Der Präsident. – Als nächster Tagesordnungspunkt folgt die Aussprache über den Vorschlag für eine Verordnung des Rates zur Aufstellung eines mehrjährigen Wiederauffüllungsplans für Roten Thun im Ostatlantik und im Mittelmeer (KOM(2009)0093 – C6-0081/2009 – 2009/0029(CNS)).
Philippe Morillon, Vorsitzender des Fischereiausschusses. – (FR) Herr Präsident, Herr Kommissar, sehr verehrte Damen und Herren, die Entscheidung des Parlaments, den Antrag des Rates auf Anwendung des Dringlichkeitsverfahrens in dieser Angelegenheit zu billigen, wurde einstimmig getroffen, und zwar sowohl in der vergangenen Woche im Fischereiausschuss, als auch heute Vormittag hier im Plenarsaal.
Wir wissen selbstverständlich alle, dass die Europäische Union die von der zuständigen internationalen Organisation, der ICCAT, im vergangenen November in Marrakesch verabschiedeten Verpflichtungen einhalten muss. Insbesondere müssen wir die Empfehlungen dieser Organisation zur Begrenzung des Dauerproblems der Überfischung des Roten Thun im Ostatlantik und im Mittelmeer umsetzen. Wir müssen uns des ernsthaften Risikos für die Zukunft der Arten und der gesamten Fischereiindustrie bewusst werden.
Zwei meiner Kollegen im Fischereiausschuss, Frau Fraga Estévez und Herr Romeva i Rueda, nahmen in Marrakesch teil und werden darüber im Rahmen dieser Debatte berichten. Ich möchte Sie daran erinnern, dass unser Ausschuss dieser Angelegenheit eine große Bedeutung beimisst, wodurch auch die Hauptaspekte einer gemeinsamen Fischereipolitik ins Spiel gebracht werden. Dazu gehören das Ressourcenmanagement, das Flottenmanagement, die Respektierung internationaler, regionaler und bilateraler Abkommen, technische Maßnahmen sowie vor allem die Kontrolle. Auf diesen letzten Aspekt möchte ich kurz eingehen, denn er ist nach unserer Ansicht der Lackmustest für die Glaubwürdigkeit der gemeinsamen Fischereipolitik.
Das war auch offensichtlich der Grund dafür, dass die Verabschiedung des neuen Wiederauffüllungsplans ohne Konsultation des Europäischen Parlaments nicht in Frage gestellt wurde.
Deshalb freue ich mich auch, dass die Kommission sich letztlich für den einzig rechtmäßigen und politisch akzeptablen Weg zur Umsetzung der Empfehlungen der ICCAT entschlossen hat: die Einreichung eines Vorschlags für eine Verordnung auf der Grundlage von Artikel 37 des Vertrags.
Die Umwandlung der von der Kommission im Namen der Europäischen Union bei den regionalen Fischereiorganisationen eingegangenen Verpflichtungen in regionales Recht kann im Grunde nicht ohne Kontroversen ablaufen. Wir müssen jedoch darauf bestehen, dass ein solcher Prozess nur unter demokratischer Kontrolle dieser Institution abläuft.
Mit den verschiedenen Maßnahmen, die eingeleitet wurden, bin ich sehr zufrieden, obwohl sie für unsere Fischer eher restriktiv sind. Sie entsprechen aber den bestehenden Herausforderungen. Deshalb möchte ich hervorheben, dass die Maßnahmen zur Kontrolle der Einhaltung der eingegangenen Verpflichtungen zweifellos die wichtigsten sind. Ohne Kontrolle muss jeder Wiederauffüllungsplan wirkungslos bleiben.
Deshalb bin ich Ihnen, Herr Kommissar, für diesen Vorschlag sehr dankbar. Ich hoffe, Sie zeigen bei der Umsetzung dieses Plans nach seiner Ratifizierung durch den Rat ebenso viel Entschlossenheit, wie Sie beim Erreichen dieser zufriedenstellenden Vereinbarung mit der ICCAT gezeigt haben.
Joe Borg, Mitglied der Kommission. − Herr Präsident, zunächst möchte ich hervorheben, wie wichtig es ist, dass die Kommission der nachhaltigen Sicherung der Bestände des Roten Thun und einer nachhaltigen Fischereiwirtschaft eine so große Bedeutung beimisst. Auch auf die Wichtigkeit des Europäischen Parlaments in diesem Prozess möchte ich ausdrücklich hinweisen.
Im Rahmen des Wiederauffüllungsplans für den Roten Thun aus dem Jahre 2006, auf der Grundlage der Einschätzung der Umsetzung dieses Plans in den Fangsaisons 2006, 2007 und 2008 und angesichts neuer wissenschaftlicher Empfehlungen hat sich die ICCAT für die Verabschiedung eines neuen Wiederauffüllungsplans entschieden. Der Wissenschaftliche Ausschuss der ICCAT hat klar zum Ausdruck gebracht, dass nach seiner Auffassung der Wiederauffüllungsplan aus dem Jahr 2006 nicht ausreicht, um den Bestand aufzufüllen, und er hat seine Bedenken in Bezug auf die zulässige Gesamtfangmenge und eine zu starke Befischung geäußert.
Darüber hinaus haben die Vertragsparteien der ICCAT bestimmte Fehler bei der Umsetzung des Plans aus dem Jahr 2006 festgestellt und sich für die Verabschiedung eines neuen Plans entschieden. In diesem neuen Plan wird auch den Bedenken des Wissenschaftlichen Ausschusses Rechnung getragen, insbesondere durch die Absenkung der zulässigen Gesamtfangmenge und die Einführung neuer Maßnahmen in Zusammenhang mit den Fischerei- und Aquakulturkapazitäten.
Beachtet werden sollte auch, dass in den neuen Wiederauffüllungsplan auf Initiative der Europäischen Union auch eine Verpflichtung zur Erarbeitung jährlicher Fangpläne aufgenommen wurde, die den von der ICCAT festgelegten Werten entsprechen müssen. Dies ist ein effektives Instrument zur Vermeidung von Überfischung, denn damit werden für alle Schiffe, die länger als 24 Meter sind und zum Fangen des Roten Thun eingesetzt werden, individuelle Quoten festgelegt. Ich bin davon überzeugt, dass die Aufstellung eines jährlichen Fangplans ein effektives Instrument zur uneingeschränkten Respektierung der Quote ist.
Durch den neuen Wiederauffüllungsplan wird der bestehende optimiert, und es werden neue Kontrollmaßnahmen eingeführt. Dies ist eine angemessene Reaktion auf die von Philippe Morillon erwähnten Fehler der Vertragsparteien.
Zu den wichtigsten Maßnahmen, die mit dem neuen Wiederauffüllungsplan wirksam werden, gehört die Absenkung der zulässigen Gesamtfangmenge von 27 500 auf 22 000 Tonnen im Jahr 2009 sowie weitere Absenkungen auf 19 950 Tonnen für das Jahr 2010 bzw. 18 500 Tonnen für das Jahr 2011. Damit reduziert sich die Gesamtfangmenge der EU für das Jahr 2009 von den im Plan aus dem Jahr 2006 vorgesehenen 15 641 Tonnen auf 12 406 Tonnen. Die Fangsaisons wurden für alle Jahre verkürzt, insbesondere für die Fischerei mit Ringwadennetzen, auf die ein Großteil des Fangs entfällt. Die Maßnahmen für ein Einfrieren bzw. Reduzieren der Fischerei- und Aquakulturkapazitäten sind eine völlig neue und entscheidende Komponente des neuen Plans. Überkapazitäten gelten seit Langem als entscheidende Ursache für das Überfischen. Nun ist es an der Zeit, sich dieser Problematik anzunehmen. Die EU muss, wie alle anderen Mitglieder der ICCAT, ihren Teil dazu beitragen.
Die von mir bereits erwähnte Einführung von Fangplänen ist eine weitere Maßnahme. Außerdem wurden die Regelungen für Ausnahmen von der Mindestgröße angepasst. Auf dem Atlantik können sich die Hochseetrawler nicht mehr auf Ausnahmebestimmungen berufen. Auch die Ausnahmen für die handwerkliche Küstenfischerei wurden, abgesehen von einem Fall, gestrichen. Nur für Futterschiffe gelten die bisherigen Ausnahmen auch weiterhin. Im Mittelmeer profitiert die handwerkliche Küstenfischerei nun von einer Ausnahmebestimmung. Die Kontrollmaßnahmen werden verstärkt, insbesondere in Bezug auf gemeinsame Fangeinsätze, die Verabschiedung eines allgemeinen Verbots von Umladungen auf See und die Einführung eines regionalen ICCAT-Kontrollprogramms.
Zusammenfassend muss konstatiert werden, dass die Bestände des Roten Thun ernsthaft gefährdet sind. Durch die Überschreitung der Quoten, die mangelnde Einhaltung der Vorschriften, insbesondere in Bezug auf das Erfassen und Übertragen der Daten, wird der Wiederauffüllungsprozess unterminiert. Ich bin jedoch zuversichtlich, dass unsere Vereinbarung über die unverzügliche Umsetzung von Maßnahmen zum Ausschluss von Überfischung und die Gewährleistung einer strikten Einhaltung der ICCAT-Maßnahmen die bestehende Situation umkehren und die Bestände des Roten Thun wieder auf ein nachhaltiges Niveau anwachsen lassen können.
Wir müssen dafür sorgen, dass sich Situationen wie im vergangenen Jahr zukünftig nicht wiederholen. Das beste Instrument, dieses Ziel zu erreichen, ist die schnelle Verabschiedung des neuen Plans zur Wiederauffüllung der Bestände des Roten Thun durch den Rat. Deshalb sollte jede Verzögerung bei der Annahme dieser Verordnung vermieden werden, insbesondere, wenn wir die Glaubwürdigkeit der Gemeinschaft auf internationaler Ebene gewährleisten und den Prozess der Wiederauffüllung dieses Bestands sichern möchten. Ich bin davon überzeugt, dass bei einer uneingeschränkten Respektierung dieses Plans die realistische Chance einer allmählichen Erholung der Bestände des Roten Thun besteht. Folglich müssen auf der Ebene der Europäischen Union entschiedene und effektive Maßnahmen ergriffen werden.
Die Kommission ist entschlossen, nach der Annahme dieser Verordnung eng mit den Mitgliedstaaten und anderen Vertragsparteien der ICCAT zusammenzuarbeiten, um die vollständige Umsetzung des Wiederauffüllungsplans zu gewährleisten und intensiv zu überwachen.
Abschließend möchte ich dem Europäischen Parlament noch meinen Dank für die konstruktive Arbeitsweise und die Zusammenarbeit beim Umgang mit diesem sensiblen Thema aussprechen. Dies widerspiegelt unser gemeinsames Interesse und Engagement in dem Bemühen, eine uneingeschränkte Respektierung der Fischereipolitik der Gemeinschaft sowie unserer internationalen Verpflichtungen zu gewährleisten.
Carmen Fraga Estévez, im Namen der PPE-DE-Fraktion. – (ES) Herr Präsident, meine Fraktion hat dafür gestimmt, den Wiederauffüllungsplan für Roten Thun im Rahmen eines Dringlichkeitsverfahrens zu behandeln, denn die neuen Maßnahmen sollten vor dem Beginn der Saison im April in Kraft gesetzt sein.
Ich möchte jedoch auch alle daran erinnern, dass kein Wiederauffüllungsplan zur Rettung des Roten Thun ausreicht, solange nicht die Fangkapazitäten reduziert werden. Dabei muss mit bestimmten Flotten aus der Gemeinschaft begonnen werden, die allgemein bekannt sind und auf die seit vielen Jahren immer wieder hingewiesen wird. In allen diesen Jahren haben die betreffenden Mitgliedstaaten ein Anwachsen ihrer Fischereiflotten auf einen skandalösen Umfang zugelassen, während die Europäische Kommission passiv blieb. Das brachte uns in diese Situation, aus der kaum ein Ausweg zu finden ist.
Als der aktuelle Wiederauffüllungsplan 2007 verabschiedet wurde, habe ich einen Änderungsantrag eingereicht, der vom Parlament angenommen und von der Kommission in ihren endgültigen Text eingearbeitet wurde. Damit werden die Mitgliedstaaten verpflichtet, Fangpläne vorzulegen, aus denen hervorgeht, dass ihre Flottenkapazität an die für sie festgelegte Quote angepasst wurde.
Trotzdem musste die die Fischerei im Jahre 2008 sehr früh eingestellt werden, früher als im Vorjahr. Der Grund: Die Gesamtquote der Gemeinschaft war innerhalb weniger Wochen erschöpft. Das bedeutet, dass wir uns noch verschlechtert haben.
Durch den Artikel 5 des neuen Wiederauffüllungsplans werden die Mitgliedstaaten mit Überkapazitäten verpflichtet, diese bis zum Jahr 2010 um mindestens 25 % abzubauen. Eine solche Reduzierung erachte ich angesichts der bisherigen Exzesse für unglaublich niedrig. Angesichts der Erfahrungen aus der Vergangenheit habe ich auch große Zweifel an der Fähigkeit der Kommission und der Internationalen Schutzkommission für den Thunfisch im Atlantik (ICCAT), diese Verpflichtung umzusetzen. Zu diesen Zweifeln trägt auch der eindeutige Mangel an politischem Willen bei, den die betroffenen Mitgliedstaaten überdeutlich demonstriert haben.
Deshalb bitte ich den Kommissar an dieser Stelle darum, uns jetzt und hier Garantien dafür zu geben, dass sich dieser Mangel an politischem Willen nicht auch auf die Kommission überträgt und dass die Kommission diesmal ein entschlossenes Handeln an den Tag legen wird, das über ein erneutes Einstellen der Fischerei im Frühjahr hinausgeht.
Rosa Miguélez Ramos, im Namen der PSE-Fraktion. – (ES) Herr Präsident, durch den Vorschlag einer Verordnung des Rates über einen mehrjährigen Wiederauffüllungsplan für Roten Thun im Ostatlantik und im Mittelmeer wird auch die durch den Konsens auf dem Jahrestreffen der Internationalen Schutzkommission für den Thunfisch im Atlantik (ICCAT) im November 2008 angenommene, verbindliche Entscheidung in die Praxis umgesetzt.
Wie bereits festgestellt wurde, sollte diese Verordnung vor dem Beginn der Fangsaison im April in Kraft treten. Das bedeutet, dass die obligatorische Konsultation des Europäischen Parlaments in dieser Plenarsitzung erfolgen muss. Wir möchten in dieser Frage eine effektive politische Vereinbarung innerhalb des Rats erreichen, denn eine solche Vereinbarung ist nach unserer Ansicht extrem wichtig und verdient unsere größte Aufmerksamkeit. Deshalb hat sich der Fischereiausschuss des Parlaments einstimmig für das Dringlichkeitsverfahren ausgesprochen.
Ziel der jährlichen Fangpläne ist eine Verkürzung der Fangsaison, eine Stärkung des Überwachungssystems für die Laichgründe im Mittelmeer sowie die Präsenz der Beobachter der ICCAT bei der Ringwadenfischerei und in Aufzuchtbetrieben. Durch alle in die Verordnung integrierten Maßnahmen soll sichergestellt werden, dass die verabschiedeten Regulierungsmaßnahmen eingehalten werden und eine Rückverfolgbarkeit auf allen Ebenen gewährleistet ist. Ich denke, diese Vorgehensweise wird erfolgreich sein.
Wichtig ist meines Erachtens, dass jede Vertragspartei verpflichtet ist, für ihre Fischerboote und Fangnetze für den Roten Thun im Ostatlantik und im Mittelmeer einen Fangplan vorzulegen. Dieser Plan enthält unter anderem die zugelassenen Fischereischiffe mit einer Länge von über 24 Metern sowie die Maßnahmen, mit denen sichergestellt werden soll, dass individuelle Fangquoten nicht überschritten werden.
Weitere wichtige Maßnahmen, die umgesetzt werden müssen, sind die Verkürzung der Fangsaison und die Verlängerung der Verbotszeiten für Ringwaden, Langleinen, Futterschiffe, Boote mit Schleppangeln, Hochseetrawler und die Freizeitfischerei. Auch die Korrekturpläne für Länder mit einer zu großen Flottenkapazität und Mastbetrieben für Roten Thun sind wichtig.
Sehr verehrte Damen und Herren, in den letzten Tagen habe ich viel über den Thunfisch gelesen. In der kurzen Zeit, die mir noch zur Verfügung steht, möchte ich auf einige Punkte hinweisen.
Neben den konkurrierenden Interessen der Fischereinationen und der hohen Nachfrage am Markt trägt auch die Kombination vieler weiterer Faktoren dazu bei, dass die Bestandssituation des Roten Thun als aktuell stark genutzter Art äußerst prekär wurde.
Tatsache ist, dass auf die Europäische Union bzw. drei ihrer Mitgliedstaaten (Frankreich, Spanien und Italien) derzeit die Hälfte der weltweiten Gesamtfangmenge an Rotem Thun entfällt. Es ist deshalb von entscheidender Bedeutung, dass die Europäische Union in der Lage ist, der ICCAT Statistiken zur Verfügung zu stellen, die in ihrer Qualität der Intensität der Befischung ebenbürtig sind. Das ist nicht zuletzt deshalb wichtig, weil Statistiken die entscheidende Voraussetzung sind, wenn wir mithilfe der Forschung Antworten auf die aktuellen Fragen und Notwendigkeiten in Zusammenhang mit der Biologie und Ökologie des Roten Thun finden möchten. Die wissenschaftliche Forschung wird durch diese Aufgaben vor erhebliche Herausforderungen gestellt.
Wenn wir diese Arten retten möchten, müssen wir mehr über sie lernen. Deshalb sind Fragen der Datenerfassung und Statistik meines Erachtens besonders wichtig.
Raül Romeva i Rueda, im Namen der Verts/ALE-Fraktion. – (ES) Herr Präsident, es ist an der Zeit, Klartext zu reden. Ich glaube nicht, dass wir hier von einem Wiederauffüllungsplan sprechen sollten, sondern von einem Totenschein.
Das mangelnde politische Verantwortungsgefühl bestimmter Regierungen und der Kommission sowie eine Art Blindheit der betroffenen Branche brachten uns in eine Situation, in der wir uns nicht fragen müssen, ob wir in der Lage sein werden, die Bestände wieder aufzufüllen, sondern wann wir den letzten Thunfisch in unseren Meeren und Ozeanen gesehen haben werden. Dabei spreche ich nicht vom Zeitraum einer Dekade, sondern es geht um maximal fünf Jahre.
In diesem Zusammenhang sollte die Internationale Schutzkommission für den Thunfisch im Atlantik besser in „Internationale Kommission für den Fang aller Thunfische“ umbenannt werden.
Regierungen und die Kommission blieben taub für die Empfehlungen der Wissenschaft, die in der Hoffnung auf eine politische Reaktion rechtzeitig und wiederholt vor dem drohenden Kollaps warnte. Doch zu einer solchen Reaktion kam es nie. Über die Konsequenz einer solchen Haltung sollten wir uns nicht täuschen: Es ist ein weiterer Schritt Richtung Abgrund.
An diesem Punkt fürchte ich, dass wir zur Rettung des Thunfischs nur noch wenige Möglichkeiten haben. Eine steht uns jedoch noch immer zur Verfügung: Wir müssen daran arbeiten, den Thunfisch als gefährdete Art auf die CITES-Liste setzen lassen. Dadurch wäre seine kommerzielle Nutzung verboten und seine Zukunft garantiert.
Iles Braghetto (PPE-DE). – (IT) Herr Präsident, Herr Kommissar, sehr verehrte Damen und Herren, ich freue mich, dass ich die Möglichkeit habe, mit aller gebotenen Dringlichkeit die Diskussion zu den Maßnahmen anzustoßen, die zur Sicherung der Bestände des Roten Thun und die allmähliche Absenkung der von der ICCAT festgelegten Quoten eingeleitet werden sollten.
Die Europäische Union muss zu ihrer Verpflichtung stehen, den in Marrakesch verabschiedeten Wiederauffüllungsplan zu unterstützen. Außerdem sind Überwachungsmaßnahmen der Mitgliedstaaten notwendig, um illegales Fangen von Thunfisch zu vermeiden. Jüngste Recherchen von Fernseh- und Pressejournalisten haben gezeigt, dass solcherart kriminelles Handeln insbesondere im Mittelmeer verbreitet ist. Außerdem muss die Europäische Union auch das Thema des unlauteren Wettbewerbs durch die südlichen Mittelmeerstaaten in den entsprechenden Gebieten auf die Tagesordnung setzen.
Ich begrüße insbesondere, dass mit der vorgeschlagenen Verordnung die Fangkapazitäten in Einklang mit der zulässigen Quote gebracht und die Vorlage von Informationen zur Umsetzung der jeweiligen jährlichen Fangpläne innerhalb der erforderlichen Fristen verbindlich vorgeschrieben werden soll. Auch das Programm wechselseitiger internationaler Inspektionen zur Gewährleistung der Wirksamkeit des Wiederauffüllungsplans sowie die Vorschriften für das Sport- und Freizeitfischen sind zu begrüßen. Anders ausgedrückt: Es freut mich, dass ein im Vergleich zur früheren Situation härterer, anspruchsvollerer Plan zur Regulierung dieser gravierenden Fischereiaktivitäten verabschiedet wurde.
Ioannis Gklavakis (PPE-DE). – (EL) Herr Präsident, der Entwurf der Verordnung zum Schutz von Rotem Thun im Atlantik und im Mittelmeer, den wir als dringliche Angelegenheit heute Abend diskutieren, sieht reduzierte Fangquoten für 2011, eine Beschränkung der Fischerei in bestimmten Gebieten und innerhalb bestimmter Zeiträume, eine neue Mindestgröße, restriktive Maßnahmen für die Sport- und Freizeitfischerei, eine Reduzierung der Fangkapazitäten und der Kapazitäten der Mastbetriebe, verstärkte Kontrollmaßnahmen sowie die Umsetzung des gemeinsamen internationalen Inspektionsprogramms der ICCAT vor, um die Effektivität des Plans zu sichern.
Angesichts der Überfischung, die den Thunfischbestand auf ein sehr gefährliches Niveau absinken ließ, erkläre ich mich mit dem Geist der Verordnung einverstanden. Wir dürfen nicht vergessen, dass die Kommission in den letzten beiden Jahren ein Sofortverbot für das Fangen von Thunfisch noch vor dem Ende der Fangsaison erlassen hat. Grund für dieses Verbot war die Feststellung, dass in bestimmten Mitgliedstaaten eine Überfischung um bis zu 200 % zu verzeichnen war. Damit wurde offenkundig insbesondere jenen Nationen geschadet, die das Fangen von Thunfisch ebenfalls einstellen mussten, obwohl sie nicht gegen das Gesetz verstoßen haben.
Zwei Punkt im neuen Gesetz stören mich jedoch:
Der erste Punkt ist der zeitliche Rahmen, der den Mitgliedstaaten für die Korrektur ihrer Fangaktivitäten eingeräumt wird. Die ICCAT hatte 2010 als Jahr der Einführung neuer Quoten empfohlen, die Verordnung empfiehlt 2009, also dieses Jahr – sofort. Dieser Zeitrahmen ist sehr eng und fürchte, dass es zu Problemen kommen wird.
Der zweite Punkt sind die erhöhten Kosten, die von den Mitgliedstaaten in Zusammenhang mit dem Programm verstärkter Inspektionen getragen werden müssen. Vielleicht sollte die Möglichkeit einer Unterstützung durch die Gemeinschaft in diesem Zusammenhang geprüft werden.
Sebastiano Sanzarello (PPE-DE). – (IT) Herr Präsident, Herr Kommissar, sehr verehrte Damen und Herren, wie wir bisher gesehen haben, wurde der Plan der ICCAT noch nicht vollständig umgesetzt. Das bedeutet, dass der Plan zur Regulierung der sich deutlich voneinander unterscheidenden Methoden des Thunfischfangs – von Ringwaden bis zur traditionellen Fischerei mithilfe stationärer Netze – noch einer Feinabstimmung bedarf, ehe er vollständig angewandt werden kann. Wir müssen unterscheiden zwischen dem undifferenzierten Fangen aller Exemplare beim Ringwadenfischen (das noch schlimmer ist, wenn, wie einige Redner anmerkten, unzulänglich überwachte Flotten ihre Quoten überschreiten) und dem traditionellen Fischen mit stationären Netzen. Letztere, das wird bereits aus ihrer Bezeichnung deutlich, schließen jede aktive Jagd aus. Bei Anwendung dieser Methode erstreckt sich die Fangsaison effektiv über 50 bis 60 Tage.
Bei der Verabschiedung neuer Bestimmungen muss die ICCAT diese Diversität der Fangsysteme berücksichtigen. Sie muss bedenken, dass das Fangen von Thunfisch mit stationären Netzen auch eine kulturelle und historische Aktivität ist, die die Umwelt nicht schädigt und Tausenden Menschen Arbeit gibt. Meines Erachtens sollte die UNESCO auch darüber nachdenken, diese Art des Fischfangs aufgrund ihrer kulturellen und wirtschaftlichen Bedeutung sowie ihrer Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt zu schützen. Nach meiner Ansicht sollte die ICCAT in ihre Programme zusätzliche Kontrollsysteme einbauen. Der unterschiedslose Fang von Thunfischen, die das Mittelmeer noch nicht erreicht haben, sollte nicht mehr möglich sein. Angesichts des wirtschaftlichen Wertes des Roten Thun sollte es jedoch auch nicht mehr möglich sein, das Mittelmeer mit unterschiedslosen Methoden zu befischen. Beenden möchte ich meine Ausführungen damit, Herr Kommissar, dass diplomatische Anstrengungen unternommen werden sollten, um den Fischfang im Mittelmeer auf jene Länder zu beschränken, die Anrainer des Mittelmeers sind. Allen anderen sollte der Fischfang in diesem Gebiet untersagt werden. Die Anrainerstaaten sind daran interessiert, die Fischpopulation im Mittelmeer zu schützen, denn sie möchten die Zukunft ihres Fischereiwesens sichern.
Joe Borg, Mitglied der Kommission. − Herr Präsident, zunächst möchte ich den Parlamentariern für ihre Bemerkungen, die in dieser Debatte vorgebrachten Argumente und die Annahme des Dringlichkeitsantrags danken. Wie ich anfänglich bereits sagte, müssen die in Marrakesch vereinbarten Maßnahmen schnellstmöglich umgesetzt werden, damit sie mit dem Beginn dieser Fangsaison wirksam sind.
In diesem Jahr wird sich zeigen, ob wir uns wirklich für einen nachhaltigen Schutz dieser einheimischen Art einsetzen. Ich kann nicht genug darauf hinweisen, von welch entscheidender Bedeutung dies für alle Vertragsparteien und nicht zuletzt unsere Fischer ist. Dies ist die einzige Möglichkeit, das Überleben dieser Art zu sichern. Jeder Verstoß gegen den Wiederauffüllungsplan hätte schwerwiegende Konsequenzen und ließe den Bestand dieser Art kollabieren.
Frau Fraga Estévez kann ich nur zustimmen: Wir müssen für den Erfolg des Wiederauffüllungsplans die Kapazitäten reduzieren, insbesondere der mit Ringwadennetzen ausgestatteten Flotte, da diese die größte Gefahr für den Bestand an Rotem Thun darstellt. In diesem Zusammenhang möchte ich auf ein Umstrukturierungspaket verweisen, das wir im vergangenen Jahr vor dem Hintergrund der Kraftstoffkrise vereinbart haben. Wir fordern die Mitgliedstaaten auf, dieses Paket auch für Reduzierung ihrer Flotten anzuwenden, insbesondere der mit Ringwadennetzen ausgestatteten Schiffe. Von einem Mitgliedstaat, Frankreich, ist in dieser Hinsicht Ermutigendes zu hören. Dort werden bestimmte Fischer aufgefordert, ihre Schiffe außer Betrieb zu setzen, um eine Reduzierung der Kapazitäten zu erreichen.
Ähnliche Maßnahmen sollten auch in anderen Mitgliedstaaten durchgeführt werden, beispielsweise in Italien, wo erhebliche Überkapazitäten zu verzeichnen sind. Derzeit führen wir Gespräche mit den italienischen Behörden. Dabei soll geprüft werden, ob kurzfristig in dieser Hinsicht etwas unternommen werden kann.
Ich möchte unterstreichen, dass wir im vergangenen Jahr den Fischfang frühzeitig eingestellt haben, um nicht durch einen Mitgliedstaat oder eine Gruppe von Mitgliedstaaten unter Druck zu geraten. Der entsprechende Beschluss wurde wirksam, als nach unseren eigenen Berechnungen die Gesamtfangquote der Gemeinschaft überschritten war. In diesem Jahr sind wir darauf vorbereitet, den Fischfang ggf. für einzelne Mitgliedstaaten frühzeitig zu beenden. Diese Vorgehensweise ist auch eine Konsequenz der Einführung jährlicher Fangpläne, die auf Anregung der Gemeinschaft in Marrakesch vereinbart wurde. Wenn die Flotte eines bestimmten Mitgliedstaates ihre Quote überschreitet, werden wir nicht zögern, den Fischfang in diesem Mitgliedstaat einstellen zu lassen. Damit muss nur die Flotte des verantwortlichen Mitgliedstaates die Konsequenzen der Fangquotenüberschreitung tragen und nicht die gesamte Gemeinschaft. Ich hoffe, dass eine solche Vorgehensweise ausreicht, um unser Handeln auch noch in der Fangsaison anpassen zu können.
Wenn es uns nicht gelingt, den neuen Wiederauffüllungsplan einzuhalten, müssen wir für die folgenden Jahre mit der schwerwiegenden Konsequenz rechnen, dass die gesamte Fischerei untersagt bleibt. Ich hoffe deshalb, dass wir den Plan umsetzen können.
Deshalb kann ich leider Herrn Romeva i Rueda nicht zustimmen, wenn er sagt, der Wiederauffüllungsplan sei ein Totenschein. Meines Erachtens gibt uns der Wiederauffüllungsplan bei ordnungsgemäßer Umsetzung eine realistische Chance zu beobachten, ob sich die Bestände erholen. Die Tatsache, dass wir die Quoten für 2009 von 15 641 Tonnen auf 12 406 Tonnen gesenkt haben, und die Tatsache, dass wir aufgrund unserer heutigen Diskussion und des hoffentlich noch in diesem Monat zu verabschiedenden Ratsbeschlusses den im November in Marrakesch verabschiedeten Wiederauffüllungsplan mit Wirkung ab dieser Fangsaison umsetzen werden, sind Belege dafür, dass wir es ernst meinen. Wir sind nicht bereit, einen Missbrauch der in Marrakesch vereinbarten Möglichkeiten zum Fischfang zu tolerieren.
Wir haben nicht auf die „natürliche“ Umsetzung der Vereinbarung von Marrakesch gewartet, denn diese wäre für den Roten Thun in dieser Fangsaison zu spät gekommen. Stattdessen haben wir entschieden, alle Parameter des in Marrakesch vereinbarten Plans von Anfang an umzusetzen.
Ich hoffe, dass diese Parameter ordnungsgemäß eingehalten werden, da es uns auf diese Weise gemeinsam gelingen wird, den Bestand dieser einheimischen Art zu erhalten. Anderenfalls müssen wir nächstes Jahr eine andere Sprache sprechen.
Der Präsident. − Die Aussprache ist geschlossen.
Die Abstimmung erfolgt am Donnerstag, den 12. März 2009 um 12.00 Uhr.