Die Präsidentin. – Die Sitzung wird wieder aufgenommen.
Der nächste Punkt ist die Erklärung der Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik bzw. Vizepräsidentin der Kommission über die Situation im Jemen.
Catherine Ashton, Hohe Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik bzw. Vizepräsidentin der Kommission. – Frau Präsidentin, wir kennen den Grund, warum der Jemen sich heute auf unserer Tagesordnung befindet. Wir haben die Spur des Attentäters von Detroit von den USA über Europa nach Afrika bis zum Jemen verfolgt. So sind wir ein weiteres Mal daran erinnert worden, dass unsere eigene Sicherheit in Gefahr ist, wenn wir Ländern wie dem Jemen nicht helfen, die damit überfordert sind, die sie betreffenden vielen Herausforderungen gleichzeitig zu bewältigen.
Der Terrorismus, der dabei zwar im direkten Fokus steht, ist aber letztendlich auch nur Teil einer miteinander verknüpften Reihe von Herausforderungen. Da gibt es die Instabilität im Norden des Landes, die durch den bewaffneten Konflikt mit den Huthi-Rebellen verstärkt wird. Es gibt die Auseinandersetzung über Land- und Wasserrechte und die jahrelangen Spannungen mit der Region im Süden, die sich seit der Vereinigung im Jahre 1991 benachteiligt sieht. Der Regierung ist es zwar bis jetzt gelungen, eine allgemeine Stabilität zu erhalten, aber seit die Einnahmen aus dem Ölgeschäft schwinden, bemüht sich der Staat bislang vergeblich, die Kontrolle über Teile des nationalen Territoriums zu bewahren.
Hinzu kommen dann noch Piraterie im Golf von Aden sowie Schmuggel, Migration und Menschenhandel vom Horn von Afrika und nun auch noch ein Anstieg des Dschihad-Terrors. Der Jemen hat ein beträchtliches Bevölkerungswachstum und eine wachsende unzufriedene junge Bevölkerungsschicht. Ein umfassender interner politischer Konsens im Hinblick auf die Zukunft ist deshalb nur schwer möglich.
Bei all diesen Aspekten ist jedoch eins sicher: Keiner von uns kann sich eine beinahe gesetzlose Zone, die sich vom Horn von Afrika bis nach Afghanistan erstreckt, leisten. Dafür würden wir einen hohen Preis zahlen.
Die Europäische Union hat in den letzten 18 Monaten den Jemen als vorrangigen Fall zum Gegenstand ihrer Anti-Terror-Strategie und ihres umfassenden Ansatzes in Bezug auf den Aufbau und die Entwicklung staatlicher Strukturen gemacht. So wurden vom Rat weitreichende Schlussfolgerungen über den Jemen im Oktober angenommen. Wir sind nun darum bemüht, alle unsere wichtigen Akteure um diese Strategie herum zu positionieren. Die Initiative des Vereinigten Königreichs, in der kommenden Woche ein Treffen auf höchster Ebene mit dem und über den Jemen zu organisieren, könnte deshalb nicht passender sein.
Ein Hauptaugenmerk des Treffens wird die Sicherheit sein. Es wird deshalb derzeit ein umfangreiches Paket geschnürt, mit dem die Bemühungen der Regierung tatkräftig unterstützt werden sollen: Schulungen und Ausrüstung für die Strafverfolgung, ein verbessertes gesetzliches Rahmenwerk sowie ein besseres Strafjustizsystem und Maßnahmen in Bezug auf eine Anti-Radikalisierung und Konfliktprävention. Dies wird noch zusätzlich zu den bereits im Rahmen des Entwicklungsprogramms der Kommission in den letzten zwei Jahren zugeteilten 11 Mio. EUR für die Ausbildung der Polizei und Jugendgerichtsbarkeit bereitgestellt.
Die Etablierung der Al-Qaida im Jemen ist ein Symptom tiefer liegender Probleme. Die Verbindung zwischen wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und sicherheitstechnischen Herausforderungen ist dabei von entscheidender Bedeutung. Aus diesem Grund brauchen wir einen umfassenden Ansatz. Es ist ebenso unerlässlich, dass der Jemen seine Kapazitäten dahingehend verstärkt, dass den Bedürfnissen der Bevölkerung im ganzen Land Rechnung getragen wird. Die EU wird vorschlagen, ihren für den Zeitraum von 2011-2013 vorgesehenen Entwicklungsfonds um ein Drittel zu erhöhen. Die humanitäre Hilfe von ECHO wird bis zum Jahr 2010 erfolgen. Darüber hinaus stehen wir in einem ständigen Dialog mit der Regierung in Bezug auf die Zugangsprobleme zu den zahlreichen verschleppten Personen.
Keine noch so hohe finanzielle Unterstützung kann jedoch das Engagement und Handeln der eigenen Regierung ersetzen. Das von Präsident Saleh gemachte Bekenntnis zu einem nationalen Dialog mit allen relevanten Akteuren hat das Potenzial, einen neuen nationalen Konsens zu schaffen, falls alle Akteure mit eingeschlossen und ihre Interessen berücksichtig werden. Dieser Dialog sollte von der internationalen Gemeinschaft nachhaltig unterstützt werden. Denn dies ist der einzige nachhaltige Weg nach vorne.
Nicht zuletzt müssen sicherlich auch die regionalen Hauptakteure in die gemeinsamen Bemühungen um die Arbeit mit dem Jemen mit einbezogen werden, allen voran Saudi Arabien. Das Treffen in London bietet eine Chance von unschätzbarem Wert, die Saudis, die Vereinigten Staaten und weitere Länder in einem sinnvollen internationalen Dialog über und mit dem Jemen zusammenzubringen. Ich freue mich auf unsere Debatten.
José Ignacio Salafranca Sánchez-Neyra, im Namen der PPE-Fraktion. – (ES) Nach dem eindrucksvollen Stunt, den die Taliban gestern in Afghanistan dargeboten haben, wo, damit wir das nicht vergessen, derzeit 100 000 Truppen für den Frieden kämpfen, und dem vereitelten Terroranschlag in Detroit zu Weihnachten, glaube ich, Baronin Ashton, dass es berechtigt ist, sich zu fragen, ob der Terrorismus heute stärker ist als noch zu Zeiten, als der Frieden durch den barbarischen Akt der einstürzenden Twin Towers in New York angegriffen wurde.
Wir haben gerade eine Debatte über den Iran geführt, wir sehen, was in Afghanistan, in Pakistan, im Mittleren Osten, in Somalia und sogar im Herzen unseres eigenen Kontinents mit dem Anschlägen in Madrid und London passiert. Die sich daraus ergebende Frage, die wir uns alle stellen müssen, denn wir alle müssen versuchen, aus diesem Ereignissen zu lernen, ist, ob wir unsere Sache gut machen.
Es gibt in der Tat einen neuen Faktor, Frau Präsidentin, und zwar, dass wir heute Armeen ohne sichtbare Feinde und Feinde haben, die über keine Armeen verfügen. Direkt nach dem vereitelten Anschlag von Detroit sind von Präsident Obama Maßnahmen ergriffen worden und General Petraeus hat seinen dritten Besuch des Jemens innerhalb kürzester Zeit unternommen. Wir können sehen, dass die Vereinigten Staaten wirtschaftliche Hilfe in Form eines beträchtlichen Pakets mobilisiert und eine Politikstrategie entwickelt haben, die Ergebnisse liefert.
Sie haben uns in Ihrem Beitrag, Baronin Ashton, gerade die konkreten Maßnahmen, die die Europäische Union gedenkt, umzusetzen, dargestellt und Sie haben uns von Summen zu den zusätzlichen 11 Mio. EUR berichtet. Die Geldsumme, die von den Vereinigten Staaten aufgewendet wird, ist von 67 Mio. USD im Jahre 2009 auf 167 Mio. USD im Jahr 2010 gestiegen.
Aus diesem Grund ergibt sich für mich folgende Frage, Baronin Ashton: Glauben Sie, wenn wir konfrontiert mit Terrorismus, Vorstellungen von Außenpolitik, Sicherheit, Verteidigung, Entwicklungszusammenarbeit und -hilfe, Handel – und ich würde sogar noch Kultur und Bevölkerung mit einschließen – alles miteinander vermischen, und dessen müssen wir uns bewusst sein, wenn wir also mit Gefahren und Bedrohungen konfrontiert werden, die uns alle gleichermaßen betreffen, dass dann nicht auch die Reaktion darauf von uns allen zu gleichen Teilen getragen werden sollte?
Sie haben über eine Koordination mit den Vereinigten Staaten gesprochen. Könnten Sie uns etwas über die Bedingungen sagen, unter denen diese Koordination, die so wichtig und notwendig ist, erfolgt?
David-Maria Sassoli, im Namen der S&D-Fraktion. – (IT) Frau Präsidentin, Hohe Vertreterin, Damen und Herren, unsere Fraktion ist sehr über die Situation im Jemen beunruhigt, weil davon eine globale Bedrohung ausgeht: Der vereitelte Anschlag auf ein US-Flugzeug, die Drohungen gegen Botschaften im Ausland und die Verschärfung der Angriffe durch Al-Qaida, so wie die jüngsten Anschläge in Afghanistan, müssen sehr ernst genommen werden.
Bedauerlicherweise ist die Situation im Jemen vor Ort wenig hilfreich und wir sollten die Tatsache im Hinterkopf behalten, dass es sich hierbei um eines der ärmsten Länder der Welt handelt, mit ernstzunehmenden Wassermangel, hoher Arbeitslosigkeit und einer Wirtschaft, die extrem vom den Einkünften aus Öl- und Gasexport abhängig ist, und diese Quellen Schätzungen zufolge innerhalb der kommenden zehn Jahre versiegen werden.
Aus diesem Grund glaube ich, dass ein Handeln seitens der Europäischen Union unbedingt erforderlich ist, und zwar in Form einer engen Zusammenarbeit mit der Europäischen Kommission, was die humanitäre Hilfe und entwicklungstechnischen Aspekte angehen und mit der Hohen Vertreterin für Außenpolitik in Bezug auf die gemeinsame Sicherheit, die Zusammenarbeit mit den Polizeikräften und den Grenzkontrollen.
Ich muss auch auf unsere Bedenken im Hinblick auf das harte Vorgehen gegen Vertreter der politischen Opposition, Journalisten und Menschenrechtsaktivisten in diesem Land zu sprechen kommen, über das die Hilfsorganisationen, die im Jemen arbeiten, bereits seit langem berichten. Baronin Ashton, ich denke deshalb, dass es von oberster Priorität ist, sicherzustellen, dass die Hilfsorganisationen jemenitisches Gebiet betreten und dort in absoluter Sicherheit arbeiten können.
Ich hoffe ebenso auf ein Bemühen der Europäischen Union, um sicherzustellen, dass der Jemen an den im Jahr 2006 auf der internationalen Geberkonferenz gemachten Zugeständnissen, insbesondere die Beschleunigung des Verfahrens für politische und wirtschaftliche Reformen, um Demokratie und den Lebensstandard der Bevölkerung zu verbessern, festhält.
Seit den Anschlägen vom 11. September haben wir gelernt, dass das Absichern von Risikogebieten davon abhängt, wie umfassend wir darauf vorbereitet sind, um auf bessere Lebensbedingungen zu setzen. Baronin Ashton, Demokratie beginnt genau hier, und zwar mit der Fähigkeit, das Gefälle zwischen reichen und den ärmsten Ländern zu überwinden.
Holger Krahmer, im Namen der ALDE-Fraktion. – Frau Präsidentin! Es scheint mir für die EU allgemein, aber auch für das Parlament im Besonderen ein bisschen symptomatisch zu sein, dass wir reflexartig Diskussionen über Situationen in Ländern führen, deren Situation ja nicht neu ist. Es ist leider so, dass sehr oft Ereignisse über Nacht dazu führen, dass wir uns hier wellenartig in politischen Forderungen ergießen, die ich mitunter etwas fragwürdig finde. Ich glaube, dass es uns nicht gut zu Gesicht steht, wenn uns ein gescheitertes Flugzeugattentat allein zu einer Generaldebatte über den Jemen zu veranlasst. Wir sollten uns darüber im Klaren sein, dass es uns gut zu Gesicht stehen würde, eine Strategie zu überlegen, wie wir mit dieser Situation umgehen.
Ich glaube auch, dass die Situation im Jemen einer genauen Analyse bedarf, nämlich der, dass es sich um einen gescheiterten Staat handelt, in dem eine Regierung agiert, die große Teile des Landes nicht mehr unter Kontrolle hat. Wir sollten für uns analysieren, welche Risiken für Europa daraus entstehen. Die Risiken scheinen zu sein, dass dort Terroristen ausgebildet werden, und die Risiken scheinen sich auch an der Küste des Jemen aufzutun, wo offensichtlich Piraterie stattfindet. Deswegen ist es an uns – und vielleicht auch an Frau Ashton – zu überlegen, was wir gegen diese Risiken tun können. Für meine Begriffe kann die Frge vor allem sein: Wie können wir der Regierung im Jemen den Rücken stärken, die Kontrolle über das Land zurückzugewinnen und diese Risiken einzudämmen? Alle anderen Diskussionen über einen langfristigen Aufbau des Landes müssen natürlich auch geführt werden. Aber ich glaube nicht, dass es wirklich sinnvoll ist und dass wir ernst genommen werden, wenn wir jetzt einen Forderungskatalog quer durch alle Politikthemen – von der Medienfreiheit über die Rechte der Frau – hier im Parlament anstoßen. Das wird im Jemen nicht zum Ziel führen, sondern wir sollten uns darauf konzentrieren, welche Hilfe wir ganz konkret in der jetzigen Situation leisten können, um ein akutes Problem zu lösen.
Franziska Katharina Brantner, im Namen der Verts/ALE-Fraktion. Ich werde ein wenig mit dem fortfahren, was der vorherige Sprecher bereits angesprochen hat. Der Jemen ist sicherlich keine neue Krise: Die Lage im Land verschlimmert sich seit Jahrzehnten und auf die sich verschlechternde politische Situation ist bereits in der Halbzeitbilanz der Kommission deutlich hingewiesen worden.
Ich denke, dass wir uns wirklich auf den politischen Kontext konzentrieren müssen: Der lange währende Konflikt im Norden zwischen der Regierung und den Huthis, die Unruhen im Süden, die Sie gerade erwähnt haben – und nun auch noch die Ausweitung des Konflikts in der nördlichen Region, der nun auch Saudi Arabien und den Iran betrifft.
Die Frage lautet also: Was genau muss unternommen werden? Es sind jetzt Forderungen nach dem Stabilitätsinstrument für eine Mission der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GSVP) laut geworden, um mehr Geld in die Ausbildung von Personen zu investieren, aber ich denke, dass dieser Ansatz nicht ausreichend ist – er ist zumindest keine Antwort auf die Krise, solange wir nicht dem Konzept einer dauerhaften Krise zustimmen.
Ich denke, dass wir auf ein größeres Engagement des Golf-Kooperationsrates und nicht nur Saudi Arabiens im Jemen drängen sollten. Wir brauchen diese Organisation, um die verschiedenen jemenitischen Parteien, die Regierung, die Opposition, die Abtrünnigen im Süden, die Huthis und die regionalen Machthaber in einer Art Friedensprozess zusammenzubringen und ich denke, dass dies beispielsweise durch ein Stabilitätsinstrument unterstützt und finanziert werden sollte – denn das ist doch der eigentliche Zweck eines Stabilitätsinstruments.
Mit einer weiteren GSVP-Mission und einer weiteren Runde mit Ausbildung im Rahmen des Stabilitätsinstruments ohne ein wirklich zielgerichtetes politisches Verfahren werden wir, so denke ich, nicht weiterkommen. Ich möchte Sie wirklich dringend bitten, das Stabilitätsinstrument mehr als ein politisches Frühwarninstrument zur Förderung eines politischen Prozesses zu nutzen und dies entsprechend zu unterstützen und zu finanzieren. Ich denke, dass dies aus meiner Sicht etwas sehr erstrebenswertes wäre.
Und ich möchte noch einen weiteren Punkt hinzufügen: Die Gleichstellung der Geschlechter ist erwähnt worden, und Sie haben sie ebenfalls angesprochen, und ich denke, dass wir sehr darin investieren sollten. Das Bevölkerungswachstum ist in diesen Ländern von größter Wichtigkeit und wir werden, wie wir alle wissen, dieses Problem nicht lösen können, solange wir keine Familienplanung haben - und das bedeutet, Rechte für Frauen.
Ich weiß, dass Sie nicht auf grundlegende Frauenrechte drängen werden, aber ich denke, dass die Gleichstellung der Geschlechter und insbesondere die Familienplanung von entscheidender Bedeutung sind, wenn wir heute überlegen, was zu tun ist, um der Bevölkerung Jemens zu helfen.
Adam Bielan, im Namen der ECR-Fraktion. – (PL) Frau Präsidentin, die ganze Welt hat vor Kurzem noch nach dem Jemen geschaut, nachdem Al-Qaida-Aktivisten sich zu dem, glücklicherweise nicht erfolgreichen Versuch, ein amerikanisches Verkehrsflugzeug zu Weihnachten zu sprengen, bekannt haben. Wir wissen jedoch schon seit langer Zeit, dass der immer schlechter werdende Sicherheitsstandard in dem Land dazu führt, dass Terrorgruppen Zuflucht finden, um von dort aus weitere Aktionen planen und organisieren zu können. Der Terrorismus ist in der Region auch schon viele Jahre vor dem 11. September, einem Tag, an den wir uns alle erinnern, verbreitet gewesen. Da brauchen wir uns nur einmal an den Al-Qaida-Anschlag auf das amerikanische Kriegsschiff, die USS Cole, am 12. Oktober 2000 zu erinnern.
Der Jemen ist ein extrem wichtiges Land, insbesondere auf Grund seiner geografischen Lage. Wir dürfen nicht vergessen, dass 3,5 Millionen Barrel Rohöl, das entspricht 4 % der weltweiten Produktion, jeden Tag durch die 26,5 Kilometer lange Bab el Mandeb-Straße zwischen dem Jemen und Dschibuti transportiert werden. Gleichzeitig ist es aber auch ein Land mit einer sehr komplizierten innenpolitischen Lage. Abgesehen von Al-Qaida, die dort heimisch ist, gibt es außerdem einen ernstzunehmenden Aufstand schiitischer Rebellen in der Provinz Saada im Norden des Landes und ein Ausbruch von Gewalt ausgehend von der Abtrünnigenbewegung im Süden. Wenn wir jetzt dazu auch noch die Auswirkungen der weltweiten Ernährungskrise von vor zwei Jahren, die gegenwärtige Finanzkrise, die weltweit schwindenden Rohöl-Vorkommen, die drei Viertel des Landeseinkommens ausmachen, und schließlich auch die zunehmende ernsthafte Wasserknappheit hinzunehmen, dann erhalten wir das Bild eines in die Knie gezwungenen Landes und damit einer idealen Zielscheibe für Al-Qaida, die angesichts der Probleme in Afghanistan nach einer neuen Basis für sich sucht.
Aus diesem Grund muss, abgesehen von militärischen Maßnahmen in der einen oder anderen Form, die angesichts der Passivität und Hilflosigkeit der lokalen Behörden unvermeidbar zu sein scheinen, die internationale Gemeinschaft, einschließlich der Europäischen Union, – und hier appelliere ich an Frau Ashton – vor allem sehr aktiv im Prozess des Wiederaufbaus der staatlichen Institutionen sein.
Sabine Lösing, im Namen der GUE/NGL-Fraktion. – Frau Präsidentin! In den Medien wird schon für eine dritte Front im Krieg gegen den Terror mobil gemacht. Im Moment jedoch liegen die strategischen Optionen der USA und der EU-Staaten für den Jemen und die Region um das Horn von Afrika noch nicht wirklich offen. Tatsache ist, dass die herrschenden Eliten um Präsident Salih die schiitische Bevölkerung im Norden seit Jahren brutal diskriminieren und unterdrücken und gegen die separatistische Bewegung im Süden im Gebiet der ehemaligen Demokratischen Volksrepublik Jemen einen Krieg führen, der großes Leid über die Bevölkerung bringt. Eine nennenswerte Verbindung der schiitischen Bevölkerung zu al-Qaida ist nicht wirklich nachweisbar und dient damit insbesondere der korrupten und de facto autokratischen Regierung lediglich als Vorwand, um massive Militärhilfen zu erhalten.
Eine Unterstützung dieser Regierung zum Aufbau von Sicherheitskräften sollte unterbleiben – sie gießt nur weiteres Öl ins Feuer. Die Vergabe von Hilfsmitteln muss allen Regionen zugute kommen, ungeachtet religiöser, ethnischer oder politischer Ausrichtung. Ein Aussöhnungsprozess muss unter Einbeziehung der VN sowie aller Akteure vor Ort, auch in den Nachbarstaaten, wie dem Iran, initiiert und gefördert werden. Es darf keine einseitige Unterstützung der Regierung gegen die Aufständischen geben. Die Atalanta-Mission sollte nicht fortgesetzt und ausgeweitet werden, schon gar nicht auf das Gebiet des jemenitischen Festlands, weil damit nur geostrategische Interessen der westlichen Industrieländer bedient würden.
Wir sollten alles daran setzen, dass die EU nicht den völlig falschen Weg der eskalierenden Strategie der USA nun auch im Jemen mitgeht.
Fiorello Provera, im Namen der EFD-Fraktion. – (IT) Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, der Jemen ist weniger ein neues Grenzland für den Terrorismus, wie es jemand bezeichnet hat, sondern vielmehr ein Land mit einer zerbrechlichen Stabilität.
Die mangelnde Kontrolle der Zentralregierung über das Hoheitsgebiet und die Durchlässigkeit der Grenzen ermöglichen in zunehmendem Maße einen illegalen Grenzverkehr, unkontrollierte Migration, Piraterie und terroristische Aktivitäten. Die Antwort auf die neuen Herausforderungen durch die Al-Qaida im Jemen sollten jedoch nicht nur aus militärischem Druck, sondern auch darin bestehen, die lokalen Behörden darin zu unterstützen, eine bessere Kontrolle über das Hoheitsgebiet zu gewinnen. Ich wiederhole: die lokalen Behörden und nicht nur die Regierung.
Die Stabilität im Jemen sollte jedoch im Hinblick auf nationale und regionale Eigentumsrechte erreicht werden, ohne das Aufbürden von externen und im Voraus erstellten Lösungen, die oftmals im Konflikt mit der tatsächlichen Situation stehen, und deshalb von vornherein zum Scheitern verurteilt sind. Dies würde auch ein größeres Engagement des Golf-Kooperationsrates erleichtern, dessen finanzielle Beteiligung an lokalen Projekten von entscheidender Bedeutung wäre. Die Europäische Union sollte mit ihren Partnern – dem Jemen, den G8-Staaten und den Golf-Ländern – zusammenarbeiten und finanzielle und entwicklungstechnische Beiträge leisten, die von der jemenitischen Regierung unterstützt werden.
Und schließlich sollten noch politische Strategien, die sich auf lange Sicht als erfolgreich erweisen, durch eine unmittelbare deutliche Unterstützung der Sicherheit und Kontrolle über das Hoheitsgebiet begleitet werden, ohne die wir den Zusammenbruch des jemenitischen Staates und damit ein enormes Wachstum an Terrorismus in dieser Region riskieren.
Andreas Mölzer (NI). - Frau Präsidentin! Der Jemen ist bekanntlich derzeit ein Tummelplatz für islamische Extremisten, ein bitterarmes Land mit einer wenig effektiven Sicherheitsversorgung, mit hoher Waffendichte, das von Konflikten erschüttert wird und unter akutem Wassermangel leidet. Es ist ein Land, in dem die Regierung angeblich nicht einmal die Hauptstadt vollständig unter Kontrolle hat.
Der Jemen ist nun also ins Rampenlicht der Terrorismusbekämpfung gerückt, und damit einmal mehr ein Land, in dem die Anwesenheit radikaler Islamisten leider aus vergangenen Fehlern der US-Politik resultiert. Das sollte in der Diskussion ganz bewusst in Erinnerung gerufen werden, sowie die CIA-Überflüge, die geheimen Gefängnisse und die katastrophalen Auswirkungen der bisherigen amerikanischen Feldzüge im Nahen und im Mittleren Osten.
Es wäre meines Erachtens naiv, Terrorismus mit Armut gleichzusetzen, wie es verantwortungslos wäre, sich vor den amerikanischen Karren spannen zu lassen und blauäugig zu glauben, dass allein eine Erhöhung der Militärhilfe Jemens Probleme lösen könnte. Denn der diktatorisch regierende Präsident kassiert zwar westliche Militärmillionen, hat aber in der Vergangenheit immer wieder auf Islamisten zurückgegriffen, um Regimegegner mundtot zu machen.
Natürlich kann man nicht tatenlos zusehen, wie dieses Land nun vom bisherigen Rückzugsgebiet der Gotteskrieger zum Operations- und Trainingsbasisgebiet mutiert. Und natürlich muss darüber diskutiert werden, wie man die Entwicklungshilfe verbessern kann, allein schon um einem Teil der Dschihad-Rekruten den Boden zu entziehen.
Letztendlich darf sich die EU aber nicht in die Rolle des US-Zahlmeisters drängen lassen, sondern sie hat eine unparteiische Vermittlerrolle einzunehmen, um einen Dialog anzuregen und den Weg für eine langfristige politische Lösung zu ebnen.
Laima Liucija Andrikienė (PPE). Frau Präsidentin, ich möchte einen kurzen Beitrag leisten und habe zwei Fragen an Baronin Ashton. Es scheint so, als ob sich die EU in einem Dilemma befände. Einerseits müssen wir mehr eindeutige Maßnahmen gegen Terroristen ergreifen, die eine direkte Gefahr für die Sicherheit der europäischen Bevölkerung darstellen. Verschiedene islamistische Extremistengruppen sind im Jemen so aktiv wie nie zuvor und die Al-Qaida sieht den Jemen als eines ihrer wichtigsten Gebiete an, um Angriffe auf westliche Ziele zu planen und Milizen und potenzielle Selbstmordattentäter auszubilden.
Der fehlgeschlagene Anschlag auf das Flugzeug der Northwest Airlines ist das jüngste Beispiel der Gefahr, mit der wir konfrontiert werden. Andererseits sollte man wissen, dass die Behörden im Jemen von verschiedenen Menschenrechtsorganisationen mehr als ein Mal der Folter, unmenschlichen Behandlung und außergerichtlichen Exekutionen beschuldigt wurden. Willkürliche Verhaftungen und Hausdurchsuchungen sind weit verbreitet und diese ungesetzlichen Maßnahmen sind dann mit der Entschuldigung, so den Terrorismus zu bekämpfen, gerechtfertigt worden.
In diesem Zusammenhang, Baronin Ashton, und dabei beziehe ich mich auf die Schlussfolgerungen des Rates über den Jemen, die Frage an Sie, was für eine Art der Unterstützung kann die EU dem Jemen bieten, was den Kampf gegen den Terrorismus angeht? Darüber hinaus ist die EU der Ansicht, dass es keine militärische Lösung für die Krise in diesem Gebiet gibt. Gleichzeitig hat Washington jedoch mit den jemenitischen Behörden ein Abkommen über eine engere militärische Zusammenarbeit unterzeichnet. Aus diesem Grund würde ich gerne Ihre Meinung und die Position der Europäische Union über die Entscheidung der Amerikaner, sich aktiver im Jemen im Kampf gegen Terroristen, insbesondere durch die Unterzeichnung eines Abkommens über militärische Nachrichten und Ausbildung, zu engagieren, wissen.
Richard Howitt (S&D). Frau Präsidentin, ich begrüße die heutige Debatte, die im Vorfeld der Konferenz mit dem Rat für Auswärtige Angelegenheiten und der von Gordon Brown einberufenen Konferenz in London in der kommenden Woche stattfindet.
Unsere Aufmerksamkeit ist möglicherweise durch den versuchten Flugzeuganschlag geweckt worden. Ich möchte heute jedoch auch die internationale Aufmerksamkeit auf die Bemühungen lenken, die der Befreiung des britischen Ingenieurs Anthony S. und fünf weiteren Geiseln, die in einem lokalen Krankenhaus im Jemen gearbeitet haben und seit Juni letzten Jahres als verschleppt gelten, gilt.
Bei unseren zukünftigen Aktivitäten sollten wir allerdings auch die innenpolitischen Bedürfnisse des Jemen und nicht nur die außenpolitischen Anforderungen berücksichtigen. Wir müssen das Ausmaß der Unterernährung, das die Unterernährung in einigen schwarzafrikanischen Ländern, wie dem Niger zum Beispiel, noch übersteigt, und die Menschenrechtsverletzungen, die von Frau Andrikienė gerade angesprochen wurden, in einem Land bekämpfen, das weltweit an elfter Stelle was die Häufigkeit von Exekutionen, einschließlich der von Kindern, liegt. So dass wir, als internationale Gemeinschaft, nicht darauf warten, dass Terroristen auf dem Vormarsch sind, bevor wir endlich damit anfangen, uns mit Aspekten wie Verwaltungskapazitäten, Regieren und Entwicklung in anfälligen Staaten in unserer Welt zu beschäftigen.
Ich begrüße die heutige Ankündigung der Hohen Vertreterin über Hilfsleistungen und bitte sie, sicherzustellen, dass bei den Treffen in der kommenden Woche die tatsächlichen Versprechen für Hilfszahlungen an den Jemen von allen Teilnehmern zu einer Zeit, wo nach einem verstärkten Aufruf der UN für das Land weniger als 1 % der benötigten Gelder mobilisiert wurden, thematisiert werden. Und ähnlich wie Frau Brantner hoffe ich, dass dem Treffen ein Waffenstillstand folgen wird und vielleicht eine Friedenskonferenz über die letzte Runde im Kampf mit den Huthis im Norden eingeläutet und der Zugang humanitärer Hilfen in das Gebiet sichergestellt werden kann. Und das sichergestellt wird, dass das Landeseinkommen aus dem Ölexport in die wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung zu Gunsten der Bevölkerung des Landes investiert wird. Dass Europa kooperieren soll, wenn es darum geht, langfristige Lösungen für jemenitische Gefangene, die derzeit noch das größte Kontingent in Guantánamo Bay ausmachen, zu finden.
Ich hoffe aber in der Tat auch, dass die Hohe Vertreterin das Potenzial für ein Projekt der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik von EU und Golf-Kooperationsrat in Bezug auf Ausbildung im Sicherheitssektor im Jemen, einem Bereich, in dem unser Engagement in so vielen Ländern von entscheidender Bedeutung ist, ausschöpfen wird.
Und letztendlich mögen die Bin Ladens möglicherweise aus dem Dorf Al-Rubat im Jemen kommen, aber es ist das fehlende internationale Engagement, das dazu geführt hat, dass sich so viele junge Menschen der Landesbevölkerung in Namen dieser Familie radikalisiert haben. Deshalb ist ein internationales Engagement nun dringend erforderlich.
Charles Goerens (ALDE). – (FR) Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, ein vereitelter Anschlag reicht aus, um jeden Anschein der Trivialität von der Bekräftigung des Anrechts auf Sicherheit unserer Mitbürgerinnen und Mitbürger zu entfernen. Der Schutz unserer Bevölkerung verpflichtet uns vielmehr dazu, permanent nach einem Gleichgewicht zwischen Sicherheit und Freiheit zu suchen.
Das Recht auf Schutz, insbesondere vor einem Terroranschlag, ist in Artikel 188R des Vertrags von Lissabon festgelegt und da vor allem in Artikel 4, der die Europäische Union und ihre Mitgliedstaaten dazu ermächtigt, auf effektive Weise zu handeln. In demselben Artikel wird eindeutig festgelegt, dass der Europäische Rat eine regelmäßige Bewertung der Bedrohungen für Europa vornehmen muss. Ich möchte Frau Ashton bitten, mir zu erläutern, ob und in welchem Umfang die Europäische Union und ihre Mitgliedstaaten in Übereinstimmung mit dieser Klausel gehandelt haben.
Aus ihrer Sicht der Dinge kann eine Zusammenarbeit mit der Europäischen Union ihr erlauben zu behaupten, dass die vom US-amerikanischen Geheimdienst gemachten Fehler, die im Fall des jüngsten Anschlags auf den Flug 253 von Amsterdam nach Detroit ans Licht kamen, in der Europäischen Union nicht hätten passieren können?
Dabei ist in dieser Debatte eine Frage von zentraler Bedeutung: Ist der Name des verdächtigen Terroristen den europäischen Nachrichtendiensten, allen europäischen Nachrichtendiensten, bekannt gewesen? Wenn dies nicht der Fall war, welche Schlussfolgerungen wird sie daraus ziehen wollen? Wird sie der Ansicht sein, dass derzeit das Ausmaß an Zusammenarbeit und Informationsaustausch zwischen den Nachrichtendiensten ausreichend ist, um diese Art von Fehlern in der Europäischen Union auszuschließen?
Erachtet die Hohe Vertreterin die Leistungsfähigkeit der Geheimdienste der Mitgliedstaaten als ausreichend, um im Sinne der in Artikel 188R festgelegten Solidarität zu kooperieren?
In der Tat haben die Bürgerinnen und Bürger das Recht auf eine fehlerfreie Überwachung der Bedrohung durch den Terrorismus. Sie würden es kaum verstehen, wie auf der einen Seite die Europäische Union fortfährt, mehr und mehr persönliche SWIFT-Daten an die Vereinigten Staaten weiterzugeben und wie auf der anderen Seite dieselbe Europäische Union Defizite im Bereich von Schutz und Nachrichtendienst haben kann.
Geoffrey Van Orden (ECR). Frau Präsidentin, bedauerlicherweise hat der Jemen schon vor langer Zeit die Eigenschaften einer Brutstätte für Terroristen entwickelt und diese Entwicklung ist in den letzten Jahren nicht richtig erkannt worden. Damit sind auf das Engste Konflikte, Gesetzlosigkeit und Korruption verbunden.
Es ist es wert, sich dabei erneut zu vergegenwärtigen, dass der Grund, warum britische Truppen im frühen 19. Jahrhundert bereits im Jemen interveniert haben, der war, der Piraterie im Golf von Aden ein Ende zu bereiten, was ihnen auch über ein Jahrhundert lang erfolgreich gelungen ist. In der jüngeren Vergangenheit hat sich der Jemen natürlich sowohl zu einer Brutstätte des Terrorismus, wo Terroranschläge verübt worden sind, entwickelt, aber er hat auch den Terrorismus in andere Länder exportiert. Terrorgruppen sind Meister darin, die Möglichkeiten gescheiterter Staaten für ihre Zwecke auszunutzen. Wir müssen helfen, dieser Entwicklung entgegenzuwirken.
Derzeit wird vom Vereinigten Königreich eine unverhältnismäßig große Unterstützung geleistet. Ich hoffe, dass die London-Konferenz andere Länder, einschließlich der Europäischen Union, und, da stimme ich zu, andere Regionalstaaten dazu ermutigen wird, mehr zu tun.
Wir können natürlich nicht darauf hoffen, dass Terrorismus ausgelöscht wird, wo immer er auch auflodert, und das bedeutet auch, dass wir die Sicherheit in unseren eigenen Länder verbessern und mehr effektive Kontrollen an unseren eigenen Grenzen haben müssen. Ich bezweifele, dass die EU diesbezüglich wirklich motiviert ist, so muss also jedes unserer Länder selbst dafür sorgen.
Charalampos Angourakis (GUE/NGL) . – (EL) Frau Präsidentin, das Volk im Jemen ist Opfer eines imperialistischen Konflikts und imperialistischer Intervention. Die imperialistischen Mächte sind, so glaube ich, für die ethnischen, rassischen und religiösen Machtkämpfe in diesem Land verantwortlich. Seit Jahren sind dabei auch immer wieder militärische Streitkräfte zum Einsatz gekommen. Sie untergraben eine friedliche Lösung der Streitigkeiten, damit sie die Energiereserven und Energietransportkanäle in diesem Gebiet kontrollieren können.
Die Entwicklungen in diesem Land sind stets die Ergebnisse der imperialistischen Optionen der NATO-Politik und der Politik der Unterstützung des extrem reaktionären und gegen das Volk agierenden Regimes in diesem Land gewesen. Mit dem immensen Anstieg der finanziellen und militärischen Hilfe durch die Vereinigten Staaten unter dem Vorwand, damit Al-Qaida zu bekämpfen, zusammen mit der Klassifizierung des Jemen als ein Land, dass Terroristen Zuflucht gewährt, der Bombardierung von Gebieten des Landes durch saudisches Militär mit der Unterstützung der USA und die Anwesenheit ausländischer Truppen ist es möglich, dass es zu einer Eskalierung der offenen militärischen imperialistischen Intervention kommen wird. Das ist an dem neuerlichen Ausbruch der Hysterie, der dem versuchten Terroranschlag auf das Delta-Flugzeug gefolgt ist, deutlich geworden. Ich glaube, dass die Völker dergestalt darauf reagieren werden, dass sie den Kampf gegen die gegen sie gerichteten repressiven Maßnahmen und imperialistischen Interventionen noch verstärken werden.
Andrew Henry William Brons (NI). Frau Präsidentin, um es mit den Worten der fiktionalen Lady Bracknell zu sagen: Ein Fehler in der muslimischen Welt zu begehen, ist bedauerlich - aber zwei Fehler zu machen, ist Leichtsinn.
Drei oder mehr Fehler sind Zeichen von Dummheit, Irrsinn oder vorsätzlicher Hetzerei. Der Jemen wird mittlerweile als das neue Afghanistan bezeichnet. So werden dort bereits US-Truppen in beratender Tätigkeit eingesetzt. Wie lange vorher haben sie und ihre Alliierten, einschließlich Großbritannien, Bodentruppen im Kampf gegen Al-Qaida eingesetzt?-
Was sollte der Westen denn nun tatsächlich unternehmen, um diese Gefahr zu bannen? Als Erstes sollte er die Kriege in muslimischen Ländern beenden, in denen westliche Truppen und Zivilisten getötet werden und die zu einer Radikalisierung junger Moslems vor Ort und überall in der Welt führen. Er sollte die Truppen zurück nach Hause holen und dort zur Verstärkung der Sicherheit in der Heimat einsetzen, um unsere Bevölkerungen und die Infrastruktur zu beschützen.
Er sollte eine echte neutrale Politik gegenüber dem Mittleren Osten annehmen und die Partisanen-Politik der USA aufgeben und er sollte die Immigration aus muslimischen Ländern stoppen und radikale Muslime im Westen dazu ermutigen, herauszufinden, ob ein Leben bei ihren eigenen Glaubensgenossen für sie nicht viel zufriedenstellender ist.
Angelika Niebler (PPE). - Frau Präsidentin, verehrte Frau Vizepräsidentin der Kommission, liebe Kolleginnen und Kollegen! In den vergangenen Monaten haben sich die Lage der Menschen sowie die gesamte politische und wirtschaftliche Situation im Jemen dramatisch verschlechtert. Wir Europäer müssen daher alles daran setzen, dass sich das Land endlich stabilisiert.
Frau Vizepräsidentin, ich darf Ihnen zurufen: Bitte verhindern Sie, dass Jemen ein zweites Afghanistan wird! Wir müssen alles in unserer Macht Stehende tun, um den internationalen Terrorismus zu bekämpfen. Aber das schaffen wir nur, wenn wir in diesem Land auch einen Friedensprozess mit unterstützen. Wir müssen Frieden in der Region schaffen, wir müssen die Friedensbemühungen der Regierung unterstützen. Man kann auch die jemenitische Regierung nochmals in die Pflicht nehmen, dass es keine Diskriminierung im Land geben darf – nur dann kann es Frieden geben. Frieden heißt, dass es demokratische Strukturen geben muss, dass Minderheiten ihre Rechte bewahren. Das ist ja unser europäischer Weg, der sich vielleicht auch von anderen Wegen unterscheidet. Ich bitte Sie, in Ihrer neuen Funktion alles daranzusetzen, eben mit uns diesen europäischen Weg zu gehen.
Ohne politische Stabilität hat das Land keine Chance. Wenn politische Stabilität da ist, dann kann auch die Wirtschaft vor Ort gesunden, dann kann man auch eine Wirtschaft aufbauen und den Menschen eine Perspektive geben. Ich bitte Sie, sich dafür stark zu machen. Ich bitte Sie auch, Ihren Einfluss geltend zu machen, dass die Hilfstruppen, die vor Ort sind, humanitäre Hilfe leisten können. Es sind über 130.000 Flüchtlinge aus Somalia im Lande. Es ist eine furchtbare Situation vor Ort. Ich setze alle Hoffnungen in Sie, dass Sie da Ihren Einfluss ausüben. Bitte setzen Sie sich auch ein für die sechs Geiseln, für die europäischen Bürger – einen Briten und fünf deutsche Bürger –, die als Geiseln in Jemen sind. Vielleicht können Sie da auch mithelfen, diese zu befreien. Herzlichen Dank!
Zigmantas Balčytis (S&D). – (LT) Ich stimme mit der Kommission und meinen Kolleginnen und Kollegen, die gesagt haben, dass die Situation im Jemen angespannt ist, überein. Das Land ist durch die endlosen Partisanenkriege und Separatistenkämpfe erschöpft und ausgeblutet und die Bevölkerung leidet unter extremer Armut. Eine solche wirtschaftliche und politische Instabilität hat bereits zur Beunruhigung in den Nachbarländern auf der arabischen Halbinsel geführt und bedroht nicht nur die regionale, sondern auch die globale Sicherheit. Die Schlagzeilen über die jüngste Verschärfung der Aktivitäten von Terrorgruppen sind besorgniserregend. Lassen Sie mich Sie auch an den vereitelten Versuch, ein Flugzeug auf seinem Weg in die USA in die Luft zu sprengen, sowie an die Androhung von Anschlägen auf Botschaften im Jemen erinnern. Die USA hat bereits angekündigt, dass sie der Situation in diesem Land besondere Aufmerksamkeit schenken will. Aus diesem Grund denke ich, dass es, während der Umsetzung einer gemeinsamen Außenpolitik, die Pflicht des Europäischen Parlaments, der Europäischen Kommission und anderen Institutionen, insbesondere nach dem Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon, ist, gemeinsame und koordinierte Maßnahmen mit der internationalen Gemeinschaft zu ergreifen.
Ivo Vajgl (ALDE). – (SL) Ich werde hier auf Slowenisch sprechen, deshalb hören Sie sich bitte die Übersetzung an. Der Jemen ist ein Land, das durch religiöse Konflikte und Stammesfehden sowie durch die Fehler vergangener Kolonialherren und durch politische Strategien der US-Außenpolitik erschüttert ist. Wie bereits von einigen unserer Kolleginnen und Kollegen angemerkt wurde, haben wir es hier in erster Linie mit dem Nahen und dem Mittleren Osten zu tun, und damit mit einer instabilen und mit Problemen durchsetzten Region, und in zweiter Linie natürlich auch mit der Ursache für all diese Konflikte, der Auseinandersetzung zwischen Israel und Palästina.
Der Jemen steht stellvertretend für all diese Probleme und wir sollten uns nicht in der Tatsache täuschen, dass wir es hier mit einem lokalen Problem zu tun haben. Der Jemen ringt mit einem Bürgerkrieg, Al-Qaida-Hochburgen, einem schwachen Staat, schlechten Nachrichtendiensten, unzureichender Sicherheit und bewaffneten militärischen Streitkräften. Was dürfen wir von der Konferenz in London erwarten?
Verehrte Hohe Vertreterin, aus meiner Sicht wird die schwierigste Aufgabe darin bestehen, einen ganzheitlichen Ansatz zu formulieren, aber das ist genau das, was es zu tun gilt. Denn nur so können die Probleme im Jemen gelöst werden. Wir brauchen einen wirtschaftlichen und entwicklungstechnischen Ansatz und wir müssen dem Jemen die Art von Beistand anbieten, die ihm helfen wird, die Kompetenz von Staat und Behörden zu auszubilden.
Ich bin jedoch der Meinung, dass der zweite Bericht, den ich von Ihnen, Frau Ashton, hören möchte, davon handelt, dass wir uns in unserem Denken nicht in die Irre führen lassen, – niemand sollte sich in seinem Denken in die Irre führen lassen – dass dies hier nur ein weiterer Punkt oder eine weiteres Problem ist, dass durch militärische Maßnahmen gelöst werden kann. Ich fürchte, dass es viele Anzeichen, insbesondere in der Weltpresse, dafür gibt, dass wir uns für eine neue Front, für eine neue bewaffnete Auseinandersetzung rüsten. Das wäre das Schlimmste, was dem Jemen passieren könnte und das wäre etwas, dass sehr wahrscheinlich die Beziehungen innerhalb der gesamten Region noch mehr vergiften würde. Wir haben genügend Lehren aus den militärischen Abenteuern, die wir vom Nahen und Mittleren Osten bis hin zu Afghanistan und an ein paar weiteren Stellen miterlebt haben, gezogen.
Struan Stevenson (ECR). Frau Präsidentin, wir haben bereits zuvor über die sich verschlechternde Situation der Menschrechte und das brutale Faschistenregime im Iran debattiert. Wir haben während der Debatte gehört, wie die Mullahs den Terrorismus nach Palästina und in den Libanon exportiert haben und wie sie ihre widerwärtige Art des Terrors nun auch in den Jemen exportieren.
Im vergangenen Oktober haben jemenitische Behörden berichtet, dass sie ein mit Waffen aus dem Iran beladenes Schiff sichergestellt haben. Sie haben dabei fünf iranische Ausbilder festgenommen. Die Waffen und die Ausbilder waren für die Huthi-Rebellen bestimmt.
Der Iran ist ein Altmeister darin, Kriege durch Stellvertreter zu führen; er hat dies ebenso in Palästina wie auch im Libanon gemacht. Derzeit ist er bestrebt, eine stellvertretende regionale Auseinandersetzung mit dem von Sunniten dominierten Saudi Arabien zu schüren. Deshalb möchte ich Baronin Ashton sagen, dass, wenn sie sich entschieden mit dem Iran beschäftigen würde, sie damit gleich einen Großteil des Krebstumors entfernen würde, der eine Gefahr für den Mittleren Osten darstellt.
Cristiana Muscardini (PPE). – (IT) Frau Präsidentin, Hohe Vertreterin, meine Damen und Herren, die ernsthafte politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Krise im Jemen ist eng mit der operativen Präsenz der Al-Qaida auf seinem Territorium und der dschihadistischen Vision, die sie motiviert, verbunden.
Der Jemen ist eines der ärmsten Länder der Welt und die Bewältigung der innenpolitischen Konflikte ist durch Schwierigkeiten aufgrund des religiösen Ursprungs des Konflikts zwischen den schiitischen und sunnitischen Minderheiten gekennzeichnet. Wie im Entschließungsantrag auch schon betont wird, sind Hilfe, Zusammenarbeit und Unterstützung bei der Umsetzung der sozialen Hilfsprogramme von entscheidender Bedeutung. Wir sollten jedoch dabei auch die Risiken hervorheben, die der Westen eingeht, wenn die Sicherheitsprobleme nicht eindeutig und mit Entschlossenheit angegangen werden.
Die Gründe, die Terroristen dazu verleiten, militärische Ausbildungen zu durchlaufen und für märtyrerische Aktionen zu trainieren sind das Ergebnis der dschihadistischen Ideologie, die sich auch auf dem afrikanischen Kontinent immer mehr verbreitet und festsetzt, und dies geschieht zum Teil auch aufgrund der Gleichgültigkeit und Oberflächlichkeit, mit der die internationale Gemeinschaft auf Al-Qaida und ihre Zellen in Somalia und dem Sudan sowie im Jemen reagiert, oder besser gesagt, nicht reagiert hat.
Wir dürfen nicht das Verhältnis von Ursache und Wirkung außer Acht lassen, das zwischen der Anwesenheit von Terroristen im Jemen und der Anzahl der unternommenen Aktivitäten zur Destabilisierung Somalias, die von Al-Qaida-Kräften im Jemen aus kontrolliert werden, besteht. Diese sind wiederum weniger von den Wahhabiten in Saudi Arabien als vielmehr von den Ajatollahs im Iran abhängig, die sie mit Waffen und Geld versorgen. Die Unterstützung für den Jemen kann nicht vom Aspekt der Sicherheit getrennt werden.
Arnaud Danjean (PPE). – (FR) Frau Präsidentin, Frau Ashton, Sie haben gut daran getan, zu betonen, dass der Kernpunkt im Jemen in Bezug auf die Sicherheitspriorität darin besteht, die innenpolitischen Auseinandersetzungen, die in diesem Land herrschen, zu beenden. Wir dürfen nicht die Ursachen mit den Folgen verwechseln und, ohne das Risiko durch Terroristen jetzt schmälern zu wollen, aber der Terrorismus ist nicht die Hauptursache für die Instabilität im Jemen. Terrorismus entsteht, weil es eine Instabilität aufgrund innenpolitischer Konflikte gibt. Von diesem Gesichtspunkt aus sollte die Europäische Union vorrangig die Bemühungen, die derzeit gemacht werden, um im Jemen einen nationalen Dialog mit Präsident Saleh zu initiieren, befürworten und unterstützen.
Auf regionaler Ebene gibt es, woran wir gerade erinnert wurden, Verbindungen zu der Krise in Somalia und der Krise am Horn von Afrika. Es gibt beträchtliche Migrationsströme, aber auch illegalen Waffenhandel und Bewegungen von Dschihad-Kämpfern zwischen dem Jemen und Somalia. Deshalb möchte ich in dieser Hinsicht gerne wissen, wo die Europäische Union bezüglich der Verstärkung der maritimen Überwachungskapazitäten, die auch den Jemen betreffen, steht.
Filip Kaczmarek (PPE). – (PL) Frau Präsidentin, der Jemen ist das ärmste Land in der arabischen Welt. Ich war vor nicht allzu langer Zeit im Jemen und habe dies mit meinen eigenen Augen gesehen. Es besteht kein Zweifel daran, dass Armut die Quelle oder wenigstens ein Faktor für die Verschärfung einiger der vielen Probleme, mit denen sich das Land konfrontiert sieht, ist.
Bedauerlicherweise werden in einer globalisierten Welt die Probleme des Jemen auch zu unseren Problemen. Die innenpolitischen Auseinandersetzungen, auf die im Entschließungsentwurf und im Verlauf dieser Debatte verwiesen wurde, sollten durch politische Mittel beigelegt werden und die an den Auseinandersetzungen beteiligten Parteien sollten die Menschenrechte und das humanitäre Völkerrecht achten. Die Europäische Union sollte sich bemühen, eine Eskalation der derzeitigen Krise zu verhindern. Die von uns entrichtete Entwicklungshilfe kann, wenn sie effektiv und vernünftig eingesetzt wird, dabei helfen, eine politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Stabilisierung zu erreichen.
Die Katastrophe ist jedoch greifbar nah. Der Wassermangel ist bereits erwähnt worden, ebenso die schwindenden Rohölreserven, aber es gibt auch das Problem des Kath-Missbrauchs, einem halluzinogenen Rauschgift, das 90 % der Jemeniten konsumieren und das andere Feldsaaten verdrängt. So hat der Jemen in der Vergangenheit zum Beispiel Kaffee exportiert, was aber nun nicht mehr möglich ist, weil stattdessen dieses Narkotikum angebaut wird.
Die Regierung im Jemen und die internationale Gemeinschaft dürfen nicht nur Überbrückungsmaßnahmen ergreifen, weil es sich um strukturelle Probleme handelt und selbst wenn wir die Al-Qaida im Jemen stoppen können, werden die Probleme jedoch zurückkehren, wenn es uns nicht gelingen wird, die Ursachen dafür zu beheben.
Marietta Giannakou (PPE). – (EL) Frau Präsidentin, wie wir bereits gehört haben und wie es uns bereits bewusst ist, ist die Situation im Jemen aus gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Sicht sowie unter dem Gesichtspunkt des sozialen Zusammenhalts bedrohlich. Das Land hat kein Wasser, die Ölreserven schwinden und die Bewohner bauen Drogen auf den Feldern an.
Das ist genau der Zustand, in dem sich Afghanistan vor 26 Jahren befand, als wir in diesem Plenarsaal, ich meine natürlich den alten Plenarsaal des Europäischen Parlaments, während der Debatte über den Bericht über Rauschgift Vorkehrungen für die Zukunft Afghanistans getroffen haben. Wenn es jetzt keine entwicklungstechnische Intervention gibt und wenn es der UN nicht gestattet wird, eine dauerhafte Präsenz auf allen Ebenen einzunehmen, dann wird sich der Jemen mit all den ungelösten Problemen sicherlich bald in derselben Situation wiederfinden, in der sich Afghanistan heute befindet.
Es gibt nicht allzu viele Wege, Terrorismus zu bekämpfen und der Weg, den der Westen diesbezüglich eingeschlagen hat, ist sicher keiner davon. Der einzige Weg, diesem Land zu helfen, kein Außenposten von Al-Qaida zu werden, besteht darin, sich mit allen arabischen Ländern, nicht nur mit Saudi Arabien, zu einigen und wir müssen uns natürlich bemühen, dieser Nation dabei zu helfen, die vorherrschende Stammesphilosophie und zivile Auseinandersetzung zu Gunsten demokratischer Rechte aufzugeben.
Cristian Dan Preda (PPE). – (RO) Das vereitelte Bombenattentat am 25. Dezember an Bord des Flugs von Amsterdam nach Detroit diente eigentlich nur dazu, eine wichtige Tatsache deutlich zu machen. Es hat die Aufmerksamkeit der internationalen Gemeinschaft auf die Ernsthaftigkeit der Situation im Jemen gelenkt, weil es, wie allgemein bekannt ist, nicht nur einen, sondern gleich drei Konflikte in diesem Land gibt. Abgesehen von dem Kampf mit der Separatistenbewegung im Süden ist die Auseinandersetzung in der Saada-Provinz im Norden durch die vor ungefähr sechs Monaten von Regierungsstreitkräften gegen die schiitischen Huthi-Rebellen in Gang gesetzte Offensive erneut angefacht worden und gegen die Al-Qaida-Stützpunkte sind Luftangriffe geflogen worden.
Die humanitäre Situation ist, und so wurde es auch vom Generalsekretär der Vereinten Nationen am 5. Januar beschrieben, sehr beunruhigend und es besteht das Risiko einer weiteren Verschlimmerung, wenn diese Konflikte nicht beendet werden. Mit Blick auf die internationale Konferenz, die nächste Woche in London stattfinden wird, glaube ich, das die Europäische Union mit einem koordinierten Ansatz auf die Situation reagieren muss, um die Stabilität des Landes sicherzustellen, was wiederum zur internationalen Sicherheit beitragen könnte.
Der Weg zu einem vereinten, stabilen und demokratischem Jemen liegt, aus meiner Sicht, in dem Entwurf eines konsequenten Plans für die Verstärkung von militärischer und wirtschaftlicher Unterstützung sowie im Kampf gegen den Terrorismus, der durch spezielle Maßnahmen in Bezug auf die Unterstützung der wirtschaftlichen Entwicklung dieses Landes sichergestellt werden muss. Vielen Dank.
Alf Svensson (PPE). – (SV) Der Jemen ist nicht nur für die Al-Qaida ein sicherer Zufluchtsort. Das ist bei dieser Debatte hier deutlich geworden. Das Land könnte sich sehr leicht zu einem Schlachtfeld für die beiden größten Mächte in der Region entwickeln: Saudi Arabien und der Iran. Die jemenitische Regierung hat wiederholt den Iran beschuldigt, die Bewegung der schiitischen Rebellen zu unterstützen. Dies wird zwar vom Iran geleugnet, aber solche Vorwürfe sind in der Tat auch in den saudischen Medien vermeldet worden.
Der dafür zitierte Beweis umfasst eine Erklärung der jemenitischen Regierung, dass sie im Oktober 2009 eine iranische Waffenlieferung an die Rebellenbewegung unterbunden hat und die Tatsache, dass in den letzten Monaten die staatlichen iranischen Medien sich weitaus intensiver mit dem Kampf der schiitischen Rebellenbewegung und diesbezüglich auch wohlwollender als zuvor darüber geäußert haben. Seit Beginn der Offensive von Seiten Saudi Arabiens am 4. November 2009 sind bereits zweiundachtzig saudische Soldaten in den Auseinandersetzungen mit den Rebellen im Jemen ums Leben gekommen.
Wie bereits erwähnt wurde, ist der Jemen das ärmste Land in der arabischen Welt, aber es befindet sich auch in einer beengten Lage zwischen den beiden größten Mächten der Region - Saudi Arabien und dem Iran. Ich frage mich, ob Frau Ashton dies bestätigen und darüber hinaus eine Analyse der Situation vornehmen kann?
Janusz Władysław Zemke (S&D). – (PL) Frau Präsidentin, ich möchte mich der Bewertung der Situation von Frau Ashton anschließen. Sie haben Recht damit, Frau Ashton, dass, wenn wir die Situation im Jemen verändern wollen, wir sowohl humanitäre als gegebenenfalls auch militärische Maßnahmen brauchen. Wenn dieser Bereich an Maßnahmen ein umfassender ist, so ist außerdem eine Koordinierung erforderlich, weil es nicht nur die Europäische Union ist, die für die Verbesserung der Situation im Jemen verantwortlich ist. Es gibt viele solcher Institutionen. Im Zusammenhang damit möchte ich folgende Frage stellen: Denken Sie, dass die Arbeit der UN und der Europäischen Union in humanitären Angelegenheiten besser koordiniert werden sollte? Im Bereich der militärischen Angelegenheiten und Aufklärung brauchen wir ebenfalls eine bessere Zusammenarbeit mit der NATO und den Nachrichtendiensten, ich denke da insbesondere an die Nachrichtendienste einiger bestimmter Länder. Diese Maßnahmen müssen koordiniert werden, weil sie dann deutlich effektiver sein würden.
Paul Rübig (PPE). - Frau Präsidentin, sehr geehrte Frau Ashton! Meine Frage bezieht sich auf die Kooperationsformen, die wir Ihrer Ansicht nach im Jemen mit der Europäischen Union ausgestalten sollten, z. B. im Bereich der kleinen und mittleren Unternehmen oder vielleicht auch im Bereich der Energie- und Wasserversorgung, weil gerade die Kommunikation und der Aufbau von Verbindungen in Zukunft eine besondere Rolle spielen könnten. Welche Programme hätten hier für Sie Priorität?
Marek Siwiec (S&D). – (PL) Frau Präsidentin, der Präsident des Europäischen Parlaments ist nur knapp daran vorbei gekommen, den Familien von fast 300 Opfern, die in einem Flugzeug von Amsterdam nach Detroit unterwegs waren, sein Beileid auszudrücken. Er hätte das gestern getan. Dies ist jedoch durch Zufall nicht nötig gewesen. Und doch ist dieser dramatische Vorfall nötig gewesen, um die Welt auf das Problem Jemen als neue Quelle des Terrorismus aufmerksam zu machen.
Wir stehen hilflos einer Situation gegenüber, die wir in der Vergangenheit aus Afghanistan kannten. Wir stehen hilflos dem gegenüber, was heute im Jemen passiert und Europa und dieses Gebäude hier sind voll von fehlgeleiteten Stimmen von Menschenrechtsaktivisten, die Mitleid für die Gefangenen von Guantánamo haben. Diese Gefangenen wurden freigelassen und sind nun dabei, neue Anschläge zu organisieren. Noch einmal: Es werden Menschen sterben und wir werden sagen, dass wir machtlos sind.
Ich stehe voll und ganz hinter dem, was von Herrn Zemke gesagt worden ist: Ohne militärische Zusammenarbeit, ohne Zusammenarbeit der Nachrichtendienste und ohne Zusammenarbeit der Institutionen, deren Aufgabe es ist, Terrorismus zu bekämpfen, setzten wir Gesundheit und Leben unserer Bürgerinnen und Bürger aufs Spiel.
Catherine Ashton, Hohe Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik/Vizepräsidentin der Kommission. Frau Präsidentin, dies ist abermals eine wichtige und vielseitige Debatte über ein Gebiet in der Welt, auf das wir seit einigen Jahren einen Schwerpunkt gelegt haben. Ich habe über die Tatsache nachgedacht, dass durch die Kommission über den Zeitraum von 2007 bis 2010 100 Mio. EUR als Unterstützung bereitgestellt wurden und eine ähnliche Summe gleichwohl für die Zukunft vorgesehen ist, für ein Gebiet, über das wir in Bezug auf die Wichtigkeit nachhaltiger und koordinierter Maßnahmen erneut nachgedacht haben, wie viele Mitglieder in ihren Beiträgen deutlich gemacht haben.
Ich denke, dass die Anmerkungen von Frau Salafranca zu Beginn in Bezug darauf, wie wir sicherstellen können, dass unsere Koordination im Hinblick auf Sicherheit und im Hinblick auf ein politisches und wirtschaftliches Zusammenkommen effektiv ist, um sich mit den Sorgen, die diese Nation hat, zu befassen, in zahlreichen Beiträgen aufgenommen und reflektiert worden sind. Von Frau Giannakou ist die Frage nach schwindendem Wasser und schwindendem Öl aufgebracht worden. Ich denke, dass dem Jemen Prognosen zufolge 2015 als erstem Land das Wasser ausgehen wird; eine Tatsache, die wir als reale und wichtige Herausforderung ansehen müssen.
Um dieses Problem zu behandeln, müssen wir nach einem integrierten Ansatz suchen; eine Reihe von Mitgliedern hat die Frage nach der Strategie gestellt, die wir verfolgen sollten. Lassen Sie es mich versuchen zu erläutern und ein paar Kernelemente dieser Strategie hervorheben: Da wären als Erstes die Aspekte Sicherheit und Terrorismusbekämpfung. Da wir uns dem Treffen in London nähern, müssen wir effektiv zusammen daran arbeiten; ein Punkt, der von einigen Mitgliedern gefordert wurde: Wir müssen das Hilfspaket schnüren und uns auf die Arbeit, die wir bereits machen, konzentrieren, wie zum Beispiel die Operation „Atalanta“ vor der Küste Somalias und ihre Bedeutung.
Der Aspekt einer verbesserten Sicherheit im Seeverkehr wird derzeit bearbeitet. Er war Gegenstand einer Diskussion, die ich vor kurzem mit dem spanischen Verteidigungsminister geführt habe, um herauszufinden, was noch getan werden kann, um Maßnahmen zur Sicherheit im Seeverkehr vor dem Hintergrund von Küstenlänge und abzudeckendem Gebiet noch besser zu koordinieren und effektiver zu gestalten.
Ich denke auch, dass wir diesen umfassenden Ansatz, wie wir die verschiedenen Elemente miteinander verbinden und die Nachbarn des Jemen mit einbeziehen, beschrieben haben. Frau Brantner, von Ihnen ist insbesondere der Golf-Kooperationsrat angesprochen worden. Ich stimme dem zu: Ein wichtiger Teil, wie wir uns diesem Gebiet nähern und widmen, ist, mit den Nachbarn aus dieser Region zusammenzuarbeiten, und, noch einmal, das Treffen in London wird, so hoffe ich, die wichtigsten Mitgliedstaaten aus dieser Region, die uns helfen können, zusammenbringen.
Das Treffen in London ist die Gelegenheit, Gedanken auszutauschen und zwar mit den Vereinigten Staaten und mit anderen Ländern. Wir werden mit den Vereinigten Staaten zusammenarbeiten. Es ist nicht richtig zu behaupten, dass sich ihr Ansatz auf die Terrorismusbekämpfung beschränkt. Sie unterstützen ebenso und sind sich voll und ganz dessen bewusst, was wir als unseren „Grundursachen“-Ansatz beschreiben; die Mischung von Dingen nämlich, die wir unternehmen müssen, um eine Unterstützung dieses Landes sicherzustellen.
Um diesen speziellen Punkt in Bezug auf die Sicherheit noch zu beantworten: Die informelle Sitzung der Vertreter für EU-Inneres findet dieses Wochenende in Spanien statt. Ich nehme an, dass der amerikanische Amtskollege ebenfalls anwesend sein wird, um über die von den Mitgliedern vorgebrachten Punkte zu diskutieren.
Ich stimme dem Kommentar zu, dass dies allerdings kein Wunschkonzert ist. Wir müssen sehr selektiv vorgehen, wenn es darum geht, was wir glauben, tun zu können, um eine Veränderung herbeizuführen: Dem Jemen dabei zu helfen, die Art von innenpolitischen Dialog zu führen, die nötig ist, um die Bevölkerung zu unterstützen und zu versuchen, einige der Konflikte, die in diesem Land herrschen, zu lösen, wird mindestens so wichtig sein, wie alles andere, das wir machen.
In Bezug auf die Frage nach der richtigen Art von Unterstützung können, so denke ich, auch die Stabilitätsinstrumente in angemessener Weise eingesetzt werden, allerdings kann und wird dies niemals ein Ersatz für den Versuch sein, die Regierung dabei zu unterstützen, den innenpolitischen Dialog herzustellen, den nur die Betreffenden führen können. Die Partner müssen sich im Jemen engagieren, um die Probleme anzugehen, die für dieses Land am drängendsten sind.
Deshalb ist dies für mich eine sehr nützliche Debatte gewesen und ich bin sehr dankbar, weil es mir dabei helfen wird, die Punkte für die Tagesordnung zusammenzustellen, die ich zunächst mit zum Rat für Auswärtige Angelegenheiten nehmen werde, wo wir dann darüber debattieren werden und dann weiter mit nach London, wo ich mich, wie bereits angedeutet, mit der Regierung über alle Elemente, für die wir eine dauerhafte Unterstützung bieten können, um das Land wirtschaftlich zu entwickeln, den Terrorismus zu bekämpfen und auch die Aspekte der Unterstützung durch die Nachbarländer austauschen werde.
Als letzter Punkt muss noch, so denke ich, die Misere der Geiseln zur Sprache gebracht werden, was einige Male auch angesprochen wurde: Sechs Geiseln, eine aus Großbritannien, fünf aus Deutschland einschließlich einiger sehr junger Kinder mit einer deutschen Familie, die als Geiseln genommen wurden. Ich weiß, dass Herr Westerwelle, der deutsche Außenminister, gerade erst im Jemen gewesen ist. Er und ich haben darüber in dieser Woche gesprochen und wir werden mit unseren Gedanken immer bei den Geiseln und ihrem derzeitigen Leid sein. Wir werden all diese Aspekte mit in das Treffen nach London nehmen und, noch einmal, ich bin den Damen und Herren Abgeordneten sehr dankbar dafür, dass sie diese wichtigen Angelegenheiten zur Sprache gebracht haben.
Die Präsidentin. Die Aussprache ist beendet.
Die Stimmabgabe erfolgt während der ersten Sitzungsperiode im Februar.
João Ferreira (GUE/NGL), schriftlich. – (PT) Wir beobachten seit langem die Konzentration geostrategischer Interessen in dem Großraum, der den Mittleren und Nahen Osten, Zentralasien und Nordafrika, einschließlich dem Roten Meer und den Golf von Aden, umfasst und wo der Jemen mit seiner Lage (in der Nähe zu Somalia) von strategischer Bedeutung ist. Diese Interessen werden in immer stärkeren Maße und mit wachsender Aggressivität durch militärische Maßnahmen verteidigt. Die aktuelle Situation im Jemen und das schreckliche Leid, das seine Bevölkerung zu ertragen hat, sollten vor dem Hintergrund dieser Situation analysiert werden. Die wachsende militärische Beteiligung der Vereinigten Staaten und der EU in der Region muss diesbezüglich begriffen und dementsprechend verurteilt werden. Die Bombardierung durch die Vereinigten Staaten einer angeblichen Al-Qaida Terrorbasis mit Marschflugkörpern, der offenbar mehrere Dutzend Zivilisten zum Opfer gefallen sind, war eine brutale und abscheuliche Bestätigung dessen, was wir aufs Schärfste verurteilen. Die echte Lösung dieser komplexen Probleme und Gefahren, die die Menschen in dieser Region bedrohen, müssen durch eine Demilitarisierung, den Respekt für die nationalen Gesetzgebungen und die Souveränität der Bevölkerung sowie durch eine wirkliche Zusammenarbeit, die auf die Lösung der grundlegenden gesellschaftlichen Probleme, die in der Bevölkerung herrschen, abzielt, erreicht werden.
Bogdan Kazimierz Marcinkiewicz (PPE), schriftlich. – (PL) Frau Präsidentin, mit Blick auf das Problem der Sicherheit und der wirtschaftlichen und politischen Stabilisierung im Jemen, ein Problem, das in jüngster Vergangenheit recht deutlich zu Tage getreten ist, möchte ich als Delegationsmitglied des Europäischen Parlaments für die Beziehungen zur arabischen Halbinsel meine Bedenken äußern. Der Jemen, der das ärmste Land in der arabischen Welt ist, ist zum Gegenstand des besonderen Interesses terroristischer Gruppen geworden, die, aus dieser Schwäche ihren Vorteil ziehend, das Land zu einem Ausgangspunkt für Terroranschläge weit über die Landesgrenzen hinaus gemacht haben. Beobachtern zufolge läuft der Jemen Gefahr, aufgrund des Aufstands der Schiiten im Norden, der Separatistenbewegung im Süden und der terroristischen Aktivitäten der Al-Qaida zusammenzubrechen.
Aus diesem Grund plädiere ich für eine Verstärkung der bilateralen Beziehungen zum Jemen und für die Entwicklung von Plänen für die effektivsten Methoden, um die Sicherheit und die politische Situation zu verbessern, insbesondere in Verbindung mit der von Gordon Brown organisierten Sondersitzung am 28. Januar in London.