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Verfahren : 2008/0170(NLE)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadien in Bezug auf das Dokument :

Eingereichte Texte :

A6-0229/2009

Aussprachen :

PV 23/04/2009 - 18
CRE 23/04/2009 - 18

Abstimmungen :

PV 24/04/2009 - 7.4
CRE 24/04/2009 - 7.4
Erklärungen zur Abstimmung
Erklärungen zur Abstimmung

Angenommene Texte :

P6_TA(2009)0312

Ausführliche Sitzungsberichte
Donnerstag, 23. April 2009 - Straßburg Ausgabe im ABl.

18. UN-Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen - UN-Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen - UN-Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (Fakultativprotokoll) (Aussprache)
Video der Beiträge
Protokoll
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  Präsident – Der nächste Punkt ist eine gemeinsame Aussprache:

- über die Stellungnahme des Rates zum Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen;

- über den Bericht (A6-0229/2009) von Frau Jeleva für den Ausschuss für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten über den Vorschlag für einen Beschluss des Rates zum Abschluss des Übereinkommens der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen durch die Europäische Gemeinschaft [KOM(2008)0530 - C6-0116/2009 - 2008/0170(CNS)];

- über den Bericht (A6-0230/2009) von Frau Jeleva für den Ausschuss für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten über den Vorschlag für einen Beschluss des Rates zum Abschluss des Fakultativprotokolls zum Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen durch die Europäische Gemeinschaft [KOM(2008)0530 - C6-0117/2009 - 2008/0171(CNS)].

 
  
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  Petr Nečas, amtierender Ratspräsident – (CS) Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte damit beginnen, der Berichterstatterin Rumania Jeleva für die zwei von ihr angefertigten, hervorragenden Berichte zu danken. Ich gehe davon aus, dass meine Bemerkungen über die Berichte und ihre Schlussfolgerungen recht kurz ausfallen werden.

Am 11. Juni 2007 hat der Rat bei dem ersten informellen Ministertreffen zu Behindertenfragen eine klare Haltung zur Unterstützung des Übereinkommens der Vereinten Nationen über die Rechte behinderter Menschen eingenommen. Bei diesem Treffen hat der Rat das Übereinkommen der Vereinten Nationen als einen grundlegenden Schritt hinsichtlich der Unterstützung, des Schutzes und der angemessenen Umsetzung von Menschenrechten und Grundfreiheiten für alle Menschen mit Behinderungen befürwortet. Gleichzeitig haben die Minister eine Zusage zum weiteren Ausbau von relevanten Politiken mit dem Ziel der Sicherung einer vollständigen Umsetzung des Übereinkommens gemacht. Sie haben die Kommission aufgefordert, dafür zu sorgen, dass die neuen Prioritäten des EU- Aktionsplans für Menschen mit Behinderungen zur effektiven Umsetzung des UNO-Übereinkommens beitragen.

In seiner mit dem Europäischen Jahr der Chancengleichheit 2007 verbundenen Entschließung, die im Dezember 2007 verabschiedet wurde, ruft der Rat die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, mit dem Unterzeichnungs-, Abschluss- und Ratifizierungsprozesses des UNO-Übereinkommens entsprechend der jeweiligen Kompetenzen fortzufahren. Am 10. März 2008 hat der Rat eine Entschließung über die Rechte behinderter Menschen verabschiedet. In der Entschließung ruft der Rat die Mitgliedstaaten und die Kommission auf, im Rahmen ihrer jeweiligen Zuständigkeiten zu gewährleisten, dass Menschen mit Behinderungen Zugang zu all ihren Grundrechten haben. Dazu gehören die Ratifizierung, der Abschluss und die Umsetzung des UNO-Übereinkommens inklusive gebräuchlicher europäischer Lösungen im Rahmen einer geleiteten und koordinierten Herangehensweise an die Umsetzung dieses Übereinkommens. Der Rat hat danach von der Kommission den Entwurf eines Ratsbeschlusses für den Abschluss des Übereinkommens der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit körperlichen Behinderungen durch die Europäische Gemeinschaft erhalten. Die Überprüfung des Vorschlags hat Ende letzten Jahres begonnen und der Rat arbeitet nach wie vor daran.

Sehr geehrte Damen und Herren! Wie Ihr Bericht betont hat, gehen aus dem Bericht eine Reihe wichtiger Fragen in Zusammenhang mit der Kompetenz hervor und diese Fragen müssen im Rat weiter diskutiert werden. Die Präsidentschaft hat sich allerdings verpflichtet, zu versuchen, die Verhandlungen so bald wie möglich abzuschließen, damit das Übereinkommen bald von der Gemeinschaft abgeschlossen werden kann. Ich möchte dem Parlament für das von ihm an diesem Thema gezeigte Interesse danken. Die Präsidentschaft wird Sie über den Fortschritt der im Rat laufenden Gespräche unterrichten.

 
  
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  Olli Rehn, Mitglied der Kommission. Verehrter Herr Präsident! Das Behinderten-Übereinkommen ist das erste Menschenrechts-Übereinkommen, das die Europäische Gemeinschaft Seite an Seite mit anderen Mitgliedstaaten unterzeichnet hat. Dies war ein notwendiger Schritt, um die volle Umsetzung des Übereinkommens in der Europäischen Union, einschließlich in politischen Bereichen, die im Verantwortungsbereich der Europäischen Gemeinschaft liegen, zu ermöglichen.

Da sowohl das Übereinkommen als auch das Fakultativprotokoll vor einem Jahr, am 3. Mai 2008, in Kraft getreten sind, ist nun ein schneller Abschluss sowohl durch die Mitgliedstaaten als auch durch die Gemeinschaft vorrangig. In der Tat haben sieben Mitgliedstaaten dies bereits getan.

Ich möchte dem Parlament und der Berichterstatterin Frau Jeleva meine Dankbarkeit dafür ausdrücken, dass sie die Entschließung der Europäischen Kommission für dieses UN-Übereinkommen für die Rechte von Menschen mit Behinderungen und sein Fakultativprotokoll unterstützt haben. Ich bin erfreut zu sehen, dass dieses Parlament beiden Vorschlägen zustimmen kann.

Da das Übereinkommen in die geteilte Zuständigkeit der Gemeinschaft und der Mitgliedstaaten fällt und auch für die EU-Institutionen verbindlich ist, freue ich mich zu sehen, dass sie zur Zusammenarbeit bereit sind, um zu gewährleisten, dass dieses Übereinkommen richtig umgesetzt wird.

Die Ziele dieses Übereinkommens sind alle sehr wichtig, um das Leben unserer Mitbürger mit Behinderungen zu erleichtern, die Beständigkeit der rechtlichen Auslegung gewisser Bestimmungen im Rahmen der Kompetenz der Gemeinschaft zu verbessern und einen gleichmäßigen minimalen Schutz der Rechte von Menschen mit Behinderungen in der Europäischen Union mit Blick auf die aus dem Übereinkommen hervorgehenden Verpflichtungen zu gewährleisten.

Wir müssen zusammenarbeiten, um die Menschenrechte von Personen mit Behinderungen zu schützen und eine effektive Umsetzung des UN-Übereinkommens wird gerade dies tun und dieses Ziel erreichen. Ich verlasse mich darauf, dass wir zusammen an diesem gemeinsamen Ziel arbeiten.

 
  
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  Rumiana Jeleva, Berichterstatterin(BG) Sehr geehrter Herr Minister, Herr Kommissar, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn wir heute die Berichte des Europäischen Parlaments über das UN-Übereinkommen für die Rechte von Menschen mit Behinderungen, sein Fakultativprotokoll und die Aussagen dieser beiden Dokumente aus dem Ausschuss für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten diskutieren, möchte ich Sie daran erinnern, dass behinderte Menschen über 10% der Bevölkerung der Europäischen Union und der Welt ausmachen. Daten der Weltgesundheitsorganisation zufolge nimmt dieser Anteil aufgrund des Gesamtumfangs der Weltbevölkerung, des medizinischen Fortschritts und des globalen Alterungstrends weiterhin zu.

Das UN-Übereinkommen, das wir heute betrachten, ist das erste auf dem Gebiet der Menschenrechte, das dem Beitritt und der formellen Genehmigung durch die Europäische Gemeinschaft offen steht. Dies zeichnet auch einen einzigartigen ersten Schritt in den Aktivitäten des Europäischen Parlaments aus. Das Ziel des Übereinkommens besteht in der Förderung, dem Schutz und der Sicherung des vollen und gleichen Genusses aller Menschenrechte und Grundfreiheiten durch Menschen mit Behinderungen, während gleichzeitig ihre Menschenwürde respektiert wird.

Ich bin hocherfreut, dass wir während der Diskussion im Ausschuss für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten in einer Stimmung des Wohlwollens und der Kooperation zusammengearbeitet haben. Ich denke, dass es sehr wichtig ist, dass meine Kollegen und ich uns in unserem Parlamentsausschuss dazu entschieden haben, etwas mehr als nur kurz „Ja“ zu einer Unterstützung der Berichte über Übereinkommen und Protokoll zu sagen und einen Entschließungsentwurf vorbereitet haben.

Kolleginnen und Kollegen, das Europäische Parlament hat stets jede Bemühung der Gemeinschaft um einen Entwurf, die Umsetzung und Einhaltung der Rechtsvorschriften zu Chancengleichheit und Anti-Diskriminierung von Menschen mit Behinderungen konsequent unterstützt. Wenn die problematische Situation behinderter Menschen angesprochen wird, verschwinden unsere politischen Differenzen, wenn es um das Endziel, nämlich für uns um die Sicherung eines besseren Lebens- und Arbeitsstandards, geht. Es gibt natürlich unterschiedliche Meinungen über die Art und Weise, wie dieses Ziel erreicht werden kann, aber mit der nahezu einstimmigen Entscheidung - nur eine Stimme war kein „Ja“ - bewies der Ausschuss für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten, dass Differenzen bezüglich der Art und Weise, wie man vernünftige, langfristige und nachhaltige Lösungen erreicht, überwunden werden müssen.

Kolleginnen und Kollegen, ich glaube, dass unsere Entscheidungen, die Entscheidungen des Europäischen Parlaments, von enormer Bedeutung für Menschen mit Behinderungen in der Europäischen Union sind. Nun möchte ich Ihre Aufmerksamkeit auf die Tatsache lenken, dass die Kompetenzen, die von der Umsetzung des UN-Übereinkommens und des Fakultativprotokolls ausgehen, auf die Gemeinschaft und ihre Mitgliedstaaten aufgeteilt sind. Die Umsetzung des Fakultativprotokolls ist wichtig, um Individuen oder einer Gruppe von Personen die Möglichkeit zu bieten, den UN-Ausschuss für Menschen mit Behinderungen über Verletzungen ihrer aus dem Übereinkommen hervorgehenden Rechte zu informieren. Es ist wichtig zu betonen, dass diese Option nach Erschöpfung der nationale Rechtsschutzmittel zugänglich sein wird.

Wie es im Fakultativprotokoll ausgedrückt wird, werden wir die Europäische Kommission und die Mitgliedstaaten auffordern, uns alle drei Jahre über seine Anwendung in Übereinstimmung mit den jeweiligen Kompetenzfeldern zu informieren. Ich denke, dass das Europäische Parlament als einzige europäische Institution, deren Mitglieder direkt von den Bürgern der EU gewählt werden, zu Recht die Hauptverantwortung für die Wahrung der Rechte aller ihrer Bürger trägt.

Ich möchte betonen, dass nur vier Mitgliedstaaten - Österreich, Spanien, Slowenien, und Ungarn das Übereinkommen und sein Fakultativprotokoll ratifiziert hatten, als wir die Arbeit an den Dokumenten Ende 2008 aufnahmen. Inzwischen haben dies noch weitere drei Länder - Schweden, Deutschland und Italien - getan.

Ich glaube, dass wir mit der heutigen Debatte und, ich hoffe, mit unserer morgigen positiven Abstimmung zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: wir werden die Vorschläge der Kommission für Beschlüsse des Rates billigen, und wir werden den Mitgliedstaaten ein positives, ermutigendes Zeichen geben, den Ratifizierungsprozess und/oder den Beitritt fortzusetzen.

Ich möchte damit schließen, nochmals all meinen Kollegen, die an der Redaktion der Berichte und des Beschlussvorschlags beteiligt waren, zu danken. Ich möchte auch meinen Kollegen von der Europäischen Kommission für ihre hilfreiche Zusammenarbeit sowie den Vertretern von Organisationen für Menschen mit Behinderungen für die von ihnen gemachten Vorschläge danken.

 
  
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  Hiltrud Breyer, Verfasserin der Stellungnahme des Ausschusses für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Mädchen und Frauen mit Behinderungen erfahren multiple Diskriminierung, und Behinderung hat ganz klar geschlechtsspezifische Dimensionen. Wir müssen behinderte Frauen und Mädchen sichtbarer machen, und wir müssen sie vor allem auf EU-Ebene stärker in den Mittelpunkt stellen.

Das Europäische Parlament hat mir mit der 2007 verabschiedeten Entschließung zur Lage von Frauen mit Behinderungen ganz wichtige Punkte deutlich gemacht. Doch der spezifischen Situation der Frauen und Mädchen muss auch bei der Umsetzung der UN-Konvention in vollem Umfang Rechnung getragen werden. Bedauerlicherweise haben bislang nur 4 EU-Mitgliedstaaten die Konvention und das Protokoll ratifiziert. Wir brauchen ein Gender Mainstreaming bei der EU-Politik für Menschen mit Behinderungen, vor allem für den Zugang zu Arbeit und die Integration am Arbeitsplatz. Bildung, Antidiskriminierung und das Recht auf Arbeit gilt es zu sichern.

Das größte Problem ist die Gewalt. Ihr müssen wir ganz klar die Rote Karte zeigen. Mädchen und Frauen mit Behinderungen haben ein sehr viel größeres Risiko von Gewalt, auch von sexueller Gewalt, sowohl zu Hause als auch außerhalb. Oft wird ihr Recht auf Sexualität und Mutterschaft eingeschränkt, oder es gibt erzwungene Abtreibungen und Sterilisationen. Die Mitgliedstaaten sollen deshalb Vorschriften verabschieden, um vor Gewalt zu schützen und Opfer besser zu unterstützen.

(Der Präsident entzieht der Rednerin das Wort.)

 
  
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  Rovana Plumb, im Namen der PSE-Fraktion – (RO) Herr Präsident! Herr Kommissir! Herr Minister! Zuallererst möchte ich meiner Kollegin im Parlament, Frau Jeleva, für ihre effektive Mitarbeit an diesem Bericht, sowie anderen Kollegen und den Verbänden von Menschen mit Behinderungen danken.

Ich möchte betonen, dass wir deutlichen Schutz für diese benachteiligten Gruppen bieten müssen, insbesondere zumal unsere Debatte zu einem Zeitpunkt stattfindet, an dem die Auswirkungen der Wirtschaftskrise deutlich werden.

Ich möchte betonen, dass die Europäische Union die aktive Integration von Menschen mit Behinderungen und ihre volle Teilnahme an der Gesellschaft unterstützt. Dies ist der im Zentrum der UNO-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen stehende Ansatz. Deswegen fordern wir eine dringende Ratifizierung dieser internationalen Dokumente durch die europäischen Mitgliedstaaten und die aktive Beteiligung von Menschen mit Behinderungen und sie vertretenden Organisationen bei Verfahren zur Prüfung und Umsetzung dieser Dokumente. Wir fordern die Mitgliedstaaten und die Exekutive der Gemeinschaft außerdem auf, freien Zugang und die Verteilung zu gewährleisten…

(Der Präsident entzieht der Rednerin das Wort.)

 
  
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  Elizabeth Lynne, im Namen der ALDE-Fraktion Sehr geehrter Herr Präsident! Zunächst möchte ich der Berichterstatterin für ihre Kooperation bei der Erarbeitung der Schlussfassung dieses Berichtes durch den Ausschuss für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten danken. Wie Sie wissen, war ich 2003, als das UN-Übereinkommen entworfen wurde, für das Europäische Parlament Berichterstatterin über das UN-Übereinkommen.

Wir haben seitdem ein rechtsverbindliches und ich glaube historisches Übereinkommen erreicht. Allein das ist ein Meilenstein, aber was ich 2003 gesagt habe, werde ich wiederholen. Wenn die EU in dieser Debatte glaubwürdig sein soll, muss sie mit gutem Beispiel vorangehen. Internationale Menschenrechtsverträge sind vollkommen nutzlos, wenn die Staaten sie nicht unterzeichnen, ratifizieren und umsetzen. Ja, alle Mitgliedstaaten haben unterzeichnet, aber sie haben nicht alle das Protokoll unterzeichnet. Die meisten haben nicht ratifiziert und sie haben sie sicherlich nicht umgesetzt - etwas, wozu wir in zahlreichen Parlamentsberichten aufgerufen haben.

Die Regierung des Vereinigten Königreiches - meine eigene Regierung - hat beispielsweise letztes Jahr ihre eigene Frist für die Ratifizierung des Übereinkommens verpasst, was wirklich eine Schande ist. Meiner Ansicht nach ist das beschämend. Ich wünsche mir, dass Kommission und Parlament weiterhin Druck auf die Mitgliedstaaten ausüben, sie zu ratifizieren und umzusetzen. Dieses Übereinkommen hat das Potential, Millionen behinderten Menschen in der EU Einfluss zu geben. Wir müssen jetzt alles tun, was wir können, um dies zu verwirklichen.

 
  
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  Elisabeth Schroedter, im Namen der Verts/ALE-Fraktion (DE) Herr Präsident, sehr geehrter Herr Kommissar, sehr geehrter Herr Ratspräsident, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Für behinderte Menschen wird mit der Konvention das Recht auf Schutz und Anerkennung ihrer menschlichen Werte und auf vollständige gesellschaftliche Teilhabe international sichergestellt. Umso wichtiger ist es, dass der Rat spätestens bis zum diesjährigen Internationalen Tag der behinderten Menschen die Ratifizierungsurkunde bei der UN hinterlegt.

Gleichzeitig fordern wir von allen Mitgliedstaaten, dass das Fakultativprotokoll ratifiziert wird und die UN-Konvention damit eine internationale Beschwerdestelle bekommt. Wie wichtig das ist, kann ich nur aus meinem Land berichten. Bis heute wird behinderten Menschen der gleichberechtigte Zugang zu Bildung verwehrt. Nur 15% der behinderten Kinder sind im Schulsystem integriert. Zugangsansprüche für einen behinderten Menschen werden in meinem Land mit Übersetzungstricks umgangen. Deshalb müssen wir dagegen protestieren, dass so etwas weiterhin passiert und in Zukunft die vollständige gesellschaftliche Teilhabe für behinderte Menschen in allen EU-Mitgliedstaaten sicherstellen.

 
  
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  Richard Howitt (PSE) - Sehr geehrter Herr Präsident! Ich bin sehr stolz, beim Startschuss der Kampagne für dieses Übereinkommen 2001 im Sadler’s Wells Theater anwesend gewesen zu sein. Ich bin sehr stolz, dass Mitglieder aus diesem Parlament eine führende Rolle bei der Unterstützung der Schaffung dieses Übereinkommens gespielt haben. Ich bin sehr stolz, mit dem Unterausschuss für Menschenrechte bei der Menschenrechtskommission und dem Menschenrechtsrat in Genf gewesen zu sein, um für dieses Übereinkommen zu werben. Ich bin sehr stolz, dass die Europäischen Kommission und die Europäische Gemeinschaft zum ersten Mal einem Menschenrechtsinstrument beigetreten sind. Ich bin sehr stolz, dass es in der Geschichte der Vereinten Nationen das am schnellsten entstandene Übereinkommen ist, aber vor allem bin ich sehr stolz, dass behinderte Menschen und Organisationen für behinderte Menschen eine echte Rolle in seiner Erwägung und Vereinbarung gespielt haben.

Unsere Unterstützung der Ratifizierung diese Woche sollte drei Punkte klarstellen. Erstens sagt die Europäische Union als achter Ratifizierer den EU-Mitgliedstaaten, dass auch sie diese zusammen mit dem Fakultativprotokoll ratifizieren und umsetzen sollten.

Zweitens sollten der Kommissar, wir und die Europäische Kommission mit all ihren Befugnissen bestehende Maßnahmen und Verfahren prüfen, um sicherzugehen, dass wir das Übereinkommen einhalten und entsprechend handeln können.

(Der Präsident unterbricht den Redner.)

 
  
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  Ilda Figueiredo (GUE/NGL)(PT) Auch ich heiße die Tatsache willkommen, dass wir hier sind, um das UN-Übereinkommen über Rechte von Menschen mit Behinderungen zu diskutieren und zu verabschieden und gleichzeitig dazu aufzurufen, dass auch das Fakultativprotokoll von den Mitgliedstaaten berücksichtigt wird.

Dies stellt einen bedeutenden Fortschritt in der Verteidigung und Förderung der Rechte von Menschen mit Behinderungen mit dem Ziel, ihre Würde zu wahren, dar. Es ist für Staaten jedoch nicht genug, dieses Übereinkommen zu unterzeichnen oder sogar bereit zu sein, ihr Fakultativprotokoll zu beachten. Diese Staaten müssen dieses Übereinkommen nun auch ratifizieren und bereit sein, die Übereinkunft und das Protokoll so schnell wie möglich anzuwenden.

 
  
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  Petr Nečas, amtierender Ratspräsident – (CS) Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich denke wir sind uns einig, dass obwohl die EU im Laufe der vergangenen Jahre und Jahrzehnte im Kampf gegen die Diskriminierung von Menschen mit Behinderungen gewaltige Fortschritte gemacht hat, die Situation noch lange nicht zufrieden stellend ist. Heute und jeden Tag, diesen Monat, diese Woche, am heutigen Tag leiden Tausende, Zehntausende, Hunderttausende EU-Bürger mit Behinderungen unter Diskriminierung. Sie werden auf dem Arbeitsmarkt, im Dienstleistungssektor, im Transportwesen benachteiligt. Sie werden durch schlechten Zugang zu öffentlichen Dienstleistungen benachteiligt und sehr oft werden sie sogar beim Zugang zu so grundlegenden öffentlichen Dienstleitungen wie der Bildung auf allen Ebenen benachteiligt. Ich bin mir ziemlich sicher, dass wir uns darüber einig sind, dass das Hauptproblem, dem wir in diesem Bereich gegenüber stehen, die soziale Ausgrenzung unserer Mitbürger mit Behinderungen darstellt. Um dies anzugehen, benötigen wir eine ganze Reihe von Rechtsakten, die Diskriminierung verhindern werden. Aber gleichzeitig benötigen wir auch ein funktionstüchtiges System von Sozialdiensten als Schlüsselinstrument nicht nur für die Begrenzung der sozialen Ausgrenzung, sondern auch für die Entwicklung sozialer Eingliederung. Das größte Problem, dem Bürger mit Behinderungen gegenüberstehen, ist natürlich ihre viel höhere Arbeitslosigkeitsrate.

Im Rahmen der Wirtschaftsprobleme, die derzeit die EU treffen, wissen wir alle, dass unsere Mitbürger mit Behinderungen den höchsten Preis für die Verschlechterung der Lage auf dem Arbeitsmarkt zahlen. Die Verfügbarkeit von Arbeitsmöglichkeiten ist für sie schlechter als in Zeiten des Wohlstands. Sie zahlen oft den Preis von im Vergleich zur restlichen Bevölkerung schlechteren Qualifikations- und Ausbildungsstrukturen und dies hat natürlich sehr negative Folgen für ihre Chancen, auf dem Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. Sie begegnen auch sehr oft viel schlechterem Zugang zu Bildung, zu normalen Schulen und Bildungsreinrichtungen, wie Frau Schroedter richtig hervorgehoben hat. Ich möchte auch sagen, dass wir uns der mehrfachen Diskriminierung bewusst sind, der viele Bürger mit Behinderungen begegnen, wie Frau Breyer betont hat. Und hier möchte ich sagen, dass das Übereinkommen, das wir diskutieren, einen besonderen Artikel enthält, der Frauen betrifft; Mehrfachdiskriminierung wurde hier also nicht vergessen. Jetzt müssen wir natürlich den sieben Staaten, die das Übereinkommen ratifiziert haben, Beifall spenden. Sie sind für andere Staaten, die das Verfahren noch abschließen müssen, ein Vorbild. Der deutliche Ruf von Frau Lynne nach einer Beschleunigung des Ratifizierungsprozesses ist wichtig, aber auf der anderen Seite müssen wir die Tatsache berücksichtigen, dass eine Ratifizierung Regeln unterliegt, dass diese Regeln eingehalten werden müssen, dass diese Regeln oft in den verschiedenen Mitgliedstaaten stark variieren und sie müssen beachtet werden.

Ich möchte auch den Stellungnahmen, die wir heute beispielsweise von Frau Plumb gehört haben, Beifall schenken: Sie hat auf die wesentliche Rolle von Partnern aus dem gemeinnützigen Sektor bei der Entwicklung und Umsetzung von Politiken mit Bezug zu unseren Mitbürgern mit Behinderungen hingewiesen, die versuchen, ihre Benachteiligung und soziale Ausgrenzung zu begrenzen und sie gesellschaftlich zu integrieren. Ich möchte nur sagen, dass der Rat diesem Thema große Aufmerksamkeit geschenkt hat, und dass die Präsidentschaft auf die Beteiligung von Partnern aus dem gemeinnützigen Sektor großen Wert legt. Im Sinne unseres Mottos „Europa ohne Barrieren“ haben wir auch Vertreter von behinderten Menschen zu mit diesem Thema verbundenen Veranstaltungen eingeladen. Mit Unterstützung der Präsidentschaft haben eine Reihe von Veranstaltungen, die von Behindertenorganisationen gestaltet wurden, stattgefunden.

Ich möchte das Treffen des Rates des Europäischen Behindertenforums erwähnen, dass vom 28. Februar bis zum 1. März 2009 in Prag stattgefunden hat. Auch diese Woche findet eine internationale Konferenz zum Thema „Europa ohne Barrieren“ statt. Sie wurde vom tschechischen Nationalrat für Menschen mit Behinderungen vorbereitet. Die Konferenz wurde unter der Schirmherrschaft der Präsidentschaft veranstaltet und stellte eine der Präsidentschaftsveranstaltungen dar. Als Teilnehmer kann ich bestätigen, dass die UN-Übereinkunft über Rechte von Menschen mit Behinderungen einer der Hauptpunkte auf der Tagesordnung der Konferenz war. Die Präsidentschaft ist entschlossen, bedeutende Aktivitäten in diesem Bereich zu entwickeln, zu denen regelmäßige Kontakte zu Vertretern des gemeinnützigen Sektors auf paneuropäischer Ebene gehören.

Abschließend möchte ich die Annäherung des Europäischen Aktionsplans Behinderung und der UN-Übereinkunft, sowie die bei der Umsetzung des Aktionsplanes erreichten Ergebnisse hervorheben. Dieser legt besonders großen Wert auf Würde, Grundrechte, Schutz vor Diskriminierung, Gerechtigkeit und sozialen Zusammenhalt. Es ist nun allgemein anerkannt, dass die Beachtung des Themas Behinderung der Schlüssel zur seiner Lösung ist. Zu diesem Zweck hat der Aktionsplan Behinderung Zugang zu Sozialdiensten angemahnt und unterstützt, und er hat den Zugang zu Gütern und Dienstleistungen verbessert. Ich glaube fest daran, dass die EU die positiven Schritte, die sie auf dem Weg zu voller sozialer Eingliederung unserer Mitbürger mit Behinderungen machen will, fortsetzen wird.

 
  
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  Olli Rehn, Mitglied der Kommission Herr Präsident! Ich möchte erneut all jenen danken, die an dieser interessanten Debatte teilgenommen haben; insbesondere der Berichterstatterin Frau Jeleva - vor allem für die wichtige Entschließung, die morgen im Plenum verabschiedet werden wird. Ich möchte auch dem Rat für seine Rückversicherung danken, dass sich die tschechische Präsidentschaft um einen schnellen Abschluss der Ratifizierung und des gesamten Verfahrens bemühen wird.

Ich möchte auch dem Parlament für seine jüngste Unterstützung des Kommissionsvorschlags für eine horizontale Antidiskriminierungsrichtlinie danken. Die Richtlinie wird, falls sie vom Rat - in dem Einstimmigkeit erforderlich ist - verabschiedet wird, die Rechte von Menschen mit Behinderungen auf europäischer Ebene weiter stärken. Dies ist, wie ich glaube, unser gemeinsames Ziel sowohl im Rat als auch im Parlament und natürlich in der Kommission.-

 
  
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  Rumiana Jeleva, Berichterstatterin(BG) Meine Damen und Herren! Ich möchte allen für ihre Beteiligung und die ausgedrückten Ansichten danken. Ich bin der Ansicht, dass wir die heutige Debatte in einen weiteren Zusammenhang stellen können, indem wir insbesondere eine Verbindung zu der Tatsache herstellen, dass der UN-Wirtschafts- und Sozialrat letztes Jahr einen Beschluss verabschiedet hat, dem zufolge das vorrangige Thema der Überarbeitungs- und Politikzyklen für 2009-2010 gesellschaftliche Integration sein wird.

Ein besonderer Platz wird in diesem Politikzyklus für gesellschaftliche Integration dem Weltaktionsprogramm für behinderte Menschen zugewiesen. Ich glaube auch, dass die heutige Debatte die Mitgliedstaaten, die das Übereinkommen und/oder das Fakultativprotokoll noch nicht ratifiziert haben, anregen wird, dies in absehbarer Zukunft zu tun. Ich bin sicher, und in diesem Punkt möchte ich dem Rat zustimmen, dass die Abstimmung über die Berichte uns helfen wird, einen positiven Schritt in die richtige Richtung zu machen.

Das Europäische Parlament muss seine Verantwortung für die Verbesserung der Lage von Menschen mit Behinderungen tragen. Wie es während dieser Debatte betont wurde, müssen wir wirklich unermüdlich arbeiten und jede Kontrollmöglichkeit ausüben, damit die Rechtsvorschriften, die wir schaffen, richtig durchgesetzt werden, und damit wir nicht für eine gute Gesetzesgrundlage und schlechte Durchsetzung verantwortlich sind.

Ich möchte erneut allen Kolleginnen und Kollegen aus den verschiedenen politischen Fraktionen sowie meinen Kollegen aus der Europäischen Kommission und den regierungsunabhängigen Organisationen, mit denen wir während des gesamten Verfahrens zusammengearbeitet haben, für ihre Unterstützung danken.

 
  
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  Präsident – Ich habe einen Entschließungsantrag((1)) gemäß Artikel 103(2) der Geschäftsordnung erhalten.

Die Debatte ist geschlossen.

Die Abstimmung wird am Freitag, den 24. April 2009 stattfinden.

 
  
  

VORSITZ: Diana WALLIS
Vizepräsidentin

Schriftliche Erklärungen (Artikel 142)

 
  
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  Filip Kaczmarek (PPE-DE), schriftlich – (PL) Die Rechte von behinderten Menschen werden regelmäßig verletzt. Kürzlich gab es in meiner Heimatstadt Posen einen Vorfall, der dafür bezeichnend ist. Ein Mitglied des polnischen Nationalparlaments hat seinen Wagen auf einem für Behinderte reservierten Parkplatz abgestellt. Paradoxerweise hat dieser Abgeordnete einen behinderten Freund. Warum erwähne ich dies? Weil keine Gesetze, Übereinkünfte oder Dokumente die Lage von behinderten Personen verbessern werden, wenn öffentliche Amtsträger offen und ungestraft Regeln brechen, die speziell als Hilfe zum Leben und zur Arbeit von Behinderten geschaffen wurden. Übereinkünfte sind natürlich sehr wichtig, aber genauso wichtig ist die tatsächliche, zuverlässige und vollständige Umsetzung. Behinderte Menschen sind mit Rechten, die sie nur auf dem Papier haben, nicht glücklich. Menschen mit Behinderungen verlassen sich auf wirkliche Veränderungen, die ihnen Chancengleichheit bieten werden. Vielen Dank.

 
  

(1)() Siehe Sitzungsprotokolle

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