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Ausführliche Sitzungsberichte
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Mittwoch, 11. März 2009 - Straßburg Ausgabe im ABl.
1. Eröffnung der Sitzung
 2. Erklärungen des Präsidenten
 3.  – Vorbereitung des Europäischen Rates (19. und 20. März 2009) – Ein europäisches Konjunkturprogramm – Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten – Kohäsionspolitik: in die Realwirtschaft investieren (Aussprache)
 4. Tagesordnung
 5. Abstimmungsstunde
  5.1. Mehrwertsteuerbefreiung bestimmter endgültiger Einfuhren von Gegenständen (kodifizierte Fassung) (A6-0060/2009, Lidia Joanna Geringer de Oedenberg) (Abstimmung)
  5.2. Anpassung der Grundgehälter der Europol-Bediensteten (A6-0078/2009, Agustín Díaz de Mera García Consuegra) (Abstimmung)
  5.3. Inanspruchnahme des Solidaritätsfonds der Europäischen Union (A6-0106/2009, Reimer Böge) (Abstimmung)
  5.4. Berichtigungshaushaltsplan Nr. 1/2009 (A6-0113/2009, Jutta Haug) (Abstimmung)
  5.5. Gemeinsame Normen für Schiffsüberprüfungs- und -besichtigungsorganisationen und die einschlägigen Maßnahmen der Seebehörden (Neufassung) (A6-0097/2009, Luis de Grandes Pascual) (Abstimmung)
  5.6. Vorschriften und Normen für Schiffsüberprüfungs- und -besichtigungsorganisationen (Neufassung) (A6-0098/2009, Luis de Grandes Pascual) (Abstimmung)
  5.7. Hafenstaatkontrolle (Neufassung) (A6-0099/2009, Dominique Vlasto) (Abstimmung)
  5.8. Gemeinschaftliches Überwachungs- und Informationssystem für den Schiffsverkehr (A6-0100/2009, Dirk Sterckx) (Abstimmung)
  5.9. Untersuchung von Unfällen im Seeverkehr (A6-0101/2009, Jaromír Kohlíček) (Abstimmung)
  5.10. Unfallhaftung von Beförderern von Reisenden auf See (A6-0102/2009, Paolo Costa) (Abstimmung)
  5.11. Versicherung von Schiffseigentümern für Seeforderungen (A6-0072/2009, Gilles Savary) (Abstimmung)
  5.12. Erfüllung der Flaggenstaatpflichten (A6-0069/2009, Emanuel Jardim Fernandes) (Abstimmung)
  5.13. Erhebung von Gebühren für die Benutzung bestimmter Verkehrswege durch schwere Nutzfahrzeuge (A6-0066/2009, Saïd El Khadraoui) (Abstimmung)
  5.14. Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission (A6-0077/2009, Michael Cashman) (Abstimmung)
  5.15. Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten (A6-0052/2009, Jan Andersson) (Abstimmung)
  5.16. Verlängerung der Anwendbarkeit des Artikels 139 GO bis zum Ende der siebten Wahlperiode (B6-0094/2009) (Abstimmung)
  5.17. Die soziale Lage der Roma und die Verbesserung ihres Zugangs zum EU-Arbeitsmarkt (A6-0038/2009, Magda Kósáné Kovács) (Abstimmung)
  5.18. Lösungsansätze für die Herausforderungen im Zusammenhang mit der Ölversorgung (A6-0035/2009, Herbert Reul) (Abstimmung)
  5.19. Umweltgerechte Ausgestaltung des Verkehrs und Internalisierung externer Kosten (A6-0055/2009, Georg Jarzembowski) (Abstimmung)
  5.20. Lissabon-Strategie (Abstimmung)
  5.21. Kampf gegen den Klimawandel (Abstimmung)
  5.22. Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen (Abstimmung)
  5.23. Ein europäisches Konjunkturprogramm (A6-0063/2009, Elisa Ferreira) (Abstimmung)
  5.24. Kohäsionspolitik: in die Realwirtschaft investieren (A6-0075/2009, Evgeni Kirilov) (Abstimmung)
 6. Stimmerklärungen
 7. Berichtigungen des Stimmverhaltens und beabsichtigtes Stimmverhalten: siehe Protokoll
 8. Erklärung des Präsidenten
 9. Genehmigung des Protokolls der vorangegangenen Sitzung: siehe Protokoll
 10. Zusammensetzung des Parlaments: siehe Protokoll
 11. Sachstand beim SIS II (Aussprache)
 12. Kroatien: Fortschrittsbericht 2008 - Türkei: Fortschrittsbericht 2008 - Ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien: Fortschrittsbericht 2008 (Aussprache)
 13. Mandat des Internationalen Strafgerichtshofs für das ehemalige Jugoslawien (Aussprache)
 14. Fragestunde (Anfragen an den Rat)
 15. Grünbuch über Arbeitnehmer im Gesundheitsbereich in Europa (Aussprache)
 16. 5. Weltwasserforum in Istanbul 16.-22. März 2009 (Aussprache)
 17. Sonderbericht Nr. 10/2008 des Rechnungshofs über die EG-Entwicklungshilfe für die Gesundheitsversorgung in afrikanischen Ländern südlich der Sahara (Aussprache)
 18. Einführung des einheitlichen Euro-Zahlungsverkehrsraums SEPA (Aussprache)
 19. Verschlechterung der humanitären Lage in Sri Lanka (Aussprache)
 20. Tagesordnung der nächsten Sitzung: siehe Protokoll
 21. Schluss der Sitzung


  

VORSITZ: HANS-GERT PÖTTERING
Präsident

 
1. Eröffnung der Sitzung
Video der Beiträge
  

(Die Sitzung wird um 9.00 Uhr eröffnet.)

 

2. Erklärungen des Präsidenten
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  Der Präsident. − Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich möchte zum Tag der Opfer des Terrorismus gerne eine Erklärung abgeben. Heute begehen wir zum fünften Mal den Europäischen Tag der Opfer des Terrorismus. Es ist ein Tag, den wir im Gedächtnis behalten müssen, um all der Menschen zu gedenken, die unschuldig Opfer des Terrorismus wurden. Erst an diesem Wochenende wurden zwei Soldaten in Nordirland, in Antrim, Opfer der Real IRA, und an diesem Montag ist erneut ein Polizist in der Grafschaft Armagh erschossen worden. Der verstorbene Polizist war verheiratet und hat Kinder. Dieser Akt des barbarischen Terrorismus hat erneut eine Familie zerrissen und unermessliches Leid mit sich gebracht. Und erst gestern sind mindestens zehn Menschen durch einen Selbstmordanschlag im südlichen Sri Lanka ums Leben gekommen, mehr als zwanzig Menschen schweben noch in Lebensgefahr.

Im Namen des Europäischen Parlaments möchte ich meine Empörung über diese abscheulichen Anschläge auf unschuldige Menschen zum Ausdruck bringen und den Familien aller Verstorbenen mein tief empfundenes Beileid aussprechen. Ihr Andenken wird uns immer im Gedächtnis bleiben.

Heute sprechen wir uns als Europäisches Parlament laut und deutlich gegen die blinde Gewalt des Terrorismus aus. Wir verurteilen aufs Schärfste die sinnlose Vernichtung von Menschenleben, den Tod ganzer Familien aufgrund fanatischer und verblendeter Überzeugungen, die Menschen dazu bringen, ihre Mitmenschen umzubringen und die Würde des Menschen mit Füßen zu treten. Terrorismus ist ein direkter Anschlag auf Freiheit, Menschenrechte und Demokratie. Terrorismus ist der Versuch, durch blinde Gewalt unsere Werte zu zerstören, Werte, die uns in der Europäischen Union und in unseren Mitgliedstaaten verbinden.

Dieser Terror erschüttert uns alle. Er zerreißt unsere Herzen in tiefem Schmerz, aber er kann und wird nicht das Fundament unserer auf gemeinsamen Werten basierenden demokratischen Gesellschaft zerreißen.

Terrorismus ist ein Verbrechen, das keine Milde kennen darf. Terrorismus stellt eine der größten Gefahren für Sicherheit, Stabilität und die demokratischen Werte der internationalen Gemeinschaft dar, er ist ein direkter Angriff auf unsere Bürgerinnen und Bürger, auf uns alle. Das Europäische Parlament beteiligt sich aktiv an der Bekämpfung des Terrorismus und an der Unterstützung der Opfer der Terroranschläge, und wir können nicht oft genug wiederholen, dass es keinerlei Rechtfertigung für Terrorismus geben kann. Deshalb müssen wir in diesem Kampf auf der Grundlage des Rechtsstaats und mit der ganzen Kraft des Gesetzes gemeinsam vorgehen. Heute im Europäischen Parlament gelten unsere Gedanken und unsere Solidarität allen Opfern des Terrorismus, wo immer in der Welt sie ums Leben gekommen sind. In Erinnerung an die Opfer der Real IRA und des Selbstmordanschlages in Sri Lanka darf ich Sie bitten, in Stille der Opfer zu gedenken.

(Das Parlament erhebt sich zu einer Schweigeminute.)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, vor dreißig Jahren, am 16. März 1979, ist der große Europäer Jean Monnet, einer der Gründerväter des Europäischen Einigungswerkes, verstorben. Anlässlich dieses 30. Todestages möchte ich zu Beginn dieser Plenarsitzung des Europäischen Parlaments sein Lebenswerk für die europäische Einigung und sein Erbe ehren und kurz würdigen.

Heute gedenken wir des unschätzbaren Vermächtnisses eines Mannes, der mit Robert Schuman, einem der Meister der Versöhnung zwischen Deutschland und Frankreich, den ersten Schritt zur Errichtung einer auf Frieden, Verständigung, Demokratie und Zusammenarbeit basierenden Schicksalsgemeinschaft zwischen den Menschen in Europa getan hat. Heute, zu Beginn des 21. Jahrhunderts, haben die von Jean Monnet hervorgehobenen Grundsätze und die zu ihrer Umsetzung angewandte Methode nichts von ihrer Aktualität eingebüßt. Im Gegenteil, ihre Gültigkeit erscheint offenkundig. Gerade die mit der Globalisierung, der Wirtschafts- und Finanzkrise sowie der Erderwärmung verbundenen großen Herausforderungen müssen die Europäer veranlassen, immer enger zusammenzuarbeiten, um unsere gemeinsamen Werte und Interessen in der Welt wirksam zu verteidigen. Natürlich würde Jean Monnet die im Vertrag von Lissabon enthaltenen Fortschritte in Richtung auf eine demokratische und handlungsfähige, den Herausforderungen des 21. Jahrhunderts angepasste Europäischen Union begrüßen.

Und abschließend: Es war das von Jean Monnet gegründete Aktionskomitee für die Vereinigten Staaten von Europa, das unter anderem die Direktwahl zum Europäischen Parlament vorschlug. Dieser Traum hat sich in den letzten dreißig Jahren seit dem Tod von Jean Monnet mit dem Aufbau der parlamentarischen Dimension der Europäischen Union beeindruckend verwirklicht. Wir alle sind die Erben dieses großen Europäers Jean Monnet. Sein Werk ist dauerhaft. Es hat die Beziehungen zwischen den europäischen Staaten tiefgreifend verändert und beeinflusst bis heute das Leben all ihrer Bürgerinnen und Bürger.

Anlässlich des 30. Todestages von Jean Monnet möchte ich an unsere Aufgabe und Verpflichtung für die Zukunft erinnern, das von Jean Monnet eingeleitete große, aber noch unvollendete Werk der Einigung unseres Kontinents engagiert fortzusetzen.

 
  
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  José Manuel Barroso, Präsident der Kommission. (FR) Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordnete! „Unter Einzelstaaten beschränkt sich der Gewinn eines jeden auf das Ergebnis seiner isolierten Bemühungen, auf die Vorteile, die er zu Lasten seines Nachbarn erzielen kann, auf die Schwierigkeiten, die er auf diesen abwälzen kann. In unserer Gemeinschaft erwächst der Gewinn eines jeden Mitgliedstaats aus dem gemeinsamen Wohlstand.“ Das sagte Jean Monnet 1954. Und diese Worte haben nichts von ihrer Bedeutung eingebüßt, ganz im Gegenteil.

Wie Herr Pöttering gerade gesagt hat, jährt sich in diesem März der Todestag Jean Monnets im Jahr 1979 zum 30. Mal. Daher möchte ich diesem Gründungsvater des von uns allen geliebten Europas, diesem großen Europäer, dessen Erbe uns in Zeiten der Krise Vorbild sein muss, Tribut zollen.

Kürzlich haben wir auch anlässlich des 50-jährigen Bestehens der Europäischen Kommission beschlossen, den Versammlungsraum der Kommissare – den Hauptraum der Kommission – in einer einfachen und doch sehr vielsagenden Zeremonie – bei der ich die Freude und Ehre hatte, nicht nur den Präsidenten des Europäischen Parlaments Hans-Gert Pöttering an meiner Seite zu haben, sondern auch den amtierenden Präsidenten des Europäischen Rats Nicolas Sarkozy – dem Gedenken an Jean Monnet zu widmen.

Sie sehen, wir in der Kommission sind stolz auf das reiche Erbe Jean Monnets. Als erster Präsident der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl war er zugleich der erste Präsident der Institution, die Vorläufer unserer Institution, der Europäischen Kommission, war, und die heute ihr Bestes tut, um seine Ideale und damit auch die Ideale aller friedens-, demokratie- und solidaritätsliebenden Europäer am Leben zu halten.

(Beifall)

 
  
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  José Ribeiro e Castro (PPE-DE).(PT) Auch ich möchte meine Achtung für Jean Monnet zum Ausdruck bringen, aber in erster Linie habe ich das Wort erbeten, um dem Präsidenten zu seiner Erklärung zum Europäischen Tag der Opfer des Terrorismus zu gratulieren. Auf meinen Vorschlag hin haben wir vor fünf Jahren diese Stellungnahme abgegeben, die der Rat in einer Sitzung am 25. März nach den tragischen Anschlägen von Madrid annahm. Und doch ist meine Rede ein Appell. Denn obwohl dieses Datum vom Parlament stets verlässlich begangen wurde, hat dieser Tag noch nicht die Bedeutung erlangt, die ihm in den Europäischen Institutionen und Mitgliedstaaten eigentlich zukommen sollte. Ich bin überzeugt, dass dieser Tag eine unserer wichtigsten Möglichkeiten darstellt, den Opfern unsere Ehre zu erweisen, wie es der Präsident getan hat, aber zugleich auch das öffentliche Bewusstsein zu stärken. Ich weiß, dass heute in Madrid einige Gedenkfeiern stattfinden, aber wenig sonst.

Daher appelliere ich an die Kommission und die tschechische Präsidentschaft sicherzustellen, dass dieses Datum in Zukunft in allen Mitgliedstaaten angemessen begangen wird.

 

3.  – Vorbereitung des Europäischen Rates (19. und 20. März 2009) – Ein europäisches Konjunkturprogramm – Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten – Kohäsionspolitik: in die Realwirtschaft investieren (Aussprache)
Video der Beiträge
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  Der Präsident. – Als nächster Punkt folgt die Gemeinsame Aussprache über die Erklärungen des Rates und der Kommission: Vorbereitung des Europäischen Rates (19. und 20. März 2009),

- den Bericht von Elisa Ferreira in Namen des Ausschusses für Wirtschaft und Währung über ein europäisches Konjunkturprogramm [2008/2334(INI)] - (A6-0063/2009)

- den Bericht von Jan Andersson in Namen des Ausschusses für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten über den Vorschlag für eine Entscheidung des Rates über Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten [KOM(2008)0869 - C6-0050/2009 - 2008/0252(CNS)] - (A6-0052/2009)

- den Bericht von Evgeni Kirilov in Namen des Ausschusses für regionale Entwicklung über die Kohäsionspolitik: in die Realwirtschaft investieren [2009/2009(INI)] - (A6-0075/2009).

 
  
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  Alexandr Vondra, amtierender Präsident des Rates. − Herr Präsident! Zunächst möchte ich mich Ihnen anschließen und Jean Monnet Tribut zollen. Wir erleben derzeit eine Krise, und dies ist meiner Ansicht nach genau die Zeit, in der wir eine starke Institution brauchen, und es ist eine großartige Gelegenheit, die Bedeutung von Jean Monnet als einem der Gründungsväter der europäischen Integration hervorzuheben.

Aber Zweck der heutigen Sitzung ist es, den kommenden Europäischen Rat zu diskutieren. Dieser Rat findet, wie wir alle wissen, in einer für die Union kritischen Zeit statt. Infolge bislang noch nie dagewesener Belastungen unserer Finanzsysteme und unserer Wirtschaften sind wird mit enormen Herausforderungen konfrontiert.

Zusammen mit der Energiesicherheit, dem Klimawandel, der Finanzierung des Klimaschutzes und der Anpassung an den Klimawandel wird dieses Thema den Schwerpunkt des Treffens in der kommenden Woche bilden.

Wie diesem Parlament sicherlich bekannt sein dürfte, haben die Europäische Union und die Mitgliedstaaten wegen der Finanzkrise bereits eine Vielzahl von Maßnahmen ergriffen. Wir haben einen Zusammenbruch des Finanzsystems verhindert.

Höchste Priorität hat für uns nun die Wiederherstellung der Kreditflüsse zur Wirtschaft. Insbesondere müssen wir uns mit den von den Banken gehaltenen „wertgeminderten Aktiva“ befassen, da diese die Banken an einer Wiederaufnahme der Kreditvergabe hindern. Bei ihrem Treffen am 1. März sind die Staats- und Regierungschefs übereingekommen, dies koordiniert und in Übereinstimmung mit den Leitlinien der Kommission zu tun.

Wir müssen auch mehr tun, um Regulierung und Aufsicht der Finanzinstitutionen zu verbessern. Dies ist eine deutliche Lektion aus der Krise, und Prävention ist nicht weniger wichtig. Bis zu 80 % der europäischen Bankaktiva werden von grenzüberschreitenden Banken gehalten. Zwei Drittel der Aktiva der europäischen Banken befinden sich in den Händen von nur 44 multinationalen Konzernen. Die Verbesserung der Aufsicht ist daher wichtig. Das wird helfen, zukünftige Krisen zu verhindern, wird aber auch den Verbrauchern und Märkten Vertrauen vermitteln.

Diesbezüglich laufen derzeit wichtige Projekte. Die Präsidentschaft strebt in enger Zusammenarbeit mit dem Europäischen Parlament eine schnelle Annahme der Solvabilität-II-Richtlinie (für Versicherungen), der überarbeiteten Eigenkapitalrichtlinie (für Banken) und der OGAW-Richtlinie (für gemeinsame Anlagen in übertragbaren Wertpapieren) an. Wir arbeiten auch an einer schnellen Annahme der Regulierungen zum Schutz von Bankeinlagen und für Rating-Agenturen.

Aber wahrscheinlich müssen wir darüber hinaus gehen. Die Hochrangige Gruppe unter Vorsitz von Herrn de Larosière hat, wie Sie wissen, sehr interessante Empfehlungen erarbeitet, und die Mitteilung der Kommission vom 4. März ebnet ebenfalls den Weg für eine bedeutende Reform in diesem Bereich. Daher muss der Europäische Rat ein klares Zeichen aussenden, dass dieses Thema Priorität hat und bereits im Juni Entscheidungen getroffen werden müssen.

Sie alle wissen, dass die Haushaltsdefizite der Mitgliedstaaten derzeit stark anwachsen. Natürlich ist ein Defizitanstieg in Zeiten wirtschaftlicher Regression unvermeidbar. Automatische Stabilisatoren können einen gewissen positiven Einfluss haben. Aus genau diesem Grund wurde der Stabilitäts- und Wachstumspakt 2005 überarbeitet, um ausreichende Flexibilität in schwierigen Zeiten zu erlauben. Aber diese Flexibilität muss umsichtig genutzt werden, unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Ausgangspositionen. Die Wiederherstellung des Vertrauens erfordert auch von den Regierungen eine klares Bekenntnis zu gesunden Staatsfinanzen und eine vollständige Einhaltung des Stabilitäts- und Wachstumspaktes. Einige Mitgliedstaaten haben bereits Konsolidierungsanstrengungen unternommen. Die meisten werden dies ab 2010 tun. Das wird auch eine wichtige Botschaft des Treffens in der kommenden Woche sein.

Inzwischen hat die Finanzkrise auch die Realwirtschaft erreicht. Die Mitgliedstaaten haben umfangreiche Konjunkturprogramme aufgelegt, die bereits angelaufen sind. Der Gesamtstimulus dieser Angebote liegt wie vereinbart bei 1,5 % des BIP, bei Berücksichtigung der automatischen Stabilisatoren sind es insgesamt 3,3 % des BIP der EU. Natürlich sind die Antworten der Mitgliedstaaten unterschiedlich. Sie alle sind mit unterschiedlichen Situationen konfrontiert, und ihre Handlungsspielräume sind verschieden. Aber sie agieren koordiniert, basierend auf gemeinsamen Prinzipien, die in dem im letzten Dezember vereinbarten European Recovery Programme definiert sind. Dies ist wichtig, wenn wir Synergien nutzen und negative Übertragungseffekte vermeiden wollen.

Die Kommission, die Mitgliedstaaten und die Präsidentschaft haben gemeinsam spezifische und gezielte Maßnahmen erarbeitet. Das hat uns in die Lage versetzt, die Ausgangsbedingungen vergleichbar zu halten und gleichzeitig konzertiert und effizient die Verschärfungen in einigen Schlüsselsektoren der europäischen Industrie, wie beispielsweise der Automobilbranche, anzugehen.

Den Stand der Umsetzung dieser Programme wird der Europäische Rat beurteilen. Auch hierfür stellt die Mitteilung der Kommission vom 4. März eine Reihe wichtiger Prinzipien auf, an denen sich die Maßnahmen der Mitgliedstaaten orientieren sollen. Dazu gehört die Notwendigkeit, die Offenheit im Binnenmarkt zu erhalten, die Nichtdiskriminierung sicherzustellen und auf langfristige politische Ziele hinzuarbeiten, wie die Erleichterung des Strukturwandels, die Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit und den Aufbau einer CO2-armen Wirtschaft.

Was den Gemeinschaftsanteil des Konjunkturprogramms betrifft, arbeitet die Präsidentschaft sehr hart an einem Abkommen im Europäischen Rat zum Kommissionsvorschlag zur Finanzierung von Energieprojekten und Projekten der ländlichen Entwicklung. Sie wissen, dass es im Rat Diskussionen darüber gegeben hat, welche Projekte von der Gemeinschaft unterstützt und wie diese finanziert werden sollen.

In Anbetracht der wichtigen Rolle des Parlaments als einem Teil der Haushaltsbehörde und als Mitgesetzgeber in dieser Angelegenheit strebt die Präsidentschaft in den kommenden Wochen eine enge Zusammenarbeit mit Ihnen an, um so schnell wie möglich ein Abkommen zu schließen.

Neben den kurzfristigen Maßnahmen sind langfristige Anstrengungen erforderlich, wenn die Wettbewerbsfähigkeit unserer Wirtschaften erhalten werden soll. Strukturreformen sind dringender notwendig als jemals zuvor, wenn wir Wachstum und Beschäftigung fördern wollen. Daher bleibt die überarbeitete Lissabon-Strategie der richtige Rahmen für eine Förderung nachhaltigen wirtschaftlichen Wachstums, was wiederum die Schaffung neuer Arbeitsplätze nach sich ziehen wird.

Momentan sorgen sich unsere Bürger besonders um die Auswirkungen der wirtschaftlichen Lage auf die Arbeitslosenzahlen. Der Europäische Rat soll kommende Woche konkrete Leitlinien dazu vereinbaren, wie die EU zum Entschärfen der sozialen Auswirkungen der Krise beitragen kann. Dieses Thema wird auch Schwerpunkt des Sondergipfels Anfang Mai sein.

Lassen Sie mich in einem Punkt deutlich sein: Durch Hemmnisse für ausländische Wettbewerber werden wir keine Arbeitsplätze schützen. Bei ihrem Treffen vor 10 Tagen haben die Staats- und Regierungschefs deutlich gemacht, dass wir den Binnenmarkt als Motor für die wirtschaftliche Erholung maximal nutzen müssen. Protektionismus kann nicht die richtige Antwort auf diese Krise sein – ganz im Gegenteil. Mehr als jemals zuvor brauchen unsere Unternehmen offene Märkte, sowohl innerhalb der Union als auch auf globaler Ebene.

Was mich zum G20-Gipfeltreffen in London bringt. Im Vorfeld des G20-Gipfels wird der Europäische Rat die Position der Union festlegen. Wir wünschen uns einen ehrgeizigen Gipfel. Einen Fehlschlag können wir uns nicht leisten.

Die Staats- und Regierungschefs werden sich vor allem mit den Perspektiven für Wachstum und Beschäftigung sowie einer Reform des globalen Finanzsystems und der internationalen Finanzinstitutionen beschäftigen. Auch die besonderen Herausforderungen, mit denen die Entwicklungsländer konfrontiert sind, werden Thema sein. Die EU ist in allen diesen Bereichen aktiv und sollte sich in einer starken Position befinden, um sicherzustellen, dass die internationale Gemeinschaft die richtigen Entscheidungen trifft.

Das andere wichtige Thema auf der Agenda des Europäischen Rates in der kommenden Woche wird die Energiesicherheit sein. Die Energiekrise hat uns nur zu deutlich gezeigt, in welchem Ausmaß wir unsere Widerstandsfähigkeit gegenüber zukünftigen Versorgungsengpässen steigern müssen, wie wir Anfang dieses Jahres gesehen haben.

In ihrer Zweiten Überprüfung der Energiestrategie hat die Kommission einige sehr wichtige Aspekte dazu angesprochen. Auf Basis dieser Überprüfung beabsichtigt die Präsidentschaft, dass der Europäische Rat einen konkreten Katalog von Leitlinien zur Verbesserung der kurz-, mittel- und langfristigen Energiesicherheit der Union erstellt.

Auf kurze Sicht ist das die Verfügbarkeit konkreter Maßnahmen, die im Fall einer plötzlichen erneuten Störung der Gasversorgung ergriffen werden können. Und es sind Sofortmaßnahmen zum Start von Infrastrukturprojekten für eine Verbesserung des Energieverbundes – dies ist unabdingbar.

Mittelfristig müssen wir die Gesetzgebung zu den Öl- und Gasvorräten anpassen, um sicherzustellen, dass die Mitgliedstaaten verantwortungsbewusst und solidarisch handeln. Angemessene Maßnahmen zur Verbesserung der Energieeffizienz sind erforderlich.

Auf lange Sicht müssen wir unsere Quellen, Lieferanten und Versorgungswege diversifizieren. Gemeinsam mit unseren internationalen Partnern müssen wir die Energieinteressen der Union vorantreiben. Wir müssen richtiggehend einen Binnenmarkt für Elektrizität und Gas schaffen. Wie Sie wissen, hofft die Präsidentschaft sehr, dass diese Gesetzgebung vor den Europawahlen abgeschlossen werden kann.

Bei dem Treffen kommende Woche werden auch die Vorbereitungen für die Klimakonferenz der Vereinten Nationen in Kopenhagen besprochen. Wir setzen uns auch weiterhin für ein umfassendes globales Abkommen in Kopenhagen im kommenden Dezember ein. Die Mitteilung der Kommission vom Januar ist ein sehr guter Ausgangspunkt. Es ist klar, dass der Klimawandel eine Herausforderung ist, der wir nur durch gemeinsame globale Anstrengungen begegnen können.

Schließlich wird der Europäische Rat auch die Östliche Partnerschaft starten. Diese wichtige Initiative wird dazu beitragen, Stabilität und Wohlstand auf dem gesamten Kontinent zu fördern. Und sie wird helfen, Reformen zu beschleunigen und unser Bekenntnis zur Zusammenarbeit mit diesen Ländern zu vertiefen.

Diese Partnerschaft umfasst auch eine bilaterale Dimension, die an jedes Partnerland angepasst wird. Sie sieht die Aushandlung von Assoziierungsabkommen vor, die auch tiefgreifende und umfassende Freihandelszonen beinhalten können.

Dieser multilaterale Ansatz bietet einen Rahmen zur Lösung gemeinsamer Herausforderungen. Dabei wird es vier Säulen geben: Demokratie, verantwortungsvolle Führung und Stabilität; wirtschaftliche Integration; Energiesicherheit; und nicht zuletzt die Kontakte zwischen den Menschen.

Wie diese Präsentation erkennen ließ, wird sich der Europäische Rat in der kommenden Woche mit vielen wichtigen Themen befassen. Wir stehen vor vielen großen Herausforderungen, nicht zuletzt der Wirtschaftskrise. Die tschechische Präsidentschaft unter Premierminister Topolánek will sicherstellen, dass das Treffen in der kommenden Woche durch praktische Maßnahmen demonstriert, dass die Europäische Union ihren Idealen verpflichtet bleibt und sich diesen Herausforderungen gemeinsam, auf koordinierte Weise und im Geiste der Verantwortung und Solidarität stellt.

(Beifall)

 
  
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  José Manuel Barroso, Präsident der Kommission. (FR) Herr Präsident, Herr Vondra, verehrte Damen und Herren Abgeordnete! Wir erleben schwierige Zeiten.

Eine Wirtschaftskrise dieser Größenordnung ist in ihren Auswirkungen für Familien, Arbeitnehmer, die gesamte Bevölkerung und Unternehmen spürbar, und zwar in ganz Europa. Sie zerstört Arbeitsplätze und stellt die Belastbarkeit unserer Sozialmodelle auf den Prüfstand. Und sie setzt alle Führungskräfte unter starken politischen Druck.

Die Europäische Union ist gegenüber solchen Spannungen nicht immun. Deshalb hat sie sich für den Einsatz aller ihr zur Verfügung stehenden Mittel entschieden, um die Krise und ihre Auswirkungen zu meistern und das zu nutzen, was sie so stark macht: die Zusammenarbeit von Europäischen Institutionen und Mitgliedstaaten in einer Gemeinschaft, die auf Rechtsstaatlichkeit basiert, um kollektive Lösungen für gemeinsame Probleme zu finden.

Meine Damen und Herren, in den vergangenen sechs Monaten haben wir bereits viel getan, um die derzeitige Krise zu überwinden. Wir haben einen Zusammenbruch des Finanzsystems im Herbst verhindert. Wir haben zum Start eines internationalen Prozesses mit den G20 beigetragen. Wir haben zu den ersten gehört, die sich auf die Realwirtschaft konzentriert haben, indem wir im Dezember ein Konjunkturprogramm vereinbart haben – einen Plan, dessen Empfehlung Nummer Eins, nämlich ein haushaltspolitischer Stimulus einer Größenordnung, wie es ihn bislang auf europäischer Ebene noch nicht gegeben hat, sich bereits in der Umsetzung befindet. Diese Unterstützung für die Realwirtschaft beläuft sich auf insgesamt 3,3 % des BIP und umfasst einen realen Beitrag aus dem europäischen Haushalt.

Der Konjunkturplan sieht beispielsweise beschleunigte Vorschüsse aus den Strukturfonds in einem Umfang von 6,3 Milliarden Euro im Jahr 2009 vor, zusätzlich zu den bereits zugesagten 5 Milliarden Euro.

Die in den vergangenen sechs Monaten umgesetzten Maßnahmen stehen voll in Einklang mit der Lissabon-Strategie für Wachstum und Beschäftigung. Strukturreformen, die eine große Hilfe bei der Stärkung unserer Wirtschaften waren, müssen fortgesetzt werden, weil sie auch zur Aufrechterhaltung der kurzfristigen Nachfrage beitragen; dennoch müssen wir nun den nächsten Schritt tun und die Maßnahmen zum Bekämpfen der Krise entschlossener umsetzen.

Wir brauchen mehr Koordination und weiträumigere Effekte. Wir müssen in unserer Reaktion auf die Krise jetzt einen Gang hochschalten. Wir müssen begreifen, dass es sich hier um eine neue Art von Krise handelt, dass wir noch nie eine Krise vergleichbaren Ausmaßes, solcher Größe oder solcher Tiefe erlebt haben.

Das wird die Aufgabe des Europäischen Rates in der kommenden Woche sein. Ich bin überzeugt, dass mit der starken Unterstützung der tschechischen Präsidentschaft, deren Engagement und umfassende Kooperation mit der Kommission ich begrüße, Fortschritte in vier Bereichen erzielt werden können, die die Kommission vor wenigen Tagen in ihrer Mitteilung definiert hat: die Finanzmärkte, die Realwirtschaft, Beschäftigung und die soziale Dimension sowie die globale Dimension via die G20.

Das informelle Gipfeltreffen am 1. März hat – nicht zuletzt dank des effektiven Vorsitzes durch Premierminister Topolánek – bereits den Grundstein für einen erfolgreichen Europäischen Rat gelegt. Ich bin stolz, dass die Vorarbeit der Kommission so wohlwollend aufgenommen wurde. Unsere Leitlinien zu wertgeminderten Vermögenspositionen, unsere Mitteilung zur Automobilbranche und der Bericht, den ich Jacques de Larosière und seiner Hochrangigen Gruppe übergeben habe, haben die Mitgliedstaaten in die Lage versetzt, einen Konsens zu erzielen und gemeinsame Positionen geschlossen zu vertreten.

Ich begrüße die breite Unterstützung für diese Aktionspläne im Europäischen Parlament. Ich möchte an dieser Stelle beispielhaft die Berichte nennen, die wir heute Morgen debattieren werden, den Ferreira-Bericht zum Konjunkturplan, den Andersson-Bericht zu den Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen und den Kirilov-Bericht zur Kohäsionspolitik.

Diese Berichte und die Entschließungen, über die Ihre Versammlung in dieser Woche abstimmen wird, insbesondere diejenigen aus der Koordinierungsgruppe zur Lissabon-Strategie, werden meiner Ansicht nach einen wesentlichen Beitrag zum Europäischen Rat leisten. Im Vorfeld des Londoner Gipfels können sie die Position Europas auf der internationalen Bühne nur stärken, und das begrüße ich.

Herr Präsident! Ich möchte kurz auf drei Themen eingehen, die meiner Ansicht nach die Arbeit dieses Europäischen Rates leiten müssen: die Stabilisierung der Finanzmärkte, die Wiederbelebung der Realwirtschaft und die Unterstützung für die Menschen in der Krise.

Betrachten wir einmal das Finanzsystem. Ja, wir brauchen Sofortmaßnahmen für die akuten Probleme. Nach unseren Initiativen zur Rekapitalisierung und zu Garantien zielen unsere Leitlinien zu wertgeminderten Vermögenspositionen nun auf das Hauptproblem ab, das die Kreditflüsse blockiert. Ich bin überzeugt, und so steht es auch in unserer Mitteilung, dass wir ohne eine Bereinigung des Bankensystems keine Wiederherstellung des Kreditflusses zur Realwirtschaft erleben werden.

Aber wie bereits häufig in dieser Kammer argumentiert, müssen wir auch durch eine umfassende Überarbeitung der Regelwerke wieder Vertrauen schaffen. Darum haben wir einen detaillierten Kalender mit neuen Regelungsvorschlägen erarbeitet. Im kommenden Monat wird die Kommission neue Vorschläge zu Hedgefonds, Private Equity und der Vergütung von Führungskräften vorlegen.

Aber auch die Aufsicht muss überarbeitet werden. Wie Sie der Kommissionsmitteilung vom letzten Mittwoch entnommen haben, die ich am Folgetag mit Ihrer Konferenz der Präsidenten diskutieren konnte, strebt die Kommission eine schnellere Umsetzung des de-Larosière-Berichts an. Wir werden das Gesamtkonzept Ende Mai zur Annahme durch den Europäischen Rat im Juni vorstellen, die Gesetzesvorlagen werden im Herbst folgen.

Allgemeiner, über die Finanzsysteme hinaus, werden sich kurzfristige Maßnahmen zum Erreichen unserer langfristigen Ziele doppelt auszahlen. Sie werden uns stärken, wenn der Aufschwung kommt, und machen uns bereit für die Herausforderungen des Wettbewerbs und einer CO2-armen Wirtschaft.

Betrachten wir nur einmal das Thema Energiesicherheit. Die Tatsache, dass wir uns in einer Wirtschaftskrise befinden, lässt unsere Abhängigkeitsprobleme nicht einfach verschwinden. Ganz im Gegenteil, und deshalb begrüße ich die Entscheidung von Premierminister Topolánek, dieses Thema eingehend zu diskutieren. Dies ist zentral für unser Handeln. Investitionen in die Infrastruktur geben Impulse, die die europäische Wirtschaft heute dringend braucht. Aber gleichzeitig stärken sie uns auch und machen uns wettbewerbsfähiger für die Zukunft. Darum ist Ihre Unterstützung, die Unterstützung des Europäischen Parlaments, für die 5 Milliarden Euro als Impuls für Energie- und Breitbandprojekte so wertvoll – umso mehr als ich, um ehrlich zu sein, besorgt bin über den Stand der Dinge im Rat, wo wir nicht die Fortschritte erzielen, die ich mir wünschen würde.

Natürlich wissen wir alle, dass der Gemeinschaftshaushalt mit weniger als 1 % des BIP nur einen begrenzten Beitrag zu einem europaweiten Impuls leisten kann. Das Geld muss vor allem aus den nationalen Haushalten kommen. Und dennoch müssen wir im Hinblick auf Europa alle nationalen Hebel einsetzen, um effektiv zu sein. Der Binnenmarkt ist die bestmögliche Plattform für eine Erholung. Allein im Jahr 2006 war Europa aufgrund des Binnenmarktes um 240 Milliarden Euro reicher, was 518 Euro pro europäischem Bürger entspricht.

Der Europäische Rat muss seinen Platz im Zentrum unserer Konjunkturstrategie festigen und Prinzipien zur Gestaltung des europäischen Wiederaufschwungs vereinbaren, einschließlich einer gemeinsamen Verpflichtung zu Offenheit und gleichen Ausgangsbedingungen intern und extern, und dadurch den Protektionismus klar ablehnen, aber natürlich auch den Binnenmarkt als Fundament des europäischen Wohlstands schützen.

Was jedoch am wichtigsten ist: wir müssen anerkennen, dass dies keine Frage der Wirtschaftstheorie oder trockener Statistiken ist. Diese Krise hat erhebliche Auswirkungen auf die Menschen, und zwar speziell auf die Schwächsten in ganz Europa – jetzt und heute. Darum ist meine Hauptsorge – mit Abstand die schwierigste Prüfung, der wir uns stellen müssen – die soziale Komponente dieser Krise, nämlich das Problem der steigenden Arbeitslosigkeit.

Wir müssen unsere Energie auf die Beschäftigungszahlen konzentrieren und darauf, die Menschen beim Bewältigen dieser Krise zu unterstützen. Dies erfordert Entschlossenheit und Kreativität. Wir müssen Unternehmen helfen, Mitarbeiter zu halten, wir müssen Schulungsmaßnahmen kreativ für lang- und kurzfristige Anforderungen nutzen, und wir müssen die bereits Arbeitslosen unterstützen. Wir müssen sicherstellen, dass wir die nationalen Maßnahmen optimal nutzen, um den Schwächsten zu helfen. Aber wir müssen auch die uns zur Verfügung stehenden europäischen Instrumente bestmöglich einsetzen, vom Sozialfonds bis hin zum Europäischen Fonds für Anpassung an die Globalisierung.

Wenn wir jetzt einen Prozess bis zum Beschäftigungsgipfel im Mai starten, gibt uns das zwei Monate intensiver Arbeit zur Umsetzung von Plänen und, soweit möglich, zur Entwicklung neuer und ambitionierterer Strategien im Kampf gegen die Arbeitslosigkeit. Diese Zeit müssen wir gut nutzen.

Auch wenn die Zeit knapp ist, bin ich überzeugt, dass wir versuchen sollten, im Vorfeld einen wesentlich umfassenderen Prozess zu organisieren, an dem die Sozialpartner, die Zivilgesellschaft und die Parlamentarier beteiligt sind. Es ist besonders wichtig, von Ihrem privilegierten Einblick in die Wirklichkeit in Europa zu profitieren. Wenn wir diesem Ansatz folgen, unsere Ressourcen sammeln und die Maßnahmen auf allen Ebenen – auf europäischer, nationaler und regionaler Ebene sowie auf Ebene der Sozialpartner – koordinieren, dann werden wir schneller und, wie ich glaube, gestärkt aus der Krise hervorgehen.

Und wir werden mehr Gewicht auf globaler Ebene haben. Es ist kein Zufall, dass unsere Vorschläge für die G20-Position der Europäischen Union unseren Ansatz innerhalb Europas stark reflektieren. Sie basieren auf denselben Prinzipien. Mit einer vereinten Stimme der Europäischen Union in der G20 haben wir ein enormes Gewicht, und die Europäische Union wird – wenn die Mitgliedstaaten zu wirklicher Zusammenarbeit bereit sind – sehr gut positioniert sein, um die globale Antwort auf diese Krise mitzugestalten.

Europa muss seine Stärke heute in der Kohäsion suchen, in Koordination, in echter praktischer Solidarität. Darum müssen wir alle bei der Ankurbelung des Wiederaufschwungs eng zusammenarbeiten und engen Kontakt halten, auch natürlich mit diesem Parlament.

Ich freue mich darauf, das in die Realität umzusetzen, wenn wir alle in den kommenden Wochen und Monaten auf eine wirtschaftliche Erholung hinarbeiten.

 
  
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  Elisa Ferreira, Berichterstatterin.(PT) Herr Präsident, Herr Kommissionspräsident, meine Damen und Herren! Die aktuelle Krise ist die schlimmste, die die Europäische Union jemals erlebt hat. Leider ist sie bei weitem noch nicht vorbei. Immer noch gibt es Konkurse, und die Arbeitslosenzahlen steigen. Noch niemals zuvor hat sich das europäische Projekt einer solch harten Prüfung unterziehen müssen. Nicht nur wird die Nachhaltigkeit des Wiederaufschwungs von unserer gemeinsamen Reaktion abhängig sein, sondern aller Wahrscheinlichkeit nach auch die Fortsetzung des europäischen Projekts selbst, mindestens im Hinblick auf die Geschwindigkeit unserer Entwicklung und Expansion.

Wir haben die Europäische Union nicht geschaffen, um in Zeiten des Wohlstands auf einen riesigen Markt beschränkt zu sein, und auch nicht, um in Krisenzeiten zur nationalen Selbstsüchtigkeit des „jeder für sich selbst“ zurückzukehren. Das europäische Projekt ist ein politisches Projekt und ein Garant für Frieden, Freiheit und Demokratie. Und doch basiert es in wirtschaftlicher Hinsicht sowohl auf Wettbewerb als auch auf Solidarität und Kohäsion. Tatsächlich lebt es von der Fähigkeit, allen Bürgern, unabhängig von ihrer Herkunft, Qualität und Entwicklungsmöglichkeiten zu bieten.

Heute, in der Krise, erwarten die Menschen von Europa Schutz und Maßnahmen, die ihnen bei der schnellen Bewältigung der momentanen kritischen Phase helfen, ohne irgendwelche größeren sozialen Brüche. Sie erwarten von Europa Zukunftsperspektiven und die Ankurbelung von Beschäftigung und Wirtschaft, basierend auf neuen und nachhaltigeren Entwicklungsansätzen.

Die Lissabon-Agenda und die Verpflichtungen zum Umweltschutz sind wunderbare Absichtserklärungen, aber wir müssen sie dringend mit Leben und Kraft füllen. In dieser Hinsicht ist die Forderung des Parlaments an den Rat und die Kommission klar, bestimmt und unüberhörbar. Diese gemeinsame Absicht zeigt sich auch in dem in der Abstimmung im Ausschuss für Wirtschaft und Währung erreichten Konsens. Ich hoffe, die Abstimmung heute hier im Haus wird ein weiterer Beleg dafür sein.

Die Berichterstatter und die verschiedenen politischen Gruppen haben zusammengearbeitet, und ich wünsche mir, dass diese Botschaft auch in diesem Sinne der Kommission übermittelt und von ihr so aufgenommen wird.

Hier möchte ich den Schattenberichterstattern danken, insbesondere Herrn Hökmark und Frau in ’t Veld. Ich hoffe, wir können diese Botschaft in der heutigen Abstimmung mit derselben Entschlossenheit übermitteln und bekräftigen.

Was die Gründe für die Krise betrifft, ist es heute vor allem wichtig, aus ihr zu lernen. Der de-Larosière-Bericht ist ein wichtiger Wegweiser, dem wir folgen müssen. Er ist eine exzellente Arbeitsgrundlage und umfasst viele Punkte, die in diesem Haus bereits vorgeschlagen wurden. Seine Schlussfolgerungen müssen jedoch sofortige und geplante Maßnahmen der Kommission nach sich ziehen. Entscheidend ist auch, dass die Europäische Union beim nächsten G20-Treffen in diesem Punkt Entschlossenheit demonstriert.

Dabei gibt es meiner Meinung nach einige symbolische Aspekte, und ich hoffe, das Parlament wird heute einstimmig für die Bekämpfung des Offshore-Systems und der Steuerparadiese stimmen. Aber es genügt nicht, die Fehler der Vergangenheit zu korrigieren, insbesondere im Hinblick auf Finanzregulierung und -aufsicht. Der Schaden ist geschehen, und wir brauchen jetzt ein Konjunkturprogramm in Einklang mit den Pflichten der EU. Wir begrüßen die schnelle Initiative der Kommission, aber uns ist bewusst, und wir müssen das auch deutlich formulieren, dass die Handlungsmittel und -werkzeuge schlicht ungeeignet sind.

Das Parlament unterstützt die Kommission im Hinblick auf die Flexibilität, die Zukunftsorientiertheit und die Schnelligkeit der verfügbaren Instrumente, aber wir dürfen nicht vergessen, dass sich 85 % der derzeit verfügbaren Mittel in den Händen der einzelnen Länder befinden, die die Europäische Union bilden. Doch die Länder der EU waren noch nie so unterschiedlich wie heute. Manche von ihnen haben die Macht und die Mittel zum Handeln, während andere völlig ungeschützt sind und über keinerlei Werkzeuge verfügen. Es gibt Länder ohne jeden nationalen Handlungsspielraum, die nicht in der Lage sind, den gleichzeitigen starken Kräften von Binnenmarkt, gemeinsamer Währung und Globalisierung standzuhalten. Darunter auch die Länder, die gerade erst dem Europäischen Projekt beigetreten sind, und die zu den derzeit am meisten Leidenden gehören.

Herr Präsident, meine Damen und Herren, ich glaube, dass sich zum jetzigen Zeitpunkt die Botschaft des Parlaments in eine Reihe sehr deutlicher, sehr präziser Einzelbotschaften aufschlüsseln lässt, denen eine gemeinsame Idee zugrunde liegt: wir brauchen Menschen, Arbeitsplätze und nationale sowie europäische Ressourcen, um so, wie es die Menschen von uns erwarten, wieder Dynamik, Wachstum und Solidarität in Europa herzustellen.

 
  
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  Jan Andersson, Berichterstatter. − (SV) Herr Präsident, Herr Ratspräsident, Herr Kommissar! Es hat Diskussionen darüber gegeben, ob die beschäftigungspolitischen Leitlinien geändert werden müssen. Das ist keine besonders wichtige Diskussion, da die Beschäftigungsleitlinien eigentlich jede denkbare Handlungsmöglichkeit bieten. Das derzeitige Problem ist die fehlende Handlungsfähigkeit. Wir befinden uns nach wie vor in einer Finanzkrise, die sich zu einer Wirtschaftskrise ausgewachsen hat. Jetzt folgt mit Macht die Arbeitsmarktkrise, mit der Aussicht auf weitere soziale Probleme in der Zukunft.

Es ist gut, dass im Mai ein Beschäftigungsgipfel stattfindet, aber wir dürfen die Arbeitsmarktthemen nicht von den Wirtschaftsthemen trennen. Sie müssen in die Diskussion einbezogen werden. Ich denke, wir haben zu wenig getan und zu spät. Eineinhalb Prozent des BIP der Mitgliedstaaten – das war zu dem Zeitpunkt richtig, als wir es beschlossen haben. Aber inzwischen ist die Krise noch schlimmer als damals angenommen. Deshalb müssen wir mehr tun und koordiniertere Anstrengungen unternehmen – ganz sicher mehr als zwei Prozent. Das Risiko, zu wenig oder zu spät zu tun, ist viel größer als die Gefahr, zu viel zu tun, da es zu steigender Arbeitslosigkeit und verminderten Steuereinnahmen führt, was wiederum die sozialen Probleme in den Mitgliedstaaten verschärfen wird.

Was sollen wir also tun? Das wissen wir sehr genau: Wir müssen kurzfristig wirksame Maßnahmen zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit mit langfristig erforderlichen Schritten verbinden. Zu nennen wären hier Investitionen in den Umweltschutz, neue Infrastrukturprojekte, Energieeffizienz in Privathaushalten und Bildung, Bildung, Bildung.

Wir haben über lebenslanges Lernen gesprochen. Bisher haben wir nie genug getan, aber jetzt haben wir die Chance, massiv in die Bildung zu investieren. Außerdem müssen wir die Nachfrage ankurbeln, und dazu müssen wir die Gruppen erreichen, die die Mittel für den Konsum nutzen: Arbeitslose, Familien mit Kindern, Rentner und andere, die zusätzliche Gelder als Konsumenten ausgeben werden.

Auf EU-Ebene müssen wir alles uns Mögliche tun und versuchen, mit dem Sozial- und dem Globalisierungsfonds schnell zu handeln, damit die Mittel die Mitgliedstaaten erreichen. Aber wenn wir ehrlich sind wissen wir, dass sich der Großteil der wirtschaftlichen Ressourcen in den Mitgliedstaaten befindet, und wenn die Mitgliedstaaten nicht genug tun und nicht ausreichend koordiniert handeln, werden wir keinen Erfolg haben. Wenn wir die von den Mitgliedstaaten umgesetzten Maßnahmen betrachten, dann hat nur ein Mitgliedstaat die 1,5 % erreicht, und zwar Deutschland – das anfangs nicht gerade in der ersten Reihe stand, als es um das Ergreifen von Maßnahmen ging. Andere Länder, beispielsweise in Skandinavien, wo ich herkomme, tun trotz ihrer guten wirtschaftlichen Lage sehr wenig.

Damit sind wir bei den sozialen Folgen. Sie haben sie bereits angesprochen, und sie sind besonders wichtig. Sie betreffen nicht nur die Sozialversicherungssysteme, sondern auch den öffentlichen Sektor. Der öffentliche Sektor ist doppelt wichtig. Einmal geht es um die Bereitstellung von Kinderbetreuung, Betreuungs- und Pflegeleistungen für alte Menschen und Sozialleistungen, aber andererseits auch um den Arbeitsmarkt. Der öffentliche Sektor beschäftigt zahllose Menschen, und wir müssen sicherstellen, dass er über ausreichende wirtschaftliche Mittel dafür verfügt.

Dann möchte ich auch noch die jungen Menschen ansprechen. Viele von ihnen rutschen heute aus der Ausbildung direkt in die Arbeitslosigkeit. Wir müssen ihnen die Chance geben, eine Beschäftigung zu finden oder sich weiterzubilden oder was auch immer. Andernfalls verlagern wir die Probleme einfach nur in die Zukunft. Kurz gesagt, wir müssen handeln. Wir müssen koordiniert und solidarisch handeln, wir müssen sofort und ohne zu zögern handeln, und unsere Maßnahmen müssen ausreichend sein.

(Beifall)

 
  
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  Evgeni Kirilov, Berichterstatter.(BG) Vielen Dank, Herr Präsident, Herr Vondra und Herr Barroso. Die Zeit für den Entwurf dieses Berichts mit dem Titel „Kohäsionspolitik: in die Realwirtschaft investieren“ war vergleichsweise kurz. Ungeachtet dessen haben wir ein Dokument erstellt, das angenommen und einstimmig unterstützt wurde. Dieses gute Ergebnis wäre ohne die Beteiligung und Unterstützung meiner Kollegen im Ausschuss, ohne die Schattenberichterstatter und ohne die Zusammenarbeit zwischen den politischen Gruppen nicht möglich gewesen. Dafür möchte ich allen danken.

Ich möchte auf die Kernaussage dieses Berichts näher eingehen. Zunächst einmal unterstützt dieser Bericht in jedem einzelnen Fall die von der Europäischen Kommission vorgeschlagenen Maßnahmen zur beschleunigten und vereinfachten Umsetzung der Strukturfonds, darunter eine Erhöhung der Vorauszahlungen, die Einführung flexiblerer Schemata für die Begleichung von Ausgaben usw. Wir brauchen diese Maßnahmen genau jetzt, da wir eine angemessene Antwort auf die Wirtschaftskrise benötigen: Investitionen in die Realwirtschaft, Erhalt und Schaffung von Arbeitsplätzen und die Förderung des Unternehmertums. Aber diese Maßnahmen sind nicht das einzige Zeichen, dass wir effizienter und effektiver handeln müssen. Die Vorschläge zu einer Vereinfachung des Regelwerks wurden von den Nutzern der EU-Fonds schon seit langem gefordert und erwartet, und sind nun die Folge unserer Empfehlungen und der Empfehlungen des Europäischen Rechnungshofs.

Punkt Zwei: Kohäsions- und Solidaritätspolitik. Wir brauchen nicht einfach eine Solidaritätserklärung, sondern wir müssen der Solidarität Leben einhauchen. In einer Situation, in der die europäischen Wirtschaften voneinander abhängig sind, betreffen die negativen Folgen der Krise die Wirtschaft jedes Landes. Um diesen Folgen zu begegnen, brauchen wir positive Ergebnisse mit umfangreichem Nutzen, mit denen die in der Lissabon-Strategie für Wachstum und Entwicklung festgelegten Ziele erreicht werden können. Wichtig ist auch, dass die Sozialstandards der EU-Bürger erhalten bleiben, dass wir die sozial Benachteiligten schützen, dass der Wettbewerb nicht verzerrt und die Umwelt weiter geschützt wird. Es ist ein Höchstmaß an Solidarität und Kohäsion erforderlich, damit wir gemeinsam erfolgreich einen schnelleren Weg aus der Krise finden.

Punkt Drei: Es ist wichtig, aus der aktuellen Krise zu lernen und die ergriffenen Maßnahmen nicht als Einzelfälle zu begreifen. Die Analyse der Fehler und gesammelten Erfahrungen muss fortgesetzt werden. Auch müssen die Verfahren weiter vereinfacht werden. Regeln müssen klarer werden, Informationen besser zugänglich, der Verwaltungsaufwand geringer und die Verfahren transparenter. Das ist der einzige Weg, wie sich Fehler vermeiden und die Möglichkeiten für Verstöße und Korruption begrenzen lassen.

Schließlich möchte ich den Rat auffordern, die vorgeschlagenen Maßnahmen für eine beschleunigte und vereinfachte Nutzung des Strukturfonds so schnell wie möglich anzunehmen. Ich appelliere auch an die Mitglieder der Europäischen Kommission, die Wirkung der neuen Maßnahmen, ebenso wie den Prozess als Ganzes, zu überprüfen und neue Vorschläge zu erarbeiten. Abschließend möchte ich noch einmal die grundlegende Rolle der Mitgliedstaaten betonen, von denen die zu ergreifenden Maßnahmen und die Erzielung realer Ergebnisse aus der Umsetzung der Kohäsionspolitik abhängen. Und ganz zum Ende möchte ich es noch einmal sagen: Wir müssen der Solidarität Leben einhauchen.

 
  
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  Salvador Garriga Polledo, Verfasser der Stellungnahme des Haushaltsausschusses. (ES) Herr Präsident! Im Namen des Haushaltsausschusses möchte ich vor allem sagen, dass dieses Konjunkturprogramm weit eher zwischenstaatlich als gemeinschaftlich ist, und dass es die realen finanziellen Grenzen der Europäischen Union aufzeigt.

Aus Sicht der Gemeinschaft werden wir 30 Milliarden Euro in die Hand nehmen, die in der Praxis von der Europäischen Investitionsbank mobilisiert werden. Was die 5 Milliarden Euro betrifft, die tatsächlich aus dem Gemeinschaftshaushalt stammen, stehen wir vor erheblichen Problemen.

Es gibt keine neuen Mittel, es findet lediglich eine Umverteilung der vorhandenen Mittel statt. Wir stimmen voll darin überein, dass wir die Europäische Investitionsbank hier nutzen müssen. Aber wir sind beunruhigt, das müssen wir auch erwähnen, dass wir ihr viele Verpflichtungen auferlegen, ohne eine Garantie zu haben, dass diese erfüllt werden können.

Schließlich bedauern wir, dass der Rat keine Einigung zu den 5 Milliarden Euro für den Energieverbund und die Breitbandversorgung im ländlichen Bereich erzielen kann.

Wir glauben, dass der ungenutzte Spielraum nicht genutzt werden sollte. Was die Europäische Kommission und der Rat vielmehr tun müssen, ist mit den Mitteln zu arbeiten, die ihnen im Rahmen der interinstitutionellen Vereinbarung direkt zur Verfügung stehen.

 
  
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  Elisabeth Morin, Verfasserin der Stellungnahme des Ausschusses für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten. (FR) Herr Präsident, Herr Barroso! Ich möchte heute Morgen die einstimmige Meinung des Ausschusses für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten mit Ihnen teilen, denn wir wünschen uns in diesem Konjunkturprogramm eine echte Förderung des sozialen Zusammenhalts. Sozialer Zusammenhalt bedeutet Integration in den Arbeitsmarkt. Zunächst wollen wir die Arbeitsplätze der Beschäftigten erhalten und die Arbeitslosen wieder in Arbeit bringen, indem wir, unter anderem, den Fonds für Anpassung an die Globalisierung für neue Schulungen nutzen, um die Menschen auf das Ende der Krise vorzubereiten.

Kurzfristig müssen wir die Menschen in Beschäftigung halten. Mittelfristig müssen wir den Angestellten bessere Schulungsangebote für die Zeit nach der Krise machen, und langfristig brauchen wir Innovationen, auch über Arbeitgebergruppen in gesellschaftspolitischen Organisationen.

Wenn es die Globalisierung überleben will, braucht Europa Innovationen.

 
  
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  Joseph Daul, im Namen der PPE-DE-Fraktion.(FR) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Europäische Rat kommende Woche darf kein Gipfel wie jeder andere werden. Er darf kein Routinegipfel sein. Die Menschen in Europa erwarten von ihm konkrete Signale, ebenso wie meine Parlamentsfraktion.

Auf diesem Gipfel müssen die Stärke und Entschlossenheit Europas in Anbetracht der Krise bekräftigt werden. Diese Stärke wurde in der Vergangenheit demonstriert, als Europa die Regeln der sozialen Marktwirtschaft annahm, welche den Schaden durch eine Krise bislang noch nie dagewesenen Ausmaßes begrenzen, die alle Regionen der Welt gleichzeitig trifft. Diese Stärke wurde auch vor 10 Jahren demonstriert, als sich Europa mit einer gemeinsamen Währung, dem Euro, gewappnet hat, die nun einer ersten schweren Prüfung unterzogen wird, sich aber behauptet.

Ein starkes Europa darf jedoch kein protektionistisches Europa sein. Ein Europa, das sich durch seine Regeln schützt, darf keine Festung Europa sein. Uns Einzuigeln wird uns nicht aus der Krise helfen. Vielmehr müssen wir auf Offenheit und die Bekräftigung unserer Identität setzen. In stürmischen Zeiten liegt die Stärke Europas, mehr noch als in ruhigen Zeiten, im Ergreifen von Maßnahmen im Namen unserer Mitbürger, einschließlich der Unterprivilegiertesten, und vor allem darin, dies in Geschlossenheit zu tun.

Zusammen mit der Kommission und mit Herrn Barroso, dessen durch den de-Larosière-Bericht angeregte Maßnahmenreihe ich begrüße, kämpft Europa für den Erhalt des Bankensystems.

Europa kämpft, und wir kämpfen mit ihm. Nicht, wie manche uns glauben machen möchten, um die Arbeitsplätze der Wertpapierhändler zu erhalten, sondern um einen allgemeinen Zusammenbruch unserer gesamten Wirtschaft zu verhindern, und weil es ohne ein gesundes Bankensystem keine dauerhafte Erholung geben kann.

Europa kämpft mit Erfolg, und ich begrüße die gestern getroffene Vereinbarung zur Senkung des Mehrwertsteuersatzes für das Hotel- und Gaststättengewerbe und die Baubranche, zur Einführung einer realen Überwachung der Finanzmärkte, zum Erhalt von Arbeitsplätzen, zum Erhalt und zur Wiederherstellung des Vertrauens und zur Sicherung der Zukunft der Bürger Europas.

Meine Damen und Herren, ich habe von Stärke gesprochen, von Einheit und von Effektivität, aber Sinn und Zweck, Motivation für all dies ist die Solidarität. Dies ist das Europa Jean Monnets und all der anderen Gründungsväter. Welchen Sinn hätte die Schaffung Europas nach dem letzten Krieg gehabt, wenn man es 60 Jahre später, mit dem Entstehen der schwersten Wirtschaftskrise seit 1929, einfach wieder für das „Jeder für sich selbst“-Prinzip aufgeben würde?

Unsere Mitbürger fragen manchmal, welchen Zweck Europa hat. Es ist an uns zu beweisen, dass Europa für seine 500 Millionen Bürger einsteht, von denen viele unter dieser Krise leiden, und auch den Ländern der Union gegenüber Solidarität zeigt – ich denke hier besonders an Irland, Ungarn und andere, deren Situation besonders schwierig ist.

Im Namen meiner Fraktion fordere ich alle Staats- und Regierungschefs der Siebenundzwanzig dazu auf, den Lockrufen der Isolation zu widerstehen, die – und ich habe meine Worte mit Bedacht gewählt – für alle unsere Länder einem Selbstmord gleichkäme.

Ich bitte Herrn Vondra, Herrn Barroso, und auch Sie, Herr Pöttering, im Namen unseres Parlaments im Europäischen Rat zu intervenieren und sich für Solidarität und Innovation auszusprechen. Ja, ich sage Innovation, denn ich bin überzeugt, dass wir nur dann aus der Krise herausfinden werden, wenn wir neue Ressourcen nutzen und massiv in die wissensbasierte Wirtschaft und in Forschung und Entwicklung investieren.

Wir müssen das immense Potenzial der Europäischen Union im Bereich neuer grüner Technologien so schnell wie möglich nutzen, grüne Innovationen müssen Bestandteil der gesamten europäischen Politik werden. Das würde den wirtschaftlichen Wideraufschwung wirklich ankurbeln.

Ebenso müssen die regulatorischen Hemmnisse des Binnenmarktes, die die Entwicklung dieser Technologien immer noch behindern, so schnell wie möglich beseitigt werden. Es muss ein echter Binnenmarkt für erneuerbare Energien mit klaren Regeln entstehen, denn in einer Krise bleibt nichts unverändert, und wir müssen uns auf die neue Situation vorbereiten. Das ist die Kernaussage von Lissabon und jetzt die Nach-Lissabon-Strategie.

Meine Parlamentsfraktion, wie die rechte Mitte in Europa, ist eine verantwortungsbewusste politische Organisation. Wir sind für eine Wirtschaft mit Regeln, wir sind für eine soziale Marktwirtschaft. Das verhindert, dass wir uns in Demagogie und Populismus stürzen. Das verpflichtet uns, ehrlich mit den Menschen in Europa zu sprechen. Ich hoffe, dass sich der nächste Europäische Rat diesen Ansatz zum Vorbild nimmt.

(Beifall)

 
  
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  Martin Schulz, im Namen der PSE-Fraktion.(DE) Herr Präsident! Bei allem Respekt vor Ihnen, Herr Minister Vondra, dass in einer Situation wie der, in der wir uns befinden, der Ratspräsident hier nicht anwesend ist, ist nicht akzeptabel. Es zeigt aber auch, welches Verhältnis er zur aktuellen Situation hat.

(Beifall)

Wir haben jetzt viele altbekannte Sätze wiederholt gehört. Das alles hören wir jetzt seit Monaten. Daraus kann man Textbausteine entwickeln. Dir, lieber Joseph, möchte ich sagen: Wunderbare Rede! Wenn Du so weiterredest, dann kommen sie in Lipsheim, in Pfettisheim noch auf die Idee, Du wärest in die KPF eingetreten – alles wunderbar, das hört sich alles toll an. Nur ist jetzt Liefern angesagt. Jetzt müssen die notwendigen Beschlüsse gefasst werden. Auf dem Europäischen Rat muss mehr getan werden. Die Krise verschärft sich. Arbeitsplätze gehen verloren. Wir haben 40 Billionen Euro vernichtete Werte in den letzten sechs Monaten! Das heißt vernichtete Existenzen. Das heißt Arbeitsplätze, die verlorengehen. Das heißt Unternehmen, die in ihrer Existenz bedroht sind. Das heißt, Volkswirtschaften, die in ihrer Existenz bedroht sind. Und dann gibt es die schönen Beschlüsse bei Ihrem Rat, 1,5 % des Bruttoinlandproduktes dieses Jahr bzw. nächstes Jahr – drei Staaten haben es bisher erreicht, das heißt 24 Staaten nicht. Großbritannien, Deutschland und Spanien haben das erreicht – alle drei im Übrigen unter dem Druck von Sozialdemokraten und Sozialisten – die anderen nicht. Sie müssen mehr tun! Richten Sie das Ihrem abwesenden Ratspräsidenten aus!

Sie, Herr Kommissionspräsident, haben wunderbar geredet, das ist toll, das unterstützen wir alles. Die Solidarität zwischen den Mitgliedstaaten ist zwingend erforderlich. Solidarität ist für uns als Sozialdemokraten, als Sozialisten der zentrale Begriff in dieser Situation. Solidarität zwischen Menschen in den Gesellschaften, aber auch Solidarität zwischen Staaten. Solidarität in der Eurozone und die Solidarität der Eurozone mit den Staaten, die nicht dazugehören. Es ist eine wichtige Aufgabe, dass die Kommission die Staaten anhält, diese Solidarität zu üben.

Es ist auch wichtig, dass die Kommission jetzt die Richtlinienentwürfe liefert, die wir brauchen, um private equity und Hedgefonds zu kontrollieren, dass wir Rating-Agenturen transparent gestalten können, dass wir Managergehälter begrenzen können, dass Steueroasen geschlossen werden können. Diese Initiativen müssen jetzt kommen. Wir hoffen und setzen darauf, dass Sie das jetzt liefern. Und wenn das nicht mehr in dieser Wahlperiode gemacht werden kann, dann werden wir am ersten Tag des neu gewählten Parlaments mit all diesen Forderungen wieder zurückkommen. Denn wenn ich die Manager der Citigroup höre, die jetzt wieder einen Gewinn gemacht haben, wenn ich Herrn Ackermann von der Deutschen Bank höre, die jetzt im ersten Quartal wieder einen Gewinn gemacht hat, glauben die Herrschaften, jetzt, wo der Staat sie gerettet hat, sie könnten so weitermachen wie vorher? Nein, die Transparenz und Kontrolle muss jetzt von uns durchgesetzt werden, damit sich nicht wiederholen kann, was die Herrschaften angerichtet haben.

Ein dritter Punkt: Wenn ich Euch von der PPE-DE zuhöre, bin ich ganz fasziniert. Das ist wunderbar – Ihr redet so, wie wir jahrelang geredet haben und wo Ihr immer dagegen gestimmt habt. Jetzt auf einmal seid Ihr wach geworden. Aber wenn es darum geht, dass wir beim Änderungsantrag 92 wollen, dass hier beschlossen wird, mehr zu tun, nämlich 1,5 Prozent Bruttoinlandsprodukt für alle bei den Investitionen, dann stimmt die PPE-DE nicht mit! Der Änderungsantrag 92 ist also der Lackmustest für Euch bei der Abstimmung heute Mittag. Zur Frage der Solidarität: Du hast gerade selbst gesagt, Joseph Daul, im Namen Deiner abwesenden Fraktion, toll. Da wollen wir mal gucken, ob Ihr dem Änderungsantrag 102 zustimmt, wo wir die Solidarität fordern.

Eine letzte Bemerkung, die für unsere Fraktion von zentraler Bedeutung ist, betrifft den Änderungsantrag 113. Da geht es um Steueroasen. Die Männer und Frauen, die uns hier in den Restaurants bedienen, die Fahrer, die uns hier fahren, das Bodenpersonal am Flughafen, das unsere Koffer auspackt, das sind alles Steuerzahler, die mit ihren Steuern für den Bankrott der großen Bankunternehmen einstehen müssen, weil die Regierungen und die Parlamente es von Ihnen verlangen. Das sind diejenigen, die die Schutzschirme für Banken und Unternehmen bezahlen müssen. Und die Manager dieser großen Banken, die jetzt noch – wie bei der ING, wo riesige Milliardendefizite da sind – sich Millionen Boni auszahlen lassen, sollen die Möglichkeit haben, in Steueroasen ihr Geld unterzubringen und da die Steuern nicht zu bezahlen! Das ist Klassenkampf von oben, den wir jedenfalls nicht mitmachen wollen! Deshalb ist die Frage, ob wir heute beschließen, dass das Europäische Parlament gegen Steueroasen ist, eine entscheidende Frage für die Glaubwürdigkeit für die EVP-ED und der Liberalen. Ihr redet wie die Sozialisten, dann wollen wir aber auch mal sehen, ob Ihr wie die Sozialisten heute Mittag abstimmt.

Diese drei Forderungen haben wir hier auf dem Tisch und ich sage ganz klar: Wenn Ihr dem nicht zustimmt, dann gibt es keine Gemeinsame Entschließung dazu. Dann ist ganz klar angesagt: Soziale Gerechtigkeit gibt es mit uns – große Worte gibt es mit der EVP-ED!

(Beifall)

 
  
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  Graham Watson, im Namen der ALDE-Fraktion. – Herr Präsident! In den letzten Monaten hat unsere Union mehr Gipfel gesehen als unser ehemaliger Kollege Reinhold Messner, und hier im Parlament gab es gleich eine ganze Reihe von Berichten zur Verbesserung der wirtschaftlichen Lage. Was diese Gipfel und Berichte gebracht haben, ist den Mitgliedstaaten eine Möglichkeit zum Überwinden der Rezession aufzuzeigen. Jetzt muss der Rat diese Möglichkeit ohne Furcht und Angst nutzen, und ich gratuliere den Autoren der Andersson-, Ferreira- und Kirilov-Berichte. Sie bieten eine konsistente, pragmatische Perspektive, verfasst im Licht der Arbeitslosenlawine, die da auf uns zukommt. Und die ihnen zugrunde liegende Botschaft lautet: Arbeitsplätze, Arbeitsplätze, Arbeitsplätze.

Die Lissabon-Strategie, beschäftigungspolitische Leitlinien, Kohäsionspolitik – sie alle haben stets Flexicurity für unsere Wirtschaften gefordert, öffentliche Investitionen in Forschung und Entwicklung, den schnellen Wechsel zur wissensbasierten Wirtschaft. Sie sind das Fundament eines gesunden, dynamischen und sicheren Arbeitsmarktes.

Aus heutiger Sicht dürfte eines jedem klar sein – mit Ausnahme vielleicht einiger Kollegen auf der linken Seite: Nicht die Lissabon-Strategie hat uns Entbehrungen beschert, sondern genau die Mitgliedstaaten, die sie ignoriert haben, leiden nun am meisten und wohl auch am längsten. Jetzt müssen wir einen Fuß auf den Boden bekommen und ein „Lissabon-Plus-Programm“ und Beschäftigungsleitlinien voranbringen, die die Realitäten in unserer Union widerspiegeln.

Nationale Parlamente, Regionalregierungen, Rathäuser: sie alle müssen in die Lage versetzt werden, sich dieser Herausforderung zu stellen, und öffentlich geschmäht werden, wenn sie es nicht tun. Auch bei der Rettung unseres Planeten dürfen wir keine Schwerfälligkeit akzeptieren. Der Rat wird die Verhandlungsposition der EU bei der Klimakonferenz in Kopenhagen besprechen. Aber wie viel Geld, Herr Vondra, werden die Siebenundzwanzig für Anpassung und Schadensminderung in den Entwicklungsländern bereitstellen? Der Klimawandel hört mit einem Konjunkturrückgang nicht einfach auf, und die ärmsten Länder werden – auch weiterhin  – unter unseren CO2-Emissionen leiden.

Rezession darf nicht Untätigkeit bedeuten. Die Mitgliedstaaten müssen die notwendigen Mittel bereitstellen, um dem Klimawandel zu begegnen und in der Folge den Wechsel hin zu grünen Arbeitsplätzen vollziehen – vielleicht indem wir, wie Claude Turmes es vorschlägt, die uns zur Verfügung stehenden Gelder nutzen, um über die EIB oder den EIF mehr herauszuholen. Wie auch immer, der Rat weiß, dass ohne eine grundlegende Reform des Finanzsystems die Schecken der Rezession wieder zurückkehren werden.

Der G20-Gipfel im kommenden Monat hat die Aufgabe, die Situation zu verändern, und ich begrüße den von den europäischen Spitzenpolitikern bei ihrem Treffen in Berlin gewählten Ton. Der IWF muss effektiv finanziert werden, Steuerparadiese müssen unter die Lupe genommen und Finanzinstitutionen streng reguliert werden, durch eine funktionierende europäische Aufsichtsbehörde für Finanzdienstleistungen, die das System überwacht: nicht, um unsere Wirtschaft wieder in die Vergangenheit zu befördern, sondern um ein offenes, ehrliches und transparentes Handelssystem zu schaffen, das frei und gerecht ist.

London, Paris, Berlin: Alle betonen unablässig, dass Europa geeint dasteht, aber vom Präsidenten des Rates hören wir, dass nach wie vor Differenzen bestehen. Ich hoffe, der Präsident des Rates wird uns demnächst hier vom Gipfel berichten, eigentlich er sollte ja auch heute hier sein. Aber wenn Differenzen bestehen, wird das nicht genügen. Wir brauchen ein entschlossenes, agiles Europa, das in den kommenden Wochen und Monaten geschlossen handelt, bereit, die faulen Vermögenswerte aus den Bilanzen der Banken zu beseitigen, bereit, die Bankpraxis zu reformieren und die Kreditwürdigkeit wiederherzustellen, und bereit zu akzeptieren, dass das aktuelle Konjunkturpaket möglicherweise nicht ausreicht. Denn ist hat keinen Sinn, den IWF aufzustocken, wenn es kein globales Finanzsystem zu unterstützen gibt. Und wenn es ungerecht sein mag, dass verantwortungsvolle Mitgliedstaaten nun die Fehler derjenigen ausbügeln müssen, die auf großem Fuß gelebt haben, dann ist das vielleicht der Preis, den man zahlen muss, um eine weitere Ausbreitung der Wirtschaftskrise zu verhindern.

Kurz gesagt brauchen wir die Zusammenarbeit von Rat, Kommission und Parlament: gelassen, ruhig, gemeinschaftlich, und ohne dass das Verfahren über den Zweck siegt. Europa kann das Feuer nicht mehr bekämpfen. Wir brauchen eine fundamentale Reform, die jetzt Arbeitsplätze schafft und Sicherheit für die Zukunft.

 
  
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  Cristiana Muscardini, im Namen der UEN-Fraktion.(IT) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Vondra hat von einer „Verbesserung der Aufsicht“ gesprochen, aber wir wollen Informationen dazu, wie viele OTC-Derivate sich noch im Besitz europäischer Banken befinden; wie hoch die Rechnung auf globaler Ebene ausfallen wird. Es kann sein, dass sich die Kommission und der Rat dazu entschließen werden, Derivate einzufrieren, es auf globaler Ebene zumindest vorzuschlagen, und den Handel mit diesen Finanzinstrumenten auszusetzen. Kann es sein, dass diese Derivate für verstaatlichte Banken nicht nur faule Vermögenswerte darstellen, sondern auch noch die Entwicklung behindern? Eine Verbesserung der Aufsicht bedeutet auch, dass wir nicht nur, wie von der Kommission gefordert, in der Lage sein müssen, reinen Tisch mit dem Bankensystem zu machen und das Regulierungssystem zu überprüfen, sondern wir brauchen auch neue Vorschläge.

Wenn wir also besorgt sind über die Krise in der Autoindustrie, müssen wir uns auch mit den kleinen und mittleren Unternehmen beschäftigen und der unfairen Konkurrenz von außerhalb unserer Grenzen. Der Rat hat die Ratifizierung und Umsetzung der Herkunftskennzeichnung noch nicht beschlossen, des einzigen Systems, das nicht protektionistisch ist und doch Verbraucher und Produkte schützt, wie Präsident Barroso selbst gerade gesagt hat. Um Unternehmen zu helfen müssen wir nicht nur neue Kreditlinien fördern, sondern wir müssen kleinen und mittleren Unternehmen auch schnelleren und günstigeren Zugang zur Mobilität geben, wenn diese Unternehmen nicht untergehen sondern sich anpassen sollen. Viele von Ihnen kämpfen derzeit mit Auftragsrückgängen um 50 %, die sie zwingen, Banken um Hilfe zu bitten. Doch die Banken vergeben keine Kredite, und die Bankaktien haben aufgrund der Derivate stark an Wert verloren. Das ist ein Teufelskreis. Aus dieser verworrenen Lage gilt es herauszufinden und echte Lösungen zu suchen, nicht nur nutzlose Vorschläge zu machen.

 
  
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  Rebecca Harms, im Namen der Verts/ALE-Fraktion.(DE) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Anlässlich der fünften Debatte in dieser Legislaturperiode über die Erfolge oder Misserfolge der Lissabon-Strategie möchte ich einmal die Frage stellen, wie es sein kann, dass wir jedes Jahr beteuert haben, dass das eine erfolgreiche Strategie ist, diese Erfolge auch bilanziert wurden und wir plötzlich, als wenn das ein Naturereignis wäre, in der tiefsten Krise aller Zeiten aufwachen. Das kann überhaupt nicht sein, und eine unehrliche Bilanz dieser Lissabon-Strategie ist, glaube ich, eines dieser Probleme, aus denen wir herauskommen müssen.

Wir haben als Europäisches Parlament die Kommission vor einem Jahr in derselben Debatte aufgefordert, für die Stabilität der Finanzmärkte zu sorgen, weil wir Krisenzeichen gesehen haben. Auf diese Aufforderung, Herr Kommissionspräsident, ist überhaupt nichts passiert. Und jetzt debattieren wir, wie Martin Schulz gesagt hat, seit Monaten über den Zusammenbruch des Systems, ohne neue Regeln tatsächlich verbindlich zu machen. Meine Analyse hierzu sieht ein bisschen anders aus als die der Kollegen. Ich glaube, dass viele in der Kommission und auch in den nationalen Regierungen immer noch der Überzeugung sind, dass ein deregulierter Markt und starke Akteure, Spieler auf diesem Markt sich selber regulieren können. Wenn wir uns darauf beschränken, das Bankensystem wieder flott zu spritzen und öffentliche Garantien zu geben, ohne eine neue komplette Finanzmarktarchitektur zu bestimmen, dann werden wir scheitern und aus dieser Krise nicht herauskommen, uns nicht wirklich erholen.

Genauso inkonsequent ist die Diskussion um die Verbindung von Klimapolitik, Nachhaltigkeitsstrategien und dem Krisenmanagement. Auch dazu haben wir jedes Jahr viele beteuernde Reden gehört. Wenn man sich die aktuellen Konjunkturprogramme auf europäischer und nationaler Ebene anschaut, kann man nur sagen: Viele große Worte, aber das Ziel von Nachhaltigkeit, Klimaschutz, Ressourceneffizienz wird nach wie vor nicht ernst genommen. Diese Konjunkturprogramme dienen nicht dazu, die europäische Wirtschaft zukunftsfähig zu machen, sondern sind eigentlich nur mehr vom Alten.

 
  
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  Jiří Maštálka, im Namen der GUE/NGL-Fraktion. (CS) Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das gemeinsame Programm für Wachstum und Arbeitsplätze, auch bekannt als Lissabon-Strategie, wurde 2005 ins Leben gerufen. Jetzt haben wir 2009 und, trotz allem erleben wir zunehmende Armut und eine Wirtschafts- und Finanzkrise ohne Beispiel in der Geschichte. Zudem sagen die neuesten Prognosen für 2009 einen Anstieg der Arbeitslosenzahlen in der EU um fast 3,5 Millionen voraus. Trotz aller ergriffenen Maßnahmen steigt die Arbeitslosigkeit weiter. Nicht als Einziger bin ich der Ansicht, dass etwas falsch läuft. Die aktuelle Situation zeigt das Versagen der bisherigen Politik, die vor allem die Anhäufung enormer Profite durch große Handels- und Finanzkonzerne zugelassen hat, die Schaffung riesiger Monopole und ein Absinken der Lebensstandards von Arbeitern und der Normalbevölkerung. Europa muss einen anderen Weg einschlagen. Bei seinem Frühjahrstreffen muss der Rat eine europäische Strategie für Solidarität und nachhaltige Entwicklung annehmen und eine neue Wirtschafts-, Sozial- und Umweltpolitik zur Unterstützung von Investitionen speziell in die Qualität der Arbeit, die Verbesserung von Qualifikationen, Infrastrukturförderprogramme, Kohäsionspolitik, Umweltschutz und verbesserte Gesundheits- und Sicherheitsbedingungen am Arbeitsplatz. Ein Hauptproblem der Mitgliedstaaten, einschließlich der Tschechischen Republik, ist die Verlagerung von Unternehmen. Die EU sollte ein Regelwerk schaffen, das Unternehmen für Verlagerungen bestraft, beispielsweise indem finanzielle Hilfen durch die EU von der Erfüllung bestimmter Pflichten zum Schutz von Arbeitsplätzen und der lokalen Entwicklung abhängig gemacht werden. Besonders jetzt, während der Finanz- und Wirtschaftskrise, brauchen wir nicht nur Solidarität, sondern auch strenge und schnellgreifende Regeln und Instrumente als gemeinsame Verteidigung gegen die Krise. So würden wir auch eine würdige Verbindung zum Erbe Jean Monnets schaffen, dessen wir heute gedenken.

 
  
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  Nigel Farage, im Namen der IND/DEM-Fraktion. – Herr Präsident! Der Begriff „Europäische Solidarität“ wurde heute Morgen immer wieder genannt, als ob das ein Fakt wäre. Ich möchte das in Frage stellen.

Wir können keinen Blankoscheck zur Rettung der Länder Osteuropas ausstellen. Wir haben das Geld nicht. Wirtschaftlich betrachtet ist der Plan alles andere als vernünftig und, was am wichtigsten ist, er wäre für die Steuerzahler in Frankreich, Großbritannien und Deutschland politisch inakzeptabel. Und doch scheint der britische Finanzminister Alistair Darling diesen Plan jetzt zu befürworten. Er muss völlig verrückt geworden sein! Er sagt, für Europa sei jetzt die Zeit gekommen, um auf gemeinsamen Werten der Kooperation aufzubauen, als ob wir eine große, glückliche Familie wären.

Nun, der ungarische Premierminister Ferenc Gyurcsany hat diese Idee von europäischer Solidarität zerstört. Er fordert von der Europäischen Union, Länder wie seines zu einem Preis von 180 Milliarden Euro zu retten, und wenn wir das nicht tun würden, verspricht er uns die Migration von fünf Millionen arbeitslosen Migranten Richtung Westen in unsere Länder. Das ist nichts anderes als Erpressung, und es zeigt den Wahnsinn, Länder wie Ungarn in diese politische Union aufgenommen zu haben, und noch viel mehr den Wahnsinn offener Grenzen.

Als einzige Antwort höre ich heute in diesem Haus, dass wir irgendwie mehr Europäische Union brauchen – dass mehr Macht funktionieren würde! Nun, es ist so: Sie haben von den Wählern in Frankreich, den Wählern in den Niederlanden und den Wählern in Irland eine Botschaft erhalten. Sie haben nicht das Recht, mehr Macht für die Europäische Union zu beanspruchen. Ich glaube, bei den Europawahlen in diesem Jahr werden die Menschen vor allem über die Wirtschaftskrise abstimmen, und ich hoffe, dass ihre Botschaft dann so deutlich und so laut sein wird, dass Sie sie dieses eine Mal einfach nicht ignorieren können.

 
  
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  Der Präsident. − Herr Farage, wir mögen in unserer europäischen Familie nicht immer glücklich sein, aber auch Sie gehören dazu.

 
  
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  Jana Bobošíková (NI). (CS) Meine sehr geehrten Damen und Herren! Im Gegensatz zu meinem Vorredner bin ich fest davon überzeugt, dass der kommende Europäische Rat ganz unter dem Motto der aktuellen tschechischen Präsidentschaft stehen sollte, das „Europa ohne Grenzen“ lautet. Ich hoffe, der heute nicht anwesende Präsident des Rats, Mirek Topolánek, wird dem Druck der Obama-Administration nicht nachgeben und der Versuchung erliegen, neue Bestimmungen zu erlassen und mehr Steuerzahlergelder in die Wirtschaft zu pumpen.

Der kommende Rat sollte auch den durch grüne Lobbyisten geförderten Plan der Barroso-Kommission, der eine massive Förderung erneuerbarer Energien in Höhe von vielen Milliarden vorsieht, ablehnen. Wirtschaftstheorie und die Geschichte zeigen klar und deutlich, dass dies den wirtschaftlichen Zusammenbruch und den Anstieg der Arbeitslosenzahlen nicht aufhalten wird. Ganz im Gegenteil, es würde die Krise nur verschärfen und eine weiteres Risiko für die Zukunft bedeuten, nämlich Inflation, meine Damen und Herren. Ich kann nicht glauben, dass irgendein vernünftiger Politiker zu einem massiven Preisanstieg und einem Wertverlust der Ersparnisse der Normalbürger beitragen möchte. Ich hoffe, die Präsidentschaft wird ihre Haltung einer nachdrücklichen Verteidigung der Liberalisierung zusammen mit der Abschaffung von Handelshemmnissen und Protektionismus weiter fortsetzen.

Wir alle wissen, meine Damen und Herren, dass die staatliche Regulierung der Wirtschaftspolitik in den USA einen entscheidenden Anteil an der aktuellen Krise hat. Statt aus dieser Tatsache zu lernen, haben die Organe der EU seit dem 1. Juli letzten Jahres unglaubliche 519 Verordnungen und 68 Richtlinien erlassen, in gerade einmal 9 Monaten. Wenn die tschechische Präsidentschaft mit ihrem Motto „Europa ohne Grenzen“ glaubwürdig und nützlich sein möchte, sollte sie statt weitere Gipfeltreffen zu organisieren umgehend die gesamte EU-Gesetzgebung überprüfen und so viele Bestimmungen wie möglich zu Umweltschutz, Gleichstellung der Geschlechter, sozialen Fragen und Beschäftigung abschaffen. Der Rat sollte sich auch Gedanken darüber machen, wie sich der aufgeblähte Sozialstaat in seine Schranken verweisen lässt und wie hohe Steuern und Versicherungen gesenkt werden können. Nur so lässt sich eine schnelle Wiederaufnahme von Rationalität und Marktaktivitäten erreichen, ohne die ein Überwinden der aktuellen Krise schlicht nicht möglich sein wird.

 
  
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  Klaus-Heiner Lehne (PPE-DE).(DE) Meine sehr verehrten Herren Präsidenten, meine sehr verehrten Damen und Herren Kollegen! Manchmal glaubt man ja nicht, was man hört. Lieber Martin Schulz, die Initiative zur Regulierung und zu Transparenzregeln bei Hedgefonds und Private Equity stammt aus dem Rechtsausschuss.

Im Jahre 2006 sind wir als EVP-ED-Fraktion im Rechtsausschuss in der Frage aktiv geworden und wollten Regeln haben. Der legislative Initiativbericht, den wir damals beauftragt haben, ist deshalb nicht zustande gekommen, weil die Vorsitzende des Wirtschaftausschusses, die bekanntlich der Sozialistischen Fraktion angehört, damals einen völlig überflüssigen Kompetenzstreit vom Zaun gebrochen hat mit dem Ergebnis, dass wir Monate, ja Jahre gebraucht haben, bis eine Einigung erzielt war und wir dann endlich die legislativen Initiativberichte zu der Frage im September des letzten Jahres in Gestalt des Berichts Rasmussen und des Berichts Lehne beschließen konnten.

Derjenige, der sich im Rat gegen die Regulierung in diesem Bereich ausgesprochen hat, war Gordon Brown, der gehört bekanntlich auch nicht der EVP-ED an, sondern gehört zu Eurer Fraktion. Merkel und Rasmussen haben sich bei allen Debatten sowohl im Europäischen Rat in den zurückliegenden Jahren als auch im Rahmen der G8 immer für die Regulierung dieser Bereiche ausgesprochen.

Das Problem ist, dass die Sozialisten – das ist ein Fakt – in dieser Europäischen Union immer ein entscheidendes Hindernis gewesen sind, auch diese nicht regulierten Bereiche zu erfassen. Die Meinung ist erst vor kurzem geändert worden, und das hat dazu geführt, dass wir da stehen, wo wir heute stehen. Das gehört auch mit zur historischen Wahrheit in diesem Bereich. Ich will nur sagen, es gibt einen großen Unterschied zwischen der Rhetorik, die hier geübt wird, und der Realität der zurückliegenden Monate und Jahre, das ist leider so.

Lassen Sie mich zum Schluss noch zu einer Reihe von Gemeinsamkeiten kommen, die ich auch noch erwähnen möchte. Die Atmosphäre zwischen den Fraktionen war heute bei der Vorbereitung der Entschließung zum Lissabon-Prozess in der Lenkungsgruppe ausgesprochen gut. Wir haben deshalb in fast allen Bereichen Einigung erzielt und, wie ich glaube, eine gute Entschließung zustande gebracht.

Man sollte das jetzt nicht zerreden, sondern deutlich machen, dass es hier eine Gemeinsamkeit gibt. Auch die Bevölkerung erwartet von uns, dass wir in dieser Krise gemeinsam handeln und uns nicht gegeneinanderstellen.

(Beifall)

 
  
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  Poul Nyrup Rasmussen (PSE). – Herr Präsident! Dies ist die schlimmste Krise seit 1929, und sie wird noch schlimmer. Die Beschäftigungszahlen befinden sich im freien Fall.

Vor einigen Monaten habe ich zum Präsidenten der Kommission gesagt: „Preisen Sie die Beschlüsse des Europäischen Rats vom Dezember 2008 nicht zu sehr an. Bitte malen Sie kein zu rosiges Bild von Europa.“ Doch genau das tun Sie jetzt. Sie haben Europa keinen finanziellen Impuls in Höhe von 3,3 % gegeben – das ist einfach nicht wahr! Wenn Sie von automatischen Stabilisatoren sprechen, dann sind die bereits in der Prognose enthalten. Im Januar prognostizierte die Kommission -2 %, jetzt sind es laut Europäischer Zentralbank -3 %. Wenn Sie von einem finanziellen Impuls in Höhe von 1,5 % sprechen, dann sind das keine 1,5 %, sondern es werden laut Bruegel-Institut nur 0,9 % sein, das ist belegt.

Wir haben jetzt folgende Situation: Wir kümmern uns nicht um die Arbeitslosigkeit, die Beschäftigungszahlen befinden sich im freien Fall, und ihr Impuls für Europa beträgt keine 3,3 %, sondern nur 0,9 %. Wenn Sie uns nun auffordern, auf bessere Zeiten zu warten, und es mit Jean-Claude Juncker halten, der gestern gesagt hat, wir hätten genug getan, dann antworte ich Ihnen: Sie haben nicht genug getan – die Menschen erwarten von Europa mehr, als Sie heute zusagen.

Mein Punkt ist Folgender: In wenigen Wochen treffen Sie sich mit Herrn Obama, dem neuen US-Präsidenten. Er hat ein Investitionspaket in Höhe von 1,8 % seines Bruttosozialprodukts zu bieten. Wir haben weniger als die Hälfte. Wie können Sie erwarten, dass Europa sich selbst in eine Position bringt, in der wir weniger tun als unsere amerikanischen Freunde, und wo wir diejenigen sind, die mehr von unseren amerikanischen Freunden fordern? Wie können Sie da Respekt gegenüber der Europäischen Union erwarten?

Ich sage, wir müssen mehr tun und einen umfassenden Plan erarbeiten, der den Gipfel am 19. März – also in neun Tagen – umfasst, ebenso wie den Gipfel in London am 2. April, den Beschäftigungsgipfel im Mai in Prag und den Gipfel im Juni. Ich appelliere an Sie, Herr Kommissionspräsident, umfassende neue Anstrengungen zur Belebung der Konjunktur zu unternehmen. Wenn wir das nicht tun, werden wir verlieren. Es geht nicht darum, dass das nächste Jahr besser wird. Wir haben es hier mit einer fundamentalen Weltwirtschaftskrise zu tun, die wir ernst nehmen müssen.

Mein letzter Punkt betrifft die Solidarität. Wir dürfen jetzt keine neuen Abgrenzungen zulassen zwischen den langjährigen Mitgliedern der Europäischen Union und denjenigen, die mit dem Versprechen in die EU gekommen sind, nun würden bessere Zeiten für die Normalbevölkerung anbrechen. Lassen Sie uns neue wirtschaftliche Grenzen zwischen den neuen und den alten Mitgliedern vermeiden. Lassen Sie uns echte Solidarität zeigen. Deshalb bitte ich Sie, Herr Kommissionspräsident, neue finanzielle Möglichkeiten zur Unterstützung unserer neuen Freunde zu erarbeiten – Eurobonds wären eine Möglichkeit, die Europäische Investitionsbank eine andere. Bitte, nehmen Sie die Situation ernst, und lassen Sie uns nicht zu wenig zu spät tun, wie es in Japan geschehen ist, sondern lassen Sie uns zeigen, dass es in Europa um die Menschen geht, dass es in Europa um Solidarität mit den schwächsten Ländern dieser Union geht.

 
  
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  Jules Maaten (ALDE).(NL) Herr Präsident! Jetzt, da sich der ursprüngliche Zeitraum der Lissabon-Strategie seinem Ende nähert, müssen wir feststellen, dass die im Jahr 2000 von den Regierungschefs vereinbarten Ziele nicht angemessen erreicht wurden. Besonders in der aktuellen Wirtschaftskrise ist es jedoch von größter Bedeutung, die Lissabon-Strategie ernst zu nehmen. Wäre das der Fall gewesen, Europa wäre wahrscheinlich weit besser in der Lage gewesen, die wirtschaftlichen Rückschläge zu verkraften.

Eine der Hauptvereinbarungen der Lissabon-Strategie ist die Absicht, 3 % des BIP für Forschung und Entwicklung auszugeben, zu zwei Dritteln finanziert durch die Privatwirtschaft und zu einem Drittel durch die Regierung. Die Tatsache, dass kaum ein Land in der Europäischen Union dieses Ziel erfüllt hat, bremst Innovationen in der Europäischen Union. In einer weltweiten Krise muss Europa in sich selbst die Stärke finden, um die Wirtschaft wieder auf den erforderlichen Stand zu bringen.

Da ist es überraschend, dass gleichzeitig weiterhin ein beträchtlicher Anteil des EU-Haushalts für eine Übersubventionierung der Old Economy, zu der auch die Landwirtschaft und die Regionalfonds gehören, verwendet wird, während Investitionsziele für die Forschung nicht erfüllt werden. Es gibt zahlreiche Optionen. Denken Sie nur beispielsweise an saubere Umwelttechnologien, Medizintechnik oder auch an die wachsende europäische Computerspielbranche, wo sich gezielte Unterstützung als effektiv erwiesen hat.

Herr Präsident, eine dynamische, hochgradig innovationsorientierte Wirtschaft kann neuen Industrien, Technologien und Produkten aus den Startlöchern helfen. Genau das brauchen wir, um aus der Rezession zu kommen. Die Krise erlaubt es uns, ja sie zwingt uns dazu, dringend benötigte Reformen endlich umzusetzen.

Daher bitte ich die Mitgliedstaaten dringend, die von ihnen selbst eingegangenen Verpflichtungen ernst zu nehmen. Denn wenn wir wichtige Ziele gesetzt haben, müssen wir diese auch mit der nötigen Entschlossenheit zu erreichen versuchen. Andernfalls wird die EU ihre Glaubwürdigkeit verlieren. Die Gemeinschaftspolitik verlangt von uns allen intensivste Anstrengungen, Nachlässigkeit einzelner Mitglieder lässt sie nicht zu.

 
  
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  Mirosław Mariusz Piotrowski (UEN).(PL) Herr Präsident! Alles deutet darauf hin, dass das Zehn-Jahres-Ziel der Lissabon-Strategie in einem Fiasko enden wird. Weder diese Strategie noch der immer wieder genannte Vertrag von Lissabon sind eine wirkliche Antwort auf die Weltwirtschaftskrise. Während des kommenden Rates wird uns der irische Premierminister über die Schritte zur Umsetzung des Vertrags von Lissabon informieren. Dem Beispiel Frankreichs und der Niederlande folgend, hat Irland die geänderte Version der Europäischen Verfassung in einem Referendum abgelehnt. Die Bürger dieses Landes haben sich nicht überzeugen lassen, Teile ihrer Souveränität zugunsten einer bürokratischen Struktur namens Europäische Union aufzugeben. Statt jetzt auf einen Richterspruch des deutschen Verfassungsgerichts zu warten, der das endgültige Aus für den Vertrag bedeuten könnte, werden Versuche unternommen, den Iren Privilegien zu versprechen, die in dem vorgelegten Dokument nicht zu finden sind.

Angesichts dieser riesigen Wirtschaftskrise appelliere ich für ein Ende der sinnlosen EU-internen Streitigkeiten und für das Ergreifen spezifischer Maßnahmen auf Basis der bestehenden Verträge und im Geiste der Solidarität.

 
  
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  Claude Turmes (Verts/ALE).(FR) Herr Präsident! In dieser Krisenzeit brauchen wir einen starken Impuls auf europäischer Ebene.

Allein agierende Nationalstaaten werden nicht in der Lage sein, ausreichend stark und koordiniert zu reagieren. Wir brauchen daher dringend einen Anstoß von Europa. Aber was müssen wir erleben, auch heute? Eine Kommission, die wie ihr Präsident müde ist, ohne Vision und jeglicher politischer Courage beraubt. Ein Konjunkturpaket in Höhe von 5 Milliarden Euro ist kein Konjunkturpaket, wenn bei 50 % der aufgeführten Projekte 2009 und 2010 keine Investitionen erfolgen werden, beispielsweise, weil die Lizenzen für die Kohlenstoffspeicherung dann noch nicht umgesetzt sind!

Herr Daul hat völlig recht. Wir müssen jetzt Solidarität und Innovation zeigen. Wenn die Kommission Margaret-„Ich will mein Geld zurück“-Merkel folgt und eine Liste aufstellt, mit der mehr Geld in die starken Wirtschaften gepumpt wird als zu unseren Kollegen in den östlichen Ländern, die jetzt unsere Solidarität brauchen, werden wir keine Fortschritte erzielen.

Wir brauchen Innovation in zwei Bereichen. Erstens dürfen wir diese 5 Milliarden Euro nicht für staatliche Beihilfen verschwenden, sondern wir sollten das Geld auf die Europäische Investitionsbank konzentrieren. Die Bank strebt derzeit eine Kapitalerhöhung um 76 Milliarden Euro an und verhandelt mit der Europäischen Zentralbank über Verbesserungen bei der Liquidität. Daher sollten wir den Großteil der 5 Milliarden Euro als Garantiefonds verwenden, um als Leverage-Effekt 20, 25 oder 30 Milliarden Euro öffentlicher und privater Investitionen zu ermöglichen. Zweitens müssen wir dieses Konjunkturpaket auf grüne Technologien, erneuerbare Energien und Investitionen in Gebäude in den Städten Europas ausweiten.

Aktuell vergibt Präsident Obama 10 Mal mehr Risikokapital für grüne Technologien als Europa. Wir sind dabei, die Schlacht um das nächste große Ding in der Wirtschaft zu verlieren.

 
  
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  Sahra Wagenknecht (GUE/NGL).(DE) Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die entscheidende Frage bei den ganzen Konjunkturprogrammen, die jetzt europaweit geschnürt werden, ist natürlich: Wer bekommt letztlich das Geld? Werden den Banken noch weitere Blankoschecks ausgestellt, obwohl die rasche Verstaatlichung für den Steuerzahler letztendlich wesentlich billiger wäre? Sollen die Konzerne und die Bezieher hoher Einkommen noch weiter entlastet werden, obwohl sie schon jahrelang in ganz Europa durch Steuergeschenke gemästet wurden? Je mehr Geld für solche Zwecke verschleudert wird, desto absehbarer werden solche Programme scheitern und desto wahrscheinlicher wird es, dass die europäische Wirtschaft in einer sehr gefährlichen Abwärtsspirale immer weiter nach unten versinkt.

Die jahrelange Politik der Privatisierung, Deregulierung, Liberalisierung – genau diese Politik hat die Einkommen immer stärker bei den oberen Zehntausend konzentriert, und es war diese Politik, die verantwortlich ist für die aktuelle Krise, in der wir uns heute befinden. Wer glaubt, dass er diese Krise dadurch überwinden kann, dass er genau diese Politik mit geringfügigen Modifikationen weiter betreibt, der hat gar nichts verstanden. Das genaue Gegenteil davon ist vonnöten. Statt den Banken faule Papiere abzukaufen, sollten Steuermittel für die Sanierung von Schulen, von Krankenhäusern und für den ökologischen Umbau der europäischen Wirtschaft verwendet werden. Sofern private Unternehmen öffentliche Mittel bekommen, muss gelten, keine Steuergelder ohne Beschäftigungsgarantien und vor allem auch keine Steuergelder ohne den Erwerb öffentlicher Eigentumsrechte, damit der Staat und vor allem auch die Allgemeinheit der Bürgerinnen und Bürger später auch an den künftigen Erträgen beteiligt werden können. Das allerbeste Konjunkturprogramm wäre eine radikale Umverteilung der Einkommen und Vermögen von oben nach unten. Der Hungerlohnsektor in Europa muss zurückgedrängt werden, statt ihn immer weiter zu fördern. Wir brauchen höhere Mindestlöhne, wir brauchen bessere Sozialleistungen in Europa. Wir brauchen Steuern, die sicherstellen, dass die Millionäre und die Profiteure der vergangenen Finanzmarkt-Party jetzt auch die immensen Verluste tragen, die entstanden sind, und nicht die große Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger, die von dem ganzen Finanzboom nie etwas abbekommen hat. Ich denke, das sozial Gerechte ist gegenwärtig auch das wirtschaftspolitisch einzig Vernünftige. Es ist die einzige Möglichkeit, die verheerende Krisendynamik zu durchbrechen.

 
  
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  Nils Lundgren (IND/DEM) . – (SV) Herr Präsident! Die Lissabon-Strategie zählt zu den besten Projekten der EU. Die Mitgliedstaaten sollen ihre Wirtschaften freiwillig reformieren, um Wohlstand und Anpassungsfähigkeit zu schaffen, sowohl an vorhersehbare Veränderungen wie eine alternde Bevölkerung als auch an unvorhersehbare Veränderungen wie einen Kollaps der Finanzmärkte. Die Idee hinter dieser Strategie ist die Förderung von effizienten Märkten, Unternehmertum, Bildung, Forschung und stabilen Staatsfinanzen, und jetzt werden wir getestet.

Hätten wir alle zu Beginn der Finanzkrise eine flexible Wirtschaft gehabt, die richtige Geld- und Währungspolitik und gesunde Staatsfinanzen, wäre Europa weit besser mit der Situation zurecht gekommen. Aber all das hatten wir nicht. Die Lissabon-Strategie wurde noch nicht umgesetzt, während gleichzeitig der Euro eine für Irland, Spanien, Italien und Griechenland viel zu einfache Geld- und Währungspolitik zur Folge hatte. Außerdem konnten mehrere Länder unter dem Deckmantel des Euro Misswirtschaft in ihren öffentlichen Haushalten betreiben. Die Ungleichgewichte sind daher groß. Die Lissabon-Strategie ist eine gute Idee, die leider verpfuscht wurde. Der Euro war eine schlechte Idee, die die Probleme nur verschärft hat.

 
  
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  Bruno Gollnisch (NI).(FR) Herr Präsident, meine Damen und Herren! In dieser Krise zeigt sich, welchen Wert und welchen Nutzen Strukturen haben, und diese Krise zeigt uns, dass das Europa Brüssels nutzlos ist. Das Konjunkturpaket, großspurig als „europäisch“ bezeichnet, ist in Wahrheit die Summe der von den Mitgliedstaaten zugesagten Gelder. Der Beitrag aus dem europäischen Haushalt macht nur einen sehr geringen Teil aus.

Während 200 Milliarden Euro Unterstützung für die Realwirtschaft und Arbeitsplätze bereitstehen, erhalten die Banken davon 2 Milliarden Euro, ohne Garantie, dass dieses Geld zur Finanzierung von Unternehmen und Privatpersonen eingesetzt wird. Gewinne privatisieren, Verluste sozialisieren: das ist das Prinzip dieser Wirtschaftpolitik, sei sie liberal oder sozialistisch.

Europäische Solidarität oder Unterstützung für Staaten? Die Teilnehmer des informellen Gipfeltreffens vom 1. März haben kollektiv abgelehnt, Hilfen für die Automobilbranche an Bedingungen zu knüpfen, um des Marktes und des Wettbewerbs willen. Keine Änderung der Politik, keine Änderung der Logik und kein Bruch mit dem System, das uns in die Katastrophe geführt hat! Wir befinden uns am Rande des Abgrunds, und in wenigen Tagen werden uns die Staats- und Regierungschefs auffordern, einen großen Schritt nach vorne zu tun.

 
  
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  Lambert van Nistelrooij (PPE-DE).(NL) Herr Präsident! Als Koordinator der Fraktion der Europäischen Volkspartei (Christdemokraten) und der Europäischen Demokraten für Regionalpolitik möchte ich sagen, dass die erhoffte Entwicklung hin zu einem flexibleren Ansatz und einem nachdrücklicheren Fokus auf Investitionen und Beschäftigung zunehmend Realität wird. Genau jetzt in der Krise hat die Kohäsionspolitik ihren Zweck, wenn es um Investitionen der Gemeinschaft geht. Derzeit stellen wir jährlich Gelder in Höhe von rund 50 Milliarden Euro bereit, 65 % davon gehen in die Schwerpunktbereiche aus den Verträgen von Lissabon. Damit leisten wir einen aktiven Beitrag, qualifizieren Arbeitskräfte und ergreifen alle möglichen regionalen Initiativen für die Jahre nach der Krise.

Die PPE-DE möchte diesen integrierten haushaltspolitischen Ansatz beibehalten, statt eine noch stärkere Fragmentierung herbeizuführen. Die Idee hinter der Annahme eines flexibleren Ansatzes ist die Beschleunigung der Ausgabenpläne, eine Vereinfachung der Genehmigungsverfahren, ein effizienter Umgang mit den Vorbereitungskosten, eine deutliche Erweiterung des Betätigungsfelds der EIB durch spezifische Programme, einschließlich nachhaltiger Sanierung in städtischen Umgebungen, und ein größerer Anwendungsbereich für Energieeffizienz, nicht zuletzt in den alten Mitgliedstaaten. Ich begrüße diese Schritte hin zu einem intensiveren Ansatz und mehr Flexibilität.

Bei März II wird in diesem Plenum eine Aussprache zur Anpassung der Kohäsionspolitik stattfinden. Wir werden auch die Vorschriften für die Mittel entsprechend anpassen und den Grundstein für eine neue Kohäsionsformel legen: territorialer Zusammenhalt, der Rahmen für die Zeit nach 2013.

Wie eben bestätigt wurde, sind wir anspruchsvollen Aktivitäten verpflichtet, einschließlich Clustern, FuE, Innovation und ländlicher Entwicklung, und wir werden sicherstellen, dass die wissensbasierte Wirtschaft und die Wettbewerbsfähigkeit in Europa vorangetrieben werden. Dies gilt für alle Regionen in allen Mitgliedstaaten. So bleibt Europa sichtbar und wir werden zu mehr Solidarität in Europa beitragen, auch nach der Krise.

 
  
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  Edit Herczog (PSE). – Herr Präsident! Lassen Sie mich zunächst Herrn Farage antworten. Wenn es bislang nicht sicher war, dass das Parlament geeint dasteht, dann denke ich hat Herr Farage uns alle davon überzeugt, dass wir als Europäische Union einig bleiben müssen.

Die Systemkrise hat die EU getroffen, und wir müssen uns selbst die Frage stellen, warum unsere Lissabon-Strategie über 10 Jahre uns nicht hat retten können. Hätten wir ein besseres Ziel haben können? Hätte die Umsetzung besser sein können? Hätten wir koordinierter zusammenarbeiten können, oder haben wir darauf gewartet, dass jemand anderes die Arbeit für uns übernimmt?

Die Antwort der sozialistischen Fraktion lautet, dass es richtig ist, nur eine umfassende Strategie für die Zukunft zu haben, Wettbewerbsfähigkeit und soziale und ökologische Nachhaltigkeit mit nur einer Strategie zu fördern. Die sozialistische Antwort ist, dass wir die Ziele von Lissabon für ganz Europa und für alle Europäer erreichen müssen, einschließlich der Schwächsten und Armen.

Wir müssen die Finanzmärkte stabilisieren und das Risiko für vergleichbare Krisen in der Zukunft vermindern. Aber wir werden keine Politik unterstützen, die unsere Mittel in Steuerparadiese treibt und auf die Bankkonten einiger weniger. Wir müssen die Realwirtschaft in ganz Europa und in allen Sektoren stabilisieren, besonders kleine und mittlere Unternehmen, aber wir müssen auch die Verantwortung dafür übernehmen, Beschäftigung zu fördern und nicht zulassen, dass Unternehmen nur Profite erwirtschaften.

Wir müssen auf FuE, Innovation und die digitale Umstellung setzen sowie auf die Schaffung von Fähigkeiten, um allen Bürgern Europas die Nutzung dieser Technologien zu ermöglichen. Wir werden Mittel bereitstellen, um durch Bestimmungen zum Recht an geistigem Eigentum Wissen zu bewahren und zu schützen. Wir müssen Europa als Ganzes stabilisieren, aber wir müssen auch über unsere Grenzen hinausblicken, auf weit schwächere Regionen der Welt, und wir werden keine neuen Abgrenzungen innerhalb der Europäischen Union schaffen.

Wir müssen dafür sorgen, dass die Akteure auch wirklich handeln. Handeln, handeln, handeln und umsetzen. Worte alleine werden keinen Erfolg haben. Viel zu tun genügt nicht, wir müssen genug tun. Daher fordern wir die Kommission und den Rat auf, über den Frühjahrsgipfel hinauszugehen und unsere Botschaft den G20 zu übermitteln. Das erwarten die Menschen auf der Straße von uns. Lassen Sie uns gemeinsam handeln.

 
  
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  Ona Juknevičienė (ALDE).(LT) Ich möchte einige Aspekte ansprechen, die meiner Ansicht nach wichtig für den Erhalt und die Schaffung von Arbeitsplätzen sind. Zunächst einmal ist dies eine globale Wirtschaftskrise, die uns zum Umdenken und zum Neubewerten der Beschäftigungsstrategie zwingt. Zweitens müssen wir das von uns bereits Erreichte und die Effektivität in der Umsetzung unserer Strategien kritisch bewerten. Daher bitte ich die Kommission dringend, sehr genau zu betrachten, wie die zur Förderung der Beschäftigung bestimmten Mittel von den Mitgliedern der Gemeinschaft verwendet werden. Die bislang gängige Praxis, Mittel vorrangig für Qualifikation, Wiedereingliederung und verschiedene Arten von Schulungen einzusetzen, ist meiner Ansicht nach nicht effektiv. Investitionen in kleine und mittlere Unternehmen sowie Kleinstkredite sind das effizienteste Mittel zur Schaffung neuer Arbeitsplätze. Mittel sowohl aus dem Sozialfonds als auch aus dem Globalisierungsfonds könnten für diesen Zweck effektiver genutzt werden. Die Mitgliedstaaten müssen Berichte zur Verwendung der Gelder aus dem Sozial- und Globalisierungsfonds einreichen, in denen sie insbesondere angeben, wie viele neue Arbeitsplätze geschaffen wurden. Für eine ineffiziente Verwendung der Mittel muss es Strafen geben. Die Anzahl der Arbeitnehmer, die so genannte Aufhebungsverträge unterzeichnen, steigt weiter. Sie stehen ohne Arbeitsplatz, ohne soziale oder finanzielle Unterstützung da. Daher müssen wir hier die Gewerkschaften einbeziehen, um die Interessen der Menschen zu schützen. Ich bitte die Kommission und die Mitgliedstaaten dringend, in dieser wichtigen Angelegenheit eine einheitliche Position zu vertreten.

 
  
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  Guntars Krasts (UEN).(LV) Vielen Dank, Herr Präsident! In der aktuellen Krise ist zu viel zu tun besser, als einfach nur abzuwarten. Daher verdienen die vorgeschlagenen Instrumente für einen wirtschaftlichen Impuls unsere Unterstützung. Für die neuen Mitgliedstaaten in Osteuropa, mit wenigen Ausnahmen, haben die internationalen Kreditmärkte ihre Türen geschlossen, Kapital fließt ab, und die westeuropäischen Banken, die den Großteil des Marktes in der Region beherrschen, haben ihre noch bis vor kurzem großzügige Darlehenspolitik zugunsten eines vorsichtigeren Ansatzes aufgegeben. Die Möglichkeiten dieser Mitgliedstaaten zum Einsatz finanzieller und steuerlicher Instrumente sind begrenzt oder nicht vorhanden. Zusätzlich werden in den meisten Ländern, die sich auf einen Beitritt zur Eurozone vorbereiten, mittelfristig auch die Konvergenzkriterien die möglichen Maßnahmen für einen wirtschaftlichen Impuls begrenzen. Das einzige wirkliche Instrument für eine Belebung der Wirtschaft und zum Umsetzen der Lissabon-Strategie in diesen Ländern sind Gelder aus EU-Fonds. Dabei kann jedoch die Suche nach Kofinanzierung ein Problem darstellen, und das kann die Zeit bis zum Erhalt der Mittel abermals verlängern. Um die Wirtschaft in Osteuropa zu stimulieren, müssen wir dringend eine Änderung der Regeln zum Erhalt von EU-Mitteln vereinbaren. Die Verfahren müssen deutlich vereinfacht werden, das Volumen der Kofinanzierung von staatlicher und privater Seite muss reduziert werden, und die Fristen zur Beantragung müssen verlängert werden. Wir brauchen reale Möglichkeiten, um Mittel von der Europäischen Investitionsbank und der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung zur Mittelbeschaffung zu nutzen. Solche Entscheidungen würden ein wichtiges Signal für die Erholung und Stabilisierung des Marktes in Osteuropa geben. Vielen Dank.

 
  
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  Elisabeth Schroedter (Verts/ALE).(DE) Vielen Dank, Herr Präsident, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, sehr geehrte Herren Kommissare! Wir müssen die Chancen der Finanzkrise ergreifen und die europäische Wirtschaft radikal ökologisieren und damit die Klimakrise aufhalten.

Die Kommission lässt jedoch diese Chance ungenutzt und setzt auf ein Rettungspaket für veraltete Konzepte, auf Straßenbau und Autoindustrie. Selbst Investitionen in marode Wirtschaftsstrukturen sind nicht ausgeschlossen. Das ist kein zukunftsorientiertes Konzept, welches den Menschen ihre Existenzängste nimmt. Die Erleichterung beim Einsatz der Strukturfonds muss allein auf nachhaltige, ökologische Investitionen ausgerichtet sein. Ohne einen solchen Klimacheck darf es keine Erhöhung der Kofinanzierung, der Mittel geben.

Sehr geehrte Herren Kommissare, ich kann es auch als zynisch bezeichnen, dass Sie die Finanzkrise dazu nutzen, die Rechte der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer abzubauen. Die Entsenderichtlinie muss die Arbeitnehmerrechte stärken und darf nicht zu ihrer Schwächung beitragen. Eine Erneuerung in diese Richtung ist überfällig. Das, was Sie in dem neuen Dokument dazu bieten, ist inakzeptabel.

 
  
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  Ilda Figueiredo (GUE/NGL).(PT) Die neoliberale Lissabon-Strategie ist eines der grundlegenden Instrumente, mit denen die Europäische Union die Deregulierung der Finanzmärkte, die Privatisierung öffentlicher Dienste, die Liberalisierung von Märkten und Welthandel, die Deregulierung von Arbeitsbeziehungen und die Beschneidung von Arbeitnehmerrechten vorantreibt. Die Vorschläge zur Arbeitszeitrichtlinie und zur Flexicurity sind gute Beispiele dafür.

Es ergibt keinen Sinn, weiter auf der Entwicklung der Lissabon-Strategie zu bestehen, wenn sich die Wirtschafts- und Sozialkrise, zu deren Entstehung diese Strategie beigetragen hat, weiter verschlimmert. Wir müssen mit dieser Politik des neoliberalen Kapitalismus brechen, die für eine Zunahme von Arbeitslosigkeit, unsicheren Arbeitsbedingungen und Armut verantwortlich ist und die das soziale, regionale und territoriale Ungleichgewicht verschärft hat. Wir brauchen eine integrierte europäische Strategie für Solidarität und nachhaltige Entwicklung, basierend auf der Verteidigung von produktiven Bereichen und öffentlichen Investitionen, durch eine reale Erhöhung der Gemeinschaftsmittel zur Unterstützung von Ländern mit einer schwächeren Wirtschaft; eine Strategie, die die Umwelt respektiert und Arbeitsplätze mit Rechten schafft, die öffentliche Dienste fördert, die Kaufkraft erhöht und eine gerechte Verteilung der Einkommen sicherstellt, um die Armut zu verringern. Das ist genau das Gegenteil dessen, was Kommission und Rat vorschlagen.

 
  
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  Johannes Blokland (IND/DEM).(NL) Herr Präsident! Während der Debatten auf den Frühjahrsgipfeln der vergangenen Jahre haben wir die Mitgliedstaaten dringend aufgefordert, den Lissabon-Prozess voranzutreiben. Das Wirtschaftswachstum und die geringe Inflation boten den nötigen Spielraum für Reformen. Reformen waren im Wettbewerb mit Aufholländern nötig und sind es immer noch.

In der aktuellen Krise zeigt sich, dass Mitgliedstaaten, die auf diese Forderung reagiert haben, heute besser dastehen. Die anderen Mitgliedstaaten verzeichnen große Haushaltsdefizite, und die Tatsache, dass die Mitgliedstaaten, die sich unseren Rufen gegenüber taub gestellt haben, diese Defizite nun auf andere übertragen, gefährdet die Stabilität unserer Währung.

Ich möchte die Kommission bitten, die Mitgliedstaaten zu überwachen und sicherzustellen, dass der Stabilitätspakt eingehalten wird. Nur so können wir verhindern, dass die Kosten für diese Krise aus dem Ruder laufen. Temporäre Unterstützungsmaßnahmen, die den Test der Nachhaltigkeit bestehen, können so in begrenztem Umfang angewendet werden. Bei allen neuen Plänen ist es selbstverständlich, dass alte Vereinbarungen eingehalten werden müssen.

 
  
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  Sergej Kozlík (NI). (SK) Westeuropa spricht gerne von der Notwendigkeit, die Länder Mittel- und Osteuropas bei der Überwindung der Krise zu unterstützen. Doch genau dieselben Personen – Herr Sarkozy, um präzise zu sein – bezeichnen diese Länder als schwarzes Loch, das ein Risiko für die Europäische Union darstellt. Ich lehne eine solche triviale Verallgemeinerung eines Problems, das die westlichen Länder ebenso betrifft, ab. Das Ergebnis solcher Äußerungen ist ein Vertrauensverlust in die Institutionen der mittel- und osteuropäischen Länder, und sie wirken mehr wie ein Dolchstoß als wie eine Form von Hilfe.

Die führenden europäischen Politiker haben vergangene Woche dem Protektionismus eine Absage erteilt, der dem Aufbau eines neuen eisernen Vorhangs mitten durch ein vereintes Europa gleichgekommen wäre. Gleichzeitig hat die Europäische Kommission jedoch enorme Staatshilfen für französische Autobauer zugesagt. Dieses ungleiche und diskriminierende Verhalten zeigt sich auch in anderen Bereichen, besonders in der Landwirtschaft. Europa wird zunehmend doppelzüngig, und die Euro-Skeptiker profitieren davon.

 
  
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  Gunnar Hökmark (PPE-DE). – Herr Präsident! In dieser Aussprache geht es um Arbeitsplätze, um Arbeitsplätze und neuen Wohlstand. Deshalb überrascht es mich, von der sozialistischen Fraktion Kritik an denjenigen zu hören, die für eine realistische Politik in Europa verantwortlich sind, denn die Sozialisten haben auf dem Konjunkturhöhepunkt, mehr als jeder andere, niedrigere Zinssätze gefordert, so wie sie auch die Währungspolitik in den USA umgesetzt haben. Und es war vor allem eine laxe Geld- und Währungspolitik, die die US-Wirtschaft unterminiert hat. Herr Schulz sollte dankbar sein, dass Europa und die Europäische Zentralbank nicht auf ihn gehört haben. Denn wenn sie das getan hätten, stünde die europäische Wirtschaft weit schlechter da. Ich denke, wir sind uns in diesem Punkt einig.

Dasselbe gilt auch für die Politik, die Sie uns heute empfehlen, denn jetzt sprechen Sie sich für Eurobonds aus, die unter anderem höhere Zinssätze für die Länder Mittelleuropas bedeuten würden. Das ist keine Solidarität in einer Finanzkrise, und wir täten gut daran, auch dieses Mal nicht auf Herrn Schulz zu hören.

Wir müssen handeln, aber wir müssen die richtigen Maßnahmen ergreifen, um die Krise nicht weiter zu verschärfen, sondern die Stabilität zu sichern.

(Zwischenruf aus dem Plenum)

Nein, Sie waren nicht an der Macht, aber Sie haben sich dennoch einer Menge Dinge schuldig gemacht, und wenn wir auf Sie gehört hätten, wären wir heute schlechter dran. Da waren wir uns einig, oder? Ich begrüße den Konsens im Parlament, dass Ihre Politik falsch war.

Herr Präsident, was wir jetzt brauchen ist Stabilität. Wir müssen an den Regeln für Wettbewerb und staatliche Unterstützung festhalten, um die offenen Schranken und den Handel zu sichern, denn Exporte brauchen mehr Importe und Importe brauchen Exporte. So können wir mehr Arbeitsplätze schaffen.

 
  
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  Guido Sacconi (PSE).(IT) Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Eine Minute genügt gerade einmal für ein Telegramm. Der Titel des Telegramms, das ich dem Europäischen Rat senden möchte, wurde bereits von Herrn Schulz und Herrn Rasmussen übermittelt, die gesagt haben, dass durch eine neue, strenge Finanz- und Steuerpolitik mehr getan werden muss, vor allem im Hinblick auf die soziale Notsituation. Lassen Sie mich dem noch etwas hinzufügen: Natürlich ist es in der Krise lebenswichtig, die sozialen Auswirkungen auf ein Minimum zu beschränken. Aber es ist auch wichtig, einen klaren Kurs beizubehalten, damit wir wissen, ob wir im Hinblick auf den globalen Wettbewerb, der auf der Suche nach einer neuen grünen, intelligenten und CO2-armen Wirtschaft immer härter wird, als Gewinner oder Verlierer aus dieser Krise hervorgehen werden.

Alle Maßnahmen auf allen Ebenen, von der lokalen bis hin zur europäischen, müssen daher auf dieses Ziel ausgerichtet sein. Der Rat muss im Vorfeld von Kopenhagen einen klaren Auftrag für die Verhandlungen erteilen, damit wir diese Chance, die auch eine wirtschaftliche Chance ist, nicht verpassen. Dieser Auftrag muss von den notwendigen Mitteln für Entwicklungsländer begleitet werden, damit diese zu uns aufschließen können.

 
  
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  Sophia in 't Veld (ALDE).(NL) Herr Präsident! Diese Krise ist ein Test für Europa. Die Bürger erwarten von Europa Taten, und darum ist es so verwunderlich, dass selbst jetzt viele Staatschefs einer „Jeder für sich selbst“-Politik verhaftet bleiben. Europa ist nicht die Summe von 27 Staatsinteressen. Es wäre ein kapitaler Fehler, Europa erneut in Ost und West zu teilen.

Herr Präsident, die Liberalen möchten in die Zukunft investieren, nicht in die Fehler der Vergangenheit. Die Ziele der Lissabon-Strategie dürfen nicht auf Eis gelegt werden. Wenn wir uns überhaupt mehr für etwas einsetzen müssen, dann für Bildung und Forschung, Innovation, Nachhaltigkeit und einen starken europäischen Markt.

Herr Präsident, Banker, die unser Geld verschleudern, sind verachtenswert. Aber Herr Schulz, Politiker, die heute Defizite und Schulden auf dem Rücken der folgenden Generationen aufhäufen, sind nicht weniger verantwortungslos. Die Fraktion der Allianz der Liberalen und Demokraten für Europa unterschreibt die Kernaussage des Ferreira-Berichts. Nur mit echten europäischen, zukunftsorientierten Lösungen können wir dieser Krise direkt begegnen. Für Europa heißt es jetzt oder nie.

 
  
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  Dariusz Maciej Grabowski (UEN).(PL) Herr Präsident! Für die Europäische Union ist eine echte Strategie für wirtschaftlichen Aufschwung entscheidend. Damit eine solche Strategie erfolgreich sein kann, muss sie mehrere Bedingungen erfüllen. Zunächst benötigt die EU ein größeres Budget und nicht ein von 1 % auf 0,8 % des BIP gesenktes, wie von einigen Ländern gefordert. Zweitens muss die Freiheit der Haushalts- und Steuerpolitik wieder hergestellt werden, und Versuche, diese Politik zu verordnen und zu standardisieren, müssen aufgegeben werden. Drittens muss der Druck auf neue Mitgliedstaaten, der Eurozone beizutreten, enden. Viertens muss eine genaue Kontrolle des Finanzierungsmittelflusses eingeführt und der Kapitaltransfer von neuen Mitgliedstaaten zu den Reichen gestoppt werden. Derzeit beläuft sich dieser räuberische Prozess auf zig Millionen Euro und ruiniert neue Mitgliedstaaten. Fünftens müssen wir Unterstützung und Hilfen vorrangig den Ländern und Regionen gewähren, die am schlimmsten getroffen wurden, und nicht, wie es heute der Fall ist, Werften in Polen schließen, während in Frankreich und Deutschland Arbeitsplätze geschützt werden. Sechstens muss das Infrastrukturinvestitionsprogramm neu ausgerichtet werden, und zwar auf die Ausmerzung von Ungleichgewichten und Unterentwicklung, speziell in den neuen Mitgliedstaaten.

 
  
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  Csaba Őry (PPE-DE). (HU) Herr Präsident! Wir alle wissen, dass die Bedeutung der Beschäftigungspolitik und der Lissabon-Strategie in der aktuellen Wirtschaftskrise zugenommen hat, und daher müssen wir als europäische Gesetzgeber und Entscheidungsträger versuchen, die beschäftigungspolitischen Leitlinien so effektiv und erfolgreich wie möglich umzusetzen. Das Ergebnis der Abstimmung im Ausschuss für soziale Angelegenheiten und Beschäftigung hat gezeigt, dass zwischen den politischen Gruppen völlige Einheit darüber besteht, dass die beschäftigungspolitischen Leitlinien für den Zeitraum zwischen 2008 und 2010 einen geeigneten – und doch ausreichend flexiblen – Rahmen für die angestrebten Ziele darstellen. Innerhalb dieses Rahmens müssen die Mitgliedstaaten die Hauptaspekte ermitteln, die für ihre jeweilige Situation relevant sind, und die einzelnen Leitlinien mit realen Inhalten füllen. Das Rahmensystem ist ein gutes Werkzeug, dessen Schaffung ein gemeinsamer europäischer Erfolg ist. Die Aufgabe der Mitgliedstaaten ist es nun, dieses herausragende Werkzeug in der Praxis einzusetzen.

Somit gibt es zwei Voraussetzungen für den Erfolg: Die Auswahl der richtigen Ziele und die praktische Umsetzung einer für diese Ziele angemessenen Politik. Betrachten wir die erste Voraussetzung als erfüllt. Meiner Ansicht nach müssen wir uns in nächster Zeit auf das Ausfüllen mit realen Inhalten und die Anwendung der beschäftigungspolitischen Leitlinien durch die Mitgliedstaaten konzentrieren. Wir dürfen nicht ignorieren, dass die divergierende Wirtschaftslage und die unterschiedliche Höhe der Schuldenberge der Mitgliedstaaten mit unterschiedlichen Handlungsspielräumen einhergehen, was den Umfang möglicher Investitionen in den Bereichen Beschäftigung und Humanressourcen betrifft. In einem anderen Punkt müssen wir uns jedoch einig sein: Dass jeder Mitgliedstaat die Höhe der Investitionen in direktem Zusammenhang mit der Beschäftigung im Verhältnis zu seiner eigenen Leistungsfähigkeit erhöhen muss. Wir müssen begreifen, dass der Erfolg der Konjunkturpakete in den Mitgliedstaaten eng vom Erreichen der EU-Ziele abhängt. Deshalb müssen wir unsere Ansätze im Bereich der Wirtschaftspolitik stärker harmonisieren als in der Vergangenheit, und vor diesem Hintergrund und im Vertrauen auf Einigkeit zwischen den politischen Gruppen bitte ich Sie, den Andersson-Bericht zu unterstützen und für seine Annahme zu stimmen.

 
  
  

VORSITZ: RODI KRATSA-TSAGAROPOULOU
Vizepräsidentin

 
  
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  Pervenche Berès (PSE).(FR) Frau Präsidentin, Herr Vondra, Herr Kommissar! Wenn es das will, kann Europa viel tun, aber dazu muss zuerst die richtige Diagnose gestellt werden. Doch momentan wird die Krise unterschätzt. Europa muss die richtigen Ressourcen bereitstellen, doch das derzeitige Konjunkturprogramm reicht nicht aus. Europa muss die nötigen finanziellen Mittel bereitstellen, doch die Debatte um die Eurobonds ist zum Stillstand gekommen; sie muss neu gestartet werden. Wenn Europa auf internationaler Bühne intelligent agieren will, dann muss es auch ein Beispiel in Sachen Regulierung und Überwachung der Finanzmärkte setzen.

Herr Barroso, wie Sie die Arbeit der Gruppe von Jacques de Larosière in Angriff genommen haben, war überaus sinnvoll, intelligent und ausgezeichnet. Diese Arbeit liegt nun auf dem Tisch. Verfahren Sie nach dem Delors-Prinzip, und nutzen Sie diese Arbeit als Grundlage für die Umsetzung!

Dieser Bericht wurde einstimmig angenommen, obwohl die Gruppe aus Menschen verschiedenster Kulturen und Hintergründe bestand. Der europäische Konsens, den wir seit Jahren suchen, wurde also gefunden.

Wenn Sie es zulassen, dass sich Nationen nach diesem Ergebnis zerfleischen, wird es keine europäische Aufsicht über die Finanzmärkte geben.

 
  
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  Filiz Hakaeva Hyusmenova (ALDE).(BG) Der Beitrag der Kohäsionspolitik wird vor dem Hintergrund einer Wirtschaftskrise noch bedeutsamer. Der Bankensektor, der Abbau von Produktionskapazitäten, der Mangel an frischem Kapital und das Schrumpfen des Arbeitsmarktes sind grundlegende Probleme für die Mitgliedstaaten. Bislang hatte die Kohäsionspolitik ihre eigenen Finanzinstrumente, aber die Krise zwingt zu einer Optimierung geeigneter, innovativer Lösungen.

Unterstützung auf Basis der EU-Fonds muss nun auf die Zielgebiete ausgerichtet werden. Die Strukturfonds müssen aktiver und situationsorientierter genutzt werden. Die Mitgliedstaaten müssen sich darauf konzentrieren, den Empfängern die Kontrolle über die Mittel zu ermöglichen. Ich hoffe, die Kommission wird die Verfahren für die Strukturfonds vereinfachen, was jedoch nicht zulasten der Kontrolle von Verteilung und Ausgabe der Gelder gehen darf. Ich glaube, dass der Bericht zur Kohäsionspolitik und Investitionen in die Realwirtschaft Ideen zum Umgang mit der Krise liefern wird, und dass er hilfreich sein wird für Folgemaßnahmen zum Ankurbeln der Wirtschaft, wie wir sie vom EU-Gipfel erwarten. Vielen Dank.

 
  
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  Rolf Berend (PPE-DE).(DE) Frau Präsidentin, Herr Ratspräsident, verehrte Kommissare, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Es geht in dem Bericht des Kollegen Kirilov im Wesentlichen um die Änderung von drei Strukturfondsverordnungen 2007-2013 mit dem Ziel, den Mittelabfluss und die Liquidität in den Mitgliedstaaten zu verbessern. Eine Maßnahme, die gerade zur Bewältigung der Wirtschaftskrise uneingeschränkt zu begrüßen ist.

Die Mitgliedstaaten sind nun angehalten, beispielsweise die Möglichkeiten für die Unterstützung von Investitionen in Energieeffizienz und erneuerbare Energien im Wohnungsbau – überhaupt diese neuen Investitionsmöglichkeiten im Wohnungsbau – umfassend auszuschöpfen. Tragen doch diese angedachten Maßnahmen zur Beschleunigung, Vereinfachung und Flexibilisierung des Einsatzes der Strukturfonds und des Kohäsionsfonds bei. Und Kollegen, was betont werden muss, sie laufen dem freien Wettbewerb, den Sozialstandards und der Umsetzung von Umwelt- und Klimaschutzauflagen der Gemeinschaft keinesfalls zuwider.

Es liegt nun an den Mitgliedstaaten, die Kofinanzierung für diese in den Europäischen Strukturfonds bereitgestellten Mittel sicherzustellen, um diese auch voll auszuschöpfen. Zu begrüßen und zu unterstützen ist im Bericht die Forderung nach einer weiteren Vereinfachung der Verwaltung und Ausführung der Fonds.

Verehrte Kommissare, wir sind auch gespannt auf weitere diesbezügliche Vorschläge der Kommission im Jahr 2009. Letztendlich ist die Bedeutung von Maßnahmen zur Stützung der Beschäftigung und der Unternehmen für einen erfolgreichen wirtschaftlichen Aufschwung hervorzuheben. Werden doch die Mitgliedstaaten aufgefordert, in breitem Umfang auf die Strukturfonds zur Förderung oder Schaffung von Arbeitsplätzen in kleinen und mittleren Unternehmen zurückzugreifen.

Unsere Änderungsanträge wurden im Ausschuss weitestgehend berücksichtigt. Diesem Bericht ist uneingeschränkt zuzustimmen. Herzlichen Glückwunsch, Herr Kirilov.

 
  
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  Enrique Barón Crespo (PSE).(ES) Frau Präsidentin, Herr Ratspräsident, Herr Kommissionsvizepräsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Jean Monnet können wir am besten Tribut zollen, indem wir in Einheit, mit Entschlossenheit und Ausdauer handeln, wie er es bei der Organisation der logistischen Leistungen während beider Weltkriege getan hat – der Leistungen der Alliierten, durch die sie den Krieg gewinnen konnten. Das bedeutet, dass wir, die 27 Mitgliedstaaten, gemeinsam handeln müssen.

Wir als Sozialisten fordern, dass dies vorrangig drei Maßnahmen umfasst: Erstens die Stärkung unseres Impuls- und Konjunkturpakets auf Haushaltsebene sowie mit Blick auf die Kontrolle und Organisation Europas.

Zweitens die Schaffung echter Solidarität zwischen den 27 Mitgliedstaaten. Ich weiß nicht, ob die tschechische Regierung und ihr Parlament, die derzeit den Vertrag von Lissabon diskutieren, wissen, dass im zweiten Artikel des Lissabon-Vertrags das Wort „Solidarität“ zum ersten Mal auftaucht.

Drittens die Bekämpfung der Steuerparadiese, die schwarzen Löcher der Globalisierung.

 
  
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  Chris Davies (ALDE). – Frau Präsidentin! Ich möchte über unsere Strategie und die Vorbereitungen für die Kopenhagener Klimakonferenz in diesem Jahr sprechen, wo wir eine Führungsrolle übernommen haben, die jedoch durch die wirtschaftliche Rezession und Forderungen, von unseren Standards abzurücken, gefährdet wird. Lassen Sie mich ein Beispiel nennen.

Vor mehr als drei Jahren haben wir neue Anforderungen für die Autohersteller vereinbart, wonach diese andere Kühlmittel für ihre Klimaanlagen einsetzen müssen, da sich die derzeit verwendeten 1 400 mal stärker auf die Erderwärmung auswirken als Kohlendioxid. Diese Umstellung sollte für alle neuen Automodelle ab 2011 stattfinden.

Doch nun müssen wir erfahren, dass einige Hersteller – allen voran Ford und General Motors, wie ich höre – Schlupflöcher zu nutzen versuchen, um sich dieser Verpflichtung zu entziehen. In diesem Monat wird ein Treffen der nationalen Typgenehmigungsbehörden stattfinden. Es ist sehr wichtig, dass Kommissar Verheugen dort eine führende Rolle übernimmt und klarmacht, dass wir von unseren Standards nicht abrücken werden und diese Kühlmittel ab 2011 ersetzt werden müssen.

Wenn wir jetzt nachgeben, öffnen wir Tür und Tor für Lobbyisten aus allen Bereichen der Industrie, und unsere Führungsrolle beim Thema Klimawandel wird massiv unterminiert.

 
  
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  Costas Botopoulos (PSE). – Frau Präsidentin! Diese drei überaus wichtigen Berichte wurden von sozialistischen Berichterstattern erstellt. Das ist natürlich kein Zufall. Die Tendenz dieser Berichte, die Änderungsanträge, die von den sozialistischen Abgeordneten zu ihrer Verbesserung vorgestellt werden, und wie ich denke auch die heutige Aussprache zeigen mehr als deutlich, dass es unverwechselbare Politiken zum Umgang mit der Krise gibt: eine ausgeprägt rechte Politik und eine ausgeprägt sozialistische Politik. Die Politik der rechten Seite ist ziemlich einfach: Die Krise ist eine schlimme Sache, aber wir müssen Geduld haben, sie wird vergehen; wir ergreifen einige technische Maßnahmen, und die Dinge werden sich von selbst wieder beruhigen, und wir müssen unser Mitgefühl mit den betroffenen Menschen ausdrücken.

Die sozialistische Position ist erheblicher komplexer. Wir sagen, wir müssen das Problem an der Wurzel packen, die Krise an der Wurzel packen, das ökonomische Paradigma radikal ändern, wir müssen uns ändern, und wir müssen den Spekulationen Einhalt gebieten, die uns erst in diese Finanzkrise geführt haben. Dies ist keine neutrale Krise, sondern eine Krise, die durch eine bestimmte Art der Politik heraufbeschworen wurde, vor allem die von rechten Regierungen.

 
  
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  Jean-Paul Gauzès (PPE-DE).(FR) Frau Präsidentin, Herr Kommissar, meine Damen und Herren! Unsere Mitbürger erwarten in dieser Krise viel von Europa. Europa darf sie nicht im Stich lassen.

Wenn wir realistisch sind, müssen wir natürlich zugeben, dass die finanziellen Mittel Europas begrenzt sind, und wir müssen uns fragen, wie sie verbessert werden können. Aber Europa wird stärker in den Vordergrund treten und erfolgreicher sein, wenn es größeren politischen Willen zeigt.

Das heißt zuerst einmal, als Katalysator für die Maßnahmen und Anstrengungen der Mitgliedstaaten zu agieren, aber auch einen koordinierten Ansatz auf europäischer Ebene zu ergreifen. Das Konjunkturpaket ist vor allem eine Reihe von Instrumenten zur Förderung einer Umstrukturierung. Die Rolle der EIB muss gestärkt werden.

Europa muss eine klare, innovative Wirtschaftsstrategie definieren. Die Wirtschaft braucht Perspektiven und rechtliche Stabilität. Es ist wichtig, zuerst einmal die Finanzdienstleistungen in Ordnung zu bringen, so dass die Banken ihrer Hauptaufgabe nachkommen können, nämlich der Finanzierung der Wirtschaftsentwicklung.

Die Texte, die derzeit für Richtlinien zu den Kapitalanforderungen von Banken und Versicherungsgesellschaften vorbereitet werden, sowie die Regelwerke zu Rating-Agenturen müssen dazu beitragen. Der Text zu den Rating-Agenturen muss auch die Lehren umfassen, die man aus früheren Versäumnissen gezogen hat.

Ein ebenso dringender Bedarf besteht nach einer europäischen Aufsicht über regulierte Finanzaktivitäten. Der Bericht der de-Larosière-Gruppe enthält einige passende und nützliche Vorschläge, die schnell umgesetzt werden sollten.

Europa braucht auch eine zweckmäßige, effektive und moderne Industriepolitik. In dieser Hinsicht müssen wir zwischen dem Bedarf nach nachhaltiger Entwicklung und der Anforderung nach einer hochwertigen Industriebasis zur Schaffung von Wohlstand und Arbeitsplätzen abwägen.

In Krisenzeiten ist es besser, normal funktionierende Branchen nicht durch neue Regeln oder Bestimmungen zu behindern, deren Effizienz noch nicht bewiesen wurde. Für die Autobranche beispielsweise, die heute große Schwierigkeiten durchlebt, ist es wichtig, die 2010 auslaufende Freistellungsverordnung über den KFZ-Vertrieb zu verlängern.

Wir müssen auch beispielsweise bei der Aushandlung des bilateralen Abkommens mit Korea umsichtig handeln, da es sich als überaus dienlich für unsere Industrie erweisen könnte.

 
  
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  Brian Simpson (PSE). – Frau Präsidentin! Mein heutiger Beitrag wird sich vor allem um den Bedarf an Investitionen drehen: Investitionen in Arbeitsplätze, Investitionen in unsere Umwelt und Investitionen in unsere Wirtschaftssysteme. In diesem Zusammenhang sind Investitionen in unsere Transportinfrastruktur und speziell in unsere Bahninfrastruktur überaus wichtig, nicht nur, um ein Eisenbahnnetz von Weltklasse zu besitzen, sondern auch für den Erhalt und die Schaffung von Arbeitsplätzen und sozialem Zusammenhalt.

Räumen wir der Elektrifizierung unseres Schienennetzes Priorität ein, weil das sowohl in Sachen Transport als auch Umweltschutz Vorteile bringt. Investieren wir in unser TENs-Transportnetzwerk. Lassen Sie uns ein Konjunkturpaket schaffen, das nicht nur Worte, sondern Inhalte und konkrete Maßnahmen umfasst.

Nichts zu tun und die Märkte entscheiden zu lassen, das hat nicht funktioniert. Jetzt ist die Zeit für eine konzertierte europäische Aktion, bei der die Menschen im Mittelpunkt stehen und Interessengruppen im Hintergrund. Wir auf dieser Seite des Parlaments sind nicht bereit, Pontius Pilatus zu spielen und unsere Hände in Unschuld zu waschen. Wir wollen handeln, und wir wollen entschlossen handeln.

 
  
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  Péter Olajos (PPE-DE). (HU) Ich bin überzeugt, dass die Wurzeln der aktuellen Wirtschaftskrise im Überkonsum und der Umweltkrise liegen, und dass wir auch hier nach einer Lösung suchen müssen. Im Hinblick auf die Klimapolitik treten wir nun in eine entscheidende Phase ein, da wir Ende des Jahres in Kopenhagen ein Abkommen über neue gemeinsame Ziele im Kampf gegen die Erderwärmung schließen müssen. Die Aufgabe ist gewaltig, Fehler und Zögerlichkeit können wir uns nicht leisten. Die uns vorliegenden Rechtstexte geben den Rahmen und die Hauptleitlinien vor, die echten, konkret zu ergreifenden Schritte müssen noch folgen. Um den Ausstoß von Treibhausgasen um 25-40 % zu senken, wie von Wissenschaftlern gefordert, und die Abnahme der Artenvielfalt zu stoppen, brauchen wir erhebliche finanzielle Mittel.

In den vergangenen Jahren konnte ich mit Parlamentsdelegationen Bangladesch, China, Indien und kürzlich auch Guyana besuchen, und meine Überzeugung in dieser Hinsicht wurde dadurch nur weiter bestärkt. Einerseits müssen wir Entwicklungsländer unterstützen, was jedoch nur durch transparente, streng überwachte Investitionen möglich ist, und andererseits sollten die Erträge aus den Emissionsrechteauktionen der Europäischen Union ebenfalls zur Unterstützung von Anpassungsmaßnahmen in Entwicklungsländern verwendet werden. Der Ausschuss für Umwelt, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit empfiehlt zu diesem Zweck einen Gesamtbetrag von 30 Milliarden Euro bis 2020. Das ist eine enorme Summe, und sie sinnvoll einzusetzen ist eine große Herausforderung.

Zudem bietet der Kampf gegen den Klimawandel Europa eine ausgezeichnete Gelegenheit, neue Technologien zu stärken, Arbeitsplätze zu schaffen und die Energiesicherheit zu fördern. Die VN und die neue US-Regierung sowie verschiedene europäische Regierungen haben ebenfalls erkannt, dass wir zum Überwinden der globalen Krise nicht nur neue, effektive Energiequellen benötigen, sondern auch einen Motor, der nach neuen Prinzipien funktioniert, denn die derzeitige Rezession verschleiert das wahre Problem für die Menschheit und für Europa, nämlich die Umweltkrise. Der „Green New Deal“ ist eine historische Chance, beide Krisen gleichzeitig zu lösen.

 
  
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  Gianni Pittella (PSE).(IT) Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich halte es für einen Fehler, vor allem von Seiten der Kommission, dass das Ausmaß der Krise anfänglich unterschätzt wurde und wir uns heute ständig auf Gipfeln wiederholen, bei denen Grundsatzerklärungen abgegeben werden, denen jedoch keine kohärenten, praktischen Entscheidungen folgen. Die in unseren Berichten enthaltenen Antworten auf die gravierenden Probleme der europäischen Bevölkerung sind überzeugend und sachlich angemessen.

Das Parlament ist aufgefordert, mit der Einführung der Eurobonds als Instrument eine Kluft zu überbrücken, immer wieder gefordert von Herrn Mauro, mir selbst und fast 200 weiteren Abgeordneten – ein Instrument, vielleicht das einzige, mit dem sich die Mittel aufbringen lassen, die unser lebloser Haushalt nicht hergibt: zur Finanzierung von Krisenmaßnahmen, transeuropäischen Netzwerken, sauberen Energien, Forschung und Breitband, dem Kampf gegen Armut und dem Erasmus-Programm für junge Menschen. Der große Jacques Delors – und damit möchte ich enden – hat uns den Weg gewiesen. Folgen wir ihm beherzt.

 
  
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  Avril Doyle (PPE-DE). – Frau Präsidentin! Vor dem Hintergrund der aktuellen Weltwirtschaftlage, der Finanzkrise und den milliardenschweren Konjunkturpaketen bietet sich eine riesige Chance, die Energieeffizienz zu steigern, die Energiesicherheit durch zuverlässige erneuerbare Energiequellen zu erhöhen und grüne Technologie mit einem „Green New Deal“ voranzutreiben. Mit anderen Worten, diese Krise in eine Chance zu verwandeln, von der wir langfristig alle profitieren können.

Ich begrüße die beiden in der aktuellen Mitteilung der Kommission genannten Alternativen zur innovativen Finanzierung des Kampfes gegen den globalen Klimawandel. Als ursprüngliche Verfasserin der heute auf der Tagesordnung stehenden Entschließung bitte ich die Mitgliedstaaten dringend, diesen Vorschlägen zu folgen und auch beim Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs in der kommenden Woche der Erklärung des Gipfels vom vergangenen 12. Dezember nachzukommen; das sollte offiziell in das Protokoll aufgenommen werden, vorzugsweise zusammen mit der endgültigen Fassung des EU-ETS-Berichts, damit dies im Amtsblatt erscheint.

Daher brauchen wir – und ich bitte den amtierenden Präsidenten, den Kommissar und Frau Präsidentin dies zu bedenken – eine von allen drei Institutionen dreiseitig abgegebene Erklärung. In der Erklärung vom Dezember ist zu lesen: „Der Europäische Rat weist darauf hin, dass die Mitgliedstaaten gemäß ihren verfassungsrechtlichen Vorschriften und Haushaltserfordernissen über die Verwendung der Einnahmen aus der Versteigerung von Zertifikaten im EU-Emissionshandelssystem befinden. Er nimmt zur Kenntnis, dass sie bereit sind, mindestens die Hälfte dieses Betrags für Maßnahmen zur Verringerung der Treibhausgasemissionen, zur Abschwächung des Klimawandels und zur Anpassung an seine Folgen, zur Verhinderung der Entwaldung, zur Entwicklung erneuerbarer Energien, für Energieeffizienz sowie für andere Technologien zu verwenden, die zum Übergang zu einer sicheren und nachhaltigen kohlenstoffarmen Wirtschaft beitragen; Kapazitätsaufbau, Technologietransfer, Forschung und Entwicklung werden dabei eine Rolle spielen.“

Und weiter: „Ein Teil dieses Betrags wird im Rahmen eines internationalen Klimaschutzübereinkommens (Kopenhagen 2009) und seitens derjenigen, die dies wünschen, verwendet, um Maßnahmen zur Abschwächung des Klimawandels und zur Anpassung an seine Folgen in Entwicklungsländern, die das Übereinkommen ratifiziert haben – insbesondere in den am wenigsten entwickelten Ländern –, zu ermöglichen und zu finanzieren. Weitere diesbezügliche Maßnahmen sind vom Europäischen Rat auf seiner Frühjahrstagung 2009 zu ergreifen.“

Ich erwarte mit Freude ein gutes Ergebnis der Erklärung beim Treffen der Staats- und Regierungschefs in der kommenden Woche.

 
  
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  Harlem Désir (PSE).(FR) Frau Präsidentin! Zu wenig und zu spät, nicht ausreichend koordiniert, geprägt von einem Mangel an Solidarität und unterdimensioniert: Das sind Reaktionen auf das Konjunkturpaket der Europäischen Union und die Vorschläge der Kommission in dieser Phase.

Der Grund ist mehr als einfach: Wenn man die ursprünglichen Prognosen betrachtet, müssen wir zugeben, dass der Umfang der Krise unterschätzt wurde, sei es beispielsweise im Hinblick auf den wahrhaft spektakulären Absturz der Industrieproduktion in Großbritannien und Frankreich, den Rückgang des internationalen Handels und der deutschen Exporte oder den prognostizierten Anstieg der Arbeitslosenzahlen. Daher bin ich davon überzeugt, dass wir heute sehr weit von einer Antwort entfernt sind, die mit dem vergleichbar ist, was beispielsweise von der Obama-Regierung in den USA getan wird.

Wieder einmal fehlt es spürbar an Solidarität, herrscht zu viel Ängstlichkeit. Im März hat Ecofin eine Erhöhung des Konjunkturpakets abgelehnt, und derzeit werden die Länder Osteuropas auf ein Anrufen des IWF reduziert. Dies ist in Sachen europäischer Solidarität ein bedauerliches Versagen; mehr und mehr lassen wir nationale Rettungspläne für die Industrie zu und werden auf die Ablehnung des Protektionismus reduziert. Tatsächlich wäre jedoch ein europäisches Rettungs- und Konjunkturpaket für die Autobranche die einzig wahre Antwort.

Ich denke, die Forderung der sozialistischen Fraktion im Europäischen Parlament ist heute mehr als klar: Wir wollen massive Investitionen. Oft sprechen wir von der Krise von 1929; lassen Sie uns einmal einen Vergleich mit Roosevelts „New Deal“ ziehen, der die Ausgabe von 3,5 % des BIP über einen Zeitraum von sieben Jahren vorsah. Auf Europa bezogen würde das heute einer Summe von 400 Milliarden Euro pro Jahr entsprechen, über mehrere Jahre hinweg. Wir sind der Ansicht, dass Kreditmöglichkeiten und Eurobonds verfügbar gemacht werden müssen, dass wir riesige Investitionen in grüne Innovationen, die Gebäudedämmung, modernen Transport und den Energiesektor benötigen, dass ein Unterstützungsplan für die Opfer von Umstrukturierung und Arbeitslosigkeit her muss, und dass wir einen Ansatz brauchen, wie man den von Arbeitslosigkeit bedrohten Menschen helfen kann, beispielsweise durch eine Ausweitung des Anwendungsbereichs des Europäischen Fonds für Anpassung an die Globalisierung.

 
  
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  Cornelis Visser (PPE-DE).(NL) Frau Präsidentin! In dieser Wirtschaftskrise muss das Europäische Parlament die Rolle des Wachhunds übernehmen, besonders wenn es um das Verhindern von Protektionismus geht.

Gemeinsam haben wir den Binnenmarkt geschaffen, der uns allen viel Wohlstand beschert hat. Nicht nur die Länder Westeuropas, sondern auch Mitteleuropas, haben davon stark profitiert. Wir dürfen uns diese Errungenschaften nicht wegen etwas Gegenwind aus den Händen gleiten lassen. Wir im Europäischen Parlament müssen uns Vorschlägen wie denen im Zusammenhang mit der Unterstützung der französischen Automobilindustrie, die nachteilige Folgen für andere europäische Länder haben könnten, entgegenstellen.

Das Parlament muss auch die Stärke des Euros überwachen. Wir können nicht zulassen, dass Länder Staatsschulden in unbegrenzter Höhe anhäufen. Wir haben in Europa den so genannten Stabilitäts- und Wachstumspakt geschlossen. Wir wissen, dass wir infolge der Finanzkrise vorübergehend mehr Spielraum zur Unterstützung der Banken einräumen müssen. Aber das sollte eine Ausnahme bleiben.

Es besteht keine Notwendigkeit, für andere Bereiche der Wirtschaft irgendwelche Strukturhilfen zu gewähren. Die Mitgliedstaaten haben nicht die dafür nötigen Mittel, und wenn sie mittels Eurobonds Schulden machen, würde dies auf dem Rücken nachfolgender Generationen geschehen, und der Euro würde geschwächt. Das lehne ich ab.

Um es noch einmal zusammenzufassen: Wir müssen im Kampf gegen den Protektionismus und zum Werterhalt des Euros die Rolle des Wachhunds übernehmen.

 
  
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  Libor Rouček (PSE). (CS) Meine Damen und Herren, in meinem heutigen kurzen Beitrag möchte ich mich auf einen wichtigen Bereich konzentrieren, von dem ich hoffe, dass er bei der Tagung des Europäischen Rates erfolgreich besprochen und gelöst wird, nämlich den Bereich der Energiepolitik. Wir wissen alle, dass die Europäische Union ihre Energiesicherheit und Unabhängigkeit, aber auch ihre Energieinfrastruktur stärken muss. Dies bedeutet die Verbindung und den Ausbau von Ölpipelines, Gaspipelines und Stromleitungen zwischen einzelnen Staaten und Regionen. Auch müssen wir unsere Öl- und Erdgasvorräte erhöhen. Wir möchten den Anteil erneuerbarer Energien ausbauen, um die Energieeffizienz von Gebäuden und Produkten zu steigern, und wir wollen die Investitionen in die Forschung und in Maßnahmen zur Milderung der Auswirkungen des Klimawandels erhöhen. Ich bin fest davon überzeugt, dass die Maßnahmen und Investitionen, die im Bereich der Energiepolitik eingeführt werden müssen, nicht nur unsere Energie- und Klimaprobleme lösen, sondern auch eine sehr positive und starke Wirkung in Zeiten der Wirtschaftskrise entfalten können, indem das Wirtschaftswachstum angestoßen und Arbeitsplätze geschaffen werden.

 
  
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  Rumiana Jeleva (PPE-DE).(BG) Meine Damen und Herren, ich begrüße die Bemühungen der europäischen Institutionen, Maßnahmen für koordinierte Aktionen der Mitgliedstaaten und der Kommission zur Bewältigung der Wirtschaftskrise zu umreißen. Wie bereits bekannt ist, leistet die Kohäsionspolitik der Europäischen Union einen bedeutenden Beitrag zum europäischen Konjunkturprogramm und übernimmt die größten Investitionen der Gemeinschaft in die Realwirtschaft. Als Geste der Anerkennung dieser Anstrengungen unterstützt das Europäische Parlament die Änderungsanträge zur Verordnung zum Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, zum Europäischen Sozialfonds und zum Kohäsionsfonds, um die Verwaltung der EU-Mittel zu vereinfachen und zu beschleunigen. Ich hoffe, dass dies von Nutzen ist für die Begünstigten, also diejenigen, für die die Fonds bestimmt sind. Für die ärmeren Mitgliedstaaten der Europäischen Union ist dies besonders wichtig.

Eine wichtige Aufgabe der Mitgliedstaaten betrifft noch immer die Garantie der erforderlichen Mittel, so dass die EU-Mittel wie geplant verwendet werden. Ohne die Regeln des freien Wettbewerbs und die Standards zur Unternehmensführung zu verletzen, sollten die Mitgliedstaaten vereinfachte Verfahren für die Finanzierung von Projekten anwenden. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

 
  
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  Atanas Paparizov (PSE). – Frau Präsidentin, es ist klar, dass der europäische Aspekt des Konjunkturprogramms und die finanzielle Unterstützung eher zu vernachlässigen ist im Vergleich zu den Maßnahmen der Mitgliedstaaten. Ich hoffe jedoch, dass der Rat einen Plan zur Unterstützung von Energieleitungen zwischen den Ländern beschließen wird, so dass die Auswirkungen einer künftigen Gaskrise abgemildert werden.

Man könnte sich jedoch auch solidarisch zeigen, indem die Kriterien für WKM2, die Eurozone und die Einführung des Euro für diejenigen Länder flexibler gestaltet werden, die einen Beitritt wünschen. Mitgliedstaaten, die derzeit große Anstrengungen unternehmen müssen, um den Wechselkurs stabil zu halten, benötigen natürlich stärkere Unterstützung, um alle für den Beitritt zur Eurozone erforderlichen Schritte zu meistern und so die Auswirkungen der Wirtschaftskrise zu vermeiden. Ich hoffe, dass eine entsprechende Entscheidung in naher Zukunft getroffen wird, wobei wir berücksichtigen müssen, dass die bestehenden Mitglieder bereits Flexibilität genießen.

 
  
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  Danutė Budreikaitė (ALDE).(LT) Zwar stimme ich dem europäischen Konjunkturprogramm im Prinzip zu, möchte jedoch auf zwei Punkte hinweisen: Das Auflegen von Eurobonds und die Erweiterung der Eurozone. Das Auflegen von Eurobonds ist weder ein geeignetes Instrument, um die Eurozone zu stärken, noch ist der Zeitpunkt richtig gewählt in einem Europa, das unter der Finanz-, Wirtschafts- und Sozialkrise leidet. Wir haben 16 Mitglieder der Eurozone, deren Volkswirtschaften unterstützt werden. Aber was ist mit den anderen 11 Ländern? Ein Vorschlag besteht darin, dass wir den Kauf von Eurobonds nur mit Schwedischen und Dänischen Kronen zulassen. Wo blieben da die neuen Mitgliedstaaten, die aufgrund verschiedener objektiver Kriterien nicht in der Eurozone sind? Was müssten sie für Anleihen zahlen? Litauen durfte den Euro nicht einführen, da die Inflation 0,07 % über der Höchstgrenze lag, obgleich kein einziger Mitgliedstaat der Eurozone im Laufe von 10 Jahren alle Indikatoren eingehalten hat. Der Litauische Litas wurde bereits vor 4 Jahren an den Euro gekoppelt. Ist es nicht an der Zeit, eine kreativere Sicht auf die Änderungen in der Welt zu entwickeln und die Eurozone zu erweitern, um es der EU so zu erleichtern, die Krise zu überwinden?

 
  
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  Mieczysław Edmund Janowski (UEN).(PL) Frau Präsidentin, der Titel des Berichts von Herrn Kirilov, zu dem ich ihm gratuliere, legt nahe, dass wir auch von einer Irrealwirtschaft sprechen können. Inzwischen gibt es eine virtuelle Wirtschaft und virtuelles Geld, aber die Unterschriften von Bankern und Prüfern sind real und bedeuten, dass alles seine Ordnung hat. Es zeigt sich jedoch, dass dies nicht der Fall ist und es sich hier um einen Bluff handelt.

Heute stehen wir vor den Herausforderungen einer Wirtschafts- und Moralkrise. In diesem Zusammenhang ist die Investition in regionale Entwicklung und Kohäsion vernünftig und notwendig. Dies bedeutet echte Straßenkilometer, ein modernisiertes Schienennetz und modernisierte Flughäfen. Wir sollten in Wissen, Bildung und innovative Lösungen investieren, insbesondere in die Beziehung zu kleinen und mittelständischen Unternehmen. Wir sollten die Bürokratie wirklich einschränken. Dadurch werden für Tausende von Menschen Arbeitsplätze und damit eine Lebensgrundlage geschaffen. Außerdem sorgen wir so für eine echte Politik der Solidarität und vermeiden Protektionismus. So wird Lissabon Realität.

 
  
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  Emmanouil Angelakas (PPE-DE).(EL) Frau Präsidentin, wir müssen spezielle Maßnahmen ergreifen, um bestimmte Sektoren der Wirtschaft zu mobilisieren und ihnen so zu helfen, die Krise zu überwinden.

Noch wichtiger: Wenn sie im Bereich Regional- und Kohäsionspolitik erfolgen, dann ist sichergestellt, dass sie für die meisten Bürger und Unternehmen Wirkung zeigen, insbesondere für kleine und mittelständische Unternehmen.

Initiativen zur Vereinfachung der Verordnungen des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung und der anderen Strukturfonds sowie Maßnahmen wie beispielsweise eine Erhöhung der Investitionen in die Nutzung erneuerbarer Energiequellen in Häusern, vereinfachte Verordnungen, Vorschüsse, Bezuschussung von Ausgaben und Pauschalen tragen sicherlich dazu bei, Arbeitsplätze und das Überleben kleiner und mittelständischer Unternehmen in diesem unsicheren wirtschaftlichen Klima zu sichern.

Die Bemühungen müssen mithilfe weiterer Initiativen verstärkt werden, die das Europäische Parlament erwartet und aktiv formulieren wird. Die Notwendigkeit von Maßnahmen, die sich direkt auf die finanzielle Unterstützung der Bürger auswirken, bleibt bestehen.

 
  
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  Csaba Sándor Tabajdi (PSE). (HU) Die Europäische Union befand sich noch nie in einer so kritischen Lage wie heute. Zwei wesentliche Prinzipien werden infrage gestellt: Die Solidarität und die Einheit des Binnenmarkts aufgrund von Protektionismus. Martin Schulz hat absolut Recht. Die Europäische Kommission hat keine konkreten Schritte unternommen, um die Märkte zu ordnen oder Haushaltsfragen zu lösen. Wenn wir unsere Solidarität nicht wahren, dann wird die Einheit der Europäischen Union möglicherweise von Selbstsucht und Protektionismus überschattet, da Probleme nicht nur außerhalb der Eurozone bestehen, sondern auch innerhalb. Griechenland, Ungarn und andere Länder haben vergleichbare Probleme. Ich möchte Herrn Farage daran erinnern, dass westeuropäische Banken, westeuropäische Unternehmen die Banken und Unternehmen der neuen Mitgliedstaaten aufgekauft haben und sich nun vor der Solidarität drücken und nichts unternehmen, um eine gesunde finanzielle Basis zu ermöglichen.

 
  
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  Martin Schulz (PSE).(DE) Frau Präsidentin! Danke, dass ich am Ende dieser Debatte eine persönliche Bemerkung machen kann. Die will ich gerne in Beantwortung der Bemerkungen meines Freundes Klaus-Heiner Lehne machen.

Ich habe verstanden, Klaus-Heiner, dass die Krise durch die Sozialisten in Europa verursacht wurde. Das wussten wir auch vorher, das ist das altbekannte Prinzip in Deutschland: Wenn morgens schon die Sonne lacht, hat das die CDU gemacht; gibt es aber Eis und Schnee, dann war es bestimmt die SPD. Das ist uns bekannt. Ihr könnt aber jetzt zeigen, liebe Kolleginnen und Kollegen von der EVP-ED, ob Ihr das, was Sie, Herr Kollege Lehne, angekündigt haben, , wo Sie mich ja hier attackiert haben, ich würde etwas Falsches sagen – es kann ja sein, dass ich mich geirrt habe –, auch wahr macht.

Deshalb bitte ich Sie jetzt: Sagen Sie uns doch bitte Folgendes: Bericht Ferreira, Änderungsantrag 113 – da geht es um die Solidarität zwischen den Mitgliedstaaten, bzw. darum, Steueroasen zu schließen. Wir beschließen hier, dass der G-20-Gipfel durch die EU aufgefordert wird, Steueroasen zu schließen. Stimmen Sie mit Ja oder Nein beim Ferreira-Bericht? Gemeinschaftssolidarität, die Eurozone mit den Staaten der Nicht-Eurozone und die Eurozone untereinander. Stimmen Sie mit? Und schließlich die Investitionsanreize von 1 % bzw. 1,5 % des Bruttoinlandsprodukts als Gemeinschaftsanstrengung zur Bewältigung der Krise. Stimmen Sie mit? Das sind die Änderungsanträge 92, 102 und 113 der Sozialistischen Fraktion. Wenn Sie da mitstimmen, dann entschuldige ich mich bei Ihnen, Herr Lehne. Wenn Sie nicht mitstimmen, muss ich Ihnen sagen, Sie sind es, der hier große Reden hält und anschließend anders abstimmt.

 
  
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  Klaus-Heiner Lehne (PPE-DE).(DE) Frau Präsidentin, vielen herzlichen Dank. Ich mache es auch wirklich ganz kurz. Zunächst einmal: Schuld an der Krise sind natürlich nicht die Sozialisten, das hat hier im Plenarsaal auch niemand behauptet. Wir wissen alle, wer schuld ist, das ist ja umfangreich analysiert worden. Ich habe jedoch zu Recht darauf hingewiesen, dass ein Zustandekommen von klaren Transparenzregeln in den Bereichen Hedge Fonds und Private Equity über Jahre hinweg auch an den Sozialisten in Europa gescheitert ist, und habe dafür Beispiele genannt. Das ist schlicht und ergreifend eine Tatsache.

Was die angesprochenen Änderungsanträge angeht, so möchte ich mich nur auf einen Punkt beziehen, die Thematik Steuerparadiese. Da sind wir uns vollkommen einig. Die Frage ist nur, an welcher Stelle dem zugestimmt wird. Wir werden heute bei der Entschließung zur Lissabon-Strategie einen Antrag 25 zu beraten haben, der sich genau mit diesem Thema befasst. Da wird die Fraktion zustimmen. Von daher habe ich mit den angesprochenen Fragen keine Probleme.

 
  
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  Alexandr Vondra, amtierender Präsident des Rates. − Herr Präsident, wir haben eine sehr lange und nützliche Aussprache geführt, und die Präsidentschaft dankt allen Mitgliedern des Parlaments für ihre Beiträge.

Darin wurden die bedeutenden Herausforderungen, vor denen wir derzeit stehen, und insbesondere die Folgen der Finanz- und Wirtschaftskrise richtig identifiziert. Wie ich in meiner Einführung dargestellt habe, wird dieses Thema den Kern der Aussprache bei der Tagung des Europäischen Rates in der kommenden Woche bilden. Trotz der Größenordnung der Krise denkt die Präsidentschaft, dass die Europäische Union verschiedenen Teilen eines Ansatzes zustimmen kann, der uns weiterbringt.

Es gibt angesichts der einschneidenden Krise keine andere Möglichkeit als zusammenzuarbeiten. Ich unterstütze daher die zahlreichen Forderungen nach mehr Verantwortung und einer intensiveren Zusammenarbeit, die wir heute Morgen gehört haben. Ich denke auch, dass wir nicht nur gemeinsam handeln können und müssen, um die Probleme Europas zu lösen, sondern dass die Europäische Union auch gut positioniert ist, um Teil der weltweiten Lösung zu sein. Sicher ist diese Krise schwer, aber wenn wir zusammenarbeiten, dann hat Europa die erforderlichen geistigen, finanziellen, personellen und regulatorischen Ressourcen, um auch weiterhin geeignete Antworten zu finden und umzusetzen.

Joseph Daul hat sicherlich Recht, wenn er sagt, dass der nächste Europäische Rat mehr als ein weiterer Gipfel sein wird. Eine weltweite Lösung beginnt mit einer führenden Rolle bei der G20-Konferenz in London Anfang kommenden Monats. Bei der gestrigen Tagung des Rates befürworteten die Ecofin-Minister die Aufgaben der EU bei diesem bedeutenden Gipfel. Sie einigten sich insbesondere auf die Notwendigkeit einer engeren internationalen Koordinierung der Makropolitik und weltweiter Finanzvorschriften auf der Grundlage stärkerer Transparenz und Rechenschaftspflicht – was uns wieder zu unserer Aussprache bezüglich Hedgefonds und anderen sensiblen Themen führt. Alle stimmten zu, die Kooperation zwischen Finanzbehörden auf internationaler Ebene zu intensivieren, den IWF zu stärken und sich mit der Rolle multilateraler Entwicklungsbanken bei der Bekämpfung der Auswirkungen der Krise auf die ärmsten Bevölkerungsschichten der Erde auseinanderzusetzen.

Wenn wir über die Notwendigkeit von Solidarität sprechen, müssen wir uns dessen bewusst sein, dass diese europäische Solidarität mit einer national verantwortlichen Politik im Hinblick auf eine nachhaltige finanzielle Entwicklung in Europa einhergehen muss. Natürlich haben die Amerikaner hohe Ausgaben, aber sie bitten den IWF auch nicht um Unterstützung, und sie haben einen Stabilitätspakt, der die Integrität ihres Währungsraums sicherstellt. Wir müssen in unsere Zukunft investieren, ohne jedoch die langfristige Nachhaltigkeit unserer Staatsfinanzen oder die Spielregeln des Binnenmarktes zu unterminieren.

Viele von Ihnen haben heute Morgen über die sehr realen Bedenken der Bürger angesichts der steigenden Arbeitslosenzahlen gesprochen. Martin Schulz sagte, dass es um „Arbeitsplätze, Arbeitsplätze und nochmals Arbeitsplätze“ gehe – und er hat Recht. In der Tat müssen wir Arbeitsplätze sichern, und während zahlreiche Maßnahmen im Zuständigkeitsbereich der Mitgliedstaaten liegen, gibt es auch einiges, was wir machen können. Ein Beispiel: Gestern vereinbarte der Ecofin die Senkung der Mehrwertsteuer in arbeitsintensiven Dienstleistungssektoren wie Gaststätten usw. Vielleicht erinnern Sie sich daran, dass diese Frage viele Jahre auf der Agenda stand, ohne dass man eine Lösung fand, und erst gestern konnten wir unter der Präsidentschaft meines Landes zu einer Einigung in dieser sensiblen Frage kommen.

Arbeitsplätze sollten das Schlüsselthema der drei Berichte sein, die wir heute Morgen hören werden, was auch der Fall ist. Wir möchten diese Frage bei der Sitzung nächste Woche angehen. Sie ist ein wichtiger Bestandteil der Lissabon-Strategie. Ich stimme mit denjenigen überein, die sagen, dass die aktuelle Krise kein Grund ist, die Lissabon-Strategie über Bord zu werfen. Sie ist in der Tat ein umso wichtigerer Grund, sicherzustellen, dass wir die Hauptziele der Strategie verfolgen.

Die Präsidentschaft schenkt diesem Thema besondere Aufmerksamkeit, weshalb wir auch eine weitere Sitzung Anfang Mai zu dem Problem der zunehmenden Arbeitslosigkeit anberaumt haben. Nächste Woche möchten wir einige konkrete Orientierungen vereinbaren, die die Grundlage für unsere Aussprachen und möglicherweise auch für Entscheidungen bilden, die wir dann im Mai treffen werden.

Einige von Ihnen haben auch die Notwendigkeit erwähnt, in Vorbereitung auf die Tagung in Kopenhagen zu einer Einigung bezüglich der Milderung des Klimawandels und der Anpassung an den Klimawandel zu kommen. Graham Watson fragte, wie viel wir zahlen müssen. Ich denke, dass der Zeitpunkt hierfür zu früh ist. Einige Schätzungen – wie in der Mitteilung der Kommission zu diesem Thema, die Schätzungen verschiedener NRO und Institute enthält – sind relativ hoch. Es wäre jedoch verfrüht, jetzt eine Schätzung vorzunehmen. Wir müssen warten, bis uns die USA und andere an dem Prozess Beteiligte über ihre Pläne informieren, und genau das möchten wir bei dem Treffen mit der Regierung Obama in Prag Anfang April erfahren. Diese Frage jetzt in Angriff zu nehmen wäre nicht der richtige taktische Schritt.

Wir werden Sie natürlich über alle Aspekte der nächsten Tagung des Europäischen Rates auf dem Laufenden halten, und ich werde dafür sorgen, dass Premierminister Topolánek die heute Morgen hier dargelegten Ansichten kennt. Er wird dem Parlament bei der nächsten Plenarsitzung über das Ergebnis des Europäischen Rats berichten, und ich freue mich bei dieser Gelegenheit auf einen konstruktiven Austausch.

 
  
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  Günter Verheugen, Vizepräsident der Kommission. (DE) Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordnete! Ich stimme denjenigen zu, die gesagt haben, dass diese Krise lange Zeit unterschätzt und nicht richtig verstanden wurde. Darum ist es vielleicht ganz gut, wenn man in der Eröffnungsbilanz wenigstens darin übereinstimmt, dass wir nämlich nicht wissen, wie tief diese Krise noch gehen wird. Wir wissen nicht, wie lange diese Krise noch dauern wird, und deshalb wissen wir auch nicht, ob wir schon genug getan haben. Es tut mir leid, hier Jean-Claude Juncker ausnahmsweise widersprechen zu müssen.

Wir wissen ja noch nicht einmal, ob das, was wir getan haben, Wirkungen zeigen wird oder nicht. Noch nicht einmal das wissen wir in diesem Augenblick. Das Einzige, was wir wirklich wissen, ist: Wir werden aus dieser Krise nicht herauskommen, wenn es nicht ganz schnell gelingt, den Finanzsektor wieder zum Funktionieren zu bringen.

Das war der Beginn des Problems, und es ist inzwischen ziemlich klar, wie das alles zustande gekommen ist. Und wir wissen auch, warum die bisherigen Maßnahmen zur Stabilisierung des Finanzsektors noch keine Wirkung gezeigt haben – jedenfalls noch keine ausreichende –, weil nämlich die Banken wissen, dass noch eine Welle auf sie zukommt. Sie betreiben im Augenblick Risikovorsorge, weil sie wissen, dass noch nicht alle Risiken, die sie in ihren Büchern haben, bekannt sind, und darauf müssen wir uns politisch ebenfalls einstellen.

Aber eins ist auch klar: Für die Finanzwirtschaft gibt es kein Zurück in die Zeit vor der Krise. Wer die Vorstellung haben sollte, der Staat regelt das jetzt alles, und die Europäische Union regelt das, und danach geht es fröhlich weiter wie vorher, der irrt sich. Ganz klar ist, dass wir für die Finanzwirtschaft, für die Finanzinstitutionen eine robuste, langfristige und nicht nur europäische Aufsicht brauchen. Es ist ganz wichtig, dass wir das als ein System von global governance zusammen mit unseren Partnern zustande bringen, und wir werden das mit unseren Partnern nur dann zustande bringen, wenn wir als Europäer eine gemeinsame klare Linie vertreten. Je einiger wir in dieser Frage sind, desto größer sind unsere Chancen, tatsächlich etwas zu erreichen. Wenn die Signale, die aus den Hauptstädten Europas, in Washington, in Peking, in Tokio ankommen, unterschiedlich bleiben, haben wir wenig Aussichten auf ein vernünftiges System von „Global Governance“.

Wir sind uns auch darüber einig, dass die aktuelle Situation schwersten sozialen Sprengstoff enthält, und zwar ganz einfach deshalb, weil das, was wir tun können, um den Finanzsektor zu stabilisieren, nicht in dem Umfang geschehen kann, um Unternehmen der Realwirtschaft zu stützen, die als Folge der Finanzkrise in Schwierigkeiten geraten. Das wissen wir alle.

Die europäische Antwort auf die Krise in der Realwirtschaft, die Krise unserer Unternehmen, die Krise unserer Industrie, ist eine Antwort, die sich auf die Arbeitsplätze konzentriert. Es geht weiß Gott nicht um die Dividenden für die Anteilseigner oder die Boni für die Manager. Es geht darum, dass diejenigen, die für diese Krise am allerwenigsten, im Grunde überhaupt nicht verantwortlich sind – nämlich die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer – ihre Jobs behalten können. Diese Jobs müssen sie deshalb behalten, weil ein selbstbestimmtes Leben in Freiheit und Menschenwürde sonst gar nicht möglich ist.

Wir wollen die Jobs in der europäischen Wirtschaft verteidigen. Deshalb waren die Ausgabenprogramme notwendig. Man kann sehr darüber streiten, ob sie größer hätten ausfallen können oder müssen oder nicht. Das Problem, das wir hier haben, ist, der Gemeinschaftshaushalt zeigt an dieser Stelle keine Flexibilität. Wir können im Europäischen Parlament, in der Europäischen Kommission leicht sagen, wir brauchen ein großes Konjunkturpaket, wir müssen viel Geld in die Wirtschaft pumpen, denn es wird nicht unser Geld sein, wir haben es nämlich nicht. Es kann immer nur das Geld der Mitgliedstaaten sein und vergessen Sie bitte nicht, dass dabei die nationalen Parlamente selbstverständlich auch eine Rolle spielen.

Wir haben versucht, dafür zu sorgen, dass die Ausgabenprogramme so organisiert werden, dass die kurzfristigen Notwendigkeiten nicht die langfristigen Ziele gefährden, präzise das, was mehrere Redner aus allen Fraktionen gesagt haben, nämlich dass wir uns in einer ökonomischen Transformation befinden, einer Transformation hin zu einer CO2-armen Wirtschaft, zu einer Ressourcen schonenden Wirtschaft und zu einer auf Wissen gegründeten Wirtschaft. Diese Transformation muss auch in der Krise weitergehen. Deshalb sagen wir den Unternehmen: Spart nicht bei Forschung und Entwicklung, spart nicht bei Innovation, haltet Eure Stammbelegschaften. Die Maßnahmen, die wir finanziell ergreifen, müssen diese Ziele stützen. Ich bin gerne mit all denen einverstanden, die sagen: Das hätte vielleicht noch etwas besser gehen können. Aber wir sollten immer daran denken, das Geld, das hier ausgegeben wird, ist nicht das Geld der Europäischen Union. Es ist das Geld der Mitgliedstaaten, und da spielen auch andere Dinge eine Rolle als die, die wir hier für richtig halten. Das ökonomische Leitbild der Lissabon-Strategie, um die es hier heute auch ging, ist nicht der sich selbst überlassene Markt. Die Lissabon-Strategie geht nicht davon aus, dass die beste Marktwirtschaft diejenige ist, die man ungestört im marktradikalen Sinne einfach sich entfalten lässt, sondern die Lissabon-Strategie geht von der festen Überzeugung aus, dass der Markt Regeln braucht, wenn er seiner sozialen und ökologischen Verantwortung gerecht werden soll. Für diese Regeln ist die Politik zuständig, und davon sollten wir uns nichts wegnehmen lassen. Deshalb glaube ich auch, dass die Ziele der Lissabon-Strategie unverändert sind und dass es die falsche Frage ist zu sagen: Wie kommt es eigentlich, dass wir trotz Lissabon in diese Krise geraten sind? Eine andere wirtschaftliche Strategie in Europa hätte die makroökonomischen Ungleichgewichte, die zu dieser Krise geführt haben, und das Fehlverhalten auf den internationalen Finanzmärkten auch nicht verhindern können.

Lassen Sie mich zum Schluss noch sagen: Wir wollen die europäischen Unternehmen möglichst heil durch diese Krise bringen, und möglichst auch alle. Dazu müssen wir ihnen helfen, was den Zugang zu Finanzmitteln angeht. Das scheint mir im Augenblick das Hauptproblem zu sein, die Kreditklemme betrifft die Großen und die Kleinen.

Die Europäische Investitionsbank tut, was sie kann. Wir haben Anlass, der Europäischen Investitionsbank für ihre große Flexibilität zu danken. Aber sie ist bereits jetzt an die Grenzen des Möglichen gestoßen. Schon jetzt steht fest, dass der Kreditbedarf der großen und kleinen Unternehmen Europas im zweiten Halbjahr dieses Jahres nicht befriedigt werden kann, weil die Europäische Investitionsbank bereits jetzt an ihre Grenzen gekommen ist. Jeder muss wissen, dass die Situation sehr ernst wird, und darum lohnt es sich, darüber nachzudenken, ob man die Lage der europäischen Unternehmen nicht auch dadurch verbessern kann, dass z.B. dieses Parlament die Vorschläge der Kommission, die darauf abzielen, überflüssige Kosten für europäische Unternehmen zu vermeiden, schnell aufgreift und schnell beschließt.

Wir haben inzwischen Vorschläge vorgelegt, die zu einer Kostenreduzierung von bis zu 30 Milliarden Euro im Jahr für die europäischen Unternehmen führen könnten. Das schnell zu beschließen, würde auch ein wirkungsvoller Beitrag zur Bewältigung der Krise sein.

Die Kommission ist davon überzeugt, dass wenige Tage vor diesem Gipfel die Chancen und Risiken der europäischen Integration in seltener Klarheit sichtbar werden. Die Chancen bestehen ganz eindeutig darin, dass, wenn wir unsere Kräfte zusammenfassen, wenn wir wirklich koordiniert und zielgenau handeln, wenn wir unsere volle Kreativität einsetzen, wir dann sogar die Möglichkeit haben, gestärkt aus dieser Krise hervorzugehen. Dann können wir die Tatsache ausgleichen, dass wir nicht wie die Vereinigten Staaten von Amerika zentral Entscheidungen treffen können, die dann überall umgesetzt werden, sondern dass wir uns unter 27 Mitgliedstaaten verständigen müssen.

Wir sehen aber auch gleichzeitig die Risiken stärker denn jemals zuvor. Die Risiken, die für uns alle entstehen, wenn nur einer oder einige in dieser Situation statt auf Solidarität und auf Gemeinsamkeit auf Protektionismus oder ökonomischen Nationalismus setzt bzw. setzen. Ohne einen gemeinsamen Kompass, der uns durch diese Krise führt, werden wir uns in dem Nebel, den diese Krise verursacht hat, leider alle gemeinsam verirren.

 
  
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  Elisa Ferreira, Berichterstatterin.(PT) Frau Präsidentin, Herr Ratspräsident, Herr Kommissar, meine Damen und Herren, die Krise ist schlimmer als erwartet, und die Arbeitslosigkeit wird stärker ansteigen, als wir vorhergesagt haben. Es gibt gute Gründe für die Annahme, dass die geplanten europäischen Impulse nicht ausreichen werden, aber es ist bereits jetzt klar, dass sie zu lange brauchen, um bei den Menschen anzukommen.

Der Standpunkt des Parlaments war und ist fest und klar, und ich hoffe, dass das auch so bleibt. Unser Ziel besteht darin, Arbeitsplätze zu sichern und neue Arbeitsplätze zu schaffen, und zwar sowohl mit territorialer als auch sozialer Kohäsion und Solidarität. In diesen Krisenzeiten können sich die Menschen nicht mit einem Europa abfinden, das keine Antwort hat, einem Europa, das nicht die Kraft hat, ihre Probleme anzugehen. Worum bittet das Parlament also die Kommission? Durch diese Berichte bittet es natürlich um koordinierte nationale Maßnahmen und darum, dass die Kommission alle ihr derzeit zur Verfügung stehenden Mittel nutzt, um zu handeln. Außerdem gibt es der Kommission als Haushaltsbehörde alle Möglichkeiten, um diese Maßnahmen umzusetzen. Es fordert die Kommission auf, eine klare europäische Arbeitsinitiative einzuführen und sagt, dass es zwingend notwendig ist, eine Agenda zur Einführung von Maßnahmen im Hinblick auf eine Regulierung der Finanzmärkte und zur Vergabe von Krediten an die Realwirtschaft zu haben. Aber worum bittet das Parlament den Rat? Es bittet den Rat insbesondere, den politischen Willen wieder zu entdecken, der den Kern des europäischen Projekts bildet. In der Europäischen Union geht es um Wettbewerb, aber auch um Kohäsion und Solidarität. Es kann keinen Binnenmarkt ohne diese garantierte Solidarität und Kohäsion geben. Aus diesem Grund haben wir alle die nationale Unabhängigkeit, die wir vor diesem Projekt hatten, an Europa abgegeben.

 
  
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  Jan Andersson, Berichterstatter.(SV) Frau Präsidentin, die Krise beginnt nun, für die Menschen Realität zu werden, die Arbeitslosenzahlen fangen an zu steigen, und zwar schnell, und wir sehen die sozialen Auswirkungen der Krise. Der Abschwung ist schwerwiegender, als wir anfänglich angenommen haben. Es wird mehr Arbeitslose und stärkere soziale Folgen geben.

Ich möchte der Europäischen Volkspartei (Christdemokraten) und den Europäischen Demokraten hier im Parlament etwas mitteilen. Herr Hökmark ist nicht anwesend, aber er hat die Schuld an der Krise auf den Vorschlag der SPE-Fraktion geschoben. Das ist so, als ob man den Klavierspieler erschießen würde, wenn einem das Stück nicht gefällt. Natürlich sind in Europa Regierungen aus der Mitte und dem rechten Flügel an der Macht. Genau diese schaffen es nicht, zu handeln, sie zeigen mangelnde Koordination und mangelnde Solidarität.

Jetzt geht es um Stellen, um soziale Sicherungssysteme und den öffentlichen Sektor. Ich habe der Kommission und dem Rat vor diesem Gipfel gesagt, dass wir jetzt koordiniert handeln und hinreichende Anstrengungen unternehmen müssen, und dass wir dabei solidarisch vorgehen müssen. Die Zeit ist jetzt. Wir können nicht auf den Gipfel im Mai warten. Die Frage der Arbeitsplätze muss auf der Agenda genau jetzt ganz oben stehen.

(Beifall)

 
  
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  Evgeni Kirilov, Berichterstatter.(BG) Vielen Dank, Frau Präsidentin. Die Kohäsionspolitik hat ihren Beitrag zur Lösung sozialer und wirtschaftlicher Probleme und zur Einführung von Strukturreformen in den Mitgliedstaaten und ihren Regionen unter Beweis gestellt. Die bisher gewonnene Erfahrung und die erheblichen zweckgebundenen Ressourcen, wobei wir hier über mehr als 340 Milliarden Euro in einem Zeitraum von 7 Jahren sprechen, sind während der derzeitigen Wirtschaftskrise eine überlebenswichtige Notwendigkeit, und es ist besonders wichtig, dass diese Gelder auch tatsächlich und so gut wie möglich zum Wohle der europäischen Bürger und Unternehmen eingesetzt werden. In Zeiten, in denen jeder einzelne Euro für die Erholung der europäischen Wirtschaft zählt, können wir nicht zulassen, dass diese Mittel für die falschen Zwecke ausgegeben werden. Daher begrüßen wir auch die Vereinfachung der Regeln, und wir fordern, dass sie ordnungsgemäß eingeführt werden.

Herr Verheugen, als sie heute gesprochen haben, sagten Sie ganz richtig: Wir wissen nicht, wie lange die Krise anhalten wird. Aber einen Punkt sollten wir heute festhalten: Die Entscheidungen, die wir treffen, und offensichtlich auch die Entscheidungen, die der Europäische Rat nächste Woche treffen wird, müssen noch dieses Jahr zu Ergebnissen führen. Ich würde sogar sagen, dass die Ergebnisse spätestens diesen Sommer erzielt werden müssen. Das erwarten die europäischen Bürger von uns, damit sie ein Licht am Ende des Tunnels sehen und auf einen schnellen Weg aus der Krise hoffen können.

Ich möchte auch zu den wenigen Kollegen etwas sagen, die heute versucht haben, eine wirtschaftliche Trennlinie zwischen den alten und den neuen Mitgliedstaaten zu ziehen. Ich glaube, dass genau die Kohäsionspolitik, über die wir heute entscheiden werden, ihren Ideen widerspricht. Ich halte das alles für sehr schädlich, und wir müssen uns gemeinsam bemühen, diese Probleme zu überwinden. Vielen Dank.

 
  
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  Die Präsidentin. – Ich habe fünf Entschließungsanträge(1) bekommen, die gemäß Regel 103(2) der Geschäftsordnung eingebracht wurden.

Die Aussprache ist geschlossen.

Die Abstimmung erfolgt am heutigen Mittwoch, den 11 März.

Schriftliche Erklärungen (Artikel 142)

 
  
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  John Attard-Montalto (PSE), schriftlich. – 2008 wurden im Rahmen der überarbeiteten Lissabon-Strategie Leitlinien festgelegt, die bis 2010 in Kraft bleiben. Alle Mitgliedstaaten einschließlich Malta mussten ihre Strategien zur Schaffung von Arbeitsplätzen darlegen. Es wurden beschäftigungspolitische Leitlinien aufgestellt. Die Finanzierung dieser Leitlinien ist von ausschlaggebender Bedeutung, und der Europäische Sozialfonds kann Sofortmaßnahmen finanzieren, die die Mitgliedstaaten im Hinblick auf Flexicurity und Qualifikation ergreifen.

Flexicurity ist ein integriertes politisches Konzept, das die Anpassungsfähigkeit von Arbeitnehmern und Unternehmen verfolgt. Zweitens müssen wir massive Anstrengungen im Bereich Weiterbildung unternehmen, und zwar auf allen Ebenen.

Erstens ist eine Weiterbildung zwecklos, wenn sie nicht den Anforderungen des Arbeitsmarktes entspricht.

Zweitens müssen drei Strategien Priorität haben:

- die Anpassungsfähigkeit von Arbeitnehmern und Unternehmen muss verbessert werden;

- es müssen mehr Menschen eine Beschäftigung finden und in einem Beschäftigungsverhältnis bleiben, um das Angebot an Arbeitskräften zu steigern und die Funktionsfähigkeit der sozialen Sicherungssysteme aufrechtzuerhalten;

- die Investitionen in Humankapital müssen durch Weiterbildung und bessere Ausbildung gesteigert werden.

 
  
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  Adam Bielan (UEN), schriftlich. (PL) Herr Präsident, während ich diese Aussprache anhöre, habe ich das Gefühl, dass hier im Plenarsaal eine Konkurrenzatmosphäre herrscht, eine Art Tauziehen – alte Mitgliedstaaten gegen neue. Ich habe den Eindruck, dass uns gegenseitigen Schuldzuweisungen und die Frage, wer eine EU-Mitgliedschaft verdient hat, nicht zur Lösung unserer Probleme führen.

Wir sollten insbesondere daran denken, dass wir von den Bürgern gehört werden, und dass sie von uns Schutz erwarten. Genau jetzt wollen sie sehen, wozu ein vereintes Europa gut ist. Wir sollten diese Aussprache nutzen, über Möglichkeiten zur Begrenzung der sozialen Auswirkungen der aktuellen Krise nachzudenken.

Wir sagen „ja“ zu der Lissabon-Strategie, da sie zu Ergebnissen führt – dank der Lissabon-Strategie wurden in der EU fast 7 Millionen neue Arbeitsplätze geschaffen. Aber um was für Arbeitsplätze handelt es sich hier? Häufig sind es befristete Stellen oder Teilzeitstellen; im Hinblick auf Vollzeitstellen bleibt die Beschäftigungsquote unverändert.

Das beweist nur, dass Europa lernen muss, sein Potenzial zu nutzen. Wir sollten in Hightech-Produkte investieren, die hoch qualifizierte Arbeitskräfte erfordern – das ist unser Mehrwert, ein Sektor, in dem wir unerreicht sind. In dieser Hinsicht sind eine Verlängerung der Zeiträume, in denen finanzielle Mittel in Anspruch genommen werden können, und eine Vereinfachung des Antragsverfahrens extrem wichtig, insbesondere für die neuen Mitgliedstaaten.

 
  
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  Sebastian Valentin Bodu (PPE-DE), schriftlich.(RO) Die globale Wirtschaftskrise hat uns alle überrascht, gleich, ob wir über Banken, multinationale Konzerne oder sogar länderübergreifende Institutionen sprechen. Die Weltwirtschaft ist schwer getroffen, und das Überleben des globalen Finanzsystems steht auf dem Spiel. Ich denke nicht, dass mir irgendjemand widerspricht, wenn ich sage, dass die meisten derzeitigen Probleme angesichts ihres Ausmaßes eine konzentrierte Anstrengung auf europäischer Ebene erfordern. In der Tat ist Solidarität ein absolutes Muss, um diese Krise zu überwinden.

Ich vertrete Rumänien im Europäischen Parlament, ein Land in Südosteuropa. Ich kann nur sagen, dass die Auswirkungen des Wirtschaftswachstums, das im Jahr 2008 über 7 % lag, angesichts der turbulenten wirtschaftlichen Bedingungen, die uns mittlerweile hart treffen, gerade zu verschwinden scheinen. Das europäische Konjunkturprogramm, das die Europäische Kommission aufgestellt hat, muss in jedem Winkel des alten Kontinents Wirkung zeigen. Bestimmte Teile Europas dürfen nicht den Eindruck haben, dass man sie aufgegeben hat und sie hilflos einer Lage ausgesetzt sind, die sie nicht verursacht haben.

Ich denke, dass dies der wichtigste Test für die Europäische Union ist, das größte politische Projekt der letzten Jahrhunderte. Die Länder des gesamten Kontinents müssen zeigen, dass sie gemeinsam handeln. Laut José Manuel Durão Barroso, Präsident der Europäischen Kommission, wird Europa hauptsächlich an seinen Ergebnissen gemessen. Dem stimme ich voll und ganz zu.

 
  
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  Cristian Silviu Buşoi (ALDE), schriftlich.(RO) Ich denke, dass die Initiative für ein Konjunkturprogramm in der aktuellen Krise begrüßt wird. Die EU muss einen gemeinsamen, klaren und effektiven Ansatz verfolgen, um die Auswirkungen der Krise im Hinblick auf Intensität und Dauer weitestgehend zu minimieren.

Wir benötigen klarere Regulierungen für den Finanzsektor, insbesondere hinsichtlich hochgradig riskanter Anlagen wie beispielsweise Hedgefonds.

Derzeit ist die Solidarität der Mitgliedstaaten von zentraler Bedeutung. Natürlich werden die Mitgliedstaaten spezifische Maßnahmen entsprechend ihrem nationalen Kontext einführen, diese dürfen jedoch nicht dem Binnenmarkt und der EWU widersprechen. Die Kreditvergabe insbesondere an KMU, die die treibende Kraft des Wirtschaftswachstums sind und Arbeitsplätze schaffen können, muss dabei Priorität haben. Staatliche Interventionsmaßnahmen müssen jedoch zeitlich befristet sein, danach müssen die Wettbewerbsregeln wieder befolgt werden.

Zudem müssen Maßnahmen zur Bekämpfung der Krise als Teil einer verantwortungsvollen Haushaltspolitik integriert werden. Obgleich wir uns in einer Krise befinden, habe ich den Eindruck, dass es besonders wichtig ist, den Stabilitäts- und Wachstumspakt so weit wie möglich einzuhalten, da ein noch höheres Haushaltsdefizit auf lange Sicht eine verhängnisvolle Lösung sein kann, besonders für künftige Generationen.

 
  
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  Daniel Dăianu (ALDE), schriftlich. – Kommissar Joaquín Almunia sagte kürzlich, dass die Mitgliedstaaten der Eurozone, die vor erheblichen Schwierigkeiten stehen, auf die Unterstützung der anderen EU-Mitglieder zählen können. Warum wurde diese kollektive Reaktion nicht auch den neuen Mitgliedstaaten entschieden signalisiert, die nicht Mitglied der Eurozone sind? Irgendetwas stimmt wohl nicht an den Hilfspaketen für Lettland und Ungarn. Der Abbau bedeutender Ungleichheiten ist im Wesentlichen in Ordnung. Entscheidend ist aber die Art und Weise, wie dies geschieht. Verfolgt man den drastischen Abbau von Haushaltsdefiziten, während der private Sektor seine Aktivitäten dramatisch einschränkt? Prozyklische Effekte müssen sowohl in Aufschwung- als auch in Abschwungphasen verhindert werden. Wenn der öffentliche Haushalt nicht der Hauptgrund für umfangreiche Außenhandelslücken ist, warum sollte er dann den Hauptbeitrag zu deren Abbau leisten? Denken Sie daran, was wir aus der Asienkrise vor zehn Jahren gelernt haben. Die Politik muss auch überlegen, wie man spekulative Attacken gegen die Währung der neuen Mitgliedstaaten abwehrt. Der drastische Abbau von Haushaltsdefiziten allein würde in dieser Hinsicht nicht viel bringen. Hoffen wir, dass künftige Ecofin-Konferenzen bessere Ansätze zur finanziellen Unterstützung hervorbringen. Und wenn der IWF in Hilfspakete eingebunden wird, dann sollte er überdenken, ob sein traditioneller Ansatz zur Beseitigung makroökonomischer Ungleichgewichte unter den derzeitigen außerordentlichen Umständen angemessen ist.

 
  
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  Vasilica Viorica Dăncilă (PSE), schriftlich. – (RO) Rumänien muss die neuen Möglichkeiten des Strukturfonds nutzen.

Zentrale und lokale Behörden in Rumänien müssen die Möglichkeiten der Europäischen Kommission hinsichtlich einer Vereinfachung des Zugangs zum Strukturfonds der Gemeinschaft so schnell und effektiv wie möglich nutzen. Sie müssen auf diese Fonds zugreifen, um neue Arbeitsplätze zu schaffen, berufliche Weiterbildungsmaßnahmen durch Programme zu lebenslangem Lernen anzubieten und KMU zu unterstützen.

Eine schnellere und vereinfachte Verteilung der Mittel der Gemeinschaft kann durch Finanzspritzen in gezielten Bereichen bei der wirtschaftlichen Erholung helfen. Diese Zahlungen sind schneller und flexibler, und es handelt sich zudem um Einmalzahlungen, mit denen die erforderlichen Projekte kurzfristig in Bereichen wie Infrastruktur, Energie oder Umwelt umgesetzt werden können.

Andererseits müssen die rumänischen Behörden die Kofinanzierung für die Umsetzung der Projekte entsprechend den EU-Verfahren übernehmen, damit diese so schnell wie möglich nach Erhalt der EU-Gelder implementiert werden können.

Die Vorschläge europäischer Führungskräfte zielen auf eine Reihe von Maßnahmen zur Beschleunigung priorisierter Investitionen auf nationaler und regionaler Ebene in den Mitgliedstaaten ab, wobei der Zugang zu den Finanzhilfen vereinfacht und die finanziellen Ressourcen für kleine und mittelständische Unternehmen erhöht werden sollen.

 
  
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  Dragoş Florin David (PPE-DE), schriftlich.(RO) Die wichtigsten Merkmale, die alle Mitgliedstaaten der Europäischen Union gemeinsam haben, sind Demokratie, Stabilität, Rechenschaftspflicht und Kohäsion. Der Bericht von Evgeni Kirilov zur Kohäsionspolitik und Investitionen in die Realwirtschaft unterstreicht die Bedeutung dieser gemeinsamen Merkmale der Mitgliedstaaten als erste Voraussetzung für eine gemeinsame Strategie in der Sozial- und Wirtschaftspolitik. Die europäische Wirtschaft leidet unter den Folgen der globalen Finanzkrise und der umfassendsten und schwersten Rezession der letzten 60 Jahre. Wir müssen die Mitgliedstaaten bestärken, mögliche Synergien zwischen Mitteln aus der Kohäsionspolitik und anderen Finanzierungsquellen der Gemeinschaft zu nutzen, beispielsweise TEN-T, TEN-E, dem Siebten Rahmenprogramm für Forschung und technologische Entwicklung, dem Rahmenprogramm für Wettbewerbsfähigkeit und Innovation und den Mitteln der Europäischen Investitionsbank und der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung. Gleichzeitig müssen die Mitgliedstaaten den Zugang zu Mitteln, die über die Finanzinstrumente JESSICA, JASMINE und JEREMIE bereitgestellt werden, erleichtern und ermöglichen, um KMU und entsprechend Begünstigte zu bestärken, diese häufiger in Anspruch zu nehmen. Abschließend möchte ich dem Berichterstatter Herrn Kirilov für die Erstellung dieses Berichts danken.

 
  
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  Bairbre de Brún (GUE/NGL), schriftlich. (GA) Wir leben in einer Zeit wirtschaftlicher Unsicherheit. Die Europäische Union ist dafür verantwortlich, zu prüfen, ob sie nationalen und regionalen Behörden Flexibilität gewähren kann, so dass mehr Verantwortung für EU-Mittel zur Bewältigung dieser bisher nicht dagewesenen Lage übernommen werden kann.

Die Maßnahmen entsprechend dem Plan von Kommissarin Huebner Kohäsionspolitik: Investitionen in die Realwirtschaft sind praktisch, und es handelt sich hier um Maßnahmen, die die nationalen Behörden unverzüglich übernehmen sollten.

Der Europäische Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) kann nun für eine Teilfinanzierung ökologischer Investitionen in günstigen Wohnraum genutzt werden, womit Arbeitsplätze in der Baubranche – die hart getroffen wurde – geschaffen und gesichert werden können. Gleichzeitig würde dies helfen, an der Erfüllung unserer Klimaverpflichtungen zu arbeiten.

Anerkennungszahlungen des Europäischen Sozialfonds könnten den öffentlichen Sektor, der derzeit in Schwierigkeiten ist, wirklich beleben, und kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) sollten die empfohlenen Änderungen nutzen, um leichter an liquide Mittel zu gelangen.

Dies ist ein Schritt in die richtige Richtung. Ich finde die Sprache im Kirilov-Bericht in Bezug auf die Lissabon-Strategie mitunter bedauerlich.

 
  
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  Adam Gierek (PSE), schriftlich. (PL) Wie können wir die Finanzkrise bekämpfen? (Europäisches Konjunkturprogramm) Die Finanzkrise kann man kurz- oder langfristig angehen. Die kurzfristige Methode basiert auf der Ausrottung von Krankheiten, die sich in den letzten Jahrzehnten entwickelt und zum Liquiditätsverlust von Banken geführt haben, namentlich das Inverkehrbringen „infizierter“ Anleihen und ein Mangel an Kohärenz der Finanzpolitik mit der Gesamtpolitik.

Länder, die Banken finanzielle Unterstützung bieten, beseitigen nicht die Ursachen der Krise. Die Hautursache der Krise liegt meiner Ansicht nach in neoliberalen Mechanismen, die in der Wirtschaft am Werk sind, also die Orientierung an kurzfristigen Gewinnen und die Vernachlässigung langfristiger Interessen, um nur einen Punkt zu nennen.

Die langfristige Methode sollte daher die Mechanismen korrigieren, die das Funktionieren der Wirtschaft bestimmen. Man sollte mit den Dogmen des so genannten freien Marktes brechen. Die Mitgliedstaaten und die Europäische Union sollten nicht den Platz von aus Wettbewerbssicht gesunden Marktmechanismen einnehmen, sondern sie haben die Verpflichtung, Krankheiten zu verhindern. Dies bedeutet erstens, dass kurzfristige Gewinne langfristige Interessen, die sich aus der Infrastrukturentwicklung ergeben, also beispielsweise dem Bau öffentlicher Gebäude, dem Umweltschutz und der Suche nach neuen, bisweilen weniger profitablen Energiequellen, nicht verschleiern sollten.

Zweitens sollten alle Eigentumsformen gleich behandelt werden, und die Wahl der einen oder anderen Form sollte auf Grundlage der Effektivität der entsprechenden Führung getroffen werden.

Drittens sollten die Mitgliedstaaten und die Europäische Kommission in den Bereichen Finanzpolitik und allgemeine Politik eine Koordinationsrolle einnehmen.

Viertens sollten die Mitgliedstaaten und die Europäische Kommission Methoden zur Koordination des internationalen Währungs- und Finanzmarktes entwickeln, der aufgrund seiner Spontaneität empfindlich gegen Spekulationen ist.

 
  
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  Genowefa Grabowska (PSE), schriftlich. (PL) Die Wirtschaftskrise hat inzwischen Europa erreicht. Zuerst waren die entwickelten Volkswirtschaften betroffen, dann breitete sie sich auf Entwicklungs- und Schwellenländer aus. Die jüngsten Prognosen für 2009 sagen ein Wirtschaftswachstum von -1 % oder sogar noch weniger voraus. Wir befinden uns daher in einer der schwersten Rezessionen, die die Europäische Gemeinschaft je erlebt hat.

Ich stimme dem Berichterstatter zu, dass individuelle Maßnahmen der Länder nicht ausreichen, auch wenn sie durch Kapitaltransfers an die Sektoren unterstützt werden, die am stärksten durch die Krise gefährdet sind. Unsere Volkswirtschaften sind miteinander integriert und die Krise ist eine weltweite Krise, daher müssen die vorgeschlagenen Konjunkturmaßnahmen auch eine Antwort bieten, die im Hinblick auf ihre Art und ihr Ausmaß ebenfalls global ist. Zusätzlich muss das fundamentale Prinzip der EU gewahrt werden, nämlich das Prinzip der Solidarität. Nur so können wir die territoriale und soziale Kohäsion innerhalb der EU weiterhin sicherstellen. Ich denke, dass das Prinzip der Solidarität in diesen Zeiten der Krise auch eine neue politische Dimension erhält.

Weiterhin teile ich die Bedenken, die in dem Bericht im Hinblick auf die normalen Menschen geäußert werden, die von der Krise betroffen sind. Wir müssen nochmals Darlehen für Familien und Unternehmen und insbesondere KMU bereitstellen, die den Eckpfeiler der europäischen Wirtschaft bilden. Nur ein solches Ziel in Kombination mit dem Schutz der Ersparnisse der Bürger rechtfertigt die Nutzung öffentlicher Mittel für einen Rettungsplan. Wenn wir es also im Rahmen eines europäischen Rettungsplans schaffen könnten, Steueroasen zu schließen, dann wäre der Kampf gegen die Krise sicherlich einfacher und effektiver.

 
  
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  Louis Grech (PSE), schriftlich. – Mit einer Verschlimmerung der Finanzkrise, deren Ende noch nicht in Sicht ist, denke ich, dass mehr Mittel erforderlich sind, um die europäische Wirtschaft zu stabilisieren und die Abwärtsspirale zu stoppen. Weitere Engpässe sind die steigenden Arbeitslosenzahlen und die enorme Unsicherheit auf dem Arbeitsmarkt. Die Nichtverfügbarkeit von Krediten zusammen mit dem Anstieg der Haushaltsdefizite ist noch immer ein großes Problem und einer der Schlüsselfaktoren, wenn wir die Rezession erfolgreich und effektiv bekämpfen wollen. Es ist extrem wichtig, wieder eine angemessene Kreditversorgung herzustellen und finanzielle Mittel als konjunkturelle Impulse zu vergeben, d. h. an Familien und Unternehmen. Wir müssen Anreize für Kapitalinvestitionen schaffen. Leider gibt es derzeit keinen europäischen Mechanismus und keine Institution, die eine integrierte kontinentale Erholung koordinieren könnte, so dass wir wieder mit Insellösungen arbeiten, die insgesamt jedoch scheitern könnten, weil die Volkswirtschaften der Mitgliedstaaten in hohem Maß voneinander abhängig sind. Die europäischen Maßnahmen zur Erholung müssen Hand in Hand gehen mit regulatorischen Änderungen, damit die Fehler, die die Krise erst ausgelöst haben, nicht noch einmal gemacht werden. Fehlende Verordnungen und schlechte Überwachung waren die Wurzel des Problems, und wir müssen nun wieder effektive Verordnungen aufstellen.

 
  
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  Pedro Guerreiro (GUE/NGL), schriftlich.(PT) Wir können die ernste sozialökonomische Lage, unter denen die Länder der EU einschließlich Portugal leiden, nur dann verstehen, wenn wir an die Ziele dieses „Integrationsprozesses“ denken und berücksichtigen, dass die entsprechende Politik die Ursache der derzeitigen Kapitalismuskrise ist, von der sich ein Epizentrum in der EU befindet.

In den letzten 23 Jahren hat die EWG/EU den Kapitalverkehr und die Finanzialisierung der Wirtschaft gefördert; sie hat Märkte liberalisiert und die Privatisierung unterstützt, sie hat Unternehmen fusioniert und die Überproduktion gefördert; Produktionskapazität verlagert und zerstört; die wirtschaftliche Vormachtstellung einiger Staaten auf Kosten anderer abhängiger Länder gefördert; sie hat die Ausbeutung von Arbeitern und den zunehmenden Transfer von Arbeitsproduktivitätsgewinnen auf das Kapital unterstützt; sie hat den geschaffenen Wohlstand zentralisiert; und sie hat soziale Ungleichheiten und regionale Asymmetrien verstärkt, alles unter der Kontrolle der wichtigsten Kräfte und der großen Wirtschafts- und Finanzkonzerne. Dies sind die Hauptursachen der irreparablen Kapitalismuskrise.

Schuld an Arbeitslosigkeit, Unsicherheit, niedrigen Löhnen, immer schlechteren Lebensbedingungen, Armut, Krankheit, Hunger und zunehmenden Schwierigkeiten der Arbeiter und der allgemeinen Bevölkerung ist nicht die „Krise“, sondern die systemimmanente Politik des Kapitalismus.

Wir begrüßen daher die Großdemonstration, die der portugiesische Gewerkschaftsbund CGTP-IN für den 13. März geplant hat, um einen Kurswechsel in Richtung mehr Arbeitsplätze, höhere Löhne und mehr Rechte zu erreichen.

 
  
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  Gábor Harangozó (PSE), schriftlich. – Die Gemeinschaft muss ihre Anstrengungen zur Einführung eines durchgängigen Rahmens maximieren, um der weltweite Finanzkrise zu begegnen. Wenn wir das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in ein gesundes Finanzsystem wiederherstellen möchten, sollten wir schnell handeln, um Arbeitsplätze und wirtschaftliche Aktivität nachhaltig zu sichern. Um die negativen Auswirkungen der Rezession abzufedern, soziale Standards und das Beschäftigungsniveau zu halten, sollten Anpassungen vorgenommen werden, mit denen der Zugang zu den verfügbaren Ressourcen vereinfacht und gleichzeitig für mehr Transparenz und eine bessere Verwaltung gesorgt wird. In den Schlussfolgerungen des letzten EIT-Rats wurden „schnelle zusätzliche Maßnahmen durch den ESF“ gefordert, „um die Beschäftigung insbesondere der am stärksten gefährdeten Bevölkerungsgruppen zu stützen, wobei den kleinsten Unternehmen durch den Abbau von Lohnnebenkosten besondere Aufmerksamkeit zu widmen ist“. Ich möchte daher den nächsten Gipfel des Rates bitten, ernsthaft die Schaffung und Beibehaltung von Arbeitsplätzen in Erwägung zu ziehen, indem in Ländern, die schwer von der Finanzkrise und dem Abschwung getroffen sind, Maßnahmen zur temporären Senkung der Lohnnebenkosten kofinanziert werden. Hierbei sollten insbesondere die am stärksten gefährdeten Bevölkerungsgruppen berücksichtigt werden, diejenigen, die am meisten unter den Folgen des wirtschaftlichen und sozialen Abschwungs zu leiden haben, um so eine weitere asymmetrische Wirkung der Krise zu vermeiden, die eine ausgewogene Entwicklung aller Gebiete innerhalb der Gemeinschaft gefährdet.

 
  
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  Tunne Kelam (PPE-DE), schriftlich. – Solidarität ist für Europa heute einer der wichtigsten Werte. Während der derzeitigen Wirtschaftskrise gibt es jedoch Anzeichen für eine Unterminierung der europäischen Solidarität.

Mehr denn je müssen wir eine Trennung zwischen den Mitgliedstaaten vermeiden – um eine Kategorisierung in alt und neu, groß und klein zu verhindern. Diese Trennung, die zwischen Mitgliedern und Nichtmitgliedern der Eurozone besteht, darf den Mitgliedern der Eurozone nicht zu einer bevorzugten Position verhelfen, aus der heraus sie die gemeinsame Zukunft diktieren. Alle Mitgliedstaaten müssen gleichberechtigt an der Entscheidungsfindung beteiligt sein. Allen Mitgliedstaaten muss das Recht garantiert werden, ihre Probleme und Bedenken mitzuteilen, um zu möglichen Lösungen auf europäischer Ebene zu kommen.

Europa benötigt eine treibende Kraft, um die Wirtschaftskrise mit geringstmöglichem Schaden zu überwinden. Die Antwort auf die Wirtschaftskrise kann nicht Protektionismus lauten. Im Gegenteil, Offenheit und Wettbewerbsgeist müssen die Grundlage unserer Aktivitäten bleiben. Daher sollte mehr Geld in Innovation, Forschung und Entwicklung investiert werden, um die derzeitige Flaute als Chance zu nutzen.

Mit anderen Worten, die Krise sollte als Anreiz für die Umsetzung der Lissabon-Strategie gesehen werden. Nur wenn wir diese Strategie, die auf Solidarität basiert, vollumfänglich nutzen, können wir Arbeitsplätze und die Nachhaltigkeit der europäischen Wirtschaft sichern.

 
  
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  Magda Kósáné Kovács (PSE), schriftlich.(HU) Der Versuch, eine Rangfolge der Missstände aufzustellen, lohnt sich nicht. Das allgegenwärtige Leiden mobilisiert jedoch Ressourcen und Vorhaben. Viele berufen sich auf die Krise aus dem Jahr 1929, obgleich der im Sog dieser Krise folgende Zweite Weltkrieg Europa in zwei unterschiedliche Wege teilte. Die ehemaligen Ostblockstaaten erlebten zudem den traumatischen Regimewechsel, doch in diesem Fall sind wir alle in gleichem Maß von der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise betroffen, die trotz bestimmter Frühwarnsignale unerwartet kam.

Ab dem Zeitpunkt der Krise kann es keine verschiedenen europäischen Wege mehr geben, auch nicht mehrere parallel verlaufende Wege – es kann nicht zwei Geschwindigkeiten geben. Bei der Entwertung von Spekulationskapital befürchtet jeder Verluste, lediglich das Ausmaß ist unterschiedlich. Das Paradigma des gemeinsamen Marktes kann angesichts einer solchen Lage nur dann überleben und wettbewerbsfähig bleiben, wenn wir für gemeinsame, koordinierte Lösungen sorgen. Der Geist des Protektionismus ist hier kein guter Rat!

Die Aufgabe der Mitgliedstaaten besteht darin, gemeinsam ihre Finanzpläne auszuarbeiten. Die Europäische Union kann diese Aufgabe ergänzen, indem sie beurteilt, wie jedes Land je nach seinen Mitteln Unterstützung leisten kann, damit auch die Mitgliedstaaten und Bürger, die weiter hinten in der Schlange stehen, am Ende eine positive Bilanz ziehen können. Mittel- und Osteuropa steht in dieser Schlange weiter hinten, teilweise aus historischen Gründen, teilweise weil der fehlende Euro zu fehlendem Vertrauen geführt und sich das Spekulationskapital gegen uns gewandt hat. Und obgleich es unmöglich ist, bestimmte Mitgliedstaaten gleich zu behandeln, bin ich der festen Ansicht, dass wir ein System der Unterstützung auf europäischer Ebene ausarbeiten müssen, das es im Namen der Solidarität möglich macht, jedem Mitgliedstaat die passende Unterstützung zu bieten.

 
  
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  Marian-Jean Marinescu (PPE-DE), schriftlich.(RO) Alle Prinzipien des europäischen Konjunkturprogramms müssen auch in den nationalen Konjunkturprogrammen berücksichtigt werden.

Die bereitgestellten EU-Mittel müssen für Projekte mit höchster Priorität verwendet und gerecht unter den Mitgliedstaaten verteilt werden, wobei jedoch Sonderfälle zu berücksichtigen sind.

Wir müssen alle bestehenden Möglichkeiten effektiv nutzen. Daher hat die Förderung der Möglichkeiten zur Nutzung von EU-Mitteln oberste Priorität, da das Programm so schneller und flexibler umgesetzt wird.

Die Projekte müssen schnell und effizient umgesetzt werden, um diejenigen Erwerbstätigen zu unterstützen, die schwierige Zeiten durchleben. Aus diesem Grund müssen Verwaltungsverfahren, insbesondere der zeitliche Rahmen zur Anwendung der Verfahren, radikal verkürzt werden, um die sofortige Wirksamkeit dieses Prozesses zu garantieren.

Außerdem sind von den anstehenden Maßnahmen diejenigen, die die Einführung eines Rechtsrahmens zur wirksamen Bekämpfung von Steueroasen betreffen, ein absolutes Muss.

Natürlich ist staatliche Hilfe umsichtig zu verwenden, um Wettbewerbsprobleme zu vermeiden. Gleichzeitig müssen wir jedoch die positiven Effekte detailliert analysieren, die diese Hilfe im Hinblick auf den Arbeitsmarkt mit sich bringen kann. Dabei müssen wir an die Situationen denken, in denen diese Hilfe mehr als notwendig ist.

 
  
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  Iosif Matula (PPE-DE), schriftlich.(RO) Die Europäische Kommission verteilt erhebliche Summen für Investitionen in Energieeffizienz, die Erzeugung erneuerbarer Energien und den Bau transeuropäischer Transport- und Energienetzwerke. Wir können nur sicherstellen, dass sich die Gas- und Energiekrise, die in einigen Regionen der EU zu beobachten war, in Zukunft nicht wiederholt, wenn wir in diesen Gebieten eine gesunde Politik umsetzen.

Die Verbindung aller Gas- und Energienetze in Europa stellt sicher, dass das Solidaritätsprinzip angewandt wird: Selbst während einer Krise kann ein Mitgliedstaat natürliche Ressourcen unter normalen Bedingungen importieren oder sogar exportieren.

Angesichts dessen müssen die Mitgliedstaaten die Finanzierungsmöglichkeiten der Strukturfonds nutzen, um Projekte in Bereichen wie Infrastruktur, Energie und Umwelt zu entwickeln.

Um die Qualität dieser Projekte und ihre Wirkung zu steigern, müssen die EU-Mitgliedstaaten die bestmögliche technische Unterstützung nutzen, die die Europäische Kommission bieten kann.

 
  
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  Alexandru Nazare (PPE-DE), schriftlich.(RO) Ich begrüße die Geschwindigkeit, mit der die EU-Institutionen einige Lösungen als Antwort auf die derzeitige Wirtschaftskrise identifiziert haben. Dennoch möchte ich einige Aspekte hervorheben, die näher betrachtet werden sollten.

Zunächst die Finanzierung der Energieinfrastrukturprojekte. Ich denke, dass es grundsätzlich der falsche Ansatz ist, Gelder an so viele Projekte wie möglich zu vergeben, da so das Risiko besteht, das Budget für die Fertigstellung dieser Projekte nicht decken zu können. In letzter Zeit habe ich infolge der Nabucco-Diskussionen den Eindruck, dass wir mit dem Feuer spielen. Wir können nicht 250 Millionen Euro für Nabucco ankündigen und dann sagen, dass wir die Finanzierung um 50 Millionen Euro kürzen, um dann schließlich zu dem Schluss zu kommen, dass dieses Projekt komplett privat finanziert werden sollte. Der Nutzen des Nabucco-Projekts ist unbestritten, und wir können uns hier keinen Aufschub aus politischen und wirtschaftlichen Gründen leisten.

Zweitens glaube ich, dass wir nicht protektionistischen Tendenzen zum Opfer fallen dürfen, die das Funktionieren des Binnenmarktes beeinträchtigen würden. Auch wenn sich diese Krise innerhalb der EU unterschiedlich stark auswirkt, müssen wir eine gemeinsame Antwort finden, die den Zielen der Kohäsionspolitik und den Prinzipien des Binnenmarktes entspricht. Ich denke, dass es absolut notwendig ist, die Wirkung dieser Änderungsanträge zu bewerten, um die Effizienz der Maßnahmen im neuen Finanzrahmen für 2014–2020 zu steigern.

 
  
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  Rareş-Lucian Niculescu (PPE-DE), schriftlich.(RO) Die Kohäsionspolitik macht ein Drittel des EU-Haushalts aus, ohne dass sie jedoch ein Krisenmanagement-Instrument ist. Sie ist die bedeutendste Quelle von Investitionen in die Realwirtschaft und bietet enorme Möglichkeiten, insbesondere für dauerhaft benachteiligte Regionen. Demzufolge möchte ich auf die Notwendigkeit aufmerksam machen, Lösungen für eine bessere vertikale Einbindung der Regionen auf europäischer Ebene zu finden.

Unter den Umständen, zu denen die derzeitige außergewöhnliche wirtschaftliche Lage geführt hat, möchte ich unterstreichen, wie wichtig es ist, den Zugang zu den Strukturfonds flexibler zu gestalten. Auch begrüße ich den Ausbau der Unterstützung von Investitionen in Energieeffizienz und erneuerbare Energien im Immobiliensektor und im Bereich saubere Technologien.

 
  
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  Sirpa Pietikäinen (PPE-DE), schriftlich.(FI) Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, letzte Woche hat die Kommission dem Rat für seine Sitzung am Ende des Monats ihre Mitteilung zur Wirtschaftskrise vorgelegt. Außerdem hat die Kommission eine erste Beurteilung der Resultate des europäischen wirtschaftlichen Anreizprogramms abgegeben. Sie hält die ersten Ergebnisse für gut und geht davon aus, dass die Rettungsmaßnahmen auf nationaler und europäischer Ebene im Zeitraum 2009-2010 zusammen einen Gesamtwert von rund 3,3 % des BIP haben.

Ich gratuliere der Berichterstatterin zu einem sehr achtbaren Bericht. Meiner Meinung nach ist die Notwendigkeit koordinierter Maßnahmen durch die Mitgliedstaaten, die in diesem Bericht hervorgehoben wird, von besonderer Bedeutung. Das Aufkommen von Tendenzen ist extrem Besorgnis erregend. Die Mitgliedstaaten mögen in Reden versichern, dass sie bereit sind, an einem Strang zu ziehen, aber wenn es um Aktionen geht, dann zeigt sich ein ganz anderes Bild. Es ist sehr wichtig, dass die Führungskräfte der EU Entscheidungen treffen, die zu dem passen, was sie sagen, und dem in einigen Ländern zweifelsohne starken protektionistischen Druck nicht nachgeben.

Die EU muss einen neuen, ambitionierten Schritt machen, der die Lissabon-Strategie fortführt. Die EU benötigt ein Anreizprogramm, das neue Industrien als Grundlage für Wettbewerb und Wachstum unterstützt. Mit Investitionen in Bereichen wie ökologische Modernisierung, erneuerbare Energiequellen und Informationstechnik lässt sich ein gesunder Strukturwandel vollziehen.

Eine Krise ist auch eine Chance. Sie ist eine Chance, die gesamte paneuropäische und globale Finanzarchitektur umzustrukturieren. Die Krise ist auch eine Chance, wirtschaftliches Wachstum in einer ganz neuen Richtung, nämlich auf der Grundlage erneuerbarer Energiequellen und Energieeffizienz, zu fördern. Der so genannte „New Green Deal“ muss die Basis für Erholung und neues Wachstum bilden. Damit gehen wir bei der Schaffung von Arbeitsplätzen und der Einführung von Innovationen auch gleich die Herausforderungen des Klimawandels an.

 
  
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  Zita Pleštinská (PPE-DE), schriftlich. (SK) Die europäische Wirtschaft leidet an den Auswirkungen der weltweiten Finanzkrise und steht vor dem größten und einschneidendsten Abschwung der letzten 60 Jahre. Die Krise ist ein enormer Test für Europa. Sie trifft Unternehmen und gleichzeitig die einfachen Bürger und ihre Familien. Viele leben in Angst, insbesondere der Angst vor einem Arbeitsplatzverlust, und hoffen auf Hilfe durch die EU.

Europa kann nicht nur die Summe aus 27 nationalen Interessen sein. Es muss auf Solidarität und der Bereitschaft der Mitgliedstaaten und Regionen beruhen, ihre Programmziele so schnell wie möglich umzusetzen.

In Zeiten der Wirtschaftskrise sollte uns klar sein, dass wir uns auf die Ziele von Lissabon konzentrieren müssen, insbesondere im Bereich Beschäftigung. Die Kohäsionspolitik verfügt über die Finanzinstrumente, die während der Krise intensiv und flexibel genutzt werden müssen. Die finanziellen Ressourcen der EU-Kohäsionspolitik für den Zeitraum 2007–2013 können in erheblichem Maß helfen, die Ziele der erneuerten Lissabon-Strategie der EU hinsichtlich Wachstum und Beschäftigung zu erfüllen, die normale Bürger, Unternehmen, Infrastruktur, den Energiesektor, Forschung und Innovation zusammenbringt. Wir müssen die Koordination verbessern und den Protektionismus sowie alle Formen der Demagogie aufgeben. Wir müssen Kapitalflüsse und Kapitaltransfers wieder in Gang bringen.

Ich bin fest davon überzeugt, dass Investitionen in Innovation, neue Technologien und ökologische Innovation die neuen Möglichkeiten hervorbringen, die für eine wirksame Antwort auf die aktuelle Finanzkrise ausschlaggebend sind. Wir müssen alle Hindernisse aus dem Weg räumen und einen echten Binnenmarkt für erneuerbare Energie schaffen.

 
  
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  Katrin Saks (PSE), schriftlich.(ET) Ich möchte der Berichterstatterin, Frau Ferreira, für den wichtigen Bericht danken, der genau zum richtigen Zeitpunkt kommt. In der aktuellen Krise ist es entscheidend, dass die bestehenden Mittel voll genutzt werden. Es ist bedauerlich, dass die Mehrzahl der Mitgliedstaaten, die unter den neuen finanziellen Aspekten Anspruch auf Unterstützung aus Struktur- und Kohäsionsfonds haben, diese Mittel nicht nutzen konnten. Das gilt auch für meine Heimat Estland. Hierfür gibt es verschiedene Gründe: Das erste große Problem ist die eigene Verwaltungskapazität der Mitgliedstaaten; in diesem Bereich könnten die Mitgliedstaaten selbst eine Menge ändern und das Funktionieren der Verwaltung verbessern. Ein zweiter Grund liegt in der Europäischen Union. Es ist wichtig, dass die EU die Bedingungen flexibler gestaltet. Beispielsweise gibt es ein Problem mit Programmen, bei denen Ausgaben im Voraus getätigt werden müssen und die dann im Nachhinein finanziert werden. Es ist derzeit schwierig, an Darlehen für diese Ausgaben zu kommen. Die Frage, was die Europäische Kommission im Hinblick auf Vorauszahlungen plant, ist extrem wichtig. Der nächste bedeutende Punkt ist die Quote der Selbstbeteiligung unter den gegebenen Bedingungen; in diesem Bereich sollte man mehr Flexibilität in Erwägung ziehen. Der dritte wichtige Faktor ist der Überwachungsmechanismus – die derzeitige Bürokratie ist absolut unhandlich.

Vielen Dank für den Bericht.

 
  
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  Theodor Dumitru Stolojan (PPE-DE), schriftlich.(RO) In einigen Mitgliedstaaten, einschließlich den baltischen Staaten, Rumänien oder Ungarn, haben die Finanzkrise und die weltweite Rezession ein strukturelles Ungleichgewicht verdeutlicht, das sich in Zeiten des wirtschaftlichen Wachstums aufgrund ausländischer Direktinvestitionen und zunehmender Auslandsverschuldung kumuliert hat.

Ein europäisches Konjunkturprogramm muss berücksichtigen, dass diese Länder einen erheblichen externen Finanzierungsbedarf haben, um das Außenhandelsdefizit zu decken. Wenn diese externe Finanzierung fehlschlägt, müssen die betreffenden Länder enorme, abrupte Anpassungen vornehmen, wodurch die in den letzten Jahren erreichten Sozialleistungen zunichte gemacht, die Kohäsion innerhalb der EU geschwächt und möglicherweise sogar die Stabilität in der Region aufs Spiel gesetzt würde.

Der Rat und die Europäische Kommission sind eindeutig dafür verantwortlich, Lösungen zu finden, um die erforderlichen externen Mittel bereitzustellen. Die betreffenden Mitgliedstaaten haben die Verantwortung, während der durch die externe Finanzierung gewonnenen Zeit Strukturreformen durchzuführen, um das angewachsene Ungleichgewicht zu korrigieren.

 
  
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  Margie Sudre (PPE-DE), schriftlich.(FR) Regionalpolitik ist die Hauptquelle europäischer Investitionen in die Realwirtschaft. Eine Beschleunigung und Vereinfachung der Finanzierung kann zur wirtschaftlichen Erholung beitragen, indem bestimmte Sektoren Liquidität erhalten.

Die von der Kommission vorgeschlagenen schnelleren, flexibleren Pauschalzahlungen werden die sofortige Umsetzung von Projekten in den Bereichen Infrastruktur, Energie und Umwelt ermöglichen.

Nationale und regionale Behörden müssen diese Möglichkeiten ausschöpfen und die Strukturfonds intensiv nutzen, um Arbeitsplätze, KMU, Unternehmertum und berufliche Bildung zu fördern und dabei gleichzeitig einen Beitrag im Rahmen der Kofinanzierungsregeln zu leisten, so dass alle bereitgestellten Mittel voll genutzt werden können.

Ich wende mich an die Regierungspräsidien und Präfekturen in den französischen Überseedepartements als Verwaltungsbehörden der Strukturfonds, die diese Änderungen vorwegnehmen sollten, so dass ihre Regionalprogramme sofort auf Projekte fokussiert werden können, die das größte Potenzial für Wachstum und Beschäftigung bieten.

Angesichts der Unruhe in den französischen Überseedepartements und der Protestbewegung, die wir derzeit auf La Réunion sehen, müssen wir neue einheimische Entwicklungsinitiativen prüfen und alle Hebel aktivieren, die uns zur Verfügung stehen, einschließlich denjenigen, die die Europäische Union bereitstellt.

 
  
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  Silvia-Adriana Ţicău (PSE), schriftlich.(RO) Die EU-Mitteilung zum europäischen Konjunkturprogramm im Dezember 2008 führt Bereiche auf, in die die EU in den kommenden Jahren investieren wird, um für wirtschaftliches Wachstum zu sorgen und Arbeitsplätze zu sichern. Hierzu zählen: Unterstützung kleiner und mittelständischer Unternehmen in Höhe von schätzungsweise 30 Milliarden Euro über die EIB; schnellere Investitionen in Infrastrukturprojekte für transeuropäische Energie- und Breitbandverbindungen in Höhe von schätzungsweise 5 Milliarden Euro zur Steigerung der Energieeffizienz von Gebäuden; Forschung und Innovation.

Diese Maßnahmen müssen durch Gesetzesentwürfe unterstützt werden, die ebenfalls die Mittelausstattung garantieren. Der Entwurf für eine Verordnung aus Januar 2009 zur Finanzierung von Energieprojekten im Rahmen des europäischen Konjunkturprogramms enthält keine Mittel für die Energieeffizienz von Gebäuden. Ich denke, dass die EU falsch liegt, wenn sie es in dieser Wirtschaftskrise nicht schafft, priorisierte Projekte finanziell zu unterstützen. Energieeffizienz in Gebäuden ist ein Bereich, in dem rund 500 000 Stellen in der EU geschaffen werden können, der die Lebensqualität der Bürger verbessert und zu einer nachhaltigen wirtschaftlichen Entwicklung beiträgt, indem erneuerbare Energiequellen gefördert werden. Persönlich habe ich den Eindruck, dass es einem Scheitern der derzeitigen Europäischen Kommission gleichkommen würde, wenn sie die energieeffizientere Gestaltung von Gebäuden nicht durch finanzielle Mittel und Instrumente, geeignete steuerliche Maßnahmen und durch ein starkes politisches Signal auf europäischer Ebene unterstützt.

 
  
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  Andrzej Tomasz Zapałowski (UEN), schriftlich. (PL) Frau Präsidentin, wir sprechen heute über einen Plan zur Wiederbelebung der Wirtschaft im Hinblick auf die Prioritäten der Lissabon-Strategie. Obgleich seit Ankündigung der Strategie einige Jahre vergangen sind, sehen wir, dass sie nicht umgesetzt wird. Mit anderen Worten: Wir erstellen Unterlagen, die wir dann nicht umsetzen. Dies wird durch einen gewissen Brauch unterstützt, der in diesem Parlament zum Standard geworden ist, nämlich die Überschüttung der Bürger mit Verordnungen, die das Leben oftmals erschweren und keine wesentliche Auswirkung auf ihren Lebensstandard haben.

Zudem zeigt die sich verschärfende Finanzkrise, dass die Europäische Kommission und der Rat keinen Bezug zu den täglichen Problemen der Gesellschaft haben. Im Wesentlichen verfügt die Kommission über keinen echten Maßnahmenplan als Reaktion auf die sich ausweitende Krise. Jeder kann sehen, dass einzelne Länder eigene Rettungsmaßnahmen unternehmen, und dass der zentral gelenkte Fünfhundert-Millionen-Markt nicht in der Lage ist, das Ausmaß der Krise einzudämmen.

In den letzten Jahren wurde den osteuropäischen Ländern gesagt, dass sie ihre Banken privatisieren sollen, mit anderen Worten, dass sie sie den westeuropäischen Banken unterordnen sollen. Sie sind dem naiv gefolgt, und heute sind es genau diese Banken, die spekulieren und die Volkswirtschaften der neuen Mitgliedstaaten der EU vernichten.

 
  
  

VORSITZ: MARTINE ROURE
Vizepräsidentin

 
  

(1) Siehe Protokoll.


4. Tagesordnung
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  Die Präsidentin. – Im Hinblick auf den Entschließungsantrag des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten zu der humanitären Lage in Sri Lanka habe ich von Robert Evans und 40 weiteren Unterzeichnern eine schriftliche Einwendung gegen die Einbeziehung dieses Entschließungsantrags erhalten.

Entsprechend den Bestimmungen von Artikel 90(4) der Geschäftsordnung steht der Entschließungsantrag zur Aussprache und Abstimmung auf der Agenda der aktuellen Sitzung.

Ich schlage daher vor, dass die Aussprache heute Abend als letzter Punkt erfolgt und die Abstimmung morgen um 12.00 Uhr mittags stattfindet. Die Frist für die Vorlage von Änderungsanträgen endet heute Nachmittag um 15.00 Uhr.

 
  
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  Robert Evans (PSE). – Frau Präsidentin, am Montagabend hat der Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten einen Antrag hinsichtlich der Verschlechterung der humanitären Lage in Sri Lanka entsprechend Artikel 91 angenommen.

Die Situation in Sri Lanka ist eindeutig sehr ernst, aber was genau im Hinblick auf die humanitäre Lage passiert, ist absolut nicht klar. Ich weiß, dass es im Parlament viele unterschiedliche Sichtweisen gibt. Daher schlage ich vor, dass der vernünftigste Weg darin besteht, eine richtige Aussprache zu planen, die nicht in diese Tagung passt, aber in unserer nächsten Tagung stattfinden könnte, die schon in 10 Tagen angesetzt ist. Ich danke Herrn Daul von der PPE-DE-Fraktion dafür, dass er die Unterstützung seiner Fraktion für diesen Weg signalisiert hat. Da wir ein ernsthaftes Parlament sind, schlage ich vor, dass wir für die nächste Tagung eine Aussprache mit Entschließung und umfassender Teilnahme ansetzen, und ich bitte meine Kollegen, diesen Vorschlag zu unterstützen, um dem Ernst der Lage in Sri Lanka gerecht zu werden.

 
  
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  Daniel Cohn-Bendit (Verts/ALE).(FR) Frau Präsidentin, wenn jemand etwas vorschlägt, dann kann immer jemand anderes etwas dagegen sagen, bevor abgestimmt wird.

Ich möchte daher nur sagen, dass die Lage in Sri Lanka äußerst tragisch ist. 150 000 Menschen sind eingeschlossen und haben keine Möglichkeit, zu entkommen. Das ist genauso wie in Burma. Daher sollten wir Sri Lanka heute auf der Agenda lassen, um unsere Entschlossenheit zu zeigen, die Betroffenen zu unterstützen.

 
  
 

(Das Parlament lehnt den Vorschlag ab, die Aussprache aufzuschieben)

 

5. Abstimmungsstunde
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  Die Präsidentin. – Als nächster Punkt folgt die Abstimmung.

(Einzelheiten zum Ergebnis der Abstimmung: siehe Protokoll)

 

5.1. Mehrwertsteuerbefreiung bestimmter endgültiger Einfuhren von Gegenständen (kodifizierte Fassung) (A6-0060/2009, Lidia Joanna Geringer de Oedenberg) (Abstimmung)

5.2. Anpassung der Grundgehälter der Europol-Bediensteten (A6-0078/2009, Agustín Díaz de Mera García Consuegra) (Abstimmung)

5.3. Inanspruchnahme des Solidaritätsfonds der Europäischen Union (A6-0106/2009, Reimer Böge) (Abstimmung)

5.4. Berichtigungshaushaltsplan Nr. 1/2009 (A6-0113/2009, Jutta Haug) (Abstimmung)

5.5. Gemeinsame Normen für Schiffsüberprüfungs- und -besichtigungsorganisationen und die einschlägigen Maßnahmen der Seebehörden (Neufassung) (A6-0097/2009, Luis de Grandes Pascual) (Abstimmung)

5.6. Vorschriften und Normen für Schiffsüberprüfungs- und -besichtigungsorganisationen (Neufassung) (A6-0098/2009, Luis de Grandes Pascual) (Abstimmung)

5.7. Hafenstaatkontrolle (Neufassung) (A6-0099/2009, Dominique Vlasto) (Abstimmung)

5.8. Gemeinschaftliches Überwachungs- und Informationssystem für den Schiffsverkehr (A6-0100/2009, Dirk Sterckx) (Abstimmung)

5.9. Untersuchung von Unfällen im Seeverkehr (A6-0101/2009, Jaromír Kohlíček) (Abstimmung)

5.10. Unfallhaftung von Beförderern von Reisenden auf See (A6-0102/2009, Paolo Costa) (Abstimmung)

5.11. Versicherung von Schiffseigentümern für Seeforderungen (A6-0072/2009, Gilles Savary) (Abstimmung)

5.12. Erfüllung der Flaggenstaatpflichten (A6-0069/2009, Emanuel Jardim Fernandes) (Abstimmung)

5.13. Erhebung von Gebühren für die Benutzung bestimmter Verkehrswege durch schwere Nutzfahrzeuge (A6-0066/2009, Saïd El Khadraoui) (Abstimmung)

5.14. Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission (A6-0077/2009, Michael Cashman) (Abstimmung)
  

Vor der Schlussabstimmung:

 
  
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  Michael Cashman, Berichterstatter. − Frau Präsidentin, gemäß Artikel 53 möchte ich die Kommission bitten, uns mitzuteilen, ob sie alle Änderungsanträge des Parlaments, die heute angenommen wurden, annehmen möchte.

 
  
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  Günter Verheugen, Vizepräsident der Kommission. − Frau Präsidentin, ich habe die Ehre, im Namen der Kommission die folgende Erklärung abzugeben.

Die Kommission nimmt die Änderungen, über die das Parlament abgestimmt hat, zur Kenntnis und wird sie im Einzelnen prüfen. Die Kommission bestätigt ihre Bereitschaft, einen Kompromiss mit Parlament und Rat zu suchen. Die Kommission berücksichtigt den Vorschlag erst, wenn die zwei Teile der Haushaltsbehörde Stellung genommen haben. Die Kommission beabsichtigt, in der Zwischenzeit weiterhin einen konstruktiven Dialog mit beiden Institutionen fortzuführen.

 
  
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  Michael Cashman, Berichterstatter. − Frau Präsidentin, ich weiß nicht, wo der Kommissar war, aber wir haben heute Morgen Stellung genommen.

Ich möchte daher darum bitten, dass im Plenum für die Zurückverweisung des Berichts an den Ausschuss gestimmt wird, um dem Ausschuss die Flexibilität zu geben, Verhandlungen mit Rat und Kommission zu eröffnen.

Ich bitte daher das Parlament um Unterstützung hinsichtlich einer Zurückverweisung an den Ausschuss.

 
  
 

(Das Parlament stimmt dem Antrag auf Vertagung der abschließenden Abstimmung zu.)

 
  
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  Michael Cashman, Berichterstatter. − Frau Präsidentin, ich danke dem Parlament für seine Geduld für meine letzte Einmischung. Darf ich Sie, Frau Präsidentin, bitten, eine förmliche Einladung an die tschechische Präsidentschaft und die künftige schwedische Präsidentschaft zu erstellen, um schnellstmöglich einen förmlichen Dialog mit dem Europäischen Parlament zu eröffnen?

Wie in der Abstimmungsliste angekündigt und um der Klarheit und der Kohärenz des Textes willen, den wir nun angenommen haben, möchte ich Sie höflich bitten, die Plenardienste aufzufordern, ohne wesentliche Änderungen Folgendes durchzuführen: Die Artikel nach ihrem Inhalt unter bestimmten thematischen Titeln zu gruppieren, die Präambeln und Definitionen entsprechend neu zu ordnen und die Stellungnahme des Parlaments schnellstmöglich als konsolidierten Text zu erstellen und zu veröffentlichen.

Abschließend möchte ich mich für die erhebliche und unterstützende Arbeit bedanken, die nicht nur die Sekretariate, sondern auch das Referat Einreichung von Texten geleistet haben.

(Beifall)

 
  
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  Die Präsidentin. – Ich werde diese Bitte weiterleiten, Herr Cashman, und die Ergebnisse werden bekannt gegeben.

 

5.15. Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten (A6-0052/2009, Jan Andersson) (Abstimmung)

5.16. Verlängerung der Anwendbarkeit des Artikels 139 GO bis zum Ende der siebten Wahlperiode (B6-0094/2009) (Abstimmung)

5.17. Die soziale Lage der Roma und die Verbesserung ihres Zugangs zum EU-Arbeitsmarkt (A6-0038/2009, Magda Kósáné Kovács) (Abstimmung)

5.18. Lösungsansätze für die Herausforderungen im Zusammenhang mit der Ölversorgung (A6-0035/2009, Herbert Reul) (Abstimmung)

5.19. Umweltgerechte Ausgestaltung des Verkehrs und Internalisierung externer Kosten (A6-0055/2009, Georg Jarzembowski) (Abstimmung)

5.20. Lissabon-Strategie (Abstimmung)
  

Vor der Abstimmung über Änderungsantrag 28 (betrifft die Abstimmung zu Änderungsantrag 27)

 
  
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  Pervenche Berès (PSE). (FR) Frau Präsidentin, vielleicht habe ich Unrecht, aber ich denke, dass Sie eine Abstimmung zu Änderungsantrag 27 abgehalten haben, der in Wirklichkeit ein technischer Änderungsantrag war, bei dem es nur um die Verschiebung von Ziffer 47 ging. Andererseits wird eine separate namentliche Abstimmung zum Originaltext verlangt.

Ich denke daher, dass wir uns auf die Verschiebung von Ziffer 47 geeinigt haben und nun eine zweiteilige namentliche Abstimmung zu Ziffer 47 selbst benötigen.

 
  
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  Die Präsidentin. – Lassen Sie uns die Sache klären: Es gab keinen Einwand dagegen, Ziffer 47 hinter Ziffer 49 einzufügen. Wir haben dann über Änderungsantrag 27 abgestimmt, der angenommen wurde. Wir konnten daher nicht zu Ziffer 47 abstimmen, da wir zu Änderungsantrag 27 abgestimmt haben. Daher gibt es kein Problem.

 

5.21. Kampf gegen den Klimawandel (Abstimmung)
  

Vor der Abstimmung über Ziffer 20:

 
  
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  Avril Doyle (PPE-DE). – Frau Präsidentin, eine sehr kurze Änderung des Originaltexts. Ziffer 20, Zeile 3 sollte lauten: „Der Abbau von Emissionen durch Rodung und Verschlechterung“. Derzeit lautet diese Zeile: „Der Abbau von Emissionen für Rodung und Verschlechterung“. Ich möchte das Wort „für“ ändern in „durch“. In der englischen Fassung ist dies falsch. Das ist nicht strittig.

 
  
 

(Die mündliche Änderung wird angenommen.)

 

5.22. Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen (Abstimmung)
  

Vor der Abstimmung über Ziffer 13:

 
  
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  Elizabeth Lynne (ALDE). – Frau Präsidentin, dies ist ein sehr einfacher Änderungsantrag, einfach den Begriff „die Behinderten“ zu ändern in „Menschen mit Behinderung“ oder „behinderte Menschen“. Wir verwenden in der englischen Sprache nie den Begriff „Behinderte“.

 
  
 

(Die mündliche Änderung wird angenommen.)

Vor der Abstimmung über Änderungsantrag 1:

 
  
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  Philip Bushill-Matthews (PPE-DE). – Frau Präsidentin, auch dies ist ein sehr normaler Änderungsantrag im Hinblick auf die Rolle dieser Gespräche der Sozialpartner. Am Ende wird nur ein Satz eingefügt, und zwar: „entsprechend nationalen Gebräuchen und Gepflogenheiten.“ Dieser wird normalerweise in einen Änderungsantrag eingebaut, aber aus irgendwelchen Gründen hier vergessen. Die Sozialisten unterstützen diesen Änderungsantrag, und hoffentlich werden die anderen Fraktionen ihn ebenfalls unterstützen, was normalerweise der Fall ist.

 
  
 

(Die mündliche Änderung wird angenommen.)

 

5.23. Ein europäisches Konjunkturprogramm (A6-0063/2009, Elisa Ferreira) (Abstimmung)
  

Vor der Abstimmung:

 
  
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  Gunnar Hökmark (PPE-DE). – Frau Präsidentin, ich möchte unsere Fraktion informieren, dass in unseren Abstimmungslisten hinsichtlich Änderungsantrag 113 ein Fehler enthalten ist: In der Abstimmungsliste sollte ein Plus stehen, nicht ein Minus.

 
  
 

Vor der Abstimmung über Änderungsantrag 93:

 
  
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  Elisa Ferreira, Berichterstatterin. − Frau Präsidentin, es geht nur um die Änderung des Wortlauts in Ziffer 93 bezüglich gesunder Länderfinanzen in „so schnell wie möglich“ anstelle von „wenn es die wirtschaftlichen Bedingungen erlauben“, so wie es mit den Schattenberichterstattern abgestimmt wurde.

 
  
 

(Die mündliche Änderung wird angenommen.)

Vor der Abstimmung über Änderungsantrag 71:

 
  
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  Alain Lipietz (Verts/ALE).(FR) Frau Präsidentin, dies ist ein rein technischer Änderungsantrag. In unserem Änderungsantrag ist ein Druckfehler vorhanden. Ein Einzug wurde wie folgt formuliert: „Intensivierung der Abschaffung von Barrieren“. Wir haben dies ersetzt durchBeseitigung nicht gerechtfertigter Barrieren“, aber der alte Absatz, der alte Einzug sind im Wortlaut des Änderungsantrags leider verblieben. Daher haben wir den dritten Einzug leicht geändert, und es besteht keine Notwendigkeit, die alte Fassung beizubehalten.

 
  
 

(Die mündliche Änderung wird angenommen.)

- Vor der Abstimmung über diesen Entschließungsantrag:

 
  
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  Martin Schulz (PSE).(DE) Frau Präsidentin! Sie sehen an der großen Freude der EVP-ED-Fraktion über meine Wortmeldung, wie schön das jetzt bei unserer Abstimmung war.

Ich will mich bei unserer Kollegin Elisa Ferreira bedanken, die eine ungeheure Arbeit geleistet hat, um dieses Ergebnis zustande zu bringen. Ich schließe in diesen Dank ausdrücklich auch den Kollegen Hökmark ein, und ich schließe ausdrücklich auch die Kollegen Frau Herzog, Herrn Bullmann und Kollege Lehne ein, die bei der gleichgearteten Lissabon-Entschließung – wie ich finde – Enormes geleistet haben.

Aber Sie sehen an der Reaktion der Europäischen Volkspartei, dass doch einige Aufregung herrscht. Wir danken dafür, dass Sie bei der Schließung der Steueroasen und der Solidarität mit den Mitgliedstaaten mit uns gestimmt haben. Bis vor wenigen Minuten sah das anders aus. Es ehrt Sie, dass Sie der Sozialdemokratisierung weiter Zuspruch geben, und es ist gut für das Europäische Parlament, das nach links geschoben wurde.

(Beifall von links und Proteste von rechts)

 
  
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  Daniel Cohn-Bendit (Verts/ALE).(FR) Frau Präsidentin, ich möchte die SPE-Fraktion und die Fraktion der Europäischen Volkspartei (Christdemokraten) und Europäischer Demokraten nur daran erinnern, dass es auch noch andere als beiden großen Fraktionen in diesem Parlament gibt.

 
  
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  Hartmut Nassauer (PPE-DE).(DE) Frau Präsidentin! Ein Punkt zur Tagesordnung. Vielleicht könnten Sie dem Hause mitteilen, aufgrund welches Geschäftsordnungsartikels der Kollege Schulz eben das Wort ergriffen hat.

 
  
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  Die Präsidentin. – Meine Damen und Herren, ich werde Herrn Nassauer natürlich sagen, dass er Recht hat. Manchmal muss man jedoch im Sinne der Demokratie bereit sein, die Grenzen ein wenig zu überschreiten.

Damit, meine Damen und Herren, meine ich, dass ich Herrn Schulz entsprechend Artikel 141 der Geschäftsordnung das Wort erteilt habe. Er hatte also das Recht, zu reden.

 
  
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  Joseph Daul (PPE-DE) . – (FR) Frau Präsidentin, hat er im Namen der Kommission gesprochen? Weil er Kommissar werden möchte? Oder hat er als Fraktionsvorsitzender gesprochen?

 
  
 

Nach der Schlussabstimmung:

 
  
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  Vittorio Prodi (ALDE).(IT) Frau Präsidentin, ich bitte um Klärung. Soweit ich weiß, fand noch keine Schlussabstimmung zum Reul-Bericht statt. Können Sie das bestätigen?

 
  
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  Die Präsidentin. – Herr Prodi, wir haben Änderungsantrag 3 angenommen, der daher die gesamte Entschließung ersetzt.

 

5.24. Kohäsionspolitik: in die Realwirtschaft investieren (A6-0075/2009, Evgeni Kirilov) (Abstimmung)

6. Stimmerklärungen
Video der Beiträge
  

Mündliche Erklärungen zur Abstimmung

 
  
  

- Bericht: Elisa Ferreira (A6-0063/2009)

 
  
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  Richard Corbett (PSE). – Frau Präsidentin, ich begrüße die Tatsache, dass dieser Bericht untersucht, was auf europäischer Ebene unternommen werden kann, um die Volkswirtschaften zu fördern. Ich sehe jedoch auch, dass die meisten Instrumente für diesen Zweck auf nationaler Ebene angesiedelt sind: 99 % der öffentliche Ausgaben werden von den Ländern, nicht Europa, bestritten; die meisten Verordnungen sind national und nicht europäisch. Wenn wir aber schauen, was wir auf europäischer Ebene machen können, dann sind der Plan der Kommission über einen Beitrag von 30 Milliarden Euro einschließlich Vorschüssen aus Strukturfonds und neue Darlehen der Europäischen Investitionsbank ein echter Beitrag zur Überwindung dieser Krise.

Wir müssen also sicherstellen, dass wir einen Protektionismus in Europa vermeiden. Ein Bettel-deinen-Nachbarn-an-Ansatz verschiedener Länder würde unseren gemeinsamen Markt schwächen und die Chancen auf die Schaffung von Arbeitsplätzen und auf wirtschaftliches Wachstum auf lange Sicht beeinträchtigen. Im Gegenteil setzen Freizügigkeit für Arbeiter und Initiativen zur Unterstützung der Exporte auf den Binnenmarkt Impulse, die für unsere wirtschaftliche Erholung erforderlich sind.

 
  
  

- Bericht: Paolo Costa (A6-0102/2009)

 
  
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  Carlo Fatuzzo (PPE-DE).(IT) Frau Präsidentin, ich habe für den gemeinsamen Entwurf zur Verbesserung der Sicherheit für Seereisende gestimmt. Meiner Meinung nach muss unbedingt hinzugefügt werden, dass die Ausgaben für die Professionalität der Seeleute erhöht werden müssen, die für die Navigation verantwortlich sind – vom Kapitän bis hin zum leitenden Ingenieur, zum Bootsmann, zum Steuermann und allen Seeleuten – da das Leben und die Sicherheit der Menschen auf See von ihnen abhängt. Ich fordere daher mehr Professionalität und bessere Gehälter für diejenigen, die für das Leben von Seereisenden verantwortlich sind.

 
  
  

- Bericht: Saïd El Khadraoui (A6-0066/2009)

 
  
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  Simon Busuttil (PPE-DE), (MT) Zu diesem Bericht möchte ich sagen, dass trotz seiner Initiative für die Umwelt die negativen und unverhältnismäßigen Auswirkungen, die er auf die Regionen und Länder in der Peripherie der Europäischen Union wie beispielsweise Malta hätte, immer noch unberücksichtigt lässt. Diese Initiative könnte zu einem erheblichen Preisanstieg im Gütertransport zu und von diesen peripheren Regionen führen. Diese höheren Kosten könnten wiederum zu höheren Preisen für Produkte führen, die in diese Regionen und Länder ein- oder aus ihnen ausgeführt werden. Daher habe ich gegen diesen Bericht gestimmt.

 
  
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  Leopold Józef Rutowicz (UEN).(PL) Frau Präsidentin, zusätzliche Gebühren für Lastkraftwagen bedeuten eine höhere Besteuerung. Der Lkw-Transport dient der gesamten Wirtschaft, auch den Bürgern. Seine Kosten wirken sich auf die Preise aller Produkte aus, die wir konsumieren. Eine Belastung des Straßenverkehrs zusätzlich zu den Steuern, die bereits zu zahlen sind, und den Kosten für Verbrauchsteuern auf Kraftstoff und für Vignetten ist angesichts einer Krise, deren Ende noch nicht in Sicht ist, sozial unverantwortlich.

Luftverschmutzung, Treibhauseffekt und Unfälle hängen in großem Maß von der Konstruktion der Fahrzeuge und dem Straßennetz ab. In den letzten zehn Jahren wurden erhebliche Fortschritte in diesem Bereich erzielt, und die Vorteile haben wir alle zu spüren bekommen. Ich unterstütze die Richtlinie in ihrer aktuellen Form nicht, da sie eine radikale Umkehr erfordert.

 
  
  

- Bericht: Michael Cashman (A6-0077/2009)

 
  
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  Hannu Takkula (ALDE).(FI) Frau Präsidentin, zunächst möchte ich sagen, dass ich diesen Bericht von Herrn Cashman unterstütze und ihm dafür danke. Er wurde in der Lesung im Parlament deutlich verbessert, wenn wir bedenken, wie der ursprüngliche Vorschlag der Kommission aussah.

Die Grundannahme, von der wir ausgehen müssen, ist, dass die Entscheidungsfindung transparent sein muss. Die Menschen müssen Zugang zu Unterlagen haben, da man nur so Vertrauen schaffen kann. Angesichts dessen ist es sehr wichtig, dass wir einen Standpunkt erlangen, der den Menschen den Fortschritt des legislativen Prozesses vor Augen führt. Auf jeder Verwaltungsebene muss Transparenz in Bezug auf Unterlagen herrschen.

Natürlich versteht jeder, dass es einige Bereiche gibt wie beispielsweise die Gesundheit des Einzelnen usw. die auch privat bleiben müssen, aber im legislativen Prozess sollte im Prinzip alles transparent sein, und in dieser Hinsicht bin ich mit dem Ergebnis zufrieden und denke, dass eine ehrliche und offene Entscheidungsfindung der Weg sind, wie wir das Vertrauen der Menschen gewinnen können.

 
  
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  Martin Callanan (PPE-DE). – Frau Präsidentin, ein Bericht, den die Taxpayers’ Alliance, eine britische NRO, kürzlich veröffentlichte, besagte, dass die EU-Mitgliedschaft jeden Mann, jede Frau und jedes Kind im Vereinigten Königreich 2 000 Pfund pro Jahr kostet.

Ich muss sagen, dass viele meiner Wähler im Nordosten von England der Ansicht sind, dass sie für diesen hohen Betrag relativ wenig bekommen. Daher ist der öffentliche Zugang zu Unterlagen der europäischen Institutionen das Geringste, was diese Wähler im Gegenzug für die jährliche Zahlung dieser Summen an die EU erwarten können. In den Augen vieler Menschen bleibt die EU eine sehr undurchsichtige, monolithische Einrichtung. Alles, was wir unternehmen können, um den Zugang zu verbessern und um mehr Informationen über Themen an die Öffentlichkeit zu geben, die einige unserer Kommissare und andere wahrscheinlich lieber unter Verschluss halten würden, ist hochwillkommen.

Schon jetzt sehen wir, dass Whistleblower und andere verunglimpft und aus ihrem Amt gejagt wurden, weil sie vertrauliche Informationen öffentlich gemacht haben. Wenn all diese Informationen von Anfang an verfügbar gewesen wären, dann wären vielleicht einige dieser viel zu heftigen Reaktionen unnötig gewesen.

 
  
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  Syed Kamall (PPE-DE). – Frau Präsidentin, ich bin dankbar für die Gelegenheit, die Gründe für meine Entscheidung zu diesem extrem wichtigen Bericht zu erklären. Wir wissen alle, dass es, wenn verschiedene Parteien an sensiblen politischen Verhandlungen beteiligt sind, bisweilen erforderlich ist, Informationen vertraulich zu behandeln, um das Scheitern eines Abschlusses zu vermeiden. Das ist hier aber nicht wirklich unser Thema.

Kürzlich wurde das Abkommen zur Bekämpfung von Fälschung und Piraterie (ACTA) verhandelt, und einige der besprochenen Punkte bedeuten eine massive Erosion der bürgerlichen Freiheiten des Einzelnen. Es gab beispielsweise Vorschläge, iPods und Laptops zu durchsuchen, wenn jemand in ein Land einreist, um die Geräte auf urheberrechtlich geschütztes und nicht urheberrechtlich geschütztes Material zu prüfen. Hätten wir diese Fragen offen und transparent besprechen können? Nein, weil diese Unterlagen unter Verschluss gehalten wurden – vielleicht aus gerechtfertigten Gründen, aber Gründen, die wir nicht wirklich verstehen. Was wir daher wirklich brauchen: Mehr Offenheit und mehr Transparenz, damit wir wirklich zum Kern der Sache gelangen.

Ich stimme meinem Kollegen Herrn Callanan voll und ganz zu, wenn er sagt, dass die Tatsache, dass diese nicht transparent waren, für die EU nichts Gutes verheißt.

 
  
  

- Bericht: Jan Andersson (A6-0052/2009)

 
  
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  Carlo Fatuzzo (PPE-DE).(IT) Ich möchte den Fans danken, die unermüdlich so lange zugehört haben. Frau Präsidentin, ich bin einer der 74 Abgeordneten, die heute gegen den Andersson-Bericht gestimmt haben, nicht, weil ich gegen Beschäftigung bin, sondern weil diese Leitlinien für die Europäische Union, für die Politik der EU-Mitgliedstaaten, nicht speziell beinhalten, dass eine der Optionen zur Förderung der Beschäftigung darin besteht, Arbeitern zu erlauben, in Rente zu gehen, wenn sie dies wünschen und verlangen. Die Politik der zwangsweisen Erhöhung des Rentenalters in allen Bereichen führt also nur dazu, dass es weniger Arbeitsplätze für junge Menschen gibt, die gerne die älteren Mitarbeiter ersetzen würden, die wiederum ihre Stelle für einen jüngeren Kollegen frei machen möchten.

 
  
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  Martin Callanan (PPE-DE). – Frau Präsidentin, dieser Bericht geht von einer falschen Annahme aus: Der Annahme, dass die EU über Beschäftigungspolitik am besten Bescheid weiß. Viele meiner Wähler würden dem absolut nicht zustimmen; sie hätten es lieber, dass die EU aus allem, was mit Beschäftigungspolitik zu tun hat, herausgehalten wird. Ich denke, dass sich mein Land aus dem Sozialkapitel der EU verabschieden sollte.

Es ist mehr als ironisch, dass die EU versucht, ihre Weisheit zur Beschäftigungspolitik an die Mitgliedstaaten weiterzugeben, während sie gleichzeitig für extremen Verwaltungsaufwand und Verordnungen verantwortlich ist, die so viele Unternehmen in meiner Region und in ganz Europa eingeengt haben und in erheblichem Maß zu der Arbeitslosigkeit beigetragen haben, die man nun beheben möchte.

Das europäische Sozialmodell ist veraltet, es ist destruktiv, es verhindert die Schaffung von Arbeitsplätzen und widerspricht dem Unternehmergeist. Es wäre das Beste, wenn sich die EU aus der Beschäftigungspolitik der Mitgliedstaaten heraushalten und weniger Verwaltungsaufwand und Verordnungen produzieren würde. Das wäre das Beste, was wir tun könnten, um mehr Arbeitsplätze in der Wirtschaft zu schaffen.

 
  
  

- Vorschlag für einen Beschluss zu Regel 139 der Geschäftsordnung (B6-0094/2009)

 
  
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  Jim Allister (NI). – Frau Präsidentin, ich habe für diesen Vorschlag gestimmt, da er den Wahnwitz einer absolut unnötigen Verschwendung von noch mehr Geld für Übersetzungen im Parlament in die Irische Sprache verschiebt.

Ich hätte es lieber gesehen, dass dieser gesamte Wahnwitz gekippt worden wäre. Aber diese Lösung erspart unseren Steuerzahlern zumindest einen Teil der unnötigen Verschwendung.

Die minimale Verwendung der irischen Sprache in diesem Parlament ist augenscheinlich, auch wenn uns Frau de Brún im Rahmen ihrer aggressiven republikanischen Agenda mit dieser toten Sprache erfreut, wobei der einzige Trost darin besteht, dass kaum jemand, der die Sitzungen online verfolgt, ein Wort von dem, was sie sagt, versteht. Ich kann diesen Zuhörern versichern, dass sie nicht viel verpassen.

Ihre Kollegin von Sinn Féin, Frau McDonald, hat es nicht weiter gebracht als bis zu etwas gestammeltem, gestottertem Pidgin-Irisch, aber selbst dann verschwenden wir Geld für die Übersetzung.

 
  
  

- Bericht: Magda Kósáné Kovács (A6-0038/2009)

 
  
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  Miroslav Mikolášik (PPE-DE). – Frau Präsidentin, ich danke Frau Kovács für den informativen und hilfreichen Bericht zur Lage der Roma.

Wie Sie alle wissen, wächst die Bevölkerung der Roma und wird in ganz Europa beständig zu einer enormen und einflussreichen Kraft. Diese Gruppe von 10-12 Millionen Menschen zählt zu dem Ärmsten des Kontinents, hat aber ein unermessliches Potenzial.

Als Europäer und Mitglieder des Europäischen Parlaments, das auf dem Prinzip der Gleichheit gegründet wurde, müssen wir so schnell wie möglich auf dieses Problem reagieren. Die kontinuierliche Unterdrückung einer der größten Minderheiten Europas ist beschämend und nicht effizient. Mit einer besseren Verordnung und mehr Kooperation sind die Nationen vielleicht in der Lage, dieser enormen Masse potenzieller Arbeitskräfte Arbeit zu bieten. Angesichts der drohenden Wirtschaftkrise können die Roma vielleicht dazu beitragen, eines der größten Probleme Europas zu lösen. Zudem haben diese Menschen lange genug unter Vorurteilen und Herabwürdigung gelitten. Gleiche Rechte und Chancen müssen für alle Bürger Europas gelten, einschließlich der Roma.

Anfang dieses Monats wurden in Ungarn gerade zwei Roma wie Tiere erschossen, als sie versuchten, aus ihrem brennenden Haus zu fliehen. Wie ist es möglich, dass es in einem vereinten Europa zu solchen Fällen kommt?

 
  
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  Philip Claeys (NI).(NL) Frau Präsidentin, ich habe gegen den Kovács-Bericht gestimmt, da der gesamte Bericht durchdrungen ist mit Opferdenken und weil ich der Ansicht bin, dass für Minderheiten wie die Roma in der Tat eine Strategie besser wäre, die sie ermutigt, mehr Verantwortung für ihr Schicksal zu übernehmen.

Auch ich bin natürlich wie alle anderen der Meinung, dass die Roma korrekt behandelt werden müssen, aber die meisten der in diesem Bericht aufgeführten Probleme sind einem Lebensstil, einer Lebensform zuzuschreiben, die diese Menschen aktiv gewählt haben. Wir können so viele Berichte und Entschließungen annehmen und so viel Geld ausgeben wie wir wollen, die Lage ändert sich dadurch kein bisschen.

 
  
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  Frank Vanhecke (NI).(NL) Frau Präsidentin, ich habe während meiner Zeit in diesem Parlament viel politisch korrekten Unsinn gehört, der immer mit sehr großer Mehrheit angenommen wurde, aber dieser Bericht ist meiner Meinung nach die Krönung. Wenn dieses Parlament daran festhält, die soziale Lage der Roma und ihren Zugang zum Arbeitsmarkt zu verändern, dann ist es sicherlich nicht zu viel verlangt, ein Mindestmaß an Objektivität zu wahren.

Die Wahrheit ist, dass das Problem der nicht sesshaften Menschen im Großen und Ganzen einfach das Ergebnis ihrer eigenen Weigerung sind, sich an die Gesellschaft anzupassen, in der sie leben, zumindest was Bildung und Ausbildung angeht. Seit Jahrzehnten pumpen wir Millionen von Euro in alle möglichen Programme voll von idyllischem, aber zumeist unrealistischem Unsinn, wie er in diesem Bericht angesprochen wird. Ohne jeglichen Erfolg. Ist es daher nicht an der Zeit, den Kuschelkurs aufzugeben und die echten Ursachen der Probleme zu suchen, bevor wir Lösungen vorschlagen?

 
  
  

- Bericht: Herbert Reul (A6-0035/2009)

 
  
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  Avril Doyle (PPE-DE). – Frau Präsidentin, zwar war die geänderte Fassung eine Verbesserung, ich habe diesen Initiativbericht jedoch trotzdem nur schweren Herzens unterstützt, da er nicht zu dem Klima- und Energiepaket passt, das eine große Mehrheit in diesem Parlament am 17. Dezember 2008 mitgetragen hat.

Ich möchte nur daran erinnern, dass mein eigener EU-ETS-Bericht, der den Eckpfeiler dieses Pakets bildet, 610 Ja-Stimmen, 60 Enthaltungen und 29 Nein-Stimmen erreichte. Ich muss wohl nicht erwähnen, dass Herr Reul nicht unter den 610 der 699 Mitglieder war, die meinen Bericht unterstützt haben.

Ich habe Vorbehalte gegen jegliche Bezugnahme auf Bohrungen in der Arktis oder auf die Suche nach alternativen Ölquellen wie Teersand. In den letzten Monaten hat sich gezeigt, dass das Thema Energiesicherheit noch nie so dringlich war wie jetzt. Die Zusammenarbeit, die innerhalb der EU erforderlich ist, und die Notwendigkeit von Konjunkturpaketen, die derzeit von fast allen Mitgliedstaaten und der Kommission eingeführt werden, unterstreichen den Bedarf an Investitionen in erneuerbare Energien, um unsere Energiesicherheit zu erhöhen, unsere CO2-Emissionen zu senken und uns aus unserer enormen Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen zu befreien, auch wenn dies über einen vereinbarten zeitlichen Rahmen erfolgt.

 
  
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  Martin Callanan (PPE-DE). – Frau Präsidentin, ich war als Schattenberichterstatter für den Sacconi-Bericht zu CO2-Emissionen von Pkw zuständig, und ich weiß aus meiner Arbeit, dass wir unsere Abhängigkeit von Öl abbauen müssen.

Wir müssen diese Abhängigkeit abbauen, da sich die meisten Ölvorkommen natürlich in sehr instabilen und ungünstigen Regionen der Welt befinden. Zu lang hat der Ölbedarf Regimes gestützt, die allem, für das wir stehen, unseren eigenen Interessen und unseren eigenen Werten, feindlich gegenüberstehen, insbesondere Menschenrechten und verantwortungsvoller Regierungsführung.

Insbesondere müssen wir natürlich unsere Abhängigkeit von russischen Ölvorkommen abbauen. Russland hat in der Vergangenheit gezeigt, dass die Regierung keine Probleme hat, die Kontrolle über einen Großteil unserer Energieversorgung zur Durchsetzung politischer und wirtschaftlicher Ziele zu nutzen, und wir müssen alles unternehmen, was in unserer Macht steht, um diese Möglichkeiten zu begrenzen. Hierzu müssen wir natürlich unsere Abhängigkeit vom Öl abbauen.

 
  
  

- Bericht: Georg Jarzembowski (A6-0055/2009)

 
  
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  Neena Gill (PSE). – Frau Präsidentin, ich habe mich zu diesem Bericht enthalten, da ich denke, dass er einfach nicht weit genug geht. Wir haben uns kürzlich hier im Parlament für einen Emissionsabbau ausgesprochen. Der Transport spielt im Kampf gegen den Klimawandel eine Schlüsselrolle und sollte entsprechend berücksichtigt werden, aber dieser Bericht trägt nicht viel dazu bei.

Dies ist schade, weil es einige gute Vorschläge gibt. Die Lärmabgabe für Züge berücksichtigt die Umweltbelastung durch das Transportwesen im weiteren Sinne und passt gut zu den Vorschlägen, die derzeit im Ausschuss für Industrie, Forschung und Energie zum Abbau von Geräuschen durch Autoreifen besprochen werden.

Im Luftverkehr hätte man jedoch deutlich mehr machen können. Es ist seltsam, dass der Bericht auf Schienenverkehr, Seeverkehr und Binnenschifffahrt eingeht, diesen Sektor jedoch unberücksichtigt lässt, der einer der wichtigsten Faktoren im Hinblick auf CO2-Emissionen ist. Weil es dem Bericht in diesem und vielen anderen Bereichen an Schlagkraft fehlt, habe ich mich der Stimme enthalten.

 
  
  

- Entschließungsantrag B6-0107/2009 (Lissabon-Strategie)

 
  
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  Hannu Takkula (ALDE).(FI) Frau Präsidentin, die Lissabon-Strategie ist es wert, unterstützt zu werden, in diesem Kontext ist jedoch anzumerken, dass sich die Idee, Europa bis 2010 zur weltweit führenden wissensbasierten Wirtschaft zu machen, nicht realisieren lässt. Wir befinden uns bereits Jahr 2009, und wenn wir etwas erreichen möchten, sollten wir bald eine passende Form des gesamteuropäischen Engagements finden. Dann können wir dieses Ziel vielleicht bis 2020 oder 2030 umsetzen.

Dies bedeutet hauptsächlich, dass es in ganz Europa schon sehr bald eine Verpflichtung zu Ausbildung und Forschung geben muss. Derzeit durchleben wir eine wirtschaftliche Rezession, und mitten in dieser Krise müssen wir daran denken, dass wir, wenn wir angemessene und qualifizierte personelle Ressourcen zur Verfügung haben wollen – also Arbeitskräfte für unsere Arbeitsmärkte – insbesondere in die Ausbildung und die Ausbildung von Lehrern investieren müssen. Wenn wir die Ziele der Lissabon-Strategie wirklich erreichen wollen, dann hat dieser Punkt Priorität.

 
  
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  Philip Claeys (NI).(NL) Frau Präsidentin, ich habe mich bei der Abstimmung zu der Entschließung zur Lissabon-Strategie enthalten, auch wenn diese in der Tate insgesamt sehr objektiv ist und eine präzise Diagnose der Lage liefert. Zudem enthält sie zahlreiche Vorschläge, die ich voll und ganz unterstütze. Ich habe mich jedoch enthalten, da das Thema dieser berüchtigten Blauen Karten für Wirtschaftsimmigranten wieder aufkam und empathische Unterstützung erfährt in einer Zeit, da 20 Millionen Menschen in der Europäischen Union von Arbeitslosigkeit betroffen sind, die sich aufgrund der Wirtschaftskrise noch ausweiten wird.

In Zeiten wie diesen sollten wir nicht mehr auf einfache kurzfristige Lösungen zurückgreifen, also nicht erneut Horden von Wirtschaftsimmigranten in die Europäische Union locken. Stattdessen müssen wir in Aus- und Weiterbildung von Menschen investieren, die derzeit arbeitslos sind, und sie nicht zu Gunsten eines Stroms neuer Immigranten allein lassen.

 
  
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  Christopher Heaton-Harris (PPE-DE). – Frau Präsidentin, ich kann mich nicht mehr erinnern, wie ich zu der Lissabon-Strategie gestimmt habe. Ich denke, sie ist absolut wertlos, da Europa bis 2010 die führende Wissensgesellschaft werden sollte. In den 10 Jahren, die ich diesem Haus angehöre, habe ich mich gefragt, wie wir das erreichen wollen, wenn wir eine Verordnung nach der anderen verabschieden, die Unternehmen und Chancen ersticken und de facto Firmen ermutigen, den europäischen Kontinent zu verlassen.

Ich bin bei dieser Art von Bericht immer zurückhaltend. Da ich heute einige Stunden im Haus verbracht und über noch mehr Verordnungen für Unternehmen und Menschen abgestimmt habe, denke ich, dass wir uns hier genau in die falsche Richtung bewegen und sofort eine Kehrtwendung vornehmen müssen.

 
  
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  Martin Callanan (PPE-DE). – Frau Präsidentin, ich stimme mit vielen Anmerkungen meines Kollegen, Herrn Heaton-Harris, überein. Wie er sehr richtig sagt, verpflichtet die Lissabon-Strategie die EU dazu, leicht ironischerweise bis 2010 die wettbewerbsstärkste Wirtschaft der Welt zu werden. Bis zu diesem selbst gesetzten Termin ist es nur noch ein Jahr, und ich kann nicht der einzige Mensch hier im Parlament sein, der sich fragt, ob wir dieses Ziel jemals erreichen, und der da mehr als ein bisschen skeptisch ist.

Wir verabschieden ständig Entschließungen, und die Kommission erstellt laufend Strategiepapiere, die uns sagen, wie wir dieses Ziel erreichen. Allerdings sieht es so aus, als ob wir das niemals schaffen.

Der Inhalt der Lissabon-Strategie ging immer deutlich über die Möglichkeiten der EU hinaus, und er widersprach auf verschiedene Art und Weise dem gesamten Ethos der EU der letzten 50 Jahre, da ausgerechnet viele der Beschäftigungs- und Wirtschaftsverordnungen der EU, wie uns Herr Heaton-Harris ins Gedächtnis gerufen hat, die größten Schwierigkeiten bei der Umsetzung der Lissabon-Strategie verursachen. Wir häufen immer mehr Hindernisse und Verordnungen an, die die Industrie aus Europa vertreibt, und wir haben keinerlei Möglichkeit, auch nur eines der Ziele der Lissabon-Strategie zu erreichen. Es ist an der Zeit, dass wir ehrlich zu uns selbst sind und das zugeben.

 
  
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  Syed Kamall (PPE-DE). – Frau Präsidentin, die ursprünglichen Ziele der Lissabon-Strategie verpflichteten die EU zur Schaffung einer Wissenswirtschaft, einer innovativen Wirtschaft, einer digitalen Wirtschaft bis zum Jahr 2010. In diesem Zusammenhang kann ich Ihnen allen in diesem voll besetzten Haus etwas mitteilen: Die Zeit läuft uns davon. Vielleicht haben Sie es noch nicht bemerkt, aber wir haben bisher nur sehr wenige Fortschritte gemacht.

Bevor ich in die Politik ging, habe ich mit zahlreichen Innovatoren zusammengearbeitet und viele neu gegründete Unternehmen unterstützt. Es war dann ein deutlicher Kontrast, wie in der Welt der europäischen Politik mit Innovationen umgegangen wird. Wenn wir hier das Thema Innovation behandeln, dann gibt es Ausschüsse, Strategiepapiere, Abstimmungen, alles außer Innovation, sofern man nicht die Erzeugung von immer mehr Papier für Innovation hält.

Wenn Sie mit Innovatoren auf dem Markt sprechen, den Leuten, die in der Europäischen Union und weltweit für Wertschöpfung sorgen, dann wünschen sie sich, dass die Regierungen ihnen nicht in die Quere kommen. Es ist Zeit, dass die Raubritter der Regierung aufhören, Unternehmen auszusaugen.

 
  
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  Neena Gill (PSE). – Frau Präsidentin, ich spreche nur schweren Herzens nochmals über Lissabon. Normalerweise ergreife ich hier nicht das Wort, nur um etwas Negatives zu sagen. Ich bin überzeugt, dass die Europäische Union im Hinblick auf die Lissabon-Strategie wirklich meint, was sie sagt. Aber heute, fast 10 Jahre nach dem Gipfel, sind wir weit davon entfernt, Farbe zu bekennen.

Wir hören viel über die Notwendigkeit qualifizierter Arbeitskräfte, die sich an wirtschaftliche Veränderungen anpassen können, wie wir sie heute sehen. In ganz Europa stehen wir jedoch noch immer vor einer chronischen Qualifikationskrise. In meiner Region, den West Midlands, war die Qualifikation von Arbeitskräften eine besonders schwere Geburt. Leider sind wir die Region in Großbritannien mit dem höchsten Anteil qualifikationsbedingt unbesetzter Stellen. Ich fordere die Kommission daher auf, nicht die Strukturreformen aus den Augen zu verlieren, die erforderlich sind, um die Lissabon-Strategie in Zeiten wirtschaftlicher Unordnung, höherer Öl- und Rohstoffpreise und anhaltender Turbulenzen auf den Finanzmärkten neu zu beleben.

 
  
  

- Entschließungsantrag B6-0134/2009 (Klimawandel)

 
  
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  Christopher Heaton-Harris (PPE-DE). – Frau Präsidentin, der Grund, warum ich eine Stimmerklärung zu diesem Bericht abgebe, liegt darin, dass ich nicht glauben kann, wie heuchlerisch dieses Parlament einmal mehr über den Klimawandel spricht.

Warum ist das Parlament heuchlerisch? Schauen Sie sich einfach einmal um. Wir sind in unserem zweiten Haus. Wir haben ein hervorragendes Haus in Brüssel. Wir sind hier nur drei oder vier Tage pro Monat. Ich gebe zu, dass für diesen Monat eine zusätzliche Tagung angesetzt ist, aber nur, um den Durchschnitt von einer Sitzung von 12 zu heben, die wir abhalten müssen.

Hunderte von Menschen müssen von ihrem normalen Arbeitsplatz hierher kommen. Sie reisen und verursachen dadurch CO2-Emissionen. Wir sind das vielleicht am wenigsten umweltfreundliche Parlament, das es gibt. Als ich hierher kam, sollte das Parlament papierlos funktionieren, aber wenn Sie sich jetzt umschauen, dann sind alle Schreibtische mit Papier bedeckt. Diesbezüglich sind wir größere Heuchler als jedes andere Haus, das ich kenne.

 
  
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  Syed Kamall (PPE-DE). – Frau Präsidentin, ich stimme den Gefühlen meines Vorredners absolut zu. Wir sollten die Tatsache berücksichtigen, dass das Europäische Parlament zwei Häuser hat – in Straßburg und in Brüssel – und wir haben mit Luxemburg sogar drei Standorte, worüber man nicht häufig spricht. Wir bauen nicht nur einen neuen Komplex in Luxemburg, was zu noch mehr CO2-Emissionen führt, die wahrscheinlich zum Klimawandel beitragen – oder auch nicht, je nachdem, was man glaubt – sondern es ist auch einfach heuchlerisch, wenn wir weiterhin über den Klimawandel diskutieren und dabei von drei Orten aus arbeiten.

Auch wenn wir irgendwann nur noch an einem Ort – Brüssel – arbeiten, wenn Sie nachts durch die Straßen in Brüssel gehen und von der Place du Luxembourg zum Gebäude des Europäischen Parlaments schauen, dann sehen Sie dieses riesige Leuchtfeuer der Heuchelei. Wenn wir den Klimawandel angehen wollen, dann müssen wir zunächst einmal unser Haus in Ordnung bringen.

 
  
  

- Entschließungsantrag B6-0133/2009 (Beschäftigungspolitik)

 
  
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  Frank Vanhecke (NI).(NL) Frau Präsidentin, diese Entschließung ist voll von guten Absichten, aber wir sollten uns fragen, ob diese Art von Entschließung überhaupt irgendetwas bewirkt.

Es ist mir beispielsweise unbegreiflich, dass eine Entschließung zur Beschäftigungspolitik, sofern sie im europäischen Kompetenzbereich liegt, was meiner Meinung nach nicht der Fall ist, sehr grundlegende Fragen unberücksichtigt lässt, beispielsweise: Wie viele Menschen sind derzeit in der Europäischen Union arbeitslos? Noch immer 20 Millionen oder – was wahrscheinlicher ist – eher 25 Millionen?

Die Frage lautet: Hält die Kommission noch immer an ihrer skandalösen Vorstellung fest, über 20 Millionen neue Einwanderer in die Europäische Union zu bringen? Die Frage lautet: Wird die Kommission ihre Rekrutierungsstellen in Ländern wie Mali und Senegal endlich aufgeben, um nicht noch mehr Arbeitslosigkeit zu importieren? Das sind die Fragen, die wir von der Entschließung erwartet hätten, aber nicht einen sinnlosen Katalog guter Absichten, zu der sie leider geworden ist.

 
  
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  Syed Kamall (PPE-DE). – Frau Präsidentin, noch einmal sprechen wir über einen Bereich, in dem wir sehr wenig machen, nämlich die Beschäftigungspolitik. Ein Kollege sagte mir einmal, dass das Europäische Parlament, wenn es über Beschäftigung spricht, tatsächlich deutlich mehr Arbeitslosigkeit verursacht als man meinen sollte. Wir müssen akzeptieren, dass wir den Wertschöpfern freie Hand lassen müssen, wenn wir Arbeitsplätze schaffen wollen. Wir müssen ihnen ermöglichen, den Geist des freien Unternehmertums zu verfolgen, um Wohlstand und Arbeitsplätze zu schaffen.

Aber was machen wir hier? Mit Verordnungen und Aussprachen versuchen wir, genau diesen Innovationsgeist, den Unternehmergeist, abzuwürgen, und das ist auch heute wieder der Fall. Gerade heute hat Herr Schulz – mit dem ich oft nicht einer Meinung bin, heute aber doch – über die Sozialdemokratisierung der EVP gesprochen. Jetzt, wo dieser Tag gekommen ist, wissen wir, dass wir beim Thema Schaffung von Arbeitsplätzen in Europa verdammt sind.

 
  
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  Daniel Hannan (NI). – Frau Präsidentin, haben Sie bemerkt, dass die Harmonisierung der Politik immer in der gleichen Richtung läuft? Stärkere Integration bedeutet immer mehr Intervention.

Oder anders ausgedrückt: Pluralismus garantiert Wettbewerbsfähigkeit. Wenn Staaten mit unterschiedlichen Steuersätzen miteinander konkurrieren, dann kann man die Steuern nur bis zu einem gewissen Grad anheben, bevor das Geld ins Ausland abwandert. Wenn Sie konkurrierende Staaten mit unterschiedlicher Beschäftigungspolitik und unterschiedlicher Sozialpolitik haben, dann kann man den Arbeitsmarkt nur bis zu einem gewissen Grad regulieren, bevor die Arbeitsplätze die Grenzen überschreiten.

Während der guten Jahre konnte die Europäische Union diese Wahrheiten unbeachtet lassen und hinter ihren Mauern einen stark regulierten und zentralisierten Markt aufbauen. Aber die guten Jahre sind nun vorbei. Wir laufen Gefahr, uns von den dynamischeren Wirtschaften abzuschneiden, ärmer und unbedeutender zu werden um letztendlich, wie die Elben bei Tolkien, nach Westen zu wandern und unterzugehen.

 
  
  

- Bericht: Luis de Grandes Pascual (A6-0097/2009)

 
  
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  Richard Corbett (PSE). – Frau Präsidentin, ich stelle fest, dass zumindest einige derjenigen, die die komplette europäische Gesetzgebung verunglimpft haben, dennoch für das dritte Maßnahmenpaket für den Seeverkehr gestimmt haben, ein Paket, das ich begrüße, weil es für mehr Sicherheit und Gesundheit an Bord sorgt; es wird letztlich Kosten senken, da es Leben rettet und die Sicherheitssysteme verschiedener Mitgliedstaaten miteinander kompatibel und somit effizienter, effektiver und günstiger macht und gleichzeitig Sicherheit und Gesundheit verbessert. Ich begrüße die Verabschiedung dieses Pakets, das die Sicherheit von hunderten meiner Wähler in Yorkshire und Humber verbessert.

 
  
  

- Bericht: Elisa Ferreira (A6-0063/2009)

 
  
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  Neena Gill (PSE). – Frau Präsidentin, ich habe für diesen Bericht gestimmt, da ich angenehm überrascht war, dass unser Vorschlag gegen Steueroasen vom Parlament angenommen wurde. Ich habe auch die weit reichenden Aufgaben unterstützt, die in diesem Bericht zur Bekämpfung der aktuellen Krise aufgeführt werden.

Ein Aspekt, auf den ich unbedingt eingehen möchte, ist das bisherige Konjunkturprogramm. Wir müssen sicherstellen, dass die Menschen noch immer sichere Arbeitsplätze und nachhaltige berufliche Entwicklungschancen haben, wenn sich die Wirtschaft wieder erholt, und wir müssen die wichtigsten Sektoren wie die Automobilindustrie unterstützen. Die Automobilindustrie ist ein Modell dafür, wie sich traditionelle Branchen in den kommenden Jahren anpassen sollten. Kürzlich habe ich das Jaguar Land Rover-Werk in meinem Wahlkreis besucht. Ich konnte sehen, dass sich das Unternehmen von sich aus in einen Weltmarktführer für umweltfreundliche Automobiltechnologie gewandelt hat, und dass neue Zulassungsrichtlinien, die wir hier im Parlament angenommen haben, absolut begrüßt wurden.

 
  
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  Daniel Hannan (NI). – Frau Präsidentin! Wir geben uns wieder einmal dem Irrglauben hin, dass der Weg aus der Schuldenfalle über Ausgaben und der aus der Rezession über neue Gesetze führt. Bestenfalls betrügen wir uns selbst, schlimmstenfalls betrügen wir wissentlich unsere Wähler.

Die Wahrheit ist, dass nichts diese Korrektur aufhalten kann: die Zinssätze wurden über einen zu langen Zeitraum zu niedrig gehalten und die Luft, die in den Ballon gepumpt wurde, tritt nun wieder aus. Wir könnten versuchen, einige der Opfer zu retten; stattdessen tun wir so, als ob wir das Geschehen aufhalten könnten. Die Schulden werden unsere noch ungezeugten und ungeborenen Kinder zu tragen haben und dies nirgendwo mehr als in meinem Land, in dem aufgrund der Unfähigkeit und Maßlosigkeit der Regierung bereits heute jedes Kind mit Schulden in Höhe von 30 000 GBP geboren wird.

Wie sagte schon unser Nationaldichter: „Dies teure, teure Land so teurer Seelen (...) ist nun in Pacht, – ich sterbe, da ich's sage, – gleich einem Landgut oder Meierhof.“

Und nun sollen wir überdies, zu dieser Staatsverschuldung, einen Beitrag zu diesen europäischen Konjunkturprogrammen leisten. Ich schließe meinen Beitrag erneut mit den Worten Shakespeares: „Verhütet, hemmt sie, lasst es nicht so sein. Dass Kind und Kindeskind Weh über euch nicht schrei'n.“

 
  
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  Jean-Claude Martinez (NI).(FR) Frau Präsidentin! Als Beispiele für große internationale Finanzverbrechen könnte man die Madoff-Affäre oder auch die Spekulationen mit Agrarrohstoffen aus dem Jahr 2007 nennen.

Eine Reihe von Juristen, allen voran die Kanzlei Carlos Sotelo in Spanien sowie große Kanzleinetzwerke haben daher die Einrichtung eines internationalen Finanzgerichtshofs vorgeschlagen.

Ferner könnten wir die Aufgabe des Internationalen Strafgerichtshofs auf Finanzverbrechen ausweiten, da 2007, infolge der Spekulationen mit Agrarrohstoffen, Millionen von Kindern starben. Ein finanzielles Darfur, gewissermaßen.

Ein solcher internationaler Finanzgerichtshof wäre befugt, Spekulationsfälle aufzudecken und Spekulanten ausfindig zu machen, Steueroasen unter die Lupe zu nehmen, Vorschriften zu formulieren und Verstöße zu ahnden.

Die Aufrichtigkeit Barack Obamas, Präsident Sarkozys und der übrigen Staats- und Regierungschefs steht hier auf dem Prüfstand. Das ist die politische Botschaft, die an die Öffentlichkeit gesendet werden muss, als erster Schritt der globalen Organisation eines globalen Phänomens und der globalen Bekämpfung einer globalen Krise.

 
  
  

- Bericht: Evgeni Kirilov (A6-0075/2009)

 
  
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  Christopher Heaton-Harris (PPE-DE). – Frau Präsidentin! Es ist sehr schön, in solchen Debatten nach Herrn Corbett sprechen zu können, da er an diesem Ort nie falsch liegt; manchmal ist er zwar verwirrt, so wie heute, gibt falsche Erklärungen zur Abstimmung zur falschen Zeit, aber er liegt nie falsch! Ich frage mich allerdings, ob wir in diesem Parlament begreifen, was die Realwirtschaft ist. Handelt es sich um einen Haufen Bürohengste und Bürokraten, die Gesetze erlassen, die andere umsetzen müssen, beispielsweise die Beamten in Großbritannien, wo der öffentliche Sektor in den letzten 10 Jahren deutlich schneller ausgebaut wurde als der Privatsektor? Oder handelt es sich bei der Realwirtschaft um diejenigen, die arbeiten und innovativ sind und ihr eigenes Unternehmen gründen? Ich frage mich ganz einfach, ob dieser Bericht in die richtige Richtung weist. Nachdem ich ihn gelesen habe bin ich ziemlich sicher, dass das nicht der Fall ist.

 
  
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  Daniel Hannan (NI). – Frau Präsidentin! Wir in diesem Parlament wissen vielleicht besser als Außenstehende, in welchem Maße die Europäische Union inzwischen zu einem Instrument der massiven Umverteilung von Wohlstand geworden ist.

Lange Zeit funktionierte das System sehr gut, da nur einige wenige in den Topf einbezahlten. Die einzigen beiden Nettobeitragszahler waren seit Bestehen der Europäischen Union meist Großbritannien und, allen voran, Deutschland.

Heute gestaltet sich die Lage anders und das Geld geht aus. Besonders deutlich wurde dies auf dem Gipfel vor zwei Wochen, als der ungarische Premierminister Hilfeleistungen im Wert von 190 Milliarden Euro für Mittel- und Osteuropa forderte und von der deutschen Kanzlerin unmissverständlich zu hören bekam, dass kein Geld zur Verfügung stünde und vorerst auch nicht zur Verfügung stehen würde.

Die deutschen Steuerzahler haben (was nur selten anerkannt wird) das ganze System schon immer aufgefangen.Die Integration wird auf ihrem Rücken ausgetragen und das haben sie nun erkannt. Auf den unausgesprochenen Aufruf zu historischer Verantwortung gehen sie nicht mehr ein und als vernünftige und besonnene Menschen sind sie in der Lage, eigennützige Argumente und Schachereien zu erkennen. Wenn Sie der Ansicht sind, dass ich damit falsch liege, lassen Sie sie abstimmen, führen Sie überall Referenden durch: stellen Sie den Vertrag von Lissabon zur Wahl. Pactio Olisipiensis censenda est!

 
  
  

Schriftliche Stimmerklärungen

 
  
  

- Bericht: Geringer de Oedenberg (A6-0060/2009)

 
  
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  Luca Romagnoli (NI), schriftlich. − (IT) Ich habe für den Bericht von Lidia Joanna Geringer de Oedenberg hinsichtlich der Mehrwertsteuerbefreiung bestimmter endgültiger Einfuhren von Gegenständen (kodifizierte Fassung) gestimmt. Da es sich einzig um eine Neufassung eines bereits bestehenden Gesetzestextes handelt und dieser nicht wesentlich geändert wird, bin ich der Ansicht, dass wir den Vorschlag der Kommission und die Empfehlungen der juristischen Dienste des Parlaments, des Rates und der Kommission selbst unterstützen sollten.

 
  
  

- Bericht: Díaz de Mera García Consuegra (A6-0106/2009)

 
  
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  Luca Romagnoli (NI), schriftlich. − (IT) Ich habe mich bei der Abstimmung über den Bericht von Agustín Díaz de Mera García Consuegra zur Anpassung der Grundgehälter und Zulagen der Europol-Bediensteten enthalten. Ich bin nur teilweise mit der Ansicht des Berichterstatters einverstanden und denke daher, dass ich dazu keine Position beziehen sollte.

 
  
  

- Bericht: Reimer Böge (A6-0106/2009)

 
  
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  Alessandro Battilocchio (PSE), schriftlich. (IT) Frau Präsidentin! Ich habe für diesen Bericht gestimmt.

Ich denke, dass die Umweltkatastrophe, die Rumänien getroffen hat, nicht unbeachtet bleiben kann. Rumänien hat durch die Überschwemmungen nicht nur schwere wirtschaftliche und ökologische, sondern auch schwere soziale Schäden erlitten.

Die Berichte über persönliche Schicksale taten in der Seele weh – Familien haben ihr ganzes, nicht selten in lebenslangen Mühen erarbeitetes Hab und Gut verloren.

Viele Organisationen sind bereits vor Ort, aber auch die Institutionen und die Mitglieder dieses Parlaments müssen nun endlich einen persönlichen Beitrag in dieser Sache leisten.

Ich begrüße daher die Stellungnahme des Haushaltsausschusses und hoffe, dass die 11 785 377 Euro aus dem Solidaritätsfonds schnellstmöglich bereitgestellt werden, um der rumänischen Bevölkerung beim wirtschaftlichen, ökologischen und sozialen Wiederaufbau unter die Arme zu greifen.

 
  
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  Genowefa Grabowska (PSE), schriftlich. (PL) Das Solidaritätsprinzip ist ein grundlegendes und unzweifelhaftes Prinzip der Europäischen Union. Genau dieses Prinzip, das nicht nur auf dem Papier besteht, ist es, wodurch sich die EU von anderen internationalen Organisationen unterscheidet. Praktischen Ausdruck findet dieses Prinzip zweifelsohne in dem Solidaritätsfonds, der 2006 über eine interinstitutionelle Vereinbarung zur Bekämpfung der negativen Auswirkungen großer Naturkatastrophen eingerichtet wurde. Es ist gut, dass es diesen Fonds gibt und dass im vergangenen Jahr fünf Länder davon profitieren konnten. Das beweist, dass kein Mitgliedstaat, der Opfer einer Katastrophe wird, allein gelassen wird. Die Überschwemmungen vom Juli 2008, von denen fünf Regionen in Nordostrumänien betroffen waren, führten zu schweren materiellen Schäden (0,6 % des BNE) und zerstörten die Lebensgrundlage von über zwei Millionen Menschen in 214 Gemeinden.

Angesichts dieser Situation halte ich den Antrag Rumäniens auf Unterstützung für gerechtfertigt, auch wenn die quantitativen Kriterien aus Artikel 2 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 2012/2002 des Rates zur Errichtung des Solidaritätsfonds der Europäischen Union nicht erfüllt sind. Ferner bin ich der Ansicht, dass es sich in diesem Falle zweifelsohne um eine Katastrophe größeren Ausmaßes gemäß der oben genannten Verordnung handelt und eine Inanspruchnahme von Geldern aus dem Fonds zugunsten Rumäniens daher begründet ist. Als polnischer Abgeordneter vertrete ich hier eine Region, die ebenfalls bereits von einer Naturkatastrophe – einem Tornado in Schlesien – heimgesucht wurde. Glücklicherweise hatte diese Katastrophe nicht dieselbe zerstörerische Kraft bzw. dasselbe Ausmaß. Nichtsdestoweniger unterstütze ich diesen konkreten Beweis für die europäische Solidarität voll und ganz.

 
  
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  Maria Petre (PPE-DE), schriftlich. (RO) Ich habe für diesen Bericht gestimmt, da er einer schnelleren Inanspruchnahme des Solidaritätsfonds zuträglich sein wird. 2006 verzögerten sich die Zahlungen der Europäischen Union aus Mitteln des Solidaritätsfonds zur Unterstützung Rumäniens nach den Überschwemmungen im April und August um ein Jahr. Ich freue mich zu sehen, dass die Verfahren verbessert wurden und die EU nun in Ländern, die von einer Naturkatastrophe größeren Ausmaßes oder von einer außergewöhnlichen Katastrophe betroffen sind, einfacher eingreifen kann.

 
  
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  Luca Romagnoli (NI), schriftlich. − (IT) Ich habe für den Bericht von Reimer Böge über die Inanspruchnahme des Solidaritätsfonds der Europäischen Union gestimmt. Ich bin ebenfalls der Ansicht, dass die Kriterien für die Inanspruchnahme des Fonds im Falle des von Rumänien infolge der Überschwemmungen im Juli gestellten Antrags erfüllt sind. Die Überschwemmungen hatten für die Umwelt und die Menschen in den fünf betroffenen Regionen verheerende Auswirkungen. Ich glaube daher, dass die Inanspruchnahme des Fonds nur recht und billig ist, nicht zuletzt aufgrund der Tatsache, dass der betreffende Betrag innerhalb der in der Interinstitutionellen Vereinbarung vom Mai 2006 festgesetzten jährlichen Grenzen liegt.

 
  
  

- Bericht: Jutta Haug (A6-0113/2009)

 
  
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  Călin Cătălin Chiriţă (PPE-DE), schriftlich. (RO) Ich habe für den von Jutta Haug (Deutschland) vorgelegten Bericht gestimmt, der die Inanspruchnahme des Solidaritätsfonds der EU (EUSF) über einen Betrag von 11,8 Millionen Euro zur Unterstützung der Opfer der Überschwemmungen in Rumänien im Juli 2008 beantragt.

Mit dieser Geste entspricht die EU dem von Rumänien gestellten Antrag auf Unterstützung. Der Antrag bezieht sich auf fünf Landkreise (Maramureş, Suceava, Botoşani, Iaşi und Neamţ). 241 Gemeinden in Rumänien mit insgesamt 1,6 Millionen Einwohnern litten direkt unter der Katastrophe, die Häuser und Ernten ganz oder teilweise zerstörte.

Ich habe bei der Abstimmung an die Menschen gedacht, die ihr Zuhause, ihr Hab und Gut, ihre Tiere und manchmal sogar Familienmitglieder in den Fluten verloren haben. Gheorghe Flutur, Vorsitzender des Kreisrats von Suceava, trug ihren Fall in Brüssel im Europäischen Parlament vor.

Ich glaube, dass Rumänien zur Behebung der durch die Überschwemmungen verursachten Schäden mehr Geld benötigt, die Unterstützung der EU ist jedoch notwendig und willkommen.

 
  
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  Pedro Guerreiro (GUE/NGL), schriftlich. (PT) Der erste Berichtigungshaushaltsplan für 2009 befasst sich mit der Inanspruchnahme des Solidaritätsfonds der EU zugunsten Rumäniens nach den Überschwemmungen, die sich dort im Juli 2008 ereignet haben.

In Anbetracht der auf 471,4 Millionen Euro bezifferten direkten Schäden wird (erst jetzt) erwogen, diesen Fonds über einen Betrag von gerade einmal 11,8 Millionen Euro in Anspruch zu nehmen, was einmal mehr ganz deutlich zeigt, wie dringend eine Überarbeitung dieses Fonds erforderlich ist.

Ziel dieses Fonds ist es, der Gemeinschaft ein Instrument an die Hand zu geben, mit dem sie schnell, effizient und flexibel auf „Notsituationen“ in den verschiedenen Mitgliedstaaten reagieren kann. Aus diesem Grund unterstützen wir trotz aller Defizite die Inanspruchnahme zugunsten Rumäniens.

Allerdings wird der bereitgestellte Betrag in Höhe von 11,8 Millionen Euro von der Haushaltslinie für den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (Konvergenzziel) abgezogen. Mit anderen Worten: die „Solidarität“ gegenüber Rumänien wird aus Mitteln finanziert, die eigentlich für die wirtschaftlich am wenigsten entwickelten Länder und Regionen bestimmt waren, einschließlich Rumänien selbst! Man könnte das als Solidarität der „Armen“ oder auch der so genannten „Kohäsionsländer“/Konvergenzregionen untereinander bezeichnen ...

Wir sind – insbesondere in Zeiten einer immer schwerwiegenderen sozioökonomischen Krise – gegen eine Verwendung von „Kohäsionsfonds“, wenn andere Mittel wie diejenigen zur Militarisierung der EU zur Verfügung stehen.

 
  
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  Iosif Matula (PPE-DE), schriftlich. (RO) Ich habe für den Bericht über die Inanspruchnahme des Solidaritätsfonds der Europäischen Union zugunsten Rumäniens gestimmt, da ich das Gefühl habe, dass die Finanzhilfe, die unser Land erhält, den Gemeinden, die von den Überschwemmungen im Juli des vergangenen Jahres betroffen waren, wichtige und notwendige Unterstützung bietet. Der Nordosten von Rumänien wurde schwer getroffen. 214 Gemeinden und über 1,6 Millionen Menschen litten direkt unter der Katastrophe. Die Europäische Kommission leistete einen finanziellen Beitrag von 11,8 Millionen Euro als Hilfe zur Wiederherstellung der Transport- und Abwasserinfrastruktur, zur Verstärkung von Flussbetten und zur Errichtung von Dämmen, um solche Naturkatastrophen in Zukunft zu verhindern.

Ich denke, dass die Früherkennung der Ursachen von Naturkatastrophen dieser Größenordnung oder noch schwerwiegenderer Katastrophen der wichtigste Schritt zum Schutz der Bürger Europas ist.

Angesichts des Klimawandels unterstütze ich die Einführung von Instrumenten zur Überwachung der Umweltfaktoren jeder einzelnen Region sowie die Bereitstellung angemessener Finanzmittel zu diesem Zweck. Die Konvergenzzonen sind der Gefahr von Naturkatastrophen am stärksten ausgesetzt. Diesen Aspekten ist daher im Hinblick auf eine Politik des wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalts besondere Aufmerksamkeit zu widmen.

 
  
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  Rovana Plumb (PSE), schriftlich. (RO) Wasserressourcen, Landwirtschaft, Energie, Forstwirtschaft und biologische Vielfalt sowie, last but not least, die Gesundheit der Bevölkerung sind den Folgen des Klimawandels besonders ausgesetzt.

Die in Rumänien in den vergangenen Jahren beobachteten extremen Wetterverhältnisse haben Überschwemmungen und Trockenzeiten verursacht und verdeutlicht, dass der Klimawandel mit größtem Ernst, Sachverstand und Verantwortung bekämpft werden muss.

Als Sozialdemokrat habe ich für diesen Bericht gestimmt, da die aus dem Haushalt bereitgestellte Summe von 11,8 Millionen Euro Rumänien in seinen Bemühungen, die Auswirkungen der Überschwemmungen im Angesicht des Klimawandels durch lokale Sicherungsmaßnahmen (Schutz besiedelter Gebiete, Planung von Flussbecken durch Arbeiten zur Verbesserung der Strömungsverhältnisse und Aufforstungsgebiete) sowie nicht zuletzt durch die Einbeziehung und Aufklärung der Bevölkerung über das richtige Verhalten vor, während und nach Überschwemmungen zu bekämpfen, unterstützt.

 
  
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  Nicolae Vlad Popa (PPE-DE), schriftlich. (RO) Ich habe für den Bericht über den Entwurf des Berichtigungshaushaltsplans Nr. 1/2009 der Europäischen Union für das Haushaltsjahr 2009 gestimmt. Gegenstand des Berichts ist die Inanspruchnahme des Solidaritätsfonds der EU über einen Betrag von 11,8 Millionen Euro an Verpflichtungs- und Zahlungsermächtigungen wegen der Auswirkungen der Überschwemmungen in Rumänien im Juli 2008.

Ich unterstütze die Initiative der Europäischen Kommission, durch welche die EU sich mit den Landkreisen Suceava, Iaşi, Neamţ, Botoşani und Maramureş, die unter den Auswirkungen der Überschwemmungen im Juli 2008 gelitten haben, solidarisch zeigt.

Mit der heutigen Abstimmung stützt die Plenarsitzung des Europäischen Parlaments den Beschluss des Haushaltsausschusses vom 24. Februar 2009. In der betreffenden Sitzung legte der Vorsitzende des Landkreises Suceava, Gheorghe Flutur, die Situation in seiner von den Überschwemmungen betroffenen Region dar und verdeutlichte den Antrag auf finanzielle Unterstützung anhand von Bildern und Statistiken der durch die Naturkatastrophen in der Region entstandenen Schäden.

Er verwies darauf, dass Warnungen ausgegeben wurden, sowie darauf, dass mit den Behörden des ukrainischen Verwaltungsbezirks Czernowitz die Einrichtung eines Katastrophen-Schnellwarnsystems sowie die Umsetzung anderer grenzübergreifender Kooperationsprogramme vereinbart wurden, die in Weiterführung dieses Projekts zur Bekämpfung von Notsituationen eingerichtet werden sollen.

 
  
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  Luca Romagnoli (NI), schriftlich. (IT) Ich habe für den Bericht von Jutta Haug über den Entwurf des Berichtigungshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 2009 gestimmt, der die schweren Schäden, die in Rumänien infolge der Überschwemmungen im Juli 2008 entstanden, berücksichtigt. Ich habe bereits meiner Unterstützung des Berichts von Reimer Böge über die Inanspruchnahme des Solidaritätsfonds der Europäischen Union in diesem besonderen Falle Ausdruck verliehen und möchte hier bekräftigen, dass ich diese Maßnahme unterstütze – sofern sich diese, wie in der Interinstitutionellen Vereinbarung von 2006 verankert, auf die schnelle und wirksame Wiederherstellung akzeptabler Lebensbedingungen in den von dieser Naturkatastrophe betroffenen Regionen konzentriert und nicht auf die Leistung von Entschädigungszahlungen für von Privatpersonen erlittene Schäden.

 
  
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  Flaviu Călin Rus (PPE-DE), schriftlich. (RO) Ich habe für den Antrag auf eine Entschließung des Europäischen Parlaments über den Berichtigungshaushaltsplan Nr. 1/2009 der Europäischen Union für das Haushaltsjahr 2009 [6952/2009 – C6 0075/2009 – 2009/2008 (BUD)] gestimmt, da dieser zum Ziel hat, den Solidaritätsfonds der EU über einen Betrag von 11,8 Millionen Euro an Verpflichtungs- und Zahlungsermächtigungen wegen der Auswirkungen der Überschwemmungen in Rumänien im Juli 2008 in Anspruch zu nehmen.

 
  
  

- Bericht: Luis de Grandes Pascual (A6-0097/2009)

 
  
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  John Attard-Montalto (PSE), schriftlich. − Malta ist einer der EU-Staaten mit der größten Tonnage in seinen Registerbüchern. Andererseits entzieht es sich seinen Pflichten als Flaggenstaat gemäß geltenden internationalen Abkommen.

Die drei Hauptpflichten sind: (a) Anwendung der Bestimmungen des Flaggenstaatcodes; (b) Umsetzung der gemäß den Regeln der IMO für eine mindestens alle fünf Jahre durchzuführende, unabhängige Prüfung ihrer Verwaltungen erforderlichen Maßnahmen; (c) Umsetzung der Maßnahmen, die im Hinblick auf die Überprüfung und Besichtigung von Schiffen sowie die Ausstellung von staatlich vorgesehenen Zeugnissen und Ausnahmezeugnissen gemäß den internationalen Übereinkommen erforderlich sind.

Eine neue Anforderung ist, dass der betreffende Mitgliedstaat vor Erteilung der Betriebsgenehmigung für Schiffe unter seiner Flagge alle geeigneten Maßnahmen trifft, um sicherzustellen, dass das fragliche Schiff alle geltenden internationalen Vorschriften und Regeln, insbesondere in Bezug auf die Sicherheitsbilanz des Schiffs, erfüllt.

 
  
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  David Martin (PSE), schriftlich. − Diese Rechtsvorschrift wird die bestehenden EU-Sicherheitsvorschriften stärken und grundlegende internationale Instrumente in Gemeinschaftsrecht umsetzen. Ich unterstütze diese Rechtsvorschrift, da sie der Notwendigkeit Rechnung trägt, Klassifikationsgesellschaften, die aufgrund ihrer umfassenden Befugnisse wesentliche Aufgaben bei der Gewährleistung der Sicherheit des Seeverkehrs erfüllen, genau zu überwachen.

 
  
  

- Bericht: Luis de Grandes Pascual (A6-0098/2009)

 
  
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  Carl Lang und Fernand Le Rachinel (NI), schriftlich. (FR) Acht Gesetzestexte über die Umsetzung eines Pakets zur Seeverkehrssicherheit wurden in diesem Parlament kürzlich verabschiedet. Wir begrüßen dies, da das Paket sich nicht nur auf die Entschädigung von Passagieren, sondern auch auf Überprüfungen, die Hafenstaatkontrolle, die Untersuchung von Seeunfällen und die Wahl der Behörde, die über die Aufnahme von in Seenot geratenen Schiffen entscheidet, erstreckt.

Nun sind die Gerichte der Mitgliedstaaten an der Reihe, denn es reicht nicht aus, Gesetze zu erlassen: diese Gesetzgebung muss in nationale Recht umgesetzt werden.

Der erste Test wird in der Überwachung der Gefälligkeitsflaggen der Europäischen Staaten bestehen. Diese Flaggen kommen dann zum Einsatz, wenn Gemeinschafts-, Steuer-, Personal-, Sicherheits- und Umweltvorschriften der Länder, aus denen die Schiffe tatsächlich stammen, umgangen werden sollen.

Noch heute zählen Zypern und Malta hinsichtlich der Anzahl havarierter Schiffe zu den fünf ersten Gefälligkeitsflaggen.

Leider lässt sich feststellen, dass sich die Lage trotz der Anstrengungen, die seit dem Sinken der Öltanker Prestige und Erika unternommen wurden, kaum gebessert hat. Schiffe, die nicht den Standards entsprechen und unter Gefälligkeitsflaggen segeln, bieten günstige Transportkosten. Die Antwort der so genannten reichen Länder besteht darin, zur Bekämpfung der Frachtverluste ihre eigene Flagge (Zweites Schiffsregister) ins Leben zu rufen.

Um diese schwimmenden Wracks jedoch ein für allemal loszuwerden, muss die Europäische Union endlich anfangen, diesen Ultraliberalismus zu bekämpfen.

 
  
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  Luca Romagnoli (NI), schriftlich. − (IT) Ich habe für den Bericht von Luis de Grandes Pascual über gemeinsame Vorschriften und Normen für Schiffsüberprüfungs- und -besichtigungsorganisationen gestimmt. Ich habe die Gründe, aus denen ich die Arbeit des Berichterstatters in Bezug auf das Dritte Paket zur Seeverkehrssicherheit unterstütze, sowie die Vorteile, die die geplanten Maßnahmen für die Sicherheit des Seeverkehrs und die Verbesserung der bestehenden Vorschriften bedeuten, bereits dargelegt. Ich bekräftige somit hier meine Zustimmung.

 
  
  

- Bericht: Dominique Vlasto (A6-0099/2009)

 
  
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  Bogusław Liberadzki (PSE), schriftlich. (PL) Ich habe für die Annahme des Berichts zu dem vom Vermittlungsausschuss gebilligten gemeinsamen Text für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Kontrolle durch den Hafenstaat (Überarbeitung) gestimmt und stimme den Zielen des Dritten Pakets zur Seeverkehrssicherheit zu.

Die sieben Einzelvorschläge zielen darauf ab, Unfälle durch die Verbesserung der Qualität der europäischen Flaggen, die Überarbeitung der Rechtsvorschriften über die Hafenstaatkontrolle und die Überwachung des Schiffsverkehrs sowie die Verbesserung der Vorschriften über Klassifikationsgesellschaften zu vermeiden und durch die Entwicklung eines harmonisierten Rahmens für die Untersuchung von Seeunfällen, die Einführung von Vorschriften über die Entschädigung von Passagieren bei Unfällen und die Einführung von Vorschriften über die Haftung des Schiffseigners in Kombination mit einer Pflichtversicherung eine effiziente Reaktion bei Unfällen zu gewährleisten.

Ich unterstütze dabei insbesondere die in Bezug auf die Ausdehnung des Anwendungsbereichs auch auf Schiffe, die einen Ankerplatz anlaufen, die Häufigkeit der Überprüfung von Schiffen und die dauerhafte Zugangsverweigerung für Schiffe unter bestimmten Bedingungen erzielte Einigung.

 
  
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  Luca Romagnoli (NI), schriftlich. − (IT) Ich habe für den Bericht von Dominique Vlasto über die Kontrolle durch den Hafenstaat gestimmt, der Teil des Dritten Pakets zur Seeverkehrssicherheit ist. Ich bin hinsichtlich der Einigung, die bezüglich der Ausdehnung des Anwendungsbereichs auch auf Schiffe, die einen Ankerplatz anlaufen, erzielt wurde, sowie hinsichtlich des Abschnitts in Bezug auf die Häufigkeit der Überprüfung von Schiffen mit dem größten Risikoprofil einverstanden. Diesbezüglich möchte ich darauf hinweisen, dass die Einschätzung eines solchen Risikos so genau und unabhängig wie möglich erfolgen muss. Darüber hinaus bin ich ebenso der Ansicht, dass Schiffen unter bestimmten Bedingungen der Zugang dauerhaft verweigert werden sollte, um Betreibern und Passagieren angemessene Sicherheit zu bieten.

 
  
  

- Bericht: Dirk Sterckx (A6-0100/2009)

 
  
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  Bairbre de Brún und Mary Lou McDonald (GUE/NGL), schriftlich. − Wir begrüßen die Verlagerung des Schwerpunkts in dieser Entschließung sowie einige der positiven Vorschläge im Zusammenhang mit der Regulierung des Finanzsektors, Innovation, Energieeffizienz und Investitionen sowie die Anerkennung der Notwendigkeit der Sicherung und der Schaffung von Arbeitsplätzen, der Bekämpfung von Armut und der Konzentration auf die schwächsten Glieder der Gesellschaft.

Jedoch weist die Logik der Lissabon-Strategie Mängel auf und muss daher von Grund auf im Lichte der neuen wirtschaftlichen Lage überarbeitet werden.

Zudem enthält die Entschließung einige spezifische Vorschläge, die kurzsichtig und kontraproduktiv sind, wie bspw. das Bestehen auf einer Deregulierung und flexiblen Beschäftigungsmodellen, die zu einer Schwächung der Arbeitnehmerrechte führen.

Aus den genannten Gründen haben wir uns in der Schlussabstimmung zu diesem Bericht enthalten.

 
  
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  Bogusław Liberadzki (PSE), schriftlich. (PL) Ich habe für die Annahme des Berichts über den vom Vermittlungsausschuss gebilligten gemeinsamen Entwurf einer Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 2002/59/EG über die Einrichtung eines gemeinschaftlichen Überwachungs- und Informationssystems für den Schiffsverkehr gestimmt.

Den Zielen des Dritten Pakets zur Seeverkehrssicherheit schließe ich mich an.

Die sieben Einzelvorschläge zielen darauf ab, Unfälle durch die Verbesserung der Qualität der europäischen Flaggen, die Überarbeitung der Rechtsvorschriften über die Hafenstaatkontrolle und die Überwachung des Schiffsverkehrs sowie die Verbesserung der Vorschriften über Klassifikationsgesellschaften zu vermeiden und durch die Entwicklung eines harmonisierten Rahmens für die Untersuchung von Seeunfällen, die Einführung von Vorschriften über die Entschädigung von Passagieren bei Unfällen und die Einführung von Vorschriften über die Haftung des Schiffseigners in Kombination mit einer Pflichtversicherung eine effiziente Reaktion bei Unfällen zu gewährleisten.

Als Schattenberichterstatter für den Bericht von Dirk Sterckx möchte ich dem zur Abstimmung stehenden Dokument meine volle Unterstützung aussprechen.

 
  
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  Luca Romagnoli (NI), schriftlich. − (IT) Ich bin der Überzeugung, dass das Paket zur Seeverkehrssicherheit global und als Ganzes in einer Linie mit dem Ansatz, den das Parlament immer im Umgang mit seinen einzelnen Abschnitten verfolgt hat, betrachtet werden sollte. Ich stimme daher für den Bericht von Dirk Sterckx über die Einrichtung eines gemeinschaftlichen Überwachungs- und Informationssystems für den Schiffsverkehr, da dieses System in einem breiteren Kontext der verbesserten und einfacheren Überwachung der Sicherheit des Seeverkehrs steht, wofür ich mich bereits bei verschiedenen Gelegenheiten ausgesprochen habe. Mit diesem Vorschlag sollen die technischen Entwicklungen für die Kontrolle von Schiffen genutzt und die Verfahren für die Aufnahme von Schiffen in „Notliegeplätzen“ verbessert werden. Aus diesem Grund kann ich den Bericht mit meiner Zustimmung unterstützen.

 
  
  

- Bericht: Jaromír Kohlíček (A6-0101/2009)

 
  
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  Guy Bono (PSE), schriftlich. (FR) Ich habe für diesen Bericht des tschechischen Mitglieds der GUE/NGL-Fraktion, Jaromír Kohlíček, über die Untersuchung von Unfällen im Seeverkehr gestimmt.

Dieser Text unterstreicht die Notwendigkeit, auf europäischer Ebene klare und verbindliche Leitlinien zur Gewährleistung einer ordnungsgemäßen Überwachung von Unfällen im Seeverkehr zu erarbeiten. Er thematisiert die Sorge infolge der Havarie des Öltankers Erika vor der französischen Atlantikküste. Um eine Wiederholung solcher Fälle der Misswirtschaft zu vermeiden, hat die Europäische Union beschlossen, einen strengen Rahmen für die technische Untersuchung von Schiffsunfällen und alle Maßnahmen, die in einem solchen Falle zu treffen sind, festzulegen, der bspw. bestimmte Untersuchungsmethoden oder die Einrichtung einer europäischen Datenbank für Unfälle auf See oder Sicherheitsempfehlungen vorsieht.

Ich teile die Auffassung, dass es von grundlegender Bedeutung ist, den europäischen maritimen Raum zu einem der sichersten und beispielhaftesten maritimen Räume weltweit zu machen. Darauf arbeitet das Erika-III-Paket’, dessen Teil der Bericht ist, hin. Es handelt sich dabei um einen echten Durchbruch nicht nur für die Seefahrt, sondern auch für die Umwelt, die häufig zum Kollateralopfer respektlosen Verhaltens im Seeverkehr wird.

 
  
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  Bogusław Liberadzki (PSE), schriftlich. (PL) Ich habe für die Annahme des Berichts über den vom Vermittlungsausschuss gebilligten gemeinsamen Entwurf einer Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Festlegung der Grundsätze für die Untersuchung von Unfällen im Seeverkehr und zur Änderung der Richtlinien 1999/35/EG und 2002/59/EG gestimmt. Den Zielen des Dritten Pakets zur Seeverkehrssicherheit schließe ich mich an.

Die sieben Einzelvorschläge zielen darauf ab, Unfälle durch die Verbesserung der Qualität der europäischen Flaggen, die Überarbeitung der Rechtsvorschriften über die Hafenstaatkontrolle und die Überwachung des Schiffsverkehrs sowie die Verbesserung der Vorschriften über Klassifikationsgesellschaften zu vermeiden und durch die Entwicklung eines harmonisierten Rahmens für die Untersuchung von Seeunfällen, die Einführung von Vorschriften über die Entschädigung von Passagieren bei Unfällen und die Einführung von Vorschriften über die Haftung des Schiffseigners in Kombination mit einer Pflichtversicherung eine effiziente Reaktion bei Unfällen zu gewährleisten.

Ich unterstütze dabei insbesondere die in Bezug auf die Methodik zur Untersuchung von Unfällen, den Beschluss über die Einleitung von Untersuchungen, die faire Behandlung von Seeleuten und den Zeugenschutz/die Vertraulichkeit von Daten erzielte Einigung.

 
  
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  Luca Romagnoli (NI), schriftlich. − (IT) Ich habe für den Bericht von Jaromír Kohlíček über die Untersuchung von Unfällen im Seeverkehr gestimmt. Allzu häufig ist nur schwer festzustellen, wer im Falle kleinerer und größerer Seeunfälle haftet. Ich denke dabei an die Untersuchungen nach der Naturkatastrophe, zu der es durch die Havarie des Öltankers Prestige kam, und die sich leider nach wie vor ereignen. Der Seeverkehr verdient besondere Aufmerksamkeit, da er nicht nur die relativ betrachtet wirtschaftlichste, sondern hinsichtlich der ökologischen Unfallfolgen gleichzeitig auch die gefährlichste Verkehrsart ist. Ich halte es daher für erforderlich, klare und verbindliche Leitlinien festzulegen, wie technische Untersuchungen von Schiffsunfällen durchgeführt und wie Erfahrungen zur Vermeidung künftiger Unfälle ausgetauscht werden sollen und habe daher für den Bericht gestimmt.

 
  
  

- Bericht: Paolo Costa (A6-0102/2009)

 
  
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  Luca Romagnoli (NI), schriftlich. − (IT) Ich habe für den Bericht von Paolo Costa über die Unfallhaftung von Beförderern von Reisenden auf See gestimmt. Ich stimme mit ihm überein, dass es absolut angebracht ist, die Bestimmungen des Athener Übereinkommens von 1974 über die Beförderung von Reisenden und ihrem Gepäck auf See in europäisches Recht zu übernehmen, da die nach wie vor bestehenden nationalen Unterschiede keine Gewährleistung einer angemessenen Haftung und einer Pflichtversicherung bei Unfällen, bei denen Passagiere betroffen sind, zulassen. Obschon dies bei anderen Transportmitteln nicht geschieht bin ich der Auffassung, dass die Gesetzgebung im Seeverkehr für diesen Fall gewappnet sein sollte.

 
  
  

- Bericht: Gilles Savary (A6-0072/2009)

 
  
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  Luca Romagnoli (NI), schriftlich. − (IT) Ich beabsichtige, für den Bericht von Gilles Savary über die Versicherung von Schiffseigentümern für Seeforderungen zu stimmen, da ich den Empfehlungen des Berichterstatters hinsichtlich der Notwendigkeit sicherzustellen, dass alle Schiffseigentümer, die in die Hoheitsgewässer eines Mitgliedstaates einfahren, ihrer Versicherungspflicht nachkommen, und Sanktionen für den Fall vorgesehen werden, dass keine Bescheinigung an Bord des Schiffes mitgeführt wird, zustimme. Ich bin ebenfalls der Auffassung, dass der Versicherungsbetrag anhand der im LLMC-Übereinkommen von 1996 vorgesehenen Höchstbeträge festgelegt werden sollte, die eine faire Entschädigung der Opfer von Seeunfällen gewährleisten. Ich unterstütze daher die Empfehlung des Berichterstatters, den mit dem Rat ausgearbeiteten Empfehlungsentwurf zu billigen.

 
  
  

- Bericht: Emanuel Jardim Fernandes (A6-0069/2009)

 
  
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  Luca Romagnoli (NI), schriftlich. − (IT) Ich bin für den Bericht von Emanuel Jardim Fernandes über die Erfüllung der Flaggenstaatpflichten. Er zeigt die Entschlossenheit des Parlaments, die Integrität des Dritten Pakets zur Seeverkehrssicherheit angesichts von Unterbrechungen der Arbeit des Rates in Bezug auf bestimmte Aspekte, wie den Gegenstand dieser Empfehlung, zu wahren. Aus diesem Grund unterstütze ich die Arbeit von Emanuel Jardim Fernandes und den Mitgliedern des Ausschusses für Verkehr und Fremdenverkehr. Ich finde, dass die erzielte politische Einigung einen bedeutenden Mehrwert bringt, nicht zuletzt deshalb, da sie die Mitgliedstaaten auffordert, ein Qualitätsmanagementsystem für ihre Seebehörden einzuführen und die in dem Bereich geltenden internationalen Normen zu erfüllen, zu denen an erster Stelle die in den Übereinkommen der Internationalen Seeschifffahrtsorganisation (IMO) enthaltenen Vorschriften zählen. Der Vorschlag bietet nicht nur Vorteile in Bezug auf die Qualität und Sicherheit europäischer Flaggen, sondern eröffnet zudem die Möglichkeit, die Wettbewerbsbedingungen innerhalb der Gemeinschaft zu verbessern, weshalb ich der Ansicht bin, dass er unsere Unterstützung verdient.

 
  
  

- Bericht: Saïd El Khadraoui (A6-0066/2009)

 
  
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  Brian Crowley (UEN), schriftlich. (GA) Die europäischen Länder müssen sich gemeinsam für die Umsetzung der Umweltziele der Union einsetzen. Um jedoch zu gewährleisten, dass die EU eine nachhaltige Umweltpolitik verfolgt, ist auch den Grundsätzen der EU und den verschiedenen Voraussetzungen und Bedürfnissen der einzelnen Mitgliedstaaten Aufmerksamkeit zu schenken.

Der Eurovignetten-Bericht widerspricht diesen Zielen im Falle der am Rande der Europäischen Union gelegenen Mitgliedstaaten.

Die Eurovignetten-Empfehlungen würden die Randstaaten benachteiligen und die zentral gelegenen Staaten würden davon in höchstem Maße profitieren. Meiner Ansicht nach widersprechen die Eurovignetten-Empfehlungen den Grundsätzen des Binnenmarktes und ich halte das für eine geografische Diskriminierung bestimmter Länder. Irland ist eine Insel am Rande Europas. Lkw aus anderen Ländern werden nicht durch Irland fahren, aber unsere schweren Nutzfahrzeuge werden in vielen Ländern in ganz Europa Gebühren bezahlen müssen. Daran führt kein Weg vorbei: Wir müssen unsere Geschäfte fortführen, wir müssen unsere Waren weiter exportieren und importieren. Der Eurovignetten-Vorschlag verschafft den Ländern in Zentraleuropa Wettbewerbsvorteile, da sie nicht dieselben Gebühren zahlen müssen. Eine solche Diskriminierung aufgrund der geografischen Lage eines Landes ist weder gerecht noch angemessen.

 
  
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  Avril Doyle (PPE-DE), schriftlich. − Die Eurovignetten-Richtlinie wurde ausgearbeitet, um die Mautsysteme auf europäischen Straßen zu harmonisieren – einschließlich der Kraftfahrzeugsteuern, Mautgebühren und Abgaben für die Nutzung der Straßeninfrastruktur – und gerechte Mechanismen zur Umlage der Infrastrukturkosten auf die Transportunternehmer einzuführen. Die neue Überarbeitung der Richtlinie durch die Kommission enthält eine Reihe von Änderungsanträgen, die unter anderem die Kosten für Lärmbelastung, Verkehrsstaus und Luftverschmutzung widerspiegeln sollen, die durch schwere Nutzfahrzeuge verursacht werden.

Die Meinungen von Ländern mit einem hohen Transitverkehrsaufkommen unterscheiden sich dabei deutlich von den Meinungen der weiter am Rand gelegenen Länder, wie meinem eigenen, die für die Ein- und Ausfuhr ihrer Waren von einem hohen Verkehrsaufkommen abhängig sind. So sind diese Gebühren zwar grundsätzlich angemessen, sollten jedoch stufenweise und gerecht eingeführt werden. Wir können es uns nicht leisten, diese Fragen weiter zu ignorieren. Schwere Nutzfahrzeuge unterliegen häufig zeitlichen Zwängen und externen Zeitplänen wie z. B. den Fahrplänen der Fährbetriebe. Der Bau eines Hafentunnels in Dublin hat das Verkehrsaufkommen schwerer Nutzfahrzeuge in der Innenstadt reduziert, die Luftqualität verbessert und die Lärmbelastung gesenkt. Die Investition hat sich gelohnt.

Ich glaube jedoch nicht, dass zur Festlegung der Höhe der Gebühren eine unabhängige europäische Behörde eingerichtet werden muss, da ich finde, dass diese Frage unter die Subsidiarität fällt.

 
  
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  Françoise Grossetête (PPE-DE), schriftlich. (FR) Ich habe für den Bericht von Saïd El Khadraoui über die Erhebung von Gebühren für die Benutzung bestimmter Verkehrswege durch schwere Nutzfahrzeuge gestimmt.

Es ist wichtig, den Mitgliedstaaten die Möglichkeit zu geben, „differenziertere“ Gebühren für den Güterverkehr auf der Straße anzuwenden, um die externen Kosten zu decken und dadurch ein stärker auf Nachhaltigkeit ausgerichtetes Verhalten zu fördern.

Während jedoch Luftverschmutzung und Lärmbelastung berücksichtigt werden müssen, ist dies für Verkehrsstaus nicht zutreffend, da diese nicht ausschließlich durch den Güterverkehr verursacht werden. Eine solche Gebühr wäre diskriminierend, da auch der private Personenverkehr für die Entstehung von Verkehrsstaus verantwortlich ist.

Zudem trägt diese Branche über die Ölpreise und die Kosten für Warenlieferungen bereits die Folgen der Wirtschaftskrise. KMU im Straßentransportsektor können diese zusätzlichen Kosten mitten in der Wirtschaftskrise nicht schultern.

Die Straßeninfrastruktur müsste besser an das wachsende Verkehrsaufkommen angepasst werden; zuallererst wäre allerdings eine Verpflichtung zu einem nachhaltigen Transportwesen vonnöten, das vornehmlich auf Transportmittel mit geringen Kohlenstoffemissionen setzt.

Als gewählte Vertreterin der französischen Region Rhône-Alpes kenne ich den mangelhaften Zustand zahlreicher Straßenabschnitte im Rhônetal.

 
  
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  Małgorzata Handzlik (PPE-DE), schriftlich. (PL) In der heutigen Abstimmung hat das Europäische Parlament einen Richtlinienentwurf zur Eurovignette verabschiedet, der den Mitgliedstaaten die Möglichkeit bietet, für die Benutzung bestimmter Verkehrswege durch schwere Nutzfahrzeuge Gebühren zu erheben.

Ich habe in der Schlussabstimmung gegen die Verabschiedung dieser Richtlinie gestimmt. Ich bin der Meinung, dass die Einführung der Bestimmungen dieser Richtlinie mit höheren Kosten für Unternehmen verbunden ist, die Transportdienstleistungen anbieten. Diese Kosten können sich vor allem für kleine und mittlere Unternehmen, die nicht über ausreichende finanzielle Mittel zur Erneuerung ihrer Flotten verfügen, als verhängnisvoll erweisen. Darüber hinaus können solche Bestimmungen angesichts der aktuellen Finanzkrise, in der viele Unternehmen Probleme bei der Kreditaufnahme haben, auch größere Unternehmen in Schwierigkeiten bringen.

Natürlich sollten wir nach Wegen suchen, umweltfreundlichere Fahrzeuge auf unsere Straßen zu bringen. Wir sollten dazu jedoch nicht auf Methoden zurückgreifen, bei denen es sich in Wahrheit um eine versteckte Unternehmenssteuer handelt.

 
  
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  Jim Higgins (PPE-DE), schriftlich. − Im Namen meiner Fine-Gael-Kollegen im Parlament möchte ich hier mitteilen, dass wir den Bericht von Saïd El Khadraoui über die Erhebung von Gebühren auf schwere Nutzfahrzeuge nicht unterstützen, da wir Bedenken hinsichtlich der Rechtsgrundlagen des Vorschlags und im Zusammenhang mit der verbindlichen Nutzung eines elektronischen Mautsystems und der Zweckbindung der Einnahmen haben. Wir unterstützen die hinter dem Vorschlag stehenden Grundsätze voll und ganz, sind jedoch der Ansicht, dass diese in dem Bericht falsch angewendet werden.

 
  
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  Stanisław Jałowiecki (PPE-DE), schriftlich. − Ich habe nicht nur gegen diesen Bericht gestimmt, sondern betrachte ihn zudem als eine Gefahr für den gemeinsamen europäischen Markt. Der Grund dafür ist in erster Linie die Ungerechtigkeit des Berichts sowie die Tatsache, dass er wie eine versteckte Steuer daherkommt. Zudem leistet er keinerlei Beitrag zum Umweltschutz. In Zeiten der Finanzkrise ist das irgendwie abwegig. Diese Art von Verordnung zeigt, dass die EU sich von ihren Bürgern abwendet.

 
  
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  Jörg Leichtfried (PSE), schriftlich. (DE) Ich stimme für den vertretbaren Kompromiss zur neuen Eurovignette. Ich habe mit der Sozialdemokratischen Fraktion im Europäischen Parlament seit Jahren – gegen den massiven Widerstand von Teilen der konservativen EVP-Fraktion – dafür gekämpft, dass die externen Kosten (Lärm, Stau, Umweltverschmutzung) in die Mautberechnung mit einfließen sollen, damit die finanzielle Last weg vom Steuerzahler hin zum Verursacher, nämlich zum Schwerlastverkehr, verlagert wird.

Dem voraussichtlichen Ergebnis des Kompromisses zu den Staukosten stehe ich ablehnend gegenüber, da deren Anerkennung als externe Kosten aufgrund der Mehrheitsverhältnisse nur unter der Bedingung durchsetzbar war, dass es nicht nur den Schwerlastverkehr sondern alle Stauverursacher, also auch Pkws, betrifft.

Voraussichtlich wird auch die Einberechnung von CO2 gegen den unverständlichen Widerstand der EVP nicht durchgesetzt werden. Mein im Ausschuss gestellter Antrag, in dem ich Mindestmauten für alle Strecken des TEN-Verkehrsnetzes gefordert habe, fand keine Mehrheit. Ich werde diesen Vorschlag bei der weiteren Diskussion in jedem Fall erneut einbringen.

Besonders positiv für Österreich sehe ich, dass es wahrscheinlich keine Gegenrechnung von externen Kosten und dem sogenannten Alpenzuschlag (höhere Maut in Alpenregionen) geben wird. Das bedeutet, dass Österreich eine höhere Maut in sensiblen Alpenregionen erheben darf, und unabhängig davon können noch die externen Kosten angelastet werden. Das bedeutet, eine höhere Brennermaut wird möglich.

 
  
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  David Martin (PSE), schriftlich. − Ich unterstütze diesen Bericht, der die Verlagerung des Güterverkehrs von der Straße auf die Schiene begünstigt. Der Bericht bietet eine Reihe von Initiativen für nachhaltigere Transporte sowie dafür, dass Nutzer nur die Transportkosten bezahlen müssen, die in direktem Zusammenhang mir ihrer spezifischen Transportart anfallen. Für lokale Lärmbelastung, lokale Luftverschmutzung sowie Infrastrukturschäden/-kosten werden Gebühren erhoben. Dadurch entsteht basierend auf dem Verursacherprinzip ein gerechteres System mit eingebauten Schutzmaßnahmen zur Gewährleistung der Markttransparenz und zur Vermeidung einer Diskriminierung.

 
  
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  Andreas Mölzer (NI), schriftlich. − (DE) Spätestens seit der Osterweiterung ist der Lkw-Verkehr in Europa gestiegen, und manche Mitgliedstaaten wie Österreich bekommen dies eben besonders deutlich zu spüren. Wir haben heute das Problem, dass es Bereiche gibt, die hohe externe Kosten verursachen, für welche die Allgemeinheit aufkommen muss. Der Lkw-Transport kreuz und quer durch Europa ist einer davon, ein anderer wichtiger Bereich sind AKWs.

Wenn nur die Lkw-Maut angehoben wird, die Bahn aber nicht gleichzeitig ausgebaut und grenzüberschreitende Hindernisse im Bahnverkehr endgültig beseitigt werden, dann haben wir heute nur eine Verteuerung der Waren beschlossen, die erhoffte Erleichterung für die Gesundheit der Menschen und die Reduktion der Umweltbelastung werden dann ausbleiben.

Jemanden, der im Stau steht, dafür auch noch zu bestrafen, halte ich für kontraproduktiv und würde wohl zu einer Verlagerung des Verkehrs zurück in kleine Dörfer und Ortschaften führen, und das wollen wir keineswegs. Langfristig bleiben nur die Möglichkeiten des Infrastrukturausbaus, und da werden wir endlich den öffentlichen Nahverkehr attraktiv gestalten müssen. Die heute anstehende Eurovignette scheint einen annehmbaren Kompromiss darzustellen, weshalb ich auch dafür gestimmt habe.

 
  
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  Cristiana Muscardini (UEN), schriftlich. (IT) Frau Präsidentin! Umweltschutz und Verkehrssicherheit, die beiden vorrangigen Ziele des Richtlinienentwurfs, sind Ziele, die die Europäische Union im Hinblick auf eine Transportpolitik, die den Erwartungen und Rechten ihrer Bürger mehr Aufmerksamkeit schenkt, entschlossen angehen sollte. Ich begrüße daher eine Reihe der Vorschläge zur Änderung der EG-Richtlinie von 1999 über die Erhebung von Gebühren für die Benutzung bestimmter Verkehrswege durch schwere Nutzfahrzeuge. Solche Schritte müssen jedoch angemessen und stufenweise erfolgen, um ein Kollabieren eines wichtigen Wirtschaftssektors, der sich nahezu vollständig auf kleine und mittlere Unternehmen stützt, in der aktuellen schweren Wirtschaftskrise zu vermeiden.

Zudem hat Europa bislang kein umfassendes und wirksames intermodales System entwickelt, das eine Verlagerung eines wesentlichen Teils des Güterverkehrs auf umweltfreundlichere Sektoren ermöglichen würde. Der Straßentransport ist unter diesen Umständen sowie aufgrund seiner besonderen Merkmale und Effizienz das am weitesten verbreitete System in der verarbeitenden Industrie.

Ich möchte daher mit meiner heutigen Stimme unterstreichen, wie wichtig es ist, nach und nach nicht lediglich symbolische, sondern deutliche Schritte hin zu einem sichereren und ökologischeren Straßentransport zu unternehmen, ohne dabei die Industrie mit unlogischen und kontraproduktiven Strafen zu belegen.

 
  
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  Luca Romagnoli (NI), schriftlich. (IT) Ich unterstütze die Arbeit von Saïd El Khadraoui über die Erhebung von Gebühren für die Benutzung bestimmter Verkehrswege durch schwere Nutzfahrzeuge und habe daher für seinen Bericht gestimmt. Auch wenn ich mit einigen Punkten wie beispielsweise der Internalisierung externer Kosten nicht einverstanden bin, so befürworte ich doch die Anwendung des Verursacherprinzips. Saïd El Khadraoui hat hervorragende Arbeit geleistet, die die Notwendigkeit unterstreicht, die Einnahmen aus den auf den Transportsektor erhobenen Gebühren vollständig an einen Zweck zu binden. Schließlich bin ich der Ansicht, dass die Einnahmen aus der Anlastung externer Kosten nicht zu einer anderen Form der Besteuerung werden dürfen.

 
  
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  Bart Staes (Verts/ALE), schriftlich. (NL) Bei dem Vorschlag, über den wir heute abstimmen, handelt es sich um eine Überarbeitung und Erweiterung der früheren Eurovignetten-Richtlinie, die die Erhebung von Mautgebühren für Straßen regelt. Entsprechend den verabschiedeten Vorschlägen können Mitgliedstaaten ab sofort die Kosten für Luftverschmutzung, Lärmbelastung und Verkehrsstaus auf schwere Kraftfahrzeuge umlegen. Das sind gute Nachrichten für den Steuerzahler. Derzeit zahlen wir immer noch für die Schäden, die durch die Luftverschmutzung verursacht werden. Schon bald wird der Verursacher diese Kosten tragen. Außerdem halten wir die Transportunternehmen auf diese Weise dazu an, in sauberere Nutzfahrzeuge zu investieren.

Ich habe daher für diesen Vorschlag gestimmt, nicht zuletzt deshalb, weil er die Stauabgabe als zusätzliche externe Kosten für Berggebiete berücksichtigt. Verkehrsstaus sind für einen großen Teil der Luftverschmutzung, Lärmbelastung und Kraftstoffverschwendung verantwortlich. Würden die Einnahmen aus dieser Mautgebühr für Investitionen in den Transport auf der Schiene oder auf dem Wasser eingesetzt, wäre das sowohl für das Stauproblem als auch zur Bekämpfung des Klimawandels von Vorteil. Außerdem entstehen durch Verkehrsstaus große wirtschaftliche Schäden im Transportsektor.

Ein Wermutstropfen bleibt: die Klimakosten als Folge des hohen Güterverkehrsaufkommens wurden nicht berücksichtigt, obwohl ein Großteil der Emissionen auf den Transportsektor entfällt.

 
  
  

- Bericht: Michael Cashman (A6-0077/2009)

 
  
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  Alessandro Battilocchio (PSE), schriftlich. (IT) Frau Präsidentin! Ich habe für den Bericht gestimmt. Transparenz ist nicht nur ein Symbol, sondern ein Grundsatz, auf dem alle institutionellen Verfahren aufbauen sollten. Damit die Bürger und die gewählten Organe in die Lage versetzt werden, wirksam am politischen Prozess teilzunehmen und öffentliche Behörden zur Verantwortung zu ziehen, sollten sie möglichst weit gehenden Zugang zu den Dokumenten im Besitz der europäischen Organe haben. Aus diesem Grund habe ich mich bereits in der Vergangenheit für die Veröffentlichung der Anwesenheitslisten der Parlamentssitzungen stark gemacht.

Wenn die europäischen Organe auch Fortschritte hinsichtlich Offenheit und Transparenz erzielt haben, ist die Lage doch keineswegs perfekt, und die vorliegende Neufassung der Verordnung Nr. 1049/2001 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten der europäischen Organe sollte als ein weiterer Schritt zur Erreichung eines administrativen Umfelds betrachtet werden, in dem die Verfügbarkeit von Informationen und der problemlose Zugang zu ihnen eher die Norm als die Ausnahme sind. Abschließend möchte ich noch auf eine kürzlich erreichte, großartige Errungenschaft hinweisen: das Europäische Parlament verwendet nun nicht weniger als sage und schreibe 23 Amtssprachen und alle Dokumente der Europäischen Gemeinschaft sind in all diesen Sprachen verfügbar. Dieser Umstand ist eine Garantie für Demokratie.

 
  
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  Charlotte Cederschiöld (PPE-DE), schriftlich. − (SV) Wir, die schwedischen Konservativen, haben heute für den Bericht A6-0077/2009 von Michael Cashman über die Überprüfung der Zugangsverordnung Nr. 1049/2001 gestimmt. Hinsichtlich der Änderungsanträge 61 und 103 in Bezug auf Artikel 5 sind wir der Auffassung, dass die Dokumente der dritten Lesung im Gegensatz zu den Dokumenten, die in den Verhandlungen selbst geprüft werden, unmittelbar nach Ende des abschließenden Vermittlungsausschusses zugänglich gemacht werden sollten. Die Unterlagen aus den Dreiergesprächen der ersten und zweiten Lesung sollten während des gesamten Verfahrens voll zugänglich sein.

 
  
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  Chris Davies (ALDE), schriftlich. − Ich bedaure sehr, dass das Parlament in Verfahren, die dazu beitragen sollen, den Grundsatz, wonach die Öffentlichkeit ein Recht darauf hat, die Dokumente der EU einzusehen, zu stärken, die Einschränkung aufgenommen hat, dass diese Regeln nicht für MdEP gelten sollten. Als Argument dafür wird vorgetragen, dass es sich dabei um eine erneute Formulierung von Regeln handele, die bereits im Abgeordnetenstatut verankert sind. Viele Menschen werden dies jedoch so auffassen, als würde einmal mehr mit zweierlei Maß gemessen und ich freue mich, dass die ALDE-Fraktion die von Hartmut Nassauer präsentierten Änderungsanträge nicht unterstützt hat.

Es ist von besonderer Bedeutung, dass die Zahlungen, die vom Parlament an die MdEP für deren Aufwendungen geleistet werden, offen gelegt werden. Selbst der Rechnungshof hat bereits festgestellt, dass einige Abgeordnete sich ganz offensichtlich nicht „ehrhaft“ verhalten und manche von ihnen richtiggehende Gauner und Betrüger sind. Der Grundsatz der vollständigen Transparenz muss so schnell wie möglich in die Tat umgesetzt werden, wenn die europäischen Bürger Vertrauen in diese Institution haben sollen.

 
  
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  Luca Romagnoli (NI), schriftlich. (IT) Ich habe für den Bericht von Michael Cashman über den Zugang zu Dokumenten des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission gestimmt. Ich unterstütze seine löbliche Initiative, die die Kluft zwischen den gemeinsamen Regeln über „Verschlusssachen“ (die so genannten sensiblen Dokumente gemäß der aktuellen Verordnung Nr. 1049/2001) dadurch überbrücken soll, dass einige der guten Grundsätze der internen Sicherheitsregeln des Rates und der Kommission im Rahmen ihrer Anwendbarkeit auf das Parlament übertragen werden sollen. Und schließlich unterstütze ich das allgemeine Ziel von Michael Cashman, die Verordnung im Hinblick auf mehr Transparenz zu ergänzen, ohne die Umsetzung dieses Instruments dabei zu speziell und schwierig zu gestalten.

 
  
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  Bart Staes (Verts/ALE), schriftlich. (NL) Es besteht kein Zweifel, dass die Verordnung von 2001 den Bürgern durch die Gewährung des öffentlichen Zugangs zu den Dokumenten der europäischen Organe mehr Transparenz bietet. Nach sieben Jahren praktischer Erfahrung ist es gut, dass diese Verordnung nun überprüft wird. Und was stellen wir fest? 2006 legte das Europäische Parlament mit Blick auf noch mehr Transparenz viele Vorschläge zur Änderung der Verordnung vor, die bei der Kommission jedoch nicht die nötige Beachtung fanden.

Mehr noch: der Vorschlag der Kommission zur Überprüfung der Verordnung von 2001, der uns nun vorliegt, enthält strengere Vorschriften, was weniger Transparenz bedeutet. Demgemäß sollen Unterlagen, die im Zusammenhang mit Handelsverhandlungen stehen, als vertraulich gelten. Letztendlich haben wir die Wahl zwischen Pest und Cholera. Ich unterstütze daher den Bericht von Michael Cashman, da dieser zwar nicht vollständig ist, aber doch alles in allem gegenüber dem Vorschlag der Kommission eine Verbesserung darstellt. Ein radikalerer Ansatz, der die Vorschläge der Kommission ganz ablehnt, wäre selbstverständlich wünschenswert gewesen, da die Kommission in dem Fall gezwungen gewesen wäre, einen neuen, besseren Vorschlag vorzulegen, der einzig der Transparenz der europäischen Organe dienlich und die berühmte Kluft zwischen den EU-Organen und den Bürgern tatsächlich zu überbrücken in der Lage wäre.

 
  
  

- Bericht: Jan Andersson (A6-0052/2009)

 
  
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  Alessandro Battilocchio (PSE), schriftlich. (IT) Frau Präsidentin! Wie wir alle wissen, durchlebt Europa derzeit eine schwere Wirtschafts- und Finanzkrise. Ich mache mir große Sorgen um mein Land, Italien. Mit der Krise gehen Entlassungen einher, was dazu führt, dass Familien immer weniger Geld zur Verfügung haben und immer weniger Geld ausgeben. Aus diesem Grund benötigen wir eine starke Hand. Die Krise erweist sich als besonders schwer, doch wie tief sie gehen und wie lange sie anhalten wird, hängt davon ab, was wir tun. Wir müssen unsere Kräfte vereinen: ein koordinierter europäischer Ansatz ist dabei von herausragender Bedeutung. Wir können heute mehr denn je zuvor sehen, wie groß der Bedarf nach einer strengen Umsetzung von Reformen ist, um qualitative Arbeitsplätze und Wohlstand für die europäischen Bürger zu schaffen. Wir müssen unsere Anstrengungen verstärken, um die massive Umstrukturierung umzukehren, den Verlust von Arbeitsplätzen zu verhindern und weiteren Druck auf die Löhne und die Sozialleistungen zu vermeiden.

Wir müssen den Herausforderungen im Zusammenhang mit der wachsenden Arbeitslosigkeit und sozialen Ausgrenzung die Stirn bieten und brauchen eine bessere Abstimmung zwischen der EU und den Mitgliedstaaten bei ihren jeweiligen Anstrengungen. Doch ebenso wichtig ist es, dass die Maßnahmen, die im Rahmen des Konjunkturprogramms zur kurzfristigen Bekämpfung der Krise verabschiedet wurden, mit den langfristigen Zielen der Gemeinschaft gemäß der Lissabon-Strategie vereinbar sind. Aus diesen Gründen habe ich für den Bericht gestimmt.

 
  
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  Carl Lang (NI), schriftlich. (FR) Es ist bemerkenswert, dass in diesem Bericht mehrere Fehler der Europäischen Union in sozialen Fragen zugegeben werden. Zunächst wird eingeräumt, dass die Ziele der Lissabon-Strategie nicht bis 2010 umgesetzt sein werden. Weiter geht es mit einigen interessanten Zahlen zum Anstieg der Arbeitslosenrate, die 2008 bei 7,0 % lag und in der EU 2009 auf 8,7 % bzw. im Euro-Währungsgebiet von 7,5 % auf 9,2 % anstieg. Mit anderen Worten: Es wird ein Verlust von 3,5 Millionen Arbeitsplätzen prognostiziert.

Diese schmerzliche Beobachtung sollte dazu führen, dass alle Europa-Befürworter über die radikalen Reformen nachdenken, die auf Ebene der Mitgliedstaaten erforderlich sind, um die desaströsen Folgen der Wirtschafts- und Finanzkrise – einer Krise, die ihren Ursprung in Brüssels Augäpfeln Ultraliberalismus und Globalisierung hat – soweit wie möglich einzudämmen.

Eine Politik wie diese, die beabsichtigt, die Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten beizubehalten, ist zu diesem Zweck nicht glaubhaft. Wir müssen ganz im Gegenteil diese autoritäre Logik infrage stellen und den Staaten wieder die Kontrolle über ihre wirtschaftlichen und finanziellen Ressourcen geben und dabei einzelstaatliche und gemeinschaftliche Prioritäten und Schutzmechanismen festlegen, die eine Erholung des Binnenmarktes und einen erneuten Aufschwung ermöglichen.

 
  
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  Andreas Mölzer (NI), schriftlich. (DE) Mittlerweile hat die von den USA ausgehende Finanzkrise die Realwirtschaft voll getroffen. Wie man in dieser Krise am besten reagieren soll und womit die Wirtschaft optimal angekurbelt werden kann, um so auch den Anstieg der Arbeitslosenzahlen in Schach zu halten, darin sind sich die Experten nicht einig.

Aber bereits vor der Finanzkrise war die Lage am Arbeitsmarkt alles andere als rosig: Immer mehr Arbeitskräfte wurden in Teilzeitarbeit, in Mini- und Midi-Jobs gedrängt, und sozial gesicherte Arbeit wurde stetig abgebaut. Seit langem sind immer mehr Menschen trotz Erwerbstätigkeit von Armut betroffen. Es ist angesichts der düsteren Konjunktur-Prognosen absehbar, dass die Zahl der Vollzeitbeschäftigten weiter sinken wird, und irgendwann werden wohl auch die Kurzarbeiter zu Arbeitslosen werden. Wir müssen uns bestmöglich rüsten, um ein Arbeitslosenheer zu vermeiden. Ob die im vorliegenden Bericht angeführten Maßnahmen dafür geeignet bzw. ausreichend sind, darf bezweifelt werden. Aus diesem Grund habe ich ihn abgelehnt.

 
  
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  Luca Romagnoli (NI), schriftlich. (IT) Ich habe gegen den Bericht von Jan Andersson gestimmt. Auch wenn ich einerseits der Ansicht bin, dass wir unsere Anstrengungen verstärken müssen, um die massive Umstrukturierung umzukehren, den Verlust von Arbeitsplätzen zu verhindern und weiteren Druck auf die Löhne und die Sozialleistungen zu beenden, so finde ich doch andererseits, dass die von der Kommission formulierten Maßnahmen größtenteils nicht ausreichen, um der Sozial- und Beschäftigungsstruktur der Europäischen Union hinreichende Deckung und einen hinreichenden Schutz zu gewährleisten.

 
  
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  Flaviu Călin Rus (PPE-DE), schriftlich. (RO) Die aktuelle Wirtschaftskrise hat Auswirkungen auf den Beschäftigungsmarkt und wird diese auch in naher Zukunft haben.

Ich habe für den Entwurf einer legislativen Entschließung des Europäischen Parlaments über Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten gestimmt, da ich wie der Berichterstatter die Position der Kommission unterstütze, die vorgeschlagen hat, die Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten, wie sie im Anhang der Entscheidung des Rates 2008/618/EG vom 15. Juli 2008 enthalten sind, auch 2009 beizubehalten, da sie einen soliden Rahmen sowohl für die Bewältigung der aktuellen Wirtschafts- und Finanzkrise als auch für die Fortführung der Strukturreform bilden.

 
  
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  José Albino Silva Peneda (PPE-DE), schriftlich. (PT) Die aktuelle Krise ist mehr, als eine bloße Wirtschafts- und Finanzkrise. Ihr dramatischstes Anzeichen ist die hohe Arbeitslosigkeitsrate. Arbeitslosigkeit bedeutet jedoch nicht nur den Verlust von Einkommen, sondern auch den Verlust von Vertrauen in uns selbst und in andere.

Um dieses Vertrauen wiederherzustellen, benötigen wir eine klare mittelfristige Strategie.

Die Politik spielt dabei mit den Signalen und Botschaften, die sie aussendet, eine entscheidende Rolle. Umsicht, Sicherheit, die Wahrheit und die Ablehnung von populistischer Propaganda in Bezug auf nicht realisierbare Ziele und von Eigenlob zählen zu den bewährten Methoden, die dazu beitragen können, das Vertrauen wieder herzustellen.

Andererseits müssen wir Arbeitsplätze schaffen und brauchen dafür Bedingungen, die Unternehmensinvestitionen begünstigen.

Wir müssen schnell handeln, denn wenn diesbezüglich nichts geschieht, werden die Finanzierungsprobleme der Länder mit den höchsten Defizitzahlen im Euro-Währungsgebiet zu einer weiteren Verschärfung der Rezession, einem fortschreitenden Anstieg der Arbeitslosenzahlen und zu Umsatzverlusten bei Unternehmen und geringeren Einkünften bei Familien führen.

Ich habe daher den Bericht von Jan Andersson unterstützt, der vorschlägt, die Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen auch 2009 beizubehalten.

 
  
  

- Vorschlag für einen Beschluss zu Artikel 139 der Geschäftsordnung (B6-0094/2009)

 
  
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  Ilda Figueiredo (GUE/NGL), schriftlich. (PT) Eine Verlängerung, bzw. anders formuliert, eine weitere Aufschiebung des festgeschriebenen Rechts aller Abgeordneten, im Parlament in ihrer eigenen Sprache zu sprechen sowie der Übersetzung aller Dokumente des Parlaments in die Amtssprachen, ist weder verständlich noch akzeptabel. Seit dem Beitritt bestimmter Länder, die im Gebrauch ihrer Sprachen weiter eingeschränkt sind, insbesondere Irland und die Tschechische Republik, sind inzwischen einige Jahre vergangen, in denen es nicht gelungen ist, die erforderlichen Linguisten zu finden. Die vorgetragene Rechtfertigung ist vage und inkonsistent, während der Ausbildung ebendieser Linguisten keine finanzielle Priorität eingeräumt wurde, weshalb wir der hinter dem Vorschlag stehenden Absicht misstrauen. Wir können nicht zulassen, dass das unveräußerliche Recht auf kulturelle und sprachliche Vielfalt in der EU bedroht wird, wovon auch die portugiesische Sprache betroffen wäre. Wir können eine solche Diskriminierung nicht zulassen.

Einmal mehr äußern wir unsere Entschlossenheit, die kulturelle Identität jedes Mitgliedstaates sowie aller Landessprachen als Arbeitssprachen zu schützen. Wir können daher nur gegen diesen Beschluss stimmen, der letztendlich eine Übertragung der Haushaltspolitiken der EU – der Investitionen in Waffen wichtiger sind als der Schutz kultureller Werte oder die Sicherung von Arbeitsplätzen – auf die kulturelle und sprachliche Ebene bedeutet.

 
  
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  Luca Romagnoli (NI), schriftlich. (IT) Ich habe für den Vorschlag des Präsidiums für einen Beschluss zur Verlängerung der Anwendbarkeit des Artikels 139 der Geschäftsordnung des Parlaments bis zum Ende der siebten Wahlperiode gestimmt.

 
  
  

- Bericht: Magda Kósáné Kovács (A6-0038/2009)

 
  
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  Alessandro Battilocchio (PSE), schriftlich. (IT) Frau Präsidentin! Ich habe für den Bericht gestimmt. Ich bin sehr besorgt angesichts der jüngsten Ereignisse in Italien. Die Atmosphäre gleicht einer „Hexenjagd“ gegenüber rumänischen Staatsbürgern und Roma, die mit zahlreichen Abschiebungen einhergeht. Die italienische Regierung führt eine besessene Sicherheitskampagne. Die Verabschiedung extremer Maßnahmen bezüglich von Roma-Gemeinschaften könnte jedoch die Situation dieser Minderheiten, die bereits heute furchtbar ist, weiter verschärfen und Möglichkeiten einer Integration und sozialen Akzeptanz untergraben. Wir dürfen nicht vergessen, dass der Rechtsstaat eine individuelle und keine gemeinschaftliche strafrechtliche Verantwortlichkeit vorsieht. Von diesem Grundsatz abzuweichen würde einen gefährlichen Präzedenzfall schaffen, der zu einer Kriminalisierung ganzer ethnischer Gruppen oder Nationalitäten von Migranten führen würde.

Immigration ist sicher ein Thema, das auf europäischer Ebene koordiniert werden muss, um so die Instrumente der Gerichte und Polizei zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität zu stärken. Das allein reicht jedoch nicht aus. Es müssen schlüssige Beschäftigungskonzepte für benachteiligte Gruppen, einschließlich der Roma im Erwerbsalter, mit flankierenden Maßnahmen zur Erleichterung der allmählichen Eingliederung dieser Gruppen in den Arbeitsmarkt angenommen und den Bildungspolitiken, die sich an junge Menschen richten, größere Aufmerksamkeit geschenkt werden.

 
  
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  Hélène Goudin und Nils Lundgren (IND/DEM), schriftlich. − (SV) Die EU ist eine Werteunion und damit dafür verantwortlich, für die Achtung der Menschenrechte innerhalb ihrer Grenzen Sorge zu tragen. Aus demselben Grund trägt sie gegenüber ihren Mitgliedstaaten die Verantwortung, die prekäre Situation der Roma anzuerkennen und ihre Integration in die Gesellschaft zu erleichtern. Wir haben daher für diesen Bericht gestimmt.

 
  
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  Anna Ibrisagic (PPE-DE), schriftlich. − (SV) Wir haben heute für den Initiativbericht von Magda Kósáné Kovács (A6-0038/2009) über die soziale Lage der Roma und die Verbesserung ihres Zugangs zum EU-Arbeitsmarkt gestimmt. Der Bericht befasst sich mit einem sehr ernsten Thema und unterstreicht deutlich die Notwendigkeit zu handeln, um die heute weit verbreitete Ausgrenzung der Roma in den Griff zu bekommen. Wir begrüßen die Kooperation der Mitgliedstaaten im Umgang mit diesem gewaltigen Problem.

Gleichzeitig möchten wir jedoch darauf hinweisen, dass wir nicht mehrere verschiedene Lösungen hin zu einer Eindämmung dieser Ausgrenzung sehen. Steuererleichterungen für Unternehmen, die Roma-Frauen beschäftigen und ähnliche Maßnahmen haben vermutlich eher eine weitere Ausgrenzung zur Folge und wirken einer Integration in die restliche Gesellschaft entgegen.

 
  
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  Marian-Jean Marinescu (PPE-DE), schriftlich. (RO) Wir begrüßen den Bericht des Ausschusses für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten, da dieser die Strategie zur Integration der Roma, die seit 2005 in einer Reihe von Entschließung des Europäischen Parlaments ausgearbeitet wurde, um einen neuen Aspekt ergänzt. Die aktuelle Lage der Roma zeigt, dass seit dem ersten diesbezüglichen Aufruf der Kommission im Jahr 2005 keine ausreichenden Fortschritte erzielt wurden.

Der Bericht schlägt wichtige politische Handlungsleitlinien zur Förderung des Bildungsniveaus der Roma und zur Stärkung einer positiven Diskriminierung auf dem Arbeitsmarkt vor. Die Unterstützung der Integration von Roma in den Arbeitsmarkt durch die Finanzierung von Weiterbildungs- und Umschulungsmaßnahmen, Maßnahmen zur Förderung selbstständiger Tätigkeiten unter den Roma, zinsbegünstigte Darlehen oder staatliche Kredite sowie die Entwicklung innovativer Organisationsformen der landwirtschaftlichen Produktion sind Ziele, die die EU zu koordinieren verpflichtet ist. Die Einrichtung einer EU-weiten Expertengruppe, in der auch die Roma vertreten sind, kann ebenso dazu beitragen, die Roma-Strategie der Mitgliedstaaten und die Verwendung der Struktur- und Kohäsionsfonds zu koordinieren.

Ich hoffe, dass diese Vorschläge die Europäische Kommission dazu ermuntern, Gesetzesentwürfe zu erarbeiten und vorzulegen, die zu greifbaren Ergebnissen in dieser Frage führen.

 
  
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  David Martin (PSE), schriftlich. − Die Roma sind die größte Minderheit in der Europäischen Union und ihre Integration in die europäische Gesellschaft ist eine der größten Herausforderungen, vor denen die EU im kommenden Jahrzehnt stehen wird. Die etwa 10 bis 12 Millionen Roma haben keine Möglichkeit, Armut und Ausgrenzung zu entkommen. Ein solches Maß an sozialer Benachteiligung macht es den Roma schwer, ein Leben in Würde und Gleichberechtigung zu führen. Ich begrüße diesen Bericht, der die Notwendigkeit unterstreicht, bessere Bedingungen für alle Europäer, unabhängig von ihrer Herkunft, zu schaffen.

 
  
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  Alexandru Nazare (PPE-DE), schriftlich. (RO) Der Minderheit der Roma in der EU gleiche Chancen zu garantieren ist der richtige Ansatz hin zur Vermeidung der sozialen Ausgrenzung und zur Achtung der Rechte dieser Gemeinschaft. Ich habe daher für den Bericht von Magda Kósáné Kovács gestimmt, den ich für sehr hilfreich erachte.

Ich möchte jedoch einige Dinge zu meiner Position bezüglich dieser Frage anmerken.

Da diese Minderheit von Natur aus nationenübergreifend ist, kann ein wirksamer Ansatz zum Schutz der Rechte der Roma nur auf europäischer Ebene vollzogen werden. Aus diesem Grund habe ich die Einrichtung einer europäischen Agentur für Roma angeregt, die die auf diese Minderheit gerichteten Politiken auf europäischer Ebene koordinieren soll.

Zweitens kann die Integration der Roma-Minderheit nicht durch steuerliche Umverteilungsmaßnahmen erreicht werden, da diese die strukturellen Probleme, von denen die Roma-Gemeinschaften betroffen sind, nicht lösen können. Der ideale Weg zur Unterstützung dieser Minderheit sind Bildungsprogramme, die dazu beitragen, den Roma die Kenntnisse zu vermitteln, die ihnen den Zugang zum Arbeitsmarkt eröffnen.

Andererseits muss eine europäische Politik für die Roma-Minderheit darauf ausgerichtet sein, die Toleranz und Akzeptanz kultureller Unterschiede mit Blick auf ein friedvolles Miteinander innerhalb der vom jeweiligen Staat und durch EU-Vorschriften vorgegebenen gesetzlichen Grenzen zu fördern.

 
  
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  Luca Romagnoli (NI), schriftlich. (IT) Ich habe gegen den Bericht von Magda Kósáné Kovács über die soziale Lage der Roma und die Verbesserung ihres Zugangs zum EU-Arbeitsmarkt gestimmt. Ich bin davon überzeugt, dass dieser Ansatz eine andere Form der Diskriminierung gegenüber den Roma begründet. Die Roma müssen wie alle anderen Bürger behandelt werden, ohne übermäßige Vorteile und Konzessionen, die zulasten anderer europäischer Bürger gehen, die dieselben Rechte (und vor allem Pflichten) haben wie diese Bevölkerungsgruppe.

 
  
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  Bart Staes (Verts/ALE), schriftlich. (NL) Die Gemeinschaft der Roma ist die größte und am stärksten benachteiligte Minderheitsgruppe in Europa. Jeder, der ihre Situation näher beobachtet weiß, dass ein koordinierter Ansatz vonnöten ist, um ihre Arbeits- und Lebensbedingungen zu verbessern. Ich freue mich, dass der vorliegende Bericht nach geeigneten Weiterbildungskursen verlangt, die die Chancen der Roma auf dem Arbeitsmarkt erhöhen. Darüber hinaus muss das Human- und Sozialkapital dadurch, dass die Roma von Anfang an in die europäische Gesellschaft integriert werden, verstärkt werden.

Es ist zu begrüßen, dass eine europäische Expertengruppe eingesetzt wird, der auch Vertreter der Roma-Gemeinschaft angehören. Ebenso sind die Vorschläge ausgezeichnet, Partnerschaften einzurichten, ausreichend finanzielle Mittel einzusetzen und alles über eine Datenbank zu verfolgen. Ich unterstütze diesen Bericht, weil er Wege aufzeigt, wie wir die Lage der Roma-Gemeinschaft verbessern können. Da die alternative Entschließung, die von der sozialistischen Fraktion im Europäischen Parlament vorgelegt wurde, leider zu schwach ist, werde ich ihr nicht zustimmen.

 
  
  

- Bericht: Herbert Reul (A6-0035/2009)

 
  
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  Šarūnas Birutis (ALDE), schriftlich. (LT) Ein Ölbedarfsmanagement darf nicht auf die EU allein beschränkt werden. In den kommenden Jahren wird der prozentuale Anteil der EU am weltweiten Ölverbrauch allmählich abnehmen. Das ergibt sich schon allein aus dem riesigen Nachfragewachstum jenseits der EU-Grenzen. Von der Energieversorgungssicherheit in der EU her betrachtet ist es deshalb sehr wichtig, das Nachfragewachstum auch auf globaler Ebene zu verringern, ohne jedoch die Entwicklungsziele von Drittstaaten oder der EU selbst zu gefährden. Die Förderung marktwirtschaftlicher Preisbildungsmechanismen in Drittstaaten ist ebenfalls von großer Bedeutung – beispielsweise nach Abschaffung staatlicher Subventionen für Kraftstoffe.

All diese Maßnahmen erfordern Investitionen. Investitionen sind nur möglich, wenn ausreichend Kapital zur Verfügung steht und eine Aussicht auf Gewinn besteht. Deshalb muss die gegenwärtige Finanzkrise, die eine Wirtschaftskrise werden kann, so schnell wie möglich überwunden werden. Im vergangenen Jahrzehnt haben die Schwierigkeiten um die künftige Sicherheit der Erdölversorgung der EU zugenommen. Wenn es uns aber gelingt, politischen Willen und internationale Koordinierung und Kooperation sowie die Schaffung von Innovationen zu stärken, können sie überwunden werden – bei entschiedenem Einfluss sowohl auf das Angebot als auch auf die Nachfrage.

 
  
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  Avril Doyle (PPE-DE), schriftlich. − Alles in allem kann ich diesen Initiativbericht meines Kollegen Herbert Reul unterstützen. Wie die vergangenen Monate gezeigt haben, hatte die Energieversorgungssicherheit nie zuvor so große Bedeutung. Die notwendige Zusammenarbeit aller Mitgliedstaaten und die Notwendigkeit, die derzeit von fast allen Mitgliedstaaten und der Kommission aufgelegten Konjunkturprogramme zu nutzen, unterstreichen die Notwendigkeit von Investitionen in die Technologie erneuerbarer Energien zur Verbesserung unserer Versorgungssicherheit und Verringerung unserer CO2-Emissionen. Aus unserer jahrelangen Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen ergeben sich zwei schlichte Schlussfolgerungen:

1. Wir müssen von globalen geopolitischen Kräften unabhängig sein, wie die russisch-ukrainische Sackgasse in diesem Winter und die Schäden durch die Preispolitik der OPEC gezeigt haben.

2. Wir müssen weiterhin immer dringendere CO2-Reduktionsziele erfüllen, und das sollte höchste Priorität erhalten.

Wir können nicht vor den Herausforderungen in der Wirtschaft wie in der Umwelt zurückweichen, mit denen wir gegenwärtig konfrontiert sind.

 
  
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  Luca Romagnoli (NI), schriftlich. (IT) Ich habe gegen den Bericht des Kollegen Reul über die Herausforderungen bezüglich der Ölversorgung gestimmt. Tatsächlich bin ich anderer Meinung als der Berichterstatter, wenn er feststellt, dass es nach verschiedenen Schätzungen möglich sein wird, Erdöl in ausreichender Menge auch für den künftigen Bedarf zu fördern, doch nur durch höhere Belastung der Verbraucher und eine Verbesserung der Investitionsbedingungen. Obwohl ich die Initiativen der Kommission unterstütze, ein Hochschnellen der Ölpreise in den nächsten Jahren zu verhindern, glaube ich nicht, dass die Gesamtsituation richtig analysiert worden ist.

 
  
  

- Bericht: Georg Jarzembowski (A6-0055/2009)

 
  
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  Avril Doyle (PPE-DE), schriftlich. − Der Bericht des Abgeordneten Jarzembowski macht die Ökologisierung des Verkehrs zu einer vorrangigen Angelegenheit und ist ein wichtiger erster Schritt zu einem umfassenderen Ansatz, den Verkehr umweltfreundlicher zu gestalten. Ein absolut notwendiger Teil der Reaktion auf den Klimawandel ist eine Veränderung bei unseren Beförderungsmitteln und -verfahren, sei es durch die Wahl eines fortschrittlichen Hybridfahrzeugs, die Ausweitung eines umweltfreundlichen öffentlichen Verkehrswesens oder die verbesserte Effizienz anderer Beförderungsverfahren.

Der Berichterstatter hat die Optionen vorgebracht, schwere Nutzfahrzeuge für die von ihnen verursachte Umweltverschmutzung mit Gebühren zu belasten und die durch den Schienenverkehr verursachte Lärmbelastung in die Bestimmungen des Berichts einzubeziehen. Es ist wichtig, dass wir die Bedürfnisse der europäischen Staaten an der Peripherie mit verschiedenen geografischen Barrieren berücksichtigen, die für ihre Versorgung und ihr wirtschaftliches Wachstum auf ein starkes Transportwesen angewiesen sind. Wir müssen sicherstellen, dass diese Maßnahmen in fairer Weise eingesetzt werden. Unter diesen Vorbehalten stimme ich dem Bericht gern zu.

 
  
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  Luca Romagnoli (NI), schriftlich. (IT) Ich habe für den Bericht von Herrn Jarzembowski zur umweltgerechten Ausgestaltung des Verkehrs und zur Internalisierung externer Kosten gestimmt. Meine Ansicht, die mit der des Berichterstatters übereinstimmt – der einen ausgezeichneten Bericht verfasst hat – unterstreicht die großen Vorteile der Mobilität in Bezug auf die Lebensqualität der Europäer, das Wachstum und die Beschäftigung in der Europäischen Union, den sozioökonomischen und territorialen Zusammenhalt sowie den Handel mit Drittstaaten, wie auch ihre Vorteile für die Unternehmen und die Beschäftigten, die direkt und indirekt in der Verkehrswirtschaft und in der Logistik tätig sind. Aus diesem Blickwinkel begrüße ich die Tatsache, dass die Kommission in ihrer Mitteilung ein „Inventar“ der bisherigen Maßnahmen der Europäischen Union zur Förderung einer nachhaltigen Verkehrspolitik aufgestellt hat. Das ist ein kleiner Schritt in Richtung auf ein großes Ziel.

 
  
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  Bart Staes (Verts/ALE), schriftlich. (NL) Die Kommission hat ein Paket an Mitteilungen zur „Ökologisierung des Verkehrs“, über eine „Strategie zur Internalisierung externer Kosten“ und zu „Lärmschutzmaßnahmen am Schienenfahrzeugbestand“ veröffentlicht. Meiner Ansicht nach ist es sehr positiv – und etwas, das ich unterstütze – dass im Verkehrsbereich ökologische Maßnahmen ausgearbeitet werden.

Der Jarzembowski-Bericht würde jedoch die Vorschläge der Kommission abschwächen. Darum hat die Verts/ALE-Fraktion konstruktive Änderungen eingebracht, darunter die Forderung nach mehr Kofinanzierung zwischen der EU und den Mitgliedstaaten, eine Kerosin-Steuer für den Luftverkehr und die Entkopplung einer Verkehrszunahme vom Wirtschaftswachstum. Unsere Änderungen wurden jedoch nicht angenommen, weshalb dieser Bericht keinen Mehrwert für die Kommissionsvorschläge hat. So habe ich gegen diesen Bericht gestimmt.

 
  
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  Catherine Stihler (PSE), schriftlich. − Ich unterstütze Maßnahmen zu einer Ökologisierung des Verkehrs. Das hilft uns in unserem Kampf gegen den Klimawandel. Allerdings müssen bestimmte Maßnahmen verstärkt werden, und ich musste mich enthalten.

 
  
  

- Entschließungsantrag B6-0107/2009 (Lissabon-Strategie)

 
  
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  John Attard-Montalto (PSE), schriftlich. − Ich teile voll und ganz die Ansicht, dass von allen Auswirkungen der Wirtschaftskrise der Anstieg der Armut in der EU das größte Problem darstellt. Der gegenwärtige Anstieg der Arbeitslosigkeit in der EU muss unbedingt gestoppt werden. Ich glaube, dass Armut am effizientesten durch eine Strategie verringert und verhindert wird, die auf den Zielen von Vollbeschäftigung, hochwertigen Arbeitsplätzen, sozialer Eingliederung, Maßnahmen zur Förderung von Unternehmertum und Schritten zur Stärkung der Rolle von KMU und Investitionen beruht. Das ist, kurz gesagt, der wichtigste Teil der Präambel der Entschließung.

Wenn wir den sich aus den aktuellen außergewöhnlichen Umständen ergebenden Anstieg der Armut in der EU nicht aufhalten können, dann hat die EU beim wichtigsten aus der wirtschaftlichen und finanziellen Katastrophe herrührenden Problem versagt.

 
  
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  Ilda Figueiredo (GUE/NGL), schriftlich. (PT) In der Europäischen Union erleben wir eine Zunahme von Armut, unsicherer Arbeit und Ungleichheiten, und diese Situation kann sich in der gegenwärtigen Wirtschafts- und Finanzkrise noch verschlechtern angesichts der Tatsache, dass die Voraussagen auf einen rezessiven Trend und einen Anstieg der Arbeitslosenzahlen hindeuten.

Die in der Lissabon-Strategie und der europäischen Beschäftigungsstrategie niedergelegten Politikprogramme haben zu dieser Situation beigetragen, da sie die Deregulierung im Finanzbereich, die Marktliberalisierung und die Unsicherheit in den Arbeitgeber-Arbeitnehmer-Beziehungen fördern. Folglich wäre ein Bruch mit dieser Politik nötig gewesen. Angesichts der sich verschlechternden sozialen und wirtschaftlichen Bedingungen spiegelt aber die Antwort (bzw. das Ausbleiben der Antwort) der EU ihre Klassenwahl wider, indem sie auf der Fortführung einer Politik besteht, die das Anhäufen riesiger Profite durch die großen Wirtschafts- und Finanzgruppen zum Nachteil der Lebensverhältnisse von Arbeitern und der allgemeinen Bevölkerung fördert.

Nötig sind eine Umkehrung der aktuellen makroökonomischen Politik und die Verteidigung von Arbeitsplätzen und Arbeitnehmerrechten. Wir brauchen eine andere Politik, die eine gerechte Einkommensverteilung gewährleistet, wirtschaftliche Tätigkeit anregt, Arbeitsplätze schafft, die Rolle des Staates in der Wirtschaft stärkt, die Nachfrage ankurbelt, das Wachstum von kleinsten, kleinen und mittleren Unternehmen fördert und Investitionen wieder in Schwung bringt, wobei die Bedürfnisse und besondere Aspekte jedes Mitgliedstaates beachtet werden.

 
  
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  Glyn Ford (PSE), schriftlich. − Ich habe trotz meiner Enttäuschung über Änderungsantrag 10 von den Grünen, der die Einführung einer EU-weiten Finanztransaktionssteuer fordert, für diesen Bericht gestimmt. Als Präsident der interfraktionellen Arbeitsgruppe zur Globalisierung setze ich mich stark für die Einführung der Tobin-Steuer ein, um sowohl die Finanzspekulation zu kontrollieren als auch Milliarden Euro aufzutreiben und damit zur Linderung der bitteren Armut unter der Milliarde und mehr Menschen beizutragen, die von weniger als einem Euro pro Tag lebt. Wer kann gegen eine so einfache und wirksame Maßnahme sein?

 
  
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  Luís Queiró (PPE-DE), schriftlich. (PT) Die Lissabon-Strategie wurde in einem Kontext und für einen wirtschaftlichen Zusammenhang erdacht, der sich eindeutig von dem unterscheidet, in dem wir uns gegenwärtig befinden. Das bedeutet jedoch nicht, dass sämtliche zu Grunde liegenden Konzepte revidiert werden müssen. Zwischen der außergewöhnlichen Art der derzeitigen Umstände und der Politik, die zur langfristigen Förderung der europäischen Entwicklung und Wettbewerbsfähigkeit verfolgt werden sollte, muss unterschieden werden. Aus dieser Unterscheidung darf allerdings nicht gefolgert werden, dass die Krisensituation Maßnahmen erfordert, die im Gegensatz zu guter Politik stehen. Ganz im Gegenteil. Auch wenn die jetzige Situation außergewöhnliche Maßnahmen verlangt, muss die Antwort auf sie von den Grundsätzen guter Politik und von der Entscheidung für Investitionen in Innovation und die Wettbewerbsfähigkeit Europas geleitet sein, sonst werden wir weder auf die Krise reagieren noch die Mitgliedstaaten der Europäischen Union auf die nächste Phase der globalen Wirtschaft vorbereiten.

 
  
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  Luca Romagnoli (NI), schriftlich. (IT) Nach sorgfältiger Prüfung des Entschließungsantrags zur Lissabon-Strategie habe ich mich letztlich für eine Enthaltung entschieden und damit weder für noch gegen den Antrag.

 
  
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  Eoin Ryan (UEN), schriftlich. − Die Finanz- und die daraus folgende Wirtschaftskrise haben dem europäischen Wachstum und der Stabilität des Arbeitsmarkts einen schweren Schlag versetzt. Unser vorrangiges Ziel muss in dieser schwierigen Zeit der Schutz der EU-Bürger, ob Arbeiter, Unternehmer oder Hausbesitzer, vor den Auswirkungen der Krise sein, so wie es in dieser gemeinsamen Entschließung zum Ausdruck kommt. Obwohl die gegenwärtige Krise zweifellos verheerend ist, bietet sie doch auch Chancen: die Chance, unser Denken zu ändern; die Chance, einen stabilisierenden Rahmen für nachhaltiges Wachstum zu schaffen, der eventuelle Schläge aushält; und die Chance, ein solides wirtschaftliches und soziales Fundament für die Zukunft zu errichten.

Zu denjenigen Elementen dieser Entschließung, die besonders ansprechen, gehören die Anerkennung der entscheidenden Rolle, die kleine und mittlere Unternehmen spielen, und die Unterstützung, die sie erhalten müssen. Die KMU sorgen nicht nur für wertvolle Beschäftigung, immerhin waren ihnen in den letzten Jahren 80 % der neuen Arbeitsplätze in der EU zuzurechnen, sondern sie nehmen auch eine soziale Schlüsselstellung ein, indem sie die lokale Wirtschaft ankurbeln, die Beschäftigung breiter fächern und das Unternehmertum fördern. Entsprechend ist die Hervorhebung von Innovation – vor allem im Umweltsektor – höchst willkommen. Sie zeigt, dass die beiden Ziele Energieeffizienz und wirtschaftliche Stabilität sich keineswegs gegenseitig ausschließen müssen.

 
  
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  Peter Skinner (PSE), schriftlich. − Die Lissabon-Strategie bleibt nach Ansicht der EPLP eine wichtige Plattform für Wachstum und die Schaffung von Arbeitsplätzen in der gesamten EU. Das ist immer noch ein erreichbares Ziel, auch wenn das derzeitige Wirtschaftsklima dem wahren Potenzial Schaden zufügt. Die EPLP ist jedoch nicht damit einverstanden, dass eine EU-weite Transaktionssteuer ein notwendiges Mittel ist, um einige der Ziele der Lissabon-Strategie zu erreichen, und hat diese Maßnahme nicht unterstützt.

Allerdings kann die EPLP den wesentlichen Tenor des verabschiedeten Texts unterstützen, und deshalb hat sie dem Bericht zugestimmt.

 
  
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  Catherine Stihler (PSE), schriftlich. − Nach dem am Montag veröffentlichten Bericht der Allianz-Fraktion bremst die Rezession in diesem Jahr die EU beim Erreichen ihres Ziels, der führende wissensbasierte Wirtschaftsraum auf der Welt zu werden. Damit wir die Lissabon-Ziele erreichen, müssen wir selbst in diesen harten Zeiten alles unternehmen, was in unseren Kräften steht, um diesen Zielsetzungen gerecht zu werden. Indem wir diese Zielsetzungen erfüllen, werden wir in der Lage sein, unseren Weg aus der Rezession zu finden, und die EU wird in der Zukunft besser aufgestellt sein. Außerdem müssen wir an den Barcelona-Zielen zur Kinderbetreuung festhalten.

 
  
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  Georgios Toussas (GUE/NGL), schriftlich. (EL) Die Entschließungen der politischen Kräfte des Kapitals verdecken die Ursachen und das Wesen der kapitalistischen Krise. Sie schieben die Last der Krise auf die Arbeiter ab, die für die exzessiven Profite des Kapitals gezahlt haben und jetzt aufgefordert werden, für die Krise zu bezahlen und den Profit der Kapitalisten zu sichern und zu erhöhen. Die Anträge fordern die Europäische Union auf, die gegen die Arbeiter gerichtete Lissabon-Strategie zu stärken, den Stabilitätspakt und das Konjunkturprogramm anzuwenden und mit der vollständigen Liberalisierung des Binnenmarkts fortzufahren. Sie schlagen Maßnahmen zur Unterstützung der Monopolgruppen vor, die einen üppigen Geldstrom aus den Taschen der Arbeiter gewähren, die Steuern auf das Kapital senken und die Gewährung von Krediten an große Monopolunternehmen ausweiten. Sie fördern schnellere kapitalistische Umstrukturierungen, gegründet auf der „Flexicurity“-Strategie und der Richtlinie zur Organisation der Arbeitszeit, mit anderen Worten auf der Ausdehnung der Arbeitszeiten um bis zu 13 Stunden am Tag oder 78 Stunden in der Woche und Unterteilung der Arbeitszeit in aktive Zeit und unbezahlte inaktive Zeit.

Die Entwicklung der „grünen Wirtschaft“ und die Liberalisierung der Forschung sowie von Energie und Innovation bereiten den Weg für profitable Investitionen durch das Kapital zu Lasten der Arbeiter und unteren Klassen.

Der informelle Gipfel am 1. März bestätigte die Eskalation des imperialistischen Machtkampfs und die vereinte Front der Monopole gegen das Volk.

 
  
  

- Entschließungsantrag B6-0134/2009 (Klimawandel)

 
  
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  John Attard-Montalto (PSE), schriftlich. − Ich teile die Ansicht, dass die EU eine führende Rolle in der internationalen Klimapolitik behält. Wenn sie aber nicht mit einer Stimme spricht, führt das zum Verlust der Glaubwürdigkeit. Bezüglich der Ziele für den Klimawandel scheint die EU insgesamt auf Kurs, aber alle Länder, einschließlich Malta, müssen aufpassen, nicht zurückzubleiben, da das die Glaubwürdigkeit der Union berühren würde.

Die Begrenzung des globalen Durchschnittstemperaturanstiegs ist nicht nur in der entwickelten Welt notwendig, sondern auch in den Entwicklungsländern. Solche Maßnahmen nehmen natürlich Finanzmittel in Anspruch. Die EU muss einen Plan erstellen, der die relevanten Bereiche und Finanzierungsquellen erfasst.

 
  
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  Edite Estrela (PSE), schriftlich. (PT) Ich stimme der Entschließung des Europäischen Parlaments zur Bekämpfung des Klimawandels zu. Die Europäische Union muss ihre führende Rolle in der internationalen Klimapolitik erhalten und alles unternehmen, um in Kopenhagen ein Abkommen zu erreichen, das eine Verringerung des Kohlendioxidausstoßes in die Atmosphäre und die Begrenzung des globalen Temperaturanstiegs auf weniger als 2 °C gegenüber dem Niveau vor der Industrialisierung ermöglicht.

Angesichts der derzeitigen Finanz- und Wirtschaftskrise ist es entscheidend, dass in Kopenhagen ein neues Abkommen zur Bekämpfung des Klimawandels erreicht wird. Wirtschaftskrise und Klimakrise zusammen bieten große wirtschaftliche Möglichkeiten zur Entwicklung neuer Technologien und Schaffung von Arbeitsplätzen.

 
  
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  Ilda Figueiredo (GUE/NGL), schriftlich. (PT) Diese Entschließung enthält positive Aspekte, die wir anerkennen. Hervorzuheben ist die Aufforderung an die Europäische Union, in Kopenhagen aktiv für ein Übereinkommen einzutreten, in dessen Rahmen die jüngsten Forschungsberichte über den Klimawandel berücksichtigt werden, eine Verpflichtung im Hinblick auf Stabilisierungsniveaus und Temperaturziele eingegangen wird, die einen gefährlichen Klimawandel mit großer Wahrscheinlichkeit verhindern, und regelmäßige Überprüfungen ermöglicht werden, um sicherzustellen, dass die Ziele dem neuesten Stand der Forschung entsprechen. Für positiv halten wir auch, dass die Notwendigkeit einer wesentlichen Erhöhung der Finanzmittel betont wird, um die notwendigen Maßnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels in den Entwicklungsländern umzusetzen.

Allerdings lehnen wir das Bestehen – wenn auch nur in der Präambel – auf dem EU-System zum Handel mit Emissionszertifikaten ab, vor allem, da gesagt wird, dies könnte als Beispiel für die Entwicklung des Emissionshandels in anderen Industrieländern und -regionen dienen. Wir lehnen daher den wirtschaftsorientierten Ansatz ab, der verschiedene Punkte der Entschließung deutlich beeinflusst.

 
  
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  Glyn Ford (PSE), schriftlich. − Ich habe für diese Entschließung des Ausschusses für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit gestimmt. Ungeachtet der Dimensionen der derzeitigen Finanzkrise, die das Produkt von Deregulierung, feigen Regulierern und gierigen Bankern ist, können wir unsere Augen nicht davor verschließen, dass wir weiterhin an einem Aufhalten des Klimawandels arbeiten müssen. Wir müssen die derzeitige Krise als Chance sehen und Mittel dafür aufwenden, unseren Lebensstil drastisch zu verändern und auf dem ganzen Kontinent und weltweit einen grünen „New Deal“ zu fördern. Wir können unsere Ziele nur erreichen, wenn wir mit den USA sowie Japan, China und Indien partnerschaftlich zusammenarbeiten.

 
  
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  Luca Romagnoli (NI), schriftlich. (IT) Einigen Punkten der Entschließung zur Bekämpfung des Klimawandels stimme ich zu. Andererseits kann ich verschiedene Absätze des Berichts nicht unterstützen. Ich habe mich daher entschieden, mich der Stimme zu enthalten und über diese Angelegenheit nicht abzustimmen.

 
  
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  Catherine Stihler (PSE), schriftlich. − Wir müssen die grüne Wirtschaft dazu nutzen, in der ganzen EU Arbeitsplätze zu schaffen. Das muss in der Finanzkrise eine vorrangige Angelegenheit sein.

 
  
  

- Entschließungsantrag B6-0133/2009 (Beschäftigungspolitische Maßnahmen)

 
  
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  Hélène Goudin und Nils Lundgren (IND/DEM), schriftlich. − (SV) Diese Entschließung enthält viele verdienstvolle Ermahnungen. Allerdings fällt das, womit sich die Entschließung beschäftigt, zum größten Teil in die politische Zuständigkeit der nationalen Parlamente.

Außerdem werden die Vorschläge in der Entschließung dazu führen, dass höhere Mittel für den Fonds der EU für die Anpassung an die Globalisierung erforderlich sind. Dies wird höhere Zahlungen der Mitgliedstaaten an die EU zur Folge haben. Das kommt zu einer Zeit, wo die Mitgliedstaaten ihre reduzierten wirtschaftlichen Ressourcen für ihre eigenen sozialen und beschäftigungspolitischen Maßnahmen brauchen. Wir glauben nicht, dass der Globalisierungsfonds der EU die wirkungsvollste Art der Unterstützung von Arbeitnehmern ist, die ihren Arbeitsplatz verloren haben. Die Mitgliedstaaten sind besser in der Lage, in diesem Bereich eine effektive Politik zu betreiben. Außerdem geben alle Mitgliedstaaten Beträge für Konjunkturpakete aus, deren Höhe ihren gesamten Beiträgen zum EU-Haushalt entspricht.

Wir haben vor allem wegen der Passagen zum EU-Fonds für die Anpassung an die Globalisierung gegen diese Entschließung gestimmt.

 
  
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  Luca Romagnoli (NI), schriftlich. (IT) Ich habe gegen den Entschließungsantrag zu Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen gestimmt. Wenn nämlich die weltweite Finanz- und Wirtschaftskrise eine entschiedene und koordinierte Reaktion der EU erfordert, um Arbeitsplatzverluste zu verhindern, angemessene Einkommen für die Europäer zu gewährleisten, eine Rezession zu vermeiden und die derzeitigen wirtschaftlichen und beschäftigungspolitischen Herausforderungen in Chancen zu verwandeln, dann bin ich der Meinung, dass die unter der Führung der Eurokraten getroffenen Maßnahmen eindeutig nicht ausreichen, um die derzeitige Krise zu bewältigen, nicht zuletzt in einem so empfindlichen Bereich wie der Beschäftigungspolitik.

 
  
  

- Bericht: Elisa Ferreira (A6-0063/2009)

 
  
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  John Attard-Montalto (PSE), schriftlich. − Die Initiative, das Konjunkturprogramm aufzulegen, ist eine Reaktion auf die schwerwiegende anhaltende Rezession. Oberste Priorität des Konjunkturprogramms muss es sein, die Wirtschaft und die Wettbewerbsfähigkeit der EU zu fördern und einen Anstieg der Arbeitslosigkeit zu verhindern. Die Mitglieder vertreten mit Nachdruck die Auffassung, dass alle Finanzhilfen rechtzeitig, zielgerichtet und befristet gewährt werden müssen. Die derzeitigen außergewöhnlichen Umstände müssen im größeren Rahmen einer verbindlichen Verpflichtung gesehen werden, zu normaler Haushaltsdisziplin zurückzukehren, sobald die Wirtschaft sich erholt.

Das Konjunkturprogramm muss darüber hinaus dem Zweck dienen, ein faires internationales Übereinkommen zu erreichen, um ärmeren Ländern die Chance zu geben, der Armut zu entkommen, ohne die Erderwärmung weiter zu verstärken, indem ihnen bei der Finanzierung umfangreicher Investitionen geholfen wird.

Schließlich muss das koordinierte Vorgehen der Mitgliedstaaten darauf gerichtet sein, die Unsicherheiten auf den Kreditmärkten zu verringern und das Funktionieren dieser Märkte zu fördern.

 
  
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  Ilda Figueiredo (GUE/NGL), schriftlich.(PT) Bestimmte positive und zeitgemäße Vorschläge, die wir unterstützt haben, insbesondere der zu Steuerparadiesen, wurden zwar angenommen, aber die meisten Vorschläge unserer Fraktion wurden leider abgelehnt, und Tenor des Berichts ist eine Fortsetzung der neoliberalen Politik mit dem einen oder anderen rosaroten Anflug, den Wähler im Vorfeld der Wahlkampagne wahrnehmen sollen.

Zu unseren abgelehnten Vorschlägen zählen jene mit der Forderung nach einer deutlichen Aufstockung der Finanzmittel und einer schnelleren Bereitstellung der Mittel zur Beschäftigungsförderung wie auch einer Umorientierung der Unterstützungsprogramme auf die am meisten gefährdeten Gruppen, einschließlich der Programme zur Gewährleistung menschenwürdiger Lebensbedingungen und eines allgemeinen Zugangs zu hochwertigen öffentlichen Dienstleistungen. Ich bedaure auch die Ablehnung von Vorschlägen wie jenen, die den Umfang des Konjunkturprogramms (1,5 % des europäischen BIP) für nicht ausreichend hielten, um die derzeitige Krise erfolgreich zu bewältigen, und darauf hinwiesen, dass die EU weit hinter Ländern wie den USA und China zurückbleiben wird. Darüber hinaus bedaure ich die Zurückweisung unserer Kritik an der Kommission wegen der Verknüpfung des Konjunkturprogramms mit der Ausweitung neoliberaler „Strukturreformen“ und strikter Einhaltung des Stabilitäts- und Wachstumspakts, als es notwendig gewesen wäre, darauf zu verzichten und den Kurs zu ändern.

 
  
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  Glyn Ford (PSE), schriftlich. − Ich kann meine Kollegin Elisa Ferreira zu ihrem Bericht über das europäische Konjunkturprogramm nur beglückwünschen. Ich möchte der Ansicht von Poul Rasmussen zustimmen, dass wir noch nicht genug getan haben. Die Rettung der Banken war ein notwendiger Schritt, aber nicht ausreichend. Wir müssen auch Maßnahmen ergreifen, um mit den Arbeitsmarktproblemen fertig zu werden. Die Aufteilung der verfügbaren Arbeit muss gefördert werden, und bei notwendiger Kurzarbeit sollten wir anregen, dass die Arbeitszeit erhalten bleibt, indem die Zeit für Schulung und Verbesserung der Fähigkeiten genutzt wird.

Die echte Krise spielt sich weniger auf dem Subprime-Hypothekenmarkt ab als in der zehnmal größeren Casino-Wirtschaft der immer esoterischeren Phantasiewelt des Derivate-Marktes, und diese muss unter Kontrolle gebracht werden. Ich begrüße daher Bestrebungen zur Kontrolle von Steueroasen und zur Einführung einer EU-weiten Finanztransaktionssteuer zur Bewältigung der schwersten Folgen der Krise, zur Eindämmung der Spekulation und zur Beschaffung von Finanzmitteln, mit denen wir auf Kurs bleiben können, um die Millennium-Entwicklungsziele zu erreichen.

 
  
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  Małgorzata Handzlik (PPE-DE), schriftlich. (PL) Der heute angenommene Bericht über ein europäisches Konjunkturprogramm unterstützt von der Europäischen Kommission vorgeschlagene Maßnahmen zur Belebung der europäischen Wirtschaft.

Daten aus den letzten Wochen stimmen nicht gerade optimistisch. Es wird geschätzt, dass das Wirtschaftswachstum im Jahr 2009 in Europa unter Null bleiben wird. Überall in der EU nimmt auch die Arbeitslosigkeit zu. Dies ist die schwerste Rezession, die die Europäische Gemeinschaft je erlebt hat, und die erste seit der Einführung der gemeinsamen Währung.

Daher ist entschlossenes Handeln erforderlich, das zur Schaffung von Arbeitsplätzen und einer echten Verbesserung der wirtschaftlichen Lage führt. Eine Schlüsselfrage ist natürlich die so genannte „Heilung“ des Finanzsystems, so dass Unternehmen und Bürger Zugang zu Krediten bekommen. Von besonderer Bedeutung ist dies für kleine und mittlere Unternehmen, die zweifellos das Fundament der europäischen Wirtschaft bilden. Darum muss dringend für die effektive und schnelle Wiederherstellung der Kreditvergabe gesorgt werden. Zur Bekämpfung der Krise vorgesehene Hilfen dürfen nicht nur in die Rettung ausgewählter Branchen fließen. Auch wenn Hilfe dieser Art unvermeidlich ist, sollte sie immer auch einen Ansatz zugunsten der Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie beinhalten. Die Krise darf ferner nicht als Gelegenheit zur Einführung von neuen, übermäßig belastenden Vorschriften genutzt werden.

Ich hoffe, das europäische Konjunkturprogramm führt bald zu Ergebnissen in Form erster Anzeichen einer wirtschaftlichen Belebung.

 
  
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  Astrid Lulling (PPE-DE), schriftlich. – (FR) Außergewöhnliche Umstände erfordern außergewöhnliche Maßnahmen.

Die wirtschaftliche Lage hat sich so stark verschlechtert, dass sie konzertierte Maßnahmen der Mitgliedstaaten zur Ankurbelung der wirtschaftlichen Tätigkeit rechtfertigt. Es sind allerdings verschiedene Feststellungen nötig. Die außergewöhnlichen Umstände, die wir erleben, setzen nicht die Grundregeln der Wirtschaft außer Kraft. Die aufgenommenen Kredite von heute sind die Schulden von morgen und müssen von den Mitgliedstaaten in der Zukunft zurückgezahlt werden. Defizite sind vielleicht nötig, aber dafür wird ein hoher Preis zu zahlen sein. Darüber müssen wir uns im Klaren sein. Man spricht schon von Steuererhöhungen in naher Zukunft, um die öffentlichen Finanzen zu sanieren.

Zweitens sind die in den Konjunkturprogrammen eingegangenen Ausgabeverpflichtungen alles andere als gleichwertig. Investitionsaufwendungen für die Modernisierung von Produktionsanlagen oder für die Forschung haben ein ganz anderes Gewicht als Gelder für betriebliche Aufwendungen. Daher wäre es gut, wenn die Mitgliedstaaten sich die entsprechenden Instrumente beschaffen würden, um die beste Wahl zu treffen.

Schließlich muss – da Worte doch etwas bedeuten – klar gesagt werden, dass das Konjunkturprogramm eigentlich kein europäisches Programm ist, sondern allenfalls eine Zusammenstellung der von den verschiedenen Mitgliedstaaten getroffenen nationalen Maßnahmen. Müssen wir weiter gehen? Das ist zwar eine lohnende Frage, aber die Aufstellung eines gemeinsamen Konjunkturprogramms der Europäischen Union würde grundlegende Überprüfungen der europäischen Politik und Mittel voraussetzen.

 
  
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  Adrian Manole (PPE-DE), schriftlich. (RO) Das europäische Konjunkturprogramm ist besonders wichtig wegen seiner zwei zentralen Elemente: erstens kurzfristige fiskalische Maßnahmen zur Steigerung der Nachfrage, Sicherung von Arbeitsplätzen und Wiederherstellung des Verbrauchervertrauens und zweitens intelligente Investitionen zur Förderung des Wirtschaftswachstums.

Für die Europäische Union steht der Schutz ihrer Bürger vor den negativen Auswirkungen der Finanzkrise an erster Stelle. Im Fall der rumänischen Wirtschaft werden die Maßnahmen ihre Effektivität vor allem für KMU dadurch erweisen, dass sie Verfahren vereinfachen und beschleunigen und Mittel aus Struktur- und Kohäsionsfonds sowie Fonds zur Entwicklung des ländlichen Raums vorzeitig bereitstellen.

Die Abstimmung zugunsten dieses Berichts bedeutet auch, dass der Europäische Sozialfonds Maßnahmen zur Beschäftigungsförderung finanzieren muss, vor allem zugunsten der am meisten gefährdeten Bevölkerungsgruppen. Außerdem müssen Rahmenbedingungen geschaffen werden, um die Auswirkungen auf den Unternehmenssektor zu mildern, da diesem Sektor bei der wirtschaftlichen Erholung eine Schlüsselrolle zukommt, weil er entscheidend zur Schaffung von Arbeitsplätzen und dadurch zur Erzeugung von Nachfrage auf dem Binnenmarkt beiträgt.

 
  
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  Rovana Plumb (PSE), schriftlich. (RO) Ich habe für den Bericht der Kollegin Ferreira gestimmt, weil ich fest davon überzeugt bin, dass er zur Bewältigung der schwierigen wirtschaftlichen Phase beitragen wird, in der sich Europa nach der neoliberalen Politik der letzten 10 Jahre befindet.

Die reichen europäischen Staaten müssen sich mit Osteuropa solidarisch zeigen, und der den Ländern in diesem Bereich eingeräumte Hilfsfonds muss aufgestockt werden. Wir als europäische Sozialisten sind der Ansicht, dass wir Schritte zum Abbau der Unterschiede zwischen den stärker entwickelten Ländern und den aufstrebenden Ländern unternehmen müssen, umso mehr als die Volkswirtschaften letzterer eng mit den Bankinstituten im Westen verbunden sind. Aus diesem Grund brauchen wir einen Plan zur Koordinierung der Volkswirtschaften aller Mitgliedstaaten.

Wir unterstützen die Einleitung von Maßnahmen gegen Offshore-Finanzaktivitäten, die es Spitzenverdienern ermöglichen, ihre Geschäfte in diese Steueroasen zu verlagern und keine Steuern zu zahlen, während die Mehrheit der EU-Bürger Steuern zahlt und arbeitslos wird. Die Zahlen sind erschreckend: Schätzungen zufolge wird die Zahl der Arbeitslosen bis Ende 2009 in ganz Europa 25 Millionen erreichen (in Rumänien 500 000). Durch Abschaffung von Steueroasen wird die Arbeitslosigkeit beseitigt.

Wir müssen die europäische Solidarität zwischen alten und neuen Mitgliedstaaten fördern und unterstützen, und somit wird die Abstimmung über die Änderung zu diesem Thema zu einem Test für das Europaparlament.

 
  
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  John Purvis (PPE-DE), schriftlich. − Die wirtschaftliche Lage in Europa und darüber hinaus ist ernster als alles, was jemand von uns bisher erlebt hat, und es ist unbedingt richtig, dass die Europäische Union und die Mitgliedstaaten alles in ihrer Macht stehende tun, um sicherzustellen, dass der Abschwung sich nicht zu einem massiven Einbruch auswächst, und dass staatliche Maßnahmen dort erlaubt sein sollten, wo sie wirtschaftliche Tätigkeit wirklich anregen können.

Der Bericht ist nicht perfekt und wir können nicht allem zustimmen, was darin enthalten ist, aber er wiederholt die zentralen Punkte, dass der Konjunkturrückgang kein Vorwand für Protektionismus, übermäßige Verschuldung oder Abbau von Wettbewerbsvorschriften ist. Versuche der Linken, mit ihren Änderungen aus einem vernünftigen Bericht eine unerschwingliche Wunschliste oder einen Angriff auf den Kapitalismus und das Finanzsystem im Allgemeinen zu machen, wurden von uns abgewehrt.

Jetzt geht es darum, dass wir alle die Ärmel aufkrempeln und unsere Volkswirtschaften wieder in Gang bringen. Der Bericht erkennt an, dass für den Prozess des Neuaufbaus der freie Markt und die Privatpersonen und Unternehmen Europas unerlässlich sind, und auf dieser Grundlage wird er von den britischen Konservativen unterstützt.

 
  
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  Luís Queiró (PPE-DE), schriftlich. (PT) Der Bericht von Elisa Ferreira über das europäische Konjunkturprogramm enthält zwar positive Elemente, leidet aber unter den gleichen Problemen wie das Programm selbst: er beschreibt die Lage, ohne wirkliches Verständnis der Ursachen der derzeitigen Krise gezeigt zu haben, er zählt die für die Wiederherstellung des Vertrauens der Marktteilnehmer erforderlichen Initiativen auf, ohne jedoch bisher einen Nachweis dieses Effekts angeführt zu haben, und er bietet wenig in punkto europäische Mobilisierung. In diesem Punkt muss eigentlich hinzugefügt werden, dass, wenn dieser Bericht konkret wenig löst, es daran liegt, dass das Europäische Parlament dazu kaum in der Lage ist. Gleiches gilt für die Europäische Kommission.

Am Budget dieses Programms haben auf Gemeinschaftsebene verwaltete Mittel einen Anteil von lediglich 15 %. Die Antwort muss also tatsächlich auf europäischer Ebene gefunden werden, allerdings in erster Linie durch die politische Bereitschaft der Mitgliedstaaten, ihre Reaktionen auf die derzeitige wirtschaftliche Lage zu koordinieren. Der Impuls muss von den Mitgliedstaaten kommen, wenn er überhaupt kommt, denn die derzeitigen Anzeichen eines Mangels an europäischem politischem Willen geben Anlass zu Sorge. Man muss sich nur einmal die widersprüchlichen Positionen anschauen, die die deutschen oder österreichischen Sozialdemokraten im Europäischen Parlament oder bei der Vertretung der Regierungen ihrer Länder einnehmen.

 
  
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  Luca Romagnoli (NI), schriftlich. (IT) Ich bin mit dem Bericht der Kollegin Ferreira über ein europäisches Konjunkturprogramm in einigen Punkten einverstanden, billige ihn aber nicht in seiner Gesamtheit. Aus diesem Grund habe ich mich entschieden, mich der Stimme zu enthalten und nicht für den Bericht meiner Kollegin zu stimmen.

 
  
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  José Albino Silva Peneda (PPE-DE), schriftlich. (PT) Das größte durch diese Krise verursachte Problem ist der Anstieg der Arbeitslosigkeit, und diese Entwicklung kann nur durch steigende Investitionen umgekehrt werden.

Damit es zu vermehrten Investitionen kommt, müssen Kredite zugänglich und günstig sein, doch deutet alles darauf hin, dass diese momentan knapp und für die am meisten gefährdeten Länder, wie beispielsweise Portugal, sehr viel teurer sind.

Diese Länder sehen sich vermehrten Finanzierungsschwierigkeiten gegenüber, und darum unterstütze ich eindeutig die Möglichkeit eines einzigen zentralen Emittenten von europäischen Staatsschuldpapieren in der Eurozone. Eigentlich ist dies das Szenario, das mit der langfristigen Nachhaltigkeit des Euro am ehesten vereinbar ist.

Unter den derzeitigen Umständen ist es unbedingt erforderlich, den europäischen Kreditmarkt durch die Gewährung von seriösen Darlehen an existenzfähige Unternehmen und an Familien zu beleben.

Die den Banken und Unternehmen gewährte finanzielle Unterstützung muss gezielt, temporär und transparent sein, bei gesichertem Kosten-Nutzen-Verhältnis, und streng kontrolliert werden.

Die Solidität und Solidarität des Projekts Europa steht vielleicht auf dem Spiel und daher müssen wir koordiniert vorgehen und uns an die Regeln des Binnenmarktes halten, ohne Protektionismus zuzulassen.

Ich unterstütze den von meiner Kollegin Elisa Ferreira vorgelegten Bericht über das europäische Konjunkturprogramm, da ich der Grundrichtung seines Ansatzes zustimme.

 
  
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  Peter Skinner (PSE), schriftlich. − Dieser Bericht befasst sich mit dem Konjunkturprogramm der Europäischen Kommission, mit dem die Wirtschaft der EU belebt werden soll. Die EPLP kann die Grundrichtung der Vorstellungen der Berichterstatterin unterstützen und betrachtet viele der angesprochenen Themen als entscheidend für einen echten Aufschwung.

Die Reaktion der Kommission während der Wirtschaftskrise ist bislang verhalten, und nach Auffassung des Parlaments sind für einen Aufschwung wirkungsvollere Instrumente nötig. So könnte ein ökologischer Ansatz zu größerer Innovation führen und neue Produktivität auslösen und sich dabei gleichzeitig positiv auf unsere Umwelt auswirken. Es muss allerdings verhindert werden, dass bestimmte Branchen geschädigt oder unsere gesamtwirtschaftlichen Möglichkeiten eingeschränkt werden, und daher ist die Beachtung eines gezielten Ansatzes unbedingt nötig. Ebenso ist ein neuer Ansatz zur Finanzaufsicht entsprechend dem Bericht der de-Larosière-Sachverständigen als Sicherung gegen systemische Risiken unbedingt erforderlich.

 
  
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  Bart Staes (Verts/ALE), schriftlich. (NL) Die Fraktion der Grünen / Freie Europäische Allianz vertritt die Ansicht, dass das, was wir jetzt erleben, ein Zusammentreffen von drei miteinander zusammenhängenden Krisen ist, einer wirtschaftlichen, einer ökologischen und einer sozialen Krise. Darum ist die Verts/ALE-Fraktion dagegen, angesichts des bevorstehenden europäischen Frühjahrsgipfels ein „Europäisches Konjunkturprogramm“ zu fördern, dessen einzige Aufgabe es ist, das alte Laisser-faire-Modell wiederzubeleben.

Wenn riesige Summen in dieses Modell gepumpt werden, besteht die ernstzunehmende Gefahr einer Verschärfung der ökologischen und der sozialen Krise. Es ist kontraproduktiv, einfach die Nachfrage zu steigern, um die Produktion wieder auf Touren zu bringen. Das ist aber genau das, was der Ferreira-Bericht vorschlägt, und darum habe ich dagegen gestimmt.

Das Konjunkturprogramm muss neue Finanzierungsinstrumente ermöglichen und gleichzeitig mit Hilfe von Vorschriften die Stabilität und Vertrauenswürdigkeit des Systems wiederherstellen. Der Anreiz, über verschiedene Boni nach kurzfristigem Gewinn zu streben, muss weggenommen und für so genannte Leverage-Fonds und Private-Equity-Fonds müssen Regeln eingeführt werden. Transparenz, offene Buchführung und Überwachung müssen Steueroasen unmöglich machen. Durch eine genaue Aufgabenbeschreibung können Banken wieder zu Dienern der Realwirtschaft werden, wobei die Europäische Zentralbank als Wachhund fungieren kann.

 
  
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  Catherine Stihler (PSE), schriftlich. − Die Finanzkrise ist die erste Prüfung für die Globalisierung. Eine durch Gier angeheizte und jetzt von Angst verzehrte Krise sollte uns veranlassen, unsere Grundwerte zu überdenken und uns zu fragen, in welcher Art von Gesellschaft wir leben möchten. Dies ist nicht die Zeit für engstirnigen Nationalismus, sondern eine Zeit, in der ein starkes Europa wichtiger ist denn je. Die Notwendigkeit eines koordinierten Ansatzes, nicht nur in der EU, sondern weltweit, macht den G20-Gipfel in London so wichtig.

 
  
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  Silvia-Adriana Ţicău (PSE), schriftlich. (RO) Ich habe für den Ferreira-Bericht gestimmt, der die Europäische Kommission auffordert, überzeugende, eindeutige Leitlinien für eine bessere Koordination aller Mitgliedstaaten beim Umgang mit dieser massiven Wirtschaftskrise zu entwickeln, um möglichst viele Arbeitsplätze zu sichern. Ich fordere die Kommission eindringlich auf, die entsprechenden Verfahren sobald wie möglich einzuleiten.

Mit diesem Bericht fordert das Europäische Parlament die Frühjahrstagung des Europäischen Rates auf, einen starken politischen Impuls zu geben und einen Fahrplan für all die Gesetzesinitiativen aufzustellen, um zusammen mit dem Parlament sicherzustellen, dass sie rechtzeitig angenommen werden.

Der Bericht hebt die äußerst negativen wirtschaftlichen und sozialen Folgen der Krise in vielen der neuen Mitgliedstaaten hervor und das damit verbundene beträchtliche Risiko von Destabilisierung und zunehmender Armut. Die Auswirkungen werden wahrscheinlich auch der Euro und die Volkswirtschaften der Eurozone zu spüren bekommen. Wir fordern eindringlich einen koordinierten Ansatz auf Gemeinschaftsebene, als Ausdruck von gemeinschaftlicher Solidarität und Übernahme kollektiver Verantwortung in dieser Hinsicht. Darüber hinaus fordern wir die Kommission auf, alle Instrumente zu überprüfen und abzustimmen, die auf eine Stabilisierung der betroffenen Mitgliedstaaten abzielen, einschließlich der Stabilisierung der Wechselkurse, so dass Sicherheitsbestimmungen und schnelle, effektive Reaktionspläne umgesetzt werden können.

 
  
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  Marianne Thyssen (PPE-DE), schriftlich. (NL) Ich habe den Reden der Berichterstatter und der Fraktionsvorsitzenden sehr genau zugehört, auch der Attacke, die der Vorsitzende der Sozialistischen Fraktion gegen die EVP-ED-Fraktion wegen ihres Abstimmungsverhaltens beim Änderungsantrag 92 geritten hat. In der Tat sind die Auswirkungen dieses Änderungsantrags für uns nicht akzeptabel, und ich habe gemeinsam mit meinen Fraktionskollegen mit Nachdruck dagegen gestimmt. Es kann doch nicht die Absicht sein, kurzfristige Maßnahmen zu ergreifen, die langfristige Zielsetzungen untergraben, oder?

Aus diesem Grund ist es nicht sinnvoll, Mitgliedstaaten zu einer haushaltsmäßigen Leistung zu zwingen, die das Niveau ihrer Verschuldung nicht berücksichtigt, das ein wichtiger Faktor bei der Festlegung des Umfangs ist, in dem „Deficit Spending“ vertretbar ist. Meine Fraktion ist zu Recht bei ihrer Auffassung geblieben, die auch von der Kommission geteilt wird, dass wir nämlich auch an künftige Generationen denken sollten. Darum ist es gerechtfertigt, die haushaltsmäßigen Anreize vom Niveau der Verschuldung der Mitgliedstaaten abhängig zu machen. Die Forderung nach einer einheitlichen Leistung von 1,5 % des BIP ist aus diesem Grund weder haltbar noch vertretbar.

 
  
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  Georgios Toussas (GUE/NGL), schriftlich. (EL) Das europäische Konjunkturprogramm wälzt die Last der kapitalistischen Krise auf die Schultern der Arbeiter ab, unterstützt die allgemeineren Ziele der EU und schützt die Gewinne und kollektiven Interessen der Plutokratie.

Zweck des massiven Angriffs auf Versicherungen und Arbeitnehmerrechte und auf die Einkommen von einfachen Familien und deren Lebensstandard ist es, dass die EU den Europa vereinigenden Monopolen versichern kann, dass sie gegenüber dem internationalen Wettbewerb „bei der Erholung der Wirtschaft in einer vorteilhaften Position“ sein werden.

Die EU und die Regierungen versuchen mit der Methode von Zuckerbrot und Peitsche, die Zustimmung der Basis zu erhalten, um mit dem geringsten Widerstand die in der Lissabon-Strategie enthaltenen kapitalistischen Umstrukturierungen durchzudrücken: rotierende Beschäftigung und Arbeitslosigkeit, Anhebung des Rentenalters und drastische Kürzungen bei Löhnen, Renten und Sozialleistungen.

Die auf den Gipfeln gefassten Beschlüsse und die Finanzierung von Maßnahmen allein durch die Mitgliedstaaten verdeutlichen darüber hinaus die Eskalation der imperialistischen Machtkämpfe, und das führt zu einer Politik des „jeder für sich“.

Die Arbeiter haben nur eine Wahl: Widerstand, Ungehorsam und Gegenangriff mit der Kommunistischen Partei Griechenlands, Verurteilung der Politik der europäischen Einbahnstraße und der sie unterstützenden Kräfte, Reorganisation der Basisbewegung und Kampf für die Macht der Basis und die lokale Wirtschaft.

 
  
  

- Bericht: Evgeni Kirilov (A6-0075/2009)

 
  
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  Alessandro Battilocchio (PSE), schriftlich. (IT) Frau Präsidentin! Ich habe für den Bericht gestimmt. Transparenz ist nicht nur ein Symbol, sondern ein Prinzip, das allen Verfahren der Institutionen zugrunde liegen sollte. Bürgern und Wahlgremien muss der größtmögliche Zugang zu Dokumenten der europäischen Institutionen zugestanden werden, damit sie effektiv am politischen Prozess teilnehmen und die Behörden für ihre Tätigkeiten zur Rechenschaft ziehen können. Aus diesem Grund habe ich mich in der Vergangenheit stark für die Veröffentlichung der Anwesenheit im Parlament ausgesprochen.

Die europäischen Institutionen haben bei Offenheit und Transparenz zwar Fortschritte gemacht, die Situation kann aber nicht unbedingt als perfekt bezeichnet werden, und diese Neufassung der Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten der europäischen Institutionen sollte als weiterer Schritt in Richtung eines administrativen Umfelds gesehen werden, in dem Verfügbarkeit und leichte Zugänglichkeit von Informationen die Regel ist und nicht die Ausnahme.

Abschließend möchte ich auf die große Errungenschaft der letzten Periode hinweisen: das Europäische Parlament verwendet jetzt nicht weniger als 23 Amtssprachen, und die Dokumente der Europäischen Gemeinschaft stehen in all diesen Sprachen zur Verfügung. Das gewährleistet das Funktionieren der Demokratie.

 
  
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  Jean Marie Beaupuy (ALDE), schriftlich. (FR) Dieser Initiativbericht muss im Zusammenhang mit der zurzeit laufenden legislativen Debatte zur Änderung der Strukturfondsverordnungen und insbesondere der EFRE-Verordnung (Bericht Angelakas) und der ESF-Verordnung (Bericht Jöns) gesehen werden.

Damit es in erster Lesung zu einer Einigung kommt und schnell auf diese Krise reagiert werden kann, die die Bürger Europas unmittelbar betrifft, hat sich die ALDE-Fraktion entschieden, die Legislativvorschläge nicht zu ändern. Aus Gründen der Einheitlichkeit sind wir bei dieser Abstimmung genauso vorgegangen.

Meine Kollegen von der MoDem-Partei und ich teilen die gleichen Sorgen hinsichtlich der Bekämpfung des Klimawandels. Das muss als Priorität der Kohäsionspolitik nach 2013 bestätigt werden.

 
  
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  Pedro Guerreiro (GUE/NGL), schriftlich. (PT) Erwarten Sie bitte kein Lob von uns für das hohle europäische Konjunkturprogramm, das zum größten Teil von den einzelnen Mitgliedstaaten selbst finanziert wird („europäische Solidarität“ in Vollendung …) und die neoliberale Politik nicht in Frage stellt, die die Ursache der sich verschlechternden Arbeits- und Lebensbedingungen der überwältigenden Mehrheit der Bevölkerung ist.

Es kam daher nicht überraschend, dass die Mehrheit des Parlaments unsere Vorschläge abgelehnt hat, in denen

- die Tatsache missbilligt wurde, dass zu einem Zeitpunkt, wo sich die sozioökonomische Krise in der EU verschlimmert, der Haushalt der Gemeinschaft für 2009 „niedriger denn je“ ist,

- auf eine Erhöhung der Strukturfonds und des Kohäsionsfonds gedrängt wurde,

- betont wurde, dass eine „Aufstockung der Vorauszahlungen“ im Rahmen dieser Fonds zu einer Senkung der Gemeinschaftsfinanzierung in den nächsten Jahren führen würde,

- der zu geringe Einsatz dieser Fonds kritisiert wurde, vor allem vor dem Hintergrund der sich verschlechternden sozioökonomischen Bedingungen in der EU,

- gefordert wurde, dass diese Fonds als ein Ausgabenziel betrachtet werden, und eine Erhöhung der Kofinanzierungsquote der Gemeinschaft sowie eine Abschaffung der N+2- und N+3-Regeln hinsichtlich dieser Fonds vorgeschlagen wurde,

- darauf bestanden wurde, dass diese Fonds effektiv zur Förderung echter Konvergenz eingesetzt werden und damit ihre ständige Unterordnung unter die neoliberalen Ziele der „Lissabon-Strategie“ aufgegeben wird,

- auf eine Bekämpfung der Verlagerung von Unternehmen gedrängt wurde.

 
  
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  David Martin (PSE), schriftlich. − Ich unterstütze diesen Bericht, der schnellere und flexiblere Zahlungen zur Strukturfinanzierung empfiehlt. Der Bericht wird für eine verbreitete Nutzung von Strukturfonds sorgen, um Arbeitsplätze zu sichern und neue zu schaffen. Ich begrüße den Bericht, der fordert, dass den Projekten Mittel früher zur Verfügung stehen und weniger Kredite bei Banken aufgenommen werden müssen.

 
  
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  Luca Romagnoli (NI), schriftlich. (IT) Ich habe gegen den Bericht des Kollegen Kirilov über Kohäsionspolitik: In die Realwirtschaft investieren gestimmt. Es ist tatsächlich wichtig zu sehen, dass die EU-Kohäsionspolitik einen wichtigen Beitrag zum Europäischen Konjunkturprogramm leistet und die wichtigste Quelle der Gemeinschaft für Investitionen in die Realwirtschaft ist, indem sie gezielte Unterstützung zur Bewältigung des vorrangigsten Bedarfs und in Gebieten mit Wachstumspotenzial im öffentlichen wie im privaten Sektor leistet. Allerdings sollte dies für uns Anlass sein, über die in der Vergangenheit gemachten Fehler nachzudenken, die zu dieser ernsten wirtschaftlichen Lage geführt haben. Strenge Gesetze sind auch auf diesem Gebiet erforderlich, sonst besteht die Gefahr, dass die gleichen Fehler immer wieder gemacht werden.

 

7. Berichtigungen des Stimmverhaltens und beabsichtigtes Stimmverhalten: siehe Protokoll
 

(Die Sitzung wird um 13.55 Uhr unterbrochen und um 15.00 Uhr wieder aufgenommen.)

 
  
  

VORSITZ: HANS-GERT PÖTTERING
Präsident

 

8. Erklärung des Präsidenten
Video der Beiträge
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  Der Präsident. − Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich darf Sie zunächst um Verständnis und auch um Entschuldigung bitten, dass die Sitzung so spät beginnt, aber ich bin selber erst vor zwei Minuten informiert worden, dass ich gebeten werde, eine Erklärung abzugeben zu einem sehr traurigen Ereignis, und diese Erklärung möchte ich gerne mit Ihrer Zustimmung abgeben.

Mit großer Traurigkeit und Empörung haben wir heute von dem Ereignis in Winnenden in Baden-Württemberg in der Bundesrepublik Deutschland erfahren, wo fünfzehn Menschen auf tragischste Weise in der Albertville-Realschule ums Leben gekommen sind. Der Attentäter, ein siebzehnjähriger ehemaliger Schüler dieser Schule, hat sich nachher selbst das Leben genommen. Bei einer Schießerei in einem dortigen Supermarkt bei der Verfolgung des Amokläufers sind zudem zwei Polizisten verletzt worden.

Im Namen des Europäischen Parlaments möchte ich mein tief empfundenes Beileid und meine Solidarität mit den Familien und allen Verwandten der Opfer aussprechen. Die Opfer sind schuldlose junge Schülerinnen und Schüler sowie drei Lehrer aus der Schule.

Diese Tragödie findet erst sechs Monate nach einem ähnlich schrecklichen Amoklauf in einer Schule in Kauhajoki in Finnland statt. Es ist unsere Aufgabe als verantwortungsvolle Politiker in der Europäischen Union und in allen Mitgliedstaaten, unser Möglichstes zu tun, damit solche Taten rechtzeitig vorhergesehen und verhindert werden können – wenn wir denn Einfluss darauf haben.

Geschockt sind wir auch über ein anderes tragisches Ereignis in Alabama in den Vereinigten Staaten, wo ein Amokläufer mindestens zehn Menschen erschossen hat, bevor er seine Waffe gegen sich selbst richtete.

Ich darf noch einmal in Ihrer aller Namen unser tiefstes Mitgefühl und unsere Solidarität mit den Opfern und ihren Familien zum Ausdruck bringen. Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie der Ermordeten gedenken würden.

(Das Parlament erhebt sich zu einer Schweigeminute.)

 
  
  

VORSITZ: GÉRARD ONESTA
Vizepräsident

 

9. Genehmigung des Protokolls der vorangegangenen Sitzung: siehe Protokoll
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10. Zusammensetzung des Parlaments: siehe Protokoll
Video der Beiträge

11. Sachstand beim SIS II (Aussprache)
Video der Beiträge
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  Der Präsident. – Als nächster Punkt folgt die gemeinsame Aussprache über:

- die mündliche Anfrage (O-0005/2009) von Carlos Coelho im Namen der Fraktion der Europäischen Volkspartei (Christdemokraten) und Europäischer Demokraten, Martine Roure im Namen der Sozialistischen Fraktion im Europäischen Parlament und Henrik Lax im Namen der Fraktion der Allianz der Liberalen und Demokraten für Europa an den Rat: Sachstand beim SIS II (B6-0010/2009) und

- die mündliche Anfrage (O-0006/2009) von Carlos Coelho im Namen der Fraktion der Europäischen Volkspartei (Christdemokraten) und Europäischer Demokraten, Martine Roure im Namen der Sozialistischen Fraktion im Europäischen Parlament und Henrik Lax im Namen der Fraktion der Allianz der Liberalen und Demokraten für Europa an die Kommission: Sachstand beim SIS II (B6-0011/2009).

 
  
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  Carlos Coelho, Verfasser.(PT) Herr Präsident, Herr Ratspräsident, Herr Kommissar, liebe Kollegen! Im Europäischen Parlament befürworten wir eindeutig die schnelle Inbetriebnahme des SIS (Schengen-Informationssystem) II, die schon für 2007 geplant war. Mit dem SIS der zweiten Generation reagiert die Gemeinschaft auf die Notwendigkeit, die Sicherheit an den Außengrenzen zu erhöhen und wichtige Innovationen, wie biometrische Daten und die Verknüpfung von Ausschreibungen, gemeinsam zu nutzen. Wir akzeptieren, dass dieses System erst zum Einsatz kommen kann, wenn es stabil ist und rund um die Uhr laufen kann. Ich denke, es ist jetzt an der Zeit herauszufinden, wer für die Verzögerung verantwortlich ist, eine gründliche Beurteilung der Situation vorzunehmen und Lösungen zu finden, die dieses Projekt technisch durchführbar machen und seine bereits angekratzte Glaubwürdigkeit wiederherstellen.

Wir wissen, dass letztes Jahr verschiedene Testläufe stattgefunden haben, deren Endergebnis vor allem beim Test des operativen Systems negativ war. Der Rat und die Kommission beschlossen die Einräumung einer Frist von vier Monaten, um zu versuchen, die anhaltenden Probleme zu lösen, allerdings ohne großen Erfolg, wie man an den Ergebnissen erkennen kann, die im Dezember 2008 bei der Wiederholung der Tests erzielt wurden. Es wurden zwar einige Verbesserungen vorgenommen, aber unseres Wissens bestehen nach wie vor große Probleme was die Leistung und Stabilität des Systems, den Verlust von Meldungen, die Datenqualität und das Verfahren der Synchronisierung der nationalen Kopien mit dem zentralen System betrifft. Natürlich kann das SIS II nicht in Betrieb gehen, solange diese Probleme nicht gelöst sind. Ich möchte aber meine Zweifel an der Fähigkeit des beauftragten Unternehmens äußern, innerhalb so kurzer Zeit all diese Probleme zu lösen, die vorher über einen viel längeren Zeitraum nicht gelöst wurden. Ich hoffe, dass eine unabhängige Prüfung des Projekts in die Wege geleitet werden kann, um herauszufinden, wer verantwortlich ist. Ich habe nichts gegen das alternative technische Szenario einer Weiterentwicklung des Systems „SIS I for All“ zum SIS II einzuwenden, sofern der für das SIS II genehmigte Rechtsrahmen uneingeschränkt gültig bleibt. Ende März soll ein Bericht vorgelegt werden, der die beiden Szenarien bewertet und vergleicht. Das Parlament möchte Zugang zu dieser Studie erhalten und über die neue Richtung informiert werden, in die das Projekt gehen soll, im Hinblick nicht nur auf das Vertrauen in die technische Seite, sondern auch auf die rechtlichen Auswirkungen, den neuen Zeitplan und die Auswirkungen auf den Haushalt. Ich möchte den Rat und die Kommission gerade jetzt darauf hinweisen, dass größere Transparenz in diesem ganzen Verfahren besonders empfehlenswert ist.

 
  
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  Martine Roure, Verfasserin. (FR) Herr Präsident! SIS II ist, wie wir wissen, ein sehr wichtiges Instrument zur Gewährleistung der Sicherheit des Schengen-Raums, vor allem nach der Erweiterung um die 10 neuen Länder.

Seit der Annahme der Rechtsgrundlagen im Jahr 2007 haben wir niemals einen detaillierten Bericht über die Entwicklungen bzw. die technischen oder politischen Probleme erhalten, die angeblich die Inbetriebnahme des Systems behindern.

Erst durch die Presse haben wir erfahren, dass all die für den sicheren Start des zentralen Systems erforderlichen Tests im Dezember 2008 gescheitert sind.

Wir wissen, dass die Kommission versucht hat, einen Sanierungsplan aufzustellen, um die Hauptprobleme zu lösen, und wir wissen, dass mehrere Mitgliedstaaten innerhalb des Rates bereits über eine Alternative in Form einer einfachen Aktualisierung des derzeit in Betrieb befindlichen SIS nachdenken.

Das Problem ist also weniger technischer Natur, es ist ein politisches Problem. Dieses Parlament wurde gebeten, durch Mitentscheidung die Architektur des SIS II zu definieren, das allein die für unseren Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts notwendige Sicherheit gewährleistet hätte. Wir haben daran gearbeitet, ohne die Sicherheit und den Schutz der Grundrechte unserer Bürger aus den Augen zu verlieren.

Es geht hier um die politische Verantwortung der europäischen Institutionen und speziell um die des Rates und der Kommission, denn wir glauben, dass das Parlament seine Aufgabe gegenüber den Bürgern gut erfüllt hat.

Wir erwarten heute – und in Zukunft – politische Erklärungen dieses radikalen Kurswechsels. Das könnte sich natürlich gravierend auf das Budget auswirken, das bisher für dieses Projekt vorgesehen ist, angefangen von einer eventuell notwendigen Zurückstellung der verfügbaren Mittel, bis die Zukunft des Projekts und seine Rechtsgrundlage entsprechend definiert worden sind.

 
  
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  Henrik Lax, Verfasser. − (SV) Herr Präsident, Herr Ratspräsident, Herr Kommissar! Wir im Europäischen Parlament müssen wissen, ob der Rat und die Kommission nach wie vor an eine Inbetriebnahme von SIS II glauben. Wird die Kommission weiter versuchen, eine technische Lösung für die derzeitigen Probleme zu finden? Wie sieht der weitere Weg aus? Wie meine beiden Vorredner schon gesagt haben, möchten wir im Europäischen Parlament hinsichtlich der Probleme auf dem Laufenden gehalten werden, was bis jetzt nicht der Fall war.

Gibt es für den Fall, dass SIS II in seiner jetzigen Form nicht realisierbar ist, einen Plan B? Und wird ein solcher Plan B vorgelegt? Wie die Kollegin Roure bereits erwähnt hat, ist die Frage des SIS II letztlich eine Frage der Glaubwürdigkeit der Union, wenn es darum geht, die innere Sicherheit innerhalb der EU zu gewährleisten. Wir müssen allerdings auch bedenken, dass die gleiche Infrastruktur für das Visa-Informationssystem (VIS) verwendet werden soll. Langfristig steht daher auch die Glaubwürdigkeit der Visumpolitik der Union auf dem Spiel, das heißt, ihre Fähigkeit, die Beziehungen zur umliegenden Welt würdevoll zu gestalten.

Zum Schluss möchte ich die Kommission fragen, ob sie nach wie vor die volle Unterstützung der Mitgliedstaaten für dieses Projekt hat. Sind diese bereit, die Kosten eines Projekts zu tragen, das aussieht, als würde es niemals Realität werden?

 
  
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  Alexandr Vondra, amtierender Präsident des Rates. − Herr Präsident! Bevor ich auf das Thema unserer heutigen Aussprache eingehe, lassen Sie mich zunächst den Angehörigen der Opfer des tragischen Ereignisses heute in Baden-Württemberg meine aufrichtige Anteilnahme ausdrücken.

Dann komme ich jetzt zum Thema unserer heutigen Aussprache. Zunächst einmal sind wir froh über die Gelegenheit, diese Debatte zu führen. Es handelt sich hier um eine wichtige Frage, wie Sie ja alle wissen. Eine Reihe betrieblicher Schwierigkeiten hat dazu geführt, dass SIS II wegen spezieller Probleme noch nicht betriebsbereit ist.

Wie von Ihnen gefordert, möchte die Präsidentschaft Ihnen gegenüber hinsichtlich Vorgeschichte und Hintergrund dieses Problems für völlige Transparenz sorgen. Wegen der negativen Ergebnisse der ursprünglichen Tests des Systems wurden im November und Dezember 2008 weitere Testläufe durchgeführt. Die Endergebnisse dieser Tests des operativen Systems lagen erst in der zweiten Januarhälfte 2009 vor.

Beim informellen Treffen der Justiz- und Innenminister in Prag am 15. Januar 2009 wurden diese von der Kommission davon unterrichtet, dass die Tests alles andere als zufriedenstellend verlaufen waren. Die Minister waren sich sofort über die Notwendigkeit eines neuen globalen Ansatzes zur Verwaltung des SIS II einig, bei dem die Mitgliedstaaten mit der Kommission zusammenarbeiten würden. Der neue Managementansatz wird für eine genauere Überwachung des Projekts sorgen und dadurch eine frühzeitige Warnung vor potentiellen Schwierigkeiten ermöglichen. Es wurde ferner vereinbart, dass bei einem späteren JI-Rat – der am 26. und 27. Februar 2009 stattfand – Maßnahmen getroffen würden. Auf dieser Tagung vereinbarte der Rat in seinem Beschluss, die Kommission zu bitten, das Parlament und die Ratspräsidentschaft über Probleme beim SIS II und den weiteren Weg umfassend auf dem Laufenden zu halten.

Dieses Parlament hat gefragt, ob die bisher bekannt gewordenen Probleme bedeuten, dass das System neu aufgebaut werden muss. Nach den Informationen, die der Rat zum Stand des SIS II-Projekts erhalten hat, gibt es weiterhin eine Reihe von Problemen. Allerdings ist die Kommission nach unserer Kenntnis der Ansicht, dass alle ungeklärten Fragen ohne größere Neugestaltung der SIS II-Anwendung gelöst werden können.

Auf seiner Tagung im Februar billigte der Rat die Durchführung des SIS II-Analyse- und Reparaturplans, so dass es möglich sein wird, alle Probleme festzustellen und unverzüglich zu lösen sowie die technische Architektur zu beurteilen, um so ein stabiles und einwandfreies SIS II-System zu gewährleisten. Allerdings vereinbarte der Rat auch, dass nach dem Alternativplan verfahren werden sollte, falls schwerwiegende Probleme auftreten, die nicht gelöst werden können. Hinsichtlich einer Alternative zu SIS II begrüßte der JI-Rat im Februar den Abschluss der Durchführbarkeitsstudie als Grundlage für die Erstellung eines funktionsfähigen alternativen technischen Szenarios für die Entwicklung eines SIS II auf der Basis einer Weiterentwicklung von SIS I+ im Rahmen des Alternativplans.

Außerdem forderte der Rat, dass die Präsidentschaft und die Kommission dem Rat sobald wie möglich und spätestens bis Mai 2009 einen Bericht vorlegen, der eine umfassende Beurteilung und Gegenüberstellung der beiden Szenarien enthält. Auf der Grundlage dieses Berichts wird der Rat dann die bei der Entwicklung des SIS II erzielten Fortschritte beurteilen und hinsichtlich des alternativen Szenarios die Chance prüfen, die Ziele von SIS II, wie sie im Rechtsrahmen für Einrichtung, Betrieb und Nutzung des SIS II festgelegt sind, auf der technischen Basis einer Weiterentwicklung von SIS I+ zu erreichen. Diese Prüfung findet sobald wie möglich und spätestens bis zur Tagung des Rates am 4. und 5. Juni 2009 statt.

Was die vom Parlament erbetenen Angaben hinsichtlich der Lösung der verbleibenden Probleme und insbesondere die finanziellen Aspekte betrifft, so hat der Rat die Kommission gebeten, einerseits das Europäische Parlament über die Probleme im Zusammenhang mit SIS II zu informieren und andererseits sowohl das Parlament als auch den Rat umfassend und regelmäßig über den Kostenaufwand für das zentrale SIS II-Projekt und für Maßnahmen zu informieren, die zur Gewährleistung völliger finanzieller Transparenz unternommen werden.

Auf der Grundlage des von der Präsidentschaft und der Kommission angeforderten Berichts wird der Rat spätestens bis zu seiner Tagung im Juni 2009 den Terminkalender für die Inbetriebnahme von SIS II diskutieren. Dabei werden die Bestimmungen zu Terminplänen berücksichtigt, wie sie in der Entschließung des Parlaments vom 24. September 2008 zum Vorschlag für einen Beschluss des Rates über die Migration vom Schengen-Informationssystem (SIS I+) zum Schengen-Informationssystem der zweiten Generation (SIS II) festgelegt sind. Dies wurde in Artikel 19 der Verordnung des Rates vom 24. Oktober aufgenommen.

Ich bin sicher, dass die Kommission zur Beantwortung der gestellten Fragen zusätzliche Informationen geben kann. Ich möchte Ihnen, den Mitgliedern dieses Parlaments, nur versichern, dass die Präsidentschaft diese Frage genau im Auge behalten und dafür sorgen wird, dass der im letzten Monat von den Justiz- und Innenministern vereinbarte weitere Weg genau eingehalten wird.

 
  
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  Jacques Barrot, Vizepräsident der Kommission. (FR) Herr Präsident! Ich möchte bestätigen, was Herr Minister Vondra gesagt hat. Im Übrigen muss ich sagen, dass wir zusammen mit Herrn Langer, dem Vorsitzenden des Rates der Innenminister, diesem SIS II-Problem jetzt absolute Priorität einräumen.

Ich werde meinerseits versuchen, Ihnen einige nähere Erläuterungen zu geben. Der Hauptauftragnehmer der Kommission für die Entwicklung von SIS II hat eine Reihe von betrieblichen Tests des zentralen Systems im Zusammenspiel mit einigen nationalen Systemen durchgeführt. Zwischen November und Dezember 2008 haben uns die Ergebnisse dieser Tests zu dem Schluss kommen lassen, dass das zentrale System nicht das vertraglich festgelegte Niveau erreicht hatte.

Mitte November hat die Kommission eine eingehende Analyse der derzeit von Hewlett-Packard/Steria entwickelten SIS II-Lösung in die Wege geleitet, in Zusammenarbeit mit Fachleuten aus den Mitgliedstaaten und mit Hilfe und Unterstützung von zwei namhaften IT-Beratungsunternehmen.

Nach dem Scheitern der betrieblichen Tests haben wir also einen Analyse- und Reparaturplan aufgestellt, der über einen Zeitraum von etwa vier Monaten umgesetzt werden soll. Mit diesem Plan soll bei der Umsetzung von SIS II ein zufriedenstellendes Stabilitäts- und Leistungsniveau erreicht werden.

Bei dem Plan geht es erstens um die Behebung der bekannten Fehler, die mit dem zentralen System zusammenhängen – einige Fehler wurden bereits behoben – und zweitens um die Bestätigung, dass die Umsetzung von SIS II nicht mit unüberwindlichen strukturellen Schwächen behaftet ist.

In einer Reihe von vorrangigen Bereichen werden gezielte Tests durchgeführt, um die mit der Architektur der derzeitigen Lösung verbundenen Ungewissheiten zu beseitigen. Diese Arbeiten verlaufen parallel zum Abschluss der technischen Analyse der Grundprobleme.

Andererseits hat die Kommission bei der Verwaltung des Projekts einen globalen Ansatz eingeführt, um eine bessere Integration der zentralen und nationalen Komponenten von SIS II zu erreichen, unter Beachtung der von der Kommission und den Mitgliedstaaten rechtlich festgelegten Kompetenzen.

Konkret koordiniert die Kommission eine gemeinsame Leitungsstruktur für das Projekt. Diese gemeinsame Leitungsstruktur bringt die Leiter der nationalen Projekte, die Leiter des zentralen Projekts und die Auftragnehmer der Kommission zusammen. Sie wird das Projekt während der gesamten Analyse- und Reparaturphase, dann während der Qualifikationstests und dann während der Migrationsphase begleiten, bis SIS II in Betrieb genommen wird.

Am Ende der Analyse- und Reparaturphase werden wir eine genaue Vorstellung von den Ressourcen haben, die noch eingesetzt werden müssen, damit SIS II in Betrieb genommen werden kann, und vom entsprechenden Zeitplan, wie Herr Vondra gerade gesagt hat. Beim Ziel der Inbetriebnahme von SIS II im September 2009 muss wohl zweifellos mit Verzögerungen gerechnet werden.

Die derzeitigen Schwierigkeiten beim SIS II-Projekt wurden beim informellen Treffen der Minister am 15. Januar und beim Rat „Justiz und Inneres“ am 26. und 27. Februar erörtert. Die Grundzüge des von der Kommission empfohlenen Vorgehens zur Fortführung von SIS II wurden gebilligt.

Zunächst einmal wurde seitens des Rates die Notwendigkeit unterstützt, die Studie zur Durchführbarkeit einer alternativen technischen Lösung auf der Grundlage des aktuellen SIS I+ fortzusetzen. Wir können also mit dieser Durchführbarkeitsstudie einer alternativen Lösung fortfahren.

Dabei muss sich jede alternative technische Lösung natürlich innerhalb des für SIS II definierten Rechtsrahmens bewegen, wie er vom Parlament und vom Rat beschlossen wurde. Natürlich muss sehr sorgfältig auf die maximale Wiederverwendung der Investitionen geachtet werden und ebenso auf die Situation der Mitgliedstaaten und assoziierten Länder, die in den kommenden Jahren Teil des Schengen-Raumes werden wollen.

Die Minister beschlossen, wie gerade gesagt wurde, spätestens im Juni – Anfang Juni – erneut zusammenzukommen, um die gemachten Fortschritte zu bewerten und gegebenenfalls neue Richtungsbestimmungen und eventuell den Wechsel zu einer alternativen Option vorzunehmen. In Anbetracht dessen hat der Rat die Präsidentschaft und die Kommission aufgefordert, dem Rat in enger Zusammenarbeit mit der „SIS II Task Force“ und in Abstimmung mit den entsprechenden Gremien einen Bericht vorzulegen, in dem die beiden Szenarien ausführlich beurteilt und verglichen werden. Dieser Bericht soll sobald wie möglich vorgelegt werden, spätestens bis Mai 2009.

Dazu wurden gemeinsame Vergleichskriterien vereinbart, um die jeweiligen Vorteile und Nachteile jeder Lösung zu beurteilen. Das heißt im Klartext, dass wir Anfang Juni effektiv einen Beschluss des Rates haben werden. Dieser wird im Lichte all der bis dahin durchgeführten Tests gefasst und dadurch wird es nach unserer Meinung möglich sein, entweder SIS II weiter zu verfolgen oder eventuell zu einer alternativen Lösung zu wechseln, wobei diese selbstverständlich ebenfalls den von Ihnen festgelegten Zielen entspricht.

Ich habe natürlich sehr aufmerksam zur Kenntnis genommen, was Herr Coelho und Frau Roure zur Notwendigkeit großer Transparenz gesagt haben. Ich möchte darauf hinweisen, dass wir mit großer Regelmäßigkeit die Protokolle des SIS II-Ausschusses schicken und weiterhin schicken werden. Ferner muss ich sagen, dass ich Gérard Deprez, dem Vorsitzenden des Ausschusses für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres, geschrieben habe – mit Kopie an Carlos Coelho – und ihn ausführlich über den Sachstand bei SIS II informiert habe.

Zu Herrn Lax möchte ich sagen, dass die Probleme beim SIS II keine Auswirkungen auf das VIS haben. Die Probleme des SIS II betreffen nicht die mit dem VIS gemeinsam genutzte Infrastruktur. Man kann sagen, dass die Dinge beim VIS ziemlich genau nach dem mit den Mitgliedstaaten vereinbarten Plan laufen.

Ich möchte Ihnen sagen, dass wir wirklich sowohl mit der Task Force als auch innerhalb der Kommission extrem regelmäßige Treffen mit dem Vertragspartner und den beiden Vertragspartnern, vor allem aber Steria, organisiert haben und dass wir nur wirklich hoffen können, Herr Präsident, meine Damen und Herren Abgeordnete, dass diese Sache in den nächsten Monaten zum Abschluss kommt, mit diesem Beschluss eines letzten Termins, der Anfang Juni sein wird und bei dem der Rat wirklich eine Entscheidung treffen muss.

Ich kann hier die Zusage geben, dass das Parlament über all diese Entwicklungen auf dem Laufenden gehalten wird.

 
  
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  Marian-Jean Marinescu, im Namen der PPE-DE-Fraktion.(RO) Das betriebliche Problem beim Schengen-Informationssystem II wurde kürzlich im Rahmen der Ratstagung vom Februar 2009 diskutiert. Es wurde erneut betont, dass für den toten Punkt, an dem SIS II sich derzeit befindet, umgehend eine Lösung gefunden werden muss.

Allerdings gewinne ich den Eindruck, dass es nach den Diskussionen über SIS II keine Antworten gibt, sondern eher weitere Fragen aufgeworfen werden. Der Rat unterstützt die Durchführung eines Analyse- und Reparaturplans, der dazu beitragen soll, die Probleme bei der technischen Architektur des SIS II festzustellen, um das System stabil und zuverlässig zu machen. Andererseits schließt der Rat nicht aus, dass er sich möglicherweise für die Annahme einer alternativen technischen Lösung entscheidet, die die vorgesehenen Ziele von SIS II erreichen kann.

Ganz gleich welche der Optionen zum Einsatz kommt, sie darf sich nicht auf den Zeitplan für die Aufnahme der Länder auswirken, die noch nicht zum Schengen-Raum gehören. Ich möchte gern wissen, welche Maßnahmen die Kommission ergreifen wird, um mögliche Verzögerungen zu vermeiden, und wie die durch diese Änderungen anfallenden zusätzlichen Kosten gedeckt werden. Das Beispiel Rumäniens spricht für sich: Rumänien hat eine 2 000 Kilometer lange Außengrenze. Seine für März 2011 vorgesehene Integration in den Schengen-Raum ist von größter Bedeutung. Diese ganze Unsicherheit hat möglicherweise Konsequenzen, was die Einhaltung dieses Termins betrifft.

Ich möchte noch eine andere Sache erwähnen. Zu einer Zeit, wo die Kommission sich daran macht, einen neuen Legislativvorschlag zu den nächsten Stufen beim Grenzschutz zu erarbeiten, möchte ich die Kommission bitten, zunächst einmal die Effizienz der aktuellen Systeme zum Schutz der Grenzen zu beurteilen, um größtmögliche Synergie zwischen diesen Systemen zu erzielen, und dann die Chance für Investitionen in die Grenzlogistik zu bewerten.

Um die strategischen Ziele der EU zu erreichen, sollte die Kommission mit der Entwicklung völlig neuer Instrumente erst beginnen, wenn die vorhandenen, wie SIS II oder VIS, voll funktionsfähig und zuverlässig sind.

 
  
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  Genowefa Grabowska, im Namen der PSE-Fraktion. (PL) Herr Präsident! Die Situation, über die wir hier diskutieren, ist ein eindrucksvolles Beispiel dafür, dass es manchmal einfacher ist, einen Konsens und politische Übereinstimmung über die Öffnung von Grenzen zu erzielen, als technische Probleme zu überwinden.

Der Beitritt neuer Mitgliedstaaten zum Schengensystem am 23. Dezember 2007 war für die Bürger dieser Staaten ein großes Ereignis. Ich weiß es, denn ich komme aus Polen. Mein Land hat diesen Glücksfall genutzt und schätzt die Grenzöffnung sehr, denn sie bedeutete das Verschwinden des letzten diskriminierenden Umstands, der uns von den Mitgliedstaaten der alten Europäischen Union trennte.

Außerdem hat die Agentur Frontex in meinem Land ihren Sitz. Ich weiß von Besuchen von Kommissar Barrot in Polen, wo er bei Frontex Gespräche geführt und auch den Teil der Außengrenze der EU besucht hat, für den Polen zuständig ist. Ich weiß, dass es in der Praxis keine ernsthaften Probleme mit dem Schutz dieser Grenze gibt und dass sie sicher ist. Allerdings haben wir Probleme mit technischen Dingen, deren Lösung sich zu einem politischen Problem auswächst, wie meine Kollegin Martine Roure gesagt hat. Ich bin vollkommen ihrer Meinung.

Wenn es aber technische Probleme gibt, wenn es Schwierigkeiten gibt, dann hat wohl jede EU-Institution eine Verpflichtung, sich an das Gremium zu wenden, das so lange für die Umsetzung von SIS II gearbeitet hat. Es ist schade, dass dies nicht geschehen ist und dass die Transparenz in dieser Materie ein wenig gezwungen war.

Überall dort, wo es um die Lösung von für die Bürger wichtigen Problemen geht, kann das Europäische Parlament meiner Ansicht nach nicht akzeptieren, dass Maßnahmen unabhängig vom Parlament getroffen werden oder dass das Parlament übergangen wird, insbesondere wenn es um eine Frage der Sicherheit geht.

Zum Schluss möchte ich noch eine ganz kleine Bemerkung machen. Wenn es Probleme gab, wenn es Hewlett-Packard nicht gelungen ist, die technischen Probleme zu überwinden, dann sollte man bedenken, dass wir in Polen hervorragende Fachleute haben, junge Leute, die wunderbare IT-Ingenieure sind und weltweit einen guten Ruf genießen. Ich glaube, sie könnten von Nutzen sein und das gewünschte Ergebnis deutlich billiger, schneller und besser liefern.

 
  
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  Hubert Pirker (PPE-DE).(DE) Herr Kommissar, Herr Ratspräsident! Schengen steht und stand immer als ein Synonym für die Verbindung von Sicherheit auf der einen Seite und Freiheit/Freizügigkeit auf der anderen Seite. Die Bürger – und wir alle – haben darin einen Mehrwert der Europäischen Union gesehen. Es hat immer ausgezeichnet funktioniert, und es ist „one for all“ interimistisch optimal genutzt worden.

Das was jetzt passiert ist, ist ärgerlich. Ärgerlich ist aber auch, dass dem Parlament – das immer sehr kooperativ war – die notwendige Information nicht übermittelt wurde. Wir haben die Bevölkerung immer informiert. Das Schengener Informationssystem II wird wie geplant zeitgerecht optimal funktionieren, und jetzt mussten wir hören, dass solche Probleme entstanden sind und ein Ende des Dilemmas nicht wirklich in Sicht zu sein scheint.

Mich würde interessieren: Stimmen die in den Medien kolportierten Zahlen, wonach bisher etwa 100 Millionen Euro in den Aufbau des Schengener Informationssystems II geflossen sind? Gibt es Konsequenzen gegenüber der Firma? Oder warum hat die Kommission, der Rat oder wer auch immer nicht eine zeitgerechte begleitende Kontrolle eingeleitet?

 
  
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  Mihael Brejc (PPE-DE).(SL) Es ist tatsächlich seltsam, dass immer wieder Probleme auftauchen, die die Betriebsfähigkeit des Systems betreffen, sobald wir solche großen und schweren technischen Fragen angehen. Wir haben uns inzwischen schon mit den technischen Fragen im Zusammenhang mit der Datenverarbeitung beschäftigt. Darum fragt die Öffentlichkeit mit Recht, wie es kommt, dass wir auf EU-Ebene keine professionellen Einrichtungen haben, die kompetent genug sind, um technische Probleme anzugehen, die sich aus dem Betrieb von außergewöhnlich großen und umfassenden Datenbanken ergeben können.

Ich war an diesen Debatten von Anfang an beteiligt. Ich habe auch mit dem Berichterstatter, Herrn Coelho, zusammengearbeitet und weiß, dass immer noch bestimmte technische Schwierigkeiten und Mängel bestehen, unter anderem jene, die mit dem verfügbaren Maß an Fachwissen zu tun haben. Daher ist meine Ansicht hier, dass wir eine echte technische und finanzielle Prüfung des Systems durchführen und uns diejenigen vornehmen müssen, die dieses Projekt leiten. Dies ist nicht nur meine persönliche Ansicht, es ist die Ansicht der Allgemeinheit.

 
  
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  Bernd Posselt (PPE-DE).(DE) Herr Präsident! Herr Kommissar, ich schätze Sie persönlich sehr, aber es ist ein unerträglicher Pfusch, der hier stattfindet, Verschwendung und Inkompetenz in einem unerträglichen Ausmaß. Deshalb appelliere ich nicht nur an die Kommission, sondern auch an den Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres und den Haushaltskontrollausschuss, sich sehr intensiv mit dieser Frage zu befassen.

Ich bin glücklich, dass die tschechische Ratspräsidentschaft hier ist. Denn Bayern und die Tschechische Republik haben exakt dasselbe Sicherheitsinteresse, und wir haben erlebt, dass sich trotz aller Ängste bei der Grenzöffnung die Sicherheitslage seit der Grenzöffnung durch perfekte polizeiliche Zusammenarbeit nachdrücklich und grundlegend verbessert hat. Das kann ein Modell für andere Teile Europas sein – dafür möchte ich der Tschechischen Republik aus bayerischer Sicht ausdrücklich danken. Wir erwarten, dass das Schengen-Informationssystem endlich auch flächendeckend funktioniert und dass es nicht auf einzelne vorbildliche bilaterale Beispiele beschränkt bleibt.

 
  
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  Alexandr Vondra, amtierender Präsident des Rates. − Herr Präsident! Ich möchte Ihnen für diese Aussprache danken. Sie zeigt, glaube ich, dass es ein Problem gibt, das behoben werden muss. Der Rat hat unter unserer Führung im Januar getan, was er konnte. Er hat wirklich diese Initiative ergriffen, den Eventual- oder Alternativplan aufzustellen und durch Setzen der Fristen auf eine Lösung zu drängen.

Das ist das, was wir tun können. Was die finanziellen Fragen betrifft, so überlasse ich es der Kommission, dazu Stellung zu nehmen. Wir haben jetzt eine ausgezeichnete Zusammenarbeit zwischen Minister Langer und Kommissar Barrot, und darum gehen wir davon aus, dass wir das in den Griff bekommen.

Was die Frage betrifft, ob es sich hier um ein politisches oder ein technisches Problem handelt, so glauben wir, dass dies lediglich ein technisches Problem ist. Es geht hier nicht, wie unterstellt wurde, um die Vernebelung von irgendwelchen politischen Problemen. Nein, das System muss sobald wie möglich betriebsfähig sein.

Zu den Bemerkungen von Frau Grabowska: ja, wir wissen noch, was es bedeutet, auf der Wartebank zu sitzen. Wir haben das vor einem Jahr diskutiert. All die Länder, die daran interessiert sind, dass hier etwas vorangeht, machen plötzlich ähnliche Erfahrungen wie wir. Wir setzen uns für die Erstellung einer technischen Lösung ein, die eine Beteiligung der Industrie zusätzlicher Länder entsprechend dem jeweiligen Zeitplan ermöglicht.

Ich werde mich auf diese wenigen abschließenden Bemerkungen beschränken. Ich habe mich am Anfang ausführlich geäußert. Jetzt gehen wir weiter.

 
  
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  Jacques Barrot, Vizepräsident der Kommission. (FR) Herr Präsident, Herr Minister Vondra! Vielen Dank für das Engagement der tschechischen Präsidentschaft in dieser Frage. Wir wissen Ihre Unterstützung sehr zu schätzen.

Ich möchte zuerst Herrn Marinescu antworten und ihm sagen, dass es kein besonderes Problem gibt, angesichts der Tatsache, dass die Mitgliedstaaten, die Schengen noch nicht beigetreten sind, sich ebenfalls dem SIS II-System anschließen können. Wir werden mehrere „Slots“ haben, mehrere Zeitpunkte, an denen neue Mitgliedstaaten, die keine Mitglieder von Schengen sind, in SIS II eingebunden werden können, und daher dürfte es normalerweise keine besonderen Schwierigkeiten geben.

Frau Grabowska, Ihnen danke ich auch für alles, was die Republik Polen für den Schutz der Außengrenzen tut. Ich konnte mich in der Tat von der guten Arbeit von Frontex mit den polnischen Mannschaften an der ukrainischen Grenze überzeugen.

Im Übrigen möchte ich als Antwort auf Frau Roure und Frau Grabowska ganz klar sagen, dass es im Wesentlichen ein technisches Problem ist. Wie Herr Vondra schon sagte, ist es kein politisches Problem. Die Wahrheit ist ganz einfach, dass die Mitgliedstaaten – bestimmte Mitgliedstaaten – immer höhere Ansprüche gestellt haben. SIS II wurden daher, man muss es so sagen, immer anspruchsvollere Ziele gesetzt. Aus diesem Grund ist das System komplexer geworden, und die Umsetzung hat sich als schwieriger als erwartet erwiesen, trotz all Ihrer Lobreden auf die Informationstechnik. Trotzdem stimmt es, dass das Problem im Wesentlichen ein technisches Problem bleibt und dass es daher möglich sein muss, es zu lösen.

Herrn Pirker möchte ich erwidern, dass das Parlament immer auf dem Laufenden gehalten werden wird, dazu verpflichte ich mich hiermit. Ich habe es selbst während dieses Projekts übernommen, und ich glaube sagen zu können, dass ich es wirklich als absolute Priorität betrachte. Ich möchte auch Herrn Brejc versichern, dass wir die Verantwortlichen klar benannt haben. Mit Unterstützung der Kommission haben wir diese Task Force eingerichtet, in die die Mitgliedstaaten eng eingebunden sind. Ich glaube, wir haben jetzt eine eindeutige Steuerungsgruppe, aber unser Vertragspartner muss auch den Ansprüchen gewachsen sein, die wir an ihn gestellt haben.

Ich möchte auch auf die finanzielle Frage eingehen, die die Herren Pirker und Posselt gerade angesprochen haben. Die haushaltsmäßigen Verpflichtungen der Kommission für das SIS II-Projekt haben insgesamt einen Umfang von rund 68 Millionen Euro. Die entsprechenden Verträge beinhalten die Durchführbarkeitsstudien, die Entwicklung des eigentlichen zentralen Systems, die Unterstützung und Qualitätssicherung, das s-Testa-Netzwerk, die Vorbereitung für die betriebliche Leitung in Straßburg, die Sicherheit, die biometriebezogenen Vorbereitungen sowie die Kommunikation. Das also sind die Verpflichtungen: 68 Millionen Euro.

Was die Zahlungen betrifft, so wurden bis heute effektiv 27 Millionen Euro für die technische Entwicklung ausgegeben: 20 Millionen Euro für die Entwicklung des Systems, 7 Millionen Euro für die Bereitstellung eines dem neuesten Stand der Technik entsprechenden Netzwerks, 4 500 000 Euro für Qualitätssicherung.

Dazu ist zu sagen, dass für den Fall, dass der Rat, nachdem er sich ein genaues Bild von der Zuverlässigkeit von SIS II bzw. von dessen fehlender Zuverlässigkeit gemacht hat, sich für einen Wechsel zu einer Formel SIS I+R entscheiden sollte, man daran denken könnte, in dem Fall das für SIS II eingerichtete Kommunikationsnetz wiederzuverwenden, so dass die entsprechenden Investitionen zu sehr großen Teilen erhalten blieben.

Unser Problem, meine Damen und Herren Abgeordneten, ist es im Grunde, Schengen, also den Schengen-Raum der Freizügigkeit, mit einem wirklich effektiven Instrument auszustatten. Es ist richtig, dass Schengen II, wenn wir es zustande bringen, angesichts der Ergebnisse, die wir damit erzielen können, das leistungsfähigste System der Welt sein wird. Allerdings muss die Informationstechnik bereit sein.

Ich möchte Ihnen jedenfalls sagen, dass ich nach der tschechischen Präsidentschaft – und ich bedanke mich nochmals bei Herrn Vondra für das Engagement der tschechischen Republik in dieser schwierigen Frage – wirklich überzeugt bin, dass wir in Verbindung mit der jetzigen Präsidentschaft alles nur mögliche getan haben, damit es nicht zu weiteren Verzögerungen kommt und unser Vertragspartner eine reelle Chance hat, unsere Erwartungen zu erfüllen. Auf jeden Fall haben wir einen festen Termin, so dass der Rat die notwendigen Entscheidungen treffen kann, und ich verpflichte mich nochmals, das Parlament ordnungsgemäß auf dem Laufenden zu halten.

 
  
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  Der Präsident. – Die Aussprache ist geschlossen.

Schriftliche Erklärungen (Artikel 142)

 
  
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  Alin Lucian Antochi (PSE), schriftlich.(RO) Dieses Projekt, das auf eine Verbesserung des Mechanismus für den Schutz der Außengrenzen der Europäischen Union abzielt, sollte nach meiner Ansicht nicht als Versuch betrachtet werden, Migration als Prozess aufzuhalten. Der eigentliche Zweck der Maßnahmen, mit denen die EU-Grenzen sicherer gemacht werden sollen, hat überhaupt nichts mit der Eindämmung des Zustroms von Einwanderern zu tun, sondern damit, sie streng zu kontrollieren. Eine angemessene Migrationssteuerung ist für die Gesellschaften und Volkswirtschaften der Mitgliedstaaten der Europäischen Union von Vorteil.

Ich muss betonen, dass die Europäische Union ihre Aufmerksamkeit stärker auf den Schutz ihrer Randgrenzen konzentrieren sollte, wo es Konfliktzonen gibt. Besondere Anerkennung verdient zum Beispiel die bisherige Tätigkeit der Mission der Europäischen Union zur Unterstützung des Grenzschutzes (EUBAM) zwischen der Republik Moldau und der Ukraine. Dazu gehört die Einführung eines einheitlichen Zollverfahrens an der Grenze, der Aufbau von Barrieren gegen Schmuggel und die Eindämmung der Aktivitäten krimineller Gruppen.

Andererseits macht es der weiterhin nicht beigelegte Transnistrien-Konflikt den Behörden der Republik Moldau ziemlich schwer, diesen Abschnitt der Grenze zu schützen, wo es weiterhin in großem Umfang zu illegaler Migration kommt.

Ich möchte meine feste Überzeugung zum Ausdruck bringen, dass die Europäische Union über genügend politischen, wirtschaftlichen und sicherheitstechnischen Einfluss verfügt, um die genannten illegalen Tätigkeiten zu stoppen, was auch die Übernahme einer aktiveren Rolle bei der Beilegung der ungelösten Konflikte an ihren östlichen Außengrenzen bedeutet.

 

12. Kroatien: Fortschrittsbericht 2008 - Türkei: Fortschrittsbericht 2008 - Ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien: Fortschrittsbericht 2008 (Aussprache)
Video der Beiträge
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  Der Präsident. – Als nächster Punkt folgen die Stellungnahmen des Rats und der Kommission zu:

- Kroatien: Fortschrittsbericht 2008,

- Türkei: Fortschrittsbericht 2008 und

- ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien: Fortschrittsbericht 2008.

 
  
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  Alexandr Vondra, amtierender Präsident des Rates. − Herr Präsident! Gestatten Sie mir die Einleitung der Aussprache über die Fortschrittsberichte zu den drei Ländern Kroatien, Türkei und ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien.

Lassen Sie mich mit Kroatien beginnen. Ihr Bericht stellt ganz richtig fest, dass Kroatien gegenüber dem vergangenen Jahr gute Fortschritte gemacht hat. Seit der Aufnahme der Verhandlungen sind 22 Kapitel – von 35 – eröffnet worden, von denen sieben vorläufig abgeschlossen wurden. Die Präsidentschaft wird die Verhandlungen weiter vorantreiben. Es sind insbesondere zwei Beitrittskonferenzen geplant: in den kommenden Wochen auf Stellvertreterebene und im Juni auf Ministerebene.

Ihr Bericht hebt zu Recht die Bedeutung hervor, die einer Regelung des ungelösten Grenzkonflikts mit Slowenien zukommt. Ich möchte diesem Haus versichern, dass die Präsidentschaft sich weiterhin intensiv bemühen wird, bei der Lösung dieser Frage zu helfen, und wir unterstützen in diesem Zusammenhang uneingeschränkt die laufenden Bemühungen des Kommissars Olli Rehn um eine Lösung, die uns die Fortsetzung der Beitrittsverhandlungen erlaubt. Gerade vor der Sitzung fand ein Essen statt, bei dem ausführlich darüber gesprochen wurde. Was die jüngste Entwicklung betrifft, begrüßen wir die am Montag verkündete Entscheidung Kroatiens, die von der auf Anregung von Olli Rehn eingesetzten Sachverständigengruppe vorgeschlagene Mediation zu akzeptieren. Wir drängen beide, Slowenien und Kroatien, sich konstruktiv zu verhalten, um rasch eine dauerhafte und für beide annehmbare Lösung zu finden, da es nicht nur ein Rezept für weitere Verzögerungen sein sollte.

Abgesehen von diesem wichtigen Thema hängt der weitere Fortschritt bei den Verhandlungen im großen Rahmen vor allem von Kroatien selbst ab. Die notwendigen politischen, wirtschaftlichen, legislativen und administrativen Reformen müssen abgeschlossen werden, und das Land muss seine Verpflichtungen aus dem Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen erfüllen. Die Umsetzung der überarbeiteten Beitrittspartnerschaft ist bei der Vorbereitung für die weitere Integration innerhalb der Europäischen Union ebenfalls wichtig. Der Rat betrachtet den von der Kommission in ihrem Fortschrittsbericht 2008 dargelegten indikativen und bedingten Fahrplan als ein nützliches Hilfsmittel. Er wird Kroatien helfen, die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um die Endphase der Verhandlungen zu erreichen Das vorausgeschickt bleibt trotz guter Fortschritte noch viel zu tun.

Lassen Sie mich einige Schlüsselbereiche herausgreifen, in denen weiterer Fortschritt notwendig ist, und mit der Justizreform beginnen. Die EU hat unmissverständlich klargemacht, dass die Einrichtung eines unabhängigen, unparteiischen, zuverlässigen, transparenten und effizienten Justizsystems absolut notwendig ist. Das ist eine Voraussetzung für die Stärkung der Rechtsstaatlichkeit und die ordnungsgemäße Umsetzung des Besitzstands. Eine professionelle, verantwortliche, transparente und unabhängige öffentliche Verwaltung ist ebenfalls ein Schlüsselbereich. In diesen beiden Bereichen sind wesentliche Gesetzesreformen erreicht worden, aber wir müssen beobachten, wie sie in der Praxis wirken.

Dasselbe gilt für den Kampf gegen Korruption und organisierte Kriminalität, wie in Ihrem Bericht ausgeführt. Die Befugnisse und Mittel des Amtes zur Bekämpfung von Korruption und organisierter Kriminalität wurden gestärkt. Das gilt auch für die Strafgerichte, die bei Fällen in diesem Bereich ermitteln. Jetzt muss in erster Linie sichergestellt werden, dass die erwarteten Ergebnisse geliefert werden. Die vollständige Umsetzung des Antikorruptionsprogramms und des Aktionsplans ist entscheidend für das Bewältigen dieses ernsten Problems.

Die Union hat außerdem unterstrichen, dass die uneingeschränkte Zusammenarbeit mit dem Internationalen Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien, einschließlich des Zugangs zu Dokumenten, absolut notwendig ist. Wir verfolgen Entwicklungen in diesem Bereich sehr genau, und wir fordern die kroatischen Behörden auf, dafür zu sorgen, dass die volle Zusammenarbeit mit dem Strafgerichtshof fortgeführt wird. Wir begrüßen das kürzlich geschlossene Abkommen über die fehlenden Dokumente und fordern Kroatien dringend auf, dem nachzukommen.

In der Frage der Rückkehr von Flüchtlingen stellen wir fest, dass die Umsetzung des Konvalidierungsbeschlusses zur Bestätigung von Rentenansprüchen aufgenommen und der Rückkehrergemeinschaft die Information über die Änderungen der Vorschriften zugänglich gemacht worden ist.

Bei der Wohnungsfürsorge sind die Fälle des Jahres 2007 erledigt worden, aber die Zielmarke für 2008 wurde noch nicht erreicht. An der Sicherstellung der nachhaltigen Flüchtlingsrückkehr muss weiter gearbeitet werden. Das trifft auch auf die Gesetzgebung zur Verbesserung der Rechte von Minderheiten zu.

Sie haben in Ihrem Bericht zu Recht die Frage der regionalen Zusammenarbeit hervorgehoben. Das Bemühen um die Verbesserung gutnachbarschaftlicher Verhältnisse muss fortgesetzt werden.

Lassen Sie mich nun zum Thema Türkei kommen. Die Verhandlungen mit der Türkei wurden 2008 weitergeführt, und im Lauf des Jahres wurden – wie es beinahe schon Tradition ist – insgesamt vier Kapitel eröffnet.

Trotz der Aufforderungen der EU, die Türkei solle ihre Reformbemühungen verstärken, brachte das Jahr 2008 nicht das erwartete Maß an Reformen. Ausschlaggebend bleibt die weitere Arbeit an den politischen Kriterien. In etlichen Bereichen sind erhebliche Anstrengungen notwendig, wie in den Schlussfolgerungen des Rates vom 8. Dezember 2008 und im Fortschrittsbericht 2008 der Kommission betont wird. Darauf haben Sie in Ihrem Bericht ebenfalls aufmerksam gemacht.

Gleichzeitig begrüßt die Präsidentschaft die jüngsten positiven Schritte der Türkei, darunter das kürzlich angenommene nationale Programm zur Übernahme des Besitzstands und die Ernennung des neuen Chefunterhändlers. Es ist wichtig, diese Verpflichtungen jetzt in wirkliche und greifbare Maßnahmen umzusetzen.

Wir möchten die Gelegenheit nutzen, um die strategische Bedeutung der Türkei hervorzuheben. Die Präsidentschaft teilt die Meinung des Parlaments, dass die Türkei für den im Energiebereich erzielten Fortschritt gelobt werden muss. Wir werden weiterhin die Entwicklungen in diesem wichtigen Bereich beurteilen, insbesondere hinsichtlich der vollen Unterstützung des Pipelineprojekts Nabucco.

Was den Fortschritt der Türkei in Richtung Beitritt betrifft, möchten wir betonen, dass Fortschritt auf dem Gebiet der Meinungsfreiheit entscheidend für den Gesamtfortschritt bei den Verhandlungen ist. Abgesehen von den begrüßenswerten Änderungen des Paragrafen 301 des Strafgesetzbuchs, die eine positive Wirkung hatten, gibt es immer noch eine Reihe von weiterhin geltenden Rechtsvorschriften, die Einschränkungen auf diesem Gebiet zur Folge haben könnten. Website-Sperrungen, oftmals unverhältnismäßig nach Umfang und Dauer, bleiben ein Grund zur Besorgnis. Angemessene gesetzliche Lösungen sind auch erforderlich, um beim religiösen Pluralismus eine Angleichung an europäische Normen sicherzustellen.

Eine umfassende Strategie zur Korruptionsbekämpfung muss entwickelt werden. Wir sind außerdem besorgt wegen der gestiegenen Anzahl der gemeldeten Fälle von Folter und Misshandlung, insbesondere außerhalb offizieller Gewahrsamsorte. Das 2007 geänderte Gesetz über die Aufgaben und rechtlichen Befugnisse der Polizei muss genau kontrolliert werden, um Menschenrechtsverletzungen zu verhindern. Die Ratifizierung des Protokolls zum Übereinkommen gegen Folter ist unerlässlich.

Was den Südosten betrifft, so begrüßen wir die Ankündigung der Richtlinien und des allgemeinen Inhalts des Südostanatolien-Projekts. Wir erwarten nun konkrete Schritte, die zur wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Entwicklung der Region führen. Es muss sich unter anderem schon lange bestehenden Problemen widmen, wie der Rückkehr von Binnenvertriebenen oder der Frage der Dorfwächter.

In der Frage der Beziehungen zwischen der EU und der Türkei ist klar, dass die Türkei ihre Verpflichtung zur vollständigen, nicht-diskriminierenden Umsetzung des Zusatzprotokolls erfüllen muss. Das ist ein wichtiges Thema, wie in Ihrem Bericht hervorgehoben wird, und sollte so bald wie möglich bearbeitet werden, da es natürlich das Tempo der Beitrittsverhandlungen beeinflusst. In der Erklärung vom 21. September 2005aufgeführte Angelegenheiten werden weiter verfolgt, und Fortschritte werden dringend erwartet.

Darüber hinaus muss die Türkei sich unwiderruflich auch zu gutnachbarschaftlichen Beziehungen und zur friedlichen Regelung von Streitigkeiten verpflichten.

Trotz all dieser Schwierigkeiten werden in einer Reihe von Gebieten weitere Fortschritte erzielt. Derzeit wird an Kapitel 16 zur Steuerpolitik und Kapitel 19 zur Sozial- und Beschäftigungspolitik gearbeitet. Ungeachtet dessen, dass die Verhandlungen immer komplizierter werden, je weiter sie voranschreiten, will die tschechische Präsidentschaft bei jenen Kapiteln Fortschritte erzielen, bei denen sie wirklich möglich sind. Überdies setzt sich die Präsidentschaft verstärkt dafür ein, Fortschritte bei Kapitel 15 zur Energiepolitik gemäß den Energiefragen zu erreichen, denn das ist eines unserer vorrangigen Anliegen.

Lassen Sie mich zum Schluss zur ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien kommen. Das ist ein dynamisches Land mit beträchtlichem Potenzial. Gleichzeitig steht es vor einer Reihe von erheblichen Herausforderungen. Beide Aspekte werden in Ihrem Bericht ausgezeichnet dargestellt. Mit vielem in diesem Bericht stimmt der Rat wirklich überein.

Ihr Bericht befasst sich nachdrücklich mit der Frage nach einem Datum für den Beginn von Beitrittsverhandlungen. Sie betonen auch zu Recht den Wunsch aller Seiten, eine baldige und beiderseits annehmbare Lösung in der Namensfrage zu finden.

Was die jüngsten Entwicklungen angeht, so wurden die vorgezogenen Wahlen im Juni 2008 nach erheblichen Problemen sowohl während der Vorbereitung als auch am eigentlichen Wahltag am 1. Juni in verschiedenen Stufen durchgeführt. Die OSZE, das BDIMR und der Europarat stellten fest, dass es ein ‚Versagen beim Verhindern von Gewaltakten‘ im Vorfeld der Wahl gab und dass die Wahl einer Reihe von wesentlichen internationalen Anforderungen nicht gerecht wurde.

Als Folge daraus haben wir gegenüber der Regierung und allen politischen Kräften unterstrichen, wie wichtig es ist, diese Kernpunkte im Vorfeld der Präsidentschafts- und Kommunalwahlen anzugehen, die in wenigen Tagen anstehen. Wir haben den Eindruck, dass diese Botschaft vernommen worden ist und dass erhebliche Anstrengungen unternommen worden sind, um jede Störung zu verhindern. Wir werden sehen, ob diese Bemühungen Früchte tragen.

Der Fortschrittsbericht 2008 der Kommission ist hilfreich. Wir haben von dem Plan Kenntnis genommen, den die Regierung der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien aufgestellt hat. Es handelt sich um einen ausführlichen Text, der das ernsthafte Bemühen darstellt, die Empfehlungen der Kommission aufzunehmen. Vor dem Hintergrund der gesamten Region sollten das Dokument und die Arbeit, die darin steckt, positiv gesehen werden.

Der innere Zusammenhalt dieses multiethnischen Staates ist natürlich der Schlüssel zu seiner künftigen Entwicklung. Deshalb möchte ich die Bedeutung bestätigen, die dieses Parlament dem Rahmenabkommen von Ohrid beimisst. Das ist der Dreh- und Angelpunkt gewesen, das Land vom Konflikt wegzubewegen und ihm auf seinem Weg zu einer größeren europäischen Integration zu helfen.

Zur Liberalisierung der Visaregelung ist zu sagen, dass wir uns gerade in einer Bewertungsphase befinden und ich das Ergebnis nicht präjudizieren will. Ich persönlich würde einfach sagen, dass ich viel Verständnis für die Hoffnungen und Ziele der normalen Bürger des ehemaligen Jugoslawien habe, die gern wieder Reisefreiheit hätten. Absolut notwendige Voraussetzung dafür bleibt aber die Bereitschaft des Landes, die im Fahrplan zur Liberalisierung der Visaregelung aufgeführten spezifischen Kriterien zu erfüllen. Persönlich hoffe ich, dass bald eine positive Entwicklung erreicht werden kann.

Das führt mich zu einem der Hauptpunkte in Ihrem Bericht und der Entschließung. Die tschechische Präsidentschaft sieht sich der europäischen Perspektive für die ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien voll und ganz verpflichtet. Weitere Fortschritte in dieser Richtung sind erreichbar. Doch die Hauptziele der Assoziierungspartnerschaft müssen verwirklicht werden und wir brauchen den Nachweis ordnungsgemäß durchgeführter Wahlen, also als Gegensatz zu dem, was 2008 passierte. Diese Punkte werden von der Kommission in ihrem nächsten Fortschrittsbericht bewertet. Wir freuen uns auf diesen Bericht und auf die weitere Entwicklung in Skopje.

 
  
  

VORSITZ: MIGUEL ÁNGEL MARTÍNEZ MARTÍNEZ
Vizepräsident

 
  
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  Olli Rehn, Mitglied der Kommission. − Herr Präsident! Die heutige Aussprache bietet eine sehr gute Gelegenheit, den Beitrittsprozess in den drei Kandidatenländern anzuschauen.

Lassen Sie mich mit Kroatien beginnen. Der Entschließungsentwurf von Herrn Swoboda spricht die Hauptherausforderungen an, vor denen Kroatien heute steht. Ich stimme mit dem stellvertretenden Ministerpräsidenten Vondra völlig überein, dass die Beitrittsverhandlungen mit Kroatien seit ihrem Beginn im Oktober 2005 im Allgemeinen gut verlaufen sind, und deshalb hat die Kommission im November 2008 einen indikativen Fahrplan zur Erreichung der letzten Stufe der Beitrittsverhandlungen bis Ende 2009 vorgeschlagen, sofern Kroatien die notwendigen Voraussetzungen erfüllt.

Auch hier stimme ich mit der Analyse Ihres Berichterstatters und von Herrn Vondra bezüglich der künftigen Herausforderungen überein, als da sind die Justizreform, die Bekämpfung von organisierter Kriminalität und Korruption sowie die Reform des Schiffbausektors und die Anpassung an unsere Staatsbeihilferegelungen und Wettbewerbspolitik.

Bedauerlicherweise sind die Beitrittsverhandlungen mit Kroatien wegen der Grenzfrage derzeit ins Stocken geraten. Wir haben uns mit der tschechischen Präsidentschaft um diese Angelegenheit gekümmert, und ich weiß die Unterstützung der Präsidentschaft für unsere Bemühungen, einen gangbaren Weg in die Zukunft zu finden, sehr zu schätzen.

Es geht hier zwar um eine bilaterale Frage, diese ist aber zu einem europäischen Problem geworden, und deshalb hat die Kommission die Initiative ergriffen und europäische Vermittlung zur Lösung der Grenzfrage angeboten, damit dann die Beitrittsverhandlungen Kroatiens fortgesetzt werden können. Das geschah in der Annahme, dass beide Seiten eine solche Vermittlung für nützlich hielten.

Das war die Botschaft, die ich im Januar Ljubljana und Zagreb übermittelte. Seither habe ich nach den Beschlüssen beider Regierungen über unsere Initiative mit den beiden Außenministern – zuletzt am gestrigen Abend in einer dreiseitigen Besprechung – die Bedingungen einer solchen Vermittlung erörtert.

Ich begrüße die grundsätzliche Unterstützung beider Länder für eine solche europäische Vermittlung, die von einer Gruppe hochrangiger Fachleute unter Vorsitz von Präsident Martti Ahtisaari unternommen würde. In unserer gestrigen Besprechung haben wir die Möglichkeiten einer Einigung auf die spezifischen Bedingungen einer Vermittlung erkundet. Wir haben die Fortsetzung der Gespräche in naher Zukunft vereinbart. An dieser Sache wird also noch gearbeitet.

Gestatten Sie mir den Hinweis, dass die Kommission sich bei ihren Bemühungen an den Verhandlungsrahmen gehalten hat, der das eigentliche Fundament des EU-Beitrittsprozesses für Kroatien darstellt und dem Kroatien und alle EU-Mitgliedstaaten, einschließlich Slowenien zugestimmt haben.

Durch Annahme und Vereinbarung des Verhandlungsrahmens haben sich sowohl Kroatien als auch Slowenien verpflichtet, Grenzstreitigkeiten nach dem Grundsatz der friedlichen Beilegung von Streitigkeiten gemäß der Charta der Vereinten Nationen zu lösen. In der UN-Charta heißt es, und ich zitiere, weil dies von besonderer Bedeutung ist: „Die Parteien einer Streitigkeit [...] bemühen sich [...] um eine Beilegung durch Verhandlung, Untersuchung, Vermittlung, Vergleich, Schiedsspruch, gerichtliche Entscheidung, Inanspruchnahme regionaler Einrichtungen oder Abmachungen oder durch andere friedliche Mittel eigener Wahl“.

Aus dieser Aussage in der UN-Charta ergeben sich zwei gleich wichtige Folgerungen. Erstens: die Parteien können irgendeines der in der UN-Charta aufgeführten Verfahren wählen. Die Initiative der Kommission gehört zweifellos zu diesen Verfahren.

Zweitens: welches Verfahren in der UN-Charta sie auch immer zu wählen beschließen, sie müssen es beide gemeinsam beschließen. Ich hoffe aufrichtig, dass dies eher früher als später geschieht. Die Initiative der Kommission bietet dafür eine sehr solide Grundlage und einen brauchbaren Weg nach vorn.

Um es zusammenzufassen: der Kommission geht es wirklich darum, die Grenzfrage zu lösen und parallel dazu die EU-Beitrittsverhandlungen Kroatiens wieder in Gang zu bringen, so dass Kroatien seine Zeitvorgabe eines Abschlusses der technischen Verhandlungen bis Ende 2009 einhalten kann.

Ich begrüße die sorgfältig abgewogene Entschließung von Frau Oomen-Ruijten zur Türkei und unterstütze die Bemühungen der Präsidentschaft um eine Eröffnung von Kapiteln, bei denen die technischen Voraussetzungen dafür gegeben sind. Wir haben in den letzten Jahren leider eine gewisse Verlangsamung der politischen Reformen in der Türkei erlebt. Allerdings – und da stimme ich Ihrer Berichterstatterin zu – gibt es seit Ende letzten und Anfang dieses Jahres bestimmte positive Entwicklungen, wie den Start eines neuen Fernsehkanals, der in kurdischer Sprache sendet, und die Gründung eines parlamentarischen Ausschusses für die Gleichstellung der Geschlechter. Ferner stellen das neue „Nationale Programm zur Übernahme des Besitzstands“ und die Ernennung eines neuen hauptamtlichen Chefunterhändlers ebenfalls Schritte nach vorn dar.

Ermutigend ist auch die Tatsache, dass Ministerpräsident Erdogan und der Führer der wichtigsten Oppositionspartei, Deniz Baykal, bei ihren jüngsten Besuchen in Brüssel ihren Einsatz für das EU-Beitrittsverfahren der Türkei zum Ausdruck gebracht haben. Ich hoffe, diese Entwicklungen haben einen starken politischen und gesellschaftlichen Konsens zur Folge, die EU-Reformen mit neuem Schwung und neuer Energie weiterzuführen.

Dies ist verbunden mit Meinungsfreiheit, die ein zentraler europäischer Wert ist. Ein offenes und transparentes Verhältnis zwischen der Presse und staatlichen Stellen ist für die Qualität der demokratischen Debatte in jedem Land entscheidend. In besonderem Maße gilt dies für ein Land wie die Türkei, das einen schwierigen Prozess des Wandels und der Reform durchmacht. Die Kommission verfolgt daher sehr genau die zugesicherte Existenz von Pressefreiheit in der Türkei. Sie muss unbedingt beachtet werden, denn sie ist die Grundlage jeder offenen Gesellschaft und daher des fortgesetzten demokratischen Wandels der Türkei.

Ich möchte kurz etwas zu Zypern sagen. Es besteht dieses Jahr eine einmalige Chance, die Insel wieder zu vereinigen und diesen langjährigen Konflikt auf europäischem Boden zu beenden. Es ist entscheidend, dass die Türkei die laufenden Einigungsgespräche zwischen den Führern der beiden Volksgruppen auf Zypern proaktiv unterstützt.

Was die ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien betrifft, so danke ich Herrn Meijer und den Schattenberichterstattern für eine ausgewogene Entschließung. Ich bedaure es genau wie sie, dass auch drei Jahre, nachdem das Land Kandidatenstatus erreicht hat, noch keine Beitrittsverhandlungen begonnen haben.

Die wichtigste unerfüllte Bedingung ist die Fähigkeit zur Durchführung von freien und fairen Wahlen nach internationalen Maßstäben. Dies ist eine zentrale Voraussetzung für die Erfüllung der politischen Kriterien von Kopenhagen, und so werden die Präsidentschafts- und Kommunalwahlen im März und April eine Stunde der Wahrheit sein.

Ich teile die positive Einschätzung in Ihrem Entschließungsentwurf hinsichtlich des Fortschritts, den Skopje bei der Umsetzung des Fahrplans zur Liberalisierung der Visabestimmungen gemacht hat. Die Kommission bekennt sich weiterhin dazu, dem Rat 2009 einen Vorschlag zum visumfreien Reiseverkehr zu machen, sobald die Länder in der Region jeweils die Voraussetzungen erfüllen. Ich weiß, wie wichtig dies für die normalen Bürger des westlichen Balkan ist.

Zusammenfassend kann ich sagen, dass wir uns im Interesse von Stabilität und Frieden, Freiheit und Demokratie trotz der sehr schwierigen wirtschaftlichen Zeiten weiter für einen allmählichen, geregelten Beitritt der drei Kandidatenländer einsetzen werden. Ich vertraue darauf, dass das Parlament dieses sehr wertvolle gemeinsame Ziel ebenfalls weiterhin unterstützt.

 
  
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  Hannes Swoboda, Verfasser.(DE) Herr Präsident, Herr Ratspräsident, Herr Kommissar! Ich möchte zuerst und hauptsächlich über Kroatien sprechen. Kroatien hat eine ganze Reihe von Fortschritten gemacht. Ich bin sehr dankbar für die Bemühungen in Kroatien selbst, insbesondere was die Justizreform betrifft. Da waren notwendige Schritte zu tun. Durch zwei neue Minister sind einige Dinge in Gang gesetzt worden. Ich weiß, Minister können nicht alles erreichen. Aber wesentliche Dinge in Fragen der Korruptionsbekämpfung und der Bekämpfung der grenzüberschreitenden Kriminalität sind passiert.

Zweitens: Was die Frage der Zusammenarbeit mit dem Internationalen Strafgerichtshof betrifft, möchte ich klar zum Ausdruck bringen, dass ich mir von Kroatien natürlich alle notwendigen Schritte erwarte. Es gab Dispute über verschiedene Befehlsketten und entsprechende Dokumente. Ich hoffe, dass diese Dinge in den nächsten Tagen aufgeklärt werden können, so dass von dieser Seite keine Unterbrechung oder Verzögerung der Verhandlungen erfolgt.

Drittens: Was die Wirtschaftsreformen betrifft, so hat Kroatien ebenfalls einiges eingeleitet. Ich bin sehr froh über die Pläne, auch was die Schifffahrtsindustrie betrifft. Das ist nicht leicht, aber hier sind doch die wesentlichen Grundsteine gelegt worden. Ich bin ferner froh, dass auch mit den Arbeitnehmern in der Schifffahrtindustrie entsprechende Vereinbarungen getroffen werden können. Diese Reformen werden schmerzlich sein, aber sie sind notwendig, und sie können in einer vernünftigen Form gemacht werden.

Ich komme jetzt schon zu der großen Frage, die hier immer wieder kontrovers ist, und das ist die Frage des Grenzkonfliktes. Herr Kommissar, ich muss Ihnen leider sagen, dass ich schon etwas darüber enttäuscht bin, dass Sie die Sache ohne entsprechenden Kontakt mit dem Parlament angegangen sind. Ich habe Ihnen die Unterlagen geschickt, Sie haben substanziell nichts geantwortet. Wir wären vermutlich schon weiter, wenn Sie diese Fragen mit mehr Sensibilität behandelt hätten. Damit kein Missverständnis entsteht: Ich unterstütze durchaus Ihren Vorschlag zur Mediation. Aber man hätte schon weiter sein können, hätte man vor allem in der Frage des Stellenwertes des internationalen Rechts hier von vornherein eine klare Aussage getroffen und nicht erst nachher.

Wir sind in einer schwierigen Situation. Beide Seiten müssen sich bewegen, das ist klar. Ihr ursprünglicher Vorschlag war zumindest in seiner Formulierung nicht optimal. Ich hätte mir auch gewünscht, dass Sie gerade mit dem Parlament und auch mit dem Berichterstatter einen engeren Kontakt halten. Dann hätten wir nämlich gemeinsam vielleicht auch schon mehr erreichen können. Das ist leider nicht geschehen, aber das ist jetzt trotzdem nicht der Kern der Debatte. Der Kern der Debatte ist, wie wir weiterkommen.

Wir kommen weiter. Das wird wahrscheinlich die Formulierung sein, die ich dem Parlament morgen vorschlage. Wir werden sagen, dass diese Mediation, die Sie vorgeschlagen haben – okay, das ist nun einmal so, und das will ich durchaus unterstützen –, auf der Basis des internationalen Rechts und, um es auf Englisch zu formulieren, on international law inclusive on the principles of equity basieren sollte. Die beiden Seiten müssen sich in dieser Richtung einigen. Beide Seiten, Kroatien und Slowenien, müssen anerkennen, dass das internationales Recht ist, aber dass natürlich auch the principles of equity, die Fairness, eine gerechte Lösung – wenn man so will, eine politische Lösung – notwendig sind. Das ist von beiden Seiten anzuerkennen, und eigentlich ist es ein bisschen traurig, dass wir in dieser Situation nicht weiterkommen. Wir haben andere Probleme auf dieser Welt und insbesondere auch in Europa, so dass diese Probleme im Einvernehmen gelöst werden sollten. Trotz aller Kritik wünsche ich Ihnen natürlich viel Erfolg bei der Überzeugung beider Partner. Leider ist das gestrige Gespräch nicht so positiv ausgegangen, wie es ausgehen sollte, aber ich hoffe, dass das bald der Fall ist.

Lassen Sie mich noch eine generelle Bemerkung machen, weil das auch Mazedonien betrifft: Bilaterale Probleme bestehen, aber sie sollen die Erweiterungsverhandlungen nicht blockieren. Was unseren Antrag betrifft – der manchmal missverstanden wird: Natürlich sollten bilaterale Probleme nicht im negotiation framework enthalten sein! Das ist etwas, was außerhalb steht. Es geht um die Verhandlungen zwischen der Europäischen Union und den einzelnen Ländern. Parallel dazu sollten die bilateralen Probleme gelöst werden, wenn beide Seiten – in diesem Fall Mazedonien und Griechenland – bereit sind, die Dinge zu behandeln. Wir müssen von diesem Parlament aus ein klares Signal geben: In all diesen Konflikten müssen sich beide Seiten bewegen. Es kann nicht sein, dass sich nur eine Seite bewegt und die andere stehen bleibt. In all diesen Fällen muss klar sein: Die bilateralen Probleme dürfen die Beitrittsverhandlungen nicht blockieren, sondern man kann parallel dazu arbeiten, und auch dieses Parlament wird helfen, dass in den beiden Konflikten, um die es hier geht, sich auch beide Seiten bewegen werden. Ich hoffe, dass wir dann zu einem guten Ergebnis kommen.

 
  
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  Ria Oomen-Ruijten, Verfasserin. (NL) Herr Präsident! Ich möchte zunächst einmal all jenen meinen herzlichsten Dank aussprechen, die zu diesem Bericht beigetragen haben. Ich habe eine kritische, aber faire Einschätzung des Fortschritts vorgelegt, den die Türkei 2008 gemacht hat. Der Bericht enthält viele Punkte, hält der Türkei einen Spiegel vor und sendet nur eine einzige klare Botschaft aus, dass nämlich hinsichtlich politischer Reformen im dritten Jahr nacheinander zu wenig getan worden ist.

Politische Reformen und die Erfüllung der Kriterien von Kopenhagen haben absoluten Vorrang. Es geht nicht um die Eröffnung von Kapiteln. Es geht darum, was europäische Bürger verbindet, um Rechtsstaatlichkeit, eine unabhängige und unparteiliche Justiz, Redefreiheit, eine funktionierende Presse und ein individuelles Bürgerrecht für jeden Bürger. Auf diesen Gebieten muss mehr getan werden, Herr Präsident. Erst danach können politische Kapitel eröffnet werden.

Herr Präsident, die Türkei sollte diese politischen Kriterien nicht in unserem Namen vorschreiben. Bei ihrer Amtsübernahme hat die türkische Regierung ihren eigenen Bürgern gesagt, dass die Türkei modernisiert werden muss. Dafür müssen die politischen Kriterien reformiert werden, denn für den Aufbau einer sozial ausgerichteten Marktwirtschaft müssen die Menschen die Chance erhalten, ihre Kreativität zu erleben, und müssen alle Bürger dieselben Rechte haben. Darum bilden die politischen Kriterien jetzt den Schwerpunkt unseres Berichts.

Bei meinen Besuchen der Türkei mit dem Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten, dem gemischten parlamentarischen Ausschuss und Anderen habe ich den Eindruck gewonnen, dass sich etwas bewegt und ein kleines Licht am Ende des Tunnels zu sehen ist, wie Kommissar Rehn auch schon gesagt hat. Vor zehn Jahren hätte ich mir nicht vorstellen können, dass es einmal Fernsehprogramme in kurdischer Sprache geben würde. Das steht ebenfalls im Bericht. Außerdem weiß ich die positive Rolle der Türkei im Kaukasus sehr zu schätzen. Ich habe meine Anerkennung für die ersten Schritte in Richtung einer Öffnung der Grenze zu Armenien ausgedrückt, denn auch die Armenier müssen aus ihrer derzeitigen Isolation befreit werden.

Herr Präsident, es wurde ein nationales Programm gebilligt, um diese Reformen durchzuführen. All dies sind positive Elemente, und ich hoffe aufrichtig, dass die Türkei diese Reformen jetzt energisch mit dem neuen Verhandlungsführer in Angriff nimmt. Eine moderne und wohlhabende Türkei ist von größter Bedeutung für das türkische Volk, aber – und das sage ich in jedem Mitgliedstaat – gewiss auch von großer Bedeutung für uns alle in der Europäischen Union.

Ich möchte noch etwas anderes ansprechen, Herr Präsident. Uns wird häufig berichtet, dass die Freiheit der Medien und die Pressefreiheit zu wünschen übrig lassen und dass die Presse, wenn sie von ihrer Freiheit Gebrauch macht, anschließend mit steuerlichen Veranlagungen oder anderen Maßnahmen rechnen muss. Das muss sich ändern.

Abschließend noch etwas zu den eingereichten Änderungsanträgen. Ich möchte der sozialistischen Fraktion davon abraten und empfehlen, den Bericht so zu akzeptieren, wie er uns vorliegt. Wir erkennen an, dass Verbesserungen notwendig sind, aber wir sollten keine zusätzlichen Forderungen stellen, weil diese unnötig sind und nur zur Polarisierung in diesem Haus führen.

 
  
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  Erik Meijer, Verfasser. (NL) Herr Präsident! Die Erweiterung der EU hat momentan einen weit geringeren Stellenwert als in den Jahren vor den großen Erweiterungsrunden von 2004 und 2007. In den bestehenden Mitgliedstaaten ist die öffentliche Meinung dazu jetzt weit weniger positiv. Das hat viel mit dem Gefälle beim Wohlstand und beim Verdienstniveau zu tun, weil diese Unterschiede eine stärkere Migration von Arbeitskräften aus ärmeren in reichere Mitgliedstaaten zur Folge haben können.

Auch das Problem der in den Ländern des ehemaligen Jugoslawien viel geschmähten Visabestimmungen hängt sehr stark mit dieser Furcht zusammen. Es führt dazu, dass viele Bewohner dieser Länder, die bis 1992 leichten Zugang zu den heutigen EU-Mitgliedstaaten hatten, jetzt Schwierigkeiten haben, unsere Länder zu besuchen. Das muss sich ändern.

Wenn Kandidatenländer ihr Bestes tun, um so schnell wie möglich vollwertige Mitglieder der Europäischen Union zu werden, können sie dabei Fehler machen. In genau dieser Absicht hat Mazedonien 2008 in größter Eile neue Gesetze erlassen, und das erweist sich jetzt als unvereinbar mit den bei uns herrschenden Vorstellungen von sorgfältiger demokratischer Entscheidungsfindung.

Die Opposition sowie eine Reihe von Nichtregierungsorganisationen und einzelne Bürger haben sich in verschiedenen Fällen über unzulängliche Regierungsführung beklagt. Nach ihrer Ansicht nimmt sich die größte Regierungspartei mehr Rechte heraus als es für eine pluriforme Gesellschaft angemessen ist, in der Demokratie in mehr besteht als nur dem Abhalten von Wahlen. Die Polizei wurde dafür kritisiert, dass sie von Bürgern erstattete Anzeigen nicht aufgenommen hat. Es gibt Entrüstung über die demonstrative Verhaftung des Bürgermeisters der Stadt Strumitsa und von anderen Politikern.

Ich schlage vor, dass wir diese Kritikpunkte nicht unter den Teppich kehren, wenn wir morgen die Entschließung annehmen. Wir haben allen Grund, offen auszusprechen, dass noch nicht alles gut ist, bei weitem nicht. Dennoch müssen wir zugeben, dass es bei Mazedonien nicht schlechter läuft als bei anderen Ländern während ihrer Beitrittsverhandlungen und manchmal sogar noch nach ihrem Beitritt. Wenn die Beitrittsverhandlungen mit Mazedonien jetzt in Gang kommen, dauert es noch mindestens bis 2017, bis dieses Land Mitglied werden kann.

Vor einem Jahr hat das Parlament meinen Vorschlag gebilligt, diese Verhandlungen so schnell wie möglich aufzunehmen. Später diente die Störung der Parlamentswahlen als Argument, zunächst die demnächst stattfindenden Präsidentschafts- und Kommunalwahlen abzuwarten. Eine weitere Verzögerung des Prozesses bringt zwei große Nachteile mit sich: die breite Unterstützung innerhalb von Mazedonien für eine EU-Mitgliedschaft wird schwinden, und der Status eines Kandidatenlandes verliert so für die Zukunft jegliche Bedeutung.

Jeder weiß, dass die Verwendung des Namens Mazedonien ohne irgendwelche Vorsilben auf unüberwindliche Widerstände seitens Griechenlands stößt. Für Griechenland heißt dieses Nachbarland Nordmazedonien, Obermazedonien, Vardar-Mazedonien oder Skopje-Mazedonien. Dies ist eine deutlich positivere Haltung im Vergleich zu der Zeit vor 2006, als Griechenland jegliche Verwendung des Namens Mazedonien für seine nördlichen Nachbarn verhindern wollte.

Es liegt gerade in Griechenlands Interesse, viel mehr jedenfalls als in dem der anderen Mitgliedstaaten, dass dieser nördliche Nachbar so schnell wie möglich Mitglied der Europäischen Union wird. Deshalb müssen die beiden Staaten bei allernächster Gelegenheit eine Lösung vereinbaren. Die Alternative wäre, dass beide Staaten weiterhin abwarten, bis der andere Staat das erste große Zugeständnis macht. Doch dieser andere Staat kann nicht einseitig der öffentlichen Meinung in seinem Land diametral zuwiderhandeln.

Wir müssen vermeiden, in eine Situation zu geraten, in der Referenden festlegen, dass mit dem Nachbarn keine Kompromisse gefunden werden können. Solange kein Kompromiss erreicht ist, werden meine Nachfolger in den nächsten Jahrzehnten Jahr für Jahr berichten, dass kein Fortschritt möglich ist.

Zum Schluss: auch für die andere bilaterale Meinungsverschiedenheit zwischen Slowenien und Kroatien muss unverzüglich eine Lösung gefunden werden. Kroatien muss 2011 ein vollwertiger Mitgliedstaat sein können. Staatliche Unterstützung für den Schiffbausektor sollte kein Hindernis darstellen, wenn andere Mitgliedstaaten ihren Banken oder der Automobilindustrie staatliche Unterstützung gewähren dürfen. Das Beschäftigungsniveau in Pula, Rijeka und Split muss erhalten bleiben können.

 
  
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  Bernd Posselt, im Namen der PPE-DE-Fraktion.(DE) Herr Präsident! In dieser Erweiterungsdebatte müssen wir drei entscheidende Unrichtigkeiten geraderücken. Erstens: Die Türkei ist kein europäisches Land, sondern liegt in Kleinasien. Sie ist, wie der Ratspräsident mit Recht gesagt hat, ein strategisch wichtiger Partner, und daher brauchen wir eine strategische Partnerschaft und keinen Beitritt zur EU.

Zweitens: Die Probleme, die Mazedonien betreffen, haben nichts damit zu tun, dass dort angeblich die Demokratie nicht funktioniert, Herr Kommissar – ich war bei den Wahlen, sie waren vorbildlich, Probleme gab es da nur bei einer winzigen Minderheit innerhalb der Minderheit –, sondern sie haben mit dieser unsäglichen Namensfrage zu tun, die zur bilateralen Erpressung missbraucht wird.

Drittens! Kroatien ist längst reif, der Europäischen Union beizutreten. Wir könnten die Verhandlungen ohne weiteres dieses Jahr abschließen, wie es das Europäische Parlament mehrfach gefordert hat und vermutlich auch morgen wieder fordern wird. Dass es noch nicht so weit ist, liegt ausschließlich an einer Blockade durch Slowenien im Rat. Herr Ratspräsident und Herr Kommissar, ich appelliere an Sie, durch eine vernünftige Lösung dafür zu sorgen, dass diese Blockade endlich aufhört. Die Grenzfrage ist exakt dieselbe, die schon bestanden hat, als wir Slowenien aufgenommen haben. Wir können nicht ein Land trotz der offenen Frage aufnehmen und das andere nicht.

Deshalb appelliere ich, Slowenen und Kroaten bei einer vernünftigen Lösung der Grenzfrage zu unterstützen, aber gleichzeitig alle Verhandlungskapitel zu öffnen. Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun, und die Öffnung der Verhandlungskapitel ist die Voraussetzung dafür, dass wir mit einem hervorragenden und vorbildlichen Beitrittskandidaten dieses Jahr noch zu einem vernünftigen Ergebnis kommen.

Was die Lösung der bilateralen Frage betrifft, wo wir unsere guten Dienste anbieten, so bitte ich Sie, Herr Kommissar, auf eine objektive Arbitrage hinzuarbeiten. Ihre Sprecherin hat am Montag selbst gesagt, das könnte auf der Basis von „international law and jurisprudence“ stattfinden. Ich möchte Sie fragen, ob Sie diese Formulierung für geeignet halten, um hier zu einem Kompromiss zwischen beiden Seiten zu kommen.

Ich würde jedenfalls gerne diese Formulierung …

(Der Präsident entzieht dem Redner das Wort..)

 
  
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  Jan Marinus Wiersma, im Namen der PSE-Fraktion.(NL) Herr Präsident! Ich möchte einige Anmerkungen zu dem ausgezeichneten Bericht von meiner Kollegin Ria Oomen-Ruijten über die Türkei machen. Meine Fraktion schließt sich der Hauptfolgerung in dem Bericht an, dass nämlich in letzter Zeit zu geringe Fortschritte erzielt worden sind.

2008 war für die türkische Politik zugegebenermaßen ein turbulentes Jahr, und diese Turbulenz wird die Durchführung einiger Reformen gestoppt haben, und zwar in einem Maß, dass ein Teil des Prozesses festgefahren ist. Da diese Probleme in der Türkei jetzt in gewissem Umfang behoben worden sind, hoffen wir, dass die Regierung sich auf der Grundlage von vorgelegten Plänen beeilen wird, das Notwendige zu unternehmen, damit der Verhandlungsprozess mit der Europäischen Union glaubwürdig bleibt. Ich verweise da auf das nationale Programm für Reformen, das von der gegenwärtigen Regierung aufgestellt worden ist.

Unsere Fraktion wird natürlich die Verhandlungen mit der Türkei weiterhin unterstützen, und diese Verhandlungen gehen, was uns betrifft, um eine EU-Mitgliedschaft, auch wenn wir uns keinen Illusionen über den Prozess und ihre mögliche Dauer hingeben sollten. Es darf aber nicht so sein, dass der Impuls nur von der Türkei kommt. Wir auf EU-Seite sollten bei diesem Prozess ebenfalls zuverlässige Partner bleiben.

Die Türkei ist für die Europäische Union von strategischer Bedeutung, nicht zuletzt wegen unserer Energieversorgung und aller damit zusammenhängenden Fragen, und die sozialistische Fraktion im Europäischen Parlament befürwortet die Eröffnung des Energiekapitels im Verhandlungsprozess. Letztlich wird aber die Türkei den größten Teil der Vorarbeiten leisten müssen, und der Oomen-Ruijten-Bericht enthält viele Punkte, die wir kritisch betrachtet haben und weiter so ansehen sollten.

Ich möchte ein paar Punkte dieses ausgezeichneten Berichts erwähnen. Redefreiheit muss garantiert sein. Wir sind immer noch nicht zufrieden mit dem, was dort geschieht. Kürzlich gab es eine Internet-Kampagne Armenien und den Völkermord betreffend. Mit Sicherheit untergräbt die Art und Weise, wie die Behörden darauf reagieren, diese Freiheit.

Was wir auch stets wiederholen wollen und worüber das Europäische Parlament niemanden im Zweifel lassen sollte, ist das Faktum, dass wir niemals die Islamisierung der Türkei akzeptieren werden und dass wir am Ende dieses Land nur auf der Grundlage seines säkularen Wesens zulassen können, wie es jetzt in der Verfassung verankert ist.

Ich möchte mit einer letzten Bemerkung zum Schluss kommen. Kommissar Rehn hat sich über die Verhandlungen in Zypern recht optimistisch geäußert. Aus meiner Sicht sollten wir nichts tun, aber auch nichts unversucht lassen, um den Erfolg dieser Gespräche zu sichern, und wir werden überdies die Türkei bitten müssen, nichts zu unternehmen, was diese Gespräche torpedieren könnte, denn es ist für die Parteien wichtig, frei darüber zu verhandeln, wie sie ihre gemeinsame Zukunft gestalten wollen. Ich kann nur sagen, dass ich hoffe, dass der Optimismus von Kommissar Rehn gerechtfertigt ist.

 
  
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  István Szent-Iványi, im Namen der ALDE-Fraktion.(HU) Ende letzten Jahres gab es zwei wichtige Entwicklungen in Kroatiens Beitrittsprozess. Auf der einen Seite ergriff die kroatische Regierung wesentliche Maßnahmen in Richtung einer Justizreform, als sie entschlossene Schritte gegen die organisierte Kriminalität unternahm und Erfolge bei der Bekämpfung der Korruption vorwies. Gleichzeitig kamen die Beitrittsverhandlungen wegen der bilateralen Grenzstreitigkeit zum Stillstand. Das betrifft nicht nur Kroatien, meine Damen und Herren, sondern in eher grundsätzlicher Weise die Glaubwürdigkeit des Erweiterungsprozesses. Solches Verhalten gefährdet diese Glaubwürdigkeit, und darum ist es sehr wichtig, dass die Hindernisse so rasch wie möglich aus dem Weg geräumt werden. Das Blockieren der Gespräche verbreitet die höchst gefährliche Botschaft, dass der Beitritt nicht von der Erfüllung der Bedingungen abhängt, sondern von der Regelung bilateraler Streitigkeiten, bei der eine Seite aus einer Position der Stärke ihren Willen der anderen aufzwingen will.

Wir begrüßen die Empfehlung der Mediation von Kommissar Olli Rehn, und es ist sehr ermutigend, dass Slowenien und Kroatien positiv reagiert haben. Wir hoffen, dass es fortan keinen Grund mehr gibt, die anschließenden Beitrittsgespräche aufzuhalten. Wir glauben weiterhin, dass ein Abschluss der Verhandlungen entsprechend dem ursprünglichen Zeitplan bis zum Ende des Jahres möglich ist. Um das zu erreichen, sind jedoch weitergehende Anstrengungen notwendig. Wir erwarten von Kroatien, dass es alle Besorgnisse über seine Zusammenarbeit mit dem Internationalen Strafgericht in Den Haag zerstreut und alle Dokumente übermittelt, die das Gericht anfordert. Das ist sehr wichtig. Als ebenso wichtig betrachten wir Hilfe bei der Flüchtlingsrückkehr, die Integration der Minderheit der Roma und den Abschluss des Programms zur Beseitigung der Segregation sowie die effektive Verwendung der EU-Mittel, da wir in dieser Hinsicht erhebliche Mängel gesehen haben. Es ist immer noch möglich, den ursprünglichen Zeitplan einzuhalten. Dafür sind wir miteinander verantwortlich. Wir erwarten konstruktives Handeln auf Seiten Kroatiens ebenso wie bei der Europäischen Union, denn hier geht es nicht einfach um unsere gemeinsamen Anstrengungen, sondern um die Glaubwürdigkeit des gesamten Erweiterungsprozesses.

 
  
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  Konrad Szymański, im Namen der UEN-Fraktion. (PL) Herr Präsident! Zunächst möchte ich Frau Oomen-Ruijten, Herrn Swoboda und Herrn Meijer zu ihren sehr solide vorbereiteten Entschließungen beglückwünschen.

Was die Türkei angeht, ist das Bild von unseren Beziehungen, das in diesem Dokument gezeichnet wird, nicht optimistisch, aber es ist sicherlich wahr. Ich freue mich, dass unsere Erwartungen im Bereich Religionsfreiheit für christliche Gemeinschaften in der Türkei, einschließlich des Rechts der Unterrichtserteilung, des Rechts der Priesterausbildung und auch des Schutzes des Eigentums dieser Gemeinschaften, in der Entschließung unterstützt worden sind. Wie bei anderen Dingen erleben wir ständige und zunehmend ärgerliche Verzögerungen von der türkischen Seite im Zusammenhang mit diesen Fragen.

Unabhängig vom Beitrittsprozess ist die Türkei auf den Gebieten Sicherheit und Energie ein sehr vielversprechender und wichtiger Partner für Europa. Die Bemühungen der Regierung von Ministerpräsident Erdogan und Präsident Gül um eine Verbesserung der Beziehungen zu den Nachbarstaaten der Türkei sind in jüngster Zeit der wichtigste Aspekt der türkischen Politik gewesen. Es ist schade, dass diese Bemühungen durch unbesonnene Maßnahmen in Bezug auf Israel untergraben wurden. Die Versuche, die Entwicklung einer strategischen Zusammenarbeit zwischen der EU und der Türkei, die unmittelbare Bedeutung hat, mit dem Verhandlungsprozess zu verknüpfen, dessen Dynamik sich aus objektiven Gründen abschwächt, sind ebenfalls störend. So verstehe ich die türkische Erklärung zu Nabucco. An dieser Stelle brauchen wir einen pragmatischeren Ansatz. Die Versuchung zur Erpressung ist ein schlechter Ratgeber.

Bei Kroatien sollten wir alles uns Mögliche tun, um das Tempo des Beitrittsprozesses beizubehalten, das den Beitritt Kroatiens zur EU im Jahr 2009 vorsieht. Die Stabilität dieser Region ist immer noch sehr fragil. Weder Grenzstreitigkeiten noch Streitigkeiten über Besitz können zusätzliche Bedingungen für die Ausdehnung auf dem Balkan werden. Um der Stabilisierung der Region willen sollten wir so schnell wie möglich Kroatien in den Integrationsprozess einbeziehen, und dann Serbien, Mazedonien und Montenegro und vielleicht Kosovo und Albanien.

 
  
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  Joost Lagendijk, im Namen der Verts/ALE-Fraktion.(NL) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Zum Oomen-Ruijten-Bericht kann ich mich kurzfassen. Es ist alles in allem ein guter Bericht, der die verbleibenden Probleme genau zusammenfasst und die erzielten Fortschritte benennt. Was das betrifft, spreche ich der Berichterstatterin meine Anerkennung aus.

Ich möchte diese Gelegenheit aber nutzen, um auf fünf Jahre Beziehungen zwischen der EU und der Türkei in dieser Parlamentsperiode zurückzublicken. Das Jahr 2004 erweist sich im Rückblick auf die Zeit von vor fünf Jahren als das goldene Jahr der Reformen, das die Türkei wirklich näher an die EU brachte. Es ist merkwürdig und, ehrlich gesagt, auch ein wenig traurig, dass seit 2004 das Tempo der Reformen zu gering gewesen ist, dass eigentlich die Bereitschaft der EU, der Türkei eine faire Chance zu geben, abgenommen hat und dass in der Türkei die Begeisterung für eine Mitgliedschaft geschwunden ist.

Sämtliche Parlamentsberichte, die in all diesen Jahren veröffentlicht worden sind, legen deutlich die Prioritäten des Parlaments dar, was entscheidende Reformen betrifft. Erstens ist in Bezug auf Rede- und Meinungsfreiheit die Situation noch immer unbefriedigend, auch wenn der berüchtigte Paragraph 301 geändert worden ist. Es ist sehr bedauerlich, dass Websites, einschließlich YouTube, in der Türkei immer noch nicht zugänglich sind und von der Regierung untragbarer Druck auf Teile der Medien ausgeübt wird.

Zweitens die Kurden-Problematik: 2007 gab es große Hoffnungen, dass nach dem Beitritt der kurdisch-nationalistischen Partei DTP eine Lösung zwischen der DTP und der AKP gefunden werden würde. Das war leider nicht der Fall.

Drittens geht es um religiöse Minderheiten. Zwar gibt es ein Gesetz zu Organisationen, das eine Lösung für einige der Minderheiten bietet, doch für eine große muslimische Minderheit, die Aleviten, wurde bislang keine Lösung gefunden. Trotz dieses nur trägen Fortschritts gibt es immer noch eine Mehrheit in diesem Parlament für den Beitritt.

Meiner Ansicht nach muss die Botschaft dieser heutigen Debatte und der Debatten der vergangenen fünf Jahre an die türkische Regierung lauten, dass diese trotz der unzureichenden Reformen vorhandene Unterstützung nur fortdauert, wenn in allen drei Bereichen unverzüglich neue Reformvorschläge vorgelegt werden.

In dieser Hinsicht teile ich bis zu einem gewissen Grad den Optimismus des Kommissars zum kurdischen Fernsehen, zu den Öffnungen, die zwischen der Türkei und Armenien bewerkstelligt worden sind. Der Reformwille von 2004 muss zurückkehren. Wenn das geschieht, werden nach meiner Überzeugung unsere Debatten und die in der Türkei wieder von Optimismus erfüllt sein.

 
  
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  Adamos Adamou, im Namen der GUE/NGL-Fraktion.(EL) Herr Präsident, Herr Kommissar! Im Fortschrittsbericht zur Türkei und seiner Bewertung im Dezember geht es darum, ob dieses Land die Kopenhagener Kriterien und seine Verpflichtungen aus dem Assoziierungsabkommen sowie dem Zusatzprotokoll zum Ankara-Abkommen erfüllt hat oder nicht.

Das Ziel der vollen Integration, die sowohl für die Türkei als auch die Europäische Union wichtig ist, stellt immer noch die treibende Kraft hinter einer Reihe von Reformen und Veränderungen in der Politik der Türkei dar, um die Rechte aller Minderheiten zu sichern, eine politische Lösung in der Kurden-Frage zu finden, den Völkermord an den Armeniern anzuerkennen und die Grenze zu Armenien zu öffnen.

Die Türkei muss alle ihre vertraglichen Verpflichtungen gegenüber der Europäischen Union erfüllen, wie es alle früheren Kandidatenländer getan haben. In Bezug auf die Republik Zypern als einem Mitgliedstaat ist die Türkei den gegenüber der Europäischen Union eingegangenen vertraglichen Verpflichtungen nicht nachgekommen. Sie verweigert die Öffnung ihrer Häfen und Flughäfen für Schiffe und Flugzeuge aus der Republik und die Aufhebung des Vetos gegen die Beteiligung Zyperns an internationalen Organisationen. Zudem verstößt sie durch die Besetzung Zyperns weiterhin gegen das Völkerrecht, während sie gleichzeitig eine Rolle als Ordnungsmacht in der Region anstrebt.

Wir befinden uns heute mitten in Verhandlungen zur Lösung der Zypern-Frage auf der Grundlage einer Föderation aus zwei Zonen und zwei Gemeinschaften mit politischer Gleichheit, wie in den UN-Resolutionen nach Völkerrecht und europäischem Recht formuliert. Die Europäische Union muss sich deshalb an ihre Ausgangspositionen halten und den Druck erhöhen, so dass die Türkei substantiellen Fortschritt bei den Verhandlungen ermöglicht, die Besetzung beendet und die erforderlichen Maßnahmen ergreift, um das Schicksal der vermissten Personen zu klären. Nach den jüngsten Erklärungen des türkischen Soldaten Olgkats über die Exekution von zehn griechisch-zypriotischen Gefangenen im Jahr 1974, die immer noch vermisst werden, haben wir dieses Thema mit Änderungen wieder vorgebracht, obwohl es eine weitere Entschließung zu den vermissten Personen gibt. Das ist eine rein humanitäre Frage, die durch Wiederholung nicht an Bedeutung verliert.

Was das Kapitel Energie betrifft, so kann es erst eröffnet werden, wenn die Türkei die Republik Zypern nicht mehr an der Ausübung ihrer Hoheitsrechte in ihrer ausschließlichen Wirtschaftszone hindert. Ich entnehme Ihrem eigenen Bericht, Herr Kommissar, dass die Kommission darüber besorgt ist, dass Schiffe, die in den ausschließlichen Hoheitsgewässern Zyperns wissenschaftliche Untersuchungen von Ölvorkommen durchführen, von türkischen Kriegsschiffen bedrängt werden, und dass der Rat in seinen Schlussfolgerungen vom 8. Dezember 2008 darauf dringt, alle Drohungen, Reibungspunkte oder Handlungen zu vermeiden, die gutnachbarschaftlichen Beziehungen und der friedlichen Beilegung von Streitigkeiten schaden können.

Es wäre gut, Herr Kommissar, wenn Sie die Türkei in die richtige Richtung drängen würden, genau wie Sie es in Ihren Ausführungen dargelegt haben. Wir haben zu diesem Punkt einen Änderungsantrag eingebracht, der inhaltlich völlig Ihren Ausführungen entspricht, Herr Kommissar, die also die Aussage der Europäischen Kommission sind.

 
  
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  Bastiaan Belder, im Namen der IND/DEM-Fraktion.(NL) Herr Präsident! In Punkt 17 fordert die Berichterstatterin, Frau Oomen-Ruijten, die gesamte türkische Gesellschaft auf, volle Religionsfreiheit zu praktizieren. Ich stimme diesem Aufruf voll zu, denn hier geht es um eines der grundlegenden Beitrittskriterien für die Türkei zur EU.

Inzwischen wetteifern allerdings das türkische Bildungswesen und die türkischen Medien miteinander in der Verbreitung der stereotypen Karikatur der einheimischen Christen, der türkischen Christen, als Feinde ihrer Nation, als Komplizen westlicher Mächte, die die Heimat rekolonisieren und untereinander aufteilen wollen. Herr Kommissar, werden Sie die passive türkische Regierung, die auch dafür verantwortlich ist, für dieses Beitrittshindernis zur Rechenschaft ziehen?

Außerdem, Herr Kommissar, wird in allen türkischen Ausweisdokumenten die Religionszugehörigkeit der Person angegeben, und das ist die eigentliche Ursache für vielfältige Formen sozialer Diskriminierung der türkischen Christen. Das ist Grund genug, Herr Kommissar, bei Ihrem türkischen Gesprächspartner darauf zu bestehen, dass dieser Abschnitt bei den offiziellen Dokumenten unverzüglich entfällt.

 
  
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  Luca Romagnoli (NI).(IT) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Auch wenn Kroatien bei der Übernahme von Rechtsvorschriften zur Bekämpfung von Diskriminierung befriedigende Fortschritte gemacht zu haben scheint, möchte ich anregen zu prüfen, wie die Gesetze angewandt werden, bevor wir die Aussagen in der Entschließung loben. In Bezug auf den Zugang zu Grundbesitz zum Beispiel scheint mir in der Praxis nur sehr wenig Fortschritt erreicht worden zu sein, vor allem was die Möglichkeiten für italienische Investitionen betrifft. Ich unterstütze die Entschließung nicht, weil sie trotz des offensichtlichen Mangels an Fortschritt und der Diskrepanzen beim gemeinschaftlichen Besitzstand den Beitritt erwartet, der meiner Ansicht nach zu früh erfolgen könnte. Sie sollen zurückgeben, was sie unseren istrischen und dalmatinischen Flüchtlingen seit 1947 gestohlen haben. Dann – und nur dann – können wir über ihren Beitritt reden.

 
  
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  Anna Ibrisagic (PPE-DE).(SV) Herr Präsident! Die Entschließung zur ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien ist nach meiner Meinung ein wohlausgewogener Text, und ich möchte Herrn Meijer dafür danken, dass seine Arbeit sowohl auf die erreichten Reformen und Ziele als auch auf die Themen eingeht, die noch weiterer Anstrengungen bedürfen. Ich freue mich insbesondere darüber, dass von der Entschließung die klare Botschaft ausgeht, dass die gegenwärtige Situation nach dreijährigem Warten auf den Beginn von Verhandlungen sehr beunruhigend und nicht akzeptabel ist. Es ist völlig klar, dass die ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien ein europäischer Staat ist, dessen Platz in der Europäischen Union ist.

Bei Diskussionen über dieses Thema im Parlament vermeide ich es gewöhnlich, den Namensstreit zwischen Griechenland und der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien zu erwähnen. Ich glaube, es gibt viele andere Fragen, die wir umfassender erörtern sollten, aber niemals behandeln, weil der Namensstreit unverhältnismäßig viel Zeit in Anspruch nimmt. Heute aber, nachdem ich etliche Änderungsvorschläge gelesen habe, halte ich es für notwendig, ganz deutlich festzustellen, dass es unannehmbar ist, irgendwelche bilateralen Konflikte auszunutzen, um einem Land eine raschere Annäherung an die europäische Integration zu erschweren oder die Mitarbeit eines Landes in internationalen Institutionen zu verhindern.

Viele Länder hatten und haben immer noch bilaterale Konflikte, und jeder von uns will, dass diese Konflikte so schnell wie möglich auf eine für beide Seiten annehmbare Weise gelöst werden, aber in der Zwischenzeit sollten sie meiner Meinung nach den europäischen Integrationsprozess nicht gegenseitig blockieren, vor allem wenn die fraglichen Länder sich sowohl geographisch als auch politisch in einer heiklen Lage befinden.

 
  
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  Józef Pinior (PSE).(PL) Herr Präsident! Ich wirke nun das dritte Jahr in Folge für die sozialistische Fraktion im Europäischen Parlament als Berichterstatter bezüglich des Fortschrittsberichts zur ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien. Mich erinnert die Situation in Bezug auf Mazedonien an eine Szene aus einer alten griechischen Tragödie. Es stimmt zwar, dass der gute Wille aller Parteien allgemein erklärt wird, doch darüber hinaus wird nichts geleistet. Vor drei Jahren war ich sicher, dass wir am Ende der laufenden Wahlperiode des Parlaments über Erfolge bei den Verhandlungen mit Mazedonien über den Beitritt zur Europäischen Union würden sprechen können. Das ist nicht eingetreten. Das Hauptproblem ist die Namenssache. Ungeachtet dessen, dass es sich um eine bilaterale Angelegenheit ohne Zusammenhang mit den Kopenhagen-Kriterien handelt, beeinflusst sie die politische Situation bei den Verhandlungen mit Mazedonien über den Beitritt. Griechenland ist bereit, Mazedonien selbst ist bereit, aber seit inzwischen mehreren Jahren ist es nicht möglich, eine Verständigung in dieser Angelegenheit zu erreichen. Als Berichterstatter für den vorliegenden Bericht für die sozialistische Fraktion kann ich nur die Hoffnung zum Ausdruck bringen, dass diese Frage unter Berücksichtigung der Interessen der Europäischen Union, Mazedoniens und Griechenlands gelöst wird.

Es gibt Probleme bei der Stabilisierung der politischen Institutionen in Mazedonien. Wir sehen das ganz klar. Wir sehen auch ganz klar den politischen Willen der Gesellschaft, der Behörden und der politischen Gruppierungen in einem Land, das sich auf Bindungen zur Europäischen Union zubewegt. Der Rat sollte beschließen, Beitrittsverhandlungen vor Ende 2009 aufzunehmen, doch sollte dafür Voraussetzung sein, dass die wichtigsten Hauptpunkte früherer Vereinbarungen vollständig erfüllt sind. In dieser Hinsicht haben die kommenden Präsidentschafts- und Kommunalwahlen in Mazedonien große Bedeutung. Als Mitglieder des Europäischen Parlaments werden wir diese Wahlen genau beobachten.

 
  
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  Charles Tannock (PPE-DE). – Herr Präsident! Vielen Dank für diese Klarstellung. Griechenland ist 1981 der Europäischen Union beigetreten, und die Mitgliedschaft hat dem Land, das ich besonders liebe, viele Vorteile gebracht. Fast 30 Jahre später will nun Mazedonien Teil der Europäischen Union werden und ebenfalls in den Genuss dieser Vorteile gelangen. Deshalb wäre es nur folgerichtig, dass Griechenland als benachbarter Balkanstaat seine feste Solidarität zum Ausdruck bringt und mithilft, dass ein kleines Land wie Mazedonien seine hohen Ziele erreicht.

Doch wegen seiner eigenen Provinz namens Mazedonien erhebt Griechenland Einwände gegen die Verwendung des Namens ‚Republik Mazedonien‘ allein und besteht stattdessen auf ‚ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien‘. Warum besteht Griechenland dann um der Einheitlichkeit willen nicht auch darauf, Estland formell die ‚ehemalige sowjetische Republik Estland‘ zu nennen?

Ich bedauere deshalb, dass Griechenland jetzt erwägt, wegen dieser Angelegenheit sein Veto gegen eine Mitgliedschaft Mazedoniens einzulegen. Ich fürchte, Griechenland läuft Gefahr, sich selbst der Lächerlichkeit preiszugeben, und ich bitte die Regierung in Athen dringend, ihre Haltung zu mäßigen. In diesem Haus und in meinem Wahlkreis bin ich als überzeugter Philhellene und Freund griechischer und zyprischer Europaabgeordneter gleichermaßen bekannt, aber ich bin auch Mitglied der neuen Gruppierung Freunde Mazedoniens im Europaparlament. Lassen Sie uns diese unerledigte Angelegenheit unverzüglich und vernünftig regeln. Außerdem bitte ich das Parlament, eine Abgeordnetendelegation zur kommenden Präsidentschaftswahl in Mazedonien zu entsenden, um sie zu überwachen und dazu beizutragen, das Ergebnis zu legitimieren.

Was Kroatiens bald bevorstehenden EU-Beitritt betrifft, ist es bedauerlich, dass Grenzstreitigkeiten mit Slowenien noch immer nicht beigelegt sind. Wie bei Griechenland und Mazedonien müssen diese Schwierigkeiten bilateral ausgeräumt werden, statt sie in den EU-Beitrittsprozess hineinzuziehen.

Slowenien wurde Mitglied der Europäischen Union, obwohl es noch unerledigte Probleme mit Italien gab, das sich aber nicht querlegte und versuchte, den Beitritt zu blockieren. Darum sehe ich keinen Grund, warum nun Kroatien aufgehalten werden sollte. In ähnlicher Art und künftig würde ich niemals Kroatien bei einem Veto wegen territorialer Konflikte gegen Serbiens Aufnahme unterstützen.

Meinen Wählern, die an einer Erweiterungsmüdigkeit leiden, bereitet das Ausmaß an organisierter Kriminalität und Korruption in Kroatien, deren Ausrottung die Regierung wirklich zu einer nationalen Aufgabe ersten Ranges machen muss, größere Sorgen.

 
  
  

VORSITZ: MARTINE ROURE
Vizepräsidentin

 
  
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  Alexander Graf Lambsdorff (ALDE).(DE) Frau Präsidentin! Ich stelle zunächst fest, dass ich im Namen meiner Fraktion zum Thema Türkei spreche und nicht im eigenen Namen. Für Liberale und Demokraten ist die Entwicklung in der Türkei besorgniserregend. Drei Jahre nicht nur zu wenig Fortschritte beim Reformtempo, sondern teilweise sogar Rückschritte. Wie Kommissar Rehn hier richtig festgestellt hat, ist die Pressefreiheit ein Kernwert der Europäischen Union. In einem Land, das der EU beitreten will, muss die Achtung der Pressefreiheit über jeden Zweifel erhaben sein.

Das was wir sehen, ist allerdings etwas anderes. Kritische Journalisten haben Schwierigkeiten bei der Akkreditierung. Der neue Eigentümer von ATV hat noch viele Fragen zu beantworten, es gibt Aufrufe von höchsten Stellen zum Boykott bestimmter Medien, die Dohan-Gruppe wird mit einer willkürlichen Steuerstrafe in Höhe von 400 Millionen Euro überzogen. Das ist eine willkürliche Maßnahme, die uns zur Frage der Rechtsstaatlichkeit bringt, für Liberale genauso wichtig wie die Pressefreiheit. Auch die Rechtsstaatlichkeit muss gewährleistet sein. Die Berichte über zunehmende Fälle von Folter und Misshandlung in Polizeigewahrsam beunruhigen uns zutiefst, insbesondere dann, wenn sie außerhalb von offiziellen Gefängnissen oder Polizeiwachen stattfinden. Aber auch wenn sie dort stattfänden, würden sie uns selbstverständlich beunruhigen.

Symbolische oder rein pragmatische Maßnahmen wie die Annahme eines neuen Programms oder die Ernennung eines neuen Chefunterhändlers sind erfreulich, wenn man das rein praktisch betrachtet. Sie reichen allein aber nicht aus, um das Reformtempo erneut zu beleben. Nach Auffassung der Liberalen und Demokraten muss die Türkei unabhängig von der Beitrittsperspektive Wirtschaft und Gesellschaft, Politik und Verfassung reformieren, und zwar im eigenen Interesse, im Interesse der Menschen.

Lassen Sie mich noch ein Wort zu dieser Debatte sagen: Mir kommt diese Debatte vor wie ein Kinderkarussell, auf dem manchmal ein türkisches, manchmal ein kroatisches, manchmal ein mazedonisches Pferdchen vorbeifährt. Ich denke, wir sollten diese Debatte demnächst anders strukturieren. Im Übrigen wäre ich dankbar, wenn wir sie in Brüssel hätten und nicht in Straßburg.

 
  
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  Mario Borghezio (UEN).(IT) Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Zur Frage Kroatiens, nun, da stehen diejenigen, die im Namen des italienischen Volkes sprechen, von dem sie gewählt wurden, in der Pflicht, auf ihre rechtmäßige Forderung hinzuweisen. Mehr als 60 Jahre sind vergangen seit dem historischen Raub unseres Eigentums in Istrien und Dalmatien. Kroatien muss einer moralischen Verpflichtung nachkommen, und Präsident Barroso hat ein Dossier über diese heikle und schädliche Angelegenheit, das den Menschen zur Kenntnis gebracht werden muss. Es ist in erster Linie eine moralische Frage und keine politische, eine Frage der Rückgabe von Eigentum an seine rechtmäßigen Besitzer: 1 411 Grundstücke gehörten ursprünglich Italienern.

Zur Türkei: Wie können wir daran denken, einem Land seelenruhig die Mitgliedschaft zu gewähren, das gerade in der NATO ein Veto gegen die Nominierung eines Generalsekretärs einlegt, nur weil der ein Land, nämlich Dänemark vertritt, in dem sich die Cartoon-Affäre ereignete? Die Türkei, ein islamisches Land, bereitet der Nominierung eines Ministerpräsidenten für den Posten des Generalsekretärs der Atlantischen Allianz ein islamisches Ende, und der einzige Grund dafür ist, dass er Ministerpräsident eines Landes ist, in dem Islam-Cartoons veröffentlicht wurden – also eines liberalen Landes, in dem es anders als in der Türkei offensichtlich möglich ist, ironische Cartoons über Mohammed zu veröffentlichen. In der Türkei gibt es ein Gesetz – und dem Kommissar sollte das bewusst sein – das den Bau einer nichtislamischen Andachtsstätte in einer Straße untersagt, in der eine Moschee steht. Anders ausgedrückt: wenn in einer Straße eine Moschee steht, darf es dort kein anderes religiöses Gebäude geben. Unsere Berichterstatterin, die, glaube ich, gerade eine wunderbare Hose trägt, dürfte in ihrem Hosenanzug heute nicht das türkische Parlament betreten. Das zeigt, wie weit zurück wir sind. Die Türkei ist Asien, nicht Europa.

 
  
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  Angelika Beer (Verts/ALE).(DE) Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Als erstes möchte ich im Namen meiner Fraktion der Grünen und der Europäischen Freien Allianz den heute anwesenden stellvertretenden Ministerpräsidenten Mazedoniens begrüßen.

Als zweitens gilt mein Dank der tschechischen Ratspräsidentschaft und insbesondere der Aussage von Herrn Premierminister Topolánek, der gestern erstens darauf hingewiesen hat, dass der Namensstreit zwischen Mazedonien und Griechenland eine bilaterale Sache ist und keine Auswirkungen haben darf, und sich zweitens für den schnellstmöglichen NATO-Beitritt Mazedoniens und damit für die Aufforderung an Griechenland, das Veto zurückzuziehen, ausgesprochen hat – zwei sehr wichtige Punkte.

Es ist vielleicht manchmal etwas arrogant, wenn wir über Beitrittskandidaten reden. Deswegen möchte ich auch die eigene Verantwortung zur Sprache bringen. Denn wir reden hier über die Perspektiven und die Mängel der Beitrittskandidaten, haben aber auf der anderen Seite ganz wesentliche politische Kräfte wie die Konservativen in Deutschland, die durchsetzen wollen, dass nur noch Kroatien aufgenommen wird und keine weiteren Staaten folgen.

Wenn das in der nächsten Legislaturperiode in der Europäischen Union die Mehrheitsmeinung werden sollte, dann zerstören wir den Friedensaufbau Europas, den wir nach den Kriegen im Balkan mit viel Kraft finanziert haben. Wir werden unglaubwürdig und würden die europäische Glaubwürdigkeit hintenanstellen. Ich bitte alle, dem zu widerstehen.

Bei Kroatien und Slowenien gehen wir davon aus, dass es gut ohne doppelte Standards und ohne Veto geht, dass die Grenzstreitigkeiten beiseite gelegt werden können, und wir wünschen uns eine schnellstmögliche Verhandlungsaufnahme mit Mazedonien.

 
  
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  Gerard Batten (IND/DEM). – Frau Präsidentin! Wenn die Türkei der Europäischen Union beitritt, wird sie mit einer Bevölkerung von über 72 Millionen Menschen der ärmste und wirtschaftlich rückständigste Mitgliedstaat sein. Hunderttausende, wenn nicht Millionen Menschen werden in Länder wie Großbritannien abwandern.

Die Europäische Union wird an Länder wie Syrien, Irak und Iran grenzen, mit enormem Potenzial für künftige Konflikte und Konfrontation.

Wer aber über einen türkischen Beitritt wirklich besorgt sein sollte, sind die griechischen Zyprer. Wenn die Türkei Mitglied der EU wird, haben die Türken das Recht, an jeden beliebigen Ort in der EU zu gehen. Tausende Türken können legal nach Süd-Zypern einreisen und es effektiv besetzen, ganz rechtmäßig, wenn sie es wollen.

Bei der Europawahl am 4. Juni sollten die Wähler griechischer Herkunft in London daran denken, dass die Parteien der Konservativen, Liberaldemokraten und Grünen einen türkischen Beitritt ebenso begeistert unterstützen wie die Labour Party. Die einzige britische Partei im Europäischen Parlament, die sich gegen einen türkischen Beitritt stellt, ist die UK Independence Party.

 
  
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  Philip Claeys (NI).(NL) Frau Präsidentin, die Verhandlungen mit der Türkei haben der Kommission und dem Rat zumindest dabei geholfen, die Kunst der Euphemismen zu perfektionieren. Die Art und Weise, in der die Probleme in der Türkei kleingeredet werden, wird langsam beeindruckend. Das Thema wurde sogar in der Türkei schon gelegentlich belächelt.

Der Problemkatalog ist derart umfassend, dass es rätselhaft ist, wie die Verhandlungen immer noch weitergeführt werden können. Die Kommission hatte ja versprochen, dass der Verhandlungsprozess mit dem Reformprozess in der Türkei Schritt halten würde. Dieses Versprechen wurde jetzt gänzlich gebrochen, da ständig neue Kapitel aufgeschlagen werden.

Die Bilanz von mehr als drei Jahren Verhandlungen ist wahrlich beklagenswert. Wir sollten die Verhandlungen daher endlich auf Eis legen. Die Türkei ist kein europäisches Land und gehört daher auch nicht zur Europäischen Union. Wir sollten stattdessen eine privilegierte Partnerschaft mit diesem Land aufbauen.

 
  
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  Doris Pack (PPE-DE).(DE) Frau Präsidentin, Herr Ratspräsident, Herr Kommissar! Kroatien ist das erste Land, für dessen Beitritt zur Europäischen Union nach den Erfahrungen mit den letzten beiden Erweiterungen um Rumänien und Bulgarien die Messlatte richtigerweise sehr hoch gelegt wurde. Daher sind die erzielten benchmarks und Fortschritte durch die kroatische Seite auch besonders zu würdigen. Die noch ausstehenden Reformen im Justizbereich – sie wurden erwähnt – werden angepackt. Die angemahnte vollständige Zusammenarbeit mit dem Haager Kriegsverbrechertribunal bezüglich der Aushändigung noch fehlender Dokumente ist auf einem guten Weg.

Bei Slowenien geht es um bilateraler Grenzstreitigkeiten – lieber Herr Kommissar, Sie haben plötzlich gesagt: europäische Grenzstreitigkeiten! Vor dem Jahr 2004 waren das keine europäischen Grenzstreitigkeiten, da waren das Grenzstreitigkeiten, die man nicht zur Kenntnis genommen hat: Damals hat man sich auch nicht auf die UNO bezogen, um diesen Streit beizulegen, jetzt tut man es. Wenn also Slowenien wegen dieser bilateralen Grenzstreitigkeiten, die auch bei seinem Beitritt zur Europäischen Union kein Hindernis waren, die Öffnung der notwendigen Verhandlungskapitel nicht weiter behindert, könnten die Beitrittverhandlungen zwischen Kroatien und der EU Ende dieses Jahres abgeschlossen werden.

Auch das Kandidatenland Mazedonien hat große Fortschritte gemacht. Wenn die Ende März anstehenden Wahlen internationalen Standards entsprechen, müsste die EU endlich ein Datum für die Eröffnung der Beitrittsverhandlung nennen. Der leidige bilaterale Namensstreit zwischen Mazedonien und Griechenland sollte Letzteres nicht verführen, ein Veto einzulegen.

Es bleibt also zu hoffen, dass die beiden EU-Mitgliedstaaten Griechenland und Slowenien sich an ihre eigene Situation vor ihrer Aufnahme in die EU erinnern und daraus schlussfolgern, sich gegenüber den Nachbarstaaten europäisch und fair zu verhalten.

Sollten Kroatien und Mazedonien die von mir beschriebenen Ziele in diesem Jahr – auch dank ihrer Nachbarn – erreichen, würde das ein positives Signal an die restlichen Westbalkanstaaten senden, dass die EU es nämlich mit der in Thessaloniki gegebenen Zusage für einen Beitritt aller Westbalkanstaaten ernst meint, zu dem auch die CDU steht, liebe Frau Beer.

 
  
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  Libor Rouček (PSE). (CS) Gestatten Sie mir einige Bemerkungen. Zunächst ist es gut, dass diese Debatte zur EU-Erweiterung stattfindet, da es wichtig ist, dass Europa auch in Zeiten einer großen Wirtschaftskrise eine seiner erfolgreichen Prioritäten nicht aus dem Auge verliert, nämlich die der weiteren Erweiterung. Diese muss weiterhin im Mittelpunkt unserer Arbeit stehen. Mit Blick auf Kroatien bin ich fest davon überzeugt, dass die Beitrittsverhandlungen dieses Jahr abgeschlossen werden können. Daher möchte ich den Rat dazu auffordern, sofort zu handeln und eine technische Arbeitsgruppe einzurichten und mit dem Entwurf des Beitrittsvertrages zu beauftragen. Was die ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien betrifft, ist es bedauerlich und demoralisierend für Mazedonien, dass trotz der Tatsache, dass Mazedonien schon vor drei Jahren der Status eines Bewerberlandes zuerkannt wurde, noch keine Beitrittsverhandlungen in Skopje angefangen haben. Ich appelliere daher an den Rat, diesen Prozess zu beschleunigen. Was die Türkei betrifft, stimme ich zu, dass zunächst politische Reformen vorangetrieben werden müssen, bevor die sogenannten politischen Kapitel aufgeschlagen werden können. Allerdings verstehe ich nicht, warum es nicht möglich ist, mit der Türkei beispielsweise über das Kapitel „Energie“ zu verhandeln, welches sowohl für die EU als auch für die Türkei von besonderer Bedeutung ist.

 
  
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  Jelko Kacin (ALDE).(SL) Wir in der ALDE-Fraktion unterstützen den Bericht von Herrn Meier. Die ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien (EJRM) hat eine Chance und eine bessere Zukunft verdient. Was das Land allerdings auch braucht, ist ein Mindestmaß an internationalem Respekt einschließlich des Rechts auf eine eigene Identität und die Anerkennung seiner Sprache und Kultur.

Die Problematik der Bezeichnung des Landes wurde schon zu lange aufgeschoben und die Atmosphäre in dem Land hat sich eine Zeit lang verschlechtert. Immer mehr Populismus und Nationalismus kam auf, es gibt zu viele politische Verwurzelungen. Nachbarländer werden zum Opfer von Verbalattacken. Die Benennung infrastruktureller Anlagen nach Persönlichkeiten aus Zeiträumen der griechischen Geschichte vor Ankunft der Slawen in diesen Regionen ist guten nachbarschaftlichen Beziehungen nicht gerade zuträglich. Die Errichtung weiterer 10 m großer Denkmäler ist unnötig.

Wenn wir Instabilität vermeiden wollen, müssen wir dem Staat, den Politikern und den Bürgern der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien helfen, aus dieser Blockade auszubrechen. Die Abschaffung von Visa geht nicht weit genug. Das Land braucht ein Datum für den Beginn der Verhandlungen. Es verdient die Chance, seinen Wert während des Beitrittsprozesses zu zeigen. Wir müssen ihm jetzt helfen und zeigen, dass wir ihm vertrauen. Damit können wir zu Stabilität in der Region beitragen und die Entwicklung in eine positive Richtung erleichtern. FYROM braucht jetzt ein positives Zeichen, da Zeit ein ganz wesentlicher Faktor ist. Man könnte in diesem Fall sagen: Zeit ist Geld.

Erlauben Sie mir auch ein paar Worte zu Kroatien. Herr Kommissar, zwei ehemalige Premierminister von Slowenien bzw. Kroatien, nämlich Drnovšek und Račan, haben etwas Großartiges geleistet, als sie ein Abkommen bezüglich der Grenze schlossen. Leider weilen sie nicht mehr unter uns. Sie hatten den Mut voranzugehen, in die Zukunft zu investieren und etwas zu erreichen. Ich halte es für richtig, wenn Sie beide Regierungen darum bitten, in deren Fußstapfen zu treten und bezüglich der Grenze eine Einigung zu erlangen – und dies auch in nahe liegender Zukunft. Das wäre für Slowenien, Kroatien, die Europäische Union und die westlichen Balkanstaaten eine gute Sache.

 
  
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  Bogusław Rogalski (UEN).(PL) Frau Präsidentin! Die Verhandlungen über einen Beitritt der Türkei zur EU laufen immer noch, obwohl sie doch schon lange hätten abgeschlossen sein sollen. Die türkische Regierung hat kein schlüssiges und umfassendes politisches Reformprogramm vorgelegt. Die Türkei hat die Arbeit an einer neuen, weltlichen Verfassung nicht wieder aufgenommen, deren wichtiger Bestandteil der Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten sein sollte, die die Türkei garantieren müsse.

Die Diskriminierung ethnischer und religiöser Minderheiten geht weiter. Die Türkei hat keine Schritte unternommen, um die Objektivität der juristischen Institutionen zu stärken. Rede- und Pressefreiheit sind in der Türkei noch immer nicht geschützt, sondern werden stattdessen ganz offen verletzt. Häusliche Gewalt und Zwangsehen sind weiterhin nichts Ungewöhnliches.

Der Widerstand der Türkei gegen eine strategische Zusammenarbeit zwischen EU und NATO steht den Interessen der Gemeinschaft deutlich entgegen. Außerdem erkennt die Türkei die Unabhängigkeit eines Mitgliedstaats der EU, nämlich Zypern, nicht an. Das ist ein Skandal. Die Türkei ist ein antidemokratisches Land, es verletzt Menschenrechte und orientiert sich an einem Wertesystem, das uns fremd ist. Es wäre für Europa viel besser, wenn die Türkei kein Mitglied der EU wird.

 
  
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  Sepp Kusstatscher (Verts/ALE).(DE) Danke, Frau Präsidentin! In dieser sehr umfangreichen Diskussion hier und heute will ich nur ein Problem herausgreifen, und zwar das Thema der Mehrsprachigkeit in Mazedonien.

Kürzlich hat es an Schulen in Struga Konflikte zwischen albanisch- und mazedonisch-sprachigen Eltern gegeben. Auf Druck dieser nationalistisch gesinnten Eltern reagierten die Verantwortlichen und trennten den Unterricht nach ethnischen Gruppen. Das ist eine falsche Entwicklung. Das Erlernen von Sprachen wird nicht durch das Auseinanderhalten von Sprachgruppen gefördert, sondern durch zwangloses Zusammenführen von Menschen verschiedener Sprachen in Schule, Beruf und Freizeit. Der Unterricht des Englischen, nun schon ab der ersten Klasse uneingeschränkt verpflichtend, ist zwar durchaus zu begrüßen, darf aber nicht zu einer Ausrede für einen Mazedonier werden, nicht Albanisch zu lernen, und auch nicht für einen Albaner, nicht Mazedonisch zu lernen. Die Schule in einer mehrsprachigen Region hat eine ganz besondere Aufgabe: Sie muss im Unterricht neben der Muttersprache der Kinder auch die Sprachen der Nachbarn vermitteln.

In Vielfalt geeint, so lautet das Motto der EU. Das soll auch für Mazedonien gelten!

 
  
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  Hanne Dahl (IND/DEM).(DA) Frau Präsidentin, ich glaube, dass die Türkei ein Mitglied der EU sein sollte. Die Kritik an der Türkei ist in vielen Fällen berechtigt, allerdings muss Schluss sein mit Entschuldigungen und Unschlüssigkeit. Es sollte ein ernsthafter Plan für den Beitritt der Türkei erarbeitet werden. Das kostet Zeit, aber das Land muss beitreten – und das ist etwas, was wir klar und unmissverständlich vermitteln sollten. Anstelle einer Pseudo-Debatte zur Demokratie in der Türkei brauchen wir eine reelle und offene Diskussion zu der Rolle, die die Religion in der sozialen Debatte spielen kann und sollte. Wir müssen eine Form der europäischen Zusammenarbeit schaffen, die in der Lage ist, die Herausforderung zu bewältigen, die ein aus verschiedenen Religionen bestehendes Europa darstellt. Wir müssen dies erreichen, ohne die zentralen Werte und die Unverletzlichkeit der Person aus den Augen zu verlieren. Das sind europäische Werte, die im Schmelztiegel der jüdischen, christlichen und hellenistischen Kultur in den Jahrhunderten vor und nach Christi Geburt entstanden sind.

 
  
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  Carl Lang (NI).(FR) Frau Präsidentin, ich habe eine Minute Zeit, um Ihnen mitzuteilen, dass es trotz der Entschlossenheit und Blindheit der europäischen Institutionen eine Sache gibt, die jedem klar sein sollte: Es ist an der Zeit, dem Beitrittsprozess der Türkei ein Ende zu setzen.

Die Verhandlungen sind festgefahren, es herrscht gegenseitiges Unverständnis und ein ständiger Zustand der Mehrdeutigkeit. Eine solche Situation schadet uns allen – der Europäischen Union genauso wie der Türkei. Wir müssen die Scheinheiligkeit beenden und damit aufhören, uns etwas vorzumachen.

Wir müssen uns eine offenkundige Tatsache ins Gedächtnis rufen. Die Türkei ist ein Land in Kleinasien. Die Türkei ist kein europäisches Land, weder geografisch noch kulturell gesehen. Die Türkei hält einen Teil eines Mitgliedstaats der Europäischen Union besetzt. Bis heute wurden nur zehn von 35 Verhandlungskapiteln geöffnet und davon lediglich eins geschlossen. Alle müssen nun ihre Freiheit, Unabhängigkeit und Souveränität wiedererlangen, angefangen mit Zypern.

Die europäischen Bürger möchten die Türkei nicht in Europa haben. Zeigen wir Respekt für unsere Bürger und für Europa!

 
  
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  Pál Schmitt (PPE-DE).(HU) Als Vorsitzender des Gemischten Parlamentarischen Ausschusses EU-Kroatien möchte ich Sie auf eine höchst bedeutsame Entwicklung aufmerksam machen. Am Montag erklärten sich der kroatische Ministerpräsident – und nicht nur der, sondern auch der kroatische Präsident sowie sämtliche Oppositionsparteien des Parlaments – damit einverstanden, dass die EU bei der Lösung des Grenzkonflikts zwischen Kroatien und Slowenien basierend auf internationalem Recht als Vermittler auftritt. Es ist meiner Ansicht nach eine in der Geschichte der EU einmalige Sache, dass ein Mitgliedstaat die Erweiterung der Union lähmt und derzeit verhindert, dass zwölf Verhandlungskapitel geöffnet werden, während er im Jahr 2001 zum Zeitpunkt der eigenen Beitrittsverhandlungen erklärt hatte, dass keine Grenzkonflikte mit seinen Nachbarn bestehen würden.

Seit Beginn der Beitrittsverhandlungen im Jahr 2005 wurden im Hinblick auf die Umgestaltung des Gerichtswesens und der öffentlichen Verwaltung, Maßnahmen zur Korruptionsbekämpfung, Minderheitenrechte, Flüchtlingsrückkehr und regionale Zusammenarbeit zahlreiche Ergebnisse erzielt. Im Fall von Kroatien beinhaltete dies auch zum ersten Mal die Erfüllung eines Kriterienkatalogs. Etwa 100 dieser Kriterien wurden erfüllt. Durch solche außergewöhnlichen Bemühungen freut sich die kroatische Bevölkerung nun endlich auf positive Nachrichten von der Europäischen Union. Die sensible und selbstbewusste Bevölkerung war enttäuscht, als ein benachbartes, freundlich gesinntes Land die Fortsetzung der Beitrittsverhandlungen im Alleingang blockierte. Die langfristige Stabilisierung der Balkan-Region ist nur durch eine europäische Integration möglich. Die Union irrt, wenn sie es Slowenien ermöglicht, die Verhandlungen mit Kroatien aufgrund des bilateralen Streits zwischen den beiden zu behindern, auch wenn Kroatien alles Mögliche im Interesse der Verteidigung der europäischen Grundwerte und Übernahme des Besitzstands unternommen hat. Ich möchte darauf hinweisen, Frau Präsidentin, dass es hier bedauerlicherweise – vielleicht auch für jene, die uns ebenso zuhören – gleichzeitig um das Schicksal dreier wichtiger, historischer Länder geht, die hier wie ein einziges Land behandelt werden. Vielleicht hätten wir besser daran getan, jedes Land einzeln zu besprechen.

 
  
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  Emine Bozkurt (PSE).(NL) Frau Präsidentin! Ich möchte einen Punkt aufgreifen, den Frau Oomen-Ruijten auch genannt hat, nämlich den der politischen Kriterien. In dem Verhandlungsprozess mit der Türkei wurden Bürgerrechte klar auf die Agenda gesetzt. Das wird auch in diesem Bericht deutlich.

Verschiedene Dinge haben sich deutlich verbessert: Kurdisches Fernsehen, aber auch die Einsetzung eines Frauenausschusses im türkischen Parlament, wofür ich als Berichterstatterin zu Frauenrechten in der Türkei in den vergangenen Jahren besonders hart gearbeitet habe. Das sind grundlegende Reformen.

Eine weitere offensichtliche Verbesserung ist die gestiegene Zahl von Frauenhäusern für misshandelte Frauen. Was passiert aber, wenn diese Frauen das Frauenhaus wieder verlassen? Wie werden diese Frauen und deren Kinder betreut? Die Türkei sollte dieses Problem ansprechen. Bei den nächsten Gemeinderatswahlen, die Ende des Monats stattfinden, sollten mehr Frauen in den Gemeinderäten sitzen.

Ich möchte Ihre Aufmerksamkeit auch auf die Betrugsbekämpfung lenken. Die Türkei sollte beim Kampf gegen Betrügereien und Frauenhandel effektiver mit der Europäischen Union zusammenarbeiten, da viel zu viele Menschen Opfer von Betrügereien mit Ökofonds oder Wohltätigkeitsorganisationen werden.

 
  
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  Jim Allister (NI). – Frau Präsidentin, ich habe den Beitritt des nichteuropäischen Landes Türkei zur EU nie unterstützt, der derzeitige Konjunkturabschwung überzeugt mich allerdings noch mehr von dieser Ansicht.

Als großer Nettozahler trägt das Vereinigte Königreich eine unverhältnismäßige Last bei der EU-Förderung. Somit würden wir, im Hinblick auf die massiven Zusatzkosten, die bei der Aufnahme der Türkei entstehen würden, über das schaffbare Maß hinaus belastet werden. Angesichts einer verringerten Besteuerungsgrundlage, sinkenden Einkommen, erhöhten Sozialhilfeaufwendungen und lähmender Schulden-Altlasten in den kommenden Jahrzehnten aufgrund der Misswirtschaft der Labour-Regierung können wir unser Scheckbuch nicht länger dazu verwenden, um für den Beitritt der Türkei in die EU zu zahlen.

Sie können das meinetwegen als engstirniges, gewinnsüchtiges nationales Interesse bezeichnen, für mich allerdings ist dies einfacher Menschenverstand und steuerpolitische Klugheit.

 
  
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  Antonios Trakatellis (PPE-DE).(EL) Frau Präsidentin! Als ältestes Mitglied in der Region von sowohl Europäischer Union und NATO nahm Griechenland im Hinblick auf die Bemühungen zur Integration aller Balkanländer in euroatlantische Strukturen eine Vorreiterrolle ein und wird dies auch weiterhin tun, da es fest davon überzeugt ist, dass von der Entwicklung der Länder in dieser Region alle profitieren.

Griechenland hat über eine Milliarde Dollar in die ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien investiert und 20 000 Arbeitsplätze geschaffen – was eine nie zuvor da gewesene Auslandsinvestition in ein lokales Wirtschaftssystem bedeutet. Was Griechenland betrifft, so ist die Frage des Namens nicht einfach ein Problem mit historischen, psychologischen oder sentimentalen Dimensionen. Es ist ein erhebliches, anhaltendes politisches Problem, das alle griechischen Bürger und die europäischen Werte gutnachbarlicher Beziehungen und regionaler Zusammenarbeit betrifft.

Ich möchte das Parlament daran erinnern, dass Griechenland in Dokument COM(2007)0663 zugestimmt hat, der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien den Kandidatenstatus für den Beitritt zur Europäischen Union zu verleihen. Dies geschah mit einer ausdrücklichen Verpflichtung, eine beiderseits akzeptable Lösung der Namensfrage unter der Ägide der UNO auszuhandeln, die zur regionalen Zusammenarbeit und zu guten nachbarschaftlichen Beziehungen beitragen würde, da ohne eine Lösung keine Freundschaft aufgebaut werden kann. Und ohne Freundschaft kann es keine Bündnisse oder Partnerschaften geben.

Unsere Vertretung ist nicht gegen alle Aussagen in dem Bericht, der eine Lösung des Problems unter der Ägide der UNO ausdrücklich unterstützt. Allerdings gibt es über diese klare Position hinaus leider zusätzliche Formulierungen in den Ziffern 12 und 13, die den Bemühungen zur Lösung des Problems entgegenwirken und zu Unnachgiebigkeit ermutigen. Daher sind diese absolut inakzeptabel, während die Änderungsanträge 1 und 2 die Ziffern 12 und 13 in korrektem Wortlaut formulieren.

Letztlich enthält der Bericht viele Elemente, die der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien dabei helfen werden, ihre Anstrengungen auf dem Weg in Richtung Europa fortzusetzen.

 
  
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  Maria Eleni Koppa (PSE).(EL) Frau Präsidentin, die Erweiterungspolitik ist der erfolgreichste Ausdruck der Außenpolitik der Europäischen Union. Was die Türkei anbelangt, muss die Botschaft klar sein: Das Ziel ist Integration, und die Türkei kann dies erreichen, indem sie ihren Verpflichtungen nachkommt, die Demokratie konsolidiert, Menschenrechte achtet und gutnachbarschaftliche Beziehungen ausbaut.

Die Türkei befindet sich in einer entscheidenden Phase, sowohl im Hinblick auf innere Angelegenheiten als auch auf die Neudefinition ihrer geostrategischen Rolle. In diesem Rahmen ist es entscheidend, dass das Land die Reformen fortsetzt und sich stetig an Europa annähert. Ich möchte allerdings darauf hinweisen, dass das angespannte Klima, das die Türkei kürzlich in der Ägäis schürte, neue Probleme verursacht hat.

Im Fall der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien hat die Kommission deutlich gemacht, dass das Land nicht die einfachsten Anforderungen für die Eröffnung von Verhandlungen erfüllt, da es deutliche Demokratie-Defizite aufweist. Was den Namensstreit betrifft: Trotz der Tatsache, dass Griechenland Kooperationsbereitschaft und Realismus gezeigt hat, hat die Regierung in Skopje nicht reagiert.

Allerdings wird in dem Bericht der Europäischen Union, mit dem wir uns heute befassen, mein Land leider als einziges Land dargestellt, das für die Verzögerung bei der Aufnahme von Beitrittsverhandlungen verantwortlich ist. Dies ist ungerecht gegenüber Griechenland und erleichtert nicht die Lösung eines Problems, das unsere beiden Länder nun seit mehr als 15 Jahren plagt.

 
  
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  Alojz Peterle (PPE-DE).(SL) Ich habe bisher alle Berichte des Europäischen Parlaments zur Entwicklung Kroatiens auf seinem Weg zu einer vollwertigen Mitgliedschaft in der Europäischen Union befürwortet. Ich begrüße hierbei auch die zahlreichen neuen Errungenschaften Kroatiens. Gern unterstütze ich auch diesen wichtigen Bericht, der von meinem Kollegen Herrn Swoboda sorgfältig zusammengestellt wurde, sofern die Kompromissänderungsanträge einen ausgewogenen und realistischen Ansatz widerspiegeln. Nur mit einem solchen Ansatz können wir die Gründe für die Hindernisse beseitigen und den Beitrittsprozess für Kroatien beschleunigen.

Ich stimme vollkommen mit dem amtierenden Ratspräsidenten, Herrn Vondra, überein, wenn er sagt, dass wir einen konstruktiven und dynamischen Ansatz brauchen. In diesem Zusammenhang scheint mir wichtig, dass nach einer Reihe erfolgloser bilateraler Versuche nun die Europäische Kommission mit einer Initiative zur Vermittlung eine Möglichkeit für einen neuen und glaubwürdigen Versuch angeboten hat, um eine endgültige Lösung für das Grenzproblem zwischen Slowenien und Kroatien zu erzielen und ebenso bei den Beitrittsverhandlungen mit Kroatien zügig voranzukommen.

Ich freue mich festzustellen, dass beide Länder dieser Initiative aufgeschlossen gegenüberstehen und dass Gespräche auf hoher Ebene aufgenommen wurden. Ich hoffe, dass uns die Initiative einem dreifachen Sieg deutlich näher bringt: einem Sieg für Kroatien, Slowenien und die Europäische Union. Wir dürfen nicht zulassen, dass eine Partei als alleiniger Sieger hervorgeht oder dass nur ein Standpunkt vorherrscht. Wir können nur gewinnen, wenn wir auf der Grundlage gemeinsamer Ziele und eines gemeinsamen Willens arbeiten.

Ich stimme ebenso dem Berichterstatter, Herrn Swoboda, zu, wenn er sagt, dass wir den Grundsatz der Gerechtigkeit beachten müssen, der Teil des Völkerrechts ist. Ich stimme ebenso dem Kommissar, Herrn Rehn, voll zu, dass die Satzung der Vereinten Nationen ein geeigneter Ausgangspunkt für die Beilegung der Grenzstreitigkeiten ist und dass die Initiative der Kommission den Geist dieser Satzung widerspiegelt.

Der Verhandlungstisch sollte endlich im Mittelpunkt stehen, ohne jegliche Rhetorik oder Druckausübung, die die Würde der einzelnen Parteien verletzen oder dem Beitrittsstatus Kroatiens schaden würde. Wir brauchen ein positives Klima. Ich bin fest davon überzeugt, dass nur eine positive Lösung absehbar ist, eine, auf die sich Slowenien und Kroatien unter Vermittlung eines Dritten, z. B. der Europäischen Kommission, einigen werden. Ich würde mich freuen, wenn dies so bald wie möglich geschieht.

 
  
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  Giorgos Dimitrakopoulos (PPE-DE).(EL) Frau Präsidentin! Ich stimme zu und erkenne die europäische Perspektive der Türkei an. Wenn diese Perspektive allerdings ein erfolgreiches Ende haben soll, dann muss die Türkei Folgendes tun:

Zunächst müssen die Rechte von Minderheiten anerkannt und eine Art der Politik vermieden werden, wie sie beispielsweise in Imvros und Tenedos angewendet wird.

Dann muss das Land seine Beziehungen zu Griechenland verbessern, einem Mitgliedstaat, der seine europäische Perspektive beispielsweise unterstützt, indem er den Casus Belli beseitigt und den Rechtsverstößen in der Ägäis ein für alle Mal ein Ende setzt.

Und drittens müssen Fortschritte bei der Zypern-Frage erzielt werden. Diese Fortschritte bedeuten den Abzug der türkischen Besatzungstruppen einerseits und die Einnahme einer konstruktiven Haltung zu allen Fragen andererseits, um eine Lösung für das Problem zu finden. Ich möchte das Parlament daran erinnern, dass ich zu der Generation gehöre, die mit dem Grundsatz „Unsere Grenzen sind in Kyrenia“ aufgewachsen ist.

 
  
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  Joel Hasse Ferreira (PSE).(PT) Der Prozess, der im Beitritt der Türkei zur Europäischen Union münden soll, geht nur langsam voran. Zum jetzigen Zeitpunkt ist es nicht die mäßige Geschwindigkeit, mit der Reformen in der Türkei durchgeführt werden, durch die der Prozess verlangsamt wird, sondern die Langsamkeit des Rats und der Europäischen Kommission. Die wirtschaftliche, soziale und politische Auswirkung dieses zukünftigen Beitritts wurde letzten Dezember im polnischen Sopot eingehend diskutiert, auf einer Konferenz, auf der ich die Freude und Ehre hatte zu sprechen.

Im Hinblick auf die Schwerpunkte der türkischen Regierung ist in diesem Zusammenhang das Frühstückstreffen mit Ministerpräsident Erdogan im vergangenen Januar in Brüssel zu erwähnen. Das Ergebnis dieses Treffens war eine rechtzeitige Klarstellung ergänzt durch Kontakte, die einige von uns mit der Republikaner-Seite und zu verschiedenen Personen und Organisationen der türkischen Republik knüpfen konnten. Hinzu kommt die permanente Arbeit, die wir im gemischten parlamentarischen Ausschuss EU-Türkei geleistet haben.

Zum Abschluss möchte ich noch sagen, Frau Präsidentin, Herr Kommissar, meine Damen und Herren, dass dieser Prozess für ein ernsthaft gewachsenes Europa entscheidend ist, ein Europa, das stark und weltoffen ist, säkular und demokratisch, und in dem die demokratisch geeinte Republik Zypern den Platz einnimmt, den sie verdient hat.

 
  
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  Metin Kazak (ALDE).(BG) Ich danke Ihnen, Frau Präsidentin. Die Türkei spielt bei der Energie- und geostrategischen Sicherheit Europas eine Schlüsselrolle und wird auch in Zukunft ein stabilisierendes Element während der Krise sein. Es stimmt zwar, dass Ereignisse wie das Verfahren zum Verbot der AK-Partei, der Fall „Ergenekon“ und die Kommunalwahlen die Reformen im Land verlangsamt haben, allerdings bietet die Ernennung eines neuen Verhandlungsführers der türkischen Regierung eine gute Gelegenheit, den Prozess der Angleichung türkischer Rechtsvorschriften an europäische Standards zu beschleunigen und bei den politischen Kriterien in den Verhandlungskapiteln voranzukommen.

Ich glaube, dass die Türkei drei Prioritäten umsetzen sollte, wenn sie ernsthafte Fortschritte auf dem Weg zur EU-Mitgliedschaft machen möchte. Zunächst muss sie weiterhin konstruktiv an einem erfolgreichen Ausgang der Gespräche zur Zypernfrage arbeiten. Dieses Engagement muss aber aufseiten aller an diesem Prozess beteiligten Länder spürbar sein und darf nicht als Vorwand für das Blockieren der Verhandlungen verwendet werden. Zweitens muss sie die Rede- und Gedankenfreiheit respektieren. Und drittens muss sie – insbesondere im Hinblick auf kulturelle Rechte und das Recht auf Bildung – Schutz für Minderheitsgemeinschaften garantieren. Im Rahmen dieser fortschreitenden, kontinuierlichen Modernisierung muss die Türkei seine proeuropäischen Befürworter zurückgewinnen. Ich danke Ihnen.

 
  
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  Bart Staes (Verts/ALE).(NL) Frau Präsidentin! Ich war eines der Parlamentsmitglieder, die vor der Eröffnung der Verhandlungen für die Türkei gestimmt haben. Meiner Meinung nach sind diese Verhandlungen in Wirklichkeit eine Übung zur Konfliktprävention. Ich bin überzeugt, dass die Verhandlungen auf viele Politikbereiche starke Auswirkungen haben werden. Sie werden in der Türkei ein besseres soziales Klima, bessere Umwelt- und Gesundheitsgesetzgebung sowie ein besseres Arbeitsrecht für Türken schaffen.

Mit der Zeit werden die Verhandlungen ebenso für viele Bevölkerungsgruppen zu besseren Lebensbedingungen führen: für Frauen, religiöse Minderheitengruppen, Kurden und Aleviten. Es geht allerdings noch sehr langsam voran. Seit vier Jahren gibt es nun bereits einen Stillstand, und es gibt viele dringliche Bereiche, die angesprochen werden müssen. Die Diskriminierung von Parteien wie beispielsweise der Partei der demokratischen Gesellschaft DTP ist untragbar. Es gibt einen Mangel an ziviler und politischer Kontrolle der Armee. Dies ist schlicht inakzeptabel.

Meinungsfreiheit und Pressefreiheit sind unverzichtbar, und Folter und Misshandlung in Gefängnissen können nicht toleriert werden. Es ist unbedingt erforderlich, dass für das Kurden-Problem eine politische Lösung gefunden wird. Ich vertrete den Standpunkt, dass wir unter diesen Umständen die Verhandlungen unbedingt fortsetzen sollten.

 
  
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  Kyriacos Triantaphyllides (GUE/NGL). – Frau Präsidentin! Ich möchte Kommissar Rehn zu seinem Standpunkt zum Bericht Oomen-Ruijten beglückwünschen. Er war der Ansicht, dass es für die Türkei unerlässlich ist, die laufenden Gespräche zwischen den Staatschefs der beiden Gemeinschaften in Zypern proaktiv zu unterstützen. Daher stimmen wir der Berichterstatterin voll und ganz zu, wenn sie in Ziffer 40 ihres Berichts die Türkei dazu auffordert, „ein angemessenes Verhandlungsklima zu schaffen, indem die türkischen Truppen abgezogen werden und es den beiden Staatschefs ermöglicht wird, die Zukunft ihrer Länder frei zu verhandeln“.

Ich würde vorschlagen, dass es zu diesem Zeitpunkt direkter Gespräche für das Europäische Parlament möglicherweise nicht empfehlenswert ist, in seinen Bericht Vorschläge für Ausnahmen vom gemeinschaftlichen Besitzstand aufzunehmen.

Ergänzend zur Position der Berichterstatterin appellieren wir auch an die Türkei, ihre Verpflichtungen hinsichtlich der Nachforschungen über das Schicksal vermisster Personen zu erfüllen und damit aufzuhören, die ausschließliche Wirtschaftszone der Republik Zypern zu verletzen. Damit kann die Türkei selbst ihren Weg zum Beitritt erleichtern.

 
  
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  Marie Panayotopoulos-Cassiotou (PPE-DE).(FR) Frau Präsidentin! Ich habe der Kommission gestern eine mündliche Frage vorgelegt und eine Mitteilung vom Sekretariat des Parlaments erhalten. Darin wurde ich darüber informiert, dass der Kommissar meine Frage heute Nachmittag beantworten würde.

Ich erkläre, dass mein Name Panayotopoulos lautet und dass ich eine Frage zu Ziffer 6 des Verhandlungsrahmens mit der Türkei vorgelegt habe.

 
  
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  Die Präsidentin. – Frau Panayotopoulos-Cassiotou, ich denke, dass der Kommissar Sie gehört hat.

 
  
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  Alexandr Vondra, amtierende Präsidentin des Rates. − Frau Präsidentin, wir hatten heute eine sehr lange aber auch wichtige Debatte. Dies ist ein entscheidendes Jahr im Beitrittsprozess von Kroatien und für die gesamte Region des westlichen Balkans, und wir legen natürlich Wert auf die beständige Unterstützung des Parlaments bei der Annäherung Kroatiens, der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien und der westlichen Balkanländer an die EU und begrüßen diese.

Es wurde viel zu mangelndem Fortschritt in der Türkei hinsichtlich der Reformbemühungen gesagt. Wir begrüßen daher, dass die Türkei ihr Engagement für den EU-Beitritt bekräftigt hat, wie Herr Erdogan sagte. Wir bitten das Land darum, die Gelegenheit im Jahr 2009 zu ergreifen und dieses Engagement zu beweisen und weitere Fortschritte auf dem Weg zur EU zu erzielen.

Die Türkei muss lang erwartete Reformen in die Realität umsetzen. Die anhaltende Unterstützung des Europäischen Parlaments während des Prozesses ist angesichts zukünftiger Herausforderungen besonders wichtig. Ich habe morgen die Gelegenheit, den türkischen Verhandlungsführer in Prag zu treffen.

Gleichzeitig dürfen wir die strategische Bedeutung der Türkei besonders in den derzeitigen turbulenten Zeiten nicht auf die leichte Schulter nehmen oder unsere früheren Verpflichtungen vergessen. Soweit ich weiß, wird Präsident Obama während seines Besuchs in Europa möglicherweise die Türkei als eine Art muslimisches Musterland besuchen. Ich glaube, dass dies nicht der Moment ist, in dem die Europäer ihr Engagement gegenüber der Türkei aufgeben sollten. Ich glaube, dass Joost Lagendijk dies zurecht gesagt hat.

Was den Grenzkonflikt zwischen Kroatien und Slowenien betrifft, habe ich Hannes Swoboda, István Szent-Iványi und vielen anderen aufmerksam zugehört. Ich möchte an dieser Stelle nur wiederholen, dass wir es als Präsidentschaft begrüßen, dass sowohl Slowenien als auch Kroatien nun vereinbart haben, ihre Arbeit auf Initiative von Kommissar Rehn hinsichtlich des Konflikts fortzuführen. Wir unterstützen diese Initiative voll und ganz und sind besorgt darüber, dass sie noch keine fruchtbringenden Ergebnisse hinsichtlich spezieller Bedingungen der Erleichterung hervorgebracht hat. Wir stellen fest, dass die Zeit knapp wird, und der Präsidentschaft ist daran gelegen, konkrete Fortschritte in den Verhandlungen auf Grundlage der bereits geleisteten Arbeit sicherzustellen. Wir erwägen daher die Möglichkeiten für eine Verbesserung unserer Unterstützung für die Initiative des Kommissars in naher Zukunft. Wir haben das gerade während des Mittagessens besprochen.

Im Hinblick auf die ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien sagte u. a. Bernd Posselt, dass wir die Bemühungen der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien unterstützen sollten, und ich denke, dass er recht hat. Ich will nur kurz erwähnen, dass der tschechische Ministerpräsident Topolánek gestern Skopje besucht und unser Engagement für das europäische Streben dieses Landes bekräftigt hat.

 
  
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  Olli Rehn, Mitglied der Kommission. − Frau Präsidentin! Ich möchte den Mitgliedern für diese äußerst konstruktive, inhaltsreiche und verantwortungsbewusst geführte Aussprache danken. Ich möchte nur einige wenige Punkte hinsichtlich der Redebeiträge ansprechen.

Zunächst ist es klar, dass jegliche Politikgestaltung in Europa und in der Welt von dem sehr anspruchsvollen heutigen Kontext überschattet wird. Unsere Bürger spüren die Finanzkrise und die wirtschaftliche Rezession, und dies beherrscht natürlich die Gedanken unserer Führungspersönlichkeiten in der Europäischen Union.

Es ist jedoch nach wie vor enorm wichtig, dass wir uns als Europäische Union weiterhin für die EU-Perspektive für Südosteuropa einsetzen, und dies ist auch der heute hier im Parlament zum Ausdruck gebrachte politische Wille, den ich begrüße und schätze.

An zweiter Stelle, betreffend Zypern, sagte mein Freund Herr Wiersma, dass ich ein Optimist sein müsse. Ich denke, da ist etwas in der Übersetzung untergegangen, obwohl ich eigentlich dachte, ich würde Englisch sprechen, wenn auch mit dem recht urwüchsigen Akzent von Ostfinnland! Wie auch immer, ich halte mich weder für einen Optimisten noch für einen Pessimisten, sondern ich bin gewöhnlich eher ein Realist, was die Analyse von Dingen betrifft, und entschlossen, was jene Angelegenheiten betrifft, die ich wirklich beeinflussen kann. Ich denke, dass es hier unumgänglich ist, dass wir die derzeit stattfindenden Gespräche zwischen den beiden Staatschefs und den beiden Gemeinschaften unterstützen, sodass wir im Jahr 2009 die Chance ergreifen können, um eine umfassende Lösung zu erreichen. Wir erwarten natürlich, dass die Türkei zu einem günstigen politischen Klima für eine solche Beilegung des Konflikts beiträgt.

Vom Standpunkt der Europäischen Union aus ist es wichtig sicherzustellen, dass jede Lösung im Einklang mit den Gründungsprinzipien der Union, d. h. Freiheit, Demokratie, Achtung der Menschenrechte und Grundfreiheiten und der Rechtsstaatlichkeit, erfolgt. Mit anderen Worten, die EU kann nur eine Lösung unterstützen, die ein vereintes Zypern schafft, das die Grundsätze, auf denen die EU beruht, respektiert, und fähig ist, die mit einer EU-Mitgliedschaft verbundenen Pflichten wahrzunehmen. Das setzt eine Föderation von zwei Gebieten und zwei Gemeinschaften mit politischer Gleichberechtigung voraus, wie es in den einschlägigen Resolutionen des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen festgelegt ist.

Abschließend noch eine Anmerkung zu Kroatien. Ich danke den Rednern für ihre Unterstützung der Initiative der Kommission zur Vermittlung – eine Initiative auf der Grundlage des Völkerrechts, und ich beziehe mich hier sowohl auf die UN-Charta als auch auf den Verhandlungsrahmen zwischen der EU und Kroatien. Ich kann nur noch einmal betonen, dass unabhängig von der Methode, es eine bilaterale Vereinbarung zwischen den zwei Ländern Slowenien und Kroatien sein muss. Wir arbeiten daran, um eine solche Vereinbarung zu erleichtern.

Mein ehrlicher Wunsch ist es, dass Sie die Initiative der Kommission in Ihrer Resolution unterstützen und keine Situation schaffen, in der wir wieder ganz von vorne anfangen müssen, da dies der einzig realistische und gangbare Weg vorwärts ist.

Ich möchte abschließend sagen, dass ich wirklich daran glaube, dass Kroatien immer noch das ehrgeizige Ziel des Abschlusses der Beitragsverhandlungen bis Ende des Jahres 2009 erreichen kann, vorausgesetzt, dass die Verhandlungen bald fortgeführt werden können. Darum ermutige ich beide Länder, schnellstmöglich zuzustimmen, um die Grenzfrage zu klären und unverzüglich den Weg für Kroatiens EU Beitrittsverhandlungen freizumachen. Ich danke Ihnen für Ihre Unterstützung dieser Initiative.

 
  
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  Die Präsidentin. - Ich habe drei Entschließungsanträge(1) erhalten, die gemäß Regel 103(2) der Geschäftsordnung eingebracht wurden.

Die Aussprache ist geschlossen.

Die Abstimmung erfolgt morgen, am 12. März 2009.

 
  
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  Bernd Posselt (PPE-DE). – (DE) Frau Präsidentin! Ich habe eine konkrete Frage an den Kommissar, nämlich ob er damit einverstanden ist oder auch vorschlägt, dass man das „principle of equity“, wie in der Kommissionserklärung vorgesehen, durch „international law and jurisprudence“ ersetzt.

(Die Präsidentin entzieht dem Redner das Wort.)

 
  
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  Die Präsidentin. – Herr Posselt, die Aussprache ist geschlossen.

Schriftliche Erklärungen (Artikel 142)

 
  
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  Călin Cătălin Chiriţă (PPE-DE), schriftlich.(RO) Ich beglückwünsche Frau Oomen-Ruijten zu diesem hervorragenden Bericht.

Ich möchte zwei Gedanken aufgreifen:

1) Erstens glaube ich, dass die EU weiterhin die Entwicklung proeuropäischer, moderner, säkularer Eliten in der Türkei unterstützen sowie europäische Werte und hochwertige Informationen zur europäischen Integration verbreiten muss. Zu diesem Zweck muss die EU Bildungsreformen in der Türkei, die Entwicklung der europäischen Integrationsforschung und Erasmus-Programme aktiver unterstützen und die Autonomie der Universitäten sicherstellen. Studenten, Forscher und Lehrer, die sich eingehend mit den EU-Institutionen und ihren Politikbereichen befassen möchten, müssen darin bestärkt und unterstützt werden.

2) An zweiter Stelle muss die EU, parallel zur Unterstützung von Angehörigen nationaler Minderheiten, Aktionen ethnischer Separatisten entschlossen verurteilen. Ich beziehe mich hiermit auf den kurdischen Separatismus in der Türkei und den türkischen Separatismus in Zypern, es gibt aber auch noch andere Beispiele. Die EU muss die strikte Anwendung der Prinzipien der territorialen Integrität und einer guten Nachbarschaft im Hinblick auf die Türkei, den Irak, Zypern und die anderen Länder der Region unterstützen.

 
  
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  Richard Corbett (PSE), schriftlich. – Ich freue mich, dass der Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten und die Kommission zuversichtlich sind, dass die Verhandlungen zum Beitritt Kroatien zur EU dieses Jahr abgeschlossen werden können. Kroatien hat gute Fortschritte bei der Übernahme des gemeinschaftlichen Besitzstandes erzielt. Die Korruptionsbekämpfungseinheit USKOK hat ihre Arbeit intensiviert und es wurden Rechtsvorschriften zur Reformierung der kroatischen Justiz eingeführt.

Dies wird jedoch durch das Wissen getrübt, dass es Fälle gibt, in denen der IStGHJ nicht in der Lage war, Zugang zu bestimmten Dokumenten über angebliche Kriegsverbrechen zu erhalten. Außerdem muss Minderheitenrechten wie im Fall der Krajina-Serben sowie der Frage der Flüchtlingsrückkehr weitere Beachtung geschenkt werden.

Die Erweiterung gehört zu den großen Erfolgen der modernen Europäischen Union. Nach der Integration vieler, vom Kalten Krieg geschädigten europäischen Nationen müssen wir nun dasselbe für die westlichen Balkanstaaten tun. Der Beitritt Kroatiens ist hierbei der erste, wichtige Schritt.

 
  
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  Alexandra Dobolyi (PSE), schriftlich.(HU) Das Thema Türkei ging schon immer einher mit Bedenken und Misstrauen. Stets gab es Probleme, die weit über die Notwendigkeit hinausgingen, die strengen Beitrittskriterien zu erfüllen.

In dieser Hinsicht müssen wir nur einen Blick auf die Art der nachbarschaftlichen Beziehungen werfen, die die Türkei zu anderen EU-Mitgliedstaaten wie Griechenland, Zypern oder zu Ländern außerhalb der EU, z. B. Armenien, unterhält. Wenn wir des Weiteren berücksichtigen, dass die Türkei der einzige Staat ist, der der Ansicht ist, dass die Europäische Union aus nur 26 Mitgliedstaaten besteht, dann ist es befremdlich, dass die Türkei dieser Gemeinschaft zukünftig gern selbst beitreten und ihr angehören möchte.

Meine Position ist, dass der Beitrittsprozess zur EU zukünftig im Sande verlaufen wird, sofern das Land sein Verhalten hinsichtlich grundlegender Probleme nicht grundsätzlich ändert. Als die EU entschied, Beitrittsverhandlungen aufzunehmen, so geschah dies in der Hoffnung und Erwartung, dass die Türkei tatsächlich einen Platz in der europäischen Familie hat. Ich möchte eine Frage stellen: Ist es sicher, dass die Türkei diese Haltung heute teilt?

Wenn sich die Türkei unmissverständlich für gute Verhältnisse zu ihren Nachbarn einsetzt und dafür, ausstehende Fragen friedlich im Einklang mit der Charta der Vereinten Nationen und anderen europäischen Dokumenten zu klären, dann besteht Hoffnung.

Wenn die Türkei diese Kriterien vorbehaltlos erfüllt, dann bestehen Chancen, dass sie die Unterstützung von jedem von uns erhalten wird, und möglicherweise auch die Gunst der europäischen Bürger zurückgewinnen kann.

 
  
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  Lidia Joanna Geringer de Oedenberg (PSE), schriftlich. (PL) Wir haben im vergangenen Jahr deutliche Fortschritte und intensive Bemühungen seitens Kroatien bei den Beitrittsverhandlungen erlebt. Die Verhandlungen zum EU-Beitritt sind auf dem richtigen Weg, obwohl sich das Land auf weitere Reformen in Bereichen wie Verwaltung, the Rechtssystem, Wirtschaft, den Kampf gegen Korruption und das organisierte Verbrechen, Achtung und Schutz von Minderheiten und die Untersuchung von Kriegsverbrechen konzentrieren muss.

Es ist zwingend notwendig, die Anstrengungen hinsichtlich der Übernahme und effektiven Umsetzung des gemeinschaftlichen Besitzstandes fortzuführen. Weiterhin ist es besonders wichtig, die Beziehungen von Kroatien zu seinen Nachbarländern, insbesondere zu Slowenien, zu verbessern und eine abschließende Lösung auf die Frage nach den Grenzen zu anderen benachbarten Ländern zu finden.

Kroatien sollte in seine Entwicklungspolitik auch jene Ziele mit einschließen, die sich die Europäische Union derzeit selbst in den Bereichen Klimapaket und erneuerbare Energien gesetzt hat.

Der weitere Fortschritt Kroatiens bei den Beitrittsverhandlungen hängt insbesondere von der Vollendung wesentlicher politischer, wirtschaftlicher, gesetzgeberischer und administrativer Reformen ab. In diesem Zusammenhang ist daran zu erinnern, dass der Fahrplan der Kommission ein sehr nützliches und hilfreiches Hilfsmittel ist, das Kroatien beim Abschluss der einzelnen Verhandlungskapitel unterstützt. Ich hoffe, dass es möglich ist, vielleicht sogar noch in diesem Jahr die Endphase der Verhandlungen zu erreichen.

 
  
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  András Gyürk (PPE-DE) , schriftlich. – (HU) Die Zusammenarbeit im Energiesektor ist zu einer der Hauptfragen bei den Beziehungen zwischen der EU und der Türkei geworden. Der Hauptgrund dafür ist, dass die Türkei als Transitland maßgeblich dazu beitragen kann, die Abhängigkeit der EU von Energiequellen zu verringern und die Energieversorgung zu diversifizieren. Eine verstärkte Zusammenarbeit mit der Türkei kann gleichzeitig ein wichtiger Schritt in Richtung Expansion des Energiebinnenmarkts sein.

Ich bin überzeugt, dass die grundlegenden Ziele der Türkei und der Europäischen Union in dieselbe Richtung gehen. Wir möchten den wachsenden Energiebedarf durch so viele Quellen wie möglich abdecken. Die Förderung der Diversifizierung ist am dringlichsten im Bereich der Gasversorgung. Hierfür ist der Bau der Nabucco-Pipeline von zentraler Bedeutung. Die Gaskrise im Januar hat deutlicher als je zuvor gezeigt, wie wichtig die vorgenannte Infrastruktur ist. Daher ist die Entwicklung zu begrüßen, dass im europäischen Konjunkturprogramm Mittel für den Bau der Erdgasleitung eingeplant werden sollen.

Im Hinblick auf Nabucco benötigen wir, bevor es an den ersten Spatenstich geht, sobald wie möglich bilaterale Regierungsabkommen mit der Türkei. Ich halte die Kommentare für bedauerlich, die die Einstellung Ankaras zu Nabucco direkt mit dem Beitritt des Landes zur EU verbinden. Ich bin überzeugt, dass die Zusammenarbeit bei energiepolitischen Fragen nicht zu einer außenpolitischen Waffe gemacht werden kann. Aus diesem Grund ist ein intensiverer Energiedialog zwischen der Europäischen Union und der Türkei erforderlich. Ein möglicher Schritt hierbei könnte die Eröffnung des Kapitels „Energiepolitik“ sein.

 
  
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  Nicolae Vlad Popa (PPE-DE), schriftlich.(RO) Der Jahresbericht der Kommission über die Fortschritte der Türkei im Jahr 2008 als Bewerberland ist ausgewogen. Obwohl der Reformprozess vorangetrieben werden sollte und acht Verhandlungskapitel immer noch blockiert sind, hat die Kommission insbesondere die kürzliche diplomatische Tätigkeit der Türkei und ihre Rolle bei der Förderung der Stabilität in der Region begrüßt. Die Ereignisse vom Sommer 2008 unterstrichen die strategische Rolle der Türkei u. a. im Energiesektor.

Im Bereich der regionalen Zusammenarbeit wurde die konstruktive Rolle angemerkt, die die Türkei in ihren Beziehungen zu Nachbarstaaten und im Nahen Osten durch aktive Diplomatie gespielt hat. Die Entwicklungen im Kaukasus unterstrichen die strategische Bedeutung der Türkei für die Energiesicherheit der EU, insbesondere durch die Diversifizierung der Transportwege. Das Dokument betont die Wichtigkeit enger Zusammenarbeit im Energiesektor zwischen EU und Türkei, wobei das Nabucco-Projekt eine Schlüsselrolle spielt. Nach der Aufnahme von Verhandlungen zwischen dem griechischen und dem türkisch-zypriotischen Führer mit dem Ziel einer Einigung bei der Zypernfrage ist es wichtig für Ankara, die Lösungsfindung parallel zu den diesbezüglichen Anstrengungen der VN weiterhin zu unterstützen.

Die Erweiterung der EU und die fortschreitende Integration von westlichen Balkanstaaten in die EU sind die Schwerpunkte für Rumänien. Rumänien unterstützt die substanziellen Fortschritte, die bei den Verhandlungen mit der Türkei erzielt wurden – ein Prozess, der dynamisch genug ist, um interne Reformen zu fördern.

 
  
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  Toomas Savi (ALDE), schriftlich. – In den letzten fünf Jahren haben die neuen Mitgliedstaaten zahlreiche positive Auswirkungen der Mitgliedschaft in der Europäischen Union erlebt. Diese Erfahrung sollte nicht monopolisiert werden, und daher unterstütze ich innigst die fortgesetzte Erweiterung der EU. So sehr ich mich allerdings darüber freuen würde, wenn die Türkei in naher Zukunft in die EU aufgenommen wird, so zeigt der Fortschrittsbericht leider ganz das Gegenteil.

Ich habe dieses Problem mehrmals in diesem Plenum angesprochen und auf den armenischen Völkermord, Bedenken hinsichtlich der Kurden und die Besetzung Zyperns hingewiesen.

Darüber hinaus sieht man bei der Überprüfung der Fortschritte, die die Türkei in Richtung Abschluss der Verhandlungen zu den 35 Kapiteln des gemeinschaftlichen Besitzstandes seit Oktober 2005 erreicht hat, dass lediglich zwölf Kapitel geöffnet wurden und bis zum aktuellen Zeitpunkt nur eines davon – das Kapitel zu Wissenschaft und Forschung – geschlossen wurde.

Ich möchte den Rat und die Kommission fragen, wie sie gedenken, den Verhandlungsverlauf zu beschleunigen und die Zypernfrage zu klären.

 
  
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  Csaba Sógor (PPE-DE), schriftlich. – (HU) Die Mitgliedstaaten der Europäischen Union sollten mehr Solidarität und Toleranz gegenüber den Beitrittsländern zeigen. Mein Land, Rumänien, wurde auf den Beitritt nicht vorbereitet, und es bestehen immer noch Defizite im Bereich der Minderheitenrechte. Dennoch hat Ungarn Rumänien nicht daran gehindert, der EU beizutreten, da es europäische Solidarität und Toleranz als wichtiger erachtet hat. Natürlich müssen die Beitrittsländer größere Schritte im Hinblick auf die Sicherstellung von Menschen- und Minderheitenrechten machen; allerdings müssen die derzeitigen Mitgliedstaaten der EU mit gutem Beispiel vorangehen. Ich denke daher, dass es wichtig für uns ist, zunächst die EU-Mitgliedstaaten darum zu bitten:

– die Europäische Charta der Regional- oder Minderheitensprachen zu unterzeichnen und zu ratifizieren,

– das in einem EU-Mitgliedstaat geltende Gesetz aufzuheben, das den Begriff einer Kollektivschuld einführt,

– aus dem Beispiel des Kosovo zu lernen und die kulturelle und regionale Autonomie traditioneller nationaler Minderheiten zu garantieren, die auf dem Gebiet der derzeitigen EU-Mitgliedstaaten leben.

 
  
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  Csaba Sándor Tabajdi (PSE), schriftlich. – (HU) Die Stabilisierung des Westlichen Balkans und die Stärkung seiner Beziehungen zu Europa ist eine wichtige Aufgabe, da die Region für Europa von geostrategischer Bedeutung ist. Gleichzeitig bleiben die westlichen Balkanstaaten aus vielen Blickwinkeln gesehen, darunter auch die Bereiche Wirtschaft und Energie, weiterhin deutlich verletzbar und abhängig.

Wir hoffen, dass Kroatien im Jahr 2011 während der ungarischen Präsidentschaft beitreten kann; dies hängt allerdings von einem erfolgreichen Abschluss der kürzlich begonnenen und unter internationaler Vermittlung stattfindenden bilateralen Gespräche mit Slowenien bezüglich der Teilung der Bucht von Piran ab. Eine weitere Bedingung besteht darin, dass Kroatien vorbehaltlos mit dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag bei der Suche und Übergabe von Kriegsverbrechern kooperiert. Ferner müssen wir jenen Ländern in der Region ein positives Signal senden, in denen aufgrund verschiedener externer und interner Faktoren der Zeitplan für den Beitritt noch unsicher ist. Wir sollten das Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen mit Serbien und mit Bosnien und Herzegowina so schnell wie möglich ratifizieren, allen Ländern in der Region einen vollwertigen Kandidatenstatus gewähren und einen präzisen Zeitplan für die schnellstmögliche Einigung zur Visa-Liberalisierung festlegen. Die Finanzkrise hat die Balkanstaaten schwer getroffen, und die EU-Mitgliedstaaten müssen, sofern notwendig, zur Stabilisierung der Region beitragen. Wir müssen Ländern, die in Schwierigkeiten sind, Hilfe leisten. Die EU muss die interethnischen Beziehungen in der Region aufmerksam verfolgen und der prekären Lage im Innern von Mazedonien dabei besondere Aufmerksamkeit widmen, wo das derzeit größte Risiko für einen ernsthaften Konflikt in der Region herrscht.

 
  

(1) Siehe Protokoll.


13. Mandat des Internationalen Strafgerichtshofs für das ehemalige Jugoslawien (Aussprache)
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  Die Präsidentin. –Nach der Tagesordnung folgt die Aussprache über den Bericht (A6-0112/2009) von Frau Neyts-Uyttebroeck im Namen des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten über den Vorschlag für eine Empfehlung des Europäischen Parlaments an den Rat zu dem Mandat des Internationalen Strafgerichtshofs für das ehemalige Jugoslawien (2008/2290(INI)).

 
  
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  Annemie Neyts-Uyttebroeck, Berichterstatter. (NL) Frau Präsidentin, Herr Kommissar, Herr amtierender Ratspräsident, meine Damen und Herren! Seit seiner Gründung im Jahr 1993 hat der Internationale Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien 161 Personen angeklagt. Gegen 116 von ihnen wurden die Strafverfahren vollständig abgeschlossen, während für mehrere Beklagte das Strafverfahren noch läuft.

In nur zwei Fällen steht die Eröffnung der Verfahren noch aus, während zwei Hauptangeklagte, Herr Mladić und Herr Hadžić, noch flüchtig sind. Obwohl der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen den Gerichtshof gebeten hat, seine Aktivitäten bis spätestens Ende 2010 zu beenden, hat dieser noch einigen Handlungsspielraum gelassen.

Nach einem verständlicherweise schwierigen Start – schließlich war alles neu und musste sozusagen an Ort und Stelle erdacht werden – hat sich der Internationale Strafgerichtshof als sehr solides, ernsthaftes und fähiges Rechtsorgan erwiesen, das seine Tätigkeiten nicht auf die Rechtsprechung beschränkt, die es übrigens mit größtmöglicher Sorgfalt ausübt, wodurch es seine Legitimation verstärken konnte. Darüber hinaus hat der Internationale Strafgerichtshof angemessene Kontaktprogramme aufgelegt, um zum Eingliederungs- und Versöhnungsprozess in den Ländern beizutragen, die nach dem Zerfall Jugoslawiens entstanden sind.

Der Strafgerichtshof unterstützt auch die Ausbildung nationaler juristischer Gremien, die schließlich den Großteil der Dossiers zu Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu bewältigen haben. Allerdings war es nie die Absicht des Strafgerichtshofs, die Position der nationalen Gerichte im ehemaligen Jugoslawien dauerhaft zu übernehmen.

Das Gegenteil ist der Fall. Es liegt in den Händen der Länder sicherzustellen, dass Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit strafrechtlich verfolgt und vor Gericht gebracht werden. Vor diesem Hintergrund hat der Strafgerichtshof eine Reihe von Dossiers an die nationalen Gerichte weitergegeben und sich auf die wichtigsten Fälle konzentriert.

Der Strafgerichtshof hat außerdem eine angemessene Abschlussstrategie in drei Stufen eingerichtet, um den Anforderungen des Sicherheitsrates zu entsprechen. Der Plan sieht eine vollständige Abwicklung aller Gerichtsverfahren bis Ende des Jahres 2011 vor, mit einer möglichen Verlängerung in das Jahr 2012. Um auf alle Eventualitäten vorbereitet zu sein, aber hauptsächlich um sicherzustellen, dass Ratko Mladić und Goran Hadžić in jedem Fall dem gleichen Verfahren unterzogen werden, muss ein effektiver, hochqualifizierter und hinreichend ausgestatteter Mechanismus eingesetzt werden, der bei den übrigen Aufgaben zum Einsatz kommen kann, auch nachdem das Mandat des Strafgerichtshofs abgelaufen ist.

Aus all diesen Gründen ersuchen wir den Rat sich bei den Vereinten Nationen und besonders bei dem Sicherheitsrat dafür einzusetzen, dass das Mandat des Strafgerichtshofs für mindestens zwei Jahre verlängert wird, um dafür zu sorgen, dass nach diesem Zeitraum ein Aufnahmemechanismus eingerichtet und sichergestellt wird, dass die Unterlagen des Strafgerichtshofs aufbewahrt und zugänglich gemacht werden.

In einem ähnlichen, aber breiteren Kontext ersuchen wir, dass eine gute Zusammenarbeit mit dem Strafgerichtshof und der Aufbau einer effektiven Justiz, die auch Verbrechen gegen die Menschlichkeit verhandelt, Beurteilungskriterien für unsere Beziehungen mit den westlichen Balkanländern bleiben. Wir fordern die betreffenden Länder auf, weiterhin mit dem Strafgerichtshof zusammenzuarbeiten und den Hauptanklägern fundierte Antworten zu liefern.

Abschließend bitten wir die Kommission, Ausbildungsprogrammen und anderen Initiativen, die den gegenseitigen Dialog und die gemeinsame Suche nach Wahrheit und Versöhnung fördern, weiterhin Aufmerksamkeit zu schenken. Letzten Endes führt die Rechtsprechung allein – wie gut sie auch sein mag – nicht zur Versöhnung, die allerdings dringend notwendig ist, damit die Männer und Frauen der westlichen Balkanländer endlich beginnen können, sich ihre Zukunft aufzubauen.

 
  
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  Alexandr Vondra, amtierender Präsident des Rates. − Frau Präsidentin! Ich glaube, dass diese Debatte genau zum richtigen Zeitpunkt stattfindet und dass der Bericht von Frau Neyts-Uyttebroeck eine Reihe wichtiger Empfehlungen enthält. Das gibt mir die Gelegenheit, eine Frage anzusprechen, die im Mittelpunkt unserer Politik für die westlichen Balkanländer steht.

Die Arbeit des Internationalen Strafgerichtshofs für das ehemalige Jugoslawien (IStGHJ) ist ein wesentliches Element, um Gerechtigkeit zu schaffen, die Vergangenheit zu bewältigen und den Blick nach vorn zu richten. Sie ist auch bei der Stärkung der Rechtstaatlichkeit in der Region von wesentlicher Bedeutung. Das ist manchmal ein langsamer und von Zeit zu Zeit schwieriger Prozess, aber der IStGHJ hat wichtige Fortschritte gemacht. Bisher hat er Verfahren mit verschiedenen Urteilssprüchen gegen 116 Angeklagte abgeschlossen. Nur zwei von 161 Angeklagten sind weiterhin auf freiem Fuß.

Bei der Einrichtung des IStGHJ im Jahr 1993 war das inländische Gerichtswesen im ehemaligen Jugoslawien nicht darauf vorbereitet, mit Verbrechen dieses Ausmaßes umzugehen. Klar war allerdings, dass diese aufgearbeitet werden mussten. Kein Vertrag, keine Vereinbarung, keine Gesellschaft ist ohne Gerechtigkeit zukunftsfähig. Unsere Strategie für die Region besteht darin, Unterstützung bei der Stabilisierung der Länder des westlichen Balkans zu leisten und ihnen dabei zu helfen, sich der EU-Perspektive bewusst zu werden. Ein zentrales Element dieser Politik ist die Zusammenarbeit mit dem IStGHJ. Wir unterstützen dessen Mandat auf verschiedene Arten.

Zunächst sind die westlichen Balkanländer Teil des Stabilisierungs- und Assoziierungsprozesses (SAP). Dieser Prozess hängt ab von der Achtung demokratischer Prinzipien, der Rechtstaatlichkeit, der Menschenrechte und der Rechte von Minderheiten angehörenden Personen, der Achtung der Grundfreiheiten und der Prinzipien des Völkerrechts sowie der regionalen Zusammenarbeit. Er hängt auch von der uneingeschränkten Zusammenarbeit mit dem Internationalen Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien ab. Die SAP-Konditionalität wird durch jährliche, von der Kommission erstellte Fortschrittsberichte überwacht. Die nächsten Fortschrittsberichte werden im Oktober 2009 veröffentlicht.

Außerdem haben Menschenrechte und Rechtstaatlichkeit, einschließlich Stärkung der Funktion, der Objektivität und der Verantwortlichkeit des Justizwesens, und die Bekämpfung von Korruption und organisierter Kriminalität in der Partnerschaft der EU mit den Ländern des westlichen Balkans höchste Priorität. Diese werden regelmäßig aktualisiert.

Der Rat hat des Weiteren zwei Gemeinsame Standpunkte angenommen, die auf eine Unterstützung der Ausführung des Mandats des IStGHJ ausgerichtet sind, indem die Vermögenswerte auf der Flucht befindlicher Angeklagter eingefroren werden und ein Reiseverbot für Personen erlassen wird, die Angeklagten des IStGHJ dabei behilflich sind, einer Strafe zu entgehen. Diese Gemeinsamen Standpunkte werden regelmäßig erweitert und aktualisiert.

Die Europäische Union wird die Arbeit des IStGHJ unterstützen, bis diese abgeschlossen ist. Ich stimme dem völlig zu, dass das Erbe des IStGHJ längerfristig erhalten werden muss. Wann immer dies auch geschieht – und hierüber hat die EU nicht zu entscheiden –, muss das innerstaatliche Justizwesen bereit dafür sein, die Fälle des IStGHJ zu übernehmen. Dies ist einer der Gründe, warum die Justizreform und die verantwortungsvolle Staatsführung im Stabilisierungs- und Assoziierungsprozess so wichtig sind.

Die Arbeit von NRO und Einzelpersonen, wie beispielsweise des „Humanitarian Law Centre“ in Belgrad und des Forschungs- und Dokumentationszentrums in Sarajevo, die nach der Wahrheit suchen, verdient ebenso unsere volle Unterstützung.

Abschließend möchte ich dem Parlament für seine Unterstützung in diesem Bereich und insbesondere für diesen hilfreichen und konstruktiven Bericht danken.

 
  
  

VORSITZ: DIANA WALLIS
Vizepräsidentin

 
  
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  Olli Rehn, Mitglied der Kommission. − Frau Präsidentin! Ich begrüße die Initiative und den Bericht von Frau Neyts-Uyttebroeck. Diese Initiative und der Bericht setzen ein höchst willkommenes Signal bezüglich des Einsatzes des Europäischen Parlaments zugunsten der Unterstützung des Internationalen Strafgerichtshofs für das ehemalige Jugoslawien (IStGHJ).

Für die Kommission ist klar, dass die internationale Gemeinschaft den IStGHJ weiterhin uneingeschränkt unterstützen muss, damit dieser die verbleibenden Aufgaben zu Ende führen kann. Es darf keine Straffreiheit für Kriegsverbrechen geben. Wie Sie wissen, ist die uneingeschränkte Zusammenarbeit mit dem IStGHJ eine Bedingung für das Vorankommen bei der europäischen Integration. Diese notwendige Bedingung gilt auch heute für den EU-Beitrittsprozess von Serbien und galt auch für Kroatien. Ich hoffe, dass sie Kroatien nicht erneut betrifft, unter der Voraussetzung, dass Kroatien weiterhin uneingeschränkt mit dem IStGHJ zusammenarbeitet.

Das Prinzip beinhaltet auch das Vorgehen bei Kriegsverbrechen, die vom IStGHJ an die inländische Gerichtsbarkeit zurückverwiesen werden. Wir haben finanzielle Unterstützung geleistet und verstärken unsere Unterstützung und Bemühungen beim Kapazitätsaufbau in diesem wichtigen Feld, insbesondere in Bosnien und Herzegowina, wo bei Weitem die meisten Verfahren anhängig sind.

Die Kommission hat kürzlich Mittel für ein Projekt genehmigt, das von Chefankläger Serge Brammertz initiiert wurde. Hierbei sollen bei Fällen von Kriegsverbrechen tätige Ankläger und Nachwuchskräfte aus Südosteuropa Praktika in seinem Büro absolvieren.

Wir arbeiten mit Chefankläger Brammertz auch an anderen Projekten, darunter eine Regionalkonferenz für Ankläger für Kriegsverbrechen vom westlichen Balkan. Diese findet nächsten Monat, Anfang April, in Brüssel statt.

Insgesamt bleibt die Kommission dem IStGHJ weiterhin in vollem Umfang verpflichtet und unterstützt Herrn Brammertz und seine engagierten Mitarbeiter weiterhin bei ihren Bemühungen, jene einer gerechten Strafe zuzuführen, die für schwerwiegende Verletzungen des humanitären Völkerrechts verantwortlich sind. Auf diese Weise möchten wir diese wichtige Arbeit unterstützen, die zur Aussöhnung und Aufrechterhaltung des Friedens in den westlichen Balkanstaaten beiträgt.

Ich freue mich diesbezüglich auf die weitere Zusammenarbeit mit dem Parlament.

 
  
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  Ria Oomen-Ruijten, im Namen der PPE-DE-Fraktion.(NL) Frau Präsidentin! Ich danke Frau Neyts herzlich für ihren umfassenden Bericht. Sie hat recht, wenn sie sagt, dass das Parlament seine Prioritäten klar setzen sollte. Kriegsverbrecher dürfen nicht straffrei ausgehen. Alle Länder in der Region müssen umfassend zusammenarbeiten, und der Internationale Strafgerichtshof sollte die Möglichkeit erhalten, seine Aktivitäten mit der gebotenen Sorgfalt abzuschließen.

Frau Präsidentin, der Strafgerichtshof in Den Haag kann mit 116 abgeschlossenen Fällen und viel Arbeit in der Region ein sehr gutes Ergebnis vorlegen. Niemand kann nun noch länger behaupten, dass die Schuldigen ungeschoren davonkommen. Ich freue mich auch über die nachdrückliche Betonung der vollen Zusammenarbeit, die gegenüber dem Strafgerichtshof gezeigt werden soll. Dies gilt für alle Länder, aus denen die Verdächtigen stammen. Diejenigen, die noch auf der Flucht sind, sollten vor Gericht zur Verantwortung gezogen werden, und alle Länder in der Region haben der Europäischen Union diesbezüglich ihr Wort gegeben. Wir würden uns unglaubwürdig machen, wenn wir nicht daran festhalten würden. Mit Zustimmung der Berichterstatterin werde ich vielmehr zu diesem Thema morgen einen mündlichen Änderungsantrag einbringen.

Frau Präsidentin, der Nutzen des Strafgerichtshofs ist beträchtlich, nicht zuletzt, weil es im Justizwesen auf dem Balkan immer noch so viel zu tun gibt. Daher ist es auch gut, dass in diesem Bericht die Bedeutung einer funktionsfähigen, unabhängigen und objektiven Rechtsprechung unterstrichen wird. Dies ist schließlich eines der Kopenhagener Kriterien.

Ich möchte zwei Anmerkungen machen. Im Hinblick auf die Frist bis zum Jahr 2010 oder 2011 vertrete ich den Standpunkt, dass wir hier nicht so streng sein dürfen. Es ist schließlich weitaus wichtiger, dass der Strafgerichtshof, falls notwendig, nach dieser Frist weiterhin funktionsfähig ist, um bestimmte Aspekte zum Abschluss zu bringen.

Zweitens, was den Abschluss betrifft: Auch mit der Festnahme und dem Verfahren gegen Ratko Mladić und Goran Hadžić ist die Arbeit des Strafgerichtshofs nicht beendet. Der Reliktmechanismus und der Internationale Strafgerichtshof können die Funktionen übernehmen, allerdings sollten meiner Meinung nach gute und weniger gute Erfahrungen niemals in Vergessenheit geraten.

 
  
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  Richard Howitt, im Namen der PSE-Fraktion. – Frau Präsidentin! Seit seiner Schaffung im Jahr 1993 hat der Internationale Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien (IStGHJ) die Rolle des humanitären Völkerrechts grundlegend verändert und den Opfern des tragischen Balkankonflikts, die andernfalls ungehört geblieben wären, die Möglichkeit verschafft, die Schrecken zum Ausdruck zu bringen, die sie und ihre Familien erlebt haben, und Gerechtigkeit zu suchen.

Der IStGHJ hat gezeigt, dass keiner von der Gerechtigkeit verschont bleibt, egal, in welcher Position oder welchem Status er sich zum Zeitpunkt des Konflikts befand – ein Präzedenzfall, der nun dazu geführt hat, dass der Internationale Strafgerichtshof die Achtung der Menschenrechte weltweit fördert.

Wir bekräftigen heute, dass es für das ehemalige Jugoslawien keine Straflosigkeit für jene Angeklagten geben kann, nach denen weiter gesucht wird. Ratko Mladić und Goran Hadžić sind immer noch flüchtig und straflos und gehören hinter Gitter.

Wir sollten auch mit aller Kraft die Bitte von Chefankläger Serge Brammertz bezüglich der Vorlage der erforderlichen Unterlagen vor Gericht unterstützen, die für den Fall gegen Ex-General Ante Gotovina und andere entscheidend sind. Dies ist eine Angelegenheit, von der u. a. unsere kroatischen Freunde wissen, dass sie für den EU-Beitrittsprozess sachdienlich ist.

Die Sozialistische Fraktion hat dem Plenum zwei Änderungsanträge vorgelegt. Zunächst sollte klargestellt werden, dass alle Vorschläge für eine etwaige Mandat-Verlängerung nicht von der Schlüsselaufgabe ablenken sollten, die darin besteht, Verfahren zum Abschluss zu bringen und auf eine frühestmögliche Beendigung hinzuarbeiten. Zweitens fordern wir den freien Zugang zu den Archiven des IStGHJ für Ankläger, Verteidiger und letztendlich Historiker und Forscher.

Ich danke der Berichterstatterin und möchte dem Parlament diese Änderungsanträge empfehlen.

 
  
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  Sarah Ludford, im Namen der ALDE-Fraktion. – Frau Präsidentin, wir müssen bis zum Ende die beeindruckende Arbeit des Haager Gerichtshofs unterstützen, wenn es darum geht, die Verantwortlichen für schreckliche Verbrechen vor Gericht zu bringen. Eine künstliche Beendigung aus Zeitgründen würde faire Gerichtsverfahren beeinträchtigen und Kurzwege würden die Sicherheit von Zeugen gefährden. Während viele nachrangige Fälle erfolgreich an nationale Gerichte weitergegeben wurden, sind einige von ihnen nicht willig oder fähig, Strafverfahren gemäß internationalen Standards durchzuführen. Das bedeutet, dass sich Opfer oder Zeugen der Weitergabe mitunter widersetzen.

Um die Verlängerung des IStGHJ-Mandats zu ermöglichen, fordern wir den Rat auf, den Sicherheitsrat darin zu bestärken, ausreichende Mittel aus dem Gesamthaushalt bereitzustellen, nicht zuletzt um in der Lage zu sein, führende Fachleute und hochqualifizierte Mitarbeiter weiterhin beschäftigen zu können. Der Strafgerichtshof muss ein verlässliches Vermächtnis hinterlassen, einerseits als Modell für andere potenzielle Ad-hoc-Gerichte und andererseits, um zur Stärkung der Rechtsprechung in den Balkan-Ländern beizutragen.

Es besteht Bedarf an einer verstärkten EU-Unterstützung für inländische Untersuchungen und die Strafverfolgung von Kriegsverbrechen. Die Kopenhagener Kriterien müssen sogar noch mehr Unterstützung für eine gut ausgebildete und leistungsstarke Justiz einschließen. Die Hinterlassenschaft davon ist jedoch, dass der Strafgerichtshof auch zur Versöhnung und interethnischen Verständigung beitragen muss, und die Arbeit der NROs hat mehr Ressourcen verdient.

Kommissar Rehn ruft uns in Erinnerung, dass die uneingeschränkte Zusammenarbeit mit dem IStGHJ eine Bedingung für den EU-Beitritt ist; bei einem offenen Gespräch am gestrigen Abend hat mir Kommissar Orban allerdings in Abwesenheit von Kommissar Rehn mitgeteilt, dass im Rat keine Einstimmigkeit bezüglich der Bedeutung dieser Aussage herrscht. Dies hat für Verwirrung gesorgt und zu ständigen Terminverschiebungen geführt. So sehr wir alle uns den Beitritt von Serbien und Kroatien wünschen, so müssen der Rat, die Kommission und das Parlament doch einig sein und ihrer Aussage Nachdruck verleihen, dass Angeklagte wie Ratko Mladić und Goran Hadžić ausgeliefert werden müssen und, wie im Fall von Kroatien, Beweise und Zeugenaussagen erleichtert werden müssen. Wir können es uns nicht erlauben, diese Bedingungen zu lockern.

 
  
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  Jan Marinus Wiersma (PSE).(NL) Frau Präsidentin! Ich möchte in dieser kurzen Aussprache einige Punkte ansprechen. Die Arbeit des Internationalen Strafgerichtshofs für das ehemalige Jugoslawien ist von größter Bedeutung, nicht nur, weil dadurch gewährleistet wird, dass diejenigen, die für die Kriegsverbrechen auf dem Balkan verantwortlich sind, vor ein Gericht gestellt werden, sondern auch, weil dies dem Gerechtigkeitssinn der Öffentlichkeit dient. Darüber hinaus spielt der Strafgerichtshof im Hinblick auf die westlichen Balkanstaaten eine wichtige Rolle in der europäischen Politik. Dies wird auch in dem Bericht von Frau Neyts betont.

Nun, da das Ende des Mandats des Strafgerichtshofs absehbar ist, müssen wir darüber nachdenken, seine Arbeit zum Abschluss zu bringen. In meiner Fraktion steht im Vordergrund, dass die Kapazitäten auf demselben Niveau beibehalten werden, um die laufenden Fälle abzuschließen und die letzten beiden Verdächtigen, die immer noch auf der Flucht sind, Ratko Mladić und Goran Hadžić, vor Gericht zu bringen.

Wir sollten zu keiner Zeit den Eindruck aufkommen lassen, dass die Dauer des Mandats und dessen Ablauf in irgendeiner Weise bedeuten, dass diese Personen weiterhin auf freiem Fuß bleiben können. Ob dies nun über die Verlängerung des Mandats geschieht oder über die Schaffung eines Reliktmechanismus, ist für uns keine Grundsatzfrage. Soweit wir das überblicken können, finden wir möglicherweise auch einen Weg, um Richter, Anwälte und Sekretariat in eine Art Bereitschaft zu versetzen.

 
  
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  Véronique De Keyser (PSE).(FR) Frau Präsidentin! Die Europäische Union wendet das Prinzip der Gleichbehandlung auf alle Länder des Balkans an.

Wenn wir auf der einen Seite darauf bestehen, dass Belgrad Ratko Mladić ausliefert, bevor das Interimsabkommen über Handel im Rahmen der Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen umgesetzt werden kann, dann ist klar, dass wir auch Kroatien zur uneingeschränkten Zusammenarbeit mit dem Strafgerichtshof auffordern.

Jedoch lässt diese Zusammenarbeit noch sehr zu wünschen übrig. Bei seinem letzten Besuch in Zagreb im Februar verlangte der Chefankläger, Herr Brammertz, die fehlenden Dokumente zum Einsatz der Artillerie bei einem Blitzangriff, der laut Statistik zum Exodus von 200 000 Serben und zum Tod von 350 Zivilisten führte. Der Chefankläger forderte die umfassende Zusammenarbeit Kroatiens mit dem Gerichtshof, und obwohl die Europäische Kommission gerade grünes Licht für Kapitel 23 zu den Justiz- und Grundrechten gegeben hat, wollen einige europäische Regierungen und das Europäische Parlament nichts davon hören.

Eine echte Unterstützung in den Balkanländern erhalten wir nur mit einer Friedensgarantie, und die beste Garantie sind Wahrheit und Gerechtigkeit in Bezug auf die Verbrechen der Vergangenheit.

Ich möchte Frau Neyts-Uyttebroeck zu ihrem Bericht beglückwünschen, der einhellige Unterstützung im Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten erhielt.

 
  
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  Alexandru Nazare (PPE-DE) . – (RO) Ich beglückwünsche die Berichterstatterin, Frau Neyts, und ich begrüße den Bericht zum Mandat des Internationalen Strafgerichtshofs für das ehemalige Jugoslawien, einen Bericht, bei dem ich auch einige Änderungen eingebracht habe und der eine Reihe tatsächlicher Probleme aufwirft, die wir in Betracht ziehen müssen.

Wir müssen dafür sorgen, dass die bisher durch diesen Gerichtshof erzielten Ergebnisse hinsichtlich der Bestrafung von Kriegsverbrechen und der Aussöhnung in den westlichen Balkanländern effektiv in die Praxis umgesetzt werden. Die Arbeit des Gerichtshofs muss zu einem Ende gebracht werden. Außerdem müssen die bisher erzielten Ergebnisse bewertet werden und vor allem auch die Ziele, die bisher noch nicht erreicht wurden. Auf Grundlage dieser Bewertung sollte der Gerichtshof eine Verlängerung seines Mandats in Erwägung ziehen, so lange dies nötig ist.

Natürlich kann der Gerichtshof seine Arbeit nicht bis in alle Ewigkeit fortsetzen. Deshalb müssen wir einen Mechanismus schaffen, mit dem die ausstehenden Restfunktionen so lange wie nötig aufrechterhalten werden. In dieser Hinsicht begrüße ich den Vorschlag des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen zur Einrichtung einer diesbezüglichen Institution.

Eine andere Maßnahme, die ich für die Entwicklung nachhaltiger institutioneller Einrichtungen in den westlichen Balkanländern als wesentlich erachte, ist die Erarbeitung eines Satzes von Vorschriften und Bewertungskriterien für die Justizsysteme in diesen Ländern, um die nationalen Gerichtshöfe zu unterstützen.

 
  
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  Bogusław Rogalski (UEN).(PL) Frau Präsidentin! Der Internationale Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien hat einen bedeutenden Betrag für die Aussöhnung auf dem Westbalkan geleistet und dazu beigetragen, den Frieden in der Region wiederherzustellen und zu bewahren. Er hat auch einen Anteil an der Schaffung von Grundlagen für einen neuen internationalen Standard zur Lösung von Konflikten nach einem Krieg. Es muss jedoch betont werden, dass die Unterstützung der Entwicklung des Potenzials nationaler Justizsysteme auf dem Balkan eine fundamentale Angelegenheit ist, damit die örtlichen Gerichte die Arbeit des Gerichtshofs fortsetzen können. Eine gute Zusammenarbeit zwischen den Gerichten und den Anklägern in den westlichen Balkanstaaten ist eine weitere bedeutende Herausforderung, vor allem wenn es um Auslieferungen und gegenseitigen Rechtsbeistand geht. Des Weiteren müssen Mechanismen eingeführt werden, die dafür sorgen, dass die Arbeit des Strafgerichtshofs später fortgesetzt wird und die erarbeiteten Unterlagen die Rechtsstaatlichkeit der einzelnen Länder stärken.

Schließlich möchte ich an die Länder des westlichen Balkans und die EU-Länder appellieren, die Arbeit der Nichtregierungsorganisationen und anderer Institutionen zu unterstützen, die den Opfern helfen, den Dialog und die Verständigung zwischen den ethnischen Gruppen fördern und sich für eine Versöhnung auf dem Balkan einsetzen.

 
  
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  Alexandr Vondra, amtierender Präsident des Rates. − Frau Präsidentin! Abschließend möchte ich nochmals betonen, dass die laufende Arbeit des Internationalen Strafgerichtshofs für das ehemalige Jugoslawien für den Heilungs- und Aussöhnungsprozess auf dem westlichen Balkan jetzt und in Zukunft unsere volle Unterstützung genießt.

Wir werden morgen in Prag den Chefankläger Serge Brammertz treffen. Ich stimme zu, dass der Gerichtshof in der Lage sein sollte, sein Mandat auszuüben, die laufenden Verfahren abzuschließen und neue Verfahren gegen die beiden noch auf freiem Fuß befindlichen Angeklagten zu eröffnen. Außerdem stimme ich zu, dass das Erbe des Gerichtshofs bewahrt werden muss. Dazu müssen die lokalen Kapazitäten gestärkt werden, noch offene Fälle zu behandeln. Schließlich handelt es sich um Fälle, die die Länder des westlichen Balkans betreffen und für die diese Länder später selbst die Verantwortung übernehmen müssen.

 
  
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  Olli Rehn, Mitglied der Kommission. − Frau Präsidentin! Ich danke für die kurze und prägnante Debatte und beglückwünsche Frau Neyts-Uyttebroeck zu ihrem Bericht und ihrer Initiative.

Der Internationale Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien verkörpert die europäischen Werte für Justiz und Rechtsstaatlichkeit, und deshalb ist diese Debatte so wichtig. Er ist auch ein wesentliches Element unserer Erweiterungspolitik im westlichen Balkan.

Was die Fristen betrifft, so kann ich dem Gerichtshof nur beipflichten: Die strategischen Fristen für den Abschluss der Arbeit des Gerichtshofs sind nur Zielvorgaben und keine absoluten Fristen, wie es völlig zu Recht im Bericht von Frau Neyts-Uyttebroeck heißt.

Für die Kommission ist entscheidend die weitere Unterstützung der Völkergemeinschaft für den Abschluss der Arbeit des Gerichtshofs, um zu gewährleisten, dass es in Zukunft keine Straffreiheit für Kriegsverbrechen gibt.

 
  
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  Annemie Neyts-Uyttebroeck, Berichterstatter. − Frau Präsidentin! Ich danke allen, die einen Beitrag zu dieser Aussprache geleistet haben.

Ich habe festgestellt, dass alle, die beim Internationalen Gerichtshof für das ehemalige Jugoslawien arbeiten, derartig engagiert sind, wie ich es selten erlebt habe. Darüber bin ich sehr froh.

Dies war ein weiterer Grund, weshalb ich diese Vorschläge gemacht habe.

 
  
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  Die Präsidentin. − Die Aussprache ist geschlossen.

Die Abstimmung erfolgt am Donnerstag, den 12. März 2009.

Schriftliche Erklärungen (Artikel 142)

 
  
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  Marek Aleksander Czarnecki (ALDE), schriftlich. (PL) Herr Präsident! Die Arbeit des Gerichtshofs in Den Haag verdient die permanente Unterstützung der Europäischen Union, hauptsächlich wegen der Schaffung und Begründung eines neuen Standards bei der Konfliktlösung und außerdem wegen seines bedeutenden Beitrags zum Prozess der Aussöhnung in der Region Westbalkan.

Angesichts der UNO-Resolution, in der die Einstellung der Arbeit des Internationalen Gerichtshofs für das ehemalige Jugoslawien gefordert wird, stimme ich mit dem Berichterstatter überein, dass untersucht werden sollte, ob eine Verlängerung des Mandats dieser Institution möglich ist. Der Gerichtshof muss seine Arbeit fortsetzen, und sei es nur aus dem Grund, dass sich viele Verbrecher noch auf freiem Fuß befinden und eine große Zahl von Fällen noch zuverlässig geprüft werden muss.

Ich bin davon überzeugt, dass ein Hauptfaktor dabei auch die Schaffung eines klaren Handlungsmechanismus für die Justizsysteme in den Balkanländern ist, der dafür sorgt, dass die ursprünglichen Funktionen des Gerichtshofs fortgeführt werden, wenn er seine Arbeit eingestellt hat. Außerdem appelliere ich an die Mitgliedsstaaten, die Arbeit der Nichtregierungsorganisationen und anderer Institutionen zu unterstützen, die den Opfern helfen, für Dialog und Verständigung zwischen den ethnischen Gruppen eintreten und sich für eine Aussöhnung engagieren.

 
  
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  Athanasios Pafilis (GUE/NGL), schriftlich.(EL) Zehn Jahre nach dem schmutzigen Krieg gegen Jugoslawien, der von den USA, der NATO und der EU angezettelt wurde, regen sich diese Kriegsverbrecher über die Tausenden ermordeter Menschen, darunter Frauen und Kinder, und über die massiven Schäden auf, die sie in den Balkanländern verursacht haben. Der besagte Bericht lobt den Gerichtshof in Den Haag, der eingerichtet wurde, um ihre Opfer vor Gericht zu stellen und die amerikanischen und europäischen Imperialisten von ihren Verbrechen zu entlasten, ein Gerichtshof mit vorgefertigten Anklagen, mit Verfahren, die nur eine Farce sind und zur Ermordung des ehemaligen jugoslawischen Präsidenten Slobodan Milosevic geführt haben. Mit unglaublicher Anmaßung wird gefordert, die Arbeit des Gerichtshofs fortzusetzen, um neue Schuldige zu finden und terroristischen Druck auf die Menschen von Jugoslawien auszuüben, indem sie aufgefordert werden, eine Reueerklärung zu unterzeichnen, um ihr Land zu schützen und sich ihren europäischen Mördern zu unterwerfen.

Einfach nur gegen diesen kläglichen Bericht zu stimmen, genügt nicht. Die Kommunistische Partei Griechenlands hat sich der Stimme enthalten. Sie lehnt es sogar ab, sich durch ihre Präsenz an der Legitimierung der imperialistischen Verbrechen durch das Europäische Parlament zu beteiligen. Auf diese Art versucht sie, diejenigen, die für die imperialistische Barbarei der USA, der NATO und der EU mit ihrem Blut bezahlt haben, ein wenig Ehre zuteil werden zu lassen.

Es wird echte Menschengerichtshöfe geben, und die wahren Schuldigen und Mörder in den USA, der NATO und der EU sowie in den Regierungen der linken und der rechten Mitte werden verurteilt und für ihre Verbrechen bestraft werden.

 

14. Fragestunde (Anfragen an den Rat)
Video der Beiträge
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  Die Präsidentin. − Als nächster Punkt folgt die Fragestunde (B6-0009/2009) mit Anfragen an den Rat.

 
  
  

Anfrage Nr. 1 von Marian Harkin (H-0040/09)

Betrifft: Verbesserung von Qualität, Verfügbarkeit und Finanzierung der Langzeitpflege

Europa steht vor einer zunehmenden Überalterung der Bevölkerung, was wiederum dazu führt, dass immer mehr Menschen pflegebedürftig sind. Hinzu kommen Änderungen in Größe und Zusammensetzung der Familien, Änderungen auf dem Arbeitsmarkt und zunehmende Mobilität mit all ihren Auswirkungen auf die Verfügbarkeit der Pflegepersonen. Deshalb wird im Bevölkerungsbericht der Kommission (SEC(2008)2911) bestätigt, dass diese Herausforderungen ein variables politisches Handeln erfordern, z. B. die Stärkung der Solidarität unter den Generationen bei der Langzeitpflege, mehr Anerkennung für professionelle Pflegekräfte und, was am wichtigsten ist, bessere Unterstützung für Pflegende in der Familie.

Die Präsidentschaft hat bereits darauf hingewiesen, dass der Verbesserung von Qualität, Verfügbarkeit und Finanzierung der Langzeitpflege mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden muss. Welche Schritte schlägt der Rat vor, die während der Präsidentschaft unternommen werden müssen, um informelle Pflegekräfte in der gesamten EU zu unterstützen, von denen viele Langzeitpflege betreiben und die für unser Gesundheitswesen eine Ersparnis von mehreren Millionen Euro bedeuten?

 
  
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  Alexandr Vondra, amtierender Präsident des Rates. − Ich möchte auf die Frage von Frau Harkin antworten.

Die Präsidentschaft ist sich der Bedeutung der Langzeitpflege im Kontext einer zunehmenden Überalterung der Bevölkerung bewusst. Nach Eurostat wird sich die Zahl der über 65-Jährigen in der EU von 1995 bis 2050 verdoppeln. In seiner Entschließung vom 16. Dezember 2008 zu Strategien im Gesundheitswesen bezüglich der Bekämpfung von neuro-degenerativen Erkrankungen, die im Zusammenhang mit der Überalterung stehen, begrüßte der Rat die bereits von den Vereinigungen geleistete Arbeit im Interesse der Patienten und der Pflegepersonen und rief die Mitgliedstaaten und die Kommission auf, gemeinsam darüber nachzudenken, wie die Pflegepersonen unterstützt werden können, und Wege zu finden, dies dann weiterzuentwickeln.

Außerdem forderte der Rat von den Mitgliedstaaten, in Zusammenarbeit mit den Betroffenen einen nationalen strategischen Aktionsplan oder andere Maßnahmen zur Verbesserung der Lebensqualität von Patienten und Pflegekräften zu erarbeiten sowie Patienten, Angehörige und Pflegekräfte besser zu aufzuklären, um sie mit den bereits etablierten Pflegeprinzipien und optimalen Verfahren vertraut zu machen.

Der Rat hat den Mitgliedstaaten auch empfohlen, die Komplexität oder Redundanz von Verwaltungsverfahren zu evaluieren, mit denen Patienten und Pflegekräfte konfrontiert sind, und Maßnahmen zur Vereinfachung des Verwaltungsaufwands in Betracht zu ziehen.

Außerdem haben sich im Gemeinsamen Bericht des Rates von 2008 über Sozialschutz und soziale Eingliederung an den Europäischen Rat die Mitgliedstaaten verpflichtet, den Zugriff auf Qualitätsdienstleistungen zu erhöhen. Dazu haben sie noch einmal bestätigt, dass eine sinnvolle Balance zwischen öffentlicher und privater Verantwortung sowie zwischen formeller und informeller Pflege hergestellt und der häuslichen bzw. gemeindeorientierten Pflege der Vorzug gegenüber der Pflege im Heim gegeben werden muss.

Außerdem hat der Rat den Ausschuss für Sozialschutz aufgefordert, den Austausch von Erfahrungen und optimalen Methoden zur Qualität der Langzeitpflege, der Unterstützung der Pflegepersonen, der Organisation der Langzeitpflege und der Bedeutung der integrierten Pflege zu fördern.

Die Präsidentschaft wird das Ziel des 18-Monats-Programms des Rates auf dem Gebiet des Gesundheitswesens weiterverfolgen und auf EU-Ebene den Schwerpunkt auf den besseren Erfahrungsaustausch zur Gesundheitsfürsorge und Solidarität mit den Pflegepersonen legen. Dabei müssen die Herausforderungen an das Gesundheitswesen durch unsere zunehmend älter werdende Gesellschaft berücksichtigt werden.

Die tschechische Präsidentschaft wird besondere Aufmerksamkeit auf die gemeindeorientierte Langzeitpflege, die informelle Pflege in der Familie sowie die Würde und Rechte der älteren Menschen richten. Die Präsidentschaft wird am 25. Mai 2009 in Prag eine europäische Konferenz durchführen, welche die Würde der älteren Menschen und die Gefahren für diese Menschen zum Thema hat.

Der Schwerpunkt der Konferenz soll auf der Reform von Sozial- und Gesundheitsdienstleistungen liegen, um besser den Bedürfnissen und Wünschen der älteren Menschen und ihren Angehörigen zu entsprechen. Außerdem sollen u. a Probleme wie gemeindeorientierte Pflege, familiäre Pflege, geriatrische Erkrankungen, Schutz vor Missbrauch und Missachtung der älteren Menschen sowie die Rolle der Kommunen behandelt werden.

Die Präsidentschaft wird außerdem eine europäische Konferenz unter dem Namen „Soziale Dienstleistungen – ein Werkzeug zur Mobilisierung der Arbeitsnehmer und Stärkung der sozialen Bindungen“ am 22. und 23. April in Prag durchführen. Die Konferenz wird sich besonders mit den neuen Beschäftigungsmöglichkeiten in den sozialen Diensten im Kontext der zunehmenden Überalterung der Bevölkerung, der Unterstützung informeller Pflegekräfte und der Rolle der Sozialdienste bei der aktiven sozialen Integration und der Abstimmung von Pflege und Beschäftigung befassen.

Besondere Aufmerksamkeit wird auch dem selbstbestimmten Leben in der Gemeinde gewidmet. Die Konferenz soll zum Austausch über die optimalen Methoden beitragen.

Abschließend möchte ich auf die jüngste Entwicklung im Steuerbereich eingehen. Der Rat ECOFIN hat erst gestern in Brüssel ein Abkommen getroffen, nach dem sämtliche Mitgliedstaaten die Möglichkeit haben sollen, dauerhaft reduzierte Mehrwertsteuersätze für ambulante Pflegedienstleistungen anzuwenden, um die häuslichen Pflege von jungen, älteren, kranken oder behinderten Menschen zu unterstützen.

 
  
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  Kathy Sinnott (IND/DEM). – Ich fühle mich sehr ermutigt von der tschechischen Präsidentschaft, besonders wegen der Betonung der Familie. Der Bevölkerungsbericht der Kommission, der die Überalterung der europäischen Bevölkerung zeigt, trägt den Titel „Solidarität unter den Generationen“. Wir müssen aber innerhalb der Familie lernen, solidarisch zu handeln, und dieses Handeln muss auf Liebe und Fürsorge beruhen.

Ich bin auch sehr froh, dass die tschechische Präsidentschaft Wert auf die Achtung der Menschenwürde legt, da dies der Kern jeder Pflege ist. Ich würde gern die Meinung der Kommission dazu hören, weil wir uns, so wie ich das sehe, ständig vor Augen halten müssen, dass es für die Pflegebedürftigen sehr wichtig ist, unter menschenwürdigen Bedingungen gepflegt zu werden.

 
  
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  Hubert Pirker (PPE-DE).(DE) Frau Präsidentin! Ich halte es für sehr positiv, dass man sich bemüht, Familienangehörige zu unterstützen, damit sie die Langzeitpflege übernehmen. Realität ist nur leider, dass dafür nicht genügend Familienangehörige da sind. Wir brauchen dagegen zunehmend hochprofessionell ausgebildetes Personal. Daher meine Frage: Welche Initiativen will die Ratspräsident ergreifen, damit wir genügend professionell ausgebildetes Pflegepersonal zur Verfügung haben? Denkt man auch an eine Form der harmonisierten Ausbildung, weil das neue Initiativen sind?

 
  
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  Alexandr Vondra, amtierender Präsident des Rates. − Frau Präsidentin! Ich danke den Ratsmitgliedern für ihre Bemerkungen zu den Bemühungen der Präsidentschaft, die Lebensbedingungen für die älteren Menschen zu verbessern. Wir sind alle von dem Problem der Überalterung betroffen, und deshalb sollten wir dies mit Würde angehen.

Es stimmt natürlich, dass viele dieser Herausforderungen nach wie vor nationale Aufgaben der Mitgliedstaaten sind, aber ich habe bereits am Anfang der Debatte die beiden Konferenzen erwähnt. Ich denke, die Mitgliedstaaten könnten den familiären Pflegepersonen Schulungs- und Beratungsmöglichkeiten bieten. Eine hochwertige Aus- und Fortbildung ist ein entscheidender Faktor zur Verbesserung der Qualität der Pflege, genauso wie Verhinderungspflege und spezielle Entlastungen für pflegende Familienangehörige. Hier sind flexible Arbeitszeiten, Teilzeitarbeit und andere Beschäftigungsangebote, die die Pflege erleichtern, sehr wichtig.

Schließlich spielt der Sozialschutz für pflegende Familienangehörige ebenfalls eine große Rolle. Die Pflege (sowohl informell als auch professionell) muss durch die Gesellschaft besser anerkannt und organisiert werden. Wirtschaftliche Sicherheit ist deshalb eine Vorbedingung für eine hochwertige Pflege.

 
  
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  Die Präsidentin. − Anfrage Nr. 2 von Brian Crowley (H-0044/09)

Betrifft: Arbeitslosigkeit in Europa

Welche Initiativen verfolgt gegenwärtig der Europäische Rat im Kampf gegen die Jugend- und Langzeitarbeitslosigkeit in Europa?

 
  
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  Alexandr Vondra, amtierender Präsident des Rates. − Ich danke Brian Crowley, der diese Frage aufgeworfen hat. Ich denke, Ihnen ist sicher bewusst, dass die Mitgliedstaaten in erster Instanz für die Erarbeitung und Umsetzung von Beschäftigungsrichtlinien verantwortlich sind. Jedoch ist auch der Rat auf dem Gebiet der Beschäftigungspolitik für bestimmte Dinge verantwortlich, z. B. muss er entsprechend Artikel 128 des Vertrages jährlich Beschäftigungsleitlinien verabschieden. Besonders jetzt, wo sich Europa in einer Finanz- und Wirtschaftskrise befindet, schenkt der Rat den Beschäftigungsrichtlinien der Mitgliedstaaten besondere Aufmerksamkeit.

Sie haben speziell nach den gegenwärtigen Initiativen des Europäischen Rates im Kampf gegen Jugend- und Langzeitarbeitslosigkeit in Europa gefragt. Im Dezember 2008 stimmte der Europäische Rat einem europäischen Konjunkturprogramm zu, um einen kohärenten Rahmen für Aktionen auf EU-Ebene sowie für Maßnahmen jedes Mitgliedstaats unter Berücksichtigung der jeweiligen konkreten Bedingungen zu bieten. Im Beschluss des Europäischen Rates geht es vor allem um schnelle zusätzliche Aktionen durch den Europäischen Sozialfonds, um die Beschäftigung zu fördern, vor allem für die schwächsten Bevölkerungsgruppen. Der Europäische Rat hat beschlossen, die Umsetzung des Plans auf seiner Frühjahrstagung im März nächsten Jahres zu bewerten, und weist darauf hin, dass ggf. Zusätze und Änderungen möglich sind.

Im Zuge der Frühjahrstagung des Europäischen Rates wird sich die tschechische Präsidentschaft im ersten Halbjahr 2009 ebenfalls verstärkt Beschäftigungsmaßnahmen widmen. Auf seiner Frühjahrstagung wird der Europäische Rat die Beschäftigungssituation in der EU auf die Tagesordnung setzen und auf Grundlage des Gemeinsamen Beschäftigungsberichts von Rat und Kommission Schlussfolgerungen ziehen.

Die Meinung des Europäischen Parlaments in dieser Angelegenheit ist im Hinblick auf die Tagung des Europäischen Rates im März sehr interessant. Auf Grundlage der vom Europäischen Rat vorgenommenen Bewertung werden vom Rat die Leitlinien zu den Beschäftigungspolitiken der Mitgliedstaaten verabschiedet. Die aktuellen Beschäftigungsleitlinien, die im vergangenen Jahr verabschiedet wurden, sowie die Vorgängerversionen haben immer wieder die Bedeutung des Kampfes gegen Jugend- und Langzeitarbeitslosigkeit in den Mitgliedstaaten hervorgehoben.

Seit Herbst 2008, als die Auswirkungen der gegenwärtigen Krise auf die Beschäftigung deutlich wurden, nahm der durch den Rat entsprechend Artikel 130 des Vertrages gegründete Beschäftigungsausschuss mit der ständigen Überwachung der Beschäftigungssituation in den Mitgliedstaaten eine neue Aufgabe in Angriff. Die Ergebnisse der Arbeit des Ausschusses werden an den Rat weitergeleitet.

Darüber hinaus hat die Präsidentschaft entschieden, den Beschäftigungsgipfel zu organisieren, um eine Plattform für die Debatte und eventuelle Entscheidungen zu schaffen. Dieser Gipfel wird am 7. Mai stattfinden. Die Diskussionsthemen werden nach der Frühjahrstagung des Europäischen Rates bestätigt – die Orientierungsdiskussion soll nächste Woche stattfinden. In diesem Zusammenhang muss auch erwähnt werden, dass in diesem Jahr das Europäische Parlament und der Rat als Co-Gesetzgeber Änderungen am Europäischen Globalisierungsfonds evaluieren und einbringen, einem Instrument zur Beseitigung des negativen Auswirkungen der Globalisierung (z. B. Verlust von Arbeitsplätzen) sowie zur Minderung des Risikos, dass Arbeitslose zu Langzeitarbeitslosen werden. Langzeitarbeitslosigkeit soll verhindert werden, indem den betroffenen Arbeitnehmern rechtzeitig Unterstützung gewährt wird, z. B. durch Aus- und Fortbildung, die zu einer besseren Qualifikation führt.

Insgesamt steht die Beschäftigungsförderung, einschließlich des Kampfes gegen Langzeit- und Jugendarbeitslosigkeit, schon immer ganz oben auf der Tagesordnung des Rates und des Europäischen Rates. Die Präsidentschaft unterstützt die Umsetzung der Grundsätze der Flexicurity. Ihre Umsetzung in den nationalen Politiken zusammen mit der Fortsetzung der Strukturreform trägt zur Verbesserung der Situation der schwächsten Gruppen auf dem Arbeitsmarkt bei, zu denen die jungen und älteren Menschen, die Langzeitarbeitslosen und die Geringqualifizierten gehören.

Ich kann Ihnen versichern, dass dies auf der Frühjahrstagung 2009 im Zuge der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise und der steigenden Arbeitslosigkeit weiterhin Priorität haben wird.

 
  
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  Brian Crowley (UEN). – Ich danke dem amtierenden Ratspräsidenten für seine Antwort. Ich denke, dass der Präsidentschaft Anerkennung dafür zu zollen ist, dass sie eine Beschäftigungskonferenz geplant hat, bevor wir selbst die steigende Arbeitslosigkeit durch die Wirtschaftskrise als derart ernstes Problem erkannt haben.

Im Hinblick auf den Beschäftigungsgipfel gibt es drei Hauptprobleme, die diskutiert und gelöst werden müssen: Erstens sollte der Europäische Sozialfonds nicht nur für die Ausbildung als solche verwendet werden, sondern auch dafür sorgen, dass die Ausbildung nicht nur Selbstzweck ist, sondern auch tatsächlich zu Arbeitsplätzen führt. Zweitens muss sichergestellt werden, dass der Globalisierungsfonds eine stärkere Sofortwirkung bekommt, da Arbeitsplätze jetzt verloren gehen. Drittens, und dies ist das Wichtigste, müssen unsere Kollegen im Rat ermutigt werden, sich nicht nur für nationalen Protektionismus von Arbeitsplätzen in ihren eigenen Ländern zu Lasten der Arbeitsplätze in anderen Ländern zu engagieren, denn wenn wir unsere Arbeit koordinieren und wirklich zusammenarbeiten, haben wir bessere Erfolgschancen.

 
  
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  Gay Mitchell (PPE-DE). – Herr Ratspräsident, würden Sie mir zustimmen, dass die aktuelle Situation nicht der Situation in der 1930er-Jahren, sondern eher der Situation am Ende des zweiten Weltkrieges ähnelt und wir etwas Ähnliches wie den Marshall-Plan brauchen, um eine Belebung der Konjunktur in Europa zu erzielen?

Würden Sie mir daher zustimmen, dass für die Europäische Investitionsbank die Möglichkeit besteht, einen Investor zu bekommen, z. B. China, welcher der EIB Geld leiht, um es in Europa zu investieren, das anschließend über die in der EU erhobenen Extra-Handelstarife und die Mehrwertsteuer an denjenigen, der der EIB Geld leiht, wieder zurückfließt? Würden Sie mir zustimmen, dass wir, obwohl wir die Beschäftigungskonferenz begrüßen, eine veränderte Denkweise und etwas Dramatisches brauchen wie zum Ende des zweiten Weltkrieges?

 
  
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  Hubert Pirker (PPE-DE).(DE) Frau Präsidentin! Mitverantwortlich für die Jugendarbeitslosigkeit sind zweifelsohne auch die noch bestehenden Mobilitätsbarrieren. Wir haben exzellente grenzüberschreitende Ausbildungsprogramme, auch für Lehrlinge. Aber die Barrieren im Bereich der sozialen Rechte und der Krankenversicherung führen dazu, dass all diese Möglichkeiten der Mobilität und der zusätzlichen Ausbildung über Grenzen hinweg nicht genutzt werden können. Was wird vonseiten der Ratspräsidentschaft dagegen unternommen?

 
  
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  Alexandr Vondra, amtierender Präsident des Rates. − Frau Präsidentin! Ich glaube, es gibt da zwei verschiedene Aspekte, den von Herrn Crowley und den von Herrn Mitchell. Ich denke, wir müssen hier verschiedene protektionistische Versuche vermeiden, die in verschiedenen Mitgliedstaaten sogar zu einer Zunahme der Arbeitslosigkeit führen könnten. Die nationale Lösung darf nicht zu Lasten der Nachbarn gehen, und kommende Generationen dürfen nicht den Preis dafür zahlen müssen.

Wir müssen Maßnahmen ergreifen und auf die aktuelle Situation reagieren. Ich stimme Herrn Mitchell zu, dass wir einen Plan benötigen. Wir haben ja bereits Pläne. Wir haben das Europäische Konjunkturprogramm und müssen dieses jetzt umsetzen. Natürlich führen wir Gespräche mit der Europäischen Investitionsbank und arbeiten mit ihr zusammen. Präsident Maystadt hielt vor zwei Tagen eine Konferenz ab, auf der er zeigte, wie hoch die Aufwendungen der EIB seit Beginn der Krise waren – ca. 10 Milliarden Euro mehr als im vergangenen Jahr. Es gibt noch eine weitere Initiative der EIB (zusammen mit der EBWE und der Weltbank), im Rahmen derer über 24 Milliarden Euro bereitgestellt werden sollen, um beispielsweise die Bedürfnisse der verschiedenen KMUs zu befriedigen. Dies ist wichtig beim Erhalt von Arbeitsplätzen.

Was die Überarbeitung der Verordnung zum Europäischen Sozialfonds und dem Europäischen Globalisierungsfonds betrifft, so wurde im Rat die Überarbeitung der Verordnung zum Europäischen Sozialfonds vereinbart, durch die die Erfassung der Ausgaben und steigenden Zahlungen an die Mitgliedstaaten vereinfacht wird. Wir warten jetzt noch die Position des Parlaments ab, dann könnte die überarbeitete Verordnung im Mai 2009 in Kraft treten.

 
  
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  Die Präsidentin. − Anfrage Nr. 3 von Mairead McGuinness (H-0046/09)

Betrifft: Unterschiede in den globalen Produktionsnormen

Europa verlangt hohe Normen, die wir alle begrüßen, bei der Lebensmittelproduktion und -herstellung im Inland, fordert jedoch nicht die gleichen Normen bei Importen. Die europäischen Normen, vor allem bei der Lebensmittel-, Bekleidungs- und Spielzeugherstellung, sind die strengsten der Welt. Jedoch führen diese hohen Normen zu erhöhten Kosten und machen die Produktion innerhalb der EU teurer. Importierte Produkte, die nicht den gleichen hohen Umwelt- und anderen Normen unterliegen, liegen in unseren Regalen oftmals zu bedeutend niedrigeren Preisen.

Was unternimmt der Rat bei der WTO und anderen globalen Gremien, um bewusstseinsbildend zu wirken und höhere Produktionsnormen in der gesamten Welt anzuregen, die für Arbeitnehmer und Verbraucher einen besseren Schutz bieten?

 
  
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  Alexandr Vondra, amtierender Präsident des Rates. − Ich weiß eine weitere Frage der irischen Abgeordneten zu schätzen – es scheint, dass die Iren in der Fragestunde die Aktivsten sind.

Was also die Initiative bei der WTO betrifft, bewusstseinsbildend zu wirken und höhere Produktionsnormen in der gesamten Welt durchzusetzen, so möchte ich zunächst die Abgeordneten daran erinnern, dass die Kommission auf Grundlage des durch den Rat erteilten Mandats der Hauptverhandlungspartner der EU bei der WTO ist. Deshalb wir würden Kommissar Ashton hier brauchen.

Was die Produktionsnormen betrifft, so hält Artikel 20 des GATT-Abkommens die Regierungen an, den Handel so zu gestalten, dass dabei Leben und Gesundheit von Menschen, Tieren und Pflanzen geschützt werden und jede Diskriminierung und versteckter Protektionismus vermieden werden.

Außerdem gibt es zwei spezielle WTO-Vereinbarungen zu diesen Problemen: gesundheitspolizeiliche und pflanzenschutzrechtliche Maßnahmen (SPS) sowie Abkommen zu technischen Handelshemmnissen (TBT).

SPS ist ein separates Abkommen, das Grundregeln zur Lebensmittelsicherheit sowie Gesundheitsnormen für Tiere und Pflanzen enthält. Die Länder können eigene Normen festlegen, sofern diese auf wissenschaftlicher Grundlage beruhen. Das TBT-Abkommen verpflichtet die Mitglieder der WTO, dafür zu sorgen, dass technische Vorschriften, freiwillige Normen und Verfahren zur Konformitätsbescheinigung keine unnötigen Handelshemmnisse schaffen.

Die Mitglieder der WTO werden deshalb ermutigt, internationale Normen, Leitlinien und Empfehlungen zu verwenden, wo immer es sie gibt. Sie können Maßnahmen ergreifen, die zu höheren Normen führen, sofern es dafür eine wissenschaftliche Begründung gibt.

Die Europäische Gemeinschaft führt hochrangige Normen ein, durch welche die Verbraucher geschützt werden. Jedoch müssen wir dafür sorgen, dass diese Normen nicht den erwähnten Abkommen zuwiderlaufen.

Wir wissen alle, dass es zu diesen Problemen unterschiedliche Ansichten gibt und dass sich die Europäische Gemeinschaft bei Streitigkeiten zu solchen Maßnahmen mehrfach in der Defensive befand.

Nach Ansicht der Gemeinschaft kann eine gute Vorschriftenpraxis u. a. dazu beitragen, unnötige Hindernisse im internationalen Handel zu vermeiden, und dafür sorgen, dass Rechtsvorschriften den Handel nicht mehr als nötig einschränken. Gleichzeitig kann sie das Recht auf Festlegung allgemeiner Ziele für solche Richtlinien schützen, beispielsweise in Bezug auf das Leben von Mensch, Tier und Pflanze sowie die Umwelt, und zwar auf einer Ebenen, die sie für angemessen hält, vorausgesetzt, sie werden nicht auf willkürliche und ungerechtfertigt diskriminierende Weise eingesetzt.

Im gegenwärtigen Kontext der finanziellen Turbulenzen und der wirtschaftlichen Krise kann die Bedeutung der vollständigen Erfüllung und effektiven Umsetzung sämtlicher Regeln und Abkommen der WTO nicht genug betont werden.

Die Europäische Gemeinschaft setzt sich für die Stärkung der internationalen Normen in den entsprechenden WTO-Ausschüssen ein, insbesondere im TBT-, SPS-, TRIPS- sowie dem Handels- und Umweltausschuss. Ein jüngster Fall ist die unnachgiebige Haltung der EU im SPS-Ausschuss Ende Februar, als einige Mitglieder die Norm der Weltorganisation für Tiergesundheit nicht einhielten.

 
  
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  Mairead McGuinness (PPE-DE). – Ich möchte dem amtierenden Ratspräsidenten für die ausführliche und technische Antwort danken. Lassen Sie mich jedoch bitte ein praktisches Beispiel anführen, um Ihnen das Problem noch einmal vor Augen zu führen. In einigen Jahren wird die EU die Produktion von Eiern aus Käfighaltung verbieten. Dieses System wird jedoch weiterhin außerhalb der EU verwendet, und wir importieren dann Flüssigei oder Eipulver aus Käfighaltung, die in der EU verboten ist, und die Produzenten fragen sich natürlich nach der Logik, die dahintersteht.

Ich frage Sie als jemanden, der sehr logisch und detailliert geantwortet hat, wie argumentieren Sie in diesem Fall? Es sei denn, wir sagen, auch Import von Flüssigei oder Eipulver aus Käfighaltung wird verboten. Ein internes Verbot macht sonst keinen Sinn.

 
  
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  Jim Allister (NI). – Herr Minister! Ich glaube, der Schwerpunkt der Frage ist die Wettbewerbsfähigkeit und deren Aufrechterhaltung für die EU-Produzenten. Angesichts der Tatsache, dass EU-Produzenten, vor allem von Lebensmitteln, zusätzliche Kosten haben, weil sie die EU-Normen einhalten müssen, und gleichzeitig mit Importen aus Ländern konkurrieren, die dies nicht müssen, möchte ich Sie fragen, ob Sie davon überzeugt sind, dass die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) dazu genutzt werden sollte, die Erhaltung der Wettbewerbsfähigkeit der EU-Produzenten zu finanzieren? Ohne diese Finanzierung werden wir genau das Schicksal erleiden, über das Frau McGuinness gesprochen hat.

 
  
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  Alexandr Vondra, amtierender Präsident des Rates. − Ich zähle nicht zu den größten Verfechtern der GAP. Ich stimme generell einer Fortsetzung der GAP-Reform zu, hoffe jedoch, dass wir nicht in eine Situation kommen werden, in der wir Flüssig- oder Trockenei importieren müssen. Ich glaube außerdem, dass die meisten EU-Normen zum Inverkehrbringen von Produkten nicht nur auf dem beruhen, was wir hier in Europa vereinbart haben, sondern auf den international vereinbarten Normen des Codex Alimentarius und den Normen des UNO-Wirtschaftsausschusses für Europa. Es ist wichtig, dass bestimmte Normen von allen eingehalten werden, und das, was wir tun, schafft keine Bedingungen, die dies ernsthaft untergraben würden.

TBT-Abkommen verpflichten die WTO und ihre Mitglieder, dafür zu sorgen, dass technische Vorschriften, freiwillige Normen und Konformitätsbescheinigungen der Hersteller keine unnötigen Handelshemmnisse schaffen.

 
  
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  Die Präsidentin. − Anfrage Nr. 4 von Claude Moraes (H-0047/09)

Betrifft: Klimawandel

Was unternimmt der Rat in Vorbereitung des G8-Gipfels im Juli und der Klimakonferenz in Kopenhagen später in diesem Jahr, um internationale Verhandlungen zum Klimawandel voranzutreiben? Kann der Rat insbesondere über eine bessere Zusammenarbeit auf diesem Gebiet zwischen der EU und der neuen USA-Regierung berichten?

Welche Maßnahmen plant der Rat außerdem im Kampf gegen den Klimawandel zur Konsolidierung des im Dezember vereinbarten Maßnahmepakets?

 
  
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  Alexandr Vondra, amtierender Präsident des Rates. − Im Dezember 2008 wurde auf der Konferenz von Posen ein Arbeitsprogramm für 2009 verabschiedet mit eindeutigen Schritten im Hinblick auf die Klimakonferenz in Kopenhagen, die im Dezember 2009 stattfinden soll. Posen hat auch die Erkenntnis gebracht, dass die aktuelle Finanzkrise kein Hindernis für weitere Maßnahmen im Kampf gegen den Klimawandel darstellt, sondern im Gegenteil eine weitere Chance für die grundlegende Umgestaltung unseres Wirtschaftssystems und die Orientierung auf eine CO2-arme Wirtschaft ist.

Wir müssen uns aber bewusst sein, dass dies nicht einfach ist. Der wirtschaftliche Abschwung wirkt sich auf die Bereitschaft der Betroffenen aus, zusätzliche Kosten für Schadstoffreduzierung sowie für Maßnahmen zur Abbremsung des Klimawandels und Anpassung an den Klimawandel und seine Folgen zu übernehmen.

Die tschechische Präsidentschaft will sich auf internationaler Ebene weiterhin für eine erfolgreiche Einigung in Kopenhagen im Dezember dieses Jahres einsetzen. Bekanntermaßen hat der Rat im Anschluss an die Kommissionsmitteilung „Für eine umfassende Klimaeinigung in Kopenhagen“ und auf Grundlage der Vorlage des vom Europäischen Parlament geschaffenen Nichtständigen Ausschusses zum Klimawandel in der vergangenen Woche Schlussfolgerungen zu diesem Problem verabschiedet und dadurch die weitere Entwicklung der EU-Position in Hinblick auf eine umfassende Einigung für die Zeit nach 2012 abgesteckt.

Von der bevorstehenden Tagung des Europäischen Rates werden auch politische Schlüsselaussagen erwartet. Außer der gemeinsamen Vision langfristiger Maßnahmen zur Abbremsung des Klimawandels und Anpassung an den Klimawandel und seine Folgen sowie der technologischen Weiterentwicklung sind geeignete Maßnahmen zur Finanzierung einer effektiven und langfristigen Klimapolitik Kern der EU-Position. Sie werden zum großen Teil den Erfolg der Konferenz von Kopenhagen bestimmen.

Die EU hat bereits aktiv Kontakt nicht nur zu den Hauptverhandlungspartnern und den wichtigsten Schwellenländern, sondern auch zur neuen USA-Regierung aufgenommen, die bereits ihre Bereitschaft signalisiert hat, einen wesentlichen Beitrag zu leisten.

Die Präsidentschaft hatte bereits ein erstes Treffen mit der neuen USA-Regierung. Weitere Gespräche sind für die nächste Zeit geplant. Der Klimawandel wird eines der Diskussionsthemen auf dem informellen EU-US-Gipfel am 5. April in Prag sein. Die ersten Signale aus Washington sind auf jeden Fall ermutigend. Eine optimale Zusammenarbeit zwischen der EU und den USA wird entscheidend sein, damit wir uns ehrgeizige Ziele setzen und die wichtigsten Schwellenländer auf diesem Weg mitziehen können.

Für das Engagement der EU im Kampf gegen den Klimawandel müssen wir unbedingt die anderen wichtigen CO2 produzierenden Länder mit ins Boot holen. Deshalb wurden mehrere dieser Länder ebenfalls zum G8-Treffen eingeladen: Südafrika, Ägypten, China, Indien, Australien, Mexiko, Brasilien, Indonesien und Südkorea.

Was das Klima- und Energiepaket betrifft, so hat die EU durch die Einigung zu diesem Paket im Dezember 2008 ein deutliches politisches Signal an all ihre Verhandlungspartner weltweit gesendet. Jetzt geht es um die Umsetzung, die eine Menge technischer Arbeit erfordert.

Es müssen weitere Details zu den Kriterien festgelegt werden, mit denen die Europäische Union die geplante Erhöhung der CO2-Reduzierung von 20 % auf 30 % erreichen kann. Deshalb untersucht der Rat derzeit die Komplementarität des Engagements und der Adäquatheit möglicher Aktionen der Länder auf Grundlage der Kommissionsmitteilung. Der entsprechende Text ist in den Schlussfolgerungen des Umweltausschusses vom 2. März 2009 nachzulesen.

 
  
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  Claude Moraes (PSE). – Was wäre die Fragestunde ohne die irischen Kollegen und ihre effektiven und beredten Beiträge? Ich möchte hier kurz die Kette unterbrechen und mich mit einem Problem an die Präsidentschaft wenden.

Hintergrund meiner Frage ist, dass wir uns bewusst sein sollten, dass insbesondere unsere jüngeren Wähler – und ich bin sicherlich nicht der Einzige in dieser Situation – diese Präsidentschaft in der Mitte ihrer Legislaturperiode und auch die schwedische Präsidentschaft auffordern möchten, genau zu prüfen, was die Amerikaner tun, damit – Herr Vondra hat dies bereits erwähnt – kein Interessenkonflikt zwischen den Maßnahmen gegen die Wirtschaftskrise, die Arbeitslosigkeit usw. und den Maßnahmen gegen den Klimawandel, zur Förderung des Klimapakets und zur Ermutigung der Länder zu einer CO2-armen Wirtschaft auftritt.

Ich verlange nichts Unmögliches, möchte Sie aber bitten, darauf zu achten, dass sich die Ziele nicht gegenseitig ausschließen. Viele unserer jüngeren Wähler in der EU weisen unsere Präsidentschaften genau auf diesen Aspekt hin.

 
  
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  Silvia-Adriana Ţicău (PSE).(RO) Angesichts der Auswirkungen des Klimawandels, z. B. der langen Trockenperioden, des Rückgangs der Trinkwasservorräte und der Wüstenbildung in großen Teilen Europas, möchte ich den Rat fragen, ob er die Entwicklung eines Bewässerungssystems in Europa in Betracht zieht.

Ich glaube, dass Investitionen in die Landwirtschaft während dieser Wirtschaftskrise eine große Rolle spielen müssen. Außerdem ist die Landwirtschaft für die Handelsbilanz der EU ein äußerst wichtiger Bereich, und wir müssen dafür sorgen, dass ausreichend gesunde Nahrungsmittel für die europäischen Bürger zur Verfügung stehen.

 
  
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  Avril Doyle (PPE-DE). – Ich möchte die amtierende Präsidentschaft noch einmal daran erinnern, dass auf dem Gipfel im Sommer letzten Jahres sämtliche Staats- und Regierungschefs eine Erklärung unterzeichnet haben, in der u. a. festgehalten wurde, dass im Zusammenhang mit einem internationalen Klimaabkommen in Kopenhagen 2009 für alle, die es wünschen, ein Teil der Auktionserlöse dafür verwendet wird, um Maßnahmen zur Abbremsung des Klimawandels und Anpassung an den Klimawandel und seine Folgen in den Entwicklungsländern, die das Abkommen unterzeichnet haben, vor allem in den am wenigsten entwickelten Ländern, zu finanzieren.

Meine Frage ist sehr einfach. Weil die Erklärungen des Gipfels in keinem Amtsblatt oder auf dem Protokoll erscheinen, können Sie, Herr Minister, vor Ende Ihrer Präsidentschaft den gesamten Inhalt der Erklärung des Gipfels vom letzen Dezember in das Protokoll aufnehmen? Es ist äußerst wichtig, dass solch wichtiger Erklärungen schwarz auf weiß vorliegen.

 
  
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  Alexandr Vondra, amtierender Präsident des Rates. − Ich glaube, es steht in den Schlussfolgerungen des Umweltausschusses von Anfang März. Ich habe die Dokumente jetzt nicht dabei, aber ich werde noch einmal genau nachlesen. Ich glaube, dies schon einmal gelesen zu haben. Die Frühjahrstagung des Europäischen Rates steht ins Haus, und ich erwarte, dass dort alle diese ehrgeizigen Ziele noch einmal bekräftigt werden.

Ich weiß nicht – und dies wirft noch andere Fragen auf –, ob wir genügend Geld für die Entwicklungsländer für deren Kampf um Abbremsung des Klimawandels und Anpassung an den Klimawandel und seine Folgen bereitstellen können, da wir gerade erst am Anfang unserer Gespräche mit den USA und anderen Partnern stehen und es noch nicht sinnvoll ist, bereits jetzt die Karten auf den Tisch zu legen.

Die Diskussionen mit den USA laufen noch. Der stellvertretende Umweltminister traf Anfang des Monats mit Carol Browner zusammen, und der tschechische Umweltminister Martin Bursík wird sich mit seinen Amtskollegen in Washington treffen – ich denke, im Verlaufe dieser Woche oder Anfang nächsten Monats –, so dass bereits ein Dialog im Gange ist.

Ja, wir müssen natürlich zu einer gemeinsamen Haltung gelangen. Einerseits gibt es die Wirtschaftkrise, andererseits haben wir ehrgeizige Umweltziele. Sie haben recht, dass es dabei eine Reihe von Synergien gibt und keine offensichtlichen Widersprüche zutage treten. Wenn Sie die europäischen Konjunkturprogramme gelesen haben, so gibt es dort eine Reihe von Programmen, die auch einen umweltpolitischen Aspekt enthalten. Gleichzeitig müssen wir aber noch viel Erklärungsarbeit leisten. Die Bedingungen in den Mitgliedstaaten der EU sind nicht notwendigerweise immer die gleichen, deshalb denke ich, dass vor uns viel Öffentlichkeitsarbeit und diplomatische Arbeit liegt.

 
  
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  Die Präsidentin. − Anfrage Nr. 5 von Liam Aylward (H-0050/09)

Betrifft: Sicherheit im Straßenverkehr

Entsprechend den Prioritäten der tschechischen Präsidentschaft erfordert die große Zahl von Todesopfern auf den europäischen Straßen eine Verstärkung der europaweiten Bemühungen um Verbesserung der Sicherheit auf den Straßen.

Welche Pläne hat die Präsidentschaft zur Lösung dieses Problems?

 
  
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  Alexandr Vondra, amtierender Präsident des Rates. − Wie der Herr Abgeordnete bereits betont hat, haben die Verbesserung der Sicherheit im Straßenverkehr und die Reduzierung der Zahl tödlicher Unfälle auf den Straßen der Gemeinschaft hohe Priorität bei der tschechischen Präsidentschaft in Bezug auf den Verkehrssektor. Dies ist nicht verwunderlich, da sich unser Land im Herzen Europas befindet. Die Verkehrsdichte und die damit verbundenen Gefahren haben bei uns oberste Priorität.

Wir haben die gleichen Bedenken wie Sie, und im Interesse einer kurzfristigen Verbesserung der gegenwärtigen Situation beabsichtigt die Präsidentschaft eine Ministerialdebatte auf der Ratstagung im Frühjahr 2009 zur weiteren Entwicklung der Sicherheit im Straßenverkehr im Zuge der Vorbereitung eines neuen Aktionsplans zu dieser Thematik. Da jedoch die Kommission der Präsidentschaft ihre Absicht mitgeteilt hat, die Annahme dieses neuen Aktionsplans zu verschieben, hält die tschechische Präsidentschaft diese Debatte für verfrüht.

Ein Beispiel für konkrete Aktionen unter unserer Präsidentschaft in Bezug auf die Sicherheit im Straßenverkehr sind abschließende Verhandlungen zwischen dem Rat und dem Parlament zum Vorschlag einer Verordnung über die Typgenehmigung von Kraftfahrzeugen, um die allgemeine Sicherheit von Kraftfahrzeugen zu verbessern. Wie Sie wissen, haben die Verantwortlichen von Präsidentschaft und Parlament ein Abkommen zu diesem Vorschlag getroffen, und das Europäische Parlament hat die Verordnung gestern angenommen. Die Verordnung zur allgemeinen Sicherheit fordert Fahrdynamikregelungen in allen Kraftahrzeugen sowie ein moderne Notbremsanlage und einen Spurhalteassistenten in Schwerlastfahrzeugen. Diese neuen Technologien können die Fahrzeugsicherheit wesentlich verbessern, und natürlich erhöht die Einführung dieser Systeme als Standardausrüstung auch die Sicherheit im Straßenverkehr.

Eine Vereinbarung in erster Lesung sieht die obligatorische Einführung von elektronischen Stabilitätssystemen bei neuen Fahrzeugen ab 2011 vor, ein Jahr früher, als im ursprünglichen Vorschlag der Kommission vorgesehen. Außerdem hat der Rat bereits mit der Prüfung des Aktionsplans der Kommission zur Einführung von Fahrdynamikregelungen (ITS) in Europa und dem damit in Zusammenhang stehenden Vorschlag einer Richtlinie für eine Rahmen zur Einführung von Fahrdynamikregelungen beim Straßenverkehr und zu Schnittstellen mit anderen Verkehrsarten begonnen. Beide Vorschläge haben die Verbesserungen der Sicherheit im Straßenverkehr durch die Anwendung von Informations- und Kommunikationstechnologien in diesem Sektor zum Ziel.

Die Präsidentschaft beabsichtigt, den Ministern die Schlussfolgerungen des Rates zum Aktionsplan auf der Ratstagung im März 2009 und eine allgemeine Orientierung oder politische Vereinbarung zu diesem Vorschlag auf der Ratstagung im Juni 2009 zur Annahme vorzulegen. Die Rolle der ITS für die Sicherheit im Straßenverkehr wird auch beim informellen Treffen der Verkehrsminister Ende April im tschechischen Leitmeritz Gegenstand der Diskussion sein.

Fahrdynamikregelungen und Anwendungen wie Notruf- und Hypervigilanzsysteme für den Fahrer, Geschwindigkeitswarnsysteme und Alkohol-Wegfahrsperren könnten die Sicherheit im Straßenverkehr wesentlich erhöhen. Allein Fahrdynamikregelungen und eCall können jährlich in Europa bis zu 6 500 Leben retten, sofern sie in vollem Umfang eingesetzt werden. Die Präsidentschaft misst der Sicherheit im Straßenverkehr große Bedeutung bei und wird deshalb auch andere Vorschläge zu diesem Thema prüfen, wenn die Kommission sie demnächst vorlegt; allerdings ist der Zeitrahmen bis Ende Juni relativ eng.

 
  
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  Seán Ó Neachtain (UEN). (GA) Hier ist eine weitere Frage aus Irland, und dieses Mal sogar in unserer Muttersprache. Welches sind Ihrer Meinung nach die häufigsten Ursachen für die vielen Verkehrstoten? Beabsichtigt die tschechische Präsidentschaft eine neue Abstimmung zwischen den unterschiedlichen Normen in den verschiedenen europäischen Ländern für Fahrzeuge, die noch in gutem Zustand sind? Denken Sie außerdem, dass mehr als nur Technologie erforderlich ist, um die Zahl der Verkehrstoten zu senken?

 
  
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  Silvia-Adriana Ţicău (PSE).(RO) Die EU hat nicht genug getan, um die Zahl der Verkehrsunfälle zu reduzieren. Die Sicherheit im Straßenverkehr kann durch Investitionen in die Infrastruktur, besseres Verhalten der Verkehrsteilnehmer und Einhaltung der Verkehrsvorschriften erhöht werden.

Die Europäische Kommission hat einen Vorschlag für eine Richtlinie zu grenzüberschreitenden Sanktionen bei Verstößen gegen die Verkehrsvorschriften erarbeitet. Das Europäische Parlament hat dem zugestimmt. Wie ist der aktuelle Stand, und welche Aussichten bestehen, dass auch der Rat der Europäischen Union diesem Dossier zustimmt?

 
  
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  Jim Higgins (PPE-DE). – Zuerst möchte ich den Rat fragen, ob er zustimmt, dass wir spezielle Ziele für jeden Mitgliedstaat brauchen, um die Zahl der Unfälle mit und ohne Todesfolge auf unseren Straßen zu reduzieren.

Zweitens. Stimmt der Rat zu, dass wir die Verstärkung eines Systems brauchen, bei dem bei Verstößen, die in einer Rechtsordnung begangen werden, der Täter in dieser Rechtsordnung gerichtlich belangt werden kann, auch wenn er schon in sein Heimatland zurückgekehrt ist?

Und last, not least begrüße ich die Information des Rates zum eCall-System. Wann wird dieses System in allen Mitgliedstaaten Pflicht? Es ist bei Unfällen, vor allem bei Unfällen, in die nur ein Fahrzeug verwickelt ist, von entscheidender Bedeutung.

 
  
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  Alexandr Vondra, amtierender Präsident des Rates. − Natürlich verstehe ich, dass diese Themen im Wahlkampf sehr wichtig sind, weil das Problem der Sicherheit im Straßenverkehr jeden angeht. Ich denke, wir müssen uns dessen bewusst sein, dass die Regierungen und insbesondere der Europäische Rat nicht für jedes einzelne Menschenleben auf unseren Straßen verantwortlich gemacht werden können. Die Verantwortung tragen auch und vor allem die Fahrer hinter dem Steuer.

Wir müssen natürlich diesem Thema verstärkte Aufmerksamkeit widmen, und ich möchte nochmals betonen, dass es für uns eine hohe Priorität hat. Deshalb müssen wir diese Diskussion vorantreiben. Wir haben dieses Thema auf der Tagesordnung des informellen Treffens der Verkehrsminister Ende April ganz oben auf die Tagesordnung gesetzt, und ich werde meinem Amtskollegen in der Regierung, unserem Verkehrsminister, mitteilen, wie wichtig dieses Problem auch für Sie ist.

Hauptthema des informellen Treffens ist die Einführung der Fahrdynamikregelung (ITS) in der EU. Die Sicherheit auf den Straßen ist sicherlich eines der sechs vorrangigen Aktionsgebiete, die von der Kommission in diesem ITS-Aktionsplan festgelegt wurden. Wir möchten in der Diskussion vorankommen.

 
  
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  Die Präsidentin. − Die Anfragen, die aus Zeitgründen nicht behandelt wurden, werden schriftlich beantwortet (siehe Anlage).

 
  
 

Damit ist die Fragestunde beendet.

(Die Sitzung wird um 19.10 Uhr unterbrochen und um 21.00 Uhr wieder aufgenommen.)

 
  
  

VORSITZ: LUISA MORGANTINI
Vizepräsidentin

 

15. Grünbuch über Arbeitnehmer im Gesundheitsbereich in Europa (Aussprache)
Video der Beiträge
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  Die Präsidentin. – Als nächster Punkt folgt das Grünbuch über Arbeitnehmer im Gesundheitsbereich in Europa.

 
  
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  Androulla Vassiliou, Mitglied der Kommission. − Frau Präsidentin! Ich freue mich sehr über die Einladung, vor dem Parlament zum Grünbuch über Arbeitnehmer im Gesundheitsbereich in Europa, das von der Kommission am 10. Dezember 2008 angenommen wurde, eine Erklärung abzugeben.

Diese Einladung kommt zum richtigen Zeitpunkt, denn wir nähern uns dem Ende der Konsultationsphase, die Ende dieses Monats abgeschlossen sein soll.

Alle Gesundheitssysteme in der EU sind einem wachsenden Druck ausgesetzt. Grund sind die zunehmende Überalterung der Bevölkerung, Gesundheitsgefahren sowie die steigenden Kosten neuer Technologien und die steigenden Erwartungen der Patienten – all dies vor dem Hintergrund einer schwierigen wirtschaftlichen Situation.

Ohne gut ausgebildetes und motiviertes medizinisches Fachpersonal in der gesamten EU ist die finanzielle Nachhaltigkeit der Gesundheitssysteme in Europa in Gefahr, und es kommt zunehmend zu Ungleichgewichten im Gesundheitswesen.

Die europäische Bevölkerung wird zunehmend älter. Dies gilt auch für die Mitarbeiter im Gesundheitswesen, und es gibt nicht genügend Nachwuchs, der diejenigen ersetzt, die in Rente gehen. Wir müssen darüber nachdenken, warum junge Menschen keine Motivation haben, im Gesundheitswesen zu arbeiten.

Diese Tatsache in Verbindung mit der Mobilität der medizinischen Fachkräfte in den Mitgliedstaaten führt dazu, dass in den meisten europäischen Gesundheitssystemen die gleichen Probleme auftreten.

Ich erwarte viele Reaktionen auf das Grünbuch von den vielen betroffenen Organisationen im Gesundheitswesen, die zu dieser wichtigen Frage Bedenken geäußert haben.

Ich freue mich auch auf Beiträge von den Mitgliedern dieses Parlaments. Sie werden unsere Arbeit wirklich erleichtern und dienen unserem gemeinsamen Ziel.

Durch die Analyse der Antworten, die bei uns eingehen, können wir Strategien auf EU-Ebene entwickeln, um die Mitgliedstaaten bei der Meisterung dieser Herausforderungen zu unterstützen.

Die Debatte zum medizinischen Fachpersonal unterscheidet sich von den Themen im Richtlinienentwurf zu den Rechten der Patienten bei grenzüberschreitender Gesundheitsversorgung.

Jener Vorschlag konzentriert sich auf die Regeln und Vereinbarungen, mit denen unter gleichen Bedingungen der Zugang zu einer sicheren und hochwertigen Gesundheitsversorgung für Patienten in ganz Europa möglich ist.

Hauptziel des Gesetzesentwurfs ist es, auf faire und kohärente Weise die vom Europäischen Gerichtshof anerkannten Patientenrechte zu stärken. Es geht hierbei nicht um grenzüberschreitende Bestimmungen für Gesundheitsleistungen, die Freiheit der Niederlassung oder die Mobilität der medizinischen Fachkräfte.

Dies bedeutet jedoch nicht, dass der Richtlinienentwurf Sicherheit und Qualität der Gesundheitsversorgung für Patienten ignoriert, die sich im Ausland behandeln lassen – dies ist im Gesamtkontext der Gesundheitsleistungen zu sehen, die von den medizinischen Fachkräften erbracht werden.

In diesem Zusammenhang legt der Richtlinienentwurf eine wesentliche Regel eindeutig fest: Bei grenzüberschreitender Gesundheitsversorgung gelten die Regeln des Behandlungslandes.

Ich möchte kurz noch weitere Bestimmungen erwähnen, z. B. diejenigen in Artikel 5 des Vorschlags: Die Mitgliedstaaten verpflichten sich, nationale Qualitäts- und Sicherheitsnormen festzulegen, sie effektiv umzusetzen und zu veröffentlichen. Die Erbringer von Gesundheitsleistungen stellen den Patienten alle wichtigen Informationen zur Verfügung, damit diese eine bewusste Entscheidung treffen können. Dazu gehören auch Angaben zum Versicherungsschutz oder anderen persönlichen oder kollektiven Schutzbestimmungen im Rahmen der Berufshaftpflicht in allen Mitgliedstaaten. Die Patienten müssen die Möglichkeit haben, sich zu beschweren, Rechtsmittel einzusetzen und Schadenersatz zu verlangen, wenn sie durch die erbrachten Gesundheitsleistungen Schaden erleiden.

Mit diesem Paket von Grundsätzen und Regeln definiert der Richtlinienentwurf meines Erachtens eine eindeutige Beziehung zwischen Patient und Leistungserbringer, damit europäische Bürger, die sich in einem anderen Mitgliedstaat behandeln lassen wollen, ausreichende Informationen und die Garantie einer sicheren und hochwertigen Versorgung haben.

Ich möchte auch noch einmal daran erinnern, dass unter der Hauptverantwortung meines Kollegen, Kommissar McCreevy, ein weiterer wichtiger Teil der EU-Gesetzgebung entstanden ist, der die gegenseitige Anerkennung von Abschlüssen für Ärzte, Krankenschwestern und -pfleger, Zahnärzte, Hebammen und Apotheker regelt. Es geht hier um Richtlinie 2005/36/EG, die jetzt in Kraft ist. Diese Richtlinie beinhaltet auch spezielle Verpflichtungen für die Mitgliedstaaten im Bezug auf den Informationsaustausch beim Umzug von medizinischen Fachkräften. Dieser Datenaustausch wird durch das Binnenmarktinformationssystem (IMI) erleichtert, mit dem bereits der elektronische Informationsaustausch zu den fünf wichtigsten Gesundheitsberufen möglich ist. Außerdem ist die Erweiterung des IMI auf alle regulierten Berufe vorgesehen.

Abschließend möchte ich betonen, dass die Meisterung der Herausforderungen für die medizinischen Fachkräfte in der EU bei Gewährleistung der finanziellen Nachhaltigkeit der Gesundheitssysteme eine der Hauptaufgaben für Europa im nächsten Jahrzehnt ist. Dies erfordert einen umfassenden politischen Ansatz, da kein Mitgliedstaat isoliert seine eigene, isolierte Lösung finden kann. Die Lösung kann nicht nur darin bestehen, medizinische Fachkräfte aus Entwicklungsländern anzuwerben, wo der personelle Notstand noch größer ist.

Deshalb ermöglicht das Grünbuch eine Diskussion und die weitere Festlegung von Themen, die ggf. zu gemeinsamen Aktionen führen. Ich weiß, dass Ihre Erwartungen hoch sind. Ich zähle auf Sie, wenn es um Lösungen geht, mit denen der wertvolle Beitrag der medizinischen Fachkräfte für das Leben eines jeden von uns unterstützt werden kann.

 
  
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  Die Präsidentin. – Frau Kommissarin, ich habe keinen Zweifel daran, dass Ihr Appell, über das Grünbuch über Arbeitnehmer im Gesundheitsbereich zu diskutieren, bei den Parlamentsabgeordneten auf fruchtbaren Boden fallen wird.

 
  
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  John Bowis, im Namen der PPE-DE-Fraktion. – Frau Präsidentin! Ich danke der Frau Kommissarin – zum einen dafür, dass sie heute Abend hier ist und im Parlament gesprochen hat, und zum anderen für die Botschaft, die sie überbracht hat. Es handelt sich um ein wichtiges Grünbuch, das eine breite Diskussion im Parlament und darüber hinaus auslösen sollte.

Sie hat in ihren Ausführungen mehrere Fragen aufgeworfen. z. B. die Frage, warum nicht mehr Krankenschwestern bzw. -pfleger und Ärzte zur Verfügung stehen. Ich denke, dies ist nur die halbe Frage. Die andere Hälfte ist, warum so viele von ihnen wieder weggehen. Um dieses Problem zu lösen, müssen wir Wege finden, um medizinisches Fachpersonal zu gewinnen und zu halten. Das trifft wahrscheinlich insbesondere auf Pflegepersonal zu, aber auch auf Ärzte, andere Therapeuten usw. Ich glaube, wir müssen die Karrierestrukturen genauer betrachten und untersuchen, inwieweit Aufstiegsmöglichkeiten ein Potenzial bieten. Wir müssen einige Barrieren innerhalb der Berufe und zwischen den Berufen beseitigen. Wir müssen für eine angenehme Arbeitsumgebung sorgen. Die Arbeit ist hart, aber das Umfeld kann trotzdem angenehm sein. Wir müssen dafür sorgen, dass Forschungseinrichtungen in Europa zur Verfügung stehen, damit keine Arbeitskräfte ins Ausland abwandern. Vor allem müssen wir den Mitarbeitern an vorderster Front Gehör schenken. Zu oft – ich weiß es aus meiner Arbeit in der Regierung, und Sie wissen es in Ihrer Eigenschaft als Kommissarin – sprechen wir nur mit den oberen Ebenen und nicht mit denjenigen, die unmittelbar am Krankenbett arbeiten – den Krankenschwestern bzw. -pflegern und den Ärzten. Wenn wir dies mehr täten, könnten wir wahrscheinlich mehr erreichen.

Ich möchte natürlich – wie die Frau Kommissarin bereits anklingen ließ – auf meinen Bericht verweisen, also die Überlegungen des Parlaments zur grenzüberschreitenden Gesundheitsversorgung. Wir haben von Anfang an betont, dass in diesem Zusammenhang zwei Maßnahmen wichtig sind, die theoretisch gleichzeitig gefördert werden müssten. Die eine, die sehr schnell Erfolge zeitigt, betrifft natürlich die Patientensicherheit. Bei der anderen sind wir etwas ins Hintertreffen geraten. Sie betrifft das medizinische Fachpersonal. Wir müssen den Mitarbeitern im Gesundheitswesen klar machen, dass grenzüberschreitende Gesundheitsversorgung den Patienten Sicherheit bieten und bei ihnen Vertrauen schaffen muss. Denken wir an das Beispiel von Straßburg, Lüttich und Luxemburg, wo das Konzept eines Referenznetzwerks sowohl für die Patienten, als auch für Ausbildung und Forschung äußerst wertvoll ist.

Die Frau Kommissarin hat über die Migration von medizinischem Fachpersonal gesprochen, und wir müssen nach Wegen suchen, um das Ganze zu realisieren, ohne die Patientensicherheit zu gefährden. Ich denke, dass dazu natürlich auch Sprachtests gehören, die kein Hindernis, sondern eine Schutzmaßnahme für die Patienten sind. Sie hat über die Anerkennung von Abschlüssen gesprochen. Dies ist sehr wichtig, egal, ob Sie zu Hause von einem einheimischen Arzt oder im Ausland von einem dortigen Arzt behandelt werden. Es gibt einige Berufe – z. B. Chiropraktiker –, die in einigen Ländern anerkannt werden, in anderen dagegen nicht. Wir müssen nach Wegen suchen, um diese ergänzenden medizinischen Berufe ins Zentrum unserer Aufmerksamkeit zu rücken.

Natürlich müssen wir auch sicher sein, dass die Patientensicherheit durch die entsprechenden Ärzte, Krankenschwestern bzw. -pfleger sowie das andere medizinisches Fachpersonal garantiert ist, und in meinem Bericht fordere ich die Kommission auf, dafür die entsprechenden Bedingungen zu schaffen. Ich glaube, wir sollten uns noch mehr damit befassen.

Die Kommissarin hat auch zu Recht von der Abwanderung gesprochen. Es ist tragisch, dass wir nicht genügend medizinisches Fachpersonal besitzen, sondern dieses aus Ländern abziehen, die dies am wenigsten verkraften. Wenn wir uns die Zahlen anschauen, sehen wir, dass einer von 4 Ärzten und einer von 20 Pflegemitarbeitern in Afrika ausgebildet wurde und jetzt in den OECD-Ländern arbeitet. Wir als Länder sind nur zum Teil dafür verantwortlich, es sind auch die Nichtregierungsorganisationen, die Fachkräfte zwar in deren Ländern einstellen, ihnen aber mehr zahlen, als sie in ihren Ländern erhalten würden. Deshalb wollen sie anschließend nicht mehr dort arbeiten.

All dies ist wichtig, Frau Kommissarin. Wir müssen uns um die Sicherheit unseres medizinischen Personals kümmern. Wir müssen Nadelstichverletzungen und Krankenhausinfektionen sowie Probleme unseres Fachpersonals auf unsere Tagesordnung setzen. Wir haben kürzlich erfahren, dass die Hebammen Schwierigkeiten haben, eine Berufshaftpflichtversicherung abzuschließen. Dies sind einige der Probleme, die in unseren Diskussionen zu diesem hervorragenden Grünbuch eine große Rolle spielen sollten.

 
  
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  Jules Maaten, im Namen der ALDE-Fraktion.(NL) Frau Präsidentin! Ich möchte dem unbedingt beipflichten, was Herr Bowis gerade gesagt hat. Ihr Grünbuch, Frau Kommissarin, ist ein hervorragendes Dokument. Wie bei jedem Grünbuch sind wir sehr gespannt auf die Reaktionen. Diese lassen sich natürlich teilweise vorhersagen, sie sind aber in jedem Fall hilfreich und können in spätere Gesetze einfließen.

Dieses Grünbuch ist wichtig, da es ein Problem betrifft, das in Angriff genommen werden muss. Das Grünbuch ist das Ergebnis einer Auseinandersetzung mit den Vorschlägen, die Frits Bolkestein seinerzeit unterbreitet hat. Wir sind froh, dass die Kommission sich so gründlich damit befasst – mit einem Grünbuch und genügend Raum für Diskussionen, weil zu diesem Problem meiner Ansicht nach viele Ängste bestehen. Deshalb möchte ich mich in meinem Beitrag nicht auf das medizinische Fachpersonal beschränken, weil ich denke, dass im europäischen Maßstab auch in anderen Bereichen des Gesundheitswesens genauso viel Angst besteht.

In den letzten Jahren wurde in der EU viel auf dem Gebiet der Volksgesundheit getan, sowohl unter Ihren Vorgängern, als auch mit Ihnen, Frau Kommissarin. Deshalb möchte ich die Gelegenheit nutzen, um Ihnen, Frau Kommissarin, zu gratulieren, dass Sie dieser Richtlinie in relativ kurzer Zeit Ihren Stempel aufgedrückt haben. Ich hätte nicht gedacht, dass dies in so kurzer Zeit möglich sein würde, und denke, dass wir alle stolz auf Ihre Leistung sein können.

In den letzten Jahren wurde viel erreicht, z. B. bei Medikamenten für die Pädiatrie, einem Problem, bei dem die Öffentlichkeit sich gar nicht bewusst ist, dass dies ein Problem ist, für das aber eine europäische Lösung ganz oben auf der Tagesordnung steht, da die Mitgliedstaaten das Problem nicht allein lösen können. Hier sollten wir in größerem Maßstab arbeiten. Ich denke, dies gilt auch für andere Bereiche, beispielsweise die Tabakrichtlinie und die Kampagne gegen das Rauchen, wo die EU die Strategie vorgibt, nicht nur innerhalb der Union, sondern auch darüber hinaus. Hier sind wir ebenfalls nur effektiv, wenn wir im europäischen Maßstab arbeiten. Wir beschäftigen uns auch in starkem Maße mit der grenzüberschreitenden Gesundheitsversorgung und dem Schutz der Patientenrechte in Europa, ebenfalls unter dem wachsamen Auge des Berichterstatters Herrn Bowis, und ich hoffe und erwarte, dass wir auch auf diesem Gebiet ein positives Ergebnis erzielen werden.

Bei jedem Thema, das diskutiert wird, stellen wir jedoch fest, dass nicht nur die Minister, sondern auch die Abgeordneten der nationalen Parlamente eine weitere Vertiefung der europäischen Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Gesundheitswesens nur zögerlich in Angriff nehmen. Bei 27 verschiedenen Systemen in der EU sind wir alle überzeugt, dass unser eigenes Gesundheitspflegemodell das Beste ist. Jeder, mit dem Sie sprechen, versucht, Sie davon zu überzeugen, dass sein System das Beste ist. Das geht natürlich nicht. Bei 27 verschiedenen Systemen kann nicht jedes immer das Beste sein.

Selbstverständlich wurde in das System jedes Landes viel Arbeit investiert. In jedem Fall geht es um Menschen und wohlmeinende Interessen. Wenn schließlich die schwierige Balance gefunden ist, prescht die EU mit einer Idee vor, die sie generell für die beste hält. Ich kann gut verstehen, dass dies auf Widerstand stößt.

In einigen Bereichen – z. B. bei seltenen Krankheiten – können die Patienten und die Systeme jedoch von der Arbeit im europäischen Maßstab profitieren. Es gibt viele Gründe für ein stärkeres europäisches Engagement auf dem Gebiet der Volksgesundheit. Fast 40 000 Patienten in Europa warten auf ein Spenderorgan, und jeden Tag sterben ca. zehn Menschen, die auf der Warteliste stehen.

Jedes Jahr sterben 195 000 Menschen infolge von Alkoholmissbrauch – dies kostet die europäische Wirtschaft 125 Milliarden Euro. Dieses Problem sollte am besten nicht national, sondern lokal gelöst werden. Es gibt auch europaweite Trends, beispielsweise beim Alkoholmissbrauch unter Jugendlichen. Wir müssen prüfen, ob dieses Problem nicht besser auf europäischer Ebene gelöst werden sollte. Vorerst sind uns dabei jedoch durch den aktuellen Vertragstext Grenzen gesetzt.

Wir müssen trotzdem mehr erreichen, zum Beispiel – und darin liegt der Wert des Grünbuches – dort, wo es um die gegenwärtige Mobilität von Gesundheitsdienstleistungen geht. Ich bin davon überzeugt, dass, wenn wir all diese Probleme lösen und Lösungen finden, z. B. um Behandlungsfehler zu vermeiden oder die Rechtssicherheit der Patienten und des medizinischen Fachpersonals zu erhöhen, jeder davon profitieren würde, vorausgesetzt, diese Mobilität ist in vernünftigem Maße organisiert und möglich.

Wenn eine bessere Zusammenarbeit bei Organspenden und eine effektive Zusammenarbeit beim Schutz vor Pandemien – ein Problem, das ich immer wieder anspreche – nicht künftig auf europäischer Ebene in Angriff genommen wird, dann bin ich davon überzeugt, dass wir später vor gravierenden Problemen stehen werden, wenn sich z. B. eine Grippeepidemie aus Thailand den Weg zu uns bahnt. In solchen Fällen sollte die Kommission in der Lage sein, innerhalb von 24 Stunden Krisenmaßnahme zu ergreifen.

Schließlich entspricht meiner Meinung nach Artikel 152 nicht mehr dem Standard für künftige effektive Maßnahmen in ganz Europa. Wenn wir erwägen, den Vertrag in fernerer Zukunft in einigen Punkten zu ändern, sollten wir meines Erachtens die Rechtsgrundlage für die Volksgesundheit in einem neuen Vertrag erweitern.

 
  
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  Bart Staes, im Namen der Verts/ALE-Fraktion.(NL) Frau Präsidentin! Ich möchte mich Herrn Bowis und Herrn Maaten anschließen und der Frau Kommissarin zu ihrem Grünbuch gratulieren, dass meines Erachtens keinen Tag, ja keine Stunde zu früh kam. Die Frau Kommissarin hat selbst festgestellt, dass die zunehmende Überalterung der Bevölkerung mehr Druck nicht nur auf die Gesundheitssysteme, sondern auch und vor allem auf die Arbeitnehmer ausübt. Jeder, der sich die Zeit nimmt, um den Menschen zuzuhören, die in diesem Bereichs arbeiten, weiß, dass die allgemeinen Arbeitsbedingungen dort sehr hart sind – physisch und häufig auch mental.

Die Arbeit in diesem Bereich ist eine große Herausforderung für die Arbeitnehmer und wird häufig unterbezahlt. Es ist deshalb nicht verwunderlich, dass die Fluktuation in diesem Sektor sehr hoch ist. Außerdem stellen die Arbeitsverträge häufig ein Problem dar, so dass viele Beschäftigte wieder weggehen. Deshalb muss die Union meiner Meinung nach verschiedene Dinge in ihrer Politik durchsetzen: nachhaltige Beschäftigung, gute Arbeitsbedingungen, sichere Arbeit, Verhinderung der Abwanderung und angemessene Bezahlung.

Die Kommissarin hat zu Recht auf die Richtlinie verwiesen, an der Herr Bowis gegenwärtig arbeitet: die Richtlinie zur grenzüberschreitenden Gesundheitsversorgung. In Gesprächen, die ich mit Angehörigen dieses Sektors geführt habe, ging es auch um die Beziehung zwischen der Arbeit im Gesundheitswesen und der Arbeitszeitrichtlinie. In der Arbeitszeitrichtlinie wird die Arbeitsdauer auf Grundlage der Verträge und nicht auf Grundlage der tatsächlichen Arbeitszeit bestimmt.

Ich habe herausgefunden, dass manche polnischen Ärzte die Woche über mit einem normalen Arbeitsvertrag in polnischen Krankenhäusern arbeiten und am Wochenende nach Großbritannien fahren, um dort eine 48-Stunden-Schicht abzuleisten. Das ist natürlich unerhört und sollte bei der Arbeitszeitrichtlinie berücksichtigt werden. Deshalb hoffe ich, dass dieses Thema auch bei der Diskussion über das Grünbuch eine Rolle spielen wird.

 
  
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  Konstantinos Droutsas, im Namen der GUE/NGL-Fraktion.(EL) Frau Präsidentin! Das Grünbuch über Arbeitnehmer im Gesundheitsbereich in Europa macht die Pläne des Kapitals und der Europäischen Union zur Privatisierung des Gesundheits- und Sozialsystems deutlich, die gravierende Auswirkungen auf die Arbeitnehmer und die betroffenen Familien im Gesundheitssektor haben.

Diese Änderungen bilden einen Teil der allgemeineren, gegen die Menschen gerichteten Beschneidungen bei der Sozialversicherung und den Sozialleistungen in allen Ländern der EU mit aktiver Unterstützung und Beteiligung der Kräfte der linken und rechten Mitte. Dadurch entsteht die Gefahr, dass die Gesundheit eine Ware wird, eine Profitquelle für das Kapital, und die Patienten und deren Familien zu Verbrauchern werden.

Hauptziel sind die Erweiterung der Geschäftstätigkeit des Kapitals und der Aufbau eines Systems, in dem Gesundheitsdienstleistungen des öffentlichen Sektors nach Kriterien des privaten Sektors im Wettbewerb mit dem privaten Sektor erbracht werden.

Die ersten Opfer dieses kommerzialisierten Gesundheitssystems sind genau die Menschen, die in diesem Sektor arbeiten. Sie machen 10 % der Arbeitnehmer in der EU aus und arbeiten häufig unter inakzeptablen Bedingungen, durch die auch die Patienten gefährdet werden. Ständige Überstunden sind eher die Regel als die Ausnahme. Die Gehälter, zumindest im öffentlichen Sektor, werden gekürzt. Das Gleiche trifft auch auf die Leistungen zu, die schlechter sind als die der privaten Krankenversicherungen. Das zentrale Thema des Grünbuches ist die Mobilität der Arbeitnehmer und die Anwendung der Bolkestein-Richtlinie im Gesundheitssektor.

Gesundheit ist ein soziales und kein kommerzielles Gut. Die medizinischen Fachkräfte erbringen eine soziale Dienstleistung und erzeugen keinen Profit. Nur wenn sie sich aktiv dafür einsetzen, können die Mitarbeiter im Gesundheitswesen hochwertige kostenfreie Dienstleistungen erbringen, die nur durch die Regierung finanziert werden und mit einer privaten Geschäftstätigkeit nichts zu tun haben.

 
  
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  Kathy Sinnott, im Namen der IND/DEM-Fraktion. – Frau Präsidentin! Es arbeiten mehr Menschen im Gesundheitswesen als in jedem anderen Bereich. Zu denjenigen, an die wir dabei sofort denken, gehören Ärzte, Krankenschwestern und -pfleger, Apotheker und Zahnärzte, die unterstützt werden von Radiologen, LTAs, Wissenschaftlern, Therapeuten, Biochemikern und einer Armee von Verwaltungskräften und anderen Mitarbeitern, durch die das Gesundheitswesen funktioniert.

Es gibt auch noch eine zweite Berufsgruppe: Heilpraktiker, Chiropraktiker, Osteopathen, Homöopathen und Ernährungsberater, die einen stärker naturheilkundlichen Ansatz verfolgen.

Schließlich sind da die Pflegenden in der Familie (die größte Einzelgruppe im Gesundheitsbereich), die Tag und Nacht ohne Bezahlung Pflegeleistungen erbringen.

Wenn wir noch einmal auf die erste Gruppe zurückkommen, so bringt die Kommission in diesem Bericht ihre Besorgnis darüber zum Ausdruck, dass die Zahl der Mitarbeiter in den wichtigsten Gesundheitsberufen nicht der wachsenden Nachfrage entspricht. Die Kommission betont weiterhin, dass es notwendig sei, mehr junge Menschen für diese Berufe zu interessieren. In einigen Ländern ist dies auch kein Problem.

In Irland legten im letzten Monat 3 500 junge Menschen eine Prüfung ab in der Hoffnung, einen der wenigen hundert Ausbildungsplätze an einer medizinischen Fachschule zu erhalten. Analog gibt es wesentlich mehr junge Menschen, die Krankenschwester bzw. -pfleger, Therapeut usw. werden möchten, als Ausbildungsplätze dafür zur Verfügung stehen.

Frau Kommissarin! Das Problem besteht nicht darin, junge Leute für medizinische Berufe zu interessieren, sondern darin, genügend Ausbildungsplätze anzubieten. Unsere Schulabgänger in Irland möchten gern einen medizinischen Beruf ergreifen, scheitern jedoch an einem Numerus clausus, welcher der Nachfrage zuwiderläuft und zu einem erheblichen Notstand an qualifiziertem Personal führt.

Ich weiß, dass es in anderen europäischen Ländern ähnliche Missverhältnisse zwischen Ausbildungsmöglichkeiten und Nachfrage gibt. Wenn das Interesse der jungen Menschen für diese Berufe geweckt wird, müssen ausreichend Ausbildungsmöglichkeiten geschaffen werden, sonst sind sie frustriert.

Da die Ausbildungsplätze nicht ausreichen und somit ein künstlicher Engpass erzeugt wurde, sind wir gezwungen, medizinische Fachkräfte aus Drittländern (sogar den ärmsten Ländern) einzustellen. Dadurch bleiben die Menschen in deren eigenem Land ohne medizinische Versorgung, und es kommt zu einer Abwanderung.

Die zweite erwähnte Gruppe von Gesundheitsberufen, z. B. Heilpraktiker, wurden leider in diesem Bericht überhaupt nicht berücksichtigt. Damit wird der wertvolle Beitrag außer Acht gelassen, den sie für die Gesundheit der Europäer leisten, und der Wunsch vieler Europäer ignoriert, die von ihnen behandelt werden möchten.

Dieser Sektor ist sehr wichtig. Die augenscheinlichen Versuche der Kommission, dies mit Richtlinien (z. B. der Vitamin- und Mineralstoffrichtlinie) zu unterdrücken, verstärkt weiter die wachsende Kluft zwischen der EU-Politik und den alltäglichen Gesundheitsbedürfnissen der Menschen.

Schließlich möchte ich auf die dritte und größte Einzelgruppe im Gesundheitsbereich eingehen: die Pflegenden in der Familie. Sie kümmern sich um pflegebedürftige ältere Menschen oder Behinderte. Wir brauchen sie mit jedem Jahr mehr und nicht weniger. Da Europa altert und die Zahl der Menschen mit Behinderungen steigt, können diese Leistungen nicht nur unentgeltlich erbracht werden. Die einzige Möglichkeit, diese wesentlichen Pflegepersonen zu halten, ist, sie in ihrer Arbeit zu unterstützen.

Die Gesundheitsversorgung ist heute wichtiger denn je. Die Kommission betont zu Recht, dass es neue und wieder auftauchende Gesundheitsgefahren gibt, z. B. ansteckende Krankheiten. Die Kommission sollte sich auch genau dessen bewusst sein, dass sich chronische Erkrankungen, die mit einer Störung des Immunsystems verbunden sind, auf dem Vormarsch befinden, z. B. Asthma, Allergien, Multiple Sklerose, Autismus, Diabetes. Epilepsie, Fibromyalgie und viele andere.

Ich empfehle der Kommission, jede dieser Krankheiten, die zunehmend auftreten, zu beachten und zu untersuchen, wodurch diese ausgelöst werden. Geschieht dies nicht, nehmen diese Erkrankungen weiter zu und betreffen immer mehr Menschen - dies wäre grausam und unhaltbar.

 
  
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  Nicodim Bulzesc (PPE-DE). – Frau Präsidentin! Ich begrüße das Grünbuch der Kommission und das damit verbundene Ziel, die Probleme im Zusammenhang mit den Arbeitnehmern im Gesundheitswesen in der EU transparenter zu machen und Herausforderungen und mögliche Maßnahmen herauszuarbeiten.

Ich möchte jedoch die Gelegenheit ergreifen und einen Aspekt des Grünbuchs besonders herausgreifen: die Ausbildung der medizinische Fachkräfte. Ich habe zu diesem Thema die schriftliche Erklärung 0095/2008 abgegeben, die immer noch gültig ist. Ich stimme vorbehaltlos dafür, dass Schulungs- und Ausbildungskurse für die Arbeitnehmer im Gesundheitswesen durchgeführt werden müssen, damit die Patienten klarere und vollständigere Informationen erhalten. Inwieweit die Patienten gesundheitsbezogene und medizinische Themen und Anweisungen verstehen, hängt in starkem Maße davon ab, wie klar diese kommuniziert werden. Trotz verschiedener Initiativen zur Verbesserung der Qualität und Verfügbarkeit von Gesundheitsinformationen zeigen verschiedene Studien, dass die Patienten mehr Informationen wünschen, als sie gegenwärtig bekommen, und die medizinischen Fachkräfte oft die Menge an Informationen überschätzen, die sie geben.

 
  
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  Ewa Tomaszewska (UEN).(PL) Frau Präsidentin! Der personelle Notstand im Gesundheitswesen ist ein globales Phänomen. Wir spüren dies bei uns ganz besonders. Der Mangel an fachärztlicher Versorgung, an klinischen Erfahrungen auf bestimmten Fachgebieten und an speziellen medizinischen Dienstleistungen führt dazu, dass sich die Menschen in anderen Ländern behandeln lassen.

Deshalb ist es sehr wichtig, die Prinzipien der grenzüberschreitenden medizinischen Versorgung zu regeln. Der Patient hat das Recht, darüber informiert zu werden, welcher Leistungsstandard in bestimmten Zentren angeboten wird, wie die Versorgung finanziert wird, wie viel das Gesundheitssystem seines Heimatlandes für Behandlung oder Rehabilitation und wie viel er selbst zahlen muss. Eine diesbezügliche Richtlinie ist von entscheidender Bedeutung.

Eine weitere Frage betrifft die Qualifikationen von medizinischem Fachpersonal, z B. Unterstützung bei Sprachkursen, die die Mobilität erleichtern. Ich denke, der Vorschlag zum Aufbau eines Referenznetzwerks für medizinisches Personal ist angebracht. Frau Kommissarin, ich danke Ihnen für Ihr Grünbuch.

 
  
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  Colm Burke (PPE-DE). – Frau Präsidentin, die Förderung einer nachhaltigen personellen Grundlage für das Gesundheitswesen in ganz Europa ist ein wesentliches Element bei der weiteren Verbesserung der Gesundheitsleistungen und -einrichtungen in den 27 Mitgliedstaaten.

Europa steht vor vielen Herausforderungen bei der Erhaltung und Verbesserung der Gesundheitsleistungen. Die Bevölkerungsentwicklung der Mitgliedstaaten stellt ein großes Problem für die Beschäftigten im Gesundheitswesen dar, da die europäische Bevölkerung immer älter wird und die Lebenserwartung in jedem Jahrzehnt um 2,5 Jahre steigt. Dies erhöht den Druck auf die Arbeitnehmer, denn nicht nur die Bevölkerung, sondern auch sie selbst werden immer älter. Der Schlüssel für eine ausreichende Personaldecke angesichts der drohenden Überalterung ist, dafür zu sorgen, dass genügend Nachwuchs zur Verfügung steht, der diejenigen ersetzt, die in Rente gehen.

Die Bedeutung der Verbesserung von Forschung und Datenaustausch in ganz Europa kann nicht genug betont werden. Gegenwärtig liegen zu wenig aktuelle Daten, vergleichbare Daten und Informationen unter den Mitgliedstaaten zu wesentlichen Gesundheitsthemen vor, z B. Ausbildung und Beschäftigung von Arbeitnehmern, Alter, Geschlecht und Beschäftigung ausländischer medizinischer Fachkräfte. Die Verfügbarkeit europaweiter Informationen ist immens wichtig für die Planung und Bereitstellung künftiger Arbeitnehmer und für sämtliche Behörden im Gesundheitswesen.

 
  
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  Czesław Adam Siekierski (PPE-DE).(PL) Frau Präsidentin! Es liegt vollkommen in unserem Interesse, dafür zu sorgen, dass unser Gesundheitssystem so effizient wie möglich funktioniert. Deshalb ist es erforderlich, in Übereinstimmung mit dem Grünbuch die Qualifikationen des medizinischen Personals zu erhöhen und entsprechende Arbeitsbedingungen für das medizinische Personal zu schaffen. Wir können nicht zulassen, dass die Arbeitszeit der Ärzte über Gebühr lang ist.

Ich möchte auch die Aufmerksamkeit auf eine gesunde Lebensweise richten. Sie ist eine gute prophylaktische Methode und kann verschiedene Krankheiten verhüten. Angesichts des Leitsatzes „Vorbeugen ist besser als Heilen“ sollte deshalb jede Kampagne zur Förderung einer gesunden Lebensweise unterstützt werden. Wenn wir in innovative Behandlungsmethoden, Klinikausstattung und neue Technologien investieren, investieren wir in uns selbst.

 
  
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  Androulla Vassiliou, Mitglied der Kommission. − Frau Präsidentin! Ich danke allen Rednern für ihre wertvollen Beiträge. Dies zeigt, dass Ihre Beiträge sehr hilfreich sein können, weil bereits einige sehr wichtige Punkte angesprochen wurden.

Dazu gehören z. B. die Frage, wie wir ein angemessenes Arbeitsumfeld für die Arbeitnehmer schaffen können, damit diese in ihren Heimatländern bleiben, und wir somit das sehr ernste Problem der Abwanderung lösen können.

Ich war letzte Woche in Liberia und war schockiert zu erfahren, dass es dort für eine Bevölkerung von 3 Millionen Menschen nur 150 Ärzte gibt. Die übrigen Ärzte arbeiten alle in den Vereinigten Staaten. Das ist ein sehr großes Problem – nicht nur für die Länder der Dritten Welt, sondern auch innerhalb der EU, da in großem Maße eine Abwanderung von Ost nach West stattfindet. Wir müssen sehen, wie wir die Arbeitnehmer und Fachkräfte im Gesundheitswesen dazu veranlassen, in ihren Heimatländern zu bleiben. Dafür müssen wir ihnen bessere Arbeitsbedingungen schaffen.

Formale Pflege kann nicht ohne Berücksichtigung des Bedarfs nach informeller Pflege und der entsprechenden Kapazitäten dafür betrieben werden, wie es zu Recht im Grünbuch heißt.

Frau Sinnott hat eine wichtige Frage aufgeworfen, die Frage, wie mehr Menschen ausgebildet und mehr Ausbildungsmöglichkeiten angeboten werden können. Die Medaille hat zwei Seiten: Einerseits brauchen wir mehr medizinisches Personal, andererseits haben wir nicht genügend Ausbildungskapazitäten. Dies sind alles wichtige Fragen, auf die wir eine Antwort geben und für die wir Lösungen finden müssen, sobald die Diskussion zum Grünbuch durch Sie und die anderen Verantwortungsträger abgeschlossen ist. Wir hoffen, dass wir am Ende Lösungen für dieses Problem anbieten können, bevor das Problem unlösbar wird.

 
  
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  Die Präsidentin. – Die Aussprache ist geschlossen.

 

16. 5. Weltwasserforum in Istanbul 16.-22. März 2009 (Aussprache)
Video der Beiträge
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  Die Präsidentin. – Als nächster Punkt folgt die Aussprache über die mündliche Anfrage an die Kommission zum 5. Weltwasserforum in Istanbul vom 16. bis 22. März 2009. Die Frage stammt von Herrn Borrell Fontelles im Namen des Entwicklungsausschusses (O-0026/2009 – B6-0015/2009).

 
  
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  Pierre Schapira, Verfasser. (FR) Frau Präsidentin, Frau Kommissarin, meine Damen und Herren! In wenigen Tagen reist eine Delegation dieses Parlaments nach Istanbul zum 5. Weltwasserforum, einer Veranstaltung, die alle globalen Partner, die am Wasser interessiert sind, an einen Tisch bringt: Organisationen der Vereinten Nationen, Entwicklungsbanken, Staaten, Berufsorganisationen, Nichtregierungsorganisationen und Gebietskörperschaften.

In einer Zeit, in der Wasser als Ressource immer knapper wird und das Tempo des Klimawandels dazu führt, dass es immer mehr Konflikte wegen des Zugangs zum Wasser geben wird, appelliere ich im Hinblick auf dieses Treffen an Sie, die Grundlage für europäische Aktionen auf diesem Gebiet zu schaffen.

Wie Sie wissen, ist die Lage ernst. Wasserknappheit tritt inzwischen nicht nur in den traditionellen Trockengebieten auf. Der Zugang zum Wasser, dessen Qualität ständig abnimmt, ist inzwischen ein Problem, das uns alle beschäftigt. Die Zahlen der UNO sprechen für sich selbst. Eine Milliarde Menschen haben keinen Zugang zu sicherem Trinkwasser, zweieinhalb Milliarden Menschen besitzen keine Sanitäreinrichtungen, jeden Tag sterben fünftausend Kinder an Krankheiten, die durch den Mangel an sauberem Trinkwasser oder fehlende Sanitäreinrichtungen bzw. deren schlechte Qualität hervorgerufen werden.

Es ist ein Skandal, dass die ersten Opfer immer die Ärmsten sind. Der Zugang zum Wasser, eine der wichtigsten Herausforderungen in den kommenden Jahren, könnte das Erreichen der Millenniums-Entwicklungsziele weiter verzögern. Das nächste Weltwasserforum muss eine Möglichkeit schaffen, gemeinsam Lösungen zu finden, mit denen diese enormen Herausforderungen gemeistert werden können.

In erster Linie möchte ich betonen, dass Wasser eine gemeinsame Ressource der Menschheit, also ein universelles Recht ist. Dies ist der erste Absatz der vorgeschlagenen Entschließung. Er ist von existenzieller Bedeutung, da die entsprechenden Richtlinien sich darauf gründen. Wasser darf also keinesfalls eine Ware werden, denn wir kennen nur zu gut die katastrophalen Folgen eines solchen Vorgehens.

Der Bericht aus dem Jahre 2006 des Entwicklungsprogramms der Vereinten Nationen (UNDP) zeigt, dass hier eine schreiende Ungerechtigkeit herrscht. Der Mangel an Verteilungssystemen führte oft zu einem Mangel an sicherem Trinkwasser für die meisten benachteiligten Menschen. Folglich sind Millionen Menschen gezwungen, auf inoffizielle Quellen zurückzugreifen, die unter Einbeziehung der Zwischenhändler fünf oder gar zehnmal so teuer sind.

Wir kämpfen um den Zugang zu sicherem Trinkwasser und sicheren Sanitäreinrichtungen für alle. Dies bedeutet, dass das Wasser weiterhin unter öffentlicher Kontrolle stehen muss, weil nur dadurch das gemeinschaftliche Interesse gesichert werden kann. Dieses Prinzip sollte unserer Politik zugrunde liegen, und ich bin froh, dass die Entschließung darauf Bezug nimmt.

Öffentliche Intervention ist tatsächlich in der Lage, dieses Problem des Zugangs zu lösen. Ein faires und nachhaltiges Preissystem für alle wäre für die Armen kostengünstiger als ein Rückgriff auf den inoffiziellen Sektor und böte eine Möglichkeit für Investitionen in die notwendigen Infrastrukturen.

Dieses Ziel kann nur erreicht werden, wenn wir alle dazu beitragen. Öffentliche Entwicklungshilfe muss deshalb mit den Ressourcen der Gebietskörperschaften, Bankdarlehen, privatem Kapital und innovativen Partnerschaften kombiniert werden.

Ich möchte insbesondere die Bedeutung der Finanzierung auf Solidarbasis hervorheben, wie sie z. B. unter dem Oudin-Gesetz in Frankreich möglich ist. Dieses Gesetz erlaubt den Gebietskörperschaften, einen Cent pro Kubikmeter von den Wasserrechnungen der Verbraucher einzubehalten, um internationale Kooperationsmaßnahmen speziell für die Wasserwirtschaft zu finanzieren.

Frau Kommissarin, ist die Kommission bereit, die Entwicklung eines derartigen Instruments zu fördern? Dabei müsste berücksichtigt werden, dass es sich bei Wasser um ein öffentliches Gut handelt. Deshalb bin ich froh über die Formulierung in der Entschließung, dass öffentlich-private Partnerschaften genau definiert und reguliert werden müssen.

Seit dem letzten Weltforum wird die Rolle der Gebietskörperschaften durch alle Verantwortungsträger anerkannt, darunter durch die Abgeordneten des Parlaments und die Minister. Das nächste Forum in Istanbul hebt sich in zwei Hauptpunkten heraus: Unterzeichnung einer Vereinbarung zum Wasser durch die Gebietskörperschaften und eine zweitägige Veranstaltung, die allein der Rolle der Gebietskörperschaften gewidmet ist.

Sind Sie bereit, Frau Kommissarin, diesen enormen Fundus an Wissen und personellen und finanziellen Ressourcen der Gebietskörperschaften zu nutzen, um die Partnerschaft Nord-Süd zu fördern? Mit ihren wertvollen Erfahrungen und technischen Ressourcen würden die Städte des Nordens gern ihren südlichen Partnern in den Entwicklungsländern helfen.

Schließlich haben die Vereinten Nationen heute einen Bericht zum Wasser veröffentlicht, der ein düsteres Bild auf die Zukunft wirft. Unter dem zwiefachen Druck des Bevölkerungswachstums und des Klimawandels hat sich die Wasserkrise durch das inadäquate Handeln der Politiker noch verschlimmert. Obwohl Wasser in der gesamten Entwicklungspolitik oberste Priorität hat, werden nur 6 % der internationalen Hilfe darauf verwendet.

Deshalb erwarte ich, dass Europa, das Parlament und die Kommission eine eindeutige Botschaft an die Menschen im Süden senden, weil die Ungleichheit beim Zugang zum Wasser nicht so weitergehen kann.

 
  
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  Die Präsidentin. – Ich möchte kurz eine persönliche Bemerkung machen: Ich hoffe aufrichtig, dass Wasser weiterhin ein gemeinsames Gut und ein Recht für alle bleibt.

 
  
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  Androulla Vassiliou, Mitglied der Kommission. − Frau Präsidentin! Zuerst möchte ich meinen Kollegen Louis Michel entschuldigen, der heute nicht selbst zugegen sein kann, da er sich gegenwärtig im Kongo aufhält. Ich möchte jedoch sehr gern die wichtigen Punkte aufgreifen.

Die Kommission stimmt vorbehaltlos zu, dass Wasser und Sanitäreinrichtungen auf örtlicher Ebene bereitgestellt werden müssen, also auf Ebene der lokalen Behörden, Städte und Gemeinden. Jedoch bestehen auf den verschiedenen Ebenen Schwächen, vor allem in den ärmeren Ländern, in denen die Grundversorgung nicht so ernst genommen wird.

Im letzten Jahr standen bei den Europäischen Entwicklungstagen hier in Straßburg die Rolle der Gebietskörperschaften, die für die Grundversorgung verantwortlich sind, sowie die Local Governance und die Beteiligung der Bürger im Zentrum der Aufmerksamkeit. Dies ist offensichtlich ein zentrales Problem für den Sektor Wasserversorgung, und die Kommission bemüht sich über ihre verschiedenen Instrumente, die Gebietskörperschaften zu unterstützen und Partnerschaften zwischen lokalen Akteuren aus dem Norden und dem Süden zu stärken.

Auf EU-Ebene basiert die europäische Wasserpolitik ebenfalls auf dem Prinzip der Good Governance unter Einbeziehung und Beteiligung der Bürger, örtlichen Gemeinden, Nichtregierungsorganisationen und anderen Verantwortungsträger. Dies schlägt sich nicht nur in der Wasserrahmenrichtlinie nieder, sondern auch in Initiativen wie der EU-Wasserinitiative, die auf dem Weltgipfel für nachhaltige Entwicklung in Johannesburg ausgelöst wurde und z. B die Stärkung der Rolle der lokalen Akteure zum Ziel hat.

In Afrika, wo die Millenniums-Entwicklungsziele in Bezug auf Wasserversorgung und Sanitäreinrichtungen noch in weiter Ferne liegen, muss mehr investiert werden, und die Kommission hat ihr politisches Engagement gezeigt, indem sie einen Finanzmechanismus geschaffen hat.

Das Wasserprogramm mit einer halben Milliarde Euro führte zur Bereitstellung des doppelten Betrages durch Kofinanzierung einer großen Zahl von Programmen zur Verbesserung der Situation von Millionen von Menschen im Bereich Wasser, Sanitäreinrichtungen und Hygiene. Dadurch wurden auch Wasserwirtschaft und -management in den AKP-Ländern verbessert. Die Konzentration auf die Einbeziehung lokaler Akteure ist einer der zusätzlichen Werte dieses Programms.

Die EU wird auf der Ministertagung des Weltwasserforums durch die aktuelle tschechische Präsidentschaft vertreten sein. Die Erklärung, die dazu vorbereitet wird, nimmt auf die Notwendigkeit einer Good Governance durch Entwicklung von Kapazitäten und institutionelle Reformen auf allen Ebenen Bezug.

Die 2002 angenommene Richtlinie der Kommission fördert das integrierte Wasserressourcenmanagement in den Entwicklungsländern. In diesem Rahmen müssen die unterschiedlichen Verwendungsmöglichkeiten von Wasser – z. B Trinkwasser, Sanitäreinrichtungen, Bewässerung usw. – zur Sprache gebracht werden, damit alle Verbraucher in den Genuss der Vorteile kommen.

Darüber hinaus werden gegenwärtig die besten Erfahrungen mit grünen Gürteln um die Städte, vor allem in Afrika, analysiert. Es gibt da die Initiative des „Großen grünen Streifens in der Sahara und der Sahel-Zone“ als Teil der von der Europäischen Kommission unterstützten Machbarkeitsstudie. Die Unterstützung dieser Initiative wird auch im Rahmen der Partnerschaft Afrika–EU zum Klimawandel eine Rolle spielen.

Ich freue mich, bekanntgeben zu können, dass das Wasserprogramm unter dem 10. Europäischen Entwicklungsfonds fortgesetzt wird und 200 Millionen Euro zu diesem Zweck bereitgestellt werden. Weitere Mittel von den Mitgliedstaaten sind willkommen.

Die Strategie der Kommission beruht auf einem integrierten Rahmen für die Zusammenarbeit mit Partnerregierungen, EU-Mitgliedstaaten und sämtlichen Verantwortungsträgern.

Das Wasserprogramm ergänzt die nationalen Programme durch die Möglichkeit, mit dezentralisierten Akteuren zusammenzuarbeiten und innovative Lösungen zu entwickeln. Die gegenwärtige Vorbereitung des Wasserprogramms des 10. EEF zeigt besonders die Möglichkeiten der öffentlichen Wasserbertreiber, die über 90 % der globalen Wasser- und Sanitärdienstleistungen bereitstellen.

Deshalb stellen öffentlich-öffentliche Partnerschaften potenziell einen sehr kostengünstigen Ansatz für die Förderung des Prinzips der Good Governance im Bereich Wasserwirtschaft der AKP-Länder dar, mit möglichen langfristigen und nachhaltigen Auswirkungen auf institutionelle und organisatorischen Änderungen. Solche „Zwillingspartnerschaften“ – z B. über Aus- und Weiterbildung und technische Unterstützung – können effiziente Wege zur Förderung der Prinzipien einer Good Governance im Bereich Wasserwirtschaft der AKP-Länder sein.

Abschließend möchte ich bestätigen, dass effektive Hilfe und Arbeitsteilung mit den entsprechenden Partnern innerhalb der Mechanismen der EU-Wasserinitiative diskutiert werden. Es wurde ein Plan für die EU-Entwicklungshilfe im Bereich Wasserwirtschaft erarbeitet, um den laufenden Dialog zu verbessern. Das Problem der „Donor Orphans“, also derjenigen, die ohne Unterstützung auskommen müssen, spielt im Bereich Wasserwirtschaft eine wichtige Rolle, und die Kommission will dies in der Konzeption des neuen Wasserprogramms unter dem 10. EEF berücksichtigen.

 
  
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  José Ribeiro e Castro, im Namen der PPE-DE-Fraktion.(PT) Frau Präsidentin, Frau Kommissarin! Ich möchte wiederholen, was Eija-Riitta Korhola vor einigen Jahren, am 13. März 2006, in diesem Parlament gesagt hat. Sie beschrieb die Situation bezüglich des Zugangs zu sauberem Wasser wie folgt: „Die Zahlen sind alarmierend. Jeden Tag sterben 3 900 Kinder, weil sie keinen Zugang zu sauberem Wasser haben. Ein Fünftel der Weltbevölkerung, also ca. 1,1 Milliarden Menschen, hat keinen Zugang zu sauberem Wasser. Mittlerweile müssen 40 % ohne sauberes Wasser und Sanitäreinrichtungen auskommen.“

Seit dieser Erklärung sind drei Jahre vergangen, und was ist passiert? Die globale Situation ist noch genauso beunruhigend. Wir befinden uns gegenwärtig alle in einer ernsten Krise, was die Grundversorgung mit Sanitäreinrichtungen angeht. Dieses Problem betrifft besonders die ärmsten und am wenigsten entwickelten Regionen der Welt, nicht zuletzt die afrikanischen Länder südlich der Sahara. Diese Region ist weiterhin am stärksten von mangelnder Wasserqualität betroffen, vor allem die ländlichen Gebiete und die Slums um die großen Städte. Das Problem ist jedoch noch gravierender. Ich habe eine UNICEF-Broschüre aus dem Jahr 2001 mitgebracht. Die Aussagen darin sind immer noch richtig und zutreffend. Was steht dort? Die 1 Milliarde Menschen, die keinen Zugang zu sauberem Wasser hat, ist fast über die gesamte Welt verteilt: 4 % im Nahen Osten und in Nordafrika, 4 % in Mittel- und Osteuropa, 19 % in Südasien, 25 % in den afrikanischen Ländern südlich der Sahara und 42 % in Ostafrika und dem pazifischen Raum. Wenn wir die Zahlen in jedem dieser Gebiete betrachten, so ist die Situation in Ostafrika und dem pazifische Raum sowie im Gebiet südlich der Sahara am alarmierendsten, wo im Jahr 2000, zu Beginn des Jahrzehnts, 24 % bzw. 43 % der örtlichen Bevölkerung keinen Zugang zu sicherem und sauberem Wasser hatten.

Man muss unbedingt auf die Gesundheitsprobleme, zum Teil sogar mit tödlichen Folgen, hinweisen, die aus diesem Wassermangel entstehen, sowie auf die Auswirkungen auf Entwicklung und Fortschritt der Bevölkerungsteile, die dieses wesentlichen Gutes (sowohl in Bezug auf Qualität als auch auf Quantität) beraubt sind, und auch auf die Spannungen in Grenzgebieten, die aus dem Zugang zum Wasser entstehen und die Gefahr, dass diese Spannungen immer akuter werden, wenn nichts dagegen unternommen wird.

Die Europäische Union als globaler Akteur und wichtiger Beteiligter an den weltweiten Bemühungen zur Lösung dieses Problem kann sich selbst nicht aus den grundsätzlichen Diskussionen zu diesem Thema heraushalten. Ich begrüße die Berichte der Frau Kommissarin in diesem Parlament. Deshalb bin ich auch froh, dass Europa auf dem 5. Weltwasserforum vertreten sein wird. Dadurch ergibt sich eine weitere Möglichkeit für alle Hauptakteure, das Problem objektiv zu diskutieren und einen eindeutigen Ansatz zu dessen Lösung vorzubereiten. Ich kann dieses Bemühen nur unterstützen, wie es auch der gesamte Entwicklungsausschuss durch Förderung der Subsidiarität getan hat. Da es dafür auf lokaler Ebene viele Verantwortungsbereiche gibt, teile ich natürlich auch die anderen Bedenken unseres Ausschusses. Meine Damen und Herren! Wasser ist ein lebensnotwendiges Gut - unerlässlich für das Leben eines jeden von uns und für das Leben der Menschheit.

 
  
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  Inés Ayala Sender, im Namen der PSE-Fraktion.(ES) Frau Präsidentin! Ich freue mich sehr, dass das 5. Weltwasserforum in Istanbul stattfindet, und vor allem, dass die Europäische Union mit einer Delegation der Kommission und einer Delegation des Europäischen Parlaments teilnimmt. Ich verstehe und unterstütze auch die Notwendigkeit, die Gebietskörperschaften in ihrem Bemühen zu unterstützen, demokratische, partizipative Systeme aufzubauen, Verbesserungen oder Innovationen im Wassermanagement vorzunehmen und den Dezentralisierungsprozess zu unterstützen.

Hauptziel ist der Schutz des grundlegenden Rechts auf Wasser und Sanitärversorgung. Dies muss jedoch innerhalb eines festen Rahmens einer nachhaltigen Entwicklung geschehen, wofür es in der EU die Rahmendirektive als Bezugspunkt und die Millenniums-Entwicklungsziele als Entwicklungsgrundlage gibt.

Ich muss sagen, dass all dies – und ich werde es morgen in einem Änderungsvorschlag festhalten, von dem ich hoffe, dass er vom Parlament angenommen wird – Gegenstand der Debatte im letzten Herbst auf der Weltausstellung 2008 in Saragossa war, bei der zum ersten Mal das Europäische Parlament und die Kommission gleichberechtigt teilnahmen. Bei der Weltausstellung traten über 2 000 Experten in der Wassertribüne und Nichtregierungsorganisationen im Agora-Forum sowie die Delegationen von Kommission und Parlament in eine Debatte und sorgten für ein enormes Diskussionsvolumen sowie äußerst interessante und kreative Vorschläge zum Wassermanagement.

Dies wurde in der „Charta von Saragossa 2008“ manifestiert, die am 14. September 2008 angenommen wurde. Sie enthält 17 Punkte, von denen ich einige erwähnen möchte. In der Charta heißt es:

– „dass der Zugang zu Trinkwasser und Sanitäreinrichtungen ein Menschenrecht ist, das durch alle Gebietskörperschaften garantiert werden muss“;

– „dass der Zugang zu Wasser einen gewaltigen Einfluss auf die Entwicklung hat“;

– „dass laut Prognosen der Klimawandel möglicherweise die Verfügbarkeit von und den Bedarf an Wasser auf dem gesamten Planeten verändern kann“;

– „dass die nachhaltige Produktion von Nahrungsmitteln direkt mit der effizienten Nutzung von Wasser verbunden ist“;

– „dass Flussbecken am besten zur Wasserspeicherung geeignet sind und durch gutes Wassermanagement Konflikte zwischen Ländern, Regionen und Verbrauchern gelöst werden können“ und schließlich,

– „dass die Gebietskörperschaften die Initiative bei der Anregung von Gesetzesvorlagen und Vereinbarungen ergreifen müssen, mit denen für alle der Zugang zum Wasser gesichert ist“.

Ich appelliere an die Kommissarin, die Schlussfolgerungen der Charta von Saragossa bei Ihrem Entwurf zu berücksichtigen, mit dem wir, Kommission und Parlament als Teilnehmer, sowie Experten, Nichtregierungsorganisation und Vereinigungen ein Forum für eine vorläufige Debatte in Hinblick auf das 5. Weltwasserforum in Istanbul bilden.

Ich glaube, dass die Schlussfolgerungen der Charta und der Wassertribüne in die europäische Diskussion und die Unterlagen einfließen sollten, die wir als Europäische Union in unserem Pavillon auf dieser Weltausstellung präsentieren.

 
  
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  Roberto Musacchio, im Namen der GUE/NGL-Fraktion. – (IT) Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Vor zwei Jahren fand eine Debatte in diesem Hause statt, und wir haben eine Entschließung zum Thema Wasser beim vierten Weltwasserforum in Mexiko-Stadt angenommen. Wir haben damals geschrieben, dass Wasser als Menschenrecht gelten müsse und aktive politische Strategien zur Durchsetzung dieses Rechts entwickelt werden müssen, und zwar über Formen der öffentlich-privaten Zusammenarbeit mit Schwerpunkt auf den Gebietskörperschaften.

Leider wurde diese Erklärung von der Europäischen Kommission, die in Mexiko-Stadt vertreten war, nicht unterstützt – ich möchte die Frau Kommissarin daran erinnern –, obwohl sie von vielen Ländern, speziell in Lateinamerika, sehr begrüßt wurde. Die Art dieses Forums, eine private Struktur, hat sich leider durchgesetzt. Jetzt haben wir die Möglichkeit, eine Parlamentsdelegation nach Istanbul zu entsenden, und es wäre gut, wenn unsere Präsenz durch eine ähnlich starke Erklärung unterstützt würde wie es die von 2006 war: Wir sind noch nicht so weit, deshalb stelle ich diese Änderungsanträge.

Wir brauchen beim Thema Wasser einen echten Wendepunkt. Die erschreckenden Statistiken zur Wasserknappheit sind bekannt, und sie werden durch den Klimawandel noch prekärer. Im Bereich Klimawandel sind neue Maßnahmen erforderlich. Der Klimawandel erschwert den Zugang zum Wasser, und das führt wiederum zur Verschärfung des Klimawandels. Deshalb müssen wir uns außer dem Recht auf Wasser und der öffentlich-privaten Zusammenarbeit auch mit einer engen Verbindung zum Kyoto-Protokoll befassen. Die Vereinten Nationen müssen in das Problem der Wasserversorgung einbezogen werden. Ein spezielles UN-Organ könnte sich mit Global Governance in der Wasserwirtschaft befassen und dafür sorgen, dass die Philosophie der Privatwirtschaft, die aktuell noch vorherrscht, beseitigt wird. Dadurch würde die Verbindung zu den wichtigen Konventionen zum Klimawandel und zur Wüstenbildung hergestellt, die Teil des UNO-Rahmenprogramms sind.

Natürlich werden dann auch entsprechende finanzielle Mittel benötigt. Diese stammen z. B. aus den allgemeinen Steuern und Gebühren auf Mineralwasser, das wir – ich möchte das meinen Parlamentskollegen noch einmal Gedächtnis rufen – auch in diesem Parlament ausgiebig konsumieren. Der Privatisierung von Wasser muss ein Riegel vorgeschoben werden, sonst ist diese lebenswichtige Ressource nicht länger ein Recht, sondern ein Handelsgut. Ich glaube, dass uns die gesamte Geschichte Europas lehrt, dass wir der Öffentlichkeit das Recht auf Wasser in unseren Haushalten verdanken. Auf anderen Erdteilen ist dies nicht der Fall, dort setzt sich immer mehr der private Sektor durch.

Dies sind praktische Aspekte, sie haben aber auch eine enorme moralische Bedeutung. Nicht zufällig setzen sich große säkulare und religiöse Bewegungen und Persönlichkeiten für das Recht auf Wasser ein. Kürzlich und bereits häufig in den letzten Jahren hat die Kammer des Europäischen Parlaments – zu Recht, und ich danke den Präsidenten dafür – wichtige Treffen globaler Trägerorganisationen möglich gemacht. Auf dem letzten Treffen entstand die Idee eines echten Protokolls zum Recht auf Wasser, das wir alle unterstützen sollten.

 
  
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  Filip Kaczmarek (PPE-DE).(PL) Frau Präsidentin! Für die meisten von uns ist der freie Zugang zum Wasser kein Problem. Wir verbrauchen jeden Tag große Mengen Wasser. Wir sollten aber nicht vergessen, dass nach Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation ein Sechstel der Erdbevölkerung, also mehr als eine Milliarde Menschen, keinen Zugang zu Wasser hat, das die Mindestanforderungen an Sauberkeit erfüllt. Das heißt, dass in der Zivilisation des 21. Jahrhunderts Millionen Menschen Durst leiden oder an Krankheiten sterben, die durch verseuchtes Trinkwasser hervorgerufen werden. Kürzlich war ich in Lagos, der größten Stadt in Afrika, wo nur knapp 1 % der Menschen fließendes Wasser haben.

Statistiken dieser Art sind erschreckend. Trotzdem steht das Wasserproblem nicht auf den Titelseiten der Tageszeitungen, befindet sich nicht im Zentrum des Medieninteresses und ist nicht Gegenstand von Diskussionen und Streitigkeiten wie beispielsweise AIDS, der Kampf gegen Malaria oder die globale Erwärmung. Das rührt sicherlich daher, dass dieses Problem nur 2 % der Europäer, aber 27 % der Menschen in Afrika betrifft. Laut Einschätzungen sterben allein in Afrika jedes Jahr mehr Menschen an Krankheiten, die durch verschmutztes Wasser verursacht werden, als an AIDS und Malaria zusammengenommen.

Deshalb führt der fehlende Zugang zu Trinkwasser nicht zu spektakulären Todesfällen, die in den Schlagzeilen der Medien landen, und ruft kein solch breites Interesse hervor wie ein Erdbeben, ein Tsunami, eine Flut oder bewaffnete Konflikte. Wie Herr Ribeiro e Castro bereits sagte, sterben jedes Jahr 6 000 Kinder an Krankheiten, die durch Wassermangel verursacht werden. Das heißt, alle 15 Sekunden stirbt ein Kind. Können Sie sich die Reaktion der Welt, die Antwort, den Grad an Mobilisierung und Aktionismus vorstellen, wenn dies in Europa passieren würde und nicht in den afrikanischen Ländern südlich der Sahara oder in Asien?

Folglich ist das Problem des Zugangs zu Wasser nicht nur ein Problem der Entwicklungsländer, sondern auch der entwickelten Länder. Der uneingeschränkte Zugang zu Trinkwasser ist eine wesentliche Bedingung für die Entwicklung der Länder und den Kampf gegen die Armut. Solange dies nicht gewährleistet ist, hat es keinen Sinn, über bessere Gesundheitsversorgung oder die Entwicklung des Bildungswesens zu sprechen. Solange nicht ausreichend Wasser für die Landwirtschaft oder die Industrie garantiert werden kann, müssen ganze Gesellschaften einen täglichen Existenzkampf führen. Dies führt zu bewaffneten Konflikten, Migration und Destabilisierung. Mit anderen Worten, es behindert die Entwicklung und vergrößert entwicklungsmäßige Ungleichheiten.

Auf diesem Forum werden auch Politiker zugegen sein und Themen diskutieren, die gegenwärtig wichtig sind. Eines dieser Themen ist die Situation in Darfur, wo Präsident al-Bashir Organisationen aus dem Land verbannt, die u. a. geholfen haben, den Menschen von Darfur Zugang zum Wasser zu verschaffen. Das Forum wird deshalb auch eine Möglichkeit sein, Präsident al-Bashir zu überzeugen, internationalen Organisationen die Lieferung von Wasser für die Menschen von Darfur zu gestatten.

 
  
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  Giulietto Chiesa (PSE).(IT) Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich möchte genau wie Herr Musacchio daran erinnern, dass im Februar dieses Parlament zusammen mit dem World Political Forum unter Leitung von Michail Gorbatschow Gastgeber einer Konferenz mit dem Titel „Kein Frieden ohne Wasser“ war, einer Konferenz, die ein Memorandum für ein Weltwasserprotokoll verfasst hat, das ernsthafte Beachtung verdient und von allen wichtigen politischen Fraktionen in diesem Parlament unterstützt, vom Entwicklungsausschuss, der dieses Dokument erarbeitet hat, aber offenbar ignoriert wurde.

Ich glaube, dies war kein Zufall. Der Text, über den wir heute sprechen, ist noch schwach und ungenau in allen wesentlichen Punkten, die auf der Tagesordnung in Istanbul stehen. Nehmen wir das Beispiel von Wasser als grundlegendem Menschenrecht. Wenn es ein Recht ist – und es wäre unsinnig, dies zu bestreiten –, kann es nicht gleichzeitig eine Ware sein. Ein Recht lässt sich in einer freien Gesellschaft nicht kaufen oder verkaufen. Ein Recht kann man nur in einer Sklavengesellschaft kaufen. Wir wissen jedoch genau, dass die gewaltigen privaten Interessen Besitz von diesem Recht ergreifen wollen. Was wird also Europa in Istanbul sagen? Wer, wie es beispielsweise in Erwägung J heißt, verlangt eine höhere finanzielle Priorität des Wassers? Dies ist ein Paradebeispiel für zweideutige Formulierung. Hinzu kommt die Frage, ist der Staat oder die öffentliche Hand der einzige Akteur in der Wasserpolitik? Oder, wie es in Ziffer 12 der Entschließung heißt, ist er bzw. sie der „Hauptakteur“? Was bedeutet dieser Satz wirklich? Im Übrigen widerspricht er Ziffer 2 desselben Dokuments, in dem es zu Recht heißt, dass Wasser ein „öffentliches Gut“ ist, das „unter öffentlicher Kontrolle“ zu halten ist.

Kurz gesagt, wir befinden uns mitten in einer allgemeinen Krise unseres Modells der gesellschaftlichen Entwicklung. Wir propagieren immer noch die Idee des Marktes, die naturgemäß auf privaten Gewinn ausgerichtet ist. Schließlich gibt es noch einen weiteren Schwachpunkt: Das Dokument enthält keinen organisatorischen Vorschlag für weltweites Wassermanagement. Das erwähnte Memorandum dagegen enthält einen Vorschlag für eine Weltorganisation. Dieser ist auch in einem der Änderungsanträge enthalten, für die ich stimmen werde.

 
  
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  Czesław Adam Siekierski (PPE-DE).(PL) Frau Präsidentin! Das 5. Weltwasserforum ist eine Veranstaltung, die die Möglichkeit bieten sollte, an Systemen des öffentlichen Wassermanagements zu arbeiten, Systemen, die effizient, transparent und reguliert sind und die die Ziele einer nachhaltigen Entwicklung im Interesse der Bedürfnisse der Gesellschaft berücksichtigt. Die Gebietskörperschaften spielen hierbei eine besondere Rolle und haben spezielle Aufgaben zu erfüllen. Außerdem hat die Ernährungskrise gezeigt, dass neue Technologien entwickelt werden müssen, z. B. für die Bewässerung landwirtschaftlicher Gebiete. Es ist auch wichtig, dass natürliche Dünger verwendet werden oder Dünger, die im Boden schnell abgebaut werden und nicht ins Grundwasser gehen.

Schließlich würde ich gern wissen, wie die Kommission vorgehen will, um die Auflagen des Europäischen Parlaments zur Unterstützung des Wassermanagements und Suche nach Wegen für eine gemeinsamen Finanzierung zu erfüllen, wie sie in der Entschließung vom 15. März auf dem vierten Weltwasserforum enthalten sind. Das Wasserproblem ist die größte Herausforderung für die Welt und Europa.

 
  
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  Alessandro Battilocchio (PSE).(IT) Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Meine Kollegen haben recht – die Zahlen sind alarmierend und erfordern tiefgreifende Überlegungen. Viele, zu viele Menschen in der Welt sind immer noch ihres Grundrechts auf Wasser beraubt. In den letzten Jahren wurde die Regulierung auf diesem Gebiet wesentlich erweitert. Ich würde mir jedoch wünschen, dass in Istanbul mehr Aufmerksamkeit der rationelleren Arbeit vieler internationale Organisationen geschenkt wird, die an der Führung und Kontrolle der Prozesse im Zusammenhang mit dem Wasser beteiligt sind und deren Kompetenzen sich gegenwärtig oft überschneiden. Diese Reform kann nicht länger hinausgezögert werden.

Ich hoffe auch, dass das 5. Weltwasserforum das Konzept des Wassers als globaler öffentlicher Ressource anerkennt und dass diese Idee unterstützt wird (mit anschließender Manifestierung in Richtlinien), das Wasser in öffentlicher Hand zu belassen und die Verwendung und Verteilung von dort zu organisieren.

 
  
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  Marie Anne Isler Béguin (Verts/ALE).(FR) Frau Präsidentin, Frau Kommissarin, meine Damen und Herren! Ich glaube, in diesem Haus wiederholen wir seit Jahren immer wieder das Gleiche.

Ich denke, es ist bereits alles über das Wasser als gemeinsamer Ressource der Menschheit gesagt, aber wir müssen es erneut wiederholen, da sich die Situation absolut nicht verbessert hat, eher ist das Gegenteil der Fall. Der letzte Bericht der Vereinten Nationen zeigt, dass sich die Situation inzwischen weiter verschlechtert. Deshalb glaube ich, dass wir trotz der Vorschläge und der Richtlinien der Europäischen Union, die ein erster Schritt in die richtige Richtung sind, weiter vorangehen müssen, denn: ohne Wasser kein Leben. Wir müssen uns auch dessen bewusst sein, dass die Bevölkerung in vielen Ländern, vor allem in Ländern, mit denen wir Handel treiben und im Dialog stehen, keine Wasserversorgung oder noch keinen Zugang zu Trinkwasser haben.

Dies ist absolut unhaltbar und inakzeptabel. Meiner Meinung nach müssen wir – und ich denke, dass die Europäische Union auf internationaler Ebene und in Istanbul aktiv werden muss – den Status des Wassers als gemeinsamer Ressource der Menschheit unterstützen. Es ist keine Ware, die durch unsere multinationalen Konzerne verkauft werden kann. Dafür müssen wir in Istanbul kämpfen, und ich denke, dass unsere Kollegen dies auch tun werden.

 
  
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  John Bowis (PPE-DE). – Frau Präsidentin! Ich habe meinen Kollegen aufmerksam zugehört, die zu Recht über die Wasserknappheit, den fehlenden Zugang zum Wasser und die daraus resultierenden Krankheiten gesprochen haben. All dies ist äußerst wichtig für dieses Wasserforum.

Ich möchte aber auch auf die andere Seite der Medaille hinweisen. Diejenigen von uns, die kürzlich in Guyana auf der regionalen AKP-Konferenz waren, haben gesehen, dass es auch Länder gibt, die aufgrund des Klimawandels zu viel Wasser haben. Herr Musacchio hat über die Auswirkungen des Klimawandels gesprochen: über verseuchtes Wasser, Trockenheit, fehlenden Zugang zum Wasser – aber in diesen Ländern ist zu viel Wasser vorhanden, und wir müssen uns bewusst sein, dass es auch dadurch zu verschmutzten Wasserleitungen, Schäden an der Ernte usw. kommen kann.

Deshalb muss auf dem Wasserforum auch das Thema Aufforstung bzw. Abholzung eine Rolle spielen, denn wenn wir dieses Recht nicht durchsetzen, werden auch künftig Fluten und Dürren auftreten.

 
  
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  Androulla Vassiliou, Mitglied der Kommission. − Frau Präsidentin! Niemand darf die Bedeutung des Wassers und eines guten Wassermanagements unterschätzen. Ich habe jedoch bereits in meiner Einleitung gesagt, dass wir auch die ärmeren Teile der Welt unterstützen müssen, Zugang zu sauberem Trinkwasser zu bekommen. Die Kommission wird diesen Ländern weiterhin helfen.

Wasser ist ein primäres menschliches Bedürfnis, wie auf dem vierten Weltwasserforum in Mexiko 2006 herausgearbeitet und bekräftigt wurde. Natürlich – wie ich bereits sagte – ist die EU auf dem bevorstehenden Forum in Istanbul vertreten und wird dort alle Punkte, die ich erwähnt habe, zur Sprache bringen.

Herr Bowis hat noch eine weitere wichtige Frage angesprochen – und ich stimme ihm hier zu –, und zwar das Problem, dass aufgrund des Klimawandels andere Teile der Welt überflutet werden. Wir müssen uns auch damit befassen. Wir er eindeutig klargestellt hat, ist Aufforstung eine mögliche Lösung dieses Problems.

 
  
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  Die Präsidentin. − Ich habe gemäß Artikel 108 Absatz 5 der Geschäftsordnung einen Entschließungsantrag(1) erhalten.

Die Aussprache ist geschlossen.

Die Abstimmung erfolgt am Donnerstag, den 12. März 2009.

 
  

(1) Siehe Protokoll.


17. Sonderbericht Nr. 10/2008 des Rechnungshofs über die EG-Entwicklungshilfe für die Gesundheitsversorgung in afrikanischen Ländern südlich der Sahara (Aussprache)
Video der Beiträge
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  Die Präsidentin. – Als nächster Punkt folgt die Aussprache zur mündlichen Anfrage an die Kommission zum Sonderbericht Nr. 10/2008 des Rechnungshofs über die EG-Entwicklungshilfe für die Gesundheitsversorgung in den afrikanischen Ländern südlich der Sahara. Die Frage stammt von Herrn Borrell Fontelles im Namen des Entwicklungsausschusses (O-0030/2009 - B6-0016/2009).

 
  
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  Anne Van Lancker, Verfasserin. − (NL) Frau Präsidentin, Frau Kommissarin, meine Damen und Herren! Afrika ist der einzige Kontinent, der in Bezug auf die Millenniumsziele keine Fortschritte gemacht hat. Dies betrifft besonders den Gesundheitsbereich, also Mütter- und Kindersterblichkeit, Kampf gegen HIV/AIDS, TBC und Malaria. Dies ist auf die dortigen schwachen Gesundheitssysteme und den personellen Notstand in diesem Sektor zurückzuführen. Deshalb ist vollkommen klar, dass im Kampf gegen die Armut unbedingt in die Gesundheitssysteme investiert werden muss.

Dies ist auch die Ansicht der Kommission, aber laut Berichts des Rechnungshofes wurde, auch wenn die Kommission dies schon seit Jahren beklagt, nur sehr wenig getan, um praktisch etwas zu ändern. Die Kommission ist aktiv, hauptsächlich über vertikale Fonds im Kampf gegen AIDS, und dies ist unserer Ansicht nach auch nötig, aber es darf nicht zu Lasten des Gesamtpakets von Investitionen für die medizinische Grundversorgung gehen.

Frau Kommissarin, das Budget für die medizinische Grundversorgung ist seit 2000 im Rahmen des Gesamtpaketes für die offizielle Entwicklungshilfe nicht erhöht worden, nicht einmal anteilmäßig. Das ist Grund genug für dieses Parlament, auf Grundlage des Berichts des Rechnungshofes der Kommission einige Fragen zu stellen und einige Empfehlungen zu geben. Ich möchte vier Punkte ansprechen.

Erstens muss das Budget für Gesundheitsversorgung erhöht werden. Hierfür ist eine Gemeinschaftsinitiative der EU mit ihren Partnerländern erforderlich. Die Entwicklungsländer haben sich verpflichtet, 15 % ihres Budgets im Rahmen der Abuja-Erklärung zu investieren. Dies ist jedoch wahrscheinlich nicht möglich, Frau Kommissarin, wenn die Kommission und Europa nur 5,5 % des Europäischen Entwicklungsfonds (EEF) dafür einsetzen wollen. Ich wüsste deshalb gern, wie die Kommission dafür sorgen will, dass im Rahmen des 10. EEF die Investitionen in den Gesundheitsbereich erhöht werden.

Zweitens sollte die Haushaltsunterstützung besser und effizienter genutzt werden. Selbst wenn diese eines der Kabinettstücke der Kommission ist, erhält sie schlechte Noten im Bericht des Rechnungshofes. Trotzdem ist die Haushaltsunterstützung ein gutes Mittel, um die Mängel in den Gesundheitssystemen der südlichen Länder auszugleichen. Obwohl sektorspezifische Haushaltsunterstützung für Gesundheitssysteme prädestiniert ist, wird sie in den afrikanischen Ländern südlich der Sahara kaum genutzt.

Allgemeine Haushaltsunterstützung kann ebenfalls hilfreich sein, vorausgesetzt, die Kommission kann die Begeisterung der Partner wecken, Gesundheitsversorgung als zentralen Sektor zu betrachten, und die Kommission sollte dies unbedingt tun. Meine Frage an die Kommission lautet: Wie wollen Sie dafür sorgen, dass besser und viel häufiger zielgerichtete Aktionen sowohl über die sektorspezifische Unterstützung als auch über allgemeine Haushaltsunterstützung laufen?

Die Verträge zu den Millenniums-Entwicklungszielen (MDG) sind eines der vielversprechendsten Instrumente der Kommission. Ich stehe hundertprozentig dahinter, aber, ehrlich gesagt, haben sie etwas zu wenig Substanz und sind zu kurzsichtig, weil sie nur für die positiven Beispiele gedacht sind und somit Alternativen für die anderen dringend benötigt werden.

Drittens muss die Sachkenntnis erweitert werden. Laut Bericht hat die Kommission zu wenig Sachkenntnis, um ihre Richtlinienvorschläge im Bereich der Gesundheitsversorgung umzusetzen. Deshalb bitte ich die Kommission, diese Sachkenntnis durch Einbeziehung einer größeren Zahl von Gesundheitsexperten und eine effizientere Arbeit mit der WHO und den Mitgliedstaaten zu erweitern.

Viertens muss der Sektor der Gesundheitsversorgung besser koordiniert werden. Frau Kommissarin, es ist absolut lebensnotwendig, den Europäischen Verhaltenskodex zur Arbeitsteilung in die Tat umzusetzen und Investitionen in die Gesundheitsversorgung und entsprechende Programme zwischen den verschiedenen EU-Ländern besser zu koordinieren. Außerdem müssen wir dafür sorgen, dass so genannte „Orphans“ unter den bedürftigen Ländern, also Länder, die ohne Unterstützung auskommen müssen, auch garantiert Hilfe im Gesundheitsbereich erhalten.

Schließen möchte ich mit einigen Dankesworten an Herrn Staes, der im Auftrag des Ausschusses für Haushaltskontrolle die Bedenken des Entwicklungsausschusses unterstützt und die Kommission gebeten hat, im Hinblick auf die Rechenschaftslegung, möglichst vor Ende 2009, ihre Pläne darzulegen.

Es ist klar, Frau Kommissarin, meine Damen und Herren, dass dieses Parlament die Kommission letztlich auffordert, die Prioritäten ihrer Politik mit mehr Überzeugung und besseren Instrumenten umzusetzen. Dies ist mehr als nötig, wenn wir eine Chance haben wollen, die Millenniumsziele bis 2015 zu erreichen, da die medizinische Grundversorgung langfristig gesehen nachhaltige Investitionen braucht.

 
  
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  Androulla Vassiliou, Mitglied der Kommission. − Frau Präsidentin! Die Kommission begrüßt den Sonderbericht des Europäischen Rechnungshofes zur Unterstützung der Gesundheitsversorgung in Afrika durch die Europäische Gemeinschaft. Die Aussprache zu dieser mündlich gestellten Anfrage gibt uns die Möglichkeit, unsere Unterstützung der Gesundheitsversorgung in Afrika mit Ihnen, dem Europäischen Parlament, zu diskutieren.

Ich möchte hier nicht die formale Antwort der Kommission wiederholen, die sie bereits auf den Sonderbericht des Rechnungshofes gegeben hat und die bereits im Internet veröffentlicht wurde.

Leider wurde dieser Bericht in der Presse wenig erwähnt, und wenn überhaupt, wurden die Dinge manchmal zu einfach dargestellt mit der Aussage: „Europa hat seine Versprechen in Afrika nicht gehalten.“ Deshalb möchte ich einige wesentliche Punkte klarstellen, bevor wir in die Aussprache eintreten.

Die Kommission will weiterhin uneingeschränkt die Millenniums-Entwicklungsziele unterstützen, von denen die Ziele 4, 5 und 6 zur Gesundheitsversorgung ein integraler Bestandteil sind: Senkung der Kindersterblichkeit um zwei Drittel, Senkung der Müttersterblichkeit um drei Viertel sowie Eindämmung und Rückgang der Verbreitung von HIV/AIDS. Dafür steht unsere Entwicklungszusammenarbeit, und unser Engagement darf nicht allein an Haushaltszuwendungen für den Gesundheitssektor gemessen werden.

Zweifellos sinkt die Kindersterblichkeit infolge effektiver Gesundheitsmaßnahmen, vor allem durch Impfungen. Deshalb achten wir darauf, dass Impfungen nicht nur in unseren Gesundheitsprogrammen, sondern auch in vielen unsere Maßnahmen zur allgemeinen Haushaltsunterstützung enthalten sind. Die Kindersterblichkeit hängt jedoch auch von anderen Faktoren ab, z. B. Ernährung, Wohnsituation, Zugang zu sauberem Wasser, Sanitäreinrichtungen und Bildung. Deshalb kann und wird unser Beitrag häufig außerhalb des Sektors Gesundheitsversorgung liegen.

Bei der Entscheidung über sektorspezifische Zuwendungen und Modalitäten für unsere Entwicklungshilfe haben wir in Paris und Accra vereinbart, die Grundprinzipien einer effizienten Hilfe mehr zu beachten. Dafür zwei Beispiele: Das erste ist die Führung durch die Partnerregierungen. Das heißt, nach einer grundlegenden Diskussion mit dem Partnerland werden die Sektoren festgelegt, die unterstützt werden sollen. U. U. ist dies nicht der Gesundheitssektor, sondern das Bildungswesen oder die Wasser- und Sanitärversorgung.

Zweitens: Anpassung an nationale Systeme. Dies bedeutet Kanalisierung unserer Hilfe, vorzugsweise als Haushaltsunterstützung (sofern die Grundkriterien erfüllt sind). Wenn das Land eine ausreichend formulierte Strategie für den Kampf gegen die Armut besitzt, kann unsere Unterstützung bevorzugt in Form einer allgemeinen Haushaltsunterstützung erfolgen.

Obwohl diese Unterstützung nicht immer explizit für den Gesundheitssektor bestimmt ist, ist sie mit Gesundheitszielen verbunden, z. B. Impfungsraten oder Anteil der Geburten, die von qualifiziertem medizinischem Personal assistiert werden. Solche Ziele sind meist Teil der Strategie im Kampf gegen die Armut und werden kontrolliert. Haushaltsunterstützung ist oft an Fortschritte auf dem betreffenden Gebiet geknüpft.

Außer den globalen Verpflichtungen für eine effektive Hilfe, die in Accra und Paris festgelegt wurden, haben wir, die Europäische Union, gemeinsam einen Verhaltenskodex vereinbart, der beispielsweise eine Reduzierung der Anzahl von Sektoren vorsieht, in denen es viele Geldgeber gibt. Wir wollen den Verwaltungs- und Managementaufwand für unsere Partnerländer reduzieren, der bei einer Vielzahl von Geldgebern entsteht. Dies ist Anliegen der Arbeitsteilung, die EU-Mitgliedstaaten und Europäische Kommission vereinbart haben. Wir wissen, dass es nicht immer einfach sein wird, dazu Vereinbarungen auf Landesebene zu treffen, vor allem, da die Gesundheit in der öffentlichen Meinung einen hohen Stellenwert hat und alle Geldgeber und Geldgeberländer vertreten sein und auf sich aufmerksam machen wollen. Wir werden mitunter einer solchen Tendenz entgegenwirken und dafür sorgen, dass andere Geldgeber ihre Aufgaben wahrnehmen können.

Deshalb hoffe ich, dass unsere heutige Aussprache zur weiteren Klärung dieser Probleme beitragen und mit dafür sorgen wird, dass Europa seine Versprechen gegenüber Afrika hält.

 
  
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  John Bowis, im Namen der PPE-DE-Fraktion. – Frau Präsidentin! Ich danke der Frau Kommissarin für diese Antwort. Ich bin sicher, Sie haben recht, Frau Kommissarin, dass Zahlen vieles bedeuten können und wir sie genau anschauen müssen. Heute jedoch geht es natürlich um den Bericht des Rechnungshofes, und deshalb müssen wir die Zahlen anschauen. Manchmal wäre es mir lieber, wir würden auf Menschen schauen, anstatt auf Zahlen, aber der Grundsatz „kein Reichtum ohne Gesundheit“ stimmt natürlich. Das ist nicht nur ein Slogan, sondern Realität in so vielen armen Ländern.

Wir stimmen zu, wenn der Rechnungshof sagt, dass nur 5,5 % der EEF-Mittel in die Gesundheit fließen, wogegen laut Politik der Europäischen Union und des Parlaments 35 % für Gesundheit und Bildung aufgewendet werden sollten. Das ist eine falsche Zahl, und vielleicht ist es nicht so schlimm, wie es jetzt klingt. Trotzdem wird deutlich, dass wir bedeutend mehr tun müssen, und das schließt die Kooperation – wenn ich diesen Begriff verwenden darf – mit den 15 % ein, die die Länder laut Verpflichtung der Abuja-Erklärung selbst aufbringen müssen.

Ich möchte jedoch, Frau Kommissarin, noch einmal auf die Menschen zurückkommen. Schauen wir nach Mali, wo es enorm viele Diabetesfälle gibt, und betrachten wir die Kosten, die dadurch den Familien entstehen: Über 30 % des Familieneinkommens wird für Insulin verwendet. Schauen wir in den Tschad und fragen nach medizinischen Leistungen bei psychischen Erkrankungen. Laut Aussagen der Menschen gab es diese vor dem Bürgerkrieg. Schauen wir im übrigen Afrika auf die unmenschliche Behandlung von Epileptikern, von denen die meisten für wenige Cent anfallfrei sein könnten. Schauen wir im restlichen Afrika auf die AIDS-Waisen und die Großeltern, die versuchen, ihre Enkelkinder großzuziehen, weil die Eltern bereits gestorben sind.

Die Statistiken liegen vor. Wir wissen, dass in Amerika 14 % der Weltbevölkerung leben, auf die 10 % der globalen Krankheitslast entfallen und 42 % der medizinischen Fachkräfte kommen. In den Ländern südlich der Sahara leben 11 % der Weltbevölkerung mit 25 % der globalen Krankheitslast und 3 % der medizinischen Fachkräfte. Dies spiegelt das wider, was wir bereits früher gesagt haben. Wir müssen uns aber damit befassen, da es keine Gesundheit ohne Gesundheitsleistungen, ohne medizinische Fachkräfte und ohne Gesundheitserziehung gibt.

Schauen wir auch auf einige der Projekte, an denen wir gegenwärtig arbeiten. Es geht hierbei nicht um Tuberkulose, AIDS und Malaria, sondern um alle anderen Krankheiten. Es geht um Krankheiten, die zu wenig beachtet werden. Die Kommission kann stolz sein, dass sie mit den Pharmaunternehmen an einer Initiative zusammenarbeitet, aufgrund derer die Menschen, die entsprechende Medikamente brauchen, damit auch versorgt werden. Schauen wir auf die Krankheitsursachen, und die heutige Aussprache ging ja darum.

Nur wenn wir diese Dinge zusammen in Angriff nehmen, können wir die Statistik auswerten und etwas für die Menschen tun. Alles, was wir besser machen, hilft den Menschen und auch ihrer Wirtschaft.

 
  
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  Bart Staes, im Namen der Verts/ALE-Fraktion. – (NL) Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Der Bericht des Rechnungshofes wird erst nächste Woche offiziell im Haushaltskontrollausschuss vorgestellt. Deshalb möchte ich den Entwicklungsausschuss und auch Frau Van Lancker beglückwünschen, die möglich gemacht haben, dass diese Aussprache heute stattfindet und wir morgen eine Entschließung verabschieden werden, die dann genau zeigt, was falsch gelaufen ist.

Wir sollten sehr aufmerksam den detaillierten Ausführungen von Frau Van Lancker zuhören und auf die Empfehlungen achten, die sie darin gegeben hat. Wir sollten auch aufmerksam Herrn Bowis zuhören, Frau  Kommissarin, der die Mängel sehr genau benannt hat.

Jeder, der den Bericht des Rechnungshofes liest, kann nicht einfach zur Tagesordnung übergehen. Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache, und Frau Van Lancker hat zu Recht betont, dass die Millenniumsziele für diesen Sektor nur unter großen Schwierigkeiten erreicht werden können, wenn überhaupt. Wenn man die Zahlen genau betrachtet, die der Rechnungshof für jedes Land anführt, ist man zutiefst erschrocken.

AIDS ist weiter auf dem Vormarsch. 34 % der Bevölkerung in Swasiland, 23 % in Lesotho und 14 % in Malawi sind davon betroffen. 1997 starben in Swasiland 78 von 1 000 Kindern, heute sind es 86 von 1 000. In Lesotho betrug die Lebenserwartung Mitte der 90er-Jahre 60 Jahre, heute sind es nur noch 41 Jahre. In Kenia stirbt mehr als jedes zehnte Kind vor seinem fünften Geburtstag. Die Analyse des Rechnungshofes über die Effizienz der EU-Politik in den letzten Jahren ist äußerst beunruhigend.

Deshalb hoffe ich, Frau Kommissarin, dass die Kommission bis zum 10. April eine befriedigende Antwort auf die Fragen geben wird, die ich als Berichterstatter des Ausschusses für Haushaltskontrolle in diese Entschließung aufgenommen habe, damit wir die Antworten bei der Rechenschaftslegung berücksichtigen können, die Ende April ansteht.

 
  
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  José Ribeiro e Castro (PPE-DE).(PT) Frau Präsidentin, Frau Kommissarin! Jeder, der einmal in den afrikanischen Ländern südlich der Sahara war, kennt das enorm schwache Gesundheitssystem in den meisten Ländern und die extrem negativen Auswirkungen, die daraus für Leben und Gesundheit der Menschen resultieren, denen diese Gesundheitsleistungen helfen sollen.

Die Zahlen, die regelmäßig international veröffentlicht werden, bestätigen dies immer wieder. In dieser Hinsicht ist die Idee, dass einfache und praktische Gesten, die keine besondere Arbeit oder hohe Kosten erfordern, aber viele Leben retten könnten, außerordentlich bewegend. Die finanzielle Unterstützung aus Europa kann in dieser Hinsicht entscheidend sein, und wir müssen uns immer bewusst sein, dass Zusammenarbeit im Bereich der Gesundheitsversorgung eine strategische Aufgabe ist und nicht nur eines der Millenniums-Entwicklungsziele (MDG) betrifft, sondern viele. Der Rechnungshof hat festgestellt, dass – ich zitiere –„die Finanzmittel der Gemeinschaft, die in den Gesundheitssektor fließen, seit 2000 als Teil der gesamten Entwicklungshilfe trotz der MDG-Verpflichtungen der Kommission und der Gesundheitskrise in den afrikanischen Ländern südlich der Sahara nicht aufgestockt wurden“. Ende des Zitats. Er hat auch erkannt, dass – ich zitiere wieder – „die Kommission bedeutende Finanzmittel zur Einrichtung des Globalen Fonds [zum Kampf gegen AIDS, Tuberkulose und Malaria] bereitgestellt hat, jedoch der Stärkung der Gesundheitssysteme nicht die gleiche Aufmerksamkeit gewidmet hat, obwohl dies Priorität haben sollte“. Ende des Zitats.

Laut Aussage des Rechnungshofs ist dies so, weil – ich zitiere wieder – „die Kommission zu wenig Sachkenntnis im Bereich des Gesundheitswesens hatte, um den Gesundheitsfonds so effektiv wie möglich einzusetzen“. Ende des Zitats.

Deshalb stellt der Rechnungshof die Europäische Kommission vor große Aufgaben, was ich begrüße. Auf Grundlage dieser Daten und dieser Einschätzung möchte ich dies noch einmal bekräftigen. Gesundheitsleistungen sind bereits Teil unserer Prioritäten bei der Entwicklungshilfe, müssen dies jedoch noch stärker sein. Deshalb müssen sie mehr finanzielle Mittel erhalten. Wenn wir die Hilfe optimieren und dabei die scheinbar gegensätzlichen Notwendigkeiten der Koordinierung des Managements und der Nähe zu den Begünstigten im Auge behalten, können wir mit unseren Leistungen viele Leben retten.

Die Europäische Kommission muss diese Herausforderung annehmen, ich möchte daran noch einmal eindringlich appellieren. Gerade eben hat Herr Bowis eine bewegende Rede gehalten, in der er uns die Gesichter der Menschen hinter diesen trockenen, kalten Zahlen des Rechnungshofes vor Augen führt. Die Herausforderung für uns, Frau Kommissarin, besteht darin, dafür zu sorgen, dass unsere Zusammenarbeit ein klein wenig Glück und Hoffnung in diese Gesichter bringt. Deshalb, Frau Kommissarin, müssen wir unsere Strategie bei der Zusammenarbeit auf dem Gesundheitssektor unbedingt ändern.

 
  
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  Marie Anne Isler Béguin (Verts/ALE).(FR) Frau Präsidentin! Ich wollte nicht direkt zu diesem Bericht sprechen, sondern nur einen Punkt ergänzen, der mir besonders am Herzen liegt und den ich bereits bei verschiedenen AKP-Treffen erwähnt habe. Es geht um die Gesundheitsbedingungen der Tuareg im Niger. In diesem Zusammenhang möchte ich das Problem der europäischen Unternehmen ansprechen, die in afrikanischen Ländern natürliche Ressourcen abbauen. Es geht vor allem um das französische Unternehmen Areva, das im Niger Uran abbaut, ohne dass die örtlichen Gemeinden davon wissen. Ergebnis ist, dass die Menschen, die dort leben, beispielsweise aus radioaktiven Stoffen oder Schrott Küchengeräte herstellen.

Gegenwärtig gestatten die Behörden im Niger keine genauen Untersuchungen über die radioaktive Belastung dieser Menschen, aber wir wissen, dass sie sich in einer alarmierenden Situation befinden.

Bei einem der AKP-Treffen haben wir eine epidemiologische Untersuchung für diese Menschen gefordert. Diese Forderung möchte ich heute der Kommission erneut stellen.

 
  
  

VORSITZ: MANUEL ANTÓNIO DOS SANTOS
Vizepräsident

 
  
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  Androulla Vassiliou, Mitglied der Kommission. − Herr Präsident! Ich habe nicht nur genau den Rednern heute Abend zugehört und die Aussagen im Bericht des Rechnungshofes genau verfolgt, sondern komme auch, wie ich bereits erwähnt habe, gerade von einem Besuch der Elfenbeinküste und Liberias zurück und konnte mich mit eigenen Augen davon überzeugen, dass das Gesundheitswesen in diesen Ländern erhebliche Mängel aufweist. Das betrifft die Infrastruktur, die Anzahl ausgebildeter medizinischer Fachkräfte, über die wir bereits gesprochen haben, sowie die Versorgung mit Medikamenten.

Es besteht dort ein immenser Nachholbedarf, und ich stimme Ihnen vorbehaltlos zu, dass wir unser Hilfsengagement auf dem Gebiet der Gesundheitsversorgung für die armen Länder Afrikas verstärken müssen.

Ich kann Ihnen versichern, dass ich Ihre Bemerkungen meinem Kollegen Louis Michel übermitteln werde, und bin sicher, dass er genau wie ich all Ihre Vorschläge und Bemerkungen mit großer Aufmerksamkeit zur Kenntnis nehmen wird.

 
  
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  Der Präsident. – Ich habe gemäß Artikel 108 Absatz 5 der Geschäftsordnung einen Entschließungsantrag(1) erhalten.

Die Aussprache ist geschlossen.

Die Abstimmung erfolgt morgen.

 
  

(1) Siehe Protokoll.


18. Einführung des einheitlichen Euro-Zahlungsverkehrsraums SEPA (Aussprache)
Video der Beiträge
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  Der Präsident. – Als nächster Punkt folgt die mündliche Anfrage an die Kommission zur Einführung des einheitlichen Euro-Zahlungsverkehrsraums (SEPA), gestellt von Frau Berès im Namen des Ausschusses für Wirtschaft und Währung (O-0018/2009).

 
  
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  Pervenche Berès, Verfasserin. (FR) Herr Präsident! Ich spreche im Namen des Ausschusses für Wirtschaft und Währung. Frau Kommissarin, das Europäische Parlament und insbesondere unserer Berichterstatter, Herrn Gauzès, haben sich sehr engagiert, um die erforderlichen gesetzlichen Grundlagen zur Umsetzung des Projektes für den einheitlichen Euro-Zahlungsverkehrsraum (SEPA) zu schaffen.

Als wir mit der Richtlinie über Zahlungsdienste den gesetzlichen Rahmen schufen, stellten wir uns selbst einige Fragen. Jetzt erkennen wir, dass diese Fragen wohl gerechtfertigt waren.

Jetzt, wo dieses Projekt gestartet werden soll, haben wir einige Bedenken, weil wir nicht den Eindruck haben, dass der Grad an Mobilisierung, der offenbar mit den Anforderungen der Krise nicht Schritt hält, noch nicht in erforderlichem Maße vorhanden ist.

Deses Projekt wird innerhalb des Sektors und von den Gesetzgebern stark unterstützt. Es soll jedoch in erster Linie ein modernes Zahlungsinstrument zur Verfügung stellen, das den Erfordernissen unserer einheitlichen Währung, des Euros, entspricht, und es erreicht möglicherweise nicht die kritische Masse, um effektiv umgesetzt zu werden.

Wir sind besonders darüber besorgt, dass beim Start des SEPA-Lastschriftverfahrens, das zweifellos einen der wichtigsten Aspekte dieses Programms darstellt, Probleme auftreten.

In Bezug auf die Verantwortung der Kommission tauchen zwei Fragen auf. Erstens: Wie will die Kommission die Umstellung auf die SEPA-Zahlungsinstrumente fördern und unterstützen? Es wurde zwar ein Zeitplan festgelegt, der jedoch offenbar nicht alle Anforderungen der Praxis berücksichtigt. Zweitens: Ist die Kommission der Meinung, dass die Umstellung einer kritischen Masse von Zahlungsvorgängen auf die SEPA-Instrumente bis 2010 zu erwarten ist, und, wenn nicht, was sollte getan werden, um dies zu erreichen?

Als wir diese gesetzlichen Vorschriften angenommen haben, haben wir noch keinen Stichtag für die Umstellung auf die SEPA-Instrumente festgelegt. Jetzt ist dafür aber zweifellos die Zeit reif. Natürlich bleiben noch einige Fragen über die Kompatibilität der nationalen Systeme mit dem SEPA-System und über die endgültige Umstellung offen, aber die Kommission sollte die Branche dabei unterstützen, Lösungen für die noch offenen Fragen zu finden.

Als Nächstes geht es um die Abwicklungsgebühren, die bisher überhaupt nicht oder zu wenig beachtet wurden, aber für viele Akteure ein zentraler Punkt für den Erfolg des SEPA-Projekts sind. Von diesem Blickwinkel aus scheint es mitunter, dass wir den verschiedenen Verantwortlichen, egal, ob im professionellen Bankensektor, der Generaldirektion Binnenmarkt und Dienstleistungen oder der Generaldirektion Wettbewerb, ein wenig den schwarzen Peter zuschieben.

Es obliegt dem Gesetzgeber, mit diesen Akteuren zu sprechen und einen gewissen Grad von Verantwortung von ihnen abzufordern. Uns ist klar, dass wir in dieser Phase keinen kohärenten Teil der Gesetzgebung in Frage stellen können, ohne die Akteure des Marktes in ihren Bemühungen um ein alternatives System zu unterstützen. Dies ist genau die Schwierigkeit, die wir bei den Abwicklungsgebühren haben.

Die Generaldirektion Wettbewerb hat mitgeteilt, dass ihrer Meinung nach einige Vorschriften den Wettbewerbsregeln widersprächen, glaubt aber, dass die Branche eine alternative Lösung finden müsse. Alternative Lösungen, die auf Ebene der Mitgliedstaaten existieren, wurden jedoch noch nicht von der Generaldirektion Wettbewerb geprüft. Deshalb ist noch nicht klar, ob diese Lösungen von der Generaldirektion Wettbewerb unterstützt werden könnten oder ob einige davon für die Probleme geeignet wären, vor denen wir momentan stehen.

Stellen wir uns beispielsweise vor, die Finanzierung eines Wechselsystems beruhe auf begangenen Fehlern und den dafür verhängten Strafen. In diesem Falle müssten diejenigen zahlen, die ohnehin am meisten betroffen sind, und das scheint mir weder vernünftig noch sozial gerechtfertigt.

Deshalb fordere ich die Kommission auf, zwei wichtige Aspekte in Angriff zu nehmen: Festlegung eines Stichtags für die Umstellung und Hilfe bei der Entwicklung eines alternativen Systems oder eines Systems, das vom Standpunkt der Vertragsregeln für den Wechsel akzeptabel ist.

 
  
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  Androulla Vassiliou, Mitglied der Kommission. − Herr Präsident, zunächst möchte ich Ihnen die Entschuldigung von Kommissar McCreevy übermitteln, der heute nicht hier sein kann.

Es ist wirklich eine weitreichende Frage, aber ich glaube, dass sowohl die Anfrage als auch der Entschließungsentwurf zu Umsetzung von SEPA genau die Hauptprobleme widerspiegeln, die wir lösen müssen, um SEPA zum Erfolg zu führen.

Die erste Frage bezieht sich darauf, wie die Kommission die Umstellung auf SEPA-Instrumente fördern will.

SEPA ist primär ein marktorientiertes Projekt, jedoch angesichts des großen Vorteils für die gesamte Wirtschaft will die Kommission die Umstellung auf SEPA fördern, z. B. indem sie die stärkere Ausprägung des politischen Profils von SEPA über den SEPA-Fortschrittsbericht katalysiert, die frühzeitige Umstellung durch öffentlichen Behörden anregt, selbst die frühzeitige Annahme von SEPA anstrebt und schließlich, wie es im Antikrisen-Vorschlag der Kommission von letzter Woche „Driving European Recovery“ heißt, indem sie Vorschläge bringt, wie sämtliche Vorteile von SEPA tatsächlich voll zum Tragen kommen.

Die zweite Frage bezieht sich darauf, ob eine kritische Masse von Zahlungen bis Ende 2010 umgestellt sein wird. Wir favorisieren eindeutig eine schnelle Umstellung, um die zusätzlichen Kosten während der Umstellung zu minimieren. Obwohl das Programm SEPA-Überweisung (SCT) erfolgreich angelaufen ist, wurden bisher erst weniger als 2 % der Zahlungen umgestellt. Außerdem soll das SEPA-Lastschriftverfahren erst im Laufe dieses Jahres gestartet werden. Das gegenwärtige Tempo der Umstellung ist also zu niedrig, um die Umstellung einer kritischen Masse bis 2010 zu schaffen.

Die dritte Frage betraf die Notwendigkeit eines eindeutigen und bindenden Stichtags. Wir sehen die großen Vorteile eines Stichtags, und 2012 scheint natürlich sinnvoll. Für viele Mitgliedstaaten bleibt dies jedoch eine äußerst heikle Frage. Deshalb sollte ein eindeutiges Procedere zur Prüfung dieser Frage festgelegt werden. Dazu sollten Informationen über die Auswirkung eines Stichtags von verschiedenen Betroffenen eingeholt und eine gründliche Aussprache mit ihnen geführt werden.

Dies könnte den Weg für eine Unterstützung und ggf. für einen Gesetzesvorschlag bahnen, beispielsweise am Ende des Jahres.

Die vierte Frage bezieht sich darauf, wie die Rechtssicherheit für das SEPA-Lastschriftverfahren in Bezug auf die mehrseitigen Abwicklungsgebühren (MIF) und bestehende Systeme verbessert werden kann.

Wir brauchen eine Übergangslösung für das Problem des Geschäftsmodells, um rechtliche Klarheit zu schaffen und für einen erfolgreichen Start des SEPA-Lastschriftverfahrens zu sorgen. Deshalb unterstützt die Kommission voll und ganz die Bemühungen des Parlaments und des Rates, eine Übergangslösung im Zusammenhang mit der Überarbeitung der Verordnung über grenzüberschreitende Zahlungen zu finden.

Die Kommission unterstützt außerdem die weitere Rechtsgültigkeit der vorhandenen nationalen Lastschriftsysteme nach Umstellung auf SEPA. Dies ist jedoch ein rechtliches Problem, das die nationalen Behörden lösen müssen, beispielsweise durch Umsetzung der Richtlinie über Zahlungsdienste.

Die fünfte Frage bezog sich darauf, wie die Kommission das Problem der MIF bei Kartenzahlungen lösen will.

Diese Arbeit hängt hauptsächlich mit der Einschätzung der Kommission gemäß den Wettbewerbsregeln der beiden wichtigsten internationalen Kartensysteme zusammen – MasterCard und Visa.

Am 19. Dezember 2007 hat die Kommission entschieden, dass MasterCard-MIFs für grenzüberschreitende Kartenzahlungen mit Kredit- und Debitkarten der Marken MasterCard und Maestro nicht den Wettbewerbsregeln entsprechen. MasterCard hat gegen die Entscheidung der Kommission Berufung eingelegt.

Im März 2008 hat die Kommission Verfahren angestrengt, bei denen festgestellt werden soll, ob MIFs von Visa Europe eine Verletzung von Artikel 81 darstellen. Diskussionen mit Visa laufen derzeit noch.

Die Kommission möchte Chancengleichheit für MasterCard und Visa Europe sowie für die anderen Kartenzahlungssysteme, die es künftig möglicherweise geben wird, aufrechterhalten.

Ihre vorletzte Frage bezieht sich darauf, ob die Kommission eine konkrete Lösung für das MIF-Problem vorschlagen sollte. In einer Marktwirtschaft obliegt es der Branche, ein entsprechendes Geschäftsmodell vorzuschlagen. Was die Karten anbetrifft, so habe ich bereits gesagt, dass Diskussion mit Mastercard und Visa laufen. In Bezug auf das SEPA-Lastschriftverfahren will die Kommission die Branche durch dringende Leitlinien im Rahmen eines nachhaltigen Dialogs mit dem Bankensektor und auf Grundlage der Beiträge der einschlägigen Marktakteure unterstützen. Dies soll spätestens im November 2009 erfolgen.

Ihr letzte Frage bezieht sich darauf, welche speziellen Maßnahmen die Kommission vorschlagen will, um zu garantieren, dass die SEPA-Umstellung nicht zu einem kostenaufwändigeren Zahlungssystem führt.

Nach Meinung der Kommission dürfte dies nicht passieren. Erstens soll SEPA den Wettbewerb fördern und die betriebliche Effizienz durch Kostendegression erhöhen, wodurch ein Preisdruck nach unten entsteht.

Zweitens soll SEPA auch die Transparenz erhöhen, wodurch Quersubventionierung und versteckte Preise eingeschränkt werden, obwohl manchen Nutzern der Wechsel von verdeckten hohen Preisen zu sichtbaren niedrigen Preisen als Preissteigerung erscheinen könnte. Hier ist wichtig, dass die Banken eindeutige Aussagen treffen.

Drittens überwacht die Kommission durch entsprechende Untersuchungen genau die Auswirkungen von SEPA auf die Verbraucher.

Schließlich teilen wir die Befürchtung, dass die effizienten nationalen Debitkartensysteme durch teurere Alternativen ersetzt werden könnten. Hier gibt es jedoch Initiativen zur Entwicklung eines neuen paneuropäischen Debitkartensystems, wobei der EU-Behörden und die nationalen Wettbewerbsbehörden Hand in Hand arbeiten sollten.

Deshalb sollte SEPA zu einem effizienteren Zahlungssystem führen, und es gibt EU-weite und nationale Wettbewerbsvorschriften als Sicherheitsmaßnahme.

Deshalb begrüße ich diese Entschließung und die konsequente Unterstützung von SEPA durch das Parlament.

 
  
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  Jean-Paul Gauzès, im Namen der PPE-DE-Fraktion.(FR) Herr Präsident, Frau Kommissarin, meine Damen und Herren! Es wurde schon viel zur Richtlinie über Zahlungsdienste gesagt, über die ich dem Parlament Bericht erstattet habe und die in erster Lesung 2007 angenommen wurde.

Das Ziel dieser Richtlinie bestand u. a. darin, den verschiedenen Bankinstituten innerhalb des EPC die Rechtsinstrumente zur Verfügung zu stellen, die sie für die Einführung von SEPA benötigen. Deshalb wurde eine europäische Verordnung für Bankkarten, Überweisungen und Lastschriften angenommen.

SEPA ist ein integriertes Marktinstrument für Zahlungsdienste in Euro, bei denen kein Unterschied zwischen grenzüberschreitenden und inländischen Zahlungen besteht. Dies hat Vorteile sowohl für den Bankensektor als auch für die Verbraucher.

Wie Sie bereits gesagt haben, hat sich die Kommission verpflichtet, dafür zu sorgen, dass die Umstellung auf die SEPA-Instrumente nicht zu einem kostenaufwändigeren Zahlungssystem für die Bürger der Europäischen Union führt.

Seit Annahme dieses Berichts vollzog sich die Umstellung auf SEPA sehr langsam, viel zu langsam. Am 1. Oktober 2008 wurden nur 1,7 % der Transaktionen im SEPA-Überweisungsformat vorgenommen.

Deshalb werden wir heute die Entschließung des Europäischen Parlaments annehmen, mit der die Kommission aufgefordert wird, einen Stichtag für die Umstellung auf SEPA-Produkte festzulegen. Dieses Datum, nach dem sämtliche Zahlungen in Euro nach SEPA-Standards erfolgen müssen, sollte spätestens der 31. Dezember 2012 sein.

Bevor die Umstellung stattfinden kann, muss jedoch noch das heikle Problem der mehrseitigen Abwicklungsgebühren gelöst werden. Diese Gebühren dürfen nicht abgeschafft werden. Zahlungsdienste sind eine Geschäftstätigkeit. Es ist legitim, die Kosten zu decken und den Teilnehmern eine Gewinnspanne einzuräumen.

Andererseits sollten Undurchsichtigkeit und Willkür vermieden werden. Deshalb sollte die Kommission Leitlinien für die Anwendung dieser Abwicklungsgebühren festlegen.

Um mehr Rechtssicherheit zu erhalten, müssen diese Leitlinien bekannt sein, bevor das SEPA-Lastschriftsystem gestartet wird. Ohne diese Rechtssicherheit können die Banken in vielen Ländern das Lastschriftsystem u. U. nicht starten, wodurch die Einführung von SEPA gestoppt würde.

Die Fraktion der Europäischen Volkspartei (Christdemokraten) und Europäischen Demokraten und die Sozialistische Fraktion im Europäischen Parlament haben ähnliche Änderungsanträge für die morgige Abstimmung eingereicht. Wir hoffen, dass sie berücksichtigt werden.

 
  
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  Margarita Starkevičiūtė (ALDE).(LT) In dieser schwierigen Zeit ist es sehr wichtig, mögliche Quellen für Wirtschaftswachstum aufzutun. Die Entwicklung unseres europäischen Finanzmarktes ist genau solche eine Quelle möglichen Wachstums für die europäische Wirtschaft. In diesem Zusammenhang sprechen wir heute über den Zahlungsmarkt, und es ist schade, dass die getroffenen Entscheidungen so langsam umgesetzt werden. Als Hauptgrund werden häufig die technischen Möglichkeiten der Banken genannt, also technische Lösungen, aber ich möchte sagen, dass die technische Modernisierung der Banken im Interesse des Bankensektors und der Banken selbst liegt und dass sie damit ihren Markt und ihre Zahlungssysteme modernisieren und ihre Gewinne erhöhen können. Deshalb ist es sehr wichtig, dass die Mitgliedstaaten den Plan für die Einführung des einheitlichen Euro-Zahlungsverkehrsraums konsequenter umsetzen.

 
  
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  Paul Rübig (PPE-DE).(DE) Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir wissen, dass die einheitliche europäische Zahlungszone gerade für die kleinen und mittleren Unternehmen eine echte Herausforderung darstellt. Letztlich arbeiten sie ganz intensiv mit den Kreditkartensystemen zusammen, und die Preise und die Kosten, die aus diesen Systemen resultieren, sind sehr unterschiedlich. Ich glaube, dass auch hier die Transparenz nicht im notwendigen Ausmaß gegeben ist.

Gerade in einer Krise brauchen wir für die Betriebe eine dementsprechende Unterstützung. Es muss möglich sein, durch eine Senkung von Kosten die Bonität der Betriebe zu erhöhen, weil sie damit natürlich auch wieder an Kredite kommen. Ich glaube, dass SEPA hier ein gutes Instrument wäre. Es sollte so schnell wie möglich eingesetzt werden, um zu erreichen, dass nicht nur die kleinen und mittleren Unternehmen kostengünstig und effizient arbeiten können, sondern dass dies auch für die Beziehungen zwischen den Kleinen und den Großen gilt.

 
  
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  Androulla Vassiliou, Mitglied der Kommission. − Herr Präsident! Ich danke dem Ausschuss für Wirtschaft und Währung und seiner Vorsitzenden, Frau Berès, für diese Aussprache. Die Kommission begrüßt die Unterstützung des Parlaments für SEPA. Es geht dabei nicht nur um eine wichtige Selbstregulierungsinitiative, sondern auch um eine bedeutende öffentliche politische Initiative zur Stärkung der Wirtschafts- und Währungsunion sowie der Lissabon-Strategie. Parlament und Kommission haben die gleiche Auffassung und das gleiche Ziel für SEPA.

Ich möchte jedoch drei wichtige Punkte noch einmal aufgreifen. Erstens hat, wie bereits erwähnt, die Kommission sehr aktive Hilfe geleistet, um den Prozess der SEPA-Umstellung voranzutreiben, vor allem dadurch, dass sie Druck auf die öffentlichen Stellen ausgeübt hat, das System frühzeitig einzuführen. Wir werden unsere Bemühungen, als Katalysator für SEPA zu wirken, unermüdlich fortsetzen.

Zweitens: Obwohl wir das Interesse des Parlaments an einem Stichtag für SEPA teilen, glauben wir nicht, dass ein solcher Stichtag bereits absehbar ist. Wir haben einen Prozess in Bewegung gesetzt und sind davon überzeugt, dass eine Menge Vorarbeit erforderlich ist, bevor eine solche Verpflichtung ins Auge gefasst werden kann.

Drittens kann ich bestätigen, dass die Kommission eine Leitlinie für einen kohärenten multilateralen, den Wettbewerbsregeln entsprechenden Ausgleich zwischen den Banken vorlegen will. Wir wissen, dass nur noch wenig Zeit ist, bevor das SEPA-Lastschriftverfahren in Kraft tritt, und dass unsere Leitlinie daher vor November 2009 vorliegen muss. Jedoch möchte ich auf einen Punkt bestehen: Die Leitlinie kann nur verfasst werden, wenn uns die Branche zuerst konkrete Ideen für mögliche Geschäftsmodelle liefert.

 
  
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  Der Präsident. – Ich habe gemäß Artikel 108 Absatz 5 der Geschäftsordnung einen Entschließungsantrag(1) erhalten.

Die Aussprache ist geschlossen.

Die Abstimmung erfolgt morgen, am 12. März 2009.

 
  

(1) Siehe Protokoll.


19. Verschlechterung der humanitären Lage in Sri Lanka (Aussprache)
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  Der Präsident. – Als nächster Punkt folgt die Aussprache zum Entschließungsantrag des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten zur Verschlechterung der humanitären Situation in Sri Lanka (B6-0140/2009).

 
  
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  Marie Anne Isler Béguin (Verts/ALE).(FR) Herr Präsident, Frau Kommissarin, meine Damen und Herren! Zuerst danke ich dem Vorsitzenden des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten, dass er dem Procedere aus Artikel 91 zugestimmt und diese Eilentschließung letzten Montag auf die Tagesordnung gesetzt hat. Seit unserer letzten Plenarsitzung hier in Straßburg hatten wir bereits eine Eilentschließung zum Thema Sri Lanka. Ich danke auch dem Parlament, dass es diese Aussprache heute Abend ermöglicht, und ich danke Ihnen, Frau Kommissarin, dass Sie an dieser Aussprache teilnehmen, obwohl Ihre Zeit begrenzt ist.

Wir haben diese Entschließung gefordert, weil wir ein eindeutiges politisches Signal an die Regierung und die Vertreter der Tamilen in Sri Lanka senden müssen, da sich dort die Situation mit jedem Tag verschlechtert. Wir hören laufend Zeugenberichte von tamilischen Familien und Menschen in Europa, die uns davon informieren, was mit ihnen und ihren Familien geschieht, die in den Konflikt zwischen den Tamilen-Tigern und der Armee von Sri Lanka geraten sind. Diesen Menschen wird schreckliches Leid zugefügt.

Wir wissen nicht, wie viele Menschen betroffen sind, nehmen jedoch an, dass zwischen 150 000 und 200 000 Menschen evakuiert werden müssen. Was bedeutet „evakuieren“? Die Nichtregierungsorganisationen wollen eine Evakuierung auf dem Seeweg, aber ich muss hier erneut die Frage stellen: Wohin sollen sie evakuiert werden? Wohin sollen diese Menschen gehen?

Heute Nachmittag habe ich ein Mädchen getroffen, das in einem Flüchtlingslager in Sri Lanka geboren wurde und jetzt in Europa ist. Wenn die Lösung darin bestehen soll, dass diese Menschen ihr Land verlassen, um in Flüchtlingslagern zu leben, so ist dies keine Lösung.

Deshalb fordern wir in dieser Entschließung einen Waffenstillstand. Natürlich wird es eine Aussprache mit der Fraktion der Europäischen Volkspartei (Christdemokraten) und Europäischen Demokraten über einen sofortigen oder temporären Waffenstillstand geben. Wir fordern von den Behörden einen sofortigen Waffenstillstand, damit die Zivilbevölkerung nicht länger in Gefahr ist, da wir wissen, dass dort Menschen getötet wurden. Uns liegen dazu weitere Zeugenaussagen vor. Wir fordern natürlich in dieser Entschließung die Zusammenarbeit der Regierung von Sri Lanka mit den Nichtregierungsorganisationen und Ländern, die helfen wollen, diesen Konflikt zu lösen. Wir fordern außerdem die Europäische Union auf, Hilfe durch Lieferung dringend benötigter Lebensmittel und Medikamente zu leisten.

Abschließend möchte ich im Namen meiner Fraktion – der Antrag auf diese Eilentschließung erfolgte am Montag im Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten auf Initiative der Fraktion der Grünen/Freie Europäische Allianz – sagen, dass wir unsere Kollegen, die verschiedene Interessen in diesem Land haben, auffordern, dieses Thema sehr ernst zu nehmen. Ich möchte Sie daran erinnern, dass einige politische Gruppen seit langem auf die Möglichkeit warten, über die Situation in Sri Lanka zu sprechen, und dass wir wegen interner Gründe in einigen Ländern über das Thema Tamilen und ihre Situation, die sich seit den 1980er-Jahren verschlechtert hat, nicht sprechen konnten.

Da Sie heute hier sind, Frau Kommissarin, möchten wir Ihnen noch eine andere Frage stellen. Die Europäische Union könnte bei der Lösung des Konflikts helfen. Es ist vermutlich jetzt an der Zeit, die Möglichkeit der Einrichtung eines Mechanismus zur Konfliktlösung in der Europäischen Union in Erwägung zu ziehen.

Sei es im Kaukasus, sei es an anderen Orten in der Welt – die Europäische Union unterbreitet ernsthafte Vorschläge zur Lösung der Probleme. Wir dürfen heute nicht länger nur Unterstützung leisten, sondern müssen aktiv an der Konfliktlösung mitwirken. Wenn wir heute beginnen können, die Grundlagen zur Lösung des Konfliktes durch eine starke Präsenz der Europäischen Union und eindeutige Signale an die Behörden zu schaffen, denke ich, dass wir auch unsere Position im Sinne einer politischen Union verbessert haben.

 
  
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  Benita Ferrero-Waldner, Mitglied der Kommission. − Herr Präsident! Als einer der Co-Vorsitzenden bei den Friedensverhandlungen zu Sri Lanka in Tokio haben die Europäische Kommission und ich persönlich die Entwicklungen in Sri Lanka sehr genau verfolgt. Wir sind zutiefst besorgt über die aktuelle Situation und die tragischen humanitären Folgen des Konfliktes, wie es in den Schlussfolgerungen des GAERC-Rates vom 23. Februar und der Erklärung der Co-Vorsitzenden vom 3. Februar zum Ausdruck kommt.

Wir sind – und da haben Sie recht – besonders über der Notlage von tausenden intern Vertriebenen betroffen, die durch die Kämpfe im Norden von Sri Lankas buchstäblich in der Falle sitzen. Das ist meiner Meinung nach keine Krise mehr, sondern eine humanitäre Katastrophe. Dies wurde uns aus vielen unabhängigen Quellen bestätigt, z. B. von den Vereinten Nationen und dem IKRK. Die jüngste Ankündigung der Regierung über die Öffnung zweier Evakuierungsstraßen im Norden und im Süden der Sicherheitszone ist ein positiver Schritt. Wir möchten jedoch gern wissen, wie dies in der Praxis funktionieren soll.

Wir haben die Parteien – die Tamil-Tiger (LTTE) und die Behörden von Sri Lanka – aufgefordert, die Zivilbevölkerung entsprechend dem internationalen Menschenrecht zu schützen und zu ermöglichen, dass die Menschen die Kampfzone sicher und freiwillig verlassen können. Sowohl die LTTE als auch die Armee von Sri Lanka sind für den dramatischen Anstieg der Zahl der Zivilopfer in den letzten Monaten verantwortlich. Es sind unmittelbare und dringende Maßnahmen erforderlich, um Leben in Sri Lanka zu retten, wie der UN-Untergeneralsekretär John Holmes bekräftigt hat, der, genau wie das IKRK, auf die große Zahl von Todesopfern hinwies.

Die Kommission ist davon überzeugt, dass das Ergebnis dieser Krise dauerhafte Konsequenzen für den Frieden, den Versöhnungsprozess und die Einheit von Sri Lanka haben wird, und unterstützt in diesem Zusammenhang voll und ganz den Aufruf von John Holmes an die Regierung von Sri Lanka, die Auseinandersetzungen zu stoppen und der Zivilbevölkerung ein sicheres Verlassen des Gebietes zu ermöglichen, sowie an die LTTE, die Zivilbevölkerung gehen zu lassen und einem friedlichen Ende der Kämpfe zuzustimmen.

Die Co-Vorsitzenden haben ebenfalls an die LTTE appelliert, ihre Waffen fallen zu lassen, aber dieser Appell wurde leider zurückgewiesen, sogar ignoriert. Die Regierung von Sri Lanka hat die Verpflichtung, ihre eigenen Bürger zu schützen und einer humanitäre Waffenruhe zuzustimmen – so heißt es auch in den Schlussfolgerungen des Rates –, damit die Kranken und Verletzten Vanni verlassen und Lebensmittel und Medikamente in das Gebiet gebracht werden können. Dies hat auch Indien letztes Wochenende vorgeschlagen.

Wir sind weiterhin äußerst besorgt über die Situation der Menschenrechte in Sri Lanka angesichts der Berichte über Tötungen ohne Gerichtsurteil, Entführungen und Einschüchterungen der Medien. Die Regierung muss unbedingt die bekanntesten Fälle verfolgen. Es darf keine Straffreiheit für solche Verbrechen geben.

Letztendlich ist die Kommission weiterhin davon überzeugt – und ich bin es auch –, dass es keine militärische Lösung für den ethnischen Konflikt in Sri Lanka gibt. Ein Dialog ist erforderlich, der zu einer politischen Lösung führt. Dauerhafter Frieden und Versöhnung sind nur möglich, wenn die Probleme gelöst werden, die in erster Linie zu diesem Aufstand geführt haben, und alle Gemeinschaften genügend Raum haben. Als Co-Vorsitzender habe ich immer gesagt, es kann nur eine politische Lösung durch eine Art Devolutionspaket geben, das bereits zur Diskussion stand, dann wieder verworfen wurde und jetzt wieder zur Diskussion stehen muss.

 
  
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  Charles Tannock, im Namen der PPE-DE-Fraktion. – Frau Kommissarin! Der brutale Bürgerkrieg in Sri Lanka nähert sich seinem Ende. Natürlich ist es zu früh zu sagen, ob das auch das Ende der terroristischen Aktionen durch die Tamil-Tiger bedeutet.

Wir sollten zu diesem Zeitpunkt keinen dauerhaften Waffenstillstand unterstützen, weil sich damit die Tiger neu formieren könnten. Meiner Meinung nach besteht die einzige Möglichkeit darin, sie zu veranlassen, die Waffen niederzulegen, oder ihnen eine militärische Niederlage zufügen, was weitere Todesopfer bedeuten würde. Eine lange Feuerpause wäre ein Desaster – wie Anfang dieser Woche ein Selbstmordattentat in Sri Lanka gezeigt hat –, weil die LTTE unbarmherzig und blutdurstig sind und durch die Europäische Union und die Vereinigten Staaten zu Recht als Terrororganisation eingestuft werden.

Wir sollten Präsident Rajapaksa konsequent in seinem Bemühen unterstützen, diesem Terrorismus ein Ende zu setzen, der Sri Lanka eine beispiellose menschliche Katastrophe beschert und die Wirtschaftsentwicklung auf dieser schönen Insel gravierend verzögert hat. Jedoch sind immer noch tausende unschuldiger intern Vertriebener auf einem schmalen Landstrich gefangen. Diese Zivilisten müssen die Möglichkeit haben, das Gebiet zu verlassen, damit die Armee ihre Offensive abschließen kann. Es wäre natürlich verwerflich, aber man muss damit rechnen, dass die Tiger diese Zivilpersonen als menschliche Schutzschilde einsetzen. Die Tiger stellen sich taub gegenüber den Appellen der internationalen Gemeinschaft, zu kapitulieren und einen temporären humanitären Korridor zu schaffen.

Trotzdem ist es äußerst wichtig, dass die Vereinten Nationen und andere Organisationen einen sicheren Durchgang aus der Konfliktzone für diese Zivilisten einrichten können, um ein weiteres Blutbad zu verhindern. Sri Lanka nimmt seine Verantwortung in diesem Zusammenhang wahr und ist bemüht, zivile Todesopfer zu vermeiden, aber verständlicherweise ist die Geduld der Armee begrenzt, und die Befürchtungen, dass die Tiger versuchen könnten, über den Seeweg zu fliehen oder sich unter die Zivilisten zu mischen.

Deshalb begrüßen wir in diesem Parlament die Einrichtung eines humanitären Korridors sowie einen zeitweiligen und sofortigen Waffenstillstand oder die Beendigung der Auseinandersetzungen. Wir erwarten jedoch auch die vollständige Niederlage der LTTE und an deren Stelle den Aufbau ein friedlichen, gerechten und multiethnischen Sri Lankas, eines einheitlichen Staates Sri Lanka, in dem die Gebiete mit vorwiegend tamilischer Bevölkerung weitgehende Autonomie genießen und eine gleichberechtigte Ressourcen- und Machtteilung stattfindet.

 
  
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  Robert Evans, im Namen der PSE-Fraktion. – Herr Präsident! Ich begrüße diese Debatte, bei der die Frau Kommissarin zugegen ist. Ich danke ihr für ihre ernsthafte, klare und tiefgründige Erklärung. Dies ist natürlich ein sehr wichtiges Thema, obwohl es natürlich bedauerlich ist, dass wir es um 23.00 Uhr diskutieren und nur wenige Abgeordnete jetzt hier sind. Die wenigen Teilnehmer widerspiegeln meines Erachtens jedoch weder mangelndes Interesse an diesem Thema noch mangelnde Ernsthaftigkeit vieler Abgeordneter. Wir sind, um mit den Worten der Frau Kommissarin zu sprechen, von der Situation zutiefst betroffen. In der heutigen Aussprache wird auch deutlich, dass sich die Situation weiter verschärft hat und, wie Frau Béguin eingangs sagte, wir ein deutliches Signal über die unhaltbare Situation senden müssen, die sich von Tag zu Tag verschlimmert.

Ich unterstütze die vorgeschlagene Entschließung – mit Ausnahme des Wortes „temporär“. Ich bedaure die Worte von Herrn Tannock, wenn er sagt, dass eine langfristige Feuereinstellung ein Desaster wäre. Natürlich – und ich appelliere an Sie – sind wir nicht nur an einem temporären Waffenstillstand interessiert. Bei jedem Konflikt, der auf der Welt auftritt, tritt dieses Parlament, das aus mitfühlenden Menschen besteht, für einen dauerhaften Waffenstillstand ein, der den Weg für einen diplomatischen Neuaufbau ebnen kann, damit ein Dialog möglich ist und wir diese friedliche, gerechte und multiethnische Gesellschaft aufbauen können, von der Herr Tannock gesprochen hat und womit ich einverstanden bin die ich auch wünschen würde.

Ich spende den Grünen für Änderungsantrag 1 Beifall, und ich bin sicher, dass alle ehrbaren Menschen, denen das Schicksal der Zivilisten in Sri Lanka am Herzen liegt, dies ebenfalls tun werden. Ein temporärer Waffenstillstand impliziert naturgemäß eine spätere Rückkehr zum Krieg, und das will niemand. Eine Rückkehr zum Krieg bedeutet weitere Tote, weiteres Leiden, weitere menschliche Tragödien, und ich kann mir nicht vorstellen, dass irgendjemand in diesem Hause das wirklich will.

Ich unterstützte auch Änderungsantrag 2, weil er alle Akte von Gewalt verurteilt, wer auch immer sie ausübt, egal, auf welcher Seite des Konflikts. Wir können keine Gewalt zulassen, auch nicht das jüngste Selbstmordattentat, von dem schon die Rede war.

Jetzt komme ich auf die Änderungsanträge 3, 4 und 5 zurück. Ich möchte eine kurze Mitteilung verlesen, die ich von Herrn Selvarajah Kajendren erhalten habe, einem Mitglied des Parlaments von Sri Lanka in der Provinz Jaffna. Die Mitteilung stammt vom 10. März. Herr Kajendren sagt dort:„Ich möchte Sie dringend auf die toten Zivilisten in Sri Lanka aufmerksam machen. Die Armee hat am Dienstag, dem 10. März 2009 von 2.00 bis 10.00 Uhr morgens Artilleriegeschütze mit Streumunition abgefeuert.“ Das war diese Woche. „Die sri-lankische Armee hat alle Teile der Sicherheitszone unter Beschuss genommen – mit tödlichen Geschützen, die in vielen Ländern verboten sind. Durch diese Streumunition wurden über 130 Zivilisten getötet, darunter auch Kinder, und mehr als 200 wurden schwer verletzt.“

Ich glaube nicht, dass irgendjemand dies für Lügen hält. Wir sollten wir alles dafür tun, um dieser Art von Gewalt ein Ende zu setzen. Er bezieht sich auch auf seinen Kollegen, Herrn S. Kanakaratnam, der genau in der so genannten „Sicherheitszone“ lebt. Er sagt, dass vom 1. Januar bis 6. März dieses Jahres 2 544 Zivilisten in diesen „Sicherheitszonen“ durch Bombardements getötet und über 5 828 Zivilisten schwer verletzt wurden. Die Armee von Sri Lanka habe mit Luftbombardements und Artilleriefeuer operiert und dabei jeden Tag im Durchschnitt 30 bis 40 Zivilisten getötet.

Ich glaube nicht, dass er sich dies ausgedacht hat. Laut Aussagen der Frau Kommissarin scheinen dies auch sämtliche Nichtregierungsorganisationen zu bestätigen, die in die Nähe der Konfliktzonen kamen.

Änderungsantrag 6: Ich beziehe mich hier auf den Bericht von John Holmes, den ich von Seiner Exzellenz, dem Botschafter von Sri Lanka in Brüssel erhalten habe. In dem Bericht spricht er von einer massiven Überfüllung einiger Übergangslager. Dies kommt auch in meinem Änderungsantrag zum Ausdruck, und wir sollten wirklich darüber besorgt sein, was in diesen Lagern passiert. Ich habe hier einige Bilder der Lager – wenn Sie möchten, können Sie sich diese gern anschauen. Ich möchte nochmals betonen, dass sie authentisch und nicht gestellt sind. Ich weiß, dass das Büro der Kommissarin in Colombo dies genau im Auge behält und enge Kontakte zu Menschen in der Gefahrenzone hat.

Änderungsantrag 7 und 8 stärken die ursprüngliche Erklärung zum Kriegsgebiet, damit der Bedarf der Zivilisten gedeckt werden kann. Wir fordern ungehinderten Zutritt nicht nur zur Kampfzone, sondern auch zu den Flüchtlingslagern für alle humanitären Organisationen, die jeder in diesem Hause unterstützt. Jeder im Parlament unterstützt wohl die Arbeit der humanitären Organisationen.

Schließlich wird in Änderungsantrag 9 vorgeschlagen, diese Erklärung an den Generalsekretär der Vereinten Nationen zu senden, denn ich glaube, dies ist eine internationale humanitäre Krise, wie es schon in der Überschrift heißt, und wir sollten alles tun, was in unserer Macht steht. Deshalb danke ich den Grünen für diesen Antrag und bitte alle Kollegen, die Änderungsanträge aller politischen Gruppen zu unterstützen.

 
  
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  Marie Anne Isler Béguin, im Namen der Verts/ALE-Fraktion.(FR) Herr Präsident! Ich danke Frau Ferrero-Waldner für ihren Beitrag und ihre Antwort auf den Aufruf der Nichtregierungsorganisationen und der Menschen, die im Kriegsgebiet eingeschlossen sind.

Ich befürchte, dass wir uns in einer ähnlichen Situation befinden wir in Burma nach dem Tsunami von 2006, als die Militärjunta humanitäre Hilfe nicht ins Land ließ. Wir müssen deshalb jetzt alles tun, was wir können, damit die humanitäre Hilfe die Menschen erreicht, die diese Hilfe brauchen.

Ich möchte mich auch an meine Kollegen von der Fraktion der Europäischen Volkspartei (Christdemokraten) und Europäischen Demokraten sowie die Sozialistische Fraktion im Europäischen Parlament wenden, weil wir Vernunft walten lassen müssen, meine Damen und Herren. Wir haben den Antrag auf eine Eilentschließung gestellt, damit das Parlament seine Meinung äußern und morgen Position beziehen kann.

Was wir unter keinen Umständen wollen, ist, dass Abgeordnete wegen der Meinungsunterschiede über eine sofortigen oder einen temporären Waffenstillstand – die wir verstehen, da die Aussprache dazu bereits stattgefunden hat – nicht für diese Entschließung stimmen. Ich appelliere deshalb eindrücklich an Sie, Vernunft walten zu lassen.

Andererseits möchte ich – besonders an die Adresse von Herrn Tannock – die Worte von Frau Ferrero-Waldner noch einmal wiederholen: Bewaffnete Konflikte lösen niemals ein Problem. Wir wissen das. Krieg ist niemals eine Lösung.

Meiner Meinung nach ist es mit Sicht auf die betroffenen Menschen unverantwortlich, einen temporären Waffenstillstand zu fordern. Dies würde bedeuten, sie in Zukunft erneut den Kampfhandlungen auszusetzen – und was für eine Zukunft wäre dies nach einer Evakuierung? Können wir selbst zulassen, dass die Menschen evakuiert werden? Die tamilischen Menschen besitzen selbst Land. Deshalb möchten sie dorthin zurückkehren. Sie sind Sri-Lanker.

Aus diesem Grund glaube ich, dass wir dieser Angelegenheit große Aufmerksamkeit widmen müssen, aber ich bin bereit, Zugeständnisse zu machen und Änderungsanträge zurückzuziehen, vorausgesetzt, wir können eine gemeinsame Position erreichen, um dieses starke politische Signal an die gesamte Welt zu senden.

 
  
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  Geoffrey Van Orden (PPE-DE). – Herr Präsident! Wir sollten uns keinen Illusionen über die schrecklichen Auswirkungen des Krieges auf unschuldige Zivilisten hingeben, und unsere moralische Pflicht ist es, alles in unseren Kräften Stehende zu tun, um sie weniger verletzlich zu machen und ihnen humanitäre Hilfe zu leisten. Deshalb hat das Parlament vor weniger als drei Wochen diese Eilentschließung zu Sri Lanka verabschiedet.

Seit Jahrzehnten bereits ist Sri Lanka Opfer terroristischer Anschläge, die von den international geächteten LTTE durchgeführt wurden. Es gibt keine Gleichstellung zwischen Terroristen und den legitimen Streitkräften einer demokratischen Regierung. Erinnern wir uns daran, dass es die LTTE waren, die Selbstmordattentate als perfekte Taktik entwickelten und unverhüllt Kindersoldaten und menschliche Schutzschilde einsetzten. In den vergangenen 26 Jahren wurden systematisch tausende vorsätzlicher Tötungen in Sri Lanka verübt, und erst vor zwei Tagen wurden 14 Menschen bei einem Selbstmordattentat während eines islamischen Festivals in der Provinz Matara getötet.

Die LTTE befinden sich gegenwärtig in einem verzweifelten Endkampf und, wie das in solchen Situationen typisch ist, suchen sie internationale Fürsprecher, die ihr Treiben entschuldigen sollen. Eine winzige Minderheit von Abgeordneten in diesem Haus stimmte der Entschließung nicht zu, die von der Mehrheit in diesem Parlament verabschiedet wurde, und wollte in schändlicher und unlauterer Weise die Regierung von Sri Lanka verurteilen. Wir können keine Änderungsanträge unterstützen, die auf ungerechtfertigten – und oftmals unsinnigen – Anschuldigungen, wie z. B. die Aussagen von Herrn Evans, oder auf selektiven Zitaten aus einem NRO-Bericht beruhen. Wir haben keinen Grund, die Zusicherung der Regierung anzuzweifeln, dass die Truppen kein Feuer in Sicherheitszonen eröffnet haben und dies auch nicht tun werden.

Vor sechs Tagen rief der Generalsekretär der Vereinten Nationen die LTTE auf, die Waffen niederzulegen und ihre Kämpfer aus Gebieten zurückzuziehen, in denen viele Zivilisten leben, sowie die humanitären Bemühungen zu unterstützen, die das Leiden der Zivilbevölkerung lindern sollen. Die Europäische Union hat die Aktionen der LTTE verurteilt, durch die die Zivilisten am Verlassen des Kampfgebietes gehindert werden sollen.

Das Beste, was wir in diesem Haus tun können, ist, die LTTE aufzufordern, ihre Waffen niederzulegen und die Zivilbevölkerung aus ihren Klauen zu lassen. Dann kann die so dringend benötigte humanitäre Hilfe geleistet werden, die Menschen können sich auf ein besseres Leben freuen, und das gesamte Land Sri Lanka kann wieder auf den Weg einer demokratischen Politik zurückfinden und eine faire und blühende Gesellschaft für alle Bürger aufbauen, frei von terroristischer Unterdrückung.

 
  
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  Jo Leinen (PSE).(DE) Herr Präsident! Frau Kommissarin, ich stimme Ihnen vollkommen zu, dass wir eine politische Lösung und keine militärische Lösung in Sri Lanka brauchen. Ich war mehrfach als Mitglied der Südasiendelegation in dem Land. Ich weiß, wie sehr die Menschen nach 25 Jahren Gewalt den Frieden herbeisehnen.

Ich muss allerdings auch sagen, dass in so einem Krieg die LTTE einen Schritt machen müsste, den sie leider nicht macht. Sie haben das auch erwähnt, und die Außenminister haben am 23. Februar diese Organisation noch einmal eindringlich aufgefordert, die Waffen niederzulegen und den Terror zu beenden. Man stelle sich irgendein Mitgliedsland der EU vor, wo seit 25 Jahren Terror herrscht. Dass dort natürlich viel Chaos und Unordnung ist, ist leicht auszumalen. Ich bin sehr für die Sache der Tamilen, aber ich lehne die Methoden der LTTE genauso entschieden ab. Über Wochen hören wir schon, dass in diesem kleinen Landstrich mehr als 100 000 Menschen einfach gefangen genommen werden, Reuters hat gestern noch gemeldet, dass nach Augenzeugenberichten Leute erschossen werden, wenn sie diese Zone verlassen wollen. Hier ist also eine Aufforderung an die LTTE und die Kräfte hinter der LTTE vonnöten, diese Praktiken zu beenden. Das Spiel ist aus, das kann so nicht weitergehen.

Natürlich sind die Zivilisten in dieser Kriegszone dem Sperrfeuer von beiden Seiten ausgesetzt. Man muss auch an die Regierung appellieren, das Völkerrecht zu respektieren und humanitäre Aktionen zuzulassen. Es ist der Fundamentalismus von beiden Seiten, der sehr viele Opfer fordert. Ich meine, wir sollten uns auch auf die Nachkriegsordnung vorbereiten. Sie haben es gesagt: Das 13. Amendment in der srilankischen Verfassung muss umgesetzt werden, das eine Dezentralisierung im Sinne einer Verwaltung der Gebiete durch die Bevölkerung, die dort wohnt, vorsieht, und die EU kann dort wertvolle Hilfe leisten. Ich bin sicher, Sie in der Kommission und wir in der EU sind dazu bereit.

 
  
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  Paul Rübig (PPE-DE).(DE) Herr Präsident, sehr geehrte Frau Kommissarin Ferrero-Waldner, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube, was die Frau Kommissarin gesagt hat, nämlich dass keine militärische Lösung möglich ist, sollte eigentlich auf den Titelseiten in Sri Lanka stehen. Dass nämlich im Hinblick auf die Spannungen, die es im Land gibt, die Probleme, die sich hier in vielen Jahren angehäuft haben, in Wahrheit von der Regierung immer wieder versucht wird, ein Angebot zu machen. Es scheitert ganz einfach an der Kommunikationsstrategie.

Man muss natürlich auch sehen, dass die strategische Lage von Sri Lanka auch externen Raum gibt, in Kraft setzt, die im Land alleine nur sehr schwer zu steuern sind. Deshalb sollte man auch darauf achten, dass sich die wirtschaftliche Situation bessert, dass die Infrastruktur in diesen Gebieten verbessert wird, so dass auch die notwendige Kommunikation zwischen den streitenden Parteien ermöglicht wird. Vielleicht ist es möglich, den einen oder anderen Mediator hier einzusetzen.

 
  
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  Erik Meijer (GUE/NGL).(NL) Herr Präsident, was momentan in Sri Lanka geschieht, war schon seit einigen Jahren vorhersehbar. Es ist nicht einfach ein humanitäres Problem, sondern hauptsächlich ein schwerer politischer Fehler. Nachdem der Nordosten jahrelang erbittert versucht hat, sich abzuspalten, versuchte die frühere norwegische Regierung, zwischen der singalesischen Mehrheitsregierung und der tamilischen Rebellenbewegung zu vermitteln. Der norwegische Vermittler, der sich lange für eine friedliche Lösung eingesetzt hat, ist heute selbst Minister in der neuen Regierung. Leider wurden die Bemühungen um eine friedliche Lösung damals aufgegeben.

Im Sommer 2006 stellte die Regierung von Sri Lanka ihre Friedensbemühungen ein und entschied sich erneut einseitig für eine militärische Lösung. Diese Regierung hat jetzt vermutlich die Illusion, dass sie einen großen Erfolg erzielt habe, wogegen in Wirklichkeit eine friedliche, harmonische Koexistenz der beiden Volksgruppen als gleichberechtigte Partner künftig noch schwieriger ist. Ohne eine friedliche Lösung sieht die Zukunft düster aus. Wir müssen zurück zu den Friedensbemühungen kommen, ohne dass es Gewinner oder Verlierer gibt.

 
  
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  Michael Gahler (PPE-DE). – (DE) Herr Präsident! Vielen Dank, Frau Kommissarin, für Ihre klaren Worte. Ich denke, unser Hauptaugenmerk muss jetzt auf das Schicksal der Zivilbevölkerung gerichtet sein, und da kann eigentlich nur das, was der Ministerrat am 23. Februar gesagt hat, gelten: Wir brauchen einen unmittelbaren Waffenstillstand. The EU calls for an immediate cease fire. Ich bin dagegen, dass wir um das Wort „temporary“ ergänzen. Sonst wird die humanitäre Katastrophe, die Sie angesprochen haben, weitergehen.

Ich denke auch, in dieser Situation, in der die Menschen dort in dieser Zone eingesperrt sind, müssen wir uns gegen alle Gewaltakte wenden, die die Menschen daran hindern, die Kampfzone zu verlassen. In dieser Situation ist es mir dann egal, ob die Gewalt von der LTTE oder von Regierungssoldaten ausgeübt wird. Unser Augenmerk muss auf die Menschen selbst gerichtet sein.

Vielleicht darf ich noch eine Bemerkung an die Kollegen aus der ehemaligen Kolonialmacht richten, die sich auf den Weg machen, unsere Fraktion zu verlassen. Ich hoffe, mein Eindruck, der sich mir ein bisschen aufgedrängt hat, dass es auch eine bestimmte innenpolitische Motivation gibt, so ganz einseitig nur auf die LTTE einzuschlagen, ist falsch. Ich hoffe, man hat da nicht auch ein bestimmtes Segment der Wählerschaft im Auge.

 
  
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  Robert Evans (PSE). – Herr Präsident, dies ist kein Antrag zur Geschäftsordnung. Ich habe bei ihrem Kollegen bereits um Redeerlaubnis gebeten und diese auch erhalten.

Ich danke Herrn Meijer für seine Bemerkungen. Er hat auch Bezug auf die couragierte Arbeit von Herrn Erik Soldheim aus Norwegen genommen, mit dem ich mich vor 10 Tagen in Oslo getroffen habe.

Ich stimme Herrn Gahler voll zu, dessen Worte von großer Vernunft zeugen. Es ist das Schicksal der Zivilisten, um das es uns geht. Ich denke, dass von allen Änderungsanträgen Änderungsantrag 1 der wichtigste ist, der zu einer sofortigen und totalen Feuereinstellung aufruft. Dies muss im Interesse aller Menschen von Sri Lanka liegen.

Es gibt so viele und nicht nur gelegentliche Aussagen dazu. Einige davon stammen aus dem Büro des Regionaldirektors für Gesundheitswesen der Regierung von Sri Lanka, der über eine humanitäre Katastrophe und die katastrophalen Bedingungen spricht, unter denen die Menschen leben. Der gleichen Meinung sind die Europäische Kommission, das IKRK, die UNO, die Internationale Krisengruppe und Refugee Care Netherlands. Der Titel der Aussprache heute Abend ist die Verschlechterung der humanitären Situation in Sri Lanka, und wir haben die Pflicht, alles dafür zu tun, damit sich die Situation nicht noch weiter verschärft. Ich denke, wir können dies auch tun, wenn wir den richtigen Weg dafür finden.

 
  
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  Der Präsident. – Meine Damen und Herren, ich habe mich genau an die Geschäftsordnung gehalten. Da ich fünf Rednern das Wort erteilen konnte und nur drei gesprochen haben, habe ich auch Herrn Evans das Wort erteilt.

 
  
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  Benita Ferrero-Waldner, Mitglied der Kommission. − Herr Präsident! Ich danke den verehrten Abgeordneten für diese wichtige Aussprache, auch wenn sie kurz war und erst spät am Abend stattgefunden hat.

Seit Beginn der Amtszeit dieser Kommission habe ich mich als Co-Vorsitzende sehr stark mit Sri Lanka beschäftigt. Es gab Augenblicke der Hoffnung – vor allem am Anfang –, aber diese Hoffnung gibt es inzwischen nicht mehr. Ich wollte am Genfer Prozess teilnehmen, das stellte aber offenbar eine Schwierigkeit für die Regierung von Sri Lanka dar. Dieser Prozess ist leider gescheitert. Ich war auch bereit, wie mein Vorgänger Chris Patten im Norden mit einer Vermittlung zu beginnen, aber der Norden war nicht bereit – offiziell hatte Herr Prabhakaran die Masern oder die Windpocken. Auf jeden Fall stimme ich voll Herrn Gahler zu, der sagte – und dies ist auch meine Meinung –, dass für uns die Menschen und humanitäre Angelegenheiten an erster Stelle stehen sollten.

Wie so oft waren wir der größte Geber humanitärer Hilfe in Sri Lanka. Von 2008 bis 2009 haben wir 19 Millionen Euro für humanitäre Hilfe bereitgestellt, die dann über Partner wie das IKRK, die Vereinten Nationen und auch einige internationale Nichtregierungsorganisationen weitergeleitet wurde. Diese Organisationen wollen der betroffenen Bevölkerung helfen, haben aber echte Probleme, wie sie uns sagten, Zugang zum Konfliktbereich zu erhalten. Seit September 2008 war das IKRK die einzige Organisation, die in den von den LTTE kontrollierten Gebieten in Vanni operieren durfte. Das Welternährungsprogramm durfte einige Lebensmittelkonvois senden, dies reichte aber nur aus, um ca. 50 % des Bedarfs zu decken. Seit 2008 haben wir den beiden Organisationen weitere 7 Millionen Euro für humanitäre Hilfe bereitgestellt. Wir machen auch ständig Druck, sowohl in Colombo, als auch in Brüssel, damit die humanitären Organisationen einen besseren Zugang zu diesen Bevölkerungsgruppen erhalten.

Deshalb kann ich nur sagen – zusammen mit den anderen Co-Vorsitzenden und auch vor allem mit Norwegen –, dass wir jede Möglichkeit genutzt haben, um die Konfliktparteien zu zwingen, das Waffenstillstandsabkommen von 2002 wieder in Kraft zu setzen und den Konflikt mit friedlichen Mitteln zu lösen, aber nichts hat funktioniert. Zahlreiche Aufrufe, wieder an den Verhandlungstisch zurückzukehren, wurden komplett ignoriert, und leider hat der militärische Weg die Oberhand gewonnen. Der Spielraum für Aktionen der internationalen Gemeinschaft ist in den letzten drei Jahren immer kleiner geworden, aber nicht einer der Co-Vorsitzenden hat die Mission aufgegeben. Wir engagieren uns weiterhin für eine friedliche Lösung des Konflikts, wie in der letzten Presseerklärung der Co-Vorsitzenden vom 3. Februar zu lesen ist, die Sie ja sicher alle kennen.

Was wir also jetzt tun müssen, ist, erneut Druck zu machen, um den Zugang für humanitäre Hilfe zu ermöglichen, die Zivilbevölkerung zu evakuieren und, wenn die Zeit dafür gekommen ist, einen politischen Dialog mit den Konfliktparteien zu fördern und sie davon zu überzeugen versuchen, dass eine politische Lösung der einzige Ausweg ist. Sonst kommt es zu einem Guerillakrieg, der dieser schönen Insel absolut nicht dienlich sein wird. Sie war einmal ein Paradies und könnte wieder eines werden.

 
  
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  Der Präsident. – Die Aussprache ist geschlossen.

Die Abstimmung erfolgt morgen, am 12. März 2009.

 

20. Tagesordnung der nächsten Sitzung: siehe Protokoll
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21. Schluss der Sitzung
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(Die Sitzung wird um 23.35 Uhr geschlossen.)

 
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