Die Präsidentin. – Nach der Tagesordnung folgt die Erklärung der Kommission zum FAO-Weltgipfel zur Ernährungssicherheit - Beseitigung des Hungers auf der Erde.
Karel De Gucht, Mitglied der Kommission. – Frau Präsidentin, der Welternährungsgipfel, der letzte Woche in Rom stattgefunden hat, ist der letzte in einer Reihe von hochrangigen Treffen, die dieses Jahr stattgefunden haben und bei denen die Ernährungssicherheit und die Landwirtschaft im Vordergrund standen: vorherige Treffen fanden im Januar in Madrid, im Juli in L'Aquila, im September in New York und in Pittsburgh statt und im vorigen Monat tagte der Ausschuss für Welternährungssicherheit.
All diesen Veranstaltungen liegt die Erkenntnis zu Grunde, dass wir den Kampf gegen den Hunger auf der Welt verlieren. Über einer Milliarde Menschen auf der Welt fehlt es mittlerweile täglich an ausreichender Nahrung, und die Situation droht sich in vielen Entwicklungsländern zu verschlechtern, auch aufgrund der Auswirkungen des Klimawandels, der diese Länder in ihren Bemühungen, Ernährungssicherheit zu erreichen, vor zusätzliche Herausforderungen stellt.
Der Weltgipfel für Ernährungssicherheit war eine Gelegenheit, die politische Dynamik, die in den letzten Monaten entstanden ist, zu unterstützen. Wieder einmal stand die Welternährungssicherheit im Rampenlicht. Allerdings ist die Zeit für Diskussionen jetzt abgelaufen; nun ist es an der Zeit zu handeln.
Aus der Sicht der Europäischen Kommission war der Gipfel aus drei Gründen sehr nützlich. Erstens aufgrund der Zusage, unsere Bemühungen zur Verwirklichung des ersten Millenniums-Entwicklungsziels, nämlich die Zahl der Hungernden in der Welt bis 2015 zu halbieren, zu verstärken. Meiner Ansicht nach ist dieses Ziel immer noch gültig und wir sollten versuchen, es zu erreichen, insbesondere in den Ländern und Regionen, in denen nur wenige Fortschritte erzielt wurden, wie beispielsweise in Afrika.
Zweitens aufgrund des Versprechens, die internationale Koordination und Steuerung der Ernährungssicherheit durch einen reformierten Ausschuss für Welternährungssicherheit zu verbessern, der eine zentrale Rolle in der globalen Zusammenarbeit im Bereich Landwirtschaft, Ernährungssicherheit und Ernährung spielen würde. Die Europäische Kommission hat diese Reform aktiv unterstützt und stellt die Basisfinanzierung dafür bereit. Das ist meiner Ansicht nach ein sehr wichtiger Schritt, der die Weichen für ein System der globalen Ordnungspolitik für Ernährungssicherheit stellen wird, das sich auf solide wissenschaftliche Ergebnisse gründet und offener für Schlüsselakteure im öffentlichen und privaten Sektor und für Nichtregierungsorganisationen ist. Diese Akteure sind unerlässlich, wenn es darum geht, das System effizienter zu gestalten als das aktuelle.
Drittens aufgrund des Versprechens, die rückläufige Entwicklung der nationalen und internationalen Finanzierung für Landwirtschaft, Ernährungssicherheit und ländliche Entwicklung umzukehren. Wenn wir das erste Millenniums-Entwicklungsziel, die Halbierung der Zahl der Hungernden in der Welt bis 2015, erreichen wollen, müssen die Verpflichtungen zur Aufstockung der ODA erfüllt werden, insbesondere von den Ländern, die sich zum Ziel gesetzt haben, eine ODA-Quote von 0,7 % ihres Bruttonationaleinkommens zu erreichen.
Einige haben kritisiert, dass in der Schlusserklärung keine präziseren offiziellen Ziele für die Entwicklungshilfe in den Bereichen Landwirtschaft und Ernährungssicherheit gesetzt wurden, aber wir müssen uns ins Gedächtnis rufen, dass bereits auf dem G8-Gipfel in L'Aquila wesentliche finanzielle Zusagen gemacht wurden. Jetzt gilt es, diese einzuhalten. Mit der starken Unterstützung des Europäischen Parlaments hat die Kommission erfolgreich 1 Mrd. EUR für die Nahrungsmittelfazilität zur Verfügung gestellt, von denen 85 % bereits für den Zeitraum 2009/2011 festgelegt wurden. Trotzdem benötigen wir langfristig mehr und nachhaltigere Unterstützung. Um die Verantwortung für unsere Zusagen zu tragen, benötigen wir eine globale, hierarchische Auflistung der Verpflichtungen, aber wir müssen auch die Kontrollmechanismen, spezielle Indikatoren und Richtwerte weiterentwickeln, die genutzt werden können, um die Ergebnisse und Wirkungen von Investitionen festzuhalten. Trotzdem möchte ich an dieser Stelle ganz deutlich festhalten, dass auch das größte Engagement von Gebern wertlos ist, wenn die Regierungen der Entwicklungsländer sich nicht für eine bessere Landwirtschaftspolitik, bessere Strategien und bessere Investitionen einsetzen.
Wenn wir über Ernährungssicherheit diskutieren, sollten wir unsere Worte gut wählen und Ernährungssicherheit von Ernährungssouveränität und Ernährungsautarkie unterscheiden. Die Bemühungen, landwirtschaftliche Produktion überall in der Welt zu erreichen, sind alleine nicht ausreichend. Was zählt, ist, dass die Menschen dauerhaften Zugang zu Lebensmitteln haben und das ist hauptsächlich eine Frage der Armut. Der Handel mit Lebensmitteln spielt - regional sowie international - bei der Verbesserung des Zugangs zu Lebensmitteln eine wichtige Rolle, dadurch dass Landwirte ein Einkommen und Verbraucher Zugang zu günstigeren Lebensmitteln erhalten. Die Selbstversorgung mit Nahrungsmitteln, also die Ernährungsautarkie, könnte eine sehr teure Strategie sein. Sie ist aber nicht notwendig, wenn Märkte und Handel gut funktionieren.
Deswegen würde ein Abschluss der Doha-Runde mit einem ausgewogenen und umfassenden Ergebnis ein maßgeblicher Fortschritt sein. Wir dürfen auch nicht vergessen, dass weltweite Ernährungssicherheit ein sehr komplexes und facettenreiches Problem ist, das eine ganzheitliche Herangehensweise erfordert. In diesem Bereich hat die Europäische Union in den letzten zehn Jahren enorme Fortschritte gemacht, und durch die Politikkohärenz im Interesse der Entwicklung wird auch weiterhin für Fortschritte gesorgt werden. Durch die verschiedenen Reformen der gemeinsamen Agrarpolitik der EU ist die Exporterstattung stark gesunken und ein Großteil der Unterstützung für Landwirte in der EU wird von der WTO als „nicht handelsverzerrend“ bewertet. Darüber hinaus ist der europäische Markt dank der Alles außer Waffen-Initiative für die am wenigsten entwickelten Länder frei zugänglich und die Bestimmungen der Wirtschaftspartnerschaftsabkommen (WPA) zeigen ein Verständnis für die Probleme, denen viele AKP-Staaten beim Versuch, ihren Bürgern Ernährungssicherheit zu gewährleisten, gegenüberstehen. Deshalb sind wir in der EU hinsichtlich der Verbesserung der Politikkohärenz im Interesse der Entwicklung schon ein ganzes Stück weiter gekommen, wodurch die Bedingungen für Ernährungssicherheit in Entwicklungsländern verbessert werden konnten. Andere Länder und Regionen sollten dasselbe tun.
Abschließend möchte ich sagen, dass der FAO-Gipfel Folgendes klar hervorgehoben hat: Wenn wir unser Ziel erreichen und die Zahl der Hungernden in der Welt bis 2015 halbieren wollen, dann sollten wir die ODA aufstocken, mit ODA- und privaten Mitteln mehr in die Landwirtschaft investieren und die globale Ordnungspolitik im Bereich Landwirtschaft verbessern.
Albert Deß, im Namen der PPE-Fraktion. – Frau Präsidentin! Herr Kommissionsvertreter! Für uns im Europaparlament ist es wichtig, dass wir uns mit dem Thema „Hunger in der Welt“ befassen. Wir können es nicht kommentarlos hinnehmen, dass die Zahl der Menschen, die Hunger leiden – darunter viele Kinder –, zunimmt.
Ich bin vor 20 Jahren zum ersten Mal in ein Parlament gewählt worden, und ich kann mich noch gut erinnern, dass damals internationale Organisationen wie Weltbank, FAO, UNO und auch WTO Absichtserklärungen abgegeben haben, dass in den nächsten 20 Jahren der Hunger in der Welt halbiert werden soll. Was ist passiert? Der Hunger ist nicht halbiert worden, der Hunger hat zugenommen. 1 Mrd. Menschen leiden täglich Hunger! Das Gegenteil von dem, was an Absichtserklärungen verkündet wird, ist eingetreten.
Die Ursachen dafür sind sehr unterschiedlich. Es gibt Länder, wo unfähige Regierungen – wie in Zimbabwe – aus der Kornkammer Afrikas ein Hungergebiet gemacht haben. Ein kommunistischer Herrscher hat es dort fertiggebracht, dass in diesem reichen Land Menschen Hunger leiden müssen, und wir schweigen dazu. Aber auch wir sind mitschuldig. Wir debattieren wochenlang, ja das ganze Jahr lang über das Klima in hundert Jahren. Die Menschen, die heute und morgen Hunger leiden, interessiert nicht das Klima in hundert Jahren, die möchten morgen etwas zu essen haben! Darauf haben wir keine Antworten. Ohne dass ich Zukunftsfragen vernachlässigen möchte, ist es eine Frage der Menschlichkeit, dass wir uns heute um die Menschen kümmern, die Hunger leiden. Und, Herr Kommissionsvertreter, wenn wir sagen, wir würden bis zum Jahr 2050 den Hunger halbieren, finde ich das fast schon höhnisch. Uns muss es doch als Weltgemeinschaft gelingen, dass wir viel schneller die Zahl derer abbauen, die Hunger leiden müssen. Wir bringen in jeden Winkel der Welt Waffen hin, und Lebensmittel bringen wir anscheinend nicht hin. Das ist ein Versagen der Weltgemeinschaft, das möchte ich hier anprangern, und wir müssen hier andere Antworten finden als die Antworten, die wir heute geben.
Luis Manuel Capoulas Santos, im Namen der S&D-Fraktion. – (PT) Frau Präsidentin, Herr Kommissar, meine Damen und Herren, die Zahlen, die den Hunger und die Unterernährung in der Welt beschreiben, die wir alle kennen und die auf banale Weise wiederholt werden, sind so tragisch, dass es schon fast obszön ist, sie zu nennen.
Das Recht auf Nahrung ist eng mit dem heiligsten aller Rechte verbunden: dem Recht auf Leben, und hier ist ein Leben mit einem Mindestmaß an Würde gemeint und nicht ein Kampf ums Überleben.
Den Hunger in der Welt zu bekämpfen sollte deshalb oberste Priorität in jeglicher Politik sein und alle Ressourcen sollten mobilisiert werden, um dieses Ziel zu erreichen.
Leider sind wir uns alle auch der Tatsache bewusst, dass es außer an finanziellen Mitteln und anderen Mitteln noch an weiteren Dingen mangelt. Das Problem liegt fast immer in der Verwaltung und der Nutzung der Mittel und daran, dass keine vernünftige Steuerung und effektive Koordination auf globaler, regionaler und nationaler Ebene stattfindet.
Der Entschließungsantrag, der heute hier vorgelegt wurde, und den meine Fraktion, die Fraktion der Progressiven Allianz der Sozialisten & Demokraten im Europäischen Parlament, unterstützt, enthält Vorschläge und Empfehlungen, die, wenn sie umgesetzt werden würden, sicherlich maßgeblich zur Bekämpfung eines solch ernsten Problems beitragen könnten. Deshalb fordere ich die Kommission auf, ihm die Aufmerksamkeit zu schenken, die er verdient und auf dieser Basis Legislativvorschläge zu unterbreiten und Verfahren einzuleiten, um diese umzusetzen.
Die schwierige und unsichere politische Lage, in der wir uns befinden, ist auch eine Zeit der Veränderung für die Politiken, die für die EU in dieser Frage am relevantesten sind: die gemeinsame Agrarpolitik und die gemeinsame Fischereipolitik, die wir radikal reformieren werden.
Mit den neuen Befugnissen, die wir durch den Vertrag von Lissabon erhalten haben, ist dies auch eine sehr gute Möglichkeit für das Parlament, den Worten endlich Taten folgen zu lassen. Die Europäischen Sozialdemokraten sind bereit, diese Herausforderung anzunehmen. Wir hoffen, dass die neue Kommission und andere politische Fraktionen bereit sind, uns dabei zu unterstützen.
George Lyon, im Namen der ALDE-Fraktion. – Frau Präsidentin, ich möchte meinen Kollegen danken, die bereits zu Wort gekommen sind.
Zuerst möchte ich zu bedenken geben, dass der kürzliche Anstieg der weltweiten Lebensmittelpreise für uns alle ein Alarmsignal sein sollte. Die Verdopplung der Preise von Getreide und Reis hatte unverhältnismäßige Auswirkungen auf die ärmsten Menschen in den Entwicklungsländern überall auf der Welt. In der Tat wird geschätzt, dass aufgrund der im Jahr 2007 und 2008 gestiegenen Lebensmittelpreise weitere 75 Millionen Menschen auf der Welt Hunger leiden. Das müssen wir sehr, sehr ernst nehmen. Schließlich hat der Anstieg der Lebensmittelpreise in vielen Ländern Hungerrevolten und politische Instabilität zur Folge gehabt.
Da die Weltbevölkerung die neun Milliarden-Marke erreichen und der Klimawandel gravierende Auswirkungen auf unsere Nahrungsmittelversorgung haben soll, ist Ernährungssicherheit meiner Meinung nach ein sehr wichtiges Thema, dem wir uns stellen, mit dem wir uns auseinandersetzen und für das Lösungen gefunden werden müssen. Die Europäische Union muss alles in ihrer Macht Stehende tun, um Entwicklungsländern zu helfen, Systeme für nachhaltige Landwirtschaft und Nahrungsmittelproduktion zu entwickeln, damit sie sich selbst ernähren können. Dafür werden Geldmittel benötigt, und wie der Herr Kommissar in seiner Erklärung dargelegt hat, offene Märkte. Es wird anerkannt, dass Europa bereits sehr viel für die Öffnung und Liberalisierung der Märkte getan hat. Viele Probleme, denen Entwicklungsländer gegenüberstehen, rühren allerdings auch vom Versagen der Politik und des Rechtsapparats her. Kein Geld der Welt kann dieses Problem lösen, bevor nicht ein stabiles politisches und rechtliches System hergestellt wurde, das Landwirten ein gutes Arbeitsumfeld bietet und sie von höheren Marktpreisen profitieren lässt.
Es wird geschätzt, dass die landwirtschaftliche Produktion in der EU in Zukunft um über 70 % ansteigen muss, nur um der höheren Nachfrage gerecht zu werden. Ich bin der Meinung, dass die europäische Landwirtschaft eine zentrale Rolle spielen sollte, nicht nur um sicherzustellen, dass wir uns selbst versorgen können, sondern um in Zukunft auch zur weltweiten Ernährungssicherheit beitragen zu können.
José Bové, im Namen der Verts/ALE-Fraktion. – (FR) Frau Präsidentin, sehr verehrte Kommissare, meine Damen und Herren, der Kampf gegen den Hunger erfordert maßgebliches politisches sowie finanzielles Engagement. Die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation war letzte Woche in Rom nicht in der Lage, derlei Engagement zu mobilisieren, was ich bedauere.
Mehr als eine Milliarde Menschen leiden an Unterernährung und 40 Millionen Männer, Frauen und Kinder sterben jedes Jahr an Hunger. Diese dramatischen Zahlen sind seit 1996 gestiegen, dem Jahr, in dem der erste Welternährungsgipfel abgehalten wurde. Die weltweite Finanz- und Wirtschaftskrise hat die Lage noch verschlimmert und die Bevölkerungen der Länder des Südens sind die hauptsächlichen Leidtragenden. Zehn Prozent des weltweiten Werbebudgets könnte in den Entwicklungsländern die nötige Unterstützung leisten, um deren Agrarinfrastruktur zu wahren.
Die Nahrungsmittelkrise ist eine der Hauptbedrohungen für den Frieden und die Stabilität in dieser Welt. Im Jahr 2050 werden mehr als neun Milliarden Menschen von kleinen Landwirten mit Lebensmitteln versorgt werden müssen. Durch Bodenschäden, Schäden der biologischen Vielfalt, Erdölabhängigkeit, Treibhausgase, mangelndes Grundwasser und die Entwicklung des Konsumverhaltens befinden wir uns in einer sehr prekären Lage, viel prekärer als noch vor 40 Jahren.
Armut und Abhängigkeit von Importen sind der Hauptgrund für Ernährungsunsicherheit. Die Notwendigkeit, die lokale Produktion zu unterstützen, liegt auf der Hand. Ende der 50er Jahre hat Europa eine gemeinsame Agrarpolitik eingeführt, um die Lebensmittel produzieren zu können, die wir benötigen. Um das zu tun hat Europa den Binnenmarkt gestärkt und die Verbraucher unterstützt. Diese eigenständige Entscheidung, dieses Recht auf Ernährungssouveränität, muss jetzt für alle Länder oder Ländergruppen auf der Welt zugänglich sein, die das wünschen.
James Nicholson,im Namen der ECR-Fraktion. – Frau Präsidentin, unsere Entschließungen zu diesem Thema befassen sich mit zweierlei Herausforderungen, nämlich den Hunger in der Welt, unter dem momentan ein Sechstel der Weltbevölkerung leidet, zu bekämpfen und die Nahrungsmittelversorgung der Zukunft sicherzustellen.
Wir befinden uns in einer Situation, in der auf der einen Seite die Weltbevölkerung ständig wächst und in der auf der anderen Seite die Nahrungsmittelproduktion aufgrund der negativen Auswirkungen des Klimawandels und der steigenden Kosten in der Lebensmittelproduktion eine zunehmend größere Herausforderung darstellt.
Obwohl der landwirtschaftliche Aspekt zweifellos vonnöten ist, um das Problem der Ernährungssicherheit zu lösen, sollten wir uns auch darüber im Klaren sein, dass eine gute Regierungsführung in Entwicklungsländern absolut notwendig ist, wenn wir irgendeine Chance haben wollen, den Hunger in der Welt erfolgreich zu bekämpfen. Nehmen wir zum Beispiel Simbabwe, ein Land, auf das sich Herr Deß vorhin schon bezogen hat. Früher war es als Kornkammer Afrikas bekannt und in der Lage, nicht nur sich selbst, sondern auch viele Nachbarländer mit Nahrungsmitteln zu versorgen. Jetzt ist es dazu nicht mehr in der Lage, nachdem es von Robert Mugabe und seinen Gefolgsmännern zerstört wurde.
Wir müssen alle zusammenarbeiten, um dieses Problem zu überwinden und zivile Unruhen und Notzustände zu vermeiden, die daraus entstehen können.
Patrick Le Hyaric, im Namen der GUE/NGL-Fraktion. – (FR) Frau Präsidentin, Herr Kommissar, wenn die Europäische Union eine positive Rolle in der Welt spielen möchte, wenn sie einen neuen Humanismus auf den Weg bringen möchte, dann sollte sie sich den ohrenbetäubenden Aufschrei des Hungers auf der ganzen Welt wirklich zu Herzen nehmen.
Hier und anderswo halten wir weiterhin unsere schönen Reden. Aber ganz ehrlich, können wir das reinen Gewissens tun, wenn alle fünf Sekunden ein Kind an Hunger stirbt? Es liegt nicht an technischen Problemen, dass Kinder sterben. Es ist die Folge des Ultraliberalismus, der die heutige Welt überschwemmt hat.
Bisher haben wir das Land bestellt, um Menschen mit Nahrung zu versorgen. Durch den Kapitalismus sind Boden und Nahrungsmittel mittlerweile zu Waren geworden, zu Objekten, mit denen weltweit spekuliert wird. Aus diesem Grund müssen wir die Politik radikal ändern, die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation unterstützen und ihr die Möglichkeit geben, zu handeln.
Wir benötigen Maßnahmen, wie Sie gesagt haben, Herr Kommissar, und wir fordern Maßnahmen. Um sicherzustellen, dass Maßnahmen ergriffen werden, könnte die Europäische Union den Grundsatz der Ernährungssouveränität für alle Völker geltend machen, dabei helfen, ein Vergütungssystem für landwirtschaftliche Arbeit aufzubauen, mit Mindestpreisen für jedes Land und jeden Kontinent, die Verpflichtungen zur Bereitstellung von Entwicklungshilfe für Länder des Südens respektieren und durchsetzen, den armen Ländern die Schulden erlassen, verhindern, dass Grund und Boden von multinationalen Konzernen und Hedgefonds aufgekauft wird und anerkennen, dass Landwirtschaft und Nahrungsmittel nicht den harten Verhandlungen der World Trade Organisation unterliegen dürfen.
Wir müssen den Schrei des Hungers hören und dementsprechend handeln. Damit würde Europa an Statur gewinnen und es besteht dringend Handlungsbedarf!
Bastiaan Belder,im Namen der EFD-Fraktion. – (NL) In den rund letzten zehn Jahren, in denen ich Abgeordneter im Europäischen Parlament bin, habe ich mir in diesem Haus regelmäßig schöne Reden angehört. Im Vorfeld des Welternährungsgipfels in Rom hat auch Herr Barroso, der Präsident der Kommission, schöne Worte gewählt. Er sagte: „Wir haben alle zusammen im Kampf gegen den Hunger versagt. Das ist ein moralischer Skandal und ein hässlicher Fleck auf unserem kollektiven Gewissen.“ Ende des Zitats. Und er hatte mit Sicherheit Recht. Deshalb ist das Ergebnis des Gipfels noch enttäuschender. Ich habe unterschwellig das Gefühl, dass in Rom eher die politischen Interessen der reichen Länder zum Tragen kamen, als die Interessen der einen Milliarde hungernder Menschen in der Welt. Um Ihnen das konkret zu veranschaulichen, will ich Ihnen zwei Beispiele geben: Wie zunehmend anerkannt wird, treibt die Biokraftstoff-Politik und dessen Förderung die Preise in die Höhe, und somit hungern noch mehr Menschen. Allerdings scheint es tabu zu sein, jegliche Kritik an dieser Politik zu äußern.
Des Weiteren habe ich die Abgeordneten des Parlaments bereits mehrmals auf die Gefahren aufmerksam gemacht, die die Ermutigung von Drittländern birgt, große Investitionen in Afrika zu tätigen, damit sie beispielswiese ihre eigene Ernährungssicherheit gewährleisten können. Wie kann von Ländern, in denen Millionen von Menschen auf die UN-Lebensmittelhilfe angewiesen sind, erwartet werden, dass sie in Drittländer exportieren? Doch das wurde in der Schlusserklärung nicht erwähnt.
Für reiche Länder ist es ein Leichtes, sich mit kontroversen Themen zu befassen, indem lediglich gutgemeinte und leidenschaftliche Plädoyers gehalten und weitere Studien in Auftrag gegeben werden. Ein weiterer Punkt, den ich der Erklärung entnehme, besteht darin, dass Entwicklungsländer hauptsächlich auf ihre eigenen Ressourcen angewiesen sein werden. Vor dem Hintergrund des bisherigen Versagens der internationalen Gemeinschaft, den Hunger zu bekämpfen, halte ich das für nichts anderes als schändlich.
Abgesehen davon habe ich mich einige Zeit mit den Schlusserklärungen der vorherigen Welternährungsgipfel beschäftigt und bin zu dem Schluss gekommen, dass sie sich in vielen Punkten überraschend ähnlich sind und auch der Entschließung des Parlaments in dieser Angelegenheit überraschend ähneln. Sie sprechen von Dringlichkeit und rufen einheitlich dazu auf, die Versprechen der Vergangenheit in die Tat umzusetzen. Sollte die Wiederholung all dieser Aufrufe nicht ein Warnsignal für uns sein? Um es mit den Worten des UN-Berichterstatters Herrn De Schutte zu sagen: „Arme Leute brauchen keine Versprechen“. Wie schon so oft zuvor gesagt wurde, sollte Ernährungssicherheit ein Menschenrecht sein. Frau Präsidentin, ich möchte diesen Aspekt von einem anderen Blickwinkel aus betrachten: Die Bibel lehrt uns, dass es eines von Gottes Geboten ist, den Hungernden zu Essen zu geben. Das ist meine persönliche Pflicht und unsere gemeinsame Verantwortung.
Dimitar Stoyanov (NI). – (BG) Ich habe persönlich am FAO-Gipfel in Rom teilgenommen. Ich habe mit meinen eigenen Augen gesehen, wie es auf der Konferenz zugegangen ist. Ich denke, wir sollten die Heuchelei etwas unterdrücken, die wir an den Tag gelegt haben, denn wenn man bedenkt, wie viel Geld für eine Konferenz wie diese ausgegeben wurde, deren Ergebnis meistens nur eine lange Liste an Versprechen ist, sollten wir diese Summe vielleicht besser praktisch nutzen, um - wie der Sprecher vor mir gesagt hat - zu berechnen, wie viele Kinder genau nicht verhungert wären, wenn diese Gelder nicht nur für glückliche Geschichten ausgegeben worden wären. Allerdings hat der Herr Kommissar gesagt, dass das Problem mit der weltweiten Nahrungsmittelproduktion im Zusammenhang steht, aber bevor wir anfangen, den Splitter aus dem Auge unseres Bruders zu entfernen, sollten wir zuerst den Balken in unserem eigenen Auge wahrnehmen.
Laut wissenschaftlicher Tests ist der Boden in Bulgarien, meinem Heimatland, der fruchtbarste in der Europäischen Union. Vor 150 Jahren waren bulgarische Landwirte in der Lage, die am dichtesten besiedelten Regionen des Osmanischen Reiches in Kleinasien mit der Technologie des 19. Jahrhunderts mit Nahrungsmitteln zu versorgen. Heutzutage geht die Landwirtschaft in Bulgarien immer weiter zurück; seit dem Beitritt in die Europäische Union noch stärker. Die Quoten, die Bulgarien von der Kommission auferlegt wurden, schränken die landwirtschaftliche Produktion ein, während der Boden in Bulgarien brach liegt. Um zum Beispiel den gesamten Anteil an Tomaten zu produzieren, den die Europäische Kommission Bulgarien zugeteilt hat, wird nur ein einziger landwirtschaftlicher Betrieb in den 28 bulgarischen Regionen benötigt. Der Grund dafür ist, dass vor 10 Jahren Daten angegeben wurden, die besagen, dass diese Menge dem offiziellen Produktionsstand entspricht. Allerdings interessiert sich niemand dafür, wie hoch der reale Produktionsstand sein könnte. Momentan bestehen also sogar in der Europäischen Union selbst Beschränkungen der Nahrungsmittelproduktion. Wenn es diese nicht gäbe, könnte die Situation maßgeblich verbessert werden und es könnten angemessene Maßnahmen im Kampf gegen den Hunger durchgeführt werden. Solange sich Beamte mit diesen Angelegenheiten beschäftigen, die sich lediglich mit Zahlen auf dem Papier befassen und sich für nichts anderes interessieren, bleiben uns nur Versprechen, ohne dass Maßnahmen ergriffen werden können.
Filip Kaczmarek (PPE). – (PL) Frau Präsidentin, die Zahl der Menschen, die Hunger leiden und in extremer Armut leben, ist im letzten Jahr dramatisch gestiegen, und es ist nicht wahr, dass der Kapitalismus daran Schuld ist. Es gibt politische Systeme, die für das Leben der Menschen viel schädlicher sind, und in denen viel weniger gegen den Hunger angekämpft wird. Ich möchte Ihnen nur ein Beispiel nennen. Vor einigen Jahrzehnten wurde ein Land in Europa, das über sehr gute landwirtschaftliche Bedingungen verfügt, vom Kommunismus in den Hunger getrieben. In diesem einen Land starben daraufhin mehr Menschen an Hunger als momentan weltweit Menschen an Hunger sterben. Dieses Land war die Ukraine. Ich möchte dazu anhalten, dass die Worte in diesem Haus weise gewählt werden.
Im Jahr 2000 haben 198 Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen spezifische Millenniums-Entwicklungsziele angenommen. Der Herr Kommissar hat heute über das erste und wichtigste dieser Ziele gesprochen. Heute müssen wir eine Antwort auf die Frage finden, ob dieses Ziel erreichbar ist. Die Bürger Europas fragen uns, ob unsere Prioritäten und politischen Maßnahmen korrekt sind, und insbesondere, ob ein kostspieliger Kampf gegen den Klimawandel wichtiger ist als der Kampf gegen Armut. Ich habe gerade diese Woche eine solche Frage erhalten: Verwechselt die Europäische Union nicht Mittel und Zweck, denn anstatt gegen die Auswirkungen der Erderwärmung anzukämpfen, fängt sie den teuersten Kampf in der Geschichte der Menschheit gegen Windmühlen an, nämlich den Kampf gegen den Klimawandel.
Der beste Beweis, dass die Maßnahmen zum Klimaschutz nicht im Widerspruch zu denen gegen den Hunger stehen, wäre meiner Meinung nach, wenn der Kampf gegen den Hunger effizient geführt werden würde und niemand in der Welt mehr Hunger leiden müsste. Dann würde uns niemand beschuldigen, falsche Prioritäten zu verfolgen und dem Kampf gegen den Klimawandel mehr Bedeutung beizumessen als dem Kampf gegen den Hunger, wie auch Herr Deß gesagt hat.
Das Thema Landwirtschaft wird in den nächsten Jahren sehr wichtig sein. Wir müssen versuchen, die Entwicklungsländer zu überzeugen, in die Landwirtschaft zu investieren und ihnen dabei helfen. Sie müssen sich an ihre eigenen Erklärungen halten, 10 % ihres Haushaltsbudgets für die Entwicklung der Landwirtschaft bereitzustellen. Nur so können wir das landwirtschaftliche Potenzial der armen Länder steigern und ihnen bei einem effizienten Kampf gegen den Hunger beistehen.
Louis Michel (ALDE). – (FR) Frau Präsidentin, Herr Kommissar, außer Herrn Berlusconi, dessen Land den Gipfel ausgerichtet hat, war kein Staatsoberhaupt der G8-Staaten bei dem FAO-Weltgipfel zur Ernährungssicherheit anwesend.
Somit wurde ein hochrangiges politisches Treffen, das aus wirtschaftlicher, sozialer und finanzieller Sicht von Bedeutung ist, zu einer gewöhnlichen Fachkonferenz herabgestuft. Trotzdem hat Herr Diouf versucht, Instrumente und Mittel für die Produktion zu entwickeln, um in den Entwicklungsländern nachhaltige Ernährungssicherheit zu gewährleisten.
Die Wirtschafts- und Finanzkrise hat, wie wir wissen, da es bereits mehrmals wiederholt wurde, den Hunger in der Welt noch weiter verstärkt. Das Thema ist heute aktueller als je zuvor, denn zum ersten Mal in der Geschichte sind mehr als eine Milliarde Menschen weltweit vom Hunger betroffen. Das ist ein Sechstel der Weltbevölkerung; 20 % mehr als im Jahr 2005 und 105 Millionen mehr als noch im Jahr 2008.
Wie Herr Bové bereits erwähnt hat, birgt all das ein großes Risiko für die Entstehung neuer Konflikte, Konflikte von sehr ernstem Ausmaß. Es ist der Mangel an Investitionen in die Landwirtschaft, der zu diesem Phänomen der Ernährungsunsicherheit geführt hat. Fakt ist, dass für 70 % der Armen weltweit die Landwirtschaft die einzige Einnahmequelle ist, wie Herr Diouf hervorgehoben hat. Er hat insgesamt 44 Mrd. USD pro Jahr gefordert, um kleinen Landwirten zu helfen. Seine Forderung wurde vollkommen ignoriert: Es gibt keinen Zeitplan, keine Strategie und die reichen Länder zeigen keinerlei politischen Willen.
Herr Kommissar, welche Fortschritte wurden bei der Umsetzung der Verpflichtungen verzeichnet, die im Juli auf dem G8-Gipfel eingegangen wurden? Da auch ich einst in Ihrer Position war, kenne ich die Schwierigkeiten, die mit der Suche nach Gebern verbunden sind. Ich erinnere mich noch an den extrem schwierigen Kampf, den auch Präsident Barroso vor zwei Jahren geführt hat, um die erbärmliche 1 Mrd. EUR für die Nahrungsmittelfazilität zusammenzubekommen. Die Zukunft Europas ist sehr eng mit dem Schicksal der Entwicklungsländer verbunden.
Herr Kommissar, ich glaube nicht an die Formeln unseres sozialdemokratischen Kollegen, der über Ultrakapitalismus und Ultraliberalismus spricht. Dieses Thema ist darüber hinaus, als logische Annahme, moralisch fraglich. Ich kann in dieser Art des eher kurzsichtigen ideologischen Geschimpfes keine Lösung des Problems erkennen.
Herr Le Hyaric, ich muss Ihnen sagen, dass der marxistische Obskurantismus für die Unterentwicklung einiger Länder seitdem sie ihre Unabhängigkeit erhalten haben, sehr viel stärker verantwortlich ist, als der Liberalismus.
Das habe ich sagen wollen, denn ich möchte nicht, dass ideologische und kurzsichtige Schimpftiraden oder Beschwörungen, die an die Grenzen der intellektuellen Ehrlichkeit geraten, hier im Raum stehen bleiben.
Judith Sargentini (Verts/ALE). – Frau Präsidentin, meine Kollegen, Herr Bové und Herr Belder, haben das Problem und die politische Realität umrissen, aber es gibt einen neuen Trend in der Landwirtschaft. Reiche Länder sichern sich ihre Grundnahrungsmittel und ihre Biokraftstoffe, indem sie in armen Ländern Land kaufen - das ist Landraub oder der „Erwerb von landwirtschaftlichen Nutzflächen“ wie es euphemistisch genannt wird. Betroffen ist zum Beispiel Madagaskar.
Es scheint, als wäre dieses Thema zu heikel, als dass es von den Staatsoberhäuptern dieser Welt diskutiert werden könnte. Europa und die europäischen Staatsoberhäupter haben eine moralische Pflicht, diese neue Art von Kolonialismus, wie ich sie nennen würde, zu bekämpfen. Die Erklärung des FAO-Ernährungsgipfels greift das Thema des Landraubs nicht auf und hat in dieser Hinsicht wirklich eine Möglichkeit ausgelassen, den Hunger in der Welt zu bekämpfen. Warum haben Sie das nicht getan?
Dann ist da das Thema der gemeinsamen Agrarpolitik der EU. Wir produzieren eine Menge an Nahrungsmitteln. Die Europäer haben genügend zu essen, aber die gemeinsame Agrarpolitik (GAP) ist fatal für kleine Landwirte und Industrielandwirte in Entwicklungsländern. Ihnen wird die Möglichkeit entzogen, einen menschenwürdigen Lebensunterhalt zu verdienen. Dadurch entsteht ein Mangel an Nahrungsmitteln und der Bedarf an Nahrungsmittelimporten steigt. Wann werden wir endlich eine freie und faire europäische Agrarpolitik haben?-
Richard Ashworth (ECR). – Frau Präsidentin, die Vereinten Nationen und die Europäische Union sind sich darüber einig, dass sich aufgrund der wachsenden Weltbevölkerung die weltweite landwirtschaftliche Produktion um 50 bis 100 % erhöhen muss. Das akzeptieren wir. Wir akzeptieren die Ansicht des Herrn Kommissars, nicht nur weil wir der gleichen Meinung sind, sondern weil dies ein Ziel ist, das sich die Welt nicht leisten kann, zu verfehlen. Aber gleichzeitig wird erwartet, dass in der Landwirtschaft weniger Boden, weniger Wasser und weniger Energie genutzt wird und weniger Treibhausgase ausgestoßen werden. Es gibt drei Punkte, die wir verstehen müssen.
Erstens müssen Regierungen - und ganz besonders die EU - mehr in Forschung und Entwicklung investieren; wir haben einfach nicht genügend Informationen, auf denen wir einen Plan für die Zukunft begründen könnten. Zweitens benötigen wir angesichts der Schwankungen der Weltmärkte ein Sicherheitsnetz neben der gemeinsamen Agrarpolitik. Und drittens entstehen durch die Ernährungssicherheit und allem, was damit für die Europäische Union zusammenhängt, Kosten. Diese Kosten können wir nicht auf die Verbraucher abwälzen und deshalb möchte ich noch einmal wiederholen: Wir brauchen eine starke Agrarpolitik und wir müssen uns in der Haushaltsdebatte erfolgreich durchsetzen.
João Ferreira (GUE/NGL). – (PT) Frau Präsidentin, die Schlusserklärung, die auf dem letzten FAO-Gipfel von seinen 193 Mitgliedsländern angenommen wurde, ist leider im Kampf gegen den Hunger ein Tropfen auf den heißen Stein. Keine Fristen wurden gesetzt und vor allem wurden keine konkreten Mittel und Bedingungen eingerichtet, um dieses schlimme Übel zu bekämpfen, von dem mehr als sechs Milliarden Menschen betroffen sind.
Den vorliegenden Daten zufolge, sterben in den kurzen 90 Sekunden meines Redebeitrags 15 Kinder in der Welt an Hunger. Dies ist die stärkste und einschneidendste Anklage an eine unfaire, ausbeuterische, irrationale und dadurch historisch schmähliche Wirtschaftsordnung.
Es ist ein System, das auf realer Politik und Richtlinien und jetzt, Herr Michel, auf Protagonisten und einer liberaler Rhetorik basiert, die zu der aktuellen Situation geführt hat: der Förderung des agrarindustriellen Modells gemäß dem Schutz der Interessen der großen Nahrungsmittelindustrie und der daraus resultierenden qualitativen Verarmung der weltweiten Agrarindustrie; viele Jahre ungenügender Investition in die Landwirtschaft, der Förderung der Aufgabe von landwirtschaftlichen Betrieben und der Auflösung kleiner und mittelgroßer landwirtschaftlicher Betriebe und das in einem Sektor, der zu 70 % für das Auskommen der Ärmsten auf der Welt sorgt.
Marktfundamentalismus, Privatisierungs- und Liberalisierungspolitik und der freie Handel haben dazu geführt - und führen weiterhin dazu - dass Land aufgegeben wird und der Grundbesitz sich stärker auf wenige Eigentümer konzentriert, sodass die Produktion von wenigen Betrieben dominiert wird und die Menschen ihnen gegenüber bezüglich der Nahrungsmittelversorgung abhängig sind.
Experten schätzen, dass es 44 Mrd. USD kosten würde, den Kampf gegen die chronische Unterernährung zu gewinnen. Das ist eine viel geringere Summe, als die, die von den Mitgliedstaaten an große Unternehmen überwiesen wurde, um sie vor der aktuellen Systemkrise zu retten.
Diane Dodds (NI). – Frau Präsidentin, auf dem Weltgipfel zur Ernährungssicherheit hat der UN-Generalsekretär Ban Ki Moon gesagt: „Die aktuelle Ernährungskrise ist ein Alarmsignal für die Zukunft“. Bis 2050 könnte die Weltbevölkerung auf 9,1 Milliarden Menschen anwachsen, das wären über zwei Milliarden mehr als heute. Das ist eine erschütternde Zahl, die beinhaltet, dass Landwirte 70 % mehr Nahrungsmittel produzieren müssen.
Die Landwirte in Nordirland wollen dazu beitragen, diese Nachfrage zu decken. Trotzdem glauben die meisten von ihnen, dass Europa sie daran hindern will, mehr Nahrungsmittel zu produzieren, indem durch Nitrat- und Phosphatbestimmungen, Bürokratie und mangelnde Forschung und Entwicklung in der Industrie die Besatzdichte reduziert wird und eine Einstellung vermittelt wird, dass Ernährungssicherheit nicht zur Debatte steht.
Die Reform der GAP wird über die Fähigkeit der Landwirte entscheiden, Nahrungsmittel zu produzieren. Des Weiteren wird sie die Lebensmittelpreise beeinflussen. Wenn Landwirte von der EU nicht direkt bezuschusst werden, werden die Lebensmittelpreise ansteigen müssen, damit die Produktionskosten gedeckt werden können. Mein Ziel ist es, die Nahrungsmittelproduktion in Nordirland und die Ernährungssicherheit in Europa zu unterstützen. Dieses Ziel kann nur erreicht werden, wenn Landwirten die Möglichkeit gegeben wird, ihr Land zu bestellen. Die Reform der GAP wird hierbei eine wichtige Rolle spielen und Ernährungssicherheit sollte ein zentraler Aspekt unserer Arbeit sein, je weiter die GAP-Reform voranschreitet.
Mairead McGuinness (PPE). – Frau Präsidentin, als eine der Verfasserinnen dieses Berichts möchte ich zuerst den Fraktionen danken, die sehr eng zusammengearbeitet haben, um einen Text vorzulegen, der keinerlei Änderungen mehr bedarf. Ich denke, wir sollten uns alle sehr darüber freuen. Wir sind in vieler Hinsicht nicht einer Meinung, aber ich denke, dass der Text bezüglich des allgemeinen Ziels, dabei zu helfen, Nahrungsmittel für die Hungernden in dieser Welt zur Verfügung zu stellen, einen Fortschritt in die richtige Richtung darstellt.
Ich habe in meinem vorherigen Mandat auch einen Bericht über die Welternährungssicherheit und die GAP verfasst, also habe ich mich sehr eingehend mit diesem Thema befasst. Darf ich einen ganz simplen Punkt anmerken, der vielen zu entgehen scheint: Wenn die Landwirte gute Produktionsbedingungen erhalten - und das meine ich im weitestgehenden Sinne - werden sie die weltweite Nahrungsmittelproduktion sicherstellen. Der Rest von uns wird nur über dieses Thema reden. Es liegt in unserer Verantwortung, politische Maßnahmen für unsere Landwirte zu entwickeln und umzusetzen, damit sie Nahrungsmittel produzieren können. Das werden sie tun, wenn zwei elementare Bedingungen gegeben sind: Erstens angemessene Preise und zweitens stabile Einkommen. Die kürzlichen Schwankungen haben beide Bedingungen negativ beeinflusst und die Landwirtschaft kann so nicht überleben.
Da die Zeit verrinnt - und als einer der Verfasser bitte ich Sie deswegen um Nachsicht - bitte verteufeln Sie die gemeinsame Agrarpolitik nicht. Einige der Argumente, die hier vorgebracht wurden, sind veraltet und nicht mehr aktuell; wir haben genau diese Politik reformiert und ohne die GAP hätten wir vielleicht eine viel größere Ernährungsunsicherheit in der Europäischen Union. Warum suchen wir uns nicht die besten Elemente heraus und bitten die Entwicklungsländer, eine gemeinsame Agrarpolitik einzuführen? Lassen Sie uns hier eine ganz harte Linie verfolgen: Wir dürfen bei den Regierungen der Entwicklungsländer nicht locker lassen; es liegt in ihrer Verantwortung, die Entwicklungshilfe korrekt einzusetzen. Und es liegt in unserer Verantwortung, sicherzustellen, dass mehr Gelder bereitgestellt und in die Landwirtschaft investiert werden. Ich denke, es ist Zeit, nicht mehr um den heißen Brei herum zu reden, sondern hart zu Regierungen und uns selbst zu sein. Wir haben eine moralische Verantwortung und wir sind bereit sie anzunehmen.
Enrique Guerrero Salom (S&D). – (ES) Frau Präsidentin, Herr Kommissar, die Welt steht vor zwei großen langfristigen Herausforderungen: dem Kampf gegen die Auswirkungen des Klimawandels und dem Kampf gegen die Armut und den Hunger in der Welt.
Der Herr Kommissar hat konkrete Zahlen genannt, wie es auch Mitglieder des Parlaments getan haben, und diese tauchen in der Schlusserklärung des FAO-Weltgipfels zur Ernährungssicherheit auf: Über eine Milliarde Menschen auf der Welt leiden an Hunger und 40 Millionen sterben jedes Jahr aufgrund von Armut.
Erst hat die Nahrungsmittelkrise und dann die Finanzkrise verhindert, dass die Millenniums-Entwicklungsziele erreicht werden. Wir kommen nicht voran, sondern machen eher Rückschritte. Die Herausforderungen sind langfristiger Natur, aber Lösungen müssen dringend gefunden werden und werden bereits jetzt gebraucht. Allerdings haben wir in den letzten Wochen die alarmierenden Nachrichten erhalten, dass die hauptsächlichen Treibhausgasemittenten sich auf der Konferenz in Kopenhagen weigern wollen, Entscheidungen zu treffen, und dass die Staatsoberhäupter dem FAO-Gipfel in Rom fern geblieben sind und keine spezifischen Ergebnisse erzielt wurden.
Unsere Probleme sind alarmierend, aber auch der Mangel an Handlungsfähigkeit ist es. Die Menschheit ist vorangekommen, weil sie Herausforderungen erkannt, Lösungen gefunden und Maßnahmen ergriffen hat. In der heutigen Zeit wissen wir zwar, wogegen wir ankämpfen müssen, aber wir sind nicht mehr in der Lage, Maßnahmen zu ergreifen.
Aus diesem Grund unterstütze ich die Entschließung, denn sie fordert das Parlament auf, dringend Maßnahmen zu ergreifen.
Franziska Keller (Verts/ALE). – Frau Präsidentin, Artikel 208 der Vertrags von Lissabon besagt, dass das hauptsächliche Ziel der europäischen Entwicklungspolitik die Reduzierung und Beseitigung der Armut ist. Armut ist außerdem der Hauptgrund für den Hunger auf dieser Welt. Artikel 208 besagt außerdem, dass die Union diese Ziele in anderen Politikbereichen berücksichtigen soll, die die Entwicklungsländer betreffen könnten.
Mit ihren Exportsubventionen zerstört die EU allerdings die Märkte in Entwicklungsländern, was zu Armut und Hunger führt. Wenn wir effiziente Entwicklungshilfe leisten wollen, müssen wir sicherstellen, dass sie nicht durch unsere Politik behindert wird. Sonst werden wir es nicht schaffen, die Millenniums-Entwicklungsziele zu erreichen. Das sollten wir im Hinterkopf behalten, wenn wir Politikbereiche wie die gemeinsame Agrar- und Fischereipolitik überarbeiten und reformieren.
(Die Rednerin erklärt sich damit einverstanden, auf eine „Blue-Card“-Frage gemäß Artikel 149 Absatz 8 zu antworten)
Mairead McGuinness (PPE). – Frau Präsidentin, ich möchte den vorherigen Sprecher bitten, detaillierte Angaben zu Exporterstattungen zu machen. Ich habe diesen Punkt in meinem Beitrag angesprochen und sehe ein, dass in der Vergangenheit durch Exporterstattungen Schaden angerichtet wurde, aber Europa hat seine Agrarpolitik nun reformiert. Als wir allerdings letztes Jahr Exporterstattungen für den Milchsektor eingeführt haben, war Neuseeland das einzige Land, das sich beschwert hat, und das ist kein Entwicklungsland. Ich hätte gerne ein Beispiel dafür, wo Exporterstattungen momentan problematisch sind.
Franziska Keller (Verts/ALE). – Frau Präsidentin, natürlich ist das Beispiel mit den gefrorenen Hühnchen, das Sie alle gut kennen, ein wenig alt, aber beispielweise gelangen immer noch hoch subventionierte europäische Tomaten auf den afrikanischen Markt, sind dort billiger als die regionalen Produkte und zerstören deswegen Arbeitsplätze und steigern die Armut. Es ist also immer noch ein verbreitetes Phänomen und ich denke, wir müssen daran arbeiten.
Béla Glattfelder (PPE). – (HU) Immer mehr Wissenschaftler in der Welt sagen voraus, dass die Welt um 2030 gleichzeitig mit einem gravierenden Mangel an Öl, Wasser und Lebensmitteln zu kämpfen haben wird. Allerdings scheint es so, als ob zuerst der Mangel an Nahrungsmitteln eintreten wird, denn es leiden bereits eine Milliarde Menschen auf der Welt an Hunger. Die Zahl der Menschen, die Hunger leiden, wächst schneller als die Weltbevölkerung insgesamt. Heute leidet eine von sechs Personen Hunger, aber in wenigen Jahrzehnten wird es schon eine von vier oder fünf Personen sein. Zwei Kinder sterben pro Minute an Hunger. Die Lösung zu dieser Situation ist sicherlich nicht, die gemeinsame Agrarpolitik der Europäischen Union abzuschaffen. Die Europäische Union kann nur dann stark sein und auch eine starke Rolle in der Welt spielen, wenn sie über eine starke gemeinsame Agrarpolitik verfügt.
Allerdings hungern die Menschen nicht nur in Afrika. Auch in der Europäischen Union gibt es Menschen, die Hunger leiden. Es gibt beispielsweise Regionen in der EU, in denen die Menschen weniger als 10 % ihres Einkommens für Nahrungsmittel aufwenden, während es auch Regionen gibt - in einigen Teilen Bulgariens und in den südlichen Regionen Rumäniens - in denen die Menschen durchschnittlich mehr als 50 % ihres Einkommens für Nahrungsmittel aufwenden. Diese Zahl gibt den Durchschnitt an und beinhaltet deswegen auch diejenigen Menschen, die viel mehr als das für Nahrungsmittel aufwenden. Es lohnt sich, diesen Punkt zu betonen, denn wir müssen uns der Tatsache stellen, dass die landwirtschaftliche Produktion mit jeder neuen Vorschrift teurer und ineffizienter wird. Ein Beispiel dafür sind Tierschutzbestimmungen, die die Futtermenge anheben, um 1 kg Fleisch zu produzieren. Damit schaden wir nicht nur der Umwelt durch erhöhten CO2-Ausstoß, sondern durch jede dieser Maßnahmen wird die Zahl derjenigen, die Hunger leiden, erhöht. Vielleicht ist es genau diese Extramenge an Futter, die beispielsweise zur Geflügelzucht verwendet wird, die uns fehlt, um ein Kind vor dem Hungertod zu retten.
Corina Creţu (S&D). – (RO) Die Zahl unterernährter Menschen in der Welt hat die Marke von einer Milliarde Menschen passiert und verschlimmert die tragische Tatsache, dass eine von sechs Personen Hunger leidet. Leider haben die Staatsoberhäupter der großen Industriestaaten, wie bereits vorher angemerkt wurde, gezeigt, dass sie einem Gipfel, der so wichtig und notwendig wie derjenige ist, der vor kurzem von der FAO in Rom veranstaltet wurde, eher gleichgültig gegenüberstehen. Die Staats- und Regierungschefs der G8-Staaten haben es nicht für notwendig gehalten, an diesem Treffen teilzunehmen, mit Ausnahme des italienischen Premierministers.
Ich kann nicht umhin anzumerken, wie riesig und unfair die Diskrepanz ist, zwischen der enormen Aufmerksamkeit, die die Vertreter dieser Gruppe von Ländern, die für 60 % des weltweiten BIP aufkommen, der Rettung des Bankensystems schenken, und der Ignoranz, mit der sie der tragischen Realität des Hungers begegnen, unter dem immer mehr Menschen leiden. Diese Krise wurde nicht von den ärmsten Ländern der Welt verursacht, aber sie sind diejenigen, die am stärksten davon betroffen sind.
Der Hunger hat das seit 1970 dramatischste Ausmaß angenommen. Alle sechs Sekunden stirbt ein Kind an Hunger. Leider verschließen die Industrieländer die Augen vor so einer Tragödie, die uns durch ihre komplexen Auswirkungen alle betreffen wird. Das beste Beispiel und auch Warnsignal dafür, ist die Vernachlässigung, die der Landwirtschaft in den letzten zwei Jahrzehnten entgegengebracht wurde, und die zu der aktuellen Nahrungsmittelkrise geführt hat. Der Anteil der Gesamtsumme der offiziellen Entwicklungshilfe, der für die Landwirtschaft zur Verfügung gestellt wird, ist von 17 % im Jahr 1980 auf 3,8 % im Jahr 2006 gefallen.
Ernährungssicherheit ist eine sehr ernste Herausforderung, die dringende Maßnahmen erfordert, hauptsächlich durch die Öffnung der Märkte und durch die Bereitstellung von Hilfe für Landwirte in Entwicklungsländern, damit Nahrungsmittel produziert werden können und der Hunger so schnell wie möglich besiegt wird.
Esther Herranz García (PPE). – (ES) Frau Präsidentin, ich möchte zu Beginn Frau McGuinness zu dieser Initiative gratulieren, die zeigt, welch wichtige Rolle die gemeinsame Agrarpolitik (GAP) spielt, um weltweit den Bedarf an Nahrungsmitteln zu decken.
Nun, da die Europäische Kommission anscheinend versucht, die Belastung des Gemeinschaftshaushalts durch die GAP zu reduzieren, ist es wichtig zu betonen, dass, während die GAP vielleicht keine Priorität hat, die Ernährungssicherheit sehr wohl Priorität haben muss. In den letzten Jahrzehnten ist deutlich geworden, dass es ohne die GAP sehr schwierig, wenn nicht sogar unmöglich ist, Ernährungssicherheit zu gewährleisten.
Die Landwirtschaft kann deshalb nicht mit anderen Wirtschaftssektoren verglichen werden, die auf dem freien Markt florieren, denn der Lebensmittelmarkt ist kein freier Markt. Landwirte brauchen die Unterstützung der Europäischen Union, um erfolgreich arbeiten zu können und die Europäische Union braucht im Gegenzug die Landwirte, um das landwirtschaftliche Modell aufrecht erhalten zu können, das in der Lage ist, genügend Nahrungsmittel ausreichender Qualität für ihre immer anspruchsvolleren Bürger zur Verfügung zu stellen.
Deshalb bin ich der Ansicht, dass sich die GAP neu orientieren muss, wir sie aber nicht abschaffen sollten. Damit das möglich ist, muss Landwirten direkte Hilfe garantiert werden und eine Politik zur Steuerung landwirtschaftlicher Märkte muss wieder eingeführt werden, um bessere Preisstabilität zu gewährleisten, wovon nicht nur Landwirte sondern auch Verbraucher und Drittländer profitieren würden.
Ein Rahmenwerk bewährter Praktiken sollte aufgestellt werden, um ein ausgewogenes Verhältnis zwischen den verschiedenen Akteuren in der Nahrungskette herzustellen, wobei missbräuchliche Praktiken vermieden und die fairere Verteilung von Handelsmargen gefördert werden sollten.
Zusätzlich muss mithilfe einer europäischen Verbraucherinformationspolitik hervorgehoben werden, welche Bemühungen die europäischen Nahrungsmittelproduzenten unternehmen, um die Vorschriften der EU im Bereich Umwelt, Lebensmittelsicherheit und Tierschutz zu erfüllen. Schließlich müssen sie mit Importen aus Drittländern konkurrieren, in denen die angewandten Standards viel niedriger sind.
Produzenten aus Drittländern ziehen es vor, ihre Produkte in die Europäische Union zu exportieren, anstatt die Märkte ihrer eigenen Länder zu beliefern, denn solche Exporte sind durch die Übereinkommen der WTO viel profitabler.
Michèle Striffler (PPE). – (FR) Frau Präsidentin, Herr Kommissar, meine Damen und Herren, es wurde bereits vorher gesagt, dass alle fünf Sekunden ein Kind irgendwo in der Welt an Hunger und Armut stirbt und dass die Zahl der Menschen, die an Unterernährung leiden, auf mehr als eine Milliarde geschätzt wird.
Die weltweite Ernährungssicherheit ist deswegen von extremer Dringlichkeit und muss ganz oben auf der europäischen und internationalen politischen Agenda stehen. Die europäische Politik muss einheitlicher werden, um sicherstellen zu können, dass das erste Millenniums-Entwicklungsziel verwirklicht wird.
Die Nahrungsmittelfazilität von 1 Mrd. EUR ist ein notwendiger erster Schritt und es ist wichtig, dass die Umsetzungsmaßnahmen sich auf kleine und mittelgroße Familien- und Ackerbaubetriebe konzentrieren, insbesondere auf die, die von Frauen und von der armen Bevölkerung geführt werden, also denjenigen, die am meisten von der Lebensmittelkrise betroffen sind.
Deshalb muss die nachhaltige Landwirtschaft Priorität haben. Innovative Finanzierungsmechanismen, wie die internationale Steuer bei Finanztransaktionen, müssen untersucht werden, denn sie könnten für die Anpassung an den Klimawandel genutzt werden, wobei sie auch für die kleinen Landwirte der am meisten betroffenen Länder zur Verfügung stehen müssen.
Ricardo Cortés Lastra (S&D). – (ES) Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, kurz nach dem Ende des FAO-Weltgipfels zur Ernährungssicherheit möchte ich meine Enttäuschung darüber ausdrücken, welch geringe soziale, mediale und politische Wirkung er hatte. Insbesondere bin ich enttäuscht darüber, dass kein Übereinkommen bezüglich des 44 Mrd. USD-Pakets gefunden wurde, mit dem den ärmsten Landwirten geholfen werden sollte, und traurig, dass alles so weitergehen wird, wir bisher.
Wenn wir über Ernährungssicherheit, Landwirtschaft und Entwicklung sprechen, vergessen wir oft, die Wasserknappheit anzusprechen, ein wesentliches aktuelles Problem, mit dem wir aber vor allem in der Zukunft zu kämpfen haben werden. Vor dem aktuellen Hintergrund des Wirtschafts- und Finanzkrise ist es mehr als je zuvor erforderlich, dass sich Industrieländer auf höchster Ebene zu einem neuen Forum für internationale Reflexion zusammenschließen, um festzulegen, dass Wasser ein öffentliches Gut ist, um Technologien auszutauschen und effiziente, nachhaltige und wirtschaftlich umsetzbare Systeme der Wasserwirtschaft zu entwickeln.
Wenn wir uns nicht um unsere Wasservorräte kümmern, werden wir den Kampf gegen den Hunger niemals gewinnen.
Chris Davies (ALDE). – Frau Präsidentin, im 18. Jahrhundert hat der Engländer Thomas Malthus vorausgesagt, dass die Nachfrage nach Nahrungsmitteln durch die wachsende Weltbevölkerung das Angebot übersteigen würde. Heute sind seine Ideen in vielerlei Hinsicht veraltet, denn es haben mehrere landwirtschaftliche Revolutionen stattgefunden, die unsere Gesellschaft verändert haben. Aber er hatte auch Recht: Während des Lebens vieler von uns hat sich die Weltbevölkerung verdreifacht - das ist ziemlich unglaublich - und in zu vielen Teilen der Welt ist die Nachfrage nach Nahrungsmitteln mittlerweile höher als das Angebot. Wir müssen mehr tun, wenn wir Hunger vermeiden und das Bevölkerungswachstum steuern wollen. Um das zu erreichen, muss sichergestellt werden, dass Frauen überall auf der Welt in der Lage sind, zu entscheiden, wie viele Kinder sie haben möchten. Und wir müssen Kindern das Leben retten. Die beste Möglichkeit, um das Bevölkerungswachstum zu bremsen, ist das Leben von Kindern zu retten, damit die Menschen nicht das Bedürfnis haben, ihre Familien weiter zu vergrößern.
Hier in der westlichen Welt sind die Menschen süchtig nach Fleisch: Das ist eine massive Verschwendung von Ressourcen. Ich, als jemand, der schon seit 20 Jahren kein Fleisch mehr isst, kann dazu nur sagen - und ich sehe, Frau Präsidentin, dass meine Redezeit abgelaufen ist - dass wir, um die Welt zu retten und den Hunger zu bekämpfen, vegetarisch essen sollten und kein Fleisch.
Peter Jahr (PPE). - Frau Präsidentin! Ausreichende Ernährung ist ein Menschenrecht, und Hunger ist ein Verbrechen an der Menschheit. Ich denke auch, so dass die Menschheit über ausreichende technische und naturwissenschaftliche Kenntnisse verfügt, dass niemand in der Welt an Hunger leiden müsste. Natürlich braucht man zur Bekämpfung des Welthungers auch Geld. Aber es geht nicht um das Geld allein, vorher müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein: erstens Aufbau einer stabilen demokratischen Struktur in den Entwicklungsländern, zweitens Bekämpfung der Korruption, drittens Etablierung einer angepassten Landwirtschaft in den Entwicklungsländern, und dann erst kommen Investitionen in die Landwirtschaft. Und gerade über die ersten drei Punkte wird häufig zu wenig diskutiert, und häufig versickern sehr viele finanzielle Mittel halt doch in den Ländern, geraten in falsche Hände und landen bei der Korruption.
Marc Tarabella (S&D). – (FR) Frau Präsidentin, ich möchte meine Erklärungen von vor zwei Tagen über die tragische Ernährungskrise, die vor allem Afrika betrifft, fortführen und über den eindeutigen Mangel an Unterstützung der meisten Industriestaaten, sowie der Schwellenländer, in Bezug auf das Problem der weltweiten Ernährungssicherheit.
Während der Debatten auf dem FAO-Gipfel in Rom haben mehrere Nichtregierungsorganisationen den multinationalen Lebensmittelkonzernen vorgeworfen, sie würden versuchen, sich Tausende von Hektar sehr fruchtbaren Bodens anzueignen, der den kleinen Landwirten in den Entwicklungsländern gehört. Über 40 000 Hektar wurden auf diese Weise schon in Ländern von Äthiopien bis Indonesien aufgekauft.
Sie haben auch viele reiche Länder verurteilt, die dazu neigen, bevorzugt chemische Düngemittel und neue Technologien in Afrika anzuwenden, anstatt dort eine nachhaltige Entwicklung der Agrarökologie zu fördern. Sie haben agrochemische Firmen, die Nutzung von GVOs und die Entwicklung von Treibstoffen aus Biomasse kritisiert, die auf Kosten des Ackerbaus hergestellt wird.
Ich ersuche die Europäische Union, dringend in die Umsetzung eines weltweiten Partnerschaftsprojekts zu investieren, wodurch die Maßnahmen im Kampf gegen den Hunger besser koordiniert werden können. Mir scheint es, als ob die Subsistenzlandwirtschaft zweifellos die offensichtlichste Lösung des Problems darstellt.
Elisabeth Köstinger (PPE). - Frau Präsidentin! Langfristige Ernährungssicherheit ist eine der zentralen Herausforderungen der Gemeinsamen Agrarpolitik. Gerade angesichts von Nahrungsmittelknappheit muss nachdrücklich auf die Bedeutung einer starken Gemeinsamen Agrarpolitik hingewiesen werden, die auch in Zukunft eine Schlüsselrolle für die Bewältigung der globalen Herausforderungen spielen muss.
Dies erfordert auch eine langfristige, ausreichende finanzielle Ausstattung der Gemeinsamen Agrarpolitik. Die GAP ist ein wichtiges Element der EU-Lebensmittel- und Sicherheitspolitik, und nach 2013 wird sie eine bedeutende Rolle in der Entwicklungspolitik spielen, auch bei externer Ernährungssicherungspolitik. Dabei sind die einwandfreie Funktion der Ökosysteme, fruchtbare Böden, stabile Wasserressourcen und eine weitere Diversifizierung der ländlichen Wirtschaft von höchster Priorität. Internationale Zusammenarbeit und Solidarität sowie ausgewogene Handelsabkommen, welche die Ernährungssicherheit nicht gefährden, sondern fördern, sind ein wesentliches Element der globalen Ernährungssicherheit. Und hier kann eine starke Gemeinsame Agrarpolitik wirksam sein.
Rareş-Lucian Niculescu (PPE). – (RO) Zu allererst möchte ich sagen, und dabei gehe ich das Risiko ein, einen Aspekt zu wiederholen, den bereits Herr Stoyanov erwähnt hat, dass ich es bedauere, dass in vielen europäischen Ländern so viel Land brach liegt, während wir hier über den Hunger in der Welt diskutieren.
Zweitens möchte ich die Aufmerksamkeit auf die Gefahren lenken, die die stark befürwortete Nahrungsmittelselbstversorgung birgt, denn der Entschließungsantrag befasst sich mit diesem Thema und ich freue mich, dass der Herr Kommissar es bereits angesprochen hat. Die Nahrungsmittelselbstversorgung, die nicht mit Ernährungssicherheit gleichzusetzen ist, kann unerwünschte Auswirkungen auf die aktuellen Bedingungen haben, denn der Klimawandel beeinflusst jede Region auf unterschiedliche Weise. Aufgrund dieser Situation ist es wichtiger als jemals zuvor, dass Handel getrieben wird und nicht, dass jedes Land all das selbst produziert, was es konsumieren möchte.
Marian Harkin, Verfasserin. – Frau Präsidentin, ich möchte nur zwei Aspekte kommentieren, die in der Debatte bisher angesprochen wurden. Erstens die Verbindung zwischen Hunger und Klimawandel. Wie Ban Ki-Moon in Rom gesagt hat, werden wir, da die Weltbevölkerung wächst und unser Klima sich verändert, im Jahr 2050 70 % mehr Nahrungsmittel produzieren müssen, obwohl die Wetterbedingungen extremer und unvorhersehbarer sein werden. Also werden sich alle positiven Bemühungen, die wir im Kampf gegen den Klimawandel unternehmen, auch positiv auf die Nahrungsmittelproduktion auswirken.
Ein anderes Thema, das erneut genannt wurde, bietet eine einfache Möglichkeit: Und zwar der GAP die Schuld zuzuschieben - als wäre die GAP für all das Übel in den Entwicklungsländern verantwortlich. Die GAP ist zwar nicht perfekt, aber sie wurde bereits reformiert. Wenn wir möchten, dass unsere Landwirte weiterhin Nahrungsmittel produzieren und die Ernährungssicherheit in Europa gewährleisten, können wir sie nicht durch Vorschriften oder Einstellen der Unterstützung im wahrsten Sinne des Wortes zur Aufgabe ihrer Höfe zwingen.
Hat beispielsweise irgendjemand eine Studie über die kürzliche Reform der Zuckerindustrie in der EU durchgeführt, um herauszufinden, ob die Verkleinerung der europäischen Zuckerindustrie den Produzenten in Ländern der Dritten Welt zugutegekommen ist, oder ob nur die Zuckerbarone und Grundbesitzer davon profitiert haben, während die kleinen Landwirte, die den Zucker anbauen, weiterhin in Armut leben. Ich möchte keinesfalls das Problem des Hungers in der Welt herabsetzen, aber wir müssen gewährleisten, dass die Maßnahmen, die wir zur Lösung des Problems ergreifen, auch wirklich effizient sind.
Sari Essayah (PPE). – (FI) Frau Präsidentin, ich finde es exzellent, dass am gleichen Tag, an dem wir über die Entschließung zur Klimakonferenz in Kopenhagen diskutieren, auch die Ernährungssicherheit und das Problem des Hungers in der Welt thematisiert werden, denn diese Themen sind sehr eng miteinander verbunden.
Einige Abgeordnete haben bereits angemerkt, dass wir teilweise durch unsere Klimapolitik zusätzliche Probleme geschaffen haben. Wir haben uns beispielsweise unrealistische Ziele für Biokraftstoffe gesetzt, was dazu geführt, dass Land in Entwicklungsländern gekauft wurde, um dort Pflanzen für Biokraftstoffe anzubauen. Somit wird den Ärmsten der Armen der Grund und Boden weggenommen, den sie für landwirtschaftliche Zwecke nutzen könnten, um ihre eigenen Nahrungsmittel zu produzieren.
In der Agrarpolitik gab es ähnliche Verzerrungen. Sie haben dazu geführt, dass der Produktionsüberschuss in Entwicklungsländer exportiert wurde, wodurch die Entwicklung der Landwirtschaft vor Ort behindert wurde. Es ist sehr wichtig, eins nicht zu vergessen: In der heutigen Welt verfügen wir über mehr als genug Nahrungsmittel, aber es fehlt am Willen, diese zu teilen.
Czesław Adam Siekierski (PPE). – (PL) Frau Präsidentin, auf dem letzten FAO-Gipfel haben die teilnehmenden Staaten keinerlei konstruktive Vorschläge gemacht. Das Fehlen einer gemeinsamen Strategie auf internationaler Ebene ist besorgniserregend, insbesondere vor dem Hintergrund der immer weiter wachsenden Weltbevölkerung, die im Jahr 2050 die 9 Milliarden-Grenze überschreiten soll.
Wir erinnern uns alle an die Auswirkungen der Nahrungsmittelkrise im Jahr 2007, als aufgrund eines drastischen Preisanstiegs der Grundnahrungsmittel Millionen von Menschen auf der Erde nicht mehr genügend zu essen hatten. Ich denke, wir sollten unsere Lektion aus der Krise lernen. Wir müssen die Maßnahmen abschaffen, die zum Ziel haben, die landwirtschaftliche Produktion zu beschränken, welche, so merkwürdig es auch sein mag, in den letzten Jahren in der EU sehr beliebt waren.
Vor dem Hintergrund der weltweiten Trends auf dem Nahrungsmittelmarkt bin ich der Ansicht, dass jeder Versuch, die GAP zu beschränken, kein kluger Schritt wäre und in naher Zukunft die Ernährungssicherheit unseres Kontinents bedrohen würde. Wir sollten den Entwicklungsländern helfen, eine Agrarpolitik einzuführen, die es ihnen ermöglicht, Ernährungssicherheit für ihre Bürger zu gewährleisten.
Karel De Gucht, Mitglied der Kommission. – Frau Präsidentin, auch ich bedauere, dass kein Staatsoberhaupt der G8-Staaten in Rom anwesend war, mit Ausnahme des Kommissionspräsidenten Herrn Barroso. Natürlich verstärkt dies zusätzlich den Eindruck, dass der Gipfel nicht viel Neues gebracht hat. Wenn man sich die Schlusserklärung einmal ansieht, ist das, denke ich, auch offensichtlich. Auf der anderen Seite halte ich es auch für sehr wichtig, dass wir es geschafft haben, die Ernährungssicherheit auf der politischen Agenda zu belassen und es ist sicher den vielen Gipfeln, die im Jahr 2009 stattgefunden haben, zu verdanken, dass dieses Thema jetzt international eine solche Priorität hat und dass bei jedem Treffen, an dem Staatsoberhäupter beteiligt sind, wie beispielsweise letztlich in Pittsburgh beim G20-Gipfel, über Entwicklungszusammenarbeit und Entwicklungspolitik gesprochen wird. Das ist schon allein ein sehr positiver Aspekt.
Ich war in Rom und ich muss sagen, dass abgesehen von der Schlusserklärung, die - das gebe ich zu - ein wenig enttäuschend ist, sehr gute Diskussionen geführt wurden und der Gipfel sehr gut besucht war und möglicherweise noch im Nachhinein etwas daraus hervorgeht. Beispielsweise gab es eine Diskussionsrunde über den Verkauf von fruchtbarem Boden in Entwicklungsländern und Länder, die über kein Ackerland verfügen; dass sie selbst diesen Boden kaufen, ist ein sehr interessantes Thema und ich denke, dass wir diesbezüglich zu einem gemeinsamen Verständnis kommen können.
Als zweiten Punkt möchte ich die GAP ansprechen, die - wie ein paar Abgeordnete bereits zuvor gesagt haben - natürlich nicht ideal ist. Nichts in dieser Welt ist ideal, aber wenn man sich die Auswirkungen der gemeinsamen Agrarpolitik auf die Entwicklungsländer vor Augen führt, können wir meiner Ansicht nach behaupten, dass dies das am wenigsten schädlichste System eines großen Handelsblocks ist, hinsichtlich der verzerrenden Auswirkungen auf die Entwicklungsländer. Die WTO hat bestätigt, dass die meisten, wenn nicht sogar alle unsere Subventionen nicht handelsverzerrend sind, denn sie unterstützen das landwirtschaftliche Einkommen und nicht die Preise landwirtschaftlicher Erzeugnisse.
Ich bin auch ein wenig - wie soll ich es ausdrücken - enttäuscht darüber, dass wir uns selbst andauernd die Schuld geben. Europa ist auch nicht ideal, aber ich glaube, dass wir mit der Nahrungsmittelfazilität einen wichtigen Schritt nach vorne gemacht haben. Sie beinhaltet alle zwei Jahre 1 Mrd. EUR; und sie sorgt nicht für die Lieferung von Nahrungsmitteln, sondern konzentriert sich hauptsächlich auf die Lieferung von Samen usw., um kleine Landwirte in den Entwicklungsländern zu unterstützen. Ich denke, das ist wirklich eine Innovation. Sie wurde beispielsweise auch als solche von den Weltbank anerkannt, die diesen Mechanismus übernimmt. Also sollten wir uns nicht immer die Schuld geben. Diese Fazilität wurde übrigens von meinem Vorgänger ins Leben gerufen. Ich stimme nur in einem Punkt nicht mit ihm überein und zwar bezüglich eines Herrn, der in der Zwischenzeit nicht mehr anwesend ist, Herrn Le Hyaric. Mein Vorgänger ist kein Sozialdemokrat, er ist Kommunist; ich denke, Sie sollten sich seine Fraktion anschauen: er ist Kommunist und das erklärt wahrscheinlich seine von ihm angewandte Logik.
Nachdem wir das, auch in L'Aquila, vorgebracht haben, haben wir als Europäische Kommission unsere Verantwortung übernommen und 4 Mrd. USD zugesagt, eine Summe die 20 % des Nahrungsmittelpaktes und des Unterstützungspakets ausmacht, welche in L'Aquila vereinbart wurden. Damit sind wir bei Weitem der größte Geber, der in L'Aquila Zusagen gemacht hat, und wir werden uns an unsere Versprechen halten. Wir werden uns auf diesen Betrag festlegen und ihn so früh wie möglich ausbezahlen.
Abschließend möchte ich ein letztes Wort zur neuen europäischen Politik für Landwirtschaft und Ernährungssicherheit sagen, denn im Arbeitsprogramm der Kommission für 2010 ist ein Plan enthalten, dem Rat und dem Parlament eine Mitteilung über eine erneuerte Politik für Landwirtschaft und Ernährungssicherheit für die EU vorzulegen. In diesem Dokument werden aktuelle Themen überarbeitet, die die Landwirtschaft und die Ernährungssicherheit beeinflussen, zum Beispiel: Herausforderungen durch den Klimawandel, stärkere Aufmerksamkeit hinsichtlich der Ernährung und der Qualität der Nahrung sowie soziale Netze und Sozialschutzpolitik, der Einfluss von Biokraftstoffen auf die Nahrungsmittelproduktion oder die Nutzung und die Auswirkungen von neuen Technologien und Biotechnologien, die zunehmende Forderung nach Herangehensweisen unter Einbeziehung der Rechte, großangelegte Landankäufe, usw.
Die Mitteilung zielt vorrangig darauf ab, die Verpflichtungen, die die EU eingegangen ist um Entwicklungsländern dabei zu helfen, ihre landwirtschaftliche Produktion voranzutreiben, zu verstärken. Das bleibt weiterhin entscheidend, insbesondere vor dem Hintergrund der steigenden Nachfrage nach Nahrungsmitteln aufgrund der wachsenden Weltbevölkerung, sich verändernder Ernährungsmuster und der Herausforderungen, vor die der Klimawandel die nachhaltige landwirtschaftliche Produktion stellt. Zweitens soll sie zur Reflexion darüber anregen, wie die EU ihre Erfahrung und ihr Know-how am besten nutzen könnte, um zur Schaffung von regionalen Politiken und strategischen Rahmenwerken für Landwirtschaft und Ernährungssicherheit beizutragen. Drittens hat sie zum Ziel, eine Grundlage für die gesamte Herangehensweise der EU zu schaffen, um die bestehenden politischen Rahmenbedingungen des ECMS-Systems zu harmonisieren, gemäß den Verpflichtungen, die im Aktionsprogramm von L'Aquila erklärt wurden. Viertens sollen mithilfe der Mitteilung Vorschläge gemacht werden, wie die EU dazu beitragen kann, dass bei der Verwirklichung der Millenniums-Entwicklungsziele schneller Fortschritte erreicht werden, insbesondere beim ersten dieser Ziele, vor dem Hintergrund, dass im September 2010 in New York über die Millenniums-Entwicklungsziele beraten wird. Fünftens zielt die Mitteilung darauf ab, die EU besser gegenüber den aktuellen Entwicklungen in der weltweiten Ordnungspolitik für Landwirtschaft und Nahrungsmittel zu positionieren und zuletzt sollen Themen angesprochen werden, die kürzlich auf der Agenda für Ernährungssicherheit an Bedeutung gewonnen haben.
Eine öffentliche Konsultation auf einem Eckpunktepapier wurde am 16. November begonnen und wird Anfang Januar abgeschlossen werden. Somit konsultieren wir alle Interessenvertreter und können dann eine formelle Mitteilung der Europäischen Kommission vorlegen.
Die Präsidentin. – Ich habe sechs Entschließungsanträge erhalten(1), die gemäß Artikel 110 Absatz 2 eingereicht wurden.
Die Aussprache wird beendet.
Die Stimmabgabe findet am Donnerstag, den 26. November 2009, statt.