Der Präsident. − Der nächste Tagesordnungspunkt ist die Erklärung des Rates zu SWIFT.
Beatrice Ask, amtierende Präsidentin des Rates. – (SV) Herr Präsident, bei der allgemeinen Bekämpfung des Terrorismus besteht die Schlüsselfrage darin, wie diese Aktivitäten finanziert werden. Die Unterbindung der Finanzierung des Terrorismus und die Verfolgung von Spuren, die solche Transaktionen hinterlassen können, kann terroristische Straftaten verhindern und für die Ermittlungen in solchen Straftaten von Bedeutung sein. Um dies tun zu können, brauchen wir eine internationale Zusammenarbeit. Hier sollten wir die Herausforderung annehmen, die in dem UN-Übereinkommen zur Bekämpfung der Finanzierung des Terrorismus des Jahres 1999 und den Übereinkommen des Europäischen Rates in diesem Bereich formuliert wurde.
Abgeordnete, die an der Klausursitzung des Ausschusses für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres am 3. September 2009 teilgenommen haben, erfuhren, wie das Programm zum Aufspüren der Finanzierung des Terrorismus (TFTP, Terrorist Finance Tracking Programme) dazu beigetragen hat, die Sicherheit von EU-Bürgen und anderen zu verbessern. In den letzten Jahren haben Informationen des TFTP zur Entdeckung und Aufklärung terroristischer Straftaten geführt und terroristische Angriffe auf europäischem Boden verhindert.
Dem Ratsvorsitz wurde vom Rat am 27. Juli 2009 ein einstimmiges Verhandlungsmandat erteilt, das auf einem Vorschlag der Kommission basiert. Es wäre besser gewesen, wenn die Verhandlungen mit den USA auf der Grundlage des Vertrags von Lissabon stattgefunden hätten. Das Europäische Parlament hätte dann in vollem Umfang teilnehmen können, aber wie sie wissen, ist das noch nicht möglich. Da SWIFT seine Datenbank zum Ende des Jahres von den USA nach Europa verlegt, ist es unerlässlich, dass die EU so schnell wie möglich ein kurzfristiges Abkommen mit den USA eingeht, damit nicht die Gefahr besteht, dass der Informationsaustausch unterbrochen wird. Dies ist im Interesse aller Beteiligten.
Ich möchte betonen, dass es ich hierbei um ein vorläufiges Abkommen handelt, für den Zeitraum bis zum Abschluss eines endgültigen Abkommens. Seine Laufzeit darf nicht mehr als zwölf Monate betragen, und die Kommission hat bekannt gegeben, dass sie beabsichtigt, einen Entwurf für ein endgültiges Abkommen einzureichen, sobald ein neuer Vertrag vorliegt. Wenn das TFTP für die EU und die Mitgliedstaaten von Nutzen sein soll, müssen die USA weiterhin die entsprechend befugten Behörden innerhalb der EU wie bisher mit Informationen aus dem TFTP versorgen. Und dies wird auch geschehen.
Außerdem wird die vorläufige Vereinbarung den Strafverfolgungsbehörden der EU ausdrücklich die Gelegenheit bieten, im Zuge der Ermittlungen bei terroristischen Verbrechen selbst Informationen aus den TFTP-Datenbanken anzufordern. Der Ratsvorsitz ist von dem Nutzen der über das TFTP erhaltenen Informationen überzeugt. Gleichzeitig sind wir uns darüber im Klaren, dass das vorläufige Abkommen die erforderlichen Mechanismen enthalten muss, um den Schutz der Privatsphäre, die Rechtsstaatlichkeit und den Datenschutz zu gewährleisten. Der Entwurf für das Abkommen umfasst daher eine Bestimmung, die festlegt, dass es eine eigenständige EU-Behörde geben muss, die jede Anfrage der USA zum Erhalt von Informationen von SWIFT entgegen nimmt, verarbeitet und genehmigt.
Es ist ebenso wichtig, dass das vorläufige Abkommen detaillierte Bestimmungen über den Datenschutz für die Informationen enthält, welche die USA von SWIFT über die europäische Behörde erhält. In diesem Punkt wird das Abkommen weiter gehen, als es bisher in den unilateralen Verpflichtungen der Fall war, welche die USA gegenüber der EU in den im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlichten TFTP-Verpflichtungen von 2007 eingegangen sind.
Erlauben Sie mir, einige andere Bestimmungen zu erwähnen, deren Aufnahme in die Vereinbarung wir verlangen werden. Daten müssen sicher gespeichert werden, alle Datenzugriffe müssen protokolliert werden, alle Suchen in der TFTP-Datenbank müssen eingeschränkt sein und dürfen nur Personen oder Informationen umfassen, bei denen ausreichende Verdachtsmomente oder eine eindeutige Verbindung zu einem terroristischen Verbrechen vorliegen. Der Speicherzeitraum für die überprüften Informationen muss eingeschränkt sein, und die Informationen müssen spätestens nach fünf Jahren, falls möglich früher, gelöscht werden.
Wir stellen fest, dass das TFTP nur in Ermittlungen von terroristischen Verbrechen verwendet werden wird, zu denen auch die Finanzierung von Terrorismus zählt. Weder die USA noch die EU dürfen das System zu Ermittlungen im Zusammenhang mit anderen Straftaten oder zu anderen Zwecken verwenden. Natürlich ist es wichtig, dass der Informationstransfer von der EU in die USA im Rahmen des TFTP verhältnismäßig ist. Zusätzlich zu den von mir bereits erwähnten Bestimmungen in Bezug auf die europäische Autorität enthält die Vereinbarung daher außerdem eine Bestimmung, die besagt, dass das System von einer unabhängigen Bewertungsstelle bewertet werden muss. Seitens der EU wird diese Stelle aus Vertretern des Ratsvorsitzes, der Kommission und zwei Personen von den nationalen Datenschutzbehörden der Mitgliedstaaten bestehen. Die Aufgabe der Bewertungsstelle wird darin bestehen, die Einhaltung der Vereinbarung, die ordnungsgemäße Anwendung der Datenschutzbestimmungen und die Verhältnismäßigkeit des Datentransfers zu überwachen.
Wir tragen gemeinsam Verantwortung dafür, dass die für die Verbrechensverhütung zuständigen Behörden den Terrorismus effektiv bekämpfen können. Wir haben außerdem eine gemeinsame Verantwortung, zu gewährleisten, dass dies im Rahmen der Rechtssicherheit und unter Respektierung der Grundrechte erfolgt. Der Ratsvorsitz ist überzeugt davon, dass der Austausch von Informationen mit den USA im Rahmen des TFTP den Schutz vor dem Terrorismus verbessert und dass wir sowohl ein vorläufiges Abkommen als auch ein langfristiges Abkommen erreichen können, das nicht nur unseren strengen Datenschutzanforderungen entspricht, sondern auch die Grundrechte respektiert.
Jacques Barrot, Vizepräsident der Kommission. − (FR) Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, ich möchte zuerst Frau Ask herzlich dafür danken, dass sie uns eine Zusammenfassung der Entwicklung in Bezug auf SWIFT und der mit den Vereinigten Staaten stattfindenden Verhandlungen über die Fortsetzung des Programms zum Aufspüren der Finanzierung des Terrorismus (TFTP) gegeben hat.
Ich hatte selbst die Gelegenheit, während der Sitzung des Ausschusses für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres am 22. Juli die Arbeitsweise des TFTP und die Gründe dafür, warum wir eine Zwischenlösung benötigen, um seine Unterbrechung zu verhindern, zu erläutern. Die gemeinsame Sitzung des Ausschusses für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres und des Ausschusses für Wirtschaft und Währung am 3. September fand in Anwesenheit des schwedischen Ratsvorsitzes, des Generaldirektors der Generaldirektion Justiz, Freiheit und Sicherheit, Herrn Faull und Herrn Bruguière, statt. Ich bin der Ansicht, dass es in dieser Sitzung möglich war, einige immer noch offene Fragen zu klären.
Ich möchte kurz einige Aspekte hervorheben. Der zusätzliche Wert der Auswertung von Daten im Kontext des TFTP durch das US-Finanzministerium wurde durch den Bericht von Herrn Bruguiére bestätigt, den die Mitglieder des Ausschusses für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres und des Ausschusses für Wirtschaft und Währung auf der gemeinsamen Sitzung Anfang September prüfen konnten. Wie von dem Ratsvorsitz erwähnt, hat diese Analyse von Daten die US-Behörden in die Lage versetzt, Angriffe zu verhindern und Ermittlungen in Bezug auf terroristische Angriffe sowohl in den Vereinigten Staaten als auch in Europa zu erleichtern.
Außerdem hat der Bericht von Richter Bruguière bestätigt, dass die US-Behörden ihre 2007 eingegangenen Verpflichtungen in Bezug auf den Datenschutz eingehalten haben, nämlich, wie es Frau Ask soeben sehr gut erklärt hat, die Datenspeicherung und den Zugriff auf Daten zu beschränken, sodass diese nur benutzt werden, wenn eine terroristische Finanzierung vermutet wird. Kurzum: Herr Bruguiére hat bestätigt, dass die Verpflichtungen eingehalten wurden.
Es ist jedoch klar, dass der 2007 ausgehandelte rechtliche Rahmen nicht länger anwendbar sein wird, da sich die Daten nach der für das Ende des Jahres angesetzten Änderung der Architektur von SWIFT nicht mehr in den Vereinigten Staaten befinden werden. Ein vorläufiges internationales Abkommen zwischen der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten ist erforderlich, damit die US-Behörden weiterhin Daten im Zusammenhang mit in den Niederlanden stattfindenden inter-europäischen Transaktionen analysieren können.
Die Aufnahme aller für die Gewährleistung der Grundrechte unserer Bürger, insbesondere des Schutzes von Personendaten, erforderlichen Garantien in dieses Abkommen ist zwingend notwendig. Selbstverständlich kann der Ratsvorsitz bei diesen Bemühungen auf unsere volle Unterstützung zählen.
Herr Präsident, desweiteren möchte ich dem Parlament mitteilen, dass, wie die Frau Ministerin soeben erwähnt hat, von einem vorläufigen Abkommen die Rede ist, dessen Länge nicht mehr als 12 Monate betragen darf. Dies bedeutet, dass es sofort nach Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon unter vollständiger Einbeziehung des Europäischen Parlaments neu verhandelt werden kann. Ich kann Ihnen hiermit aufrichtig versichern, dass die Kommission das Parlament in dieser Sache ständig über Fortschritte auf dem Laufenden halten wird.
Zudem freuen wir uns darüber, in der Lage zu sein, dieses Abkommen vorzubereiten, bei dem es sich um ein ständiges Abkommen, ein langfristiges Abkommen handeln wird, indem wir von unseren US-Partnern selbstverständlich volle Gegenseitigkeit verlangen. Der Kampf gegen den Terrorismus betrifft auch uns, und es gibt keinen Grund, wieso es keine vollständige Gegenseitigkeit geben sollte. Daher sind wir der Ansicht, dass die Einbeziehung des Parlaments in diese Verhandlung über ein zukünftiges langfristiges Abkommen von Vorteil wäre.
Dies ist meine ehrliche Überzeugung. Ich möchte dem schwedischen Ratsvorsitz und Frau Ask nochmals für diesen gründlichen Überblick über die Situation danken, die zu diesem, um es noch einmal zu sagen, vorläufigen Abkommen geführt hat.
Ernst Strasser, im Namen der PPE-Fraktion. – Herr Präsident, sehr geehrte Frau Ministerin, sehr geehrter Herr Kommissar, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die USA sind ein wichtiger Partner im Kampf gegen den Terrorismus. Aber gerade in der Frage sensibler Daten wollen wir in Zusammenarbeit mit den Amerikanern europäische Regelungen in Bezug auf die Datensicherheit, die Bürgerrechte und die persönlichen Rechte unserer Bürger, was die Daten betrifft. Daher fordern wir von der Europäischen Volkspartei, dass es einige Hauptkriterien gibt, die für den Abschluss eines derartigen Vertrags gültig sein müssen.
Zum Ersten muss zwischen der Sicherheit der Bürger und den Bürgerrechten Ausgewogenheit herrschen. Zum Zweiten brauchen wir Rechtssicherheit für die betroffenen Unternehmen und unsere Bürger. Zum Dritten begrüßen wir die Mitgesetzgeberrolle des Europäischen Parlaments, und daher begrüßen wir auch sehr die Absicht, ein Übergangsabkommen zu schließen. Wir wünschen Ihnen, Frau Ministerin, und der Kommission hier viel Erfolg in den nächsten Wochen!
Viertens glauben wir, dass sowohl für das Übergangsabkommen als auch für die endgültigen Abkommen innereuropäische Datensätze nach europäischem Recht behandelt werden sollten. Fünftens wollen wir ein vergleichbares Instrument anstreben, wie es das TFTP ist, das zusätzlich auch auf EU-Ebene eingeführt werden sollte. Und sechstens sind wir der Ansicht, dass dies die Voraussetzung für Gegenseitigkeit, für Reziprozität ist.
Das sind unsere Vorstellungen, und wir freuen uns sehr, dass es hier einen breiteren Konsens im Plenum gibt. Nach dem Übergangsabkommen sollten wir das endgültige Abkommen zügig verhandeln und beschließen.
Claude Moraes, im Namen der S&D-Fraktion. – Herr Präsident, SWIFT ist offensichtlich zu einem Versuchsfeld dafür geworden, wie man ein Gleichgewicht zwischen unserer Kooperation mit den Vereinigten Staaten, der Bekämpfung des Terrorismus und dem Schutz unserer Grundrechte findet.
Als das Parlament in unseren Resolutionen von 2006 und 2007 darum bat, den Spiegel-Server von SWIFT von den USA auf europäischen Boden zu verlegen, war dies offensichtlich darauf zurückzuführen, dass wir der Ansicht waren, dass der durch den gesetzlichen Rahmen in den USA gewährte Schutz von EU-Bürgern nicht den EU-Standards entsprach und verbessert werden musste. Daher ist es eine positive Entwicklung, und unsere Fraktion begrüßt diese Tatsache, dass die beiden neuen Server von SWIFT jetzt nach Europa verlegt werden, und dass ein neuer gesetzlicher Rahmen eingerichtet wird, damit das US-TFTP die Daten weiterhin in Zusammenarbeit mit unseren Strafverfolgungsbehörden nutzen und verarbeiten kann.
Meine Fraktion kann beobachten, dass die vom Rat verabschiedete Empfehlung versucht, einige Anliegen des Parlaments und des Europäischen Datenschutzbeauftragten anzusprechen. Aber einige Schlüsselfragen bleiben offen. Falls US-amerikanische Rechtsnomen auf EU-Boden weiterhin für die Verarbeitung von EU-Daten gelten, wie können wir eine Respektierung der EU-Standards in Bezug auf Verfahrensrechte und den Schutz von Personendaten garantieren? An welchen Richter kann sich ein EU-Bürger oder ein EU-Unternehmen im Falle einer Strafverfolgung wenden?
Natürlich ist einer der wichtigsten Punkte die zeitliche Abstimmung und der vorläufige Charakter des Abkommens, wie Rat und Kommission festgestellt haben. Die Entscheidung für eine dritte rechtliche Säule schließt, zusammen mit dem vorläufigen Charakter, das Parlament und damit die EU-Bürger voll und ganz von den legislativen Prozesses aus. Die Fraktion der Sozialisten und Demoraten vertritt den klaren Standpunkt, dass dieses vorläufige Abkommen nur 12 Monate gelten darf, und dass ein neues Abkommen mit dem Parlament als Mitgesetzgeber verhandelt werden muss, damit wir in diesem Haus gewährleisten können, dass das empfindliche Gleichgewicht zwischen dem Schutz der Grundrechte der europäischen Bürger und dem wichtigen und entscheidenden Kampf gegen den Terrorismus nicht gestört wird.
Sophia in 't Veld, im Namen der ALDE-Fraktion. – (NL) Herr Präsident, nach all diesen freundlichen Worten werde ich etwas Unruhe stiften! Ich werde nichts über den Inhalt sagen, da ich der Ansicht bin, dass es offensichtlich ist, dass das, was ausgehandelt wurde, den europäischen Standards für Rechtsschutz und den Schutz von Personendaten entspricht, aber ich möchte einige Antworten über das Verfahren haben, da der Rat nun zum wiederholten Mal Entscheidungen, welche die Bürger betreffen, hinter geschlossenen Türen trifft. Die Regierungen Europas und der Vereinigten Staaten möchten alles über unser Privatleben erfahren, aber wir, die Bürger, erfahren nichts darüber, was der Rat tut. Für mich ist das eine verkehrte Welt. Der Kampf gegen den Terror ist so etwas wie ein führerloser Zug geworden, und der Rat legt eine völlige Missachtung der europäischen Bürger und der parlamentarischen Demokratie an den Tag. Jedes Mal, ob sich nun der aktuelle Fall auf SWIFT, PNR, Datenspeicherung oder etwas anderes bezieht, wird uns gesagt, dass dies „für den Kampf gegen den Terror unverzichtbar“ ist. Frau Ministerin, wann werden wir endlich einmal Fakten bekommen, wann werden wir eine Bewertung durchführen? Es gibt auch einige Fragen in Bezug auf SWIFT, die ich gerne beantwortet hätte, da diese am 3. September nicht beantwortet wurden. Wieso nicht? Es war schon 2007 bekannt, dass die Architektur von SWIFT neu gestaltet werden musste. Wieso kam der Rat erst in letzter Minute im Sommer mit diesem Plan, während das Parlament noch nicht begonnen hatte? Wieso haben Sie haben Sie sich nicht mit den nationalen Parlamenten über das Mandat beraten? Wieso? Handelt es sich hier nicht vielmehr um einen Fall von Politikwäsche, Frau Ministerin, bei dem europäische Regierungen versuchen, über die US-Regierung Zugriff auf unsere Daten zu erhalten? Geben Sie es doch einfach zu!
Lassen Sie mich abschließend über Transparenz sprechen. Die Dokumente, insbesondere aber die Rechtsauskunft der Rechtsabteilung des Rates, müssen veröffentlicht werden, und nicht nur in einem kleinen, nur Abgeordneten zugänglichen Raum - da wir sie bereits neben dem Fotokopiergerät gesehen haben, wissen wir bereits, was darin steht - sondern für die Bürger Europas. Das ist echte Transparenz.
Jan Philipp Albrecht, im Namen der Verts/ALE-Fraktion. – Herr Präsident! Ständig reden die Präsidentschaft und die Kommission von der Stärkung der Bürgerrechte und vom Europa der BürgerInnen. Tatsächlich aber werden Grundrechte abgebaut und eine echte öffentliche Debatte darüber verhindert. Mit aller Macht werden die Parlamente ausgeschlossen und Informationen zurückgehalten. Ein solch intransparentes Vorgehen ist für ein demokratisches Europa untragbar!
Es reicht nicht, nur leise anzuklopfen – ein verantwortliches Parlament hat diese Fehlentwicklung zu stoppen! Die Präsidentschaft muss die Verhandlungen aussetzen, bis sie die Rechte der BürgerInnen und der Parlamente garantieren kann. Der von Ihnen geplante Kuhhandel mit den Bankdaten ohne verbindliche Schutzmechanismen kommt einem Ausverkauf der Datenschutzrechte der Bürgerinnen und Bürger Europas gleich und schafft einen präventiven Generalverdacht gegenüber allen BürgerInnen.
Mit uns Grünen ist das nicht zu machen! Auch nicht übergangsweise und auch nicht, wenn wir Server hier in Europa haben und nicht mehr nur in den USA, denn die Daten werden trotzdem weiterhin in die USA übertragen und Rechtsschutz wird nicht gewährleistet.
Marie-Christine Vergiat, im Namen der GUE/NGL-Fraktion. – (FR) Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, es ist mir eine große Ehre, erstmals vor diesem Parlament im Namen der Millionen von Europäern zu sprechen, die sich ein anderes Europa wünschen.
Die SWIFT-Affäre ist symptomatisch für die Sicherheitspannen, die uns im Namen des Terrorismus aufgebürdet werden und bei denen eine völlige Missachtung der Grundrechte unserer Mitbürger an den Tag gelegt wird. Bei dieser Affäre plünderten die Vereinigten Staaten Bankdaten, ohne rechtliche Grundlage und ohne die geringsten Informationen von den Behörden in Europa. Der Skandal hat die europäischen Behörden hellhörig gemacht. Ein Abkommen mit der US-Regierung wurde unterzeichnet. Ein Experte hat eine Bewertung dieses Abkommens durchgeführt. Aber was für ein Experte? Ein französischer Anti-Terror-Richter, Richter Bruguière, dessen Irrtümer auf dem Gebiet der Grundrechte in Frankreich wohlbekannt sind. Wir sind daher skeptisch, was die Qualität dieses Berichts angeht.
Abgesehen davon, dass es sich um eine Grundsatzfrage handelt, enthält der uns vorliegende Entwurf für eine Resolution Warnungen, denen wir zustimmen, die aber unzureichend sind Wir schlagen Änderungen vor, um so die Forderungen zu unterstützen, die das Europäische Parlament zu stellen verpflichtet ist. Wir müssen weiter gehen und eine Aufhebung des Abkommens fordern, wenn gegen die festgelegten Grundsätze verstoßen wird. Wir möchten gerne wissen, warum die europäischen Behörden solange gebraucht haben, um das Parlament zu informieren, und warum man so in Eile war, dieses neue Abkommen abzuschließen.
Wir zählen auf den schwedischen Ratsvorsitz. Wir werden auch weiterhin die Einhaltung der Menschenrechte überwachen. Ja, unsere Mitbürger haben ein Recht auf Sicherheit, aber dies muss erreicht werden, ohne dass wir gezwungen werden, in einer Big-Brother-Gesellschaft zu leben, wo jeder alles über uns weiß.
Beatrice Ask, amtierende Präsidentin des Rates. – (SV) Herr Präsident, ich danke Ihnen für diese wichtigen Anmerkungen. Ich werde versuchen, einige der Fragen in der kurzen Zeit, die zur Verfügung steht, zu beantworten.
Die erste Frage, die sich stellt, ist natürlich, wie wir garantieren können, dass die USA sich an das Abkommen halten werden. Zuerst haben wir den Bruguière-Bericht, der eine gute Beschreibung der Einhaltung der bis heute vereinbarten Bedingungen enthält. Zweitens erwähnt der Entwurf des Abkommens eine Bewertungsstelle, die ich Ihnen beschrieben habe, und auch den Ratsvorsitz, die Kommission und die Vertreter der nationalen Datenschutzbehörden, deren Beteiligung dazu dienen soll, zu überprüfen, ob die Sache korrekt behandelt wird. Selbstverständlich ist es unerlässlich, dass die Informationen zuverlässig sind. Es ist ebenfalls wichtig, dass jedem klar ist, dass es bei der Übertragung von Informationen im Rahmen dieses Datenprogramms nicht der Fall ist, dass Leute jederzeit hinein gehen und sich anschauen können, was sie wollen. Es muss ein vermutetes terroristisches Verbrechen oder die Finanzierung eines solchen vorliegen, damit ein Zugriff auf diese Informationen möglich ist. Selbstverständlich wird dadurch die Art und Weise eingeschränkt, wie die Information angewendet werden kann.
Was die Kritik bezüglich der Tatsache angeht, dass dies jetzt, während des Sommers, auf die Tagesordnung gesetzt wird, möchte ich darauf hinweisen, dass der Ratsvorsitz mehr oder weniger die gleichen Fragen gestellt hat, wie sie von den Abgeordneten des Europäischen Parlaments gestellt werden. Wir erhielten die Aufgabe, diese Sache gründlich vorzubereiten und unter anderem diesen Bericht zu analysieren, der einige Fragen beantwortet, aber wir erhielten auch andere Aufgaben. In der Realität sieht es so aus, dass nicht wir entschieden haben, dass SWIFT nach Europa verlegt wird; dies erfolgt auf der Grundlage anderer Entscheidungen. Die USA sind jedoch bestrebt, dieses Werkzeug in ihrem Kampf gegen den Terrorismus einzusetzen, und wir sind ebenfalls der Ansicht, dass die entsprechenden Informationen für uns von Nutzen sein könnten. Um dies zu ermöglichen, benötigen wir ein Abkommen. Da der Vertrag von Lissabon noch nicht in Kraft getreten ist, hielten wir eine Übergangslösung für notwendig. Darüber verhandeln wir, und dafür haben wir vom Rat ein Mandat erhalten. Das habe ich versucht zu beschreiben.
Es ist ebenso wenig der Fall, dass der Ratsvorsitz den Wunsch hat, die Einsichtnahme oder die Debatte in irgendeiner Weise unnötig einzuschränken. Erstens handelt es sich hierbei um eine öffentliche Debatte, und zweitens sind wir natürlich gerne dazu bereit, darüber zu reden, wie die Diskussionen verlaufen. Es ist jedoch während der Verhandlungen nicht möglich, einen ständigen Zugang zu den Dokumenten zu ermöglichen, da es in der Natur von Verhandlungen liegt, dass sich die Dinge ständig ändern. Ich habe jedoch versucht, unseren Ausgangspunkt und das klare Mandat, das wir vom Rat erhalten haben, zu beschreiben. In diesem Zusammenhang sind wir entschlossen, ein hohes Maß an Effizienz und praktischer Anwendung mit den strengen Anforderungen der Rechtssicherheit und dem Respekt für bürgerliche Freiheiten und Menschenrechte zu kombinieren. Ich bin voll und ganz davon überzeugt, dass wir dies erreichen werden. Falls wir dies entgegen unseren Erwartungen nicht tun werden, wird es kein Abkommen geben.
VORSITZ: RAINER WIELAND Vizepräsident
Jacques Barrot, Vizepräsident der Kommission. − (FR) Herr Präsident, ich möchte ganz einfach die Ausführungen der Frau Ministerin bestätigen, die übrigens zu einer sehr klaren Schlussfolgerung gelangt ist: Wenn wir die für uns notwendigen Zusicherungen für die Sicherheit im Datenschutz für das dauerhafte Abkommen, welches der Ratsvorsitz aushandeln muss und für welches die Kommission uns ihre Unterstützung geben wird, nicht wirklich erhalten, gibt es keine Einigung.
Da dies der Fall ist, bin ich davon überzeugt, dass wir die Dinge miteinander vereinbaren und so eine Kampagne gegen Terrorismus führen können sollten, bei der wir natürlich die großen Werte und Prinzipien beachten, denen zufolge wir in Europa einerseits dem Schutz der Privatsphäre und andererseits der Verhinderung jeglicher Wirtschaftsspionage großen Wert beimessen.
Ich möchte, was mich betrifft, einfach sagen, dass ich seit Aufnahme meiner Amtstätigkeit natürlich die Tatsache bemerkt habe, dass der Rat Richter Brugière aufgefordert hat, sich auf den Weg zu machen und diese Erkundungsmission in den Vereinigten Staaten durchzuführen. Der Brugière-Bericht von Dezember 2008 wurde mir im Januar 2009 vorgelegt. Dieser Bericht wurde dem Europäischen Parlament und dem JI-Rat im Februar 2009 vorgelegt. Zu diesem Zeitpunkt hat die Kommission bemerkt, dass sie wesentliche Elemente in ihren Händen trug, um das Weiterbestehen des TFTP für eine Zeit zu gewährleisten, wenn der Vertrag von Lissabon unterzeichnet und das Parlament ein beteiligter Gesetzgeber ist. Dann können wir eine wirklich dauerhafte Übereinkunft aushandeln, die über alle Garantien, die die Frau Ministerin nannte und alle Gegenseitigkeitsforderungen, die insbesondere Herr Strass nannte, verfügt.
Ich bin davon überzeugt, dass der Rat seinen Willen auf diesem Gebiet sehr deutlich gemacht hat. Die Kommission teilt diese Meinung, dieses starke und deutliche Engagement des Rates, dafür zu sorgen, dass das Europäische Parlament tatsächlich an der Gesetzgebung beteiligt wird, wenn die Zeit für ein dauerhaftes Abkommen gekommen ist.
Sophia in 't Veld (ALDE). – Herr Präsident, ich habe eine kleine Wortmeldung. Ich bemerke, dass wir vom Rat erneut keine Antworten auf unsere Fragen erhalten. Ich habe gefragt, warum der Rat zwei Jahre - bis zum letzten Moment - gewartet hat, bevor er bezüglich dieser Übereinkunft eine Entscheidung getroffen hat und ich möchte auch wissen - und wir akzeptieren eine schriftliche Antwort - warum die nationalen Parlamente aus dem ganzen Verfahren gänzlich ausgeschlossen waren. Schließlich lese ich Ihre Antwort, die ziemlich vage war und zu sagen schien, dass Sie die juristische Stellungnahme der Rechtsabteilung des Rates nicht veröffentlichen werden.