als hätten viele führende Politiker in Kenia noch immer keine ausreichend dicke Haut entwickelt, um mit der bei einer freien Presse und demokratischen Verhältnissen unvermeidlichen Kritik umgehen zu können. Ich hoffe, dass Präsident Kibaki unseren Rat annimmt und seine Meinung noch ändert. Dadurch würden wir erneut die Sicherheit haben können, dass sich die politische Führung Kenias für eine freie Gesellschaft einsetzt und die bedeutendsten politischen Parteien die Macht in einer Koalitionsregierung teilen. Darüber hinaus würde auf diese Weise die Rolle Kenias als moralische Autorität und Führungskraft in einer instabilen Region gestärkt.
Ich begrüße die Zusicherung des Präsidenten, nun Änderungen an diesem Gesetz zu erwägen und intensivere Konsultationen mit den Medien aufzunehmen. Angesichts der Tatsache, dass der Premierminister Raila Odinga und seine Partei, die ODM, vehement gegen dieses Gesetz eintreten, ist es auch für die Stabilität der Regierung von grundlegender Bedeutung, dass durch dieses politische Problem nicht noch mehr Öl ins Feuer gegossen wird und sich die politischen Gräben im Land vertiefen.
Catherine Stihler, im Namen der PSE-Fraktion. – Herr Präsident! Ich freue mich, dass ich die Gelegenheit habe, zu diesem gemeinsamen Entschließungsantrag zur Pressefreiheit in Kenia Stellung nehmen zu können. Vor einem Jahr war ich wie viele andere bestürzt und enttäuscht darüber, dass nach den umstrittenen Präsidentschaftswahlen in Kenia Straßendemonstrationen zu Aufruhr und ethnischen Konflikten führten, die sich im gesamten Land verbreiteten und bei denen über tausend Menschen getötet sowie weitere 350 000 obdachlos wurden. Die Verantwortlichen für die Gewaltausbrüche nach den Wahlen vor einem Jahr müssen der Justiz übergeben werden. Für Kenia ist es wichtig, dass nun eine Zeit der Versöhnung und Toleranz folgt.
Vor diesem Hintergrund ist es eine sehr schlechte Nachricht, dass Präsident Kibaki am Freitag, dem 2. Januar 2009, das kenianischen Medien-Änderungsgesetz 2008 unterzeichnete, mit dem das kenianische Mediengesetz aus dem Jahr 1998 geändert wird. Diese Gesetzesvorlage ist ein Schlag gegen die Pressefreiheit und widerspricht internationalen Konventionen, die auch von der kenianischen Regierung unterzeichnet wurden. Zwei Abschnitte dieser Gesetzesvorlage bewirken im Grunde, dass eine direkte Medienzensur durch die Regierung eingeführt wird. Durch den Abschnitt 88 werden an den Informationsminister erhebliche Befugnisse übertragen, Razzien und eine Demontage von Technik in Medienhäusern veranlassen zu können, die als Gefahr für die nationale Sicherheit gelten. Durch den Abschnitt 46 erhält der Staat die Vollmacht, die von elektronischen und Printmedien auszustrahlenden bzw. zu veröffentlichenden Inhalte zu regulieren. In Kenia selbst stößt der Gesetzentwurf bei Journalisten, bei Premierminister Odinga und bei der ODM auf Widerstand. Seine Annahme deutet auf erhebliche Mängel bei der Konsultation innerhalb der derzeitigen großen Koalition hin. Ich bedauere die Annahme dieses Gesetzentwurfs und fordere, dass bei einer überarbeiteten Version des Medienrechts die vielen zum Ausdruck gebrachten Vorbehalte berücksichtigt werden.
Ewa Tomaszewska, im Namen der UEN-Fraktion. – (PL) Herr Präsident! Als Mitglied der Solidarność und jemand, der mit dem Kriegsrecht in Polen vertraut ist, weiß ich, dass Redefreiheit das Lebenselixier der Demokratie ist. Auch die kenianische Regierung hat die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte und andere internationale Konventionen unterschrieben und ratifiziert, darunter auch die Afrikanische Charta der Menschenrechte und der Rechte der Völker. Diese Konventionen beinhalten das Grundrecht der Redefreiheit.
Heute informiert uns der ostafrikanische Journalistenverband darüber, dass die Regierung beabsichtigt, in Kenia eine Zensur einzuführen. Ich hoffe, dass Präsident Kibaki an der Mediengesetzgebung keine Veränderungen vornimmt, die die Redefreiheit beeinträchtigen könnten. Ich rufe die kenianischen Behörden auf, ihre Pläne zur Einführung einer Zensur aufzugeben und einen Konsens herzustellen, um die Pressefreiheit und den öffentlichen Kommunikationssektor zu fördern. Ich hoffe, dass in Kenia die Rechte der religiösen und ethnischen Minderheiten respektiert werden. Vor einem Jahr starben über tausend Personen bei Protesten in Zusammenhang mit den Wahlen. 350 000 Menschen wurden obdachlos. Ich hoffe, dass die Verantwortlichen für diese Vorfälle angemessen bestraft werden.
Tadeusz Zwiefka (PPE-DE). – (PL) Herr Präsident! Selbst wenn wahr sein sollte, dass einige private Medien in Kenia den Aufruhr nach der emotionalen Wahlkampagne schürten, ist das keine Rechtfertigung, die Redefreiheit einzuschränken.
Mit dem Angriff auf die Pressefreiheit in Kenia geht auch eine Verletzung der Grundprinzipien der parlamentarischen Demokratie einher. Betont werden sollte, dass das neue Gesetz von 25 der insgesamt 220 Abgeordneten des Parlaments angenommen wurde. Das ist eine absolut unfassbare Situation. Noch schlimmer ist, dass Kenia bisher auf eines der am besten entwickelten, pluralistischen journalistischen Netzwerke in ganz Afrika stolz sein konnte. Das wird sich nach der Inkraftsetzung der neuen Gesetze ändern. Dann können Spezialdienste in die Aktivitäten der Medien eingreifen, Redaktionsbereiche schließen und die Kontrolle über das gedruckte oder gesprochene Wort ausüben. Eine Beschränkung der Freiheit der Medienbranche im Namen der nationalen Sicherheit kann nur das Gegenteil des ursprünglich Beabsichtigten bewirken.
Laima Liucija Andrikienė (PPE-DE). – (LT) Warum sind wir über die Pressefreiheit in Kenia besorgt? Warum debattiert das Europäische Parlament diese Angelegenheit als einen Fall von Menschenrechtsverletzungen und als dringlich?
Erstens, weil es sich bei der Redefreiheit um ein fundamentales Menschenrecht handelt, wie im Artikel 19 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte festgelegt ist, die auch von Kenia unterzeichnet wurde. Deshalb muss auch Kenia, wie alle anderen Unterzeichnerstaaten, diese Erklärung nicht nur dem Geiste, sondern auch dem Buchstaben nach einhalten.
Die Demonstrationen, die vor fast einem Jahr nach den Präsidentschaftswahlen in Kenia stattfanden und sich zu Aufruhr und ethnischen Konflikten ausweiteten, in denen über 1 000 Menschen ums Leben kamen und Zehntausende obdachlos wurden, sind das stärkste Argument dafür, dass sich ähnliche Ereignisse nie wiederholen dürfen. Deshalb sollten die kenianische Regierung und der Präsident gemeinsam handeln und ihre eigenen Verpflichtungen zur Respektierung der Presse-, Rede- und Versammlungsfreiheit einhalten. Darüber hinaus – und das ist besonders wichtig – sollten sie die Straffreiheit bekämpfen und die Verantwortlichen für den Aufruhr vor einem Jahr zur Rechenschaft ziehen.
Marios Matsakis (ALDE). – Herr Präsident! Während wir über humanitäre Fragen und die Pressefreiheit in dritten Ländern debattieren, nutze ich die Gelegenheit, um dieses Haus darüber zu informieren, dass laut Medienberichten aus Gaza die heute von israelischen Truppen bombardierten Büros der UN lichterloh brennen und dass die gesamte humanitäre Hilfe der UN, die dort gelagert wurde und die zu einem Großteil aus der EU stammte, vollständig vernichtet wurde. Das gleiche Schicksal erlitten die Büros von Reuters sowie anderer internationaler Journalisten im Gaza-Streifen. Ich möchte festhalten, dass ich die Ansicht des UN-Generalsekretärs, Herrn Ban Ki-moon, teile. Er hält sich momentan in Israel auf und hat angeblich bereits gegenüber den israelischen Behörden seine große Empörung zum Ausdruck gebracht.
Der Präsident. – Herr Matsakis, vielen Dank für diese Erklärung, doch ich bin theoretisch nicht gehalten, sie zu akzeptieren, da die Regeln Folgendes besagen: Wenn Sie mich durch Blickkontakt um das Wort bitten, dann müssen sich die folgenden Äußerungen auf die zur Debatte stehende Sache beziehen. Das ist, wie ich Sie erinnern darf, die Pressefreiheit in Kenia, auch wenn die von Ihnen erwähnten Ereignisse in der Tat dramatisch sind. Darüber sind wir uns wohl alle einig.
Leopold Józef Rutowicz (UEN). – (PL) Herr Präsident! Durch die Entschließung des Europäischen Parlaments zur Pressefreiheit in Kenia wird die Aufmerksamkeit auf einen wichtigen Punkt gelenkt: Diktaturen beginnen mit Einschränkungen der Presse- und Informationsfreiheit sowie der bürgerlichen Rechte. Ich hoffe, dass dieser Prozess durch internationale und landesinterne Maßnahmen gestoppt wird. Ich glaube, dass Präsident Kibaki und Premierminister Odinga die entsprechenden Maßnahmen ergreifen werden. Die auch von mir unterstützte Entschließung wird sich mit Sicherheit positiv auf den Prozess der Demokratisierung in Kenia auswirken.
Janusz Onyszkiewicz (ALDE). – (PL) Herr Präsident! Während der Zeit der kommunistischen Herrschaft galt in Polen und anderen Ländern eine Bestimmung des Strafgesetzbuchs, gemäß der Personen, die Informationen verbreiten, welche zu öffentlichen Unruhen führen können, bestraft werden. Bestimmungen dieser Art waren außerordentlich wirksame Knüppel, und zwar nicht nur für Privatpersonen, sondern auch und vor allem für die Presse. Den aktuellen Bemühungen um Gesetzesveränderungen in Kenia liegen ähnliche Absichten zugrunde. Man darf weder argumentieren, noch damit drohen, dass der Presse ein Maulkorb verpasst werden müsse, da sie anderenfalls möglicherweise Unruhen im Land verursache. Das kann weder eine Rechtfertigung noch eine Erläuterung für diese Art von Zensur sein. Die Presse hat die Aufgabe, die Menschen zu informieren. Das gehört zu den wirklichen Grundpfeilern einer Demokratie.
Vladimír Špidla, Mitglied der Kommission. – (CS) Herr Präsident, sehr verehrte Damen und Herren! Zu Beginn meiner Ausführungen möchte ich betonen, dass Meinungsfreiheit, darunter auch in Rundfunk und Fernsehen, zu den Grundpfeilern der EU gehört. Diese Freiheit ist einer der europäischen Grundwerte und kann nicht infrage gestellt werden.
Das „Mediengesetz“ aus dem Jahr 2008, das am 2. Januar 2009 in Kenia in Kraft trat, enthält einige Punkte, die nach unserer Meinung die Freiheit der Medien beeinträchtigen können. Deshalb haben wir mit Zufriedenheit die jüngste Entscheidung Präsident Kibakis vom 7. Januar zur Kenntnis genommen, einige strittige Abschnitte dieses Gesetzes zu überarbeiten. Wir freuen uns darüber, dass Herr Kibaki den Minister für Information und Kommunikation sowie den Justizminister bevollmächtigt hat, sich mit Medienvertretern zu treffen, um Vorschläge zur Veränderung dieses Gesetzes zu erarbeiten, die solche Befürchtungen zerstreuen würden.
Meinungs- und Pressefreiheit gehören zur Verwaltung der öffentlichen Angelegenheiten in des Wortes breitester Bedeutung, und diese Verwaltung wiederum steht im Zentrum der Entwicklungsstrategie der EU. Ich erkläre unumwunden, dass meines Erachtens eine freie und verantwortungsbewusste Presse eine Grundvoraussetzung für Demokratie und Rechtsstaatlichkeit ist, was wiederum integrale Elemente einer nachhaltigen Entwicklung sind. Nur auf der Grundlage eines Dialogs werden die Medien und die kenianische Regierung in der Lage sein, eine gemeinsame Verständigung zu finden und gegenseitigen Respekt aufzubauen. Deshalb wartet die Europäische Kommission mit Interesse auf die Ergebnisse der verschiedenen Treffen, die in Kenia zwischen den beteiligten Parteien stattfinden. Die Kommission hofft, dass die Parteien eine Vereinbarung über Vorschläge zur Änderung des Mediengesetzes erreichen.
Was die Gewalt nach den Wahlen betrifft, so begrüßt die Kommission den Bericht der Untersuchungskommission zur Gewalt (den Waki-Bericht). Die Kommission begrüßt auch die Verpflichtung der kenianischen Regierung, die Empfehlungen des Berichts umzusetzen. Dazu gehört auch der Aufbau eines Sondertribunals, um sicherzustellen, dass die für die Gewalt Verantwortlichen für ihre Handlungen zur Rechenschaft gezogen werden.
Der Präsident. – Die Aussprache ist geschlossen.
Die Abstimmung erfolgt unverzüglich.
Schriftliche Erklärungen (Artikel 142)
Sebastian Valentin Bodu (PPE-DE), schriftlich. – (RO) Zu Beginn des Jahres 2009 litt die Demokratie in Kenia unter dem Schlag, der der Pressefreiheit versetzt werden sollte. Präsident Mwai Kibaki unterzeichnete ein Gesetz (wenngleich bei ihm später ein Gesinnungswandel einsetzte), das die kenianischen Behörden berechtigt, Razzien in Redaktionsbüros durchzuführen, Telefonate von Journalisten abzuhören und den Inhalt von Rundfunksendungen zu überprüfen – alles aus Gründen der „nationalen Sicherheit“. Als würde dieser Missbrauch der Befugnisse nicht ausreichen, sind in dem Gesetz auch hohe Geldstrafen und lange Haftzeiten für Journalisten festgelegt, die der Durchführung von Praktiken „gegen die Regierung“ für schuldig erachtet werden. Zwar hat Präsident Kibaki eine Woche später eine Veränderung dieser Bestimmungen verfügt, doch wir wissen nicht, was mit diesen „Veränderungen“ vorgesehen ist.
In seiner ursprünglichen Form erinnert dieses Gesetz an die dunklen Tage der Diktatur, als die kenianische Presse in die Knie gezwungen wurde. Kenia ist derzeit eine Demokratie, und ich glaube fest daran, dass niemand (Präsident Kibaki eingeschlossen) in die alten Zeiten zurückkehren möchte. Doch ein Angriff auf die Pressefreiheit ist ein Angriff auf die Demokratie. Die internationale Gemeinschaft muss auch weiterhin Druck auf die kenianischen Behörden ausüben, verantwortungsbewusst mit den bürgerlichen Freiheiten umzugehen, insbesondere mit der Pressefreiheit.
Marianne Mikko (PSE), schriftlich. – (ET) Sehr verehrte Damen und Herren! Kenia handelt im Widerspruch zur Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte und zur Afrikanischen Charta der Menschenrechte und der Rechte der Völker. Grundpfeiler der Demokratie wie Rede- und Pressefreiheit werden nicht respektiert. Die freie Presse ist ernsthaft gefährdet.
Durch einige Abschnitte eines Gesetzentwurfs zur Änderung des Mediengesetzes sollten staatliche Kontrolle und Zensur eingeführt werden. Durch die unüberlegte Maßnahme von Präsident Kibaki wurden diese Bestimmungen nun Gesetz.
Dass die Regierung sich das Recht gibt, Razzien in Redaktionsbüros von Zeitungen, Rundfunk- und Fernsehstationen zu organisieren und zu überprüfen, was in welcher Form gesendet wird, ist beispiellos. Von einer Demokratie sind solche Bestimmungen weit entfernt.
Wichtig ist, dass die bestehenden rechtlichen Bestimmungen geändert werden. Man kann die Presse auch ohne Gefährdung der Meinungs- und Pressefreiheit regulieren. Die entsprechenden Entscheidungen müssen schnellstmöglich getroffen werden.
Der Präsident. - Ich erkläre die Sitzung des Europäischen Parlaments hiermit für unterbrochen.
(Die Sitzung wird um 16.10 Uhr geschlossen.)
ANLAGE (Schriftliche Antworten)
ANFRAGEN AN DEN RAT (Für diese Antworten ist der amtierende Präsident des Rates der Europäischen Union verantwortlich.)
Anfrage Nr. 6 von Brian Crowley (H-0973/08)
Betrifft: Siebtes Rahmenprogramm für Forschung und Entwicklung
Welche politischen Initiativen plant der Rat in diesem Jahr, um kleine und mittlere Unternehmen über die Existenz und die Wirkung des siebten Rahmenprogramms für Forschung und Entwicklung 2007-2013 aufzuklären und sie darauf hinzuweisen, dass europäischen Unternehmen während dieses Zeitraums 52 Milliarden Euro an finanzieller Förderung zur Verfügung stehen?
(DE) Diese von der Präsidentschaft erstellte Antwort ist weder für den Rat noch für seine Mitglieder als solche verbindlich und wurde nicht mündlich in der Fragestunde an den Rat bei der Plenartagung im Januar 2009 des Europäischen Parlaments in Straßburg vorgetragen.
Das Europäische Parlament und der Rat haben im Gesetzespaket zum Siebten Rahmenprogramm für Forschung und Entwicklung 2007-2013 (RP7)(1) als klares Ziel definiert, dass der Sicherstellung einer angemessenen Teilnahme von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) an dem Programm besondere Aufmerksamkeit zuzukommen hat.
Demzufolge liegt dieses Ziel im Kern der Maßnahmen zur Umsetzung des RP7, insbesondere des „Kooperationsprogramms“. Dieses sieht für jeden vorrangigen thematischen Bereich die Schaffung einer Strategie vor, die zum Ziel hat, dass mindestens 15 % der unter dem Programm verfügbaren Mittel an KMU gehen. KMU profitieren außerdem von einer höheren Förderquote von 75 % der beihilfefähigen Kosten im RP7 (im Vergleich zu 50 % bei größeren Unternehmen). Die gemeinschaftliche finanzielle Verantwortung, die es im RP6 gab, wurde im RP7 durch die Schaffung des Garantiefonds ersetzt, der das finanzielle Risiko für KMU minimiert.
Wie dem Herrn Abgeordneten bekannt ist, ist für die Umsetzung des RP7 gemäß den Zielen des Programms die Kommission verantwortlich. Deshalb soll die Kommission alle nötigen Maßnahmen treffen, um die Teilnahme von KMU zu unterstützen. Eine dieser Maßnahmen ist die von der Kommission unter der tschechischen Präsidentschaft organisierte Konferenz „Research Connection 2009“ im Mai 2009 in Prag. Ein Teil dieser Konferenz ist speziell der Teilnahme von KMU am RP7 gewidmet.
Der Rat möchte außerdem die Aufmerksamkeit des Herrn Parlamentariers auf die wichtigen Initiativen der Europäischen Gemeinschaft zur Förderung von Innovation lenken, so etwa:
Das Rahmenprogramm für Wettbewerbsfähigkeit und Innovation (CIP) des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 2006.(2)
Die Leitmarktinitiative für Europa, initiiert von der Kommission, die der Rat in seinen am 29. Mai 2008 verabschiedeten Schlussfolgerungen begrüßt und unterstützt hat(3).
Die Definition einer Politik für regionale Innovationscluster, die der Rat in seinen Schlussfolgerungen vom 1. Dezember 2008 als Mittel zur Erhöhung des Potenzials und der Integration von KMU in Hochtechnologienetze begrüßt hat(4).
Zuletzt soll auf die jüngst erfolgte Entscheidung der Europäischen Investitionsbank verwiesen werden, im Rahmen des Europäischen Konjunkturprogramms 30 Milliarden Euro für die Unterstützung von KMU in Europa bereitzustellen.
Diese Elemente müssen zusammen mit den Forschungsaktivitäten erwähnt werden, die das RP7 vorsieht. Denn von diesen zusätzlichen Maßnahmen zur Unterstützung von Innovationen durch die Europäische Union könnten auch KMU profitieren, die Forschung und Entwicklung außerhalb des RP7 betreiben.
Ich möchte dem Herrn Abgeordneten versichern, dass der tschechischen Präsidentschaft die Bedeutung von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) für die Forschung, ihre Anwendung und Innovation vollkommen bewusst ist. Nach Ansicht der Präsidentschaft ist eine spezielle Berücksichtigung von KMU nötig, um ihre Teilnahme am RP7 zu erleichtern. Wir denken, dass eine weitere Vereinfachung der für die Teilnahme von KMU an allen Rahmenprogrammen nötigen Verfahren weitere Unterstützung erfahren sollte. Die Präsidentschaft sichert außerdem der Europäischen Kommission ihre volle Unterstützung bei ihren Aktivitäten zur Umsetzung zu.
Die Entscheidung Nr. 1982/2006/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Dezember 2006 bezüglich Forschung, technologischer Entwicklung und Demonstration innerhalb des Siebten Rahmenprogramms der Europäischen Gemeinschaft (2007-2013) (ABl. L 412 vom 30.12.2006) und die Verordnung (EG) Nr. 1906/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Dezember 2006 legen die Regeln für die Teilnahme von Unternehmen, Forschungszentren und Universitäten an Maßnahmen unter dem Siebten Rahmenprogramm und für die Verbreitung von Forschungsergebnissen (2007-2013) fest (ABl. L 391 vom 30.12.2006).
Schlussfolgerungen des Rates – Auf dem Weg zu Clustern von Weltrang in der Europäischen Union: die Umsetzung der breit angelegten Innovationsstrategie – (Dok. 14679/08).
Anfrage Nr. 7 von Eoin Ryan (H-0975/08)
Betrifft: Wirksame Verteilung der europäischen Hilfe an die Entwicklungsländer
Die Europäische Union ist der weltweit größte Geber von Entwicklungshilfe. Jedoch wurde in einer Sendung der BBC Ende November 2008 betont, wie diese Hilfe zu häufig verschwendet und ineffizient verwendet wird oder die Zielbevölkerung nicht erreicht. Neben vielen anderen Dingen wurde die Wirkungslosigkeit der im Bildungssektor verwendeten Hilfe hervorgehoben, wo Geld eher für Gebäude als für Ausbildung und Löhne ausgegeben wird, was dazu führt, dass das Unterrichtsniveau niedrig sein kann. Häufig sind die Abwesenheitsquoten der Lehrer hoch, weil diese gezwungen sind, mehrere Jobs zu haben, um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Solche Tendenzen können sehr leicht zu einer beunruhigenden und völlig inakzeptablen Situation führen, wo das Millenniums-Entwicklungsziel Nr. 2 einer allgemeinen Grundschulbildung oberflächlich erreicht wird, die Bildung jedoch ein so niedriges Niveau hat, dass sie kaum dazu dient oder wenig Wert hat, das Leben der betroffenen Kinder zu ändern. Welche Maßnahmen oder Änderungen zieht der Rat in Betracht, um zu gewährleisten, dass die europäische Hilfe wirksamer verteilt und verwendet wird?
(DE) Diese von der Präsidentschaft erstellte Antwort ist weder für den Rat noch für seine Mitglieder als solche verbindlich und wurde nicht mündlich in der Fragestunde an den Rat bei der Plenartagung im Januar 2009 des Europäischen Parlaments in Straßburg vorgetragen.
Der Rat erinnert daran, dass es in der Verantwortung der Kommission liegt, die Verwendung von Finanzmitteln zu steuern und die Verwaltung von Gemeinschaftshilfe sowie des Europäischen Entwicklungsfonds (EEF) zu unterstützen.
Der Rat möchte die Aufmerksamkeit auf die Tatsache lenken, dass die Hilfe zwei Dimensionen hat: (1) konkrete Vorgaben, die dazu dienen sollen, die Bereitstellung von Hilfen zu überwachen und (2) Initiativen, die die Effektivität der Hilfen erhöhen sollen. Hinsichtlich beider Aspekte ist der Rat wachsam und aktiv und wird es auch weiterhin sein.
1. Überwachung der Bereitstellung von Hilfen
Alle EG-Entwicklungshilfeinstrumente enthalten genaue Vorgaben, die dazu dienen sollen, die finanziellen Interessen der EG zu wahren. Die Kommission und der Rechnungshof haben das Recht, bei jedem Vertragsnehmer oder Untervertragsnehmer, der Mittel von der Gemeinschaft erhalten hat, Überprüfungen von Dokumenten oder Vor-Ort-Überprüfungen vorzunehmen.
Sowohl der Rat als auch das Europäische Parlament haben die Möglichkeit, jährlich zu bewerten, wie EG-Außenhilfe in der Praxis umgesetzt wurde. Dazu dient der Jahresbericht über die Entwicklungspolitik der EG und die Umsetzung der Außenhilfe, den die Kommission normalerweise gegen Ende Juni vorlegt.
Ungeachtet dessen ist der Rat der Ansicht, dass die ordnungsgemäße Verwaltung und Verwendung von Entwicklungshilfe nicht nur in der Verantwortung des Gebers liegt: die Prinzipien von Eigenverantwortung, guter Regierungsführung und gegenseitiger Rechenschaftspflicht müssen gelten, und in dieser Hinsicht tragen unsere unterstützten Partner eine Mitverantwortung. In seinen Schlussfolgerungen vom 27. Mai 2008 hat der Rat noch einmal betont, wie wichtig es ist, dass die Mechanismen für die gegenseitige Rechenschaftspflicht auf Länder-, regionaler und internationaler Ebene gestärkt werden, um gleichberechtigtere Partnerschaften zu erreichen.
Schließlich hat die Kommission im Juli 2008 eine Website aufgesetzt, die umfassende Informationen über die Verwaltung und Umsetzung aller EG-Programme zur externen Zusammenarbeit bietet. Das Angebot wird von EuropeAid betreut und ist für die Öffentlichkeit zugänglich.
2. Effektivität der Hilfe
Die EU hat sich in der Pariser Erklärung zur Effektivität von Entwicklungshilfe vom März 2005(1) und im Europäischen Konsens über Entwicklungspolitik vom November 2005(2) klar darauf festgelegt, mehr und bessere Entwicklungshilfe zu leisten. Im Einzelnen will die EU eine bessere Koordinierung der Geberländer und mehr Komplementarität erreichen. Dazu soll die Arbeit an mehrjährigen gemeinsamen Programmen auf der Grundlage der Strategien zur Armutsbekämpfung oder ihren Entsprechungen und den Budgetierungsprozessen der einzelnen Länder ebenso beitragen wie gemeinsame Mechanismen zur Umsetzung, gemeinsame Projekte mehrerer Geberländer und Vereinbarungen über Kofinanzierungen.
Die Komplementarität der Geberländer-Aktivitäten ist von herausragender Bedeutung für eine Erhöhung der Effektivität von Hilfen und damit für mehr Effektivität und Effizienz in der Entwicklungshilfe. In diesem Sinne haben der Rat und die Mitgliedstaaten im Mai 2007 einen EU-Verhaltenskodex für Komplementarität und Arbeitsteilung in der Entwicklungspolitik(3) beschlossen. Und schließlich sieht die im September 2008, nach dem dritten „High-Level Forum on Aid Effectiveness“, verabschiedete Ministererklärung (die „Accra Agenda for Action“) ein sehr ambitioniertes Vorgehen der EU vor und verlangt nach starken, präzisen und messbaren Verpflichtungen ebenso wie nach einem Zeitplan für die Umsetzung.
Auf der Konferenz hat sich die EU mit folgenden Punkten einverstanden erklärt: Alle Hilfen zum Kapazitätsaufbau sollen in koordinierten Programmen unter zunehmender Nutzung von Vereinbarungen mehrerer Geberländer vergeben werden; Zuteilung von 50 % der den Regierungen zur Verfügung gestellten Unterstützung nach dem „Country-Systems-Ansatz“ (Anwendung der rechtlichen Standards der Partnerländer), wobei der Anteil der in Form von Budgethilfe oder sektorbezogener Hilfe geleisteten Unterstützung steigen soll; neue Durchführungsstellen sollen möglichst nicht geschaffen und nicht koordinierte Missionen um 50 % reduziert werden.
Schlussfolgerungen vom 15. Mai 2007 (Dok. 9558/07)
Anfrage Nr. 8 von Liam Aylward (H-0977/08)
Betrifft: Tschechische Präsidentschaft
Wie will die Präsidentschaft mit Blick auf den Frühjahrsgipfel des Europäischen Rates und die EU-Strategie für Wachstum und Arbeitsplätze die Wettbewerbs-Agenda der Europäischen Union zu einer ihrer obersten Prioritäten machen, insbesondere in Anbetracht des derzeitigen Wirtschaftsabschwungs?
(DE) Diese von der Präsidentschaft erstellte Antwort ist weder für den Rat noch für seine Mitglieder als solche verbindlich und wurde nicht mündlich in der Fragestunde an den Rat bei der Plenartagung im Januar 2009 des Europäischen Parlaments in Straßburg vorgetragen.
Tatsächlich will die tschechische Präsidentschaft die Wettbewerbs-Agenda der Europäischen Union auf dem Frühjahrsgipfel des Europäischen Rates und im Rahmen der EU-Strategie für Wachstum und Arbeitsplätze zur obersten Priorität erklären, denn sie ist sich darüber im Klaren, dass der aktuelle Wirtschaftsabschwung starkes und entschlossenes Handeln der EU erfordert. Eine deutliche Verlangsamung des Wirtschaftswachstums unterstreicht die Bedeutung der Lissabon-Strategie als ein Bündel von Instrumenten zur Stärkung des Wachstums und der Widerstandsfähigkeit der Volkswirtschaften gegenüber internen und externen Schocks. Das Treffen des Rates für Wettbewerbsfähigkeit im März wird deshalb von der Verabschiedung seines Eckpunktepapiers(1) für den Frühjahrsgipfel 2009 des Europäischen Rates geprägt sein, der sich vollkommen den Themen Wachstum und Arbeitsplätze widmen wird. In der verbleibenden Zeit der Präsidentschaft wird es vorrangig um die Umsetzung des Europäischen Konjunkturprogramms(2) und um die Erfüllung neuer Aufträge des Europäischen Rates wie dem europäischen Innovationsplan gehen.
Die Absichten der Präsidentschaft gehen bereits deutlich aus dem Motto hervor, das sie für ihre Amtszeit gewählt hat, nämlich „Europa ohne Schranken“; dieses ist weit mehr als ein politisches Schlagwort. Tatsächlich gehört dazu ein ambitioniertes Programm, das Bemühungen um eine effektive Stärkung des Binnenmarktes und des Wissensdreiecks aus Forschung, Bildung und Innovation vorsieht mit dem Ziel, Wachstum und die Schaffung von Arbeitsplätzen zu erhalten und zu fördern und zugleich nicht die Notwendigkeit einer Verringerung des Verwaltungsaufwandes und einer Vereinfachung der gesetzlichen Rahmenbedingungen zu vergessen.
Der fünfte Jahrestag der bislang größten Erweiterung der EU gibt Gelegenheit dazu, ihre Kosten und ihren Nutzen für alle ihre Mitgliedstaaten zu überprüfen. Zusammen mit der Europäischen Kommission und der OECD wird die tschechische Präsidentschaft eine Studie vorlegen, die für den Binnenmarkt noch bestehende Hindernisse benennt, und diese auf der für März 2009 geplanten internationalen Konferenz „5 Years After“ zur Diskussion stellen.
In diesem Rahmen will die tschechische Präsidentschaft ihre Aufmerksamkeit und die der Mitgliedstaaten auf die folgenden sechs Hauptthemen richten:
- ein vollkommen funktionsfähiger Binnenmarkt ohne Schranken
- die Unterstützung reibungsloser Zusammenarbeit innerhalb des Wissensdreiecks
- bessere Regulierung mit dem Hauptziel geringeren Verwaltungsaufwands
- Stärkung des Rückgrats der europäischen Industrie: Unterstützung für kleine und mittlere Unternehmen (KMU)
- Beschleunigung des wirtschaftlichen Reformprozesses mit Blick auf Wettbewerbsfähigkeit und Innovation
- Erhöhung und Verbesserung der Investitionen in Wissen, Forschung und Innovation.
Diese Aktivitäten beziehen sich auf eine kurzfristige, eine mittelfristige und eine langfristige Perspektive für die Wettbewerbsfähigkeit Europas. Wir müssen also jetzt handeln und zugleich den Blick nach vorne richten. Vor diesem Hintergrund will die tschechische Präsidentschaft das Hauptaugenmerk der Diskussionen unter den Mitgliedstaaten auf diese Themen der Wettbewerbs-Agenda lenken. Sie ist davon überzeugt, dass diesbezüglich eine klare Botschaft an die Staats- und Regierungschefs gesendet werden sollte, die im März 2009 zusammenkommen, um unter anderem über die wirtschaftliche Situation der EU zu beraten.
In dem im Juni 2008 veröffentlichten Dokument mit dem Programm für die 18 Monate der französischen, tschechischen und schwedischen Präsidentschaft ist nachzulesen, dass die Bekämpfung des Menschenhandels eine Priorität bleiben werde. Darüber hinaus rief die Kommission im Oktober zu einer „außerordentlichen Anstrengung“ seitens der EU und der Mitgliedstaaten zur Bekämpfung des Menschenhandels auf.
Welche spezifischen Maßnahmen plant die tschechische Präsidentschaft für diesen Bereich in den kommenden sechs Monaten?
Anfrage Nr. 10 von Mikel Irujo Amezaga (H-1006/08)
Betrifft: Bekämpfung des Menschenhandels
In seiner Entschließung vom 17.1.2006 zu den Strategien zur Verhinderung des Handels mit Frauen und Kindern, die durch sexuelle Ausbeutung gefährdet sind (P6_TA(2006)0005 – 2004/2216(INI)), bekundete das Parlament sein Bedauern darüber, dass es trotz der Annahme des Rahmenbeschlusses 2002/629/JI(1) vom 19. Juli 2002 zur Bekämpfung des Menschenhandels, in dem die Tatbestandsmerkmale festgelegt werden und eine gemeinsame Definition des Menschenhandels für die Mitgliedstaaten der Union eingeführt wird, noch immer keine Harmonisierung der in den Mitgliedstaaten geltenden Strafen gegeben hat, insbesondere was die sexuelle Ausbeutung von Kindern betrifft.
Kann der Rat mitteilen, welche Fortschritte bei der Harmonisierung der in den Mitgliedstaaten geltenden Strafen seit 2006 verbucht worden sind?
(DE) Diese von der Präsidentschaft erstellte Antwort ist weder für den Rat noch für seine Mitglieder als solche verbindlich und wurde nicht mündlich in der Fragestunde an den Rat bei der Plenartagung im Januar 2009 des Europäischen Parlaments in Straßburg vorgetragen.
Der Kampf gegen Menschenhandel gehört aktuell zu den größten Herausforderungen nicht nur in der EU, sondern weltweit. Menschenhandel ist eine der gravierendsten Formen organisierter Kriminalität und wegen der riesigen damit erzielbaren Gewinne eine der profitabelsten Arten von Verbrechen. Weil Menschenhandel viele verschiedene Ausprägungen haben kann, müssen auch die dagegen gerichteten Maßnahmen breit und umfassend gestaltet werden.
In ihrem Legislativ- und Arbeitsprogramm 2009(2) hat die Kommission unter dem Punkt „Organised Crime Package: helping the victims“ angekündigt, dass sie dem Rat eine Gesetzesvorlage zur Aktualisierung des Rahmenbeschlusses 2002/629/JI zur Bekämpfung des Menschenhandels vorlegen wird(3). Es ist deshalb vorrangig Aufgabe der Kommission, die Möglichkeit und Notwendigkeit einer weiteren Harmonisierung derartiger strafrechtlicher Regelungen zu untersuchen. Es ist die Absicht der tschechischen Präsidentschaft, bald darauf Diskussionen im Rahmen des von der Kommission vorgelegten Vorschlags zu beginnen.
Im Bereich der Bekämpfung des Menschenhandels plant die tschechische Präsidentschaft hauptsächlich Beiträge bei der Einführung von bewährten Verfahren hinsichtlich der Harmonisierung der Sammlung von Daten. Für den 30. und 31. März 2009 ist eine Experten-Konferenz mit dem Titel „Joint Analysis, Joint Action“ in Prag geplant. Bei dieser Konferenz wird es insbesondere um die Frage gehen, ob sich ein Netz von nationalen Berichterstattern über Menschenhandel in der Europäischen Union schaffen lässt, und wie gefährdete Opfer und ihre Position im Rahmen von Strafverfahren geschützt werden können.
Anfrage Nr. 11 von Marie Panayotopoulos-Cassiotou (H-0985/08)
Betrifft: Anerkennung von Tätigkeiten im Rahmen der Familie
Zahlreiche Rechte und Erleichterungen für Mütter und Väter aber auch für von der Familie abhängige Familienmitglieder (Kinder, ältere Menschen, Behinderte) sowie das Recht auf Vereinbarung von Berufsleben und Familie sind inzwischen auf europäischer Ebene definiert, allerdings nur im Zusammenhang mit entgeltlicher oder freiberuflicher Erwerbstätigkeit. Die unabhängige Tätigkeit innerhalb der Familie und die Auswirkungen dieser Tätigkeit für die Familie, sowie das familiäre Umfeld als Arbeitgeber sind in der Europäischen Union noch nicht anerkannt. Welches sind die Vorschläge der Tschechischen Präsidentschaft zu dieser Frage?
(DE) Diese von der Präsidentschaft erstellte Antwort ist weder für den Rat noch für seine Mitglieder als solche verbindlich und wurde nicht mündlich in der Fragestunde an den Rat bei der Plenartagung im Januar 2009 des Europäischen Parlaments in Straßburg vorgetragen.
Mit ihrer Frage hinsichtlich Tätigkeiten im Kontext der Familie und insbesondere der Anerkennung solcher Tätigkeiten und deren Auswirkungen auf die Familie spricht die Frau Abgeordnete ein sehr wichtiges Thema an.
Wie Ihnen bekannt ist, können das Europäische Parlament und der Rat nur auf der Basis eines Vorschlags der Kommission legislativ tätig werden. Ich möchte in Erinnerung rufen, dass die Kommission tatsächlich vor kurzem einen Vorschlag vorgelegt hat, der sich mit den von der Frau Abgeordneten vorgetragenen Bedenken beschäftigt. Ich beziehe mich auf den Vorschlag einer neuen Richtlinie zur Anwendung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen, die eine selbständige Erwerbstätigkeit ausüben, und zur Aufhebung der Richtlinie 86/613/EWG(1). Ziel des Vorschlags ist eine Verbesserung der sozialen Absicherung von Selbständigen, insbesondere die Abschaffung von negativen Anreizen, die für weibliches Unternehmertum bestehen. Ebenso soll der Vorschlag die soziale Absicherung von „mitarbeitenden Ehepartnern“ verbessern, die oft im Sektor der Selbständigen tätig sind, ohne dass ihnen die dafür geltenden Rechte zuteil werden. Wie die Frau Abgeordnete weiß, ist die große Mehrheit dieser „mitarbeitenden Ehepartner“ weiblichen Geschlechts, und viele von ihnen arbeiten in der Landwirtschaft. Ein weiteres Ziel des Vorschlags der Kommission besteht darin, die Anerkennung einer solchen selbständigen Arbeit in der Familie zu erhöhen. Durch das Vorsehen eines Rechts auf Mutterschaftsurlaub für „mitarbeitende Ehepartner“ soll der Vorschlag ferner auch die bisweilen problematischen Auswirkungen angehen, die eine informelle Beschäftigung in einem Familienunternehmen für die Familie selbst haben kann, insbesondere wenn „mitarbeitende Ehepartner“ Kinder haben.
Hinsichtlich der weiteren Implikationen von nicht anerkannter Arbeit durch „mitarbeitende Ehepartner“ auf längere Sicht möchte ich der Frau Abgeordneten außerdem versichern, dass sich der Rat der besonders schwierigen Situation von unbezahlten Frauen bewusst ist, deren Einkommen von ihrem Ehemann abhängt und deren finanzielle Situation bei Eintritt ins Rentenalter, bei einer Scheidung oder beim Tod des Ehemanns oft prekär ist. Der Rat hat seiner Besorgnis hinsichtlich dieses Themas im Dezember 2007 Ausdruck verliehen, als er Schlussfolgerungen zum Thema „Frauen und Armut“ verabschiedete, darunter eine Reihe von statistischen Indikatoren, die von der portugiesischen Präsidentschaft anlässlich der Aktionsplattform von Beijing(2) erarbeitet wurden. In diesen Schlussfolgerungen erkannte der Rat an, dass Frauen stärker von Einkommensarmut bedroht sind als Männer und dass der Unterschied zwischen den Geschlechtern mit dem Alter zunimmt.
Außerdem hat der Rat erst vor kurzem, im Dezember 2008, Schlussfolgerungen zum Thema „Frauen und Wirtschaft: die Vereinbarkeit von Beruf und Familienleben“ verabschiedet; auch dies geschah in der Nacharbeit zur Umsetzung der Aktionsplattform von Beijing(3). Hier betonte der Rat erneut die Bedeutung von Maßnahmen, die es Frauen und Männern erlauben, ihre Verantwortung in Beruf und Familie zu vereinbaren, und forderte entsprechende politische Schritte.
Abschließend sei gesagt, dass der Rat die von der Frau Abgeordneten hinsichtlich selbständiger Tätigkeit im Familienzusammenhang angesprochenen Bedenken aktiv angeht. Die tschechische Präsidentschaft wird die Gespräche über die oben erwähnte Legislativinitiative fortsetzen und in dieser Hinsicht die Entwicklung im Europäischen Parlament verfolgen.
Betrifft: Grenzüberschreitende Vollstreckung von Bußgeldern für Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr
In den Schlussfolgerungen seiner 2908. Tagung im November erklärte der Rat Justiz und Inneres, nach seiner Überzeugung seien die bestehenden Systeme ausreichend, um das Problem, dass sich ausländische Fahrzeugführer bei Verstößen gegen Straßenverkehrsvorschriften der Bestrafung entziehen, zu bewältigen. Die praktische Erfahrung zeigt jedoch, dass das eindeutig nicht zutrifft, denn bei den meisten ausländischen Verkehrssündern misslingt die Bestrafung. Wenn der Rat nun nicht bereit ist, neue Rechtsvorschriften zu unterstützen, an welchen Maßnahmen arbeitet er derzeit, um sicherzustellen, dass sich ausländische Fahrzeugführer im Rahmen des geltenden Gemeinschaftsrechts nicht der Bestrafung entziehen?
(DE) Diese von der Präsidentschaft erstellte Antwort ist weder für den Rat noch für seine Mitglieder als solche verbindlich und wurde nicht mündlich in der Fragestunde an den Rat bei der Plenartagung im Januar 2009 des Europäischen Parlaments in Straßburg vorgetragen.
Der Rat teilt die Besorgnis des Parlaments hinsichtlich der hohen jährlichen Zahl von Toten im europäischen Straßenverkehr und der Schwierigkeiten, die bei der Verfolgung von Verkehrsdelikten durch ausländische Fahrer bestehen.
Der Rat verweist darauf, dass die französische Ratspräsidentschaft im September 2008 ein Seminar über die europäische Koordinierung von Initiativen zu Erhöhung der Verkehrssicherheit veranstaltet hat. Auf diesem Seminar wurden Möglichkeiten für eine Erhöhung der Effizienz von Maßnahmen zur Verkehrssicherheit erörtert. Nach dieser Konferenz hat der Rat am 27./28. November 2008 Schlussfolgerungen über die Koordinierung der polizeilichen Arbeit für mehr Verkehrssicherheit verabschiedet. Diese Schlussfolgerungen sollen einen europaweiten Prozess der Koordinierung von Polizeikräften schaffen, deren Aufgabengebiet Verkehrssicherheit ist. Der Rat hat außerdem seine Entschlossenheit bekräftigt, Initiativen ins Leben zu rufen, die nötig sind, um bestehende Bemühungen um mehr Verkehrssicherheit durch mehr strategische und operative Kooperation zu verbessern.
In diesem Zusammenhang erinnert der Rat an seinen Rahmenbeschluss 2005/214/JI über die Anwendung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung von Geldstrafen und Geldbußen(1). Dieser Rahmenbeschluss befasst sich mit im Zusammenhang mit Verkehrsdelikten verhängten Geldstrafen und Geldbußen. Nationale Gesetze, die im Einklang mit diesem Rahmenbeschluss erlassen werden, sollten Justiz- und in manchen Fällen Verwaltungsbehörden in die Lage versetzen, Geldstrafen und Geldbußen an die Behörden in anderen Mitgliedstaaten weiterzuleiten und diese ohne weitere Formalitäten anerkennen und durchsetzen zu lassen.
Der Rat erinnert zudem an seinen Beschluss 2008/615/JI über die Vertiefung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit(2), insbesondere zur Bekämpfung des Terrorismus und der grenzüberschreitenden Kriminalität. Dieser so genannte „Prümer Vertrag“ sieht eine grenzüberschreitende Zusammenarbeit bei von Titel VI des EU-Vertrags erfassten Angelegenheiten vor; dazu gehört unter anderem der einfachere Austausch von Fahrzeug-Registrierungsdaten.
Abschließend verweist der Rat auf den Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. März 2008, der Erleichterungen bei der grenzüberschreitenden Durchsetzung von Verkehrssicherheitsvorschriften zum Inhalt hat. Dieser Vorschlag soll die Verkehrssicherheit in der Europäischen Union erhöhen, indem er eine grenzüberschreitende Durchsetzung von Sanktionen für diejenigen vier Verkehrsdelikte vorsieht, die den größten Anteil an Todesfällen haben: überhöhte Geschwindigkeit, Trunkenheit am Steuer, Nichtanlegen von Sicherheitsgurten und Überfahren von roten Ampeln. Dieser Vorschlag ist vom Rat untersucht worden.
Zwar ist es richtig, dass die meisten seiner Mitglieder der Ansicht sind, dass die rechtlichen Grundlagen für eine Verabschiedung dieser Maßnahmen durch die Gemeinschaft nicht ausreichend sind. Dies bedeutet allerdings nicht, dass der Rat nicht gewillt wäre, andere Vorschläge für neue Rechtsvorschriften, die ihm vorgelegt werden, zu unterstützen. Denn tatsächlich haben Ratsmitglieder nicht grundsätzlich in Frage gestellt, dass die grenzüberschreitende Verfolgung von Verkehrsdelikten an sich ein legitimes Ziel ist.
Welche Aussichten bestehen im Rahmen der mit dem Vertrag von Lissabon angestrebten stärkeren Zusammenarbeit im Bereich der Verteidigung für eine europaweite Küstenwache? Besteht die Möglichkeit, eine zentrale Einrichtung – eine verbesserte Version von Frontex – zu schaffen, die aus der Küstenwache der einzelnen Mitgliedstaaten besteht, jedoch von der EU finanziert wird und eine verstärkte Zusammenarbeit gewährleistet, um es kleineren Ländern wie Irland zu ermöglichen, ihre langen Küsten und Hoheitsgewässer durch entsprechende Überwachung effizienter vor Drogenschmuggel, illegalem Menschenhandel und sonstigen illegalen Tätigkeiten zu schützen?
(DE) Diese von der Präsidentschaft erstellte Antwort ist weder für den Rat noch für seine Mitglieder als solche verbindlich und wurde nicht mündlich in der Fragestunde an den Rat bei der Plenartagung im Januar 2009 des Europäischen Parlaments in Straßburg vorgetragen.
Die Schaffung einer europäischen Küstenwache wurde vom Europäischen Parlament und dem Rat in Artikel 11 der Richtlinie 2005/35/EG über die Meeresverschmutzung durch Schiffe und die Einführung von Sanktionen für Verstöße(1) angeregt. In der Richtlinie wurde die Kommission beauftragt, eine Machbarkeitsstudie über eine europäische Küstenwache mit den Aufgaben Verhütung und Bekämpfung von Verschmutzungen vorzulegen. Bislang liegt diese Studie nicht vor. Die Frage, ob eine europäische Küstenwache eingerichtet werden sollte, wird auch in einem Grünbuch der Kommission über eine EU-Meerespolitik(2) von Juni 2006 angesprochen.
Hinsichtlich Grenzkontrollen und der Bekämpfung illegaler Einwanderung erwähnt das „Haager Programm zur Stärkung von Freiheit, Sicherheit und Recht in der Europäischen Union“(3), vom Europäischen Rat verabschiedet auf seiner Sitzung vom 5. November 2004, die Möglichkeit der Schaffung eines „europäischen Grenzschutzsystems“. Diese Idee wurde im Europäischen Pakt zu Einwanderung und Asyl(4) aufgegriffen, den der Europäische Rat am 15. und 16. Oktober 2008 verabschiedet hat und der festhält, dass letztlich die Schaffung eines solchen Systems untersucht werden müsse.
Es ist eine Tatsache, dass Bedrohungen mit angemessenen Maßnahmen begegnet werden muss, und dies gilt für Meere, das Land und auch für die Grenzen in der Luft. Frontex spielt eine wichtige Rolle für die Steuerung der operativen Kooperation der Mitgliedstaaten an den Außengrenzen und befindet sich noch in einer Phase, in der die auf Basis des bestehenden Mandats verfügbaren Werkzeuge entwickelt werden.
In diesem Zusammenhang sollte erwähnt werden, dass Artikel 62, Nummer (2)(a) des EU-Vertrages die Zuständigkeit der Gemeinschaft auf die Verabschiedung von Standards und Verfahren beschränkt, die von den Mitgliedstaaten bei der Durchführung von Personenkontrollen an den Außengrenzen eingehalten werden müssen.Dies impliziert, dass die Verantwortung für die Durchführung solcher Kontrollen bei den Mitgliedstaaten liegt.
Bislang liegt ein Vorschlag der Kommission weder hinsichtlich der Einführung einer europäischen Küstenwache noch hinsichtlich der Einführung eines europäischen Grenzschutzsystems vor.
Betrifft: Internationales Reiseverbot für Kinder aus Belarus
Kann die Präsidentschaft in Anbetracht der Tatsache, dass die Außenbeziehungen zu den Schlüsselprioritäten des tschechischen Vorsitzes gehören, erläutern, welche Maßnahmen sie in Betracht zieht, um bei der belarussischen Regierung darauf hinzuwirken, dass sie ihr internationales Reiseverbot für Kinder, die zwecks Teilnahme an Ferien- und Erholungsprogrammen nach Irland und in andere EU-Mitgliedstaaten reisen möchten, aufzuheben?
Zum gegenwärtigen Zeitpunkt scheint es so zu sein, dass zwischen Irland und den belarussischen Behörden eine Ausnahmeregelung vereinbart wurde, wonach Kinder zu Weihnachten ausreisen dürfen. Über eine offizielle zwischenstaatliche Vereinbarung zur völligen Aufhebung des Reiseverbots wird jedoch immer noch beraten. Jährlich kommen etwa 3 000 Kinder nach Irland, um an Ferien- und Erholungsprogrammen teilzunehmen.
Wird sich der tschechische Vorsitz anstelle der Aushandlung einzelner bilateraler Abkommen zwischen Belarus und anderen EU-Mitgliedstaaten vorrangig darum bemühen, ein EU-weit gültiges Abkommen mit den belarussischen Behörden abzuschließen, das es Kindern ermöglicht, von Belarus in jedes beliebige Land der EU zu reisen?
(DE) Diese von der Präsidentschaft erstellte Antwort ist weder für den Rat noch für seine Mitglieder als solche verbindlich und wurde nicht mündlich in der Fragestunde an den Rat bei der Plenartagung im Januar 2009 des Europäischen Parlaments in Straßburg vorgetragen.
Der Rat ist sich der aktuellen Probleme hinsichtlich belarussischer Kinder, die im Rahmen von Hilfsaktionen (Tschernobyl-Hilfsorganisationen) oder Urlaubsreisen in europäischen Ländern wie Irland zu Gast sind, bewusst und verfolgt die Situation von Beginn an aufmerksam.
Die betroffenen Staaten beraten sich derzeit mit den zuständigen belarussischen Behörden, um auf bilateraler Ebene die Probleme zu erörtern, die in dieser Angelegenheit aufgetreten sind. In dieser Hinsicht ist die Vereinbarung zu begrüßen, die Irland und Belarus am 8. Dezember 2008 für zukünftige Ferien- und Erholungsaufenthalte von Kindern, die von der Tschernobyl-Katastrophe betroffen sind, getroffen haben.
Des Weiteren ist anzumerken, dass die örtliche EU-Troika in dieser Angelegenheit am 3. Dezember 2008 eine Demarché an das belarussische Außenministerium in Minsk gerichtet hat. Dabei wurde betont, wie wichtig die Fortführung dieser Besuchsprogramme ist, worauf die belarussischen Behörden mit einer konstruktiven Haltung reagierten.
Der Rat wird diese Angelegenheit weiterhin aufmerksam verfolgen und – falls erforderlich – in seinen Kontakten mit den belarussischen Behörden erneut ansprechen.
Anfrage Nr. 15 von Avril Doyle (H-0993/08)
Betrifft: Zusammenbruch des Markts für Rezyklate
Im Rahmen der Richtlinie für Verpackungsmüll haben Irland und andere Mitgliedstaaten eine Reihe von Zielvorgaben für den Verpackungsmüllsektor festgelegt, die mit der in der Abfallrahmenrichtlinie (Richtlinie 2006/12/EG(1)) festgelegten Abfallhierarchie in Einklang stehen. Die Existenzfähigkeit des Recyclingsektors, von dem die Verwirklichung der Zielvorgaben abhängt, ist durch marktbestimmte Kosten und Preise bedingt.
Dieser Sektor ist jedoch infolge des Zusammenbruchs der Preise von Recyclingstoffen auf den Weltmärkten in den letzten Monaten stark unter Druck geraten. Dieser Druck hat dermaßen zugenommen, dass einige Märkte sogar schließen mussten, und für viele Abfallbetriebe ist ein Weiterarbeiten wirtschaftlich untragbar geworden. Gedenkt der Rat angesichts der Bedeutung dieses Sektors für den nachhaltigen Verbrauch und die nachhaltige Produktion in der EU Maßnahmen einzuleiten, um auf die derzeitige kritische Situation infolge des Zusammenbruchs der Preise von Recyclingstoffen zu reagieren und etwa konkrete Maßnahmen gegen Marktversagen zu ergreifen?
Werden die im Kommissionsbericht über die Task Force Recycling (der in Vorbereitung der Mitteilung „eine Leitmarktinitiative für Europa“, KOM(2007)0860, ausgearbeitet wurde) enthaltenen Empfehlungen unverzüglich umgesetzt?
(DE) Diese von der Präsidentschaft erstellte Antwort ist weder für den Rat noch für seine Mitglieder als solche verbindlich und wurde nicht mündlich in der Fragestunde an den Rat bei der Plenartagung im Januar 2009 des Europäischen Parlaments in Straßburg vorgetragen.
Der Rat ist sich des von der Frau Abgeordneten angesprochenen Problems bewusst. Der aktuelle Rückgang der Preise für Rezyklate wurde von Irland für das Treffen des Rates am 4. Dezember 2008 unter „Sonstiges“ auf die Tagesordnung gesetzt und von mehreren Mitgliedern des Rates angesprochen. Die Kommission hat diese Bedenken registriert und angekündigt, dass sie eine Einschätzung der Situation vornehmen und, wenn nötig, Handlungsoptionen überprüfen werde. Die künftige Präsidentschaft hat zugesagt, die Ergebnisse der Einschätzung durch die Kommission und jegliche von ihr geäußerten Empfehlungen dem Rat zuzuleiten, sobald diese vorliegen.
Gemäß der Richtlinie 1999/74/EG(1) zur Festlegung von Mindestanforderungen zum Schutz von Legehennen ist die Haltung von Legehennen in konventionellen oder „nicht ausgestalteten“ Käfigen ab dem 1. Januar 2012 verboten. Ein führender Vertreter der Nahrungsmittelindustrie erklärte auf einer Konferenz in Irland im letzten Jahr, dass eine Befreiung von der Richtlinie erfolgen müsse, wenn die EU nicht wolle, dass mehr als die Hälfte ihrer Eier- und Geflügelproduktion illegal wird. Kann sich der Rat dazu äußern und mitteilen, ob in Anbetracht der Tatsache, dass im Jahr 2006 fast 80 % der in der EU produzierten Eier aus Käfighaltung stammten, eine Befreiung erforderlich ist?
(DE) Diese von der Präsidentschaft erstellte Antwort ist weder für den Rat noch für seine Mitglieder als solche verbindlich und wurde nicht mündlich in der Fragestunde an den Rat bei der Plenartagung im Januar 2009 des Europäischen Parlaments in Straßburg vorgetragen.
Im Juli 1999 hat der Rat die Richtlinie 1999/74/EG über Mindestanforderungen zum Schutz von Legehennen verabschiedet. Die Richtlinie sieht vor, dass vom 1. Januar 2012 an die Haltung von Legehennen in Käfigen, die nicht den in der Richtlinie definierten Mindestnormen für das Wohlergehen der Tiere entsprechen, in der EU nicht mehr erlaubt ist.
Um die Interessen der betroffenen Gruppen zu wahren, wurde die Kommission in der Richtlinie beauftragt, dem Rat einen Bericht vorzulegen, der auf einer wissenschaftlichen Einschätzung der physiologischen, ethischen, gesundheitlichen und umweltbezogenen Aspekte unterschiedlicher Systeme für die Haltung von Legehennen und auf einer Studie über ihre sozioökonomischen Implikationen und ihren Auswirkungen auf die Wirtschaftspartner der Gemeinschaft basiert. Der Bericht sollte von angemessenen Vorschlägen begleitet werden, die die Erkenntnisse des Berichts und die Ergebnisse von Verhandlungen in der Welthandelsorganisation berücksichtigen.
Dieser Bericht wurde dem Rat von der Kommission im Januar 2008 vorgelegt, zusammen mit einer Arbeitsunterlage der Kommission, in der die verwendeten Quellen aufgeführt werden. Dazu gehörte unter anderem eine sozioökonomische Untersuchung, die Berichte aus den Mitgliedstaaten enthält.
Auf der Grundlage dieses Berichts bekräftigte die Kommission gegenüber dem Rat, dass sie weder eine Verschiebung des für das Verbot von konventionellen Käfigen vorgesehenen Datums noch andere dahingehende Vorschläge plane.
In Übereinstimmung mit Artikel 249 des EU-Vertrags ist Richtlinie 1999/74/EG hinsichtlich der zu erzielenden Ergebnisse bindend für jeden davon erfassten Mitgliedstaat, wobei aber die Entscheidung über die Form und die Mittel der Umsetzung bei den nationalen Stellen verbleibt.
Anfrage Nr. 17 von Silvia-Adriana Ţicău (H-0997/08)
Betrifft: Beseitigung der Hindernisse für die Einstellung rumänischer und bulgarischer Arbeitnehmer
Die illegale Einwanderung in die Europäische Union wirkt sich nachteilig sowohl auf die Arbeitnehmer der Mitgliedstaaten als auch auf die legalen Wanderarbeitnehmer aus. Was gedenkt der Rat zu tun, um die Hindernisse zu beseitigen, die die Freizügigkeit der Arbeitnehmer derzeit beschränken, und damit die legale Einwanderung von Arbeitnehmern aus anderen Mitgliedstaaten und Drittstaaten zu fördern? Welche Maßnahmen wird der Rat ergreifen, um die Hindernisse für die Einstellung rumänischer und bulgarischer Arbeitnehmer zu beseitigen?
(DE) Diese von der Präsidentschaft erstellte Antwort ist weder für den Rat noch für seine Mitglieder als solche verbindlich und wurde nicht mündlich in der Fragestunde an den Rat bei der Plenartagung im Januar 2009 des Europäischen Parlaments in Straßburg vorgetragen.
Wie der Frau Abgeordneten sicher bekannt ist, sieht der Beitrittsvertrag mit Bulgarien und Rumänien hinsichtlich der Freizügigkeit der Arbeitnehmer eine Übergangsphase von bis zu sieben Jahren vor. In diesem Zeitraum können die Mitgliedstaaten der EU-25 nationale Maßnahmen zur Regulierung des Zugangs zu ihren Arbeitsmärkten durch Angehörige der neuen Mitgliedstaaten anwenden.
Die anfängliche Übergangsphase von zwei Jahren nach dem Zeitpunkt des Beitritts ist in der Tat am 31. Dezember 2008 abgelaufen. Es ist jetzt Aufgabe des Rates, mögliche Übergangsregelungen auf der Grundlage eines Berichts der Kommission zu überprüfen. Der Rat hat die Vorstellung des Berichts durch die Kommission am 17. Dezember 2008 zur Kenntnis genommen. Der Bericht wird beim nächsten Treffen des Rates für Beschäftigung, Sozialpolitik, Gesundheit und Verbraucherschutz im März 2009 erneut auf der Tagesordnung stehen. Die tschechische Ratspräsidentschaft hat die Entfernung jeglicher Schranken im Binnenmarkt der Union, darunter Hindernisse für die Freizügigkeit der Arbeitnehmer, als eine ihrer wichtigsten politischen Prioritäten mit dem Ziel einer eingehenden politischen Debatte auf verschiedenen Ebenen definiert, so etwa beim informellen Treffen der Arbeitsminister in der Tschechischen Republik. Sie ermutigt die Mitgliedstaaten, Hindernisse für Mobilität und die Freizügigkeit der Arbeitnehmer abzuschaffen, falls sie sich als unnötig und unbegründet erweisen. Der Rat wird mehrere Vorhaben mit dem Ziel erleichterter Mobilität und Freizügigkeit der Arbeitnehmer in der gesamten Europäischen Union voranbringen.
Dennoch können nationale Maßnahmen bis fünf Jahre nach dem Beitritt Bestand haben und um zwei weitere Jahre verlängert werden, wenn andernfalls schwere Verwerfungen auf den Arbeitsmärkten drohen.
In jedem Fall ist zu betonen, dass die Entscheidung über die Beibehaltung und die Art nationaler Maßnahmen laut dem Beitrittsvertrag in der Kompetenz der einzelnen Staaten liegt. Eine solche Entscheidung sollte aber erst getroffen werden, nachdem die Mitgliedstaaten sie auf der Grundlage einer objektiven Einschätzung der Lage vor Ort genau geprüft haben.
Anfrage Nr. 18 von Manuel Medina Ortega (H-1002/08)
Betrifft: Wiederaufnahme der multilateralen Handelsverhandlungen
Welche Erwartungen hegt der Rat auf der Grundlage der auf dem kürzlichen Gipfel der Gruppe der 20 in Washington getroffenen Vereinbarungen über die Wiederaufnahme der multilateralen Handelsverhandlungen (Doha-Runde), und welche Vorschläge könnte er unterbreiten, um wieder an diesen Prozess anzuknüpfen?
(DE) Diese von der Präsidentschaft erstellte Antwort ist weder für den Rat noch für seine Mitglieder als solche verbindlich und wurde nicht mündlich in der Fragestunde an den Rat bei der Plenartagung im Januar 2009 des Europäischen Parlaments in Straßburg vorgetragen.
Das Motto des tschechischen Ratsvorsitzes lautet „Europa ohne Schranken“. Das Aufheben bestehender Hindernisse ist nicht nur hinsichtlich interner Politik unser Ziel, sondern auch hinsichtlich externer. Die EU ist eingebettet in ein Netz von Beziehungen und Abhängigkeiten und war vor diesem Hintergrund auf dem Gebiet der Handelspolitik nie vom Rest der Welt isoliert. Die Erreichung der internen Ziele der EU, sei es in Bezug auf Beschäftigung, Lebensstandards, Entwicklung oder Sicherheit, ist in hohem Maße davon abhängig, wie gut es den wirtschaftlichen Kräften Europas gelingt, sich außerhalb der Grenzen der EU zu behaupten. Die tschechische Präsidentschaft ist sich dieser Tatsache bewusst und wird aktiv dazu beitragen, dass zusätzliche Märkte für Produkte, Dienstleistungen und Investitionen aus der EU geöffnet werden – freier Handel ist eines der Mittel zur Überwindung der aktuellen Krise.
Am 15. November haben die G20-Mitglieder betont, wie wichtig es ist, „eine Einigung über Modalitäten zu finden, die zu einem erfolgreichen Abschluss der Doha-Entwicklungsagenda der WTO mit einem ehrgeizigen und ausgewogenen Ergebnis in diesem Jahr führen“. In diesem Zusammenhang wurde der Rat am 8. Dezember von der Kommission über die neuesten Entwicklungen bei der Welthandelsorganisation hinsichtlich der Handelsverhandlungen im Rahmen der Doha-Entwicklungsagenda informiert; dies geschah im Hinblick auf ein mögliches Ministertreffen in Genf vor Ende Dezember.
Am 11. und 12. Dezember 2008 hat der Europäische Rat in seinen Schlussfolgerungen erklärt, dass er hinter dem Ziel steht, noch in diesem Jahr auf Ebene der Welthandelsorganisation zu einer Einigung über die Modalitäten zu kommen, die zum Abschluss der Doha-Entwicklungsagenda mit einem ehrgeizigen, globalen und ausgewogenen Ergebnis führen.
In diesem Sinne waren die Kommission und der Rat bereit für eine konstruktive Beteiligung der EU an einem Ministertreffen, soweit es tatsächlich anberaumt worden wäre. Am 12. Dezember 2008 jedoch erklärte der Generaldirektor der WTO bei einem informellen Treffen der Delegationsleiter, dass er die Minister nicht für eine Festlegung der Modalitäten bis Ende des Jahres zusammenrufen werde, wenn sich nicht „in den nächsten 48 Stunden dramatische Änderungen“ ergeben. Ebenfalls sagte er, er habe nach einer Woche intensiver Beratungen nicht genügend politischen Willen erkennen können, das Erzielen einer Einigung entschlossen anzugehen. Er sei deshalb der Ansicht, dass die Einberufung eines solchen Treffens ein hohes Risiko des Scheiterns mit sich bringe, das nicht nur dieser Verhandlungsrunde, sondern dem gesamten WTO-System Schaden zuzufügen drohe. Ein Ministertreffen fand deshalb nicht statt.
Die Europäische Union steht weiterhin uneingeschränkt hinter dem System multilateraler Handelsvereinbarungen und dem Abschluss einer ausgewogenen, ehrgeizigen und umfassenden Einigung bei den Verhandlungen zur Doha-Entwicklungsagenda der WTO, insbesondere vor dem Hintergrund der aktuellen wirtschaftlichen und finanziellen Umstände. Die tschechische Präsidentschaft sieht die Doha-Entwicklungsagenda als Mittel, auf multilateraler Ebene eine transparente Handelsliberalisierung zu erreichen, die auf lange Sicht Vorteile bringen wird. Die Präsidentschaft wird sich darum bemühen, die Gespräche so bald wie möglich wieder aufzunehmen, und wird sich zudem für intensivere Verhandlungen im Rahmen weiterer Agenden der WTO einsetzen, insbesondere in den Bereichen geistiges Eigentum (TRIPS) und Dienstleistungen. Die Präsidentschaft unterstützt eine möglichst weitgehende Anwendung des Prinzips der multilateralen Handelsvereinbarungen. Aus diesen Gründen wird sie auch den Prozess der Ausweitung der WTO auf zusätzliche Mitglieder fortsetzen.
Anfrage Nr. 19 von Dimitrios Papdimoulis (H-1009/08)
Betrifft: Entwurf einer Erklärung der EU-Präsidentschaft in der UN (Vereinte Nationen) zum Thema Entkriminalisierung von Homosexualität
Am 10. Dezember 2008, dem 60. Jahrestag der Allgemeinen Menschenrechtserklärung, legt die französische Präsidentschaft den Vereinten Nationen im Namen der Europäischen Union einen Vorschlag für eine Erklärung vor, in der alle Regierungen der Welt aufgefordert werden, die Homosexualität nicht mehr unter Strafe zu stellen. Der Beobachter des Vatikans bei der UN hat bereits angekündigt, dass sich sein Land dieser Erklärung nicht anschließen wird.
In Erwägung der Entschließung des Europäischen Parlaments (P6_TA(2007)0167) zur Homophobie in Europa, in der eine weltweite Entkriminalisierung der Homosexualität und die volle Umsetzung der EU-Rechtsvorschriften gegen die Diskriminierung gefordert werden, während gleichzeitig homosexuellenfeindliche Phänomene in den Mitgliedstaaten verurteilt werden, wird der Rat um Mitteilung darüber ersucht, in welchen Ländern der Welt Homosexualität derzeit unter Strafe steht? Welche Folgenmaßnahmen wird der Rat zu der Erklärung der französischen Präsidentschaft ergreifen? Welche Maßnahmen wird er zur vollständigen Umsetzung der Entschließung des Europäischen Parlaments ergreifen? Ist er der Auffassung, dass bei der Prüfung von Asylanträgen geprüft werden sollte, ob der Antragsteller in seinem Herkunftsland aufgrund seiner sexuellen Ausrichtung verfolgt wird?
(DE) Diese von der Präsidentschaft erstellte Antwort ist weder für den Rat noch für seine Mitglieder als solche verbindlich und wurde nicht mündlich in der Fragestunde an den Rat bei der Plenartagung im Januar 2009 des Europäischen Parlaments in Straßburg vorgetragen.
Der Rat ist der Überzeugung, dass sich Diskriminierungen aufgrund von Geschlecht, Rasse oder ethnischer Herkunft, Religion oder Glauben, Behinderungen, Alter oder sexueller Ausrichtung nicht mit den Prinzipien vereinbaren lassen, auf denen die EU aufgebaut ist. Die Institutionen der EU haben wiederholt jegliches Auftreten solcher Diskriminierungen zurückgewiesen und verurteilt.
Die EU verfolgt, im Rahmen der ihr von den Verträgen verliehenen Befugnisse, eine entschiedene Politik der Bekämpfung derartiger Erscheinungen, sowohl innerhalb ihrer Grenzen als auch in ihren Beziehungen zum Rest der Welt, in dem noch ca. 80 Länder Homosexualität kriminalisieren.
Gemäß Artikel 13 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft kann die Union „geeignete Vorkehrungen treffen, um Diskriminierungen aus Gründen des Geschlechts, der Rasse, der ethnischen Herkunft, der Religion oder der Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung zu bekämpfen“. Auf dieser Grundlage hat die EU im Juni 2000 einstimmig die Richtlinie zur Gleichbehandlung ohne Unterschied der Rasse (2000/43/EG)(1) und im November 2000 die Beschäftigungsrahmenrichtlinie (2000/78/EG)(2) beschlossen.
Auch in der Außenpolitik beteiligt sich die EU im Rahmen der Vereinten Nationen aktiv an Bemühungen, Rassismus und Diskriminierung zu bekämpfen, darunter auch Diskriminierung aufgrund der sexuellen Ausrichtung. Beispielsweise hat sich die EU im Jahr 2006 uneingeschränkt und erfolgreich dafür eingesetzt, dass die „Gruppen für die Rechte von Lesben, Schwulen, Bisexuellen und Transsexuellen“ (LGBT rights groups) Konsultativstatus im NRO-Komitee des Wirtschafts-und Sozialrates der Vereinten Nationen bekommen. Zudem wurde am 18. Dezember 2008 im Namen von (bislang) 66 Staaten vor der Generalversammlung die Erklärung über sexuelle Ausrichtung und Geschlechtsidentität abgegeben; dies geschah im Rahmen von Tagesordnungspunkt 64b, „Fragen der Menschenrechte, einschließlich anderer Ansätze zur besseren Gewährleistung der effektiven Ausübung der Menschenrechte und Grundfreiheiten“. Die Erklärung bekräftigt unter anderem die Prinzipien von Universalität und Nichtdiskriminierung und verlangt, dass „Staaten alle notwendigen, insbesondere legislativen oder administrativen Maßnahmen ergreifen, um sicherzustellen, dass sexuelle Orientierung oder Geschlechtsidentität unter keinen Umständen die Grundlage für strafrechtliche Konsequenzen bilden, insbesondere nicht für Verurteilungen, Verhaftungen oder Festnahmen“.
Die EU berücksichtigt Fragen des Rassismus, der Fremdenfeindlichkeit und der Diskriminierung in ihrem politischen Dialog mit Drittländern und betont konsequent das Prinzip der Nichtdiskriminierung, das erfordert, dass Menschenrechte für jeden Menschen ohne Ansehen seiner sexuellen Ausrichtung oder Geschlechtsidentität gelten.
In Bezug auf Asylanträge etabliert die Richtlinie des Rates 2004/83/EG über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und der Inhalt des zu gewährenden Schutzes das Konzept einer Verfolgung auf der Grundlage der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe. Gemäß Artikel 10 (d) dieser Richtlinie kann eine soziale Gruppe auch dadurch definiert sein, dass ihre Mitglieder eine bestimmte gemeinsame sexuelle Ausrichtung haben. Die Mitgliedstaaten sollen dies berücksichtigen, wenn sie im Rahmen einer Entscheidung über einen Antrag auf die Gewährung von internationalem Schutz die Gründe für eine Verfolgung beurteilen.
Richtlinie 2000/43/EG des Rates vom 29. Juni 2000 zur Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ohne Unterschied der Rasse oder der ethnischen Herkunft; ABl. L 180 vom 19.7.2000, S. 22-26.
Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf; ABl. L 303 vom 02.12.2000, S. 16-22.
Anfrage Nr. 21 von Pedro Guerreiro (H-1012/08)
Betrifft: CIA-Flüge mit illegalen Häftlingen via Flughäfen mehrerer EU-Mitgliedstaaten
Laut Meldungen, die vor kurzem der Öffentlichkeit in Spanien bekannt wurden, existiert ein offizielles Dokument, dem zu entnehmen ist, dass im Januar 2002 hochrangige spanische Regierungsmitglieder vom politisch-militärischen Berater der amerikanischen Botschaft über die Absicht der USA informiert wurden, den spanischen Luftraum und spanische Flughäfen für die Überstellung von „Gefangenen“ zum Militärstützpunkt Guantánamo zu nutzen. Des Weiteren sei im Bedarfsfall die Nutzung der Militärstützpunkte Spaniens zur Unterstützung des Transports erwogen worden. In dem bisher geheimen Dokument wird berichtet, dass dasselbe Verfahren bei mehreren Ländern, die von diesen Flugzeugen überflogen werden müssten, vor allem Italien und Portugal, angewendet wurde. Bei Bestätigung dieses Antrags wären diese Mitgliedstaaten informiert worden, dass die USA deren Luftraum und Territorium nutzen würden, um illegale Häftlinge zum Militärstützpunkt Guantánamo zu verbringen. Das jetzt veröffentlichte Dokument bestärkt die Idee, dass die Aufrechterhaltung dieses von den USA geschaffenen Netzes von Inhaftierung, Entführung und Folter, das gegen die elementarsten Menschenrechte verstößt, ohne die Beteiligung mehrerer Regierungen von EU-Mitgliedstaaten nicht möglich gewesen wäre.
Wie beurteilt der Rat diese jetzt veröffentlichten Nachrichten, und um welche Erläuterungen wird er ersuchen?
Welche Maßnahmen gedenkt er vorzuschlagen, damit sich solche Dinge weder heute noch in Zukunft wiederholen?
(DE) Diese von der Präsidentschaft erstellte Antwort ist weder für den Rat noch für seine Mitglieder als solche verbindlich und wurde nicht mündlich in der Fragestunde an den Rat bei der Plenartagung im Januar 2009 des Europäischen Parlaments in Straßburg vorgetragen.
Die Aufsicht über Aktivitäten von Geheimdiensten und Sicherheitsdiensten auf dem Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten fällt unter die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten. Damit fällt die Kontrolle des Hoheitsgebiets (Land, Wasser und Luftraum) der Mitgliedstaaten, einschließlich der Bewilligung von Start- und Landeerlaubnis in diesem Hoheitsgebiet, nicht unter die Zuständigkeit des Rates der Europäischen Union.
Anfrage Nr. 22 von Johan Van Hecke (H-1017/08)
Betrifft: Kreditkrise
Auf der Tagesordnung der tschechischen Präsidentschaft steht die Detailarbeit an einem europäischen und internationalen Ansatz zur Bewältigung der Kreditkrise. Am stärksten betroffen von der Kreditkrise sind jedoch die Entwicklungsländer. Die Preise für Rohstoffe sinken besonders rasant, was dazu führt, dass arme Länder geringere Einkommen erzielen. Darüber hinaus droht bei der Vergabe von Krediten an Entwicklungsländer eine Austrocknung.
Wird die tschechische Präsidentschaft mit gutem Beispiel vorangehen und ihre offizielle Entwicklungshilfe beträchtlich aufstocken, um der Zusage nachzukommen, im Jahre 2010 0,7 Prozent des BSP für die Entwicklungshilfe aufzubringen?
(DE) Diese von der Präsidentschaft erstellte Antwort ist weder für den Rat noch für seine Mitglieder als solche verbindlich und wurde nicht mündlich in der Fragestunde an den Rat bei der Plenartagung im Januar 2009 des Europäischen Parlaments in Straßburg vorgetragen.
Die Präsidentschaft ist über die globale Finanzkrise und ihre möglichen Auswirkungen auf die Entwicklungsländer besorgt. Zu diesem Thema wird in einigen Tagen (29.-30. Januar 2009) bei ihrem informellen Treffen in Prag ein Meinungsaustausch der Entwicklungsminister stattfinden.
Was die öffentliche Entwicklungshilfe (ODA) anbelangt, hat die EU in den im Mai 2008 verabschiedeten Schlussfolgerungen des Rates(1) ihre Selbstverpflichtung gegenüber den Entwicklungsländern bestätigt, langfristig die gemeinsame Vorgabe von öffentlicher Entwicklungshilfe in Höhe von 0,56 % des BNE bis 2010 und 0,7 % des BNE bis 2015 zu erreichen, wie sie schon in den Schlussfolgerungen des Rates im Mai 2005, den Schlussfolgerungen des Europäischen Rates im Juni 2005 und im Europäischen Konsens über Entwicklungspolitik vom 22. November 2005 festgelegt worden war.
Im Rahmen der Schlussfolgerungen des Rates von Mai 2005(2) wurde insbesondere festgelegt, dass Mitgliedstaaten, die der EU nach 2002 beigetreten sind und deren ODA noch nicht 0,17 % des BNE erreicht hat, sich bemühen, ihre ODA zu erhöhen, um innerhalb ihrer jeweiligen Budgetierungsprozesse dieses Niveau bis 2010 zu erreichen. Diejenigen, die schon über diesem Niveau sind, verpflichteten sich, ihre Bemühungen aufrechtzuerhalten. Darüber hinaus haben sich die EU-Mitgliedstaaten verpflichtet, das Ziel von 0,7 % ODA/BNE bis 2015 zu erreichen. Diejenigen, die dieses Ziel schon erreicht haben, verpflichteten sich, weiterhin darüber zu bleiben. Mitgliedstaaten, die nach 2002 der EU beigetreten sind, werden sich bemühen, ihr ODA/BNE bis 2015 auf 0,33 % zu erhöhen.
Die Verpflichtung der Tschechischen Republik sollte im Kontext der gemeinsamen ODA-Vorgabe verstanden werden, zu der sich die EU verpflichtet hat und deren Erreichung als Ziel schon mehrfach bekräftigt wurde.
In seinen jüngsten Schlussfolgerungen vom 11. November 2008(3) hat der Rat betont, dass dieses Thema in den Zuständigkeitsbereich der Mitgliedstaaten fällt, und sie ermutigt, bis Ende 2010 nationale Zeitpläne zu erstellen, um im Rahmen ihrer jeweiligen Budgetierungsprozesse ihre Entwicklungshilfeausgaben zu erhöhen, um die bestehenden Vorgaben zu erreichen.
Wir halten es für höchst bedeutsam, dass die wesentlichen Instrumente und Modalitäten der Finanzierung darauf abzielen, die Notwendigkeit der Effektivität von Hilfe zu betonen, unter Berücksichtigung der Rolle des Handels und der WTO für die Entwicklung sowie des Handelshilfeprogramms. Im Lichte unserer Rechenschaftspflicht gegenüber den Steuerzahlern für gezahlte Mittel ist es sowohl für die Geber- als auch für die Empfängerländer entscheidend, dass unsere Partner in den jeweiligen Ländern eine gut fundierte Entwicklungspolitik verfolgen. Diese Themen wurden auf den internationalen Foren ausgiebig diskutiert. Zuletzt wurde in New York und auf dem Hochrangigen Forum (HLF) in Accra und ebenso auf der Doha-Konferenz betont, dass auf der Frühjahrskonferenz des Wirtschafts- und Sozialrates (ECOSOC) im April 2009 Diskussionen über die Stärkung des Follow-up-Verfahrens für die Entwicklungsfinanzierung beginnen sollen. Wir sind der Ansicht, dass verschiedene Modalitäten von ODA als effektiv anzusehen sind und dadurch alle Akteure in die Lage versetzen, von den ODA-Zusagen zu profitieren.
Die Maßnahmen der tschechischen Präsidentschaft stehen in Einklang mit den oben genannten Schlussfolgerungen des Rates und werden dies auch weiterhin tun. Ähnlich wie eine Reihe von anderen EU-Mitgliedstaaten wird die tschechische Präsidentschaft sich bemühen, ihre ODA bis 2010 auf 0,17 % und bis 2015 auf 0,33 % des BNE zu erhöhen. In der momentanen Situation der globalen Finanzkrise erwarten wir keine wesentliche Erhöhung unserer ODA.
Am 4. September 2008 hat das Europäische Parlament eine gemeinsame Entschließung zu den Tötungen von Albinos in Tansania angenommen.
In dieser Entschließung wurde der Rat aufgefordert, die Menschenrechtslage von Albinos in Tansania genau zu überwachen. Kann der Rat Angaben zum aktuellen Stand der Dinge hinsichtlich der Situation von Albinos in Tansania machen, da medizinische Einsatzkräfte vor Ort noch keine Verbesserung der Menschenrechtslage von Albinos beobachten konnten?
Welche Anstrengungen wurden unter französischem Ratsvorsitz unternommen und was sieht die tschechische Ratspräsidentschaft vor, um die Situation von Albinos in Tansania zu verbessern, vor allem auch hinsichtlich der medizinischen Versorgung, und was wurde bisher erreicht?
(DE) Diese von der Präsidentschaft erstellte Antwort ist weder für den Rat noch für seine Mitglieder als solche verbindlich und wurde nicht mündlich in der Fragestunde an den Rat bei der Plenartagung im Januar 2009 des Europäischen Parlaments in Straßburg vorgetragen.
Der Rat behält die Menschenrechtssituation in Tansania sorgfältig im Blick und hat dort mit großer Sorge die sich verschlechternde Situation der Albinos zur Kenntnis genommen. In Übereinstimmung mit seiner Menschenrechtspolitik wird der Rat dieses Thema bei der Regierung von Tansania ansprechen, um weitere Maßnahmen zu fordern, die diesem Phänomen ein Ende setzen und den Opfern und ihren Familien Gerechtigkeit zuteil werden lassen.
Albinos sind in Tansania traditionell Opfer von Diskriminierung. In einigen Regionen wurde die Geburt eines Albinos seit langem als Fluch für die gesamte Gemeinschaft wahrgenommen, und viele wurden gleich nach der Geburt getötet. Allerdings hat das Problem jüngst eine andere Dimension angenommen, und Albinos werden aus reiner Geldgier brutal ermordet; dabei machen sich die Mörder Armut, Verzweiflung und den starken Glauben an Hexerei zunutze.
Die Regierung von Tansania hat bereits Maßnahmen ergriffen, um diese Verbrechen zu beenden; Präsident Kikwete hat zu diesem Zweck regionale Regierungsbeauftragte eingesetzt.
Zu den Gegenmaßnahmen zählen Vorkehrungen für die Sicherheit und den Schutz von Albinos in der Region Mwanza und eine Sensibilisierung für das Thema. Unter anderem wurden Albinos, die eine Schule besuchen und deren Leben bedroht war, in eine spezielle Schule im Distrikt Misungwi und andere Internate in der Region versetzt, die von Polizeikräften bewacht werden. Eine Volkszählung der Albinos ist in Vorbereitung.
Gleichzeitig befassen sich NRO aktiv mit der Sensibilisierung für dieses Thema. In vielen betroffenen Dörfern wurden die Menschen gegen das Töten von Albinos sensibilisiert. Alle Haushalte mit Albinos wurden einzeln besucht, um sie zu sensibilisieren und sie zu ermutigen, jede verdächtige Person der Polizei zu melden.
Der Rat wird die Situation weiterhin genau im Auge behalten.
Anfrage Nr. 24 von Jolanta Dičkutė (H-1021/08)
Betrifft: Intensivierung der Prävention, Behandlung und Betreuung bei HIV
In dem im Januar 2008 erschienenen Bericht des Europäischen Zentrums für die Prävention und die Bekämpfung von Seuchen (ECDC) über „HIV testing in Europe: From policies to effectiveness“ wird betont, dass in den EU-Ländern, insbesondere in Einrichtungen des Gesundheitsversorgungssystems, viele Gelegenheiten zur Erkennung von HIV-Infektionen versäumt werden. Etwa 30 % der HIV-Infizierten in den EU-Ländern wissen nichts von ihrer Infektion. Eine späte Diagnose führt zwangsläufig zu einem späten Beginn der antiretroviralen Therapie, begrenzten Wirkungsmöglichkeiten für Medikamente, erhöhten Sterblichkeitszahlen sowie einem größeren Übertragungsrisiko.
Wird die tschechische Präsidentschaft nach den Vorstößen der luxemburgischen, der deutschen, der portugiesischen und zuletzt auch der französischen Präsidentschaft Maßnahmen ergreifen, um die Prävention, Behandlung und Betreuung im Zusammenhang mit HIV zu intensivieren?
(DE) Diese von der Präsidentschaft erstellte Antwort ist weder für den Rat noch für seine Mitglieder als solche verbindlich und wurde nicht mündlich in der Fragestunde an den Rat bei der Plenartagung im Januar 2009 des Europäischen Parlaments in Straßburg vorgetragen.
Die tschechische Präsidentschaft bekräftigt ihre Entschlossenheit, die erhebliche Herausforderung, die die HIV/AIDS-Pandemie darstellt, in den Griff zu bekommen. Die bisher getätigten Anstrengungen waren nicht ausreichend, die weltweite Ausbreitung der HIV/AIDS-Pandemie, die durch Armut sowie soziale, wirtschaftliche und geschlechterbezogene Ungleichheiten verschlimmert wird, einzudämmen.
In dieser Hinsicht verweist der Rat auf seine am 31. Mai 2007 verabschiedeten Schlussfolgerungen zur „Bekämpfung von HIV/AIDS in der Europäischen Union und in den Nachbarländern“ und auf seine am 3. Juni 2005 verabschiedeten Schlussfolgerungen zur Bekämpfung von HIV/AIDS.
Insbesondere in den Schlussfolgerungen aus dem Jahr 2007 betont der Rat die Notwendigkeit eines integrierten und koordinierten Fokus auf Prävention, Diagnose, Behandlung, Pflege und Unterstützung in Zusammenhang mit HIV/AIDS auf der Grundlage der Förderung von Menschenrechten für Menschen mit HIV und gefährdeten Gruppen innerhalb der Bevölkerung. Der Rat hat unter anderem die Mitgliedstaaten eingeladen, geeignete Verfahren zur Früherkennung und Behandlung zu fördern, die die Mutter-Kind-Übertragung von HIV/AIDS so weit wie möglich reduzieren. Als zentraler Baustein einer erfolgreichen Strategie zur Abmilderung der Folgen von HIV/AIDS soll außerdem die Förderung universellen Zugangs zu evidenzbasierten Präventionsmaßnahmen und umfassender Maßnahmen zur Verringerung des Leides dienen.
Die tschechische Präsidentschaft wird diese Arbeit fördern und auf dem bisher Erreichten aufbauen, damit die EU ihre weltweite Führungsrolle bei der entschlossenen Bekämpfung der HIV/AIDS-Pandemie beibehält.
Anfrage Nr. 26 von Laima Liucija Andrikienė (H-1027/08)
Betrifft: Gaspipeline-Projekt und gemeinsame Energiepolitik der EU
Beim Pipeline-Projekt Nabucco geht es darum, kaspisches Erdgas nach Wien zu befördern; gleichzeitig ist das Gaspipeline-Projekt Nord Stream dazu bestimmt, Gas unter der Ostsee nach Deutschland zu befördern. Wie will die tschechische EU Präsidentschaft die Abhängigkeit der EU von russischem Erdgas verringern? Wie kann die geplante Nabucco-Gaspipeline die Lage bei der Ausfuhr von Erdgas nach Europa verändern? Welchen Standpunkt vertritt die tschechische EU Präsidentschaft im Zusammenhang mit dem Gaspipeline-Projekt Nord Stream? Welche Pläne hat die tschechische EU Präsidentschaft im Bezug auf die Verwirklichung und Stärkung der gemeinsamen Energiepolitik der EU?
(DE) Diese von der Präsidentschaft erstellte Antwort ist weder für den Rat noch für seine Mitglieder als solche verbindlich und wurde nicht mündlich in der Fragestunde an den Rat bei der Plenartagung im Januar 2009 des Europäischen Parlaments in Straßburg vorgetragen.
Energie gehört zu den drei wichtigsten politischen Prioritäten der tschechischen Präsidentschaft. Es ist allgemein anerkannt, dass bei der Umsetzung des auf dem Europäischen Frühjahrsgipfel 2007 vereinbarten Aktionsplans (2007-2009) des Europäischen Rates ein Schwerpunkt auf der Energieversorgungssicherheit liegen muss. Auf diesen Punkt wird die tschechische Präsidentschaft ihre Bemühungen konzentrieren, um die Energiepolitik der EU voranzubringen und zu stärken. Die jüngste Unterbrechung der Erdgaslieferungen aus Russland und deren Durchleitung durch die Ukraine haben die Bedeutung dieses Themas für die EU-Agenda unterstrichen.
Bezüglich Erdgasimporten in die Europäische Union verweist der Rat auf das im Aktionsplan festgelegte Ziel, die Versorgungssicherheit durch eine effektive Diversifizierung bei Energiequellen, Lieferanten und Transportrouten zu erhöhen. Die tschechische Präsidentschaft hat beim informellen Treffen des Rates für Allgemeine Angelegenheiten am 8. Januar 2009 erneut die Notwendigkeit betont, das Vertrauen gegenüber den bestehenden Lieferanten wiederaufzubauen, gleichzeitig aber die Zusammenarbeit mit ergänzenden Lieferanten zu intensivieren. Eines der drei Hauptthemen dieses informellen Treffens der Minister für Europaangelegenheiten und der Außenminister war die Energieversorgungssicherheit.
Gemäß dem Zeitplan der Präsidentschaft ist für Februar 2009 die Verabschiedung von Schlussfolgerungen zur im November 2008 von der Kommission vorgelegten Mitteilung „Zweite Überprüfung der Energiestrategie – EU-Aktionsplan für Energieversorgungssicherheit und -solidarität“ durch den Rat vorgesehen. Im größeren Zusammenhang der europaweiten Energieversorgungssicherheit erwähnt diese Mitteilung den Ostseeverbundplan sowie den südlichen Gaskorridor. Diese Schlussfolgerungen des Rates und die Mitteilung selbst werden auf dem Europäischen Frühjahrsgipfel 2009 des Europäischen Rates vorgelegt.
Die tschechische Präsidentschaft beabsichtigt außerdem, beim während ihrer Amtsperiode stattfindenden „Southern Corridor Summit – East West Link“ gegenüber Gaserzeugern und Transitländern in der Kaukasus-Region und in Zentralasien das Interesse der Gemeinschaft an einer Zusammenarbeit zu signalisieren. Das Gipfeltreffen, das von der Präsidentschaft in enger Kooperation mit der Kommission und den Mitgliedstaaten vorbereitet wird, wird auf der Ebene der Staatschefs stattfinden und zum Ziel haben, eine stabile Kooperation mit den Ländern der Region zu beginnen.
Die Diversifizierung der Erdgasressourcen wird auch durch den Bau von Flüssiggas-Terminals verbessert werden.
Dies ist aber eine zeitlich, finanziell und energetisch anspruchsvolle Variante.
Die wiederholten Konflikte um Erdgaslieferungen zwischen Russland und der Ukraine, von denen auch die EU in einem noch nie dagewesenen Ausmaß betroffen war, haben die Bedeutung einer erhöhten Solidarität aller Mitgliedstaaten im Fall von Lieferschwierigkeiten ebenso aufgezeigt wie die einer Reduzierung der Abhängigkeit von Erdgasimporten. Diese Angelegenheit gehört zu den Themen des außerplanmäßigen Rates für Energie, der von der tschechischen Präsidentschaft für den 12. Januar 2009 einberufen wurde. Mögliche Maßnahmen beinhalten die Überarbeitung der Richtlinie 2004/67/EG über Maßnahmen zur Gewährleistung der sicheren Erdgasversorgung, die gegenwärtig das wichtigste legislative Instrument zur Erreichung von Energiesolidarität darstellt, Investitionen in eine Zusammenschaltung von Energieinfrastrukturen (als technische Grundlage für die Gewährleistung von Hilfe zwischen den Mitgliedstaaten) oder die Einführung eines transparenten Mechanismus für den Austausch von Energie-Informationen zwischen den Mitgliedstaaten (einschließlich Kontakten mit Partnern in Drittländern oder geplanten Investition in Infrastrukturprojekte).
Hinsichtlich seiner Position zum Nabucco-Projekt und dessen Auswirkungen auf Erdgasexporte in die Europäische Union verweist der Rat die Frau Abgeordnete auf seine Antworten zu der mündlichen Anfrage H-0590/07 zu diesem Thema.
Hinsichtlich seiner Position zum Gaspipeline-Projekt Nord Stream verweist der Rat die Frau Abgeordnete auf seine Antworten zu den mündlichen Anfragen H-0121/07 und H-575/07 zu diesem Thema.
Anfrage Nr. 27 von Athanasios Pafilis (H-1028/08)
Betrifft: Weigerung, Flüchtlingen in EU-Mitgliedstaaten Asyl zu gewähren
Kürzlich veröffentlichen Angaben zufolge werden Asylbewerber in Griechenland systematisch verhaftet und unter erbärmlichen Bedingungen festgehalten. Zudem drängen die griechischen Behörden Flüchtlinge gewaltsam aus den griechischen Hoheitsgewässern ab oder behindern das Verfahren, wenn ein Asylantrag gestellt wird. Von den 25 111 Asylanträgen, die im Jahr 2007 gestellt wurden, sind nur 0,04 % bei der Erstbefragung und 2 % nach einer Klage genehmigt worden. Im Übrigen wird durch die Verweigerung des Asyls durch die griechischen Behörden den Migranten jede Möglichkeit genommen, auf der Grundlage der Verordnung (EG) Nr. 343/2003(1) und Dublin 2 in einem anderen Mitgliedstaat der EU einen Asylantrag zu stellen. Sie können aber auch nicht in ihre Heimat zurückkehren, weil sie Angst vor Krieg und Verfolgung haben. Vergleichbare Informationen liegen auch aus anderen Mitgliedstaaten der EU vor.
Welche Position vertritt der Rat angesichts dieser inakzeptablen Situation, zumal der kürzlich beschlossene europäische Pakt über Einwanderung und Asyl sowie der Ausbau von Frontex die Rechte von Flüchtlingen noch zusätzlich beschneiden?
(DE) Diese von der Präsidentschaft erstellte Antwort ist weder für den Rat noch für seine Mitglieder als solche verbindlich und wurde nicht mündlich in der Fragestunde an den Rat bei der Plenartagung im Januar 2009 des Europäischen Parlaments in Straßburg vorgetragen.
Die Frage des Herrn Abgeordneten bezieht sich insbesondere auf die Auswirkungen der Anwendung der Verordnung des Rates 343/2003/EG zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrags zuständig ist (Dublin-II-Verordnung). Artikel 28 dieser Verordnung sieht vor, dass die Kommission dem Europäischen Parlament und dem Rat einen Bericht über ihre Anwendung und, soweit angemessen, Vorschläge für erforderliche Änderungen vorlegt. Vor diesem Hintergrund hat die Kommission im Dezember 2008 einen Vorschlag mit dem Ziel einer Überarbeitung der Dublin-Verordnung vorgestellt. Das Hauptanliegen dieses Vorschlags ist die Stärkung der für Asylsuchende, die in den Anwendungsbereich der Dublin-II-Verordnung fallen, geltenden Rechte und Garantien.
Zudem wird von der Kommission die Vorlage eines Vorschlags zur Überarbeitung der Asylrichtlinien erwartet, der sich hauptsächlich mit der Verbesserung der bislang beschlossenen Mindestnormen befasst und der einen weiteren Ausbau des gemeinsamen europäischen Asylsystems zum Ziel hat. Hierbei sollte der Schwerpunkt auf die erste Phase des Asylverfahrens gelegt werden, also auf den eigentlichen Zugang zu einem solchen Verfahren. Die ersten Vorschläge wurden bereits im Dezember 2008 veröffentlicht – Vorschlag für eine Überarbeitung der Aufnahmerichtlinie und der Dublin-II- und Eurodac-Verordnungen. Für Frühjahr 2009 werden Vorschläge für eine Verbesserung der Anerkennungs- und Verfahrensrichtlinien erwartet. Auch diese zielen auf eine Verbesserung des Status von Asylsuchenden. Allerdings ist anzumerken, dass alle EU-Mitgliedstaaten von den in Richtlinie 2003/9/EG definierten Mindestnormen für die Aufnahmebedingungen für Asylsuchende gebunden sind.
Für beide Vorschläge, mit denen sich der Rat im Jahr 2009 befassen wird, gilt das Mitentscheidungsverfahren.
Anfrage Nr. 28 von Konstantinos Droutsas (H-1030/08)
Betrifft: Schändliches Verhalten eines Bergbauunternehmens nach einem Grubenunglück in Mexiko
Vor etwa drei Jahren, am 19. Februar 2006, ereignete sich in der Mine Pasta de Conchos in Mexiko, die im Besitz des Unternehmens „Industrial Minera Mexico“ ist, infolge einer Gasexplosion ein schweres Unglück, bei dem 65 Bergleute ums Leben kamen. Bis heute wurden nur die Leichen von zwei der verunglückten Arbeiter geborgen, die übrigen blieben verschüttet. Das Unternehmen und die zuständigen Behörden lehnen die Durchführung einer Exhumierung ab, da sie befürchten, dass diese Beweise dafür erbringen könnte, dass das Unternehmen ständig gegen alle Sicherheitsvorschriften verstoßen hat. Vor dem Unglück hatten viele der betroffenen Arbeiter bereits auf die erhebliche Explosionsgefahr infolge von Gaslecks aufmerksam gemacht. Die Familien der Opfer, die nicht mehr länger warten wollen, haben inzwischen beschlossen, eine Kollekte zu starten, um die Leichen ihrer Angehörigen selbst zu bergen.
Wie beurteilt der Rat die Haltung der zuständigen nationalen Behörden, die das schändliche Verhalten des genannten Unternehmens ganz offensichtlich decken?
(DE) Diese von der Präsidentschaft erstellte Antwort ist weder für den Rat noch für seine Mitglieder als solche verbindlich und wurde nicht mündlich in der Fragestunde an den Rat bei der Plenartagung im Januar 2009 des Europäischen Parlaments in Straßburg vorgetragen.
Der Rat hat sich mit diesem Thema nicht beschäftigt.
Anfrage Nr. 29 von Georgios Toussas (H-1031/08)
Betrifft: Massenhafte Festnahmen von Oppositionspolitikern in Peru
Ende November hat die peruanische Regierung die Festnahme von 14 führenden Politikern der kommunistischen Partei sowie der Opposition angeordnet, darunter auch von Ollanta Humala, der bei den letzten Wahlen als Präsidentschaftskandidat angetreten ist. Vorwand für die Festnahmen waren „Daten“, die sich auf dem Rechner von Paul Reyes von der FARC angefunden hatten. Den Verhafteten ist jeder Zugriff auf diese „Daten“ untersagt, mit denen angeblich ihre Schuld bewiesen wird. Diese Verhaftungen haben große Empörung in der Bevölkerung und bei den Oppositionsparteien hervorgerufen, die anprangern, dass damit jede von der offiziellen Position abweichende Meinung und generell die Bewegung des Volkes kriminalisiert werde. Jede Art von Demonstration der Bevölkerung wird von den Behörden gewaltsam unterdrückt.
Welche Position bezieht der Rat gegenüber diesen schwerwiegenden Verstöße gegen die demokratischen Freiheiten in Peru, der Kriminalisierung abweichender Meinungen und den Vorwürfe, diese stünden in Kontakt zu Terrororganisationen?
(DE) Diese von der Präsidentschaft erstellte Antwort ist weder für den Rat noch für seine Mitglieder als solche verbindlich und wurde nicht mündlich in der Fragestunde an den Rat bei der Plenartagung im Januar 2009 des Europäischen Parlaments in Straßburg vorgetragen.
Der Rat hat sich mit dem von dem Herrn Abgeordneten vorgebrachten Thema nicht konkret beschäftigt.
Grundsätzlich hat die EU stets betont, dass sie großen Wert auf Respekt für den Rechtsstaat und die Werte und Prinzipien von Demokratie und Menschenrechten in lateinamerikanischen Ländern legt, wie auch in der Lima-Erklärung von Mai 2008 dargelegt(1).
Bei seinen Treffen mit Vertretern der Regierungen dieser Länder auf politischer Ebene bekräftigt der Rat die Bedeutung dieser Prinzipien.
Wird die Kommission – im Nachgang zu ihrer Antwort auf meine Anfrage E-3717/06 – über die Fortschritte bei der Entwicklung einer umfassenden europäischen Politik zur Verhütung von Straftaten sowie eines Systems vergleichbarer europäischer Kriminalstatistiken Bericht erstatten?
Wird die Kommission darüber hinaus mitteilen, welche spezifischen Maßnahmen sie ergriffen hat, um mit Gewaltanwendung verbundene Straßenkriminalität, und insbesondere Straftaten mit Messern, in Europa zu bekämpfen?
(DE) Die Verhütung von Straftaten ist hinsichtlich eines effektiven Umgangs mit ihren Ursachen und Auswirkungen von großer Bedeutung. Die Kommission ist entschlossen, bei der Entwicklung von strategischen Leitlinien für die einzelnen Arten von Straftaten das Prinzip der Prävention zu stärken. Seit dem Jahr 2006 hat es hier durch die Schaffung des EU-Aktionsplans zu Statistiken über Kriminalität und Strafverfolgung große Fortschritte gegeben. Von einer Expertengruppe entwickelte Indikatoren lassen sich mittelfristig dazu einsetzen, Daten aus den Mitgliedstaaten zu vergleichen.
Gemäß dem Prinzip der Subsidiarität liegt die Zuständigkeit für die Prävention und Bekämpfung von Gewalt in den Städten bei den Mitgliedstaaten und/oder ihren regionalen und lokalen Behörden. Das Europäische Netz für Kriminalprävention (ENKP), dessen Sekretariat von der Kommission übernommen wurde, ist eine nützliche Plattform für den Austausch über Informationen und bewährte Verfahren.
Anfrage Nr. 39 von Stavros Arnaoutakis (H-0982/08)
Betrifft: Fortschritte bei der Mittelbereitstellung im Zusammenhang mit dem Rahmenprogramm für Solidarität und die Steuerung der Migrationsströme
Kann die Kommission Informationen vorlegen über die Fortschritte in Bezug auf die Mittel, die im Rahmen des Rahmenprogramms „Solidarität und die Steuerung der Migrationsströme“ (Europäischer Fonds für die Integration von Drittstaatsangehörigen, Europäischer Flüchtlingsfonds, Europäischer Außengrenzenfonds, Europäischer Rückkehrerfonds) bereitgestellt wurden?
Wie sind die regionalen und lokalen Akteure und NRO an der Planung und Umsetzung der Interventionen im Rahmen dieser Fonds beteiligt worden?
(DE) Die vier im Generellen Programm „Solidarität und Steuerung der Migrationsströme“ vorgesehenen Fonds – der Europäische Fonds zur Integration von Drittstaatsangehörigen, der Europäische Flüchtlingsfonds, der Europäische Außengrenzenfonds und der Europäische Rückkehrfonds – sind kürzlich bereitgestellt worden. Insgesamt enthalten diese Fonds Mittel in Höhe von 4,02 Milliarden Euro für den Zeitraum 2007-2013.
Bislang ist der weitaus größte Teil der Programme von an den Fonds teilnehmenden Staaten von der Kommission angenommen worden. Für den Rückkehrfonds, für den Kredite erst im November 2008 verfügbar wurden, wird erwartet, dass der Annahmeprozess für die letzten Programme im ersten Quartal 2009 abgeschlossen sein wird. Nach Abschluss dieses Prozesses wird die Kommission 580 Millionen Euro für die Startphase der vier Fonds bereitgestellt haben. Im Jahr 2008 haben außerdem drei Mitgliedstaaten zusätzliche Unterstützung in Höhe von 10 Millionen Euro im Rahmen von Sofortmaßnahmen im Europäischen Flüchtlingsfonds erhalten: Griechenland, Italien und Malta.
Die Auszahlung von Mitteln für die Finanzierung von Maßnahmen in den Anfangsjahren des Programms an die Mitgliedstaaten ist angelaufen.
Die Einrichtung der Fonds hat erhebliche Anstrengungen von der Kommission und den Regierungen der Mitgliedstaaten erfordert. Dies belegt die Entschlossenheit der Europäischen Union, beim Umgang mit Migrationsströmen das Prinzip der Solidarität in die Praxis umzusetzen.
Die Kommission misst der Beteiligung von regionalen und lokalen Behörden ebenso wie von Nichtregierungsorganisationen bei der Verwendung der Fonds besondere Bedeutung zu. So hat die Kommission die Mitgliedstaaten eingeladen, Partnerschaften mit den an den Programmen teilnehmenden Behörden und Einrichtungen sowie sonstigen Stellen zu bilden, die einen nützlichen Beitrag zu ihrer Entwicklung leisten können. Zu diesen Partnerschaften können alle zuständigen Behörden, insbesondere regionale, lokale und kommunale Behörden, ebenso gehören wie internationale Einrichtungen und Nichtregierungsorganisationen (NRO) als Vertreter der Zivilgesellschaft. Die konkrete Ausgestaltung solcher Partnerschaften liegt in der Zuständigkeit der einzelnen Mitgliedstaaten und hängt unter anderem von den Eigenschaften des jeweiligen Fonds ab. In diesem Rahmen dürften beispielsweise viele NRO eine Kofinanzierung durch die Europäische Union aus dem Integrationsfonds, dem Rückkehrfonds und dem Europäischen Flüchtlingsfonds erhalten.
Anfrage Nr. 40 von Marie Panayotopoulos-Cassiotou (H-0986/08)
Betrifft: Europäische Strategie zum Schutz der Rechte von Kindern
Die Europäische Union hat eine Strategie zum Schutze der Rechte von Kindern auf ihrem Hoheitsgebiet ausgearbeitet. Welche Erfolge haben diese Bemühungen auf europäischer Ebene bislang erzielt? Sind auf europäischer Ebene die Rechte des Embryos, also des ungeborenen Kindes – ob gesund oder nicht – inzwischen anerkannt? Wenn ja, wie gelangen diese Rechte konkret zur Anwendung?
(DE) Mit der Annahme der Mitteilung „Für eine Kinderrechtsstrategie“ im Jahr 2006 hat sich die Kommission dazu verpflichtet, konkrete Beiträge im Kampf gegen jegliche Verletzungen der Rechte von Kindern zu leisten.
Die Mitteilung sieht die Vorstellung einer europäischen Strategie für den Zeitraum 2010 bis 2014 vor. Die Beratungen dazu haben bereits begonnen.
Die europäischen Maßnahmen basieren auf der Berücksichtigung von Kinderrechten in allen EU-Politikbereichen und bei allen konkreten Initiativen, die in die Zuständigkeit der Union fallen.
Die Charta der Grundrechte der Europäischen Union garantiert den Grundsatz der Unverletzlichkeit der Menschenwürde. Die Festlegung, ob der Grundsatz der Unverletzlichkeit der Menschenwürde auch auf Embryos Anwendung findet, und die Entscheidung, ob sie juristisch als Personen anzusehen sind, fällt in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten. Diese Angelegenheit liegt nicht im Zuständigkeitsbereich der Europäischen Union.
Anfrage Nr. 41 von Jim Higgins (H-0988/08)
Betrifft: Operationszentrum für den Kampf gegen den Drogenhandel im Atlantik (MAOC-N)
Kann die Kommission mitteilen, ob sie derzeit Finanzmittel für das vor kurzem in Lissabon eingerichtete Operationszentrum für den Kampf gegen den Drogenhandel im Atlantik bereitstellt, und ist die Kommission besorgt darüber, dass trotz verstärkter Bemühungen der Mitgliedstaaten, untereinander Informationen auszutauschen, die Arbeit von Operationen zur Erkenntnisgewinnung, wie etwa des MAOC-N, dadurch untergraben wird, dass aufgrund einer zu geringen Finanzausstattung durch manche Regierungen, etwa der irischen, die Küsten kaum überwacht werden?
(DE) Das Operationszentrum für den Kampf gegen den Drogenhandel im Atlantik (MAOC-N) ist eine militärische und von Strafverfolgungsbehörden unterstützte zwischenstaatliche Organisation, die durch die Unterzeichnung eines Vertrages durch sieben EU-Mitgliedstaaten (UK, F, I, ES, PT, IRL, NL) am 30. September 2007 in Lissabon geschaffen wurde. Als Reaktion auf die Bedrohung durch den transatlantischen Drogenhandel koordiniert MAOC den Austausch von relevanten Geheimdienstinformationen (bezüglich See- und Luftverkehr), verfügbaren Einsatzmitteln und ausgebildetem Personal für Kontrollen und Interventionen auf der Hochsee.
Das Ziel der Sammlung, des Austauschs und der Analyse von Informationen besteht darin, die Verwendung des aus der See- und Luftaufklärung stammenden Materials der Unterzeichnerstaaten des Vertrages zu optimieren. Sein Operationsgebiet wurde von den Unterzeichnerstaaten selbst festgelegt und umfasst Teile des Atlantischen Ozeans von Island bis zum Kap der Guten Hoffnung einschließlich der europäischen und westafrikanischen Küsten.
Seit Januar 2008 hat die Kommission Beobachterstatus, ebenso wie die „Joint Inter Agency Task Force – South“ (JIATF-S) der USA mit Sitz in Key West (USA), an der aufgrund ihrer regionalen Ausdehnung auf die Karibik, in der teilweise Hoheitsgebiete von Mitgliedstaaten – insbesondere einige von Kapitel VI EGV erfasste – liegen, beteiligt sind und Kanada. Brasilien hat ebenfalls Interesse daran bekundet, als Beobachter aufgenommen zu werden.
Die Kommission leistet eine Kofinanzierung der Aktivitäten des MAOC-N, und zwar in Höhe von 661 000 Euro aus der ISEC-Haushaltslinie(1) der Generaldirektion Justiz, Freiheit und Sicherheit(2), um im Rahmen des Programms zur Prävention und Bekämpfung von Verbrechen die Kosten für Personal und Ausstattung bis September 2010 zu decken.
Weil nicht alle EU-Mitgliedstaaten an MAOC-N beteiligt sind, ist es wichtig, dass dessen Initiativen sich mit potenziellen auf EU-Ebene oder von EU-Mitgliedstaaten, die nicht an MAOC-N beteiligt sind, zu ergreifenden Initiativen weder überschneiden noch ihnen zuwiderlaufen. Aus diesem Grund wurde Europol damit beauftragt, die Aktivitäten dieser regionalen maritimen Strafverfolgungsorganisation genau zu überwachen; dies geschieht über die Teilnahme an den bisher abgehaltenen Treffen des Executive Boards von MAOC-N und über die Ernennung eines Verbindungsbeamten ab Januar 2009.
Die Kommission sieht Europol als geeignetes Organ einer EU-basierten Zusammenarbeit in der Strafverfolgung für den Austausch von Geheimdienstinformationen, die Sicherstellung von Kohärenz und Interoperabilität und die Vermeidung möglicher Doppelvergaben von Aufträgen, Aufgaben und Mitteln an.
Vor diesem Hintergrund unterstützt die Kommission deshalb (i) die Kohärenz von Bemühungen um die maritime Strafverfolgung mit anderen regionalen Initiativen zu maritimen Fragen und (ii) überwacht intensiv die Wechselwirkungen mit dem umfangreichen Besitzstand in den Bereichen Schutz und Sicherheit des Seeverkehrs sowie Umweltschutz und fördert mögliche Kooperationen mit anderen Akteuren, insbesondere europäischen Organen wie Frontex und EMSA(3), die sich an unterschiedliche spezifische Regeln zu halten haben.
Im Jahr 2009 wird ein Pilotprojekt beginnen, das die Erprobung von Lösungen für einen effektiveren Austausch von Überwachungsdaten unter den Seeverkehrsbehörden der Mittelmeer- und Atlantik-Anrainerstaaten zum Ziel hat. Zudem wird eine vorbereitende Maßnahme die Effektivität von weltraumbasierten Stationen für den Empfang von AIS-Identifizierungssignalen weitab der Küste bewerten.
Europäische Agentur für die Sicherheit des Seeverkehrs
Anfrage Nr. 42 von Bernd Posselt (H-1000/08)
Betrifft: EU-Grundrechteagentur
Wie beurteilt die Kommission die Arbeit der Europäischen Grundrechteagentur in Wien, die nach Ansicht vieler Experten entweder Doppelarbeit mit dem Europarat betreibt oder ideologische Agitation, die mit dem klassischen Menschenrechtsbegriff nichts zu tun hat? Welche Rolle spielt dort die Gruppe FRALEX, die aus dem Netzwerk entstanden sein soll, zu dem der heutige Direktor der Agentur, Morten Kjaerum, gehörte, und die jetzt einen mit 10 Millionen Euro dotierten Beratervertrag über einen Zeitraum von vier Jahren erhalten haben soll?
(DE) Die Kommission unterstützt die Arbeit der Europäischen Grundrechteagentur, die sie bislang im Rahmen des ihr vom Rat erteilten Mandats geleistet hat, und erwartet mit Interesse das Ergebnis anderer laufender Arbeiten.
Der grundsätzlichen Frage möglicher Überschneidungen mit der Arbeit des Europarats wurde in der Verordnung zur Gründung der Agentur Rechnung getragen. In einer zwischen dem Europarat und der Gemeinschaft getroffenen Vereinbarung wurden Mechanismen zur Vermeidung von Doppelarbeit geschaffen.
Die Agentur ist unabhängig von der Kommission, und die Entscheidung über ihre Arbeitsmethoden und interne Organisation obliegt der Agentur.
Im Juli 2007 hat die Agentur eine Ausschreibung begonnen, um Zugriff auf das für ihr neues, erweitertes Mandat nötige juristische Fachwissen zu bekommen. Im November und Dezember 2007 hat die Agentur mit einer Reihe von auf der Grundlage strenger Kriterien ausgewählten Auftragnehmern, darunter FRALEX, Rahmenverträge abgeschlossen. Diese Verträge wurden vor Juni 2008 unterschrieben, also bevor der derzeitige Direktor sein Amt antrat. Sie gelten für vier Jahre und könnten ein geschätztes Volumen von bis zu 4 Millionen Euro haben. Weitere Informationen sind auf der Website der Agentur verfügbar.
Anfrage Nr. 43 von Manuel Medina Ortega (H-1003/08)
Betrifft: Vorschläge in Anschluss an den Europa-Afrika-Gipfel über Migration
Welche Vorschläge gedenkt die Kommission auf der Grundlage der Ergebnisse der kürzlichen Europa-Afrika-Konferenz über Migration, die im November 2008 in Paris stattfand, zu unterbreiten, um das Problem unbegleiteter minderjähriger Einwanderer zu lösen, die sich illegal auf dem Hoheitsgebiet der Europäischen Union aufhalten?
(DE) Die Kommission ist sich der Probleme, denen sich Mitgliedstaaten durch die Einreise unbegleiteter Minderjähriger gegenüber sehen, bewusst. Die Kommission betont, dass bereits Politikinstrumente existieren, mit denen sich diese Angelegenheit unter uneingeschränkter Berücksichtigung des Wohles der Kinder aus unterschiedlichen Blickwinkeln angehen lässt, wenn es auch bislang nicht möglich ist, eine Gesamtlösung des angesprochenen Problems zur Verfügung zu stellen.
Im Bereich der Innenpolitik beinhalten die für Immigration und Asylfragen geltenden Gemeinschaftsinstrumente Regelungen für einen besseren Schutz der Rechte von Minderjährigen, insbesondere von unbegleiteten Minderjährigen(1). Auch das Programm „Solidarität und Steuerung der Migrationsströme 2007-2013“ und insbesondere der Integrationsfonds, der Europäische Flüchtlingsfonds und der Rückkehrfonds sehen Maßnahmen und Instrumente im Hinblick auf unbegleitete Minderjährige vor.
In außenpolitischer Hinsicht wurde das Thema als Schwerpunkt in das auf der Europa-Afrika-Konferenz über Migration und Entwicklung in Paris verabschiedete Kooperationsprogramm und in die Schlussfolgerungen des Rates zum Gesamtansatz zur Migrationsfrage aufgenommen.
Durch das „AENEAS“-Programm und seinen Nachfolger, das thematische Programm „Migration“, unterstützt die Kommission bereits mehrere Projekte in diesem Bereich, die insbesondere auf Hilfe für unbegleitete Minderjährige marokkanischer Herkunft, die Spanien erreicht haben, abzielen und die ihre Reintegration in ihr Herkunftsland fördern und die Abreise weiterer illegaler minderjähriger Migranten verhindern sollen. Zusätzlich wurden neue Initiativen in Marokko, Algerien und Senegal für eine Finanzierung im Jahr 2009 ausgewählt.
Trotzdem ist offensichtlich, dass dem Thema der unbegleiteten Minderjährigen mehr Aufmerksamkeit zuteil werden sollte. Dies wird einer der Schwerpunkte im nächsten Aufruf zur Einreichung von Vorschlägen für das thematische Programm Migration und Asyl (erste Jahreshälfte 2009) sein. Zusätzlich wird das Thema in die Migrationsklauseln in EU-Übereinkünften mit Drittländern und in den Themenkatalog für den politischen Dialog mit Drittländern aufgenommen. Und schließlich könnte die Situation von Minderjährigen, sofern dies angemessen erscheint, in konkreten Angeboten zur Kooperation im Rahmen von Mobilitätspartnerschaften berücksichtigt werden.
Hinsichtlich zukünftiger Vorschläge in diesem Bereich soll daran erinnert werden, dass der Europäische Rat im Herbst 2009 als Nachfolger für das Haager Programm ein neues Fünfjahresprogramm für das Themenfeld Justiz, Freiheit und Sicherheit („Stockholmer Programm“) verabschieden wird. Jegliche neuen Instrumente oder Maßnahmen sollten im Rahmen der Vorbereitung auf dieses neue Programm vorgeschlagen und diskutiert werden.
Siehe SEC(2006) 889 vom 4. Juli 2006, Abschnitt 1.1 – Asyl, Einwanderung und Außengrenzen. Siehe zum Beispiel insbesondere die Richtlinien des Rates 2003/9/EG vom 27. Januar 2003, 2005/85/EG vom 1. Dezember 2005 und 2004/83/EG vom 29. April 2004 (Asyl) und die Richtlinien 2004/81/EG vom 29. April 2004 (Menschenhandel) und 2008/115/EG vom 24. Dezember 2008 („Rückkehr“).
Anfrage Nr. 44 von Marco Cappato (H-1004/08)
Betrifft: Drogen
Die UN-Generalversammlung wird im Jahr 2009 eine Erklärung zu den weltweiten Drogenbekämpfungspolitiken erörtern, zehn Jahre, nachdem eine Reihe von Initiativen unter der Devise „Für eine Welt ohne Drogen. Wir können es schaffen!“ eingeleitet worden sind, mit denen Angebot und Nachfrage für Substanzen, die in den jeweiligen UNO-Konventionen für illegal erklärt worden sind, drastisch verringert werden sollten. Die meisten Mitgliedstaaten haben mittlerweile ihre Drogenbekämpfungsmaßnahmen verstärkt oder pragmatischere Politiken eingeführt, während die Bürgermeister in den Niederlanden fordern, zur Legalisierung der Cannabis-Produktion überzugehen.
Welchen Standpunkt wird die Kommission bei internationalen Konferenzen zur Vorbereitung der Generalversammlung 2009 vertreten? Ist sie nicht der Auffassung, dass Kosten und Nutzen der internationalen Drogenpolitik bewertet werden und gegebenenfalls, wie von mehreren Seiten gefordert, Änderungen an den internationalen Verträgen vorgenommen werden sollten?
(DE) Im März 2009 wird das Hochrangige Treffen der Suchtstoffkommission (CND) der Vereinten Nationen (UN) seine Überprüfung der Erklärung zum weltweiten Drogenproblem der Sondertagung der Generalversammlung der Vereinten Nationen aus dem Jahr 1998, üblicherweise bezeichnet als Sondertagung der UN-Generalversammlung (UNGASS) 98(1), durch die Verabschiedung einer neuen Politischen Erklärung abschließen.
Die Kommission hat die Vorbereitungen zur Überarbeitung der UNGASS-Erklärung 2008 aktiv unterstützt, indem sie unter anderem Mittel zur Finanzierung der UN-Expertengruppen bereitgestellt hat, die das UNODC(2) bei der Umsetzung der Erklärungen von 1998 beraten haben. Zudem hat die Kommission aktiv an der Erarbeitung des EU-Positionspapiers zum UNGASS-Überprüfungsprozess mitgewirkt, das vom Rat im Oktober 2008 verabschiedet wurde(3).
Innerhalb dieses UN-Rahmens ist die Kommission – ausgenommen das Feld der Drogenausgangsstoffe – nicht legitimiert, die Europäische Union und ihre Mitgliedstaaten zu vertreten. Vielmehr vertreten diese sich selbst, wobei die Europäische Union von der EU-Präsidentschaft koordiniert wird, deren Ziel es ist, so viele gemeinsame EU-Positionen vorzustellen wie möglich. Das oben erwähnte Positionspapier über die UNGASS ist eine solche gemeinsame Position.
In diesem Papier kommen die EU-Mitgliedstaaten zu dem Schluss, dass es zwar in mehreren Bereichen der Umsetzung der 1998er Erklärungen und der dazugehörigen Aktionspläne Fortschritte gegeben hat, dass das weltweite Drogenproblem aber weder in den Griff bekommen noch signifikant verringert wurde, was das Hauptziel der Politischen Erklärung aus dem Jahr 1998 war.
Das Positionspapier bekräftigt das Festhalten der EU an den UN-Drogenübereinkommen von 1961, 1971 und 1988 und wiederholt zugleich die Ziele und Anliegen der Erklärungen von 1998. Zugleich verlangt es eine gründliche Analyse der Erfahrungen des letzten Jahrzehnts und eine Berücksichtigung der in diesem Zeitraum gewonnenen Erkenntnisse. Das Papier nennt außerdem eine Reihe von Grundprinzipien für zukünftige Erklärungen und Aktionspläne, darunter:
Eine Stärkung des ausgewogenen Ansatzes in der UN-Drogenpolitik durch erhöhte Anstrengungen zur Reduzierung der Nachfrage nach Drogen und durch die Anerkennung von Schadensverringerung als effektives und wichtiges Element der Drogenpolitik.
Erhöhtes Augenmerk für die Beachtung von Menschenrechten und Angemessenheit bei Maßnahmen der Strafverfolgung und bei Maßnahmen zur Reduzierung von Angebot und Nachfrage.
Entschiedene Unterstützung für nachhaltige alternative Entwicklung, wobei diese nicht eine vorherige Vernichtung von Drogenkulturen zur Bedingung haben sollte.
Eine stärkere Betonung der Notwendigkeit von Auswertungen, Datensammlungen und Überwachung mit dem Ziel einer auf Fakten (anstatt auf Ideologie) basierten Politik.
Anfang des Jahres 2009 wird die Kommission außerdem die Ergebnisse einer breit angelegten Studie zum Thema „Detaillierte Analyse der Funktionsweise des weltweiten Markts für illegale Drogen und der dagegen gerichteten politischen Maßnahmen“ veröffentlichen. Diese Studie ist ein Beispiel für die Beiträge der Kommission zum Wissensschatz, der der europäischen und internationalen Drogenpolitik zugrunde liegt. Im September 2008 hat die Kommission zudem weitere Vorschläge für Maßnahmen im Rahmen des EU-Drogenaktionsplans (2009-2012) vorgelegt, die besonderes Gewicht auf gemeinsame Überwachung, Datensammlung und Auswertung im Bereich der Reduzierung des Drogenangebotes und bei der Strafverfolgung legen, wo bislang nur wenige Analysen erstellt oder zumindest veröffentlicht wurden.
Politische Erklärung (S-20/2), Erklärung über die Leitgrundsätze für die Senkung der Drogennachfrage (S/20-3), Maßnahmen zur Ausweitung der internationalen Zusammenarbeit bei der Bekämpfung des weltweiten Drogenproblems (S-20/4);
Anfrage Nr. 45 von Mikel Irujo Amezaga (H-1007/08)
Betrifft: Bekämpfung des Menschenhandels
In seiner Entschließung vom 17.1.2006 zu den Strategien zur Verhinderung des Handels mit Frauen und Kindern, die durch sexuelle Ausbeutung gefährdet sind (P6_TA(2006)0005 – 2004/2216(INI)) vertritt das Parlament die Auffassung, dass die Maßnahmen der Mitgliedstaaten mit ihren eigenen politischen Erklärungen in Einklang stehen sollten und dass die Mitgliedstaaten die einschlägigen Gemeinschaftsvorschriften effizienter umsetzen müssten, insbesondere durch Verbesserung der operationellen Zusammenarbeit und den Austausch einschlägiger Daten untereinander sowie mit Europol und Eurojust.
Kann die Kommission mitteilen, welche Fortschritte es bei der operationellen Zusammenarbeit und beim Austausch von Daten zwischen ihr und Europol und Eurojust im Zusammenhang mit dem Straftatbestand des Menschenhandels gegeben hat?
(DE) Von den Mitgliedstaaten im Jahr 2008 zur Verfügung gestellte Informationen lassen einen positiven Trend bei der internationalen Zusammenarbeit im Kampf gegen Menschenhandel erkennen. Insbesondere sind die Mitgliedstaaten stärker als in der Vergangenheit bereit, die Mittel von Europol und Eurojust zu nutzen, um die Qualität staatlicher Maßnahmen gegen Menschenhandel zu verbessern.
Hinsichtlich der Lieferung von Informationen und Daten an Europol durch die Mitgliedstaaten wurde im Juni 2007 die Arbeitsdatei zu Analysezwecken (Analytical Work File, AWF) Phoenix mit dem Schwerpunkt Menschenhandel eröffnet. 22 Mitgliedstaaten haben ihre Unterstützung für diese Arbeitsdatei signalisiert, die derzeit für eine Reihe von unterschiedlichen Ermittlungen in Zusammenhang mit Menschenhandel für sexuelle Ausbeutung, Ausbeutung der Arbeitskraft und Kinderhandel genutzt wird. Seit der Aktivierung der Arbeitsdatei Phoenix im September 2007 haben die Mitgliedstaaten 131 nachrichtendienstliche Beiträge dazu geleistet.
Abgesehen davon gab es seit dessen Start im April 2006 127 Beiträge der Mitgliedstaaten über Fälle von Menschenhandel zum Europol-Informationssystem (EIS).
Bei Eurojust wurden im Jahr 2008 78 neue Fälle von Menschenhandel registriert. Dies zeigt einen deutlichen Aufwärtstrend, da im Jahr 2004 nur 13 und im Jahr 2006 nur 33 Fälle registriert worden waren. Außerdem waren zehn Koordinierungstreffen von Eurojust im Jahr 2007 Fällen von Menschenhandel und Schmuggel gewidmet, was mehr als 10 % aller Koordinierungstreffen entspricht.
Anfrage Nr. 46 von Dimitrios Papadimoulis (H-1010/08)
Betrifft: Rechte von Migrantenkindern
In einem jüngsten Gesetzesentwurf regelt die griechische Regierung gewisse Fragen der Nationalität und der Zuwanderungspolitik in Bezug auf Kinder. Insbesondere können Kinder von Zuwanderern, die in Griechenland geboren sind und das 18. Lebensjahr vollendet haben, und deren Eltern rechtmäßig einen Wohnsitz im Land haben, unter gewissen Bedingungen den Status des „langfristig aufenthaltsberechtigten Zuwanderers“ erlangen, aber nicht die griechische Staatsbürgerschaft erwerben. Der Gesetzesentwurf berücksichtigt weder die Situation von Kindern, die nicht in Griechenland geboren wurden, sondern hier aufwachsen und an griechischen Schulen unterrichtet werden, noch die Situation von Kindern, deren Eltern nicht rechtmäßig im Lande wohnhaft sind. Die Europäische Union ist Unterzeichnerstaat der UN-Konvention für die Rechte des Kindes, und die Kommission hat in einer Mitteilung (KOM(2006)0367) ferner unterstrichen, dass eine weitere wichtige Aufgabe darin besteht, „dafür zu sorgen, dass die Rechte der Kinder, die als Zuwanderer, Asylsuchende oder Flüchtlinge zu uns kommen, völlig vollständig geachtet werden, und zwar nach dem Recht der EU und der Mitgliedstaaten ebenso wie in der Politik“.
Ist die Kommission in Anbetracht dessen der Auffassung, dass die oben erwähnte Regelung mit dem Gemeinschaftsrecht und den Rechten der Kinder in Einklang steht? Welche Maßnahmen wird sie ergreifen, um die Rechte von Kindern zugewanderter Bürger insgesamt zu schützen?
(DE) Griechenland hat die alleinige Zuständigkeit für die Definition der Bedingungen, unter denen Bürger eines Drittlandes die griechische Staatsbürgerschaft erwerben können. Diese Frage wird vom Gemeinschaftsrecht deshalb nicht erfasst.
Hinsichtlich der gemeinsamen Einwanderungspolitik ist eine der Hauptanforderungen der Richtlinie 2003/109 für die Erreichung des Status als Daueraufenthaltsberechtigter ein fünf Jahre währender legaler Aufenthalt. Die Frage bezieht sich auf die Situation von Kindern, deren Eltern keinen legalen Aufenthaltsstatus haben. Gemäß Richtlinie 2003/109 sind diese Kinder nicht automatisch von einer Daueraufenthaltsberechtigung ausgeschlossen. Diesen Status können Minderjährige im Alter von weniger als 18 Jahren grundsätzlich unabhängig von ihren Eltern erlangen, soweit alle in der Richtlinie genannten Anforderungen erfüllt sind. Zusätzlich werden in der Richtlinie umfassend die für eine Anerkennung als Daueraufenthaltsberechtigter nötigen Voraussetzungen definiert. Hierzu zählt nicht die Verpflichtung, auf dem Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaates geboren zu sein. Die Einführung einer solchen Bedingung durch Griechenland scheint insofern der Richtlinie zu widersprechen. Die Kommission wird sich deshalb an die griechischen Behörden wenden, um mehr Informationen über die beiden Themen zu erhalten.
Hinsichtlich der Rechte von Kindern sollten die Mitgliedstaaten die Grundrechte respektieren, die sich aus ihren Verfassungstraditionen und ihren internationalen Verpflichtungen ergeben. Die von den Vereinten Nationen im Jahr 1989 verabschiedete und von allen EU-Mitgliedstaaten ratifizierte Kinderrechtskonvention verpflichtet die Unterzeichnerstaaten dazu, unabhängig vom Aufenthaltsstatus der Eltern gegenüber jedem Kind in ihrem Zuständigkeitsbereich die definierten Rechte zu respektieren und zu garantieren.
Anfrage Nr. 47 von Sarah Ludford (H-1014/08)
Betrifft: Erstellung von Persönlichkeitsprofilen
Plant die Kommission ein Gemeinschaftsinstrument, das speziell dem Problem der Sammlung von personenbezogenen Daten und der Erstellung von Persönlichkeitsprofilen gewidmet ist und insbesondere Sicherheitsmaßnahmen gegen die damit verbundenen nachteiligen Auswirkungen dieser Tätigkeiten, wie z. B. die ungerechtfertigte Verletzung der Privatsphäre, Diskriminierung und klischeehafte Darstellung, vorsieht?
(DE) Derzeit plant die Kommission nicht, ein Legislativinstrument vorzulegen, das sich speziell mit der Frage der Erstellung von Persönlichkeitsprofilen befasst.
Die Bedingungen für die Zulässigkeit der Verarbeitung von personenbezogenen Daten sind in Richtlinie 95/46/EG über den Schutz personenbezogener Daten vom 24. Oktober 1995 festgehalten(1).
Diese Richtlinie nennt die Verpflichtungen von mit der Datenverarbeitung befassten Organen, gleich ob Unternehmen oder Regierungen. Sie nennt auch die Rechte von Personen, deren Daten verarbeitet werden, und definiert Sanktionen und Rechtsmittel für Fälle, in denen diese Rechte und Verpflichtungen missachtet werden.
Im Speziellen verbietet Artikel 15 der Richtlinie die Verwendung automatisierter Entscheidungsverfahren, soweit keine Ausnahmen vorgesehen sind.
Diese Bestimmung sieht vor, dass über Personen keine Entscheidungen auf der Grundlage eines einzelnen Schrittes der Datenverarbeitung getroffen werden dürfen, die rechtliche Konsequenzen oder andere erhebliche Auswirkungen auf sie haben. Für das Treffen solcher Entscheidungen ist stets eine menschliche Beteiligung vorgeschrieben.
Der Europarat bereitet seinerseits einen Empfehlungsentwurf über die Erstellung von Persönlichkeitsprofilen, angelehnt an Artikel 15 der Richtlinie, vor. Eine Verabschiedung der Empfehlung durch das Ministerkomitee wird zum Jahresende 2009 erwartet. Die Kommission beteiligt sich aktiv an dieser Arbeit, die eine Abstimmung auf EU-Ebene erfordert, wenn die Arbeit an dem Entwurf weiter fortgeschritten ist.
Anfrage Nr. 48 von Manolis Mavrommatis (H-1015/08)
Betrifft: Programm zur Prävention und Bekämpfung von Kriminalität
In ihrer Antwort auf die Anfrage P-6247/07 teilte die Kommission mit, dass für das Programm zur Prävention und Bekämpfung von Kriminalität insgesamt 600 Millionen Euro bereitstünden, die dazu bestimmt seien, Maßnahmen nach Titel VI des Vertrags über die Europäische Union in Bezug auf alle Arten von Kriminalität zu unterstützen.
Inwieweit wurden diese Finanzhilfen bisher ausgeschöpft? Was für Maßnahmen wurden mit diesen Mitteln finanziert, und welche Mitgliedstaaten haben eine Finanzierung beantragt?
(DE) Arten der Maßnahmen:
Weil das Programm Prävention und Bekämpfung von Kriminalität (ISEC) sehr weit gefasst ist, umfasst es auch eine große Bandbreite von Maßnahmen. Dazu gehören:
Konferenzen und Seminare (z. B. die Hochrangige Konferenz über die Schaffung von Kooperation unter nationalen Vermögensabschöpfungsstellen in der Europäischen Union, organisiert von Europol);
gemeinsame Aktivitäten (z. B. die gemeinsame Zollkommandozentrale ATHENA, betrieben vom französischen Direktorat für Zölle und Abgaben);
Austausch von Personal der Strafverfolgungsbehörden (z. B. das von CEPOL(1) organisierte Austauschprogramm für Führungskräfte in der Strafverfolgung),
Unterstützung für die Umsetzung des Prümer Vertrages (z. B. durch den Aufbau der technischen Infrastruktur der Polizei der Tschechischen Republik zur Umsetzung des Prümer Vertrages) und viele weitere (wie in den jährlichen Arbeitsprogrammen beschrieben);
Unterstützung für Opfer von Verbrechen (z. B. das Netzwerk zur Unterstützung von Verbrechensopfern, organisiert vom polnischen Justizministerium);
Kampf gegen den Menschenhandel (z. B. das Projekt Menschenhandel: Datensammlung und einheitliche Systeme zum Informationsmanagement, umgesetzt vom Generaldirektorat für Inneres in Portugal).
Verwendung des Budgets:
Im Jahr 2007 wurden dem Programm Prävention und Bekämpfung von Kriminalität insgesamt 44,6 Millionen Euro zugewiesen. Davon wurden im Jahr 2007 insgesamt 37,5 Millionen Euro verwendet.
Im Jahr 2008 lag das Gesamtbudget des Programms bei 51 Millionen Euro. Davon wurden bislang 36 Millionen Euro ausgegeben.
Eine genaue Aufschlüsselung des Budgets ist im Anhang zu finden.
Mitgliedstaaten, die eine Finanzierung beantragt haben:
Im Lauf der Jahre 2007 und 2008 haben Organe von 25 Mitgliedstaaten Anträge für Zuwendungen eingereicht. Zwei Länder haben darauf verzichtet: Luxemburg und Slowenien. Trotzdem waren auch Organe aus diesen Mitgliedstaaten als Partner an den Projekten beteiligt.
Für 2008 stellen sich die Daten (für Projektzuschüsse und Projektzuschüsse im Rahmen von Partnerschaften zusammen) wie folgt dar:
Zahl der eingereichten Anträge: 167 (genehmigt: etwa 95 Projekte).
Verteilung der eingereichten Anträge nach Ländern:
AT
1
DE
23
FI
4
IT
31
PL
5
BE
2
DK
1
FR
9
LT
3
PT
1
BG
4
EE
1
GB
29
LV
3
RO
1
CY
1
EL
1
HU
4
MT
1
SE
11
CZ
3
ES
12
IE
1
NL
8
SK
7
Anhang: Genaue Aufschlüsselung des Budgets (in Millionen Euro)
Anfrage Nr. 49 von Justas Vincas Paleckis (H-1022/08)
Betrifft: Zweite Generation des Schengener Informationssystems
Am 21. Dezember 2007 sind die Tschechische Republik, Estland, Lettland, Litauen, Malta, Polen, die Slowakei, Slowenien und Ungarn dem Schengen-Raum beigetreten. Allerdings haben sich die genannten Länder aus technischen Gründen und wegen der Nichteinhaltung der festgelegten Fristen der ersten Generation (SIS 1+) und nicht der zweiten Generation des Schengener Informationssystems (SIS II) angeschlossen, wie es ursprünglich vorgesehen war. Am 6. Dezember 2001 war die Kommission beauftragt worden, ein neues System auszuarbeiten, dessen Fertigstellung für März 2007 vorgesehen war. Anschließend wurde – da bei dem Projekt mehrere Verzögerungen eintraten – ein neuer Zeitplan veröffentlicht, demzufolge das SIS II am 17. Dezember 2008 hätte in Betrieb gehen müssen.
Könnte die Kommission angeben, in welchem Stadium sich das SIS II-System derzeit befindet und ob seine Umsetzung – insbesondere in den neuen Mitgliedstaaten – nicht zu einer Schwächung der Kontrollen an den Grenzen der Länder des Schengen-Raums führen wird?
(DE) Die zweite Generation des Schengener Informationssystems (SIS II) soll rechtzeitig das System SIS 1+ ablösen, das auf einer Plattform aus den 1990er Jahren basiert. SIS II wird die neuesten Technologien verwenden, neue Funktionen bereitstellen und die Option anbieten, biometrische Daten zu integrieren. Zusätzlich zu diesen technischen Fortschritten werden die Legislativinstrumente zu SIS II Vorgaben für verbesserten Datenschutz und erhöhte Transparenz gegenüber dem Parlament beinhalten.
Im November und Dezember 2008 hat der Hauptauftragnehmer der Kommission für die Entwicklung von SIS II eine Reihe von Tests durchgeführt, um die Funktionsfähigkeit des zentralen Systems im Austauschbetrieb mit einer festgelegten Zahl an nationalen Systemen zu überprüfen.
Der abschließende Bericht zu diesem Test und die Analyse des für Qualität zuständigen Auftragnehmers der Kommission zeigen letztlich, dass der Auftragnehmer nicht in der Lage war, den einwandfreien Betrieb einer Reihe von Funktionen, die für SIS II erforderlich sind, zu demonstrieren. Er wird also nicht in der Lage sein, seine vertraglichen Verpflichtungen ohne Abstriche zu erfüllen.
Dieser Rückschlag wird sich auch auf den Zeitplan für das Projekt auswirken. Das Ziel, SIS II im September 2009 in Betrieb zu nehmen, wird sich nicht halten lassen.
Allerdings sind die Schwierigkeiten mit SIS II kein Problem für den Betrieb an den Grenzen der Mitgliedstaaten, weil SIS 1+ weiterhin die ihm zugedachte Rolle erfüllt und ein hohes Maß an Sicherheit an den Außengrenzen des Schengen-Gebietes garantiert.
Für die Kommission wird es in den nächsten Monaten von vorrangiger Bedeutung sein, alles in ihrer Macht stehende zu tun, um die aktuellen Probleme zu lösen und ein betriebsfähiges System zu bekommen, das den gesetzlichen Rahmenbedingungen entspricht und die Anforderungen der Nutzer erfüllt.
Anfrage Nr. 50 von Athanasios Pafilis (H-1029/08)
Betrifft: Von Staat und Polizei ausgehende Gewalt - Ermordung eines 15-jährigen Schülers in Griechenland
Vor einigen Tagen hat ein Polizist in Athen den 15-jährigen Schüler Alexandros Grigoropoulos kaltblütig ermordet. Dieser Mord, der zu heftigen Protesten und großen Demonstrationen in Griechenland geführt hat, ist nur einer von Dutzenden ähnlichen Fällen polizeilicher und staatlicher Gewalt und ähnlicher Morde in Griechenland sowie in anderen EU-Mitgliedstaaten, beispielsweise in Großbritannien. Solche Vorfälle sind das natürliche und vorhersehbare Ergebnis des Klimas des Terrors und der Unterdrückung, das von einem beispiellosen, autoritären legislativen Netz geschürt wird, das die EU und die Mitgliedstaaten geknüpft haben. Dieses Netz hat nie dagewesene, gigantische Unterdrückungsmechanismen geschaffen, beschränkt die elementaren individuellen Rechte und demokratischen Freiheiten auf ein Minimum und behandelt das Volk und die organisierten Volksbewegungen als „inneren Feind“.
Ist die Kommission der Auffassung, dass dieser rechtliche Rahmen staatliche Gewalt und polizeiliche Willkür fördert und nährt? Wird sie anerkennen, dass staatliche Unterdrückungsmechanismen die individuellen Rechte und die demokratischen Freiheiten nicht beeinträchtigen dürfen? Wird sie entsprechende legislative Maßnahmen, die die Repression fördern, abschaffen?
(DE) Die Kommission hat mit tiefer Betroffenheit von dem tragischen Tod von Alexandros Grigoropoulos und den Umständen, unter denen es dazu kam, erfahren.
Nach den bislang vorliegenden Informationen ist zu dem Fall in Griechenland ein Verfahren eingeleitet worden. Es ist Aufgabe der griechischen Gerichte, nach Abschluss der Untersuchungen eine rechtliche Beurteilung der Tatsachen abzugeben, die zu dem tragischen Tod dieses Schuljungen geführt haben.
Die Kommission erklärt, dass sie sich entschieden für die Respektierung der Freiheit der Meinungsäußerung und der Versammlungsfreiheit, zu der das Recht auf Demonstrationen gehört, einsetzt. Zugleich sieht sie keine andere Möglichkeit, als die Gewaltexzesse bei den Demonstrationen in Griechenland scharf zu verurteilen.
Die Union basiert auf den Grundsätzen von Freiheit, Demokratie, Respekt für Menschenrechte und Grundfreiheiten sowie Rechtsstaatlichkeit, die alle Mitgliedstaaten gemeinsam haben.
In ihrem gesamten Handeln respektiert und fördert die Union Grundrechte, wie sie von der Charta der Grundrechte der Europäischen Union und der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten garantiert werden.
Die Kommission weist deshalb die Anschuldigung des Herrn Abgeordneten, dass die Vorfälle in Griechenland die Folge von politischen oder legislativen Maßnahmen der Union seien, entschieden zurück.
Anfrage Nr. 54 von Brian Crowley (H-0974/08)
Betrifft: EU-Regelwerk
Glaubt die Kommission, dass die EU in den kommenden Monaten ein neues Regelwerk zur Steuerung der künftigen Abläufe auf den globalen Finanzmärkten einführen kann, insbesondere mit dem designierten Präsidenten Barack Obama und mit den Regierungen Indiens und Chinas?
(DE) Die Finanzkrise hat gezeigt, wie eng die globalen Finanzmärkte heutzutage miteinander verbunden sind. Der G20-Prozess steht für eine neue Phase der internationalen Zusammenarbeit in Wirtschafts- und Finanzfragen, die sich durch eine engere Abstimmung zwischen entwickelten Volkswirtschaften und Schwellenländern auszeichnet. Dies ist entscheidend für den Weg zu einem stabileren globalen Wirtschafts- und Finanzsystem.
Beim Gipfeltreffen in Washington am 15. November 2008 haben die Staats- und Regierungschefs der G20 einen Aktionsplan für die Reform der globalen Finanzmärkte verabschiedet, der auf fünf gemeinsamen Grundsätzen basiert: (i) Stärkung von Transparenz und Rechenschaftspflichten für Finanzmärkte sowie Überarbeitung der Anreizsysteme mit dem Ziel der Vermeidung exzessiver Risiken; (ii) Stärkung des regulatorischen Rahmens, der systematischen Aufsicht und des Risikomanagements sowie Sicherstellung, dass alle Finanzmärkte, -produkte und Marktteilnehmer den Umständen angemessen reguliert und beaufsichtigt werden; (iii) Förderung der Integrität von Finanzmärkten durch die Verbesserung von Anleger- und Verbraucherschutz, die Vermeidung von Interessenskonflikten, die Verhinderung von illegaler Marktmanipulation, Betrug und Missbrauch sowie Schutz vor gesetzwidrigen Finanzrisiken aus nicht kooperierenden Staaten; (iv) Stärkung der globalen Zusammenarbeit bei der Regulierung, dem Umgang mit und der Behebung von Krisensituationen und (v) Reformierung der internationalen Finanzinstitutionen (wie z. B. der Bretton-Woods-Institution) mit dem Ziel einer Erhöhung ihrer Legitimität und Effektivität. Der Aktionsplan enthält eine Reihe von Maßnahmen mit hoher Priorität, die bis zum 31. März 2009 abgeschlossen sein müssen, und zusätzlich einige mittelfristige Maßnahmen. Europa spielt bei der Umsetzung dieser Grundsätze in praktische und konzertierte Maßnahmen im Vorfeld des nächsten G20-Gipfels am 2. April 2009 in London eine wichtige Rolle.
Die G20-Staaten haben eingeräumt, dass Regulierung in erster Linie in der Verantwortung regionaler und nationaler Stellen liegt. Zugleich aber waren sie sich darüber einig, dass eine intensivere internationale Zusammenarbeit, die Stärkung internationaler Standards und ihre konsistente Umsetzung nötig sind, um Schutz gegen unerwünschte grenzüberschreitende Entwicklungen auf regionaler oder globaler Ebene, die die internationale Finanzstabilität beeinträchtigen können, zu gewährleisten. Die Kommission begrüßt nachdrücklich die internationalen Bemühungen um eine Reform des Weltfinanzsystems und trägt aktiv dazu bei. Wichtige Länder wie die USA, Brasilien, Indien und China beteiligen sich ebenfalls an diesen Bemühungen. Die Kommission ist deshalb zuversichtlich, dass dieser Prozess tatsächlich zu einer Stärkung der Finanzmärkte und des regulatorischen Rahmens führen und damit die Wahrscheinlichkeit ähnlicher Krisen in der Zukunft reduzieren wird. Weil die Kommission in einigen zentralen Politikbereichen die EU repräsentiert und wichtige Rechtsvorschriften für den Bereich Finanzdienstleistungen vorbereitet und durchsetzt, wird sie weiterhin ein aktiver und engagierter Partner in diesen internationalen Diskussionen sein.
Anfrage Nr. 55 von Eoin Ryan (H-0976/08)
Betrifft: Vorschläge zur Förderung von Wachstum und unternehmerischer Initiative im KMU-Sektor
In den letzten Monaten ist die Kommission dadurch, dass sie Vorschläge zur Zahlungsbilanz der Mitgliedstaaten, zu Einlagensicherungssystemen, zur Eigenkapital-Richtlinie (KOM(2008)0602) und zu Rating-Agenturen vorgelegt hat, aktiv geworden, um sowohl die Stabilität der Volkswirtschaften und des Marktes wiederherzustellen als auch Unklarheiten im Finanzsystem zu beseitigen. Welche Vorschläge wird die Kommission zur weiteren wirtschaftlichen Erholung unterbreiten, die Wachstum, unternehmerische Initiative und Wettbewerbsfähigkeit in der Realwirtschaft, insbesondere im KMU-Sektor, fördern?
(DE) Am 26. November 2008 hat die Kommission ein Europäisches Konjunkturprogramm(1) vorgeschlagen, um europaweit eine angemessene politische Reaktion auf den aktuellen Wirtschaftsabschwung zu ermöglichen. Das Programm stellt einen Rahmen für Maßnahmen sowohl auf europäischer als auch auf der Ebene der Mitgliedstaaten dar. Der am 11. und 12. Dezember 2008 in Brüssel abgehaltene Europäische Rat hat diesem Konjunkturprogramm zugestimmt. Dazu gehören als Hauptvorschlag ein sofortiges Konjunkturpaket in Höhe von 200 Milliarden Euro (1,5 % des BIP in der EU) sowie eine Reihe von weiteren Maßnahmen mit hoher Priorität auf der Grundlage der strukturellen Reformen der Lissabon-Strategie, die auf eine Verbesserung des langfristigen Wachstumspotenzials und der Anpassungsfähigkeit der EU-Wirtschaft abzielen.
Das Konjunkturprogramm enthält Maßnahmen sowohl auf Gemeinschafts- als auch auf Mitgliedstaatenebene und hat zum Ziel, neues Wachstum zu ermöglichen und die Wettbewerbsfähigkeit der Realwirtschaft, insbesondere von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU), zu erhöhen. Die Mitgliedstaaten wurden aufgefordert, nationale fiskalische Förderprogramme vorzuschlagen. Zusätzlich wurde eine Reihe von Initiativen auf Ebene der Gemeinschaft und der Mitgliedstaaten vorgeschlagen, darunter:
Eine umfangreiche europäische Initiative zur Beschäftigungsförderung.
Eine Ausweitung des Zugangs zu Finanzierung für Unternehmen, insbesondere durch ein Paket der Europäischen Investitionsbank in Höhe von 30 Milliarden Euro an Krediten für KMU.
Vorschläge für eine Erhöhung und Beschleunigung von Investitionen in europäische Infrastrukturen und die Förderung von Hochgeschwindigkeits-Internetverbindungen.
Vorschläge für eine Erhöhung der Energieeffizienz von Gebäuden und eine beschleunigte Markteinführung von umweltfreundlichen Produkten.
Ein wichtiges Element des Konjunkturprogramms ist die vollständige Umsetzung des Aktionsplans zum Small Business Act(2). Um die Verwaltungslast für Unternehmen signifikant zu verringern, ihren Cash-Flow zu verbessern und um mehr Menschen zu helfen, Unternehmer zu werden, sind die Gemeinschaft und die Mitgliedstaaten insbesondere aufgerufen:
Sicherzustellen, dass es in jedem Land der EU möglich ist, ein Unternehmen innerhalb von drei Tagen ohne Kosten zu gründen und dass die Formalitäten für die Anstellung des ersten Beschäftigten bei einer zentralen Anlaufstelle erledigt werden können.
Für Kleinstunternehmen die Notwendigkeit abzuschaffen, Jahresabschlüsse anzufertigen, und die Kapitalanforderungen für europäische Privatgesellschaften auf 1 Euro zu senken.
Die Annahme des Vorschlags über das Statut der Europäischen Privatgesellschaft zu beschleunigen, so dass bereits zu Beginn des Jahres 2009 grenzüberschreitende Geschäfte von KMU erleichtert und diese in die Lage versetzt werden, in der gesamten EU anhand einheitlicher gesellschaftsrechtlicher Vorschriften tätig zu sein.
Sicherzustellen, dass Behörden Rechnungen über Lieferungen und Dienstleistungen innerhalb eines Monats bezahlen, um Liquiditätsengpässe zu vermeiden und dass elektronische Rechnungen Papierrechnungen gleichgestellt werden; außerdem sollten alle Zahlungsrückstände öffentlicher Einrichtungen beglichen werden.
Die Gebühren für die Anmeldung und das Halten von Patenten um bis zu 75 % zu senken und die Kosten für eine EU-Gemeinschaftsmarke zu halbieren.
Das Konjunkturprogramm betont außerdem die Notwendigkeit einer Erhöhung der Investitionen in Forschung und Entwicklung (F&E), Innovation und Bildung. Tatsächlich ist es von großer Bedeutung, dass die Industrie und insbesondere KMU ermutigt werden, ihre Aktivitäten hinsichtlich F&E und Innovation aufrechtzuerhalten oder sogar zu verstärken. Ausgaben für F&E sollten als Investitionen verstanden werden und nicht als Kosten, die es zu reduzieren gilt. Investitionen in F&E und Innovation schaffen heute die Grundlagen für eine starke Position der europäischen Industrie im Wettbewerb in der näheren und mittelfristigen Zukunft. Die Kommission unterstützt unter dem Siebten Rahmenprogramm weiterhin die F&E-Aktivitäten von KMU. Beispielsweise wird der Sonderplan „Forschung zugunsten von KMU“ im Jahr 2009 zusätzliche 25 Millionen Euro für die Finanzierung weiterer Projekte vorsehen; zudem leistet die Kommission Unterstützung für Mitgliedstaaten, die die Koordination ihrer Förderprogramme für F&E in KMU verbessern wollen.
Zusätzlich hat die Kommission im Konjunkturprogramm eine Reihe von Initiativen zur Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit der Industrie, insbesondere der Automobil- und Baubranche, vorgestellt. Die Kommission wird drei bedeutende öffentlich-privaten Partnerschaften auf den Weg bringen, um Innovation zu fördern und diese Sektoren für die erheblichen Herausforderungen auf dem Weg in eine umweltfreundliche Wirtschaft vorzubereiten.
Im Automobilsektor wird es eine europäische Initiative für umweltfreundlichere Autos geben, die Forschung über energieeffiziente Verkehrstechnologien und ihre Markteinführung unterstützt.
Im Bausektor wird eine europäische Initiative für energieeffiziente Gebäude umweltfreundliche Technologien und die Entwicklung von energieeffizienten Systemen und Materialien für neue und renovierte Gebäude mit dem Ziel einer drastischen Senkung ihres Energieverbrauchs und ihrer CO2-Emissionen fördern.
Und schließlich wird die Initiative „Factories of the Future“ europäischen Herstellern, insbesondere KMU, aus allen Branchen dabei helfen, sich an den weltweiten Wettbewerbsdruck anzupassen. Dies geschieht über eine Stärkung der technologischen Basis für die Produktion in der EU mit Hilfe der Entwicklung und Integration von Basistechnologien der Zukunft wie etwa Ingenieurstechnologien für anpassungsfähige Maschinen und industrielle Prozesse, Informations- und Kommunikationstechnologie und neuartige Materialien.
Die Prioritäten für das Konjunkturprogramm auf Gemeinschaftsebene werden genauer erklärt im am 16. Dezember 2008 veröffentlichten Bericht über die Umsetzung des Lissabon-Programms der Gemeinschaft(3), der beim Europäischen Frühjahrsgipfel 2009 diskutiert wird.
vom Rat für Wettbewerbsfähigkeit verabschiedet am 1. Dezember 2008. Weitere Informationen zum „Small Business Act“ für Europa finden Sie unter: http://www.ec.europa.eu/enterpise/entrepreneurship/sba_en.htm
KOM(2008)881 vom 16. Dezember 2008 http://www.ec.europa.eu/growthandjobs/pdf/european-dimension-200812-annual-progress-report/COM2008881EN.pdf
Anfrage Nr. 56 von Avril Doyle (H-0994/08)
Betrifft: Grenzüberschreitende Gesundheitsversorgung und der Binnenmarkt
Sieht die Kommission im Anschluss an die kürzliche Veröffentlichung ihres Vorschlags (KOM(2008)0414) über die Ausübung der Patientenrechte in der grenzüberschreitenden Gesundheitsversorgung, dem die jüngsten Urteile des EuGH vorausgingen, die die Rechte der Patienten, Krankenhauspflege in einem anderen Mitgliedstaat in Anspruch zu nehmen, bestätigten, irgendwelche Schwierigkeiten oder Interessenkonflikte bei der Umsetzung dieses Berichts voraus, was die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten bei der Bereitstellung von Gesundheitsfürsorgediensten anbelangt?
(DE) Der Vorschlag der Kommission für eine Richtlinie über die Ausübung der Patientenrechte in der grenzüberschreitenden Gesundheitsversorgung(1) hat in keiner Hinsicht Auswirkungen auf die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten für die Organisation und die Bereitstellung von Diensten des Gesundheitswesens und der medizinischen Versorgung. Allein die Mitgliedstaaten sind dafür verantwortlich, festzulegen, welche Ansprüche die Patienten im jeweiligen Land haben und wie medizinische Versorgung bereitgestellt wird.
Vor diesem Hintergrund sieht die Kommission bei der Umsetzung der vorgeschlagenen Richtlinie keine Interessenkonflikte im Hinblick auf die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten für die Bereitstellung von Gesundheitsdiensten. Die Folgenabschätzung der Kommission lässt erwarten, dass der Vorschlag nur begrenzte Auswirkungen auf die nationalen Gesundheitssysteme haben wird.
Das Ziel des Vorschlags der Kommission für eine Richtlinie über Patientenrechte in der grenzüberschreitenden Gesundheitsversorgung besteht lediglich darin, die Situation von Patienten, für die eine grenzüberschreitende Versorgung die beste Lösung ist, unter bestimmten Umständen zu verbessern und solchen Patienten eine zusätzliche Wahlmöglichkeit zu verschaffen, die nicht schon nach den Bedingungen von Verordnung 1408/71 berechtigt sind, eine Erlaubnis für die Aufnahme einer Behandlung im Ausland zu erlangen.
Anfrage Nr. 57 von Silvia-Adriana Ţicău (H-0998/08)
Betrifft: Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur
Von der Wirtschafts- und Finanzkrise sind viele Mitgliedstaaten betroffen. Wöchentlich erfährt man von neuen Entlassungen, die Tausende von Arbeitnehmern in verschiedenen Mitgliedstaaten betreffen. Die Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur stellen eines der Mittel dar, mit denen Europa der Wirtschaftskrise entgegentreten kann. Der Bau von (Bahn , Straßen , Luft , Schiffs ) Verkehrsinfrastrukturen erfordert erhebliche Investitionen, und für die Umsetzung der Projekte ist ein mittel- bis langfristiger Zeitraum anzusetzen. Um genug in die Verkehrsinfrastruktur investieren zu können, müssen die Mitgliedstaaten die Haushaltsmittel für die transeuropäischen Verkehrsnetze entsprechend aufstocken bzw. für einen bestimmten Zeitraum eine Erhöhung des Haushaltsdefizits in Kauf nehmen. Welche Maßnahmen plant die Kommission, um die Mitgliedstaaten zu unterstützen, damit sie in dieser Zeit der Wirtschafts- und Finanzkrise ihre Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur erheblich steigern können?
(DE) Die Kommission begrüßt, dass die Frau Abgeordnete Investitionen in Verkehrsinfrastrukturen große Bedeutung bei der Bekämpfung der Wirtschaftskrise zumisst. Tatsächlich können solche Investitionen nicht nur die gesamtwirtschaftliche Nachfrage stabilisieren und sowohl direkt als auch indirekt Arbeitsplätze schaffen, sondern auch den Weg für nachhaltiges Wirtschaftswachstum und höhere Produktivität in der Zukunft bereiten. Es ist für ganz Europa von entscheidender Bedeutung, die Herausforderung durch die aktuelle Krise zu einer Chance zu machen.
Das Europäische Konjunkturprogramm, das vor kurzem vom Rat gebilligt wurde, ist die direkte Antwort der Kommission auf diese Herausforderung und verlangt nach intelligenten Investitionen auch in Infrastrukturen. Im Einzelnen sieht das Programm vier konkrete Maßnahmen für die Ermöglichung höherer Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur vor:
1. Stärkung der Kapitalausstattung der Europäischen Investitionsbank (EIB) und Schaffung der Voraussetzungen für eine Erhöhung der Finanzierungen durch die Bank um rund 15 Milliarden Euro über die nächsten zwei Jahre
2. Schaffung eines Eigenkapitalfonds für Infrastruktur-, Energie- und Klimawandelprojekte
3. Sicherstellung einer breiteren Beteiligung des Privatsektors bei Infrastrukturinvestitionen durch eine klarere Formulierung des rechtlichen Rahmens und einen Abbau von administrativen Hindernissen für Partnerschaften zwischen dem öffentlichen und dem privaten Sektor
4. Im Jahr 2009 Start einer zusätzlichen 500 Millionen Euro umfassenden Ausschreibung für Projekte im Rahmen des transeuropäischen Verkehrsnetzes (TEN-T), bei denen ein Zuschuss der Gemeinschaft zu einem Baubeginn vor Ende des Jahres 2009 führen würde.
Allein vom letzten Punkt ist eine Beschleunigung der Schaffung von transeuropäischen Infrastrukturen und die Freisetzung von nationalen Investitionen in Höhe von mehr als 3 Milliarden Euro zu erwarten. Trotzdem ist offensichtlich, dass eine Ausschreibung in Höhe von 500 Millionen Euro nicht ausreicht, um die Nachfrage zu befriedigen. Die Arbeit an mehreren Projekten kann derzeit aufgrund von Finanzierungsproblemen nicht voranschreiten, die wegen der aktuellen wirtschaftlichen Lage besonders schwerwiegend sind. Wenn zusätzliche Haushaltsmittel zur Verfügung stünden, könnte eine deutlich größere Zahl von konkreten TEN-T-Projekten beschleunigt werden, die ebenfalls einen Beitrag zu den Konjunkturprogrammen der einzelnen Mitgliedstaaten leisten könnten.
Anfrage Nr. 58 von Saïd El Khadraoui (H-1001/08)
Betrifft: Rauchverbot in Restaurants und Gaststätten
In Übereinstimmung mit den europäischen Rechtsvorschriften haben fast alle Länder der Europäischen Union ein Rauchverbot für öffentliche Räume und für Arbeitsplätze erlassen. Eine entsprechende Regelung wurde bereits für Schweden, Irland, Malta, Italien, die Niederlande, Schottland, England, Belgien, Spanien und Frankreich erlassen bzw. soll demnächst erlassen werden.
Seit Juli 2008 gilt in den Niederlanden ebenfalls ein Rauchverbot für Restaurants und Gaststätten. Die Kommission hat vor kurzem Pläne lanciert, die darauf gerichtet sind, dieses Rauchverbot in Zukunft auf ganz Europa auszuweiten.
Kann die Kommission mitteilen, bis zu welchem Termin sie ihre Pläne verwirklichen will und ob ein Zeitplan aufgestellt worden ist?
Aus Untersuchungen in Irland geht hervor, dass ein Rückgang von Gaststättenbesuchen nur in sehr geringem Umfang auf das Rauchverbot zurückzuführen ist.
Stehen der Kommission Berichte über mögliche positive oder negative Auswirkungen des Rauchverbots auf den Besuch von Gaststätten zur Verfügung?
(DE) Als Vertragspartei der WHO-Rahmenvereinbarung über die Eindämmung des Tabakkonsums haben sich die Gemeinschaft und 26 Mitgliedstaaten darauf verpflichtet, an allen in geschlossenen Räumen liegenden Arbeitsplätzen und an allen öffentlichen Plätzen Schutz vor Tabakrauch zu gewährleisten.
In den Jahren 2006 und 2007 haben sich Dienststellen der Kommission an der Ausarbeitung umfassender Leitlinien über die Frage, wie diese Verpflichtung umzusetzen ist, beteiligt. Diese Leitlinien wurden im Juli 2007 von allen Vertragsparteien beschlossen. Sie formulieren einen „Goldstandard“, den innerhalb von fünf Jahren nach dem Inkrafttreten der Konvention für die jeweilige Vertragspartei zu erreichen jede Vertragspartei bestrebt sein sollte; für die EG und die meisten Mitgliedstaaten würde dies das Jahr 2010 bedeuten.
Um die Mitgliedstaaten bei der Verabschiedung umfassender Nichtraucherschutzgesetze zu unterstützen, plant die Kommission im Jahr 2009 einen Vorschlag für eine Empfehlung des Rates über rauchfreie Umgebungen vorzulegen.
Zusätzlich hat die Kommission beschlossen, auf Gemeinschaftsebene Beratungen mit den Sozialpartnern über die Notwendigkeit weiterer Maßnahmen für den Schutz von Arbeitnehmern vor Gesundheitsrisiken, die sich durch Passivrauchen ergeben, aufzunehmen.
Die in der Fachliteratur zu findenden Belege für den Einfluss von Rauchverboten auf die Umsätze und die Beschäftigung im Gastgewerbe zeigen ein uneinheitliches Bild. Insgesamt scheinen die Auswirkungen weitgehend neutral zu sein.
Erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang eine internationale Untersuchung der Studien zu den Auswirkungen von Rauchverboten auf das Gastgewerbe, laut der 47 der 49 am besten angelegten Studien keinen negativen Einfluss auf objektive Kennzahlen wie zu versteuernde Umsätze zeigten.
Wichtig ist zudem, dass es laut verlässlichen Berichten innerhalb von Monaten nach der Umsetzung von Rauchverboten merkliche Verbesserungen bei der Gesundheit von Beschäftigten in Bars und Restaurants gegeben hat. Wie gezeigt wurde, können die Fälle von Atemwegsproblemen bei Beschäftigten im Gastgewerbe als Folge von Rauchverboten um bis zu 50 Prozent zurückgehen.
Die Kommission wird dieses Thema in der Folgenabschätzung, die zusammen mit dem Vorschlag der Kommission zu rauchfreien Umgebungen vorgelegt wird, detailliert darstellen.
Anfrage Nr. 59 von Marco Pannella (H-1005/08)
Betrifft: ACTA
Die Europäische Union verhandelt derzeit mit Japan, den USA und weiteren Staaten über den Anti-Piraterie-Vertrag „ACTA“. Diese Verhandlungen erfolgen im Geheimen, ohne dass das Europäische Parlament, die nationalen Parlamente und die Öffentlichkeit informiert werden. Die durchgesickerten Vertragsversionen sehen eine Reihe straf- und zivilrechtlicher Maßnahmen bei Verstoß gegen das Copyright sowie sehr weit reichende Befugnisse für das Sicherheitspersonal an Grenzen und Flughäfen vor. Insbesondere sollen Durchsuchungen der Laptops oder digitalen Musiklesegeräte von Reisenden, die Beschlagnahme des Materials bis hin zur Festnahme der Reisenden erlaubt sein.
Kann die Kommission das oben Gesagte bestätigen und umfassendere Informationen zu ACTA liefern? Welche Garantien sind für die Reisenden vorgesehen im Hinblick auf die Durchsuchungen, die einen massiven Eingriff in die Privatsphäre darstellen, sowie hinsichtlich des Rechts auf Unschuldsvermutung und einen gerechten Prozess? Welche Überprüfungen sind diesbezüglich mit dem Europäischen Datenschutzbeauftragten, der Art. 29-Datenschutzgruppe und der Grundrechtsagentur der Europäischen Union getätigt worden? Ist die Kommission nicht der Auffassung, dass dieser Vertrag gegen die Europäische Menschenrechtskonvention und die Charta der Grundrechte verstoßen könnte?
(DE) Das Ziel der Verhandlungen über ein Übereinkommen zur Bekämpfung von Produkt- und Markenpiraterie (ACTA) besteht darin, verbesserte internationale Standards für Maßnahmen gegen die Verletzung von geistigen Eigentumsrechten im großen Umfang zu schaffen.
Markenfälschungen werden mittlerweile im industriellen Maßstab betrieben. Sie sind zu einem extrem profitablen Geschäft geworden, dessen Einnahmen denen aus Drogen- und Waffenschmuggel nahekommt, das aber deutlich weniger riskant ist. Offensichtlich führen solche Aktivitäten zu hohen Schäden für die EU-Wirtschaft, deren wichtigster Wettbewerbsvorteil in Qualität und Innovation besteht. Auch unter dem Aspekt des Verbraucherschutzes ist diese Entwicklung besonders besorgniserregend, weil viele gefälschte Produkte (etwa Medikamente, Ersatzteile, Spielzeuge, Lebensmittel) schlicht gefährlich sind.
Die EU beteiligt sich deshalb zusammen mit Partnern, die diese Bedenken teilen, darunter die Vereinigten Staaten (USA) und Japan, aber auch Mexiko, Korea, Marokko und andere, an den Verhandlungen über ein Übereinkommen zur Bekämpfung von Produkt- und Markenpiraterie (ACTA).
Bei ACTA geht es erster Linie um Gegenmaßnahmen gegenüber einer Aktivität durch kriminelle Organisationen, die der Wirtschaft und den Bürgern Schaden zufügen kann. Es ist nicht das Ziel von ACTA, bürgerliche Freiheiten zu beschränken oder Konsumentenrechte einzuschränken. Es steht deshalb außer Frage, ob die aktuellen ACTA-Verhandlungen dazu führen könnten, dass Sicherheitspersonal an Grenzen oder Flughäfen die neue Befugnis bekommt, Computer oder digitale Musikabspielgeräte von Reisenden zu untersuchen.
Die derzeitigen EU-Regeln enthalten eine „de minimis“-Klausel, laut der der Inhalt des persönlichen Gepäcks von Reisenden, soweit dieser nicht dem Geschäftsverkehr zuzurechnen ist, vom Geltungsbereich der Gesetzgebung ausgenommen ist. Das Ziel von ACTA besteht nicht darin, Konsumenten zu schaden. Stattdessen soll es eine klare Basis für das Vorgehen von Zollbehörden gegen den Import gefälschter Güter schaffen und Konsumenten vor potenziell gefährlichen Produkten schützen.
ACTA wird nicht über den derzeitigen gemeinschaftlichen Besitzstand zur Durchsetzung von geistigen Eigentumsrechten(1) hinausgehen, der keine Einschränkung der in der Charta der Grundrechte festgehaltenen Grundrechte, Grundfreiheiten und bürgerlichen Freiheiten zur Folge hat. Zudem hat dieser Besitzstand in Bezug auf den Schutz geistigen Eigentums keinen Vorrang gegenüber nationalen oder Gemeinschaftsregelungen auf anderen Gebieten, insbesondere im Bereich des Schutzes personenbezogener Daten [z. B. die Datenschutzrichtlinie(2) und die Datenschutzrichtlinie für elektronische Kommunikation(3)].
Wie bei allen Verhandlungen zu Handelsfragen müssen auch die ACTA-Unterhändler ein gewisses Vertraulichkeitsniveau einhalten. Dies bedeutet aber nicht, dass die Verhandlungen geheim wären oder dass die Institutionen der EU daran gehindert würden, die ihnen verliehenen Rechte auszuüben. Die Ziele der EU bei den Verhandlungen sind vollkommen klar, und sowohl der Rat als auch das Parlament sind wiederholt über den Stand der Verhandlungen informiert und dazu um Rat gefragt worden. Auch Vertreter der Zivilgesellschaft sind in die Diskussionen einbezogen worden.
Der Rat und die Mitgliedstaaten waren stark in diesen Prozess involviert, was durch die mögliche Einbeziehung strafrechtlicher Fragen, die noch nicht auf EU-Ebene harmonisiert sind, nötig wurde. Als Folge daraus liegt die Verhandlung in diesen Angelegenheiten (und bei anderen möglicherweise auftretenden, noch nicht harmonisierten Fragen, etwa zu justizieller und polizeilicher Zusammenarbeit) in der Zuständigkeit der Präsidentschaft.
Zudem hat die Kommission die Angelegenheit insbesondere im Rahmen des INTA-Ausschusses(4)regelmäßig mit dem Europäischen Parlament erörtert und wird dies auch weiterhin tun. Selbstverständlich ist die Kommission bereit, auch vor anderen Ausschüssen weitere Informationen über die Verhandlungen zu geben, falls dies erwünscht wird.
Richtlinie 2004/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums, ABl. L 157 vom 30.4.2004.
Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr, ABl. L 281 vom 23.11.1995.
Richtlinie 2002/58/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Juli 2002 über die Verarbeitung personenbezogener Daten und den Schutz der Privatsphäre in der elektronischen Kommunikation, ABl. L 201 vom 31.7.2002.
Betrifft: Vereinfachte Bestimmungen über die Beantragung von EU-Forschungsmitteln
Der Industrieausschuss des Europäischen Parlaments hat kürzlich ein Treffen mit der „Physikalischen Klasse“ der Schwedischen Akademie der Wissenschaften veranstaltet, d. h. mit der Forschergruppe, die den Nobelpreis für Physik vergibt. Bei diesem Treffen wurde die Verwaltung der Forschungsressourcen der EU stark kritisiert. In der europäischen Wissenschaft ist die Meinung weit verbreitet, dass große Teile u. a. des Siebten Rahmenprogramms derartig komplizierten Vorschriften für die Beantragung von Forschungsmitteln unterliegen, dass die europäischen Forscher vorziehen, private, nationale oder amerikanische Finanzierungsmittel zu beantragen.
Was unternimmt die Kommission, um diese Antragsverfahren zu vereinfachen?
(DE) Das EU-Forschungsrahmenprogramm ist ein wichtiges Mittel der Politik und Finanzierung im Bereich der Forschung und verfügt über ein eigenes Budget, das im Lauf der Zeit erhöht wurde. Seine europäische Ausrichtung gewährleistet, dass die Mehrheit der Projekte durch länder- oder branchenübergreifende Konsortien durchgeführt wird. Dies und der rechtliche und finanzielle Rahmen, der jegliche Ausgaben der EU regelt, bringt zwingend ein Niveau der Komplexität mit sich, das etwas höher liegt als das von nationalen Forschungsprogrammen. Die Kommission muss zudem einen sorgfältigen Umgang mit von der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellten Ressourcen gewährleisten und den Verpflichtungen und Berichtspflichten aus den rechtlichen Grundlagen für das Programm Genüge tun.
In diesem Zusammenhang bemüht sich die Kommission um eine ständige Verbesserung und Verschlankung von Prozessen, Regeln, Dokumentationen und Systemen der Informationstechnologie zur Verringerung der administrativen Lasten für die Teilnehmer. Nach der erfolgreichen Startphase des Siebten Rahmenprogrammes für Forschung und technologische Entwicklung (2007-2013) (RP7) kann die Kommission bereits eine Reihe von Vereinfachungen gegenüber früheren Programmen nennen:
Die Einrichtung eines Systems für die einmalige Registrierung von teilnehmenden Gesellschaften, so dass es nicht mehr nötig ist, die Existenz und den rechtlichen Status bei jeder Teilnahme zu überprüfen. Rechtliche Unterlagen müssen jetzt nur noch einmal eingereicht werden, weil alle Informationen in einer zentralen Datenbank mit Zugriffsmöglichkeit durch alle an der Umsetzung des RP7 beteiligten Generaldirektionen gespeichert werden.
Durch die Einführung einer Grenze von 375 000 Euro wurde die Zahl der erforderlichen Zertifizierungen von Jahresabschlüssen in RP7 auf ein Zehntel des Wertes von RP6 gesenkt.
Durch die Einführung des Garantiefonds in RP7 sind deutlich weniger Vorab-Überprüfungen der Finanzkraft und andere Schutzmaßnahmen nötig. Vorab-Überprüfungen sind jetzt nur noch für Koordinatoren und für Teilnehmer vorgeschrieben, die mehr als 500 000 Euro in Form eines EG-Beitrags beantragen. Dies ist besonders für die Teilnahme von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) und von Start-ups von Vorteil.
Vermittlung von Zuschussvereinbarungen und Änderungsanträge: Ende 2007 wurde ein neues webbasiertes elektronisches System für die Vermittlung von Zuschüssen eingeführt, das von allen Generaldirektoraten im Bereich der Forschung benutzt wird. Das System ermöglicht eine Online-Zusammenarbeit von Teilnehmern und den zuständigen Projektbeauftragten der Kommission. Die Leitlinien für Änderungsanträge wurden übersichtlicher gestaltet. Viele Änderungen lassen sich jetzt durch einfache Informationsbriefe mitteilen, erfordern also keine formale Prozedur. Auch für die Verarbeitung aller Änderungsanträge wird ein webbasiertes elektronisches System eingesetzt werden.
Erleichterungen bei der Berichterstattung über Projekte und der Zertifizierung von Jahresabschlüssen: Die Struktur von regelmäßigen und abschließenden technischen Berichten wurde deutlich vereinfacht; die Kommission strebt eine Verlängerung der Zeiträume für Berichte und Auszahlungen (mit einer Erhöhung des Durchschnitts von 12 auf 18 Monate) an, was zu einer deutlichen Verringerung der Gesamtzahl von Berichten und Zahlungstransaktionen führt.
All diese Initiativen tragen, zusammen mit der Rationalisierung von Informationsmaterial für Teilnehmer, zu einer Vereinfachung der in Zusammenhang mit RP7 nötigen Verfahren bei. Die Kommission ist entschlossen, in dieser Hinsicht weitere Arbeit zu leisten. Die Initiative „eFP7“ zum Beispiel hat eine deutliche Verbesserung der IT-Systeme für alle Interaktionen zwischen der Kommission und den Programmteilnehmern zum Ziel. Die Kommission wird zudem bald Vorschläge für die Realisierung einer Vorab-Zertifizierung von Auditing-Methoden machen, um so eine häufigere Erstellung von Berichten auf der Grundlage von Durchschnittskosten bei bestimmten Geförderten zu erreichen. Um weitere Gebiete mit Potenzial zur Vereinfachung zu identifizieren, lässt sich die Kommission von vielen Seiten beraten, unter anderem durch Rückmeldungen von kleineren Akteuren im Forschungsbereich.
Anfrage Nr. 61 von Zsolt László Becsey (H-1019/08)
Betrifft: Weigerung Serbiens, den Völkermord an Ungarn, Deutschen und Juden in der Vojvodina zuzugeben
Die menschliche Würde und damit die Menschlichkeit sind nach dem Vertrag von Nizza und dem Vertrag von Lissabon Grundwerte der Europäischen Union. Mit seiner Weigerung, den Völkermord, der 1944-45 von den Tito-Partisanen an etwa 40 000 Vojvodina-Ungarn und 260 000 Deutschen und Juden unter dem Vorwand der „Kollektivschuld“ dieser Volksgruppen begangen wurde, anzuerkennen und damit die Rehabilitierung aller Opfer zu ermöglichen, macht sich Serbien der konstanten Verletzung dieser Werte schuldig. Somit stellt sich die Frage, warum die Kommission in ihren Verhandlungen mit und generell ihrer Politik gegenüber den jeweiligen Regierenden in Belgrad diese Frage nicht im Sinne der Kopenhagener Kriterien zu einer wesentlichen Bedingung für ein Stabilisierungs- und Assoziationsabkommen und den zukünftigen Beitritt macht. Ohne das Eingeständnis historischer Schuld und ohne die Bitte um Vergebung dieser Schuld hätte es keine Versöhnung europäischer Nationen innerhalb der Union geben können; wie sollte dies demnach für Serben, Ungarn, Deutsche und Juden möglich sein?
(DE) Die während des Zweiten Weltkriegs begangenen Grausamkeiten dürfen weder von der aktuellen noch von künftigen Generationen von Europäern vergessen werden.
Aussöhnung ist ein langsamer und schmerzlicher, aber zugleich nötiger Prozess, den Länder durchlaufen müssen, um mit ihrer Vergangenheit ins Reine zu kommen. Dieser Prozess der Aussöhnung ergibt sich aus dem Grundprinzip, auf dem die EU aufgebaut ist.
Die Kommission ist sich des vom Herrn Abgeordneten angesprochenen menschlichen Leides, das Vojvodina-Ungarn und Deutsche in den Jahren 1944 und 1945 in Vojvodina ertragen mussten, bewusst. Die Kommission hat sich nicht direkt zu Ereignissen geäußert, zu denen es während des Zweiten Weltkriegs gekommen ist, sondern hat sich darauf beschränkt, zu einer offenen und breiten Debatte in der ganzen Region zu ermuntern.
Die Kommission hat durch politischen Dialog und vertrauensbildende Maßnahmen die Verbesserung der Beziehungen zwischen unterschiedlichen Volksgruppen in Serbien unterstützt. Die Kommission hat zudem mehrere Projekte gefördert, die dem Aufbau einer multi-ethnischen Identität und dem Schutz von Menschen- und Bürgerrechten auch für Minderheiten in Vojvodina dienen. Darüberhinaus fördert sie gemeinsame kulturelle Aktivitäten und Bildungsaktivitäten zwischen Serbien und den Nachbarländern, einschließlich Ungarn.
Über ihr Büro in Belgrad verfolgt die Kommission die Situation in Vojvodina genau und informiert in ihren jährlichen Fortschrittsberichten über die politische Situation. Sie pflegt intensive Kontakte mit Organisationen der Zivilgesellschaft in der Provinz, die sich um eine Aussöhnung und eine Bekämpfung der Straflosigkeit bemühen.
Letztendlich müssen die betroffenen Länder den Prozess der Vergangenheitsbewältigung selbst gestalten. Dazu ist der Geist des offenen Dialogs und des gegenseitigen Verständnisses für die Leiden, die alle Seiten sowohl in der jüngeren als auch in der weiter zurückliegenden Vergangenheit zu tragen hatten, nötig.
Anfrage Nr. 62 von Pedro Guerreiro (H-1023/08)
Betrifft: Anwendung der Regel N+2 auf die Strukturfonds innerhalb des Finanzrahmens 2000-2006 - Aktualisierung
Ich beziehe mich auf die Antwort auf die Anfrage E-4746/08 betreffend die Anwendung der Regel zum automatischen Verfall von Verpflichtungsermächtigungen für die Strukturfonds – die so genannte Regel N+2 –, die in den Finanzrahmen 2000-2006 eingeführt wurde und die vorsieht, dass die genehmigten und nach Ablauf von zwei Jahren nicht ausgeschöpften Beträge verfallen.
Wie hoch ist der aktualisierte Betrag der im Rahmen der Regel N+2 verfallenen Verpflichtungsermächtigungen, aufgeschlüsselt nach Jahren und Ländern?
Wie hoch ist der tatsächliche Betrag der Verpflichtungsermächtigungen in Bezug auf den Finanzrahmen 2000-2006, der je Land verfallen würde, falls die Regel N+2 bis Ende 2008 angewendet würde?
Die Kommission sagt, dass „für den Zeitraum 2000-2006 die Bewertung der 2006 eingegangenen Verpflichtungen und die sich daraus ergebenen etwaigen Freigaben am Ende der Programmlaufzeit vorgenommen wird“. Wann laufen die Fristen für jedes Programm, aufgeschlüsselt nach Ländern, ab?
Hat die Kommission irgendeine Maßnahme vorgeschlagen oder wird sie eine solche vorschlagen, die dazu beiträgt, dass das Ausgabenziel für die Strukturfonds, vor allem die Abschaffung der Regel N+2 für den Finanzrahmen 2000-2006 und der Regel N+2 und N+3 für den Finanzrahmen 2007-2013, zugunsten des „wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalts“ und der Beschäftigung erfüllt wird?
(DE) Die Kommission verweist den Herrn Abgeordneten auf die beigefügte Excel-Datei. Diese zeigt die aktuelle Höhe der Verpflichtungserklärungen, die von der Kommission gemäß der n+2-Regel gestrichen werden mussten, aufgeschlüsselt nach Jahr, Mitgliedstaat und Fonds (EFRE – FIAF – EAGFL – ESF).
Der gemäß der n+2-Regel im Programmplanungszeitraum 2000-2006 nicht mehr zu berücksichtigende Gesamtbetrag wird beim Abschluss der operationellen Programme (Artikel 105 (3) der Verordnung (EG) Nr. 1083/2006) endgültig bestimmt.
Hinsichtlich der Einreichungsfristen ist die Kommission nicht in der Lage, eine nach Einzelprogrammen und Mitgliedstaaten aufgeschlüsselte Antwort zu geben, weil für jedes operationelle Programm eigene Enddaten für die Förderfähigkeit gelten, die wiederum die Grundlage für die Einreichungsfristen bilden. Zudem ist die Kommission angesichts der Belastungen durch die aktuelle Wirtschafts- und Finanzkrise bereit, Anträge aus den Mitgliedstaaten für eine Verlängerung des für die Berücksichtigung von Ausgaben im Rahmen der operationellen Programme im Zeitraum 2000-2006 geltenden Schlussdatums wohlwollend zu prüfen. Grundsätzlich lassen sich folgende Einreichungsfristen nennen:
Ende März 2009 für Programme ohne Staatshilfen, bei denen das Enddatum für eine Förderfähigkeit Ende 2007 erreicht ist.
Ende Juli 2009 für Programme mit Staatshilfen, bei denen das Enddatum für eine Förderfähigkeit Ende 2007 erreicht ist.
Ende März 2010 für Programme ohne Staatshilfen, die im Jahr 2006 zugesagt wurden.
Ende Juli 2010 für Programme mit Staatshilfen, die im Jahr 2006 zugesagt wurden.
Ende September 2010, falls für Programme unter Punkt 4 oder 5 eine Verlängerung beantragt wird.
Ende März 2011 für griechische Programme, für die bereits eine Verlängerung des Zeitraums zur Förderfähigkeit gilt.
Die Kommission erinnert daran, dass die n+2- und n+3-Regeln entscheidende Bestandteile des vom Parlament und vom Rat gebilligten rechtlichen Rahmens für die Programmperioden 2000-2006 bzw. 2007-2013 sind. Sie stellen einen wichtigen Anreiz für Verwaltungsstellen dar, die Umsetzung der operationellen Programme in der Praxis zu beschleunigen, und können so die Auswirkungen auf den wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalt und auf die Beschäftigung maximieren. Dementsprechend hat die Kommission nicht die Absicht, die Abschaffung der n+2-Regel für den Zeitraum 2000-2006 oder die Abschaffung der n+2- und n+3-Regel für 2007-2013 vorzuschlagen.
Stattdessen hat die Kommission vor dem Hintergrund der aktuellen Wirtschafts- und Finanzkrise ein Konjunkturprogramm vorgeschlagen, das sicherstellen soll, dass die Ausgabenziele für den Strukturfonds erreicht werden. Dadurch werden den Mitgliedstaaten, sobald die vorgeschlagenen Änderungen an Verordnung (EG) Nr. 1083/2006 verabschiedet sind, zusätzliche Vorauszahlungen zufließen, was durch die erhöhte Liquidität dazu führen dürfte, dass die Umsetzung der operationellen Programme beschleunigt wird.
In ähnlicher Weise hat der Rat für den Bereich der Fischerei im Juli 2008 Verordnung (EG) Nr. 744/2008 verabschiedet, die eine befristete Sonderregelung zur Förderung der Umstrukturierung der von der Wirtschaftskrise betroffenen europäischen Fischereiflotten schafft. Eine der darin vorgesehenen Maßnahmen besteht in der Möglichkeit für Mitgliedstaaten, eine zweite Vorfinanzierung zu beantragen, um die Umsetzung von Maßnahmen im Rahmen der operationellen Programme des EFF zu beschleunigen.
Anfrage Nr. 63 von Mihael Brejc (H-1025/08)
Betrifft: Einfuhr von Waren aus Drittstaaten
Die Europäische Union hat zahlreiche Dokumente über die Einhaltung der Menschenrechte vorgelegt und in diesem Zusammenhang insbesondere verlangt, dass die Übereinkommen zur Bekämpfung der Kinderarbeit eingehalten werden. Die Europäische Union importiert in großem Umfang Waren aus Asien, Afrika und Südamerika, wo die ausbeuterische Kinderarbeit nach wie vor weit verbreitet ist.
Überprüft die Kommission bei der Einfuhr von Waren aus Drittstaaten, ob die Übereinkommen zum Verbot der Kinderarbeit eingehalten werden?
(DE) Die Kommission hält entschlossen an dem Ziel fest, der Kinderarbeit weltweit ein Ende zu setzen. Dies zeigen auch ihre Mitteilung „Außenmaßnahmen der EU: Ein besonderer Platz für Kinder“(1) und der EU-Aktionsplan zu Kinderrechten in den Außenbeziehungen. Beide wurden am 27. Mai 2008 vom Rat gebilligt(2).
Die EU fördert über Anreize und Kooperationen effektiv Verbesserungen in den Arbeitsbedingungen von Drittländern, unter anderem über ihre bilateralen Verhandlungen und Vereinbarungen zu Handelsfragen und das Allgemeine Präferenzsystem (APS).
Das APS der EU ist ein wichtiges Mittel, um Handelspartner zu einer Verbesserung ihrer Leistung auf diesem Gebiet zu ermuntern. Insbesondere in der Sonderregelung für nachhaltige Entwicklung und verantwortungsvolle Staatsführung (bekannt als APS+) werden gefährdeten Partner in den Schwellenländern zusätzliche Zollpräferenzen als Anreiz für die Ratifizierung und effektive Umsetzung von internationalen Standards angeboten, darunter die Konventionen über Kinderarbeit der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) – Konvention 182 über die Schlimmsten Formen von Kinderarbeit und Konvention 138 über das Mindestalter für die Zulassung zum Arbeitsmarkt – und die Kinderrechtskonvention der Vereinten Nationen (UN). Derzeit (Stand: 1. Januar 2009) haben 16 Staaten Schritte eingeleitet, die sie für zusätzliche Präferenzen gemäß APS+ qualifizieren. Zugleich kann die Kommission APS-Begünstigungen gegenüber jedem Empfängerland aussetzen, falls die zuständigen internationalen Kontrollorgane schwerwiegende und systematische Verstöße gegen zentrale Menschen- und Arbeitnehmerrechte im Sinne von UN und IAO feststellen.
Im Fall von zwei Ländern, Belarus und Myanmar, ist dies bereits geschehen; hier wurde die Kommission nach genauen Untersuchungen und im Lichte von eindeutigen Befunden der IAO tätig.
Kinderarbeit ist in den meisten Fällen ein in ärmeren Ländern zu findendes Problem von Struktur und Entwicklung, das eng mit den jeweiligen entwicklungspolitischen Herausforderungen sowie fehlenden Sozialstrukturen und Zugang zu Bildungsmöglichkeiten verbunden ist. Als bestes Mittel im Kampf gegen Kinderarbeit sind ein ganzheitlicher Ansatz mittels Entwicklungspolitik, politischer Dialog und Kooperation im multilateralen Rahmen von IAO und UN anzusehen. Das umfassende Programm der IAO zur Beseitigung von Kinderarbeit (IPEC) wird von der Kommission unterstützt. Mitte 2008 wurde mit finanzieller Unterstützung der Europäischen Gemeinschaft das neue IPEC-Programm TACKLE (Kinderarbeit bekämpfen durch Bildung) gestartet, das Teil der Bemühungen um eine Beschleunigung des Kampfs gegen Armut und zur Erreichung der Millennium-Entwicklungsziele in elf Ländern Afrikas, der Karibik und des Pazifischen Raums ist. Das Projekt soll den rechtlichen Rahmen bezüglich Kinderarbeit und Bildung stärken und die institutionellen Kapazitäten für die Umsetzung von Strategien gegen Kinderarbeit erhöhen.
Die Kommission spricht gegenüber Partnern regelmäßig das Thema der Verletzung von Arbeitnehmerrechten und insbesondere das Thema Kinderarbeit an. Auch wenn es bereits Fortschritte gegeben hat, bleibt der Kampf gegen Kinderarbeit eine globale Herausforderung, die nach weiteren Anstrengungen verlangt.
Die von der irischen Regierung gewilligten Mittel für Home Choice-Darlehen wurden im Oktober 2008 im Haushaltsplan veranschlagt. Das Programm „Home Choice Loan“ dient dazu, über eine Reihe von kommunalen Behörden Hypothekendarlehen für Erstkäufer bereitzustellen, die nicht genügend Finanzmittel von einer Bank oder einer Bausparkasse erhalten können. Der bereitgestellte Höchstbetrag wird sich auf 285 000 Euro bzw. 92 % des „Marktwertes“ belaufen. Er wird nur für Neubauten gelten.
Ist die Kommission der Auffassung, dass das Programm einen Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht darstellt? Ist die Kommission der Auffassung, dass es auf eine Verzerrung des Marktes, eine Preisstützung sowie auf die Begünstigung von Bauunternehmen, die neue Wohnobjekte errichten, auf einem Markt hinausläuft, in dem bereits ein großes Überangebot an leer stehenden neuen Häusern besteht? Werden neue Käufer – aus welchem Grund auch immer –gegenüber denjenigen begünstigt, die vorher Hausbesitzer waren? Wird ein Programm von Subprime-Darlehen geschaffen? Werden neue Käufer verpflichtet, künstlich hochgetriebene Preise auf einem im Niedergang befindlichen Markt zu zahlen?
(DE) Die Kommission ist sich des von der Frau Abgeordneten angesprochenen Themas völlig bewusst. Es ist der Kommission bereits durch eine große Zahl von Beschwerden zur Kenntnis gebracht worden. Die Kommission hat die irischen Behörden eingeladen, zu den von einigen Beschwerdeführern vorgebrachten Vorwürfen Stellung zu nehmen; die als Antwort zur Verfügung gestellten Informationen der irischen Behörden werden derzeit von den Dienststellen der Kommission geprüft.
Anfrage Nr. 65 von Georgios Toussas (H-1032/08)
Betrifft: Liberalisierung der Kabotageregelung: riesige Gewinnzuwächse für die Reeder
Die griechische Regierung beugt sich den Anweisungen der Reeder und treibt die vollständige Umsetzung der Verordnung (EWG) Nr. 3577/92(1) des Rates zur Seekabotage voran, während 36 Schiffe der Küstenschifffahrt willkürlich stillgelegt und über 2 000 Seeleute ohne Heuer entlassen wurden, die Arbeitnehmerrechte mit Füßen getreten werden, die Verbindungen der Küstenschifffahrt immer schlechter werden und das Land quasi amputiert wird. Die Reeder haben bei der Kommission Beschwerde wegen Verstoßes gegen die Verordnung eingereicht und die Abschaffung der Mindestverpflichtung einer zehnmonatigen Tätigkeit der Küstenschifffahrt sowie der zehnmonatigen Besatzung mit Tarifverträgen gefordert, darüber hinaus die Einschränkung, dass Griechischkenntnisse nur bei der Sicherheitsbesatzung nötig sind, die Liberalisierung der Beförderungsgebühren in der dritten Klasse bei Verbindungen zwischen den Inseln, die seit 2001 um 376 % gestiegen sind, sowie der Beförderungsgebühren bei den subventionierten Linien.
Hat die Kommission die Beschwerde der Reeder der Küstenschifffahrt für zulässig erklärt? Wird sie die griechische Regierung auffordern, den Forderungen der Reeder nachzukommen? Wird sie die Liberalisierung der Kabotage abschaffen, deren Umsetzung die Qualität der erbrachten Dienstleistungen gesenkt und die Beförderungsgebühren erhöht hat, was den Reedern enorme Profite gebracht hat?
(DE) Die Kommission hat bereits alles Nötige getan, um die vollständige Umsetzung der Verordnungen zur Kabotage(2) in allen Mitgliedstaaten einschließlich Griechenlands sicherzustellen.
Diese Umsetzung bedeutet eine Liberalisierung der Kabotage: die Kommission sieht keine Abschaffung der liberalisierten Kabotage vor, sondern deren Vollendung. In ähnlicher Hinsicht ist jede begründete Beschwerde jedes Beschwerdeführers in Bezug auf eine unkorrekte Anwendung der fraglichen Verordnung von der Kommission als gültig anerkannt und untersucht worden.
Die Liberalisierung der Kabotage wird Griechenland in die Lage versetzen, alle Maßnahmen zu ergreifen, die für verbesserte Leistungen und niedrigere Preise auf lange Sicht nötig sind. Dessen ungeachtet wird die Preisentwicklung für den Seetransport nicht ausschließlich durch das regulatorische Umfeld bestimmt; dies sollte bei einer Untersuchung der Auswirkungen von Liberalisierung berücksichtigt werden.
Verordnung (EWG) Nr. 3577/92 des Rates vom 7. Dezember 1992 zur Anwendung des Grundsatzes des freien Dienstleistungsverkehrs auf den Seeverkehr in den Mitgliedstaaten (Seekabotage) ABl. L 364 vom 12.12.1992.
Anfrage Nr. 66 von Proinsias De Rossa (H-1033/08)
Betrifft: Umsetzung der Gleichstellung der Geschlechter im Rahmen der Richtlinie über Güter und Dienstleistungen
Anfrage im Anschluss an die schriftliche Antwort vom 3. September 2008 auf die mündliche Anfrage H-0604/08: Wie ist der gegenwärtige Stand der Dinge in Bezug auf die Ermittlungen der Kommission betreffend die Umsetzung der Richtlinie zum Verbot der Geschlechterdiskriminierung beim Zugang zu und bei der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen (Richtlinie 2004/113/EG(1)) in Irland, insbesondere was die Beurteilung der Kommission der Antwort Irlands auf das Aufforderungsschreiben anbelangt?
(DE) In ihrer Antwort auf die vorhergehende Anfrage (H-0604/08) des Herrn Abgeordneten hat die Kommission erklärt, dass die Antwort der irischen Behörden auf das Aufforderungsschreiben von September 2008 untersucht werde.
Diese Untersuchung hat ergeben, dass die irischen Behörden Richtlinie 2004/113/EG(2) in nationales Recht umgesetzt und darüber informiert haben; dies geschah im Rahmen des Civil Law (Miscellaneous Provisions) Act 2008, der die Equal Status Acts 2000 bis 2004 modifiziert.
Demzufolge hat die Kommission das Vertragsverletzungsverfahren gegen Irland wegen der Nichtmitteilung von Maßnahmen zur Umsetzung der Richtlinie geschlossen. Dennoch wird die Kommission weiterhin die Umsetzung von Gemeinschaftsrecht auf nationaler Ebene überwachen. Sollte sich herausstellen, dass irgendein Mitgliedstaat gegen das Gemeinschaftsrecht verstoßen hat, wird die Kommission im vollen Umfang von den ihr vom EG-Vertrag verliehenen Befugnissen Gebrauch machen.
Richtlinie des Rates 2004/113/EG vom 13. Dezember 2004 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen beim Zugang zu und bei der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen, ABl. L 373 vom 21.12.2004, S. 37-43