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Verfahren : 2008/2692(RSP)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadien in Bezug auf das Dokument :

Eingereichte Texte :

B6-0104/2009

Aussprachen :

PV 11/03/2009 - 12
CRE 11/03/2009 - 12

Abstimmungen :

PV 12/03/2009 - 7.9
CRE 12/03/2009 - 7.9
Erklärungen zur Abstimmung
Erklärungen zur Abstimmung
Erklärungen zur Abstimmung

Angenommene Texte :

P6_TA(2009)0133

Plenardebatten
Mittwoch, 11. März 2009 - Straßburg Ausgabe im ABl.

12. Kroatien: Fortschrittsbericht 2008 - Türkei: Fortschrittsbericht 2008 - Ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien: Fortschrittsbericht 2008 (Aussprache)
Video der Beiträge
PV
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  Der Präsident. – Als nächster Punkt folgen die Stellungnahmen des Rats und der Kommission zu:

- Kroatien: Fortschrittsbericht 2008,

- Türkei: Fortschrittsbericht 2008 und

- ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien: Fortschrittsbericht 2008.

 
  
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  Alexandr Vondra, amtierender Präsident des Rates. − Herr Präsident! Gestatten Sie mir die Einleitung der Aussprache über die Fortschrittsberichte zu den drei Ländern Kroatien, Türkei und ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien.

Lassen Sie mich mit Kroatien beginnen. Ihr Bericht stellt ganz richtig fest, dass Kroatien gegenüber dem vergangenen Jahr gute Fortschritte gemacht hat. Seit der Aufnahme der Verhandlungen sind 22 Kapitel – von 35 – eröffnet worden, von denen sieben vorläufig abgeschlossen wurden. Die Präsidentschaft wird die Verhandlungen weiter vorantreiben. Es sind insbesondere zwei Beitrittskonferenzen geplant: in den kommenden Wochen auf Stellvertreterebene und im Juni auf Ministerebene.

Ihr Bericht hebt zu Recht die Bedeutung hervor, die einer Regelung des ungelösten Grenzkonflikts mit Slowenien zukommt. Ich möchte diesem Haus versichern, dass die Präsidentschaft sich weiterhin intensiv bemühen wird, bei der Lösung dieser Frage zu helfen, und wir unterstützen in diesem Zusammenhang uneingeschränkt die laufenden Bemühungen des Kommissars Olli Rehn um eine Lösung, die uns die Fortsetzung der Beitrittsverhandlungen erlaubt. Gerade vor der Sitzung fand ein Essen statt, bei dem ausführlich darüber gesprochen wurde. Was die jüngste Entwicklung betrifft, begrüßen wir die am Montag verkündete Entscheidung Kroatiens, die von der auf Anregung von Olli Rehn eingesetzten Sachverständigengruppe vorgeschlagene Mediation zu akzeptieren. Wir drängen beide, Slowenien und Kroatien, sich konstruktiv zu verhalten, um rasch eine dauerhafte und für beide annehmbare Lösung zu finden, da es nicht nur ein Rezept für weitere Verzögerungen sein sollte.

Abgesehen von diesem wichtigen Thema hängt der weitere Fortschritt bei den Verhandlungen im großen Rahmen vor allem von Kroatien selbst ab. Die notwendigen politischen, wirtschaftlichen, legislativen und administrativen Reformen müssen abgeschlossen werden, und das Land muss seine Verpflichtungen aus dem Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen erfüllen. Die Umsetzung der überarbeiteten Beitrittspartnerschaft ist bei der Vorbereitung für die weitere Integration innerhalb der Europäischen Union ebenfalls wichtig. Der Rat betrachtet den von der Kommission in ihrem Fortschrittsbericht 2008 dargelegten indikativen und bedingten Fahrplan als ein nützliches Hilfsmittel. Er wird Kroatien helfen, die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um die Endphase der Verhandlungen zu erreichen Das vorausgeschickt bleibt trotz guter Fortschritte noch viel zu tun.

Lassen Sie mich einige Schlüsselbereiche herausgreifen, in denen weiterer Fortschritt notwendig ist, und mit der Justizreform beginnen. Die EU hat unmissverständlich klargemacht, dass die Einrichtung eines unabhängigen, unparteiischen, zuverlässigen, transparenten und effizienten Justizsystems absolut notwendig ist. Das ist eine Voraussetzung für die Stärkung der Rechtsstaatlichkeit und die ordnungsgemäße Umsetzung des Besitzstands. Eine professionelle, verantwortliche, transparente und unabhängige öffentliche Verwaltung ist ebenfalls ein Schlüsselbereich. In diesen beiden Bereichen sind wesentliche Gesetzesreformen erreicht worden, aber wir müssen beobachten, wie sie in der Praxis wirken.

Dasselbe gilt für den Kampf gegen Korruption und organisierte Kriminalität, wie in Ihrem Bericht ausgeführt. Die Befugnisse und Mittel des Amtes zur Bekämpfung von Korruption und organisierter Kriminalität wurden gestärkt. Das gilt auch für die Strafgerichte, die bei Fällen in diesem Bereich ermitteln. Jetzt muss in erster Linie sichergestellt werden, dass die erwarteten Ergebnisse geliefert werden. Die vollständige Umsetzung des Antikorruptionsprogramms und des Aktionsplans ist entscheidend für das Bewältigen dieses ernsten Problems.

Die Union hat außerdem unterstrichen, dass die uneingeschränkte Zusammenarbeit mit dem Internationalen Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien, einschließlich des Zugangs zu Dokumenten, absolut notwendig ist. Wir verfolgen Entwicklungen in diesem Bereich sehr genau, und wir fordern die kroatischen Behörden auf, dafür zu sorgen, dass die volle Zusammenarbeit mit dem Strafgerichtshof fortgeführt wird. Wir begrüßen das kürzlich geschlossene Abkommen über die fehlenden Dokumente und fordern Kroatien dringend auf, dem nachzukommen.

In der Frage der Rückkehr von Flüchtlingen stellen wir fest, dass die Umsetzung des Konvalidierungsbeschlusses zur Bestätigung von Rentenansprüchen aufgenommen und der Rückkehrergemeinschaft die Information über die Änderungen der Vorschriften zugänglich gemacht worden ist.

Bei der Wohnungsfürsorge sind die Fälle des Jahres 2007 erledigt worden, aber die Zielmarke für 2008 wurde noch nicht erreicht. An der Sicherstellung der nachhaltigen Flüchtlingsrückkehr muss weiter gearbeitet werden. Das trifft auch auf die Gesetzgebung zur Verbesserung der Rechte von Minderheiten zu.

Sie haben in Ihrem Bericht zu Recht die Frage der regionalen Zusammenarbeit hervorgehoben. Das Bemühen um die Verbesserung gutnachbarschaftlicher Verhältnisse muss fortgesetzt werden.

Lassen Sie mich nun zum Thema Türkei kommen. Die Verhandlungen mit der Türkei wurden 2008 weitergeführt, und im Lauf des Jahres wurden – wie es beinahe schon Tradition ist – insgesamt vier Kapitel eröffnet.

Trotz der Aufforderungen der EU, die Türkei solle ihre Reformbemühungen verstärken, brachte das Jahr 2008 nicht das erwartete Maß an Reformen. Ausschlaggebend bleibt die weitere Arbeit an den politischen Kriterien. In etlichen Bereichen sind erhebliche Anstrengungen notwendig, wie in den Schlussfolgerungen des Rates vom 8. Dezember 2008 und im Fortschrittsbericht 2008 der Kommission betont wird. Darauf haben Sie in Ihrem Bericht ebenfalls aufmerksam gemacht.

Gleichzeitig begrüßt die Präsidentschaft die jüngsten positiven Schritte der Türkei, darunter das kürzlich angenommene nationale Programm zur Übernahme des Besitzstands und die Ernennung des neuen Chefunterhändlers. Es ist wichtig, diese Verpflichtungen jetzt in wirkliche und greifbare Maßnahmen umzusetzen.

Wir möchten die Gelegenheit nutzen, um die strategische Bedeutung der Türkei hervorzuheben. Die Präsidentschaft teilt die Meinung des Parlaments, dass die Türkei für den im Energiebereich erzielten Fortschritt gelobt werden muss. Wir werden weiterhin die Entwicklungen in diesem wichtigen Bereich beurteilen, insbesondere hinsichtlich der vollen Unterstützung des Pipelineprojekts Nabucco.

Was den Fortschritt der Türkei in Richtung Beitritt betrifft, möchten wir betonen, dass Fortschritt auf dem Gebiet der Meinungsfreiheit entscheidend für den Gesamtfortschritt bei den Verhandlungen ist. Abgesehen von den begrüßenswerten Änderungen des Paragrafen 301 des Strafgesetzbuchs, die eine positive Wirkung hatten, gibt es immer noch eine Reihe von weiterhin geltenden Rechtsvorschriften, die Einschränkungen auf diesem Gebiet zur Folge haben könnten. Website-Sperrungen, oftmals unverhältnismäßig nach Umfang und Dauer, bleiben ein Grund zur Besorgnis. Angemessene gesetzliche Lösungen sind auch erforderlich, um beim religiösen Pluralismus eine Angleichung an europäische Normen sicherzustellen.

Eine umfassende Strategie zur Korruptionsbekämpfung muss entwickelt werden. Wir sind außerdem besorgt wegen der gestiegenen Anzahl der gemeldeten Fälle von Folter und Misshandlung, insbesondere außerhalb offizieller Gewahrsamsorte. Das 2007 geänderte Gesetz über die Aufgaben und rechtlichen Befugnisse der Polizei muss genau kontrolliert werden, um Menschenrechtsverletzungen zu verhindern. Die Ratifizierung des Protokolls zum Übereinkommen gegen Folter ist unerlässlich.

Was den Südosten betrifft, so begrüßen wir die Ankündigung der Richtlinien und des allgemeinen Inhalts des Südostanatolien-Projekts. Wir erwarten nun konkrete Schritte, die zur wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Entwicklung der Region führen. Es muss sich unter anderem schon lange bestehenden Problemen widmen, wie der Rückkehr von Binnenvertriebenen oder der Frage der Dorfwächter.

In der Frage der Beziehungen zwischen der EU und der Türkei ist klar, dass die Türkei ihre Verpflichtung zur vollständigen, nicht-diskriminierenden Umsetzung des Zusatzprotokolls erfüllen muss. Das ist ein wichtiges Thema, wie in Ihrem Bericht hervorgehoben wird, und sollte so bald wie möglich bearbeitet werden, da es natürlich das Tempo der Beitrittsverhandlungen beeinflusst. In der Erklärung vom 21. September 2005aufgeführte Angelegenheiten werden weiter verfolgt, und Fortschritte werden dringend erwartet.

Darüber hinaus muss die Türkei sich unwiderruflich auch zu gutnachbarschaftlichen Beziehungen und zur friedlichen Regelung von Streitigkeiten verpflichten.

Trotz all dieser Schwierigkeiten werden in einer Reihe von Gebieten weitere Fortschritte erzielt. Derzeit wird an Kapitel 16 zur Steuerpolitik und Kapitel 19 zur Sozial- und Beschäftigungspolitik gearbeitet. Ungeachtet dessen, dass die Verhandlungen immer komplizierter werden, je weiter sie voranschreiten, will die tschechische Präsidentschaft bei jenen Kapiteln Fortschritte erzielen, bei denen sie wirklich möglich sind. Überdies setzt sich die Präsidentschaft verstärkt dafür ein, Fortschritte bei Kapitel 15 zur Energiepolitik gemäß den Energiefragen zu erreichen, denn das ist eines unserer vorrangigen Anliegen.

Lassen Sie mich zum Schluss zur ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien kommen. Das ist ein dynamisches Land mit beträchtlichem Potenzial. Gleichzeitig steht es vor einer Reihe von erheblichen Herausforderungen. Beide Aspekte werden in Ihrem Bericht ausgezeichnet dargestellt. Mit vielem in diesem Bericht stimmt der Rat wirklich überein.

Ihr Bericht befasst sich nachdrücklich mit der Frage nach einem Datum für den Beginn von Beitrittsverhandlungen. Sie betonen auch zu Recht den Wunsch aller Seiten, eine baldige und beiderseits annehmbare Lösung in der Namensfrage zu finden.

Was die jüngsten Entwicklungen angeht, so wurden die vorgezogenen Wahlen im Juni 2008 nach erheblichen Problemen sowohl während der Vorbereitung als auch am eigentlichen Wahltag am 1. Juni in verschiedenen Stufen durchgeführt. Die OSZE, das BDIMR und der Europarat stellten fest, dass es ein ‚Versagen beim Verhindern von Gewaltakten‘ im Vorfeld der Wahl gab und dass die Wahl einer Reihe von wesentlichen internationalen Anforderungen nicht gerecht wurde.

Als Folge daraus haben wir gegenüber der Regierung und allen politischen Kräften unterstrichen, wie wichtig es ist, diese Kernpunkte im Vorfeld der Präsidentschafts- und Kommunalwahlen anzugehen, die in wenigen Tagen anstehen. Wir haben den Eindruck, dass diese Botschaft vernommen worden ist und dass erhebliche Anstrengungen unternommen worden sind, um jede Störung zu verhindern. Wir werden sehen, ob diese Bemühungen Früchte tragen.

Der Fortschrittsbericht 2008 der Kommission ist hilfreich. Wir haben von dem Plan Kenntnis genommen, den die Regierung der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien aufgestellt hat. Es handelt sich um einen ausführlichen Text, der das ernsthafte Bemühen darstellt, die Empfehlungen der Kommission aufzunehmen. Vor dem Hintergrund der gesamten Region sollten das Dokument und die Arbeit, die darin steckt, positiv gesehen werden.

Der innere Zusammenhalt dieses multiethnischen Staates ist natürlich der Schlüssel zu seiner künftigen Entwicklung. Deshalb möchte ich die Bedeutung bestätigen, die dieses Parlament dem Rahmenabkommen von Ohrid beimisst. Das ist der Dreh- und Angelpunkt gewesen, das Land vom Konflikt wegzubewegen und ihm auf seinem Weg zu einer größeren europäischen Integration zu helfen.

Zur Liberalisierung der Visaregelung ist zu sagen, dass wir uns gerade in einer Bewertungsphase befinden und ich das Ergebnis nicht präjudizieren will. Ich persönlich würde einfach sagen, dass ich viel Verständnis für die Hoffnungen und Ziele der normalen Bürger des ehemaligen Jugoslawien habe, die gern wieder Reisefreiheit hätten. Absolut notwendige Voraussetzung dafür bleibt aber die Bereitschaft des Landes, die im Fahrplan zur Liberalisierung der Visaregelung aufgeführten spezifischen Kriterien zu erfüllen. Persönlich hoffe ich, dass bald eine positive Entwicklung erreicht werden kann.

Das führt mich zu einem der Hauptpunkte in Ihrem Bericht und der Entschließung. Die tschechische Präsidentschaft sieht sich der europäischen Perspektive für die ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien voll und ganz verpflichtet. Weitere Fortschritte in dieser Richtung sind erreichbar. Doch die Hauptziele der Assoziierungspartnerschaft müssen verwirklicht werden und wir brauchen den Nachweis ordnungsgemäß durchgeführter Wahlen, also als Gegensatz zu dem, was 2008 passierte. Diese Punkte werden von der Kommission in ihrem nächsten Fortschrittsbericht bewertet. Wir freuen uns auf diesen Bericht und auf die weitere Entwicklung in Skopje.

 
  
  

VORSITZ: MIGUEL ÁNGEL MARTÍNEZ MARTÍNEZ
Vizepräsident

 
  
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  Olli Rehn, Mitglied der Kommission. − Herr Präsident! Die heutige Aussprache bietet eine sehr gute Gelegenheit, den Beitrittsprozess in den drei Kandidatenländern anzuschauen.

Lassen Sie mich mit Kroatien beginnen. Der Entschließungsentwurf von Herrn Swoboda spricht die Hauptherausforderungen an, vor denen Kroatien heute steht. Ich stimme mit dem stellvertretenden Ministerpräsidenten Vondra völlig überein, dass die Beitrittsverhandlungen mit Kroatien seit ihrem Beginn im Oktober 2005 im Allgemeinen gut verlaufen sind, und deshalb hat die Kommission im November 2008 einen indikativen Fahrplan zur Erreichung der letzten Stufe der Beitrittsverhandlungen bis Ende 2009 vorgeschlagen, sofern Kroatien die notwendigen Voraussetzungen erfüllt.

Auch hier stimme ich mit der Analyse Ihres Berichterstatters und von Herrn Vondra bezüglich der künftigen Herausforderungen überein, als da sind die Justizreform, die Bekämpfung von organisierter Kriminalität und Korruption sowie die Reform des Schiffbausektors und die Anpassung an unsere Staatsbeihilferegelungen und Wettbewerbspolitik.

Bedauerlicherweise sind die Beitrittsverhandlungen mit Kroatien wegen der Grenzfrage derzeit ins Stocken geraten. Wir haben uns mit der tschechischen Präsidentschaft um diese Angelegenheit gekümmert, und ich weiß die Unterstützung der Präsidentschaft für unsere Bemühungen, einen gangbaren Weg in die Zukunft zu finden, sehr zu schätzen.

Es geht hier zwar um eine bilaterale Frage, diese ist aber zu einem europäischen Problem geworden, und deshalb hat die Kommission die Initiative ergriffen und europäische Vermittlung zur Lösung der Grenzfrage angeboten, damit dann die Beitrittsverhandlungen Kroatiens fortgesetzt werden können. Das geschah in der Annahme, dass beide Seiten eine solche Vermittlung für nützlich hielten.

Das war die Botschaft, die ich im Januar Ljubljana und Zagreb übermittelte. Seither habe ich nach den Beschlüssen beider Regierungen über unsere Initiative mit den beiden Außenministern – zuletzt am gestrigen Abend in einer dreiseitigen Besprechung – die Bedingungen einer solchen Vermittlung erörtert.

Ich begrüße die grundsätzliche Unterstützung beider Länder für eine solche europäische Vermittlung, die von einer Gruppe hochrangiger Fachleute unter Vorsitz von Präsident Martti Ahtisaari unternommen würde. In unserer gestrigen Besprechung haben wir die Möglichkeiten einer Einigung auf die spezifischen Bedingungen einer Vermittlung erkundet. Wir haben die Fortsetzung der Gespräche in naher Zukunft vereinbart. An dieser Sache wird also noch gearbeitet.

Gestatten Sie mir den Hinweis, dass die Kommission sich bei ihren Bemühungen an den Verhandlungsrahmen gehalten hat, der das eigentliche Fundament des EU-Beitrittsprozesses für Kroatien darstellt und dem Kroatien und alle EU-Mitgliedstaaten, einschließlich Slowenien zugestimmt haben.

Durch Annahme und Vereinbarung des Verhandlungsrahmens haben sich sowohl Kroatien als auch Slowenien verpflichtet, Grenzstreitigkeiten nach dem Grundsatz der friedlichen Beilegung von Streitigkeiten gemäß der Charta der Vereinten Nationen zu lösen. In der UN-Charta heißt es, und ich zitiere, weil dies von besonderer Bedeutung ist: „Die Parteien einer Streitigkeit [...] bemühen sich [...] um eine Beilegung durch Verhandlung, Untersuchung, Vermittlung, Vergleich, Schiedsspruch, gerichtliche Entscheidung, Inanspruchnahme regionaler Einrichtungen oder Abmachungen oder durch andere friedliche Mittel eigener Wahl“.

Aus dieser Aussage in der UN-Charta ergeben sich zwei gleich wichtige Folgerungen. Erstens: die Parteien können irgendeines der in der UN-Charta aufgeführten Verfahren wählen. Die Initiative der Kommission gehört zweifellos zu diesen Verfahren.

Zweitens: welches Verfahren in der UN-Charta sie auch immer zu wählen beschließen, sie müssen es beide gemeinsam beschließen. Ich hoffe aufrichtig, dass dies eher früher als später geschieht. Die Initiative der Kommission bietet dafür eine sehr solide Grundlage und einen brauchbaren Weg nach vorn.

Um es zusammenzufassen: der Kommission geht es wirklich darum, die Grenzfrage zu lösen und parallel dazu die EU-Beitrittsverhandlungen Kroatiens wieder in Gang zu bringen, so dass Kroatien seine Zeitvorgabe eines Abschlusses der technischen Verhandlungen bis Ende 2009 einhalten kann.

Ich begrüße die sorgfältig abgewogene Entschließung von Frau Oomen-Ruijten zur Türkei und unterstütze die Bemühungen der Präsidentschaft um eine Eröffnung von Kapiteln, bei denen die technischen Voraussetzungen dafür gegeben sind. Wir haben in den letzten Jahren leider eine gewisse Verlangsamung der politischen Reformen in der Türkei erlebt. Allerdings – und da stimme ich Ihrer Berichterstatterin zu – gibt es seit Ende letzten und Anfang dieses Jahres bestimmte positive Entwicklungen, wie den Start eines neuen Fernsehkanals, der in kurdischer Sprache sendet, und die Gründung eines parlamentarischen Ausschusses für die Gleichstellung der Geschlechter. Ferner stellen das neue „Nationale Programm zur Übernahme des Besitzstands“ und die Ernennung eines neuen hauptamtlichen Chefunterhändlers ebenfalls Schritte nach vorn dar.

Ermutigend ist auch die Tatsache, dass Ministerpräsident Erdogan und der Führer der wichtigsten Oppositionspartei, Deniz Baykal, bei ihren jüngsten Besuchen in Brüssel ihren Einsatz für das EU-Beitrittsverfahren der Türkei zum Ausdruck gebracht haben. Ich hoffe, diese Entwicklungen haben einen starken politischen und gesellschaftlichen Konsens zur Folge, die EU-Reformen mit neuem Schwung und neuer Energie weiterzuführen.

Dies ist verbunden mit Meinungsfreiheit, die ein zentraler europäischer Wert ist. Ein offenes und transparentes Verhältnis zwischen der Presse und staatlichen Stellen ist für die Qualität der demokratischen Debatte in jedem Land entscheidend. In besonderem Maße gilt dies für ein Land wie die Türkei, das einen schwierigen Prozess des Wandels und der Reform durchmacht. Die Kommission verfolgt daher sehr genau die zugesicherte Existenz von Pressefreiheit in der Türkei. Sie muss unbedingt beachtet werden, denn sie ist die Grundlage jeder offenen Gesellschaft und daher des fortgesetzten demokratischen Wandels der Türkei.

Ich möchte kurz etwas zu Zypern sagen. Es besteht dieses Jahr eine einmalige Chance, die Insel wieder zu vereinigen und diesen langjährigen Konflikt auf europäischem Boden zu beenden. Es ist entscheidend, dass die Türkei die laufenden Einigungsgespräche zwischen den Führern der beiden Volksgruppen auf Zypern proaktiv unterstützt.

Was die ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien betrifft, so danke ich Herrn Meijer und den Schattenberichterstattern für eine ausgewogene Entschließung. Ich bedaure es genau wie sie, dass auch drei Jahre, nachdem das Land Kandidatenstatus erreicht hat, noch keine Beitrittsverhandlungen begonnen haben.

Die wichtigste unerfüllte Bedingung ist die Fähigkeit zur Durchführung von freien und fairen Wahlen nach internationalen Maßstäben. Dies ist eine zentrale Voraussetzung für die Erfüllung der politischen Kriterien von Kopenhagen, und so werden die Präsidentschafts- und Kommunalwahlen im März und April eine Stunde der Wahrheit sein.

Ich teile die positive Einschätzung in Ihrem Entschließungsentwurf hinsichtlich des Fortschritts, den Skopje bei der Umsetzung des Fahrplans zur Liberalisierung der Visabestimmungen gemacht hat. Die Kommission bekennt sich weiterhin dazu, dem Rat 2009 einen Vorschlag zum visumfreien Reiseverkehr zu machen, sobald die Länder in der Region jeweils die Voraussetzungen erfüllen. Ich weiß, wie wichtig dies für die normalen Bürger des westlichen Balkan ist.

Zusammenfassend kann ich sagen, dass wir uns im Interesse von Stabilität und Frieden, Freiheit und Demokratie trotz der sehr schwierigen wirtschaftlichen Zeiten weiter für einen allmählichen, geregelten Beitritt der drei Kandidatenländer einsetzen werden. Ich vertraue darauf, dass das Parlament dieses sehr wertvolle gemeinsame Ziel ebenfalls weiterhin unterstützt.

 
  
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  Hannes Swoboda, Verfasser.(DE) Herr Präsident, Herr Ratspräsident, Herr Kommissar! Ich möchte zuerst und hauptsächlich über Kroatien sprechen. Kroatien hat eine ganze Reihe von Fortschritten gemacht. Ich bin sehr dankbar für die Bemühungen in Kroatien selbst, insbesondere was die Justizreform betrifft. Da waren notwendige Schritte zu tun. Durch zwei neue Minister sind einige Dinge in Gang gesetzt worden. Ich weiß, Minister können nicht alles erreichen. Aber wesentliche Dinge in Fragen der Korruptionsbekämpfung und der Bekämpfung der grenzüberschreitenden Kriminalität sind passiert.

Zweitens: Was die Frage der Zusammenarbeit mit dem Internationalen Strafgerichtshof betrifft, möchte ich klar zum Ausdruck bringen, dass ich mir von Kroatien natürlich alle notwendigen Schritte erwarte. Es gab Dispute über verschiedene Befehlsketten und entsprechende Dokumente. Ich hoffe, dass diese Dinge in den nächsten Tagen aufgeklärt werden können, so dass von dieser Seite keine Unterbrechung oder Verzögerung der Verhandlungen erfolgt.

Drittens: Was die Wirtschaftsreformen betrifft, so hat Kroatien ebenfalls einiges eingeleitet. Ich bin sehr froh über die Pläne, auch was die Schifffahrtsindustrie betrifft. Das ist nicht leicht, aber hier sind doch die wesentlichen Grundsteine gelegt worden. Ich bin ferner froh, dass auch mit den Arbeitnehmern in der Schifffahrtindustrie entsprechende Vereinbarungen getroffen werden können. Diese Reformen werden schmerzlich sein, aber sie sind notwendig, und sie können in einer vernünftigen Form gemacht werden.

Ich komme jetzt schon zu der großen Frage, die hier immer wieder kontrovers ist, und das ist die Frage des Grenzkonfliktes. Herr Kommissar, ich muss Ihnen leider sagen, dass ich schon etwas darüber enttäuscht bin, dass Sie die Sache ohne entsprechenden Kontakt mit dem Parlament angegangen sind. Ich habe Ihnen die Unterlagen geschickt, Sie haben substanziell nichts geantwortet. Wir wären vermutlich schon weiter, wenn Sie diese Fragen mit mehr Sensibilität behandelt hätten. Damit kein Missverständnis entsteht: Ich unterstütze durchaus Ihren Vorschlag zur Mediation. Aber man hätte schon weiter sein können, hätte man vor allem in der Frage des Stellenwertes des internationalen Rechts hier von vornherein eine klare Aussage getroffen und nicht erst nachher.

Wir sind in einer schwierigen Situation. Beide Seiten müssen sich bewegen, das ist klar. Ihr ursprünglicher Vorschlag war zumindest in seiner Formulierung nicht optimal. Ich hätte mir auch gewünscht, dass Sie gerade mit dem Parlament und auch mit dem Berichterstatter einen engeren Kontakt halten. Dann hätten wir nämlich gemeinsam vielleicht auch schon mehr erreichen können. Das ist leider nicht geschehen, aber das ist jetzt trotzdem nicht der Kern der Debatte. Der Kern der Debatte ist, wie wir weiterkommen.

Wir kommen weiter. Das wird wahrscheinlich die Formulierung sein, die ich dem Parlament morgen vorschlage. Wir werden sagen, dass diese Mediation, die Sie vorgeschlagen haben – okay, das ist nun einmal so, und das will ich durchaus unterstützen –, auf der Basis des internationalen Rechts und, um es auf Englisch zu formulieren, on international law inclusive on the principles of equity basieren sollte. Die beiden Seiten müssen sich in dieser Richtung einigen. Beide Seiten, Kroatien und Slowenien, müssen anerkennen, dass das internationales Recht ist, aber dass natürlich auch the principles of equity, die Fairness, eine gerechte Lösung – wenn man so will, eine politische Lösung – notwendig sind. Das ist von beiden Seiten anzuerkennen, und eigentlich ist es ein bisschen traurig, dass wir in dieser Situation nicht weiterkommen. Wir haben andere Probleme auf dieser Welt und insbesondere auch in Europa, so dass diese Probleme im Einvernehmen gelöst werden sollten. Trotz aller Kritik wünsche ich Ihnen natürlich viel Erfolg bei der Überzeugung beider Partner. Leider ist das gestrige Gespräch nicht so positiv ausgegangen, wie es ausgehen sollte, aber ich hoffe, dass das bald der Fall ist.

Lassen Sie mich noch eine generelle Bemerkung machen, weil das auch Mazedonien betrifft: Bilaterale Probleme bestehen, aber sie sollen die Erweiterungsverhandlungen nicht blockieren. Was unseren Antrag betrifft – der manchmal missverstanden wird: Natürlich sollten bilaterale Probleme nicht im negotiation framework enthalten sein! Das ist etwas, was außerhalb steht. Es geht um die Verhandlungen zwischen der Europäischen Union und den einzelnen Ländern. Parallel dazu sollten die bilateralen Probleme gelöst werden, wenn beide Seiten – in diesem Fall Mazedonien und Griechenland – bereit sind, die Dinge zu behandeln. Wir müssen von diesem Parlament aus ein klares Signal geben: In all diesen Konflikten müssen sich beide Seiten bewegen. Es kann nicht sein, dass sich nur eine Seite bewegt und die andere stehen bleibt. In all diesen Fällen muss klar sein: Die bilateralen Probleme dürfen die Beitrittsverhandlungen nicht blockieren, sondern man kann parallel dazu arbeiten, und auch dieses Parlament wird helfen, dass in den beiden Konflikten, um die es hier geht, sich auch beide Seiten bewegen werden. Ich hoffe, dass wir dann zu einem guten Ergebnis kommen.

 
  
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  Ria Oomen-Ruijten, Verfasserin. (NL) Herr Präsident! Ich möchte zunächst einmal all jenen meinen herzlichsten Dank aussprechen, die zu diesem Bericht beigetragen haben. Ich habe eine kritische, aber faire Einschätzung des Fortschritts vorgelegt, den die Türkei 2008 gemacht hat. Der Bericht enthält viele Punkte, hält der Türkei einen Spiegel vor und sendet nur eine einzige klare Botschaft aus, dass nämlich hinsichtlich politischer Reformen im dritten Jahr nacheinander zu wenig getan worden ist.

Politische Reformen und die Erfüllung der Kriterien von Kopenhagen haben absoluten Vorrang. Es geht nicht um die Eröffnung von Kapiteln. Es geht darum, was europäische Bürger verbindet, um Rechtsstaatlichkeit, eine unabhängige und unparteiliche Justiz, Redefreiheit, eine funktionierende Presse und ein individuelles Bürgerrecht für jeden Bürger. Auf diesen Gebieten muss mehr getan werden, Herr Präsident. Erst danach können politische Kapitel eröffnet werden.

Herr Präsident, die Türkei sollte diese politischen Kriterien nicht in unserem Namen vorschreiben. Bei ihrer Amtsübernahme hat die türkische Regierung ihren eigenen Bürgern gesagt, dass die Türkei modernisiert werden muss. Dafür müssen die politischen Kriterien reformiert werden, denn für den Aufbau einer sozial ausgerichteten Marktwirtschaft müssen die Menschen die Chance erhalten, ihre Kreativität zu erleben, und müssen alle Bürger dieselben Rechte haben. Darum bilden die politischen Kriterien jetzt den Schwerpunkt unseres Berichts.

Bei meinen Besuchen der Türkei mit dem Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten, dem gemischten parlamentarischen Ausschuss und Anderen habe ich den Eindruck gewonnen, dass sich etwas bewegt und ein kleines Licht am Ende des Tunnels zu sehen ist, wie Kommissar Rehn auch schon gesagt hat. Vor zehn Jahren hätte ich mir nicht vorstellen können, dass es einmal Fernsehprogramme in kurdischer Sprache geben würde. Das steht ebenfalls im Bericht. Außerdem weiß ich die positive Rolle der Türkei im Kaukasus sehr zu schätzen. Ich habe meine Anerkennung für die ersten Schritte in Richtung einer Öffnung der Grenze zu Armenien ausgedrückt, denn auch die Armenier müssen aus ihrer derzeitigen Isolation befreit werden.

Herr Präsident, es wurde ein nationales Programm gebilligt, um diese Reformen durchzuführen. All dies sind positive Elemente, und ich hoffe aufrichtig, dass die Türkei diese Reformen jetzt energisch mit dem neuen Verhandlungsführer in Angriff nimmt. Eine moderne und wohlhabende Türkei ist von größter Bedeutung für das türkische Volk, aber – und das sage ich in jedem Mitgliedstaat – gewiss auch von großer Bedeutung für uns alle in der Europäischen Union.

Ich möchte noch etwas anderes ansprechen, Herr Präsident. Uns wird häufig berichtet, dass die Freiheit der Medien und die Pressefreiheit zu wünschen übrig lassen und dass die Presse, wenn sie von ihrer Freiheit Gebrauch macht, anschließend mit steuerlichen Veranlagungen oder anderen Maßnahmen rechnen muss. Das muss sich ändern.

Abschließend noch etwas zu den eingereichten Änderungsanträgen. Ich möchte der sozialistischen Fraktion davon abraten und empfehlen, den Bericht so zu akzeptieren, wie er uns vorliegt. Wir erkennen an, dass Verbesserungen notwendig sind, aber wir sollten keine zusätzlichen Forderungen stellen, weil diese unnötig sind und nur zur Polarisierung in diesem Haus führen.

 
  
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  Erik Meijer, Verfasser. (NL) Herr Präsident! Die Erweiterung der EU hat momentan einen weit geringeren Stellenwert als in den Jahren vor den großen Erweiterungsrunden von 2004 und 2007. In den bestehenden Mitgliedstaaten ist die öffentliche Meinung dazu jetzt weit weniger positiv. Das hat viel mit dem Gefälle beim Wohlstand und beim Verdienstniveau zu tun, weil diese Unterschiede eine stärkere Migration von Arbeitskräften aus ärmeren in reichere Mitgliedstaaten zur Folge haben können.

Auch das Problem der in den Ländern des ehemaligen Jugoslawien viel geschmähten Visabestimmungen hängt sehr stark mit dieser Furcht zusammen. Es führt dazu, dass viele Bewohner dieser Länder, die bis 1992 leichten Zugang zu den heutigen EU-Mitgliedstaaten hatten, jetzt Schwierigkeiten haben, unsere Länder zu besuchen. Das muss sich ändern.

Wenn Kandidatenländer ihr Bestes tun, um so schnell wie möglich vollwertige Mitglieder der Europäischen Union zu werden, können sie dabei Fehler machen. In genau dieser Absicht hat Mazedonien 2008 in größter Eile neue Gesetze erlassen, und das erweist sich jetzt als unvereinbar mit den bei uns herrschenden Vorstellungen von sorgfältiger demokratischer Entscheidungsfindung.

Die Opposition sowie eine Reihe von Nichtregierungsorganisationen und einzelne Bürger haben sich in verschiedenen Fällen über unzulängliche Regierungsführung beklagt. Nach ihrer Ansicht nimmt sich die größte Regierungspartei mehr Rechte heraus als es für eine pluriforme Gesellschaft angemessen ist, in der Demokratie in mehr besteht als nur dem Abhalten von Wahlen. Die Polizei wurde dafür kritisiert, dass sie von Bürgern erstattete Anzeigen nicht aufgenommen hat. Es gibt Entrüstung über die demonstrative Verhaftung des Bürgermeisters der Stadt Strumitsa und von anderen Politikern.

Ich schlage vor, dass wir diese Kritikpunkte nicht unter den Teppich kehren, wenn wir morgen die Entschließung annehmen. Wir haben allen Grund, offen auszusprechen, dass noch nicht alles gut ist, bei weitem nicht. Dennoch müssen wir zugeben, dass es bei Mazedonien nicht schlechter läuft als bei anderen Ländern während ihrer Beitrittsverhandlungen und manchmal sogar noch nach ihrem Beitritt. Wenn die Beitrittsverhandlungen mit Mazedonien jetzt in Gang kommen, dauert es noch mindestens bis 2017, bis dieses Land Mitglied werden kann.

Vor einem Jahr hat das Parlament meinen Vorschlag gebilligt, diese Verhandlungen so schnell wie möglich aufzunehmen. Später diente die Störung der Parlamentswahlen als Argument, zunächst die demnächst stattfindenden Präsidentschafts- und Kommunalwahlen abzuwarten. Eine weitere Verzögerung des Prozesses bringt zwei große Nachteile mit sich: die breite Unterstützung innerhalb von Mazedonien für eine EU-Mitgliedschaft wird schwinden, und der Status eines Kandidatenlandes verliert so für die Zukunft jegliche Bedeutung.

Jeder weiß, dass die Verwendung des Namens Mazedonien ohne irgendwelche Vorsilben auf unüberwindliche Widerstände seitens Griechenlands stößt. Für Griechenland heißt dieses Nachbarland Nordmazedonien, Obermazedonien, Vardar-Mazedonien oder Skopje-Mazedonien. Dies ist eine deutlich positivere Haltung im Vergleich zu der Zeit vor 2006, als Griechenland jegliche Verwendung des Namens Mazedonien für seine nördlichen Nachbarn verhindern wollte.

Es liegt gerade in Griechenlands Interesse, viel mehr jedenfalls als in dem der anderen Mitgliedstaaten, dass dieser nördliche Nachbar so schnell wie möglich Mitglied der Europäischen Union wird. Deshalb müssen die beiden Staaten bei allernächster Gelegenheit eine Lösung vereinbaren. Die Alternative wäre, dass beide Staaten weiterhin abwarten, bis der andere Staat das erste große Zugeständnis macht. Doch dieser andere Staat kann nicht einseitig der öffentlichen Meinung in seinem Land diametral zuwiderhandeln.

Wir müssen vermeiden, in eine Situation zu geraten, in der Referenden festlegen, dass mit dem Nachbarn keine Kompromisse gefunden werden können. Solange kein Kompromiss erreicht ist, werden meine Nachfolger in den nächsten Jahrzehnten Jahr für Jahr berichten, dass kein Fortschritt möglich ist.

Zum Schluss: auch für die andere bilaterale Meinungsverschiedenheit zwischen Slowenien und Kroatien muss unverzüglich eine Lösung gefunden werden. Kroatien muss 2011 ein vollwertiger Mitgliedstaat sein können. Staatliche Unterstützung für den Schiffbausektor sollte kein Hindernis darstellen, wenn andere Mitgliedstaaten ihren Banken oder der Automobilindustrie staatliche Unterstützung gewähren dürfen. Das Beschäftigungsniveau in Pula, Rijeka und Split muss erhalten bleiben können.

 
  
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  Bernd Posselt, im Namen der PPE-DE-Fraktion.(DE) Herr Präsident! In dieser Erweiterungsdebatte müssen wir drei entscheidende Unrichtigkeiten geraderücken. Erstens: Die Türkei ist kein europäisches Land, sondern liegt in Kleinasien. Sie ist, wie der Ratspräsident mit Recht gesagt hat, ein strategisch wichtiger Partner, und daher brauchen wir eine strategische Partnerschaft und keinen Beitritt zur EU.

Zweitens: Die Probleme, die Mazedonien betreffen, haben nichts damit zu tun, dass dort angeblich die Demokratie nicht funktioniert, Herr Kommissar – ich war bei den Wahlen, sie waren vorbildlich, Probleme gab es da nur bei einer winzigen Minderheit innerhalb der Minderheit –, sondern sie haben mit dieser unsäglichen Namensfrage zu tun, die zur bilateralen Erpressung missbraucht wird.

Drittens! Kroatien ist längst reif, der Europäischen Union beizutreten. Wir könnten die Verhandlungen ohne weiteres dieses Jahr abschließen, wie es das Europäische Parlament mehrfach gefordert hat und vermutlich auch morgen wieder fordern wird. Dass es noch nicht so weit ist, liegt ausschließlich an einer Blockade durch Slowenien im Rat. Herr Ratspräsident und Herr Kommissar, ich appelliere an Sie, durch eine vernünftige Lösung dafür zu sorgen, dass diese Blockade endlich aufhört. Die Grenzfrage ist exakt dieselbe, die schon bestanden hat, als wir Slowenien aufgenommen haben. Wir können nicht ein Land trotz der offenen Frage aufnehmen und das andere nicht.

Deshalb appelliere ich, Slowenen und Kroaten bei einer vernünftigen Lösung der Grenzfrage zu unterstützen, aber gleichzeitig alle Verhandlungskapitel zu öffnen. Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun, und die Öffnung der Verhandlungskapitel ist die Voraussetzung dafür, dass wir mit einem hervorragenden und vorbildlichen Beitrittskandidaten dieses Jahr noch zu einem vernünftigen Ergebnis kommen.

Was die Lösung der bilateralen Frage betrifft, wo wir unsere guten Dienste anbieten, so bitte ich Sie, Herr Kommissar, auf eine objektive Arbitrage hinzuarbeiten. Ihre Sprecherin hat am Montag selbst gesagt, das könnte auf der Basis von „international law and jurisprudence“ stattfinden. Ich möchte Sie fragen, ob Sie diese Formulierung für geeignet halten, um hier zu einem Kompromiss zwischen beiden Seiten zu kommen.

Ich würde jedenfalls gerne diese Formulierung …

(Der Präsident entzieht dem Redner das Wort..)

 
  
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  Jan Marinus Wiersma, im Namen der PSE-Fraktion.(NL) Herr Präsident! Ich möchte einige Anmerkungen zu dem ausgezeichneten Bericht von meiner Kollegin Ria Oomen-Ruijten über die Türkei machen. Meine Fraktion schließt sich der Hauptfolgerung in dem Bericht an, dass nämlich in letzter Zeit zu geringe Fortschritte erzielt worden sind.

2008 war für die türkische Politik zugegebenermaßen ein turbulentes Jahr, und diese Turbulenz wird die Durchführung einiger Reformen gestoppt haben, und zwar in einem Maß, dass ein Teil des Prozesses festgefahren ist. Da diese Probleme in der Türkei jetzt in gewissem Umfang behoben worden sind, hoffen wir, dass die Regierung sich auf der Grundlage von vorgelegten Plänen beeilen wird, das Notwendige zu unternehmen, damit der Verhandlungsprozess mit der Europäischen Union glaubwürdig bleibt. Ich verweise da auf das nationale Programm für Reformen, das von der gegenwärtigen Regierung aufgestellt worden ist.

Unsere Fraktion wird natürlich die Verhandlungen mit der Türkei weiterhin unterstützen, und diese Verhandlungen gehen, was uns betrifft, um eine EU-Mitgliedschaft, auch wenn wir uns keinen Illusionen über den Prozess und ihre mögliche Dauer hingeben sollten. Es darf aber nicht so sein, dass der Impuls nur von der Türkei kommt. Wir auf EU-Seite sollten bei diesem Prozess ebenfalls zuverlässige Partner bleiben.

Die Türkei ist für die Europäische Union von strategischer Bedeutung, nicht zuletzt wegen unserer Energieversorgung und aller damit zusammenhängenden Fragen, und die sozialistische Fraktion im Europäischen Parlament befürwortet die Eröffnung des Energiekapitels im Verhandlungsprozess. Letztlich wird aber die Türkei den größten Teil der Vorarbeiten leisten müssen, und der Oomen-Ruijten-Bericht enthält viele Punkte, die wir kritisch betrachtet haben und weiter so ansehen sollten.

Ich möchte ein paar Punkte dieses ausgezeichneten Berichts erwähnen. Redefreiheit muss garantiert sein. Wir sind immer noch nicht zufrieden mit dem, was dort geschieht. Kürzlich gab es eine Internet-Kampagne Armenien und den Völkermord betreffend. Mit Sicherheit untergräbt die Art und Weise, wie die Behörden darauf reagieren, diese Freiheit.

Was wir auch stets wiederholen wollen und worüber das Europäische Parlament niemanden im Zweifel lassen sollte, ist das Faktum, dass wir niemals die Islamisierung der Türkei akzeptieren werden und dass wir am Ende dieses Land nur auf der Grundlage seines säkularen Wesens zulassen können, wie es jetzt in der Verfassung verankert ist.

Ich möchte mit einer letzten Bemerkung zum Schluss kommen. Kommissar Rehn hat sich über die Verhandlungen in Zypern recht optimistisch geäußert. Aus meiner Sicht sollten wir nichts tun, aber auch nichts unversucht lassen, um den Erfolg dieser Gespräche zu sichern, und wir werden überdies die Türkei bitten müssen, nichts zu unternehmen, was diese Gespräche torpedieren könnte, denn es ist für die Parteien wichtig, frei darüber zu verhandeln, wie sie ihre gemeinsame Zukunft gestalten wollen. Ich kann nur sagen, dass ich hoffe, dass der Optimismus von Kommissar Rehn gerechtfertigt ist.

 
  
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  István Szent-Iványi, im Namen der ALDE-Fraktion.(HU) Ende letzten Jahres gab es zwei wichtige Entwicklungen in Kroatiens Beitrittsprozess. Auf der einen Seite ergriff die kroatische Regierung wesentliche Maßnahmen in Richtung einer Justizreform, als sie entschlossene Schritte gegen die organisierte Kriminalität unternahm und Erfolge bei der Bekämpfung der Korruption vorwies. Gleichzeitig kamen die Beitrittsverhandlungen wegen der bilateralen Grenzstreitigkeit zum Stillstand. Das betrifft nicht nur Kroatien, meine Damen und Herren, sondern in eher grundsätzlicher Weise die Glaubwürdigkeit des Erweiterungsprozesses. Solches Verhalten gefährdet diese Glaubwürdigkeit, und darum ist es sehr wichtig, dass die Hindernisse so rasch wie möglich aus dem Weg geräumt werden. Das Blockieren der Gespräche verbreitet die höchst gefährliche Botschaft, dass der Beitritt nicht von der Erfüllung der Bedingungen abhängt, sondern von der Regelung bilateraler Streitigkeiten, bei der eine Seite aus einer Position der Stärke ihren Willen der anderen aufzwingen will.

Wir begrüßen die Empfehlung der Mediation von Kommissar Olli Rehn, und es ist sehr ermutigend, dass Slowenien und Kroatien positiv reagiert haben. Wir hoffen, dass es fortan keinen Grund mehr gibt, die anschließenden Beitrittsgespräche aufzuhalten. Wir glauben weiterhin, dass ein Abschluss der Verhandlungen entsprechend dem ursprünglichen Zeitplan bis zum Ende des Jahres möglich ist. Um das zu erreichen, sind jedoch weitergehende Anstrengungen notwendig. Wir erwarten von Kroatien, dass es alle Besorgnisse über seine Zusammenarbeit mit dem Internationalen Strafgericht in Den Haag zerstreut und alle Dokumente übermittelt, die das Gericht anfordert. Das ist sehr wichtig. Als ebenso wichtig betrachten wir Hilfe bei der Flüchtlingsrückkehr, die Integration der Minderheit der Roma und den Abschluss des Programms zur Beseitigung der Segregation sowie die effektive Verwendung der EU-Mittel, da wir in dieser Hinsicht erhebliche Mängel gesehen haben. Es ist immer noch möglich, den ursprünglichen Zeitplan einzuhalten. Dafür sind wir miteinander verantwortlich. Wir erwarten konstruktives Handeln auf Seiten Kroatiens ebenso wie bei der Europäischen Union, denn hier geht es nicht einfach um unsere gemeinsamen Anstrengungen, sondern um die Glaubwürdigkeit des gesamten Erweiterungsprozesses.

 
  
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  Konrad Szymański, im Namen der UEN-Fraktion. (PL) Herr Präsident! Zunächst möchte ich Frau Oomen-Ruijten, Herrn Swoboda und Herrn Meijer zu ihren sehr solide vorbereiteten Entschließungen beglückwünschen.

Was die Türkei angeht, ist das Bild von unseren Beziehungen, das in diesem Dokument gezeichnet wird, nicht optimistisch, aber es ist sicherlich wahr. Ich freue mich, dass unsere Erwartungen im Bereich Religionsfreiheit für christliche Gemeinschaften in der Türkei, einschließlich des Rechts der Unterrichtserteilung, des Rechts der Priesterausbildung und auch des Schutzes des Eigentums dieser Gemeinschaften, in der Entschließung unterstützt worden sind. Wie bei anderen Dingen erleben wir ständige und zunehmend ärgerliche Verzögerungen von der türkischen Seite im Zusammenhang mit diesen Fragen.

Unabhängig vom Beitrittsprozess ist die Türkei auf den Gebieten Sicherheit und Energie ein sehr vielversprechender und wichtiger Partner für Europa. Die Bemühungen der Regierung von Ministerpräsident Erdogan und Präsident Gül um eine Verbesserung der Beziehungen zu den Nachbarstaaten der Türkei sind in jüngster Zeit der wichtigste Aspekt der türkischen Politik gewesen. Es ist schade, dass diese Bemühungen durch unbesonnene Maßnahmen in Bezug auf Israel untergraben wurden. Die Versuche, die Entwicklung einer strategischen Zusammenarbeit zwischen der EU und der Türkei, die unmittelbare Bedeutung hat, mit dem Verhandlungsprozess zu verknüpfen, dessen Dynamik sich aus objektiven Gründen abschwächt, sind ebenfalls störend. So verstehe ich die türkische Erklärung zu Nabucco. An dieser Stelle brauchen wir einen pragmatischeren Ansatz. Die Versuchung zur Erpressung ist ein schlechter Ratgeber.

Bei Kroatien sollten wir alles uns Mögliche tun, um das Tempo des Beitrittsprozesses beizubehalten, das den Beitritt Kroatiens zur EU im Jahr 2009 vorsieht. Die Stabilität dieser Region ist immer noch sehr fragil. Weder Grenzstreitigkeiten noch Streitigkeiten über Besitz können zusätzliche Bedingungen für die Ausdehnung auf dem Balkan werden. Um der Stabilisierung der Region willen sollten wir so schnell wie möglich Kroatien in den Integrationsprozess einbeziehen, und dann Serbien, Mazedonien und Montenegro und vielleicht Kosovo und Albanien.

 
  
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  Joost Lagendijk, im Namen der Verts/ALE-Fraktion.(NL) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Zum Oomen-Ruijten-Bericht kann ich mich kurzfassen. Es ist alles in allem ein guter Bericht, der die verbleibenden Probleme genau zusammenfasst und die erzielten Fortschritte benennt. Was das betrifft, spreche ich der Berichterstatterin meine Anerkennung aus.

Ich möchte diese Gelegenheit aber nutzen, um auf fünf Jahre Beziehungen zwischen der EU und der Türkei in dieser Parlamentsperiode zurückzublicken. Das Jahr 2004 erweist sich im Rückblick auf die Zeit von vor fünf Jahren als das goldene Jahr der Reformen, das die Türkei wirklich näher an die EU brachte. Es ist merkwürdig und, ehrlich gesagt, auch ein wenig traurig, dass seit 2004 das Tempo der Reformen zu gering gewesen ist, dass eigentlich die Bereitschaft der EU, der Türkei eine faire Chance zu geben, abgenommen hat und dass in der Türkei die Begeisterung für eine Mitgliedschaft geschwunden ist.

Sämtliche Parlamentsberichte, die in all diesen Jahren veröffentlicht worden sind, legen deutlich die Prioritäten des Parlaments dar, was entscheidende Reformen betrifft. Erstens ist in Bezug auf Rede- und Meinungsfreiheit die Situation noch immer unbefriedigend, auch wenn der berüchtigte Paragraph 301 geändert worden ist. Es ist sehr bedauerlich, dass Websites, einschließlich YouTube, in der Türkei immer noch nicht zugänglich sind und von der Regierung untragbarer Druck auf Teile der Medien ausgeübt wird.

Zweitens die Kurden-Problematik: 2007 gab es große Hoffnungen, dass nach dem Beitritt der kurdisch-nationalistischen Partei DTP eine Lösung zwischen der DTP und der AKP gefunden werden würde. Das war leider nicht der Fall.

Drittens geht es um religiöse Minderheiten. Zwar gibt es ein Gesetz zu Organisationen, das eine Lösung für einige der Minderheiten bietet, doch für eine große muslimische Minderheit, die Aleviten, wurde bislang keine Lösung gefunden. Trotz dieses nur trägen Fortschritts gibt es immer noch eine Mehrheit in diesem Parlament für den Beitritt.

Meiner Ansicht nach muss die Botschaft dieser heutigen Debatte und der Debatten der vergangenen fünf Jahre an die türkische Regierung lauten, dass diese trotz der unzureichenden Reformen vorhandene Unterstützung nur fortdauert, wenn in allen drei Bereichen unverzüglich neue Reformvorschläge vorgelegt werden.

In dieser Hinsicht teile ich bis zu einem gewissen Grad den Optimismus des Kommissars zum kurdischen Fernsehen, zu den Öffnungen, die zwischen der Türkei und Armenien bewerkstelligt worden sind. Der Reformwille von 2004 muss zurückkehren. Wenn das geschieht, werden nach meiner Überzeugung unsere Debatten und die in der Türkei wieder von Optimismus erfüllt sein.

 
  
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  Adamos Adamou, im Namen der GUE/NGL-Fraktion.(EL) Herr Präsident, Herr Kommissar! Im Fortschrittsbericht zur Türkei und seiner Bewertung im Dezember geht es darum, ob dieses Land die Kopenhagener Kriterien und seine Verpflichtungen aus dem Assoziierungsabkommen sowie dem Zusatzprotokoll zum Ankara-Abkommen erfüllt hat oder nicht.

Das Ziel der vollen Integration, die sowohl für die Türkei als auch die Europäische Union wichtig ist, stellt immer noch die treibende Kraft hinter einer Reihe von Reformen und Veränderungen in der Politik der Türkei dar, um die Rechte aller Minderheiten zu sichern, eine politische Lösung in der Kurden-Frage zu finden, den Völkermord an den Armeniern anzuerkennen und die Grenze zu Armenien zu öffnen.

Die Türkei muss alle ihre vertraglichen Verpflichtungen gegenüber der Europäischen Union erfüllen, wie es alle früheren Kandidatenländer getan haben. In Bezug auf die Republik Zypern als einem Mitgliedstaat ist die Türkei den gegenüber der Europäischen Union eingegangenen vertraglichen Verpflichtungen nicht nachgekommen. Sie verweigert die Öffnung ihrer Häfen und Flughäfen für Schiffe und Flugzeuge aus der Republik und die Aufhebung des Vetos gegen die Beteiligung Zyperns an internationalen Organisationen. Zudem verstößt sie durch die Besetzung Zyperns weiterhin gegen das Völkerrecht, während sie gleichzeitig eine Rolle als Ordnungsmacht in der Region anstrebt.

Wir befinden uns heute mitten in Verhandlungen zur Lösung der Zypern-Frage auf der Grundlage einer Föderation aus zwei Zonen und zwei Gemeinschaften mit politischer Gleichheit, wie in den UN-Resolutionen nach Völkerrecht und europäischem Recht formuliert. Die Europäische Union muss sich deshalb an ihre Ausgangspositionen halten und den Druck erhöhen, so dass die Türkei substantiellen Fortschritt bei den Verhandlungen ermöglicht, die Besetzung beendet und die erforderlichen Maßnahmen ergreift, um das Schicksal der vermissten Personen zu klären. Nach den jüngsten Erklärungen des türkischen Soldaten Olgkats über die Exekution von zehn griechisch-zypriotischen Gefangenen im Jahr 1974, die immer noch vermisst werden, haben wir dieses Thema mit Änderungen wieder vorgebracht, obwohl es eine weitere Entschließung zu den vermissten Personen gibt. Das ist eine rein humanitäre Frage, die durch Wiederholung nicht an Bedeutung verliert.

Was das Kapitel Energie betrifft, so kann es erst eröffnet werden, wenn die Türkei die Republik Zypern nicht mehr an der Ausübung ihrer Hoheitsrechte in ihrer ausschließlichen Wirtschaftszone hindert. Ich entnehme Ihrem eigenen Bericht, Herr Kommissar, dass die Kommission darüber besorgt ist, dass Schiffe, die in den ausschließlichen Hoheitsgewässern Zyperns wissenschaftliche Untersuchungen von Ölvorkommen durchführen, von türkischen Kriegsschiffen bedrängt werden, und dass der Rat in seinen Schlussfolgerungen vom 8. Dezember 2008 darauf dringt, alle Drohungen, Reibungspunkte oder Handlungen zu vermeiden, die gutnachbarschaftlichen Beziehungen und der friedlichen Beilegung von Streitigkeiten schaden können.

Es wäre gut, Herr Kommissar, wenn Sie die Türkei in die richtige Richtung drängen würden, genau wie Sie es in Ihren Ausführungen dargelegt haben. Wir haben zu diesem Punkt einen Änderungsantrag eingebracht, der inhaltlich völlig Ihren Ausführungen entspricht, Herr Kommissar, die also die Aussage der Europäischen Kommission sind.

 
  
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  Bastiaan Belder, im Namen der IND/DEM-Fraktion.(NL) Herr Präsident! In Punkt 17 fordert die Berichterstatterin, Frau Oomen-Ruijten, die gesamte türkische Gesellschaft auf, volle Religionsfreiheit zu praktizieren. Ich stimme diesem Aufruf voll zu, denn hier geht es um eines der grundlegenden Beitrittskriterien für die Türkei zur EU.

Inzwischen wetteifern allerdings das türkische Bildungswesen und die türkischen Medien miteinander in der Verbreitung der stereotypen Karikatur der einheimischen Christen, der türkischen Christen, als Feinde ihrer Nation, als Komplizen westlicher Mächte, die die Heimat rekolonisieren und untereinander aufteilen wollen. Herr Kommissar, werden Sie die passive türkische Regierung, die auch dafür verantwortlich ist, für dieses Beitrittshindernis zur Rechenschaft ziehen?

Außerdem, Herr Kommissar, wird in allen türkischen Ausweisdokumenten die Religionszugehörigkeit der Person angegeben, und das ist die eigentliche Ursache für vielfältige Formen sozialer Diskriminierung der türkischen Christen. Das ist Grund genug, Herr Kommissar, bei Ihrem türkischen Gesprächspartner darauf zu bestehen, dass dieser Abschnitt bei den offiziellen Dokumenten unverzüglich entfällt.

 
  
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  Luca Romagnoli (NI).(IT) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Auch wenn Kroatien bei der Übernahme von Rechtsvorschriften zur Bekämpfung von Diskriminierung befriedigende Fortschritte gemacht zu haben scheint, möchte ich anregen zu prüfen, wie die Gesetze angewandt werden, bevor wir die Aussagen in der Entschließung loben. In Bezug auf den Zugang zu Grundbesitz zum Beispiel scheint mir in der Praxis nur sehr wenig Fortschritt erreicht worden zu sein, vor allem was die Möglichkeiten für italienische Investitionen betrifft. Ich unterstütze die Entschließung nicht, weil sie trotz des offensichtlichen Mangels an Fortschritt und der Diskrepanzen beim gemeinschaftlichen Besitzstand den Beitritt erwartet, der meiner Ansicht nach zu früh erfolgen könnte. Sie sollen zurückgeben, was sie unseren istrischen und dalmatinischen Flüchtlingen seit 1947 gestohlen haben. Dann – und nur dann – können wir über ihren Beitritt reden.

 
  
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  Anna Ibrisagic (PPE-DE).(SV) Herr Präsident! Die Entschließung zur ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien ist nach meiner Meinung ein wohlausgewogener Text, und ich möchte Herrn Meijer dafür danken, dass seine Arbeit sowohl auf die erreichten Reformen und Ziele als auch auf die Themen eingeht, die noch weiterer Anstrengungen bedürfen. Ich freue mich insbesondere darüber, dass von der Entschließung die klare Botschaft ausgeht, dass die gegenwärtige Situation nach dreijährigem Warten auf den Beginn von Verhandlungen sehr beunruhigend und nicht akzeptabel ist. Es ist völlig klar, dass die ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien ein europäischer Staat ist, dessen Platz in der Europäischen Union ist.

Bei Diskussionen über dieses Thema im Parlament vermeide ich es gewöhnlich, den Namensstreit zwischen Griechenland und der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien zu erwähnen. Ich glaube, es gibt viele andere Fragen, die wir umfassender erörtern sollten, aber niemals behandeln, weil der Namensstreit unverhältnismäßig viel Zeit in Anspruch nimmt. Heute aber, nachdem ich etliche Änderungsvorschläge gelesen habe, halte ich es für notwendig, ganz deutlich festzustellen, dass es unannehmbar ist, irgendwelche bilateralen Konflikte auszunutzen, um einem Land eine raschere Annäherung an die europäische Integration zu erschweren oder die Mitarbeit eines Landes in internationalen Institutionen zu verhindern.

Viele Länder hatten und haben immer noch bilaterale Konflikte, und jeder von uns will, dass diese Konflikte so schnell wie möglich auf eine für beide Seiten annehmbare Weise gelöst werden, aber in der Zwischenzeit sollten sie meiner Meinung nach den europäischen Integrationsprozess nicht gegenseitig blockieren, vor allem wenn die fraglichen Länder sich sowohl geographisch als auch politisch in einer heiklen Lage befinden.

 
  
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  Józef Pinior (PSE).(PL) Herr Präsident! Ich wirke nun das dritte Jahr in Folge für die sozialistische Fraktion im Europäischen Parlament als Berichterstatter bezüglich des Fortschrittsberichts zur ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien. Mich erinnert die Situation in Bezug auf Mazedonien an eine Szene aus einer alten griechischen Tragödie. Es stimmt zwar, dass der gute Wille aller Parteien allgemein erklärt wird, doch darüber hinaus wird nichts geleistet. Vor drei Jahren war ich sicher, dass wir am Ende der laufenden Wahlperiode des Parlaments über Erfolge bei den Verhandlungen mit Mazedonien über den Beitritt zur Europäischen Union würden sprechen können. Das ist nicht eingetreten. Das Hauptproblem ist die Namenssache. Ungeachtet dessen, dass es sich um eine bilaterale Angelegenheit ohne Zusammenhang mit den Kopenhagen-Kriterien handelt, beeinflusst sie die politische Situation bei den Verhandlungen mit Mazedonien über den Beitritt. Griechenland ist bereit, Mazedonien selbst ist bereit, aber seit inzwischen mehreren Jahren ist es nicht möglich, eine Verständigung in dieser Angelegenheit zu erreichen. Als Berichterstatter für den vorliegenden Bericht für die sozialistische Fraktion kann ich nur die Hoffnung zum Ausdruck bringen, dass diese Frage unter Berücksichtigung der Interessen der Europäischen Union, Mazedoniens und Griechenlands gelöst wird.

Es gibt Probleme bei der Stabilisierung der politischen Institutionen in Mazedonien. Wir sehen das ganz klar. Wir sehen auch ganz klar den politischen Willen der Gesellschaft, der Behörden und der politischen Gruppierungen in einem Land, das sich auf Bindungen zur Europäischen Union zubewegt. Der Rat sollte beschließen, Beitrittsverhandlungen vor Ende 2009 aufzunehmen, doch sollte dafür Voraussetzung sein, dass die wichtigsten Hauptpunkte früherer Vereinbarungen vollständig erfüllt sind. In dieser Hinsicht haben die kommenden Präsidentschafts- und Kommunalwahlen in Mazedonien große Bedeutung. Als Mitglieder des Europäischen Parlaments werden wir diese Wahlen genau beobachten.

 
  
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  Charles Tannock (PPE-DE). – Herr Präsident! Vielen Dank für diese Klarstellung. Griechenland ist 1981 der Europäischen Union beigetreten, und die Mitgliedschaft hat dem Land, das ich besonders liebe, viele Vorteile gebracht. Fast 30 Jahre später will nun Mazedonien Teil der Europäischen Union werden und ebenfalls in den Genuss dieser Vorteile gelangen. Deshalb wäre es nur folgerichtig, dass Griechenland als benachbarter Balkanstaat seine feste Solidarität zum Ausdruck bringt und mithilft, dass ein kleines Land wie Mazedonien seine hohen Ziele erreicht.

Doch wegen seiner eigenen Provinz namens Mazedonien erhebt Griechenland Einwände gegen die Verwendung des Namens ‚Republik Mazedonien‘ allein und besteht stattdessen auf ‚ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien‘. Warum besteht Griechenland dann um der Einheitlichkeit willen nicht auch darauf, Estland formell die ‚ehemalige sowjetische Republik Estland‘ zu nennen?

Ich bedauere deshalb, dass Griechenland jetzt erwägt, wegen dieser Angelegenheit sein Veto gegen eine Mitgliedschaft Mazedoniens einzulegen. Ich fürchte, Griechenland läuft Gefahr, sich selbst der Lächerlichkeit preiszugeben, und ich bitte die Regierung in Athen dringend, ihre Haltung zu mäßigen. In diesem Haus und in meinem Wahlkreis bin ich als überzeugter Philhellene und Freund griechischer und zyprischer Europaabgeordneter gleichermaßen bekannt, aber ich bin auch Mitglied der neuen Gruppierung Freunde Mazedoniens im Europaparlament. Lassen Sie uns diese unerledigte Angelegenheit unverzüglich und vernünftig regeln. Außerdem bitte ich das Parlament, eine Abgeordnetendelegation zur kommenden Präsidentschaftswahl in Mazedonien zu entsenden, um sie zu überwachen und dazu beizutragen, das Ergebnis zu legitimieren.

Was Kroatiens bald bevorstehenden EU-Beitritt betrifft, ist es bedauerlich, dass Grenzstreitigkeiten mit Slowenien noch immer nicht beigelegt sind. Wie bei Griechenland und Mazedonien müssen diese Schwierigkeiten bilateral ausgeräumt werden, statt sie in den EU-Beitrittsprozess hineinzuziehen.

Slowenien wurde Mitglied der Europäischen Union, obwohl es noch unerledigte Probleme mit Italien gab, das sich aber nicht querlegte und versuchte, den Beitritt zu blockieren. Darum sehe ich keinen Grund, warum nun Kroatien aufgehalten werden sollte. In ähnlicher Art und künftig würde ich niemals Kroatien bei einem Veto wegen territorialer Konflikte gegen Serbiens Aufnahme unterstützen.

Meinen Wählern, die an einer Erweiterungsmüdigkeit leiden, bereitet das Ausmaß an organisierter Kriminalität und Korruption in Kroatien, deren Ausrottung die Regierung wirklich zu einer nationalen Aufgabe ersten Ranges machen muss, größere Sorgen.

 
  
  

VORSITZ: MARTINE ROURE
Vizepräsidentin

 
  
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  Alexander Graf Lambsdorff (ALDE).(DE) Frau Präsidentin! Ich stelle zunächst fest, dass ich im Namen meiner Fraktion zum Thema Türkei spreche und nicht im eigenen Namen. Für Liberale und Demokraten ist die Entwicklung in der Türkei besorgniserregend. Drei Jahre nicht nur zu wenig Fortschritte beim Reformtempo, sondern teilweise sogar Rückschritte. Wie Kommissar Rehn hier richtig festgestellt hat, ist die Pressefreiheit ein Kernwert der Europäischen Union. In einem Land, das der EU beitreten will, muss die Achtung der Pressefreiheit über jeden Zweifel erhaben sein.

Das was wir sehen, ist allerdings etwas anderes. Kritische Journalisten haben Schwierigkeiten bei der Akkreditierung. Der neue Eigentümer von ATV hat noch viele Fragen zu beantworten, es gibt Aufrufe von höchsten Stellen zum Boykott bestimmter Medien, die Dohan-Gruppe wird mit einer willkürlichen Steuerstrafe in Höhe von 400 Millionen Euro überzogen. Das ist eine willkürliche Maßnahme, die uns zur Frage der Rechtsstaatlichkeit bringt, für Liberale genauso wichtig wie die Pressefreiheit. Auch die Rechtsstaatlichkeit muss gewährleistet sein. Die Berichte über zunehmende Fälle von Folter und Misshandlung in Polizeigewahrsam beunruhigen uns zutiefst, insbesondere dann, wenn sie außerhalb von offiziellen Gefängnissen oder Polizeiwachen stattfinden. Aber auch wenn sie dort stattfänden, würden sie uns selbstverständlich beunruhigen.

Symbolische oder rein pragmatische Maßnahmen wie die Annahme eines neuen Programms oder die Ernennung eines neuen Chefunterhändlers sind erfreulich, wenn man das rein praktisch betrachtet. Sie reichen allein aber nicht aus, um das Reformtempo erneut zu beleben. Nach Auffassung der Liberalen und Demokraten muss die Türkei unabhängig von der Beitrittsperspektive Wirtschaft und Gesellschaft, Politik und Verfassung reformieren, und zwar im eigenen Interesse, im Interesse der Menschen.

Lassen Sie mich noch ein Wort zu dieser Debatte sagen: Mir kommt diese Debatte vor wie ein Kinderkarussell, auf dem manchmal ein türkisches, manchmal ein kroatisches, manchmal ein mazedonisches Pferdchen vorbeifährt. Ich denke, wir sollten diese Debatte demnächst anders strukturieren. Im Übrigen wäre ich dankbar, wenn wir sie in Brüssel hätten und nicht in Straßburg.

 
  
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  Mario Borghezio (UEN).(IT) Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Zur Frage Kroatiens, nun, da stehen diejenigen, die im Namen des italienischen Volkes sprechen, von dem sie gewählt wurden, in der Pflicht, auf ihre rechtmäßige Forderung hinzuweisen. Mehr als 60 Jahre sind vergangen seit dem historischen Raub unseres Eigentums in Istrien und Dalmatien. Kroatien muss einer moralischen Verpflichtung nachkommen, und Präsident Barroso hat ein Dossier über diese heikle und schädliche Angelegenheit, das den Menschen zur Kenntnis gebracht werden muss. Es ist in erster Linie eine moralische Frage und keine politische, eine Frage der Rückgabe von Eigentum an seine rechtmäßigen Besitzer: 1 411 Grundstücke gehörten ursprünglich Italienern.

Zur Türkei: Wie können wir daran denken, einem Land seelenruhig die Mitgliedschaft zu gewähren, das gerade in der NATO ein Veto gegen die Nominierung eines Generalsekretärs einlegt, nur weil der ein Land, nämlich Dänemark vertritt, in dem sich die Cartoon-Affäre ereignete? Die Türkei, ein islamisches Land, bereitet der Nominierung eines Ministerpräsidenten für den Posten des Generalsekretärs der Atlantischen Allianz ein islamisches Ende, und der einzige Grund dafür ist, dass er Ministerpräsident eines Landes ist, in dem Islam-Cartoons veröffentlicht wurden – also eines liberalen Landes, in dem es anders als in der Türkei offensichtlich möglich ist, ironische Cartoons über Mohammed zu veröffentlichen. In der Türkei gibt es ein Gesetz – und dem Kommissar sollte das bewusst sein – das den Bau einer nichtislamischen Andachtsstätte in einer Straße untersagt, in der eine Moschee steht. Anders ausgedrückt: wenn in einer Straße eine Moschee steht, darf es dort kein anderes religiöses Gebäude geben. Unsere Berichterstatterin, die, glaube ich, gerade eine wunderbare Hose trägt, dürfte in ihrem Hosenanzug heute nicht das türkische Parlament betreten. Das zeigt, wie weit zurück wir sind. Die Türkei ist Asien, nicht Europa.

 
  
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  Angelika Beer (Verts/ALE).(DE) Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Als erstes möchte ich im Namen meiner Fraktion der Grünen und der Europäischen Freien Allianz den heute anwesenden stellvertretenden Ministerpräsidenten Mazedoniens begrüßen.

Als zweitens gilt mein Dank der tschechischen Ratspräsidentschaft und insbesondere der Aussage von Herrn Premierminister Topolánek, der gestern erstens darauf hingewiesen hat, dass der Namensstreit zwischen Mazedonien und Griechenland eine bilaterale Sache ist und keine Auswirkungen haben darf, und sich zweitens für den schnellstmöglichen NATO-Beitritt Mazedoniens und damit für die Aufforderung an Griechenland, das Veto zurückzuziehen, ausgesprochen hat – zwei sehr wichtige Punkte.

Es ist vielleicht manchmal etwas arrogant, wenn wir über Beitrittskandidaten reden. Deswegen möchte ich auch die eigene Verantwortung zur Sprache bringen. Denn wir reden hier über die Perspektiven und die Mängel der Beitrittskandidaten, haben aber auf der anderen Seite ganz wesentliche politische Kräfte wie die Konservativen in Deutschland, die durchsetzen wollen, dass nur noch Kroatien aufgenommen wird und keine weiteren Staaten folgen.

Wenn das in der nächsten Legislaturperiode in der Europäischen Union die Mehrheitsmeinung werden sollte, dann zerstören wir den Friedensaufbau Europas, den wir nach den Kriegen im Balkan mit viel Kraft finanziert haben. Wir werden unglaubwürdig und würden die europäische Glaubwürdigkeit hintenanstellen. Ich bitte alle, dem zu widerstehen.

Bei Kroatien und Slowenien gehen wir davon aus, dass es gut ohne doppelte Standards und ohne Veto geht, dass die Grenzstreitigkeiten beiseite gelegt werden können, und wir wünschen uns eine schnellstmögliche Verhandlungsaufnahme mit Mazedonien.

 
  
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  Gerard Batten (IND/DEM). – Frau Präsidentin! Wenn die Türkei der Europäischen Union beitritt, wird sie mit einer Bevölkerung von über 72 Millionen Menschen der ärmste und wirtschaftlich rückständigste Mitgliedstaat sein. Hunderttausende, wenn nicht Millionen Menschen werden in Länder wie Großbritannien abwandern.

Die Europäische Union wird an Länder wie Syrien, Irak und Iran grenzen, mit enormem Potenzial für künftige Konflikte und Konfrontation.

Wer aber über einen türkischen Beitritt wirklich besorgt sein sollte, sind die griechischen Zyprer. Wenn die Türkei Mitglied der EU wird, haben die Türken das Recht, an jeden beliebigen Ort in der EU zu gehen. Tausende Türken können legal nach Süd-Zypern einreisen und es effektiv besetzen, ganz rechtmäßig, wenn sie es wollen.

Bei der Europawahl am 4. Juni sollten die Wähler griechischer Herkunft in London daran denken, dass die Parteien der Konservativen, Liberaldemokraten und Grünen einen türkischen Beitritt ebenso begeistert unterstützen wie die Labour Party. Die einzige britische Partei im Europäischen Parlament, die sich gegen einen türkischen Beitritt stellt, ist die UK Independence Party.

 
  
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  Philip Claeys (NI).(NL) Frau Präsidentin, die Verhandlungen mit der Türkei haben der Kommission und dem Rat zumindest dabei geholfen, die Kunst der Euphemismen zu perfektionieren. Die Art und Weise, in der die Probleme in der Türkei kleingeredet werden, wird langsam beeindruckend. Das Thema wurde sogar in der Türkei schon gelegentlich belächelt.

Der Problemkatalog ist derart umfassend, dass es rätselhaft ist, wie die Verhandlungen immer noch weitergeführt werden können. Die Kommission hatte ja versprochen, dass der Verhandlungsprozess mit dem Reformprozess in der Türkei Schritt halten würde. Dieses Versprechen wurde jetzt gänzlich gebrochen, da ständig neue Kapitel aufgeschlagen werden.

Die Bilanz von mehr als drei Jahren Verhandlungen ist wahrlich beklagenswert. Wir sollten die Verhandlungen daher endlich auf Eis legen. Die Türkei ist kein europäisches Land und gehört daher auch nicht zur Europäischen Union. Wir sollten stattdessen eine privilegierte Partnerschaft mit diesem Land aufbauen.

 
  
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  Doris Pack (PPE-DE).(DE) Frau Präsidentin, Herr Ratspräsident, Herr Kommissar! Kroatien ist das erste Land, für dessen Beitritt zur Europäischen Union nach den Erfahrungen mit den letzten beiden Erweiterungen um Rumänien und Bulgarien die Messlatte richtigerweise sehr hoch gelegt wurde. Daher sind die erzielten benchmarks und Fortschritte durch die kroatische Seite auch besonders zu würdigen. Die noch ausstehenden Reformen im Justizbereich – sie wurden erwähnt – werden angepackt. Die angemahnte vollständige Zusammenarbeit mit dem Haager Kriegsverbrechertribunal bezüglich der Aushändigung noch fehlender Dokumente ist auf einem guten Weg.

Bei Slowenien geht es um bilateraler Grenzstreitigkeiten – lieber Herr Kommissar, Sie haben plötzlich gesagt: europäische Grenzstreitigkeiten! Vor dem Jahr 2004 waren das keine europäischen Grenzstreitigkeiten, da waren das Grenzstreitigkeiten, die man nicht zur Kenntnis genommen hat: Damals hat man sich auch nicht auf die UNO bezogen, um diesen Streit beizulegen, jetzt tut man es. Wenn also Slowenien wegen dieser bilateralen Grenzstreitigkeiten, die auch bei seinem Beitritt zur Europäischen Union kein Hindernis waren, die Öffnung der notwendigen Verhandlungskapitel nicht weiter behindert, könnten die Beitrittverhandlungen zwischen Kroatien und der EU Ende dieses Jahres abgeschlossen werden.

Auch das Kandidatenland Mazedonien hat große Fortschritte gemacht. Wenn die Ende März anstehenden Wahlen internationalen Standards entsprechen, müsste die EU endlich ein Datum für die Eröffnung der Beitrittsverhandlung nennen. Der leidige bilaterale Namensstreit zwischen Mazedonien und Griechenland sollte Letzteres nicht verführen, ein Veto einzulegen.

Es bleibt also zu hoffen, dass die beiden EU-Mitgliedstaaten Griechenland und Slowenien sich an ihre eigene Situation vor ihrer Aufnahme in die EU erinnern und daraus schlussfolgern, sich gegenüber den Nachbarstaaten europäisch und fair zu verhalten.

Sollten Kroatien und Mazedonien die von mir beschriebenen Ziele in diesem Jahr – auch dank ihrer Nachbarn – erreichen, würde das ein positives Signal an die restlichen Westbalkanstaaten senden, dass die EU es nämlich mit der in Thessaloniki gegebenen Zusage für einen Beitritt aller Westbalkanstaaten ernst meint, zu dem auch die CDU steht, liebe Frau Beer.

 
  
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  Libor Rouček (PSE). (CS) Gestatten Sie mir einige Bemerkungen. Zunächst ist es gut, dass diese Debatte zur EU-Erweiterung stattfindet, da es wichtig ist, dass Europa auch in Zeiten einer großen Wirtschaftskrise eine seiner erfolgreichen Prioritäten nicht aus dem Auge verliert, nämlich die der weiteren Erweiterung. Diese muss weiterhin im Mittelpunkt unserer Arbeit stehen. Mit Blick auf Kroatien bin ich fest davon überzeugt, dass die Beitrittsverhandlungen dieses Jahr abgeschlossen werden können. Daher möchte ich den Rat dazu auffordern, sofort zu handeln und eine technische Arbeitsgruppe einzurichten und mit dem Entwurf des Beitrittsvertrages zu beauftragen. Was die ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien betrifft, ist es bedauerlich und demoralisierend für Mazedonien, dass trotz der Tatsache, dass Mazedonien schon vor drei Jahren der Status eines Bewerberlandes zuerkannt wurde, noch keine Beitrittsverhandlungen in Skopje angefangen haben. Ich appelliere daher an den Rat, diesen Prozess zu beschleunigen. Was die Türkei betrifft, stimme ich zu, dass zunächst politische Reformen vorangetrieben werden müssen, bevor die sogenannten politischen Kapitel aufgeschlagen werden können. Allerdings verstehe ich nicht, warum es nicht möglich ist, mit der Türkei beispielsweise über das Kapitel „Energie“ zu verhandeln, welches sowohl für die EU als auch für die Türkei von besonderer Bedeutung ist.

 
  
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  Jelko Kacin (ALDE).(SL) Wir in der ALDE-Fraktion unterstützen den Bericht von Herrn Meier. Die ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien (EJRM) hat eine Chance und eine bessere Zukunft verdient. Was das Land allerdings auch braucht, ist ein Mindestmaß an internationalem Respekt einschließlich des Rechts auf eine eigene Identität und die Anerkennung seiner Sprache und Kultur.

Die Problematik der Bezeichnung des Landes wurde schon zu lange aufgeschoben und die Atmosphäre in dem Land hat sich eine Zeit lang verschlechtert. Immer mehr Populismus und Nationalismus kam auf, es gibt zu viele politische Verwurzelungen. Nachbarländer werden zum Opfer von Verbalattacken. Die Benennung infrastruktureller Anlagen nach Persönlichkeiten aus Zeiträumen der griechischen Geschichte vor Ankunft der Slawen in diesen Regionen ist guten nachbarschaftlichen Beziehungen nicht gerade zuträglich. Die Errichtung weiterer 10 m großer Denkmäler ist unnötig.

Wenn wir Instabilität vermeiden wollen, müssen wir dem Staat, den Politikern und den Bürgern der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien helfen, aus dieser Blockade auszubrechen. Die Abschaffung von Visa geht nicht weit genug. Das Land braucht ein Datum für den Beginn der Verhandlungen. Es verdient die Chance, seinen Wert während des Beitrittsprozesses zu zeigen. Wir müssen ihm jetzt helfen und zeigen, dass wir ihm vertrauen. Damit können wir zu Stabilität in der Region beitragen und die Entwicklung in eine positive Richtung erleichtern. FYROM braucht jetzt ein positives Zeichen, da Zeit ein ganz wesentlicher Faktor ist. Man könnte in diesem Fall sagen: Zeit ist Geld.

Erlauben Sie mir auch ein paar Worte zu Kroatien. Herr Kommissar, zwei ehemalige Premierminister von Slowenien bzw. Kroatien, nämlich Drnovšek und Račan, haben etwas Großartiges geleistet, als sie ein Abkommen bezüglich der Grenze schlossen. Leider weilen sie nicht mehr unter uns. Sie hatten den Mut voranzugehen, in die Zukunft zu investieren und etwas zu erreichen. Ich halte es für richtig, wenn Sie beide Regierungen darum bitten, in deren Fußstapfen zu treten und bezüglich der Grenze eine Einigung zu erlangen – und dies auch in nahe liegender Zukunft. Das wäre für Slowenien, Kroatien, die Europäische Union und die westlichen Balkanstaaten eine gute Sache.

 
  
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  Bogusław Rogalski (UEN).(PL) Frau Präsidentin! Die Verhandlungen über einen Beitritt der Türkei zur EU laufen immer noch, obwohl sie doch schon lange hätten abgeschlossen sein sollen. Die türkische Regierung hat kein schlüssiges und umfassendes politisches Reformprogramm vorgelegt. Die Türkei hat die Arbeit an einer neuen, weltlichen Verfassung nicht wieder aufgenommen, deren wichtiger Bestandteil der Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten sein sollte, die die Türkei garantieren müsse.

Die Diskriminierung ethnischer und religiöser Minderheiten geht weiter. Die Türkei hat keine Schritte unternommen, um die Objektivität der juristischen Institutionen zu stärken. Rede- und Pressefreiheit sind in der Türkei noch immer nicht geschützt, sondern werden stattdessen ganz offen verletzt. Häusliche Gewalt und Zwangsehen sind weiterhin nichts Ungewöhnliches.

Der Widerstand der Türkei gegen eine strategische Zusammenarbeit zwischen EU und NATO steht den Interessen der Gemeinschaft deutlich entgegen. Außerdem erkennt die Türkei die Unabhängigkeit eines Mitgliedstaats der EU, nämlich Zypern, nicht an. Das ist ein Skandal. Die Türkei ist ein antidemokratisches Land, es verletzt Menschenrechte und orientiert sich an einem Wertesystem, das uns fremd ist. Es wäre für Europa viel besser, wenn die Türkei kein Mitglied der EU wird.

 
  
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  Sepp Kusstatscher (Verts/ALE).(DE) Danke, Frau Präsidentin! In dieser sehr umfangreichen Diskussion hier und heute will ich nur ein Problem herausgreifen, und zwar das Thema der Mehrsprachigkeit in Mazedonien.

Kürzlich hat es an Schulen in Struga Konflikte zwischen albanisch- und mazedonisch-sprachigen Eltern gegeben. Auf Druck dieser nationalistisch gesinnten Eltern reagierten die Verantwortlichen und trennten den Unterricht nach ethnischen Gruppen. Das ist eine falsche Entwicklung. Das Erlernen von Sprachen wird nicht durch das Auseinanderhalten von Sprachgruppen gefördert, sondern durch zwangloses Zusammenführen von Menschen verschiedener Sprachen in Schule, Beruf und Freizeit. Der Unterricht des Englischen, nun schon ab der ersten Klasse uneingeschränkt verpflichtend, ist zwar durchaus zu begrüßen, darf aber nicht zu einer Ausrede für einen Mazedonier werden, nicht Albanisch zu lernen, und auch nicht für einen Albaner, nicht Mazedonisch zu lernen. Die Schule in einer mehrsprachigen Region hat eine ganz besondere Aufgabe: Sie muss im Unterricht neben der Muttersprache der Kinder auch die Sprachen der Nachbarn vermitteln.

In Vielfalt geeint, so lautet das Motto der EU. Das soll auch für Mazedonien gelten!

 
  
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  Hanne Dahl (IND/DEM).(DA) Frau Präsidentin, ich glaube, dass die Türkei ein Mitglied der EU sein sollte. Die Kritik an der Türkei ist in vielen Fällen berechtigt, allerdings muss Schluss sein mit Entschuldigungen und Unschlüssigkeit. Es sollte ein ernsthafter Plan für den Beitritt der Türkei erarbeitet werden. Das kostet Zeit, aber das Land muss beitreten – und das ist etwas, was wir klar und unmissverständlich vermitteln sollten. Anstelle einer Pseudo-Debatte zur Demokratie in der Türkei brauchen wir eine reelle und offene Diskussion zu der Rolle, die die Religion in der sozialen Debatte spielen kann und sollte. Wir müssen eine Form der europäischen Zusammenarbeit schaffen, die in der Lage ist, die Herausforderung zu bewältigen, die ein aus verschiedenen Religionen bestehendes Europa darstellt. Wir müssen dies erreichen, ohne die zentralen Werte und die Unverletzlichkeit der Person aus den Augen zu verlieren. Das sind europäische Werte, die im Schmelztiegel der jüdischen, christlichen und hellenistischen Kultur in den Jahrhunderten vor und nach Christi Geburt entstanden sind.

 
  
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  Carl Lang (NI).(FR) Frau Präsidentin, ich habe eine Minute Zeit, um Ihnen mitzuteilen, dass es trotz der Entschlossenheit und Blindheit der europäischen Institutionen eine Sache gibt, die jedem klar sein sollte: Es ist an der Zeit, dem Beitrittsprozess der Türkei ein Ende zu setzen.

Die Verhandlungen sind festgefahren, es herrscht gegenseitiges Unverständnis und ein ständiger Zustand der Mehrdeutigkeit. Eine solche Situation schadet uns allen – der Europäischen Union genauso wie der Türkei. Wir müssen die Scheinheiligkeit beenden und damit aufhören, uns etwas vorzumachen.

Wir müssen uns eine offenkundige Tatsache ins Gedächtnis rufen. Die Türkei ist ein Land in Kleinasien. Die Türkei ist kein europäisches Land, weder geografisch noch kulturell gesehen. Die Türkei hält einen Teil eines Mitgliedstaats der Europäischen Union besetzt. Bis heute wurden nur zehn von 35 Verhandlungskapiteln geöffnet und davon lediglich eins geschlossen. Alle müssen nun ihre Freiheit, Unabhängigkeit und Souveränität wiedererlangen, angefangen mit Zypern.

Die europäischen Bürger möchten die Türkei nicht in Europa haben. Zeigen wir Respekt für unsere Bürger und für Europa!

 
  
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  Pál Schmitt (PPE-DE).(HU) Als Vorsitzender des Gemischten Parlamentarischen Ausschusses EU-Kroatien möchte ich Sie auf eine höchst bedeutsame Entwicklung aufmerksam machen. Am Montag erklärten sich der kroatische Ministerpräsident – und nicht nur der, sondern auch der kroatische Präsident sowie sämtliche Oppositionsparteien des Parlaments – damit einverstanden, dass die EU bei der Lösung des Grenzkonflikts zwischen Kroatien und Slowenien basierend auf internationalem Recht als Vermittler auftritt. Es ist meiner Ansicht nach eine in der Geschichte der EU einmalige Sache, dass ein Mitgliedstaat die Erweiterung der Union lähmt und derzeit verhindert, dass zwölf Verhandlungskapitel geöffnet werden, während er im Jahr 2001 zum Zeitpunkt der eigenen Beitrittsverhandlungen erklärt hatte, dass keine Grenzkonflikte mit seinen Nachbarn bestehen würden.

Seit Beginn der Beitrittsverhandlungen im Jahr 2005 wurden im Hinblick auf die Umgestaltung des Gerichtswesens und der öffentlichen Verwaltung, Maßnahmen zur Korruptionsbekämpfung, Minderheitenrechte, Flüchtlingsrückkehr und regionale Zusammenarbeit zahlreiche Ergebnisse erzielt. Im Fall von Kroatien beinhaltete dies auch zum ersten Mal die Erfüllung eines Kriterienkatalogs. Etwa 100 dieser Kriterien wurden erfüllt. Durch solche außergewöhnlichen Bemühungen freut sich die kroatische Bevölkerung nun endlich auf positive Nachrichten von der Europäischen Union. Die sensible und selbstbewusste Bevölkerung war enttäuscht, als ein benachbartes, freundlich gesinntes Land die Fortsetzung der Beitrittsverhandlungen im Alleingang blockierte. Die langfristige Stabilisierung der Balkan-Region ist nur durch eine europäische Integration möglich. Die Union irrt, wenn sie es Slowenien ermöglicht, die Verhandlungen mit Kroatien aufgrund des bilateralen Streits zwischen den beiden zu behindern, auch wenn Kroatien alles Mögliche im Interesse der Verteidigung der europäischen Grundwerte und Übernahme des Besitzstands unternommen hat. Ich möchte darauf hinweisen, Frau Präsidentin, dass es hier bedauerlicherweise – vielleicht auch für jene, die uns ebenso zuhören – gleichzeitig um das Schicksal dreier wichtiger, historischer Länder geht, die hier wie ein einziges Land behandelt werden. Vielleicht hätten wir besser daran getan, jedes Land einzeln zu besprechen.

 
  
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  Emine Bozkurt (PSE).(NL) Frau Präsidentin! Ich möchte einen Punkt aufgreifen, den Frau Oomen-Ruijten auch genannt hat, nämlich den der politischen Kriterien. In dem Verhandlungsprozess mit der Türkei wurden Bürgerrechte klar auf die Agenda gesetzt. Das wird auch in diesem Bericht deutlich.

Verschiedene Dinge haben sich deutlich verbessert: Kurdisches Fernsehen, aber auch die Einsetzung eines Frauenausschusses im türkischen Parlament, wofür ich als Berichterstatterin zu Frauenrechten in der Türkei in den vergangenen Jahren besonders hart gearbeitet habe. Das sind grundlegende Reformen.

Eine weitere offensichtliche Verbesserung ist die gestiegene Zahl von Frauenhäusern für misshandelte Frauen. Was passiert aber, wenn diese Frauen das Frauenhaus wieder verlassen? Wie werden diese Frauen und deren Kinder betreut? Die Türkei sollte dieses Problem ansprechen. Bei den nächsten Gemeinderatswahlen, die Ende des Monats stattfinden, sollten mehr Frauen in den Gemeinderäten sitzen.

Ich möchte Ihre Aufmerksamkeit auch auf die Betrugsbekämpfung lenken. Die Türkei sollte beim Kampf gegen Betrügereien und Frauenhandel effektiver mit der Europäischen Union zusammenarbeiten, da viel zu viele Menschen Opfer von Betrügereien mit Ökofonds oder Wohltätigkeitsorganisationen werden.

 
  
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  Jim Allister (NI). – Frau Präsidentin, ich habe den Beitritt des nichteuropäischen Landes Türkei zur EU nie unterstützt, der derzeitige Konjunkturabschwung überzeugt mich allerdings noch mehr von dieser Ansicht.

Als großer Nettozahler trägt das Vereinigte Königreich eine unverhältnismäßige Last bei der EU-Förderung. Somit würden wir, im Hinblick auf die massiven Zusatzkosten, die bei der Aufnahme der Türkei entstehen würden, über das schaffbare Maß hinaus belastet werden. Angesichts einer verringerten Besteuerungsgrundlage, sinkenden Einkommen, erhöhten Sozialhilfeaufwendungen und lähmender Schulden-Altlasten in den kommenden Jahrzehnten aufgrund der Misswirtschaft der Labour-Regierung können wir unser Scheckbuch nicht länger dazu verwenden, um für den Beitritt der Türkei in die EU zu zahlen.

Sie können das meinetwegen als engstirniges, gewinnsüchtiges nationales Interesse bezeichnen, für mich allerdings ist dies einfacher Menschenverstand und steuerpolitische Klugheit.

 
  
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  Antonios Trakatellis (PPE-DE).(EL) Frau Präsidentin! Als ältestes Mitglied in der Region von sowohl Europäischer Union und NATO nahm Griechenland im Hinblick auf die Bemühungen zur Integration aller Balkanländer in euroatlantische Strukturen eine Vorreiterrolle ein und wird dies auch weiterhin tun, da es fest davon überzeugt ist, dass von der Entwicklung der Länder in dieser Region alle profitieren.

Griechenland hat über eine Milliarde Dollar in die ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien investiert und 20 000 Arbeitsplätze geschaffen – was eine nie zuvor da gewesene Auslandsinvestition in ein lokales Wirtschaftssystem bedeutet. Was Griechenland betrifft, so ist die Frage des Namens nicht einfach ein Problem mit historischen, psychologischen oder sentimentalen Dimensionen. Es ist ein erhebliches, anhaltendes politisches Problem, das alle griechischen Bürger und die europäischen Werte gutnachbarlicher Beziehungen und regionaler Zusammenarbeit betrifft.

Ich möchte das Parlament daran erinnern, dass Griechenland in Dokument COM(2007)0663 zugestimmt hat, der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien den Kandidatenstatus für den Beitritt zur Europäischen Union zu verleihen. Dies geschah mit einer ausdrücklichen Verpflichtung, eine beiderseits akzeptable Lösung der Namensfrage unter der Ägide der UNO auszuhandeln, die zur regionalen Zusammenarbeit und zu guten nachbarschaftlichen Beziehungen beitragen würde, da ohne eine Lösung keine Freundschaft aufgebaut werden kann. Und ohne Freundschaft kann es keine Bündnisse oder Partnerschaften geben.

Unsere Vertretung ist nicht gegen alle Aussagen in dem Bericht, der eine Lösung des Problems unter der Ägide der UNO ausdrücklich unterstützt. Allerdings gibt es über diese klare Position hinaus leider zusätzliche Formulierungen in den Ziffern 12 und 13, die den Bemühungen zur Lösung des Problems entgegenwirken und zu Unnachgiebigkeit ermutigen. Daher sind diese absolut inakzeptabel, während die Änderungsanträge 1 und 2 die Ziffern 12 und 13 in korrektem Wortlaut formulieren.

Letztlich enthält der Bericht viele Elemente, die der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien dabei helfen werden, ihre Anstrengungen auf dem Weg in Richtung Europa fortzusetzen.

 
  
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  Maria Eleni Koppa (PSE).(EL) Frau Präsidentin, die Erweiterungspolitik ist der erfolgreichste Ausdruck der Außenpolitik der Europäischen Union. Was die Türkei anbelangt, muss die Botschaft klar sein: Das Ziel ist Integration, und die Türkei kann dies erreichen, indem sie ihren Verpflichtungen nachkommt, die Demokratie konsolidiert, Menschenrechte achtet und gutnachbarschaftliche Beziehungen ausbaut.

Die Türkei befindet sich in einer entscheidenden Phase, sowohl im Hinblick auf innere Angelegenheiten als auch auf die Neudefinition ihrer geostrategischen Rolle. In diesem Rahmen ist es entscheidend, dass das Land die Reformen fortsetzt und sich stetig an Europa annähert. Ich möchte allerdings darauf hinweisen, dass das angespannte Klima, das die Türkei kürzlich in der Ägäis schürte, neue Probleme verursacht hat.

Im Fall der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien hat die Kommission deutlich gemacht, dass das Land nicht die einfachsten Anforderungen für die Eröffnung von Verhandlungen erfüllt, da es deutliche Demokratie-Defizite aufweist. Was den Namensstreit betrifft: Trotz der Tatsache, dass Griechenland Kooperationsbereitschaft und Realismus gezeigt hat, hat die Regierung in Skopje nicht reagiert.

Allerdings wird in dem Bericht der Europäischen Union, mit dem wir uns heute befassen, mein Land leider als einziges Land dargestellt, das für die Verzögerung bei der Aufnahme von Beitrittsverhandlungen verantwortlich ist. Dies ist ungerecht gegenüber Griechenland und erleichtert nicht die Lösung eines Problems, das unsere beiden Länder nun seit mehr als 15 Jahren plagt.

 
  
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  Alojz Peterle (PPE-DE).(SL) Ich habe bisher alle Berichte des Europäischen Parlaments zur Entwicklung Kroatiens auf seinem Weg zu einer vollwertigen Mitgliedschaft in der Europäischen Union befürwortet. Ich begrüße hierbei auch die zahlreichen neuen Errungenschaften Kroatiens. Gern unterstütze ich auch diesen wichtigen Bericht, der von meinem Kollegen Herrn Swoboda sorgfältig zusammengestellt wurde, sofern die Kompromissänderungsanträge einen ausgewogenen und realistischen Ansatz widerspiegeln. Nur mit einem solchen Ansatz können wir die Gründe für die Hindernisse beseitigen und den Beitrittsprozess für Kroatien beschleunigen.

Ich stimme vollkommen mit dem amtierenden Ratspräsidenten, Herrn Vondra, überein, wenn er sagt, dass wir einen konstruktiven und dynamischen Ansatz brauchen. In diesem Zusammenhang scheint mir wichtig, dass nach einer Reihe erfolgloser bilateraler Versuche nun die Europäische Kommission mit einer Initiative zur Vermittlung eine Möglichkeit für einen neuen und glaubwürdigen Versuch angeboten hat, um eine endgültige Lösung für das Grenzproblem zwischen Slowenien und Kroatien zu erzielen und ebenso bei den Beitrittsverhandlungen mit Kroatien zügig voranzukommen.

Ich freue mich festzustellen, dass beide Länder dieser Initiative aufgeschlossen gegenüberstehen und dass Gespräche auf hoher Ebene aufgenommen wurden. Ich hoffe, dass uns die Initiative einem dreifachen Sieg deutlich näher bringt: einem Sieg für Kroatien, Slowenien und die Europäische Union. Wir dürfen nicht zulassen, dass eine Partei als alleiniger Sieger hervorgeht oder dass nur ein Standpunkt vorherrscht. Wir können nur gewinnen, wenn wir auf der Grundlage gemeinsamer Ziele und eines gemeinsamen Willens arbeiten.

Ich stimme ebenso dem Berichterstatter, Herrn Swoboda, zu, wenn er sagt, dass wir den Grundsatz der Gerechtigkeit beachten müssen, der Teil des Völkerrechts ist. Ich stimme ebenso dem Kommissar, Herrn Rehn, voll zu, dass die Satzung der Vereinten Nationen ein geeigneter Ausgangspunkt für die Beilegung der Grenzstreitigkeiten ist und dass die Initiative der Kommission den Geist dieser Satzung widerspiegelt.

Der Verhandlungstisch sollte endlich im Mittelpunkt stehen, ohne jegliche Rhetorik oder Druckausübung, die die Würde der einzelnen Parteien verletzen oder dem Beitrittsstatus Kroatiens schaden würde. Wir brauchen ein positives Klima. Ich bin fest davon überzeugt, dass nur eine positive Lösung absehbar ist, eine, auf die sich Slowenien und Kroatien unter Vermittlung eines Dritten, z. B. der Europäischen Kommission, einigen werden. Ich würde mich freuen, wenn dies so bald wie möglich geschieht.

 
  
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  Giorgos Dimitrakopoulos (PPE-DE).(EL) Frau Präsidentin! Ich stimme zu und erkenne die europäische Perspektive der Türkei an. Wenn diese Perspektive allerdings ein erfolgreiches Ende haben soll, dann muss die Türkei Folgendes tun:

Zunächst müssen die Rechte von Minderheiten anerkannt und eine Art der Politik vermieden werden, wie sie beispielsweise in Imvros und Tenedos angewendet wird.

Dann muss das Land seine Beziehungen zu Griechenland verbessern, einem Mitgliedstaat, der seine europäische Perspektive beispielsweise unterstützt, indem er den Casus Belli beseitigt und den Rechtsverstößen in der Ägäis ein für alle Mal ein Ende setzt.

Und drittens müssen Fortschritte bei der Zypern-Frage erzielt werden. Diese Fortschritte bedeuten den Abzug der türkischen Besatzungstruppen einerseits und die Einnahme einer konstruktiven Haltung zu allen Fragen andererseits, um eine Lösung für das Problem zu finden. Ich möchte das Parlament daran erinnern, dass ich zu der Generation gehöre, die mit dem Grundsatz „Unsere Grenzen sind in Kyrenia“ aufgewachsen ist.

 
  
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  Joel Hasse Ferreira (PSE).(PT) Der Prozess, der im Beitritt der Türkei zur Europäischen Union münden soll, geht nur langsam voran. Zum jetzigen Zeitpunkt ist es nicht die mäßige Geschwindigkeit, mit der Reformen in der Türkei durchgeführt werden, durch die der Prozess verlangsamt wird, sondern die Langsamkeit des Rats und der Europäischen Kommission. Die wirtschaftliche, soziale und politische Auswirkung dieses zukünftigen Beitritts wurde letzten Dezember im polnischen Sopot eingehend diskutiert, auf einer Konferenz, auf der ich die Freude und Ehre hatte zu sprechen.

Im Hinblick auf die Schwerpunkte der türkischen Regierung ist in diesem Zusammenhang das Frühstückstreffen mit Ministerpräsident Erdogan im vergangenen Januar in Brüssel zu erwähnen. Das Ergebnis dieses Treffens war eine rechtzeitige Klarstellung ergänzt durch Kontakte, die einige von uns mit der Republikaner-Seite und zu verschiedenen Personen und Organisationen der türkischen Republik knüpfen konnten. Hinzu kommt die permanente Arbeit, die wir im gemischten parlamentarischen Ausschuss EU-Türkei geleistet haben.

Zum Abschluss möchte ich noch sagen, Frau Präsidentin, Herr Kommissar, meine Damen und Herren, dass dieser Prozess für ein ernsthaft gewachsenes Europa entscheidend ist, ein Europa, das stark und weltoffen ist, säkular und demokratisch, und in dem die demokratisch geeinte Republik Zypern den Platz einnimmt, den sie verdient hat.

 
  
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  Metin Kazak (ALDE).(BG) Ich danke Ihnen, Frau Präsidentin. Die Türkei spielt bei der Energie- und geostrategischen Sicherheit Europas eine Schlüsselrolle und wird auch in Zukunft ein stabilisierendes Element während der Krise sein. Es stimmt zwar, dass Ereignisse wie das Verfahren zum Verbot der AK-Partei, der Fall „Ergenekon“ und die Kommunalwahlen die Reformen im Land verlangsamt haben, allerdings bietet die Ernennung eines neuen Verhandlungsführers der türkischen Regierung eine gute Gelegenheit, den Prozess der Angleichung türkischer Rechtsvorschriften an europäische Standards zu beschleunigen und bei den politischen Kriterien in den Verhandlungskapiteln voranzukommen.

Ich glaube, dass die Türkei drei Prioritäten umsetzen sollte, wenn sie ernsthafte Fortschritte auf dem Weg zur EU-Mitgliedschaft machen möchte. Zunächst muss sie weiterhin konstruktiv an einem erfolgreichen Ausgang der Gespräche zur Zypernfrage arbeiten. Dieses Engagement muss aber aufseiten aller an diesem Prozess beteiligten Länder spürbar sein und darf nicht als Vorwand für das Blockieren der Verhandlungen verwendet werden. Zweitens muss sie die Rede- und Gedankenfreiheit respektieren. Und drittens muss sie – insbesondere im Hinblick auf kulturelle Rechte und das Recht auf Bildung – Schutz für Minderheitsgemeinschaften garantieren. Im Rahmen dieser fortschreitenden, kontinuierlichen Modernisierung muss die Türkei seine proeuropäischen Befürworter zurückgewinnen. Ich danke Ihnen.

 
  
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  Bart Staes (Verts/ALE).(NL) Frau Präsidentin! Ich war eines der Parlamentsmitglieder, die vor der Eröffnung der Verhandlungen für die Türkei gestimmt haben. Meiner Meinung nach sind diese Verhandlungen in Wirklichkeit eine Übung zur Konfliktprävention. Ich bin überzeugt, dass die Verhandlungen auf viele Politikbereiche starke Auswirkungen haben werden. Sie werden in der Türkei ein besseres soziales Klima, bessere Umwelt- und Gesundheitsgesetzgebung sowie ein besseres Arbeitsrecht für Türken schaffen.

Mit der Zeit werden die Verhandlungen ebenso für viele Bevölkerungsgruppen zu besseren Lebensbedingungen führen: für Frauen, religiöse Minderheitengruppen, Kurden und Aleviten. Es geht allerdings noch sehr langsam voran. Seit vier Jahren gibt es nun bereits einen Stillstand, und es gibt viele dringliche Bereiche, die angesprochen werden müssen. Die Diskriminierung von Parteien wie beispielsweise der Partei der demokratischen Gesellschaft DTP ist untragbar. Es gibt einen Mangel an ziviler und politischer Kontrolle der Armee. Dies ist schlicht inakzeptabel.

Meinungsfreiheit und Pressefreiheit sind unverzichtbar, und Folter und Misshandlung in Gefängnissen können nicht toleriert werden. Es ist unbedingt erforderlich, dass für das Kurden-Problem eine politische Lösung gefunden wird. Ich vertrete den Standpunkt, dass wir unter diesen Umständen die Verhandlungen unbedingt fortsetzen sollten.

 
  
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  Kyriacos Triantaphyllides (GUE/NGL). – Frau Präsidentin! Ich möchte Kommissar Rehn zu seinem Standpunkt zum Bericht Oomen-Ruijten beglückwünschen. Er war der Ansicht, dass es für die Türkei unerlässlich ist, die laufenden Gespräche zwischen den Staatschefs der beiden Gemeinschaften in Zypern proaktiv zu unterstützen. Daher stimmen wir der Berichterstatterin voll und ganz zu, wenn sie in Ziffer 40 ihres Berichts die Türkei dazu auffordert, „ein angemessenes Verhandlungsklima zu schaffen, indem die türkischen Truppen abgezogen werden und es den beiden Staatschefs ermöglicht wird, die Zukunft ihrer Länder frei zu verhandeln“.

Ich würde vorschlagen, dass es zu diesem Zeitpunkt direkter Gespräche für das Europäische Parlament möglicherweise nicht empfehlenswert ist, in seinen Bericht Vorschläge für Ausnahmen vom gemeinschaftlichen Besitzstand aufzunehmen.

Ergänzend zur Position der Berichterstatterin appellieren wir auch an die Türkei, ihre Verpflichtungen hinsichtlich der Nachforschungen über das Schicksal vermisster Personen zu erfüllen und damit aufzuhören, die ausschließliche Wirtschaftszone der Republik Zypern zu verletzen. Damit kann die Türkei selbst ihren Weg zum Beitritt erleichtern.

 
  
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  Marie Panayotopoulos-Cassiotou (PPE-DE).(FR) Frau Präsidentin! Ich habe der Kommission gestern eine mündliche Frage vorgelegt und eine Mitteilung vom Sekretariat des Parlaments erhalten. Darin wurde ich darüber informiert, dass der Kommissar meine Frage heute Nachmittag beantworten würde.

Ich erkläre, dass mein Name Panayotopoulos lautet und dass ich eine Frage zu Ziffer 6 des Verhandlungsrahmens mit der Türkei vorgelegt habe.

 
  
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  Die Präsidentin. – Frau Panayotopoulos-Cassiotou, ich denke, dass der Kommissar Sie gehört hat.

 
  
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  Alexandr Vondra, amtierende Präsidentin des Rates. − Frau Präsidentin, wir hatten heute eine sehr lange aber auch wichtige Debatte. Dies ist ein entscheidendes Jahr im Beitrittsprozess von Kroatien und für die gesamte Region des westlichen Balkans, und wir legen natürlich Wert auf die beständige Unterstützung des Parlaments bei der Annäherung Kroatiens, der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien und der westlichen Balkanländer an die EU und begrüßen diese.

Es wurde viel zu mangelndem Fortschritt in der Türkei hinsichtlich der Reformbemühungen gesagt. Wir begrüßen daher, dass die Türkei ihr Engagement für den EU-Beitritt bekräftigt hat, wie Herr Erdogan sagte. Wir bitten das Land darum, die Gelegenheit im Jahr 2009 zu ergreifen und dieses Engagement zu beweisen und weitere Fortschritte auf dem Weg zur EU zu erzielen.

Die Türkei muss lang erwartete Reformen in die Realität umsetzen. Die anhaltende Unterstützung des Europäischen Parlaments während des Prozesses ist angesichts zukünftiger Herausforderungen besonders wichtig. Ich habe morgen die Gelegenheit, den türkischen Verhandlungsführer in Prag zu treffen.

Gleichzeitig dürfen wir die strategische Bedeutung der Türkei besonders in den derzeitigen turbulenten Zeiten nicht auf die leichte Schulter nehmen oder unsere früheren Verpflichtungen vergessen. Soweit ich weiß, wird Präsident Obama während seines Besuchs in Europa möglicherweise die Türkei als eine Art muslimisches Musterland besuchen. Ich glaube, dass dies nicht der Moment ist, in dem die Europäer ihr Engagement gegenüber der Türkei aufgeben sollten. Ich glaube, dass Joost Lagendijk dies zurecht gesagt hat.

Was den Grenzkonflikt zwischen Kroatien und Slowenien betrifft, habe ich Hannes Swoboda, István Szent-Iványi und vielen anderen aufmerksam zugehört. Ich möchte an dieser Stelle nur wiederholen, dass wir es als Präsidentschaft begrüßen, dass sowohl Slowenien als auch Kroatien nun vereinbart haben, ihre Arbeit auf Initiative von Kommissar Rehn hinsichtlich des Konflikts fortzuführen. Wir unterstützen diese Initiative voll und ganz und sind besorgt darüber, dass sie noch keine fruchtbringenden Ergebnisse hinsichtlich spezieller Bedingungen der Erleichterung hervorgebracht hat. Wir stellen fest, dass die Zeit knapp wird, und der Präsidentschaft ist daran gelegen, konkrete Fortschritte in den Verhandlungen auf Grundlage der bereits geleisteten Arbeit sicherzustellen. Wir erwägen daher die Möglichkeiten für eine Verbesserung unserer Unterstützung für die Initiative des Kommissars in naher Zukunft. Wir haben das gerade während des Mittagessens besprochen.

Im Hinblick auf die ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien sagte u. a. Bernd Posselt, dass wir die Bemühungen der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien unterstützen sollten, und ich denke, dass er recht hat. Ich will nur kurz erwähnen, dass der tschechische Ministerpräsident Topolánek gestern Skopje besucht und unser Engagement für das europäische Streben dieses Landes bekräftigt hat.

 
  
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  Olli Rehn, Mitglied der Kommission. − Frau Präsidentin! Ich möchte den Mitgliedern für diese äußerst konstruktive, inhaltsreiche und verantwortungsbewusst geführte Aussprache danken. Ich möchte nur einige wenige Punkte hinsichtlich der Redebeiträge ansprechen.

Zunächst ist es klar, dass jegliche Politikgestaltung in Europa und in der Welt von dem sehr anspruchsvollen heutigen Kontext überschattet wird. Unsere Bürger spüren die Finanzkrise und die wirtschaftliche Rezession, und dies beherrscht natürlich die Gedanken unserer Führungspersönlichkeiten in der Europäischen Union.

Es ist jedoch nach wie vor enorm wichtig, dass wir uns als Europäische Union weiterhin für die EU-Perspektive für Südosteuropa einsetzen, und dies ist auch der heute hier im Parlament zum Ausdruck gebrachte politische Wille, den ich begrüße und schätze.

An zweiter Stelle, betreffend Zypern, sagte mein Freund Herr Wiersma, dass ich ein Optimist sein müsse. Ich denke, da ist etwas in der Übersetzung untergegangen, obwohl ich eigentlich dachte, ich würde Englisch sprechen, wenn auch mit dem recht urwüchsigen Akzent von Ostfinnland! Wie auch immer, ich halte mich weder für einen Optimisten noch für einen Pessimisten, sondern ich bin gewöhnlich eher ein Realist, was die Analyse von Dingen betrifft, und entschlossen, was jene Angelegenheiten betrifft, die ich wirklich beeinflussen kann. Ich denke, dass es hier unumgänglich ist, dass wir die derzeit stattfindenden Gespräche zwischen den beiden Staatschefs und den beiden Gemeinschaften unterstützen, sodass wir im Jahr 2009 die Chance ergreifen können, um eine umfassende Lösung zu erreichen. Wir erwarten natürlich, dass die Türkei zu einem günstigen politischen Klima für eine solche Beilegung des Konflikts beiträgt.

Vom Standpunkt der Europäischen Union aus ist es wichtig sicherzustellen, dass jede Lösung im Einklang mit den Gründungsprinzipien der Union, d. h. Freiheit, Demokratie, Achtung der Menschenrechte und Grundfreiheiten und der Rechtsstaatlichkeit, erfolgt. Mit anderen Worten, die EU kann nur eine Lösung unterstützen, die ein vereintes Zypern schafft, das die Grundsätze, auf denen die EU beruht, respektiert, und fähig ist, die mit einer EU-Mitgliedschaft verbundenen Pflichten wahrzunehmen. Das setzt eine Föderation von zwei Gebieten und zwei Gemeinschaften mit politischer Gleichberechtigung voraus, wie es in den einschlägigen Resolutionen des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen festgelegt ist.

Abschließend noch eine Anmerkung zu Kroatien. Ich danke den Rednern für ihre Unterstützung der Initiative der Kommission zur Vermittlung – eine Initiative auf der Grundlage des Völkerrechts, und ich beziehe mich hier sowohl auf die UN-Charta als auch auf den Verhandlungsrahmen zwischen der EU und Kroatien. Ich kann nur noch einmal betonen, dass unabhängig von der Methode, es eine bilaterale Vereinbarung zwischen den zwei Ländern Slowenien und Kroatien sein muss. Wir arbeiten daran, um eine solche Vereinbarung zu erleichtern.

Mein ehrlicher Wunsch ist es, dass Sie die Initiative der Kommission in Ihrer Resolution unterstützen und keine Situation schaffen, in der wir wieder ganz von vorne anfangen müssen, da dies der einzig realistische und gangbare Weg vorwärts ist.

Ich möchte abschließend sagen, dass ich wirklich daran glaube, dass Kroatien immer noch das ehrgeizige Ziel des Abschlusses der Beitragsverhandlungen bis Ende des Jahres 2009 erreichen kann, vorausgesetzt, dass die Verhandlungen bald fortgeführt werden können. Darum ermutige ich beide Länder, schnellstmöglich zuzustimmen, um die Grenzfrage zu klären und unverzüglich den Weg für Kroatiens EU Beitrittsverhandlungen freizumachen. Ich danke Ihnen für Ihre Unterstützung dieser Initiative.

 
  
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  Die Präsidentin. - Ich habe drei Entschließungsanträge(1) erhalten, die gemäß Regel 103(2) der Geschäftsordnung eingebracht wurden.

Die Aussprache ist geschlossen.

Die Abstimmung erfolgt morgen, am 12. März 2009.

 
  
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  Bernd Posselt (PPE-DE). – (DE) Frau Präsidentin! Ich habe eine konkrete Frage an den Kommissar, nämlich ob er damit einverstanden ist oder auch vorschlägt, dass man das „principle of equity“, wie in der Kommissionserklärung vorgesehen, durch „international law and jurisprudence“ ersetzt.

(Die Präsidentin entzieht dem Redner das Wort.)

 
  
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  Die Präsidentin. – Herr Posselt, die Aussprache ist geschlossen.

Schriftliche Erklärungen (Artikel 142)

 
  
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  Călin Cătălin Chiriţă (PPE-DE), schriftlich.(RO) Ich beglückwünsche Frau Oomen-Ruijten zu diesem hervorragenden Bericht.

Ich möchte zwei Gedanken aufgreifen:

1) Erstens glaube ich, dass die EU weiterhin die Entwicklung proeuropäischer, moderner, säkularer Eliten in der Türkei unterstützen sowie europäische Werte und hochwertige Informationen zur europäischen Integration verbreiten muss. Zu diesem Zweck muss die EU Bildungsreformen in der Türkei, die Entwicklung der europäischen Integrationsforschung und Erasmus-Programme aktiver unterstützen und die Autonomie der Universitäten sicherstellen. Studenten, Forscher und Lehrer, die sich eingehend mit den EU-Institutionen und ihren Politikbereichen befassen möchten, müssen darin bestärkt und unterstützt werden.

2) An zweiter Stelle muss die EU, parallel zur Unterstützung von Angehörigen nationaler Minderheiten, Aktionen ethnischer Separatisten entschlossen verurteilen. Ich beziehe mich hiermit auf den kurdischen Separatismus in der Türkei und den türkischen Separatismus in Zypern, es gibt aber auch noch andere Beispiele. Die EU muss die strikte Anwendung der Prinzipien der territorialen Integrität und einer guten Nachbarschaft im Hinblick auf die Türkei, den Irak, Zypern und die anderen Länder der Region unterstützen.

 
  
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  Richard Corbett (PSE), schriftlich. – Ich freue mich, dass der Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten und die Kommission zuversichtlich sind, dass die Verhandlungen zum Beitritt Kroatien zur EU dieses Jahr abgeschlossen werden können. Kroatien hat gute Fortschritte bei der Übernahme des gemeinschaftlichen Besitzstandes erzielt. Die Korruptionsbekämpfungseinheit USKOK hat ihre Arbeit intensiviert und es wurden Rechtsvorschriften zur Reformierung der kroatischen Justiz eingeführt.

Dies wird jedoch durch das Wissen getrübt, dass es Fälle gibt, in denen der IStGHJ nicht in der Lage war, Zugang zu bestimmten Dokumenten über angebliche Kriegsverbrechen zu erhalten. Außerdem muss Minderheitenrechten wie im Fall der Krajina-Serben sowie der Frage der Flüchtlingsrückkehr weitere Beachtung geschenkt werden.

Die Erweiterung gehört zu den großen Erfolgen der modernen Europäischen Union. Nach der Integration vieler, vom Kalten Krieg geschädigten europäischen Nationen müssen wir nun dasselbe für die westlichen Balkanstaaten tun. Der Beitritt Kroatiens ist hierbei der erste, wichtige Schritt.

 
  
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  Alexandra Dobolyi (PSE), schriftlich.(HU) Das Thema Türkei ging schon immer einher mit Bedenken und Misstrauen. Stets gab es Probleme, die weit über die Notwendigkeit hinausgingen, die strengen Beitrittskriterien zu erfüllen.

In dieser Hinsicht müssen wir nur einen Blick auf die Art der nachbarschaftlichen Beziehungen werfen, die die Türkei zu anderen EU-Mitgliedstaaten wie Griechenland, Zypern oder zu Ländern außerhalb der EU, z. B. Armenien, unterhält. Wenn wir des Weiteren berücksichtigen, dass die Türkei der einzige Staat ist, der der Ansicht ist, dass die Europäische Union aus nur 26 Mitgliedstaaten besteht, dann ist es befremdlich, dass die Türkei dieser Gemeinschaft zukünftig gern selbst beitreten und ihr angehören möchte.

Meine Position ist, dass der Beitrittsprozess zur EU zukünftig im Sande verlaufen wird, sofern das Land sein Verhalten hinsichtlich grundlegender Probleme nicht grundsätzlich ändert. Als die EU entschied, Beitrittsverhandlungen aufzunehmen, so geschah dies in der Hoffnung und Erwartung, dass die Türkei tatsächlich einen Platz in der europäischen Familie hat. Ich möchte eine Frage stellen: Ist es sicher, dass die Türkei diese Haltung heute teilt?

Wenn sich die Türkei unmissverständlich für gute Verhältnisse zu ihren Nachbarn einsetzt und dafür, ausstehende Fragen friedlich im Einklang mit der Charta der Vereinten Nationen und anderen europäischen Dokumenten zu klären, dann besteht Hoffnung.

Wenn die Türkei diese Kriterien vorbehaltlos erfüllt, dann bestehen Chancen, dass sie die Unterstützung von jedem von uns erhalten wird, und möglicherweise auch die Gunst der europäischen Bürger zurückgewinnen kann.

 
  
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  Lidia Joanna Geringer de Oedenberg (PSE), schriftlich. (PL) Wir haben im vergangenen Jahr deutliche Fortschritte und intensive Bemühungen seitens Kroatien bei den Beitrittsverhandlungen erlebt. Die Verhandlungen zum EU-Beitritt sind auf dem richtigen Weg, obwohl sich das Land auf weitere Reformen in Bereichen wie Verwaltung, the Rechtssystem, Wirtschaft, den Kampf gegen Korruption und das organisierte Verbrechen, Achtung und Schutz von Minderheiten und die Untersuchung von Kriegsverbrechen konzentrieren muss.

Es ist zwingend notwendig, die Anstrengungen hinsichtlich der Übernahme und effektiven Umsetzung des gemeinschaftlichen Besitzstandes fortzuführen. Weiterhin ist es besonders wichtig, die Beziehungen von Kroatien zu seinen Nachbarländern, insbesondere zu Slowenien, zu verbessern und eine abschließende Lösung auf die Frage nach den Grenzen zu anderen benachbarten Ländern zu finden.

Kroatien sollte in seine Entwicklungspolitik auch jene Ziele mit einschließen, die sich die Europäische Union derzeit selbst in den Bereichen Klimapaket und erneuerbare Energien gesetzt hat.

Der weitere Fortschritt Kroatiens bei den Beitrittsverhandlungen hängt insbesondere von der Vollendung wesentlicher politischer, wirtschaftlicher, gesetzgeberischer und administrativer Reformen ab. In diesem Zusammenhang ist daran zu erinnern, dass der Fahrplan der Kommission ein sehr nützliches und hilfreiches Hilfsmittel ist, das Kroatien beim Abschluss der einzelnen Verhandlungskapitel unterstützt. Ich hoffe, dass es möglich ist, vielleicht sogar noch in diesem Jahr die Endphase der Verhandlungen zu erreichen.

 
  
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  András Gyürk (PPE-DE) , schriftlich. – (HU) Die Zusammenarbeit im Energiesektor ist zu einer der Hauptfragen bei den Beziehungen zwischen der EU und der Türkei geworden. Der Hauptgrund dafür ist, dass die Türkei als Transitland maßgeblich dazu beitragen kann, die Abhängigkeit der EU von Energiequellen zu verringern und die Energieversorgung zu diversifizieren. Eine verstärkte Zusammenarbeit mit der Türkei kann gleichzeitig ein wichtiger Schritt in Richtung Expansion des Energiebinnenmarkts sein.

Ich bin überzeugt, dass die grundlegenden Ziele der Türkei und der Europäischen Union in dieselbe Richtung gehen. Wir möchten den wachsenden Energiebedarf durch so viele Quellen wie möglich abdecken. Die Förderung der Diversifizierung ist am dringlichsten im Bereich der Gasversorgung. Hierfür ist der Bau der Nabucco-Pipeline von zentraler Bedeutung. Die Gaskrise im Januar hat deutlicher als je zuvor gezeigt, wie wichtig die vorgenannte Infrastruktur ist. Daher ist die Entwicklung zu begrüßen, dass im europäischen Konjunkturprogramm Mittel für den Bau der Erdgasleitung eingeplant werden sollen.

Im Hinblick auf Nabucco benötigen wir, bevor es an den ersten Spatenstich geht, sobald wie möglich bilaterale Regierungsabkommen mit der Türkei. Ich halte die Kommentare für bedauerlich, die die Einstellung Ankaras zu Nabucco direkt mit dem Beitritt des Landes zur EU verbinden. Ich bin überzeugt, dass die Zusammenarbeit bei energiepolitischen Fragen nicht zu einer außenpolitischen Waffe gemacht werden kann. Aus diesem Grund ist ein intensiverer Energiedialog zwischen der Europäischen Union und der Türkei erforderlich. Ein möglicher Schritt hierbei könnte die Eröffnung des Kapitels „Energiepolitik“ sein.

 
  
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  Nicolae Vlad Popa (PPE-DE), schriftlich.(RO) Der Jahresbericht der Kommission über die Fortschritte der Türkei im Jahr 2008 als Bewerberland ist ausgewogen. Obwohl der Reformprozess vorangetrieben werden sollte und acht Verhandlungskapitel immer noch blockiert sind, hat die Kommission insbesondere die kürzliche diplomatische Tätigkeit der Türkei und ihre Rolle bei der Förderung der Stabilität in der Region begrüßt. Die Ereignisse vom Sommer 2008 unterstrichen die strategische Rolle der Türkei u. a. im Energiesektor.

Im Bereich der regionalen Zusammenarbeit wurde die konstruktive Rolle angemerkt, die die Türkei in ihren Beziehungen zu Nachbarstaaten und im Nahen Osten durch aktive Diplomatie gespielt hat. Die Entwicklungen im Kaukasus unterstrichen die strategische Bedeutung der Türkei für die Energiesicherheit der EU, insbesondere durch die Diversifizierung der Transportwege. Das Dokument betont die Wichtigkeit enger Zusammenarbeit im Energiesektor zwischen EU und Türkei, wobei das Nabucco-Projekt eine Schlüsselrolle spielt. Nach der Aufnahme von Verhandlungen zwischen dem griechischen und dem türkisch-zypriotischen Führer mit dem Ziel einer Einigung bei der Zypernfrage ist es wichtig für Ankara, die Lösungsfindung parallel zu den diesbezüglichen Anstrengungen der VN weiterhin zu unterstützen.

Die Erweiterung der EU und die fortschreitende Integration von westlichen Balkanstaaten in die EU sind die Schwerpunkte für Rumänien. Rumänien unterstützt die substanziellen Fortschritte, die bei den Verhandlungen mit der Türkei erzielt wurden – ein Prozess, der dynamisch genug ist, um interne Reformen zu fördern.

 
  
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  Toomas Savi (ALDE), schriftlich. – In den letzten fünf Jahren haben die neuen Mitgliedstaaten zahlreiche positive Auswirkungen der Mitgliedschaft in der Europäischen Union erlebt. Diese Erfahrung sollte nicht monopolisiert werden, und daher unterstütze ich innigst die fortgesetzte Erweiterung der EU. So sehr ich mich allerdings darüber freuen würde, wenn die Türkei in naher Zukunft in die EU aufgenommen wird, so zeigt der Fortschrittsbericht leider ganz das Gegenteil.

Ich habe dieses Problem mehrmals in diesem Plenum angesprochen und auf den armenischen Völkermord, Bedenken hinsichtlich der Kurden und die Besetzung Zyperns hingewiesen.

Darüber hinaus sieht man bei der Überprüfung der Fortschritte, die die Türkei in Richtung Abschluss der Verhandlungen zu den 35 Kapiteln des gemeinschaftlichen Besitzstandes seit Oktober 2005 erreicht hat, dass lediglich zwölf Kapitel geöffnet wurden und bis zum aktuellen Zeitpunkt nur eines davon – das Kapitel zu Wissenschaft und Forschung – geschlossen wurde.

Ich möchte den Rat und die Kommission fragen, wie sie gedenken, den Verhandlungsverlauf zu beschleunigen und die Zypernfrage zu klären.

 
  
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  Csaba Sógor (PPE-DE), schriftlich. – (HU) Die Mitgliedstaaten der Europäischen Union sollten mehr Solidarität und Toleranz gegenüber den Beitrittsländern zeigen. Mein Land, Rumänien, wurde auf den Beitritt nicht vorbereitet, und es bestehen immer noch Defizite im Bereich der Minderheitenrechte. Dennoch hat Ungarn Rumänien nicht daran gehindert, der EU beizutreten, da es europäische Solidarität und Toleranz als wichtiger erachtet hat. Natürlich müssen die Beitrittsländer größere Schritte im Hinblick auf die Sicherstellung von Menschen- und Minderheitenrechten machen; allerdings müssen die derzeitigen Mitgliedstaaten der EU mit gutem Beispiel vorangehen. Ich denke daher, dass es wichtig für uns ist, zunächst die EU-Mitgliedstaaten darum zu bitten:

– die Europäische Charta der Regional- oder Minderheitensprachen zu unterzeichnen und zu ratifizieren,

– das in einem EU-Mitgliedstaat geltende Gesetz aufzuheben, das den Begriff einer Kollektivschuld einführt,

– aus dem Beispiel des Kosovo zu lernen und die kulturelle und regionale Autonomie traditioneller nationaler Minderheiten zu garantieren, die auf dem Gebiet der derzeitigen EU-Mitgliedstaaten leben.

 
  
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  Csaba Sándor Tabajdi (PSE), schriftlich. – (HU) Die Stabilisierung des Westlichen Balkans und die Stärkung seiner Beziehungen zu Europa ist eine wichtige Aufgabe, da die Region für Europa von geostrategischer Bedeutung ist. Gleichzeitig bleiben die westlichen Balkanstaaten aus vielen Blickwinkeln gesehen, darunter auch die Bereiche Wirtschaft und Energie, weiterhin deutlich verletzbar und abhängig.

Wir hoffen, dass Kroatien im Jahr 2011 während der ungarischen Präsidentschaft beitreten kann; dies hängt allerdings von einem erfolgreichen Abschluss der kürzlich begonnenen und unter internationaler Vermittlung stattfindenden bilateralen Gespräche mit Slowenien bezüglich der Teilung der Bucht von Piran ab. Eine weitere Bedingung besteht darin, dass Kroatien vorbehaltlos mit dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag bei der Suche und Übergabe von Kriegsverbrechern kooperiert. Ferner müssen wir jenen Ländern in der Region ein positives Signal senden, in denen aufgrund verschiedener externer und interner Faktoren der Zeitplan für den Beitritt noch unsicher ist. Wir sollten das Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen mit Serbien und mit Bosnien und Herzegowina so schnell wie möglich ratifizieren, allen Ländern in der Region einen vollwertigen Kandidatenstatus gewähren und einen präzisen Zeitplan für die schnellstmögliche Einigung zur Visa-Liberalisierung festlegen. Die Finanzkrise hat die Balkanstaaten schwer getroffen, und die EU-Mitgliedstaaten müssen, sofern notwendig, zur Stabilisierung der Region beitragen. Wir müssen Ländern, die in Schwierigkeiten sind, Hilfe leisten. Die EU muss die interethnischen Beziehungen in der Region aufmerksam verfolgen und der prekären Lage im Innern von Mazedonien dabei besondere Aufmerksamkeit widmen, wo das derzeit größte Risiko für einen ernsthaften Konflikt in der Region herrscht.

 
  

(1) Siehe Protokoll.

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