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Plenardebatten
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Montag, 23. März 2009 - Straßburg Ausgabe im ABl.
1. Wiederaufnahme der Sitzungsperiode
 2. Erklärung des Präsidenten
 3. Genehmigung des Protokolls der vorangegangenen Sitzung: siehe Protokoll
 4. Zusammensetzung des Parlaments: siehe Protokoll
 5. Begrüßung
 6. Hinfällige schriftliche Erklärungen: siehe Protokoll
 7. Weiterbehandlung der Standpunkte und Entschließungen des Parlaments: siehe Protokoll
 8. Übermittlung von Abkommenstexten durch den Rat: siehe Protokoll
 9. Petitionen: siehe Protokoll
 10. Vorlage von Dokumenten: siehe Protokoll
 11. Anfragen zur mündlichen Beantwortung und schriftliche Erklärungen (Vorlage): siehe Protokoll
 12. Arbeitsplan: siehe Protokoll
 13. Ausführungen von einer Minute zu Fragen von politischer Bedeutung
 14. Wirtschaftspartnerschaftsabkommen EG/CARIFORUM - Interim-Wirtschaftspartnerschaftsabkommen EG/Côte d'Ivoire - Wirtschaftspartnerschaftsabkommen EG/Cariforum-Staaten - Interim-Wirtschaftspartnerschaftsabkommen EG/Côte d'Ivoire - Interim-Wirtschaftspartnerschaftsabkommen EG/Ghana - Interim-Wirtschaftspartnerschaftsabkommen EG/Staaten des pazifischen Raums - Interim-Wirtschaftspartnerschaftsabkommen EG/SADC-WPA-Staaten - Interimsabkommen zur Festlegung eines Rahmens für ein Wirtschaftspartnerschaftsabkommen EG/Staaten des östlichen und südlichen Afrikas - Abkommen zur Festlegung eines Rahmens für ein Wirtschaftspartnerschaftsabkommen EG/Partnerstaaten der Ostafrikanischen Gemeinschaft - Interim-Wirtschaftspartnerschaftsabkommen EG/Zentralafrika (Aussprache)
 15.  – Kosmetische Mittel (Neufassung) (Aussprache)
 16.  – Inverkehrbringen von Biozid-Produkten – Neuer Änderungsvorschlag betreffend Biozide (Aussprache)
 17. Ein Jahr nach Lissabon: Umsetzung der Partnerschaft Afrika-EU (Aussprache)
 18. Verträge betreffend die Millenniums-Entwicklungsziele (MDG) (kurze Darstellung)
 19. Die soziale Verantwortung von Unterauftragnehmern in Produktionsketten (kurze Darstellung)
 20. Freihandelsabkommen EU-Indien (kurze Darstellung)
 21. Lebensmittelpreise in Europa (kurze Darstellung)
 22. Das Kunststudium in der Europäischen Union (kurze Darstellung)
 23. Der aktive Dialog mit den Bürgern über Europa (kurze Darstellung)
 24. Bekämpfung der Genitalverstümmelung bei Frauen in der Europäischen Union (kurze Darstellung)
 25. Mehrsprachigkeit: Trumpfkarte Europas, aber auch gemeinsame Verpflichtung (kurze Darstellung)
 26. Tagesordnung der nächsten Sitzung: siehe Protokoll
 27. Schluss der Sitzung


  

VORSITZ: HANS-GERT PÖTTERING
Präsident

(Die Sitzung wird um 17.05 Uhr eröffnet.)

 
1. Wiederaufnahme der Sitzungsperiode
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  Der Präsident. – Ich erkläre die am Donnerstag, dem 12. März 2009, unterbrochene Sitzungsperiode für wieder aufgenommen.

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Ich darf erstmalig an meiner linken Seite den neuen Generalsekretär des Europäischen Parlaments, Klaus Welle, begrüßen und ihm alles Gute für seine Arbeit wünschen.

(Beifall)

Zu meiner Rechten David Harley, stellvertretender Generalsekretär. Er verkörpert sozusagen die Kontinuität im Generalsekretariat. Auch ihm gute Wünsche.

(Beifall)

 

2. Erklärung des Präsidenten
Video der Beiträge
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  Der Präsident. - Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin gebeten worden, folgende Erklärung abzugeben: Diese Woche begehen wir den 60. Jahrestag der Deportation Hunderttausender Staatsangehöriger der baltischen Staaten. In der Nacht vom 24. auf den 25. März 1949 begann eine Welle sowjetischer Deportationen, während der Zehntausende Esten, Letten und Litauer gewaltsam aus ihrer Heimat vertrieben wurden. Sie wurden ihrer Bürger- und Menschenrechte beraubt und kamen aufgrund der harten und unmenschlichen Bedingungen in den sowjetischen Gefangenenlagern zu Tode.

Fast jede Familie in Litauen, Lettland und Estland sowie in anderen ehemaligen Sowjetrepubliken litt unter der grausamen Gewalt des totalitären kommunistischen Regimes. Fast jede Familie hatte Angehörige, die in Sibirien verschollen sind, vom KGB verfolgt wurden oder hinter Gitter gebracht und unterdrückt wurden. Dabei handelt es sich nicht um eine ferne, dunkle Vergangenheit, sondern um noch immer sehr lebendige Erinnerungen für viele Menschen, die nun Bürger der Europäischen Union sind.

Daher ist es unsere Pflicht, auf der Grundlage unserer gemeinsamen Werte im Gedenken an die zahlreichen Opfer dieser Deportationen unsere klare und entschiedene Ablehnung dieser entsetzlichen Verbrechen zu bekräftigen, die vom totalitären kommunistischen Regime der Sowjetunion begangen wurden. Denn wir sind es den Opfern schuldig, die Vergangenheit objektiv, eingehend und sorgfältig zu bewerten, da Versöhnung nur auf der Grundlage von Wahrheit und Erinnerung möglich ist.

 

3. Genehmigung des Protokolls der vorangegangenen Sitzung: siehe Protokoll
Video der Beiträge

4. Zusammensetzung des Parlaments: siehe Protokoll
Video der Beiträge

5. Begrüßung
Video der Beiträge
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  Der Präsident. – Es ist mir eine Ehre, nun in unserem Parlament eine Delegation des Panafrikanischen Parlaments begrüßen zu dürfen. Wie Sie wissen, ist das Panafrikanische Parlament für die Afrikanische Union, was das Europäische Parlament für die Europäische Union ist.

Besonders freue ich mich, Herrn Khumalo und seine Abgeordnetenkollegen begrüßen zu können, denn dies gibt mir die Gelegenheit, ihm und seinen Kolleginnen und Kollegen und auf diesem Wege auch der Präsidentin des Panafrikanischen Parlaments, Gertrude Mongella, meinen aufrichtigen Dank auszusprechen für den Empfang, der mir zuteil wurde, als ich im Oktober 2008 dem Panafrikanischen Parlament einen Besuch abgestattet habe, sowie für die Einladung, in der Plenarsitzung vor dem Panafrikanischen Parlament zu sprechen.

Ihnen allen noch einmal ein herzliches Willkommen! Schön, dass Sie hier bei uns sind.

(Beifall)

 

6. Hinfällige schriftliche Erklärungen: siehe Protokoll

7. Weiterbehandlung der Standpunkte und Entschließungen des Parlaments: siehe Protokoll

8. Übermittlung von Abkommenstexten durch den Rat: siehe Protokoll

9. Petitionen: siehe Protokoll

10. Vorlage von Dokumenten: siehe Protokoll

11. Anfragen zur mündlichen Beantwortung und schriftliche Erklärungen (Vorlage): siehe Protokoll

12. Arbeitsplan: siehe Protokoll
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(Der Arbeitsplan ist somit festgelegt.)

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  Monica Frassoni (Verts/ALE).(IT) Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, ich möchte Ihnen eine Frage stellen, die sich auf den Europäischen Rat bezieht. Wir haben vernommen, dass Sie im Rahmen der Sitzung des Europäischen Rates gesagt hätten, dass das Parlament damit einverstanden sei, dass der Kommissionspräsident am 15 Juli und die restlichen Kommissionsmitglieder nach Annahme des Vertrages von Lissabon gewählt werden.

Ich würde gerne wissen, ob dies der Wahrheit entspricht, und – falls dies so ist – auf der Grundlage welches Mandats Sie diese Aussage gemacht haben.

 
  
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  Der Präsident. - Frau Kollegin, Sie werden sich erinnern, weil Sie ja selber dabei waren, dass wir in der Konferenz der Präsidenten darüber beraten haben. Es gab nur einen Widerspruch, was den 15. Juli angeht, nämlich von Ihrer Seite. Alle anderen Fraktionsvorsitzenden haben das so zum Ausdruck gebracht, wie ich es vor dem Europäischen Rat gesagt habe. Im Übrigen können Sie die genaue Formulierung in meiner Rede nachlesen. Die Rede ist jedem Abgeordneten wie auch darüber hinaus der Öffentlichkeit zugänglich.

 

13. Ausführungen von einer Minute zu Fragen von politischer Bedeutung
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  Der Präsident. – Als nächster Punkt folgen die Ausführungen von einer Minute zu wichtigen politischen Fragen.

 
  
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  Erna Hennicot-Schoepges (PPE-DE). - (FR) Herr Präsident, ich möchte die Aufmerksamkeit des Europäischen Parlaments auf den Besuch des weißrussischen Präsidenten Alexander Lukaschenko in Prag richten. Ist das Treffen mit Präsident Lukaschenko im Einklang mit den Werten, für die wir uns einsetzen? Kann die Europäische Union mit einem Präsidenten eine Beziehung unterhalten, der ohne zeitliche Begrenzung alle Macht in sich konzentriert und dafür noch nicht einmal ein Mandat hat? Welches Bild vermittelt die Europäische Union, wenn sie mit der Anwesenheit eines Präsidenten einverstanden ist, der viele seiner politischen Gegner hat liquidieren lassen und der die Rechte seiner Bürger einschränkt? Welches Bild wird die Union der Obama-Regierung vermitteln, wenn ein US-Bürger in einem weißrussischen Gefängnis vor sich hin leidet und wahrscheinlich sterben wird, wenn nicht bald etwas unternommen wird? Ich denke, dass diese Einladung niemals hätte ausgesprochen werden sollen.

 
  
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  Antonio Masip Hidalgo (PSE).(ES) Herr Präsident, ich möchte über El Musel sprechen, den wichtigen Hafen meiner Region, Asturien.

Es ist von größter Wichtigkeit, dass die Kommission für die Kosten, die für diesen Hafen zusätzlich anfallen, Mittel freistellt. Der Kommissar Tajani hat dies verstanden und ebenfalls sein Vorgänger Jacques Barrot. Beide haben anerkannt, dass El Musel aus funktioneller und ökologischer Sicht großen Herausforderungen ausgesetzt ist.

Inmitten dieser Krise sollten wir uns auf Projekte wie das von El Musel konzentrieren, weil sie so dringend erforderlich sind. Es ist an der Zeit, langwierige, übermäßig bürokratische Hürden zu überwinden und stattdessen an das Gesamtziel zu denken und diese Mittel freizugeben. Dies ist für Asturien, für Nordspanien und auch für die wirtschaftliche Wiederbelebung Europas von großer Bedeutung. Lassen Sie mich dies noch einmal betonen: Für die wirtschaftliche Wiederbelebung Europas, an der Spanien die große Ehre hat, einen Beitrag leisten zu dürfen.

 
  
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  Metin Kazak (ALDE).(BG) Das Ergebnis der letzten Tagung des Europäischen Rates dient als Beispiel dafür, wie sich eines der Grundprinzipien der Europäischen Union in die Praxis umsetzen lässt: Solidarität.

Durch die Unterstützungsgelder in Höhe von 5,6 Milliarden Euro werden die Menschen des Alten Kontinents eher in der Lage sein, die Folgen der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise zu überwinden. Die 105 Millionen Euro, die für Bulgarien genehmigt wurden und zum Gewährleisten von Energiesicherheit, Bereitstellen von Breitband-Internet sowie für die Landwirtschaft vorgesehen sind, spiegeln die Unterstützung und das wachsende Vertrauen im Hinblick auf das Krisenprogramm der Regierung wider.

Für mein Land ist die Genehmigung der Europäischen Kommission und die Unterstützung des Europäischen Parlaments im Hinblick auf die beantragte Verlängerung bis 2013 für die Entschädigung, die für die frühzeitige Schließung des dritten und vierten Blocks des Atomkraftwerks Kozloduy gewährt wird, extrem wichtig. Bulgarien hat die größten Verluste erlitten, als es kürzlich zwischen Russland und der Ukraine zum Gaskrieg kam. Das Prinzip, dass alle EU-Mitgliedstaaten gleich behandelt werden, sollte daher unbedingt beherzigt werden.

Ich hoffe, dass der Präsident der Kommission, José Manuel Barroso, diesem Antrag zustimmt, und bitte meine Kollegen des Europäischen Parlaments, dafür zu sorgen, dass in Europa Gerechtigkeit und Solidarität herrschen.

 
  
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  Eoin Ryan (UEN). - Herr Präsident, ich möchte auf die Angriffe und Bemerkungen eingehen, die in einigen Bereichen über das irische Banken- und Finanzsystem gemacht worden sind.

Vom irischen System wird das von der EU auferlegte Rahmenwerk für die Richtlinien in Sachen Rechts- und Ordnungspolitik eingehalten. Das irische System ist daher genauso stark oder genauso schwach wie das EU-Rahmenwerk. Wir alle wissen, dass der Rechtsrahmen weltweit gescheitert ist. Irland steht daher weder schlechter noch besser als andere Länder da.

Ich wehre mich daher gegen feindliche Bemerkungen, die aus London, New York und auch aus der deutschen Presse über Irland zu vernehmen sind. All diese Orte sahen sich regulatorischen und banktechnischen Herausforderungen ausgesetzt und mussten Probleme bewältigen, die entweder genauso schlimm oder oft sogar noch schlimmer waren als die in Irland aufgetretenen. Die ständigen Angriffe einiger unserer EU-Nachbarn basieren auf Vorurteilen und nicht auf objektiven Fakten, und gerade jetzt, wo Europa schwerwiegende finanzielle und wirtschaftliche Herausforderungen überwinden muss, ist dies der Solidarität innerhalb der EU wenig dienlich.

 
  
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  László Tőkés (Verts/ALE). (HU) Die international bekannte Roşia Montană Gold Corporation, ein kanadisch-rumänisches Konsortium, plant, in der siebenbürgischen Stadt Verespatak (Roşia Montană) die größte im Tagebau abzutragende Goldmine Europas zu erschließen. Durch seine Entschließung hat das Europäische Parlament im Dezember 2004 tiefe Besorgnis darüber zum Ausdruck gebracht, dass durch dieses Projekt eine Naturkatastrophe droht. Im Jahre 2005 entschied man im Rahmen der Generalversammlung des ICOMOS im Gegenzug, das historische Erbe der historischen Siedlung unter Schutz zu stellen.

Bei diesem Gemeinschaftsprojekt, das von einigen Skandalen überschattet wurde, soll dieselbe Verarbeitungsmethode verwendet werden, durch die im Jahr 2000 die gesamte Länge des Flusses Theiß verseucht wurde. Dabei kam Zyanid zum Einsatz. Das bauwerkliche Erbe von Verespatak (Roşia Montană) wurde ebenfalls zerstört, und die Bevölkerung ist verarmt. Es scheint, dass die rumänische Regierung Vorbereitungen trifft, das temporäre Investitionsverbot aufzuheben.

Ich bitte das Europäische Parlament einzugreifen, um Verespatak zu retten und den natürlichen Lebensraum der Gegend zu schützen. Die Europäische Kommission sollte sich ihrerseits an der Rehabilitation der zerstörten Stadt und der umliegenden Gegend beteiligen.

 
  
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  Georgios Toussas (GUE/NGL). - (EL) Herr Präsident, in den nächsten Tagen werden wir folgende Jubiläen begehen:

- Es sind 10 Jahre vergangen, seit die NATO und die Regierungen der Europδischen Union – sowohl aus der linken als auch aus der rechten Mitte – den schmutzigen Krieg gegen die Menschen aus Jugoslawien ausgelφst haben;

- Es sind 6 Jahre vergangen, seit die USA und ihre willigen Verbündeten den kriminellen Krieg und die Besetzung in Irak eingeleitet und dabei das Leben von etwa 1,5 Millionen Irakern ausgelöscht haben;

- Es sind 60 Jahre vergangen, seit die ΝΑΤΟ gegrόndet wurde, die imperialistische Kriegsmaschine, durch die weltweit der Frieden bedroht wird und die sich gerade darauf vorbereitet, ihren 60. Jahrestag mit einem feierlichen Gipfeltreffen in Straßburg zu begehen.

Am 23. und 24. April 1999, also vor zehn Jahren, unterzeichneten die Führungskräfte der NATO-Mitgliedstaaten in Washington eine Deklaration zum 50. Jahrestag, durch die sie ihrer neuen Doktrin Kraft verliehen. Dadurch wurde die neue NATO-Strategie angenommen, durch die zudem die Grundregeln des Völkerrechts offiziell missachtet werden. Darauf folgten einige weitere kriminelle Eingriffe der NATO in Afghanistan, Irak, Iran und im Nahen Osten.

Im Rahmen der Vorbereitung des NATO-Gipfels verwandelten die französischen Behörden das Zentrum Straßburgs in eine Zone, die nicht betreten werden durfte, und nutzten die im Übereinkommen von Schengen vorgesehene Möglichkeit, um die Einreise von Friedensdemonstranten nach Frankreich zu unterbinden. Sie haben ein beträchtliches Kontingent an Soldaten und Polizisten mobilisiert, um Demonstranten Herr werden zu können. Diese Maßnahmen, die unverhohlen gegen demokratische Grundrechte verstoßen, zeigen, wie sehr sich die Imperialisten und die ΝΑΤΟ vor den Menschen fόrchten.

Die Menschen müssen auf die Feierlichkeiten und „Fiestas“ aus Anlass des 60. Jahrestages des kriminellen Imperialismus der ΝΑΤΟ reagieren, indem sie die antiimperialistische Friedensbewegung und die basisdemokratische Forderung der Abschaffung der ΝΑΤΟ stärken ...

(Der Präsident unterbricht den Redner.)

 
  
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  Kathy Sinnott (IND/DEM). - Herr Präsident, interfraktionelle Arbeitsgruppen haben in diesem Parlament eine lange und ehrwürdige Vergangenheit. In interfraktionellen Arbeitsgruppen können MdEP ein bestimmtes Thema jenseits der politischen Kluft behandeln.

Die älteste interfraktionelle Arbeitsgruppe, die für Behinderung, überprüft beispielsweise die von diesem Parlament verabschiedeten Gesetze auf ihre Behindertenfreundlichkeit und informiert andere Parlamentarier über Themen, die im Kontext der Behinderung wichtig sind.

Trotz der wertvollen Arbeit dieser interfraktionellen Arbeitsgruppen sind sie im letzten Jahr immer mehr an den Rand gedrängt worden. Im Grunde genommen werden sie durch interne Regeln des Parlaments, aufgrund derer ihnen Besprechungsräume und Sprechzeiten im Zeitplan der Straßburger Sitzungen untersagt werden, abgeschafft.

Meiner Meinung nach sollten wir uns dieser Angelegenheit dringend annehmen, und zwar vor der nächsten Legislaturperiode. Tun wir dies nicht, werden interfraktionelle Arbeitsgruppen der Vergangenheit angehören, das Parlament wird durch ihre Abschaffung einschneidende Nachteile erleiden, und wir werden uns weniger gut für die in Europa lebenden Menschen einsetzen können.

(Beifall)

 
  
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  Desislav Chukolov (NI).(BG) Verehrte Kolleginnen und Kollegen, während der vergangenen Jahre konnte in Bulgarien eine verachtenswerte Gepflogenheit beobachtet werden, die man „Stimmenkauf“ nennt.

Sie wird von jeder einzelnen Fraktion mit Ausnahme der patriotischen Partei Ataka praktiziert. Selbst Parteien, die sich als eine Alternative zu den regierenden Parteien beschreiben, bezahlen Wähler. Dies wurde vor einigen Tagen aus den Informationen bekannt, die wir aus dem Dorf Brest in der Nähe von Pleven erhalten haben.

Es sieht so aus, als ob die in unserem Land bevorstehenden Wahlen die am stärksten manipulierten und unter der Hand durchgeführten Wahlen der jüngsten Geschichte Bulgariens sein werden. Die türkischstämmige, verfassungsfeindliche Partei MRF hat die riesige Summe von 60 Millionen Euro bereitgestellt, um so viele Parlamentarier wie möglich zugesprochen zu bekommen, die dann die Interessen der Türkei sowohl im Europäischen Parlament als auch in der bulgarischen Nationalversammlung vertreten werden.

Es besteht die reale Gefahr, dass im nächsten Europäischen Parlament Vertreter anwesend sein werden, die ihre Stimmen durch Stimmenkauf erhalten haben. Die Nachricht von Ataka lautet: „EU ohne Türkei!“ Wir bitten Präsident Pöttering, die bulgarischen Behörden dringend aufzufordern, durch die Verabschiedung von Wahlgesetzen dafür zu sorgen, dass dieser Versuch bei den bevorstehenden Wahlen vereitelt wird.

 
  
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  György Schöpflin (PPE-DE). (HU) Die Angelegenheit ist offensichtlich: einige Hundert Meter von der ungarischen Grenze plädiert ein österreichisches Unternehmen im österreichischen Dorf Heiligenkreuz dafür, dass eine Müllverbrennungsanlage von hoher Kapazität erbaut wird. Auf der ungarischen Seite – in der Stadt Szentgotthárd – betrachtet man den geplanten Bau unter anderem aus Gründen des Umweltschutzes als nicht akzeptabel.

Während der vergangenen zwei Jahre ist auf ungarischer Seite häufig protestiert worden, aber die Österreicher erkennen dies nicht an. Infolgedessen beginnen die immer stärker werdenden antiösterreichischen Gefühle sogar die traditionell freundschaftliche Beziehung beider Länder zu beeinträchtigen.

Wir bitten die österreichische Partei, den Plan noch einmal durchzugehen, dabei die ungarischen Bedenken zu berücksichtigen und dem Vorhaben ein Ende zu setzen.

 
  
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  Gyula Hegyi (PSE). - Herr Präsident, im Januar griff die Kommission das ungarische Moratorium für den genetisch veränderten Mais MON810 an. Das Moratorium genießt eindeutig die Unterstützung der gesamten wissenschaftlichen Gemeinschaft Ungarns, aller politischen Parteien und der ungarischen Gesellschaft. Bei der Sitzung des Europäischen Rates im März erhielten Ungarn und Österreich trotz der Entscheidung der Kommission eine gewaltige Mehrheit an Stimmen für die Aufrechterhaltung dieses Moratoriums. 23 der 27 Mitgliedstaaten unterstützten Ungarn und stellten sich so gegen die Kommission.

Dies zeigt, dass es höchste Zeit ist, dass wir uns erneut darüber Gedanken machen, welche Methode für die Zulassung von GVO in der Europäischen Union verwendet werden sollte. Ich bin der Meinung – und die Ratsabstimmung unterstützt mich in meiner Auffassung –, dass die meisten Mitgliedstaaten für Folgendes sind: Die Mitgliedstaaten sollten dazu berechtigt sein, über GVO zu entscheiden. Hoffentlich wird das nächste Parlament nach den Wahlen eine neue Verordnung über die Genehmigung von GVO aufstellen, die im Sinne von Subsidiarität und Transparenz ist. Die Kommission sollte mit dem Parlament und mit den Mitgliedstaaten zusammenarbeiten statt ihnen vorzuschreiben, was sie zu tun haben.

 
  
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  Jean Marie Beaupuy (ALDE). - (FR) Herr Präsident, eine Kollegin hat gerade über interfraktionelle Arbeitsgruppen gesprochen.

In diesem Parlament gibt es mehr als 20 interfraktionelle Arbeitsgruppen, und ihre Arbeit wurde im Laufe dieser zu Ende gehenden Amtszeit deutlich. Dutzende von Texten konnten aufgrund der Leistung dieser interfraktionellen Arbeitsgruppen verbessert werden, und, Herr Präsident, wir haben dank dieser Gruppen Zehntausende Menschen und Hunderte Institutionen im Parlament willkommen geheißen. Wenn wir die interfraktionellen Arbeitsgruppen weiterhin unterdrücken, indem wir ihnen keine Besprechungsräume geben, wird es häufiger zu Demonstrationen kommen.

Herr Präsident, Sie verfügen über ein großes, ja sogar sehr großes Maß an parlamentarischer Erfahrung. Sorgen Sie dafür, dass sich Unterarbeitsgruppen während der nächsten Legislaturperiode nicht mehr oder minder heimlich treffen müssen. In diesen interfraktionellen Arbeitsgruppen haben wir keine Angst vor Transparenz. Deshalb drängen wir Sie auch, die von den Gruppen während dieser Amtszeit geleistete Arbeit auf recht offene Weise zu beurteilen. So erhalten wir Beweise für den Nutzen dieser Arbeit.

Herr Präsident, ich bitte Sie, die Forderungen der interfraktionellen Arbeitsgruppen und den Inhalt all der Briefe, die in den letzten Jahren diesbezüglich an Sie gerichtet wurden, nicht weiterhin auf taube Ohren treffen zu lassen.

 
  
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  Ewa Tomaszewska (UEN). - (PL) Herr Präsident, die demografische Krise, in der wir hier in Europa zurzeit stecken, lässt sich nicht leugnen. Der daraus resultierende Arbeitskräftemangel stellt für die wirtschaftliche Entwicklung der EU-Mitgliedstaaten eine Bedrohung dar. Die Krise untergräbt zudem die Effizienz des Rentensystems und ruft bei den europäischen Gesundheits- und Pflegesystemen ernstzunehmende Probleme hervor.

Bisher sind jedoch unsere Bemühungen, auf die negative demografische Tendenz durch die Förderung der Familiengründung Einfluss zu nehmen, bei der Europäischen Kommission nicht auf Verständnis gestoßen. Besonders wurden im Hinblick auf das Erfordernis, die Mehrwertsteuer für Produkte zu senken, die für Kleinkinder benötigt werden, wie Windeln, Einwände geltend gemacht. Die Idee, einzelne Länder für die Nutzung dieser Lösungsmöglichkeiten zu bestrafen, zeigt, dass man sich der Gefahren definitiv nicht bewusst ist. Vielleicht kann man es aber auch als Zeichen von Misstrauen auslegen. Wie dem auch sei, die Reaktion ist inakzeptabel.

 
  
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  Ilda Figueiredo (GUE/NGL).(PT) Es ist ein Skandal, dass die einzige vollständig in portugiesischem Besitz stehende Reifenfabrik vor mehreren Monaten zum Stehen gebracht wurde. Dadurch sind fast 300 Arbeitsplätze direkt gefährdet, und dies auch noch in der sozial benachteiligten Region Vale do Ave. In dieser Gegend erreicht die Arbeitslosigkeit einen der Spitzenwerte der Europäischen Union, nachdem einige Unternehmen geschlossen und im Textilgewerbe Stellen abgebaut wurden.

Die Arbeitnehmer von Camac in Santo Tirso und die Gewerkschaft, durch die sie vertreten werden, haben öffentlich über diese ernste Situation gesprochen und darauf hingewiesen, dass das Unternehmen weder bei den Banken noch beim Staat Schulden hat; sie hat sogar noch ein Guthaben in Höhe von mehreren Zehntausend Euro, da Mehrwertsteuer einbehalten wurde. Die Hauptgläubiger sind die Arbeitnehmer selbst, da ihre Gehälter nicht ausbezahlt werden konnten. Das Unternehmen war nicht in der Lage, den Folgen des fallenden britischen Pfunds – der Währung, in der fast all seine Exporte bezahlt werden – und der rasant ansteigenden Kosten des bei der Produktion verwendeten Rohmaterials entgegenzuwirken.

Nachdem das Unternehmen einen Insolvenzantrag stellen musste, warten sie nun auf eine Lösung, die spätestens bis zum 30. März eingehen wird. Die portugiesische Regierung und die Europäische Kommission müssen schnell auf die Warnung und die Unzufriedenheit der Arbeitnehmer reagieren, damit in einer Gegend, in der keine anderen Arbeitsplätze zur Verfügung stehen, in Zukunft nicht noch mehr Arbeitslosigkeit und Not herrscht.

 
  
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  Philip Bushill-Matthews (PPE-DE). - Herr Präsident, die Überarbeitung und Reform der parlamentarischen Verfahren rückt auf der Tagesordnung immer weiter nach oben, und dieses Thema liegt uns sicher ziemlich am Herzen.

Ich würde gerne den Kommentaren, die bereits von einigen Kollegen über die Bedeutung der interfraktionellen Arbeitsgruppen gemacht wurden, meine Unterstützung aussprechen. Ich bin Kopräsident der interfraktionellen Arbeitsgruppe über das Altern. Wie Sie vielleicht bereits wissen, werden in diesem Jahr zum allerersten Mal mehr als 50 % der Wähler über 50 Jahre alt sein. Themen, die mit dem Altern zu tun haben, sind also nicht nur für uns hier im Parlament wichtig, sondern auch für Menschen draußen in unseren Wahlkreisen.

Herr Präsident, ich möchte Sie dringend bitten, die Qualitäten der Klarheit und Gerechtigkeit anzuwenden, durch die sich Ihre Präsidentschaft ausgezeichnet hat, damit die Arbeit dieser interfraktionellen Gruppen von nun an unterstützt wird und ihr keine Steine in den Weg gelegt werden. Können Sie uns dies versprechen?

 
  
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  Der Präsident. − Es ist immer angenehm, die britischen Konservativen voller Überzeugung an Bord des europäischen Bootes zu haben und zu sehen, dass wir in dieselbe Richtung rudern. Vielen Dank! Ich verspreche, mich von meiner besten Seite zu zeigen.

 
  
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  Proinsias De Rossa (PSE). Herr Präsident, ich melde mich im Zusammenhang mit Verstößen gegen das Umweltrecht in Irland, vor allem in Bezug auf die Wasserqualität. Aus der neuen EU-Studie über die irische Wasserqualität geht hervor, dass fast zwei Drittel der Menschen der Meinung sind, dass die Wasserqualität ein echtes Problem ist, und die Hälfte denkt, dass die Qualität seit 2004 nachlässt.

80 Prozent der Menschen gaben an, dass sich die Wasserqualität unserer Flüsse, Seen und Küstengebiete während der vergangenen fünf Jahre nicht verbessert hat. Bereits seit sieben Jahren untersucht die Kommission nun schon, ob die irische Regierung das Urteil des Europäischen Gerichtshofes von 2002, demzufolge Irland gegen Gesetze über die Wasserqualität verstieß, einhält oder nicht.

Wir müssen Methoden ausarbeiten, durch die sich dafür sorgen lässt, dass die Gesetze, die wir im Interesse der Bürger Europas verabschieden, von den Mitgliedstaaten auch eingehalten werden. Die Kommission, die als Polizistin dieser Union fungiert, muss rechtzeitig handeln, damit die Einhaltung gewährleistet werden kann.

 
  
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  Kinga Gál (PPE-DE). - (HU) In den neuen Mitgliedstaaten werden in Momenten, in denen Anspannung herrscht, die alten Reflexe der Machthabenden wach, und dies ist nach dem Rechtsstaatsprinzip nicht akzeptabel. Am ungarischen Nationalfeiertag wurden in Budapest politische Rechte in einem Maße verletzt, das wir nicht akzeptieren können. Wie zu Zeiten der Diktatur war der Bereich, in dem die Feierlichkeiten stattfanden, vollständig abgesperrt. Vor einigen Tagen begegnete die Polizei Forderungen nach einer verantwortungsvoller handelnden Regierung und dem Rücktritt des Premierministers unter anderem mit Festnahmen und unmenschlicher, demütigender Behandlung.

Seit dem Wochenende wissen wir, dass die Behörden auch die Demokratie missachten, da sie versuchen, vorgezogene Wahlen zu verhindern, indem sie wichtige Führungspositionen auswechseln. Dies entspricht nicht der Art von demokratischem Staat, der vom Rechtsstaatlichkeitsprinzip geleitet wird und von dem wir – die junge Generation, die am Ende des kommunistischen Regimes groß wurde – geträumt haben. Wir haben eher den Eindruck, dass sanfte Diktaturen so ihren Anfang nehmen.

Auch die Handlungen der rumänischen Behörden erinnern uns an die Reflexe der Vergangenheit. Der Präsident der ungarischen Republik musste entgegen den Empfehlungen der rumänischen Behörden nach Rumänien reisen, um dort zusammen mit der ungarischen Gemeinde, zu der 1,5 Millionen Menschen zählen, die Feierlichkeiten des 15. März zu begehen. Dies war ihm allerdings nur als Privatperson möglich, und er musste mit dem Auto anreisen. Die Landeerlaubnis für das Flugzeug des Präsidenten wurde von den rumänischen Behörden nämlich entzogen, und zwar unter Angabe des erfundenen Grundes, dass der Besuch die Partnerschaft zwischen den beiden Ländern schädigen würde. Und so etwas geschieht im Jahr 2009 in zwei benachbarten EU-Mitgliedstaaten!

 
  
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  Csaba Sándor Tabajdi (PSE). – (HU) Auf dem EU-Gipfel der vergangenen Woche wurden die Grundprinzipien bestätigt, für die sich auch das Europäische Parlament deutlich ausgesprochen hat, nämlich, dass die Europäische Union Protektionismus nicht toleriert und sie es nicht zulassen wird, dass die Errungenschaften des gemeinsamen Marktes rückgängig gemacht werden. Ich gratuliere dem Präsidenten, da er bei der Tagung des Europäischen Rates anwesend war.

Es wurden äußerst wichtige Entscheidungen getroffen, unter anderem die Beschlüsse über eine Angelegenheit, die der ungarische Premierminister Ferenc Gyurcsány vor einem Jahr zur Sprache brachte und die durch den Rasmussen-Bericht des Europäischen Parlaments unterstützt wird: die Einrichtung eines Aufsichtssystems für Finanzmärkte und Banken. Beim Gipfeltreffen wurde in dieser Sache eine Grundsatzentscheidung getroffen, was ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung ist.

Dieser Schritt ist für die ganze Europäische Union wichtig, aber für die mittel- und osteuropäischen Staaten sowie für die baltischen Staaten ist er besonders entscheidend, weil Banken die in dieser Region unterhaltenen Niederlassungen nicht im Stich lassen können, sondern die erhaltenen Unterstützungsgelder an sie weiterleiten müssen.

Die Tatsache, dass die für die Zahlungsbilanz von Mitgliedstaaten außerhalb der Eurozone geleistete Unterstützung von 25 Milliarden Euro auf 50 Milliarden Euro verdoppelt wurde, ist ein wichtiges Zeichen von Solidarität innerhalb der EU. Dies ist in unser aller Interesse, und glücklicherweise liegt es der ganzen Europäischen Union am Herzen.

 
  
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  Aurelio Juri (PSE). - (SL) Bei unserer letzten Sitzung haben wir ein wichtiges Gesetzespaket für maritime Angelegenheiten verabschiedet, durch das bessere Verfahren bestimmt wurden, die im Falle von Schiffsunfällen einzuhalten sind.

Wir sind uns alle bewusst, dass das Meer zahlreiche Vorteile bringt, aber natürlich auch Risken birgt. Kommt es zu einem größeren Unfall, zahlen diejenigen den Preis, die entlang der Küste leben. Am besten sollte man solche Unfälle daher gleich vermeiden, besonders auf eine Art und Weise, bei der im Hinblick auf den Umfang und die Natur des Seetransports die Empfindlichkeit des Transitgebiets berücksichtigt wird.

Aus diesem Grund möchte ich der Kommission und im Besonderen dem Kommissar Tajani, der für Transport zuständig ist und an den ich mich in seiner Muttersprache, Italienisch, richten möchte, folgende Frage stellen.

(IT) Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, (...) wie die Zielsetzungen dieses neuen Gesetzes für die Sicherheit auf See zu den Plänen passen, die für zwei methanproduzierende Regasifizierungsanlagen im Golf von Triest aufgestellt wurden. Hierbei handelt es sich um ein Gebiet mit großem Schiffsaufkommen und hoher urbaner Konzentration, in dem das Meer nur maximal 20 Meter tief ist und das Seebett aufgrund seines Quecksilbergehalts unberührt gelassen werden muss. Würden die Terminals gebaut werden, würde pro Anlage wöchentlich ein Methantanker einlaufen. Wir kennen die Gefahren, die von diesen Schiffen in solchen Gebieten ausgehen.

 
  
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  Bogusław Rogalski (UEN). (PL) Herr Präsident, heute möchte ich mich vor allem auf die Art und Weise konzentrieren, in der die israelische Armee versucht, das palästinensische Volk direkt vor unseren Augen auszulöschen. Wir sollten in dieser Sache nicht gleichgültig bleiben.

Ich höre den Berichten der israelischen Medien mit Verlegenheit zu und erfahre von Soldaten, dass sie angewiesen wurden, auf Zivilisten und sogar auf alte Frauen zu schießen. Die Zeitung Haarec hat den schriftlichen Befehl eines Militärführers an seine Untergebenen veröffentlicht. Darin befahl er seinen Männern, auf Menschen zu schießen, die verwundeten Palästinensern helfen. Letztendlich haben die Soldaten gelernt, sich palästinensischem Leben gegenüber völlig gleichgültig zu verhalten. Dies zeigt sich daran, dass israelische Soldaten makabere T-Shirts tragen, auf denen eine schwangere Araberin abgebildet ist und der Slogan „Ein Schuss, zwei Tote“ steht.

Wir müssen das Schweigen brechen, das in diesem Plenarsaal in dieser Angelegenheit herrscht. Kein Volk ist besser oder schlechter als andere Völker. Das palästinensische Volk braucht jetzt unsere Hilfe und Unterstützung. Wir sollten uns der Herausforderung stellen und dieses Problem angehen.

 
  
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  Anna Záborská (PPE-DE). – (SK) Herr Präsident, vor zwei Wochen haben Sie uns eine schreckliche Nachricht überbracht, die uns sehr traurig stimmte. Ein junger Mann hatte in Deutschland 15 Menschen und anschließend sich selbst umgebracht. Er beging Mord und stürzte dadurch viele Menschen, einschließlich seiner eigenen Familie, in Trauer und Verzweiflung. Auch seine Familie hat ein Kind verloren, und auch ihr Leben wurde dadurch auf den Kopf gestellt.

Erlauben Sie mir, die Worte des deutschen Präsidenten zu wiederholen, die er auf der Beerdigung der Opfer sprach: „Wir müssen uns alle eine äußerst wichtige Frage stellen. Tun wir genug, um uns selbst und unsere Kinder zu schützen? Tun wir genug, um diejenigen zu schützen, die Gefahren ausgesetzt sind? Tun wir genug, um für Frieden in unserer eigenen Umgebung zu sorgen? Wir müssen uns fragen, was wir in Zukunft besser machen können und was wir aus diesem Ereignis gelernt haben. Lassen Sie uns auch Eltern und ihren Kindern dabei behilflich sein, Gefahren zu meiden.“

Ich möchte daher das Europäische Parlament und die Europäische Kommission erneut auffordern, die europaweite Kampagne „Wissen Sie, wo Ihre Kinder sind?“ zu unterstützen. Wie ich an dieser Stelle bereits erwähnt habe, sollten wir unser Möglichstes tun, um dafür zu sorgen, dass so etwas nie wieder passiert.

 
  
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  Silvia-Adriana Ţicău (PSE).(RO) Die Europäische Union steht in erster Linie für ein soziales Europa. Wir brauchen wirtschaftliche Entwicklung, aber wir benötigen auch Arbeitsplätze, anständige Gehälter und Renten, Zugang zum Gesundheitswesen und zu Bildung – und obendrein müssen all diese Leistungen auch noch von guter Qualität sein.

In einer Wirtschaftskrise geraten viele Unternehmen in Schwierigkeiten und Arbeitnehmer verlieren ihre Stellen.

In Rumänien werden mehrere Tausend Mitarbeiter der Arcelor Mittal-Standorte in Galaţi und Hunedoara praktisch turnusmäßig ihre Arbeit verlieren und nur 75 % ihres Gehalts erhalten oder gleich entlassen. Ähnliches trägt sich in anderen Ländern und in anderen Unternehmen unterschiedlicher Branchen zu.

Ich fordere die Kommission auf, einen Ratsbeschluss vorzubereiten, im Rahmen dessen die Kriterien für die Berechtigung zu Mitteln aus dem Europäischen Sozialfonds und dem Europäischen Fonds für die Anpassung an die Globalisierung überprüft werden. Dies sollte auf Branchen- und Unternehmensebene erfolgen und nicht nur regional und lokal, damit die Fonds schnell mobilisiert werden können und somit von der Krise betroffenen Arbeitnehmern geholfen werden kann.

Meiner Meinung nach kann und muss sich Europa stärker für Arbeitnehmer einsetzen, die in Schwierigkeiten geraten sind.

 
  
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  Edit Bauer (PPE-DE). - (HU) Ich möchte auf die Methoden aufmerksam machen, mit denen die slowakische Regierung die linguistischen Rechte von Minderheiten unterdrückt und dadurch die Rechte dieser Minderheiten insgesamt verletzt. Letzte Woche wurde von der Regierung eine Gesetzesänderung bezüglich der Landessprache angenommen, die laut Regierung keine Auswirkung auf die von Minderheiten genutzte Sprache hat. Aus dem Gesetz selbst geht jedoch etwas anderes hervor.

Ich möchte zwei Beispiele aufführen. In Absatz 8 Nummer 4 dieses Gesetzes wird auf das Gesundheitswesen sowie auf soziale und staatliche Institutionen verwiesen. In zwei Fällen sind Mitglieder einer Minderheit dazu berechtigt, in diesen Institutionen in ihrer Muttersprache zu sprechen: wenn sie der Landessprache nicht mächtig sind, oder wenn sich die Institution in einer Gegend befindet, in der mehr als 20 % der Bevölkerung Minderheiten angehören. Der Arzt wird den Patienten also zuerst fragen, welche Sprache er spricht, und erst danach wird man sich den Beschwerden widmen. Hält man dieses Verfahren nicht ein, würde laut diesem Gesetz ein Verstoß vorliegen, für den eine Geldstrafe von zwischen 100 und 5 000 Euro fällig wäre.

Die Situation sieht nicht besser aus, wenn es sich um die Bereitstellung von Informationen handelt, zum Beispiel im Rahmen von Radioprogrammen, wovon jedoch nicht die öffentlich-rechtliche Hörfunkanstalt betroffen ist. Es ist zuerst in der Minderheitensprache zu senden, und danach hat die vollständige Übersetzung zu folgen.

Herr Präsident, ich habe nur eine Frage: Können Minderheiten mit der Unterstützung aus Europa rechnen?

 
  
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  Jelko Kacin (ALDE). - (SL) Schon seit September 1945 steht in Bazovica, in der Nähe von Triest und somit unweit der italienisch-slowenischen Grenze, ein Denkmal, das uns an die ersten Antifaschisten Europas erinnern soll. Vier slowenische Patrioten – Bidovec, Marušič, Miloš und Valenčič – wurden im Rahmen des Ersten Triester Prozesses im Jahr 1930 von einem Sondertribunal der Faschisten zum Tode verurteilt.

Das Denkmal ist bereits sechzehn Mal beschädigt und beschmiert worden; das letzte Mal vor nur gut einer Woche. Dieser Akt des Vandalismus zählt zu einer Reihe von politischen, wirtschaftlichen, kulturellen und schulischen Bemühungen, Druck auf die in Italien lebende slowenischstämmige Gemeinde und auf die Republik Slowenien auszuüben.

Zahlreiche Handlungen wie das Beschmieren slowenischer Denkmäler, der Wände slowenischer Schulen und regionaler Straßenschilder mit slowenischer Aufschrift haben die Gefühle italienischer Staatsbürger slowenischer Abstammung und der in der Republik Slowenien lebenden Slowenen tief verletzt.

Bisher ist für diese Straftaten jedoch noch niemand zur Rechenschaft gezogen worden. Man kann sich nur schwer vorstellen, dass die italienische Polizei so unfähig ist, dass sie die Täter nicht finden kann, oder dass kein politischer Wille vorhanden ist. Es kann doch nicht sein, dass man sechzehn Mal in Folge keinen Täter findet.

 
  
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  Dimitar Stoyanov (NI).(BG) Meine sehr verehrten Damen und Herren, auf der letzten Tagung wurde im Rahmen der Diskussionen über die Türkei erwähnt, dass die Türkei den armenischen Völkermord nicht anerkannt hat. Sie wissen jedoch nicht, dass die Türken einen weiteren noch nicht anerkannten Völkermord begangen haben, der sich auf einen Zeitraum von über 500 Jahren erstreckte: den bulgarischen Völkermord.

Mit den Worten, die ein amerikanischer Journalist mit dem Namen MacGahan über vier Tage im April 1876 schrieb, möchte ich Sie mit dem Kern der Sache vertraut machen:

„Ob diese Informationen unparteiisch sind oder nicht, ist mir völlig egal, solange die schreckliche Ziffer zur Kenntnis genommen wird, denn es wurden in vier Tagen 15 000 Menschen getötet. Selbst ein Aufrunden dieser Ziffer könnte diese Gräueltaten nicht noch schlimmer machen. Wenn man sich all der bösartigen, abscheulichen Details dieses brutalen Gemetzels bewusst wird, stellt man fest, dass das Leiden enorm war. Der französische Konsul hörte selbst, wie die türkischen Militärs ihrem aufmerksamen Publikum voller Begeisterung berichteten, wie sie Kindern die Köpfe abschnitten, wie sie mit Neugierde zusahen, wie ihre kleinen Körper zu Boden fielen und dann wie geschlachtete Hühner herumrollten.“

Diese wenigen Zeilen beschreiben nur vier Tage aus fünf Jahrhunderten, in denen die ottomanischen Türken ganz klar einen Völkermord gegen die versklavten Bulgaren verübten. Wir, die MdEP von Ataka, möchten, dass dieses Vergehen anerkannt wird und die Türkei sich dafür entschuldigt, bevor überhaupt Gespräche über die mögliche Mitgliedschaft des Landes in der Europäischen Union aufgenommen werden.

 
  
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  Ioannis Gklavakis (PPE-DE). - (EL) Herr Präsident, die gemeinsame Agrarpolitik ist seit der Überarbeitung, die zwischen 2003 und 2008 stattfand, neben einer Agrar- und einer Wirtschaftspolitik auch eine Sozialpolitik – und das meiner Meinung nach zu Recht. Beispielsweise werden Programme der Nahrungsmittelhilfe intensiviert, Initiativen für den Genuss von Obst und Gemüse in Schulen durchgeführt – auch das befürworte ich – und Programme implementiert, um ländliche Gegenden durch Breitband-Internet und andere Maßnahmen zu stärken.

Eine robuste gemeinsame Agrarpolitik ist jedoch erforderlich, wenn wir den Anforderungen von heute gerecht werden wollen, denn so lässt sich gewährleisten, dass Landwirte Unterstützung erhalten und weiterhin ihrer Tätigkeit nachgehen können. Wir sollten daher gemeinsam fordern, dass die Mittel der gemeinsamen Agrarpolitik in Zukunft nicht mehr für andere Bereiche genutzt werden. Für die Agrarpolitik müssen mehr Mittel zur Verfügung gestellt werden, und zwar aus folgenden Gründen:

- Gesunde Lebensmittel können und sollten aus Europa stammen.

- Nur durch den Anbau einer adäquaten Menge an Lebensmitteln sind wir für Krisen gerüstet.

- Wenn wir beim Anbau weiterhin die in Europa üblichen Praktiken anwenden, lässt sich Umweltschutz gewährleisten.

- Wenn wir für Landwirte auch in Zukunft eine Lebensgrundlage auf dem Land gewährleisten wollen, müssen wir sie unterstützen.

- Die Gesundheit der Verbraucher lässt sich durch europäische Lebensmittel sichern.

Abschließend möchte ich die Europäische Union auffordern, ihren Haushalt zu vergrößern, weil unser Europa dadurch bessere Zukunftschancen haben wird. Und wenn wir eine widerstandsfähige Landwirtschaft haben wollen, müssen wir mehr Mittel für die gemeinsame Agrarpolitik aufwenden.

 
  
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  Chris Davies (ALDE). - Herr Präsident, seit Ihrem Besuch in Gaza ist nun etwas mehr als ein Monat vergangen, die neuesten Zahlen der israelischen Regierung zeigen jedoch, dass sich noch nichts verändert hat: Auch jetzt werden noch keine Materialien für den Wiederaufbau, kein Material für Schulen und kein Material für die Industrie durch die Grenzübergänge gelassen. Es fallen keine Bomben mehr, aber die Blockade besteht weiterhin.

Vielleicht wäre es für dieses Parlament nun ein guter Zeitpunkt, um einen Versuch zu starten, auf die Meinung Einfluss zu nehmen. Wir könnten eine Ausstellung der T-Shirts veranstalten, die ein anderer Parlamentarier bereits erwähnt hat. Diese Kleidungsstücke wurden basierend auf den von Soldaten entworfenen Designs angefertigt, wie dem Design des Scharfschützens der Givati-Brigade, das eine schwangere Palästinenserin und den Slogan „Ein Schuss, zwei Tote“ zeigt. Es liegen weitere Berichte aus israelischen Zeitungen vor, in denen andere Designs erwähnt werden, die noch rassistischer, extremer und widerlicher sind. Durch solch eine Ausstellung fragen sich einige Parlamentarier vielleicht, ob wir angesichts der aktuellen Umstände wirklich weiterhin am zwischen der EU und Israel abgeschlossen Assoziierungsabkommen festhalten sollten.

 
  
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  Der Präsident. – Herr Kollege Davis, die Euro-mediterrane Parlamentarische Versammlung hat am Dienstag letzter Woche unter meinem Vorsitz eine Entschließung zur tragischen Lage im Nahen Osten verabschiedet. Darauf möchte ich Sie nochmals hinweisen. Es lohnt sich, diese Entschließung zur Kenntnis zu nehmen. Danke für Ihre Bemerkungen.

 
  
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  Péter Olajos (PPE-DE). - (HU) Dies ist nicht das erste Mal, dass ich mich verpflichtet fühle, mich gegen das riesige Kohlekraftwerk auszusprechen, das jährlich 4 Millionen Tonnen Kohlendioxid ausstoßen wird und für die slowakische Stadt Tőketerebes (Trebišov) geplant ist. Dieses Kraftwerk hat sowohl auf der slowakischen als auch auf der ungarischen Seite der Grenze ausgedehnte Proteste hervorgerufen. Dennoch haben die beteiligten Parteien das Lizenzierungsverfahren für das Kraftwerk erneut eingeleitet.

Auf der anderen Seite der Grenze hat die ungarische Regierung eine „Strategie für Krisenmanagement und Wachstum“ veröffentlicht, gemäß der Ungarn aus Gründen des Krisenmanagements das Kraftwerk mit den höchsten Kohlendioxidemissionen um einen neuen mit Braunkohle betriebenen 440-Megawatt-Block erweitern möchte. Die Rede ist vom Mátra-Kraftwerk, das jährlich über 6 Millionen Tonnen an Schadstoffen ausstößt. Dabei muss ich wohl nicht erst erwähnen, dass in keinem der beiden Kraftwerke die CCS-Technologie eingesetzt wird.

Am Ende des vergangenen Jahres hat die Europäische Union das Klimapaket verabschiedet, und letztes Wochenende wurde auf dem EU-Gipfel der Finanzierung für ein Klimaausgleichsprogramm für Entwicklungsländer zugestimmt. Darüber hinaus laufen intensive Vorbereitungen für die im Dezember in Kopenhagen stattfindende Klimakonferenz. Zwischenzeitlich machen die Regierungsführer zweier Mitgliedstaaten, der Slowakei und Ungarns, wovon der Letztere zugegebenermaßen gerade zurückgetreten ist, weiter, als ob nichts geschehen wäre, und finanzieren den Klimawandel mit Steuergeldern, ohne den Protesten der Steuerzahler Gehör zu schenken. Ich hoffe, dass die Europäische Union dies weder politisch noch materiell unterstützen wird.

 
  
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  Luisa Morgantini (GUE/NGL).(IT) Herr Präsident, sehr verehrte Damen und Herren, während in Ostjerusalem weiterhin Tausende palästinensische Häuser zerstört werden, zielt die israelische Politik sogar auf die palästinensische Kultur ab. Es ist traurig, dass einige israelische Soldaten T-Shirts mit einer schwangeren Palästinenserin im Fadenkreuz und dem Slogan „Ein Schuss, zwei Tote“ bedruckt haben.

Die arabische Kultur wird angegriffen. Die Palästinensische Autonomiebehörde hat gemeinsam mit den arabischen Völkern beschlossen, Ostjerusalem und nicht ganz Jerusalem zur arabischen Kulturhauptstadt 2009 zu machen. Israel hat 20 Aktivisten, darunter auch Aktivisten aus dem Ausland, nur deshalb festgenommen, weil sie eine Veranstaltung organisierten, bei der die palästinensische Kultur gefeiert werden sollte. Dabei wurde versucht, jegliche palästinensische Präsenz in Ostjerusalem zu zerstören.

Ich frage mich daher, ob die internationale Gemeinschaft nichts unternehmen kann, damit diese Veranstaltung zu einem Erfolg und Jerusalem zu einer tatsächlich gemeinsam verwalteten Hauptstadt wird. Lassen Sie uns entsprechende Maßnahmen ergreifen, damit diese Veranstaltung stattfinden kann.

 
  
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  Alojz Peterle (PPE-DE). - (SL) Am Wochenende wurde Slowenien und vor allem die Region Niederkrain in Schrecken versetzt, als Renault ankündigte, dass das Unternehmen die Fertigung des Clio von Novo Mesto nach Frankreich verlagern wird.

Ich möchte der offiziellen Erklärung Glauben schenken, derzufolge diese Entscheidung auf die stärkere Nachfrage nach den Modellen Clio und Twingo und nicht auf Protektionismus zurückzuführen ist, der als Antwort auf Schwierigkeiten in der Automobilbranche gilt.

Sehr verehrte Damen und Herren, wem gehört das Autowerk Revoz in Novo Mesto? Ist es slowenisch? Oder vielleicht französisch? Die Antwort ist klar: Ein slowenisches Werk, in dem französische Autos hergestellt werden, ist definitiv ein europäisches Werk.

Ich bin fest davon überzeugt, dass wir die Automobilbranche mit einem europäischen Lösungsansatz und nicht mit einem nationalen retten müssen. Tun wir dies nicht, entfernen wir uns von der Einhaltung der vier Grundfreiheiten, auf denen der Europäische Binnenmarkt basiert.

 
  
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  Milan Horáček (Verts/ALE). - Herr Präsident! Anfang März wurden die politischen Gefangenen Michail Chodorkowski und Platon Lebedjew aus Tschita in Sibirien nach Moskau verlegt, um erneut aufgrund unhaltbarer Anschuldigungen angeklagt zu werden. Der erste öffentliche Verhandlungstag wurde für den 31. März angesetzt. Am selben Tag hätten die Menschenrechtskonsultationen zwischen der EU und Russland stattfinden sollen. Diese wichtigen Gespräche wurden nun von russischer Seite auf unbestimmte Zeit verschoben.

Russland zeigt damit sehr deutlich, welch niedrigen Stellenwert es den Menschenrechten einräumt. Die Justiz wird weiterhin nicht nur nicht für Gerechtigkeit, sondern zur Ausschaltung von Regimegegnern eingesetzt, und die EU wird dadurch düpiert.

 
  
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  Richard Seeber (PPE-DE). - Herr Präsident! Ich möchte die Kommission im Hinblick auf ihren Beschluss zum Verbot der klassischen Glühlampe – der letzte Woche im schriftlichen Verfahren gefallen ist – kritisieren. Ich stehe voll hinter den Energieeffizienzanforderungen und hinter den Klimazielen, die wir gemeinsam mit dem Rat und der Kommission beschlossen haben. Nur war die Vorgehensweise hier die falsche. Man sieht deutlich, dass sich die Bürgerinnen und Bürger nicht mitgenommen fühlen, wenn Beschlüsse im Komitologieverfahren unter Ausschluss der Öffentlichkeit fallen. Darum muss man der Kommission wirklich den Vorwurf machen, dass sie diese Entscheidung nicht zusammen mit dem Europäischen Parlament im normalen Verfahren gefällt hat.

Zum Zweiten ist die Kommunikation sehr schlecht gelaufen. Die Leute sind sehr verunsichert, da es keine umfassende Folgenabschätzung für diese Maßnahme gegeben hat, wobei diese Lampen – wie wir wissen – ja quecksilberhaltig sind und durchaus eine Gefahr für die menschliche Gesundheit, insbesondere für Kinder, darstellen.

Zum Dritten wäre es auch ratsam gewesen, wenn wir einen Blick in die Zukunft gewagt und modernere Techniken gefördert hätten. Darum soll die Kommission bitte einen neuen Vorschlag vorlegen!

 
  
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  Tunne Kelam (PPE-DE). - Herr Präsident, Esten, Letten und Litauer würden Ihnen herzlich dafür danken, wenn Sie Ihre Solidarität angesichts des 60. Jahrestages der 1949 veranlassten Deportationen aus den baltischen Staaten zum Ausdruck brächten. Sie wurden allgemein als Verbrechen gegen die Menschlichkeit anerkannt, die zu Zeiten des Friedens vier Jahre nach Kriegsende begangen wurden. Zwei Drittel der Deportierten, die etwa 10 Jahre in Sibirien verbrachten, waren Frauen und Kinder. Hätten diese Deportationen in den drei skandinavischen Ländern – Schweden, Dänemark und Norwegen – stattgefunden, würde sich die Anzahl der Deportierten proportional auf eine halbe Million Menschen belaufen.

Inzwischen wissen wir jedoch, dass die wirtschaftliche und politische Erweiterung Europas nicht ausreicht, wenn wir Europa als „Wertegemeinschaft“ durch und durch integrieren möchten. Wir brauchen eine neue Erweiterungswelle, und zwar die des Gewissens Europas. Wir benötigen dringend europaweit ein Bewusstsein und einen entsprechenden Willen, um diese Verbrechen und den angerichteten Schaden als integralen Bestandteil unserer gemeinsamen Geschichte zu betrachten.

 
  
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  Maria Petre (PPE-DE).(RO) Viele von uns haben heute über die Notwendigkeit gesprochen, Solidarität zu zeigen, und auch ich möchte etwas zu diesem Thema sagen.

Die Energieunabhängigkeit der Europäischen Union und die Solidarität der Mitgliedstaaten in dieser Hinsicht sind wichtiger denn je. Nicht nur angesichts der Risiken, sondern auch im Hinblick auf das Erfordernis, unsere Ressourcen zu diversifizieren, müssen unsere Handlungen aufeinander abgestimmt und insgesamt kohärent sein.

Ich gratuliere dem Europäischen Rat für die Vereinbarung, die für das europäische Konjunkturprogramm getroffen wurde, für den auf den Energiebereich gelegten Schwerpunkt und für die Finanzierung des Nabucco-Projekts.

Ich fordere die Europäische Kommission dringend auf, schnell und effizient Methoden auszuarbeiten, durch die sich gewährleisten lässt, dass diese Finanzen effektiv eingesetzt und sowohl im Energiesektor als auch – was ganz wichtig ist – im Wirtschaftssektor, der durch Protektionismus schwer geschädigt und bedroht wird, die erforderlichen Ergebnisse erzielt werden.

Protektionismus ist das Schlimmste, was Schwellen- und Industrieländern passieren kann.

 
  
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  Marie Panayotopoulos-Cassiotou (PPE-DE). - (EL) Herr Präsident, vor einem Jahr wurde von der Gruppe, die für die Überarbeitung der Geschäftsordnung des Europäischen Parlaments zuständig war, die Entscheidung getroffen, dass interfraktionelle Arbeitsgruppen lediglich donnerstagnachmittags Sitzungen abhalten sollten. Dadurch wurde die Arbeit dieser Gruppen erschwert. Durch diese Entscheidung wurden interfraktionelle Arbeitsgruppen praktisch abgeschafft. Die Gruppen dienten als Plattform, auf der man Ideen vorbringen konnte, bei denen es meist um Themen ging, die für die europäische Politik keine Bedeutung hatten, wie Themen rund um die Familie.

Ich leite die interfraktionelle Arbeitsgruppe für Familie und den Schutz von Kindern und muss Ihnen mitteilen, dass zivilgesellschaftliche Vereinigungen, die sich um familiäre Angelegenheiten kümmern, und die einfachen Bürger Europas sehr darüber enttäuscht sind, dass sie nicht mehr in der Lage sein werden, über diese Arbeitsgruppen ihre Meinung zum Ausdruck zu bringen.

Die Gruppe, die für die Überarbeitung der Geschäftsordnung zuständig war, hat uns weder mitgeteilt, ob sie die Arbeit der interfraktionellen Arbeitsgruppen ausgewertet hat, noch hat sie uns einen Lösungsansatz für die Zukunft unterbreitet. Wie können diese Gruppen ersetzt werden?

 
  
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  Nicodim Bulzesc (PPE-DE). - Herr Präsident, ich möchte ein Thema zur Sprache bringen, das sich auf den europäischen Preis für Literatur bezieht. Der Preis wird vom Kulturprogramm der Europäischen Union finanziert und verfolgt das Ziel, auf Kreativität im Bereich der zeitgenössischen Literatur aufmerksam zu machen. Meiner Ansicht nach ist dies eine äußerst gute Initiative, ich habe jedoch hinsichtlich ihrer Implementierung Bedenken.

Ich wurde von kulturellen Organisationen meines Landes kontaktiert, die ihren Unmut darüber zum Ausdruck gebracht haben, dass sich Rumänien dieses Jahr nicht an diesem Programm beteiligen kann. In der Tat sieht es so aus, dass von 34 berechtigten Ländern pro Jahr nur 12 am Programm teilnehmen dürfen. Daher stellt sich die berechtigte Frage, wie die verbleibenden Länder, zu denen Rumänien zählt, sich aktiv beteiligen sollen, wenn sie vom Programm gleich ganz ausgeschlossen werden. Ich möchte daher auf dieses Problem hinweisen und hoffe, dass wir zusammen mit der Europäischen Kommission einen geeigneten Lösungsvorschlag finden.

 
  
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  Nicolae Vlad Popa (PPE-DE).(RO) Herr Präsident, meine Damen und Herren, dieses Jahr wird für Europa nicht leicht werden. Wir müssen uns Herausforderungen stellen, denen wir so in der europäischen Geschichte noch nie ausgesetzt waren.

Wir müssen nicht nur Maßnahmen gegen die Finanz- und Wirtschaftkrise ergreifen, sondern auch etwas gegen die Energiekrise, den Klimawandel und gegen Terrorismus tun, der für all unsere bisherigen Erfolge eine Bedrohung darstellt. Aus diesem Grund ist es für uns wichtiger denn je, solidarisch zu handeln.

Wir müssen gegen den antieuropäischen Diskurs und ultranationalistische Elemente, die zerstörerisch wirken und gefährlich sind, eine klare Haltung einnehmen. In der gegenwärtigen Situation können Bürger, die abgesehen von anderen Problemen mit der sich immer mehr zuspitzenden Krise unzufrieden sind, leicht von ultranationalistischen Gruppen beeinflusst werden, die diese Situation für einen Angriff auf ein vereintes Europa nutzen. Lassen Sie mich daran erinnern, dass die Auswirkungen der Krise, die wir derzeit zu spüren bekommen, ohne die Europäische Union und die Eurozone katastrophal ausgefallen wären.

Ich bitte die europäischen Politiker, die sich an Wahlkampagnen beteiligen, sich entschieden gegen den antieuropäischen Diskurs einzusetzen. Ich bitte sie, weder auf ultranationalistische und chauvinistische Elemente zurückzugreifen noch schädigende Ansprachen zu halten, nur um ein paar weitere Stimmen zu ergattern. Vielen Dank!

 
  
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  Iuliu Winkler (PPE-DE). - (HU) Dem offiziellen Diskurs zufolge, der durch die weltweite Wirtschaftskrise ausgelöst wurde, muss schnell wieder Vertrauen in das internationale Finanzsystem aufgebaut werden. Momentan ist Vertrauen das Schlüsselwort, und zwar ein Schlüsselwort, das auch in den Dokumenten der Europäischen Union widergespiegelt werden muss.

Ich möchte jedoch noch ein weiteres Schlüsselwort vorschlagen: Solidarität. Denn bei Solidarität und Zusammenarbeit handelt es sich um einen häufig erwähnten Grundwert der Europäischen Union. Allerdings möchte ich fragen, weshalb wir, die wir uns nicht in der Eurozone befinden, von solidarischen Praktiken sprechen können, wenn man uns rät, Steuern und Beiträge zu erhöhen anstatt uns auf EU-Krisenmittel und ihre Mechanismen zu verlassen, wo dieser Fonds doch basierend auf genau diesem Solidaritätsprinzip von der EU unterhalten wird.

Müssen die Bürger mittel- und osteuropäischer Mitgliedstaaten die Hoffnung aufgeben, innerhalb eines angemessenen Zeitraums den in der EU üblichen Lebensstandard erreichen zu können? Ich denke nicht. Ich bin mir sicher, dass die europäische Haltung, die von der EU noch vor dem bevorstehenden G20-Gipfel verkündet werden wird, von uns allen unterstützt werden kann.

 
  
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  Csaba Sógor (PPE-DE). - (HU) Ungarische Bevölkerungsgruppen in fünf EU-Mitgliedstaaten haben kürzlich der ungarischen Revolution und dem Unabhängigkeitskrieg von 1948 bis 1949 gedacht. Die Ungarn kämpften damals Seite an Seite mit Polen, Serben, Kroaten, Schwaben, Deutschen, Österreichern, Armeniern und Rumänen gegen die beiden größten Armeen Europas dieser Zeit, damit das eigene Volk und der Rest der Welt wieder in Freiheit leben kann.

Wie jedes Jahr haben wir im März diesem Ereignis gedacht, und die Präsidenten zweier anderer Länder taten dies ebenfalls. Die rumänischen Behörden versuchten auf eine ehrlose und für ein EU-Land unpassende Art und Weise, László Sólyom, den Präsidenten der ungarischen Republik, von seiner Reise nach Rumänien abzuhalten. Was wäre passiert, wenn es sich dabei um Barack Obama, den Präsidenten der Vereinigten Staaten, gehandelt hätte? Auch er erkannte den ungarischen Unabhängigkeitskrieg von 1848 an und zollte ihm Tribut und hätte somit ebenfalls den Wunsch nach einer Rumänienreise äußern können.

Es wäre gut, wenn wir endlich zu der Einsicht kommen würden, dass wir in Europa leben und dass wir die Vergangenheit und Geschichte der anderen Länder anerkennen und ihre nationalen Feiertage respektieren können.

 
  
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  Călin Cătălin Chiriţă (PPE-DE) . – (RO) Ich befürworte es, dass Serbien in die Europäische Union aufgenommen und integriert werden sollte. In diesem Kontext fordere ich die Europäische Kommission auf, spezielle Maßnahmen zu ergreifen, durch die sich die Rechte der Menschen wirksam gewährleisten lassen, die der im Timoc-Tal lebenden rumänischen Minderheit angehören.

Das Europäische Rahmenübereinkommen zum Schutz nationaler Minderheiten und die Europäische Charta der Regional- oder Minderheitensprachen müssen im Timoc-Tal der ostserbischen Kreise Craina, Morava, Pojarevaţ und Timoc wirksam umgesetzt werden. Wir leben im Jahr 2009, und ich bin der Meinung, dass es langsam an der Zeit ist, dass die traditionelle rumänischstämmige Gemeinde im Timoc-Tal in den Genuss der anteiligen Vertretung kommen sowie in Kirchen und Schulen ihre rumänische Muttersprache verwenden können sollte. Vielen Dank!

 
  
  

VORSITZ: GÉRARD ONESTA
Vizepräsident

 
  
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  Der Präsident. - Die Aussprache ist geschlossen.

 

14. Wirtschaftspartnerschaftsabkommen EG/CARIFORUM - Interim-Wirtschaftspartnerschaftsabkommen EG/Côte d'Ivoire - Wirtschaftspartnerschaftsabkommen EG/Cariforum-Staaten - Interim-Wirtschaftspartnerschaftsabkommen EG/Côte d'Ivoire - Interim-Wirtschaftspartnerschaftsabkommen EG/Ghana - Interim-Wirtschaftspartnerschaftsabkommen EG/Staaten des pazifischen Raums - Interim-Wirtschaftspartnerschaftsabkommen EG/SADC-WPA-Staaten - Interimsabkommen zur Festlegung eines Rahmens für ein Wirtschaftspartnerschaftsabkommen EG/Staaten des östlichen und südlichen Afrikas - Abkommen zur Festlegung eines Rahmens für ein Wirtschaftspartnerschaftsabkommen EG/Partnerstaaten der Ostafrikanischen Gemeinschaft - Interim-Wirtschaftspartnerschaftsabkommen EG/Zentralafrika (Aussprache)
Video der Beiträge
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  Der Präsident. - Als nächster Punkt folgt die gemeinsame Aussprache über folgende Berichte:

– die Empfehlung (A6-0117/2009) von David Martin im Auftrag des Ausschusses für internationalen Handel über den Vorschlag, einen Ratsbeschluss über den Abschluss eines Wirtschaftspartnerschaftsabkommens zwischen den Cariforum-Staaten einerseits und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten andererseits zu bewirken (05211/2009 – C6-0054/2009 – 2008/0061(AVC)), und

– die Empfehlung (A6-0144/2009) von Erika Mann im Auftrag des Ausschusses für internationalen Handel über den Vorschlag, einen Ratsbeschluss über den Abschluss des Interim-Wirtschaftspartnerschaftsabkommens zwischen Côte d’Ivoire einerseits und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten anderseits zu bewirken (05535/2009 – C6-0064/2009 – 2008/0136 (AVC)),

– die mündlich vorgetragene Frage an den Rat von Helmuth Markov und David Martin im Auftrag des Ausschusses für internationalen Handel über das Wirtschaftspartnerschaftsabkommen zwischen den Cariforum-Staaten einerseits und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten andererseits (O-0033/2009 – B6-0203/2009),

– die mündlich vorgetragene Frage an die Kommission von Helmuth Markov und David Martin im Auftrag des Ausschusses für internationalen Handel über das Wirtschaftspartnerschaftsabkommen zwischen den Cariforum-Staaten einerseits und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten andererseits (O-0034/2009 – B6-0204/2009),

– die mündlich vorgetragene Frage an den Rat von Helmuth Markov und David Martin im Auftrag des Ausschusses für internationalen Handel über das Interim-Wirtschaftspartnerschaftsabkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und Côte d’Ivoire andererseits (O-0047/2009 – B6-0217/2009),

– die mündlich vorgetragene Frage an die Kommission von Helmuth Markov und David Martin im Auftrag des Ausschusses für internationalen Handel über das Interim-Wirtschaftspartnerschaftsabkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und Côte d’Ivoire andererseits (O-0048/2009 – B6-0218/2009),

– die mündlich vorgetragene Frage an den Rat von Helmuth Markov und Christofer Fjellner im Auftrag des Ausschusses für internationalen Handel über das Interim-Wirtschaftspartnerschaftsabkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und Ghana andererseits (O-0035/2009 – B6-0205/2009),

– die mündlich vorgetragene Frage an die Kommission von Helmuth Markov und Christofer Fjellner im Auftrag des Ausschusses für internationalen Handel über das Interim-Wirtschaftspartnerschaftsabkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und Ghana andererseits (O-0036/2009 – B6-0206/2009),

– die mündlich vorgetragene Frage an den Rat von Helmuth Markov und Glyn Ford im Auftrag des Ausschusses für internationalen Handel über das Interim-Wirtschaftspartnerschaftsabkommen (Interim-WPA) zwischen der Europäischen Gemeinschaft einerseits und den Staaten des pazifischen Raums andererseits (O-0037/2009 – B6-0207/2009),

– die mündlich vorgetragene Frage an die Kommission von Helmuth Markov und Glyn Ford im Auftrag des Ausschusses für internationalen Handel über das Interim-Wirtschaftspartnerschaftsabkommen (Interim-WPA) zwischen der Europäischen Gemeinschaft einerseits und den Staaten des pazifischen Raums andererseits (O-0038/2009 – B6-0208/2009),

– die mündlich vorgetragene Frage an den Rat von Helmuth Markov und Robert Sturdy im Auftrag des Ausschusses für internationalen Handel über das Interim-Wirtschaftspartnerschaftsabkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und den SADC-WPA-Staaten andererseits (O-0039/2009 – B6-0209/2009),

– die mündlich vorgetragene Frage an die Kommission von Helmuth Markov und Robert Sturdy im Auftrag des Ausschusses für internationalen Handel über das Interim-Wirtschaftspartnerschaftsabkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und den SADC-WPA-Staaten andererseits (O-0040/2009 – B6-0210/2009),

– die mündlich vorgetragene Frage an den Rat von Helmuth Markov und Daniel Caspary im Auftrag des Ausschusses für internationalen Handel über das Interimsabkommen zur Festlegung eines Rahmens für ein Wirtschaftspartnerschaftsabkommen zwischen den ost- und südafrikanischen Staaten einerseits und der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten andererseits (O-0041/2009 – B6-0211/2009),

– die mündlich vorgetragene Frage an die Kommission von Helmuth Markov und Daniel Caspary im Auftrag des Ausschusses für internationalen Handel über das Interimsabkommen zur Festlegung eines Rahmens für ein Wirtschaftspartnerschaftsabkommen zwischen den ost- und südafrikanischen Staaten einerseits und der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten andererseits (O-0042/2009 – B6-0212/2009),

– die mündlich vorgetragene Frage an den Rat von Helmuth Markov im Auftrag des Ausschusses für internationalen Handel über das Abkommen zur Festlegung eines Rahmens für ein Wirtschaftspartnerschaftsabkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und den Partnerstaaten der Ostafrikanischen Gemeinschaft andererseits (O-0043/2009 – B6-0213/2009),

– die mündlich vorgetragene Frage an die Kommission von Helmuth Markov im Auftrag des Ausschusses für internationalen Handel über das Abkommen zur Festlegung eines Rahmens für ein Wirtschaftspartnerschaftsabkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und den Partnerstaaten der Ostafrikanischen Gemeinschaft andererseits (O-0044/2009 – B6-0214/2009),

– die mündlich vorgetragene Frage an den Rat von Helmuth Markov und Kader Arif im Auftrag des Ausschusses für internationalen Handel über das Interim-Wirtschaftspartnerschaftsabkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und Zentralafrika andererseits (O-0045/2009 – B6-0215/2009),

– die mündlich vorgetragene Frage an die Kommission von Helmuth Markov und Kader Arif im Auftrag des Ausschusses für internationalen Handel über das Interim-Wirtschaftspartnerschaftsabkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und Zentralafrika andererseits (O-0046/2009 – B6-0216/2009),

 
  
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  David Martin, Berichterstatter. Herr Präsident, wenn wir direkt beteiligt sind, neigen wir immer dazu, die Wichtigkeit einer Angelegenheit höher einzustufen als sie eigentlich ist. Bei dieser Angelegenheit glaube ich jedoch, dass eine Überbewertung gar nicht möglich ist. Wir haben es heute Abend mit einer Reihe von Abkommen zu tun, die sich auf das Leben, die Lebensqualität und die Gesundheit von Millionen von in Entwicklungsländern lebenden Menschen auswirken könnte.

Bevor wir uns dem Inhalt meines Berichts zuwenden, möchte ich meiner Kollegin Glenys Kinnock danken, die sich als Kopräsidentin der Paritätischen Parlamentarischen Versammlung AKP-EU dafür eingesetzt hat, Bedenken über Wirtschaftspartnerschaftsabkommen (WPA) und die Auswirkung dieser WPA auf die Entwicklung der betroffenen Länder zur Sprache zu bringen – nicht nur in diesem Parlament, sondern auch weltweit als Übermittler von AKP-Bedenken. Viele von Ihnen wissen bereits, dass Glenys Kinnock am Ende dieser Legislaturperiode abtreten wird, und ich denke, dass wir den Beitrag, den sie in Bezug auf die AKP-Staaten und vor allem die WPA leistet, sehr vermissen werden.

WPA haben in diesem Parlament eine nicht ganz einfache Vergangenheit. Es entstand eine ziemliche Spannung zwischen Handels- und Entwicklungszielen. Teilweise hätte sich dies vermeiden lassen, aber gewisse Aspekte gehören ehrlich gesagt zur Natur dieser Abkommen.

Erstens wurden sie uns durch einen WTO-Beschluss aufgezwungen, und einseitige Liberalisierung – und darum geht es bei WPA im Prinzip – lässt sich nicht gerade leicht aushandeln.

Zweitens führten die Fristen, die für den Abschluss der umfassenden WPA und der Interim-WPA künstlich festgelegt wurden, dazu, dass Verhandlungen, die eigentlich zwischen gleichberechtigten Partnern stattfinden sollten, in Wirklichkeit zwischen Partnern stattfanden, die nicht ebenbürtig waren, weil die AKP-Staaten durch die Nichteinhaltung der Fristen etwas zu verlieren hatten.

Und letztendlich – und dies ist nicht als Kritik gedacht, sondern soll lediglich die Realität von Verhandlungen widerspiegeln – wurden unsere Verhandlungen von Handelsexperten durchgeführt. Handelsexperten versuchen naturgemäß, den für die Europäische Union besten Deal abzuschließen. Was für die Entwicklung eines Landes am besten wäre, ist dabei oft zweitrangig. Und ich möchte dies noch einmal sagen: Dies ist keine Kritik, denn sie tun genau das, wozu sie ausgebildet wurden. Allerdings muss man zugeben, dass Verhandlungen in der Realität genau so ablaufen.

Seit Abschluss der Verhandlungen versuchen wir als Parlament, zwischen Handel und Entwicklung die Quadratur des Kreises zu erzielen.

Ich möchte meine Kommentare als Berichterstatter auf das Cariforum-WPA beschränken, bei dem es sich zurzeit natürlich um das einzige umfassende Wirtschaftspartnerschaftsabkommen handelt. Da dieses WPA bereits unterzeichnet ist, können wir am Text keine Änderungen mehr vornehmen, sondern es nur noch annehmen oder ablehnen. Ich bin der Auffassung, dass wir diese Woche unsere Zustimmung zum Cariforum-WPA geben können, wenn wir von der Kommission und der Kommissarin gewisse Zusicherungen und Auslegungen des Textes erhalten.

Der Schriftsteller Lewis Carroll ließ eine seiner Rollen, Humpty Dumpty, einmal ziemlich geringschätzig Folgendes erwidern: „Wenn ich ein Wort verwende, dann bedeutet es genau, was ich es bedeuten lasse, und nichts anderes.“ Ehrlich gesagt erging es uns bis vor Kurzem ähnlich. Wir haben versucht, einige der Worte zu verstehen, die im Cariforum-WPA verwendet wurden, und wir haben uns darum bemüht, Klarheit darüber zu schaffen, was mit dem Text eigentlich gemeint ist. Dies war nicht immer einfach.

Ich würde mich freuen, wenn uns die Kommissarin heute im Hinblick auf einige Aspekte Zusicherungen geben könnte.

Erstens, dass es sich bei der Revisionsklausel des Abkommens um eine echte Revisionsklausel handelt und dass sie von der Kommission ernst genommen wird: Wir müssen entwicklungspolitische Zielsetzungen wie Armutsminderung, nachhaltige Entwicklung, wirtschaftliche Diversifizierung und das Leisten eines Beitrags zum Erreichen der Millenniums-Entwicklungsziele bei der nach fünf Jahren gezogenen Zwischenbilanz beherzigen, um gewährleisten zu können, dass die WPA für all diese Aspekte hilfreich sind und diese Ziele nicht behindern.

Zweitens würde ich mich freuen, wenn uns die Kommissarin zusichern könnte, wie WPA finanziert werden sollen. Gemäß den Berechnungen sollten aus dem derzeitigen EEF und anderen bis 2013 geltenden Finanzrahmen etwa 580 Millionen Euro für die Cariforum-Länder zur Verfügung stehen. Meiner Meinung nach – aber ich bin hier natürlich kein Experte – sollte dies reichen, um den Anforderungen der WPA gerecht zu werden, wenn richtig geplant wird, wenn die Mittel gut angelegt werden und wenn bei der Mittelzuweisung die Prioritäten der karibischen Länder berücksichtigt werden. Darüber hinaus müssen wir sicherstellen, dass die Mitgliedstaaten ihren Teil der 2 Milliarden Euro zusteuern, die Entwicklungsländern als „Handelshilfe“ versprochen wurden. Außerdem müssen wir uns auch die Situation nach 2013 vor Augen halten. Diesbezüglich können wir von der Kommission keine Zusicherungen erhalten, weil dies Sache des Parlaments und des Rates ist. Dennoch müssen wir daran denken, dass wir Verpflichtungen nicht länger eingehen können, als dass wir Mittel haben. In diesem Fall ist dies bis 2013.

Die dritte Zusicherung, an der ich interessiert bin, ist für den Status, der meistbegünstigten Staaten gewährt wird. Ich habe der Kommissarin gegenüber bereits erwähnt, dass ich vollstes Verständnis dafür habe, dass die Europäische Union auf dieselben Bedingungen bestehen sollte, die karibische Länder den Vereinigten Staaten oder anderen wichtigen Industrieländern gewähren. Allerdings sollten wir nicht auf die Klausel der meistbegünstigten Staaten bestehen, wenn karibische Länder beispielsweise mit einer Gruppe afrikanischer Länder einen Abschluss unter günstigeren Bedingungen tätigen.

Und nun zu meinem vierten und letzten Punkt: Hier geht es um den Zugang zu Medikamenten. Wir brauchen eine Zusicherung, die gewährleistet, dass kein Bestandteil des Cariforum-Abkommens die Anwendung des TRIPS-Mechanismus bedroht, denn dieser Mechanismus sollte nicht in Zweifel gezogen werden.

Diese Zusicherungen möchte ich gerne von der Kommissarin hören, allerdings möchte ich bereits vorher abschließend sagen, dass ich der festen Überzeugung bin, dass die Kommissarin darauf Einfluss genommen hat, den Ton und die Art der WPA-Diskussion zu ändern, und ich zolle ihr Tribut für die Arbeit, die sie in dieser Hinsicht bereits verrichtet hat.

 
  
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  Erika Mann, Berichterstatterin. − Herr Präsident! Frau Kommissarin, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Mit dem Abkommen mit Côte d'Ivoire haben wir ein Abkommen vor uns liegen, dem wir von Seiten des Parlaments unsere Zustimmung geben müssen. Wir haben nur die Möglichkeit, ja oder nein zu sagen. Ich hoffe, dass sich das eines Tages ändern wird und das Parlament auch an den Mandatsverhandlungen mitwirken wird.

Das macht es etwas schwieriger. Es gibt zwei Unterschiede zu dem Abkommen mit CARIFORUM. Erstens haben wir es mit einer Regierung zu tun, die nicht demokratisch gewählt wurde. Zweitens haben wir es mit einem vorläufigen Abkommen zu tun, das erst einmal nur sicherstellt, dass die alten Präferenzen weiter gewährt werden können. Das volle Abkommen wird erst in der Zukunft verhandelt werden.

Was ich von der Kommissarin Cathy Ashton gerne hören würde, wären Zusicherungen an einigen Stellen, von denen ich weiß, dass sie für Côte d'Ivoire ausgesprochen wichtig sein werden. Ich hatte am vergangenen Wochenende noch einmal ein Gespräch geführt, in dem sehr deutlich wurde, dass es Rückversicherungen von Seiten der Kommission geben muss, was im Übrigen in voller Übereinstimmung mit den Zusicherungen steht, die die Kommissarin bereits im Fall von SADC gegeben hat. Deshalb erlauben Sie mir, einige der wichtigsten Punkte zu nennen.

Der erste Punkt betrifft eine umfangreiche Flexibilität. Diese Flexibilität sollte die folgenden Punkte umfassen: Erstens die Aufnahme einer review-Klausel, die ebenfalls flexibel ist, so dass nicht ein Zeitraum von 5 Jahren vorgesehen ist, sondern dass permanent und relativ kurzfristig evaluiert werden kann. Zweitens sollten sensible Themen nur dann verhandelt werden, wenn sie auch tatsächlich von dem Land gewünscht werden. Das betrifft besonders die Singapur-Themen, aber natürlich auch die Frage, wie TRIPS integriert wird, und ähnlich gelagerte Punkte.

Der dritte Punkt wäre der, dass regionale Differenzen akzeptiert werden, wenn weiterverhandelt wird in Richtung auf ein regionales Abkommen. Côte d'Ivoire steht ja vor dem besonderen Problem, dass das Abkommen im Moment isoliert ausgehandelt und abgeschlossen wird, während zukünftig in Richtung eines regionalen Abkommens verhandelt werden soll.

Viertens wäre es wichtig, dass es im Rahmen von neuen Verhandlungen jederzeit möglich ist, Themen aufzugreifen, die im Moment noch nicht berücksichtigt sind, und dass diese Themen dann auf eine Zustimmung von Seiten der Kommission treffen werden.

Insofern, Frau Kommissarin, bräuchten Sie eigentlich nur die Zugeständnisse, die Sie bereits im Fall von SADC gemacht haben, auch auf Côte d'Ivoire auszudehnen, dann wäre eine entsprechende positive Aufnahme von Seiten des Parlaments wahrscheinlicher. Wir haben halt die große Sorge, die uns auch von vielen Nichtregierungsorganisationen zugetragen wurde, dass es besonders im Fall Côte d'Ivoire anfangs offensichtlich relativ wenig Flexibilität von Seiten der Kommission gegeben hat, und dass deshalb die angesprochenen Punkte bei dem Übergang vom Interimsabkommen zum vollen Abkommen nicht berücksichtigt worden sind. Deshalb wäre ein Zugeständnis von Ihrer Seite ausgesprochen hilfreich, um uns zu ermöglichen, unsere Zustimmung zu dem Abkommen zu geben.

Darüber hinaus habe ich in der Aussprache mit den Vertretern von Côte d'Ivoire gehört, dass sie große Sorgen haben, dass die technische Hilfe nicht zügig genug fließen wird und dabei auch nicht allen ihren Sorgen Rechnung getragen wird. Nach meinem Verständnis legen sie besonderen Wert darauf, dass die Kommission und die internationalen Organisationen ihnen behilflich sind, KMU Marktzugang zu verschaffen, so dass sie dann auch tatsächlich den Marktzugang nach Europa nutzen können. Sie sind ausgesprochen vorsichtig, wenn diese Singapur-Themen verhandelt werden – wenn überhaupt –, und sie legen Wert darauf, dass wir ihnen behilflich sind, ein Verständnis dafür zu entwickeln, wie öffentliche Güter für die Gesellschaft genutzt werden können. Außerdem ist es ihnen ein Anliegen, dass wir ihnen bei allen Fragen von technischen Standards behilflich sind, weil diese für sie häufig eine reale Marktbeschränkung bedeuten.

Meine letzte Bemerkung bezieht sich auf einen Punkt, der das Parlament betrifft. Wie erwähnt, haben wir ja nur die Möglichkeit, ja oder nein zu sagen, und das schränkt natürlich die Frage ziemlich ein, wie stark das Parlament an der Gestaltung von Abstimmungen mitwirken kann. Ich möchte Sie ausdrücklich darauf hinweisen – und das werden Sie auch in unseren Texten finden –, dass eine mögliche Zustimmung zu dem Interimsabkommen nun nicht bedeutet, dass wir automatisch auch eine Zustimmung zu dem vollen Abkommen geben werden. Vielmehr wünschen wir ausdrücklich, dass wir im Rahmen eines monitoring-Verfahrens permanent in die weiteren Verhandlungen einbezogen werden, damit wir dann die jetzt angesprochenen Punkte bis zu einem gewissen Grad – soweit das in unserer Macht steht – auch kontrollieren können.

Können Sie abschließend noch einige Worte dazu sagen, inwieweit sich das Nichtzustandekommen der Doha-Abkommen besonders negativ auf Côte d'Ivoire auswirken wird, vor allem hinsichtlich Bananen?

 
  
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  Helmuth Markov, Verfasser. − Herr Präsident, Frau Kommissarin, Herr Außenminister! Wir sprechen in dieser Debatte nicht einfach über ein Paket von 16 mündlichen Anfragen an Rat und Kommission, acht Entschließungen und zwei Berichten im Zustimmungsverfahren, sondern wir sprechen über 79 Entwicklungsländer, mit denen die Europäische Union ihre Handels- und Kooperationsbeziehungen erneuert.

Handels- und Kooperationsbeziehungen sind wichtige Mechanismen im Kampf um die Überwindung von Armut und für den Aufbau wirtschaftlich und sozial stabiler Volkswirtschaften. Dazu gehört vor allem auch die Unterstützung beim Ausbau von Infrastruktur, Gesundheitsversorgung, Ernährungssouveränität, funktionierenden Sozialsystemen, Bildung und kulturellem Austausch.

In der Vergangenheit basierten unsere Handelsbeziehungen zu den AKP-Staaten auf nicht reziproken Handelspräferenzen, die den meisten in den AKP-Staaten hergestellten Produkten zollfreien Zugang zum Binnenmarkt erlaubten. Im Jahr 2000 wurde vereinbart, bis Ende 2007 neue Partnerschaftsabkommen zu erarbeiten. Und darin sollten die unilateralen Handelspräferenzen durch WTO-kompatible Vereinbarungen ersetzt werden, mit den Zielstellungen, Armut zu verringern und letztendlich abzuschaffen und nachhaltige Entwicklung zu fördern, regionale Integration, wirtschaftliche Kooperation und gute Regierungsführung zu fördern, den AKP-Staaten beim Ausbau ihrer wirtschaftlichen Fähigkeiten zu helfen und sie schrittweise in die Weltwirtschaft zu integrieren. Dazu sollten eben auch in diesen Ländern die Produktionskapazitäten erweitert werden, privatwirtschaftliche Tätigkeit und Investitionen erleichtert werden.

Die vorliegenden Wirtschaftspartnerschaftsabkommen, besonders die so genannten Interim-WPA oder Goods-only-Abkommen, sind vor allem Handelsabkommen, da sie zu 90 % oder mehr Fragen des Marktzugangs und andere Bereiche des Handels betreffen. Es geht dabei um die schrittweise Liberalisierung des Handels zwischen der Europäischen Union und den Partnerregionen bzw. den einzelnen Staaten.

Welche Probleme haben sich unseres Erachtens im Verlauf der Verhandlungen ergeben?

Zunächst scheint es wirklich fraglich, ob die Zeit ausreichend war. Natürlich, die Kommission ist gut aufgestellt: Sie hatte die Verhandlungsführer, sie konnte die Abstimmung durchführen, auch mit den Mitgliedstaaten. Aber stellen Sie sich vor, Sie wären der Verhandlungspartner auf der anderen Seite gewesen. Sind die Verhandlungen wirklich immer in dem Maße parallel verlaufen, so dass die entsprechende Abstimmung in der Zivilgesellschaft mit den Parlamenten dort vorgenommen werden konnte?

Es gab sehr viel Kritik inhaltlicher Natur: Erstens, obwohl es anderslautende Expertenmeinungen gibt, versteht die Kommission unter WTO-Kompatibilität 80 %-ige Zollsenkungen innerhalb der kommenden 15 Jahre. Auch wenn die Liberalisierungsverpflichtungen zunächst asymmetrisch sind, so stehen, was die Liberalisierungsschritte angeht, am Ende doch beiderseits offene Märkte – was sich die Europäische Union problemlos leisten kann. Die Exporte aus den AKP-Staaten stellen nur einen geringen Teil ihrer Einfuhren dar.

Für die AKP-Staaten aber ist Zollabbau Verlust von Zolleinnahmen, die für dringende öffentliche Investitionen in Infrastruktur, den sozialen Bereich, die Unterstützung des wirtschaftlichen Aufbaus und die Verbesserung von Verwaltungskapazitäten benötigt werden. Das bedeutet darüber hinaus die Verlangsamung der volkswirtschaftlichen Entwicklung und damit weitere Abhängigkeit von Exporten aus den Industriestaaten. Das betrifft Nahrungsmittel genauso wie Industriegüter und schafft letztendlich einen Teufelskreis. Wenn Sie sich die steigenden Lebensmittelpreise in den AKP-Staaten anschauen, ist dies der schlagende Beweis dafür. Ich habe die Frage oft gestellt: Wenn 50 Jahre nicht reziproke Handelsbeziehungen keine auch nur annähernd hinreichende Entwicklung gefördert haben, wie soll dies dann erst mit gegenseitiger Marktöffnung erreicht werden?

Ein weiteres großes Problem, das mit dem vorliegenden Abkommen noch verschärft wird, ist die Beziehung zwischen den Partnerregionen und -ländern. Innerhalb der ostafrikanischen Gemeinschaft – und für den entsprechenden Entschließungsantrag zeichne ich ja persönlich verantwortlich – mag das Problem der internen Zölle weniger bestehen, da hier eine Zollgemeinschaft vorhanden ist, aber schon die Handelsbeziehungen zu den benachbarten Staaten könnten sich aufgrund der unterschiedlichen Liberalisierungstranchen schwierig gestalten. Und hierzu kommen natürlich auch viele Probleme in Bezug auf die Ursprungslandregelung. Große Befürchtungen gibt es im Hinblick auf die Verhandlungen über umfassende WPA. Sie entsprechen auch bestimmten Konflikten innerhalb der blockierten Doha-Entwicklungsrunde. Viele Staaten sehen sich nicht in der Lage, ihre Dienstleistungs-, Investitions- und öffentlichen Beschaffungsmärkte zu deregulieren und dem globalen Wettbewerb zu öffnen. Nicht einmal innerhalb der EG ist das vollständig machbar oder überhaupt wünschenswert. Was den Mangel an Kontrollmechanismen für Finanzmärkte angeht, braucht man hier nicht auszuführen.

Große Kritik gab und gibt es in Bezug auf die Transparenz der Verhandlungen als solche, also die Einbeziehung der Parlamente und der Zivilgesellschaft. Und schließlich stellt sich auch die Frage hinsichtlich Mode 4. Wenn Güter frei bewegt werden sollen, sollten das dann nicht auch erst recht Menschen dürfen? Und insofern hat unser Ausschuss Fragen artikuliert, die unabhängig vom Bereich, aus dem sie kommen, immer das Gleiche betreffen.

Welche finanziellen, technischen und administrativen Unterstützungsmaßnahmen sind im Rahmen der Neugestaltung der Handels- und Entwicklungspartnerschaften vorgesehen? Wird die Kommission in weitergehenden Verhandlungen flexibel auf die Bedürfnisse der Partnerregionen eingehen, insbesondere hinsichtlich der Ermöglichung von Ausfuhrzöllen für Entwicklungszwecke, des Schutzes junger Industrien, der Freizügigkeit von Arbeitnehmern und des besonderen Schutzes des öffentlichen Beschaffungswesens? Ist die Kommission darüber hinaus bereit, ihre Position im Hinblick auf den Schutz geistiger Eigentumsrechte insofern zu überdenken, als zu gewährleisten ist, dass die biologische Vielfalt und überliefertes Wissen erhalten bleiben und die medizinische Versorgung der ärmeren Länder zu bezahlbaren Preisen garantiert wird? Sind Rat und Kommission bereit, in Zukunft Parlamenten und Zivilgesellschaften adäquate Informationen über Partizipationsmöglichkeiten zu gewähren? Und gibt es schließlich die Bereitschaft, die ausgehandelten Abkommen gegebenenfalls einer Revision zu unterziehen, sollte sich herausstellen, dass sich bestimmte Punkte negativ auf die Entwicklungsfortschritte der AKP-Staaten auswirken?

Gestatten Sie mir zum Abschluss noch eine ganz kleine persönliche Bemerkung. Ich war jetzt zweieinhalb Jahre Vorsitzender des Ausschusses für Internationalen Handel. Da ich nicht wieder kandidiere, möchte ich bei dieser Gelegenheit die Chance nützen, meinem Sekretariat, Herrn Rodas und insbesondere auch Frau Pribaz, ganz, ganz herzlichen Dank zu sagen für die tolle Unterstützung, die sie mir immer gegeben haben, und mich auch bei den Kollegen bedanken. Es war eine schöne Zusammenarbeit und ich denke, wir haben viel geleistet. Es wäre schön, und wenn uns nun das mit den WPA auch noch gelingen würde! All jenen, die hier verbleiben, möchte ich für die nächste Wahlperiode noch alles Gute wünschen. Ich bin eigentlich ganz hoffnungsvoll, dass der Handel künftig auch in diesem Europäischen Parlament eine größere Rolle spielen wird. Vielen Dank!

 
  
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  Christofer Fjellner, Verfasser. (SV) Herr Präsident, ich freue mich sehr, dass wir heute über dieses Thema sprechen können. Da zurzeit immer stärker protektionistisch gehandelt wird und die Armut sich weiter verbreitet anstatt nachzulassen, ist es für uns besonders wichtig, dass der Handel zwischen Europa und einigen der weltweit ärmsten Länder aufrechterhalten wird. Darum geht es im Prinzip bei Interimsabkommen. Durch die Wirtschaftspartnerschaftsabkommen soll gewährleistet werden, dass in einigen der ärmsten Ländern dieser Welt auch in Zukunft Handel betrieben wird und Entwicklung stattfindet.

Diese Länder laufen Gefahr, durch die sich weiter intensivierende weltweite Konjunkturschwäche und den zunehmenden Protektionismus am stärksten benachteiligt zu sein. Aus diesem Grund kann ich einige der zum Ausdruck gebrachten Kritikpunkte nicht verstehen. Einige Kollegen glauben, dass diese Abkommen zu weit gehen und zu umfassend sind. Einige Kritiker würden lieber über entgangene Zolleinnahmen sprechen als über das Potenzial für neue Handelsabschlüsse. Ich denke hingegen, dass wir darauf stolz sein sollten, so viel erreicht zu haben. Einige Redner haben behauptet, dass zwischen Handel und Entwicklung ein naturgemäßer Konflikt besteht, aber dieser Meinung kann ich mich nicht anschließen. Ganz im Gegenteil: Handel führt zu Entwicklung, und Zölle führen zu Armut.

Ich war für das mit Ghana abgeschlossene Interimsabkommen zuständig. Zuallererst möchte ich bestätigen, dass das Abkommen einige Mängel aufweist, wie die EU-Zölle auf Reis und Zucker, die weiterhin für eine Übergangszeit erhoben werden. Insgesamt handelt es sich aber um ein sehr gutes Abkommen. Es ist uns daher wichtig, dass es so bald wie möglich unterschrieben wird. Die Präsidentschaftswahlen in Ghana stellten bisher ein Hindernis dar, jetzt möchte ich jedoch John Atta Mills, den neuen Präsidenten des Landes, bitten, das Interimsabkommen zu unterzeichnen. Ich hoffe auch, dass wir in der EU das ausgehandelte Abkommen auf alle Fälle unterschreiben werden. Es ist inakzeptable, dass sich das Ganze so lange hinzieht. Und besonders schlimm ist es, dass diese Verzögerung auf die unzulänglichen Leistungen des Übersetzungsdienstes des Rates zurückzuführen ist.

Ich möchte diese Gelegenheit nutzen, Sie alle zu bitten, das Abkommen zu unterstützen. Wir leben in ungewissen Zeiten, und die Welt braucht daher mehr Handel und nicht weniger.

 
  
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  Daniel Caspary, Verfasser. – Herr Präsident, meine geschätzten Kolleginnen und Kollegen! Aus meiner Sicht sind die Wirtschaftspartnerschaftsabkommen unentbehrlich für die Sicherung von Handelsbeziehungen mit den afrikanischen, karibischen und pazifischen Staaten. Sowohl die Europäische Union als auch diese Staaten haben großes Interesse an der Zusammenarbeit. Wir müssen dringend davon abgehen, die afrikanischen Staaten wie in den letzten fünfzig, sechzig Jahren mit Entwicklungshilfemitteln zu alimentieren. Wir müssen diese Staaten endlich auch mental in die Freiheit entlassen, damit sie ihre Zukunft selbst in die Hand nehmen können, damit sie selbst Wohlstand aufbauen können, wie das andere Regionen in der Welt in den letzten Jahrzehnten getan haben.

Hierzu kann Handel einen sehr guten Beitrag leisten. Ich denke da zum einen an den Handel zwischen der Europäischen Union und diesen Staaten, ich denke aber vor allem auch an den Handel zwischen diesen Staaten untereinander, an den so genannten Süd-Süd-Handel. Ich bin der festen Überzeugung, dass wir die Regierungen und die Staaten vielleicht auch etwas zwingen müssen, ihre unglaublich hohen Zollbarrieren in vielen Bereichen zu beseitigen und dadurch überhaupt die Voraussetzungen für ein Wirtschaftswachstum in diesen Regionen zu schaffen.

Warum müssen wir das tun? Wir brauchen in diesen Staaten dringend Rahmenbedingungen, die die Menschen in die Lage versetzen, ihren Wohlstand eigenständig zu erarbeiten. Ich hatte in Gesprächen mit Vertretern aus diesen Ländern vielfach den Eindruck, dass die Menschen dankbar sind, dass wir als Europäische Union in manchen Bereichen Druck machen, dass sie dankbar sind, dass wir in manchen Bereichen auch Vorgaben machen und die nationalen Regierungen zwingen, wirtschaftspolitisch etwas voranzugehen.

Ich würde mich freuen, wenn wir diesen Gesichtspunkt in den nächsten Wochen und Monaten gerade auch in den Verhandlungen nicht aus den Augen verlieren würden, also nicht nur auf berechtigte Wünsche der Regierungen eingehen, sondern auch an der einen oder anderen Stelle unsere berechtigten Forderungen aufrechterhalten und auch berechtigte Forderungen der Menschen aus diesen Staaten als deren Anwalt mit vertreten.

In diesem Sinne hoffe ich auf fruchtbare Verhandlungen.

 
  
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  Kader Arif, Verfasser. (FR) Herr Präsident, meine Damen und Herren, bei dieser ausführlichen Aussprache, die wir heute hier führen, möchte ich kurz darauf eingehen – wenn Sie es mir gestatten –, was wir bereits erreicht haben.

Erinnern wir uns der Haltungen von einigen Mitgliedern dieses Parlaments angesichts der wachsenden Bedenken in den Staaten in Afrika, im karibischen Raum und im Pazifischen Ozean (AKP), angesichts der Demonstrationen gegen die Wirtschaftspartnerschaftsabkommen (WPA) und angesichts der Warnsignale von NRO sowohl aus der nördlichen als auch der südlichen Erdhalbkugel, als wir darauf bestanden, dass der Schwerpunkt dieser Abkommen auf Entwicklung gelegt werden muss. Wie durch die ständige Wiederholung dieses Punkts durch die Kommission klar wird, ist diese Notwendigkeit heute offensichtlich. Peter Mandelson traute sich damals jedoch kaum, uns überhaupt zu antworten, weil es für ihn hauptsächlich darum ging, den Handel anzukurbeln. Als ob allein durch das Aufheben von Zollschranken auf wundersame Weise Entwicklung stattfinden würde.

Wir wurden Idealisten genannt, die von NRO manipuliert wurden, und manche Menschen fühlten sich durch unsere Forderung nach Instrumenten, die Schutz, Vorschriften und die Intervention durch Behörden gewährleisten sollten, angegriffen. Aber was wurde daraus? Es macht nicht den Anschein, dass wir verantwortungslos gehandelt haben. Nein, die Regierungen der AKP-Länder waren nicht damit einverstanden, unter Druck gesetzt oder gar bedroht zu werden, um weiterzuverhandeln. Nein, bei den Risiken, die mit dem Ermöglichen von Handel einhergehen, handelt es sich nicht um eine Geisteshaltung. Sie bestehen tatsächlich und werden ganz reale, sofortige Auswirkungen haben: Der Haushalt der Länder wird aufgrund niedrigerer Zolleinnahmen geringer ausfallen, neue Branchen des Agrarsektors werden geschwächt, und die Ernährungssicherheit der Bevölkerung wird gefährdet.

Diese Befürchtungen haben wir schon vor langer Zeit zur Sprache gebracht, und zwar bevor es zu durch Hunger ausgelösten Ausschreitungen kam oder sich die Finanzkrise abzeichnete. Was lässt sich über die heutige Situation sagen? Der Internationale Währungsfonds, die Weltbank und die Vereinten Nationen erkennen an, dass Entwicklungsländer – entgegen der zu Beginn gemachten Aussagen – von der weltweiten Konjunkturschwäche schwer in Mitleidenschaft gezogen werden.

Jacques Diouf, Generaldirektor der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation, betonte dies kürzlich, indem er fragte, ob wir es wagen würden, denjenigen, die wir Partner nennen, mitzuteilen, dass wir bereit sind, Milliarden für die Rettung des weltweiten Bankensystems auszugeben, aber nicht für die Menschen dieser Länder, die vor Hunger sterben.

Frau Kommissarin, ich möchte an dieser Stelle völlig ehrlich sein und hoffe, dass dieser Punkt verstanden wird. Wenn Sie im Namen der Kommission keine starke und präzise Zusicherung abgeben, durch die uns garantiert wird, dass bei den WPA wirklich entwicklungspolitische Aspekte im Vordergrund stehen werden, kann ich meine Zustimmung nicht geben. Worte genügen nicht, und dies gilt auch für Willenserklärungen, denn davon haben wir schon zu viele gehört. Wir wollen spezifische Verpflichtungen, und ich möchte diese einzeln aufführen. Die WPA werden erst dann zufriedenstellende Abkommen sein, wenn sie die regionale Integration fördern sowie einen Beitrag zur Entwicklung der AKP-Länder und zum Erreichen der Millenniums-Entwicklungsziele leisten.

Wenn wir von der Förderung regionaler Integration sprechen, so ist dies unter praktischen Gesichtspunkten zu betrachten. Beispielsweise wurde das zentralafrikanische Land Kamerun von seinen Nachbarstaaten dafür kritisiert – um nicht zu sagen stark verurteilt –, dieses Interimsabkommen mit der Europäischen Union unterzeichnet zu haben. Von den acht Ländern dieser Region zählen fünf zu den am wenigsten entwickelten Ländern. Das bedeutet, dass diese Länder automatisch und in vollem Umfang den Regeln der Welthandelsorganisation entsprechen und für ihre Exporte freien Zugang zum europäischen Markt haben, ohne im Gegenzug irgendwelche Handelszugeständnisse machen zu müssen. Ich kann gut verstehen, weshalb man sich in diesen Ländern Sorgen macht, wenn die Kommission sie bittet, ihre Märkte für 80 % europäischer Exporte zu öffnen.

Wenn die Kommissarin sich dazu verpflichtet, die regionale Integration zu fördern und für mehr Flexibilität zu sorgen, damit die unterschiedlichen Entwicklungsstufen unserer Partner berücksichtigt werden, kann sie uns vielleicht auch sagen, weshalb sie das von Zentralafrika unterbreitete Angebot nicht annimmt, eine Liberalisierung von 71 % herbeizuführen?

Das zweite wichtige Thema, für das wir gerne eine Antwort hätte, betrifft die Singapur-Themen. Sie können bei den Verhandlungen nicht gegen den Willen der Partnerländer auferzwungen werden. In diesem Zusammenhang möchte ich besonders auf das öffentliche Beschaffungswesen hinweisen. Selbstverständlich muss Transparenz herrschen – dafür werde ich mich immer einsetzen –, aber können wir durch die Erzwingung eines liberalisierten öffentlichen Beschaffungswesens unseren AKP-Partnern die Möglichkeit nehmen, ein wichtiges Instrument ihrer Souveränität zu nutzen, um ihre Industrie und vor Ort angebotene Dienstleistungen zu unterstützen?

Beim dritten Punkt geht es um Dienstleistungen. Bei unseren WPA-Gesprächen mit Kamerun hat die Kommission immer wieder darauf hingewiesen, dass unsere Partner über Dienstleistungen verhandeln möchten. Das mag der Wahrheit entsprechen, aber dennoch müssen wir uns vor denjenigen hüten, die dieses Argument nutzen würden, um die Liberalisierung von Dienstleistungen in allen Regionen und in allen Ländern durchzusetzen – vor allem, um die Liberalisierung der öffentlichen Dienstleistungen zu rechtfertigen. Frau Kommissarin, ich erwarte von Ihnen, dass Sie sich klar dazu verpflichten, dass die öffentlichen Dienstleistungen von diesen Verhandlungen nicht betroffen sein werden, und zwar in keiner einzigen Region. Wir wissen, dass niedrigere Zolleinnahmen dazu führen werden, dass der Haushalt unserer Partner geringer ausfällt. Durch niedrigere Einnahmen werden zuerst das Bildungs- und das Gesundheitswesen sowie die Forschung leiden. In diesem Zusammenhang wäre es daher für die AKP-Regierungen inakzeptabel, auch noch die Kontrolle über ihre öffentlichen Dienstleistungen zu verlieren. Ich bitte Sie, Frau Kommissarin, uns diesbezüglich eine feste Zusicherung zu geben.

Beim vierten Punkt, und dies wurde bereits erwähnt, geht es darum, dass die Ernährungssicherheit gewahrt bleiben muss. Dazu ist es nicht nur erforderlich, dass angemessene Sicherheitsmaßnahmen ergriffen werden, sondern wir müssen es unseren Partnern auch ermöglichen, ihre Exporte aufrechtzuerhalten und so auf den Weltmärkten weiterhin wettbewerbsfähig zu bleiben. Ich weiß, dass sich in der Entwicklungsgemeinschaft des südlichen Afrikas diesbezüglich einige positive Entwicklungen ergeben haben. Ist die Kommission bereit, ähnliche Maßnahmen in anderen Regionen vorzuschlagen?

Der letzte Punkt bezieht sich darauf, dass – wie wir bereits wissen – zum Ausbau der Volkswirtschaften der AKP-Staaten eine enorme finanzielle Verpflichtung seitens der Europäischen Union erforderlich ist, und zwar sowohl um im Aufbau begriffene Industriezweige von den negativen Auswirkungen der Liberalisierung zu schützen als auch um die Wettbewerbsfähigkeit der Volkswirtschaften unserer Partner zu steigern. Entgegen den immer wieder von unserer Fraktion unterbreiteten Empfehlungen sollen die WPA leider primär aus dem Europäischen Entwicklungsfonds finanziert werden. Wir wissen, dass die Kommission in der Vergangenheit diese Mittel nicht gerade auf vorbildliche Weise eingesetzt hat, und ich muss daher betonen, wie wichtig es ist, dass sie schnell und unter Berücksichtigung der Prioritäten unserer Partner genutzt werden.

Frau Kommissarin, abschließend möchte ich sagen, dass wir durch diese Abkommen gewährleisten werden, dass andere Länder die Europäische Union als einen Staatenbund sehen, der die ärmsten Länder dieser Welt unterstützt.

 
  
  

VORSITZ: MARTINE ROURE
Vizepräsidentin

 
  
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  Glyn Ford, Verfasser. Frau Präsidentin, zuerst würde ich mich gerne bei der Kommissarin und bei den anderen Berichterstattern dafür entschuldigen, dass ich mich der Aussprache erst vor fünf Minuten anschließen konnte. Es kam unterwegs zu Verzögerungen, und ich habe es gerade noch geschafft, in letzter Minute einzutreffen. Ich hoffe, dass ich keine Punkte wiederhole, die bereits von Kollegen erwähnt wurden, oder dass sich dies zumindest in Grenzen hält. Bitte entschuldigen Sie dies gegebenenfalls.

Mein Beitrag bezieht sich auf zwei Rollen: die des Berichterstatters für das Interim-Wirtschaftspartnerschaftsabkommen mit Staaten im Pazifischen Ozean und die des Schattenberichterstatters im Auftrag der sozialistischen Fraktion für die Interim-Wirtschaftspartnerschaft mit ost- und südafrikanischen Staaten.

Diese Aussprache, die wir heute Abend führen, wurde weder durch eine Entscheidung der Europäischen Kommission noch der Europäischen Union ausgelöst, durch die wir den Wunsch äußerten, mit Staaten in Afrika, im karibischen Raum und im Pazifischen Ozean neue Handelsbeziehungen aufzubauen. Nein, sie basiert auf einer Entscheidung, die von der Welthandelsorganisation vor inzwischen bereits mehr als einem Jahrzehnt getroffen wurde. Bei dieser Entscheidung ging es darum, dass wir einige Entwicklungsländer anderen gegenüber bevorzugen. Es wurde manchmal gesagt, dass es hier ausschließlich um Entwicklung gehen sollte. Zwar stimme ich dem zu, aber wir müssen auch daran denken, dass eine der zugrunde liegenden Anforderungen darin besteht, dass die von uns mit diesen Ländern geschlossenen Abkommen mit der WTO kompatibel sein müssen. Dies ist unsere erste Aufgabe.

Ist erstmal dafür gesorgt, dass den Anforderungen der WTO entsprochen wird, müssen wir alles in unserer Macht stehende tun, um zu versuchen, die Situation dieser unterschiedlichen regionalen Blöcke zu verbessern und die Probleme anzugehen, denen sie jeweils ausgesetzt sind. Im Hinblick auf die Staaten im Pazifischen Ozean – für die ich als Berichterstatter fungiere – ist zu sagen, dass es sich um 14 sehr kleine Nationalstaaten und Osttimor, wenn man es hinzuzählen möchte, handelt. Bei einem dieser Länder handelt es sich sogar um das kleinste Land der Welt, und seine Bevölkerung ist genau eine Million Mal kleiner als die von China: Ich spreche von Nauru. Aber selbst die größten dieser Länder sind immer noch vergleichsweise klein. Dies muss bei unseren Auflagen und Forderungen berücksichtigt werden. Wir müssen dafür sorgen, dass für kleine und mittelständische Unternehmen angemessene Übergangszeiten gelten, und – ehrlich gesagt – sind alle Unternehmen mit Ausnahme einiger Bergbauunternehmen in Papua-Neuguinea kleine oder mittelständische Unternehmen. Wir müssen uns um den regionalen Handel kümmern und dabei vor allem die besondere Beziehung dieser Pazifikstaaten mit Australien und Neuseeland berücksichtigen.

Bisher haben lediglich zwei der 14 Staaten das Interimsabkommen unterzeichnet. Allerdings weiß ich von meinem Besuch in Port Moresby, wo das letzte AKP-Treffen stattfand, dass weitere Pazifikstaaten eine abschließende Übereinkunft unterschreiben möchten, sofern diese ihren Anforderungen gerecht wird. Aus diesem Grund befürworte ich das Interimsabkommen. Diese Nachricht habe ich von den Regierungen von Papua-Neuguinea und Fidschi erhalten. Das heißt jedoch nicht, dass sie mit den Bedingungen völlig zufrieden sind. Es gibt ein paar Aspekte, die sie neu verhandeln möchten, aber sie sehen die Lösung darin, ein Interimsabkommen durch Unterzeichnung zu akzeptieren, um später eine abschließende Übereinkunft zu treffen, die für die Entwicklung besser sein wird und an der sich mehr Pazifikstaaten beteiligen können.

Zudem müssen wir einige ganz spezifische Themen behandeln, die besonders für Papua-Neuguinea, Fidschi und andere Pazifikstaaten relevant sind, aber vielleicht auch auf einige der anderen Abkommen Anwendung finden. Wir müssen uns über Verhandlungen Gedanken machen, bei denen es um geistige Eigentumsrechte nicht nur für technologische Artefakte aus westlichen Ländern, sondern auch für traditionelles Wissen geht. Beim öffentlichen Beschaffungswesen sollte die Transparenz mit einer Offenheit für europäische Verträge dort einsetzen, wo es den Anforderungen der Nationalstaaten aus dem Pazifischen Ozean entspricht. Im Falle der Pazifikstaaten müssen wir auch besonders darauf achten, dass Bürger der pazifischen Inselstaaten für mindestens 24 Monate eine Arbeitserlaubnis für die Europäische Union erhalten – nicht für höherwertigere Berufe, aber vielleicht eher für pflegende Berufe und ähnliche Bereiche.

Ich möchte noch erwähnen, dass viele dieser Punkte auch im Hinblick auf ost- und südafrikanische Staaten gelten würden. Vor allem möchte ich Daniel Caspary für unsere Zusammenarbeit danken und mich im Hinblick auf die Pazifikstaaten bei Jean-Pierre Audy bedanken.

Der ost- und südafrikanischen Länder betreffend müssen wir besonders auf verantwortungsvolle Regierungspraktiken achten. Hierzu zählt auch Simbabwe. Ich wäre mit einem Interimsabkommen einverstanden, denke jedoch, dass eine abschließende Übereinkunft nur schwer vom Parlament akzeptiert werden würde, sofern für Simbabwe nicht ein klar definierter Aktionsplan vorliegt. Es müsste zuerst ein ordnungsgemäß funktionierendes demokratisches Regime etabliert werden, das in der Lage ist, die derzeitigen Schwierigkeiten zu überwinden.

Den allerletzten Kommentar, den ich über die ost- und südafrikanischen Staaten machen möchte – natürlich abgesehen davon, dass wir dem Bericht von Daniel Caspary nach Einarbeitung einiger der Änderungsvorschläge beipflichten sollten –, ist die Situation des Chagos-Archipels. Und der Grund dafür ist, dass ich diesbezüglich einen Änderungsantrag eingebracht habe und dieser angenommen wurde. Normalerweise konsultieren wir bei dieser Art von Änderungen Nachbarstaaten und Vertreter angrenzender Gebiete. Der Chagos-Archipel befindet sich in der Mitte eines Teilbereichs dieser Region, und zwar zwischen den Seychellen, Mauritius und Madagaskar. Diese Menschen halten sich derzeit als Flüchtlinge auf den Seychellen auf, und ich hoffe, dass wir vor Abschluss eines endgültigen Abkommens diese Menschen konsultieren können, um herauszufinden, welche Auswirkungen sich für sie und ihre Gebiet ergeben würden, falls ihnen das Recht auf Rückkehr gewährt wird.

 
  
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  Jan Kohout, amtierender Präsident des Rates. – (CS) Frau Präsidentin, Frau Kommissarin, liebe Damen und Herren, zuerst möchte ich mich beim Parlament dafür bedanken, dass ich in diesem wichtigen Augenblick Gelegenheit bekomme, im Rahmen dieser Sitzung ein Thema wie das der Wirtschaftspartnerschaftsabkommen anzusprechen, das zweifelsohne Feinfühligkeit erfordert.

Auch möchte ich meine Achtung für die Funktion aussprechen, die das Parlament im Laufe dieser Verhandlungen durch politische Aussprachen auf äußerst positive Art und Weise wahrgenommen hat. Den Ausschuss für internationalen Handel und den Ausschuss für Entwicklung möchte ich besonders für ihre unermüdliche Arbeit loben und ihnen dafür danken, dass sie an den Diskussionen zu keinem Zeitpunkt das Interesse verloren haben.

WPA standen für Entwicklungsministerien bei ihren Sitzungen im Rahmen des Rates für allgemeine Angelegenheiten und Außenbeziehungen schon immer ganz oben auf der Prioritätenliste. In den vergangenen Jahren fanden bei fast all diesen Sitzungen Gespräche mit der Kommission über die Implementierung der WPA-Zuständigkeit des Rates statt, die häufig zur Annahme von Entschließungen führten. Als das Programm der tschechischen Präsidentschaft im Januar diesem Parlament übergeben wurde, sagten wir, dass es sich um einen wichtigen Zeitraum handle und wir alles tun würden, um weitere Fortschritte herbeizuführen. Wir nutzten die Gelegenheit, um viele unterschiedliche Fragen zu beantworten, und widmeten uns intensiv einer breiten Palette von Themen. Wir sind weiterhin der Meinung, dass sich die richtigen Strategien am besten durch Kooperation und konstruktive Gespräche zwischen den Institutionen initiieren und ausarbeiten lassen.

Sowohl Industrie- als auch Entwicklungsländer sind mit einer beispiellosen Finanz- und Wirtschaftskrise konfrontiert, die die ganze Welt im Griff hält. Als ich Entwicklungsländer fragte, welche Auswirkungen die Krise auf ihre Wirtschaft hat, antworteten sie, dass der Handel nachgelassen hat und sie daher weniger stark wachsen würden. Außerdem musste die Produktionsmenge gedrosselt werden, und die Arbeitslosigkeit ist ebenfalls angestiegen. Der Handelsrückgang und der Verlust von Auslandsmärkten, zu denen nach jahrelangen Bemühungen endlich Verbindungen aufgebaut werden konnten, sind nicht nur für die Volkswirtschaft von Entwicklungsländern schmerzhaft, sondern beeinträchtigen auch die Lebensbedingungen und das Wohlbefinden ihrer Einwohner.

Angesichts dieser Umstände müssen wir bei unserer Reaktion auf die weltweite Wirtschaftskrise alles Erdenkliche tun, um Handel zur treibenden Kraft für nachhaltige Entwicklung zu machen. Die WPA dienen diesem Zweck. Durch schrittweise regionale Integration bieten diese Abkommen eine Chance, den regionalen Handel auszubauen sowie den zollfreien und unkontingentierten Zugang zu unserem großflächigen Markt zu verbessern. So ließe sich das Handelsvolumen mit der EU steigern. Die Funktionsweise der WPA entspricht daher den Regeln der WTO. Dieser Aspekt ist aus rechtlicher Sicht wichtig, weil er den Unterschied zwischen den WPA und den bisher gewährten Handelspräferenzen aufzeigt. Letztere wurden im Rahmen des Cotonou-Abkommens eingeführt und wirkten sich nicht nur negativ auf den Handel zwischen den AKP-Staaten und der EU aus, sondern brachten auch ein beträchtliches Maß an Unsicherheit mit sich.

Ungewissheit ist das Gegenteil von Vertrauen. Durch Ungewissheit werden Investoren vergrämt, wohingegen sie bei Vertrauen dazu geneigt sind, Investitionen zu tätigen. Wir alle wissen, dass die Investitionen in Entwicklungsländern seit Beginn der derzeitigen Krise drastisch zurückgegangen sind. In Zeiten weltweiter Unsicherheit können WPA ein Maß an rechtlicher Sicherheit und Vertrauen beitragen, wodurch sich die Wirtschaft leichter erholen wird. Bei diesen Abkommen handelt es sich nicht um ein Allheilmittel, aber sie sind ein positives Instrument, das zusammen mit anderen Instrumenten eingesetzt werden kann.

In den vergangenen Monaten wurde eine Reihe verpflichtender Berichte veröffentlicht, in denen beschrieben wird, wie in zahlreichen Regionen die Wirtschaftskrise Fortschritte hinsichtlich des Erreichens der Millenniums-Entwicklungsziele beeinträchtigen könnte. Dies sollte uns ziemlich beunruhigen. Bei den WPA wird die Flexibilität, die gemäß den WTO-Regeln zulässig ist, in vollem Umfang zu entwicklungsfördernden Zwecken genutzt. Sie gewährleisten unseren Partnern aus AKP-Staaten die sofortige und asymmetrische Öffnung von Märkten mit langen Übergangszeiten, Ausnahmebewilligungen und regelmäßiger Kontrolle. Zudem enthalten sie Verpflichtungen zu politischen Reformen. Gleichzeitig hat sich die EU dazu verpflichtet, ihren Partnern beim Bewältigen dieser Herausforderung zur Seite zu stehen. Darüber hinaus bieten wir für die Durchführung dieser Abkommen finanzielle Unterstützung, die speziell an diesen Zweck angepasst ist.

Ich freue mich sehr darüber, dass das Interesse an einem intensiveren Dialog über WPA sowohl seitens der EU als auch der AKP-Staaten in letzter Zeit zugenommen hat. Ich möchte diese Gelegenheit nutzen, um Frau Kommissarin Ashton für ihre Bemühungen und dafür zu danken, dass es ihr wichtig war, sich die Ansichten unserer Partner aus den AKP-Staaten anzuhören. Nachdem sie ihren Ansatz in Sachen WPA im Oktober dem Parlament und im November dem Rat dargelegt hatte, wurden unsere politischen Ansprechpartner in den unterschiedlichen AKP-Regionen verstärkt kontaktiert. Mit verschiedenen Regionen wurden bereits beträchtliche Fortschritte erzielt. Die einzelnen Regionen weisen unterschiedliche Merkmale auf und bestimmen selbst die Geschwindigkeit, mit der sie Dinge vorantreiben können. In den kommenden Monaten sollten wir in der Lage sein, uns basierend auf all diesen Verhandlungen ein besseres Bild machen zu können.

Ich bin der Auffassung, dass das Europäische Parlament die WPA mit den Cariforum-Staaten und das Interim-WPA mit Côte d’Ivoire unterstützen wird. Dies wird an alle AKP-Staaten ein positives Signal senden. Für diese Staaten wird dies als Beweis dafür gelten, dass sich durch geduldig geführte Verhandlungen Ergebnisse erzielen lassen, die für beide Parteien annehmbar und vorteilhaft sind. Außerdem ist es ein Zeichen dafür, dass die AKP-EU-Partnerschaft imstande ist, auf neue Herausforderungen rechtlicher, wirtschaftlicher oder politischer Natur zu reagieren. In Zeiten der Unsicherheit wie wir sie gerade erleben steht jedes neue internationale Abkommen für eine stärkere Partnerschaft und für neue Hoffnung in die Zukunft. Das Unterzeichnen der Abkommen würde eine wertvolle politische Nachricht senden, was für die bevorstehende Zusammenkunft der beiden gemeinsamen AKP-EU-Gremien von Vorteil sein könnte: der Paritätischen Parlamentarischen Versammlung, die Anfang April in Prag stattfindet, und des Gemeinsamen Ministerrats Ende Mai in Brüssel.

Die EU muss ihre Partner auch in Zukunft unterstützen, und dies gilt nicht nur für die Cariforum-Region, die wegbereitend das erste umfassende WPA unterzeichnet hat, sondern auch für die Länder und Regionen, die die ersten Schritte unternommen haben und ermutigt werden müssen, am Ball zu bleiben. Dazu gehört Côte d’Ivoire, dessen Interim-WPA noch vom Parlament genehmigt werden muss. Weitere WPA werden gerade vorbereitet. Die Kommission setzt sich intensiv dafür ein, für Partnerstaaten Bedingungen zu schaffen, die eine Zusammenarbeit und das Ausarbeiten eines Plans mit dem Ziel, umfassende regionale Abkommen abzuschließen, ermöglichen. Der Rat betont der Kommission und den Partnern gegenüber immer wieder aufs Neue, dass diese Abkommen ein Entwicklungsinstrument sind und dass die entwicklungspolitischen Vorteile in vollem Umfang nur durch umfassende regionale Abkommen genutzt werden können.

Der politische und wirtschaftliche Kontext, in dem das Parlament aufgefordert wurde, den Cariforum-WPA und dem Interim-WPA mit Côte d’Ivoire zuzustimmen, ist wichtig, aber das Parlament hat den Rat und die Kommission dennoch um einige konkrete Erklärungen gebeten. Dieser Schritt ist ein bedeutender und legitimer Teil dieses Verfahrens, und ich werde mich bemühen, die in meinen Verantwortungsbereich fallenden Fragen so gut wie möglich zu beantworten. Ich bin mir bewusst, dass andere Fragen gestellt wurden, denen sich Frau Kommissarin Ashton annehmen wird. Ich möchte mit einigen der Themen beginnen, die bereits erwähnt wurden.

Bei einem der angesprochenen Aspekte geht es darum, ob, wann und in welchem Umfang Überprüfungen für die mit Cariforum-Staaten abgeschlossenen WPA durchgeführt werden. Sowohl der Rat als auch die AKP-Gruppe teilen die bei diesen Fragen zur Sprache gebrachten Bedenken in vollem Umfang. Ich kann bestätigen, dass spätestens fünf Jahre nach Unterzeichnung, die im Oktober letzten Jahres erfolgte, umfassende Überprüfungen der WPA durchgeführt werden. Diese Überprüfungen ergänzen natürlich die in Artikel 5 erwähnte Routinekontrolle, bei der überprüft wird, ob die in diesen Abkommen festgelegten Bedingungen eingehalten werden. Die Überprüfungen sind gemäß den Bedingungen der Abkommen obligatorisch und stellen eine der Aufgaben der gemeinsamen Gremien dar, zu denen die parlamentarischen und beratenden Ausschüsse gehören. Im Rahmen dieser Überprüfungen werden auch Verträglichkeitsprüfungen durchgeführt und dabei werden die Kosten und Auswirkungen der Abkommen berücksichtigt. Werden an einem WPA selbst oder an der Umsetzung dieses Abkommens Änderungen vorgenommen, ist die parlamentarische Beteiligung garantiert, und zwar entweder gemäß den Gesetzen der Unterzeichner des WPA oder im Rahmen der parlamentarischen Ausschüsse, die basierend auf dem WPA eingerichtet wurden.

Die zweite Frage, an der das Parlament interessiert ist, bezieht sich auf die in diesem Zusammenhang zu ergreifenden Maßnahmen finanzieller Natur, die von den AKP-Regionen gefordert wurden, und vor allem auf unsere Zusage, den Handel zu fördern. Wie Sie wissen, haben sich sowohl die Europäische Gemeinschaft als auch ihre Mitgliedstaaten im Oktober 2007 dazu verpflichtet, im Rahmen der EU-Strategie für handelsbezogene Unterstützung die für den Handel geleisteten Mittel bis 2010 auf 1 Milliarde Euro zu erhöhen. Fast 50 % dieses höheren Betrags wird für Ausgaben zur Verfügung gestellt, die von den AKP-Staaten selbst für besonders wichtig erklärt wurden. Dazu zählen Aspekte, die mit der Umsetzung der WPA zusammenhängen. Sämtliche handelsfördernde Verpflichtungen der Mitgliedstaaten ergänzen die Unterstützung, die aus dem Europäischen Entwicklungsfonds geleistet wird, und unsere Verpflichtungen sind verbindlich.

Nun zum dritten Punkt: Ich möchte das Parlament im Hinblick auf das wichtige Thema des Zugangs zu Medikamenten beruhigen. In diesem Fall kann ich ganz deutlich sagen, dass durch keinen der Artikel dieser Abkommen die Möglichkeit der Cariforum-Staaten geschwächt werden kann, den Zugang zu Medikamenten zu fördern. Wir können an dieser Stelle keine detaillierte rechtliche Analyse durchführen, aber aus politischer Sicht kann ich ihnen noch einmal versichern, dass bei diesen Abkommen keine derartige Absicht verfolgt wird.

Angesichts der Fortschritte, die hinsichtlich der Integration in den Cariforum-Staaten erzielt worden sind, ist es ganz normal, dass Sie auf die Kompatibilität dieser Abkommen mit anderen Programmen regionaler Natur hinweisen, wie den Binnenmarkt und Wirtschaftsraum der CARICOM. Neben der Unterstützung in Sachen Entwicklung und der Erleichterung der schrittweisen Integration der AKP-Staaten in die Weltwirtschaft besteht das Hauptziel der WPA genau darin: in der Förderung der regionalen Integration.

Aus Artikel 4 des WPA geht deutlich hervor, dass bei der Umsetzung der Integrationsprozess der Cariforum-Staaten einschließlich des Binnenmarkts und Wirtschaftsraums der CARICOM ordnungsgemäß berücksichtigt wird. Besonders wird dabei auf die Intensivierung der regionalen Integrationsprogramme und darauf geachtet, dass in diesen Ländern eine nachhaltige Zukunft ermöglicht wird. Bei den Verhandlungen haben uns die Cariforum-Staaten bereits vergewissert, dass sämtliche durch die WPA entstehenden Verpflichtungen mit den regionalen Verpflichtungen, die die karibischen Staaten im Rahmen der relevanten regionalen Integrationsprogramme eingegangen sind, in jeglicher Hinsicht kompatibel sind.

Die Kompatibilität des WPA mit regionalen Integrationsprozessen ist aber auch für die anderen Regionen von Bedeutung, in denen derzeit umfassende WPA verhandelt werden. Als Beispiel könnten wir das umfassende WPA erwähnen, das für die westafrikanischen Volkswirtschaften beabsichtigt ist. Ein umfassendes regionales WPA würde die regionale Integration intensivieren, die Wettbewerbsfähigkeit steigern und einen Beitrag zur Entwicklung der Region leisten. Schon allein der Verhandlungsablauf hat dazu beigetragen, dass man sich verstärkt für regionale Integration einsetzt, weil die Einführung eines gemeinsamen Außenzollsatzes für die Wirtschaftsgemeinschaft Westafrikanischer Staaten als wichtige Bedingung für den Abschluss der WPA-Verhandlungen gilt. Man könnte dies auch über andere Regionen sagen, wenn man ihre ganz besonderen Bedürfnisse und den Verlauf ihrer Integrationsprozesse berücksichtigt.

Die regionale Integration wird zweifelsohne intensiviert werden, sobald alle Regionen umfassende Abkommen unterzeichnen, die auf ihre individuellen Anforderungen abgestimmt wurden. Das Parlament hat mehrmals darauf hingewiesen, dass beim Übergang von einem Interimsabkommen zu einem umfassenden Abkommen flexibel vorgegangen werden sollte. In diesem Kontext kann ich lediglich bestätigen, dass der Rat dieselbe Ansicht vertritt und betont, dass ein flexibler Ansatz erforderlich ist. Als bei den Verhandlungen mehrere schwierige Fragen unbeantwortet blieben, forderten wir im Mai letzten Jahres die Kommission auf, alle Möglichkeiten der Flexibilität und Asymmetrie, die mit den WTO-Regeln kompatibel sind, zu nutzen, damit die unterschiedlichen Anforderungen und die verschiedenen Entwicklungsstufen der Staaten und Regionen des AKP-Raums berücksichtigt werden. Daneben leiteten wir aber auch noch andere Schritte ein. Der Rat erklärte, dass die Staaten und Regionen des AKP-Raums auf Wunsch von gewissen Bestimmungen, die von anderen Staaten oder Regionen im Rahmen der WPA-Verhandlungen festgelegt wurden, abweichen können.

Es muss unbedingt auch in Zukunft eine Kohärenz zwischen den einzelnen WPA bestehen, besonders im Hinblick auf die afrikanischen Staaten. Jede Region hat jedoch eigene Charakteristika, die berücksichtigt werden müssen. Das mit den Cariforum-Staaten geschlossene WPA dient als Beispiel, sollte aber keinesfalls als Vorlage herangezogen werden.

Ich hoffe, dass meine Bemerkungen zu diesen speziellen Punkten für mehr Klarheit gesorgt und einige der hier im Parlament gestellten Fragen beantwortet haben. Ich bin fest davon überzeugt, dass die Kommissarin, die diese Themen zusammen mit ihren Kollegen direkt mit politischen Vertretern der Cariforum-Staaten und anderer AKP-Regionen verhandelt hat, auf einige andere Punkte detaillierter eingehen möchte.

Da wir zu diesem Zeitpunkt, im März 2009, die seit einer Generation schlimmsten wirtschaftlichen Erdbeben erleben, möchte ich betonen, wie wichtig es für uns alle ist, erfolgreiche politische Ergebnisse zu würdigen. Das Handelsaufkommen lässt nach, es werden in diesem Bereich immer mehr protektionistische Maßnahmen ergriffen, in einigen Regionen besteht die Gefahr, dass die bei den Millenniums-Entwicklungszielen bereits erzielten Fortschritte rückgängig gemacht werden. Angesichts dieser Aspekte wird die Zustimmung des Europäischen Parlaments zum WPA mit den Cariforum-Staaten und zum Interim-WPA mit Côte d’Ivoire ein positives Signal dafür sein, dass regionale Integration und entwicklungsfördernder Handel unterstützt werden. Wir müssen auf die derzeitige Krise reagieren, indem wir weitere Partnerschaften eingehen und nicht, indem wir ihnen Steine in den Weg legen. Die Bestätigung des mit den Cariforum-Staaten geschlossenen WPA durch das Europäische Parlament werden auch andere Regionen, in denen sich die Verhandlungen bereits in einem fortgeschrittenen Stadium befinden und die ebenfalls auf das durch diese Abkommen hervorgerufene Vertrauen und die damit verbundene starke Partnerschaft angewiesen sind, neue Hoffnung verspüren und sich ermutigt fühlen.

 
  
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  Catherine Ashton, Mitglied der Kommission. Herr Präsident, es freut mich sehr, in der Plenarsitzung des Parlaments über ein Thema sprechen zu können, das – wie David Martin schon erwähnte – für das Verhältnis der Europäischen Union mit den Staaten in Afrika, im karibischen Raum und im Pazifischen Ozean (AKP) von entscheidender Bedeutung ist.

Bevor ich mich diesem Thema widme, möchte ich eine Sache klarstellen: Ich habe keinerlei Interesse daran, mit AKP-Staaten über Abkommen zu verhandeln, durch die diese Länder ärmer werden könnten. Natürlich handelt es sich hierbei um eine ganz offensichtliche Aussage, aber aus Erfahrung weiß ich, dass man dies offiziell äußern sollte und dass ich nicht davon ausgehen kann, dass dieser Punkt bereits für alle klar ist. Sehr verehrte Parlamentarierinnen und Parlamentarier, wenn Sie später Ihre Stimme abgeben, hoffe ich, dass diese Stimme auf der heute geführten Diskussion und den vorgebrachten Argumenten und nicht auf einer Meinung basiert, die Sie bereits vorher vertraten.

Ich glaube, dass die heutige Plenarsitzung ein wichtiger Schritt im Hinblick auf die Wirtschaftspartnerschaftsabkommen (WPA) ist. Sie werden um Ihre Zustimmung für das vollständige WPA in der Karibik und das Interim-WPA mit Côte d’Ivoire gebeten. Sie haben ganze acht Entwürfe für eine Entschließung und Anfragen zur mündlichen Beantwortung eingereicht, was meiner Meinung nach ein Zeichen dafür ist, dass sich das Parlament intensiv beteiligt hat und klare Meinungen über die WPA vertritt. Ich möchte dem Ausschuss für internationalen Handel und dem Entwicklungsausschuss meinen Respekt dafür zollen – und diesen Respekt auch zu Protokoll geben –, dass sie sich im Rahmen der zu diesem Thema gehaltenen Aussprache immens bemüht haben.

Über die Monate hinweg habe ich mir die vorgebrachten Meinungen aufmerksam angehört. Mein Ziel ist es, für WPA zu plädieren und dabei die Mythen aus der Welt zu schaffen, damit jedes Mitglied dieses Parlaments zum gegebenen Zeitpunkt bei der Wahl eine sachkundige Entscheidung treffen kann. Ich bin davon überzeugt, dass es sich bei diesen Abkommen um qualitativ hochwertige Übereinkünfte handelt, durch die die wirtschaftliche Entwicklung und die Integration im AKP-Raum unterstützt sowie in diesen wirtschaftlich turbulenten Zeiten für Stabilität gesorgt wird. Es handelt sich um partnerschaftliche Abkommen, denen das gemeinsame Ziel der Entwicklung zugrunde liegt. Dieses Ziel soll durch Handel erreicht werden und nicht umgekehrt. Und was ganz wichtig ist: Dies sind Abkommen, durch die die AKP-Staaten die Möglichkeit haben, dafür zu sorgen, dass ihre Bürger durch die Würde ihrer eigenen Arbeit und ihren Ideenreichtum der Armut den Kampf ansagen.

Es herrscht der Eindruck, dass die Europäische Union mit den WPA mit der Vergangenheit bricht und unilateral versucht, die EU-AKP-Partnerschaft neu zu definieren. Es stimmt natürlich, dass sich WPA von den Lomé- und Cotonou-Abkommen, durch die die Beziehung der Union mit dem AKP-Raum 30 Jahre lang bestimmt wurde, unterscheiden, aber andere Entwicklungsländer haben der Welthandelsorganisation gegenüber erklärt, dass die einseitigen Präferenzen dieser Abkommen unfair seien. Wir sahen uns dem Dilemma ausgesetzt, dass wir die Entwicklungsanforderungen des AKP-Raums gewährleisten und gleichzeitig internationale Regeln einhalten wollen. Und ich möchte noch hinzufügen, dass wir auch moralischen Verpflichtungen nachkommen möchten.

Die Antwort ist in zwei Bereiche unterteilt: „Alles bis auf Waffen“ für die am wenigsten entwickelten Länder und Wirtschaftspartnerschaftsabkommen für die Entwicklungsländer des AKP-Raums. Der rote Faden, der bis zum ersten Lomé-Abkommen zurückverfolgt werden kann, ist Handel. Die EU-AKP-Beziehung ließ sich schon immer durch Handel charakterisieren. Anstatt sich jedoch – wie zu Beginn des Lomé-Abkommens – auf einseitige Handelspräferenzen für Verbrauchsgüter und Rohstoffe zu beschränken, konzentrieren wir uns jetzt auf einen diversifizierteren Handel mit Industriegütern, Dienstleistungen und Ideen des 21. Jahrhunderts.

Durch WPA haben die AKP-Staaten bestmöglichen Zugang zu den Märkten der EU, und für uns sind sie ein Zeichen dafür, dass wir auch weiterhin Möglichkeiten für wirtschaftliche Entwicklung bieten. Die regionale Integration, sowohl innerhalb der AKP-Märkte als auch zwischen ihnen, war auch eines der wichtigsten Ziele dieses Prozesses und ein Thema, das – was natürlich nicht überrascht – bei den Anfragen zur mündlichen Beantwortung viel Aufmerksamkeit auf sich gezogen hat. Handelt man in einer Weltwirtschaft, so bedeutet dies, dass die Größe eine immer wichtigere Rolle spielt. Dies haben wir bereits in der Europäischen Union gelernt. Indem die Handelsregeln vereinfacht und das komplexe Labyrinth der bilateralen Abkommen durch eine geringe Anzahl von regionalen Handelsbeziehungen ersetzt werden, können die AKP-Staaten größere regionale Märkte schaffen, die für Investoren attraktiver sind. Und auf diese Investitionen sind Entwicklungsländer schließlich angewiesen, um Stellen zu schaffen und für Wachstum zu sorgen.

Bei diesen Abkommen wird ein zweistufiger Prozess durchlaufen: Interimsabkommen gewährleisten, dass wir entsprechend der Erwartungen der WTO handeln und uns langsam auf die zweite Phase, der Aushandlung von vollständigen WPA, vorbereiten können. Als die im Dezember 2007 für Interim-WPA ablaufende Frist vor der Tür stand, hatte man den Eindruck, dass die AKP-Bedenken nur so über uns hereinbrachen, aber ich möchte dem Parlament versichern, dass diese Interimsabkommen nur eine vorübergehende Lösung sind und dazu dienen sollen, den Zugang der AKP-Staaten zu den Märkten der Europäischen Union zu sichern und zu intensivieren.

Ich habe diesen Bereich in einem fortgeschrittenen Verhandlungsstadium übernommen. Seitdem habe ich mich mit zahlreichen Ministern und sonstigen Vertretern des AKP-Raums sowie mit weiteren Interessenvertretern des WPA-Prozesses getroffen. Ich habe ihnen nicht nur zugehört, sondern auch versucht, sie zu verstehen. Eines wurde dabei klar: Alle vertreten die Auffassung, dass es bei den WPA hauptsächlich um die Entwicklung des AKP-Raums gehen soll. Wenn man es so ausdrücken möchte, könnte man behaupten, dass WPA die Schnittstelle zwischen Handel und Entwicklung darstellen. Und dies bedeutet, dass unsere Handelsbeziehung, im Rahmen derer ein ehrlicher und offener Dialog geführt werden sollte, auf Entwicklung basieren muss.

Ich bin fest davon überzeugt, dass diese Partnerschaft nur erfolgreich sein kann, wenn sie in Vertrauen und gegenseitigem Respekt verankert ist. Der wichtigste Test dieser Partnerschaft besteht darin, herauszufinden, ob wir und unsere AKP-Partner dieselbe Zukunftsvision haben. Im südlichen Afrika sehe ich eine Region, die in WPA Konflikte erkannte, diese aber in einen Dialog verwandelte. Inzwischen konnten wir bei wichtigen Aspekten, die dort Bedenken hervorriefen, zu einer Übereinkunft kommen. Dies war beispielsweise bei den Ausfuhrsteuern, dem Schutz von im Aufbau begriffenen Industriezweigen und bei der Ernährungssicherheit der Fall. In der Karibik sehe ich eine Region, die ganz klar ihre eigenen Ambitionen festgelegt hat, und zwar die, eine auf Innovation basierende Wirtschaft aufzubauen. In Westafrika erkenne ich neue Möglichkeiten des regionalen Marktzugangs, die viele für unmöglich gehalten hätten, und in Ostafrika zeichnet sich eine Zollunion ab, die erst nach dem Verhandlungsbeginn ihren Anfang nahm und bei der um die eigenen Integrationspläne herum ein WPA etabliert wird. Dies sieht mir ganz nach dem Beginn einer erfolgreichen Partnerschaft aus.

Meine Vision für die Zukunft dieser Verhandlungen, bei der es um den Abschluss von vollständigen WPA geht, sieht so aus, dass bei den einzelnen Verhandlungen die regionalen Eigenheiten der beteiligten Parteien widergespiegelt und respektiert werden. Es handelt sich also um einen flexiblen Prozess. Und das sowohl hinsichtlich des Inhalts – schließlich müssen die Unterzeichner vom Sinn und Zweck des WPA überzeugt sein – als auch in Bezug auf die Verhandlungsgeschwindigkeit. Es heißt aber auch, dass WPA dynamisch und nicht statisch sein sollten, dass man in der Lage sein muss, diese Abkommen an künftige Ereignisse anzupassen, und dass die unterschiedlichen regionalen Interessen und Bedürfnisse berücksichtigt werden müssen. In dieser Hinsicht wird die Kommission das Europäische Parlament auf alle Fälle weiterhin informieren und einbeziehen.

Zwar sollten wir ehrgeizig sein, Dialog darf aber andererseits nicht erzwungen werden. Aus diesem Grund wurden Angelegenheiten wie das öffentliche Beschaffungswesen von einigen Verhandlungen bereits ausgeschlossen, und die Singapur-Themen werden nur behandelt, wenn dies vom jeweiligen Land begrüßt wird. Zudem werden wir uns die Zeit nehmen, Unterstützung für das Etablieren regionaler und nationaler Regelungen als Voraussetzung für die weitere Verhandlung zu gewähren. „Handelshilfe“ und technische Hilfe stehen dabei an vorderster Stelle. Ich kann garantieren, dass wir keinen Druck ausüben werden, den Bereich der öffentlichen Dienstleistungen zu liberalisieren oder gar zu privatisieren. Wir erkennen das ausdrückliche Recht der AKP-Staaten an, ihre eigenen Märkte selbst zu regulieren. Darüber hinaus wird der Zugang zu wichtigen Medikamenten oder das Sammeln von Saatgut in keinster Weise eingeschränkt. In diesen Bereichen wäre es uns sogar noch lieber, wenn sich die Rechte und Fähigkeiten der AKP-Staaten stärken ließen.

All dies wird durch unsere Verpflichtung überlagert, dass AKP-Regionen Vorschriften nutzen können, die bereits für andere WPA verhandelt wurden. So kann sich jede einzelne Region sicher sein, nicht benachteiligt zu werden. Côte d'Ivoire kann Aspekte direkt einfordern, die für das Land relevant sind und bereits bei den Verhandlungen und Gesprächen für die SADC oder in einem anderen Rahmen behandelt wurden. Dies ist einer der Hauptaspekte der Flexibilität, um die Sie mich baten, und er macht es möglich, dass durch WPA ein für den ganzen AKP-Raum geltendes Handelsregime durch ein Regime ersetzt wird, bei dem regionale Lösungen an regionale Bedürfnisse angepasst werden, ohne dass man dadurch die Solidarität der AKP-Staaten untergräbt.

Durch die derzeitige Krise wurde offensichtlich, dass dynamische WPA besser sind als statische. Als wir die WPA-Verhandlungen einleiteten, nahmen die Investitionen gerade in einem noch nie dagewesenen Umfang zu, der Handel mit Waren und Dienstleistungen stieg stark an und die Rohstoffpreise schossen in die Höhe. Nur wenige sagten voraus, dass die Weltwirtschaft innerhalb von ein paar Jahren in eine Rezession eintreten würde und dies zu einem dramatischen Preisverfall, stark schwankenden Wechselkursen, Marktvolatilität und der Kreditklemme, die Exporteuren und Importeuren die erforderliche Handelsfinanzierung erschwert, führen würde.

Wir brauchen keinen abgemachten Deal, der bereits überflüssig ist, sobald die Tinte auf dem Papier trocknen konnte. Wir benötigen ein Abkommen, durch das eine Beziehung etabliert wird, bei der von Institutionen und durch Überwachungsmechanismen entstehende Probleme erkannt und gelöst werden können.

Das spezielle Problem, auf das mich Erika Mann in Bezug auf Bananen angesprochen hat, ist im Interim-WPA enthalten, nämlich in diesem Fall eine Garantie des zollfreien und unkontingentierten Zugangs.

Beim Auftreten dieser Probleme müssen wir Gewährleistungen und Klauseln schaffen, durch die AKP-Staaten auf einen Importanstieg, Druck bei den Lebensmittelpreisen und Finanzkrisen reagieren können: Rendezvous-Klauseln für bestimmte Angelegenheiten, Klauseln für die regelmäßige Überprüfung und, wie im Fall der karibischen WPA, eine Funktion für parlamentarische Aufsicht und Kontrolle.

Um wieder darauf zurückzukommen, wovon ich am Anfang sprach: Das Parlament hat heute eine historische Gelegenheit, seine Zustimmung zu den ersten Exemplaren einer neuen Generation von Abkommen zu geben, durch die sich unsere ganz besondere Beziehung zu den AKP-Staaten absichern lässt. Diese Abkommen basieren auf einer echten Partnerschaft und nicht auf Bevormundung. Sie sorgen dafür, dass Handel als treibende Kraft für Entwicklung genutzt wird, sie fördern und beleben die regionale Integration, durch die AKP-Staaten in einer globalisierten Welt leichter Erfolge verzeichnen können, sind inhaltlich flexibel, respektieren Traditionen und sind der neueste Beweis dieser lang anhaltenden Handelsbeziehung, die auf dem Respekt zwischen souveränen Staaten basiert. Kurz gesagt: Sie sind die Zukunft, und ich hoffe, dass Sie, liebe Parlamentarier, ihnen aus diesem Grund ihre Zustimmung erteilen werden.

 
  
  

VORSITZ: MAREK SIWIEC
Vizepräsident

 
  
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  Robert Sturdy, Verfasser. Herr Präsident, entschuldigen Sie bitte meine Verspätung. Vielen Dank auch, dass ich auf der Tagesordnung eine spätere Position einnehmen konnte. Frau Kommissarin Ashton, Sie haben praktisch schon fast alles gesagt, über das ich ebenfalls sprechen wollte. Ich möchte daher lediglich ein oder zwei Punkte für das Parlament wiederholen.

Interimsabkommen sind positiv und haben zum Ziel, die Unterbrechung des AKP-Handels zu vermeiden und die schrittweise Integration zu fördern. Sie geben dem AKP-Raum die Chance, durch Handel der Armut zu entfliehen, und ich denke, dass die Annahme dieser Abkommen einige umstrittene Aspekte beinhaltet: Dienstleistungen und die MFN-Ursprungsregeln für meistbegünstigte Staaten, auf die ich häufig hingewiesen worden bin. In diesen Angelegenheiten müssen Sie für Abhilfe schaffen. Sollte ich diesen Punkt vorhin überhört haben, entschuldige ich mich dafür.

Das Zustimmungsverfahren für die Cariforum-Staaten und für Côte d’Ivoire ist besonders wichtig, wenn das Potenzial dieser Reformen ausgenutzt werden soll. Wenn die Zustimmung für diese unterschriebenen Abkommen erteilt wird, kann das formelle Verhandlungsverfahren fortgeführt werden. So lässt sich ein Maß an Zulässigkeit erzielen, das zum Schutz der AKP-Märkte und zum Sichern eines stabileren Umfelds unbedingt erforderlich ist. Im Hinblick auf die Entschließungen für Cariforum – das bisher einzige vollständige Wirtschaftspartnerschaftsabkommen (WPA) – bitte ich die Mitglieder, den ursprünglichen Text des Ausschusses für internationalen Handel zu unterstützen. Er verfolgt einen ausgeglicheneren Ansatz in Sachen Handel und Entwicklung und soll zudem einige der vom Berichterstatter vorgeschlagenen Kompromisse unterstützen. Ich bin der Auffassung, dass diese Entschließungen sowohl auf die Chancen als auch auf die Herausforderungen hinweisen, denen die Verhandlungspartner in einer wichtigen Phase ausgesetzt sind, in der es darum geht, für parlamentarische Aufsicht und dafür zu sorgen, dass die AKP-Beziehung befürwortet wird.

Frau Kommissarin, Sie haben gleich zu Beginn darauf hingewiesen, wie wichtig Handel ist. Ich kann ihnen da nur zustimmen. Es wurde auch erwähnt, dass wir uns in einer besonders schwierigen Situation befinden. Ich glaube, dass Sie sich dies sehr zu Gemüte geführt haben und sich äußerst intensiv für diese Angelegenheit einsetzen. Ich gratuliere Ihnen dafür, wie Sie mit diesen Themen umgegangen sind. Weiter so!

Wir befinden uns in einer schwierigen Phase, und Handel wird die einzige Alternative sein – nicht nur für diese Länder, sondern auch für den Rest der Welt. Ihm kommt eine derart große Bedeutung zu. Vielen Dank für den vollbrachten Wandel. Sie haben sich dieser Sache inmitten einer schwierigen Situation angenommen. Herzlichen Glückwunsch und weiter so!

 
  
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  Jürgen Schröder, Verfasser der Stellungnahme des mitberatenden Entwicklungsausschusses. − Herr Präsident, Frau Kommissarin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch ich möchte mich bei Ihnen, Frau Kommissarin, für die Worte bedanken, die wir noch sehr lange im Gedächtnis behalten sollten.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, vor ein paar Wochen habe ich an dem bislang letzten regionalen AKP-Treffen in Guyana teilgenommen. Die vorherrschende Meinung der Kollegen aus den karibischen Staaten war, dass es nun darauf ankommt, nach vorne zu schauen, nicht zu lamentieren und die Wirtschaftspartnerschaftsabkommen zielstrebig zu implementieren.

Für eine erfolgreiche Implementierung ist es unabdingbar, dass die Parlamente diesen Prozess kontrollieren, mit ihrer parlamentarischen Kontrolle begleiten. Denn nur wenn die Parlamente prüfen, ob die neuen Regelwerke auch das erreichen, wofür sie geschrieben wurden, können die Wirtschaftspartnerschaftsabkommen zum Motor für die Entwicklung werden. Und nur wenn die Parlamente ihre Kontrollfunktion wahrnehmen, wird gewährleistet, dass Hilfsgelder dort ankommen, wo es gewünscht ist. Dies gilt für die nationalen Parlamente der Karibik genauso, wie es für das Europäische Parlament gilt.

In allen uns vorliegenden Entschließungen zu den Wirtschaftspartnerschaftsabkommen gibt es Absätze, die den Aspekt der parlamentarischen Kontrolle aufgreifen. Allerdings sind sie nicht einheitlich. Der Text aus der SADC-WPA-Entschließung stellt einen guten Kompromiss dar. Danach sind sowohl der Ausschuss für internationalen Handel als auch der Entwicklungsausschuss unseres Parlaments und auch die Gemeinsame Parlamentarische Versammlung AKP-EU mit in den Prozess eingebunden. Da ich diesen Kompromiss für gelungen halte, habe ich gemeinsam mit meinem Kollegen Robert Sturdy einige Änderungsanträge eingereicht, mit denen diese Passage einheitlich in alle WPA-Entschließungen eingebracht werden soll. Ich bitte Sie sehr um Unterstützung für diese Initiative.

 
  
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  Johan Van Hecke, Berichterstatter für die Stellungnahme des Entwicklungsausschusses. Herr Präsident, als Berichterstatter für die Stellungnahme des Entwicklungsausschusses zum Interim-WPA mit Côte d’Ivoire möchte ich Ihrer Kollegin Erika Mann dafür danken, dass sie einige der in diesem Ausschuss vorgebrachten Bedenken berücksichtigt hat, wie eine dringend erforderliche demokratisch gewählte Regierung in Côte d’Ivoire und die Notwendigkeit, dass diesem Land ein angemessener Anteil der für Handel gewährten EU-Mittel zukommen muss.

Eher allgemein betrachtet freue ich mich darüber, dass der Ausschuss für internationalen Handel und der Entwicklungsausschuss in Bezug auf die Kontrollinstanz, durch die die Paritätische Parlamentarische Versammlung die für sie vorgesehene Funktion wahrnehmen würde, einen Kompromiss eingegangen sind.

Wir sollten nicht vergessen, dass es sich bei diesem WPA nur um ein vorläufiges Abkommen handelt, das also zeitlich begrenzt sein wird.

Damit die Handelsliberalisierung einen starken positiven Einfluss auf die ganze Region haben kann, muss die Wirtschaftsgemeinschaft der westafrikanischen Staaten ein vollständiges WPA unterzeichnen.

Angesichts dieser Umstände schlägt der Entwicklungsausschuss dem Parlament vor, vorbehaltlich der Genehmigung durch Côte d'Ivoire dem Interim-WPA zuzustimmen.

 
  
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  Alain Hutchinson, im Namen der PSE-Fraktion. (FR) Herr Präsident, Herr amtierender Präsident des Rates, Frau Kommissarin, sehr geehrte Damen und Herren, zwar hatte ich einige Notizen vorbereitet, erlauben Sie mir aber bitte, dass ich frei spreche, da viele Aspekte bereits erwähnt wurden und ich nicht die Worte meiner Kollegen wiederholen möchte.

Es steht eine wichtige Abstimmung an, eine extrem wichtige Abstimmung, ja nahezu eine historische Abstimmung, weil wir diese Woche über die ersten in diesem Parlament verabschiedeten Wirtschaftspartnerschaftsabkommen entscheiden werden. Die Diskussionen über dieses Thema haben sich über einige Jahre erstreckt, und es kam oft zu sehr intensiven Debatten, bei denen wir uns nicht immer einigen konnten und auch nicht immer ein Konsens möglich war.

Aus heutiger Sicht können wir uns natürlich darüber erfreut zeigen, wie sich die Situation entwickelt hat. Ihre Beiträge und die der Präsidentschaft zeigen, dass sich dieses Thema auf äußerst positive Weise entwickelt hat, besonders – und das muss einmal gesagt sein – seit der Übernahme durch Sie, Frau Kommissarin.

Leider, und deshalb habe ich einige Bedenken, gibt es für einige von uns im Hinblick auf diese Wirtschaftspartnerschaftsabkommen noch Probleme, Fragen und Befürchtungen.

An erster Stelle müssen wir anerkennen, dass es bisher erst ein einziges vollständiges Wirtschaftspartnerschaftsabkommen gibt. Bei den anderen sind wir noch nicht soweit und stecken noch in der Phase der Interimsabkommen, obwohl es doch vorwiegend um regionale Integration geht. Dieses Kriterium wird von nur einem Land erfüllt, und selbst in diesem Fall hat eines der wichtigsten Länder der Karibik, Haiti, das Abkommen noch nicht unterzeichnet. Und das sagt ja schon ziemlich viel aus.

Nun zu meinem zweiten Punkt, bei dem es um Handel geht. Wie Sie bereits erwähnt haben, unterhalten wir eine historische Beziehung. Schon seit langer Zeit findet zwischen dem Norden und dem Süden Handel statt, aber lassen Sie uns doch einmal genauer betrachten, wie dieser Handel vollzogen wird. Wir plündern, was wir finden können, und nehmen allen Reichtum für uns in Anspruch. Natürlich verkaufen wir das Coltan, das unsere Unternehmen in der Kivu-Region abbauen, im Norden, aber lassen Sie uns an die katastrophalen Folgen denken, die dies für die Menschen im Süden hat, und an den ungleichen Tausch, um es milde auszudrücken.

Abgesehen davon fügen Sie eine Entwicklungspolitik hinzu, die wir seit 40 Jahren verfolgen und die uns Europäer zum größten Spender der Welt macht. Diese Strategie erweist sich nun jedoch als unwirksam und muss überarbeitet werden. Die meisten der ärmsten Länder der Welt schneiden schlecht ab, und zwar genauso schlecht wie vor 40 Jahren, wenn nicht noch schlechter. Dies ist daher der Grund unserer Bedenken und dafür, dass wir Dinge in Frage stellen. Welche Garantien haben wir in dieser Hinsicht? Ich werde nicht wiederholen, was Kader Arif gesagt hat, schließe mich ihm aber insofern an, als wir in dieser Angelegenheit von Ihnen gerne eine Erklärung im Namen der Kommission hätten, und zwar über die Punkte, die er bereits klar dargelegt hat. Abschließend möchte ich über nationale Parlamente sprechen.

Als Mitglieder des Europäischen Parlaments wurden wir gebeten, eine Entscheidung über Wirtschaftspartnerschaftsabkommen zu treffen, deren Auswirkungen für die Menschen im Süden, aber nicht für uns verheerend wären, falls diese Abkommen schlecht ausgehandelt werden. Keinem einzigen Europäer wird es schlechter gehen, wenn die Wirtschaftspartnerschaftsabkommen misslingen. Andererseits könnte es Menschen im Süden dadurch durchaus schlechter gehen. Frau Kommissarin, ich möchte zuletzt eine ganz einfache Aussage machen: Uns wäre es recht, wenn die nationalen Parlamente der Partnerstaaten ein Mitspracherecht hätten, da sie die im Süden lebenden Menschen vertreten und nicht wir.

 
  
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  Ignasi Guardans Cambó, im Namen der ALDE-Fraktion.(ES) Herr Präsident, wie bereits gesagt wurde, ist diese Aussprache zweifelsohne wichtig. Soeben wurde sie sogar als historisch bezeichnet, was teilweise auf die Anzahl von Stunden zurückzuführen ist, die wir diesem Thema gewidmet haben, aber natürlich auch auf die politische Debatte, die zuvor geführt wurde.

Ich denke, dass dies trotz des Aufruhrs, der dieser Aussprache vorausging und in gewissem Maße auch jetzt noch spürbar ist, positiv ist. Wenn ich Aufruhr sage, zolle ich natürlich den Beiträgen der Zivilgesellschaft, NRO und nationalen Parlamenten, die sich ebenfalls beteiligt haben, Respekt. Angesichts dieser Umstände ist es wichtig, dass wir verstehen, weshalb und wie wir dahin gelangt sind, wo wir uns heute befinden.

Wir müssen verstehen, dass es sich beim Aushandeln dieser Assoziierungsabkommen mit den AKP-Staaten nicht um eine politische Entscheidung handelt, die auf den Willen der Europäischen Union zurückgeht. Es war nicht so, dass wir verschiedene Optionen hatten und uns letztendlich für diese entschieden. Es handelt sich im Prinzip um eine gesetzliche Anforderung, die auf den von der Welthandelsorganisation festgelegten Zulässigkeitsrichtlinien basiert.

Es ist eine Notwendigkeit, die auf die Umstände zurückzuführen ist, die durch unseren bisherigen Rechtsrahmen für den Handel mit den Ländern des AKP-Raums hervorgerufen wurden. Wir sollten uns hier und heute auch daran erinnern, dass es sich bei denjenigen, die die Beziehung der Europäischen Union mit den AKP-Staaten verurteilten, genau um die Entwicklungsländer handelte, die einen völlig legitimen Anspruch auf den Zugang zu unseren Märkten hatten, davon aber aus dem einfachen Grund nicht Gebrauch machen konnten: Sie sind keine früheren Kolonien der jetzigen EU-Mitgliedstaaten.

Die Europäische Union setzte, und in gewisser Hinsicht tut sie dies auch heute noch, zwei unterschiedliche Maßstäbe an: zum einen für ihre früheren Kolonien und zum anderen für Länder, die zwar eine ähnliche Entwicklungsstufe aufweisen, aber nicht in die erste Kategorie fallen. Diese Situation ließ sich nicht mehr aufrechterhalten, und die anderen Länder machten es sich zur Aufgabe, bei der Welthandelsorganisation auf diesen Missstand hinzuweisen.

Abgesehen von den anderen Aspekten müssen wir berücksichtigen, dass das zu ersetzende System, also zuerst das Lomé-Abkommen und dann die basierend auf den Cotonou-Abkommen vereinbarten Übereinkünfte, in keinster Weise zu den gewünschten Ergebnissen führten. Niemand könnte behaupten, dass das Cotonou-System vollkommen zufriedenstellend war. Wäre dies der Fall gewesen, wären die Zahlen für das Handelsvolumen dieser Länder mit der EU wesentlich höher als sie es in Wirklichkeit sind. Wir sollten daher auch nicht behaupten, dass wir etwas ersetzen werden, das erfolgreich war.

Aus all diesen Gründen sollten die Wirtschaftspartnerschaftsabkommen als hervorragende Gelegenheit betrachtet werden, besonders von all denjenigen unter uns, die der Auffassung sind, dass die Entwicklung und das Wachstum dieser Länder nicht ausschließlich durch externe Hilfe bestimmt werden kann. Hauptsächlich beziehe ich mich dabei natürlich auf die Länder, die Vertragspartei dieser Abkommen sind, aber nicht zu den am wenigsten entwickelten Ländern gehören. In dieser Hinsicht steckt hinter diesen Partnerschaftsabkommen aus politischer und wohl auch philosophischer Sicht das Konzept der Eigenverantwortung, also die Bereitschaft, sein Schicksal selbst in die Hand zu nehmen und sich nicht ausschließlich von externer Hilfe abhängig zu machen.

Im Prinzip unterstützt meine Fraktion daher die Verhandlung dieser Abkommen durch die Europäische Kommission und die Tatsache, dass sie umfassend und komplett sein sollten, damit nicht nur Waren, sondern auch Dienstleistungen und Wettbewerbsregeln abgedeckt werden, in vollem Umfang. Über diese Abkommen sollte in ihrer Gesamtheit entschieden werden.

Ein anderer Aspekt besteht darin, dass natürlich berücksichtigt werden muss, wie diese Verhandlungen geführt und die speziellen Themen behandelt worden sind. Dahingehend möchte ich auf die Beiträge der einzelnen Berichterstatter zu den jeweiligen Themen verweisen, da wir über den Gesamtansatz sprechen, aber eigentlich Bereiche einzeln verhandelt werden.

Es stehen noch einige Punkte aus, und wir haben auch noch ein paar Bedenken – zum Beispiel die Situation der Gebiete in äußerster Randlage, die im Falle der Cariforum-Staaten besondere Beachtung verdient –, aber insgesamt, also aus politischer Sicht, unterstützen wir sowohl die Verhandlung selbst als auch die Notwendigkeit, sie fortzuführen und vom Parlament wirksam überwachen zu lassen, in vollem Umfang.

Bei einem der von uns eingebrachten Änderungsvorschläge geht es darum, dass die parlamentarische Kontrolle diesbezüglich einheitlich vonstatten gehen und nicht an das jeweilige Land angepasst werden sollte.

 
  
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  Liam Aylward, im Namen der UEN-Fraktion. Herr Präsident, ich befürworte diese Aussprache, bei der wir erneut Gelegenheit haben, die Aufmerksamkeit auf die Notwendigkeit zu richten, in allen EU-Handelsabkommen Vorschriften gegen Kinderarbeit aufzunehmen und für deren Einhaltung zu sorgen.

Damit meine ich jedoch nicht, dass wir im Kampf gegen Kinderarbeit lediglich ein Lippenbekenntnis ablegen oder einfache bzw. oberflächliche Kontrollsysteme einführen sollten. Alle EU-Länder und eine wachsende Anzahl anderer Staaten haben inzwischen die IAO-Übereinkommen über das Mindestalter für die Zulassung zur Beschäftigung und die Abschaffung der schlimmsten Formen von Kinderarbeit unterzeichnet, und dies ist ein ermutigendes Zeichen.

Jetzt müssen wir diese Verpflichtungen in unseren Handelsabkommen und APS-Abkommen sowie bei unseren Richtlinien für das öffentliche Beschaffungswesen umsetzen. Dies bedeutet, dass zu gewährleisten ist, dass man in Unternehmen, die in der EU tätig sind, nicht auf Kinderarbeit zurückgreift.

„Ohne Kinderarbeit“ bedeutet in diesem Zusammenhang nicht nur, dass in der Dachgesellschaft oder bei direkten Lieferanten keine Kinder beschäftigt werden dürfen, sondern auch, dass sich das Unternehmen, das sich in der Lieferkette ganz oben befindet, auch dahingehend verantwortlich zeigen muss, dass sämtliche Schritte der Lieferkette und alle Zulieferungen ohne Kinderarbeit erfolgen.

Man geht davon aus, dass zurzeit weltweit mehr als 200 Millionen Kinder illegal arbeiten, wodurch man ihnen nicht nur Schulbildung und eine richtige Kindheit vorenthält, sondern auch ihre körperliche und geistige Gesundheit gefährdet.

Wir müssen Kinderarbeit daher zum zentralen Aspekt all unserer Handelsabkommen machen.

(Der Präsident unterbricht den Redner.)

 
  
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  Margrete Auken, im Namen der Verts/ALE-Fraktion. (DA) Herr Präsident, diese Aussprache ist wichtig, weil wir durch die Wahlen natürlich eine lange Arbeitspause machen werden. Aus diesem Grund müssen wir gewährleisten, dass die Generaldirektion Handel unsere nicht nachlassende Kritik an dem Inhalt der Wirtschaftspartnerschaftsabkommen zur Kenntnis nimmt, vor allem, weil diese Abkommen bald von der Direktion unterzeichnet werden. In dieser Hinsicht müssen wir betonen, wie wichtig es ist, dass die Abkommen zurück ans Parlament geleitet werden, damit wir unsere Zustimmung erteilen können.

Im Namen der Grünen/EFA-Fraktion möchte ich klarstellen, dass es uns äußerst seltsam erscheint, wie diese Abkommen zustande gekommen sind. Bei den Verhandlungen mit den AKP-Staaten wurde das Thema Entwicklung außer Acht gelassen.

Ich möchte daher einige ganz spezifische Kommentare zu den zwei Abkommen machen, zu denen sich das Parlament am Mittwoch verpflichten wird, und erklären, weshalb die Fraktion der Grünen ihnen nicht zustimmt. In Bezug auf das mit den Cariforum-Staaten abgeschlossene Abkommen geht aus detaillierten Analysen des Overseas Development Institute hervor, dass es sich bei diesem mit den karibischen Staaten abgeschlossenen Wirtschaftspartnerschaftsabkommen wahrscheinlich um das aus entwicklungspolitischer Sicht schlechteste aller bisherigen Abkommen handelt. Es wird vor allem hinsichtlich Entwicklung für künftig ausgehandelte regionale Abkommen ein schlechtes Modell sein. Natürlich können wir nicht entscheiden, ob unsere Bedenken berechtigt sind, wenn die Regierungen der Cariforum-Staaten selbst für diese Abkommen sind, aber es wäre absolut in Ordnung, wenn die Parlamente der einzelnen Staaten, um die es bei diesen Abkommen geht, das Recht hätten, vor der Zustimmung durch das Europäische Parlament eine Abstimmung durchzuführen.

Unsere Bedenken hinsichtlich des Abkommens mit den Cariforum-Staaten, die wir hier in der EU zur Sprache bringen, sind jedoch auf alle Fälle berechtigt. Angesichts der Tatsache, dass es derzeit wichtiger ist denn je, die Geldflüsse auf den Finanzmärkten besser zu kontrollieren, finden wir es vollkommen inakzeptabel, dass das Cariforum-Abkommen die vollständige Liberalisierung der Finanzdienstleistungen mit den derzeit acht Steueroasen des Cariforum-Raums zulässt. Falls Sie mir nicht glauben, werfen Sie vor Ihrer Abstimmung am Mittwoch einen Blick in die Dokumente. In diesen Dokumenten erfahren Sie von Finanzdienstleistungen, die frei und direkt gehandelt werden können. Anders ausgedrückt: Es geht um „nicht registrierte, spekulative Derivate“. Zudem werden Sie vom Recht erfahren, Fonds für einzelne Einwohner einzurichten. Dieses Geld fließt dann über unsere eigenen Steueroasen, wie Malta und Zypern, in die EU. Dies ist möglich, solange in der EU weder Kontrollmaßnahmen noch entsprechende Vorschriften vorhanden sind. Es ist daher einfach nicht der richtige Zeitpunkt, diese Strukturen aufrechtzuerhalten, die größtenteils für den Kollaps unserer Volkswirtschaften verantwortlich sind.

Im Hinblick auf das mit Côte d’Ivoire abgeschlossene Abkommen ist zu bedenken, dass im Land noch ein interner Konflikt herrscht, weshalb es vielleicht nicht der richtige Zeitpunkt ist, ein solches Abkommen einzugehen.

 
  
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  Madeleine Jouye de Grandmaison, im Namen der GUE/NGL-Fraktion. (FR) Herr Präsident, Frau Kommissarin, ich bin aus Martinique und habe mein ganzes Leben in der Karibik verbracht.

Herr Präsident, Frau Kommissarin, sehr geehrte Damen und Herren, glauben Sie mir, das Wirtschaftspartnerschaftsabkommen zwischen dem Cariforum afrikanischer, karibischer und pazifischer Staaten einerseits und der Europäischen Union andererseits besorgt mich sehr.

Martinique, Guadeloupe und Guyana gehören zu den Gebieten Europas in äußerster Randlage, und aus diesem Grund wurde die Karibik insgesamt nicht berücksichtigt. Meiner Meinung nach geht es bei diesem Abkommen vorwiegend um Handel, und die Millenniums-Entwicklungsziele wurden wieder einmal an zweite Stelle gerückt. Die karibischen Länder sehen sich daher der Herausforderung ausgesetzt, die niedrigeren Zolleinnahmen durch einen stärkeren Handel mit der Europäischen Union auszugleichen.

In Zeiten einer weltweiten Rezession wird dies vielleicht nicht ganz leicht sein. Fakten sind nun einmal Fakten, und diese Abkommen wurden hauptsächlich durch die Generaldirektion Handel abgeschlossen. Zudem wurde der Entwicklungsausschuss von diesem Parlament anscheinend etwas in den Hintergrund gedrängt.

Die in diesem Abkommen angegebenen Ziele in Sachen Entwicklung und regionaler Integration stimmen nicht mit den Maßnahmen überein, die zum Erreichen dieser Ziele ergriffen wurden. Diese Maßnahmen beziehen sich vorwiegend auf Handel und Wettbewerbsfähigkeit. Auch hinsichtlich der regionalen Integration besteht eine Diskrepanz zwischen den angestrebten Zielen und den verwendeten Ressourcen.

Jetzt möchte ich speziell auf die regionale Integration der karibischen Gebiete in äußerster Randlage eingehen. Diese Gebiete in äußerster Randlage befinden sich inmitten eines „lebendigen Beckens“. Guyana teilt eine seiner Hauptgrenzen sogar mit Surinam. In den Gebieten in äußerster Randlage leben mehr als 35 Millionen Menschen, die sich auf 40 Länder und über zwei Millionen Quadratkilometer verteilen. Das Marktpotenzial ist daher riesig.

Dieses Abkommen bot eine Gelegenheit, die Auswirkungen bestimmter so genannter struktureller Hindernisse, wie die Abgelegenheit dieser Länder, zugunsten der Nähe zwischen unseren Inseln abzuschwächen. Weshalb haben wir die Möglichkeit ungenutzt gelassen, einen speziellen interregionalen Markt zwischen den Gebieten der Europäischen Union, die sich in äußerster Randlage befinden, und den Cariforum-Staaten auszuhandeln? Die Europäische Kommission möchte etwas gegen die Unterentwicklung der karibischen Staaten tun und mit dieser Gruppe WPA abschließen, um Märkte zu erschließen und für regionale Integration sorgen. Das karibische Gebiet in äußerster Randlage wird jedoch nur dahingehend berücksichtigt, als dass es ein Bestandteil des offenen Cariforum-Marktes werden soll. Für dieses Gebiet gelten daher weiterhin dieselben Marktprinzipien, die für die ganze Europäische Union ausgehandelt wurden. Durch diese Prinzipien können wir aber benachteiligt werden.

Wir hatten die Chance, in folgenden Bereichen positive Veränderungen herbeizuführen: der Dialog zwischen Kulturen, das Etablieren einer Kooperation, der Austausch von Dienstleistungen, die Integration der Gegenden in äußerster Randlage ...

(Der Präsident unterbricht die Rednerin.)

 
  
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  Syed Kamall (PPE-DE). - Herr Präsident, wir alle wissen, dass die Wirtschaftspartnerschaftsabkommen (WPA) in vielerlei Hinsicht kritisiert wurden. Ich schließe mich einigen dieser Kritikpunkte an. Ich bin der Meinung, dass es sich bei WPA nicht um eine Methode handeln sollte, durch die Märkte auf aggressive Weise ausschließlich für Unternehmen der EU erschlossen werden: Sie sollten auch für Unternehmer und Konsumenten aus armen Ländern von Vorteil sein. Ich teile die Bedenken von Erika Mann im Hinblick auf einen allgemeingültigen WPA-Ansatz, bei dem die Unterschiede zwischen verschiedenen Regionen und zwischen den Ländern einzelner Regionen unberücksichtigt bleiben. Ich begrüße es, dass wir Interimsabkommen nur mit den Ländern abgeschlossen haben, die am Unterzeichnen dieser Abkommen interessiert waren.

Auch ich war über die Meinung besorgt, die von einem Mitglied der Kommission im Rahmen eines Treffens des Ausschusses für internationalen Handel vor einigen Monaten geäußert wurde. Dabei ging es darum, dass bei WPA nicht nur Handel und Entwicklung im Vordergrund stehen, sondern auch die regionale politische Integration. Wie viele meiner Kollegen in diesem Parlament glaube auch ich, dass diese Entscheidung den Ländern selbst überlassen werden sollte. Dies ist vor allem dann der Fall, wenn ein Land, das demokratisch regiert wird, nicht mit Diktaturen derselben Region in einer Regionalversammlung sitzen möchte.

Trotz dieser Bedenken sollten wir die Zustimmung dieser WPA durch den Ausschuss für internationalen Handel begrüßen. Eine Weile lang beunruhigten mich einige der handelsfeindlichen Sätze der Sozialisten, die sie äußerten, als sie dagegen stimmten oder sich im Ausschuss der Stimme enthielten. Die WPA mögen nicht perfekt sein, aber viele meiner Freunde und Familienangehörigen, die in ärmeren Ländern leben, haben die Nase voll davon, keinen Zugang zu Waren und Dienstleistungen zu haben und gezwungen zu sein, ausschließlich das Angebot von staatlichen Monopolen und Unternehmen zu nutzen, die Verbindungen zu korrupten Politikern unterhalten. Dass die Sozialisten diesen Zustand beibehalten wollten, bereitet ebenfalls Sorgen. Wir dürfen nicht vergessen, dass Einfuhrsteuern für ärmere Menschen oft bedeuten, dass sie für importierte Lebensmittel und Medizin mehr zahlen müssen.

Ich möchte der Kommissarin dafür danken, dass sie fest entschlossen war, mit den Verhandlungen für die Wirtschaftspartnerschaftsabkommen fortzufahren. Sie sind nicht perfekt, aber wir sind es Unternehmern und Konsumenten aus ärmeren Ländern schuldig, ihnen den Zugang zu den Waren und Dienstleistungen zu erleichtern, die auch wir hier in der EU beziehen können.

 
  
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  Glenys Kinnock (PSE). - Herr Präsident, wie bereits Kollegen von mir erwähnt haben, kann auch ich bestätigen, dass wir seit der Übernahme von Cathy Ashton als Kommissarin einen grundlegenden Wandel erlebt haben, und zwar nicht nur im Sinne von Stil und Ton, sondern auch im Hinblick auf die Wortwahl und nun verstärkt auch inhaltlich.

Die Kommissarin wird mir sicher zustimmen, wenn ich und viele meiner Kollegen hier im Parlament die Meinung vertreten, dass uns noch immer eine schwierige Aufgabe bevorsteht, da wir nach Jahren der Verhandlungen, bei denen es sehr häufig zu Spannung und Verbitterung gekommen ist, das Vertrauen aufbauen und erneuern müssen.

Das Cotonou-Abkommen wurde vor fast genau zehn Jahren unterzeichnet, und wir müssen uns daran erinnern, was in diesen Abkommen über die Handelsaussichten zwischen den AKP-Staaten und der EU gesagt wurde. Der Wortlaut war folgendermaßen: „... ein neuer Handelsrahmen, bei dem die bisherige Situation aufrechterhalten und WTO-Regeln eingehalten werden.“ Wenn wir diese Ziele erfüllen wollen, müssen wir uns wirklich noch viel mehr anstrengen.

Die Strategie, mit jedem Land ein eigenes Abkommen auszuhandeln, hat zu ernsthaften Inkonsistenzen geführt. Und denjenigen, die mit der Paritätischen Parlamentarischen Versammlung nicht vertraut sind und weniger Kontakt zu Parlamentariern der AKP-Staaten haben als ich und einige meiner Kollegen hier im Parlament, kann ich versichern, dass dies wirklich äußerst schwierige Situationen herbeigeführt und die Kohäsion, die ich zwischen den AKP-Staaten in der Vergangenheit wahrgenommen habe, geschwächt hat. Ich weiß, dass der neue Präsident Ghanas erst vor wenigen Wochen im Namen der ganzen AKP-Gruppe einen Brief an die EU-Präsidentschaft gerichtet hat, in dem er angibt, dass der WPA-Prozess einige der regionalen Integrationsgruppierungen auch weiterhin bedroht. Dies ist ein kürzlich von einem neuen Präsidenten geäußerter Kommentar.

AKP-Parlamentarier berichten uns bei jedem einzelnen unserer Treffen, dass sie kaum involviert wurden und wenig bis gar keine Konsultation stattfand. Ich würde mich freuen, wenn uns die Kommissarin mitteilen könnte, was in dieser Hinsicht künftig unternommen werden könnte.

Ich freue mich über die Erfolge bei den SADC-Verhandlungen, aber klare Verpflichtungen wie beispielsweise zu Textänderungen, Übergangszeiten für die Zollregelung, Schutzklauseln und Ursprungsregeln können wegen SADC jetzt auch von anderen Ländern eingefordert werden. Hoffentlich werden Sie bestätigen, dass diese Optionen allen AKP-Ländern zur Verfügung stehen werden, die sich auch in Zukunft an Verhandlungen beteiligen.

Frau Kommissarin, können Sie uns versichern, dass Sie darauf bestehen werden, dass WPA präzise Verpflichtungen zu Entwicklungsprogrammen enthalten werden und dass die Handelsliberalisierung an entwicklungspolitische Orientierungswerte geknüpft wird? Sollte dies der Fall sein, teilen Sie uns bitte auch mit, wie dies geschehen soll.

Werden Sie sich darum kümmern, dass WPA rechtsverbindliche Verpflichtungen zur Bereitstellung von zeitlich abgestuften, planbaren Mitteln enthalten?

Frau Kommissarin, ich schließe mich Ihrer Aussage von vorhin an, gemäß der die AKP-Staaten eine langsamere Wachstumsphase durchlaufen und zum ersten Mal in 25 Jahren Bemühungen zur Armutsbekämpfung eingestellt werden. Ich möchte nur noch zwei kurze Aussagen machen. Zum CARIFORUM-WPA: Das Ergebnis ist nicht perfekt, aber es braucht immer noch Schutzklauseln.

Zu Côte d’Ivoire: Wir benötigen die Zusicherungen, die Erika Mann und Johan Van Hecke gefordert haben. Dies ist für uns von großer Bedeutung.

(Der Präsident unterbricht die Rednerin.)

 
  
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  Fiona Hall (ALDE). - Herr Präsident, wenn wir auf den Beginn des WPA-Prozesses zurückblicken, stellen wir fest, dass im Cotonou-Abkommen aus dem Jahr 2000 festgelegt wurde, dass die EU eine gesetzliche Verpflichtung hat, bei all den Politikbereichen, die sich vermutlich auf Entwicklungsländer auswirken, die Interessen dieser Länder zu berücksichtigen. 2005 bestimmte die Kommission, dass diese Politikkohärenz für Entwicklung zum Erreichen der Millenniums-Entwicklungsziele unverzichtbar ist.

Ich bedauere den Streit, der zwischen dem Ausschuss für internationalen Handel und dem Entwicklungsausschuss darüber ausgebrochen ist, wer in Sachen WPA die Führungsrolle übernehmen sollte. Das Parlament selbst hätte in bestimmten Situationen kohärenter handeln können, als man bei den WPA-Verhandlungen praktisch das Versprechen aus den Augen verlor, dass es sich bei diesen Abkommen um Entwicklungsinstrumente handeln solle.

Abschließend möchte ich meine Freude darüber zum Ausdruck bringen, dass die Kommissarin Dienstleistungen erwähnt hat, weil ich mich vor allem um die Liberalisierung des Bankensektors sorge. Westliche Länder haben es nicht geschafft, die großen internationalen Banken, die hier Geschäfte betreiben, entsprechend zu regulieren. Man fragt sich daher, ob es wirklich klug wäre, den Bankensektor in Ländern zu liberalisieren, in denen ein noch weit weniger sicheres Regelwerk vorhanden ist, und dies laut den WTO-Regeln noch nicht einmal erforderlich ist. Die Liberalisierung des Bankensektors mag Großunternehmen zugute kommen, es kann aber auch dazu führen, dass sich die Banken vor Ort verstärkt um lukrative Kunden bemühen und Kleinunternehmen vernachlässigen, wodurch diese noch geringeren Zugang zu Krediten hätten als es sowieso schon der Fall ist.

 
  
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  Jean-Pierre Audy (PPE-DE). - (FR) Herr Präsident, Frau Kommissarin, Herr Kohout als amtierender Präsident des Rates, sehr geehrte Damen und Herren, zuerst muss ich meinem Kollegen Glyn Ford zur Qualität seines Berichts und zu seinem Sinn für Kompromisse gratulieren. Wir waren in der Lage, uns diesem Thema in Papua-Neuguinea im Rahmen der Paritätischen Parlamentarischen Versammlung der afrikanischen, karibischen und pazifischen Staaten sowie der Europäischen Union anzunehmen. Dabei sah ich meinen Kollegen mit Mitgliedern der nationalen Parlamente arbeiten und bin mit seiner Arbeit infolgedessen sehr zufrieden.

Ich möchte mich auch den Glückwünschen anschließen, die Ihnen, Frau Kommissarin, für diese Wirtschaftspartnerschaftsabkommen ausgesprochen wurden. Bei der entsprechenden Verhandlung wird das Ziel verfolgt, eine Unterbrechung des Handels zwischen den AKP-Staaten und der Europäischen Gemeinschaft zu vermeiden. Die Interimspartnerschaftsabkommen mit der Republik Fidschi und mit Papua-Neuguinea waren das Ergebnis dieser Verhandlungen, wobei es sich bei diesen Ländern um die einzigen Staaten des regionalen Zusammenschlusses im Pazifik handelt, die diesen vorläufigen Abkommen zugestimmt haben. Wir sind uns der Arbeit bewusst, die uns bis zum Abschluss umfassender regionaler Abkommen noch bevorsteht.

Dieses Abkommen enthält all die Maßnahmen, die zum Schaffen einer Freihandelszone ergriffen werden müssen. In der Entschließung wird betont, dass das Wirtschaftspartnerschaftsabkommen zum Stärken des Wirtschaftswachstums, der regionalen Integration, der wirtschaftlichen Diversifizierung und der Armutsbekämpfung beitragen muss. Man muss sich unbedingt in Erinnerung rufen, dass ein echter regionaler Markt eine unentbehrliche Grundlage für die erfolgreiche Umsetzung des Wirtschaftspartnerschaftsabkommens ist sowie regionale Integration und Zusammenarbeit für die soziale und wirtschaftliche Entwicklung der pazifischen Staaten wichtig sind.

Dieses Abkommen bietet die Gelegenheit, der Handelsbeziehung neues Leben einzuhauchen und den Zugang zum europäischen Markt zu garantieren, ohne dass dabei Zölle anfallen oder Quoten auferlegt werden – zumindest für die Mehrzahl der Waren. Ich möchte darauf bestehen, dass bis 2010 zwei Milliarden Euro an Hilfe zu leisten sind, und erkläre zusammenfassend, dass es hinsichtlich Patentrechten oder geistigen Eigentumsrechten, die sich auf den Handel auswirken, keinesfalls zu Verstößen kommen darf. Und dies gilt auch aus wirtschaftlicher Sicht. Angesichts der Menschenrechte bin ich verblüfft, dass wir mit Papua-Neuguinea verhandeln, wo in diesem Land doch noch immer Strafen für sexuelle Ausrichtungen verhängt werden. Abschließend möchte ich sagen, dass es für uns aus politischen Gründen wichtig ist, mit den AKP-Staaten im Rahmen der Regeln der Welthandelsorganisation eine Allianz zu schließen.

 
  
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  Georgios Papastamkos (PPE-DE). - (EL) Herr Präsident, der erfolgreiche Abschluss der Verhandlungen für Wirtschaftspartnerschaftsabkommen zwischen der Europäischen Union und den AKP-Staaten ist für die europäischen Handels- und Entwicklungspolitiken die größte Herausforderung.

Wir brauchen Abkommen, die mit den internationalen Verpflichtungen der Europäischen Union kompatibel sind, nachdem – wie Sie wissen – die unilaterale Vorzugsbehandlung, die die Europäische Union den AKP-Staaten im Gegensatz zu anderen Entwicklungsländern zukommen hat lassen, gegen die WTO-Regeln verstößt.

Jenseits der rechtlichen Frage besteht die Herausforderung jedoch vor allem darin, Abkommen auszuhandeln, durch die sich die Entwicklung des jeweiligen Landes durch die Intensivierung seiner Handelskapazität, der Diversifizierung seiner wirtschaftlichen Basis und der regionalen Integration fördern lässt.

Beim neuen Handelsregime, durch das die Beziehung zwischen der Europäischen Union und den AKP-Staaten bestimmt wird, sollte gewährleistet werden, dass all diese Länder in das internationale Handelssystem und somit in die Weltwirtschaft integriert werden. Und dies gilt, obwohl es sich hier um eine Wirtschaft handelt, die gerade eine beispiellose Krise durchmacht, die sich auf Industrieländer, Entwicklungsländer und Schwellenländer auswirkt.

Wir sind uns alle dahingehend einig, dass sich die AKP-Staaten der Europäischen Union gegenüber asymmetrisch und stufenweise öffnen müssen und dass ein angemessenes Maß an Flexibilität herrschen muss, wenn es um Quoten für sensible Sektoren und wirksame Schutzklauseln geht. Das Ziel dieser Verhandlungen bestand bekanntermaßen darin, Bereiche wie Dienstleistungen, Investitionen und geistige Eigentumsrechte abzudecken sowie sich verstärkt kommerziellen Themen und dem Zugang zum Warenmarkt zu widmen.

Wir unterstützen es daher, dass die in den Abkommen behandelten Themen in dem Maß ausgeweitet werden, dass die AKP-Staaten selbst Vorteile haben. Wirtschaftspartnerschaftsabkommen müssen unbedingt entwicklungspolitische Regelungen enthalten und angemessene Handelshilfe gewährleisten.

 
  
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  Glenys Kinnock (PSE). - Herr Präsident, ich möchte hinsichtlich der Zustimmung nur kurz zwei Bereiche ansprechen. Das CARIFORUM habe ich bereits erwähnt. Mit dem CARIFORUM-Abkommen sind alle zufrieden und sehen ihm mit Optimismus entgegen, es müssen aber natürlich noch gewisse Gewährleistungen garantiert werden. Dies wurde bei der kürzlich veranstalteten Besprechung in Guyana durch den Präsidenten, Mitglieder des Parlaments und andere Vertreter dieses Landes natürlich ganz klar zum Ausdruck gebracht.

Das Thema der Bananen wurde angesprochen. Baronin Ashton, Sie haben erwähnt, dass der zollfreie und unkontingentierte Zugang ermöglicht wird. Das ist in Ordnung, aber die Sache ist, dass die Zölle der AKP-Staaten durch die mit Zentralamerika und anschließend mit dem Mercosur und dem Andenpakt abgeschlossenen Abkommen niedriger ausfallen werden und wir nichts unternehmen können, um die Wettbewerbsfähigkeit der Bananenproduzenten aus dem AKP-Raum aufrechtzuerhalten. Dies ist ein wichtiges Thema, und die Abkommen wurden eingegangen, bevor die Tinte des CARIFORUM-Abkommens trocknen konnte.

In der Karibik herrschen auch starke Bedenken hinsichtlich der Durchführungseinheiten, die noch immer nicht eingerichtet worden sind. Die Probleme, die durch die Spannungen zwischen den einzelnen Ländern der Karibik entstanden sind, konnten noch nicht gelöst werden. Und dann ist da noch Haiti. Das Ergebnis der Geberkonferenz war leider weniger zufriedenstellend als erhofft, und man macht sich darüber Gedanken, ob das WPA vollständig ausgehandelt oder umgesetzt werden kann, solange sich Haiti der Beteiligung entzieht.

Im Hinblick auf Côte d’Ivoire hätten wir gerne ganz klare Zusicherungen. Dieses Land hat über viele Jahre hinweg ein großes Maß an Unruhe, Ungewissheit und Instabilität erlebt, und unsere Zustimmung ist von großer Bedeutung. Andererseits benötigen wir auch Zusicherungen, dass Sie in Form eines Briefes an die Verhandlungsführer und die Regierung von Côte d’Ivoire erläutern werden, dass wir uns auch weiterhin dazu verpflichtet fühlen, in dem guten Glauben zu verhandeln, dass das Ergebnis dem Volk dieses Landes Vorteile erbringen wird.

 
  
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  Marie Anne Isler Béguin (Verts/ALE). - (FR) Herr Präsident, Herr Kohout, Frau Ashton, ich habe Ihren Beiträgen gut zugehört.

Herr Kohout, Sie haben über wirtschaftliche Nachhaltigkeit gesprochen. Jetzt frage ich mich jedoch, was eigentlich genau hinter diesem Begriff steckt. Und was bedeutet diese Nachhaltigkeit in einer Zeit, in der wir mitten in einer Wirtschafts-, Finanz- und Umweltkrise stecken? Welche Garantien können wir erteilen? Trotz der beruhigenden Worte der Kommissarin frage ich mich, ob das Projekt, das wir unseren Partnern in afrikanischen, karibischen und pazifischen Ländern vorschlagen, angesichts der Tatsache, dass diese Abkommen ja unter ganz anderen Umständen abgeschlossen wurden, jetzt überhaupt noch angemessen ist.

Ich denke nicht. Wir nehmen an Treffen mit NRO teil und treffen KMU. Kürzlich sagte uns der Präsident von Guyana Folgendes: Sie fordern uns auf zu diversifizieren, aber können Sie uns auch sagen, welche Waren unser kleines Land produzieren kann, die mit Brasilien oder Venezuela konkurrieren können?

Wir sollten daher jetzt nicht unsere Augen schließen. Einerseits sprechen Sie über Flexibilität und andererseits über die WTO-Regeln. Ich muss leider sagen, dass diese beiden Begriffe völlig unvereinbar sind, weil dazu eine Umstrukturierung erforderlich wäre. Und wir wissen nur zu gut, dass in diesen Ländern durch eine Umstrukturierung noch mehr Armut entstehen würde.

Ich bin daher nicht davon überzeugt, dass unsere heutigen Vorschläge und unsere Vorschläge aus der Vergangenheit überhaupt angemessen sind. Haben wir uns die Ergebnisse angesehen, die das Entwicklungsmodell gebracht hat, das wir während der vergangenen 40 Jahre angewandt haben? Es ist ein Misserfolg, und ich glaube, das wurde auch bereits gesagt. Dieser Misserfolg wird meiner Meinung nach jetzt fortgesetzt. Die Situation wird durch diese Partnerschaftsabkommen nur noch schlimmer, weil die Übereinkommen absolut nicht mit den weltwirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Umständen vereinbar sind.

 
  
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  Daniel Caspary (PPE-DE). - Frau Kommissarin, ich habe im Nachgang zu meinen beiden Vorrednerinnen nur eine Frage. Stimmen Sie mir zu, dass es Länder auf dieser Welt gibt, die es auch ohne WPA geschafft haben, in den letzten 20 Jahren ihren Wohlstand deutlich zu vermehren, und dass die WPA vielleicht doch auch für diese Staaten eine Chance darstellen können?

 
  
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  Jan Kohout, amtierender Präsident des Rates. – (CS) Vielen Dank, Herr Präsident, und vielen Dank auch in erster Linie an die Mitglieder des Europäischen Parlaments für die konstruktiv geführte, interessante Diskussion. Erlauben Sie mir bitte, zu zwei der vorgebrachten Punkte Stellung zu beziehen. Beim ersten Punkt geht es um Flexibilität. Aus den Ausführungen einiger MdEP lässt sich entnehmen, dass ein Wunsch besteht, beim Verhandeln der Wirtschaftspartnerschaftsabkommen für die notwendige Flexibilität zu sorgen.

Ich möchte betonen, dass sich der Rat der Flexibilität auf zwei wichtigen Ebenen sehr bewusst ist. Zuerst geht es um die Flexibilität, durch die sich gewährleisten lässt, dass die in den Regeln der Welthandelsorganisation enthaltenen Optionen für asymmetrische Vereinbarungen, Zeitrahmen und Schutzklauseln in vollem Umfang genutzt werden. Aus diesem Grund kann ich weder der Stellungnahme noch der allgemeinen Schlussfolgerung zustimmen, dass 40 Jahre Entwicklungshilfe eine Katastrophe waren. Ich denke, dass die Situation noch viel schlimmer gewesen wäre, hätten die EU und andere Länder keine Hilfe geleistet. Gleichzeitig bin ich der Auffassung, dass uns die derzeitigen Regeln ein solches Maß an Flexibilität ermöglichen und jedes einzelne dieser Länder – und in dieser Hinsicht habe ich Vertrauen in die Kommission und in die Kommissarin – eine Lösung finden kann, die den jeweiligen Bedürfnissen und Interessen gerecht wird.

Die zweite Form der Flexibilität ist diejenige, die wir beim Übergang von Interim-WPA in umfassende regionale Abkommen bieten. Dadurch soll die regionale Kooperation gefördert werden. Beim zweiten Punkt dieser Aussprache, zu dem ich mich äußern möchte, geht es um die Frage der entwicklungspolitischen Dimension von WPA. Meiner Meinung nach handelt es sich bei diesen Abkommen zweifelsohne nicht um konventionelle Handelsabkommen, weil sie starke entwicklungspolitische Aspekte aufweisen. Bei den Abkommen können langfristig angelegte Interimsabkommen genutzt werden – und zwar bis zu 25 Jahre lang – und sie enthalten zudem Ausnahmeregelungen, gemäß denen maximal 20 % der aus AKP-Staaten stammenden Waren von der Liberalisierung ausgeschlossen werden können. In den Abkommen sind Vorschriften für Kontrollmaßnahmen und Überprüfungen enthalten, an denen das Parlament beteiligt ist. Ihre Durchführung wird durch das Finanzierungspaket „Handelshilfe“ unterstützt werden. All diese Aspekte zeigen meiner Ansicht nach, dass diesen Abkommen entwicklungspolitische Ziele zugrunde liegen.

Gleichzeitig möchte ich im Namen der tschechischen Präsidentschaft und des Rates sagen, dass wir die bei den WPA-Verhandlungen erzielten Fortschritte im Detail überwachen werden, sowie der Kommission und auch der Kommissarin Ashton meine Unterstützung hinsichtlich der Bemühungen zusichern, die sie bisher unternommen hat, um dem vom Rat erteilten Mandat gerecht zu werden. Im Laufe der tschechischen Präsidentschaft werden wir uns auf der Sitzung des Rates für allgemeine Angelegenheiten und Außenbeziehungen im Mai auf WPA konzentrieren, und zwar durch die Minister für Entwicklungszusammenarbeit. Wird zwischen uns und den Ministern unserer Partner in den AKP-Staaten eine Übereinkunft erzielt, werden wir das Thema auch auf die Gesprächsagenda für das gemeinsame Treffen der AKP-Staaten und des EU-Ministerrats im Mai setzen. Im Rahmen der tschechischen Präsidentschaft wird der Rat im April auch die Paritätische Parlamentarische Versammlung AKP/EU in Prag willkommen heißen, und zwar in nur wenigen Tagen. Ich bin davon überzeugt, dass WPA eines der Hauptgesprächsthemen sein werden und dass die Bedeutung dieser Diskussion vor allem darauf zurückzuführen ist, dass sie in einem parlamentarischen Kontext stattfindet.

Ich persönlich sehe der morgigen Abstimmung mit Freude entgegen. Meiner Ansicht nach ist dies ein wichtiger Augenblick im Hinblick auf die Entwicklung von WPA. Wie wir erfahren haben, wird in vielen Regionen noch immer verhandelt, aber in der Karibik konnten bereits wichtige und positive Ergebnisse erzielt werden. Mit Côte d’Ivoire haben wir einen wichtigen Punkt erreicht, der für künftige Fortschritte spricht. Zahlreiche Länder warten auf die Zustimmung des Europäischen Parlaments und damit auf die Krönung schwieriger Verhandlungen, die sich auf mehrere Jahre erstreckten. Ich bin fest davon überzeugt, dass das Parlament ein positives Signal an die Welt aussenden wird, auf das wir zurzeit so sehr angewiesen sind. Ich bin mir sicher, dass dies trotz der Krise und der großen Unsicherheit, die wir derzeit erleben und auf die mehrmals verwiesen wurde, ein Instrument ist, das Vorteile mit sich bringen wird. Wir alle wissen, dass sich die Entwicklung dieser Länder durch diese Abkommen vorantreiben lassen wird.

 
  
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  Catherine Ashton, Mitglied der Kommission . Herr Präsident, erlauben Sie mir bitte, einige der bereits gemachten Bemerkungen zu kommentieren.

Ignasi Guardans Cambó, Alain Hutchinson und Fiona Hall haben auf unterschiedliche Weise über die Vergangenheit und darüber gesprochen, dass wir bessere Erfolge erzielen müssen. Ich schließe mich dem an. Der Analyse selbst stimme ich vielleicht nicht in allen Punkten zu, aber dies ist auf alle Fälle eine Gelegenheit, die wir beim Schopfe packen sollten. Unter anderem sollten wir uns darauf freuen, dass sich nicht nur dieses Parlament, sondern auch die Parlamente aller AKP-Staaten beteiligen werden. Natürlich kann jedes Land selbst bestimmen, wie der Beitrag ihres Parlaments aussehen soll. Wir müssen äußerst vorsichtig sein – und ich weiß, dass dies im Interesse der verehrten Mitglieder ist –, damit wir anderen Ländern nicht unsere Meinung aufdrängen. Frau Kinnock möchte ich mitteilen, dass ich mich auf das Treffen mit der Paritätischen Parlamentarischen Versammlung freue.

Vor allem David Martin, aber natürlich auch andere Mitglieder, sprachen von der Notwendigkeit, Kontrollen durchzuführen. Auch dem stimme ich zu, da es besonders angesichts der derzeitigen Wirtschaftslage äußerst wichtig ist, Kontrollmaßnahmen zu ergreifen und Überprüfungen durchzuführen. Ich habe großes Interesse daran, den Dialog über die Einbindung des Parlaments mit anderen Mitgliedern fortzusetzen, freue mich aber auch auf Ihre Ideen darüber, wie wir dafür sorgen können, dass diese Kontrollmaßnahmen und Überprüfungen wirksam sind und unseren Partnerländern ein gutes Gefühl vermitteln.

Herr Sturdy und Herr Martin, mit dem Begriff „meistbegünstigte Staaten“ versucht man – wie bereits erwähnt –, sich auf die großen Länder zu beziehen, die den Prozess, an dem wir uns beteiligt haben, nicht unterstützen. Es geht nicht darum, dem Handel zwischen Ländern im Süden zu schaden oder auf irgendeine Weise die Chancen und Souveränität dieser Länder, die den Handel liberalisieren möchten, zu beeinträchtigen. Aus diesem Grund haben wir einen Grenzwert für den Welthandel, den ein Land erst erreichen muss, bevor diese Vorschrift zum Tragen kommt. Ich muss auch sagen, dass wir dabei stets für Flexibilität offen sind.

Über Zolleinnahmen möchte ich folgende Aussage machen: Herr Arif und Frau Jouye de Grandmaison, bis 2013 sind diese im EEF abgedeckt, und wir möchten auch gewährleisten, dass Staaten durch wirtschaftliches Wachstum und finanztechnische Änderungen unterstützt werden, damit sie nicht allein auf diese Einnahmen angewiesen sind, sondern neue Wege zur Finanzierung ihrer Volkswirtschaften finden.

Unabhängig davon, was mit den Bananen passiert, werden diese Länder auch in Zukunft stärker von den Präferenzen profitieren als andere. Im Hinblick auf Präferenzerosion sind wir jedoch sehr achtsam, und beim Analysieren von Abkommen, auf die wir seit Jahren warten, damit diese Situation hoffentlich gelöst wird, ist dies zu berücksichtigen. Und genau das ist meine Absicht.

Herr Van Hecke, Frau Mann und Frau Kinnock: Was einer bekommt, bekommt auch der andere. Lassen Sie mich Klartext sprechen: Ich schreibe gerne an jedes beliebige Land der Welt, aber auf alle Fälle dem Land Côte d’Ivoire, um ihnen mitzuteilen, dass die Flexibilität, die wir mit der Entwicklungsgemeinschaft des südlichen Afrikas (SADC) besprochen haben, auch für andere Länder gilt. Nur ein oder zwei Punkte beziehen sich speziell auf die SADC und an denen sind sie wohl nicht interessiert, aber abgesehen davon können sie alles haben, was sie haben wollen. Ich habe überhaupt kein Problem damit, dies schriftlich festzuhalten – und zwar an jedem beliebigen Ort, zu jedem beliebigen Zeitpunkt und für jeden beliebigen Empfänger. Lassen Sie mich also einfach wissen, was Sie von mir erwarten.

Glyn Ford und Christofer Fjellner sprachen über die Bedeutung von Handel im Allgemeinen, und ich stimme ihrer Analyse voll und ganz zu. Ich glaube, Christofer Fjellner sagte, dass angesichts der Wirtschaftslage mehr Handel besser ist als weniger Handel, und auch da bin ich seiner Meinung.

Herr Caspary, Sie sprachen von der Freiheit, die Zukunft selbst in die Hand zu nehmen. Auch das sehe ich so. Und dann gibt es noch Länder, die sich auch ohne WPA wirtschaftlich entwickeln konnten. Indien und China wären da wohl zwei Beispiele.

Syed Kamall ging ebenfalls auf dieses für mich sehr wichtige Thema ein, nämlich, dass wir es Ländern ermöglichen müssen, sich aus wirtschaftlicher Sicht zu entwickeln und Wachstum zu verzeichnen. Dabei sollten wir sie durch eine Mischung aus Entwicklung und Handel unterstützen.

Frau Kinnock, die entwicklungspolitische Verknüpfung ist äußerst wichtig, aber die rechtsverbindliche Entwicklungshilfeverpflichtung steht im Cotonou-Abkommen. Sie ist also bereits vorhanden. Für uns bedeutet dies, dass wir die WPA zum Ermöglichen dieser Präferenzen nutzen sollten. Dabei sollten die entwicklungspolitischen Prioritäten auf partnerschaftlicher Basis festgelegt werden, denn dies ist extrem wichtig.

Abschließend möchte ich etwas tun, zu dem ich selten Gelegenheit habe. Ich möchte dem Team, das mit mir arbeitet, meinen Tribut zollen. Unser Hauptverhandler sitzt hinter mir. Er hat all die Arbeit mit SADC übernommen. Auch meine anderen Kollegen sind anwesend, und ich möchte Ihnen lediglich sagen, dass diese Menschen mich außerordentlich gut unterstützen und sie sich für das von mir vorgegebene Programm 100-prozentig einsetzen.

Persönlich hoffe ich, dass Sie im Sinne meiner heutigen Ausführungen abstimmen werden. Ich versichere Ihnen, dass ich mich weiterhin dieser Aufgabe verschreiben werde, und hoffe inständig, auf Ihre Unterstützung zählen zu können, damit ich entsprechend meiner Ausführungen weitermachen kann. Dies wäre mir sehr wichtig, und hoffentlich werden Sie mich daher heute Abend unterstützen.

 
  
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  David Martin, Berichterstatter. Herr Präsident, lassen Sie mich zuerst darauf hinweisen, dass dies eine sehr gute Aussprache war. Sowohl der Rat als auch die Kommission haben äußerst positive Beiträge geleistet.

Besonders möchte ich mich auf die Bemerkung des Rates zum CARIFORUM beziehen, und zwar dass es für andere WPA ein Beispiel, aber keine Vorlage sein sollte. Dem schließe ich mich voll und ganz an. Ein WPA kann für andere als Grundlage herangezogen werden, aber dadurch darf die Individualität der einzelnen WPA nicht verloren gehen. Außerdem müssen wir aus den CARIFORUM-Verhandlungen lernen.

Zweitens möchte ich sagen, dass ich begeistert war, dass der Rat eine Verpflichtung für Handelshilfe eingehen konnte und die Mitgliedstaaten beabsichtigen, entsprechend zu handeln.

Auch habe ich mich darüber gefreut, dass sowohl der Rat als auch die Kommission Zusicherungen für den Zugang zu Medikamenten gaben und bestätigten, dass es sich bei der nach fünf Jahren durchzuführenden Überprüfung um eine echte Überprüfung handeln wird, im Rahmen derer man untersuchen wird, ob Entwicklungsziele erreicht wurden.

Es ist hervorragend, dass die Kommissarin die Auffassung vertritt, dass vor einer Liberalisierung und Öffnung von Finanzdienstleistungen für entsprechende Vorschriften zu sorgen ist. Für einige von uns hier im Plenarsaal ist dies auch extrem wichtig. Sie erklärte – wir wussten es zwar bereits, aber dennoch ist es wichtig, dass dies festgehalten wird –, dass diese Abkommen keine Klauseln enthalten, die in den karibischen Ländern die Liberalisierung von Dienstleistungen erzwingen, und dass nicht erwartet wird, dass öffentliche Dienstleistungen privatisiert werden. Ich habe mich auch darüber gefreut, dass sie zudem Verpflichtungen für den Status der meistbegünstigten Staaten abgab.

Da die Aussagen der Kommission und des Rates in diesem Plenarsaal nun zu Protokoll genommen wurden, habe ich das Vergnügen, dem Parlament in meiner Funktion als Berichterstatter zu empfehlen, dem Karibik-WPA zuzustimmen.

Lassen Sie mich nun einem anderen Thema zuwenden, nämlich dem der Entschließung. Einige meiner konservativen EVP-Kollegen haben sich dazu bereits geäußert. Für die Sozialisten stehen im Hinblick auf die derzeitige Version der Entschließung noch Forderungen aus, und von einer Zustimmung kann man daher nicht sprechen. Eigentlich stimmen die Dinge, zu denen sich der Rat und die Kommission verpflichtet haben, mit unseren Forderungen überein. Wenn das Parlament also den Rat und die Kommission unterstützt, sehe ich keinen Grund, weshalb es nicht auch unsere Kompromisse und den Text, bei dem man einen Mittelweg fand, unterstützt und diese Punkte in die Entschließung des Parlaments einarbeitet.

Ich hoffe, dass wir letztendlich sowohl für die Zustimmung als auch für eine einvernehmliche Entschließung stimmen können, durch die sich neue Handelsmöglichkeiten ergeben und sehr starke entwicklungspolitische Verpflichtungen eingegangen werden.

 
  
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  Erika Mann, Berichterstatterin. Herr Präsident, ich möchte der Kommissarin und dem Rat danken. Sie haben heute Ihre Zustimmung dafür gegeben, Côte d’Ivoire die Dinge zukommen zu lassen, für die sich das Parlament schon seit langem einsetzt, und ich denke, dass man in diesem Land darüber sehr glücklich sein wird. Frau Kommissarin, könnten Sie bitte dafür sorgen, dass jemand – oder sogar Sie selbst – diese äußerst positive Nachricht so bald wie möglich in Côte d’Ivoire bekannt gibt, und würden Sie dies bitte baldmöglichst schriftlich bestätigen? Dieses Abkommen wird tatsächlich unseren Forderungen gerecht.

Ich möchte noch ein paar Dinge kommentieren, auf die Sie noch nicht im Detail eingegangen sind. Uns ist die Überwachung wichtig. Ich weiß, dass dies eine komplizierte Angelegenheit ist und dass wir dabei auf die Unterstützung des Rates angewiesen sind. Wir fänden es gut, wenn in der Übergangsphase von einem Interimsabkommen zu einem umfassenden Abkommen zwischen dem Europäischen Parlament, dem Rat und der Kommission entsprechende Überwachungsmaßnahmen ergriffen werden würden. Nur so können wir nachvollziehen, was sie gerade verhandeln. Geschieht dies nicht, würden wir am Ende einfach einen Entwurf erhalten, dem wir dann zustimmen oder den wir ablehnen. Diese Alternative wäre uns aber nicht recht.

Zwar wollen wir nicht an den Verhandlungen beteiligt sein, aber wir wären gerne darüber informiert, woran gerade gearbeitet wird. Obwohl es hilfreich wäre, wenn Sie Ihre Zustimmung bereits heute geben könnten, ist dies nicht erforderlich. Auf alle Fälle sind mein Kollege und ich bereit, diesen Prozess mit Ihnen zu besprechen. Bei anderen Abkommen und unter anderen Umständen befanden wir uns bereits in einer ähnlichen Situation, und ich bin mir sicher, dass wir – wenn der Rat daran Interesse hat – zu einer Übereinkunft kommen können.

Mein letzter Punkt, den ich der Kommissarin und auch dem Rat vortragen möchte, ist, dass ich Sie um Ihre Zustimmung bitten möchte, Ihr Bestes zu geben, um die Art von Erfolgen zu gewährleisten, die im Rahmen der Doha-Verhandlungsrunde vereinbart wurden. Im Falle von Bananen und Baumwolle war dies für andere Länder der Fall. Für Entwicklungsländer sind aber auch noch andere Aspekte wichtig. Natürlich weiß ich, dass Sie heute noch nicht „Ja“ sagen können, aber versichern Sie uns bitte, dass Sie Ihr Bestes geben werden, um diese Art der Vereinbarungen zu sichern.

Abschließend möchte ich mich bei zwei Kollegen bedanken: Zuerst bei Glenys Kinnock, weil sie uns sehr unterstützt hat und ich mich sehr darüber freue, dass sie im Falle von Côte d’Ivoire für die Zustimmung plädiert. Ich weiß, wie kompliziert die Dinge manchmal sind, bin aber sehr dankbar dafür, dass sie mich bei dieser Angelegenheit unterstützt. Außerdem möchte ich meinem Kollegen Syed Kamall danken, und zwar deshalb, weil auch er uns im Rahmen dieser Entschließung so gut wie möglich zur Seite stand. Ich weiß, dass dies in Handelsangelegenheiten gelegentlich gegen seine Überzeugung geht. Er ist für uneingeschränkten Handel, weshalb es für ihn nicht immer leicht ist, zu einer Übereinkunft zu gelangen. Aus diesem Grund möchte ich mich bei beiden Kollegen bedanken und natürlich auch bei der Kommission und beim Rat.

 
  
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  Der Präsident. - Ich habe neun Entwürfe für eingereichte Entschließungsanträge erhalten(1), die gemäß Artikel 108 Absatz 5 der Geschäftsordnung eingebracht wurden.

Die Aussprache ist geschlossen.

Die Abstimmung erfolgt am Mittwoch, den 25. März 2009.

Schriftliche Erklärungen (Artikel 142)

 
  
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  Mary Lou McDonald (GUE/NGL), schriftlich. Die weltweite Wirtschaftskrise sollte dazu führen, dass die EU-Politik im Hinblick auf Liberalisierung und Deregulierung neu überdacht und überarbeitet wird, und zwar nicht nur für die EU, sondern auch in Bezug auf Entwicklungsländer.

Die Wirtschaftspartnerschaftsabkommen, die dem Parlament jetzt vorgelegt werden, schlagen stattdessen eine Intensivierung dieses misslungen Versuchs vor.

Bei den für diese Abkommen geführten Verhandlungen hat die EU starken Druck auf die Regierungen von Entwicklungsländern ausgeübt und die Meinungen der Menschen, die in diesen Ländern leben und unter der Umsetzung am meisten zu leiden hätten, wurden nicht angemessen berücksichtigt.

Ungenaue Versprechen, bei der Umsetzung der Abkommen flexibel vorzugehen, sind kein Ersatz für konkrete Verpflichtungen.

 
  

(1) Siehe Protokoll.


15.  – Kosmetische Mittel (Neufassung) (Aussprache)
Video der Beiträge
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  Der Präsident. - Der nächste Punkt ist der Bericht von Dagmar Roth-Behrendt im Namen des Ausschusses für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit über den Vorschlag einer Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates für kosmetische Mittel (Neufassung) (KOM(2008)0049 – C6-0053/2008 – 2008/0035(COD)) (A6-0484/2008).

 
  
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  Dagmar Roth-Behrendt, Berichterstatterin. − Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Ich brauche wahrscheinlich nicht die vier Minuten, die mir zu Beginn der Debatte zustehen, denn es ist eigentlich eine sehr einfache und sehr schöne Angelegenheit, die wir heute erörtern. Wir sprechen über eine Neufassung der Kosmetikrichtlinie, die jetzt eine Verordnung ist. Diese Verordnung wird eigentlich modernisiert – und wir wollen sie gerne modernisieren, verbessern, straffen.

Wir haben drei kleine Verbesserungen vorgesehen. Zum einen ist sichergestellt, dass krebserregende Stoffe zwar tatsächlich verboten sind in Kosmetika, dass wir das aber mit Augenmaß betreiben und Stoffe, die für Lebensmittel zugelassen sind, nicht für Kosmetika verboten sind, also wie z. B. Vitamin A oder auch Alkohol. Das hat die Kommission richtig erkannt und in ihren Vorschlag aufgenommen.

Und auch richtig erkannt hat die Kommission, dass neuartige Technologien wie Nanotechnologien schon einer besonderen Aufmerksamkeit bedürfen, wenn wir über mikronisierte Partikel sprechen, die durchaus durch die Hautschichten dringen können. Wir wollen einfach sicher sein, dass keinerlei Gefahren davon ausgehen können. Auch da bin ich zufrieden damit, dass wir einen Kompromiss erreicht haben, dem ich vollen Herzens zustimmen kann.

Schließlich, Herr Präsident, haben wir noch etwas anderes, nämlich die so genannten Aussagen. Die müssten wir uns auch ansehen und modernisieren. Wenn wir heute abgehetzt hier ankommen und unser Deodorant uns heute Morgen versprochen hat "14 Stunden schweißfrei", wir aber heute Abend trotzdem völlig durchgeschwitzt sind, dann sind wir sehr überrascht und sagen, diese Aussage stimmt ja gar nicht. Aussagen zu haben, die halten, was sie versprechen, ist ein wesentlicher Teil von ehrlichen, wahren Produkten. Wir haben eine Gesetzgebung für sichere Produkte und gleichzeitig auch für wahre und klare Produkte.

Ich bin sehr dankbar dafür, dass die Zusammenarbeit mit der tschechischen Präsidentschaft sehr gut war. Ich danke ausdrücklich der Kollegin Popadičová, die heute nicht hier sein kann, aber die wirklich ihr Bestes gegeben hat, was in diesem Rat nicht immer einfach war.

Mein besonderer Dank geht auch an die Kommission, mit der die Zusammenarbeit sehr, sehr konstruktiv und erfolgreich war. Auch das ist nicht selbstverständlich in diesem Haus. Ferner danke ich meinen Kolleginnen – ich sag mal Kolleginnen, denn es sind interessanterweise Kolleginnen, die sich seit langem mit dieser Materie beschäftigen – Françoise Grossetête, Margret Auken, Hiltrud Breyer und auch Fréderique Ries, die heute nicht da sein kann, für die Zusammenarbeit. Wir waren nicht immer absolut einer Meinung bei den Fragen, wie gehen wir mit Notifizierung bei Nanotechnologien um, was machen wir mit der Kennzeichnung, aber wir haben einen hervorragenden Kompromiss erreicht. Darüber freue ich mich sehr!

Ich möchte noch etwas zu der Frage von Kennzeichnung sagen. Ich glaube schon, dass einigen Delegationen, vielleicht sogar meiner eigenen und meinem eigenen Mitgliedstaat, noch das eine oder andere ins Stammbuch geschrieben werden muss. Kennzeichnung hat nichts mit Warnhinweisen zu tun. Kennzeichnungen versetzen Verbraucherinnen und Verbraucher in die Lage, bewusst und frei zu entscheiden. Denn die Verbraucher haben ein Recht darauf, dass wir sie über Nanotechnologien informieren und darauf hinweisen, dass eine bestimmte Substanz besonders kleinteilig und mikronisiert ist. Sie haben ein Recht darauf, zu entscheiden, ob sie die Sonnenmilch nehmen und ob auch das Kleinkind die Sonnenmilch nehmen soll. Verbraucher haben das Recht zu entscheiden! Ich selber werde das gerne tun, ich selber werde die Produkte gerne verwenden. Andere werden das nicht tun. Aber es ist wichtig für uns, dass wir alle Menschen in die Lage versetzen, diese Wahlfreiheit wahrzunehmen.

Ich weiß, dass Sie, Herr Kommissar Verheugen, heute noch eine Erklärung zu dem gesamten Bereich der Fälschungssicherheit von Arzneimitteln abgeben werden. Dafür bin ich dankbar und ich hoffe, dass Sie auch auf die Frage der Bedrohung oder der Möglichkeiten des Internethandels eingehen werden. Wenn Sie das tun, wird der morgige Tag für einige meiner Kolleginnen und Kollegen, die den Kompromiss durchaus unterstützen, aber zusätzliche Sicherheiten haben wollen, ein noch besserer Tag werden, wenn wir dem Kompromiss in dieser Form zustimmen werden, was der Rat bereits in der vergangenen Woche getan hat. Ich danke Ihnen sehr!

 
  
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  Günter Verheugen, Vizepräsident der Kommission. − Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordnete! Ich möchte der Berichterstatterin, Frau Roth-Behrendt, und ihren beiden Schattenberichterstatterinnen, Frau Ries und Frau Grossetête, sehr herzlich danken für eine konstruktive und intensive Zusammenarbeit, die uns geholfen hat, in erster Lesung eine Einigung zu finden.

Es ist eine Verordnung, die drei wichtige Ergebnisse, drei wichtige Fortschritte bringt: Wir schaffen mehr Sicherheit, wir schaffen mehr Transparenz für die Verbraucher und wir kommen zu einer wesentlichen Vereinfachung des bestehenden Rechts. Insbesondere im Bereich der Sicherheit haben wir alle den Schwerpunkt unserer Arbeit gesehen.

Ich möchte nur auf wenige Punkte hinweisen. Wir schaffen jetzt eigentlich zum ersten Mal einen wirklichen Mechanismus, den ich als „Kosmetikovigilanz“ bezeichnen möchte, also eine ständige Überwachung von Kosmetikprodukten – etwas, was wir bei pharmazeutischen Produkten bereits haben. Wir intensivieren die Marktaufsicht durch die Mitgliedstaaten, die obligatorische Rückverfolgbarkeit von kosmetischen Mitteln wird hergestellt. Alle diese Dinge gelten für alle Hersteller, über den Amateur bis zum Groß- und Einzelhändler, das heißt also für alle Akteure der gesamten Vertriebskette.

Frau Roth-Behrendt hat bereits etwas über das Thema Nanomaterialien gesagt. Wir haben hier eine Lösung gefunden, die ich als modellhaft bezeichnen möchte, denn dieselbe Lösung wird später in dieser Woche bei einer anderen wichtigen Gesetzgebung noch einmal verwendet werden. Die spezifischen Bestimmungen über in Kosmetika verwendete Nanomaterialien sehen einen Mechanismus vor für eine entsprechende Information, bevor die Materialien in der Gemeinschaft in Verkehr gebracht werden. Damit ist sichergestellt, dass relevante Sicherheitsdaten vorgelegt werden müssen und die Behörden Zeit haben, gegebenenfalls erforderliche Sicherheitsvorkehrungen zu treffen.

Es hat eine lange, sehr intensive und fruchtbare Diskussion darüber gegeben, ob Stoffe, die als krebserzeugend, erbgutverändernd oder fortpflanzungsgefährdend eingestuft werden, in Ausnahmefällen verwendet werden dürfen. Ich bin sehr froh darüber, dass Rat und Parlament der Kommission zugestimmt haben, dass wir an dem generellen Verbot dieser Stoffe in Kosmetika festhalten sollten. Die minimalen Ausnahmen, die die Kommission vorgeschlagen hat, dienen lediglich dazu, Unstimmigkeiten mit dem Lebensmittelrecht zu vermeiden, denn in der Tat ist es ja nicht unmittelbar einleuchtend, wenn man Alkohol zwar trinken, aber nicht in Kosmetika verwenden darf.

Neben der Produktsicherheit wird mit dem Vorschlag die Information der Verbraucher verbessert. Unter anderem ist in der Liste der Bestandteile anzugeben, welche Stoffe in Nanoform enthalten sind. Darüber hinaus sind Instrumente für eine gezielte Überprüfung der Herstellerangaben vorgesehen. Ich bin gerne bereit, zu bestätigen, dass die Mitgliedstaaten und die Kommission durch eine enge Zusammenarbeit in dieser Frage die Möglichkeiten einer Täuschung der Verbraucher verhindern wollen.

Ich habe gesagt, diese Verordnung ist auch Teil unseres Vereinfachungsprogramms. Hier werden Unklarheiten und Widersprüche aus einer Richtlinie beseitigt, die bereits 33 Jahre alt ist und die in der Zwischenzeit 55 Mal geändert worden ist. Es konnte sie wohl kaum noch jemand wirklich verstehen. Deshalb kommen wir hier zu einer bedeutsamen Vereinfachung des Rechtsbestands in der Gemeinschaft.

Ich möchte auch noch darauf hinweisen, dass die Schaffung eines zentralen Systems für die Mitteilung von kosmetischen Mitteln vor dem Inverkehrbringen auf dem Gemeinschaftsmarkt Kosteneinsparungen für die Industrie bringen wird.

Ich habe bereits darauf hingewiesen, dass Parlament, Rat und Kommission eng und konstruktiv zusammengearbeitet haben. Ich kann allen Änderungsanträgen der Berichterstatterin, Frau Roth-Behrendt, im Namen der Kommission zustimmen.

Die Kommission gibt auch all die Erklärungen ab, die vom Parlament erbeten worden sind, zur Frage einer Verordnung statt einer Richtlinie, zur Frage des Internetverkaufs, zur Frage der Produktfälschung, zur Frage der Übergangsbestimmungen und des Zeitrahmens für die Anwendbarkeit der Verordnung und zur Frage der Definition von Nanomaterialien. Um Zeit zu sparen, bitte ich Sie, damit einverstanden zu sein, dass diese Erklärungen dem Sitzungsdienst übermittelt werden, da sie inhaltlich dem Parlament ja bereits bekannt sind.

Erklärungen der Kommission

Die Kommission nimmt die Bedenken von Mitgliedstaaten zur Kenntnis, die sich auf die Neufassung von Richtlinien als Verordnungen beziehen.

Die Kommission ist der Auffassung, dass die bereits vorhandenen Vorschriften einer Richtlinie, die in hinreichendem Maße deutlich, genau und detailliert sind, durch Neufassung in direkt anwendbare Vorschriften einer Verordnung umgewandelt werden können. Dies ist vor allem dann der Fall, wenn es bei den jeweiligen Vorschriften um fachliche Aspekte geht und diese bereits in allen Mitgliedstaaten vollständig in nationales Recht umgesetzt worden sind.

Die Kommission akzeptiert angesichts der unterschiedlichen Meinungen, dass der besondere Fall der Kosmetikverordnung in dieser Hinsicht nicht als Präzedenzfall für die Auslegung der interinstitutionellen Vereinbarung zurate gezogen werden wird.

Die Kommission verpflichtet sich dazu, das Thema des Verkaufs von Kosmetikprodukten über das Internet vor Anwendung der Verordnung zu klären.

Wie das Europäische Parlament macht sich auch die Kommission darüber Sorgen, dass der Kosmetiksektor durch gefälschte Produkte benachteiligt werden und zudem für Konsumenten ein höheres Gesundheitsrisiko entstehen könnte. Aus diesem Grund wird die Kommission Maßnahmen ergreifen, um die Zusammenarbeit zwischen den in den jeweiligen Ländern zuständigen Behörden im Kampf gegen Produktfälschungen zu intensivieren.

Die Kommission wird eine Erläuterung über Übergangsvorschriften und Daten der Anwendung der Verordnung verfassen (vor allem für Artikel 7, 8, 10 und 12a).

Die Kommission weist darauf hin, dass an der gemeinsamen Begriffsbestimmung für Nanomaterialien noch gearbeitet wird. Die Kommission bestätigt daher, dass in Zukunft der hinsichtlich der gemeinsamen Begriffsbestimmung gemachte Fortschritt beim Gemeinschaftsrecht berücksichtigt werden soll, und weist darauf hin, dass das in diesem Vorschlag enthaltene Ausschussverfahren auch die Aktualisierung der entsprechenden Definition ermöglicht.

 
  
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  Françoise Grossetête, im Namen der PPE-DE-Fraktion. (FR) Herr Präsident, erlauben Sie mir bitte zuerst, nicht nur dem Rat, sondern natürlich auch der Berichterstatterin, Dagmar Roth-Behrendt, der Europäischen Kommission, den anderen Schattenberichterstattern und vor allem Frédérique Ries für die bereits geleistete Arbeit zu danken. Gelegentlich kam es zwischen uns zu einem scharfen Meinungsaustausch, aber letztendlich haben wir ein Ergebnis erzielt, mit dem wir sehr zufrieden sein können: Einerseits wird zugunsten der Konsumenten die Sicherheit von Kosmetikprodukten gesteigert und andererseits werden die administrativen Auflagen, die aus Sicht unserer europäischen Industrie sinnlos geworden sind, reduziert.

Diese Verordnung war erforderlich, weil wir bei dieser Gesetzgebung, die in den vergangenen 30 Jahren fast 50 Mal geändert worden ist, wieder für Klarheit sorgen mussten. Die Umsetzung der Richtlinie hat in den 27 Mitgliedstaaten Probleme verursacht. Es gab einige rechtliche Ungewissheiten, und der Text selbst ist inzwischen sehr schwerfällig und bei der Umsetzung durch Unternehmen viel zu kostspielig geworden. Ich möchte auch noch einmal ins Gedächtnis rufen, dass wir in der Europäischen Union mit mehr als 3 000 Kosmetikherstellern in diesem Sektor weltweit führend sind. Dies ist eine hochinnovative Branche, deren Marktanteil 65 Milliarden Euro beträgt und die direkt bzw. indirekt über 350 000 Arbeitsplätze schafft. Aus diesem Grund sollten Kosmetika ernst genommen werden.

Wie ich bereits erwähnt habe, wird durch diese neue Verordnung für mehr Sicherheit gesorgt, und gleichzeitig wird nicht nur die Verantwortung des Herstellers durch die Überwachung des Marktes gesteigert, sondern es werden auch bürokratische Hürden abgebaut. Die Rückverfolgbarkeit von Kosmetikprodukten wird gesteigert, die verantwortliche Person kann identifiziert werden, und es wird eine Informationsbeilage enthalten sein, aus der eine Beschreibung des Kosmetikprodukts und des Produktionsverfahrens hervorgehen.

Über Nanomaterialien haben wir in der Tat viel diskutiert. Diese Materialien werden in Kosmetika und vor allem in Sonnenschutzmitteln verwendet und müssen aus Sicherheitsgründen sehr strengen Anforderungen ausgesetzt sein, ohne dadurch jedoch der Innovation im Weg zu stehen. Die jeweils zuständige Person muss daher ein Produkt, für das Nanomaterialien verwendet wurden, und nicht das Nanomaterial selbst melden.

Zusammenfassend möchte ich Ihre Aufmerksamkeit darauf lenken, dass wir uns wirklich im Kampf gegen das Fälschen von Kosmetikprodukten engagieren müssen, weil reale Gefahren bestehen. In diesem Bereich erwartet uns noch viel Arbeit.

 
  
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  Daciana Octavia Sârbu, im Namen der PSE-Fraktion.(RO) Sichere Kosmetikprodukte sind europäischen Konsumenten besonders wichtig, weshalb wir uns diesem Thema auch entsprechend intensiv widmen müssen.

Die Initiative zur Überarbeitung der Richtlinie und zum Ersetzen dieser Richtlinie durch einen Vorschlag für eine Verordnung der Kommission finde ich zeitgemäß. So lassen sich rechtliche Ungenauigkeiten und Widersprüche beseitigen sowie unterschiedliche Vorgehensweisen bei der Umsetzung in nationales Recht vermeiden.

In Situationen, in denen die Erfahrung in Europa bewiesen hat, dass die Ausweisung aller Inhaltsstoffe weder machbar noch adäquat ist, sollten wir uns meiner Meinung nach darauf konzentrieren, Herstellern mehr Rechenschaftspflicht zu übertragen und den internen Markt stärker zu kontrollieren.

Die Nutzung von Nanomaterialien ist in diesem Bereich vielversprechend, die Stoffe müssen jedoch erst untersucht und vom wissenschaftlichen Ausschuss für Verbraucherprodukte für sicher erklärt werden. Gleichzeitig ist die Nutzung alternativer Methoden eine Initiative, die wir weiterhin unterstützen müssen.

Ich glaube, dass die Beteiligung des erwähnten Ausschusses bei der Nutzung von Substanzen, die als krebserregend, erbgutverändernd oder giftig eingestuft wurden, unerlässlich ist. Nur so lässt sich herausfinden, ob sie bei der Herstellung von Kosmetikprodukten verwendet werden können.

Zur wirksamen Umsetzung dieser Verordnung ist es meiner Ansicht nach erforderlich, dass die Mitgliedstaaten angemessene Kontrollen durchführen und im Falle einer Nichteinhaltung bei der Kommission regelmäßig einen Bericht vorlegen.

 
  
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  Chris Davies, im Namen der ALDE-Fraktion. Herr Präsident, die Legislaturperiode des Parlaments neigt sich dem Ende zu, und einige von uns haben bereits mit den Vorbereitungen auf die Wahlen begonnen. Zumindest im Vereinigten Königreich sehe ich uns einer Welle von Europaskeptikern und Europafeinden ausgesetzt, die uns bei jeder Gelegenheit für unsere Handlungen kritisieren werden. Und der Verlauf dieser Gesetzgebung wird ihnen einige Argumente zuspielen: 55 einschneidende Änderungen in den letzten 30 Jahren, wodurch sie letztendlich schwerfälliger und verwirrender wurde sowie weder der Branche noch den Verbrauchern half.

Ich finde jedoch, dass die Kritiker beim Argumentieren oft vorzeitig abbrechen. Sie berücksichtigen nicht, was die Europäische Union unternimmt, um den Status quo zu verbessern und dafür zu sorgen, dass Vorzüge in die Praxis umgesetzt werden. Sie gehen davon aus, dass wir statisch sind, und zwar ausnahmslos. Hier haben wir jetzt eine Gesetzgebung, durch die bisherige Vereinbarungen vereinfacht werden, Bürokratie abgebaut wird und die Vorschriften allen klar sind. Und es wurde aus einer Richtlinie eine Verordnung. Für Menschen in meinem eigenen Land gilt dies als schrecklich. Mitgliedstaaten wurde ihr Entscheidungsspielraum etwas beschnitten, aber in Wirklichkeit sieht es so aus – wie wir bei REACH gesehen haben und auch hier merken –, dass die Industrie kein Interesse an 27 unterschiedlichen Auslegungen einer europäischen Vorschrift hat. Man will genau wissen, welche Regeln für diesen ganzen Markt gelten, bei dem es sich um den weltweit größten Markt seiner Art handelt.

Werden die Kritiker aufstehen und sagen „Wir hätten nicht auf das Verbot von CMR-Stoffen bestehen sollen“? Werden sie aufstehen und sagen „Wir lagen falsch“? Werden sie uns sagen, welche Inhaltsstoffe wir in Kosmetika zulassen sollten? Vielleicht Produkte, die wir in Lebensmitteln verbieten würden, obwohl wir sie im Falle von Kosmetika auf Haut, Augen und sogar Mund verwenden? Werden sie sich gegen ordnungsgemäße Beurteilungen von Kosmetika oder gegen den zentralisierten Informationsdienst wehren, durch den die Industrie – wie die Kommissarin zurecht mitteilte – sogar Geld sparen wird? Ich denke nicht.

Meine Kollegin Frédérique Ries, die heute leider nicht teilnehmen kann, wollte gewährleisten, dass Schritte unternommen werden, um die Vermarktung von gefälschten Produkten zu verhindern, die Produktrückverfolgbarkeit zu stärken und hinsichtlich von Falschaussagen über die Vorzüge dieser Produkte strengere Auflagen einzuführen. Sie wollte die deutliche Kennzeichnung von Produkten unterstützen, durch die ersichtlich wird, wann Nanomaterialien verwendet werden. In all diesen Bereichen haben wir Fortschritte gemacht. In ihrem Namen möchte ich daher der Berichterstatterin, den Schattenberichterstattern und dem Kommissar Günter Verheugen danken. Ich bin mit dieser Gesetzgebung zufrieden und werde sie bei den Wahlen mit Freude als Beispiel dafür präsentieren, wie die Europäische Union für Verbesserungen sorgt.

 
  
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  Roberta Angelilli, im Namen der UEN-Fraktion.(IT) Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, die europäische Kosmetikindustrie ist für die Wirtschaft und für den Arbeitsmarkt ein äußerst wichtiger Sektor. Wie bereits erwähnt wurde, macht sie bei Verkauf, Vertrieb und Transport einen Umsatz von mehr als 35 Milliarden Euro aus, und es werden über 350 000 Menschen beschäftigt. Es handelt sich um einen hochinnovativen Sektor, ich möchte jedoch auch darauf hinweisen, dass im Hinblick auf den Schutz der menschlichen Gesundheit und auf die Informationen, die Verbrauchern erteilt werden, ein hoher Standard gewährleistet werden muss.

Genau in diesen Bereichen gratuliere ich der Berichterstatterin für ihre hervorragende Arbeit und möchte einige Punkte betonen, die ich für besonders wichtig halte. Ich finde es richtig, dass für Produkte eine Sicherheitsbeurteilung durchzuführen ist, durch die zudem Händler dafür verantwortlich gemacht werden, vor der Vermarktung der Produkte entsprechende Tests durchzuführen. Das durch die neue Gesetzgebung für über 1 000 in Kosmetika verwendeten Substanzen, die als krebserregend oder giftig eingestuft wurden, verhängte Verbot ist ebenfalls lobenswert.

Weitere wichtige Aspekte sind die Liste zugelassener Farbstoffe, Konservierungsmittel und Sonnenfilter, die deutlichere Kennzeichnung im Hinblick auf die Funktion des Kosmetikprodukts, seine Haltbarkeit und bestimmte bei der Nutzung zu beachtende Warnhinweise sowie eine Liste der nach Gewicht in absteigender Reihenfolge aufgeführten Inhaltsstoffe. Vor allem müssen auf dem Etikett Begriffe, Zeichen oder Bilder verwendet werden, die auf realistische Merkmale und Funktionen des Produkts hinweisen und nicht auf welche, die es gar nicht besitzt.

Die Rückverfolgbarkeit von Produkten muss daher unbedingt gewährleistet sein, und zwar schon allein deshalb, weil wir das besorgniserregende Phänomen der Fälschung von Kosmetika und sogenannte „Paralleleinfuhren“ vermeiden müssen. Herr Präsident, abschließend möchte ich darauf hinweisen, dass allein in Italien Kosmetikprodukte im Wert von 120 Millionen Euro einschließlich Duftstoffen und Zahnpasta vom Parallelmarkt stammen. Dies kann schlimme gesundheitliche Auswirkungen haben.

 
  
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  Hiltrud Breyer, im Namen der Verts/ALE-Fraktion. – Herr Präsident! Schutz der menschlichen Gesundheit als oberstes Ziel gilt auch für Kosmetika. Mit dieser Abstimmung schreiben wir Geschichte. Erstmalig wird es spezifische Vorschriften für die Verwendung von Nanomaterialien in Kosmetika geben, und wir betreten damit Neuland. Ich freue mich natürlich ganz besonders, sagen zu dürfen, dass es die Initiative der Grünen war, die zu dieser bahnbrechenden Neuerung geführt hat. Wir Grünen waren Motor, haben es auf die Tagesordnung gesetzt, und ich möchte mich ganz herzlich bei der Berichterstatterin Roth-Behrendt bedanken, dass sie das so klar und deutlich unterstützt hat. Und ich freue mich auch, diesmal die Kommission loben zu dürfen, die ja bislang stets betont hat, die bestehenden Gesetze reichten aus, um die Sicherheit von Nanomaterialien zu garantieren, dass sie ihre Meinung geändert hat und jetzt klar ist: Ja, wir brauchen spezifische Regelungen.

Das gilt nicht nur für die Kosmetikverordnung, sondern auch für die in dieser Woche noch zu diskutierende Verordnung zu neuartigen Lebensmitteln, denn bislang war Nanotechnologie eine Art schwarzes Loch. Sie wurde auf den Markt gebracht, ohne dass die Risiken ausreichend geklärt worden sind, und deshalb ist es ein guter Tag für den Gesundheits- und Verbraucherschutz, auch wenn ich es bedauerlich finde, dass die Definition von Nanomaterialien nicht breit genug gefasst wurde, sondern sich lediglich auf unlösliche und biopersistente Materialien beschränkt. Dennoch ist es wichtig und für uns das Entscheidende, dass es gelungen ist, nanospezifische Regelungen zu verabschieden.

Ich hoffe auch – und bitte bereits jetzt um Unterstützung –, dass das auch bei der Verordnung zu neuartigen Lebensmitteln diese Woche gelingt, weil es da noch keine so breite Unterstützung seitens der Kommission gibt. Wir brauchen Konsistenz – nicht nur bei Alkohol – zwischen Kosmetika und Lebensmitteln. Das Gleiche gilt allgemein auch für den Bereich der Nanotechnologie. Auch da brauchen wir Konsistenz zwischen Kosmetika und Lebensmitteln. Ich wünsche mir im Übrigen auch grundsätzlich, dass wir endlich eine öffentliche Debatte über Sinn und Nutzen der Nanotechnologie führen. Ich freue mich auch, dass wir das auf Initiative der Grünen 2008 beschlossene Aus für CMA-Stoffe in Kosmetika nicht aufgeweicht haben.

 
  
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  Eva-Britt Svensson, im Namen der GUE/NGL-Fraktion. (SV) Herr Präsident, meine Fraktion und auch ich selbst begrüßen den Kompromiss, zu dem der Rat und das Parlament im Hinblick auf diese Neufassung der Kosmetikrichtlinie gekommen sind.

Der größte Stolperstein war bei diesen Verhandlungen mit dem Rat genau dieses Thema: die Nanomaterialien. Dabei geht es um die Verwendung extrem kleiner Strukturen beim Herstellen neuer Materialien, die dadurch neue Eigenschaften oder Funktionen aufweisen, und zwar gerade weil die Partikel so klein sind. Das Material kann dadurch beispielsweise härter, fester, dünner, wasserabweisend oder wärmespeichernd werden. Aber eigentlich wissen wir noch gar nicht genug darüber. Einige Make-up-Produkte und Cremes enthalten Nanopartikel, und diese Partikel können über beschädigte Haut in den Körper gelangen. Dies ist natürlich keinesfalls wünschenswert.

Sollten wir dann eine aktive Substanz in Kosmetikprodukten zulassen, über die wir keinerlei Kontrolle haben? Die Antwort lautet natürlich „Nein“. Wir müssen uns besser über Nanomaterialien informieren und ein größeres Wissen aufbauen. Aus diesem Grund freue ich mich über dieses Abkommen, über das wir morgen abstimmen werden. Es ist ein Schritt in die richtige Richtung.

Durch das Abkommen werden europäische Verbraucher bei der Verwendung von Nanomaterialien zum Beispiel in Haarfärbemitteln oder UV-Filtern besser vor schädlichen Auswirkungen bewahrt. Die Produkte werden vor der Vermarktung einer Sicherheitsbeurteilung unterzogen, und die Kosmetikindustrie hat die Kommission über die Verwendung von Nanomaterialien in Produkten zu unterrichten. Die Kommission kann daraufhin den Ausschuss für Binnenmarkt und Verbraucherschutz konsultieren und herausfinden, ob vermutet wird, dass die Nanomaterialien ein Gesundheitsrisiko darstellen.

Ich möchte der zuständigen Berichterstatterin und der Kommission herzlich dafür danken, eine derart gute Neufassung angefertigt zu haben.

 
  
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  Irena Belohorská (NI). – (SK) Ich möchte der Berichterstatterin danken. Bravo, Frau Roth-Behrendt, Sie haben beim Entwurf der Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates, der uns von der Kommission vorgelegt wurde, hervorragende Arbeit geleistet. Für den Schutz der Gesundheit von Verbrauchern ist dies ein äußerst wichtiges Dokument. Zweifelsohne nutzen wir alle Kosmetikprodukte, weil dazu nicht nur Schönheitsprodukte zählen, sondern auch sogenannte Alltagskosmetika wie Zahnpasta, Deodorants, Shampoos, Haar- und Nagelprodukte sowie Lippenstifte.

Seit die letzte Richtlinie erlassen wurde, sind nun 33 Jahre vergangen, und das ist trotz aller Änderungen eine recht lange Zeit. Schließlich haben sich in der Chemie und bei den Kosmetika selbst gewaltige und einschneidende Veränderungen zugetragen. Ich beziehe mich hier auf die bereits häufig erwähnten Nanomaterialien. Diese Stoffe können sich auf die menschliche Gesundheit sowohl positiv als auch negativ auswirken. Ich schließe mich daher der Auffassung an, dass alle in Kosmetikprodukten verwendete Materialien, die krebserregend sind, verboten werden sollten. Auch sollten wir äußerst gründlich über Materialien nachdenken, deren erbgutverändernde und giftige Wirkung nicht ausgeschlossen werden kann.

Verbraucher erwerben Kosmetikprodukte häufig basierend auf irreführender Werbung oder unvollständigen Informationen. Wir müssen daher durch unsere europäischen Agenturen, zu denen jetzt auch die Europäische Chemikalienagentur und die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit zählen, die zur Überwachung erforderlichen Richtlinien und Leitlinien entwerfen. Lassen Sie uns nicht vergessen, dass es sich bei Kosmetikprodukten um die am häufigsten gefälschten Produkte handelt, wodurch die Wahrscheinlichkeit, dass schädliche Materialien enthalten sind, nur noch zunimmt. Abgesehen von diesen Warnungen sollten wir auch versuchen, Verbraucher über potenzielle Gesundheitsrisiken zu informieren, und zwar selbst dann, wenn es sich um Produkte von bekannten Unternehmen handelt.

 
  
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  Horst Schnellhardt (PPE-DE). - Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der entscheidende Punkt im vorliegenden Bericht ist für mich die Änderung der Rechtsgrundlage. Wenn auch der Entwicklungsstand in den Mitgliedstaaten der Union sich sehr unterschiedlich entwickelt hat und auch sehr unterschiedlich ist, erreichen wir nur mehr Rechtssicherheit, wenn die Verordnung das Mittel der Wahl ist und in Zukunft auch sein wird.

Es gibt ja Richtlinien, die durch die Möglichkeit der differenzierten Ausgestaltung in den Mitgliedstaaten mehr Wettbewerbsverzerrung und mehr Ungerechtigkeit ausgelöst haben, als vorher bestand. Deshalb ist es richtig, dass im vorliegenden Bericht Richtlinie und nationale Umsetzung auf eine umfassende Verordnung reduziert werden. Damit einher geht natürlich die Steigerung der Rechtssicherheit, die gerade für Unternehmen dieser Branche, die auch Forschung betreiben, von außerordentlicher Bedeutung ist. Natürlich auch sehr schön ist die Verpflichtung der Kommission, demnächst 25% der Meldepflichten zu senken. Mit dieser Verordnung haben wir den ersten Schritt getan. Herzlichen Glückwunsch, Herr Kommissar!

Im vorliegenden Bericht wird auch deutlich, wie schnell sich doch neue Produkte auf dem Markt etablieren und den Gesetzgeber zum Handeln zwingen. Wir haben uns erst vor wenigen Jahren mit der Änderung der Kosmetikrichtlinie befasst. Der Einsatz von Nanomaterialien zwingt uns zu einem erneuten Handeln. Im Rahmen des vorbeugenden Verbraucherschutzes sind die Entscheidungen zur Kennzeichnung zu begrüßen, aber auch die Möglichkeit der Vorabzulassung ist unter Berücksichtigung des Stands der wissenschaftlichen Erkenntnisse zulässig. Ich warne auch hier vor Panikmache, wie es ja bei manchen anderen Entwicklungen schon geschehen ist, und rate stattdessen zu einer wissenschaftlichen Betrachtung des Ganzen.

Mit unseren Forderungen, dass Werbeaussagen und Etikettierung nur den tatsächlichen Merkmalen des Produktes entsprechen dürfen, bewegen wir uns auf der Linie des Anwalts der Verbraucher. Wobei das mit dem Deodorant, Frau Roth-Behrendt, immer so eine Sache ist. Bei dem einen wirkt es, bei dem anderen nicht. Manchmal wirkt das gleiche Mittel bei mir an einem Tag, am nächsten Tag aber nicht. Also, ganz so ernst dürfen wir das auch nicht nehmen.

Ich hoffe nur, dass der rechtliche Ansatz nicht durch allzu viele Maßnahmen im Komitologieverfahren durch die Kommission aufgeweicht wird. Darum bitte ich: Wir sollten dieses Verfahren nicht zu sehr ausdehnen.

 
  
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  Margrete Auken (Verts/ALE). - (DA) Herr Präsident, wir alle verwenden Kosmetikprodukte. Dies sind keine Luxusartikel, die nur von einem Geschlecht oder nur von Erwachsenen genutzt werden. Seife, Shampoo, Zahnpasta, Lotionen, Deodorants, Sonnencreme – sie sind allgegenwärtig und niemand kann sich daher ihren Auswirkungen entziehen. Es ist wichtig, dass sie sicher und in allen Ländern solide, klare Regeln vorhanden sind. Und genau dies haben wir mit diesem Vorschlag erreicht. Ich möchte diese Gelegenheit nutzen, mich dem Dank meiner Kollegen anzuschließen und Dagmar Roth-Behrendt zu ihrer guten Arbeit zu gratulieren.

Wir freuen uns darüber, dass der Verbot von CMR-Substanzen beibehalten, aber angemessener gestaltet wurde. Hätten wir Ethanol in Kosmetikprodukten verboten, hätte dies wahrscheinlich zu Problemen geführt. Außerdem wäre es etwas seltsam, weil wir es schließlich in relativ großen Mengen in Form von Getränken zu uns nehmen. Dennoch ist es gut, dass der Rat die Bestimmungen nicht entschärfen konnte. Ausnahmen von diesem Verbot gelten jetzt lediglich für Substanzen, die für Lebensmittel zugelassen sind, die bisher noch nicht nachweislich zu Problemen geführt haben und für schutzbedürftige Gruppen wie Kleinkinder und schwangere Frauen verträglich sind. Der wichtigste Aspekt ist jedoch, dass Nanomaterialien endlich aufgenommen wurden. Das war ein schwieriger Kampf. Es ist fast so, als ob die Industrie die Diskussion über die Sicherheit von Nanomaterialien abwürgen wollte. Natürlich würden sie sich freuen, wenn wir diese Substanzen einfach als unproblematisch und wunderbar erklären würden. Es gab keinen Hinweis auf Bedenken der Öffentlichkeit, wie es beispielsweise bei GVO der Fall war.

Wir von der Grünen/EFA-Fraktion sind stolz darauf, dass Nanomaterialien jetzt aufgenommen wurden. Es muss nun getestet und gekennzeichnet werden, und wenn einige Produkte betroffen sind – UV-Filter, Färbemittel und Konservierungsstoffe – muss nun der Hersteller die Sicherheit gewährleisten, wohingegen die Kommission dafür zuständig ist, detaillierte Informationen bereitzustellen und Zeit zum Überwachen des Rests zu finden. Wir haben es auch geschafft, die Kennzeichnung aufzunehmen, damit Verbraucher wissen, was sie kaufen und auf ihre Haut auftragen. Darüber hinaus wurde eine Revisionsklausel hinzugefügt, aufgrund der die Kommission verpflichtet ist, dafür zu sorgen, dass sowohl die Definition von Nanomaterialien als auch die Sicherheitsverfahren zufriedenstellend sind. Abschließend möchte ich feststellen, dass es eine positive Entwicklung ist, dass für Produkte nicht mit Eigenschaften geworben werden darf, die sie gar nicht aufweisen. Es wird interessant werden, wie all die Antifaltencremes, die wir auf unser Gesicht auftragen und die offensichtlich keine Wirkung zeigen, in Zukunft verkauft werden.

 
  
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  Péter Olajos (PPE-DE). - (HU) In der Kosmetikbranche – wie in vielen anderen Branchen auch – findet zurzeit eine Umwälzung statt. Vor einigen Jahren hielt die Nanotechnologie auch in dieser Branche Einzug, worauf sich noch nie dagewesene Möglichkeiten und Perspektiven aufgetan haben. Natürlich handelt es sich bei der Nanotechnologie bei weitem nicht um eine neue Erfindung: Die Menschheit nutzt diese Technologie bereits seit 4 000 Jahren, auch wenn wir uns ihrer Nutzung erst seit 20 Jahren bewusst sind.

Gleichzeitig ist es wichtig, dass wir in dieser Angelegenheit achtsam vorgehen, ohne dadurch neue Erfindungen und ihre Anwendung zu verzögern. Dennoch sollten wir auf Gesundheitsrisiken achten. Wir müssen unsere Bürger vor diesen potenziellen Gefahren bewahren, vor allem, indem wir einen differenzierten, risikoabhängigen Ansatz verfolgen.

Es wird beabsichtigt, Nanopartikel und -materialien für die direkte Verbrauchernutzung einzusetzen, zum Beispiel bei Kleidung, Lebensmitteln und auch bei Kosmetikprodukten. In diese Fall könnte ein unangemessener behutsamer Ansatz dazu führen, dass Menschen buchstäblich am eigenen Leib die potenziell schädlichen Folgen erleben.

Aus genau diesem Grund ist es wichtig, dass Menschen darüber informiert sind, welche Art von Präparat sie verwenden. Eine angemessene und detaillierte Kennzeichnung ist daher genauso unerlässlich wie die Übertragung von Verantwortung an den Hersteller. Wir haben es hier mit einem gigantisch großen Sektor zu tun, der sogar noch weiter wächst. In der EU erzielt die Kosmetikbranche einen Jahresertrag von 65 Milliarden Euro. Eines der führenden Kosmetikunternehmen Europas – von insgesamt 3 000 – gibt jährlich 450 Millionen Euro allein für Forschung und Entwicklung aus und beschäftigt dabei fast 3 000 Wissenschaftler und Forscher.

Laut Schätzungen der Europäischen Kommission enthielten im Jahr 2006 5 % aller Kosmetika Nanomaterialien. Diese Ziffer könnte sich inzwischen sogar schon verdoppelt haben. Um einige der von uns verursachten globalen Probleme bewältigen zu können, sind wir auf Nanotechnologie angewiesen. Ich werde daher mit gutem Gewissen für diese legislative Entschließung stimmen. Lassen Sie uns aber nicht vergessen, dass jede Münze zwei Seiten hat.

Ich gratuliere Dagmar Roth-Behrendt, Françoise Grossetête und Diana Wallis, die den Entschließungsantrag eingereicht haben, zu ihrer hervorragenden Arbeit.

 
  
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  Zuzana Roithová (PPE-DE). – (CS) Herr Präsident, die Einführung von Mindestnormen für die Sicherheit von Kosmetikprodukten stellt einen Meilenstein auf dem Weg zu einem wesentlich höheren Maß an Sicherheit für europäische Verbraucher dar. Diese moderne Verordnung sorgt jedoch gleichzeitig dafür, dass europäische Hersteller, die mehr als 350 000 Menschen beschäftigen, geringeren administrativen Hürden ausgesetzt sind. Bei unserer ausführlichen Diskussion ging es hauptsächlich um die Kennzeichnung, weil Verbraucher durch sie oft irregeführt werden. Ich begrüße daher die Tatsache, dass neue Behauptungen über die Folgen von Produkten dokumentiert werden müssen. An diesem Ort – und nicht nur hier – wurde auch eine äußerst lebhafte Debatte über die Lizenzierung von Nanomaterialien und selbstverständlich über das Verbot des Einsatzes krebserregender Stoffe in Kosmetikprodukten geführt. Ich bin nicht damit einverstanden, dass Hinweise über den Inhalt von Nanomaterialien in Produkten in Form von Warnungen erteilt werden sollten. Wir brauchen unbedingt eine Liste lizenzierter Nanomaterialien, die nicht schädlich sind, sondern die Qualität eines Produkts steigern. Es bringt natürlich wenig, Verbraucher zu verängstigen. Verbraucherschutz sollte sich durch Mindestnormen gewährleisten lassen. Für mich ist das Fälschen von Produkten definitiv ein ernst zu nehmendes Problem, und ich möchte auch darauf hinweisen, wie wenig die Aufsichtsbehörden der einzelnen Länder wirklich kontrollieren können.

Ich bin begeistert, dass der Text für Nanomaterialien eine allgemeine Definition enthält, die wir im Laufe der Zeit ändern und so an die neuesten wissenschaftlichen Entwicklungen anpassen können. Darüber hinaus begrüße ich die Tatsache, dass aus der Richtlinie eine Verordnung wird, wodurch sie aus rechtlicher Sicht eine stärkere Wirkung haben wird. Ich begrüße daher dieses Ergebnis und gratuliere den Berichterstattern dazu, dass sie es geschafft haben, bei einem heiklen Thema wie diesem einen Konsens zu erzielen, denn schließlich geht es hier darum, Kosmetikprodukte unter Berücksichtigung wissenschaftlicher Entwicklungen auf dem europäischen Markt einzuführen.

 
  
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  Eija-Riitta Korhola (PPE-DE). - (FI) Herr Präsident, die Kompromisse, die wir bei der ersten Lesung des letzten Gesetzgebungsjahres eingingen, haben sich aufgrund des Zeitdrucks sehr schnell zu einer allgemein gültigen Vorgehensweise entwickelt. Zudem kommt dies den kleinen Fraktionen zugute, da sie im Rahmen von am Verhandlungstisch getroffenen Vereinbarungen mehr Einfluss haben als ihnen eigentlich zusteht. Wenn sich diese Praxis jedoch weiter ausbreitet, wird die Glaubwürdigkeit der parlamentarischen Demokratie, die wir hier praktizieren, untergraben.

In diesem Fall siegte aber die Demokratie, weil sich die größten Fraktionen einigen konnten und das erzielte Ergebnis tatsächlich von der Mehrheit getragen wird.

Es war offensichtlich, dass die Kosmetikrichtlinie neu verfasst werden muss. Die in ihr enthaltenen Vorschriften müssen klarer erläutert und aktualisiert werden, und aus der Richtlinie, die ja nur als Leitfaden gilt, muss unbedingt eine Verordnung werden. Nur so lassen sich die Gesundheit der in der EU lebenden Menschen in ausreichendem Maße schützen und im Binnenmarkt gute Mechanismen gewährleisten. Diese Prinzipien sind eine logische Weiterführung der Arbeit, die mit der Diskussion über REACH begann.

Gelten für die Kosmetikbranche veraltete Gesetze, so gefährdet dies unsere Gesundheit and stellt in Frage, inwiefern wir uns auf das Gesetz verlassen können. Behauptungen, die über Nanopartikel und Kosmetikprodukte aufgestellt werden, sind dafür ein gutes Beispiel. Zwar sind uns die positiven Eigenschaften von Nanomaterialien halbwegs bekannt, aber die Risiken sind uns noch größtenteils unbekannt. Zugleich kann man nicht mit Gewissheit sagen, ob Kosmetikprodukte tatsächlich über diese ganz besonderen Eigenschaften verfügen, die uns beim Kauf direkt beeinflussen.

Deshalb war es wichtig, dass zwischen den drei größten Fraktionen eine gemeinsame Strategie aufgestellt wurde, durch die wir Aspekte im Hinblick auf Gesundheit, Umwelt, Handel und Gesellschaft berücksichtigen und mit dem Rat zu einer Übereinkunft kommen können. Folglich schätze ich auch die Arbeit, die meine Kollegin Françoise Grossetête als Schattenberichterstatterin geleistet hat, sehr. Sie hat zusammen mit der Berichterstatterin des Parlaments, Dagmar Roth-Behrendt, und ihren liberalen Kollegen für eine Mehrheitsposition gesorgt, wodurch das letztendlich erzielte Ergebnis möglich war. In echten Demokratien schenkt man allen Seiten Gehör, Entscheidungen spiegeln jedoch die Meinung der Mehrheit wider.

 
  
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  Der Präsident. − Es hat niemand den Wunsch geäußert, das Wort zu ergreifen. Bevor ich daher der Berichterstatterin das Wort erteile, möchte ich Ihnen mitteilen, dass bisher 14 Kollegen gesprochen haben, von denen elf Frauen waren.

 
  
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  Günter Verheugen, Vizepräsident der Kommission. − Herr Präsident! Ich wäre versucht, auf Ihre letzte Bemerkung kurz einzugehen, aber ich erspare mir das. Auch Männer interessieren sich für Kosmetika, mehr und mehr übrigens. Jedenfalls interessieren sie sich dafür, dass unsere kosmetischen Produkte sicher sind.

Mir bleibt an dieser Stelle eigentlich nur noch eines zu tun: Ihnen allen aufrichtig für die Zustimmung und Unterstützung zu danken. Wir haben hier wirklich, wie Herr Davies gesagt hat, ein gutes Beispiel dafür geliefert, was europäische Gesetzgebung bewirken kann.

Wenn ich Ihnen persönlich noch einen Rat geben darf, Herr Abgeordneter Davies: In Ihrem Heimatland ist es vielleicht auch interessant, darauf hinzuweisen, dass wir in Europa in Bezug auf Kosmetika Regelungen haben, die es anderswo nicht gibt, nämlich das Verbot, für kosmetische Produkte Tierversuche in Anspruch zu nehmen. Das ist in Europa verboten. Vor wenigen Tagen ist übrigens die Regelung in Kraft getreten, dass Produkte, die mithilfe von Tierversuchen getestet worden sind, in Europa nicht auf den Markt gebracht werden dürfen. Bei der bekannten Tierfreundlichkeit der Briten ist das vielleicht ein Argument, das Sie auch noch verwenden können.

 
  
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  Dagmar Roth-Behrendt, Berichterstatterin. − Herr Präsident! Vielen Dank, Herr Kommissar, vielen Dank, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin Herrn Kommissar Verheugen besonders dankbar, dass er nochmals auf das Verbot von Tierversuchen hingewiesen hat, weil es mich daran erinnert, dass das jetzt die dritte Änderung der Kosmetikgesetzgebung ist, die ich begleiten durfte: die sechste Änderung, die siebte Änderung, und jetzt die Veränderung zu einer Verordnung.

Wir haben es in der Tat geschafft, Tierversuche zu verbieten. Wir haben es geschafft, dass z. B. Verbraucherinnen und Verbraucher wissen, wie lange ein Produkt noch haltbar ist, indem sie eine kleine Dose mit einer Zahl sehen, die angibt, wie lange es noch haltbar ist. Das sage ich auch an die Adresse einiger Kollegen, gerade der Kollegin Roithová, die leider am Anfang noch nicht dabei sein konnte: Kennzeichnungen sind niemals Warnhinweise, zu keinem Zeitpunkt! Wäre ein Produkt nicht sicher, dürfte es nicht auf den Markt kommen, nicht vermarktet werden. Jedes Produkt, das auf diesem europäischen Markt ist, muss sicher und unbedenklich sein. Aber die Kennzeichnung gibt den Verbraucherinnen und Verbrauchern die Möglichkeit auszuwählen. Das ist Demokratie, und das ist ihre Wahlfreiheit.

Wir haben eine sehr gute Gesetzgebung. Ich habe versucht, das Verfahren sehr transparent zu gestalten. Ich habe versucht, wie auch Frau Grossêtete gesagt hat, unterschiedliche Meinungen zusammenzuführen. Denn mir ist daran gelegen, dass wir eine Gesetzgebung machen, die für alle eine gute Gesetzgebung ist, für die Verbraucherinnen und Verbraucher in der Europäischen Union, für die Industrie, die mit dieser Gesetzgebung arbeiten muss, und letztendlich für alle diejenigen, die davon profitieren.

Dem Kollegen Schnellhardt sage ich nochmals: Ja, das Deo wirkt bei jedem anders, aber die Aussage „Hält Sie schweißfrei“ wird trotzdem gemacht. Deshalb ist es wichtig, dass auch die Aussagen bezüglich meiner Faltentiefe um die Augen nach einer Woche Straßburg einigermaßen reell und zuverlässig sind.

Ich richte nochmals meinen Dank an den Kommissar, auch bezüglich der Erklärungen, die er abgegeben hat, an die Kolleginnen und Kollegen und an meine Mitarbeiterin, die die meiste Arbeit gemacht hat. Ich danke Ihnen sehr!

 
  
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  Der Präsident. − Dies war eine äußerst ertragreiche und interessante Aussprache.

Die Aussprache ist geschlossen.

Die Abstimmung erfolgt morgen, Dienstag, den 24. März 2009.

 

16.  – Inverkehrbringen von Biozid-Produkten – Neuer Änderungsvorschlag betreffend Biozide (Aussprache)
Video der Beiträge
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  Der Präsident. - Als nächster Punkt folgt die gemeinsame Aussprache über folgende Themen:

- Bericht von Daciana Sârbu im Namen des Ausschusses für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit über den Vorschlag einer Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates, durch die die Richtlinie 98/8/EG über das Einführen von Biozid-Produkten auf dem Markt im Hinblick auf die Verlängerung bestimmter Zeiträume geändert werden würde (KOM(2008)0618 – C6-0346/2008 – 2008/0188(COD)) (A6-0076/2009)

- Erklärung der Kommission über den neuen Vorschlag, die Biozid-Richtlinie zu überarbeiten.

 
  
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  Daciana Octavia Sârbu, Berichterstatterin.(RO) Ich möchte betonen, dass ich die Übereinkunft, die wir zusammen mit der Kommission und dem Rat über die Verlängerung des Zeitraums für die Auswertung von Wirkstoffen bis 2014 erzielt haben, als Erfolg betrachte. So können wir beizeiten einen geregelten Markt für Biozid-Produkte schaffen.

Dies wurde auch im Ergebnis der Abstimmung des Ausschusses für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit widergespiegelt. Aus diesem Grund möchte ich meinen Kollegen danken, die diesen Kompromiss in den drei Institutionen unterstützt haben.

Die Verlängerung der Übergangszeit ist extrem wichtig, damit wir garantieren können, dass alle Biozid-Produkte, die entsprechende Wirkstoffe enthalten, legal auf dem Markt eingeführt werden.

Ich war der Meinung, dass die Überprüfung dieser Richtlinie unbedingt in der ersten Lesung stattfinden muss, damit wir nicht Gefahr laufen, die 10-Jahres-Frist für die systematische Überprüfung von Biozid-Produkten zu verpassen, wodurch diese Produkte ab 2010 vom Markt genommen werden würden.

Durch die Verlängerung dieser Frist haben Mitgliedstaaten nun genügend Zeit, diese Substanzen zu untersuchen, und zwar bis 2014, wenn wahrscheinlich die grundlegend überarbeitete Biozid-Richtlinie in Kraft treten wird.

Ein weiterer beim Berichtsentwurf vorgeschlagener Punkt ist der, die Möglichkeit der weiteren Verlängerung für die anderen Dossiers im Ausschussverfahren auf maximal zwei Jahre zu begrenzen. Dadurch soll vermieden werden, dass das Gesamtverfahren endlos hinausgezögert wird. Diese Maßnahme ist wichtig, falls die Überarbeitung der Richtlinie nicht bis spätestens 2014 abgeschlossen ist.

Wir hoffen, dass bei der grundlegenden Überarbeitung der Biozid-Richtlinie folgende Aspekte berücksichtigt werden: Datenschutz und die Praktik des „Trittbrettfahrens“, wobei Unternehmen die von einem anderen Unternehmen registrierten Informationen im Rahmen eines nationalen Systems nutzen.

Ich möchte erwähnen, dass die im Ausschuss für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit angenommenen Änderungen Teil eines Übereinkommens sind, das mit der Kommission und dem Rat eingegangen wurde. Sie sind in der endgültigen Version des Entwurfs enthalten, über den morgen in der Plenarsitzung abgestimmt werden wird. Nach Abstimmung in der Plenarsitzung wird uns der Rat dahingehend unterstützen, in der ersten Lesung zu einer Übereinkunft zu kommen.

 
  
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  Stavros Dimas, Mitglied der Kommission. (EL) Herr Präsident, ich möchte der Berichterstatterin Daciana Sârbu für ihren Fleiß und ihre Bemühungen danken, in erster Lesung zu einer Übereinkunft über den Vorschlag zu kommen, die Richtlinie 98/8 über das Einführen von Biozid-Produkten auf dem Markt zu ändern.

Ich möchte zum Ausdruck bringen, dass die Europäische Kommission bereit ist, den Kompromiss anzunehmen, um so das Überarbeitungsprogramm zu ermöglichen. Dies gilt vor allem in Bezug auf die Notwendigkeit, die Übergangszeit anstatt von drei Jahren auf vier Jahre zu verlängern, und für weitere Verlängerungen eine Höchstgrenze von zwei Jahren einzuführen.

 
  
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  Christa Klaß, im Namen der PPE-DE-Fraktion. – Herr Präsident, Herr Kommissar Dimas, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir können stolz darauf sein, dass wir in der Europäischen Union einen so hohen Gesundheits- und Hygienestandard erreicht haben. Der Einsatz von Bioziden trägt nicht unwesentlich dazu bei. Als Desinfektions- und Schädlingsbekämpfungsmittel schützen sie vor gefährlichen Krankheiten bzw. vor ihren Überträgern. Biozide sind unverzichtbar. Sie müssen für Mensch und Umwelt unbedenklich sein, und aus diesem Grund ist nun eine Überprüfung aller Biozidwirkstoffe veranlasst worden.

Sicherheit braucht Zeit, und die Überprüfung dauert nun länger als ursprünglich geplant. Das Risiko, wichtige Produkte zu verlieren, weil ihre Registrierung nicht abgeschlossen ist, dürfen wir nicht eingehen. Deshalb begrüße ich, dass sich Parlament, Rat und Kommission nun in erster Lesung auf eine schnelle Verlängerung der Fristen der Biozid-Richtlinie – Herr Kommissar, ich hatte gedacht, bis 2014 – einigen konnten.

Warum aber kommt dieser Vorschlag erst so spät? Die Gefahr, dass Stoffe aufgrund auslaufender Fristen wegfallen könnten, sah man seit langem auf sich zukommen, und unsere Beratungen im Parlament mussten nun unter größtem Zeitdruck stattfinden.

Herr Kommissar, wir warten seit langem auf einen Vorschlag der Kommission zur Revision der Biozid-Richtlinie. Wichtige Bereiche müssen hier dringend harmonisiert und geregelt werden. Ich nenne die Definition der Zulassungskriterien, die Dauer der Zulassung und – ganz wichtig – den Datenschutz. Die Hersteller brauchen klare Regelungen und Verlässlichkeit. Auch der Einsatz und die Handhabung der Produkte brauchen Regeln. Die Prüfung eines Wirkstoffes kostet mehrere tausend Euro, und diese Investitionen können nur refinanziert werden, wenn die Ergebnisse zumindest für einen gewissen Zeitraum für andere Antragsteller nicht zugänglich sind. Unser hohes Hygieneniveau möchte heute niemand mehr missen. Dies müssen wir halten, um uns den neuen Anforderungen anzupassen.

Ich hoffe, dass die Kommission einen klaren und fundierten Bericht vorlegen wird, der all diesen Anforderungen gerecht wird – und das möglichst bald!

 
  
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  Vittorio Prodi, im Namen der ALDE-Fraktion. – (IT) Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, vielen Dank, Herr Verheugen, für Ihre Teilnahme und dafür, dass Sie uns die Gelegenheit geben, dieses Dokument gemeinsam zu besprechen. Im Hinblick auf den Vorschlag, die Richtlinie über das Einführen von Biozid-Produkten auf dem Markt zu ändern, hat das Parlament der Notwendigkeit zugestimmt, gewisse Verlängerungen des Überarbeitungszeitraums aufgrund der spezifischen Natur der erforderlichen Tests und der Markterfordernisse zu gewähren, damit die wichtigsten Wirkstoffe gewisser Biozid-Produkte ordnungsgemäß untersucht werden können. Sie sollten jedoch wissen, dass wir die genauere Überarbeitung der Richtlinie 98/8/EG über Biozid-Produkte abwarten, um unsere Ansichten zum Inhalt mitzuteilen. Ich möchte daher einige Punkte erwähnen, über die sich die Kommission Gedanken machen könnte.

Zuallererst wäre es von Vorteil, wenn man aus der Richtlinie eine Verordnung machen würde. Durch diesen normativen Akt würden in allen Mitgliedstaaten gleichzeitig dieselben Vorschriften in Kraft treten, und der Sektor ließe sich so einheitlich regulieren. Ein wichtiger Punkt wäre der Datenaustausch unter Einhaltung der EU-Leitlinien und, wie bereits bei REACH umgesetzt, das Vermeiden oder starke Reduzieren von Tests an Wirbeltieren auch für Biozid-Produkte. Durch den obligatorischen Austausch von Daten, die bei derartigen Tests durch diejenigen erfasst werden, die denselben Wirkstoff registrieren, könnte man doppelt durchgeführte Studien vermeiden.

Durch Datenaustausch ließen sich das Dateiauswertungssystem effizienter gestalten und die Kosten, die beim Erstellen dieser Dateien entstehen, senken, wodurch sowohl kleine und mittelständische Unternehmen als auch die für das Bearbeiten entsprechender Anträge zuständigen nationalen Behörden stark profitieren würden.

Der Schwerpunkt muss auf das Vereinfachen der Verfahrensweisen und auf die gegenseitige Anerkennung der Genehmigung eines bestimmten Produkts sowie dessen Nutzung in unterschiedlichen Mitgliedstaaten gelegt werden. So lassen sich die Verfahren und die Einführung von Biozid-Produkten auf den Märkten dieser Staaten beschleunigen. Anschließend sollten die Gebührenstufen und die allgemeinen Fristen zum Bearbeiten von in den unterschiedlichen Ländern gestellten Anträgen harmonisiert sowie das Genehmigungsverfahren vereinfacht werden, wenn beispielsweise Formulierungen mit geringfügigen Unterschieden vorliegen oder es um unterschiedliche Farben geht. So ließe sich vermeiden, dass von jedem einzelnen Mitgliedstaat weitere spezifische Tests durchzuführen sind, die dann auch noch ausgewertet werden müssen.

Abschließend möchte ich sagen, dass vermieden werden sollte, dass zwischen Waren europäischer Hersteller, die mit Biozid-Produkten behandelt wurden, und Waren, die diese Produkte zwar enthaltenen, aber aus einem Gebiet außerhalb der Gemeinschaft stammen, diskriminiert wird. Ich überlasse es der Kommission, eine Lösung zu finden, die vom neuen Parlament hoffentlich unterstützt wird.

 
  
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  Urszula Krupa, im Namen der IND/DEM-Fraktion. (PL) Herr Präsident, die Harmonisierung der in der Europäischen Union geltenden Gesetze für Biozid-Produkte scheint angesichts der Tatsache, dass die Vorschriften in bestimmten Ländern stark abweichen, besonders wichtig zu sein. Der Mangel an allgemein gültigen gesetzlichen Bestimmungen stellt nicht nur für die Gesundheit und Leben von Menschen, sondern auch für die Umwelt eine Gefahr dar – besonders bei den Bedingungen, die auf einem freien Markt herrschen.

Der in der ursprünglichen Version des Textes enthaltene Vorschlag, nämlich der eines zehnjährigen Umsetzungszeitraums für die Gesetzgebung, erscheint mir angesichts der äußerst komplizierten und kostspieligen Registrierungsverfahren für die in diesen Produkten verwendeten Chemikalien unrealistisch. Diese Verfahren, die eigentlich für mehr Sicherheit sorgen sollten, könnten ironischerweise dazu beitragen, dass wir noch weniger Kontrolle haben. Wenn wir bedenken, dass die auf dem Markt eingeführten Biozid-Produkte in einigen Fällen durch nationale Vorschriften kontrolliert werden, ist dies sogar noch problematischer.

Heben wir jedoch diese Mechanismen auf und führen stattdessen weniger effiziente und kostspielige Auswertungsverfahren ein, würden unter Umständen die Verkaufszahlen für Biozid-Produkte fallen. Ein zentralisiertes europaweites Register von Wirkstoffen, die in Biozid-Produkten verwendet werden, würden auch nicht für Sicherheit sorgen. Dies gilt besonders, wenn man bedenkt, dass biologische Arbeitsstoffe extrem veränderlich und gegen Wirkstoffe resistent sind. Steht nur eine begrenzte Auswahl wirksamer Komponenten zur Verfügung, führt dies lediglich zu einem höheren Maß an Resistenz. Darüber hinaus werden die hohen Kosten und komplizierten Verfahren zur Folge haben, dass kleine Unternehmen vom Markt verdrängt werden und Großunternehmen in diesem Marktsektor ein Monopol etablieren.

Der Vorschlag einer auf 14 Jahre ausgedehnten Übergangszeit, die auf weitere zwei Jahre verlängert werden könnte, hat schon allein deshalb an Wert verloren, dass es vor 2014 nicht möglich sein wird, Wirkstoffe zu registrieren oder diese Verordnungen in nationales Recht umzusetzen.

 
  
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  Zuzana Roithová (PPE-DE). – (CS) Herr Präsident, ich möchte dem Kommissar eine Frage stellen, weil ich eine andere Auffassung vertrete. Ich finde es bedauernswert, dass es die EU innerhalb von zehn Jahren, also bis 2010, nicht schafft, die Untersuchung und Auswertung der etwa 900 Desinfektionsmittel, Konservierungsstoffe und Pestizide durchzuführen, die auf dem europäischen Markt verkauft werden. Es überrascht mich, dass wir hierfür weitere drei Jahre brauchen, und jetzt hat die Berichterstatterin sogar noch ein zusätzliches Jahr gewährt. Dies bedeutet, dass sich die Harmonisierung hinauszögern wird und dass der Markt im Hinblick auf diese schädlichen Stoffe stärker geschützt wird. Scheinbar hatten wir keine andere Wahl, als einen Aufschub anzukündigen, weil sonst zahlreiche Produkte vom Markt genommen werden müssten. Erlauben Sie mir bitte, hier einige Gedanken einzubringen. Vielleicht wäre es von Vorteil, wenn einige der Produkte, die aus unkontrollierten asiatischen Märkten importiert werden, vom Markt genommen würden. So ließe sich die Entwicklung anderer sichererer Stoffe beschleunigen. Mich würde es interessieren, ob die Kommission versucht hat, mit den Testzentren und Institutionen der Mitgliedstaaten zusammenzuarbeiten und deren Ressourcen zu nutzen, um die ursprünglich kürzere Frist einhalten zu können. Kann mir die Kommission oder die Berichterstatterin diese Frage beantworten?

 
  
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  Czesław Adam Siekierski (PPE-DE). (PL) Herr Präsident, aufgrund der speziellen Natur dieser Rechtsvorschriften und der potenziellen Gefahr, sie falsch auszulegen, sollten wir uns besonders auf das Thema der bioziden Stoffe konzentrieren.

Ich bin mit der Berichterstatterin einer Meinung, die sich dazu äußerte, dass die Übergangszeit für die Beurteilung von Wirkstoffen, die in Biozid-Produkten verwendet werden, auf alle Fälle bis 2014 verlängert werden muss, damit der Markt durch EU-Gesetzgebung reguliert werden kann. Würden wir diesen Schritt nicht ergreifen, würden die nationalen Vorschriften – die 2010 auslaufen – dazu führen, dass der Verkauf einer beträchtlichen Anzahl von Biozid-Produkten illegal werden würde. Dies hätte verschiedene paradoxe Folgen.

Während der Übergangszeit sollten die nationalen Vorschriften verwendet werden, um diesen speziellen Marktsektor intensiv zu überwachen. Es lohnt sich, dem hinzuzufügen, dass wir bei Vorschriften, bei denen es um biozide Stoffe geht, besonders vorsichtig vorgehen und nicht vergessen sollten, dass diese Produkte darauf abzielen, harmlose Organismen zu zerstören und abzuweisen, und dass sie chemische Wirkstoffe enthalten. Leichtfertigkeit unsererseits könnte unabänderliche Folgen haben.

 
  
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  Stavros Dimas, Mitglied der Kommission. (EL) Herr Präsident, ich möchte den Rednern für ihre konstruktiven Bemerkungen danken, und erklären, dass die Auswertung der Wirkstoffe tatsächlich mehr Zeit in Anspruch nehmen wird, als ursprünglich geplant war. Wir waren da wohl etwas optimistisch. Im Jahr 2000, als die Rechtsvorschriften verabschiedet wurden, konnte das Auswertungsprogramm nicht gleich eingeleitet werden. Es wurden etwa vier Jahre damit verbracht, unterschiedliche Vorbereitungen zu treffen, und die von den zuständigen nationalen Behörden zweifelsohne angewandten Auswertungsverfahren begannen erst im Jahr 2004. Obwohl bisher sehr beachtenswerte, wichtige Erfolge erzielt worden sind, können viele der Wirkstoffe nicht bis Mai vollständig ausgewertet werden.

Da laut der Richtlinie Biozid-Produkte, die Wirkstoffe enthalten, die nicht in Anhang 1 oder 1Α dieser Richtlinie aufgefόhrt sind, spδtestens am 14. Mai 2010 vom Markt zu nehmen sind, wurde entschieden, dass die Verlδngerung der Frist fόr die vollstδndige Durchfόhrung der Auswertung angemessen ist. Tδten wir dies nicht, müssten einige dieser Wirkstoffe aus besagtem Grund vom Markt genommen werden, und darunter würden in der Europäischen Union nicht nur Gesundheit und Umwelt leiden, sondern zweifelsohne auch der Handel.

In der Angelegenheit, die von Christa Klass angesprochen wurde, möchte ich erwähnen, dass es hier um den Schutz der Daten geht, die für die Auswertung von Wirkstoffen übermittelt wurden. Dies gilt vor allem in Fällen, in denen Unternehmen, die sich nicht am Ermitteln dieser Daten beteiligt haben, also „Trittbrettfahrer“, ihre Produkte dennoch bis zum Ablauf der Übergangszeit auf dem Markt verkaufen können.

Die Kommission befindet sich bei der Bearbeitung des Vorschlags, die Biozid-Richtlinie grundlegend zu überarbeiten, in der letzten Phase, und auf diesen Punkt wurde im Rahmen der Anhörungen, die beim Ausarbeiten und Entwerfen dieses Vorschlags durchgeführt wurden, klar hingewiesen. Viele der von Vittorio Prodi und anderen Kollegen gemachten Anmerkungen wurden dabei sicherlich bereits berücksichtigt.

Die Kommission wird auf den erwähnten Punkt im Rahmen der grundlegenden Überarbeitung der Richtlinie eingehen. Eine entsprechende Erklärung der Kommission wird an das Sekretariat des Europäischen Parlaments weitergeleitet, damit sie in das Protokoll der heutigen Sitzung aufgenommen werden kann.

Gleichfalls werden zahlreiche andere Punkte, auf die das Parlament hingewiesen hat, ebenfalls in diesem Vorschlag behandelt werden. Hier ein paar Beispiele: Ausweitung auf Waren und Stoffe, bei deren Herstellung Biozide verwendet werden, bessere Zulassungsverfahren für Biozid-Produkte, Einführung des obligatorischen Datenaustauschs bei der Produktlizenzierung und bei der Zulassung von Wirkstoffen in Einklang mit den Prinzipien der REACH-Verordnung sowie Anpassung an die bewährte Vorgehensweise, die in anderen Rechtsakten – wie der, die kürzlich über Pflanzenschutzmittel verabschiedet wurde – dargelegt wurde.

Abschließend drückt die Kommission ihre Befriedigung über das Ergebnis der Verhandlungen aus. Die Kommission ist in der Lage, die im Kompromiss erzielten Änderungen vollständig zu akzeptieren und sagt zu, während der Hauptüberarbeitung der Richtlinie die heute hier sowohl vom Rat als auch vom Parlament zum Ausdruck gebrachten Bedenken hinsichtlich des Datenschutzes zu berücksichtigen.

Die Kommission nimmt die Probleme in Bezug auf den Datenschutz, die Weitergabe von Daten sowie hinsichtlich der vorgeblichen Trittbrettfahrer-Problematik, die während den Beratungen über den Vorschlag zur Ausdehnung bestimmter zeitlicher Fristen im Rahmen der Biozid-Richtlinie geäußert wurden, zur Kenntnis. Die Kommission wird sich im Rahmen der grundlegenden Reform der Biozid-Richtlinie um geeignete Lösungen bemühen.

 
  
  

VORSITZ: LUIGI COCILOVO
Vizepräsident

 
  
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  Daciana Octavia Sârbu, Berichterstatterin.(RO) Ich möchte nochmals meinen Kolleginnen und Kollegen, den Schattenberichterstattern, danken, mit denen wir sehr gut zusammengearbeitet haben. Wir waren sehr effizient bei der Erstellung dieses Berichts, obwohl dieser nicht die Bedeutung hat, die der eigentlichen Reform der Richtlinie zukommt.

Wie Sie gesehen haben, sprachen alle meine Kolleginnen und Kollegen von dieser Reform und weniger über den Bericht, über den wir uns heute unterhalten; denn es ist die Reform, auf die wir warten.

Wir haben hier zwar vernommen, dass die Ausweitung von Übergangszeiten von drei auf vier Jahre nicht wünschenswert ist. Allerdings bin ich der Ansicht, dass es viel wichtiger für uns ist, dafür zu sorgen, dass sämtliche Produkte legal auf den Markt kommen, und dass eine ordentliche Evaluierung dieser Produkte durchgeführt wird.

Haben Sie nochmals vielen Dank! Und, wie ich bereits sagte, wir warten auf eine in Bälde stattfindende Reform der Biozid-Richtlinie.

 
  
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  Der Präsident. – Die Aussprache ist geschlossen.

Die Abstimmung erfolgt am Dienstag, den 24. März 2009.

 

17. Ein Jahr nach Lissabon: Umsetzung der Partnerschaft Afrika-EU (Aussprache)
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  Der Präsident. – Der nächste Tagesordnungspunkt umfasst den Bericht (A6-0079/2009) von Maria Martens, im Namen des Ausschusses für Entwicklung und Zusammenarbeit, zum Thema „Ein Jahr nach Lissabon: Umsetzung der Partnerschaft Afrika-EU“ (2008/2318(INI).

 
  
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  Louis Michel, Mitglied der Kommission. – (FR) Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Zuerst möchte ich mich beim Ausschuss für Entwicklung und Zusammenarbeit und seiner Berichterstatterin Maria Martens für diesen Bericht bedanken, der eine erste Beurteilung der strategischen Partnerschaft Afrika-EU ein Jahr nach dem Lissabon-Gipfel liefert.

Natürlich stelle ich mit großer Befriedigung die zahlreichen in diesem Bericht hervorgehobenen positiven Elemente sowie den erzielten Fortschritt fest, der im Laufe eines Jahres erreicht wurde – einer relativ kurzen Zeit für ein solch umfangreiches und vor allen Dingen politisch ambitioniertes Unternehmen. Um nur einen dieser erzielten Fortschritte zu nennen: Heute Nachmittag fand ein Treffen statt zwischen der Ad-hoc-Delegation des Parlaments für die Beziehungen mit dem Panafrikanischen Parlament der Afrikanischen Union und der Ad-hoc-Delegation des Panafrikanischen Parlaments der Afrikanischen Union für die Beziehungen mit dem Europäischen Parlament über die Rolle der Parlamente bei der Umsetzung und der Überwachung der Afrika-EU-Strategie.

Dies stellt an sich bereits ein konkretes Ergebnis dar. Zwischen den beiden Kontinenten wird gerade eine neue institutionelle Architektur aufgebaut, und ich möchte den beiden Präsidenten zu ihrer bisher geleisteten Arbeit gratulieren.

Ich möchte weniger auf die positiven Aspekte des Martens-Berichts eingehen, sondern vielmehr drei wichtige Punkte ansprechen, die der Bericht im Sinne einer Verbesserung der Partnerschaft EU-Afrikanische Union hervorhebt. Der erste Punkt bezieht sich auf die Rolle der Parlamente. Sie wissen, wie sehr ich an die Rolle der Parlamente – sowohl als Gestaltungsmacht als auch als Kontrollinstanz des demokratischen Prozesses – glaube. In der Rolle dieser Zwillingskapazität sind das Panafrikanische Parlament und das Europäische Parlament dazu aufgerufen, Teil der strategischen Partnerschaft Afrika-EU zu sein.

Ich kann Ihnen daher meine volle Unterstützung für die in dem gemeinsam vom Panafrikanischen Parlament und dem Europäischen Parlament gemachten und im Bericht wiederholten Vorschläge zusichern. Diese umfassen erstens, die Teilnahme an den gemeinsamen Expertengremien auf angemessener Ebene bezüglich der vier thematischen Partnerschaften, die Sie betreffen; zweitens, die Beteiligung an der Erstellung der Jahresfortschrittsberichte; drittens, die Teilnahme an der gemeinsamen Projektgruppe; und viertens, die Teilnahme der Präsidenten am Gipfeltreffen der Afrikanischen und der Europäischen Union.

Lassen Sie mich anfügen, dass einige dieser Vorschläge bereits verwirklicht worden sind oder sich gerade in der Realisierung befinden. Was die Themen Zivilgesellschaft und nichtstaatliche Akteure angeht, so bin ich fest davon überzeugt, dass die wichtigste Herausforderung für 2009 darin besteht, noch vor der für Herbst 2009 geplanten Zwischenbilanz schneller zu greifbaren Ergebnissen zu kommen und das angestrebte Ziel einer Partnerschaft, welche die menschlichen Begegnungen außerhalb von Institutionen in den Mittelpunkt stellt, zu erreichen.

In diesem Zusammenhang sollen vermehrt nichtstaatliche Akteure zum Zuge kommen, denen im Vorfeld einer Einbeziehung in die Arbeit der gemeinsamen Expertengremien für jede der acht thematischen Partnerschaften in verstärktem Maß eine wichtige Rolle zukommt. Auf der europäischen Seite wurde bereits letztes Frühjahr eine Lenkungsgruppe Zivilgesellschaft eingesetzt, die sich an der Umsetzung der Partnerschaft beteiligen und deren Aufbau überwachen soll. Auf afrikanischer Seite wurde vor kurzem ebenfalls eine Lenkungsgruppe Zivilgesellschaft unter der Ägide des Wirtschafts-, Sozial- und Kulturrates der Afrikanischen Union ins Leben gerufen.

Die europäische und afrikanische Zivilgesellschaft sollte Ende April 2009 zu einem gemeinsamen Forum zusammenkommen, um konkrete Vorschläge für ein Engagement der gemeinsamen ministeriellen Troika der Afrikanischen/Europäischen Union auszuarbeiten.

In Bezug auf eine strategische Partnerschaft – speziell einer Partnerschaft, die sich mit den Themen Regierungshandeln und Menschenrechte beschäftigt – begrüße ich den Vorstoß des Parlaments in Richtung eines Regierungsverständnisses, das mir sehr am Herzen liegt: die gute Ausübung der exekutiven Funktionen und der per öffentlichem Gesetz übertragenen Regierungsgewalt durch einen unparteiischen Staat, der in der Lage ist, die Bedürfnisse und Bestrebungen seiner Bürger zu erfüllen.

Unter dieser Maßgabe haben wir vor zwei Jahren für sämtliche AKP-Staaten eine Sektion verantwortliches Regierungshandeln eingerichtet, die mit einem Haushalt von 2,7 Milliarden Euro ausgestattet ist. Dieser Ansatz basiert auf drei Prinzipien: Dialog, Reformanreize und die Übernahme der Verantwortung für solche Reformen durch das Partnerland. Der Bericht bringt allerdings Zweifel und Bedenken zum Ausdruck, insbesondere hinsichtlich der Profile des verantwortlichen Regierungshandelns (Governance-Profile): Wie werden diese konkret definiert, in welcher Weise angewendet und welche möglichen negativen Auswirkungen sind in Bezug auf den African-Peer-Review-Mechanismus (APRM) zu erwarten.

Ich möchte Sie daran erinnern, dass die Profile des verantwortlichen Regierungshandelns, die sämtliche Dimensionen abdecken sollen – also die wirtschaftliche, soziale, institutionelle und umweltpolitische Dimension – lediglich als Ausgangspunkte gedacht waren und die Programmgestaltung dieser Sektion in keiner Weise bestimmt haben.

Darüber hinaus wurden die Ergebnisse und Schlussfolgerungen dieser Analyse mit der Regierung des jeweiligen Partnerlandes während der Dialogphase der Programmgestaltung besprochen. Auf dieser Grundlage wurde die entsprechende Regierung dazu motiviert, ihren eigenen Reformplan genauer zu erläutern bzw. erforderlichenfalls zu ergänzen oder näher auszuführen. Auf diese Weise sollte die Relevanz, Entschlossenheit und Glaubwürdigkeit dieser Reformen auf der Grundlage dreier Evaluierungskriterien verdeutlicht werden, die es dann erlaubten, die Höhe des jedem einzelnen Land zugedachten finanziellen Anreizes zu bestimmten. In diesem Zusammenhang wurde Ländern besondere Aufmerksamkeit geschenkt, die sich im Rahmen des African-Peer-Review-Mechanismus verpflichtet haben, die entsprechende Überprüfung durchgeführt und damit ihren Wunsch zum Ausdruck gebracht haben, auf diesem Weg fortzufahren. Dieser Prozess brachte die stark divergierenden Situationen der einzelnen Länder ans Tageslicht: sowohl hinsichtlich der jeweiligen Reformerfordernisse als auch in Bezug auf die unterschiedlichen Fähigkeiten zur Erarbeitung und Vorlage eines Governance-Plans zu verantwortlichem Regierungshandeln. Flexibilität und Pragmatismus waren daher gefragt bei der Tranchierung des Governance Incentive Fund. Im Januar 2009 veröffentlichte die Kommission einen Zwischenbericht über den Incentive-Fund-Prozess und stellte ihn sämtlichen Institutionen der Europäischen Union zu deren weiterer Verwertung zur Verfügung.

 
  
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  Maria Martens , Berichterstatterin.(NL) Herr Präsident, Herr Kommissar, meine Damen und Herren! Wir sprechen heute über den Bericht „Ein Jahr nach Lissabon: Umsetzung der Partnerschaft Afrika-EU“, also über die Umsetzung der gemeinsamen Afrika-EU-Strategie für die Entwicklung Afrikas gemäß den Ergebnissen des EU-Afrika-Gipfels vom Dezember 2007.

Dieser Gipfel war eine Veranstaltung von großer Tragweite. In der Tat war es das erste Mal, dass sich die Europäische Union und die Afrikanische Union auf der Grundlage gemeinsamer Werte und Prinzipien sowie des gegenseitigen Respekts auf eine gemeinsame Strategie geeinigt hatten und zum Abschluss von Abkommen zur gemeinschaftlichen Erreichung der Millenniums-Entwicklungsziele gekommen waren mit der Maßgabe, nach Lösungen für die gemeinsamen Herausforderungen in Bereichen wie beispielsweise der Sicherheit, der Migration und dem Klima zu suchen.

Uns allen ist die Kritik in unseren eigenen Ländern wohlbekannt, die starke Zweifel am Sinn weiterer Investitionen in Afrika zum Ausdruck bringt, vor allem in diesen Zeiten der Wirtschaftskrise. Ich möchte erneut darauf hinweisen, wie wichtig unser Engagement zur Entwicklung Afrikas nach wie vor ist – und dies gilt für beide Kontinente. Kommissar Michel hat den Nagel auf den Kopf getroffen, als er kürzlich anlässlich eines Treffens zu diesem Thema äußerte, dass, je mehr Armut auf der Welt existiere, umso mehr Instabilität existiere auch. Diese Feststellung ist auch wichtig im Hinblick auf die demografische Entwicklung. Es wird nicht mehr lange dauern, dann stellt Afrika 20 % der Weltbevölkerung, während Europa gerade einmal 5 % repräsentiert. Wir haben gemeinsame Probleme und wir sind mit gemeinsamen Herausforderungen konfrontiert. Wenn die Menschen in Afrika keine Perspektive mehr haben, ist es nur natürlich, dass sie sie in Europa suchen werden. Afrika verdient unsere Unterstützung – nicht nur aus diesem Grund.

Heute sprechen wir über die Umsetzung der vereinbarten Strategie, und wir verfügen über einen Aktionsplan. Um diese Strategie und diesen Aktionsplan zu realisieren, müssen wir weiter gemeinsam handeln. In Bezug auf die Partnerschaften bin ich mit dem bisher Erreichten zufrieden. In meinen vorangegangenen Berichten habe ich in Bezug auf die Umsetzung einer gemeinsamen Strategie stets meine Bedenken über den Mangel an klaren, spezifischen Rollen für die Parlamente zum Ausdruck gebracht. Im Jahr 2007 veröffentlichten das Panafrikanische Parlament und das Europäische Parlament eine gemeinsame Stellungnahme, die markant auf den Punkt bringt, um was es geht. Ich verlese diese Stellungnahme nun auf Englisch.

„In ihrer Eigenschaft als Institutionen, die den Willen ihrer Völker repräsentieren, müssen unsere Parlamente dafür Sorge tragen, dass die Bedürfnisse ihrer Völker befriedigt, deren Bedenken von den Entscheidungsträgern gehört und deren Wünsche sich in den von den sie regierenden Institutionen zum Tragen gebrachten politischen Entscheidungen wiederfinden. Unseren Parlamenten fällt eine wesentliche Rolle bei der Gestaltung der Debatte über die gemeinsamen Prioritäten für die Zukunft unserer beiden Kontinente zu. Sie spiegeln die verschiedenen Meinungsrichtungen in unseren Gesellschaften wider und sind daher der Ort, an dem diese Debatte geführt werden muss und wo divergierende Ansichten miteinander versöhnt und Kompromisse gefunden werden können.“

(NL) Ich freue mich daher, dass wir uns auf dieser Sitzung darauf verständigen konnten, welche Rolle die Parlamente einnehmen sollen. Auch Michael Gahler, unseren Kolleginnen und Kollegen im Panafrikanischen Parlament sowie allen Verfahrensbeteiligten ist es zu verdanken, dass eine Einigung über die Rolle der Parlamente erzielt wurde. Es geht um die Mitwirkung im Sachverständigengremium im Zusammenhang mit den acht Partnerschaften und der koordinierenden Projektgruppe. Die Parlamente sollen im Rahmen der jährlichen Fortschrittsberichte ihre Anregungen einbringen, und die Präsidenten des Panafrikanischen Parlaments und des Europäischen Parlaments sollen zu den Afrika-Gipfeltreffen eingeladen werden, um ihnen Gelegenheit zur Darlegung ihrer Visionen zu geben. Dies ist ein wichtiges Detail.

Ich möchte mit einer weiteren Frage für Kommissar Michel abschließen. Wie wir wissen, wird es in Kürze, im April, anlässlich der EU-SEDAC-Gespräche wieder um die Frage der öffentlichen Entwicklungshilfe gehen. An diesen Gesprächen wird auch die Europäische Kommission beteiligt sein. Können Sie uns, Herr Kommissar, Ihre Vision in Bezug auf diese Gespräche erläutern und wie der Beitrag der Europäischen Kommission aussehen wird?

 
  
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  Filip Kaczmarek, im Namen der PPE-DE-Fraktion. (PL) Herr Präsident, die Entwicklungspolitik ist eine der wichtigsten Bereiche der EU-Politik und zielt auf die Lösung globaler Probleme ab. Es war Glück, aber keineswegs Zufall, dass die erste gemeinsame Partnerschaftsstrategie für Afrika, und mit der Beteiligung Afrikas, ins Leben gerufen worden ist.

Einer der Gründe für die große Bedeutung der Entwicklungspolitik ist die Tatsache, dass sie zum Instrument einer geschichtsbewussten Politik geworden ist. In diesem Zusammenhang liegt das grundlegende Ziel der Zusammenarbeit bei Entwicklungsfragen in der Gegensteuerung zu in der Vergangenheit stattgefundenen Prozessen und Mechanismen. Jomo Kenyatta, der Gründungsvater der Unabhängigkeit Kenias, beschreibt dieses Prinzip in einer sehr anschaulichen und doch recht simplen Weise. Ich weiß, Herr Kommissar, dass Ihnen dieses berühmte Zitat ebenfalls bekannt ist. Kenyatta sagte: „Als die Missionare nach Afrika kamen, hatten wir das Land und sie die Bibel. Dann lehrten sie uns, mit geschlossenen Augen zu beten – und als wir die Augen wieder öffneten, hatten sie das Land, und wir hatten die Bibel.“

Geschichtsbewusste Politik ist allerdings nicht der einzige Grund für Europas Engagement für entwicklungsbezogene Fragen. Es gibt auch eher pragmatische Gründe. Afrika ist nach wie vor der ärmste Kontinent der Erde. Dessen ungeachtet erfährt Afrika zum ersten Mal seit 30 Jahren eine Periode wirtschaftlichen Wachstums. Wir können hinzufügen, dass dieses Wirtschaftswachstum auf jeden Fall höher ist als in Europa. Es gibt natürlich auch afrikanische Länder, die es aufgrund unfähiger Regierungen in der Tat geschafft haben, ihre heimische Ökonomie völlig herunterzuwirtschaften. Allgemein ausgedrückt kann gesagt werden, dass Afrika ein Kontinent mit brachliegendem Potenzial ist. Ich freue mich, dass die EU dabei mithilft, dieses Potenzial neu zu beleben und zu aktivieren.

Daher umfasst eines der Strategieziele die Etablierung eines breiter angelegten Dialogs und einer breiteren Kooperation in Bereichen, die nicht unbedingt mit Entwicklungsfragen in Verbindung gebracht werden. Die Strategie deckt einen weiten Bereich an Politikfeldern ab, darunter Fragen der Sicherheit, der Energieversorgung und des Klimawandels. Besorgniserregend ist allerdings, dass in den meisten dieser Bereiche bis jetzt nur wenige Fortschritte erzielt werden konnten. Zugegebenermaßen haben sich aber auch bestimmte EU-Mitgliedstaaten nicht in dem Maße in der Partnerschaft mit Afrika engagiert wie andere. Ich bin überzeugt, dass das zweite Jahr der Partnerschaft besser werden wird und dass wir unsere Ziele schneller erreichen können.

 
  
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  Alain Hutchinson, im Namen der PSE-Fraktion.(FR) Herr Präsident, Herr Kommissar, seit einem Jahr feiern wir nun schon die Entwicklung dieses neuen Prozesses, dieses neuen Abkommens zwischen der Europäischen Union und Afrika. Erlauben Sie mir dennoch, Herr Kommissar, dass ich bei dieser Gelegenheit etwas weniger zurückhaltend bin als sonst. Ich denke, dass es am ersten Jahrestag dieses Ereignisses angebracht ist, eine gewisse Anzahl von Eingeständnissen zu formulieren.

Da unten in Afrika fehlt es einfach an allem. Es herrscht ein Mangel an Führungskräften, an Ärzten, Lehrern und Technikern. Hierzulande ist die Rede von kontrollierter Einwanderung, aber wir haben immer noch nicht die erforderlichen Maßnahmen beispielsweise zur Zulassung von Diasporas getroffen, damit diese im Dienste ihrer Heimatländer tätig werden können. Dort unten schaffen es die Regierenden nicht einmal, ihre eigenen Leute zu versorgen. Hierzulande verlängern wir gerade die Exportsubventionen für unsere landwirtschaftlichen Erzeugnisse und fördern die Biokraftstoffe, was dort unten zu riesigen Monokulturen führt.

Dort unten in Afrika verfällt die Infrastruktur indessen immer weiter, das Elend breitet sich weiter aus, Krankheiten töten die Menschen und das Wasser wird knapp. Hierzulande wird viel geredet, es werden Versprechungen gemacht, wir debattieren und stimmen über Entschließungen ab. Aber was ändert sich ganz praktisch für die Menschen in Afrika? Ich glaube – ebenso wie Sie im Übrigen, und ich weiß, dass Sie davon auch überzeugt sind – dass es an der Zeit ist, die Parlamente dieser Länder, und somit auch ihre Völker, zusammenzubringen. Ich glaube, dass keinerlei Entwicklungsprozess zwischen der Europäischen Union und Afrika Erfolg haben wird, solange sich der Austausch auf die Politiker- und Technikerebene beschränkt. Die Völker Afrikas müssen zusammengebracht werden, und dies geschieht am allerbesten über ihre Parlamente.

Es freut mich außerordentlich zu hören, dass der Wille da ist, diese besondere Beziehung auf parlamentarischer Ebene zu entwickeln. Ich habe allerdings meine Zweifel, Kommissar Michel, denn unmittelbar vor dieser Parlamentsdebatte hatte ich eine lange Aussprache mit ihrer Kollegin Catherine Ashton über Wirtschaftspartnerschaftsabkommen. Seltsamerweise ist es nahezu unmöglich, die Parlamente von Partnerländern mit in solche Abkommen einzubeziehen. Wir schaffen es nicht, einen Teil dieses Hauses, aber auch die Kommission, davon zu überzeugen, dass es wirklich angebracht wäre, zunächst die Parlamente in den betroffenen Ländern anzuhören, bevor wir, das Europäische Parlament, unsere Meinung kundtun zu Angelegenheiten, die ganz unmittelbar das Leben der Menschen dort unten in Afrika beeinflussen. Ich hoffe, dass sich nichtsdestotrotz die Dinge diesbezüglich ändern werden.

Desgleichen glaube ich, dass es wichtig ist – Sie haben es dankenswerterweise ebenfalls betont – Nichtregierungsorganisationen und die afrikanische Zivilgesellschaft viel mehr und viel besser in diesen Prozess einzubeziehen. Ich gebrauchte vorhin den Begriff Diaspora – dies bezieht sich allerdings auf die hiesigen Verhältnisse. Ich weiß nicht, welche praktischen Dinge in diesem Sinne unternommen worden sind. In jedem Fall aber glaube ich, dass sie dem von Ihnen in Gang gesetzten Prozess eine Erfolgschance gegeben haben.

 
  
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  Toomas Savi, im Namen der ALDE-Fraktion. Herr Präsident, das Jahr 2007 war leider das zweite Jahr in Folge, in dem die Beiträge für die offizielle Entwicklungshilfe in der entwickelten Welt zurückgingen. Ich bin daher froh, dass die Berichterstatterin die Notwendigkeit wiederholt hat, die Mitgliedstaaten der Europäischen Union zur Aufrechterhaltung ihrer Entwicklungshilfe-Engagements zu ermahnen.

Ich finde, die Mitgliedstaaten sollten ihre aktuelle Entwicklungshilfe für die Bestimmungsländer überdenken, da der Anzeigetafel der Millenniums-Entwicklungsziele 2008 zu entnehmen ist, dass die Länder südlich der Sahara die einzige Region darstellt, die beträchtlich hinter den erwarteten Fortschritten zurückbleibt. Ich möchte diese Gelegenheit nutzen und die Mitgliedstaaten dazu ermuntern, ihren Beitrag für die Länder südlich der Sahara, der am schlechtesten entwickelten Region der Erde, zu erhöhen. Ein weiterer Punkt ist, dass einige Bestimmungsländer der an Bedingungen geknüpften EU-Hilfe nicht immer allzu aufgeschlossen gegenüber stehen. Wir sollten uns daher weiterhin bemühen, diese Länder enger in Kooperationen einzubinden.

Die globale Wirtschaftskrise belastet uns alle. Aber wir dürfen die Tatsache nicht vergessen oder ignorieren, dass die am wenigsten entwickelten Länder die anfälligsten sind in der jetzigen Situation. Mit der stagnierenden Situation in Afrika hat es Europa außerdem vermehrt mit Einwandererströmen zu tun, die den Sozialstaat übermäßig belasten könnten. Es ist daher wesentlich klüger, sich der Probleme der Menschen in den Entwicklungsländern anzunehmen, bevor diese Probleme Überhand nehmen und einen Handlungsbedarf hier in Europa zur Folge haben.

 
  
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  Wiesław Stefan Kuc, im Namen der UEN-Fraktion. – (PL) Herr Präsident, Herr Kommissar, einmal mehr sprechen wir hier im Europäischen Parlament über Afrika. Heute sprechen wir nicht über Krieg, Menschenrechte oder Hilfe für Entwicklungsländer. Stattdessen versuchen wir eine Bilanz zu ziehen über den aktuellen Stand der Dinge bezüglich der Partnerschaft zwischen Afrika und der Europäischen Union. Leider ist diese Partnerschaft praktisch inexistent.

Ehrlich gesagt, wir haben zwar hochfliegende Bestrebungen in Bezug auf das Erreichen von Verständigung und Kooperation zwischen der Afrikanischen Union, dem Parlament der Afrikanischen Union und der Kommission der Afrikanischen Union. Dessen ungeachtet bleibt Afrika der ärmste Kontinent auf unserem Planeten, wo die Menschen die kürzeste Lebenserwartung weltweit haben, wo Hunger und Krankheit in einem bisher nicht dagewesenen Ausmaß herrschen, während es, insbesondere in den armen städtischen Bereichen und auf den Dörfern, nahezu keinerlei Bildungsmöglichkeiten und Gesundheitsversorgung gibt.

Der positive Einfluss der Afrikanischen Union auf die wirtschaftliche Situation ist so verschwindend gering, dass sie praktisch mit einer Scheinorganisation gleichzusetzen ist, mit keinerlei Einfluss hinsichtlich der Lösung der alltäglichen Probleme. Die Afrikanische Union ist eine Organisation, die von Politikern als Forum für ihre Auftritte in der internationalen Politik benutzt wird. Afrika ist ein Kontinent mit reichen natürlichen Ressourcen, deren sich die gesamte Welt bedient. Dennoch hat dies bislang keine positiven Auswirkungen auf den Lebensstandard der Bevölkerung beziehungsweise in Bezug auf die Zurückdrängung der Armut gehabt. Das Problem der Armut wird von einer Vielzahl von Organisationen in Angriff genommen. Dennoch ist ein Fortschritt kaum erkennbar. Die Berichterstatterin Maria Martens hat auf diese Tatsache deutlich hingewiesen.

Wir wissen eigentlich nicht, wie wir Afrika helfen können, und der Bericht liefert diesbezüglich auch keine Antwort. Erinnern wir uns daran, wie aus dem stabilen Kenia innerhalb weniger Tage ein Bürgerkriegsschauplatz wurde. Wie können wir dafür sorgen, dass die finanziellen Hilfen aus den verschiedenen Ländern richtig verteilt werden? Über dieses Thema haben wir vor einigen Monaten gesprochen. Wir unterhielten uns auch über das Vorgehen Chinas. Hat China möglicherweise den richtigen Weg gefunden? Wir sollten uns diesen Weg genau ansehen.

 
  
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  Luisa Morgantini, im Namen der GUE/NGL-Fraktion. – (IT) Herr Präsident, meine Damen und Herren, die gemeinsame EU-Afrika-Strategie ist zuallererst einmal eine große Herausforderung – für uns eine Gelegenheit, unter Beweis zu stellen, dass wir in der Lage sind, unsere politischen Modelle und uns selbst unter einem ganz neuen Blickwinkel zu betrachten. Ich glaube, wir sind nach wie vor an einem Punkt, wo wir unsere Beziehungen zwischen unseren beiden Kontinenten und unsere Entwicklungsstrategien sorgfältig durchdenken müssen.

Es handelt sich hier um einen langen Prozess. Wir können nicht erwarten, alle Probleme auf einmal lösen zu können. Es ist außerdem ein sehr komplizierter Prozess, der aber meiner Meinung nach einen einschließenden, partizipativen Charakter haben und von unten nach oben strukturiert sein muss: eine Partnerschaft unter Gleichen also.

Der Lissabon-Gipfel konnte dies nicht vollständig erreichen, vielleicht wegen der Hast, mit der dieses Treffen behaftet war. Und weder die Europäische Union noch die Afrikanische Union waren Willens oder in der Lage, den Parlamenten und der Zivilgesellschaft, in Afrika und Europa, eine strukturelle Rolle zuzugestehen. Seit diesem Gipfeltreffen ist nun ein Jahr vergangen und – dies macht der Martens-Bericht deutlich – weder unser Parlament noch das Panafrikanische Parlament, und auch nicht die Zivilgesellschaft, haben bislang wirklich ein Wort mitzureden bei der Strategiebestimmung.

Es ist daher von entscheidender Bedeutung – nicht zuletzt unter dem Aspekt der Erreichung der Millenniums-Entwicklungsziele zur Überwindung von Armut und Krankheit, und um die landwirtschaftliche und Bildungsentwicklung voranzutreiben – dass diese Akteure in den Prozess einbezogen werden, zusammen mit all den angesprochenen Problemen, von der Ausbreitung der Wüsten bis zum Klimawandel und der Frage der Energieversorgung.

Es ist daher von entscheidender Bedeutung, die Verantwortlichkeiten zu benennen und eine demokratische Partnerschaft zu pflegen, die zur Gesellschaft hin offen ist und sich nicht ausschließlich auf Regierungen und Ausschüsse beschränkt. Wir als Europäisches Parlament haben unsere Beziehungen zum Panafrikanischen Parlament ausgeweitet, und es besteht kein Zweifel darüber, dass diese Schritte nach vorn einen positiven Effekt auf die gemeinsame EU-Afrika-Strategie ausgeübt haben.

Allerdings gab es 2007 in Bezug auf die Finanzierung eine Reihe von Zweifeln. Wird es zur Verwirklichung dieser gemeinsamen Strategie die finanziellen Mittel geben? Wie sieht die Zukunft der AKP-Staaten und des Cotonou-Abkommens aus? Wie werden sich unsere Beziehungen zu internationalen Organisationen wie der Weltbank, dem Internationalen Währungsfonds und der WTO gestalten? Lassen Sie uns zusammen darauf hin arbeiten, dass diese Institutionen demokratischer werden.

Abschließend denke ich, wir sollten diese Herausforderung beherzt in Angriff nehmen und auf Lösungen drängen, denn Afrika – dies haben wir die letzten Jahre gelernt – ist ein Kontinent reich an menschlichen und wirtschaftlichen Ressourcen, ein echter Partner also. Es ist faszinierend zu sehen – Kommissar Michel, den ich gut kenne, ist sich dessen bewusst – dass Afrika Wertvolles zu bieten hat und nicht nur durch Tod, Zerstörung und Krieg gezeichnet ist; obgleich wir uns selbstverständlich dieser Probleme annehmen müssen, um Frieden und Demokratie zum Einzug zu verhelfen.

 
  
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  Bastiaan Belder, im Namen der IND/DEM- Fraktion. (NL) Herr Präsident, zunächst möchte ich der Berichterstatterin Maria Martens für ihren fundierten Bericht danken. Es ist gut, dass das Parlament die Ankündigung einer Partnerschaft nicht nur begrüßt, sondern auch die greifbaren Ergebnisse überprüft. Das ist es, was Afrika braucht: Die Grundlagen für eine erfolgreiche Partnerschaft mit Afrika erfordern verantwortliches Regierungshandeln und die Wahrung der Menschenrechte. Dies ist ganz wichtig für einen Kontinent, wo Bürgermeister Präsidenten stürzen können, und wo ein anderer Präsident die eigene Bevölkerung mit Hetzjagden drangsaliert. Der Rat und die Kommission müssen diesen Aspekt zu ihrer Schlüsselpriorität machen.

Wenn ich den Begriff verantwortliches Regierungshandeln erwähne, dann denke ich insbesondere auch an die Rolle Chinas, die in dieser Entschließung leider nur am Rande erwähnt worden ist. Ich wundere mich etwas über das Fehlen jeglicher kritischen Anmerkung über die manchmal desaströsen Folgen des Engagements Chinas in Afrika. Die Europäische Union kann möglicherweise einiges lernen von dem 2 Milliarden Euro umfassenden chinesisch-afrikanischen Entwicklungsfonds, mit dem sich China in Afrika engagiert. Die Tatsache, dass Peking auch in Ländern wie Simbabwe Investitionen tätigt, sagt eigentlich alles über den chinesischen Beitrag zur langfristigen Etablierung von Demokratie und verantwortlichem Regierungshandeln in Afrika.

Darüber hinaus habe ich eine Anmerkung gegenüber der Berichterstatterin anzubringen. In Absatz 46 bezieht sie sich auf die Sicherung der Nahrungsmittelversorgung und der Nahrungsmittelsouveränität in Afrika. Was meiner Meinung nach in dieser Entschließung fehlt, ist ein Text, der sich mit einem Problem auseinandersetzt, das bereits seit etlichen Jahren existiert: Es ist das Pachten oder sogar aufkaufen von großen Flächen an landwirtschaftlich nutzbarem Land durch ausländische Staaten oder Unternehmen, deren Ernteerträge an ausländische Investoren gehen und folglich nicht der unterernährten lokalen Bevölkerung zugute kommen. Solche Zustände sind wirklich ziemlich bedrückend. Hinzu kommt, dass diese Investitionen keinerlei Arbeitsplätze schaffen. Es ist eine Schande, dass sich die Entschließung mit diesem speziellen Problem, das derzeit in den Medien wieder einmal viel Beachtung findet, überhaupt nicht auseinandersetzt.

 
  
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  Michael Gahler (PPE-DE). - Herr Präsident! Als Vorsitzender der Ad-hoc-Delegation für die Beziehungen zum Panafrikanischen Parlament habe ich heute Anlass, vielen Beteiligten Dank zu sagen. Der erste Dank gilt Maria Martens, die einen hervorragenden Bericht über den Fortgang der vereinbarten EU-Afrika-Strategie erstellt hat. Der zweite Dank geht an die beteiligten Institutionen. Wir haben es geschafft, in einem Hexalog – also mit sechs Beteiligten – eine Einbeziehung der beiden Parlamente zu vereinbaren. Die beiden Kommissionen haben zugestimmt, die beiden Parlamente sowieso, aber auch die beiden Räte. Vom Rat sehe ich jetzt vor allem den Rechtsdienst, aber der ist in solchen Fragen immer besonders wichtig, denn da scheitern ja manchmal gemeinsame Positionen. Aber nach einem ersten Treffen in Adis Abeba ist es heute in einem zweiten Treffen gelungen, das, was wir in Bezug auf die Einbeziehung der Parlamente vereinbart haben, umzusetzen bzw. endgültig zu vereinbaren.

Ich möchte auf das eingehen, was der Kollege Hutchinson gesagt hat: Was passiert wirklich? Ja, es passiert noch viel Schlimmes in Afrika! Aber mein Eindruck ist – vielleicht ist das Zufall –, dass seit der Verabschiedung dieser Gemeinsamen Strategie Afrika anders auf Putsche reagiert. In Mauretanien, in Guinea, in Guinea-Bissau, in Madagaskar, da reagiert Afrika in der Form, dass man die Mitgliedschaften dieser Länder suspendiert. Das hat es früher so nicht gegeben. Da hat man weiter Business as usual gemacht.

Ich wünsche mir in diesem Zusammenhang im Übrigen, dass wir als europäische Regierungen diese Tatsachen auch zur Kenntnis nehmen. Wenn diese Partnerschaft auf gemeinsame Werte gegründet ist, dann müssen die Europäer auch reagieren, wenn die Afrikaner reagieren, wenn in Afrika etwas schiefgeht. Deshalb bin ich zuversichtlich, dass wir, wenn wir als Parlamente künftig an der Implementierung dieser Strategie besser beteiligt sind, einen Mehrwert zu dieser Partnerschaft liefern.

 
  
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  Ana Maria Gomes (PSE).(PT) Ich möchte Maria Martens zu diesem wichtigen Bericht gratulieren und darauf hinweisen, wie entscheidend die Rolle dieses Parlaments bei der Überwachung der Umsetzung der gemeinsamen Afrika-EU-Strategie und des entsprechenden Aktionsplans ist.

Hinsichtlich mehrerer der acht im Rahmen der Strategie involvierten Partnerschaften sind einige wichtige Schritte unternommen worden, insbesondere die Einsetzung gemeinsamer Sachverständigengruppen und Durchführungsteams sowie das Ingangsetzen des Dialogs im Zusammenhang mit diesen Partnerschaften.

Bedauerlich ist allerdings, dass sich bis zum Ende des ersten Jahres einige Partnerschaften noch immer im Stadium der Bestimmung ihrer Arbeitsmethoden befinden und immer noch keine konkreten Ergebnisse, Zeitpläne oder Finanzmittelzuweisungen formuliert haben.

Ich hoffe daher, dass der nächste gemeinsame Jahresfortschrittsbericht in Bezug auf die Darstellung seiner Ergebnisse und seiner Angaben zum Finanzierungsvolumen konkreter ausfallen wird als der erste. Insbesondere ist es wichtig, dass wir unter dem Blickwinkel der Auswahl der Millenniums-Entwicklungsziele hinsichtlich der Einhaltung der von der Europäischen Union und den Mitgliedstaaten abgegebenen Selbstverpflichtungen wachsam sind. Weiterhin müssen wir dafür Sorge tragen, dass die globale Rezession, von der wir alle betroffen sind, die Länder und Völker Afrikas nicht unverhältnismäßig benachteiligt, denn sie sind bereits jetzt die Schwächsten.

Entwicklung und demokratisches Regierungshandeln in Afrika müssen Teil der Krisenbewältigungsstrategie für uns alle sein. Auch in dieser Hinsicht benötigen wir deutlichere Fortschritte bei allen existierenden Partnerschaften, einschließlich jenen, die politisch besonders sensible Themen berühren, wie etwa in den Bereichen Regierungshandeln und Menschenrechte.

Die Rolle des Europäischen Parlaments in diesem Prozess muss gestärkt werden, indem ihm offizielle Überwachungsbefugnisse eingeräumt werden und es in die Arbeit der Strategie-Durchführungsteams eingebunden wird. Weiterhin ist es von entscheidender Bedeutung, für die Einbindung von Akteuren der Zivilgesellschaft – sowohl Europas als auch Afrikas – in diesen Prozess zu sorgen. Hier ist in erster Linie an die nationalen Parlamente, die NRO und die Medien zu denken.

 
  
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  Zbigniew Krzysztof Kuźmiuk (UEN). - (PL) Herr Präsident, Ich möchte die Aufmerksamkeit auf drei Punkte in dieser Aussprache richten. Zunächst einmal verabschiedete das Europäische Parlament im Dezember 2007 eine neue EU-Afrika-Strategie, die darauf abzielte, die Gleichheit zwischen den beiden Seiten sicherzustellen. Das Hauptanliegen dieser Strategie war es, die Armut in den Ländern Afrikas zu lindern. In diesem Bereich waren allerdings letztes Jahr keine großen Fortschritte zu verzeichnen.

Zweitens, die andauernde Finanz- und Wirtschaftskrise wird möglicherweise leider zu einer weiteren Verschlechterung der Lage führen, mit der sich die afrikanischen Länder konfrontiert sehen. Die führenden globalen Finanzinstitutionen geben für 2009 folgende Prognosen ab: Der IWF rechnet mit einem Rückgang des globalen BIP um 1 %, während die Weltbank diesen Rückgang auf 2 % schätzt. Die WTO prognostiziert ein Schrumpfen der Wertschöpfung des Welthandels um ganze 9 %. Dies wäre eine Entwicklung, die es in den vergangenen 50 Jahren nicht mehr gegeben hat. Die Krise, mit der die meisten entwickelten Länder konfrontiert sind, wird sich nach Einschätzung des IWF auf die Entwicklungsländer übertragen, darunter auch die Länder Afrikas. Die daraus folgende Arbeitslosigkeit und Armut könnte dann zu Unruhen in der Bevölkerung und in manchen Fällen zu kriegerischen Auseinandersetzungen führen.

Ich hoffe, dass angesichts dieser Krise und ihrer Auswirkungen, die auch in den nächsten Jahren spürbar bleiben werden, die EU-Afrika-Kooperationsstrategie in angemessener Weise verbessert wird, um solche potenziellen Folgen in Gestalt von Unruhen oder sogar bewaffneten Konflikten aufgrund der Weltwirtschaftskrise zu verhindern.

 
  
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  Juan Fraile Cantón (PSE).(ES) Herr Präsident, im Dezember 2007 beschlossen die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union in Lissabon die gemeinsame Afrika-EU-Strategie und den ersten Aktionsplan für ihre Umsetzung.

Der Strategie lagen drei Fakten zugrunde. Erster Fakt ist der Umstand, dass auf dem afrikanischen Kontinent auf der einen Seite Friedensprozesse und die allmähliche Konsolidierung demokratischer Systeme ihren Lauf nehmen und auf der anderen Seite gleichzeitig Konflikte wie der in Darfur fortdauern, weiter ein hohes Maß an Armut herrscht und sich vermehrt zugespitzte Situationen wie beispielsweise die massiven Wellen an illegalen Einwanderern ereignen.

Der zweite Fakt ist der Umstand, dass die Länder südlich der Sahara die ärmste Region unseres Planeten ist. Die Bevölkerung hat eine nur geringe Lebenserwartung, einen niedrigen Bildungsstand und einen hohen Analphabetismus, bei zugleich hohen demografischen Wachstumsraten. Dreihundertmillionen Menschen leben von weniger als 1 Euro am Tag.

Der dritte Fakt ist der Umstand, dass in Afrika die großen Pandemien besonders weit verbreitet sind. Hier leben mehr als zwei Drittel aller AIDS-Infizierten, und 90 % sämtlicher durch Malaria verursachten Todesfälle sind in Afrika zu verzeichnen.

Im letzten Jahr haben wir gemessen an den Zielen, die wir uns gesetzt haben, wenig Fortschritte erzielt. In Anbetracht der Tatsache, dass der Aktionsplan eine Laufzeit bis 2010 umfasst, besteht in zwei wichtigen Bereichen sofortiger Handlungsbedarf. Erstens, wir müssen in den Bereichen demokratisches Regierungshandeln, Stärkung von Institutionen, Ausbau der Rolle der Zivilgesellschaft unter besonderer Berücksichtigung der Geschlechtergleichstellung Kooperationen zustande bringen. Zweitens, in Bezug auf die Befriedigung grundlegender sozialer Bedürfnisse müssen wir Kooperationen zustande bringen, um den Hunger zu bekämpfen und Entwicklungsprogramme zu starten für Bildung, Gesundheit und den Zugang zu Grundressourcen wie Wasser.

 
  
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  Czesław Adam Siekierski (PPE-DE). (PL) Herr Präsident, die Partnerschaft, die wir heute besprechen, ist die Antwort auf die Bedürfnisse Afrikas, denn sie bietet Unterstützung für den Prozess der Demokratisierung und für die Menschenrechte in den afrikanischen Ländern. Gleichzeitig sorgt diese Partnerschaft für ein solides bilaterales Engagement im Kampf gegen den Klimawandel und im Bereich der Energiesicherheit.

Heute, angesichts unserer wachsenden, globalen gegenseitigen Abhängigkeiten und gemeinsamen Verantwortung benötigen wir auch das Engagement potenziell schwächerer Partner. Nehmen wir den Kampf gegen den Klimawandel als Beispiel. Obwohl Afrika am wenigsten zur Verschmutzung unserer Atmosphäre beiträgt, machen sich dort die Auswirkungen am deutlichsten bemerkbar. Daher müssen wir afrikanische Länder in den Kampf gegen den Klimawandel einbeziehen, besonders hinsichtlich der weitest möglichen Nutzung der in diesen Ländern verfügbaren erneuerbaren Energiequellen.

Gewisse Länder haben es darauf abgesehen, afrikanische Länder in ihre Interessensphäre zu ziehen. Dies darf nicht geschehen. Es ist nicht nötig, Afrika zu kontrollieren. Vielmehr braucht der Kontinent unsere Hilfe und Unterstützung. Zugleich aber sollten wir Afrika als gleichberechtigten Partner behandeln und nicht als bloßen Empfänger von Finanzhilfen. Eine Partnerschaft auf gleicher Augenhöhe ist für ein größeres Maß an Engagement förderlich.

 
  
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  Louis Michel, Mitglied der Kommission. – (FR) Herr Präsident, ich möchte den verschiedenen Rednern danken.

Es freut mich, dass Zufriedenheit besteht mit den ersten Ergebnissen, aber es ist natürlich klar, dass dies noch nicht ausreicht. Wir müssen uns klar machen, dass die Dinge erst seit einem Jahr am Laufen sind und dass wir 2009 ein wenig an Tempo zulegen müssen.

Ich akzeptiere die wesentlichen Aussagen der verschiedenen Vorredner, und die von ihnen zum Ausdruck gebrachten Anliegen entsprechen vollständig meinen eigenen Überzeugungen. Es ist völlig klar, dass es ohne Eigenverantwortung keine Entwicklung geben kann, wie dies von Herrn Hutchinson und Frau Morgantini zum Ausdruck gebracht worden ist. Klar ist auch, dass die Rolle der nationalen Parlamente und die Rolle der Zivilgesellschaft eminent wichtig sind.

Darüber hinaus bedauere ich es, dass es nicht möglich war, eine gründliche Reform der institutionellen Mechanismen durchzuführen, die die Verantwortlichkeit des Parlaments für die Entwicklungspolitik bestimmen. Ich erinnere an Ihre Anregung, die Länderstrategiepapiere nicht nur hier, sondern auch in den nationalen Parlamenten der Partner zu erörtern. Der Europäische Rat erlaubte mir ein solches Vorgehen jedoch nicht. Deshalb habe ich die Länderstrategiepapiere an die Paritätische Parlamentarische Versammlung geschickt. Auf diesem Wege haben Sie sie an die verschiedenen Parlamente in Europa weitergeleitet. All dies jedoch ersetzt nicht eine gewisse institutionelle Regelung, die meines Erachtens sehr wünschenswert wäre. Ich erinnere daran, dass dieses Anliegen weiterhin eine meiner absoluten Prioritäten sein wird, denn wir wären einen enormen Schritt weiter, wenn die Europäischen Entwicklungsfonds in das Budget mit einbezogen würden. Solange dies nicht der Fall ist, werden wir nach wie vor in Argumentationsnot sein, wenn es um die Frage geht, warum wir dem Parlament nicht die Rolle zubilligen, die ihm eigentlich zusteht – was auch zur Folge hat, dass der jeweils amtierende Entwicklungskommissar manchmal etwas machtlos ist. Es wäre wesentlich einfacher, wenn ich die Prioritäten, Programme und Projekte hier im Parlament besprechen könnte. Ich könnte dann mit der entsprechenden Rückendeckung weiter vorankommen. Leider ist dem bislang nicht so. Aber ich hoffe, wir kommen noch dort hin.

Ich möchte nicht über Dinge einfach so hinweggehen, die auch mir nicht in Ordnung erscheinen. Ich möchte Sie daran erinnern, dass wir letztes Jahr auf europäischer Ebene den Beitrag der Kommission und der Mitgliedstaaten ausgegeben haben, wohlwissend dass jede Seite 46 Milliarden Euro beisteuern sollte. Leider sind wir hinsichtlich des Programms, oder sollte ich vielleicht eher sagen hinsichtlich des gesetzten Ziels, mit 1,7 Milliarden Euro im Rückstand. Ich bin überhaupt nicht zufrieden mit diesem Fazit, und ich glaube, wir werden in Zukunft kämpfen müssen, um das Defizit auszugleichen. Das Parlament muss sich als ausgewiesener Botschafter dieses Anliegens erweisen und entsprechend Druck ausüben. Wir werden auf politischer Ebene all unsere Kräfte aufbieten müssen, nur um die Mitgliedstaaten dazu zu bringen, ihre finanziellen Engagements des Jahres 2005 aufrecht zu erhalten. Dies wird nicht einfach sein. Ich erinnere mich noch an den Kampf um die Milliarde für die Nahrungsmittelbeihilfe. Diese zu erhalten war nicht einfach, aber schließlich konnten wir doch ganz gute Konditionen herausholen. Wir erhielten eine weitere Milliarde, die allerdings über drei anstatt zwei Jahre verteilt wurde. Zum Glück jedoch kommen die Projekte voran und ihre Umsetzung ist auf gutem Wege. Ich bin daher selbstverständlich völlig im Einvernehmen.

Wir haben nicht die Absicht, Angelegenheiten bezüglich des Ausschusses für Entwicklungshilfe erneut aufzurollen. Es sind einige Anpassungen à la marge in der Diskussion, zum Beispiel für Friedensmissionen.

(FR) Daher beabsichtigen wir nicht, diese Debatte noch einmal zu eröffnen. Darüber hinaus muss ich sagen, dass ich sehr vorsichtig bin. Ich bin nicht gerade dafür, diese Debatte erneut anzustoßen, denn wenn wir dies tun, werden wir es sogar erleben, dass bestimmte Mitgliedstaaten teilnehmen, um alles Mögliche in dieses Budget zu packen.

Ich muss Ihnen sagen, Herr Cook, dass ich nicht einverstanden bin, wenn gesagt wird, wir hätten unsere Ideale verloren. Ich denke nicht, dass dies der Fall ist. Ich denke vielmehr, dass man lediglich die Wortmeldungen in diesem Hauses hören muss, um festzustellen, dass wir nach wie vor äußerst engagiert sind in unserem Einsatz für die Entwicklungsländer. Es stimmt auch nicht zu behaupten, dass wir nichts zur Problemlösung beitragen. Selbstverständlich kann nicht von uns erwartet werden, dass wir für jedes Problem eine Lösung parat haben, aber ich möchte mir gar nicht ausmalen, wie arm die Welt ohne europäische Hilfe wäre.

All dies reicht nicht aus, ich stimme dem vollständig zu, aber es stellt immerhin 57 % der weltweiten Entwicklungshilfe dar. Leider denke ich nicht, dass wir diese Problematik im Moment weiter diskutieren können. Die Frage, ob europäische Entwicklungshilfe unserer Mitgliedstaaten beziehungsweise der Kommission nach wie vor ihren Zweck erfüllt oder wirklich hilft – ob sie eine gute Methode darstellt – ist ein anderes Thema. Ich würde diese Aussprache gerne wieder auf den Punkt Festsetzung oder nicht von Budgethilfe und Bedingtheiten zurückführen, denn ebenso wie Sie bin ich mir über Letztere reichlich im Unklaren.

Wir müssen allerdings sehr wohl wissen, was wir eigentlich wollen. Wenn wir eine Regierung dazu bringen möchten, auf die Zivilgesellschaft zuzugehen bzw. die Bevölkerung – oder in einigen Fällen auch das eigene Parlament – in die Entscheidungsprozesse mit einzubeziehen, dann müssen wir im gleichen Atemzug auch akzeptieren, dass wir Bedingungen stellen. Deswegen ist es manchmal auch nicht damit getan, einfach zu einer Regierung zu sagen: „Wir hoffen, dass Sie sich an die Vereinbarungen halten werden...“, oder inständige Appelle bzw. einfach nur freundliche Empfehlungen auszusprechen. Die Problematik im Zusammenhang mit Bedingtheiten – wobei ich den Begriff Bedingtheit eigentlich nicht mag und viel lieber von Kriterien sprechen würde – ist nach wie vor ein wichtiger Punkt. Wenn man beispielsweise über Profil spricht, glaube ich, ist es recht normal, dass man ein solches auch festlegen kann. Ein solches Profil wurde bei der Festsetzung des Budgets für diese Initiative nicht erstellt. Es ist nach wie vor ziemlich normal für uns, die Regierungsprofile jedes Landes zu analysieren, wenn wir uns daran machen, solchen Ländern zusätzliche Finanzanreize von 25 oder sogar 30 % zu gewähren. All diese Debatten sind nach wie vor offen. Ich möchte sie jetzt auch noch nicht abschließen, hoffe aber, dass wir sie zu einem anderen Zeitpunkt abschließen können.

Ich werde nicht auf Aspekte eingehen, die sich auf China beziehen. Selbstverständlich denke ich, dass dies ein gutes Thema ist. Ich glaube aber auch, dass Entwicklungsländer das Recht haben, gewünschte Kooperationen öffentlich auszuschreiben. Afrika ist nicht mehr länger die ausschließliche Interessenssphäre Europas – und das ist gut so. Dies halte ich für einen wichtigen Gesichtspunkt.

Allerdings ist es in der Tat ratsam, die Qualität der Entwicklungszusammenarbeit zwischen China und Afrika in Frage zu stellen. Wir können niemanden für diese Kooperationen kritisieren, aber wir können sie durchaus hinterfragen. Seit einigen Monaten erhalte ich beispielsweise Informationen zu chinesischen Kooperationsabkommen mit der Demokratischen Republik Kongo. Ich will nicht behaupten, dass diese Verträge schlecht sind. Ich sage nur, dass sie eine ganze Reihe von Fragen aufwerfen, die Antworten bedürfen. Im Augenblick sind wir damit beschäftigt, diese Antworten zu finden, insbesondere bezüglich der Problematik der Staatsgarantie, denn es handelt sich um einen Vertrag, der mit einem Privatunternehmen abgeschlossen wird. Außerdem werfen wir einen Blick auf das Verhältnis des Kreditanteils zum Spendenanteil; auf die Tatsache, dass keine öffentliche Ausschreibung erfolgte; und auf die Tatsache, dass es sich um ein Finanzvolumen in nahezu gleicher Höhe handelt wie die Schulden des Landes im Rahmen des Europäischen Währungsfonds. Dies sind alles Fragen, auf die eine Antwort gefunden werden muss – allerdings nicht, indem man diese Art von Beziehung an den Pranger stellt. Die Länder Afrikas haben das Recht, Partnerschaftsvereinbarungen auch mit den Chinesen abzuschließen. Ich werde nun nicht weiter auf diesen Punkt eingehen.

Ich denke, Frau Morgantini, Sie haben auf einige Punkte hingewiesen, die bereits von Alain Hutchinson angesprochen worden sind. Es ist klar, dass das wirkliche Problem immer darin bestehen wird, dafür zu sorgen, dass die Beziehung zwischen uns und den Entwicklungsländern durch wahre Partnerschaft gekennzeichnet ist. Ich denke, der Gipfel von Lissabon war ein beträchtlicher Schritt nach vorn, denn zumindest schmiedeten wir in den Entschließungstexten den Beginn einer neuen Philosophie gleichberechtigter Partner in Bezug auf Rechte und Pflichten.

Wir sind allerdings offenkundig noch nicht ganz am Ziel, und dies betrifft einen der Aspekte, der in Verbindung steht mit den Themen Eigenverantwortung und – wo möglich – Budgetbeihilfen. Er steht in Verbindung mit der Verantwortung, die der Zivilgesellschaft und der Debatte auf parlamentarischer Ebene zukommt. Ich glaube, Sie haben Recht. Dies sind die Themen, die wir zu bearbeiten haben.

Sie haben eine weitere Frage angesprochen, die mich sehr beschäftigt und meiner Meinung nach einen wichtigen Diskussionspunkt darstellt. Sie lautete: „Wie können wir eine bessere Harmonisierung erreichen – die Beteiligten dazu bringen, besser zusammenzuarbeiten, die Arbeit besser aufzuteilen, die globale Entwicklungspolitik besser unter den verschiedenen Partnern zu verteilen; welche Rollen kommen den Akteuren Weltbank, Welthandelsorganisation, Internationaler Währungsfonds, EU-Kommission und all den Großspendern zu?

Wie bereits anlässlich eines anderen Zusammentreffens richtig festgestellt wurde, gibt es derzeit Überschneidungen und Duplikationen. Es gibt sogar Konkurrenz, und diese Konkurrenz ist nicht immer sinnvoll. Ich kann Ihnen sagen, dass es in den letzten beiden Jahren viele Fortschritte gab, insbesondere in Bezug auf die Weltbank. Ich kann Ihnen auch sagen, dass es mich recht optimistisch stimmt, wenn ich mir die neuen Töne, Strategie und Philosophie anschaue, die ich bei der Weltbank erkennen kann. Es gibt daher Spielraum für eine andere Art von Kooperation: für eine Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Partnern; und ich denke, Sie haben da wirklich auf einen grundlegenden Punkt hingewiesen, den wir uns genauer vornehmen müssen.

Der Aspekt „verantwortliches Regierungshandeln“ ist ein wesentliches Element. Aus diesem Grund haben wir entsprechende Vorkehrungen für das Governance-Paket getroffen.

Frau Gomez hat das wichtige Thema der Auswirkungen der Finanzkrise auf die wirtschaftliche und soziale Situation in den Entwicklungsländern angesprochen. So gut wie sämtliche Fachleute sind sich derzeit in der Einschätzung einig, dass es mindestens zu einem zweiprozentigen Rückgang des Wirtschaftswachstums kommen wird, was bis zu 50 Millionen zusätzliche Arme in der Welt bedeuten könnte. Dessen müssen wir uns bewusst sein.

Soweit es uns betrifft, so bin ich schon recht zufrieden, wenn die Mitgliedstaaten ihre 2005 gemachten Zusagen einhalten. Ich versichere Ihnen, dass wir uns ganz schön anstrengen werden müssen, um die Mitgliedstaaten so weit zu bringen, Wort zu halten.

Zweitens bin ich gerade dabei, eine Mitteilung zu formulieren – hinsichtlich des von mir in Aussicht gestellten April-Pakets – die über das Thema öffentliche Entwicklungshilfe hinaus gehen wird. Ich werde mich darum bemühen, eine ganze Reihe der Sektionsbudgets für Entwicklungspolitik der Kommission zu mobilisieren. Ich kann Ihnen sagen, es gibt hier einige wirklich interessante Perspektiven. Außerdem arbeite ich mit der Europäischen Investitionsbank an diesem Paket, insbesondere hinsichtlich der unterstützenden Infrastruktur, um diese Perspektiven schnell zu entwickeln und recht schnell ihre Wirkung entfalten zu lassen. Ich werde dem Parlament hierüber im April Bericht erstatten. Ich möchte nur sagen, dass ich noch einen weiteren sehr wichtigen Punkt ansprechen muss. Es geht um die Rolle der Zivilgesellschaft und der nationalen Parlamente.

Damit schließe ich dann ab. Alain Hutchinson äußerte bei Gelegenheit den Vorschlag, mit Mitgliedern dieses Hauses und eventuell auch Mitgliedern der Parlamente von Mitgliedstaaten einige Experimente durchzuführen in dem Sinne, an geeigneten Orten Debatten über die Länderstrategiepapiere abzuhalten. Ich hatte in drei Ländern die Gelegenheit zur Teilnahme an solchen Pilotprojekten. Es funktionierte ganz gut, aber es funktionierte offenkundig deshalb gut, weil wir in den betreffenden drei Ländern die Rückendeckung der Regierungen hatten. Denn ohne diese Rückendeckung lässt sich so ein Experiment nur sehr schwer realisieren. Ich denke daher, dass Sie Recht haben: Die Mobilisierung parlamentarischer Aktionen ist sicherlich eine der Prioritäten. Auf jeden Fall – das können Sie mir glauben – werde ich mich mit ganzer Kraft für diese Idee einsetzen.

 
  
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  Maria Martens , Berichterstatterin. – (NL) Herr Präsident, ich habe dem eigentlich nichts weiter hinzuzufügen. Dies ist die erste Aussprache über die Umsetzung der Strategie. Wir haben den Startschuss gegeben, aber wir stehen noch am Anfang. Es liegt noch ein gutes Stück Arbeit vor uns. Afrika ist nach wie vor der ärmste Kontinent. Sie alle haben formuliert, welches unsere Bedenken sind und welchen Herausforderungen wir gegenüberstehen, sei es im Hinblick auf Frieden und Sicherheit, wirtschaftliches Wachstum, verantwortliches Regierungshandeln, die Fähigkeit zum Aufbau des Landes oder die Rolle der Parlamente und der Zivilgesellschaft. Kommissar Michel hat diesbezüglich alles Wichtige angesprochen.

Ich möchte Ihnen, liebe Mitparlamentarier, Kommissar Michel und unseren Kolleginnen und Kollegen des Panafrikanischen Parlaments danken. Wir werden diesen Prozess fortführen.

 
  
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  Der Präsident. – Die Aussprache ist geschlossen.

Die Abstimmung erfolgt am Dienstag, den 24. März 2009.

 

18. Verträge betreffend die Millenniums-Entwicklungsziele (MDG) (kurze Darstellung)
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  Der Präsident. – Der nächste Punkt umfasst eine kurze Darstellung einer Reihe von Berichten, insgesamt acht an der Zahl. Ich möchte daher alle Parlamentsmitglieder freundlich bitten, sich im Rahmen dieses besonderen Verfahrens strikt an die ihnen gewährte Redezeit zu halten. Und ich möchte auch die Kommission darum bitten, ihre Antworten auf den entsprechenden Punkt zu beschränken, ansonsten werden wir Schwierigkeiten haben, die Tagesordnung einzuhalten. Dies wird auch den Dolmetschern helfen.

Als nächster Tagesordnungspunkt folgt der Bericht (A6-0085/2009) von Alain Hutchinson, im Namen des Ausschusses für Entwicklung zu den Millenniums-Entwicklungszielen (MDG) (2008/2128(INI)).

 
  
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  Alain Hutchinson, Berichterstatter.(FR) Herr Präsident, Kommissar Michel, meine Damen und Herren! Die Europäische Union und die Mitgliedstaaten setzen sich nun bereits seit fast drei Jahren für die Verbesserung der Effektivität unserer Zusammenarbeit mit den Entwicklungsländern ein. Es wurden zwar Dinge auf den Weg gebracht, aber es bestehen diesbezüglich noch starke Widerstände, insbesondere innerhalb der Mitgliedstaaten. Daher müssen noch viele weitere Fortschritte gemacht werden.

Millionen von Menschen, darunter viele Frauen, können von einem Zugang zu Gesundheitsdiensten und einer Grundausbildung nur träumen. Täglich gehen 72 Millionen Kinder – hauptsächlich Mädchen – nicht zur Schule. Jede Minute stirbt eine Frau an Komplikationen im Zusammenhang mit Schwangerschaft oder Geburt. Alle drei Sekunden stirbt ein Kind an einer Krankheit, die durch ärztliche Behandlung hätte leicht abgewendet werden können.

Geografisch betrachtet sind es die Länder südlich der Sahara, wie wir uns noch einmal in Erinnerung rufen, die nach wie vor mit den katastrophalsten Verhältnissen konfrontiert sind. Und wie die Dinge stehen, besteht die Gefahr, dass diese Verhältnisse noch viele Jahre fortbestehen.

In diesem Zusammenhang trifft es zu, dass Budgetbeihilfen – also Finanzhilfe, die direkt in die Staatshaushalte der Empfängerländer fließt – in nützlicher Weise zu einer planbareren Entwicklungshilfe in Form einer gezielten sektoriellen Förderung prioritärer Bereiche beitragen könnte. Dies würde die Wirksamkeit der Hilfe verbessern. Aus diesem Grund hat die Kommission ein Konzept zum Abschluss von Vereinbarungen über Millenniums-Entwicklungsziele (MDG) entwickelt, die sie bestimmten Ländern anbieten möchte. In diesem Rahmen werden für einen Zeitraum von sechs Jahren finanzielle Mittel bereitgestellt, die mit jährlich stattfindenden Überprüfungen hinsichtlich der Erreichung von Zielen im Gesundheits- und Bildungsbereich verknüpft werden.

Unser Bericht betont die Bedeutung einer solchen Initiative, aber er formuliert auch eine Reihe von Fragen, die klare Antworten erfordern. Welche Kriterien beispielsweise legt die Kommission fest, die die Entwicklungsländer beachten müssen, um in den Genuss solcher Kooperationsvereinbarungen zu kommen? Welche Laufzeiten sollen diese Projekte haben und welche Bedingungen werden zu deren Durchführung definiert? Weiterhin möchten wir darauf hinweisen, dass die Kommission noch keine offizielle Mitteilung zu diesem Thema vorgelegt hat. Wer Näheres erfahren möchte, muss sich mit den Grundinformationen begnügen, die auf der Website des Entwicklungsausschusses verfügbar sind. Es gibt derzeit keine internen Unterlagen, auf die man zurückgreifen könnte.

Obgleich die Budgetbeihilfe der Kommission eine Reihe positiver Aspekte umfasst – beispielsweise die Verknüpfung mit nachweisbaren Ergebnissen hinsichtlich der Gesundheitsversorgung und des Bildungswesens, oder auch die allgemeine Laufzeitplanung über drei Jahre hinweg – muss man sich doch klar machen, dass dieses Programm alles andere als perfekt ist. So möchte die Kommission zum Beispiel, wie auch die meisten anderen Entwicklungshilfegeber, nur solchen Ländern Budgetbeihilfen gewähren, die ein Reformprogramm des Internationalen Währungsfonds umsetzen. Diese Situation ist besonders problematisch, wenn wir uns klar machen, dass solche Programme die Fähigkeit der betreffenden Regierungen zur Durchführung von Entwicklungsinvestitionen einschränken können – und wenn übermäßig ehrgeizige Ziele gesetzt werden, insbesondere hinsichtlich Inflation und Haushaltsdefizit.

Darüber hinaus gibt es keinerlei Garantie dafür, dass die zu gewährende Hilfe nicht selbst zum Spielball bürokratischer Prozeduren wird – was, wie wir alle wissen, zu erheblichen Verzögerungen bei der Auszahlung führt – selbst wenn die Kommission beschließen sollte, Budgetbeihilfen auf lange Sicht bereitzustellen.

Schließlich kranken Budgetbeihilfen an erheblicher Intransparenz und einem Mangel an Eigenverantwortung von Seiten der Empfängerländer und ihrer Bevölkerung. Finanzierungsvereinbarungen werden nur selten offen gelegt, und darüber hinaus bezieht die Kommission, wie bereits zuvor angesprochen, verfahrensbedingt auch nicht Organisationen der Zivilgesellschaft oder Parlamentsmitglieder dieser Entwicklungsländer in ihre Verhandlungen mit den betreffenden Regierungen ein.

Dessen ungeachtet besteht heute allgemeiner Konsens darüber, dass, sollen Entwicklungsprogramme wirklich greifen, diese nicht nur ausschließlich von den Regierungen kontrolliert werden dürfen sondern die Völker solcher Entwicklungsländer ebenfalls in vollem Umfang in diese Projekte eingebunden werden müssen.

Kurz: Das Projekt Vereinbarungen über Millenniums-Entwicklungsziele (MDG) wird sich nur dann als Chance für die Verbesserung der Effektivität unserer Entwicklungshilfe erweisen, wenn es ganz klar definiert wird, zusammen mit all den erforderlichen Bedingungen in Bezug auf die Aspekte Berechtigung, Ausführung und Überprüfung. Unser Bericht betont daher die Bedeutung dieser Initiative, mahnt aber dennoch zur Vorsicht und hebt die Notwendigkeit für die Kommission hervor, wesentlich klarer zu sein hinsichtlich ihrer Absichten. Zugleich wird die Kommission aufgerufen, Antworten zu liefern auf die im Bericht gestellten Fragen.

Ich möchte meine Ausführungen nicht schließen, ohne einen Augenblick auf den jüngsten Sonderbericht des Rechnungshofs über die Entwicklungshilfe der Europäischen Kommission für Gesundheitsdienste in den afrikanischen Ländern südlich der Sahara hinzuweisen. Die Ergebnisse des Berichts sind besorgniserregend. Von einem finanziellen Blickwinkel aus betrachtet wird deutlich, dass die Beiträge zur öffentlichen Entwicklungshilfe für den Gesundheitsbereich seit 2000 nicht gestiegen sind. Weiterhin scheint es, dass Budgetbeihilfen in den afrikanischen Ländern südlich der Sahara für den Gesundheitsbereich in nur sehr geringem Umfang verwendet wurden. Sie werden daher nachvollziehen können, Kommissar Michel, warum wir in unserem Bericht darauf pochen, dass es von überragender Bedeutung für uns ist, dem Gesundheitsbereich mehr Gewicht zukommen zu lassen; aber auch, warum wir betonen, dass es keine Garantie dafür gibt, dass ausgerechnet die MDG-Vereinbarungen dazu geeignet sind, dies zu erreichen.

 
  
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  Louis Michel, Mitglied der Kommission. – (FR) Herr Präsident, meine Damen und Herren, ich möchte zunächst dem Ausschuss für Entwicklung und seinem Berichterstatter Alain Hutchinson für diesen Bericht danken, der auf eine Reihe von Problemen und Bedenken verweist, die wir gemeinsam uneingeschränkt teilen.

Mehr und bessere Entwicklungshilfe ist erforderlich, wenn wir bis 2015 die Millenniums-Entwicklungsziele (MDG) erreichen wollen, aber auch Hilfe, die wesentlich prognostizierbarer und weniger schwankungsanfällig ist, wie uns Ihr Bericht ganz richtig in Erinnerung ruft.

Diese Bemühungen werden natürlich unter Verwendung einer Kombination mehrerer Instrumente zu erfolgen haben. Aus meiner Sicht jedoch sind Budgetbeihilfen, ob nun allgemein gerichtet oder sektorenbezogen, in den Ländern, wo diese möglich sind, das passendste und auch angemessenste Instrument.

Budgetbeihilfen sind die beste Methode zur Stärkung nationaler Systeme und Prozesse, zu mehr Eigenverantwortung von Seiten der Empfängerländer, zur Erleichterung der Harmonisierung, Verringerung von Transaktionskosten, und somit die beste Methode zur Verbesserung der Kontrolle öffentlicher Ausgaben und der schnelleren Erreichung von Entwicklungszielen.

Die Kommission hat die Verwendung von Budgetbeihilfen bereits in großem Umfang ausgeweitet und wird im Rahmen des zehnten Europäischen Entwicklungsfonds (EEF) über die nächsten sechs Jahre auf diesem Weg fortfahren. Dies soll das Instrument effizienter und planbarer machen. In Konsultation mit den Mitgliedstaaten und anderen Verfahrensbeteiligten hat die Kommission eine längerfristige Form der Budgetbeihilfen entwickelt, bei der es sich um die MDG-Vereinbarungen handelt. Diese sind für Länder, die bestimmte Kriterien erfüllen: gute Ergebnisse in der Vergangenheit, eine zuverlässige öffentliche Finanzverwaltung, angemessene Sektorenpolitik, und so weiter. Die MDG-Vereinbarung ist die natürliche Weiterentwicklung der allgemeinen Budgetbeihilfen, nicht nur, weil sie planbarer, sondern auch weil sie ergebnisorientiert ist. Sie kann entsprechend den erzielten Leistungsergebnissen reaktiv angepasst werden. Die Partnerstaaten verpflichten sich dazu, ihre Entwicklungspolitik, und demnach auch ihre Ausgabenpolitik, nach den MDG auszurichten.

Eine MDG-Vereinbarung umfasst die folgenden Schlüsselelemente: ein Sechsjahresengagement, das heißt sechs volle Jahre an Unterstützung gegenüber der normalen Laufzeit von drei Jahren für allgemeine Budgetbeihilfen; eine garantierte Fixzahlung im Umfang von mindestens 70 % des gesamten Finanzengagements, vorausgesetzt es sind keine Verletzungen der Auszahlungskonditionen zum jeweiligen Zahlungstermin oder der wesentlichen und fundamentalen Elemente der Kooperation zu verzeichnen; eine variable Komponente von bis zu 60 %, gedacht als Belohnung für erzielte Leistungsergebnisse hinsichtlich der MDG, gekoppelt an bestimmte Ergebnisindikatoren, hauptsächlich in den Bereichen Gesundheit und Bildung sowie erzielte Fortschritte bei der öffentlichen Finanzverwaltung.

Länder qualifizieren sich für diese Unterstützung, wenn sie entweder bereits zuvor im Rahmen des neunten Europäischen Entwicklungsfonds Budgetbeihilfen in befriedigender Weise in praktische Entwicklungsprojekte umgesetzt haben, oder wenn sie ein entschlossenes Engagement bei der Sicherstellung der Kontrolle und der Erreichung der MDG glaubhaft machen können. Damit soll das Haushaltsressourcen-Management von Ländern verbessert werden, in denen Geber ihre eigene Koordination unterhalten.

Nach der Evaluierung von 10 Ländern gewährte die Kommission sieben von ihnen MDG-Vereinbarungen: Burkina Faso, Ghana, Mali, Mosambik, Ruanda, Uganda, Tansania und Sambia. Diese Programme wurden den Mitgliedstaaten letzten Dezember vorgelegt und von diesen dann gewährt. Drei dieser Vereinbarungen wurden bereits unterzeichnet: für Sambia und Ruanda – die ich persönlich unterzeichnete – sowie für Mali. Die übrigen Vereinbarungen werden in den nächsten paar Wochen abgeschlossen werden. Alle sieben dieser Programme zusammen genommen repräsentieren ein Finanzierungsvolumen von ungefähr 1,8 Milliarden Euro. Mit anderen Worten: Etwa 50 % der gesamten allgemeinen Budgetbeihilfen und etwa 14 % der im Rahmen des zehnten Europäischen Entwicklungsfonds aufgebrachten Mittel summieren sich für nationale indikative Programme.

Es versteht sich – Ihr Bericht spricht sich ja dafür aus – dass wir bestrebt sind, entsprechend den mit diesen ersten Ländern gemachten Erfahrungen, diese Maßnahme auf andere Länder auszudehnen, auch auf Nicht-AKP-Staaten. Natürlich wird es erforderlich sein, für Länder, die noch nicht die Voraussetzungen für die Budgetbeihilfen erfüllen, andere Hilfeansätze zu entwickeln. Aber die MDG-Vereinbarung stellt bereits einen wichtigen Beitrag zur Verbesserung der Effektivität der Hilfen und zu einem schnelleren Vorankommen hinsichtlich der Erreichung der Millenniums-Entwicklungsziele dar.

 
  
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  Der Präsident. – Die Darstellung ist geschlossen.

Die Abstimmung erfolgt am Dienstag, den 24. März 2009.

Schriftliche Erklärungen (Artikel 142)

 
  
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  Toomas Savi (ALDE), schriftlich. Die MDG-Vereinbarungen versprechen eine deutliche Verschiebung der Verfahrensweisen hin zu einem klarer umrissenen Fahrplan zur Erreichung der Millenniums-Entwicklungsziele darzustellen. Dabei ist es natürlich wichtig, dass das Potenzial dieser Vereinbarungen nicht durch übermäßige Verwaltungsprozeduren von Seiten der Kommission beeinträchtigt wird, wie der Berichterstatter betonte.

Die an Bedingungen geknüpfte EU-Entwicklungshilfe könnte nur dann Bestand haben, wenn die EU diesbezüglich eine Monopolstellung einnehmen würde und der alleinige Anbieter von Entwicklungshilfe wäre. Im Augenblick sind unsere Bemühungen in Afrika beispielsweise in einem nicht unerheblichen Maß vergebens, da die Volksrepublik China eine Art „politisches Dumping“ betreibt, indem das Land seine Hilfe mit keinerlei Anforderungen in Bezug auf einen demokratischen Wandel, rechtsstaatliche Prinzipien oder die Achtung von Menschenrechten verknüpft.

Einige afrikanische Regierungen könnten somit versucht sein, die bürokratischen Auflagen der Kommission zu umgehen, indem sie unsere Angebote für Entwicklungshilfe einfach in den Wind schlagen. Dies wäre eine äußerst gefährliche Entwicklung, denn dadurch hätten wir keine Möglichkeiten mehr, solche Länder in die richtige Richtung zu lenken.

Ich möchte die Kommission daher auffordern, diese Problematik anzugehen, indem sie die entsprechenden Verfahrensweisen vereinfacht und dennoch gleichzeitig genügend Kontrollmechanismen vorhält, um die Verwendungsüberwachung der geleisteten Finanzhilfen sicherzustellen.

 

19. Die soziale Verantwortung von Unterauftragnehmern in Produktionsketten (kurze Darstellung)
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  Der Präsident. – Als nächster Tagesordnungspunkt folgt der Bericht (A6-0065/2009) von Lasse Lehtinen, im Namen des Ausschusses für soziale Angelegenheiten und Beschäftigung über die soziale Verantwortung von Unterauftragnehmern in Produktionsketten (2008/2249(INI)).

 
  
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  Lasse Lehtinen, Berichterstatter. (FI) Herr Präsident, Kommissar Michel, Unterauftragnehmerketten sind weit verbreitet im Wirtschaftsleben. Sie tragen zur effizienten und flexiblen Arbeitsorganisation bei. Sie sind wichtig für das ordentliche Funktionieren des Binnenmarktes und stellen ein notwendiges wirtschaftliches und logistisches Netzwerk dar.

Im Interesse intakter Marktmechanismen und des Verbraucherschutzes jedoch ist es ganz wichtig, gesetzliche Regelungen zu etablieren, die die wichtigsten Verantwortlichkeiten von Auftragnehmern und Unterauftragnehmern festlegen. In diesem Bericht wird die Kommission darum ersucht, klar umrissene rechtliche Instrumente zu erarbeiten, welche die Auftragnehmerhaftung auf europäischer Ebene einführt, zugleich aber die in den verschiedenen Mitgliedstaaten geltenden Rechtssysteme und das Subsidiaritätsprinzip sowie das Prinzip der Verhältnismäßigkeit respektieren.

Acht Mitgliedstaaten verfügen bereits über ein entsprechendes Recht in diesem Sinne. Wir müssen jedoch darüber hinaus auch in der Lage sein, Vertragsbeziehungen in Unterauftragnehmerketten auf der Ebene der Gemeinschaft zu regeln. Gemeinsame europäische Probleme müssen mit gemeinsamen Regeln gelöst werden. Sonst können diejenigen Länder, die diesen Geschäftsbereich keinen gesetzlichen Regeln unterworfen haben, den Wettbewerb auf Kosten der anderen verzerren.

Deshalb ist dies nicht nur eine Angelegenheit des Schutzes von Arbeitnehmern sondern ein Problem der Wahrung der Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen, die sich an die Bestimmungen halten. Kurz: Es geht um das Zurückdrängen einer Grauzone in der Wirtschaft. Solange mithilfe von Unterauftragnehmerketten niedrige Löhne erschlichen und das Abführen von Steuern und Sozialbeiträgen unterlaufen werden können, werden die Lasten auf den Steuerzahler und die konkurrierenden Unternehmen zurückfallen, bei denen es sich in den meisten Fällen um kleine und mittlere Unternehmen handelt. Auch die Unterauftragnehmer, bei denen es sich oft um kleine Firmen handelt, benötigen klare Regelungen, wenn sie für sehr große Auftraggeber tätig sind.

Wir haben bereits gesehen, wie länderspezifische Systeme auch als Präventivkräfte agieren können. Die Hemmschwelle für die Missachtung von Arbeitgeberpflichten wird höher sein, wenn die entsprechenden Leute mit einem Strafverfahren rechnen müssen.

Es ist im Interesse aller Europäer, wenn gewisse arbeitsrechtliche Mindeststandards und klare Regeln eingehalten werden. Dann nämlich können Arbeitnehmer ruhigen Gewissens in anderen EU-Ländern beruflich tätig werden, die Unternehmen können sich auf Verträge verlassen, und die Verbraucher können sicher sein, dass der Preis für ein Produkt oder eine Dienstleistung stimmt und auf transparente Weise zustande gekommen ist. Es ist kein Zufall, dass ich in diesem Bericht ganz speziell auf die soziale Verantwortung von Unternehmungen verweise.

 
  
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  Louis Michel, Mitglied der Kommission.(FR) Herr Präsident, meine Damen und Herren, die Kommission begrüßt diesen Bericht sehr.

So wichtig die Untervergabe von Aufträgen an Subunternehmer auch für eine bessere Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit sein mag, so sehr erkennen wir auch die Notwendigkeit effektiver Maßnahmen, die dafür sorgen, dass dieses Modell die Verletzung arbeitsrechtlicher Bestimmungen weder fördert noch erleichtert, insbesondere in Fällen mehrstufiger Unterauftragsvergaben. Es sind daher angemessene, effektive und eine Abschreckung erzielende Sanktionen gefragt, die sicherstellen, dass Subunternehmer ihre gesetzlichen und vertraglichen Pflichten in vollem Umfang einhalten, insbesondere hinsichtlich der Arbeitnehmerrechte. Eine bessere Transparenz im Untervergabeprozess von Aufträgen wird auch zu einem besseren Gesamtschutz von Arbeitnehmerrechten führen, ein Anliegen, das der Kommission – jetzt und in der Zukunft – sehr am Herzen liegt.

Während ich Ihrem formulierten Grundsatz, demgemäß europäische Probleme auch europäischer Lösungen bedürfen, durchaus beipflichten könnte, so wäre ich doch in Bezug auf die in Absatz 14 des Berichts geäußerte Schlussfolgerung etwas vorsichtiger, wonach das Problem nur durch die Einführung eines klar umrissenen Instruments gelöst werden kann, das eine gemeinschaftliche und mehrschichtige Haftungsregelung auf europäischer Ebene vorsieht.

Auch der Absatz 15 des Berichts scheint in diese Richtung zu gehen, wo für eine Prüfung der Auswirkungen auf den Mehrwert eines solchen Gemeinschaftsinstruments und die Durchführung einer Machbarkeitsstudie plädiert wird. In Bezug auf die in Absatz 25 formulierte Aufforderung an die Kommission, die wirksame Einhaltung der Bestimmungen der Richtlinie über die Entsendung von Arbeitnehmern sicherzustellen, möchte ich anführen, dass wir vor kurzem auf hoher Ebene eine Arbeitsgruppe zum Thema Arbeitnehmerentsendung eingerichtet haben. Diese Arbeitsgruppe besteht aus Vertretern der Mitgliedstaaten und der Sozialpartner. Ihre Arbeit zielt auf die Verbesserung der praktischen Anwendung der Richtlinie und insbesondere auf die Verbesserung der Kooperation auf der Verwaltungsebene zwischen den Mitgliedstaaten ab. Diese Arbeitsgruppe trifft sich erstmals am 25. März.

In diesem Zusammenhang würde ich gerne eine 2008 veröffentlichte Studie der Europäischen Stiftung zur Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen anführen, die den Titel trägt: „Haftung bei der Vergabe von Unteraufträgen im europäischen Bausektor“. Diese Studie wies unter anderem auch auf die Tatsache hin, dass es wohl keine universelle Lösung für dieses Problem gebe und sprach sich für die weitere Auseinandersetzung mit dem Thema und für mehr Forschung in diesem Bereich aus, insbesondere hinsichtlich der grenzüberschreitenden Problematik.

Das Problem, das wir zu lösen versuchen, ist von sozialer Natur, aber die vorgeschlagene Lösung hat eindeutig Implikationen, die über den sozialen Bereich hinausreichen. Wir müssen daher ihre wirtschaftlichen und rechtlichen Auswirkungen detaillierter untersuchen.

Ich stimme vollständig der Einschätzung zu, dass dieses Problem noch einer umfassenderen Erforschung bedarf, und dass wir vor der Einbringung von Gesetzesvorlagen sorgfältig die verschiedenen Möglichkeiten des Einsatzes nichtregulatorischer Methoden prüfen müssen, um Antworten auf einige der in dem Bericht aufgezeigten Probleme zu finden. Mit anderen Worten: eine verbesserte Kooperation und Koordination zwischen den verschiedenen nationalen Behörden, Kontrollinstanzen und anderen nationalen Exekutivorganen; eine Sensibilisierung für bewährte Praktiken in den Unternehmen; aktuelle Leitlinien und Standards; Initiativen zu sozial verantwortlichem Handeln; sowie länderübergreifende Unternehmensvereinbarungen, die bereits innovative Bestimmungen in Bezug auf Risikoeinschätzungsverfahren und die Kontrolle von Subunternehmern beinhalten.

 
  
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  Der Präsident. – Die Darstellung ist geschlossen.

Die Abstimmung erfolgt am Donnerstag, den 26. März 2009.

Schriftliche Erklärungen (Artikel 142)

 
  
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  Proinsias De Rossa (PSE), schriftlich. Das zunehmende Subunternehmertum in Europa hat weitreichende Auswirkungen auf die Arbeitsbeziehungen. Dabei ist es nicht nur die Arbeit, die an Subunternehmer vergeben wird. Auch die damit verbundenen rechtlichen und finanziellen Verpflichtungen, wie etwa die Einhaltung von Tarifverträgen und Arbeitsbedingungen sowie die Zahlung von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen, werden auf diese Weise an Subunternehmer und Arbeitsvermittler ausgelagert. Beunruhigenderweise kann die Vergabe von Arbeit an Subunternehmer in zunehmendem Umfang dazu benutzt werden, die eigene soziale Verantwortung abzuwälzen.

Daher ist die Idee einer „gemeinschaftlichen und mehrschichtigen Haftung“ von entscheidender Bedeutung, um sicherzustellen, dass Unternehmen für die Praktiken ihrer Unterauftragnehmer verantwortlich sind. Die Durchsetzung gesetzlicher Pflichten wird natürlich schwieriger, wenn es sich um lange und komplexe Ketten miteinander in Beziehung stehender Unternehmen handelt. Dies ist besonders bei grenzüberschreitenden Beziehungen der Fall, bei denen über verschiedene Mitgliedstaaten hinweg mehrere Subunternehmerebenen etabliert werden können, die jeweils unterschiedlichen Rechtsräumen unterworfen sind. Derzeit gibt es nur in acht Mitgliedstaaten ein nationales Recht, das sich der Verantwortlichkeit von Unterauftragnehmern widmet.

Ich unterstütze nachdrücklich diesen auch vom EGB gut geheißenen Bericht, der die Kommission dazu auffordert, auf europäischer Ebene ein klar umrissenes gesetzliches Gemeinschaftsinstrument einzuführen, das eine gemeinschaftliche und mehrschichtige Haftung regelt, und der die Kommission weiterhin dazu auffordert, eine Machbarkeitsstudie über ein geeignetes Instrument bezüglich einer verketteten Haftungspflicht als Möglichkeit der Herstellung von mehr Transparenz in den Unterauftragnehmerprozessen durchzuführen.

 

20. Freihandelsabkommen EU-Indien (kurze Darstellung)
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  Der Präsident. – Als nächster Tagesordnungspunkt folgt der Bericht (A6-0131/2009) von Herrn Karim, im Namen des Ausschuss für internationalen Handel zu einem Freihandelsabkommen EU-Indien (2008/2135(INI)).

 
  
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  Syed Kamall (PPE-DE), in Vertretung für den Berichterstatter. Herr Präsident, ich verbringe viel von meiner Zeit in diesem Parlament damit, den Leuten zu sagen, dass mein Name nicht Karim sondern in der Tat Kamall ist. Es muss für die Leute wohl verwirrend sein, dass Syed Kamall in Bezug auf einen Bericht von Kouri Karim spricht. Ich spreche hier in seinem Namen aufgrund unvorhergesehener Umstände, die ihn daran hindern, heute Abend anwesend zu sein, wofür ich Ihnen seine Entschuldigung übermitteln soll.

In seinem Bericht geht es speziell um die Themen Handel von Waren, Dienstleistungen, Investitionen und geistiges Eigentum. Es liegt nun eine von den Fraktionen der PPE-DE, ALDE und UEN eingebrachte alternative Entschließung vor, der der Eindruck zugrunde liegt, dass der ursprüngliche Ausschussbeschluss eher das Ergebnis einer nichtrepräsentativen Abstimmung war mit der Folge, dass in dem Bericht einige protektionistische Klauseln beibehalten wurden. Die alternative Entschließung hebt die Bedeutung eines Handelspartners Indien für die EU besser hervor und auch den Nutzen, den die Liberalisierung des Handels für beide Seiten bringen kann.

Die EU und Indien begannen ihre Verhandlungen im Juni 2007 über ein so genanntes Freihandelsabkommen, was viele aber wahrscheinlich korrekterweise eher als Vorzugshandelsabkommen bezeichnen würden. Der Bericht plädiert für den Abschluss eines umfassenden, ehrgeizigen und ausgeglichenen Freihandelsabkommens zwischen der EU und Indien. Dieses soll den Marktzugang für Waren und Dienstleistungen verbessern und im Wesentlichen eine Vielzahl von Handelsbereichen abdecken. Das Abkommen soll außerdem Bestimmungen hinsichtlich reglementarischer Transparenz in Bereichen umfassen, die für die gegenseitigen Handelsinvestitionen von Bedeutung sind. Weiterhin sollen Dinge wie sanitäre und phytosanitäre Standards, der Schutz des geistigen Eigentums, Handelserleichterungen und Zölle geregelt werden.

Die Hauptpunkte des Berichts weisen darauf hin, dass bei Betrachtung des Handels von Waren die durchschnittlichen von Indien erhobenen Abgaben auf ein Niveau zurückgegangen sind, das nunmehr mit den anderen asiatischen Ländern vergleichbar ist – zu nennen ist insbesondere der durchschnittlich Abgabensatz, der jetzt 14,5 % beträgt, gegenüber dem durchschnittlichen Abgabensatz der EU in Höhe von 4,1 %. Der Bericht spricht auch die indischen Bedenken hinsichtlich der Implikationen des REACH-Systems an, das kostenaufwändige Zertifizierungen für in die EU exportiertes Obst und teuere Konformitätsverfahren für die EG-Kennzeichnung vorsieht. Der Bericht betont, dass diese Fragen in dem Vorzugshandelsabkommen geklärt werden müssen.

Der Bericht führt weiter aus, dass die Liberalisierung von Dienstleistungen in keiner Weise das Recht auf die Regulierung von Dienstleistungen, einschließlich öffentlichen Dienstleistungen, behindern darf. Dabei muss jedoch auch bedacht werden, dass der Staat recht oft nicht in der Lage ist, diese so genannten „öffentlichen“ Dienstleistungen bereitzustellen. Und wir sollten sehen, dass nichtstaatliche Akteure, nämlich der privatwirtschaftliche Sektor, hier eine Rolle bei der Bereitstellung von lebenswichtigen Dienstleistungen für die Armen spielen können – insbesondere, wenn der Staat selbst hierzu nicht in der Lage ist, ziemlich häufig aufgrund eines Einnahmendefizits.

Der Handel mit Dienstleistungen zwischen der EU und Indien ist relativ unausgeglichen: Die EU exportiert 1,5 % ihrer Dienstleistungen nach Indien, während Indien 9,2 % seiner Dienstleistungen in die EU ausführt. Der Bericht ermuntert Indien darüber hinaus dazu, eine angemessene Datenschutzgesetzgebung zu entwickeln, damit in Bezug auf unseren Handel mit Dienstleistungen sichergestellt ist, dass wir, angesichts der vorhandenen Skepsis den Datenschutz betreffend, den Fähigkeiten indischer Unternehmen zum ordnungsgemäßen Umgang mit großen Datenmengen vertrauen können.

Der Bericht spricht außerdem die Problematik an, dass die Vereinbarungen, die sich auf die Investitionen beziehen, oft mit der Forderung nach der Liberalisierung von Kapitalströmen und dem Verzicht auf Kapitalflusskontrollen einhergehen. Wir fordern daher die Kommission auf, auf die Einbeziehung solcher Klauseln zu verzichten, da Kapitalflusskontrollen insbesondere für ärmere Länder von Bedeutung sind, um die Auswirkungen der Finanzkrise abzufedern.

Der Bericht äußert sich des Weiteren positiv über das Engagement Indiens für einen wirksamen Schutz geistigen Eigentums und für die Anwendung des Übereinkommens über handelsbezogene Aspekte der Rechte an geistigem Eigentum (TRIPS) mit Blick auf die Beachtung bestimmter Regelungen aus dem öffentlichen Gesundheitsbereich. Auch an dieser Stelle sollten wir uns klar darüber sein, dass zu viele Verpflichtungen im öffentlichen Gesundheitsbereich oft dazu führen können, dass Menschen in ärmeren Ländern der Zugang zu Medikamenten verwehrt bleibt, weil es für Pharmaunternehmen keine Anreize gibt, Arzneimittel für diese Länder zu entwickeln.

Schließlich kommt der Bericht auch zu der Einschätzung, dass ein Handelsabkommen immer auch zu einem wesentlichen Teil eine bedeutende Entwicklungskomponente beinhalten sollte, und dass wir im Zusammenspiel mit dem Handel auch ausländische Direktinvestitionen fördern sollten. Der Bericht sieht auch den Umstand, dass es Bedenken gibt, insbesondere in diesem Haus, in Bezug auf Problembereiche wie Umweltstandards und Kernarbeit sowie die gesetzlichen Bestimmungen, welche die betriebliche Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz betreffen. Wir sollten uns auch des Problems bewusst sein, dass bei der Suche nach einem ausgewogenen Interessensausgleich zwischen Handelserfordernissen einerseits und Umweltschutz, ILO-Standards und dergleichen andererseits, das Pendel oftmals zu einseitig in eine Richtung ausschlagen kann, und wir uns in einer Situation wiederfinden, in der diesen Schutzaspekten gegenüber den Erfordernissen des Handels zu großes Gewicht beigemessen wird. Dies kann dann dazu führen, dass arme Länder noch weiter in die Armut getrieben werden, weil wir es Unternehmern in diesen Ländern schwer machen, Kapazitäten zu entwickeln.

 
  
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  Louis Michel, Mitglied der Kommission.(FR) Herr Präsident, ich möchte dem Europäischen Parlament für sein reges Interesse an unseren Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen zwischen der Europäischen Union und Indien danken.

Insbesondere bin ich Syed Kamall und dem Ausschuss für internationalen Handel dankbar für die zusammen mit den beteiligten Ausschüssen für auswärtige Angelegenheiten und Entwicklung geleistete Arbeit bei der Ausarbeitung des Berichts über das Freihandelsabkommen EU-Indien. Der Austausch mit dem Parlament hat sich bislang recht umfassend gestaltet, und der Entwurf für einen Entschließungsantrag beschäftigt sich mit nahezu sämtlichen möglichen Aspekten der Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen zwischen der Europäischen Union und Indien. Die zum Ausdruck gebrachten Meinungen sind ein nützliches Instrument für unsere Verhandlungen über Freihandelsabkommen.

Wenn wir über das Freihandelsabkommen zwischen der Europäischen Union und Indien sprechen, ist es wichtig, den allgemeinen Kontext und die Komplexität unserer strategischen Beziehungen zu Indien mit in die Überlegungen einzubeziehen. Dazu zählen das Kooperationsabkommen von 1994 und der gemeinsame Aktionsplan, um nur zwei der wichtigsten Initiativen und Dialoge zu nennen, die wir mit Indien unterhalten.

Wir sind davon überzeugt, dass es äußerst wichtig ist, mit Indien zusammenzuarbeiten, um die Verhandlungen über ein ehrgeiziges Freihandelsabkommen – das sowohl die Europäische Union als auch Indien zu Gewinnern macht – zu einem erfolgreichen Abschluss zu bringen.

Je ehrgeiziger sich das Freihandelsabkommen gestaltet desto größer ist der wirtschaftliche Nutzen, der jeder der beteiligten Parteien – der Europäischen Union und Indien – zufällt. So lautet eine der Hauptschlussfolgerungen der Studie zu Auswirkungen und nachhaltiger Entwicklung, die von einem unabhängigen Beratungsunternehmen parallel zu den Verhandlungen durchgeführt wurde.

Das Ziel dieses Gutachtens zu Auswirkungen und nachhaltiger Entwicklung war es, die wirtschaftlichen, sozialen und umweltpolitischen Auswirkungen des kommenden Freihandelsabkommens zu analysieren und eventuell erforderliche unterstützende Maßnahmen zu identifizieren.

Dieses Gutachten zu Auswirkungen und nachhaltiger Entwicklung befindet sich gegenwärtig in seiner Abschlussphase und sollte im April vorliegen, also rechtzeitig, um als Entscheidungsstütze für die laufenden Verhandlungen zu dienen.

Gestatten Sie mir, Ihnen kurz über den Fortgang dieser Verhandlungen zu berichten. Seit dem Start der Verhandlungen im Juni 2007 haben sechs Verhandlungsrunden stattgefunden, wobei die sechste Runde vom 17. bis 19. März in Delhi stattgefunden hat. Wir gehen davon aus, dieses Jahr zwei weitere Verhandlungsrunden einzuberufen, idealerweise nach den indischen Wahlen im April und vor dem Gipfeltreffen Europäische Union-Indien im November.

Was die Substanz dieser Verhandlungen angeht, so wurden Fortschritte in allen Fragen erzielt, die mit dem Freihandelsabkommen in Verbindung stehen. Aber es bleibt noch Einiges zu tun.

Konkret haben wir unsere Zolltarif-Vorstellungen besprochen, wir hatten gute Diskussionen zu mehreren wichtigen Dienstleistungssektoren, und wir haben Fortschritte erzielt bei den Besprechungen über die Vertragsformulierungen in nahezu sämtlichen Bereichen des Abkommens. Von einem Abschluss sind wir allerdings noch ein gutes Stück entfernt.

Bevor ich schließe, möchte ich noch einmal den Dank der Kommission an das Parlament und an den Berichterstatter aussprechen. Die Kommission sieht den weiteren Gelegenheiten zu einer effektiven Kooperation mit dem Parlament mit Freude entgegen.

 
  
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  Der Präsident. – Die Darstellung ist geschlossen.

Die Abstimmung erfolgt am Donnerstag, den 26. März 2009.

Schriftliche Erklärungen (Artikel 142)

 
  
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  Kader Arif (PSE), schriftlich.(FR) Am Mittwoch äußerte unser Parlament seine Einschätzung zu dem zukünftigen Freihandelsabkommen zwischen der Europäischen Union und Indien. Dank der Arbeit der Sozialisten weist der im Ausschuss angenommene Text auf die wirtschaftliche und soziale Instabilität Indiens hin, einem Land, in dem 80 % der Bevölkerung von weniger als 2 US-Dollar am Tag lebt. Als Antwort auf diese Realität hat die Sozialdemokratische Fraktion eine Reihe von Anträgen eingebracht, die darauf abzielen, dass jegliche Intensivierung der Handelsbeziehungen zwischen der EU und Indien von einem strikten Prinzipienrahmen begleitet werden muss, der die Liberalisierung öffentlicher Dienstleistungen verhindert, den Zugang zu einem öffentlichen Gesundheitssystem und zu lebenswichtigen Medikamenten garantiert, und der die Interessen der Ärmsten und der schwächsten Bereiche der Gesellschaft wahrt. Es überrascht nicht, dass die Rechte im Parlament eine Allianz gebildet hat, um in das Plenum einen wesentlich liberaleren Text einzubringen und die sich insbesondere für die Liberalisierung des Banken- und Versicherungswesens, der Postdienste und der öffentlichen Versorgungsdienste ausspricht. Bei der Abstimmung am kommenden Mittwoch werde ich die sozialistische Vision eines fairen und gerechten Handels verteidigen und mich gegen jeden Versuch der Rechten stemmen, diese Prinzipien in Frage zu stellen.

 
  
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  Rovana Plumb (PSE), schriftlich.(RO) Zwischen 2000 und 2007 hat sich der Wert des Warenhandels mit Indien mehr als verdoppelt. Die Ausfuhren stiegen von 13,7 Milliarden Euro auf 29,5 Milliarden Euro, während die Einfuhren von 12,8 Milliarden Euro auf 26,3 Milliarden Euro stiegen. Im Jahr 2007 betrug der Anteil Indiens an den EU-Exporten 2,4 % und an den EU-Importen 1,8 %. Damit war Indien der neuntwichtigste Handelspartner der EU.

Ich begrüße diesen Bericht, denn er spricht sich für den Abschluss eines umfassenden, ehrgeizigen und ausgeglichenen Freihandelsabkommens zwischen der EU und Indien aus. Dieses wird den Marktzugang für Waren und Dienstleistungen verbessern und im Wesentlichen den gesamten Handel abdecken. Dazu zählen Bestimmungen über reglementarische Transparenz in Bereichen, die für den gegenseitigen Handel und die Investitionen von Bedeutung sind. Weiterhin werden Konformitätsstandards und deren Überprüfung festgeschrieben, sanitäre und phytosanitäre Maßnahmen sowie der Schutz des geistigen Eigentums einschließlich deren rechtliche Durchsetzung vereinbart; es werden Fragen der Handelserleichterungen und Zölle geregelt, die öffentlichen Versorgungsdienste einbezogen sowie Handel und Wettbewerb, aber auch Handel und Entwicklung sowie eine Menschenrechtsklausel als wesentliche Elemente in das Freihandelsabkommens mit einbezogen.

Ich möchte betonen, dass das Freihandelsabkommen dazu beitragen muss:

– einen wachsenden bilateralen Nutzen für eine stetig steigende Bevölkerung zu erreichen;

– die Millenniums-Entwicklungsziele zu erreichen, einschließlich jener, die der Vermeidung von Umweltzerstörung und der Beachtung von Sozialstandards dienen.

 
  
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  Bogusław Rogalski (UEN), schriftlich. – (PL) Indien ist ein Land der Gegensätze. Das Bild, das man sich von Indien macht, ist geprägt von Phänomenen wie Überbevölkerung, Armut (80 % der indischen Bevölkerung leben von weniger als 2 US-Dollar am Tag) und Krankheit. In den letzten Jahren hat der wirtschaftliche Fortschritt dazu beigetragen, Indien in eine führende globale Volkswirtschaft zu verwandeln. Der Beitrag Indiens zum Fortschritt in den Bereichen Medizin, Technologie und Raumfahrtforschung steht im Gegensatz zu Phänomenen wie Lebensmittelknappheit und Mangel an sauberem Wasser, die das Land ebenfalls kennzeichnen.

Die EU ist Indiens größter ausländischer Investor und Handelspartner. Im Jahr 2007 beliefen sich die EU-Investitionen auf 65 % aller Investitionen in Indien. Andererseits sind die indischen Investitionen in der EU im Verlauf der letzten Jahre ebenfalls um ein Vielfaches gestiegen. Die EU sollte sich auf die Etablierung eines multilateralen Handelssystems konzentrieren, das sich auf bestimmte, von der WTO formulierte Prinzipien stützt und die besten Voraussetzungen für einen fairen und ehrlichen internationalen Handel bietet.

Wir sollten aber auch nicht außer Acht lassen, dass Indien mit einem riesigen Hunger-Problem konfrontiert ist, das es angehen muss. Gemessen an globalen Indikatoren für Unterernährung rangiert Indien auf dem 66. Platz von 88 einbezogenen Ländern. Außerdem hat Indien als globale Atommacht nicht das Abkommen zur Nichtverbreitung von Kernwaffen unterzeichnet. Ein weiterer beunruhigender Punkt ist das Problem der Kinderarbeit, wobei Kinder im großen Maßstab zur Arbeit unter gefährlichen und ungesunden Bedingungen herangezogen werden.

Klauseln über Menschenrechte und Demokratie sollten fundamentale Bestandteile eines jeden Freihandelsabkommens mit Indien sein. Wir müssen außerdem sicherstellen, dass Sozial- und Umweltvereinbarungen und die entsprechenden Standards eingehalten werden.

 

21. Lebensmittelpreise in Europa (kurze Darstellung)
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  Der Präsident. – Der nächste Tagesordnungspunkt umfasst den Bericht (A6-0094/2009) von Katerina Batzeli im Namen des Ausschusses für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung zu Nahrungsmittelpreisen in Europa (2008/2175(INI)).

 
  
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  Katerina Batzeli, Berichterstatterin. (EL) Herr Präsident, ich möchte damit beginnen, den Schattenberichterstattern im Ausschuss für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung und in den vier gemeinschaftlich zuständigen Ausschüssen der Europäischen Kommission, mit denen wir bei der Erstellung dieses Berichts intensiv zusammenarbeiteten, zu danken.

Kommissar Michel, ich möchte beginnen, indem ich eine sehr einfache Frage stelle: Wenn die Verbraucher in den Supermarkt gehen, um Milch oder Jogurt zu kaufen, warum kaufen Sie diese Produkte? Wegen der Milch und dem Jogurt, oder wegen der Flasche und dem Becher? Ich stelle Ihnen diese Frage, weil den Verbrauchern auf geschickte Weise suggeriert wird, dass bei dem Nahrungsmittel, das sie kaufen, die Branche, die das Produkt verarbeitet, vermarktet und vertreibt, mittlerweile wichtiger ist als das zugrunde liegende landwirtschaftliche Grundprodukt. Vor etwa 15 Jahren machte das landwirtschaftliche Produkt in etwa 50 % des Gesamtwertes der Wertschöpfungskette des Produkts aus, heute übersteigt dieser Wert nicht einmal mehr 20 %.

Die Landwirte – sowohl diejenigen, die Ackerbau betreiben als auch diejenigen, die Viehzucht betreiben – sind heute für den Verbraucher nur noch eine anonyme Größe. Ihre Verhandlungsmacht, nicht nur hinsichtlich des Endverbraucherpreises sondern auch hinsichtlich des Erhalts der qualitativen und nährstoffbezogenen Elemente im Endprodukt, fällt weit hinter der Rolle zurück, die ihnen eigentlich zukommen müsste.

Wir wollen nicht versuchen, trennende Gräben aufzureißen, indem wir die verschiedenen Produktionsbereiche in der Lieferkette, die Landwirte, die Verarbeitungsbetriebe, die Groß- und Einzelhändler in „die Guten“, „die Bösen“ und „die Hässlichen“ einteilen, denn ich glaube eben nicht, dass wir in einer Art Wildwest-Ökonomie und -Gesellschaft leben. Ich glaube vielmehr, dass wir in einer Wirtschaftsordnung leben, die auf bestimmten Regeln eines gemeinsamen Binnenmarktes in der Europäischen Union beruht, eines Marktes, der Wachstums- und Wettbewerbschancen bietet, wenn er auf transparente Weise funktioniert, der aber andererseits Marktakteure aus dem Verkehr zieht, die unfaires und undurchsichtiges Gebaren praktizieren.

Die Frage, mit der wir uns daher hier, heute und in der Zukunft, auseinanderzusetzen haben, hat zwei Komponenten:

- Erstens geht es um eine Annäherung zwischen Verbrauchern und Produzenten durch eine Qualitätspolitik im Nahrungsmittelsektor und durch eine Stärkung und gemeinsame Gestaltung von Möglichkeiten für die Verbraucher zu einem direkteren Zugang zu den landwirtschaftlichen Produktivbereichen und den Landwirten selbst;

- zweitens geht es um die Sicherung – und damit meine ich keineswegs die Festsetzung – der Einkommen der Produzenten und der Verbraucher anhand einer transparenten Preispolitik, die auch verpflichtende Instrumente zur Kontrolle und Überwachung der in der vollständigen Lieferkette zwischengeschalteten Produktivbereiche beinhaltet.

Hier meinen wir natürlich hauptsächlich die kleinen und mittleren Unternehmen auf lokaler und nationaler Ebene, und außerdem die großen Mutterkonzerne und deren Zweigniederlassungen in Europa samt Belegschaften. Diese Unternehmen müssen auf der Grundlage eines transparenten Binnenmarktes operieren und nicht nach der Methode von sich ausbreitenden betrieblichen Ablegern eines Kartells oder Oligopols.

Daher ist es heute angesichts (unter anderem)

- gefährlich fallender Realpreise für die produzierenden Betriebe;

- der nahezu fünf- bis zehnfach höheren Verbraucherpreise, gemessen an den Erzeugerpreisen, und den trotz nachlassender Inflation nach wie vor sehr hohen Verbraucherpreisen;

- eines Konzentrationsgrades im Einzelhandel und in anderen verarbeitenden Branchen, der sich in den letzten fünf Jahren vervierfacht hat (wobei sich der Trend zur weiteren Konzentration aufgrund der Wirtschaftskrise und der Betriebsschließungen kleiner und mittlerer sowie örtlich ansässiger Unternehmen noch weiter verstärken wird, ein Zustand, der die Verhandlungen zwischen Produzenten, Abnehmerbetrieben und Verbrauchern noch weiter erschweren wird);

- der Tatsache, dass die Defizite in der Lieferkette und ihre Praktiken offenkundig den gesunden Wettbewerb gefährden,

ganz wichtig, einen koordinierten Plan auf europäischer Ebene auf die Beine zu stellen, der auch ein integriertes Eingreifen im Lebensmittelsektor, vom Bauernhof bis zum Teller des Verbrauchers, erlaubt. Es wäre nicht übertrieben, wenn der nächste Interventionsschauplatz der Kommission nach der Regulierung und Überwachung des Finanzsystems der Nahrungsmittelsektor sein würde, der im Übrigen ebenfalls in direkter Weise mit dem spekulativen Treiben des besagten Finanzsektors verknüpft ist.

Die Bürger haben den Eindruck, dass es die Lieferketten, die Verarbeitungsindustrie und der Einzelhandel sind, die den Warenkorb der Haushalte beherrschen, und nicht die Einkommenspolitik der Mitgliedstaaten und der Europäischen Union.

Ich glaube daher, indem wir den Bericht des Landwirtschaftsauschusses billigen und die endgültigen Maßnahmenvorschläge der Europäischen Union in dieser Angelegenheit abwarten, werden wir die auf dem Markt für Nahrungsmittel zu konstatierenden, fortdauernden Funktionsprobleme angehen können. Dieser Markt muss schließlich in neutraler Weise und zum Wohl der Bürger Europas, der europäischen Landwirte und der Entwicklungsländer funktionieren und ein Gefühl der Sicherheit in Bezug auf die Verlässlichkeit der Marktgesetze und der Institutionen vermitteln.

 
  
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  Louis Michel, Mitglied der Kommission.(FR) Zunächst möchte ich Katerina Batzeli und den Mitgliedern des Ausschusses für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung für ihre Erarbeitung dieses Berichts danken. Wir diskutieren ihn in einer Zeit erheblicher Schwierigkeiten, in einer wichtigen Zeit für die Nahrungsmittel-Lieferkette der Europäischen Union.

Wie Sie alle wissen, hat die Rezession zu einem abrupten Rückgang der Aktivitäten in den meisten Wirtschaftssektoren der Europäischen Union geführt. Der Landwirtschaftsbereich hat einen wahren Kollaps seiner Marktpreise erlebt – eine Entwicklung, die ein großes Fragezeichen hinter die landwirtschaftlichen Einkommen stellt. Die Situation ist besonders ernst in Bereichen mit hohem Mehrwert, beispielsweise bei Fleisch- und Milchprodukten.

In diesem Zusammenhang ist es ganz wichtig, dass die Nahrungsmittel-Lieferkette wirksam funktioniert, wenn wir die Auswirkungen der Krise auf die Einkommen der Landwirte abfedern und dafür sorgen möchten, dass die Verbraucher Lebensmittel zu günstigeren Preisen erstehen können. Aus diesen Gründen bleiben die Nahrungsmittel-Lieferkette und das Problem der Lebensmittelpreise im vordersten Blickfeld der Kommission.

Hinzu kommt: Die Analyse der strukturellen Faktoren legt die Befürchtung weiterer heftiger Preisanstiege landwirtschaftlicher Grundprodukte auf mittlere und lange Sicht nahe. Durch eine Verbesserung des Funktionierens der Nahrungsmittel-Lieferkette müsste es möglich sein, solche starken Anstiege der Lebensmittelpreise zu vermeiden und die Instabilität der Verbraucherpreise einzudämmen. Ich teile die meisten der im Bericht zur Sprache gebrachten Bedenken bezüglich einer Verbesserung des Gesamtfunktionierens der Nahrungsmittel-Lieferkette. Insbesondere besteht Bedarf nach mehr Transparenz entlang der Lieferkette, um den Verbrauchern die Möglichkeit zu geben, sich besser zu informieren, und um die Art und Weise, wie sich der Mehrwert über die Nahrungsmittel-Lieferkette verteilt, zu verbessern.

Seit letztem Jahr hat die Kommission eine ganze Reihe von Initiativen eingeführt, die alle auf die Verbesserung des Funktionierens der Nahrungsmittel-Lieferkette abzielen. In der Folge hat die Hochrangige Gruppe für die Wettbewerbsfähigkeit der Lebensmittelindustrie eine Kombination strategischer Empfehlungen zusammengestellt. Zusätzlich wurde letztes Jahr ein Grünbuch zur Qualität von Agrarerzeugnissen vorgelegt.

In der im Dezember angenommenen Mitteilung zu Lebensmittelpreisen schlug die Kommission darüber hinaus in Gestalt eines Maßnahmen-Fahrplans mehrere Lösungen zur Verbesserung des Funktionierens der Nahrungsmittel-Lieferkette in Europa vor. Es ist von herausragender Bedeutung, bei der Umsetzung dieses Maßnahmen-Fahrplans Fortschritte zu erzielen. Insbesondere müssen wir Fortschritte erzielen bei der Einführung eines permanenten Europäischen Beobachtungsnetzes für die Nahrungsmittel-Lieferkette und die Lebensmittelpreise. Durch die Bereitstellung zuverlässiger Informationen über Preise von einem Ende der Lieferkette zum anderen werden wir in der Lage sein, den Mangel an Transparenz zu bekämpfen und gleichzeitig unser Verständnis der Funktionsweise der Nahrungsmittel-Lieferkette zu vertiefen.

Darüber hinaus müssen wir Fortschritte bei der Analyse der Erkenntnisse erzielen, wie sich der Mehrwert entlang der Lieferkette verteilt. Diesem Aspekt messe ich besondere Bedeutung bei. Wie in der Mitteilung zu Lebensmittelpreisen ausgeführt, hat das Ungleichgewicht in der Verhandlungsmacht zwischen den landwirtschaftlichen Erzeugern einerseits und dem Rest der Lieferkette andererseits ernsthafte Auswirkungen auf die Produzentenmargen im Landwirtschaftssektor. Es versteht sich von selbst, dass die Bemühung, mehr Klarheit und Verständnis zu der Frage zu schaffen, wie der Mehrwert verteilt wird, ein erster Schritt in Richtung einer Wiederherstellung des Gleichgewichts der Verhandlungsmacht entlang der gesamten Lieferkette sein würde. In dieser Hinsicht muss betont werden, dass die Wettbewerbsfähigkeit der Nahrungsmittel-Lieferkette der Europäischen Union nicht auf Kosten einiger seiner Kettenglieder hergestellt werden kann. Für die Hersteller von Lebensmitteln und die Einzelhändler im Lebensmittelbereich ist es ganz entscheidend, dass sie sich weiter auf eine nachhaltige und wettbewerbsfähige landwirtschaftliche Produktionsplattform innerhalb der Europäischen Union verlassen können.

Ich bin davon überzeugt, dass wir, sobald der von der Europäischen Kommission vorgeschlagene Maßnahmen-Fahrplan umgesetzt worden ist, in der Lage sein werden, die meisten der in Katerina Batzelis Bericht aufgeworfenen Fragen und Bedenken beantwortet werden können.

 
  
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  Der Präsident. – Die Darstellung ist geschlossen.

Die Abstimmung erfolgt am Donnerstag, den 26. März 2009.

Schriftliche Erklärungen (Artikel 142)

 
  
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  Roselyne Lefrançois (PSE), schriftlich.(FR) Der Bericht, über den wir am Donnerstag eine Entscheidung zu treffen haben, versucht praktische Antworten zu finden auf die Schwierigkeiten, mit denen Millionen unserer Bürger konfrontiert sind, die sich steigenden Nahrungsmittelpreisen gegenüber sehen.

Vor dem Hintergrund nachlassender Kaufkraft in Europa ist es wichtig, dass das Parlament zu einer Entscheidung kommt zu einem Problem, für das es dessen ungeachtet bekanntermaßen Lösungen gibt. In der Tat können die Preisunterschiede zwischen Anfang und Ende der Nahrungsmittel-Lieferkette bis zu einem Verhältnis von eins zu fünf betragen. Und selbst wenn sich die Liberalen immer noch weigern, sich dies einzugestehen: Die Probleme an diesem Markt müssen angegangen werden, um zu vernünftigen Preisen für die Verbraucher und anständigen Einkommen für die Landwirte zu kommen. Ich selbst habe vorgeschlagen, dass in dem Text die Bedeutung von Marktregulierungsinstrumenten nochmals hervorgehoben wird, die angesichts der Krise, die wir derzeit durchleben, wichtiger sind denn je.

Um allerdings sicherzustellen, dass der Begriff „erschwinglicher Preis“ nicht eine Umschreibung wird für „minderwertiges Produkt“, habe ich außerdem gefordert, in den Bericht entsprechende Passagen über Anreize für den Bioproduktesektor einzuführen. Für die Verbraucher ist es wünschenswert, Zugang zu Qualitätsproduktangeboten zu vernünftigen Preisen zu erhalten – und dies dank einer ehrgeizigen Politik finanzieller Anreize, die auf diese Art landwirtschaftlicher Produktion abzielt.

 
  
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  Maria Petre (PPE-DE), schriftlich.(RO) Lebensmittelpreise haben die letzte Zeit einen scharfen Aufwärtstrend erfahren. Hierfür gibt es zwei Gründe: erstens die globale Landwirtschafts- und Lebensmittelproduktekrise, und zweitens die Marktkonzentration, die von 21,7 % im Jahr 1990 auf derzeit über 70 % angestiegen ist.

Die von den Verbrauchern gezahlten Preise liegen im Durchschnitt fünf Mal höher als die Preise, die den Produzenten gezahlt werden. Supermarktketten diktieren oft unfaire Bedingungen und erschweren Landwirten und Kleinlieferanten den Marktzugang.

Ich unterstütze die Idee der Europäischen Kommission zur Schaffung eines europäischen Marktbeobachtungssystems. Ich unterstütze auch die Idee eines europäischen Wettbewerbsnetzes.

Die Mittel für das Programm zur Entwicklung des ländlichen Raums sollten höhere Finanzförderungen zugunsten der Produzenten vorsehen.

Die Idee, das Konzept der „lokalen Produkte“ neu zu beleben und die traditionellen Bauernmärkte mehr zu fördern, sind Lösungen, die ich nachdrücklich unterstütze.

 
  
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  Theodor Dumitru Stolojan (PPE-DE), schriftlich.(RO) Ich begrüße den Batzeli-Bericht, der auf die großen Diskrepanzen zwischen den Preisen von Nahrungsmitteln in den Supermärkten und den Preisen, die den Produzenten gezahlt werden, hinweist. Dies ist leider auch die Realität in Ländern, die einen weit niedrigeren Lebensstandard haben als der europäische Durchschnitt, wie etwa in Rumänien.

Wenn wir auch jegliches Ansinnen nach Preiskontrollen ablehnen, so können wir dennoch nicht die Augen vor der Tatsache verschließen, dass die Verhandlungsmacht der Supermärkte im Verhältnis zu derjenigen der Produzenten erdrückend ist. Dies ist ebenfalls ein Bereich, wo wir im Rahmen einer Politik zur Wahrung des Wettbewerbs und des Verbraucherschutzes entschlossener handeln können.

 

22. Das Kunststudium in der Europäischen Union (kurze Darstellung)
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  Der Präsident. – Der nächste Tagesordnungspunkt umfasst den Bericht (A6-0093/2009) von Maria Badia i Cutchet im Namen des Ausschusses für Kultur und Bildung über das Kunststudium in der Europäischen Union (2008/2226(INI)).

 
  
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  Maria Badia i Cutchet, Berichterstatterin.(ES) Herr Präsident, obwohl die künstlerische Bildung mittlerweile ein Pflichtfach ist in nahezu sämtlichen Mitgliedstaaten, so gibt es doch substanzielle Unterschiede hinsichtlich der Art und Weise wie es gelehrt wird.

Historisch gesehen war das Kunststudium immer mit der Bildung in jungen Jahre verknüpft. Heute jedoch haben der Ansatz des lebenslangen Lernens und der Entwicklung neuer Informations- und Kommunikationstechnologien den traditionell der Kunst und Kultur vorbehaltenen Bereich erweitert und neue Formen des Zugangs und der Darstellung im Kunstsektor entstehen lassen.

Der im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologien zu verzeichnende konstant voranschreitende Fortschritt hat außerdem die Förderung einer wissensbasierten Wirtschaft begünstigt, in der intellektuelle Fähigkeiten und Kreativität einen herausragenden Platz einnehmen.

Der Entschließungsantrag, über den wir morgen abstimmen werden, gründet auf der Vorstellung, dass die künstlerische Bildung die Grundlage bildet für die berufliche Ausbildung im Bereich der Künste. Sie fördert die Kreativität sowie die physische und intellektuelle Entwicklung in dieser Sphäre. Der Entschließungsantrag betrachtet die künstlerische Bildung als einen wesentlichen Bestandteil des kindlichen und jugendlichen Lernens und argumentiert, dass deren Vermittlung in den Schulen das Fundament für einen wahrhaft demokratisierenden Zugang zu Kultur legt.

Darüber hinaus misst er der Ausbildung einen sehr hohen Stellenwert für einen erfolgreichen Berufsweg im künstlerischen und kreativen Sektor bei, denn ein Kunststudium, das Wert auf die Entwicklung der Karriere und des künstlerischen Berufsfeldes legt, verlangt von den Studierenden außer Talent auch eine solide kulturelle Basis, die nur durch eine multidisziplinäre und systematische Ausbildung erworben werden kann. Eine solche Ausbildung erhöht die Chancen auf dem Arbeitsmarkt in diesem Berufsfeld insofern als sie Allgemeinbildung, Forschungsmethodiken, unternehmerische Fähigkeiten und Branchenkenntnisse sowie Fähigkeiten in ganz verschiedenen Aktivitätsbereichen vermittelt.

In besonderer Weise erkennt der Entschließungsantrag auch die wirtschaftliche Bedeutung und das Beschäftigungspotenzial der Kreativ-, Kultur- und Kunstbranche in der Europäischen Union an, die ein höheres Wertschöpfungspotenzial aufweist als andere gestandene Wirtschaftszweige wie etwa die Chemie- oder Lebensmittelindustrie.

Darüber hinaus sollten wir auch nicht vergessen, dass Schulen und Zentren für die Kunst- und Design-Ausbildung ihren Beitrag zur Entstehung neuer Kunststile und Kunstbewegungen leisten und mithelfen, unterschiedliche kulturelle Welten zu erschließen. All dies stärkt das positive Bild der Europäischen Union in der Welt.

Der Berichtsentwurf äußert die Einschätzung, dass die künstlerische Bildung fester Bestandteil in den Lehrplänen sämtlicher Schulebenen sein sollte, und ermuntert die Mitgliedstaaten dazu, ihre Bildungspolitik im künstlerischen Bereich auf der Ebene der Europäischen Union zu koordinieren. Weiterhin spricht sich der Bericht dafür aus, die Mobilität sowohl von Studierenden als auch des Lehrpersonals in diesem Bereich zu fördern, und dabei vermehrt auch auf die gegenseitige Anerkennung von Qualifikationen unter den Mitgliedstaaten zu achten.

Wir rufen außerdem den Rat, die Kommission und die Mitgliedstaaten dazu auf, die Rolle der künstlerischen Bildung als ein wesentliches pädagogisches Instrument zur Beförderung des Stellenwertes der Kultur zu definieren, gemeinsame Politikstrategien zur Förderung künstlerischer Bildung sowie der Ausbildung von Lehrkräften in diesem Bereich aufzustellen, und die wichtige Rolle anzuerkennen, die die Künstler und Kreativen in unserer Gesellschaft spielen, wie dies bereits im Rahmen des Europäischen Jahres der Kreativität und Innovation zum Ausdruck gebracht worden ist.

Schlussendlich betont der Bericht die Bedeutung der Nutzung von Ressourcen wie den neuen Informationstechnologien und des Internets als Kanäle für eine moderne, den zeitgenössischen Methoden zugewandte Pädagogik, wenn die künstlerische Dimension in die schulischen Lehrpläne eingeführt wird, und spricht sich für die gemeinsame Entwicklung eines europäischen Portals für die künstlerische und kulturelle Bildung aus, um die Entwicklung und Förderung des europäischen Kulturmodells zu sichern.

Aus all diesen Gründen bitte ich Sie um Ihre mehrheitliche Unterstützung für diesen Bericht, der eine deutliche Botschaft der Unterstützung an die im Kreativ- und Kultursektor tätigen Profis, Studierenden und Unternehmen sendet.

 
  
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  Louis Michel, Mitglied der Kommission.(FR) Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Zuerst möchte ich mich bei Maria Badia i Cutchet für ihren Initiativbericht zum Kunststudium in der Europäischen Union bedanken.

Dieses Thema nimmt auf europäischer Ebene einen zunehmend wichtigen Platz ein. In der Tat stimmen wir alle darin überein, dass Kultur und die Künste einen grundlegenden Teil unserer Bildung darstellen. Sie tragen zur Entwicklung von Einfühlungsvermögen und Selbstvertrauen bei – wichtige Qualitäten nicht nur für unsere Rolle als Bürger, sondern auch für die Rolle als Wirtschaftssubjekt, die ebenfalls in jedem von uns steckt. Daran kann es keinen Zweifel geben. Künstlerische Bildung ist ein Träger für Wohlbefinden, Kreativität und soziale Integration. Sie im Rahmen der europäischen Bildungssysteme möglichst schon von Kindes an zu fördern, ist ein ganz wichtiger Punkt.

Wir teilen diese Vision und wir freuen uns, dass Ihr Bericht auf eine Reihe bedeutender Initiativen verweist, die auf der Ebene der Europäischen Union angestoßen wurden, wie etwa das Europäische Jahr der Kreativität und Innovation.

Die Bedeutung der Künste und der künstlerischen Bildung beim Aufbau einer besseren Gesellschaft geht Hand in Hand mit ihren Rückwirkungen auf das Wirtschaftsleben. Schätzungen aus jüngster Zeit zufolge beläuft sich der Anteil der Kultur- und Kreativbranchen an der wirtschaftlichen Wertschöpfung auf 2,6 % des europäischen BIP. Hinzu kommt, dass jede beliebige wirtschaftliche Aktivität von der künstlerischen und kulturellen Bildung profitieren kann. Innovationen regen das Entstehen von Synergien zwischen traditionellen und innovativeren Wirtschaftsaktivitäten an. Heutzutage gilt es, Technologie und Design miteinander zu kombinieren und dabei die Prinzipien der Nachhaltigkeit und der wirtschaftlichen Rentabilität zu integrieren. Diese Kombination erfordert eine Neudefinition der Art und Weise wie Wissen vermittelt und erworben wird.

Diese unterschiedlichen Aspekte wurden 2006 in dem Dokument eines Europäischen Bezugsrahmens ausgeführt, das die wichtigsten Kompetenzen für lebenslanges Lernen definiert. In diesem Bezugsrahmen wird ausgeführt, dass künstlerisches und kulturelles Wirken für die Entwicklung kreativer Kompetenzen ganz wesentlich sind – was sich auch als nützlich für das Arbeitsleben erweist.

Die Europäische Kulturagenda hat neue Methoden eingeführt, insbesondere den strukturierten Dialog mit der Zivilgesellschaft, und erst vor kurzem neue offene Methoden der kulturellen Koordination. Die Umsetzung dieser Methoden wurde dank eines am 21. Mai 2008 vom Rat gebilligten Arbeitsplans ermöglicht, der anfangs auf drei Jahre festgesetzt wurde und der fünf prioritäre Aktionsbereiche definiert. Innerhalb dieses europäischen Bezugsrahmens wurde eine aus Sachverständigen der Mitgliedstaaten zusammengesetzte Arbeitsgruppe gebildet, die sich mit den Synergien zwischen Kultur und Bildung beschäftigen wird. Diese Gruppe wird Empfehlungen zur Identifizierung bewährter Praktiken auf nationaler Ebene aufstellen und auch gegenüber den Mitgliedstaaten und den europäischen Institutionen eine Reihe von Empfehlungen abgeben. Zusätzlich wird sie Methoden zur Bewertung der in den in ihre Zuständigkeit fallenden Politikbereichen erzielten Fortschritte abgeben. Schließlich sollte diese Arbeitsgruppe einen wertvollen Beitrag zum Europäischen Kulturforum liefern, das am 29. und 30. September 2009, in Brüssel stattfinden wird.

Ich habe soeben erst eine Antwort meines Kommissionskollegen Ján Figel gelesen.

 
  
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  Der Präsident. – Die Aussprache ist geschlossen.

Die Abstimmung erfolgt am Dienstag, den 24. März 2009.

Schriftliche Erklärungen (Artikel 142)

 
  
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  Marusya Ivanova Lyubcheva (PSE), schriftlich.(BG) Der Bericht des Europäischen Parlaments zum Kunststudium in der EU ist Teil der kontinuierlichen Bemühungen zur Weiterentwicklung des interkulturellen Dialogs. Ihm kommt im Zusammenhang mit dem Europäischen Jahr der Kreativität und Innovation entscheidende Bedeutung zu.

Der künstlerischen Bildung muss zweifelsohne intensivere und besondere Beachtung geschenkt werden. Es ist wichtig, dass künstlerische Bildung ein Pflichtbestandteil des übrigen Bildungsprogramms darstellt – und zwar bereits von jungen Jahren an, denn sie ist geeignet, die emotionale und kulturelle Entwicklung der jungen Generation zu stimulieren.

Gäbe man dieser Art Bildung einen stärkeren Praxisbezug – auch unter Einbeziehung interaktiver Lernmethoden – würde dies zu einem tieferen Verständnis nationaler und europäischer Kulturwerte beitragen. Indem man Studierenden, Lehrkräften und professionellen Kulturschaffenden ein größeres Mobilitätsangebot unterbreitet, trägt dies unmittelbar zur Entwicklung eines europäischen Identitätsbewusstseins und zu einem Mehr an kultureller und religiöser Toleranz bei.

Die Mitgliedstaaten müssen in die Schaffung besserer Möglichkeiten für informelle und unabhängige künstlerische Studiengänge investieren und einen Rückgang des entsprechenden Studienangebots verhindern. Eine solche Unterstützung wird das allgemeine Interesse an den verschiedenen Formen des künstlerischen Studiums erhöhen.

Öffentlich-private Partnerschaften in diesem Bereich werden zur Modernisierung der Bildungsprogramme beitragen und die aktivere Integration neuer Technologien in die Lehrinhalte fördern. Das Gros der Ressourcen für eine koordinierte europäische Politik hinsichtlich des Kunststudiums besteht in der Form von Investitionen zur Erweiterung des kulturellen Einflusses Europas weltweit, zur Förderung der Kreativität sowie indirekt auch zur wirtschaftlichen Entwicklung in der EU.

 

23. Der aktive Dialog mit den Bürgern über Europa (kurze Darstellung)
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  Der Präsident. – Der nächste Tagesordnungspunkt umfasst den Bericht (A6-0107/2009) von Gyula Hegyi, im Namen des Ausschusses für Kultur und Bildung über den aktiven Dialog mit den Bürgern über Europa (2008/2224(INI)).

 
  
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  Gyula Hegyi, Berichterstatter. (HU) Europa ist das gelobte Land für Menschen aus fernen Kontinenten oder auch nur für die Menschen auf dem Balkan, die ebenfalls gerne zu Europa gehören möchten. Gleichzeitig ist Europa aber auch für diejenigen, die sich bereits innerhalb seiner Mauern befinden, nämlich die EU-Bürger – ob es sich nun um meinungsbildende Intellektuelle handelt oder um ganz normale Bürger – in vielerlei Hinsicht das Symbol für enttäuschte Erwartungen, für Trägheit und für Bürokratie.

Als ich den Bericht erhielt, begann ich ihn mit großem Enthusiasmus zu lesen. Ich muss gestehen, mein Enthusiasmus war etwas abgekühlt, als ich den Bericht durchgelesen hatte. Mir wurde bewusst, wie viele Hindernisse bestehen bei der Bemühung, in einen aktiven Dialog mit den Bürgern zu treten, und wie weit entrückt die bürokratische Maschinerie der Europäischen Union ist vom täglichen Leben und den Wünschen ihrer Bürger. Auf jeden Fall wurde mir dank dieses Berichts klar, dass – was vielleicht wenig verwundern sollte – je niedriger der Bildungsstand beziehungsweise der soziale Status unserer Bürger ist desto weniger Verständnis der europäischen Integration und desto mehr Euroskeptizismus ist vorhanden.

Ich denke daher – und dies ist die wichtigste Aussage meines Berichts – dass wir über junge Menschen hinaus, die relativ leicht über die Bildungssysteme für die Sache der europäischen Integration gewonnen werden können, uns in erster Linie um diejenigen kümmern sollten, die wir bisher noch nicht erreichen konnten. Diese Zielgruppe umfasst die Bewohner auf dem Land, die arbeitenden Klassen, Rentner und ganz allgemein Menschen, die in bescheideneren Lebensumständen leben. Wir müssen versuchen, dieser Zielgruppe die europäische Idee und die Werte der europäischen Einheit irgendwie zu vermitteln.

In meinem Bericht empfehle ich, dass viel mehr Studierende in den Genuss eines Erasmus-Stipendiums kommen sollten als dies heute der Fall ist. Zu diesem Zweck hat die Jugendorganisation der Sozialistischen Partei Ungarns einen eigenen Vorschlag formuliert. Nur ein kleiner Teil der ungarischen Universitätsstudierenden ist in der glücklichen Lage, an diesem Austauschprogramm teilnehmen zu können. Ungeachtet dessen wäre es wünschenswert für jeden Hochschulabsolventen, mindestens ein halbes Jahr im Ausland verbracht zu haben.

Meine eigene Idee dabei war, dass es ein einheitliches einjähriges europäisches Curriculum zur Vermittlung historischer Sachverhalte geben sollte. Studierende sollten die Geschichte Europas in gleicher Weise in allen 23 offiziellen Landessprachen und in allen 27 Mitgliedstaaten mindestens ein Jahr lang studieren können. Die Kommission schenkte diesem Vorschlag nicht viel Unterstützung und integrierte eine abgeschwächte Version davon in seinen Text.

Auf der Grundlage der Empfehlung der ungarischen Universitätslehrer war mein Vorschlag, eine europäische offene Universität zu gründen, also eine Art Volkshochschule. Die europäischen Bürger sollten die Möglichkeit erhalten, sich überall in Europa – unabhängig von ihren jeweiligen Schul- oder Hochschulabschlüssen – zu einem relativ frei strukturierten Studienprogramm einzuschreiben, das ein Bildungsangebot hinsichtlich der Geschichte der Europäischen Union, ihre Entstehung und Funktionsweise bietet.

Es ist lange schon der Wunsch, man könnte auch sagen eine Forderung, von Mitgliedern des Europäischen Parlaments, dass Euronews, das – zumindest teilweise – mit EU-Geldern finanziert wird, seine Programme in allen Amtssprachen der Mitgliedstaaten ausstrahlt. Es ist etwas absurd, dass Euronews auch auf Arabisch und Russisch sendet, aber nicht auf Ungarisch oder in einer anderen Landessprache eines Mitgliedstaates. Es betrübt mich im Übrigen auch, Kommissar Michel – und ich nehme an, Sie hören dies zum ersten Mal – berichten zu müssen, dass die Kabelfernsehanbieter in Budapest die englischsprachige Ausgabe von Euronews aus ihren Angebotpaketen herausgenommen und stattdessen ein chinesischsprachiges Programm aufgenommen haben. Es gibt leider eine höhere Nachfrage nach chinesischen Fernsehprogrammen als nach Euronews, das bekanntermaßen nicht auf Ungarisch zu empfangen ist, während mittlerweile eine beträchtliche Anzahl an Chinesen in unserem Land lebt.

Es gab eine rege Debatte, und ich würde den zuständigen Kommissar, soweit dieser anwesend ist, gerne darüber in Kenntnis setzen, dass ich auch gerne die Empfehlung ausgesprochen hätte, dass EU-Beamte einen offeneren Kommunikationsstil mit den Medien pflegen sollten als dies bisher der Fall war. Das Problem ist allerdings, dass es oftmals keinen kompetenten Ansprechpartner auf Seiten der Kommission gibt, der deren Position erläutern könnte, was zur Folge hat, dass nur die Gegenmeinung zu hören ist.

Da meine Redezeit nun abgelaufen ist, möchte ich als Letztes noch meine Empfehlung mitteilen, dass lokale Nichtregierungsorganisationen in die diversen EU-Kampagnen einbezogen werden sollten, denn diese sind mit den örtlichen Verhältnissen viel besser vertraut und wissen, in welcher Weise sie bei der ansässigen Bevölkerung Gehör finden können.

 
  
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  Louis Michel, Mitglied der Kommission.(FR) Herr Präsident, erlauben Sie mir lediglich eine kleine, aber ausschließlich persönliche Abschweifung, die nichts mit der Frage zu tun hat, die mein Kollege gestellt hat. Ich verstehe nicht ganz, warum Sie Nichtregierungsorganisationen in den Wahlkampf einbinden möchten. Ich verstehe dies zwar nicht, aber ich werde diese Forderung an meine Kommissionskollegin weiterleiten.

Die aktuelle politische und wirtschaftliche Lage bringt offenkundig die Notwendigkeit nach einem aktiven Dialog mit den Bürgern mit sich. Diese müssen über die Veränderungen informiert werden, denen die Europäische Union unterliegt, und die sich in direkter oder indirekter Weise auf ihr tägliches Leben auswirkt und in die sie einzubeziehen möglich sein muss.

Dieses Prinzip bildet seit den vergangenen vier Jahren die Grundlage der Kommissionsarbeit. Ich begrüße nachdrücklich den Bericht von Gyula Hegyi, der den Titel trägt: „Der aktive Dialog mit den Bürgern über Europa“. Wir sind bestrebt, den Bürgern der 27 Mitgliedstaaten der Europäischen Union ein breites Angebot an Informationen über die Europäische Union zur Verfügung zu stellen, sodass sie nicht nur ein Verständnis darüber erlangen können, wie die Europäische Union dazu beitragen kann, Antworten auf die großen Herausforderungen zu finden, mit denen Europa und die Welt heutzutage konfrontiert ist, sondern diesbezüglich auch ihre Meinungen zum Ausdruck bringen und untereinander austauschen können.

Wir arbeiten darüber hinaus darauf hin, viele weitere öffentliche Foren zu schaffen, wo diese Debatte stattfinden kann. Dabei werden sämtliche heute verfügbaren Ressourcen und Technologien genutzt, wie etwa Online-Foren oder die klassischen überregionalen und lokalen Medien.

Während wir einer ganzen Reihe der im Bericht ausgesprochenen Empfehlungen beipflichten können, geht meine Kommissionskollegin jedoch nicht mit der Einschätzung konform, nach der die Kommunikationspolitik der Kommission bislang nichts gebracht haben soll. Sie ist weiterhin der Ansicht, dass wir, ungeachtet der in den letzten Jahren sicherlich erzielten Verbesserung unserer Kommunikation, nach wie vor realistisch sein müssen in Bezug auf das, was mit einem Finanzrahmen von nur 100 Millionen Euro für 27 Mitgliedstaaten in 23 Sprachen und bei nahezu 500 Millionen Menschen erreicht werden kann.

Hinzu kommt, dass die Kommission sicherlich nicht alleine das Thema Europa mit den Bürgern diskutieren kann. Deshalb ist eine gemeinsame Anstrengung aller Institutionen und aller Mitgliedstaaten erforderlich. Aus diesem Grund haben wir mit den Mitgliedstaaten und dem Parlament eine Vereinbarung über eine gemeinsame Europa-Kommunikation ausgehandelt. Diese politische Vereinbarung in Gestalt einer gemeinsamen Erklärung mit dem Titel „Europa partnerschaftlich kommunizieren“ wurde am 22. Oktober 2008 unterzeichnet. Dies ist das erste Mal, dass die Institutionen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union sich in einer konzertierten Aktion für eine gemeinschaftliche Europa-Kommunikation mit den Bürgern der Europäischen Union engagieren. Es ist nun wichtig, dass wir diese Vereinbarung in vollem Umfang in die Realität umsetzen. Ich stimme vollkommen der Einschätzung über die Bedeutung dieses Prozesses der Konsultierung der Bürger zu, und auch hinsichtlich der Notwendigkeit, den Dialog auf allen Ebenen der Gesellschaft auszuweiten.

Der regelmäßige Dialog zwischen der Kommission und Vertretern der Zivilgesellschaft begann vor mehr als dreißig Jahren. Er ist Ausdruck einer Politik der Offenheit und Integration, die die Kommission seit vielen Jahren praktiziert. Er ist auch Sinnbild für die große Vielfalt der Betätigungsfelder und der Diversität der Beteiligten.

Ich möchte betonen, dass die Kooperation zwischen den Delegationen der Kommission und den Pressestellen der Parlamente der Mitgliedstaaten im Großen und Ganzen sehr gut funktioniert.

Die anstehenden Europawahlen sind ein gutes Beispiel für den politischen Willen dieser beiden Institutionen, im Sinne der Aufstellung gemeinsamer Kommunikationsprioritäten zu kooperieren.

In Bezug auf das Informationserfordernis auf regionaler und lokaler Ebene, das sich insbesondere an junge Menschen, Erstwähler und Frauen richtet, nehme ich mit Genugtuung die Glückwünsche entgegen, die die Kommission für die Auswahl von Projekten unter Plan D erhalten hat.

Ich möchte diese Gelegenheit zu der Ankündigung nützen, dass die Kommission weiterhin beabsichtigt, im Zusammenhang mit den Europawahlen besondere Aktivitäten im Rahmen der Initiative „Debate Europe“ und Plan D durchzuführen. In Bezug auf die Schaffung einer neuen Internetseite und der Einrichtung von Links zu lokalen Fernsehsendern, möchte ich sagen, dass die Kommission gerade dabei ist, Radio- und Fernsehanstalten zu schaffen, die Programme zu europäischen Themen ausstrahlen werden. Wenn diese Sender ihren Betrieb aufgenommen haben, werden sie, zusammen mit Euronews, jede Woche zwischen 60 und 90 Millionen Bürger in sämtlichen Sprachen der Europäischen Union erreichen.

In Bezug auf die Bedeutung, die der Einführung von Kursangeboten zu europäischem Recht und zur europäischen Geschichte zukommt, teilt die Kommission die Ansicht, dass jungen Menschen die wichtigsten Fakten über die Europäische Union in der Schule vermittelt werden sollten. Wir hoffen, die Mitgliedstaaten greifen den Vorschlag in Bezug auf diese wichtige Angelegenheit auf.

Es gibt noch viele weitere interessante Empfehlungen, die unsere Aufmerksamkeit verdienen. Aber leider ist unsere Zeit begrenzt.

Gestatten Sie mir zum Abschluss noch einmal auf einen wesentlichen Aspekt des Bezugsrahmens an Bemühungen zurückzukommen, die vonseiten der Institutionen der Gemeinschaft unternommen wurden: Eine effektive Kommunikation ist nur möglich mit der engen Kooperation sämtlicher beteiligter Parteien. Die Kommission ist für die uneingeschränkte Unterstützung, die sie durch das Parlament erfährt, sehr dankbar. Ich für meinen Teil begrüße Ihr persönliches Engagement als Mitglieder des Europäischen Parlaments.

 
  
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  Der Präsident. – Die Darstellung ist geschlossen.

Die Abstimmung erfolgt am Dienstag, den 24. März 2009.

Schriftliche Erklärungen (Artikel 142)

 
  
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  John Attard-Montalto (PSE), schriftlich. Dies ist eines der wichtigsten Themen, das angegangen werden muss. Die Bevölkerung Europas fühlt sich nicht als Bürger Europas. Die Unionsbürgerschaft ist nach wie vor mit unklaren Vorstellungen verbunden, während die Staatsbürgerschaft der einzelnen Mitgliedstaaten vorherrschend bleibt.

Die meisten Bürger fühlen sich nicht als Teil des europäischen Prozesses und sehen die Europäische Union als eine von ihrer Lebenswelt getrennt existierende Institution. Ein positives Wiederanknüpfen beinhaltet einen intensivierten Dialog zwischen den Bürgern und ihren europäischen Institutionen, die Notwendigkeit zur Ratifizierung des Lissabon-Vertrags, die Wichtigkeit eines Konsultationsprozesses sowie gemeinsame offene Debatten.

Vor einem Jahr, im April 2008 stellten wir die Initiative „Debate Europe“ vor, die eine Gelegenheit bietet, die oftmals künstliche Trennung zwischen nationalen und europäischen Angelegenheiten zu überwinden.

Schlussendlich allerdings müssen sich die Bürger Europas ein klares Bild darüber machen können, in welche Richtung der europäische Prozess gehen soll. In dieser Hinsicht gibt es zwei Ansätze, die jedoch nicht auf Dauer nebeneinander existieren können. Es muss eine Wahl getroffen werden. Sind wir für eine vollständig integrierte Union oder möchten wir lediglich den gegenwärtigen Status Quo optimieren. Wenn die Bürger sehen, dass ihre Regierenden zwischen diesen beiden Optionen ständig hin und her schwanken, wie kann man ihnen dann einen Vorwurf machen, wenn sie dem Integrationsprozess selbst fremd gegenüberstehen?

 
  
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  Magda Kósáné Kovács (PSE), schriftlich.(HU) Gyula Hegyis Bericht wirft Licht auf ein wichtiges Problem unserer Zeit. Die Ratifizierung des Lissabon-Vertrags, der eine Garantie für eine effektivere und demokratischere Europäische Union ist, wurde durch die Iren in einem Referendum abgelehnt. Dieses Ereignis war die Ursache und der Ausgangspunkt für eine anhaltende Unsicherheit und Desorientierung in Europa.

Wir müssen es den europäischen Bürgern ermöglichen, sich bei der Gestaltung der Politik in der Europäischen Union wirksamer Gehör zu verschaffen. Um dieses Ziel zu erreichen, ist ein angemessener Bildungsstand erforderlich, denn unter den Bürgern mit niedrigem Bildungsniveau ist die Abneigung gegenüber der europäischen Integration höher ausgeprägt. Beispielsweise ist es wichtig, im Rahmen offener Universitäten und in den Lehrplänen der Sekundarschulen Bildungsinhalte in Bezug auf allgemeine EU-Themen und die Unionsbürgerschaft anzubieten. Es ist wichtig, dass die Menschen ihre Rechte kennen und dass sie wissen, dass die EU nicht über ihre Köpfe hinweg funktioniert sondern mit ihnen zusammen. Wir müssen dafür sorgen, dass auch in weniger entwickelten Regionen ausreichend Informationsquellen über Europa zur Verfügung stehen. Nicht die Bürokratie sondern die Bürger selbst sind der Garant einer funktionierenden Demokratie – dies ist der Kern einer demokratischen Kultur. Es ist dabei unverzichtbar, dass die Medien mithelfen, die Kommunikation zwischen Institutionen und Bürgern zu entwickeln, und auch die Kommunikation unter den Bürgern.

Wir können von den Bürgern nicht erwarten, dass sie verantwortungsvolle Entscheidungen oder überhaupt Entscheidungen treffen, wenn wir ihnen nicht die dazu erforderlichen Informationen bereitstellen. Es liegt in unserer Verantwortung und unserer Pflicht, diese Informationen bereitzustellen, wohingegen das Treffen von Entscheidungen das Recht der Bürger ist. In diesem Mai sind es bereits fünf Jahre, seit Ungarn der Europäischen Union beigetreten ist, und wir können bereits sehen, dass die Europäische Union nicht gesichtslos ist. Vielmehr sind wir es, die Summe aller einzelnen Bürger, die die EU ausmachen. Wir müssen uns klar machen, dass das Treffen von Entscheidungen in unseren Händen liegt. Lassen Sie uns diese Chance also nutzen.

 
  
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  Sirpa Pietikäinen (PPE-DE), schriftlich. (FI) Mein Dank geht an den Berichterstatter für diese ausgezeichnete Arbeit. Er hat lobenswerterweise viele wichtige mit der Interaktion zwischen der EU und seinen Bürgern in Verbindung stehende Aspekte und Probleme angesprochen.

Die EU ist nicht gerade auf Platz eins der Beliebtheitsliste bei den Menschen in den Ländern der Union. Das irische Referendum letzten Juli schien deutlich werden zu lassen, dass zumindest die Iren nicht noch mehr Union wollten. Aus irgendwelchen Gründen sind die negativen Botschaften und die Ängste, der Staat könnte von einem gesichtlosen Brüsseler Apparat geschluckt werden, anscheinend leichter vermittelbar als Nachrichten über all die guten Dinge, die durch die EU möglich geworden sind. Das große Unbekannte eignet sich stets allzu leicht als Bedrohungsszenario, und es ist leicht, in diesen Chor einzustimmen.

Ein stärkeres Engagement vonseiten Einzelner und der NRO für all die Aktivitäten der Union würde der EU zu mehr Akzeptanz verhelfen. Was insbesondere gesetzgeberische Fragen anbelangt, sollten Einzelpersonen und Organisationen mehr Einflussmöglichkeiten und Foren der Meinungsäußerung auf allen Ebenen des Gesetzgebungsprozesses gegeben werden.

Der Berichterstatter erwähnt noch einen weiteren interessanten Aspekt hinsichtlich der zuletzt abgehaltenen EU-Referenden: nämlich, dass Frauen öfter gegen die EU gestimmt haben als Männer. Offensichtlich ist die EU Frauen aus gewissen Gründen in besonderem Maße fremd.

Einer der Gründe ist schnell gefunden: Die Union hat ausgeprägt männliche Züge. Der Präsident der Kommission ist ein Mann, und nahezu 70 % der EU-Kommissare sind es ebenfalls. Gleichermaßen ist es ein Mann, der den Vorsitz dieses Europäischen Parlaments inne hat, und auch die überwiegende Zahl der Parlamentsausschüsse wird von Männern geleitet. Es ist daher mit Blick auf die nächste Legislaturperiode wichtig, dass die Geschlechtergleichheit so gut es geht umgesetzt wird, wenn in der EU wieder Spitzenpositionen zu besetzen sind. Zumindest eine Frau müsste in so eine Position kommen.

Der aktive Dialog mit der Zivilgesellschaft ist der beste Weg zur Stärkung der Legitimität der Union.

 
  
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  Daciana Octavia Sârbu (PSE), schriftlich.(RO) Wie bereits zuvor so lassen auch dieses Mal die bevorstehenden Wahlen zum Europäischen Parlament die Problematik Informationsfluss und Dialogdefizit im Austausch mit den Bürgern, insbesondere auf europäischer Ebene, wieder besonders in den Vordergrund treten.

In diesem Zusammenhang begrüße ich den Entschließungsantrag für einen aktiven Dialog mit den Bürgern, der die Bedeutung unterstreicht, die europäischen Institutionen, das transeuropäische Bildungswesen und die Massenmedien mit einzubeziehen. Die Ablehnung des Verfassungsvertrages in Frankreich und Holland sowie die per Referendum ausgedrückte irische Opposition gegen den Lissabon-Vertrag haben deutlich werden lassen, dass die Initiierung einer auf Bürger mit niedrigem Bildungsstand abzielende Aufklärungskampagne eine praktikable und notwendige Strategie ist, die ich in vollem Umfang unterstütze.

Angesichts der weiter fortschreitenden Verbreitung von Internet-Zugangsmöglichkeiten in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union sollten wir dieses Instrument vermehrt nutzen, um den Dialog mit den Bürgern wirksamer zu gestalten. Damit könnten die Meinungsäußerungen der Menschen dokumentiert, ausgewertet und später in unseren Entscheidungsfindungsprozess einbezogen werden. Ich denke auch, dass die Geschichte der EU, die Art und Weise wie sie funktioniert, und die Rechte der Bürger als Grundbestandteile in die Bildungsinhalte auf europäischer Ebene einbezogen werden sollten.

Ich bin daher der festen Überzeugung, dass so die Bedingungen für einen verständlichen Dialog mit den Bürgern sichergestellt werden können, der sich auf der Grundlage genauer Informationen und des entsprechenden Wissens mit Europa und der Europäischen Union unter einem anderen Blickwinkel beschäftigen wird.

 
  
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  Dushana Zdravkova (PPE-DE), schriftlich.(BG) Meine Damen und Herren, ich möchte Gyula Hegyi zu seinem wunderbaren Bericht gratulieren, der, so meine Überzeugung, einen wichtigen Beitrag zur Initiierung des zivilgesellschaftlichen Dialogs in der Europäischen Union leisten wird.

Die erfolgreiche Umsetzung der gesamten Kommunikationsprioritäten der europäischen Institutionen in Partnerschaft mit den Mitgliedstaaten wird ein wichtiger Schritt sein hin zu einer besser informierten Bürgerschaft in der Europäischen Union. Nur gut informierte Europäer können sich die ihnen gebotenen Möglichkeiten nutzbar machen und an einem aktiven Dialog über Europa teilhaben. Wir haben alle erlebt, welche Folgen sich aus einem Informationsdefizit der Menschen ergeben können: „Nein“-Stimmen in Referenden und die Blockierung der europäischen Weiterentwicklung.

Als Vorsitzende einer Bürgerinitiative in Bulgarien bin ich der festen Überzeugung, dass die Beteiligung der Bürger an den Entscheidungsfindungsprozessen eine Chance ist für diese, sich direkt in den politischen Prozess auf EU-Ebene einzubringen. Ich glaube, dass dies einer der wichtigen Bereiche ist, der schnell reformiert und verbessert werden muss.

Ich glaube, dass dieser Bericht das Europäische Parlament in die Lage versetzen wird, den anderen Institutionen die hierfür erforderlichen Leitlinien und Empfehlungen zu liefern, aber auch die Organisationen der Zivilgesellschaft zu unterstützen, denn die Bürger stehen im Mittelpunkt der zukünftigen Entwicklung Europas. Ohne deren Mitarbeit und Einbeziehung wird es unmöglich sein, das von uns selbst Angestrebte zu erreichen.

 

24. Bekämpfung der Genitalverstümmelung bei Frauen in der Europäischen Union (kurze Darstellung)
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  Der Präsident. – Der nächste Tagesordnungspunkt umfasst den Bericht (A6-0054/2009) von Cristina Muscardini im Namen des Ausschusses für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter über die Bekämpfung der Genitalverstümmelung bei Frauen in der Europäischen Union (2008/2071(INI)).

 
  
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  Cristiana Muscardini, Berichterstatterin. – (IT) Herr Präsident, meine Damen und Herren, ich denke, es trifft sich gut, dass Kommissar Michel heute an unserer Debatte teilnimmt. Wie wir wissen, legt er immer großen Wert auf Fragen der Menschenrechte und beschäftigt sich mit den in Afrika stattfindenden Tragödien. In der Tat gibt uns die Anwesenheit von Louis Michel Hoffnung, dass sich die Kommission in ernsthafter Weise einem Problem zuwendet, das heute nicht nur 28 afrikanische Länder und verschiedene Länder des Nahen und Mittleren Ostens sowie angrenzende Regionen betrifft sondern mittlerweile auch zu einem bedrückenden Problem innerhalb der Europäischen Union geworden ist.

Die massenhafte Einwanderung, die in den letzten Jahren stattgefunden hat, hat diese Tragödie in die Länder der EU gebracht. Zehntausende Mädchen und junger Frauen sind jeden Tag der Gefahr ausgesetzt, Opfer einer schrecklichen Praktik zu werden, die ihnen nicht nur irreversible physische Verletzungen zufügt sondern auch äußerst schwerwiegenden psychischen Schaden bereitet. Aus diesem Grund – und obgleich das Parlament in den vergangenen Jahren diese Praktiken bereits mehrfach verurteilt und über das DAPHNE-Programm 14 Projekte zur Bekämpfung der weiblichen Genitalverstümmelung gefördert hat – finden wir uns heute erneut in der Diskussion über dieses Thema wieder, weil das Phänomen leider nicht weniger bedeutsam geworden ist sondern sich weiter ausbreitet.

Wir müssen den Mut aufbringen, entschlossener und geeignetere Präventivmaßnahmen in Gestalt kultureller Aufklärungskampagnen zu ergreifen, die den Migrantenfrauen aber auch den Vätern dieser Mädchen zu verstehen geben, dass das Praktizieren eines Stammesritus, der nichts mit Religion zu tun hat, nicht dazu geeignet ist, die Integration oder das künftige Leben ihrer Töchter zu erleichtern.

Stellen Sie sich einmal ein Mädchen vor, das eine französische, italienische oder belgische Schule besucht und plötzlich - nachdem es sich mit seinen Mitschülerinnen und Mitschülern angefreundet hat - brutal aus der Normalität gerissen wird und ein wahres Trauma über sich ergehen lassen muss, von dem es sich sein Leben lang nicht mehr erholen wird. Dieses Mädchen ist nicht nur physisch verstümmelt, es ist ihm auch unmöglich, wieder normale Beziehungen zu anderen Menschen aufzunehmen. Dieses Mädchen fühlt sich herabgesetzt und gebrandmarkt – aber wir möchten in unserer Gesellschaft keine Menschen, die gebrandmarkt sind. Wir möchten Menschen, die zusammenarbeiten können zum Wohl eines besseren, bürgernaheren Europa – egal welcher Religion sie angehören, welche Hautfarbe sie haben oder woher sie kommen.

Aus diesem Grund, Herr Präsident, Kommissar Michel, streben wir als Parlament es an – und ich möchte hier allen meinen Kolleginnen und Kollegen des Ausschusses danken, die an der Erstellung dieses Berichts mitgewirkt haben – dass die Gesetze aller Mitgliedstaaten in dem Sinne harmonisiert werden, dass die weibliche Genitalverstümmelung als Straftatbestand eingestuft wird. Wir sind gegen lediglich abmildernde Vorschläge wie das sogenannte „Pricking“. Wir wollen, dass Frauen wirklich gleichberechtigt sind mit Männern. Wir wollen keine Initiationsriten, sondern echte Integration. Wir wollen, dass die NRO in die Lage versetzt werden, ihre Arbeit zu leisten; wir wollen eine Präventionspolitik, die Interessensverbände von Migrantenfrauen einbezieht; wir wollen, dass jeder bestraft wird, der junge Frauen verstümmeln will und sie in eine perverse Spirale von Verzweiflung und Marginalisierung stürzt.

Der Bericht deckt eine Vielzahl von Themenbereichen ab und ich denke die Parlamentskolleginnen und -kollegen hatten die Gelegenheit zu dessen Studium und Bewertung. Ich glaube, jeder sollte sich hinter diesen Aufruf für ein entschlossenes Europa stellen, das die Macht seiner drei Institutionen mobilisiert, um solche scheußlichen Verbrechen, die die Menschenrechte verletzen, zu bekämpfen.

 
  
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  Louis Michel, Mitglied der Kommission.(FR) Herr Präsident, ich möchte sowohl in meinem eigenen Namen als auch im Namen meines Kollegen Frau Muscardini für ihre Rede danken, denn ich glaube, sie hat mit deutlichen Worten ausgesprochen, was sowohl eine Tragödie als auch ein Skandal ist. Ich möchte Cristiana Muscardini wirklich für ihren ausgezeichneten Bericht zu diesem großen Problem des Kampfes gegen die Genitalverstümmelung von Frauen in der Europäischen Union danken.

Die Europäische Kommission hat sich sowohl innerhalb der Union als auch im Dialog mit Drittländern deutlich gegen die inakzeptable Natur traditioneller Praktiken ausgesprochen, die in ernsthafter Weise das Grundrecht von Frauen und Mädchen auf körperliche und mentale Unversehrtheit untergraben. Daher gehen wir natürlich uneingeschränkt konform mit den Aussagen des Berichts. Wir sind der Ansicht, dass sämtliche Mitgliedstaaten der Europäischen Union entschlossen handeln sollten. Ich würde sagen, es müssten sehr viel energischere Maßnahmen ergriffen werden, um diesen Praktiken ein Ende zu bereiten – sowohl innerhalb der Europäischen Union als auch in den entsprechenden Drittländern, denn es ist absolut nicht hinnehmbar und ziemlich unglaublich, dass so etwas in der Europäischen Union immer noch geschieht. Wir müssen außerdem auch im Rahmen all der politischen Dialoge, die wir mit Drittländern unterhalten, sicherstellen, dass Letztere unsere Position in vollem Umfang verstehen. Ich möchte an dieser Stelle für einen Moment von meinem Text abweichen, um zu sagen: Ich kann Ihnen versichern, dass diese Angelegenheit bei all unseren politischen Dialogen, die wir mit Entwicklungsländern unterhalten, stets mit auf der Tagesordnung steht.

Erst vor kurzem erhielt ich einen Anruf von Präsident Compaoré von Burkina Faso, in dem er mir mitteilte, dass es aktuelle Bemühungen in seinem Land gebe, die besagten Praktiken gesetzlich zu verbieten, was allerdings nicht einfach sei. Es muss dabei allerdings gesagt werden, dass in dem Land offensichtlich einige Clans und Stämme diese Praktik immer noch fortführen, und dass dies ein ziemlich heikles Thema ist im Land. Präsident Compaoré zeigte aber wirklich den Willen, in diesem Bereich voranzukommen – und dies ist glaube ich wichtig.

Wie Sie vielleicht ebenfalls wissen, stellt die Kommission regelmäßig EU-Mittel zur Unterstützung von Projekten in Europa und Drittländern zur Verfügung, die sich um die Opfer der weiblichen Genitalverstümmelung sowie die entsprechend gefährdeten Mädchen kümmern und die in der Präventionsarbeit und Bekämpfung dieser Praktiken engagiert sind.

In Europa ist unser Hauptinstrument das DAPHNE-III-Programm, das europäische Nichtregierungsorganisationen sowie lokale und regionale öffentliche Einrichtungen und Behörden bei ihrem Kampf gegen die Genitalverstümmelung bei Frauen unterstützt. Seit seinem Start im Jahr 1997 hat DAPHNE 14 speziell auf diesen Zweck ausgerichtete Hilfsprojekte mit einer Gesamtfördersumme von 2,4 Millionen Euro kofinanziert. Die DAPHNE-Projekte haben es uns ermöglicht, Bildungsmaßnahmen in den entsprechenden Gemeinschaften sowie Unterstützungsprogramme umzusetzen, Problembewusstseinskampagnen durchzuführen, nationale Gesetzgebungen zu analysieren, Informationen und Statistiken zu sammeln, Instrumente zu entwickeln, Handlungsempfehlungen für den Gebrauch durch die Akteure vor Ort aufzustellen, und Politikorientierungen für europäische und nationale Entscheidungsträger zu empfehlen.

Wir sind selbstverständlich entschlossen, unsere Unterstützung für solche Maßnahmen aufrechtzuerhalten und uns weiterhin mit dem Problem innerhalb der Europäischen Union auseinanderzusetzen, nicht nur im Zusammenhang mit der Gewaltprävention und der Opferhilfe sondern auch im Rahmen der Bereiche Einwanderung, Asyl und Strafrecht.

An dieser Stelle möchte ich abermals kurz von meinem Text abschweifen. Ich muss Ihnen sagen, dass ich etwas schockiert bin von einer gewissen Feigheit, die unsere Regierungen und einige Politiker an den Tag legen, die dieses Phänomen als Teil einer Kultur ansehen, die man nicht in Frage stellen darf. Es tut mir leid, aber das Mindeste, was wir von Menschen erwarten sollten, die nach Europa kommen, ist, dass sie sich an die geltenden Regeln halten. Ich glaube nicht, dass man Recht mit zweierlei Maß messen kann. Dies beeinträchtigt die Fähigkeit eines europäischen Landes zur Aufnahme von Neuankömmlingen in keiner Weise, das Gegenteil ist der Fall. Dies ist eine Diskussion, die ich in der Vergangenheit in meinem eigenen Land erlebt habe. Ich muss sagen, ich bin schockiert, dass es einige Leute mit der Ausrede, die Kultur der Migranten respektieren zu wollen, im Wesentlichen ablehnen, diese Handlungsweisen unter Strafe zu stellen. Ich denke, wenn wir dieses Problem zumindest innerhalb Europas lösen möchten, müssen wir zu dem Punkt kommen, an dem wir solche Praktiken unter Strafe stellen. Wir müssen dieses Maß an politischem Mut aufbringen, und ich bin nicht der Ansicht, dass es die Fähigkeit eines Landes zur Aufnahme von Neuankömmlingen beeinträchtigen würde, wenn wir sagten: „Das ist unsere Verfassung, das sind unsere Regeln, dieses sind unsere menschlichen Werte, und jeder muss sich daran halten. Wer sich nicht an diese Regeln hält, stellt sich außerhalb des Gesetzes und wird bestraft.“ Damit ende ich meinen Exkurs, aber ich bin froh, diese Dinge einmal ausgesprochen zu haben, denn ich teile voll und ganz ihre Empörung diesbezüglich.

Im Rahmen ihrer externen Hilfen an Drittländer praktiziert die Kommission weiterhin eine dreidimensionale Politik. Erstens macht sie das Thema Emanzipation der Frau, deren Menschenrechte und körperliche Unversehrtheit zu einem integralen Bestandteil jeden politischen und strategischen Dialogs mit den entsprechenden Partnerregierungen.

Zweitens unterstützt die Kommission Aktionen, die sich für eine verbesserte nationale Gesetzgebung einsetzen und die der Erarbeitung nationaler politischer Programme dienen, die auf die Förderung und den Schutz der Frauenrechte und die Ächtung sämtlicher schädlichen Praktiken abzielen.

Drittens unterstützt die Kommission Initiativen, die auf die Ausweitung des Aktionsradius politischer Führungspersönlichkeiten abzielen, und fördert Problembewusstseinskampagnen in allen Bereichen der Gesellschaft. Das über mehrere Jahre laufende Programm von Den Haag, welches die verschiedenen Aktionen abdeckt, die zur Weiterentwicklung des Themenbereichs Freiheit, Sicherheit und Recht durchgeführt werden, läuft 2010 aus. Im Frühjahr 2009 werden wir in einer Mitteilung das neue Stockholmer Programm 2010-2014 vorstellen. Ich kann Ihnen versichern, dass dieses Programm einen deutlichen Schwerpunkt auf den Aspekt Grundrechteschutz und Opferschutz legen wird – einschließlich der Förderung und des Schutzes der Rechte von Kindern und Frauen.

Obgleich die Kommission bislang noch keine spezielle Strategie zur Bekämpfung der Genitalverstümmelung bei Frauen erarbeitet hat, sind wir entschlossen, unsere Unterstützung für Maßnahmen zu deren Verhinderung fortzusetzen. Wir beabsichtigen zudem, dieses Problem im Rahmen der Innen- und Außenpolitik der EU immer wieder zur Sprache zu bringen.

 
  
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  Der Präsident. – Die Darstellung ist geschlossen.

Die Abstimmung erfolgt am Dienstag, den 24. März 2009.

Schriftliche Erklärungen (Artikel 142)

 
  
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  Véronique Mathieu (PPE-DE), schriftlich.(FR) Jedes Jahr erleiden in Europa 180 000 Migrantenfrauen eine Genitalverstümmelung oder sind der Gefahr einer Genitalverstümmelung ausgesetzt. Es ist wichtig, daran zu erinnern, dass diese Verstümmelungen eine Verletzung der Menschenrechte darstellen, die schwerwiegende physische und psychische Konsequenzen hat. Solche Praktiken können nicht mit kulturellen oder religiösen Traditionen gerechtfertigt werden. Um sie zu stoppen, müssen die Mitgliedstaaten anhand entsprechender Verbote ihrem Strafrecht Geltung verschaffen und dafür sorgen, dass die Verstümmelungspraxis als Straftat eingestuft wird. Gleichzeitig müssen die tatsächlichen und potenziellen Opfer die Möglichkeit haben, rechtliche und medizinische Hilfe zu erhalten.

Die EU muss ihre Unterstützung für diejenigen NRO aufstocken, die bemerkenswerte Arbeit vor Ort in den Bereichen Prävention und Hilfe leisten. Gezielte Information und Bildungskampagnen auf nationaler und europäischer Ebene würde die mit diesen Praktiken verbundenen Tabus brechen und die gefährdeten Familien könnten über die strafrechtlichen Folgen solcher Verstümmelungen aufgeklärt werden. Es ist daher wichtig für die EU, dieses Problem durch die Festlegung gemeinsamer präventiver Schritte zum Verbot der Verstümmelungspraxis in der EU anzugehen und das Verbot in sämtlichen Kooperationsabkommen mit entsprechenden Drittländern zu thematisieren. Genitalverstümmelung ist ein soziales Problem, das uns alle betrifft.

 

25. Mehrsprachigkeit: Trumpfkarte Europas, aber auch gemeinsame Verpflichtung (kurze Darstellung)
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  Der Präsident. – Der nächste Tagesordnungspunkt umfasst den Bericht (A6-0092/2009) von Vasco Graça Moura im Namen des Ausschusses für Kultur und Bildung zum Thema Mehrsprachigkeit: Trumpfkarte Europas, aber auch gemeinsame Verpflichtung (2008/2225(INI)).

 
  
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  Vasco Graça Moura, Berichterstatter.(PT) Die Mitteilung der Kommission mit dem Titel „Mehrsprachigkeit: Trumpfkarte Europas, aber auch gemeinsame Verpflichtung“ reiht sich ein in die bereits lange Serie von Dokumenten, in denen das Parlament, die Kommission, der Rat, der Ausschuss der Regionen sowie der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss das Thema Mehrsprachigkeit von verschiedenen Blickwinkeln aus betrachten.

In meinem Bericht wiederhole ich die zuvor vom Europäischen Parlament angenommenen Positionen und unterstütze generell die Ansicht der Kommission, dass die sprachliche und kulturelle Vielfalt der EU einen enormen Wettbewerbsvorteil darstellt, und dass die Notwendigkeit besteht zur vorbehaltslosen Unterstützung von Sprachenstudien- und Austauschprogrammen im pädagogischen und kulturellen Bereich sowohl innerhalb als auch außerhalb der Union.

Weiterhin weise ich auf die Bedeutung hin, die der Sprache als Faktor der sozialen Integration zukommt. Ich bekräftige die Wichtigkeit des Dialogs mit anderen Regionen der Erde, in Erwägung auch der besonderen Bande, die hinsichtlich Sprache, Geschichte und Kultur zwischen den Ländern der EU und Drittländern bestehen. Ich weise auch auf die Notwendigkeit hin, politische Programme zur Förderung der Sprachmittlerdienste – sowohl im Literaturbereich als auch im technisch-kommerziellen Bereich – zu entwickeln. Ich spreche das Thema Mehrsprachigkeit im audiovisuellen Sektor an, das Erfordernis zur Förderung von Sprachenpädagogen, und die Ausweitung von Sprachenkompetenzindikatoren auf alle offiziellen EU-Sprachen ungeachtet deren gleichermaßen zu erfolgende Ausweitung auf andere in Europe gesprochene und gelernte Sprachen, einschließlich klassischem Griechisch und Latein.

Im Hinblick auf das Erlernen von Fremdsprachen, sowohl in der Schule als auch im Rahmen der Erwachsenenbildung, lege ich unter vielen weiteren Aspekten auch Wert auf die Feststellung, dass die Bildung in der Muttersprache das Fundament für alle weiteren Studien bildet. In Ländern, in denen es mehr als eine offizielle Landessprache gibt, oder in denen neben einer offiziellen Landessprache noch weitere Regionalsprachen existieren, müssen Eltern und Erziehungsberechtigte die Möglichkeit haben, die Sprache, in der ihre Kinder unterrichtet werden sollen, frei zu wählen. Ich lege außerdem Wert auf die Aussage, dass kein Schulkind daran gehindert werden darf, Unterricht in der jeweiligen offiziellen Landessprache zu genießen.

Ich möchte unterstreichen, dass an keiner Stelle in meinem Bericht die Bedeutung von Regional- oder Minderheitensprachen in Frage gestellt wird. Ich erkenne diese Sprachen uneingeschränkt an und respektiere sie. In keinem Moment unternehme ich den Versuch, diese zu behindern. In meinem Bericht gibt es nicht einen einzigen Aspekt, der mit diesen Sprachen nicht kompatibel ist. Allerdings wurde von Abgeordneten der Sozialisten, Liberalen und Grünen eine Alternativ-Entschließung eingebracht, die ganz einfach die drei von mir soeben erwähnten Punkte außer Acht lässt.

Dies hat zur Folge, dass Prinzipien, die mit Grundrechten und den persönlichen Freiheiten zu tun haben, und die in der Europäischen Union seit langem gehütet, akzeptiert und praktiziert werden, aufgrund des Drucks vonseiten galizischer, katalanischer und baskischer Nationalisten nun unvermittelt in Frage gestellt sind. Wenn diese Alternativ-Entschließung angenommen wird, hat das Europäische Parlament diesen Tendenzen Tür und Tor geöffnet.

Die damit verfolgten Absichten sind unmissverständlich klar. In der heutigen Ausgabe der spanischen Tageszeitung El País, kann man auf Seite 37 lesen, dass der Oberste Gerichtshof entschieden hat, dass Eltern bei der Einschulung ihrer Kinder auf dem Anmeldefragebogen mittels eines von den Behörden hinzuzufügenden Auswahlkästchens die Möglichkeit haben sollen anzugeben, in welcher Sprache sie ihr Kind in der Primarstufe unterrichtet wünschen. Diese Bestimmung hat die katalanische Regionalregierung nicht umgesetzt.

Ich bin nicht der Ansicht, dass die genannte Alternativ-Entschließung angenommen werden sollte. Im Gegensatz zu den in meinem Bericht ausgeführten Punkten hat diese Alternativ-Entschließung eine nicht hinnehmbare Begünstigung extremer nationalistischer Tendenzen zur Folge. Außerdem widerspricht sie in inakzeptabler Weise unseren Grundrechten und Freiheiten, und sogar dem Subsidiaritätsprinzip; ganz zu schweigen von der Tatsache, dass dieser Vorschlag auch den Prinzipien konträr läuft, die in vorangegangenen Entschließungen des Europäischen Parlaments und des Rates niedergelegt und seither nie in Frage gestellt worden sind.

Ich mahne daher dieses Haus zu großer Vorsicht. Die eingebrachte Alternativ-Entschließung muss abgelehnt und mein Bericht angenommen werden, wie dies bereits am 17. Februar im Ausschuss für Kultur und Bildung mit 20 Ja-Stimmen, 3 Gegenstimmen und 8 Enthaltungen geschehen ist.

Herr Präsident, die Europäische Union muss ein Hort der Achtung von Demokratie und Pluralismus sein und darf keinen Platz bieten für Ausgrenzung und die widersinnige Beschneidung fundamentaler Rechte und Freiheiten.

 
  
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  Louis Michel, Mitglied der Kommission. – (FR) Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Zuerst möchte ich mich bei Vasco Graça Moura für seinen Initiativbericht zur Mehrsprachigkeit bedanken.

Dieser Bericht unterstützt den Ansatz der Kommission und legt einen Schwerpunkt auf die Qualität der Sprachenpädagogik und der Lehrer. Er spricht sich für einen integrierten Ansatz aus, um sämtliche Bevölkerungsschichten zu erreichen, und für eine sprachliche Vielfalt, während er unser Verständnis in Bezug auf die Rolle der Medien und der Literaturübersetzung fördert, sowie für die Pflege sprachlicher und kultureller Bande zu Drittländern.

Ich teile die Ansicht des Berichterstatters, dass die Mehrsprachigkeit angesichts der Vielfalt der Kommunikationsmöglichkeiten, einer wachsenden Mobilität und Migration sowie aufgrund der wachsenden Globalisierung großen Einfluss auf das tägliche Leben der Bürger Europas hat.

Das Prinzip Muttersprache plus zwei Fremdsprachen, sowie das Erlernen einer Fremdsprache schon von einem frühen Alter an sind die Referenzpunkte unserer Mehrsprachenpolitik. Unser Ansatz basiert auf diesem etablierten Recht. Er unterstreicht die Bedeutung des lebenslangen Lernens, und sein Ziel ist die Einbeziehung auch der schwächsten Gruppen in unserer Gesellschaft. Ich denke hier insbesondere an diejenigen Menschen, die ihre Ausbildung abgebrochen haben, an Einwanderer und jene, die nur eine Sprache sprechen, oder die sprachlich weniger begabt sind.

Zusätzlich möchten wir unsere Bemühungen intensivieren mit Blick auf Auszubildende, Erwachsene sowie ältere Menschen, die sich nicht mehr im Bildungsprozess befinden, und die Gefahr laufen, den Anschluss an aktuelle Entwicklungen zu verlieren.

Ich begrüße Ihre Unterstützung für unseren Ansatz. Um diese Zielgruppen zu erreichen, sind sowohl die individuelle Motivation als auch die Umsetzung geeigneter Lehrmethoden wesentlich. Neue Technologien wie das Internet und interaktive audiovisuelle Medien bieten viele Möglichkeiten, um diese Zielgruppen zu erreichen und die Lernmethoden entsprechend deren besonderen Erfordernissen und Fähigkeiten anzupassen. Auf europäischer Ebene fördert unser Programm Lebenslanges Lernen alle Sprachen: die offiziellen Sprachen der Europäischen Union, regionale und Minderheitensprachen sowie andere in der Welt gesprochene Sprachen. Dies spiegelt die neue Realität in der Union wider und auch die linguistischen Erfordernisse unserer Bürger.

In einem Kontext wachsender Mobilität und Migration ist es für die Menschen ganz wichtig, die jeweilige Landessprache beziehungsweise die jeweiligen Landessprachen zu beherrschen, um sich in vollem Umfang in die Gesellschaft integrieren zu können. Ich möchte in diesem Zusammenhang allerdings betonen, dass es die Mitgliedstaaten sind, die in Bezug auf ihre Sprachenpolitik die Entscheidungen treffen. Dies gilt auch hinsichtlich ihrer Regional- und Minderheitensprachen, deren rechtliche Rahmenbedingungen in der Europäischen Charta der Regional- oder Minderheitensprachen des Europarats niedergelegt sind.

Ich begrüße die allgemeine Unterstützung, die das Parlament unserem Ansatz der Mehrsprachigkeit gewährt hat.

 
  
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  Der Präsident. – Die Darstellung ist geschlossen.

Die Abstimmung erfolgt am Dienstag, den 24. März 2009.

Schriftliche Erklärungen (Artikel 142)

 
  
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  Corina Creţu (PSE), schriftlich.(RO) Die linguistische und kulturelle Vielfalt der 27 Mitgliedstaaten der EU ist der Verständigung und Kooperation förderlich. Gleiches gilt für die grenzüberschreitende Mobilität von Arbeitskräften und die Aneignung europäischer Werte. Es ist wichtig, die Politik der EU ständig zu verbessern mit dem Ziel, die Bildung in der Muttersprache zu fördern und die vollständige gegenseitige Verständigung zwischen den Sprachen sicherzustellen. Wir brauchen die Kooperation zwischen nationalen Behörden und der Europäischen Kommission, um möglichst effiziente Praktiken implementieren zu können, damit die Integration durch die Akzeptanz linguistischer Unterschiede erreicht werden kann.

Rumänien ist einer der EU-Mitgliedstaaten, der für seine Minderheiten ein Maß an Schutz und Unterstützung garantiert, das über dem europäischen Durchschnitt liegt, indem es die Bildung in deren eigenen Sprachen fördert. Die Babeş-Bolyai Universität in Cluj-Napoca ist ein hervorragendes Beispiel für die Förderung der Mehrsprachigkeit.

Leider sind Demonstrationen organisiert worden, sogar im Europäischen Parlament, und es sind Initiativen gestartet worden, die zur Auflösung der Babeş-Bolyai-Universität aufgerufen haben mit der Begründung, es habe unzulässige Diskriminierungen aufgrund ethnischer Trennung gegeben. Daher möchte ich Ihre Aufmerksamkeit auf die Gefahr richten, die durch die Verschlechterung in der Tonlage bei der Debatte über ethnische Angelegenheiten droht. Die Achtung der Minderheitenrechte und die Förderung der Mehrsprachigkeit dürfen nicht pervertiert werden, indem man sie als Vorwand benutzt, um Handlungen gegen den europäischen Geist und die interethnische Harmonie vorzunehmen. Die Mehrsprachigkeit muss ein gemeinsamer Nenner sein und nicht ein Faktor zur Spaltung der Europäischen Union.

 
  
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  Gabriela Creţu (PSE), schriftlich.(RO) Es gibt praktische Argumente für die Unterstützung der Mehrsprachigkeit. Sie vermindert das Risiko der Arbeitslosigkeit, erhöht die Chancen, Arbeit zu finden, trägt zur Qualitätsverbesserung von Dienstleistungen bei, steigert die Arbeitsproduktivität und erleichtert die Mobilität. Wir alle kennen diese Argumente, und die Meinungen stimmen in dieser Hinsicht tendenziell miteinander überein.

Ich möchte an dieser Stelle die Bedeutung eines anderen Grundes für das weitere Festhalten an der Mehrsprachigkeit und den damit verbundenen Maßnahmen betonen.

Die Mehrsprachigkeit trägt zur Bejahung von Werten und Haltungen bei, die für das europäische Sozialmodell wesentlich sind: gegenseitiges Verständnis, Vertrauen und Solidarität. Sie kann helfen, in einer diversen Welt Einheit wirkungsvoll zu erreichen.

In dieser Hinsicht insistieren wir auch auf der Notwendigkeit, die sprachliche Diversität in Europa zu erhalten. Eine Möglichkeit, dieses Ziel zu erreichen, bestünde darin, als zweite Fremdsprache Sprachen zu erlernen, die keine internationalen Sprachen sind. So können die Sprachen der jeweiligen Nachbarländer erlernt werden, oder die Sprachen der ethnischen Minderheiten im eigenen Land. Gleichermaßen könnten die Sprachen der Länder mit aufstrebenden Volkswirtschaften erlernt werden, mit denen gute Beziehungen unterhalten werden.

Ich möchte gerne meiner Überzeugung Ausdruck verleihen, dass sich die positiven Effekte solch einer Politik im Nachhinein im alltäglichen Leben zeigen werden.

 
  
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  Silvana Koch-Mehrin (ALDE), schriftlich. Die Sprachenvielfalt ist wichtig. Sie ist in der Europäischen Union alltäglich Realität und erlangt zunehmende Bedeutung in den Beziehungen zwischen den Mitgliedstaaten, im Zusammenleben in unseren multikulturellen Gesellschaften und in den gemeinsamen Politikmaßnahmen der Europäischen Union. Allerdings liegt in der Sprachenpolitik die Entscheidungsbefugnis in erster Linie bei den Mitgliedstaaten. Es gehört nicht zu den Kompetenzen des Europäischen Parlaments die Vorgaben und Empfehlungen für die Sprachenpolitik zu geben. Die Tatsache, dass die EU einen Kommissar für Mehrsprachigkeit hat, macht deutlich, dass eine Reform der Kommission unabdingbar ist wobei die Anzahl der Kommissare unter der Anzahl der Mitgliedstaaten liegen muss.

 
  
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  Iosif Matula (PPE-DE), schriftlich.(RO) Ich möchte Vasco Graça Moura für die Art und Weise gratulieren, wie er in seinem Berichtsentwurf erfolgreich allgemeine, regionale und selbst lokale Interessen miteinander kombiniert hat.

Ich selbst habe vorgeschlagen, dass Bürger, die einer Volksgruppe angehören, die eine Minderheitensprache spricht, die offizielle Landessprache des Staates, in dem sie leben, ordentlich erlernen sollten. Dies wäre sicher von Vorteil bei der Arbeitssuche und hinsichtlich einer guten sozialen Integration. Leider wurde der entsprechende Antrag im zuständigen Ausschuss nicht gebilligt. Dennoch bin ich nach wie vor fest davon überzeugt, dass dies sehr nützlich wäre.

Andererseits schlug ich vor, dass Amtsträger, die im Rahmen ihrer Tätigkeit in häufigen Kontakt mit Bürgern aus anderen Mitgliedstaaten treten, dazu ermuntert werden sollten, eine zweite europäische Sprache zu erlernen. Ich denke, dies wäre von Nutzen, auch unter dem Blickwinkel der Migration von Arbeitskräften in gesamt Europa, und auch hinsichtlich der Mobilität für touristische Zwecke.

Dies ist die einzige Möglichkeit, wie wir die Kommunikation und die interkulturelle Verständigung fördern können, die zu den Grundwerten der Europäischen Union zählen.

 

26. Tagesordnung der nächsten Sitzung: siehe Protokoll
Video der Beiträge

27. Schluss der Sitzung
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(Die Sitzung wird um 23.05 Uhr geschlossen.)

 
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