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Ausführliche Sitzungsberichte
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Donnerstag, 17. September 2009 - Straßburg Ausgabe im ABl.
1. Eröffnung der Sitzung
 2. Krise in der Milchwirtschaft (Aussprache)
 3. Sicherheit der Energieversorgung (Nabucco und Desertec) (Aussprache)
 4. Abstimmungsstunde
  4.1. Interventionszeiträume 2009 und 2010 für Butter und Magermilchpulver (A7-0005/2009, Paolo De Castro) (Abstimmung)
  4.2. GAP: Stützungsregelungen für Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe (A7-0004/2009, Paolo De Castro) (Abstimmung)
  4.3. SWIFT (Abstimmung)
  4.4. Partnerschafts- und Kooperationsabkommen EG/Tadschikistan (Abstimmung)
  4.5. Partnerschafts- und Kooperationsabkommen EG/Tadschikistan (A7-0007/2009, Alojz Peterle) (Abstimmung)
  4.6. Lage in Litauen nach der Annahme des Gesetzes zum Schutz der Jugend (Abstimmung)
  4.7. Krise in der Milchwirtschaft (Abstimmung)
  4.8. Sicherheit der Energieversorgung (Nabucco und Desertec) (Abstimmung)
 5. Stimmerklärungen
 6. Berichtigungen des Stimmverhaltens und beabsichtigtes Stimmverhalten: siehe Protokoll
 7. Genehmigung des Protokolls der vorangegangenen Sitzung: siehe Protokoll
 8. Lage in Taiwan nach dem Wirbelsturm (Aussprache)
 9. Aussprache über Fälle von Verletzungen der Menschenrechte, der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit(Aussprache)
  9.1. Ermordung von Menschenrechtsaktivisten in Russland
  9.2. Kasachstan: der Fall Jevgenij Zhovtis
  9.3. Syrien: der Fall Muhannad Al Hassani
 10. Abstimmungsstunde
  10.1. Ermordung von Menschenrechtsaktivisten in Russland (Abstimmung)
  10.2. Kasachstan: der Fall Jevgenij Zhovtis (Abstimmung)
  10.3. Syrien: der Fall Muhannad Al Hassani (Abstimmung)
 11. Berichtigungen des Stimmverhaltens und beabsichtigtes Stimmverhalten: siehe Protokoll
 12. Zusammensetzung der Ausschüsse und Delegationen: siehe Protokoll
 13. Beschlüsse betreffend bestimmte Dokumente: siehe Protokoll
 14. Mittelübertragungen: siehe Protokoll
 15. Vorlage von Dokumenten: siehe Protokoll
 16. Übermittlung der in dieser Sitzung angenommenen Texte: siehe Protokoll
 17. Zeitpunkt der nächsten Sitzungen: siehe Protokoll
 18. Unterbrechung der Sitzungsperiode
 ANLAGE (Schriftliche Antworten)


  

VORSITZ: Isabelle DURANT
Vizepräsidentin

 
1. Eröffnung der Sitzung
Video der Beiträge
  

(Die Sitzung wird um 9.00 Uhr eröffnet)

 

2. Krise in der Milchwirtschaft (Aussprache)
Video der Beiträge
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  Die Präsidentin. – Nächster Punkt ist die Aussprache über die mündliche Anfrage an die Kommission (B7-0208/2009) von Herrn De Castro im Namen des Ausschusses für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung zur Milchwirtschaftskrise (O-0085/2009).

 
  
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  Paolo De Castro, Verfasser.(IT) Frau Präsidentin, Frau Kommissarin, meine Damen und Herren, der Milchwirtschaftssektor durchlebt derzeit eine der schwersten Krisen der letzten Jahrzehnte. Die sinkenden Milchpreise und die allgemeine Krise des Milchmarktes sind mittlerweile zum Anlass großer Sorge für ganz Europa geworden. Es handelt sich um eine zyklische Krise, ausgelöst durch die schwierige Wirtschaftslage, die zu einer Abnahme des Milchkonsums und zur Stagnation der Märkte geführt hat, während die an die Erzeuger gezahlten Preise sich im freien Fall befinden.

Die Preise sind überall eingebrochen und liegen innerhalb der Europäischen Union nun bei durchschnittlich 24 Cent pro Liter. Vielen Wirtschaftsbeteiligten geht es noch schlechter, sie erhalten Preise von weniger als 20-21 Cent, wobei ihre Produktionskosten mindestens 40 Cent pro Liter betragen.

Auch andere Märkte, wie der Getreide-, Olivenöl-, Obst- und Gemüsemarkt, bieten Anlass zur Sorge. An dieser Front müssen wir zunächst einmal weiterhin sämtliche zu unserer Verfügung stehenden Möglichkeiten ausschöpfen, um den Markt zu stabilisieren und einen Anstieg des Verbrauchs zu erreichen. Gleichzeitig müssen wir auch an die Zukunft denken und mittel- und langfristige Strategien entwickeln, und alles in unserer Macht Stehende tun, um zu angemessenen und dauerhaften Lösungen für eine Minimierung des Preisschwankungsrisikos zu gelangen.

Die Vorschläge der Kommission zur Verlängerung des Interventionszeitraums für Butter und Magermilchpulver sind innerhalb des Ausschusses für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung begrüßt und einhellig angenommen worden, wie die einstimmige Stimmabgabe vom 2. September deutlich gezeigt hat. Wir sind jedoch überzeugt, dass diese Vorschläge nicht ausreichend sind, um die schwerwiegenden Folgen der Krise in diesem Sektor in den Griff zu bekommen. Der Ausschuss für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung hat daher im Zusammenhang mit der Annahme des Vorschlags der Europäischen Kommission einen Änderungsantrag zu meinem Vorschlag hinsichtlich der Wiedereinführung der Beihilfen für private Lagerhaltung von Käse, die im Rahmen des Gesundheitschecks der gemeinsamen Agrarpolitik im November 2008 abgeschafft wurden, angenommen.

Frau Präsidentin, Frau Kommissarin, diese einhellige Entscheidung steht für die im Wesentlichen identische Sichtweise der einzelnen Mitglieder des Landwirtschaftsausschusses, den zu leiten mir eine Ehre ist, und bringt unseren Wunsch zum Ausdruck, dem Rat und der Kommission in einer für diesen wichtigen Sektor der europäischen Landwirtschaft so heiklen Zeit ein deutliches Signal zu geben.

Neben einer ersten wichtigen Demonstration der positiven Führungsrolle, die wir als Europäisches Parlament im Hinblick auf die Mitentscheidung auch in Landwirtschaftsfragen einnehmen wollen, ist dies eine Maßnahme, die den Milchviehhaltern, die mit einer immer schwierigeren Marktlage und einem sichtbar dramatischen Preissturz zu kämpfen haben, sofortige Hilfe bieten kann.

Diese ersten Maßnahmen, über die wir heute abstimmen werden, sind jedoch nicht ausreichend, um die Erzeuger während der Krise zu unterstützen, weswegen der Landwirtschaftsausschuss in einer mündlichen Anfrage und einer Entschließung, über die wir demnächst abstimmen wollen, die Europäische Kommission auffordern wird, neue und wirksame Maßnahmen zur Bekämpfung der Krise und Unterstützung des Sektors einzuleiten.

Wir möchten die Europäische Kommission im Entscheidungsprozess um die Maßnahmen zur endgültigen Überwindung der Krise der europäischen Milchwirtschaft motivieren und unterstützen. In diesem Sinne hoffen wir, dass die Kommission unsere Anfragen ausführlich beantworten wird und unsere Vorschläge ernst nimmt, damit die interinstitutionelle Zusammenarbeit zu den Ergebnissen führt, die die europäische Landwirtschaft braucht, und ihre Solidarität zeigt, indem sie den europäischen Landwirten, die jetzt unsere Hilfe brauchen, praktische Unterstützung bietet.

 
  
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  Mariann Fischer Boel, Mitglied der Kommission. – Frau Präsidentin, bitte gestatten Sie mir, meine Redezeit von drei Minuten etwas zu überziehen, denn ich denke, dass drei Minuten für ein so wichtiges und ernstes Thema nicht ausreichend wären.

Lassen Sie mich eingangs sagen, dass ich mich sehr über die Anfragen des Landwirtschaftsausschusses gefreut habe, weil mir das Gelegenheit gibt, zu erläutern, welche Maßnahmen bereits ergriffen worden sind.

Ich möchte auch dem Parlament für seinen anhaltenden Einsatz in diesem Bereich danken. Wir sind alle dazu verpflichtet, Lösungen zu finden. Sie sind es, und ich bin es.

Nicht alle sind mit meinen Lösungsvorschlägen einverstanden, aber ich bin fest davon überzeugt, dass sie funktionieren werden, jetzt und in der Zukunft, und dass wir diese Lösungen auch aus politischer Sicht rechtfertigen können.

Herr Paolo De Castro ersuchte uns im Namen des Ausschusses, zu erklären, woran wir gerade arbeiten. Gleich zu Beginn die gute Nachricht: Die Preisentwicklung stellt sich positiv dar. Innerhalb eines Monats stiegen zum Beispiel die Butterpreise in Frankreich um 4 %, in Deutschland um 8 % und im Vereinigten Königreich sogar noch mehr an.

Magermilchpulver ist in Frankreich und Deutschland ebenfalls um 4 % und europaweit durchschnittlich um 23 % gestiegen.

Die durchschnittlichen Milchpreise sind angestiegen, und Albert Deß erzählte mir heute Morgen, dass die Spotmarktpreise in bestimmten Regionen nun bei 30 Cent liegen.

Die Interventionsankäufe von Käse wurden beinahe eingestellt, weil der Marktpreis höher liegt als der Interventionspreis, ein weiteres positives Signal.

Wir befinden uns noch nicht dort, wo wir hin wollen, aber wir sind auf dem richtigen Weg. Dies macht mich zuversichtlicher denn je, dass der politische Kurs, den wir von Anfang an eingeschlagen haben, der richtige ist.

Sie kennen die wesentlichen Punkte unserer Arbeit. Wir haben alle zur Verfügung stehenden Marktmaßnahmen genutzt und werden dafür voraussichtlich über einen Zeitraum von 12 Monaten rund 600 Mio. EUR aufwenden.

Wir haben die Mitgliedstaaten auf die Möglichkeit hingewiesen, die Direktzahlungen der Betriebsprämien für Landwirte schon ab 16. Oktober anstatt ab 1. Dezember einzuführen, und im Rahmen der Reform 2003 beschlossen, die Milchprämie – 5 Mrd. EUR jährlich – abzukoppeln und sie direkt in die Betriebsprämienregelung aufzunehmen.

Es gibt das Konjunkturpaket und die Bestimmungen des Gesundheitschecks, die weitere 4,2 Mrd. EUR für die neuen Herausforderungen, darunter die Umstrukturierung des Milchsektors, vorsehen. Das sind natürlich nur einige der Maßnahmen, die wir im Rahmen der Gemeinschaftspolitik zur ländlichen Entwicklung bereitstellen können.

Nur zur Erklärung für Herrn Paolo De Castro: Die Interventionen für Käse wurden 1994 abgeschafft. Ich denke, dass hier Interventionen und private Lagerhaltung miteinander verwechselt wurden, denn die private Lagerhaltung wurde mit den Bestimmungen des Gesundheitschecks abgeschafft.

Wie ich bereits sagte, unser derzeitiger Ansatz scheint zu funktionieren. Ich bin aus diesem Grund vehementer denn je dagegen, zu Vergangenem zurückzukehren, denn damit würde unser Milchsektor langfristig geschädigt und unsere Milchbauern über die Zukunft im Ungewissen gelassen.

Mit anderen Worten, hinsichtlich der im Rahmen des Gesundheitschecks gefassten Beschlüsse eine Kehrtwendung zu machen, kommt nicht in Frage und ist etwas, das der Europäische Rat und die Staatschefs mich ausdrücklich baten, zu verhindern.

Das Quotensystem auch nach 2013 beizubehalten, steht nicht zur Debatte. Die Quoten auf Eis zu legen, steht nicht zur Debatte, ebensowenig eine Rückkehr zu gewissen teuren aber ineffizienten Marktinstrumenten der Vergangenheit. Das kommt alles nicht in Frage.

Dies bedeutet jedoch nicht, dass aus politischer Sicht nichts mehr zu tun wäre. Ich denke, die Zeit ist reif für weitere Maßnahmen. Wir müssen uns wieder dem Bericht über den Milchsektor von vergangenem Juli zuwenden, die darin vorgesehenen Maßnahmen umsetzen und dann auf längere Sicht weitere Maßnahmen beschließen.

Um mit dem Bericht zu beginnen, lassen Sie mich zuerst auf die staatlichen Beihilfen eingehen. Der Bericht enthielt den Vorschlag, dass die Mitgliedstaaten während der Krise den Landwirten vorübergehend Beihilfen in der Höhe von bis zu 15 000 Euro gewähren könnten. Die Kommission hat diesen Vorschlag aufgegriffen und sieht vor, die Bestimmungen in den kommenden Wochen entsprechend zu ändern.

Zweiter Punkt ist die Optimierung der Verfahren in Bezug auf die Preise im Milchsektor. Derzeit ist Milch nicht in Artikel 168 der einzigen gemeinsamen Marktorganisation erfasst. Dieser Artikel ermöglicht es der Kommission, eigenmächtig und kurzerhand vorübergehende Maßnahmen bei auftretenden Marktstörungen zu ergreifen. Ich schlage daher vor, dass wir Artikel 186 auf den Milchsektor ausweiten, was uns in Zukunft die Möglichkeit geben wird, rasch zur Tat zu schreiten, wenn wir auf ernste Probleme im Milchsektor stoßen.

Die kürzlich erfolgte Verlängerung der Interventionen musste zum Beispiel vom Rat genehmigt und auch vom Parlament angenommen werden. Wenn der Milchsektor hingegen unter diesen Artikel 186 gefallen wäre, hätten wir sofort handeln können.

Alles in allem könnten wir praktisch unverzüglich Maßnahmen zur Stimulierung der Nachfrage bündeln oder die Vermarktung von Milch einschränken und all dies nur vorübergehend einführen, vorausgesetzt, uns stehen ausreichend finanzielle Ressourcen zur Verfügung.

Der dritte Punkt im Hinblick auf den Bericht betrifft die Ankaufprogramme der Mitgliedstaaten. Eine Möglichkeit der Umstrukturierung ist der Aufkauf von Quoten der Landwirte durch die Mitgliedstaaten und die Integrierung dieser Quoten in die nationale Reserve.

Wie Sie wissen, zählt die nationale Reserve gewissermaßen zum Gesamtquotenanteil der einzelnen Mitgliedstaaten. Wenn also einzelne Erzeuger ihre Quote überschreiten, die gesamten Mitgliedstaaten ihre Quote, einschließlich der nationalen Reserve, jedoch nicht überschreiten, dann muss keine Zusatzabgabe entrichtet werden.

Was ich vorschlage ist, dass diese aufgekauften und in der nationalen Reserve befindlichen Quoten nicht zur nationalen Quote gezählt werden, wenn es darum geht, zu entscheiden, ob wir von den Landwirten die Zusatzabgabe verlangen sollen oder nicht.

Sollte die Zusatzabgabe dann doch eingefordert werden, könnte der den aufgekauften Quoten entsprechende Teil für Umstrukturierungen verwendet werden. Das klingt vielleicht alles etwas kompliziert, aber es ist tatsächlich ein sehr effizientes Verfahren.

All diese Maßnahmen wirken sich beinahe umgehend auf den Markt aus, wir müssen jedoch auch mittel- und langfristige Schritte ergreifen. Ich möchte Frankreich und Deutschland für ihre Ideen und ihren Input bei diesen schwierigen Fragen danken.

Eine erste langfristige Maßnahme wäre es, die vertraglichen Beziehungen zwischen den Milchbauern und der Milchindustrie zu nutzen, um ein besseres Gleichgewicht zwischen Nachfrage und Angebot auf dem Milchmarkt herzustellen.

Ich denke, dass dies ein viel besserer Ansatz als das Quotensystem ist, und er funktioniert in einigen Teilen der Europäischen Union bereits.

Milcherzeuger und Molkereien verfügen über klare Abmachungen, was viele Unklarheiten beseitigt. Andererseits ziehen manche Mitgliedstaaten diese Möglichkeit gar nicht in Betracht, was sich jedoch ändern könnte, wenn ein rechtlicher Rahmen für diese vertraglichen Beziehungen ausgearbeitet würde, natürlich unter Gewährleistung des fairen Wettbewerbs.

Bei der zweiten langfristigen Maßnahme geht es um die Machtverteilung, und wie Sie wissen, haben wir diese Diskussion schon sehr oft geführt. Wir müssen in der Lage sein, zu erkennen, wohin innerhalb der gesamten Kette, vom Haupterzeuger bis zu den Supermärkten, der Mehrwert verschwindet.

Wir werden uns ferner mit Zukunftsmärkten auseinandersetzen und, um zum Schluss zu kommen, ich denke, dass hinsichtlich Produktionskosten und Innovation noch viel getan werden kann.

Um diese mittel- und langfristigen Möglichkeiten genau zu evaluieren, möchte ich eine Arbeitsgruppe mit Experten aus den Mitgliedstaaten und der Kommission einrichten, die sich eingehend mit dieser Thematik auseinandersetzen sollen.

Das Problem des Milchmarktes betrifft meiner Meinung nicht nur die Kommission und die Mitgliedstaaten. Gerade das Parlament spielt auch eine wesentliche Rolle, und ich bin schon gespannt auf die heutige Debatte zu diesem wichtigen Thema.

Vielen Dank für Ihre Geduld.

 
  
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  Albert Deß, im Namen der PPE-Fraktion. – Frau Präsidentin, Frau Kommissarin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist natürlich äußerst schwierig, diese Problematik in zwei Minuten darzustellen, doch ich will es stichpunktartig versuchen.

Die Milchwirtschaft ist in einer schwierigen Situation. Viele Milchbauern sind in einer existenzgefährdenden Lage. Hauptursache dafür ist ein massiver Absatzeinbruch bei den Milchprodukten. Hier hätte die Kommission etwas schneller reagieren müssen.

Ich hätte auch stärkere absatzfördernde Maßnahmen anstelle von größeren Interventionsmengen bevorzugt, wie etwa, dass Butterfett wieder in der Speiseeisindustrie verwendet wird. Voriges Jahr, als der Butterpreis kurzfristig mehr als 4 Euro betrug, ist die Speiseeisindustrie weitgehend aus der Verarbeitung von Butterfett ausgestiegen. Aus Deutschland sind mir Zahlen bekannt: Es geht dort um etwa 100 000 Tonnen, die die Lebensmittelwirtschaft nicht mehr verarbeitet hat, das entspricht einer Million Tonnen Milch. Hier müssen wir versuchen, den Absatz wieder anzukurbeln, damit diese Mengen vom Markt sind.

Ich bedanke mich heute bei den Fraktionen, die an der Ausarbeitung unseres Gemeinsamen Entschließungsantrags mitgewirkt haben. Leider hat sich die Fraktion der Grünen an dieser Diskussion nicht beteiligt.

Frau Kommissarin, wir fordern als kurzfristige Maßnahme eine Anhebung der De-minimis-Beihilfen gemäß einem Zusatzantrag, der mit 40 Unterschriften eingebracht worden ist, weil dies eine Möglichkeit wäre, gerade auch den kleineren Milchbauern zu helfen. Sinnvoll wäre es auch, eine Vorruhestandsregelung einzuführen. Ich kenne viele Landwirte, die 58 Jahre alt sind und demnächst aufhören wollen. Hier wäre eine entsprechende Regelung notwendig.

Frau Kommissarin, herzlichen Dank für Ihre Arbeit! Ich bitte Sie, sinnvolle Regelungen zu finden, die die Situation unserer Milchbauern verbessern. Vielleicht haben Sie noch Gelegenheit, dies in nächster Zeit nachzuholen.

(Die Präsidentin entzieht dem Redner das Wort.)

 
  
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  Luis Manuel Capoulas Santos, im Namen der S&D-Fraktion,.(PT) Frau Kommissarin, es hat lange gedauert, bis Kommission und Rat auf die ernste Krise in diesem Sektor reagiert haben. Darin sind wir uns alle einig. Die entsetzliche Lage, in der sich der Sektor befindet, erfordert rasches und entschlossenes Handeln, sonst kann es passieren, dass viele tausende Landwirte in ganz Europa in den Ruin schlittern.

Meine Fraktion hat sich sehr bemüht, den in der heute besprochenen Entschließung enthaltenen Kompromiss zu erreichen. Ich hoffe, dass die Vorschläge bei Ihnen, Frau Kommissarin, Anklang finden, denn nur durch eine Verringerung des Angebots und gleichzeitige Ankurbelung der Nachfrage wird es möglich sein, das Gleichgewicht auf dem Markt wiederherzustellen und die Preise für die Erzeuger rentabel zu gestalten.

Ich finde es schade, dass der Kompromiss nicht die vorübergehende Aufhebung der erhöhten Quoten oder die Einführung einer ebenfalls vorübergehenden Prämie zur Verringerung der Produktion enthält. Die von uns vorgeschlagenen Maßnahmen stellen jedoch einen wertvollen Beitrag zu einer raschen Überwindung der Krise dar. Es liegt nun an Ihnen, Frau Kommissarin, die nächsten Schritte zu ergreifen.

 
  
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  George Lyon, im Namen der ALDE-Fraktion. – Frau Präsidentin, wie wir bereits von anderen Rednern gehört haben, befindet sich der Milchsektor in einer Krise. Es steht außer Zweifel, dass wir Maßnahmen treffen müssen, um die Sorgen der Betroffenen zu lindern, aber ich möchte entschieden darauf hinweisen, dass dies eine kurzfristige Krise ist, die, wie bereits in der Entschließung festgehalten, von der Kommission ausgehende kurzfristige Marktmaßnahmen erfordert.

Wir müssen einsehen, dass die europäischen Verbraucher viel zu lange für eine nicht funktionierende Agrarpolitik gezahlt haben, die sowohl Landwirte als auch Verbraucher geschädigt hat. Diese Krise sollte also nicht als Entschuldigung dafür herhalten, dass wir von einer weiteren Reformierung und Liberalisierung der GAP ablassen. Aus diesem Grund haben wir Änderungsanträge eingebracht, und ich freue mich über Ihre diesbezüglichen bestätigenden Worte.

Wir wollen ferner, dass die Kommission ihren Schwerpunkt auf eine Marktbereinigung legt, worin sie derzeit eindeutig scheitert. Die Verbraucher werden benachteiligt, weil ihnen aus den sinkenden Milchpreisen keine Vorteile erwachsen. Und die Landwirte müssen Verluste hinnehmen, weil sie keinen gerechten Anteil am Einzelhandelsmilchpreis erhalten. Wir begrüßen das Interesse der Kommission für die Lebensmittelkette, aber, Frau Kommissarin, wir wollen nicht, dass Sie es dabei belassen.

Werden Sie sich zu Maßnahmen bekennen, die den Supermärkten den Missbrauch ihrer Monopolstellung verbieten? Werden Sie sich zu einem wettbewerbsfähigen Markt bekennen, der Erzeugern einen gerechten Anteil am Kuchen ermöglicht, und werden Sie sich zu einem funktionierenden Milchmarkt bekennen, der den Landwirten faire Abmachungen und den Verbrauchern faire Preise bietet?

Ich bin gespannt auf Ihre Antwort, Frau Kommissarin.

 
  
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  José Bové, im Namen der Verts/ALE-Fraktion.(FR) Frau Präsidentin, Frau Kommissarin, meine Damen und Herren, seit Monaten warnen Tierhalter die Kommission und den Rat vor dem Ausmaß der Krise. Zehntausende Arbeitsplätze sind im ländlichen Raum verloren gegangen. Die Europäische Union hatte mit einem Anstieg der weltweiten Nachfrage gerechnet. Ihre Experten lagen völlig daneben. Die Wirtschafts- und Finanzkrise, die wir derzeit durchleben, hat direkte Auswirkungen auf die Landwirtschaft und den Verbrauch.

Die Entscheidung von Frau Boel, der Landwirtschaftskommissarin, bei der Anhebung der Quoten zu bleiben, und der Wunsch des Rates, die Quoten bis 2015 abzubauen, sind für die Milcherzeuger eine reine Provokation. Die Zeiten haben sich geändert. Die europäischen Strategien müssen den neuen globalen Bedingungen angepasst werden. Die den Erzeugern auferlegten Milchpreise können die Produktionskosten nicht decken. Mit jedem Liter Milch machen Kleinlandwirte bis zu 30 Cent Verlust. Ende des Jahres werden viele von ihnen nicht auch nur einen Euro an Gewinn erwirtschaftet bzw. sogar Geld verloren haben. Einige von ihnen gehen, wie wir von regionalen Beamten erfahren haben, heute sogar so weit, sich das Leben zu nehmen.

In Anbetracht dieser nie dagewesenen Krise muss die Europäische Union bedeutende Schritte ergreifen, und zwar schnell. Wir rufen die Staats- und Regierungschefs, die heute Abend zusammentreffen werden, um sich auf den G20-Gipfel vorzubereiten, auf, die Milchkrise in die Agenda für ihr Treffen aufzunehmen, damit auf die Situation der Tierhalter mit angemessenen Schritten reagiert werden kann.

Die Europäische Union muss das Verhandlungspotenzial der Milcherzeuger erhöhen, damit sie nicht länger dem Diktat der Lebensmittelindustrie unterliegen. Es sollte außerdem ein Sicherheitsnetz zur Gewährleistung einträglicher Preise eingerichtet werden, damit der Preis nicht unter die Produktionskosten fallen kann. Die Europäische Union muss ihr Programm der Ausfuhrerstattungen stoppen. Sie hat vor Kurzem die gewaltige Summe von 480 Mio. EUR aufgewendet, um ihre Überschüsse billig auf den Weltmärkten verkaufen zu können, und erhielt dabei die Unterstützung verschiedener, sowohl rechter als auch linker Fraktionen des Parlaments. Sie zerstört hunderttausende Arbeitsplätze in der südlichen Landwirtschaft und drängt zynischerweise Landwirte dazu, ihren Grund aufzugeben oder auszuwandern.

Zuallererst muss die Europäische Union die europäischen Milchquoten drastisch reduzieren, und zwar um 5 %, damit sie im umgekehrten Verhältnis zum Produktionsvolumen der Kleinlandwirte stehen, um das Gleichgewicht zwischen Nachfrage und Angebot schnell wiederherzustellen. Eine Politik des „Laissez-faire“ ist inakzeptabel. So etwas hätte schlimme Folgen für Beschäftigung und Bodennutzung.

Ohne Kleinlandwirte kein Europa.

 
  
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  James Nicholson, im Namen der ECR-Fraktion. – Frau Präsidentin, ich habe sehr stark das Gefühl, dass die Kommission zu spät auf dieses spezielle Problem reagiert hat. Sie hat zu lange tatenlos zugesehen, und viele Landwirte mussten deswegen schwer leiden. Wir können uns entweder dafür entscheiden, der Industrie zu helfen oder unsere Landwirte ihre Betriebe einstellen zu lassen. Dann könnten wir alles aus dem Ausland beziehen, mit allen daraus resultierenden Problemen.

Ich begrüße Ihre Ausführungen über die Zukunft, Frau Kommissarin, aber ich bin nicht glücklich mit Ihren kurzfristigen Plänen. Ich denke, wir müssen mehr auf kurze Sicht tun, um diesen Wirtschaftszweig durch die gegenwärtige Krise zu bringen. Solche kurzfristigen Maßnahmen erfordern unverzügliches Handeln.

Ich erinnere mich natürlich an die Zeit der Milchseen und Butterberge, und ich will keinesfalls dahin zurück. Ich denke, keiner von uns möchte zu dieser Situation zurück: weder die Landwirte, noch die Verarbeiter, noch die Kommission oder wir in diesem Parlament. Wir wollen nicht, dass sich so etwas wiederholt, aber eines der größten Probleme derzeit ist meiner Meinung, dass, während die Einnahmen der Landwirte durch den Verkauf ihrer Milch drastisch gesunken sind, die Verbraucher fast genauso viel bezahlen wie vorher.

Solange wir nicht die Macht der Supermärkte in diesem Bereich einschränken, werden wir zu keiner Lösung gelangen. Sie müssen beaufsichtigt werden. Wir brauchen einen Ombudsmann, jemanden, der den Supermärkten klarmacht, dass sie zu weit gehen, dass sie den Leuten ihr Geld aus der Tasche ziehen, die Landwirte ausnutzen und sie aus dem Geschäft verdrängen.

 
  
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  Ilda Figueiredo, im Namen der GUE/NGL-Fraktion.(PT) Frau Präsidentin, ein weiteres Mal kann ich nur mein Bedauern ausdrücken angesichts der Position des Rates und des soeben hier von der Kommissarin Erklärten, die den Kern der Problematik noch immer nicht erkennen und die Notwendigkeit einer Überarbeitung der Entscheidungen über den Abbau der Milchquoten nicht einsehen will. Stattdessen will sie die Deregulierung des Sektors gegen die Interessen der Landwirte weiter fortsetzen.

Wir bestehen daher darauf, die Erhaltung des Quotensystems – wenn auch mit gewissen Umstellungen, um sie den Bedürfnissen jedes einzelnen Landes anzupassen – zu unterstützen, einschließlich der Abschaffung der jährlichen einprozentigen Erhöhung bis 2015. Findet sie etwa nicht, dass in einer derart schweren Krise die Unterstützung der Landwirtschaft und des Milchsektors in den Mitgliedstaaten wichtiger ist als dessen Deregulierung oder die Liberalisierung des internationalen Handels, dass der ländliche Raum und die Beschäftigung gefördert werden müssen? Sieht sie es etwa nicht als wesentlich an, einen außerordentlichen Hilfsfonds auf Gemeinschaftsebene für den Milchsektor einzurichten, wovon die am härtesten getroffenen Erzeuger und Länder profitieren würden, und neue Formen der Beihilfen für Milch- und Fleischerzeugung zu entwickeln? Ich sehe das als wesentlich an.

 
  
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  Giancarlo Scotta', im Namen der EFD-Fraktion.(IT) Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, ich möchte meine Zweifel hinsichtlich des Vorschlags zur Verlängerung des Interventionszeitraums 2009-2010 für Butter und Magermilchpulver zum Ausdruck bringen, da dadurch das Risiko entsteht, dass für die aktuelle Marktkrise gedachte, kurzfristige Maßnahmen zu strukturellen Maßnahmen werden, die den Milchsektor in den Zustand zurückversetzen würden, in dem er sich vor der Einführung der Quoten befand.

Mit dem Ziel, die Marktmaßnahmen ausgeglichener zu gestalten, damit nicht nur den Butter und Magermilchpulver produzierenden Mitgliedstaaten Vorteile erwachsen, fordere ich die Wiedereinführung von Gemeinschaftsbeihilfen für die private Lagerhaltung von Käse mit langer Reifezeit.

Abschließend möchte ich Sie auf die Frage der Ursprungskennzeichnung und Etikettierung von Milcherzeugnissen sowie der Rückverfolgbarkeit von Produkten hinweisen. Es handelt sich dabei um eine Anfrage, die direkt von den europäischen Verbrauchern in zunehmenden Maße vorgebracht wird und die uns bei der Überwindung der Milchwirtschaftskrise weiterhelfen könnte. Ich hoffe, dass die Kollegen der anderen Fraktionen diesem Vorschlag ebenfalls zustimmen werden.

 
  
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  Diane Didds (NI). - Frau Präsidentin, ich möchte der Frau Kommissarin für ihre heutigen Worte danken. In meinem Land Nordirland ist der Milchsektor von besonderer Wichtigkeit. Wenn es dem Milchsektor schlecht geht, geht es auch der übrigen ländlichen Wirtschaft schlecht. Derzeit erhalten Milchviehhalter bei immer weiter steigenden Kosten für ihre Milch knapp über 20 Cent pro Liter. Sie hatten in Nordirland nicht nur mit den niedrigen Milchpreisen und hohen Kosten zu kämpfen, wir hatten auch noch den dritten feuchten Sommer in Folge, was sich verherend auf die Milchwirtschaft Nordirlands ausgewirkt hat.

Es war erschütternd, vergangene Nacht die Wut und Hilflosigkeit der Landwirte in Belgien mitzuerleben, die sogar so weit gingen, Milch in ihre Felder zu leeren, um gegen den niedrigen Milchpreis und die Schwierigkeiten, mit denen auch sie konfrontiert sind, zu protestieren. Die Kommission hat zu begrüßende Maßnahmen ergriffen, um eine feste Grundlage für den Markt zu schaffen, aber wir können die Preise nicht auf diesem unwirtschaftlichen, niedrigen Niveau belassen.

Ich rufe die Kommission auf, kurzfristige Maßnahmen zu ergreifen: Maßnahmen zur Steigerung der Nachfrage nach Milch, Maßnahmen zur Senkung der Produktionskosten, Maßnahmen für die Versorgungskette mit ihren sinkenden ab-Hof-Preisen und hohen Supermarktpreisen, und Maßnahmen, die auf lange Sicht eine nachhaltige Industrie und eine Zukunft für junge Landwirte schaffen, die besonders schwer unter den niedrigen Preisen und hohen Bankgebühren zu leiden haben.

 
  
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  Mairead McGuinness (PPE). - Frau Präsidentin, wenn sogar die Landwirtinnen zu protestieren beginnen, bedeutet das, dass es ein ernstes Problem gibt. Vergangenes Wochenende traf ich mit einer Gruppe irischer Frauen namens „Landwirtinnen für faire Preise“ zusammen, und ich denke, wir sollten dieses Stichwort „faire Preise“ aufgreifen, weil Erzeuger keine anständigen oder fairen Preise erhalten – und darum geht es schließlich in dieser Debatte.

Es wäre unvernünftig, die Aussagen der Kommissarin über die neue, wenn auch geringe Stabilität des Marktes nicht zu begrüßen, und ich erkenne an, dass die Kommission Schritte unternommen und Geld aufgewendet hat, um den Markt zu stabilisieren. Das ist nur leider nicht ausreichend, es hat zu lange gedauert und jetzt haben wir es mit einer schweren Krise zu tun.

Was die Zukunft betrifft, sind Ihre Aussagen wirklich begrüßenswert. Die Spaltung dieses Parlaments hinsichtlich der Milchquoten bereitet mir Sorgen, denn sollte der Vertrag von Lissabon in Kraft treten, wodurch wir die Mitentscheidung erhielten, müssen wir mehr als Gruppe denken und den Landwirten eindeutige und nicht widersprüchliche Signale geben. Lassen Sie mich wiederholen, dass Ihre Anmerkungen zum Schlagen von Brücken zwischen Erzeugern und Verarbeitern, zu den Ebenen der Produktion, etwas sind, das vertieft und weiter ausgeführt werden muss.

Wir fragen Sie, Frau Kommissarin, welche marktunterstützenden Maßnahmen zur Gewährleistung fairer und anständiger Preise für unsere Erzeuger wird es Ihrer Meinung geben, wenn es keine Quoten mehr gibt? Und, bitte, kümmern Sie sich um den Markt: er funktioniert nicht. Alle sagen, dass sie mit Milch nichts verdienen, auch die Supermärkte, was ich stark bezweifle, aber wir brauchen mehr Klarheit und wir brauchen mehr Fairness den Landwirten gegenüber.

 
  
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  Stéphane Le Foll (S&D).(FR) Frau Präsidentin, Frau Kommissarin, ich werde mich kurz fassen.

Ich denke, es gibt in dieser Debatte zwei Aspekte. Einerseits die dringende Frage, wie wir uns aus dieser Krise befreien können. Sämtliche Maßnahmen, von der Unterstützung der Landwirte bis hin zu Interventionen, sind notwendig, und zwar unbedingt. Wir müssen dahinter stehen und sogar fordern, dass ihr Geltungsbereich ausgeweitet wird. Das ist es, was wir, gemeinsam mit anderen Abgeordneten, hier im Parlament vorschlagen.

Andererseits ist da die strukturelle Frage hinsichtlich der Verwaltung des Milchmarktes, und hier unterscheiden sich unsere Ansichten von Ihren, Frau Kommissarin. Sie schlagen vor, vertragliche Beziehungen einzuführen. Ich kann Ihnen schon jetzt sagen, dass die Einführung vertraglicher Beziehungen zwischen Industrieunternehmen und Landwirten auf lange Sicht damit enden wird, dass diese europaweit miteinander konkurrieren.

Um den Markt zu regulieren, brauchen wir eine öffentliche Regulierung. Das ist die einzige Lösung. Darum muss es nach dem Ende der Krise gehen. Ich finde, wir müssen in dieser Debatte alle Meinungen und alle Optionen berücksichtigen. Ich befürchte, dass wir zu Zeiten des Gesundheitschecks zu voreilig waren, als wir die Frage der Quoten abgehakt haben, die es immerhin, wie ich allen bisherigen Rednern gegenüber betonen möchte, bis heute ermöglicht haben, die Milchproduktion in Europa aufrechtzuerhalten, die Milchindustrie auf einem hohen Level zu betreiben und gleichzeitig die Preise verbraucherfreundlich zu gestalten.

 
  
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  Liam Aylward (ALDE). - Frau Präsidentin, in den letzten 12 Monaten haben die meisten Milchbauern in Irland und der gesamten Europäischen Union ihre Milch zu Preisen verkauft, die unter den Produktionskosten liegen. Der Lebensunterhalt der Milchbauern steht auf dem Spiel.

Die Entscheidung der Kommission, den Interventionszeitraum für Butter und Magermilch bis 2010 zu verlängern ist sehr begrüßenswert, doch kurzfristige Maßnahmen würden nicht auf lange Sicht den Druck von den Milchbauern nehmen. Es müssen jetzt Maßnahmen getroffen werden, um nicht nur die aktuellen, sondern auch die langfristigen Probleme in den Griff zu bekommen; Maßnahmen, die eine nachhaltige und erfolgreiche Industrie für die Zukunft ermöglichen. Die Milchbauern fordern sofortige finanzielle Unterstützung. Die Schaffung eines EU-Milchwirtschaftsfonds von 600 Mio. EUR, wie vom Parlament im Haushaltsverfahren 2009 eingefordert, ist dringend vonnöten. Die Milchbauern haben ein Recht auf faire Preise, und ein angemessenes Preisstützungssystem muss den Milcherzeugern einen vernünftigen Mindestpreis pro Liter und ein vernünftiges, das Überleben sicherndes Einkommen gewährleisten. Irische und europäische Milchbauern dürfen nicht vom Markt verdrängt werden, weswegen ich die Kommission und den Rat auffordere, unverzüglich und wirksam zu handeln. -

Frau Kommissarin, ich möchte Ihnen abschließend sagen, dass Sie in Ihrem Amt sehr erfolgreich waren, und ich habe große Achtung vor Ihrer Arbeit. Sie haben vor Kurzem angekündigt, dass Sie Ihr Amt niederlegen werden, und ich ersuche Sie, vor Ihrem endgültigen Abschied dieses Problem zu lösen oder so viel wie möglich zur Lösung dieses Problems beizutragen.

 
  
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  Oriol Junqueras Vies (Verts/ALE). - (ES) ¡Bon dia! Ich wende mich an dieses Parlament, ohne das in meiner eigenen Sprache, Katalanisch, tun zu können; einer Sprache, die von über 10 Millionen europäischer Bürgerinnen und Bürger gesprochen wird.

Ich möchte heute im Namen meiner Fraktion unsere Solidarität mit der gesamten Landwirtschaft zum Ausdruck bringen, insbesondere mit dem Streik der Milcherzeuger und ihren Aktionen in ganz Europa. Die derzeitige Lage ist untragbar und verlangt nach einer politischen Lösung. Die bisher von der Kommission ergriffenen Maßnahmen waren eindeutig nicht ausreichend, um der Krise entgegenzuwirken oder eine dauerhafte Alternative zum für 2015 angesetzten Quotenersatzschema darzustellen. In Spanien zum Beispiel – Galizien, um genau zu sein – mussten deshalb 14.000 Milcherzeuger eine radikale Umstrukturierung vornehmen, um überleben und weiter auf ihrem Grund arbeiten zu können, und heute stehen sie immer noch kurz vor dem Ruin.

Aus all diesen Gründen muss die Kommission, genauso wie sie in anderen Sektoren eingegriffen hat, auch beim Milchsektor intervenieren und die Produktion regulieren, die Quoten neu verteilen, vorübergehende Vergütung anbieten, die Rückverfolgbarkeit von Produkten fördern sowie dazu beitragen, Erzeuger und Verbraucher zusammenzubringen, indem sie die vom Verteilungssoligopol verursachten Störungen behebt.

Wieso ist die Kommission nicht eingeschritten und hat den negativen Auswirkungen dieses Oligopols der großen Verteiler vorgebeugt?

Wieso können wir unseren Milcherzeugern bzw. Landwirten im Allgemeinen nicht das Überleben im ländlichen Raum sichern, wo sie doch extrem wichtige Impulse der Wirtschaft, Gesellschaft und Umwelt geben?

 
  
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  Hynek Fajmon (ECR). – (CS) Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, die Milchwirtschaftskrise hat gezeigt, dass das gesamte europäische auf Quoten basierende Regulierungssystem fehlerhaft und ineffizient ist. Was wir brauchen, ist nicht mehr Regulierung und Manipulierung der Milchquoten, sondern deren völlige Abschaffung. Die Milchproduktion sollte hauptsächlich von den Erzeugern betrieben werden, die niedrige Ausgaben haben und dadurch Gewinne erwirtschaften können. Der einzige Weg, die Milchkrise zu überwinden, liegt in der Abschaffung der Milchquoten, und zwar so bald wie möglich. Ich unterstütze die Bemühungen der Kommissarin, die Quoten bis 2015 abzubauen, aber ich hätte nichts dagegen, wenn sie schon früher abgeschafft würden.

 
  
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  Patrick Le Hyaric (GUE/NGL) . – (FR) Frau Präsidentin, Frau Kommissarin, sehr geehrte Damen und Herren, Ihre Stellungnahme hat meine Besorgnis weiter verstärkt. Sie haben keine ausreichende Antwort auf das Ausmaß des Leidens der Milcherzeuger und Landwirte im Allgemeinen gegeben.

Diese Krise ist eine strukturelle, und wurde nicht, wie Sie sagten, hauptsächlich durch die derzeitigen Umstände ausgelöst, sondern durch die schrittweise Deregulierung. Aus diesem Grund fordern wir eine außerordentliche Versammlung des Europäischen Rates zur Rettung der Kleinlandwirte.

Der Rat sollte erstens beschließen, einen außerordentlichen Fonds zur Unterstützung nichtindustrieller Milchproduktion einzurichten, zweitens, unverzüglich einen innereuropäischen Mindestpreis festzulegen, den die Einkaufszentralen einhalten müssen, ohne die Verbraucherpreise anzuheben, und drittens, nationale Erzeugerquoten einzustellen und missbräuchlichen Importen von Ländern außerhalb der Gemeinschaft einen Riegel vorzuschieben.

 
  
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  John Bufton (EFD). - Frau Präsidentin, ich mache mir große Sorgen um die Milchindustrie im Vereinigten Königreich. Ich bin der Ansicht, dass das Hauptproblem beim Einzelhandel liegt, der auf Kosten unserer Milchbauern enorme Profite erzielt. Wenn wir uns ansehen, welche Preise Supermärkte von den Verbrauchern für Milch verlangen, und uns dann ansehen, wieviel davon eigentlich an die Milchbauern geht, klaffen die Zahlen auf erschreckende Weise auseinander.

Die Arbeit und die meisten Ausgaben bei der Milcherzeugung haben die Landwirte, aber es sind die Supermärkte, die dabei enorme Profite machen. Der Anteil, der dabei an die Landwirte geht, ist ungerecht klein. Wir müssen Druck auf die Supermärkte ausüben, damit sie der Industrie faire Preise zahlen, und meiner Meinung nach wird man die Milchpreise in den Geschäften dazu nicht ändern müssen. Die Verbraucher werden nicht mehr für ihre Milch bezahlen müssen. Die Supermärkte müssen ihre Gewinnmargen verringern. Es ist skandalös, dass die Supermärkte jedes Jahr massive Gewinne verzeichnen, während unsere Milchindustrie sich durchkämpfen muss. Wenn nicht in nächster Zukunft gehandelt wird, dann befürchte ich wirklich, dass viele unserer Milchbauern in Wales und dem übrigen Vereinigten Königreich den Betrieb einstellen müssen.

Nun noch kurz zu dem, was die Frau Kommissarin heute Morgen über die Zusatzabgabe gesagt hat. Diese Aussagen sind besorgniserregend. Ich befürchte, sie wird besonders unsere effizientesten Erzeuger treffen, jene, die, dem Hinweis der Kommission hinsichtlich der Abschaffung der Quoten folgend, die Herausforderung angenommen, auf den Markt reagiert und massiv in ihre Betriebe investiert haben. Die Durchsetzung der Zusatzabgabe würde den strukturellen Maßnahmen entgegenwirken, die zu unterstützen sowohl die EU als auch das Vereinigte Königreich vorgeben.

 
  
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  Dimitar Stoyanov (NI). - (BG) Frau Präsidentin, die Kommission scheint sehr optimistisch zu sein und sieht sich als Überbringerin guter Nachrichten, ich kann dem jedoch offenbar nicht folgen und nichts Gutes erkennen in tausenden Tonnen Milch, die in einem Protestakt gegen die aktuelle Politik weggeschüttet werden.

Herr De Castro und meine anderen Vorredner haben recht, wenn sie sagen, dass die Kommission und der Rat während des Gesundheitschecks nicht genug getan haben, um der Krise vorzubeugen. Wo sind eigentlich die Vertreter des Rates, die auch Stellung dazu beziehen sollten angesichts der Tatsache, dass bei jeder Reform der Rat die entscheidende Stimme hält?

Meine osteuropäischen Kollegen und ich haben im Ausschuss für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung bereits mehrfach darauf hingewiesen, dass wir entweder eine viel stärkere Anhebung oder aber eine völlige Abschaffung der Quoten bräuchten, weil für unsere Länder die europäischen Systeme neu sind und wir daher die ersten Opfer der Krise waren. Leider wollte aber keiner auf uns hören, und die Schuld dafür ist dem Parlament zuzuschreiben.

Es tut mir von Herzen leid, dass wir, die echten Befürworter einer Reformierung der Landwirtschaftspolitik, zu den Propheten des Unheils geworden sind. Ich hoffe, Sie lernen daraus etwas für die Zukunft.

 
  
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  Rareş-Lucian Niculescu (PPE).(RO) Viele Menschen haben in letzter Zeit, gleich von Beginn der Krise an, gefordert, die Anhebung der Milchquoten einzufrieren. Diese Maßnahme würde nicht nur zu keiner Lösung führen, sie wäre darüber hinaus ein Fehler, zumindest angesichts der folgenden Aspekte:

Erstens, es besteht kein grundlegend wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen der Anhebung der Milchquoten und sinkenden Marktpreisen. Die Quoten sind erhöht worden, während die Produktion gesunken ist. Ich kann hier keinerlei Zusammenhang erkennen. Der Markt selbst ist die Erklärung für die einbrechenden Preise. Ich denke, dass fixe Quotenkontingente mit der Zeit zu einem Preisanstieg führen würden. Wiederum würden jedoch nicht die Erzeuger davon profitieren, sondern die Verarbeiter und Einzelhändler. Wenn wir die Produktion einschränken wollen, sollten wir vielleicht die Erzeuger ermutigen, die Viehzucht freiwillig aufzugeben, und zwar mithilfe bestimmer Anreize anstatt durch Maßnahmen, die zu einer Marktverzerrung führen könnten. Angenommen, die Quoten würden auf Eis gelegt, was würde passieren, wenn beispielsweise die Nachfrage auf dem globalen Markt wieder anstiege? Was könnten europäische Erzeuger da tun? Die Milcherzeugung hat keinen Hahn, den man nach Belieben auf- und zudrehen kann...

(Die Präsidentin unterbricht den Redner)

Was ich sagen wollte, ist, was könnten europäische Erzeuger tun, sollte der globale Markt wieder in Schwung kommen? Die Molkereien haben keinen Hahn, den man einfach so auf- und zudrehen kann wie es einem passt. Wenn wir die Produktion jetzt drosseln, würden die Landwirte wahrscheinlich die Viehzucht einstellen, aber es wäre sehr schwer, den Viehbestand wieder aufzustocken, sollte sich herausstellen, dass das, was viele heute für eine gute Maßnahme halten, in Wirklichkeit ein Riesenfehler ist.

 
  
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  Ulrike Rodust (S-D). - Frau Präsidentin, sehr geehrte Frau Kommissarin, sehr geehrter Rat! Ich möchte mich zuallererst bei meinem Kollegen Luis Capoulas Santos bedanken, der diese Entschließung möglich gemacht hat.

Es geht heute um unsere Milchbauern und darum, ob wir sie im Stich lassen oder ehrlich mit ihnen umgehen. Ich bin der Meinung, dass wir sie nicht im Stich lassen dürfen und ehrlich mit ihnen umgehen müssen. Ja, kurzfristige Maßnahmen, um die Krise zu überwinden, sind dringend notwendig. Ja, Intervention, wenn der Milchpreis ganz unten ist, ist für einen kurzen Zeitraum in Ordnung. Ja, weitere Zuschüsse, Kredite und Gelder gegen die Krise sind vertretbar. Was aber gar nicht geht, ist erstens, die Diskussion um die Milchquote wieder aufzumachen, und zweitens, mit Steuergeldern finanzierte Exporterstattungen für Lieferungen in die Dritte Welt wieder einzuführen. Diese Einbahnstraße haben wir bereits 2003 verlassen, und ich appelliere an Sie, dass es dabei bleibt, und zwar auch im Interesse unserer Milchbauern.

 
  
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  Britta Reimers (ALDE). - Frau Präsidentin, Frau Kommissarin, meine Damen und Herren, werte Kollegen! Die Weltwirtschaftskrise hat den globalen Markt aus dem Gleichgewicht gebracht. Wir Milcherzeuger leiden unter einem Rekordtief bei den Auszahlungspreisen. Es werden nun immer wieder Stimmen laut, man solle die beschlossenen Regelungen bezüglich der Milchquote verändern. Davor kann ich als Milchbäuerin nur warnen.

Auch ist es mit Interventionsmaßnahmen der Kommission gelungen, ein weiteres Absinken der Milchpreise zu verhindern. Der Markt scheint sich zu entspannen. Allerdings halte ich die Intervention nicht für ein wirklich gutes Mittel, weil hierdurch Lagerbestände aufgebaut werden, die später einen sich erholenden Markt belasten könnten. Deswegen fordere ich die Kommission auf, darzulegen, wie sie mit dieser Problematik umgehen möchte.

 
  
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  Richard Ashworth (ECR). - Frau Präsidentin, ich möchte die Frau Kommissarin zu Ihrer Vision zur Zukunft des Sektors beglückwünschen und sagen, dass ich ihre Absicht, die Milchquoten abzuschaffen, voll und ganz unterstütze. Ich denke, dass dies die richtige Entscheidung wäre. Ich begrüße ferner ihre Vorschläge zur Bewältigung der aktuellen Krise, die ich für angemessene Maßnahmen zur Unterstützung der Erzeuger in dieser schwierigen Zeit halte.

Ich möchte jedoch noch zwei Punkte anbringen. Erstens, die Einführung der Zusatzabgabe wäre meiner Meinung zum jetzigen Zeitpunkt unangebracht. Das wäre nichts weiter als eine Kurzschlussreaktion, eine Kurzzeitlösung. Man würde damit nur falsche Signale aussenden und die wirklich effizienten Erzeuger schädigen, die langfristig in diesem Sektor bleiben wollen.

Zweitens, wir müssen einsehen, dass es kaum oder gar kein direktes Verhältnis zwischen den Einzelhandelspreisen und den ab Hof erhaltenen Rohstoffpreisen gibt. Ich würde das einen fehlerhaften Mechanismus in der Preiskette nennen.

Den größten Einfluss wird immer der globale Markt ausüben, und wir müssen einsehen, dass der globale Markt immer Schwankungen unterliegen wird. Ich ersuche daher die Kommission, auf längere Sicht Pläne vorzulegen, um eine Art dauerhaften Stabilitätsmechanismus nicht nur zugunsten der Erzeuger, sondern natürlich auch der Verbraucher, einzuführen.

 
  
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  Esther Herranz García (PPE).(ES) Frau Präsidentin, Frau Kommissarin, Sie beendeten Ihre Rede mit der Aussage, dass sich der Milchsektor in einer Krise befindet, und doch sagten Sie am Anfang, dass alle möglichen Maßnahmen bereits getroffen worden sind und dass bereits an einer Lösung gearbeitet wird.

Sie sollten wissen, dass eine kluge Frau ihre Fehler einsieht. Das ist eine spanische Redewendung, die die Situation gut beschreibt. Monatelang hat der Milchsektor unter einer der schwersten Krisen in seiner Geschichte zu leiden gehabt. Nichtsdestotrotz weigern sich die Europäische Kommission und gewisse Regierungen – anscheinend auch meine eigene, die spanische Regierung – ihre Entscheidungen im Rahmen des Gesundheitschecks der Gemeinsamen Agrarpolitik zu überdenken, weil sie nicht zulassen wollen, dass man sie unter Druck setzt.

Die Entscheidungen wurden ohne Rücksicht auf die Instabilität dieses Sektors getroffen, und bei einem Marktumfeld, das sich in der Zwischenzeit, seit dieser Kompromiss getroffen wurde, stark verändert hat. Das lässt vermuten, dass die Mitgliedstaaten damals das Unwetter, das immer näher rückte, nicht erkennen wollten oder konnten. Die Reform hat sehr schnell an Bedeutung verloren in Anbetracht des großen Umschwungs auf dem Markt, was beweist, dass dieser Sektor den Preisschwankungen schutzlos ausgeliefert ist.

Die Tatsache, dass große Erzeuger wie Frankreich und Deutschland – Länder, die, um die Wahrheit zu sagen, bei diesem Übereinkommen die größte Anhebung der nationalen Produktionsquoten erreichen konnten – dass nun sie diejenigen sind, die eine Überarbeitung des Gesundheitschecks einfordern, wirft eine Menge Fragen auf.

Wie ich die Sache sehe, lagen die Mitgliedstaaten falsch und hätten besser auf jene gehört, die, wie auch ich, die Aufschiebung einer endgültigen Entscheidung über die Zukunft des Sektors bis 2011 forderten.

Es ist eine Schande, dass keiner auf uns gehört hat. Vielleicht wäre jetzt die Zeit, das zu tun.

 
  
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  Iratxe García Pérez (S&D).(ES) Frau Präsidentin, Frau Kommissarin, die heutige Aussprache ist sehr wichtig, damit wir unsere Besorgnis über die Krise des Milchsektors zum Ausdruck bringen können. Wir müssen diese Krise überwinden, die eine Bedrohung für die Zukunft zahlreicher Milcherzeuger in der Europäischen Union darstellt.

Dies ist eine europäische Krise, die mit einem europäischen Ansatz, mit Ehrgeiz und unter Einsatz aller zur Verfügung stehenden Gemeinschaftsinstrumente in Angriff genommen werden muss, etwas, wozu die Kommission derzeit nicht im Stande zu sein scheint.

Frau Kommissarin, Sie sollten den schwarzen Peter nicht den Mitgliedstaaten zuschieben, damit sie ihren größtmöglichen Beitrag zur Lösung der Krise leisten. Wir müssen zu gemeinsamen Lösungen gelangen.

Dieses Parlament hat dabei die große Verantwortung, Maßnahmen zur Ankurbelung der Nachfrage einzufordern, und nicht nur die Maßnahmen, die im Entschließungsantrag stehen, sondern auch die, die durch die Gemeinsame Marktorganisation ermöglicht werden.

Ein weiterer wichtiger Punkt ist der enorme Unterschied zwischen den Preisen, die die Erzeuger erhalten, und denen, die die Verbraucher zahlen, etwas, das nicht nur den Milchsektor betrifft, sondern alle Erzeugnisse der Landwirtschaft und Viehzucht.

Es gibt viele Frauen und Männer, die angesichts der aktuellen Ungewissheit ein klares und entschiedenes Zeichen von uns brauchen, dass die Weiterführung ihrer Tätigkeit gewährleistet ist.

 
  
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  Marc Tarabella (S&D) . – (FR) Frau Präsidentin, Frau Kommissarin, gestern schütteten Landwirte in Wallonien angesichts der mit Abstand schwersten Krise dieses Sektors über drei Millionen Liter Milch weg. Sie erhalten nur 19 Cent pro Liter. Die Krise wurde verursacht durch die enormen Überschüsse an Milch, die die Preise zum Einstürzen brachten. Deregulierung fördert Preisschwankungen, und die Marktbedingungen sind heute völlig anders als noch vor kurzer Zeit.

Frau Kommissarin, bitte hören Sie auf, sich stur hinter Entscheidungen zu verstecken, die im letzten Jahr getroffen wurden, und berücksichtigen Sie das, was im Hier und Jetzt geschieht.

Die Schuld liegt auch beim Rat, erstens, weil er nicht anwesend war, um die Debatte hier zu verfolgen, und zweitens, weil er keine klaren Entscheidungen getroffen hat, da er mehr von rein nationalen Interessen als von einer europäischen Sicht auf die Landwirtschaft beeinflusst war.

Der Markt funktioniert nicht. Es gibt eine Überproduktion. Es wäre so leicht, die einprozentige Anhebung der Quoten auf Eis zu legen oder die Quoten sofort um 3-5 % zu verringern, denn was wir unbedingt brauchen sind kurzfristige Lösungen. Diese Maßnahme anzunehmen würde bedeuten, zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen. Wir könnten den Erzeugern durch ein Drosseln der Produktion wieder anständige Preise bieten, und wir würden die europäischen Ausgaben in Höhe von hunderten Millionen Euro für diverse Interventionen, darunter die Ausfuhrerstattungen, verringern.

 
  
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  Wojciech Michał Olejniczak (S&D).(PL) Die Maßnahmen, die ergriffen wurden – ich habe heute mit Landwirten und Erzeugern aus Polen gesprochen – dürften zu einer gewissen, wenn auch geringen Besserung der Lage des Milchsektors beigetragen haben. Die schwierige Situation der polnischen und europäischen Landwirte hat sich jedoch gar nicht geändert. Sie erhalten immer noch sehr wenig Geld für ihre Produkte, weniger als zur Sicherung des Existenzminimums erforderlich. Dies gilt auch für die Landwirte, die große Summen investiert haben, EU-Beihilfen und Kredite eingeschlossen. Die aktuelle Situation bringt sie in noch ärgere Bedrängnis, und sie sind nicht in der Lage, ihren Verpflichtungen nachzukommen.

Ich möchte in Anbetracht dieser Probleme über die Zukunft sprechen. Wir müssen auf das reagieren, was derzeit passiert, aber wir müssen auch an das denken, was vor uns liegt, und unsere gemeinsame Strategie so ansetzen, dass auch die Landwirte berücksichtigt werden. Ich möchte an dieser Stelle Folgendes wiederholen: Die gemeinsame Strategie in Bezug auf die Milchbauern muss auch Pläne für sinnvolle Investitionen in diesen Sektor beinhalten, damit wir nicht unnötig Geld verschwenden, was uns aufgrund der erhöhten Produktion wieder in die Zwickmühle bringen würde, in der wir uns heute befinden. Ich vertraue ferner darauf, dass die politischen Mächte zu einer Einigung hinsichtlich zukünftiger Quoten gelangen werden.

 
  
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  Csaba Sándor Tabajdi (S&D).(HU) Meine Vorredner haben zu Recht darauf hingewiesen, dass wir nicht zu Quotensystem und Ausfuhrbeihilfen zurückkehren sollten, und dass die von der Kommission verfolgte Strategie völlig versagt hat. Die Krise ist noch nicht entschärft. Aus diesem Grund schlagen Herr Le Foll und ich vor, die Quoten auf Eis zu legen, allerdings nur vorübergehend.

Die neuen Mitgliedstaaten sind aufgrund des so genannten „Phasing-In“ besonders benachteiligt, da wir in diesem Jahr nur 60 % der Beihilfen aus dem Topf in Brüssel erhalten. Um ein Gegengewicht dazu zu schaffen, hat die ungarische Regierung vorgeschlagen, die quotenbasierten Beihilfen zu erhöhen, aber die Kommission hat diesen Vorschlag nicht in Betracht gezogen, ebensowenig wie einen anderen, aus Frankreich bzw. dem zuständigen französischen Ministerium stammenden Vorschlag. Abschließend möchte ich sämtliche Abgeordneten auffordern, die Änderungsanträge von Herrn Le Foll und seinen Kollegen zu unterstützen. Wir unterstützen auch den Vorschlag von Elisabeth Jeggle hinsichtlich der Einrichtung eines Molkereifonds in Höhe von 600 Mio. EUR und der Ausweitung des Schulmilchprogramms.

 
  
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  Christel Schaldemose (S&D). - (DA) Frau Präsidentin, vielen Dank Frau Kommissarin, für diesen guten Anfang und für die gute Einleitung der Debatte! Mir ist klar, dass die europäischen Milchviehhalter mit einer schweren Krise zu kämpfen haben, aber ich kann einfach nicht verstehen, wieso meine Kollegen der Meinung sind, die Kommission hätte nicht ausreichend gehandelt. Ich würde Sie, Frau Fischer Boel, ersuchen, zu wiederholen, was Sie alles getan haben. Ich denke, dass die Liste der von der Kommission gesetzten Initiativen sehr lang, beinahe zu lang ist. Es ist fast so, als würden wir die Fortschritte, die wir dank des Gesundheitschecks erzielt haben, wieder zunichte machen. Ich möchte auch betonen, dass die Bemühungen, die bisher zugunsten der Milchviehhalter unternommen wurden, eindeutig nicht vergleichbar sind mit denen für die Beschäftigten der Automobil- oder der Schiffsbauindustrie, die ihre Arbeit aufgrund der aktuellen Wirtschaftskrise verloren haben.

Ich möchte darum bitten, dass wir ein bisschen besser darauf achten, wie wir mit dieser Krise umgehen, und dass wir nicht die großen Fortschritte zunichte machen, die wir trotz allem infolge des Gesundheitschecks gemacht haben. Die Idee, die Milchquoten auf Eis zu legen, ist meiner Meinung völlig sinnlos. Wir können auch nicht zum alten Modell und den Ausfuhrerstattungen zurückkehren – das würde nur die Chancen für andere Marktteilnehmer weltweit zunichte machen. Wir müssen vorsichtig sein. Frau Kommissarin, ich würde Sie dennoch bitten, Ihre lange Liste bereits angegangener Aktivitäten zu wiederholen, damit meine Kollegen sehen, dass es für uns keinen Grund gibt, durchzudrehen und zahlreiche zusätzliche Maßnahmen zu planen, wodurch nur unsere beachtlichen Fortschritte zunichte gemacht würden.

 
  
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  Georgios Papastamkos (PPE). - (EL) Frau Präsidentin, Frau Kommissarin, die Maßnahmen sind zweifelsohne unangemessen. Wir schlagen andere, zielgerichtetere Maßnahmen vor, vor allem für die bergigen und benachteiligten Regionen der Europäischen Union, damit alle Mitgliedstaaten gleichermaßen davon profitieren: Interventionen wie der bessere Schutz von Ursprungsbezeichnungen, nicht nur innerhalb der Europäischen Union, sondern auf dem internationalen Markt, klare Etikettierung und verpflichtende Angabe des Ursprungs von Milcherzeugnissen, die Wiedereinführung – warum auch nicht? – der privaten Lagerhaltung von Milcherzeugnissen und angemessener Beihilfen, eine größere Auswahl der Bestimmungsorte bei den Ausfuhrerstattungen, volle Transparenz der Versorgungskette und Verkleinerung der Kluft zwischen Erzeuger- und Verbraucherpreisen.

Wir vertreten hier nicht einfach die direkten Interessen der Landwirte. Wir sind hier, um auf die Verzweiflung, den Hilfeschrei der schöpferischen Kräfte des ländlichen Räums in Europa aufmerksam zu machen, und es ist dieser Hilfeschrei, der uns dazu verpflichtet, zu handeln.

 
  
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  Michel Dantin (PPE).(FR) Frau Präsidentin, Frau Kommissarin – ich hätte mich auch gerne an den Ratsvorsitz gewandt – sehr geehrte Damen und Herren, wie Sie selbst, Frau Kommissarin, kürzlich vor dem Ausschuss für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung feststellten, deckt der Preis, der den Milcherzeugern gezahlt wird, nicht mehr die aktuellen Produktionskosten. Dies bedeutet, dass unsere Erzeuger nun mit einem Kapitalschwund zu kämpfen haben.

Sie haben gerade die Maßnahmen aufgezählt, die Sie in den vergangenen neun Monaten ergriffen haben. Diese Maßnahmen existieren wirklich, soviel können wir bestätigen. Sie haben jedoch nicht die erhofften Auswirkungen gehabt, weil sie unserer Ansicht nach nicht flächendeckend genug sind, auch ist es viel zu unsicher, ob das, worauf sie abzielen, überhaupt Wirkung zeigen wird.

Heute Morgen sprachen Sie von einer Besserung der Marktlage, aber die Erzeuger selbst werden davon wohl erst mit den Anfang des nächsten Jahres erfolgenden Zahlungen profitieren. Der Markt der landwirtschaftlichen Erzeugnisse ist nicht identisch mit dem Metall- oder Energiemarkt. Er erfordert Regulierungsmaßnahmen, weil auch die Jahreszeiten und andere natürliche Kreisläufe sich auf die Marktbedingungen auswirken.

Ihre Interpretation des unter dem französischen Ratsvorsitz durchgeführten Gesundheitschecks überrascht uns, da die darin vorgesehenen Zwischenbilanzen hinsichtlich des Milchsektors alles offen lassen, einschließlich der Möglichkeit neuer Entschließungen über Instrumente zur Marktregulierung.

Die französische Delegation, der ich angehöre, ist überzeugt, dass nach 2013 ein erneuertes Quotensystem notwendig sein wird. Die Spannungen, die bereits vor der aktuellen Wirtschaftskrise auf dem Lebensmittelmarkt bestanden, haben bewiesen, wie heikel das weltweite Gleichgewicht zwischen Produktion und Verbrauch ist.

Nachdem wir die Interventionsmaßnahmen teilweise abgebaut haben, haben wir weder das Recht noch die Berechtigung, die Instrumente für die Produktion abzuschaffen, die wir auf kurze Sicht benötigen werden.

Frau Kommissarin, wir müssen den Landwirten ihre Würde zurückgeben, diesen Frauen und Männern, die vor harter Arbeit nicht zurückschrecken.

 
  
  

VORSITZ: Martinez MARTÍNEZ
Vizepräsident

 
  
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  Antolín Sánchez Presedo (S&D).(ES) Wir können es nicht zulassen, dass der Milchsektor kollabiert. Er ist lebenswichtig für unsere Landwirtschaft und für die Lebensmittelsicherheit und -qualität.

Die Terminbörsen und die mittel- bis langfristigen Aussichten für Milch und Molkereiprodukte in der Europäischen Union zeigen positive Signale. Wir müssen verhindern, dass diese in einen Negativzustand geraten. Wir brauchen antizyklische Maßnahmen und gemeinsame Initiativen.

Der Preisverfall zeigt deutlich die Unzulänglichkeit der Unterstützungsmaßnahmen. Die Verzerrungen im Molkereiproduktemarkt besagen, dass nicht jede Lieferkette effektiv oder ordentlich funktionieren kann.

Die Erzeuger erleiden Preissenkungen, welche den Markt ins Ungleichgewicht bringen, nicht an die Verbraucher weitergegeben werden und die Erholung des Sektors verzögern. Dies muss korrigiert werden. Wir müssen einen fairen Wettbewerb garantieren und auch die Rückverfolgbarkeit während der Vermarktung verstärken.

 
  
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  Riikka Manner (ALDE). - (FI) Frau Kommissarin, Sie haben erwähnt, dass die Rückkehr zum Quotensystem außer Frage steht. Haben wir nicht gesehen, was in der Milchindustrie geschah, nachdem die Kommission im Frühjahr entschieden hatte, diese Quoten schrittweise abzusenken? Das war eine sehr schlechte und kurzsichtige Entscheidung. Die komplette Quotenrücknahme wird vielen kleinen Bauernhöfen den Todesstoß versetzen. Ist dies die Art von Politik, die die Kommission durchführen möchte? Tatsache ist, dass wir ein restriktives System für die Milchindustrie benötigen. Wenn Quoten nicht in Betracht kommen, möchte ich an Sie, Frau Kommissarin, appellieren, sicherzustellen, dass die Kommission andere Lösungen für die Überwindung der Krise findet. Dies ist eine europäische Krise, und wir müssen eine Landwirtschaftspolitik verwirklichen, die für Landwirte unabhängig von Land und Region zumindest einen angemessenen Lebensstandard sicherstellt.

 
  
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  Yannick Jadot (Verts/ALE).(FR) Herr Präsident, Frau Kommissarin, ich bin gewählter Abgeordneter einer Region im Westen Frankreichs, wo es eine sehr hohe Konzentration an Milchviehbauern gibt, und ich glaube nicht, dass Sie die schlimme soziale Situation erkannt haben, die diese heute durchmachen.

Frau Kommissarin, wenn Sie von,Erzeugern’ sprechen, höre ich,Industrielle’ und,Großhändler’. Milcherzeuger brauchen nicht Ihr Mitgefühl, Frau Kommissarin. Sie brauchen nicht die antiquierten liberalen Theorien, die uns in eine beispiellose Weltkrise hineingezogen haben. Milcherzeuger brauchen eine aufrichtige Landwirtschaftspolitik. Sie brauchen strikte Quoten. Deshalb fordern wir den Rat dazu auf, Ihre Politik aufzuheben, und stattdessen eine authentische, Milchhersteller unterstützende Politik zu gestalten, und dieser Politik, die sie massenweise vernichtet, ein Ende zu setzen.

 
  
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  Janusz Wojciechowski (ECR). - (PL) Herr Präsident, Frau Kommissarin, Ihre Debatte hat in der Tat im Schatten dramatischer Ereignisse im Hinblick auf Bauern, die aus Protest Milch ausgießen, stattgefunden. Wir alle sind über die Geschehnisse tief erschüttert.

Ich wollte auf ein Problem verweisen, das durch meinen Kollegen Herrn Nicholson erwähnt wurde, und zwar die Art, mit der große Handelsketten und Großmärkte sowohl ihre Konsumenten als auch speziell ihre Lieferanten missbraucht haben. Ich möchte Sie daran erinnern, dass das Europäische Parlament während der Amtszeit von 2008 eine schriftliche Erklärung - ich war einer der Koautoren - zur Beendigung dieses Missbrauchs und Durchführung einer eingehenden Untersuchung des Sachverhalts durch die Kommission angenommen hatte. Nach meiner Information sind Maßnahmen ergriffen worden, aber der Prozess scheint zu langsam zu sein. Ich möchte fragen, ob die Kommissarin an diesem Sachverhalt interessiert ist und was generell die künftigen Tendenzen dieser Maßnahmen sind.

Es läuft wirklich etwas falsch in der Wirtschaftspolitik der Europäischen Union, da Landwirte weniger als 10% des Werts ihres Erzeugnisses erhalten. Das muss sich ändern. Ich möchte die Kommissarin darum bitten, Maßnahmen in dieser Angelegenheit zu ergreifen.

 
  
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  Jaromír Kohlíček (GUE/NGL).(CS) Frau Kommissarin, Sie sehen einen Anstieg von 3% - 8% beim Preis von Enderzeugnissen wie Magermilch und Butter als Fortschritt. Meiner Ansicht nach ist dies eine Beleidigung für unsere Landwirte. Das Hauptproblem ist der Preis, zu dem Milch von den Landwirten abgenommen wird. In der Tschechischen Republik ist der Abnahmepreis zum Beispiel bis zu 25% niedriger als die Produktionskosten, aber der Preis des in den Geschäften verkauften Enderzeugnisses würde leicht alle Kosten des Landwirts decken. Das Hauptproblem ist demnach, dass es dort irgendwo ein großes Loch gibt. Dieses Problem muss gelöst werden. In der Tschechischen Republik haben wir jetzt weniger Rinder als nach den Napoleonischen Kriegen. Dies gefährdet jetzt sogar den Erhalt landwirtschaftlicher Gebiete. Herr Bové hat ganz Recht und Herr Fajmon hat tiefgreifend...

(Der Präsident entzieht dem Redner das Wort)

 
  
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  Krisztina Morvai (NI).(HU) Herr Präsident, es werden offensichtlich Hilfsmaßnahmen benötigt, da die Lage katastrophal ist. Aber handelt es sich nicht um grundlegende Probleme? Sicherlich gibt es ein Problem mit einem Modell oder System, bei dem zum Beispiel eine große Sojamenge aus Lateinamerika importiert wird, wobei man das Überangebot in Europa verstärkt, während die Umwelt in Lateinamerika zerstört wird. In der darauffolgenden Krise zerbrechen wir uns dann den Kopf darüber, ob wir landwirtschaftliche Produkte zu Dumpingpreisen in die Dritte Welt exportieren sollten, und vernichten folglich dort den Markt mit den Konsequenzen für die bäuerlichen Kleinbetriebe und Erzeuger. Brauchen wir nicht ein neues Modell wie die Nahrungsmittelhoheit, anstatt der Landwirtschaft eine durch die WTO Welthandelsorganisation diktierte Freihandelspolitik aufzuerlegen? Meine zweite Frage wäre: Wir bitten um einen ausdrücklichen Hinweis oder Vorschlag, wie ... (Der Präsident unterbricht die Rednerin)

 
  
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  Astrid Lulling (PPE). - Herr Präsident! Wir haben die Banken gerettet, als es notwendig wurde. Jetzt sind wir mit einer Lage konfrontiert, wo es darum geht, zu vermeiden, dass Zigtausende Bauernbetriebe kurzfristig bankrott gehen, weil die Preise die Gestehungskosten nicht mehr decken.

Wir müssen doch sicherstellen, dass unser Produktionspotential erhalten bleibt, um die Bevölkerung mit qualitativ hochwertigen Lebensmitteln zu versorgen. Ich gehöre einer Generation an, die noch erlebt hat, dass Lebensmittel rationiert waren. Ich erinnere mich, dass ich im Winter 1944 acht Kilometer mit dem Fahrrad zurücklegen musste, um zwei Eier zu hamstern. So weit wird es hoffentlich nicht mehr kommen, aber Versorgungssicherheit – nicht nur im Energiesektor – ist auch angesagt.

Wenn wir nicht bereit sind, die Maßnahmen zu ergreifen, die in unserer Entschließung angemahnt wurden, wird der Kostenpunkt der sozialen, wirtschaftlichen, umweltpolitischen Folgen in der EU ein Vielfaches von dem sein, was...

(Der Präsident entzieht der Rednerin das Wort.)

 
  
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  Ricardo Cortés Lastra (S&D).(ES) Herr Präsident, Frau Kommissarin, meine Damen und Herren, wie die Europäische Kommission in ihrer Mitteilung vom 22.Juli feststellte, hat sich die Lage im Milchwirtschaftssektor in den letzten 12 Monaten dramatisch verschlechtert.

Wenn man indessen den enormen Einfluss der Krise auf die Preise von Molkereiprodukten und insbesondere auf die durch die Erzeuger erwirtschafteten Gewinne in Betracht zieht, sind die durch die Europäische Kommission vorgeschlagenen und durch den Ministerrat erörterten aktuellen Maßnahmen unzureichend, um dem Nachfragerückgang und dessen Folgen entgegenzuwirken.

Die gegenwärtige Krise bietet uns nicht nur die Herausforderung, den Nachfragerückgang umzukehren, sondern auch eine Gelegenheit zur Belebung des Konsums und zur Förderung von Molkereiprodukten. Wir müssen auch gewährleisten, dass die unumstrittene Qualität des ursprünglichen Produkts, bevor es den Endverbraucher erreicht, komplett erhalten bleibt.

In dieser Hinsicht können Maßnahmen wie die Kennzeichnungsverbesserung, die Steigerung des Milchverbrauchs bei bestimmten Bevölkerungsgruppen oder der Einsatz von Milch bei der Kälberfütterung dazu beitragen, nicht nur die aktuelle Situation, sondern auch die gesamte strukturelle Lage im Sektor zu verbessern.

 
  
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  Mariann Fischer Boel, Mitglied der Kommission. – Herr Präsident, zunächst möchte ich den Mitgliedern des Parlaments für diese sehr engagierte Debatte danken. Ich habe wirklich sehr genau zugehört. Aber ich habe natürlich auch die unterschiedlichen, von den verschiedenen Mitgliedern dieses Parlaments gehörten Auffassungen zur Kenntnis genommen.

Was das Quotensystem anbelangt, scheint es der Sündenbock für die gesamte Situation zu sein, in der wir uns befinden. Ich unterschätze nicht - und ich bin hierzu von Beginn dieser Diskussion an sehr deutlich gewesen - dass sich der Milchsektor nicht nur in Europa, sondern weltweit in einer noch nie da gewesenen Krise befindet. Das muss sehr klar sein. Demnach verstehe ich mit Sicherheit wirklich die Enttäuschung, die ich bei den Landwirten in den verschiedenen Teilen Europas teilweise sehe.

Die Abschaffung des Quotensystems wurde vorab im Jahr 2003 entschieden. Demnach ist es keine Entscheidung, die über Nacht getroffen wurde oder von der niemand wusste. Dann beim Gesundheitscheck hatten wir die Diskussion zur Quotenerhöhung, um zu versuchen, eine "weiche Landung" für die Milchbauern hinzubekommen.

Aber ich denke, dass diejenigen, die mit dem Finger auf das Quotensystem als Ursache für all die Probleme, mit denen die Milchbauern konfrontiert sind, zeigen, falsch liegen. Denn wir sehen, dass wir sogar mit einem etablierten Quotensystem nicht in der Lage gewesen sind, hohe Preise beizubehalten; und die strukturellen Veränderungen im Milchsektor haben ohnehin stattgefunden. Wenn Sie sich das Jahr 1984, als das Quotensystem eingeführt wurde, anschauen, hatten wir in der alten EU-10 1,6 Millionen Milchbauern. Heute haben wir in der EU-10 300 000 Milchbauern: weniger als ein Fünftel der heutigen Milchbauern im Vergleich zu 1984 mit einem etablierten Quotensystem. Diese strukturellen Veränderungen finden demnach ohnehin statt.

Ich glaube nicht, dass die Umkehr des Beschlusses zum Gesundheitscheck die richtige Politik ist, und hierbei werde ich von allen Staatsoberhäuptern unterstützt, die in ihren Beschlüssen vom Junitreffen deutlich sagen, dass ich an den Beschlüssen zum Gesundheitscheck festhalten soll. Ich habe während der Debatten zum Gesundheitscheck nie in irgendeiner Weise jemals eine Bereitschaft signalisiert, diese Beschlüsse rückgängig zu machen, da dies zweifellos die Prognosen für die Landwirte in der Europäischen Union verschlechtern würde.

Aber, José Bové, ich glaube, Sie sagten, dass ich nicht gewissenhaft gehandelt hätte; das sei die Laissez-faire-Einstellung. Ich glaube nicht, dass es fair ist zu sagen, wir hätten nichts getan. Ich werde all die verschiedenen, durch uns ergriffenen Maßnahmen wiederholen. Ich denke, wenn die Mitgliedstaaten dem Milchsektor besondere Aufmerksamkeit zuteil werden lassen möchten, haben sie mit dem Gesundheitscheck jetzt die Möglichkeit zur Umverteilung der direkten Zahlungen, sodass sie den Weidelandgebieten eine besondere Präferenz einräumen. Das ist eine Möglichkeit, und ich weiß, dass mindestens ein großer Mitgliedstaat die Gelegenheit zur Nutzung dieser Option ergriffen hat; für die Berggebiete gibt es eine Menge anderer Wege. -

Wir haben in Europa heute eine Produktion, die 45% unterhalb der Quote liegt, also was würde geschehen, wenn wir die Quote wirklich um 5% kürzen wollten? Wir würden die Situation der jungen Landwirte, die in die Zukunft investiert haben, tatsächlich gefährden.

Deshalb möchte ich den Ländern und Mitgliedstaaten, die ihrem Milchsektor wirklich helfen wollen, empfehlen, den Vorteil des Quotenaufkaufs von denen, die den Milchsektor verlassen wollen, zu nutzen. Das ist ein viel besserer Weg für die Existenzsicherheit derer, die investiert haben, während denen, die den Sektor verlassen möchten, eine helfende Hand gereicht wird. Das, denke ich, ist die richtige Politik.

Kann ich dann auch die missverständlichen Äußerungen zur Supersteuer korrigieren? Wir führen kein neues Supersteuersystem ein. Wir räumen lediglich die Möglichkeit für Mitgliedstaaten ein, Quoten von Landwirten aufzukaufen, um so die Obergrenzen um die aufgekauften Mengen zu kürzen. Aber es ist keine neue Supersteuer, die irgendwelche Landwirte abstrafen wird.

Nur kurz zu einigen Aspekten der Förderung. Wir haben bereits 14 Mio. EUR an Förderung für den Rest dieses Jahres zurückgestellt. Wir haben uns darüber verständigt, das Schulmilchmodell auszubauen; Joghurt mit einem geringen Zuckeranteil - das heißt mit weniger als 7% Zucker - wird jetzt in das Schulmilchmodell eingeführt. Das Thema Kennzeichnung – ich höre von verschiedenen Mitgliedern des Parlaments, dass Interesse an einem Kennzeichnungssystem besteht – lassen Sie uns im Kontext der seriösen Tageszeitung diskutieren, die im Moment gerade auf dem Tisch liegt. Demnach meine ich, dass es zahlreiche Möglichkeiten gibt.

Abschließend möchte ich zur Lebensmittelkette sagen, dass ich völlig mit Ihnen übereinstimme, dass es keine Transparenz in dieser Kette gibt, und wir nicht sehen können, wohin der Mehrwert verschwindet. Daher freue ich mich darauf, diesen Bericht vor Jahresende zu präsentieren, damit wir sehen können, wie die Situation wirklich ausschaut.

Ich muss sagen, wenn man sich die Situation der Supermärkte in ganz Europa ansieht, gibt es große Unterschiede. Discounter haben in Deutschland Tradition. Diese Supermärkte nutzen Molkerei- oder Milchprodukte wie einen Lockartikel, um Verbraucher anzuziehen, und sie offerieren sehr niedrige Preise. Aber sie reichen die Rechnung einfach an die Landwirte weiter und zahlen ihnen den niedrigen Preis. Demnach wäre es sehr interessant und notwendig, wie ich meine, herauszufinden, was in dieser Kette tatsächlich passiert. Lassen Sie uns daher diese Transparenz und den Markt sowohl kommissionsintern als auch in den Wettbewerbsbehörden der Mitgliedstaaten genauer untersuchen.

Es ist hier heute eine sehr interessante Debatte gewesen. Ich hoffe, dass Sie die kurz- und langfristigen Maßnahmen zur Kenntnis genommen haben, die gemeinsam mit Frankreich und Deutschland ausgearbeitet worden sind. Ich bin sicher, dass wir einige sehr interessante Erörterungen zur Zukunft des Milchsektors in Europa haben werden, denn wir alle möchten, dass unser Milchsektor eine Zukunft hat.

 
  
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  Paolo De Castro, Verfasser. (IT) Herr Präsident, meine Damen und Herren, ich möchte der Kommission dafür danken, dass sie entschieden hat, heute im Parlament dabei zu sein, um neue Vorschläge zur Krise im Milchproduktionssektor zu präsentieren. Für die gerade begonnene Amtszeit ist es wichtig, einen interinstitutionellen Dialog zwischen der Kommission und dem Parlament zu führen, einen positiven Dialog, der in der Tat bereits das Mitentscheidungsverfahren begründet hat.

Wir werden Ihre neuen Vorschläge, Frau Kommissarin, sehr genau beurteilen, und es wird meine Aufgabe sein, den Ausschuss für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung darum zu bitten, umgehend und unverzüglich ein Gutachten zu den neuen Ideen zu erstellen.

Darf ich hingegen mit dem Hinweis schließen, dass, wenn der Änderungsantrag im Ausschuss für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung einstimmig angenommen wird, so wird er auch uneingeschränkt durch dieses Parlament im Plenum angenommen, und es wird ein politisches Problem werden, wenn der Rat dann nach der Ratifizierung von Lissabon dagegen stimmen sollte. Ich möchte daher Sie und den Rat darum bitten, dies einer ernsthaften Betrachtung zu unterziehen.

 
  
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  Der Präsident. – Um die Aussprache zu beenden, möchte ich verkünden, dass ich sieben Entschließungsanträge(1) gemäß Artikel 115 Absatz 5 der Geschäftsordnung erhalten habe.

Die Aussprache ist beendet.

Die Abstimmung erfolgt heute um 12.00 Uhr.

Schriftliche Äußerungen (Artikel 149).

 
  
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  Luís Paulo Alves (S&D), schriftlich.(PT) Ich komme aus einer Randgegend, von den Azoren, wo die Milchproduktion der Pfeiler von Wirtschaft, Gesellschaft und Umwelt ist. In den letzten Wochen haben wir uns mit den Erzeugern, ihren Verbänden und der verarbeitenden Industrie getroffen. Alle stimmen sie zu. Es ist entscheidend, dass die Kommission effektivere und zwingende umfassende Maßnahmen zur Bewältigung der gegenwärtigen Situation einleitet.

Der Bargeldumlauf im Sektor versiegt. Es ist essenziell, dass die Europäische Union die Randregionen besonders genau in Augenschein nimmt und bei ihren Maßnahmen berücksichtigt, um die Auswirkungen der gegenwärtigen Krise zu lindern.

Sie alle sind der Ansicht, dass wir die Quotenzunahme stoppen müssen. In einem durch Überangebote aus dem Gleichgewicht gebrachten Markt schädigt ein Land, das seine Produktion steigert, alle anderen. Sie glauben auch, dass wir fortfahren sollten, Quoten als einen angebotsregulierenden, ihre Leistung stabilisierenden Mechanismus beizubehalten.

Beim gegenwärtigen Szenario einer totalen Liberalisierung sollten die sozialen, umweltpolitischen und wirtschaftlichen Auswirkungen auf diese Regionen dringend untersucht werden. Es müssen spezielle Maßnahmen entwickelt werden, um den Einbruch dieser Wirtschaftstätigkeit zu verhindern, die verantwortlich ist für unsere wunderschönen Landschaften, für die Qualität unserer Umwelt und ländlichen Gebiete, für den wirtschaftlichen Fortschritt und die Annäherung, die wir erreicht haben.

 
  
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  Béla Glattfelder (PPE), schriftlich. – (HU) Die aktuelle Milchmarktkrise ist hauptsächlich durch die Anhebung der Milchquoten verursacht worden. Die Europäische Kommission und die Regierungen der Mitgliedstaaten sind gleichfalls für die gegenwärtige ernste, den Milchsektor beeinträchtigende Situation verantwortlich, da sie im Jahr 2008 die Anhebung der Quoten unterstützt haben, was zur Erzeugung einer Milchschwemme und zum Preiszusammenbruch führte.

Diese Entscheidung begründete sich auf falschen Marktprognosen der Europäischen Kommission. Die Europäische Kommission hingegen hatte ihre Absicht auch dann nicht aufgegeben, als offensichtlich wurde, dass die Produktionszunahme gegenläufig zu den Markttrends war.

Daher muss die Europäische Union ihre zu einer Zunahme der Milchproduktion führenden Maßnahmen unverzüglich einstellen. Darüber hinaus lehnen wir die endgültige Quotenaufhebung nach 2015 ebenfalls ab. Die wichtige, aus der gegenwärtigen Krise zu lernende Lektion ist, dass der Milchmarkt reguliert werden muss. Ohne dem werden die Preise unberechenbar werden. Die europäischen Milchproduzenten werden die durch eine große Preisvolatilität verursachten Verluste nicht überstehen können.

Ich bin erfreut, dass der Ausschuss für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung mit Blick auf die Entspannung der Krise für meine Initiative gestimmt hat, die den Umfang der Exportsubventionen von 450 Mio. EUR auf 600 Mio. EUR erhöhen würde. Ohne die Exportsubventionen würden einige der Überschüsse auf dem EU-Binnenmarkt verbleiben, was zu einem weiteren Preisrückgang führen würde.

 
  
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  Jim Higgins (PPE), schriftlich. – Die Milchquoten müssen um 5 bis 10 Prozent gekürzt werden, um die Preise auf ein tragfähiges Niveau zurückzudrängen. Nur Quoten allein werden den Milchsektor nicht retten. Auch wenn die Kommission mit ihrer langfristigen Perspektive richtig liegt, kann sie sich nicht von der Realität loslösen - und die krasse Realität ist die, dass die Agrarindustrie, insbesondere der Milchsektor, in wirklicher Gefahr ist. Die niedrigsten Milchpreise seit dem Jahr 1983 in Verbindung mit hohen Kosten, schlechtem Wetter und fehlenden Krediten haben 2009 eine beispiellose Cashflow- und Einkommenskrise für die Familien der Milchbauern verursacht. Während sich abzeichnet, dass die Märkte die Talsohle erreicht haben, scheinen die dringend benötigten Zuschläge noch weit entfernt zu sein, und ein EU-Eingreifen ist erforderlich. Ich stimme mit dem Präsidenten des Irischen Bauernverbands IFA Padraig Walshe und dem Milchpräsidenten Richard Kennedy darin überein, dass der schnellste Weg einer Beschleunigung der Preiserholung für die EU-Kommission ein aggressiverer Einsatz aller Marktstützungsmaßnahmen ist, wie:

- Ausfuhrerstattungen

- Beihilfen im Bereich der Weiterverarbeitung

- Erweiterte Höchstpreisinterventionen

- Längere private Lagerhaltung für Butter

- Sorgsamer Umgang mit Beständen

 
  
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  Anneli Jäätteenmäki (ALDE), schriftlich. – (FI) Herr Präsident, im vergangenen Jahr hat sich die Situation im Milchsektor dramatisch verschlechtert. Der Erzeugerpreis für Milch ist gesunken, und gegenwärtig müssen viele Milcherzeuger Molkereiprodukte zu einem Preis verkaufen, der die Produktionskosten nicht deckt. Das Überleben der Milcherzeuger ist jetzt ernsthaft in Gefahr. Bis heute ist es nicht möglich gewesen, die Krise im Milchsektor mit den durch die Kommission umgesetzten Maßnahmen zu überwinden. Jetzt ist es an der Zeit, unsere Ärmel hochzukrempeln und mit neuen Lösungen aufzuwarten Die Kommission muss den Milchmarkt in Europa rasch stabilisieren. Gleichzeitig sollte sie auch die Zukunft der Milchindustrie gemeinsam mit den Akteuren des Sektors und den Mitgliedstaaten einer gründlichen Einschätzung unterziehen. Vielen Dank.

 
  
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  Véronique Mathieu (PPE), schriftlich.(FR) Um die besonders schwierigen wirtschaftlichen Bedingungen, denen gegenwärtig der Milchsektor ausgesetzt ist, zu bewältigen, ist jetzt ein überzeugendes Eingreifen der Europäischen Union dringend erforderlich. Zusammen mit der Mehrheit der Mitgliedstaaten denke ich, dass die von der Kommission vorgeschlagenen Lösungen unbefriedigend sind. Natürlich begrüße ich die durch die Kommission eingeräumte Flexibilität, die es ermöglicht, den Höchstbetrag der nationalen Beihilfen für die ums Überleben kämpfenden Erzeuger von 7 500 EUR auf 15 000 EUR zu erhöhen. Trotzdem ist es für uns unbedingt notwendig, effektivere Interventionsinstrumente einzusetzen. Um die zunehmende Preisvolatilität zu bewältigen, müssen unsere Märkte in einem größeren Umfang reguliert werden. Die gemeinsam abgegebene Erklärung von 16 Mitgliedstaaten zur Situation auf dem europäischen Milchmarkt eröffnet der Kommission einige wertvolle Anregungen für eine verbesserte Milchmarktregulierung. Da sieben Mitgliedstaaten dies beantragen, meine ich, dass eine Erwägung der zeitweisen Aussetzung der Quotenerhöhung notwendig ist. Auch möchte ich meine Unterstützung für die Einführung eines,Milchfonds’ wiederholen, um den Erzeugerverbänden und -genossenschaften zu helfen, und um landwirtschaftliche Investitionen, Modernisierungen, Diversifizierungen der Milchwirtschaft, Maßnahmen in Verbindung mit der geografischen Lage und Marketingmaßnahmen für Molkereiprodukte gleichfalls zu unterstützen.

 
  
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  Ivari Padar (S&D), schriftlich. – (ET) Wenn wir die aktuelle Lage im Milchmarkt betrachten, wird deutlich, dass unser Sektor immer noch weitestgehend unvorbereitet ist, um die Folgen der globalen Wirtschaftskrise zu meistern. Im Ergebnis sollte die Entwicklung der gemeinsamen Landwirtschaftspolitik weiterhin auf eine verbesserte Wettbewerbsfähigkeit und, auf lange Sicht, weniger Marktverwaltung abzielen. Es ist ein Schritt in die richtige Richtung, die gemeinsame Agrarpolitik einem,Check-up’ zu unterziehen, und der einzige Weg zur Stärkung des Sektors ist die Beibehaltung der gleichen Marschroute in den Debatten der gemeinsamen Agrarpolitik nach 2013.

 
  
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  Daciana Octavia Sârbu (S&D), schriftlich.(RO) Wir durchlaufen derzeit die tiefste durch die globale Krise eingeleitete Krise im Milchsektor, die im Wesentlichen eine Folge des Gegensatzes von Angebot und Nachfrage ist. Der Preisrückgang bei Milch und Milchprodukten betrifft in erster Linie Landwirte mit niedrigen Einkommen. Daher glaube ich nicht, dass das Quotensystem in allen Mitgliedstaaten eingefroren werden sollte, sondern jeder Staat sollte entscheiden, wie die eigenen Quoten festzusetzen sind. Das Problem ist, dass im Vergleich zu 1983-84 nur ein Fünftel der Erzeuger im Markt verblieben sind, und derzeit ist die Existenz weiterer Betriebe gefährdet. Wir müssen daher vorsorgliche Maßnahmen einleiten, um dies zu verhindern. Wir sollten folgende Maßnahmen zur Beendigung der Krise in diesem Sektor ergreifen: Erweiterung der vorgesehenen Maßnahmen für die Butter-, Milchpulver- und Käselagerung, die beschleunigte Einrichtung eines Milchfonds für die Bedürfnisse kleiner Erzeuger und junger Landwirte, und die Erzielung von Absprachen mit den Supermärkten im Sinne von fairen Preisfestlegungen sowohl für landwirtschaftliche Erzeuger als auch für Händler.

 
  

(1) Siehe Sitzungsprotokoll.


3. Sicherheit der Energieversorgung (Nabucco und Desertec) (Aussprache)
Video der Beiträge
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  Der Präsident. – Der nächste Punkt ist die Kommissionserklärung zur Energiesicherheit im Hinblick auf die Nabucco- und Desertec-Projekte.

 
  
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  Andris Piebalgs, Mitglied der Kommission. – Herr Präsident, Energie wird in den nächsten fünf Jahren mit Sicherheit weiterhin der Schwerpunkt dieses Parlaments sein. Zugleich haben wir in den letzten fünf Jahren gute Fortschritte bei der Etablierung einer soliden europäischen Energiepolitik, die drei Ziele beinhaltet, erzielt: Versorgungssicherheit, Nachhaltigkeit und Wettbewerbsfähigkeit.

Für das Erreichen all dieser Ziele ist die externe Dimension aus zwei Gründen extrem wichtig. Erstens, die EU-Importabhängigkeit - gegenwärtig werden 50% der Energieressourcen in die Europäische Union importiert, und der Trend geht nach oben.

Zweitens, Fragen, die in Beziehung zur Nachhaltigkeit stehen. Die angesichts des Klimawandels gesetzten Ziele können nirgendwo in der Welt erreicht werden, solange Energie nicht sauberer produziert und effizienter genutzt wird. Daher ist der Dialog mit den Erzeuger-, Transit- und Verbraucherländern entscheidend.

Die beiden heute im Plenum erwähnten Projekte sind in gewisser Weise eine Ergänzung und passen zugleich gut in die Gesamtstrategie.

Zuallererst zu Nabucco. Ich kam gestern aus Baku zurück - wir sind definitiv noch auf dem richtigen Kurs hin zur Verwirklichung dieses Projekts. In diesem Juli haben wir einen großen Durchbruch erzielt. Es ist ein zwischenstaatliches Abkommen zwischen vier europäischen Ländern und der Türkei unterzeichnet worden, was bedeutet, dass wir im nächsten Jahr bereits eine abschließende Investitionsentscheidung im Hinblick auf den Erhalt von Gaslieferungen ab 2014 treffen könnten.

Wir haben drei Quellen ermitteln können, die bereit sind, Gasmengen zu liefern. Erstens Aserbaidschan, wo die abschließende Investitionsentscheidung zu Shah Deniz 2 in naher Zukunft getroffen werden sollte. Dann gibt es weitere Felder in Turkmenistan und im Irak, die gegenwärtig die größten Versorgungsquellen darstellen.

Wo liegen die Schwierigkeiten? Es gibt immer Schwierigkeiten in Bezug auf die Art und Weise, mit der wir im Energiebereich agieren, und wie etliche Erzeugerländer organisiert sind. In der Europäischen Union sind Projekte industriegesteuert, das heißt, dass die kommerziellen Risiken immer sehr genau kalkuliert werden. Die Länder, die über die Ressourcen verfügen, erwarten mehr vorwärtsweisende Entscheidungen. Das heißt, wenn zum Beispiel die EU entscheidet, eine Pipeline zu bauen, dann baut sie eine Pipeline, und dann liefern wir Gas. Die Philosophien unterscheiden sich. Zugleich gibt es eine klare Verständigung dahingehend, dass die EU-Länder zum Gaskauf bereit sind, und wir kommen diesbezüglich voran.

Ich meine, dass die Transitangelegenheit mehr oder weniger gelöst ist. Wir erwarten immer noch die Ratifizierung des zwischenstaatlichen Abkommens, aber ich rechne nicht mit zu vielen Schwierigkeiten. Um den Gaskauf aus Regionen mit besonderen Gasverkaufswegen zu erleichtern, entwickeln wir derzeit auch das Konzept einer,,Kaspischen Entwicklungsgesellschaft", das reduzierte Risiken für Gasabnehmer, zum Beispiel an der turkmenischen Grenze, oder Unternehmen, die in Gebiete mit erheblichen politischen und wirtschaftlichen Risiken investieren, berücksichtigt.

Wir sind auf einem guten Weg, und ich glaube, dass dies ein gutes Beispiel für eine Zusammenarbeit bei industriegesteuerten Projekten mit politischer Unterstützung durch die EU-Institutionen ist.

Auch haben wir einige Mittel für den,,Südlichen Gaskorridor" und insbesondere für das Nabucco-Projekt bereitgestellt. Wir haben eine Aufforderung zur Einreichung von Vorschlägen initiiert. Gegenwärtig kann ich nicht sagen, ob dies erfolgreich oder zufriedenstellen verläuft, aber zumindest wurde es veranlasst.

Desertec ist auch eine industriegesteuerte Initiative, die sich aktuell in der Startphase befindet. Dass wir das Solarenergiepotenzial von Afrika nutzen und in die Europäische Union befördern, klingt sehr interessant, aber wir brauchen einige flankierende Maßnahmen für die Verwirklichung dieses Projekts.

Zunächst ist da die jahrelang durch uns unterstützte technologische Entwicklung. In Sevilla wird in diesem Monat ein großes Solarenergiekraftwerk feierlich eröffnet. Dies ist eine für das Desertec-Projekt möglicherweise nutzbare Technologie, und ich meine, wir würden ohne die EU-Unterstützung nicht so weit in dieser Technologie vorangeschritten sein.

Zweitens müssen wir mit Partnern zusammenarbeiten. Denn es ist offensichtlich, dass wir nicht einfach sagen können, wir nehmen euer Gebiet in Anspruch, stellen dort Solarkollektoren auf und befördern Strom in die Europäische Union. Es sollte ein gemeinsames Eigentumsrecht an diesen Projekten, wenn sie überhaupt durchgeführt werden sollten, geben. Daher werden wir im Oktober gemeinsam mit den Ländern der Mittelmeer- und Golfregion eine Konferenz zur Nutzung erneuerbarer Energien durchführen. Wir benötigen klar ein gemeinsames Eigentumsrecht an diesen Projekten, damit Desertec erfolgreich wird, da es andernfalls zu keinem gelungenen Ergebnis kommen wird.

Nicht zuletzt haben wir da noch definitiv das Thema der Abhängigkeit. Es gibt zwei Arten von Abhängigkeiten, die wir unterscheiden müssen. Die eine bezieht sich auf die Philosophie und die Märkte. Einige Zeit lang haben wir die Integration der Märkte in Nordafrika unterstützt. Es sind Fortschritte erzielt worden, nur müssen wir diese Maßnahmen verstärken. Die zweite Art ist die physische Abhängigkeit von der Europäischen Union bei der Nutzung von Stromversorgungskabeln.

Ich glaube, dass es schrittweise zu Desertec kommen wird. Es wird kein großes homogenes Projekt werden, aber ich glaube, es gibt Elemente, die letztendlich zu unseren Zielen passen könnten: saubere Energie für die beteiligten Länder und zusätzliche Exporte in die Europäische Union.

Wir haben auch für kommerzielle Anreize gesorgt. Mit der Richtlinie 2009/28/EG des Europäischen Parlaments und des Rates zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen und zur Änderung und anschließenden Aufhebung der Richtlinien 2001/77/EG und 2003/30/EG (Erneuerbare-Energien-Richtlinie) haben wir für EU-Länder die Möglichkeit geschaffen, in Drittländer zu investieren und Strom in die Europäische Union zu befördern, und damit wird das Ziel mittels der Energie, die in einem Drittland produziert wird, auch erfüllt werden.

Nichtsdestoweniger ist es durchaus schwierig, für Desertec gegenwärtig einen Zeitplan aufzustellen. Es ist eine neue, immer noch in ihrer Anfangsphase steckende Initiative, und wir können nicht sagen, dass Desertec Teil unserer Energieversorgungssicherheitsstrategie ist. Es ist ein vielversprechender Schritt hin zu einer Strategie der Bekämpfung des Klimawandels, die wir fördern müssen. Nabucco jedoch steht für die Gewährleistung von Versorgungssicherheit, und es ist derzeit verfrüht, sich auf Desertec zu verlassen.

Ich möchte damit schließen, dass die besten Maßnahmen zur Energieversorgungssicherheit innerhalb der Europäischen Union zu treffen sind. Dieses Parlament ist ein sehr starker Befürworter der Energieeffizienz. Energieeffizienz hat nicht nur etwas mit Klimawandel zu tun. Es ist ein wirklich wichtiges Element der Versorgungssicherheit. Ich würde sagen, sie ist sogar kombiniert mit South Stream und North Stream wichtiger als Desertec und Nabucco. Sie ist wirklich der größte Faktor. Drei Rechtsinstrumente werden derzeit mit dem Rat erörtert, und ich möchte hervorheben, dass wir damit einen ehrgeizigen und erfolgreichen Ansatz verfolgen müssen.

Im Hinblick auf die erneuerbaren Energien bin ich diesem Parlament für die Unterstützung des Konjunkturprogramms sehr dankbar, und ich bin ziemlich optimistisch dahingehend, was ich über die Anträge für die Offshore-Windenergie gehört habe. Es scheint so, dass all die für die Unterstützung der Offshore-Windenergie vorgesehenen Fonds eingesetzt werden. Dies sind nicht nur EU-Gelder, da der Gesamtumfang ungefähr 600 Millionen beträgt; aber allein die Gesamtgröße dieses Projekts umfasst 4 Milliarden - demnach investiert die Industrie das meiste davon. Dies ist eine sehr gute Kombination, wie ich meine, da erneuerbare Energien auch Versorgungssicherheit bieten.

Nicht zuletzt weiß ich, dass es bisweilen einen Streitpunkt zur Kohlendioxidabscheidung und -speicherung (CCS) gibt. CCS wird gewöhnlich aus zwei Gründen benötigt. Der eine ist eine globale Reaktion auf den Klimawandel. Von einer anderen Perspektive aus gesehen werden wir aber auch Stein- und Braunkohle für unsere Versorgungssicherheit verwenden. Es wurden auch sehr gute Fortschritte bei den mit dem Konjunkturprogramm angebotenen Finanzierungsanträgen gegeben, meiner Ansicht nach war das Konjunkturprogramm demnach erfolgreich. Nach Bekanntgabe der Ergebnisse müssen wir - die Kommission, der Rat und das Parlament - sicherlich überprüfen, wie die EU-Mittel zur Stärkung der Versorgungssicherheit der Europäischen Union zu verteilen sind. Auch werden bestimmt viele weitere Schritte zur Stärkung der Energieversorgungssicherheit der Europäischen Union unternommen werden müssen.

 
  
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  Ioannis Kasoulides, im Namen der PPE-Fraktion. – Herr Präsident, wir haben uns alle darüber verständigt, mit einer Stimme zu sprechen, und betreiben eine gemeinsame Außenpolitik zwecks Sicherung der Energieversorgung.

Zugegebenermaßen differiert der Energiemix und die Energieversorgung unter den Mitgliedstaaten je nach den geografischen Gegebenheiten und anderen Unterscheidungsfaktoren. Demnach umfasst die Diversifikation auch die Versorgung.

Ein diversifiziertes Verbundnetz kann bei entsprechender Umschaltung eines Tages zur Versorgungssicherheit für alle beitragen. Wir unterstützen den Bedarf an einem,,Südlichen Korridor", und Nabucco ist ein gemeinsames europäisches Projekt.

Dennoch müssen Antworten auf Fragen gefunden werden, die bei der vor Kurzem getroffenen Vereinbarung zwischen Herrn Putin und der Türkei aufgeworfen wurden, wie die Gasmenge aus Aserbaidschan im Vergleich zu den Investitionen, das Gazprom-Angebot zum Aufkauf aller aserbaidschanischen Exporte, die Zusicherung regelmäßiger irakischer Gaslieferungen und die Zusage Russlands, die doppelte Menge durch den South Stream zu befördern.

Der Energiedialog mit Russland ist eine auf dem pragmatischen und gerechten Grundsatz der Angebots- und Nachfragesicherheit basierende Notwendigkeit. Alle anderen geopolitischen Erwägungen sind zu vernachlässigen.

Was die Solidarität anbelangt, brauchen wir konkrete Pläne für Notfälle, wie die Speicherung und die neue LNG-Technologie. Zypern beispielsweise investiert eine halbe Milliarde Euro in LNG, und ich bedauere, dass die Union nur mit 10 Mio. EUR hilft.

 
  
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  Hannes Swoboda, im Namen der S-D-Fraktion. – Herr Präsident! Herr Kommissar, danke für Ihren Bericht! Die Sicherheit der Versorgung unserer Bürgerinnen und Bürger wird zu einer immer wichtigeren Frage. Gerade in diesem Zusammenhang wird Ihr Ressort in Zukunft eine noch größere Rolle spielen – auch für die europäische Identität.

Dabei geht es – das haben Sie richtig erwähnt – natürlich auch um Diversifizierung. Ich kann mich dem Kollegen Kasoulides nur anschließen: Die Zusammenarbeit mit Russland wird immer wichtig sein, es ist ein wichtiger Partner für die Gasversorgung. Aber wir sollten nicht zu sehr von einem Land abhängig sein – unabhängig davon, um welches Land es sich handelt –, sondern wir sollten dementsprechend diversifizieren. Und hier ist Nabucco ein guter Ansatz.

Mein dritter Punkt betrifft die notwendige Solidarität in der EU. Hier haben Sie einige Vorschläge gemacht, wie diese Solidarität verstärkt werden soll, und wie auch die Rolle der EU als Vermittler bei Streitigkeiten, die uns betreffen, insbesondere zwischen Russland und der Ukraine, gestärkt werden kann. Sie haben auch von Desertec gesprochen. Ich glaube, beide Projekte sind mit ihrer unterschiedlichen Kurz- bzw. Langfristigkeit wichtig.

Ferner ist zu überlegen – und das wäre eine Aufgabe Ihres Nachfolgers, ob Sie das selbst sind oder wer auch immer –, wie wir uns in Europa einerseits zu einigen großen Projekten bekennen, wie z. B. Nabucco und Desertec, aber gleichzeitig auch für die Dezentralisierung gewisser Strom- oder Energieproduktionen eintreten.

Derzeit befinden sich – auch wieder industry driven – eine Reihe von Industrieprojekten in der Entwicklung, die es möglich machen, dass der Verbraucher und auch der Haushalt selbst stärker in eine Energieproduktion einsteigt, die Energiesicherheit mit sich bringt. Das geht von den Smart Meters auf der einen Seite bis zur direkten Produktion durch einzelne Haushalte. Das könnte der europäische Aspekt sein, zu sagen: Ja, wir brauchen natürlich die Versorgung von außen, wir brauchen die Versorgungssicherheit, wir brauchen große Projekte, innovative Projekte wie Desertec, wir müssen aber auch dafür sorgen, dass die Menschen, die Firmen, die Unternehmen, aber auch die einzelnen Haushalte ihren Energiehaushalt, ihren Energieverbrauch sowohl preislich als auch ökonomisch als auch ökologisch verstärkt kontrollieren können.

 
  
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  Johannes Cornelis van Baalen, im Namen der ALDE-Fraktion.(NL) Herr Präsident, es ist mir als neu gewähltes Mitglied eine Ehre, das erste Mal vor diesem Plenum eine Rede zu halten. Ich tue dies auch als ehemaliges Mitglied des Unterhauses des niederländischen Parlaments und stellvertretender Präsident der Liberalen Internationalen, da ich die europäische, nationale und internationale Politik als Ganzes sehe. Im Energiesektor haben wir natürlich eine besonders enge Verflechtung dieser politischen Felder.

Herr Präsident, was unsere Position, Europas Position, in der Welt anbelangt, sind wir gegenwärtig offen für Erpressungen. Wir sind von instabilen Regionen und Ländern mit undemokratischen Regierungen abhängig. Dies muss aufhören. Daher unterstützt meine Fraktion, die Fraktion der Allianz der Liberalen und Demokraten für Europa, Nabucco und Desertec, und ich möchte auf die wichtige Funktion, die der ehemalige Fraktionsvorsitzende meiner nationalen Partei, Herr Van Aartsen, bei diesem Projekt inne hatte, hinweisen.

Herr Präsident, es gibt zwei Anmerkungen, die ich machen möchte. Ich bin froh, dass die Kommission die wichtige Funktion der Unternehmen anerkennt. Es können nicht nur die Behörden sein - die nationalen Regierungen, Europa oder internationale Organe - die in die Energiefragen involviert sind. Die Unternehmen müssen ausdrücklich eine Rolle spielen. Zweitens, Herr Präsident, sollten wir in diesem Parlament keine Tabus, wie das einer erneuten Prüfung von Kernenergie als Teil unseres Energiemixes, akzeptieren. Dies gilt auch für Europa im internationalen Kontext. Die Kernenergie, die Kernfusion und die Kernspaltung sind von entscheidender Bedeutung. Das Abfallproblem ist immens, aber wir müssen sicherstellen, dass hierbei Forschung und Entwicklung sowie Wissensaustausch zum Einsatz kommen. Die Kernenergie spielt eine wichtige Rolle bei der Bekämpfung des Treibhauseffekts. Noch einmal, auch meine Fraktion hat hier keine endgültige Meinung. Wir müssen diese Thematik auch neu erörtern, aber wir dürfen die Kernenergie in diesem Parlament nicht zu einem Tabu erklären. Ich möchte deshalb zu diesem Punkt gern die Ansicht der Kommission hören.

 
  
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  Reinhard Bütikofer, im Namen der Verts/ALE-Fraktion. – Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn wir heute über auswärtige Energiesicherheitspolitik reden, dann sind wir uns selbstverständlich einer Grundwahrheit bewusst, von der Kommissar Piebalgs schon gesprochen hat: Die entscheidende Front für die Energieunabhängigkeit liegt innerhalb unserer Europäischen Union. Um es konkret zu sagen: Wenn wir bei unseren Gebäuden Niedrigenergiestandards oder Nullenergiestandards durchsetzen könnten, dann würden wir damit mehr Erdgas einsparen, als wir mit Nabucco und South Stream und Nord Stream insgesamt importieren könnten. Insofern ist es wichtig, dass in unserer Entschließung festgehalten wird, dass besonders die kosteneffizienten Möglichkeiten der erneuerbaren Energie, der Energieeffizienzstrategie und der Energieeinsparung im Mittelpunkt stehen müssen. Dann ist unserer Meinung nach mehr Atomstrom überhaupt nicht nötig.

Zum Zweiten: Eine wichtige Botschaft dieser Entschließung heißt: Wir brauchen eine gemeinsame auswärtige Energiesicherheitspolitik der Union – diese fehlt bis jetzt! Dies Politik sollte die Förderung von Energieeffizienz und erneuerbarer Energie im Rahmen der Nachbarschaftspolitik sowie eine gemeinsame Haltung der Union in den Verhandlungen mit den Transitländern umfassen. Die Kommission sollte auch darauf achten, dass ihre Kapazitäten dem gewachsen sind, so wie es das Parlament vor zwei Jahren in seiner diesbezüglichen Entschließung schon gefordert hat.

Nabucco ist aus unserer Sicht ein Projekt mit hoher Priorität, weil es die Energieunabhängigkeit – insbesondere gegenüber Russland – stärken würde, auch wenn ich dem Herrn Kollegen Kasoulides Recht gebe, der davon gesprochen hat, dass es da durchaus noch eine ganze Reihe offener Fragen gibt, die beantwortet werden müssen. Wir bedauern aber, dass einige Mitglieder durch ihre Förderung des Projekts South Stream, das sich offen gegen Nabucco richtet, die Politik der Energieunabhängigkeit untergraben.

Für uns Grüne ist bei der Energiepolitik auch wichtig, dass wir im Energiedialog die Menschenrechte nicht vergessen, den Menschenrechtsdialog nicht hintanstellen. Ferner ist uns wichtig, dass, wenn wir den Blick auf Desertec oder auch in die Arktis erweitern – wie wir das in unserer Entschließung tun –, wir das nicht mit einer neokolonialistischen, sondern mit einer partnerschaftlichen Haltung tun.

 
  
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  Geoffrey Van Orden im Namen der ECR-Fraktion. – Herr Präsident, ich habe drei kurze Anmerkungen zu machen.

Zunächst bringt uns Nachlässigkeit in der Energiepolitik in eine zunehmend gefährliche Position der Abhängigkeit von Russland. In einigen Fälllen machen koordinierte Maßnahmen sicherlich Sinn, aber die gemeinsame EU-Politik würde unweigerlich durch die Länder verzerrt, die bereits mit der Gazprom kooperieren und ähnliche Interessen verfolgen. Und wir sollten jetzt keinen weiteren Bereich wichtiger nationaler Interessen an die Europäische Union übergeben, die jede denkbare Krise als Gelegenheit zur Erweiterung ihrer Kompetenzen betrachtet. Natürlich werden viele von uns gegen jede Billigung des Lissabon-Vertrags oder weitere Bemühungen, die politische Integration vor dem Hintergrund der unterschiedlichen Energieinteressen unserer Länder voranzutreiben, stimmen.

Zweitens erfordert eine Diversifizierung von Versorgungsquellen ein größeres Engagement für Nabucco. Für den Erfolg dieser Pipeline ist die türkische Beteiligung entscheidend, doch in den EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei wurde die Öffnung des Energiekapitels blockiert. Was tun der Rat und die Kommission derzeit für die Lösung dieser Probleme?

Drittens stelle ich fest, dass das Wort,nuklear’ nicht in der Entschließung vorkommt. Natürlich erfordern zukunftsfähige, unterschiedliche Energieversorgungsquellen ein größeres Bekenntnis zur Kernenergie, und in dieser Hinsicht stimme ich unserem Kollegen Herrn van Baalen zu.

 
  
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  Helmut Scholz, im Namen der GUE/NGL-Fraktion. – Herr Präsident, Herr Kommissar! Energiesicherheit steht heute zu Recht auf der außenpolitischen Tagesordnung. Doch statt Macht und Einfluss und die letzten fossilen Rohstoffreserven zu sichern, statt sich vorrangig auf Abhängigkeiten zu kaprizieren, steht meines Erachtens eine zukunftsfähige Energiepolitik vor gänzlich anderen Herausforderungen.

Erstens geht es um eine globale Energiewende hin zu mehr erneuerbaren Energieträgern, um mehr Energieeffizienz und Energieeinsparung, also nicht – und vor allen Dingen nicht nur – um den Streit um Energieaußenpolitik, sondern um intelligente bezahlbare Energie für jede und jeden.

Zweitens muss Energiesicherung Teil einer verantwortungsvollen Friedens- und Entwicklungspolitik der Europäischen Union sein. Zugang zu Energie ist für jeden Menschen, für die wirtschaftliche Entwicklung und für die Armutsbekämpfung entscheidend. Ein Projekt wie Desertec darf deshalb keine Fortsetzung des Kolonialismus mit energiepolitischen Mitteln sein. Was haben denn die Menschen in afrikanischen Ländern, in denen die Bevölkerung wächst und der Energiebedarf steigt, davon? Warum wurden sie bisher nicht gleichberechtigt in die Planung und Entscheidung mit einbezogen?

Globale Energieversorgung ist auch Krisenprävention und Friedenspolitik. Diesen Ansatz vermissen wir auch in den Beziehungen der Europäischen Union zum südlichen Kaukasus oder zu Zentralasien. Als Energielieferanten – siehe Nabucco – werden diese Länder für die EU immer interessanter, doch ich vermisse Konfliktprävention und nachhaltige Entwicklungskonzeption vor Ort. Es ist an der Zeit, dass die EU eine Energieaußenpolitik beendet, die nur den Wettlauf um Öl- und Gasreserven verschärft oder Nukleartechnologie verbreitet! Echte Partnerschaften für erneuerbare Energie, für dezentrale Versorgung sind das Gebot der Stunde!

 
  
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  Fiorello Provera, im Namen der EFD-Fraktion.(IT) Herr Präsident, meine Damen und Herren, wir wissen sicherlich, dass der Energiebedarf zunehmen wird, und dass sich die europäische Gasproduktion auf dem Rückzug befindet. Es ist entscheidend für die Mitgliedstaaten, und folglich für Europa, eine Politik zu betreiben, die eine ergiebige, sichere Versorgung gewährleistet. Die Diversifizierung der Quellen und die Transportnetze erfüllen diese Anforderung.

Auf dieser Basis besteht zwischen den verschiedenen, in der Entwicklung befindlichen Projekten, solchen wie beispielsweise Nabucco und,,South Stream", keine Konkurrenz. Diese Diversifizierungspolitik hat auch dazu beigetragen, dass Europa in den letzten Jahren von den Hauptversorgern unabhängiger geworden ist. Zum Beispiel ist die Versorgung Europas mit russischem Gas von 75 % im Jahr 1990 auf heute 45 % zurückgegangen. Daher sind Nabucco und "South Stream" gute Projekte..

Solange Europa eine gemeinsame Energiepolitik betreibt, hat Italien nicht nur das Recht, sondern auch die Pflicht zur Ergreifung von Maßnahmen, vom Energiesparen bis zur nuklearen...

(Der Präsident unterbricht den Redner)

 
  
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  Zoltán Balczó (NI).(HU) Am 13. Juli bei der Unterzeichnung des Nabucco-Abkommens in Ankara sagte Herr Barroso, die Gas-Pipelines seien aus Stahl. Gleichzeitig,zementiert’ Nabucco die Beziehungen zwischen den Akteuren dieses Projekts, wobei eine strategische Verbindung zwischen der Europäischen Union und der Türkei aufgebaut wird. Ministerpräsident Putin sagte, jeder könne so viele rostige Eisenpipelines in die Erde legen wie er möchte, man würde aber etwas benötigen, um sie zu befüllen. Es ist genau diese Unsicherheit hinsichtlich der Quellen, was die größten Bedenken bei diesem Projekt ausmacht. Das einzig Sichere ist, dass die 8 Mrd. EUR-Investion ein gutes Geschäft für alle Beteiligten sein wird.

Tatsächlich kann die Türkei ähnliche Probleme wie die Ukraine als Transitland für russische Lieferungen verursachen. Es gibt auch viele unter uns, die mit dem Aufbau einer Beziehung zwischen der Türkei und der Europäischen Union nicht einverstanden sind. Worum handelt es sich bei Desertec? Nordafrika, rotierende Spiegel, Solarzellen, Gleichstromübertragung und Deckung von 15 % des Energiebedarfs. Dies scheint derzeit eher eine Illusion als ein realistisches Vorhaben zu sein. Desertec wird nicht das Hauptgericht des Verbrauchermenüs der Europäischen Union sein. Es sieht mehr nach einem sehr teuren Dessert aus. Deshalb schlage ich vor, dass wir uns mit der Forschung zur Erhöhung der Sicherheit der Kernenergie befassen, da diese Art von Energie sauber und billig zugleich ist. Dies ist eine ernsthafte Erwägung, da Energiesicherheit beim Verbraucher - oder eher bei der Rechnung und der Frage, ob er diese bezahlen kann - endet.

 
  
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  Elmar Brok (PPE). - Herr Präsident, Herr Kommissar, Kolleginnen und Kollegen! Energie ist eine entscheidende Lebensader für die gesamte Gesellschaft, für die einzelnen Menschen und für die Wirtschaft. Deswegen ist es wichtig, dass wir in Europa gemeinsame Lösungen finden, obwohl es sicherlich auch richtig ist, dass der Energiemix nationale Zuständigkeit bleibt, damit wir bei den gemeinsamen Überlegungen nicht unseren Streit über Atomenergie, Low carbon-Energie usw. auszufechten haben, wo ich andere Auffassungen habe als beispielsweise Herr Bütikofer.

Dennoch müssen wir versuchen, zu gemeinsamen Positionen zu kommen, was die auswärtigen Aspekte der Energiesicherheit angeht. Was die innenpolitischen Aspekte angeht, stimme ich völlig mit dem Herrn Kommissar überein, dass die Fragen erneuerbare Energie, Einsparung usw. eine große Rolle spielen, ebenso wie die Erforschung neuer Möglichkeiten.

Aber um die Abhängigkeit nach außen abzubauen, müssen wir diversifizieren. Desertec und Nabucco sind wichtige Instrumente dafür. Wir müssen auch Fragen in Zusammenhang mit den Partnerschafts- und Kooperationsabkommen und der Energiesicherheit mit Russland verhandeln, nachdem Russland – zu Unrecht, nicht zu Recht! – aus der Energiecharta ausgestiegen ist. Auch dies ist eine wichtige Aufgabe! Aber wir müssen feststellen, dass wir mit Ländern zu tun haben, die nicht unbedingt zuverlässig sind, und dass wir leider gar nicht zwischen zuverlässigen und unzuverlässigen Ländern unterscheiden können.

Deswegen müssen wir der Liefermacht die Verbrauchermacht der Europäischen Union entgegensetzen. Die Interconnectivity, die Frage von gemeinsamen Gaslagern – all dies ist wichtig, damit nicht ein Land abgeschaltet werden kann. Wenn alle allen helfen, sind wir so stark, dass uns niemand abstellen kann! Das ist die entscheidende Frage, die wir hier durchsetzen müssen.

Dabei müssen wir auch deutlich machen, dass Privatinvestitionen notwendig sind – ohne die geht es nicht. Vieles ist bereits unternommen worden, aber unser übergeordnetes gemeinsames Sicherheitsinteresse muss mit wirtschaftlichen Interessen in Verbindung gebracht werden, um auf diese Art und Weise die beste Lösung zustande zu bringen. Das darf man nicht als Gegensatz begreifen! Ich glaube, dann werden wir auch eine entsprechende Lösung finden. Das bedeutet auch, dass Fragen des Wettbewerbsrechts hier miteinbezogen werden müssen. Wettbewerbsrecht nämlich auch in dem Sinne, dass nicht die große Liefermacht, etwa von Gazprom oder auch anderen Firmen ...

(Der Präsident entzieht dem Redner das Wort.)

 
  
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  Teresa Riera Madurell (S&D).(ES) Herr Präsident, ich möchte die Aktualität dieses Entschließungsantrags hervorheben und gleichfalls die Anstrengungen aller Fraktionen, einen gemeinsamen Antrag zu beschließen, begrüßen.

Meine Damen und Herren, um das Wiederauftreten einer Situation der Hilflosigkeit, der viele unserer Bürger ausgesetzt waren, als Russland die Gaslieferungen durch die Ukraine einstellten, zu verhindern, ist die Maximierung der Diversifizierung von Energiequellen und der Gasbeförderung von ganz entscheidender Bedeutung. Insofern müssen wir dringend neue Gaspipelines bauen, die wie Nabucco und andere Projekte zu einer besseren Versorgungssicherheit in Zentraleuropa beitragen. Um jedoch eine Versorgung in allen europäischen Ländern sicherzustellen, müssen diese Bemühungen durch Lieferungen aus dem Süden des Kontinents ergänzt werden.

Des Weiteren möchte ich auf einen weiteren Aspekt dieses Problems, den der Herr Kommissar bereits angesprochen hatte, hinweisen. Die jüngste Krise hat uns gezeigt, dass die EU keine Gasvorräte, sondern eher Übertragungskapazitäten benötigt. Daher ist es wichtig, dass wir unsere Anstrengungen auf eine Verbesserung der Verbundnetze innerhalb der EU konzentrieren. Meine Damen und Herren, Sie sollten mir glauben, wenn ich sage, dass in dieser Situation noch vieles verbessert werden kann.

Ich werde es Ihnen am Beispiel meines Landes zeigen. Wie Sie wissen, könnte Spanien dank seiner Verbindung nach Algerien über die Medgaz-Pipeline, die bereits in einem fortgeschrittenen Bauzustand ist, und seinen sechs Flüssiggasanlagen aus natürlichen Vorkommen, deren Kapazität im Falle einer weiteren Notsituation verdoppelt werden könnte, zu einer wichtigen Transitachse für Europa werden. Dennoch kann Spanien ohne die Verbesserung seiner Verbundnetzkapazitäten durch die Pyrenäen nicht weiterkommen.

Schließlich sollten wir uns dessen bewusst sein, dass der Bau von großen Infrastrukturen nur ein Teil, wenn auch ein wichtiger, der EU-Versorgungssicherheitspolitik ist. Diese Sicherheit ist insbesondere abhängig von Maßnahmen zur Energieeinsparung und der Nutzung erneuerbarer Energien. In diesem Kontext erachten wir unsere Zusammenarbeit mit den nordafrikanischen Ländern bei der Entwicklung erneuerbarer Energien als entscheidend. Dies steht im Zusammenhang mit meiner Forderung, die Versorgung aus Südeuropa zu intensivieren.

Infolgedessen, Herr Kommissar, ist der,,Mediterrane Solarplan", eine Initiative der Union für die Mittelmeerregion, eine attraktive Idee, die wir in diesem Parlament unterstützen möchten

 
  
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  Graham Watson (ALDE). - Herr Präsident, wir haben in diesem Bereich drei große Herausforderungen - die Energieversorgungssicherheit, die Ineffizienz unseres Binnenenergiemarkts und der notwendige Kampf gegen den Klimawandel. Desertec und Nabucco spielen eine zentrale Rolle, um diesen Herausforderungen zu begegnen.

Wenn es uns gelingt, Hochspannungsstrom aus Solarenergie in Nordafrika zu entwickeln, können wir der Union einen zweckdienlichen Ansatz für die Umsetzung des Projekts in der Mittelmeerregion bieten, wir können die Wasserversorgung in den Ländern des südlichen Mittelmeerraums unterstützen und eine Stromerzeugungstechnologie entwickeln, für die es einen weltweiten Massenmarkt gibt. Wenn wir die Mitgliedstaaten von der politischen Notwendigkeit einer größeren Energieunabhängigkeit überzeugen können, und Berlin und Paris davon abhalten, dieses Ziel bei jeder Gelegenheit zu untergraben, kann uns Nabucco bei der Diversifizierung unserer Öl- und Gasversorgung helfen.

Der uns heute vorliegende Entschließungsantrag sagt wenig darüber aus, was wir hier innerhalb der Europäischen Union tun müssen. Wir müssen die Erzeugung erneuerbarer Energien - von Solarenergie und weiteren - weiterentwickeln. Wir müssen Kapazitäten für die Hochspannungsgleichstromverteilung mittels eines gut angelegten Verbundnetzes bereitstellen - eine zirka 50 Mrd. EUR-Investition, die aber viele Jobs schafft -, und wir brauchen Öl- und Gasspeicherkapazitäten und mehr noch eine Speicherpolitik, um die gefährliche Abhängigkeit von Russland zu verringern.

Unsere Energieversorgung wird weiterhin auf Öl und Kernenergie vertrauen, aber in Vorbereitung auf die Weltklimakonferenz in Kopenhagen ist die einzige große Hoffnung die Weichenstellung für erneuerbare Energiequellen. Wind könnte den gesamten künftigen Strombedarf in China in den nächsten 20 Jahren decken und 23 % seines Kohleverbrauchs ersetzen. Wüsten bekommen in sechs Stunden mehr Energie von der Sonne als die Menschheit in einem Jahr nutzt. Herr Kommissar, Sie haben gesagt, dies sei kein Bestandteil unserer Strategie einer Energieversorgungssicherheit. Dies sollte und muss es eigentlich sein.

 
  
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  Franziska Katharina Brantner (Verts/ALE). - Herr Präsident, die Energiesicherheit ist für uns weitgehend, wie viele gesagt haben, eine Frage der Energieunabhängigkeit, und wie Herr Piebalgs richtig äußerte, ist die effektivste Strategie die der Effizienz, Energieeinsparung und erneuerbaren Energien.

Aber wir als Grüne sind auch realistisch und erkennen, dass wir mittelfristig Gaslieferungen brauchen. Deshalb sind wir für die Diversifizierung und betrachten das Nabucco-Projekt auch als ein vorrangiges europäisches Projekt.

Aber lassen Sie mich sagen, warum wir nicht glauben, dass eine nukleare Strategie eine Strategie der Unabhängigkeit und schon gar keine Strategie der Energieunabhängigkeit ist. Immerhin wird Uran importiert, und nicht nur aus Ländern, die wir mögen. Und wenn wir über Sicherheit sprechen, müssen wir die möglichen Auswirkungen auf die Sicherheit bei der Kernenergie erwähnen, namentlich die nukleare Weiterverbreitung, und wir erkennen die Probleme, die wir damit hinsichtlich anderer in der Öffentlichkeit viel diskutierter Sicherheitsangelegenheiten haben. Wir können das nicht unberücksichtigt lassen, und wir können nicht sagen, dass die Kernenergie von der Frage der nuklearen Weiterverbreitung vollständig abgekoppelt ist.

Darüber hinaus glaubt unsere Fraktion fest daran, dass alle Projekte Bedenken hinsichtlich der Transparenz und der Korruption ansprechen müssen und einem offenen und strikten Menschenrechtsdialog mit den kooperierenden Ländern sowie einer ganzheitlichen und politischen Herangehensweise an diese Länder nicht im Weg stehen dürfen.

 
  
  

VORSITZ: Pal SCHMITT
Vizepräsident

 
  
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  Konrad Szymański (ECR). (PL) Mit der Unterzeichnung der Verträge zum Bau der Nabucco- und South-Stream-Projekte begann ein großes Rennen. Erst mit der Zeit wird sich zeigen, ob Nabucco seinen Beitrag zur Außen- und Sicherheitspolitik der Europäischen Union leisten wird. Aus diesem Grunde bin ich überrascht über die Politik der Europäischen Kommission gegenüber Russland in dieser Angelegenheit.

Die Kommission begeht einen schweren Fehler, wenn sie denkt, dass der South Stream kein Konkurrenzprojekt zu Nabucco ist. Es ist falsch, wenn die Kommission nicht auf das weitere Vordringen von Gazprom auf den europäischen Energiemarkt reagiert. Außerdem liegt die Kommission falsch, wenn sie der Umsetzung der Gazpromprojekte in der Ostsee und im Schwarzen Meer stillschweigend zustimmt.

Nabucco wird nur erfolgreich sein, wenn es langfristige politische Garantien erhält. Aus diesem Grund brauchen wir eine aktive Politik in Mittelasien, im Schwarzmeerraum. Die Schaffung von Verbindungen hinsichtlich des Energiesektors zwischen diesen Ländern und Europa wird ihre Souveränität stärken, die europäische Sicherheit verbessern und vielleicht die Tür für Reformen, die wir erwarten, öffnen.

Wenn Afghanistan ein Test für die NATO darstellt, dann stellt der Energiesektor mit Sicherheit einen Test für die Standhaftigkeit und Reife der Europäischen Union dar. Der Erfolg dieser Pläne hängt einzig von unserem politischen Willen ab. Änderungen der Staatsverträge sind ein geringeres Problem.

 
  
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  Jacky Hénin (GUE/NGL).(FR) Herr Präsident! Die Unabhängigkeit der Energieversorgung unserer Region und die Sicherheit der Energieeinrichtungen und Verbraucher dürfen nicht mit einem Widerstand gegen die Interessen der Völker der gasproduzierenden Länder und der Transitländer einhergehen. Andernfalls riskieren wir einen Konflikt. Die Konkurrenz zwischen den Gaspipelineprojekten ist nicht nur eine Quelle für Schwierigkeiten, sondern auch ein Faktor, der zu Spannungen in Osteuropa, dem Kaukasus und Mittelasien führt. Würden durch Tarifvereinbarungen, die die Bedürfnisse der Hersteller- und Transitländer berücksichtigen und dem europäischen Verbraucher Sicherheit bieten, bei Gas und anderen Energiequellen die schwerwiegenden Probleme verhindert, die sich aus den spekulativen Märkten ergeben, dann wäre es möglich, umfassende Sicherheit zu gewährleisten.

Das könnte die Aufgabe einer Europäischen Energieagentur sein, die vom Parlament und dem Rat überwacht wird und deren einzige Aufgaben die Zusammenarbeit und die Förderung des öffentlichen Interesses wäre. Wieso haben wir also das Gefühl, dass in diesem Fall die kommerziellen Interessen Vorrang vor den Interessen der europäischen Völker haben?

Ich möchte außerdem die Kommission offiziell davor warnen, der Versuchung nachzugeben, das Nabucco-Projekt als Trojanisches Pferd zu nutzen, um den EU-Beitritt der Türkei mit Machtmitteln zu erreichen. Achtung der Säkularität, der Rechte der Frau und der Rechte des kurdischen Volkes sowie die Anerkennung des armenischen Völkermordes müssen weiterhin die Kriterien sein, anhand derer ein möglicher Beitritt der Türkei entschieden wird.

 
  
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  Niki Tzavela (EFD). - (EL) Herr Präsident, Herr Kommissar! Sie sind für Ihren Pragmatismus und Ihren Realitätssinn bekannt, aber ich möchte mit dem nötigen Respekt dennoch anmerken, dass ich die Nabucco-Pipeline noch nicht als abgeschlossen oder als ganz so selbstverständlich ansehe. Durch eine Untersuchung der Kapazität dieser Pipeline haben wir festgestellt, dass sie jährlich 31 Milliarden Kubikmeter Gas transportieren muss, um realisierbar und effizient zu sein.

Sie sind gerade erst aus Aserbaidschan zurückgekehrt und fühlen sich sicher, dass das ein Förderland ist. Aserbaidschan verspricht allen Gas. Wo es Gas finden wird, um die Pipeline zu füllen, ist eine Frage, die die an der Nabucco-Pipeline beteiligten Länder weiterhin beunruhigt. Bisher sagt Baku immer ‚Wir geben euch allen Gas’, aber es ist nicht einmal in der Position, dessen sicheren Transit zu gewährleisten. Und was den Iran angeht, auf den Sie sich bezogen haben, Herr Kommissar, wird er auf lange Sicht von heftigen und brisanten Auseinandersetzungen geprägte Beziehungen zur Europäischen Union unterhalten, bevor er zu einem Gaslieferanten wird.

Auf dem internationalen Energiemarkt steht Russland hinter den Aseris, und wir werden damit konfrontiert. Ich frage, ob Sie bitte unseren Lieferanten sicherstellen können, bevor wir uns finanziell verpflichten?

 
  
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  Martin Ehrenhauser (NI). - Herr Präsident! Nabucco war Giuseppe Verdis erster großer Opernerfolg. Im Gleichklang mit dem neuen italienisch-russischen Remix South Stream läuft das gleichnamige Energieprojekt jedoch Gefahr, zu einem Ladenhüter zu verkommen. Wenn man dann noch bedenkt, dass ein vermeintlich Grüner wie Joschka Fischer einen Lobbyingvertrag über eine sechsstellige Summe unterzeichnet, dann klingt die Gesamtkomposition doch eher wie ein vermeidbarer Popsong für einen oligopolistischen Markt als wie eine Sinfonie aus Nachhaltigkeit und Sparsamkeit.

In den nächsten Jahren wird Strom aus Solarenergie nämlich deutlich billiger werden. Mit der gesamten Investitionssumme könnte man insgesamt 8 000 Megawatt Windenergie erzeugen. Wenn jetzt noch dazukommt, dass Erdgasfelder im Iran und im Irak für Europa erschlossen werden sollen, dann wird es uns vermutlich so ergehen wie Verdi selbst. Denn auch er ist nach seinem Nabucco-Projekt jahrelang nicht mehr zur Ruhe gekommen.

 
  
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  Pilar del Castillo Vera (PPE).(ES) Herr Präsident, Herr Kommissar! Vielen Dank für Ihre sehr eindeutige Erklärung zum gegenwärtigen Stand des Nabucco-Projekts und dessen – nach Ihren Aussagen scheinbar kurzfristigem – Potenzial und Durchführbarkeit sowie der Informationen zum Desertec-Projekt.

Es gibt keine Zweifel, dass die Sonne eine außergewöhnliche Energiequelle ist. Die Umwandlung dieser Energie in Energie, die vom Menschen genutzt werden kann, ist ein Bereich, in dem in den letzten 20 Jahren viele große Entwicklungen stattgefunden haben. Es besteht jedoch auch kein Zweifel, dass wir immer noch einen weiten Weg vor uns haben, bevor das volle Potenzial und die Nutzbarkeit dieser Quelle technologisch sichergestellt werden kann, insbesondere bei Projekten wie Desertec, die gegenwärtig diskutiert werden. Dieses Projekt wird sehr begrüßt, und wir müssen es daher unterstützen und weiter vorankommen, um die technologischen Probleme zu lösen.

Ich muss Ihre Aufmerksamkeit jedoch auf die Tatsache lenken, dass in den Diskussionen über Energieeffizienz und insbesondere über die Versorgungssicherheit und damit die Diversifizierung der Energiequellen eine bestimmte Energiequelle in gewissem Maße ignoriert wird. Ich spreche natürlich von der Kernenergie. Diese Energiequelle wird systematisch übergangen, weil sie weder in das aktuelle Konzept vieler EU-Staaten noch zu globalen Trends oder zum gegenwärtigen Energiebedarf der Menschheit passt.

Die Situation muss völlig umgekehrt werden. Wir müssen einen Standpunkt einnehmen, bei dem wir alle möglichen Energiequellen im Hinblick auf ihre künftige Einsatzmöglichkeit berücksichtigen. Hier in diesem Parlament können wir der Realität nicht so offenkundig den Rücken zukehren.

 
  
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  Kristian Vigenin (S&D). - (BG) Herr Kommissar, meine Damen und Herren! Es ist kein Zufall, dass das Problem der Energiepolitik und Energiesicherheit recht häufig in diesem Haus diskutiert wird, insbesondere nach der Situation, die wir Anfang dieses Jahres hatten, als mehrere Mitglieder der Europäischen Union so gut wie keine Gaslieferungen mehr erhielten. Das war vermutlich die Grenze der Belastbarkeit zwischen der Europäischen Kommission und den Mitgliedstaaten insgesamt bei diesem Problem.

Was wir jetzt diskutieren, sind nicht so sehr die technischen Fragen und Details der Entwicklung einer Energiepolitik innerhalb der Europäischen Union, als vielmehr die externen Aspekte der Energiesicherheit und der Entwicklung der Europäischen Union in diesem Bereich, denn im Endeffekt ist das Problem von zwei Seiten zu betrachen. Es ist immerhin eine wichtige Frage, da sie schließlich jeden einzelnen Bürger betrifft.

Wir müssen dies berücksichtigen, wenn wir über Nabucco diskutieren, das zweifellos zusammen mit Desertec eines der Projekte mit der höchsten Priorität in diesem Bereich ist. Es muss uns auch klar sein, dass es Länder in der Europäischen Union gibt, die nicht nur auf einen einzigen Lieferanten, sondern auch auf einen einzigen Lieferweg angewiesen sind.

Ich kann daher nicht akzeptieren, dass Nabucco eine Herausforderung für Projekte wie den South Stream und in gewissem Maße auch den Nord Stream darstellt, deren Ziel es ist, Gas direkt von Russland in die Mitgliedstaaten der Europäischen Union zu transportieren, und dadurch sicherzustellen, dass die Europäische Union nicht von Transitlieferungen durch Länder, die sowohl politisch als auch wirtschaftlich instabil sind, abhängig ist.

In dieser Hinsicht liegt die Europäische Kommission richtig, wenn sie erklärt, dass dadurch keine Probleme aufgeworfen werden, und dass wir versuchen müssen, alle diese einzelnen Projekte in eine gemeinsame Strategie einzubinden, wobei ich betone, dass Nabucco sicherlich absolute Priorität hat.

Wir erwarten, dass die Kommission ihren eigenen Vorschlag zur Erhöhung der Gasreserven innerhalb der Europäischen Union unterbreitet, was sehr wichtig ist für die Entwicklung eines Verbundsystems mit höherer Kapazität zwischen den Mitgliedstaaten, was ebenso ein sehr wichtiges Element zur Gewährleistung der Sicherheit sowohl für Bürger als auch für die Wirtschaft in der Europäisches Union darstellt.

Wir sollten natürlich nicht das Problem der Energieeffizienz unterschätzen, das ein weiteres wichtiges Element unserer Politik zur Gewährleistung der Energiesicherheit für die Europäische Union darstellt.

 
  
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  Fiona Hall (ALDE). - Herr Präsident! Ich möchte dem Herrn Kommissar dafür danken, dass er dieses Haus daran erinnert hat, dass es für Energiesicherheit auch einen Bedarf gibt. Die Entscheidung, Glühlampen vom europäischen Markt zu nehmen, wird zu einer Energieeinsparung in Höhe der jährlichen Elektrizitätserzeugung von Finnland führen.

Diesen Herbst versuchen wir, mit dem Rat zu einer Einigung über ein Paket von Maßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz kommen. Vierzig Prozent der genutzten Energie verbrauchen wir in Gebäuden, daher ist es von großer Bedeutung für die zukünftige Energiesicherheit, dass wir hohe Standards sowohl für neue wie auch für bestehende Gebäude festlegen. Ich hoffe, dass die Mitgliedstaaten im Rat die Vorschläge des Parlaments zur Abkehr von der bisherigen völligen Energieverschwendung im Heizungs-, Klimatisierungs- und Beleuchtungsbereich unterstützen. Selbst wenn die Minister keinen anderen Grund dafür haben, sollten sie diese Vorschläge schon aus Eigeninteresse heraus unterstützen, da diese sowohl ihren Tätigkeitsbereich als auch ihre Verantwortung dafür, dass das Licht weiter leuchtet und das Gas weiter fließt, beträchtlich vereinfachen.

 
  
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  Indrek Tarand (Verts/ALE). - Herr Präsident! Wir haben drei Hauptanliegen hinsichtlich Nabucco, die uns Sorgen bereiten. Das Projekt entwickelt sich zu langsam und ohne das nötige Engagement, und wir lehnen die neutrale Position der Kommission gegenüber South Stream und Nabucco, die von Herrn Landaburu vor einer Woche wiederholt wurde, ab. Die Kommission sollte Nabucco bevorzugen.

Zweitens wünschen wir, dass die Kommission aktiver gegenüber den Mitgliedstaaten auftritt, die immer wieder versuchen, Wettbewerbsvorteile auf Kosten anderer Mitgliedstaaten zu erzielen. Ich werde diese Staaten heute nicht aufzählen, außer dass ich sage, dass einer unter ihnen eine Hauptstadt namens Rom hat.

Wenn wir bei Nabucco nicht schnell reagieren, werden wir unangenehme Ereignisse erleben, die denen in Ungarn ähneln, wo das Unternehmen Surgutneftegas entscheidende Anteile an dem ungarischen Unternehmen MOL erworben hat. Eine ähnliche Situation liegt auch in Baumgarten in Österreich vor.

Im Übrigen wünschen wir Ihnen, Herr Kommissar, viel Glück bei der Umsetzung einer gemeinsamen Energiepolitik, die in der EU immer noch nicht existiert.

 
  
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  Sajjad Karim (ECR). - Herr Präsident! Die Zukunft von Europa hängt von der Sicherstellung der Energie ab. Sowohl das Nabucco-Abkommen als auch die Desertec-Initiative zeigen, dass die Türkei ein wichtiger Zugang ist und in diesem Zusammenhang wiederhole ich das Argument von Herr Van Orden. Es ist zurzeit äußerst wichtig, dass wir stärkeres Vertrauen und bessere Beziehungen zu Ländern aufbauen, die unsere Energiepartner sein werden, auch zu Staaten im Nahen Osten und in Nordafrika. Bei vielen dieser Staaten gibt es eine Übereinstimmung in Entwicklungsfragen. Bei Desertec ist die Massenerzeugung von Elektrizität aus Solarenergie eine einmalige Einkommensquelle, die auch zum Nutzen der dortigen Völker eingesetzt werden muss. Diese Gelegenheit darf nicht ungenutzt bleiben.

Leider haben einige Mitgliedstaaten, einschließlich meines eigenen, die letzten Jahre nicht dazu genutzt, eine einheitliche Energiestrategie aufzubauen. Mein eigener Wahlbezirk, der Nordwesten von England, wurde als optimales Gelände für die Windkrafterzeugung ermittelt, und dennoch sind die Planungsgesetze des Vereinigten Königreiches eine Behinderung. Wir müssen uns nach außen orientieren hinsichtlich zukünftiger Energiequellen, aber die Mitgliedstaaten müssen ebenso ihre eigenen Ressourcen und Potenziale, über die sie bereits verfügen, optimal nutzen.

 
  
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  Marisa Matias (GUE/NGL).(PT) Herr Präsident! Ich habe genau zugehört und möchte gern drei Themen ansprechen. Erstens: Worüber sprechen wir überhaupt, wenn wir über Energiesicherheit und Energie sprechen? Sprechen wir über Menschen, denen wir gleichberechtigten Zugang zu Energie sowie die Sicherheit, dass sie im Winter nicht ohne Energie sein werden, garantieren müssen? Sprechen wir am Ende über Machtbeziehungen zwischen den Großmächten? Oder, schlimmer noch, nutzen wir die Energiesicherheit und diese Projekte wie Nabucco oder Desertec als Ausreden, die wir als Botschaften an andere Regionen der Welt oder an andere Staaten schicken? Wenn wir Botschaften aussenden, mit welcher moralischen Rechtfertigung tun wir dies dann?

Der zweite Punkt, auf den ich eingehen möchte, ist, dass wir immer, wenn wir uns gegen nicht transparente Transaktionen ausländischer Unternehmen auf dem europäischen Markt aussprechen, die Kommission bitten, sofortige Maßnahmen zu ergreifen. Ich möchte gern wissen, wie solche Anfragen von uns zu nicht transparenten Transaktionen auf dem europäischen Markt durch Europäer selbst gehandhabt werden Zum Abschluss möchte ich auf einen dritten Punkt hinweisen, Herr Präsident. Ich habe einfach das Gefühl, dass wir eine großartige Gelegenheit für eine mittel- und langfristige Politik verpasst haben. Wir haben die kurzfristige Politik gewählt und wieder einmal ist nur die Stärkung der Interessen des Binnenmarktes und der großen Wirtschaftsunternehmen übriggeblieben.

 
  
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  Herbert Reul (PPE). - Herr Präsident, Herr Kommissar, liebe Kolleginnen und Kollegen! Dass Versorgungssicherheit jetzt als ein zentrales Problem der Energiepolitik erkannt wird, war auch höchste Zeit. Leider ist es nicht so einfach, wie es manchmal auch in politischen Diskussionen dargestellt wird. Wir reden heute über zwei Projekte: Nabucco, ein ganz konkretes Projekt, an dem gearbeitet werden kann, und Desertec, ein interessantes Projekt oder eine interessante Idee, eine Vision, wobei wir alle noch nicht genau beurteilen können, ob und wo und wie das realisiert werden kann.

Wir müssen uns um konkrete Dinge kümmern und daran arbeiten. Wir müssen auch visionäre Projekte vorantreiben, aber wir müssen uns davor hüten, zu glauben, dass es nur eine Lösung für ein Problem bzw. ein Konzept zur Lösung der Probleme gibt. Und deshalb ist der Hinweis von vielen Kollegen, der hier vorgetragen wurde, vollkommen richtig: Es wird nicht nur eine, sondern viele Antworten geben.

Dazu gehört zum Beispiel, dass wir vermeiden müssen, aufgrund einer sehr intensiven Debatte über die CO2-Problematik immer mehr in eine Gasabhängigkeit zu geraten, die uns dann erst wieder in Schwierigkeiten bringt, weil wir neue Leitungen brauchen. Wir müssen auch ja zur Kohlepolitik sagen; daher brauchen wir neue Kraftwerkstechnologien. Wir müssen ja zur CCS sagen, wir müssen ja zur Kernenergie sagen, ja zur erneuerbaren Energie, ja zur Einsparung. Nicht entweder – oder, sondern sowohl – als auch! Alles andere finde ich außerordentlich unmoralisch, unverantwortlich, und ich glaube, wir tun uns damit keinen Gefallen.

Übrigens betrifft das auch die Frage der Lieferquellen und Transportwege. Auch da gibt es nicht nur eine Antwort. Wer glaubt, er könne nur auf eine Pipeline-Debatte setzen, irrt natürlich auch. Denn wenn man weniger Abhängigkeiten will, dann muss man sich unterschiedliche Möglichkeiten bis hin zu LNG offenhalten und sich darum kümmern. Dann bleibt auch die Frage offen – und das ist eine ganz wichtige Frage –, wie wir uns darum kümmern, dass das nötige Kapital zur Verfügung gestellt wird, um die notwendigen Projekte zu realisieren. Was nützen tolle Pläne, wenn keiner da ist, der das Geld in die Hand nimmt und investiert?

Deshalb ist auch die Art und Weise, wie wir Energiepolitik betreiben, wie wir mit denjenigen umgehen, von denen wir Investitionen erwarten, nicht ganz unwichtig. Unternehmen müssen ermutigt werden! Wir müssen uns davor hüten, zu glauben, wir könnten alles erzwingen und bis ins letzte Detail vorherbestimmen. Manche Lösung im letzten Winter hat auch funktioniert, ohne dass politische Beschlüsse da waren, weil kluge Menschen an unterschiedlichen Stellen klug zusammengearbeitet haben und weil die Kommission hilfreich vermittelt hat.

 
  
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  Marita Ulvskog (S&D). - (SV) Herr Präsident! Es ist natürlich nicht annehmbar, dass in Europa Menschen mitten im Winter keine Energie bereitgestellt wird oder dass Menschen in die Arbeitslosigkeit gezwungen werden, weil die Branche, in der sie tätig sind, die hohen Energiepreise nicht zahlen kann und daher gezwungen ist, Menschen zu entlassen oder sogar ihren gesamten Betrieb einzustellen. Es ist daher äußerst wichtig, dass wir weise Entscheidungen treffen, um die Energielieferungen zu gewährleisten.

Ebenso müssen die Anforderungen hinsichtlich Umweltauswirkungen und Unabhängigkeit der Staaten, die für große, notwendige Infrastrukturprojekte gelten, klar sein. Mitgliedstaaten dürfen nicht in Situationen gebracht werden, in denen Sie der Gnade anderer Staaten ausgesetzt sind. Von zuverlässigen, unabhängigen Institutionen müssen Umweltverträglichkeitsprüfungen, bevor große Projekte umgesetzt werden dürfen.

Das gilt natürlich für all die angegebenen großen Projekte, ich möchte jedoch insbesondere die Ostsee erwähnen, die ein großes und biologisch empfindliches Binnenmeer ist. Wir brauchen Analysen und Entscheidungen, die garantieren, dass die Ostsee nicht zu einem toten Meer verkommt, weil wir im europäischen Parlament nicht die nötige Weitsicht hatten und bei unserer Entscheidungsfindung nicht fordernd genug waren. Das schulden wir unseren Kindern und Enkelkindern.

 
  
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  Adina-Ioana Vălean (ALDE). - Herr Präsident! Alle wollen Energiesicherheit, warum haben wir dann keine? Vielleicht liegt es daran, dass es 27 Interpretationen gibt, was Energiesicherheit bedeutet.

Persönlich interpretiere ich es so, dass es unter anderem bedeutet, dass vielfältigere Energiequellen genutzt werden und wir uns von der Abhängigkeit vom russischen Gas lösen. Wir müssen dazu nicht sehr weit blicken, sondern einfach auf einige unserer Mitgliedstaaten, die, weil sie zu weit weg von Russland sind, um über eine Pipeline zu verfügen, nicht unter all den Problemen leiden, die sich aus der Abhängigkeit ergeben.

Ich denke, wir sollten uns auf LNG, die Entwicklung von Technologien, den Bau von LNG-Kopfstationen und die Lieferung von Gas aus der ganzen Welt konzentrieren. Wir sollten außerdem dazu beitragen, einen globalen Markt für LNG zu schaffen, wie es ihn für Öl und Rohstoffe bereits gibt.

In Bezug auf die Nabucco-Pipeline denke ich, dass das Projekt schnell überarbeitet werden sollte, um Gas aus verschiedenen Quellen aufnehmen zu können, und dass eine kürzere Strecke, die von Georgien und der Ukraine unter dem Schwarzen Meer bis nach Rumänien führen könnte, in Erwägung gezogen werden sollte. Wir müssen nur auf die Karte sehen.

Die Tatsache, dass die Mitgliedstaaten Energiesicherheit unterschiedlich auslegen und verschiedene Interessen verfolgen, zeigt sich auch darin, dass einige Staaten, die an Nabucco beteiligt sind, sich auch für South Stream angemeldet haben, und damit die Glaubwürdigkeit von Nabucco sowie die Chancen für eine gemeinsame europäische Energiepolitik verringern. Der South Stream bedeutet eindeutig, dass die Abhängigkeit vom russischen Gas vergrößert wird.

 
  
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  Paweł Robert Kowal (ECR). - (PL) Wenn ich meinen Kollegen zuhöre, frage ich mich, ob die Bürger der Europäischen Union dazu verdammt sind, einfach nur unseren Reden zuzuhören. Das ist etwas, was wir im Januar während der Energiekrise hätten überprüfen können. Immerhin nehmen wir Beschlüsse an, da wir alle das Gefühl haben, dass die Union mit dem Problem der Energiesicherheit nicht fertig wird. Außerdem stellen wir fest, Herr Kommissar, dass unter den EU-Mitgliedstaaten weniger Interesse an Nabucco besteht, obwohl dies nicht für alle Energieprojekte gilt Im Norden gibt es das Nord-Stream-Projekt, was eine Gefährdung der gemeinsamen Außenpolitik darstellt. Im Süden gibt es das South-Stream-Projekt. Auch hier interessieren sich die EU-Mitgliedstaaten sehr für eine Beteiligung. Bei Nabucco hören wir jedoch nur Versprechungen, aber es gibt weder genügend Geld noch politische Unterstützung.

Während wir das Thema in Straßburg diskutieren, stehen die Zementmischer schon an der Ostseeküste, um an dem Nord-Stream-Projekt zu arbeiten. Ich möchte gern wissen, ob ich die Befürworter des Vertrags von Lissabon beim Wort nehmen kann, dass sie, wenn der Vertrag ratifiziert ist, die Nord- und South-Stream-Projekte nicht mehr unterstützen werden. Nabucco kann sich als großer Fortschritt im Hinblick auf die Sicherstellung der Energiesicherheit erweisen. Wenn wir weiter Erklärungen abgeben, wenn wir den EU-Bürgern in zukünftigen Energiekrisen Broschüren mit unseren Beschlüssen zuschicken, werden diese einfach verbrannt werden.

 
  
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  Gabriele Albertini (PPE).(IT) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich stimme Kommissar Piebalgs zu. Seine eben geäußerten Erklärungen bestätigen, dass der South Stream keine Konkurrenz für Nabucco ist, sondern ein weiterer Beitrag zur Diversifizierung der Energiequellen Europas. Europas Energiesicherheit basiert auf einer Vielzahl an Quellen, Strecken und Lieferländern.

Bei einem Nullwachstum wird der zukünftige Bedarf an Gas bis 2020 auf zusätzliche 100 bis 150 Milliarden m3 geschätzt. Auf der Grundlage dieser Annahmen ist die Entwicklung verschiedener Möglichkeiten absolut notwendig, und der South Stream ist demnach keine Alternative zu Nabucco, sondern ergänzt dieses Projekt stattdessen. Die Kommission sieht den Südkorridor als eine Reihe von Projekten, zu denen Nabucco, der South Stream und die Türkei-Griechenland-Italien-Verbindung (ITG) gehören. Die Anti-Russland-Diskussion widerspricht damit dem, was in den kommenden Jahren geschehen wird.

Das Europäische Parlament muss zu Pragmatismus und insbesondere Einheitlichkeit bei den Entscheidungen aufrufen, die die Europäische Union im Prinzip schon gefasst hat: mit dem Europäischen Konjunkturprogramm, mit der Entscheidung Nr. 1364/2006/EG des Europäischen Parlaments und des Rats zur Festlegung von Leitlinien für die transeuropäischen Energienetze und mit der zweiten Energiesicherheitsstrategie.

Die Diversifizierung der Quellen, Strecken und Lieferländer ist eine echte Säule der europäischen Energiesicherheitspolitik und abgesehen von den politischen und wirtschaftlichen Interessen verschiedener, ganz direkt betroffener Länder muss das South-Stream-Nabucco-Projekt realistisch analysiert werden und zwar nicht durch die verzerrte Brille der Ideologie, sondern mit einer klaren Vorstellung davon, was getan werden muss.

 
  
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  Anni Podimata (S&D). - (EL) Herr Präsident, Herr Kommissar! Wenn wir uns eingehend um die Probleme unserer Energiesicherheit kümmern wollen, benötigen wir eine globale Strategie, die die Notwendigkeit der Differenzierung von Energiequellen und gemeinsame Regeln für Transitländer berücksichtigt, denn unsere Abhängigkeit von einer einzigen Energiequelle ist genauso schlecht wie unsere Abhängigkeit von einem einzigen Transitland.

Daher benötigen wir ein Gleichgewicht, und dieses Gleichgewicht wird nicht dadurch geschaffen, dass wir wieder den Tonfall aus den Zeiten des Kalten Krieges gegenüber Russland anschlagen, ein Land, von dem wir auf jeden Fall abhängig sind und weiterhin sein werden, oder dass wir eine einzige alternative Pipeline, nämlich Nabucco, zu einer Zeit unterstützen, in der es immer noch Unsicherheit über deren Lieferkapazität sowie die politischen und wirtschaftlichen Bedingungen in den Staaten am Kaspischen Meer und im Kaukasus gibt.

Bezüglich Desertec stimme ich mit meinen Vorrednern und den von ihnen angeführten Einwänden überein und möchte Folgendes hinzufügen: das strategische Ziel der Europäischen Union muss es sein, dass wir uns schrittweise unabhängig von Energieimporten machen, und nicht, dass wir importiertes Erdgas durch importierte Elektrizität aus erneuerbaren Energien ersetzen.

Wenn wir wirklich langfristig energieautark und unabhängig werden wollen, müssen wir die Energieeffizienz fördern und die innerstaatlichen erneuerbaren Energiequellen optimal nutzen.

 
  
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  Toine Manders (ALDE).(NL) Herr Präsident, Herr Kommissar, meine Damen und Herren! Ich möchte Ihnen zu Ihrem ganzheitlichen Ansatz bei diesem Vorschlag gratulieren. Diese Diversifizierung ist sehr wichtig, und ich möchte meinem Kollegen, Herrn van Baalen, zustimmen, der sagte, dass wir alle Energieformen, einschließlich der Kernenergie, in Betracht ziehen müssen. Und dennoch ist die Sonne – das habe ich in der Grundschule gelernt – die Quelle aller Energieformen, und ich glaube, dass wir uns in der Zukunft auf die Sonne konzentrieren müssen.

Was die Diversifizierung angeht, darf es nicht nur um die Energieformen gehen, sondern auch um die Lieferanten. Viele von Ihnen haben über Russland gesprochen. Bisher hat Russland uns immer geliefert, wenn wir darum gebeten haben, aber zukünftig wird es wichtig sein, dass uns mehr Lieferanten zur Verfügung stehen. Als nächstes: wie können wir die Energiesicherheit sicherstellen? Wir können sie nur sicherstellen, wenn wir unsere Energielieferungen auch über die Netze erhalten, und ich glaube, dass es Ihre wichtigste Aufgabe in den nächsten Jahren sein wird – nachdem Sie bereits über eine Reihe von Hindernissen, Nabucco, Desertec verhandelt haben –, ein integriertes Netz einzurichten, in dem die beteiligten Länder, also alle EU-Mitgliedstaaten, am selben Strang ziehen und auch bereit sind, eine ganzheitliche Energiepolitik umzusetzen. Sie können institutionelle Geldgeber und private Investoren um Geld bitten, aber ich bin davon überzeugt, dass Sie sofort damit beginnen müssen, ein integriertes Netzwerk auzubauen, eine Art Höchstspannungsnetz, eine Induktionsschleife für Europa, mit der jeder Endverbraucher erreicht wird.

 
  
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  Jean-Pierre Audy (PPE).(FR) Herr Präsident, Energie ist kein Gebiet, das in den Zuständigkeitsbereich der Europäischen Union fällt. Herr Piebalgs, herzlichen Glückwunsch zu Ihrer gesamten Arbeit.

Energie und der Zugang dazu führt zu Krieg – manchmal in militärischer Form, manchmal in politischer Form und manchmal in wirtschaftlicher Form. Was das Gas angeht, werden wir einen Gaskrieg führen. Außerdem werden wir nicht wissen, ob das Gas die Ursache oder eine Folge ist, aber auf jeden Fall werden wir einen Gaskrieg haben.

Wir kennen die Zahlen: In den Kaukasusstaaten gibt es Reserven für zwei Jahrhunderte; In Russland für ein Jahrhundert; in Nordafrika für ein halbes Jahrhundert; in der Ostsee für ein halbes Jahrhundert; in Europa für ungefähr 20 Jahre. Wir müssen uns daher darauf vorbereiten, Gas zu importieren.

Ja, Herr Kommissar, Nabucco ist ein stabiles Projekt, dass wir unterstützen müssen, aber wir müssen allen verschiedenen Formen der Energieversorgung unsere finanzielle und politische Unterstützung geben, sowohl dem Nord Stream als auch dem South Stream, vom Norden und Süden.

Wir müssen außerdem unseren Industrieunternehmen vertrauen, die kompetent und fair unter Einhaltung eines Ethikkodexes arbeiten. Aber wir wollen nicht naiv sein. Herr Kommissar, ich bitte Sie dringend, umgehend die Vorschläge einiger Mitgliedstaaten zu studieren, die wünschen, dass wir ein funktionsfähiges europäisches Instrument haben, mit dem wir in den Gasmarkt eingreifen können, das heißt, dass wir eine zentrale europäische Einkaufsstelle für Gaslieferungen einrichten, etwas, was Sie zudem mit dem Sammelkaufmechanismus für kaspisches Gas („Caspian Development Corporation“) bereits umsetzen.

Zu Desertec möchte ich Ihnen gratulieren. Wir kennen die Zahlen: 1 km2 Wüste empfängt Energie, die 1,5 Millionen Barrel Öl entspricht. Das ist ein hervorragendes Projekt für die Region Europa-Mittelmeer. Wir wissen, dass 0,3 % der Wüsten auf der Erde die gesamte Welt mit Energie versorgen könnten.

Wir wissen, dass wir unsere Energieprobleme durch menschlichen Einfallsreichtum und Umsetzung wissenschaftlicher Erkenntnisse auf ethische und moralische Weise lösen können.

Herr Kommissar, sie leisten sehr gute Arbeit, weil wir hier ein Europa haben, das Ergebnisse hervorbringt, ein Europa, das uns schützt, und ein Europa, das handelt. Gut gemacht und bitte machen Sie weiter – Sie haben die Unterstützung des Europäischen Parlaments.

 
  
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  Justas Vincas Paleckis (S&D). - (LT) Die Nabucco-Gaspipeline würde Europa Stärke und Sicherheit verleihen. Nicht alle Staaten im kaspischen Raum verfolgen jedoch den Weg in Richtung Demokratie und nicht allen kann man trauen. Viel hängt von den Beziehungen mit der Türkei ab. Selbst wenn es bis auf weiteres keine Aussicht gibt, diesem Staat die Tür zur EU-Mitgliedschaft zu öffnen, dürfen wir ihn nicht wegstoßen und antieuropäische Gefühle provozieren. Das Desertec-Projekt ist besonders bedeutend, weil es sich auf die Zukunft bezieht. Bei der Diskussion um die Energiesicherheit wird erneuerbaren Energiequellen und insbesondere der Energieeffizienz zu wenig Beachtung geschenkt. Ich freue mich, dass der Herr Kommissar genau dies heute hervorgehoben hat. Finanzielle und wirtschaftliche Mechanismen sollten auf EU-Ebene eingerichtet werden, die die EU-Mitgliedstaaten und einzelne Unternehmen dazu anregen, Energie zu sparen und die neuesten und saubersten Technologien einzusetzen. Dies wäre ein ernsthafter Beitrag zur Energiesicherheit und zum Kampf gegen den Klimawandel.

 
  
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  Arturs Krišjānis Kariņš (PPE). - (LV) Herr Präsident, Herr Kommissar! Als lettischer Politiker weiß ich sehr genau, was es für einen Staat bedeutet, energieabhängig zu sein. Obwohl Lettland ungefähr ein Drittel seiner Energie aus eigenen erneuerbaren Ressourcen herstellt, kommen die übrigen zwei Drittel der Energiebilanz hauptsächlich aus einem Lieferstaat – Russland. Als kleines Land, das stark von Energielieferungen abhängt, verstehen wir sehr gut, wie teuer diese Abhängigkeit für den Endverbraucher hinsichtlich des Preises und für das gesamte Land hinsichtlich der möglichen politischen Verwundbarkeit werden kann. Die Energiebilanz aller Mitgliedstaaten der Europäischen Union ist unterschiedlich, aber wir sorgen uns alle um ein und dasselbe Problem – die Sicherheit der Energieversorgung. Die Versorgungssicherheit kann durch eine Diversifizierung der Lieferquellen erreicht werden, denn umso mehr Lieferanten wir haben, desto weniger abhängig sind wir von jedem einzelnen Lieferanten. Russland ist ein wichtiger Partner für die Europäische Union hinsichtlich der Gasversorgung. In Europa importieren wir insgesamt etwa ein Viertel des gesamten Gasverbrauchs aus Russland. Einige Länder wie Lettland sind sogar vollständig abhängig von der Gasversorgung aus Russland und mit jedem Jahr nimmt die Abhängigkeit Europas von Lieferungen aus diesem Land insgesamt zu. Eine der alternativen Lieferquellen ist die geplante Nabucco-Pipeline, die Gas aus mittelasiatischen Staaten über die Türkei nach Europa transportieren würde. Ich halte es für sehr wichtig, dass das Parlament dieses Projekt besonders unterstützt, da es unsere allgemeine Gasversorgungssicherheit stärkt. Die Nabucco-Pipeline ist jedoch nur der Beginn einer Lösung für das Problem unserer allgemeinen Gasversorgungssicherheit. Wir müssen eine vereinte europäische Energiepolitik schaffen, die unsere Handlungen bei allen Energiefragen koordiniert. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

 
  
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  Edit Herczog (S&D).(HU) Herr Präsident! Zunächst lassen Sie mich meinen Dank dafür aussprechen, dass ich in diesem Haus auf Ungarisch sprechen kann, was es mir gestattet, den Vizepräsidenten in dieser Sprache zu grüßen. Ich möchte damit beginnen, dass ich erwähne, dass Kommissar Piebalgs, wenn man sich die letzten fünf Jahre ansieht, vermutlich einer der erfolgreichsten Kommissare für eine ausgeglichene, vorwärtsgewandte Politik geworden ist, die wir bisher im Parlament angenommen haben.

Im Januar auf der Nabucco-Konferenz in Budapest in Ungarn hat Kommissar Pielbags erstmalig erklärt, dass die Europäische Union das Nabucco-Projekt politisch und finanziell unterstützen möchte. Wir müssen eine geschätzte Summe von ungefähr 8 Mrd. EUR für die 3 300-Kilometer-Pipeline aufbringen. Die zwei wichtigsten Aufgaben, die vor uns liegen, werden sein, ungefähr 2 Mrd. EUR aus dem Haushalt der Europäischen Union bereitzustellen, und zweitens Bedingungen auszuarbeiten, um für das Projekt leichteren Zugang zu Krediten und zu besseren Konditionen zu erhalten.

Das ursprüngliche Versprechen umfasste ungefähr 30 Mio. EUR. Wir müssen erkennen, dass wir weitergehen müssen. Ich bin zuversichtlich, dass der Herr Kommissar in den nächsten Monaten alle Anstrengungen unternehmen oder das Projekt dem nächsten Kommissar überlassen wird, um den Erfolg des Projektes zu gewährleisten. Wir sind uns alle dessen sehr bewusst, dass im Falle einer Wirtschaftskrise nicht die Haushalte, sondern die Unternehmen die Hauptlast der Strom- und Energieausfälle zu tragen haben. Liebe Kollegen, wir sprechen hier von den Unternehmen, in denen unsere Wähler und Bürger arbeiten, und wir gefährden deren Einkommen durch die Gefährdung der Energiesicherheit.

 
  
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  Mario Mauro (PPE).(IT) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Energiesicherheit ist zweifellos von grundlegender Priorität und muss erstens verbessert werden, indem die Energieeffizienz erhöht und die Lieferanten, Quellen und Lieferwege diversifiziert werden, aber vor allem indem die Energieinteressen der Union gegenüber Drittstaaten gefördert werden.

Jetzt hat der Europäische Rat im März erklärt, dass die Europäische Union gemeinsam, aber auch alle Mitgliedstaaten, bereit sein müssen, Solidarität mit Verantwortung zu kombinieren, damit wir die Energiesicherheitsziele erreichen. Das ist in meinen Augen der entscheidende Punkt: Die europäische Energiepolitik muss untrennbar mit der Außenpolitik der Union verbunden sein, denn ebenso, wie wir weiterhin sagen, dass unsere außenpolitischen Maßnahmen nur dann wirksam sind, wenn wir mit einer Stimme sprechen, gilt das auch für die Energiepolitik.

Doch genau das ist das Problem: Bis dahin, das heißt, bis zu dem Zeitpunkt, an dem wir mit einer Stimme sprechen, dürfen die Bemühungen vieler Regierungen, die an einem komplexen Prozess wie dem Nord Stream und dem South Stream beteiligt sind, nicht als Konkurrenz für Nabucco angesehen werden, sondern als Teil der gleichen Strategie, in der wir Pragmatismus mit Realismus strategisch verbinden, um den Interessen unserer Bürger oberste Priorität einzuräumen.

Aus diesem Grunde gibt es von uns ein klares ‚Ja’ für Nabucco, aber ebenso klar ist unsere Entscheidung, die Anstrengungen unserer Regierungen zu unterstützen, um sicherzustellen, dass die Diversifizierung der Versorgung das Wohl unserer Bevölkerungen sichert.

 
  
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  Silvia-Adriana Ţicău (S&D).(RO) 2008 hat die Europäische Union ein Rekordhandelsdefizit von 242 Mrd. EUR erwirtschaftet, hauptsächlich aufgrund der Preiserhöhungen für importierte Energie. Die Pipeline des Nabucco-Projekts wird durch die Türkei, Bulgarien, Rumänien, Ungarn und Österreich verlaufen und die Europäische Union mit einer jährlichen Menge von 30 Millionen Kubikmeter Erdgas aus dem Kaspischen Meer versorgen. Die 200 Mio. EUR, die dem Europäischen Konjunkturprogramm zugewiesen wurden, reichen nicht aus. Wir rufen die Europäische Union auf, die zugewiesenen Gelder beträchtlich aufzustocken. Desertec nutzt Solarenergie aus Nordafrika und umfasst außerdem die Umsetzung eines Mittelmeerplans zur Gewinnung von Solarenergie und den Bau eines Stromübertragungsnetzes, das die Europäische Union mit dem Nahen Osten und Nordafrika verbindet. Die EU muss mehr in die Diversifizierung der Energielieferquellen investieren. Als Berichterstatterin für Angelegenheiten, die mit der Energieeffizienz von Gebäuden zusammenhängen, rufe ich die EU auf, innovative Finanzinstrumente bereitzustellen, um die Nutzung erneuerbarer Energiequellen zu fördern und die Energieeffizienz insbesondere bei Gebäuden und im Verkehrssektor zu verbessern.

 
  
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  Marian-Jean Marinescu (PPE).(RO) Nabucco wird einen großen Teil des Gasbedarfs der Europäischen Union decken. Viel wichtiger ist jedoch der politische Aspekt: das Projekt beendet die Abhängigkeit von einer einzelnen Quelle. Die wiederkehrenden Krisen haben gezeigt, dass die aktuelle Situation mit Russland als dem einzigen Lieferanten und der Ukraine als dem einzigen Transitland keine Sicherheit für die europäische Wirtschaft und die Bürger gewährleisten kann. Die Entwicklung neuer Energieversorgungsstrecken muss genauso wichtig sein wie die Entwicklung der Beziehungen zu Russland. Die Verzögerung des Nabucco-Projekts ist leider auf Einzelinteressen bestimmter Mitgliedstaaten zurückzuführen. Die Mitgliedstaaten müssen erkennen, dass nicht nur die Staaten, durch die die Pipeline läuft, oder die beteiligten Unternehmen die Vorteile dieses Projektes nutzen werden, sondern alle europäischen Bürger, deren Landesregierungen ihr Wohlergehen und ihre Sicherheit gewährleisten müssen.

Die Fehler, die dazu geführt haben, dass dieses Projekt verzögert wurde, dürfen bei der Sicherstellung von Gasquellen nicht wiederholt werden. Es gibt Staaten in der Region wie Aserbaidschan, Turkmenistan, Kasachstan, der Irak und der Iran, die die Gaspipeline mit ihren Rohstoffen versorgen wollen. Die Kommission muss wiederholen, was sie für das Regierungsabkommen getan hat, das heißt, an den Folgeverhandlungen teilnehmen und so schnell wie möglich zu einem positiven Ergebnis gelangen. Wenn wir nicht weiterkommen und nicht so verfahren, werden es andere tun, und ich bin mir sehr sicher, dass dies nicht im Interesse der europäischen Bürger ist.

 
  
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  Francisco José Millán Mon (PPE).(ES) Herr Präsident! Aufgrund der Abhängigkeit der EU von einer externen Energieversorgung ist die Sicherstellung der Lieferungen ein Problem, das immer zur Außenpolitik der EU gehören muss. Außerdem stimmen alle Vorhersagen darin überein, dass der Energiebedarf der Welt in den kommenden 25 Jahren deutlich steigen wird.

Hier in Europa müssen wir unsere große Abhängigkeit vom russischen Gas verringern, insbesondere nach den Krisen der vergangenen Jahre. Es gibt in Russland auch die klare Strategie, seine Dominanz des Gassektors in Europa zu sichern. Aus diesem Grunde gibt es Projekte wie Nord Stream, Blue Stream II und auch South Stream.

Daher müssen wir bei Anbietern und auch Strecken diversifizieren. Das ist der Grund für das Interesse an Nabucco, was uns einen Zugang zu Gas aus Aserbaidschan und dem Irak sowie auch aus Turkmenistan verschaffen wird und damit unsere Energiebeziehungen zu Mittelasien, das eine immer wichtigere Region darstellt, stärkt.

Daher bin ich hocherfreut über das Abkommen, das laut dem Bericht des Herrn Kommissars letzten Juli vereinbart wurde, sowie auch über die ausdrückliche Unterstützung für Nabucco durch den Präsidenten Barroso in den politischen Leitlinien, die er kürzlich vorstellte.

Ich weiß, dass es Zweifel an der Realisierbarkeit von Nabucco gibt, aber ich hatte auch Zweifel an der Baku-Tblisi-Ceyhan-Ölpipeline, die inzwischen Realität ist.

Ich muss betonen, dass die Staaten in der südlichen Mittelmeerregion auch eine wichtige Rolle bei der Versorgung Europas mit Gas spielen werden. Das wichtigste Land in dieser Hinsicht ist Algerien, das ein wichtiger Gaslieferant für mein Land und für Italien ist. Wir müssen sicherstellen, dass die Arbeiten an der Medgaz-Pipeline schnell abgeschlossen werden. Ich möchte auch solche Länder wie Ägypten und Libyen als mögliche Gaslieferanten hervorheben.

Zusammenfassend möchte ich sagen, dass Energiefragen in den Europa-Mittelmeer-Beziehungen zum Nutzen beider Seiten vorrangig behandelt werden müssen.

Meine Damen und Herren, der Vertrag von Lissabon enthält Energiefragen als gemeinsame Verantwortung und gibt vor, dass es eines der Ziele der Energiepolitik der EU sein wird, die Sicherheit der Energieversorgung zu gewährleisten. Das ermutigt uns wirklich, bei der Entwicklung einer immer wichtigeren gemeinsamen Energieaußenpolitik Fortschritte zu erzielen, wie es in dem Entschließungsantrag, der heute angenommen werden soll, betont wird.

Zum Schluss möchte ich sagen, dass dies Ziel schwer zu erreichen ist, wie man an dem Versagen in Europa, in der Europäischen Union, einen richtigen Binnenmarkt für Energie zu schaffen, erkennen kann, da wir nicht die notwendigen Verbindungsleitungen haben. Aus diesem Grunde bin ich so erfreut über die Verpflichtungen, die in dieser Hinsicht in dem von Präsident Barroso erwähnten Dokument enthalten sind.

 
  
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  Rachida Dati (PPE).(FR) Herr Präsident, Herr Kommissar! Wie meine Kollegen gerade gesagt haben, zeigt die jüngste Gaskrise zwischen Russland und der Ukraine die dringende Notwendigkeit, die Energiesicherheit und -unabhängigkeit der Europäischen Union zu stärken.

Die Europäische Union ist immer noch zu abhängig, insbesondere von Gasimporten, da sie bis 2020 vermutlich ungefähr 80 % ihres Gasbedarfs importieren muss. Diese Situation kann so nicht weitergehen, denn wenn dies geschieht, wird dies dauerhaft die Energiesicherheit der Europäischen Union gefährden. Natürlich sind die laufenden Infrastrukturprojekte, die Sie gerade erwähnten, ein Schritt in die richtige Richtung.

Die jüngste Gaskrise zwischen Russland und der Ukraine liegt bereits mehrere Monate hinter uns. Herr Kommissar, wie ist es mit dem kommenden Winter? Es ist absolut wichtig für diejenigen, die einen Mangel erlebt haben, und diejenigen, die zukünftig Angst davor haben, zu wissen, wie Europa sie vor möglichen neuen Krisen schützen wird.

 
  
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  Michael Gahler (PPE). - Herr Präsident, liebe Kollegen! Die vorliegende Entschließung macht erneut die Notwendigkeit deutlich, eine konsistente europäische Außenpolitik auch unter dem Blickwinkel der Energieversorgungssicherheit zu entwickeln.

Zu Nabucco und Desertec ist heute schon viel gesagt worden. Zum Stichwort Diversifikation der Bezugsquellen möchte ich Ihre Aufmerksamkeit auch auf eine benachbarte Region lenken, die sich bisher durch Stabilität und Verlässlichkeit bei der Versorgung Europas auszeichnet, die darüber hinaus ein großes Erschließungspotenzial hat, und die auch durch den Klimawandel zugänglicher wird: die arktische Region. Hier gibt es einerseits bereits eine Tradition pragmatischer Zusammenarbeit, auch beispielsweise mit Russland, andererseits ist die EU als solche bisher nicht präsent, im Gegensatz zu Russland, den USA, Kanada und sogar China.

Um auch in dieser Region unsere langfristigen europäischen Interessen zu sichern, plädiere ich daher dafür, gemeinsam mit Partnern wie Norwegen und Island eine pragmatische, langfristig angelegte Strategie zu entwickeln, die die Zusammenarbeit mit Russland, den USA und Kanada zum Ziel hat, die einen Interessenausgleich dort bewirkt, und die nicht nur Fragen der gemeinsamen Versorgungssicherheit umfasst, sondern auch Umweltfragen und den Zugang zu den neuen eisfreien Transportwegen. Damit vermeiden wir auch ein Konfliktpotenzial, das sich beim Run auf die noch verfügbaren Energiequellen sonst dort ergeben könnte.

 
  
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  Bastiaan Belder (EFD).(NL) Herr Präsident! Die Türkei muss bei der Verringerung der europäischen Abhängigkeit von Russland eine wichtige Rolle spielen. Die Frage ist jetzt, welchen Preis Europa bereit ist, der Türkei zu zahlen. Unterdessen spielt die Türkei mit zwei Karten und versucht, sowohl von dem Nabucco-Projekt als auch von dem South Stream zu profitieren. Das ist nicht im Interesse Europas. Ich rufe den Rat und die Kommission auf, sich eindeutig für das Nabucco-Projekt zu entscheiden. Dieses Projekt würde die Abhängigkeit von Russland klar verringern und aufgrund des langsamen Rückgangs bei der Nachfrage nach Gas in Europa wäre es völlig unnötig, zwei südliche Versorgungsrouten zu errichten. Die Türkei muss sich klar positionieren und ihr volles Gewicht in die Waagschale des Nabucco-Projektes werfen. Die Verhandlungen mit der Türkei zu diesem Thema sollten jedoch völlig getrennt von den Beitrittsverhandlungen mit diesem Land geführt werden. Es sollte nicht so sein, dass die Türkei im Austausch gegen kooperatives Verhalten eine Eintrittskarte für die Union erhält.

 
  
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  Lena Barbara Kolarska-Bobińska (PPE). - (PL) Die Europäische Union braucht Lieferanten, deren Geschäfte transparent ausgeführt werden und die ihre Verpflichtungen erfüllen. Die Energiecharta und das Transitprotokoll sind ein Versuch, ein System einzurichten, das auf klaren Grundsätzen beruht. Russlands kürzlicher Hinweis auf seinen Wunsch, sich aus dem Vertrag über die Energiecharta zurückzuziehen, sollten als Warnung gesehen werden. Es sollte eine Warnung für Unternehmen sein, die in Russland investieren, sowie auch für die Kommission. Das sollte die Kommission dazu ermuntern, so bald wie möglich Maßnahmen zu ergreifen, um ein europäisches Energiesicherheitssystem zu schaffen.

Wir können nur hoffen, dass Russland die Charta achten und keine endgültigen Schritte ergreifen wird. Der Binnengasmarkt der Europäischen Union muss ohne Beschränkungen funktionieren und grenzübergreifende Verbindungen und Gasnetze ermöglichen. Die europäischen Gasverbraucher dürfen nicht der Gnade der Monopole ausgesetzt werden.

(Der Präsident unterbricht den Redner)

 
  
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  Matthias Groote (S-D). - Herr Präsident, Herr Kommissar, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Mir hat sehr gut gefallen, was der Kommissar heute zum Projekt Desertec hier geschildert hat. Das Projekt Desertec hat ein sehr großes Potential, und sein Charme liegt wirklich darin, dass es sich um viele kleine Einzelprojekte handelt. Das schafft Arbeitsplätze. Das bereitet einer ökologischen Industriepolitik, wie wir sie anstreben, den Weg.

Eine Frage an die Kommission: Ich hatte das Gefühl, dass in Bezug auf das Projekt Desertec ein bisschen „mit angezogener Handbremse“ gesprochen wurde. Welche konkreten Maßnahmen sind in Sachen Netzinfrastruktur – einem Riesenproblem beim Ausbau der erneuerbaren Energie – geplant? Die Idee ist ja, den Strom über Hochspannungsgleichstromleitungen aus der Wüste nach Europa zu transferieren. Welche flankierenden Maßnahmen kann die Europäische Kommission hier treffen? Ist hier schon etwas angedacht? Was können wir von der nächsten Kommission in diesem Bereich erwarten?

 
  
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  Charles Tannock (ECR). - Herr Präsident! Die ECR-Fraktion unterstützt die Notwendigkeit einer gemeinsamen Energiesicherheitsaußenpolitik, die auf der Solidarität zwischen den Mitgliedstaaten beruht, aber der Energiemix muss weiterhin in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten fallen. Wir müssen natürlich für eine Diversifizierung sorgen, die die übermäßige Abhängigkeit von russischem Öl und Gas verringert, das inzwischen selbst das Vereinigte Königreich importiert, das traditionell von der Nordsee und norwegischem Gas abhängig war.

Wir müssen den Südkorridor entwickeln und sollten zusätzlich zum Nabucco-Projekt das White-Stream-Projekt vorrangig berücksichtigen, dabei aber auch an die transkaspische und die Transsahara-Strecke als interessante Zukunftsaussichten für die Europäische Union denken. Wir brauchen eine bessere Gasspeicherkapazität in Europa und eine bessere Integration unserer Pipeline- und Elektrizitätsnetze. Im Vereinigten Königreich sind wir auch sehr interessiert an neuen Kernkraftwerken.

Ich begrüße Investitionen in erneuerbare Energien, wie auch das Desertec-Solarprojekt, die zum Kampf gegen den Klimawandel und zur Diversifikation beitragen. Wir brauchen außerdem eine bessere Energieeffizienz – aber das jüngste EU-Verbot von Glühbirnen ist drakonisch, es ignoriert Gesundheitsgefahren für die Haut sowie Umweltgefahren durch Quecksilber, und es macht die EU unnötigerweise unbeliebt in meinem Land.

 
  
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  Alejo Vidal-Quadras (PPE).(ES) Herr Präsident! Die Vorhersagen deuten darauf hin, dass der Gasverbrauch in der Europäischen Union von heute bis 2030 um mehr als 40 % steigen wird und dass unsere eigene Binnenproduktion versagen wird. Das bedeutet, dass der Bedarf trotz all der gegenwärtig durchgeführten Projekte nicht gedeckt werden wird. Daher benötigen wir alle möglichen Lieferquellen und insbesondere müssen wir die Maßnahmen der Mitgliedstaaten koordinieren, um ihren Beitrag zu unserem gemeinsamen Bedarf zu optimieren.

Die South-Stream- und Nabucco-Projekte umfassen sehr wichtige wirtschaftliche, energetische, historische und politische Aspekte. Wir müssen diese sehr sorgfältig prüfen und weiterhin auf die Sorgen und Bedürfnisse der betroffenen Länder achten. Viele der Probleme, unter denen wir jetzt leiden, könnten gelöst werden, wenn wir zuerst die Maßnahmen der Mitgliedstaaten entschieden koordinierten, wenn wir mehr Flüssiggasterminals bauten, wenn wir den Binnenmarkt verbesserten und wir, um das wieder einmal zu sagen, mit einer Stimme sprächen.

 
  
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  Derek Vaughan (S&D). - Herr Präsident! Ich begrüße den Text, der heute von verschiedenen politischen Fraktionen vorgelegt wurde, sowie die Erklärung des Herrn Kommissars, insbesondere die Anerkennung der Notwendigkeit, unsere Energietechnologie zu diversifizieren und unsere Versorgung zu sichern.

Aber natürlich gibt es nicht eine einzelne Antwort zu dem Problem der Sicherstellung unserer Versorgung. Alle Technologien müssen in Betracht gezogen werden. Es muss einen Mix geben, der auch C02-Abscheidung und -Speicherung umfasst, und natürlich komme ich aus Wales, wo es immer noch reichlich Kohle gibt.

Die Energieeffizienz muss auch verbessert werden. Daher glaube ich, dass wir mehr Geld aus den Europäischen Strukturfonds für Energieeffizienzmaßnahmen ausgeben sollten, um Energie zu sparen, aber auch um die Wirtschaft zu fördern.

Ich möchte gern noch kurz auf zwei weitere Punkte eingehen. Erstens auf Desertec, von dem ich denke, dass es ein interessantes Projekt ist, aber wir müssen erkennen, dass es langfristig angelegt ist. Es ist keine schnelle Lösung.

Zweitens ist die Lagerung der Gasreserven wichtig, aber auch hier müssen wir erkennen, dass dies teuer ist und einer Finanzierung bedarf.

Also unterstütze ich alle heute vorgestellten Texte, insbesondere die der S&D-Fraktion, doch dies sind wichtige Punkte und ich würde es begrüßen, die Ansichten des Herrn Kommissars zu diesen Punkten zu hören.

 
  
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  András Gyürk (PPE).(HU) Meine Damen und Herren! Der Beschlussvorschlag beinhaltet, dass das russische Unternehmen Surgutneftgaz, dessen Besitzverhältnisse unklar sind, vor Kurzem einen Hauptanteil an der ungarischen Ölgesellschaft MOL erworben hat. Ich möchte gern mehr dazu sagen. Ich habe nach dieser Transaktion eine persönliche Anfrage an den Herrn Kommissar gerichtet. In seiner Antwort hat er erklärt, dass er unsere Forderung, die europäischen Energieunternehmen stärker gegen völlig untransparente, externe Übernahmen zu schützen, für legitim hält. Das ist eine gute Nachricht. Aber wir müssen auch hinzufügen, dass die aktuellen Vorschriften dafür nicht entsprechend ausgelegt sind.

Die Vorschriften zur Transparenz können jedoch leicht umgangen werden. Daher bitte ich die Europäische Kommission, ihre bequeme Position der bloßen "Nabelschau" aufzugeben. Sie sollte in Zusammenarbeit mit den Regierungen die rechtlichen Rahmenbedingungen für einen effektiven Schutz gegen feindliche Übernahmen ausarbeiten. Herr Präsident! Der offene Markt ist eine gemeinsame europäische Errungenschaft. Wir sollten uns selbst nicht genau bei diesem Problem verletzlich machen.

 
  
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  Ivo Vajgl (ALDE). - (SL) Es scheint, dass die "Blickfang-Methode" gut funktioniert, und ich freue mich zu hören, dass dem so ist. Wir brauchen eine sichere und diversifizierte Versorgung. Darin stimmen wir alle überein.

Ich denke jedoch, dass ein zu großer Teil unserer Diskussionsbeiträge heute bisher nur um ein Thema kreisten: um Warnungen vor einer russischen Bedrohung. Solche Gespräche haben keine konstruktiven Folgen für Europa, und ich denke, dass uns besser geholfen wäre, wenn wir eine Partnerschaft mit Russland eingingen.

Ich wäre auch dankbar, wenn Kommissar Piebalgs uns wissen lassen könnte, welche Fortschritte im Dialog zur Energiesicherheit, zur Verbesserung unserer Beziehungen mit Russland und zur Umsetzung der demokratischen Normen erzielt worden sind, denn das sind Themen, bei denen wir uns von Russland größere Aufmerksamkeit wünschen würden.

 
  
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  Andrzej Grzyb (PPE). - (PL) Im September 2007 wurde auf der Grundlage der Entscheidung des Europäischen Parlaments und des Rats von 2006 unter anderem für das Nabucco-Gaspipeline-Projekt ein europäischer Koordinator ernannt, Herr Josias Van Aartsen. 2009 hat er einen interessanten Bericht vorgelegt, der ebenso interessante Schlussfolgerungen enthielt. Eine dieser Schlussfolgerungen betraf die Schwierigkeiten, die bei der Umsetzung des Nabucco-Projekts auftreten könnten. Selbst die gegenwärtige Finanzierung deutet darauf hin.

Ich würde gerne wissen, ob Sie denken, dass unabhängig von Ihrem persönliche Interesse an dem Projekt, die Ernennung eines Koordinators für die Durchführung des Nabucco-Projektes zu einer effizienteren Umsetzung führen würde, damit wir sicher sein können, dass das, worüber wir heute diskutieren und dessen Umsetzung die Mitgliedstaaten, einschließlich meines Landes Polen, auch erwarten, eine 100-prozentige Chance hat, Realität zu werden.

 
  
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  Andris Piebalgs, Mitglied der Kommission. – Herr Präsident! Es ist schwierig für mich, all die gestellten Fragen zu beantworten, aber ich möchte einige Punkte hervorheben.

Erstens, dass die Politik, die wir im Energiesektor verfolgen, darauf abzielt, das Wohl unserer Bürger und unserer Industrie zu fördern. Wir bemühen uns um eine sichere Versorgung mit preisgünstiger und sauberer Energie. Das ist unser übergeordnetes Ziel.

Zweitens treffen wir nie Nebenabsprachen, wenn wir Energieabkommen erörtern. Es gibt keine Kompromisse, weder bei der Erweiterung noch bei den Menschenrechten. Wir vertreten den Standpunkt, dass die gegenseitige Abhängigkeit bei der Energieversorgung das Wichtigste ist und uns allen nützt – den Lieferanten, den Transitländern und den Verbrauchern. Unsere Partner zu überzeugen, braucht Zeit, aber das ist der einzige Weg, um Stabilität zu erreichen.

Drittens: selbst wenn es so aussieht, als seien wir langsam, denke ich, dass es entscheidend ist, dass wir uns auf die Vorschläge und Unterstützung seitens der Industrie stützen können, denn das macht uns stark. Vielleicht macht uns dies nicht zum "Schnellboot auf dem Energieozean", aber es sorgt für Stabilität. Wenn wir Änderungen vornehmen, haben wir eine viel bessere Grundlage dafür und sind auch viel sicherer. All die Projekte wurden genau auf ihre Kosteneffizienz und zukünftige Realisierbarkeit geprüft. Daher bin ich davon überzeugt, dass dies Unterstützung verdient.

Der nächste Bereich, der Schwachstellen aufweist und der weiter diskutiert wird, ist die Energieaußenpolitik und ihre Kohärenz. Es stimmt, dass es da viele Streitfragen gibt, oder zumindest scheint dies so, und als Kommissar wäre ich auf jeden Fall glücklich, wenn es eine einheitlichere Energieaußenpolitik gäbe.

Bei dem Entschließungsantrag geht es genau um dieses Thema, denn auch wenn es keinen immanenten Konflikt zwischen den Mitgliedstaaten gibt, werden Unstimmigkeiten wahrgenommen. Alle die von den Mitgliedstaaten ergriffenen Maßnahmen nutzen auch der Europäischen Union. Also sollten wir dies weiterverfolgen und wirklich versuchen, ein System aufzubauen, in dem wir einstimmig sprechen, und zwar nicht nur verbal, sondern auch bezüglich unserer Standpunkte und Interessen. Aus diesem Grunde ist die zweite Überprüfung der Energiestrategie immer noch sehr wichtig. All die Punkte, die wir in der zweiten Überprüfung der Energiestrategie angeführt haben, gelten immer noch.

Gleichzeitig können wir aus Sicht der Kommission ganz eindeutig erkennen, dass wir es uns nicht leisten können, von gegenseitiger Abhängigkeit zu einseitiger Abhängigkeit überzugehen. Genau deshalb unterstützen wir Diversifizierungsprojekte wie Nabucco und LNG – nicht, damit sie unsere Beziehungen der gegenseitigen Abhängigkeit zu anderen Ländern ändern, sondern weil sie uns zusätzliche Sicherheitsreserven bieten. Gleichzeitig nehmen wir aber auch wahrl, was in der Energiewelt geschieht.

Was die Frage nach der Kernenergie angeht, haben wir uns von dieser Möglichkeit abgewandt. Wir haben eine Richtlinie über nukleare Sicherheit angenommen, aber das ist eine vor allem eine nationale und sehr heikle Angelegenheit. Ich glaube wirklich, dass wir aus Sicht der Union auf die Zusammenarbeit der Aufsichtsbehörden für nukleare Sicherheit bauen sollten und versuchen sollten, ein sichereres und kohärenteres System einzurichten. Aber ich zweifle, ob wir mehr erreichen können.

Und schließlich glaube ich wirklich, dass diese Probleme und Diskussionen sehr dazu beitragen, die Energiepolitik zu formen, aber dass es kein einzelnes Instrument dafür gibt. Es gibt viele Instrumente, und wir werden später auf diese Diskussion zurückkommen.

Vielen Dank für diese Aussprache. Ich werde auch gern im ITRE-Ausschuss oder anderen Ausschüssen, die Energiefragen genauer besprechen möchten, Fragen beantworten.

 
  
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  Der Präsident. – Die Aussprache wird geschlossen.

Ich habe sechs Entschließungsanträge erhalten, die gemäß Artikel 110 Absatz 2 der Geschäftsordnung eingereicht wurden.(1).

Die Stimmabgabe findet heute um 12.00 Uhr statt.

Schriftliche Erklärungen (Artikel 149)

 
  
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  Cristian Silviu Buşoi (ALDE), schriftlich.(RO) Ich begrüße die Fortschritte, die durch die Unterzeichnung des Abkommens in Ankara zur Durchführung des Nabucco-Projekts sowie das Protokoll zu dem Abkommen zur Durchführung des Desertec-Projekts erzielt wurden. Das Nabucco-Projekt muss Priorität erhalten, da es eine Lösung für das Gasversorgungsproblem, das in den letzten Jahren immer größer geworden ist, bietet. Ich weiß, dass, auch wenn Nabucco ein Projekt ist, das aus geopolitischer Perspektive genauso wichtig ist, die Projektpartner gleichzeitig auch starke kommerzielle Interessen haben müssen, damit es so schnell wie möglich umgesetzt werden kann. Die Wirtschaftskrise, die das Geld, das den beteiligten Unternehmen für Investitionen zur Verfügung steht, verringert hat, sowie eine Reihe von Unsicherheiten, die mit den Quellen, die die Pipelines versorgen, zusammenhängen, sind Hindernisse, die überwunden werden müssen. Die 200 Mio. EUR, die wir dem Projekt anbieten, sind willkommen, aber wir müssen auch die politischen und diplomatischen Maßnahmen mit der Türkei und den Staaten in der Region, die das Gas bereitstellen, beschleunigen. Daher möchte ich zu einer Solidaritätsbekundung der Mitgliedstaaten aufrufen, damit wir in der Lage sind, Gaskrisen wie die der letzten Jahre abzuwenden. Wir können nicht darauf warten, dass der Vertrag von Lissabon in Kraft tritt und das Nabucco-Projekt fertiggestellt wird, während die Europäer in Gefahr sind, mitten im Winter ohne Gas dazustehen, weil es Streitigkeiten zwischen Russland und der Ukraine gibt.

 
  
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  Ivailo Kalfin (S&D), schriftlich. – (BG) Leider hat die EU immer noch keine effektive Energiesicherheitspolitik. In den letzten Jahren wurden die ersten Schritte in diese Richtung unternommen, zu denen ich insbesondere Kommissar Piebalgs gratulieren möchte. Auch Bulgarien hat dazu beigetragen. Diese Verfahren sind jedoch noch zu langsam, insbesondere, wenn man die besonders dynamischen Maßnahmen seitens Russland und anderer Konkurrenten in Betracht zieht.

Wir brauchen eine viel klarere und aktivere Politik, die einige der folgenden Merkmale enthalten muss:

- Unterstützung der Fertigstellung aller Projekte, die die Versorgung Europas mit Gas beinhalten und realistischerweise eine marktbasierte Finanzierung sicherstellen können, einschließlich des Nord Stream und des South Stream;

- Unterstützung des Baus neuer Einrichtungen, die zur Energieunabhängigkeit beitragen und die CO2-Emissionen verringern, insbesondere Anlagen, die durch Kernenergie und erneuerbare Energiequellen betrieben werden;

- Entwicklung allgemeiner Regeln für die Lieferung und Weiterleitung von Gas;

- eine aktive Politik mit Staaten in Mittelasien und dem Kaukasus zur Sicherung der Versorgung Europas mit kaspischem Gas.

 
  
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  Tunne Kelam (PPE) , schriftlich. – Diese Diskussion zeigt wieder einmal, wie dringend die EU eine gemeinsame Energiepolitik benötigt. Es gibt Mitglieder, die die Kommission und die Mitgliedstaaten drängen, konkrete, koordinierte Maßnahmen im solidarischen Sinne zu ergreifen, und die vorschlagen, so zu handeln, als würde die EU bereits eine solche Politik verfolgen. Ihre Bemühungen haben nicht nur politischen und moralischen, sondern auch praktischen Wert, da sie als Vertreter der Bürger den Aufbau einer gemeinsamen Energiepolitik beschleunigen können. Es gibt andere, die das Fehlen einer solchen Politik als Ausrede nutzen, um ihre bilateralen Abkommen mit Lieferanten zu rechtfertigen, die oft die Erfordernisse der Transparenz und des fairen Wettbewerbs, ganz abgesehen von europäischer Solidarität, missachten. Das ist ein kurzsichtiger und riskanter Ansatz, von dem diese undemokratischen Lieferanten profitieren, deren politische Strategie es ist, die EU zu teilen und zu schwächen. Die Kommission sollte Unternehmen, die sich um eine Diversifizierung unserer Energieversorgung bemühen, nicht nur politisch und rechtlich, sondern auch finanziell unterstützen. Um wirklich zu einer echten Energiesolidarität zu gelangen, sollten die Mitgliedstaaten beginnen, sich gegenseitig sowie auch die Kommission über ihre Vereinbarungen mit Dritten zu informieren.

 
  
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  Petru Constantin Luhan (PPE), schriftlich. – (RO) Da wir am Anfang eines neuen Mandats stehen, habe ich das Gefühl, dass ein Bereich, in dem das Europäische Parlament sich aktiver einbringen muss, die Gewährleistung der Energiesicherheit sein muss. Daran denkend möchte ich die Bedeutung des Nabucco-Projekts hervorheben, das dazu beitragen wird, die Energiesicherheit der Europäischen Union sicherzustellen, da dies den Zugang der europäischen Verbraucher zu alternativen Quellen über eine sichere Strecke bereitstellt. Die Unterzeichnung des Abkommens zum Nabucco-Projekt zwischen Österreich, Bulgarien, Rumänien, der Türkei und Ungarn am 13. Juli 2009 steht für eine politische Verpflichtung der Partnerstaaten, die an diesem Projekt beteiligt sind, ihre Bemühungen zum Bau der Gaspipeline fortzusetzen, und hat ein positives Signal an die Investoren und die Staaten gesandt, die das Erdgas bereitstellen. Die an diesem Projekt beteiligten Staaten müssen zusammen mit der Europäischen Kommission weiter ihre Bemühungen darauf richten, Investitionen zu erhalten und zuverlässige Lieferanten für Nabucco zu gewinnen.

 
  
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  Rareş-Lucian Niculescu (PPE), schriftlich. – (RO) Zusätzlich zur Erreichung der Spitzenposition auf der Liste der Gasexporteure ist Russland vor Kurzem der größte Exporteur von Öl in der Welt geworden und hat damit Saudi-Arabien überholt. Diese Situation bringt Moskau in eine besonders einflussreiche Position, da es die Kontrolle über diese Ressourcen hat. Energie ist jedoch eine Ware, die den Grundsätzen der Marktwirtschaft unterliegen muss. Es darf nicht möglich sein, dass Energie als Instrument zur Ausübung politischen Drucks missbraucht wird. Die Energiekrisen, denen Europa ausgesetzt war, haben die Bedeutung der Diversifizierung der Energieversorgungsquellen hervorgehoben. Sie haben außerdem den Mehrwert gezeigt, den Nabucco in dieser Hinsicht der gesamten Europäischen Union bietet. Rumänien war bisher ein starker Unterstützer des Nabucco-Projekts und wird das auch bleiben. Tatsächlich hat Rumänien im Juli zusammen mit der Türkei, Bulgarien, Ungarn und Österreich das zwischenstaatliche Abkommen für das Nabucco-Projekt unterzeichnet. Wir betrachten den Abschluss dieses Abkommens als einen Erfolg und einen wichtigen Schritt nach vorn. Eine Gaspipeline der Größe und der Ambitionen von Nabucco wird viele Herausforderungen bestehen müssen, bevor sie Realität wird. Die einzige Lösung zur Überwindung dieser Herausforderungen ist die beharrliche Durchführung geeigneter Maßnahmen.

 
  
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  Traian Ungureanu (PPE), schriftlich. – Wir bemühen uns sehr um eine kohärente Energiepolitik, doch so eine Politik gibt es bereits und ist vollständig umgesetzt. Es gibt nur ein kleines Problem: Es ist NICHT unsere Politik. Es ist die Politik Russlands. Jetzt beteiligt sich das französische Unternehmen EDF am South Stream. Davor haben die Russen den Anteil des ungarischen Unternehmens MOL an Nabucco übernommen. Und davor wurde der österreichische Gas-Terminal in Baumgarten von dem umstrittenen Unternehmen Centrex übernommen. Wir brauchen eine klare europäische Energiepolitik, und zwar jetzt. Das ist vermutlich unsere letzte Gelegenheit, uns geschlossen hinter Nabucco zu stellen. Andernfalls sollte der Rat und die Kommission, falls sie neutral bleiben, sich auf sehr kalte Winter und sehr heiße Politik einstellen.

***

 
  
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  Mario Mauro (PPE).(IT) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte Sie bitten, zu einer Schweigeminute in diesem Haus aufzurufen, da wir gerade aus Kabul die Nachricht von einem schweren Angriff auf die internationale Friedenstruppe erhalten haben. Die knappen Informationen sprechen von sechs Toten unter den Folgore-Fallschirmjägern innerhalb des italienischen Kontingents.

Daher bitte ich Sie, zu genau einer Schweigeminute im Haus aufzurufen, damit wir derer gedenken können, die kämpfen, um unsere Ideale von Frieden und Freiheit in der ganzen Welt zu verbreiten.

 
  
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  Der Präsident. – Meine Damen und Herren! Wie Sie gerade von Herrn Mauro gehört haben, hat sich ein tragischer Zwischenfall in Afghanistan ereignet: sechs Soldaten der Friedenstruppen haben ihr Leben verloren. Ich möchte Sie darum bitten, sich zu erheben und eine Schweigeminute als Zeichen der Achtung angesichts dieses tragischen Vorfalls einzulegen.

(Die Mitglieder des Parlaments erhoben sich und legten eine Schweigeminute ein)

 
  
  

VORSITZ: Stavros LAMBRINIDIS
Vizepräsident

 
  

(1) Siehe Protokoll.


4. Abstimmungsstunde
Video der Beiträge
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  Der Präsident. - Nächster Punkt ist die Abstimmungsstunde.

(Abstimmungsergebnis und sonstige Details: siehe Protokoll)

 

4.1. Interventionszeiträume 2009 und 2010 für Butter und Magermilchpulver (A7-0005/2009, Paolo De Castro) (Abstimmung)

4.2. GAP: Stützungsregelungen für Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe (A7-0004/2009, Paolo De Castro) (Abstimmung)

4.3. SWIFT (Abstimmung)
 

Vor der Stimmabgabe über Änderungsantrag 2

 
  
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  Jeanine Hennis-Plasschaert, im Namen der ALDE-Fraktion. – Herr Präsident! Die ALDE-Fraktion widerspricht dieser Änderung.

(Anträge der Verts/ALE-Fraktion zum Text der Änderungsanträge 1 und 2 werden zur Abstimmung vorgelegt)

 
  
 

Vor der Stimmabgabe zu Änderungssantrag 1

 
  
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  Jeanine Hennis-Plasschaert, im Namen der ALDE-Fraktion. – Herr Präsident! Die ALDE-Fraktion erhebt auch hier Einspruch.

(Anträge der Verts/ALE-Fraktion zum Text der Änderungsanträge 1 und 2 werden zur Abstimmung vorgelegt)

 

4.4. Partnerschafts- und Kooperationsabkommen EG/Tadschikistan (Abstimmung)

4.5. Partnerschafts- und Kooperationsabkommen EG/Tadschikistan (A7-0007/2009, Alojz Peterle) (Abstimmung)

4.6. Lage in Litauen nach der Annahme des Gesetzes zum Schutz der Jugend (Abstimmung)

4.7. Krise in der Milchwirtschaft (Abstimmung)

4.8. Sicherheit der Energieversorgung (Nabucco und Desertec) (Abstimmung)
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  Der Präsident. - Die Abstimmungsstunde ist damit beendet.

 

5. Stimmerklärungen
Video der Beiträge
  

Mündliche Erklärungen zur Abstimmung

 
  
  

Entschließungsanträge RC-B7-0026/2009

 
  
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  Tunne Kelam (PPE). - Herr Präsident! Ich habe gegen die Entschließung in Bezug auf Litauen gestimmt, weil ich sie für eine voreilige und unausgewogene Reaktion auf ein Gesetz halte, das noch nicht einmal in Kraft getreten ist, schon gar nicht in seinem ursprünglichen Wortlaut.

Es ist richtig, dass Menschenrechte in die Zuständigkeit der Union fallen. Im vorliegenden Fall jedoch ist die Union nahe daran, den Grundsatz der Souveränität eines Mitgliedstaats zu verletzen, und deshalb habe ich mich dieser Entschließung widersetzt, denn es gilt auch zu beachten, dass sie sich als ein schlechtes Beispiel dafür, wie mit der Souveränität von Mitgliedstaaten umgegangen werden kann, negativ auf das Referendum in Irland auswirken würde.

 
  
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  Bogusław Sonik (PPE).(PL) Herr Präsident! Ich habe gegen diese Entschließung gestimmt, weil Litauen dieses Problem selbst lösen kann. Der litauische Präsident hat eine spezielle Arbeitsgruppe zur Überprüfung dieses Gesetzes eingerichtet, das erst 2010 in Kraft treten soll. Darüber hinaus denke ich, dass die Entschließung eine zu große Einmischung in die Angelegenheiten eines souveränen Staates wie Litauen darstellen würde. Zudem enthält die Entschließung eine Aussage dahingehend, dass die rechtliche Stellungnahme der Agentur der Europäischen Union für Grundrechte angefordert werden sollte. Es fällt nicht in den Zuständigkeitsbereich der Agentur für Grundrechte, einzelne Länder zu bewerten und eine Stellungnahme zu solchen Fällen abzugeben. Dies würde einen viel zu gefährlichen Präzedenzfall schaffen.

 
  
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  Bernd Posselt (PPE). - Herr Präsident! Ich bin ein begeisterter Europäer und Befürworter einer europäischen Verfassung und auch des Lissabon-Vertrages. Ich bin auch ein Kämpfer für die Menschenrechte. Aber diese Entschließung schadet Europa schwer, vor allem im Vorfeld des irischen Referendums, und sie missbraucht das Thema Menschenrechte für ideologische Zwecke. Das litauische Gesetz hat nichts mit Menschenrechten zu tun, und wenn überhaupt, dann schützt es die Menschenrechte litauischer Kinder und verletzt sie nicht. Deshalb empfinde ich diese Entschließung als eine ideologische Schande. Die Linke und die Liberalen dieses Hauses haben mit dieser Entschließung Europa und den Menschenrechten schwer geschadet.

 
  
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  Philip Claeys (NI).(NL) Herr Präsdient! Unsere litauischen Freunde hätten sicherlich etwas anderes für sich erwartet. Nachdem sie sich vom Joch der Sowjetunion befreit hatten, wollten sie so schnell wie möglich Mitglieder dieser Union werden, die sich gern als einzigartiger Zusammenschluss freier Staaten darstellt. Nun, gleichwohl scheint es erneut so zu sein, dass eine Form der Bevormundung einfach durch eine andere, wenngleich subtilere, ersetzt worden ist. Litauen ist heute nicht mehr frei: Wenn das litauische Parlament ein Gesetz zum Schutz Minderjähriger verabschiedet, wird es für seine Mühen gegeißelt und ausgegrenzt. Es gibt keinen einzigen Bereich, der noch frei von europäischer Einmischung ist, und dies ist etwas, was in den kommenden Jahren gewiss nicht besser werden wird. Im Gegenteil, tatsächlich wird der neue Europäische Kommissar für Menschenrechte – was bedeutet schon ein Name? – diese europäische Bevormundung noch verstärken. Vielen Dank, Herr Verhofstadt, vielen Dank an die anderen Bürokraten der Kommission dafür, dass Sie der Freiheit die Luft zum Atmen nehmen.

 
  
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  Daniel Hannan (ECR). - Herr Präsident! Sehen Sie doch, wie das Dickicht der EU-Vorschriften wächst. Sehen Sie, wie Brüssel mit seinen Verästelungen in jede Spalte, jeden Winkel des nationalen Lebens vordringt.

Fragen wie diese, der Schutz Minderjähriger, sind für viele unserer Bürger sensible und ethische Fragen. Wenn wir in diesem Parlament uns erdreisten, als Gesetzgeber für die Mitgliedsländer aufzutreten, wozu sind diese dann noch da? Kennt unsere Anmaßung keine Grenzen?

Lassen Sie mich meinen Standpunkt dazu unmissverständlich deutlich machen. Zu Zeiten als es im Vereinigten Königreich ein Gesetz gab, das diesem sehr nahe kam und "Section 28" hieß, war ich praktisch der einzige Konservative, der dagegen opponierte. Ich war dem Rest meiner Partei Jahre voraus, die volle Gleichberechtigung von Homosexuellen aktiv voranzubringen, einschließlich in Bezug auf die Gleichstellung des Mündigkeitsalters und eingetragene Lebenspartnerschaften. Ich bin sehr erfreut, dass der Rest meiner Partei diesen Standpunkt heute teilt.

Aber ich bin kein litauischer Gesetzgeber! Die Menschen, die diese Frage in Litauen entscheiden sollten, sind diejenigen, die durch die demokratischen Mechanismen und Verfahren dieses Landes Antworten geben müssen. Wenn wir nicht bereit sind, ihnen zu erlauben, das zu tun, dann können wir unsere nationalen Parlamente ebenso gut einmotten, sie in Museen umwandeln und die Tür zuschließen.

 
  
  

Entschließungsanträge RC-B7-0047/2009

 
  
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  Peter Jahr (PPE). - Herr Präsident! Das Überleben vieler landwirtschaftlicher Betriebe ist ernsthaft gefährdet. Deshalb bin ich froh, dass wir heute einen fraktionsübergreifenden Entschließungsantrag zur Krise auf dem Milchmarkt beschlossen haben. Ich bedauere zutiefst, dass sich die Fraktion der Grünen an der Erarbeitung dieses Antrags nicht beteiligt hat.

Es muss deutlich gesagt werden, dass dieser Krise mit den von der Kommission vorgeschlagenen Maßnahmen alleine nicht beizukommen ist. In erster Linie müssen wir den Verbrauch von Milchprodukten steigern, um den Markt zu entlasten. Dabei gilt: Absatzförderung geht vor Lagerhaltung. Sinnvolle Vorschläge wie die Verwendung von Milchpulver für die Kälberfütterung, die Festlegung von Mindestpreisen für Käseprodukte, eine klare Kennzeichnung von Analogkäse und die unterstützende Verwendung von Butterfett in Speiseeis bzw. Backwaren liegen seit Längerem vor und bereit. Warum sie bisher von der Kommission nicht umgesetzt wurden, ist mir unverständlich.

Ich möchte die Kommissarin eindringlich bitten, die im Entschließungsantrag enthaltenen Vorschläge dringend zu beachten und umzusetzen!

 
  
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  Oldřich Vlasák (ECR). – (CS) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte gern Stellung dazu nehmen, warum ich mich bei der Abstimmung über die Krise im Milch- und Molkereiproduktesektor der Stimme enthalten habe. Es ist eine traurige Tatsache, dass die Lage im Milchwirtschaftssektor äußerst kritisch ist. Trotz der Tatsache, dass die Verbraucherpreise in den vergangenen Jahren um 14 % gestiegen sind, ist der Kaufpreis von Milch um fast 40 % gesunken. Viele europäische Milchverarbeiter stehen heute kurz vor dem Ruin. In der Tschechischen Republik zum Beispiel sind nach Angaben des Madeta-Geschäftsführers Teplý fünfzehn tschechische Milchwirtschaftsbetriebe finanziell betrachtet klinisch tot. Die Situation muss systematisch durch langfristige Steuerung des Sektors und nicht nur durch kurzfristige Stützungsmaßnahmen wie Subventionen, Interventionskäufe und Hilfen für private Lagerhaltung gelöst werden. Dadurch wird lediglich der Markt verzerrt, aber nicht Preisinstabilität verhindert. Gleichzeitig müssen wir gleiche Voraussetzungen für die Bauern aller Mitgliedstaaten und nicht nur im Milchwirtschaftssektor schaffen.

 
  
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  Franz Obermayr (NI). - Herr Präsident! Der hier vorliegende Vorschlag der Kommission ist an und für sich zu begrüßen und macht aus ökonomischer und realpolitischer Sicht jedenfalls Sinn. Allerdings soll schon ergänzend festgestellt werden, dass der Preisverfall bei einer differenzierten Sicht der Dinge nicht nur aufgrund eines Nachfragerückgangs entstanden ist.

Man muss auch hier durchaus die Problematik der Milchbauern in Österreich bzw. im Alpenraum in Betracht ziehen. Die klein strukturierten heimischen Landwirtschaftsbetriebe können mit den Riesenbetrieben in Norddeutschland und Holland nicht wirklich mithalten. Dadurch entsteht Ungleichgewicht. Eine gänzliche Freigabe der Milchmenge würde Milchbetriebe bei uns zur Aufgabe zwingen, hätte fatale und unabsehbare Folgen, auch für die Kulturlandschaft.

Einige Multis würden den europäischen Markt beherrschen. Welche Folgen dies auch für die Qualität der Lebensmittel hätte, kann man sich gut vorstellen.

 
  
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  Mario Borghezio (EFD).(IT) Herr Präsident, meine Damen und Herren! In den letzten Tagen haben in ganz Europa legitime Proteste von Milchproduzenten in Bezug auf die Preise, die mangelnde Intervention der Europäischen Union und die Genehmigung der – nicht künftigen, sondern sofortigen – Kennzeichnung, insbesondere von künstlichen Molkereiprodukten, stattgefunden.

Wir möchten, dass frische Produkte auf den Tisch unserer Verbraucher kommen, Produkte, bei denen wir feststellen können, wo sie herkommen, und nicht den Müll, den wir aus anderen Ländern erhalten: Milch aus Milchpulver, die als Frischmilch unserer eigenen Erzeuger ausgegeben wird. Morgen wird in Padania, wie im übrigen Europa, Milch weggeschüttet - und dies ist ein bedeutsamer Protest, denn er dient dem Erhalt der Qualität unserer Produkte. Wir in Europa wollen gesunde Lebensmittel aus unserer Region essen: gute Frischmilch, Milch, die ich offensichtlich trinke. Wir in Padania trinken zum Gedenken an das von unseren Erzeugern geleistete Opfer, das dieses Europa schützen muss.

Der Europäische Kommissar hat Käse mit einer langen Reifezeit von den Vorschriften ausgeschlossen; die Milchpulverhersteller sind die einzigen, die das schützt. Dies ist eine Schande!

 
  
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  Krisztina Morvai (NI).(HU) Wir leben, Herr Präsident, in einer Zeit, in der jeden Tag Milchbauern Selbstmord begehen, selbst in reichen westlichen Ländern wie Frankreich. Deshalb ist dies eine enorme Tragödie. Ich habe für beide Berichte von Paolo De Castro gestimmt, weil eine sofortige Intervention erforderlich ist. Allerdings wissen wir, dass Milchpulver und Butter in den Interventionsbeständen gehortet werden. Sie werden aus den Interventionsbeständen herausgenommen und letztlich bloß dafür sorgen, dass die Preise wieder nach unten gedrückt werden. Das ist das eine Problem, das ich habe.

Das andere Problem ist, dass diese Maßnahme sehr viel wahrscheinlicher den großen Milchbauern als den kleinen helfen wird. Wir sollten jedoch nicht vergessen, dass die Kleinbauern sofortiger Hilfe bedürfen, um ihren Basislebensunterhalt zu sichern, wohingegen die Großbauern einfach ihre Gewinne halten oder steigern. Es sind grundlegende Änderungen erforderlich. Wir müssen endlich Nahrungsmittelsouveränität garantieren anstatt das von der Welthandelorganisation diktierte Freihandelsmodell anzuwenden. Wie andere Redner vor mir schon sagten: Wir brauchen Nahrungsmittel, die lokal von lokalen Bauern produziert werden.

 
  
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  Daniel Hannan (ECR). - Herr Präsident! Wie alle meine Vorredner bin ich mir über das Ausmaß der Krise in unserem Agrarsektor im Klaren. Jedes Parlamentsmitglied, das Bauern vertritt, kennt es. Aber die Krise ist ein Produkt unseres bestehenden Agrarsystems – der gemeinsamen Agrarpolitik –, die verhängnisvolle Folgen für die Bauern in meinem Teil des Vereinigten Königreichs hat. Und nicht nur für die Bauern: für unsere Verbraucher, für unsere Steuerzahler und de facto für die Armen der Dritten Welt, die feststellen, dass ihre Märkte nicht zum Zuge kommen und dann Überschüsse bei ihnen abgeladen werden.

In der Europäische Union haben wir uns allmählich vom System der Direktunterstützung wegbewegt, was sich so negativ auf Umwelt und Wirtschaft ausgewirkt hatte, und nun sind wir geradewegs dabei, wieder dazu zurückzukehren. Ich kann Ihnen sagen, dass die Menschen im Vereinigten Königreich sich deutlich daran erinnern, wie das Milchquotensystem funktionierte. Es wurde uns eine Quote zugeteilt, die unter unserer nationalen Produktion lag. So kam es zu dem ungewöhnlichen Bild, dass britische Bauern Milch als Dünger benutzten oder sie im Ausguss wegschütteten, und dann Milch aus den Niederlanden, Frankreich oder anderen Teilen der Europäischen Union reimportieren mussten, um die Nachfrage zu befriedigen. Wir waren gerade dabei, davon wegzukommen, und nun hat dieses Haus dafür gestimmt, zu all dem zurückzukehren.

Jeder, der meint, dass die Europäische Union in die Richtung geht, weniger zu tun und Macht zu dezentralisieren, muss sich nur die heutige Abstimmung ansehen.

 
  
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  Syed Kamall (ECR). - Herr Präsident! In der vergangenen Woche kamen mehrere Alben der Band The Beatles in digital überarbeiteter Form neu heraus. In diesee Woche diskutieren wir über ein Milchquotensystem in überarbeiteter Form. Diese beiden Vorgänge scheinen auf den ersten Blick nicht viel gemeinsam zu haben, bis einem der Titel eines Songs der Beatles in den Sinn kommt: Back in the USSR. Das, denke ich, bringt es auf den Punkt. Wir haben hier ein System, in dem Preise und Quoten von Bürokraten festgelegt und nicht vom Bedarf der Verbraucher oder gar den Bedürfnissen der Anbieter bestimmt werden. Hier haben wir ein System, in dem die Verbraucher doppelt bezahlen - in Form höherer Preise und höherer Steuern, um ein System zu stützen, an dem nichts zu beanstanden war, solange die Preise hoch waren.

Ich erinnere mich, dass gegen Ende des letzten Mandats Martin Schultz sagte, zum Schluss habe er eine Sozialdemokratisierung der EPP gesehen. Nun, ich denke, sein Traum ist sogar weitergegangen und wir sehen die Sowjetisierung der EU. Blicken wir wirklich auf eine "EUSSR"?

 
  
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  Jens Rohde (ALDE). - (DA) Herr Präsident! Wir dänischen Liberalen hegen starkes Mitgefühl für die Bauern, die mit den großen wirtschaftlichen Herausforderungen unserer Tage konfrontiert sind, und wir hegen auch eine große Sympathie für die Idee, denjenigen kurzfristige Unterstützung zu gewähren, die ihrer bedürfen. Das einzige Problem ist, dass kurzfristige institutionalisierte Unterstützungssysteme trotz vieler hehrer Absichtserklärungen nie kurzfristig bleiben. Am Ende etablieren sich sie immer dauerhaft, und das wissen alle von uns, die an ihrer Umsetzung beteiligt waren, sei es hier oder in unseren nationalen Parlamenten. Darum befürchten wir – und wir meinen zu Recht –, dass die Maßnahmen, die diese Entschließung empfiehlt, und auch die in diesem Zusammenhang veranlassten Initiativen der Kommission, de facto zu einem dauerhafteren Kurs weg von dem exzellenten Reformprozess für eine effiziente Landwirtschaft führen, für den der Kommissar verantwortlich zeichnet, und kommen daher zu der Auffassung, dass wir diese Entschließung ablehnen müssen.

 
  
  

Entschließungsanträge RC-B7-0040/2009

 
  
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  Zigmantas Balčytis (S&D). - Herr Präsident! Ich habe dafür gestimmt, weil die Frage der Sicherheit der Energieversorgung von größter Bedeutung für alle Mitgliedstaaten der Europäischen Union ist.

Die jüngste russisch-ukrainische Krise hat deutlich die bestehenden Probleme im Energiesektor und insbesondere die völlige Abhängigkeit einiger Mitgliedstaaten von einem einzigen Erdgaslieferanten aufgezeigt.

Die vom Rest Europas isolierten Länder des Baltikums sind der Gnade der Gaslieferanten aus Osteuropa ausgeliefert. Es ist heute wichtiger denn je, eine umfassende gemeinsame Energiepolitik auf der Grundlage von Solidarität, der Diversifizierung von Energiequellen und der Bündelung gemeinsamer Interessen zu entwickeln.

Ich möchte diese Gelegenheit nutzen, der Kommission und insbesondere dem schwedischen Ratsvorsitz für die Vorstellung der Ostseestrategie zu danken, die die effektive Mobilisierung und effizientere Nutzung von Strukturfondsmitteln zur Erreichung gemeinsamer Ziele ermöglichen wird.

Ich bin überzeugt, dass die Strategie bei richtiger Umsetzung ein Beispiel für regionalen Erfolg sein wird.

Schließlich möchte ich die Kommission nachdrücklich dazu auffordern, eine Führungsrolle bei der Umsetzung der Ostseestrategie zu übernehmen, um sicherzustellen, dass in gewissen Fällen nicht den Interessen der einzelnen Mitgliedstaaten Vorrang vor der Erreichung gemeinsamer Strategieziele eingeräumt wird.

 
  
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  Bogusław Sonik (PPE).(PL) Ich habe für die Entschließung gestimmt, weil die Energiefrage ein wichtiger Test für die europäische Solidarität ist. Die Mitgliedstaaten müssen in dieser Frage zusammenarbeiten.

Die Energiepolitik muss an die Außenpolitik gekoppelt sein. Die Kommission muss zudem auf die Diversifizierung der Energiesicherheit in den verschiedenen EU-Mitgliedsstaaten achten. Die Bekämpfung des Klimawandels bedeutet, dass kohleabhängige Energiepolitik negative finanzielle Folgen für die Verbraucher nach sich ziehen kann, da Preiserhöhungen dann die Bürger betreffen. Es ist höchste Zeit, dass wir eine gemeinsame EU-weite Politik in diesem Bereich einführen. Die Kommission muss deutlich machen, dass sie die selbstsüchtige Haltung von Mitgliedstaaten bekämpfen wird, die in einer fortgesetzten Abhängigkeit von einem Lieferanten, wie zum Beispiel von Russland bei Erdgas, keine Gefahr sehen.

Wir müssen handeln. Die Europäische Kommission und der Kommissar für Energie müssen ihren politischen Willen klar zum Ausdruck bringen.

 
  
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  Iosif Matula (PPE).(RO) Herr Präsident! Ich habe für diese Entschließung gestimmt und werde nun erklären, weshalb. Die Europäische Union ist abhängig von Energieimporten. Der Energieverbrauch steigt weiter, doch die natürlichen Ressourcen sind begrenzt. Energiesicherheit setzt zugleich die Diversifizierung von Energiequellen und Transportrouten sowie eine hocheffiziente Vernetzung zwischen den Mitgliedstaaten voraus, woran derzeit im Rahmen verschiedener Projekte mit europäischen Finanzmitteln für die Gaspipelines zwischen Rumänien und seinen Nachbarn Ungarn und Bulgarien gearbeitet wird. Da stehen wir im Moment, habe ich mir gesagt, aber was müssen wir noch tun?

Ich möchte einen vielleicht kühnen, aber einfachen Vergleich zur elektrischen Energie ziehen. Derzeit werden unsere Häuser mit elektrischem Stom versorgt, von dem wir nicht wissen, woher er kommt. Ein diversifiziertes Netz zur Erdgasversorgung und zahlreiche Transportnetze müssen uns in die Lage versetzen, genau das gleiche Ziel zu erreichen: eine Gasversorgung in jeder Lage, ungeachtet der Situation, zu garantieren. Darum habe ich das Nabucco-Projekt unterstützt und tue es immer noch, unterstütze aber gleichzeitig auch die Bemühungen im Hinblick auf die Diversifizierung von erneuerbaren Energiequellen.

 
  
  

Schriftliche Stimmerklärungen

 
  
  

- Bericht: Paolo De Castro (A7-0005/2009)

 
  
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  Luís Paulo Alves (S&D), schriftlich. (PT) Ich habe für den Bericht über einen Vorschlag für eine Verordnung des Rates bezüglich der Interventionszeiträume 2009 und 2010 für Butter und Magermilchpulver gestimmt, weil ich diese Maßnahmen als die Fortsetzung eines positiven Schritts betrachte, der eine Sofortwirkung bei der Regulierung des überschüssigen Angebots entfaltete, welches den Milch- und Molkereimarkt negativ beeinflusst. Der Preisverfall am Weltmilch- und -molkereimarkt in den letzten zwölf Monaten ist das Resultat einer allgemein höheren Produktion und eines Rückgangs der weltweiten Nachfrage aufgrund der Wirtschafts- und Finanzkrise. Dies rechtfertigt eine anhaltende öffentliche Intervention bei Butter und Milchpulver.

 
  
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  Jean-Pierre Audy (PPE), schriftlich. (FR) Ich habe auf der Grundlage des Berichts meines italienischen Mitabgeordneten Paolo De Castro für den Vorschlag für eine Verordnung des Rates gestimmt, die von der Verordnung für die Gemeinsame Marktorganisation (GMO) in Bezug auf den Interventionszeitraum 2009 und 2010 für Butter und Magermilchpulver abweicht. Nach der weltweiten Preisexplosion bei sämtlichen Nahrungmittel im Jahr 2007 und daher auch bei Milch war in den vergangenen Monaten ein Preisverfall zu beobachten. Ich unterstütze die Kommission, die Anfang 2009 Beihilfen für die private Lagerhaltung von Butter einführte in dem Bemühen, den Markt zu stützen. Angesichts der herrschenden außergewöhnlichen Situation unterstütze ich die Verlängerung des derzeitigen Zeitraums für öffentliche Interventionsankäufe von Butter und Magermilchpulver bis 28. Februar 2010 im Wege eines Ausschreibungsverfahrens. Außerdem habe ich angesichts der Unsicherheit bezüglich der vom Markt für Molkereiprodukte benötigten Zeit für eine Erholung die der Kommission erteilten Genehmigung unterstützt, den Interventionszeitraum 2010/2011 erneut im Wege eines Ausschreibungsverfahrens zu verlängern, sollten die Marktbedingungen dies erforderlich machen.

 
  
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  David Casa (PPE), schriftlich. − Dieser Bericht bezieht sich auf den Vorschlag für eine Verordnung des Rates, mit der in Bezug auf die Interventionsperioden für Butter und Magermilchpulver von der einheitlichen GMO-Verordnung abgewichen wird. Aufgrund der Tatsache, dass im Milchwirtschaftssektor eine ernste Krise herrscht, habe ich für diesen Bericht gestimmt.

 
  
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  Lena Ek, Marit Paulsen, Olle Schmidt und Cecilia Wikström (ALDE), schriftlich. (SV) Wir sind uns vollkommen bewusst, dass die Situation der Milchbauern untragbar ist. Wir sind uns jedoch ebenso bewusst und davon überzeugt, dass Interventionen seitens der EU nicht die Lösung sind. Es ist an der Zeit für einen Übergang zu einem marktbasierten, versicherungsbasierten System, das die Landwirte von restriktiven Auflagen befreit, ohne den einheimischen oder globalen Markt durcheinanderzubringen. Es ist zudem höchste Zeit, dass eine Überprüfung der Situation im Hinblick auf den Wettbewerb der Großerzeuger und in der fast ebenso großen Nahrungsmittelindustrie erfolgte, die zwischen den Landwirten und den Verbrauchern steht.

 
  
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  Jarosław Kalinowski (PPE), schriftlich.(PL) Zu den Änderungsanträgen, in denen ein Einfrieren der Milchquoten vorgeschlagen wird, möchte ich Folgendes sagen. Erstens gibt es keine Grundlage für die Annahme, dass eine vorgeschlagene Erhöhung der Produktionsquoten (die einer Überprüfung der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) folgen würde) sich auf die Krise im Sektor auswirkte.

Zweitens würde das Einfrieren einer Erhöhung der Quoten (und genau das wird in den Änderungsanträgen zur Entschließung des Europäischen Parlaments vorgeschlagen) die Landwirte in den Ländern bestrafen, die derzeit am Rand der Ausschöpfung ihrer Quoten.sind. Es wäre unfair und sogar unmoralisch, die Spielregeln in diesem Stadium der Entwicklung zu ändern. Drittens möchte ich Sie daran erinnern, dass wir 2002 beim Gipfel in Kopenhagen über das Thema Milchquoten verhandelt haben (einschließlich mit Polen) in dem Wissen, dass diese Quoten bis 2007 gelten würden. In Luxemburg wurde das Quotensystem ohne unsere Beteiligung oder Stimmberechtigung bis 2014 verlängert.

Wir können die Probleme im Milchwirtschaftssektor nicht lösen, indem wir einigen Erzeugern die Gelegenheit geben, ihr Los auf Kosten anderer Erzeuger zu verbessern. Unsere Konzepte und Aktionen sollten darauf abzielen, allen eine Chance zu geben, gleich aus welchem Land sie kommen, sei es aus den fünfzehn alten oder den zwölf neuen Mitgliedstaaten.

 
  
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  Jörg Leichtfried (S-D), schriftlich. Ich stimme der kurzfristigen Lösung der Kommission durch den Ankauf von Butter und Milchpulver zu, verlange aber eine langfristige Lösung der Milchkrise z. B. durch flexible Mengensteuerung, die zu einem kostendeckenden Milchpreis führt. Der Milchüberschuss muss durch europäische Vorgaben national eingedämmt werden.

 
  
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  Andreas Mölzer (NI), schriftlich. Die Krise auf dem Milchsektor hat auch zu einem Einbruch bei den Preisen für Butter und Magermilchpulver geführt. Ich begrüße den Vorschlag der Kommission, die Stützung des Marktes und die Interventionen bis einschließlich 28. Februar 2010 fortzusetzen. Es ist zu hoffen, dass sich der Markt in der Folge erholt und die Preise wieder von Angebot und Nachfrage bestimmt werden. Für die begrenzte Zeit erachte ich die Interventionen aber für notwendig, weshalb ich auch für den Vorschlag des Berichterstatters gestimmt habe.

 
  
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  Cristiana Muscardini (PPE), schriftlich. (IT) Durch die ernste Krise im Milchwirtschaftssektor steht der Weiterbestand der Milchwirtschaft selbst auf dem Spiel. Deshalb ist es meiner Ansicht nach richtig, die individuelle Quotenregelung weiterhin abzulehnen, denn dies würde in der Tat die Ausgleichszahlungen am Jahresende ersetzen, ein Mechanismus, der hingegen von entscheidender Bedeutung für das italienische Produktionssystem ist. Stattdessen bin ich für eine vorübergehende Erhöhung des Interventionspreises, für Initiativen und Maßnahmen zur Erreichung eines Gleichgewichts innerhalb des Sektors, für eine Verbesserung des Informationsangebots für die Verbraucher und für den wichtigen Schritt der Einführung einer Herkunftskennzeichnung für Milch- und Molkereiprodukte.

Insbesondere im Hinblick auf die Wiederherstellung des Gleichgewichts zwischen Angebot und Nachfrage sollten wir den Vorschlag unterstützen, einen Teil der den einzelnen Ländern zugewiesenen Quoten vorübergehend einzufrieren und einen Ausgleichmechanismus für Erzeuger, die gezwungen sind, einen Teil ihrer Herden im prozentualen Verhältnis zur eingefroreren Quote zu vernichten, zu etablieren.

 
  
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  Daciana Octavia Sârbu (S&D), schriftlich. (RO) Die Europäische Union durchläuft derzeit eine ihrer schwersten Krisen, die je im Milchwirtschaftssektor zu verzeichnen waren und die auf die Erhöhung der Produktion und einen signifikanten Rückgang der globalen Nachfrage zurückzuführen ist. Angesichts der schlimmen Lage, in der sich die Milchproduzenten in Europa wiederfinden, müssen wir den Zeitraum für öffentliche Interventionskäufe (d.h. für den Ankauf und die Einlagerung von Magermilchpulver und Butter) bis mindestens Februar nächsten Jahres oder bis 2011, wenn es für notwendig erachtet wird, verlängern. Ich denke nicht, dass wir es uns erlauben können, daneben zu stehen und zuzusehen, wie bäuerliche Betriebe in Europa geschlossen werden, denn ein Jahr später müssten wir Milch und Molkereiprodukte von außerhalb der Gemeinschaft importieren. Wenn wir dann noch bedenken, dass die Gesundheitsstandards nicht überall dem nahe kommen, was wir anstreben, haben wir viel zu verlieren. In diesem Zusammenhang ist der Bericht zu begrüßen. Um jedoch das Problem des Milchwirtschaftssektors wirklich lösen zu können, müssen wir entsprechende Maßnahmen ergreifen, weil dieser Produktbestand die Zuweisung beträchtlicher Ressourcen beinhaltet und es jederzeit passieren könnte, dass er nutzlos wird. Wir müssen jetzt in ein nachhaltiges Agrarsystem investieren, mit dem wir unseren Nahrungsbedarf decken können, selbst wenn wir uns mitten in einer Finanzkrise befinden, um zu verhindern, dass es später zu einer Nahrungskrise kommt.

 
  
  

- Bericht: Paolo De Castro (A7-0004/2009)

 
  
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  David Casa (PPE), schriftlich. − Dies ist ein Vorschlag, mit dem die derzeit bestehenden Direktunterstützungsprogramme für Landwirte geändert werden. Aufgrund der Tatsache, dass ich der Notwendigkeit für solche Änderungen zustimme, habe ich dafür gestimmt.

 
  
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  Daciana Octavia Sârbu (S&D), schriftlich. (RO) Wir stehen am Beginn eines neuen Mandats, wenn wir die Prioritäten für die künftige Politik der Europäischen Union festlegen. Ich weiß, dass wir versucht sind, unsere Aufmerksamkeit auf bestimmte Fragen zu lenken, die wir für extrem wichtig halten, und andere zu vernachlässigen. An diesem Punkt möchte ich hervorheben, dass wir viele Dinge aufgeben können, aber wir können nicht darauf verzichten zu essen. Deshalb muss die Landwirtschaft ein vorrangiger Bereich für die EU bleiben. Nach meiner Ansicht müssen wir den Landwirten gewährten Mindestbeihilfebetrag über die von der Kommission festgelegte Grenze von 15 000 EUR anheben und ein höheres Budget für die Förderung des Milch- und Molkereiproduktesektors zuteilen. Ich empfehle nachdrücklich die Unterstützung für Milch und Fleisch produzierende Landwirte im Hinblick auf eine Stabilisierung der Märkte, indem sie in den befristeten Rahmen für staatliche Beihilfen zur Bewältigung der gegenwärtigen Krise aufgenommen werden.

Darüber hinaus müssen die Direktbeihilfesysteme auch die besonderen Merkmale der neuen Mitgliedstaaten berücksichtigen, in denen die Landwirtschaft eine wichtige Rolle in der nationalen Wortschaft spielt, und gewährleisten, dass die Unterstützung für die Landwirtschaft weiterhin aufrechterhalten wird, damit sie durch die Anhebung des Entwicklungsniveaus im Agrarsektor und die Beseitigung der Unterschiede hinsichtlich Effizienz und Wettbewerbsfähigkeit gegenüber den alten Mitgliedstaaten die strukturellen Probleme bewältigen und das Konvergenzziel erreichen können.

 
  
  

- Entschließungsantrag: SWIFT B7-0038/2009

 
  
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  Zigmantas Balčytis (S&D), schriftlich. − Die Bekämpfung des Terrorismus steht weit oben auf der Tagesordnung dieses Hauses. Wir müssen jedoch das richtige Gleichgewicht zwischen den Sicherheitsmaßnahmen und dem Schutz der bürgerlichen Freiheiten und Grundrechte finden. Wir müssen ferner die strikte Wahrung der Privatsphäre und Einhaltung des Datenschutzes sicherstellen. Ausgewogenheit und Verhältnismäßigkeit müssen die obersten Grundsätze sein, auf denen der Kampf gegen den Terrorismus basiert. Die Europäische Union hat stets ein starkes Engagement für den Schutz der Privatspähre ihrer Bürgerinnen und Bürger gezeigt, und dies muss so bleiben. Die Grundlage der Gemeinschaft ist die Rechtsstaatlichkeit, und bei sämtlichen Übermittlungen von personenbezogenen europäischen Daten an Drittländer sollten verfahrensrechtliche Garantien und Verteidigungsrechte anerkannt werden.

Es ist selbstverständlich, dass bei sämtlichen Übermittlungen die Datenschutzvorschriften auf nationaler und europäischer Ebene erfüllt sein müssen. SWIFT ist eine wichtige Infrastruktureinrichtung, und wir müssen sicherstellen, dass alle Anfragen in Bezug auf die Übermittlung von Daten ordnungsgemäß begründet sind, sich auf gezielte Fälle gründen und strikt der richterlichen Genehmigung unterliegen. Die Gemeinschaft muss eine harte Haltung in den Verhandlungen mit den USA einnehmen, um sicherzustellen, dass die SWIFT-Daten nicht zu anderen als den mit der Terrorismusfinanzierung zusammenhängenden Zwecken verwendet werden können.

 
  
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  Göran Färm, Anna Hedh, Olle Ludvigsson, Marita Ulvskog und Åsa Westlund (S&D), schriftlich. (SV) Wir Sozialdemokraten haben beschlossen, uns der Stimmabgabe zu Änderungsantrag 1 zu enthalten. Es ist für die demokratische Kontrolle unverzichtbar, dass das Europäische Parlament und die nationalen Parlamente vor den Verhandlungen mit den US-Behörden über den Zugriff auf Finanzdaten im Zahlungsverkehr Zugang zu den Unterlagen und Verhandlungsrichtlinien haben. Die europäischen Bürgerinnen und Bürger müssen darauf vertrauen können, dass die Übermittlung ihrer Bankdaten keine nationalen oder EU-Gesetze verletzt. Zugleich sehen wir die Bedeutung dessen, terroristische Verbrechen künftig effizient untersuchen zu können, aber nicht um jeden Preis für die Demokratie.

 
  
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  Sylvie Guillaume (S&D), schriftlich. (FR) Ich habe für die gemeinsame Entschließung zum geplanten internationalen Abkommen gestimmt, das dem US-Finanzministerium zur Verhinderung und Bekämpfung von Terrorismus und Terrorismusfinanzierung den Zugriff auf Finanzdaten im Zahlungsverkehr ermöglichen soll. Als Vertreter der Bürgerinnen und Bürger jedoch, und weil wir uns der Brisanz dieses Themas, das Grundrechte berührt, bewusst sind, brauchen wir vor der Unterzeichnung eines Abkommens mit den Vereinigten Staaten über SWIFT hohe Garantien. Diese Garantien sind: dass Daten nur zu Terrorismusbekämpfung übermittelt werden dürfen, dass die Vereinigten Staaten durch einen Mechanismus des Informationsaustausches auf Anfrage der europäischen Behörden zur Übermittlung relevanter Finanzdaten verpflichtet sind, dass die Gültigkeit dieses Interimsabkommens auf höchstens zwölf Monate beschränkt wird, und dass eine neue Vereinbarung zu einem späteren Zeitpunkt unter umfassender Beteiligung des Europäischen Parlaments und der nationalen Parlamente verhandelt wird, wenn der Vertrag von Lissabon in Kraft getreten ist.

Ich möchte außerdem, dass der Schleier der Geheimhaltung gelüftet wird, der bislang den zentralen Kern dieser Frage größtenteils verdeckt hat, und wir Mitglieder des Europäischen Parlaments weitaus mehr Informationen über die diesem Abkommen zugrunde liegenden Verfahren erhalten, als dies bisher der Fall war.

 
  
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  Andreas Mölzer (NI), schriftlich. Dem geplanten internationalen Abkommen zufolge sollen dem Finanzministerium der Vereinigten Staaten Finanztransaktionsdaten zum Zwecke der Prävention und Bekämpfung des Terrorismus und der Terrorismusfinanzierung zur Verfügung gestellt werden. Die Übermittlung von Finanztransaktionsdaten an ausländische Mächte stellt einen schwerwiegenden Eingriff in die Grundrechte unserer Bürger dar, insbesondere dann, wenn der Empfänger der Daten die Vereinigten Staaten von Amerika sind.

Sie haben in der Vergangenheit mehrmals gezeigt, dass sie Datenschutzbedenken nicht wirklich ernst nehmen, vor allem wenn es um die Verwirklichung und Umsetzung der vom regierenden System festgelegten Projekte und Ziele geht. Der vorliegende Entschließungsantrag enthält zwar gut gemeinte Absichten zum Schutz der europäischen Bürger, letztlich kann die zweckwidrige Verwendung dieser wichtigen Daten aber nicht ausgeschlossen werden. Aus diesem Grund habe ich gegen den Entschließungsantrag gestimmt.

 
  
  

- Entschließungsantrag: EU/Tadschikistan B7-0025/2009

 
  
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  David Casa (PPE), schriftlich. − Tadschikistan nimmt eine wichtige geografische Position ein, denn es liegt an einer wichtigen Nahtstelle zwischen Europa und Asien und spielt daher eine wichtige Rolle bei der Verbesserung der Stabilität der Region. Ich habe für diese Entschließung gestimmt, durch die eine Reihe wichtiger Themen angesprochen werden, die in Tadschikistan angegangen werden sollten.

 
  
  

- Bericht: Alojz Peterle (A7-0007/2009)

 
  
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  Zigmantas Balčytis (S&D), schriftlich. − Ich begrüße das vorgeschlagene Partnerschafts- und Kooperationsabkommen zwischen der EU und Tadschikistan sehr, das einen Rahmen für die künftige Zusammenarbeit der EU mit Tadschikistan bietet. Die zentralasiatische Region ist wirtschaftlich und politisch sehr wichtig für die Gemeinschaft , und dieses Abkommen wird dazu beitragen, die politischen, wirtschaftlichen und Handelsbeziehungen und die Präsenz der EU in Tadschikistan und in Zentralasien allgemein zu konsolidieren und zu stärken.

Darüber hinaus leistet es einen Beitrag zur Förderung des Wirtschaftswachstums und zur Unterstützung einer nachhaltigen Entwicklung, von Maßnahmen zur Bekämpfung der Armut und Verbesserung der politischen Stabilität in Taschikistan und in der Region Zentralasien. Ich freue mich darüber, dass dieses Abkommen auch Themen wie Maßnahmen zur Terrorismusbekämpfung und gegen die Verbreitung von Massenvernichtungswaffen, den Waffen- und Drogenhandel und das organisierte Verbrechen beinhaltet. Von nun an werden sowohl die EU als auch Tadschikistan einen engen politischen Dialog führen, der den Weg für tiefer gehende Beziehungen in zahlreichen Bereichen ebnet.

 
  
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  Willy Meyer (GUE/NGL), schriftlich. (ES) 2007 verabschiedete die EU unter dem deutschen Ratsvorsitz eine Strategie für Zentralasien, deren Ziel eine neue Assoziierungspolitik war. Das Abkommen mit Tadschikistan ist Teil dieser Strategie und es wurde angedeutet, dass das primäre Interesse dieses Abkommens den natürlichen Ressourcen, vor allem Erdgas, in der Region gilt. Ich habe gegen den Bericht über ein Partnerschafts- und Kooperationsabkommen zwischen der Europäischen Union und der Republik Tadschikistan gestimmt, weil die EU nur wegen seiner natürlichen Ressourcen und geostrategischen Lage - es grenzt an Afganistan und China - an diesem Land interessiert ist.

Die Beziehungen der EU zu Drittländern sollten auf anderen gemeinsamen Interessen beruhen, die geprägt sind von der Anerkennung der Souveränität beider Partner und ihrer Ressourcenverwaltung.

 
  
  

- Gemeinsamer Entschließungsantrag: Lage in Litauen nach der Annahme des Gesetzes zum Schutz von Minderjährigen (RC-B7-0026/2009)

 
  
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  Robert Atkins (ECR), schriftlich. − Ich und meine britischen Kollegen bei den Konservativen können diesem Bericht in vielem zustimmen. Wir unterstützen weiterhin voll und ganz die Gewährung gleicher Rechte und Chancen für alle Menschen, ungeachtet ihrer Behinderung, Rasse, Religion oder sexuellen Orientierung, und empfinden Abscheu gegen jede Form der Diskriminierung. Wir hegen jedoch ernste Bedenken hinsichtlich der Beteiligung der Agentur für Grundrechte und der Europäischen Union an Fragen, die unserer Ansicht eine geschützte Domäne der einzelnen Mitgliedstaaten sind.

Deshalb haben wir beschlossen, uns bei dieser Entschließung zu enthalten.

 
  
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  Martin Callanan (ECR), schriftlich. − Die Mitglieder der Europäischen Konservativen und Reformer befürworten nachdrücklich die Gleichbehandlung aller Menschen, ungeachtet ihrer Rasse, Religion, sexuellen Orientierung oder Behinderung, und verurteilen scharf jede Form der Diskriminierung.

Wir hegen jedoch ernste Bedenken wegen der Einmischung der Agentur für Grundrechte und der Europäischen Union in Angelegenheiten, die unserer Ansicht nach eine geschützte Domäne der einzelnen Mitgliedstaaten sind. Als demokratisches Land glauben wir, dass diese Angelegenheit vom litauischen Parlament und vom litauischen Volk entschieden werden sollte.

Deshalb haben wir beschlossen, diese Entschließung nicht zu unterstützen.

 
  
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  Edite Estrela (S&D), schriftlich. (PT) Ich habe für die Entschließung des Europäisches Parlaments über das litauische Gesetz zum Schutz von Minderjährigen vor schädlichen Folgen öffentlicher Informationen gestimmt, weil ich glaube, dass das am 14. Juli 2009 vom litauischen Parlament verabschiedete Gesetz, nach welchem es verboten ist, "öffentliche Informationen, die für homosexuelle, bisexuelle und polygame Beziehungen werben, direkt an Minderjährige […] weiterzugeben", weil sich dies "nachteilig auf die Entwicklung von Minderjährigen auswirkt", dringend überprüft werden sollte. Nach den Grundsätzen der Europäischen Union sollten sämtliche Formen der Diskriminierung und insbesondere die Diskriminierung aus Gründen der sexuellen Orientierung eliminiert werden, und deshalb sollte die Agentur für Grundrechte im Sinne der EU-Verträge und der EU-Gesetzgebung eine Stellungnahme zu dem fraglichen Gesetz abgeben.

 
  
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  Bruno Gollnisch (NI), schriftlich. (FR) Der uns heute vorgelegte Entschließungsantrag ist wahrhaft unglaublich. Es wird mit dem Finger auf ein Land gezeigt, weil sein demokratisch gewähltes Parlament dabei ist, ein Gesetz zu prüfen, das – im Einklang mit den in der Mehrheit der Mitgliedstaaten existierenden Gesetzen – dem Schutz Minderjähriger dient und eigens darauf abzielt, sie vor Propaganda zu schützen, die für Homosexualität, Bisexualität und Polygamie wirbt. Was könnte natürlicher sein, wenn Kinder betroffen sind? Nun, nein, es scheint, dass dies "Diskriminierung" ist und die gesamte EU gegen das arme Litauen mobil macht, das sich "schuldig" gemacht hat, weil es ein Missionierungsverbot verhängt und sich für Familienwerte stark macht.

Noch verblüffender ist die Tatsache, dass die Fraktion der Europäischen Volkspartei (Christdemokraten), die theoretisch für sich in Anspruch nimmt, christlich-demokratisch orientiert zu sein und bestimmte moralische Werte zu vertreten, ebenfalls ihre Unterschrift unter diese Absurdität setzt, die von den Linken initiiert wurde. Wie üblich zählen Kinderrechte angesichts des Drucks bestimmter Lobbygruppen nichts. Es sollte gesagt werden, dass einige Mitglieder dieses Parlaments zu ihrer Zeit im Namen der universellen Freiheit und des Rechts aller auf sexuelle Entfaltung, ganz gleich, wie jung sie waren, Befürworter von Pädophilie waren. Diese Entschließung ist nicht nur kriminell, sie ist verabscheuungswürdig!

 
  
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  Sylvie Guillaume (S&D), schriftlich. (FR) Ich habe für die Entschließung gestimmt, mit der das litauische Gesetz zum Schutz von Minderjährigen vor schädlichen Folgen öffentlicher Informationen verurteilt wird, das ein vollständiges Verbot von Informationen über Homosexualität beinhaltet, wenn sie für Kinder zugänglich sind. Dieses Gesetz mit weitgehend homophobem Inhalt widerspricht gänzlich den europäischen Vorschriften, insbesondere zur Bekämpfung von Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung, und behindert zudem die freie Meinungsäußerung. Es wurde von zahlreichen Nichtregierungsorganisationen (NGO) verurteilt, darunter vom Internationalen Lesben- und Schwulenverband (ILGA), von Amnesty International und vom Europarat . Wir müssen Jugendlichen eine Vision von der Gesellschaft bieten, die offen ist für Vielfalt und auf dem Grundsatz der Achtung vor anderen beruht, ganz gleich, wie anders sie auch sein mögen. Die Europäische Kommission muss in ihrer Funktion als Hüterin der Verträge in einer verantwortungsvollen Weise handeln und ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Litauen einleiten, sollte es bei seiner Entscheidung bleiben. Mit dieser Abstimmung fordern wir die litauischen Abgeordneten auf, sich zusammenzunehmen und diesen Text abzulehnen, der einen Rückfall in eine Vergangenheit signalisiert, die ich persönlich verurteile.

 
  
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  Jim Higgins, Seán Kelly, Mairead McGuinness und Gay Mitchell (PPE), schriftlich. − Dies ist eine Stimmerklärung für die Fine Gael-Delegation gegenüber dem Europäischen Parlament. Die Fine Gael-Abgeordneten im Europäischen Parlament haben sich bei der Stimmabgabe über Litauen enthalten, weil das gesetzgebende/rechtliche Verfahren dort noch nicht abgeschlossen ist. Die Frage, ob eine Kollision mit den EU-Verträgen besteht, kann geprüft werden, wenn das rechtliche Verfahren in Litauen beendet ist. Das ist das übliche und korrekte Verfahren. Wir merken ferner an, dass die Entschließung eine Form der Diskriminierung gegenüber anderen festschreibt und selbst eine Form von Diskriminierung ist.

 
  
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  Filip Kaczmarek (PPE), schriftlich. – (PL) Ich habe gegen die Entschließung gestimmt, die einen gefährlichen Präzedenzfall für die Europäische Union schaffen könnte. Meiner Ansicht nach ist ihr Inhalt und ihr Gegenstand unvereinbar mit dem Grundsatz der Subsidiarität. Entschließungen dieser Art können den Euroskeptizismus fördern, denn sie sind der Beweis für die Tendenz der EU, sich in die inneren Angelegenheiten von EU-Mitgliedstaaten einzumischen. Der Grundsatz der Nichteinmischung in die inneren Angelegeheiten von EU-Mitgliedstaaten ist kein absoluter, aber in Litauen geschieht nichts, das uns zwingen würde zu handeln. Diejenigen, die ein besseres Europa sehen möchten, sollten gegen diese Entschließung stimmen. Das ist der Grund für meine Entscheidung. Vielen Dank.

 
  
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  Willy Meyer (GUE/NGL), schriftlich. (ES) Das litauische Parlament hat Änderungen zum Gesetz zum Schutz von Minderjährigen vor schädlichen Folgen öffentlicher Informationen gebilligt. Dieses Gesetz zielt darauf ab, die Verbreitung von öffentlichen Informationen zu verhindern, "die für homosexuelle ... Beziehungen werben" oder "sich über Familienwerte hinwegsetzen".

Aus diesem Grund sollten die litauischen Behörden das Gesetz ändern oder es zurücknehmen und auf die Annahme der Änderungen im Straf- und Verwaltungsgesetzbuch verzichten, um sicherzustellen, dass die Vorschriften vereinbar mit den in der internationalen und europäischen Gesetzgebung verankerten Menschenrechten und Grundfreiheiten sind.

Es war ein Schritt in die richtige Richtung, als die neue Präsidentin Litauens das litauische Parlament aufforderte, das Gesetz noch einmal zu überprüfen, um zu gewährleisten, dass es die verfassungsrechtlichen Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit, Rechtssicherheit und Rechtsklarheit erfüllt und den Garantien einer offenen Gesellschaft und pluralistischen Demokratie nicht widerspricht.

Aus diesen Gründen und aufgrund der dringenden Notwendigkeit zur Revidierung dieses Gesetzes habe ich für den gemeinsamen Entschließungsantrag des Europäischen Parlaments gestimmt.

 
  
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  Rareş-Lucian Niculescu (PPE), schriftlich. (FR) Ich habe gegen diese Entschließung gestimmt, die einen gefährlichen Präzedenzfall insofern schafft, als dass die zum Ausdruck gebrachten Standpunkte nicht dem Grundsatz der Subsidiarität folgen und eine Form der Einmischung in die souveränen Handlungen des Parlaments eines Mitgliedstaats zu einem Zeitpunkt darstellen, zu dem das fragliche Gesetz noch nicht einmal in Kraft getreten ist.

 
  
  

- Gemeinsamer Entschließungsantrag: Krise im Milchwirtschaftssektor (RC-B7-0047/2009)

 
  
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  Luís Paulo Alves (S&D), schriftlich. (PT) Ich befürworte und habe für den Änderungsantrag 28 zu dieser Entschließung gestimmt, in der die Kommission und die Mitgliedstaaten aufgefordert werden, unverzüglich zusätzliche Maßnahmen zur Intervention bezüglich des gegenwärtigen Produktionsniveaus in der Gemeinschaft mittels einer befristeten Einfrierung von Quotenerhöhungen zu ergreifen, die während der letzten gemeinsamen Reform der Agrarpolitik beschlossen wurden, weil diese Änderung im Interesse aller portugiesischen Michproduzenten liegt und insbesondere die Unterstützung der Milcherzeuger auf den Azoren hat. Ich bedauere deshalb, dass diese Änderung nicht die Unterstützung der Mehrheit der Mitglieder des Europäischen Parlaments erhalten hat.

 
  
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  Zigmantas Balčytis (S&D), schriftlich. − Ich habe für diese gemeinsame Entschließung gestimmt, weil sich entgegen der Prognose der Europäischen Kommission in Bezug auf eine wesentliche Erhöhung der Preise für Milcherzeugnisse der Milchmarkt derzeit dramatisch verschlechtert und die Milchpreise trotz Intervention und Exportsubventionen sinken. Die Volkswirtschaften vieler Mitgliedstaaten sind massiv abhängig von der Landwirtschaft und bäuerlichen Betrieben. Leider besteht inzwischen eine große Diskrepanz zwischen den Preisen, die die Verbraucher für Agrarprodukte in den Supermärkten zahlen, und dem, was an Geld bei den Erzeugern ankommt. Viele EU-Milchbauern sind derzeit ernsthaft gefährdet und gezwungen, Milchprodukte unter den Erzeugungskosten zu verkaufen. Die Kommission muss adäquate Maßnahmen, sowohl kurz- als auch langfristige, ergreifen, um diese Krise zu bewältigen und den EU-Milchmarkt zu retten. In dieser Hinsicht unterstütze ich nachdrücklich den Antrag zur Einrichtung eines EU-Milchfonds, um Erzeugern zu helfen und Investitionen in bäuerliche Betriebe zu unterstützen. Wenn wir einen gut funktionierenden Markt für Milcherzeugnisse haben wollen, müssen wir Investitionen von bäuerlichen Betrieben in Modernisierungen, kleine Erzeuger und junge Landwirte unterstützen. Und, was am wichtigsten ist, sicherstellen, dass die Landwirte einen fairen und angemessenen Preis für ihre Produktion erhalten.

 
  
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  David Casa (PPE), schriftlich. − In den letzten zwölf Monaten hat sich die Lage am Markt für Milcherzeugnisse verschlechtert: die Milchpreise sind auf unter 21 Cent pro Liter gefallen und vielen Landwirten bleibt nichts anderes übrig, als Milchprodukte mit Verlust zu verkaufen. Dies ist eine äußerst ernste Situation, und deshalb habe ich für diese Entschließung gestimmt.

 
  
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  Ole Christensen, Dan Jørgensen, Christel Schaldemose und Britta Thomsen (S&D), schriftlich. (DA) Wir haben gegen die Anträge für höhere Agrarbeihilfen zugunsten des Milchwirtschaftssektors gestimmt. Unsere Fraktion stimmt durchgängig für eine Reduzierung von Agrarbeihilfen und die weitere Reform der EU-Agrarpolitik. Im Hinblick darauf hat die Fraktion der Progressiven Allianz der Sozialisten & Demokraten im Europäischen Parlament bei der vorliegenden Beschlussfassung gegen die Änderungsanträge 16, 17 und 19 gestimmt, weil diese Änderungen - obgleich inhaltlich positiv - für die fragliche Diskussion nicht relevant sind.

 
  
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  Edite Estrela (S&D), schriftlich. (PT) Ich habe für den gemeinsamen Entschließungsantrag zur Krise im Milchwirtschaftssektor gestimmt, weil ich glaube, dass Dringlichkeitsmaßnahmen erforderlich sind, um diese Krise, die der Sektor erlebt, zu überwinden, insbesondere durch die Ankurbelung der Nachfrage, damit das Marktgleichgewicht wieder hergestellt wird. Bedauerlich ist allerdings, dass der im Parlament erzielte Kompromiss nicht die befristete Aussetzung von Quotenerhöhungen oder andere Maßnahmen zur Senkung der Produktion beinhaltet, was sehr wichtig wäre, um den europäischen Landwirten zu helfen, der Krise standzuhalten.

 
  
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  Diogo Feio (PPE), schriftlich. (PT) Die ernste Krise, die den Milchwirtschaftssektor beeinträchtigt, macht es dringend erforderlich, wirksamere Maßnahmen zur Unterstützung der Erzeuger zu beschließen und zu überdenken, welchen Nutzwert die Streichung von Milchquoten im Jahr 2015 hat.

Eine Stabilisierung des Markts für Milch und Milcherzeugnisse wird nicht allein durch ein oder zwei punktuelle Maßnahmen wie zum Beispiel die Nichterhöhung von Quoten erreicht werden können, die auf die Abschwächung der unmittelbaren temporären Effekte der Krise abzielen. Es müssen im Gegenteil Überlegungen zu mittel- bis langfristigen Lösungen angestellt und die Gründe, warum dieser Markt nicht ordentlich funktioniert, in Verbindung mit den bestmöglichen Maßnahmen zur Aufrechterhaltung einer nachhaltigen Produktion, nicht zu vergessen das Recht der Verbraucher auf einen fairen Preis, analysiert werden.

In dieser Hinsicht muss ich auf den besonders heiklen Wettbewerbsstatus jener sehr entlegenen Regionen hinweisen, die massiv von der Produktion von Milcherzeugnissen abhängig sind, wie beispielsweise die Azoren. Ich bedauere eine gewisse mangelnde Sensibilität seitens der Europäischen Kommission und auf nationaler Ebene das miserable Management dieses Verfahrens durch die portugiesische Regierung. Dass unsere führenden Politiker handeln und nationale Interessen fördern, ist in Krisenzeiten besonders wichtig. Leider war dies nicht der Fall. Positiv ist die erfolgreiche Annahme der von mir mitverfassten Änderungen zu vermerken, die eine Erhöhung der geringfügigen-Zahlungen unterstützen. Es ist keine ideale Lösung, aber es hilft.

 
  
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  José Manuel Fernandes (PPE), schriftlich. (PT) Ich stimme für die Entschließung, obwohl sie nicht weit genug geht. Um die Preise jetzt zu stabilisieren, muss der Bonus von 2% der jährlichen Erhöhung oberhalb der Quote dringend zurückgezogen werden. Das Milchquotensystem wird bis nach 2015 weitergeführt oder durch einen anderen regulatorischen Mechanismus ersetzt werden müssen. Es ist von entscheidender Bedeutung, die Milchproduktion an die europäische Binnennachfrage anzupassen, um den Erzeugern einen fairen Preis zu garantieren. Markttransparenz ist unverzichtbar, und was dies betrifft, schlage ich vor, eine europäische Beobachtungsstelle einzurichten, die bei der Überwachung und Regulierung des Marktes von der Produktion bis zur Distrubution hilft.

 
  
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  João Ferreira (GUE/NGL), schriftlich. (PT) Die angenommene Entschließung enthält positive Maßnahmen, die im gegenwärtigen Umfeld der schweren Krise, von der der Sektor betroffen ist, notwendig sind. Deshalb haben wir dafür gestimmt. Es handelt sich jedoch um einmalige Maßnahmen, durch die die grundlegenden Probleme des Sektors nicht gelöst werden, insbesondere nicht die von kleinen und mittleren Erzeugern, für die sich die Lage künftig angesichts der beabsichtigten angekündigten Abschaffung der Milchquoten wahrscheinlich verschlechtern wird.

Der Kampf, den die Milchproduzenten führen und der über ihre unmittelbaren Ziele hinausgeht – ihre Erzeugnisse zu Preisen zu verkaufen, die ihnen das Überleben sichern –, hat auch eine breitere und tiefere Bedeutung, die mit der Art von Landwirtschaft zu tun hat, die wir in Zukunft wollen. Das neoliberale Modell der Landwirtschaft, das die Überflutung des Marktes mit Produkten aus Ländern mit größerer Produktionskapazität, eine intensive Produktion in einigen Ländern und die Aufgabe bäuerlicher Betriebe und Nahrungsmittelabhängigkeit in anderen fördert, muss durch ein Modell auf der Grundlage des Konzepts von Nahrungsmittelsouveränität und Ernährungssicherheit ersetzt werden – das Recht eines jeden Landes auf nachhaltige Produktion. In diesem Modell sind öffentliche Mechanismen zur Produktionskontrolle – an den Bedarf jedes Landes angepasste Quoten – unverzichtbar.

 
  
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  Bruno Gollnisch (NI), schriftlich. (FR) Wenn eine Politik Landwirte in den Selbstmord treibt, wenn sie dazu führt, dass Menschen die Früchte ihrer Arbeit absichtlich vernichten, weil dies nicht schlimmer ist als das, was die Politik ihnen zu bieten hat, dann ist es Zeit, diese Politik zu ändern. Die Liberalisierung der Landwirtschaft im Allgemeinen und die des Milchwirtschaftssektors im Besonderen ist eine Katastrophe. Wie oft muss es in diesem Hause noch gesagt werden, dass – weil sie die Menschen ernährt, weil sie dazu beiträgt, Landschaften attraktiver zu machen und Menschen in ländlichen Gebieten zu halten – die Landwirtschaft nicht als Wirtschaftstätigkeit wie jede andere betrachtet werden kann? Nahrungsmittel sind keine Erzeugnisse, mit denen man abgehoben von jeder Realität an Märkten spekulieren kann. Es ist absurd, den Import von Produkten zu fördern, die nicht einmal die Qualitätskriterien erfüllen, die unsere Landwirte erfüllen müssen. Es ist skandalös, diese Landwirte der Gnade der Verarbeiter und Räuber aus den großen zentralen Einkaufsabteilungen zu überlassen, die Gewinne sowohl auf Kosten der Erzeuger als auch der Verbraucher einfahren. Die zaghaften, vagen Vorschläge im Text sind weder ausreichend noch gänzlich befriedigend, aber wenigstens sind sie da. Deshalb haben wir dafür gestimmt.

 
  
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  Pascale Gruny (PPE), schriftlich. (FR) Der Zustand des Markts für Milcherzeugnisse hat sich in den vergangenen zwölf Monaten bedeutend verschlechtert: Der Milchpreis ist im Laufe eines Jahres um 30% gesunken, das ist der stärkste Rückgang in den letzten zwanzig Jahren. Wir müssen deshalb dringend neue Arten der Regulierung auf europäischer Ebene einführen, um sicherzustellen, dass der Milchwirtschaftssektor nicht nur von den Regeln des Marktes abhängig ist, sondern tatsächlich eine passende Ergänzung für sie sein kann. Zurzeit erlaubt es die Instabilität bei den Einkommen der Erzeuger nicht, die optimale Zuteilung von Ressourcen vorzunehmen, die für künftige Investitionen in den Sektor von entscheidender Bedeutung sind. Deshalb steht die Europäische Kommission in der Pflicht, vertragliche Beziehungen innerhalb der Agrarnahrungsmittelkette zu fördern, um die Beziehungen zwischen den verschiedenen Akteuren ausgewogen zu gestalten, die Märkte zu stabilisieren und Marktrisiken zu verhindern. Sie muss ferner eine bessere Organisation in den Sektoren fördern. Darüber hinaus sollte darüber nachgedacht werden, ob eine Erhöhung der Milchquoten sich positiv auf die Erzeugerpreise auswirken könnte. Europa muss jetzt handeln. Wir können nicht länger warten. Wenn wir nicht handeln, riskieren wir, dass der europäische Milchwirtschaftssektor dauerhaften Schaden nimmt und dadurch unsere schwachen ländlichen Gebiete des Dreh- und Angelpunkts ihrer Wirtschaft beraubt werden.

 
  
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  Sylvie Guillaume (S&D), schriftlich. (FR) Der Milchstreik mit seinen eindringlichen Bildern von auf den Feldern weggeschütteter Milch weitet sich in den Ländern Europas aus. Angesichts der Befürchtungen der Milchproduzenten hat das Europäische Parlament Stellung bezogen. Vor diesem Hintergrund habe ich für die Einrichtung eines Fonds in Höhe von 600 Millionen EUR im geplanten Haushalt der EU für 2010 gestimmt, um den Milchproduzenten Unterstützung zu bieten, die derzeit mit einer ernsten, in ihrem Sektor beispiellosen Krise konfrontiert sind und mit dem Gesetz von Angebot und Nachfrage am Weltmilchmarkt ringen.

Meine sozialistischen Kolleginnen und Kollegen und ich haben außerdem einen Änderungsantrag unterbreitet, in dem die Aussetzung der derzeit geltenden Milchquoten gefordert wird, um einen Anstieg der Preise zu bewirken. Auch sollten wir konjunkturelle Maßnahmen zusätzlich zu den bereits ergriffenen Marktverwaltungsmaßnahmen genehmigen, da sich letztere angesichts der Preisvolatilität als ineffizient erwiesen haben.

 
  
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  Elisabeth Jeggle (PPE), schriftlich. (DE) Der Milchwirtschaftssektor befindet sich derzeit inmitten einer Krise beispeispiellosen Ausmaßes: Die Erzeugerpreise sind dramatisch gesunken, die Verbraucherpreise gestiegen und viele bäuerliche Betriebe in der EU kämpfen ums Überleben. Die Kommission stand daneben und hat dieser Entwicklung zu lange zugesehen. In unserem Entschließunsgantrag, der von fast allen Fraktionen unterstützt wird, haben wir deutlich gemacht, dass die im November 2008 getroffenen Beschlüsse im Zusammenhang mit dem Gesundheitscheck in der gegenwärtigen Situation nicht ausreichen. Die umfassende Agrarreforn, die wir angenommen haben, ist zu wenig.

Wenn die Rahmenbedingungen sich ändern, muss die Kommission die Initiative ergreifen und Maßnahmen umsetzen, die den Landwirten in der EU helfen. In unserer Entschließung fordern wir umfassende Maßnahmen: Marktstabilisierung, Verkaufsförderung, ein umfassendes Schulmilchprogramm, Erhöhung des Höchstsatzes für Mindestzahlungen von 7 500 auf 15 000 EUR für alle Bereiche der Agrarproduktion, ein Vorruhestands-/Quotenrückkaufprogramm, die Stärkung der Erzeugerorganisationen, eine ordnungsgemäße Kennzeichnung von Milcherzeugnissen, Exportkreditversicherungen, wie sie vergleichsweise in den USA existieren, und - für besondere Maßnahmen - den Milchfonds. Mit dieser Entschließung sind wir bereit, Verantwortung für die europäische Landwirtschaft zu übernehmen. Deshalb habe ich für die vorliegende Entschließung gestimmt.

 
  
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  Marine Le Pen (NI), schriftlich. (FR) Der Milchwirtschaftssektor ist in Gefahr. Seit Monaten produzieren die Milcherzeuger mit Verlust, während der Milchpreis für die Verbraucher nicht gesunken ist: Es sind die großen Distributoren, die davon profitieren. Tausende französicher Kleinerzeuger sind vom Bankrott bedroht. Der allgemeine Milchstreik, der den letzten Versuch der Produzenten darstellt, sich Gehör zu verschaffen und nicht inmitten öffentlicher Gleichgültigkeit unterzugehen, greift derzeit auf viele europäische Länder über und gefährdet entsprechend viele Arbeitsplätze in anderen Zweigen des Milchwirtschaftssektors. Es ist dringend notwendig, effiziente Lösungen für diesen Schlüsselsektor der französischen und europäischen Landwirtschaft zu finden und eine radikale Änderung der Politik vorzunehmen, denn – reden wir nicht um den heißen Brei herum – es sind die Europäische Kommission, der Rat, das Europäische Parlament und ihr Ultraliberalismus, die die alleinige Verantwortung für diese Tragödie tragen. Wir müssen dringend handeln: Aufrechterhaltung des Quotenprinzips nach 2015, eine sofortige Reduzierung dieser Quoten, um den Milchpreisverfall zu stoppen, Festsetzung der Preise entsprechend den tatsächlichen Produktionskosten der unabhängigen Erzeuger und die Schaffung einer 100%-igen Transparenz in der Festlegung der Preise durch die großen Distributoren. Die Landwirte erwarten durchgreifende Maßnahmen.

 
  
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  Astrid Lulling (PPE), schriftlich. Wir haben die Banken gerettet, als es notwendig wurde. Das wurde von allen verantwortungsvollen Politikern anerkannt und gebilligt.

Jetzt sind wir konfrontiert mit einer Lage in der Landwirtschaft, wo es darum geht zu vermeiden, dass besonders im Milchsektor Betriebe kurzfristig Bankrott gehen, weil die Preise die Gestehungskosten nicht mehr decken. Wir müssen sicherstellen, dass unser Produktionspotenzial ausreicht, um die Bevölkerung in der EU mit qualitativ hochwertigen Lebensmitteln zu versorgen.

Ich gehöre einer Generation an, die noch erlebt hat, dass Lebensmittel rationiert waren, dass wir hamstern mussten, um uns ausreichend zu ernähren. Soweit wird es hoffentlich nicht mehr kommen. Aber diejenigen, die nie hungern mussten, verstehen nicht, wie wichtig eine starke Gemeinsame Agrarpolitik für Europa ist.

Versorgungssicherheit, nicht nur im Energiesektor, ist angesagt.

Ich gebe zu bedenken, dass, wenn zu viele Betriebe in zu vielen Regionen zur Aufgabe gezwungen werden, weil wir nicht imstande und bereit sind, die erforderlichen kurzfristigen Maßnahmen zu ergreifen, die in unserer Entschließung angemahnt sind, der Kostenpunkt für die EU und die Mitgliedstaaten ein Vielfaches von dem wäre, was die richtigen, kurzfristigen Maßnahmen im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik kosten.

Das Heer der Arbeitslosen ist groß genug. Landwirtschaftliche Betriebe kaputt gehen zu lassen, wäre aus sozialen, wirtschaftlichen und umweltpolitischen Gründen unverantwortlich.

Ich hoffe, dass unsere Warnung gehört wird.

 
  
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  Willy Meyer (GUE/NGL), schriftlich. (ES) Ich habe für den gemeinsamen Entschließungsantrag gestimmt, obwohl ich ihn für nicht angemessen halte. Der Antrag, die Milchquotenregelung im Jahr 2015 aufzugeben und bis dahin die Quote um 1 % pro Jahr zu erhöhen, wird praktisch dazu führen, die in bestimmten Ländern bereits bestehenden Überschüsse, die oberhalb der Quoten produziert werden, zu legalisieren und dann zu sehr niedrigen Preisen zu exportieren und dadurch die Marktpreise in vielen Ländern unter die Erzeugungskosten zu drücken. Die Maßnahmen, die die Kommission umzusetzen versucht, zielen letztlich auf eine Deregulierung und damit auf eine Liberalisierung des Milchwirtschaftssektors in Europa ab.

Wir sind vollkommen gegen diese Maßnahmen, denn sie dienen ebenso wie die Reformen der gemeinsamen Agrarpolitik den Interessen der Großunternehmen zum Nachteil der kleinen Erzeuger. Wir unterstützen Maßnahmen zur Regulierung des Milchwirtschaftssektors.

 
  
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  Andreas Mölzer (NI), schriftlich. In den letzten Monaten ist es zu einer für viele Milchbauern bedrohlichen Situation auf den Milchmärkten gekommen. Die Preise für ihre Erzeugnisse sind rapide gesunken. Davon betroffen sind insbesondere kleinere und mittlere Betriebe, die auf ihre Rücklagen zurückgreifen müssen, um überhaupt überleben zu können. Aus diesem Grund ist rasches Handeln von Seiten der EU gefragt. Die Kommission hat bisher viel zu zaghaft versucht, die von ihr durch die Erhöhung der Lieferquoten mitverschuldete Krise in den Griff zu bekommen.

Die Initiativen des Parlaments, die vor allem auch in diesem Entschließungsantrag zum Ausdruck kommen, sind daher umso mehr zu begrüßen. Dazu zählen in erster Linie die Schaffung eines mit 600 Millionen Euro dotierten Milchfonds, Maßnahmen zur Steigerung der Nachfrage nach Milchprodukten, eine verstärkte Qualitätskontrolle und genaue Kennzeichnungspflichten. Es war daher für mich selbstverständlich, im Sinne der Unterstützung unserer Bauern für den vorgeschlagenen Entschließungsantrag und die darin enthaltenen Maßnahmen zu stimmen.

 
  
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  Frédérique Ries (ALDE), schriftlich. (FR) Eine Alarmglocke – das ist die Quintessenz unserer Entschließung. Sie ruft die Kommission und den Rat dazu auf, Notmaßnahmen zu ergreifen, um einen Weg aus der Krise zu finden, deren Auswirkungen derzeit die Milchproduzenten zur Gänze zu spüren bekommen. In Belgien erhielt diese Krise gestern eine neue Dimension, als in Ciney über 2 000 Erzeuger 3 Millionen Liter Milch wegschütteten. Die Verantwortung dafür allein der Streichung von Quoten zuzuschreiben, ist ein Weg, die Debatte zu verkürzen. Darum war ich gegen Änderungsantrag 28, in dem für ein Einfrieren der Quoten plädiert wird, weil er die Dinge zu sehr vereinfacht. Die Hauptursachen liegen woanders: Im Rückgang der Nachfrage, im harten globalen Wettbewerb und vor allem in den inakzeptalen Gewinnmargen der Vertriebsgesellschaften, die von vielen Verbraucherverbänden kritisiert werden. Dies hat mich dazu veranlasst, in den Absätzen 17 und 18, deren Verfasser ich bin, die Kommission um eine Untersuchung zu bitten, um festzustellen, ob hier Kartelle am Werk sind. Die Glaubwürdigkeit der Kommission steht auf dem Spiel. Andererseits habe ich Änderungsantrag 1 unterstützt, in dem die von sechzehn Mitgliedstaaten ergriffene Initiative erweitert und die Wiederherstellung eines Gleichgewichts zwischen den verschiedenen Akteuren im Sektor gefordert wird. Ich persönlich unterstütze die Festsetzung eines Mindestpreises für Milch in jedem Land.

 
  
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  Marc Tarabella (S&D), schriftlich. (FR) Im Vorfeld der Abstimmung über die Entschließung zur Krise im Milchwirtschaftssektor hatte ich einige Änderungen für eine kurzfristige Regulierung des Milchmarktes eingebracht und befürwortet, vor allem durch ein Einfrieren der Quotenerhöhung bzw. eine befristete Kürzung der Quoten (von 3% bis 5%). All diese Maßnahmen wurden jedoch vom Europäischen Parlament abgelehnt. Die Erzeuger dürfen zu Recht erwarten, dass das Parlament die radikalen Maßnahmen auf den Weg bringt, die sie brauchen. Trotz gewisser positiver Aspekte erfüllt die Entschließung diese Erwartungen nicht: deshalb habe ich mich der endgültigen Abstimmung enthalten.

 
  
  

- Gemeinsamer Entschließungsantrag: Energiesicherheit (RC-B7-0040/2009)

 
  
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  Maria da Graça Carvalho (PPE), schriftlich. (PT) Europa ist in hohem Maße abhängig von Energieimporten. Zur Verringerung unserer Energieabhängigkeit müssen wir in den Bereichen Energieeffizienz, Diversifizierung von Energiequellen durch die verstärkte Nutzung von erneuerbaren Energien und Diversifizierung der Ursprungs- und Transitländer handeln. Die Konsolidierung des Energiebinnenmarkts in ganz Europa ist für die Erhöhung der Energiesicherheit ebenfalls sehr wichtig. Den Gaspipeline- und Stromnetzen, die sich über ganz Europa erstrecken, muss Vorrang eingeräumt werden. In dieser Hinsicht sind zwei der im europäischen Konjunkturprogramm enthaltenen Projekte von größter Bedeutung für Portugal: die Stromnetzverbindung zwischen Portugal und Spanien, die dazu beitragen wird, den iberischen Strommarkt zu konsolidieren, und die Verbindung zwischen Spanien und Frankreich, um zu verhindern, dass die iberische Halbinsel stromtechnisch isoliert wird. Die Kommission und der Rat sind aufgerufen, alle Anstrengungen zu unternehmen, um sicherzustellen, dass die Entwicklung von Projekten im Bereich erneuerbare Energien in den Ländern Südeuropas, die ein hohes Potenzial für diese Energien aufweisen, gefördert wird. Große Gebiete der Region Alentejo besitzen nach den Karten über die Verteilung der Sonneneinstrahlung das größte Solarenergiepotenzial in ganz Europa.

 
  
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  Edite Estrela (S&D), schriftlich. (PT) Ich habe für die Entschließung des Europäischen Parlaments zu außenwirtschaftlichen Aspekten der Energiesicherheit gestimmt, weil ich glaube, dass die Schaffung einer echten gemeinsamen Energiepolitik entscheidend für die Sicherheit der Energieversorgung in der Europäischen Union ist. Dennoch sind ein ordentlich funktionierender Energiebinnenmarkt und die Diversifizierung von Energiequellen ebenfalls äußerst wichtig, um künftige Krisen und Unterbrechungen in der Energieversorgung zu verhindern. In dieser Hinsicht, denke ich, sollte die Erhöhung der Investitionen in erneuerbare Energien und Energieeffizienz ein Kernelement der europäischen Politik sein.

 
  
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  Diogo Feio (PPE), schriftlich. (PT) Die Energieabhängigkeit der Europäischen Union, die strategische Notwendigkeit für deren Verringerung und die durch diese Schwäche verursachten Gefahren für die Stabilität der EU sind wohl bekannt und Gegenstand einer Diskussion auf breiter Ebene.

Was dies betrifft, befindet sich mein Land in einem Stadium der Abhängigkeit weit über dem europäischen Durchschnitt, was das absolute Versagen einer Reihe aufeinanderfolgender Regierungen in diesem Bereich aufzeigt und große Ängste vor einer möglichen Krise auf den Energiemärkten aufkommen lässt.

Angesichts der schwierigen Beziehungen zu einigen unserer Hauptlieferanten, der Grenzen für die Diversität von Energiequellen und der unzureichenden Versorgungskapazität ist es meiner Meinung nach wichtig für alle Mitgliedstaaten, dass die Europäische Union geschlossen handelt, um ihre gemeinsamen Interessen zu schützen und zu zeigen, dass sie diese in einem entsprechenden Verhandlungsrahmen durchsetzen kann.

Ebenso, glaube ich, dürfen die Mitgliedstaaten ihrer Verantwortung nicht ausweichen, sondern sollten über den Einsatz verschiedener Energieformen entscheiden, bei denen all die wichtigen Alternativen einschließlich Atomenergie geprüft, sachlich bewertet und in die Praxis umgesetzt werden sollten, wenn sie für nutzbringend befunden werden; es sollte den Energieformen, die am effizientesten, sichersten und saubersten erzeugt werden können, Vorrang eingeräumt werden.

 
  
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  Bruno Gollnisch (NI), schriftlich. (FR) Europa wird nicht in der Lage sein, jedenfalls nicht kurzfristig, sich in Bezug auf seine Energielieferungen aus seiner Abhängigkeit von außereuropäischen Ländern zu befreien. Es ist richtig, dass wir, um diese Zwänge abzubauen, die Art unserer Abhängigkeit auf eine breitere Basis stellen müssen, sowohl vom Standpunkt der Energiequellen als auch der Lieferländer aus betrachtet. Ehrlich gesagt, sehe ich allerdings keinen rechten Sinn darin, durch eine Maßnahme, die, so scheint es, eher der Feindseligkeit gegenüber Russland als Energiesorgen entspringt, in die "Klauen"der Türkei zu geraten. Die Türkei ist das notwendige Transit-Drehkreuz für Ihre großartige Nabucco-Gaspipeline, der systematisch Vorrang vor anderen Projekten eingeräumt wird. Dies würde dem Land ein erhebliches Druckmittel in die Hand geben.

Auch in Bezug auf Desertec kann ich nicht erkennen, wo der Sinn darin liegt, sich von etwas abhängig zu machen, was momentan noch ein Projekt darstellt, das Teil einer privaten Initiative ist. Tatsächlich glaube ich, dass es ein Widerspruch ist, eine zentral gesteuerte Energiepolitik durch die Kommission realisieren zu wollen und gleichzeitig den europäischen Energiesektor an private Betreiber zu übergeben, der zu steigenden Preisen, reduzierten Versorgungsleistungen und negativen Effekten in Bezug auf die Wahlmöglichkeiten im Energiebereich führt. Vor allem glaube ich, dass die Energiefrage zu wichtig ist, um ihre Behandlung Kommissionsbeamten zu überlassen oder sie dem Gewinnstreben einiger weniger Unternehmen anheim fallen zu lassen.

 
  
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  Andreas Mölzer (NI), schriftlich. Der vorliegende Gemeinsame Entschließungsantrag zu den externen Aspekten der Versorgungssicherheit enthält wichtige Weichenstellungen für die zukünftige Energiepolitik Europas. Insbesondere die signifikante Erhöhung des Anteils erneuerbarer Energieträger am derzeitigen Energiemix erachte ich als besonders wichtig, weshalb ich auch dem Projekt Desertec, das von einer privaten Investorengruppe geplant wird, positiv gegenüberstehe.

Damit soll nicht zuletzt auch die Abhängigkeit der EU von einzelnen Staaten, von denen wir bis dato unsere fossilen Energieträger beziehen, reduziert werden. Das geplante Nabucco-Projekt trägt leider nicht dazu bei, da es die EU im Hinblick auf den geplanten Beitritt der Türkei zur EU erpressbar macht. Das Projekt in seiner derzeitigen Form, mit dem unmittelbaren Einfluss des islamischen Regimes in der Türkei, ist daher abzulehnen. Aus diesem Grund habe ich mich trotz zahlreicher positiver Aspekte im Text in der Endabstimmung über den Gesamttext der Stimme enthalten.

 
  
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  Geoffrey Van Orden (ECR), schriftlich. −Wir respektieren die unterschiedlichen Bedenken unserer Verbündeten. Aus britischer Sicht erfordern jedoch Bemühungen um einen kohärenteren Ansatz der EU in Sachen Energiesicherheit weder den Vertrag von Lissabon noch die Erweiterung der Kompetenzen der Europäischen Kommission. Es sind bereits ausreichende Mechanismen vorhanden, die es den EU-Mitgliedstaaten ermöglichen würden, mit einer Stimme gegenüber Russland zu sprechen, sollten wir dies wünschen.

Die Verweise auf den Vertrag von Lissabon in dieser Entschließung sind der Sache in hohem Maße abträglich. Die britischen Konservativen sind vehement gegen die Ratifizierung dieses Vertrages und weitere Versuche zur politischen Integration der EU. Ich bedauere auch, dass es nicht gelungen ist, einen Bezug zur Atomenergie bei dem Mix nachhaltiger und diversifizierter Energieversorgungsquellen, die in den kommenden Jahren benötigt werden, herzustellen. Energiesicherheit liegt zuerst und vor allen Dingen in der Verantwortung unserer Regierungen.

 

6. Berichtigungen des Stimmverhaltens und beabsichtigtes Stimmverhalten: siehe Protokoll
 

(Die Sitzung wurde um 12.55 Uhr unterbrochen und um 15.00 Uhr fortgesetzt.)

 
  
  

VORSITZ: Pal SCHMITT
Vizepräsident

 

7. Genehmigung des Protokolls der vorangegangenen Sitzung: siehe Protokoll
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8. Lage in Taiwan nach dem Wirbelsturm (Aussprache)
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  Der Präsident. – Der nächste Tagesordnungspunkt ist die Stellungnahme der Kommission zur Situation in Taiwan nach dem jüngsten Taifun.

 
  
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  Meglena Kuneva, Mitglied der Kommission. – Herr Präsident, ich möchte zuerst den Menschen auf Taiwan, die aufgrund des Taifuns Morakot und seiner Folgen zu leiden hatten, mein Mitgefühl aussprechen. Das Gemeinschaftsverfahren für den Katastrophenschutz hat einen Beitrag zu den gesamten Hilfsmaßnahmen geleistet und die Solidarität Europas mit der Bevölkerung von Taiwan unter Beweis gestellt.

Am 7. August 2009 wurde Taiwan von dem Taifun Morakot getroffen, der schwere Überschwemmungen und Erdrutsche verursachte. Mehr als 150 Menschen wurden getötet und Zehntausende wurden obdachlos. Die Transportinfrastruktur, darunter Straßen und Brücken, wurde beschädigt und die Kommunikationsnetze unterbrochen. Mehr als 700 000 Haushalte waren ohne Trinkwasser. Taiwan forderte am 12. August 2009 internationale Hilfe an. Als Antwort darauf setzte die Europäische Kommission das Gemeinschaftsverfahren für den Katastrophenschutz in Gang. Das Verfahren erleichtert und koordiniert die Sachleistungshilfe der Mitgliedstaaten im Katastrophenfall.

Die Europäische Kommission schickte ein Koordinations- und Bewertungsteam nach Taiwan, um die Erfordernisse zu ermitteln und die Regierung bei ihren Hilfsmaßnahmen zu unterstützen. Das Team führte mehrere Bewertungsmissionen innerhalb der betroffenen Gebiete durch und teilte seine Erkenntnisse und Empfehlungen den örtlichen Behörden und internationalen Partnern mit. Das Gemeinschaftsteam erleichterte ebenfalls die Lieferung von Sachleistungen wie z. B. von Schweden und Polen gestifteten Wasseraufbereitungsanlagen, die an die am stärksten betroffenen Regionen in Taiwan geschickt wurden.

Die schnelle Bereitstellung dieser Hilfe war ein spürbarer Ausdruck europäischer Solidarität. Die Anwesenheit des europäischen Teams vor Ort wurde ebenfalls positiv aufgenommen. Das Gemeinschaftsverfahren für den Katastrophenschutz ist ein besonders sichtbares Zeichen europäischer Solidarität mit Ländern in der ganzen Welt, und ich bin davon überzeugt, dass es an Stärke und Effektivität noch weiter zunehmen wird.

Naturkatastrophen können jedes Land auf der Welt treffen. Sie bringen oft schwere menschliche Verluste mit sich und verursachen immense wirtschaftliche und umweltbezogene Kosten. Zukünftig besteht aufgrund des Klimawechsels die Wahrscheinlichkeit, dass wir künftig öfter Katastrophen ausgesetzt werden. Unter diesem Aspekt stellt die Solidarität mit anderen von Katastrophen betroffenen Ländern einen der Grundpfeiler der europäischen Katastrophenhilfepolitik dar. Ich freue mich darauf, auch weiterhin mit dem Europäischen Parlament zusammenarbeiten zu können, um zu gewährleisten, dass die Instrumente unserer europäischen Katastrophenhilfe einsatzbereit sind.

 
  
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  Thomas Mann, im Namen der PPE-Fraktion. – Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Republik Taiwan wurde am 8. August in ihren Grundfesten erschüttert. Mit unbändiger Kraft fegte der Taifun Morakot über die Insel hinweg und löschte mehr als 750 Menschenleben aus. Tausende verloren Hab und Gut, Landstriche wurden verwüstet. Der Schaden beträgt mehr als 2,5 Milliarden Euro. Der Wiederaufbau einer vielerorts zerstörten Infrastruktur wird Monate dauern. Als Zeichen der Solidarität war es uns Europäern ein Anliegen, die taiwanesische Bevölkerung im Rahmen der Katastrophenhilfe zu unterstützen.

Die EVP, Frau Kuneva, unterstützt die Initiativen, die die Europäische Kommission in Gang gebracht hat. Umso verwunderlicher ist es, dass die taiwanesischen Botschaften angewiesen wurden, jede ausländische Hilfe abzulehnen. Das führte zu heftiger Kritik und am 13. August zu notwendigen Korrekturen eines völlig fehlgeschlagenen Krisenmanagements. Kurz darauf trat Ministerpräsident Liu Chao-shiuan zurück.

Eine weitere Irritation gab es jetzt beim mehrtägigen Besuch des Dalai Lama Anfang September in Taiwan. Er wollte mit den Überlebenden für die Opfer beten, mehr nicht. Mitgefühl ist seit Jahren die Botschaft der vielbeachteten Reden und Bücher des Dalai Lama. Erneut protestierte die chinesische Regierung lautstark und übte massiven Druck aus. Es ist empörend, dass Peking aus einer rein humanitären Aktion des Dalai Lama wieder einmal ein Politikum gemacht hat. Taiwan muss sich die Frage gefallen lassen, auf wessen Seite es eigentlich steht. Staatspräsident Ma Ying-jeou hatte die Einreise des Friedensnobelpreisträgers erst nach heftigen Protesten aus der eigenen Bevölkerung gestattet.

Wir, Frau Kommissarin, sind gefordert, den Dialog mit Taiwan zu intensivieren – in humanitären Fragen, aber auch in Fragen unserer grundsätzlichen Orientierung. Demokratie, Menschenrechte und Solidarität gehören untrennbar zusammen, auch in diesem aufstrebenden asiatischen Land!

 
  
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  Victor Boştinaru, im Namen der S&D-Fraktion. – Herr Präsident, ich möchte zuerst meiner tiefen Betroffenheit über die große Tragödie Ausdruck geben, die Taiwan am 8. August heimgesucht hat, insbesondere, was die Menschen betrifft, die durch die unglaubliche Verwüstungsenergie dieser Katastrophe getötet wurden.

Morakot war der tödlichste Taifun, der Taiwan in fast 50 Jahren getroffen hat; er verwüstete die Insel Anfang August und hinterließ 700 Tote oder Vermisste; tausende von Menschen mussten evakuiert werden, und hunderte von dörflichen Behausungen wurden unter Erdrutschen begraben.

China zeigte bei diesem Anlass große Sensibilität, indem es sofortige Hilfe für die taiwanesischen Opfer schickte. Nicht nur die chinesische Regierung, sondern auch verschiedene private Firmen und Organisationen, einschließlich der Vereinigung für Beziehungen beiderseits der Taiwan-Straße (Association for Relations Across the Taiwan Straits) und der Rotkreuzgesellschaft des Festlandes, waren bereit, der Insel zu helfen.

Auch von der chinesische Bevölkerung kam Unterstützung in Form von Benefizveranstaltungen, die organisiert wurden, um der Insel Katastrophenhilfe leisten zu können.

Laut den neuesten Zahlen hat das chinesische Festland bisher ungefähr 1 Milliarde CNY für die Taifunopfer gespendet, was fast 150 Millionen USD entspricht. In dieser Situation haben mehrere hundert Fertighäuser, die von China nach Taiwan geschickt wurden, um den obdachlos gewordenen Menschen ein Dach über dem Kopf zu bieten, eine wichtige Rolle gespielt.

Ich möchte die Tatsache unterstreichen, dass die Europäische Union im Zusammenhang mit der "One-China-Policy" die Hilfe begrüßt, die China Taiwan bei diesem tragischen Ereignis bereitgestellt hat, da dies auf eine Verbesserung der Beziehungen zwischen den beiden Territorien hinweist, und es klar ist, dass eine Verbesserung dieser Beziehungen zu mehr Stabilität in dieser Region führen kann.

Abschließend möchte ich noch sagen, dass ich der Ansicht bin, dass sich die Europäische Union aufgrund des Ausmaßes der Katastrophe auf einen ihrer Grundgedanken - die Solidarität - besinnen und Taiwan weiteres Material und finanzielle Unterstützung zukommen lassen sollte, um bei der gewaltigen Aufgabe des Wiederaufbaus zu helfen.

 
  
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  Charles Tannock, im Namen der ECR-Fraktion. – Herr Präsident, die Szenen der Verwüstung und der Zerstörung durch den Taifun Morakot werden uns noch lange Zeit in Erinnerung bleiben, aber viele Menschen in Taiwan werden mit den Konsequenzen dieser Tragödie noch für viele Jahre leben müssen. Mehr als 700 Menschen haben ihr Leben verloren und tausende andere mussten mit erheblichen Beeinträchtigungen kämpfen.

Die taiwanesische Regierung unter Präsident Ma reagierte sofort mit der Entsendung von Soldaten in die am stärksten betroffenen Gemeinden und Gebiete und bat um Hilfe durch die internationale Gemeinschaft. Die schwedische EU-Präsidentschaft und die Kommission sollten zu ihrer Arbeit bei der Ingangsetzung des Gemeinschaftsverfahrens für den Katastrophenschutz beglückwünscht werden. Ich hoffe jetzt, dass sich die Kommission zu einer langfristigen Unterstützung Taiwans entschließt, um eine vollständige Erholung der Menschen und der Wirtschaft dort sowie den Wiederaufbau der Infrastruktur zu ermöglichen.

Ich habe keine Zweifel an der Dankbarkeit des taiwanesischen Volkes und der Regierung von Taiwan für die von der EU gezeigte Solidarität und Unterstützung. Als Vorsitzender des EP Taiwan-Freundschaftskreises freue ich mich außerdem darauf, mich über die aktuelle Situation zu informieren, wenn ich nächsten Monat eine Delegation von MdEP nach Taiwan anführen werde.

Das Unglück, das Taiwan getroffen hat, könnte aufgrund des Klimawechsels sowohl in Taiwan als auch weltweit zu einem häufigeren Geschehnis werden. Es daher wichtig, dass Taiwan, das als Insel und als bedeutende globale Industriemacht für solche meteorologischen Phänomene anfällig ist, in die Lage versetzt wird, sich in einem angemessenen Rahmen bei den entsprechenden internationalen Organisationen zu engagieren, nicht zuletzt bei denen, die sich mit Klimaveränderungen befassen. Taiwan sollte insbesondere die Erlaubnis erhalten, an Verhandlungen zum Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über Klimaveränderungen und der Weltorganisation für Meteorologie teilzunehmen.

Sowohl der Rat als auch die Kommission unterstützen die sinnvolle Mitwirkung Taiwans an der Arbeit der Organisationen der Vereinten Nationen, und ich hoffe, sie werden diese sich aus einer Katastrophe ergebende Gelegenheit nutzen, um die Einbeziehung Taiwans in diese Strukturen zu fördern.

 
  
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  Fiorello Provera, im Namen der EFD-Fraktion.(IT) Herr Präsident, sehr verehrte Damen und Herren, ich möchte dem taiwanesischen Volk mein Beileid aussprechen und meine Unterstützung anbieten und außerdem die Rechtzeitigkeit der humanitären Bemühungen der Europäischen Union bei dieser Katastrophe betonen.

Die Kommission hat ihren Beitrag geleistet und viele Mitgliedstaaten haben Hilfe oder Expertenteams geschickt. Selbst die Volksrepublik China hat den taiwanesischen Behörden geholfen, eine Geste, die ich für sehr bedeutungsvoll halte. Wenn wir jedoch zukünftig den taiwanesischen Behörden und den Ländern der Region strukturelle Hilfen zur Bewältigung dieser Art von Bedrohung zur Verfügung stellen möchten, muss die Europäische Union die Zulassung Taiwans als Beobachter bei der Weltorganisation für Meteorologie und dem Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über Klimaveränderungen unterstützen.

Die Zulassung von Taiwan als Beobachter hat bereits in anderen internationalen sektoralen Organisationen wie der WTO zu guten Ergebnissen geführt, und auch in diesem Fall wäre die Zulassung Taiwans eine praktikable Form der Prävention und könnte zukünftig die Risiken für die 23 Millionen Einwohner der Insel und für die gesamte Region begrenzen.

 
  
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  Astrid Lulling (PPE).(FR) Herr Präsident, Taiwan erholt sich gerade von einer fürchterlichen, in diesem Land in den letzten 50 Jahren beispiellosen Naturkatastrophe. Es ist unsere Pflicht, nicht nur unsere Solidarität auszudrücken, sondern auch eine aktive Rolle beim Wiederaufbau der verwüsteten Teile der Insel zu spielen.

Glücklicherweise haben die Kommission und der Rat nach dem Taifun Morakot ihre Bereitschaft erklärt, Hilfe zu leisten. Ich fordere sie nun dringend auf, die konkrete Hilfe, die die Regierung und das Volk dieses Landes benötigen, zur Verfügung zu stellen, denn es gibt sehr viel zu tun. Die entsprechenden Instrumente sind auf der Ebene der Europäischen Union vorhanden. Sie sollten in vollem Umfang eingesetzt werden.

Diese Katastrophe stellt, wie bereits von einigen meiner Abgeordnetenkollegen erwähnt, die Teilnahme Taiwans an den verschiedenen Organisationen der Vereinten Nationen in den Mittelpunkt. Die EU-Institutionen unterstützen dies prinzipiell, aber es ist höchste Zeit, dass Maßnahmen getroffen werden, um Veränderungen herbeizuführen. Die taiwanesischen Behörden hatten keinen Zugang zu meteorologischen Informationen über die Schwere des Taifuns. Das ist unannehmbar. Es ist unabdingbar, dass Taiwan in das Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über Klimaveränderungen aufgenommen und somit in die Lage versetzt wird, das Schlimmste zu vermeiden, denn es besteht kein Zweifel daran, dass es auch zukünftig zu weiteren Klimadepressionen kommen wird.

Ich bin die Vorsitzende der Taiwan-Luxemburg-Vereinigung und muss betonen, das wir hinsichtlich unserer Beziehungen zu Taiwan nicht länger Erpressungsversuchen von Seiten des kommunistischen China ausgesetzt sein sollten. In dieser Sache ist eine eindeutige Unterstützung durch die Kommission und den Rat unabdingbar.

 
  
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  Kriton Arsenis (S&D). - (EL) Herr Präsident, Frau Kommissarin, sehr verehrte Damen und Herren, ich möchte meiner tiefen Trauer über die menschliche Tragödie in Taiwan Ausdruck geben und sagen, dass wir, die Europäische Union, auf jede uns mögliche Weise helfen müssen.

Wir wissen jetzt, dass 640 Menschen durch den Taifun Morakot getötet wurden und mehr als 192 Menschen vermisst werden. Ein Erdrutsch löschte ein gesamtes Dorf aus und tötete hunderte von Menschen. Nichts davon ist jedoch zufällig passiert. Dem Ereignis war eine langanhaltende Dürre vorausgegangen, welche die Aufnahmefähigkeit des Bodens für den Regen verringert hatte.

Dürren, Überschwemmungen und eine starke Zunahme an extremen Wetterbedingungen nehmen aufgrund des Klimawechsels schrittweise zu. Ein Taifun wird durch Meeresbereiche mit einer Oberflächentemperatur von 27 οC verursacht. Der Anstieg der Temperatur wird zu einem deutlichen Anstieg der Anzahl von Taifunen und der Intensität dieser Stürme führen. Gegenwärtig leben 120 Millionen Menschen in Gebieten, die von Taifunen heimgesucht werden. Zwischen 1980 und 2000 gab es 250 000 Taifunopfer.

Aus all diesen Gründen müssen wir uns in Kopenhagen engagieren, wo wir im Dezember entscheiden werden, ob jedes unserer Länder einzeln seine eigenen, vorübergehenden, kurzfristigen Interessen verfolgen wird, oder ob wir alle für den Planeten, der unsere Heimat ist, kämpfen werden, um den Klimawandel abzuwenden.

Werden die entwickelten und die Entwicklungsländer damit aufhören, zu solchen Katastrophen wie der Katastrophe in Taiwan beizutragen? In diesem Fall muss gehandelt werden. Wir müssen versprechen, die notwendigen Verpflichtungen für die notwendige Reduzierung einzugehen, um einen Temperaturanstieg von mehr als 2 οC zu verhindern. Wir müssen auch in die Tasche greifen, um den Entwicklungsländern finanzielle Unterstützung zu gewähren, damit sie Teil der Lösung werden und bei der Bekämpfung des Klimawandels helfen können.

Wir sind die Verursacher des Klimawandels. Wir sind die Verschmutzer und gemäß dem "der Verschmutzer bezahlt"-Prinzip, das wir selbst eingeführt haben, müssen wir zahlen. Wir müssen bezahlen, indem wir den Entwicklungsländern finanzielle Unterstützung gewähren.

 
  
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  Bastiaan Belder (EFD).(NL) Herr Präsident, dies war eine Katastrophe nie dagewesenen Ausmaßes für Taiwan. In den Bergen hat eine große Tragödie stattgefunden. Ganze Dörfer sind verschwunden und eintausend Menschen werden für tot oder vermisst gehalten. Tausende von Überlebenden, wenn nicht mehr, werden vorläufig in Militärcamps untergebracht. So hat Menno Goedhart, der höchste Vertreter Taiwans in meinem Heimatland, den Niederlanden, die Verwüstungen des Taifuns Morakot geschildert. Ich möcht zuallererst der Regierung und den Bürgern von Taiwan im Namen dieses Parlaments mein Mitgefühl aussprechen.

Neben der praktischen Unterstützung, die Menno Goedhart gegenwärtig seinen taiwanesischen Freunden anbietet, und auch unter Berücksichtigung dessen, was von europäischer Seite bereits getan wurde, möchte ich der Kommission dennoch einige Fragen in Bezug auf die Stärkung der europäisch-taiwanesischen Beziehungen stellen. Erstens wird die Kommission nächsten Monat einen Vorschlag zur Lockerung der Visabestimmungen für taiwanesische Staatsbürger einbringen. Das Vereinigte Königreich und Irland sind in dieser Hinsicht bereits mit gutem Beispiel vorangegangen. Zweitens hat ein neuer europäischer Bericht sehr deutlich gezeigt, dass es sowohl für Taiwan als auch für die Europäische Union von enormem Vorteil wäre, wenn man Maßnahmen zur Verbesserung des Handels (TEM) vereinbaren würde. Stimmt die Kommission dieser zwingenden Schlussfolgerung zu?

Schließlich, Herr Präsident, möchte ich meinen Abgeordnetenkollegen, die sich bereits für die Beendigung der unglaublichen internationalen Isolation Taiwans ausgesprochen haben, meine volle Unterstützung zusichern. Diese Isolation ist wahrlich unerträglich, insbesondere, wenn sie das Leben von Menschen betrifft, wo immer diese sich auch befinden.

 
  
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  Ville Itälä (PPE). - (FI) Herr Präsident, Taiwan wurde am 8. August von einer menschlichen Katastrophe riesigen Ausmaßes getroffen. Das Ereignis hat viele Opfer gefordert und der wirtschaftliche Schaden war immens. Für uns ist es jetzt an der Zeit, zu helfen. Es ist Zeit für uns, Solidarität mit den Bürgen von Taiwan zu zeigen. Wir müssen Mitgefühl zeigen, aber auch finanzielle Unterstützung gewähren, und, wie die Kommissarin hier sagte, wir müssen jetzt die Instrumente des Krisenmanagements anwenden. Wir müssen den Taiwanesen jetzt alle menschenmögliche Hilfe zur Verfügung stellen. Ich möchte außerdem meine Unterstützung für die von Herrn Tannock vorgeschlagene längerfristige Unterstützung für Taiwan ausdrücken, um die bestmöglichen Ergebnisse zu erzielen, und um zu zeigen, dass es sich bei ihnen ebenfalls um menschliche Wesen und vor allem um unsere Freunde handelt.

 
  
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  Janusz Władysław Zemke (S&D). (PL) Ich möchte mich bei dem Kommissar für diese Information bedanken. Meine Frage ist jedoch etwas anderer Natur. Taiwan hat vor Kurzem eine Tragödie erlebt. Es ist uns jedoch völlig bewusst, dass in der Vergangenheit viele Katastrophen dieser Art stattgefunden haben, und dass auch viele weitere in der Zukunft stattfinden werden. Daher möchte ich der Kommissarin die folgende Frage stellen: Gibt es bei der Europäischen Union und insbesondere bei der Kommission ein Standardverfahren für den Umgang mit solchen Situationen? Gibt es ein Notfallmaßnahmenpaket oder Vorkehrungen für bestimmte Länder? Gibt es einen langfristigen Aktionsplan?

Ich denke, es wäre bedauerlich, wenn wir auf diese Tragödien je nach Situation der betreffenden Länder unterschiedlich reagieren würden. Ich bin der Ansicht, dass wir, wie es im Militär der Fall ist, bestimmte Standardverfahren für Krisensituationen einrichten müssen. Das wollte ich die Kommissarin fragen.

 
  
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  Johannes Cornelis van Baalen (ALDE).(NL) Herr Präsident, die Fraktion der Allianz der Liberalen und Demokraten für Europa sympathisiert, wie viele Fraktionen in diesem Parlament, mit der Bevölkerung von Taiwan, und wir freuen uns über die Handlungsweise der Kommission. Die Kommission muss in dieser Weise fortfahren. Das große Problem besteht jedoch neben dieser menschlichen Katastrophe in der Isolation Taiwans. Es ist möglich, eine "One-China-Policy" zu betreiben und gleichzeitig Kooperationsbeziehungen zu Taiwan aufzubauen. Taiwan könnte problemlos seine Rolle als Beobachter in der Weltgesundheitsorganisation einnehmen. Gleiches gilt für die Weltorganisation für Meteorologie und dem Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über Klimaveränderungen. All dies ist möglich und kein Hindernis für eine "One-China-Policy". Ich bin mit Herrn Belder einer Meinung, was die Lockerung der Visabestimmungen betrifft, und ich stimme seinen Äußerungen über Herrn Goedhart, den niederländischen Vertreter in Taipei, zu. Ich bin daher der Ansicht, dass es keinen Grund für uns gibt, Taiwan weiter zu isolieren. Kooperationsbeziehungen, darum geht es.

 
  
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  Laima Liucija Andrikienė (PPE). - Herr Präsident, ich möchte zuerst den Familien derjenigen, die durch den Taifun Morakot ums Leben gekommen sind, mein tief empfundenes Beileid aussprechen.

Es ist bedauerlich, dass Hunderte gestorben sind, andere ihre Angehörigen verloren haben und viele weitere verletzt wurden.

Viele Beobachter haben darauf hingewiesen, dass die Zahl der Opfer niedriger hätte sein können, wenn die Regierung auf den Taifun auf koordiniertere Art und Weise reagiert hätte. Die Regierung war nicht in der Lage, die Schwere des sich der Insel nähernden tropischen Sturmes vorherzusagen. Gleichzeitig wissen wir, dass Taiwan über einen hoch entwickelten Hightech-Sektor verfügt und einer der weltweit größten Hersteller von GPS-Systemen ist. -

Ein Teil der Schuld ist auf die Tatsache zurückzuführen, dass Taiwan, wie einige Kollegen bereits erwähnt haben, noch kein Mitglied der Weltorganisation für Meteorologie (WMO) ist. Taiwan hätte besser vorgewarnt werden können, wenn die WMO es rechtzeitig mit Informationen versorgt hätte. Ich bin daher überzeugt, dass dies der richtige Zeitpunkt ist, um über die Mitgliedschaft Taiwans in der Weltorganisation für Meteorologie zu sprechen, nicht nur aus politischen, sondern auch aus humanitären Gründen.

 
  
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  Silvia-Adriana Ţicău (S&D).(RO) Herr Präsident, Frau Kommissarin, der Taifun, der Taiwan verwüstet hat, hat die Leben hunderttausender von Menschen beeinträchtigt und zehntausende von Unterkünften zerstört. Die von der Europäischen Union gewährte Hilfe darf nicht mit Bedingungen verknüpft sein. Das Ziel besteht darin, den Opfern so schnell wie möglich zu helfen.

Die Europäische Union ist ein aktiver Spender und arbeitet mit Nichtregierungsorganisationen und den Spezialeinrichtungen der Vereinten Nationen zusammen, um Mittel für die medizinische Behandlung, die logistische Unterstützung und den Wiederaufbau zerstörter Gebiete bereitzustellen. Auf der Konferenz von Kopenhagen wird es viel zu diskutieren geben, und wir bereiten uns darauf vor, einige Maßnahmen zu ergreifen, die auf ein zukünftiges Klimaschutzübereinkommen zur Reduzierung von Schadstoffemissionen abzielen. Daher werden wir hauptsächlich über Maßnahmen zur Reduzierung der Ursachen des Klimawandels diskutieren.

Ich möcht dazu aufrufen, im Verlauf der Kopenhagener Konferenz auch ein besonderes Augenmerk auf Anpassungsmaßnahmen zu richten, da wir es auch weiterhin mit starken Stürmen, Überschwemmungen, langanhaltenden Dürren und Waldbränden zu tun haben werden. Ich fordere die Europäische Union ebenfalls dringend dazu auf, Taiwan neben der Hilfe für den Wiederaufbau humanitäre Hilfe zu leisten, insbesondere für die Bevölkerung.

 
  
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  Meglena Kuneva, Mitglied der Kommission. − Herr Präsident, ich werde die Fragen der Reihe nach beantworten.

Zuerst zu der Unterstützung, welche die Kommission Taiwan gewährt, um die stetigen Bedürfnisse der Menschen dort zu befriedigen, was der Kern der Frage von Herrn Mann war: Taiwan wurde über den Bedarfsanalyse-Mechanismus der Kommission nach eingetretenen Katastrophen informiert, aber wir haben bisher keine Anfragen erhalten. Falls eine solche Anfrage eingeht, werden wir sie berücksichtigen.

Bezüglich des Standpunkts der Kommission zum gegenwärtigen Stand der Beziehungen zwischen China und Taiwan, was die Frage von Herrn Boştinaru war, begrüßt die Kommission die Annäherung zwischen Taiwan und China während des letzten Jahres. Dadurch wurde es möglich, die Beziehungen zwischen China und Taiwan zu verbessern, Spannungen zwischen den beiden abzubauen und bilaterale Themen wie direkte Luft- und Seeverbindungen zu unterstützen.

Wir unterstützen nachdrücklich die bilateralen Gespräche zwischen den beiden Parteien, die weitere Fortschritte ermöglichen könnten. Wir begrüßen auch die chinesische Unterstützung.

Zur Frage der Beteiligung Taiwans an der Weltorganisation für Meteorologie, die von Frau Lulling und Frau Andrikienė sowie von Herrn van Baalen und Herrn Tannock gestellt wurde: Die Europäische Kommission unterstützt in Übereinstimmung mit dem von der Europäischen Union in einer im September 2008 veröffentlichten Stellungnahme ausgedrückten Standpunkt sowie der "One-China-Policy" der EU gegebenenfalls die sinnvolle Teilnahme von Taiwan an internationalen Organisationen. Dies werden wir auch weiterhin tun.

Zu den Fragen von Frau Lulling und Herrn Mann, was die gewährte Unterstützung betrifft, so hat der Katastrophenschutzmechanismus der Gemeinschaft Unterstützung durch Schweden und Polen gewährt. Diese Hilfe wurde dankbar entgegengenommen, was von Präsident Ma gegenüber dem Kommissionspräsidenten Barroso bestätigt wurde.

Zur Frage zum Besuch des Dalai Lama in Taiwan nach dem Taifun: Der Besuch des Dalai Lama fand aufgrund einer Entscheidung der taiwanesischen Behörden statt, und die Europäische Kommission hat keinen Kommentar dazu abgegeben.

Zu der Frage von Herrn Belder bezüglich des Standpunkts der Kommission zur Gewährung einer visafreien Einreise für Taiwanesen, welche die EU besuchen: Die Kommission erwägt innerhalb des Rahmens der Überarbeitung der einschlägigen Gesetze die Möglichkeit einer Aktualisierung der Liste von Ländern und Gebietseinheiten, die keinen Visa-Anforderungen für die Einreise in die Europäische Union, insbesondere der Schengen-Raum, unterliegen, und in diesem Zusammenhang wird auch Taiwan erörtert werden.

Zu der Frage von Herrn Zemke bezüglich der Standardvorgehensweisen im Katastrophenfall und wie wir zukünftig in solchen Fällen vorgehen werden, so hat sich die Kommission zwei Prioritäten gesetzt: Die erste besteht darin, die Arbeit in den Bereichen Vorbereitung und Bekämpfung fortzusetzen, die zweite ist die Verhinderung von Katastrophen.

Erstens sehen wir es als wichtig an, dass EU-Hilfe jederzeit verfügbar ist. 2008 haben wir mit Unterstützung des Parlaments ein Pilotprojekt und eine vorbereitende Maßnahme für das Krisenreaktionskonzept der EU gestartet. Ausgehend von dieser ersten Erfahrung wird die Kommission gegebenenfalls weitere Vorschläge für die Entwicklung der Krisenreaktion der EU präsentieren, die über nationale, für EU-Operationen vorgesehene Ressourcen finanziert werden.

Zweitens streben wir auf EU-Ebene einen ganzheitlichen Ansatz im Katastrophenschutz an. Im Februar 2009 veröffentlichte die Kommission eine Mitteilung über einen gemeinschaftlichen Ansatz bei der Verhinderung von Naturkatastrophen und von Menschen verursachte Katastrophen. Wir würden ein Feedback des Parlaments zu dieser Mitteilung begrüßen.

 
  
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  Der Präsident. – Die Aussprache wird geschlossen.

 

9. Aussprache über Fälle von Verletzungen der Menschenrechte, der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit(Aussprache)

9.1. Ermordung von Menschenrechtsaktivisten in Russland
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  Der Präsident. − Ich habe sechs Anträge für(1) eine Entschließlung zur Ermordung von Menschenrechtsanwälten in Russland erhalten (Artikel 122).

 
  
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  Heidi Hautala, Verfasserin. − (FI) Herr Präsident, wir sollten hier wirklich unsere Aufmerksamkeit auf die Menschenrechtsaktivisten richten, die vor Kurzem im Nordkaukasus ermordet wurden, und zu ihrem Gedenken eine Kerze entzünden. Wir müssen uns daran erinnern, dass Natalia Estemirova, Zarema Sadulayeva, Alik Dzhabrailov und viele andere, die gelitten und ihr Leben bei der Verteidigung der Menschenrechte verloren haben, die Unterstützung von uns allen verdienen. Unglücklicherweise waren wir nicht in der Lage, sie ausreichend zu unterstützen, als sie noch am Leben waren.

Es ist beunruhigend, dass Russland bisher nicht in der Lage war, strafrechtliche Ermittlungen durchzuführen, die gründlich genug waren, um diese Morde aufzuklären und die Schuldigen vor Gericht zu stellen. Ich habe zur Kenntnis genommen, dass die Europäische Union mit Russland zu diesem Thema einen offiziellen Austausch hatte. Ganz offensichtlich sind unsere Bemühungen jedoch nicht ausreichend, und wir werden uns ernsthaft damit auseinandersetzen müssen, wie wir in Russland für Rechtsstaatlichkeit sorgen und dieses Thema sehr viel mehr in den Vordergrund stellen können, wenn wir das neue Partnerschafts- und Zusammenarbeitsabkommen mit diesem Land verhandeln.

Wir müssen auch darüber nachdenken, wie wir Menschenrechtsaktivisten in Russland besser als bisher unterstützen können. Wir sollten erörtern, ob wir gefährdeten Personen Schutz anbieten können, und ob die EU-Institutionen kurzfristig Visen für sie bereitstellen können, damit sie aus Russland fliehen können, wo sie und ihr Leben in Gefahr sind. Nach Ansicht der Fraktion der Grünen/Freie Europäische Allianz ist es wichtig, dass das Europäische Parlament über eine Einrichtung verfügt, das Informationen über die Situation von Menschenrechtsaktivisten, deren Leben in Gefahr ist, verbreitet und sich bemüht, ihnen in Zusammenarbeit mit den anderen Institutionen zu helfen. Wir können soviel tun. Anna Politkovskaya hat einmal gesagt, dass der Westen so viel tun könnte, aber nur so wenig tut.

(Beifall)

 
  
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  Véronique De Keyser, Verfasserin. (FR) Herr Präsident, ich werde die kurze Zeit, die mir zur Verfügung steht, nutzen, um die Position meiner Gruppe, welche die gemeinsame Erklärung nicht unterzeichnet und eine eigene Entschließung vorgelegt hat, zu verdeutlichen.

Ich möchte Ihnen zuerst sagen, dass wir der gemeinsamen Entschließung in Bezug auf Natalia Estemirova, Zarema Sadulayeva und Alik Dzhabrailov in vollem Umfang zustimmen.

Wir sind über diese neuerlichen Attentate entsetzt, die tatsächlich nur ein Beispiel für die Ermordung von Menschenrechtsaktivisten in Tschetschenien sind.

In unserer Entschließung verlangen wir genau das gleiche wie in der gemeinsamen Entschließung: Wir verurteilen den Angriff, wir verlangen eine Untersuchung und wir geben unserer Sorge über die Verschlechterung der Menschenrechtssituation für Militante in Russland Ausdruck.

Unsere Position weicht jedoch hinsichtlich der zusätzlichen Bezugnahme auf alle Verteidiger der Menschenrechte und der Situation in der Nordkaukasusregion im Allgemeinen von der gemeinsamen Entschließung ab. Wir sind der Ansicht, dass es andere Gelegenheiten geben wird, bei denen diese Dinge zur Sprache gebracht werden können - was ich auch zu tun beabsichtige - insbesondere im Rahmen der Entschließung, die dem Gipfel zwischen der Europäischen Union und Russland vorausgeht. Wir möchten, dass diese Agenda über Menschenrechtsaktivisten und den Schutz dieser Aktivisten einen Teil dieser Entschließung bildet, aber auch Bestandteil all unserer zukünftigen Verhandlungen mit Russland ist.

Daher ist das Problem in diesem Fall lediglich der richtige Ort und die richtige Zeit. Es handelt sich um einen politischen Sachverhalt, der politisch behandelt werden muss, und nicht nur hier, wo wir es mit Dringlichkeitsfällen zu tun haben. Daher haben wir uns entschieden, diese Unterscheidung zu treffen; was die Substanz des Problems angeht, sind wir mit den anderen Fraktionen jedoch völlig einer Meinung.

 
  
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  Renate Weber, Verfasserin. − Herr Präsident, erlauben Sie mir bitte, dem Parlament einige Fakten vorzutragen. Erst im Januar dieses Jahres wurde Stanislav Markelov, der Menschenrechtsanwalt, der die ermordete Journalistin Anna Politkovskaya vertrat, am hellen Nachmittag in der Innenstadt von Moskau niedergeschossen. Bei demselben Vorfall wurde Anastasia Baburova, eine Journalistin, die versuchte, ihn zu schützen, ebenfalls niedergeschossen und starb.

Im Juli wurde Natalia Estemirova, eine bekannte russische Menschenrechtsaktivistin und Journalistin in Inguschetien tot aufgefunden, nachdem sie im benachbarten Tschetschenien von bewaffneten Männern entführt worden war. Weniger als einen Monat später wurden eine andere Aktivistin einer Nichtregierungsorganisation, Zarema Sadulayeva, und ihr Ehemann entführt und getötet.

Im August wurde der Journalist Malik Akhmedilov kurz nach Verlassen seiner Wohnung in Dagestan erschossen. Sechs herausragende Journalisten und Menschenrechtsaktivisten wurden in weniger als acht Monaten getötet.

Diese Entführungen und Morde sind lediglich die Spitze des Eisbergs in Bezug auf die Verschlechterung der Menschenrechtssituation in Russland, wo unabhängige Stimmen, darunter Rechtsanwälte, Journalisten und andere Aktivisten, einer Zunahme von Gewaltakten, Drohungen und ungerechtfertigter Strafverfolgung ausgesetzt sind.

Die Menschenrechtsverletzungen in Russland, insbesondere im Nordkaukasus, können nicht länger ignoriert werden. Wir dürfen nicht so naiv sein, zu glauben, dass das übermächtige Russland mit einem der stärksten Geheimdienste der Welt nicht in der Lage ist, die Täter zu finden und vor Gericht zu stellen.

Wir alle müssen, unabhängig von unserer politischen Überzeugung, einsehen, dass die Straffreiheit bei Angriffen auf Menschenrechtsverteidiger zu mehr Gewalt und einer wachsenden Kultur der Gesetzlosigkeit beitragen wird. Die russischen Behörden müssen die körperliche Unversehrtheit und die Bewegungs- und Redefreiheit von Menschenrechtsverteidigern gemäß der Erklärung der Vereinten Nationen über Menschenrechtsverteidiger gewährleisten.

 
  
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  Bernd Posselt, Verfasser. − Herr Präsident! Unser früherer Alterspräsident Otto von Habsburg wurde einmal gefragt, ob er bedauere, dass er nicht Kaiser, sondern Europaabgeordneter ist. Er hat gesagt: Nein, denn wenn ich Kaiser wäre, müsste ich einen Esel Exzellenz nennen, und so kann ich einen Esel einen Esel nennen. An diese Geschichte muss ich denken, wenn es um Fragen der Menschenrechte geht.

Wir sind kein diplomatisches Gremium, wir sind ein politisch-parlamentarisches Gremium. Wir können die Wahrheit sagen. Es gibt ein Sprichwort, das sagt: Der Fisch fängt vom Kopf an zu stinken. Es ist eben nicht so – und ich danke der Kollegin Weber, dass sie das so klar angesprochen hat –, dass diese Zwischenfälle und Ermordungen im Kaukasus irgendwelche Zufälle oder das Wirken irgendwelcher dunklen Mächte sind, sondern seit der Machtergreifung von Herrn Putin, die mit dem Thema Tschetschenien zusammenhängt, mit den mysteriösen Explosion von Häusern in Moskau, ist seit vielen Jahren eine Blutspur da, die immer wieder nach Tschetschenien führt und unschuldige Menschen trifft: die Zivilbevölkerung und vor allem auch Menschenrechtsaktivisten, die sich wie die Genannten – und viele haben wir ja persönlich gekannt – nicht nur für die Menschenrechte der Tschetschenen einsetzen, sondern für ein demokratisches Russland, für die Völkerverständigung zwischen Tschetschenen und Russen und für den Frieden im Kaukasus. Diese Menschen werden wirklich einer nach dem anderen ermordet.

Deshalb, liebe Kollegin De Keyser, war es notwendig, eine Dringlichkeitsdebatte abzuhalten. Wir machen uns doch lächerlich, wenn eine Frau, die hier im Haus Preise erhalten hat, die uns aufgrund ihres Engagements für die Menschenrechte in Straßburg besucht hat, vor unseren Augen ermordet wird und wir das Thema auf irgendeine spätere Debatte vertagen.

Man schaut in Russland ganz genau, ob wir in der Lage sind, sofort zu reagieren. Und wir müssen sofort reagieren, indem wir klar sagen: Schluss mit dem Morden, Schluss mit der Verletzung der Menschenrechte, Freiheit für Tschetschenien und für Russland, aber vor allem Schluss mit den systematischen Menschenrechtsverletzungen und Morden vor mysteriösem Hintergrund!

 
  
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  Tomasz Piotr Poręba (ECR) , Verfasser. – (PL) Das Thema der Menschenrechtsverletzungen in Russland ist erneut auf der Tagesordnung des Europäischen Parlaments.

Neben der systematischen Verfolgung religiöser und ethnischer Minderheiten kommt es regelmäßig zur Ermordung von Menschenrechtsaktivisten. Journalisten und Mitarbeiter von Nichtregierungsorganisationen riskieren in Russland bei der Ausübung ihrer Tätigkeit jeden Tag ihr Leben. Drohungen, Entführungen, Folter, willkürliche Verhaftungen und Morde werden zum Alltag. Die Tatsache, dass die russischen Behörden in diesen Verbrechen nicht aktiv ermitteln, dass keine Ergebnisse erzielt werden und die Täter auf freiem Fuß bleiben, zeigt nicht nur die absolute Wirkungslosigkeit der Maßnahmen der Behörden, sondern auch deren stillschweigende Zustimmung und Gleichgültigkeit.

Die Wahrung der Menschenrechte sollte ein Schlüsselthema bei den Beziehungen zwischen der Europäischen Union und Russland sein. Es ist unsere Pflicht, zu verlangen, dass Russland dafür sorgt, dass ordnungsgemäße und effektive Ermittlungen durchgeführt werden, dass die Täter bestraft werden und dass diesen fürchterlichen Morden ein Ende gesetzt wird.

 
  
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  Cornelia Ernst, Verfasserin. − Herr Präsident, meine Damen und Herren! Lassen Sie mich als Parlamentsneuling hier zunächst feststellen, dass Menschenrechtsfragen auch für meine Partei, die deutsche Linke, eine riesengroße Rolle spielen, und dass es uns darum geht, tatsächlich jede Verletzung der Menschenrechte zu verurteilen – und zwar unabhängig davon, wo und von wem sie begangen wurde. Das hat nichts mit Einmischung in nationale Angelegenheiten zu tun!

Ich bin seit Jahren wirklich beunruhigt und empört darüber, dass wiederholt Menschenrechtsaktivisten getötet werden, die sich mit der Situation in Tschetschenien beschäftigen. Natalja Estemirowa, Stanislaw Markelow, Sarema Sadulajewa, das sind Beispiele dafür, die einen wirklich erschüttern müssen. Deshalb ist es auch wichtig, dass wir uns hier damit beschäftigen.

Ich bin beunruhigt, dass Fälle wie der Mord an Anna Politkowskaja nicht aufgeklärt werden. Wenn dieser Prozess jetzt wieder aufgerollt wird, hoffe ich wirklich inständig, dass die Schuldigen gefunden und gefasst werden, weil sonst neue Bluttaten drohen und dies zu einem Freibrief für solche Taten wird. Was wir erwarten ist schlicht, dass diese Morde sofort und uneingeschränkt aufgeklärt werden, dass das wirklich schonungslos angegangen wird, dass Russland nicht länger wartet, sondern sich den Kampf um die Wahrung der Menschenrechte auf die eigene Fahne schreibt. Es kann nicht sein, dass die Wahrung der Menschenrechte Menschen gewissermaßen zum Todesurteil führt. Ich glaube auch, dass der kommende EU-Russland-Gipfel sich dringend mit diesen Fragen beschäftigen muss, und zwar nicht unter ferner liefen, sondern tatsächlich an gebührender Stelle.

Ich persönlich erwarte auch hier einen ehrlichen Umgang mit Menschenrechtsfragen. Ich wünschte, dass wir so etwas nicht am Donnerstagnachmittag behandeln, und ich glaube, dieses Thema sollte uns auch dann berühren, wenn es um Wirtschaft und Handel geht. Da spielen solche Fragen häufig nur eine untergeordnete Rolle. Das wollen wir ändern, und das wollte ich auch hier sagen!

 
  
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  Filip Kaczmarek, im Namen der PPE-Fraktion.(PL) Herr Präsident, in einem Land mit einer hohen Kriminalitätsrate könnte man die Theorie vorbringen, dass der Tod von Menschenrechtsaktivisten Zufall sei. Er ist zufällig weil, allgemein gesagt, viele Menschen in diesen Ländern einem Verbrechen zum Opfer fallen. Heute, am 17. September, möchte ich Sie an einen traurigen Jahrestag erinnern, nämlich den 70. Jahrestag der sowjetischen Invasion Polens. Nach dieser Invasion erschossen die sowjetischen Truppen mindestens 21 768 polnische Staatsbürger. Wieso erwähne ich diese Tatsache? Ich tue dies, weil die Russen jetzt behaupten, dies sei ein gewöhnliches Verbrechen gewesen, auf die gleiche Weise, wie die Morde an Menschenrechtsaktivisten "gewöhnliche Verbrechen" sind.

Das Ausmaß, in dem Menschenrechtsaktivisten in Russland ermordet werden, ist so groß, dass es absolut fahrlässig ist, dieses Phänomen als die Folge von "gewöhnlichen Verbrechen" zu interpretieren. Die Theorie, dass diese Morde "zufällig" sind, ist unhaltbar. Die systematische Art dieser Tötungen bedeutet, dass es etwas in dem politischen und sozialen Klima Russlands gibt, dass diese häufigen Tötungen verursacht hat. Die moralische Krise in diesem Land, eine Tendenz zur Bagatellisierung des Todes, Entmenschlichung, Relativismus und verschwindende Werte sind für die Tatsache verantwortlich, dass dieses Problem nicht ernst genommen wird. Ich bin der Ansicht, dass unsere Entschließung ausgewogen ist und den Russen bei der Lösung dieses Problems helfen wird.

 
  
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  Justas Vincas Paleckis, im Namen der S&D-Fraktion. – (LT) Die sozialdemokratische Fraktion kann den jüngsten Morden an Menschenrechtsaktivisten in Russland nicht gleichgültig gegenüberstehen. Der Tod von Anna Politkovskaya, Natalya Estemirova, Zarema Sadulayeva und Andrei Kulagin darf nicht bedeutungslos bleiben. Wir verurteilen die für diese barbarischen Akte verantwortlichen Täter und die Tatsache, dass in manchen Regionen Russlands eine Atmosphäre der Straffreiheit herrscht und politische Morde nicht untersucht werden, aufs Schärfste.

Der russische Präsident Dmitry Medvedev hat versprochen, dass die Mörder gefunden und bestraft werden. Seine Reaktion war stärker als die des vorherigen Präsidenten, aber bisher sind dies nur Worte. Die Zeit wird zeigen, ob die russischen Behörden in der Lage sind, die eingegangenen Verpflichtungen zu erfüllen, die für die Bürger des Landes und die internationale Gemeinschaft so wichtig sind. Unserer Ansicht nach hat die Bewertung der russischen Maßnahmen im Nordkaukasus in der vorgeschlagenen Entschließung den Anwendungsbereich der Entschließung überschritten, weswegen die Sozialdemokraten beschlossen haben, ein eigenes Dokument zu verabschieden. Die Sozialdemokraten sind davon überzeugt, dass sich die Menschenrechtssituation in Russland wirklich verbessern würde, wenn die Menschenrechtskonsultationen zwischen der EU und Russland intensiviert würden. Das Europäische Parlament, die Staatsduma sowie Organisationen für Bürger-, Sozial- und Menschenrechte in der EU und Russland sollten einen aktiven Beitrag zu diesen Konsultationen leisten. Wir betonen, dass der Schutz der Menschenrechte bei dem nächsten Treffen der Führer der EU und Russlands ausführlich erörtert werden muss. Dieses Thema wird zu einem festen Bestandteil der neuen Vereinbarung zwischen der EU und Russland.

 
  
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  Laima Liucija Andrikienė (PPE). - (LT) Diese Debatte und die Entschließung des Europäischen Parlaments zu den Morden an Menschenrechtsaktivisten in Russland sind gerade jetzt wichtig, da wir einen Bericht nach dem anderen über die Morde an den Menschenrechtsverteidigern Natalya Estemirova, Alik Jabrailov, Zarema Sadulayeva und anderen in Russland hören. Die Europäische Union kann der brutalen Tötung von Menschenrechtsaktivisten nicht gleichgültig gegenüberstehen. Wir müssen in unseren Beziehungen zu Russland unterstreichen, dass die Ermittlungen zu diesen Morden zu lange dauern und in der Regel abgeschlossen werden, ohne dass ein Schuldiger gefunden wird. Diese inakzeptable Vorgehensweise wird in Russland zur Norm, insbesondere bei Verbrechen in Tschetschenien, wo die Straffreiheit gedeiht. Zu unseren Grundwerten gehört die Wahrung der Menschenrechte, der Menschenwürde und des menschlichen Lebens, und keine pragmatischen Interessen können über diesen Werten stehen. Ich bin der Ansicht, dass es für den russischen Präsidenten eine Sache der Ehre sein sollte, dafür zu sorgen, dass alles getan wird, um die Entführungs- und Mordfälle im Zusammenhang mit Menschenrechtsverteidigern lückenlos aufzuklären und die Schuldigen vor Gericht zu bringen.

 
  
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  Tunne Kelam (PPE). - Herr Präsident, die Menschenrechtssituation in Russland hat sich verschlechtert. Wir fordern jetzt die russischen Behörden auf, alles in ihrer Macht stehende zu tun, um den Schutz von Menschenrechtsverteidigern zu gewährleisten. Wir wissen, dass es entscheidend an dem Willen mangelt, "alles" zu tun. Es ist machbar, da der Kreml entscheidenden Einfluss auf die Machtstrukturen und die Justiz in Russland hat. Aus diesem Grund gibt das Versagen der russischen Justiz beim Schutz von Menschenrechtsverteidigern Anlass zur Annahme einer Mitwisserschaft des Regimes in Bezug auf diese Verbrechen.

Unsere Nachricht sollte sich heute an die EU-Regierungen und die Kommission richten. Solange der Kreml davon ausgeht, dass die Sorge über das Schicksal von Menschenrechtsverteidigern auf der Ebene von Erklärungen bleibt und keine Konsequenzen für die Wirtschaftsbeziehungen hat, können Herr Putin und Herr Medvedev schlussfolgern, dass die EU aus dem unverhohlenen Mord an Anna Politkovskaya keine Lehren gezogen hat.

 
  
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  Bogusław Sonik (PPE). (PL) Wir diskutieren die Menschenrechtsverletzungen in Russland in der Tat an einem Tag von großem Symbolwert. Genau vor 70 Jahren, am 17. September 1939 besetzte die Rote Armee - gemeinsam mit Hitler - ein Drittel Polens, das zu diesem Zeitpunkt gegen die deutsche Invasion kämpfte. Die Truppen Stalins ermordeten tausende von Polen und hunderttausende wurden in sowjetische Arbeitslager verschleppt. In Katyń wurden auf Befehl Stalins tausende von polnischen Offizieren ermordet. Für uns wird der 17. September für immer ein Tag der Schande für das stalinistische Russland bleiben.

Das Russland von heute ist nicht mutig genug, um dieser schrecklichen Wahrheit ins Auge zu sehen. Seine gegenwärtige Regierung gibt unglaubhafte Rechtfertigungen über die damalige Allianz mit Hitler ab. Bis zum heutigen Tage weigert sich Moskau, Zugang zu den Archiven des Massakers von Katyń zu gewähren.

Es gibt in der Geschichte vieler Länder schreckliche Ereignisse. Es ist ein Maßstab für die Reife einer Nation, ob sie in der Lage ist, sich ihrer Vergangenheit zu stellen und das zu verurteilen, was in ihrer Geschichte verurteilt werden muss. Das Deutschland von heute ist ein Beispiel für eine solche Haltung. Erst dann wird die Vergangenheit aufhören, eine Bürde für das Russland von heute zu sein und es ihm ermöglichen, erhobenen Hauptes in die Gemeinschaft freier und demokratischer Nationen einzutreten. Erst dann wird Russland ein für alle Mal in der Lage sein, sich von der schweren Bürde der stalinistischen Vergangenheit zu befreien, und aufzuhören, seine eigenen Bürger zu bekämpfen, die gegenwärtig ihr Leben riskieren, um fundamentale Freiheiten und Menschenrechte zu verteidigen.

Wir ehren die Opfer dieser Morde. Wir werden Euch alle in Erinnerung behalten.

 
  
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  Rui Tavares (GUE/NGL).(PT) Guten Tag, meine Damen und Herren. Der Mord an Natalia Estemirova hat in diesem Parlament große Trauer ausgelöst, da wir von ihrer Entführung an eben dem Tag unterrichtet wurden, an dem wir uns hier erstmals versammelt haben, und nur wenige Stunden später von ihrer Ermordung erfuhren. Ein solches Ereignis bewegt jeden, ganz gleich, wo auf der Welt er sich befindet. Wie meine Kollegin Frau Ernst bereits sagte, bin ich der festen Überzeugung, dass die Linke die Menschenrechte und Menschenrechtsverteidiger überall verteidigen muss, unabhängig davon, in welchem Land sie sich befinden.

Diese Angriffe, dieser Ansturm auf Menschenrechtsaktivisten in Russland hat sehr beunruhigende Auswirkungen gehabt. Sie dienen der Einschüchterung und werden sicher auf all diejenigen, die Menschenrechte in Russland verteidigen möchten, äußerst traumatisch wirken. Sie sind daher die erste Welle einer Offensive, die später zu einer Verschlechterung der gesamten Menschenrechtssituation führen wird, ganz zu schweigen von den Menschenrechten der Aktivisten selbst.

Die Auswirkungen dieser Morde sind daher unvorhersehbar und Besorgnis erregend. Ohne schnelle und effektive juristische Ermittlungen und ohne eine Garantie für die Sicherheit der Menschenrechtsaktivisten kann die Situation in der Tat äußerst Besorgnis erregend werden. Daher ist es mir eine große Freude, für diese Entschließung zu stimmen und ihre Appelle an die russischen Behörden zum Schutz der Menschenrechtsaktivisten zu unterstützen.

Ich komme aus Portugal, vom anderen Ende Europas, und nächste Woche werde ich nach Russland gehen. Morgen werde ich zur russischen Botschaft gehen, um mein Visum zu erhalten. Ich bin der Überzeugung, dass die Beziehungen zwischen Europa und Russland von größter Bedeutung sind, und dass Europa Russland einiges schuldig ist. Europa schuldet Russland vor allem Aufrichtigkeit und Klarheit in Bezug auf den Schutz der Menschenrechte und Freiheiten unserer russischen Mitbürger Europas.

 
  
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  Eija-Riitta Korhola (PPE). - (FI) Herr Präsident, Ihre Sprache ist so schön, dass ich mich entschieden habe, zu versuchen, Ihnen auf Ungarisch zu danken: köszönöm. Herr Tavares, ich möchte auf Ihre Kommentare antworten. Die Arbeit für die Menschenrechte ist nicht nur ein Anliegen der Linken; sie betrifft auch uns in der rechten Mitte, und ich hoffe, dass uns dies zu einer Zusammenarbeit ermutigen wird. Frau Ernst hat etwas absolut Richtiges gesagt. Wir diskutieren dies hier, während die meisten Abgeordneten im Plenum schon auf dem Weg nach Hause sind, und wir müssen zusammenarbeiten, um dies zu einer politischen Priorität zu machen.

Ich war einst ein Mitglied des Ausschusses für Auswärtige Angelegenheiten, und als der Unterausschuss für Menschenrechte eingerichtet wurde, war ich auch dort Mitglied. Als ich Änderungsvorschläge vorlegte, reichte ich diese beim Ausschuss für Auswärtige Angelegenheiten ein, und meine Kollegen fragten, wieso ich dort immer noch Änderungsvorschläge für Menschenrechte vorlege, da wir doch den Unterausschuss für Menschenrechte dafür hätten. Damals dachte ich, dass etwas nicht stimmen konnte, wenn unser Unterausschuss für Menschenrechte zu einem Ghetto werden oder Menschenrechte einer solchen Organisation vorbehalten sein sollten. Lassen Sie uns gemeinsam dafür sorgen, dass dies nicht mit den Menschenrechten geschieht.

 
  
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  Kristian Vigenin (S&D). - (BG) Herr Präsident, Frau Kommissarin, der Redebeitrag von Herrn Posselt hat mich verärgert. Ich möchte unterstreichen, dass die Leistungen von Frau De Keyser bei der Verteidigung der Menschenrechte in einer Diskussion dieser Art nicht in Frage gestellt werden können. Sie hat sich als eine Schlüsselfigur bei der Arbeit mit diesem Thema in diesem Parlament erwiesen.

Ich werde es unter keinen Umständen zulassen und ich glaube nicht, dass es richtig ist, wenn wir das Engagement der S&D-Fraktion für den Schutz der Menschenrechte in Frage stellen, weil wir dies ebenfalls getan haben, als Ihre Fraktion, Herr Posselt, versucht hat, die Verbrechen in Guantanamo und die Behandlung von Gefangenen im Irak durch US-Truppen zu bagatellisieren.

Was die Menschenrechte in Russland angeht, so gibt es hier tatsächlich ein ernstes Problem, das wir anerkennen, und die Entschließung, die wir vorlegen, ist hart und einschneidend genug. Wir sind jedoch der Ansicht, dass sich das Parlament auf die Sachverhalte konzentrieren muss und nicht einfach jedes Mal eine lange Liste der Probleme bei unseren Beziehungen mit Russland vorlegen muss, wenn diese dort drüben keine Auswirkungen haben.

Was wir in dieser Hinsicht unternehmen, ist die Entsendung einer Delegation der S&D-Fraktion zu Gesprächen in Moskau nächste Woche, wo genau dieser Sachverhalt angesprochen werden wird. Benutzen Sie nicht menschenrechtliche Notsituationen wie diese, um eine lange Liste von Sachverhalten zu produzieren. Dies ist nicht der Zweck der heutigen Debatte.

 
  
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  Miroslav Mikolášik (PPE). (SK) Ich möchte meine Trauer und tiefe Beunruhigung über die Ereignisse, die im Juni dieses Jahres in der russischen Föderation stattgefunden haben, zum Ausdruck bringen. Ich bin erschüttert über die brutalen Morde an russischen Aktivisten wie Natalia Estemirova, Andrei Kulagin und anderen, die sich für die Menschenrechte eingesetzt haben und für Wahrheit und Gerechtigkeit eingetreten sind. Es müssen alle Anstrengungen unternommen werden, um die Mörder zu fassen und zu bestrafen. Ich begrüße und unterstütze die Maßnahmen, die erforderlich sind, um diese Morde aufzuklären.

Es kam im August 2008 während des Konflikts zwischen Russland und Georgien außerdem zu einem Bruch internationaler Abkommen, als russische Streitkräfte bewohnte Gebiete angriffen und die Zivilbevölkerung nicht vor einer Verletzung ihrer Rechte durch Kämpfer aus Südossetien schützte, in einem Territorium, das de facto unter russische Kontrolle kam. Die russische Regierung muss unmissverständlich feststellen, dass Menschenrechtsverletzungen nicht toleriert werden.

 
  
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  Charles Tannock (ECR). - Herr Präsident, in Russland entwickelt sich eine Kultur der Straffreiheit in Bezug auf die Misshandlung von Menschenrechtsaktivisten. Journalisten, die es wagen, die offizielle Sicht der Dinge in Frage zu stellen, werden schikaniert; ethnische Minderheiten haben unverhältnismäßig stark unter Gewaltverbrechen zu leiden, die ungeklärt zu bleiben scheinen; Kämpfer für größere Freiheiten werden im besten Fall an den Rand gedrängt, im schlimmsten Fall mit Gewalt zum Schweigen gebracht.

Es ist schwierig, herauszufinden, wovon genau die Bedrohung von Menschenrechtsverteidigern in Russland ausgeht, aber wir sehen immer wieder, wie mutwillige Misshandlungen ungestraft bleiben und die Behörden eine nachlässige Vorgehensweise an den Tag legen.

Russland hat sich an den unklaren Standpunkt der EU gewöhnt. Er wurde durch die Art und Weise deutlich, wie die Union auf die Schikanierung der Ukraine durch Russland oder die russische Invasion und Besetzung von souveränem georgischem Staatsgebiet letzten Sommer reagiert hat.

Natürlich stehen wichtige strategische Fragen auf dem Spiel, wenn es um gute Beziehungen zwischen der EU und Russland geht, aber wir können nicht zulassen, dass diese Fragen unsere Verpflichtung, für Grundfreiheiten und gemeinsame europäische Werte einzutreten, zunichte machen, Freiheiten und Werte, an denen das russische Volk ebenfalls in Frieden und Sicherheit teilhaben sollte.

 
  
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  Krisztina Morvai (NI).(HU) Ich beschäftige mich beruflich seit 25 Jahren mit dem Schutz der Menschenrechte. Daher empfinde ich, insbesondere als Anwältin, tiefes Mitgefühl, wenn ich an meine Kollegen denke, die ihr Leben in Verbindung mit diesem ganz wunderbaren Beruf verloren haben. Ich möchte bei dieser Gelegenheit auch ihren Familien und Angehörigen mein aufrichtiges Mitgefühl ausdrücken.

Was kann in einer solchen Zeit die richtige Vorgehensweise sein? Es muss verlangt werden, dass die zuständigen staatlichen Behörden eine sofortige, gründliche Untersuchung durchführen. Ich wünsche mir, dass dieses Parlament über das Selbstvertrauen und die moralische Autorität verfügen würde, dies zu tun. Ich fürchte aber, dass dies nicht der Fall ist. Warum? Weil solche Forderungen nur an Staaten außerhalb der Europäischen Union gestellt werden. Es sieht jedoch ganz anders aus, wenn grobe Menschenrechtsverletzungen durch einen Mitgliedstaat der Europäischen Union begangen werden, wie es in meinem Land, in Ungarn, geschehen ist, als Menschen in die Augen geschossen wurde, während einer Massenversammlung mit mehreren tausend Menschen, die von der Partei des Mannes veranstaltet wurde, der gegenwärtig den Vorsitz dieser Sitzung führt, Vizepräsident Pál Schmitt, um dem Jahrestag der Revolution von 1956 und dem Kampf für die Freiheit zu gedenken. Dieses Parlament hat in diesem Fall und bezüglich der seither bestehenden Krisensituation keine Untersuchung durchgeführt.

Ich fürchte, dass, solange dies nicht erfolgt und solange jemand, der ein Mitglied der Regierung war, die zugelassen hat, dass auf Menschen geschossen wurde, Vize-Vorsitzende des parlamentarischen Ausschusses für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres sein kann, wir kein wirkliches Vertrauen zu und moralische Autorität in einem anderen Land haben können, um zu verlangen, dass diese Art von Untersuchung in einem Land außerhalb der Europäischen Union durchgeführt wird. Ich möchte Sie daher bitten, eine sofortige Untersuchung der Menschenrechtsverletzungen in Ungarn vorzuschlagen und zu fordern. Ich danke Ihnen.

 
  
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  Cristian Dan Preda (PPE).(RO) Ich möchte als Erstes sagen, dass ich darüber enttäuscht bin, dass das Parlament bei der Diskussion der Molkereikrise voll besetzt war, und dass jetzt, wenn es um Menschenrechte geht, nicht mehr als 40 von uns im Saal geblieben sind. Es ist schade, dass dies der Stand der Dinge ist. Ich sage nicht, dass die Molkereikrise nicht wichtig ist, aber ein Problem wie die Menschenrechte ist für jeden von uns von entscheidender politischer Bedeutung.

Ich möchte auch sagen, dass ich die Vorstellung völlig inakzeptabel finde, dass in diesem Jahr, in dem, wie wohl bekannt ist, viele Länder in Mittel- und Osteuropa den 20. Jahrestag des Zusammenbruchs des Kommunismus feiern, eine Macht direkt vor unserer Haustüre, die der Urheber dieser kommunistischen Regime war, eine solche Gleichgültigkeit gegenüber an Menschenrechtsaktivisten verübten Verbrechen an den Tag legt. Ich glaube, dass der Bruch mit dem Totalitarismus von jedem einzelnen von uns deutlich bestätigt werden muss.

 
  
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  Meglena Kuneva, Mitglied der Kommission. − Herr Präsident, die heutige Debatte über die Situation von Menschenrechtsverteidigern in Russland findet zu einem angemessenen Zeitpunkt statt. Die jüngste Welle von Gewalt gegen Menschenrechtsverteidiger hat die ernsten Gefahren, die diese im Rahmen ihrer Arbeit auf sich nehmen, ins Rampenlicht gerückt. Viele haben für die Aufdeckung von Menschenrechtsverletzungen den höchsten Preis bezahlt. Wir würdigen all diejenigen, die ihr Leben verloren haben, und diejenigen, die unter diesen Bedingungen ihre Arbeit fortsetzen.

Ein Großteil der Gewalt gegen Menschenrechtsverteidiger hat im Nordkaukasus stattgefunden, vor dem Hintergrund wachsender Instabilität. Der Kommission sind viele von ihnen bekannt. Es handelt sich um hochangesehene Partner bei der Durchführung von Menschenrechtsprojekten. Unschuldige Zivilisten, Polizisten und Regierungsbeamte haben in den anhaltenden Kämpfen in der Region ihr Leben verloren.

Gewalt gegen Menschenrechtsverteidiger ist nicht auf den Nordkaukasus beschränkt. Es gibt Berichte über Aktivisten, Rechtsanwälte und unabhängige Journalisten in der gesamten russischen Föderation, die Gewalt, Schikanen und Einschüchterung ausgesetzt sind. Die EU muss sich auch weiterhin gegen diese Gewalt aussprechen und darauf bestehen, dass Russland die Verpflichtungen erfüllt, die es als Mitglied der Vereinten Nationen, der OSZE und des Europarats auf sich genommen hat.

Es ist von entscheidender Bedeutung, dass diese Angriffe und der gewaltsame Tod von Zivilgesellschaftsaktivisten ordnungsgemäß untersucht und die Täter umgehend ermittelt und bestraft werden. Allein die effektive und gesetzliche Verfolgung dieser Morde kann eine Auflösung dieses Klimas der Angst und Straffreiheit bewirken.

Präsident Medvedev hat sich gegen das ausgesprochen, was er als den in Russland vorherrschenden "legalen Nihilismus" bezeichnet hat. Die EU steht bereit, um Russland bei seiner weiteren Reform des Justizsystems zu unterstützen. Die EU schätzt die Möglichkeit sehr, die ihr zur Diskussion ihrer Bedenken bezüglich der Menschenrechte mit den russischen Behörden zur Verfügung steht. Wir begrüßen die offenere Einstellung, die Präsident Medvedev gegenüber Diskussionen mit der EU zu diesen Themen gezeigt hat.

Der nächste EU-Russland-Gipfel ist eine weitere Möglichkeit, diese Diskussionen fortzusetzen. Er muss durch einen Austausch unter Experten ergänzt werden. Die regelmäßigen Menschenrechtskonsultationen zwischen der EU und Russland stellen eine Möglichkeit dar, den Umfang dieser Diskussionen und die Zahl der Gesprächspartner, mit denen wir über Menschrechte reden, zu erweitern.

Die Sicherheit von Menschenrechtsverteidigern muss an erster Stelle stehen. Wir fordern die russischen Behörden dringend auf, alle möglichen Anstrengungen zu unternehmen, um zu gewährleisten, dass diejenigen, die sich mit der Aufklärung von Menschenrechtsverletzungen befassen, dies ohne Furcht vor Gewalt oder Einschüchterung tun können.

 
  
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  Der Präsident. – Die Aussprache wird ausgeschlossen.

Die Stimmabgabe findet am Ende der Aussprache statt.

 
  

(1) Siehe Protokoll.


9.2. Kasachstan: der Fall Jevgenij Zhovtis
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  Der Präsident. − Ich habe fünf Anträge für eine(1) Entschließung zu Kasachstan erhalten:
der Fall Yevgeny Zhovtis (Artikel 122).

 
  
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  Heidi Hautala, Verfasserin. − (FI) Herr Päsident, ich möchte einen abschließenden Kommentar zu der soeben stattgefundenen Debatte abgeben und sagen, dass ich in meiner Funktion als Vorsitzende des Unterausschusses für Menschenrechte kürzlich ein Schreiben an die Konferenz der Ausschussvorsitzenden geschickt habe, in dem ich sie aufgefordert habe, es in Erwägung zu ziehen, diese Diskussion vorzuziehen, damit das Parlament vollzählig versammelt sein würde und der Rat eine wichtigere Rolle in der Diskussion spielen kann . Ich hoffe, dass meine Abgeordnetenkollegen dieses Thema mit den Vorsitzenden ihrer Fraktionen diskutieren werden, da die Autorität des Parlaments im Schwinden begriffen ist, da immer nur so wenige von uns anwesend sind.

Wir wollen uns jetzt mit dem Fall Zhovtis befassen. Kasachstan ist ein wichtiges zentralasiatisches Land, und es wird nächstes Jahr den Vorsitz derOrganisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa übernehmen. Es kann uns daher nicht gleichgültig sein, wie in einem Land über Verbrechen geurteilt wird, das hinsichtlich der demokratischen Bestrebungen aller Länder innerhalb eines riesigen Gebiets Europas eine Führungsrolle einnehmen wird. Entsprechend sollten wir uns auf den Fall des Menschenrechtsverteidigers Yevgeny Zhovtis konzentrieren. Er wurde unter äußerst verdächtigen Umständen des Totschlags für schuldig befunden und zu fünf Jahren in einem offenen Gefängnis verurteilt, weil er im Juli dieses Jahres einen Fußgänger überfahren hatte.

Wir müssen die Tatsache berücksichtigen, dass sich die OSZE die Frage stellt, ob das Verfahren gegen Zhovtis möglicherweise gegen den Grundsatz eines fairen Prozesses verstoßen hat, wie er in der Verfassung von Kasachstan garantiert ist. Das Europäische Parlament muss diese Debatte auch mit dem Rat und der Kommission weiterführen, damit diese diesen Fall thematisieren und einen fairen Prozess verlangen.

Herr Präsident, das Europäische Parlament kann maßgeblichen Einfluss darauf ausüben, in welchem Umfang die Länder Zentralasiens den Grundsatz der Rechtsstaatlichkeit befürworten, indem diese einzelnen Fälle aufgezeichnet werden, und der Fall Yevgeny Zhovtis ist zweifellos einer davon.

 
  
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  Justas Vincas Paleckis, Verfasser. − (LT) Während sich der Zeitpunkt nähert, an dem es den Vorsitz über die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa übernehmen wird, distanziert sich Kasachstan bedauerlicherweise von seinen Verpflichtungen hinsichtlich einer Anpassung an europäische Standards. Indem es unberechtigterweise auf seine einzigartige und spezielle Stellung hinweist, berücksichtigt das Land nicht die Empfehlungen der OSZE zum Wahlrecht und zur Pressefreiheit. Wiederholte Menschenrechtsverletzungen und die direkte Verfolgung von Menschenrechtsverteidigern sorgen immer mehr für Zweifel, ob dieser Staat geeignet ist, einer Organisation vorzustehen, die sich für die Umsetzung demokratischer Grundsätze einsetzt. Wir fordern Astana dringend auf, konkrete Fortschritte in den Bereichen Demokratisierung, Schutz der Menschenrechte, Rechtsstaatlichkeit und Pressefreiheit zu machen. Die Gesetze Kasachstans, die auf internationalen Gesetzen beruhen, müssen angemessen und nachvollziehbar in den Gerichtsverfahren gegen die Menschenrechtsaktivisten Yevgeny Zhovtis, Yesingepov und Dubanov angewendet werden. Wir müssen hoffen und verlangen, dass die richterlichen Entscheidungen unparteiisch gefällt werden, und dass die Beteiligung der Gefangenen an der Menschenrechtsbewegung keinen Einfluss auf das Urteil hat. Wir fordern den Rat dringend auf, die Fälle dieser Menschenrechtsverteidiger bei der nächsten Menschenrechtsdialog-Sitzung zwischen der EU und Kasachstan im Oktober zu thematisieren. Wir fordern die Europäische Kommission auf, Kasachstan intensive Unterstützung zu gewähren, wenn es sich auf den Vorsitz der OSZE vorbereitet, um zu gewährleisten, dass diese wichtige internationale Organisation nicht kompromittiert wird.

 
  
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  Renate Weber, Verfasserin. − Herr Präsident, ich möchte zuerst den Angehörigen der Opfer des Autounfalls, in den Herr Yevgeny verwickelt war, mein Mitgefühl aussprechen. Eine unglücklicherweise geschehene menschliche Tragödie, bei der ein Mann sein Leben verloren hat. Lassen Sie mich jedoch gleichzeitig meiner Besorgnis über die Situation, in der sich Herr Yevgeny Zhovtis gegenwärtig befindet, Ausdruck geben.

Es ist unbestreitbar, dass jede Person, die eine Straftat begeht, die gesetzlichen Sanktionen akzeptieren muss, die unterschiedslos angewendet werden; Herr Zhovtis weiß dies als hervorragender Menschenrechtsanwalt besser als jeder andere. Wir wollen jedoch gleichzeitig sicherstellen, dass die kasachischen Behörden diese unglückliche Situation nicht dazu benutzen, um Herrn Zhovtis für etwas anderes als den Autounfall, in den er verwickelt war, zu bestrafen. Herr Zhovtis darf nicht für seine Menschenrechtsaktivitäten bestraft werden oder dafür, dass er eine sehr kritische Stimme gegen die kasachische Regierung darstellt.

Daher bin ich der Ansicht, dass es von größter Wichtigkeit ist, dass die kasachischen Justizbehörden umgehend und unter voller Berücksichtigung von Transparenz und Rechtsstaatlichkeit eine zweite umfassende und faire Untersuchung der mit dem Ereignis verbundenen Umstände durchführen und die Verurteilung und das Strafmaß von Herrn Zhovtis revidieren.

 
  
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  Elisabeth Jeggle, Verfasserin. − Herr Präsident, Frau Kommissarin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich zunächst feststellen, dass meine Fraktion etwas überrascht war, die juristische Bewertung eines dramatischen Autounfalls als Entschließung im Rahmen der Dringlichkeiten zu Menschenrechtsfragen auf der Tagesordnung wiederzufinden.

Für die EVP ist es daher wichtig, festzustellen, dass wir Urteile, die von einem unabhängigen Gericht gefällt werden, grundsätzlich zuerst einmal nicht in Frage stellen wollen, es sei denn, es handelt sich um offensichtliche Schauprozesse, die keinerlei Rechtsgrundsätzen genügen. Das haben wir ja gerade im Iran erlebt. Hier muss ein klarer Trennstrich gezogen werden. Für uns ist ein unabhängiges Justizsystem Kernelement jeder demokratischen Grundordnung. Insoweit müssen wir das vorliegende Urteil zunächst einmal zur Kenntnis nehmen.

Weiters muss man als Faktum zur Kenntnis nehmen, dass ein Mensch bei einem Autounfall zu Tode gekommen ist – das muss uns leidtun, das tut uns leid –, dass aber auch eine juristische Aufarbeitung stattgefunden hat. Die Tatsache, dass mit Jevgenij Zhovtis ein bekannter Bürgerrechtler in diesen Fall verwickelt ist, hat ihm die weltweite Aufmerksamkeit verschafft und das Echo hervorgerufen, aufgrund dessen wir uns heute damit befassen.

Die EVP erkennt Kasachstans Bemühungen und Fortschritte auf dem Weg hin zu Demokratie und Rechtsstaatlichkeit an. Wir versichern Kasachstan unsere ausdrückliche Unterstützung und ermutigen dieses Land, diesen Weg entschlossen weiterzuverfolgen. Mit Blick auf den konkreten Fall fordern wir die kasachischen Behörden im eigenen Interesse auf, mit möglichst ausführlichen Informationen an die Öffentlichkeit zu gehen und ihre Sicht der Dinge darzulegen und Herrn Zhovtis ein faires, rechtsstaatliches Berufungs- bzw. Revisionsverfahren zu ermöglichen.

Kasachstan soll Vorsitzender der OSZE werden. Das ist eine ganz besondere Herausforderung!

 
  
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  Struan Stevenson, im Namen der ECR-Fraktion. – Herr Präsident, ich muss Frau Jeggle zustimmen. Ich bin äußerst erstaunt darüber, dass wir hier in Straßburg vor dem gesamten Parlament eine wichtige Debatte über einen Verkehrsunfall in Kasachstan führen, auch wenn es sich dabei um einen Unfall handelt, bei dem jemand tragischerweise getötet wurde und der Fahrer des Wagens ein Menschenrechtsaktivist war, der ordnungsgemäß von einem Gericht zu vier Jahren Gefängnis verurteilt wurde - in einem Gefängnis mit niedriger Sicherheitsstufe, das plötzlich, im Wortlaut der Entschließung, zu einem "Arbeitslager" geworden ist. Ich fürchte, dass die Behandlung einer solchen Sache in diesem Parlament dem Ruf dieses Hauses abträglich ist und bedeutet, dass die gute Arbeit, die wir in Bezug auf Menschenrechte leisten, abgewertet wird, wenn wir anfangen, über Verkehrsunfälle zu reden.

Wollen wir allen Ernstes behaupten, dass die kasachische Regierung einen Zivilisten vor den Wagen eines Menschenrechtsaktivisten geworfen hat? Wollen wir ernsthaft behaupten, dass das Urteil zu hart ist, für jemanden, der des Totschlags für schuldig befunden wurde? Wir können nicht damit fortfahren, ein Land wie Kasachstan aus politischen Beweggründen zu verleumden und zu versuchen, seinem Ruf zu schaden, bevor es nächstes Jahr den Vorsitz der OSZE übernimmt. Dieses Vorgehen ist politisch motiviert, und es ist eine Schande, dass es auf die Tagesordnung gesetzt wurde. Ich hoffe, dass das Parlament diese Entschließungen abweisen und die Änderungen unterstützen wird.

 
  
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  Janusz Wojciechowski (ECR). - (PL) Herr Präsident, ich habe ähnliche Zweifel wie der vorhergehende Redner, Herr Stevenson. Kasachstan ist ein wichtiges Land. Es unternimmt auf seinem Weg zur Demokratie große Anstrengungen. Natürlich ist es im Moment noch kein Modell demokratischer Freiheiten, aber die Bürgerrechtssituation in diesem Land - und ich kenne Kasachstan ein wenig, da ich es zu verschiedenen Anlässen besucht habe - ist bedeutend besser als in den Nachbarländern der Region, und es hat glücklicherweise nicht die Probleme, wie sie in Russland existieren, und die wir soeben diskutiert haben.

Ich teile die Meinung von Herrn Stevenson, dass das Europäische Parlament nicht seine gesamte Autorität darauf verwenden sollte, seinen Standpunkt in einem einzelnen, dramatischen Rechtsfall darzulegen. Es mag zutreffen, dass in diesem Fall eine gewisse Aufklärung erforderlich ist, aber sicherlich nicht eine Entschließung des Europäischen Parlaments. Dies würde den Wert der Entschließung untergraben, und die Menschen werden nicht mehr auf die Stimme des Europäischen Parlaments hören, wenn es sich durch Sachverhalte ablenken lässt, die keine allgemeine Debatte oder parlamentarische Entschließung verdienen.

 
  
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  Eija-Riitta Korhola (PPE). - (FI) Herr Präsident, Kasachstan kommt eine wichtige Rolle in Zentralasien zu, sowohl in wirtschaftlicher als auch in sicherheitspolitischer Hinsicht, und die Zusammenarbeit des Landes mit der Europäischen Union ist gewachsen. Es war erfreulich zu hören, dass Marat Tashin, der Außenminister von Kasachstan letztes Jahr in Erwartung des Vorsitzes der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa, und auch im Mai dieses Jahres erneut Verbesserungen in der Menschenrechtssituation des Landes versprochen hat. Trotz der internationalen Aufmerksamkeit findet jedoch eine strengere Überwachung der Medien statt und bei der Religionsfreiheit sind große Defizite zu verzeichnen. Außerdem haben wir von mehren Fällen erfahren, in denen Menschenrechtsaktivisten willkürlich verhaftet wurden.

Das Urteil für den Menschenrechtsaktivisten Yevgeny Zhovtis wirft ebenfalls Fragen auf, und es ist im Interesse der Regierung von Kasachstan, diese Zweifel in jeder Hinsicht auszuräumen, und dies ist zweifellos der Fall unter Berücksichtigung der anstehenden Amtsperiode im Vorsitz der OSZE. Wir hoffen das Beste und freuen uns auf die Aufklärung dieser Sachverhalte.

 
  
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  Bernd Posselt (PPE). − Herr Präsident! Zunächst einmal möchte ich sagen: Ich freue mich, dass Heidi Hautala wieder zurück ist. Aber sie war einige Jahre nicht da, und in dieser Zeit hatten wir den Rat am Donnerstagnachmittag hier. Die tschechische und die deutsche Ratspräsidentschaft waren am Donnerstag hier. Ich finde nicht, dass wir die Debatte verlegen müssen, denn wir können nicht alles am Mittwoch machen, sondern wir müssen da sein und wir müssen den Rat zwingen, auch am Donnerstagnachmittag da zu sein. Das – und nicht die Konzentration der ganzen Tagesordnung auf den Mittwoch – ist die Antwort.

In der Tat ist das ein sehr schwieriger Fall. Aber gerade weil wir der Regierung in Kasachstan in punkto Rechtsstaatlichkeit noch nicht voll vertrauen können, müssen wir darauf bestehen, dass der Fall objektiv untersucht wird. Da unterstütze ich Elisabeth Jeggle voll und ganz. Deshalb haben wir die Entschließung unterschrieben. Die Angelegenheit muss objektiv untersucht werden. Da darf nichts vertuscht oder beschönigt werden.

 
  
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  Meglena Kuneva, Mitglied der Kommission. − Herr Präsident, die Kommission hat mit Besorgnis Berichte über Verfahrensverstöße während des Prozesses gegen den kasachischen Menschenrechtsverteidiger Yevgeny Zhovtis festgestellt, der nach einem tödlichen Verkehrsunfall des Totschlags für schuldig befunden wurde. Wie sie wissen, haben die kasachischen Behörden Behauptungen zurückgewiesen, dass das Urteil gegen Herrn Zhovtis politisch motiviert war.

Die Kommission gibt der Erklärung der EU-Präsidentschaft zu diesem Fall beim Ständigen Rat der OSZE am 10. September ihre volle Unterstützung. Aufgrund der Schwere der angeblichen Mängel bei den Ermittlungen und bei der Gerichtsverhandlung fordern wir Kasachstan, das den nächsten Vorsitz der OSZE führen wird, auf, zu gewährleisten, dass die Berufung unter voller Einhaltung der nationalen Gesetzgebung und internationaler Standards erfolgt. Die Kommission wird diesen Fall weiterhin genau beobachten.

 
  
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  Der Präsident. – Die Aussprache wird geschlossen.

Die Stimmabgabe erfolgt am Ende der Aussprache.

 
  

(1) Siehe Protokoll.


9.3. Syrien: der Fall Muhannad Al Hassani
Video der Beiträge
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  Der Präsident. − Ich habe sechs Anträge für(1) eine Entschließung zu Syrien erhalten:
der Fall Muhannad Al Hassani (Artikel 122).

 
  
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  Franziska Katharina Brantner, Verfasserin. − Herr Präsident, ich möchte den Fall von Herrn Muhannad Al Hassani vortragen. Er wurde inhaftiert, weil er die Menschenrechte seiner Landsleute in Syrien verteidigt.

Er spielte eine sehr wichtige Rolle, weil er alle Prozesse vor dem Obersten Staatssicherheitsgericht beobachtete und regelmäßige Überprüfungen der Haftbedingungen in Syrien durchführte. Er wurde nun selbst festgenommen und inhaftiert.

Wir verlangen, dass Syrien seine Verpflichtungen erfüllt und den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte und die UN-Konvention gegen Folter, der Syrien beigetreten ist, einhält, dass Syrien seine Politik der Repressionen gegen Menschenrechtsverteidiger und deren Familien beendet, und dass es die inhaftierten Menschenrechtsverteidiger, politischen Gefangenen und Friedensaktivisten freilässt.

Wir haben auch eine Forderung in Bezug auf die EU. Bezüglich der Unterzeichnung eines Assoziierungsabkommens haben wir, die Grünen/Europäische Freie Allianz-Fraktion die Annahme eines Fahrplans vor der Unterzeichnung des Assoziierungsabkommens vorgeschlagen, der unsere Ziele hinsichtlich der zu erzielenden Verbesserungen im Bereich der Menschenrechte zum Ausdruck bringt.

Das Völkerrecht schreibt eine Reihe von Verpflichtungen fest, die von den Staaten einzuhalten sind, und es ist liegt auch in unserer Verantwortung, und insbesondere in der der gesamten EU, zu gewährleisten, dass die Erfüllung dieser Verpflichtungen Bestandteil des Assoziierungsabkommens wird, um sie weiter durchzusetzen.

Wir werden in diese Richtung arbeiten. Ich danke Ihnen für die Unterstützung der Entschließung.

 
  
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  Véronique De Keyser, Verfasserin. (FR) Herr Präsident, ich gebe zu, dass ich sowohl verwirrt als auch ziemlich traurig und enttäuscht bin.

Ich bin verwirrt, weil Syrien in den letzten beiden Jahren hinsichtlich der internationalen Beziehungen zweifellos große Fortschritte gemacht hat. Es ist der Union für den Mittelmeerraum beigetreten. Es hat bei mehreren Gelegenheiten in schwierigen Situation die Vermittlerrolle übernommen, darunter auch im Zusammenhang mit der vor Kurzem stattgefundenen Verhaftung einer jungen Französin im Iran. Ich würde sagen, dass die Tatsache, dass das Assoziierungsabkommen - das noch nicht, aber hoffentlich demnächst unterzeichnet ist, Frau Brantner - neu aufgelegt wurde, gleichzeitig ein sehr positives Zeichen ist.

Innenpolitisch gibt es in Syrien ebenfalls einige sehr positive Entwicklungen. Die Syrer haben 1,5 Millionen irakische Flüchtlinge aufgenommen und kümmern sich um sie, sie haben einen hohen Bildungsstand und Religionsfreiheit, was wichtig ist. In Bezug auf politische Freiheit und politische Pluralität hat es jedoch überhaupt keinen Fortschritt gegeben. Zu meinem großen Bedauern sehen wir weiterhin Beispiele für die Repression gegen und die Inhaftierung von Menschenrechtsaktivisten und -verteidigern, und wir haben während der letzten Jahre mehrmals interveniert, um die Freilassung politischer Gefangener zu erreichen.

In zwei Fällen ist es uns gelungen, eine Freilassung zu erreichen. In syrischen Gefängnissen sitzen immer noch Menschen wie Dr. Al Labwani, Dr. Al Bunni und jetzt auch Herr Al Hassani ein. Ich möchte daher eine Nachricht an Syrien richten: Wir stehen bereit, um Syrien dabei zu helfen, sich aus der Isolation zu befreien, in die es zu einem bestimmten Zeitpunkt geraten ist.

Wir sind der Ansicht, dass es eine wichtige Rolle auf der internationalen Bühne spielt, insbesondere für den Frieden im Nahen Osten. Lassen Sie jedoch bitte im Interesse Ihres eigenen Image - und ich denke, dass Sie genügend Durchsetzungskraft besitzen, um politische Pluralität und Menschenrechtsverteidiger in Ihrem Land zuzulassen - die politischen Gefangenen frei, und, wie wir bereits gesagt haben, bitte halten Sie die Konvention gegen Folter und entwürdigende Behandlung ein!

Dies ist in Syriens eigenem Interesse und im Interesse des Friedens weltweit, und insbesondere des Friedens im Nahen Osten.

 
  
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  Renate Weber, Verfasserin. − Herr Präsident, Muhannad Al Hassani ist ein weiterer Menschenrechtsverteidiger, der von den syrischen Behörden willkürlich inhaftiert wurde. Er ist ein weiterer syrischer politischer Häftling, dessen einziges Vergehen darin besteht, dass er den Wunsch hat, das Recht der Menschen auf freie Meinungsäußerung, auf die freie Ausübung politischer Aktivitäten und auf einen gerechten Prozess zu schützen.

Mehr als fünf Jahre lang war es ihm verboten, zu reisen. Seine Bürotelefonkommunikation und seine E-Mails wurden von den syrischen Sicherheitskräften ständig überwacht. Nach Wochen sich steigernder Schikanen wegen seiner Rolle in der Überwachung der Vorgehensweise des Obersten Staatssicherheitsgerichts von Syrien wurde er schließlich von der syrischen Staatssicherheit verhaftet und später mehrerer strafbarer Handlungen angeklagt, die sich alle auf sein Recht auf freie Meinungsäußerung bezogen.

Bei dem Thema der willkürlichen Inhaftierung dürfen wir auch Herrn al-Labwani nicht vergessen, den herausragenden Menschenrechtsverteidiger, der für etwas, was die UN-Arbeitsgruppe über willkürliche Verhaftungen als "den friedlichen Ausdruck seiner politischen Ansichten" bezeichnet, zu 12 Jahren Gefängnis verurteilt wurde.

Die syrische Regierung muss Herrn Al Hassani, Herrn al-Labwani und die anderen politischen Gefangenen sofort und ohne Auflagen freilassen und ihre körperliche und psychische Unversehrtheit unter allen Umständen garantieren. Die syrischen Behörden müssen allen Schikanen gegen syrische Menschenrechtsverteidiger und zivilgesellschaftliche Aktivisten in Übereinstimmung mit den Vorschriften der UN-Deklaration von 1998 über Menschenrechtsverteidiger ein Ende setzen.

 
  
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  Charles Tannock, Verfasser. − Herr Präsident, Syrien ist ein wichtiges Land im Nahen Osten und spielt eine entscheidende Rolle, wenn es darum geht, die Fähigkeit des Iran zur Unterstützung von gegen Israel gerichtete Terroraktionen durch seine Vertreter, die Hisbollah und Hamas, einzuschränken. Syrien hat auch die Angewohnheit, im Libanon, den es als wenig souverän und als einen praktisch nicht in seinem Einflussbereich befindlichen Staat ansieht, Unruhe zu schüren.

Syrien ist auch ein laizistisches Regime. Es ist nämlich das letzte Überbleibsel der einst mächtigen Baath-Partei, die im Irak ebenfalls regierte, weswegen die Frauenrechte weit fortgeschritten sind. Insgesamt gesehen handelt es sich jedoch um eine brutale Einparteien-Diktatur.

Die Inhaftierung von Muhannad Al Hassani, eines führenden Menschenrechtsverteidigers, ist Besorgnis erregend. Wenn Syrien wirklich möchte, dass wir ein EU-Assoziierungsabkommen unterstützen, sollte es Herrn Al Hassani bitte sofort freilassen und die Verfolgung von Menschenrechtsverteidigern wie Herrn Al Hassani sofort beenden.

 
  
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  Eija-Riitta Korhola, Verfasserin. − (FI) Herr Präsident, ich freue mich, dass wir den Mut hatten, die Menschenrechtssituation in Syrien zum jetzigen Zeitpunkt ins Rampenlicht zu stellen. An das Assoziierungsabkommen im Rahmen der Zusammenarbeit im Mittelmeerraum zwischen der EU und Syrien wird noch gefeilt, und weil einer der Grundpfeiler der Zusammenarbeit aus der Förderung der Menschenrechte und der Demokratie besteht, bin ich der Ansicht, dass die EU in diesem Bereich deutliche Verbesserungen verlangen sollte.

Es reicht nicht aus, wenn sich die Zusammenarbeit lediglich auf die Verbesserung der wirtschaftlichen Situation konzentriert. Wie wir gehört haben, wurde der führende syrische Menschenrechtsanwalt, Muhannad Al Hassani, Ende Juli ohne ordnungsgemäßen Prozess inhaftiert. Er wurde der Unterminierung des Nationalgefühls und der Verbreitung falscher Nachrichten angeklagt. Dieser Fall ist nicht der erste seiner Art. Wir haben im Parlament im Jahr 2007 bei einem ähnlichen Fall interveniert. Kamal Abwani, für den wir uns damals eingesetzt haben, ist immer noch im Gefängnis, obwohl das Untersuchungsteam der UN im März zu dem Schluss kam, dass es sich um eine willkürliche Verhaftung handelte.

Syrien hat noch einen langen Weg vor sich, was die Rede- und Versammlungsfreiheit angeht. Die Arbeit von NRO ist in diesem Land problematisch und findet daher fast gar nicht statt. Es wäre sehr zu bedauern, wenn wir in der EU nicht den Mut aufbringen würden, um eindeutige Kriterien für eine Grundlage der Zusammenarbeit mit Syrien festzulegen. Meiner Ansicht nach sind wir stark in der Pflicht, die Freilassung der politischen Gefangenen und die Einhaltung internationaler Menschenrechtsabkommen zu fordern, bevor wir mit dem Assoziierungsabkommen zwischen der EU und Syrien fortfahren können.

Menschenrechte in der Welt sind nicht nur viele einzelne Inseln: Sie sind eine Struktur, in der alles Auswirkungen auf alles andere hat, und wenn wir Nachlässigkeit dulden und wegschauen, wird es nicht lange dauern, bis wir Einschränkungen unserer eigenen Rechte haben werden. Wir haben die wichtige Pflicht, sie zu nähren und zu gewährleisten, dass sie immer und überall angewendet werden. Nur so können wir das menschliche Leben lebenswert machen.

 
  
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  Lidia Joanna Geringer de Oedenberg, im Namen der S&D-Fraktion. – (PL) Im Juli wurde Herr Muhannad Al Hassani, einer der bekanntesten syrischen Menschenrechtsaktivisten, verhaftet. Während eines Prozesses hinter verschlossenen Türen, zu dem Anwälte keinen Zutritt hatten, wurde er der Unterminierung des Nationalgefühls und der Verbreitung falscher Informationen angeklagt. Er war schon zuvor bei mehreren Gelegenheiten im Zusammenhang mit seinen Aktivitäten im Bereich der Menschenrechte und dem Versuch, Menschen zu verteidigen, die aus politischen Gründen verhaftet wurden, verhört worden Ihm wurde auch das Recht verweigert, das Land zu verlassen. Herr Muhannad Al Hassani nahm an der Überwachung der Prozesse des Obersten Gerichtshofs teil, da die Bedingungen, unter denen diese Verfahren ablaufen, nach Ansicht der Human Rights Watch nicht internationalen Standards entsprechen.

Wir sind besorgt darüber, dass Menschenrechtsaktivisten in Syrien unterdrückt werden, insbesondere angesichts des mangelnden Forstschritts, den die syrischen Behörden im Bereich der Menschenrechte an den Tag legen. Wir müssen darauf bestehen,dass Syrien die Konvention der Vereinten Nationen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe respektiert.

Angesichts der vorhandenen politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Verbindungen zwischen Syrien und der Europäischen Union und der wichtigen Rolle, die dieses Land bei der Erzeugung von Stabilität im Nahen Osten spielt, bin ich sicher, dass Syrien in diesem Bereich Fortschritte machen und auf diese Weise auch zur Demokratisierung der ganzen Region beitragen kann.

 
  
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  Franz Obermayr (NI). - Herr Präsident! Im Kern liegt dieser Entschließungsantrag völlig richtig, denn es ist natürlich unsere Pflicht, vor allem im Hinblick auf die geplante Assoziierung, klare Worte zu sprechen, auch hinsichtlich des Schutzes der Familie, der Angehörigen und der Mitstreitenden von Muhannad Al Hassani, und auch die in Artikel 2 des Abkommens postulierten Inhalte einzufordern. Nicht zuletzt deswegen, weil wir Europäer ja aus leidvoller Vergangenheit wissen, was es heißt, wenn Menschenrechte mit Füßen getreten werden. Es ist ja erst zwei Jahrzehnte her, dass ein kommunistisches Terrorsystem in Europas Mitte und Südosten zusammengebrochen ist.

In diesem Zusammenhang mahne ich aber auch an, die Augen nicht zu verschließen, wenn sozusagen in der Nachbarschaft von Syrien – in der Türkei – die Menschenrechte nicht so geachtet werden, wie es sein sollte. Umso mehr, als es sich bei der Türkei um einen Beitrittskandidaten handelt, der in den Bereichen Rechtsprechung, Strafvollzug, Minderheitenschutz und Religionsfreiheit bedeutende Defizite hat, auch wenn es in einem schön gefärbten Bericht der so genannten unabhängigen Kommission oder im Ahtissari-Bericht etwas anders gesehen wird.

 
  
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  Bernd Posselt (PPE). - Herr Präsident! Ich bin der Meinung, dass wir uns selbstverständlich sehr kritisch mit der Menschenrechtslage in Syrien beschäftigen müssen. Es ist eine Diktatur und ein Polizeistaat. Herr Al Hassani muss freigelassen werden.

Aber wir müssen auch sehen, dass Präsident Assad – der jetzt sich und sein Land öffnet – und auch schon sein Vater als Alewiten zum Beispiel das Zusammenleben von Muslimen und Christen in einer Art und Weise gepflegt haben, dass mir ein führender syrischer Christ, nämlich Kardinal Daud, gesagt hat, dass sich Christen in Syrien sicherer fühlen als in dem von westlichen Truppen gestützten Irak.

Deshalb sollten wir in Syrien differenziert vorgehen, die Menschenrechtsverletzungen klar anprangern, nicht nachgeben, das Land auf seinem Weg der Annäherung und Öffnung jedoch unterstützen, selbstverständlich kritisch sein, aber auch anerkennen, dass es hier Ansätze gibt, die wir pflegen sollten

 
  
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  Meglena Kuneva, Mitglied der Kommission. − Herr Präsident, die Kommission teilt die Besorgnis des Europäischen Parlaments bezüglich der Menschenrechtssituation in Syrien. Unsere Beurteilung der Situation hat sich während der letzten Monate verschlechtert, in denen es zu weiteren willkürlichen Verhaftungen, Schikanen von Menschenrechtsverteidigern und Reiseverboten gekommen ist.

Das jüngste Beispiel ist die Verhaftung von Herrn Muhannad Al Hassani, bei dem es sich um einen bekannten Anwalt und den Präsidenten der Nationalen Organisation für Menschenrechte in Syrien handelt, und der seit 15 Jahren Mitglied der Anwaltskammer von Damaskus ist. Herr Al Hassani ist ein Menschenrechtsverteidiger und man könnte vermuten, dass seine Verhaftung politisch motiviert ist.

Die EU hat bereits ihre Besorgnis gegenüber den syrischen Behörden zum Ausdruck gebracht. Syrien muss seine internationalen Verpflichtungen einhalten, insbesondere die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte und den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte, bei denen Syrien zu den Vertragsstaaten zählt. Die Kommission erörtert über ihre Delegation in Damaskus gemeinsam mit den Botschaften der Mitgliedstaaten, wie man sich effektiver und effizienter für die Verteidigung der Menschenrechtsverteidiger einsetzen kann. Wir müssen ganz eindeutig auch weiterhin Maßnahmen zum Schutz von Menschenrechtsverteidigern und zur Gewährleistung der Überwachung von Prozessen am Obersten Staatssicherheitsgericht verlangen. Wir müssen weiterhin die Zivilgesellschaft durch unsere Instrumente wie die nichtstaatlichen Akteure und das Europäische Instrument für Demokratie und Menschenrechte unterstützen und den Familien moralische Unterstützung gewähren.

Obwohl sie wichtig sind, sind diese Maßnahmen dennoch unzureichend. Wir sind der Ansicht, dass die EU größeren Einfluss auf Syrien hätte, wenn das Assoziierungsabkommen unterzeichnet würde. Ich freue mich, dass die Präsidentschaft seine Unterzeichnung für die kommenden Wochen in Erwägung zieht. Durch dieses Abkommen etablieren wir einen regelmäßigen Dialog, bei dem wir zu diesen Themen Ratschläge geben und bessere Resultate erzielen können.

 
  
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  Der Präsident. – Die Aussprache wird geschlossen.

Die Stimmabgabe erfolgt am Ende der Debatten.

 
  

(1) Siehe Protokoll.


10. Abstimmungsstunde
Video der Beiträge
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  Der Präsident. – Der nächste Tagesordnungspunkt ist die Stimmabgabe.

(Bezüglich der Resultate und anderer Einzelheiten zur Stimmabgabe: siehe das Protokoll)

 

10.1. Ermordung von Menschenrechtsaktivisten in Russland (Abstimmung)
 

– Nach der Stimmabgabe.

 
  
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  Zuzana Roithová (PPE). (CS) Es tut mir sehr leid, Herr Präsident, ich möchte nur zu Protokoll geben, dass ich aus Versehen von einem anderen Platz aus abgestimmt habe- mein Platz ist 107 und ich habe aus Versehen von 67 aus abgestimmt, mit anderen Worten mit der Karte eines anderen Abgeordneten. Abgesehen davon stimme ich dafür. Ich saß nur aus Versehen am Platz eines anderen Abgeordneten, der eine Karte eingeschoben hatte, und ich habe über seine Karte abgestimmt, was gegen unsere Geschäftsordnung ist, daher möchte ich darum bitten, dass zu Protokoll genommen wird, dass ich für den Antrag bin, und dass die Stimme meines Abgeordnetenkollegen ungültig ist.

 
  
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  Der Präsident. – Ich danke Ihnen. Es wird im Protokoll vermerkt.

 

10.2. Kasachstan: der Fall Jevgenij Zhovtis (Abstimmung)

10.3. Syrien: der Fall Muhannad Al Hassani (Abstimmung)

11. Berichtigungen des Stimmverhaltens und beabsichtigtes Stimmverhalten: siehe Protokoll

12. Zusammensetzung der Ausschüsse und Delegationen: siehe Protokoll
Video der Beiträge

13. Beschlüsse betreffend bestimmte Dokumente: siehe Protokoll

14. Mittelübertragungen: siehe Protokoll

15. Vorlage von Dokumenten: siehe Protokoll

16. Übermittlung der in dieser Sitzung angenommenen Texte: siehe Protokoll

17. Zeitpunkt der nächsten Sitzungen: siehe Protokoll

18. Unterbrechung der Sitzungsperiode
Video der Beiträge
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  Der Präsident. – Ich erkläre die Sitzung des Europäischen Parlaments für beendet.

(Die Sitzung wurde um 16.45 Uhr beendet)

 

ANLAGE (Schriftliche Antworten)
ANFRAGEN AN DEN RAT (Für diese Antworten trägt der amtierende Ratsvorsitz der Europäischen Union die Verantwortung)
Anfrage Nr. 10 von Pat the Cope Gallagher (H-0282/09)
 Betrifft: Förderung des Friedensprozesses im Nahen Osten
 

Welche Initiativen verfolgt der Rat zur Förderung des Friedensprozesses und der Aussöhnung zwischen Palästinensern und Israelis?

 
  
 

(DE) Die vorliegende Antwort, die durch den Ratsvorsitz erstellt wurde und weder für den Rat noch seine Mitglieder als solche bindend ist, wurde in der Fragestunde während der Sitzungsperiode des Europäischen Parlaments im September 2009 in Straßburg dem Rat nicht mündlich präsentiert.

Wie in den Schlussfolgerungen des Ratsvorsitzes auf der Ratssitzung vom Juni 2009 festgestellt, bleibt der Nahost-Friedensprozess im Jahr 2009 eine vorrangige Priorität für die Europäische Union. Bei demselben Treffen wurden ebenfalls die Schlussfolgerungen, die der Rat für Außenbeziehungen bei seinem Treffen am 15. Juni 2009 gezogen hatte, befürwortet.

Der Rat bleibt einer Zwei-Staaten-Lösung mit einem unabhängigen, demokratischen, benachbarten und existenzfähigen palästinensischen Staat, der das Westjordanland und den Gazastreifen umfasst und in Frieden und Sicherheit Seite an Seite mit dem Staat Israel existiert, gegenüber verpflichtet. Dies ist ein unverzichtbarer Schritt in Richtung eines stabileren und friedlicheren Nahen Ostens.

Wir begrüßen sehr den Einsatz der US-Beauftragten hinsichtlich einer energischen Verfolgung einer Zwei-Staaten-Lösung und sind dazu bereit, aktiv mit den Vereinigten Staaten und weiteren Quartett-Mitgliedern bei der Durchsetzung dieses Ziels mitzuwirken.

Die EU ist ferner dazu bereit, Vereinbarungen für die Zeit nach dem Konflikt, die auf die Gewährleistung nachhaltiger Friedensverträge einschließend regionaler Vereinbarungen wie zum Beispiel die Europäische Nachbarschaftspolitik und die Union für das Mittelmeer abzielen, im Wesentlichen weiter fortzuführen. Insbesondere stehen wir für eine Weiterentwicklung unserer Beziehungen mit der Palästinensischen Autonomiebehörde im Rahmen der Europäischen Nachbarschaftspolitik zur Verfügung. Wir werden dabei helfen, den palästinensischen Staatsaufbau zu unterstützen, und wir werden weiterhin im Hinblick auf zusätzliche Fortschritte der Wiederherstellung von Recht und Gesetz zusammenarbeiten. Unser Schwerpunkt wird wie bisher bei der Unterstützung im Zivilpolizei- und Justizbereich liegen.

Eine vollumfängliche Beilegung des arabisch-israelischen Konflikts erfordert einen regionalen, die politische, sicherheitspolitische und wirtschaftliche Dimension umfassenden Ansatz. Durch ihre zahllosen Abkommen mit Partnern in der Region ist die EU in der einmaligen Position, an Schlüsselfragen der regionalen Entwicklung mitzuwirken. Angesichts der Entwicklungen vor Ort werden wir sorgsam bewerten, inwieweit unsere Politik und Programme bei der Erzielung konkreter und früher Resultate auf dem Weg zu einer umfassenden Konfliktbeilegung helfen können.

 

Anfrage Nr. 11 von Georgios Toussas (H-0284/09)
 Betrifft: Fortsetzung der kriminellen Politik gegenüber dem Volk der Palästinenser
 

Der jüngste barbarische Krieg Israels gegen das palästinensische Volk, die „Schandmauer”, die Ost-Jerusalem und die Westbank voneinander trennt, und die Fortsetzung des mörderischen Embargos gegen den Gaza-Streifen verschlimmern die ohnehin schon schweren Lebensbedingungen des palästinensischen Volkes noch weiter. Die EU – sowie auch die USA – decken diese israelische Barbarei durch ihre Politik zum Aufbau eines „Neuen Mittleren Ostens”. Es ist unakzeptabel, dass die Volksfront zur Befreiung Palästinas (PFLP), die für die Rechte des palästinensischen Volkes kämpft, aufgrund konstruierter und unhaltbarer Behauptungen auf die Liste der so genannten „terroristischen Vereinigungen” gesetzt wurde.

Verurteilt der Rat die „Schandmauer”, die israelische Besiedlung von palästinensischem Territorium und die Fortsetzung des Embargos gegen den Gaza-Streifen? Anerkennt er das ureigenste Recht des palästinensischen Volkes, auf seinem 1967 erhaltenen Hoheitsgebiet einen unabhängigen und geeinten palästinensischen Staat zu gründen, dessen Hauptstadt Ost-Jerusalem ist, und der auf seinem Hoheitsgebiet und innerhalb seiner Grenzen souverän ist? Beabsichtigt der Rat, die Volksfront zur Befreiung Palästinas von der Liste der terroristischen Vereinigungen zu streichen und diese Liste überhaupt gänzlich abzuschaffen?

 
  
 

(DE) Die vorliegende Antwort, die durch den Ratsvorsitz erstellt wurde und weder für den Rat noch seine Mitglieder als solche bindend ist, wurde in der Fragestunde während der Sitzungsperiode des Europäischen Parlaments im September 2009 in Straßburg dem Rat nicht mündlich präsentiert.

In Antwort auf die Frage des Herrn Abgeordneten des Europäischen Parlaments möchte der Rat an seine formalen Feststellungen erinnern, dass - obwohl er Israels Recht auf den Schutz seiner Bürgerinnen und Bürger anerkennt - der Bau der Mauer in den besetzten palästinensischen Gebieten im Widerspruch zum internationalen Recht steht.

Der Rat hat die israelische Regierung dringend dazu aufgefordert, ihre Siedlungsaktivitäten einschließlich denen in Ost-Jerusalem und einschließlich des natürlichen Wachstums unverzüglich zu beenden, und alle ihre seit März 2001 errichteten Außenposten aufzulösen. Er wiederholt, dass die Siedlungen nach internationalem Recht illegal sind und ein Hindernis für den Frieden darstellen. Auch nach dem Fahrplan ist Israel dazu verpflichtet, sämtliche Siedlungsaktivitäten einschließlich des natürlichen Wachstums seiner bestehenden Siedlungen einzustellen, und alle seit März 2001 errichteten Außenposten aufzulösen.

Der Rat hat ferner seine Besorgnis über die Situation in Gaza zum Ausdruck gebracht und wiederholt dazu aufgefordert, den sofortigen und bedingungslosen Zugang für humanitäre Hilfe, Handelsgüter und den Personenverkehr nach und aus Gaza zu gewährleisten, da ansonsten die ungehinderte Zustellung humanitärer Hilfe, der Wiederaufbau und die wirtschaftliche Erholung unmöglich ist.

Der Rat möchte dem Herrn Abgeordneten des Europäischen Parlaments auch seines entschlossenen Bekenntnisses für eine Zwei-Staaten-Lösung mit einem unabhängigen, demokratischen, benachbarten und existenzfähigen, in Frieden und Sicherheit neben dem Staat Israel lebenden palästinensischen Staates versichern. Die EU wird keine sonstigen Änderungen der Grenzen vor 1967 als jene zwischen beiden Parteien vereinbarten anerkennen. Eine Zwei-Staaten-Lösung für den israelisch-palästinensischen Konflikt und ein umfassender Friede im Nahen Osten ist in der Tat eines der zentralen Ziele der Außen- und Sicherheitspolitik der Europäischen Union.

Die Auflistung von Terrororganisationen ist eine von vielen durch die Europäische Union gebilligten Maßnahmen zur Umsetzung der Entschließung 1373 des UN-Sicherheitsrats von 2001. Dies als Teil einer weitreichenden internationalen Strategie zur Bekämpfung des Terrorismus und insbesondere der Terrorismusfinanzierung.

Die Aufnahme der Volksfront für die Befreiung Palästinas (PFLP) stützt sich auf zwei objektive Kriterien. Von allen Personen, Gruppen und Rechtsträgern auf der Liste ist sich die PFLP der Gründe für ihre Aufnahme bewusst.

Der Rat überprüft die Liste auf regelmäßiger Basis und mindestens alle sechs Monate. Bei der letzten Prüfung stellte der Rat die weitere Gültigkeit der Gründe für die Listung der PFLP fest und entschied daher, die Gruppe auf der am 15. Juni gebilligten Liste zu behalten.

 

Anfrage Nr. 12 von Jim Higgins (H-0286/09)
 Betrifft: Besorgnis im Zusammenhang mit Iran/Irak
 

Ist der Rat besorgt darüber, dass die irakische Polizei in das Lager Aschraf eingedrungen ist und dass eine Reihe von Flüchtlingen getötet und viele verletzt wurden, dass 36 Insassen derzeit in Haft sind und sich im Hungerstreik befinden, und dass die irakischen Behörden gerichtliche Anweisungen zu ihrer Freilassung ignoriert haben? Ist der Rat ferner der Auffassung, dass die jüngsten Wahlen in Iran auf transparente und demokratische Weise durchgeführt wurden? Ist der Rat der Auffassung, dass es zu Neuwahlen kommen sollte, die gemeinsam von den Vereinten Nationen und der Europäischen Union beobachtet werden sollten, und dass im Falle einer Weigerung, solche Neuwahlen abzuhalten, Sanktionen verhängt werden sollten?

 
  
 

(DE) Die vorliegende Antwort, die durch den Ratsvorsitz erstellt wurde und weder für den Rat noch seine Mitglieder als solche bindend ist, wurde in der Fragestunde während der Sitzungsperiode des Europäischen Parlaments im September 2009 in Straßburg dem Rat nicht mündlich präsentiert.

Der Rat verfolgt die Entwicklungen im Irak sehr aufmerksam und nutzt jede Gelegenheit, die Bedeutung der Achtung der Menschenrechte in seinen Kontakten mit den irakischen Behörden zu betonen.

Der Rat hat die letzten Ereignisse bezüglich der iranischen Präsidentschaftswahlen erörtert. Er hat ferner das seitens der iranischen Wahlkommission verkündete Ergebnis und auch die durch einige Kandidaten zum Ausdruck gebrachten Bedenken hinsichtlich der Wahldurchführung zur Kenntnis genommen. Dies ist eine durch die iranischen Behörden anzusprechende und zu untersuchende Frage.

Der Rat hat seine ernsthafte Besorgnis zur Gewalt auf den Straßen und zum exzessiven Einsatz von Streitkräften gegen friedliche Demonstranten geäußert. Es ist unerlässlich, dass die Bestrebungen des iranischen Volkes durch den Einsatz friedlicher Mittel erlangt und die freie Meinungsäußerung respektiert wird.

 

Anfrage Nr. 13 durch Athanasios Pafilis (H-0287/09)
 Betrifft: Kriminalisierung der kommunistischen Ideologie in Litauen
 

Am 9. Juni hat das litauische Parlament grundsätzlich Änderungen des Strafgesetzbuches gebilligt, nach denen die Propaganda, die Leugnung oder die Rechtfertigung des durch Kommunismus oder Faschismus begangenen Völkermords sowie die öffentliche Verunglimpfung der Mitglieder der Bewegung für die Freiheit Litauens, die 1944 bis 1953 gegen die sowjetische Besatzung gekämpft haben, mit Freiheitsentzug von bis zu drei Jahren bestraft werden. Mit diesen Bestimmungen soll nunmehr auch mit strafrechtlichen Mitteln die Geschichtsfälschung, die ahistorische Gleichsetzung von Kommunismus und Faschismus zementiert werden. Sie bedeuten die Anerkennung der faschistischen Kollaborateure der Nazis in Litauen, die sich Verbrechen gegen die Menschlichkeit schuldig gemacht haben. Durch sie werden die kommunistische Ideologie kriminalisiert und die Meinungsfreiheit und eine abweichende Geschichtsauffassung verboten und bestraft.

Welche Position vertritt der Rat zur Rehabilitierung des Faschismus und Nationalsozialismus, dem Verbot der Meinungsfreiheit und der Kriminalisierung der kommunistischen Ideologie in einer Reihe von EU-Ländern – und zwar durch Androhung von strafrechtlichen Sanktionen gegen Andersdenkende –, vor allem im Baltikum, wo die kommunistischen Parteien verboten sind und ihre Aktivisten und andere antifaschistische Demokraten verfolgt werden?

 
  
 

(DE) Die vorliegende Antwort, die durch den Ratsvorsitz erstellt wurde und weder für den Rat noch seine Mitglieder als solche bindend ist, wurde in der Fragestunde während der Sitzungsperiode des Europäischen Parlaments im September 2009 in Straßburg dem Rat nicht mündlich präsentiert.

Im Hinblick auf den durch den Herrn Abgeordneten erwähnten Gesetzgebungsteil hat der Rat keine Position bezogen. Noch spricht irgendein durch die Kommission gebilligtes Rechtsdokument den aufgeworfenen Sachverhalt an, da er in die innerstaatliche Rechtsprechung der Mitgliedstaaten fällt.

Doch möchte ich in diesem Zusammenhang den ersten Gedenktag für die Opfer von totalitären und autoritären Regimes erwähnen, an dem ich die Ehre hatte am 23. August dieses Jahres teilzunehmen. Dieser in ganz Europa abgehaltene Gedenktag folgt einer Initiative des Europäischen Parlaments und des Europarats, den Millionen im Namen von Nationalsozialismus und Kommunismus zu Tode gekommenen Menschen Achtung zu bezeugen.

Der Gedenktag dient auch als exzellente Gelegenheit zur Ehrung all jener mutigen Menschen, die ihr Leben weiterhin im Kampf gegen Diktatur und Unterdrückung, für Freiheit und Demokratie in unserer direkten Nachbarschaft und in anderen Teilen der Welt riskieren.

Menschenrechte, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit - das sind für die Europäische Union und ihre Mitgliedstaaten grundlegende Werte. Diesbezüglich möchte ich auch die beeindruckende Arbeit erwähnen, die das Europäische Parlament bei der weltweiten Unterstützung demokratischer Bewegungen und von Menschenrechtlern in totalitären Ländern verrichtet hat.

Wenn man den Einsatz der Union für unsere gemeinsamen Werte betrachtet, so versteht sich von selbst, dass jegliche durch die Mitgliedstaaten gebilligte Gesetzgebung sowohl mit dem Primär- als auch Sekundärrecht von Union und Gemeinschaft als auch mit der Charta der Grundrechte konform zu gehen hat.

 

Anfrage Nr. 14 von Tadeusz Zwiefka (H-0290/09)
 Betrifft: Ergebnis der zweiten Sitzung des Unterausschusses EU-Ägypten "Politische Fragen: Menschenrechte und Demokratie - internationale und regionale Fragen" vom 7./8 Juli 2009 in Bezug auf "Al-Manar TV"
 

Die Ausstrahlung des geächteten terroristischen Fernsehsenders „Al-Manar TV” nach Europa durch den ägyptischen Satellitenbetreiber Nilesat verstößt weiterhin unmittelbar gegen den Aktionsplan EU-Ägypten und stellt eine Bedrohung der Sicherheit Europas dar, die womöglich eine Radikalisierung mit sich bringt. In der Antwort der Kommission auf die Anfrage H-0011/09 hieß es, der Unterausschuss für politische Fragen im Rahmen des Aktionsplans EU-Ägypten sei der „geeignete Mechanismus”, um das Thema der Ausstrahlung von „Al-Manar TV” durch Nilesat aufzuwerfen. Hat der Rat das Thema der Ausstrahlung von „Al-Manar TV” durch Nilesat auf die Tagesordnung der zweiten Sitzung des Unterausschusses EU-Ägypten „Politische Fragen: Menschenrechte und Demokratie – internationale und regionale Fragen” vom 7./8 Juli 2009 gesetzt? Könnte der Rat skizzieren, welche Zusagen Ägypten gemacht hat, um die Ausstrahlung von „Al-Manar TV” über Nilesat zu unterbinden?

 
  
 

(DE) Die vorliegende Antwort, die durch den Ratsvorsitz erstellt wurde und weder für den Rat noch seine Mitglieder als solche bindend ist, wurde in der Fragestunde während der Sitzungsperiode des Europäischen Parlaments im September 2009 in Straßburg dem Rat nicht mündlich präsentiert.

Ich bin dem Herrn Abgeordneten für seine Frage zum ägyptischen Satellitenanbieter Nilesat, dessen Sendungen des libanesischen Fernsehsenders ,,Al-Manar TV“ das Gebiet der Europäischen Union erreichen können, dankbar. Der Rat versteht die Bedenken des Herrn Abgeordneten, Teile des durch die Station ausgestrahlten Materials könnten zur Aufstachelung zum Hass beitragen.

Um eine anhaltende Verbesserung in Fragen von Fremdenhass, Intoleranz und konfessionsbezogenem Hass zu erreichen, gibt es keine bessere Methode als die des Dialogs. Es macht daher Mut zu sehen, dass mehr als 80 Länder - darunter Ägypten, Libanon, die Golfstaaten und die Mehrheit der EU-Mitgliedstaaten - der Allianz der Zivilisationen der Vereinten Nationen beigetreten sind, deren Hauptauftrag darin besteht, Konflikte infolge von Vorurteilen und kulturellen oder religiösen Missverständnissen zu verhindern. Mehrere Programme der Allianz der Zivilisationen der UN konzentrieren sich auf Medienbildung und Ethik.

Demnach ist der Rat der Ansicht, der Dialog mit Ägypten sei der effektivste Weg, die ägyptische Regierung zu Fortschritten im Bereich der Menschenrechte zu bestärken. Dieser Dialog findet über die institutionellen Strukturen von Unterausschüssen und über den politischen Dialog statt, und bietet Gelegenheit für einen Meinungsaustausch zu unterschiedlichen Sachfragen.

Der Rat hatte bereits die besonderen, durch den Herrn Abgeordneten erhobenen Bedenken in seiner Erklärung zur 5. Tagung des Assoziationsrates EU-Ägypten angesprochen. Dieser hatte festgestellt, dass ,,die EU Ägypten bei der weiteren Verfolgung von Anstrengungen gegen jedwede Form der Diskriminierung und zur Förderung der Toleranz im Hinblick auf kulturelle, religiöse, glaubenspolitische und Minderheitenangelegenheiten unterstützt. Die EU ist in diesem Zusammenhang über den diskriminierenden, durch den ägyptischen Satelliten Nilesat verbreiteten Inhalt einiger Sendungen des Al-Manar Fernsehsenders besorgt. Die EU verurteilt jegliche Befürwortung des National-, Rassen- oder Religionshasses, der eine Anstiftung zur Diskriminierung, Feindseligkeit oder Gewalt darstellt.

Beim Unterausschuss mit Ägypten zu politischen Fragen, dessen zweite Sitzung am 7. und 8. Juli 2009 in Kairo stattfand, wurden die Ausstrahlungen des Fernsehsenders ,,Al-Manar TV" für die EU-Seite im Rahmen von Fragen zum Kampf gegen Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Intoleranz aufgeworfen. Darin eingeschlossen war das Vorhaben des gemeinsamen Aktionsplans EU-Ägypten, ,,die Rolle der Medien beim Kampf gegen Fremdenfeindlichkeit und Diskriminierung auf Grund von religiösem Glauben oder der Kultur zu stärken“ und die Medien ,,bei der Übernahme ihrer diesbezüglichen Verantwortung“ zu unterstützen.

Ägypten hatte es mit der Begründung, Al-Manar sei ein Einzelfall, unterlassen, eine Antwort abzugeben. Gleichfalls versagte Ägypten die Abgabe einer Verpflichtung für die Ansprache des Sachverhalts. Ägyptens Reaktion sollte uns dennoch nicht davon abhalten, den Dialog fortzusetzen. Der Herr Abgeordnete kann dessen versichert sein, dass der Rat diese Angelegenheit weiterhin aufmerksam verfolgen wird und dazu bereit ist, sie bei einer weiteren Gelegenheit innerhalb des regelmäßigen politischen Dialogs der EU mit Ägypten aufzuwerfen.

 

Anfrage Nr. 15 von Ryszard Czarnecki (H-0292/09)
 Betrifft: Lage in Pakistan
 

Derzeit übt eine zivile Regierung die Amtsgewalt in Pakistan aus. Ist der Rat der Auffassung, dass die zivile Regierung die Lage in Pakistan vollständig unter Kontrolle hat, oder ist der Rat vielmehr der Auffassung, dass wie in der Vergangenheit die pakistanische Armee die eigentliche Kontrolle im Land ausübt?

 
  
 

(DE) Die vorliegende Antwort, die durch den Ratsvorsitz erstellt wurde und weder für den Rat noch seine Mitglieder als solche bindend ist, wurde in der Fragestunde während der Sitzungsperiode des Europäischen Parlaments im September 2009 in Straßburg dem Rat nicht mündlich präsentiert.

Die allgemeinen Wahlen im Februar 2008 haben die Demokratie zurück nach Pakistan gebracht. Der Rat begreift dies als einen wichtigen Fortschritt für Pakistan. Die Stärkung von Demokratie und Stabilität bleibt eines der wichtigsten Ziele der EU in ihrer Zusammenarbeit mit Pakistan.

Eine Grundvoraussetzung für eine funktionierende Demokratie in Pakistan ist natürlich die Kontrolle der Zivilregierung über die Streitkräfte. Gewählte Regierungen sollten immer die volle Transparenz und Kontrolle über die militärische Führung ausüben. Dies ist eine Grundlage der EU-Politik.

Der Demokratisierungsprozess in Pakistan ist immer noch in einem Frühstadium. Die EU muss weiterhin gemeinsam mit der übrigen internationalen Gemeinschaft die Regierung bei ihren Anstrengungen zur Stärkung demokratischer Institutionen und Strukturen unterstützen. Der erste, am 17. Juni 2009 abgehaltene EU-Pakistan-Gipfel war ein wichtiger Schritt beim Aufbau einer stärkeren Partnerschaft zwischen der EU und Pakistan und der Unterstützung einer demokratischen Zivilregierung in Pakistan. Die EU wird ihren strategischen Dialog mit Pakistan für die weitere Förderung dieses Ziels nutzen.

 

Anfrage Nr. 16 von Hans-Peter Martin (H-0295/09)
 Betrifft: Initiativen der schwedischen Ratspräsidentschaft für mehr Transparenz
 

Im Beschluss des Rates vom 15. September 2006 zur Festlegung seiner Geschäftsordnung, (ABl. L 285 vom 16.10.2006, S.47) erklärte der Europäische Rat, wie wichtig es ist, „den Bürgern zu ermöglichen, aus erster Hand einen Einblick in die Tätigkeiten der Europäischen Union zu erlangen, insbesondere durch mehr Offenheit und Transparenz”, und dies „insbesondere wenn der Rat über Rechtssetzungsakte berät, die unter das Mitentscheidungsverfahren fallen”.

Laut Auswertung der Tagesordnungen der Ministerratsitzungen nahm die öffentliche Behandlung von Tagesordnungspunkten in allen Ministerräten (außer den zwei Räten für "Bildung, Jugend und Kultur" sowie "Landwirtschaft und Fischerei") von 2007 auf 2008 jedoch sogar ab. So wurden im Jahr 2008 im Rat der Umweltminister nur noch 4 von 33 Tagesordnungspunkten öffentlich behandelt; dies entspricht einem zweistelligen Rückgang gegenüber 2007. Im so bedeutsamen Rat für Allgemeine Angelegenheiten und Außenbeziehungen wurde 2008 überhaupt nur einer von 130 Tagesordnungspunkten öffentlich behandelt.

In welchen Bereichen plant die schwedische Ratspräsidentschaft konkrete Initiativen, um dem Beschluss des Rates vom 15. September 2006 und auch der bekannten schwedischen Tradition in Richtung Transparenz endlich zu entsprechen?

Tritt die schwedische Ratspräsidentschaft dafür ein, auch die Sitzungen des Europäischen Rates inklusive der üblichen Arbeitsessen auf Ratsebene endlich öffentlich zugänglich zu machen?

Welche konkreten Initiativen wird die schwedische Ratspräsidentschaft ergreifen, damit bei den Ratssitzungen die Tagesordnungspunkte öffentlich behandelt werden?

 
  
 

(DE) Die vorliegende Antwort, die durch den Ratsvorsitz erstellt wurde und weder für den Rat noch seine Mitglieder als solche bindend ist, wurde in der Fragestunde während der Sitzungsperiode des Europäischen Parlaments im September 2009 in Straßburg dem Rat nicht mündlich präsentiert.

Der Ratsvorsitz möchte daran erinnern, dass die Änderung von Artikel 8 der Geschäftsordnung des Rates, auf die in der Frage des Herrn Abgeordneten Bezug genommen wird, zu einer beträchtlichen Zunahme der Zahl öffentlicher Beratungen und Debatten während der letzten drei Jahre im Vergleich zum vorangegangenen Vierjahreszeitraum geführt hat, wo der Zugang zum Entscheidungsfindungsprozess des Rates durch die seitens des Europäischen Rates von Sevilla eingeführten Leitlinien (die so genannten ,,Sevilla-Leitlinien“) geregelt wurde.

Demnach wurden seit dem 1. Juli 2006 insgesamt 788 Themen auf Dienstebene bei öffentlichen Ratssitzungen behandelt. Die Zunahme ist im Hinblick auf die Zahl legislativer ,,B“-Punkte besonders beträchtlich gewesen: Insgesamt hat sich die Zahl der durch den Rat seit dem 1. Juli 2006 öffentlich behandelten legislativen ,,B“-Punkte im Vergleich mit dem Zeitraum Juli 2002 bis Juli 2006 verdoppelt. Ferner wurden insgesamt 128 öffentliche Debatten einschließlich 118 Debatten zu wichtigen, die Interessen der Europäischen Union und seiner Bürgerinnen und Bürger berührenden Themen während des Zeitraums Juli 2006 bis Juni 2009 durchgeführt. Dagegen fanden nur 33 solcher Debatten während des vorangegangenen Zeitraums statt.

Nichtsdestoweniger möchte der Ratsvorsitz daran erinnern, dass die Zahl der auf der Tagesordnung des Rates für eine öffentliche Beratung oder Debatte gelisteten Positionen von einem Jahr zum anderen variieren kann. Dies hängt im besonderen Maße von der Zahl der Mitentscheidungspositionen ab, die durch den Rat während eines gegebenen Jahres zu behandeln und/oder zu billigen ist.

Demnach wurden 2007 153 Mitentscheidungsverfahren für eine öffentliche Debatte auf der Tagesordnung des Rates geführt, wobei die entsprechende Zahl für 2008 229 Mitentscheidungsverfahren betrug. Im Jahr 2009 hat der Rat bislang 148 Mitentscheidungsverfahren öffentlich behandelt.

Die Zahl der gemäß Artikel 8 (3) der Geschäftsordnung des Rates öffentlich abgehaltenen Debatten kann ferner in Abhängigkeit davon variieren, wie viele für eine öffentliche Debatte geeigneten Positionen durch jeden Ratsvorsitz ermittelt worden sind.

In Bezug auf die Sitzungen des Europäischen Rates soll daran erinnert werden, dass die Transparenzvorschriften nicht auf den Europäischen Rat anwendbar sind.

Der schwedische Ratsvorsitz teilt die Ansicht des Herrn Abgeordneten zur Bedeutung einer erhöhten Transparenz in der Unionstätigkeit. Dies ist ein sehr wichtiger Teil der Arbeit zur Erhöhung des Bürgervertrauens in die EU und unsere Gemeinschaftsinstitutionen.

Der Ratsvorsitz beabsichtigt für ihren Teil, den in Artikel 8 Paragraphen 1 bis 4 festgelegten, einschlägigen Transparenzbestimmungen der Geschäftsordnung des Rates volle Wirkung zu verleihen. Grundsätzlich werden alle Beratungen

über die zu erlassenden Rechtsakte in Übereinstimmung mit dem Mitentscheidungsverfahren gemäß der Geschäftsordnung des Rates veröffentlicht.

Parallel hierzu wird der Rat seine seit Juli 2006 unternommenen Bemühungen dahingehend fortsetzen, die Webcasting-Qualität von öffentlichen Ratssitzungen weiter zu verbessern. Dieser regelmäßig aktualisierte und verbesserte Service bietet einen direkten und bedarfsgerechten Zugang sowohl zu öffentlichen Debatten und Beratungen als auch zu anderen öffentlichen Ereignissen.

In qualitativer Hinsicht zielt das Videostreaming des Rates auf die Gewährleistung eines leichten und sinnvollen Zugangs für Nutzer zu den sie interessierenden Debatten ab.

Ferner sind seit der Einrichtung des EBS Plus (Europa per Satellit Plus) Ende 2008 jetzt mehr Kapazitäten für die erneute Übertragung öffentlicher Beratungen und Debatten des Rates verfügbar.

Der Vertrag von Lissabon legt einen zunehmenden Schwerpunkt auf Offenheit und Transparenz. Dies wird hoffentlich sowohl für den Rat als auch weitere Institutionen dazu beitragen, in ihrer Arbeit Maßnahmen hin zu mehr Transparenz zu ergreifen. Sofern der Vertrag von Lissabon in Kraft tritt, wird der Rat auch regelmäßig öffentlich und unabhängig vom anzuwendenden Gesetzgebungsverfahren zusammenkommen, wenn er einen Gesetzesentwurf erörtert und über einen derartigen Entwurf abstimmt.

 

Anfrage Nr. 17 von Czesław Adam Siekierski (H-0298/09)
 Betrifft: Programm zur Abgabe von Lebensmitteln an die am meisten bedürftigen Personen in der Gemeinschaft
 

Im März 2009 hat das Europäische Parlament einen Bericht über die besondere Unterstützung der am meisten bedürftigen Personen in der Gemeinschaft durch ein Programm zur kostenlosen Abgabe von Lebensmitteln angenommen. Der Verfasser war davon überzeugt, dass die Annahme einer Stellungnahme mit der großen Mehrheit der Mitglieder des Parlaments den damals amtierenden tschechischen Ratsvorsitz dazu veranlassen würde, die Diskussion wieder in Gang zu setzen und im Rat einen vernünftigen Kompromiss zu suchen. Leider war diese Hoffnung vergeblich. Es ist zu befürchten, dass auch der amtierende schwedische Ratsvorsitz nichts zur Wiederaufnahme dieses Projekts unternimmt, obwohl nichts dagegen spricht. Wird der Rat die Diskussionen über dieses Programm, das für Millionen unserer Bürgerinnen und Bürger von großer Bedeutung ist, wieder aufnehmen?

 
  
 

(DE) Die vorliegende Antwort, die durch den Ratsvorsitz erstellt wurde und weder für den Rat noch seine Mitglieder als solche bindend ist, wurde in der Fragestunde während der Sitzungsperiode des Europäischen Parlaments im September 2009 in Straßburg dem Rat nicht mündlich präsentiert.

Seit 1987 gestattet das Gemeinschaftsrecht, Lebensmittel aus Beständen der Interventionsstellen für Wohlfahrtsverbände zur Verteilung an die Bedürftigen in der Gemeinschaft bereitzustellen.

Im Jahr 2008 hat die Kommission einen Vorschlag zur Überprüfung der Rechtsvorschriften unterbreitet, was durch den Anstieg bei bestimmten Lebensmittelpreisen und den Rückgang der Bestände notwendig wurde.

Unter dem französischen Ratsvorsitz hielt der Rat eine Grundsatzdebatte zu diesem Vorschlag ab, jedoch war es nicht möglich, eine qualifizierte Mehrheit zu Gunsten des Vorschlags sicherzustellen.

Etliche Delegationen lehnten allein das Prinzip des Hilfsprogramms ab, wobei sie darauf bestanden, dass dies eine Angelegenheit der einzelnen Mitgliedstaaten sei.

 

Anfrage Nr. 18 von Silvia-Adriana Ţicău (H-0300/09)
 Betrifft: Förderung einer energieeffizienten Wirtschaft
 

Der schwedische Vorsitz des Rates der Europäischen Union hat erklärt, dass zu seinen Prioritäten für den Zeitraum von Juli bis Dezember 2009 die wirtschaftliche Erholung, die Steigerung der Beschäftigungsrate und die Verringerung des Treibhausgasausstoßes gehören. Diese Probleme wirken sich de facto auf das Leben jedes einzelnen EU-Bürgers aus.

Durch die Steigerung der Energieeffizienz und die Nutzung erneuerbarer Energien können in den nächsten Jahren mehrere Millionen Arbeitsplätze und die Voraussetzungen für ein nachhaltiges Wirtschaftswachstum geschaffen werden, wodurch der Europäischen Union gleichzeitig ein Wettbewerbsvorteil entsteht. Welche konkreten Maßnahmen wird der Vorsitz des Rates der Europäischen Union in Anbetracht dessen ergreifen, um die Mitgliedstaaten der Union zu ermutigen, Anreize für Investitionen in den Bereichen Energieeffizienz und Nutzung erneuerbarer Energien zu entwickeln, d. h. in Bereichen, die zur Entstehung neuer Arbeitsplätze, zur Förderung von Innovation und zu einer nachhaltigen wirtschaftliche Entwicklung beitragen können?

 
  
 

(DE) Die vorliegende Antwort, die durch den Ratsvorsitz erstellt wurde und weder für den Rat noch seine Mitglieder als solche bindend ist, wurde in der Fragestunde während der Sitzungsperiode des Europäischen Parlaments im September 2009 in Straßburg dem Rat nicht mündlich präsentiert.

Bereits im Aktionsplan für Energieeffizienz, den der Europäische Rat im März 2007 angenommen hatte und in dem das Ziel einer 20%igen Energieeinsparung bis zum Jahr 2020 festgelegt wurde, wurde die Energieeffizienz zu einer Priorität der europäischen Energiepolitik bestimmt.

Das im Juni 2008 gebilligte Achtzehnmonatsprogramm des Rates betont, dass nach dem Willen des Ratsvorsitzes eine kohlenstoffarme Wirtschaft angestrebt wird, die sowohl mit der Nachhaltigkeit als auch der Kosteneffizienz konform geht. Die Wahl des Energiemixes durch die Mitgliedstaaten wird dabei respektiert. Ferner steuert sie positiv zu einer Weiterentwicklung der Ziele im Einklang mit der Strategie von Lissabon für Wachstum und Beschäftigung bei. Freilich hat die Energieeffizienz nicht nur einen positiven Einfluss auf die Nutzung der Energieressourcen und die Reduktion der Treibhausgasemissionen. Sondern sie stimuliert zugleich, wie die Frau Abgeordnete feststellte, innovative technologische Entwicklungen, und kann so die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie und die Schaffung von Arbeitsplätzen fördern. Die Energieeffizienz ist demnach der Meilenstein für sowohl eine energieeffiziente als auch ökoeffiziente Volkswirtschaft. Sie wird uns gleichzeitig dabei helfen, den Herausforderungen des Klimawandels, des Ressourcenabbaus, der weltweiten Wirtschaftskrise und der Versorgungssicherheit zu begegnen.

Dem Rat und dem Europäischen Parlament sind aktuell drei Gesetzesvorlagen zur Energieeffizienz nach dem Mitentscheidungsverfahren vorgelegt worden:

die vorgeschlagene Richtlinie zur Energieeffizienz von Gebäuden;

die vorgeschlagene Richtlinie zur Kennzeichnung des Energieverbrauchs und

die vorgeschlagene Richtlinie zur Brennstoffeffizienz von Reifen

sind in der Tat die Hauptprioritäten für den Rat in diesem Halbjahr.

Einmal gebilligt - wovon wir hoffen, dass dies mit Ihrer Hilfe noch in diesem Halbjahr stattfindet -, werden die Mitgliedstaaten in der Lage sein, auch langfristig auf eigener Basis gleichermaßen im öffentlichen wie im privaten Sektor konkrete Energieeffizienzmaßnamen einzuführen. Dies sowohl für Gebäude und den Bausektor als auch für das breite Feld energiebezogener Produkte. Solche Maßnahmen werden in diesem Sinne Investitionen in innovative Technologien fördern, was die Mitgliedstaaten sowohl mit verschiedenen nationalen als auch europäischen Anreizformen unterstützen können.

Die Umsetzung von bereits auf Gemeinschaftsebene angenommenen Energieeffizienzinstrumenten wird auch zur Schaffung neuer Arbeitsplätze führen. Dies ist der Fall für die Rahmenrichtlinien zum Ökodesign und zur Energiekennzeichnung, wo wichtige Umsetzungsmaßnahmen (hinsichtlich Beleuchtung, Elektromotoren, etc.) in Vorbereitung sind.

Auch ist das der Fall für erneuerbare Energiequellen, wo der Rat und das Parlament am 4. Mai 2009 die

Richtlinie 2009/28/EG des Europäischen Parlaments und des Rates zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen angenommen hatte.

Im Hinblick auf Anreize sind Gemeinschaftsinstrumente für die Finanzierung von Energieeffizienzprojekten verfügbar, wie die Verordnung (EG) Nr. 1080/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung. Diese wurde überarbeitet, um 8 Mrd. € für Investitionen in die Energieeffizienz und erneuerbare Energien im Wohnungsbau bereitzustellen. Dies im Kontext des Europäischen Konjunkturprogramms, wo der Schwerpunkt auf ,,intelligenten Investitionen" auf Basis detaillierter Vorschläge für Partnerschaften zwischen dem öffentlichen und privaten Sektor liegt. Für diese werden Mittel der Gemeinschaft, der Europäischen Investitionsbank (EIB) und nationale Mittel verwandt werden. In dieser Hinsicht hat der Europäische Rat einer erhöhten Intervention durch die EIB seine Unterstützung gegeben. Speziell sowohl für Klein- und Mittelbetriebe, für erneuerbare Energien und sauberen Verkehr, als auch für die Verfahrensvereinfachung und schnellere Durchführung von Programmen. Sie werden durch den Kohäsionsfonds, den Strukturfonds und den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raumes speziell im Hinblick auf verstärkte Investitionen in die Energieeffizienz finanziert.

 

Anfrage Nr. 19 von Kinga Gál (H-0302/09)
 Betrifft: Freier Personenverkehr für einen offiziellen Vertreter eines Mitgliedstaats
 

Die Europäische Union hat einen Raum ohne Binnengrenzen begründet, in dem der freie Personenverkehr gewährleistet ist.

Ist der Rat der Ansicht, dass einem offiziellen Vertreter, z.B. einem Staatschef, eines Mitgliedstaates aus irgendeinem Grund die Einreise in das Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaates verwehrt werden könnte?

Akzeptiert der Rat den Standpunkt, dass die Verweigerung der Einreise eines offiziellen Vertreters eines Mitgliedstaats, z.B. des Staatschefs, in das Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaates auf der Grundlage der Richtlinie über die Freizügigkeit der Unionsbürger oder auf jedweder sonstigen Rechtsgrundlage eine gravierende Missachtung der europäischen Werte darstellt?

 
  
 

(DE) Die vorliegende Antwort, die durch den Ratsvorsitz erstellt wurde und weder für den Rat noch seine Mitglieder als solche bindend ist, wurde in der Fragestunde während der Sitzungsperiode des Europäischen Parlaments im September 2009 in Straßburg dem Rat nicht mündlich präsentiert.

Wie die Frau Abgeordnete richtig feststellt, ist der freie Personenverkehr eine grundlegende Komponente des Binnenmarktes und der Union als Raum der Freiheit, Sicherheit und des Rechts. Dies ist ein für alle EU-Bürgerinnen und -Bürger im Artikel 18 (1) des EG-Vertrages verankertes Recht, welches den in diesem Vertrag niedergelegten Beschränkungen und Bedingungen und den ihm Wirkung verleihenden, gebilligten Maßnahmen unterliegt.

Aus dem EG-Vertrag und Artikel 27 der Richtlinie 2004/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über das Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten ((1)) folgt, dass jegliche Beschränkungen dieses Rechts nur aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit und Gesundheit gerechtfertigt werden können. Die Anwendung einer solchen Beschränkung ist dem Gerichtshof vorbehalten.

In Bezug auf den speziellen Punkt, der durch die Frau Abgeordnete hinsichtlich der Reisen von Staatsoberhäuptern aufgeworfen wurde, sind die Reisevorkehrungen für solche Personen angesichts erforderlicher, spezieller Sicherheits- und Schutzmaßnahmen ausschließliche Angelegenheit der betroffenen Mitgliedstaaten. Folglich kann der Rat hier keine Ansicht vertreten. Diese Frage ist durch den Rat nie erörtert worden.

Dennoch begrüßt der Ratsvorsitz das bilaterale, am 10. September abgehaltene Treffen zwischen den Premierministern von Ungarn und der Slowakei und betrachtet die in Verbindung mit dem Treffen veröffentlichte gemeinsame Erklärung als ein positives Signal. Diese Erklärung scheint eine gute Lösungsgrundlage für die Behebung der bilateralen Spannungen zwischen den beiden Ländern zu sein.

 
 

(1)() ABI. L 158 vom 30.4.2004, S. 77

 

ANFRAGDE AN DIE KOMMISSION
Anfrage Nr. 30 von Pat the Cope Gallagher (H-0283/09)
 Betrifft: Förderung umweltfreundlicherer Technologien
 

Welche Initiativen verfolgt die EU zurzeit, um eine stärkere Nutzung neuer und umweltfreundlicherer Technologien zu fördern, damit die Klimaschutzziele der Europäischen Union erreicht werden?

 
  
 

(DE) Eine Reihe politischer Initiativen fördert die Entwicklung und breitere Anwendung umweltfreundlicherer Technologien. Darin eingeschlossen sind:

der Aktionsplan zur Förderung der Umwelttechnologien (ETAP), der seit 2004 durchgeführt wird. Seine Maßnahmen reichen von Forschungs- und Entwicklungsprogrammen (F&E), über die Einrichtung von Technologieplattformen, die Mobilisierung von Finanzinstrumenten und die öffentliche Vergabe bis hin zur Überarbeitung von Leitlinien für staatliche Hilfen. Ein Grünbuch zur Zukunft von ETAP wird vor Ende 2009 vorgelegt werden;

der im Jahr 2007 als Teil des EU-Klima- und Energiepakets angenommene Strategieplan für Energietechnologie (SET-Plan) zielt auf eine Forcierung der Entwicklung und Markteinführung kohlenstoffemissionsarmer Technologien ab. Die Instrumente sind europäische Industrie-Initiativen bei Technologien wie den erneuerbaren Energien und der CO2-Abscheidung und -Lagerung (CCS), das europäische Energieforschungsbündnis und die verbesserte internationale Zusammenarbeit;

die gleichfalls im Jahr 2007 angenommene Leitmarktinitiative für Europa zielt auf die Erweiterung des Marktes für innovative Produkte und Dienstleistungen in sechs Schwerpunktbereichen ab. Darunter fallen nachhaltiges Bauen, erneuerbare Energien und die Rückgewinnung, ferner bedarfsbegleitende Maßnahmen im Hinblick auf die Bestimmungen, die öffentliche Vergabe und die Standardisierung;

der im Jahr 2008 gebilligte Aktionsplan für Nachhaltigkeit in Produktion und Verbrauch und für eine nachhaltige Industriepolitik (SCP-SIP) bezweckt gleichfalls die Förderung von Öko-Innovationen, um umweltverträglichere Produkte zu entwickeln und zur Verschlankung von Produktionsprozessen beizutragen. Die freiwilligen Ziele zum umweltorientierten öffentlichen Beschaffungswesen (50 % bis 2010) werden zu einem stärkeren Aufgreifen von Umwelttechnologien und zur Ausweitung der Öko-Industrien beitragen.

Auch werden diese politischen Initiativen durch mehrere Finanzierungsinstrumente der Gemeinschaft wie dem 7.thRahmenprogramm für Forschung und technologische Entwicklung, dem neuen Wettbewerbs- und Innovationsprogramm und den Mitteln der Kohäsionspolitik unterstützt.

Es wird geschätzt, dass über ein Drittel des Budgets des 7.th Rahmenprogramms für Forschung und technologische Entwicklung Forschungsvorhaben zu sauberen oder umweltverträglichen Technologien in allen Branchen unterstützen wird. Diese Investitionen fördern mittels bestimmter gemeinsamer Technologieinitiativen oder anderer Formen öffentlich-privater Partnerschaften auch das Engagement des privaten Sektors.

Der überarbeitete Gemeinschaftsrahmen für staatliche Beihilfen macht es für Mitgliedstaaten einfacher, die Entwicklung und Markaufnahme saubererer Technologien zu unterstützen. Dabei werden verwandte Vorschriften der Gemeinschaftsleitlinien zu Forschung, Entwicklung und Innovation, der Leitlinien zum Umweltschutz und der Allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung genutzt.

Ferner stellt die überarbeitete Emissionshandelsrichtline ((1)) 300 Millionen an Beihilfen für die Unterstützung von CCS und innovativen erneuerbaren Energiequellen bereit. Das Europäische Konjunkturprogramm umfasst klare Maßnahmen für eine beschleunigte Verlagerung hin zu einer kohlenstoffarmen und ressourceneffizienten Wirtschaft, worin bereits 4 Mrd. EUR für Energieprojekte eingeschlossen sind.

 
 

(1)() Richtlinie 2003/87/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Oktober 2003 über ein System für den Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten in der Gemeinschaft und zur Änderung der Richtlinie 96/61/EG des Rates (Text von Bedeutung für den EWR), ABl. L 275 vom 25.10.2003, S. 32.

 

Anfrage Nr. 32 von Cristina Gutiérrez-Cortines (H-0297/09)
 Betrifft: Auswirkungen der Windkraftanlagen auf die biologische Vielfalt, die Landschaft und die Umgebung
 

Da die integrierte Umweltpolitik zu den grundlegenden Prinzipien der EU gehört, erscheint es logisch, dass der Ausbau der erneuerbaren Energien mit der Erhaltung der biologischen Vielfalt vereinbar sein muss, bei der die Umgebung, die Landschaft, der Boden sowie die Flora und Fauna einbezogen werden müssen.

Werden die Kriterien, die für die Umweltauswirkungen der Windkraftanlagen auf die biologische Vielfalt und insbesondere auf Raubvögel und andere Vogelarten sowie für die Umweltauswirkungen der Anlagen auf natürliche, historische und städtische Landschaften von hohem Wert gelten, in strikter und wissenschaftlicher Weise angewandt?

Beabsichtigt die Kommission, falls es keine ausreichende Rechtsgrundlage gibt, die bestehenden Rechtsvorschriften zu ergänzen, um die Vereinbarkeit der Windkraftanlagen mit der Erhaltung der Natur- und Kulturlandschaft zu gewährleisten?

 
  
 

(DE) Die Entwicklung der Windenergie ist Teil der Verpflichtung der Europäischen Gemeinschaft, bis 2020 einen 20%igen Anteil an erneuerbaren Energien beim gesamten EU-Energieverbrauch zu erreichen. Dies ist ein Schlüsselelement der Strategie zur Bekämpfung von CO2-Emissionen 2im Zusammenhang mit dem Klimawandel. Sie unterstützt weitere politische Ziele der EU-Energie- und -Umweltpolitik - beispielsweise im Hinblick auf eine geringere Luftverunreinigung, einen reduzierten Wasserverbrauch bei der konventionellen Energieerzeugung, eine verminderte Abhängigkeit von Energieeinfuhren und die Schaffung von mehr Arbeitsplätzen.

Dennoch ist sich die Kommission dessen bewusst, dass es bei der unzweckmäßigen Ansiedlung von Windparks Umweltrisiken gibt. Der Ausbau der Windenergie sollte in einer nachhaltigen und ausgewogenen Weise erfolgen, die zu keinen signifikanten Schäden an den sensiblen Gebieten mit Naturschutzbedeutung führen: Besondere, unter die Vogelschutzrichtlinie ((1)) fallende Schutzgebiete (SPAs) und unter der Habitat-Richtlinie ((2)) geführte Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung (SCIs) bilden das Natura 2000-Netzwerk.

Windparks sind ferner Bestandteil der Anlage II der Richtlinie über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) ((3)). Für die in Anlage II aufgeführten Projekte sind die Mitgliedstaaten angehalten zu bestimmen, ob die Erfordernis einer Umweltverträglichkeitsprüfung gegeben ist. Kriterien wie Leistungsmerkmale des Projekts, seine Standortbestimmung und Kenndaten einer potenziellen Einwirkung müssen in Betracht gezogen werden.

Das bedeutet, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung erforderlich ist, falls diese Projekte möglicherweise erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt haben. Die UVP-Richtlinie hat außerdem unterschiedliche Faktoren wie die Flora und Fauna, aber auch die Menschen, den Boden, das Landschaftsbild und das Kulturerbe zu berücksichtigen.

Jegliche Entwicklungen, die möglicherweise eine erhebliche negative Auswirkung auf die Gebiete von Natura 2000 haben können, müssen Gegenstand einer angemessenen Umweltverträglichkeitsprüfung nach Artikel 6 der Habitat-Richtline sein. Die Kommission hat allgemeine Auslegungs- und Methodik-Leitlinien für die Anwendung dieser Bestimmungen bereitgestellt.

Für öffentliche Windkraftwerke sind ferner die Vorschriften der Richtlinie über eine strategische Prüfung der Umweltauswirkungen (SUP) ((4)) anwendbar.

Die Kommission ist der Ansicht, dass dieses Umweltrecht ausreichend für eine angemessene Steuerung möglicher Auswirkungen von Windparkvorhaben auf die natürliche und kulturelle Umwelt ist.

Strenge und Qualität dieser Umweltverträglichkeitsprüfungen fallen zunächst in die Verantwortung des Bauherrn und schlussendlich in die der zuständigen Umweltbehörden der Mitgliedstaaten.

Für ihre Unterstützung und die Verbesserung der Durchführung erarbeitet die Kommission derzeit besondere Leitlinien zur Windenergie und zum Naturschutz.

 
 

(1)() Richtlinie 79/409/EWG des Rates vom 2. April 1979 über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten, ABl. L 103 vom 25.4.1979.
(2)() Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen, ABl. L 206 vom 22.7.1992.
(3)() Richtlinie 85/337/EWG über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten, ABl. L 175 vom 5.7.1985. Geändert durch die Richtlinie 97/11/EG vom 3. März 1997 (ABl. L 73 vom 14.3.1997) und der Richtlinie 2003/35/EG vom 26. Mai 2003 (ABl. L 156 vom 25.6.2003).
(4)() Richtlinie 2001/42/EG vom 27. Juni 2001 über die Prüfung der Umweltauswirkungen bestimmter Pläne und Programme, ABl. L 197 vom 21.07.2001

 

Anfrage Nr. 33 von Marian Harkin (H-0260/09)
 Betrifft: Umweltgesetzgebung
 

Die Europäische Kommission hat in den vergangenen 30 Jahren ein breites und bedeutendes Spektrum von Umweltschutzmaßnahmen erlassen, die auf die Verbesserung der Umweltqualität gerichtet sind, und die Umwelt kann geschützt werden, wenn die Mitgliedstaaten die Verpflichtungen, die sie auf europäischer Ebene eingegangen sind, auch ordnungsgemäß erfüllen.

Was wird die Kommission in Anbetracht dessen tun, um die Mitgliedstaaten zu einer weiteren Unterstützung von Agrarumweltprogrammen, wie dem Programm zum Schutz der ländlichen Umwelt (REPS) in Irland, zu bewegen, das den Landwirten Anreize dafür bieten soll, ihre landwirtschaftlichen Tätigkeiten in umweltverträglicher Weise durchzuführen und die Umweltfreundlichkeit bestehender landwirtschaftlicher Betriebe zu verbessern? Ist die Kommission nicht auch der Auffassung, dass Entscheidungen, wonach eine Unterstützung für neue Teilnehmer an dem Programm REPS 4 in Irland entfallen soll, mit den Umweltzielen der EU nicht vereinbar sind?

 
  
 

(DE) Nachhaltige Bewirtschaftungsformen sind eines der Kernziele der EU-Landwirtschaftpolitik. Mindestens 25 % des Gesamtbeitrags der Mittel für die ländliche Entwicklung soll dem Schwerpunkt 2 zugeteilt werden, und die Agrarumweltmaßnahmen sind in dieser Hinsicht Schlüsselmaßnahmen. Daher muss Irland wie alle Mitgliedstaaten während des Programmzeitraums von 2007 bis 2013 weiter umweltfreundliche landwirtschaftliche Verfahren und Umweltverbesserungen unterstützen.

Irland hat im Juli 2009 einen Vorschlag zur Modifizierung seines ländlichen Entwicklungsprogramms unterbreitet. Die Kommission begreift das so, dass die Regelung zum Schutz der ländlichen Umwelt (REPS) zwar beendet wurde, aber durch eine neue Agrarumweltregelung ersetzt wird. Gegenwärtig untersucht die Kommission das vorgeschlagene Programm zwecks Prüfung, ob es sowohl den irischen Strategieplan als auch EU-Prioritäten berücksichtigt, und wird Irland in den kommenden Monaten zu seinen Schlussfolgerungen unterrichten.

 

Anfrage Nr. 34 von Mairead McGuinness (H-0265/09)
 Betrifft: Referendum über den Lissabon-Vertrag in Irland
 

Kann die Kommission die Gründe umreißen, weshalb sie der Ansicht ist, dass Irland bei dem bevorstehenden Referendum über den Lissabon-Vertrag mit Ja stimmen sollte, und außerdem die Folgen eines zweiten Nein für Europa erläutern?

 
  
 

(DE) Die EU ist auf 27 Mitgliedstaaten und eine halbe Milliarde Bürgerinnen und Bürger angewachsen, obwohl ihr aktueller institutioneller Aufbau für eine viel kleinere Union angelegt war. Die Kommission ist der Ansicht, dass der Vertrag von Lissabon die EU demokratischer, effizienter und transparenter gestalten wird. Er wird die Vollmachten des Parlaments vergrößern und die Rolle der nationalen Parlamente stärken. Er wird den Bürgerinnen und Bürgern eine stärkere Stimme verleihen, indem er ihnen einräumt, die Kommission zur Förderung neuer politischer Initiativen aufzurufen.

Im Hinblick auf politische Fragen gestattet es der Vertrag der Kommission beispielsweise, effektiver gegen grenzüberschreitende Kriminalität, illegale Einwanderung und den Frauen- und Kinderhandel vorzugehen. Der Vertrag gibt der Union gleichermaßen auf internationaler Bühne eine deutlichere Stimme - zu Fragen wie dem Klimawandel und dem Kampf gegen die weltweite Armut.

Im Falle einer Ratifizierung sieht der Vertrag von Lissabon für jeden Mitgliedstaat einen EU-Kommissar vor, und die Durchführung der Entscheidung des Europäischen Rates als Teil eines größeren Pakets rechtlich bindender Garantien, die dafür ausgelegt sind, den im irischen Referendum von 2008 zum Ausdruck gebrachten Bedenken zu begegnen.

 

Anfrage Nr. 35 von Frank Vanhecke (H-0266/09)
 Betrifft: Legalisierung des Aufenthaltsstatus von illegalen Immigranten in Belgien
 

Die belgische Regierung hat vor kurzem beschlossen, am 15. September 2009 ein neues umfassendes Verfahren zur Legalisierung des Aufenthaltsstatus von illegalen Ausländern einzuleiten; dieses Verfahren steht im Gegensatz zu den europäischen Vereinbarungen, die im Anschluss an die Legalisierungsverfahren in anderen Ländern getroffen worden sind.

Es ist überdies das zweite Mal innerhalb weniger Jahre, dass Belgien eine „einmalige” und massive Legalisierung vornimmt.

War die Kommission vorher von der Absicht Belgiens unterrichtet worden?

Ist die Kommission der Auffassung, dass Belgien hiermit gegen europäische Vereinbarungen verstößt, und können andere Mitgliedstaaten Maßnahmen ergreifen, um in Belgien legalisierten Personen die Einreise in ihr Hoheitsgebiet zu untersagen?

 
  
 

(FR) Zunächst möchte die Kommission betonen, dass die Frage der Regularisierung nicht durch das Gemeinschaftsrecht geregelt wird und unter das Recht der Mitgliedstaaten fällt. Folglich können illegalen Personen Aufenthaltsgenehmigungen erteilt werden, was im Ermessen des Mitgliedstaates innerhalb des Geltungsbereichs der nationalen Gesetzgebung liegt. Eine durch einen Schengen-Staat ausgestellte Aufenthaltsgenehmigung entspricht einem Visum und gestattet dem Inhaber, innerhalb des Schengen-Gebiets zu reisen. Dies trifft ebenfalls auf die im Falle einer Regularisierung erteilten Aufenthaltstitel zu.

Dennoch enthält der Europäische Pakt zu Einwanderung und Asyl die politische Verpflichtung aller Mitgliedstaaten, „einzig aus humanitären oder wirtschaftlichen Gründen erfolgende Einzelfallregelungen generellen Regelungen nach nationalem Recht vorzuziehen“. Laut verfügbaren Informationen scheint das belgische Regularisierungsverfahren mit diesem Ansatz übereinzustimmen.

Um der Tatsache Rechnung zu tragen, dass migrationsbezogene, auf nationaler Ebene gebilligte Maßnahmen Auswirkungen über Landesgrenzen hinaus haben können, hat der Rat im Jahr 2006 einen Mechanismus zur gegenseitigen Information eingerichtet. Dieses System ermöglicht den Informationsaustausch zu nationalen Maßnahmen (wie Regularisierungen), die dafür verantwortlich gemacht werden können, erhebliche Auswirkungen auf diverse Mitgliedstaaten zu haben. Es sollte erwähnt werden, dass die praktische Anwendung dieses Mechanismus weiterhin unbefriedigend ist, da die Mitgliedstaaten nur in sehr beschränktem Maße Gebrauch davon machen. Daher wird die Kommission künftig den Mechanismus zur gegenseitigen Information in das jährliche Überwachungsverfahren zur Durchführung des Europäischen Pakts zu Einwanderung und Asyl integrieren.

Die Kommission kontrolliert die Regularisierungen genau. Anfang 2009 veröffentlichte sie eine externe Studie zur Regularisierungspraxis in den Mitgliedstaaten. Diese Studie wird für künftige Beratungen über Regularisierungen von Nutzen sein. Die Mitteilung zum Stockholmer Programm erwähnt im Hinblick auf Regularisierungen die Notwendigkeit, den Informationsaustausch und die Möglichkeiten für die Entwicklung von Leitlinien zu verbessern.

 

Anfrage Nr. 36 von Seán Kelly (H-0268/09)
 Betrifft: Programm zum Schutz der ländlichen Umwelt in Irland
 

Welcher Mittelbetrag wurde Irland für das Programm zum Schutz der ländlichen Umwelt zur Verfügung gestellt? Wurde die Kommission von der irischen Regierung über deren Pläne für die Durchführung des Programms REPS 4 unterrichtet?

 
  
 

(DE) Irland hatte zu Beginn des Programmplanungszeitraums 2007-2013 vorgezogen, der Regelung zum Schutz der ländlichen Umwelt (REPS) 2 Mrd. EUR, ungefähr die Hälfte seines gesamten Programmbudgets, zuzuweisen. Die EU hat dies mit einem Anteil von 55 % kofinanziert. Obendrein stellte die irische Regierung für dieses Programm noch zusätzliche 414 Mio. EUR an nationalen Mitteln zur Verfügung.

Am 15. Juli hat Irland die Kommission über seine Entscheidung informiert, die Regelung zum Schutz der ländlichen Umwelt für neue Teilnehmer zu blockieren, wobei als Grund Haushaltszwänge angeführt wurden. Gleichzeitig brachte es seine Absicht zum Ausdruck, REPS durch eine neue Agrarumweltregelung zu ersetzen. Die Kommission untersucht die vorgeschlagenen Änderungen derzeit und wird Irland in den kommenden Monaten über ihre Schlussfolgerungen in Kenntnis setzen.

Dabei ist zu betonen, dass die Mitgliedstaaten darüber entscheiden, wie ihr Budget für ländliche Entwicklungsprogramme zwischen den verschiedenen Maßnahmen aufgeteilt wird. Irland hat seine Wahl getroffen, und wird unabhängig von der Schließung von REPS weiterhin beträchtlich in die Agrarumwelt investieren.

 

Anfrage Nr. 37 von Nikolaos Chountis (H-0269/09)
 Betrifft: Einrichtung einer Mülldeponie in der Region Grammatiko/Attika
 

Die Kommission betonte in ihrer Antwort auf meine frühere Anfrage (E-0544/09) betreffend die Einrichtung einer Mülldeponie in den Regionen Fyli, Grammatiko und Keratea in Attika unter anderem, dass die Einhaltung bestimmter Vorschriften [wie die Vorbehandlung von Abfällen gemäß Richtlinie 1999/31/EG], die in den Entscheidungen vorgesehen und mit den Zwischenzahlungen verknüpft sind in keiner der drei Fälle hinreichend gegeben ist.

In der Erwägung, dass die Bürger der Region Grammatiko sich heftig gegen die Einrichtung einer neuen Mülldeponie in der Region wehren, da die in Richtlinie 1999/31/EG ((1)) festgeschriebenen Bedingungen für eine saubere Mülldeponie nicht gegeben sind, wird die Kommission um folgende Mitteilung ersucht: Welche Direktinterventionen wird sie einleiten, um die geplante Einrichtung der Deponie in Grammatiko zu stoppen, da dort die Bedingungen von Richtlinie 1999/31/EG nicht eingehalten werden?

 
  
 

(FR) Die Entscheidung C(2004) 5509 der Kommission über die Gewährung einer Beihilfe des Kohäsionsfonds für die Durchführung des Vorhabens zur Errichtung einer Abfalldeponie in Grammatiko, umfasst eine Reihe besonderer zahlungsbezogener Bedingungen. Diese Bedingungen ergeben sich hauptsächlich aus der Richtlinie 1999/31/EG des Rates vom 26. April 1999 über Abfalldeponien ((2)), und zwar im Hinblick auf die Abfallbehandlung, die Errichtung und die Betreibung von Deponien. Sie sind, wenn die Kommission hierfür die Zahlungen vornehmen soll, einzuhalten. Die Kommission hat in ihrer Antwort auch auf die vom Herrn Abgeordneten gestellte Anfrage E-0544/09 ((3)) Bezug genommen hat. Sie ist der Ansicht, dass die Einhaltung dieser besonderen Bedingungen zum gegenwärtigen Zeitpunkt unbefriedigend ist. Daher wird sie die Ausgaben für die betroffen Projekte nicht tätigen. Sollte sich diese Situation einer Nichteinhaltung der speziellen Bedingungen fortsetzen, so behält sich die Kommission das Recht vor, die Zahlungen nach Artikel H(1) Anlage II der Verordnung (EG) Nr. 1164/94 des Rates, geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 1265/99 ((4)), auszusetzen. Auf jeden Fall möchte die Kommission dem Herrn Abgeordneten versichern, dass sie sich um die jederzeitige Einhaltung des Gemeinschaftsrechts einschließlich der Anforderungen nach Richtlinie 1999/31/EG unabhängig der Finanzierungsquelle kümmern wird.

 
 

(1)() ABl. L 182 vom 16.7.1999, S. 1.
(2)() Richtlinie 1999/31/EG des Rates vom 26. April 1999, ABl. L 182 vom 16.7.1999
(3)() http://www.europarl.europa.eu/QP-WEB
(4)() Verordnung (EG) Nr. 1265/1999 des Rates vom 21. Juni 1999 zur Änderung von Anhang II der Verordnung (EG) Nr. 1164/94 zur Errichtung des Kohäsionsfonds, ABl. L 161 vom 26.6.1999

 

Anfrage Nr. 38 von Eleni Theocharous (H-0275/09)
 Betrifft: Besiedlung Zyperns
 

Die im Rahmen des Europarats erstellten Berichte Cuco und Laakso bezeichnen die Besiedlung, die die Türkei im besetzten Nordzypern vornimmt, als Kriegsverbrechen und eine Zeitbombe für die Suche nach einer Lösung des Problems. Türkischen Presseberichten zufolge beabsichtigt der türkische Ministerpräsident Tayyip Erdogan eine weitere Million Siedler nach Zypern zu senden.

Unterstützt die EU und insbesondere die Kommission die Volkszählung auf ganz Zypern, die von der Europäischen Union und/oder dem Europarat durchgeführt werden soll?

Gedenkt die Europäische Union, für den Fall, dass die Türkei die Besiedlung im besetzten nördlichen Teil Zypern fortsetzt, Maßnahmen gegen das Land zu ergreifen, und wenn ja, welche?

 
  
 

(DE) Die durch die Frau Abgeordnete aufgeworfene Frage der türkischen Staatsangehörigen, die jetzt im nördlichen Teil Zyperns ansässig sind, unterstreicht die Dringlichkeit einer schnellen Lösung des Zypern-Problems, da diese Frage ein Grundbestandteil der Lösung sein wird.

Die Kommission unterstützt vollumfänglich die Anstrengungen der Regierungschefs der beiden Gemeinschaften in Zypern, eine derartig umfangreiche Vereinbarung unter der Schirmherrschaft der Vereinten Nationen zu erzielen.

Die Erzielung einer Lösung wird ein ordentliches Stück Arbeit erfordern. Die Kommission vertraut darauf, dass dies für beide Gemeinschaften unter der UN-Führung ((1)) und mit Unterstützung der EU ein Erfolg werden kann.

Ferner erwartet die Kommission, dass die Türkei ihr gesamtes Gewicht für eine Lösung einsetzt.

Sie ist fest davon überzeugt, dass die bevorstehende Amtsperiode hierfür eine nicht zu verpassende Gelegenheit bietet.

 
 

(1)() Vereinte Nationen

 

Anfrage Nr. 39 von Proinsias De Rossa (H-0276/09)
 Betrifft: Umsetzung von Artikel 13 der Richtlinie zur Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ohne Unterschied der Rasse oder der ethnischen Herkunft in Irland
 

Kann die Kommission in Bezug auf ihre Antwort vom 16. Dezember 2008 auf die Anfrage P-6503/08 mitteilen, ob sie Klage gegen Irland betreffend die Umsetzung des Artikels 13 der Richtlinie zur Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ohne Unterschied der Rasse oder der ethnischen Herkunft (2000/43/EG ((1))) oder anderer vergleichbarer Bestimmungen des EU-Rechts eingereicht hat und den derzeitigen Stand dieser Verfahrens erläutern?

 
  
 

(DE) Die Kommission möchte die Frau Abgeordnete auf ihre Antwort zur vorrangigen Frage P-6503/08 zum gleichen Sachverhalt verweisen.

Die Kommission erinnert ferner daran, dass die Richtlinie (2000/43/EG) des Rates vom 29. Juni 2000 zur Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ohne Unterschied der Rasse oder der ethnischen Herkunft von den Mitgliedstaaten nicht verlangt, dass sie einen bestimmten Mittelanteil oder bestimmte Organisationsstrukturen für Gleichstellungsbehörden bereitstellen müssen. Falls nachweislos angenommen wird, dass das verfügbare Budget für die Gleichstellungsbehörde zur Ausübung ihrer Pflichten nicht ausreichend ist, kann die Kommission gemäß den Bestimmungen der Richtlinie nicht intervenieren.

Informationen zu den Verstoßverfahren, die gegen die irischen Behörden im Hinblick auf die Antidiskriminierungsrichtlinien eingeleitet wurden, können den Pressemitteilungen der Kommission im Bereich „Dokumente zum Thema“ der Website unter http://ec.europa.eu/social/main.jsp?catId=613&langId=de" entnommen werden.

 
 

(1)() ABl. L 180 vom 19.7.2009, S. 22

 

Anfrage Nr. 40 von Athanasios Pafilis (H-0288/09)
 Betrifft: Arbeitnehmerfeindliche Maßnahmen
 

Die Maßnahmen, die die EU und die Regierungen der Mitgliedstaaten im Rahmen der arbeitnehmerfeindlichen Beschlüsse des informellen EU-Gipfels vom 7. Mai 2009 in Prag im Bereich Beschäftigung umsetzen, stellen einen brutalen Angriff auf die Rechte der Arbeitnehmer dar und dienen nur dazu, die Profite der Monopole sicherzustellen.

Die Berichte der EZB, des IWF und der OECD dienen dem Kapital als ideologische Grundlage für neue Strukturveränderungen, nur um noch menschenverachtendere und tiefgreifendere arbeitnehmerfeindliche Maßnahmen zu ergreifen. Dazu gehören die generelle Anwendung flexibler Formen der Beschäftigung, die Aushöhlung der Tarifverträge, drastische Lohn- und Rentenkürzungen, die Erhöhung des Renteneintrittsalters, eine wachsende Besteuerung der Arbeitnehmer, Rentner und Selbständigen sowie die weitere Privatisierung der Leistungen in den Bereichen Gesundheit und Soziales sowie Bildung.

Gehören zu den Leitlinien der Kommission in Bezug auf dauerhafte strukturelle Reformen, über die sie gemeinsam mit der Regierung der Nea Dimokratia berät und beschließt, auch die oben genannten brutalen arbeitnehmerfeindlichen Maßnahmen?

 
  
 

(DE) Die Kommission ist keinesfalls der Ansicht, dass die durch die EU und die Regierungen der Mitgliedstaaten in Antwort auf die Finanz- und Wirtschaftskrise gebilligten Maßnahmen als ein „brutaler Angriff auf die Arbeitnehmer mit dem Ziel, die durch die Monopole erzielten Profite zu sichern“, beschrieben werden können. Das übergeordnete Ziel dieser Maßnahmen ist die Eindämmung der steigenden Arbeitslosigkeit und die Stärkung einer potenziellen Erholung, damit die Menschen in der ganzen EU so schnell wie möglich vom Wachstum profitieren können.

Auf dem am 7. Mai in Prag abgehaltenen EU-Beschäftigungsgipfel wurden keine Entscheidungen getroffen. Der veröffentlichten zehn Empfehlungen sollten als ein ausgewogenes System politischer Prioritäten für die Schaffung neuer Arbeitsplätze, den Erhalt von Arbeitsplätzen und die aktive Einbeziehung der Sozialpartner betrachtet werden. Darüber hinaus haben die Sozialpartner, und folglich die Gewerkschaften, aktiv am Beschäftigungsgipfel teilgenommen.

Die Kommission hat sich für flexiblere Arbeitsmärkte eingesetzt, aber immer betont, dass diese mit mehr Beschäftigungssicherheit einhergehen sollten. Die Kommission hat sich auch für ein erhöhtes Renteneintrittsalter eingesetzt, um die erhöhte Lebenserwartung der Europäer und die Erfordernis einer sozialen Zukunftsfähigkeit der Rentensysteme zu reflektieren. Um die langfristige Anpassungs- und Zukunftsfähigkeit ihrer Rentensysteme zu sichern, sind alle Mitgliedstaaten einschließlich Griechenland damit konfrontiert, das Effektivalter für den Renteneintritt und die Beschäftigungssicherung für mehr länger arbeitende Menschen sicherzustellen. Im Falle Griechenlands könnte dies in eine Erhöhung des Rentenberechtigungsalters der staatlichen Systeme münden.

 

Anfrage Nr. 41 von Tadeusz Zwiefka (H-0291/09)
 Betrifft: Ergebnis der zweiten Sitzung des Unterausschusses EU-Ägypten "Politische Fragen: Menschenrechte und Demokratie - internationale und regionale Fragen" vom 7./8 Juli 2009 in Bezug auf "Al-Manar TV"
 

Die Ausstrahlung des geächteten terroristischen Fernsehsenders „Al-Manar TV” nach Europa durch den ägyptischen Satellitenbetreiber Nilesat verstößt weiterhin unmittelbar gegen den Aktionsplan EU-Ägypten und stellt eine Bedrohung der Sicherheit Europas dar, die womöglich eine Radikalisierung mit sich bringt. In ihrer Antwort auf die Anfrage H-0011/09 hat die Kommission festgestellt, der Unterausschuss zu politischen Fragen mit Ägypten sei der „geeignete Mechanismus”, um das Thema der Ausstrahlung von „Al-Manar TV” durch Nilesat aufzuwerfen. Hat die Kommission das Thema der Ausstrahlung von „Al-Manar TV” durch Nilesat in der zweiten Sitzung des Unterausschusses EU-Ägypten „Politische Fragen: Menschenrechte und Demokratie – internationale und regionale Fragen” vom 7./8 Juli 2009 Ägypten gegenüber angesprochen? Könnte die Kommission skizzieren, welche Zusagen Ägypten gemacht hat, um die Ausstrahlung von „Al-Manar TV” über Nilesat zu unterbinden?

 
  
 

(DE) Die Kommission möchte dem Herrn Abgeordneten für seine Anfrage zum letzten EU-Ägypten-Unterausschuss zu politischen Fragen und zum ägyptischen Satellitenprovider Nilesat, der den Fernsehsender Al-Manar ausstrahlt, danken.

Die Kommission teilt die Bedenken des Herrn Abgeordneten, dass das durch Al-Manar verbreitete Sendematerial zu einer Anstiftung zum Hass beitragen könne.

Sowohl Ägypten als auch die EU setzen sich dafür ein, ,,bei der Bekämpfung jeglicher Formen von Diskriminierung, Intoleranz, Rassismus und Fremdenfeindlichkeit zusammenzuarbeiten; insbesondere bei Formen von Hass oder Verleumdung auf der Grundlage von Religion, Glauben, Rasse oder Herkunft ...“ Dies wurde in unserem gemeinsamen, im Jahr 2007 im Rahmen der Europäischen Nachbarschaftspolitik begründeten Aktionsplan niedergelegt. Die Kommission setzt sich außerdem dafür ein, die Rolle der Medien bei der Bekämpfung dieses Phänomens zu stärken.

Das zweite, im Juli in Kairo durchgeführte Treffen des EU-Ägypten-Unterausschusses zu politischen Fragen war ein weiterer Schritt in Richtung vertiefter politischer Beziehungen mit Ägypten und Vertrauensbildung im Prozess des politischen Dialogs.

Während des Treffens hat die Kommission natürlich die Ausstrahlungen des Fernsehsenders Al-Manar über Nilesat erwähnt. Die Kommission hat ihre Sorge zum Senderinhalt zum Ausdruck gebracht, der im Widerspruch zur EU-Gesetzgebung gegen Hassreden steht, und der die Anstrengungen der EU und Ägyptens bei der Förderung von Frieden und Sicherheit in der Region unterläuft.

Ägypten hat bei dieser Gelegenheit keine Kommentare abgegeben bzw. ist keine Verpflichtung eingegangen, um die Ausstrahlungen des Fernsehsenders Al-Manar über Nilesat zu stoppen.

Die Kommission wird diese Frage weiterhin aufmerksam verfolgen und sie bei einer neuerlichen Gelegenheit im Rahmen des regelmäßigen politischen Dialogs der EU mit Ägypten aufwerfen.

 

Anfrage Nr. 42 von Ryszard Czarnecki (H-0293/09)
 Betrifft: Verletzung des Gemeinschaftsrechts durch Sportvereine
 

Die dänischen Behörden haben polnische und niederländische Staatsbürger, die im Besitz gültiger Eintrittskarten waren, am Besuch des Qualifikationsspiels der Europaliga Brøndby Kopenhagen gegen Legia Warschau gehindert. Wird die Kommission auf diesen Verstoß gegen den gemeinschaftlichen Grundsatz der Gleichbehandlung der Angehörigen aller EU-Mitgliedstaaten reagieren und wenn ja, wie? Diese Vorgehensweise ist diskriminierend. Auch Personen in Besitz eines belgischen Personalausweises, die sich dieses Spiel ansehen wollten, wurde der Zutritt zum Stadion verweigert. In ähnlicher Weise verwehrten die Entscheidungsträger des belgischen FC Brügge polnischen Beamten der Europäischen Kommission und des Europäischen Parlaments den Kauf von Eintrittskarten für das Spiel FC Brügge gegen Lech Poznań, das in der vergangenen Woche, am 27. August 2009, stattfand. Dies ist ebenfalls ein Beispiel für eine tatsächliche Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit. Bedeutet dies, dass in der Europäischen Union die Regeln einzelner, beispielsweise dänischer oder belgischer Sportvereine Vorrang vor dem Gemeinschaftsrecht haben?

 
  
 

(DE) Im Hinblick auf die vermeintliche Behinderung polnischer und niederländischer Staatsbürger, die im Besitz gültiger Eintrittskarten für das Europa-Qualifikationsspiel Brondby Kopenhagen und Legia Warszawa waren, durch die dänischen Behörden würde die Kommission Klarstellungen begrüßen. Dies sowohl dahingehend, ob die Behinderung die Einreise ins Land oder den Zutritt zum Stadium betraf, als auch dahingehend, ob die Behinderung wirklich durch die staatlichen Behörden oder den Spielveranstalter selbst verhängt wurde. Es wäre auch sehr hilfreich, die durch die Behörden oder den Spielveranstalter angeführten Gründe für eine Hinderung der betroffenen Personen am Besuch des Spiels zu kennen.

Hierzu sei erwähnt, dass aus der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ((1)) folgt, dass unter Artikel 49 des EG-Vertrags, der die freie Erbringung von Dienstleistungen in der gesamten EU garantiert, auch die Freiheit der Abnehmer von Dienstleistungen, sich in einen anderen Mitgliedstaat für die Inanspruchnahme einer Dienstleistung zu begeben, fällt. Dies ohne Auflage von Beschränkungen, es sei denn, sie können durch übergeordnete Gründe eines allgemeinen Interesses wie die Sicherheit oder öffentliche Ordnung gerechtfertigt werden, und sie sind angemessen. Dieser Grundsatz ist auch in Artikel 20 der Richtlinie 2006/123/EG ((2)) über Dienstleistungen im Binnenmarkt verankert (die durch die Mitgliedstaaten bis zum 28. Dezember 2009 umgesetzt werden muss), und laut der die Mitgliedstaaten gewährleisten müssen,

i) dass dem Dienstleistungsempfänger keine diskriminierenden Anforderungen auferlegt werden, die auf dessen Staatsangehörigkeit oder Wohnsitz beruhen

und

ii) dass die allgemeinen Bedingungen für den Zugang zu einer Dienstleistung, die der Dienstleistungserbringer bekannt gemacht hat, keine auf der Staatsangehörigkeit oder dem Wohnsitz des Dienstleistungsempfängers beruhenden diskriminierenden Bestimmungen enthalten; dies berührt jedoch nicht die Möglichkeit, Unterschiede bei den Zugangsbedingungen vorzusehen, die unmittelbar durch objektive Kriterien gerechtfertigt sind.

Im Hinblick auf das Recht von EU-Bürgerinnen und -Bürgern, sich frei zu bewegen und aufzuhalten, berechtigt die Richtlinie 2004/38/EG ((3)) Mitgliedstaaten dazu, EU-Bürgerinnen und -Bürgern die Einreise in ihr Hoheitsgebiet lediglich aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit zu verweigern. Diese restriktiven Maßnahmen müssen dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprechen und sich ausschließlich auf das persönliche Verhalten des betroffenen EU-Bürgers bzw. der betroffenen EU-Bürgerin begründen. Dieses muss eine echte, momentane und hinreichend ernsthafte Bedrohung fundamentaler Interessen der Gesellschaft darstellen.

Aus oben Genanntem folgt daher nicht, dass eine Zugangsbeschränkung notwendigerweise eine ungesetzliche Diskriminierung oder ungerechtfertigte Beschränkung nach Gemeinschaftsrecht darstellt. Angeführt sei, dass nach den Bestimmungen der Champions League der Union der Europäischen Fußballverbände (UEFA) der Heimatclub für Ordnung und Sicherheit vor, während und nach dem Spiel zuständig ist.

Eine Beurteilung dessen, ob das vermeintliche Verhalten der dänischen Behörden oder des Spielveranstalters gegen Gemeinschaftsrecht verstoßen hat, würde demzufolge eine genauere Kenntnis der speziellen Fallumstände erfordern.

Im Hinblick auf die vermeintliche Weigerung des FC Brügge, Tickets an polnische Staatsbürger und Beamte von EU-Institutionen für das Spiel zwischen dem FC Brügge und Lech Poznan zu verkaufen, findet die oben genannte Argumentation bezüglich der Nichtdiskriminierung und der ungesetzlichen Beschränkung bei der freien Erbringung von Dienstleistungen in gleicher Weise Anwendung. Noch einmal, um zu beurteilen, ob das vermeintliche Verhalten gegen EU-Recht verstößt, sind weitere Einzelheiten erforderlich.

 
 

(1)() EGH 186/87 Cowan gegen Trésor Publique, C- 45/93 Kommission der Europäischen Gemeinschaften gegen Königreich Spanien.
(2)() Richtlinie 2006/123/EG des Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über Dienstleistungen im Binnenmarkt, ABl. L 376 vom 27.12.2006.
(3)() Richtlinie 2004/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über das Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten, ABl. L 158 vom 30.4.2004.

 

Anfrage Nr. 43 von Antonio Cancian (H-0294/09)
 Betrifft: Gewaltsame Übergriffe gegen Christen in Pakistan
 

Im letzten August kam es im Punjab (Pakistan) zu einer Eskalation der Gewalt islamischer Fundamentalisten gegen Christen. Die Behörden vor Ort geben sich den Extremisten gegenüber tolerant, die sich auf den als „Blasphemiegesetz” bezeichneten Artikel 295 des pakistanischen Strafrechts berufen. Die internationale und die katholische Gemeinschaft verurteilen „diesen sinnlosen Angriff auf die Christenheit” und plädieren für die Aufhebung dieses unmenschlichen Gesetzes. Welchen Standpunkt wird die Kommission in Bezug auf das Kooperationsabkommen mit Pakistan (2004/870/EG(1) vertreten, um die Einhaltung der Demokratieklausel zum Schutz der Menschenrechte religiöser Minderheiten zu gewährleisten?

 
  
 

(DE) Die Kommission ist über die Ereignisse in Gojra unterrichtet. Die gewalttätigen Übergriffe auf Christen, die sich dort zugetragen haben, sind erschreckend. Sie möchte eingangs erwähnen, dass nicht nur Christen, sondern auch andere Minderheiten wie Schiiten und Ahmadi regelmäßig Opfer extremistischer Gewalt in Pakistan sind.

Die Kommission hat die Lage der religiösen Minderheiten wiederholt in gemischten Ausschüssen sowie im Rahmen des Troika-Dialogs zur Sprache gebracht. Die Kommission wird nicht nachlassen, dieses Thema bei jeder Gelegenheit im Rahmen des Menschenrechtsdialogs mit Pakistan anzusprechen.

Die pakistanischen Vertreter sind sich dessen vollauf bewusst, dass Gräueltaten wie in Gojra nicht nur beträchtliches menschliches Leid verursachen, sondern dem Ansehen Pakistans schaden. Nach der Kommission vorliegenden Informationen hat die Regierung Maßnahmen in Reaktion auf die Vorfälle ergriffen. Dazu gehören Entschädigungen für jedweden materiellen Verlust und die Einrichtung eines Untersuchungsausschusses. Sie wird die weitere Lage aufmerksam verfolgen, insbesondere Fortschritte dahingehend, inwieweit die Schuldigen zur Rechenschaft gezogen werden.

Ferner hat die Kommission wiederholt die Blasphemie-Gesetze im Rahmen des Menschenrechtsdialogs mit der pakistanischen Regierung erörtert. Nach Informationen der Kommission sind - in absoluten Zahlen - die mehrheitlich auf Grund dieser Gesetze angeklagten Personen muslimischen Glaubens. Sie ist sich jedoch der Tatsache bewusst, dass die Blasphemie-Gesetze oftmals gegen religiöse Minderheiten angewandt werden, und falsche Beschuldigungen als Mittel bei privaten Streitigkeiten oder zur Erlangung persönlicher Vorteile herhalten.

Die Gojra-Vorfälle haben dazu geführt, dass in der pakistanischen Zivilgesellschaft erneut der Ruf nach einer Reform oder Aufhebung der Blasphemie-Gesetze laut geworden ist. Die Kommission wird derartige Initiativen begrüßen, und diese Botschaft an die pakistanische Regierung weiterleiten.

Artikel 1 des Kooperationsabkommens zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der Islamischen Republik Pakistan über Partnerschaft und Entwicklung bezieht sich auf die Achtung der Menschenrechte und demokratische Grundsätze als einem Grundbestandteil des Abkommens. Beim Gipfel am 17. Juni 2009 haben sowohl die EU als auch Pakistan die Bedeutung eines offenen und konstruktiven Dialogs im Rahmen von Menschenrechtsforen unterstrichen. Das Kooperationsabkommen bildet die Grundlage für einen solchen Dialog. Die Kommission ist davon überzeugt, der richtige Weg liege darin begründet, Pakistan bei Menschenrechtsfragen weiterhin einzubeziehen.

 
 

(1)() ABl. L 378 vom 23.12.2004, S. 2/22

 

Anfrage Nr. 44 von Hans-Peter Martin (H-0296/09)
 Betrifft: Veränderungen durch Vertrag von Lissabon
 

Erhalten amtierende Kommissare im Falle des (verspäteten) Inkrafttretens des Vertrages von
Lissabon höhere Pensionsansprüche oder andere zusätzliche vermögenswirksame Leistungen?

 
  
 

(FR) Der Vertrag von Lissabon hat das Rentensystem für Kommissare, welches auf der Verordnung 422/67/EWG vom 25. Juli 1967 ((1))beruht, nicht geändert.

Gemäß dieser Verordnung erwirbt ein Kommissar während seiner gesamten Amtszeit Rentenansprüche. Daher werden sich seine Ansprüche im Falle der Verlängerung seiner Amtszeit bis zum tatsächlichen Ende der Amtszeit erhöhen.

Ähnlich können unter der gleichen Verordnung zeitlich befristete Bezüge, zu denen Kommissare in den drei Jahren nach dem Ende ihrer Amtszeit berechtigt sind, erhöht werden. Dies erfolgt für bestimmte Kommissare, die gemäß der Verlängerung ihrer Amtszeit die erforderliche Dauer erreicht haben, um in eine höhere Anspruchskategorie zu gelangen (Artikel 7(1) der Verordnung).

 
 

(1)() Verordnung Nr. 422/67/EWG, Nr.  5/67/Euratom vom 25. Juli 1967 über die Regelung der Amtsbezüge für den Präsidenten und die Mitglieder der Kommission sowie für den Präsidenten, die Richter, die Generalanwälte und den Kanzler des Gerichtshofes, ABl. 187 vom 8.8.1967.

 
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