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Verfahren : 2008/2160(INI)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadium in Bezug auf das Dokument : A6-0103/2009

Eingereichte Texte :

A6-0103/2009

Aussprachen :

PV 25/03/2009 - 11
CRE 25/03/2009 - 11

Abstimmungen :

PV 26/03/2009 - 4.10
CRE 26/03/2009 - 4.10
Erklärungen zur Abstimmung
Erklärungen zur Abstimmung

Angenommene Texte :

P6_TA(2009)0194

Ausführliche Sitzungsberichte
Mittwoch, 25. März 2009 - Straßburg Ausgabe im ABl.

11. Stärkung der Sicherheit und der Grundfreiheiten im Internet (Aussprache)
Video der Beiträge
Protokoll
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  Der Präsident. Als nächster Tagesordnungspunkt folgt der Bericht von Stavros Lambrinidis, im Namen des Ausschusses für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres, mit einem Vorschlag für eine Empfehlung des Europäischen Parlaments an den Rat zur Stärkung der Sicherheit und der Grundfreiheiten im Internet (2008/2160(INI)) (A6-0103/2009).

 
  
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  Stavros Lambrinidis, Berichterstatter. − (EL) Herr Präsident, wir leben in einer Zeit, in der alle – Regierungen, Privatunternehmen und sogar Kriminelle – danach trachten, in größtmöglichem Maße Zugang zu unseren elektronischen Daten und unserem Privatleben zu erlangen.

Insbesondere das Internet gibt Details zu unserem Privatleben preis, was noch vor einigen Jahren unvorstellbar war. Gleichzeitig wird immer deutlicher, dass das neue Medium auch unsere Möglichkeiten zur Ausübung unserer Grundrechte wie Redefreiheit, Freiheit zum politischen Handeln, freie Zugänglichkeit von Wissen und Bildung sowie Vereinigungsfreiheit erweitert.

Weniger deutlich erkennbar ist, dass die Gefahr besteht, dass diese Freiheiten im Ergebnis der Nutzung des Internets verletzt werden. Als Beispiel für solche Verletzungen kann die heimliche Überwachung unserer Aktivitäten im Internet durch Regierungen, Privatunternehmen und sogar Kriminelle genannt werden. Noch weniger klar ist, wie wir hier ein Gleichgewicht herstellen und das Internet so regulieren können, dass wir seine Vorteile nutzen, die von ihm ausgehenden offensichtlichen Gefahren aber auch begrenzen können.

Mit meinem Bericht versuche ich, Antwort auf diese Fragen zu geben. Unter anderem:

- rufe ich erstens in dem Bericht dazu auf, mit einer europäischen Initiative eine globale Bill of Rights für das Internet zu schaffen;

- wird zweitens mit dem Bericht die Notwendigkeit eines effektiven, aber proportionalen Kampfs gegen alte und neue Formen von Cyberkriminalität wie Identitätsdiebstahl und Schutz von geistigen Eigentumsrechten signalisiert. Gleichzeitig weise ich aber auch darauf hin, dass die Gesetzgebung nicht zu einer systematischen Überwachung aller Bürger führen darf, ungeachtet dessen, ob sie verdächtig oder unverdächtig sind, oder ob sie sich richtig oder falsch verhalten, denn das wäre ein eklatanter Eingriff in ihre Privatsphäre;

- werden drittens mit dem Bericht die Regierungen dazu aufgerufen, das Recht auf Internetzugang auch den ärmsten Bürgen in den abgelegensten Regionen einzuräumen;

- wird viertens darauf hingewiesen, dass elektronisches Analphabetentum die neue Form des Analphabetentums im 21. Jahrhundert sein wird. Diese Form mangelnder Bildung wird ähnlich gravierende Auswirkungen auf die betreffende Person haben, wie die Unfähigkeit zum Lesen und Schreiben im 20. Jahrhundert hatte. Deshalb wird in dem Bericht darauf hingewiesen, dass der Zugang zum Internet ein Grundrecht ist, das dem Recht auf Schulbildung gleichzusetzen ist;

- wird fünftens dazu aufgerufen, Maßnahmen zu ergreifen, um die Anzahl der Fälle, in denen Computernutzer eine Zustimmung abgeben müssen, zu verringern. Auf diesen Punkt möchte ich nun näher eingehen.

Die Frage der Zustimmung ist sehr kompliziert. Wenn wir sie nicht umgehend lösen, wird sie uns in der Zukunft immer wieder beschäftigen. Gestatten Sie mir dazu ein Beispiel: Vor einigen Jahrzehnten wusste außer meiner Familie und meinen engsten Freunden keiner, welche Tageszeitung ich lese. Dies versuchten die Geheimdienste – insbesondere in Diktaturen – herauszufinden, so dass sie mich ggf. als politisch missliebig erfassen konnten. Sie konnten also sagen: Herr Lambrinidis liest diese und jene Tageszeitung. Deshalb muss er Kommunist oder pro-amerikanisch eingestellt sein. Wenn ich heute eine Tageszeitung lese, hinterlasse ich immer eine Spur. Private Unternehmen können bestimmte elektronische Aufzeichnungen „abgleichen“, sie können ein Profil von mir anlegen, in dem meine politischen Grundüberzeugungen, meine Essgewohnheiten und sogar mein Gesundheitszustand enthalten sind. Lässt die Tatsache, dass ich diese Websites besuche, den Schluss zu, dass ich meine Gesellschaft um 40 Jahre in ihrer Entwicklung zurückversetzen möchte?

Wir müssen unbedingt intelligente Gesetze verabschieden, die einen Ausgleich zwischen der Bekämpfung von Straftaten und dem Schutz von Rechten im elektronischen Zeitalter schaffen. Diesen Ausgleich zu schaffen, wirkt auf den ersten Blick schwierig. Dem ist nicht so. Der Ausgleich kann geschaffen werden. Wir müssen aufhören, den Cyberspace als einen Raum zu betrachten, der sich außerhalb unseres Alltagslebens befindet und irgendetwas Separates darstellt. Er ist ein Teil unseres Lebens. Das heißt: Alle Rechte und Schranken, die für die Polizei und für Privatunternehmen im Internet gelten, müssen auch außerhalb gelten. Anderenfalls riskieren wir die Aufgabe der Freiheit zugunsten der Sicherheit, bis wir schließlich weder Freiheit, noch echte Sicherheit haben.

Abschließend möchte ich den Schattenberichterstattern hier im Hause recht herzlich für ihre wertvolle Unterstützung danken. Außerdem danke ich allen Abgeordneten im Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres für die einhellige Zustimmung, die dieser Bericht bei allen Parteien fand. Ich freue mich auch auf die Zustimmung des Plenums zum Bericht.

 
  
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  Ján Figeľ, Mitglied der Kommission. Herr Präsident, ich möchte nicht nur dem Parlament im Allgemeinen danken, sondern insbesondere Herrn Stavros Lambrinidis für diesen wichtigen Bericht. Er leistete damit zur richtigen Zeit einen Beitrag zur Förderung von Grundfreiheiten und zu einer größeren Sicherheit im Internet.

In den modernen Gesellschaften und Volkswirtschaften hat die Bedeutung des Internets immer mehr zugenommen und beeinflusst inzwischen viele Bereiche unseres Lebens. Das gewaltige Tempo der technischen Entwicklung nimmt weiter zu. Gleichzeitig stehen wir vor gewaltigen Herausforderungen, die bewältigt werden müssen, wenn wir die Möglichkeiten des Internets uneingeschränkt nutzen und die Informationssicherheit gewährleisten möchten.

Insbesondere teilen wir Herrn Lambrinidis’ Bedenken hinsichtlich des Schutzes persönlicher Daten. Diese Thematik ist für Internet-Nutzer von größter Bedeutung. Lassen Sie mich versichern, dass die Kommission auch weiterhin einen aktiven Beitrag dazu leisten wird, die Grundrechte und -freiheiten der Bürger zu stärken. Insbesondere gilt es, ein hohes Niveau des Schutzes der Privatsphäre und der persönlichen Daten zu gewährleisten, und zwar sowohl im Internet, als auch in anderen Zusammenhängen.

Ich bin der festen Überzeugung, dass ein adäquater Schutz der Privatsphäre keinen Widerspruch zur notwendigen Gewährleistung einer größeren Sicherheit darstellt. Beide Ziele können und sollten gemeinsam verfolgt werden.

Die Stabilität und Sicherheit des Internets gehörte zu unseren Prioritäten auf dem Weltgipfel zur Informationsgesellschaft im Jahre 2005, und wir fahren mit der Umsetzung dieser Ziele fort. Diese Themen werden demnächst auch im Rahmen einer neuen Strategie zum Schutz kritischer Informationsinfrastrukturen präsentiert. Damit soll der Schutz Europas vor Großangriffen aus dem Internet und größeren Unterbrechungen der Verfügbarkeit des Internets gestärkt werden. Bestandteil dieser Strategie ist auch ein Aktionsplan, mit dem eine Roadmap zur Förderung der Prinzipien und Richtlinien definiert wird, die die Stabilität und Zuverlässigkeit des Internets stärken sollen.

Teil dieser Strategie wird auch die strategische Zusammenarbeit mit Drittstaaten sein. Das betrifft insbesondere den Dialog zu Fragen der Informationsgesellschaft als Instrument zum Aufbau eines globalen Konsenses auf diesem Gebiet. Gleichzeitig ist die Kommission davon überzeugt, dass der Respekt gegenüber Grundfreiheiten, beispielsweise der Meinungsfreiheit im Internet, gestärkt werden muss.

Beide Ziele schließen einander nicht aus. In Ihrem Bericht wird auch auf die Möglichkeit eingegangen, globale Standards für Datenschutz und Redefreiheit zu erarbeiten. Die Kommission nimmt an den jährlichen internationalen Konferenzen der Datenschutzbeauftragten teil und verfolgt die laufenden Arbeiten an möglicherweise zukünftig einzuführenden internationalen Standards zur Sicherung der Privatsphäre und zum Schutz der persönlichen Daten. Wir möchten dazu beitragen, dass die hohen Datenschutzstandards, von denen die EU-Bürger derzeit profitieren, weiter gestärkt werden.

Was die Redefreiheit betrifft, so wird die Kommission auch weiterhin in internationalen Foren zum Schutz dieses Grundrechts beitragen. In neuen Gesetzen sehen wir derzeit keine Lösung, um Fortschritte auf diesem Gebiet zu erreichen. Schließlich wurden zu diesem Thema bereits eine ganze Reihe verbindlicher internationaler Abkommen abgeschlossen. Derzeit bin ich der Meinung, dass es nützlich wäre, gründlich über geeignete Wege zur Stärkung der aktuell geltenden Gesetzgebung nachzudenken. Gleiches gilt für die Umsetzung. Dabei sollten auch die globalen Akteure aus der Wirtschaft einbezogen und unterstützt werden. Ziel ist es, die Rollen und Verantwortlichkeiten beim Schutz und bei der Stärkung der Meinungsfreiheit im Internet weltweit zu stärken.

Gestatten Sie mir, meine Ausführungen mit einer allgemeinen Bemerkung zu beenden. Ich bin der Meinung, dass wir uns den ernsthaften Herausforderungen dieses Berichts stellen und dafür sorgen sollten, dass die Wahrnehmung von Rechten und Freiheiten im Internet nicht übermäßig eingeschränkt wird.

Beispielsweise ist eine ganzheitliche Herangehensweise seit 2006 ein Grundelement der Strategie der Kommission für eine sichere Informationsgesellschaft. Dadurch wird einerseits die Koordination unter den Beteiligten gewährleistet, aber auch anerkannt, dass jeder von ihnen konkrete Rollen und Verantwortlichkeiten wahrzunehmen hat. Wir alle sind dafür verantwortlich sicherzustellen, dass unsere Maßnahmen im Internet die Sicherheit Dritter in diesem Medium nicht ungemessen einschränken, sondern nach Möglichkeit sogar fördern.

Es entspricht folglich dem Geist der Kooperation, dass die Kommission diesen Bericht begrüßt und unterstützt.

 
  
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  Manolis Mavrommatis, Verfasser der Stellungnahme des mitberatenden Ausschusses für Kultur und Bildung. − (EL) Herr Präsident, Herr Kommissar, sehr verehrte Damen und Herren, zunächst möchte ich dem Berichterstatter, Herrn Stavros Lambrinidis, für seinen wichtigen Bericht und seine Bemühungen zur Gewährleistung des Schutzes persönlicher Daten danken. Ich versichere Ihnen, dass dieses Prinzip von der Mehrheit von uns respektiert wird, darunter auch von mir persönlich.

Als Verfasser der Stellungnahme des mitberatenden Ausschusses für Kultur und Bildung bin ich der Meinung, dass das Internet eine ausgezeichnete Plattform zur Verbreitung von Kultur und Wissen ist. Ich betone diesen Aspekt auch, um allen meinen ehrenwerten Freunden im Kulturausschuss zu danken, die meiner Stellungnahme zugestimmt haben.

Beispielhaft sei darauf verwiesen, dass Menschen in aller Welt problemlos auf digitale Museumsarchive, elektronische Versionen von Büchern, Musik und audiovisuelle Materialien zugreifen können. Leider sind kulturelle Materialien im riesigen Universum des Internets nicht adäquat geschützt. Piraterie von geistigem Eigentum ist eher die Regel als die Ausnahme. Die Autoren sind die großen Verlierer der illegalen Weitergabe ihrer schöpferischen Werke. Das Problem betrifft also vor allem Dichter, Songwriter, Komponisten, Produzenten sowie allgemein Angehörige kreativer Berufe.

Drei Dinge tragen zur Verbreitung von Piraterie bei: die technischen Möglichkeiten, zu niedrigen Kosten bei der Anfertigung von Kopien, ungünstige wirtschaftliche Bedingungen und die allgemeine Verfügbarkeit im Internet.

Durch den Änderungsantrag 4 wird die Empfehlung des Kulturausschusses aufgegriffen, einen gerechten Ausgleich zwischen den Rechten und Freiheiten aller betroffenen Parteien zu schaffen und die grundlegenden Persönlichkeitsrechte gemäß der Grundrechtecharta der Europäischen Union auch im Rahmen einer breiten Nutzung des Internets zu gewährleisten.

Wir unterstützen diesen Änderungsantrag, denn er wiederholt, dass alle Menschenrechte gleichermaßen wertvoll und damit auch gleichermaßen schutzwürdig sind.

 
  
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  Nicolae Vlad Popa, im Namen der PPE-DE-Fraktion. – (RO) Dieser Bericht ist ein Ergebnis der Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedern dieses Hauses. Deshalb möchte ich meinen Kolleginnen und Kollegen recht herzlich danken. Mein besonderer Dank gilt Herrn Lambrinidis, sowie Frau Gacek, Herrn Alvaro, Frau Segelström und Herrn Mavrommatis, mit denen ich auch als Schattenberichterstatter zusammenarbeiten durfte.

Ich denke, dass dieser Bericht die Schwerpunkte zur Stärkung der Sicherheit und der grundlegenden Menschenrechte im Internet beinhaltet. Zu diesem Zweck wird auf den Schutz der Rechte verwiesen, die aufgrund geltender Bestimmungen bestehen, einschließlich ihrer digitalen Aspekte, aber auch auf die Anerkennung und Weiterentwicklung neuer Prinzipien zur Kontrolle des Internets.

Der Text wahrt eine gute Balance zwischen dem Schutz der Meinungsfreiheit und der Notwendigkeit, den Kampf gegen Cyberkriminalität fortzusetzen. Gleichzeitig wird aber auch auf die Problematik einer exzessiven Überwachung von Internetaktivitäten eingegangen, aus der sich eine neue Form der Zensur entwickeln kann.

Auch auf Fragen der Nutzung des Internets für die Aus- und Weiterbildung, das E-Learning, die Definition der digitalen Identität, die Anerkennung der Rechte der Benutzer an den von ihnen im Internet veröffentlichten Inhalten sowie den Schutz der persönlichen Daten wird eingegangen. In Bezug auf den letztgenannten Aspekt wird insbesondere die Möglichkeit hervorgehoben, Nutzern die Möglichkeit zum permanenten Löschen der von ihnen selbst veröffentlichten Inhalte zu geben.

Das sind sensible Themen, insbesondere angesichts der aktuellen Situation, in der soziale Netzwerke bei jungen Leuten, aber auch in anderen Altersgruppen immer populärer werden. Deshalb habe ich meine Kolleginnen und Kollegen nachdrücklich gebeten, mit voller Überzeugung für diesen Bericht zu stimmen.

 
  
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  Inger Segelström, im Namen der PSE-Fraktion. – (SV) Herr Präsident, gestatten Sie mir, dass ich zunächst Herrn Lambrinidis und allen anderen Abgeordneten danke, die im Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres mitarbeiten, der einen so konstruktiven, durchdachten Bericht verfasst hat. Darüber hinaus möchte ich recht herzlich für die Unterstützung meiner Änderungsanträge danken. Das Ziel einer Stärkung der Benutzer- und Verbraucherrechte wird damit nachdrücklich unterstützt.

Der Abschnitt zum Einsatz der Technologie, beispielsweise bei der Überwachung des Internetverkehrs, ist sehr wichtig. Es ist gut, dass das Europäische Parlament nun ausdrücklich die Priorität des Schutzes der Privatsphäre und der Menschenrechte der Bürger hervorhebt.

Im Bericht wird deutlich darauf hingewiesen, dass der Internetverkehr nur beim Verdacht einer Straftat überwacht werden darf, und zwar im Rahmen eines rechtlichen Prozesses auf der Grundlage eines Gerichtsbeschlusses. Das ist eine wichtige Basis für die Kontrolle der Einhaltung der bürgerlichen Rechte. Die mit dem Bericht auf den Weg gebrachten Maßnahmen kommen keine Minute zu früh.

Überrascht bin ich von den Änderungsvorschlägen, die von den Mitgliedern der Fraktion der Europäischen Volkspartei (Christdemokraten) und Europäischer Demokraten und der Allianz der Liberalen und Demokraten für Europa eingebracht wurden. Eine Umsetzung dieser Vorschläge wäre mit einer Schwächung der Bürgerrechte und der Privatsphäre der Bürger verbunden. Diese Fraktionen haben es versäumt, kritisch zu hinterfragen, welche negativen Begleiterscheinungen mit dem technischen Fortschritt verbunden sein können, wenn wir unachtsam sind.

Selbstverständlich müssen Straftaten im Internet und solche Straftaten wie der Missbrauch von Kindern und Jugendlichen bekämpft werden. Wesentlich in diesem Zusammenhang ist jedoch beispielsweise, dass die konservative schwedische Regierung mit dem so genannten FRA-Gesetz eine Vorschrift auf den Weg gebracht hat, die die Überprüfung unbescholtener Bürger gestattet. Dabei müsste es genau umgekehrt sein: Die Bürger sollten uns überprüfen. Der Bericht ist eine schallende Ohrfeige für die konservative schwedische Regierung, die wider alle Kritik das FRA-Gesetz in Schweden in Kraft setzte. Die schwedischen Behörden sind nun berechtigt, den Internetverkehr auch ohne den Verdacht einer Straftat oder eine Gefahr für die Sicherheit einzelner Personen oder der Gesellschaft zu überwachen.

Ich gehe davon aus, dass die schwedische Regierung nach der morgigen Entscheidung noch einmal nachdenkt und dafür sorgt, dass das Gesetz geändert wird. Anderenfalls befindet es sich im Widerspruch zur Haltung des Europäischen Parlaments und der gewählten Volksvertreter aus den 27 Mitgliedstaaten der EU.

 
  
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  Alexander Alvaro, im Namen der ALDE-Fraktion. – Herr Präsident! Zuerst möchte ich meinem Kollegen Stavros Lambrinidis meinen Glückwunsch für die Arbeit aussprechen, die er geleistet hat. Im Rahmen der Erarbeitung dieses Berichts hat er sämtliche Schattenberichterstatter voll einbezogen und im Rahmen seiner Möglichkeiten versucht, Kompromisse herbeizuführen.

Dieser Bericht, der sich mit den wichtigen Fragen der Informationsgesellschaft befasst, ist ein wesentlicher Schritt hin zur Schaffung eines Internets, in dem sowohl die Sicherheit unserer Bürger als auch deren Grundfreiheiten gewährleistet sind. Die Grenzen von Freiheit und Sicherheit enden nicht an den Grenzen der virtuellen Welt. Er hat in seinem Bericht der Bekämpfung von Cyberkriminalität, Kinderpornographie, Identitätsdiebstahl und Betrug sowie von Urheberrechtsverletzungen Rechnung getragen. Er hat versucht, Europol einzubinden, und macht klar, dass die geltenden Gesetze der reellen Welt auch in der virtuellen Welt gelten müssen.

Gleichzeitig hat er es geschafft, ein ausgewogenes Verhältnis herzustellen, nämlich zwischen dem Schutz der Rechte der Bürger, Meinungsfreiheit, Datenschutz und dem Recht auf vollständige Löschung der Daten im Internet. Denn bis heute vergisst das Internet nicht! Und einige von uns können froh sein, dass das Internet noch nicht existierte, als wir im Alter von 13, 14, 15 oder 16 Jahren waren, in dem man Jugendsünden begeht, die man heute nicht auf Youtube oder Facebook wiederfinden möchte.

Er hat den Zugang zu Informationen und vor allem den Zugang zum Internet sowie den Respekt vor geistigem Eigentum hervorgehoben. Ich bin mir bewusst, dass der Bericht vielen Kollegen in Bezug auf den Schutz des geistigen Eigentums und der Urheberrechte nicht weit genug geht. Aber lassen Sie uns daran arbeiten, wenn die Richtlinie zum IP-enforcement kommt, lassen Sie uns an der Stelle diese Punkte betonen.

In diesem Bericht ist klargestellt worden, dass Zensur im Internet oder die Sperrung des Zugangs zum Netz, wie auch in einigen Mitgliedstaaten in Europa vorgesehen oder schon umgesetzt, keine Maßnahmen sind, die unserer aufgeklärten Gesellschaft würdig sind. Und er hat auch klargestellt, dass die Europäische Union nicht dem Beispiel totalitärer Staaten folgt und ihre Bürger von Informationen abschneidet oder ihnen vorschreibt, was sie zu wissen haben.

Ich freue mich, dass das hier ein ausgewogener Bericht geworden ist, der den Erfordernissen einer Informationsgesellschaft Rechnung trägt, und würde mich freuen, wenn nicht nur meine Fraktion, sondern auch andere diesen Bericht morgen möglichst breit unterstützen würden, damit wir eine Zukunft des Internets im Interesse der Bürger erarbeiten können.

 
  
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  Roberta Angelilli, im Namen der UEN-Fraktion. – (IT) Herr Präsident, sehr verehrte Damen und Herren, andere Kolleginnen und Kollegen haben bereits darauf hingewiesen, dennoch möchte ich es an dieser Stelle wiederholen: Das Internet sollte weder kriminalisiert noch zensiert werden, denn es bietet große Möglichkeiten zur Kommunikation, zum Aufbau sozialer Kontakte, zur Information und zum Wissenserwerb. Notwendig ist allerdings die Entwicklung einer globalen Strategie zur Bekämpfung der Cyberkriminalität.

Besonders wichtig ist der Schutz der Kinder. Deshalb müssen Eltern und Lehrer über die möglichen neuen Gefahren aus dem Internet aufgeklärt und informiert werden. Diese Ziele muss Europa effektiv umsetzen. In diesem Zusammenhang möchte ich dem Berichterstatter für seine gut Arbeit danken.

Trotz der bereits bestehenden Strafen und eines aufgrund der Gesetze der Mitgliedstaaten recht hohen Niveaus der Sicherheit vor Missbrauch und sexueller Ausbeutung von Kindern sowie vor Kinderpornographie im Internet sind weitere Anstrengungen notwendig. Der Schutz der Kinder muss weiter verbessert werden, nicht zuletzt aufgrund der laufenden Entwicklung neuer Technologien, insbesondere des Internet, sowie neuer Formen der Aufnahme von Kontakten zu Kindern zu Missbrauchszwecken im Internet durch Pädophile.

Aus diesem Grund habe ich eine Änderung des Berichts beantragt. Die Mitgliedstaaten sollten ausdrücklich aufgerufen werden, ihre Gesetzgebung an die Nutzung des Internet durch Minderjährige anzupassen. Diesem Ziel dient insbesondere die Einführung eines Straftatbestands der Kontaktaufnahme zu Missbrauchszwecken, wie er im Übereinkommen des Europarats zum Schutz von Kindern vor sexueller Ausbeutung und sexuellem Missbrauch vom Oktober 2007 definiert wurde.

 
  
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  Eva-Britt Svensson, im Namen der GUE/NGL-Fraktion. – (SV) Herr Präsident, ich möchte Herrn Lambrinidis sehr für seine Erfolge in dem Bemühen danken, einerseits die Sicherheit im Internet zu gewährleisten, andererseits aber auch die unschätzbaren Grundrechte zu schützen und zu respektieren. Ich gehe davon aus, dass der mit diesem Bericht gestärkte Schutz der Grundrechte noch weiter ausgebaut wird, wenn wir eine Entscheidung zum Telekommunikationspaket treffen. Es gibt einen klaren Zusammenhang zwischen diesem Bericht und dem Telekommunikationspaket. Ich hoffe, dass wir in diesem Moment auch dahingehend übereinstimmen, dass der Schutz der bürgerlichen Freiheiten ein wichtiges Anliegen ist.

Wie mehrere Kolleginnen und Kollegen bereits gesagt haben: Das Internet hat die Möglichkeiten zur freien Meinungsäußerung deutlich verbessert. Menschen, die anderweitig keinen Zugang zu Diskussionsforen einer breiteren Öffentlichkeit hätten, können nun selbst Diskussionen anregen und verfolgen. Damit wird das Internet zu einer neuen Plattform des Meinungsaustauschs, die im Interesse einer politischen Mobilisierung der Menschen dringend benötigt wird. Die Möglichkeiten der Bürger, das Handeln der politischen Entscheider kritisch zu hinterfragen, haben sich dadurch deutlich gebessert. Wichtig ist nun, dass die Bürger auch in die Lage versetzt werden, die Arbeit gesetzgebender Instanzen und anderer Machtinstanzen zu kontrollieren. Auch der Zugang der Menschen zu Wissen hat sich durch das Internet deutlich verbessert. Vor allem aber verfügen wir mit dem Internet über eine neue Möglichkeit des Austauschs und der Kontaktaufnahme mit Menschen aus anderen Kulturkreisen und anderen Teilen der Welt.

Bei der Diskussion dieses Themas muss auch erwähnt werden, wie wichtig es ist, eine echte Meinungsfreiheit zu sichern und den Schutz vor Zensur und vor der Kontrolle von Meinungen, Informationen und Meinungsbildungsprozessen zu garantieren. Grundrechte wie Meinungsfreiheit und das Recht auf Schutz der Privatsphäre sind wichtige Elemente der Demokratie. Sie müssen zu allen Zeiten geschützt und respektiert werden. Das Internet ist heute ein wichtiger Faktor in unserer demokratischen Gesellschaft und sollte es auch bleiben.

Ich bitte Sie deshalb, gegen den Änderungsantrag 5 zu stimmen, der darauf abzielt, den Text „sicherstellen, dass das Ausdrücken kontroverser politischer Grundüberzeugungen über das Internet nicht Gegenstand der Strafverfolgung wird“ zu streichen. Eine Annahme dieses Änderungsantrags wäre ein Rückschlag für die Demokratie. Denn wer entscheidet, was „kontroverse politische Grundüberzeugungen“ sind? Unterschiedliche politische Ansichten frei äußern zu können, ist eines der Grundrechte der Demokratie.

Wichtig ist aber auch das Recht der Internetnutzer, auf Websites gefundene persönliche Daten dauerhaft löschen zu können. Selbstverständlich müssen wir die Kriminalität im Internet – wie andere Formen der Kriminalität auch – bekämpfen. Doch auch hierbei muss rechtssicher und auf der Grundlage des Strafrechts agiert werden.

Ein besonders schwerwiegendes Delikt ist Internetkriminalität gegen Kinder. In dieser Hinsicht folgen wir dem Übereinkommen des Europarates zum Schutz von Kindern vor sexueller Ausbeutung und sexuellem Missbrauch. Aber auch andere Gruppen sind betroffen. Dabei denke ich insbesondere an jene Frauen, die Opfer des sexuellen Sklavenhandels wurden. Die Sexindustrie nutzt heute das Internet, und sie nutzt die sexuelle Gewalt, der viele Frauen und Kinder ausgesetzt sind, schamlos aus. In diesem Zusammenhang möchte ich Sie, verehrte Kolleginnen und Kollegen, daran erinnern, dass Sie die Möglichkeit haben, die schriftliche Erklärung Nr. 94 zu unterstützen, mit der versucht wird, diesen Formen der Gewalt Einhalt zu gebieten.

Gestatten Sie mir abschließend noch den Hinweis, dass wir auch den sogenannten Krieg gegen der Terror für eine Gefahr halten. Dieser Krieg führt mitunter zu unangemessenen Einschränkungen der Meinungsfreiheit und des Schutzes der Privatsphäre durch Regierungen. Und diese Einschränkungen wiederum gefährden die Sicherheit der Bürger. Geheimdienste mehrerer Länder treiben regelrechten Handel mit persönlichen Daten, die ihnen bei der Überwachung des Internets zugänglich wurden. Dadurch gerieten schon Menschenleben in Gefahr, beispielsweise, weil jemand aufgrund politischer Unterdrückung aus seinem Heimatland fliehen muss. Ich bitte Sie deshalb dringend, diesem Bericht morgen Ihre Unterstützung zu geben.

 
  
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  Hélène Goudin, im Namen der IND/DEM-Fraktion. – (SV) Herr Präsident, von den fantastischen Möglichkeiten des Internet bin ich Tag für Tag aufs Neue fasziniert. Doch allen Bemühungen der EU zum Trotz: Die Computernetzwerke sind global und nicht auf Europa beschränkt. Zu glauben, dass eine Verordnung aus Straßburg oder Brüssel an dieser Situation etwas ändern könnte, ist absurd und sehr realitätsfremd. Stattdessen kann man berechtigterweise argumentieren, dass die EU das falsche Forum zur Lösung der in diesem Bericht beschriebenen Problematik ist. Gestatten Sie mir, dies an einigen Beispielen zu verdeutlichen. Im Bericht wird das Recht auf einen Internetzugang mit dem Recht verglichen, eine Schule zu besuchen. Das ist ein wenig übertrieben, wenn man bedenkt, dass das Recht oder die Möglichkeit des Schulbesuchs in vielen EU-Ländern nicht festgeschrieben ist.

Der Schutz und die Stärkung der Rechte Einzelner im Internet sowie das notwendige Gleichgewicht zwischen Privatsphäre und Sicherheit sind extrem wichtig. Doch das sind keine Fragen, die auf EU-Ebene gelöst werden sollten. Es handelt sich hierbei um ein internationales Problem, das deshalb auch primär auf internationaler Ebene behandelt werden muss.

Eine andere Frage, die mir am Herzen liegt, ist der Datentausch. Wir müssen geeignete strafrechtliche Maßnahmen zum Schutz der geistigen Eigentumsrechte ergreifen. Ich bin der festen Überzeugung, dass es Sache der Mitgliedstaaten ist zu entscheiden, welches Verhalten eine Straftat darstellt und welche Konsequenzen sie möglicherweise hat. Es wäre völlig inakzeptabel, wenn die EU uneingeschränkt der Haltung der Musik- und Filmindustrie folgen würde. Das gilt insbesondere, wenn man bedenkt, dass man auf diese Weise den Versuch unternähme, eine ganze Generation zu kriminalisieren.

Abschließend möchte ich noch darauf hinweisen, dass alle Versuche einer Gesetzgebung auf diesen Gebieten schwierig sein werden, denn auf dem Gebiet der Technik laufen Änderungsprozesse wesentlich schneller als in der Politik ab.

 
  
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  Urszula Gacek (PPE-DE). Herr Präsident, ich möchte dem Berichterstatter dafür danken, dass er meinen Vorschlag aufgenommen hat, die Softwarehersteller aufzufordern, weitere Maßnahmen zum Blockieren des Zugriffs auf Websites mit pornografischen oder brutalen Inhalten zu ergreifen.

Diese Frage geht insbesondere Eltern an. Tatsache ist, dass unsere Kinder häufig mehr vom Computer verstehen als wir. Eltern haben vielleicht eine vage Vorstellung davon, dass sie Filter in Internetbrowsern aktivieren können. Dazu ist jedoch ein Mindestmaß an Kenntnissen über die Browsersoftware erforderlich, und die Eltern müssen die bewusste Entscheidung treffen, das System zu aktivieren.

Wäre der Filter standardmäßig aktiviert, wären wahrscheinlich viel mehr Kinder – einschließlich der jüngsten, die immer häufiger unbeaufsichtigt das Internet nutzen – vor einem unerwünschten Aufrufen von Websites geschützt, die einen negativen Einfluss auf sie haben. Ich appelliere an die Hersteller, auf unseren Vorschlag zu reagieren. Sie sollten hierin keine Zumutung oder Restriktion, sondern eine Marketingchance sehen. Wenn ich ein Kind habe und beim Kauf zwischen zwei vergleichbaren Computern wählen kann, von denen nur einer mit dem Symbol der Kinderfreundlichkeit gekennzeichnet ist, da auf ihm die Filter vorinstalliert sind, werde ich mich für dieses Produkt entscheiden. Im Laufe der Zeit würden die Eltern dann mit ihren Kaufentscheidungen dafür sorgen, dass sich daraus ein Branchenstandard entwickelt. Ich hoffe sehr, dass wir in Zusammenarbeit mit der Industrie dieses Ziel erreichen können.

 
  
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  Alin Lucian Antochi (PSE) . – (RO) Das Internet hat inzwischen eine Entwicklungsphase erreicht, in der es nicht mehr nur im beruflichen Alltag unverzichtbar ist, sondern auch mehr und mehr ein globales Forum für den Austausch widerstreitender Meinungen bietet.

Diese Entwicklung hat jedoch durchaus ambivalente Einstellungen hervorgebracht. Einerseits bietet das Internet auch weiterhin fantastische Möglichkeiten und dient als Katalysator für die Wissensvermittlung sowie die kulturelle, wirtschaftliche und soziale Entwicklung. Andererseits wird es auch als Plattform wahrgenommen, die die Hemmschwelle für Gewalt herabsetzen und damit die Freiheit und Sicherheit der Menschen beeinträchtigen kann.

Aufgrund seines globalen Charakters hat sich das Internet auch zu einer Gefahr für die Privatsphäre entwickelt, denn mittlerweile werden die Internetaktivitäten der Bürger häufig von Behörden, von der Polizei und von Wirtschaftsunternehmen, aber auch von Kriminellen und Terroristen überwacht. Das kann bis zum Identitätsdiebstahl führen.

In dieser Situation muss der Gesetzgeber eine Linie ziehen, anhand der zwischen dem Schutz der Sicherheit der Bürger und der Grundfreiheiten im Internet einerseits und der unbeschränkten Überwachung dieser Aktivitäten durch verschiedene Behörden andererseits unterschieden werden kann. Dadurch wäre eine effektive Gesetzgebung gewährleistet, gleichzeitig aber auch sichergestellt, dass im Kampf gegen Kriminalität nicht mit übertriebenen Mitteln gearbeitet wird. Deshalb müssen in Kooperation zwischen den Internetbetreibern und den Internetnutzern globale Standards für den Datenschutz, die Sicherheit und die Meinungsfreiheit definiert werden.

Wichtig ist auch – und in dieser Hinsicht stimme ich mit dem Berichterstatter uneingeschränkt überein – Grenzen für das Abfordern von Zustimmungserklärungen von den Benutzern festzulegen, die dabei für bestimmte Internetdienste oder Berechtigungen einen Teil ihrer Privatsphäre aufgeben. Dabei ist es unerheblich, ob es sich um öffentliche Einrichtungen oder Privatunternehmen handelt.

Und last but not least, glaube ich, Herr Präsident, dass die Mitgliedstaaten intensiv daran arbeiten müssen, ihre nationale Gesetzgebung dem Ziel des Schutzes von Grundrechten im Internet anzupassen. Damit würden sie auch einen Beitrag zur Entwicklung einer gemeinsamen Strategie für den Kampf gegen Cyberkriminalität und Terrorismus leisten.

Herrn Lambrinidis und dem gesamten Team, das bei der Erarbeitung dieses Berichts mitwirkte, möchte ich zum Ergebnis ihrer Arbeit ganz herzlich gratulieren.

 
  
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  Sophia in ‘t Veld (ALDE). – (NL) Herr Präsident, auch ich schließe mich den anerkennenden Worten an den Berichterstatter an. Er hat einen ganz hervorragenden Bericht vorgelegt. Nachfolgend möchte ich auf einige Punkte näher eingehen.

Erstens mussten wir in den letzten Jahren feststellen, dass die Speicherung persönlicher Daten durch Unternehmen und Behörden überhand genommen hat. Behörden nutzen die Datenbanken von Unternehmen, doch noch immer gelten für die erste und die dritte Säule unterschiedliche Anforderungen an den Datenschutz. Das finde ich extrem ärgerlich.

Der zweite Punkt ist, dass selbstverständlich auch Kriminelle versuchen, das Internet in jeder Hinsicht zu ihrem Vorteil zu nutzen. Über die Annahme des zu dieser Thematik von mir eingebrachten Änderungsantrags bin ich natürlich sehr erfreut. Die Anzahl der Fälle von Identitätsdiebstahl hat in alarmierender Weise zugenommen. Deshalb müssen wir die Europäische Kommission bitten, eine Kontaktstelle für diese Art des Diebstahls einzurichten, und zwar nicht nur als Möglichkeit für den Informationsaustausch, sondern auch zur Unterstützung der Opfer.

Drittens ist die Einführung globaler Standards dringend notwendig. Auch daran wird gearbeitet. Diese Standards müssen jedoch im Rahmen eines offenen demokratischen Prozesses entwickelt werden und nicht in Verhandlungen zwischen Vertretern der Europäischen Kommission und der Vereinigten Staaten.

Und ein letzter Punkt: Die Europäische Kommission findet oft hehre Worte zu Themen wie Freiheit und Bürgerrechte. Andererseits ist mit aufgefallen, dass – angeführt von Kommissar Frattini und unterstützt durch den Rat – in den letzten Jahren zahllose Maßnahmen ergriffen wurden, die das Ausspionieren der Bürger rund um die Uhr sowie die Einschränkung ihrer Freiheiten erleichtern. Es ist deshalb höchste Zeit, kritisch zu hinterfragen, was bisher geschah und mit welchen Konsequenzen das verbunden ist. Deshalb möchte ich meine Ausführungen mit einem Vorschlag an die Kommission beenden: Für die nächste Legislaturperiode empfehle ich dringend die Ernennung eines separaten Kommissars für die Sicherung der Bürgerrechte und der bürgerlichen Freiheiten.

 
  
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  Der Präsident. Ich habe Frau in ’t Veld etwas mehr Zeit eingeräumt, da sie in Twitter 400 Follower hat. Ich komme nur auf neun. Nun sind es vierhundertfünfzig.

 
  
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  Jean-Paul Gauzès (PPE-DE). – (FR) Herr Präsident, Herr Kommissar, sehr verehrte Damen und Herren, ich spreche im Namen unseres Kollegen, Herrn Toubon.

Zunächst sollte ich Herrn Popa danken, der versucht hat, trotz der extremen Positionen einiger Mitglieder der SPE und der Grünen/EFA-Fraktion in dieser Frage einen für uns alle akzeptablen Kompromiss zu erreichen, und der dabei eine ganz hervorragende Arbeit geleistet hat.

In dem Bericht wird die wichtige Frage der Suche nach einem Gleichgewicht zwischen Sicherheitsaspekten und der Gewährleistung der Grundfreiheiten im Internet aufgeworfen. Tatsächlich ist diese neue Technologie, die für viele ein Synonym für Fortschritt und grenzenlose Möglichkeiten ist, nicht frei von Risiken. Beispielsweise ist es von grundlegender Wichtigkeit, die Meinungs- und Informationsfreiheit in diesem neuen Medium zu garantieren, gleichzeitig aber auch den Respekt vor anderen Grundfreiheiten wie dem Schutz der Privatsphäre, der persönlichen Daten und des geistigen Eigentums sicherzustellen.

Der Berichterstatter, Herr Lambrinidis, hat hervorragende Arbeit geleistet. Dabei ist er auch auf die neuen Formen der Internetkriminalität und die damit verbundenen Gefahren, insbesondere für Kinder, eingegangen. In anderen Punkten bleibt der Bericht leider eher mehrdeutig, einige Aussagen sind sogar gefährlich.

Mit ihren Änderungsanträgen wollten Frau Hieronymi, Herr Mavrommatis und Herr Toubon verdeutlichen, dass Angriffe auf Grundfreiheiten nicht unterstützt werden dürfen, auch dann nicht, wenn sie im Namen der Meinungs- und Informationsfreiheit erfolgen.

Die Mitgliedstaaten und Internetbetreiber sollten einander einen gewissen Bewegungsspielraum lassen. Es sollten die besten Lösungen gefunden werden um sicherzustellen, dass die Rechte einiger die Wahrnehmung der Rechte durch andere nicht völlig ausschließen. Gesetze müssen – wie überall – auch im Internet gelten. Das Internet darf kein virtueller Raum werden, in dem eine im realen Leben als Straftat geltende Handlung für zulässig oder gar protektiert erachtet wird – und zwar nur wegen der Nutzung technischer Mittel und der Art und Weise dieser Nutzung. Die Rechtsstaatlichkeit unserer demokratischen Gesellschaften steht auf dem Spiel!

 
  
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  Manuel Medina Ortega (PSE). – (ES) Herr Präsident, meinem Kollegen und Freund, Herrn Lambrinidis, möchte ich ganz herzlich zu dem von ihm erarbeiteten Bericht sowie zu der recht ausgewogenen mündlichen Erörterung seiner damit verfolgten Ziele gratulieren.

Ich habe ein Buch mitgebracht. Es heißt „Treaty establishing a Constitution for Europe“ (Vertrag über eine Verfassung für Europa). Der Inhalt dieses Buchs wurde von 90 % der spanischen Wahlberechtigten sowie von den Mehrheiten der nationalen Parlamente der EU-Mitgliedstaaten gebilligt.

Aufgrund bestimmter politischer Schwierigkeiten ist dieser Vertrag bisher noch nicht in Kraft getreten. Dennoch handelt es sich hierbei um ein extrem wichtiges Dokument, denn es enthält die Grundrechtecharta der Europäischen Union, und ich persönlich leite daraus einen Auftrag meiner Wähler ab. Ich bin der Meinung, dass in dieser Charta alle Prinzipien zusammengefasst sind, die Herr Lambrinidis in seinem Bericht darlegt.

Erstens ist das Internet ein Bereich der Freiheit, der Modernität und der gleichen Möglichkeiten, wo Menschen miteinander kommunizieren, Umgang pflegen, Informationen und Ideen austauschen sowie Wissen vermitteln. Dieses Recht wird durch den Artikel II-71 des Vertrags über eine Verfassung für Europa ausdrücklich anerkannt.

Zweitens sollte das Internet die Freiheit und die Entwicklung der Informationsgesellschaft in einer Art und Weise schützen, die im Einklang mit der Respektierung des geistigen Eigentums und dem Schutz der Privatsphäre der Benutzer steht. Auf die Rechte an geistigem Eigentum und die Rechte der Benutzer auf Wahrung der Privatsphäre wird im Artikel II-77 des europäischen Verfassungsentwurfs eingegangen.

Drittens müssen wir ein angemessenes Gleichgewicht zwischen dem Schutz der Rechte, der optimalen Vermittlung der angebotenen Inhalte, der legalen Vermarktung digitaler Inhalte im Internet und einer Entwicklung schaffen, die offen für neue Geschäftsmodelle im Internet ist. Auch mit dem Schutz persönlicher Daten müssen wir uns beschäftigen, denn dieses Grundrecht wird durch Artikel II-68 des Verfassungsentwurfs eingeräumt.

Auf alle Problemfelder wird meines Erachtens im Bericht von Herrn Lambrinidis eingegangen. Details der Bedingungen, Anforderungen, Konsequenzen und Sanktionen, die sich aus dem Missbrauch des Internet ergeben, werden im Bericht nicht näher erörtert. Ich denke, diese Punkte müssten Gegenstand eines legislativen Dokuments sein, das jedoch momentan nicht zur Debatte steht.

 
  
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  Claire Gibault (ALDE). – (FR) Herr Präsident, Herr Kommissar, sehr verehrte Damen und Herren, als Künstlerin bin ich traurig und schockiert über das mangelnde Interesse am kulturellen Sektor, das in Herrn Lambrinidis’ Bericht zum Ausdruck kommt.

Ich möchte betonen, dass entsprechend der Grundrechtecharta der Europäischen Union die individuellen Rechte als Ganzes jederzeit geschützt werden müssen. Die Rechte und Freiheiten aller betroffenen Parteien sollten garantiert werden. Die Informationstechnik entwickelt sich zu einem immer wichtigeren Wirtschaftssektor. Gleichzeitig ist sie aber auch eine wichtige Quelle für Innovationskraft und Kreativität, die die moderne Wirtschaft unterstützt.

Das bedeutet unter anderem, dass die Zugriffsmöglichkeiten aller zu den diversen Kultur- und Bildungsangeboten unter Respektierung des Rechts der Gemeinschaft garantiert werden müssen. Der Wert der kreativen Arbeit von Autoren und Künstlern, darunter auch den in der digitalen Wirtschaft tätigen, muss gebührend anerkannt werden. Eine solche Anerkennung bedeutet auch, dass jede Nutzung schöpferischer Arbeit bezahlt werden muss. Nur dann können die Autoren und Nutzer von ihrer und für ihre Arbeit leben.

In diesem Zusammenhang dürfen geistige Eigentumsrechte nicht als ein Hindernis, sondern müssen stattdessen als Triebkraft schöpferischer Aktivitäten gesehen werden. Das gilt insbesondere im Kontext der Entwicklung neuer Internetdienstleistungen.

Andererseits bin ich der Überzeugung, dass gerade auch im Internet rassistische, hasserfüllte oder revisionistische Äußerungen strafrechtlich verfolgt werden müssen. Vom Recht auf Meinungsfreiheit muss verantwortungsbewusst Gebrauch gemacht werden. Es muss die richtige Balance zwischen dem freien Zugriff auf das Internet, der Respektierung der Privatsphäre und dem Schutz geistigen Eigentums gefunden werden. Deshalb bitte ich Sie, sehr verehrte Damen und Herren, um Unterstützung für meine Änderungsanträge 2 bis 6.

 
  
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  Marie Panayotopoulos-Cassiotou (PPE-DE). – (EL) Herr Präsident, mittlerweile ist es fast zur Gewohnheit geworden, dass wir uns in jeder Plenarsitzung mit einem Bericht zum Internet beschäftigen. Das ist positiv zu bewerten, denn dadurch erhalten die Mitgliedstaaten und die Europäische Union Gelegenheit, sich intensiv mit dieser Thematik auseinanderzusetzen. Meinem verehrten Freund, Herrn Lambrinidis, möchte ich recht herzlich dazu gratulieren, dass er sich mit den von den Parlamentariern vorgebrachten Änderungsanträgen in Zusammenhang mit seinem sehr umfangreichen Bericht einverstanden erklärt hat. Dadurch wurde die Debatte um einige neue Aspekte bereichert.

In der letzten Sitzung beschäftigte sich das Parlament mit der Thematik von Videospielen im Internet, den Gefahren für Minderjährige und den Finanzierungsmechanismen innerhalb der Europäischen Union, mit denen eine sichere Internetnutzung durch Minderjährige unterstützt werden soll. Die heutige Debatte bestärkt mich mehr und mehr in meiner Auffassung, dass letztendlich alles auf die Frage der rechtlichen Herangehensweise hinausläuft.

Deshalb glaube ich, dass wir in erster Linie ein Rechtsgutachten zu den verschiedenen Problemen benötigen, die sich aus der Nutzung des Internet ergeben können. Der Bericht ist deshalb auch als Katalog nützlich, der von Rechtsexperten genau überprüft werden muss. Auf der Grundlage des Ergebnisses ihrer Arbeit können die im Bericht erwähnten Interessengruppen eine Gesetzgebung entwerfen, die in Bezug auf die demokratische Nutzung des Internet dem Prinzip der Rechtsstaatlichkeit entspricht. Natürlich verbietet es sich, von Demokratie zu sprechen, solange nicht jeder Bürger ungeachtet seiner finanziellen Situation die Möglichkeit hat, das Internet zu nutzen. Hoffen wir, dass diese Möglichkeiten zukünftig einmal gegeben sein werden.

 
  
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  Katrin Saks (PSE). – (ET) Sehr verehrte Damen und Herren, können Sie sich ein Leben ohne Internet vorstellen? Ich nicht mehr. Ich komme aus Estland, einem Land, das in Bezug auf die Verfügbarkeit des Internet zu den weltweit führenden Nationen gehört. Deshalb verfügen wir möglicherweise auch über mehr Erfahrungen mit den im Internet bestehenden Gefahren, vom Cyberwar, dessen Angriffsziel unser Land vor zwei Jahren war, bis hin zu der Tatsache, dass unsere Kinder häufiger der Verfolgung über das Internet ausgesetzt sind als Kinder in vielen anderen Ländern.

Das Europäische Parlament hat in vielen der in den letzten Jahren verabschiedeten Berichte den Versuch unternommen, das Wesen des Internet zu beschreiben. Noch wichtiger wäre es, heute die Frage zu beantworten, ob es sich bei der Internet-Welt um einen separaten Bereich handelt, der kein Teil des realen Lebens ist, oder ob es einen Teil des öffentlichen Lebens darstellt. Dieser Aspekt wird auch von Herrn Lambrinidis in seinem Bericht diskutiert. Dabei stellt er fest, dass unsere Hauptaufgabe darin besteht, einen geeigneten Ausgleich zwischen den Aspekten der Privatsphäre und der Sicherheit zu finden.

Bei jeder Beschränkung der Freiheit des Internet wird häufig sofort das Argument der Meinungsfreiheit vorgebracht. Meinungsfreiheit beinhaltet das Recht, Ideen, Meinungen, Überzeugungen und andere Informationen zu verbreiten, erfordert aber auch Verantwortungsbewusstsein. Ich möchte dem Berichterstatter danken und hoffe, dass wir alle die Stärke haben, folgende Frage zu beantworten: Was ist das Wesen des Internet? Kann es reguliert werden, und falls ja, wie sollte das geschehen? Das Internet ist eines der deutlichsten Zeichen der Globalisierung. Deshalb müssen wir in dieser Frage auch einen internationalen Ansatz finden.

 
  
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  Filiz Hakaeva Hyusmenova (ALDE). – (BG) Sehr verehrte Damen und Herren, dieser Bericht wird seinem Titel uneingeschränkt gerecht. In ihm wird auf die Grundwertecharta der Europäischen Union und die UN-Kinderrechtskonvention eingegangen, und er zielt auf den Schutz der Kinder vor Kriminalität ab. Deshalb gilt dem Berichterstatter mein herzlicher Glückwunsch.

Das Internet ist eine Welt, in der Fakten öffentlich werden, die nicht explizit als Verletzung von Rechten und Freiheiten oder entsprechende Straftatbestände zu erkennen sind. Die Möglichkeiten zur freien Meinungsäußerung, zum Beschaffen von Informationen und zum Knüpfen sozialer Kontakte werden leider häufig missbraucht. Das Internet bietet ideale Möglichkeiten, um Bestimmungen zu umgehen. Jeglicher Meinungsäußerung sind keine Grenzen gesetzt.

Unter den Bedingungen der Anonymität und fehlender Kontrolle wird auch beim Einsatz verbaler Mittel Verantwortungslosigkeit erleichtert. Viele Inhalte sind von Slang, Zynismus und vulgären Ausdrucksweisen gekennzeichnet. Daraus entwickelt sich eine von Misstrauen und Hass gekennzeichnete Sprache, die in die Alltagssprache Eingang findet, nachgeahmt wird und aus der sich schließlich bestimmte Einstellungen entwickeln.

Sprachliche Mittel dieser Art tragen nicht zum sozialen, geistigen und moralischen Wohlergehen eines Kindes bei und sind der allgemeinen kulturellen und Werteentwicklung keineswegs förderlich. Deshalb möchte ich die Aufmerksamkeit auf eine separate Analyse des Gebrauchs sprachlicher Mittel im Internet und den Einfluss dieser Mittel auf die Persönlichkeitsentwicklung von Kindern lenken.

 
  
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  Csaba Sógor (PPE-DE). Herr Präsident, ich gehöre zu jenen Menschen, die die Kontinuität der Freiheit im Internet sichern möchten. Die Schöpfer des Internet waren voller Vertrauen in die grundsätzliche Güte des Menschen. Ich neige dazu, diese Auffassung zu teilen. Leider sehen wir uns im Internet – wie in allen Sphären des menschlichen Lebens – häufig mit der traurigen Tatsache konfrontiert, dass Regulierung notwendig ist, um auch den Schutz jener zu gewährleisten, die sich selbst nicht schützen können. Die Gewährleistung der Sicherheit des Einzelnen ist jedoch ebenso ein Grundrecht, wie das Recht auf freie Rede und freie Meinungsäußerung.

Solche Abscheulichkeiten wie Kinderpornographie und Pädophilie sowie die Internetbetrug müssen gestoppt werden. Wir können keine Straftäter im Internet tolerieren, welcher Art auch immer. Dieses Thema wird allgemein mit großem Interesse diskutiert. Ich möchte Ihre Aufmerksamkeit aber auch auf einen weit weniger diskutierten Fakt lenken: Das Internet ist auch voll von Sites, die zu Hass, Gewalt und Intoleranz gegen Minderheiten aller Art aufrufen, darunter auch gegen ethnische Minderheiten. Auch dieser Aspekt des Internet erfordert unsere Aufmerksamkeit. Wir müssen dafür sorgen, dass auch Minderheiten sich geschützt fühlen. Es ist absolut inakzeptabel, dass extremistische Gruppen das Internet nutzen, um Fremdenfeindlichkeit und Hass zu schüren.

 
  
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  Ewa Tomaszewska (UEN). – (PL) Herr Präsident, ich möchte die Aufmerksamkeit auf einige Probleme in Zusammenhang mit dem Internet lenken.

Erstens möchte ich auf die Notwendigkeit des Schutzes der persönlichen Daten und der Wahrung der Vertraulichkeit in Verbindung mit dem E-Voting hinweisen, das Menschen mit Behinderungen die Wahrnehmung ihrer bürgerlichen Rechte ermöglicht. Zweitens ist auch der Schutz des geistigen Eigentums ein wichtiger Aspekt, insbesondere in Verbindung mit künstlerischen Materialien, die problemlos über das Internet verbreitet werden können. Eine wichtige Problematik ist auch der Schutz von Kindern vor schädlichen Inhalten, beispielsweise brutalen oder pornografischen Szenen. Dieser Schutz kann durch geeignete Filter erreicht werden, aber auch eine bessere Aufklärung der Eltern ist hilfreich. Viertens stellt auch der Schutz der Kinder vor Pädophilen und Kidnappern ein Problem dar. Wichtig sind auch die Möglichkeiten, Kriminelle anhand der Spuren, die sie im Internet hinterlassen, aufzuspüren. Dadurch lässt sich möglicherweise die Adresse eines Pädophilen ermitteln. Auch im Internet veröffentlichte, mit dem Mobiltelefon aufgenommene Videosequenzen von Straftaten können der Aufklärung dienlich sein. Wären beispielsweise die von einem jungen Mann in Deutschland im Internet abgegebenen Erklärungen nicht unbeachtet geblieben, könnten seine Opfer – die von ihm erschossenen Schüler und Lehrer – noch am Leben sein. Die wichtigste Frage betrifft jedoch die Redefreiheit. Auch in dieser Hinsicht sollte das Recht, wie in jedem anderen Bereich, respektiert werden. Einige dieser Probleme erfordern neue technische Lösungen. Dem Berichterstatter möchte ich recht herzlich zu seiner Leistung gratulieren.

 
  
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  Ján Figeľ, Mitglied der Kommission. Herr Präsident, ich möchte allen Rednern für ihre interessanten und engagierten Beiträge danken. Zwei Punkte zu dem von mir am Anfang Gesagten möchte ich gern noch ergänzen. Wir alle teilen die Sorge um das geistige Eigentumsrecht, wissen aber auch, dass in dieser Hinsicht ausgewogen vorgegangen werden muss. Das ist für die gesamte Weiterentwicklung der Informationsgesellschaft von großer Wichtigkeit. Zwischen der Durchsetzung dieser Eigentumsrechte einerseits sowie den im Bericht erwähnten grundlegenden Freiheiten und Grundrechten andererseits muss ein angemessenes Gleichgewicht bestehen. Hierzu gehört auch das Recht auf Wahrung der Privatsphäre, Schutz der persönlichen Daten sowie das Recht auf Teilhabe an der Informationsgesellschaft.

Viele von Ihnen sind auf den notwendigen den Schutz von Minderjährigen eingegangen. Für sie gelten diese Herausforderungen in ganz besonderem Maße, und sie sitzen häufig täglich vor dem Computer. Ich möchte hier keine Empfehlungen abgeben, sondern lediglich unsere Partner, die Mitgliedstaaten und die Institutionen herzlich dazu einladen, mit uns im Rahmen des Programms „Mehr Sicherheit im Internet“, das sich über die Jahre 2009-2013 erstreckt, zusammenzuarbeiten. Für dieses Programm steht ein nicht unerhebliches Budget zur Verfügung. Erste Maßnahmen zur Bekämpfung unzulässiger oder illegaler Inhalte wurden bereits eingeleitet. Gleiches gilt für den Kampf gegen negative Verhaltensweisen wie die missbräuchliche Kontaktaufnahme zu Kindern im Internet sowie das Schikanieren über das Internet, die bereits erwähnt wurden.

Es gibt viele Probleme. Dennoch sollten die eingegangenen Verpflichtungen auf nationaler und internationaler Ebene seriös umgesetzt werden. Wir haben eine Richtlinie zur Sicherung der Privatsphäre und zur elektronischen Kommunikation verabschiedet, eine Reihe von Maßnahmen und Maßnahmeplänen sowie ein Europäisches Programm für den Schutz kritischer Infrastrukturen beschlossen. Deshalb habe ich gesagt, dass wir nicht mehr Vorschriften brauchen, sondern lediglich die bestehenden Vorschriften ordnungsgemäß anwenden und dann selbstverständlich auch weiterentwickeln und optimieren müssen. Jemand hat richtigerweise das Telekommunikationspaket erwähnt. Der gestrige Dialog lässt uns auf eine Abschlussvereinbarung hoffen.

Ich möchte meine Ausführungen mit dem Hinweis schließen, dass dieses Jahr zum Europäischen Jahr der Kreativität und Innovation erklärt wurde. Ziel ist es, das Bewusstsein für die Bedeutung der Kreativität und Innovation für die persönliche, soziale und wirtschaftliche Entwicklung zu schärfen. Wir können uns möglicherweise keine Welt mehr ohne Internet vorstellen. Gleichermaßen wichtig ist jedoch, dass wir die Vorstellungskraft, Kreativität und Innovationskraft aufbringen, um dieses Medium sicherer, humaner und verantwortungsbewusster zu machen.

 
  
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  Stavros Lambrinidis, Berichterstatter. Herr Präsident, ich möchte der Kommission recht herzlich danken. Um den Dolmetschern das Leben zu erleichtern – denn ich spreche frei – wende ich mich ausnahmsweise in englischer Sprache an Sie.

Ich respektiere die Empfindlichkeiten aller, denen der Schutz des geistigen Eigentums am Herzen liegt. Doch ich habe den Eindruck, dass sie in ihrer negativen Haltung zu meinem Bericht im Unrecht sind. Mein Bericht betrifft kein einzelnes Thema, sondern hat allgemein den Schutz der Grundrechte und die Gewährleistung von Sicherheit im Internet zum Inhalt. Das ist auch der Grund, warum er weitestgehend einhellig unterstützt wurde.

Wenn es jedoch um den Schutz geistigen Eigentums- und der Urheberrechte geht, könnte man – wenn man einige dieser Reden hört – denken, dass diese Rechte außer Acht gelassen werden. Ich möchte im Folgenden etwas vorlesen, das zeigen soll, wie wir versucht haben, diesen Bericht so ausgewogen wie möglich zu gestalten. In Absatz 1(k) rufen wir den Rat dringend auf, die Richtlinie zur strafrechtlichen Verfolgung bei Verletzung der Rechte an geistigem Eigentum und der Urheberrechte zu verabschieden und schätzen anschließend unter Berücksichtigung der neuesten Forschungsergebnisse ein, inwieweit diese Richtlinie notwendig und angemessen ist. Darum geht es in dem Bericht.

Die Änderungsanträge sind jedoch alles andere als ausgewogen. Änderungsanträge, die das streichen wollen, wofür sich der Bericht einsetzt – also das Verbot der systematischen Überwachung aller Nutzer, egal, ob sie verdächtig sind oder nicht, egal, ob sie schuldig sind oder nicht, und damit den Schutz jeglicher Sicherheitsrechte –, sind alles andere als ausgewogen. Wir sollen fundamentale Rechte völlig aufgeben, um etwas anderes dafür zu schützen.

Zweitens lehne ich Änderungsanträge ab, die einen äußerst genauen und speziellen Verweis im Bericht streichen oder verwässern wollen – nämlich, dass kontroverse politische Rede nicht kriminalisiert werden darf –, und freue mich zu hören, dass viele andere hier dies ebenfalls tun.

Politische Rede muss geschützt werden, vor allem, wenn sie kontrovers ist. Wenn alle in diesem Raum einer Meinung wären, bräuchten wir keine Gesetzgebung über Redefreiheit. Für die Fälle, in denen dies nicht so ist – und vor allem, um Reden zu schützen, die Menschen wie mich oder andere u. U. ärgerlich stimmen –, gibt es solche Gesetze. Es geht hier im Bericht nicht über „kriminelle“ Rede. Es geht speziell um „kontroverse politische“ Rede. Deshalb appelliere ich an jeden, diesen speziellen Absatz im Bericht und den Bericht im Ganzen zu unterstützen.

Ich bin allen zutiefst dankbar, die heute hier sind – auch denjenigen, die nicht mit mir einer Meinung sind. Ich weiß, dass dies nicht einfach ist. Vielen Dank für Ihre Unterstützung in all den vergangenen Monaten, wodurch dieser Bericht möglich wurde. Ich freue mich darauf, künftig mit Ihnen an Ihren Berichten zusammenzuarbeiten und Ihnen das gleiche Verständnis und die gleiche Unterstützung entgegenzubringen.

 
  
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  Der Präsident. Vielen Dank, liebe Kolleginnen und Kollegen. Vielen Dank, Herr Mavrommatis, für Ihre Stellungnahme, und vor allem vielen Dank Ihnen, Herrn Lambrinidis, für Ihre erfolgreiche Arbeit sowie Ihren wichtigen und interessanten Bericht.

Die Aussprache ist geschlossen.

Die Abstimmung erfolgt am Donnerstag, den 26. März 2009.

Schriftliche Erklärungen (Artikel 142)

 
  
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  Neena Gill (PSE), schriftlich. – Ich beglückwünsche den Berichterstatter zu diesem Bericht. Ich glaube, dass das Internet das Leben der Europäer in unvorstellbarem Maße bereichert hat. Es hat unsere Möglichkeiten zum Wissenserwerb erweitert, uns geholfen, die Welt um uns herum besser zu verstehen, und unsere sozialen Kontakte zu anderen Menschen verstärkt.

Ich weiß aber von Einzelnen, dass sie auch über die Gefahren des Internets besorgt sind. Wir haben eine bemerkenswerte Technologie an der Hand – die damit verbundenen großen Freiheiten bieten aber auch Raum für kriminellen Missbrauch der Technologie. Mit seinem Schwerpunkt auf fundamentalen Rechten soll dieser Bericht dazu beitragen, das Internet sicherer zu machen. Während der letzten Tagung haben wir darüber gesprochen, dass die Kinderpornographie bekämpft werden muss. Durch die Balance zwischen Freiheit und Sicherheit sind die Vorschläge, über die wir heute abgestimmt haben, ein weiteres wichtiges Werkzeug im Kampf gegen diese Bedrohung.

Der Bericht greift auch Bedenken zu e-Literacy auf. Wir können uns als Gesellschaft nicht weiterentwickeln, wenn wir einerseits die neuen Freiheiten für die einen fördern, andererseits aber die Rechte derjenigen einschränken, die mit dem Internet weniger vertraut sind. Wir sind über die tief greifenden Veränderungen, die sich im Internet vollzogen haben, sehr erfreut. Um noch weiter voranzuschreiten, sollten wir unser Augenmerk jetzt darauf richten, uns gleichermaßen mit den negativen Erscheinungen dieser Revolution auseinanderzusetzen.

 
  
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  Daciana Octavia Sârbu (PSE), schriftlich. – (RO) Bekanntermaßen ist das Internet zunehmend schwerer zu kontrollieren. Jedoch müssen der Schutz des Grundrechts auf Datenschutz im Internet und das Bemühen, das Internet sicherer zu machen, bei den Regierungen der Mitgliedstaaten eine hohe Priorität haben.

Die Nutzung des Internets bietet zahllose Vorteile. Wir dürfen jedoch nicht die Gefahr des Missbrauchs vergessen, der manche Internetnutzer ausgesetzt sind.

Um diesen Missbrauch einzudämmen, müssen wir Standards für Datenschutz, Sicherheit und freie Meinungsäußerung sowohl auf europäischer Ebene als auch auf Ebene der Mitgliedstaaten festlegen.

Andererseits müssen umgehend Maßnahmen gegen Cyberkriminalität ergriffen werden. Hier möchte ich die Bedeutung einer globalen Strategie hervorheben.

Ich bestehe darauf, dass der Kampf gegen Cyberkriminalität in aktiver Zusammenarbeit zwischen den Polizeibehörden, den Internet-Dienstanbietern, den Nutzern und anderen Beteiligten stattfinden muss.

Ich möchte mit der Aussage schließen, dass das Recht auf Bildung und Internetzugang sowie die Sicherheit und der Schutz der Rechte derjenigen garantiert werden müssen, die die Internetdienste nutzen.

 
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