Der Präsident. – Das nächste Thema ist die mündliche Anfrage an die Kommission von Sharon Bowles, im Namen des Ausschusses für Wirtschaft und Währung über die Steuer auf Finanztransaktionen (O-0025/2010 - B7-0019/2010)
Edward Scicluna, Verfasser. – Herr Präsident, der Ausschuss für Wirtschaft und Währung (ECON) hat diese Anfrage und Entschließung vorgelegt, da einige sorgfältige Überlegungen angestellt werden müssen. Im letzten Jahr erörterte der Ausschuss die Finanztransaktionssteuer mit Kommissar Kovács, der wie viele andere die Idee der Besteuerung von Finanztransaktionen interessant fand. Wir stellten daraufhin klar, dass wir es für eine gute Idee halten würden zu untersuchen, wie dies funktionieren könnte, einschließlich der Infrastruktur hierfür.
Seitdem hat die Kommission das Thema untersucht, und wir zeigen hier die große Brandbreite an offenen Fragen auf, die beantwortet werden müssen. Es gab Forderungen, einschließlich vonseiten der G20 im letzten September, den Finanzsektor für die Einrichtung von Stabilitätsfonds und für den von ihnen der Realwirtschaft zugefügten Schaden aufkommen zu lassen. Präsident Barroso hat die eine globale Finanzabgabe zur Förderung von Umweltprojekten vorgeschlagen. Auch tauchte die ursprüngliche Tobin-Steuer wieder verstärkt auf, die Idee der Besteuerung von Finanztransaktionen für die Entwicklungshilfe.
Es ist nicht die Absicht dieser Entschließung, Druck auszuüben, außer, um Antworten zu erhalten oder Folgenabschätzungen vorzunehmen. Natürlich aber gibt es viele unter uns, die große Anhänger der Transaktionssteuer sind und viele andere, die gleichermaßen große Bedenken dagegen haben. Heutzutage scheint die Erhebung einer Finanztransaktionssteuer wahrscheinlich einfacher, auch auf internationaler Ebene, angesichts der zahlreichen elektronischen Finanztransaktionen; man kann aber auch nicht die Tatsache ignorieren, dass es weitere konkurrierende Alternativbestimmungen für Steuererträge gibt.
Eine Vorstellung hinsichtlich dieser Steuer ist, dass niemand sie bemerken würde, da sie so gering ist. Auf der anderen Seite wird von anderen vorgeschlagen, dass sie zur Abschreckung von übermäßigen Transaktionen angewendet werden sollte. Mein Ausschuss ist der Ansicht, dass, wenn der erhobene Endbetrag hoch ausfällt – und die Summen lassen dies vermuten –, dann jemand irgendwo tatsächlich zahlen wird. Viele Finanztransaktionen sind mittelfristig angelegt, nicht wie die Endverkäufe, sodass die Finanzintermediäre – Banken und ähnliche – die Steuerlast tragen werden. Die Mehrkosten aber – denn darum handelt es sich – werden sicherlich an den Endverbraucher weitergereicht werden. Einige werden sagen, dass dies nichts ausmacht. Es gibt aber auch noch andere Besteuerungsarten bei Finanzdienstleistungen.
Dann ist die Frage, wer die Steuer einzieht und wer über deren Verwendung entscheidet. Hier haben wir es sogar mit der Frage "keine Besteuerung ohne Vertretung" zu tun. Wenn die Steuer in London für eine nicht kalkulierte Derivatentransaktion von einer Person, die sich woanders aufhält, eingezogen wird, wer bestimmt, wo diese aufzuwenden ist? Diese Frage kann leichter beantwortet werden, wenn es um finanzielle Stabilität geht, als wenn es Dinge außerhalb des Finanzbereichs wie etwa Umweltprojekte oder Entwicklungshilfe betrifft. All diese Dinge haben eine internationale Gewichtung, sowohl auf der Zahlungs- als auch auf der Ausgabenseite. Wahrscheinlich können wir nicht all diese Dinge tun und in jeder Hinsicht immer Vorteile erwarten, somit müssen wir zumindest in unserer Vorgehensweise Schwerpunkte und Akzente setzen und den vorrangigen Zweck der Steuer berücksichtigen.
Abschließend, ist es wirklich richtig, dass wir Regulierung mit Steuererhebung vermischen? Sind diese wirklich komplementär?
Algirdas Šemeta, Mitglied der Kommission. – Herr Präsident, ich freue mich, an dieser wichtigen Aussprache über die innovativen Finanzierungsinstrumente mitzuwirken und die mündliche Anfrage zu beantworten.
Im Hinblick auf die Optionen für die Einführung einer allgemeinen Finanztransaktionssteuer beabsichtigt die Kommission, wie in ihrer EU-2020-Strategie angekündigt, an der Debatte über innovative Finanzierung auf globaler Ebene mitzuwirken.
Sie arbeitet derzeit an der Festlegung und der Bewertung unterschiedlicher Konzepte, wie beispielsweise auch an der Bewertung einer allgemeinen Finanzstransaktionssteuer (FTT). Die in den USA vorgeschlagene „Abgabe für die Verantwortung der Finanzkrise“ und die in Schweden eingeführte „Stabilitätsgebühr“ auf spezielle Vermögenswerte der Banken sind weitere.
Was die FTT anbelangt, so ist deutlich, dass sich die jetzigen Optionen von der anfänglichen Diskussion über die Tobin-Steuer unterscheiden, da sie eine breitere Basis von Finanzprodukten umfassen würde.
Hinsichtlich der Vor- und Nachteile der Einführung einer allgemeinen FTT meint die Kommission, dass bei der Bewertung der unterschiedlichen Instrumente wichtig ist, eine Anhäufung von Maßnahmen zu vermeiden, die dem Finanzsektor schaden könnten und sicherzustellen, dass die neuen Maßnahmen keine Verlagerung von Transaktionen in andere Regionen zur Folge haben, da sich dies negativ auf Europas Wettbewerbsfähigkeit auswirken würde.
Im Hinblick auf die Möglichkeit der Umsetzung einer allgemeinen FTT in der EU, falls unsere Hauptpartner eine solche Steuer nicht einführen, möchte ich Folgendes sagen: Ich möchte Sie daran erinnern, dass der IWF ebenfalls, parallel zur Arbeit der Kommission, Möglichkeiten, einschließlich einer globalen Finanztransaktionssteuer, prüft.
Dies zeigt, dass das Thema globaler Art ist und die Kommission ist der Ansicht, dass die beste Vorgehensweise bei dieser Thematik globale und koordinierte Lösungen sind. Dies ist unsere erste und bevorzugte Option.
Im Hinblick auf die Nutzung der Steuer als ein komplementäres Regulierungsinstrument im Rahmen von Finanzmarktreformen kann ich bestätigen, dass die Kommission Komplementaritäten zwischen der Steuer und Regulierungsinstrumenten prüft und die kumulativen Effekte dieser Instrumente zur Stärkung des Wirtschaftsaufschwungs durch den Finanzsektor berücksichtigt.
Im Hinblick auf die Möglichkeit, dem Finanzsektor mit der Einführung einer allgemeinen FTT langfristig eine Orientierung zu geben, liegen der Kommission keine eindeutigen Daten oder Studien über den Zusammenhang zwischen einer solchen Steuer und der Fälligkeitsstruktur finanzieller Intermediation vor.
Hinsichtlich der Verteilung der mit einer FTT generierten Erträge denke ich, dass da die Analyse über innovative Finanzierung noch andauert, es verfrüht wäre, zu irgendwelchen Rückschlüssen über die Aufteilung und Zuweisung der Einnahmen zu kommen. Lassen Sie mich dennoch betonen, dass die potenziellen Einnahmen einer allgemeinen FTT sehr ungleichmäßig, wahrscheinlich auf nur wenige Länder mit den größten Finanzzentren verteilt wären. Die Ungleichmäßigkeit weist auf die Notwendigkeit globaler Lösungen, einschließlich der Einnahmenaufteilung und -zuweisung hin.
Abschließend zum Timing der verschiedenen Maßnahmen. In einem ersten Schritt untersuchen die Kommissionsdienste gegenwärtig die Frage innovativer Finanzinstrumente insgesamt. Die Kommission wird auch die Schlussfolgerungen unserer internationalen Hauptpartner berücksichtigen, um die Optionen mit dem größten Potenzial zu ermitteln. Auf dieser Grundlage könnten in einem zweiten Schritt konkrete Vorschläge mit einer detaillierten Folgenabschätzung in Übereinstimmung mit dem Standardkonzept zur Umsetzung einer verstärkten Regulierung initiiert werden.
Jean-Paul Gauzès, im Namen der PPE Fraktion. – (FR) Herr Präsident, Herr Kommissar, meine Damen und Herren, infolge der Finanzkrise sind öffentliche Haushalte gezwungen, finanziell unter Aufwendung öffentlicher Gelder zu intervenieren.
Unter diesen Umständen ist man versucht, die Umsetzung einer Finanztransaktionssteuer zu erwägen. Die Einkünfte aus dieser Steuer könnten beispielsweise zur Finanzierung der Markterholung und der Entwicklung einer nachhaltigen Wirtschaft aufgewendet werden und könnten auch anfänglich dazu dienen, die von der Realwirtschaft und dem Steuerzahler getragenen Kosten der Krise zu kompensieren. Diese Steuer würde zusätzlich zu den für den Finanzsektor geltenden Vorschriften, der Beseitigung von Steueroasen oder sogar zu den kürzlich für Finanzderivate erarbeiteten Vorschriften hinzukommen.
Zum jetzigen Zeitpunkt wäre es ratsam, die Auswirkungen einer Finanztransaktionssteuer zu bewerten. Dies ist der Hauptzweck dieser mündlichen Anfrage: die Kommission dahingehend zu ermutigen, in praktischer Hinsicht die unterschiedlichen Punkte aus dem Entschließungsentwurf zu überprüfen, um eine Stellungnahme über die zeitgerechte Umsetzbarkeit einer solchen Steuer abzugeben.
Herr Kommissar, was Sie soeben gesagt haben, ist ein Schritt in die richtige Richtung. Es sollte jedoch betont werden – wie Sie es getan haben – dass diese Maßnahme auf eine realistische und pragmatische Weise in Angriff genommen wird. Eine solche Steuer darf die europäische Wirtschaft oder die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Finanzindustrie nicht beeinträchtigen.
Generell ist von Bedeutung, die Folgen der alleinigen Einführung dieser Steuer in der Europäischen Union hervorzuheben, wie von einigen befürwortet, falls keine Übereinkunft auf internationaler Ebene möglich wäre. Wir glauben, dass diese Option einer rein europäischen Lösung nicht unterstützt werden kann.
Udo Bullmann, im Namen der S&D-Fraktion. – Herr Präsident, Herr Kommissar! Ich möchte einige Fragen zu dem beisteuern, was Herr Scicluna im Namen des Ausschusses vorgetragen hat. Herr Kommissar, wenn es 70, 80, 90 oder 100 Mal so viele Finanztransaktionen auf dieser Welt gibt wie reales Sozialprodukt und wenn diese Entwicklung immer dynamischer verläuft, würden Sie dann sagen: „Mit dieser Explosion der Finanzprodukte sind großenteils spekulative Elemente verbunden“? Und wenn ja, wie wollen Sie die denn eindämmen, oder was könnte denn ein Beitrag zu ihrer Eindämmung sein? Wenn die kurzfristigen Finanztransaktionen im Verhältnis zum realen Sozialprodukt auf dieser Welt immer stärker zunehmen, sind Sie dann mit uns der Auffassung, dass man die Langfristigkeit in der wirklichen Wirtschaft, da, wo Menschen arbeiten, wo Menschen Geld verdienen, wo Menschen Produkte erzeugen, die man verzehren kann, die man benutzen kann, stärken muss? Und wenn Sie dieser Auffassung sind, auf welche Art und Weise werden wir dies dann Ihrer Ansicht nach ereichen können?
Wenn die Finanz-Transaktionssteuer dazu einen Beitrag leisten könnte – das wollen wir ja gerade untersuchen –, wie, Herr Kommissar, könnte dann der Zeithorizont aussehen, in dem Sie das mit den internationalen Partnern verhandeln wollen? Wir haben den Eindruck, dass die Finanzinstrumente, die auf dieser Welt geschaffen wurden, gerade im Moment dazu benutzt werden, gegen die Eurozone zu spekulieren und gegen den Euro und die schwächsten Mitgliedstaaten vorzugehen. Wäre es denn nicht jetzt höchste Zeit, dass wir das verhandeln und einen europäischen Weg definieren?
Herr Kommissar, eines mag mir nicht in den Kopf gehen, nämlich warum wir Mitgliedstaaten nahelegen, die Mehrwertsteuer um 3 oder 4 oder mehr Prozentpunkte zu erhöhen, wenn eine Transaktionssteuer von 0,01 oder 0,05 Prozentpunkten den Wettbewerb ruinieren und die Position Europas schwächen soll. Ich mag das nicht glauben. Werden Sie aktiv! Das ist der Wunsch dieses Hauses!
Carl Haglund, im Namen der ALDE-Fraktion. – (SV) Herr Präsident, wie wir hier im Plenarsaal vernommen haben, wurde die so genannte Tobin-Steuer „abgestaubt“ und als Ergebnis der Wirtschaftskrise und der zunehmend beunruhigenden Diskussionen über den Klimawandel erneut hervorgeholt.
Auch haben wir gehört, dass hohe Erwartungen an diese Steuer gestellt werden, die unter anderem dazu vorgesehen ist, für Sicherheit auf den Finanzmärkten zu sorgen und Einkünfte zu generieren, mit denen eine Vielzahl förderungswürdiger Bereiche finanziert werden können wie etwa die Entwicklungshilfe und die Bekämpfung des Klimawandels.
Aus meiner Sicht sind diese Hoffnungen ziemlich naiv, und ich stehe der Möglichkeit zur Einführung einer funktionierenden Steuer auf Finanztransaktionen sehr skeptisch gegenüber. Einerseits gehöre ich zu denjenigen, die bezweifeln, ob die Steuer in der Praxis umgesetzt werden kann. Anderseits glaube ich nicht, dass mit ihr die Effekte erzielt werden, die sich einige erhoffen. Unter anderem bin ich der vollen Überzeugung, dass keine Steuer der Welt die von uns in jüngster Vergangenheit erlebte Finanzkrise hätte verhindern können.
Persönlich stehe ich ebenfalls der Vorstellung kritisch gegenüber, dass etwas besteuert wird und diese erhobene Steuer daraufhin für einen Zweck verwendet wird, der mit der besteuerten Geschäftsaktivität nichts zu tun hat. Dies ist meines Erachtens unlogisch und zeugt nicht von einer besonders vernünftigen Steuerpolitik.
Bitte verstehen Sie mich nicht falsch. Ich begrüße es, wenn mehr Finanzmittel für Entwicklungshilfe bereitgestellt werden. Ich stehe meinem eigenen Land kritisch gegenüber, das 0,7% des BIP, was häufig als Mindestanteil angesehen wird, nicht erreicht hat.
Der Ausschuss für Wirtschaft und Währung hat ein ausgewogenes Dokument zu diesem Thema erstellt. Es ist gut, dass eine ordentliche Untersuchung auf EU-Ebene dahingehend durchgeführt wird, wie eine solche Steuer funktionieren könnte. Nachher wird es hoffentlich mehr Fakten und weniger politische Meinungen in dieser Diskussion geben. Ansonsten riskieren wir, uns in einer Debatte über eine Steuer zu verzetteln, die unmöglich in die Praxis umgesetzt werden kann, während wir gleichzeitig darin scheitern, Möglichkeiten und Lösungen für ausreichende Mittel für die Entwicklungshilfe und für unsere Anstrengungen zur Bekämpfung des Klimawandels zu finden.
Das Schlimmste, was passieren könnte, wäre der Versuch vonseiten der EU, eine solche Steuer auf Finanztransaktionen zwangsweise und aus ideologischen Gründen einzuführen, ohne dass die restliche Welt am gleichen Strang zieht. Das Ergebnis hiervon könnte nur ein wirtschaftliches Fiasko für Europa bedeuten, das in Zeiten wie diesen sicherlich nicht gebraucht wird. Wir müssen dies beachten. Ich hoffe, dass die Untersuchung sowohl seriös als effektiv sein wird.
(Der Redner erklärt sich damit einverstanden, auf eine „Blue-Card“-Frage gemäß Artikel 149 Absatz 8 zu antworten.)
Catherine Stihler (S&D). – Herr Präsident, ich probiere die uns zur Verfügung stehende neue Regelung aus, mit der wir unsere "Blue-Card" nutzen können.
Ich hörte interessiert zu, als die Vorredner von ihren eigenen Ländern sprachen, von Ihren Vorbehalten und als diese vom 0,7%-Anteil am BIP und der Tobin-Steuer sprachen.
Die Tobin-Steuer unterscheidet sich sichtlich von der Finanztransaktionssteuer, was häufig für Verwirrung sorgt. Ich möchte Sie aber bitten, vielleicht etwas mehr zu vertiefen, aus welchem Grund wir die 0,7% nicht erfüllen und auch wie wir Klarheit darüber bekommen können, was wir im Hinblick auf eine tatsächlich funktionierende Transaktionssteuer erreichen möchten.
Carl Haglund (ALDE). – Herr Präsident, diese neue Art der Diskussion ist wirklich sehr interessant. Sie gibt uns die Möglichkeit, einen Dialog zu führen.
Finnland ist ein Land, dass leider nicht 0,7% seines BIP für Entwicklungshilfe aufwendet, was schlimm ist. Dies ist etwas, dass wir in unserem Land politisch behandeln sollten. Es ist allerdings eine Schande, dass unsere Regierung nicht in der Lage gewesen ist, dies zu tun.
Bei der Tobin-Steuer und der Finanztransaktionssteuer haben Sie Recht: Es handelt sich vermutlich nicht um exakt denselben Weg, den Herr Tobin ursprünglich skizzierte. Ich bin weiterhin skeptisch, ob wir tatsächlich über eine global funktionierende Steuer verfügen können, bei der alle Länder einbezogen werden, denn tatsächlich könnte es nur auf diese Weise funktionieren, ohne dass Kapital in andere Teile der Welt verschoben wird.
Wir werden jedoch sehen, daher lassen wir die Kommission sich hiermit beschäftigen. Es wird interessant sein.
Pascal Canfin, im Namen der Verts/ALE Fraktion. – (FR) Herr Präsident, Herr Kommissar, unsere öffentlichen Finanzen befinden sich in einer Krisensituation. Wir wissen, dass die Lösung zum Teil in der Senkung einiger Ausgaben liegt, dass aber der größte Teil der Lösung in der Fähigkeit der Mitgliedstaaten zur Aufbringung von größeren Mitteln liegt.
Es gilt daher nun zu wissen, welche Steuerart erhöht werden kann, welche Steuerart erhöht werden muss und was die Auswirkungen dieser Steuererhöhungen sein werden. Die Fraktion der Grünen/Freie Europäische Allianz schätzt, dass eine wesentliche Erhöhung der von den Kleinbetrieben getragenen Steuerlast, welche die Mehrheit der Arbeitsplätze schafft, schwierig wäre. Eine Erhöhung der von den Familien – mit möglicher Ausnahme der Steuerlast der reichen Mitbürgerinnen und -bürger – getragenen Steuerlast ist schwierig, da diese in der Mehrzahl der Fälle bereits hoch genug ist, vor allem in Europa.
Die Frage lautet daher: Welche Steuern sollten erhöht werden? Wenn sowohl die Steuern für Klein- und Mittelbetriebe als auch die Umsatzsteuer nicht angehoben werden, muss unvermeidlich nach weiteren Möglichkeiten Ausschau gehalten werden. Nach unserer Einschätzung ist eine Steuer auf Finanztransaktionen die am wenigsten schmerzhafte Steuer für die europäische Wirtschaft. Es handelt sich um die Steuer mit den geringsten negativen Folgen für die globale Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaft.
Darüber hinaus sind die Kosten für Finanztransaktionen seit etwa zehn Jahren enorm gesunken, sowohl aufgrund einer gewissen Anzahl technischer Verbesserungen – wenn diese als solche bezeichnet werden können – als auch aufgrund von europäischen Verordnungen.
Tatsächlich wurden diese Kostensenkungen vollständig vom Finanzsektor und den Banken absorbiert. Es wäre nicht vollkommen ungerechtfertigt, wenn über eine Steuer auf Finanztransaktionen ein Teil der von den Banken infolge geringerer Kosten ersparten Aufwendungen in die öffentlichen Haushalte, die diese Einsparungen ermöglicht haben, zurückfließen würden.
Wie immer macht dieses Hohe Haus aus dieser Thematik eine sehr ideologische Debatte, obgleich es sich tatsächlich um eine ziemlich technische handelt. Transaktionskosten existierten zuvor; diese wurden gesenkt. Heute schlagen wir vor, dass diese erneut erhöht werden, sodass die öffentlichen Haushalte und nicht nur private Akteure von diesen technischen Verbesserungen profitieren können.
Natürlich wurde die Frage aufgeworfen, ob die Europäische Union diesen Schritt alleine gehen kann. Es ist jedem klar, dass es besser wäre, wenn dies innerhalb eines internationalen Rahmens geschehen würde. Wenn andere – insbesondere die Vereinigten Staaten – sich uns nicht anschließen, stellt sich die Frage: Ist die Aussicht für die Europäische Union, dies zu erreichen, dann ausgeschlossen?
Einige Erklärungen – beispielsweise die von Herrn Gauzès – legen nahe, dass die Fraktion der Europäischen Volkspartei der Ansicht ist, Europa könne nichts alleine machen. Diese Situation wäre natürlich nicht perfekt und man müsste Hindernisse umgehen. Bedeutet dies aber, dass die Europäische Union sich nach dem kleinsten gemeinsamen Nenner ausrichten sollte, dass sie die geringstmögliche Regulierung haben und sich selbst an den am wenigsten ehrgeizigen Akteur anpassen sollte? Nach unserer Auffassung ist eine solche Vorgehensweise nicht förderlich für die Führungsposition der Europäischen Union in der Welt.
Außerdem besteht die Möglichkeit sich vorzustellen, dass die Europäische Union dies für sich alleine umsetzt. Dies ist recht einfach, da die uns betreffenden Kapitalflüsse in der Europäischen Union dann woanders hinfließen, um dann wieder zur Europäischen Union zurückkehren.
Verlassen uns diese Flüsse und kehren wieder zurück, so haben wir die Möglichkeit zu fordern, dass diese nachverfolgt werden können und zu erfahren, ob diese der Steuer auf Finanztransaktionen unterlagen. Ist dies der Fall, kein Problem. Ist dies nicht der Fall, so können wir eine Eingangs- oder Ausgangssteuer einbehalten. Wir sind so jahrelang in der Realwirtschaft mit dem gemeinsamen Außenzolltarif verfahren. Die finanzielle Globalisierung verpflichtet uns jetzt, so im Finanzbereich zu verfahren und aus technischer Sicht ist dies durchaus möglich. Was benötigt wird, ist der politische Wille.
Kay Swinburne, im Namen der ECR-Fraktion. Herr Präsident, im Anschluss an die jüngste globale Finanzmarktkrise suchen Akademiker, Politiker und Nobelpreisträger für Wirtschaft zu Recht nach einem Weg, die Gelder wieder einzubringen, die zur Rettung unserer Finanzinstitutionen ausgegeben worden sind. Die zahlreichen Besteuerungsarten auf Transaktionen sind nur einige von den zahlreichen vorliegenden Ideen, und wir dürfen die der EU und ihren Mitgliedstaaten zur Verfügung stehenden Hilfsmittel nicht auf eine einzige Idee beschränken. Wir müssen kreativ sein und so weit wie möglich danach Ausschau halten, wo wir am besten auf die Finanzkrise reagieren und unsere einzelstaatlichen Finanzsysteme stärken können. Präsident Obamas Konzept der Abgabe auf Finanzinstitutionen hat etwas für sich.
Und doch ist dieser Vorschlag sehr spezifisch und berücksichtigt nicht alle weiteren finanziellen Steuer- oder Abgabenarten. Wie der Herr Kommissar sagte, führt der IWF unter Anleitung der G20 derzeit eine Studie über mögliche Finanzsteuern durch, trotzdem scheint es, dass diese Entschließung nach Antworten über die genannte Studie hinaus sucht.
Ich begreife die Logik nicht, mit der versucht wird, eine EU-Lösung für ein globales Problem umzusetzen. Es ist unsinnig und naiv zu denken, dass, wenn die EU eine Finanztransaktionssteuer ohne die Unterstützung aller wichtigsten Akteure auf der Weltbühne einführen würde, wir nicht gegenüber anderen Ländern den Kürzeren ziehen würden.
Meine Bedenken bei dieser Entschließung zur Besteuerung von Finanztransaktionen in ihrer jetzigen Form sind zweierlei.
Erstens können wir keine Maßnahme unterstützen, mit der der EU die Befugnis zur Erhebung von Steuern gegeben werden soll. Es ist von grundlegender Bedeutung für die Souveränität unserer Mitgliedstaaten der EU, dass diese das Recht zur Kontrolle über Ihr Steuerwesen behalten. Es wäre daher nützlich zu klären, ob dieser Vorschlag für die koordinierte Steuererhebung durch die Mitgliedstaaten vorgesehen ist – und auch einzubehalten und auf dieser Ebene zu verwenden ist – oder ob es sich wirklich um eine EU-Steuer handelt.
Zweitens sollten die zur Stabilisierung der Finanzsysteme erhobenen Steuern meiner Meinung nach nicht zu einer erweiterten EU-Haushaltslinie werden. Es gibt zahlreiche von der EU und der Mitgliedstaaten angeführte Initiativen und Ausgabenprogramme, die darauf abzielen, der globalen Klimaproblematik auf intelligente Weise zu begegnen. Wir haben ehrgeizige Ziele zu Mittelverwendung in Entwicklungsländern. Ich sähe mich außerstande, etwas zu unterstützen, dass in Wirklichkeit Steuern für anderen Zwecke erhebt.
Miguel Portas, im Namen der GUE/NGL-Fraktion. – (PT) Herr Präsident, ich glaube, dass die fachliche Diskussion, die wir führen, zweifelsohne sehr wichtig ist. Dies darf allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, dass die vor uns liegende Entscheidung politischer Natur ist. Daher mangelt es einer Behandlung und einem Aufbau der gesamten Diskussion auf einer fachlichen Grundlage zur Vermeidung einer politischen Entscheidung etwas an Rechtmäßigkeit.
Mr Haglund beispielsweise erklärte, dass wir mit der Tobin-Steuer die Finanzkrise nicht hätten abwenden können. Ich stimme ihm zu, aber wir hätten sicherlich bedeutend mehr Ressourcen im Kampf gehen die Auswirkungen der Finanzkrise in unseren Wirtschaftssystemen und für die am stärksten benachteiligten europäischen Bevölkerungsgruppen gehabt.
Daher geht es um diese Frage hier. Und der zweite Aspekt betrifft ... und daher überzeugt mich Kommissars Šemetas Antwort ganz und gar nicht, weder hinsichtlich der Zeitpläne noch in Bezug auf die Grundsatzfrage. Was uns sowohl Kommissar Šemeta als auch Herr Gauzès eigentlich miteilen, ist, dass die Steuer eine verlockende und sehr interessante Idee ist, dass wir diese aber nicht europaweit anwenden können. Dies muss weltweit erfolgen.
Eines sollte uns klar sein: Wenn man dies sagt, dann sagt man den Leuten, dass es die Tobin-Steuer nie weltweit geben wird. Daher hat es keinen Sinn, die Menschen diesbezüglich zu täuschen. Was gesagt wird ist, dass sie entweder weltweit oder gar nicht existieren wird. Was man damit sagt ist, dass es sie nicht geben wird. Ich vertrete eine vollständig andere Sichtweise. Ich glaube, dass die Europäische Union ein ausreichend starker Finanzmarkt für eine allgemeine Reststeuer auf alle Transaktionen darstellt, die ohne Kapitalflucht bewerkstelligt werden kann.
Jedoch müssen wir unseren Bürgerinnen und Bürgern vor allem etwas ganz Entscheidendes mitteilen: dass in dieser Krise das Finanzkapital, dass uns in diese Krise geführt hat, zumindest auf diesem Restniveau zahlen muss. Und dass dies im Wesentlichen und insbesondere zur Bekämpfung von weltweitem Hunger und Armut und zur Finanzierung des Aufbaus eines sozialen Pfeilers im europäischen Projekt, den Pfeiler, den wir vermissen und den wir nicht haben, vorgesehen war.
Die Bürgerinnen und Bürger würden dies sehr gut verstehen.
Hans-Peter Martin (NI). - Herr Präsident! Vor elf Jahren gehörte ich zu den wenigen Kollegen und Kolleginnen in diesem Hause, die die interfraktionelle Arbeitsgruppe „Tobin-Steuer“ mitbegründet haben, und oft hat ein mitleidiges Lächeln unsere Sitzungen begleitet. Man konnte durchaus aus der Perspektive der Jahrtausendwende immer wieder auf die angebliche Rationalität des Marktes Bezug nehmen, auf die Gefahren für den Wettbewerb und auf eine in der Globalisierung mögliche Aufbruchssituation.
Es geht nicht an, wenn Sie diese Argumente heute noch vorbringen, wir haben gerade knapp einen großen Zusammenbruch vermieden, und das hat nicht nur sehr, sehr viel Geld gekostet, sondern auch extrem viel Vertrauen. Wenn es jetzt heißt, dass man mit einer solchen Finanztransaktionssteuer einiges abbremsen könnte, so sind die – ich nenne sie so – Spekulanten, mit denen ich weiterhin persönlich guten Kontakt habe, also Investmentmanager und wie sie sich euphemistisch nennen, ganz anderer Meinung, weil sie ja genau an diesen Grenzmargen entlang immer schneller, immer intensiver ihre Geschäfte betreiben.
Darum bin ich nicht nur überzeugt, dass eine Finanztransaktionssteuer vom Finanzvolumen her etwas bringen würde, sondern auch als Dämpfung dieser enormen spekulativen Wellen. Ich würde mir wahnsinnig wünschen, dass Sie von der Kommission und von den nationalen Regierungen vor allen Dingen die Worte des grünen Kollegen, aber auch die des Kollegen Bullmann und jetzt auch von der Linken beherzigen würden. Es ist eine politische Frage, die technischen Dinge sind schnell zu klären, dafür gibt es Experten.
Gunnar Hökmark (PPE). – Herr Präsident, man kann infrage stellen, ob es aus verwaltungstechnischer Sicht möglich ist, eine Steuer auf Finanztransaktionen einzuführen oder ob es politisch möglich ist, aber ich denke, die grundlegende Frage muss lauten: Ist dies gut? Ist es der wirtschaftlichen Entwicklung von Nutzen, eine Steuer auf Finanztransaktionen zu haben? Denn dies bedeutet, dass es eine Steuer auf Investitionen ist; grenzüberschreitend wird man es mit einer Steuer auf Investitionen in Ländern zu tun haben, in denen weniger Kapital als in anderen Ländern vorhanden ist.
Wird dies für den internationalen Wirtschaftsverkehr förderlich sein oder diesen verringern, wenn es Auswirkungen gibt?
Ich sage dies, weil ich zwei Beispiele zur Veranschaulichung dieser Thematik anführen möchte. Erstens haben wir seit 30 Jahren ein enormes Wirtschaftswachstum dank gut funktionierender globaler Finanzmärkte. Dann haben wir die Folgen der Krise gesehen, die uns die Kreditverknappung gebracht hat. Ich denke, wir sollten eher gut ausgestattete und funktionierende globale Finanzmärkte haben, als uns einer Kreditverknappung anzunähern.
Denn eine Transaktionssteuer zielt wie jede Steuer darauf ab, das Volumen dessen, was besteuert wird, zu verringern, und ich sehen keinen Nutzen darin, den internationalen Handel zu verringern, denn wir haben die Folgen gesehen, wenn dies geschieht. Ich sehe nicht den Nutzen darin, Investitionen in armen Ländern zu verteuern.
Die Besteuerung von Finanztransaktionen wird Finanztransaktionen nicht behindern. Hierdurch werden nicht einmal die zuweilen als spekulative Anlagen bezeichneten Investitionen gehemmt. Gehemmt wird der von uns benötigte große Fluss an normalen Investitionen und Wirtschaftsverkehr.
Und ich denke Herr Kommissar, wir tun gut daran, dieses Thema sorgfältig und mit Bedacht zu erörtern.
Pervenche Berès (S&D). – (FR) Herr Präsident, Herr Kommissar, es scheint, dass Sie, Herr Kommissar, sich für das Steuerwesen verantwortlich zeichnen, und dass Ihr Beitrag zur 2020-Strategie auf diesem Gebiet die Vorlage einer innovativen Steuerart sein wird. Innovative Steuerarten erfordern Mut, und Sie sollten die intelligente und konstruktive Arbeit Ihrer Vorgänger nicht beiseite schieben. Ich habe gesehen, dass die 2020-Strategie nicht einmal die Harmonisierung der Körperschaftsteuer erwähnt; vielleicht haben Sie die irgendwo in Ihrer Schublade gelassen. Ich schlage vor, Sie schauen sich dies etwas näher an.
Wenn Sie jedoch denselben Mut an den Tag legen wie bei der Steuer auf Finanztransaktionen, werden wir nicht sehr weit kommen. Innerhalb der Europäischen Union und der Kommission, der Sie angehören, scheinen die Ergebnisse der G20 das Amen in der Kirche zu sein. Die Steuer auf Finanztransaktionen ist in den Ergebnissen der G20 enthalten. Wir fordern Sie also auf, diese umzusetzen. Bitte kommen Sie uns nicht mit dem Argument, dass was das tun müssen, was jeder andere tut, denn wenn Präsident Obama unter dem Einfluss von Paul Volcker die Reformierung des Banksystems der Vereinigten Staaten vorschlägt, wendet er den Ergebnissen der G20 den Rücken zu!
Warum sollten wir ein Vorgehen verwerfen, das gut für die Vereinigten Staaten sein könnte? Um so mehr Herr Kommissar, als ihr Kollege, Herr Barnier, sagte, dass diese Reform speziell für Amerika passend sein könnte und nichts mit Europa zu tun hätte; dass Europa auf dem Gebiet einer Steuer auf Finanztransaktionen seinen eigenen Weg gehen müsste. Das ist wahr. Herr Kommissar, wir erwarten ihre mutigen und innovativen Vorschläge.
Louis Michel (ALDE). – (FR) Herr Präsident, Herr Kommissar, um ganz ehrlich zu sein – und jeder weiß, dass ich die Kommission voll und ganz unterstütze – Ihre Vorschläge erscheinen einmalig befangen. Keiner von ihnen zeugt von dem Wunsch des politischen Ehrgeizes bei einem Thema, das mir trotzdem sehr wichtig zu sein scheint.
Ich erinnere Sie daran, dass der Konsens von Monterrey 2002 und die Doha-Folgekonferenz 2008 eine innovative und alternative Finanzierung im Bereich der Entwicklungspolitik empfahl. Ich glaube nicht, dass diese Steuer auf Finanztransaktionen das Weltfinanzsystem regulieren könnte; darum geht es nicht. Ich glaube, dass die Europäische Union – sicherlich an der Seite der G20, – die Initiative bei der Einführung einer internationalen Steuer auf Finanztransaktionen ergreifen muss, die, wie gesagt auf einer Skala von 0,01% – eine Menge Geld! – bis 0,1% des Transaktionswerts festgesetzt werden könnte. Die erwarteten Einkünfte variieren offensichtlich auf der Basis dieser beiden Koeffizienten. Sie können wählen zwischen 20 Mrd. USD und 200 Mrd. USD.
Dies kann globaler und allgemeiner Natur sein. Es gibt jedoch einen Punkt, bei dem ich ganz und gar nicht mit Ihnen übereinstimme: Ich glaube nicht daran, dass die Umsetzung hiervon einer Übereinkunft mit jedem Land auf der Welt unterliegen sollte, sondern vielmehr zwischen den führenden wirtschaftlichen Akteuren. Wir dürfen nicht darauf warten, dass die ganze Welt diese Steuer akzeptiert, da wir nur zu gut wissen, dass hierdurch in Wirklichkeit schon die Vorstellung daran zum Erliegen gebracht würde.
Sie sollte zu Beginn auf einzelstaatlicher Ebene und freiwillig erhoben werden, was der Idee natürlich einen gewissen Impuls geben würde. Sie sollte von den führenden wirtschaftlichen Akteuren, insbesondere den G20, koordiniert werden. Da Sie sich Fragen, wo es zum Einsatz kommen könnte, wäre eine Alternative die Einzahlung in einen weltweiten oder sogar europäischen Fonds; der Europäischer Entwicklungsfonds könnte tatsächlich als ein Mittel zur Bereitstellung öffentlicher Entwicklungshilfe dienen. Hilfsweise könnten Staaten hiervon bei ihren Entwicklungspolitiken Gebrauch machen.
Es gibt noch etwas anders, worüber ich ernste Zweifel hege. Darüber hinaus scheint dies dem Verlauf der Dinge zu entsprechen. Ein deutlicher Hinweis beispielsweise, wenn ich höre, wie der Direktor des Internationalen Währungsfonds die Philosophie der Tobin-Steuer oder Steuer auf Finanztransaktionen mehr oder weniger als eine Art Präventivmaßnahme abtut, mit der die Risiken der Finanzwelt – was ich als Finanzjonglieren bezeichne - vorhergesehen oder abgedeckt werden können. Darum geht es überhaupt nicht! Ich möchte nicht, dass der Zweck dieser Steuer die Deckung der Risiken der Finanzwelt ist. Dies muss auf eine andere Weise gezahlt werden. Dies ist eine Zweckentfremdung, die ich nicht akzeptieren kann.
Ich möchte Sie daran erinnern, dass die in den vergangenen Jahren in einigen Entwicklungsländern – selbst in denjenigen, die am besten abschneiden – verzeichneten Fortschritte wahrscheinlich zunichte gemacht werden, wodurch die Millenniums-Entwicklungsziele nicht erreicht würden. Ich bin daher ein glühender Verfechter einer Steuer auf Finanztransaktionen.
Vicky Ford (ECR). – Herr Präsident, es gibt anscheinend viele gute Gründe dafür, die Finanzinstitutionen aufzufordern, einen größeren Beitrag zu den Steuereinnahmen nach der Finanzkrise zu leisten. Es ist schade, dass diese Entschließung nur auf Transaktionssteuern und nicht auf Beispiele wie etwa die Obama-Abgabe abzielt.
Bei den Transaktionssteuern bin ich in drei Bereichen besorgt.
Erstens die Auswirkungen bei Endverbrauchern von Finanzdienstleistungen. Im Vereinigten Königreich (UK) hatte die viele Jahre hindurch bestehende Stempelabgabe eine unverhältnismäßige Folge für kleinere Investoren und Kapital suchende Firmen.
Zweitens die Auswirkung der EU bei einem Alleingang. Wir wissen, dass Finanzmärkte global und sehr unbeständig sind. Es gibt offenkundig das Risiko, dass wir Transaktionen gerade aus der EU herausdrängen, was nicht zielführend wäre.
Meine dritte Sorge betrifft das subjektive Risiko (Moral Hazard): wenn diese Geld in einen Bailout-Fonds fließen. Ich glaube nicht, dass jede scheiternde Finanzinstitution automatisch vom Steuerzahler entschuldet werden sollte. Das Scheitern einer Bank bei gleichzeitigem Kundenschutz muss ermöglicht werden. Experten haben sowohl den Ausschuss für Wirtschaft und Währung als auch den Sonderausschuss zur Finanz-, Wirtschafts- und Sozialkrise davor gewarnt, dass ein solcher Fonds zur Übernahme unverantwortlicher Risiken ermutigen könnte. Wir möchten kein weiteres Risiko eingehen und dies sollte untersucht werden.
Nikolaos Chountis (GUE/NGL). – (EL) Herr Präsident, ohne jeden Zweifel hat die jüngste Finanzkrise gezeigt, dass mit der Liberalisierung der Finanzmärkte und dem Festhalten an der Freiheit des Marktes zugelassen wurde, dass das Finanzsystem im Verhältnis und in Korrelation zur Realwirtschaft gefährlich stark wachsen und jahrelang auf der Grundlage massiver Rentabilität, Zügellosigkeit und ohne Regulierung operieren konnte, was letztendlich zur Krise führte.
Der Vorschlag für eine Steuer auf Finanztransaktionen könnte daher den Umfang des Finanzsystems begrenzen und bestimmte spekulative Finanzoptionen unrentabel machen. Diese Maßnahme wird aber reine Theorie bleiben, wenn sie nicht von einem integrierten Plan zur Regulierung des Finanzsystems begleitet wird, um die von Banken ausgeübte missbräuchliche Politik sowie die Spekulation durch Hedge Funds und Ratingunternehmen, welche die wirtschaftlichen Probleme in zahlreichen Ländern verschärfen und ausnutzen, zu minimieren.
Gleichwohl darf aus meiner Sicht eine solche Maßnahme nicht nur als eine zeitweilige Aktion betrachtet werden. Die Banken müssen die von den europäischen Regierungen erhaltenen großen Hilfspakete, die schließlich das Finanzdefizit in diesen Ländern vergrößert haben, zurückzahlen. Diese Länder sind jetzt gezwungen, von denselben Banken Geld aufzunehmen und bezahlen diese hierdurch ein weiteres Mal.
Wir müssen deutlich sein. Die Banken müssen ihre Schulden bei den Regierungen tilgen. Aus diesem Grund müssen wir, abgesehen von allem anderen, eine Steuer auf Finanztransaktionen erheben, erstens, um den Umfang dieses Finanzsektors zu begrenzen und zweitens, um Mittel für neue soziale und entwicklungspolitische Strategien aufzusparen.
Markus Ferber (PPE). - Herr Präsident, Herr Kommissar, liebe Kolleginnen und Kollegen! Worum geht es denn? Es geht doch ganz banal darum: Wie können die Finanzmärkte einen Beitrag dazu leisten, die Kosten, die sie für die Staaten, für die Gesellschaften, für die Wirtschaft verursacht haben, wieder abzubauen? Das ist doch die Kernfrage, die wir zu beantworten haben.
Ich denke, dass wir miteinander einen sehr ausgewogenen Text erarbeitet haben. Ich bin auch dem Kommissar sehr dankbar dafür, wie er es formuliert hat. Wir können auf der einen Seite nicht so tun, als wenn Europa die Insel der Glückseligen wäre und wir tun und lassen können, was wir wollen, und globale Finanzmärkte würden darauf nicht reagieren. Das muss international abgestimmt sein. Wir müssen auf der anderen Seite auch dafür sorgen, dass aus dem Sektor ein entsprechender Beitrag zur Bewältigung der Krise geleistet wird.
Darum warne ich auch vor Folgendem: Es kann ja nicht sein, dass wir jede Woche irgendein neues Thema erfinden, mit dem wir alle Probleme dieser Erde lösen. Vor ein paar Monaten war es eine zusätzliche Abgabe auf Flugtickets, um alle Probleme zu lösen, jetzt ist es die Finanztransaktionssteuer, um alle Probleme zu lösen, nächsten Monat fällt irgendeinem wieder etwas anderes ein. Wir sollten hier die Kirche im Dorf lassen. Es geht darum, die Finanzmärkte in einem international abgestimmten Kontext mit zu beteiligen. Wenn dazu eine vernünftige Lösung von der Kommission vorgelegt und auch in die internationalen Verhandlungen eingebracht werden kann, dann sind wir auf dem richtigen Weg.
Wir sollten auch ehrlich zu uns selber sein. Wer behauptet, man könnte mit solchen Instrumenten Spekulationen stoppen, der wird sich deutlich täuschen. Was wir wollen, ist, dass Spekulanten ihren Beitrag zum Risiko und zur Bewältigung des Risikos leisten. Das ist der richtige Ansatz. Dabei haben Sie unsere volle Unterstützung, Herr Kommissar!
Catherine Stihler (S&D). – Herr Präsident, im Vereinigten Königreich wurde derzeit eine Kampagne unter dem Namen Robin Hood-Kampagne, mit dem Schauspieler Bill Nighy an der Spitze lanciert, an der sich NGO, Kirchen und Zivilgesellschaft beteiligen. Herr Kommissar, wenn Sie noch nicht auf deren Internetseite waren, würde ich Ihnen dies als Teil dieser Aussprache sehr empfehlen. Die Basis dieser Kampagne ist eine Steuer auf Finanztransaktionen von 0,05%, was nach deren Schätzung ein Aufkommen von etwa 37 Mrd. GBP ergeben würde.
Es geht also bei der Steuer auf finanzielle Transaktionen nicht um Menschen, die an einem Geldautomaten Geld abheben: Es geht um nicht öffentliche Transaktionen und darum, dass diejenigen, die zur Finanzkrise beigesteuert haben, etwas zurückgeben. Um dies zu relativieren, ich hörte dem Wirtschaftswissenschaftler John Kay vor etwa drei Wochen anlässlich seines Besuches in Schottland zu; wäre Schottland ein unabhängiges Land und unsere Banken zusammengebrochen, so müsste jeder Mann, jede Frau und jedes Kind in Schottland zu einem Betrag von 750 000 GBP haften. Wir können nicht zulassen, dass so etwas in der Zukunft vorkommt. Gott sei dank ist dies momentan noch nicht geschehen, da wir in Schottland zum Vereinigten Königreich gehören; wir müssen aber die Steuer auf Finanztransaktionen ernsthaft untersuchen und schauen, wie diese angewendet werden könnte.
Die Robin Hood-Kampagne ist sehr interessant, und ich denke, es sollte innerhalb dieser eine 80:20-Aufteilung geben; 80% sollten in die öffentlichen Dienste und 20% in einen Fonds fließen, um sicherzustellen, dass die Bankenkrise nicht noch einmal auftritt.
Herr Kommissar, ich danke Ihnen und freue mich auf Ihre Vorschläge. Vielleicht könnten Sie uns eine zeitlichen Rahmen vorgeben, wann wir ihre Meinung hören werden. Ich weiß, dass die EU-2020-Strategie im April vorgestellt wird, aber es wäre gut, Ihren Zeitplan zu hören.
Patrick Le Hyaric (GUE/NGL) . – (FR) Herr Präsident, Herr Kommissar, in der gegenwärtigen Krise haben wir nur zwei Möglichkeiten. Erstens die Menschen für die Krise aufkommen lassen, was wir getan haben: über Sparkurse, Maßnahmen gegen die Arbeitslosigkeit und Steuererhöhungen wie etwa die Anhebung der Mehrwertsteuer in Griechenland. Zweitens die Besteuerung von spekulativen Kapitalbewegungen und Finanztransaktionen. Hierdurch würden beträchtliche Einnahmen für die europäische Wirtschaft generiert, und ich glaube, es wäre eine Waffe im Kampf gegen die Finanzkrise, die wir gegenwärtig durchleben. Weiterhin wäre es erforderlich, den Mut zur Trockenlegung von Steueroasen aufzubringen.
Dieser Vorschlag ist keineswegs revolutionär, da dieser bereits in den Vereinbarungen der G20 enthalten ist. Einige dieser Grundsätze wurden sogar erörtert und über diese hier abgestimmt, aber es erscheint dringend geboten, dass wir über zwecklose Proklamationen hinausgehen. Wir müssen dieser tödlichen Spekulation unverzüglich ein Ende bereiten. Tatsächlich glauben einige Wirtschaftswissenschaftler, dass bei Anwendung eines Niedrigsteuersatzes von 0,5% auf Finanztransaktionen der Europäischen Union weitere 500 Mrd. EUR zur Verfügung stehen würden. Diese Gelder könnten wir für eine Sanierung auf der Grundlage von Arbeit, Weiterbildung, Forschung, Gehälter und neuen umweltfreundlichen industriellen und landwirtschaftlichen Strategien nutzen.
Wir müssen daher handeln. Wir müssen daher den Mut aufbringen, um für das Prinzip einer solchen Steuer zu stimmen und diese dann umzusetzen.
Othmar Karas (PPE). - Herr Präsident, Herr Kommissar, meine Damen und Herren! Im österreichischen Parlament und in der österreichischen Bundesregierung sowie in meiner Partei, der ÖVP, gibt es einen breiten politischen Willen, sich für eine Finanztransaktionssteuer einzusetzen. Die Finanz- und Wirtschaftskrise hat globale Auswirkungen, ja auch Ursachen, die nicht auf einen Kontinent reduzierbar sind.
Wir benötigen nicht bloß globale Governance-Mechanismen, wir benötigen globale Aufsichtsmechanismen, wir benötigen globale ordnungspolitische Steuerungsmechanismen und auch Finanzierungsquellen. Aber die Frage der Finanzierungsquellen ist nicht ausreichend. Die Lenkungseffekte sind mindestens gleichbedeutend.
Wir benötigen zuerst einen gemeinsamen europäischen Willen, ein europäisches Projekt, um auch global erfolgreich sein zu können. Die Anfrage an die Kommission und die Entschließung, die das Parlament am Mittwoch – so hoffe ich – mit breiter Mehrheit beschließen wird, sind Ausdruck dieses gemeinsamen politischen Willens, ein Modell für eine Finanztransaktionssteuer zu erarbeiten und – am besten global – durchzusetzen. Ich erwarte mir von der Kommission einen ganz konkreten Vorschlag, der einen Beitrag zu dieser Gemeinsamkeit in Europa leistet, und diesen so rasch wie möglich vorlegt, sowie die Beantwortung unserer Fragen.
Welche Auswirkungen hat eine derartige Finanztransaktionssteuer auf die Realwirtschaft und auf die Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschafts- und Finanzstandortes Europäische Union? Worauf soll sie erhoben werden, wie hoch soll der Prozentsatz sein, wer hebt sie ein, wer erhält das Geld? Soll es eine Zweckbindung geben? Ich sage Ja, aber welche? Alle diese Fragen müssen wir klären. Wir geben mit der heutigen Debatte und mit der Abstimmung am Mittwoch die Richtung vor. Geben Sie uns rasch eine Antwort.
Magdalena Alvarez (S&D). – (ES) Herr Präsident, Herr Kommissar, die Krise hat gezeigt, dass es der Europäischen Union an den erforderlichen Instrumenten mangelt, um der erstgenannten entgegenwirken und einen angemessenen Rahmen zur wirtschaftlichen Erholung bereitzustellen.
Es ist daher erforderlich, eine gemeinsame Antwort zu formulieren. Dies sollte nicht nur die Koordinierung der Strategien der Mitgliedstaaten umfassen, sondern auch uns selbst als Union mit den geeigneten Instrumenten ausstatten, die die Union befähigen, sinnvolle Maßnahmen zu ergreifen und auf diese Weise für eine unmittelbare und globale Antwort zu sorgen.
Das erste Ziel sollte die Ausstattung der Union mit einer weitergehenden und effektiveren wirtschaftlichen Governance sein, die eine größere finanzielle Autonomie verlangt. In diesem Zusammenhang wäre eine Steuer auf Finanztransaktionen, die einen dreifachen Zweck erfüllen soll, sehr hilfreich. Schließlich müssen wir das Leistungsvermögen der Union steigern, ihre eigenen Strategien zu entwickeln, wir müssen die wirtschaftliche Stabilität durch die Begrenzung spekulativer Operationen begrenzen, und wir müssen Informationen bereitstellen, die für die Überwachung der Bedingungen und Entwicklung der Finanzmärkte benötigt werden. In Ergänzung zur Entwicklung dieses Steuerinstruments sollten Vorkehrungen dahingehend getroffen werden, dass der Finanzsektor einen Beitrag zur Wiederherstellung des Schadens für die Realwirtschaft und zur Deckung der Ausgaben und Kosten für die Stabilisierung des Banksystems leistet.
Herr Kommissar, könnten Sie uns hierfür einen Zeitplan vorgeben?
Diogo Feio (PPE). – (PT) Herr Präsident, es ist richtig, dass das Europäische Parlament eine Reihe von Fragen zu diesem Thema präsentiert und keine abschließende Position hinsichtlich einer neuen Steuer auf finanzielle Transaktionen einnimmt.
Darüber hinaus gibt es hierfür mehrere Gründe. Sie brauchen sich nur anzuhören, was die unerschütterlichen Anhänger dieser Steuer uns gesagt haben. Sie sagen, dass es sich um ein politisches Problem handelt, dass es auf die technischen Lösungen kaum ankommt.
Lassen Sie uns erstens mit der Steuer weiterkommen, und dann werden wir sehen, wie diese umgesetzt wird. Dies ist falsch. Eine Lösung des Problems der Finanzkrise mit Ideologie ist unmöglich.
Zweitens sagen sie, es würde sich um eine Steuer handeln, die den besonders benachteiligten Gruppen helfen könnte, eine Art Robin Hood-Steuer, da die Bessergestellten ihre Lage mit dem Wirtschaftswachstum überwinden.
Auf die Frage eines europäischen oder globalen Maßstabs kommt es kaum an. Eine Lösung der Problematik wird hierdurch ebenfalls vermieden. Was würde geschehen, wenn nur Europa eine solche Steuer hätte?
Verschiedene Elemente müssen berücksichtigt werden. In Krisenzeiten lässt sich kein Problem mithilfe einer neuen Steuer lösen. Mithilfe einer neuen Steuer werden wir das Problem der öffentlichen Finanzen nicht lösen. Eine neue Steuer kann nicht als eine Art Strafsteuer, eine strafende Steuer, eine Steuer zur Bestrafung der Verantwortlichen für die Krise funktionieren.
Die Endverbraucher sind diejenigen, die unter einer neuen Steuer leiden. Kreditsuchende sind diejenigen, die unter einer neuen Steuer leiden.
Zweitens gibt es eine Reihe von technischen Problemen zu diskutieren. Diejenigen, auf die es nicht ankommt. Gibt es ein europäisches Verwaltungssystem, mit dem eine Steuer wie diese umzusetzen wäre? Kann uns irgendjemand die Kosten dieser Umsetzung nennen? Kann uns irgendjemand ihre Auswirkung auf Liquidität und Kreditwesen nennen? Wie wird eine globale Steuer mit Zeitunterschieden und Transaktionen durch die Zweite angewendet? Wie lässt sich dies alles kontrollieren?
All diese Fragen müssen noch beantwortet werden. Meiner Ansicht noch sollten wir von einer Krise lernen und Stellung beziehen. Ich bezweifle, dass die neue Steuer die richtige ist.
VORSITZ: Stavros LAMBRINIDIS Vizepräsident
Anni Podimata (S&D). – (EL) Herr Präsident, Kommissar! Die Diskussion über Steuern auf internationale Finanztransaktionen ist vielleicht nicht neu, aber sie ist heute besonders aktuell, weil die wichtigste Lehre aus der Krise der Weltwirtschaft, besonders für den Euroraum, der in jüngster Zeit systematischen Angriffen von Spekulanten ausgesetzt war, darin besteht, dass die bisherige fehlende Rechenschaftspflicht der Finanzmärkte und die mangelnde grundlegende Finanzregulierung und -führung unmittelbare und sichtbare Rückwirkungen auf die echte Wirtschaft hat, auf die Lebensfähigkeit der öffentlichen Wirtschaft und auf die gesellschaftliche Stabilität.
In diesem Rahmen ist die Einführung einer Steuer auf internationale Finanztransaktionen besonders wichtig, da dies einen wichtigen Bestandteil der lang erwarteten Umstrukturierung der finanziellen Kontrollmechanismen darstellt. Die Lösung besteht natürlich nicht darin, dass wir noch eine europäische Steuer einführen, die unklare Auswirkungen auf die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaft hat, sondern darin, einen ehrgeizigen europäischen Vorschlag auszuformulieren, der den G20 vorgelegt wird.
Sirpa Pietikäinen (PPE). – Herr Präsident! Finanzmärkte sind global und Finanzunternehmen sind global; tatsächlich ist die Finanzindustrie im Moment der größte globale Sektor. Da auch unsere Bedürfnisse global sind – wie die Entwicklungsagenda, die Millenniumentwicklungsziele oder die Bekämpfung des Klimawandels–, ist es für mich nur allzu natürlich, dass die Besteuerung von Finanztransaktionen der erste Versuch einer globalen Besteuerung sein sollte.
Politisches Leben ist nicht global; und, wie wir wissen, findet es auch nicht richtig in der Europäischen Union statt. Irgendwer muss im Umgang mit diesem Problem die Initiative ergreifen, und es ist die natürliche Aufgabe der Europäischen Union, diese Initiative zu übernehmen. Üblicherweise hat derjenige, der die Initiative ergreift – die Mechanismen und Modelle entwickelt, das geistige Eigentum besitzt – die Macht und auch den Vorteil, der Erste zu sein.
Obwohl es kleine Vorteile hinsichtlich einer leichten Begrenzung der spekulativsten Transaktionen gibt, betreffen die größten Vorteile meiner Meinung nach den Eintritt in ein neues Steuergebiet, einen globalen Mechanismus und das Zusammentragen von Ressourcen – nicht so sehr im Finanzsektor, aber besonders für die europäische und globale Entwicklung und aufgrund von Umwelterfordernissen.
Tatsächlich muss die Europäische Union, um in dieser Hinsicht aktiv zu sein, klar denken. Wir müssen eine einheitliche Position vertreten, und daher möchte ich sehen, dass die Kommission sehr bald einen Vorschlag aufstellt, wie wir diese Finanztransaktionssteuer funktionsfähig machen.
Edward Scicluna (S&D). – Herr Präsident! Es ist nicht weniger als 40 Jahre her, dass wir als Studenten eine neue internationale Wirtschaftsordnung diskutiert haben, zu der auch Vorschläge gehörten, wie Darlehen über Sonderziehungsrechte (SZR) für den IWF zu verwenden und eine Art Steuer auf Nationalregierungen einzuführen, die verwendet werden würde, um armen Ländern zu helfen. Dazu ist es, wie wir wissen, nicht gekommen.
Viele Jahre später hat sich die Realität geändert: die Globalisierung hat zusammen mit den Fortschritten in der Technologie und dem stärkeren politischen Willen bestimmte Pläne realistischer gemacht. Die Anzahl globaler Strategieziele hat sich jedoch erhöht. Abgesehen von Armut, die es immer noch gibt, sorgen wir uns auch um globale Umweltprobleme wie den Klimawandel, und jetzt sprechen wir im Grunde über eine Art weltweite Versicherungsprämie, die die Opfer für die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Beschwerden entschädigt, die durch die Finanzkatastrophe verursacht werden.
Wir müssen vorsichtig sein, wenn wir mehrere Ziele haben. Ich schlage vor, dass wir uns an die weise Regel halten, dass wir sicherstellen, dass es für jedes Ziel ein eigenes Instrument gibt. Wir wollen die Kommission mutig sein lassen, aber wir müssen sicherstellen, dass die Finanztransaktionen sehr fokussiert und machbar sein müssen. Wir wollen versuchen, nicht alles für alle zu erreichen.
Elena Băsescu (PPE). – (RO) Ich glaube, dass die Einführung einer Finanztransaktionssteuer überhaupt nichts bringen würde. Das wird nichts dazu beitragen, die Finanzkrise zu überwinden und auch keine neue Krise verhindern, ebenso wird das nicht zur Stabilität der Finanzmärkte beitragen. Diese Maßnahme würde nur dazu führen, die Kosten von Kapital und Kredit zu erhöhen und Investitionen auszubremsen.
Bevor eine neue Steuer eingeführt wird, muss die Europäische Kommission die Vor- und Nachteile, die sich daraus ergeben, genau untersuchen. Wenn die Entscheidung getroffen wird, dass eine neue Abgabe auf Finanztransaktionen eingeführt wird, kann sich dies auf die globale Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaft auswirken. Ebenso muss eine Doppelbesteuerung vermieden werden und die Schaffung von Hindernissen, die den freien Kapitalverkehr behindern.
Die Kosten, die sich aus so einer Steuer ergeben, dürfen nicht von den gewöhnlichen Bürgerinnen und Bürgern getragen werden müssen. Es wäre angemessen, die Einführung dieser Art Steuer in Ländern zu erwägen, in denen es eine Anhäufung von Spekulationskapital gibt, wodurch kurzfristige Auslandsschulden geschaffen werden. Diese Maßnahme könnte die Anhäufung von Spekulationskapital verhindern.
2009 hat Schweden eine jährliche Stabilitätsgebühr eingeführt, die in einer Höhe von 0,036 % des Gesamtwertes bestimmter Verbindlichkeiten bei Banken und Kreditinstituten erhoben wird. Die Einführung einer solchen Steuer ist in Rumänien jedoch nicht gerechtfertigt. Im Kontext der Verhandlungen, die zwischen der rumänischen Regierung, der IWF und der Europäischen Kommission geführt wurden, wurden Gesetzgebungsänderungen an dem Sonderverwaltungsverfahren vereinbart, die es der Nationalbank Rumäniens erlauben, schnell und effektiv einzugreifen, wenn ein Kreditinstitut in Schwierigkeiten ist.
Vor diesem Hintergrund möchte ich die Europäische Kommission fragen, welche Mechanismen oder Formeln erwogen werden, um Länder vor der Anhäufung von Spekulationskapital zu schützen, und ob auch andere Maßnahmen erwogen werden, um das Finanzsystem zu regulieren und zu überwachen.
Vielen Dank
Seán Kelly (PPE). – Herr Präsident! Bei der Diskussion über dieses Thema fallen einem zwei Wörter ein: die lateinischen Wörter festina lente oder ‚Eile mit Weile’, denn dieses Thema ist offenbar sehr umstritten, wie alle Steuern. Ich nehme an, dass es besonders reizvoll ist, darüber zu sprechen, Finanzinstitutionen zu besteuern, um sie risikobewusster zu machen, und vielleicht, damit sie für ihre Sünden zahlen, aber Finanztransaktionen haben globale und nicht nur europäische Dimensionen, also müssen wir, wie Frau Swinburne erwähnte, alle Möglichkeiten in Betracht ziehen.
Sehen Sie, wo der IWF und die G20 hingehen, und dann rühren wir uns vielleicht selbst, aber wir müssen dies auf jeden Fall sehr genau erwägen. Also sage ich festina lente– Eile mit Weile, denken wir erst und erkundigen wir uns umfassend, und dann müssen wir vielleicht handeln, mit oder ohne der Hilfe Robin Hoods.
Kriton Arsenis (S&D). – (EL) Herr Präsident, Herr Kommissar! Obwohl die Industriestaaten für 80 % der Treibhausgasemissionen verantwortlich sind, bezahlen die Entwicklungsländer für die schlimmsten Auswirkungen. Diese äußerst dramatischen Auswirkungen treffen die ärmsten Länder, die Länder, die nichts zu dem Treibhauseffekt beigetragen haben.
Es gibt gegenwärtig zwanzig Millionen Umweltflüchtlinge. Wenn wir nicht sofort etwas unternehmen, wird es bis 2050 fünfhundert Millionen geben. Wir haben große Verbindlichkeiten in Bezug auf das Klima gegenüber diesen Ländern, die auf 100 Milliarden Euro im Jahr geschätzt werden. Ein fairer Anteil daran für die Europäische Union beträgt 35 Milliarden Euro.
Es ist entscheidend, dass wir umgehend eine Steuer auf Finanztransaktionen einführen, damit wir unsere Verbindlichkeiten in Bezug auf das Klima finanzieren können. Gleichzeitig wird es uns diese Steuer ermöglichen, unsere Klimaschulden bei der Nachwelt zu bezahlen, indem sie dazu beiträgt, die Energieunabhängigkeit von der Kohle zu finanzieren.
Enrique Guerrero Salom (S&D). – (ES) Herr Präsident, Kommissar! Aufgrund der Finanz- und Wirtschaftskrise, ist ein Vorschlag, der vor zwei Jahrzehnten keinen Erfolg hatte, wieder Diskussionsthema. Der Vorschlag wird nicht nur von Akademikern und Minderheiten oder Oppositionsgruppen befürwortet. Jetzt schlagen die G20, der Internationale Währungsfonds und einige Staatschefs der bedeutendsten Industriestaaten der Welt die Einführung dieser Steuer vor. Wir müssen diese Gelegenheit ergreifen, weil es die richtige Zeit dafür ist.
Als Mitglied des Entwicklungsausschusses unterstütze ich die Ansicht, dass ein Teil der erzeugten Einnahmen für die Finanzierung der Entwicklung verwendet werden sollte, wenn so eine Steuer eingeführt wird. Wenn die Einnahmen ausschließlich verwendet würden, um eine Depotversicherung zu finanzieren, würde der Finanzsektor keinen fairen Beitrag zur globalen Gerechtigkeit leisten. Daher sollte ein Teil dieser Einnahmen für die Entwicklungshilfe genutzt werden.
Algirdas Šemeta, Mitglied der Kommission. – Herr Präsident! Ich freue mich, dass Sie Ihre Zeit dieser wichtigen Diskussion widmen. Die Idee einer Finanztransaktionssteuer hat bisher viel Aufmerksamkeit erfahren. Wie ich erklärt habe, untersucht die Kommission gegenwärtig eine innovative Finanzierung auf globaler Ebene und widmet sich dabei besonders den folgenden Fragen.
Erstens der Analyse des Aspekts Wettbewerbsfähigkeit. Da Finanztransaktionen so mobil und die Finanzmärkte so wettbewerbsfähig sind, scheint das Risiko einer Umverlagerung von Aktivitäten auf andere Märkte sehr hoch zu sein. Das bedeutet, dass ein gemeinsamer Ansatz bzw. allerwenigstens eine gute Zusammenarbeit auf internationaler Ebene notwendig sind.
Eine zweite Frage betrifft die sich verstärkende Auswirkung verschiedener Initiativen, die die Fähigkeit des Finanzsektors zur Unterstützung der Konjunktur nicht untergraben sollten.
Drittens müssen wir die Analyse richtig durchführen. Die Kommission wird bald ihre Analyse verschiedener Optionen veröffentlichen. Ich muss sagen, dass dies nicht so einfach ist. Wir führen eine Analyse durch und analysieren verschiedene Instrumente. Diese Instrumente beziehen sich nicht nur auf die Finanztransaktionssteuer, sondern auch auf mögliche Abgaben auf Bankaktiva, Bankmacht und so weiter. Wir müssen diese Analyse sehr gründlich durchführen, um sicherzustellen, dass die richtigen Schlussfolgerungen getroffen werden, welche Optionen die besten sind.
Die Kommission wird ihre Erkenntnisse mit denen ihrer internationalen Partner vergleichen. Auf dieser Grundlage werden die Instrumente, die mehr versprechen, ermittelt und dann von der Kommission genauer untersucht werden.
Ich sollte noch sagen, dass in der EU-Strategie für 2020 ‚Besteuerung’ bzw. ‚Steuern’ mehrfach erwähnt werden, was einen starken Kontrast zu den vorherigen Strategiepapieren darstellt. Ich denke, dass die Kommission die Fragen in Bezug auf Entwicklungen im Steuerwesen sehr aufmerksam verfolgt.
Abschließend möchte ich betonen, dass die Kommission eine ernsthafte globale Analyse zu den möglichen Vorteilen und Nachteilen verschiedener innovativer Finanzinstrumente, einschließlich einer Finanztransaktionssteuer, fördert und unterstützt. Ich möchte dem Parlament für sein Interesse und seine Beteiligung an diesem Thema danken.
Der Präsident. Ich habe einen Entschließungsantrag (1) im Namen des Ausschusses für Wirtschaft und Währung zur Schließung der Aussprache gemäß Artikel 115 Absatz 5 der Geschäftsordnung erhalten.
Die Aussprache wird geschlossen.
Die Abstimmung findet am Mittwoch, den 12. März 2010 um 12.00 Uhr mittags statt.
Schriftliche Erklärungen (Artikel 149)
Proinsias De Rossa (S&D), schriftlich. – Ich unterstütze eine Finanztransaktionssteuer (FTT) oder – wie sie die Verfechter in den USA nennen – eine Finanzspekulationssteuer seit langem. James Tobin war einer der ersten, der die Idee als eine Möglichkeit zur Stabilisierung der globalen Finanzmärkte und gleichzeitig der Beschaffung beträchtlicher Geldsummen für die Entwicklungshilfe förderte. Die mächtigen Finanzspekulanten lehnten sie ebenso wie mächtige Regierungen als nicht durchführbar ab. Jetzt studiert der IWF aufgrund der Krise deren Durchführbarkeit und wir müssen darauf bestehen, dass der Bericht nicht von Hinterzimmerlobbyisten ausgeschlachtet und unbrauchbar gemacht wird. Wir haben jetzt die Hilfsmittel, zum Beispiel das SWIFT-Abrechnungssystem in Europa, die es uns ermöglichen würden, eine Steuer anzuwenden. Trotzdem werden weiterhin entgegen den Forschungsergebnissen alte Scheinargumente breitgetreten; ‚es könnte umgangen werden, es wäre eine Belastung der Verbraucher.’ Die Finanzkrise, die von skrupellosen Finanzspekulanten verursacht wurde, die weiterhin riesige Vermögen machen, deren Handlungen die Weltwirtschaft in die Knie gezwungen haben, muss überwunden werden. Die wachsende Unterstützung für eine FTT muss von der öffentlichen Meinung stark unterstützt werden, damit die Regierungen handeln und vor denen einknicken, denen Habgier nicht genügt.