Der Präsident. – Der nächste Punkt auf der Tagesordnung ist die Erklärung der Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik und Vizepräsidentin der Kommission, Baroness Ashton.
Auch Kommissar De Gucht wird noch Gehör finden, aber zunächst wird Baroness Ashton das Wort ergreifen. Ich freue mich sehr, sie zu begrüßen, da ich bereits an anderer Stelle intensiv mit ihr zusammengearbeitet habe, und ich wünsche ihr alles Gute für ihre neue Tätigkeit.
Catherine Ashton, -Hohe Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik/Vizepräsidentin der Kommission. – Herr Präsident, ich bedanke mich für Ihre freundlichen Worte. Meine Damen und Herren Abgeordnete, ich habe diese Aussprache angeregt, um das Parlament über die aktuelle Situation in Haiti nach dem furchtbaren Erdbeben am 12. Januar zu informieren. Es sind katastrophale Verluste und ein immens hoher Schaden zu beklagen. Bis zu drei Millionen Menschen sind von der Tragödie betroffen und die Zahl der Todesopfer steigt weiterhin an.
Wir haben es hier mit einer überwältigenden humanitären und politischen Katastrophe zu tun. Unsere unmittelbare Aufmerksamkeit gilt der Zusammenarbeit mit den Vereinten Nationen und der haitianischen Führung, um das Leid der Bevölkerung in Haiti zu lindern. Unser Engagement für den Wiederaufbau des Landes ist langfristiger Natur. Auch viele europäische Bürgerinnen und Bürger haben ihr Leben verloren und ca. 1 000 Personen gelten weiterhin als vermisst.
Die EU hat schnell reagiert, und zwar nicht mit dem Ziel, sich einen Platz in den Schlagzeilen zu sichern, sondern in dem ausschließlichen Bestreben, den bedürftigen Menschen Hilfe zu bringen. Auf Anraten der Vereinten Nationen haben wir dem Bedürfnis, sofort nach Haiti zu reisen, nicht nachgegeben. Dies hätte lediglich die Aufmerksamkeit und knappen Mittel von den Soforthilfemaßnahmen abgelenkt. Natürlich werden wir uns, sobald es angemessen ist, nach Haiti begeben und ich bin mit Kommissar De Gucht übereingekommen, dass er diese Woche nach Haiti reisen wird, um im Namen der EU unser Beileid zu bekunden und zu bekräftigen, dass wir der Bevölkerung zur Seite stehen werden. Er wird die Gelegenheit ebenfalls nutzen, unsere bisherigen Hilfsbemühungen einer Bewertung zu unterziehen und mit den Vereinten Nationen und unseren Leuten vor Ort den dringendsten Bedarf in den nächsten Wochen und Monaten zu besprechen.
In der Zwischenzeit werden wir in unseren, in sämtliche Richtungen gehenden Bemühungen zu humanitären, politischen und sicherheitstechnischen Fragen nicht nachlassen. Ich habe in den letzten Tagen ständig mit Außenministerin Clinton, mit der Führung der Vereinten Nationen, mit den Außenministern der EU und mit Kanada in Verbindung gestanden – Letzterem obliegt die Leitung der Gruppe der „Freunde von Haiti“. All dies diente dazu, eine effektive und koordinierte internationale Reaktion zu gewährleisten. Diese Woche werde ich in die Vereinigten Staaten reisen, um mit der Administration der Vereinigten Staaten, mit dem Generalsekretariat der Vereinten Nationen und weiteren Personen dieses und weitere Themen in New York aufzugreifen.
Die UN hat um dringende finanzielle Hilfe gebeten – 575 Mio. USD –, sowie um Logistikunterstützung bei dem Transport der humanitären Hilfe. Gestern hat das Generalsekretariat der Vereinten Nationen um eine Verstärkung der Polizei- und militärischen Einheiten auch im Rahmen der UN-Friedensmission ersucht.
Um dazu beizutragen, unsere Reaktion in Gang zu setzen und zu koordinieren, habe ich mich gestern an den spanischen EU-Ratsvorsitz mit der Bitte gewandt, einen außerordentlichen Rat (Auswärtige Angelegenheiten) einzuberufen. Zum ersten Mal seit Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon werden die Bemühungen der Kommission und des Generalsekretariat des Rates, sowie die der Mitgliedstaaten jetzt in einem globalen Ansatz unter meiner Gesamtkoordinierung zusammengeführt. Das ist ein bahnbrechender Schritt.
Die gestrige Ratstagung hat sich als produktiv erwiesen. Alle stimmten der Notwendigkeit einer schnellen Reaktion und engen Zusammenarbeit mit den Vereinten Nationen zu. Was die finanzielle Unterstützung anbelangt, kam der Rat zu folgenden Schlussfolgerungen. Die vorläufige Mittelbindung der Kommission von 30 Mio. EUR für unmittelbare humanitäre Hilfe, zusätzlich zu den 92 Mio. EUR, zu denen sich Mitgliedstaaten vorläufig verpflichtet haben, wurde begrüßt.
Die vorläufige Mittelbindung der Kommission von 100 Mio. EUR für frühzeitige, nicht humanitäre Hilfsmaßnahmen, beispielsweise zu Sanierungs- und Wiederaufbauzwecken, wurde begrüßt und der vorläufige Hinweis der Kommission, es stünden 200 Mio. EUR für längerfristige Reaktionen zur Verfügung, wurde zur Kenntnis genommen.
Es wurde eine zum gegebenen Zeitpunkt und nach einer vollständigen Bewertung des nach dem Notfall vorhandenen Bedarfs stattfindende internationale Konferenz über Haiti gefordert.
Alles in allem war die Reaktion innerhalb des kurzen Zeitraums überwältigend. Auch die Dominikanische Republik wird gezielte Unterstützung erhalten. Die Beschaffung ausreichender Geldsummen ist derzeit ein geringeres Problem, als diese den Menschen, die sie benötigen, tatsächlich zugute kommen zu lassen. Wir müssen sicherstellen, dass die Mittel zielgerichtet für einen nachhaltigen, politischen und physischen Wiederaufbau eingesetzt wird. Bezüglich der Bitte des Generalsekretariats der Vereinten Nationen um Unterstützung für den Transport der humanitären Hilfe und weitere Polizeieinheiten, hat der Rat mich gebeten festzustellen, welche Beiträge von Mitgliedstaaten kommen können und Vorschläge für die Inanspruchnahme zu unterbreiten. Ich arbeite daran.
Um weitere Schritte zu unternehmen, haben wir unmittelbar nach der Ratstagung eine Sitzung des Politischen und Sicherheitspolitischen Komitees einberufen. Frühzeitige Hinweise auf Beiträge von Mitgliedstaaten gibt es schon jetzt, einschließlich einer möglichen Mitwirkung der Europäischen Gendarmerietruppe („European Gendarmerie Force“). In den kommenden Tagen wird die Arbeit in den Vorbereitungsgruppen des Rates weitergehen, und zwar mit der Maßgabe einer schnellen, gezielten Reaktion.
Am nächsten Montag wird wieder ein Rat (Auswärtige Angelegenheiten) stattfinden. Wir werden das Thema Haiti nicht aus den Augen verlieren und zusätzliche Initiativen in Betracht ziehen.
Die Außenpolitik der EU unter den neuen Gegebenheiten des Vertrags von Lissabon steht auf dem Prüfstand. Die haitianische Bevölkerung – ebenso wie unsere Bevölkerung – erwartet eine rasche, wirkungsvolle und koordinierte Reaktion. Diese wird unserer Meinung nach erbracht.
Ich freue mich darauf, in dieser Angelegenheit mit dem Parlament zusammenzuarbeiten und ich bin froh darüber, heute hier zu sein, um Ihnen diese Informationen zu überbringen und ihre Ansichten zu hören.
Karel De Gucht, Mitglied der Kommission. – Herr Präsident, zunächst möchte ich die im Hinblick auf die humanitären Folgen, aber auch auf die Auswirkungen für das Land insgesamt beispiellose Natur dieser Katastrophe hervorheben.
Haiti ist eines der ärmsten Länder der Welt. Die grundlegenden Funktionen und Kapazitäten dieses sich in einer chronisch schwachen Verfassung befindenden Landes sind schwer beschädigt worden. Auch die internationale Gemeinschaft hat es hart getroffen. Immer noch gelten Personal der Vereinten Nationen und von Nichtregierungsorganisationen (NRO) sowie unsere eigenen Bediensteten der Kommission als vermisst, und dies erklärt auch die Schwierigkeiten bei der Organisation von Hilfe vor Ort. Man muss verstehen, dass das nicht auf mangelnde Kompetenz zurückzuführen, sondern die Gemeinschaft der Helfer selbst in Mitleidenschaft gezogen worden ist. Die Hilfsoperationen laufen nicht so schnell, wie man sich es wünschen würde, und doch ist ersichtlich, dass sich die Situation stündlich verbessert.
Anders ausgedrückt, geht es nicht nur darum, Menschenleben zu retten. Wir müssen vielmehr das Land als Ganzes retten. Darum hat die Hohe Vertreterin, Cathy Ashton, diese außerordentliche Ratstagung gefordert, welche sich als ein sehr nützliches Instrument für den Umgang mit dem Problem erwiesen hat. Ich möchte nur ganz kurz auf vier wesentliche Herausforderungen näher eingehen.
Als erstes müssen wir uns natürlich mit dem humanitären Bedarf befassen. Dieser ist gewaltig und betrifft hauptsächlich die notärztliche Versorgung der Verletzten, die Wasserversorgung und Abwasserentsorgung – auf Grund der Gefahr beispielsweise von Cholera –, Nahrungsmittel und Unterkünfte. Am meisten fehlt es an chirurgischen Behandlungen, medizinischer Grundversorgung und Medikamenten, Wasseraufbereitungssets, Nahrungsmittelhilfe, Notunterkünften und Logistikunterstützung. Such- und Rettungskapazitäten sind in ausreichender Menge vorhanden.
Bei den organisatorischen Koordinierungsbemühungen liegt das Hauptaugenmerk auf dem Abschluss der Bedarfsbewertung, um ein besseres Bild des genauen Bedarfs im Einzelnen zu zeichnen und die Transportlogistik zu organisieren. Damit wird man sich auch innerhalb der Gemeinschaftsorgane beschäftigen.
Schließlich müssen wir die Koordinierung internationaler Hilfsanstrengungen bewerkstelligen. In solchen Umständen ist das immer sehr schwierig. Ich möchte betonen, dass nur Stunden nach dem Erdbeben umgehend Teams des Europäischen Amtes für humanitäre Hilfen (ECHO) und des Beobachtungs- und Informationszentrums der Kommission (MIC) in den Einsatz geschickt worden sind. Seitdem arbeiten sie dort, um bei der Bedarfsbewertung und Koordinierung der Hilfe Unterstützung zu leisten. Wir arbeiten mit Teams des Büros zur Koordinierung der humanitären Hilfe OCHA, einer Organisation der Vereinten Nationen, zusammen und stehen in ständigem Kontakt mit John Holmes, dem UN-Koordinator für humanitäre Hilfe.
Zweitens geht es darum, die grundlegenden staatlichen Kompetenzen aufzubauen bzw. wiederherzustellen. Das ist ein sehr wichtiger Punkt. Dieses Land muss wieder funktionieren, nicht nur in physischer Hinsicht – die meisten Gebäude gibt es ja nicht mehr –, sondern auch mit einer großen Anzahl als vermisst geltender hoher Beamter und schwer angeschlagenen staatlichen Strukturen.
Der Rat begrüßt den Umstand, dass wir als dringlichste Maßnahme ein EU-Expertenteam mit der besonderen Aufgabe entsenden werden, den primären Bedarfs des haitianischen Staates und der Zivilverwaltung festzustellen, um hier technische Hilfe zu leisten. Unser diplomatisches und für die Zusammenarbeit zuständiges Personal vor Ort ist natürlich am besten dazu in der Lage, seine Kapazitäten sind jedoch überstrapaziert. Dies ist ein Punkt, der in den kommenden Tagen immer größere Bedeutung erlangen wird. Als Europäische Union und Europäische Kommission könnten wir zusammen mit dem Rat eine führende Rolle bei der physischen Wiederherstellung der staatlichen Institutionen spielen, auch was die Menschen angeht.
Der dritte Punkt ist selbstverständlich der Plan zum Wiederaufbau des Landes, hier müssen wir unseren Blick auf die Zeit nach der unmittelbaren Nothilfephase richten. In wenigen Wochen werden viele derzeit im Einsatz befindliche Notfallteams und dort stationierte Mittel das Land wieder verlassen haben und es droht die Gefahr – was sehr typisch bei dieser Art von Katastrophe ist – einer zweiten Unglückswelle, wenn wir unsere Hilfe und Unterstützung nicht aufrechterhalten.
Wir müssen unverzüglich umfangreiche, koordinierte, mittel- und langfristige gemeinsame Reaktionspläne der EU für diese Krise aufstellen. Unsere Dienste arbeiten daran. Sie sollten so ausgelegt werden, dass eine angemessene Arbeitstrennung zwischen den Gemeinschaftsorganen und Mitgliedstaaten gewährleistet und ein Soforthilfe, Rehabilitation und Entwicklung verknüpfender Ansatz sichergestellt ist, zusammen mit einem nachhaltigen und nahtlosen Übergang zwischen Soforthilfe und der weiteren Hilfe nach dem Katastrophenfall.
Wir haben sämtliche Mitgliedstaaten dazu aufgerufen, sich nach Kräften in diese Bemühungen einzubringen und all unsere Zusagen im Hinblick auf die Koordinierung und Wirksamkeit der Hilfsmaßnahmen in die Tat umzusetzen. Die Zeit ist gekommen, in der die Substanz unserer Zusagen auf die Probe gestellt werden wird und sich als gehaltvoll erweisen muss, wenn uns Erfolg beschieden sein soll.
Als letzter Punkt ist da noch die finanzielle Reaktion. Laut den Ausführungen der Hohen Vertreterin wird die Europäische Union hier einen wichtigen Beitrag leisten, zunächst im Rahmen humanitärer Hilfe – 30 Mio. EUR, von denen ein Großteil – genauer gesagt 22 Mio. EUR – ganz neue Mittel ausmachen, die zusätzlich zu den bereits bestehenden humanitären Zusagen, die wir Haiti gegenüber abgegeben haben, fließen. Die Hilfe für den beginnenden Wiederaufbau – der nicht zu der humanitären Hilfe zählt, und was ich vorhin über die staatlichen Institutionen gesagt habe, fällt natürlich unter diesen Rettungsschirm – beläuft sich auf 100 Mio. EUR, wobei hier ein 50:50-Verhältnis zwischen umgeleiteten und neuen Mitteln vorliegt, und für die langfristige Wiederaufbauhilfe gibt es derzeit einen anfänglichen Betrag von 200 Mio. EUR.
Wir werden abwarten müssen, wo wir stehen. Im Moment ist von Summen in der Größenordnung von 10 Mrd. USD die Rede. Das erscheint mir sehr hoch und kann in jedem Fall nicht mit dem Haushaltsplan der Kommission abgedeckt werden. Wir müssen die Geberkonferenz abwarten und mit den Mitgliedstaaten darüber sprechen, wie wir uns an höheren Beträgen letztendlich beteiligen werden. Das ist jedenfalls das EU-weite Paket, das jetzt zusätzlich zu all den bereits von den Mitgliedstaaten erbrachten und zukünftig zu erbringenden Beiträgen geschnürt worden ist.
Wie Ihnen die Hohe Vertreterin gesagt hat, werde ich morgen früh in die Region reisen – nach Haiti und auch in die Dominikanische Republik –, um mit den Behörden zu sprechen, auch über die Bemühungen im Zusammenhang mit dem Versuch, die staatlichen Institutionen wieder aufzubauen. Der Präsident und wichtige Nichtregierungsorganisationen sind vor Ort. Ich werde mich ebenfalls in die Dominikanische Republik begeben. Es ist wichtig für uns, auch mit den Behörden dort zusammenzutreffen, da sie die Nachbarn sind. Es ist bereits absehbar, dass die Situation früher oder später eine Überlastung an der Grenze zur Folge haben wird, daher werde ich auch mit den Behörden der Dominikanischen Republik zusammenkommen.
Das ist alles, was ich im Moment zu sagen habe. Bei meiner Rückkehr werde ich am Montag Nachmittag dem Entwicklungsausschuss Bericht erstatten.
Gay Mitchell, im Namen der PPE-Fraktion. – Herr Präsident, sicherlich möchte das Parlament dem als vermisst geltenden UN- und EU-Personal sowie allen Menschen, die derzeit in Haiti vermisst werden und leiden, gedenken.
Darüber hinaus bin ich froh, dass Kommissar De Gucht dorthin reisen und dem Entwicklungsausschuss bei seiner Rückkehr am Montag Bericht erstatten wird. Das ist eine sehr willkommene Entwicklung. Um es mit seinen eigenen Worten zu sagen: die Natur dieses Ereignisses war beispiellos und meiner Meinung nach ist diese Einschätzung in einem solchen Land nur recht und billig, und deswegen – dies sage ich nur so nebenbei – bin ich wirklich der Ansicht, dass die Europäische Union mehr Profil zeigen muss.
Da wir jetzt eine Hohe Vertreterin haben, die Vizepräsidentin der Kommission ist, muss diese Person bei Themen dieser Art stärker präsent sein.
Die Europäische Union ist mit 60 % aller Hilfsspenden der weltweit größte Geber und wahrscheinlich stehen wir auch bei der humanitären Hilfe an der Spitze. Während jedoch US-Krankenhausschiffe gezeigt werden, ist alles, was man von der EU zu Gesicht bekommt, Mitgliedstaaten, die von Belgien, Irland und Großbritannien oder sonst woher dorthin reisen. Es müsste eine sichtbare EU-Präsenz geben. Warum keine Gefechtsverbände? Warum nicht einige im Turnus abgestellte stehende Verbände, die für einen Einsatz vor Ort bereit wären, wenn so etwas passiert?
Als letzten Punkt möchte ich hier anführen, dass das, was in Haiti geschehen ist, auf Armut zurückzuführen ist, und wir sollten Haiti nicht vergessen, wenn diese schreckliche Tragödie abklingt und von den Fernsehschirmen verschwindet. Es ist an der Zeit, ein für allemal etwas gegen die in Haiti bestehende Armutssituation zu unternehmen.
Linda McAvan, im Namen der S&D-Fraktion. – Herr Präsident, in Gedanken sind wir heute bei den von der Tragödie betroffenen Menschen in Haiti und ich bin mir sicher, dass alle Abgeordneten ihre Beileidsbekundungen an die haitianische Bevölkerung übermitteln möchten. Es ist eine Tragödie, aber wie Gay Mitchell bereits gesagt hat, findet diese Tragödie in einem Land statt, in dem 75 % der Menschen bereits unterhalb der Armutsgrenze leben. Wenn wir nach vorne in die Zukunft sehen, dürfen wir diesen Punkt wirklich nicht vernachlässigen.
Die Öffentlichkeit hat in großartiger Weise auf die Herausforderung, Haiti zu helfen, reagiert. Allein im Vereinigten Königreich wurden in nur wenigen Tagen 30 Mio. GBP an Spenden zusammengebracht – von der Bevölkerung, inmitten der Finanzkrise –, also wissen wir, dass die Bürgerinnen und Bürger bei unseren Bemühungen, Gelder für Haiti zusammenzubekommen, hinter uns stehen.
Hohe Vertreterin, ich möchte Ihnen für Ihre Arbeit, die darin bestand, eine schnelle EU-Reaktion in dieser Sache in die Wege zu leiten, danken. Damals bei dem Tsunami haben wir gelernt, dass eine gute Koordinierung in Wirklichkeit genauso wichtig ist wie der tatsächliche Einsatz von Geldern. Es geht nicht darum, welche Flagge auf der Hilfsleistung prangt, sondern darum, dass die Hilfe ankommt, und zwar in Zusammenarbeit mit den Vereinten Nationen.
Unter dem Aspekt der Langfristigkeit begrüße ich, dass es eine internationale Konferenz über Haiti geben wird. Meiner Ansicht nach müssen wir uns mit der gesamten Situation in Haiti beschäftigen, mit den ausstehenden Schulden des Landes und ich hoffe, dass die Schuldenprobleme Haitis bei dieser internationalen Konferenz auf der Tagesordnung stehen werden. Haiti schuldet seinen internationalen Gläubigern 890 Mio. USD und ein großer Teil davon stellt eine Forderung des internationalen Währungsfonds IMF dar. Der IMF hat Haiti einen 100 Mio. USD schweren Kredit gegeben. Können wir diesen in eine Zuwendung umwandeln? Es macht keinen Sinn, das Land für weitere 100 Jahre in Armut versinken zu lassen. Daher hoffe ich, dass Sie dies auf die Tagesordnung des IMF-Treffens setzen werden.
Weiterhin hoffe ich, dass wir uns auch mit anderen Fragen beschäftigen werden und ich gebe Ihnen recht darin, dass das Thema der Grenze zur Dominikanischen Republik gleichermaßen wichtig ist. Vielen Dank also noch einmal für Ihre Bemühungen und ich hoffe, dass das gesamte Parlament fleißig daran arbeiten wird, eine gut koordinierte Leistung zu erarbeiten.
Liam Aylward, im Namen der ALDE-Fraktion. – Herr Präsident, ich erlaube mir, der Hohen Vertreterin, Baroness Ashton, zu Beginn alles Gute angesichts der vielen, im Rahmen ihres Mandats an sie herangetragenen Herausforderungen zu wünschen. Sie weiß selbst genau, und die Vereinten Nationen haben dies auch festgestellt, dass die Situation in Haiti die schlimmste humanitäre Katastrophe seit Jahrzehnten darstellt, denn die Anzahl der vermissten Personen, Opfer und Todesfälle steigt weiterhin an.
Das menschliche Leid dieser Tragödie ist unermesslich. Obwohl die Soforthilfe einzutreffen beginnt, wissen wir um die erheblichen Probleme, vor denen sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Hilfsorganisationen bei ihren Bemühungen, denjenigen Hilfe zu bringen, die sie am meisten benötigen, gestellt sehen.
Laut Feststellung der Nichtregierungsorganisationen vor Ort stellen wachsende sicherheitstechnische, logistische und bürokratische Probleme einen Hinderungsgrund für Hilfsmaßnahmen dar und verschlimmern die katastrophale Situation zusätzlich. Für die Haitianer entscheiden diese Probleme über Leben und Tod.
Um alle losen Enden aufzunehmen, damit das Leid und Chaos gemindert werden kann, sind eine klare Führung und koordinierte Hilfe erforderlich. Nichtregierungsorganisationen, staatliche Stellen, internationale Organisationen und lokale Gebietskörperschaften müssen zusammenarbeiten, um den Bedürftigen in allen Bereichen Notfallhilfe zuteil werden zu lassen.
Es steht außer Frage, dass das Land sofort umfangreiche, internationale Unterstützung benötigt. Die Reaktion der europäischen Bürgerinnen und Bürger und ihre rekordverdächtige Großzügigkeit und Solidarität waren überwältigend. Die gestrige Ankündigung von über 420 Mio. EUR an humanitärer Hilfe für Haiti seitens der Europäischen Union zeugt von Führungskraft und Engagement, die Bereitstellung dieser Hilfe muss jedoch koordiniert und effektiv erfolgen.
Das ausgewiesene Ziel der Europäischen Union ist die Konsolidierung und Stärkung der globalen Soforthilfemaßnahmen. Ich hoffe, dass Sie, Frau Ashton, und Kommissar De Gucht bei Ihren jeweiligen Besuchen in den USA, Haiti und an anderen Orten im weiteren Verlauf der Woche eisern auf dieses Ziel hinarbeiten.
Einer langfristigen Entwicklung der ärmsten Nation in der westlichen Hemisphäre muss Vorrang gegeben werden. Die Zuwendung von 200 Mio. EUR an Hilfsmitteln der Europäischen Union als langfristige Wiederaufbauhilfe für Haiti ist ein vielversprechender Anfang, aber wenn die Kameras abgebaut sind und sich die weltweite Aufmerksamkeit wieder auf etwas anderes richtet, muss die Europäische Union als globaler Führer seiner Verantwortung gerecht werden und entsprechend handeln.
Eva Joly, im Namen der Verts/ALE-Fraktion. – (FR) Herr Präsident, Hohe Vertreterin, Herr Kommissar, meine Damen und Herren, das Ausmaß dieser neuerlichen humanitären Krise in Haiti ist vermutlich größer als in allen bisherigen Fällen, um so mehr zweifle ich an der Möglichkeit, die richtigen Worte zu finden, um über die Opfer zu reden, um zu den Überlebenden zu sprechen und den Familien die Hand zu reichen, um ihnen zu sagen, wie sehr wir ihren Schmerz teilen und uns unserer Verantwortung bewusst sind.
Egal wie stark das Erdbeben war, es allein erklärt nicht den Umfang der Schäden. Letztere sind auch mit der chronischen Armut, unter der Haiti seit Jahren leidet, verknüpft. Bis jetzt ist die internationale Gemeinschaft unfähig gewesen, dort etwas zu verändern. Schlimmer noch, indem wir Haiti Strategien aufgezwungen haben, um deren Scheitern wir jetzt wissen, wurde von den internationalen Institutionen, Europa und seinen Partnern die Brüchigkeit des sozialen Gewebes, der Wirtschaft und Institutionen dort noch erhöht.
In den siebziger Jahren des 20. Jahrhunderts war Haiti, was die Nahrungsmittel betraf, fast autark. Das Land produzierte 90 % der selbst benötigten landwirtschaftlichen Produkte. Heute importiert es mehr als die Hälfte. Dies muss zweifelsohne nachteilige Auswirkungen auf die lokale Produktion gehabt haben. Haiti war vor diesem Erdbeben ein mittelloses Land, da man ihm die ihm zustehenden Mittel entzogen hatte.
Daher müssen wir Haiti zunächst soviel Unterstützung wie möglich zukommen lassen, um mit den Notsituationen fertig zu werden. Man muss aus diesem Blickwinkel schlicht und ergreifend beanstanden, dass es sehr schwierig gewesen ist, die internationale Hilfe auf den Weg zu bringen. In Zukunft müssen wir unsere Verfahren optimieren. Vor allem müssen wir uns jedoch der Tatsache bewusst sein, dass die langfristige Entwicklungshilfe nicht greifen wird, wenn wir die unserer Meinung nach richtigen Prioritäten vorgeben, obwohl alle vor Ort uns sagen, dass wir falsch liegen. Wir müssen so verfahren, dass wir unsere eigenen Methoden in Frage stellen, und das wird erst funktionieren, wenn wir die Mittel erhöhen, die wir für die langfristige Entwicklungsstrategien beiseite legen. Die Europäische Union hat die Höhe der Hilfsmittel, die sie für Haiti bereitstellen wird, bekannt gegeben und die Mitgliedstaaten haben das Gleiche getan. Wir sprechen hier über 130 Mio. EUR kurzfristiger Hilfe und 200 Mio. EUR für den langfristigen Bedarf.
Ich möchte diese Zahlen mit anderen Zahlen vergleichen, mit den 155 Mrd. USD, welche die Banken in der City und Wall Street sich anschicken, an ein paar Tausend in den Banken arbeitenden Personen zu zahlen. Das führt uns zu der Frage des Entwicklungsmodells, welches wir auf globaler Ebene fördern möchten.
Dringende humanitäre Hilfe ist notwendig, aber sie allein ist nicht genug. Sie darf unter keinen Umständen ein Ersatz für Entwicklungshilfe sein, die wiederum von den Ländern, die davon profitieren sollen, nicht als eine auferlegte Verpflichtung erfahren werden darf. Der erste Weg, Ländern in großen Schwierigkeiten zu helfen, ist sie weiterhin zu respektieren, es ihnen zu ermöglichen, Nutzen aus ihren eigenen Ressourcen zu ziehen. Wir müssen Haitis Schulden streichen und unsere Schuld gegenüber dem Land begleichen.
Herr Präsident, Hohe Vertreterin, Herr Kommissar, meine Damen und Herren, es ist unsere Pflicht gegenüber den Opfern von Haiti, ihnen dabei zu helfen, ein bereits vor der Naturkatastrophe, die ihm dann vollständig den Rest gegeben hat, verwüstetes Land wiederaufzubauen.
(Beifall)
Nirj Deva, im Namen der ECR-Fraktion. – Herr Präsident, in der Stunde ihres Leids sind wir mit unseren Gefühlen und Gedanken bei den Menschen in Haiti. Ich spreche Baroness Ashton und Karel De Gucht mein Lob für das aus, was ihren Aussagen nach bereits unternommen worden ist und gerade getan wird. Es steht außer Frage, dass Geldmittel bereitgestellt werden. Ich war bei dem Tsunami, der Sri Lanka und dann später Indonesien traf. Ich war Zeuge von Erdbeben in der Türkei. Ich habe gesehen, was in China passiert ist. Jedes Mal, wenn solche Dinge passieren, erwischt es uns kalt, und zwar nicht was die Wasserreinigungstabletten, Zelte oder sauberes Wasser angeht, sondern in Bezug auf die Infrastruktur. „Oh“, sagen wir, „die Infrastruktur ist zerstört“. Natürlich ist sie zerstört. Wir müssen in der Lage sein, sehr rasch eine behelfsmäßige Infrastruktur einzurichten.
Wie kann das bewerkstelligt werden? Wie wäre es mit einem Flugzeugträger? Der verfügt über Strom, Kernkraft, Generatoren zur Wasserreinigung und Hubschrauber. Könnten wir einen kurzfristig einsatzbereiten, globalen Rettungsdienst organisieren, der in der Lage ist, Behelfshäfen, Übergangsunterkünfte und die ganze zerstörte Infrastruktur zur Verfügung zu stellen? Wir müssen neu darüber nachdenken, wie man unmittelbar nach einer Katastrophe Leben retten kann.
Patrick Le Hyaric, im Namen der GUE/NGL-Fraktion. – (FR) Herr Präsident, Frau Vizepräsidentin und Hohe Vertreterin, Herr Kommissar, ich möchte noch einmal zum Ausdruck bringen, dass wir zutiefst bestürzt darüber sind, was die haitianische Bevölkerung, die Kinder in Haiti erdulden müssen.
Seit nunmehr sieben Tagen leben und überleben sie in einer absoluten Hölle. Zwar ist die Flut der weltweiten Solidarität bewegend, sie muss aber noch gefestigt und besser koordiniert werden, und zwar zu dem alleinigen Zweck, dem haitianischen Volk zu helfen, das unter Durst leidet, hungert, obdachlos ist und keinen Zugang zu einer grundlegenden medizinischen Versorgung hat. Wir ziehen den Hut vor allen Männern und Frauen dort.
Die Europäische Union hat beschlossen, einige anfängliche Mittel freizugeben. Dabei können wir es jedoch nicht belassen. Die Hilfe der Europäischen Union muss erheblich erhöht werden und das globale Bankensystem muss dabei mitziehen. Vordringlich müssen Lebensmittelüberschüsse aus Europa an die Bevölkerung von Haiti verschifft werden.
Lassen Sie uns offen reden. Unser Kontinent steht tief in der Schuld der Haitianer und hat die Pflicht, eine Wiedergutmachung für die vielen Jahre der Herrschaft und Plünderung zu leisten. Die Art, in der diese Insel, die Perle der Karibik, von internationalen Finanzinstitutionen kontrolliert worden ist, die ihr mit grausamen Schulden und ebenso grausamen Zinsen auf diese Schulden die Luft abgedrückt haben, erteilt uns eine Lektion, die wir verinnerlichen müssen.
Unser Parlament sollte sich für eine sofortige und bedingungslose Streichung der gesamten Schulden aussprechen. Unsere Fraktion erwartet von der in Kürze in Montreal stattfindenden Konferenz das Ergreifen wirkungsvoller Maßnahmen zur Vorbereitung einer internationalen Konferenz über die Wiederherstellung, den Wiederaufbau und die nachhaltige Entwicklung von Haiti mit der Bevölkerung von Haiti.
Dieser Wiederaufbau muss unter die Schirmherrschaft der Vereinten Nationen gestellt werden, damit das haitianische Volk seine wirtschaftliche und politische Souveränität wiedererlangen kann. Haiti darf nicht die Trophäe in einem Kampf um die Vorherrschaft zwischen Großmächten sein. Obwohl wir die Hilfsanstrengungen der Vereinigten Staaten begrüßen, müssen wir also wachsam sein und verhindern, dass die führenden Politiker Nordamerikas diese schreckliche Katastrophe zum Vorwand nehmen, um die Insel zu besetzen, sie zu verwalten und dort Militärbasen zu errichten.
Europa muss hier mit gutem Beispiel vorangehen. Es darf nur ein Ziel geben, eine einzige Sorge: die Menschen, die Kinder in Haiti.
Fiorello Provera, im Namen der EFD-Fraktion. – (IT) Herr Präsident, meine Damen und Herren, ich möchte meiner tiefempfundenen Solidarität mit all denen, die diese Naturkatastrophe getroffen hat, Ausdruck verleihen.
In Situationen wie diesen mit einer weitgehenden Zerstörung der Gebäude und Infrastruktur und Tausenden von Todesfällen ist es fast unmöglich, ohne ein Mindestmaß an öffentlicher Ordnung und Sicherheit wirksame Hilfe zu leisten. Alle Hilfsbemühungen sind ohne eine enge Zusammenarbeit bei der Beschaffung des notwendigen Materials und der geordneten Verteilung der Hilfe schwierig. Es ist von entscheidender Bedeutung, sich darüber klar zu sein, was wer wann benötigt.
Ein weiterer, zu bedenkender Punkt ist, dass zu oft schon die Großzügigkeit öffentlicher und privater Geber missbraucht worden ist und große Geldsummen nicht zu denjenigen gelangt sind, die sie wirklich benötigten. Daher ist ein genaues Kontrollsystem erforderlich, um zu verhindern, dass Geld veruntreut oder gestohlen wird, insbesondere in schwachen Ländern mit einer hohen Korruptionsrate und geringer staatlicher Steuerung. Europa sollte hier seine eigene Leistungsfähigkeit unter Beweis stellen. Ich hoffe, es ist dabei erfolgreich.
Nick Griffin (NI). – Herr Präsident, die grauenvolle Situation in Haiti ist schockierend. Es ist nur menschlich, Mitleid mit den unschuldigen Opfern der Naturkatastrophe dort zu haben.
Wir alle hier werden gut bezahlt und können es uns leisten, zu spenden. Ich werde meine Teilnahmevergütung für die heutige Sitzung spenden, wenn alle britischen Abgeordneten dasselbe tun. Unsere Wählerinnen und Wähler können sich jedoch wegen der Steuerlast diese Großzügigkeit nicht leisten.
Die Globalisierung hat unsere Industrien kaputt gemacht. Die Banken haben unsere Wirtschaften ruiniert. Der EU-Amtsschimmel erstickt unsere Unternehmer und die betrügerische Kohlendioxydsteuer stürzt Millionen in tödliche Brennstoffarmut.
Die Zahl der Todesopfer in Haiti ist erschreckend, aber in diesem Winter werden allein in Großbritannien mehr als 50 000 Rentner auf Grund der Kälte und Heizkosten einen vorzeitigen Tod erleiden.
Europaweit wird sich die Zahl der Todesopfer auf Hunderttausende belaufen, aber weil diese Wahrheit die politische Elite beschämt und weil sie die unbequeme Wahrheit einer globalen Abkühlung hervorhebt, wird dieser Skandal genauso still und leise begraben werden, wie unsere älteren Mitbürgerinnen und Mitbürger den Tod erleiden.
Hunderttausende unserer eigenen Mitbürgerinnen und Mitbürger sterben auf Grund der Nachlässigkeit von Regierungen und der Kältesteuern der EU, trotzdem halten Sie daran fest, das Geld anderer Leute mit vollen Händen für eine Katastrophe in einem hinteren Winkel der Welt, der nicht in unseren Zuständigkeitsbereich fällt, auszugeben. Das ist kein Mitgefühl: diese Heuchelei stinkt zum Himmel.
Ich weiß, dass unser christliches Erbe hier Unbehagen hervorruft, aber wie immer offenbart sich in der Bibel eine ewige Wahrheit, welche die meisten hier lieber übersehen würden – im ersten Buch Timotheus, Kapitel 5, Vers 8: „So aber jemand die Seinen, sonderlich seine Hausgenossen, nicht versorgt, der hat den Glauben verleugnet und ist ärger denn ein Heide.“
Michèle Striffler (PPE). – (FR) Herr Präsident, Hohe Vertreterin, wie bereits gesagt wurde, hat die Katastrophe auf Grund der Intensität des Erbebens, zweifelsohne eines der stärksten in der Geschichte, einen extremen Verlauf genommen und daher befürchten wir eine erschreckend hohe Zahl an Todesopfern.
Dennoch freuen mich die schnelle Reaktion der Europäischen Kommission und der Mitgliedstaaten, sowie die von ihnen gegebenen Zusagen, um ein gewaltiges Hilfspaket in Höhe von 429 Mio. EUR für die Anstrengungen zur Bereitstellung humanitärer Nothilfe und den Wiederaufbau von Haiti zu schnüren. Bedauerlich ist aber, dass die Europäer nicht koordiniert gehandelt haben und die Maßnahmen der Europäischen Union nicht in ausreichendem Maße wahrgenommen werden. Dies steht im krassen Gegensatz zu der Effizienz der US-Hilfsmaschinerie und lässt uns übersehen, dass die Europäische Union der weltweit größte Geber auf dem Gebiet der humanitären Hilfe und Entwicklungshilfe ist.
Die Europäische Union hat ebenfalls das Gemeinschaftsverfahren für den Katastrophenschutz aktiviert. Durch diese Maßnahme werden die Hilfsangebote der Mitgliedstaaten koordiniert und sie ist derzeit das Schaltzentrum unseres Krisenreaktionssystems. Die jüngsten Ereignisse bestätigen die Notwendigkeit einer Verbesserung der Reaktion auf Krisen seitens der Europäischen Union. Eine genaue Planung mit Zivilschutzmöglichkeiten stellt hier die wesentliche Grundlage dar, und aus diesem Grund möchte ich Sie an Herrn Barniers Vorschlag aus dem Jahr 2006 über die Bildung einer europäischen Katastropheneinsatztruppe erinnern; der Vorschlag liegt in der Schublade und muss nur noch umgesetzt werden.
Darüber hinaus hat sich der Präsident des Europäischen Rates, Herr Van Rompuy, heute für eine Schnelleinsatztruppe ausgesprochen. Die Vereinigten Staaten haben innerhalb von Tagen eine leitende Funktion bei den Rettungs- und Koordinierungsmaßnahmen eingenommen. Hinsichtlich der zentralen und globalen Koordinierung ist es wichtig, sich die Rolle des Büros der Vereinten Nationen zur Koordinierung der humanitären Hilfe, OCHA, in Erinnerung zu rufen, das am ehesten dazu geeignet ist, diese Koordinierung zu leisten.
Verstehen Sie das nicht falsch, hier geht es nicht darum, welche Nation im Vordergrund steht. Eine gute Organisation bedeutet auch eine Zeit- und Geldersparnis und meiner Ansicht nach haben die europäischen Bürgerinnen und Bürger das Recht zu wissen, was die Europäische Union tut.
Patrice Tirolien (S&D). – (FR) Herr Präsident, ist Haiti zur Glücklosigkeit verdammt?
Seit seiner Unabhängigkeit ist es wechselweise von Naturkatastrophen und politischen Desastern heimgesucht worden und heute sehen wir uns hier mit einer Tragödie historischen Ausmaßes konfrontiert. Es gibt Tote, Verletzte, unzählige zerstörte Gebäude und wir stehen vor den Ruinen der nationalen politischen Strukturen und den Strukturen der Zusammenarbeit.
Wir müssen uns diesem Schicksal entgegenstemmen. Die Europäische Union muss sich an den eng miteinander verknüpften Nothilfe- und Wiederaufbauanstrengungen beteiligen. Das schulden wir unseren mannigfaltigen Verbindungen zu Haiti, Verbindungen, die in erster Linie historisch begründet sind: Haiti galt als die am stärksten florierende aller ehemaligen Kolonien; zweitens in diplomatischer Hinsicht: laut dem Cotonou-Abkommen ist die Insel ein privilegierter Partner; und schließlich in geografischer Hinsicht, denn auf Grund der Gebiete in äußerster Randlage ist Haiti ein Nachbar der Europäischen Union.
Darüber hinaus stellt die Krise in Haiti eine erste Bewährungsprobe für den neuen Europäischen Auswärtigen Dienst dar, den Sie leiten, Frau Ashton. Bisher war alles schlüssig. Die Katastrophe führt uns ebenfalls die Herausforderungen und die von uns vorzunehmenden Verbesserungen an dieser Organisation vor Augen, denn mal abgesehen von der Solidaritätsbewegung auf unserem Kontinent wirft die US-Reaktion Fragen über unsere Mobilisierungsmöglichkeiten auf.
Daher dürfen die bemerkenswerten Anstrengungen zugunsten einer Koordinierung auf europäischer Ebene, die Beiträge der Mitgliedstaaten nämlich, nicht die Probleme bei den Diskussionen über den Einsatz der Europäischen Gendarmerietruppe verdecken. Obwohl es wichtig ist, dass die Ausgaben der Europäischen Union von den Vereinten Nationen gesteuert werden, führen die Schwierigkeiten zu dem Schluss, dass die Europäische Union sich eine eigene autonome, integrierte Struktur schaffen muss, einschließlich der Mittel, um mit so komplexen Aufgaben wie einem humanitären Notfall fertig zu werden.
Schließlich bedeutet die Wiederaufbauphase eine immense Herausforderung. Es mangelt nicht an Aufgaben politischer, administrativer, wirtschaftlicher, sozialer und ökologischer Natur. Möglicherweise stellt dies das Jahr 0 einer neuen Ära für Haiti dar. Das ist eine wichtige politische Herausforderung für ein Europa, welches sich in diesem Prozess in einer sichtbaren Führungsrolle behaupten muss.
Charles Goerens (ALDE). – (FR) Herr Präsident, meine Damen und Herren, jeden Abend erinnern uns die 8-Uhr-Nachrichten an das unaussprechliche Leid in Haiti.
Dieses Leid findet vielleicht lediglich seine Entsprechung in dem nahezu weltweiten Mitgefühl, welches den Menschen entgegengebracht wird. Mit Sicherheit ist dieses Mitgefühl spontan und ehrlich gemeint, aber es ist kurzlebig. In zwei Wochen wird der Moment der Wahrheit kommen, sobald die Medien die Entscheidung getroffen haben, sich auf andere Ereignisse zu konzentrieren. Wenn der Stab nicht übergeben wird, laufen die Haitianer erneut Gefahr, sich selbst und ihrem eigenen Schicksal überlassen zu bleiben.
In einem Land, in dem von Grund auf alles zu tun bleibt, angefangen bei der Sanierung und dem Wiederaufbau, ist es wichtig, die Vorgehensweise so abzustimmen, dass die unterschiedlichen Phasen in eine echte Entwicklung münden. Der Europäischen Union steht hier ein umfangreiches Sortiment an Instrumenten, gepaart mit handfester Erfahrung in diesem Bereich, zur Verfügung. Daher stellen die Herausforderungen, denen sich die bitterarme haitianische Gesellschaft gegenüber sieht, auch einen Moment der Wahrheit für die Europäische Union dar.
In den kommenden Tagen und Monaten werden wir erfolgreich und zielgerichtet handeln müssen. Dies ist der wichtigste Faktor mit Blick auf eine Erholung, sobald wir die Bedingungen für Sicherheit und öffentlichen Ordnung wiederhergestellt haben, die entscheidend für jegliche Art koordinierter Handlung in einem Land sind, wo alles durch das Erdbeben zerstört worden ist, einschließlich der institutionellen Strukturen.
Daher halte ich es für sinnvoll, einen wesentlichen Punkt hervorzuheben: die Erholung, der Wiederaufbau des haitianischen Staates, muss das Werk der Haitianer selbst sein. Wir reden hier über ihre Entwicklung. Hilfe können wir ihnen im Rahmen einer Partnerschaft leisten. Europa täte gut daran, das in den zu diesem Thema geplanten internationalen Konferenzen zu bekräftigen.
Ja zu Partnerschaft, nein zu Bevormundung und Neokolonialismus!
Edvard Kožušník (ECR). – (CS) Jeder von uns wird sicherlich der Ansicht zustimmen, dass wir es hier mit einer der größten Katastrophen in dieser Region in den letzten 200 Jahren zu tun haben. Und im Namen meiner Kolleginnen und Kollegen in der Fraktion der Europäischen Konservativen, sowie im Namen meiner Mitbürgerinnen und Mitbürger in der Tschechischen Republik, möchte ich unsere Anteilnahme und unser Mitgefühl angesichts der vielen Opfer und leidenden Menschen übermitteln. Nichtsdestotrotz und ungeachtet dieser Tragödie gibt es Anzeichen, dass die Europäische Union auch nach der Ratifizierung des Vertrags von Lissabon noch unkoordiniert und unfähig zu promptem Handeln ist. Ich fühle mich entfernt an einen vierköpfigen Drachen erinnert. Wir haben einen Präsidenten, den Premierminister des den Vorsitz innehabenden Landes, den Präsidenten der Kommission und designierte Kommissionsmitglieder. Meine Damen und Herren, meiner persönlichen Meinung nach müssen wir uns in diesem speziellen Fall eingestehen, dass die Europäische Union kalt erwischt worden ist. Diejenigen, die hellwach gewesen sind, sind die Bürgerinnen und Bürger in den einzelnen Mitgliedstaaten, die tagtäglich Bedarfsartikel und finanzielle Hilfe bereitgestellt haben.
Ilda Figueiredo (GUE/NGL). – (PT) Herr Präsident, wir schließen uns der restlichen Welt an und bringen unsere Anteilnahme und unser Bedauern angesichts der Tragödie, welche das haitianische Volk heimgesucht hat, zum Ausdruck, zudem möchten wir es unserer hundertprozentigen Solidarität versichern. Wir müssen jedoch einige Punkte herausstellen, die unserer Meinung nach von entscheidender Bedeutung sind.
Den Anfang sollten wir damit machen, jeden bzw. jedes Land anzuprangern, das versucht, durch eine Rückkehr zum Neokolonialismus aus dieser Katastrophe Profit zu schlagen. Diese Haltung scheint hinter dem Einsatz Tausender bewaffneter nordamerikanischer Truppen zu stehen, trotz der Tatsache, das die Mehrheit der Bevölkerung in Armut lebt und Opfer von Ausbeutung durch multinationale Unternehmung und die Einmischung externer Stellen, insbesondere durch die Vereinigten Staaten, bleibt.
Aktuell muss all die humanitäre Hilfe, Zusammenarbeit und Unterstützung beim Wiederaufbau, welche die Menschen in Haiti auf Grund ihrer Würde und ihres Muts verdienen, geleistet werden. Wir sollten nicht vergessen, dass Haiti der Ort ist, wo 400 000 von den Europäern versklavte und verkaufte Afrikaner sich gegen die Sklaverei aufgelehnt und die erste große soziale Revolution auf dem amerikanischen Kontinent herbeigeführt haben.
Die Leistung koordinierter Hilfe ist als eine vordringliche Angelegenheit zu sehen, dabei sollte aber nicht neokolonialistischen Versuchungen nachgegeben werden.
Roberta Angelilli (PPE). – (IT) Herr Präsident, meine Damen und Herren, in Haiti spielt sich eine gewaltige, von der Natur aber auch durch das Fehlen eines Staates, der dieser Bezeichnung würdig wäre, verursachte Tragödie ab. Letzterer ist nicht einmal ansatzweise fähig, Herr der Katastrophe und der humanitären Notlage zu werden, und außerstande, Hilfe für die jetzt skrupellosen Machenschaften ausgesetzte Zivilbevölkerung zu organisieren.
Das Rote Kreuz hat eine Warnung ausgesprochen. Auf der am 25. Januar stattfindenden Konferenz in Montreal muss die EU mit einer Stimme sprechen und die koordinierte Organisation der humanitären Maßnahmen unter einer Leitung fordern; andernfalls drohen Chaos und die Verschwendung von Hilfsmitteln, einschließlich der gewaltigen und wertvollen Summen, welche die Kommission heute genannt hat, sowie der von den Mitgliedstaaten bereitgestellten Mittel.
Baroness Ashton, es sollten außergewöhnliche Anstrengungen für die Kinder unternommen werden, vor allem für die Waisen, welche am dringlichsten der Hilfe bedürfen, auch auf dem Wege der psychologischen Unterstützung; ansonsten werden sie zu Armut und Ausbeutung verdammt sein. Wir sollten ebenfalls sicherstellen, dass die internationale Gemeinschaft nicht lediglich bereit ist, die Adoptionsverfahren zu vereinfachen. Das würde nur zu einer Form der legalen Deportation von Kindern führen und ist nicht das, was Haiti braucht.
Der italienische Außenminister, Herr Frattini, hat Recht mit seinem Vorschlag, Gebäude und Kinderheime zu bauen, um eine würdevolle Kindheit und Jugend im eigenen Land zu ermöglichen und befristete Reisen ins Ausland im Rahmen eines Urlaubs bzw. hauptsächlich zu Ausbildungszwecken zu erleichtern. Zum Schluss möchte ich noch eine Frage stellen: sind wir auf internationaler Ebene bereit, Haitis Schulden zu verringern oder ganz zu streichen?
Corina Creţu (S&D). – (RO) Praktisch die ganze Welt zeigt in diesem Ausblick Solidarität und Mitleid mit den Opfern des katastrophalen Erdbebens in Haiti und hebt wieder einmal die Notwendigkeit hervor, unverzüglich und in koordinierter Form auf solche Situationen zu reagieren. Die Schadensbegrenzung hängt nun davon ab, wie effektiv die Maßnahmen sind. Wie hier bereits hier erwähnt wurde, ist die Art und Weise, in der internationale Agenturen und Organisationen zusammen mit der Abteilung für humanitäre Hilfe der EU gehandelt haben, beispielhaft - nicht zu vergessen auch die jeweiligen Gesten der Mitgliedstaaten.
Meiner Ansicht nach muss eine auf operativer Basis arbeitende Schnelleinsatztruppe der Europäischen Union gebildet werden, da uns die Situation in Haiti die Erfordernis vor Augen führt, zusätzlich zu der von den Überlebenden benötigten Hilfe die öffentliche Ordnung aufrechtzuerhalten und die Sicherheit der Bevölkerung zu gewährleisten. Sicherlich gibt es derzeit viele Proteststimmen, welche die Anklage erheben, die angebliche Absicht bestünde darin, unter dem Deckmantel der humanitären Hilfe eine militärische Besatzung durchzuführen. In einer Situation, wo sich die UN-Kräfte jedoch als unzureichend erweisen bzw. von den Ereignissen überrollt wurden, sollte sich die Europäische Union weiter einbringen, insbesondere, da sie in der Region ein hohes Maß an Glaubwürdigkeit genießt.
Meiner Ansicht nach müssen wir als Europäische Union uns auf einen umfassenden Wiederaufbauprozess in Haiti einstellen, bei dem auch gleichzeitig die Stabilität der staatlichen Strukturen zu stärken ist. Natürlich ist es sehr wichtig, Mitgefühl gegenüber den Einwohnern des Landes zu zeigen, welche diese schwierige Prüfung zu meistern haben. Dazu gehört es auch, spezielle Lösungen für die Vereinfachung der Verfahren zur Adoption von Kindern, die durch diese Katastrophe zu Waisen geworden sind, zu finden und der leidgeprüften Bevölkerung konkrete Hilfe anzubieten.
Paweł Robert Kowal (ECR). – (PL) Herr Präsident, Frau Ashton, es werden uns Ansichten aus verschiedenen Ecken des Parlaments zu Gehör gebracht, aber eine Angelegenheit, ein Thema ist ihnen allen gemein: die Reaktion der Europäischen Union, die politische Reaktion, war nicht ausreichend, und sie war nicht gut koordiniert. Meiner Meinung nach sollten wir den Wohltätigkeitsorganisationen dafür danken, dass sie so spontan und wie immer bestimmt die Verantwortung für die Notlage übernommen haben.
Weiterhin sollten wir darüber nachdenken, was besser gemacht werden könnte. Ich habe in der Tat nur eine Frage an Frau Ashton: Das ist die erste Situation dieser Art, mit der sie in ihrer neuen Position konfrontiert worden sind. Welchen Hauptschluss ziehen Sie aus diesem Ereignis und aus den Fehlern, über die wir hier alle sprechen? Und noch wichtiger, was kann zukünftig geändert werden? Ich glaube, dass dies die wichtigste Frage ist, über die wir nachdenken sollten und es fällt größtenteils uns zu, das in Angriff zu nehmen.
Philippe Juvin (PPE). – (FR) Herr Präsident, Frau Ashton, es reicht! Es reicht wirklich. Bei jeder Katastrophe ist es dasselbe, die Franzosen schicken ein Flugzeug und Hilfe, die Belgier, die Italiener, die Deutschen, alle tun dasselbe und immer tun sie es unabhängig voneinander; es ist immer wieder dieselbe Geschichte. Vor Ort gleichen sich die Szenarien: keine Koordinierung, verpasste Chancen für die Opfer und fehlende Organisation.
Wann wird damit Schluss sein? Wann wird die Kommission endlich handeln? Erzählen Sie uns nicht, dass es schwierig ist, denn die Projekte sind bereits ausgearbeitet. Wir müssen sie nur umsetzen. Im Jahr 2006 hat Herr Barnier den Aufbau einer europäischen Katastrophenschutztruppe vorgeschlagen, an der sich die Mitgliedstaaten auf freiwilliger Basis beteiligen sollten, ohne auf die theoretische Einstimmigkeit der 27 Staaten zu warten. Dies sollte durch das Zusammenziehen vorhandener nationaler Katastrophenschutzeinheiten, durch deren gemeinsame Weiterbildung unter Anwendung gemeinsamer Rettungstechniken, gemeinsamer Kommunikationsmethoden und einer gemeinsamen Kommandostelle erfolgen.
Es ist ganz einfach, Frau Ashton: stellen Sie so etwas mit denjenigen, die dahinter stehen, auf die Beine! Die anderen werden schon zu uns stoßen, wenn sie erkennen, dass das die Zukunft ist. Nach dem Tsunami wurden Zusagen gemacht und doch ist heute noch nichts geschehen.
Ich sage dies nicht leichthin; die Untätigkeit der Kommission ist kriminell. Frau Ashton, warum ist Europa dazu verurteilt, seine Fehler zu wiederholen? Frau Ashton, keiner stellt ihren guten Willen in Frage, aber kündigen Sie hier und heute den Aufbau dieser europäischen Koordinierungstruppe an. Das Parlament wird hinter Ihnen stehen. Wenn Sie Unterstützung benötigen, wir sind hier, um Ihnen zu helfen. Aber hören Sie um Himmels willen auf, uns etwas über Koordinierung zu erzählen; sorgen Sie dafür, dass es diese Koordinierung gibt! Warten Sie nicht auf die nächste Katastrophe!
Michael Cashman (S&D). – Herr Präsident, es gibt Leute, die handeln, und welche, die reden. Daher möchte ich den Rat, die Kommission und die Hohe Vertreterin zu ihrem Handeln beglückwünschen. Die Ereignisse waren in keiner Weise voraussehbar. Wir stehen vor einer Situation, die unvorstellbar war.
Ich habe hier gesessen und zugehört, wie auf Kosten der Hohen Vertreterin, der Mitgliedstaaten und der Kommission auf billige Art und Weise politisch gepunktet wurde, und zwar durch die Meinung, dass irgendwie, nur weil es eine amerikanische Hand ist, die jemanden aus den Trümmern zieht und ein Leben rettet, diese Hand weggestoßen und „Nein zu Neokolonialismus“ gesagt werden sollte und, dass irgendwie, indem Haiti selbst angegriffen genommen wird, das Leben der dort leidenden Menschen verbessert werden soll. Sie sollten sich was schämen.
Es ist wichtig sicherzustellen, dass wir uns abstimmen. Übergeben wir die Koordinierung den Amerikanern – wenn dies Leben rettet, dann rettet es eben Leben. Zur Hölle mit der politischen Rhetorik.
Glückwunsch zu der zugesagten Geldsumme. Glückwunsch, Baroness Ashton, dass Sie auf den großen Auftritt verzichtet und nicht den Luftraum blockiert haben, um nach Haiti zu gelangen, nur um dort zu sein und dies jedermann zu zeigen. Was hätte man davon? Rein gar nichts. Daher sollten wir mit einer Portion Wut im Bauch stellvertretend für die Menschen, die Rettung wollen, mit den Amerikanern zusammenarbeiten. Wir sollten die Vereinten Nationen gehörig aufrütteln, damit diese Hilfe bereitstellen, und damit aufhören, billigen politischen Siegen hinterherzujagen.
(Beifall)
Róża, Gräfin von Thun Und Hohenstein (PPE). – (PL) Herr Präsident, ich möchte mich Herrn Juvin anschließen – die humanitäre Hilfe ist nicht gut koordiniert. Ich möchte nicht nur über humanitäre Hilfe reden, sondern auch über dass, was man unter technischer, struktureller, bzw. Entwicklungshilfe versteht. Die Katastrophe war zwar nicht voraussehbar, aber wir wussten, in was für einen erbärmlichen Zustand sich Haiti befindet, und nun wurde das Land obendrein noch von diesem Unglück getroffen. Wir wussten seit langem um die schlechte Lage in Haiti und das unzureichende Funktionieren seiner Strukturen. Wir wissen auch, dass wenn sie besser funktioniert und wir vor dem Erdbeben eine leistungsfähigere Hilfe und technische Zusammenarbeit mit Haiti organisiert hätten, die Strukturen nicht so leicht zusammengebrochen wären und infolgedessen ein effizienterer Einsatz unserer Hilfe möglich gewesen wäre und viele Tausende Menschen hätten gerettet werden können – dies war jedoch nicht der Fall.
Beabsichtigt Frau Ashton als Hohe Vertreterin und Mitglied des Rates, besondere Maßnahmen im Rahmen eines genauen Zeitplans zu ergreifen, um die technische Zusammenarbeit verschiedener europäischer Länder zu koordinieren, damit die Drittländer, denen wir Hilfe zuteil werden lassen, diese Hilfe wirklich sinnvoll einsetzen? Wird es eine Art Austausch empfehlenswerter Verfahren zwischen Ländern mit umfangreicher Erfahrung geben, in denen die technische Zusammenarbeit sehr gut funktioniert, und Ländern, die erst am Anfang stehen, diese technische Zusammenarbeit zu nutzen? Werden wir zu einer brauchbaren, gemeinsamen, starken europäischen Strategie gelangen, die sich Drittländer wirklich zunutze machen, damit von unserer Seite nicht planlos und hektisch humanitäre Hilfe geleistet wird, wenn sich Hunderttausende von Menschen unerwartet in einer tragischen Situation wiederfinden?
David-Maria Sassoli (S&D). – (IT) Herr Präsident, Hohe Vertreterin, meine Damen und Herren, die gewaltige Tragödie, die Haiti überrollt hat, erfordert eine umgehende Reaktion und es sind viele Hilfs- und Rettungsmaßnahmen von einzelnen Mitgliedstaaten auf den Weg gebracht worden, auch wenn ein nicht unbeträchtlicher Wettbewerb zwischen den europäischen Ländern herrscht.
Das neue Europa mit seiner Hohen Vertreterin sollte in der Lage sein, eigene Hilfe zu den leidenden Menschen zu bringen. Im Übrigen hat das Erdbeben das ärmste Land in der westlichen Hemisphäre heimgesucht, wo 80 % der Bevölkerung unterhalb der Armutsgrenze und 54 % in absoluter Armut leben.
Inmitten dieser Notlage gibt jedoch noch eine weitere: die Notlage der Kinder, der schwächsten Bevölkerungsgruppe, die ohne Familie, ohne Schutz und ohne Staat dastehen. Daher möchte ich an die Hohe Vertreterin für die Außenpolitik appellieren, Maßnahmen mit dem Ziel, haitianischen Kindern bis zu 10 Jahren die Möglichkeit zu geben, von europäischen Ländern aufgenommen und versorgt zu werden, zu prüfen.
Lady Ashton, Europa kann diese Kinder aufnehmen und ihnen angemessene Lebensbedingungen bieten; damit meine ich für einen begrenzten Zeitraum, bis die Bedingungen entsprechend sind, dass sie in ihr eigenes Land zurückkehren können. All dies könnte organisiert werden, all dies könnte leicht von den europäischen Ländern geleistet werden und es wäre eine angemessene Reaktion auf die Notwendigkeit, Solidarität zu zeigen, aber auch, um zu verhindern, dass auf Kosten der Kinder spekulative und illegale Maßnahmen ergriffen werden. Wir reden hier über Kinder, das kostbarste Gut, das wir haben und in Haiti schützen sollten.
Laima Liucija Andrikienė (PPE). – Herr Präsident, in den letzten Tagen gab es eine Reihe von Beschwerden über die ineffiziente und langsame Reaktion auf die Krise in Haiti.
Viele verweisen auf die wachsende Unsicherheit, die steigende Verzweiflung unter denen, die das Erdbeben überlebt haben und den skandalösen Mangel an Nahrung und Kleidung.
Es stimmt, dass es diese Probleme gibt und wir müssen sie so schnell wie möglich lösen. Wir sollten jedoch das Eingreifen unterschiedlicher internationaler Akteure – von Regierungen bis zu zivilgesellschaftlichen Organisationen und Einzelpersonen weltweit – begrüßen.
Die Europäische Union gehört sicherlich zu denjenigen, die ihrer rückhaltlosen Solidarität mit dem haitianischen Volk Ausdruck verliehen haben. Sogar heute haben wieder viele die angeblich langsame Reaktion der EU auf die Krise kritisiert, aber bei der EU geht es nicht nur um in Brüssel getroffene Entscheidungen. Nationale Regierungen haben bereits Tausende Männer und Frauen entsandt, um den Haitianern zu helfen und Millionen Euro an Mitteln bereitgestellt.
Die Rolle der EU sollte sich eher auf eine mittel- und langfristige Hilfe konzentrieren, sowie auf den Wiederaufbau der haitianischen Städte und Dörfer, ihrer Infrastruktur, Schulen und Krankenhäuser abzielen.
Die EU kann sicherlich das Forum, den Schirm für die Verteilung und Koordinierung der mittel- und langfristigen Hilfe Europas darstellen.
Das kürzlich von der Kommission und den Mitgliedstaaten abgegebene Versprechen, fast 500 Mio. EUR an Mitteln einer Verwendung zuzuführen, ist zweifelsohne ein großer und bedeutender Schritt in diese Richtung und wir alle sollten dahinter stehen.
Enrique Guerrero Salom (S&D). – (ES) Als erstes möchte ich dem so hart von dieser Katastrophe getroffenen haitianischen Volk meine Beileidsbezeugungen und Solidarität übermitteln.
Wir in der Europäischen Union sind keine Militärmacht und haben auch keine diesbezüglichen Ambitionen. Trotzdem stellen wir auf Grund unseres sozialen Modells eine Größe in der Welt dar. Auch wegen unserer Entwicklungszusammenarbeit und humanitären Hilfe sind wir eine Macht, mit der zu rechnen ist, und darauf sind wir stolz.
Heute bildet Haiti, bzw. zumindest die über das Land hereingebrochene Katastrophe eine Herausforderung für die durch den Vertrag von Lissabon geschaffenen, neuen Institutionen. Im Moment ist humanitäre Hilfe gefragt, aber sehr bald wird die Zeit für den Wiederaufbau, die Förderung von Entwicklung und die angebotene Unterstützung in den Bereichen Regierbarkeit und Institutionalität gekommen sein. Dann müssen wir den Erwartungen des haitianischen Volks einstimmig begegnen. Wir müssen reagieren, indem wir die Aufgaben der Hohen Vertreterin mit den Aufgaben der Kommissare für Entwicklung und humanitäre Hilfe verknüpfen.
Warum? Warum sollten wir alle an einem Strang ziehen? Um von den Staaten geleistete Hilfe wirksamer zu koordinieren, um sicherzustellen, dass unsere Hilfe effektiver ist, um mit einer europäischen Stimme zu sprechen, die weltweit erkennbar ist und um den Erwartungen der Welt an uns in Zeiten wie diesen gerecht zu werden: die Leistung von Unterstützung in dieser humanitären Krise und die Förderung von Entwicklung. Was heute in Haiti geschieht, könnte schon morgen eine weitere Katastrophe sein und übermorgen jeden anderen Winkel der Erde treffen.
Jim Higgins (PPE). – Herr Präsident, eines der ärmsten Länder der Welt, Opfer einer unfähigen Regierung, Opfer von Diktatur und Korruption wurde in nur 15 Sekunden verwüstet. Fünfzigtausend Menschen sind tot, Tausende noch vermisst und drei Millionen obdachlos.
Die Reaktion der Vereinigten Staaten war lobenswert, die der Vereinten Nationen im Vergleich etwas weniger, aber ich muss allem, was gesagt wurde, zustimmen. Dies ist kein politischer Schachzug, Herr Cashman: unsere Reaktion war weniger als angemessen. Wir sind im Windschatten der Vereinigten Staaten geblieben.
Die logistischen Schwierigkeiten werden überwunden werden – sauberes Wasser, Medikamente, Nahrung und Unterkünfte – all dies wird zu gegebener Zeit kommen. Was Haiti jedoch braucht, um sich aus dieser Katastrophe herauszukämpfen, ist eine richtig funktionierende Demokratie mit einer Wirtschaft, die ihr Volk erhalten kann. Ihre Erholung muss über die Jahre und nicht nur in den Wochen und Monaten nach dieser Krise gemessen werden.
Wie bereits immer wieder gesagt wurde, wird Letztere von den Fernsehschirmen verschwinden. Sie wird innerhalb der nächsten zwei oder drei Wochen vom Thema Nummer Eins zum Thema Nummer Drei werden und dann ganz fort sein. Aber darin liegt die wahre Herausforderung, denn im Jahr 2008 ist Haiti von zwei verheerenden Wirbelstürmen heimgesucht worden. Die Folge waren Armut und Verzweiflung. Die führenden Politiker der Welt versprachen in dieser Phase 600 Mio. EUR. Tatsächlich kamen nur 40 Mio. EUR an.
Wir benötigen einen ganz neuen Anfang, das Wiederaufleben, die Neuentstehung und Neuentwicklung von Haiti. Dies muss in angemessener Art und Weise begleitet und gesteuert werden, vor allen Dingen muss aber eine klare und umsetzbare Strategie festgelegt werden, damit Haiti zu dem stolzen, unabhängigen und demokratischen Gebilde werden kann, das es ein sollte. Jetzt und in der Vergangenheit ist es das nicht gewesen, und dies hat auch zu der aktuellen Katastrophe geführt.
Roberto Gualtieri (S&D). – (IT) Herr Präsident, meine Damen und Herren, die beispiellose humanitäre Katastrophe in Haiti hat uns tief getroffen und die Europäische Union hat die Pflicht, nach besten Kräften zu den Bemühungen der internationalen Gemeinschaft beizutragen und alle ihr zur Verfügung stehenden Instrumente einzusetzen.
Was die finanziellen Mittel angeht, so sind in den letzten Tagen und Stunden bedeutende Fortschritte erzielt worden. Stärker nachgedacht werden muss über die anderen Aspekte der Reaktion Europas auf die Krise, wir sollten jedoch aufhören, uns Sorgen über unser Image zu machen und uns statt dessen auf das Wesentliche konzentrieren, wie die Hohe Vertreterin ganz richtig gesagt hat.
Die zentrale Rolle der Friedensmission MINUSTAH sowohl im Hinblick auf den Zivilschutz als auch auf die Sicherheit ist nun deutlich hervorgetreten und macht eine autonome Mission der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GSVP) unmöglich, aber die koordinierende Funktion der EU bei der Unterstützung der UN-Mission bleibt ein Schlüsselfaktor.
Was diesen Punkt anbelangt, möchte ich Herrn Juvin daran erinnern, dass so eine Koordinierung existiert und das Beobachtungs- und Informationszentrum sie in dem Bereich Zivilschutz und das Lagezentrum in dem Bereich Sicherheit leistet und es bleibt zu hoffen, dass diese Arbeit in dem Einsatz der Europäischen Gendarmerietruppe münden wird, so wie es ausdrücklich von den Vereinten Nationen gewünscht worden ist.
Es wäre angebracht, von der Hohen Vertreterin und von der Kommission darüber aufgeklärt zu werden, wie das Beobachtungs- und Informationszentrum und das Lagezentrum angesichts solcher schwierigen Aufgaben und Prüfungen in der Praxis reagieren, wie ihre Koordinierung funktioniert und ob ihre Instrumente und Mittel angemessen sind.
Dies wird uns auch später nützlich sein, wenn wir die Angemessenheit dieser Instrumente und die Möglichkeiten des konsularischen Schutzes überdenken müssen, aber jetzt ist nicht die Zeit für solche Debatten. Jetzt ist es an der Zeit zu handeln und Zusagen zu machen, und wir unterstützen voll und ganz die von der Hohen Vertreterin getroffenen Maßnahmen.
VORSITZ HERR LAMBRINIDIS Vizepräsident
Milan Zver (PPE). – (SL) Auch ich möchte mein Mitgefühl für die Ereignisse in Haiti zum Ausdruck bringen und der Europäischen Kommission und den europäischen Institutionen auch für ihre relativ angemessene Reaktion danken.
Dennoch frage auch ich mich wie einige meiner Kolleginnen und Kollegen, ob unsere Antwort schnell genug gewesen ist. Es wäre vielleicht eine gute Idee, wenn Frau Ashton, Vizepräsidentin der Kommission, den Schauplatz der tragischen Ereignisse persönlich besuchen würde, da sich das aus verschiedenen Gründen als wichtig erweisen könnte.
Ich widerspreche denjenigen von Ihnen, die argumentieren, dass die Präsenz von Soldaten und sonstigem Strafverfolgunspersonal den Beginn eines kolonialen Ansatzes unsererseits gegenüber Haiti ankündigen könnte. Meiner Ansicht nach sind derartige Gespräche weder fair noch angemessen.
Wichtig ist jedoch, dass wir bei der nächsten internationalen Konferenz zu Haiti langfristige Maßnahmen für die Wiedereinsetzung der staatlichen Institutionen annehmen, um ihnen die Wiederaufnahme ihrer Arbeit zu ermöglichen. Hier beziehe ich mich insbesondere auf die Gesundheits- und Bildungspolitik. Nur solche politischen Maßnahmen und nur die Entwicklung in diesen Bereichen und Institutionen können Haiti zu einem stabileren Land als bisher ausformen.
María Muñiz De Urquiza (S&D). – (ES) Herr Präsident, ich möchte die Bedeutung der Europäischen Union für die Übernahme einer Vorreiterrolle hervorheben: nicht nur unverzügliche humanitäre Soforthilfe, sondern auch eine langfristige Zusammenarbeit für den Wiederaufbau des Landes. Wir müssen mit den örtlichen Behörden und mit der Regierung von Haiti zusammenarbeiten, da das Land immer noch zu instabil ist, wobei wir es nicht noch schwächer machen dürfen, indem die internationalen Organisationen den Platz seiner Behörden einnehmen. Wir müssen auch mit den örtlichen Nichtregierungsorganisationen zusammenarbeiten.
Ich erkenne die schnelle Reaktion der spanischen Präsidentschaft an, und zwar sowohl im Hinblick auf die Koordinierung der Hilfe als auch hinsichtlich der Bereitstellung der Hilfsgüter, die Spanien bereits im Land und in der Region hatte, für die Europäische Union, da Spanien nicht nur in Lateinamerika, sondern auch speziell in Haiti das führende europäische Geberland ist.
Marielle De Sarnez (ALDE). – (FR) Herr Präsident, Frau Ashton, bei der Politik geht es vor allem um Zeichen, und daher denke ich, Sie sollten nicht hier, sondern in Haiti sein; daher meine ich, Sie sollten nicht in die Vereinigten Staaten von Amerika, sondern nach Haiti reisen.
Ich glaube - und ich sage das mit großer Traurigkeit - dass Sie die Größenordnung des Ereignisses, dieser furchtbaren Tragödie nicht richtig eingeschätzt haben, und wenn wir uns dies vor Augen halten, ist Europa noch nie so abwesend gewesen. Wir sind die größten Geber, und dennoch existieren wir nicht.
Mein zweiter Eindruck ist, je mehr wir benennen, je mehr Funktionen und Titel wir einrichten, desto weniger existieren wir, und dies sollte uns dazu veranlassen, uns selbst einige Fragen zu stellen. Wie viele Katastrophen muss es geben, bevor die Führer der Europäischen Union endlich ihrer Verantwortung gerecht werden? Der Bericht von Herrn Barnier liegt seit 2006 vor. Worauf warten wir im Hinblick auf seine Annahme? Worauf warten wir im Hinblick auf seine Anwendung?
James Nicholson (ECR). – Herr Präsident, ich denke, dass all unsere Gedanken zum Ausdruck gebracht wurden und sie zu denjenigen getragen werden müssen, die ihr Leben verloren haben: zu den Angehörigen der Vereinten Nationen, den Menschen von Haiti selbst und zu den Menschen, die leiden, obgleich sie immer noch am Leben sind.
Was wir brauchen sind zuverlässige, gemeinsame und koordinierte Maßnahmen, und nichts - aber auch gar nichts - sollte dem im Weg stehen. Kann ich sagen, dass ich das Engagement, das wir in Europa für die Menschen von Haiti gezeigt haben, begrüße? Ich hoffe, dass wir das zu Ende führen, denn ich war berührt - und es ist schon richtig - was passiert in zwei Wochen, wenn es in den Medien und Nachrichten keine Berichterstattung mehr über sie gibt? Was werden diese Menschen dann tun?
Ja, es gibt die offensichtliche Notwendigkeit, Haiti sowohl kurz- als auch langfristig wieder aufzubauen, aber am wichtigsten ist jetzt, die Hilfe an die Notleidenden vor Ort gerecht zu verteilen, an die Menschen, die leiden. Ich muss sagen, dass ich mit den vorherigen Anmerkungen von Herrn Cashman gänzlich einverstanden bin. Dies ist zu wichtig für politische Polemik.
Luis Yáñez-Barnuevo García (S&D). – (ES) Gestatten sie mir zu Beginn, der Hohen Vertreterin, dem Rat, der Kommission und der wechselnden Ratspräsidentschaft der Europäischen Union zur Schnelligkeit und Koordinierung der Maßnahmen von Beginn an zu gratulieren.
Möglicherweise haben sie sich nicht der großen Medienaufmerksamkeit durch die 10 000 auf der Insel angekommenen US-Marinesoldaten erfreut. Es wurden meiner Ansicht nach unverzüglich wirksame Maßnahmen eingeleitet, und ich habe eine Menge Erfahrung. Ich möchte eine Sache erwähnen, die in der Aussprache nicht angesprochen wurde: 50 % der Überlebenden, die während der ersten 78 Stunden aus dem Schutt geborgen wurden, sind durch Teams aus Europa und den Mitgliedstaaten gerettet worden.
Frédérique Ries (ALDE). – (FR) Herr Präsident, wie Frau Joly bereits gesagt hat, gibt es Umstände, unter denen Worte und Zeichen alle Bedeutung verlieren und sarkastisch werden: zwei Mio. Flüchtlinge - wie wir gehört haben - möglicherweise mehr, mehr als 200 000 Tote, ein Land, das vernichtet worden ist, eine Hauptstadt, die nahezu von der Landkarte ausradiert wurde.
Die Dringlichkeit ist jetzt, die letzten Überlebenden auszugraben, die Toten beizusetzen, die Lebenden zu verpflegen, Wasser zu verteilen, zu behandeln, zu operieren und wiederaufzubauen. Jedes Land ist schnell, sehr schnell mit seinen Hilfsmitteln, seiner Ausstattung, seinen Hunden, seinen Einsatzkräften und seinen Spenden abgereist. Es ist eine immense, enorme Anstrengung, aber es ist eine nationale Anstrengung.
Europa muss jetzt unbedingt in Gang kommen und dieser Idee, die einige von uns, viele von uns hier im Europäischen Parlament und andernorts jahrelang verteidigt haben, Substanz verleihen. Nämlich der Idee der Einführung eines Europäischen Zivilen Friedenskorps, von Grün- oder Weißhelmen - die Farbe ist von geringer Bedeutung - Menschen, Ressourcen und gemeinsamen Strategien.
EU-FAST, die Initiative, die von Herrn Verhofstadt im Jahr 2003 lanciert oder EuropeAid, die von Herrn Barnier im Jahr 2006 eingeführt wurde - die Urheberschaft spielt letztendlich keine Rolle - die Idee dahinter ist, in der Lage zu sein, schnell zu handeln und gemeinsam bereitzustehen.
Liisa Jaakonsaari (S&D). – (FI) Herr Präsident, ich finde es eigenartig, dass Personen hier von Präsenz gesprochen und die Motive der Vereinigten Staaten von Amerika in Zweifel gezogen haben, denn gerade jetzt ist Hilfe erforderlich. Ich denke, besonders tragisch ist, dass in den Ruinen derzeit Menschen sind, die immer noch gerettet werden könnten. Alles, was getan werden kann, um die Situation zu verbessern, sollte getan werden.
Als vor einiger Zeit die Krisenmanagementkräfte zur Stärkung der europäischen Außen- und Sicherheitspolitik einschließlich ihrer Verteidigungspolitik eingerichtet wurden, wurde mir hier in Finnland als Grund dafür genannt, dass diese Kräfte auch bei Naturkatastrophen eingesetzt würden, und dass sie helfen könnten, wenn derartige Katastrophen irgendwo in der Welt einschließlich natürlich Europas auftreten. Nun jedoch haben die Krisenmanagementkräfte in den verschiedenen Teilen Europas, in denen sie stationiert sind, nichts zu tun. Sie haben nichts zu tun. Glücklicherweise gibt es keine Krisen in Europa, und daher haben sie nichts zu tun. Was hält diese Krisenmanagementkräfte davon ab, für Krisen wie diese eingesetzt zu werden, wenn Hilfe angefordert wird?
Zigmantas Balčytis (S&D). – (LT) Heute haben wir es nach dem Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon wahrscheinlich mit der größten Tragödie zu tun, die jemals stattgefunden hat. Und wir müssen die Position der Hohen Vertreter verstehen, wenn sie gleich zu Beginn ihres Amtsantritts eine ziemlich komplizierte Aufgabe zu lösen haben, mit der sie wahrscheinlich niemals zuvor konfrontiert worden sind. Ja, es ist wahr, heute sehen wir einige Schwachpunkte, und in Zukunft benötigen wir besser vorbereitete Sicherheitskräfte der Europäischen Union, die an Rettungsmaßnahmen teilnehmen könnten. Ich denke, der größte Beitrag wäre heute, dass das aktuell für die Überweisung an die Republik von Haiti erwähnte Geld so bald wie möglich eingesetzt und in den Wiederaufbau der Infrastruktur investiert werden sollte - wie der Präsident von Haiti erwähnte. Und es kann möglicherweise für die Beseitigung einiger der eingestürzten Häuser, die heute in den Straßen liegen, genutzt werden.
Catherine Ashton, Hohe Vertreterin der Union für die Außen- und Sicherheitspolitik/ Vizepräsidentin der Kommission. – Herr Präsident, als ich anfing, wollte ich in dieses Parlament kommen, um die Standpunkte zu hören. Ich berücksichtige und verstehe die Frustration, die die Damen und Herren Abgeordneten verspüren, dass es Aspekte gibt, die besser gesteuert werden könnten.
Die Abgeordneten stellten einige Fragen zur Präsenz und Koordinierung. Es ist besteht kein Zweifel, dass - weil Amerika näher ist, weil es die Kapazität hat, Hilfskräfte und -güter sehr schnell zu mobilisieren - demnach die Bilder, die Sie auf Ihrem Fernsehschirm sehen, aus Amerika sind. Die Tastache, dass wir eng mit den Vereinigten Staaten von Amerika zusammengearbeitet haben, ist auch entscheidend für unsere zukünftige Arbeit.
Und es besteht auch kein Zweifel daran, dass - da ich in der Nacht mit der Mitteilung über das Erdbeben geweckt wurde - wir unsere Einsatzkräfte so schnell wie möglich mobilisiert haben. Einundzwanzig Mitgliedstaaten sind mobilisiert worden, um zu reagieren. Wir haben mit dem Rat und der Kommission, die zum allerersten Mal zusammengetroffen sind, Maßnahmen eingeleitet, und ich möchte Ihnen sagen, dass es nur acht Tage her ist, seit ich hier bei meiner Anhörung vor Ihnen stand.
Einundzwanzig Mitgliedstaaten mit 11 Rettungsteams, fünf Feldlazaretten, sechs modernen Krankenstationen, 40 medizinischen Teams, sechs Wasseraufbereitungsanlagen; wir haben diese so schnell wie wir konnten entsandt, und ich möchte den Mitgliedstaaten für die Arbeit, die sie leisten, höchste Anerkennung zollen. Dabei möchte ich natürlich nicht die Beamten vergessen, die Tag und Nacht gearbeitet haben und weiterhin alles tun werden, um gemeinsam Maßnahmen auf den Weg zu bringen.
Ich habe die Frage, in welchen Bereichen ich mich am besten einbringen kann, direkt zu Beginn an die Vereinten Nationen vor Ort und an den Generalsekretär Ban Ki-Moon weitergeleitet. Es gab keinen Zweifel daran, dass ich nichts anderes vor Ort beitragen konnte, als kostbaren Raum einzunehmen, als die Flugzeuge über dem Flugplatz kreisten und derzeit wegen des Zustands des Flugplatzes nicht landen konnten. Ich bin keine Ärztin. Ich bin kein Feuerwehrmann. Meine Aufgabe bestand darin, die Koordinierung voranzubringen, mit den Freunden von der Haiti-Gruppe zu reden, mich mit den Vereinigten Staaten von Amerika abzustimmen, um sicherzustellen, dass wir vor Ort alles Menschenmögliche unternehmen.
Auch möchte ich wie die Damen und Herren Abgeordneten den Nichtregierungsorganisationen und den Menschen vor Ort höchste Anerkennung zollen. Die Verwüstung vor Ort betrifft auch in großem Ausmaß die Vereinten Nationen, die viele ihrer leitenden Beamten verloren haben, sowie die NRO, die nicht im Stande gewesen sind, so schnell zu reagieren, wie es erforderlich gewesen wäre, weil Mitarbeiter von ihnen gestorben sind.
Das hat es sehr schwierig gemacht, da wir Menschen gesehen haben, die dringend Hilfe benötigten und sich gefragt haben, wo die Hilfe bleibt. Die Hilfe unter diesen Umständen bereitzustellen, ist außerordentlich schwierig gewesen, und Menschen haben unermüdlich gearbeitet, um diese sicherzustellen. Mittlerweile hat sich die Situation etwas entspannt, die Hilfe gelangt nach draußen, aber unterschätzen Sie bitte nicht, wie schwierig die Umstände vor Ort gewesen sind.
Hat es gut funktioniert? Ja. Bin ich zufrieden? Nein. Als ich meine erste Woche in diesem Ressort begann, habe ich Ihnen sehr deutlich gesagt: Ich höre, was Sie sagen. Ich höre den Ärger und die Enttäuschung. Ich verstehe es. Und Sie kritisieren mich zu Recht, dass es nicht so gut ist, wie es sein könnte. Sie haben Recht. Es sollte und muss immer besser werden.
Was ich tun muss, ist, zur Kenntnis zu nehmen, was geschehen ist, und eine Lehre daraus ziehen, um sicherzustellen, dass wir in der Zukunft mehr tun werden, um an einem Strang zu ziehen. Aber ich möchte damit in keinster Weise die großartige Arbeit, die bisher geleistet wurde und weiterhin Stunde für Stunde und Tag für Tag getan wird, diskreditieren.
Langfristig gesehen haben die Damen und Herren Abgeordneten völlig Recht. Wenn die Kameras fort sind, müssen wir dort sein. Wir müssen dort Präsenz zeigen, wir müssen dort sein, um die Unterstützung, die wir leisten können, bereitzustellen. Ich teile die Ansicht, dass auch Schuldenfragen erörtert werden müssen. Ich teile die Ansicht, dass die Arbeit, die getan werden muss, zusammen mit der haitianischen Bevölkerung und mit gebührender Achtung vor ihr geleistet werden muss. Ich teile die Ansicht, dass es wichtig ist, die Infrastruktur wiederaufzubauen, und ich denke, dass wir gewährleisten müssen, dass die Rolle der Vereinten Nationen gebührend berücksichtigt wird und dass wir sicherstellen, dass sie ihrer Rolle gerecht wird.
Deshalb werde ich nicht nur in die Vereinigten Staaten von Amerika fahren, um Außenministerin Clinton zu besuchen, sondern auch zu den Vereinten Nationen, um mit dem Generalsekretär und den Hauptakteuren darüber zu sprechen, was wir jetzt tun können, um in der Zukunft gemeinsam an einem Strang zu ziehen. Denn das wird, wie Sie sagen, von großer Bedeutung sein. -
Lassen Sie mich mit einigen Worten zur Situation des Landes zum Schluss kommen. Wie die Damen und Herren Abgeordneten gesagt haben, ist dies ein Land, in dem über 70 % der Bevölkerung bereits unterhalb der Armutsgrenze lebt. Wie ebenfalls bereits erwähnt wurde, ist es sehr wichtig, dass die Kinder, insbesondere die Waisenkinder, angemessen versorgt werden. Ferner wird auch in den nächsten Jahren Unterstützung erforderlich sein, um das verwüstete Land wiederaufzubauen.
Lassen Sie mich Ihnen ein wenig von der derzeitigen Infrastruktur berichten. Die Krankenhäuser, die Stromversorgung, die Trinkwasserversorgung, die Seehäfen und die Flughäfen sind schwer beschädigt worden. Die wichtigsten öffentlichen Gebäude, der Präsidentenpalast, das Parlament, das Finanz- und Justizministerium, das Ministerium für Planung, das Gesundheits- und Innenministerium sind vollständig zerstört. Zahlreiche hohe Regierungsbeamte werden vermisst. Die haitianische Regierung ist handlungsunfähig. Haiti ist bereits, wie Sie sagten, eines der ärmsten Länder der Welt, und weil wir diese Infrastruktur wieder aufbauen müssen, teile ich Ihr Engagament, sicherzustellen, dass wir dies tun werden.
(Beifall)
Karel De Gucht, Mitglied der Kommission. – (FR) Herr Präsident, zunächst möchte ich Herrn Le Hyaric, der die Verschiffung von Nahrungsmittelüberschüssen nach Haiti fordert, sagen, dass dies nicht der Ansatz der Europäischen Union ist - aus dem einfachen Grund, weil es die Kommission vorzieht, diese Erzeugnisse in der Region zu kaufen. Als Erstes werden wir sehen, ob wir sie in der Region kaufen können, anstatt unsere Überschüsse nach Haiti zu transportieren.
Mitglied der Kommission. − Lassen Sie mich zweitens im Hinblick auf den ganzen Sachverhalt der Koordinierung und des Katastrophenschutzes kurz drei Dinge ansprechen.
Zunächst ist der Katastrophenschutz eine Zuständigkeit der Mitgliedstaaten, und alle Koordinierungsinitiativen müssen auf dieser Grundlage aufbauen. Dies wurde auch durch den Barnier-Bericht vorgeschlagen, aber bislang haben wir keine Schlußfolgerungen gezogen. Es unterliegt der Zuständigkeit der Mitgliedstaaten und nicht der Kommission.
Zweitens hat die EU-Koordinierung des Katastrophenschutzes seit dem Tsunami im Jahr 2004 an Bedeutung gewonnen und ist viel effizienter geworden. Virtuelle Übungen können im Gegensatz zu Naturkatastrophen bedauerlicherweise natürlich niemals in ausreichendem Maße die Effektivität unserer Zusammenarbeit testen. In dieser Krise fordern Nichtmitgliedstaaten das MIC Beobachtungs- und Informationszentrum dazu auf, zu prüfen, wie sie mit EU-Einrichtungen zu den Hilfsmaßnahmen beitragen können.
Lassen Sie uns drittens nicht vergessen, dass in der zweiten Barroso-Kommission die humanitäre Hilfe und der Katastrophenschutz unter einem Kommissar vereint wurde, was, wie ich meine, eine große Leistung ist. Zusätzlich haben wir jetzt auch eine Hohe Vertreterin mit einer doppelten Funktion. Was wir in der Vergangenheit bei den Koordinierungsmaßnahmen beobachten konnten, ist, dass es zum Beispiel nicht innerhalb der Kommission Mängel gibt - ich werde gleich darauf zurückkommen - sondern dass es bisweilen Abstimmungsprobleme zwischen den europäischen Institutionen und den Mitgliedstaaten sowie zwischen der Europäischen Kommission und dem Europäischen Rat gibt. Die Idee hinter der doppelten Funktion eben ist, dass der Rat und die Kommission besser zusammenarbeiten können, und wie ich meine, hat sich in dieser Krise gezeigt, dass dies tatsächlich ein großer Fortschritt ist. -
Abschließend möchte ich auch sagen, dass ich ein wenig traurig darüber bin, was einige Redner geäußert haben. Natürlich kann ich als Kommissar nicht traurig sein, ich muss lediglich Notiz davon nehmen. Aber es zollt all unseren Einsatzkräften, die vor Ort und in Brüssel von der ersten Stunde an Tag und Nacht und am Wochenende völlig klaglos, und ohne um irgendeine Vergütung zu bitten, gearbeitet haben, keine ausreichende Anerkennung. Sie haben sehr hart gearbeitet, und sie waren auch innerhalb von Stunden an Ort und Stelle aktiv, obgleich auch ihre Einrichtungen schwer getroffen waren.
Bedenken Sie demnach bitte, dass es sich hierbei um eine Katastrophe großen nicht vorhersehbaren Ausmaßes handelt, auf die man nur reagieren kann, wenn sie stattfindet, und bei der entscheidend ist, dass man innerhalb eines sehr kurzen Zeitraums Hilfe organisieren kann. Ich denke, dass die Kommission dies unter Beweis gestellt hat. Die Mitgliedstaaten haben unsere Maßnahmen in großem Umfang unterstützt, und ich denke, wir sollten auch etwas kritisch im Hinblick auf diese Leistungen sein.
Der Präsident. – Die Aussprache wird geschlossen.
Die Abstimmung findet während der Februar-Tagung statt.
Schriftliche Äußerungen (Artikel 149)
Maria Da Graça Carvalho (PPE), schriftlich. – (PT) Ich möchte meine Solidarität mit den vom Erdbeben betroffenen Menschen von Haiti zum Ausdruck bringen, das das Land am 12. Januar ereilt hat, und ich begrüße die durch die EU gemachten Hilfszusagen. Die Europäische Union ist der weltweit größte Träger von humanitärer und Entwicklungshilfe. Wenige Stunden nach der Katastrophe hat die EU 3 Mio. EUR für die ersten Hilfsmaßnahmen bereitgestellt. Eine Summe von 134 Mio. EUR wurde für die Erstrehabilitation und den Wiederaufbau bereitgestellt. 200 Mio. EUR sind zusätzlich zu den 92 Mio. EUR, die von verschiedenen EU-Ländern gespendet wurden, für die langfristige Rehabilitation zurückgestellt worden. Diese sich auf 429 Mio. EUR belaufenden Beträge können in Abhängigkeit von der Bedarfsanalyse weiter erhöht werden. Ich möchte der Europäischen Kommission zur ihrer Koordinierung der Hilfe gratulieren, aber ich bin enttäuscht darüber, dass die Europäische Union vor Ort nicht präsent genug gewesen ist. Dies schadet dem Ruf der EU im Hinblick auf die internationale öffentliche Meinung und steht im Gegensatz zum Ansehen der Vereinigten Staaten von Amerika, die 91,6 Mio. EUR gespendet haben. Während dieser Krise hat es einen eindeutigen Bedarf an ärztlicher Versorgung gegeben, daher fordere ich eine Erhöhung der Zahl von Ärzten und medizinisch-technischen Assistenten und eine größere logistische Unterstützung.
Gaston Franco (PPE), schriftlich. – (FR) Ich bin überrascht über die Abwesenheit der Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik am Schauplatz der Naturkatastrophe in Haiti. Trotz des Inkrafttretens des Vertrags von Lissabon hat die Europäische Union immer noch Schwierigkeiten, ihr Gesicht auf der internationalen Bühne zu zeigen, und das ist überaus bedauerlich. Es scheint mir, dass das europäische Krisenreaktionssystem zu inhomogen, zu komplex und nicht effizient genug ist. Was genau deckt im Hinblick auf die Rehabilitation von Haiti (wofür 100 Mio. EUR vorgesehen sind) und den Wiederaufbau des Landes (200 Mio. EUR) der EEF (Europäischer Entwicklungsfonds) und das Stabilitätsinstrument ab? Um darüber hinaus auf das Ersuchen der Vereinten Nationen um Hilfen in den Bereichen Logistik und Sicherheit zu reagieren, muss die Europäische Union meiner Ansicht nach in der Lage sein, alle Instrumente, die der Vertrag von Lissabon vorsieht, einschließlich einer militärischen Reaktion, einzusetzen. Ich fordere die rasche Einrichtung eines europäischen Katastrophenschutzes, wie von Herrn Barnier im Jahr 2006 mit dem Ziel ausgearbeitet, zu einer europäische Reaktion zu gelangen, die geplant, wirklich koordiniert und effektiv ist. Die jüngsten Äußerungen von Herrn Van Rompuy sind vom Grundsatz her zu befürworten. Er hat sich für die Bildung einer humanitären Schnelleingreiftruppe eingesetzt. Was sieht dieses Projekt genaus aus und wann wird es ins Leben gerufen?
Filip Kaczmarek (PPE), schriftlich. – (PL) Meine Damen und Herren, die uns aus Haiti erreichenden Berichte sind schockierend. Es ist eine der schrecklichsten Katastrophen, die sich bisher ereignet haben. Wir können jedoch bereits gewisse Schlußfolgerungen daraus ziehen, die für die Zukunft von Nutzen sein können. Es ist klar geworden, dass die Mechanismen zur Koordinierung humanitärer Hilfe nicht die effizientesten sind. Die Hilfe für die Bevölkerung hätte effektiver sein können, wenn die Spender der humanitären Hilfe bessere Mittel zur Koordinierung ihrer Arbeit hätten einsetzen können. Die Verbesserung der Zusammenarbeit ist nicht nur eine Angelegenheit für die Europäische Union, denn ein Fortschritt in diesem Bereich erfordert konstruktive Analysen und Maßnahmen seitens aller größeren Geberländer. In Situationen wie der heutigen in Haiti sind Schnelligkeit, Angemessenheit und Flexibilität von großer Bedeutung. Heute ist nicht der richtige Zeitpunkt, um zu beraten, wer zum Beispiel den Flughafen in der Hauptstadt von Haiti kontrollieren sollte. Das ist natürlich wichtig, aber Entscheidungen zur Umsetzung spezifischer Lösungen sollten zu einem anderen Zeitpunkt erfolgen. Jetzt müssen wir alles in unserer Macht Stehende tun, um uns auf das wichtigste Ziel zu konzentrieren - auf die Rettung menschlichen Lebens.
Alan Kelly (S&D), schriftlich. – Uns allen zeigt das jüngste Erdbeben in Haiti, wie anfällig das Leben auf dieser Erde sein kann. Uns alle haben die Bilder und Geschichten, die uns in den letzten Tagen über die Medien erreichten, berührt. Die Reaktion der Weltgemeinschaft auf diese Naturkatastrophe war unglaublich, und ich erwähne all diejenigen lobend, die die Hilfsmaßnahmen unterstützen oder die Hilfsmaßnahmen von zu Hause aus finanziell unterstützen. Es wird für die Bevölkerung von Haiti Generationen dauern, um sich vollständig von einem Ereignis zu erholen, was sich hoffentlich nur einmal im Leben ereignet. Es ist wichtig, dass sich dieses Parlament gegenüber diesen Menschen solidarisch zeigt. Es wäre meine Hoffnung, dass die Europäische Union eine führende Rolle dabei spielte, diesen Menschen Hoffnung auf eine bessere Zukunft zu geben. Auf die kurzfristige Katastrophenhilfe muss längerfristige Hilfe folgen, um die zukünftigen Generationen dabei zu unterstützen, sich von diesem überaus entsetzlichen Martyrium zu erholen. Die Art und Weise, wie die Abgeordneten dieses Parlaments über alle politischen Fraktionen hinweg bislang reagiert haben, ist äußerst ermutigend. Ich freue mich auf die Zusammenarbeit mit meinen Kolleginnen und Kollegen, um alles in meiner Macht Stehende für die Bevölkerung von Haiti zu tun. Die EU sollte ein gutes Beispiel der Wohlhabenden abgeben, die immer willens sind, den im Vergleich zu uns Benachteiligten eine Hand zu reichen.
Joanna Katarzyna Skrzydlewska (PPE), schriftlich. – (PL) Herr Präsident, täglich erreichen uns die tragischen Nachrichten über das katastrophale Erdbeben in Haiti. Diese Nachrichten machen deutlich, dass Haiti in ein totales Chaos geraten ist, und wenn es ohne Hilfe bleibt, kommt es mit den Auswirkungen dieser furchtbaren Tragödie nicht zurecht. Die gesamte internationale Gemeinschaft einschließlich der Europäischen Union ist dazu verpflichtet, den Opfern dieser Katastrophe, die vollständig lebensnotwendiger Güter beraubt sind, Hilfe zu leisten. Deshalb möchte ich eindringlich die zuständigen Institutionen der Europäischen Union aufrufen, um sofortige und effektive Maßnahmen zu treffen, damit so schnell wie möglich die erforderliche Hilfe und Unterstützung für die Erdbebenopfer in Haiti entsandt werden kann.