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Ausführliche Sitzungsberichte
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Mittwoch, 25. März 2009 - Straßburg Ausgabe im ABl.
1. Eröffnung der Sitzung
 2. Ergebnisse des Europäischen Rates (19. und 20. März 2009) (Aussprache)
 3. Abstimmungsstunde
  3.1. Gemeinsame Konsularische Instruktion: biometrische Identifikatoren und Visumanträge (A6-0143/2009, Sarah Ludford) (Abstimmung)
  3.2. Garantieleistung der Gemeinschaft für die Europäische Investitionsbank (A6-0109/2009, Esko Seppänen) (Abstimmung)
  3.3. Leistung und Nachhaltigkeit des europäischen Luftverkehrssystems (A6-0002/2009, Marian-Jean Marinescu) (Abstimmung)
  3.4. Flugplätze, Flugverkehrsmanagement und Flugsicherungsdienste (A6-0515/2008, Marian-Jean Marinescu) (Abstimmung)
  3.5. Neuartige Lebensmittel (A6-0512/2008, Kartika Tamara Liotard) (Abstimmung)
  3.6. Stoffe, die zum Abbau der Ozonschicht führen (Neufassung) (A6-0045/2009, Johannes Blokland) (Abstimmung)
  3.7. Die ABB/ABM-Methode als ein Managementinstrument für die Zuweisung von Haushaltsmitteln (A6-0104/2009, Kyösti Virrankoski) (Abstimmung)
  3.8. Halbzeitüberprüfung des Finanzrahmens 2007-2013 (A6-0110/2009, Reimer Böge) (Abstimmung)
  3.9. Interim-Wirtschaftspartnerschaftsabkommen EG/Cariforum-Staaten (Abstimmung)
  3.10. Interim-Wirtschaftspartnerschaftsabkommen EG/Côte d'Ivoire (Abstimmung)
  3.11. Interim-Wirtschaftspartnerschaftsabkommen EG/Ghana (Abstimmung)
  3.12. Interim-Wirtschaftspartnerschaftsabkommen EG/Staaten des pazifischen Raums (Abstimmung)
  3.13. Interim-Wirtschaftspartnerschaftsabkommen EG/SADC-WPA-Staaten (Abstimmung)
  3.14. Interimsabkommen zur Festlegung eines Rahmens für ein Wirtschaftspartnerschaftsabkommen EG/Staaten des östlichen und südlichen Afrikas (Abstimmung)
  3.15. Interimsabkommen zur Festlegung eines Rahmens für ein Wirtschaftspartnerschaftsabkommen EG/Partnerstaaten der Ostafrikanischen Gemeinschaft (Abstimmung)
  3.16. Interim-Wirtschaftspartnerschaftsabkommen EG/Zentralafrika(Abstimmung)
  3.17. Wirtschaftspartnerschaftsabkommen EG/CARIFORUM (A6-0117/2009, David Martin) (Abstimmung)
  3.18. Interim-Wirtschaftspartnerschaftsabkommen EG/Côte d'Ivoire (A6-0144/2009, Erika Mann) (Abstimmung)
  3.19. Jahresberichte 2007 der EIB und der EBWE (A6-0135/2009, Gay Mitchell) (Abstimmung)
  3.20. Zukunft der Automobilindustrie (Abstimmung)
 4. Stimmerklärungen
 5. Berichtigungen des Stimmverhaltens und beabsichtigtes Stimmverhalten: siehe Protokoll
 6. Genehmigung des Protokolls der vorangegangenen Sitzung: siehe Protokoll
 7. Stand der transatlantischen Beziehungen nach den Wahlen in den USA (Aussprache)
 8. Interimshandelsabkommen EG/Turkmenistan - Interimsabkommen EG/Turkmenistan (Aussprache)
 9. Halbjährliche Bewertung des Dialogs EU-Belarus (Aussprache)
 10. Europas Gewissen und der Totalitarismus (Aussprache)
 11. Stärkung der Sicherheit und der Grundfreiheiten im Internet (Aussprache)
 12. Weiterbehandlung der in Biarritz im November 2008 abgegebenen Erklärung der EU-Sportminister (Aussprache)
 13. Sicheres und umweltgerechtes Recycling von Schiffen (Aussprache)
 14. Weißbuch: Schadensersatzklagen wegen Verletzung des EG-Wettbewerbsrechts (Aussprache)
 15. Vorlage von Dokumenten: siehe Protokoll
 16. Tagesordnung der nächsten Sitzung: siehe Protokoll
 17. Schluss der Sitzung


  

VORSITZ: HANS-GERT PÖTTERING
Präsident

 
1. Eröffnung der Sitzung
Video der Beiträge
  

(Die Sitzung wird um 9.10 Uhr eröffnet.)

 

2. Ergebnisse des Europäischen Rates (19. und 20. März 2009) (Aussprache)
Video der Beiträge
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  Der Präsident. Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben von der innenpolitischen Situation in der Tschechischen Republik Kenntnis genommen. Ich möchte in Ihrer aller Namen zum Ausdruck bringen, dass dies die Arbeit der tschechischen Präsidentschaft nicht beeinflussen sollte, sondern es muss unser Wille sein, dass die Arbeiten weitergehen. Wir unterstützen den Ministerpräsidenten Tschechiens, den Präsidenten des Europäischen Rates, in seiner Arbeit, die tschechische Präsidentschaft zu einem Erfolg zu führen.

Ich möchte – ich hoffe, ich darf dies in Ihrer aller Namen sagen – den Präsidenten des Europäischen Rates dazu ermutigen, dass in seinem Land sowie in den Ländern, wo noch etwas zu tun ist, der Ratifizierungsprozess im Hinblick auf den Vertrag von Lissabon weitergeht. Wir haben jetzt seit den Entscheidungen von Nizza zehn Jahre an diesem Vertrag für die Reform der Europäischen Union gearbeitet, und wir wollen, dass auch die letzten schwierigen Stationen noch genommen werden können, damit dieser Vertrag hoffentlich zu Beginn des Jahres 2010 in Kraft treten kann. Wir brauchen den Vertrag von Lissabon für mehr Demokratie, für mehr Handlungsfähigkeit der Europäischen Union und für mehr Transparenz.

(Beifall)

Als nächster Punkt folgen die Erklärungen des Rates und der Kommission zu den Ergebnissen des Europäischen Rates vom 19./20. März 2009.

 
  
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  Mirek Topolánek, amtierender Präsident des Rates. – (CS) Meine Damen und Herren! Ich möchte Sie alle zum regelmäßigen Bericht des Präsidenten des Europäischen Rates nach dem Frühjahrsgipfel des Rates begrüßen. An erster Stelle muss ich um Entschuldigung bitten, dass ich nicht wie üblich bis zum Ende der Debatte bleiben kann. Der Vizepremierminister, Herr Vondra, wird mich im zweiten Teil der Reden der Parteienvertreter vertreten. Der Grund dafür, dass ich nach Prag zurückkehren muss, wie Herr Hans-Gert Pöttering bereits angekündigt hat, ist die beispielslose Obstruktion seitens der Sozialisten, die wir während der Präsidentschaft ertragen mussten, und über die ich sehr offen gesprochen habe. Sollte es zum Sturz der Regierung kommen, würde das mit absoluter Sicherheit die Präsidentschaft nicht gefährden, und der Umstand, dass es den Sozialisten gleichgültig war, dass die Tschechische Republik die Präsidentschaft des Europäischen Rates inne hat, und sie selbst die grundlegendste Kooperation verweigerten, wird hauptsächlich der Sozialdemokratie schaden. Die Präsidentschaft wird darunter nicht leiden, denn ich bin mir sicher, dass wir, wie ich hier in meiner Eröffnungsrede im Europäischen Parlament gesagt habe, versuchen werden, die Diskussionen zu mäßigen und einen Kompromiss zu erreichen, etwas, was uns zweifelsohne gelungen ist. Die Frühjahrstagung des Rates hat das unter Beweis gestellt. In meinem Land ist es üblich, jemanden, der gerade spricht, nicht zu unterbrechen, hier hingegen scheinen die Gewohnheiten anders zu sein.

Lassen Sie mich – strikt den Schlussfolgerungen des Europäischen Rates folgend – mit dem Thema fortfahren, wegen dem ich heute hier bin, und warum wir im Europäischen Rat bestimmte Schritte beschlossen haben. Davor möchte ich aber einige Anmerkungen zum Dreigliedrigen Gipfel mit den Sozialpartnern machen, der vor der Ratssitzung stattfand. Es gab eine relativ starke Beteiligung. Neben mir und dem Präsident der Europäischen Kommission José Manuel Barroso nahmen auch die beiden nachfolgenden Premierminister teil, in anderen Worten Herr Reinfeldt aus Schweden und Herr Zapatero aus Spanien. Nach dem Treffen war ich sehr ermutigt und positiv überrascht wegen des Konsenses zwischen den Sozialpartnern, nicht nur hinsichtlich der Ziele der Präsidentschaft, sondern allgemein wegen der Lösungen für die Entwicklung der Arbeitslosigkeit infolge der globalen Finanzkrise.

Wenn Interesse besteht, kann ich mehr zum Dreigliedrigen Gipfel sagen, aber wir haben drei Grundprinzipien vereinbart, mit denen wir eine größere Flexibilität auf dem Arbeitsmarkt und Mobilität der Arbeitnehmer erreichen sowie größere Bemühungen zur Anhebung des Bildungsstandes und der Fähigkeiten der Arbeitskräfte für den Einsatz auf dem Arbeitsmarkt usw. unternehmen möchten. Die Frühjahrssitzung des Europäischen Rates war de facto das zweite von uns organisierte Treffen der Staats- oder Regierungschefs, aber trotzdem der erste eigentlich formale Gipfel. Die Angelegenheit, dem die größte Aufmerksamkeit geschenkt wurde, war natürlich die Frage, wie die gegenwärtige Wirtschaftskrise zu überwinden sei. Ich lehne strikt jegliche Behauptungen ab, dass wir im Sinne von tiefergehenden Maßnahmen wenig tun. Ich werde eine Zahl nennen: 400 Milliarden Euro. Diese 400 Milliarden Euro machen 3,3 % des BIP der EU aus und stellen einen beispielslosen Schritt dar. Zusammen mit den automatischen Stabilisatoren, die die EU besitzt, aber die USA beispielsweise nicht, bin ich der Überzeugung, dass das heute von José Manuel Barroso genannte Beispiel vielsagend ist. Ein bei Saab in Schweden entlassener Arbeiter kommt in den Genuss eines sozialen Standards, der sich deutlich von dem unterscheidet, den ein von General Motors irgendwo in Chicago entlassener Arbeiter erhält, und die Regierungen verfolgen in diesen beiden Fällen vollkommen unterschiedliche Ansätze, da die automatischen Stabilisatoren die 400 Milliarden Euro zu einem wesentlich höheren Betrag multiplizieren und uns in diesem Sinne einen unbestrittenen Vorteil gegenüber den USA gewähren. Die grundlegende Unterstützung der Vereinbarung durch alle 27 Mitgliedstaaten bestätigt die Gültigkeit der Lissabon-Strategie, da es sich um eine der vier Säulen handelt, auf denen die gesamte Strategie beruht.

Gordon Brown war gestern hier und hatte die Gelegenheit, klar den Ansatz der 27 Mitgliedstaaten, das Mandat des G20-Gipfels und die anderen drei tatsächlichen Säulen dieser Strategie zu erläutern. Wir alle stimmten darin überein, dass sämtliche kurzfristigen Maßnahmen zeitlich begrenzt sein müssen, und so sehen wir sie. Die mittel- und langfristigen Prioritäten und die Ziele der Lissabon-Strategie wurden bestätigt und die kurzfristigen müssen der gleichen Linie folgen. Ich möchte mit aller Offenheit sagen, dass der Europäische Rat mehr oder weniger entsetzt war, von dem, was der US-Finanzsekretär Timothy Geithner zu permanenten Maßnahmen zu sagen hatte. Amerika wiederholt nicht nur die Fehler aus den 1930er Jahren mit massiven Konjunkturpaketen, protektionistischen Tendenzen und dem Aufruf zum Protektionismus mit der Kampagne „Amerikanisch Einkaufen“ und so weiter. Die Verbindung dieser Schritte und – was noch schlimmer ist – die Absicht, sie zu permanenten Maßnahmen zu machen, macht daraus eine Höllenfahrt. Wir sollten einen Blick in die Geschichtsbücher werfen, die offensichtlich in Vergessenheit geraten sind. Ich sehe den größten Erfolg der Debatten der Frühjahrssitzung des Rates in der eindeutigen Ablehnung dieses Weges und dieses kurzsichtigen Ansatzes. Ich lehne kategorisch die Aussagen des Vorsitzenden der Sozialdemokratischen Partei Europas, Poul Nyrup Rasmussen, ab, der Europäische Rat hätte im Kampf gegen die Krise wenig getan und würde abwarten, dass uns die USA retten. Es ist nicht nur der von den USA eingeschlagene Weg selbst, der von der Geschichte unglaubwürdig gemacht wurde, wie ich vorher schon sagte, sondern das Niveau der sozialen Sicherheit und der allgemeinen Fürsorge für die sozialen Bedürfnisse der einfachen Menschen sind in den USA vollkommen anders und auf einem viel niedrigeren Stand. Der Weg der USA ist gefährlich, weil die Amerikaner Bargeld benötigen werden, um ihre sozialen Konjunkturpakete zu finanzieren, und sie werden das leicht bekommen, weil es immer Leute gibt, die bereit sind US-Staatsanleihen zu kaufen. Aber das bringt die Liquidität auf den Märkten in Gefahr, indem Mittel aus dem allgemeinen Finanzmarkt abgezogen werden, was den Verkauf von anderen Staatsanleihen, wahrscheinlich aus Europa, mit Sicherheit aber aus Polen, Tschechien und vielleicht anderen Ländern gefährdet, da im System keine Finanzmittel mehr vorhanden sind. Dieser Ansatz ist beunruhigend und wird, meiner Meinung nach, Gegenstand von Diskussionen bei dem G20-Gipfel werden. Der G20-Gipfel stellt aber nur eine der Gelegenheiten für uns dar, darüber zu sprechen. Die Gespräche können später, auf dem informellen Gipfel der 27 Mitgliedstaaten mit der US-Regierung und Barack Obama in Prag fortgesetzt werden. Ich bin der festen Überzeugung, dass wir eine Annäherung an die USA finden werden, denn wir möchten auf jeden Fall eine Konfrontation zwischen den USA und Europa vermeiden. In der heutigen Welt – und die Krise hat uns das wieder einmal gezeigt – steht keine Wirtschaft für sich allein und der Grad der Querverbindungen ist sehr hoch, was bedeutet, dass wir in Krisenzeiten alle das Problem gemeinsam haben und es nur lösen können, indem wir gemeinsam handeln.

Die zweite Säule der Vereinbarung, im Sinne der Suche nach einer Lösung für die gegenwärtige Krise, ist die Vorbereitung des G20-Gipfels. Die von Gordon Brown und seiner Regierung entworfenen Dokumente sind ausgezeichnet, und Sie hatten gestern bereits die Gelegenheit, sie kennenzulernen. Der Ansatz mit drei Säulen beinhaltet eine Lösung für den Finanzsektor und Pakete mit Steueranreizen zur Regulierung – und ich möchte sagen – Korrektur der Mängel im System sowie zur Wiederherstellung des weltweiten Handels, was gleichbedeutend ist mit Druck auszuüben für erneuerte Doha-Gespräche im Rahmen der WTO. Dieser Ansatz stimmt genau mit den spezifischen Inhalten der vom Europäischen Rat vorgeschlagenen Lösung überein, die einen einstimmigen Konsens erreicht hat. Die Vereinbarung möchte ich außerdem deswegen begrüßen, weil wir letztendlich eine konkrete Zahl für die Erhöhung der für den Internationalen Währungsfonds verfügbaren Mittel erreicht und diese konkrete Verpflichtung mit 75 Milliarden Euro beziffert haben. Die 27 Mitgliedstaaten vertreten eine einheitliche Haltung, sprechen mit einer Stimme und haben ein gemeinsames Ziel vor dem G20. Ich betrachte das als den größten Erfolg überhaupt, denn die ganze Sitzung des Europäischen Rates war ein Test für die europäische Einheit, die europäische Solidarität, die europäischen Werte und den vereinten europäischen Binnenmarkt. Würde einer dieser Aspekte unterhöhlt, würden wir aus dieser Krise geschwächt hervorgehen. Im Gegenteil bin ich der Meinung, dass wir, wenn wir diese wesentlichen Attribute einhalten, stärker hervorgehen werden. Es gibt keinen Anlass für Pessimismus vor den G20-Gesprächen, wie Herr Rasmussen befürchtet. Ich bin überzeugt, dass wir alle verstanden haben, dass wir solidarisch handeln und zusammenarbeiten müssen, wie Graham Watson von der Fraktion der Allianz der Liberalen und Demokraten für Europa bestätigt.

Die gegenwärtige Krise ist, wie wir alle wissen, eine Vertrauenskrise. Der dritte Schlüsselbereich zur Lösung der Krise ist deswegen die Wiederherstellung des Vertrauens. Es reicht nicht, einfach Geld in das System zu pumpen. Wir haben das versucht, und die Banken gewähren immer noch keine Darlehen. Die Banken müssen mit der Kreditvergabe beginnen, werden das aber nicht tun, solange sie kein Vertrauen haben. Die ihnen zur Verfügung stehende Liquidität hat das Problem nicht gelöst. Vertrauen kann nicht angeordnet und nicht gekauft werden. Im Rahmen der Wiederherstellung des Vertrauens müssen wir also weitere Schritte zur Stärkung des Vertrauens unternehmen, indem wir den Garantierahmen für Länder außerhalb der Eurozone auf 50 Milliarden Euro verdoppeln, nur für den Fall, dass diese Gelder benötigt werden. Wir haben auch das beschlossen. Wir haben auch beschlossen, dass ein Blankoansatz zu vermeiden und fallweise für jede Bank und jedes Land vorzugehen ist, denn wir sind der Ansicht, dass ein Ansatz mit einer Einheitslösung zu diesem Zeitpunkt gefährlich wäre. Die Märkte sind nervös, reagieren unmittelbar, übermäßig und negativ auf jedes Signal. Deshalb benötigen wir eine bessere Regulierung. Ich möchte unterstreichen, dass „besser“ die Einführung einer Regulierung in Bereichen bedeuten könnte, in denen es bislang keine Verordnung gegeben hat. Und hier kommen Sie ins Spiel, meine Damen und Herren des Europäischen Parlaments. Wir möchten eine Übereinkunft über gesetzgeberische Handlungen erreichen – und es gibt Anzeichen dafür, dass es möglich ist –, die im Wesentlichen unsere Vision und unsere Vorstellung von einer besseren Regulierung der Rating-Agenturen, der Solvenz der Versicherungsunternehmen, Kapitalanforderungen an Banken, des grenzüberschreitenden Zahlungsverkehrs, elektronischen Geldes und so weiter erfüllen. Ich würde mich freuen, wenn Sie diese Verordnungen in Ihren Sitzungen verabschieden würden, damit sie unmittelbar in Kraft treten und umgesetzt werden können. Ich begrüße herzlichst, wie alle von uns, den Larosière-Bericht mit einer brillanten Analyse und sehr lehrreichen Umsetzungsvorgabe, und in diesem Sinne hat der Europäische Rat klare Schlussfolgerungen gezogen. Vielleicht war eine der wichtigsten Aufgaben der Frühjahrssitzung des Europäischen Rates die Bewertung des bislang bei der Umsetzung des Erneuerungsplans erreichten Fortschritts, wie er vom Rat im Dezember dargelegt wurde. Gerade auf diese Aspekte konzentrieren sich – meines Erachtens unverdient – die meisten Gegenstimmen und Kritiken. Der Plan soll angeblich mangelhaft, langsam und anspruchslos sein. Ich möchte das aber richtigstellen. Ich habe bereits die 400 Milliarden Euro bzw. 3,3 % des BIP, ohne die Mittel zur Rekapitalisierung der Banken und Sicherheiten in Höhe von mehr als 10 % des BIP, angesprochen, die alle gegenwärtig möglichen Bemühungen der EU darstellen. Das wird sehr deutliche Auswirkungen auf den Stabilitäts- und Wachstumspakt haben und sehr deutliche Auswirkungen auf die Staatsverschuldung und die Art und Weise, wie die Angelegenheiten in der Zeit des „Tages danach“ aussehen werden, in anderen Worten, nach der Krise, um es einfach auszudrücken. Ich bin überzeugt, dass selbst die letztendlich verabschiedeten 5 Milliarden Euro, die nur einen kleinen Teil der Riesensumme von 400 Milliarden ausmachen, das Ergebnis von sehr schwierigen Verhandlungen sind, die viele Länder betreffen. Das ist so, erstens, weil ein Geldbetrag keine Maßnahme gegen die Krise darstellt, wenn er nicht 2009–2010 in Anspruch genommen wird. Es stimmt auch, dass es kein transparentes System zur Bewertung von Projekten, keine eigentliche Liste dieser Projekte gibt, und dass manchmal Dinge fehlen oder in anderen Fällen zu viel enthalten ist. Wir haben letztendlich, nach sehr komplizierten Verhandlungen – und dabei hat die tschechische Präsidentschaft mit der Einbringung der Vereinbarung eindeutig eine bestimmende Rolle gespielt – vereinbart, die 5 Milliarden Euro zu verabschieden und das Geld an Sie im Europäischen Parlament zu senden, damit Sie es verwalten.

Der Erneuerungsplan hat einen Gemeinschaftsaspekt, nach dem ungefähr 30 Milliarden Euro heute zur Verfügung stehen, sowie einen nationalen Aspekt, nach dem jeder Mitgliedstaat im Rahmen des Plans seine eigenen Steueranreize umsetzen kann. Meiner Meinung nach ist der vom Europäischen Rat beschlossene Schlüsselaspekt die Bestätigung des Stabilitäts- und Wachstumspaktes. Wenn wir diese Krise mit einer intakten, unbeschädigten und wiederbelebten Union überstehen wollen, dann müssen wir unsere eigenen Regeln einhalten. Meiner Meinung nach wäre es ein großer Fehler, neue Pakete zu schnüren, ohne sicher zu stellen, dass alle nationalen und Gemeinschaftsverfahren eingesetzt wurden, ohne zu wissen, welche Auswirkung diese haben werden, und ob weitere Maßnahmen im Sinne von Steueranreizen notwendig sind oder nicht, und der Europäische Rat hat auch dem zugestimmt. Wenn es absolut erforderlich ist, wird der Europäische Rat weitere Maßnahmen treffen, aber gegenwärtig wissen wir nicht, ob diese notwendig sind oder nicht, da niemand weiß, wann die Krise die Talsohle erreicht hat oder zu Ende sein wird. Es wäre vollkommen absurd, wenn wir weitere Maßnahmen beschließen würden, ohne die Auswirkungen der bislang mit den Steueranreizen in Höhe von 400 Milliarden Euro getroffenen Schritte zu kennen. Der Plan ist ehrgeizig, breit angelegt und umfassend, und er wird die Probleme des Wachstums und der Beschäftigung je nach der Lage in jedem Land und natürlich der Probleme im Zusammenhang mit der wirtschaftlichen Lage anders lösen.

Das zweitwichtigste Thema des Europäischen Rates waren die Klima- und Energiefrage. Wir haben sowohl bei der Energiesicherheit als auch dem Klimaschutz wesentliche Fortschritte erreicht. Neben allen anderen Aspekten ist die Energiesicherheit eine der ersten Prioritäten unserer Präsidentschaft, und die Notwendigkeit dafür wurde im Januar deutlich. Die Gaskrise ist nicht überwunden. Eine Gaskrise hätte jederzeit, morgen, übermorgen, in einem Monat oder nächstes Jahr ausgelöst werden können. Diese Aussage wird durch den Umstand belegt, dass selbst das Konjunkturpaket in Höhe von 5 Milliarden Euro nicht ausschließlich die Anbindung der europäischen Länder untereinander zum Ziel hat, sondern auch eine breite Palette an Mechanismen und Projekten beinhaltet, deren Ziel es ist, die Abhängigkeit von einem Versorgungsweg zu verringern. Wir haben beschlossen, dass im kommenden Winter ein Mechanismus im Kampf gegen die Krise zum Umgang mit einem Zusammenbruch der Lieferungen bereit stehen muss, um so auf eventuell auftretende Probleme zu reagieren. Es ist mehr als offensichtlich, dass wir das benötigen. Das wurde im Januar insbesondere in der Slowakei und in Bulgarien, aber auch in einer Reihe anderer Länder deutlich.

Zur Klimadebatte: Diskussionen und Vorbereitungen der Klimakonferenz in Kopenhagen beginnen bereits. Sowohl in Dänemark als auch Schweden – im Verlauf der eigenen Präsidentschaft – wird dieses Thema behandelt, und die tschechische Präsidentschaft arbeitet bereits intensiv daran. Wir versuchen eine gemeinschaftliche Haltung auf europäischer Ebene zu finden. Wir nehmen Verhandlungen mit den wichtigsten Akteuren auf, ohne die der Erfolg der Klimakonferenz in Kopenhagen nicht gewährleistet werden kann. Dazu gehören auch die USA und natürlich Japan, China und Indien neben anderen großen Ländern und großen Umweltverschmutzern. Die größte Diskussion – und ich möchte dieses Thema nur kurz ansprechen – ging darüber, ob wir jetzt nicht nur die Mechanismen, sondern auch die Beteiligungen der einzelnen EU-Staaten am Finanzpaket festsetzen sollten, das wir bereitstellen, um den Entwicklungsländern – Drittländern – bei der Erfüllung ihrer Verpflichtungen im Rahmen des Kampfes für den Klimaschutz zu helfen. Wir haben die richtige Entscheidung getroffen. In einer Situation, in der wir mit allen großen Akteuren verhandeln, die mehr mit Worten als mit Taten handeln, wäre es eine sehr schlechte Taktik und sehr negativ, wenn wir selber Barrieren und Grenzen errichteten, die von den anderen nicht respektiert würden. Die Verhandlungsposition ist deutlich besser, wenn wir freie Hand haben, und das wurde von den Ländern beschlossen, die auch den letzten Vorschlag unterbreiteten, d. h. Schweden, Dänemark, die Niederlande, das Vereinigte Königreich und Polen. Bezüglich des polnischen Ansatzes respektieren wir natürlich die Interessen von Ländern, die diesem Mechanismus eher mit Vorbehalt gegenüberstehen, sowie die Interessen von Ländern, die bei den Angelegenheiten des Klimawandels eine führende Rolle spielen. Alle Länder, selbst jene, die das als eine absolute Priorität betrachten, stimmten zu, dass wir noch, lange genug vor der Konferenz in Kopenhagen, den tatsächlichen Mechanismus, den Schlüssel und seinen Wortlaut finden müssen.

Der dritte Bereich hat mit den Außenbeziehungen zu tun. Der Europäische Rat hat formell der Initiative der Östlichen Partnerschaft als Ergänzung unserer Außenpolitik oder Politik gegenüber unseren unmittelbaren Nachbarn zugestimmt. Da im Norden Eisberge liegen und im Westen der Atlantische Ozean, leben folglich unsere Nachbarn im Süden und Osten, und dort liegen auch die Länder, die eventuell unsere Wirtschaft und unsere gesellschaftliche Lage und unsere Sicherheitslage bedrohen könnten. Die Östliche Partnerschaft war ein Ziel der tschechischen Präsidentschaft, und ich freue mich, dass sie mit einem entschiedenen Engagement in Höhe von 600 Millionen Euro beschlossen wurde. Ich möchte Fragen zur Beteiligung von Belarus zuvorkommen. Wir bedenken dieses Thema. Belarus hat gewisse Fortschritte gemacht, und die Aussetzung des Visaverbotes für Mitglieder des Regimes wurde verlängert. Zurzeit halten wir Belarus die Tür offen, es ist aber noch nichts entschieden. Stimmen die Mitgliedstaaten nicht zu und treffen nicht alle 27 Mitgliedstaaten eine Entscheidung in diesem Sinne, wird Präsident Lukashenko einfach nicht eingeladen, obwohl sowohl die Opposition als auch die Nachbarstaaten die Einladung empfehlen. Ich habe den Eindruck, dass es sich hierbei um eine Frage handelt, die ich nicht beantworten kann, wenn Sie mich zu diesem Zeitpunkt danach fragen, und deshalb wollte ich zuvorkommen.

Ich habe den Europäischen Rat über das Treffen und den informellen Gipfel mit Präsident Obama am 5. April im Zusammenhang mit der Erfüllung anderer Prioritäten, insbesondere der transatlantischen Beziehungen, informiert. Die Einzelheiten der Organisation sind noch nicht abgeschlossen, aber Sie alle werden noch detaillierte Informationen dazu erhalten. Der Gipfel wird die drei wichtigsten Themenbereich behandeln: Diskussionen vor dem G20-Gipfel, Kooperation im Bereich der Energie und des Klimas, in denen die EU weiterhin ein Schlüsselakteur bleiben möchte, wie es die USA sind, und Außenbeziehungen und geostrategischer Bereich vom Mittelmeer bis zum Kaspischen Meer, das heißt, Afghanistan, Pakistan, die Lage im Iran und natürlich der Nahe Osten. Der Gipfel mit den USA ist wichtig, aber wir dürfen die Erwartungen auf keinen Fall zu hoch stecken, da nicht der Messias erscheinen wird. Die USA haben massive interne Probleme zu lösen, und gerade deshalb ist es gut, dass Barack Obama in Prag über seine grundlegenden Ansichten zu diesem Jahr sprechen wird, in dem er eine Botschaft mit den wichtigsten Haltungen und wesentlichen Zielen der neuen US-Regierung an die EU-Bürger senden möchte.

Im Europäischen Rat wurden noch zahlreiche weitere Angelegenheiten behandelt, auf die ich gerne antworten werde. Wenn ich etwas ausgelassen habe, füge ich es gerne in der Diskussion nach den Reden der Parteienvertreter hinzu. Wir werden uns in dieser Zusammensetzung wahrscheinlich nicht wieder treffen, denn Sie begeben sich nun auf in den Wahlkampf; ich würde mich aber sehr freuen, wenn Sie damit nicht unbedingt hier und jetzt beginnen würden. Ich hoffe, der Kampf um die Sitze im Europäischen Parlament wird fair und Sie treffen sich nach den Wahlen wieder und setzen Ihre Arbeit fort.

 
  
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  Der Präsident. Vielen Dank, Herr Präsident des Europäischen Rates, auch für Ihre Entschlossenheit, Ihre Arbeiten im Rahmen der Ratspräsidentschaft trotz der schwierigen Situation in Ihrem Land weiterzuführen.

 
  
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  José Manuel Barroso, Präsident der Kommission. − (FR) Herr Präsident, Herr Ratspräsident, meine Damen und Herren! Der letzte Europäische Rat war ein Rat mit praktischen Ergebnissen.

Ich möchte meine Hochachtung ausdrücken für die tschechische Präsidentschaft und insbesondere dem Premierminister Topolánek, der den Rahmen der Diskussionen fest im Griff hatte und diese auf konkrete Ziele konzentrierte. Das Ergebnis ist hier zu sehen: Eine Reihe an sich schon wichtiger Entscheidungen, aber auch Entscheidungen, die viel über Europas heutige Entschlossenheit aussagen. Die Realität unserer Entscheidungen zeigt die Realität unserer Einheit und widerlegen die pessimistischen Erwartungen, die sich wieder einmal als falsch erwiesen haben. Ich werde mich auf wirtschaftliche Aspekte konzentrieren; Premierminister Topolánek hat die meisten Angelegenheiten bereits erwähnt, so dass ich nicht erneut auf alle eingehen muss.

An erster Stelle hat der Rat den Vorschlag der Kommission unterstützt, 5 Milliarden Euro für strategische Energieprojekte und das Breitband-Internet aufzuwenden. Die im Europäischen Rat erreichte Einigung spiegelt klar die Entschlossenheit der EU wider, alle zur Verfügung stehenden Werkzeuge einzusetzen oder das Beste zu tun, um zu vermeiden, dass die Krise unsere langfristigen Ziele gefährdet, insbesondere im Sinne der Energiesicherheit und des Kampfes gegen den Klimawandel.

Die zweite große Entscheidung bestand darin, den Höchstbetrag zur Unterstützung der Zahlungsbilanz für die Mitgliedstaaten zu verdoppeln: 50 Milliarden Euro ist ein starkes Engagement. Es hat sich gezeigt, dass selbst in schweren Zeiten „Solidarität“ nicht nur eine Worthülse in Europa ist.

Tatsächlich ist der beste Weg für die Europäer, um die Krise zu bewältigen und die Wachstumsbedingungen wieder herzustellen, die Koordinierung der Haltungen, das gemeinsame Ergreifen von Maßnahmen und die gegenseitige Unterstützung.

Die dritte große Entscheidung zeigt, dass sich die Union umfassend den Bemühungen anschließt, die Krise weltweit anzugehen. Die haushaltspolitischen Impulse für die europäische Wirtschaft nähern sich, wenn wir die automatischen Stabilisatoren mitrechnen, 4 % des europäischen BIP. Dazu haben wir aber außerdem – während des Europäischen Rates – die Verpflichtung übernommen, den IWF mit bis zu 75 Milliarden Euro zu unterstützen. Die Union übernimmt ihre Rolle sowohl im energischen Kampf gegen die Krise als auch bei der Einführung eines Programms mit ehrgeizigen und vorausschauenden Regulierungsreformen.

Die Europäische Union ist somit wirklich ein Beispiel für Einheit und Führungsqualitäten, das, wenn es befolgt wird, den Weg für weiter reichende Lösungen auf internationalem Niveau ebnen wird. Die gestrige Debatte mit dem britischen Premierminister Gordon Brown hat dies deutlich belegt. Die Europäische Union nähert sich dem Gipfel von London mit einer soliden und konsistenten, auf vier Säulen beruhenden Agenda: wesentlicher und koordinierter haushaltspolitischer Impuls, ehrgeizige Regulierungsagenda, deutliche Botschaft gegen alle Arten des Protektionismus und nachhaltiges Engagement für die Millenniums-Entwicklungsziele, insbesondere für die am stärksten Benachteiligten der Welt.

Das ist die Agenda einer Führungsmacht, und ich glaube, es muss trotzdem hervorgehoben werden, da es anfangs nicht offensichtlich war, dass die Haltung der Mitgliedstaaten, die am Londoner Gipfel teilnehmen werden, und der Kommission, in der Tat die Botschaft der gesamten Union aller 27 Mitgliedstaaten ist, die diese Führungsposition beibehalten will, um einen neuen Ansatz auf internationaler Ebene einzuführen. Das ist keine technokratische Agenda. Die Herausforderung besteht darin, in das Wirtschaftssystem und insbesondere in das weltweite Finanzsystem wieder ethische Werte einzuführen, ohne welche die Marktwirtschaft nicht funktionieren kann. Die Menschen müssen wieder in die Mitte der globalen Wirtschaft gestellt werden. Wir sind für eine offene und konkurrenzfähige Wirtschaft, aber eine Wirtschaft, in der der Markt den Bürgern dient. Das ist außerdem der Grund, warum ich den ehrgeizigen Vorschlag von Frau Merkel unterstütze, eine Charta für eine nachhaltige Wirtschaft zu erarbeiten. Damit wird hervorgehoben, dass wir für eine soziale Marktwirtschaft stehen.

Aber der Europäische Rat hat auch über die Krise hinaus geschaut. Im Bereich der Außenbeziehungen begrüße ich die Unterstützung der 27 für die Vorschläge der Kommission, die Östliche Partnerschaft zu entwickeln, die wir im Rahmen des Gipfels der Östlichen Partnerschaft am 7. Mai im Detail untersuchen werden können. In der Arbeit mit der Union für den Mittelmeerraum verfügen wir nun über einen konsistenten Rahmen für unsere Nachbarschaftspolitik, die ohne jeden Zweifel eine der Hauptprioritäten für die Außenbeziehungen der Union darstellt.

Präsident der Kommission. Herr Präsident! Wir müssen jetzt den Impuls der Arbeit für den wirtschaftlichen Aufschwung nutzen; die 5 Milliarden Euro sind wirklich dringend. Diese Investition ist in diesen schwierigen Zeiten von wesentlicher Bedeutung. Wir alles wissen, dass sich die Kreditklemme direkt auf strategische Projekte ausgewirkt hat. Es gibt einige Herausforderungen, insbesondere die Möglichkeit, dass die Öl- und Gasleitungen eingefroren werden. Das hat die Investitionen in erneuerbare Energien gebremst. Das hat auch die Forschung im Bereich der sauberen Technologien angehalten. Deshalb brauchen wir eine klare europäische Antwort.

Ich weiß, dass sich das Parlament dafür einsetzt, dieses Dossier schnell zu bearbeiten, und hoffe, dass die Untersuchung der Vorschläge es Ihnen ermöglichen wird, rasch Verhandlungen mit dem Rat aufzunehmen, damit dieser das Gesetz im Mai verabschieden kann.

Gleiches gilt für das Paket der bestehenden und künftigen Maßnahmen für das Finanzsystem. Wenn das Parlament und der Rat eine Übereinkunft nach der ersten Lesung dieser Maßnahmen noch vor der Wahlpause gewährleisten könnten, wäre das eine aussagekräftige Botschaft, dass die EU weiß, was zu tun ist, um die Ordnung im Finanzsystem wieder herzustellen.

Zur Wiederherstellung des Vertrauens gibt es einen Schlüsselbaustein, und deshalb möchte die Kommission die in der Mitteilung vom 4. März 2009 dargelegten Vorschläge weiter verfolgen, und zwar bezüglich Hedge-Fonds und Private-Equity, zur Vergütung von Führungskräften und wie die Vorstellungen des Berichts der Gruppe hochrangiger Beamter weiterverfolgt werden sollen, die ich unter der Leitung von Herrn de Larosière eingerichtet habe. Dieser Bericht wurde auch vom Europäischen Rat wärmstens begrüßt und einstimmig als Grundlage für die weiteren Arbeiten betrachtet. Ich freue mich sehr über dieses Ergebnis.

Wir müssen die Koordinierungsarbeiten noch weiter vertiefen. Koordinierung ist der Schlüssel – Koordinierung und Umsetzung. Die von uns aufgezeigten Richtlinien für wertgeminderte Vermögensgegenstände und zur Unterstützung der Kfz-Branche werden bereits direkt angewendet, um die Maßnahmen der Mitgliedstaaten optimal auszurichten.

Jetzt, da wir uns bei der Umsetzung des Konjunkturplans befinden, wird die Kommission ihre Arbeit intensivieren, um zu prüfen, wie die angekündigten nationalen Impulse in die Tat umgesetzt werden. Wir haben dafür einige Instrumente. Wir besitzen auch die Instrumente der Lissabon-Strategie, die weiterhin in Kraft bleibt. Wir beobachten genau die unterschiedlichen nationalen Maßnahmen, die zur Überwindung der Krise und als Anregung der Nachfrage getroffen werden, um zu sehen, was wir lernen und wie wir helfen können.

Derselbe Geist sollte uns bei der Vorbereitung des Beschäftigungsgipfels begleiten. Ich habe es vorher hier in diesem Parlament schon gesagt: Diese Krise führt zu echten Härtefällen, und das ist nirgends sichtbarer als bei den Auswirkungen auf den Beschäftigungsmarkt.

Die Arbeitslosigkeit nimmt zu und wird wahrscheinlich noch weiter steigen. Das ist meine vorrangige Sorge, und ich glaube, es sollte die vorrangige Sorge in Europa sein. Die Arbeitnehmer in ganz Europa müssen wissen, dass sich die führenden Politiker Europas um sie sorgen. Deshalb ist der Anfang Mai der Beschäftigung gewidmete Sondergipfel so wichtig: Bestandsaufnahme der Auswirkungen der bislang getroffenen Konjunkturmaßnahmen, um zu sehen was funktioniert und was nicht, und um die bewährtesten Praktiken auszutauschen und die weiteren erforderlichen Schritte zu vereinbaren.

Wir müssen sicherstellen, dass alle Hebel auf lokaler, regionaler, nationaler und europäischer Ebene in Bewegung gesetzt werden, um die Auswirkungen der Krise abzufedern und die Menschen für ihre zukünftige Arbeit vorzubereiten. Insbesondere müssen wir alles tun, was in unserer Macht steht, um die Maßnahmen der Mitgliedstaaten über den Europäischen Sozialfonds und den Europäischen Fonds für Anpassung an die Globalisierung abzurunden.

Wie Ihnen bekannt ist, hat der Europäische Rat beschlossen, den Gipfel im Troika-Format abzuhalten. Ganz offen und ehrlich – wie ich immer bin – muss ich sagen, dass mich diese Entscheidung enttäuscht hat. Ich hätte es bevorzugt, wenn alle 27 Mitgliedstaaten die notwendige Zeit aufgebracht hätten, um zusammen über den besten Weg zu diskutieren, für das, was bei dieser Krise letztendlich das Schlüsselthema für die europäischen Bürger ist: die Beschäftigungslage.

Wir wissen natürlich, dass die meisten Instrumente auf nationaler Ebene angesiedelt sind, aber das darf nicht rechtfertigen, dass die führenden Politiker Europas nicht auf europäischer Ebene über die Möglichkeiten diskutieren, ihre Maßnahmen zu koordinieren. Wir wissen auch, dass, wenn wir Entscheidungen für den Finanzsektor treffen oder einen Konjunkturplan beschließen, dies auch gleichzeitig Maßnahmen für die Beschäftigung darstellen.

Ich bin aber davon überzeugt, dass das Thema Beschäftigung an sich schon die Aufmerksamkeit aller führenden Politiker Europas verdient. Sei es wie es wolle, die Kommission hat sich in ihrer Gesamtheit in Bewegung gesetzt und vorgenommen, am 7. Mai 2009 eine klare Botschaft auszusenden. Ich persönlich glaube, dass dieser Gipfel, für den als Format die Troika gewählt wurde, offen sein sollte, damit alle Premierminister, die es wünschten, die Möglichkeit zur Teilnahme hätten.

Ich möchte Ihnen, gleich wie Premierminister Topolánek, sagen, dass wir kurz vor dem Europäischen Rat eine sehr wichtige Diskussion mit den Sozialpartnern, zusammen mit dem schwedischen Premierminister Herrn Reinfeldt und dem spanischen Premierminister Herrn Zapatero geführt hatten. Ich glaube, wir haben die Bereitschaft der Sozialpartner gesehen, sich uns anzuschließen. Es ist wichtig, diese Botschaft an alle Europäer zu senden, und ganz besonders an alle Arbeitnehmer in Europa, dass wir auf europäischer Ebene auch den sozialen Dialog pflegen.

Wir luden die Sozialpartner zur Kommission ein. Wir veranstalteten ein Treffen im Kollegium der Kommissionsmitglieder, und ich bin entschlossen, weiterhin mit den Sozialpartnern, dem Europäischen Parlament, den Regierungen Europas, natürlich der Präsidentschaft und mit dem Ausschuss der Regionen und dem Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss zusammenzuarbeiten, weil ich fest davon überzeugt bin, dass wir angesichts des Beschäftigungsproblems eine europäische Mobilmachung benötigen, aber nicht nur der Regierungen und europäischen Institutionen, sondern auch der Sozialpartner und aller unserer Gesellschaften.

Ich bin entschlossen, alle diese möglichen Optionen auf den Tisch zu bringen. Deshalb wird die Kommission in den kommenden Wochen besondere Bemühungen für die Arbeit mit allen unseren Partnern unternehmen, und ich würde die umfassende Beteiligung von Mitgliedern des Europäischen Parlaments und dieses Parlaments als Institution wärmstens begrüßen. Sie alle haben umfassende Kenntnisse von den Aktionen vor Ort.

Kurzum, dies war ein Europäischer Rat, bei dem sehr wichtige Entscheidungen zu wirtschaftlichen und finanziellen Angelegenheiten getroffen wurden – das sind sehr konkrete Ergebnisse. Aber das ist bestimmt nicht das Ende eines Prozesses. Wir müssen den Impuls des Prozesses nutzen. Wir müssen für alles offen sein, was wir angesichts einer Krise zu tun haben, insbesondere stärkere Auswirkungen auf die sozialen Angelegenheiten. Es ist wichtig diese Entschlossenheit aufrecht zu erhalten, und dass Europa über die Koordinierung und Umsetzung in der Lage sein wird, nicht nur auf die Herausforderungen intern zu reagieren, sondern auch einen wichtigen Beitrag zur globalen Antwort auf die Krise von sehr großen Dimensionen zu leisten.

(Beifall)

 
  
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  Joseph Daul, im Namen der PPE-DE-Fraktion. – (FR) Herr Präsident, Herr Topolánek, Herr Barroso, meine Damen und Herren! Nachdem Europa unsere US-Partner und die übrige Welt von Anfang der Krise an in eine ehrgeizige, aber fürwahr notwendige Reform der Finanzmärkte führte, legte es vergangenen Freitag einen Fahrplan für den G20-Gipfel am 2. April fest.

Bei der gestrigen Debatte zu G20 sagten einige Mitglieder, dass dies nicht genug sei; andere meinten, es wäre zu viel. Tatsache ist, dass in den aufeinander folgenden Krisen, die wir gerade erlebt haben, Europa da war, sich selber koordinierte, als ein Team gearbeitet hat.

Ich wiederhole: In den Krisensituationen, die wir erleben, gleich wie bei allen globalen Angelegenheiten – Energie, Klimawandel, Außenpolitik, Sicherheit und Verteidigung – sind nationale Lösungen nicht mehr geeignet. Wenn selbst der britische Premierminister, den wir gestern gehört haben, die Vorzüge der Europäischen Union lobpreist und sich selbst als – Zitat – „stolz (bezeichnet), Brite zu sein und stolz, Europäer zu sein“, fühle ich mich in meinem Glauben bestärkt.

Die Entscheidung des Europäischen Rates vergangene Woche 50 Milliarden Euro bereitzustellen, um die Mitgliedstaaten außerhalb der Eurozone in diesen schweren Zeiten zu unterstützen, ist gut, denn, was einen von uns betrifft, betrifft uns alle. Das ist die Bedeutung der europäischen Integration. Nehmen wir die 400 Milliarden Euro des europäischen Konjunkturplans dazu, werden uns diese bereitgestellten Haushaltsmittel helfen, die Wachstumsbedingungen wieder herzustellen und Wohlstand und letztendlich auch Arbeitsplätze zu schaffen. Das Gleiche gilt für das 5-Milliarden-Euro-Paket, das wir als Investition beschlossen haben, um Projekte im Bereich der Energie und Maßnahmen im Zusammenhang mit dem Internet und anderen Angelegenheiten zu unterstützen.

Ich appelliere an den Rat, alles in seiner Macht stehende zu unternehmen, um sicher zu stellen, dass bis zum Ende dieser Wahlperiode eine Einigung zu den drei größten gegenwärtig auf dem Tisch liegenden Angelegenheiten herbeigeführt wird: Rating-Agenturen, Richtlinien zur Regulierung der Kapitalanforderungen und Solvabilität-II-Richtlinie. Im letzten Text ging der Rat einen Schritt weiter, um sicher zu stellen, dass die Verabschiedung in erster Lesung im April erfolgen kann.

Meine Damen und Herren! Wir brauchen keine weiteren sozialistischen Wirtschaftsmaßnahmen. Wir brauchen mehr Arbeitsplätze, und dieses Maßnahmenpaket macht das möglich. Daneben stelle ich mit Interesse fest, dass kein führender Politiker Europas weder von links noch von rechts, in der vergangenen Woche sozialistische Maßnahmen unterstützt hat. Das bestätigt auch mein Gefühl, dass es immer noch große Konsistenzabweichungen gibt zwischen dem was gegenwärtig der Vorsitzende der Sozialdemokratischen Fraktion im Europäischen Parlament sagt und dem, was von Sozialisten angeführte Regierungen tun, und Herr Schulz, auf Sie wartet noch viel Arbeit, wenn Sie Ihren politischen Freund Herrn Steinbrück überzeugen möchten, sozialer zu werden.

Ich möchte auch auf die Vorbereitung der Konferenz in Kopenhagen im Dezember eingehen und die tschechische Präsidentschaft auffordern, bis Juni einige Vorschläge zu den internationalen Finanzmechanismen zu entwerfen. Hinsichtlich des Energie- und Klimawandelpaketes hat Europa den Ton vorgegeben und darf jetzt diesen Vorteil nicht verlieren. Der Klimawandel wartet nicht bis zum Ende der Krise. Deshalb haben wir die Verantwortung, unsere Partner davon zu überzeugen, unsere Vorlagen im Kampf gegen den Klimawandel zu übernehmen und das Ziel einer 30%igen Senkung der CO2-Emissionen zu beschließen.

Barack Obama scheint den Entschluss getroffen zu haben, die helfende Hand anzunehmen, die wir ihm ausstrecken, indem er die Umsetzung eines Emissionshandelssystems in den Vereinigten Staaten beschloss. Als Schlussfolgerung möchte ich meiner Genugtuung Ausdruck verleihen, dass Europa endlich unsere Nachbarn im Osten ernst nimmt, indem eine strategische Partnerschaft mit Armenien, Aserbaidschan, Belarus, Georgien, der Republik Moldawien und der Ukraine eingegangen wird. Diese Partnerschaft wird eine nützliche Ergänzung der Arbeiten der EURONEST-Versammlung darstellen, der von meiner Fraktion stammenden Initiative, die mit der Zustimmung aller Parlamentsfraktionen ab der kommenden Wahlperiode umgesetzt wird.

Auf der anderen Seite ist es höchste Zeit, dass die im vergangenen Sommer eingerichtete Union für den Mittelmeerraum ihr Sekretariat nach Barcelona verlegt und konkrete Projekte in Angriff nimmt. Die 27 haben das vergangene Woche gefordert; wir hoffen, im Juni einen Fahrplan vorliegen zu haben.

 
  
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  Martin Schulz, im Namen der PSE-Fraktion. – Herr Präsident! Herr Topolánek, ich finde es beachtlich, dass Sie hier sind. Das ehrt Sie in Ihrer schwierigen Situation. Heute Morgen hier zu sein, zeigt, dass Sie eine Kämpfernatur sind. Aber Sie haben bis heute nicht verstanden, was die Aufgabe des Ratspräsidenten der Europäischen Union ist! Wenn Sie hierherkommen, um tschechische Innenpolitik zu machen, dann dürfen Sie sich nicht darüber wundern, wenn wir über tschechische Innenpolitik diskutieren. Sie sind aber meiner Meinung nach als Präsident des Europäischen Rates hier. Deshalb weiß ich nicht, was Ihre Bemerkung über die Obstruktion der Sozialdemokraten soll.

(Beifall)

Im Übrigen wurden Sie durch zwei Stimmen der ODS und zwei Stimmen der Grünen gestürzt. Was ist also mit der Obstruktion Ihrer eigenen Leute?

Gestern haben wir die Rede eines großen europäischen Regierungschefs gehört, der als Gastgeber des G20-Gipfels nächste Woche das Gegenteil von dem vorgetragen hat, was Sie hier als Ratsvorsitzender vorgetragen haben. Das, was Gordon Brown gestern vorgetragen hat, ist das Gegenteil von dem, was Sie hier gesagt haben. Ich will Sie zitieren, Herr Ratspräsident: „Der Weg, den die USA einschlagen, ist historisch falsch.“ Das haben Sie vor wenigen Minuten hier gesagt. „Geithners Weg ist falsch, und es ist der Weg in die Hölle.“ Das ist doch nicht die Ebene, auf der die Europäische Union mit den USA zusammenarbeiten kann! Sie repräsentieren nicht den Rat der Europäischen Union, Sie repräsentieren sich selbst! Das ist der große Fehler, den Sie hier machen.

(Beifall)

Und ich verstehe jetzt auch, warum die Leute uns zu Beginn gesagt haben, es ist schwer, mit diesem Mann in einen Dialog zu kommen. Nein, Herr Ratspräsident, so führen Sie die Europäische Union weiter in die Sackgasse!

Der Kommissionspräsident hat heute einen wichtigen Satz gesagt: „Die Absage des Sozialgipfels – des Beschäftigungsgipfels – ist ein schwerer Fehler.“ In einer Zeit, in der Millionen Menschen in Europa um ihre Arbeitsplätze fürchten, in einer Zeit, in der der Bankrott der Banken und Versicherungen, auch in den USA, dazu führt, dass die öffentlichen Haushalte Milliarden, Hunderte Milliarden, Billionen Risiken abdecken müssen – was von Ihnen als Weg in die Hölle bezeichnet wird–, in einer solchen Situation, in der die Menschen wissen, dass sie das am Ende mit ihren Steuer-Euros und Steuer-Kronen bezahlen müssen, in einer solchen Situation sagt der Europäische Rat diesen Leuten: Aber eure Beschäftigungsprobleme, die interessieren uns nicht. Dafür haben wir keine Zeit. Das ist ein fatales Signal! Das ist das falsche Signal!

Deshalb sage ich, Herr Kommissionspräsident: Ihr Ratschlag an den Ratspräsidenten ist nicht genug. Nicht eine Troika, sondern offen für alle! Er soll den Gipfel wieder einladen, damit die Staats- und Regierungschefs ihrer Verantwortung nachkommen, Anfang Mai über die Beschäftigungslage in Europa zu reden.

(Beifall)

Herr Ratsvorsitzender Topolánek, ich will Ihnen aus unserer Sicht drei Empfehlungen für die nächsten Tage mit auf den Weg geben: Wenn sich die Regierungen der Europäischen Union verpflichten, 1,5 % ihres Bruttoinlandsprodukts im Jahre 2009 und 1 % im Jahre 2010 als Konjunkturpaket zu mobilisieren, und bisher ganze vier Staaten – wenn ich das richtig nachvollzogen habe – diese Vorgaben erfüllen, dann ist das nicht genug, und es ist Ihre Aufgabe als Ratsvorsitzender, dafür zu sorgen, dass die Staaten ihre selbst eingegangenen Verpflichtungen erfüllen.

Zweitens, berufen Sie den Sozialgipfel wieder ein! Zeigen Sie der europäischen Öffentlichkeit, dass die Beschäftigungspolitik und die Initiativen zum Beschäftigungsschutz im Mittelpunkt des Handelns der Regierungen stehen!

Drittens, sorgen Sie im Rat dafür, dass endlich Klarheit herrscht, was in den institutionellen Fragen nach der Wahl geschehen soll! Ich bedaure Sie selbst persönlich sehr. Ich weiß, dass Sie für die Ratifizierung des Lissabon-Vetrags eingetreten sind. Ich weiß aber, dass Sie mit Ihrem Staatspräsidenten eine Menge Probleme am Hals haben. Und ich weiß auch, dass dort alles getan wird, damit Sie daran gehindert werden, das durch den Senat zu bekommen. Wir helfen Ihnen dabei. Wenn wir irgendwie können, reden wir auch mit Ihren ODS-Senatoren, damit sie dem Ratifizierungsprozess zustimmen. Kein Problem, wir sind da an Ihrer Seite, was immer wir tun können.

Aber es gibt noch etwas ganz anderes: Sie müssen uns endlich sagen, auf welcher Grundlage Sie vorgehen wollen. Auf der Grundlage des Nizza-Vertrags, der in Kraft ist, oder auf der Grundlage des Lissabon-Vertrags, der nicht in Kraft ist? Aber zu sagen, wir machen den Anfang mit Nizza, und dann machen wir ein bisschen mit Lissabon weiter – das geht nicht! Deshalb sage ich auch für uns: Konsultation nach der Europawahl, schön. Aber erst, wenn das Europäische Parlament konstituiert ist. Ich lasse mich nicht nach dem 7. Juni konsultieren, ohne dass dieses Parlament formell zu seiner ersten Sitzung zusammengetreten ist. Ein Mindestmaß an institutionellem Respekt wird man ja wohl noch verlangen dürfen. Also, diese drei Punkte, Herr Topolánek, und dann gewinnen Sie wieder ein bisschen Ansehen bei uns.

(Beifall)

 
  
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  Graham Watson, im Namen der ALDE-Fraktion. – Herr Präsident! Für all das echte Leiden gibt es eine heitere Definition für Rezession. Sie ist, wenn Sie zum Automaten gehen, um Geld abzuheben, und eine Meldung aufblinkt „Guthaben nicht ausreichend“ und Sie nicht sicher sind, ob das Ihre oder das von denen damit gemeint ist!

(Gelächter)

Für all die dunklen Warnungen vor Spaltung und Zwist hat dieser Europäische Rat ein positives Paket geschnürt, und ich beglückwünsche die tschechische Präsidentschaft zu dem Erreichten.

Wir haben vom IWF die Sicherheit für mehr Geld bekommen, ein Versprechen für mehr Unterstützung für die europäischen Wirtschaften mit den größten Schwierigkeiten und eine Vereinbarung, die europäische Aufsicht des Finanzsystems weiter zu entwickeln. All das ist zu begrüßen. Was mich persönlich am meisten freut, ist zu sehen, dass dank des Rates Herr Barroso mit heiler Haut davon gekommen ist, indem er fünf Milliarden Euro, die noch nicht verwendet wurden, für diesen Konjunkturplan bereitstellt. Investitionen in Verkehrswesen, Infrastruktur und Breitbandanschlüsse werden jetzt Arbeitsplätze schaffen und Europa für die Zukunft bereit machen. Inzwischen wird das in die Nabucco-Pipeline fließende Geld unsere problematische Energiabhängigkeit von Russland entspannen.

Wir brauchen eine klare Versicherung des amtierenden Präsidenten, dass die Mittel aus den 5 Milliarden Euro auch wirklich das Projekt erreichen, aber auch, dass die Investitionen in die Gasbelieferungsinfrastruktur kein Ersatz für die Erforschung von erneuerbaren Energien sein werden. Ein grünes Wachstum ist von wesentlicher Bedeutung für die Sicherheit unserer Bürger, jetzt und künftig, gleich wie die Prinzipien der Lissabon-Strategie: Flexicurity, auf Wissen beruhende Wirtschaft, Beschäftigungsbestimmungen, die dem Zweck dienlich sind – das sind die Schlüssel für einen konkurrenzfähigen und erfolgreichen gemeinsamen Markt. Es gereicht dem Rat zu großer Ehre, dass die protektionistische Sprache der Vergangenheit keinen Schatten auf seine Schlussfolgerungen mehr wirft.

Aber bei allen offensichtlichen Vereinbarungen bleibt eine quälende Nuance der Prioritäten der Mitgliedstaaten. Auf der einen Seite haben wir jene, die sich für robuste Regulierungen auf internationaler Ebene einsetzen, und auf der anderen, jene, die sich für intensive Impulspakete aussprechen. Das ist die falsche Wahl. Natürlich brauchen wir Aufsichtsstrukturen mit echtem Regulierungsgeist, aber wir brauchen auch antizyklische Maßnahmen, um die Realität der Rezession zu behandeln. Lang- und kurzfristige Angelegenheiten: beide müssen gelöst werden.

Unsere führenden Politiker müssen bei dem G20-Gipfel in dieser Hinsicht ein klares Wort sprechen. Wenn wir nicht in der Lage sind, bei unserer gemeinsamen Sache eine Einigung zu erzielen, dann dürfen wir nicht hoffen, mit unserem Kollektivgewicht einen Schlag zu landen. Amerika wird mit einer eigenen Agenda zum G20-Gipfel kommen. Wir müssen mit unserer kommen und zusammen eine Einigung erreichen, die für alle etwas bringt.

Herr amtierender Präsident! Letzte Woche haben Sie im Rat kaum über die rechtliche Grundlage diskutiert, auf der die nächste Kommission gebildet wird, aber es ist bei Weitem nicht mehr nur Irland, wo die Ratifizierung von Lissabon unwahrscheinlich ist. Deshalb fordere ich Sie dringend auf, die führenden Politiker des Rates, der Kommission und des Parlament, bevor dieses Haus im Mai aufgelöst wird, davon zu überzeugen, die Zusammensetzung des Parlaments und der Kommission mit Rechtssicherheit zu vereinbaren.

Es gibt einen Moment, Herr amtierender Präsident, in der berühmten Melodie von Smetanas Má Vlast, an dem ein Cello und ein Fagott in crescendo von düsteren Tiefen bis zu scheinbar unmöglich hohen Noten hinauf spielen. Dieser Zeitpunkt ist für Ihre Regierung vorbei. Für Europa kommt er erst noch. Achten Sie darauf, dass Ihre internen Schwierigkeiten nicht Ihren Schritt entkräften.

(Beifall)

 
  
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  Adam Bielan, im Namen der UEN-Fraktion. – (PL) Herr Präsident! Ich beginne mit einem Glückwunsch an den Premierminister Topolánek für die ausgezeichnete Vorbereitung des Europäischen Gipfels und für alles, was bislang eine sehr gute Präsidentschaft war. Vor einigen Monaten hegten viele Politiker Zweifel, ob ein kleines Land in Mittel- und Osteuropa in der Lage sein würde, die Last der Führung der Europäischen Union zu tragen. Herr Topolánek und sein ganzes Kabinett haben bewiesen, dass es möglich ist. Ich möchte Sie noch einmal beglückwünschen, und in für Sie auf Grund von internen Problemen schweren Zeiten hoffen, dass Sie in der Lage sein werden, diese Probleme zu lösen und auch den nächsten Gipfel in drei Monaten vorbereiten werden.

Da wir hier aber unter Freunden sind, müssen wir ehrlich sprechen. Ich möchte verschiedene Angelegenheiten im Zusammenhang mit dem Gipfel ansprechen, die ich kritisch betrachte, obwohl meine Kritik nicht gegen Herrn Topolánek persönlich gerichtet ist.

Ich beginne mit der Unterstützung der Östlichen Partnerschaft. Dafür wurde für die kommenden fünf Jahre der Betrag von 600 Millionen Euro bereitgestellt, aber wir wissen, dass nur 350 Millionen Euro davon neues Geld sind. Zusammen bedeutet das knapp 20 Millionen Euro pro Jahr für jedes am Projekt beteiligte Land. Ist das wirklich genug, damit die EU ihren Einfluss in der Region aufbauen kann? Da wir gerade über unsere Partner im Osten sprechen, möchte ich fragen, wie in der Visafrage entschieden wurde? Ich habe den Eindruck, dass gar keine Entscheidung gefallen ist. Tatsächlich wurde entschieden, jegliche Art der Kooperation in diesem Bereich abzulehnen. Wir müssen uns selbst fragen, ob wir unsere Nachbarn im Osten abschrecken oder ermutigen wollen, mit uns zu arbeiten? Es erweckt den Eindruck, dass einige Mitgliedstaaten, um sich selbst bei Russland nicht unbeliebt zu machen, versuchen, die Idee der Östlichen Partnerschaft zu schwächen.

Wir können Widerstände aus dem gleichen Grund erkennen, wenn es um den Bau der Nabucco-Gaspipeline geht. Die Aufwendung von 200 Millionen Euro für das Projekt mit geschätzten Baukosten in Höhe von 8 Milliarden Euro zeichnet auf das Gesicht unserer Partner nur ein mitleidiges Lächeln. Wir sollten bedenken, dass wir im Sinne unserer eigenen Energiesicherheit das größte Interesse am Bau eines Kanals für die Brennstoffbeförderung von der Region des Beckens des Kaspischen Meers nach Europa haben sollten, und dass dieser Kanal nicht vom Willen des Kremls abhängen sollte.

Der Gipfel hat auch 5 Milliarden Euro für das Paket gegen die Krise bewilligt. Ein Teil dieses Geldes wird in große Energieprojekte fließen, darunter auch 330 Millionen Euro für mein Land, Polen. Leider wurde eine sehr schwer zu erfüllende Bedingung aufgenommen, konkret, dass das Geld vor Ende kommenden Jahres ausgegeben sein muss. Dieser Betrag ist zu virtuellem Geld geworden, denn, wenn man das Tempo kennt, mit dem die polnische Regierung EU-Mittel abruft, wird das Geld nicht ausgegeben sein und damit nicht länger zur Verfügung stehen. Deshalb schlage ich eine Verlängerung der Bereitstellungszeit dieser Mittel vor.

Da ich gerade vom Gipfel spreche, möchte ich auch den vorausgehenden informellen Krisengipfel in Brüssel zusammenfassen, der eine Initiative von Herrn Topolánek war. Die Teilnehmer an diesem Gipfel sprachen sich einstimmig gegen den Protektionismus aus. Inzwischen haben wir aber vor einigen Tagen sehen müssen, dass die auf dem Gipfel verabschiedeten Resolutionen kaum Bedeutung besitzen, als der französische Automobilkonzern Renault ankündigte, die Produktion von Slowenien wieder zurück nach Frankreich zu verlegen. Das zeigt leider, dass in Zeiten einer Wirtschaftskrise das EU-Grundprinzip der Solidarität dem Wirtschaftsegoismus den Weg frei macht. Ich appelliere an Herrn Topolánek das zu beenden.

 
  
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  Claude Turmes, im Namen der Verts/ALE-Fraktion. Herr Präsident! Ich glaube, nur die Geschichte wird richten können, ob der Gipfel vergangene Woche ein großer Gipfel war. Heute Morgen hätte ich gerne einen Weckruf. Wir befinden uns in einer Systemkrise, und diese Systemkrise kann schnell zu einer gesellschaftlichen Krise werden.

Roosevelt gewann in den 1930er Jahren den politischen Kampf gegen die Faschisten; Europa verlor ihn. Aber, warum hat Roosevelt gewonnen? Er gewann, weil er das Vertrauen selbst jener US-Bürger hatte, die bei der Wirtschaftskrise der 1930er Jahre große wirtschaftliche Einbußen hinnehmen mussten. Welche sind die vier Vertrauenselemente, die Roosevelt gewann?

Das erste war Neuordnung. Roosevelt griff heftig die Oligopole an, die großen Konzerne in den USA, und ordnete die Wirtschaft neu. Genau das müssen wir auf dem G20-Gipfel in London tun. Selbst wenn Gordon Brown der Weltmeister der Deregulierung wäre, zeigt das vielleicht, dass eine Veränderung möglich ist.

Zweitens, Stärkung des sozialen Gefüges. Das Roosevelt-Programm beinhaltete folgende Punkte: Erstens, Umverteilung des Wohlstandes, Besteuerung der Reichen und Weitergabe des Geldes an die Armen, und zweitens, ein enormes Programm für junge Menschen in den USA. Was bieten wir den jungen Menschen auf europäischer Ebene, damit sie ihre Stimmen bei den europäischen Wahlen nicht den Faschisten geben? Drittens – und Martin hat das angesprochen – der größte Fehler unseres Gipfels war die Abwertung des sozialen Gipfels im Mai. Die einzige Möglichkeit, um die Gesellschaft zusammen zu halten, ist, wenn die Multiplikatoren in der Gesellschaft funktionieren, weshalb wir eine Aufwertung des Treffens im Mai und eine breitere Auslegung benötigen. An den Tisch gerufen werden müssen auch alle nichtstaatlichen Organisationen aus den Bereichen Umwelt, Entwicklung und Soziales, die mit der Gesellschaft und den Bürgern die erforderlichen gesellschaftlichen Veränderungen vorbereiten.

Roosevelts viertes Element waren die Wirtschaftsinvestitionen. Das Vertrauen der Bürger in dieses Element hat er aber im Wesentlichen verloren, weil der Motor der US-Wirtschaft erst im Zweiten Weltkrieg wieder ins Laufen kam. Aber wir möchten es nicht zu einem Krieg kommen lassen. Der Krieg, den wir heute gewinnen müssen, ist der Krieg gegen den Planeten. Unser Krieg sind grüne Investitionen – das ist der Bereich, in dem wir den Krieg gewinnen müssen. Deshalb haben wir hier zwei Anliegen.

Eines ist die Notwendigkeit von grünen Euroschuldverschreibungen. Von den 5 Milliarden Euro müssen wir möglichst viel Geld bei der Europäischen Investitionsbank abstellen, um damit die erneuerbaren Energien und die Energieeffizienz zu finanzieren. An zweiter Stelle müssen wir die Städte Europas ins Spiel bringen. Die europäischen Bürger leben nicht in der Nordsee, in den Ablagerungsbereichen für CO2; hier kann man keine Stimmen gewinnen. Wir müssen in den europäischen Städten gewinnen – und bei den Bürgern in diesen Städten – und zwar über ein intelligentes Städteprogramm. Das bedeutet, die Wirtschaft gewinnen und die Herzen der Bürger für Europa gewinnen.

 
  
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  Vladimír Remek, im Namen der GUE/NGL-Fraktion. – Meine Damen und Herren! Es ist allgemein offensichtlich, dass wir einen Weg aus der Krise finden müssen, unter der Europa und andere Teile der Welt gegenwärtig leiden. Es ist unbestritten, dass sich unsere Bemühungen auf den Aufbau von Vertrauen und die Unterstützung der finanziellen Stabilität erstrecken müssen, wie der Europäische Rat bereits gesagt hat. Das Problem dabei ist, wer ist in der Lage, das Vertrauen wieder herzustellen und wie kann es wieder hergestellt werden. Überlassen wir das zum Großteil jenen, die am Entstehen der gegenwärtigen Krise mit ihrer unersättlichen Gier beteiligt waren, und wenn wir nicht versuchen, jene zu unterstützen, die Werte schaffen, aber nicht in der Lage sind, Einfluss auszuüben auf die Taten der Unternehmen oder ganzer Wirtschaften, dann sind die Perspektiven sehr düster. Die Diskussionspunkte im Rat, wo über die Notwendigkeit gesprochen wird, die sozialen Auswirkungen der Krise anzugehen, sind deshalb meiner Meinung nach von extremer Bedeutung. Die starke Zunahme der Arbeitslosigkeit ist ein Problem, und Maßnahmen zum Stimulieren der Beschäftigung und Vermeidung von Arbeitsplatzverlusten sind für die Arbeitnehmer extrem wichtig. Richtet sich die Unterstützung nur an die größten Unternehmen und ihre Manager, dann könnten wir den Plan nicht mit Freudenrufen begrüßen. Ich begrüße die Bemühung, sich auf die Verstärkung der Energiesicherheit und Verknüpfung von Europas Energienetzen zu konzentrieren sowie allgemein die Entwicklung der Infrastruktur in diesem Bereich besonders zu betonen. Neben allem Anderen ist das der einzige Weg, um die Beschäftigung und Arbeitsplätze zu unterstützen und die Leistungen für die Zukunft zu sicheren. Wir werden mit Sicherheit noch weitere kritische Momente erleben, und die gegenwärtige Krise bietet uns die Gelegenheit, uns auch auf diese vorzubereiten. Meiner Meinung nach ist die erneute Unterstützung der unersetzlichen Rolle der Kernkraft gut, trotz der entgegengesetzten Standpunkte gegenüber dieser Energieform, selbst in der Fraktion, der ich angehöre.

Ich möchte erneut auf die Östliche Partnerschaft eingehen. Allgemein gesprochen bin ich für die breitest mögliche internationale Kooperation, aber wir können einen klaren Versuch sehen – einer der mehr als explizit als solcher formuliert wird – die Staaten der früheren Sowjetunion näher an die EU zu binden und von Russland zu distanzieren. Deshalb richten wir einen Einflussbereich ein und hoffen somit selbst etwas zu tun, was wir bei anderen scharf kritisieren.

 
  
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  Hanne Dahl, im Namen der IND/DEM-Fraktion. – (DA) Herr Präsident! Vergangene Woche stand im EU Observer, dass Jacques Delors die Zukunft der Eurozone pessimistisch betrachtet. Somit haben wir hier einen der Euro-Verfechter, der im Anlauf zum jüngsten Gipfel seine Besorgnis um die EU und den Euro ausdrückt. Er sagte unter anderem, dass er besorgt sei wegen des mangelnden Willens, den Finanzsektor aufzuräumen und neue Bestimmungen für seine Regulierung einzuführen. Zuvor hatte ich keine Gründe, mit Herrn Delors übereinzustimmen, aber in diesem Fall muss ich sagen, dass er mit seinen Besorgnissen leider Recht hat. Die Schlussfolgerungen des Gipfels sind in dieser Hinsicht sehr vage. Während der gesamten Krise habe ich wiederholt die Kommission nach ihrem Wunsch, den Finanzsektor zu regulieren und zu kontrollieren gefragt. Sie hat nicht den Wunsch, das zu tun. Sie verweist immer wieder auf das Recht des Binnenmarktes, selbst zu bestimmen, was geschieht.

Herr Delors sagte aber noch etwas, was für einen Euroskeptiker wie mich fast schon das Gefühl eines Déjà-vu im Zusammenhang mit Argumenten birgt, die ich früher schon dargelegt habe. Er sagte, die Wirtschaften Europas sind zu unterschiedlich für den Euro. Volltreffer, Herr Delors! Das ist genau das, was sie sind. Die einheitliche Währung ist Teil des Problems, nicht Teil der Lösung. Europa braucht strenge gemeinschaftliche Regulierungen des Finanzsektors, aber einen hohen Flexibilitätsgrad, wenn es darum geht, wie die Wirtschaftspolitik am besten die Krise in den einzelnen Ländern beheben will.

 
  
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  Jana Bobošíková (NI). – (CS) Meine Damen und Herren! Ich begrüße die Tatsache, dass der Rat letzte Woche eine Überarbeitung der unrealistischen Lissabon-Strategie verschoben hat. Ich begrüße auch die Verschiebung einer Entscheidung zur Finanzierung des Klimawandels. In diesem Zusammenhang spende ich der Aussage des Kommissionspräsidenten José Manuel Barroso Beifall, der erklärte, dass die EU keine Verpflichtungen in Klimaangelegenheiten übernehmen sollte, außer andere Länder, insbesondere die USA und China, täten dasselbe. Ich würde gerne betonen, dass diese vollkommen vernünftigen Schlussfolgerungen von den Staats- und Regierungschefs der 27  Mitgliedstaaten und der Kommission in einer Situation erreicht wurden, in der sich die EU einer starken Zunahme der Arbeitslosigkeit und einem Rückgang der Wirtschaft ausgesetzt sieht und der Vertrag von Lissabon noch nicht angenommen ist. Das alles zeigt eindeutig, dass der Vertrag von Lissabon vollkommen unnötig ist für die Verabschiedung der Art von grundlegenden Entscheidungen, die eindeutig gut sind für die Bürger der Mitgliedstaaten. Er ist vollkommen überflüssig, und das wurde durch die gegenwärtigen vernünftigen Schritte erwiesen, die der Europäische Rat auf der Grundlage des bestehenden Vertragsrahmens und unter der tschechischen Führung beschlossen hat.

Gestern verlor die Regierung des tschechischen Premierministers und Präsidenten des EU-Rates Mirek Topolánek eine Vertrauensfrage. Ich würde Sie alle, die hier im Parlament die Arroganz besessen haben, die Handlung des tschechischen Parlaments als unverantwortlich zu kritisieren, gerne darauf hinweisen, dass es sich um eine demokratische Entscheidung eines demokratisch gewählten Parlaments eines souveränen Mitgliedstaats handelt. Es ist nicht die Regierung der Tschechischen Republik, die den Vorsitz der EU inne hat, sondern die Tschechische Republik selbst, deren Bürger ich die Ehre habe, hier zu vertreten. Ich weiß, dass mein Land über Verwaltungs- und demokratische Systeme verfügt, die stark genug sind, um den Verpflichtungen auf EU-Ebene eindeutig nachzukommen.

Nach dem Zusammenbruch der Topolánek-Regierung hatte Präsident Václav Klaus das stärkste politische Mandat in der Tschechischen Republik. Wie Sie in diesem Parlament feststellen konnten, ist er ein Staatsmann mit starken demokratischen Gefühlen, der die europäische Integration nicht als eine von politisch-bürokratischen Eliten kontrollierte Einbahnstraße versteht, sondern als einen komplexen Prozess, der nur dann Erfolg haben wird, wenn er aus dem Willen der Menschen entsteht. Meine Damen und Herren! Vor ein paar Wochen sagte uns Präsident Klaus eindeutig, er sehe für die Tschechische Republik keine Alternative zur EU-Mitgliedschaft. Mehr noch, die meisten tschechischen Bürger betrachten die Zugehörigkeit ihres Landes zur EU als vorteilhaft. Alle Sorgen hinsichtlich der Verantwortungslosigkeit der Tschechischen Republik sind folglich vollkommen überflüssig.

Als Schlussfolgerung möchte ich dem Vorsitzenden der Sudetendeutschen Landsmannschaft, Herrn Posselt, der öffentlich den Sturz der Minister Vondra und Schwarzenberg beklagte und die Tschechische Republik aufrief, eine stark proeuropäische Regierung einzusetzen, sagen, dass die Tschechische Republik nicht das Protektorat von Böhmen und Mähren ist, sondern ein souveräner Staat, in dem die Minister vom Präsidenten der Tschechischen Republik ernannt werden und die Autorität der Regierung aus dem von den tschechischen Bürgern gewählten Parlament hervorgeht.

 
  
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  Der Präsident. Frau Abgeordnete! Zur Demokratie gehört auch, dass sich alle Demokraten zu Vorgängen in allen Ländern der Europäischen Union und darüber hinaus äußern können. Auch das ist Demokratie.

 
  
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  Mirek Topolánek, amtierender Präsident des Rates. – (CS) Ich nehme ernsthaft an, dass wir gerade einem Anflug von Wahlkampfrhetorik unterliegen. Wir sollten versuchen, diese Angelegenheiten ernsthaft zu betrachten und eine Einheit der 27 Länder zu finden, die alle ihre eigene Geschichte und ihre eigenen, unterschiedliche Symptome der gegenwärtigen Finanzkrise oder unterschiedliche Auswirkungen auf die Realwirtschaft erleben. Wenn wir nicht in der Lage sind, einen gemeinsamen Ansatz zu vereinbaren, dann ist es egal, wer welche Ausgangsposition zu Beginn dieses Problems hatte, denn wir alle werden den Preis über einen Dominoeffekt bezahlen müssen. Das ist Punkt Nummer eins.

Ich habe den Ansatz der USA nicht wegen seiner selbst kritisiert, sondern weil ich den Vorteil betonen wollte, den die EU besaß. Dieser Vorteil besteht aus einem weit reichenden Sozialprogramm, das es uns ermöglicht, die Investition von so enormen Beträgen in die soziale Stabilisierung für Menschen, die in eine schwierige Lage gekommen sind, zu vermeiden. Das System funktioniert relativ einfach. Unsere Hauptaufgabe besteht darin, das System am Laufen zu halten und für die EU-Bürger die gleichen sozialen Standards zu sichern, die sie vor der Krise hatten. Meiner Meinung nach ist das nicht eine untergeordnete Aufgabe und wird viel Geld kosten. Wir haben einige sehr konkrete Maßnahmen beschlossen und die Zahlen von 5, 50 oder 75 Milliarden Euro belegen meiner Ansicht nach das eindeutige Engagement des Europäischen Rates, konkrete Antworten auf die bestehende Lage zu bieten, und zwar nicht nur mit allgemeinen Maßnahmen in diesem oder jenem Rahmen, sondern mit sehr konkreten Schritten.

Es gibt einen großen Unterschied ob man an einer Straßenecke schöne Worte verkündet oder sie in die Tat umsetzt. Unser gemeinsames Ziel ist jetzt die Verwirklichung aller Schritte, über die wir gesprochen haben, sie in die Praxis umzusetzen und abzuwarten was zurückkommt. Niemand weiß genau – und ich kann hier mit aller Ernsthaftigkeit feststellten, dass nicht einmal die Volkswirte eine Ahnung haben – welche Wirkungen die verschiedenen Schritte haben werden. Wir wissen aber mit Sicherheit, dass jemand für diese Rettung und den ganzen Spaß bezahlen muss. Es wäre extrem verantwortungslos, wenn wir die Nachwirkungen nicht berücksichtigten, selbst wenn wir nicht wissen, wie lange die Situation noch anhalten wird, und nicht berücksichtigten, wer das alles zu bezahlen hat und welche Auswirkungen es für die Eurozone und den Stabilitäts- und Wachstumspakt haben wird, und welche Möglichkeiten es Ländern wie dem meinem bringt, sich dem Euro anzuschließen und ihn einzuführen. Ich werde nicht auf die Anmerkungen des Parteivertreters Herrn Schulz eingehen. Berlusconi machte das vor den letzten Wahlen. Ich möchte seinen Fehler nicht wiederholen. Ich glaube, auf manche Angriffe muss man nicht antworten. Es darf aber nicht sein, dass die Geldscheindrucker die Einzigen sind, die Profit aus dieser Krise schlagen. Das wäre nicht gut so.

Der Beschäftigungsgipfel. Wir schlugen dem Europäischen Rat natürlich einen Gipfel im vollen Format vor. José Manuel Barroso und ich teilten diese Vorstellung, weil wir die gleiche Notwendigkeit verspürten wie Sie, die Sozialpartner in die Diskussion auf einer höheren Ebene einzubinden, als dies bei einem dreigliedrigen Gipfel möglich wäre. Dort wollten wir mit ihnen die Probleme der Beschäftigung, der Umsetzung von verschiedenen nationalen Paketen und deren Auswirkungen auf die Beschäftigung sowie die nächsten Schritte, die wir treffen, um die EU-Bürger vor den Auswirkungen dieser Krise zu schützen, besprechen. Es war nicht unsere Entscheidung, dass dieser Gipfel eine Troika sein sollte. Ich verstehe die Befürchtungen vieler Staats- und Regierungschefs und ich selbst war für das volle Format. Auf der anderen Seite dürfen wir nicht vergessen, dass es sich nur um einen informellen Gipfel handelt, dessen Schlussfolgerungen nicht bindend sind. Von diesem Standpunkt aus kann das eingeschränkte Format von Vorteil sein, denn es bedeutet, dass die Empfehlungen des informellen Gipfels bei der regulären Ratssitzung im Juni vorgetragen und dann vielleicht eindeutig verabschiedet werden können. Meiner Meinung nach ist das kein so großer Fehler, und es darf kein Politikum daraus gemacht werden. Wichtig ist, dass wir den Mut gefunden haben, diesen Gipfel einzuberufen, dass wir die Sozialpartner dazu einluden und dass wir den Gipfel zusammen mit ihnen langfristig vorbereiten werden. Vor dem Beschäftigungsgipfel wird es drei Gesprächsrunden in Stockholm, Madrid und Prag geben. Wir werden außerdem versuchen, Schlussfolgerungen zu erreichen, die für die Ratssitzung im Juni verwertbar sind.

Der Lissabon-Vertrag. Jetzt erlaube ich mir heute einmal einen Scherz. Ich glaube, dass die Telefonnummer, unter der man Fragen zur Zukunft des Vertrags von Lissabon stellen kann, nicht mehr die der Regierungsverwaltung und des Premierministers Topolánek ist, sondern die des Parlaments und von Jiří Paroubek. Ich muss sagen, dass die Verantwortung für ein Vorankommen wirklich bei denen liegt, die die gegenwärtige Situation geschaffen haben. Ich tue natürlich alles, um der Erfüllung meiner Verpflichtung nachzukommen, damit meine Unterschrift nicht vom Stein vor dem Kloster des Heiligen Hieronymus in Lissabon gelöscht werden muss.

Die Kommission. Der Dezember-Gipfel des Rates traf eine klare Entscheidung, und wir wissen, wie komplex die Lage ist. Ich muss sagen, dass unser Ehrgeiz darin besteht, bis zur Sitzung des Europäischen Rates im Juni eine Einigung erzielt zu haben. Natürlich werden wir Sie konsultieren: Es ist von grundlegender Bedeutung, Diskussionen mit dem Europäischen Parlament zu führen. In diesem Zusammenhang betrachten wir sogar die Möglichkeit, wenn ausreichendes Interesse seitens des Europäischen Parlaments besteht, die Ratssitzung im Juni um eine Woche zu verschieben, damit unsere Aussprache von 10 auf 17 Tage ausgedehnt werden kann. Ich denke, 17 Tage würden uns Zeit genug für die Aussprache bieten. Diese Konsultationen sind wesentlich, aber trotzdem wird es, bevor wir eine formelle Entscheidung treffen, notwendig sein, festzulegen, ob wir nach dem Vertrag von Nizza oder nach dem Vertrag von Lissabon verfahren, da wir dadurch die Möglichkeit haben, vorwegzunehmen, welche Art von Vereinbarung wir treffen werden, ob die Anzahl der Länder gleich bleibt, ob alle davon einen Kommissar haben werden usw. Wir müssen das Ergebnis der europäischen Wahlen berücksichtigen, und alles, was ich sagen kann, ist, dass wir nach dem verabschiedeten Standardverfahren handeln werden, denn wir befinden uns in einer Art rechtsleerem Raum und in einer Lage, mit der wir politisch und praktisch umgehen müssen.

Weitere Diskussionen über Fragen im Zusammenhang mit der Regulierung im Gegensatz zu Impulsmaßnahmen. Ich habe bereits in meiner Einleitung gesagt, dass meiner Meinung nach die EU einen vollkommen richtigen Ansatz gefunden hat, indem sie nicht die eine oder andere Option gewählt hat, sondern nur sagt, dass wir den Bankensektor gerettet haben und dass jetzt alles noch aufgeräumt werden muss. Die Kommission hat einen Plan zur Bewertung der einzelnen toxischen Aktiva (Auswirkungsbewertung) und für den Umgang mit dem Problem erstellt. Meiner Meinung nach besteht die einzige Möglichkeit, das Vertrauen in den Bankensektor und auch das Vertrauen des Bankensektors zu stärken, darin, diese Banken zu bereinigen. Die Tschechische Republik und Schweden wissen, wie man das macht, und der US-Finanzminister hat seinen eigenen Plan für die USA vorgelegt. Meiner Meinung nach ist das die einzige Möglichkeit, die Situation zu beheben. Ich habe bereits die Impulspakete angesprochen. Die zweite Säule dieser Struktur ist die Regulierung, die zum Teil in unseren Händen liegt. Das wird auch teilweise im Larosière-Bericht genannt, der eine sehr gute Arbeit ist. Dazu gehört die Regulierung der Hedge- und Private-Equity-Fonds, und natürlich wird der Offshore-Sektor nicht ausgesondert. Sie sehen mit Sicherheit die großen Fortschritte in diesem Bereich, und wir bereiten uns gerade bei diesen Angelegenheiten auf eine mögliche kommende Krise vor. Wir stehen nicht unter Zeitdruck, um von einem Tag auf den anderen eine neue Regulierung zu präsentieren. Wir stehen unter Zeitdruck, um eventuelle künftige Probleme einzugrenzen.

Es gab auch Diskussionen über die Rolle des IWF. Wir beschlossen, dass der IWF der Schirmherr dieser künftigen Lösungen sein sollte, aber das Problem ist nicht, dass wir wenige Institutionen hätten, die wenig Macht ausüben. Das Problem hängt davon ab, ob die größten Akteure auf dem globalen Finanzmarkt diese Institutionen respektieren, was in der Vergangenheit nicht der Fall war. Das ist allerdings eine Grundlagendebatte und wird Thema für die G20 werden: Eine verstärkte Rolle des IWF, der Weltbank und der OECD im System der internationalen, globalen Finanzinstitutionen und die Respektierung dieser Institutionen und deren Erkenntnisse.

Ich denke es wäre gut, etwas zur Östlichen Partnerschaft zu sagen. Gestern habe ich mich erneut mit Präsident Juschtschenko getroffen, und ich begrüße diese Vereinbarung und die Unterzeichnung des Vertrags zwischen der Europäischen Kommission und derUkraine. Er kennzeichnet einen bedeutenden Schritt in Richtung der Stabilisierung der Situation. Kürzlich war ich in Aserbaidschan, wo ich mit Präsident Alijev sprach. Die EU muss eine Art Leuchtturm für diese Länder bleiben. Es geht nicht darum neue Barrieren zu errichten, es geht darum, dass die EU einen Auftrag hat und ihr Auftrag lautet, den Bereich der Sicherheit, der Freiheit, des Wohlstandes und der Solidarität zu vergrößern. Hier gibt es keine Grenzen, und damit sagen wir nicht, dass diese Staaten morgen, übermorgen oder zu einem anderen Zeitpunkt Mitglieder der EU werden. Erlischt das Licht in diesem Leuchtturm, dann liegt die Entwicklung dieser Länder nicht mehr in unserer Kontrolle. Wir müssen diese Länder in die Gespräche mit einbeziehen, ihnen uneingeschränkte Reisemöglichkeiten bieten, ihnen wirtschaftliche Zusammenarbeit, den Austausch zwischen Bildungsstätten und Schulen und eine bessere Governance bieten. Ich denke, das ist unsere Pflicht, und in diesem Sinne zeigt die Östliche Partnerschaft eindeutig, dass wir uns in die richtige Richtung bewegen. Als Antwort auf den Beitrag von Herrn Bielan möchte ich sagen, dass es ein großer Erfolg war, überhaupt die 600 Millionen verabschiedet zu bekommen. Wir stimmten nicht alle darin überein, es gab keine einstimmige Einigung, sondern nur einen größtmöglichen Kompromiss, dem die 27 Mitgliedstaaten bereit waren, zuzustimmen.

Abschließend möchte ich etwas zu den sozialen Auswirkungen sagen. Hier muss ich wieder zum dreigliedrigen Gipfel zurückkommen und der Rolle beider Sozialpartner Beifall spenden. Wir sprachen nicht darüber, wie viel Geld wir den Menschen geben würden. Wir sprachen darüber, wie wir die Menschen auf diese Situation oder eventuelle künftige, ähnliche Situationen vorbereiten könnten, indem wir ihre Fähigkeiten und ihre Bildung verbessern und KMU unterstützen, die den Großteil der Arbeitsplätze schaffen. Gegenwärtig gehen die Arbeitskosten natürlich zurück, weil wir möchten, dass die Menschen ihre Beschäftigung so lange wie möglich behalten, denn es ist um ein Vielfaches schwieriger und teurer, sie wieder in Beschäftigung zu bringen, als in der Beschäftigung zu halten.

Mobilität der Arbeitnehmer. Ich freue mich wirklich auf die Debatten in den einzelnen nationalen Parlamenten und insbesondere dem meinen darüber, wie wir das Arbeitsrecht novellieren möchten, um zu erreichen, dass die Arbeitnehmer flexibler und mobiler werden. Das ist das Hindernis für eine Lösung. Es muss eine schnelle Zunahme der Arbeitsplätze und eine schnelle Lösung für die Menschen geben, die unverschuldet in diese Lage gebracht wurden.

Als Schlussfolgerung möcht ich etwas zum Gipfel EU-USA sagen. Ich schätze es sehr hoch, dass nach dem G20-Gipfel in London und dem Gipfel in Straßburg-Kehl die US-Regierung unter der Leitung von Barack Obama nach Prag kommt. Das besitzt einen sehr großen symbolischen Wert für uns, und wir laden auch den Präsidenten des Europäischen Parlaments ein, da ich eine gewisse Missbilligung wahrnehme wegen der Ablehnung des US-Präsidenten, das Europäische Parlament zu besuchen. Es wird nicht viel Zeit für Diskussionen geben, aber ich bin der Meinung, dass wir erfahren müssen, was die USA möchten, was wir möchte, und dass wir eine Einigung erzielen müssen. Wir möchten definitiv keine neuen Barrieren aufbauen – das ist letztendlich das Hauptziel der europäisch-atlantischen Zivilisation als Ganzes.

Ich möchte zum Schluss noch etwas zu den Anmerkungen von Frau Bobošíková sagen. Die tschechische Regierung kommt mit der Lage bislang gut zurecht. Ich stimme aber nicht darin überein, dass wir eine Art Organisationsfehler machen könnten, dass wir nicht in der Lage sein könnten, eine der wichtigsten Präsidentschaften in den letzten Jahren abzuwickeln, weil wir uns immer wieder zahlreichen Problemen ausgesetzt gesehen haben, die für jeden schwer vorhersehbar gewesen wären. Unser Flexibilitätsgrad, unsere Kreativität, unsere Fähigkeit zu reagieren, zu handeln und Kompromisse zu suchen verdienen sicher nicht eine so scharfe Kritik. Die gegenwärtige Situation, in der die Tschechische Republik eine Vertrauensfrage verloren hat, hat es auch schon in Dänemark und in Italien gegeben, während es in Frankreich einen Regierungswechsel gab, wenn auch infolge von Wahlen. Ich sehe die Lage nicht in einem so schlechten Licht und kann Ihnen versichern, dass die tschechische Präsidentschaft darunter keineswegs zu leiden haben wird, und dass wir alle, die die Verantwortung für die Leitung der EU-Agenda tragen, ohne jeglichen Zweifel genau das tun werden.

 
  
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  Der Präsident. Vielen Dank, Herr Präsident des Europäischen Rates! Unsere guten Wünsche begleiten Sie dafür, dass Sie Ihre Aufgabe als Präsident des Europäischen Rates voll wahrnehmen können und Sie alles tun werden, dass der Lissabon-Vertrag auch in Ihrem Land Zustimmung findet. Mit diesen guten Wünschen bedanken wir uns bei Ihnen für Ihre Anwesenheit hier heute Morgen.

 
  
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  Timothy Kirkhope (PPE-DE). Herr Präsident! Ich möchte meiner Unterstützung Ausdruck verleihen, wie beeindruckend die tschechische Präsidentschaft einige der entscheidenden Angelegenheiten behandelt hat, denen sich Europa zu stellen hat. Von der Wirtschafts- und Finanzkrise bis hin zur Energiesicherheit und dem Klimawandel war die Präsidentschaft unerschütterlich und klar bei den Zielen und hat in Zeiten der Prüfung eine eindeutige Führung für Europa dargestellt.

Insbesondere Premierminister Topolánek hat klare Führungsqualitäten an den Tag gelegt, vor allem bei der Warnung vor den Gefahren des Protektionismus. Als andere mit dem Gedanken spielten, für den Handel schädliche Barrieren zu errichten, sprach die tschechische Präsidentschaft ein klares und konsistentes Wort für den freien Handel und, das ist entscheidend, dass es lebensnotwendig ist, den gemeinsamen Markt aufrecht zu erhalten. Anfang dieses Monats sagte Herr Topolánek, der Protektionismus sei immer schädlich, und im Fall der EU sei er unlogisch. Wir müssen aus dieser Krise lernen und „Nein“ sagen zur Isolierung, „Nein“ zum Protektionismus und „Ja“ zur Kooperation.

Er hat auch gut daran getan, uns alle an die der EU zu Grunde liegenden Prinzipien zu erinnern. Diese Aufrichtigkeit steht in deutlichem Kontrast zur unaufrichtigen und eigennützigen Rede des britischen Premierministers in dieser Kammer gestern. Herrn Browns Rede hatte viel von einer Hyperbel, ging aber nicht auf die zentrale Tatsache ein, dass das Vereinigte Königreich unter seiner Führung die längste und schwerste Rezession aller Industrienationen erleben wird. Er ignorierte seine Rolle bei der Einführung und Anwendung eines grundlegend fehlerhaften Regelwerks für die Finanzen. Er ignorierte die enorme Schuldenlast, die er den Briten auferlegt.

Europa braucht keine Vorlesungen der britischen Regierung darüber, was zu tun ist, um aus der Krise herauszukommen. Europa und die internationale Gemeinschaft müssen sich nun schnell bewegen, um das Vertrauen in unsere Finanzsysteme wieder herzustellen, um ein ordnungsgemäß funktionierendes Bankensystem zu gewährleisten, auf das die Menschen, Herr Schulz, und Unternehmen vertrauen können und erreichen, dass die Banken wieder Darlehen vergeben, um das Vertrauen zu stärken. Wir müssen fest zu den Prinzipen des freien Handels und des gemeinsamen Marktes stehen, und ich habe volles Vertrauen, dass die Präsidentschaft weiterhin hart arbeiten wird, um diese lebenswichtigen Ziele zu erreichen.

 
  
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  Poul Nyrup Rasmussen (PSE). Herr Präsident! Nur eine Woche vor dem Europäischen Rat baten wir den Rat, hier im Europäischen Parlament, klaren Leitlinien und konkreten Maßnahmen zuzustimmen, um die Beschäftigung zu schützen und neue Beschäftigungsmöglichkeiten zu schaffen. Der Rat ist hier heute ein Rat des Schweigens und ein Rat voller Illusionen. Es tut mir leid, aber ich habe keine konkreten Maßnahmen gesehen. Ja, 5 Milliarden Euro, aber was ist das schon? Das sind 0,04 % des Bruttoinlandsprodukts dieser Union. In Breitband investieren ist in Ordnung, aber sagen Sie mir nicht, dass das reelle Auswirkungen haben wird, um den großen Verlust der Arbeitsplätze, den wir gerade jetzt erleben, zu bremsen.

Sie haben nicht verstanden, dass diese Krise eine sehr tiefe und ernste Rezession ist. Die Unternehmen fordern, die Arbeitnehmer fordern, wir fordern: Tun Sie mehr! Der IWF hat Ihnen vorgeschlagen, 2 % des BIP dieses und des kommenden Jahres zu investieren. Herr Barroso, Sie haben gesagt, wir würden es richtig machen; wir investieren 3,3 %. Das war, was sie vor zwei Wochen gesagt haben, aber jetzt haben Sie auf 4 % erhöht. Ich frage mich: Wie geht das? Nun gut, die Rechnung ist einfach. Die Arbeitslosigkeit steigt: Wenn die Ausgaben für Arbeitslosengeld steigen, steigen auch die Finanzimpulse. Ich nehme an, dass, wenn die Zahl der Arbeitslosen in Europa 25 Millionen erreicht, werden Sie stolz hier stehen und sagen, dass unser Impuls jetzt 5 % des BIP darstellt. Wir können das doch nicht so machen. Sie können das nicht so machen. Was wir brauchen sind echte Investitionen.

Herr Barroso, Paul Krugman sagte, Europa leistet weniger als die Hälfte an tatsächlichem Impuls als die Amerikaner. Darf ich an Sie appellieren: Bitte sagen Sie den Menschen nicht jedes Mal, wenn die Arbeitslosigkeit steigt, dass Sie mehr tun, weil die Mitgliedstaaten mehr für Arbeitslosengeld ausgeben. Was Sie den Menschen sagen müssen, ist, dass Sie sich zu einem neuen Konjunkturplan verpflichten. Ich danke Ihnen für das, was Sie heute gesagt haben, als Sie wünschten, dieser Beschäftigungsrat am 7. Mai sollte in der Lage sein, ein echter Beschäftigungsrat zu werden. Wir stehen an Ihrer Seite und werden Sie unterstützen, damit wir das erreichen.

Wir sollten uns Präsident Sarkozy in Frankreich ansehen und uns daran erinnern, dass es dort keine Grenze gab für die Anzahl der außerordentlichen Gipfel, die der Präsident Frankreichs während seiner Präsidentschaft einberief. Nun wird vorgeschlagen, diesen Gipfel am 7. Mai auf eine Troika zu reduzieren.

Diese Arbeitslosigkeitskrise wird nicht verschwinden, weil wir uns weigern, mehr Treffen zu veranstalten. Sie wird hier bleiben. Deshalb appelliere ich an Sie: Wir haben einen Konjunkturplan vorliegen; er ist gut dokumentiert. Ich weiß, dass der Präsident der Kommission ihn kennt und ich bin sicher, dass wir, wenn wir uns zusammensetzen, mehr tun können als wir bislang getan haben. Es geht um das Schicksal der wirtschaftlichen, monetären und sozialen Bemühungen der Europäischen Union.

Also noch einmal: Herr Präsident der Kommission, halten wir doch einen seriösen, gut geplanten Beschäftigungsgipfel auf einer breiten Grundlage am 7. Mai ab. Wenn Sie dies bewerkstelligen können, werden wir Sie unterstützen.

(Beifall)

 
  
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  Silvana Koch-Mehrin (ALDE). - Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Europäische Union hat sich in der Finanz- und Wirtschaftskrise als ein Glücksfall erwiesen. Und auch die tschechische Präsidentschaft hat bislang einen ordentlichen Job gemacht.

Das Ausmaß und die tieferen Ursachen der weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise sind ein Beleg dafür, dass das globale makroökonomische Management der Finanzmärkte und auch der für sie geltende rechtliche Rahmen neu gestaltet werden müssen – auf nationaler Ebene, in der EU und weltweit. Die Aufsichtsvorschriften müssen verändert und die Vorkehrungen für das Krisenmanagement verbessert werden. Vorschriften für den Finanzsektor sollten dabei so wirken, dass sie die Wirtschaftszyklen abschwächen und nicht verstärken. Dabei gilt aber auch: Mehr Regulierung heißt nicht bessere Regulierung, es kommt auf die richtige Regulierung an!

Die dramatische Krise auf den internationalen Finanzmärkten und die durch sie hervorgerufenen Verwerfungen sind eine Herausforderung für die liberale Wirtschaftsordnung. Staatliche Fehlentscheidungen in der Wirtschafts- und Finanzpolitik sowie eine unzulängliche staatliche Finanzaufsicht und das offensichtliche Versagen einiger Banken rufen nicht nach einem neuen Wirtschaftssystem, sondern nach einem reformierten Finanzsystem. Die Unabhängigkeit der Europäischen Zentralbank und ihre Orientierung an der Geldwertstabilität ist richtig und hat ihren Wert bewiesen.

Es hat sich auch gezeigt, wie wichtig der gemeinsame Markt für Wohlstand und Stabilität in Europa ist. Der Binnenmarkt spielt eine zentrale Rolle dabei, die Rezession in Europa zu verkürzen und abzuschwächen. Die Maßnahmen der Mitgliedstaaten zur Stützung der Realwirtschaft sollten deshalb zügig, zielgerichtet und befristet durchgeführt werden, denn wir wissen, dass die EU Wohlstand schaffen kann, wenn sie den Binnenmarkt weiter entwickelt, aber nicht wenn sie Subventionen verteilt.

Die Europäische Union muss daher weiter konsequent an der Vollendung des Binnenmarkts arbeiten und den Rahmen für einen funktionierenden Wettbewerb bieten. Klar ist aber auch: Der Test ist noch nicht bestanden. Die Europäische Union muss an ihren Grundsätzen festhalten. Es darf keinen Rückfall in überwunden geglaubtes Denken, in Protektionismus, Abschottungspolitik oder einen Subventionswettlauf geben. Dafür steht die tschechische Präsidentschaft und ich hoffe, darauf können wir auch weiter setzen.

 
  
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  Inese Vaidere (UEN). – (LV) Meine Damen und Herren! Ich möchte der tschechischen Präsidentschaft danken, weil unter ihrer Leitung der Rat einen bedeutenden Schritt in Richtung Bewusstsein der reellen Probleme und deren Lösung getan hat. Ich möchte einige Bereiche hervorheben, in denen wir weiter arbeiten müssen. An erster Stelle stehen die Schaffung und der Schutz von Arbeitsplätzen, mit besonderem Schwerpunkt nicht so sehr auf den Angelegenheiten der sozialen Fürsorgeleistungen, sondern hauptsächlich der Infrastruktur und der Erholung der Unternehmen, damit diese Arbeitsplätze geschaffen werden können. Zweitens, die Banken haben großzügige finanzielle Hilfen erhalten, um die Stabilität des Finanzsystems wieder herzustellen, aber sie haben es nicht eilig, Maßnahmen zum Verleihen von Geld zu treffen. Hier sind sowohl europäische Leitlinien als auch proaktive Maßnahmen seitens der nationalen Regierungen gefragt, um den Banken ihre Pflichten in dieser Zeit deutlich zu machen, und um sicher zu stellen, dass sie wieder mit der Kreditvergabe sowohl an Unternehmen als auch an Privatpersonen beginnen. Drittens, die Strukturfonds sind tatsächlich die einzige Quelle für Mittel der Unternehmen, die es ihnen ermöglichen die Aktivitäten wiederherzustellen, und auf der einen Seite müssen wir sowohl den Zugang dazu als auch die Reichweite ihrer Tätigkeiten verbessern, und auf der anderen Seite die bürokratischen Hindernisse verringern und die gewährte Frist für die Inanspruchnahme der Mittel verlängern. Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

 
  
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  Ian Hudghton (Verts/ALE). Herr Präsident! Der britische Premierminister Gordon Brown möchte uns glauben machen, dass er auf einmal stolz sei auf die Einheit der Europäischen Union, und dass die EU-Länder zusammen stärker und sicherer sind. Er sagt jetzt, dass die Bankenregulierung verschärft, Steuerparadiese angegriffen und der IWF reformiert werden müssen.

Herr Brown hat nun auch das letzte Fünkchen Glaubwürdigkeit verloren. Seine eigenen Errungenschaften im Umgang mit der britischen Wirtschaft sind gekennzeichnet durch Nachlässigkeit und Katastrophe. Er ist einer der Architekten der gegenwärtigen Wirtschaftskrise, nicht ein Retter der Welt. Er bevorzugte die sanfte Regulierung, die eine direkte Ursache der Bankenprobleme ist.

Die Auswirkungen des Abschwungs sind natürlich weltweit spürbar. Die dezentralisierte Regierung Schottlands mit ihren eingeschränkten Befugnissen unternimmt alles in ihrer Macht stehende, um die schlimmsten Auswirkungen der Krise abzuwehren, indem sie Steuervergünstigungen für Unternehmen einführt, Investitionen in Infrastrukturprojekte beschleunigt und Programme zur Weiterbildung und Kompetenzentwicklung priorisiert, die Menschen bei der Arbeitssuche unterstützen sollen.

Schottland ist reich an Energiequellen mit einem enormen Potenzial für die Entwicklung erneuerbarer Energiequellen, wie beispielsweise die Offshore-Wind-, Wellen- und Gezeitenenergie. Die EU-Unterstützung zur Förderung sauberer Energieerzeugung und -distribution wird nicht nur der schottischen Wirtschaft helfen, sondern auch die europäischen Kollegen begünstigen und einen Beitrag zur Energiesicherheit und zum Klimaschutz leisten. Ich hoffe innigst, dass es nicht lange dauert, bis Schottland eine aktivere und konstruktivere Rolle in der Welt als normaler, unabhängiger Mitgliedstaat der Europäischen Union spielen kann.

 
  
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  Gabriele Zimmer (GUE/NGL). - Herr Präsident! Mich wundert schon, wie der Ratspräsident, der gestern erst ein Misstrauensvotum seines Parlaments ausgesprochen bekam, mit der gescheiterten Politik der Vergangenheit ins Gericht geht. Der Weg, den die USA eingeschlagen haben, sagt er, ist historisch diskreditiert. Er meint damit offensichtlich, dass man in Zeiten der Krise nicht auf soziale Stimuli setzen darf, und er meint offensichtlich, dass man Manager von AIG nicht drängen sollte, ihre Boni zurückzuzahlen. Offenbar meint er aber auch, die Verantwortung für die Finanzkrise, für die Wirtschaftskrise ausschließlich auf das Agieren der USA in der Vergangenheit beschränken zu können und nicht selbstkritisch hinterfragen zu müssen, inwieweit die Strategie der Kommerzialisierung, des Konkurrenzdrucks und auch der ungebremsten Globalisierung durch die EU selbst mit dazu beigetragen hat.

Das macht sich aus meiner Sicht in den Schlussfolgerungen des Gipfels auch an entsprechenden Passagen fest. Hier heißt es wiederum, dass die erneuerte Lissabon-Strategie, einschließlich der darin integrierten Leitlinien, in der derzeitigen Krise den entsprechenden Rahmen für weiteres Wachstum und Beschäftigung bietet. Allerdings ist dann in den dazugehörigen Dokumenten auch sehr deutlich vermerkt worden, dass es natürlich eine Verbindung zur Orientierung auf nachhaltige öffentliche Finanzen und – in diesem Zusammenhang – zur Fortführung der Rentenreform geben muss. Das verwundert mich schon. Ist doch ausgerechnet die Fortsetzung der Rentenreform verbunden mit der Fortsetzung der Privatisierung der Rentensysteme, mit der Erhöhung des Anteils der kapitalgedeckten Altersvorsorge!

Damit werden doch gerade wieder zwei entscheidende Ursachen der gegenwärtigen Finanz- und Wirtschaftskrise bestärkt, nämlich das Setzen auf die Finanzmärkte, obwohl die Krise durch die Turbulenzen auf den Finanzmärkten ausgelöst worden ist, und auch das weitere Zuspitzen insbesondere der sozialen Spaltungen. Es ist doch aber gerade die Explosion des liquiden Geldkapitals gewesen, die zu dieser sozialen Spaltung, zur Spaltung der Einkommensverteilung geführt hat. Hier müssten die Korrekturen einsetzen. Für mich ist also nicht nachvollziehbar, warum die Kommission und der Rat bei ihren Beratungen auf dem Gipfel keine entsprechenden Korrekturen angesetzt haben.

Wenn man von der Lissabon-Strategie spricht, dann muss man auch auf das Weißbuch der Kommission für Finanzdienstleistungen für die Jahre 2005-2010 verweisen, die auf die Integration des europäischen Finanzdienstleistungsmarktes in den globalen Finanzdienstleistungsmarkt setzt und auch auf die entsprechenden Artikel der Verträge von Nizza und Lissabon, die einerseits verbieten, den freien Fluss des Kapitals in irgendeiner Weise zu beschränken, und andererseits aber auch die Finanzinstitutionen drängen, dass sie für einen ungehemmten Finanzdienstleistungsfluss sorgen sollen. Das steht in sprechendem Widerspruch zu jeglicher Form der Bekämpfung der Ursachen von Krisen.

 
  
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  Johannes Blokland (IND/DEM). – (NL) Herr Präsident! Mit der Lissabon-Strategie stellen wir sicher, dass Europa in der Lage sein wird, weiterhin mit dem Rest der Welt wirtschaftlich zu konkurrieren. Das ist eindeutig nur dann möglich, wenn sich wirklich alle daran beteiligen und wenn wir ein gutes Umfeld für das Leben schaffen, in den Entwicklungsländern eingeschlossen.

Die Einigung auf dem EU-Gipfel vergangene Woche ist nicht stark genug, um eine neue, auf Nachhaltigkeit ausgerichtete Wirtschaft in Gang zu setzen. Die Wirtschaftskrise, die Klimakrise und die Energiekrise verlangen einen neuen Ansatz, und dieser Ansatz verlangt die notwendigen Investitionen. Die Europäische Union muss in diesem Sinne die Führungsrolle übernehmen. Wir hatten eine Einigung über die Finanzierung der Klimavereinbarungen von Bali und Poznań erwartet. Es ist Besorgnis erregend, dass eine solche Einigung auf dem EU-Gipfel nach den langwierigen Verhandlungen der Umwelt- und Finanzminister nicht erreicht werden konnte. Wo ist die Führungsposition der EU, wenn es um eine greifbare Finanzierung geht? Die Mittelbereitstellung für die Klimapläne der Entwicklungsländer lange hinauszuschieben bedeutet, die Klimavereinbarungen ernsthaft zu untergraben. Das ist nicht die Führungsrolle, die im Vorlauf zu Kopenhagen gebraucht wird.

 
  
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  Andreas Mölzer (NI). - Herr Präsident! Die große europäische Vision hat Brüssel leider für viele Fehlentwicklungen der EU taub und blind gemacht. Dafür müssen die Bürger jetzt im Zuge der Krise die Zeche zahlen – etwa für neoliberale Irrwege der vergangenen Jahre oder für eine nicht wirklich solide vorbereitete Osterweiterung, die sich heute als Hypothek erweist. Auch der offenbar fest geplante Beitritt der Türkei wird nicht die erwünschte Energiesicherheit bringen, sondern nur politische Instabilität, Islamismus und ein Milliarden-Finanzloch.

Beim bevorstehenden G20-Finanzgipfel hat die EU sich aus ihrer bisherigen Vasallenrolle gegenüber der US-Politik zu emanzipieren und strenge Regeln sowie rigorose Kontrollen durchzusetzen. Schließlich hat Washingtons jahrelange Ablehnung jeglicher Regulierung der hochbrisanten Finanzpapiere den Grundstein für das jetzige Finanzdilemma gelegt.

Mitten in der Krise ist der Rotstift anzusetzen. Sparpotenziale gibt es genug, etwa beim Wildwuchs der EU-Agenturen. Die Aufstockung der Krisenfonds kann nur ein erster Schritt sein, wir brauchen viel mehr Pläne für den Fall, dass ein Land in die Pleite schlittert, und wir brauchen Konzepte für die massiven sozialen Probleme, die so sicher auf uns zukommen wie das Amen im Gebet.

 
  
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  Werner Langen (PPE-DE). - Herr Präsident, meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte die tschechische Ratspräsidentschaft beglückwünschen. Sie hat es trotz erheblicher innenpolitischer Probleme geschafft, die europäische Agenda voranzubringen – und das in der größten Wirtschafts- und Finanzkrise der letzten Jahrzehnte! Und dieser Glückwunsch ist verbunden mit der Bitte, dass die tschechische Ratspräsidentschaft ihr Mandat so zielgerichtet und gut zu Ende führen kann, wie das bisher der Fall war.

Wenn ich den Vorsitzenden der sozialistischen Fraktion hier höre, dann meine ich, ich wäre auf einem anderen Stern! Er bejubelt Herrn Brown, der, bevor er Premierminister wurde, Schatzkanzler und somit verantwortlich für die Finanzpolitik und für die Rahmenbedingungen der Europäischen Union und auch von Großbritannien war. Es ist hier mehrfach gesagt worden, erst eine Änderung der Haltung von Großbritannien ermöglicht es uns, die notwendigen Regulierungsmaßnahmen vorzunehmen. Wie kann man denjenigen, der das ein Jahrzehnt behindert hat, heute zum Heilsbringer ausrufen? Ich verstehe das nicht!

Die kritische Anmerkung des tschechischen Ministerpräsidenten hinsichtlich der Geldvermehrungspolitik der USA ist in jeder Hinsicht gerechtfertigt. Man kann nicht die Probleme mit den gleichen Mitteln lösen, die die Ursache der Krise waren, nämlich eine überzogene Geldvermehrung und zu viel Leben auf Kosten Dritter, auf Pump! Leben auf Pump – das ist das Problem!

Deshalb ist die erste Notwendigkeit, die Finanzmarktkrise zu überwinden, die weltweiten Ungleichgewichte zu verändern, die Aufgaben, die im Klimaschutz, bei der Bekämpfung der Armut anstehen, gemeinsam zu bewältigen und in der Welt eine neue Moral durchzusetzen, die auf der sozialen Marktwirtschaft beruht. Und wenn uns das in dieser Krise gelingt, dann hat die tschechische Ratspräsidentschaft unsere Erwartungen voll und ganz erfüllt, unabhängig davon, wie es mit dem Lissabon-Vertrag weitergeht und wie die innenpolitische Lage in Tschechien sein wird.

 
  
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  Libor Rouček (PSE). – (CS) Meine Damen und Herren! Der amtierende Präsident des Europäischen Rates Mirek Topolánek eröffnete seine heutige Rede im Europäischen Parlament mit einem Angriff auf die Sozialdemokratie. Ich möchte sagen, wie typisch und charakteristisch das für diese Regierung ist. Statt Einigung, Kooperation und Kompromisse bei Angelegenheiten im Zusammenhang mit der Leitung der EU zu suchen, suchte und sucht Premierminister Topolánek immer noch Streit und Auseinandersetzung. Diese Merkmale und seine Unfähigkeit zur Zusammenarbeit sind die wirkliche Ursache für den Zusammenbruch seiner Regierung. Ich möchte Sie daran erinnern, dass es nicht die Opposition war, die die Regierung gestürzt hat; es waren Abgeordnete der Regierungspartei selbst und aus ihrer Koalition, der Grünen Partei.

Ich möchte mich aber nicht auf die internen politischen Angelegenheiten Tschechiens konzentrieren. Ich möchte die Tschechische Republik nur an ihre Verantwortung gegenüber der Union und den EU-Bürgern erinnern, als Land, das die Präsidentschaft inne hat. Vor uns liegen viele Aufgaben. Die Wirtschafts- und Finanzkrise wurde natürlich bereits angesprochen. In Prag wird ein Europa-USA-Gipfel abgehalten. Wir haben die optimale historische Gelegenheit, mit unseren Partnern aus den USA bei allen Themen der heutigen globalisierten Welt zusammenzuarbeiten, angefangen von der Wirtschaft über die Umwelt bis hin zur Lösung der Konflikte im Nahen Osten, in Afghanistan und so weiter.

Abschließend möchte ich erneut eine Anmerkung zum Lissabon-Vertrag machen. Die tschechischen Sozialdemokraten haben die europäische Verfassung immer unterstützt, ebenso wie die Ratifizierung des Vertrags von Lissabon. Das war im tschechischen Parlament der Fall und wird auch im tschechischen Senat der Fall sein, wenn dort abgestimmt wird. Ich bin der festen Überzeugung, dass die Demokratische Bürgerpartei, unabhängig von den Ämtern, die sie ausfüllt, weiterhin ebenso konstruktiv und ebenso proeuropäisch sein und dieses Dokument unterstützen wird.

 
  
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  Margarita Starkevičiūtė (ALDE). – (LT) Immer, wenn wir wieder über einen weiteren Gipfel der Staats- und Regierungschefs diskutieren, um die wirtschaftlichen Probleme zu lösen, gestehen wir ein, dass die erreichten Ergebnisse gut sind, wir aber leider hinter den Ereignissen nachhinken und die Mechanismen für die Verwirklichung dieser Entscheidungen unklar sind.

Was ist zu tun, um diese Probleme zu vermeiden?

An erster Stelle müssen die Länder die Auswirkungen der Integration auf ihre eigene nationale Wirtschaftspolitik bewerten. Jetzt werden Entscheidungen auf geschichtlicher Grundlage gefällt, wie wir uns in Krisensituationen verhalten haben. Leider leben wir in einer integrierten Europäischen Union mit einem gemeinsamen Markt, und meistens haben diese Entscheidungen nicht mehr die Art der Wirkung, die sie früher einmal hatten.

Zweitens muss eine Art zeitlich begrenzter institutioneller Rahmen für den Verwirklichungsmechanismus der Entscheidungen geschaffen werden. Warten bis der Vertrag von Lissabon ratifiziert ist? Das Leben der Menschen wartet nicht, wir müssen heute Entscheidungen treffen. Es ist offensichtlich, dass es eine stärkere Koordinierung zwischen den Ländern in der Eurozone und den nicht der Eurozone angehörenden Ländern geben muss. Wie kann man das erreichen? Ich glaube, der Mechanismus für eine engere Zusammenarbeit könnte auf dem so genannten Wechselkursmechanismus, kurz WKM II, beruhen. Das würde beiden Europas, dem neuen und dem alten Europa, helfen, näher zusammenzukommen und einen Konsens zu finden.

 
  
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  Mirosław Mariusz Piotrowski (UEN). – (PL) Herr Präsident! Auf dem jüngsten europäischen Gipfel wurden zahlreiche Angelegenheiten behandelt. Eine davon war die Frage der Östlichen Partnerschaft und alternativer Wege für die Gasversorgung. Es wurde vorerst beschlossen, einen kleinen Geldbetrag für diese Ziele aufzuwenden, aber es ist ohne Zweifel ein Schritt in die richtige Richtung. Europa steht vor einer enormen Wirtschaftskrise und muss nach wirkungsvollen Wegen suchen, um sie zu überwinden. Wir dürfen aber nicht von unserem Führungsprinzip der Solidarität abweichen. Wir müssen besonders sensibel sein für die Probleme der neuen Mitgliedstaaten.

Obwohl mit dem Klimawandel im Zusammenhang stehende Angelegenheiten auf dem Gipfel diskutiert wurden, ist in der Praxis ist erkennbar, dass die Krise, die uns getroffen hat, dieses extrem teure pseudowissenschaftliche Projekt an den Rand drängt. Die für diese Zwecke bestimmten Finanzmittel sollten für einen effektiven, vereinten Kampf gegen die Auswirkungen der Krise umgewidmet werden. Die interne Situation in der Tschechischen Republik sollte hierbei keinerlei Interferenzen verursachen.

 
  
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  Rebecca Harms (Verts/ALE). - Herr Präsident! Ich habe mich sehr gefreut, dass ich Herrn Vondra heute Morgen hier im Plenum gesehen habe, und ich freue mich über das Signal der Ratspräsidentschaft, weiterzuarbeiten. Meiner Meinung nach erweisen wir Europa gerade in der Krise einen Bärendienst, wenn wir jetzt nicht alle zusammen dazu beitragen, dass die tschechische Ratspräsidentschaft funktioniert. Nach allem, was ich aus Tschechien höre, wird die Regierung geschäftsführend im Amt bleiben, weil die Mehrheit, die sich gestern zusammengefunden hat, nicht ausreicht, um eine neue Regierung zu unterstützen. Ich glaube, dass in der Krise diese Art von Stabilität, d.h. die Solidarität mit der tschechischen Ratspräsidentschaft unverzichtbar ist. Ich appelliere auch an viele Westeuropäer, z.B. die Franzosen, ihre Häme in Richtung Osten ruhig mal ein Stück zurückzustecken, denn mit dem Referendum in Frankreich hat die europäische Krise schließlich angefangen!

Ich wünsche mir eine mutigere Führung, was das Thema Klima angeht, und die Einbeziehung in das, was jetzt notwendig ist. Man muss Neues wagen, um in dieser Krise nach vorne zu kommen. Der Kollege hat Recht, wir leben auf Pump. Wir leben aber auch, was die Umwelt und was das Klima angeht, auf Pump. Wir haben ohne Ende Ressourcen verschwendet. Wir wirtschaften nicht nachhaltig. Die UNO, Ban Ki-Moon, die Weltbank, alle sagen uns, dass das, was jetzt in China passiert, was in Südkorea passiert – dass mehr als die Hälfte der nationalen Konjunkturprogramme dem Klimaschutz und der nachhaltigen Entwicklung gewidmet werden –, das Richtige ist und dass da die Zukunft liegt. Aber so viel Mut wird derzeit im Europäischen Rat leider nicht aufgebracht. Ich glaube nicht, dass das allein an Tschechien liegt. Leider!

 
  
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  Der Präsident. Vielen Dank, Frau Kollegin! Sie haben völlig Recht. Wir sind alle Sünder, manche mehr und manche weniger.

 
  
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  Mary Lou McDonald (GUE/NGL). Herr Präsident! Inmitten dieser Wirtschaftskrise, einer Krise, die Folge und Konsequenz des politischen Versagens sowohl in den Mitgliedstaaten als auch auf EU-Ebene ist, müssen der Schutz von Arbeitsplätzen und die Schaffung neuer Beschäftigungsverhältnisse absolute Priorität besitzen. Dem anhaltenden hohen Verlust von Arbeitsplätzen muss Einhalt geboten werden. Dies erfordert proaktive Eingriffe seitens der Regierungen der Mitgliedstaaten.

Die Theologie des freien Marktes darf dem Vorhaben nicht entgegenstehen, die richtigen Dinge für die Arbeitnehmern zu tun. Die sanfte Regulierung der Finanzmärkte war immer ein offener Weg für Nepper und Korruption. Eine obsessive Deregulierung und die Privatisierung der öffentlichen Dienste werden auch noch mit Tränen enden.

Ist also der häufig verwendete Satz, dass wir aus dieser Wirtschaftskrise eine Lektion ziehen müssen, begründet? Das ist die Frage. Wenn er es ist, dann ist jetzt eine grundlegende Änderung der EU-Politik und selbst der EU-Verträge unwiderlegbar notwendig und muss zum Gegenstand von Beratungen im EU-Rat werden. Der Lissabon-Vertrag ist ein alter Hut. Er ist eine Charta für die Politik des Versagens. Wir brauchen einen neuen Vertrag für eine neue Zeit.

 
  
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  Paul Marie Coûteaux (IND/DEM). – (FR) Herr Präsident! Die Schlussfolgerungen der Präsidentschaft aus dem letzten Rat sind eine unterhaltsame Lektüre. Sie klingen wie eine Siegeserklärung von überall in Marschordnung versetzten Heeren. Sie haben die pathetischen Eigenschaften solcher Erklärungen. So wird sogar wiederholt besagt, dass, sobald die Krise zu Ende ist, die EU eine stärkere Wirtschaft für die Zukunft aufbauen wird, und die Lissabon-Strategie erneut bestätigt, während diese tatsächlich vollkommen entgleist ist.

Die Folge ist, da sie sich alle in ihren Elfenbeintürmen einschließen, haben Eurokraten, Europhile und Ultraeuropäer aller Art letztendlich die Sache nicht mehr im Griff. Allen ist gut bekannt, dass die Eurozone als erste in die Rezession verfiel, weil sie in den letzten acht Jahren die niedrigste Wachstumsrate der Welt hatte. Sie war aber auch die mit den größten Schwierigkeiten im Sinne der Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigungslage. Vor allem aber ist die Eurozone auf Grund des allgemeinen Trends, die Nationen ihrer natürlichen Abwehr zu berauben, die am schlechtesten für eine Reaktion gerüstete.

Tatsächlich ist die einzige Tugend der Krise, dass sie die von finanziellen Erwartungen und antinationaler Propaganda eingelullten Bevölkerungen aufwecken wird. Nur die Mitgliedstaaten verfügen über die legitimen Instrumente, die für weit reichende Maßnahmen erforderlich sind, und sie müssen sie von den Fesseln der EU und des Euros befreien, wenn solche Maßnahmen erreicht werden sollen. Für die Menschen in Frankreich zumindest wird immer deutlicher, dass es keine Sicherheit ohne Frankreich geben wird, kein Frankreich ohne französische Politik und keine französische Politik ohne nationale und Volkssouveränität.

 
  
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  Roberto Fiore (NI). – (IT) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich habe den Eindruck, im Mittelpunkt dieser Debatte steht immer noch das Dogma, dass die Banken eine zentrale Rolle für die Wirtschaft spielen müssen, und dass der Globalisierungsprozess auch ein wesentlicher Teil unserer wirtschaftlichen Zukunft sein soll.

Das Dogma ist vollkommen falsch. Wir sollten zur traditionellen Sichtweise der Gesellschaft im Sinne der sozialen Gerechtigkeit und wirklichen Produktion zurückkehren. Da wir alle essen, am Abend schlafen gehen und uns kleiden, müssen wir unsere Aktivitäten und unsere Bemühungen auf die Verbesserung der Landwirtschaft, den Bau von Wohnungen und auf die verarbeitende Industrie und das Handwerk konzentrieren.

Ohne diese neue Sichtweise werden wir ständig in Krisen fallen, wenn die Wucherei der Banken weiterhin die Menschen unter Kontrolle hat und die Ungerechtigkeit im Mittelpunkt unseres Lebens steht.

 
  
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  Jana Hybášková (PPE-DE). – (CS) Herr Präsident! Ich weiß nicht einmal, mit wem ich spreche, da die tschechische Präsidentschaft nicht einmal versucht, anwesend zu sein. Meinen Glückwunsch zu den Ergebnissen des Gipfels. Die Erhöhung der IWF-Mittel, die Verdoppelung des Krisenfonds, die Östliche Partnerschaft, die Unterstützung von strategischen Infrastrukturprojekten und die Unterstützung für Nabucco stellen alle die Erfüllung der „Drei E“ der tschechischen Präsidentschaft dar. Es ist schade, dass die Vorbereitungen für Kopenhagen zurückgeblieben sind und die tschechische Präsidentschaft nicht auf unsere Arbeit über das Energie-Klimapaket zurückgegriffen hat.

Aber heute behandeln wir nicht diese Angelegenheiten. Ihre Präsidentschaft stellt, gleich wir Ihre Regierung, die Politik der zweifachen Standards dar. In Europa posieren Sie als verständnisvolle Europäer und große Integratoren, aber zuhause sprechen Sie davon, wie Sie sie alle übergehen werden, und vom Lissabon-Vertrag sprechen Sie, als ob er nicht mehr als ein Stück Papier sei. Es ist Ihnen nicht gelungen, Ihre eigene Regierung zu integrieren. Die Wahl von Václav Klaus zum Präsidenten gehört auch zur Politik der zweifachen Standards. Millionen Tschechen und Mähren möchten unsere Bänder zu Westeuropa festigen, die uns helfen, die schwerste Krise zu überstehen. Dieses Ziel kann aber nicht ohne Ratifizierung des Vertrags von Lissabon erreicht werden. Der Vertrag ist nun ernsthaft bedroht, und das ist zum Teil auch Ihre Verantwortung. Wenn Sie in irgendeiner Form weiterregieren, müssen Sie deutlich Stellung für die Ratifizierung beziehen. Es gibt soziale und politische Eliten in der Tschechischen Republik, die die Ratifizierung möchten und die bereit sind, jeden zu unterstützen, der sie durchführt. Meine eigene Partei, die Europäische Demokratische Partei, wird alles für die Ratifizierung tun.

Die zweite schwere Unterlassung ist der Euro. Sie können am G20-Gipfel teilnehmen und auf dem Gipfel Europa vertreten. Es ist für Europa wichtig, die eigenen Regulierungsmaßnahmen gegen die USA durchzusetzen und nicht nur eine Politik mit zu großen Impulspaketen vorzulegen, die zu einer Hyperinflation führen können. Es ist wichtig, einen Europäischen Wertpapierausschuss zu haben und den Stabilitätspakt aufrecht zu halten. Aber das gilt für uns alle, wenn wir wieder zuhause sind, und es ist Ihre Partei, die uns aus zahlreichen Gründen von der Eurozone ferngehalten hat.

Herr Topolánek, die vorgeschlagenen Maßnahmen sind ausgezeichnet. Bis jetzt sind es nur Vorschläge. Wie Frau Merkel gesagt hat, es zählt die Umsetzung. Was notwendig ist, ist politischer Wille und Einheit, die es ermöglichen, das in die Tat umzusetzen. Sie haben von der Vertrauenskrise gesprochen. Genau die haben wir hier. Bringen Sie den Lissabon-Vertrag zu Ende, ändern Sie Ihre Haltung zum Euro und ermöglichen Sie die schnelle Inanspruchnahme von Strukturmitteln. Ansonsten wird es für Sie schwer werden, 60 bis 70 % Tschechen und Mähren zu vertreten, die nicht unter ungleichen Bedingungen vor Europa dastehen möchten, sondern normal in Europa leben wollen.

 
  
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  Jan Andersson (PSE). – (SV) Herr Präsident! Es gibt ein Thema, das heute viele europäische Bürger betrifft. Es ist die steigende Arbeitslosigkeit und die dadurch entstehende größere Kluft. Sie müssen sehr enttäuscht sein über die Ergebnisse des jüngsten Gipfels. Auf dem Gipfel wurde absolut keine Strategie für den Umgang mit der steigenden Arbeitslosigkeit festgelegt. Sie sagen, dass sie schon getan haben, was zu tun war. Sie sagen auch, dass der Gipfel, der Anfang Mai hätte abgehalten werden sollen, kein Gipfel mehr ist. Jetzt wird es ein Troika-Treffen sein. Das ist ein eindeutiges Signal für die Bürger, dass die EU-Politiker die Beschäftigung und den Kampf gegen die Arbeitslosigkeit nicht als Priorität betrachten.

Das Europäische Parlament ist – einen Monat vor den Wahlen zum Europäischen Parlament – überhaupt nicht einbezogen worden. Herr Barroso hat hier einen Aufruf zu Diskussionen gemacht, aber die Schlussfolgerungen des Rates nennen nicht einmal das Europäische Parlament.

Ich möchte kurz etwas zu den automatischen Stabilisatoren sagen. GM, die Vereinigten Staaten und Schwedenwurden in der heutigen Debatte bereits genannt. Es stimmt, dass wir in Schweden ein besseres Sozialversicherungssystem haben, aber die Erstattungssätze sind unter 80 % gefallen. Arbeitslos gewordene Arbeiter der Autoindustrie werden gegenwärtig eine Zahlung von irgendwo zwischen 50 % und 60 % ihres Gehalts erhalten. Es ist also nicht mehr so wunderbar.

Zuletzt möchte ich ein paar Worte zur Mobilität sagen. Die Mobilität innerhalb der EU ist wichtig, ebenso wie der Kampf gegen den Protektionismus. Die Kommission und der Rat müssen aber Verantwortung übernehmen und sicherstellen, dass der Grundsatz „gleiches Geld für gleiche Arbeit“ in der gesamten EU angewendet wird. Dann können wir auch daran arbeiten, eine verstärkte Mobilität zu fördern und gegen den Protektionismus zu kämpfen.

 
  
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  Sophia in ‘t Veld (ALDE). – (NL) Herr Präsident! Es wurde viel dazu gesagt, wie viel Geld wir tatsächlich auf die Seite legen müssen, um gegen die Wirtschaftskrise zu kämpfen. Wir könnten noch stundenlang darüber diskutieren. Ich glaube, dass das auch für die kommenden Generationen zu berücksichtigen ist und nicht alle Probleme ihnen hinterlassen werden dürfen. Aber daneben ist die Frage, wofür wir das Geld ausgeben vielleicht noch wichtiger. Es bereitet mir Sorgen, wenn ich die Reflexreaktion sehe, das Geld wieder einmal den alten Industrien und alten Technologien nachzuwerfen, in einem Versuch die kränkelnden Sektoren zu stützen.

In den Schlussfolgerungen des Rates ist auch auffallend, dass die Bereiche der Wirtschaftskrise und der Energie und Nachhaltigkeit als zwei getrennte Themen behandelt werden, wo die Zeit doch eigentlich reif ist, diese beiden Angelegenheiten miteinander zu verknüpfen. Ich möchte nicht so pessimistisch sein wie vorhin Herr Turmes, aber es ist jetzt wirklich an der Zeit, in neue Technologien und neues Wissen zu investieren. Es ist nicht hinnehmbar, dass Milliarden in die Automobilindustrie gepumpt werden und gleichzeitig Einsparungen bei der Bildung eingeführt werden sollen. Hier liegen die Dinge eindeutig falsch.

Ein weiterer Punkt ist die Lösung für die osteuropäischen Länder und die Länder, die nicht die einheitliche Währung haben. Diese Länder werden mit dem hier genannten Betrag von 50 Milliarden Euro etwas enttäuscht. Ich frage mich, ob der Rat und die Kommission auch die Möglichkeit eines beschleunigten Zugangs zur Eurozone jener Länder, die noch nicht Mitglieder sind, in Betracht ziehen, da die Stabilität und die Stärke dieser Länder für ganz Europavon Interesse sind.

Abschließend muss ich sagen, dass ich mir große Sorgen mache wegen der Verwendung der nationalistischen Sprache und des Trends aller nationalen führenden Politiker, sich in Richtung der Lösung im Sinne von „unser Land zuerst“ zu bewegen. Wir alle müssen die Zunahme der Rechtsextremen ernst nehmen, und wir alle müssen sicherstellen, das vor den Wahlen anzugehen.

 
  
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  Seán Ó Neachtain (UEN). – (GA) Herr Präsident! Ich möchte der Gruppe der führenden Politiker Europas, die sich letzte Woche getroffen haben, meine Unterstützung und meinen Glückwunsch aussprechen.

Was Irland betrifft ist jetzt sehr klar, dass das Fazit ist, dass wir die Unterstützung der Europäischen Union in Irland wollen. Unsere Wirtschaft war stark, wurde aber ebenso wie gegenwärtig die Wirtschaftsysteme in der ganzen Welt geschwächt. Es ist klar, dass wir diese Krise überwinden werden, indem wir zusammenarbeiten, und die größte Herausforderung, der sich Europa gegenwärtig zu stellen hat, ist die Kooperation und Stärkung der bestehenden wirtschaftlichen Einheit, damit wir in der Lage sind, uns gegenseitig zu unterstützen – und nicht, wie angesprochen, indem wir die Union schwächen. Es ist auch klar, dass die im Vertrag von Lissabon enthaltenen Grundregeln jetzt mehr denn je notwendig sind. Wie eine alte Redewendung in Irland besagt: „Es gibt keine Stärke ohne Einheit.“

 
  
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  Jean-Luc Dehaene (PPE-DE). – (NL) Herr Präsident! Bei jedem europäischen Gipfel müssen wir tatsächlich beklagen, dass im europäischen Entscheidungsfindungsprozess die europäische Dimension nicht stark genug durchkommt. Auch ich hatte eine wahrhaftigere europäische Dimension bei der Annäherung an die Krise erwartet. Dies vorausgeschickt ist es in den heutigen Zeiten aber wichtiger, die Dinge umzusetzen, die wir bereits beschlossen haben, und nicht immer wieder über zusätzliche Pläne zu diskutieren, während wir vergessen, das Beschlossene zu realisieren. Deshalb glaube ich, dass wir im Parlament, zusammen mit dem Rat und der Kommission, jetzt der tatsächlichen Umsetzung dessen, was bereits beschlossen ist, den Vorrang gewähren müssen. In diesem Sinne stehe ich voll und ganz hinter dem Ansatz der Kommission.

Wir müssen auch zeigen, dass wir alle um den globalen Ansatz gegen die Krise vereint sind, und ich hoffe, das wird sowohl in Kopenhagen als auch auf dem G20-Gipfel der Fall sein, damit Europa in der Lage ist, tatsächlich mit einer Stimme zu sprechen. Um mit einer Stimme sprechen zu können, müssen wir aber sicherstellen, dass wir nicht unsere Leistungen intern in Gefahr bringen, dass der Binnenmarkt wirklich ein Binnenmarkt ohne internen Protektionismus bleibt, und dass wir die einheitliche Währung stärken. Wir müssen unsere Lektionen lernen und die Mittel für die Europäische Zentralbank erhöhen und Gelder bereit stellen, um wirklich gemäß einer europäischen Dimension handeln zu können. Wir müssen auch sicherstellen, dass die Erweiterung tatsächlich vollzogen wird und dass wir jetzt, in diesen schweren Zeiten, den neuen Mitgliedstaaten gegenüber Solidarität an den Tag legen. Das ist es, wofür die Europäische Union steht. Die Solidarität mit den weniger entwickelten Ländern muss auch Bestandteil des globalen Ansatzes der Europäischen Union sein.

Ich möchte mit ein paar kurzen Worten zum Vertrag von Lissabon schließen. Wir, das Parlament, müssen unsere Position klar darlegen. Wir müssen die Gewissheit haben, was direkt nach den europäischen Wahlen geschehen wird. Dazu ist es aber notwendig, dass das Parlament wirklich eine einheitliche Stellung bezieht, und aus diesem Grund kann ich nicht wirklich die Sichtweise des Präsidiums verstehen, dass es für uns nicht notwendig sei, über die Stellungen in diesem Haus zu debattieren. Ich rufe alle dringend auf, diese Sichtweise zu überprüfen, damit wir in die Lage versetzt werden, mit dem Rat auf der Grundlage einer von diesem Haus eingenommenen Haltung zu verhandeln.

 
  
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  Riitta Myller (PSE). – (FI) Herr Präsident! Der beste Weg, die Energiesicherheit in Europa zu verbessern, ist die Energieeffizienz und die Verwendung von erneuerbaren Energiequellen zu verbessern. Alle Mitgliedstaaten müssen in diese Bereiche investieren, und sie müssen das sofort tun, sonst erreichen wir nicht die Ziele unseres eigenen Klimapakets.

Diese Art von Investitionen ist außerdem besonders für unsere Zeiten geeignet. Mit Investitionen in die Energieeffizienz und erneuerbare Energie schaffen wir, wie hier bereits wiederholt gesagt wurde, neue, nachhaltige Arbeitsplätze, aber auf diese Weise schaffen wir auch die Grundlage für eine emissionsarme Wirtschaft.

Jetzt müssen wir echte Taten folgen lassen. Leider war der Gipfel nicht in der Lage, die Menschen davon zu überzeugen. Alles in allem muss jedes Heilmittel gegen die Wirtschaftskrise die Vermeidung der Erderwärmung, die einen kritischen Punkt erreicht, zum Ziel haben. Das muss auch das Ergebnis des Treffens der G20-Länder sein. Wenn Europa mit einer Stimme spricht, werden die Vereinigten Staaten von Amerika auch die gleichen Ziele übernehmen.

 
  
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  Olle Schmidt (ALDE). – (SV) Herr Präsident! Die Berliner Mauer ist vor fast 20 Jahren gefallen. In der gegenwärtigen schwierigen Wirtschaftslage konnten wir wieder einmal den Versuch der Errichtung einer neuen Mauer in Europa erkennen, dieses Mal einer wirtschaftlichen Mauer. Das dürfen wir nicht zulassen!

Obgleich zusätzliche Mittel zur Unterstützung von Ländern in Schwierigkeiten gewährt wurden, scheint der Grad des Engagements der führenden Politiker Europas gemischt. Es ist besorgniserregend, dass Renault die Produktion von Slowenien nach Frankreich verlegt. Wir dürfen nicht zulassen, dass das Gespenst des Protektionismus erneut Verwüstungen anrichtet. Die Kosten eines erneuten Versagens, Europa zusammenzuhalten, sind zu hoch. Die Geschichte wird jene strafen, die ihrer Verantwortung nicht gerecht werden. Deshalb war es gut, gestern die klare Botschaft von Gordon Brown zu hören, als er erklärte „wir werden nicht weglaufen!“ Das Gleiche muss auch für Präsident Sarkozy gelten.

Es gibt jeden Grund, den Vorschlag der de-Larosière-Gruppe zu begrüßen. Es ist ein ausgewogener Vorschlag, der bedeutet, dass die EU Überregulierungen vermieden und die Überwachung der Finanzmärkte deutlich verstärkt wird. Die Europäische Zentralbank wird eine noch wichtigere Rolle spielen. Die nationalen Aufsichtsbehörden werden auch bessere Möglichkeiten erhalten, sich untereinander zu koordinieren und Informationen auszutauschen. Die Politik muss selbst in Krisenzeiten angemessen sein. Der Vorschlag von Regulierungen, die mehr behindern, als dass sie helfen, darf nicht unsere Antwort in schweren Zeiten sein.

 
  
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  Charles Tannock (PPE-DE). Herr Präsident! Die Erklärung des Rates zur Östlichen Partnerschaft wird mehrheitlich begrüßt. Als Berichterstatter für die östliche Dimension der europäischen Nachbarschaftspolitik unterstütze ich engere Beziehungen zu sechs Ländern im Osten. Die Ankündigung von 600 Millionen Euro für die Östliche Partnerschaft ist ausgezeichnet, und ich begrüße die Aufwendung über das vorgeschlagene Europäische Nachbarschafts- und Partnerschaftsinstrument zur Verbesserung der Energiesicherheit der EU über bessere Lagereinrichtungen für Öl und Gas sowie den Bau neuer Pipelines.

Der Rat unterstützt auch richtigerweise die neu konzipierte parlamentarische EURONEST-Versammlung, mit der die Lösung von festgefahrenen Konflikten, wie die Streitigkeiten um Nagornij-Karabach und Transnistrien, vorangetrieben werden soll. Aber die Östliche Partnerschaft darf nicht dazu eingesetzt werden, die EU-Mitgliedschaftsbestrebungen von Ländern abzuwürgen, die offensichtlich Anrecht auf den Antrag dieses Status besitzen, namentlich Ukraine und Moldawien.

Der Rat hat auch zu Recht beschlossen, das Hilfspaket für die finanziell in Not geratenen Länder in Osteuropa, die nicht der Eurozone angehören, von 25 Milliarden Euro auf 50 Milliarden Euro zu verdoppeln. Diese Maßnahme wird helfen, Länder wie Ungarn und Lettland zu stabilisieren. Wir dürfen aber auch nicht die Ukraine vergessen, die in schwerwiegende finanzielle Turbulenzen geraten ist. Ein Zusammenbruch der Banken in der Ukraine könnte mit verheerenden Folgen andere Länder Osteuropas anstecken, aber auch Italien und Österreich, deren Banken am stärksten dem ukrainischen Markt ausgesetzt sind.

Abschließend möchte ich anmerken, obwohl wir das Recht der Türkei und Russlands als Beobachter in EURONEST voll anerkennen, dass keines dieser Länder seine Stellung für die eigenen außenpolitischen Ziele verwenden darf. Die EURONEST-Mitglieder sind souveräne Staaten mit dem Recht, ihre eigenen euroatlantischen Bestrebungen zu beschließen. Die Vermutung des russischen Außenministers Sergei Lavrov, die Östliche Partnerschaft sei ein Mittel zur Ausweitung des Einflussbereichs der EU im Ausland, ist absurd. Eine solche Sprache gehört zur Machtpolitik in den Zeiten des Kalten Kriegs, nicht in die moderne Diplomatie. Wenn jemand einen Einflussbereich sucht, dann ist das Russland, wie im vergangenen Sommer mit dem Krieg gegen Georgien und der immer wiederkehrenden politischen Destabilisierung von Ländern wie der Ukraine und der baltischen Staaten durch den Kreml deutlich wurde.

 
  
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  Proinsias De Rossa (PSE). Herr Präsident! Meinen Glückwunsch für Ihre Aussprache meines recht schwierigen Namens!

Die Konservativen hier und in den Mitgliedstaaten sind wie unartige Kinder. Sie trampeln seit Jahren mit den Füßen, verlangen Deregulierung der Banken und Schattenbanken, und jetzt sind sie bereit, eine strenge Regulierung zu schlucken – aber nur, wenn wir vorgeben, es sei immer schon ihre Idee gewesen. Aber sie fordern immer noch kindisch die Deregulierung der Arbeitsplätze und mehr Flexibilität – mit anderen Worten: kein Schutz, keine Sicherheit und Einschnitte bei den sozialen Leistungen. Das, meine Freunde, ist ein Rezept, mit dem ein unkontrollierbarer Waldbrand angefacht wird.

Der amtierende Präsident Topolánek wählte Schweden als Vergleich zu Amerika. Warum nicht die Tschechische Republik? Warum nicht Irland? Ganz einfach: Die irische Regierung reißt die Kernstücke aus den Gesundheitsleistungen, der Bildung, Kinderbetreuung und Ausbildung. Sie verstärkt das Gefühl der Unsicherheit in Irland, indem mehr Arbeitslosigkeit erzeugt wird – wo sie doch die Leute in Beschäftigung halten sollten – und indem sie gar nichts tut, um den kleinen Unternehmen beim Überleben zu helfen. Ich glaube, in Irland ist ein Regierungswechsel fällig und eine andere Haltung des Europäischen Rates. Veranstalten wir doch einen Beschäftigungsgipfel für alle Mitgliedstaaten am 7. Mai.

 
  
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  Marco Cappato (ALDE). – (IT) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Ironie des Schicksals will es, dass dieser Teil der Debatte ohne den amtierenden Präsidenten des Rates stattfindet, der bei uns hätte sein sollen; Herr Topolánek ist aber nicht anwesend. Gestern hatten wir allerdings die Aussprache über die Strategie und Zukunft Europas angesichts des G20 mit einem anderen Präsidenten, der im Gegensatz zu Herrn Topolánek um eine Einladung bitten musste und sie auch erhielt. Es ist nicht ganz klar warum, außer offensichtlich wegen der Rolle, die dieser Nationalstaat spielt.

Warum beginne ich mit diesen vielleicht unangenehmen Anmerkungen? Weil die Wirtschafts- und Finanzkrise, in der sich Europa befindet, auch eine institutionelle Krise ist, was eindeutig durch den Umstand belegt wird, dass der amtierende Ratspräsident uns nach der halben Debatte auf Grund seiner internen politischen Probleme verlassen musste. Das Gleiche können wir bei der Wirtschaftskrise beobachten. Die Reaktion auf die Krise fand nur auf nationaler Ebene statt, es hat keine Reaktion von Europa gegeben, keine europäische Antwort, selbst nicht im Sinne des Haushaltes. Es ist sehr schön, 400 Milliarden Euro zu zitieren, aber wir wissen, dass dieses Geld praktisch komplett aus den nationalen Haushalten genommen wird. Herr Präsident Barroso, ich glaube nicht, dass Sie in den letzten Jahren genug getan haben, um den Regierungen und Nationalstaaten klar zu machen, dass es ein anderes Europa gibt, das mehr tut als nur Staaten koordinieren, dass die Union selbst eine politische Funktion besitzt.

Da Präsident Topolánek von der Erweiterung der Östlichen Partnerschaft auf Belarus gesprochen hat, möchte ich zum Schluss den Namen von Yana Paliakova nennen, die von den Behörden in Belarus in den Selbstmord getrieben wurde, um zu unterstreichen, dass sich diese Partnerschaft mehr für das Gesetz, die Demokratie und Freiheit und nicht nur für die Geschäfte mit Diktaturen der schlimmsten Art interessieren sollte.

 
  
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  Marian-Jean Marinescu (PPE-DE) . – (RO) Die vom Rat gezogenen Schlussfolgerungen sind mit der Krise vereinbar, die die Mitgliedstaaten durchleben.

Wir müssen als extrem positives Ergebnis die Vereinbarung über Energieprojekte und das Breitband-Internet begrüßen. Die Aufnahme der Nabucco-Gaspipeline und der Verbindungen der Mitgliedstaaten untereinander sowie zwischen Rumänien, Ungarn und Bulgarien zu diesen Projekten kann helfen, eine ähnliche Krise wie die vom Januar 2009 zu vermeiden.

Die Verwendung der Energiequellen der Region des Kaspischen Meeres und die bestmögliche Nutzung der strategischen Lage des Schwarzen Meeres sind eine wesentliche Bedingung für die Gewährleistung der Energiesicherheit der Europäischen Union. Die als Teil der Östlichen Partnerschaft entwickelte Politik muss auf jeden Fall die Nutzung dieser Bereiche zum Vorteil der Europäischen Union beinhalten.

Ich war überrascht, dass die Empfehlungen des ECOFIN nicht die Maßnahmen berücksichtigten, welche die neue rumänische Regierung über ihr Regierungsprogramm ankündigte und mit deren Umsetzung sie bereits mit der Verabschiedung des Haushaltes für das Jahr 2009 begonnen hat.

Dezentralisierung mit dem Ziel der Stärkung der lokalen Selbstständigkeit und der Kanalisierung von Mitteln in Investitionen für die prioritären Bereiche oder Energie, um Arbeitsplätze zu schützen bzw. zu schaffen, sind zwei Maßnahmen, die von der rumänischen Regierung bereits initiiert wurden. Die Senkung der Ausgaben durch Haushaltszuweisungen und die Aufnahme des Reformprozesses des Bildungssystems als Priorität sind weitere Maßnahmen, welche dazu gerechnet werden können.

Die Umsetzung der Vorschläge aus dem Programm des Rates zur Sanierung der Wirtschaft, insbesondere bezüglich des Voranbringens der Mittelzuweisung als Teil der europäischen Programme, sowie die Genehmigung von staatlichen Beihilfen, vor allem für die Automobilindustrie stellen eine echte Unterstützung dar, um die Auswirkungen der Krise auf ein Minimum zu reduzieren. Und das nicht nur in Rumänien, sondern in sehr vielen anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union auch.

 
  
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  Adrian Severin (PSE). Herr Präsident! Die Krise, mit der wir es hier zu tun habe, ist nicht eine Krise im System, sondern eine Krise des Systems; eine wirtschaftliche Systemkrise und auch eine Krise der Demokratie. Nicht nur die finanziellen Kredite sind geschwunden, sondern auch die sozialen. Auf den Straßen unserer europäischen Städte können wir bereits Anzeichen sehen, die uns vor Misstrauen und Unruhe auf sozialer Ebene warnen, welche zu politischen und sozialen Umwälzungen führen könnten.

Deshalb ist ein Sozialgipfel der Europäischen Union, der zu einem europäischen Beschäftigungspakt führt, ein Muss. Ein Sozialgipfel sollte unter anderem vereinbaren, dass Unternehmen, die Mitarbeiter vorübergehend entlassen, keine Dividenden ausschütten dürfen, dass transnationale Unternehmen nicht nur mit den nationalen Gewerkschaften verhandeln müssen, sondern mit den europäischen Gewerkschaften, dass es keine geschäftliche Rentabilität ohne soziale Solidarität geben darf.

Diese weltweite Krise wird von einer Krise der europäischen Integration verschärft. Es gibt Mitgliedstaaten, in denen Mutterunternehmen sitzen, und Mitgliedstaaten, in denen die Tochterunternehmen sitzen. Erstere sind Mitglieder der Eurozone, die Zweiten nicht. Programme zur Förderung der Stabilisierung und Integration der zuletzt Genannten sind von wesentlicher Bedeutung für das Überleben der Ersteren. Die Europäische Union kann nicht mit neuen Abgrenzungen überleben.

 
  
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  Zbigniew Zaleski (PPE-DE). – (PL) Herr Präsident! Wir können wahlweise den Gipfel unter zwei zeitlichen Aspekten betrachten. Der größere Zeitrahmen beinhaltet strategische Maßnahmen, zu denen ich die Angelegenheit der östlichen Partner, einschließlich Belarus zähle. Ich denke, dass ist gerechtfertigt und gut für die EU, für ihre östlichen Nachbarn und auch für die künftigen Beziehungen mit Russland. Die finanzielle Unterstützung ist wesentlich, und auch wenn das in Zeiten einer Krise auf Kritik stoßen kann, bin ich überzeugt, dass es sich lohnt, in die östlichen Angelegenheiten zu investieren. Ist die Oststrategie erfolgreich, kann sich die EU selbst als ernsthafter Akteur auf der politischen Weltbühne präsentieren. Ich denke nicht an die EU als Organisation, sondern vielmehr, dass die Wirkungen der gemeinschaftlichen Handlungen ein Argument für die künftige europäische Integration darstellen.

Die zweite Dimension beschränkt sich auf die Gegenwart und somit auf die Krise, die u. a. als Symptom den Verlust von Arbeitsplätzen und die finanzielle Hilflosigkeit der Bürger aufweist. Es gibt kein alleiniges Heilmittel dagegen. Stattdessen müssen die Regierungen und die EU mit einer breit angelegten Strategie die Bedürfnisse der kleinen und mittelständischen Unternehmen berücksichtigen. Die Krise bedeutet zwar für Arbeitnehmer, dass sie ihren Arbeitsplatz verlieren könnten, für Unternehmer, die in Schwierigkeiten geraten, bedeutet die Krise allerdings, dass sie ihren Arbeitsplatz, ihre Mitarbeiter und ihr ganzes Geschäft verlieren könnten. Die Inhaber von kleinen Unternehmen sind die flexibelsten, und in schwierigen Situationen wird es ihnen wahrscheinlich besser ergehen. Da sie den Großteil der wirtschaftlichen Stärke Europas ausmachen, können sie die gesamte Wirtschaft beeinflussen.

Herr Barroso, wenn der finanzielle Kollaps zu einem psychologischen Zusammenbruch wird, dann befinden wir uns inmitten einer echten Krise. Solange die Motivation und der Wille, etwas zu tun, unter den Menschen weiterhin vorhanden sind, besteht immer die Möglichkeit, dass die Dinge langsam verbessern, und in diesem Bereich stellen die EU-Maßnahmen sehr signifikante Elemente dar, für die wir verantwortlich sind. Ich wünsche uns allen viel Erfolg bei dieser Angelegenheit.

 
  
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  Edite Estrela (PSE). – (PT) Die Antwort des Gipfels war nicht ehrgeizig genug. Wo bleibt die entschlossene Verpflichtung, die Steuerparadiese und Offshore-Finanzplätze abzuschaffen? Wo ist der Beschluss, die Gehälter der Bankenmanager moralischen Maßstäben zu unterwerfen? Präsident Barroso, es ist richtig zu sagen, dass die Reichen für die Krise bezahlen sollen, weil sie es waren, die sie verursacht haben.

Der Beschäftigungsgipfel darf kein Minigipfel werden, denn die Beschäftigung ist kein Miniproblem; es ist ein großes Problem, das die Menschen und Familien betrifft. Das ist nicht der Weg, um das Vertrauen der Menschen wiederherzustellen.

Abschließend habe ich jemanden sagen hören, es seien keine sozialistischen Vorschläge mehr notwendig. Das ist eine arrogante Aussage. Hätten die Verfechter der neoliberalen Doktrin auf die Warnungen der Sozialisten gehört, dann wären wir nicht in diese Krise hineingezogen worden. Lernen sie denn nie? Wenn sie nicht die Schwere und Tiefe der Krise begriffen haben, und wenn sie nicht begriffen haben, was sie verursacht hat, dann fürchte ich das Schlimmste. Ich befürchte, die Krise wird noch viele Jahre dauern, und das ist nicht das, was wir wollen.

 
  
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  Tunne Kelam (PPE-DE). Herr Präsident! Ich denke das ermutigende Ergebnis des Rates ist, dass die 27 Mitgliedstaaten nun mit einer gemeinschaftlichen Haltung zum G20 gehen können. Das ist ein großer Erfolg, und es ist nur gerecht, Premierminister Topolánek zu seiner konstruktiven Rolle als Rat zu beglückwünschen. Ich kann auch die Ansicht teilen, dass der Erfolg des Rates darin besteht, dass sich die EU weigert, den einfachen Weg der massiven automatischen Hilfeleistungen und Nationalisierungen zu beschreiten.

Die unglückliche tschechische Regierungskrise hinterlässt jetzt der Kommission und Präsident Barroso eine noch größere Verantwortung, um die Gemeinschaft aus der Krise zu führen und für Kohärenz und Stabilität zu sorgen. Gleichzeitig muss die Kommission flexiblere Mechanismen für die rechtzeitige Inanspruchnahme der zusätzlich vom Rat beschlossenen Mittel bieten. Die Umsetzungsverfahren können zu schwerfällig und zeitaufwändig sein. Es ist besonders wichtig, die Rahmenbedingungen für kleine Unternehmen und die Innovation anzupassen. Jetzt ist es wirklich an der Zeit, mehr in Forschung, Aus- und Fortbildung zu investieren.

Die wirtschaftliche Depression ist aber nicht der richtige Zeitpunkt für eine moralische Depression. Wie immer bietet eine Krise auch Gelegenheiten für Reformen. Die Finanzkrise verursacht tatsächlich eine Wertekrise, so dass der Aufschwung mit der Stärkung unserer gemeinsamen Werte beginnen muss, angefangen bei einem klareren Engagement für die Solidarität. Das Wichtigste ist aber, dass die Krise kein Vorwand für den Protektionismus sein darf. Auf der anderen Seite sind wir dazu gezwungen, gemeinschaftlich zu handeln, mit dem Verständnis, dass durch die gegenseitige Unterstützung und unser Engagement bei den Reformen im Geiste der Lissabon-Strategie die Krise Europa stärken wird.

 
  
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  Csaba Sándor Tabajdi (PSE). – (HU) Herr Präsident! Der Europäischen Kommission und dem Rat ist es, trotz der entgegenwirkenden Kräfte, gelungen, die Einheit der Europäischen Union erfolgreich zu schützen. Dieser Gipfel war ziemlich erfolgreich: Er hat den gemeinsamen Markt geschützt, sich gegen den drohenden Protektionismus ausgesprochen und, zuletzt, aber nicht weniger wichtig, neue Unterstützung für die mittel- und osteuropäischen Mitgliedstaaten geboten, die gegen größere Schwierigkeiten anzukämpfen haben.

Ich möchte mich an erster Stelle bei Präsident Barroso bedanken, denn die finanzielle Unterstützung für die Region wurde verdoppelt und auf 50 Milliarden Euro angehoben. Der Premierminister Ungarns unterbreitete vor einem Jahr den Vorschlag, und dieser Gipfel hat jetzt eine grundsätzliche Entscheidung für die Schaffung eines Aufsichtssystems der Finanzmärkte und Banken getroffen.

Erneut hat der Gipfel den Aspekt behandelt, dass die Mutterhäuser der Banken für ihre Tochterunternehmen haften, wie mein Kollege Adrian Severin auch unterstrich, und im Sinne der Energiesicherheit wurde ein sehr wichtiger Schritt vorwärts gemacht.

 
  
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  Laima Liucija Andrikienė (PPE-DE). – (LT) An allererster Stelle möchte ich meiner Achtung und meinem Dank Premierminister Mirek Topolánek gegenüber Ausdruck verleihen. Wir alle verstehen sehr gut, was es bedeutet, die Präsidentschaft der Europäischen Union inne zu haben, und was es bedeutet, die Präsidentschaft der Europäischen Union inne zuhaben, wenn sich diese einer weltweiten Finanzkrise und wirtschaftlicher Rezession ausgesetzt sieht. Deshalb wünsche ich der Tschechischen Republik von Herzen viel Erfolg bei der Bearbeitung der neuen Herausforderungen und der Führung der Europäischen Union bist Mitte dieses Jahres.

Der Europäische Rat in Brüssel: Heute wiederholen viele von uns wie ein Mantra Zahlen, welche die Einigungen des Europäischen Rates widerspiegeln. 5 Milliarden Euro für strategische Energieprojekte und Breitband-Internet. 50 Milliarden Euro für die Mitgliedstaaten der Europäischen Union, die nicht der Eurozone angehören, für Zahlungen und zum Ausgleichen der Zahlungsbilanzen. 75 Milliarden Euro für den Internationalen Währungsfonds. 600 Millionen Euro für die Östliche Partnerschaft. Von den genannten 5 Milliarden Euro sollen 175 Millionen Euro in die Energiebrücke fließen, mit der Schweden mit den Staaten des Baltikums verbunden werden soll, die bislang eine vom Energiemarkt der Europäischen Union abgetrennte Insel waren. Ist das viel oder zu wenig? Ist das Glas halb voll oder halb leer? Unter normalen Umständen würde ich die Ergebnisse und Vereinbarungen des Europäischen Rates als befriedigend bewerten. Natürlich hatten wir auf mehr gehofft, natürlich hatten wir gehofft, dass ein besserer Finanzierungsplan zur Belebung der europäischen Konjunktur beschlossen würde. Aber angesichts all der Erklärungen, aller Anzeichen von Nationalismus und Protektionismus denke ich, die erreichten Vereinbarungen sind zweifelsohne ein guter Ausdruck der Solidarität, und ich würde mich freuen, wenn dies der Ausgangspunkt, der Beginn der künftigen Arbeit wäre.

 
  
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  Antolín Sánchez Presedo (PSE). – (ES) Herr Präsident, Herr Barroso! Nur ein vereintes Europa, das Weltwachstum und Beschäftigung als Priorität behandelt, wird in der Lage sein, die internationalen Maßnahmen zur Belebung der wirtschaftlichen Konjunktur anzuführen, die Prävention von Krisen und Krisenmanagement zu stärken, die Regulierung des Finanzsystems zu verbessern und die verletzlichsten Länder in dieser ersten globalen Krise zu unterstützen.

Die G20 vertreten die Mehrheit der Bevölkerung (zwei Drittel der Menschen) und 90 % der weltweiten Wirtschaftsaktivitäten. Sie sind verantwortlich für eine konzertierte, effektive und nachhaltige dreifache Antwort, um die Nachfrage und die Realwirtschaft mit künftigen Investitionen zu stimulieren, die Kreditvergabe wiederherzustellen und eine solide, internationale Finanzregulierung und -aufsicht zu schaffen, die zu Transparenz, Stabilität und geeigneten Impulsen führt, systemische Risiken verhindert und sicherstellt, dass wir nicht zum Anfang zurückgeworfen werden.

Wir brauchen eine neue Wirtschaftsordnung und ein globales Regierungssystem für das 21. Jahrhundert, mit dem die Ursachen und Unausgewogenheiten korrigiert werden, die an der Wurzel der Krise sitzen, und eine nachhaltige Entwicklung einer auf der Solidarität beruhenden offenen Wirtschaft fördert.

 
  
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  Péter Olajos (PPE-DE). – (HU) Ich begrüße die Entscheidung des Rates hinsichtlich der beim G20-Gipfel zu beziehenden Stellung. Ich freue mich, dass unsere führenden Politiker anerkannt haben, dass die Maßnahmen zur Behebung der Weltkrise und im Kampf gegen den Klimawandel eng miteinander verbunden sind.

Der Kern des von Premierminister Gordon Brown und Präsident Barack Obama vorgeschlagenen Entwicklungsplans „Green New Deal“ besteht in der Verknüpfung der Wirtschaftsimpulse mit Umweltinvestitionen und mit der Unterstützung einer verbesserten Energieeffizienz und umweltfreundlicher Technologien.

Ich teile aber nicht die Sichtweise des Rates, dass die Fortschritte bei der Umsetzung des im vergangenen Dezember verabschiedeten europäischen Konjunkturprogramms zufriedenstellend sind. Auch wenn es noch eine gewisse Zeit dauern wird, bis die positiven Auswirkungen auf die Wirtschaft greifbar werden, gibt es keinen Zweifel, dass das groß angelegte Haushaltspaket, das 3,3 % des BIP der EU darstellt – das heißt über 400 Milliarden Euro – neue Investitionen erzeugen und Arbeitsplätze schaffen wird.

Das Programm hat aber nur einen sehr kleinen Beitrag zur Umwandlung der EU in eine emissionsarme Wirtschaft geleistet. Wir sprechen zwar nachdrücklich von der Verbesserung der Energieeffizienz und Energieeinsparungen, schenken aber mehr Aufmerksamkeit und bringen mehr Mittel auf für die Energieversorger, für die Diversifizierung der Versorgungswege und die Förderung der Energieinteressen der EU gegenüber Drittländern.

Wir müssen zweifelsohne die Energieinfrastruktur weiterentwickeln, aber nicht auf Kosten der Minderung des Verbrauchs. Die Europäische Union engagiert sich weiterhin, um im Rahmen der globalen Klimavereinbarung in Kopenhagen eine führende Rolle zu spielen. Dazu müssen wir aber dringend Vereinbarungen treffen bezüglich der Entwicklung eines globalen Kohlendioxidmarktes, der finanziellen Ausgleiche für die Entwicklungsländer, der technologischen Unterstützungsmaßnahmen und des Aufbaus von Kapazitäten sowie der Klärung der Prinzipen der Lastenverteilung unter den Mitgliedstaaten.

 
  
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  Dariusz Rosati (PSE). Herr Präsident! Ich möchte damit beginnen, der tschechischen Präsidentschaft für den erfolgreichen Gipfel zu danken. Ich glaube, der Gipfel hat eine Reihe wichtiger Entscheidungen getroffen, bin aber gleichzeitig der Meinung, dass wir mehr brauchen und dass wir uns schneller bewegen müssen.

Wenn wir in einer Woche zum G20-Treffen nach London gehen, habe ich den Eindruck, dass wir zu stark integriert sind, um alleine zu handeln, und zu geteilt, um gemeinsam zu handeln. Ich sehe drei wesentliche Prioritäten, auf die wir uns konzentrieren müssen.

Die erste Priorität sind natürlich die Arbeitsplätze. Millionen Menschen in Europa fürchten den Verlust ihrer Arbeitsplätze und, offen gesagt, ich verstehe nicht die Haltung des französischen Präsidenten gegen den Gipfel: ein voll qualifizierter Gipfel ist das, was wir gegenwärtig brauchen.

Zweitens, ich freue mich, dass es uns gelungen ist – zumindest teilweise – protektionistische Tendenzen zu unterbinden. Sie zeigen sich immer noch, und ich glaube, die Solidarität ist der Schlüssel dazu.

Der dritte Punkt: Die Wiederherstellung des Vertrauens in die Märkte ist von entscheidender Bedeutung. Ich glaube nicht einmal, dass zu wenig Geld auf dem Markt ist; ich glaube, es ist genug Geld vorhanden. Das Problem besteht in der Umwandlung dieses Geldes in effektive Nachfrage, und damit das geschieht, müssen wir das Vertrauen der Haushalte und der Unternehmen wiederherstellen.

 
  
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  Mario Mauro (PPE-DE). – (IT) Herr Präsident, Präsident Barroso, meine Damen und Herren! Die Frage der Kombination von Maßnahmen zur Unterstützung und für Impulse sowie der Regulierungsmaßnahmen ist eine der größten Fragen auf der internationalen Agenda. Die bestehenden Spannungen, welche die unterschiedlichen von den großen Wirtschaftsystemen getroffenen Strategien zum Überwinden der Krise widerspiegeln, werden, so die Hoffnung, bei dem G20-Gipfel eine Art Lösung erhalten.

Es ist in der Tat kein Geheimnis, dass Washington auf der Notwendigkeit von weiteren gemeinschaftlichen Engagements im Sinne von nationalen Maßnahmen zum Ankurbeln der Nachfrage und Beleben der Wirtschaft besteht, während die Kommission in Brüssel den vorherrschenden Glauben vertritt, dass alle nützlichen und erforderlichen Bewegungen in diesem Sinne bereits unternommen wurden und es jetzt an der Zeit ist zu warten und die Resultate der von den Regierungen der Mitgliedstaaten getroffenen Maßnahmen gegen die Rezession anzusehen.

So ist es ebenfalls kein Geheimnis, dass wir Europäer glauben, wir müssen uns jetzt auf das Ziel der Wiederherstellung der Glaubwürdigkeit, Stabilität und Glaubwürdigkeit konzentrieren, indem wir schärfere Regulierungsauflagen und effektivere Aufsichtssysteme für den Bank- und Kreditsektor einführen, während in Washington eine umsichtige Haltung vertreten wird, die auf der Idee einer deutlicheren Reform des Regulierungsrahmens und der Überwachungsmechanismen beruht.

Ehrlich gesagt, ich glaube nicht, dass es hilfreich ist, diese Lösungen einander gegenüber zu stellen. Anstatt dessen sollten wir eine Kombination der beiden Ansätze suchen, und in diesem Sinne muss vor allem die europäische Betrachtungsweise die Oberhand haben, als europäische Methode für die die Kommission bürgt oder sogar der Prophet ist. Ich hege keinen Zweifel, Präsident Barroso, dass Sie der richtige Mann sind, um unseren Hoffnungen Form zu geben und uns vom Abgrund zu entfernen.

 
  
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  Katrin Saks (PSE). – (ET) Im Rat wurden mehrere wichtige Angelegenheiten vereinbart. Energie- und Breitbandprojekte und die Entscheidung, die Hilfsmittel für die osteuropäischen Länder zu erhöhen sind ein gutes Zeichen.

Für mich aber ist ein Zeichen dafür, was der Europäische Rat erreicht oder nicht erreicht hat, was unser Premierminister nach seiner Rückkehr nach Estland erklärte – namentlich, dass Europa zu seinen Grundwerten zurückkehrt. Er bezog sich dabei auf den Umstand, dass Europa anfing, das Interesse an weiteren Konjunkturpaketen zu verlieren, und es Anzeichen gebe für die Rückkehr zu einer konservativen Haushaltspolitik. Als Vertreter einer ultraliberalen Partei ist seine Sichtweise nicht überraschend, spiegelt aber das allgemeinere Problem wider, dass die Regierungschefs mit einem gewissen ideologischen Hintergrund nicht bereit sind, mutige Schritte zu unternehmen, die Vision erfordern, und Maßnahmen umzusetzen, die nicht mit ihrer ideologischen Weltanschauung in Einklang stehen.

Ein paar Tage vor der Sitzung des Europäischen Rates hörten wir den Nobelpreisträger Paul Krugman sagen, dass das Konjunkturpaket der Europäischen Union vielleicht nicht ausreichend sei. Wir würden dieses Jahr nicht 400 Milliarden, sondern 500 Milliarden benötigen, und insgesamt wären eventuell 3 Billionen notwendig. Folglich brauchen wir vereinte Aktionen und einen proaktiven Ansatz, nicht die unsichtbare Hand.

 
  
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  José Manuel García-Margallo y Marfil (PPE-DE). – (ES) Herr Präsident, Präsident der Kommission! Ich beginne damit, meine Besorgnis auszudrücken, dass der im Mai abzuhaltende Beschäftigungsgipfel durch eine Troika-Sitzung ersetzt wurde, gleich wie offen es auch ist. Ich glaube, diese Entscheidung wirft uns in das Jahr 1996 zurück, als die Beschäftigungspolitik als eine Politik betrachtet wurde, die nur die Mitgliedstaaten anging.

Zweitens, bezüglich der Währungspolitik befürworte ich, wie meine ganze Fraktion, die absolute Unabhängigkeit der Zentralbank, aber Unabhängigkeit ist nicht gleichbedeutend mit Immunität vor Kritik.

Ich möchte hierzu sagen, dass ich es gerne gesehen hätte, wenn die Europäische Zentralbank bei der Senkung der Zinssätze angesichts der Auswirkung auf die europäischen Exporte etwas mutiger und bei der Vorgabe der Fristen für die Rückzahlung der gewährten Darlehen großzügiger gewesen wäre: die US-Notenbank erteilt Darlehen auf drei Jahre; die Darlehen der Zentralbank laufen aber nur über sechs Monate.

Ich möchte noch einmal in Bezug auf die Währungspolitik meine Hoffnung betonen, dass der Rettungsplan für Kreditinstitute und die möglichen Pläne für den Aufkauf von toxischen oder wertgeminderten Aktiva nicht zu einem Wettbewerbsvorteil für die Banken führt, die Hilfe erhalten gegenüber jenen, die sich umsichtiger verhalten haben und keine Hilfe benötigen.

Was die Steueranreize betrifft haben wir im Laufe des Vormittags eine beachtliche Debatte gehabt. Sind sie ausreichend? Sind sie zu wenig? Wird in den Vereinigten Staaten mehr getan als hier? Unabhängig von den Schlussfolgerungen aus dieser Debatte ist gewiss, dass wir vor den größten Steueranreizen stehen, die unsere Generation seit 1929 gesehen hat.

Das zwingt uns, die Maßnahmen auf beiden Seiten des Atlantiks zu koordinieren, und diese Koordination muss bei zwei Angelegenheiten noch enger sein: Abschluss der Doha-Runde, um an die ganze Welt ein Signal gegen den Protektionismus zu senden, und zweitens eine gemeinsame Analyse der Ungleichgewichte in der Welt, die an der Wurzel der Krise liegen.

Bezüglich des Stabilitätspaktes sehe ich gewisse Widersprüche in der Haltung der Kommission. Die heutigen Schulden sind die Steuern von morgen, und die Kommission muss sicherstellen, dass die nationalen Maßnahmen mit der Lissabon-Strategie verknüpft werden und nicht die Nachhaltigkeit der Finanzen gefährden. Dazu müssen mit äußerster Aufmerksamkeit die Pläne von Ländern – darunter auch dem meinen, da ich Spanier bin – beobachtet werden, mit denen die richtige Stellung wieder hergestellt werden soll.

Herr Präsident! Ich möchte Ihnen für die Großzügigkeit bei der Redezeit danken, die ich sehr wohl zur Kenntnis genommen habe.

 
  
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  Der Präsident. Herr Kollege! Wir sind gegen Inflation beim Geld, wir sind auch gegen Inflation bei der Redezeit.

 
  
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  Pierre Pribetich (PSE). – (FR) Herr Präsident! Auf 22 Seiten Schlussfolgerungen des Europäischen Rates wird die Zukunft der Automobilindustrie, einer europäischen Industriepolitik, nur mit einem mageren Satz behandelt. Ist das eine praktische Antwort auf die Erwartungen von 12 Millionen Arbeitnehmern in der Branche und die Besorgnis von 6 % der arbeitenden Bevölkerung der Europäischen Union? Wird das dem gerecht, was auf dem Spiel steht? Es gibt keinen Vorschlag für einen europäischen Plan, keine Perspektiven für die Automobilindustrie und keinen Willen, die nationalen Politiken zu koordinieren.

Am 19. November 2008 ergriff ich in diesem Haus das Wort im Namen der französischen sozialistischen Delegation, um alle europäischen beteiligten Verantwortlichen zu befragen. Ich drückte meinen Wunsch aus nach einer neuen Kfz-Vereinbarung und nach einer auf Solidarität beruhenden, strukturierten, raschen und effektiven kurz-, mittel- und langfristigen Industriepolitik, mit der von den Mitgliedstaaten und von der Union eine koordinierte Antwort kommen würde.

Vier Monate später, nach einer gemeinschaftlichen Entschließung verschiedener Fraktionen, wenden wir unser Augenmerk erneut auf die Zukunft der Kraftfahrzeugindustrie. Was hält Sie von einer Reaktion ab, von Handlungen, davon, sich dieser Herausforderung zu stellen, bevor es zu spät ist? Das ist nicht rhetorisch, Herr Topolánek, dies ist ein Aufruf an Sie, etwas zu unternehmen.

 
  
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  Harlem Désir (PSE). – (FR) Herr Präsident! Es fällt schwer, am Ende dieses Gipfels die eigene Enttäuschung zu verbergen.

Wenn Selbstgefälligkeit und Fiktion die Instrumente für den wirtschaftlichen Aufschwung wären, dann könnten wir ihn als einen Erfolg bezeichnen. Ich weiß, dass Wirtschaft viel mit Psychologie zu tun hat, und dass wir das Vertrauen wiederherstellen müssen, aber, wenn die Krise sich bis zu einem Punkt verschlechtert, an dem alle Mitgliedstaaten tiefer in die Rezession fallen und die Arbeitslosigkeit dramatisch zunimmt, letzten Endes zu hören, wie der Rat erklärt, er würde mittel- und langfristig auf die Perspektiven der EU-Wirtschaft vertrauen und er sei entschlossen, alles erforderliche zu tun, um die Beschäftigung und das Wachstum wieder zu beleben, so klingt das alles doch ziemlich befremdend.

Entschlossen, was zu tun? Auf der Agenda dieses Rates wurden bereits alle Vorschläge zensiert, die etwas mit der Beschäftigung zu tun haben könnten. Das wurde bis auf Mai verschoben. Letztendlich wurde bei dieser Ratssitzung der Beschäftigungsgipfel im Mai auf nicht viel mehr als ein Troika-Treffen reduziert. Offensichtlich hat sich Präsident Sarkozy durchgesetzt und die anderen Mitgliedstaaten davon überzeugt, dass es nicht notwendig sei, Vorschläge zu erarbeiten, um aus der Beschäftigung eine Priorität für das Handeln der Europäischen Union zu machen. Das erinnert mich an eine Ausnahmeregelung, die bereits andere Regierungen, eine konservative Regierung des Vereinigten Königreichs, im Zusammenhang mit dem gesamten Beschäftigungspaket der europäischen Verträge gefordert hatten.

So fordert Herr Sarkozy heute eine Ausnahmeregelung bei der Beschäftigungspolitik. Besorgniserregend wäre, wenn dieser Ansatz auf alle Mitgliedstaaten abfärben würde. Es überrascht mich nicht übermäßig, dass Ihre Kommission, Herr Barroso, die auf gewisse Art während ihres Mandats die europäische sozialpolitische Agenda beiseite auf das tote Gleis gestellt hat, die Ausnahmeregelungen hinsichtlich der sozialen und Beschäftigungsprioritäten der Europäischen Union geschaffen hat und die sich ergeben hat, indem sie die Anweisung eines Mitglieds Ihrer Mehrheit, der Europäischen Volkspartei (Christdemokraten) und Europäischen Demokraten, befolgt hat, aber ich glaube es ist wirklich erbärmlich, dass, wenn es um die Koordinierung nicht nur der Konjunkturbelebungspolitik sondern auch der Beschäftigungspolitik geht, es die Arbeiter sind, die letztendlich den Preis für dieses Nicht-Europa zu bezahlen haben.

Eine weitere Fiktion sind diese 400 Milliarden Euro, die Sie dazu rechnen, denn sie sind nicht nur der Betrag für die nationalen Konjunkturpläne, sondern vor allem für Politiken, die nicht einmal nationale Konjunkturpläne darstellen, da sie nur gemeine wirtschaftliche Stabilisatoren sind, das heißt, die Erhöhung der Sozialausgaben infolge des Anstiegs der Arbeitslosigkeit. Sie haben weitere 5 Milliarden Euro auf den Tisch gelegt, aber das hat Ihnen Schmerzen bereitet.

Deshalb glaube ich, dass wir im Gegensatz dazu jetzt einen echten Konjunkturplan brauchen, so einen, wie ihn die Vereinigten Staaten einführen, die über 780 Millionen US-Dollar auf den Tisch legen, und die Koordinierung der Bemühungen, um den Arbeitnehmern zu helfen, mit der Krise zurecht zu kommen. Wir brauchen auch Nachfrage, die einen weiteren Faktor darstellt, der sich als wesentlich effektiver erweisen wird als die Selbstgefälligkeit, wenn es darum geht, das Wachstum anzukurbeln und das Vertrauen und die Dynamik unserer Wirtschaft wiederherzustellen.

 
  
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  Elmar Brok (PPE-DE). - Herr Präsident, Herr Ratspräsident, Herr Kommissionspräsident! Sie werden sehen, dass es besser war, dass ich mich dort weggesetzt habe.

Erstens möchte ich im Gegensatz zum Kollegen Schulz sagen: Die tschechische Ratspräsidentschaft unter Ministerpräsident Topolánek war bisher eine hervorragende Ratspräsidentschaft.

(Beifall)

Und ich bin stolz darauf, dass dies die erste Ratspräsidentschaft aus einem früheren Warschauer-Pakt-Land war und ist, die alle Unterstützung verdient, um die Einigung Europas auch darin zu symbolisieren.

Der zweite Punkt, den ich ansprechen möchte: Wir sind jetzt in Bezug auf den Vertrag von Lissabon in einer schwierigen Situation. Ich möchte mich der Bitte anschließen, dass Ministerpräsident Topolánek und Oppositionsführer Paroubek sich jetzt zusammensetzen und verantwortungsvoll verhandeln. Denn es kann nicht sein, dass innenpolitische Gründe eine Bedeutung für das Schicksal von ganz Europa haben.

Und die letzte Bemerkung an Herrn Schulz: Brown hat eine Finanzmarktregelung verhindert, Brown und der deutsche Arbeitsminister Scholz von der SPD verhindern einen Kompromiss in der Arbeitszeitrichtlinie im Sinne des Beschlusses des Europäischen Parlaments. Herr Schulz soll uns nicht damit kommen, dass nur er sich für das soziale Europa einsetzt! Genau das Gegenteil ist der Fall!

 
  
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  Silvia-Adriana Ţicău (PSE). – (RO) Die Wirtschaftskrise verlangt den Unternehmen und Bürgern Europas einen hohen Tribut ab. Die Wirtschaften der Mitgliedstaaten zeigen einen klaren Abwärtstrend, die KMU gehen unter und die Arbeitnehmer verlieren ihre Arbeitsplätze.

Zusammen mit anderen Kollegen übergab ich Präsident Barroso einen Brief zur Lage der Arbeitnehmer in der Metallindustrie in Rumänien und Frankreich, die formal arbeitslos werden und nur 70 % ihres Gehaltes erhalten. Wir verlangten eine Überarbeitung der Bestimmungen für die Inanspruchnahme des Europäischen Sozialfonds und des Europäischen Fonds für Anpassung an die Globalisierung, um mehr Arbeitnehmer zu unterstützen, die ernsthaft von der Wirtschaftskrise und dem Verlust der Arbeitsplätze betroffen sind.

Die Europäische Union braucht wirtschaftliche Entwicklung, und Europas Bürger brauchen Arbeitsplätze und angemessene Löhne. Der im November 2008 verabschiedete europäische Konjunkturplan besteht aus nichts als leeren Worten. Leider erscheint die Energieeffizienz, mit der Arbeitsplätze geschaffen werden können, nicht in der Januar-Verordnung.

 
  
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  Paul Rübig (PPE-DE). - Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch ich möchte der tschechischen Ratspräsidentschaft gratulieren. Der gestrige Abschluss beim Roaming war sensationell. Davon haben die Bürgerinnen und Bürger Europas etwas.

Das Energie- und Gaspaket, das über die Runden gebracht wurde, und viele andere Punkte verhandelt die tschechische Ratspräsidentschaft aus unserer Sicht hervorragend. Das gilt auch für die Motivation der europäischen Bevölkerung, gerade in Zeiten der Krise jene zu belohnen, die sich überdimensional anstrengen. Deshalb sollten wir auch Kommissar Kovács unterstützen, mehr Vorschläge für progressive Abschreibungen zu unterbreiten. Wenn man annimmt, dass bis zum Jahr 2030 über tausend Milliarden Euro investiert werden sollen, um neue Kraftwerke zu bauen, dann sollte man heute schon damit beginnen. Das würde Arbeitsplätze und Wachstum auslösen.

 
  
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  Alojz Peterle (PPE-DE). – (SL) Ich möchte dem amtierenden Präsidenten des Rates mein ehrliches Kompliment für die Erfolge ausdrücken, die die tschechische Präsidentschaft unter extrem schwierigen Umständen erreicht hat.

Heute haben wir so manch hartes Wort gehört, aber ich bin fest davon überzeugt, dass die Bürger der Europäischen Union nicht so sehr daran interessiert sind, wie weit wir nach links oder nach rechts rücken, sondern inwieweit wir im Sinne Europas handeln, d. h. was wir erreichen können, wenn wir effizient zusammenarbeiten.

Wir haben zwei Aspekte vor uns, namentlich: Ausdruck der sozialen Sensibilität und Solidarität mit den am stärksten Betroffenen, während wir gleichzeitig in jene Mittel investieren, die uns am besten helfen können, uns aus dieser Krise herauszuziehen. Die Krise muss als Katalysator für die wirtschaftliche Umstrukturierung genutzt werden, und das nicht nur in der Kfz-Industrie. Die Wirtschaftskrise hat gezeigt, dass das, was wir dringend benötigen eine bessere Koordinierung der Wirtschaftspolitik und stärkere Institutionen der Gemeinschaft sind, wie sie der Lissabon-Vertrag vorsieht.

In diesem Sinne begrüße ich die konstruktiven Vorschläge des de-Larosière-Berichts bezüglich der Finanzinstitutionen.

 
  
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  Christian Rovsing (PPE-DE). – (DA) Herr Präsident! Ich möchte etwas zu den hohen Förderungen sagen, die an Unternehmungen gezahlt werden, die nicht überleben können. Es hat keinen Sinn, von einer Reihe Arbeitnehmern zu verlangen, in einem Unternehmen zu bleiben oder mit öffentlichen Geldern ihre Löhne zu bezahlen, wenn das Unternehmen später schließen muss. Ihnen sollte die Möglichkeit gegeben werden, an Weiterbildungs- oder Umschulungsmaßnahmen teilzunehmen oder in Unternehmen versetzt zu werden, die eine Überlebenschance haben. Was die Automobilindustrie betrifft, bin ich der Meinung, dass wir der Entwicklung von vollkommen neuen Fahrzeugarten zu wenig Bedeutung zugemessen haben, Autos, die mit Wasserstoff, Akkus und Brennstoffzellen angetrieben werden. Ich glaube, ein Großteil der Arbeitskräfte könnte in diese Bereiche versetzt werden, in denen sie auch in 10 Jahren noch einen Arbeitsplatz hätten.

 
  
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  Alexandr Vondra, amtierender Präsident des Rates. Herr Präsident! Erlauben Sie mir eine kurze Zusammenfassung von der Perspektive des Rates und der tschechischen Präsidentschaft aus.

amtierender Präsident des Rates. − (CS) Ich glaube, wir haben jetzt eine Art imaginäre Halbzeit der tschechischen Präsidentschaft erreicht und möchte mich bei denen unter Ihnen bedanken – und das sind nicht wenige – die ihre Wertschätzung für unsere Arbeit bislang dargelegt haben. Natürlich ist es erfreulich, wenn die kontinuierliche Arbeit – sieben Tage die Woche und 20 Stunden am Tag – und das vom Europäischen Rat vergangene Woche Erreichte geschätzt werden. Die von uns getroffenen Entscheidungen waren wesentlich und wichtig. Ich möchte jenen, die konkrete Zweifel und Fragen haben, etwas sagen. Geben Sie diesen Maßnahmen und diesen Entscheidungen Zeit, damit sie wirken können, lassen Sie es zu, dass sie nach Inkrafttreten sich selber beweisen, denn ich bin fest davon überzeugt, dass sie ihre Stärken, ihren Wirkungsbereich haben und dass sie Früchte tragen werden, jetzt wo wir es mit der schlimmsten Wirtschaftskrise zu tun haben, die die EU je erlebt hat.

Die Entscheidungen bezüglich der 5 Milliarden Euro für Energieprojekte und Breitband-Internet sind wichtig. Sie sind wichtig im Kontext der Gaskrise, weil wir hier zeigen, dass die EU in der Lage ist, schnell zu handeln und auf die Bedürfnisse vieler europäischer Länder zu reagieren. Die Entscheidung der 25 Milliarden Euro für die Anhebung des Höchstbetrags für die Unterstützung der EU-Länder in Schwierigkeiten ist auch sehr wichtig. Die Entscheidung der 75 Milliarden Euro, die wir zum G20-Treffen in London mitnehmen werden, ist auch ein klares Signal, dass die EU bereit ist, ihren Anteil an der Verantwortung für die Reform der globalen Finanzinstitutionen zu übernehmen. Ich möchte ganze besonders etwas hervorheben, was einige von Ihnen außerhalb des Kontextes der Sitzung des Europäischen Rates gesagt haben; das ist die intensive Arbeit, die wir in den letzten Wochen an einer Reihe Gesetzesentwürfen geleistet haben. Das war nicht zufällig so, sondern dank der kontinuierlichen Arbeit des Rates unter der Leitung der tschechischen Präsidentschaft ist es uns gelungen in Dreiergesprächen Vereinbarungen zu wesentlichen Reformvorschlägen zu erreichen. Das Energiepaket des internen Energiemarktes für Gas und Strom, das Luftfahrtpaket zur Überarbeitung des gemeinsamen europäischen Luftraums, das Straßenpaket zur Modernisierung des Zugangs zum Markt der Straßenbeförderung, einschließlich der sensiblen Angelegenheit der Kabotage, die Roaming-Bestimmungen und zuletzt auch das Pestizidpaket sowie die konkreten Ergebnisse der Arbeit der letzten zwei bis drei Monate. Ich möchte auch dem Europäischen Parlament hier danken, denn das waren gemeinschaftliche Bemühungen von beiden, der Kommission und dem Europäischen Parlament.

Ein weiteres Beispiel: Seit 10 Jahren wurden fruchtlose Verhandlungen zur Senkung des Umsatzsteuersatzes für bestimmte Sektoren geführt, darunter auch hoch anspruchsvolle manuelle Arbeiten oder solche mit einem hohen Anteil Handarbeit. Es ist erst unter der Führung des tschechischen Finanzministers im Ecofin gelungen, eine Einigung zu erreichen, die der Europäische Rat dann bestätigte. Viele von Ihnen fragen, wie wir das Problem der Arbeitslosigkeit behandeln werden. Ich möchte erneut unterstreichen, was unser Premierminister bereits hier erklärt hat: Es gibt eine Einigung zwischen der Präsidentschaft und der Kommission, und am 7. Mai wird unter dem vom Europäischen Rat vereinbarten Format ein Gipfel abgehalten. Der Gipfel wird konkrete Maßnahmen für den Europäischen Rat im Juni unterbreiten. Das bedeutet, dass es weitere Gespräche geben wird.

Viele von Ihnen erklärten ihre Besorgnis um die Angelegenheit der Offenheit der EU. Ich möchte betonen, dass unter unserer Präsidentschaft am fünften Jahrestag der größten Erweiterung der EU in Prag und in Zusammenarbeit mit der Europäischen Kommission eine Konferenz unter dem Namen „Fünf Jahre später“ abgehalten wurde. Die Konferenz belegt eindeutig mit von Wirtschaftsexperten ermittelten reellen Zahlen, dass die Erweiterung vielleicht das erfolgreichste Projekt überhaupt in der modernen Geschichte der EU war, und dass diese fünf Jahre eindeutig zeigen, dass sie sowohl für die alten als auch für die neuen Mitgliedstaaten von Vorteil war.

Die Östliche Partnerschaft: Wir haben eine Erklärung vereinbart, dass der Gründungsgipfel am 7. Mai stattfinden soll, und wir arbeiten zusammen mit den künftigen Mitgliedern, wie der Ukraine, um einen echten Erfolg für die EU zu erreichen. Abschließend ein weiteres Beispiel für die erfolgreiche Arbeit: die Montagskonferenz über Gasinfrastruktur, die dank der Europäischen Kommission in Brüssel abgehalten wurde und deren Ergebnis eine Erklärung zur Modernisierung der Gasinfrastruktur in der Ukraine ist, um künftig weitere Krisen wie die von Januar dieses Jahres zu vermeiden.

Ich möchte gerne jenen unter Ihnen, die Zweifel hegen, erneut eine Sache mit Gewissheit versichern. Ja, wir haben interne Probleme und wir wissen sehr gut, wer die Vertrauensfrage initiiert hat. Es war Jiří Paroubek, der Vorsitzende der tschechischen Sozialdemokraten. Aber wir sind eine verantwortungsvolle Regierung, wir handhaben die Situation und es gibt keinen Anlass zur Besorgnis. Die tschechische Präsidentschaft kann zur Halbzeit mit Gewissheit versichern, dass die zweite Hälfte genauso gut werden wird wie die erste, und ebenso verantwortungsbewusst. Am Ende werden wir ohne jeden Zweifel die gleichen Erfolge feiern können, über die Sie heute hier im Rahmen der Beurteilung der Arbeit von Januar, Februar und März gesprochen haben. In diesem Sinne möchte ich Ihnen erneut versichern, dass wir einen ernsthaften und verantwortungsvollen Ansatz verfolgen, und absolut kein Grund zur Sorge besteht.

 
  
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  Der Präsident. Herr Vondra! Viele Kollegen haben der tschechischen Präsidentschaft für ihren Beitrag gedankt. Ich tat das bereits zu Beginn, in Anwesenheit von Premierminister Topolánek. Ich möchte Ihnen für Ihren sehr engagierten persönlichen Beitrag danken. Wir möchten Sie ermutigen, so weiter zu machen, wie Sie gesagt haben, damit die tschechische Präsidentschaft in ihrer zweiten Hälfte ein gleich großer Erfolg wird wie in der ersten. Viel Glück bei der Fortsetzung Ihrer Arbeit.

 
  
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  José Manuel Barroso, Präsident der Kommission. Herr Präsident! Lassen Sie mich noch einmal die ausgezeichnete Zusammenarbeit mit der tschechischen Präsidentschaft unterstreichen. Die tschechische Präsidentschaft unternimmt große Anstrengungen für Europa in einer sehr schwierigen Situation, und ich glaube, sie verdient unsere volle Unterstützung.

Lassen Sie mich zum Ende kommen. Immer, wenn ich zum Ende komme, sehe ich wie mir auf einmal alle zuhören!

(Gelächter)

Lassen Sie mich zum Schluss kommen, indem ich die breite Unterstützung für die Ergebnisse des Europäischen Rates begrüße. Es herrscht nicht Einstimmigkeit, aber ich glaube es ist eine richtige Einschätzung, wenn ich sage, dass im Großen und Ganzen anerkannt wurde, dass es sich um eine Reihe wichtiger Schlussfolgerungen handelt, und ich fühle mich bestärkt von dem, was ich als ein gemeinsamen Sinne für Engagement von allen drei Institutionen – Parlament, Rat und Kommission – erfahren habe, um die Kräfte zu einen und Europa aus der Krise zu führen.

Wir können stolz auf das sein, was wir beschlossen haben, aber es darf keine Selbstzufriedenheit geben. Es muss noch mehr getan werden und wir müssen uns weiterhin darauf konzentrieren, aber wir werden gewinnen, wir werden Erfolg haben bei diesen Anstrengungen, wenn wir unser Vertrauen zeigen.

Vertrauen muss das Schlüsselwort sein: Vertrauen in unsere Fähigkeit, zu erreichen, was wir versprochen haben; Vertrauen in Taten und Verwirklichungen, und, wie ich zuvor schon gesagt habe, Verwirklichung und nicht Gesten. Ehrlich gesagt glaube ich nicht, dass sich das Vertrauen bessert, indem man jeden Monat oder jede Woche einen neuen Plan ankündigt. Das Vertrauen wird besser, wenn wir uns auf die Umsetzung dessen konzentrieren, was gemeinsam beschlossen wurde, und auf die effektive Koordinierung dieser Bemühungen.

Wir brauchen Vertrauen in unsere Fähigkeit, die Regulierungsagenda voranzutreiben: ohne Regulierungsform werden wir kein lang anhaltendes Vertrauen schaffen.

Wir brauchen Vertrauen in die Gültigkeit und Solidität der Eurozone und in unsere Fähigkeit, die notwendige Unterstützung eines jeden Mitgliedstaats in der Eurozone oder außerhalb zu mobilisieren, wenn immer das notwendig ist.

Wir brauchen auch Vertrauen in unser gemeinschaftliches Engagement, um unsere eigene Marke der sozialen Marktwirtschaft zu schützen, und in unsere langfristige Agenda für eine emissionsarme Wirtschaft. Ich bin wirklich überzeugt, dass wir nicht mit sinnlosen Reden und einer Art Minderwertigkeitskomplex gegenüber den Vereinigten Staaten von Amerika erfolgreich sein werden.

Fakt ist, wie ich heute sehe, dass die Amerikaner näher an das herankommen, was traditionell europäische Positionen waren. Die Amerikaner nähern sich unserer Position im Kampf gegen den Klimawandel, und wir begrüßen das. Die Amerikaner nähern sich der Notwendigkeit an, das Sozialsystem zu stärken.

Deshalb glaube ich wirklich nicht, dass die Debatte, die ich gelegentlich höre – mit dem Hinweis, die Amerikaner und Europäer stellten sich der Krise mit vollkommen unterschiedlichen Ansätzen – eine hilfreiche Debatte ist. Ganz im Gegenteil, was wir sehen ist eine verstärkte Konvergenz zwischen Europa und den Vereinigten Staaten und hoffentlich auch anderen – denn das hat nicht nur mit uns und den Amerikanern zu tun – und deshalb erwarte ich vom G20-Gipfel ein positives Ergebnis.

Ich glaube, es ist wichtig zu glauben, dass es an uns selbst liegt und nicht an anderen, die Lage zu lösen. Es ist wichtig, Vertrauen in die europäischen Instrumente zu haben, und in dieses erweiterte Europa; mit unseren koordinierten Handlungen im Kampf gegen diese Rezession werden wir in der Lage sein, auf die größten Sorgen unserer Bürger zu antworten, darunter natürlich was meine vorrangige Sorge ist, d. h. die steigende Arbeitslosigkeit.

Um zum Ende zu kommen, deshalb glaube ich, dass wir weiter auf dem aufbauen müssen, was wir schon vereinbart haben, und uns jetzt auf die Verwirklichung konzentrieren müssen, mit enger Abstimmung und starkem Engagement für konkrete Ergebnisse.

(Beifall)

 
  
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  Der Präsident. Die Aussprache ist geschlossen.

Schriftliche Erklärungen (Artikel 142)

 
  
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  Călin Cătălin Chiriţă (PPE-DE), schriftlich. – (RO) Ich möchte meine Unterstützung für die auf dem letzten Gipfel der Europäischen Union in Brüssel getroffenen Entscheidungen kund tun. Was ich besonders begrüße ist die notwendige Entscheidung, den Notfallfonds von 25 Milliarden Euro auf 50 Milliarden Euro zu erhöhen. Hierbei handelt es sich um einen Fonds, der speziell für Mitgliedstaaten in Mitteleuropa eingerichtet wurde, die eine Krise der Zahlungsbilanz erleben.

Auf der Grundlage der getroffenen Maßnahmen zum Schutz der Staaten in der Eurozone vor der weltweiten Krise stellt diese Entscheidung einen konkreten Beweis für die Solidarität der EU und ihre Fähigkeit, Staaten außerhalb der Eurozone zu helfen, die Wirtschaftskrise zu überstehen, dar. Nach Ungarn und Lettland ist Rumänien der dritte EU-Mitgliedstaat, der auf den Notfallfonds zurückgreift, da das Land gegenwärtig ein deutliches Ungleichgewicht der Zahlungsbilanz und Unfähigkeit, neue Darlehen von ausländischen Kreditgebern zu erhalten, erlebt.

Die EU-Institutionen haben die Pflicht, den Erwartungen der europäischen Bürger, die schwer von der Krise betroffen sind, zu entsprechen. Nur die europäische Solidarität, transatlantische Kooperation und effektive Maßnahmen können helfen, die globale Krise zu überwinden.

 
  
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  Genowefa Grabowska (PSE), schriftlich. – (PL) Mein Land, Polen, hat ein besonderes Interesse an der guten Leitung des neuen EU-Programms der Östlichen Partnerschaft. Es betrifft unsere Nachbarn und umfasst unsere nächsten Nachbarn, wie Belarus, Ukraine und Moldawien, aber auch andere, weiter entfernt liegende, wie Armenien, Aserbaidschan und Georgien.

Ich glaube, das Programm wird die EU-Außenpolitik stärken, eine echte wirtschaftliche Integration zwischen der EU und den östlichen Partnern hervorbringen und die Kooperation, nicht nur auf der Grundlage der marktwirtschaftlichen Prinzipien, sondern auch auf der Grundlage der Einhaltung der gemeinsamen Werte, wie Demokratie, Gesetz und Ordnung und Wahrung der Menschenrechte sicherstellen. Letztendlich verfolgen wir alle konkrete gemeinsame Ziele: Schaffung von Freihandelszonen, Förderung der Mobilität der Bürger in den Partnerländern, Verbesserung der Verwaltungsfähigkeiten und Zusammenarbeit im Bereich Energiesicherheit, aber insbesondere bei der langfristigen Versorgung und Durchleitung der Energie.

Deshalb haben wir eine klare Sicht der Partnerschaft seitens der EU. Wir erwarten nun die Antwort der sechs Länder, die an dem Programm direkt interessiert sind. Ich möchte meine Hoffnung ausdrücken, dass am 7. Mai dieses Jahres der Rat offiziell diese Unternehmung initiiert, die für die EU von gleicher Bedeutung ist wie für die Bürger aller beteiligten Länder.

 
  
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  András Gyürk (PPE-DE) , schriftlich. – (HU) Die Tatsache, dass die Europäische Union 3,5 Milliarden Euro von den wirtschaftlichen Impulsen für Schlüsselinvestitionen in Energie auf die Seite gelegt hat, ist eine willkommene Entwicklung. Ich halte das für einen wichtigen Schritt in Richtung einer gemeinschaftlichen Energiepolitik. Die endgültige Liste der zu finanzierenden Projekte weist eindeutig darauf hin, dass die Europäische Kommission und die Mitgliedstaaten nach der Gaskrise im Januar schließlich die Vorteile der Verbindung der Netze verstanden haben. Die Stärkung der Verbindungen ist erstens wichtig, weil sie es den Mitgliedstaaten ermöglicht, sich im Fall einer Versorgungsunterbrechung gegenseitig schnell zu unterstützen.

Gleichzeitig möchte ich auf den Umstand hinweisen, dass es Widersprüche bezüglich der endgültigen Liste der zu finanzierenden Investitionen gibt. An erster und vorrangiger Stelle ist ein Riss im Prinzip des regionalen Gleichgewichts entstanden. So sind es gerade die am stärksten von der Gaskrise im Januar betroffenen Mitgliedstaaten, die am wenigsten Mittel erhalten werden. Zweitens, im Verhältnis zum ganzen Paket der wirtschaftlichen Impulse werden relativ wenig Mittel für die Stärkung von alternativen Versorgungswegen aufgewendet. Ich halte die Debatten über die Nabucco-Angelegenheit für unpassend. Diese Gaspipeline würde die Energiesicherheit der gesamten Europäischen Union stärken und somit ist ihr Bau von gemeinschaftlichem Interesse. Zuletzt, aber nicht weniger wichtig, stehen Investitionen im Bereich der Energieeffizienz nicht auf der Liste der zu finanzierenden Investitionen. Die EU umgeht somit das ursprüngliche Ziel des Pakets an sich, namentlich die Schaffung von Arbeitsplätzen.

Aus den oben genannten Gründen muss die Haltung des Europäischen Parlaments dem Prinzip des regionalen Gleichgewichts und den alternativen Versorgungswegen sowie der Energieeffizienz eine größere Rolle beimessen.

 
  
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  Rareş-Lucian Niculescu (PPE-DE), schriftlich. – (RO) Die Entscheidung des Europäischen Rates, Finanzierungsmittel für Nabucco bereit zu stellen und dieses Energieprojekt als vorrangig zu betrachten ist angemessen und eine rechtzeitige Lösung für diese Problem.

Vor der Sitzung des Rates wurde ein Entschließungsantrag eingereicht, um die Aufmerksamkeit auf die entstehenden Gefahren zu lenken, wenn die Finanzierung für Nabucco verringert würde. Für uns muss klar sein, dass das Projekt der Nabucco-Gaspipeline von strategischer Bedeutung für die Sicherheit der europäischen Gasversorgung ist, dass es das einzige Projekt ist, mit dem die Diversifizierung sowohl der Versorger als auch der Verteilerwege gewährleistet wird.

 
  
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  Esko Seppänen (GUE/NGL), schriftlich. – (FI) Die Entscheidungen des EU-Gipfels beinhalten die Veränderung des Wesens des außerordentlichen Gipfels in diesem Frühjahr über den sozialen Dialog, so dass die EU-Führung nur von der Präsidentschaftstroika und nicht von allen führenden Politikern der Mitgliedstaaten vertreten wird. Meines Erachtens zeigt diese Entscheidung die Apathie, die für die Zukunft eines sozialen Europas empfunden wird, auf eine Art und Weise, die für die Organisationen auf dem Arbeitsmarkt, die sich auf das Treffen vorbereitet haben, inakzeptable ist. Es bleibt zu hoffen, dass so viele Staats- und Regierungschefs wie möglich am Treffen teilnehmen.

 
  
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  Georgios Toussas (GUE/NGL), schriftlich. – (EL) Die Debatte im Europäischen Parlament bestätigt, dass die politischen Kräfte des Kapitals und der europäischen Einbahnstraße eine schnellere kapitalistische Umstrukturierung und flexiblere Beschäftigungsverträge im Rahmen der Lissabon-Strategie und der Vervollständigung des Binnenmarktes unterstützen. Sie fördern die strategische Wahl des Kapitals und die Verlagerung der Lasten aus der Krise von der EU auf die Schultern der Arbeiter.

Der Maastricht-Vertrag und der Stabilitätspakt sind das Sprungbrett für einen umfassenden Angriff auf die Arbeitsrechte und das Einkommen der Familien der Arbeiterklasse unter dem Vorwand der sinkenden Gewinne. Die jüngsten Entscheidungen der Kommission im Sinne von permanenten Ausgabenminderungen werden schmerzliche Folgen für das öffentliche Gesundheitswesen und die Versicherungs- und Rentenansprüche der Arbeiter haben und zusammen mit der Forderung nach höheren Steuern den Lebensstandard der unteren Klassen drastisch senken.

Das Ziel des vorgeschlagenen Auswegs aus der Krise in eine grüne Wirtschaft – konkret Energie, Breitbandnetze und Innovation – bedeutet das Vordringen großer Geschäfte in neue, rentable Sektoren, nicht den Umweltschutz und die Befriedigung der Bedürfnisse der Basis.

Die Arbeiter dürfen keine Opfer für die Gewinne der Geldherrschaft akzeptieren und müssen zum Gegenangriff übergehen und ihren Kampf organisieren, die Parteien verdammen, die Maastricht und die europäische Einbahnstraße unterstützen, und eine Botschaft des Ungehorsams an die EU senden, indem sie bei den Europawahlen im Juni die griechische Kommunistische Partei unterstützen.

 
  
  

VORSITZ: DIANA WALLIS
Vizepräsidentin

 
  
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  Jean-Marie Le Pen (NI). – (FR) Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Unser Kollege, der Vorsitzende der Sozialdemokratischen Fraktion im Europäischen Parlament, Herr Schulz, beabsichtigt, unter dem Vorwand, dass ich das älteste Mitglied des nächstens Parlaments sein könnte, die Geschäftsordnung dieses Hauses zu ändern. Aber für die Unterstützung seiner ....

(Die Präsidentin unterbricht den Redner.)

 
  
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  Die Präsidentin. Das ist kein Punkt der Tagesordnung.

 
  
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  Jean-Marie Le Pen (NI). – (FR) Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Bei dieser Gelegenheit hat Herr Schulz einige verleumdende Aussagen gemacht und mich des Vergehens der Blasphemie bezichtigt. Ich möchte sagen, dass dieses Argument haltlos ist, und dass ich nur gesagt hatte, die Gaskammern seien ein Detail in der Geschichte des Weltkriegs gewesen, und das ist eine Tatsache.

(Gemischte Reaktionen)

Ich möchte betonen, dass ich bei dieser Gelegenheit, Frau Präsidentin, mit einem Bußgeld in Höhe von 200 000 Euro belegt wurde, was gerade beweist, wie es um die Meinungs- und Redefreiheit in Europa und in Frankreich bestellt ist. Ihre Rufe werden nicht Ihre Verantwortung für die Krise verdecken, die Krise des Euro-Internationalismus, den Sie verfechten. Deshalb lassen Sie mich bitte sprechen.

Frau Präsidentin! Ich möchte den Vorsitzenden der Sozialdemokratischen Fraktion im Europäischen Parlament auffordern, sich höflich für eine falsche Anschuldigung zu entschuldigen.

 
  
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  Martin Schulz (PSE). - Frau Präsidentin! Es ist ganz einfach. Wer nicht möchte, dass dieser Mann die feierliche Eröffnungssitzung des Europäischen Parlaments leitet, der sollte meinem Antrag auf Änderung der Geschäftsordnung zustimmen!

(Beifall)

 

3. Abstimmungsstunde
Video der Beiträge
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  Die Präsidentin. Als nächster Punkt folgt die Abstimmung.

(Ergebnisse und andere Einzelheiten der Abstimmung: siehe Protokoll)

 

3.1. Gemeinsame Konsularische Instruktion: biometrische Identifikatoren und Visumanträge (A6-0143/2009, Sarah Ludford) (Abstimmung)

3.2. Garantieleistung der Gemeinschaft für die Europäische Investitionsbank (A6-0109/2009, Esko Seppänen) (Abstimmung)

3.3. Leistung und Nachhaltigkeit des europäischen Luftverkehrssystems (A6-0002/2009, Marian-Jean Marinescu) (Abstimmung)
  

- Vor der Abstimmung:

 
  
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  Marian-Jean Marinescu, Berichterstatter. – (RO) Das Parlament hat eine Einigung mit dem Rat erreicht, und diese Vereinbarung wird von fünf Fraktionen unterstützt. Ich beziehe mich auf die beiden nachfolgenden Berichte.

Auf Grund der von zwei Ihrer Kollegen eingereichten Änderungsanträge – zufällig wurde der Inhalt dieser Änderungsanträge bereits in den mit dem Rag geschlossenen Kompromiss aufgenommen – müssen wir heute über eine Reihe Artikel abstimmen.

Regeln, die ich für nicht richtig halte, bestimmen, dass die Reihenfolge der Abstimmung in einigen Artikeln zuerst über den Text aus dem Ausschuss für Verkehr und Fremdenverkehr und danach aus dem als Kompromiss vereinbarten Text erfolgt. Ich möchte Sie in unserem Namen bitten, heute über den Kompromisstext so, wie er tatsächlich von den fünf Fraktionen unterstützt wird, abzustimmen, damit die beiden Verordnungen bis Ende der Legislaturperiode in Kraft treten können.

 
  
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  Die Präsidentin. Danke für Ihre Bemerkungen. Wir werden Ihrer Bitte auch entsprechen können, indem wir – wie vorgesehen – der Abstimmungsliste folgen und über die Änderungsanträge abstimmen.

 

3.4. Flugplätze, Flugverkehrsmanagement und Flugsicherungsdienste (A6-0515/2008, Marian-Jean Marinescu) (Abstimmung)

3.5. Neuartige Lebensmittel (A6-0512/2008, Kartika Tamara Liotard) (Abstimmung)

3.6. Stoffe, die zum Abbau der Ozonschicht führen (Neufassung) (A6-0045/2009, Johannes Blokland) (Abstimmung)

3.7. Die ABB/ABM-Methode als ein Managementinstrument für die Zuweisung von Haushaltsmitteln (A6-0104/2009, Kyösti Virrankoski) (Abstimmung)

3.8. Halbzeitüberprüfung des Finanzrahmens 2007-2013 (A6-0110/2009, Reimer Böge) (Abstimmung)

3.9. Interim-Wirtschaftspartnerschaftsabkommen EG/Cariforum-Staaten (Abstimmung)
 

- Vor der Abstimmung über Änderungsantrag 13:

 
  
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  Ignasi Guardans Cambó (ALDE). Frau Präsidentin! Bezüglich des Änderungsantrags 13, der nach Absatz 22 aufzunehmen ist, möchte ich, dass dieser Änderungsantrag als Ergänzung und nicht als Ersatz des Originaltextes betrachtet wird. Unter dieser Bedingung könnten wir ihn unterstützen.

Tatsächlich würde, wenn Sie mir erlauben, der gleiche Änderungsantrag und exakt der gleiche Vorschlag meiner Fraktion für einen Änderungsantrag in praktisch jedem Bericht gelten, über den wir abstimmen müssen. Ich weiß nicht, ob ich eine Liste mit diesen Änderungsanträgen vorlesen darf, oder ob Sie möchten, dass ich immer mit genau der gleichen Anfrage aufstehe. Das hängt von Ihnen ab.

 
  
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  Die Präsidentin. − Herr Guardans Cambó, wir nehmen diesen als Testfall. Ich muss alle, die diesen Änderungsantrag vorgeschlagen haben, fragen, ob sie mit Ihrem Zusatz einverstanden sind.

 
  
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  Caroline Lucas (Verts/ALE). Frau Präsidentin, die Antwort ist „Ja“.

 
  
  

(Die mündliche Änderung wird angenommen.)

- Vor der Abstimmung über Änderungsantrag 2:

 
  
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  Ignasi Guardans Cambó (ALDE). Frau Präsidentin! Ich habe eine mündliche Änderung zum Änderungsantrag 2. In diesem konkreten Fall geht es um die Streichung des letzten Satzes, damit der Richtigkeit Genüge getan wird. Dieser Satz trifft nicht mehr zu. Wir würden den Satz „Ist der Ansicht, dass diese Überwachung nach der Annahme eines jeden Interim-WPA beginnen soll“ streichen. Das findet in diesem Fall nicht Anwendung. Hierbei handelt es sich um ein vollständiges WPA und nicht um ein Interim-WPA, weshalb wir aus Gründen der faktischen Richtigkeit diesen Satz streichen möchten.

 
  
 

(Die mündliche Änderung wird angenommen.)

 

3.10. Interim-Wirtschaftspartnerschaftsabkommen EG/Côte d'Ivoire (Abstimmung)

3.11. Interim-Wirtschaftspartnerschaftsabkommen EG/Ghana (Abstimmung)

3.12. Interim-Wirtschaftspartnerschaftsabkommen EG/Staaten des pazifischen Raums (Abstimmung)
  

- Vor der Abstimmung über Änderungsantrag 8:

 
  
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  Glyn Ford (PSE). Frau Präsidentin! Um Zeit zu gewinnen, sind die Sozialisten bereit, die Änderungsanträge 8 und 10 als Ergänzungen anzunehmen, aber wir werden dagegen stimmen, wenn sie nicht als Ergänzung der PPE-DE-Fraktion angenommen werden.

 
  
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  Jean-Pierre Audy (PPE-DE). – (FR) Ich stimme dieser Vorgehensweise zu.

 
  
 

(Der Vorschlag wird angenommen.)

 
  
 

– Vor der Abstimmung über Änderungsantrag 19:

 
  
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  Jean-Pierre Audy (PPE-DE). – (FR) Frau Präsidentin! Im Absatz 39 wäre für unsere Fraktion als Kompromiss der Änderungsantrag 19 akzeptabel, wenn wir in Bezug auf die nichtstaatlichen Akteure „die Beteiligung“ hinzufügen könnten. Somit würde folgender Änderungsantrag entstehen: „39a. Besonders hervorgehoben wird die wesentliche Rolle der AKP-Parlamente und die Beteiligung der nichtstaatlichen Akteure bei der Überwachung und Leitung der WPA“. Der Rest würde unverändert bleiben.

Ich denke, der Berichterstatter Herr Ford stimmt mir zu.

 
  
 

(Die mündliche Änderung wird angenommen.)

 

3.13. Interim-Wirtschaftspartnerschaftsabkommen EG/SADC-WPA-Staaten (Abstimmung)
  

– Vor der Abstimmung über Änderungsantrag 13:

 
  
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  Kader Arif (PSE). – (FR) Frau Präsidentin! Wenn der Änderungsantrag 4 eine Ergänzung war, dann dürfen Nr. 14 und 8 nicht wegfallen, und folglich hätten wir über 14 und 8 abstimmen müssen.

 
  
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  Die Präsidentin. Der Eindruck ist, dass der Änderungsantrag mit der Ergänzung den gesamten Text abdeckt. Wenn Sie wirklich über den Originaltext abstimmen möchten, können wir zurückgehen, aber ich denke die allgemeine Einstellung ist, weiter zu machen.

 
  
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  Robert Sturdy (PPE-DE). Frau Präsidentin! Ich finde es in Ordnung, wenn wir weiter machen. Ich denke, er ist abgedeckt.

 
  
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  Die Präsidentin. Also fahren wir fort.

 

3.14. Interimsabkommen zur Festlegung eines Rahmens für ein Wirtschaftspartnerschaftsabkommen EG/Staaten des östlichen und südlichen Afrikas (Abstimmung)

3.15. Interimsabkommen zur Festlegung eines Rahmens für ein Wirtschaftspartnerschaftsabkommen EG/Partnerstaaten der Ostafrikanischen Gemeinschaft (Abstimmung)

3.16. Interim-Wirtschaftspartnerschaftsabkommen EG/Zentralafrika(Abstimmung)

3.17. Wirtschaftspartnerschaftsabkommen EG/CARIFORUM (A6-0117/2009, David Martin) (Abstimmung)
 

– Vor der Abstimmung:

 
  
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  David Martin, Berichterstatter. Frau Präsidentin! Ich weiß, wie viel meinen Kollegen an ihrem Mittagessen liegt – oder vielleicht auch anders herum, da bin ich nicht sicher –, aber ich möchte nur zwei Minuten in Anspruch nehmen.

Am Montagabend hatten wir eine sehr wichtige Debatte darüber, ob wir CARIFORUM zustimmen können oder nicht. Die Kommission und der Rat – und es ist wichtig, dass beide Institutionen diese Verpflichtung übernommen haben – versprachen uns, dass sie im Sinne der Hilfsversprechen die Beihilfen qualitativ hochwertig und rechtzeitig bereit stellen würden. Sie versicherten uns, dass nichts im WPA den Zugang der Karibikländer zu Medikamenten beeinträchtigen würde. Sie versicherten uns, dass die Anwendung der Meistbegünstigungsklausel auf keinen Fall den Süd-Süd-Handel beeinträchtigen würde und dass die Überprüfung nach fünf Jahren, nach Abschluss der ersten Stufe dieses WPA, eine echte Überprüfung sein würde, bei der Entwicklungsziele berücksichtigt würden.

Auf der Grundlage dieser Versprechen – und natürlich unter der Bedingung, dass diese in den Aufzeichnungen dieses Parlaments schriftlich festgehalten würden, und dass sowohl der Rat als auch die Kommission versprächen, diese Verpflichtungen zu beachten und befolgen – glaube ich, dass dieses Haus mit einer überwältigenden Mehrheit heute dem Karibik-WPA zustimmen kann.

Ich möchte mich bei Kommissarin Ashton für ihre enorme Kooperation, die von ihr an den Tag gelegte Flexibilität und ihr Engagement bedanken. Die Tatsache, dass sie zu dieser Abstimmung hergekommen ist, sagt viel über sie aus. Diese Abstimmung war für Dienstag vorgesehen. Ich weiß, dass sie sehr wichtige Verpflichtungen verschoben hat, um heute hier sein zu können, und sie hat gegenüber diesem Parlament eine grundlegende Verpflichtung übernommen. Ich möchte der Kommission für die Kooperation danken und die Mitglieder bitten, mit „Ja“ zu stimmen.

 
  
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  Helmuth Markov (GUE/NGL). - Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren, das ist ein Antrag zur Geschäftsordnung. Ich möchte aus dem Brief zitieren, den Präsident Pöttering an mich als Vorsitzenden des Ausschusses für internationalen Handel geschrieben hat. Ich zitiere nicht den ganzen Brief, keine Sorge.

„Die AFCO-Auslegung des Artikels 47, auf die Sie sich beziehen, wurde in der Parlamentssitzung am 18. Februar 2009 angekündigt und, da keine Einwände vorgetragen wurden, als verabschiedet betrachtet. […] Die Vorschläge zu den beiden WPA [d. h. die Berichte von David Martin und Erika Mann] wurden formell angekündigt und an Ihren Ausschuss [d. h. den Ausschuss für Internationalen Handel] erst in der Sitzung am 19. Februar2009 verwiesen. Angesichts der oben genannten Auslegung ist es nicht mehr möglich, Artikel 47 in Zusammenhang mit diesen beiden Verfahren oder anderen künftigen Verfahren anzuwenden.“

Daraus folgt, dass in den offiziellen Dokumenten alle Verweise auf Artikel 47 zu streichen sind. Das bezieht sich sowohl auf das Deckblatt des Dokuments als auch auf das Inhaltsverzeichnis, auf die Seite der Stellungnahme und auch auf die Verfahrensseite, die letzte Seite des INTA-Ausschusses. Ich bitte, das in das Protokoll aufzunehmen.

 
  
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  Die Präsidentin. Danke, Herr Markov. Ich muss das Haus tatsächlich darauf hinweisen, dass es in allen Sprachfassungen dieses Berichts eine Berichtigung gibt, mit der der Verweis auf Artikel 47 gelöscht wird. Was Sie hier angemerkt haben wird also berücksichtigt werden. Da wir offensichtlich übereinstimmen, können wir fortfahren.

 

3.18. Interim-Wirtschaftspartnerschaftsabkommen EG/Côte d'Ivoire (A6-0144/2009, Erika Mann) (Abstimmung)
  

– Vor der Abstimmung:

 
  
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  Erika Mann, Berichterstatterin. Frau Präsidentin! Ich werde mich sehr kurz fassen. Ich möchte mich nur bei meinen Kollegen bedanken und die Zustimmung im Verabschiedungsverfahren empfehlen. Ich hätte aber gerne erneut die Bestätigung von Kommissarin Ashton zu den Aspekten, die wir in unserer Debatte am Montag dargelegt haben – insbesondere, Frau Kommissarin, ob Sie sich verpflichten, Côte d’Ivoire die gleichen Vorzüge zu gewähren wie bereits für die SADC verabschiedet. Sie nicken – perfekt! Vielen Dank.

 
  
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  Die Präsidentin. Wir haben eine Einigung, so dass wir mit der Abstimmung fortfahren können.

 

3.19. Jahresberichte 2007 der EIB und der EBWE (A6-0135/2009, Gay Mitchell) (Abstimmung)

3.20. Zukunft der Automobilindustrie (Abstimmung)
  

– Vor der Schlussabstimmung:

 
  
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  Martin Schulz (PSE). - Frau Präsidentin! Ich beziehe mich auf Artikel 146 unserer Geschäftsordnung und danke Ihnen, dass Sie mir das Wort dazu erteilen. Ich bitte vor allen Dingen die Kolleginnen und Kollegen aus der Bundesrepublik Deutschland um Verständnis dafür, dass ich jetzt das Wort erbitte.

Zu Beginn dieser Abstimmung hat der Abgeordnete Jean-Marie Le Pen das Wort ergriffen. Herr Le Pen hat in seiner Wortmeldung wiederholt, dass die Existenz von Gaskammern in Auschwitz ein Detail der Weltgeschichte sei. Unter Bezug auf Artikel 146 unserer Geschäftsordnung, der beschreibt, in welcher Form Abgeordnete dieses Hauses sich hier zu betragen haben, bitte ich das Parlamentspräsidium zu prüfen, ob eine solche Aussage in einer Abgeordnetenkammer zulässig ist, die dem Geist der Versöhnung und der Verständigung und dem Respekt vor den Opfern, insbesondere des Hitler-Faschismus, verpflichtet ist. Ich wäre dankbar, wenn das Parlamentspräsidium über entsprechende Maßnahmen beraten würde.

(Beifall)

 
  
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  Joseph Daul (PPE-DE). – (FR) Bitte wahren Sie ein bisschen Achtung vor den Opfern, die in Auschwitz und anderenorts gestorben sind. Wir haben noch zwei Minuten Zeit. Zeigen Sie ein bisschen Achtung.

Alles was ich zu sagen habe ist, dass ich mit Herrn Schulz übereinstimme, und das, was ich heute in diesem Haus gehört habe, fehl am Platz ist.

(Beifall)

 
  
 

– Nach der Schlussabstimmung:

 
  
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  Bruno Gollnisch (NI). – (FR) Frau Wallis! Ich halte es für absolut bedauerlich, dass Sie Herrn Daul und Herrn Schulz das Wort erteilt haben, nicht aber mir. Es stimmt, dass Sie in einem Bericht bezeugt haben, dass Sie Spezialistin für die Auslegung der Geschäftsordnung als „eine Regel für einen und eine andere Regel für andere“ sind.

Deshalb möchte ich, anschließend an das, was Herr Schulz sagte, vorschlagen, das Winston-Churchill-Gebäude umzubenennen, da Winston Churchill in seinen 12 Bände umfassenden Memoiren, die der Geschichte des Zweiten Weltkriegs gewidmet sind, nicht eine einzige Zeile zur Geschichte der Gaskammern geschrieben hat.

 

4. Stimmerklärungen
Video der Beiträge
  

Mündliche Erklärungen zur Abstimmung

 
  
  

- Bericht: Sarah Ludford (A6-0143/2009)

 
  
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  Daniel Hannan (NI). Frau Präsidentin! Klar festgelegte Außengrenzen sind das wesentliche Attribut einer eigenständigen Nation. Alle anderen Funktionen jeglicher Art können an die lokalen Regierungen oder sogar an internationale Zusammenschlüsse abgetreten werden, aber ein Staat, der nicht mehr bestimmt, wer seine Grenzen überschreiten und sich in seinem Gebiet niederlassen darf, ist kein Staat mehr.

Die Euroföderalisten – einschließlich die Urheberin dieses Berichts, die gute Baronin Ludford – verstehen diesen Punkt sehr gut, weswegen in den letzten fünf Jahren ihre Hauptbemühung darin bestand, Justiz und innere Angelegenheiten in Einklang zu bringen. Unter dem großartigen Titel im Stil von Orwells Ministerium für Wahrheit, „Raum für Freiheit, Sicherheit und Recht“, haben sie Zuwanderung und Asyl in Einklang gebracht, haben einen europäischen Staatsanwalt geschaffen, eine paneuropäische Richterschaft, ein einheitliches System der Strafgerichtsbarkeit und mit Europol sogar eine gemeinsame Polizei. Natürlich ist das von ihrem Standpunkt aus – vom Standpunkt jener, die einen einzigen europäischen Staat wünschen – logisch. Ich wünschte aber, sie hätten den Mut und die Höflichkeit, die Menschen zuerst zu fragen und über den Lissabon-Vertrag abstimmen zu lassen. Pactio Olisipiensis censenda est!

 
  
 

***

 
  
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  Alexander Alvaro (ALDE). Frau Präsidentin! Ich möchte die Präsidentin des Hauses bitten, ungeachtet dessen, was Martin Schulz gesagt hat, zu beachten, dass wir Voltaire folgen sollten, insbesondere da ich der liberalen Fraktion angehöre: Selbst wenn ich nicht im Geringsten mit dem übereinstimme, was diese Person zu sagen hat, so bin ich doch der Ansicht, dass er das Recht hat, seinen Standpunkt darzulegen – wie es die beiden getan haben. Ich glaube an die Gleichbehandlung, und wir können mit einer Meinungsäußerung umgehen. Wir dürfen die Redefreiheit bei dieser Angelegenheit nicht unterbinden, selbst wenn ich überhaupt nicht mit dem übereinstimme, was er zu sagen hat.

 
  
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  Die Präsidentin. Danke, Herr Alvaro. Ich habe klarzustellen, dass ich natürlich die Absicht hatte, Herrn Gollnisch das Wort zu erteilen, aber die Abstimmung abschließen wollte.

 
  
  

- Bericht: Esko Seppänen (A6-0109/2009)

 
  
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  Daniel Hannan (NI). Frau Präsidentin! Wir haben gerade darüber abgestimmt, das Kapital der Europäischen Investitionsbank zu verdoppeln. Es lohnt sich aber Abstand zu gewinnen und zu fragen: „Wozu dient die Europäische Investitionsbank?“ Theoretisch gibt es sie, damit sie Unternehmen in Schwierigkeiten zinsgünstige Darlehen gewährt, aber wer sind tatsächlich die Empfänger?

In den 1990er Jahren war der größte Einzelbegünstigte der Freigiebigkeit der EIB im Vereinigten Königreich British Airways, das schwerlich als kleines Unternehmen, das mit kleinen Gewinnmargen arbeitet, bezeichnet werden kann. Ich muss aber auch am Rande darauf hinweisen, dass in dieser Zeit British Airways der größte Sponsor der Kampagne war, um in Großbritannien den Euro einzuführen.

Ich gehe auf Abstand und frage wieder: Was ist der Zweck der Europäischen Investitionsbank? Ich glaube, die Antwort auf diese Frage ist, dass der Zweck der EIB die Beschäftigung der eigenen Beschäftigten ist. Sie ist Bestandteil des Brüsseler Spektakels geworden, dieses massiven Mechanismus, um von den Steuerzahlern Geld einzunehmen und es dann an die zu verteilen, die das große Glück haben, im System beschäftigt zu werden. Die EU war seinerzeit vielleicht ein idealistisches – oder zumindest ideologisches – Projekt, aber lange schon wurde es zu einer praktischen Möglichkeit, sich den Lebensunterhalt zu verdienen, weshalb es natürlich so frustrierend schwer abzuschaffen ist.

 
  
  

- Bericht: Marian-Jean Marinescu (A6-0002/2009)

 
  
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  Michl Ebner (PPE-DE). - Frau Präsidentin! Dem Kollegen Hannan würde ich gerne noch sagen, dass die Europäische Zentralbank auch deshalb gut ist, weil wir keine Geldentwertung in der Form hatten, wie sie z. B. das britische Pfund in den letzten Monaten bedauerlicherweise erfahren hat. Dies ist vielleicht doch ein Zeichen dafür, dass er seine Positionen überdenken sollte.

Doch zum Bericht Marinescu: Ich habe bewusst für den Bericht Marinescu gestimmt. Ich glaube, dass funktionale Luftraumblöcke die richtige Antwort auf die Herausforderungen von heute sind. Sie kommen spät, aber sie kommen doch. Das ist ein großer Vorteil bei der Verringerung von Warteschleifen, gegen verstopfte Korridore, für die Umwelt und gegen die Verteuerung der Flugkosten. Aus diesem Grund glaube ich, dass die Flugsicherungsdienste hier eine gute Arbeit leisten werden.

 
  
  

- Bericht: Marian-Jean Marinescu (A6-0515/2009)

 
  
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  Michl Ebner (PPE-DE). - Frau Präsidentin! Es sei mir dies die Gelegenheit, nicht nur zu erklären, dass ich dafür gestimmt habe, sondern auch auf ein Thema hinzuweisen, das mir sehr am Herzen liegt, und zwar die Problematik der Besteuerung von Flugbenzin. Diese Thematik wird immer noch aufgrund des Chicagoer Abkommens von 1944 geregelt. Es ist nicht verständlich, wieso wir uns immer noch an diese Regelung halten müssen bzw. dass die Vereinigten Staaten uns hier etwas aufdrängen oder nicht zulassen, dass wir etwas ändern, das eigentlich schon seit langer Zeit hätte geändert werden müssen, weil es eine Ungleichbehandlung darstellt, dass Benzin für Autos, für Transportmittel usw. besteuert wird, Flugbenzin aber nicht. Das ist eine Wettbewerbsverzerrung, und wir könnten zumindest in einer Übergangsphase in der Union der 27 zu einer Besteuerung von Flugbenzin und zu einer besseren Wettbewerbssituation kommen.

 
  
  

- Bericht: Kartika Tamara Liotard (A6-0512/2009)

 
  
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  Anja Weisgerber (PPE-DE). - Frau Präsidentin! Die Verordnung zu neuartigen Lebensmitteln bringt uns die Harmonisierung der Zulassung und Verwendung dieser neuartigen Lebensmittel und Lebensmittelzutaten in der Europäischen Union. Das ist ein wichtiger Schritt für eine flächendeckende Gewährleistung der Nahrungsmittelsicherheit. Ohne die Verordnung hätten wir keine Kontrolle und keine Beschränkung der Zulassung. Wir sorgen mit dieser Verordnung für strenge Kriterien, die dem Schutz der Verbraucher dienen. Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit wird bei der Zulassung letztendlich über die Sicherheit dieser neuartigen Lebensmittel entscheiden, und dadurch bekommen wir die europaweite Harmonisierung.

Neben Sicherheitsbedenken sind aber auch ethische Fragen in Bezug auf neuartige Lebensmittel sehr wichtig. Dazu zähle ich die Frage der Vermeidung von Tierversuchen oder auch die Verhinderung des Einsatzes von geklonten Lebensmitteln. Deswegen begrüße ich es sehr, dass diese ethischen Aspekte bei der Zulassung Berücksichtigung finden. Wir möchten, dass im Falle ethischer Vorbehalte eine Stellungnahme der Europäischen Gruppe für Ethik der Naturwissenschaften und der neuen Technologien berücksichtigt wird.

Ich bedanke mich dafür, dass dies aufgenommen wurde. Ich konnte deswegen dem Gesamtbericht zustimmen.

 
  
  

- Bericht: Reimer Böge (A6-0110/2009)

 
  
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  Antonio Masip Hidalgo (PSE). – (ES) Frau Präsidentin! Da wir gerade über den Haushalt sprechen, denke ich, dass wir uns auf die Verhandlungen für die Fortsetzung der Kohleunterstützung im kommenden Jahr vorbereiten sollten; sie ist eine überlebenswichtige interne Energiequelle.

Ich sage das mit angemessenem Vorlauf als Warnung, denn einige hochrangige Beamte haben sich die Freiheit genommen, in Filtrationen an die Wirtschaftspresse ihre entgegen lautende Meinung zu verkünden; das hat die öffentliche Meinung verwirrt.

Das ist in keinem Sinn der Fall. Nach dem Jahr 2012 werden wir weiterhin die Kohle aus meinem Land unterstützen müssen, und ich hätte gerne, wenn die Aufzeichnung der parlamentarischen Verfahren diesen Umstand aufnehmen würde. Beamte, beschränken Sie sich bitte auf die Umsetzung des geltenden Plans und später, ab 2012, des Instruments, über das wir ab dem kommenden Jahr mit dem Sektor verhandeln werden.

 
  
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  Mario Borghezio (UEN). – (IT) Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Das Europäische Parlament muss mit seinen Haushaltsbefugnissen seine eigene Beurteilung vornehmen, um einen Beitrag zur Überarbeitung des Finanzrahmens 2007-2013 zu leisten.

Zum Zweck dieser Bewertung möchte ich den Berichterstatter, und noch wichtiger, die Präsidentschaft bitten, eine aufkommende Besorgnis kund zu tun, dass ich weder ganz noch teilweise etwas vom freiwilligen Zusatzrentenfonds für MdEP weiß.

Stimmt es, dass Mittel fehlen, dass Investitionen in luxemburgische Fonds getätigt wurden, Gott weiß welche? Stimmt es, dass die für den Fonds verantwortlichen Körperschaften, die vom Europäischen Parlament überwacht werden sollten, in Fonds investiert haben, die in dem gleichen finanziellen Schlamassel stecken, das wir zu beseitigen versuchen?

Ich hoffe nicht. Aber ich mache mir keine Sorgen um meine Rente oder die der anderen Mitglieder. Meine Sorge ist, dass die europäischen Steuerzahler künftig gezwungen sein könnten, über das Europäische Parlament mehr Mittel der Europäischen Union anzufordern, um ein Loch zu stopfen, das von jenen bezahlt werden sollte, die es verursacht haben und die die Verantwortung dafür zu tragen haben. Wir sind eine Aufsichtsbehörde; bringen wir zuerst unser eigenes Haus in Ordnung und betrachten wir die vom Europäischen Parlament und seinen Mitgliedern bezahlten Mittel.

 
  
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  Christopher Heaton-Harris (PPE-DE). Frau Präsidentin! Es ist immer angenehm, anwesend zu sein, wenn Sie die Erklärungen zu den Abstimmungen übernehmen. Die Leute werden bald anfangen zu reden.

Die Finanzkrise hat das Problem an den Tag gebracht, eine solange Periode für einen Finanzrahmen zu haben. Wer hätte vor nur zwei Jahren das Ausmaß der Schäden vorhergesehen, die durch die Kreditklemme und ihre Folgen verursacht wurden? Ich glaube, diese Überarbeitung bietet uns in diesem Haus eine große Gelegenheit und legt ein Problem offen. Das offensichtlich gewordene Problem haben tatsächlich wir geschaffen.

In Brüssel wurde eine neue Branche aufgebaut. Es ist keine verarbeitende Industrie, schafft aber ein paar Arbeitsplätze. Es ist eine Branche, die von Lobbyisten und ganz besonders NRO betrieben wird. Es ist ein ziemlich übler Handel. Es ist im Wesentlichen die Selbsterhaltung. Die Kommission befragt die NRO zu einem Thema, die NRO rufen zu Handlungen auf, sie agieren als Lobby bei den MdEP, um politische Unterstützung für ihren Aufruf zu erhalten, die Kommission verabschiedet vielleicht ein Programm in diesem Themenbereich und – ja, Sie haben es erraten! – die NRO, die der Kommission gesagt hatten, dieses Programm sei notwendig, bieten dann dafür, das Programm selber umzusetzen. Das war eine entgangene Gelegenheit, denn wir hätten sagen können, dass wir dabei künftig nicht mehr mitmachen.

 
  
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  Philip Claeys (NI). – (NL) Frau Präsidentin! Der Bericht von Herrn Böge ist ein großer Appell für mehr Mittel für die Europäische Union, der offensichtlich nicht überraschend kommt. Was mich besonders stört ist, dass wir hier wieder einmal einen Bericht behandeln, der ausdrücklich einen Verweis auf den Lissabon-Vertrag enthält, einen Vertrag der mit dem Referendum in Irland nichtig geworden ist. Da es die Iren das erste Mal offensichtlich falsch gemacht haben, werden sie in einem neuen Referendum im Herbst wieder abstimmen. Man sollte denken, das Europäische Parlament hätte zumindest den Anstand, auf die Entscheidung der Wähler zu warten, bevor Texte verabschiedet werden, die Verweise auf den Lissabon-Vertrag enthalten. Gestern verabschiedeten wir einen anderen Bericht über den Dialog mit den Bürgern in Europa. Wenn wir wirklich wollen, dass dieser Dialog funktioniert, müssen wir wenigsten Respekt haben vor den Entscheidungen der Wähler.

 
  
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  Jim Allister (NI). Frau Präsidentin! Ich habe aus zwei Gründen gegen diesen Bericht gestimmt. Erstens, wegen seiner unbesonnenen und leichtsinnigen Forderungen nach mehr Mitteln für verschwenderische EU-Ausgaben – was für das Vereinigte Königreich natürlich Forderungen nach einem noch höheren jährlichen Nettobeitrag bedeutet –, die uns in ein noch höheres Defizit treiben.

Der zweite Grund, warum ich gegen diesen Bericht gestimmt habe, ist die Annahme der Umsetzung des Lissabon-Vertrags, ohne zu berücksichtigen, dass der Vertrag nicht den gestellten Ratifizierungstest bestanden hat. Mehr noch, Lissabon selber würde natürlich die Ausgaben in die Höhe treiben auf der Jagd nach neuen Zuständigkeiten und neuen Unternehmungen, wie die großen Verschwendungen bei der Raumfahrtpolitik, die unter den Zuständigkeitsbereich fallen würden, und anderen Politiken im Zusammenhang mit dem Klimawandel. Aus diesen Gründen habe ich gegen den Bericht gestimmt.

 
  
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  Neena Gill (PSE). Frau Präsidentin! Ich begrüße diese Überarbeitung des Finanzrahmens, obwohl ich enttäuscht war, dass der Änderungsantrag, der eine radikale Reform der gemeinsamen Agrarpolitik forderte, heute bei der Abstimmung abgelehnt wurde. Ich glaube es ist dringend notwendig, das EU-Finanzierungssystem zu reformieren, und es ist bedauerlich, dass viele der Finanzierungsflüsse alte und historische Verpflichtungen mit wenig Mehrwert sind.

Wir stellen nicht neue Angelegenheiten in den Vordergrund, die über unzureichende Mittel verfügen. Wir müssen dringend die Energie- und Klimawandelprogramme finanzieren und deutlich in grüne Technologien investieren. Meine größte Sorge ist aber die Rubrik 4, die seit vielen Jahren chronisch unterfinanziert ist. Während die Europäische Union den Ehrgeiz hegt, zu einem der größten globalen Akteure zu werden, wird genau dies auf Grund der fehlenden Mittel, um diese Ziele zu erreichen, vollkommen untergraben. Ich mache mir auch Sorgen, dass es eine Politik der Funktionsauslagerung aller externen Finanzierungsprogramme geben könnte. Das besitzt in der Folge nachteilige Auswirkungen auf die Rolle der EU als globaler Akteur in den Entwicklungsländern. Trotzdem habe ich diese Überarbeitung unterstützt.

 
  
  

- Entschließungsantrag: B6-0141/2009 (WPA- CARIFORUM-Staaten)

 
  
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  Marian Harkin (ALDE). Frau Präsidentin! Ich möchte eine Anmerkung zum Änderungsantrag 9 zur Entschließung zu CARIFORUM und auch zum Änderungsantrag 4 zur Entschließung zu Côte d’Ivoire machen. Er ist in folgenden sechs Entschließungen enthalten.

Der Änderungsantrag fordert unverzüglich die schrittweise Abschaffung der Ausfuhrsubventionen. Ich konnte diesen Änderungsantrag nicht unterstützen, da unsere Politik in der EU darin besteht, sie im Jahr 2013 auslaufen zu lassen. Gerade jetzt hebt die Kommission die Ausfuhrerstattungen im Milchsektor an, weil der weltweite Milchpreis unter die Erzeugungskosten gefallen ist.

Der Änderungsantrag enthält auch die Aussage, die EU-Ausfuhrsubventionen stellten ein ernsthaftes Hindernis für die AKP-Erzeuger im Bereich der landwirtschaftlichen Viehbestände und des Milchsektors dar.

Wir alle wissen, dass das eine unermessliche Übertreibung dieses Falles ist. Tatsache ist, dass, wenn wir jegliche Art der Ausfuhrsubventionen unmittelbar auslaufen lassen würden, wir dadurch unsere eigene Milchwirtschaft und Lebensmittelsicherheit in diesem Sektor mindern würden, und ich frage ernsthaft, ob das Parlament das wirklich will.

 
  
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  Syed Kamall (PPE-DE). Frau Präsidentin! Bevor ich beginne, möchte ich meine Achtung für meinen Vorredner Jim Allister ausdrücken. Vielleicht stimme ich nicht immer mit seinen Sichtweisen überein, so eindringlich wie diese vorgetragen werden, aber ich muss sagen, wenn ich ein Wähler in Nordirland wäre, würde ich wahrscheinlich sagen, dass es für Nordirland in diesem Haus keinen wahreren Freund gibt als Jim Allister.

Mit der Abstimmung in Händen und angesichts des EU-CALIFORUM-Abkommens glaube ich, wir sollten anerkennen, dass, selbst wenn es große Besorgnis hinsichtlich des Abkommens gab, im Sinne dass die EU aggressiv sei, wenn sie versuche ihre Märkte zu öffnen, gleichzeitig ein Zeitlimit für die Liberalisierung gesetzt wird und somit viele Länder der Karibik einsehen müssen, dass sie sich diversifizieren müssen. Viel zu lange haben sie auf die britischen und anderen früheren Kolonialherren vertraut, um mit einer bevorzugten Behandlung von Bananen und Zucker zu rechnen.

Man kann keine sogenannte „Nachtischwirtschaft“ bleiben, wenn man in einer globalisierten digitalen Welt konkurriert, und ich begrüße diesen Aspekt des Wirtschaftspartnerschaftsabkommens.

 
  
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  Neena Gill (PSE). Frau Präsidentin! Ich habe für die WPA-Entschließung gestimmt, denn nur über gleichberechtigte Partnerschaften können wir anderen Ländern helfen, in den Vorzug des wirtschaftlichen Fortschritts zu kommen. Ich begrüße die erneute Versicherung unserer neuen Kommissarin Cathy Ashton, mit der die Befürchtungen vieler bezüglich der WPA beschwichtigt wurden. Man muss ihr auch Beifall spenden, weil es ihr gelungen ist, in dieser Angelegenheit einen Konsens zu finden.

Die Entschließung enthält viele Vorschläge entgegen den negativen Bestimmungen des ursprünglichen Textes. Die Klauseln zu den Rechten des geistigen Eigentums werden den Zugang zu Generika einfacher und sicherer machen, und die Vorschläge, die Länder sollen ihre eigene Entwicklungsgeschwindigkeit bestimmen, werden eine plötzliche und schädliche Liberalisierung verhindern.

Europa muss auch Partnerschaften mit den AKP-Ländern eingehen, wenn sie nicht die Gefahr bergen, diese Länder intellektuell, gesellschaftlich oder wirtschaftlich zu verarmen. Eine vor kurzem durchgeführte AKP-Mission nach Guyana hat gezeigt, dass der Handel, wenn er für das Gute eingesetzt wird, beachtlich starke Auswirkungen haben kann, aber die Handelsabkommen müssen ehrlich sein, einen offenen Dialog beinhalten und auf der gegenseitigen Achtung beruhen.

 
  
  

- Entschließungsantrag: B6-0148/2009 (WPA- Côte d’Ivoire)

 
  
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  Syed Kamall (PPE-DE). Frau Präsidentin! Wie im Fall der meisten anderen Wirtschaftspartnerschaftsabkommen hat sich der Ansatz der EU stark um die asymmetrische Öffnung der Märkte gekümmert. Insbesondere im Fall von Côte d’Ivoire gab es Besorgnis wegen des Umstandes, dass es gegenwärtig keine stabile Regierung im Land gibt, und stellte sich die Frage, ob man mit einem Land in diesem Zustand überhaupt einen Vertrag schließen sollte.

Aber wir müssen wieder einmal anerkennen, dass der Vorteil der Wirtschaftspartnerschaftsabkommen darin liegt, dass zum ersten Mal die Möglichkeit besteht, die Verbraucher und Unternehmer in diesen Ländern anzuhören, und nicht nur die Regierungen. Und wenn man in vielen dieser Länder mit Unternehmern spricht, sagen sie: Bitte gewähren Sie uns Zugang zu Gütern und Dienstleistungen, die gegenwärtig im Norden oder Westen in Anspruch genommen werden können, damit wir Wohlstand schaffen können, damit wir Arbeitsplätze schaffen können und langfristig nicht mehr auf Hilfe angewiesen sind.

Nur indem wir den Unternehmern, den Schaffern von Wohlstand, in diesen Ländern helfen, können wir sie langfristig aus der Armut herausführen.

 
  
  

- Entschließungsantrag: B6-0143/2009 (WPA- Staaten des pazifischen Raums)

 
  
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  Martin Callanan (PPE-DE). Frau Präsidentin! Es tut mir leid, dass wir Sie mit unseren Erklärungen zu den Abstimmungen vom Mittagessen abhalten.

Als Vorsitzender des Politischen Ausschusses der Paritätischen Parlamentarischen Versammlung AKP-EU habe ich zahlreiche Diskussionen mit vielen dieser kleinen, peripheren – und sehr weit abgelegenen – Staaten im Südpazifik geführt. Sie sind nicht mit einem Übermaß an Bodenschätzen gesegnet und natürlich sind sie sehr weit abgelegen und unerreichbar, weshalb es extrem wichtig ist, ihren Produkten Zugang zu unseren Märkten zu gewähren und es zuzulassen, dass unsere eigenen Produkte ihnen helfen und ihre eigenen Märkte vor Ort entwickeln. Wir müssen ihren einmaligen geografischen Status berücksichtigen und Maßnahmen ergreifen, um ihre Lage zu mildern und ihnen auf dem Weg der wirtschaftlichen Entwicklung zu helfen, damit sie den gleichen Wohlstand genießen können wie wir.

Diese Wirtschaftspartnerschaftsabkommen haben viel Gutes und ich habe mich gefreut, dass ich für den Bericht stimmen konnte.

 
  
  

- Entschließungsantrag: B6-0142/2009 (WPA - Ghana)

 
  
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  Syed Kamall (PPE-DE). Frau Präsidentin! Zum Abkommen mit Ghana möchte ich sagen, dass er einen wichtigen Punkt darstellt, denn es wird oft, besonders von den Sozialdemokraten in diesem Haus, behauptet, dass wir die Senkung der Einfuhrtarife in vielen dieser Länder nicht unterstützen sollten.

Betrachtet man das Beispiel Ghanas, so erzeugt dieses Land nur 30-35 % der von der eigenen Bevölkerung konsumierten Reismenge. Unterstützen wir weiterhin Einfuhrtarife für Reis, sagen wir in Wirklichkeit den sehr armen Menschen im Land, dass sie mehr für ihre Lebensmittel und für ihre Medikamente bezahlen müssen.

Ich finde es beschämend, dass die Sozialdemokraten in diesem Haus weiterhin Einfuhrtarife unterstützen, die die ganz armen Menschen noch ärmer halten. Sie sollten die Öffnung der Märkte unterstützen und sicherstellen, dass wir die Unternehmer und die armen Bürger unterstützen.

 
  
  

- Bericht: Gay Mitchell (A6-0135/2009)

 
  
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  Marian Harkin (ALDE). Frau Präsidentin! Ich möchte den Mitchell-Bericht unterstützen, insbesondere in dem Teil, in dem der Berichterstatter die Notwendigkeit einer stärkeren Zusammenarbeit der beiden Banken anspricht, um zu gewährleisten, dass sich ihre Operationen nicht überlagern. Aber ganz besonders begrüßen möchte ich die Steigerung der Kreditvergabe an KMU um 50 %. Die ursprünglich angekündigten 5 Milliarden Euro wurden nun zu 7,5 Milliarden Euro pro Jahr in einer vierjährigen Periode. Die EIB hat signalisiert, dass mehr Gelder zur Verfügung stehen.

Das sind sehr gute Nachrichten für KMU in Irland, weil wir eine Investition in KMU in Höhe von 300 Millionen Euro in den kommenden Wochen erwarten können. Es ist entscheidend, dass das Geld den Weg zu KMU findet – das wurde von einem Vorredner bereits erwähnt – und das so bald wie möglich, denn sie ringen um das Überleben, und viele können nicht warten.

 
  
  

- Entschließungsantrag: RC-B6-0152/2009 (Zukunft der Automobilindustrie)

 
  
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  Martin Callanan (PPE-DE). Frau Präsidentin! Ich habe mich intensiv mit der Automobilindustrie beschäftigt, als ich das Glück hatte, Schattenberichterstatter des Sacconi-Bericht über CO2-Emissionen von Kraftfahrzeugen zu sein, und das überzeugte mich mehr als alles andere von der enormen strategischen Bedeutung und dem kommerziellen Wert, den die Automobilindustrie uns in Europa bietet. Ich sage das besonders, weil ich den Nordwesten Englands vertrete, wo wir ein riesiges Nissan-Werk in Washington, in Tyne and Wear, haben, die produktivste und effizienteste Autofabrik in Europa.

Aber im letzten Jahrzehnt wurde die Automobilindustrie mit sehr vielen zusätzlichen Bestimmungen, Verordnungen und Lasten von hier überschüttet. Es ist mehr als nur ein bisschen ironisch, wenn man hört wie sich die Kommission über die schreckliche finanzielle Notlage beklagt, in der sich die Branche befindet. Aber trotzdem kann ich nicht glauben, dass der Protektionismus die Antwort ist, nicht zuletzt weil sich auch viele andere Sektoren um finanzielle Beihilfen der Steuerzahler in die Schlange stellen würden.

Insbesondere möchte ich auf die ziemlich schändliche Aktion von Präsident Sarkozy in Frankreich hinweisen, als der Staat seinen eigenen Herstellern Beihilfen gewährt, auf die ausdrückliche Versicherung hin, dass sie die Produktion aus anderen Mitgliedstaaten abziehen würden. Das ist der schreckliche Weg des Protektionismus und hilft letztendlich niemandem in Europa.

 
  
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  Christopher Heaton-Harris (PPE-DE). Frau Präsidentin! Wie Sie sehen können sind meine Kollegen eifersüchtig auf unsere Beziehung und deshalb haben sie sich heute Nachmittag wie unsere Anstandswauwaus aufgeführt. Ich hoffe, meine Worte stoßen auf Ihr Gutdünken.

Wir alle wissen, dass sich die Automobilindustrie in ernsthaften finanziellen Schwierigkeiten befindet. Sie werden Tag für Tag in allen unseren nationalen Zeitungen dokumentiert. In der Region, die ich vertrete, steht in Burnaston in Derby ein großes Toyota-Werk, in dem bereits mehrere Maßnahmen zur Kostensenkung ergriffen wurden, um sich so dem neuen finanziellen Umfeld anzupassen. In dem ausgezeichneten neuen britischen parlamentarischen Wahlkreis Daventry steht das Präzisionswerk für Formel-1-Motoren von McLaren, in dem über 600 Menschen beschäftigt sind.

Also kennen bzw. vertreten alle von uns hier einen Teil der Automobilindustrie, und wir kennen die finanziellen Probleme, in denen sie sich befindet. Aber es ist uns tatsächlich gelungen, sie hier einzuengen, indem wir in den guten Zeiten eine Verordnung nach der anderen verabschiedeten, ohne nach vorne zu blicken, wenn die Zeiten etwas schlechter stehen. Die Automobilindustrie ist nicht in der Lage, alle Verordnungen zu erfüllen, die wir eingeführt haben.

Danke für die zusätzliche Redezeit. Ich weiß, der Einschub am Anfang hat vielleicht ein paar Sekunden gekostet.

 
  
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  Die Präsidentin. Und es ist Ihnen gelungen, Daventry hier zu erwähnen. Ich könnte sagen, Sie und Ihre beiden Kollegen schulden mir nach all dem ein Mittagessen.

 
  
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  Syed Kamall (PPE-DE). Frau Präsidentin! Meine beiden Kollegen und ich laden Sie und Ihre beiden Kollegen an Ihrer Seite gerne zum Mittagessen ein, obwohl ich nicht sicher bin, ob Sie an unserer Begleitung mehr Freude haben würden als an unseren Reden.

Wir alle wissen, wie ernst die Lage gegenwärtig für viele Sektoren ist, um Kredite zu bekommen. Es gibt viele überlebensfähige Unternehmen, die vor der Kreditkrise fabelhafte Gewinne gemacht hätten. Es kommt eben letztendlich auf die Möglichkeit an, Darlehen zu bekommen und nicht auf andere ernsthafte Probleme der Geschäftsmodelle. Auf der anderen Seite gibt es massenweise Firmen, die viele Jahre lang kurz vor dem Aus standen und mit staatlichen Beihilfen gestützt wurden oder Verluste gemacht haben.

Wenn wir das amerikanische Beispiel betrachten, wo einigen der ineffizientesten Produzenten Beihilfen gewährt wurden, Produzenten, die nicht die Zeiten berücksichtigt haben, müssen wir sicherstellen, nicht die gleichen Fehler zu begehen und staatliche oder andere Beihilfen an Unternehmen zu vergeben, die nicht langfristig lebensfähig sind. Natürlich müssen wir sicherstellen, dass wir langfristig überlebensfähige Arbeitsplätze haben, aber wir müssen sicher gehen, dass wir nicht Unternehmen stützen, die vor dem Aus stehen.

 
  
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  Neena Gill (PSE). - Frau Präsidentin! Es wird Sie nicht überraschen, dass ich den Bericht zur Zukunft der Automobilindustrie unterstützt habe, eine Industrie, die von manchen Leuten schlecht gemacht wird, die für mich aber ein entscheidender produzierender Sektor in Regionen wie der meinen, den West Midlands, darstellt.

In ganz Europa stellt sie über 20 % der Produktion dar. Die Industrie ist meines Erachtens ein Modell für die Art und Weise, wie ein Sektor sich selbst wandeln kann, wovon ich mich selbst bei meinem jüngsten Besuch bei Jaguar Land Rover in Castle Bromwich überzeugen konnte. Ich war zutiefst beeindruckt von den vorausdenkenden Gewerkschaften und deren Partnerschaft mit der Unternehmensleitung für eine kontinuierliche Forschungs- und Entwicklungsarbeit an grünen Fahrzeugen.

Ich habe auch die Kommission aufgefordert, die Unterstützung der britischen Regierung für die Automobilindustrie zu genehmigen, und ich begrüße, dass das geschehen ist. Wir brauchen aber auch bessere Regulierungen und Prinzipien für die künftige EU-Gesetzgebung, wenn es um Kraftfahrzeuge geht.

Unsere Annäherung an die Industrie muss während dieses wirtschaftlichen Abschwungs ganzheitlich sein. Die Bauteile der Autos sind genauso wichtig wie die Automobilindustrie selbst, so dass die Zukunft der Lieferkette ebenfalls gesichert werden muss. Vergangene Woche besuchte ich das Reifenwerk von Michelin in Stoke, und auch hier war ich beeindruckt von den Forschungs- und Entwicklungsmitteln und -bemühungen zur Verbesserung der Effizienz der Reifen im Hinblick auf Umweltverträglichkeit und soziale Nachhaltigkeit. Es hat wenig Sinn, die größten Industrien zu schützen, ohne eine geeignete Unterstützung für die kleinen Unternehmen weiter unten in der Lieferkette sicher zu stellen.

 
  
  

Schriftliche Stimmerklärungen

 
  
  

- Bericht: Sarah Ludford (A6-0143/2009)

 
  
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  Guy Bono (PSE), schriftlich. – (FR) Ich habe für diese von einem britischen Mitglied der Fraktion der Allianz der Liberalen und Demokraten für Europa, Baronin Ludford, eingebrachte Empfehlung für „Gemeinsame Konsularische Instruktion: biometrische Merkmale und Visaanträge“ gestimmt.

Diese Vereinbarung in zweiter Lesung ermöglicht es uns, unseren Willen zu bestätigen, biometrische Daten in das europäische Visuminformationssystem aufzunehmen. Dank der Gemeinsamen Konsularischen Instruktionen verfügen wir endlich über eine Gewähr, dass alle Mitgliedstaaten Visa für Staatsbürger von fast 100 Ländern auf der Grundlage von ähnlichen Kriterien und Merkmalen ausgeben werden.

Daher hat dieser Text den Vorzug, dass grundsätzliche Maßnahmen zum Schutz der europäischen Bürger sowie Bestimmungen eingeführt werden, die die Achtung des Privatlebens und den Schutz der personenbezogenen Daten von Drittstaatsangehörigen gewährleisten.

 
  
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  Andreas Mölzer (NI), schriftlich. Biometrische Daten können Pässe und Reisedokumente fälschungssicherer machen und damit einen Beitrag im Kampf gegen die organisierte Kriminalität und die Migrationsflut leisten. Dies ist aber nur möglich, wenn die Erfassung der biometrischen Daten korrekt erfolgt. Da scheint es noch Probleme zu geben. Wenn sich gegenwärtig Hacker im Internet brüsten, wie leicht Fingerabdrücke auf deutschen Meldeämtern gefälscht wurden, und darauf hinweisen, dass bei einer Reduktion des Ausweises auf Scheckkartenformat die Fotos digital zugeschnitten werden, was die biometrische Erkennbarkeit erschwert, können leicht Zweifel an dieser Technologie entstehen. Auf alle Fälle muss bei der Verwendung biometrischer Daten für die Normalbürger der Datenschutz garantiert sein. In diesem Sinne findet der vorliegende Bericht meine Zustimmung.

 
  
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  Luca Romagnoli (NI), schriftlich. – (IT) Nach sorgfältiger Prüfung der Empfehlung für die zweite Lesung in Bezug auf biometrische Daten und Visumanträge im Hinblick auf die Gemeinsame Konsularische Instruktion habe ich mich entschlossen, dafür zu stimmen. Ich bin wirklich der Auffassung, dass die im Bericht von Sarah Ludford beschriebenen Ziele, nämlich die Organisation, Entgegennahme und Bearbeitung von Visumanträgen zu erleichtern, sehr löblich sind.

 
  
  

- Bericht: Esko Seppänen (A6-0109/2009)

 
  
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  Luca Romagnoli (NI), schriftlich. – (IT) Ich kann den Bericht von Esko Seppänen über eine Garantieleistung der Gemeinschaft für etwaige Verluste der Europäischen Investitionsbank aus Darlehen und Darlehensgarantien für Vorhaben in Drittländern zwar nicht vollends unterstützen, habe jedoch auch nicht die Absicht, dagegen zu stimmen. Deshalb habe ich entschieden, mich der Stimme zu enthalten.

 
  
  

- Bericht: Marian-Jean Marinescu (A6-0002/2009)

 
  
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  John Attard-Montalto (PSE), schriftlich. Obwohl Malta und Gozo auf Basis ihres Staatsgebiets die kleinsten EU-Mitgliedstaaten sind, überwachen sie einen großen Luftraum. Meiner Meinung nach ist es wichtig, die Leistung und Nachhaltigkeit des Luftverkehrssystems zu verbessern. Wie vom Ausschuss für Verkehr und Fremdenverkehr dargelegt, erfolgt der wirksamste und effizienteste Weg zur Schaffung eines einheitlichen europäischen Luftraums über einen „Top-down“-Ansatz. Doch da dieser Ansatz politisch bislang nicht durchgesetzt werden konnte, muss es nun Ziel sein, die auf Basis des „Bottom-up“-Ansatzes eingeleiteten Prozesse zu beschleunigen.

Wir müssen dafür sorgen, dass die geplante Reform von Eurocontrol vor dem Inkrafttreten dieser Verordnung durchgeführt wird. Darüber hinaus sollte die Schaffung des einheitlichen Luftraums auch auf die Entwicklungsphase des SESAR (Single European Sky ATM Research Programme) abgestimmt werden.

 
  
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  Alessandro Battilocchio (PSE), schriftlich. – (IT) Ich unterstütze den Bericht von Marian-Jean Marinescu, weil der europäische Luftverkehrsmarkt durch die Erweiterungspolitik der EU zusammen mit einer aktiven Nachbarschaftspolitik auf 37 Länder angewachsen ist.

Der sich ausdehnende Luftverkehrsbinnenmarkt macht die EU zu einem Global Player. Die Initiative zur Einrichtung des einheitlichen europäischen Luftraums (SES) wurde im Jahr 2000 ins Leben gerufen und hatte zur Folge, dass das Flugverkehrsmanagement (ATM) in den Rahmen der gemeinsamen Verkehrspolitik fiel. Für die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Flugverkehrsindustrie ist ein Ansatz erforderlich, der das ganze System mit einbezieht, d. h. eine gemeinsame Vision, gemeinsame Zielsetzungen und gemeinsame Technologien, denen ein solider Rechtsrahmen zugrunde liegt.

In diesem Zusammenhang hat die Kommission ein Paket an Vorschlägen vorgelegt, von denen jedoch einige Elemente verbessert werden können, wie die Gewährleistung der funktionellen Unabhängigkeit der nationalen Aufsichtsbehörden und die verstärkte Einbeziehung aller Beteiligten. Die Zusammenarbeit auf politischer, sozialer und technischer Ebene ist von zentraler Bedeutung, um die Ziele des einheitlichen europäischen Luftraums (SES) zu erreichen.

Wie der Berichterstatter bin ich der Auffassung, dass die Kommission ihre Aufmerksamkeit in erster Linie darauf konzentrieren sollte, quantifizierbare und erreichbare gemeinschaftsweite Ziele festzulegen. Diese Ziele sollten auf alle sensiblen Bereiche ausgerichtet sein, wie etwa Sicherheit, Umwelt, Kapazität und Kostenwirksamkeit.

 
  
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  Guy Bono (PSE), schriftlich. – (FR) Ich habe für den von meinem rumänischen Kollegen Marian-Jean Marinescu vorgelegten Bericht über die Leistung und Nachhaltigkeit des europäischen Luftverkehrssystems gestimmt.

Dieser Text ist Bestandteil des SES-II-Pakets und soll die Leistung des europäischen Luftverkehrssystems verbessern.

Er trägt mehreren Bedenken Rechnung, wie Bedenken in Bezug auf die Umweltbelastung durch die Implementierung von Maßnahmen zur Verringerung der CO2-Emissionen, Bedenken hinsichtlich der operativen Abläufe, da der Luftverkehr durch Kapazitätsausbau und optimale Flugstreckenplanung rationalisiert werden soll, und auch Sicherheitsbedenken für die europäische Öffentlichkeit durch die geforderte Zusammenarbeit und Koordination zwischen den verschiedenen Akteuren.

Nach dem SES-I-Paket bietet dieser Bericht eine dynamische Vision der aktuellen Herausforderungen und schlägt langfristige Lösungen für die wirksame Änderung der Luftverkehrsbranche vor.

 
  
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  Nicodim Bulzesc (PPE-DE), schriftlich. – (RO) Ich habe für den Bericht meines Kollegen Marian-Jean Marinescu gestimmt, da dieses Paket von Rechtsvorschriften die Leistung und Nachhaltigkeit des europäischen Luftverkehrssystems verbessern soll. Eine effizientere Verordnung wird kürzere Flugzeiten, weniger Verspätungen und einen geringeren Treibstoffverbrauch zur Folge haben.

 
  
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  Jörg Leichtfried (PSE), schriftlich. Ich stimme für die Leistung und Nachhaltigkeit des europäischen Luftverkehrssystems. Seit dem Jahr 2004 wird auf Basis der Verordnung zum Single European Sky das Flugverkehrsmanagement in die gemeinsame Verkehrspolitik einbezogen. Durch die Erweiterung ist der europäische Luftverkehrsmarkt auf 37 Länder angewachsen und hat die EU zu einem Global Player gemacht. Eine entsprechende Aktualisierung war daher dringend notwendig.

Ein zentrales Element des Single European Sky ist die Schaffung „Funktionaler Luftraumblöcke“ (FAB), die sich nicht mehr an Ländergrenzen, sondern an Verkehrsströmen orientieren. Die derzeit 60 Blöcke und Kontrollzentren werden voraussichtlich auf 15–20 reduziert werden können.

Das entspricht nicht nur dem Konzept eines gemeinsamen Europa, es spart auch Zeit, Geld und Treibstoff. Durch die Zerstückelung des Luftraums war bisher jeder Flug durchschnittlich 49 km länger als unbedingt notwendig. Die Kommission erwartet eine Einsparung zwischen sieben und zwölf Prozent der CO2-Emissionen. Die funktionalen Luftraumblöcke sind unerlässlich, da sie die Integration der Flugverkehrskontrolle mehrerer Mitgliedstaaten in ein europäisches Verkehrssystem ermöglichen. Nach dem Vorbild der TEN-Koordinatoren soll auch für die FAB ein Koordinator eingesetzt werden.

 
  
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  David Martin (PSE), schriftlich. Ich unterstütze die in diesem Bericht enthaltene Forderung, dass die Flugeffizienz verbessert werden muss und Flugverspätungen abgebaut werden müssen. Ich begrüße die Einführung von Leistungszielen für das Flugverkehrsmanagement, die ein effizienteres Luftverkehrsnetz zur Sicherung von ökologischen und ökonomischen Fortschritten gewährleisten sollen.

 
  
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  Nicolae Vlad Popa (PPE-DE), schriftlich. – (RO) Ich habe für den von meinem Kollegen Marian-Jean Marinescu abgefassten Bericht gestimmt, der die Leistung und Nachhaltigkeit des europäischen Luftverkehrssystems verbessern soll.

Dank der Initiative zur Einrichtung des einheitlichen europäischen Luftraums (SES) ist der Luftverkehrsmarkt in den letzten Jahren angewachsen. Allerdings sind nur geringe Fortschritte in Bezug auf die Gesamteffizienz der Auslegung und Nutzung der europäischen Streckenstruktur zu erkennen, so dass Luftraumbenutzer und Fluggäste unnötige Kosten tragen.

Ich begrüße den Vorschlag der Kommission, wonach verbindliche Leistungsziele für Flugsicherungsorganisationen, eine europäische Netzverwaltungsfunktion zur Gewährleistung der Kohärenz zwischen den nationalen Netzen und Fristen für die Mitgliedstaaten zur Verbesserung der Leistung festgelegt werden sollen.

Ich beglückwünsche Marian-Jean Marinescu zu diesem Bericht.

Ich begrüße die Vorschläge des Berichterstatters zur Ausarbeitung einer Initiative für ein Gesamtkonzept im Bereich der Sicherheit, damit der Luftverkehr weiterhin sicher und nachhaltig ist.

Ich unterstütze die vom Berichterstatter geforderte Transparenz der Gebühren. Die festgestellten Kosten sollten mit den aufgrund des Leistungsverbesserungssystems festgelegten Konvergenzkriterien übereinstimmen.

 
  
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  Luca Romagnoli (NI), schriftlich. (IT) Ich stimme für den Bericht von Marian-Jean Marinescu in Bezug auf die Verbesserung der Leistung und Nachhaltigkeit des europäischen Luftverkehrssystems.

Ich teile die Auffassung des Berichterstatters, dass der Rechtsrahmen für den einheitlichen europäischen Luftraum (SES) überarbeitet werden muss, da er seit seiner Einführung im Jahr 2000 offenbar nicht die erwarteten Ergebnisse gebracht hat. Ich verweise insbesondere auf die Verbesserung der Flugeffizienz, die Reduzierung der Kosten, die „Defragmentierung“ und die immer noch im Luftverkehrssystem vorhandenen allgemeinen Mängel. Bedauerlicherweise führen diese Mängel zu einem hohen Kosten- und Zeitaufwand und Treibstoffverbrauch für alle Nutzer des einheitlichen europäischen Luftraums.

Ich bin auch der Auffassung, dass wir auf eine Überarbeitung der Rechtsvorschriften im Einklang mit den Vorschlägen der Kommission drängen sollten, die u. a. die Unabhängigkeit der nationalen Aufsichtsbehörden, die Harmonisierung der Sicherheitsanforderungen, ein einheitliches europäisches Fluginformationsgebiet und nicht zuletzt eine verstärkte Einbeziehung der Sozialpartner in den systematischen Ansatz zum Ziel haben. Ich sage dies, weil die jetzigen technischen und politischen Hürden aus meiner Sicht nur durch einen breiten Konsens überwunden werden können, um die ehrgeizigen Ziele dieser Initiative zu erreichen.

 
  
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  Carl Schlyter (Verts/ALE), schriftlich. − (SV) Der Bericht weist mit Nachdruck darauf hin, dass ein integriertes System eine höhere Sicherheit und effizientere Nutzung des Luftraums bietet und somit die Wartezeiten verringert. Gleichzeitig basiert das System auf der Annahme, dass der Luftverkehr ständig zunimmt. Dennoch stimme ich für den Bericht, weil die positiven Aspekte die negativen Aspekte überwiegen. Als Fraktion der Grünen/Freie Europäische Allianz werden wir auf andere Weise energische Maßnahmen zur Bekämpfung des Luftverkehrs ergreifen, wie beispielsweise durch Vorschläge für die Einführung verschiedener Umwelt- und Transportgebühren.

 
  
  

- Bericht: Marian-Jean Marinescu (A6-0515/2008)

 
  
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  Jaromír Kohlíček (GUE/NGL), schriftlich. – (CS) Der einheitliche europäische Luftraum ist ein Versuch der europäischen Länder, die Verkehrskapazität des Luftraums für die Zivilluftfahrt zu verbessern. Im Jahr 2000 wurde der erste Versuch zur Einrichtung funktionaler, gemeinsam überwachter Luftraumblöcke über Europa unternommen. Die Tschechische Republik fiel unter das Abkommen für das Flugverkehrsmanagement im mittleren Flughöhenbereich über Zentraleuropa, und ich war seinerzeit der Berichterstatter für das Abkommen im tschechischen Parlament. Wie der Berichterstatter Marian-Jean Marinescu in einem seiner Berichte erklärt, haben diese Verträge ihren Zweck nicht erfüllt. Der Vertrag, für den ich als Berichterstatter fungierte, wurde fallen gelassen, weil er nach einhelliger Auffassung der verschiedenen Parteien nicht mehr aktuell war. Im Rahmen des 6. Rahmenprogramms wurde unter dem Namen SESAR ein umfangreiches Programm für die Errichtung des europäischen Systems für das Flugverkehrsmanagement der neuen Generation ins Leben gerufen. Die Ergebnisse dieses Projekts sollen ab 2014 schrittweise umgesetzt werden. Somit folgen die Berichte, die sich mit der SES-Initiative befassen, dem gleichen Zeitplan. Neben dem Druck zur Liberalisierung der Leistungen im fraglichen Bereich (Luftverkehr) kritisiert die GUE/NGL-Fraktion insbesondere die Tatsache, dass der operativen Rentabilität in den Berichten Vorrang gegenüber der Sicherheit eingeräumt wird.

Wir lehnen auch die ausschließliche Konzentration auf Luftverkehrsmanager ab, da sich die Änderungen auf alle Beschäftigten in der Luftverkehrsüberwachung auswirken werden. Vor Inkrafttreten der Änderungen sind breit angelegte Konsultationen mit Arbeitnehmervertretern notwendig.

 
  
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  Jörg Leichtfried (PSE), schriftlich. Ich stimme für den Bericht über Flugplätze, Flugverkehrsmanagement und Flugsicherungsdienste.

Seit dem Jahr 2004 wird auf Basis der Verordnung zum Single European Sky das Flugverkehrsmanagement in die gemeinsame Verkehrspolitik einbezogen. Durch die Erweiterung ist der europäische Luftverkehrsmarkt auf 37 Länder angewachsen und hat die EU zu einem Global Player gemacht. Eine entsprechende Aktualisierung war daher dringend notwendig.

Der zweite Bericht des Paketes erweitert den Geltungsbereich wie folgt: Überdies wird die Kontrolle der Flughäfen und ihrer Betreiber vereinheitlicht. Die österreichischen Flughäfen fallen ebenfalls unter diese neue Regel.

Gerade in Zeiten der Wirtschaftskrisen besonders positiv: Eine Reihe von Änderungsanträgen im Parlament ermöglicht die Vorauszahlung für Infrastrukturinvestitionen, wenn neben Nutzungsgebühren und unter strengen Bedingungen andere Investitionsquellen zur Verfügung gestellt werden. Das ist ein wichtiger Beitrag zur Konjunkturbelebung.

 
  
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  Luca Romagnoli (NI), schriftlich. – (IT) Herr Präsident! Sehr verehrte Damen und Herren! Ich befürworte den Bericht von Marian-Jean Marinescu über Flugplätze, Flugverkehrsmanagement und Flugsicherungsdienste, weil er auf die Initiative zur Einrichtung eines einheitlichen europäischen Luftraums (SES) abgestimmt ist, der ich meine Unterstützung bereits zugesichert habe.

Ich stimme dem Berichterstatter zu, dass ein System harmonisierter Rechtsvorschriften auf europäischer Ebene eingeführt werden muss, um den zukünftigen Herausforderungen auf dem Luftverkehrsmarkt, insbesondere im Bereich der Luftraumsicherheit, gewachsen zu sein. Unter Berücksichtigung der Vorschläge der Kommission, insbesondere im Hinblick auf die unterschiedlichen Zuständigkeitsbereiche der Europäischen Agentur für Flugsicherheit (EASA), die zweifelsohne ein wichtiges Instrument für die Verbesserung der Sicherheit des Luftverkehrs in Europa ist, wäre es wünschenswert, die zahlreichen Unterschiede zwischen den einzelstaatlichen Sicherheitsverfahren auszuräumen.

Dennoch möchte ich mich der Auffassung von Marian-Jean Marinescu mit dem nachdrücklichen Hinweis auf die Notwendigkeit anschließen, die Proportionalität dieser Maßnahmen durch die Nutzung der lokalen Erfahrungen und Kenntnisse sicherzustellen und auch die Zusammenarbeit zwischen der EASA und Eurocontrol zu gewährleisten, um einen übermäßigen bürokratischen Aufwand sowie Überschneidungen in Bezug auf die Aufgaben und Zuständigkeitsbereiche zu vermeiden.

 
  
  

- Bericht: Kartika Tamara Liotard (A6-0512/2008)

 
  
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  Alessandro Battilocchio (PSE), schriftlich. – (IT) Ich befürworte den Vorschlag der Kommission zur Änderung der Verordnung (EG) Nr 258/97 über neuartige Lebensmittel und neuartige Lebensmittelzutaten, wonach die Verfahren für die Zulassung und das Inverkehrbringen neuartiger Lebensmittel vereinfacht und zentralisiert werden sollen.

Die Einführung der neuen Verordnung schafft ein hohes Maß an Lebensmittelsicherheit und Schutz der Verbraucher, der Umwelt und der Tiergesundheit, wobei jederzeit dem Vorsorgeprinzip Rechnung getragen wird, das in der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2002 zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit niedergelegt ist.

Mit dem Vorschlag der Kommission soll das Zulassungsverfahren effizienter und transparenter gestaltet und seine Anwendung verbessert werden. Dies trägt auch dazu bei, die Durchführung der Verordnung zu verbessern sowie das Verständnis, die Einflussnahme und die Wahlmöglichkeiten der Verbraucher durch mehr Informationen zu stärken.

 
  
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  Edite Estrela (PSE), schriftlich. – (PT) Ich habe für die legislative Entschließung des Europäischen Parlaments zu dem Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über neuartige Lebensmittel gestimmt, weil er das Verfahren für die Zulassung und das Inverkehrbringen neuartiger Lebensmittel vereinfacht. Darüber hinaus trägt er dazu bei, das Zulassungsverfahren effizienter und transparenter zu gestalten, wodurch die Verbraucher eine bewusste Kaufentscheidung treffen können.

Es sollte betont werden, dass neuartige Lebensmittel nur in Verkehr gebracht werden dürfen, wenn sie für die Verbraucher unbedenklich sind und sie nicht irreführen. Außerdem dürfen sie, wenn sie andere Lebensmittel ersetzen, aus erwährungswissenschaftlicher Sicht keine Nachteile mit sich bringen.

 
  
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  Ilda Figueiredo (GUE/NGL), schriftlich. – (PT) Wir haben für diesen Bericht gestimmt, weil er einen positiven Standpunkt zur Frage neuartiger Lebensmittel vertritt und nicht auf die schlimmsten Vorschläge der Rechten eingeht, die versucht haben, auf gentechnisch veränderten Organismen (GVO) zu bestehen.

Wie wir bereits im Ausschuss für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung argumentiert haben, müssen gentechnisch veränderte Organismen ausgeschlossen werden; neuartige Lebensmittel müssen gesundheitlich unbedenklich sein und dürfen den Verbraucher nicht irreführen. Darüber hinaus dürfen sie beim Verzehr als Ersatz für andere Lebensmittel keine Ernährungsmängel für den Verbraucher mit sich bringen.

Ziele der neuen Verordnung über neuartige Lebensmittel sind nach Auffassung der Berichterstatterin ein hohes Maß an Lebensmittelsicherheit und ein hohes Niveau beim Schutz der Verbraucher, der Umwelt und der Tiergesundheit, wobei jederzeit dem Vorsorgeprinzip Rechnung zu tragen ist, wie es in der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit niedergelegt ist. Alle sonstigen Ziele sind nachrangig.

Zudem dürfen neuartige Lebensmittel keine Gefährdung für die Verbraucher darstellen oder sie irreführen. Wenn sie andere Lebensmittel ersetzen, dürfen sie aus ernährungswissenschaftlicher Sicht keine Nachteile für die Verbraucher mit sich bringen.

 
  
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  Jörg Leichtfried (PSE), schriftlich. Ich stimme für den Bericht von Kartika Tamara Liotard über mehr Sicherheit für Novel Food.

Es muss strengere Bestimmungen bei der Zulassung neuartiger Lebensmittel wie Produkten aus geklontem Fleisch und der Verwendung von Nanotechnologie geben.

Unter den Begriff Novel Food fallen mittlerweile zahlreiche Lebensmittel, die mit neuartigen Methoden hergestellt wurden und derzeit nur marginal oder überhaupt nicht auf dem europäischen Markt vertreten sind, wie aber auch dem europäischen Verbraucher schlichtweg unbekannte Speisen. Es fallen aber auch Produkte aus geklonten Tieren darunter, deren Langzeitfolgen momentan noch kaum erforscht sind. Seit 1997 sind über 100 Zulassungen von Novel-Food beantragt und mehr als 20 zugelassen worden.

Ich spreche mich für eine Extraverordnung für Produkte aus geklontem Fleisch aus und dass bis zu deren Inkrafttreten keine Neuzulassungen gebilligt werden. Lebensmittel mit Nanomaterialen sollen verboten werden, bis eine entsprechende tierfreundliche und sichere Bewertungsmethode gefunden wurde. Sollten derartige Produkte auf den Markt kommen, müssen sie so gekennzeichnet werden, dass der Verbraucher unverzüglich alle Herkunftsinformationen übermittelt bekommt.

 
  
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  Andreas Mölzer (NI), schriftlich. Mittlerweile dürfte jedem klar sein, dass die beim Zulassungsverfahren vorgelegten Unterlagen oftmals geschönt sind, zudem fehlen Langzeiterkenntnisse. Spätestens wenn man hört, wie rigoros und skrupellos anscheinend versucht wird, bei gentechnisch verändertem Saatgut Gen-Monopole aufzubauen, sollten die Alarmglocken klingeln, wenn von geklontem Fleisch die Rede ist.

Jedenfalls sind die Folgen von Klon-Fleisch, unter anderem auch die Wechselwirkungen mit gentechnisch veränderten Futtermitteln bzw. Pestiziden und atomarer Verstrahlung, nicht absehbar. Abgesehen davon scheint Klonen nicht mit den EU-Tierschutzbestimmungen vereinbar zu sein. Insgesamt ist das Klonen von Tieren zur Nahrungsmittelgewinnung also abzulehnen, und falls es doch jemals kommt, dann muss es auch eine entsprechende Kennzeichnung geben, damit der Bürger frei entscheiden kann. Aus diesen Gründen habe ich für den Bericht Liotard gestimmt.

 
  
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  Luca Romagnoli (NI), schriftlich. – (IT) Ich habe für den Vorschlag von Kartika Tamara Liotard zu neuartigen Lebensmitteln gestimmt. Ich stimme ihrer Aussage zu, dass ein hohes Maß an Lebensmittelsicherheit und Schutz der Verbraucher, der Umwelt und der Tiergesundheit gewährleistet sein muss, wobei dem Vorsorgeprinzip jederzeit Rechnung zu tragen ist. Ich bin auch der Auffassung, dass neuartige Lebensmittel unter keinen Umständen eine Gefährdung für die Verbraucher darstellen oder diese irreführen dürfen, weil Gesundheit und Schutz der Bürger ansonsten ernsthaft gefährdet wären.

 
  
  

- Bericht: Johannes Blokland (A6-0045/2009)

 
  
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  Alessandro Battilocchio (PSE), schriftlich. – (IT) Wenn das Montrealer Protokoll, das vor 20 Jahren in Kraft trat und von 193 Staaten unterzeichnet wurde, nicht Stoffe verboten hätte, die zu einem Abbau der Ozonschicht beitragen, dann hätte der Planet Erde eine Katastrophe erlebt.

Die Hauptsubstanzen, die zu einem Abbau der Ozonschicht beitrugen, sind halogenierte Kohlenwasserstoffe, Chemikalien, die 1928 als Kühlmittel erfunden wurden. In den 1980er Jahren, als das Loch in der Ozonschicht entdeckt wurde, stellten Wissenschaftler fest, dass diese chemischen Verbindungen, die nahezu inaktiv auf Höhe der Erdoberfläche sind, eine Wechselwirkung mit den Ozonmolekülen in der Atmosphäre eingehen und dadurch die Schicht zerstören, die als Schutzschild vor gefährlichen UV-Strahlen fungiert. Zur Abhilfe wurde das Montrealer Protokoll 1987 unterzeichnet und trat zwei Jahre später in Kraft.

Es ist unbestritten, dass wir alles unternommen haben, damit wir unsere Luft nicht mehr atmen können. Zu jener Zeit spielte der Fortschritt eine wichtige Rolle und bescherte uns eine Reihe von Waren und Dienstleistungen, die im Verlauf der letzten Jahrzehnte zu einer zunehmenden Verschlechterung unseres Klimasystems beigetragen haben. Der Treibhauseffekt, das Loch in der Ozonschicht und der dramatische Klimawandel sind nur einige Phänomene, die so schnell wie möglich im Mittelpunkt unserer Aufmerksamkeit stehen sollten, weil sie eine Gefahr für unsere Mitbürger und die Zukunft der Kinder in Europa darstellen. Aus diesem Grund stimme ich dafür.

 
  
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  Šarūnas Birutis (ALDE), schriftlich. – (LT) Da die Hauptziele dieser Überarbeitung darin bestehen, die Verordnung zu vereinfachen und neu zu fassen und gleichzeitig den Verwaltungsaufwand im Sinne der Bemühungen der Kommission um bessere Rechtsetzung zu verringern, die Einhaltung der Bestimmungen des Montrealer Protokolls in der Fassung von 2007 zu gewährleisten und sicherzustellen, dass die künftigen Probleme gelöst werden, damit sich die Ozonschicht rechtzeitig erholen kann und schädliche Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit und Ökosysteme vermieden werden, stimme ich für diesen Gesetzgebungsakt.

 
  
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  Edite Estrela (PSE), schriftlich. – (PT) Ich habe für die legislative Entschließung des Europäischen Parlaments zu dem Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über Stoffe gestimmt, die zum Abbau der Ozonschicht führen. Die Neufassung der Verordnung ist das wichtigste Instrument der Gemeinschaft, um die Einhaltung der Bestimmungen des Montrealer Protokolls über Stoffe, die zum Abbau der Ozonschicht führen, sicherzustellen. Sie gewährleistet nicht nur einen besseren Schutz vor den zerstörerischen Auswirkungen zu starker UV-Strahlung, sondern auch eine Verringerung des Treibhauseffekts. Wie bereits in der Vergangenheit sollte die Europäische Union auch in Zukunft eine weltweit führende Rolle in diesem Bereich übernehmen.

 
  
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  Jörg Leichtfried (PSE), schriftlich. Ich stimme für den Bericht über Stoffe, die zum Abbau der Ozonschicht führen.

Es handelt sich um eine Neufassung der Verordnung über Stoffe, die zum Abbau der Ozonschicht führen, die das Hauptinstrument der EU zur Umsetzung des Montrealer Protokolls darstellt, welches zum Ausstieg aus Ozon abbauenden Stoffen verpflichtet. Hauptziel ist es, dass die Bestimmungen des Protokolls in der Fassung von 2007 eingehalten werden und somit sichergestellt wird, dass sich die Ozonschicht erholen kann und schädliche Wirkungen auf die menschliche Gesundheit und die Ökosysteme vermieden werden.

 
  
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  Luca Romagnoli (NI), schriftlich. – (IT) Ich habe für den Bericht von Johannes Blokland über Stoffe gestimmt, die zum Abbau der Ozonschicht führen. Ich stimme den Zielen des Entwurfs zu, wonach die stratosphärische Ozonschicht geschützt und der Klimawandel abgewendet werden muss, weil die verbotenen Substanzen nicht nur über ein erhebliches Ozonabbaupotenzial (ODP), sondern auch über ein Erderwärmungspotenzial (GWP) verfügen.

Außerdem pflichte ich den Änderungsanträgen bei, auf deren Grundlage die Verordnung angesichts der Probleme verbessert werden soll, damit sich die EU selbst ehrgeizige Ziele setzen und eine Führungsrolle in der Welt übernehmen kann.

 
  
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  Flaviu Călin Rus (PPE-DE), schriftlich. − (RO) Ich habe für den Entwurf einer legislativen Entschließung des Europäischen Parlaments zu dem Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über Stoffe gestimmt, die zum Abbau der Ozonschicht führen (Neufassung) (KOM(2008)0505 – C6-0297/2008 – 2008/0165(COD)), weil ich der Auffassung bin, dass die Emissionen von Ozon abbauenden Stoffen (ODS) verringert oder zumindest eingedämmt werden müssen, damit sich das Leben auf der Erde unter normalen Bedingungen entwickeln kann. Durch derartige Maßnahmen erfüllen wir unsere Pflicht gegenüber der heutigen Generation und auch künftigen Generationen.

 
  
  

- Bericht: Kyösti Virrankoski (A6-0104/2009)

 
  
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  Pedro Guerreiro (GUE/NGL), schriftlich. – (PT) Ohne die Notwendigkeit in Frage stellen zu wollen, dass die Finanzressourcen der Gemeinschaft auf angemessene und zeitgerechte Weise genutzt werden müssen (was bei Weitem nicht der Fall ist), werden in diesem Bericht einige nicht ganz zutreffende und sehr zweideutige Aussagen gemacht.

So sollte beispielsweise geklärt werden, dass die „knappen“ Ressourcen von der EU festgelegt werden. Genauer gesagt werden sie durch das so genannte „Schreiben der sechs“-Mitgliedstaaten diktiert, wonach der Gemeinschaftshaushalt auf ca. 1 % des BSP festgelegt werden soll.

Es sollte auch geklärt werden, was unter „negativen Prioritäten“ und „positiven Prioritäten“ zu verstehen ist. Ohne diese Klärung ist es unmöglich, einem Grundsatz zuzustimmen, der befürwortet, dass diese „negativen Prioritäten“ „eingegrenzt werden müssen, um den wichtigsten Prioritäten konkret Rechnung zu tragen“.

Wenn „negative Prioritäten“ beispielsweise die so genannten „neuen Prioritäten“ bedeutet, wie die Umsetzung neoliberaler politischer Maßnahmen im Rahmen der „Lissabon-Strategie“, die Sicherheitsmaßnahmen der „Festung Europa“ oder die Militarisierung der EU, dann könnten wir nicht mehr zustimmen. Doch wenn es sich dabei um die so genannten „positiven Prioritäten“ und die „Mehrjahresziele und strategischen Ziele“ (die sie tatsächlich sind) handelt, dann sind wir entschieden dagegen.

 
  
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  Luca Romagnoli (NI), schriftlich. – (IT) Ich habe entschieden, mich in Bezug auf den Bericht von Kyösti Virrankoski über die ABB/ABM-Methode als Managementinstrument für die Zuweisung von Haushaltsmitteln der Stimme zu enthalten.

Ich stimme dem Berichterstatter voll und ganz zu, dass klare Informationen in Bezug auf die erreichten Ergebnisse und die dafür notwendigen Ressourcen erforderlich sind und dass die Bürger über die Kosten der Maßnahmen der Europäischen Union vollständig informiert werden müssen. Ich bin mir jedoch nicht sicher, ob das fragliche System dieses Problem lösen kann. Daher stimme ich weder dafür noch dagegen.

 
  
  

- Bericht: Reimer Böge (A6-0110/2009)

 
  
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  Richard James Ashworth (PPE-DE), schriftlich. Die britischen Konservativen unterstützen den Bericht von Reimer Böge und begrüßen insbesondere die Vorschläge des Berichterstatters, wonach der Haushalt flexibler gestaltet werden und über bessere Instrumente verfügen sollte, um auf Situationsänderungen reagieren zu können. Unserer Auffassung nach ist der von ihm vorgeschlagene Finanzrahmen über einen Zeitraum von fünf Jahren eine positive Entwicklung. Außerdem begrüßen wir die von ihm bestätigte Obergrenze von „1 % des BNE“ und betonen, dass diese Obergrenze ihren Niederschlag im EU-Haushalt finden muss, wenn diese Formel das rückläufige BNE in den Mitgliedstaaten widerspiegeln soll.

Wir äußern jedoch erneut unsere Bedenken in Bezug auf den Vertrag von Lissabon, dem wir widersprechen, und die vorgeschlagene Aufstockung der Mittel für die GASP. Wir bedauern, dass der Berichterstatter diese Gelegenheit nicht genutzt hat, um den Rat und die Kommission an ihre in der Interinstitutionellen Vereinbarung von 2006 festgelegten Pflichten zu erinnern, einen rechtzeitigen und ausreichenden Nachweis für die nach Vereinbarungen über gemeinsame Bewirtschaftungsmaßnahmen ausgegebenen EU-Mittel vorzulegen.

 
  
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  John Attard-Montalto (PSE), schriftlich. Die Halbzeitprüfung des Finanzrahmens 2007-2013 ist aufgrund der Ungewissheiten im Zusammenhang mit dem Verfahren der Ratifizierung des Vertrags von Lissabon, dem Ende der jetzigen Wahlperiode, dem Ergebnis der Wahlen zum Europäischen Parlament und der Aufstellung der neuen Kommission vor dem aktuellen wirtschaftlichen Hintergrund weder praktikabel noch realistisch.

Ich stimme voll und ganz zu, dass eine ehrgeizige Überprüfung des Haushalts eine vordringliche Priorität für das neue Parlament und die Kommission sein sollte.

 
  
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  Alessandro Battilocchio (PSE), schriftlich. − (IT) Ich stimme dafür.

Die institutionelle Zukunft der Europäischen Union wurde im Juni 2007 vom Europäischen Rat wiederbelebt, als die 27 Mitgliedstaaten überein kamen, eine Regierungskonferenz einzuberufen, die auf der Grundlage des Verfassungsentwurfs einen Reformvertrag vorbereiten sollte. Wenn die Ratifizierungsverfahren wie geplant verlaufen, könnte der neue Vertrag Mitte 2009 mehr oder weniger zur gleichen Zeit wie die Europawahlen in Kraft treten. Ein möglicher Stillstand des Ratifizierungsprozesses hätte nicht absehbare Folgen für das europäische Projekt. Daher muss das Überprüfungsverfahren diesem neuen Kontext Rechnung tragen.

Wenn der in den Schlussfolgerungen des Europäischen Rates festgelegte Zeitplan eingehalten wird, sollten das Inkrafttreten des neuen Vertrags, die Wahl des neuen Parlaments (Juni 2009) und die Ernennung der neuen Kommission in der zweiten Jahreshälfte 2009 erfolgen. In diesem Fall könnte die interinstitutionelle Debatte über die Überprüfung aufgeschoben werden, um Konfusion zu vermeiden.

Meiner Auffassung nach hat dieses Parlament durch die Arbeit seines Nichtständigen Ausschusses zu den politischen Herausforderungen und Haushaltsmitteln der erweiterten Union 2007-2013 sowie durch die jährlichen Haushaltspläne und die nachfolgende Rechtsetzungstätigkeit enorm viel geleistet. Daher sollten das bisher Erreichte und noch bestehende Defizite im Initiativbericht, gewissermaßen als Vermächtnis des jetzigen Parlaments, ihren Niederschlag finden.

 
  
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  Katerina Batzeli (PSE), schriftlich. – (EL) Die Halbzeitprüfung des Finanzrahmens 2007-2013 wurde als Kompromiss zur Entscheidung von 2005 angesehen und kann angesichts der aktuellen Wirtschaftskrise für notwendig erachtet werden. Sie darf jedoch unter keinen Umständen als Alibi für die Umverteilung von Ressourcen unter den Mitgliedstaaten und politischen Maßnahmen, wie Maßnahmen im Rahmen der Strukturfonds und der gemeinsamen Landwirtschaftspolitik, verwendet werden, d. h. Maßnahmen, die u. a. Kohäsion, Beschäftigung, territorialen Zusammenhalt und die Aktivierung von Ausgaben im öffentlichen und privaten Sektor gewährleisten sollen.

Unsere Priorität sollte auf der fundierten und besseren Verwaltung der jetzigen Maßnahmen liegen, wie Maßnahmen im Rahmen von Strukturfonds, die aufgrund fehlender Mittel zurückgestellt werden mussten, sowie natürlich auf der Förderung von Investitionen in ökologisches Wachstum, die den jetzigen Gemeinschaftsmaßnahmen eine andere Entwicklungsdimension verleihen werden.

Was jedoch vermieden werden sollte und nicht akzeptiert werden kann, ist die Einführung neuer Maßnahmen zum Schutz der Umwelt und des Klimas sowie Maßnahmen zur Bekämpfung der Wirtschaftskrise ohne entsprechende Aufstockung der Mittel im Gemeinschaftshaushalt, der selbst nach der letzten Erweiterung der EU stabil geblieben ist. Europa muss es wagen, seine Mittel für einzelne politische Maßnahmen der Gemeinschaft aufzustocken, und darf sich nicht auf die Umverteilung von Mitteln zwischen alten und neuen Maßnahmen beschränken.

 
  
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  Charlotte Cederschiöld, Christofer Fjellner, Gunnar Hökmark und Anna Ibrisagic (PPE-DE), schriftlich. − (SV) Wir haben für den Bericht über die Halbzeitprüfung des Finanzrahmens 2007-2013 gestimmt, weil er unmissverständlich ein höheres Maß an Transparenz und eine bessere Verknüpfung zwischen den von uns festgelegten Prioritäten und dem jeweils erzielten Ergebnis fordert.

Im Unterschied zu der im Bericht geäußerten Meinung sind wir der Auffassung, dass der 1-Prozent-Ansatz gut ist. Wir sind der Meinung, dass die Einschränkung des Haushalts von größter Bedeutung ist.

 
  
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  Pedro Guerreiro (GUE/NGL), schriftlich. – (PT) Dies ist ein wichtiger Initiativbericht des Parlaments, der die Debatte nicht nur über den jetzigen, sondern vor allem auch über den nächsten mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) anstoßen soll. Er wirft viele Fragen auf, die bei dieser Erklärung zur Abstimmung nicht angesprochen werden können.

Wie wir bereits, obschon auf moderate Weise, gesagt haben, werden in diesem Bericht einige wichtige Punkte genannt, die im Einklang mit dem stehen, was wir schon seit langem sagen: Die im jetzigen Gemeinschaftshaushalt veranschlagten Mittel reichen nicht aus. Jedes Jahr gibt es außerplanmäßige Ausgaben in beträchtlicher Höhe (Defizit von ca. 29 Milliarden Euro zwischen 2007 und 2009). Doch diejenigen, die für diese Situation verantwortlich sind, nämlich die Europäische Kommission, das Parlament und der Rat sowie die Haushaltsbehörden, decken den Mantel des Schweigens darüber. Deshalb kann das Parlament jetzt nicht die Verantwortung ablehnen.

Das Parlament betont auch, dass „zusätzliche Politiken das Gleichgewicht zwischen den Hauptkategorien des derzeitigen MFR nicht verändern und auch nicht die gegenwärtigen Prioritäten gefährden dürfen“, obwohl aufgrund unserer Abstimmung dagegen der Verweis auf die „beiden wichtigsten Politikbereiche der Rubriken 1b und 2’, d. h. Konvergenz (Rubrik 1b) und Landwirtschaft und Fischerei (Rubrik 2), gestrichen wurde. Andererseits werden die „neuen Prioritäten“ betont, mit anderen Worten die neoliberalen Ziele der „Lissabon-Strategie“ (einschließlich der so genannten „öffentlich-privaten Partnerschaften (ÖPP)“), „Klimawandel“ und die Militarisierung der EU.

 
  
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  Luca Romagnoli (NI), schriftlich. – (IT) Ich habe gegen den Bericht von Reimer Böge über die Halbzeitprüfung des Finanzrahmens 2007-2013 gestimmt.

Ich bin enttäuscht darüber, dass nicht alle Programme der neuen Generation im Zusammenhang mit dem mehrjährigen Finanzrahmen 2007-2013 angenommen wurden, insbesondere das wichtige Programm Galileo, für das nicht genügend Mittel bereitgestellt wurden, und das Rahmenprogramm für Grundrechte und Justiz. Für ihre Annahme innerhalb des zulässigen Zeitrahmens wäre ein stärkeres Engagement erforderlich gewesen.

Außerdem bin ich der Meinung, dass das Parlament den Haushalt der Europäischen Union durch regelmäßigere und strengere Prüfungen stärker überwachen sollte, um eine ordnungsgemäße Verwaltung der öffentlichen Mittel zu gewährleisten.

 
  
  

- Entschließungsantrag: B6-0141/2009 (WPA - CARIFORUM-Staaten)

 
  
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  Bruno Gollnisch (NI), schriftlich. – (FR) Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Wir haben für keinen der Texte zu den neuen Partnerschaftsabkommen mit den Afrikanisch-Karibisch-Pazifischen-Staaten, den ärmsten Ländern der Welt, gestimmt.

Unsere Abstimmung richtet sich nicht gegen diese Staaten, die eine durchdachte Kooperations- und Entwicklungspolitik zur Bekämpfung der Armut ihrer Bevölkerung, Weiterentwicklung ihres Landes und Überwindung ihrer wirtschaftlichen Schwierigkeiten verdienen. Ferner verdienen sie Handelsbeziehungen, die ihre individuelle Situation, doch auch unsere eigenen Interessen und insbesondere die Interessen unserer Regionen in äußerster Randlage berücksichtigen, die bei Ihren politischen Maßnahmen vernachlässigt werden.

Die ihnen vorgeschlagenen Abkommen entsprechen den unantastbaren Regeln der Welthandelsorganisation, deren Ziel darin besteht, sie zu einem Bestandteil der ultraliberalen Globalisierung zu machen. Sie verurteilen sie zu Exportkulturen, die sie verhungern lassen, und zur Ausbeutung ihrer wertvollen Ressourcen durch multinationale Unternehmen, die sich lange nicht um einzelne Länder gekümmert haben, sondern staatenlos und anonym sind und sich nur von ihren eigenen finanziellen Interessen leiten lassen.

Diese Länder haben ein Recht darauf, das Tempo für die Öffnung ihrer Grenzen und die Liberalisierung ihrer Wirtschaft selbst zu bestimmen. Warum wird kein anderer Weg gewählt, d. h. ein vernünftiger Protektionismus und Beziehungen, die für beide Seiten von Vorteil sind, weil sie auf Gegenseitigkeit beruhen? Das ist der Weg, den wir für Frankreich und auch für Europa fordern.

 
  
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  Filip Kaczmarek (PPE-DE), schriftlich. – (PL) Ich habe für die Entschließung zu dem Abschluss des Wirtschaftspartnerschaftsabkommens zwischen der EG und den CARIFORUM-Staaten gestimmt. Die Behauptungen, wonach die Staaten im Karibischen Raum unter Druck gesetzt und zur Unterzeichnung des Abkommens gezwungen wurden, sind falsch. Davon konnte ich mich bei meiner Teilnahme an der ersten regionalen Sitzung der Paritätischen Parlamentarischen Versammlung AKP-EU mit den Staaten aus dem Karibischen Raum überzeugen.

Die Vertreter der Verhandlungsführer und Behörden der karibischen Staaten erklärten unmissverständlich, dass sie das Abkommen aus freiem Willen und in der Überzeugung unterzeichnen würden, dass es für alle Beteiligten vorteilhaft sei. Sie verspürten einen gewissen Druck, der jedoch zeitlich bedingt war. Und dieser Zeitdruck betraf alle Parteien des Abkommens. Darüber hinaus war die notwendige Unterzeichnung neuer Wirtschaftspartnerschaftsabkommen das Ergebnis von Entscheidungen, die unabhängig von der Europäischen Union getroffen wurden, ein Faktum, das seit vielen Jahren allgemein bekannt ist.

 
  
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  David Martin (PSE), schriftlich. Ich begrüße die von der Kommission zugesagte Flexibilität beim Übergang von Interimsabkommen zu umfassenden WPA und die Zusicherung, dass die Verhandlungen entwicklungsorientiert geführt werden sollen.

 
  
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  Luca Romagnoli (NI), schriftlich. – (IT) Ich habe gegen den Antrag für eine Entschließung zu dem Abschluss des Wirtschaftspartnerschaftsabkommens zwischen der Europäische Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und den CARIFORUM-Staaten andererseits gestimmt.

Meiner Auffassung nach sollten WPA die nachhaltige Entwicklung der AKP-Staaten fördern und diese zur Beteiligung am internationalen Handel und zur Diversifizierung ihrer Wirtschaft ermutigen. Meiner Auffassung nach wird das fragliche Abkommen diesem Anspruch jedoch nicht gerecht, weil es die betreffenden Staaten nicht bei der Schaffung einer Selbstversorgungswirtschaft unterstützt, die sich ohne Außenhilfe selbst tragen kann.

Darüber hinaus bin ich der Meinung, dass die im Abkommen vereinbarten Instrumente weder den Behörden noch dem lokalen privaten Sektor helfen, d. h. dass sie nicht in ausreichendem Maße in den Prozess der Weiterentwicklung in ihren Regionen integriert sind.

 
  
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  Kathy Sinnott (IND/DEM), schriftlich. Es ist unglaublich wichtig, dass die individuellen Bedürfnisse jedes AKP-Staats in den WPA berücksichtigt werden. Aus diesem Grunde habe ich gegen dieses Abkommen gestimmt. Hier ist über das CARIFORUM-WPA debattiert worden, während den Parlamenten in den CARIFORUM-Staaten keine Aussprache darüber gestattet wurde. Aus Respekt vor diesen Parlamenten bin ich der Meinung, dass wir die Verabschiedung dieser Entschließung vertagen sollten.

Es ist auch wichtig festzustellen, dass die Regierungen vieler AKP-Staaten vor Ablauf der Abtretungserklärung von der Europäischen Kommission zur Unterzeichnung der Interimsabkommen gedrängt wurden.

Diese Maßnahmen sollten unbedingt sorgfältig überdacht und von jedem AKP-Staat debattiert werden, bevor sie von der EU genehmigt werden.

 
  
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  Margie Sudre (PPE-DE), schriftlich. – (FR) Gemäß den WPA dürfen Zucker und Bananen aus den AKP-Staaten für einen Zeitraum von 10 Jahren, der auch verlängert werden kann, nicht auf die Märkte in den Gebieten in äußerster Randlage Frankreichs gebracht werden, wodurch die Produktion dieser beiden ausgesprochen wichtigen überseeischen Landwirtschaftserzeugnisse geschützt wird.

Die spezielle Schutzklausel, wonach eine Einfuhrsperre zulässig ist, wenn der Markt in den Gebieten in äußerster Randlage durch Einfuhren geschädigt oder gestört wird, sollte weiter geklärt werden, um ihre Umsetzungsfrist zu verkürzen.

Aufgrund der Appelle unseres Parlaments konnten die Forderungen der Gebiete in äußerster Randlage bei den Verhandlungen berücksichtigt werden.

Sozioökonomische Akteure in den Gebieten in äußerster Randlage haben den Eindruck, dass sie durch Produktionsbeschränkungen, die europäischen Standards entsprechen, benachteiligt werden und an Wettbewerbsfähigkeit gegenüber ihren direkten Wettbewerbern einbüßen. Ich verstehe sie zwar, fordere sie dennoch auf, sich für eine Kooperation mit ihren AKP-Nachbarländern einzusetzen, um komplementäre und tragfähige Beziehungen zu fördern, die auf gemeinsamen Zielen basieren.

Die Gebiete in äußerster Randlage sollten nicht unnachgiebig an ihrer Abwehrhaltung festhalten, sondern können nur gewinnen, wenn sie sich mit ihren Wettbewerbern gleichstellen. Denn die Europäische Union gewährleistet, dass geeignete Überwachungs- und Schiedsverfahren vorhanden sind, um jede Form von unlauterem Wettbewerb zu verhindern.

 
  
  

- Entschließungsantrag: B6-0148/2009 (WPA - Côte d’Ivoire)

 
  
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  Philip Claeys (NI) , schriftlich. – (NL) In den Verhandlungen zum Abschluss eines Interim-Wirtschaftspartnerschaftsabkommens mit Côte d’Ivoire möchte dieses Parlament über die Frage der Ausstellung von Arbeitsvisa für Staatsbürger von Côte d’Ivoire sprechen, die mindestens 24 Monate gültig sein sollen. Dadurch könnten die betreffenden Ivorer als Pfleger und in ähnlichen Berufen arbeiten. Ganz gleich, aus welcher Sicht man diese Frage auch betrachtet, ist dies nur eine weitere Möglichkeit, der Immigration Tür und Tor zu öffnen, und daher zumindest für mich Grund genug, um gegen den Entschließungsantrag zu stimmen. In Europa gibt es bereits Millionen von Arbeitslosen. Daher würde der zusätzliche Import von Arbeitskräften aus Regionen außerhalb der EU nur zu einer Verschlimmerung der schon vorhandenen Probleme führen. Die freien Stellen in den fraglichen Berufen können sehr gut mit unseren eigenen Arbeitskräften besetzt werden.

 
  
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  Hélène Goudin und Nils Lundgren (IND/DEM), schriftlich. − (SV) Unserer Auffassung nach sollte unserer wichtigster Beitrag zur Förderung der Weiterentwicklung in den ärmsten Ländern der Welt in der Öffnung der EU-Märkte für Importe aus diesen Regionen bestehen. Wenn Handelshilfen mit dem Wunsch nach Förderung des Freihandels vereinbar sein sollen, müssen sie von den einzelnen Mitgliedstaaten und nicht von der EU initiiert und beschlossen werden. Wenn die EU dennoch auf der Verteilung und Überwachung von Handelshilfen besteht, dann dürfen diese unter keinen Umständen vom Handel mit den Empfängerländern abhängig gemacht werden. Bestimmungen, die die empfindliche Industrie in den Entwicklungsländern für eine Übergangszeit schützen sollen, sind jedoch u. U. akzeptabel. Aber grundsätzlich sollten wir alle protektionistischen Regelungen vermeiden, die den freien Marktzugang gefährden können.

Diese Gedanken liegen unserer Stellungnahme in Bezug auf die vorliegenden Entschließungsanträge im Zusammenhang mit den Handelsabkommen zugrunde, die derzeit von der Kommission ausgearbeitet werden.

Wir lehnen die unglücklichen Formulierungen ab, die einzig und allein darauf abzielen, den Einfluss des Europäischen Parlaments auf die Handelspolitik zu erhöhen. Dennoch haben wir beschlossen, für alle Entschließungsanträge zu stimmen, weil sie untermauern, wie wichtig die Förderung des Freihandels in Zeiten ist, in denen der Unmut über protektionistische Maßnahmen wächst.

 
  
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  Luca Romagnoli (NI), schriftlich. – (IT) Ich habe für den Entschließungsantrag zum Abschluss des Interim-Wirtschaftspartnerschaftsabkommens zwischen Côte d’Ivoire einerseits und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten andererseits gestimmt.

Ich teile die Auffassung, dass eine Zollunion zwischen den westafrikanischen Staaten für Côte d’Ivoire als treibende Kraft bei der Entwicklung von Wirtschaft und Handel in dieser Region von Vorteil wäre. Angesichts der Tatsache, dass der intraregionale Handel nur einen kleinen Teil der Handelsbeziehungen von Côte d’Ivoire ausmacht, wäre es außerdem wünschenswert, die regionalen Handelsverbindungen zu stärken, um langfristig gesehen ein anhaltendes und nachhaltiges Wachstum zu fördern.

Zudem ist eine bessere technische und administrative Unterstützung vonseiten der Europäischen Union wünschenswert, um zu gewährleisten, dass Côte d’Ivoire seine Volkswirtschaft anpasst und den größtmöglichen Nutzen aus dem Interim-Wirtschaftspartnerschaftsabkommen ziehen kann.

 
  
  

- Entschließungsantrag: B6-0142/2009 (WPA - Ghana)

 
  
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  Luca Romagnoli (NI), schriftlich. – (IT) Ich habe gegen den Bericht von Christofer Fjellner zum Abschluss des Interim-Wirtschaftspartnerschaftsabkommens zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und Ghana andererseits gestimmt.

Denn ich bin der Auffassung, dass ein derartiges Abkommen mit Ghana die Kohäsion gefährden und die regionale Integration der ECOWAS schwächen würde, was wir jedoch unterstützen sollten. Die besseren Möglichkeiten für eine aktive Mitwirkung der lokalen Behörden könnten sich mittel- bis langfristig positiv auf die lokale Wirtschaft auswirken.

 
  
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  Kathy Sinnott (IND/DEM), schriftlich. Es ist unglaublich wichtig, dass die individuellen Bedürfnisse jedes AKP-Staats in den WPA berücksichtigt werden. Aus diesem Grunde habe ich gegen dieses Abkommen gestimmt. Jeder AKP-Staat hat andere Bedürfnisse. Viele AKP-Staaten würden es vorziehen, nicht über geistige Eigentumsrechte und Singapur-Themen verhandeln zu müssen. Viele dieser Staaten wünschen auch stärkere Bestimmungen in Bezug auf Ernährungssicherheit und Industriezweige, die noch im Aufbau begriffen sind. Ferner müssen diese Abkommen eine Revisionsklausel enthalten, die eine Folgenabschätzung der nachhaltigen Entwicklung und die Möglichkeit zur Änderung des Abkommens auf Basis der Ergebnisse dieser Folgenabschätzung vorsieht. Wir müssen versuchen zu gewährleisten, dass diese Abkommen das Optimum unter Berücksichtigung der individuellen Bedürfnisse dieser Staaten bewirken, und sollten sie nicht zur Unterzeichnung von Abkommen drängen, die nicht den für sie richtigen Zweck erfüllen.

 
  
  

- Entschließungsantrag: B6-0144/2009 (WPA - SADC)

 
  
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  Luca Romagnoli (NI), schriftlich. – (IT) Ich habe gegen den Entschließungsantrag zum Abschluss eines Interim-Wirtschaftspartnerschaftsabkommens zwischen der Europäische Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und den SADC-WPA-Staaten andererseits gestimmt.

Ich bin nicht der Meinung, dass das Wirtschaftspartnerschaftsabkommen seit dem Ablauf der Handelsregelungen von Cotonou zu Beginn des Jahres 2008 nennenswerte Vorteile für Exporteure aus den AKP-Staaten in die Europäische Union gebracht hat, selbst wenn der Zugang von Waren aus den AKP-Staaten zum EU-Markt zoll- und quotenfrei ist.

Vor allem trägt das Abkommen nicht zur Förderung der eigenständigen Entwicklung dieser Staaten und zur Schaffung der Kapazitäten bei, auf deren Basis die betreffenden Staaten zur Weiterentwicklung ohne externe Hilfe fähig sein werden. Zudem habe ich den Eindruck, dass diese Staaten häufig nicht die Bedingungen für verantwortungsbewusste Regierungsführung, Transparenz öffentlicher Ämter und Achtung der Menschenrechte erfüllen, wodurch die Gefahr besteht, dass der Schaden für die Bevölkerung dieser Staaten größer ist als die ihnen gewährte Hilfe.

 
  
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  Georgios Toussas (GUE/NGL), schriftlich. – (EL) In Zeiten der Finanzkrise und Eskalation der imperialistischen Machtkämpfe bemüht sich die EU um die Stärkung der Position der europäischen Monopole und die Sicherung neuer Positionen auf dem Weltmarkt. Mit militärischen und nichtmilitärischen Mitteln, wirtschaftlichen Eingriffen vonseiten der Monopole in den internationalen Handel und wirtschaftlichen Transaktionen nutzt die EU eine Kombination offener imperialistischer Intervention.

Interim-Wirtschaftspartnerschaftsabkommen sind die primitivste Form von Vereinbarungen, die die EU den Entwicklungsländern bisher abverlangt hat. Ihr Ziel besteht im Diktat der Macht des Kapitals und im Raubbau an ihren Arbeitskräften und wertvollen Ressourcen. Repressive Bedingungen erfordern eine Liberalisierung der Märkte und die Privatisierung aller Dienstleistungsbereiche, insbesondere Energie- und Wasserversorgung, Gesundheitswesen, Aus- und Weiterbildungswesen und Kultur.

Die Entwicklungsgemeinschaft des Südlichen Afrikas (SADC) und der Gemeinsame Markt für das östliche und südliche Afrika (COMESA) sind typische Beispiele. „Teile und herrsche“. Die EU übt Druck und Zwang aus, die Zeitpläne und den Inhalt der Abkommen zu akzeptieren, wobei für jedes Land separate Vereinbarungen und andere Bedingungen gelten.

Wir stimmen gegen die Interim-Wirtschaftspartnerschaftsabkommen, weil sie zugunsten von Kapitalgewinnen und zum Nachteil der Menschen unterzeichnet werden. Sie sind ein erneuter Beweis dafür, dass der Welthandel unter der Herrschaft des Imperialismus und der Monopole nicht auf der Grundlage gegenseitigen Nutzens möglich ist.

 
  
  

- Entschließungsantrag: B6-0145/2009 (WPA - Staaten des östlichen und südlichen Afrikas)

 
  
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  Luca Romagnoli (NI), schriftlich. – (IT) Ich habe gegen den Entschließungsantrag zu einem Wirtschaftspartnerschaftsabkommen zwischen den Staaten des östlichen und südlichen Afrikas einerseits und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten andererseits gestimmt.

Ich bin davon überzeugt, dass dieses Wirtschaftspartnerschaftsabkommen für die angestrebte Förderung der Entwicklung der betreffenden Länder nicht geeignet ist, weil noch strittige Fragen angesprochen und geklärt werden müssen, wie u. a. die Meistbegünstigungsklausel und Zölle für Warenausfuhren, die nicht zur Schaffung eines echten Marktes beitragen, der Vorteile für die Bevölkerung in den jeweiligen Staaten bieten kann.

 
  
  

- Entschließungsantrag: B6-0146/2009 (WPA - Partnerstaaten der Ostafrikanischen Gemeinschaft)

 
  
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  Luca Romagnoli (NI), schriftlich. – (IT) Ich habe gegen den Entschließungsantrag zu einem Wirtschaftspartnerschaftsabkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und den Partnerstaaten der Ostafrikanischen Gemeinschaft andererseits gestimmt.

Meiner Auffassung nach ist die Entwicklung eines echten regionalen und intraregionalen Marktes in diesen Staaten für die Schaffung der Voraussetzungen für nachhaltiges Wachstum wichtig, das nicht ausschließlich von Außenhilfe abhängig ist. Doch dafür schafft dieses Abkommen nicht die notwendigen Voraussetzungen, da die geplanten Maßnahmen meist kaum eine Beteiligung der Behörden und des lokalen privaten Sektors vorsehen.

Trotz der vorhandenen Kontrollmechanismen habe ich auch nicht den Eindruck, dass diese Staaten Bedingungen wie verantwortungsvolle Regierungsführung, Transparenz bei öffentlichen Ämtern und Achtung der Menschenrechte erfüllen. Doch ohne die Erfüllung dieser Auflagen laufen wir noch stärker Gefahr, der Mehrheit der Bevölkerung dieser Staaten zu schaden als ihr tatsächlich zu helfen.

 
  
  

- Entschließungsantrag: B6-0147/2009 (WPA - Zentralafrika)

 
  
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  Luca Romagnoli (NI), schriftlich. – (IT) Ich habe für den Entschließungsantrag zum Interim-Wirtschaftspartnerschaftsabkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und Zentralafrika andererseits gestimmt.

Ich bin der festen Überzeugung, dass das Interim-Wirtschaftspartnerschaftsabkommen von große Vorteile für Exporteure in den zentralafrikanischen Staaten geschaffen hat, da die Möglichkeiten für Ausfuhren in die Europäische Union insbesondere nach dem Auslaufen der Handelsregelungen von Cotonou im Januar 2008 erweitert wurden. Umfassende WPA sollten in jedem Fall als Ergänzung und nicht als Alternative zu den Abkommen auf Basis der Doha-Entwicklungsagenda angesehen werden. Zu diesem Thema fordern wir zur baldigen Wiederaufnahme der Verhandlungen auf.

Ich befürworte auch die Festlegung von Übergangsfristen für kleine und mittlere Unternehmen, damit sie sich auf die durch das Abkommen bedingten Änderungen einstellen können. Generell begrüße ich die Tatsache, dass KMU von den betreffenden Staaten unterstützt werden sollen.

 
  
  

- Bericht: David Martin (A6-0117/2009)

 
  
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  Marie-Arlette Carlotti (PSE), schriftlich. – (FR) Seit Jahren kämpfen wir im Einklang mit unseren afrikanischen Kollegen darum, dass die WPA zu echten Instrumenten für die Entwicklungsförderung werden.

Wir haben hart und entschlossen mit der Kommission um den Abschluss fairer Abkommen zur Förderung der Millennium-Entwicklungsziele verhandelt.

Dabei haben wir uns für die gezielte Regionalisierung durch die AKP-Staaten selbst entschieden.

Dabei wollten wir auch unsere Verpflichtungen in Bezug auf die 2005 zugesicherte handelsbezogene Hilfe erfüllen und nicht den EEF „plündern“.

Bislang hat unser Kampf größtenteils Früchte getragen, da die Handelskommissarin im Namen der Europäischen Kommission zu folgenden Punkten eine Zusage gemacht hat:

– Ausarbeitung der Abkommen als oberstes Ziel,

– Neuverhandlung der strittigen Punkte in den Abkommen auf der Grundlage eines offenen und flexiblen Ansatzes,

– Ernährungssicherheit und Schutz der schwachen Industriezweige in den AKP-Staaten.

Natürlich hätten wir gern mehr Sicherheiten in Bezug darauf gehabt, wie die nationalen Parlamente und die Paritätische Versammlung AKP-EU in die Überwachung der Umsetzung der Abkommen einbezogen werden sollen.

Dennoch sind die nur binnen weniger Wochen erzielten Fortschritte beträchtlich,

was ich hiermit anerkennen möchte.

Ich werde jedoch ein äußerst wachsames Auge auf ihre Implementierung haben.

Es wird also keinen „Blankoscheck“ geben: Ich habe mich der Stimme enthalten.

 
  
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  Richard Corbett (PSE), schriftlich. Nur aufgrund der Zusicherungen und Verpflichtungserklärung der neuen Kommissarin Cathy Ashton und aufgrund der Tatsache, dass die Regierungen der betroffenen Staaten das jeweilige WPA größtenteils als wichtigen, wenn auch nicht ausreichenden Fortschritt ansehen, konnte ich heute für die Zustimmung des Parlaments zum WPA und zu den Interim-WPA stimmen.

Wirtschaftspartnerschaftsabkommen sollten Instrumente zur Eindämmung und Beseitigung der Armut werden und gleichzeitig die Förderung einer nachhaltigen Entwicklung und schrittweisen Integrierung der AKP-Staaten in die Weltwirtschaft zum Ziel haben.

Wir müssen sicherstellen, dass die von uns mit den AKP-Staaten abgeschlossenen Handelsabkommen ihre Interessen berücksichtigen und – was ganz wesentlich ist – dass sie als Instrumente für die Entwicklungsförderung angesehen werden.

 
  
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  Mikel Irujo Amezaga (Verts/ALE), schriftlich. − (ES) Ich habe gegen die Berichte über das WPA mit den Karibischen Inseln und u. a. auch gegen das Interim-Abkommen mit Côte d’Ivoire gestimmt. Das Parlament hat beispielsweise für das Interim-Abkommen mit Côte d’Ivoire gestimmt, einem Land mit großen internen Konflikten und ohne eine rechtmäßige Regierung.

Aufgrund dieser Umstände ist es meiner Meinung nach nicht der richtige Zeitpunkt für den Abschluss eines internationalen Abkommens mit langfristigen Folgen. Unter dem Druck der Welthandelsorganisation ist die Europäische Union von den Kooperationsabkommen mit den AKP-Staaten zurückgetreten und hat diese durch Wirtschaftspartnerschaftsabkommen mit einzelnen Staaten ersetzt, die vielfach der Macht dieser Regionen schaden.

Die ersten von Europa diktierten Abkommen wurden von NRO und Untersuchungsleitern in diesen Staaten scharf kritisiert. Heute werden sie vom Parlament geprüft.

 
  
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  Glenys Kinnock (PSE), schriftlich. Ich habe dem WPA mit den CARIFORUM-Staaten und dem Interim-WPA mit Côte d’Ivoire als Reaktion auf die Zusicherungen zugestimmt, die von der Kommissarin Cathy Ashton in dieser Woche gemacht wurden.

Seitdem Cathy Ashton das Amt als Kommissarin von ihrem Vorgänger Peter Mandelson übernommen hat, haben sich der Stil und Ton geändert. Jetzt erhalten wir Signale, dass sich auch inhaltlich etwas ändert.

Im Hinblick auf das WPA mit den CARIFORUM-Staaten pflichtete die Kommissarin den Bedenken des Berichterstatters David Martin in Bezug auf den Zugang zu Generika, die Überprüfungsklausel und die Flexibilität bei, wie die Meistbegünstigungsklausel umgesetzt werden soll.

Vor unserer Zustimmung zu dem Abkommen mit Côte d’Ivoire wurde uns klar und eindeutig bestätigt, dass es Côte d’Ivoire frei stünde, Bestimmungen aus jedem anderen WPA zu übernehmen. Es ist von Bedeutung, dass im Falle des SADC-WPA die Überarbeitung einiger strittiger Klauseln vereinbart wurde. Dazu zählen der Schutz von noch im Aufbau begriffenen Industriezweigen, die mögliche Einführung neuer Ausfuhrabgaben zur Förderung der industriellen Entwicklung und Exportkontingente.

Ich habe meine Entscheidungen nicht leichtfertig, sondern nach sorgfältiger Überlegung und Abwägung der Tatsache gefasst, dass WPA ein Instrument für die Entwicklungsförderung sein und unsere Partnerschaft und gegenseitige Achtung gegenüber den AKP-Staaten widerspiegeln sollten.

 
  
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  Bernard Lehideux (ALDE), schriftlich – (FR) Wir vertreten immer noch eine kritische Haltung zu den Wirtschaftspartnerschaftsabkommen. Unserer Meinung nach sind die Verhandlungen sehr schlecht und ohne Berücksichtigung der speziellen Umstände unserer Partner angelaufen. Wir sind immer noch der Überzeugung, dass die Verhandlungen nicht übereilt geführt werden und ihnen vor allem nicht schlagartig Reformen aufzwingen sollten, die für ihren sozialen Zusammenhalt und ihre Wirtschaft letztendlich verheerend sein könnten.

Dennoch berücksichtigen wir bei unserer Stimmabgabe die sehr ermutigende Stellungnahme, die die Kommissarin Cathy Ashton bei der Plenarsitzung am 23. März abgegeben hat. Aus diesem Grunde haben wir uns der Stimme enthalten und nicht dagegen gestimmt, was wir vor einigen Wochen sicherlich noch getan hätten.

Dennoch ist unsere Stimmenthaltung als Warnung zu verstehen. Wir werden die Vorgehensweise der Kommission nach der Faktenlage beurteilen und möchten ihr keinen Blankoscheck für die Zukunft erteilen.

 
  
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  David Martin (PSE), schriftlich. Aufgrund der Zusicherungen in Bezug auf Generika, die Überprüfungsklausel und die Flexibilität bei der Anwendung der Meistbegünstigungsklausel konnte ich diesen Bericht, für den ich der Berichterstatter war, unterstützen. Der Bericht sollte einen Mittelweg finden, also einerseits ein faires Abkommen für die EU sichern, doch andererseits auch gewährleisten, dass die Entwicklungsförderung ein fester Bestandteil des Abkommens ist, damit die CARIFORUM-Staaten wachsen und die Früchte des fairen Handels mit der EU ernten könnten.

 
  
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  Rovana Plumb (PSE), schriftlich. – (RO) Aufgrund der Zustimmung des EP zum Wirtschaftspartnerschaftsabkommen (WPA) zwischen den CARIFORUM-Staaten einerseits und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten anderseits habe ich diesem Bericht in der Überzeugung zugestimmt, dass dieses WPA Folgendes gewährleistet:

– Aufschiebung der Umsetzung von Verpflichtungen in Bereichen, die im Rahmen des CARICOM-Binnenmarktes und -Wirtschaftsraums noch nicht geregelt oder vollständig umgesetzt sind, darunter Finanzdienstleistungen, andere Dienstleistungen, Investitionen, Wettbewerb, öffentliches Beschaffungswesen, e-Handel, geistiges Eigentum, freier Warenverkehr und Umweltschutz, bis zur Vollendung des Binnenmarktes und -Wirtschaftsraums in diesen Bereichen;

– Einrichtung eines unabhängigen und mit den notwendigen Mitteln ausgestatteten Überwachungsmechanismus innerhalb der CARIFORUM-Staaten, der untersucht, in welchem Maße das WPA die gesetzten Ziele erreicht;

– zügige Festlegung und Bereitstellung eines gerechten Anteils an den Mitteln für Handelshilfe; - Garantie, dass es sich bei diesen Geldern um zusätzliche Ressourcen und nicht um eine bloße Umschichtung von EEF-Mitteln handelt;

– Gewährleistung, dass sie den Prioritäten von CARIFORUM entsprechen und dass ihre Auszahlung fristgerecht, kalkulierbar und entsprechend den zeitlichen Vorgaben für die Durchführung der nationalen und regionalen Pläne für die strategische Entwicklung erfolgt. Diese Mittel sollten effektiv genutzt werden, um die entgangenen Zolleinnahmen zu kompensieren.

 
  
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  Luca Romagnoli (NI), schriftlich. – (IT) Ich habe für die Empfehlung von David Martin zum Wirtschaftspartnerschaftsabkommen zwischen der EG und den CARIFORUM-Staaten gestimmt. Das Europäische Parlament ist wirklich zum Abschluss dieses Abkommens verpflichtet, vorausgesetzt, dass die Kommission und der Rat der Überprüfung dieser Vereinbarungen alle fünf Jahre zustimmen, die Anwendung des Meistbegünstigungsgrundsatzes auf die Europäische Union wegfällt und, was ganz wesentlich ist, Mittel für Handelshilfe in unterschiedlicher Höhe zügig festgelegt und bereitgestellt werden.

 
  
  

- Bericht: Erika Mann (A6-0144/2009)

 
  
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  Luca Romagnoli (NI), schriftlich. – (IT) Ich habe beschlossen, mich der Stimme zu dem Empfehlungsvorschlag von Erika Mann für das Interim-Wirtschaftspartnerschaftsabkommen zwischen der EG und Côte d’Ivoire zu enthalten. Dieser Vorschlag enthält mehrere Punkte, denen ich nicht zustimme. Doch da die darin beschriebenen verfolgten Ziele löblich sind, möchte ich nicht gegen diese Empfehlung stimmen.

 
  
  

- Bericht: Gay Mitchell (A6-0135/2009)

 
  
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  Alessandro Battilocchio (PSE), schriftlich. − (IT) Ich habe für den Bericht gestimmt.

Erstmalig hat das Parlament nur einen Bericht über die Arbeit der Europäischen Investitionsbank (EIB) und der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBWE) abgefasst. Beide Banken führen ihre Projektfinanzierungen immer häufiger in denselben Regionen außerhalb der Europäischen Union durch, wie etwa in Osteuropa, im südlichen Kaukasus, in Russland, in den westlichen Balkanstaaten und in der Türkei.

Die Zusammenarbeit der beiden Banken hat sich auf regionaler Ebene entwickelt und ist somit je nach Region unterschiedlich ausgeprägt. In den Ländern, in denen beide Banken aktiv sind, gibt es drei verschiedene Arten der Kooperation, nämlich die Vereinbarung für Osteuropa, die in den westlichen Balkanstaaten praktizierte Zusammenarbeit sowie flexible Formen der Zusammenarbeit.

Diese Entwicklung ist nicht zufrieden stellend. Es wäre stattdessen sinnvoller, umfassend zu prüfen, wie die Zusammenarbeit zwischen den beiden Banken untereinander und mit anderen wichtigen Akteuren unter Berücksichtigung der Interessen der EU und der Empfängerländer verbessert werden könnte. Zudem kann die Arbeitsteilung und Zusammenarbeit der beiden Banken nicht nur auf regionaler Basis oder dadurch geregelt werden, dass eine Grenze zwischen Darlehensfinanzierungen für den öffentlichen Sektor und solchen für den Privatsektor gezogen wird.

 
  
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  Luca Romagnoli (NI), schriftlich. – (IT) Ich habe gegen den Bericht von Gay Mitchell über die Jahresberichte 2007 der Europäischen Investitionsbank und der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung gestimmt. In Anbetracht der enormen Höhe der von beiden Banken 2007 gewährten Darlehen wäre es meiner Meinung nach sinnvoller sicherzustellen, dass vor, bei und nach der Mittelzusage Prüfungen vorgenommen werden, statt sich mit der Zusammenarbeit der beiden Banken untereinander und mit anderen beteiligten Parteien zu befassen. Eine finanzielle Unterstützung ohne Einbeziehung der bürgerlichen Gesellschaft in den betreffenden Ländern trägt nicht zur Verbesserung, sondern eher zur Verschlechterung der Situation in diesen Ländern bei.

In diesem Sinne begrüße ich den Vorschlag von Guy Mitchell, dass die Kommission dem Parlament und dem Rat jährlich Bericht über die Bewertung der Folgen der von beiden Banken getätigten Finanzierungen erstatten soll. Das allein reicht jedoch nicht aus, damit ich für den Bericht stimmen kann.

 
  
  

- Entschließungsantrag: RC-B6-0152/2009 (Zukunft der Automobilindustrie)

 
  
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  Guy Bono (PSE), schriftlich. – (FR) Ich habe für diesen gemeinsamen Entschließungsantrag in Bezug auf die Zukunft der Automobilindustrie gestimmt.

Darin wird mit Nachdruck darauf hingewiesen, dass auf europäischer Ebene eine klare und kohärente Politik zur Bewältigung dieser Krise festgelegt werden muss, von der alle Mitgliedstaaten der EU betroffen sind. Schätzungen zufolge sind 12 Millionen Arbeitsplätze in Europa direkt oder indirekt von der Automobilindustrie abhängig. Der Umsatz ist rückläufig, die Bestände nehmen zu, und die Entlassungsankündigungen häufen sich. Es gibt kein Wundermittel zur Bewältigung der sich ankündigenden sozialen Katastrophe. Nur koordinierte Maßnahmen können diese Branche retten.

Deshalb habe ich für diese gemeinsame Entschließung gestimmt, in der die europäischen Behörden zur Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten bei der Einführung von Maßnahmen aufgefordert werden, die die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Automobilindustrie und die Sicherung der Arbeitsplätze in dieser Branche gewährleisten sollen.

Die Entschließung kommt jedoch ein wenig spät und erfüllt auch nicht alle Erwartungen. Die Debatte ist also noch lange nicht zu Ende. Es wird noch viele Versprechungen geben, insbesondere im Hinblick auf die anstehenden sozialen Probleme und das immer wieder geforderte „Soziale Europa“, das seine Bürger schützt.

 
  
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  Nicodim Bulzesc (PPE-DE), schriftlich. – (RO) Ich habe für diese Entschließung zur Zukunft der Automobilindustrie gestimmt, weil sie von den EU-Mitgliedstaaten aufeinander abgestimmte Maßnahmen für die europäische Automobilindustrie und für die Schaffung eines geeigneten Aktionsrahmens für Europa fordert.

 
  
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  Edite Estrela (PSE), schriftlich. – (PT) Ich habe für den gemeinsamen Entschließungsantrag zur Zukunft der Automobilindustrie gestimmt. Da die EU der weltweit größte Hersteller von Kraftfahrzeugen ist und da die Automobilbranche zu den wichtigsten Arbeitgebern im privaten Sektor zählt, ist die Unterstützung dieses Industriezweigs von größter Bedeutung für die Bewältigung der aktuellen Finanz- und Wirtschaftskrise.

Deshalb befürworte ich ein koordiniertes politisches Handeln auf europäischer Ebene zur Förderung von Unterstützungsmaßnahmen für diese Industrie, wie Gewährleistung des Zugangs zu Krediten für Fahrzeughersteller und -lieferanten, Ankurbelung der Nachfrage nach neuen Fahrzeugen, auch durch Anreize für die Verschrottung aller Fahrzeuge und den Erwerb umweltfreundlicher Fahrzeuge, finanzielle Unterstützung qualifizierter Fachkräfte durch eine umfassende Nutzung des Fonds zur Anpassung an die Globalisierung und des europäischen Sonderfonds sowie die besondere Förderung von Forschung und Investitionen.

 
  
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  Bruno Gollnisch (NI), schriftlich. – (FR) Wir haben für die Entschließung zur Automobilindustrie gestimmt, doch nicht vergessen, dass diejenigen, die sie heute angeblich retten wollen, doch eigentlich die Verantwortung für diese Katastrophe tragen.

Denn sie sind für die Ausweitung einer finanzgetriebenen globalisierten Wirtschaft verantwortlich, die weit von der Realität entfernt ist, in der hohe Aktienrenditen an die Stelle branchenspezifischer Strategien getreten sind und Aktienkurse nach der Bekanntgabe von Sozialplänen steigen, während sich die teilweise unfähigen Spitzenmanager Boni und hohe Abfindungszahlungen genehmigen. Sie haben dieses System geschaffen, in dem die Arbeitsplätze und die Lohn- und Gehaltszahlungen der Arbeitskräfte die einzigen Ausgleichsvariablen sind. Sie tragen die Verantwortung für die Verknappung der Haushalte, die sich nachteilig auf die Nachfrage auswirkt und den Teufelskreis in Gang hält.

Obwohl derzeit Hunderttausende von Arbeitsplätzen auf dem Spiel stehen, hält die Kommission unbeirrt an ihrem Wettbewerbsdogma fest, behindert Maßnahmen zur Sicherung von Arbeitsplätzen und fordert von Renault gar Erklärungen, um sich selbst davon zu überzeugen, dass die Produktionssteigerung in einem Werk nicht auf eine Betriebsverlagerung zurückzuführen ist.

Hätte man doch nur mit der gleichen Entrüstung reagiert, als europäische Unternehmen ihre Betriebsstätten auf der Suche nach den geringsten Kosten und möglichst nicht vorhandenen sozialrechtlichen Anforderungen weltweit verlagerten.

Es ist höchste Zeit für einen Politikwechsel, zum Wohle Europas und vor allem seiner Bürgerinnen und Bürger.

 
  
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  Małgorzata Handzlik (PPE-DE), schriftlich. – (PL) Aufgrund der aktuellen Wirtschaftskrise befindet sich die Automobilindustrie in einer äußerst prekären Lage. Die Prognosen für dieses Jahr sind auch nicht optimistisch, sondern deuten einen weiteren Rückgang des Verkaufs von Neufahrzeugen hin.

Nach Auffassung der Europäischen Kommission und des Europäischen Parlaments sollte die Industrie die Krise größtenteils selbst bewältigen. So obliegt es vor allem der Industrie, eine Lösung für die strukturellen Probleme im Zusammenhang mit der Produktionseffizienz und Kapazitätsauslastung zu finden, um die Wettbewerbsfähigkeit und Stabilität langfristig gesehen zu verbessern.

Maßnahmen der EU und der Mitgliedstaaten können die von den Herstellern selbst ergriffenen Maßnahmen nur unterstützen. Dies gilt insbesondere für Maßnahmen, die den Zugang zu Finanzierungsmöglichkeiten zu vertretbaren Konditionen wiederherstellen, die Nachfrage nach Neufahrzeugen ankurbeln, Qualifizierungsstandards beibehalten, Arbeitsplätze erhalten und Sozialkosten verringern sollen.

Einige Länder haben Pläne zur Unterstützung der Automobilbranche angenommen. Doch nach Maßgabe der Kommission müssen diese Pläne im Einklang mit dem Gemeinschaftsrecht und den geltenden Wettbewerbsgrundsätzen, insbesondere den Regeln für staatliche Beihilfen, stehen, um das Funktionieren des europäischen Binnenmarktes nicht zu stören. Darüber hinaus müssen alle Maßnahmen in Bezug auf Finanzierung, Steuern oder Verschrottung wichtige technologische Änderungen in diesem Industriezweig, vor allem im Hinblick auf die Senkung des Kraftstoffverbrauchs und die Verringerung der Emissionen, unterstützen und vorantreiben.

 
  
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  Marine Le Pen (NI), schriftlich. – (FR) Das Europäische Parlament will das Diktat der Europäischen Kommission befürworten, wodurch alle Bemühungen der Mitgliedstaaten um den Schutz ihrer einheimischen Automobilindustrie ernsthaft untergraben werden.

Die Menschen müssen sich einfach darüber im Klaren werden, dass die ultraliberale Politik der Kommission und des Parlaments ein fantastisches Mittel ist, um die Verlagerung französischer Unternehmen in wirtschaftlich „lebensfähigere“ Staaten zu beschleunigen.

In Zeiten, in denen Tausende von Arbeitsplätzen in der Automobilindustrie gefährdet sind, ist diese Entscheidung gegen das eigene Land moralisch verwerflich und in wirtschaftlicher Hinsicht selbstmörderisch.

Mitglieder, die diese industrielle und soziale Zerstörung unterstützen, müssen sich dafür gegenüber den Arbeitskräften und ihren Familien verantworten, die direkte Opfer ihrer ideologischen Blindheit sind.

 
  
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  Luís Queiró (PPE-DE), schriftlich. – (PT) Angesichts der Bedeutung der Automobilindustrie für die europäische Wirtschaft ist das Engagement vonseiten der europäischen Regierungen und der Europäischen Union zur Bewältigung der aktuellen Krisensituation verständlich. Sie versuchen mit allen Mitteln zu verhindern, dass sich diese Branche von den Folgen dieser hoffentlich nur vorübergehenden Krise nicht erholen kann. Wir teilen diese Bedenken. Doch es muss auch Schutzmaßnahmen geben. Bei der Verfolgung des vorrangigen Ziels, d. h. des Erhalts von Arbeitsplätzen, darf das Endziel, nämlich das Überleben tragfähiger Industriezweige, nicht außer Acht gelassen werden. Demzufolge müssen die außerordentlich hohen Investitionen in diese Branche zu ihrer Modernisierung und Vorbereitung auf noch stärkeren Wettbewerb genutzt werden. Die Auffassung, wonach es möglich oder wünschenswert ist, einen Wirtschaftszweig vom gesunden und fairen Wettbewerb auszuschließen und davor zu schützen, ist wirtschaftlich gesehen falsch und politisch gesehen trügerisch.

Trotz aller ihrer Defizite sind die Überwindung der Krise in der Automobilindustrie sowie der Krise im Allgemeinen und die Vorbereitung auf die nächste Phase die wesentlichen Bestandteile der Strategie von Lissabon: mehr Wettbewerbsfähigkeit, mehr Innovation, mehr Arbeitsplätze. Wir sollten der Automobilindustrie bei ihrer Erholung helfen, doch nicht das Rad neu erfinden.

 
  
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  Peter Skinner (PSE), schriftlich. Die Automobilfertigung innerhalb der EU ist an die Erreichung von Standards gekoppelt, die strengere Umweltschutzvorschriften fördern können. Dies ist kein Widerspruch zur Auffassung von einer wettbewerbsfähigen Industrie, sondern vielmehr ein Beitrag zu ihrem Überleben. Es gibt viele europäische Instrumente, die zur Unterstützung der Automobilindustrie und vor allem ihrer Arbeitskräfte genutzt werden können. Dazu zählen finanzielle Mittel zur Förderung von Schulungsmaßnahmen bis hin zu Programmen für lebenslanges Lernen.

Dabei sind die richtigen Arbeitskräfte, die an eine Zukunft für die nachhaltige Produktion glauben, von großer Bedeutung. Ich weiß, dass Automobilhersteller im Südosten Englands jetzt die Chance zur Nutzung finanzieller Möglichkeiten haben, die eine zukunftsorientierte Automobilfertigung fördern können. Dies muss mit der Abwägung von Umweltbedingungen und sozialen Bedingungen einhergehen.

 
  
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  Bart Staes (Verts/ALE), schriftlich. – (NL) Grünen-Politiker sind davon überzeugt, dass man die Wirtschafts- und Umweltkrise nicht getrennt voneinander betrachten kann. Um der Wirtschaft wieder auf die Beine zu helfen, ist ein „Green New Deal“ erforderlich. In der Automobilbranche gibt es ein enormes Potenzial für eine ökologische Umorientierung. Doch zur Nutzung dieses Potenzials müssen die Regierungen die Automobilhersteller zu Investitionen in Innovation zwingen und sie dabei unterstützen. Eine Mehrheit dieses Hauses hat beschlossen, dass die Europäische Union beträchtliche Summen in die Automobilindustrie pumpen soll. Natürlich ist die Ausstellung eines Blankoschecks keine Lösung. Wir dürfen keine veralteten, überholten Technologien subventionieren. Vielmehr sollten wir die Automobilhersteller mit direkten Maßnahmen zu Investitionen in Innovation zwingen. Dadurch wird diese Branche zukunftssicher und die Sicherheit von Millionen von Arbeitsplätzen in der Automobilindustrie gefördert.

Die Fraktion der Grünen/Freie Europäische Allianz hat vorgeschlagen, Finanzmittel nur unter der Bedingung bereitzustellen, dass die Automobilindustrie ihre Umweltleistung erheblich verbessert. Das Verkehrs- und Transportwesen machen etwa ein Drittel der gesamten CO2-Emissionen in der EU aus. Ich habe gegen die Mehrheitsentschließung gestimmt, weil sie nicht die Verbesserung der Umweltleistung als Vorbedingung für die Gewährung öffentlicher Mittel vorsieht.

 

5. Berichtigungen des Stimmverhaltens und beabsichtigtes Stimmverhalten: siehe Protokoll
 

(Die Sitzung wird um 14.15 Uhr unterbrochen und um 15.05 Uhr wieder aufgenommen.)

 
  
  

VORSITZ: MARIO MAURO
Vizepräsident

 

6. Genehmigung des Protokolls der vorangegangenen Sitzung: siehe Protokoll
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7. Stand der transatlantischen Beziehungen nach den Wahlen in den USA (Aussprache)
Video der Beiträge
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  Der Präsident. Als nächster Punkt folgt der Bericht (A6-0114/2009) von Francisco José Millán Mon im Namen des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten über den Stand der transatlantischen Beziehungen nach den Wahlen in den USA (2008/2199(INI)).

 
  
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  Francisco José Millán Mon, Berichterstatter. − (ES) Herr Präsident! Zunächst möchte ich den Schattenberichterstattern, insbesondere Adrian Severin, Alexander Graf Lambsdorff und Joost Lagendijk, sowie dem Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten und den Verfassern der Stellungnahmen José Manuel García-Margallo y Marfil und Godelieve Quisthoudt-Rowohl meinen Dank aussprechen. Ich danke Ihnen allen für ihre Unterstützung bei der Abfassung dieses Berichts zu den Beziehungen zwischen der Europäischen Union und den USA.

Auf diese Weise konnten wir einen Bericht mit einem breiten Konsens zu diesem wichtigen Thema vorlegen. Somit stellt der Bericht, über den wir morgen abstimmen werden, eine starke und überzeugende Botschaft des Europäischen Parlaments genau zum richtigen Zeitpunkt dar. Der Grund, warum ich sage, dass dies ist ein wichtiges Thema ist, liegt auf der Hand: Die Europäische Union und die Vereinigten Staaten von Amerika sind zwei wichtige Akteure auf der Weltbühne, die eng zusammenarbeiten müssen, da sie die gleichen Grundsätze und Werte und größtenteils auch die gleichen Interessen teilen.

Die Kernaussage des Berichts besteht darin, dass dies genau der richtige Zeitpunkt für die Verstärkung der transatlantischen Beziehungen ist. Dafür gibt es drei ganz wesentliche Gründe. Der erste Grund ist die neue US-Regierung, die pragmatisch ist, die sich darüber im Klaren ist, dass kein Land die globalen Herausforderungen im Alleingang meistern kann, und die in Europa und rund um den Erdball große Erwartungen in der Öffentlichkeit geweckt hat. Der zweite Grund ist eine stärkere Europäische Union, die besser als die EU von 1995 extern agieren kann, als die Neue Transatlantische Agenda vereinbart wurde, zumal sich die EU jetzt auch auf die außen- und verteidigungspolitischen Instrumente des Vertrags von Lissabon stützen kann. Der dritte Grund sind die neuen Rahmenbedingungen, d. h. die globalen Herausforderungen wie die Wirtschaftskrise und der Klimawandel, und nicht mehr nur militärische Herausforderungen, wie es bislang der Fall war.

Angesichts der neuen Herausforderungen wird die Kooperation mit der Europäischen Union für die USA von großem Nutzen sein. Diese transatlantischen Beziehungen sollten in zwei Dimensionen verstärkt werden, nämlich der institutionellen Dimension und der physischen Dimension durch stärkere praktische Zusammenarbeit. Wir sollten den Vertrag von Lissabon zur Stärkung der institutionellen Strukturen nutzen: statt nur einem zwei Gipfeltreffen jährlich, an dem der neue ständige Präsident des Europäischen Rates teilnimmt; Schaffung eines transatlantischen politischen Rates mit einer vierteljährlichen Zusammenkunft des Hohen Vertreters – und Vizepräsidenten der Kommission – und des US-Außenministers; Weiterentwicklung des transatlantischen Dialogs der Gesetzgeber durch die Einrichtung einer transatlantischen Versammlung; Verbesserung des Transatlantischen Wirtschaftsrates. Alle diese Verbesserungen werden zu einer intensiveren und effizienteren Koordinierung beitragen und sollten in einem neuen transatlantischen Assoziierungsabkommen ihren Niederschlag finden. Die Verhandlungen sollten nach Inkrafttreten des Vertrages von Lissabon beginnen.

Das zweite Ziel des Berichts ist eine stärkere praktische Zusammenarbeit, was die Festlegung einer Agenda zur gemeinsamen Bewältigung der zahlreichen Herausforderungen und Konflikte sowie zur Lösung der bilateralen Fragen bedeutet. Zur Ausarbeitung dieser gemeinsamen Agenda sollten der Rat und die Kommission ihre Kontakte mit der neuen Regierung in Washington in den kommenden Monaten intensivieren. Daher bin ich hoch erfreut über das Gipfeltreffen mit Präsident Barack Obama am 5. April in Prag, auf das im Nachtrag von meiner Fraktion hingewiesen wird.

Der Bericht enthält eine Liste der globalen Herausforderungen, bei denen sich die USA und die Europäische Unon auf ein gemeinsames Vorgehen verständigen sollten. Dazu zählen die Wirtschaftskrise, ein wirksamer Multilateralismus unter Einbeziehung der Schwellenländer, die Millenniums-Entwicklungsziele, der Klimawandel, die Förderung der Menschenrechte usw. Der Bericht weist auch auf einige regionale Probleme hin, bei denen wir koordiniert vorgehen sollten. Dabei handelt es sich um Konflikte wie die im Nahen Osten und die Atomprogramme im Iran und in Afghanistan. Die Beziehungen mit Russland und den lateinamerikanischen Staaten werden auch erwähnt. Abrüstung und Sicherheit sind weitere Bereiche, in denen die Koordinierung verbessert werden muss. In diesen Bereich fällt auch die Bekämpfung des Terrorismus unter vollständiger Achtung des Völkerrechts und der Menschenrechte.

Sehr verehrte Damen und Herren! Der Bericht verweist auch auf bestimmte bilaterale Angelegenheiten im Bereich Justiz und Inneres, einschließlich der Visaproblematik. Ferner unterstreicht er die Notwendigkeit der transatlantischen Partnerschaft, die von breiten Teilen der Zivilgesellschaft, insbesondere von Jugendlichen, getragen werden sollte. Die Wirtschafts- und Handelsbeziehungen werden auch in diesem Bericht angesprochen, der mit Nachdruck auf die notwendigen Fortschritte bei der Integration des transatlantischen Marktes hinweist. Zu diesen Themenkomplexen habe ich viele Vorschläge vom Ausschuss für Wirtschaft und Währung und vom Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten in meinen Bericht aufgenommen.

Zusammenfassend bin ich, meine Damen und Herren, der Überzeugung, dass eine klare Botschaft vom Parlament ausgehen wird, wenn der Bericht morgen angenommen wird. Wir fordern stärkere Beziehungen zwischen der EU und den USA, auch auf institutioneller Ebene. Ich glaube, dass diese Stärkung nicht nur beiden Parteien, sondern auch der gesamten internationalen Gemeinschaft zum Vorteil gereichen wird.

 
  
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  Alexandr Vondra, amtierender Präsident des Rates. Herr Präsident! Ich bitte mein verspätetes Erscheinen aufgrund der Konferenz der Ausschussvorsitzenden zu entschuldigen. Ich bin erst heute Morgen aus Washington hier angekommen. Ich möchte Ihnen für Ihre Einladung zur Teilnahme an dieser bedeutsamen Debatte über die transatlantischen Beziehungen danken, die genau zum richtigen Zeitpunkt stattfindet. Mein besonderer Dank gilt dem Berichterstatter Francisco José Millán Mon für seinen wertvollen und umfassenden Bericht, den ich mit großem Interesse während meiner Reise gelesen habe. Der Bericht enthält viele Punkte, dem die Ratspräsidentschaft und der Rat nur zustimmen können.

Unabhängig von unserem politischen Hintergrund wissen wir alle, wie wichtig die transatlantischen Beziehungen für unsere Zukunft, die Zukunft Europas sind. Seit sechs Jahrzehnten ist die stabile transatlantische Partnerschaft die treibende Kraft für Frieden, Stabilität und Wohlstand für Europa und Nordamerika und für die gesamte Welt. Ich behaupte, dass dies nicht nur Geschichte ist. Es ist auch die bestmögliche Agenda für das 21. Jahrhundert. Dank der transatlantischen Beziehungen können wir Ergebnisse erreichen, die kein Partner allein erzielen kann. An dieser Stelle möchte ich den Vizepräsidenten Joe Biden zitieren, der bei seiner ersten Reise nach München unmissverständlich erklärte, dass die USA Europa und Europa die USA brauchen. Ich glaube, dass diese Aussage keiner weiteren Klärung bedarf. Wenn wir zu einer Einigung kommen, können wir die Bedingungen für die globale Agenda festlegen. Wenn wir zu keiner Einigung kommen, ist es schwierig, die Agenda voranzubringen, damit wir die Ziele, die wir allein nicht erreichen können, im Rahmen der transatlantischen Beziehungen erreichen können.

Die US-Präsidentenwahl letztes Jahr im November hat ein beispielloses Maß an Enthusiasmus, Hoffnung und Interesse hier in Europa hervorgerufen, was nicht zuletzt daran liegt, dass die Wahl des US-Präsidenten auch für die Europäer von Bedeutung ist. Präsident Obama hat eine neue Vorgehensweise zur Bewältigung der aktuellen Herausforderungen angekündigt. Dieser Wandel und „Spirit of Change“ haben viele Europäer in ihren Bann gezogen. Auf beiden Seiten des Atlantiks wurden hohe Erwartungen geweckt. Diese Erwartungen stellen eine Chance für unsere gegenseitige Zusammenarbeit dar, insbesondere in Zeiten, in denen wir sie am meisten benötigen. Doch sie erfordern auch ein umsichtiges Vorgehen, weil nichts unseren Beziehungen mehr schaden könnte als unerfüllte Hoffnungen. Denn je höher die Hoffnungen sind, umso schwerer lassen sie sich erfüllen.

Die neue US-Regierung hat ihre Arbeit voller Elan aufgenommen. Erwartungsgemäß konzentriert sich die Agenda des Präsidenten größtenteils auf die Wirtschafts- und Finanzkrise. Anlass zur Hoffnung geben die frühzeitigen Entscheidungen zu Guantánamo – einem Thema, über das wir noch vor einigen Wochen gesprochen haben – die erneute Verpflichtungserklärung zum Engagement im Nahen Osten und die Einberufung der Afghanistan-Konferenz, die am 31. Mai in Den Haag stattfinden soll. Diese Initiativen wurden von vielen Europäern gefordert.

Der Dialog mit den USA ist neu entfacht worden. Durch meine Kontakte mit der neuen US-Regierung, auch durch die Treffen mit Vizepräsident Joe Boden und Außenministerin Hillary Clinton, weiß ich, dass die USA einen neuen Ton im Dialog mit der EU und unseren Partnern anschlagen möchte. Ich begrüße den pragmatischen Ansatz, der diese frühen Kontakte gekennzeichnet hat.

Obwohl diese Änderung der Tonart bedeutsam ist, sagt sie natürlich noch nichts über die konkreten Ergebnisse aus. Wenn wir konstruktiv zusammenarbeiten wollen, müssen wir unsere politischen Prioritäten einer gemeinsamen Prüfung unterziehen und die Art und Weise unserer transatlantischen Partnerschaft neu bewerten. Ihr Bericht ist ein wertvoller Beitrag für diesen Prozess. Aufseiten der EU begann dieser Prozess bereits letztes Jahr im Rahmen der Aussprache der Außenminister über die transatlantischen Beziehungen bei zwei informellen Treffen in Avignon und Marseille. Meiner Meinung nach gebührt unser Dank der französischen Ratspräsidentschaft, die diese Treffen initiiert hat, und Portugal, das auch eine wichtige Rolle dabei gespielt hat. Dieser Prozess muss in den kommenden Monaten fortgesetzt und weiterentwickelt werden. Bei dem informellen Treffen der Staats- und Regierungschefs mit dem US-amerikanischen Präsidenten nächste Woche in Prag wird sich dafür eine hervorragende Möglichkeit bieten. Die transatlantischen Beziehungen sind vielseitig und umfassen eine Vielzahl politischer Bereiche. Ich kann sie nicht alle nennen, möchte aber jene hervorheben, die wir bei dem bevorstehenden Treffen in Prag ansprechen möchten.

Zuerst der Themenbereich Energiesicherheit und Klimawandel. Diese miteinander verknüpften Themen sind ein wichtiges Anliegen vieler Europäer. Die Energieversorgungssicherheit ist ein vorrangiges Ziel, das über eine umfassende Strategie verfolgt werden muss, die Aspekte wie Energieeffizienz und Förderung erneuerbarer Energiequellen sowie die Diversifizierung der Energieversorgung, -quellen und -versorgungswege umfasst. Sofern möglich und notwendig sollten die EU und die USA in diesen Bereichen kooperieren und eine gemeinsame Agenda fördern. Im Hinblick auf das Klima wird dieses Jahr von kritischer Bedeutung sein. Die Klimakonferenz der Vereinten Nationen, die Ende Dezember in Kopenhagen stattfinden wird, bietet eine historische Chance zur Überarbeitung und Ausdehnung verbindlicher internationaler Klimaschutzziele.

Bereits vor dieser Konferenz hat sich die EU zur Einhaltung ehrgeiziger Energie- und Klimaschutzziele verpflichtet. Die Aussagen und Ernennungen von Präsident Obama in Bezug auf den Klimawandel deuten auf einen wichtigen Politikwechsel hin, wobei allerdings noch viel getan werden muss. Natürlich ist die Unterstützung der USA bei diesem Problem lebensnotwendig, reicht allein jedoch nicht aus. Wir benötigen auch die Unterstützung vonseiten der fortschrittlichen Entwicklungsländer wie China.

Das zweite Thema ist die Wirtschafts- und Finanzkrise. Die aktuelle schwere internationale Krise erfordert ein entschlossenes politisches Handeln auf allen Ebenen und rund um den Globus. In diesem Zusammenhang haben die EU und die USA eine besondere Verantwortung, sowohl im Hinblick auf die intern getroffenen Maßnahmen als auch in Bezug auf die internationale Koordination. Wir müssen mit den USA kooperieren, um aufeinander abgestimmte Maßnahmen zur Bewältigung der aktuellen internationalen Krise und Finanzprobleme sicherzustellen. Wir müssen gemeinsam an der Beaufsichtigung des Finanzsystems und der Reformierung der internationalen Kredit- und Finanzinstitute arbeiten. Wir müssen auch unsere politischen Maßnahmen für stärkeres Wachstum und bessere Beschäftigung aufeinander abstimmen. Wir müssen sicherstellen, dass unsere Ansätze miteinander vereinbar sind und nicht zu einer Wettbewerbsverzerrung auf dem transatlantischen Markt führen. Ein Großteil dieser anstehenden Arbeit wird in Gruppen wie der G8 und G20, vor allem beim G20-Gipfeltreffen in London erörtert, mit dem Präsident Obama seine Europareise beginnen wird. Doch es ist klar, dass die transatlantischen Beziehungen eine wesentliche Rolle bei der Festlegung der größeren internationalen Agenda spielen werden.

Das dritte wichtige Thema für Europa und die USA ist Afghanistan, ein gemeinsames Problem, da Terrorangriffe in den USA und in Europa in dieser Region ihren Ursprung hatten. Es ist eine wichtige und für alle europäischen Staats- und Regierungsführer unbequeme Aufgabe, ihren Bürgern zu erklären, dass ihre eigene Sicherheit in Kabul verteidigt werden muss. Afghanistan war auch Gegenstand eines informellen Treffens der EU-Troika mit Vizepräsident Biden am 10. März in Brüssel. Der Vizepräsident äußerte die Hoffnung, dass Afghanistan ein wichtiges Thema auf der EU-Agenda bleiben würde. Er machte unmissverständlich klar, dass die USA nicht nur unsere Unterstützung für die Gesamtstrategie in Afghanistan, sondern auch unser Engagement in Form konkreter Hilfe benötige. Da wir wissen, dass die Frage der Sicherheit der afghanischen Zivilbevölkerung besonders Anlass zur Sorge gibt, haben wir uns verpflichtet, unsere Polizeimission in diesem Land auszubauen. Neben der Zivilpolizeimission EUPOL ist Militärpolizei notwendig, die „Gendarmerien“, über die derzeit Gespräche geführt werden. In dieser Hinsicht ist die Entsendung von Polizeiausbildern als Beitrag der EU für die Mission der NATO eine Option, über die die Ratspräsidentschaft mit dem erst kürzlich ernannten Sonderbeauftragten der Europäischen Union für Pakistan und Afghanistan gesprochen hat. Ich hatte beispielsweise ein Gespräch mit Pierre Lelouche; wir führen hierüber auch Gespräche mit Dick Holbrooke. Wir müssen auch sicherstellen, dass alle Voraussetzungen gegeben sind, damit die Präsidentschaftswahlen in Afghanistan erfolgreich verlaufen. Ferner müssen wir regionale Aspekte berücksichtigen, insbesondere durch weitere Unterstützung für den Aufbau einer nachhaltigen Zivilregierung in Pakistan. Diese regionale Dimension ist also sehr wichtig und wird neben der nationalen und internationalen Dimension auch berücksichtigt.

Das vierte Thema ist die Gefahr der Verbreitung von Massenvernichtungswaffen, die durch ein multilaterales Handeln abgewendet werden muss. Die EU und die USA haben zunehmende Besorgnis über die nuklearen Tätigkeiten vor allem des Iran und die Nichtachtung der vom Iran eingegangenen internationalen Verpflichtungen im Nuklearbereich geäußert. Gemeinsam müssen die EU und die USA sicherstellen, dass die Weiterentwicklung der Nukleartechnologie auf rechtmäßige, zivile Zwecke beschränkt bleibt. Die beste Möglichkeit zur Erreichung dieses Ziels besteht in der Festlegung strenger, völkerrechtlich verbindlicher Regeln und Vorschriften, die durch glaubhafte und zuverlässige Kontrollmechanismen unterstützt werden. Gleichzeitig sind die EU und die USA zur Suche mit dem Iran nach konstruktiven Lösungen für dieses und andere Probleme in der Region bereit.

Eine weitere Herausforderung besteht darin, wie wir gemeinsam den auf rechtsstaatlichen Regeln und unseren gemeinsamen Werten basierenden Multilateralismus in der Praxis besser umsetzen. In diesem Bereich gibt es großen gemeinsamen Handlungsbedarf. Ich stimme der von Präsident Obama geäußerten und von Außenministerin Clinton und Vizepräsident Biden bekräftigten Auffassung zu, dass jede Entscheidung zwischen Sicherheit und Idealen falsch ist. In dieser Hinsicht begrüße ich die von Präsident Obama beabsichtigte baldige Schließung von Guantánamo.

Darüber hinaus begrüßen wir die frühzeitige Verpflichtungserklärung von Präsident Obama zur Lösung des arabisch-israelischen Konflikts, u. a. auch die Ernennung von George Mitchell zum US-Sonderbeauftragten für diese Region. Ein dauerhafter Frieden, der den Erwartungen und Hoffnungen sowohl der Israelis als auch der Palästinenser Rechnung trägt, ist von größter Wichtigkeit für die Bevölkerung in dieser Region und bleibt ein vorrangiges Ziel der EU und der USA. Ein Friedensabkommen könnte auch weitere Vorteile bieten, nicht zuletzt ein besseres Verständnis zwischen der westlichen und der islamischen Welt.

Mit Interesse habe ich die zahlreichen Empfehlungen in Ihrem Bericht in Bezug auf die institutionelle Struktur der transatlantischen Beziehungen gelesen. Ich stimme voll und ganz zu, dass die institutionellen Verbindungen zwischen der EU und den USA die Bedeutung dieser Beziehungen widerspiegeln sollten. Die von der tschechischen Ratspräsidentschaft ergriffenen Initiativen untermauern diesen Punkt. Von Beginn an haben wir uns auf allen Ebenen mit den USA und der neuen US-Regierung verständigt. In zehn Tagen wird die Ratspräsidentschaft Präsident Obama in Prag bei einem informellen Gipfeltreffen mit den Staats- und Regierungschefs der EU begrüßen. Wie ich bereits gesagt habe, bietet dieses Treffen eine gute Gelegenheit, einige Dimensionen der transatlantischen Beziehungen zu analysieren und unsere Bereitschaft zur Zusammenarbeit zu bekräftigen. Diese Gespräche sollen beispielsweise durch regelmäßige informelle Treffen der Außenminister der EU und der USA fortgesetzt werden. Ich bin auch der Überzeugung, dass regelmäßigere und engere Kontakte zwischen dem Europäischen Parlament und dem US-Kongress förderlich sind.

Ich danke diesem Parlament für seine weitere Unterstützung bei der Förderung der transatlantischen Beziehungen und insbesondere für Ihren Bericht. In diesem Jahr haben wir eine neue Chance zur Verbesserung dieser Beziehungen. Für diese Ratspräsidentschaft und für den Rat ist die transatlantische Partnerschaft immer von großer strategischer Bedeutung für ganz Europa gewesen.

Ich kann Ihnen versichern, dass die tschechische Ratspräsidentschaft alles daran setzen wird, dass sie das Herzstück unserer Strategie für die Außenbeziehungen bleiben und eine entscheidende Rolle bei der Bewältigung der zahlreichen Herausforderungen und Probleme spielen wird, mit denen wir heute weltweit konfrontiert sind.

 
  
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  Benita Ferrero-Waldner, Mitglied der Kommission. Herr Präsident! Unter der neuen US-Regierung von Präsident Obama haben die Beziehungen zwischen der EU und den USA sehr erfreulich begonnen. Alle Mitglieder der Kommission arbeiten hart daran, einen angemessenen Beitrag für unsere gemeinsame, mit neuem Leben erfüllte Agenda zu leisten. Aus diesem Grunde begrüße ich den Umstand, dass diese Debatte so frühzeitig geführt wird. Ich freue mich, dass das Parlament und die Kommission offenbar einer Meinung über viele Prioritäten in diesem Zusammenhang sind.

Wir freuen uns auf einen sehr gefüllten Terminkalender mit vielen gemeinsamen Treffen zwischen der EU und den USA. Bei meinen einführenden Worten möchte ich mich auf unsere unmittelbar bevorstehenden Aufgaben konzentrieren, zu Beginn jedoch auch auf zwei Aspekte in Bezug auf die institutionellen Strukturen der EU und der USA hinweisen. Erstens bin ich der Auffassung, dass eine engere Verbindung zwischen den Gesetzgebern in der EU und in den USA von größter Bedeutung für eine erfolgreiche transatlantische Partnerschaft ist. Zweitens befürworte ich die im Bericht genannten Empfehlungen, wonach die Neue Transatlantische Agenda von 1995 reformiert werden muss.

Wie viele andere habe ich die Außenministerin Hillary Clinton bei verschiedenen Gelegenheiten getroffen und auch mit dem Vizepräsidenten Joe Biden gesprochen, als er kürzlich in Brüssel war. Eines ist klar: Diese US-Regierung wird nach zuverlässigen Partnern für die Lösung aller internationalen und regionalen Probleme suchen und betrachtet Europa als ihren zuverlässigsten Partner. Wir müssen diese Gelegenheit nutzen.

Doch gleichzeitig werden die USA auch erwarten, dass die Europäische Union ihren Beitrag leistet, nicht zuletzt, was so schwierige Fragen wie Afghanistan und die Schließung von Guantánamo anbelangt. Deshalb müssen wir auf Basis unserer eigenen gemeinsamen Interessen klar Stellung beziehen und mit einer Stimme sprechen. Dabei muss allerdings klar gesagt werden, dass diese wichtige transatlantische Freundschaft keine Einbahnstraße sind. Europa und die Europäische Union müssen ihren Beitrag dazu leisten.

Somit ist eine starke EU ein wichtiger Partner für die USA bei der Bewältigung der globalen Herausforderungen. Meiner Meinung nach sollten wir uns zu Anfang auf bestimmte Prioritäten konzentrieren,

wobei die äußerst schwierige Weltwirtschaftslage natürlich all unser Handeln bestimmt. Das vorrangige Ziel ist eine stärkere Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Union, den Vereinigten Staaten von Amerika und anderen wichtigen Akteuren bei der makroökonomischen Stabilisierungspolitik und bei der Reformierung der Aufsichtsregelungen für den Finanzsektor. Zur Förderung einer Erholung der Nachfrage und der Lage auf dem Arbeitsmarkt müssen wir die Koordination verbessern und sicherstellen, dass sich unsere Maßnahmen ergänzen und unterstützen und den Handel nicht verzerren. Dabei sind protektionistische Elemente auf beiden Seiten des Atlantiks zu vermeiden. Die Europäische Union und die USA sollten bei der Umsetzung der Ergebnisse des G20-Gipfeltreffens, das nächste Woche stattfindet, eng miteinander kooperieren, wie u. a. bei der Ausarbeitung miteinander vereinbarer Ansätze zur Reformierung der Aufsichtsregelungen für den Finanzsektor. Bei der letzten Tagung des Europäischen Rates in Brüssel wurde ein wichtiger Schritt in diese Richtung gemacht.

Wir müssen auch ein wachsames Auge auf die transatlantische Wirtschaft haben, die etwa die Hälfte der weltweiten Wirtschafts- und Handelsleistung ausmacht. Mit Recht weist Ihr Bericht mit Nachdruck auf diesen wichtigen Punkt hin. Wir sollten den Transatlantischen Wirtschaftsrat (TWR) stärken, damit er beim Abbau von Regulierungshürden und bei der Förderung des Wachstums effizienter und gleichzeitig planvoller agieren kann. Der TWR, wie er genannt wird, sollte beispielsweise in der Lage sein zu erörtern, wie sich eine Beggar-thy-Neighbour-Politik in den nationalen Konjunkturprogrammen vermeiden lässt.

Nun zum Klimawandel. Zum ersten Mal in den letzten 10 Jahren ist eine allmähliche Konvergenz der Politiken der EU und der USA zu beobachten. Wir sollten alles daran setzen, im Dezember ein Abkommen in Kopenhagen zu unterzeichnen. Wir müssen gemeinsam eine Vorreiterrolle übernehmen, um beispielsweise Staaten wie China und Indien in ein mulilaterales Abkommen miteinzubeziehen und den Weg für einen integrierten Kohlenstoffmarkt als Teil des zukünftigen globalen Markts zu ebnen. Beide Seiten müssen immer wieder die klare Botschaft ausgeben und fördern, dass saubere, effiziente Technologien und „umweltweltfreundliche“ Arbeitsplätze eine wichtige Rolle bei der Ankurbelung der Wirtschaft spielen. Präsident Obama hat diesen Punkt schon zu Recht hervorgehoben. Dies bedeutet auch, dass unsere Energieforschungsprogramme besser aufeinander abgestimmt werden und dass unser Dialog über Energieversorgungssicherheit intensiviert wird, wie unser Präsident auch gesagt hat.

Was die Außenhilfe- und Entwicklungspolitik anbelangt, so haben Präsident Barack Obama und Außenministerin Hillary Clinton bereits auf ihre Bedeutung im Rahmen einer umfassenden Außenpolitik hingewiesen, was den Stärken der EU als dem weltweit größten Geldgeber sehr entgegenkommt. Wir sollten uns um das erneute Engagement der USA für die Millennium-Entwicklungsziele und um die Wiederbelebung des Dialogs zwischen der EU und den USA über Entwicklungszusammenarbeit bemühen, wobei der Schwerpunkt auf Fragen wie der Wirksamkeit der Entwicklungszusammenarbeit und der Politikkohärenz liegen sollte.

Die Wirtschaft hat zwar oberste Priorität auf der politischen Agenda von Präsident Obama, doch andererseits haben sich die USA auch schnell mit wichtigen außenpolitischen Fragen befasst.

Zu Afghanistan und Pakistan: Die neue US-Regierung stimmt der Bedeutung einer umfassenderen Politik zu, wonach der Militäreinsatz mit einem Zivileinsatz einhergehen soll. Der neue US-amerikanische Schwerpunkt, der auf dem zivilen Wiederaufbau liegt, und der regionale Ansatz mit Fokussierung auf Pakistan stehen im Einklang mit der langjährigen EU-Politik. Die Anstrengungen der Kommission in Afghanistan umfassen die Unterstützung bei der Polizeiausbildung, die Reformierung des Justizwesens und die Förderung alternativer Lebensgrundlagen in ländlichen Regionen, beispielsweise zur Bekämpfung des Drogenanbaus. Ich habe auch klare Signale, u. a. von Vizepräsident Biden selbst, erhalten, wonach die USA unsere Vorbereitungen für eine mögliche EU-Wahlbeobachtungsmission in Afghanistan unterstützen wollen, sofern die Sicherheitsanforderungen erfüllt sind. Ich prüfe derzeit, ob wir zusätzliche Mittel in allen genannten Bereichen bereitstellen können. Vor kurzem hatten wir auch ein Gespräch darüber mit Richard Holbrooke, dem Sonderbeauftragten für Afghanistan und Pakistan. Wir freuen uns auf unsere Teilnahme an der Regionalkonferenz in Den Haag und an der Konferenz in Tokio über Pakistan.

Im Nahen Osten haben wir ebenso ein stärkeres Engagement der USA von Beginn an gefordert. Positive Signale für uns waren die Teilnahme von Außenministerin Hillary Clinton an der Konferenz in Sharm-el-Sheik sowie ihre aktive Mitwirkung und Teilnahme am gesamten Nahost-Quartett. Wir sollten erörtern, wie wir die neue israelische Regierung sowie hoffentlich auch eine palästinensische Einheitsregierung am besten zum Aufbau einer Zweistaatenlösung bewegen können. Wir sind erfreut, dass sich die Obama-Regierung auch bei den anderen Staaten dieser Region, einschließlich Syriens, engagieren will. Im Rahmen des Kampfes gegen die Verbreitung von Kernwaffen und der Verstärkung unserer Bemühungen im Wege von Anreizen und Sanktionen sollten wir auch beim Einsatz in Iran mit den USA kooperieren, wie bereits gesagt wurde.

Darüber hinaus spielt die EU eine wichtige Rolle in unseren östlichen Nachbarstaaten. Wir sind weiterhin in enger Verbindung mit den USA und halten sie auf dem Laufenden über unsere Bemühungen zur Förderung demokratischer und marktorientierter Reformen in dieser Region, u. a. auch über die neue Ostpartnerschaft, die eine politische Assoziation und wirtschaftliche Integration mit unseren sechs östlichen Nachbarstaaten zum Ziel hat.

Wir wollen mit den USA häufiger als in der Vergangenheit Gespräche über eine mögliche Zusammenarbeit mit strategischen Partnern wie Russland und China sowie Lateinamerika führen. Darüber hinaus möchte ich sicherstellen, dass das bevorstehende Treffen der EU mit Präsident Obama am 5. April in Prag zu einer spürbaren Verbesserung der Beziehungen beiträgt, wobei wir uns bereits auf konkrete Ergebnisse konzentrieren. Dadurch werden positive Voraussetzungen für einen erfolgreichen Verlauf des EU-USA-Gipfels geschaffen, der voraussichtlich im Juni in Washington stattfinden wird.

Der Monat Juni bietet dann auch die Gelegenheit zur Ausarbeitung einer neuen transatlantischen Agenda und eines tragfähigen Programms für die praktische Kooperation zwischen der EU und den USA.

 
  
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  Albert Deß, Verfasser der Stellungnahme des mitberatenden Ausschusses für internationalen Handel. − Herr Präsident, Herr Ratspräsident, Frau Kommissarin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Als Erstes möchte ich mich beim Berichterstatter, Millán Mon, für die Vorlage dieses hervorragenden Berichts bedanken, in dem alle Punkte angesprochen sind, die für faire transatlantische Beziehungen notwendig sind. Der vorliegende Entschließungsentwurf zum Stand der transatlantischen Beziehungen nach den Wahlen in den USA weist darauf hin, wie wichtig diese Beziehungen sind.

Nach Angaben der Kommission sind nahezu 14 Millionen Arbeitsplätze in der Europäischen Union und in den USA von diesen transatlantischen Wirtschafts- und Investitionsbeziehungen abhängig. Ich hoffe, dass der neue Präsident der Vereinigten Staaten, so wie er es vor seiner Wahl in seiner Berliner Rede vom Juli 2008 angesprochen hat, diesen Beziehungen einen hohen Stellenwert einräumt. Er hat damals gesagt, dass Amerika keinen besseren Partner habe als Europa.

Wir stellen in der Entschließung fest, dass diese Partnerschaft auch für Europa die wichtigste strategische Partnerschaft ist. Diese Partnerschaft ist gerade in der jetzigen weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise Voraussetzung dafür, die globalen Herausforderungen zu meistern. Voraussetzung für eine tragfähige transatlantische Partnerschaft ist aber, dass die Amerikaner auch berechtigte Anliegen der Europäer im transatlantischen Handel anerkennen.

In der Europäischen Union haben wir besonders hohe Standards, z. B. beim Verbraucherschutz, beim Tierschutz und beim Umweltschutz. Wir wollen, dass diese Standards auch bei Produkten eingehalten werden, die von den USA nach Europa geliefert werden. Ich hoffe, dass der neue Präsident und seine neue Regierung daran arbeiten, in den USA diese Standards einzuführen. Damit haben wir dann auch keine Probleme.

Ich bin überzeugt, dass diese Entschließung morgen große Zustimmung findet, weil ich der Meinung bin, dass hier alles enthalten ist, was für gute Beziehungen notwendig ist.

 
  
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  José Manuel García-Margallo y Marfil, Verfasser der Stellungnahme des Ausschusses für Wirtschaft und Währung. − (ES) Herr Präsident! Zunächst möchte ich dem Berichterstatter für seine Arbeit und den umfassenden und schlüssigen Bericht danken, der diesem Haus genau zum richtigen Zeitpunkt vorgelegt wir.

Die Ratspräsidentschaft und die Kommissarin haben bereits auf die anstehenden Termine hingewiesen, zuerst das Gipfeltreffen in London und dann das Treffen in Prag, bei denen nach der Wahl von Präsident Obama eine neue Phase der Beziehungen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und den Vereinigten von Amerika eingeläutet werden soll.

Ich möchte mich auf den Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Währung konzentrieren, der eine fundierte Arbeit hervorgebracht hat, einstimmig angenommen wurde und die folgenden Ziele verfolgt.

Das erste Ziel ist die Bewältigung der aktuellen Krise. Entweder schaffen wir dies zusammen, oder aber es gelingt uns nicht. Derzeit sind wir Zeuge der größten Konjunkturpakete, die unsere Generation seit der Krise von 1929 je erlebt hat. Sie werden eine größere Tragweite haben und zu einer Kostenentlastung für den Steuerzahler führen, wenn wir in der Lage sind, unsere Anstrengungen zu koordinieren.

Das zweite Ziel ist die Reform der Architektur des Finanzsystems, das sich in der aktuellen Krise nicht bewährt hat, sowie die transparentere Gestaltung der Produkte, Finanzinstitute und Märkte. Entweder tun wir dies gemeinsam, oder aber wir schaffen es nicht. Wie uns die Kommissarin bereits erinnert hat, bilden wir den weltweit größten Wirtschaftsblock und haben – wie der Berichterstatter angemerkt hat – gemeinsame Werte, die diese Annäherung ermöglichen.

Das dritte Ziel ist die Integration der Finanzmärkte, um dem Wettbewerbsdruck der Schwellenländer standhalten zu können. Zu diesem Zweck ist eine Annäherung der Regulierungsmärkte notwendig, die die praktische Anwendung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung und eine bessere Kontrolle durch die Behörden auf beiden Seiten des Atlantiks ermöglicht.

Die Kommissarin hat bereits auf das vierte Ziel hingewiesen und es besser formuliert, als ich es kann: Gemeinsam müssen wir der Versuchung des Protektionismus widerstehen, wobei es eine gute Idee wäre, wenn wir einen gemeinsamen Standpunkt bei der Doha-Runde annehmen.

Ebenso wichtig ist die gemeinsame Aufhebung der weltweiten Ungleichgewichte, auf die die aktuelle Krise größtenteils zurückzuführen ist.

Wir müssen ein neues internationales Währungssystem einrichten. Es wäre eine Schande, wenn unsere Stimme in der globalen Debatte kein Gehör fände, nur weil wir zu keiner Einigung mit unserem wichtigsten Verbündeten kommen.

 
  
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  José Ignacio Salafranca Sánchez-Neyra, im Namen der PPE-DE-Fraktion. – (ES) Herr Präsident! Die Partnerschaft zwischen den Vereinigten Staaten von Amerika und der Europäischen Union stützt sich auf Werte und ein enormes Wirtschaftspotenzial.

Das Bruttoinlandsprodukt beider Regionen beläuft sich auf 23 Milliarden Euro und macht somit 60 % des BIP weltweit aus. Mit ihrem Anteil von 60 % am Welthandel konnten beide Regionen 75 % der Nettoinvestitionen weltweit mobilisieren.

Dieser detaillierte und ausgewogene Bericht des Berichterstatters Francisco José Millán Mon hätte uns zu keinem besseren Zeitpunkt vorgelegt werden können. Wie der Berichterstatter bereits angemerkt hat, fällt er zeitlich zusammen mit dem ersten Besuch des neu gewählten Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika hier in Europa zur Teilnahme am G20-Gipfel, an der 60-Jahr-Feier der Nato und am außerordentlichen Gipfeltreffen zwischen der EU und den USA.

Die Europäische Union und die Vereinigten Staaten von Amerika sollten ihre Führungsposition festigen, wobei meines Erachtens drei Aspekte verbessert werden müssen.

Erstens sollten wir die Grundsätze und Werte schützen, auf die sich dieses transatlantische Bündnis stützt.

Zweitens muss der transatlantische Dialog über Themen intensiviert werden, die der Berichterstatter und die Kommissarin bereits angesprochen haben, nämlich Iran, Irak, der Nahe Osten, Afghanistan usw.

Drittens sollten wir versuchen, einen neuen Dialog über strategische Aspekte zu entfachen, die globale Probleme betreffen, wie u. a. die Bekämpfung der Armut, die Ernährungs- und Energieversorgungssicherheit, die Bekämpfung des Klimawandels usw.

Herr Präsident, es ist unbestritten, dass das Europa, das wir als „Macht“ etablieren möchten, sich nicht abschotten darf, sondern mit den USA kooperieren muss, zwei Partner, die die gleiche Weltanschauung und ähnliche Wertvollstellungen haben und einander respektieren.

Das bedeutet nicht, Herr Präsident, dass die Europäische Union einen Blankoscheck ausstellen sollte. Sie muss ihren Standpunkt nötigenfalls verteidigen, wie bei der Todesstrafe, dem Internationalen Strafgerichtshof, dem Kyoto-Protokoll, Guantánamo und Gesetzen mit extraterritorialer Wirkung. Die USA müssen die Europäische Gemeinschaft als Stabilitäts- und Gleichgewichtsfaktor in der Welt anerkennen.

Herr Präsident, bevor ich jetzt zum Ende komme, möchte ich nur anmerken, dass die neue Außenministerin Hillary Clinton es auf den Punkt gebracht hat, als sie vor dem Senatsausschuss für Auswärtige Angelegenheiten sagte, dass Amerika die dringendsten Probleme nicht allein lösen und dass die Welt sie nicht ohne Amerika lösen könne.

 
  
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  Adrian Severin, im Namen der PSE-Fraktion. Herr Präsident! Die Vereinigten Staaten von Amerika brauchen starke vereinigte Staaten von Europa. Die Europäische Union braucht eine starke amerikanische Union. Zusammen könnten beide Unionen, die USA und die EU, ein Garant für die Sicherheit und Stabilität weltweit sein und ein Vorbild für die Weltordnung bieten.

In diesem Bericht geht es nicht nur um die Verbesserung der transatlantischen Beziehungen, sondern auch darum, wie sie in ein besseres Gleichgewicht gebracht werden können. Die vorhandenen Asymmetrien zwischen den beiden Seiten des Atlantiks wirken sich negativ auf die transatlantische Zusammenarbeit aus. Deshalb ist die Stärkung der politischen Europäischen Gemeinschaft unabdingbar für die zukünftige Zusammenarbeit mit den USA. Diese Stärkung würde beiden Parteien eine bessere Lastenverteilung bei der Erfüllung ihrer internationalen Verpflichtungen ermöglichen.

Die Beziehungen zwischen diesen beiden strategischen Partnern müssen vertieft, besser strukturiert und auch institutionalisiert werden. In dem Bericht, der Gegenstand unserer heutigen Debatte ist, wird eine Verbesserung der strategischen Partnerschaft nahegelegt und der dafür notwendige Prozess beschrieben. In diesem Sinne sollten wir versuchen, echte konföderative Strukturen zwischen den USA und uns zu schaffen.

Gleichzeitig sollte die Konsolidierung der transatlantischen strategischen Partnerschaft eine neue Möglichkeit zur Verbesserung der Zusammenarbeit mit dem dritten Hauptakteur in der nördlichen Hemisphäre bieten, nämlich Russland. Die Beziehungen zwischen den USA und der EU sollten nicht als transatlantische Allianz gegen Russland, sondern als Ausgangsbasis für die Schaffung einer trilateralen Zusammenarbeit angesehen werden, mit dem Ziel, die weltweite Sicherheit und Stabilität aufrechtzuerhalten.

Ich komme zum Schluss. Wir sollten nicht unsere Erwartungen äußern und uns selbst hochspielen, sondern von realistischen Voraussetzungen dessen ausgehen, was die Europäische Union und die USA leisten können, und gleichzeitig unseren Beitrag erhöhen. Vor diesem Hintergrund unterstützen wir die Empfehlungen des Berichts. Lassen Sie mich dem Berichterstatter Francisco José Millán Mon persönlich für seine gute Zusammenarbeit bei der Ausarbeitung dieser Empfehlungen danken.

 
  
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  Sarah Ludford, im Namen der ALDE-Fraktion. Herr Präsident! Ich möchte eine Stellungnahme zu den in diesem Bericht angesprochenen Justiz- und Sicherheitsfragen abgeben, nicht weil ich kein Interesse an wirtschaftlichen Belangen habe, sondern weil ich nur drei Minuten Redezeit habe.

Unstrittig ist die transatlantische Zusammenarbeit von größter Bedeutung beim Kampf gegen Terrorismus und organisierte Kriminalität. Doch bei diesem Kampf müssen unbedingt die nationalen und internationalen Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit eingehalten und die Grundrechte gewahrt werden. Im Hinblick auf den Datenaustausch ist ein robuster und verbindlicher Rechtsrahmen für den Datenschutz notwendig.

Bestes Beispiel für die Positionsänderung von Präsident Obama ist die geplante Schließung von Guantánamo. Das ist sehr willkommen. Dieses Parlament hat die Mitgliedstaaten zu einer positiven Reaktion auf ein formelles Gesuch der USA aufgefordert, wonach etwa 60 als weniger oder nicht gefährlich eingestufte Häftlinge umgesiedelt und nicht angeklagt werden sollen. Dieses Gesuch wurde letzte Woche anlässlich des Besuchs von Vizepräsident Jacques Barrot und Minister Ivan Langer überreicht. Ich hoffe, dass uns bald ein Ergebnis vorliegt. Man sieht jetzt auch die Bereitschaft der Amerikaner, selbst einige von ihnen umzusiedeln, wie beispielsweise die 17 Uiguren.

Es wäre auch gut, wenn Präsident Obama über seine im Januar erlassenen Verfügungen hinausgehen und die Schließung sämtlicher CIA-Gefangenenlager und die Beendigung der außerordentlichen Auslieferung bekannt geben würde. Die Ereignisse der letzten siebeneinhalb Jahre, einschließlich der zu verachtenden Anwendung von Folter, sollten vollständig aufgedeckt werden, damit sich solche Vorkommnisse nicht wiederholen, insbesondere nicht die Kollusion von Europa.

Dieser Bericht, in dem eine von mir eingereichte Änderung berücksichtigt ist, fordert die neue US-Regierung auf, das Römische Statut des Internationalen Strafgerichtshofs zu ratifizieren und ihm beizutreten, Dadurch würde dieser Gerichtshof zweifelsohne gestärkt. Durch die Abschaffung der Todesstrafe könnten die USA auch ihre globale Führungsposition unter Beweis stellen.

Das unverzügliche Inkrafttreten des Abkommens über Rechtshilfe in Strafsachen und Auslieferung zwischen der EU und den USA würde die Zusammenarbeit in strafrechtlichen Angelegenheiten verbessern und die Grauzone beseitigen, die Flüge im Rahmen der außerordentlichen Auslieferung ermöglicht hat. Diese Kooperation kann jedoch nur bei fairer Behandlung unterstützt werden. Ein Wähler aus meinem Wahlkreis sitzt schon seit Jahren in einem Hochsicherheitsgefängnis und soll ausgeliefert werden, weil er sich als Hacker Zugang zum Computer im Pentagon verschafft hat. Es ist natürlich alarmierend, dass ihm das gelungen ist, doch er ist kein Terrorist. Er leidet unter dem Asperger-Syndrom. Die USA sollten ihren Auslieferungsantrag fallen lassen und der Strafverfolgung, wenn überhaupt, in Großbritannien zustimmen.

Abschließend möchte ich noch auf die Änderungsanträge der ALDE-Fraktion in Bezug auf Glücksspiele im Internet zu sprechen kommen. Es muss unbedingt eine rasche Lösung für diesen Rechtsstreit gefunden werden, bei dem vonseiten der USA nur europäische Betreiber von illegalen Glücksspielen im Internet strafrechtlich verfolgt werden. Gegenüber der WTO behaupten die USA, dass sämtliche Wettspiele im Internet verboten sind; doch das entspricht nicht der Wahrheit. Von Betreibern in den USA im Internet organisierte Pferdewetten und sogar offizielle staatliche Lotterien werden toleriert; doch ausländische Betreiber werden strafrechtlich verfolgt.

Ich habe keine besondere Vorliebe für Glücksspiele im Internet, sie sind vielmehr ein Anlass zur Sorge. Doch die Ungleichbehandlung und schamlose Missachtung der WTO-Vorschriften haben keinen Platz in gesunden transatlantischen Beziehungen. Das Gleiche gilt übrigens auch für Visa. Ich kann nur hoffen, dass die Visumspflicht für alle EU-Staatsbürger bald aufgehoben wird.

 
  
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  Konrad Szymański, im Namen der UEN-Fraktion. – (PL) Herr Präsident! Vermutlich gibt es kein bedeutsames internationales Problem, das wir allein lösen können. Dabei denke ich nicht nur an den Iran, Irak oder an Afghanistan. Das Fundament der Weltordnung ist durch den internationalen Terrorismus ins Wanken geraten. Die Genfer Konventionen müssen überarbeitet werden, um besser auf Bedrohungen reagieren zu können, von denen kein bestimmter Staat betroffen ist.

Trotz der optimistischen Erklärungen ist die Zukunft der NATO heute in Frage gestellt. Wenn dieses Bündnis auch weiterhin unsere Sicherheit gewährleisten soll, dann müssen die europäischen Staaten ihr Polizei- und Militärengagement wieder verstärken. Unsere Kooperation sollte allerdings pragmatisch sein. Wir sollten anerkennen, dass die USA ein anderes, doch ebenso gültiges Demokratiemodell haben und bei Ratschlägen zum Völkerrecht, zum Internationalen Strafgerichtshof oder zur Todesstrafe Zurückhaltung üben.

 
  
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  Joost Lagendijk, im Namen der Verts/ALE-Fraktion. – (NL) Herr Präsident! Wir stehen vor dem Neubeginn der Beziehungen zwischen der Europäischen Union und den USA. Wir alle wissen, wie sehr diese Beziehungen unter der achtjährigen Amtzeit von George W. Bush gelitten haben. Deshalb waren viele Europäer froh über die Wahl von Barack Obama und sein Versprechen, in einigen Bereichen völlig anders vorzugehen. Im Bericht von Francisco José Millán Mon werden alle diese wichtigen Themen angesprochen. Dazu zählt beispielsweise das gemeinsame Vorgehen bei der Bekämpfung des Klimawandels und der Bewältigung der Finanz- und Wirtschaftskrise. Es gibt auch andere Beispiele, wie die notwendige Verfolgung einer neuen Strategie in Afghanistan und Pakistan und die Schließung des Gefangenenlagers in Guantánamo Bay. Denn gerade Guantánamo Bay war einer der Missstände, die dem moralischen Ansehen der Vereinigten Staaten weltweit sehr geschadet haben. Das Gleiche gilt für Fragen wie Folterung und Auslieferung. Präsident Obama möchte diese Praktiken abstellen, was auch meine Fraktion sehr begrüßt.

Doch es gibt auch eine andere Entscheidung, die vielleicht weniger bekannt, doch meines Erachtens ebenso beschämend ist und so schnell wie möglich zurückgenommen werden sollte. Ich meine die Weigerung der USA zur Zusammenarbeit mit dem Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) in Den Haag. Schlimmer noch! Der US-amerikanische Kongress hat sich durch die Verabschiedung des „American Service-Members’ Protection Act“ nur einen Monat nach Einsetzung des IStGH im Juli 2002 gerächt.

Was bedeutet dieses Gesetz eigentlich? Nach den Bestimmungen dieses Gesetzes dürfen öffentliche Stellen und Bürger der USA nicht mit dem IStGH zusammenarbeiten bzw. keine Informationen an den IStGH weiterleiten. Vor der Teilnahme an Einsätzen der Vereinten Nationen wird amerikanischen Staatsbürgern internationale Immunität zugesichert. Mit anderen Worten, sie können und dürfen nicht strafrechtlich verfolgt werden. Staaten, die sich für den IStGH angemeldet haben, können dafür bestraft werden, was die USA auch tun. Darüber hinaus gibt es eine Komponente, die in meinem Land, den Niederlanden, für viel Aufhebens gesorgt hat, nämlich die Tatsache, dass dem amerikanischen Präsidenten alle notwendigen Mittel eingeräumt werden, um die Haftentlassung von US-Bürgern zu erwirken, die vom Internationalen Strafgerichtshof zu einer Freiheitsstrafe verurteilt wurden. Aus diesem Grunde wird dieses Gesetz in den Niederlanden auch als „Haager Invasionsgesetz“ bezeichnet.

Wir könnten viele Witze darüber machen, was wir zu Recht auch getan haben. Doch dadurch würden wir die Tragweite all dessen unterschätzen. Dieses Gesetz war extrem antagonistisch und eine symbolische Reaktion von Präsident Bush auf die Einrichtung des IStGH. Was wir jetzt brauchen, ist eine ebenso symbolische, doch hoffentlich sehr entgegenkommende Reaktion von Präsident Obama. Ich fordere ihn dringend zur Aufhebung dieses Gesetzes und zur Kooperation mit dem IStGH auf. Und ich fordere die Kommission und den Rat auf, dieses Thema beim nächsten Treffen mit dem Präsidenten anzuschneiden.

 
  
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  Jiří Maštálka, m Namen der GUE/NGL-Fraktion. – (CS) Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Ich habe den vorgelegten Bericht mit großem Interesse gelesen, doch ich muss ehrlich sagen, dass er für einige Verwirrung bei mir gesorgt hat. Der Bericht besteht aus 61 Punkten und ist sehr umfassend, doch meiner Meinung nach nicht umfassend genug. Denn es fehlen die Fragen, die die Öffentlichkeit in der Tschechischen Republik und in Europa besonders berühren. Es fehlt eine eindeutige Stellungnahme zur aktuellen Weltwirtschaftskrise und zum Lösungsansatz der EU und der USA. Es fehlt eine klare Aussage zum Krieg in Afghanistan, der von einigen EU-Staaten mit den USA völlig erfolglos geführt wird. Die Stellungsnahme im Bericht ist unerklärlich zurückhaltend. Was ist mit der Forderung nach einem neuen strategischen Konzept gemeint? Die Aussage, wonach wir „die Ernennung von Richard Holbrook zum alleinigen Sonderbeauftragten für die Region Pakistan und Afghanistan begrüßen“, ist in einem Bericht dieser Art völlig unangebracht und nur ein Beweis für die Vetternwirtschaft in einer kleiner Gruppe von Politikern, die vor 10 Jahren die Bombardierung Jugoslawiens beschlossen haben. Außerdem fehlt in diesem Bericht eine klare Aussage zum geplanten Bau von Komponenten des amerikanischen Raketenabwehrsystems in Mitteleuropa, das im Übrigen zu einem Zankapfel in den internationalen Beziehungen geworden ist.

Obwohl der Bericht eine deutliche Abkehr von der mit zweierlei Maß messenden Politik in Bezug auf Osteuropa zeigt und größeres Gewicht auf das Völkerrecht legt, wirkt der Bericht insgesamt wie eine Verteidigungsschrift für Javier Solana, den Hohen Vertreter der EU. Man hat den Eindruck, dass gute Arbeit geleistet wurde und dass keine fundamentalen Änderungen notwendig seien. Das Dokument enthält die Aufforderung zur Einrichtung von zwei gemeinsamen Organen der EU und der USA sowie einen Vorschlag dazu. Meiner Meinung nach sollten dem Europäischen Parlament nicht solche literarischen Werke vorgelegt werden, sondern konkrete Maßnahmenvorschläge für die weitere Vorgehensweise bei der Lösung der fundamentalen Probleme, mit denen die Welt heute konfrontiert ist.

 
  
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  Bastiaan Belder, im Namen der IND/DEM-Fraktion. – (NL) Herr Präsident! Ich teile den Geist, der den Bericht von Francisco José Millán Mon in Bezug auf die enorme Bedeutung guter transatlantischer Beziehungen für die Europäische Union durchzieht. Mit Recht verweist er auf die gemeinsamen politischen und sozialen Werte.

Doch neben diesem Lob habe ich auch einige kritische Anmerkungen. Meiner Meinung nach ist es eine Schande, dass der Berichterstatter nur ganz am Rande in Absatz 35, ein gemeinsames transatlantisches Konzept für China erwähnt. Es gibt keine konkreten Vorschläge, und das angesichts der globalen Krise und des bevorstehenden G20-Gipfels in London, bei dem das allgemeine Augenmerk auf den Finanzreserven und der Finanzmacht Pekings liegen wird. Zugegebenermaßen weist der Berichterstatter in Absatz 47 auf die gemeinsamen transatlantischen Handelsinteressen hin, wie u. a. auf die Durchsetzung geistiger Eigentumsrechte. Doch die gemeinsamen Bedenken im Hinblick auf China kommen zu kurz.

Mein zweiter Kommentar bezieht sich auf die Relativierung des Multilateralismus, eine Idee, die schon häufig in diesem Hause dargelegt worden ist. Nur die USA sind aufgrund ihres politischen Willens und ihrer militärischen Fähigkeiten bereit und in der Lage, die globale Stabilität und Sicherheit zu gewährleisten. Im Vergleich dazu besteht Europas Aufgabe einfach darin, Washington auf verantwortungsvolle und verlässliche Weise zu unterstützen. Das ist für mich die echte transatlantische Zusammenarbeit. Die USA benötigen Europa. Doch wir sollten uns darüber im Klaren sein, dass Europa die Amerikaner weitaus dringender benötigt als sie uns. Das sollten wir wirklich bedenken.

 
  
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  Jana Bobošíková (NI). – (CS) Meine Damen und Herren! Ich gratuliere dem Kollegen Millán Mon zu seinem guten und inspirativen Bericht über den Stand der transatlantischen Beziehungen. Da die Zeit für eine detaillierte Analyse hier nicht ausreicht, möchte ich nur einige Anmerkungen dazu machen. Erstens dürfte es im Text der Entschließung unter Punkt B nicht mit dieser Bestimmtheit heißen, dass der Vertrag von Lissabon in Kraft tritt. Das wissen wir noch nicht. Zweitens fehlt in den Abschnitten, die sich auf die notwendige Reformierung des internationalen Finanzsystems, der Weltbank und des IWF beziehen, ein Verweis auf die ebenso erforderliche Reformierung und strenge Kontrolle der Rating-Agenturen. Denn es waren doch die Rating-Agenturen, die Banken und Versicherungsgesellschaften mit AAA das optimale Rating gegeben haben, selbst zu Zeiten, als diese zuhauf toxische Wertpapiere hatten, de facto bankrott waren und ihren Managern Summen in Milliardenhöhe auszahlten. Drittens wird unter Punkt 24 auf den Bericht des Rats der 16 Geheimdienste über die globalen Trends im Zeitraum bis 2025 verwiesen. Ich darf darauf hinweisen, dass auch in Russland und China ähnliche Analysen durchgeführt wurden, die im vorliegenden Bericht jedoch nicht in ausreichendem Maße berücksichtigt werden. China sollte ohnehin mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden. In diesem Zusammenhang möchte ich auf die Ausgabe der Financial Times von letzter Woche hinweisen, in der zu lesen war, dass die drei größten Banken weltweit – gemessen an der Marktkapitalisierung – chinesische Banken sind. Auch Chinas BIP holt im Vergleich zu dem der USA auf. Die EU sollte ihre Haltung entsprechend anpassen. Viertens werden unter den Punkten 31 und 32 genaue Pläne in Bezug auf Russland angesprochen. Es wird über die Notwendigkeit einer konstruktiven Zusammenarbeit gesprochen. Doch schon im nächsten Punkt 33 werden die EU und die USA zur Entwicklung einer gemeinsamen Strategie bezüglich der sechs Länder der früheren Sowjetunion aufgefordert, in denen viele Russen leben und auch weitgehend Russisch gesprochen wird. Meine Damen und Herren, laut dem Bericht soll diese Strategie ohne die Russische Föderation umgesetzt werden. In diesem Fall, fürchte ich, sprechen wir leider nicht über eine konstruktive Zusammenarbeit, sondern legen den Grundstein für neue Konflikte, was hoffentlich nicht unsere Absicht ist.

 
  
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  Elmar Brok (PPE-DE). - Herr Präsident, Frau Kommissarin, Herr Ratspräsident, Kolleginnen und Kollegen! Die Europäische Union und ihre Mitgliedstaaten und die Vereinigten Staaten von Amerika sind die Träger von Freiheit und Demokratie. Sie sind wertegebunden wie kaum jemand sonst in der Staatenwelt dieser Erde.

Die Vereinigten Staaten haben gerade bei den letzten Wahlen wieder bewiesen, welche Fähigkeit zur Erneuerung und zur Verjüngung sie in diesem Prozess der Werte- und Demokratieorientierung haben. In dieser globalen Ordnung – das zeigt die Finanzkrise erneut – ist es deswegen von großem Interesse, dass wir Europäer enger mit den Amerikanern zusammenarbeiten und unsere Interessen enger verknüpfen, weil wir nur dann Standards festlegen und die Beziehungen zwischen unseren Staaten vertiefen können.

Deswegen halte ich den Bericht von Millán Mon zu diesem Zeitpunkt für außergewöhnlich wichtig. Wir müssen uns darum bemühen, den Transatlantic Economic Council voranzubringen, eine Politik zu betreiben, die die nichttarifären Handelshemmnisse beseitigt, um auf diese Art und Weise sicherzustellen, dass die Interessen verknüpft werden, ein transatlantischer Markt erreicht wird, und damit auch die politischen Beziehungen auf Dauer zu vertiefen.

Dabei ist anzuerkennen, dass dies nur geht, wenn die Parlamente daran beteiligt sind – denn nur über die Parlamente kann ein Großteil der Regulierungen entsprechend angepasst werden –, und dass dieser Prozess und die Vorschläge, die mit dem Transatlantic Legislators' Dialogue und der Transatlantic Assembly zusammenhängen, von großer Bedeutung sind.

Ferner ist es von entscheidender Bedeutung, dass wir heute langfristige Strategien entwickeln, dass wir in der Lage sind, gemeinsam Planungsüberlegungen anzustellen, dass wir auf beiden Seiten wissen, was in zehn, zwanzig Jahren unsere gemeinsamen Interessen sind, damit wir unsere praktische Politik darauf einstellen können. Ich glaube auch, dass das ein Ansatz für die tschechische Ratspräsidentschaft ist, am 5. April bei dem Treffen mit den Amerikanern hier einen besonderen Schwerpunkt zu setzen, um auch auf diese Art und Weise eine stärkere Verknüpfung im gemeinsamen Interesse zu erreichen.

Eine letzte Bemerkung: All dies funktioniert nur, wenn die Europäische Union ein starker und glaubwürdiger Partner ist, wenn sie etwas wie den Vertrag von Lissabon hat, außenpolitische Handlungsfähigkeit bekommt. Aus diesem Grunde möchte ich Sie auch bitten, dass wir in dieser Stunde unsere Interessen wahren und uns darauf besinnen, dass es notwendig ist, diese Schritte nach vorn zu machen, damit wir eine echte Partnerschaft mit den Vereinigten Staaten von Amerika auf Augenhöhe eingehen können.

 
  
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  Erika Mann (PSE). Herr Präsident! Ich möchte kurz etwas zu unseren Wirtschaftsbeziehungen sagen. Ich möchte dem Kollegen Millán Mon für seinen hervorragenden Bericht danken.

Wir sollten uns immer wieder vor Augen führen, was wir erreichen wollen. Denn es war doch das Europäische Parlament, weit später auch mit Unterstützung des Rates und der Kommission, von dem die Idee zur Stärkung der Wirtschaftsbeziehungen und zur Schaffung eines transatlantischen Marktes ausging. Diesem Gedanken der Schaffung eines transatlantischen Marktes folgte dann die Einrichtung des Transatlantischen Wirtschaftsrats (TWR). Beide Initiativen können nur überleben, wenn sie von beiden Seiten stark unterstützt werden. Eine neue Regierung in den Vereinigten Staaten bedeutet jedoch nicht automatisch, dass der Wirtschaftsrat die notwendige Unterstützung erhält, vor allem nicht angesichts der jetzigen schweren Wirtschafts- und Finanzkrise.

Daher fordere ich sowohl die Kommission als auch den Rat dringend auf, sicherzustellen, dass der Transatlantische Wirtschaftsrat die notwendige Unterstützung erhält; denn dies geschieht nicht automatisch.

Ich möchte Sie an drei Punkte auf der Tagesordnung erinnern, die außerordentlich wichtig sind und irgendwie gelöst werden müssen. Ein Punkt ist der Handelsstreit. Es gibt noch viele Punkte auf der heutigen Tagesordnung. Doch ich möchte mich auf ein wichtiges Thema, nämlich den Fall Airbus-Boeing konzentrieren, der der WTO zur Entscheidung vorliegt, doch immer wieder auf die lange Bank geschoben wird. Ich fordere Sie dringend auf, eine Lösung zu finden. Dieser Fall liegt nicht im Verantwortungsbereich des TWR. Doch wir müssen bald eine Lösung finden, um Schwierigkeiten in diesem wichtigen Sektor zu vermeiden.

Mein zweiter Appell an Sie: Wir brauchen dringend einen Fahrplan und Transparenz dahingehend, welche Themen im TWR erörtert werden. Wir haben schon mehrfach darum gebeten. Ich weiß, dass der Rat daran arbeitet; doch bislang wurden noch keine nennenswerten Fortschritte erzielt. Zum Thema Containersicherheit hätten wir gern eine Anhörung auf beiden Seiten, die möglichst bald stattfinden sollte. Das wurde bei der letzten Sitzung des TWR vereinbart, sollte jedoch weiter verfolgt werden.

Mein letzter Punkt betrifft das Thema energieintensive Industrien. Hier sollten Sie dem TWR den Gedanken nahebringen, dass wir gemeinsam einen Richtwert festlegen. Denn nur so lassen sich die Probleme in den energieintensiven Industrien lösen.

 
  
  

VORSITZ: MANUEL ANTÓNIO DOS SANTOS
Vizepräsident

 
  
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  Anneli Jäätteenmäki (ALDE). Herr Präsident! Nächte Woche wird der amerikanische Präsident Obama nach Europa reisen und bei seinem ersten Auslandsbesuch sein Engagement für das transatlantische Bündnis und den transatlantischen Dialog zeigen.

Seine Wahl zum Präsidenten hat nicht nur in den Vereinigten Staaten von Amerika, sondern in der ganzen Welt und auch in Europa Hoffnungen geweckt und einen Wandel mit sich gebracht. Die EU muss unter allen Umständen Kommunikationsnetzwerke aufbauen, um einen intensiven Dialog mit den USA über viele wichtige Probleme zu führen, wie u. a. über den Konflikt im Nahen Osten, die Wirtschaftskrise und den Klimawandel. Da diese Probleme eine globale Dimension haben, sollten sie in enger internationaler Zusammenarbeit mit den USA, der Europäischen Union, den europäischen Staaten, China, Indien und allen Staaten der Welt erörtert werden.

 
  
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  Bogusław Rogalski (UEN). – (PL) Herr Präsident! Die Präsidentschaftswahlen in den USA haben eine neue Ära in der Geschichte dieses Landes und in den Beziehungen zu diesem Land eingeläutet. Ich hoffe, dass es für die USA eine evolutionäre und keine revolutionäre Änderung sein wird.

Ich habe jedoch die Befürchtung, dass die Stärkung der Beziehungen zwischen den Vereinigten Staaten von Amerika und Russland auf Kosten der internationalen Vereinbarungen geht, die mit einigen Ländern in Europa abgeschlossen wurden, wie u. a. mit Polen und der Tschechischen Republik, beispielsweise was die Frage der Errichtung eines Raketenabwehrschilds anbelangt, bei der sich die USA aus ihren früheren Verpflichtungen gegenüber diesen Staaten zurückgezogen haben. Ähnliches gilt auch für die Visumspflicht für bestimmte Mitgliedstaaten. Solche Situationen sollten in den transatlantischen Beziehungen zwischen der EU und den USA nicht eintreten.

Die Stärkung der transatlantischen Zusammenarbeit ist auch von zentraler Bedeutung beim Kampf gegen den Terrorismus, bei dem vor allem das Völkerrecht zu achten ist. Wie Barack Obama bereits gesagt hat, „kann keine Nation, gleichgültig wie groß oder mächtig, diese Herausforderungen allein meistern“. Das sollten wir uns in diesem Haus auch immer wieder vor Augen führen. Denn für mich hat es oft den Anschein, als ob wir glauben, diese globalen Herausforderungen allein bewältigen zu können.

 
  
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  Zbigniew Zaleski (PPE-DE). – (PL) Herr Präsident! In seinem Bericht hat unser Kollege Millán Mon, später auch die Kommissarin und der Minister, mögliche Lösungen, Strategien und Ziele aufgezeigt, die wir als Leitfaden für unsere Zusammenarbeit mit Amerika erachten sollten. Ich möchte gern auf einen anderen Gedanken zu sprechen kommen.

Meiner Meinung nach trifft Barack Obamas Wahlslogan – „Die Veränderung, die wir brauchen“ – auch auf uns Europäer zu. Ich meine, wir sollten unsere Haltung gegenüber den USA ändern. Einerseits bewundern wir Wohlstand, Wirtschaft, Wissenschaft, Kultur und Freiheit dieser historisch gesehen noch jungen Gesellschaft. Doch andererseits gibt es auch Unmut oder sogar feindselige Gefühle, insbesondere von vielen Abgeordneten der Linken, gegenüber der amerikanischen Politik, der amerikanischen Religiosität und dem amerikanischen Kapitalismus. Paradoxerweise ist Russland unabhängig von seinen Handlungen immer ein Freund, selbst bei Gräueltaten wie beispielsweise der Ermordung von Journalisten. Amerika hingegen ist ein Partner in der Verkleidung eines Feindes, ein Feind, der bei der Befreiung Europas vom Nazi-Regime geholfen hat, obwohl er nicht zu dieser Opfertat verpflichtet war, sie aber dennoch aus freien Stücken vollbracht hat. Amerika wird als Feind empfunden, der zwar beim Wiederaufbau Europas geholfen hat, es trotzdem offenbar nicht verdient hat, als ständiger Bündnispartner angesehen zu werden.

Ich meine, wir sollten vernünftige Maßstäbe auf der Grundlage von gesundem Menschenverstand und nicht der richtigen Ideologie anlegen. Schwächen oder Fehler der USA sollten entsprechend beurteilt werden; alles Positive, was zur Erreichung der Ziele der EU beitragen kann, sollte auch angemessen gewürdigt werden. Die Zusammenarbeit muss auf Fakten und gleichzeitig auf der festen Entschlossenheit beruhen, die Probleme gemeinsam zu lösen. Die zahlreichen Erklärungen, Beifallsbekundungen, Änderungsanträge und vollständigen Entschließungsvorschläge der Linken in den letzten vier Jahren, die ich als Abgeordneter miterleben konnte, waren häufig durch eine negative Grundeinstellung geprägt und basierten nicht unbedingt auf Fakten. Herr Präsident, gestatten Sie mir eine letzte Anmerkung: Barack Obama ist nur durch den Willen seiner Nation zum Präsidenten gewählt worden, eine Nation, mit der wir unbedingt zusammenarbeiten sollten und die Werte schützt, die für uns ebenso wichtig sind.

 
  
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  Libor Rouček (PSE). – (CS) Meine Damen und Herren! Europa und die USA stehen vor einer ganzen Reihe von globalen Problemen und Herausforderungen: Die Finanz- und Wirtschaftskrise, die Probleme im Zusammenhang mit der Erderwärmung, der Terrorismus, die Verbreitung von Atomwaffen, ungelöste Probleme und Konflikte im Nahen Osten, Irak und Afghanistan und viele andere Probleme! Weder die EU noch die USA können diese Probleme ohne die notwendige Unterstützung durch eine strategische Zusammenarbeit und Partnerschaft lösen, über die hier bereits gesprochen wurde. Eine Partnerschaft, die auf gemeinsamen Freiheitswerten, Menschen- und Bürgerrechten und einem gemeinsamen Demokratieverständnis beruht, Werten, die sich in den letzten 60 Jahren bewährt haben.

Seit dem Amtsantritt der neuen US-Regierung ist hier eine enorme Bereitschaft zur Zusammenarbeit zu beobachten. Vor einigen Wochen hatten einige von uns die Gelegenheit zu einem Besuch in Washington und konnten dabei nicht nur mit Staatssekretären im Außenministerium, sondern auch mit Kollegen im Kongress und im Senat und mit Vertretern von verschiedenen Forschungsinstituten sprechen. Es besteht der Wille zur Zusammenarbeit, zum gemeinsamen Handeln und zur gemeinsamen Lösung von Problemen. Auch wir, die Mitglieder des Europäischen Parlaments, sollten eine engere und intensivere Zusammenarbeit anstreben.

Doch die strategische Zusammenarbeit zwischen Europa und den USA sollte sich nicht gegen Drittländer richten, gegen Partner wie Russland oder China. Probleme wie beispielsweise die Abrüstung oder nukleare Rüstungskontrolle können nicht ohne die Zusammenarbeit von Russland gelöst werden. Deshalb begrüße ich auch die Wiederaufnahme der Gespräche über den START-Vertrag sowie die Gespräche mit unseren russischen Partnern über die Frage der US-amerikanischen Raketenabwehr in Europa. All dies ist wichtig. Abschließend möchte ich der Tschechischen Ratspräsidentschaft viel Erfolg beim bevorstehenden Gipfeltreffen in Prag wünschen und Francisco José Millán Mon für seinen Bericht danken.

 
  
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  Ignasi Guardans Cambó (ALDE). – (ES) Herr Präsident! Vor kurzem hat Gordon Brown bei einer Ansprache in Washington als erster europäischer Staatsmann, der eine Rede in der amerikanischen Hauptstadt gehalten hat, gesagt, dass er sich an keine Zeit erinnern könne, in der Europa eine so positive Haltung gegenüber den USA gehabt habe. Das stimmt! Es gab noch nie einen so stark ausgeprägten Pro-Amerikanismus in unserer Gesellschaft insgesamt und natürlich auch in unseren politischen, kulturellen und gesellschaftlichen Eliten generell.

Wir sollten diese Tatsache wirklich nutzen. Dieses allgemeine Gefühl geht weit über persönliche Sympathie für die neue Regierung hinaus und einher mit einem breiten Fragen- und Themenkomplex, an dem wir arbeiten können, Themenbereiche, die in dem Bericht, über den morgen abgestimmt werden soll, sehr gut erläutert sind.

Doch wir sollten uns trotz der Vielzahl an Gemeinsamkeiten darüber im Klaren sein, dass wir nicht immer die gleichen Interessen haben und dass es bestimmte Bereiche gibt, in denen wir zwar als Freunde persönliche Gespräche auf Augenhöhe führen und zusammenarbeiten können, doch auch in Zukunft unterschiedlicher Meinung sein werden. Unsere Gesellschaften sind nun einmal verschieden. Ich denke insbesondere an die anstehenden Probleme im Wirtschafts- und Handelbereich, die in möglichst guter Zusammenarbeit gelöst werden müssen, ohne die Position der jeweils anderen Seite zu vergessen.

In diesem Zusammenhang muss sich die Europäische Union selbstkritisch die Frage stellen, was sie tun und was sie verbessern muss, um glaubwürdig zu sein. Wir wissen, dass wir nach der Ratifizierung des Vertrags von Lissabon über klare Instrumente verfügen und dann in der Lage sein werden, diese auch entsprechend umzusetzen. Wir sollten uns jetzt jedoch darüber im Klaren, dass wir unsere eigene Arbeitsweise ändern müssen, wenn wir uns aus Sicht der USA Respekt und Ansehen verschaffen wollen.

 
  
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  James Elles (PPE-DE). Herr Präsident! Ich denke, dass wir heute über einen sehr bedeutsamen Bericht sprechen, weil es dem Berichterstatter Francisco José Millán Mon gelungen ist, diesen Bericht fast einstimmig im Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten verabschieden zu lassen. Ich habe es in der Vergangenheit noch nicht erlebt, dass sich alle Fraktionen tatsächlich einhellig für eine stärkere transatlantische Partnerschaft aussprechen. Außerdem wird die Partnerschaft in diesem Bericht auch erstmalig als die wichtigste Partnerschaft unter strategischen Gesichtspunkten bezeichnet. Es gibt viele andere Partnerschaft; doch dies ist die Schlüsselpartnerschaft für uns in der Europäischen Union.

Es wurde bereits angesprochen, dass ein neuer Ton zu beobachten ist. Auch ich habe das Gefühl, dass die Amerikaner einen neuen Ton anschlagen und schauen wollen, was Europa als Partner im globalen System tun kann. Wir sollten darüber nachdenken, welchen Beitrag wir zu diesem Prozess leisten können.

Ich glaube, dass Sie, Frau Kommissarin, den wichtigsten Punkt in dieser Debatte angesprochen haben, nämlich dass wir auf der Suche nach einem strategischeren Dialog und nach Möglichkeiten für die Beobachtung langfristiger Trends sind, wie es der Bericht des NIC bis zum Jahre 2025 tut, damit wir unser Handeln auf Basis einer umsichtigen Zukunftsplanung und gemeinsamen Analyse besser aufeinander abstimmen können. Vermutlich wird dazu auch unsere Unterstützung innerhalb der Europäischen Union, wie etwa bei der Ausarbeitung des Haushalts für 2010, notwendig sein, damit wir unser langfristiges Denken formulieren können. Bislang gibt es weder in der Kommission noch in unserem Haus ein langfristiges Denken über langfristige Trends, wie sie im Bericht des NIC zu finden sind.

Dabei müssen wir Mittel und Wege finden, wie wir gerechtere Spielregeln für die Einbeziehung von Europäern und Amerikanern in diese Debatten festlegen können. In den letzten fünf Jahren haben uns viele amerikanische Studien- und Arbeitsgruppen („Think Tanks“) hier in Brüssel besucht und uns darüber informiert, was wir in bestimmten politischen Bereichen tun sollten. Doch im Gegenzug gibt es nur wenige Besuche von Europäern in Washington, bei denen die Amerikaner über unsere Vorstellungen der europäischen Politik informiert werden. Dafür müssen die entsprechenden Haushaltsmittel zur Verfügung gestellt werden, damit beide Seiten einen ebenbürtigen Beitrag zu den transatlantischen Diskussionen leisten können.

 
  
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  Ana Maria Gomes (PSE). Herr Präsident! Die transatlantische Partnerschaft, die in der Amtzeit von Präsident Bush doch arg gelitten hatte, wurde zwar durch die Wahl von Barack Obama wieder belebt, reicht jedoch nicht zur Bewältigung der großen Herausforderungen für die Menschheit aus. Dennoch ist sie immer noch notwendig.

Europa muss diese Chance nutzen und mit den USA eine Strategie zur Bewältigung der aktuellen globalen Krise und Gewährleistung der Sicherheit für die Menschen ausarbeiten. Dabei geht es nicht nur um die Reformierung des internationalen Finanzsystems, sondern auch um die Kontrolle des Globalisierungsprozesses und um Investitionen in eine nachhaltige Wirtschaft auf globaler Ebene.

Wir brauchen ein geschlosseneres und stärkeres Europa, um Präsident Obama bei der Schließung von Guantánamo und der Geheimgefängnisse zu unterstützen, eine alternative Strategie für die Sicherheitsherausforderungen in Afghanistan, Pakistan, Iran und Sudan festzulegen und Gerechtigkeit und Frieden für Israelis und Araber wiederherstellen.

Wir brauchen ein stärkeres Europa und eine echte Partnerschaft mit den USA, um die Millennium-Entwicklungsziele erreichen und umsetzen zu können. Nur eine in sich geschlossene EU, die in der Lage ist, die Last zu teilen und ihre globale Verantwortung zu übernehmen, wird in Washington ernst genommen und in der Lage sein, Einfluss auf die Politik der Obama-Regierung zu nehmen und die echte transatlantische Partnerschaft zu realisieren, die die Welt immer noch benötigt.

 
  
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  István Szent-Iványi (ALDE). – (HU) Letztes Jahr hat Barack Obama bei seiner Rede in Berlin erklärt, dass es für die USA weltweit keinen besseren Partner gibt als Europa. Es ist höchste Zeit, dass auch wir klar sagen, dass wir keinen besseren oder wichtigeren Partner in der Welt haben als die Vereinigten Staaten von Amerika. Wir müssen Verbündete unter den Staaten suchen, die die gleichen Werte und Interessen wie wir haben, und nicht unter den Staaten, mit denen wir keine Gemeinsamkeiten haben.

Europa hat keine Alternative zu den transatlantischen Beziehungen. Wir können die großen Herausforderungen, mit denen die gesamte westliche Welt konfrontiert ist, wie den internationalen Terrorismus, die Verbreitung von Waffen, den Klimawandel und die Wirtschaftskrise nur bewältigen, wenn wir gemeinsam handeln.

Was die Wirtschaftskrise anbelangt, so ist in allen Staaten die Versuchung protektionistischer Maßnahmen zu spüren. Auch in den USA! Ich erinnere nur an das Programm „Buy American“. Wir müssen gemeinsam gegen protektionistische Bestrebungen vorgehen. Denn letztendlich dient der Protektionismus nicht zu unserem Schutz, sondern schadet uns allen.

An den bevorstehenden ersten Besuch von Barack Obama in Europa werden große Erwartungen geknüpft. Wir hegen die Erwartung, dass beim G20-Gipfel die Weichen für gemeinsame Maßnahmen und Regeln gestellt werden, damit wir die Weltwirtschaftskrise überwinden können.

Wir in Europa haben das ehrgeizige Ziel, eine internationale Schlüsselrolle zu übernehmen. Der Vertrag von Lissabon schafft die notwendigen institutionellen Voraussetzungen dafür. Doch ohne den politischen Willen kann nichts geschehen. Wir müssen eine stärkere Rolle auf der internationalen Bühne übernehmen, denn nur dann können wir unsere ehrgeizigen Ziele erreichen.

 
  
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  Călin Cătălin Chiriţă (PPE-DE) . – (RO) Ich möchte Francisco José Millán Mon für seinen hervorragenden Bericht zu den transatlantischen Beziehungen danken.

Als Mitglieder des Europäischen Parlaments müssen wir darauf bestehen, dass die Europäische Union und die Vereinigten Staaten von Amerika eine gemeinsame Strategie für die sechs Staaten in Osteuropa ausarbeiten, d. h. für Moldawien, die Ukraine, Georgien, Armenien, Aserbaidschan und Belarus, die im Fokus der europäischen Nachbarschaftspolitik stehen. Diese Strategie sollte die Erreichung bestimmter langfristiger Ziele bei der Umsetzung der neuen Ostpartnerschaft und die Erzielung von Synergieeffekten in Bezug auf die Region am Schwarzen Meer bewirken. Ich begrüße die Tatsache, dass mein Änderungsantrag zu diesem Thema in den Bericht aufgenommen wurde, und möchte meinen Kolleginnen und Kollegen für die Unterstützung dieses Vorschlags danken.

Ein weiterer Punkt, der von besonderem Interesse ist, ist die vom Berichterstatter vorgeschlagene Aufhebung der Visumspflicht für alle europäischen Bürgerinnen und Bürger, die in die USA reisen möchten. Alle europäischen Bürgerinnen und Bürger sollten gleich behandelt werden. Es ist völlig inakzeptabel, dass einige Bürger der Europäischen Union wie Bürger zweiter Klasse behandelt werden.

In diesem Zusammenhang möchte ich auf die enormen Fortschritte hinweisen, die für das visumfreie Reisen bereits gemacht worden sind. Bei uns in Rumänien sind die neuen biometrischen Pässe mit dem Chip, auf dem sich personenbezogene Daten mit 50 Sicherheitsmerkmalen speichern lassen, d. h. 18 Sicherheitsmerkmale mehr als bei den bisherigen Pässen, im Januar 2009 eingeführt worden. Ich bin jedoch der Auffassung, dass die biometrischen Pässe keine Vorbedingung für die Teilnahme am Programm für visumsfreies Reisen sein sollten.

Die Teilnahme aller europäischen Mitgliedstaaten am Programm für visumsfreies Reisen sollte ein vorrangiges Thema beim Dialog zwischen der Europäischen Kommission und den Vereinigten Staaten von Amerika sein.

 
  
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  Józef Pinior (PSE). – (PL) (Das Mikrofon ist anfangs nicht eingeschaltet) (...), wie Präsident Barack Obama seine Botschaft beim G20-Gipfel in London bezeichnet. Die Wirtschaftskrise ist zu einer Herausforderung für die gesamte Welt geworden, bietet jedoch auch eine Möglichkeit, die transatlantischen Beziehungen auf eine neue Basis zu stellen und wieder zu intensivieren. Im Bericht des Kollegen Millán Mon werden strategische Aspekte der Partnerschaft zwischen der Europäischen Union und den USA aufgezeigt. Er bekräftigt die Bedeutung, die das Europäische Parlament den transatlantischen Beziehungen beimisst.

Dieses neue Kapitel in den Beziehungen zwischen der EU und den USA sollte auch zu einer Verstärkung der Aktivitäten der EU-Institutionen in den USA genutzt werden. Ich denke in diesem Zusammenhang an europäische Einrichtungen, europäische Universitäten und europäische Stiftungen. Jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, um unsere Partnerschaft neu zu gestalten. Europa sollte in Washington selbst Präsenz zeigen und die USA von den Möglichkeiten und Fähigkeiten der Europäischen Union und der europäischen Wissenschaft, Kultur und Zivilisation überzeugen. Wir sollten den Umstand nutzen, dass die Vereinigten von Amerika einen neuen Präsidenten haben, einen Präsidenten, der Amerika aus europäischer Sicht als ein Symbol für Demokratie und Freiheit repräsentiert.

 
  
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  Toomas Savi (ALDE). Herr Präsident! Präsident Obama hat erklärt, dass Amerika keinen besseren Partner als Europa habe. Ich glaube, dass ich im Namen von vielen von uns spreche, wenn ich sage, dass diese Aussage auf Gegenseitigkeit beruht. Durch die Wahl von Präsident Obama wurde ein neues Kapitel in den transatlantischen Beziehungen aufgeschlagen, die vorher stark gelitten hatten. Als stellvertretender Vorsitzender der Delegation für die Beziehungen zu Kanada musste ich sogar einmal selbst miterleben, wie Kanada als Vermittler zwischen der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten von Amerika auftreten musste.

Zweitens begrüße ich das Engagement von Präsident Obama für die diplomatischen Beziehungen zur Islamischen Republik Iran. Als Anhänger der „Friends of a Free Iran“ hoffe ich, dass auch die demokratische Opposition im Iran in diesen Prozess einbezogen wird. Die Verhandlungen mit dem Iran müssen in jeder Hinsicht transparent sein. Diese neue Ära in den Beziehungen zwischen der EU und den USA wird sich hoffentlich auch auf die Beziehungen der USA zu Drittländern ausweiten. Die hohen Erwartungen Europas an Präsident Obama müssen jetzt durch konkrete Maßnahmen erfüllt werden.

 
  
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  Alojz Peterle (PPE-DE). – (SL) Die Neue Transatlantische Agenda war neu im Jahr 1995. Doch da sich seither vieles geändert hat, brauchen wir ein neues Partnerschaftsabkommen.

Seit dem Fall der Berliner Mauer sind zwanzig Jahre vergangen. Auf dieses Ereignis folgte die historische Erweiterung der Europäischen Union. In diesem Zeitraum haben wir auch eine drastische Zuspitzung des Terrorismus und neue Bedrohungen für den regionalen Frieden erlebt. Darüber hinaus sind wir zunehmend Gefahren durch den Klimawandel sowie die Finanz-, Wirtschafts- und Energiekrise ausgesetzt. Nach dem Zusammenbruch des Kommunismus wäre es jetzt an der Zeit, eine Bilanz zu ziehen und den Zustand der Welt mit größerer Sensibilität für die Wechselbeziehungen zwischen den Weltmächten zu betrachten. Unsere Partnerschaft mit den USA sollte vor dem Hintergrund der neuen Herausforderungen und der neuen Erkenntnisse intensiviert werden.

Wir haben es nicht nur mit einer Finanz- oder Wirtschaftskrise, sondern auch mit einer globalen Führungskrise zu tun. Wir müssen an einigen Fronten gleichzeitig Fortschritte machen. Die Reformierung des internationalen Finanzsystems wird uns nicht gelingen, wenn wir keine Fortschritte beim Doha-Prozess, bei den Friedensbemühungen und bei der Armutsbekämpfung erzielen.

Wenn wir über einen effizienten Multilateralismus sprechen, dann muss dieser so entwickelt werden, dass alle als Sieger daraus hervorgehen. Um es mit Barack Obamas Worten zu sagen: „Yes, we can“.

In diesem Sinne befürworte ich regelmäßige politische Konsultationen zwischen den beiden Partnern, insbesondere die Stärkung der parlamentarischen Dimension der Zusammenarbeit durch die Gründung einer transatlantischen Versammlung. Was mich in Bezug auf den Bericht besonders gefreut hat, ist der nachdrücklich geforderte Abbau der Hemmnisse, die Investitionen und die Erbringung von transatlantischen Finanzdienstleistungen erschweren.

Ferner begrüße ich die im Bericht zum Ausdruck gebrachte Entschlossenheit zur Förderung einer engeren Zusammenarbeit bei den Raumfahrtprogrammen, insbesondere zwischen der Europäischen Weltraumorganisation (ESA) und der NASA. Das soll nicht heißen, dass ich Astronaut werden möchte, sondern vielmehr, dass ich mich für neue Technologien interessiere.

 
  
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  Helmut Kuhne (PSE). - Herr Präsident! Die große Mehrheit der Menschen in der Europäischen Union, wahrscheinlich die Mehrheit der Regierungen der Europäischen Union und mit ziemlicher Sicherheit die Mehrheit in diesem Hause hat sich im November gewünscht, dass Barack Obama Präsident wird. Das ist gut so, wenn man auch aus einigen Redebeiträgen in dieser Debatte vielleicht so eine leichte Skepsis herausgehört hat, ob das alles so gut war.

Jawohl, Europa wird auch in Zukunft selbstbewusst seine eigenen Positionen vertreten müssen! Aber die Zeiten hämischer Kommentare gegenüber den Vereinigten Staaten sind vorbei, weil man jetzt nicht mehr bequem alles auf George Bush abschieben kann. Und das stellt uns vor eine Aufgabe. Politik transatlantischer Beziehungen seitens der Europäischen Union, seitens dieses Parlaments kann nicht mehr nur darin bestehen, Forderungen in Richtung der Vereinigten Staaten zu erheben, sondern wir müssen jetzt auch beantworten, was wir denn beitragen wollen, damit diese Partnerschaft effizient wird.

Nehmen wir das Beispiel Afghanistan, das mehrfach angesprochen worden ist. Was wollen wir als Europäische Union tun, um die Polizeimission aufzuwerten und zu verstärken, um die zivile Unterstützung und den zivilen Wiederaufbau in diesem Land voranzubringen? Das wäre unsere Aufgabe als EU – um den militärischen Teil kann man sich im NATO-Zusammenhang kümmern. Aber hier ist etwas, worüber wir sehr konkret reden müssen. Was kann das sein, was wir anzubieten haben?

 
  
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  Janusz Onyszkiewicz (ALDE). – (PL) Herr Präsident! In den 50 Jahren seit Kriegsende fußte das Sicherheitsdenken in Westeuropa immer auf einer starken Allianz mit den Vereinigten Staaten und auf dem Grundsatz, wonach die Sicherheit unteilbar und die Sicherheit der USA direkt mit der Sicherheit Europas verknüpft ist. Doch durch das Ende des Kalten Krieges und den so hoffentlich dauerhaften Aufschub eines potenziellen großen Konflikts in Europa scheint es geboten und notwendig zu sein, an diesem Grundsatz festzuhalten. Er ist die Grundlage für unser gemeinsames Sicherheitsdenken.

Zweitens möchte ich auf eine Bemerkung zurückkommen, die Helmut Kuhne eben gemacht hat. Die USA haben die Ära unilateraler politischer Maßnahmen abgeschlossen und sind zum Dialog mit Europa und zu gemeinsamen Entscheidungen in Bezug auf die Partnerschaft mit Europa bereit. Natürlich stellt sich jetzt die Frage, ob wir dazu bereit sind und ob wir diese gemeinsam getroffenen Entscheidungen verlässlich umsetzen können.

 
  
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  Tunne Kelam (PPE-DE). Herr Präsident! Unser Kollege Millán Mon hat einen wichtigen und hervorragenden Bericht vorgelegt. Jetzt stellt sich die Frage, wie sich die darin beschriebenen Maßnahmen umsetzen lassen, ohne Zeit zu verlieren.

Für die beiden größten demokratischen Gruppierungen der Welt bietet die globale Wirtschaftskrise einen großen Anreiz zur Zusammenarbeit auf Basis ihrer gemeinsamen Werte und ähnlichen Wirtschaftssysteme, weil die USA und die EU gemeinsam mehr als die Hälfte des weltweiten BIP erwirtschaften. Der Kollege Severin hat zu Recht auf die strategische Gegenseitigkeit hingewiesen und erklärt, dass Europa ein starkes Amerika braucht und die USA umgekehrt ein starkes Europa brauchen. Wenn diese beiden Partner ihre politischen Maßnahmen besser und effizienter aufeinander abstimmen, dann hätte dies einen ausgesprochen positiven Effekt auf die weltweite Stabilität sowie auf die Lösung vieler regionaler Probleme.

Das stärkere Interesse der neuen US-Regierung für Europa sowie ihre größere Flexibilität und Offenheit sind eine willkommene Chance, die unbedingt genutzt werden sollte. Wir sollten uns immer wieder vor Augen führen, dass die USA der wichtigste strategische Partner der EU sind und bleiben. Doch es bleibt keine Zeit für lange Erklärungen; es ist Zeit zu handeln. In diesem Bericht werden ganz konkret drei Bereiche angesprochen, die oberste Priorität haben. Wir sollten uns auf eine gemeinsame Agenda für kurz- und langfristige Ziele bei globalen und regionalen Problemen verständigen. Wir sollten die 14 Jahre alten Beziehungen auf eine neue Basis stellen und durch ein neues transatlantisches Partnerschaftsabkommen ersetzen, das auch einen Wirtschaftsrat einschließen sollte. Wir sollten einen Transatlantischen Politischen Rat einrichten und die parlamentarischen Beziehungen im Rahmen einer transatlantischen Versammlung verbessern.

 
  
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  Martí Grau i Segú (PSE). – (ES) Herr Präsident! Mit der Wahl von Präsident Obama haben die Vereinigten Staaten einen historischen Augenblick erlebt, eine Wende, deren besondere Bedeutung auch in Europa spürbar ist und weitgehend geteilt wird.

Mit Schlüsselwörtern wie „Wiederaufbau“ und „Wiederbelebung“ unterstreicht Präsident Obama, dass er absolut die gleiche politische Auffassung wie Europa vertritt.

Die Rede, die Premierminister Gordon Brown gestern in diesem Plenarsaal gehalten hat, ist ein klarer Beweis dafür, dass gegenseitiges Verständnis vorhanden ist. Ganz ohne Zweifel erfordern der „Wiederaufbau“ und die „Wiederbelebung“ angesichts der aktuellen Krise die bestmögliche proaktive Führung und den Aufbau einer grünen Wirtschaft, in der Wachstum und Umweltschutz nicht im Widerspruch zueinander stehen, sondern sich nahtlos ergänzen.

Wir erleben derzeit jedoch auch einen „Wiederaufbau“ und eine „Wiederbelebung“ der Beziehungen zwischen Europa und den USA, die in den letzten zehn Jahren einen erheblichen Schaden genommen hatten.

Die Rückkehr der Vereinigten Staaten zum Multilateralismus ist ein sehr positives Signal für Europa und unterstützt unsere Ziele zur Förderung von Frieden, Gerechtigkeit und Wohlstand in der Welt. In den letzten Jahren konnte man jedoch auch eine Kluft zwischen den Zivilgesellschaften auf beiden Seiten des Atlantiks beobachten.

Daher sollten die europäischen Institutionen auf allen Ebenen den Dialog zwischen Unternehmen, Organisationen, Hochschulen, Kommunikationsmedien und Akteuren im sozialen Bereich fördern, um diese Kluft zu überwinden.

 
  
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  Luís Queiró (PPE-DE). – (PT) Im Unterschied zur Kollegin Gomes, die eben erklärt hat, dass die transatlantischen Beziehungen durch die Wahl von Präsident Obama eine Wiedergeburt erlebt haben, bin ich der Auffassung, dass die in den Medien verbreitete Nachricht über das Ende dieser Beziehungen eindeutig übertrieben war. Dieser Bericht ist ein erneuter Beweis dafür; und deshalb möchte ich dem Berichterstatter meinen Glückwünsch aussprechen.

Seit langem sind Europa und die Vereinigten Staaten enge Verbündete, die sich für Wohlstand, Entwicklung und Globalisierung einsetzen. Seit langem stehen Europa und die Vereinigten Staaten vor den gleichen Herausforderungen und haben sogar gemeinsame Feinde, obwohl einige von ihnen, insbesondere auf dieser Seite des Atlantiks, dies wohl bestreiten würden. Seit langem wissen sowohl die Europäer als auch die Amerikaner um den notwendigen Handlungsbedarf in einer Welt, die weiterhin ungerecht und gefährlich ist und die sich derzeit in einer globalen Krise befindet.

Wir sollten uns aufgrund dieser Krise jedoch weder zurückziehen noch unsere diplomatischen Anstrengungen oder unser politisches und militärisches Engagement zurückschrauben, das mit unseren Pflichten und Aufgaben als Verbündete vereinbar ist. Wir sollten uns weder von der Kollektivwirtschaft abwenden noch ein Wiedererstarken des Protektionismus zulassen, was für die Erholung unserer Wirtschaften fatal wäre.

Europa und die Vereinigten Staaten sind einer zunehmend globalisierten Wirtschaft ausgeliefert und haben in Japan, Indien, Brasilien und verschiedenen Staaten Asiens inzwischen enge Verbündete.

Trotz der aktuellen Krise gibt es viele Nationen rund um den Globus, die immer noch auf unsere Länder schauen und hoffen, eines Tages so wie wir leben zu können. Aus Sicht dieser Nationen müssen Europa und die Vereinigten wieder zu einem Bündnis werden, das Gemeinsamkeit und Führungsstärke beweist und Globalisierung und Wohlstand vorantreibt.

Aus diesem Grunde ist auch der bevorstehende G20-Gipfel von so großer Bedeutung, nicht nur weil er eine Möglichkeit bietet, um festzustellen, wer der engste Verbündete von Barack Obama ist, sondern auch, weil er eine Chance bietet, unsere Antworten auf die globalen Herausforderungen und unsere Führungsstärke unter Beweis zu stellen. Wir müssen mit den neuen Führungsmächten bei den notwendigen Reformen zusammenarbeiten, jedoch auch erkennen, dass nur ein Wirtschaftsmodell, das auf den kreativen Stärken der Menschheit basiert, Wohlstand ermöglichen wird. Ich meine Wohlstand und nicht Habgier. Zur Überwindung der Krise müssen Arbeitsplätze geschaffen und Entwicklungsmöglichkeiten gefördert werden.

Herr Präsident, in diesen schwierigen Zeiten gibt es keinen anderen Weg zur Schaffung neuer Arbeitsplätze und solidarischen Unterstützung der Bedürftigsten, wenn wir wirklich an einer dauerhaften Lösung interessiert sind.

 
  
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  Dushana Zdravkova (PPE-DE) . – (BG) Herr Präsident, Frau Kommissarin! Ich möchte dem Berichterstatter Millán Mon für seinen umfassenden Bericht und seinen eindeutigen Standpunkt danken, den er im Hinblick auf die Abschaffung der Visumspflicht bezogen hat.

Auch vier Jahre seit dem Beginn der Verhandlungen über die Aufhebung der Visumspflicht müssen 80 Millionen EU-Bürger immer noch lange Wartezeiten in Kauf nehmen und ein US-Visum für ihren Reisepass beantragen. Trotz der inzwischen erzielten enormen Fortschritte weigert sich die US-Regierung, den letzten Schritt zu gehen und den Grundsatz der Reziprozität auch auf die noch verbleibenden fünf Mitgliedstaaten anzuwenden und diese in das Programm für visumsfreies Reisen aufzunehmen.

In unserer Entschließung vom 22. Mai 2008 hatten wir gefordert, dass die Verhandlungen über die Aufnahme aller Mitgliedstaaten in das Programm für visumsfreies Reisen noch vor den Europawahlen im Juni abgeschlossen sein sollten. Die zögerlichen Fortschritte in dieser Hinsicht sowie die zahlreichen Hinweise in der Presse, wonach sich die US-Politik nicht wirklich ändern wird, sind Besorgnis erregend.

In diesem Zusammenhang möchte ich auch auf den Besuch von Kommissar Barrot letzte Woche in Washington hinweisen, bei dem die Verhandlungen über die Aufhebung der Visumsbeschränkungen fortgesetzt wurden. Bislang liegen noch keine konkreten Ergebnisse im Nachgang zu diesem Besuch vor. Ich befürchte, dass wir unsere festgelegten Ziele trotz der Bemühungen vonseiten der Kommission bis zum Ende dieser Legislaturperiode nicht erreichen werden.

Ich möchte jedoch darauf aufmerksam machen, dass bestimmte Maßnahmen einzelner Mitgliedstaaten bei unseren amerikanischen Partnern bedauerlicherweise den Eindruck erwecken, dass die Europäische Union nicht mit einer Stimme spricht. Deshalb möchte ich bei dieser Gelegenheit alle europäischen Regierungen zu einem Politikwechsel und zur gezielten Unterstützung der Vertreter der Europäischen Kommission auffordern.

Darüber hinaus bitte ich alle Kolleginnen und Kollegen dringend um ihre Unterstützung für die von einigen Kollegen, zu denen auch ich gehöre, abgefasste Erklärung, wonach die USA die Visumspflicht für die Bürgerinnen und Bürger aller EU-Mitgliedstaaten aufheben sollte.

 
  
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  Urszula Gacek (PPE-DE). Herr Präsident! Die Wahl von Präsident Obama wurde sowohl in den USA als auch in Europa mit Begeisterung aufgenommen. Aber an den 44. Präsidenten der USA werden auch hohe Erwartungen gestellt. Er steht vor vielen Herausforderungen, die bislang kein anderer politischer Führer dieser Nation in Friedenszeiten jemals zu bewältigen hatte. Die Finanz- und Wirtschaftskrise im eigenen Land, die zu einem Zusammenbruch der Finanzmärkte führen könnte, hat sich auf die gesamte Weltwirtschaft ausgewirkt und ist noch lange nicht gelöst. Er hat sich selbst für die Suche nach einer Lösung für das vom Krieg erschütterte Afghanistan eingesetzt, eine Lösung, die auch eine Ausweitung des Konflikts auf das benachbarte Pakistan verhindern soll. Er sieht sich der Gefahr durch den Iran gegenüber, der kurz davor steht, eine Atommacht zu werden.

Wir glauben an starke transatlantische Beziehungen, die auf unseren gemeinsamen Demokratiewerten und der freien Marktwirtschaft basieren. Wir respektieren die Prioritäten, die sich Präsident Obama und seine neue Regierung selbst gesetzt haben. Wir sind nicht beleidigt, wenn die USA erkennen, dass sich einige dieser Ziele nur in Zusammenarbeit mit Russland erreichen lassen. Europa streckt den Vereinigten Staaten von Amerika eine offene Hand aus. Vor einigen Wochen haben wir hier in diesem Plenarsaal unsere Bereitschaft zur Zusammenarbeit bei der Schließung von Guantánamo Bay und Überstellung der früheren Häftlinge erklärt.

Die Mitgliedstaaten des früheren Ostblocks empfinden besondere Dankbarkeit gegenüber den Vereinigten Staaten. Denn wir wurden noch einige Jahre vor unserer Mitgliedschaft in der EU in die transatlantische Gemeinschaft aufgenommen. Polen hat seine Dankbarkeit durch die Bereitschaft zum Ausdruck gebracht, die USA – wann immer notwendig – zu unterstützen, auch durch ein militärisches Engagement im Irak und in Afghanistan. Ich appelliere an die neue US-Regierung, diese Unterstützung nicht immer für selbstverständlich zu halten. Denn die jüngere Generation der Polen, die in einer Demokratie aufgewachsen ist, hat diese Verpflichtung zur Dankbarkeit schnell vergessen. Bei der Realisierung ihrer weiter gesteckten Ziele sollten die USA nicht vergessen, dass diese loyalen Verbündeten empfindlich reagieren, insbesondere wenn die USA die alten Beziehungen zu Russland wiederherstellen.

 
  
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  Geoffrey Van Orden (PPE-DE). Herr Präsident! Ich möchte hier doch zur Vorsicht mahnen, insbesondere in Bezug auf die neue Obama-Regierung. In den letzten 60 Jahren hatten die USA immer wieder eine andere Einstellung zur europäischen Integration. Natürlich verfolgen die USA diesen Prozess aus der Perspektive eines Außenstehenden und könnten – wie ich meine fälschlicherweise – sogar denken, dass der europäische Integrationsprozess mit der eigenen historischen Erfahrung Amerikas vergleichbar ist. Diese Sichtweise wird durch die stark föderalistischen Tendenzen in den EU-Institutionen noch unterstützt. Die Gefahr besteht darin, dass die US-amerikanischen Gesprächspartner die Geschichte der EU nicht als Tatsachenbericht anerkennen, sondern als eine Art Dokumentarbericht ansehen, der jedoch viele irreführende und fiktive Elemente enthält.

Die USA sollten verstehen, dass die EU nach Meinung vieler von uns in die falsche Richtung steuert und dass das Bestreben zur Gründung eines Staates namens Europa nicht den Wünschen unserer Bürgerinnen und Bürger entspricht, die sich zu Recht der Souveränität ihrer Staaten verbunden fühlen und in der Lage sein wollen, eine Regierung zu wählen bzw. abzuwählen.

Es ist auch nicht im Interesse der USA, dass die Bereitschaft vieler europäischer Staaten, Koalitionen einzugehen, durch eine anders denkende Europäische Union untergraben wird.

Ich muss sagen, dass ich große Achtung für den Kollegen Millán Mon habe und viele Auffassungen in seinem Bericht teile, jedoch nicht die Hauptstoßrichtung, wonach die Rolle der EU als Institution und einziger Gesprächspartner in den Beziehungen zu den Vereinigten Staaten verstärkt werden soll.

 
  
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  Ioan Mircea Paşcu (PSE). Herr Präsident! Auch wenn uns die westliche Einheit dabei geholfen hat, unsere Unabhängigkeit zu gewinnen und den Kalten Krieg zu beenden, war es um die transatlantischen Beziehungen zu dem Zeitpunkt, als unsere Staaten der NATO und der EU beigetreten sind, nicht unbedingt gut bestellt.

Die aktuelle Krise und die damit einhergehenden Herausforderungen, d. h. die Verschlechterung des Sicherheitsumfelds, die globalen Probleme wie Energie, Klimawandel, Verbreitung von Kernwaffen und die neuen Machtzentralen sowie die regionalen Probleme im Nahen Osten, in Afghanistan, in Pakistan, im Iran und in Afrika, erfordern eine größtmögliche Intensivierung der transatlantischen Zusammenarbeit.

Vor diesem Hintergrund leistet der Bericht einen positiven Beitrag, da darin in erster Linie Möglichkeiten für die Institutionalisierung dieser Beziehungen, für eine gemeinsame politische Haltung gegenüber Russland und den sechs osteuropäischen Staaten, für die Schaffung eines einheitlichen transatlantischen Marktes, für die sukzessive Integrierung unserer Finanzmärkte und für die Ausweitung des US-Programms für visumfreies Reisen auf alle EU-Mitgliedstaaten vorgeschlagen werden.

Dabei dürfen wir nicht scheitern. Denn ansonsten würde der Westen an Initiativwirkung und Einflussnahme im Weltgeschehen einbüßen, und das möglicherweise für lange Zeit.

 
  
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  Alexandru Nazare (PPE-DE) . – (RO) Angesichts der Entwicklungen, die sich in den letzten Jahren innerhalb der Europäischen Union, in der US-Regierung und auf globaler Ebene insgesamt zugetragen haben, ist es meiner Meinung nach jetzt an der Zeit, dass wir die transatlantische Partnerschaft überdenken und an die neuen Gegebenheiten anpassen.

In dieser Hinsicht begrüße ich den Bericht meines Kollegen Millán Mon und möchte ihm bei dieser Gelegenheit dazu gratulieren. In diesem Bericht sind die wichtigsten Prioritäten Europas in seinen Beziehungen zu den Vereinigten Staaten sehr gut zusammengefasst. Ich freue mich auch, dass die von mir eingereichten Änderungsvorschläge in den Bericht aufgenommen worden sind.

Gestatten Sie mir einige Anmerkungen.

Erstens zum Thema Sicherheit. In diesem Bereich muss die Zusammenarbeit fortgesetzt werden. Es ist an der Zeit, dass Europa einen größeren Beitrag in Afghanistan leistet, weil der Ausgang des Krieges für die Zukunft dieser Region von entscheidender Bedeutung sein wird. Gestatten Sie mir die Bemerkung, dass mein Heimatland Rumänien die Anstrengungen der USA sowohl im Irak als auch in Afghanistan unterstützt hat.

Meine zweite Anmerkung bezieht sich auf das Thema Energie. Ich glaube, dass ein gemeinsames Vorgehen notwendig ist, um die Forschungsarbeiten zu koordinieren und neue, ökologisch wertvollere Energiequellen zu erschließen.

Was die Beziehungen zu Russland anbelangt, bin ich der Meinung, dass jetzt der richtige Zeitpunkt gekommen ist für eine einheitliche Haltung in den Beziehungen zwischen den USA und Europa einerseits und Russland andererseits.

Abschließend möchte ich noch anmerken, dass ich die wirklich konstruktiven Vorschläge für die Einrichtung von transatlantischen Konsultationsgremien, auch im Bereich Außen- und Sicherheitspolitik, sehr begrüße.

 
  
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  Luis Yañez-Barnuevo García (PSE). – (ES) Herr Präsident! „Gute Neuigkeiten“ sollten laut und deutlich verkündet werden. Ich meine das Wunder, das Präsident Obama vollbracht hat. Denn ihm ist es gelungen, dieses Parlament und die Europäische Union nach vielen Jahren in ihrem gemeinsamen Ziel, nämlich der Stärkung der transatlantischen Beziehungen, zu vereinen.

In der Vergangenheit, genauer gesagt 1995, gab es einen ähnlichen Augenblick, als Bill Clinton und Felipe González die Transatlantische Agenda unterzeichnet haben. Damals herrschte großer Zukunftsoptimismus. Dann folgten die acht schwarzen Jahre der Präsidentschaft von George W. Bush. Er hat die Meinung der europäischen Regierungen stark gespalten, nicht unbedingt die öffentliche Meinung. Seine Regierung hat nach und nach Grundsätze aufgegeben, die für die Europäische Union von fundamentaler Bedeutung waren, wie der Multilateralismus, die Unterstützung der Vereinten Nationen und die internationale Rechtsstaatlichkeit.

All dies wird jetzt wieder aufgebaut. Wir haben die begründete Hoffnung, dass die Beziehungen zwischen der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten von Amerika auch in Zukunft Bestand haben. Deshalb möchte ich dem Kollegen Millán Mon zu seinem hervorragenden Bericht beglückwünschen, der für die Stärkung der Beziehungen zwischen diesen beiden Kontinenten genau zum richtigen Zeitpunkt vorgelegt wurde.

 
  
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  Íñigo Méndez de Vigo (PPE-DE). – (ES) Herr Präsident! Ich möchte mich den positiven Worten meines Vorredners Yañez-Barnuevo García anschließen, weil auch ich der Meinung bin, dass dieser Bericht einen Wendepunkt in den Beziehungen zu den Vereinigten Staaten markiert.

Eine gute Freundin hat mir gesagt, dass sie vor kurzem bei ihrem Besuch in den Vereinigten Staaten überrascht darüber gewesen sei, wie wenig man in den USA über die neuen Institutionen und neuen Verfahren weiß, die im Rahmen des Vertrags von Lissabon geschaffen werden.

Denn wenn ich etwas lobend erwähnen und äußerst positiv in dem hervorragenden Bericht bewerten sollte, der von unserem Kollegen Millán Mon vorgelegt wurde, dann ist es genau die Tatsache, dass dieser Bericht die transatlantischen Beziehungen in einen direkten Zusammenhang zum Vertrag von Lissabon und den wichtigen, darin vorgesehenen Mechanismen stellt, sodass die Europäische Union Beziehungen auf gleicher Ebene zu den Vereinigten Staaten pflegen kann.

Er gibt uns Europäern die notwendigen Instrumente an die Hand, damit wir diesen europäischen Wunsch artikulieren können. Das war in der Vergangenheit so dringend notwendig, ist es heute noch und wird es ohne Zweifel auch in Zukunft sein.

Deshalb möchte auch ich Francisco José Millán Mon zu seinem hervorragenden Bericht gratulieren.

 
  
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  Alexandr Vondra, amtierender Präsident des Rates. Herr Präsident! Ich bin Ihnen allen sehr dankbar für Ihre Kommentare und Beiträge zu dieser Aussprache. Ich bin hoch erfreut, dass das Europäische Parlament, die Kommission und die Ratspräsidentschaft in Bezug auf die wichtigsten Fragen zum strategischen Dialog zwischen der EU und den USA absolut einer Meinung sind. Ich bin froh über die breite Unterstützung für die Themen, die wir für unser erstes informelles Treffen mit Präsident Obama ausgewählt haben, nämlich erstens Energiesicherheit und Klimawandel, zweitens die wirtschaftliche Zusammenarbeit und drittens die Zusammenarbeit in den Bereichen Sicherheit und Außenbeziehungen.

Ich habe auch den anderen Kommentaren aufmerksam zugehört, wie beispielsweise der notwendigen Ausarbeitung einer neuen transatlantischen Agenda, der engeren Zusammenarbeit im Bereich Außenhilfe- und Entwicklungspolitik, der weiteren Zusammenarbeit im Bereich Justiz und Inneres, der Förderung des Transatlantischen Wirtschaftsrates mit der gleichen Dynamik wie bisher, der möglichen Einrichtung eines Transatlantischen Politischen Rates usw. Wir werden alle diese Themen bei unseren Vorbereitungen auf das jährliche Gipfeltreffen zwischen den USA und der EU berücksichtigen, das im Juni stattfinden soll.

Sie haben auch andere Fragen angesprochen, wie beispielsweise das Programm für visumsfreies Reisen, an dem noch nicht alle EU-Mitgliedstaaten teilnehmen. In diesem Zusammenhang möchte ich Sie daran erinnern, dass mein Land vor einem Jahr in dieser Hinsicht führend aktiv war. Diese Frage war auch Gegenstand einer Aussprache in diesem Parlament. Ich kann Ihnen also versichern, dass wir dieses Thema gegenüber der US-Regierung auch weiterhin zur Sprache bringen werden.

Abschließend möchte ich noch Folgendes zu bedenken geben. Ganz offensichtlich hat die neue US-Regierung viele Botschaften aufgegriffen, die wir ihr in den letzten Monaten und Jahren in Bezug auf die transatlantischen Beziehungen übermittelt haben. Jetzt wird von ihrer Seite reagiert. Denn nun werden wir beispielsweise dazu aufgefordert, einen größeren strategischen Beitrag in Afghanistan zu leisten. Es ist auch klar, dass strategische Beiträge mit konkretem praktischem Engagement einhergehen müssen, was Sie sicher auch bei unserer Aussprache über unseren praktischen Beitrag für die zukünftige Mission in Afghanistan berücksichtigen werden. Das dürfte uns also bei einer ernsthaften Auseinandersetzung zu diesem Thema nicht überraschen. Präsident Obamas Aussage letztes Jahr in Berlin, dass Amerika keinen besseren Partner als Europa habe, war nicht nur eine Grundsatzerklärung, sondern auch eine Aufforderung an die Adresse Europas, dies unter Beweis zu stellen.

Zweitens: Wir sind uns alle darüber im Klaren, dass die Herausforderungen, vor denen wir stehen, an Zahl und Komplexität zunehmen. Ich möchte nochmals auf meine Eingangsbemerkung zu sprechen kommen. Wenn sich die EU und die USA einig sind, dann können wir die globale Agenda mitgestalten. Das heißt aber auch, dass wir unseren Teil der Führungsrolle übernehmen und anderen bei ihren unterstützenden Maßnahmen zur Erreichung der festgelegten Ziele helfen müssen. Doch um dazu in der Lage und ein glaubwürdiger Partner für die USA sein zu können, muss die EU nach Möglichkeit auch mit einer Stimme sprechen.

Die Tschechische Ratspräsidentschaft wird weiterhin dafür sorgen, dass die transatlantische Partnerschaft einer der Eckpfeiler der Außenpolitik der EU bleibt. Ich freue mich auf die Zusammenarbeit bei der Weiterentwicklung dieser Beziehungen, auch angesichts neuer Herausforderungen, denen wir uns gegenübersehen; und ich freue mich auch auf die weitere Zusammenarbeit mit dem Parlament bei dieser Aufgabe.

 
  
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  Benita Ferrero-Waldner, Mitglied der Kommission. Herr Präsident! Diese Debatte hat, wie viele auch gesagt haben, gezeigt, dass es um die Frage geht, wie wir die dringendsten Probleme zusammen mit einem so wichtigen strategischen Partner wie den Vereinigten Staaten von Amerika in Angriff nehmen und lösen können.

Da ich bereits zu Beginn der Aussprache einige klare Anmerkungen zur praktischen Umsetzung gemacht habe, möchte ich mich auf einige konkrete Bemerkungen beschränken.

Zunächst einmal möchte ich auf die äußerst wichtige Rolle hinweisen, die die Gesetzgeber und die einzurichtenden Institutionen in den Beziehungen zwischen der EU und den USA spielen und spielen werden. Grundsätzlich befürworten wir alle einhellig stärkere Verbindungen zwischen den Gesetzgebern in der EU und in den USA. Es liegt auf der Hand, dass der Hauptanstoß dafür von den Gesetzgebern selbst ausgehen muss. Ich weiß, dass das Europäische Parlament dazu bereit ist. Diese Bereitschaft sollte auch vom US-amerikanischen Kongress gezeigt werden. Dennoch wäre es aus meiner Sicht lohnenswert, wenn die EU-Gesetzgeber intensivere Kontakte mit dem Senat, der einen längeren Wahlzyklus hat, und den Kongressabgeordneten pflegen würden, deren sektorspezifische Fachkenntnisse die Agenda des Transatlantischen Wirtschaftsrats unterstützen und voranbringen könnten.

Wie bereits gesagt wurde, wird der Vertrag von Lissabon nach seinem Inkrafttreten die Rolle des Europäischen Parlaments beim Dialog zwischen der EU und den USA stärken, insbesondere bei Regelungsfragen. Auch den bereits angesprochenen „Think Tanks“ wird sicher eine enorme Bedeutung zukommen, nicht nur vonseiten der USA, sondern auch vonseiten der EU gegenüber den USA.

Was die gemeinsamen Institutionen der EU und der USA anbelangt, mahne ich zur Vorsicht und gebe zu bedenken, dass sich die transatlantische Agenda auf Inhalte und nicht auf Verfahren stützen sollte. Daher müssen wir, wie ich bereits gesagt habe, bei unseren ersten Gesprächen mit Präsident Obama unbedingt zeigen, dass wir in der Lage sind, uns auf Ergebnisse zu konzentrieren.

Doch ich habe auch sehr wohl Ihre Forderung zur Kenntnis genommen, dass die derzeitigen Vereinbarungen im Rahmen der neuen transatlantischen Agenda überarbeitet werden müssen. Ich habe die Absicht, eine Überprüfung der Strukturen zu veranlassen, damit diese verbessert werden können. Die Kommission wird entsprechende Vorschläge ausarbeiten.

Gestatten Sie mir auch eine kurze Anmerkung zum Transatlantischen Wirtschaftsrat (TWR). Am 23. März 2009 hatte Günter Verheugen bereits ein Gespräch mit seinem US-amerikanischen Kollegen Michael Froman. Demnach wird sich der TWR unter der neuen US-Regierung mit den folgenden Hauptthemen beschäftigen. Erstens mit der stärkeren Berücksichtung politischer strategischer Fragen bei gleichzeitiger Entlastung in Bezug auf technische Fragen auf der Gipfeltagesordnung. Zweitens mit dem Planungshorizont und Zeitplan für ein zukünftiges Arbeitsprogramm, das nach den Vorstellungen von Günter Verheugen sehr langfristig angelegt werden soll. Das muss jedoch mit dem Mandat dieser Kommission abgewogen werden, wobei wir auch kurzfristige Ergebnisse benötigen. Zum Abschluss habe ich noch einige Punkte, nämlich erstens die Frage, wie wir mit dem Druck vonseiten der Mitgliedstaaten umgehen, denen wir die Vorlage eines mittelfristigen Programms und eine stärkere Mitwirkung bei der Arbeit des TWR zugesagt, dieses Versprechen jedoch noch nicht eingelöst haben.

Zweitens möchte ich betonen, dass wir eine Gemeinschaft mit gemeinsamen Werten mit den USA sind. Doch in einigen Fragen gibt es immer noch Handlungsbedarf. So müssen wir die USA weiterhin dazu ermutigen, die wichtigen Menschenrechtskonventionen der UNO zu unterzeichnen, wie die UN-Frauenrechtskonvention zur Bekämpfung der Diskriminierung von Frauen und die Kinderrechtskonvention, um nur einige zu nennen. Das schließt auch unseren Standpunkt zum IStGH ein, der schon bei mehreren Gelegenheiten gegenüber der Bush-Regierung deutlich gemacht wurde, doch wieder aufgegriffen werden muss.

Der dritte Punkt betrifft die Visaerleichterungen und die gegenseitige Befreiung von der Visumspflicht, ein Thema, das viele von Ihnen angesprochen haben. Aufgrund der erheblichen Anstrengungen vonseiten der Mitgliedstaaten und auch auf EU-Ebene wurden bekanntlich sieben Mitgliedstaaten im November/Dezember 2008 in das Programm für visumsfreies Reisen aufgenommen. Doch fünf Mitgliedstaaten kommen nach wie vor nicht in den Genuss der visumsfreien Einreise in die USA. Daher werden wir dieses Thema weiterhin ansprechen.

Ich kann Ihnen sagen, dass Vizepräsident Jacques Barrot und der tschechische Minister Ivan Langer dieses Thema letzte Woche in Washington wieder zur Sprache gebracht haben. Die Gesprächspartner aufseiten der USA haben generell Verständnis für unsere Haltung gezeigt, doch gleichzeitig betont, dass sich das Vorgehen der Bundesregierung auf die gesetzlichen Bestimmungen stützt, die die Rahmenbedingungen für zukünftige Erweiterungen des Programms klar festlegen und vom Kongress genau beobachtet werden. Ministerin Janet Napolitano hat uns darüber informiert, dass ein weiterer Mitgliedstaat ganz kurz vor der Aufnahme in das Programm für visumsfreies Reisen steht.

Abschließend noch eine Anmerkung zu Afghanistan: Wir haben in der Vergangenheit nicht nur einen großen Beitrag geleistet, sondern sind auch, wie ich bereits gesagt habe, bereit, uns am zivilen Wiederaufbau zu beteiligen. Aus dem Asien-Haushalt müssen noch zusätzliche Mittel für die Wahlen, für die Polizei und – sehr wahrscheinlich auch – für die Landwirtschaft bereitgestellt werden, weil unbedingt weitere alternative Lebensgrundlagen für die dortige Bevölkerung geschaffen werden müssen.

Ich bin immer offen für neue Ideen. Ein Beispiel, das auch in Ihrem Bericht erwähnt wird, ist die Aufwertung der Außenministertreffen zu einem Transatlantischen Politischen Rat mit einer stärkeren Ausrichtung auf strategische Themen. Wie bereits gesagt, haben wir die Absicht, die bestehende Neue Transatlantische Agenda in dieser Hinsicht und auch vor dem Hintergrund ihres anstehenden 15-jährigen Bestehens im Jahr 2010 völlig zu überarbeiten.

 
  
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  Francisco José Millán Mon, Berichterstatter. − (ES) Herr Präsident! Zunächst einmal möchte ich mich für die Redebeiträge und Glückwünsche bedanken. Die aus meiner Sicht wichtigste Schlussfolgerung aus der heutigen Aussprache ist der breite Konsens in Bezug auf die Bedeutung der Beziehungen zwischen der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten und deren notwendige Verstärkung, nicht nur über eine gemeinsame Agenda zur Bewältigung der enormen Herausforderungen und Lösung der schweren Konflikte, sondern auch über neue institutionelle Mechanismen.

Mit einer Ausnahme konnte ich keine größeren Einwände erkennen, weder in Bezug auf die Gipfeltreffen, die zweimal jährlich stattfinden sollen, oder die Einrichtung eines transatlantischen politischen Rates noch, natürlich, in Bezug auf die Verbesserung oder Verstärkung des Dialogs zwischen den Gesetzgebern und Schaffung eines strukturierteren Dialogs in Form einer transatlantischen Versammlung, wie im Bericht vorgeschlagen.

Bezüglich dieses Punktes begrüße ich die Tatsache, dass die Kommissarin die Stärkung des Dialoges zwischen den Gesetzgebern als sehr nützlich ansieht und dass weder sie noch der Vertreter des Rates gegen die meiner Meinung nach zum Großteil durch den Vertrag von Lissabon erforderlich werdende Stärkung anderer Institutionen sind. Dies wird für beide Seiten sehr ratsam und von Nutzen sein.

Ich kann nicht in einer Minute auf alle gehörten Bemerkungen eingehen. Ich möchte aber sagen, dass der Bericht in Hinblick auf Russland – und das weiß Herr Severin – eine konstruktive Zusammenarbeit vorschlägt, aber natürlich unbeschadet der Menschenrechte und des internationalen Rechtes. In Bezug auf China gibt es explizite und implizite Verweise, wenn ich von der Einbeziehung der neuen aufstrebenden Mächte in die Weltordnungspolitik spreche. Natürlich – und dies ist eine Bemerkung, die sich auch weitgehend auf die von mir erhaltenen Änderungsanträge bezieht, die glücklicherweise nur wenige sind – kann der Bericht nicht jedes Thema behandeln.

Der Bericht muss Prioritäten setzen, da er bereits zu lang ist. Und Prioritäten zu setzen heißt auszuwählen, zu selektieren und sich manchmal eben dafür zu entscheiden, etwas wegzulassen. Themen von großer Wichtigkeit können nicht mit anderen gemischt werden, die zwar auch wichtig, aber eben weniger wichtig sind. Der Bericht muss lesbar sein. Daher sollte er – wie wir Spanier zu sagen pflegen – Ihnen beim Lesen nicht „aus der Hand fallen“, weil er so schwer ist.

Meine Damen und Herren, ich denke, dass die Zusammenarbeit mit den Vereinigten Staaten von großer Wichtigkeit ist. Der britische Premierminister Gordon Brown hat uns gestern hier daran erinnert. Ich glaube, dass das Parlament durch die Annahme dieses Berichts morgen seiner Pflicht nachkommen wird, nämlich das Signal zu senden, dass wir eine noch stärkere strategische Beziehung zu den Vereinigten Staaten möchten und fordern. Der Bericht erinnert uns daran – und Herr Elles hat dies vor einer Minute gesagt –, dass die wichtigste strategische Beziehung der Europäischen Union jene zu den Vereinigten Staaten ist.

Ich bin mir sicher, ich hoffe, und ich vertraue darauf, dass die Kommission und der Rat in den kommenden Wochen und Monaten – die von so großer Bedeutung sind – alles Erdenkliche unternehmen werden, um diese Beziehung zu stärken. Dazu zählt auch die Berücksichtigung der institutionellen Dimension.

 
  
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  Der Präsident. - Die Aussprache ist geschlossen.

Die Abstimmung erfolgt morgen.

Schriftliche Erklärungen (Artikel 142)

 
  
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  Corina Creţu (PSE), schriftlich. – (RO) Die Wahl von Präsident Barack Obama könnte den Beginn einer neuen Ära in den Beziehungen zwischen den Vereinigten Staaten und der Europäischen Union kennzeichnen, vorausgesetzt, dass beide Seiten ihre guten Absichten und freundschaftlichen Erklärungen in konkrete Schritte zur Stärkung der Beziehungen und Ermöglichung einer effektiveren Zusammenarbeit umsetzen.

Die Wirtschaftskrise und das aktuelle geostrategische Klima machen die Stärkung der transatlantischen Zusammenarbeit noch wichtiger, da wir uns gemeinsam ernsten Herausforderungen gegenübersehen. Die USA und die EU sind durch eine Partnerschaft verbunden, die für beide Seiten von grundlegender Wichtigkeit ist, und zwar in allen Aktivitätsbereichen, vom Handel bis hin zum Militärbündnis.

Unter diesen Bedingungen muss es meiner Meinung nach Priorität haben, die letzten Spuren von Diskriminierung zu beseitigen, die es in den Beziehungen zwischen den USA und der EU noch gibt. Die Tatsache, dass die Bürger von sechs Mitgliedstaaten der Europäischen Union für die Einreise in die USA immer noch ein Visum benötigen, muss in dem von der Kommission und dem Europäischen Parlament geführten Dialog mit den US-Behörden Vorrang haben, um für die Bürger aller EU-Länder die gleiche Behandlung zu erreichen – basierend auf vollständiger Gegenseitigkeit. In dieser Hinsicht begrüße ich die in diesem Bericht implizierte, an die Vereinigten Staaten gestellte Forderung, die Visumpflicht für die sechs Länder aufzuheben, die noch nicht am Programm für visumfreies Reisen teilnehmen.

 
  
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  Daniel Petru Funeriu (PPE-DE), schriftlich. – Im Juli 2008 hat Präsident Obama in Berlin gesagt, dass Amerika keinen besseren Partner als Europa habe. Europa wiederum hat keinen besseren Partner als Amerika. Dies ist die wichtigste, aus diesem exzellenten Bericht zu ziehende Schlussfolgerung und auch sein Motto.

In der globalen Welt des 21. Jahrhunderts stehen Europa und Amerika gemeinsamen Herausforderungen gegenüber, teilen aber auch dieselben Werte und kämpfen für dieselben Ideale. Daher sind alle im Bericht gemachten Vorschläge zur Intensivierung der Beziehungen zwischen der EU und den USA nicht nur willkommen, sondern auch dringend erforderlich.

Die zwischenmenschlichen Kontakte scheinen mir dabei der wahre Schlüssel zu dauerhaften Beziehungen und nachhaltiger Zusammenarbeit zu sein. Aus diesem Grund bestehe ich unermüdlich darauf und unterstütze es vollauf, die amerikanische Regierung dazu aufzurufen, die Visumregelung für Staatsangehörige von Mitgliedstaaten der EU so schnell wie möglich aufzuheben. Es ist inakzeptabel, dass die Staatsangehörigen von fünf Mitgliedstaaten der EU sich immer noch Hindernissen gegenübersehen und für die Einreise in die USA ein Visum benötigen. Europa ist eine geeinte Gesamtheit, und genau dies sollte bei der Herangehensweise an seine Bürger, deren Rechte und deren Freiheiten berücksichtigt werden.

Lassen Sie Menschen interagieren, Forscher zusammenarbeiten und Unternehmen gemeinsame Lösungen für die aktuelle Wirtschaftskrise finden! Die Freizügigkeit zwischen den zwei Kontinenten ist somit dringend geworden und sollte bereits bei dem Treffen in Prag, am 5. April 2009, einen Themenschwerpunkt bilden.

 
  
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  Csaba Sógor (PPE-DE), schriftlich. – In den letzten 18 Jahren mussten sich die USA viele Beschimpfungen gefallen lassen – und im Fall der vorherigen republikanischen Regierung unter Präsident Bush in vielen Fällen vielleicht sogar aus sehr gutem Grund.

Ich möchte Sie daran erinnern, dass ohne die Unterstützung und das Engagement Amerikas einige Probleme auf dem europäischen Kontinent immer noch ungeklärt wären. In dem zuvor erwähnten Zeitraum hat sich sehr häufig herausgestellt, dass die Europäische Union machtlos und unfähig werden kann, Konflikte zu lösen, die sich an unserer Hintertür – auf unserem Kontinent – zutragen.

Ohne amerikanisches Engagement und dem Dayton-Abkommen würde es in Bosnien möglicherweise immer noch Krieg geben. Und ich bin mir sicher, dass ich nicht extra betonen muss, dass der Status von Kosovo immer noch ungeklärt und daher nicht nur für die Menschen in Kosovo, sondern auch für die europäischen Mächte höchst entmutigend wäre.

Trotz der vielen Kritikpunkte an ihrer Demokratie haben die Amerikaner etwas erreicht, von dem wir zu diesem Zeitpunkt nur träumen können: Sie haben einen schwarzen Präsidenten. Ich setze große Hoffnungen in die transatlantischen Beziehungen und hoffe aufrichtig, dass die Lage sich sowohl zugunsten der EU als auch der USA verbessern wird.

 

8. Interimshandelsabkommen EG/Turkmenistan - Interimsabkommen EG/Turkmenistan (Aussprache)
Video der Beiträge
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  Der Präsident. Als nächster Punkt folgt die gemeinsame Aussprache über:

- die mündliche Anfrage an den Rat von Jan Marinus Wiersma, Erika Mann, Daniel Caspary, Robert Sturdy, Cristiana Muscardini und Eugenijus Maldeikis im Namen der Sozialdemokratischen Fraktion im Europäischen Parlament, der Fraktion der Europäischen Volkspartei (Christdemokraten) und Europäischer Demokraten und der Fraktion Union für das Europa der Nationen über das Interimshandelsabkommen zwischen der EU und Turkmenistan (O-0024/2009 – B6-0019/2009),

- die mündliche Anfrage an die Kommission von Jan Marinus Wiersma, Erika Mann, Daniel Caspary, Robert Sturdy, Cristiana Muscardini und Eugenijus Maldeikis im Namen der Sozialdemokratischen Fraktion im Europäischen Parlament, der Fraktion der Europäischen Volkspartei (Christdemokraten) und Europäischer Demokraten und der Fraktion Union für das Europa der Nationen über das Interimshandelsabkommen zwischen der EU und Turkmenistan (O-0025/2009 – B6-0020/2009) und

- den Bericht (A6-0085/2006) von Daniel Caspary im Namen des Ausschusses für internationalen Handel über den Vorschlag für einen Beschluss des Rates und der Kommission über den Abschluss des Interimsabkommens über Handel und Handelsfragen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der Europäischen Atomgemeinschaft einerseits und Turkmenistan andererseits (05144/1999 - C5-0338/1999 - 1998/0304(CNS)).

 
  
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  Jan Marinus Wiersma, Verfasser. – (NL) Herr Präsident, es ist gut, dass wir heute eine Aussprache über die Position des Europäischen Parlaments bezüglich des Interimshandelsabkommens mit Turkmenistan führen – ein Thema, das dieses Parlament und die Europäische Union lange Zeit zurückgestellt haben. Der Rat und die Kommission möchten in dieser Angelegenheit Fortschritte erzielen und wünschen sich daher, dass das Europäische Parlament vor Beginn des Interimsabkommens dieses absegnet oder ein positives Urteil diesbezüglich abgibt, da dadurch die Beziehungen zu Turkmenistan verbessert werden könnten.

Das Thema wurde lange Zeit zurückgestellt, und es gibt auch einen Grund dafür. Das Parlament hat bisher sehr gezögert, über dieses Abkommen abzustimmen, weil wir mit der Menschenrechtslage in Turkmenistan ziemlich unzufrieden sind, insbesondere unter dem vorherigen Präsidenten/Diktator Turkmenbaschi, der das Land von der Welt abgeschnitten und sein eigenes Volk sehr unmenschlich behandelt hat. Die Frage ist natürlich, ob das neue Regime, dass nach dem Tod von Turkmenbaschi an die Regierung gekommen ist, eine Veränderung dieser Lage herbeigeführt hat – und ich möchte gern vom Rat und der Kommission hören, welche Veränderungen und Verbesserungen sie in den letzten Jahren beobachtet haben – und ob dies Grund genug dafür ist, den Abschluss und die Unterzeichnung des Handelsabkommens jetzt tatsächlich in Angriff zu nehmen.

Die Kommission und der Rat haben natürlich zwei starke Argumente für eine Neubewertung. Der strategische Kontext hat sich geändert. Wir betrachten Zentralasien jetzt anders als vor einigen Jahren. Die Kommissarin hat selbst viel Energie in die Region investiert. Ich bin mir jedoch auch dessen bewusst, dass die Präsidentschaft der Auffassung ist, dass die Europäische Union diese Region nicht den Chinesen oder den Russen überlassen darf. Auch wir haben dort Interessen, und die Region selbst erkennt diese an. Ich war vor kurzem in Kasachstan, und es war deutlich zu spüren, dass es viel Interesse an besseren Beziehungen zur Europäischen Union gibt.

Das zweite wichtige, von der Kommission vorgebrachte Argument ist, dass wir derzeit über keine solide Rechtsgrundlage für unsere Beziehungen zu Turkmenistan verfügen. Wir verwenden immer noch einen Vertrag aus Zeiten der Sowjetunion, und dies ist nicht akzeptabel. Ohne einen besseren Vertrag – so lautet das Argument – sind wir auch nicht in der Lage, einen vernünftigen Dialog über Menschenrechte einzuleiten.

Die folgende Frage bleibt ungeklärt: Hat sich die Menschenrechtslage in einem solchen Ausmaß verbessert, dass wir diesen wichtigen Schritt machen und dem Parlament die Zustimmung zum Handelsabkommen empfehlen sollten? Ich denke, dass diese Frage immer noch ziemlich ungeklärt ist und erwarte diesbezüglich außerdem die Reaktion der Kommission und des Rates. Ich werde weiterhin meine Zweifel haben. Ich habe diesbezüglich ausführlich mit Herrn Caspary von der Fraktion der Europäischen Volkspartei (Christdemokraten) und Europäischer Demokraten diskutiert, der Berichterstatter zu diesem Thema ist. Bezüglich einer Reihe von Punkten, die er ebenfalls erwähnen wird, ersuchen wir den Rat immer noch um Klärung, und zwar in Bezug auf die Lage der Medien in Turkmenistan, die Bildung, den Zugang des Roten Kreuzes zu Gefängnissen usw. Wir sind der Meinung, dass es in diesen Bereichen eine echte Verbesserung geben muss und dass ein Handelsabkommen dieser Art und ein Dialog mit Turkmenistan über Menschenrechte helfen könnten, dies zu erreichen.

Ich möchte abschließend einen letzten Punkt anführen, der auch in der von uns zusammen mit der Fraktion der Allianz der Liberalen und Demokraten für Europa und der Fraktion der Europäischen Volkspartei (Christdemokraten) und Europäischer Demokraten hervorgebrachten Entschließung klar zum Ausdruck kommt. Wir möchten auch eine Garantie dafür, dass wenn wir bezüglich des Handelsabkommens eine positive Meinung äußern, es auch eine Ausweichmöglichkeit gibt. Wir möchten, dass – wenn wir zu dem Schluss kommen, dass die von der Kommission und dem Rat vorgeschlagenen Methoden nicht funktionieren und die Menschenrechtslage in Turkmenistan sich nicht wirklich verbessert hat – das Parlament die Möglichkeit hat, die Kommission und den Rat dazu aufzufordern, das Abkommen auszusetzen. Wenn wir diesbezüglich keine Zusage erhalten, wird es für mich sehr schwierig sein, bei der Fraktionssitzung heute Abend meine eigene Fraktion davon zu überzeugen, für dieses Handelsabkommen zu stimmen. Wir würden dann wahrscheinlich die Verschiebung der Abstimmung beantragen. Für uns ist es wirklich sehr wichtig, die Zusage zu erhalten, dass wir bei einer Verschlechterung bzw. keiner erheblichen Verbesserung der Lage in Turkmenistan eine weitere Aussprache darüber führen können, ob das Handelsabkommen ausgesetzt werden sollte. Das Parlament muss das Recht haben, diesbezüglich beim Rat und der Kommission eine Petition einzureichen.

 
  
  

VORSITZ: MIGUEL ÁNGEL MARTÍNEZ MARTÍNEZ
Vizepräsident

 
  
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  Bogusław Rogalski, Verfasser. – (PL) Herr Präsident, die Frage der Ratifizierung des Abkommens mit Turkmenistan ist aufgrund der Verletzungen demokratischer Prinzipien und grundlegender Menschenrechte in Turkmenistan ein strittiges Thema. Trotzdem sollten Gespräche mit diesem Land geführt sowie das Abkommen unterzeichnet werden. Bei den Beziehungen zu Turkmenistan sollte vor allem berücksichtigt werden, dass der Lebensstandard in Turkmenistan sinken wird, wenn es zwischen der EU und diesem Land keine wirtschaftliche Zusammenarbeit gibt. Die Ratifizierung des Abkommens kann hingegen zweifellos dabei helfen, den Lebensstandard der Bevölkerung zu steigern.

Lassen Sie uns erwähnen, dass es dort gewisse positive, soziale Anzeichen gegeben hat. Dazu zählt die vor kurzem von Turkmenistan angenommene Rechtsvorschrift, die Kinderarbeit verbietet. Natürlich muss Turkmenistan noch viele Übereinkommen der Internationalen Arbeitsorganisation ratifizieren und implementieren – dies steht außer Frage. Beunruhigend ist jedoch die Tatsache, dass die Veränderungen in Turkmenistan langsamer eingeleitet wurden als wir erwartet haben. Nur einige wenige Unternehmen wurden privatisiert, die Regierung hat weiterhin die Kontrolle über viele wirtschaftliche Sektoren, und die ausländischen Direktinvestitionen sind sehr gering geblieben. Trotz der Tatsache, dass Turkmenistan über eine der größten Erdgasreserven verfügt und einer der größten Exporteure von Baumwolle ist, lebt etwa die Hälfte der Bevölkerung – und lassen Sie uns dies hier nicht vergessen – in Armut, in extremer Armut. Auch das politische System ist noch lange nicht zufriedenstellend, insbesondere wegen der ununterbrochenen Unterdrückung aller politischen Parteien außer der regierenden sowie der Unterdrückung verschiedener religiöser Gruppen.

Trotz alledem finde ich, dass das Abkommen mit Turkmenistan geschlossen und ratifiziert werden sollte, denn nur wenn wir Gespräche führen und Turkmenistan ein entsprechendes Beispiel vorleben, werden wir dem Land helfen können, damit es in Zukunft endlich der Familie demokratischer Länder beitritt.

 
  
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  Robert Sturdy, Verfasser. Herr Präsident, ich bitte um Entschuldigung! Mir war nicht bewusst, dass für mich in Bezug auf dieses Thema Redezeit eingeplant ist. Ich möchte einfach das von meinem Vorredner Gesagte kommentieren. Meiner Meinung nach ist es wichtig, die Rechtsvorschriften zu unterstützen, die Turkmenistan an uns annähern. Wie für alle diese Länder müssen wir gewährleisten, dass sie trotz des sehr schwierigen Umfelds sicher sind.

An dieser Stelle möchte ich Daniel Caspary danken, der unermüdlich an der Durchsetzung dieser Rechtsvorschrift gearbeitet hat. Ich weiß, dass er in ein oder zwei Minuten das Wort ergreifen wird, aber er hat im Ausschuss für internationalen Handel speziell an dieser Rechtsvorschrift gearbeitet.

In einer Zeit, in der die Welt mit großen Einschränkungen der Finanzdienstleistungen und anderen Problemen zu kämpfen hat, müssen wir die Sicherheit dieser Länder gewährleisten und sicherstellen, dass sie mittels der von Herrn Caspary vorgelegten Rechtsvorschrift einbezogen werden. Ich habe keine weiteren Punkte anzuführen und entschuldige mich für die Verspätung.

 
  
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  Daniel Caspary, Berichterstatter. − Herr Präsident, geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Seit fast drei Jahren beschäftigen wir uns im Europäischen Parlament mit dem Interimsabkommen mit Turkmenistan. Wir waren vor fast drei Jahren schon einmal so weit, dass wir einen Bericht im Außenhandelsausschuss angenommen haben, und es dann aber im Plenum nicht zur Abstimmung kam, auch deshalb, weil sich Rat und Kommission damals nicht mehr nachdrücklich mit dem Thema befasst haben und wir im Parlament gesagt haben, wenn Kommission und Rat hier nicht vorangehen, dann brauchen wir auch nicht zu folgen.

Ich freue mich ausdrücklich, dass wir heute eine andere Situation haben, auch wenn die Situation in Turkmenistan nach wie vor bei Weitem nicht so ist, wie wir uns das vorstellen. Die Menschenrechte werden nach wie vor in weiten Bereichen nicht geachtet. Es gibt viele berechtigte Kritikpunkte im Hinblick auf die nicht vorhandene demokratische Struktur in diesem Land. Die Freiheitsrechte der Menschen sind extrem stark eingeschränkt. Die Informationsfreiheit in diesem Land ist äußerst mangelhaft. Im Moment läuft wohl nach Informationen, die Nichtregierungsorganisationen an uns herantragen, eine Kampagne, Satellitenschüsseln zu beseitigen und damit den Zugang zu freien Medien weiter zu behindern.

Das Bildungssystem entspricht weiterhin nicht dem Standard, den wir uns vorstellen, um Menschen aufgeklärt und vor allem auch entscheidungsfähig im Hinblick auf Demokratie und Menschenrechte auszubilden. Auch die Situation in den Gefängnissen – die Frage der politischen Häftlinge, die Frage des Zugangs des Roten Kreuzes zu diesen Gefängnissen – ist nach wie vor vollkommen unbefriedigend und ungeklärt.

Auf der anderen Seite gibt es aber auch etliche unberechtigte Kritikpunkte, die immer wieder an uns herangetragen werden. Es gab in den letzten Jahren viele Falschmeldungen von so genannten Nichtregierungsorganisationen. Bei manchen Nichtregierungsorganisationen hatte ich schon fast den Eindruck, dass dort vielleicht auch Unternehmen aus anderen Ländern dahinterstehen, deren Interesse es ist, Gespräche zwischen der Europäischen Union und Turkmenistan möglichst nicht aufkommen zu lassen.

Ich hatte den Eindruck, dass hinter manchen Aussagen und manchen Fehlinformationen, die in Richtung Europäische Union gestreut wurden, ganz bewusst das Interesse lag, die Gespräche zwischen Europäischer Union und Turkmenistan zu behindern. Ich denke da an Meldungen, wonach sämtliche Krankenhäuser im Land mit Ausnahme von zweien in der Hauptstadt geschlossen wurden, wonach alle Bibliotheken mit Ausnahme von zweien geschlossen wurden, wonach es zum Ausbruch der Pest gekommen ist, weil die medizinischen Verhältnisse angeblich so katastrophal sind. Diese Meldungen haben sich alle als Falschmeldungen herausgestellt.

Aber was ist das Hauptproblem? Es ist überhaupt nicht möglich, ein realistisches Bild von diesem Land zu bekommen, vor allem, weil die dortige Regierung uns nicht richtig ins Land reinschauen lässt, und zum anderen, weil wir natürlich als Europäische Union leider noch keinen auswärtigen Dienst haben, der dort entsprechend tätig sein könnte.

Wir sehen aber, dass der neue Präsident etliche Reformen angeht. Die Zentralasien-Strategie der Europäischen Union, die wir vor einiger Zeit hier im Parlament beschlossen haben, sieht auch einen Schwerpunkt in den zentralasiatischen Ländern. Da kann dieses Interimsabkommen ein möglicher kleiner erster Schritt sein, um den Turkmenen deutlich zu machen, dass wir den Gesprächsfaden aufgreifen, im Dialog vorankommen und ihnen auch helfen wollen, den Weg in Richtung Menschenrechte und Demokratie – wenn auch langsam, aber hoffentlich stetig – zu gehen.

Unsere Entschließung, die wir als Entschließung von vielen Fraktionen hier im Parlament vorgelegt haben, spricht etliche der Kritikpunkte deutlich an. Sie spricht auch einige der positiven Entwicklungen, die wir sehen konnten, deutlich an, aber uns geht es darum: Wir wollen keinen Freifahrtschein erteilen, wir wollen Werte, die uns wichtig sind, ausdrücklich nicht an Turkmenistan verkaufen, sondern wir wollen unsere Werte verteidigen und aufrechterhalten. Deswegen darf es auch keinen Automatismus für das Partnerschafts- und Kooperationsabkommen geben, und Kommission und Rat müssen, wie das meine Vorredner auch schon angesprochen haben, klare Aussagen treffen im Hinblick auf eine mögliche Suspendierung des Interimsabkommens, wenn wir als Parlament das in Zukunft irgendwann fordern sollten.

Wir haben als Parlament etliche Fragen an Kommission und Rat schriftlich dargelegt. Ich würde mich freuen, wenn Sie darauf eingehen und uns sehr nachdrückliche Antworten geben könnten, damit wir dann hoffentlich morgen gemeinsam dieses Interimsabkommen auf den Weg bringen können.

 
  
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  Alexandr Vondra, amtierender Präsident des Rates. Herr Präsident, ich begrüße natürlich das Interesse der Mitglieder des Parlaments an der Beziehung der EU zu Turkmenistan und freue mich über die Gelegenheit, im Namen des Rates auf die verschiedenen Fragen und Themen einzugehen, die im Parlament aufgeworfen wurden.

Turkmenistan gewinnt in vielerlei Hinsicht an Bedeutung. Lange Zeit war das Land sehr introvertiert. In den letzten zwei Jahren hat es jedoch zahlreiche bedeutende Schritte unternommen, um sich der Außenwelt zu öffnen. Die Regierung wird immer offener für eine Zusammenarbeit. Dies zeigt sich in den verstärkten Bemühungen, konstruktiver im Rahmen der EU-Strategie für Zentralasien zu arbeiten.

Trotz dieser Veränderungen ist unsere vertragliche Beziehung zu Turkmenistan seit 20 Jahren unverändert. Wie Herr Wiersma sagte, basiert sie immer noch auf dem veralteten Abkommen über den Handel und die handelspolitische und wirtschaftliche Zusammenarbeit mit der Sowjetunion.

Die positiven Entwicklungen in Turkmenistan bieten uns eine Gelegenheit, um unsere bilaterale Beziehung zu stärken. Das 1999 unterzeichnete Interimsabkommen wendet die handelspolitischen Teile des ebenfalls 1999 unterzeichneten Partnerschafts- und Kooperationsabkommens, dessen Ratifizierung nur noch durch drei Mitgliedstaaten aussteht, vorläufig an.

Die Beziehungen der Union zu Turkmenistan umfassen viele Aspekte. Die Förderung von Menschenrechten und Demokratie bilden – selbstverständlich – den Kern der bilateralen Beziehung, da sie der Schlüssel zur umfassenderen Strategie für Zentralasien sind. Die Tatsache, dass Turkmenistan an Afghanistan grenzt, macht das Land auch in strategischer Hinsicht bedeutend. Gleichzeitig ist Turkmenistan am Wiederaufbau Afghanistans beteiligt und bietet – sowohl im Rahmen der ISAF (Überflüge) als auch auf bilateraler Ebene – logistische Unterstützung für die Operationen oder Aktivitäten vieler EU-Mitgliedstaaten. Turkmenistan ist für die regionale Sicherheit und bei der Bekämpfung des Drogenhandels von entscheidender Bedeutung. Die wachsende Wirtschaft des Landes bietet Möglichkeiten für EU-Unternehmen. Außerdem ist Turkmenistan ein wichtiger Partner bei der Diversifizierung der energiepolitischen Beziehungen und Energieversorgungssicherheit der EU. Dies sind alles wichtige Bereiche, die wir in unserem eigenen Interesse weiterentwickeln müssen.

Außerdem hat Turkmenistan seit den Präsidentschaftswahlen im Februar 2007 eine Reihe wichtiger Reformen eingeleitet, einschließlich Verfassungsänderungen. Viele der neuen Bestimmungen in der Verfassung sowie andere angekündigte Reformen unterstreichen, dass das Land sich in die richtige Richtung bewegt, auch wenn es sich hierbei um einen langfristigen Prozess handelt und noch viel mehr getan werden muss.

Was die Menschenrechtsfrage angeht, führt Turkmenistan mit der EU einen konstruktiven Menschenrechtsdialog über sehr viele Themen. Diesem Dialog wird auch durch einige wichtige Entwicklungen innerhalb des Landes entsprochen. Es wurden einige politische Gefangene freigelassen, und es gibt eine verstärkte Zusammenarbeit mit den Vereinten Nationen. Außerdem hat Turkmenistan der UN-Sonderberichterstatterin über Religions- und Weltanschauungsfreiheit Besuchserlaubnis erteilt, das Allgemeine Periodische Überprüfungsverfahren (UPR, Universal Periodic Review) der Vereinten Nationen uneingeschränkt unterstützt und in Aschgabat ein UN-Zentrum für vorbeugende Diplomatie errichtet. Des Weiteren wurden die internen Reisebeschränkungen gelockert, ein Dialog mit dem Internationalen Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) wurde eingeleitet, und durch die Bildungsreform wurde eine zehnjährige schulische und eine fünfjährige universitäre Ausbildung wiederhergestellt. Turkmenistan ist internationalen Abkommen beigetreten, beispielsweise dem Zweiten Fakultativprotokoll zum Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte und dem Übereinkommen über die politischen Rechte der Frau.

Dies alles sind Belege dafür, dass Turkmenistan Fortschritte macht. Natürlich bleibt im Bereich der Menschenrechte und Achtung für Rechtsstaatlichkeit und Demokratie immer noch viel zu tun. Wir werden weiterhin vor allem auf die Freilassung aller politischer Gefangener, auf den freien Zugang des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz zu Gefangenen, auf die Aufhebung von Beschränkungen für Auslandsreisen sowie auf Medienfreiheit in der Zivilgesellschaft drängen.

Die Präsidentschaft ist davon überzeugt, dass nur durch konstantes Engagement gewährleistet werden kann, dass Turkmenistan diese Ziele erreicht. Wir müssen in der Lage sein, einen offenen Dialog zu führen und gegebenenfalls klare Botschaften zu senden, wenn Turkmenistan sich auf die uneingeschränkte Achtung internationaler Standards zubewegen soll.

Genau dies ist der Grund dafür, warum wir unsere Beziehung sowie unsere Instrumente und Werkzeuge verbessern müssen. Die aktuelle vertragliche Vereinbarung mit Turkmenistan sieht nur einen rudimentären bilateralen Dialog vor. Der einzige vertragsbasierte Dialog besteht aus einer – einmal pro Jahr stattfindenden – Sitzung eines gemeinsamen Ausschusses auf Beamtenebene.

Mit dem Interimsabkommen würden die Menschenrechte zum wesentlichen Bestandteil der Beziehungen werden und somit unsere Fähigkeit stärken, zukünftige Entwicklungen in Turkmenistan in diesem Bereich zu beeinflussen. Das Partnerschafts- und Kooperationsabkommen (PKA) würde – nach dem Inkrafttreten – durch die Ermöglichung eines vollständigen politischen Dialoges einen Schritt weiter gehen.

In der im Juni 2007 angenommenen EU-Strategie für Zentralasien heißt es, dass die EU zur Intensivierung der Zusammenarbeit mit den zentralasiatischen Staaten das Potenzial von Partnerschafts- und Kooperationsabkommen voll ausschöpfen wird. Solche Abkommen gibt es bereits im Fall von Kasachstan, Kirgisistan und Usbekistan. Und im Fall von Tadschikistan ist bis zur Ratifizierung und dem Inkrafttreten des PKA ein Interimsabkommen in Kraft.

Für die erfolgreiche Implementierung der EU-Strategie für Zentralasien ist es wichtig, alle zentralasiatischen Länder einzubeziehen. Aus diesem Grund ist es wichtig, auch Voraussetzungen für die Einbeziehung Turkmenistans zu schaffen. Andernfalls wird es sehr schwierig sein, unsere Ziele und Interessen in Zentralasien zu implementieren.

Die Präsidentschaft ist davon überzeugt, dass wir jetzt einen geeigneten Rechtsrahmen für unsere Beziehungen zu Turkmenistan schaffen müssen – angefangen mit dem Interimsabkommen. Hierdurch wird es uns möglich sein, auf den in dem Land stattfindenden Entwicklungen aufzubauen und unser allgemeines Engagement in Zentralasien auszubauen.

Das Interimsabkommen ist die effektivste Möglichkeit, um zu gewährleisten, dass Turkmenistan in den verschiedenen von mir dargelegten Hauptbereichen Fortschritte erzielen kann, nicht zuletzt in Bezug auf Menschenrechte, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit. Ich weiß, dass Sie diese Ziele teilen und hoffe daher, dass wir auf Ihre Unterstützung zählen können.

 
  
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  Benita Ferrero-Waldner , Mitglied der Kommission. − (FR) Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordnete! Seit der Wahl von Präsident Berdymuchammedow ist Turkmenistan effektiv in eine neue Phase der Entwicklung eingetreten. Zudem hat es seither mehrere positive Anzeichen für einen Wandel gegeben.

Die neuen Führungskräfte drücken in der Tat eine offenere Haltung aus. Sie haben beispielsweise bestimmte Beschränkungen in Bezug auf die Freizügigkeit innerhalb des Landes aufgehoben, die Verfassung zur Stärkung der Rolle des Parlaments geändert, ein Institut für Demokratie und Menschenrechte eingerichtet, waren Gastgeber des UN-Zentrums für vorbeugende Diplomatie in Aschgabat und haben – erstmalig – internationalen Beobachtern die Überwachung der Parlamentswahlen vom letzten Dezember erlaubt. Des Weiteren stellen jetzt, wie Sie wissen, Reformen des Bildungs- und Gesundheitswesens eine Priorität für die Regierung dar.

2006 hat das Europäische Parlament den turkmenischen Behörden vorgeschlagen, eine Reihe von Maßnahmen zu ergreifen, damit das Parlament endlich dem Interimshandelsabkommen zustimmen kann. In den letzten zwei Jahren – seit der Wahl des neuen Präsidenten – wurden außerdem mehrere der vorgeschlagenen Maßnahmen ergriffen. Ich möchte die vom amtierenden Präsidenten des Rates genannten Maßnahmen nicht wiederholen; insbesondere wären da jene in Bezug auf das IKRK zu nennen. Auch im Bildungsbereich wurden mit der Modernisierung des Lehrsystems, Ausbildung von Lehrern im Ausland, Verlängerung der Ausbildungszeit und Einführung des Internets in Schulen Reformen eingeleitet.

Einige Gefangene wurden freigelassen, so auch kürzlich, meine Damen und Herren, Valery Pal, dessen Freilassung wir gefordert hatten. Außerdem wurde im September 2008 – wieder zum ersten Mal – der UN-Sonderberichterstatterin über Religions- und Weltanschauungsfreiheit eine Besuchserlaubnis erteilt, die zu dem Schluss kam, dass Einzelpersonen und Gemeinschaften immer noch vor vielen Schwierigkeiten stehen, obwohl sich die Situation seit 2007 deutlich verbessert hat.

Der Beginn neuer strukturierter Dialoge – wie jene, die wir über Menschenrechte gehört haben – ist ein weiterer positiver Punkt. Sie können natürlich versichert sein, dass wir – während dieser Sitzungen – auch auf Anlass zur Sorge gebende Themen eingehen werden. Dazu zählen insbesondere die Lage politischer Gefangener, die Versammlungs-, Medien- und Glaubensfreiheit sowie die Rechte von Minderheiten. Wir werden zudem bei jeder Gelegenheit unser Bekenntnis zur Achtung der Menschenrechte sowie deren Wichtigkeit für die langfristige wirtschaftliche und soziale Entwicklung betonen.

Angesichts dieser – durchaus legitimer – Sorgen bezüglich der Lage in Turkmenistan hat das Parlament seinen Beschluss über das Interimsabkommen verschoben. Grundsätzlich teile ich einige dieser Sorgen und erkenne zudem an, dass Turkmenistan noch einige Voraussetzungen erfüllen muss, bevor das Land den internationalen Standards für Demokratie und Menschenrechte in vollem Umfang entspricht.

Dennoch handelt es sich hierbei – wenn auch möglicherweise in eingeschränktem Maße – um eine positive Entwicklung, die den Wunsch bezeugt, Forschritte zu machen und sich dem Wandel zu öffnen. Wir sehen dies als eine Chance, die wir nutzen sollten, um den Dialog mit den turkmenischen Behörden zu suchen und um diese zu ermutigen. Ich bin der festen Überzeugung, dass die Europäische Union sich noch stärker engagieren muss, um den Weg für positive Entwicklungen zu ebnen.

Die Anwendung des Interimshandelsabkommens – damit meine ich die handelspolitischen Bestimmungen des Partnerschafts- und Kooperationsabkommens – wäre ein erster positiver Schritt, der es uns ermöglichen würde, den stärkeren Dialog mit Turkmenistan zu suchen und Zusammenarbeit, Reformen und Modernisierung energischer zu fördern. Außerdem enthält das Interimsabkommen eine wichtige Menschenrechtsklausel, und ich bin mir Ihrer Bedenken bezüglich einer möglichen Aussetzung des Abkommens bewusst.

In diesem Zusammenhang möchte ich darauf hinweisen, dass Artikel 1 des Interimshandelsabkommens sowie Artikel 2 des Partnerschafts- und Kooperationsabkommens Klauseln enthalten, die sich auf die Achtung von Demokratie und Grundrechten als wesentliche Elemente beider Abkommen beziehen. Vor allem möchte ich jedoch darauf hinweisen, dass beide Abkommen Klauseln enthalten, die es den Parteien ermöglichen, bei einem schwerwiegenden Verstoß gegen ihre jeweiligen Bestimmungen entsprechende Maßnahmen zu ergreifen, und dies – in besonders dringenden Fällen – sogar ohne vorherige Konsultation der gemeinsamen Ausschüsse.

Somit ist es möglich, die Abkommen im Fall eines festgestellten, fortwährenden und schwerwiegenden Verstoßes gegen die Menschenrechtsklausel auszusetzen. Das Interimshandelsabkommen ist jedoch sicherlich kein Allheilmittel. Es kann natürlich nicht alle Menschenrechtsprobleme in Turkmenistan lösen, es wird jedoch helfen zu gewährleisten, dass internationale Standards stärker eingehalten werden, insbesondere im Bereich der Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte.

Es gibt noch zwei weitere wichtige Gründe dafür, weshalb wir die Beziehungen zu Turkmenistan zum Schutz unserer eigenen Interessen verbessern sollten: Sicherheit und Energie. Turkmenistan befindet sich in der Tat zwischen Europa und Asien und zählt unter anderem Iran und Afghanistan zu seinen Nachbarn. Es ist wichtig für das Land, in einer von Spannungen geprägten und kurz vor Destabilisierung stehenden Region aktiv neutral zu sein.

Zu diesem Zweck arbeiten wir mit Turkmenistan im Bereich der Grenzverwaltung und bei der Bekämpfung des Terrorismus, islamischen Extremismus sowie des Drogen- und Menschenhandels erfolgreich zusammen. Diese Zusammenarbeit ist angesichts des jüngsten erneuten Engagements der internationalen Gemeinschaft in Afghanistan und Pakistan umso wichtiger, und tatsächlich sollen sehr bald in Den Haag und Tokio regionale Konferenzen stattfinden.

Wie wir alle wissen, könnte Zentralasien in Bezug auf die Energieversorgungssicherheit eine sehr wichtige Rolle spielen. Wir haben unsere Zusammenarbeit in diesem Bereich seit dem Regimewechsel in Turkmenistan verstärkt. Die Europäische Union setzt alles daran, den südlichen Gaskorridor als Teil einer umfassenderen Politik der Diversifizierung unserer Energiequellen und Transitrouten aufzubauen. Turkmenistan ist zweifellos für den Erfolg dieses Projekts ausschlaggebend.

Unsere Beziehungen zu Turkmenistan müssen ebenso sehr von unseren Werten wie auch von unseren Interessen geprägt sein. Aus diesem Grund bin ich weiterhin davon überzeugt, dass wir durch den Dialog mit Turkmenistan besser in der Lage sein werden, unsere Argumente zugunsten einer offeneren Gesellschaft in diesem Land durchzusetzen.

Wir müssen die Behörden weiterhin dazu ermutigen, Fortschritte in anderen Bereichen zu machen, beispielsweise in Bezug auf die Reform des Straf- und Zivilgesetzbuches, die Rechtsvorschriften für Religion, die Medienfreiheit, die Freilassung politischer Gefangener, die Ermöglichung des Zugangs internationaler Beobachter zu Gefängnissen und die verstärkte Präsenz von Nichtregierungsorganisationen im Land.

Aus diesen Gründen bitte ich Sie darum, das Interimsabkommen mit Turkmenistan zu billigen.

 
  
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  Der Präsident. Frau Kommissarin, meine Damen und Herren! Bevor ich das Wort an die verschiedenen Redner für diese Aussprache weitergebe, möchte ich mir erlauben, Ihnen selbst – als die für die mehrsprachigen Themen des Präsidiums verantwortliche Person – aus einer Broschüre vorzulesen, die an neue Abgeordnete gerichtet ist und ihnen Tipps zum richtigen Sprechen gibt, damit das Gesagte korrekt gedolmetscht werden kann und dieses Wunder des Dolmetschens. das es in dieser Art in keiner anderen Institution gibt, sich auch weiterhin täglich wiederholen kann.

Bei dem Folgenden handelt es sich nicht um die von Moses vom Berg heruntergebrachten Tafeln, sondern um folgende Tipps: Sprechen Sie in einem gleichbleibenden Tempo und nicht zu schnell. Sprechen Sie – wenn möglich – in Ihrer Muttersprache. Vermeiden Sie es, beim Sprechen die Sprache zu wechseln. Sprechen ist besser als Lesen. Sollte es jedoch keine Alternative zum Lesen geben, stellen Sie bitte sicher, dass die Dolmetscher den Text erhalten haben. Der Verweis auf Dokumente muss eindeutig sein. Sprechen Sie jede genannte Person klar und deutlich aus. Erklären Sie die von Ihnen verwendeten Abkürzungen. Denken Sie daran, dass Witze schwer zu übersetzen sind, und sprechen Sie mit den Dolmetschern. Wenn Sie den Vorsitz einer Sitzung führen, warten Sie bitte einen Moment, bevor Sie das Wort an den nächsten Redner weitergeben, damit die Dolmetscher die vorherige Rede beenden und zum entsprechenden Kanal wechseln können.

Vielen Dank für das Dolmetschen! Ich möchte diese Gelegenheit nutzen, um den Dolmetscherinnen und Dolmetschern zu ihrer – so schwierigen und so effektiven – Arbeit zu gratulieren, die unsere Arbeit erst ermöglicht.

 
  
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  Alexandru Nazare, im Namen der PPE-DE-Fraktion. – (RO) Zunächst einmal möchte ich – und dies ist im Kontext dieser Aussprache kein Zufall – den bei der letzten Sitzung des Europäischen Rates gefundenen Kompromiss zur Finanzierung der Nabucco-Gaspipeline begrüßen.

Es freut mich, dass das Nabucco-Projekt zu einem vorrangigen Energieprojekt erklärt wurde und dass unsere Bemühungen als Mitglieder des Europäischen Parlaments zur Unterstützung dieses Projekts zu Ergebnissen geführt haben.

Ich bin jedoch der Meinung – um zur heutigen Aussprache zurückzukehren –, dass es unter allen Bedenken in Bezug auf Turkmenistan eindeutig zwei Themen gibt, die gleichermaßen bedeutend sind: einerseits die wirtschaftliche Zusammenarbeit, insbesondere im Bereich Öl und Gas, und andererseits der soziale Fortschritt und die Menschenrechte in diesem Land, wie bereits von der Kommissarin erwähnt.

Ich begrüße diesen Bericht und gratuliere Herrn Caspary dazu.

Ich bin außerdem der Meinung, dass das diskutierte Abkommen einen besseren Rahmen für die Interaktion mit Turkmenistan bietet als das aktuelle. Ich möchte jedoch betonen, dass es für uns nicht zu früh ist, Aussprachen über spezielle Wege zur Zusammenarbeit mit Turkmenistan und die Einbeziehung dieses Landes in die Energieprojekte der Europäischen Union zu führen. Das heute diskutierte Abkommen ist als Mittel zur Stärkung der wirtschaftlichen Zusammenarbeit zwischen der EU und diesem Land mehr als willkommen.

Wir verstehen diesen Bericht so, dass die Behörden in Aschgabat dazu bereit sind, bezüglich der Menschenrechte und bürgerlichen Freiheiten zu verhandeln. Basierend auf der bisherigen Erfahrung der EU sollte es klar sein, dass bezüglich dieser Themen am schnellsten ein Fortschritt erzielt werden kann, wenn sie Teil einer umfassenderen Diskussion sind, die auch andere Themen berührt, einschließlich der Aussicht auf eine langfristige wirtschaftliche Zusammenarbeit.

Die Energie- und Außenpolitik Turkmenistans sind eng miteinander verknüpft. Wir können uns mit diesen Themen parallel befassen, indem wir die wirtschaftliche Zusammenarbeit stärken und spezielle Maßnahmen ergreifen sowie unser konstantes Interesse an Menschenrechten zum Ausdruck bringen.

Ich begrüße die Bewertungskriterien bezüglich des Fortschritts Turkmenistans sowie der EU-Standards für intellektuelles Eigentum. Ich frage mich, ob es nicht hilfreich wäre, auch über ähnliche Kriterien – jedoch realistischer und langfristiger Art – für den Grad der wirtschaftlichen Integration zu verfügen oder Kriterien zu haben, die sich auf den Fortschritt im Bereich der bürgerlichen Freiheiten beziehen.

 
  
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  Erika Mann, im Namen der PSE-Fraktion. Herr Präsident, ich danke der Kommissarin und – stellvertretend für den Rat – Herrn Vondra für ihre Ausführungen. Ich bin mir jedoch sicher, dass sie gespürt haben, dass wir immer noch etwas zögern, sie voll und ganz zu unterstützen. Ich denke, dass dies leicht nachzuvollziehen ist, da es sich hierbei um einen einfachen Sachverhalt handelt. Die Schwierigkeit ergibt sich, weil das Parlament seine Zustimmung zum Partnerschafts- und Kooperationsabkommen (PKA) geben muss, während dies aufgrund unserer rechtlichen Verpflichtungen für das Interimshandelsabkommen nicht der Fall ist.

Deswegen können wir – wenn es um das Interimshandelsabkommen geht – in unserer Entschließung nur unsere Punkte hervorheben, unsere Bedenken äußern und bestimmte Themen unterstützen. Aus diesem Grund zögert das Parlament – und vor allem meine politische Fraktion –, diesem Interimshandelsabkommen seine volle Unterstützung zuzusichern.

Ich hoffe, dass dies nachvollziehbar ist und Sie das Problem lösen können. Ich weiß, dass es für Sie sehr schwierig – wenn nicht gar unmöglich – ist, aufgrund des rechtlichen Verfahrens und weil Sie die rechtliche Grundlage bereits unterzeichnet haben, neu zu verhandeln. Wir kennen die Fakten genau. Ich bin mir jedoch sicher, dass Sie sich in irgendeiner Form verpflichten sowie die rechtlichen Grundlagen weiterentwickeln und untersuchen können, damit wir auf Ihrer Seite sein können, weil wir uns alle der Bedeutung Turkmenistans bewusst sind und wir bereits andere Abkommen unterstützt haben. Es ist also nicht so, dass wir uns der Fakten und der Bedeutung Turkmenistans nicht bewusst wären; es handelt sich hierbei nur um einen sehr schwierigen Fall.

Ich möchte dem gern noch einmal auf den Grund gehen und bitte Sie daher um Folgendes: Prüfen Sie unseren Absatz 11, in dem wir unsere Bedenken bezüglich der rechtlichen Verpflichtung sowie der Unterschiede zwischen dem Interimshandelabkommen und dem Partnerschafts- und Kooperationsabkommen äußern.

Bitte erkennen Sie Absatz 9 unserer Entschließung an, in dem es um die Aufnahme der Menschenrechtsklausel in das Partnerschafts- und Kooperationsabkommen geht. Frau Kommissarin, ich bin mir der von Ihnen angeführten Punkte bewusst und habe sie zur Kenntnis genommen. Ich bin mir jedoch auch sicher, dass Sie etwas tun können um herauszufinden, wie wir diesen speziellen Punkt weiter ausbauen können.

Dasselbe gilt für Absatz 10, der auch für den Rat von Wichtigkeit ist. Wir würden gern eine Revisionsklausel sehen. Ich weiß, dass diese nicht inbegriffen ist. Aber auch bezüglich dieses Punktes möchte ich Sie bitten, uns einen Gefallen zu tun und zu prüfen, was Sie bei Fortsetzung der Verhandlungen erreichen können.

Wenn Sie in Bezug auf Absatz 8 etwas erreichen könnten, dann wäre dies mehr als hilfreich. Er bezieht sich auf die Überwachung, die wir stets möchten und fordern. Überwachung bedeutet nicht, dass wir am Verhandlungstisch sitzen möchten. Wir haben dies unter anderen Umständen getan. Prüfen Sie deshalb, was Sie diesbezüglich erreichen und wie Sie dazu beitragen können, die Bedeutung von Überwachung zu definieren. Aber tun Sie uns einen Gefallen, und sehen Sie sich den Fall an.

Sie haben übrigens großartige Arbeit geleistet. Alle Punkte werden im neuen Partnerschaftsabkommen zwischen der EU und Zentralasien für das 21. Jahrhundert berücksichtigt. Sogar die Empfehlung der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) wurde berücksichtigt. Sie haben die Menschenrechtsfragen abgedeckt. Deshalb bin ich mir sicher, dass wir einen Kompromiss finden können; es liegt jedoch noch ein bisschen Arbeit vor uns.

 
  
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  Hélène Flautre, im Namen der Verts/ALE-Fraktion. – (FR) Herr Präsident, ich bin der Meinung, dass wir uns selbst nichts vormachen, sondern realisieren sollten, dass obwohl Valery Pal freigelassen wurde, die turkmenische Regierung weiterhin andere Menschen in Turkmenistan für Gedankenverbrechen entführen, einsperren und foltern wird.

Obwohl die UN-Sonderberichterstatterin über Religions- und Weltanschauungsfreiheit nach Turkmenistan gereist ist, warten neun andere Sonderberichterstatter immer noch auf ihre Einreiseerlaubnis: Es handelt sich dabei um Personen, die über wichtige Bereiche wie Folter, Verteidigung von Menschenrechten, Unabhängigkeit der Justiz, Bildung, Gesundheit, freie Meinungsäußerung usw. Bericht erstatten.

Einige Reden hören sich wirklich wie Selbstüberzeugungsversuche an. Wir sehen uns weiterhin einem der repressivsten und introvertiertesten Regimes gegenüber, auch wenn es einige Forschritte gegeben hat und wir die richtige Strategie zur Unterstützung dieser Fortschritte finden müssen. Es ist aber auch wichtig, dass wir nicht naiv sind oder erwarten, dass Turkmenistan ein Vorbild in Hinblick auf Demokratie und Menschenrechte wird, ehe wir mit dem Land vorher zu einer Einigung kommen.

Wie sollten wir also angesichts dieser zwei Extreme vorgehen? Ich schlage vor, dass wir einfach eine reale Außenpolitik verfolgen und uns an Kriterien halten, die sehr genau, messbar, realistisch und jene des Europäischen Parlaments sind. Ich denke dabei an die Einreiseerlaubnis für unabhängige Nichtregierungsorganisationen, Sonderberichterstatter der Vereinten Nationen und das Internationale Rote Kreuz. Wir wissen, dass Verhandlungen laufen, aber nicht abgeschlossen sind. Ich denke in diesem Zusammenhang an die Neuausrichtung des Bildungssystems an internationale Standards – die zwar in Bearbeitung, jedoch weit davon entfernt ist, zufriedenstellend zu sein –, an die Freilassung aller politischer Gefangener und an deren Freizügigkeit. Kurz gesagt: das ABC der Menschenrechte. Der Vorschlag meiner Fraktion ist sowohl ehrgeizig als auch realistisch. Er lässt sich in einer einfachen Formel zusammenfassen.

(Der Präsident unterbricht die Rednerin, um sie darum zu bitten, auf Wunsch der Dolmetscher langsamer zu sprechen.)

Wir können nicht unsere eigene Politik sabotieren, indem wir unsere Werte verleugnen. Es geht nicht darum, sich für die Isolation Turkmenistans auszusprechen, sondern mit dem Land in Dialog zu treten. Wie sollten wir dies also tun? Nun, wir sollten zwei Stifte zur Hand nehmen – einen Stift in jeweils eine Hand. Mit dem ersten Stift zeichnen wir einen Fahrplan, der die Phasen darlegt, die zur Erfüllung der vom Parlament festgelegten Kriterien erforderlich sind. Diese Phasen werden im Laufe der Zeit anhand genauer Zeitvorgaben festgelegt und in den Unterausschüssen für Menschenrechte mit dem Land diskutiert.

Wenn wir diesen Fahrplan erst einmal gezeichnet haben, können wir mit der anderen Hand und dem anderen Stift das vor uns liegende Interimsabkommen unterzeichnen. Wenn für die Kommission und den Rat dann die Zeit gekommen ist, über die Zukunft der Menschenrechtsklauseln zu diskutieren, ist es meiner Meinung nach ein Muss, dass diese Klauseln systematisch sind und systematisch mit einem Konsultationsmechanismus einhergehen, der – falls erforderlich – die Aussetzung dieses Abkommens zur Folge haben kann.

 
  
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  Der Präsident. Frau Flautre, der Präsident misst nicht die Redegeschwindigkeit der Redner. Der Präsident hat eine Vorrichtung vor sich, durch die die Dolmetscher ihm ein SOS-Signal senden, wenn Sie das Dolmetschen unterbrechen, weil sie mit der Redegeschwindigkeit des Redners nicht Schritt halten können. Ich messe die Geschwindigkeit von niemandem. Ich erhalte dieses Notsignal und leite es an die Mitglieder weiter, damit jeder der Aussprache folgen kann.

Vielen Dank – wie immer – für Ihr Verständnis!

 
  
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  Helmuth Markov, im Namen der GUE/NGL-Fraktion. – Herr Präsident, Herr Ratsvorsitzender, Frau Kommissarin! Bereits vor einem Jahr hat dieses Parlament klar und deutlich gesagt, welche Fortschritte es für notwendig erachtet, damit es dem Handelsabkommen EG-Turkmenistan zustimmen kann. Es handelte sich um relativ leicht erfüllbare Forderungen: freier und ungehinderter Zugang für das Internationale Rote Kreuz, Freilassung politischer Gefangener und Gefangener aus Gewissensgründen, Abschaffung aller staatlichen Reisebehinderungen, Erleichterung der Zugangs- und Arbeitsbedingungen für die NRO und auch für die UN-Organisationen und eine umfassende Reform des Bildungssystems. Ich gestehe durchaus zu, dass die Regierung unter dem Präsidenten Berdymuchammedow Fortschritte gemacht hat. Das ist unbestritten. Aber diese sind nach meinem Verständnis in keiner Weise ausreichend, um diesem Abkommen jetzt zuzustimmen. Sowohl Sie, Herr Ratspräsident, als auch Sie, Frau Kommissarin, haben eine große Chance verpasst, alle beide!

Ich teile das zwar nicht unbedingt, aber die Kollegen der Sozialdemokratie haben gesagt: Wir – das Parlament – wollen von Ihnen eine Versicherung, dass, wenn das Parlament die Rücknahme dieses Interimsabkommens fordert, Sie dem nachkommen werden. Dazu hat Herr Vondra überhaupt nichts gesagt, und Sie, Frau Kommissarin, erklären uns, dass in dem Vertrag stehe, man könne das machen. Es geht nicht darum, dass da drinsteht, dass man es machen kann, sondern dass Sie bereit sind, wenn das Parlament es fordert, dieser Forderung nachzukommen. Das war der Punkt.

Ich bitte alle meine Kollegen, wenn wir uns selbst ernst nehmen, dass wir morgen nicht zustimmen werden, wenn die Kommission uns nicht schriftlich hier vorlegt und vorlesen wird, dass sie dieser Forderung folgt. Das war ein Junktim, das letztendlich gefordert worden ist. Und dazu haben Sie nichts gesagt. Da muss ich sagen, ich habe das Gefühl, Sie nehmen uns nicht ernst. Man hätte dazu ja mindestens eine Stellungnahme abgeben müssen.

Deswegen sage ich: Unter diesen Umständen ist eine Zustimmung zu diesem Interimsabkommen nicht möglich. Ich hoffe, dass wir das morgen eindeutig alle gemeinsam auch so dokumentieren.

 
  
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  David Martin (PSE). Herr Präsident, wie meine zwei Vorredner befürchte ich ebenfalls, dass sowohl die Kommission als auch der Rat ein eher rosarotes Bild der aktuellen Lage in Turkmenistan gezeichnet haben.

Der aktuelle Präsident mag ja geringfügig besser sein als der Präsident, den er im Februar 2007 ersetzt hat. Aber ist er so viel besser, dass wir einem Interimshandelsabkommen als Vorläufer eines Partnerschafts- und Kooperationsabkommens zustimmen? Wie Herr Markov und Frau Flautre bereits sagten, haben wir im Ausschuss für internationalen Handel für Turkmenistan fünf sehr klare Aufgaben festgelegt, die wir erst erfüllt sehen möchten, bevor wir unsere Zustimmung erteilen.

Wir haben erstens gesagt, dass das Internationale Rote Kreuz freien Zugang zu Turkmenistan haben muss. Sofern die Kommission und der Rat mir nicht das Gegenteil sagen können, nehme ich an, dass das Rote Kreuz bislang kein einziges Gefängnis bzw. keinen einzigen Gefangenen in Turkmenistan besuchen konnte.

Wir haben zweitens gesagt, dass das Land sein Bildungssystem neu ausrichten und mit internationalen Standards in Einklang bringen muss. Der Rat hat Recht mit der Aussage, dass die schulische Ausbildung um ein Jahr erweitert wurde. Ich verstehe dies jedoch wieder so, dass trotz kleinerer Verbesserungen im Bildungssystem diese Maßnahme nicht auf die große Masse der Turkmenen abzielt, sondern auf eine Elite sowie auf jene, die im Öl- und Gassektor arbeiten möchten.

Wir haben drittens die Freilassung aller politischen Gefangenen gefordert. Einige wurden freigelassen, aber nicht viele. Und es gibt buchstäblich Hunderte, wenn nicht Tausende, politische Gefangene, die in Gefängnissen in Turkmenistan inhaftiert sind und einem fairen Prozess entgegensehen.

Wir haben viertens gesagt, dass wir die Aufhebung sämtlicher Beschränkungen für Auslandsreisen fordern. Es ist interessant, dass sowohl der Rat als auch die Kommission sich auf Reisen innerhalb des Landes konzentriert haben. Wir hatten auch die Freiheit in Bezug auf Auslandsreisen gefordert. Dieser Forderung wurde nicht entsprochen.

Als letzten Punkt hatten wir den freien Zugang für unabhängige Nichtregierungsorganisationen und UN-Menschenrechtsgremien sowie die Pressefreiheit gefordert. Nun, es gibt keine Pressefreiheit, keinen freien Zugang für Nichtregierungsorganisationen und während die UN-Sonderberichterstatterin über Religions- und Weltanschauungsfreiheit zwar in das Land einreisen durfte, gibt es kein anderes Land auf der Welt, für das es so viele offene UN-Besuchsanträge gibt wie für Turkmenistan.

Handelt es sich hierbei wirklich um ein Land, mit dem wir Geschäfte tätigen können? Nun, ich vermute, dass für die Mehrheit in diesem Haus und in anderen Institutionen die Antwort eindeutig „Ja!“ lautet. Warum? Haben sich die Dinge denn verändert, seit der Handelsauschuss im Jahr 2007 seine Entschließung verabschiedet hat? Zyniker könnten sagen, der Grund hierfür liegt darin, dass in Turkmenistan Gas und Öl entdeckt wurden, dass wir eine neue Pipeline errichten möchten oder dass wir plötzlich strategisches Interesse für das Land entwickelt haben. Wenn dies der Fall ist, dann lassen Sie uns doch nicht so tun, als ginge es um die Verbesserung der Menschenrechtslage. Es geht um Eigeninteressen auf EU-Ebene.

(Der Präsident unterbricht den Redner.)

 
  
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  Søren Bo Søndergaard (GUE/NGL). – (DA) Herr Präsident, ich bin ebenfalls mit dem Vorschlag der uneingeschränkten Zustimmung des Europäischen Parlaments zum Handelsabkommen mit Turkmenistan überhaupt nicht einverstanden. Schließlich sprechen wir hier genau über dieses Thema. Wir können als Rechtfertigung angeben, was immer wir möchten. Wenn wir jedoch erst einmal grünes Licht gegeben haben, wird uns die Angelegenheit aus den Händen gleiten, es sei denn, die Kommission garantiert uns, dass wir die Möglichkeit haben werden, das Abkommen rückgängig zu machen.

Was spricht eigentlich dafür, dem Abkommen mit Turkmenistan zuzustimmen? Wir haben von allen Arten von Verbesserungen gehört, und es stimmt, dass die Diktatur tatsächlich einige Verbesserungen vorgenommen und eine Reihe von Versprechen gemacht hat. Wie immerhin Amnesty International uns gesagt hat, wurden diese Verbesserungen jedoch nur in ziemlich beschränktem Umfang vorgenommen. Wie wurde dies uns gegenüber gerechtfertigt? Die Rechtfertigung war die Tatsache, dass das Nichtvorhandensein eines Abkommens ebenfalls keine Ergebnisse hervorgebracht hat. Meiner Meinung nach ist dies eine absurde Rechtfertigung, die indirekt alle Diktatoren dazu einlädt, durchzuhalten, bis wir irgendwann gefügig werden und selbst nachgeben. Es sollte meiner Meinung nach laut und deutlich gesagt werden, dass der für Gas zu zahlende Preis auch zu hoch sein kann. Und wenn der Preis für Gas Abkommen mit der Diktatur in Turkmenistan bedeutet, dann ist dieser Preis bei weitem zu hoch.

 
  
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  Justas Vincas Paleckis (PSE). – (LT) Es ist bedauerlich, dass die Maßnahmen der Europäischen Union und anderer internationaler Organisationen zur Verteidigung von Menschenrechten in Turkmenistan noch zu keinen positiven Ergebnissen geführt haben. Die Journalisten und Menschenrechtsverteidiger dort werden geknebelt. Frauen und Kinder sind weiterhin Opfer von Vergewaltigung und Menschenhandel.

Ich bin dennoch davon überzeugt, dass eine auf die Aussetzung der Beziehungen zu Turkmenistan sowie Isolation des Landes beruhende Politik nicht vielversprechend ist. Nicht etwa weil das Land reich an Gas ist, sondern aus dem einfachen Grund, dass nur die Förderung der Verbindungen zur Außenwelt einen demokratischen Wandel bewirken kann.

Aus diesem Grund unterstütze ich den Standpunkt der Europäischen Kommission und das Interimsabkommen, das gegebenenfalls als Reaktion auf mögliche Ereignisse in dem Land ausgesetzt werden kann. Die Haltung der Europäischen Union zum Thema Energie in den Beziehungen zu Turkmenistan sollte sicherlich nicht von Veränderungen im Bereich der Menschenrechte getrennt werden.

 
  
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  Charles Tannock (PPE-DE). Herr Präsident, das mysteriöse Land Turkmenistan hat weit mehr zu bieten als nur Öl und Gas. Dies bedeutet nicht, dass die Kohlenwasserstoffressourcen des Landes nicht wichtig sind. Sie haben sogar – in Anbetracht des Wunsches der Union und offenbaren Anliegens Turkmenistans, sich in Bezug auf die Energieversorgung aus dem Schatten Russlands zu befreien – einen wichtigen strategischen Wert für die EU.

Turkmenistans enorme und gut zugängliche Gasressourcen an sich sind schon genug, um eine engere Beziehung zur EU zu fordern. Dennoch gibt es auch andere Gründe, die meiner Meinung nach für ein Interimshandelsabkommen mit Turkmenistan sprechen. Das Land ist ein Paradebeispiel für ein friedliches und stabiles islamisches Land mit einer säkularen Regierung, die entschlossen ist, den islamischen Terrorismus in Afghanistan – wo wir Krieg führen – zu bekämpfen.

Natürlich gibt es noch ernsthafte Bedenken hinsichtlich der Menschenrechte, Demokratie und politischen Freiheiten, aber solche Bedenken gibt es auch in Bezug auf Russland und China. Und ich kann mich nicht daran erinnern, dass die Sozialdemokraten dies bei der Aussprache über Tibet neulich erwähnt haben. Dennoch pflegen wir strategische Beziehungen zu diesen beiden großen Ländern.

Wir werden den Wechsel in Turkmenistan durch Dialog und Partnerschaft fördern, nicht durch Isolation. Deshalb unterstütze ich bessere Beziehungen zwischen der EU und den zentralasiatischen Ländern generell.

(Der Präsident unterbricht den Redner.)

 
  
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  Alessandro Battilocchio (PSE). – (IT) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich hoffe, dass diese Aussprache über das Interimsabkommen als Gelegenheit dazu dienen kann, eine genaue Prüfung der Lage in Turkmenistan zu beginnen und weitere praktische Maßnahmen zu fordern, um den derzeit negativen Stand der Dinge zu verbessern.

Die Regierung in Aschgabat hat erst kürzlich eine Reihe von Vorschlägen abgelehnt, einschließlich der Freilassung politischer Gefangener, der Revision vergangener Fälle politischer Gefangenschaft und der Aufhebung des den Menschenrechtsaktivisten willkürlich auferlegten Einreiseverbotes. Bisher handelt es sich – ohne Heuchelei – um einen Staat, der für die Überwachung durch internationale Organisationen, die seit mehr als 10 Jahren nicht in das Land einreisen können, gesperrt ist. Journalisten und Aktivisten können nicht frei arbeiten, und alle Oppositionellen werden tagtäglich bedroht.

Die Europäische Union und die internationale Gemeinschaft fordern jetzt einen Sinneswandel in Bezug auf die Achtung der Menschenrechte; rein wirtschaftliche Abkommen werden kaum akzeptabel sein.

 
  
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  Marie Anne Isler Béguin (Verts/ALE).  – (FR) Herr Präsident, Herr Minister, Frau Kommissarin, meiner Meinung nach sollten wir mit der Scheinheiligkeit bezüglich dieses Themas aufhören.

Ich selbst war 2006 Teil der nach Turkmenistan gereisten Delegation des Europäischen Parlaments, und wir haben damals einige Vorschläge gemacht, die Sie aufgegriffen haben, Frau Kommissarin.

Gewiss kann ich Ihre Argumente und die des Rates nachvollziehen. Wenn ich jedoch das Vorgeschlagene mit dem Bericht über Zentralasien – für den wir genau in diesem Haus vor einigen Monaten, am 20. Februar 2008, gestimmt und in dem wir unsere Forderungen bezüglich der Freilassung von Gefangenen, bezüglich des Roten Kreuzes usw. wiederholt haben – vergleiche, hat es da seither wirklich Fortschritte gegeben? Nein.

Wenn ich „Turkmenistan-Bericht“ lese, lese ich persönlich eigentlich „Nabucco-Bericht“, weil wir letztendlich an der Energie, am Gas des Landes interessiert sind, das der drittgrößte Erdgasproduzent der Welt ist. Außerdem weiß ich, – dies wurde uns während unseres Aufenthaltes in Turkmenistan sehr gut erklärt – dass wenn die Europäische Union nicht am turkmenischen Gas interessiert wäre, das Land andere Abnehmer hätte, nicht zuletzt China. Also lassen Sie uns nicht scheinheilig sein, sondern klarstellen, dass ...

(Der Präsident unterbricht die Rednerin.)

 
  
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  Christopher Beazley (PPE-DE). Herr Präsident, ich möchte einfach nur meinem Kollegen, Dr. Charles Tannock, voll zustimmen. Seine abschließenden Bemerkungen – wenn ihm nicht das Wort entzogen worden wäre – hätten gelautet, dass die EU zu transkaspischen Pipelines nach Zentralasien ermutigt werden sollte – und tatsächlich sollten auch die Kommission und der Rat diese finanzieren –, um die Gefahr zu verringern, von einer einzigen Quelle abhängig zu sein, sodass wir nicht der außenpolitischen Ziele eines unserer Nachbarn zum Opfer fallen.

 
  
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  Der Präsident. Vielen Dank, Herr Beazley. Es ist immer wichtig, die Gedanken von Herrn Tannock zu ergänzen, der stets konstruktiv und für das Parlament eine Quelle der Inspiration ist.

Wir kommen nun zum letzten Redner. Herr Martin hat das Wort.

Wir werden innerhalb des Präsidiums prüfen, ob Rednern das Wort erteilt werden sollte, die bereits an der Aussprache teilgenommen haben. In der Regel ist es nämlich so, dass sie die Aussprache wieder neu eröffnen. In diesem Fall jedoch, da es sich um den fünften Redner handelt und fünf Redner das Wort ergreifen dürfen, erteile ich Herrn Martin das Wort.

 
  
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  David Martin (PSE). Herr Präsident, danke, dass Sie mir das Wort erteilen. Ich wollte noch einmal zu Ihnen sprechen, weil ich eine sehr spezifische Frage an die Kommission richten möchte, bevor sie wieder das Wort ergreift. Ich möchte genau wissen, wie eine von uns vereinbarte Menschenrechtsklausel geltend gemacht und implementiert werden würde. Entscheidet die Kommission, ob ein Verstoß gegen die Menschenrechte vorliegt, und wenn die Kommission so entscheidet, wird die Vereinbarung dann im Rat einstimmig oder mit qualifizierter Mehrheit ausgesetzt? Wie umsetzbar wird eine Menschenrechtsklausel überhaupt sein? Viele unserer internationalen Abkommen enthalten Menschenrechtsklauseln, und bis heute – mit Ausnahme der nächsten Aussprache – haben wir uns fast nie auf diese berufen. Belarus ist eine dieser seltenen Ausnahmen.

 
  
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  Alexandr Vondra, amtierender Präsident des Rates. Herr Präsident, ich denke, dass dies eine hilfreiche Aussprache war. Die Aussprache konzentrierte sich hauptsächlich auf die Menschenrechte, und dies überrascht uns nicht. Ich möchte noch einmal betonen, dass die aktuelle Menschenrechtsklausel im Abkommen uns im Fall von Verstößen gegen die Menschenrechte eine Aussetzung erlaubt. Hinsichtlich der Aussetzung selbst denke ich, dass wir bei einer Verschlechterung der Lage in Turkmenistan das vom Parlament Vorgeschlagene sehr ernst nehmen müssen.

Natürlich wird die endgültige Entscheidung vom Rat getroffen, und zwar unter Berücksichtigung aller Optionen restriktiver Maßnahmen, einschließlich der Möglichkeit einer Aussetzung. Und hierfür gibt es bereits Präzedenzfälle in Bezug auf einige andere zentralasiatische Länder.

Einige von uns haben auch die Zusammenarbeit mit dem Roten Kreuz erwähnt. Für uns ist es nicht einfach, die Zusammenarbeit zwischen dem Roten Kreuz und Turkmenistan zu beurteilen, und zwar aus dem einfachen Grund, dass das Rote Kreuz hier ein Grundprinzip der Diskretion anwendet. Basierend auf den verfügbaren Informationen müssen wir daher zugeben, dass es noch viel zu tun und zu verbessern gibt. Zugleich sehen wir jedoch auch positive Dinge und Entwicklungen.

Im Allgemeinen und schlussendlich lässt die Menschenrechtslage in Turkmenistan natürlich viel zu wünschen übrig; eine weitergeführte Isolation ist jedoch keine Option. Ein an Bedingungen geknüpftes Konzept für den Abschluss des vor 11 Jahren ausgehandelten Interimsabkommens ist kein effektives Mittel, um Fortschritte hinsichtlich der Menschenrechte und Demokratie sicherzustellen.

Wir müssen selbstverständlich mit Turkmenistan in einen Dialog über Menschenrechte treten; und genau dies versuchen wir zu tun. Der tschechische Ministerpräsident war erst kürzlich dort. Er hat den Präsidenten in Aschgabat in ein genau derartiges Gespräch verwickelt.

Die Präsidentschaft ist davon überzeugt, dass jetzt eine Chance besteht, den Dialog mit Turkmenistan zu suchen. Dieser Ansatz ist der einzig effektive Weg, um in einen offenen Dialog über Themen wie Menschenrechte zu treten.

Wahrscheinlich wird keiner der wichtigen Partner Turkmenistans – Russland oder China, die derzeit ihren Einfluss in der Region steigern – diesen Themen auf seiner Tagesordnung hohe Priorität einräumen.

Aus diesem Grund ist die Schaffung einer angemessenen Vertragsbeziehung, angefangen mit dem Interimsabkommen, ein wichtiger Schritt einer solchen Engagementpolitik. Eine negative Stellungnahme des Parlaments würde unserem mit Turkmenistan entstehenden Dialog schaden sowie unsere Fähigkeit unterminieren, Fortschritte in wichtigen Bereichen, wie die stärkere Achtung der Menschenrechte, sicherzustellen.

Ich möchte daher – wie vom Berichterstatter, Daniel Caspary, vorgeschlagen – das Parlament dazu ermutigen, dem Abschluss des Interimsabkommens seine volle Unterstützung zuzusichern.

 
  
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  Benita Ferrero-Waldner, Mitglied der Kommission. Herr Präsident, Eleanor Roosevelt hat einst gesagt, dass man lieber eine Kerze anzünden sollte, statt die Dunkelheit zu verfluchen. Dies gilt auch für Turkmenistan. Die Förderung von Menschenrechten und Demokratie muss natürlich weiterhin unsere Priorität bleiben. Viele von Ihnen – z. B. Frau Flautre, die nicht mehr anwesend ist – haben zu Recht gesagt, dass die Veränderungen sich nur langsam vollziehen. Ja, das stimmt. Dennoch handelt es sich dabei um Veränderungen, und diese Veränderungen müssen anerkannt und unterstützt werden.

Wir müssen Turkmenistan helfen, sich selbst zu helfen. Daher müssen wir in einer konstruktiven, kontinuierlichen und strategischen Weise mit dem Land in Dialog treten. Wir müssen einen angemessenen Rahmen für unsere Vertragsbeziehungen schaffen. Das derzeit geltende Handels- und Kooperationsabkommen ist jedoch begrenzt und lässt dies nicht zu.

Lassen Sie mich auch ein paar Worte zur Aussetzung oder möglichen Aussetzung sagen. Wie Sie alle wissen und der amtierende Präsident gerade gesagt hat, ist es der Rat, der über solche Fragen – im Übrigen einstimmig – entscheidet. Die Kommission kann einen entsprechenden Vorschlag unterbreiten.

Lassen Sie mich nur daran erinnern, dass der Rat beispielsweise nach den Ereignissen in Andischan entschieden hat, Usbekistan restriktive Maßnahmen aufzuerlegen, einschließlich eines Waffenembargos sowie Reisebeschränkungen für usbekische Beamte, die darin verwickelt waren. Außerdem wurden technische Sitzungen im Rahmen des Partnerschafts- und Kooperationsabkommens (PKA), der Kooperationsausschuss und die Unterausschüsse ausgesetzt. Diese Maßnahmen wurden ständig überprüft und – soweit erforderlich – jährlich erneuert bzw. geändert.

In diesem Zusammenhang könnte der Rat in einem ähnlichen Fall – oder bereits bei einer massiven Verschlechterung – ähnliche Maßnahmen ergreifen oder sogar eine Aussetzung in Betracht ziehen; die Kommission würde sicherlich alle verfügbaren Optionen in Erwägung ziehen, einschließlich der Aussetzung.

Die Aufnahme einer sich konkret auf die Menschenrechte beziehenden Aussetzungsklausel in das PKA würde die Änderung des PKA erfordern. Dies erscheint uns ziemlich schwierig, da ein solcher Schritt die Wiederaufnahme der Verhandlungen sowohl mit Turkmenistan (hat das PKA bereits 2004 unterzeichnet und ratifiziert) als auch mit den EU-Mitgliedstaaten, von denen ebenfalls 12 das Abkommen ratifiziert haben, implizieren würde.

Da hierdurch festgestellt werden soll, ob ein Verstoß gegen die Menschenrechte eine Aussetzung des PKA zur Folge haben kann, möchte ich gern wiederholen, dass sowohl das PKA als auch das Interimsabkommen eine Klausel enthalten, welche die Achtung der Menschenrechte zum wesentlichen Bestandteil erklärt – wie ich bereits zuvor sehr deutlich erwähnt habe. Sowohl das PKA als auch das Interimsabkommen enthalten eine Klausel, die Folgendes besagt: Wenn eine Vertragspartei der Ansicht ist, dass die andere Vertragspartei einer Verpflichtung aus dem Abkommen nicht nachgekommen ist, so kann sie geeignete Maßnahmen ergreifen – in besonders dringenden Fällen sogar ohne vorherige Konsultation des gemeinsamen Ausschusses.

Sowohl das Interimsabkommen als auch das PKA enthalten zudem eine gemeinsame Erklärung, in der klargestellt wird, dass es sich dann um besonders dringende Fälle handelt, wenn eine erhebliche Verletzung des Abkommens durch eine der beiden Vertragsparteien vorliegt und ferner dass eine erhebliche Verletzung in einem Verstoß gegen die wesentlichen Bestandteile des Abkommens besteht.

Daher gibt eine erhebliche Verletzung in dringenden Fällen den Vertragsparteien das Recht, geeignete Maßnahmen zu ergreifen. Unserer Meinung nach könnten diese Maßnahmen auch die Aussetzung des Abkommens umfassen. Aus diesem Grund, meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, möchte ich Sie erneut – wie auch schon zuvor – darum bitten, Ihre Zustimmung zur Inkraftsetzung des Interimshandelsabkommens mit Turkmenistan zu erteilen.

Ich wäre mit einer politischen Verpflichtung meinerseits – seitens der Kommission – zur Überwachung des Menschenrechtsdialoges und regelmäßigen Berichterstattung an das Parlament absolut einverstanden. Dies würde in Bezug auf das Handelsabkommen ein Sprungbrett für verstärkte Zusammenarbeit bedeuten und uns einen Schritt weiterbringen, um für den Dialog mit Turkmenistan einen Rahmen zu schaffen, der den Rahmen gleichgestellt ist, die wir bereits für den Dialog mit anderen Ländern in dieser Region geschaffen haben. Lassen Sie uns dies ebenfalls nicht vergessen.

Nur durch verstärktes Engagement werden wir in der Lage sein, Einfluss auf positive Entwicklungen und die Verbesserung der Menschenrechtslage zu nehmen.

 
  
  

VORSITZ: MANUEL ANTÓNIO DOS SANTOS
Vizepräsident

 
  
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  Daniel Caspary, Berichterstatter. − Herr Präsident, geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Herzlichen Dank für die heutige Debatte. Sie hat uns viel weiter gebracht. Ich möchte mich auch bei allen Kolleginnen und Kollegen bedanken, die in den letzten Monaten das Thema mit mir bearbeitet haben.

Eine Kernaussage des Rates, sehr geehrter Herr Vondra, ist mir besonders in Erinnerung geblieben: Von China und von Russland, aber auch vom Iran werden die Menschen in Turkmenistan sicherlich nicht lernen, was Demokratie und Menschenrechte bedeuten. Wir haben als Parlament in den letzten Jahren klare Bedingungen aufgestellt, unter welchen wir diesem Interimsabkommen zustimmen, zuletzt im Zentralasien-Strategiebericht meines Kollegen Özdemir.

Es ist ein großes Entgegenkommen des Europäischen Parlaments, wenn wir quasi unter Missachtung der eigenen Vorgaben, die wir vor ungefähr einem Vierteljahr oder einem halben Jahr gemacht haben, jetzt sagen, wir nehmen meinen Bericht zum Interimsabkommen trotzdem an. Mir ist auf der anderen Seite aber auch klar, dass wir heute über das Interimsabkommen reden. Eine Verschiebung der Abstimmung wäre schlecht. Ich bin mir auch darüber im Klaren, dass wir Turkmenistan und das Interimsabkommen nicht als Geisel nehmen sollten, um die Machtverhältnisse zwischen den europäischen Institutionen zu verschieben.

Ich bin mir darüber im Klaren, dass es ein Präzedenzfall wäre, wenn Kommission und Rat unseren Forderungen, die viele von uns heute gestellt haben, zustimmen würden, auch – und das sage ich mit aller Deutlichkeit – wenn das aus meiner Sicht vollkommen berechtigte Forderungen des Parlaments sind. Ich erwarte deswegen – am liebsten heute Abend, sehr geehrte Frau Kommissarin, sehr geehrter Herr Ratspräsident – eine Zusage der Kommission, dass sie, wenn dieses Monitoring ergibt, dass sich die Situation in Turkmenistan verschlechtert, und wenn wir als Parlament die Kommission in einer Entschließung auffordern, dem Rat vorzuschlagen, dieses Interimsabkommen zu suspendieren, dem Rat auch einen entsprechenden Vorschlag vorlegt. Ich denke, dass das im Rahmen der derzeitigen Verträge möglich sein sollte.

Ich würde mich freuen, wenn wir vom Rat auf jeden Fall eine Zusage bekommen würden, dass er sich auf Vorschlag der Kommission umgehend auf einer seiner nächsten Sitzungen dieses Themas annimmt und darüber berät. Diese beiden Zusagen können die beiden Institutionen sicherlich machen, ohne das Gesamtgefüge der institutionellen Zusammenarbeit in der Europäischen Union anzugehen. Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie diese Aussage heute treffen könnten, spätestens aber morgen vor der Abstimmung. Ich habe keine Interesse daran, morgen vor der Abstimmung meinen Kollegen eine Verschiebung der Abstimmung über meinen Bericht empfehlen zu müssen.

 
  
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  Der Präsident. Ich habe gemäß Artikel 108 Absatz 5 der Geschäftsordnung zwei Entschließungsanträge erhalten.

Die Aussprache ist geschlossen.

Die Abstimmung erfolgt morgen.

 

9. Halbjährliche Bewertung des Dialogs EU-Belarus (Aussprache)
Video der Beiträge
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  Der Präsident. Als nächster Punkt folgen die Erklärungen des Rates und der Kommission zur halbjährlichen Bewertung des Dialoges EU-Belarus.

 
  
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  Alexandr Vondra, amtierender Präsident des Rates. Herr Präsident, ich danke den Mitgliedern dieses Parlaments für die Gelegenheit, einen Überblick über den neusten Stand der Entwicklungen in Belarus geben zu können und insbesondere über das Ergebnis der Diskussion Bericht erstatten zu können, die letzten Montag im Rat über dieses Thema stattgefunden hat.

Wie viele von Ihnen wissen werden, hat es nach dem Beschluss des Rates im letzten Oktober, die Visaverbotsliste zeitweilig und teilweise auszusetzen, in Belarus eine Reihe positiver Entwicklungen gegeben. Ich möchte insbesondere die Registrierung der Freiheitsbewegung und des Zentrums für Tschernobyl-Initiativen, den Druck und Vertrieb unabhängiger Zeitungen wie Narodnaya Volya und Nasha Niva, den runden Tisch über die Regulierung des Internets mit dem OSZE-Beauftragten für Medienfreiheit, die fortlaufenden Expertenkonsultationen mit der OSZE und dem BDIMR bezüglich der Verbesserung des Wahlgesetzes und die Einrichtung von Konsultativräten, einschließlich des Rates für Menschenrechtsfragen, der die Vertreter der Zivilgesellschaft und sogar der Opposition zusammenbringt, hervorheben.

Während diese Schritte im Vergleich zu anderen relativ unwesentlich erscheinen mögen, sind sie im belarussischen Kontext bedeutend. Dies wurde von einigen Vertretern der Zivilgesellschaft in Belarus anerkannt.

Es gibt jedoch auch Vorfälle, die uns Grund zur Sorge bieten. Der wichtigen Nichtregierungsorganisation für Menschenrechte, Viasna, wurde die Registrierung verweigert, es gibt Probleme mit der Akkreditierung einiger unabhängiger Medien, und während die Zivilgesellschaft und Oppositionsaktivisten weniger drangsaliert werden als früher, werden Personen weiterhin kurzzeitig in Haft genommen. Außerdem verfolgen wir genau die Beschwerden der Opposition über die „Zwangseinberufung“ in die Armee.

Wir können daher nicht bestreiten, dass das Bild durchwachsen ist. Trotzdem sind wir davon überzeugt, dass eine Engagementpolitik und die Unterstützung positiver Entwicklungen weiterhin erforderlich sind. Genau in diese Richtung sollten unsere zukünftigen Beziehungen zu Belarus gehen. Wir müssen unsere umfassenderen strategischen Interessen in der Region sowie die Folgen der Finanzkrise im Hinterkopf behalten, wenn wir uns die Richtung unserer zukünftigen Politik überlegen.

Dies waren die Überlegungen, die unserem Beschluss vom 16 März zugrunde lagen. Mit diesem Beschluss wird die Anwendung der Reisebeschränkungen für bestimmte belarussische Beamte weiterhin für einen Zeitraum von neun Monaten ausgesetzt, während die restriktiven Maßnahmen um ein Jahr verlängert werden.

Die am Ende dieses neunmonatigen Zeitraumes vorgesehene umfassende Überprüfung wird sich auf die in den Schlussfolgerungen des Rates vom Oktober 2008 festgelegten fünf Bereiche konzentrieren. Dazu zählen die Wahlreform und andere konkrete Maßnahmen zur Förderung der Achtung von demokratischen Werten, Rechtsstaatlichkeit, Menschenrechten und Grundfreiheiten, einschließlich der freien Meinungsäußerung, Medienfreiheit, Versammlungsfreiheit und Freiheit zur Bildung politischer Vereinigungen.

Wir sind der festen Überzeugung, dass wir durch die Fortsetzung der in der letzten Woche vereinbarten Aussetzung unsere politischen Ziele verfolgen können. Wir können dadurch mit unseren belarussischen Partnern weiterhin Entwicklungen thematisieren, die uns im Bereich der Menschenrechte Grund zur Sorge geben. Die in den kommenden Monaten bevorstehende Einleitung eines Menschenrechtsdialoges wird sehr wichtig sein.

Nach der Aufhebung des Verbotes bilateraler politischer Kontakte gab es eine Reihe hochrangiger Besuche, einschließlich einer Ministertroika Ende Januar. Ziel dieser verschiedenen Kontakte war es, Belarus zu ermutigen und Verständnis für die unterschiedlichen Erwartungen zu schaffen. Wir hoffen, dass der Dialog in den kommenden Monaten weitergeführt wird.

Wir sind davon überzeugt, dass wir in Bezug auf Minsk konstruktiv sein müssen. Wir bleiben realistisch und rechnen nicht mit drastischen Veränderungen. Der Wandel braucht Zeit, und es liegt in unserem gemeinsamen Interesse, jede Gelegenheit zu nutzen, um weitere positive Entwicklungen zu unterstützen.

Es ist wichtig, dass unsere Engagementpolitik von Vertretern der Zivilgesellschaft in Belarus offen unterstützt wird, die vor kurzem an einer sehr hilfreichen Diskussion mit Mitgliedern des Parlaments teilgenommen haben. Wir pflegen außerdem regelmäßige Kontakte zu Vertretern der belarussischen Zivilgesellschaft und möchten diesen Dialog sowie unsere Unterstützung der Zivilgesellschaft und unabhängigen Medien in Belarus fortsetzen.

Lassen Sie mich abschließend einige wenige Worte zur Östlichen Partnerschaft sagen, die letzte Woche vom Europäischen Rat gebilligt wurde und bei einem Gipfeltreffen im Mai lanciert wird. Belarus ist eines der sechs Länder der Östlichen Partnerschaft. Wir sind der festen Überzeugung, dass Belarus von Anfang an in diese neue Initiative einbezogen werden sollte. Wie weit das Land auf bilateraler Ebene einbezogen wird, hängt von einer Reihe von Faktoren ab, insbesondere von den Fortschritten in den eben von mir genannten Bereichen.

Ich bedanke mich für die öffentliche Unterstützung des Parlaments in Bezug auf das Ergebnis der Tagung des Rates vom letzten Montag. Die umfassende Überprüfung, die in neun Monaten stattfinden soll, wird zweifellos der Schlüssel zu weiteren Beschlüssen sowie von wichtiger Bedeutung für unsere zukünftigen Beziehungen zu Belarus im Allgemeinen sein. Der Rat ist sehr gewillt, dieses Parlament weiterhin über Entwicklungen auf dem Laufenden zu halten und begrüßt die Möglichkeit, dass Sie weiterhin einen Beitrag zu dieser Aussprache leisten können.

 
  
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  Benita Ferrero-Waldner, Mitglied der Kommission. − (FR) Herr Präsident, Belarus befindet sich an einem Scheideweg.

Hinter uns liegt ein Beschluss des Rates, der die zeitweilige Aussetzung des Visaverbotes bis zum Ende des Jahres bestätigt, und unmittelbar vor uns liegt die Annahme einer Entschließung durch das Europäische Parlament. Es ist nun an der Zeit, nach sechs Monaten ausgesetzter Sanktionen – seit Oktober 2008 – unsere Politik gegenüber Belarus erstmalig zu überprüfen und zu überlegen, was in den nächsten neun Monaten ansteht.

Ich persönlich bin davon überzeugt, dass der von der Europäischen Union im letzten Oktober gefasste Beschluss zur Aussetzung der Sanktionen richtig war, und genau diese Aussetzung hat zu einem positiven Prozess geführt.

Belarus hat Maßnahmen ergriffen, die ohne Frage in Richtung von mehr Demokratie gehen. Ich denke da im Besonderen an die zwei unabhängigen Zeitungen, die jetzt wieder an den Zeitungsständen zu finden sind, an die Tatsache, dass sogar die Organisation von Herrn Milinkevich endlich legalisiert worden ist, an die Zusammenarbeit mit der OSZE und dem BDIMR bezüglich des Wahlgesetzes und an verschiedene Kongresse der Oppositionsparteien oder Nichtregierungsorganisationen – beispielsweise der Bund der Polen in Weißrussland –, die stattfinden konnten. Zugegeben, diese Fortschritte sind begrenzt und unzulänglich, aber auch ohne Präzedenzfall, sodass wir im Großen und Ganzen dennoch von Fortschritten reden können.

Aus diesem Grund gab es auf dieses durchwachsene Ergebnis der Überprüfung eine durchwachsene Antwort von der Europäischen Union – mit der ausgewogenen Entscheidung, die während der letzten Tagung des Rates Allgemeine Angelegenheiten und Außenbeziehungen getroffenen wurde. Die längere Aussetzung der Sanktionen ermöglicht uns die Aufrechterhaltung eines Dialoges – genau so, wie die Zivilgesellschaft selbst es ausdrücklich von uns gefordert hat, unter anderem erst kürzlich in dem Forum im Europäischen Parlament am 4. März.

Gleichzeitig halten wir an dem uns zur Verfügung stehenden Werkzeug fest, da die Sanktionen am Ende des Jahres wieder eingeführt werden könnten, falls wir zu dem Schluss kommen, dass die Fortschritte nicht ausreichen. Wir werden außerdem unsere Überprüfung fortsetzen, indem wir weiterhin der Lage vor Ort Aufmerksamkeit schenken – nämlich in Bezug darauf, ob es Fortschritte in den fünf wichtigen Bereichen gegeben hat, die in den Schlussfolgerungen des Rates Allgemeine Angelegenheiten und Außenbeziehungen vom letzten Oktober festgelegt wurden. Zudem spielt die Kommission Dank unserer Delegation in Minsk jetzt eine aktive Rolle bei der Analyse der Lage vor Ort.

Meine Damen und Herren, ich begrüße die Initiative des Europäischen Parlaments, eine Delegation aus Mitgliedern des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten und die Delegation des Europäischen Parlaments für die Beziehungen zu Belarus zu entsenden, die in 10 Tagen nach Minsk reisen wird, um dort die Behörden und verschiedenen Parteien zu treffen und sich ein Bild von der Lage vor Ort zu machen.

Ich werde zur gleichen Zeit auch meinen für diese Region verantwortlichen Direktor entsenden, der mit Sicherheit mit der Delegation des Europäischen Parlaments eng zusammenarbeiten wird. Die Einleitung eines neuen Dialoges über Menschenrechte mit Belarus ist ein weiterer, nennenswerter Schritt nach vorne, der es uns ermöglichen wird, unsere Forderungen besser zu strukturieren und unseren Diskussionen mehr Tiefe zu verleihen.

Die erste Sitzung des Dialoges sollte in den nächsten Tagen in Minsk stattfinden, und die Europäische Union wird alle Themen ansprechen. Wir werden uns vor und nach diesem Dialog mit Akteuren der Zivilgesellschaft treffen, um von ihrem Wissen zu profitieren.

Meine Damen und Herren, für die Entwicklung unserer Beziehungen zu diesem Nachbarn, der sich im Herzen Europas befindet, müssen wir uns die Zeit nehmen, über eine Antwort nachzudenken, unter anderem – langfristig gesehen – auf die von Belarus gemachten Fortschritte. Eine Antwort, mit der wir Belarus näher an die europäische Familie und deren Werte heranbringen können. Zu diesem Zweck hat der Europäische Rat – und unser amtierender Präsident hat dies eigentlich schon gesagt – letzten Freitag den Beschluss gefasst, Belarus in die Östliche Partnerschaft – genauer gesagt, in die multilaterale Komponente, die Plattformen – aufzunehmen. Diese Partnerschaft gibt Belarus die Möglichkeit, mit allen seinen Nachbarn neue Netzwerke für Unterstützung und Austausch zu entwickeln, unter anderem im Namen der belarussischen Zivilgesellschaft, die ihre Isolation beenden und am Forum für die Zivilgesellschaft teilnehmen möchte.

Hinsichtlich der Einbeziehung von Belarus in die bilaterale Ebene der Östlichen Partnerschaft ist der Text des Kommissionsvorschlages eindeutig: Die Entwicklung der bilateralen Beziehungen zwischen der Europäischen Union und Belarus ist von der Entwicklung der politischen Lage im Land abhängig und wird dies auch bleiben.

Angesichts der Finanz- und Wirtschaftskrise, die auch schwerwiegende Folgen für alle unsere Nachbarn im Osten hat, befürworte ich persönlich wirtschaftliche Unterstützungsmaßnahmen für Belarus. Ein wichtiger erster Schritt wurde vom IWF durch die aktive Unterstützung seiner europäischen Mitglieder unternommen. Dabei wurde ein Darlehen in Höhe von 2 Milliarden US-Dollar gewährt, um gegen die unmittelbaren Folgen der Krise vorzugehen – damit meine ich den Ausgleich der Zahlungsbilanz. Die zweite Phase sollte es Belarus ermöglichen, Zugang zu EIB-Darlehen und umfangreicheren EBWE-Darlehen zu erhalten, um die mit den transeuropäischen Netzwerken verbundenen Projekte zu finanzieren, während gleichzeitig die Wirtschaftsbeziehungen des Landes diversifiziert werden.

Gleichzeitig ist die Kommission dabei, ihre technischen Dialoge mit Belarus in Bereichen von gemeinsamem Interesse zu stärken. Dazu zählen Energie, Transport, Zoll, Standards und – langfristig gesehen – die Wirtschaft.

Zur Stärkung dieser Dialoge, meine Damen und Herren, wird das Parlament nächste Woche eine Entschließung zu Belarus annehmen, und die Kommission wird in Bezug auf Ihre Vorschläge sehr aufmerksam sein. Ich für meinen Teil hoffe aufrichtig, dass wir in den kommenden Monaten bei unserer Bewertung der Lage in Belarus und in unserem Dialog mit Belarus sowie den Behörden und der Zivilgesellschaft dieses Landes weiterhin eng zusammenarbeiten werden. Ich hoffe außerdem, dass wir durch diesen ersten Schritt eine tiefe, gegenseitige Verpflichtung eingehen werden, die auf konkreten Fortschritten basiert.

 
  
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  Charles Tannock, im Namen der PPE-DE-Fraktion. Herr Präsident, die Beziehungen der EU zu Belarus beruhen jetzt auf beiden Seiten richtigerweise auf pragmatischen Überlegungen. Jahre der Isolationspolitik haben – wie der Rat jetzt etwas verspätet realisiert hat – zu nichts geführt. Zweifellos hat die Isolation aber nichts bewirkt, um die Macht des letzten sich selbst isolierenden Diktators Europas, Präsident Alexander Lukaschenko, einzuschränken.

Vor zwei Wochen hatte ich hier in Straßburg das Privileg, zwei bedeutende Dissidenten aus Belarus zu treffen, um mit ihnen über die politischen Entwicklungen in ihrem Land zu diskutieren. Einer von ihnen, Alexander Kazulin, war politischer Gefangener und wurde vor kurzem freigelassen. Dies ist einer der Gründe, weshalb die EU begonnen hat, Lukaschenko in einem besseren Licht zu sehen.

Dennoch bleibt die politische Repression ein ernstes Problem in Belarus. Daher stellt sich die Frage, ob dieses Auftauen der Beziehungen zwischen der EU und Belarus überhaupt zu irgendetwas führen wird, da Lukaschenko durch die Annäherung an die EU möglicherweise nur ein Spiel mit Russland treibt. Aber dies ist immer noch besser, als an unsere gescheiterte Boykottierungspolitik des vergangenen Jahrzehntes festzuhalten.

Es ist wichtig, dass der Rat in Bezug auf Belarus einen auf Zuckerbrot und Peitsche basierenden Ansatz aufrechterhält: Wenn Lukaschenko klare Anreize für eine interne politische Reform geboten bekommt, wird er möglicherweise positiv reagieren. In gleichem Maße muss er jedoch wissen, dass er nicht wie vorher weitermachen kann und dass jegliche Anzeichen für mehr Autoritarismus und Repression ein Ende der Annäherung sowie weniger Unterstützung seitens der EU für die WTO-Mitgliedschaftsbestrebungen von Belarus bedeuten. Daher würde es meiner Meinung zum jetzigen Zeitpunkt noch etwas zu weit gehen, Lukaschenko zum Gipfeltreffen im Mai nach Prag einzuladen, bei dem die Östliche Partnerschaft lanciert werden soll, zu der Belarus gehört. Wir müssen engere Beziehungen mit greifbaren Verpflichtungen seitens des Regimes verknüpfen, damit es seine Vorgehensweise ändert.

Belarus muss auch davon überzeugt werden, dass die Anerkennung der georgischen Regionen Abchasien und Südossetien als unabhängige Staaten – derzeit nur von Russland als solche anerkannt – inakzeptabel ist. Ich denke, dass Belarus versucht, sich von der russischen Kontrolle zu distanzieren, und wir müssen diese Gelegenheit nutzen. Die Förderung eines echten Wandels in Belarus fordert von der EU zweifellos Geduld und Engagement, doch die Belohnung – nämlich dass Belarus wieder zur europäischen Völkerfamilie zählt – ist dies durchaus wert.

 
  
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  Jan Marinus Wiersma, im Namen der PSE-Fraktion. – (NL) Herr Präsident, auch wir sind froh darüber, die Fortsetzung der Politik der Europäischen Union zu unterstützen, die den Dialog und die engere Zusammenarbeit mit dem belarussischen Regime zum Ziel hat. Wir engagieren uns bereits seit sechs oder sieben Monaten in diesem Bereich und müssen herausfinden, ob das von der Europäischen Union angestrebte Ziel auch in Zukunft Früchte tragen wird. Dies ändert nichts an der Tatsache, dass wir weiterhin unsere Zweifel bezüglich der Absichten einer Regierung haben werden, die nicht dafür bekannt ist, demokratisch zu sein. Ich hatte persönlich die Ehre, mit dem Regime bei einigen Anlässen in Kontakt zu kommen, und – glauben Sie mir – Herr Lukaschenko ist nicht über Nacht zum Demokraten geworden.

Die Tatsache, dass er stärker in die Europäische Union einbezogen werden möchte, hat mit vielen Faktoren zu tun. Die Tatsache jedoch, dass er dies möchte, können wir wiederum nutzen, um Druck auf ihn auszuüben, den von ihm jetzt eingeschlagenen Weg durch einige positive Schritte im Bereich der Menschenrechte fortzuführen. Wie Herr Tannock bin ich der Meinung, dass es noch zu früh für Spekulationen darüber ist, ob er mit der Östlichen Partnerschaft belohnt werden sollte. Es muss immer noch ein echter Dialog über Menschenrechte herbeigeführt werden, und es gibt immer noch Menschenrechtsverletzungen.

In Bezug auf den Dialog über Menschenrechte denken wir, dass die Opposition die Möglichkeit haben sollte, eine vollwertige Rolle zu spielen. Wir haben die Opposition in den letzten Jahren in jeder möglichen Weise unterstützt, unter anderem indem wir ihr zwei Sacharow-Preise verliehen haben. Minsk ist der Meinung, dass eine derartige Unterstützung der Opposition nicht akzeptabel ist. Es gibt jedoch Präzedenzfälle: Ich selbst war sechs oder sieben Jahre lang – zusammen mit der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) und dem Europarat – an dem Versuch beteiligt, einen Dialog herbeizuführen, der die Regierung von Belarus und die damalige Opposition einbeziehen sollte. Dieser Versuch war nicht erfolgreich, stellt jedoch einen Präzedenzfall für derartige Zusammenkünfte dar.

Die europäische Politik, die wir möchten, muss eindeutig zu mehr Freiheit und Offenheit beitragen. Die von uns als wichtig erachteten Punkte werden auch in der vorliegenden Entschließung erwähnt. Wenn in den nächsten Monaten bezüglich dieser Punkte Fortschritte gemacht werden, dann können unserer Meinung nach weitere EU-Beschränkungen aufgehoben werden.

Es gibt noch einige weitere Punkte, die ich hinzufügen möchte. Erstens sind wir der Meinung, dass die Kommission die Tatsache berücksichtigen muss, dass es in Belarus sehr wenig Wissen über die Europäische Union gibt und dass ein Satellitenfernsehsender dies nicht ändern wird. Es muss mehr unternommen werden – vom Land und im Land selbst. Zweitens möchte ich dringend darum bitten, die Behörden in Minsk zu fragen, ob es nicht endlich an der Zeit sei, alle Reisebeschränkungen für die Kinder von Tschernobyl aufzuheben.

Meine letzte Anmerkung bezieht sich auf etwas Persönliches. Die neue Lage hat zumindest eine Sache ermöglicht: Zum ersten Mal seit sechs oder sieben Jahren habe ich ein Visum bekommen, das es mir und einer Delegation des Parlaments ermöglicht, für einige Wochen nach Belarus zu reisen – eine Gelegenheit, die ich mit Freude nutzen werde.

 
  
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  Janusz Onyszkiewicz, im Namen der ALDE-Fraktion. – (PL) Als die Sanktionen gegen Belarus aufgehoben wurden, hatten wir gehofft, dass der Prozess der Entschärfung des Systems ein bisschen weiter gehen würde. Es hat sich jedoch herausgestellt, dass dies nicht der Fall ist. Die heutigen Redner haben dies bereits erwähnt, dennoch möchte ich, dass wir Folgendes im Gedächtnis behalten: Es wurden keine weiteren politischen Parteien registriert. Die Drohung, die Registrierung bereits existierender Parteien rückgängig zu machen, wurde nicht aufgehoben. Zeitungen, deren Vertrieb hätte genehmigt werden sollen, wurde diese Genehmigung nicht erteilt. Außerdem hat es erneut webbasierte Angriffe auf Websites gegeben, beispielsweise auf die Website von Radio Free Europe. Zudem entschied sich Präsident Lukaschenko, Minsk zu verlassen, so dass der Besuch von Frau Ferrero-Waldner nicht stattfinden konnte. Meiner Ansicht nach war dies keine freundliche Geste und zeugt auch nicht davon, dass er die Bedeutung der Kontakte zur Europäischen Union anerkennt und begreift.

Es stimmt, dass Präsident Lukaschenko Abchasien und Südossetien nicht anerkannt hat. Er hat jedoch Abchasien besucht, und es scheint so, als wenn es zwischen diesen zwei Partnern – ich werde nicht Staaten sagen, da Abchasien für uns natürlich kein Staat ist – eine enge wirtschaftliche Zusammenarbeit geben soll. Was die Opposition angeht, so bezeichnet Präsident Lukaschenko sie als „fünfte Kolonne“, und wir können keinerlei Bereitschaft erkennen, dass sie als wichtiges Element der politischen Opposition anerkannt wird, wie es in anderen Ländern der Fall ist.

Ich denke jedoch, dass wir in diesem Zusammenhang eine Art von Dialog aufrechterhalten sollten. Ich stimme Herrn Tannock zu, der gesagt hat, dass Präsident Lukaschenko nicht in Prag anwesend sein sollte. Dies würde eindeutig zu weit gehen. Wir sollten wirklich von einem anderen bedeutenden und effektiveren Instrument Gebrauch machen, das uns zur Verfügung steht, nämlich einem finanziellen Instrument in Form von Finanzmitteln für die demokratische und wirtschaftliche Entwicklung. In diesem Zusammenhang möchte ich gern die Frage stellen, welche Summen zur Förderung von Demokratie in Belarus im letzten Jahr und 2007 nicht nur vorgesehen waren, sondern auch ausgegeben wurden – die Förderung des Rundfunks nicht inbegriffen.

 
  
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  Konrad Szymański, im Namen der UEN-Fraktion. – (PL) Frau Kommissarin, das Experiment der Aussetzung der Sanktionen gegen Belarus muss fortgesetzt werden, damit wir jede Möglichkeit des Dialoges mit dem Land ausprobieren können. Die belarussischen Behörden müssen sich jedoch dessen bewusst sein, dass die für dieses Experiment vorgesehene Zeit begrenzt ist und dass wir mit unseren Vorschlägen nicht ewig warten werden.

Wir müssen auch sehr vorsichtig sein. Die ersten Monate lassen bisher nur ein vages Bild der Absichten der Behörden in Minsk zu. Gleichzeitig geht die Repression gegen die Vereinigung der Polen in Weißrussland weiter, katholische Priester werden vertrieben, und dem einzigen unabhängigen Fernsehsender, der in Belarus sendet, Belsat, wurde die Registrierung eines Büros in Minsk verweigert. Diese Gründe reichen aus, um Alexander Lukaschenko nicht zum EU-Gipfeltreffen einzuladen – als Antwort auf die Appelle der belarussischen Opposition.

 
  
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  Jacek Protasiewicz (PPE-DE). – (PL) Herr Präsident, Herr Ministerpräsident, Frau Kommissarin, ich stimme der Kommissarin zu, dass der Beschluss des Rates, die Sanktionen gegen Belarus um ein Jahr zu verlängern und sie gleichzeitig für neun Monate auszusetzen, eine vernünftige Lösung war. Wir laden Belarus zu einer Zusammenarbeit mit uns ein. Wir haben jedoch nicht vergessen, dass es sich bei diesem Land immer noch um das letzte undemokratische Land in Europa handelt.

Trotz der positiven Veränderungen, die es erst kürzlich in Belarus gab und die Herr Vondra erwähnt hat, kann nicht gesagt werden, dass dort grundlegende Menschenrechte wie die Redefreiheit, das Recht auf die Äußerung politischer Ansichten oder die Achtung nationaler und religiöser Minderheiten geachtet werden. Trotzdem bieten wir Belarus die Teilnahme an der Östlichen Partnerschaft an, weil wir glauben, dass dies Vorteile mit sich bringt – in erster Linie für die Menschen in Belarus.

Die Östliche Partnerschaft bedeutet eine Chance auf günstigere Visa, bessere wirtschaftliche Zusammenarbeit und finanzielle Unterstützung für die Zivilgesellschaft. Auf diese Weise kann Belarus nach vielen Jahren der Isolation von der neuen Politik profitieren. Der Nachteil ist jedoch, dass unser guter Wille zweifellos zynisch missbraucht wird, um der undemokratischen Herrschaft Glaubwürdigkeit zu verleihen. Die belarussische Regierung, die die wichtigsten Massenmedien kontrolliert und sie nicht für Informations-, sondern für Propagandazwecke nutzt, verkündet bereits triumphierend, dass die Europäische Union das „belarussische Modell“ akzeptiert, bei dem Demokratie und Freiheit eingeschränkt werden können. Wir müssen in diesem Haus unmissverständlich klarstellen, dass Belarussen die gleichen Rechte haben wie die Bürger anderer freier europäischer Länder. Dazu zählt das Recht, heute –– am 91. Jahrestag der Unabhängigkeit von Belarus – in Minsk frei zu demonstrieren. Die Teilnahme an der Östlichen Partnerschaft soll dabei helfen, diese Rechte zu realisieren. Und wenn die belarussischen Behörden dem im Weg stehen sollten, werden sie sich nicht auf eine Partnerschaft und gute Beziehungen mit dem Westen verlassen können – vor allem nicht auf der von Herrn Vondra erwähnten hohen Ebene und vor allem nicht in Bezug auf das Prager Gipfeltreffen im Mai, bei dem es um die Östliche Partnerschaft geht.

Solange politische Aktivisten in Belarus in Haft bleiben, solange junge demokratische Oppositionsaktivisten zwangseingezogen werden und solange Demonstrationen gewaltsam von der Miliz aufgelöst sowie unabhängige Journalisten für ihre Texte und Publikationen mit Bußgeldern belegt werden, so lange haben die politischen Führer von Belarus kein Recht dazu, von führenden europäischen Politikern, vom Rat, von der Kommission und von unserem Parlament eine Partnerschaft und versöhnliche Herangehensweise zu erwarten.

 
  
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  Justas Vincas Paleckis (PSE). – (LT) Belarus liegt inmitten Europas und sollte meiner Meinung nach an guten Beziehungen sowohl zur Europäischen Union als auch zu seinem anderen Nachbarn, Russland, interessiert sein. Die Teilnahme am Partnerschaftsprogramm der Europäischen Union bietet solche Gelegenheiten.

Ein unabhängiges, stabiles Belarus, das sich auf Demokratie, auf die Verbreitung von Menschenrechten und auf eine soziale Marktwirtschaft zu bewegt, ist im Interesse der Europäischen Union und vor allem der unmittelbaren Nachbarn von Belarus: Litauen, Lettland und Polen. Ich bin überzeugt, dass die Menschen in Belarus dies zunehmend möchten.

Die Isolationspolitik gegenüber Belarus war ungerechtfertigt; dies muss laut und deutlich gesagt werden. Solange es jedoch Einschränkungen in Bezug auf die Rede- und Meinungsfreiheit sowie auf die Aktivitäten von Parteien der Opposition gibt, so lange kann es zwischen Brüssel und Minsk keinen echten Dialog bzw. keine echte Verständigung geben.

Ich bin mir nicht sicher, ob die Zeit dafür gekommen ist, in Brüssel für alle politischen Führer von Belarus den roten Teppich auszurollen.

Belarus ist der einzige Staat in Europa, in dem es immer noch Hinrichtungen gibt, obwohl die Zahl dieser – Ermittlungen von Organisationen zufolge, die die Menschenrechte verteidigen – deutlich zurückgegangen ist. Ich denke, dass alle Mitglieder des Europäischen Parlaments – unabhängig von ihrer Fraktion – mit diesem Zustand sehr unzufrieden sind und Minsk dazu auffordern möchten, die Todesstrafe bei der nächstmöglichen Gelegenheit abzuschaffen.

Belarus plant, in sieben Jahren ein Atomkraftwerk ziemlich nah an der Grenze zu Litauen zu bauen. Ich möchte Sie an die Zusicherung seitens der Europäischen Kommission erinnern, die Einhaltung der Bestimmungen der IAEO und anderer Organisationen durch die belarussische Regierung genau zu verfolgen und zu gewährleisten, dass das Atomkraftwerk den aktuellsten Sicherheitsanforderungen entspricht.

 
  
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  Der Präsident. Als Nächstes folgt das „catch the eye“-Verfahren.

Mir liegen zu viele Wortmeldungen vor – eine Vielzahl davon von der Fraktion der Europäischen Volkspartei (Christdemokraten) und Europäischer Demokraten. Ich werde nur drei Mitgliedern das Wort erteilen.

 
  
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  Christopher Beazley (PPE-DE). Herr Präsident, das von diesem Haus vereinbarte „catch the eye“-Verfahren sieht nicht vor, dass der Präsident die Mitglieder danach auswählen kann, welcher Fraktion sie angehören. Das „catch the eye“-Verfahren ist meinem Verständnis nach ein System, durch das jedes Mitglied Augenkontakt zu Ihnen, dem Präsidenten, aufnehmen kann. Ich finde es bedauerlich, dass sie gerade gesagt haben, dass Sie nur drei Mitgliedern der EVP-Fraktion das Wort erteilen werden. Dies entspricht nicht unserer Geschäftsordnung.

 
  
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  Der Präsident. Herr Beazley, genau so ist das Verfahren schon immer gewesen und wird es auch immer sein, solange ich den Vorsitz habe.

Da es gleichzeitige Wortmeldungen gibt, weil fast alle Mitglieder gleichzeitig das Wort ergreifen möchten – und ich mich auf fünf Wortmeldungen beschränken muss –, kann ich die vorgesehene Zeit nicht verlängern, ohne dadurch andere Aussprachen zu beeinträchtigen. Diese Vorgehensweise hat es schon immer gegeben; sie jetzt zu ändern, würde einen Unterschied zu früheren Sitzungen bedeuten.

Herr Beazley, die Bemerkung zur Anwendung der Geschäftsordnung ist geklärt. Es macht keinen Sinn, weiterhin darauf zu bestehen, da ich Ihnen nicht das Wort erteilen werde. Ich werde Ihnen nicht das Wort erteilen. Die Bemerkung zur Anwendung der Geschäftsordnung ist geklärt.

 
  
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  Laima Liucija Andrikienė (PPE-DE). – (LT) Der heutige Tag stellt für die Menschen in Belarus den Tag der Unabhängigkeit dar. Ich möchte Sie daran erinnern, dass Belarus sich selbst am 25. März 1918 zur Republik erklärt hat. Genau jetzt, zur gleichen Zeit wie unsere Diskussion, findet in Minsk auf dem Platz gegenüber der Akademie der Wissenschaften eine von der demokratischen Opposition initiierte Demonstration statt. Fünftausend Menschen haben sich auf dem Platz versammelt. Ich hoffe, dass keine repressiven Maßnahmen gegen sie ergriffen werden. Daher – wie zuvor und insbesondere heute – möchte ich mich mit allen Belarussen auf der ganzen Welt solidarisch zeigen, vor allem aber mit den Belarussen, die sich auf einem der Plätze in Minsk versammelt haben und denen an Unabhängigkeit und Freiheit sehr viel liegt.

Was den Dialog mit Belarus angeht: Er ist notwendig, aber nicht zu jedem Preis. Was wir als Europäische Union – ohne Zugeständnisse an das Regime, sondern durch die Förderung des Dialoges mit der Zivilgesellschaft – tun können ist, die Frage des Preises der Schengen-Visa so schnell wie möglich zu klären. Das Schengen-Visum kostet 60 Euro und ist für viele Belarussen zu teuer. Ich möchte Sie gern daran erinnern, dass das Schengen-Visum für russische Bürger halb so viel kostet.

 
  
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  Czesław Adam Siekierski (PPE-DE). – (PL) Es ist wichtig, weiter daran zu arbeiten, neue Beziehungen zwischen der Europäischen Union und Belarus aufzubauen. Es muss zweifellos eine Lage herbeigeführt werden, in der die Grundrechte belarussischer Bürger geachtet werden. Es ist zudem aus heutiger Sicht nicht akzeptabel, dass Rechte wie freie Meinungsäußerung und Meinungsfreiheit oder das Recht auf Wahlen bzw. auf die Unabhängigkeit der Gerichte nicht geachtet werden.

Daher bin ich mit der Philosophie einverstanden, Belarus zu ermutigen, alles Erdenkliche in Hinblick auf Demokratie zu unternehmen. Ich freue mich zudem über den Beschluss, Belarus in das neue Programm zur Stärkung der Ostpolitik der EU durch die Europäische Nachbarschaftspolitik einzubeziehen. Ich denke, dass Belarus hierdurch Stabilität und Sicherheit erreichen sowie den Lebensstandard der eigenen Bürger steigern kann. Die Gemeinschaft sollte weiterhin die Benachteiligten in der Region finanziell unterstützen und eingreifen, wenn die Rechte von Bürgern verletzt werden. Ich wiederhole: eingreifen, wenn die Rechte von Bürgern verletzt werden.

 
  
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  Árpád Duka-Zólyomi (PPE-DE). – (HU) Die europäische Politik bezüglich der Belarus-Frage war eindeutig. Die Menschenrechte und der Demokratisierungsprozess hatten Priorität. Wir haben eine Annäherung nicht abgelehnt; aber unsere Bedingungen waren eindeutig. Die heutige Lage sieht jedoch deutlich verändert aus.

Es stimmt, was die belarussischen politischen Aktivisten und unabhängigen Sachverständigen sagen: Das Regime hat sich nicht grundlegend verändert; es wurden lediglich Schönheitskorrekturen vorgenommen. Obwohl einige politische Gefangene freigelassen wurden, haben neue ihren Platz eingenommen, und die jungen Aktivisten werden nicht ins Gefängnis gesteckt, sondern zur Armee geschickt. Andere Dinge haben sich verändert – nicht das Regime.

Viele in der EU glauben, dass der Erfolg der Östlichen Partnerschaft auch von Belarus abhängig ist. Brüssel muss die durch die Verunsicherung der Ukraine hinterlassene Lücke schließen, und für diesen Zweck könnte sich sogar Präsident Lukaschenko als akzeptabel erweisen. Die EU-Institutionen haben es geschafft, ihre eigenen Bedingungen zu vernichten. Die langjährige Arbeit der Kommission wurde durch einen einzigen Besuch von Javier Solana zerstört. Präsident Lukaschenko fühlte sich stark genug, um den Besuch von Frau Ferrero-Waldner abzusagen. Anstatt die Bedingungen anzunehmen, hat Minsk in dem kompromissfreudigen Javier Solana einen Partner gefunden.

 
  
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  Elisabeth Schroedter (Verts/ALE). - Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Kommissarin, Herr Ratspräsident, ich habe Ihnen sehr genau zugehört. Wir als Grüne unterstützen einen Dialog. Wir unterstützen aber nur einen kritischen Dialog, das heißt einen Dialog, der nicht einen Diktator hofiert.

Der Dialog muss dazu genutzt werden, dass Fortschritte in der Menschenrechtspolitik im Land erreicht werden, z. B. dass die Europäische Humanistische Universität legal zurückkehren kann, oder dass Meinungsäußerungen nicht mehr eingeschränkt werden, oder dass eine Demonstration wie die heutige uneingeschränkt stattfinden kann. Ein Dialog muss die demokratischen Kräfte stärken. Nur dann ist er sinnvoll. Er darf nicht den demokratischen Kräften in den Rücken fallen! Menschenrechtsfragen müssen zentral an dieser Stelle angesprochen werden, und Menschenrechtsinstrumente der EU müssen im Land zugelassen werden.

Aus meiner Sicht ist ebenfalls eine Partnerschaft verfrüht. Unabhängig davon sollten die Visakosten gesenkt werden.

 
  
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  Erna Hennicot-Schoepges (PPE-DE). – (FR) Herr Präsident, alle vom Rat und der Kommissarin genannten Maßnahmen wurden genehmigt, weil sie die Lage der Menschen verbessern.

Aber ist es richtig, zuzulassen, dass ein Diktator ganz oben Platz nimmt? Ist dies nicht ein Affront gegen jene, die erst kürzlich wieder inhaftiert wurden und die immer noch inhaftiert werden? Frau Kommissarin, Herr Minister, ich möchte Ihnen eine ganz offene Frage stellen: Wurden die europäischen Behörden möglicherweise von Belarus etwas unter Druck gesetzt, so dass das Land sich die Einladung zum Gipfeltreffen in Prag – eine Einladung, die ich für übertrieben und unangemessen halte – sichern konnte?

 
  
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  Der Präsident. Meine Damen und Herren, da noch etwas Zeit übrig ist, kann ich einigen der anderen Redner auf der Liste das Wort erteilen. Dies hat nichts mit dem zu tun, was vorher gesagt wurde. Dies ist einfach nur die von mir während des „catch the eye“-Verfahrens immer praktizierte balancierte Leitung.

 
  
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  Alessandro Battilocchio (PSE). – (IT) Herr Präsident, meine Damen und Herren (...) mit Zufriedenheit die neue Bereitschaft von Belarus, mit der Europäischen Union und der internationalen Gemeinschaft zusammenzuarbeiten. Wir sind Präsident Lukaschenko gegenüber sehr vorsichtig, begrüßen jedoch eine neue Richtung. Wir werden nicht aufhören, die Notwendigkeit einer umfassenden und grundlegenden Veränderung in Bezug auf die Achtung der Menschenrechte hervorzuheben.

Bezüglich eines Punktes denke ich, dass die Kommission ein klareres und konsistenteres Verhalten von Minsk fordern könnte: Ich beziehe mich auf die Lage Zehntausender Kinder, die einige Monate bei europäischen Familien verbringen. Die belarussische Regierung hat seit vielen Jahren in absurder – manchmal unverständlicher – Art und Weise gehandelt, indem sie häufig den Besuch der Kinder in letzter Minute gestrichen, die Gastfamilien gekränkt und die Kinder – oft Waisen aus komplizierten Familienverhältnissen und der Angelegenheit skeptisch gegenüberstehend – noch zusätzlich verletzt hat. Lassen Sie uns bezüglich dieses Punktes so schnell wie möglich etwas ändern.

 
  
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  Zita Pleštinská (PPE-DE). – (SK) Die Slowakei begeht heute den 21. Jahrestag der Kerzendemonstration von Bratislava. Am 25. März 1988 wurden Christen, die friedlich für Presse- und Religionsfreiheit demonstrierten, von der Polizei und der Armee in brutaler Weise auseinander getrieben. Die Kerzendemonstration steht für den historischen Beginn der lang ersehnten Freiheit der Slowakei. Aus diesem Grund kann ich die von meinen Kollegen geäußerten Sorgen bezüglich der veränderten Haltung der EU gegenüber Präsident Lukaschenko sehr gut verstehen.

Ich bin der festen Überzeugung, dass Präsident Lukaschenko nicht nach Prag kommen sollte. Aufgrund meiner persönlichen Erfahrung mit dem totalitären Regime in der Slowakei glaube ich nicht, dass ein totalitärer Führer in der Lage ist, sich sowohl im Herzen als auch im Denken in einen Demokraten zu verwandeln. Dies ist nur dann möglich, wenn seine Motivation auf pragmatischen Gründen basiert. Meine Damen und Herren, wir sollten mehr auf die belarussische Opposition hören, auf Alexandr Milinkevic. Erst wenn wir sicher sein können, dass Belarus wirklich demokratisch geworden ist, sollten wir alle Sanktionen gegen Belarus aufheben.

 
  
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  Der Präsident. Herr Beazley ist ebenfalls auf der Liste, scheint sich jedoch durch mich verärgert gefühlt und den Plenarsaal verlassen zu haben. Ich kann ihm daher nicht das Wort erteilen.

 
  
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  Alexandr Vondra, amtierender Präsident des Rates. Herr Präsident, ich möchte mich für alle Beiträge bedanken. Wie ich zu Beginn sagte, haben wir in den letzten Monaten Schritte seitens der belarussischen Behörden gesehen, die in Richtung der Erwartungen gehen, die in den Schlussfolgerungen des Rates vom Oktober 2008 formuliert wurden. Diese Schritte sind im belarussischen Kontext von Bedeutung. Gleichzeitig ist das Bild sehr durchwachsen, und ich denke, dass dies durch die Aussprache hier bestätigt wurde. Wir würden gern weitere Schritte sehen, beispielsweise Veränderungen in Bezug auf das Strafgericht und die Registrierung weiterer Medienunternehmen und Nichtregierungsorganisationen in Belarus.

Bei der zukünftigen Überprüfung der restriktiven Maßnahmen werden die Lage in Belarus und die von der Regierung unternommenen Schritte berücksichtigt. Die Fortschritte in den Bereichen, die in den Schlussfolgerungen des Rates vom Oktober 2008 aufgeführt sind, werden bewertet. Wir tun dies bereits durchgängig und diskutieren die Fortschritte zudem mit den Mitgliedern der Opposition. Beispielsweise habe ich letzte Woche in Prag Alexander Kazulin getroffen.

Fortschritte in Hinblick auf Demokratie, Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit vorausgesetzt, sind wir weiterhin dazu bereit, unsere Beziehungen zu Belarus zu vertiefen. Ich denke, dass wir Belarus innerhalb der Östlichen Partnerschaft konkrete Anreize bieten können – aber nicht ausschließlich.

Ich möchte mich nun der hier stattfindenden lebhaften Aussprache zuwenden, bei der es um das Gipfeltreffen zur Lancierung der Östlichen Partnerschaft und insbesondere um den Grad der Beteiligung von Belarus geht. Ich mache Sie darauf aufmerksam, dass bezüglich dieses Themas, das einen Konsens innerhalb der EU erfordert, noch kein Beschluss gefasst wurde. Dieses Thema wird kurz vor dem Gipfeltreffen behandelt, und ich möchte zu diesem Zeitpunkt keine Vermutungen anstellen. Der Druck besteht schon einfach in der Tatsache, dass noch keine Einladung geschickt wurde.

Ich möchte Ihnen nochmals für die interessante Aussprache und Ihren wertvollen Beitrag danken. Wir schätzen das Interesse und das aktive Engagement des Europäischen Parlaments in Bezug auf Belarus sehr. Außerdem fühlen wir uns durch Ihre Unterstützung der Engagementpolitik der EU sehr ermutigt. Belarus ist ein wichtiger Nachbar der EU; daher betreffen die Entwicklungen dort uns alle. Es ist wichtig, dass wir eine klare und konsequente Botschaft an Minsk senden, und ich freue mich, dass das Parlament uns diesbezüglich unterstützt.

Engagement ist wichtig, weil es die beste Möglichkeit ist, um die Veränderungen zu bewirken, die wir in Belarus sehen möchten und die für die allgemeinen Interessen der EU wichtig sind. Wie ich zu Beginn sagte, bin ich dazu bereit – und ich bin mir sicher, dass dies auch für die zukünftigen Präsidentschaften gilt –, dieses Parlament über Entwicklungen auf dem Laufenden zu halten, nicht zuletzt in Bezug auf die Zukunft der in der letzten Woche vom Rat beschlossenen umfassenden Überprüfung.

 
  
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  Benita Ferrero-Waldner, Mitglied der Kommission. − (FR) Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordnete! Ich werde mich wieder sehr kurz fassen.

Wie wir wissen, hat Belarus einige Fortschritte gemacht; aber es bleibt natürlich noch viel zu tun. Es ist auch klar, dass die Tage der Isolationspolitik gegenüber Belarus gezählt sind und dass ein Dialog für uns die einzig effektive Möglichkeit ist, um Einfluss auf die demokratische Zukunft dieses Landes nehmen zu können.

Selbstverständlich Frau Schroedter, dies ist ein wichtiger Dialog – zweifellos. Die Europäische Union hat sich in diesem Zusammenhang verpflichtet, die Entwicklungen bezüglich der folgenden fünf wichtigen Themen sehr genau zu überwachen: die Lage politischer Gefangener, das Wahlgesetz, die Medienfreiheit, die Freiheit von Nichtregierungsorganisationen und die Versammlungsfreiheit. Regelmäßige Berichte werden derzeit ausgearbeitet und von unseren Missionsleitern in Minsk eingesetzt. Dieser Prozess wird durch den Menschenrechtsdialog ergänzt.

Natürlich verbleiben noch andere Themen, nicht zuletzt das Universitätsthema. Wir haben um die Beurteilung der Fortschritte in Zusammenhang mit den zuvor erwähnten fünf Punkten gebeten, und ich denke, dass dies erforderlich ist. Es ist auch wichtig, dass wir versprechen, ebenfalls einige Schritte zu unternehmen, wenn wir Fortschritte erkennen.

Aus unserer Sicht ist dies ein erforderlicher Prozess, der noch in den Kinderschuhen steckt und unsere permanente Aufmerksamkeit benötigt. Aus diesem Grund ist eine Überwachung erforderlich.

Ich möchte an dieser Stelle auch sagen – und ich hoffe, dass wir realisiert haben, dass dies absolut fair und wahr ist –, dass mittlerweile zwischen Belarus und bestimmten Ländern, namentlich Italien, bilaterale Abkommen über kinderbezogene Themen abgeschlossen worden sind. Ich denke, dass dies sehr wichtig ist, und immerhin beobachten wir einige Fortschritte.

Bezüglich der Visa ist die Lage gleichermaßen klar. Einzelne Mitgliedstaaten können die Kosten für Visa für bestimmte Kategorien verringern, Bürger mit eingeschlossen. Bislang kann jedoch kein allgemeines Abkommen über Erleichterungen bei der Erteilung von Visa auf den Weg gebracht werden, da dazu die Implementierung der gesamten Östlichen Partnerschaft bzw. Nachbarschaftspolitik erforderlich wäre.

Bezüglich der Kernenergie kann ich Ihnen sagen, dass eine Delegation der Kommission im letzten November nach Belarus gereist ist. Wir haben dort auf höchster Ebene einen Dialog über das Thema Energie geführt und Meinungen über die internationale Sicherheit ausgetauscht. Natürlich müssen wir diese Position beibehalten.