Der Präsident. – Der nächste Tagesordnungspunkt umfasst den Bericht (A6-0093/2009) von Maria Badia i Cutchet im Namen des Ausschusses für Kultur und Bildung über das Kunststudium in der Europäischen Union (2008/2226(INI)).
Maria Badia i Cutchet, Berichterstatterin. – (ES) Herr Präsident, obwohl die künstlerische Bildung mittlerweile ein Pflichtfach ist in nahezu sämtlichen Mitgliedstaaten, so gibt es doch substanzielle Unterschiede hinsichtlich der Art und Weise wie es gelehrt wird.
Historisch gesehen war das Kunststudium immer mit der Bildung in jungen Jahre verknüpft. Heute jedoch haben der Ansatz des lebenslangen Lernens und der Entwicklung neuer Informations- und Kommunikationstechnologien den traditionell der Kunst und Kultur vorbehaltenen Bereich erweitert und neue Formen des Zugangs und der Darstellung im Kunstsektor entstehen lassen.
Der im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologien zu verzeichnende konstant voranschreitende Fortschritt hat außerdem die Förderung einer wissensbasierten Wirtschaft begünstigt, in der intellektuelle Fähigkeiten und Kreativität einen herausragenden Platz einnehmen.
Der Entschließungsantrag, über den wir morgen abstimmen werden, gründet auf der Vorstellung, dass die künstlerische Bildung die Grundlage bildet für die berufliche Ausbildung im Bereich der Künste. Sie fördert die Kreativität sowie die physische und intellektuelle Entwicklung in dieser Sphäre. Der Entschließungsantrag betrachtet die künstlerische Bildung als einen wesentlichen Bestandteil des kindlichen und jugendlichen Lernens und argumentiert, dass deren Vermittlung in den Schulen das Fundament für einen wahrhaft demokratisierenden Zugang zu Kultur legt.
Darüber hinaus misst er der Ausbildung einen sehr hohen Stellenwert für einen erfolgreichen Berufsweg im künstlerischen und kreativen Sektor bei, denn ein Kunststudium, das Wert auf die Entwicklung der Karriere und des künstlerischen Berufsfeldes legt, verlangt von den Studierenden außer Talent auch eine solide kulturelle Basis, die nur durch eine multidisziplinäre und systematische Ausbildung erworben werden kann. Eine solche Ausbildung erhöht die Chancen auf dem Arbeitsmarkt in diesem Berufsfeld insofern als sie Allgemeinbildung, Forschungsmethodiken, unternehmerische Fähigkeiten und Branchenkenntnisse sowie Fähigkeiten in ganz verschiedenen Aktivitätsbereichen vermittelt.
In besonderer Weise erkennt der Entschließungsantrag auch die wirtschaftliche Bedeutung und das Beschäftigungspotenzial der Kreativ-, Kultur- und Kunstbranche in der Europäischen Union an, die ein höheres Wertschöpfungspotenzial aufweist als andere gestandene Wirtschaftszweige wie etwa die Chemie- oder Lebensmittelindustrie.
Darüber hinaus sollten wir auch nicht vergessen, dass Schulen und Zentren für die Kunst- und Design-Ausbildung ihren Beitrag zur Entstehung neuer Kunststile und Kunstbewegungen leisten und mithelfen, unterschiedliche kulturelle Welten zu erschließen. All dies stärkt das positive Bild der Europäischen Union in der Welt.
Der Berichtsentwurf äußert die Einschätzung, dass die künstlerische Bildung fester Bestandteil in den Lehrplänen sämtlicher Schulebenen sein sollte, und ermuntert die Mitgliedstaaten dazu, ihre Bildungspolitik im künstlerischen Bereich auf der Ebene der Europäischen Union zu koordinieren. Weiterhin spricht sich der Bericht dafür aus, die Mobilität sowohl von Studierenden als auch des Lehrpersonals in diesem Bereich zu fördern, und dabei vermehrt auch auf die gegenseitige Anerkennung von Qualifikationen unter den Mitgliedstaaten zu achten.
Wir rufen außerdem den Rat, die Kommission und die Mitgliedstaaten dazu auf, die Rolle der künstlerischen Bildung als ein wesentliches pädagogisches Instrument zur Beförderung des Stellenwertes der Kultur zu definieren, gemeinsame Politikstrategien zur Förderung künstlerischer Bildung sowie der Ausbildung von Lehrkräften in diesem Bereich aufzustellen, und die wichtige Rolle anzuerkennen, die die Künstler und Kreativen in unserer Gesellschaft spielen, wie dies bereits im Rahmen des Europäischen Jahres der Kreativität und Innovation zum Ausdruck gebracht worden ist.
Schlussendlich betont der Bericht die Bedeutung der Nutzung von Ressourcen wie den neuen Informationstechnologien und des Internets als Kanäle für eine moderne, den zeitgenössischen Methoden zugewandte Pädagogik, wenn die künstlerische Dimension in die schulischen Lehrpläne eingeführt wird, und spricht sich für die gemeinsame Entwicklung eines europäischen Portals für die künstlerische und kulturelle Bildung aus, um die Entwicklung und Förderung des europäischen Kulturmodells zu sichern.
Aus all diesen Gründen bitte ich Sie um Ihre mehrheitliche Unterstützung für diesen Bericht, der eine deutliche Botschaft der Unterstützung an die im Kreativ- und Kultursektor tätigen Profis, Studierenden und Unternehmen sendet.
Louis Michel, Mitglied der Kommission. – (FR) Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Zuerst möchte ich mich bei Maria Badia i Cutchet für ihren Initiativbericht zum Kunststudium in der Europäischen Union bedanken.
Dieses Thema nimmt auf europäischer Ebene einen zunehmend wichtigen Platz ein. In der Tat stimmen wir alle darin überein, dass Kultur und die Künste einen grundlegenden Teil unserer Bildung darstellen. Sie tragen zur Entwicklung von Einfühlungsvermögen und Selbstvertrauen bei – wichtige Qualitäten nicht nur für unsere Rolle als Bürger, sondern auch für die Rolle als Wirtschaftssubjekt, die ebenfalls in jedem von uns steckt. Daran kann es keinen Zweifel geben. Künstlerische Bildung ist ein Träger für Wohlbefinden, Kreativität und soziale Integration. Sie im Rahmen der europäischen Bildungssysteme möglichst schon von Kindes an zu fördern, ist ein ganz wichtiger Punkt.
Wir teilen diese Vision und wir freuen uns, dass Ihr Bericht auf eine Reihe bedeutender Initiativen verweist, die auf der Ebene der Europäischen Union angestoßen wurden, wie etwa das Europäische Jahr der Kreativität und Innovation.
Die Bedeutung der Künste und der künstlerischen Bildung beim Aufbau einer besseren Gesellschaft geht Hand in Hand mit ihren Rückwirkungen auf das Wirtschaftsleben. Schätzungen aus jüngster Zeit zufolge beläuft sich der Anteil der Kultur- und Kreativbranchen an der wirtschaftlichen Wertschöpfung auf 2,6 % des europäischen BIP. Hinzu kommt, dass jede beliebige wirtschaftliche Aktivität von der künstlerischen und kulturellen Bildung profitieren kann. Innovationen regen das Entstehen von Synergien zwischen traditionellen und innovativeren Wirtschaftsaktivitäten an. Heutzutage gilt es, Technologie und Design miteinander zu kombinieren und dabei die Prinzipien der Nachhaltigkeit und der wirtschaftlichen Rentabilität zu integrieren. Diese Kombination erfordert eine Neudefinition der Art und Weise wie Wissen vermittelt und erworben wird.
Diese unterschiedlichen Aspekte wurden 2006 in dem Dokument eines Europäischen Bezugsrahmens ausgeführt, das die wichtigsten Kompetenzen für lebenslanges Lernen definiert. In diesem Bezugsrahmen wird ausgeführt, dass künstlerisches und kulturelles Wirken für die Entwicklung kreativer Kompetenzen ganz wesentlich sind – was sich auch als nützlich für das Arbeitsleben erweist.
Die Europäische Kulturagenda hat neue Methoden eingeführt, insbesondere den strukturierten Dialog mit der Zivilgesellschaft, und erst vor kurzem neue offene Methoden der kulturellen Koordination. Die Umsetzung dieser Methoden wurde dank eines am 21. Mai 2008 vom Rat gebilligten Arbeitsplans ermöglicht, der anfangs auf drei Jahre festgesetzt wurde und der fünf prioritäre Aktionsbereiche definiert. Innerhalb dieses europäischen Bezugsrahmens wurde eine aus Sachverständigen der Mitgliedstaaten zusammengesetzte Arbeitsgruppe gebildet, die sich mit den Synergien zwischen Kultur und Bildung beschäftigen wird. Diese Gruppe wird Empfehlungen zur Identifizierung bewährter Praktiken auf nationaler Ebene aufstellen und auch gegenüber den Mitgliedstaaten und den europäischen Institutionen eine Reihe von Empfehlungen abgeben. Zusätzlich wird sie Methoden zur Bewertung der in den in ihre Zuständigkeit fallenden Politikbereichen erzielten Fortschritte abgeben. Schließlich sollte diese Arbeitsgruppe einen wertvollen Beitrag zum Europäischen Kulturforum liefern, das am 29. und 30. September 2009, in Brüssel stattfinden wird.
Ich habe soeben erst eine Antwort meines Kommissionskollegen Ján Figel gelesen.
Der Präsident. – Die Aussprache ist geschlossen.
Die Abstimmung erfolgt am Dienstag, den 24. März 2009.
Schriftliche Erklärungen (Artikel 142)
Marusya Ivanova Lyubcheva (PSE), schriftlich. – (BG) Der Bericht des Europäischen Parlaments zum Kunststudium in der EU ist Teil der kontinuierlichen Bemühungen zur Weiterentwicklung des interkulturellen Dialogs. Ihm kommt im Zusammenhang mit dem Europäischen Jahr der Kreativität und Innovation entscheidende Bedeutung zu.
Der künstlerischen Bildung muss zweifelsohne intensivere und besondere Beachtung geschenkt werden. Es ist wichtig, dass künstlerische Bildung ein Pflichtbestandteil des übrigen Bildungsprogramms darstellt – und zwar bereits von jungen Jahren an, denn sie ist geeignet, die emotionale und kulturelle Entwicklung der jungen Generation zu stimulieren.
Gäbe man dieser Art Bildung einen stärkeren Praxisbezug – auch unter Einbeziehung interaktiver Lernmethoden – würde dies zu einem tieferen Verständnis nationaler und europäischer Kulturwerte beitragen. Indem man Studierenden, Lehrkräften und professionellen Kulturschaffenden ein größeres Mobilitätsangebot unterbreitet, trägt dies unmittelbar zur Entwicklung eines europäischen Identitätsbewusstseins und zu einem Mehr an kultureller und religiöser Toleranz bei.
Die Mitgliedstaaten müssen in die Schaffung besserer Möglichkeiten für informelle und unabhängige künstlerische Studiengänge investieren und einen Rückgang des entsprechenden Studienangebots verhindern. Eine solche Unterstützung wird das allgemeine Interesse an den verschiedenen Formen des künstlerischen Studiums erhöhen.
Öffentlich-private Partnerschaften in diesem Bereich werden zur Modernisierung der Bildungsprogramme beitragen und die aktivere Integration neuer Technologien in die Lehrinhalte fördern. Das Gros der Ressourcen für eine koordinierte europäische Politik hinsichtlich des Kunststudiums besteht in der Form von Investitionen zur Erweiterung des kulturellen Einflusses Europas weltweit, zur Förderung der Kreativität sowie indirekt auch zur wirtschaftlichen Entwicklung in der EU.