Der Präsident. – Ich erkläre die 2010-2011 Sitzung des Europäischen Parlaments für eröffnet.
2. Eröffnung der Sitzung
(Die Sitzung wurde um 9.00 Uhr eröffnet)
3. Aussprache über Fälle von Verletzungen der Menschenrechte, der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit (Bekanntgabe der eingereichten Entschließungsanträge): siehe Protokoll
Der Präsident. – Der erste Tagesordnungspunkt ist die sehr wichtige gemeinsame Aussprache zu drei Berichten zum Binnenmarkt und zum Verbraucherschutz:
- A7-0084/2009 durch Frau Von Thun Und Hohenstein, im Namen des Ausschusses für Binnenmarkt und Verbraucherschutz, zum Binnenmarktanzeiger (SEC (2009)/1007 - 2009/2141(INI)) und
- A7-0024/2010 durch Frau Hedh, im Namen des Ausschusses für Binnenmarkt und Verbraucherschutz, zum Verbraucherschutz (2009/2137(INI)) und
- A7-0027/2010 durch Herrn Buşoi, im Namen des Ausschusses für Binnenmarkt und Verbraucherschutz, zum SOLVIT (2009/2138(INI)).
Róża Gräfin Von Thun Und Hohenstein, Berichterstatterin. – (PL) Ich freue mich, den 19. Binnenmarktanzeiger vorstellen zu können, der im Juli letzten Jahres erstellt wurde. Dieses Dokument zeigt, dass die Mitgliedstaaten die Umsetzung des EU-Rechts zunehmend gut bewältigen. Wieder einmal wurde das Ziel erreicht – das Ziel, das von den Staats- und Regierungschefs selbst festgelegt wurde, damit das Defizit der durchschnittlichen Umsetzung 1 % nicht überschreitet. Trotzdem ist die Zahl der Richtlinien, die in einem oder mehreren Mitgliedstaaten noch nicht umgesetzt wurden, in anderen Worten, die Aufsplitterung des Marktes, immer noch zu hoch. Sie liegt bei über 100 Binnenmarktrichtlinien. Darüber hinaus sind 22 Richtlinien zwei Jahre nach Auslaufen der dafür vorgesehenen Frist noch immer nicht umgesetzt. Die Mitgliedstaaten müssen noch mehr für den Binnenmarkt tun, um etwas zu werden, wovon alle Europäer profitieren.
In diesem Moment, in dem ich Ihnen diesen Bericht vorstelle, habe ich den nächsten Anzeiger in meiner Hand, die runde Nummer 20. Ausgabe, die weitere Fortschritte bei der Umsetzung der EU-Gesetzgebung zeigt. Das Umsetzungsdefizit ist auf 0,7 % gefallen, also bedeutend niedriger als das festgelegte Ziel. Das ist das beste Ergebnis überhaupt. Es ist also deutlich erkennbar, dass die Arbeit der Europäischen Kommission, die zu dieser Veröffentlichung geführt hat, einen mobilisierenden Effekt auf die Mitgliedstaaten hat. Wir können der Kommission herzlich zu dieser produktiven und harten Arbeit gratulieren.
Eine andere gute Neuigkeit ist, dass die Zersplitterung des Marktes von 6 % auf 5 % gefallen ist. Dennoch sind 74 Richtlinien in einem oder mehreren Mitgliedstaaten der Europäischen Union noch immer nicht umgesetzt worden, und das bedeutet, dass Barrieren, sehr nachteilige Barrieren, die Bürgerinnen und Bürger sowie die Unternehmer weiterhin auf dem Binnenmarkt behindern. Wir müssen diese Barrieren gemeinsam aus dem Weg schaffen.
Zu diesem Zweck schlägt der Bericht des Ausschusses für Binnenmarkt und Verbraucherschutz eine engere Zusammenarbeit zwischen allen Institutionen vor, die gemeinsam für die Umsetzung und die Stakeholder verantwortlich sind. Wir schlagen vor, ein jährliches „Binnenmarktforum“ (Single Market Forum) bzw. SIMFO abzuhalten, das die europäischen Institutionen zusammenbringen würde, das aber auch Mitgliedstaaten, Mitglieder nationaler Parlamente und Vertreter aus der Wirtschaft und Verbraucher zusammenbringen würde. Ein Forum dieser Art wird Gelegenheit bieten für den Austausch von Erfahrungen und empfehlenswerten Verfahren, die die Umsetzung des EU-Rechts betreffen, wie auch für die Vorbereitung von Strategien zur Bewältigung der Herausforderungen, die immer noch vor uns liegen.
Um diese nachteiligen Barrieren abzuschaffen, fordern wir die Europäische Kommission dazu auf, auf alle neuen EU-Gesetze einen „Binnenmarkttest“ anzuwenden, um sicherzustellen, dass neue Maßnahmen die vier Freiheiten der Europäischen Union nicht unterminieren. Es ist außerdem extrem wichtig, den Bürgerinnen und Bürgern klare Informationen darüber zu geben, wie der Binnenmarkt funktioniert, und dabei nicht zu vergessen, dass der Binnenmarkt vor 20 Jahren nämlich genau für sie errichtet wurde.
Um ein vollständigeres Bild der Entwicklung des Binnenmarktes zu zeichnen, fordert der Ausschuss für Binnenmarkt und Verbraucherschutz, dass der Binnenmarktanzeiger, der SOLVIT-Bericht, der Wegweiserdienst für die Bürger und das Verbraucherbarometer zur selben Zeit veröffentlicht werden.
Abschließend möchte ich gerne jedem, der an diesem Bericht mitgewirkt hat, danken und die Abgeordneten darum bitten, mit „Ja“ zu stimmen; denn ich bin mir sicher, dass dies in Zukunft zur schnelleren, ordnungsgemäßen Umsetzung des EU-Rechts im Rahmen der Rechtsordnung der Mitgliedstaaten führen wird. Dank diesem werden Europäer weniger Barrieren auf dem Binnenmarkt antreffen, und das ist ganz sicher eine Sache, die für die Entwicklung der europäischen Wirtschaft und auch unserer europäischen Identität von fundamentaler Bedeutung ist.
Anna Hedh, Berichterstatterin. – (SV) Herr Präsident! Zuallererst möchte ich damit beginnen, den Schattenberichterstattern und anderen Beteiligten für die gute Zusammenarbeit zu danken, die wir in der Phase genießen durften, in der wir am Verbraucherbarometer gearbeitet haben. Ich bin außerdem froh, dass wir wieder einmal einen Bericht erstellt haben, der die Unterstützung der überwältigenden Mehrheit des Ausschusses für Binnenmarkt und Verbraucherschutz hat.
Ich habe immer die Auffassung vertreten, dass wir zuversichtliche und zufriedene Verbraucher in der EU brauchen, damit der Binnenmarkt ordnungsgemäß funktioniert. Daher habe ich mich gefreut, dass wir 2007 eine Kommissarin mit besonderer Verantwortung für Verbraucherfragen bekamen. Teils als Folge von Frau Kunevas starkem persönlichen Engagement und ihrer großen Offenheit hat es große Fortschritte in der Verbraucherschutzpolitik und in Verbraucherfragen gegeben. Das Verbraucherbarometer ist auch Frau Kuneva zu verdanken.
Trotz der Bedenken in Bezug auf die Verteilung der Verantwortung für Verbraucherfragen auf zwei Kommissare hoffen wir, dass diese Arbeit weiterhin Fortschritte machen und Früchte tragen und die neue Kommission weiterhin den Verbraucher im Mittelpunkt sehen wird. Diese Verantwortung ist jetzt tatsächlich sogar größer, seit Artikel 12 des Vertrages von Lissabon festlegt, dass die Erfordernisse in Sachen Verbraucherschutz beim Entwurf und der Durchführung der anderen Strategien und Maßnahmen der Union berücksichtigt werden müssen. Das ist ein wichtiger Schritt für die Verbraucher und ich habe nicht vor, dass jemand dies während meiner politischen Tätigkeit vergessen wird.
Ich begrüße die zweite Ausgabe des Verbraucherbarometers sehr. Das Barometer ist eines von vielen Instrumenten, die wir besitzen, um den Binnenmarkt zu verbessern, und ich denke, die Perspektive, auf der das Barometer basiert, ist von besonderem Interesse, da es die Erwartungen und Probleme der Bürgerinnen und Bürger betrifft und den Binnenmarkt besonders für die Verbraucher verbessert. Das Barometer hat den Verbrauchermarkt entsprechend derselben Indikatoren wie zuvor analysiert – nämlich nach Preis, Anbieterwechsel, Sicherheit, Beschwerden und Kundenzufriedenheit.
Irgendwann werden diese zweifelsohne entwickelt und verbessert werden müssen, und neue Indikatoren werden auch aufgenommen werden müssen. Ich bin jedoch der Ansicht, dass sie gegenwärtig eine angemessene Grundlage zur Erstellung von Prioritäten und für das Ziehen von Schlussfolgerungen bieten, was die weiteren Analysen betrifft, die durchgeführt werden müssen. Es ist unglaublich wichtig, dass wir Geduld haben und dem Barometer Zeit geben, sich zu entwickeln. Es steckt immer noch in den Kinderschuhen.
Im zweiten Verbraucherbarometer haben wir unter anderem klare Anzeichen dafür gesehen, dass Verbraucher mehr Probleme mit Dienstleistungen haben als mit Gütern, und dass Preise seltener in den Bereichen steigen, in denen die Verbraucher häufiger den Anbieter wechseln. Grenzüberschreitender elektronischer Geschäftsverkehr entwickelt sich ebenfalls wegen der Grenzhindernisse langsamer, die bei den Verbrauchern für Beunruhigung und mangelndes Vertrauen sorgen. Darüber hinaus können wir sehen, dass die wirksame Anwendung der Rechtsvorschriften und der gegenwärtigen Entschädigungsmechanismen von entscheidender Wichtigkeit für das ordnungsgemäße Funktionieren des Marktes sind.
Die Daten zeigen auch, dass es große Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten gibt und noch Verbesserungsbedarf in Sachen Entschädigungsmechanismen besteht. Ich fordere daher die Kommission auf, das Grünbuch zu Sammelentschädigungen von Verbrauchern fortzusetzen.
Eine effektive Anwendung und Überwachung der EU-Bestimmungen zum Verbraucherschutz ist unerlässlich, wenn wir das Vertrauen der Verbraucher steigern wollen. Die Überwachung in der EU ist jedoch nicht einheitlich und laut Statistiken gibt es signifikante Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten hinsichtlich der Budgets für eine Marktüberwachung und der Anzahl der arbeitenden Inspektoren. Sowohl die Kommission als auch die nationalen Überwachungsbehörden müssen daher ihre Bemühungen verstärken, wenn wir das Ziel erreichen sollen, einen guten Verbraucherschutz herbeizuführen und sicherzustellen, dass die Verbraucher ausreichend überzeugt sind, um alle Gelegenheiten ausschöpfen zu können, die der Binnenmarkt ihnen bietet.
Es ist von höchster Wichtigkeit, dass wir die Mechanismen für die Marktüberwachung und -aufsicht stärken, um das Vertrauen der Verbraucher zu erhöhen. Der Verbrauch wird schließlich ein entscheidender Faktor in Europas Wirtschaftsaufschwung sein.
Cristian Silviu Buşoi, Berichterstatter. – (RO) Zunächst möchte ich mich bei denjenigen bedanken, mit denen ich die Gelegenheit hatte, am SOLVIT-Bericht zu arbeiten, dem Sekretariat des Ausschusses für Binnenmarkt und Verbraucherschutz, allen Schattenberichterstattern und meinen übrigen Kolleginnen und Kollegen, die ihr Interesse an diesem Dossier gezeigt und einen wichtigen Beitrag zum Endergebnis geleistet haben.
SOLVIT ist ein Netzwerk, das informelle Lösungen für Probleme bereithält, die aufgrund der ungeeigneten Umsetzung von Binnenmarktvorschriften auftreten können. Es handelt sich um eine besonders nützliche Innovation für die europäischen Verbraucher und Unternehmen in der Europäischen Union hinsichtlich der Vorteile, die die europäischen Rechtsvorschriften mit sich bringen. Wir haben oft Probleme bei der Durchführung der europäischen Binnenmarktrechtsvorschriften. SOLVIT scheint für mich eine gangbare Alternative zum justiziellen Weg zu sein, wobei die Gerichte sowieso längst alle Hände voll zu tun haben mit allen möglichen Fällen.
Wir können die Tatsache nicht ignorieren, dass SOLVIT mit einer ständig wachsenden Arbeitsbelastung konfrontiert und aus dieser Perspektive in gewisser Hinsicht ein Opfer des eigenen Erfolges ist. Damit SOLVIT den Bürgerinnen und Bürgern und den Unternehmen der Europäischen Union qualitativ hohe Hilfe leisten kann, müssen solche SOLVIT-Stellen, die nicht über genügend Personal verfügen, zusätzliche Angestellte bekommen.
Dieses zusätzliche Personal muss in logischer und kontrollierter Art und Weise eingesetzt werden, wobei dabei die Bevölkerungszahl des Landes und die frühere Anzahl von Fällen, mit denen die Stelle in der Vergangenheit zu tun hatte, berücksichtigt werden muss. Diese Analyse muss mit Blick auf die Bereitstellung zusätzlichen Personals nur an solchen Stellen durchgeführt werden, wo ein tatsächlicher Bedarf besteht. SOLVIT mit zusätzlichem Personal auszustatten, verursacht offensichtlich auch einige Kosten. Der Bericht fordert die Mitgliedstaaten auf, zur Finanzierung zusätzlichen Personals alle verfügbaren Ressourcen einzusetzen, einschließlich alternativer Finanzierungsmethoden.
Ein anderer Hauptschwerpunkt in diesem Bericht ist die Förderung des SOLVIT-Netzwerks, der ich persönlich größte Bedeutung zumesse, und ich denke, dass jeder von Ihnen mir da zustimmen wird. Durch die Inanspruchnahme der Dienstleistungen von SOLVIT können kleine und mittelständische Unternehmen große Summen einsparen, die sie in anderen Bereichen investieren können, wo sie Wirtschaftswachstum erzeugen können, und die vorteilhafter für ihre Entwicklung sind als die Rechtshilfe, die sie benötigen würden, um Probleme zu lösen. Soweit es Einzelverbraucher betrifft, bietet SOLVIT ihnen den Vorteil, langwierige und kostspielige Gerichtsverfahren zu vermeiden.
Um jedoch die Vorteile zu genießen, die das SOLVIT-Netzwerk bietet, müssen sich Bürgerinnen und Bürger und Unternehmen zunächst der Effektivität des Netzwerks bewusst sein. Daher glaube ich, sollten wir die nationalen Behörden, die Europäische Kommission sowie die Mitglieder dieses Parlaments aktiv in die Förderung von SOLVIT einbeziehen. Es gibt zahlreiche Wege, dies zu tun, angefangen bei den Massenmedien und Informationskampagnen, die von den Mitgliedstaaten organisiert werden, bis hin zur Schaffung eines einzelnen SOLVIT-Portals. Zusätzlich könnte der öffentliche Dienst, der bei der Durchführung der den Binnenmarkt regelnden europäischen Rechtsvorschriften beteiligt ist, jemanden ernennen, der die Kommunikation von SOLVIT übernimmt, was wiederum die Effizienz des Netzwerks steigern und zu seiner Förderung beitragen würde. Als Abgeordnete können wir die Initiative selbst übernehmen, SOLVIT zu fördern und wir können bei der Bewusstseinsbildung darüber unter unseren Kolleginnen und Kollegen auf nationaler Parlamentsebene helfen.
Der Austausch von bewährten Verfahren zwischen den Mitgliedstaaten hinsichtlich der Förderung von SOLVIT und der Lösung der operationellen Probleme dieses Netzwerks ist eine andere Maßnahme, die dieser Bericht wärmstens empfiehlt. In der Tat können gute Ideen die Runde machen und auf europäischer Ebene Anwendung finden und damit allen zum Vorteil gereichen.
Schließlich können wir die Tatsache nicht ignorieren, dass SOLVIT häufig mit vielen Fällen konfrontiert wird, die nicht unter seinen Aufgabenbereich gehören oder die besonders komplex sind und daher alternative Lösungsmethoden erfordern. Petitionen, die beim Petitionsausschuss des Europäischen Parlaments eingereicht werden, können für solche Fälle eine Lösung bieten, die zu komplex sind, um auf SOLVIT-Ebene gelöst zu werden. Daher war einer der Vorschläge in diesem Bericht, dass das SOLVIT-Portal solche Fälle an die Website des Petitionsausschusses des Europäischen Parlaments sowie an die Fachausschüsse in den nationalen Parlamenten weiterleitet.
Das sind nur einige der Ideen, auf denen der SOLVIT-Bericht basiert. Ich glaube, dass diese Vorschläge den Betrieb des Netzwerks verbessern können, und zwar indem Verbrauchern und Unternehmen qualitativ hochwertige Hilfe angeboten wird. SOLVIT hat enormes Potenzial und wir müssen seine Leistung fortwährend analysieren, um sein Potenzial voll und ganz auszuschöpfen.
Michel Barnier, Mitglied der Kommission. – (FR) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich denke, zunächst ist es sehr wichtig, dass wir mit meinem Kollegen, Herrn Dalli, Seite an Seite stehen, um Ihre Fragen zu beantworten und Ihnen die Durchführung dieser verschiedenen Instrumente und Texte zu erläutern.
In meinem politischen Leben, meine Damen und Herren, habe ich häufig gedacht, dass der Überwachungseffekt mindestens so wichtig ist wie der Ankündigungseffekt. Ich halte es daher für sehr wichtig, wenn man im nationalen Parlament oder im Europäischen Parlament ist, wenn man in der Kommission ist, dass man Instrumente haben sollte, um die wirkliche Durchführung der Texte, für die man stimmt, zu überprüfen und zu beurteilen. Ich denke auch, dass man, um ordnungsgemäß zu handeln, richtig verstehen muss, und genau auf diesen Punkt haben sich Ihre Berichterstatter mit großem Können und großer Wachsamkeit konzentriert.
Ich möchte mich bei Frau Thun Und Hohenstein und Herrn Buşoi für die mich eher direkt betreffenden Angelegenheiten sowie bei Frau Hedh ganz herzlich für die Qualität Ihrer Berichte bedanken.
Worüber sprechen wir? Wir sprechen über den Binnenmarkt. Ich sagte gestern Abend ziemlich spät in diesem Plenarsaal, dass wir es uns zu diesem Zeitpunkt der Krise und wirtschaftlichen Schwierigkeiten nicht erlauben können, nicht alle Möglichkeiten auszuschöpfen. Wenn der Binnenmarkt, der große europäische Markt, normal funktionieren würde, wie er funktionieren sollte, dann wären wir selbst in der Lage, zwischen 0,5 und 1,5 % zusätzliches Wachstum zu schaffen.
Im Moment können wir uns nicht erlauben, diese Möglichkeit zu verlieren. Der Binnenmarkt muss daher vollständig und in all seinen Bereichen funktionieren, und das ist natürlich die Aufgabe, mit der mich Präsident Barroso unter Ihrer Kontrolle betraut hat. Daher lege ich Wert auf diesen Anzeiger und auf dieses SOLVIT-Instrument, und dass sie ordnungsgemäß funktionieren. Ich nehme an, dass Herr Dalli genau das Gleiche hinsichtlich des wichtigen Themas der Verbraucher sagen wird.
Was diesen Anzeiger betrifft, so sprach Frau Thun Und Hohenstein gerade über die guten Neuigkeiten und die nicht so guten Neuigkeiten. Wir sprechen hier über 1521 Richtlinien oder Texte, die den Binnenmarkt funktionieren lassen, und das ist eine Menge. Es gibt momentan ein Umsetzungsdefizit, das, genau wie Sie sagten, seinen absoluten Tiefstand erreicht hat. Das sind gute Nachrichten und wir müssen all denjenigen danken, die in den Mitgliedstaaten und manchmal in den Regionen für die Umsetzung dieser Richtlinien verantwortlich sind. Ich möchte meinen Dank außerdem gerne auf meine Kolleginnen und Kollegen in der Generaldirektion Binnenmarkt ausweiten.
Es gibt auch einen schlechten Teil der Neuigkeiten, und der wäre, dass die Qualität der Umsetzung, die Qualität der Durchführung, ungenügend ist. Wir müssen daher alle zusammenarbeiten, mit dem Europäischen Parlament, mit den nationalen Parlamenten, mit den Behörden in jedem Mitgliedstaat. Das ist der Zweck der Besuche, wie ich Ihnen mitteilte, als ich vom Parlament angehört wurde, die ich ab sofort in jeder der 27 Hauptstädte machen werde – ich habe damit bereits begonnen –, um unter der Aufsicht der zuständigen Minister die Beamten, die verantwortlich für die Durchführung der Binnenmarktrichtlinien sind, persönlich zu treffen, und um die Punkte auf diesem Anzeiger auszuarbeiten und SOLVIT auf die Beine zu stellen und zum Laufen zu bringen, wie Herr Buşoi deutlich gesagt hat.
Das ist auch der Grund, warum ich Frau Thun Und Hohenstein sagte, dass ich mit dieser Idee eines Forums einverstanden sei; es ist eine sehr gute Idee. Wir müssen die Menschen zusammenbringen und das sollten wir hier im Parlament tun, mit der Kommission, den nationalen Parlamenten und all denjenigen in jedem Mitgliedstaat, die für die gemeinsame Nutzung, die Beurteilung und den Austausch von bewährten Verfahren verantwortlich sind. Ich glaube fest an den Nutzen eines Zusammenschlusses der Verantwortungsträger: Einigung statt Zwang, Einigung zuerst, gegenseitiges Vertrauen und geteilte Arbeit.
Was SOLVIT betrifft, so hat Herr Buşoi auf die Wichtigkeit dieses Instruments hingewiesen, das mittlerweile gut funktioniert. Wir haben momentan 1500 Fälle, die durch Zusammenarbeit, Entschlossenheit und Schlichtung hauptsächlich im Namen der Bürgerinnen und Bürger, aber auch im Namen einer großen Anzahl von Unternehmen erledigt wurden. Wie Herr Buşoi ganz zu Recht festgestellt hat, ermöglicht dies finanzielle und zeitliche Einsparungen, und somit kehren die Bürgerinnen und Bürger, Verbraucher und Unternehmen wieder an ihren Platz im Herzen des Binnenmarktes zurück statt sich mit übertrieben lästigen Verfahren zu beschäftigen, damit eine Lösung für ihre Probleme bei der Durchführung dieser oder jener sie betreffenden binnenmarktbezogenen Vorschrift gefunden, mit einbezogen und bereitgestellt werden kann.
Bis zu einem gewissen Grad ist es derselbe Geist, der den Aktionsplan für die Anlaufstelle für Fragen zum Binnenmarkt, den SMAS-Plan, antreibt, dessen Ziel es ist, bessere Informationen und einen besseren Service für Bürgerinnen und Bürger und Unternehmen bereitzustellen. Auch hier wurden Fortschritte gemacht. Dieser Plan hat es ermöglicht, dass verschiedene Dienstleistungen und gemeinsame Online-Formulare von SOLVIT und dem Wegweiserdienst für die Bürger zusammengebracht wurden.
Da dies von Ihren Berichterstattern vorgeschlagen wurde, denke ich, dass wir uns unter der Aufsicht von Herrn Dalli anstrengen könnten, dass wir uns anstrengen müssen, all diese Dokumente, Ergebnisse und Mitteilungen zur gleichen Zeit zu präsentieren, um diese verschiedenen Instrumente, die die Durchführung der binnenmarktbezogenen Texte oder Richtlinien beschreiben, zusammenzubringen und besser zu koordinieren.
Ich bin jedenfalls für die verbesserte Koordination und bestätige mein persönliches Engagement, diese verschiedenen Instrumente zur Beurteilung und Überwachung der 1500 Richtlinien, die mit dem Funktionieren des Binnenmarktes zusammenhängen, sinnvoll einzusetzen.
John Dalli, Mitglied der Kommission. – Herr Präsident! Ich werde mich zum Bericht über diese beiden europäischen Hauptstrategien – das Verbraucherbarometer und das Verbraucherdurchsetzungspaket –, das von Frau Hedh vorgestellt wurde, äußern. Ich möchte Frau Hedh für Ihre großartige Arbeit als Berichterstatterin danken.
Verbraucherpolitik ist der Kern der wirtschaftlichen und sozialen Herausforderungen, denen wir uns heute gegenübersehen. Es dreht sich alles um die Menschen. Informierte und mündige Verbraucher treiben Innovation und Wettbewerbsfähigkeit an, aber, und das ist vielleicht das Wichtigste, den Binnenmarkt für die Verbraucher arbeiten zu lassen, ist unser Trumpf bei der Wiederherstellung des Kontakts mit den Bürgerinnen und Bürgern. Die zentrale Rolle, die der Verbraucherpolitik gegeben wird, spiegelt sich in einer Anzahl von Portfolios wieder. Das Kollegium wird in der Tat eng bei der Sicherstellung zusammenarbeiten, dass die verabschiedeten Vorschriften auch zum praktischen Nutzen für die Verbraucher führen. Ich bin heute hier mit meinem Freund Michel Barnier, nur als Zeichen dafür, dass das die enge Art ist, wie wir zusammenarbeiten werden. Das wird unsere Arbeitspraxis sein.
Die Verbraucherdimension muss in allen Zuständigkeitsbereichen entwickelt werden und es werden Richtwerte für die gesamte Kommission festgelegt werden, um Fortschritte oder ihr Fehlen zu messen. Das Verbraucherbarometer dient als Warnsystem, um uns auch zu sagen, wenn der Binnenmarkt die Verbraucher enttäuscht. Der Anzeiger dient auch zur Überwachung des Fortschritts bei der Integration der Einzelhandelsseite des Binnenmarktes für Verbraucher, KMU und andere Einzelhändler. Er hilft auch, anzuzeigen, ob die Mitgliedstaaten genug tun, um neue Gesetze durchzusetzen und die Verbraucher zu informieren, zu bilden und zu befähigen.
Was die Durchsetzung angeht, bin ich erfreut zu sehen, dass das Parlament die Sicht der Kommission über die Bedeutung der Tatsache teilt, Menschen in der Praxis die Rechte zu geben, die sie auf dem Papier besitzen. In dieser Beziehung haben wir einen langen Weg vor uns. Die Mitteilung vom Juli 2009 zielte darauf ab, Wege zu benennen, die Durchsetzung in der gesamten Europäischen Union effektiver, effizienter und beständiger zu gestalten. Jetzt müssen diese in konkrete Handlungen umgesetzt werden. Eine Priorität wird sein, die Bemühungen zu intensivieren, um die Effizienz und Effektivität unserer grenzüberschreitenden Netzwerke zu steigern, die eindeutige Botschaften an die Händler senden müssen, dass es keinen sicheren Ort in der EU geben wird, wo sie sich vor Verfolgung verstecken können. Gleiches gilt für die Zusammenarbeit mit Behörden in Drittländern. Um das zu erreichen, brauchen nationale Vollstreckungsbehörden genügend Personal und Ressourcen. In harten wirtschaftlichen Zeiten stehen alle öffentlichen Dienste unter Druck, aber bei der Durchsetzung von Verbraucherrechten zu kürzen, kann nur falsches Wirtschaftsgebaren sein. Freie, offene, gut kontrollierte Märkte fördern den Wettbewerb in Sachen Qualität und Preis und kurbeln die Konkurrenzfähigkeit an. Davon profitieren nicht nur die Verbraucher, sondern auch die gesamte Wirtschaft der EU. Sowohl die Kommission als auch das Parlament sollten zusammenarbeiten, um sicherzustellen, dass diese Botschaft laut und deutlich in allen Mitgliedstaaten ertönt.
Wir beabsichtigen auch, die gute Arbeit aufrechtzuerhalten, indem wir europaweit koordinierte Vollstreckungen ins Leben rufen – sogenannte „Sweeps“ oder Schnelldurchläufe. Diese Sweeps bzw. Schnelldurchläufe haben jedoch gezeigt, dass manchmal die Vereinigung nationaler Bemühungen nicht ausreicht. Europäische Lösungen müssen her. Ich werde daher gern Ihre Einladung annehmen, die rechtliche Grundlage des Vertrages mit Hinblick auf die Stärkung des Verbraucherschutzes, insbesondere die Stärkung der Fähigkeiten der Kommission zu untersuchen, aber das wird getan werden und wir werden diesen Weg einschlagen, wenn wir zuvor überzeugt sind, dass es auf nationaler Ebene der Arbeit mehr Wert bringt.
In Sachen Entschädigung stimme ich zu, dass alternative Streitbeilegungsmechanismen preiswerte, einfache und schnelle Wiedergutmachung für Verbraucher bieten können, während der Ruf des Unternehmens gewahrt bleibt. Ein Element dieser Strategie bezieht sich auf den Umgang mit Sammelklagen. Hier möchte ich zusammen mit den Vizepräsidenten Almunia und Reding sicherstellen, dass die Kommission koordiniert vorgeht.
Letztlich zähle ich auf Ihre Unterstützung, wenn es darum geht, zu gewährleisten, dass nach 2013 genügend Geldmittel zur Verfügung stehen, wenn das gegenwärtige Verbraucherprogramm ausläuft, um die anspruchsvolle Verbraucherpolitik und nicht zuletzt die fortgesetzte Bereitstellung eines erweiterten Anzeigers zu unterstützen. Zusammen, davon bin ich überzeugt, können wir die komplexen jetzigen und zukünftigen Herausforderungen bewältigen und als Partner zusammenarbeiten, um sicherzustellen, dass der Binnenmarkt allen unseren Bürgerinnen und Bürgern sein volles Potenzial bietet.
Simon Busuttil, Berichterstatter für die Stellungnahme des Petitionsausschusses. – (MT) Im Namen des Petitionsausschusses habe ich eine Stellungnahme zum SOLVIT-Netzwerk entworfen, die ich voll und ganz unterstütze, da es ein Mittel ist, das Bürgerinnen und Bürgern, die Schwierigkeiten haben, hilft. Ich möchte jedoch gerne ein wichtiges Argument anbringen, das ich weiter ausführen werde: die Notwendigkeit der vollständigen Zusammenarbeit zwischen allen Stakeholdern, die von den Bürgerinnen und Bürgern kontaktiert werden. Welche Optionen stehen den Bürgerinnen und Bürgern zur Verfügung, die ein Problem haben? Sie können entweder eine Petition beim Europäischen Parlament einreichen, das mit einer derartigen Befugnis unter Artikel 194 des Vertrages ausgestattet ist, sie können eine Beschwerde bei der Europäischen Kommission vorlegen oder aber eine Beschwerde bei SOLVIT einreichen. Als Bürgerin oder Bürger kann man auch Wiedergutmachung erlangen, indem man eine Beschwerde an den Europäischen Bürgerbeauftragten richtet, aber das schafft große Verwirrung mit dem Ergebnis, dass die Bürgerin/der Bürger nicht genau wissen würde, wo Wiedergutmachung und Hilfe zu erlangen sind. Somit fordere ich meiner Meinung nach und im Namen des Petitionsausschusses größere Zusammenarbeit zwischen allen beteiligten Institutionen, damit die Bürgerin/der Bürger genau weiß, wo sie/er die Wiedergutmachung fordern muss.
Zuzana Roithová, im Namen der PPE-Fraktion. – (CS) Herr Kommissar, meine Damen und Herren! Der Internetdienst SOLVIT ist nun seit acht Jahren in Betrieb und hat erfolgreich 83 % der Beschwerden von Bürgerinnen und Bürgern und Unternehmen gelöst, die durch falsche Anwendung europäischen Rechts in den Mitgliedstaaten verursacht wurden, und hat dies innerhalb von 10 Tagen geschafft. Im Jahr 2008 wurden Rechtsstreitigkeiten und Schäden in der Höhe von 32 Millionen EUR vermieden, und zwar dank der informellen Lösungen von SOLVIT.
Das Problem, das durch unsere drei Berichte enthüllt wird, hat zwei Ebenen: ganz vorne steht die Unpünktlichkeit einer Reihe von Mitgliedstaaten bei der Realisierung europäischer Gesetze in der nationalen Praxis mit einem Manko von 100 Richtlinien, die noch nicht vollständig in Verbindung mit dem Binnenmarkt in Kraft getreten sind. Ich weiß, das ist ein kleiner Bruchteil, aber es ist ein wichtiger Bruchteil. An zweiter Stelle steht der sehr schwache Gebrauch, der von SOLVIT als einem praktischen Instrument gemacht. Zum Beispiel ist es in der Tschechischen Republik unter Fachleuten gut bekannt, aber nur 7 % der eingetragenen Unternehmer wissen etwas von dieser Dienstleistung. In Frankreich ist die Lage noch schlechter. Laut Statistik kümmert sich nur eine Person mit Berufserfahrung um SOLVIT.
Ich freue mich, dass unser Ausschuss auch die Vorschläge, die ich als Schattenberichterstatter vorgestellt habe, unterstützt hat; zum Beispiel die Maßnahme, das fachliche Verwaltungspersonal des SOLVIT-Netzwerks in den Mitgliedstaaten aufzustocken. Es ist allerdings hauptsächlich eine Sache der Förderung des Netzwerks unter Unternehmern, ins Ausland entsandten Arbeitskräften, verschiedenen Verbänden, nationalen Parlamenten und auch diesem Parlament. Ich möchte gerne die Notwendigkeit erwähnen, SOLVIT mit den einheitlichen Kontaktpunkten und Beratungsdiensten zu verbinden, die von der Kommission betrieben werden, und natürlich ist es für die Kommission wichtig, alle Länder rechtzeitig über die durch das SOLVIT-Netzwerk gelösten Fragen zu informieren. Die Kommission sollte diese Analysen in Jahresberichten darstellen, und auf diese Weise könnten wir natürlich die Benutzerfreundlichkeit des SOLVIT-Netzwerks verbessern.
Ich bin froh, dass unser Ausschuss alle drei Berichte in einem solchen Ausmaß quer durch das politische Spektrum unterstützt hat und hoffe, dass das Plenum sie ebenfalls unterstützt. Ich möchte allen Berichterstattern für ihre geleistete Arbeit danken.
Evelyne Gebhardt, im Namen der S&D-Fraktion. – Herr Präsident, liebe Herren Kommissare, liebe Kollegen, liebe Kolleginnen! Heute geht es um Binnenmarkt, Verbraucherschutz, Mobilität der Menschen in der Europäischen Union. Darum geht es, wenn wir über diese drei Instrumente sprechen, und darauf möchte ich insbesondere eingehen.
Diese drei Themen zusammenzubringen, ist ein ganz großer Gewinn, den wir heute haben. Denn Wirtschaft und die Rechte der Verbraucher, der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen sind keine Gegensätze an sich, sondern sie müssen zusammengeführt werden. Das ist es, was wir für die Zukunft nach vorne bringen müssen. Deswegen ist es gut, dass wir diese gemeinsame Debatte heute führen.
Um dieses zu verwirklichen, müssen wir vor allem drei politische Grundsätze nach vorne bringen. Zum einen – und das hat Kommissar Barnier sehr gut vorhin ausgedrückt – geht es darum, dass der Protektionismus, der in den Mitgliedstaaten, in den nationalen Regierungen immer noch sehr stark vorhanden ist, überwunden wird. Das brauchen wir auf jeden Fall, das steht auf der Tagesordnung.
Der zweite politische Grundsatz ist, dass wir gleichzeitig die Rechte der Verbraucher und Verbraucherinnen und der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen auf einem sehr hohen Niveau sichern müssen. Das heißt, Binnenmarkt bedeutet nicht Abschaffung von Rechten, bedeutet nicht Deregulierung, sondern bedeutet, dafür zu sorgen, dass wir gemeinsame Rechte auf sehr hohem Niveau für diese Bereiche erhalten. Deswegen gibt es einen Punkt in dem Bericht von Frau von Thun Und Hohenstein, den wir nicht gut finden, nämlich der sogenannte Binnenmarktanzeiger oder Binnenmarkttest. Denn das ist der falsche Begriff. Er erweckt den Eindruck, dass es nur darum geht, wie der Markt funktioniert. Das ist es nicht! Wir müssen nachfragen, welche Auswirkungen die Gesetzgebung in der Europäischen Union auf die Rechte der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen, auf die Rechte der Verbraucher und Verbraucherinnen hat. Deswegen lehnen wir diesen Begriff ab, weil er ein falscher Begriff ist.
Drittens: Wir brauchen eine gute Durchsetzung der Rechte auf europäischer Ebene. Darum brauchen wir ein System der Sammelklagen, damit die Verbraucher und Verbraucherinnen in diesem Binnenmarkt nicht alleine stehen, sondern auch wirklich ihre Rechte durchsetzen können.
Robert Rochefort, im Namen der ALDE-Fraktion. – (FR) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Zunächst lassen Sie mich sagen, dass ich sehr froh bin, dass dieser Austausch zum Thema Binnenmarkt und Verbraucherschutz heute Morgen als wichtigste Aussprache stattfindet.
Im Zusammenhang mit der Wirtschaftskrise, Herr Barnier, ist der Binnenmarkt ein Aktivposten, den wir wirklich entwickeln müssen. Innerhalb dieses Binnenmarktes ist natürlich der Verbrauch vielleicht die wichtigste Antriebskraft, die wir kurzfristig unterstützen müssen. Jedoch nicht irgendeine Art von Verbrauch. Wir brauchen einen Verbrauch, der für die Zukunft vorsorgt, der in Einklang mit den Herausforderungen nachhaltiger Entwicklung steht, einen verantwortungsbewussten Verbrauch, der nicht immer danach trachtet, Billigprodukte zu fördern, die die Kaufkraft von Familien steigern sollen, aber in Wirklichkeit häufig qualitativ mittelmäßig sind und aus der fast systematischen Standortverlegung ihrer Produktion nach außerhalb der Union stammen. Wir wissen, wer ihre Hauptopfer sind: die Konsumenten mit dem niedrigsten Einkommen, die schwächsten Verbraucher.
Kurz gesagt, wir müssen das Vertrauen zwischen den Verbrauchern und den Unternehmen wiederherstellen, besonders mit den Vertriebsunternehmen, um die Entwicklung unseres EU-Binnenmarktes zu stärken und zu fördern. Ich möchte gerne eine klare Botschaft an die Kommission richten. Ja, Herr Dalli, Sie werden unsere Unterstützung haben, aber wir spüren das Unbehagen, das durch das Risiko entsteht, das mit der Verteilung der Kompetenzen unter Ihnen selbst verbunden ist. Wir befürchten, dass dies zur Zersplitterung Ihrer Verantwortung führt. Zur gleichen Zeit sollten wir sehr darauf achten, dass Sie wirklich koordiniert zusammenarbeiten. Wir erwarten, dass die Interessen der Verbraucher wirklich bei allen Strategien der Europäischen Union berücksichtigt werden, ganz im Sinne des Vertrags von Lissabon.
Ich sollte Ihnen direkt ein Beispiel nennen, das nicht nur Herrn Barnier mit Herrn Dalli, sondern auch mit Frau Reding verbindet. Es ist Zeit, das Grünbuch zu den Sammelentschädigungen fortzusetzen. Wir erwarten von Ihnen, dass Sie dort Fortschritte machen. Da Sie sich darauf bezogen, nebenbei bemerkt, Herr Dalli, würde ich gerne von Ihnen wissen, ob Sie dazu schon einen Plan haben. Wir erwarten außerdem von Ihnen, dass Sie ein spezielles neues europäisches Formular entwickeln, damit diese Sammelentschädigungen den allzu vertrauten Missbrauch des US-amerikanischen Systems verhindern werden, damit wir etwas haben, wovon jeder profitieren kann, das nicht die Interessen der einen Seite gegen die der anderen ausspielt.
Ich möchte unserer Kollegin, Frau Hedh, zu ihrem sehr vollständigen Bericht gratulieren. Ich möchte besondere Aufmerksamkeit auf die Betonung lenken, die sie in ihrem Bericht ganz richtig auf die Verbraucheraufklärung legt, die wichtig ist und das ganze Leben anhalten muss, da es nicht nur Sache kleiner Kinder, sondern auch der Verbraucher ist, angesichts des Ausmaßes, in dem die Produkte sich verändern und die Vermarktungstechniken immer ausgereifter werden.
(Der Präsident unterbricht den Redner)
Abschließend möchte ich einfach nur sagen, dass die Indikatoren, die Anzeiger, alle sehr gut sind – und das sagt ein ehemaliger Statistiker und Wirtschaftswissenschaftler –, aber sie ersetzen den politischen Willen nicht, der uns wirklich zum Handeln bewegen muss.
Heide Rühle, im Namen der Verts/ALE-Fraktion. – Herr Präsident! Ich möchte anknüpfen an das, was Herr Barnier am Anfang sagte: die hohe Bedeutung des Binnenmarkts in der jetzigen Krise. Das hat sich ja wieder sehr deutlich gezeigt. Aber der Binnenmarkt setzt natürlich auch voraus, dass die Bürgerinnen und Bürger Vertrauen in ihn haben. Nur dann funktioniert er richtig. Daran mangelt es noch auf vielen Ebenen. Gerade wir Abgeordnete merken sehr häufig in den Debatten in unseren Heimatländern, dass diese Ängste vor dem Binnenmarkt bei den Bürgern durchaus noch vorhanden sind und dass Themen wie Protektionismus leider auch deshalb ziehen, weil sie nicht nur von Regierungsseite gesetzt werden, sondern auch viele Bürgerinnen und Bürger derartige Dinge unterstützen. Deshalb ist es umso wichtiger, dass wir im Parlament dafür sorgen, dass mehr Vertrauen in diesen Binnenmarkt geschaffen wird. Dazu ist natürlich Verbraucherpolitik ein ganz zentrales Element. Verbraucherpolitik, Verbraucherschutz auf einem hohen Niveau kann das Vertrauen der Bürger in den Binnenmarkt stärken und schützen. Deshalb müssen wir in dem Bereich auch verstärkt arbeiten.
Ich begrüße es, dass Sie heute als Kommissare hier gemeinsam aufgetreten sind. Sie wissen ja, dass auch unsere Fraktion kritisiert hat, dass es nicht mehr einen allein zuständigen Kommissar oder eine allein zuständige Kommissarin für Verbraucherpolitik gibt, weil das Signal, das von Frau Kuneva ausging, ein sehr positives Signal war. Deshalb begrüßen wir es, dass Sie hier sehr deutlich zeigen, dass Sie in diesem Bereich kooperieren wollen. Wir hatten auch Angst, dass durch die Verteilung auf verschiedene Kommissare der Verbraucherschutz im Endeffekt zu kurz kommt. Ich hoffe aber, dass dieses Zeichen keine Eintagsfliege ist, sondern dass Sie hier sehr eng kooperieren werden, denn es liegen ja sehr wichtige Fragen vor uns, z. B. ist auch das Thema Verbandsklagerecht, das Thema Sammelklagen, noch nicht ausdiskutiert und müsste vorangetrieben werden. Auch das ist natürlich sehr wichtig, um Vertrauen bei den Bürgerinnen und Bürgern zu schaffen.
Wir brauchen mehr Instrumente, die deutlich machen, dass die Bürger im Binnenmarkt geschützt sind. SOLVIT ist dafür ein sehr wichtiges Instrument. Deshalb unterstützen wir auch den Bericht von Herrn Buşoi voll und ganz. SOLVIT, eine außergerichtliche Lösungsmöglichkeit, schafft Vertrauen in den Binnenmarkt, sorgt für mehr Kenntnisse über den Binnenmarkt, und hieran fehlt es auch sehr häufig noch auf Seiten der Behörden in den Mitgliedstaaten, da kann SOLVIT eine wichtige und zentrale Ergänzung bringen. Ich bin in diesem Jahr Berichterstatterin für den Haushalt und kann Herrn Dalli versichern, dass wir auf die Haushaltsfragen, auf die Mittelzuweisungen im Bereich Verbraucherpolitik, achten werden. Wir sind schon auf unseren Haushaltsausschuss zugegangen und haben betont, dass wir natürlich die Mittelfortschreibung wollen, dass wir wollen, dass entsprechende Gelder eingesetzt werden. Da können Sie mit unserer Unterstützung rechnen.
Insgesamt – um es noch einmal zusammenzufassen – finde ich, dass diese drei Berichte ein sehr wichtiges, ein sehr gutes Signal sind. Wir unterstützen sie. Es gibt einen Punkt, bei dem wir auch Kritik haben. Dabei geht es um den Binnenmarktcheck, den wir für etwas einseitig halten. Wenn man die Richtlinien überprüft, dann müsste man sie nach verschiedenen Gesichtspunkten überprüfen. Dabei spielt auch die Nachhaltigkeit eine wichtige Rolle, da spielen soziale Fragen eine wichtige Rolle. Es sollte nicht nur unter dem Aspekt des Binnenmarkts geprüft werden, sondern wenn, dann umfangreich. Und das Thema Subsidiarität darf in diesem Zusammenhang natürlich auch nicht zu kurz kommen. Deshalb halten wir die einseitige Erwähnung des Binnenmarktchecks für bedauerlich. Aber grundsätzlich unterstützen wir die Berichterstatterin, auch was den Binnenmarktcheck angeht, in ihren Ansätzen und werden dem Bericht zustimmen.
Adam Bielan, im Namen der ECR-Fraktion. – (PL) Herr Präsident! Der Prozess, den Gemeinsamen Markt zu erschaffen, der auf den vier Freiheiten basiert – dem freiem Personen-, Waren-, Kapital- und Dienstleistungsverkehr –, ist immer noch ein unvollendeter Prozess, besonders wenn wir an die vierte Freiheit denken, den freien Dienstleistungsverkehr, und wir haben noch viel vor uns. Es ist ein äußerst bedeutender Prozess, besonders zu einer Zeit der Wirtschaftsflaute und angesichts der Wirtschaftskrise in Europa. Es ist tatsächlich zu einer Zeit der Konjunkturflaute, dass wir über die Vorzüge des Gemeinsamen Marktes sprechen sollten, und dann sehen wir vielleicht den politischen Willen, den Herr Rochefort gefordert hat.
Ich möchte aus diesem Grund das Präsidium des Europäischen Parlaments dazu beglückwünschen, dass es die Bedeutung der Angelegenheit erkennt und diese Debatte über die drei Berichte zu einer Prioritätsdebatte für diese Parlamentssitzung macht. Mein Dank und meine Glückwünsche gelten auch Herrn Harbour, dem Vorsitzenden des Ausschusses für Binnenmarkt und Verbraucherschutz, für die Wirksamkeit seiner diesbezüglichen Bemühungen. Ich möchte auch den drei Berichterstattern für diese drei Berichte von solcher Wichtigkeit gratulieren. Mir ist allerdings eine gewisse Widersinnigkeit aufgefallen. Heute diskutieren wir im Plenum den Bericht von Frau Thun – der ein ausgezeichneter Bericht ist, wie ich gerne hinzufügen möchte –, aber es ist ein Bericht über den Binnenmarktanzeiger für 2008. Vor einigen Tagen jedoch hat die Kommission den Binnenmarktanzeiger für 2009 veröffentlicht. Ich denke, das ist ein weiterer Grund dafür, warum die Kommission in Zukunft alle vier wichtigen Berichte, die den Binnenmarkt überwachen, zur selben Zeit veröffentlichen sollte. Schließlich handeln der Binnenmarktanzeiger, das Verbraucherbarometer, der SOLVIT-Bericht und der Wegweiserdienst für die Bürger in der Tat alle von derselben Sache und wir sollten sie zur selben Zeit erhalten.
Als Letztes möchte ich gerne meine Unterstützung für die beiden im Thun-Bericht enthaltenen Hauptvorschläge bekunden. Ich unterstütze vollständig sowohl den Vorschlag, ein jährliches Binnenmarktforum abzuhalten, als auch, und viel wichtiger, den Vorschlag eines vorgeschriebenen Tests, des „Binnenmarkttests“, der alle zukünftigen Vorschläge der Europäischen Kommission begleiten sollte.
Kyriacos Triantaphyllides, im Namen der GUE/NGL-Fraktion. – (EL) Herr Präsident! Es besteht nun der dringende Eindruck, der vom Vertrag von Lissabon und durch die Position, die von der Kommission selbst eingenommen wird, bestätigt wird, dass die Verbraucherschutzpolitik sich darauf konzentrieren muss, einen gesunden Markt zu gewährleisten, auf dem die Verbraucher in Sicherheit und Zuversicht agieren können.
Dieses Denken basiert auf der Tatsache, dass, wenn die Verbraucher sich wohl fühlen und Vertrauen in den Markt haben und grenzüberschreitender Handel gefördert wird, die Konkurrenzfähigkeit wachsen wird und die Verbraucher eine größere Auswahl an Gütern und Dienstleistungen zu konkurrenzfähigeren Preisen haben werden.
Wir sind nicht einer Meinung mit der Position und der Auffassung, dass effizientere und flexiblere Verbrauchermärkte grundlegende Faktoren für die Konkurrenzfähigkeit und den Wohlstand der Bürgerinnen und Bürger sind. Die Wirtschaftskrise beweist, dass wir uns von den besonderen Umständen in jedem Staat leiten lassen müssen und nicht von der dogmatischen Anwendung eines einzelnen Standards, nämlich dem des unverfälschten Wettbewerbs. Wir sind der Ansicht, dass Konkurrenzfähigkeit nicht mit dem Wohlstand der Bürgerinnen und Bürger verflochten ist, weil sie eher Unternehmen begünstigt, wenn man bedenkt, dass heute von Preissenkungen insgesamt nachweislich nicht die Verbraucher profitiert haben.
Wir brauchen Preiskontrollen für Waren des Grundbedarfs, zum Vorteil der ärmeren Schichten und der Gesellschaft als Ganzes. Die einzige Politik, die den Verbraucherschutz festigen und verbessern kann, ist eine, die sich um den Menschen und dessen Wohlergehen dreht und nicht um den wachsenden Wettbewerb.
Daher stimmen wir einem Anzeiger zu, um die Zufriedenheit der europäischen Verbraucher mit dem reibungslosen Betrieb des Marktes aufzuzeichnen und zu beurteilen, aber andererseits sollten wir uns nicht vom Wesentlichen und der Zielsetzung entfernen, die da wäre, einen menschenorientierten Binnenmarkt zu betreiben, der sich um das Wohlergehen der Menschen und nicht um Zahlen dreht. Wir sehen ein Verbraucherbarometer als ein Instrument zur Aufzeichnung des Maßes der Kundenzufriedenheit innerhalb eines spezifischen Rahmenwerks und zu einem bestimmten Zeitpunkt an. Allerdings können diese Evaluierung und diese Aufzeichnungen allein den Bürgerinnen und Bürgern schlicht und einfach deswegen keinen größeren Wohlstand bringen, weil sie offensichtlich den Verbrauchern mehr Selbstbewusstsein und Sicherheit geben werden.
Des Weiteren muss jede Evaluierung auf der Grundlage quantifizierbarer sozialer Ziele geschehen. Wir möchten auch bemerken, dass, da die primäre Zielsetzung des Anzeigers darin besteht, die Beschwerden der Verbraucher aufzuzeichnen, die Maßnahmen, die zur Vermeidung von Geschäftemacherei ergriffen werden müssen, besonders hervorgehoben werden müssen.
Oreste Rossi, im Namen der EFD-Fraktion. – (IT) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Heute diskutieren wir drei Maßnahmen, bei denen es um die Gesundheit und den Schutz der Verbraucher geht, für die wir bereits im Ausschuss mit „Ja“ gestimmt haben und für die wir auch im Plenum mit „Ja“ stimmen werden.
Wir sind auf der Seite der Bürgerinnen und Bürger, die zu oft durch Entscheidungen der europäischen Organe geschädigt werden: Ich denke dabei an die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, die freie Zurschaustellung des Kreuzes zu verbieten; die Unfähigkeit, wirksam gegen illegale Einwanderer vorzugehen; den nicht abbrechenden Strom von Menschen aus Drittländern, die unseren Menschen die Arbeit wegnehmen; die Zurückhaltung, den Verbrauchern ordentliche Informationen über Produkte und die Herkunft von Nahrungsmitteln zukommen zu lassen.
Der Hedh-Bericht legt Wert auf den Standpunkt der europäischen Bürgerinnen und Bürger, die täglich das Pro und Kontra des Binnenmarktes erleben, und betont die weise Ernennung eines Kommissars für Verbraucherangelegenheiten im Jahr 2007. Der Bericht weist auch auf die Notwendigkeit hin, die Überwachungs- und Kontrollstrukturen der Mitgliedstaaten zu harmonisieren sowie die von Drittländern.
Der Thun Und Hohenstein-Bericht kritisiert bestimmte in der Vergangenheit angenommene Verhaltensweisen und fordert, die Verantwortung zwischen Mitgliedstaaten und Kommission zu verteilen.
Der Buşoi-Bericht betrifft das SOLVIT-Netzwerk, das von der Europäischen Kommission geschaffen wurde, um Bürgerinnen und Bürgern und Unternehmen kostenlose Hilfe bei der Durchsetzung ihrer Rechte innerhalb der Union, besonders in Streitfällen, zu geben. Er kritisiert auch bestimmte Unzulänglichkeiten des Netzwerks und setzt sich für verbesserte Informationen für die Bürgerinnen und Bürger und die Unternehmen ein, die oft gar nicht wissen, dass diese Struktur existiert. Als Gesetzgeber müssen die Bürgerinnen und Bürger und die Verbraucher unser Hauptanliegen sein.
Angelika Werthmann (NI). - Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! SOLVIT kann und soll einen wesentlichen Beitrag zu mehr Transparenz in der Durchführung und Umsetzung der Personen- und Bürgerrechte im Binnenmarkt leisten. Im Vordergrund des SOLVIT-Online-Netzwerks zur Problemlösung steht ein pragmatischer Ansatz, der sowohl Bürgerinnen und Bürgern als auch Unternehmen ohne große formelle Bürden zugute kommt.
Der Bericht von 2009 zeigt allerdings auch, dass fast 40 % der Anfragen der Bürger sich auf Aufenthaltsbestimmungen in einem anderen EU-Land bezogen haben. Hier stellt sich die Frage, ob die Durchführung der Aufenthaltsrechte noch immer nicht transparent gehandhabt wird.
Tiziano Motti (PPE) . – (IT) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Heute werden wir über unseren Initiativbericht zum Verbraucherschutz abstimmen, einem sehr wichtigen Instrument, für das ich unter anderem der Berichterstatterin, Frau Hedh, und den anderen Berichterstattern für die ausgezeichnete Atmosphäre danken muss, in der wir unsere Zusammenarbeit erledigt haben.
Es gab viele Punkte, bei denen wir absolut gleicher Meinung waren, und andere, an denen wir hoffentlich in Zukunft noch arbeiten können: speziell das europäische Verbraucherbarometer, das von der Europäischen Kommission gefördert wird, ein sehr wichtiges Instrument, das nichtsdestotrotz meiner Ansicht nach immer noch keine standardisierten Daten liefert, um die Menschen zu befähigen, klare Entscheidungen zu treffen. Wenn wir ein Unternehmen wären und über die Zukunft des Unternehmens auf der Grundlage von Daten, die immer noch falsch wären, entscheiden würden, könnten wir bankrott gehen. Daher hoffe ich, dass wir zukünftig auf der Grundlage einer Datenbank arbeiten können, die es den Menschen ermöglicht, klare Entscheidungen zu treffen.
Wir müssen außerdem, auch in diesem Bericht, die große Last bedenken, die auf die Verbraucher abgewälzt wird, aber meiner Ansicht nach und im Namen der Fraktion glaube ich, dass ein besseres Gleichgewicht zukünftig notwendig ist, da europäische Bürgerinnen und Bürger nicht einfach nur Verbraucher sind, sondern auch Arbeitnehmer in Unternehmen, die auf dem Binnenmarkt operieren. Wir müssen daher immer das Gleichgewicht im Auge behalten, das zwischen denjenigen existieren muss, die die Dienstleistungen zur Verfügung stellen und die Güter liefern und den Verbrauchern selbst; denn das ist unser Ziel.
Ein informierter Verbraucher ist ein freier Verbraucher – daher ist jegliche Initiative, zusätzliche Informationen zu liefern, willkommen –, aber wir haben uns gegen Schulprogramme ausgesprochen, denn wir dürfen nicht an die Stelle der Verbraucher treten, wenn sie ihre eigene freie Wahl haben sollen, und wir glauben, dass Eltern der erste Bezugspunkt für kleine Kinder hinsichtlich ihrer Verbraucheraufklärung sein sollten. Darüber hinaus haben Eltern auch die Kontrolle über den Konsum ihrer Kinder, besonders, wenn sie noch klein sind.
Was Erwachsene betrifft, so stimmt es, dass Verbraucher manchmal Schwierigkeiten haben, sich selbst mit den entsprechenden rechtlichen Kanälen zu beschützen, daher sind wir für außergerichtlichen Rechtsschutz, aber wir glauben, dass wir uns mehr bemühen müssen, besonders in Krisenzeiten, das, was bereits besteht, dazu zu bringen, dass es funktioniert, statt zu versuchen, die Zahl der Bürgerbeauftragten für Verbraucher zu erhöhen.
Ich komme zum Ende und werde einige Dienstleistungen nennen, die von der öffentlichen Verwaltung angeboten werden. Es tut mir leid, dass die Tatsache keine gebührende Beachtung fand, dass die öffentliche Verwaltung, Stadtverwaltungen, Körperschaften, Provinzen und sogar Staaten auch einen Bezugspunkt für den Verbraucher darstellen. Ich hoffe, dass wir zukünftig mehr tun können; denn es muss möglich sein, dass Verbraucher auch vor schlecht funktionierenden Dienstleistungen der öffentlichen Verwaltung geschützt sind.
Liem Hoang Ngoc (S&D). – (FR) Herr Präsident, Frau Präsident! Ich danke Frau Thun Und Hohenstein für die Gewissenhaftigkeit ihrer Arbeit und die gesamte Qualität ihres Berichts.
Als Schattenberichterstatter für die Fraktion der Progressiven Allianz der Sozialisten & Demokraten im Europäischen Parlament freue ich mich, dass die Abstimmung im Ausschuss für Binnenmarkt und Verbraucherschutz es ermöglicht hat, in den Abschlussbericht eine Reihe von Ideen einzuarbeiten, die wir uns gewünscht haben.
Die erste ist die Notwendigkeit, einen qualitativ besseren Ansatz hinsichtlich der Durchführung des Binnenmarktanzeigers zu verabschieden, damit die Gründe des Umsetzungsdefizits identifiziert werden können. Wir unterschätzen die Nützlichkeit der Statistik und den Druck nicht, der von der Zurschaustellung der guten und schlechten Schüler der EU kommt, aber unserer Meinung nach sollte die Kommission ehrgeiziger sein und versuchen, diesen Anzeiger zu einem Instrument zu machen, das entwickelt wurde, um Verständnis für die Schwierigkeiten zu haben, denen sich die Mitgliedstaaten in Zusammenhang mit dem Umsetzungsprozess gegenüber sehen. Um so mehr, da wir alle wissen, dass das Umsetzungsdefizit manchmal vielleicht nicht auf der Böswilligkeit der Mitgliedstaaten beruht, sondern auf der mittelmäßigen Qualität der europäischen Rechtsvorschriften, die umgesetzt werden sollen.
Der zweite Aspekt, auf den ich mich konzentriert habe, ist die Notwendigkeit, während der Umsetzungsphase den Dialog zwischen der Kommission und den Mitgliedstaaten zu intensivieren. Je mehr der Informationsaustausch auch in die andere Richtung stattfindet, desto eher wird es möglich sein, der Gefahr der Nichtumsetzung oder falschen Umsetzung vorzubeugen.
Der Bericht wirft allerdings bei einem Punkt ein Problem auf: das bezieht sich auf Absatz 10, der anfangs nicht im Berichtentwurf von Frau Thun Und Hohenstein enthalten war. Dieser Absatz schlägt die Schaffung eines Binnenmarkttests für jede neue vorgeschlagene Rechtsvorschrift vor. Wir sind absolut dagegen, da uns ein solcher Test bestenfalls sinnlos und schlimmstenfalls gefährlich vorkommt.
Die Überprüfung jedes Hindernisses für den Binnenmarkt wird tatsächlich schon während der Auswirkungsstudien, die mit jeder neuen Gesetzesvorlage von der Europäischen Kommission durchgeführt werden, erledigt. Wir würden nicht wollen, dass dieser Binnenmarkttest als Vorwand benutzt wird, um soziale oder umwelttechnische Fortschritte zu unterminieren. Unter solchen Umständen könnten wir dem nicht zustimmen.
Jürgen Creutzmann (ALDE). - Herr Präsident, Herr Kommissar Barnier, Herr Kommissar Dalli! Die Tatsache, dass wir heute drei Initiativberichte zum Verbraucherschutz und zum Binnenmarkt diskutieren, zeigt, dass in diesen Bereichen trotz aller Erfolge noch vieles im Argen liegt. Sicherlich, im Durchschnitt haben sich die Mitgliedstaaten in der Umsetzung der Binnenmarktrichtlinien stark verbessert, dennoch haben sieben Mitgliedstaaten das von der Kommission gesteckte Ziel verfehlt, den Rückstand der Umsetzung von Binnenmarktrichtlinien auf 1 % zu senken.
Das Hauptproblem liegt jedoch weniger in der Umsetzung, sondern in der Anwendung des EU-Rechts. So dauert es bei Vertragsverletzungen durch Mitgliedstaaten im Schnitt 18 Monate – also immer noch viel zu lange –, bis sie das Urteil des EuGH befolgen. Dies geht aus dem aktuellen Binnenmarktanzeiger hervor und ist für die Liberalen inakzeptabel. Dieses Defizit führt zu Problemen bei Bürgern und insbesondere auch bei kleinen und mittelständischen Unternehmen, die sich auf harmonisierte Regeln im Binnenmarkt verlassen, dann aber unerwartet doch auf zeitraubende und bürokratische Hürden stoßen, wenn sie grenzüberschreitend tätig werden wollen.
Aus diesem Grund ist es wichtig, dass SOLVIT weiter ausgebaut wird. SOLVIT ist ein Online-Netzwerk zur Problemlösung, in dem die Mitgliedstaaten zusammenarbeiten, um auf pragmatische Weise Probleme zu lösen, die durch die fehlerhafte Anwendung von Binnenmarktvorschriften durch Behörden entstehen. Alle Mitgliedstaaten müssen endlich die finanziellen Mittel und genügend gut ausgebildetes Personal für die SOLVIT-Zentren bereitstellen. Die Liberalen fordern nachdrücklich, dass SOLVIT in den Mitgliedstaaten bekannter gemacht wird, um ihnen den grenzüberschreitenden Absatz ihrer Produkte und Dienstleistungen zu erleichtern. Hierzu ist die Einbindung der einschlägigen Verbände in groß angelegte Informationskampagnen ebenso erforderlich wie ein einheitliches, leicht verständliches und auffindbares Internetportal, das alle Arten von Beschwerden entgegennimmt.
Malcolm Harbour (ECR). – Herr Präsident! Als Vorsitzender des Ausschusses für Binnenmarkt und Verbraucherschutz bereitet es mir große Freude erst einmal zu sagen, wie sehr wir alle die Tatsache schätzen, dass Kommissar Barnier und Kommissar Dalli beide heute hier sind, wie viele meiner Kollegen beobachtet haben, und zweitens auch zu bemerken, dass dies, wie ich glaube, ein bemerkenswerter Anlass für das Parlament ist.
Wir haben einen Ausschuss, der drei Eigeninitiativberichte zusammengestellt hat, bei denen es um die Überwachung und Umsetzung von wichtigen Rechtsinstrumenten geht, und wie Sie, Herr Kommissar Barnier, sagten, wird ein Teil Ihres Erfolges nicht nur an der Zahl der Gesetzesvorlagen gemessen, die Sie voranbringen, sondern daran, wie gut sie funktionieren.
Ich halte das für eine wirklich bedeutende Entwicklung, mit der sich alle Ausschüsse in diesem Parlament befassen müssen. Ich möchte besonders all den Koordinatoren im Ausschuss danken, die mit mir gearbeitet haben, um mit unserer Arbeit, voranzukommen und außerdem nationale Parlamente aufzufordern, Foren von nationalen Parlamenten zu haben.
Ich hoffe sehr, wie beide Kommissare angedeutet haben, dass wir ein größeres Binnenmarktforum hätten, aber wir würden gerne Ihre Berichte zusammengeführt haben, damit dies eine jährliche Veranstaltung im Parlament werden kann für dieses wirklich wichtige Thema.
Ich halte es für bezeichnend – wenn wir uns den EU-2020-Vorschlag ansehen –, dass die Vervollständigung des Binnenmarktes jetzt auf einen Absatz degradiert wird, der von Lücken schließen und Netzwerke vervollständigen redet. Nun, ich hoffe, dass alle meine Kolleginnen und Kollegen der gleichen Meinung sind, dass das absolut inakzeptabel ist. Die EU-2020-Initiative fordert von den Mitgliedstaaten einen Beitrag, und wir haben von den Berichterstattern (denen ich sehr für ihre Berichte danke) von der Tatsache gehört, dass die Mitgliedstaaten einen Beitrag zur Fertigstellung des Binnenmarktes leisten müssen.
Das muss eine Vorreiterinitiative sein und darf nicht an den Rand gedrängt werden in der Art, wie das in der EU-2020-Initiative gemacht wird, und ich hoffe, dass Sie beide uns dabei helfen werden, dass das auch wirklich in den nächsten Wochen passiert.
Trevor Colman (EFD). – Herr Präsident! Die erste Bemerkung einer Meinungsverschiedenheit heute Morgen: diese Berichte unterstützen voll und ganz die Durchführung des EU-Rechts zum Verbraucherschutz in den Mitgliedstaaten und die Überwachung des Integrationsprozesses der Märkte, worüber in einem jährlichen Bericht berichtet werden wird.
Eine der Hauptempfehlungen ist die Einrichtung eines Verbraucherbarometers, das Themen wie Beschwerden, Preise, Zufriedenheit, Wechsel und Sicherheit betrifft, plus einer ganzen Fülle von zusätzlichen Langzeitindikatoren. Die Kommission beabsichtigt eine ausführliche Analyse aller sogenannten, im Verbraucherbarometer identifizierten problematischen Sektoren durchzuführen.
Dieses bürokratische Netz miteinander verbundener zwangsweiser Durchführungen und der sich selbst erhaltenden Ordnung wird für den kleinbetrieblichen Einzelhandel in Großbritannien das tun, was die Gemeinsame Fischereipolitik für das britische Fischereiwesen getan hat: es zerstören.
Wieder einmal ist der Kleinunternehmer Zielscheibe von bürokratischer Einmischung und Überregulierung und wird benachteiligt. Wie gutgemeint diese Vorschläge auch sind – und ich bin sicher, das sind sie –, so ist dies wieder einmal eine EU-Lösung, die verzweifelt nach einem Problem sucht.
Andreas Schwab (PPE). - Herr Präsident, Frau Kommissarin! Ich möchte mich ausdrücklich dem anschließen, was die Kolleginnen und Kollegen an sinnvollen Beiträgen schon gebracht haben – den letzten ziehe ich einmal davon ab –, und ich möchte deswegen gleich zu den wichtigsten Punkten kommen.
Der Bericht von Frau Kollegin von Thun ist ein sehr gelungenes Beispiel dafür, wie wir als Parlament zeigen können, dass es uns ernst damit ist, das, was wir gemeinsam mit dem Rat beschlossen haben, auch umsetzen. Und die Umsetzung ist eine Aufgabe der Mitgliedstaaten. Da müssen wir als Parlament gemeinsam mit der Kommission in den kommenden Jahren stärker darauf achten, dass diese Umsetzung auch gelingt.
Das Zweite, was dieser Bericht auch zeigt, ist, dass eine Aufteilung, wie die Sozialisten sie offenbar haben wollen, nämlich dass sie selbst für die Wohltaten, für den Verbraucherschutz und für den Arbeitnehmerschutz zuständig sind, die Kommission aber den Binnenmarkt unter Kontrolle halten soll, nicht funktionieren wird.
Deshalb ist unser Anliegen, das der Bericht mit dem Binnenmarkttest aufnimmt, dass wir alle wesentlichen Elemente, die wir im Binnenmarkt schätzen, die die Verbraucher möchten und die die Unternehmer benötigen, zusammenführen und eine saubere Evaluierung vornehmen.
Wir wollen keine Rechte von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern zerschlagen, aber wir wollen, dass diese Arbeitnehmer auch die Produkte kaufen können, die sie schätzen. Wir wollen die sozialen Strukturen in den Mitgliedstaaten nicht in Schwierigkeiten bringen, aber wir wollen, dass diese sozialen Strukturen sich an die Zukunft anpassen. Dazu ist eine Abwägung erforderlich, die das Parlament gemeinsam mit der Kommission treffen muss. Es kann nicht sein, dass die Kommission für die Schwierigkeiten zuständig ist und das Parlament die Wohltaten verspricht.
Zweitens: Der Bericht von Frau Hedh, der wie alle Berichte, die wir hier diskutieren, auch von den Schattenberichterstattern hervorragend ergänzt wurde, zeigt, dass wir das Verbrauchervertrauen genauso wichtig gewichten müssen wie das Vertrauen der Unternehmerinnen und der Unternehmer. Das wird eine Zukunftsaufgabe sein, und die kann nur gelöst werden, wenn wir langfristig das Binnenmarktziel in den Mittelpunkt stellen, die Zersplitterung in einzelne Generaldirektionen und unterschiedliche Politikansätze beenden und den Binnenmarkt tatsächlich als das große Ziel des europäischen Projekts ansehen, das wir in den letzten Jahren ein Stück weit vernachlässigt haben.
Ich freue mich sehr, meine Herren Kommissare, dass Sie beide heute hier sind und dass Sie diesen Impetus für die nächsten fünf Jahre auch mit in die Kommission nehmen.
Catherine Stihler (S&D). – Herr Präsident! Ich möchte den Kommissaren und den Berichterstattern danken. Ich war die Schattenberichterstatterin für SOLVIT, und darauf möchte ich mich im Namen meiner Fraktion, der Sozialistischen Fraktion, konzentrieren.
SOLVIT ist ein großartiges Konzept, und ich glaube Kommissar Dalli traf es ganz gut, als er sagte, dass es dabei nur um die Menschen ginge. Es ist bürgerbezogen, und es versucht denjenigen zu helfen, die auf von der EU geschaffene Hindernisse und Probleme treffen, und es versucht, das Problem in 10 Wochen zu lösen. Ich weiß, dass einige Leute vor der Idee „Ich bin von der Regierung und komme, um Ihnen zu helfen“ zurückschrecken würden, aber SOLVIT ist im Wesentlichen ein Netzwerk von 27 Mitgliedstaaten, das es gibt, um genau das zu tun: zu helfen.
Ich möchte gerne all diejenigen erwähnen und ihnen Anerkennung zollen, die in den SOLVIT-Zentren der Mitgliedstaaten arbeiten. Gerade letztes Jahr traf ich mich mit dem kleinen Team, das das SOLVIT-Zentrum in Großbritannien betreibt. Die Art und Weise, wie die SOLVIT-Stelle in Großbritannien arbeitet, ist ein Modell für empfehlenswerte Verfahren, denn sie erprobt und verwendet ein SOLVIT+-Modell, das bei der Hilfe für Unternehmen und Einzelpersonen, die mit einem Problem kommen, weiter geht. Die Teams sind in die Europäische Aufsichtsbehörde innerhalb des Ministeriums für Unternehmen und Industrie integriert. Einer meiner vielen Änderungsanträge sollte sicherstellen, dass die Zentren EU-weit ausnahmslos angemessen mit Personal versorgt sind.
Kommissar Barnier, ich habe das Thema SOLVIT im Dezember im Plenarsaal angesprochen, als Sie anwesend waren und erwähnten, dass Sie uns im Herbst im Ausschuss sagten, dass die Person, die das SOLVIT-Zentrum in Ihrem eigenen Mitgliedstaat leitet, eine Praktikantin ist. Die Mitglieder des Ausschusses waren entsetzt. Darf ich wie im Dezember fragen, ob sich diese Situation geändert hat? Wenn Sie dem Parlament diese Information nicht liefern können, können Sie das dann bitte erläutern? Es ist wichtig, dass die SOLVIT-Zentren gut besetzt sind.
Der Binnenmarkt ist das, was uns verbindet. Es ist wichtig, dass unsere Rechtsvorschriften für die Mitgliedstaaten eindeutiger und einfacher zu interpretieren sind, damit der Binnenmarkt so reibungslos wie möglich operieren kann und die Verbraucher von den besten Preisen und der höchsten Qualität profitieren können.
Schlussendlich, warum gibt es keinen SOLVIT-Tag im Europäischen Parlament? Warum hängen in unseren Wahlkreisbürofenstern keine Poster mit Werbung für SOLVIT? Was können wir tun, um alle nationalen Politiker und ihre politischen Büros über die Vorteile von SOLVIT zu informieren? Ich hoffe, wir werden SOLVIT weiterhin unterstützen und den Menschen helfen, die wir hier vertreten.
Morten Løkkegaard (ALDE) . – (DA) Herr Präsident! Ich bin Schattenberichterstatter für den Bericht über den Binnenmarktanzeiger und werde mich daher darauf konzentrieren und in dieser Beziehung ist das ein guter Tag. Es ist ein Tag, an dem wir alle dem zustimmen können, dass diese Anzeiger äußerst gut funktionieren. Sie sind ein großer Erfolg auf einer grundlegenden Ebene, und daher nehme ich an, dass wir dem nur zustimmen können, dass mehr zu ihrer Förderung getan werden sollte. Ich bin auch froh darüber, zu sehen, dass die Sozialdemokraten wohl herausgefunden haben, dass es keine gute Idee ist, auf jeden Fall dagegen zu stimmen. Bezüglich des berühmten Tests, der vorgeschlagen wurde, unterstützen wir in der Fraktion der Allianz der Liberalen und Demokraten für Europa selbstverständlich diesen Vorschlag; darüber hinaus finden wir es ein bisschen schwierig, zu verstehen, worum es bei dieser leicht abwehrenden Haltung gegenüber diesem Vorschlag eigentlich wirklich geht. Dazu können wir allerdings noch kommen. Ich möchte bloß als generelle Beobachtung bemerken, dass es ausgezeichnet ist, dass den Vorschlägen und auch sonst dem Bericht breit zugestimmt wird.
Ich werde mich auf einige meiner Meinung nach gute Dinge in dem Bericht konzentrieren. Erstens: wir haben uns erfolgreich auf die Notwendigkeit für größere Befugnisse in den Verwaltungen der Mitgliedstaaten konzentriert, nicht nur national, sondern auch regional und lokal. Ich spüre, dass eines der Probleme mit den Anzeigern darin besteht, dass in dem Punkt, wie wir die Dinge ins Rollen bringen, immer noch einige Befugnisse fehlen. Daher ist es gut, dass dies in den Bericht eingeflossen ist.
Eine andere gute Sache ist, sich auf die Durchführung zu konzentrieren. Die SOLVIT-Zentren haben viel Lob und Anerkennung erhalten und das unterstütze ich voll und ganz. Wie die letzte Rednerin erwähnte, könnten wir tatsächlich hier im Parlament einen SOLVIT-Tag initiieren. Ich habe das Gefühl, dass das größte Problem von SOLVIT im Moment ist, dass es nicht genügend bekannt ist. Es besteht wirklich ein großer Bedarf, SOLVIT viel mehr als es gegenwärtig der Fall ist, in den Mittelpunkt zu rücken –, was zu meinem letzten Punkt überleitet, der darauf hinweisen möchte, dass es sich hierbei um ein Kommunikationsproblem handelt, wie auch im Bericht klargemacht wird. Wir müssen wirklich sicherstellen, dass wir die Trommel rühren in Sachen Presse und der restlichen Öffentlichkeit und sicherstellen, dass viel mehr Gewicht auf Bereiche gelegt wird, wie SOLVIT und die Anzeiger.
Insgesamt möchte ich gerne im Namen meiner Fraktion sagen, dass ich wirklich froh bin, diesem Bericht unsere volle Unterstützung zukommen lassen zu können und selbstverständlich hoffe ich, dass die Kommission – und soviel ich weiß …
(Der Präsident unterbricht den Redner)
Edvard Kožušník (ECR). – (CS) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte zunächst etwas sagen, was hier im Plenarsaal noch nicht gesagt wurde, und zwar, dass wir wirklich Kommissar Kuneva danken sollten. So wie alle anderen Mitglieder auch, freue ich mich, dass die beiden Kommissare heute hier sitzen, Herr Dalli und Herr Barnier, der vor seiner Ernennung ein Mitglied unseres Ausschusses war.
Ich habe das Personal, das in der Tschechischen Republik für SOLVIT verantwortlich ist, persönlich getroffen. Es muss gesagt werden, dass dies ganz gewiss eine sehr gute Gelegenheit für den Binnenmarkt ist, aber es ist auch notwendig, die Unterschiede der Herangehensweisen in den verschiedenen Ländern zu erwähnen. Es ist zweifellos wichtig hier ein grenzüberschreitendes Element zu haben, und ich hoffe, dass beide Kommissare zur Öffnung des grenzüberschreitenden Verbrauchermarktes und besonders zur Abschaffung von Barrieren in Form von verschiedenen nationalen Ausnahmeregelungen beitragen werden, und dass wir so die vollständige Harmonisierung des Verbrauchermarktes erreichen werden.
Persönlich glaube ich, dass die Öffnung des grenzüberschreitenden Marktes größeren Wettbewerb erzeugen und letztlich als wirksames Instrument zur Bekämpfung der gegenwärtigen Wirtschaftskrise dienen wird.
Othmar Karas (PPE). - Herr Präsident, meine Herren Kommissare, meine Damen und Herren! Greifen wir die Erklärung von Kommissar Barnier in der Anhörung auf und machen wir uns den Binnenmarkt zum Freund! Wenn wir diesen Auftrag ernst nehmen, müssen wir den Binnenmarkt zum Heimatmarkt machen. Wenn wir den Binnenmarkt zum Heimatmarkt machen, machen wir ihn zum Lebensraum der Bürgerinnen und Bürger der Europäischen Union. Wir sind Europa! Zum Lebensraum machen, aber nicht zur Heimat, das ist ein Unterschied.
Der Binnenmarkt ist nicht fertig. In ihm liegt noch sehr viel Potenzial. Die Kommission muss alle Behinderungen aufzeigen und Maßnahmen zu deren Beseitigung vorschlagen. Der Euro und der Binnenmarkt sind unsere erfolgreichste Antwort auf die Herausforderungen der Globalisierung, nach innen wie nach außen. Die Stärken des Binnenmarktes sind die Qualifikationen der Bürgerinnen und Bürger Europas und die kleinen und mittelständischen Unternehmen, die 90 % der Wirtschaft ausmachen. Daher haben wir den Small Business Act in allen Mitgliedstaaten raschest umzusetzen. Machen wir ihn zum Markenzeichen des Binnenmarktes! 80 % der Wirtschaft in der Union sind aber kreditfinanziert, und nur 20 % sind kapitalmarktfinanziert. Darauf müssen wir bei der Neuregelung des Finanzmarktes achten.
Die dritte Stärke ist die wettbewerbsfähige Exportwirtschaft. Wir haben auch einige Spannungen zu bewältigen: horizontaler Ansatz versus die sektoralen Anliegen, die vier Freiheiten versus die unterschiedlichen sozialen Wirklichkeiten, die Kompetenzschieflage vor allem in den Bereichen Steuern, Bildung und Forschung, die noch nicht umgesetzte nachhaltige soziale Marktwirtschaft. Wir benötigen einen One-Stop-Shop für binnenmarktrelevante Unternehmens- und Verbraucherschutzinformationen.
Das Binnenmarktforum und die gemeinsame Debatte dieser drei Berichte jedes Jahr am gleichen Tag geben uns die Möglichkeit, uns all diesen Fragen zu stellen und den Binnenmarkt zum Heimatmarkt aller Bürgerinnen und Bürger zu machen.
Bernadette Vergnaud (S&D). – (FR) Herr Präsident, Kommissare, meine Damen und Herren! Ich freue mich darüber, die Möglichkeit zu haben, während einer Prioritätsdebatte diese drei Berichte zu erwähnen, bei denen es um den Alltag der Bürgerinnen und Bürger geht. Ferner möchte ich unseren Berichterstattern zu ihrer Arbeit gratulieren und insbesondere das SOLVIT-Netzwerk erwähnen.
Das Netzwerk gibt es nun seit acht Jahren; es hat viele Probleme effektiv gelöst und trotzdem kennt es niemand. Wie oft habe ich Menschen an dieses Netzwerk weiterleiten müssen, dessen Existenz sie nicht einmal erahnt hätten, obwohl dieses Instrument das Image eines Europas, das die Rechte seiner Bürgerinnen und Bürger schützt, stärken könnte.
Ich muss zugeben – und ich bin sehr froh, dass Herr Barnier hier ist –, dass ich verstehe, dass die Regierung meines Landes es nicht wirklich fördert. Die zunehmende Zahl der Fälle wäre folglich sehr kompliziert zu bewältigen für den einzelnen Auszubildenden, der aktuell in 2010 für das SOLVIT-Netzwerk in Frankreich verantwortlich ist, einem Land, das wahrlich nur 60 Millionen Einwohner hat und hinsichtlich der Anzahl im Jahr 2009 eingereichter Fälle nur an zweiter Stelle der Mitgliedstaaten der EU steht.
Die Lösungsquote ist in der Tat erstaunlich gut, aber die Fristen sind fürchterlich, mit durchschnittlich 15 Wochen Wartezeit, also 5 Wochen über dem erlaubten Maximum.
Ich möchte daher die Kommission und die Mitgliedstaaten bitten, wirkliche finanzielle und personelle Ressourcen zu gewähren und große Informationskampagnen zu veranstalten, die besonders auf Unternehmensbereiche abzielen, die im Jahr 2009 nicht mehr Fälle als im Jahr 2004 eingereicht haben.
Olle Schmidt (ALDE). – (SV) Herr Präsident, Kommissare! Ich möchte gerne den betreffenden Berichterstattern für ihre konstruktive Arbeit danken. Trotz seiner Mängel ist der Binnenmarkt der EU ein großer Erfolg, und ich finde es schwierig, die Kritik von Herrn Colman nachzuvollziehen. Das Ziel des Binnenmarktes ist es, den Verbrauchern eine große Auswahl von qualitativ hochwertigen Gütern und Dienstleistungen zu guten Preisen zu bieten und zur gleichen Zeit ein gutes Maß an Verbraucherschutz zu garantieren. Ich denke daher, wir sollten in Richtung vollständiger Harmonisierung der Verbraucherrechte mit einem hohen Maß an Schutz arbeiten, damit die Verbraucher wirklich die Vorteile des Binnenmarktes ausschöpfen können. Das ist von besonderer Bedeutung bei dem zunehmenden grenzüberschreitenden Handel und E-Commerce.
Ich bin davon überzeugt, dass die Sammelklage ein effektiver Weg sein würde, um die europäischen Verbraucher zu stärken – und zwar nicht auf der Grundlage eines amerikanischen Modells, sondern eines europäischen. Diesbezüglich müssen wir aufhören zu zögern und endlich handeln. Ich bin froh, dass Kommissar Dalli das übernimmt.
Wir wissen alle, dass die meisten Arbeitsplätze momentan im Dienstleistungssektor entstehen. Es ist daher wichtig, dass die EU einen echten europäischen Dienstleistungssektor hat, in dem Unternehmer und Verbraucher nicht nur national, sondern auch auf dem Binnenmarkt frei agieren können. Wir brauchen im Bereich der Gesundheitsdienste einen funktionierenden Markt. Das wird zu einer besseren Versorgung, mehr Wahlfreiheit und kürzeren Wartezeiten führen. Im Moment haben wir eine fast unregulierte Situation, und ich verlasse mich auf Kommissar Dalli, das zu regeln.
Ein anderer Bereich, um den wir uns kümmern müssen, ist der Finanzdienstleistungssektor, wo, wie wir wissen, immer noch Probleme bestehen. Wir brauchen daher eindeutige und glaubhafte Regeln, nicht zuletzt angesichts der finanziellen Turbulenzen, und Kommissar Barnier wird sich dieser Herausforderung stellen. Ausgewogene, vernünftige und korrekte Regeln sind gut für die Verbraucher.
Jacek Olgierd Kurski (ECR). – (PL) Es ist gut, dass das Parlament einen Bericht zu SOLVIT entworfen hat, der Vorschläge für die Europäische Kommission und die Mitgliedstaaten enthält.
Als Schattenberichterstatter für den Bericht für die Europäischen Konservativen und Reformisten habe ich, während der Bericht noch bei der Prüfung im Ausschuss war, betont, wie wichtig es ist, SOLVIT unter den EU-Bürgern anzupreisen und besonders die Möglichkeit für die Bürgerinnen und Bürger und insbesondere die Unternehmen, ihre Rechte zu vertreten. Wir stimmen dem wahrscheinlich alle zu, dass es notwendig ist, eine Informationskampagne zu starten, die das SOLVIT-Netzwerk als einen alternativen Streitbeilegungsmechanismus anpreist. Dies soll dazu dienen, dass die Informationen über die Existenz von SOLVIT interessierte Parteien erreichen. Das Internet ist hier entscheidend; also wäre es gut, wenn die Kommission auf die Vorschläge des Parlaments hören würde und sich auf eine gemeinsame Internetadresse mit dem Domainnamen solvit.eu für alle nationalen SOLVIT-Stellen einigen würde, und die Mitgliedstaaten, die das bis heute noch nicht getan haben, Internetseiten mit nationalen Domains aufsetzen und diese mit dem europäischen SOLVIT-Portal verlinken würden.
Natürlich ist Werbung nicht alles. Es ist auch wichtig, die Effizienz der nationalen SOLVIT-Stellen zu erhöhen, indem kompetente Beamte zur Verfügung gestellt werden und SOLVIT auf europäischer Ebene finanziell bezuschusst wird.
Sławomir Witold Nitras (PPE). – (PL) Ich gratuliere allen Berichterstattern herzlich, weil die Berichte, für die sie verantwortlich sind, zwei sehr wichtige Eigenschaften besitzen. Erstens verteidigen sie tatsächlich konsequent den Binnenmarkt, weisen auf Mängel in seiner Erkennbarkeit hin, aber verteidigen ihn gleichzeitig sehr konsequent. Die zweite große Qualität dieser Berichte ist, dass sie allgemein akzeptiert sind. Ich meine, wir haben mit einer Situation zu tun, in der das gesamte Europäische Parlament, einschließlich derjenigen Kolleginnen und Kollegen, die dem freien Markt sehr skeptisch gegenüberstehen, insgesamt den Binnenmarkt und seine Werte verteidigt – das ist eine große Qualität dieser Berichte.
Ich möchte die Aufmerksamkeit auf mehrere spezielle Punkte lenken. Was SOLVIT betrifft, so haben wir es mit einer paradoxen Situation zu tun, wie Herr Kurski gesagt hat, bei der das Instrument selbst, das die Unterschiede ausgleichen sollte, in verschiedenen Ländern mit unterschiedlichem Wirkungsgrad arbeitet. Meiner Meinung nach erfordert das einige Koordination, denn es muss ein einheitliches System sein, das nicht nur gut funktioniert, sondern auch überall gleich funktioniert. Etwas sehr Wichtiges in dem Bericht von Frau Thun sind die Mittel, die die Kommission finden sollte, damit endlich ein Modell entwickelt werden kann, um sicherzustellen, dass keine der Rechtsvorschriften, die wir schaffen, mit dem freien Binnenmarkt unvereinbar sind. Das scheint eine entscheidende Angelegenheit in dem Bericht zu sein. Wenn wir einen solchen Mechanismus einrichten können, müssten wir uns außerdem keine Sorgen über die Zukunft des neuen Marktes zu machen.
Barbara Weiler (S&D). - Herr Präsident, sehr verehrte Kommission, liebe Kolleginnen und Kollegen! Den hohen Stellenwert, den die Binnenmarkt- und Verbraucherpolitik in Europa hat, zeigt diese gemeinsame Aussprache von heute Morgen, zeigt auch die hohe Qualität aller drei Berichte. Ich möchte allen drei Berichterstattern und den vielen Schattenberichterstattern und Kollegen danken, die diese gemeinsame Arbeit zustande gebracht haben.
Ich möchte mich auf zwei kritische Punkte konzentrieren: Das eine ist, wir, d. h. die Kommission und auch wir in diesem Hause, gehen davon aus, dass im Binnenmarkt alles relativ harmonisch abläuft, dass wir aufgeklärte Verbraucher und faire Anbieter haben. Das trifft oft zu, aber eben nicht immer. Es gibt verantwortungslose Anbieter, die nur ihren kurzfristigen Profit sehen, und darum brauchen wir eine verstärkte Marktüberwachung und eine Aufsicht. Es gibt aber auch nichtinformierte Verbraucher. Wir brauchen eine bessere Information. Es reicht nicht, dass die Beipackzettel lesbar sind. Wir brauchen kontinuierliche Information.
Es wurde eben gesagt: Wir brauchen Vertrauen. Aber Vertrauen resultiert aus Wissen. Ich habe gehört, dass in Deutschland nur jeder zweite Vierzehn- bis Vierundzwanzigjährige weiß, was unter Inflation zu verstehen ist. Ich will gar nicht fragen, wie die Umfrageergebnisse bei dem Wort „Deflation“ wären. Wir brauchen eine bessere Vernetzung in den Schulen, eine Information auch über den Widerspruch zwischen der Interessenlage der Anbieter und der der Verbraucher. Das ist in den Berichten der Kollegen ausgeführt ...
(Der Präsident entzieht der Rednerin das Wort.)
Theodor Dumitru Stolojan (PPE) . – (RO) Es ist ein Grundrecht innerhalb des Binnenmarktes für europäische Bürgerinnen und Bürger, wenn sie ein Produkt kaufen wollen oder einen Service wünschen, unabhängig davon, in welchem Mitgliedstaat sie sich befinden, dieselben Preise oder Gebühren angeboten zu bekommen, und wenn es Unterschiede gibt, eine Erklärung dafür erhalten zu können.
Ich denke, dass wir uns mehr auf die Probleme im Banken- und Finanzdienstleistungssektor konzentrieren müssen, da es dort gegenwärtig große Unterschiede auf dem Binnenmarkt gibt, hinsichtlich der Gebühren, die für diese Dienstleistungen bezahlt werden. Wenn Sie zum Beispiel in Rumänien sind und eine Bankdienstleistung von einer Bank in Anspruch nehmen möchten – von denselben Banken wie in Rumänien, Frankreich, Italien und Österreich – dann zahlen Sie in Rumänien mehr Gebühren und zu einem viel höheren Wechselkurs. Eine solche Situation ist falsch, und ich glaube, dass die Bürgerinnen und Bürger, nicht nur in Rumänien, sondern auch in anderen Mitgliedstaaten, den Anspruch haben, zu hoffen, dass die europäischen Institutionen eine aktivere Rolle bei der Klärung dieser Unstimmigkeiten spielen werden. Ich möchte wiederholen, dass ich über Gebühren und nicht über Bankzinsen spreche.
Vielen Dank.
Alan Kelly (S&D). – Herr Präsident! Ich möchte nur besonders meinen Kolleginnen und Kollegen im Ausschuss für Binnenmarkt und Verbraucherschutz gratulieren, die an der Zukunft des Binnenmarktanzeigers gearbeitet haben. Es ist ein Thema, das mir sehr am Herzen liegt, da es als ausgezeichnetes Kommunikationsmittel dafür dient, wie die Mitgliedstaaten die EU-Richtlinien behandeln.
Es liegt mir auch besonders am Herzen, da ich ständig von übereifriger EU-Regulierung höre, besonders in Irland, meinem Heimatland, und darüber muss man nachdenken. Nun, ein kurzer Blick auf den Anzeiger wird Ihnen zeigen, dass Irland in nicht weniger als 67 Fällen EU-Richtlinien falsch angewandt hat und Gefahr läuft, das vereinbarte 1 %-Umsetzungsdefizitziel nicht zu einzuhalten.
Das wirft die Frage auf: wer ist schuldig an dieser vermeintlich übereifrigen Regulierung? Wenn ein Mitgliedstaat das EU-Recht nicht korrekt umsetzt oder den Richtlinien mehr Verordnungen hinzufügt, ist das dann ein Fehler der EU oder des Mitgliedstaates? Ich glaube möglicherweise und wahrscheinlich des Letzteren.
Vielleicht kann eine zukünftige Idee für den Anzeiger sein, die Frage der Überregulierung bzw. der „Vergoldung“, wie sie genannt wird, direkt anzusprechen. Ich denke, das würde ein positives Ergebnis sein.
Seán Kelly (PPE). – Herr Präsident! Zunächst möchte ich die Person beglückwünschen, die auf den Namen „SOLVIT“ kam: er ist simpel, er ist eindeutig und, wie man sagt, „tut genau das, was drauf steht“.
Seit seiner Entstehung im Jahr 2002 wuchs die Arbeitsbelastung von SOLVIT von Jahr zu Jahr exponentiell, und zwar so sehr, dass im Jahr 2008 eine Steigerung von 22 % der Fälle auf SOLVIT zukam, was zu 1000 Fällen mit einer 88 %igen Lösung führte, die 32,6 Millionen EUR einsparte. Eine sehr eindrucksvolle Statistik. Die Kehrseite allerdings ist, dass die Tage, die zur Lösung von Problemen benötigt wurden, im Durchschnitt von 53 auf 69 Tage anstiegen. Das bringt uns auf die Lösungen, die erforderlich sind.
Es gibt offensichtlich zu wenig Personal. Das muss geklärt werden. Es muss genügend Ressourcen geben. Es besteht die Notwendigkeit für eine kontinuierliche Weiterbildung entsprechend der EU-2020-Strategie zu lebenslanger Weiterbildung und für einen Austausch von empfehlenswerten Verfahren, und es ist wichtig, sich regelmäßig zu treffen. Ich würde auch vorschlagen, dass es, da viele der Probleme lokal sind, einen lokalen Aspekt geben könnte, um die Anfragen in einer frühen Phase zu bearbeiten.
Die Verbraucher müssen außerdem mehr Kenntnis haben. Ich denke, eine Online-Adresse würde dabei helfen und mehr Vertrauen schaffen. Ich denke, es ist wichtig, wie ein vorheriger Redner sagte, dass aufmerksam geprüft werden muss, was in den Einzelstaaten während der Umsetzung des EU-Rechts passiert.
Zuletzt, ein vorheriger Sprecher sagte, dass dies eine „EU-Lösung sei, die verzweifelt nach einem Problem sucht“; ich würde sagen, das ist ein EU-Problem, das erfolgreich eine Lösung findet.
Sylvana Rapti (S&D). – (EL) Herr Präsident! Meinen Glückwunsch und Dank an die Berichterstatter und Schattenberichterstatter der drei Berichte. Die Tatsache, dass Einigkeit herrscht, lässt mich für die Zukunft des Binnenmarktes optimistisch sein.
Ich möchte zwei Punkte hervorheben: der erste Punkt bezieht sich auf Absatz 10 des Thun-Berichts. Ich halte ihn für grundlegend und ich denke, dass das Beste, was passieren kann, sein würde, wenn wir klären könnten, dass die Rechte von Arbeitnehmern, soziale Rechte und Umweltschutz keine Hindernisse für den Fortschritt des Binnenmarktes darstellen.
Der zweite Punkt betrifft SOLVIT. Es ist ein außerordentlicher Mechanismus, aber es bedarf immer noch großer Unterstützung. Um Ihnen die Wahrheit zu sagen, ich habe es in Erwägung gezogen, auf meine Regierung in Griechenland Druck auszuüben, etwas in dieser Sache zu unternehmen, weil wir nur zwei Angestellte haben. Als ich jedoch hörte, dass Frankreich nur einen Auszubildenden hat, dachte ich, ich warte besser, dass Herr Barnier auf seine Regierung Druck ausübt.
Pascale Gruny (PPE). – (FR) Herr Präsident, Kommissare, meine Damen und Herren! Das neue, als SOLVIT bekannte Online-Netzwerk zur Problemlösung von Fällen fehlerhafter Anwendung von Binnenmarktvorschriften ist ein sehr erfolgreiches System, insofern, dass es ohne formale Verfahren innerhalb von ungefähr 10 Wochen zur Entschädigung kommt.
Im Jahr 2002 ins Leben gerufen wuchs die Arbeitsbelastung dieses Netzwerks im Jahr 2008 um 22 %. Obwohl die Lösungsquote ziemlich hoch bei 83 % bleibt, ist die Anzahl der gelösten Fälle abnehmend. Es scheint an der Zeit zu sein, acht Jahre nach der Entstehung darüber nachzudenken, diese Institution zu stärken, indem man ihr die Mittel gibt, um effektiv arbeiten zu können.
Diese neuen Maßnahmen würden es ermöglichen, den europäischen Bürgerinnen und Bürgern und Unternehmen zu helfen, ihre Rechte zu vertreten, insbesondere hinsichtlich der Anerkennung von Qualifikationen und ihrer sozialen Rechte und Bleiberechte.
Ich unterstütze daher die Idee, dass es nicht nur mehr SOLVIT-Personal in den Mitgliedstaaten geben sollte, sondern auch, dass Förderungs- und Weiterbildungsmaßnahmen eingerichtet werden sollten, damit das Personal so effizient wie möglich arbeiten kann.
Mir erscheint es ganz wesentlich, dass die Regierungen und wir selbst als gewählte Vertreter für unsere jeweiligen Wahlkreise das SOLVIT-Netzwerk fördern sollten, das im Jahr 2008 eine Kostenersparnis von 32,6 Millionen EUR ermöglichte. Des Weiteren würde die Förderung dieses neuen Instruments eine übermäßige Anwendung des Justizwesens beschränken. Ich fordere daher die Mitgliedstaaten auf, alle europäischen Richtlinien umzusetzen und die Bürgerinnen und Bürger und Unternehmen durch nationale Medien und Informationskampagnen auf ihre Rechte auf dem Binnenmarkt aufmerksam zu machen.
Schlussendlich hoffe ich im Namen meiner Fraktion innerhalb des Petitionsausschusses, dass die Zusammenarbeit zwischen SOLVIT und unserem parlamentarischen Ausschuss gestärkt wird, um die Arbeit dieser beiden Organe zu erleichtern.
Małgorzata Handzlik (PPE). – (PL) Herr Präsident! Ich möchte den Berichterstattern zu ihren hervorragenden Berichten gratulieren. In letzter Zeit haben wir viel über die Notwendigkeit gesprochen, den Binnenmarkt wiederzubeleben. Der Kommissar sprach auch während der Anhörung vor dem Ausschuss für Binnenmarkt und Verbraucherschutz davon. Das wird auch der Fall mit dem Bericht von Professor Monti sein, auf den wir warten. Meiner Meinung nach ist nicht genug des Binnenmarktes selbst in der 2020-Strategie der Europäischen Union zu finden. Der Binnenmarkt ist etwas, das wir brauchen. Wir brauchen allerdings keinen Binnenmarkt nur dem Namen nach, sondern einen Binnenmarkt, der wirklich funktionsfähig ist. Man kann nicht behaupten, dass es im Moment so ist. Es gibt zu viele Hindernisse für den freien Fluss der vier Freiheiten und sie limitieren das Potenzial des Marktes, solange der Protektionismus der Mitgliedstaaten nicht mit den Prinzipien des Binnenmarktes übereinstimmt. Auf der einen Seite brauchen wir eine ordnungsgemäße Durchführung der Gesetze durch die Mitgliedstaaten und wir brauchen Hilfsinstrumente, die gut funktionieren, wie zum Beispiel SOLVIT, wir brauchen aber auch tiefer (...).
(Der Präsident unterbricht die Rednerin)
Marc Tarabella (S&D). – (FR) Herr Präsident! Ich kann die Schlussfolgerungen im Bericht unserer Kollegin, Frau Hedh, nur befürworten, besonders hinsichtlich der Notwendigkeit für eine aktive Verbraucherschutzpolitik, die speziell darauf abzielt, schwache Verbraucher und solche mit geringem Einkommen zu beschützen.
Ich würde auch gerne zu einigen anderen wichtigen Punkten dieser Politik Stellung beziehen. Zugegebenermaßen ist der Binnenmarktanzeiger ein wichtiges statistisches Instrument, aber er ist komplett unzureichend, da er sich ausschließlich auf das Funktionieren des Verbrauchersektors konzentriert, aber ohne zu versuchen, die Probleme der EU-Verbraucher innerhalb dieses Marktes zu lösen.
Der Binnenmarktanzeiger sollte die Marktnachfrage und die Verbraucher nicht nur als passive Rezipienten am Ende der Kette betrachten. Es wird zunehmend klar, dass die Verbraucher von jetzt an eine verantwortungsvolle, aktive Rolle spielen müssen, indem sie sich einem nachhaltigen, ethisch und sozial verantwortungsvollen und ökologischen Konsum verpflichten. Der Anzeiger sollte daher überarbeitet und Indikatoren eingearbeitet werden, die die immer wichtiger werdenden sozialen und Umweltaspekte dieser Möglichkeiten betreffen.
Schließlich müssen die Gesetze, die den Energieverbrauch, den Verkehr, die Umwelt, digitale Technologien usw. betreffen, in die Überprüfung des acquis mit einbezogen werden.
(Der Präsident unterbricht den Redner)
Franz Obermayr (NI). - Herr Präsident! Ich nehme Bezug auf Vorschläge zum Verbraucherschutz und möchte natürlich gleich eingangs die positiven Ansätze erwähnen: Der Weg zum mündigen Konsumenten durch eine stärkere Aufklärung auf allen Ebenen, vom kommunalen, lokalen und regionalen Bereich bis hin zum EU-grenzüberschreitenden Verkehr, die Förderung der Verbraucher – wie bei uns in Österreich im Kartellrecht vorgesehen – und natürlich auch härtere Strafen für schlampige Banken bei unüberlegter Kreditvergabe. Auch ein einheitliches Formular bei Krediten ist durchaus positiv.
Ich möchte aber auch problematische Sachen anschneiden, und zwar den gravierenden Nachteil im Gewährleistungsrecht und missbräuchliche Vertragsklauseln, die z. B. bei uns in Österreich strenger geahndet werden. Ich möchte vorschlagen, dass man das Günstigkeitsprinzip anwendet, sodass dort, wo nationale Regeln den Verbraucher besser schützen, diese auch dementsprechend angewandt werden sollten.
Mairead McGuinness (PPE). – Herr Präsident! Verbraucherschutz: wir sind alle dafür. Die Schwierigkeit ist, dass einige Mitgliedstaaten ein Lippenbekenntnis zum SOLVIT-Mechanismus ablegen, wie von anderen Vorrednern bereits angesprochen. Das muss überprüft werden, damit es ausreichend Personal gibt.
Aber ich kann Ihnen einige praktische Beispiele von Verbraucherproblemen nennen, die in meinem Büro landen. Gerade heute Morgen hatte ich eines in Zusammenhang mit Immobilientransaktionen in der Europäischen Union. Ich weiß, die EU ist für diesen Bereich nicht zuständig, aber könnte ich die Mitgliedstaaten darum bitten, dort, wo es Probleme gibt, mit Bürgerinnen und Bürgern wie mit ihren eigenen umzugehen, und ich denke, dass wir hier ein Problem haben, um das wir uns kümmern müssen.
Das zweite bezieht sich auf Branchenverzeichnisse. European City Guides hat uns im Parlament enorme Kopfschmerzen bereitet und ist immer noch aktiv, weil das Unternehmen ein gewisses Maß an Schutz innerhalb des Mitgliedstaats genießt, in dem es seinen Sitz hat. Dieses Thema muss angegangen werden, weil die Haltung der Bürgerinnen und Bürger dem Binnenmarkt gegenüber durch ihre Erfahrungen in diesen Bereichen beeinflusst wird, selbst wenn die EU für sie nicht zuständig ist.
Christel Schaldemose (S&D). – (DA) Herr Präsident! Vielen Dank für diese gute Debatte heute. Ich bin froh, dass Herr Barnier und Herr Dalli solche Unterstützung für die Notwendigkeit der Berücksichtigung der Verbraucher auf dem Binnenmarkt gegeben haben. Ich möchte dennoch die Aufmerksamkeit auf einen bestimmten Absatz im Bericht von Frau Hedh lenken – und zwar auf Absatz 40, in dem wir die Einrichtung einer Europäischen Verbraucherbehörde vorschlagen. Ich kann mir gut vorstellen, dass dies etwas ist, auf das Sie gerne hinarbeiten würden. Eine solche Behörde könnte helfen, Datensätze zu erstellen, Studien zum Verbraucherverhalten vorzubereiten und natürlich auch als Überwachungsbeauftragte hinsichtlich der Arbeit der Kommission und des Parlaments in Sachen Verbraucherfragen agieren. Ich würde daher gerne Ihren Standpunkt zu der Idee hören, ob dies etwas ist, auf das Sie hin arbeiten möchten – was mich betrifft, wir könnten eine solche Behörde leicht in Malta oder Frankreich lokalisieren, falls das dem Prozess helfen würde.
Michel Barnier, Mitglied der Kommission. – (FR) Herr Präsident! Frau Schaldemose hat soeben die Qualität dieser Debatte hervorgehoben, besonders hinsichtlich des speziellen Punktes der Verbraucherbehörde, die es, wenn ich mich nicht irre, schon in Kanada gibt, und Herr Dalli wird uns sagen, wie die Dinge heute stehen. Ich stimme dieser Einschätzung der Qualität der Debatte zu und der Qualität all der konstruktiven, kritischen Reden und Vorschläge, die zu Durchführung und Beurteilung gemacht wurden, zur Überwachung dieser 1500 – ich wiederhole für alle, die uns zuhören – 1500 Richtlinien oder Texte, die diesen großen europäischen Markt regulieren. Ich möchte vielleicht hinzufügen, dass ich nicht sicher bin, ob ich es vorziehe, lieber über den großen europäischen Markt zu sprechen als über den Binnenmarkt, da das für die Bürgerinnen und Bürger und Verbraucher klarer wäre.
Unter der Aufsicht des Vorsitzenden, Herrn Harbour, der mich dies im Ausschuss für Binnenmarkt und Verbraucherschutz sagen hörte, und als Antwort auf die Rede von Herrn Triantaphyllides, möchte ich Sie gerne an das Prinzip erinnern, das den Maßnahmen zugrunde liegt, die ich innerhalb der Kommission in den nächsten fünf Jahren ergreifen werde.
Meine Damen und Herren! Mein Ziel, Tag für Tag, Gesetz für Gesetz, ist es, sicherzustellen, dass der europäische Markt einmal mehr den Männern und Frauen, die auf diesem Kontinent leben, dient. Ich habe ein zweites Ziel, und das ist, sicherzustellen, dass die Märkte – da ich auch für die Regulierung und Aufsicht verantwortlich bin –, sicherzustellen, dass die Finanzmärkte, über die in den letzten Monaten viel geredet wurde, wieder einmal der realen Wirtschaft, den Frauen und Männern dienen.
Ich möchte, dass die Bürgerinnen und Bürger, die Verbraucher und die Kleinbetriebe diesen Markt wieder in Besitz nehmen. Dies wird als Richtschnur für die Maßnahmen die, die ich die Ehre habe im Kollegium zu leiten. Es ist eine Vertrauenssache, um das Wort zu übernehmen, das gerade von Herrn Rochefort und Frau Rühle benutzt wurde, von gegenseitigem Vertrauen. Daher danke ich Frau Thun Und Hohenstein einmal mehr für ihren qualitativ hochwertigen Bericht über den Anzeiger, der von der Europäischen Kommission veröffentlicht wird.
Es gibt zahlreiche Ideen - sowohl in diesem Bericht als auch bei allem, was ich gehört habe -, die es wert sind, übernommen oder untersucht zu werden. Herr Bielan hat die Idee der Indikatoren bei der Anwendung der Regeln im Bericht von Frau Thun und Hohenstein unterstützt. Frau Gebhardt hat außerdem die wirtschaftlichen und sozialen Beurteilungen der Richtlinien und der Auswirkungsstudien erwähnt. Vielleicht sollte ich an diesem Punkt auf die konstruktive Kritik von Herrn Harbour antworten, was die 2020-Strategie anbelangt. Des Weiteren habe ich auch Frau Handzlik sagen hören, dass wir nicht genug über den Binnenmarkt geredet haben.
Ehrlich gesagt, wenn Sie die 2020-Strategie, die die Kommission letzte Woche veröffentlicht hat, tatsächlich lesen würden, ist der Binnenmarkt das zentrale Thema des Ansatzes und er ist überall: intelligentes Wachstum mit Patenten und anderen Werkzeugen; grünes Wachstum mit ordnungsgemäßer Verwendung des öffentlichen Auftragswesens; und integratives, angemessenes und gerechtes Wachstum. Der Binnenmarkt ist überall – er muss überall sein – aber, Herr Harbour, der 2020-Text ist nicht so gestaltet, über alles zu reden. Zum Beispiel spricht er nicht über die Außenpolitik und Verteidigungspolitik, noch zielt er darauf ab, die Kommission von ihrer Aufgabe zu entbinden, die in der angemessenen Durchsetzung, Überwachung und Kontrolle der korrekten Durchführung aller Texte besteht. Bitte glauben Sie mir, dass ich mich nicht von der Notwendigkeit zu überprüfen und zu handeln entbunden fühle, manchmal sogar durch Vertragsverletzungsverfahren, um die richtige Anwendung des Binnenmarktes sicherzustellen. Ich werde jedoch immer, ich wiederhole, Übereinkommen, Vertrauen und Erklärung den Vorrang vor Zwang geben.
Es gibt noch andere gute Ideen im Bericht von Frau Thun Und Hohenstein: die Partnerschaft mit Mitgliedstaaten und die Schaffung des Binnenmarktforums, das ich unterstütze. Nebenher könnten wir heute vielleicht andere Initiativen zusammenbringen, die einige ähnliche Angelegenheiten betreffen, die wir mit Herrn Dalli behandeln, wie zum Beispiel die Durchführung oder die Hervorhebung und Förderung des SOLVIT-Netzwerks, und damit einige Sachen gleichzeitig lösen.
Ich habe davon gesprochen, dem Kontrolleffekt so viel Bedeutung beizumessen wie dem Ankündigungseffekt. Das ist meine Art, Politik zu machen, und von diesem Standpunkt aus glaube ich, dass der Anzeiger, die Beurteilung, es uns ermöglichen muss, nicht nur eine quantitative Beurteilung zu machen – wie viele Richtlinien umgesetzt werden –, sondern auch eine qualitative.
Ich glaube, Herr Hoang Ngoc erwähnte, und dies auch sehr deutlich, die Qualität der Durchführung der Gesetze, die Qualität der Umsetzung und, wie Sie sagten, die Qualität der Gesetze selbst, was für einen Gesetzgeber oder einen Kommissar auch eine gute Übung in Klarheit ist. Jedenfalls sind alle diese Ideen lohnenswert, wie Herr Schwab und Frau Roithová gerade eben erklärt haben.
Was SOLVIT betrifft, um mit ein paar kurzen Anmerkungen zum Schluss zu kommen, unterstütze ich die Idee – die gute Idee –, die jemand erwähnte, eine SOLVIT.EU-Website zu machen. Sie wird zur Verbreitung von Informationen dienen oder den Nutzer an nationale Seiten weiterleiten. Wir werden uns schnellstens um die SOLVIT.EU-Website mit meinen Ressorts in Verbindung mit einem anderen Projekt bezüglich der Ihr-Europa-Website kümmern. Wie Herr Kelly und Sie jedoch sagten ist das Wort SOLVIT wenigstens ein eindeutiges und einfaches, und ich stimme dieser positiven Einschätzung zu.
SOLVIT arbeitet gut, aber es könnte besser arbeiten. Es gibt zu viele Bürgerinnen und Bürger und Unternehmen, die immer noch nichts von ihren Rechten wissen und wie sie sie durchsetzen können, und ich unterstütze die Forderung von Frau Werthmann nach mehr Transparenz. Ich glaube auch, dass sich einige von Ihnen, Frau Vergnaud, Herr Rossi, Frau Stihler, Frau Rapti, auf die Unangemessenheit der für SOLVIT zur Verfügung stehenden Ressourcen bezogen haben, übrigens nicht nur in Frankreich, obwohl ich genau gehört habe, was Sie gesagt haben. Ich spreche hier nicht als französischer Minister, obwohl ich früher einer war, und bitte glauben Sie mir, dass ich mir das genau ansehen werde, was in diesem Land los ist – dessen Staatsbürger ich immer noch bin –, sodass es reibungslos funktioniert, ganz so, wie ich es auch in all den anderen Ländern tun werde.
Wir brauchen die entsprechenden, notwendigen Ressourcen und ich werde das während jeder meiner Besuche vor Ort überprüfen. Noch einmal, diese Werkzeuge sind notwendig, um ordnungsgemäß zu überprüfen, wie der Binnenmarkt arbeitet; dieser Markt, das sage ich nochmals, ist nicht fertig. Wir müssen ihn neu einführen und ihn weiter entwickeln – das haben mehrere von Ihnen erwähnt, Herr Stolojan, Frau Gebhardt, Herr Karas, Herr Kožušník – aus grenzüberschreitender Sicht oder sogar innerhalb jedes Landes. Wir müssen die Barrieren entfernen und daher, Herr Harbour, ist es wichtig, zu bestimmen, wo die fehlenden Glieder sind, was etwas ist, was vielleicht nicht genug betont wurde, was aber trotzdem in der 2020-Strategie festgelegt ist. Ich werde mich darum bemühen, das mit meinen 12 oder 15 Kollegen im Kollegium zu tun, die so oder so für die Anwendung der Richtlinien auf dem Binnenmarkt verantwortlich sind.
Herr Präsident, ich komme zum Schluss und werde noch drei spezifische Punkte erwähnen. Ja zur engen Zusammenarbeit – es war Herr Busuttil, der diese Sache angesprochen hat – zwischen SOLVIT, dem Bürgerbeauftragten und der Arbeit des Petitionsausschusses. Das wird mein Ansatz sein.
Ich danke Frau Rühle und den anderen Mitgliedern des Haushaltsausschusses für ihre Bereitschaft, das Budget von SOLVIT zu verteidigen. Ich unterstütze die Idee von Frau Gruny, Beratungen und Seminare zu organisieren. Wir haben bereits eines oder zwei pro Jahr – aber ich werde überprüfen, ob das ausreicht – zwischen allen Akteuren in den Mitgliedstaaten, manchmal sogar in den Regionen, die für das SOLVIT-Projekt verantwortlich sind.
Als Letztes bezüglich der Sache, die von mehreren Abgeordneten der Fraktion der Progressiven Allianz der Sozialisten & Demokraten im Europäischen Parlament kritisiert wurde, namentlich dem Binnenmarkttest, möchte ich Sie, ohne diese Angelegenheit zu dramatisieren, daran erinnern, meine Damen und Herren, dass jeder Gesetzesvorschlag den Vertrag respektieren muss. Das ist, was der Berichterstatter meint; in anderen Worten, man muss dies einem Vereinbarkeitstest mit den Prinzipien des Binnenmarktes unterziehen. Das ist eine Sache, und ich werde auch ein Auge auf eine Reihe von Sozial-, Umwelt- und Wirtschaftskriterien werfen, da ich mich für die Beurteilung aller Gesetze im Voraus einsetze.
Dazu ist man bei jeder Rechtsvorschrift im Vorfeld und im Nachhinein verpflichtet, wenn wir versuchen wollen, ein ausgeklügeltes Paket an Rechtsvorschriften zusammenzustellen, das den Bürgerinnen und Bürgern, den Verbrauchern und den Unternehmen, die im EU-Territorium arbeiten und leben, dient.
VORSITZ: Libor ROUČEK Vizepräsident
John Dalli, Mitglied der Kommission. - Herr Präsident! Wie mein Kollege, Michel Barnier, finde ich es sehr ermutigend, Teil einer solch lebhaften Debatte zu sein und solch sachverständige Ansichten zu Verbraucherfragen zu hören. Dies verheißt nur Gutes für unsere gemeinsame Arbeit in Form einer wirklichen Partnerschaft und für unser Ziel, die Verbraucher vornan zu stellen.
Ich möchte gerne einen Punkt, den ich eingangs erwähnt habe, wiederholen. Zusätzlich zu den wirtschaftlichen Argumenten für eine starke, effektive und sinnvoll durchgesetzte Verbraucherpolitik, sollten wir unseren Blick fest auf die zentrale Rolle richten, die diese für das Ziel, Europa seinen Bürgerinnen und Bürgern näherzubringen, spielen kann, was vielleicht den größten Gewinn darstellt. Ich weiß, dass eine meiner Hauptaufgaben die Koordinierung dieser Bemühungen in der Kommission ist, und ich begrüße Ihre Wachsamkeit außerordentlich und empfinde sie als große Unterstützung.
Das Verbraucherbarometer ist ein Instrument, das uns hilft, Mängel des Marktes ausfindig zu machen, und das es uns ermöglicht, zu einer weiteren Studie darüber, wie solche Mängel behoben werden können, überzugehen. Ich glaube, dass dies ein sehr wichtiger Mechanismus ist, der einem wirklichen Zweck dient, und dass wir von seiner weiteren Entwicklung und Festigung außerordentlich profitieren können.
Das Verbraucherbarometer verkörpert unsere Augen und Ohren, die uns auf die Hauptproblempunkte aufmerksam machen. Eine bessere Berücksichtigung des Verbrauchergesichtspunktes in allen EU-Politikbereichen und unser gemeinsames Engagement für eine effektive Durchsetzung werden einen stärkeren EU-Verbraucher und den sich daraus ergebenden wirtschaftlichen Nutzen zur Folge haben.
Im Anschluss an eine öffentliche Anhörung im letzten Jahr wertet die Kommission derzeit die Ansichten über Sammelklagen aus und versucht eine Lösung zu finden, die den Bedürfnissen der europäischen Verbraucher entspricht, ohne US-Praktiken zu importieren. Alternative Streitbeilegungsverfahren werden in dieser Hinsicht unsere Hauptantriebskraft sein.
Mein Freund Michel Barnier hat die zentrale Stellung, die der Binnenmarkt in der EU-2020-Strategie einnimmt, bereits erklärt. Wenn Sie den Text aufmerksam lesen, finden Sie darin auch die eindeutige Bedingung, dass die Verbraucher weiterhin im Mittelpunkt des Binnenmarktes verbleiben müssen. Die Verbraucher stellen den Antrieb des Binnenmarktes dar, und wir versuchen die zentrale Stellung der Verbraucher weiter zu festigen.
Ich sehe in der Verbraucherbildung ein Hauptelement für die Stärkung der Verbraucherrechte. In der Tat suchen wir bereits nach Lösungen, wie unser Dolcetta-Programm auf weitere Bereiche ausgeweitet werden kann.
Bezüglich des zuletzt angesprochenen Punktes einer Europäischen Verbraucheragentur muss darauf hingewiesen werden, dass die Durchsetzung ausschließlich in der Verantwortung der Mitgliedstaaten liegt und diese die geeigneten Mittel für ein reibungsloses Gelingen bereitstellen müssen. Dennoch bietet der Vertrag der Europäischen Union eine Rechtsgrundlage zur Unterstützung und Ergänzung der Bemühungen der Mitgliedstaaten. Es muss sorgfältig geprüft werden, in welchen Bereichen die EU die nationale Durchsetzung ergänzen kann und was die richtige institutionelle Struktur hierfür ist. Die Kommission wird die verschiedenen Möglichkeiten sorgfältig prüfen.
Ich freue mich sehr darauf, in der Zeit, in der ich für diesen Bereich zuständig bin, zusammen mit Ihnen ernsthafte und anhaltende Fortschritte zu machen.
Róża Gräfin Von Thun Und Hohenstein, Berichterstatterin. – (PL) In erster Linie möchte ich Ihnen allen für diese fesselnde Debatte, Ihre lebhaften Reaktionen und ernsthaften Überlegungen danken. Die Anwesenheit und die Stellungnahmen der beiden Kommissare sowie die Anwesenheit zahlreicher Kommissionsbediensteter zeigen, dass das neue Parlament und die neue Kommission eng und gut bei der Weiterentwicklung des Gemeinsamen Marktes zusammenarbeiten werden.
Der Gemeinsame Markt ist eine der größten Errungenschaften der Europäischen Union und ich möchte mich für die positiven Reaktionen auf die in meinem Bericht enthaltenen Vorschläge bedanken. Meine Kollegen der sozialdemokratischen Fraktion, die über Absatz 10 - den „Binnenmarkttest“ - besorgt sind, möchte ich daran erinnern, dass dies zunächst nichts Neues ist. Dieser Vorschlag wurde bereits 2003 vom Ausschuss für Binnenmarkt und Verbraucherschutz angenommen und ist Teil der Binnenmarktstrategie. Wir sollten keine Angst vor diesem Test haben. Er bedroht keinerlei soziale Errungenschaften der Europäischen Union. Immerhin haben wir gerade vom Kommissar gehört, dass die Europäische Kommission neue Richtlinien von einem sozialen, wirtschaftlichen und ökologischen Standpunkt aus prüft, sodass hier kein Grund zur Panik besteht. Worüber wir alle besorgt sind, ist, dass der Gemeinsame Markt sich weiterentwickeln sollte, und außerdem sind wir daran interessiert, sicherzustellen, dass sich der Protektionismus nicht in die Europäische Kommission einschleicht.
Die europäische Integration wird sich nur entwickeln, wenn die Bürgerinnen und Bürger aufmerksam und aktiv und die öffentlichen Einrichtungen kompetent, effektiv und bürgerfreundlich sind. In meinem Bericht habe ich eine Reihe von Lösungen vorgeschlagen, damit Sie, werte Kollegen, Ihre Wählerschaft effektiv und gut in den Prozess der Europäischen Integration einbinden können und so durch eine tatsächliche Stärkung des Gemeinsamen Marktes ihren Anteil am Gemeinsamen Markt, diesem großen Erfolg der Europäischen Union, vergrößern können. Wir müssen weitere Instrumente ausarbeiten, um die Entwicklung des Gemeinsamen Marktes zu fördern. Die gleichzeitige Veröffentlichung der vier Berichte ist ein sehr wichtiges Element hiervon, wie auch eine bessere Koordinierung und Umsetzung der Rechtsvorschriften. Wir sollten nicht negativ auf das Wort „Markt“ reagieren. In dem Teil der Welt, aus dem ich komme, konnten wir diesen Markt viele Jahrzehnte lang nicht nutzen, und wir wissen, wohin das geführt hat.
Schließlich erinnern wir die Bürgerinnen und Bürger daran, dass im Mittelpunkt des Gemeinsamen Marktes die vier Freiheiten stehen, was ich in meinem Bericht hervorgehoben habe. Es ist äußerst wichtig, die Freiheiten dieses Marktes nicht einzuschränken, den Bürgerinnen und Bürgern zu helfen, diese Freiheiten zunehmend und umfassender zu nutzen, sie zu entwickeln und nichts von dem, was wir bisher erreicht haben, zu zerstören.
Anna Hedh, Berichterstatterin. – (SV) Herr Präsident! Mit großem Interesse habe ich all die vernünftigen und interessanten Beiträge zu dieser Debatte angehört. Außerdem freut es mich sehr, dass die beiden zuständigen Kommissare versprechen, zusammenzuarbeiten, um die Verbraucherpolitik der EU weiterzuentwickeln und zu verbessern. Ich würde gerne ein paar eigene Punkte hinzufügen.
Die Verbraucherorganisationen nehmen eine äußerst wichtige Rolle dabei ein, die Behörden auf die alltäglichen Probleme der Verbraucher aufmerksam zu machen. Folglich sollten die den Verbraucherorganisationen zur Verfügung stehenden Instrumente verbessert werden, um es diesen leichter zu machen, auf nationaler sowie EU-Ebene effektiv zu arbeiten.
Außerdem müssen wir die Mitgliedstaaten dazu auffordern, eine Beratung durch die Verbraucherorganisationen so oft wie möglich und während jeder Phase eines Entscheidungsprozesses, in der die Verbraucherpolitik betroffen ist, in Anspruch zu nehmen. Ich freue mich auch darüber, dass Kommissar Dalli angesprochen hat, wie wichtig es ist, dass die Mitgliedstaaten die Bereitstellung von angemessener Finanzierung und Personal zur Weiterentwicklung des Verbraucherbarometers sicherstellen.
Schließlich sollte das Verbraucherbarometer nicht nur zur Verbesserung der Verbraucherpolitik eingesetzt werden, sondern vielmehr alle Politikbereiche, die für Verbraucher von Bedeutung sind, beeinflussen und gewährleisten, dass Verbraucherfragen in größerem Ausmaß in alle EU-Politikbereiche integriert werden. Weiterhin sollte das Verbraucherbarometer eine allgemeinere Diskussion über Fragen der Verbraucherpolitik sowohl auf EU-Ebene als auch auf nationaler Ebene anregen. Ich würde eine weitere Debatte über Binnenmarkt und Verbraucherschutz in einem Jahr in diesem Plenarsaal außerordentlich begrüßen.
Cristian Silviu Buşoi, Berichterstatter. – (RO) Ich möchte Herrn Kommissar Barnier und den Kollegen danken, die mir nicht nur zu meinem ersten Bericht, sondern auch zum SOLVIT-Netzwerk selbst eine positive Rückmeldung gegeben haben. Ich glaube, dass SOLVIT den Verbrauchern eine praktische Lösung bietet. Darum denke ich, dass das Netzwerk von uns und den Mitgliedstaaten verbessert und gefördert werden muss, sodass so viele europäische Bürgerinnen und Bürger wie möglich von SOLVIT erfahren und ihre Rechte verteidigen können, indem sie sich an SOLVIT um Unterstützung wenden.
Ich denke, dass das Ergebnis, das wir sowohl im Ausschuss für Binnenmarkt und Verbraucherschutz als auch im Petitionsausschuss erreicht haben, befriedigend ist. SOLVIT ist ein Netzwerk das bereits gut funktioniert. Dennoch brauchen wir Lösungen für eine Reihe von Problemen, denen einerseits die Nutzer der SOLVIT-Dienstleistungen und andererseits die SOLVIT-Mitarbeiter begegnen. Der Bericht enthält einige dieser Lösungen, während andere in dieser Debatte zur Diskussion gestellt wurden.
Abgesehen davon, dass die Anzahl der in SOLVIT-Zentren tätigen Mitarbeiter erhöht werden muss, um die Effektivität des SOLVIT-Netzwerks zu gewährleisten, müssen diese Mitarbeiter auch angemessen qualifiziert sein und in Binnenmarktvorschriften geschult werden. Ein weiterer genauso wichtiger Faktor besteht darin, dass SOLVIT-Mitarbeiter aufgrund der Komplexität der diesem Netzwerk gemeldeten Fälle die Möglichkeit haben müssen, sowohl von Beamten der öffentlichen Verwaltung als auch von der Europäischen Kommission Rechtshilfe zu erhalten. Die Europäische Kommission benötigt manchmal viel Zeit, um die Rechtshilfeanfragen von SOLVIT-Mitarbeitern zu beantworten, was zu gewissen Verzögerungen des gesamten Falllösungsprozesses führt.
Ich möchte Kommissar Barnier für sein Versprechen gegenüber dem Europäischen Parlament, die Website http://www.solvit.eu" so schnell wie möglich zugänglich zu machen, danken.
Sehr geehrte Kollegen, ich glaube fest daran, dass dieser Bericht ein wichtiger Schritt zur Verbesserung der Arbeit von SOLVIT ist. Daher bitte ich alle Fraktionen, für diesen Bericht zu stimmen.
Vielen Dank.
Der Präsident. – Die gemeinsame Aussprache wird geschlossen.
Die Abstimmung wird in Kürze stattfinden.
Schriftliche Erklärungen (Artikel 149)
John Attard-Montalto (S&D), schriftlich. – Es ist unglaublich, dass die Behörden auf Malta und Gozo in zwei wesentlichen Bereichen wie dem Gesundheits- und dem Verbraucherschutz trotz offenkundiger Überschreitungen völlig passiv bleiben.
Auf den maltesischen Inseln sind Medikamente viel teurer als in einem anderen EU-Land, nämlich Belgien. Ich möchte die folgenden Beispiele nennen:
Galvus 50 mg (Tabletten für Diabetiker)
Preis auf Malta für ein Päckchen à 28 Stück: EUR 27,84
Preis in Brüssel für ein Päckchen à 180 Stück: EUR 135,13
Für 180 Tabletten beträgt der Preis auf Malta EUR 178,97 im Vergleich zu EUR 135,13 in Brüssel.
Tegretol 200 mg
Preis auf Malta für ein Päckchen à 50 Stück: EUR 17,00
Preis in Brüssel für ein Päckchen à 50 Stück: EUR 7,08
Zocor 20 mg
Preis auf Malta für ein Päckchen à 28 Stück: EUR 34,94
Preis in Brüssel für ein Päckchen à 84 Stück: EUR 21,71
Für 84 Tabletten beträgt der Preis auf Malta EUR 104,82 im Vergleich zu EUR 21,71 in Brüssel.
Dies sind nur einige wenige Beispiele für einen Zustand, der zur Not der Mehrheit der maltesischen Familien beiträgt. Die EU brüstet sich mit Gesundheits- und Verbraucherschutz, auf den maltesischen Inseln jedoch hat sich der Preis für Medikamente ohne berechtigten Grund in die Höhe geschraubt.
Robert Dušek (S&D), schriftlich. – (CS) Das effiziente Funktionieren des Binnenmarktes ist eine Vorbedingung für eine angemessene Gewähr der Rechte, die durch einen Vertrag hinsichtlich des freien Verkehrs von Personen, Dienstleistungen, Gütern und Kapital innerhalb der Gemeinschaft gewährt werden. In Zeiten der Krise kann dies auch dazu beitragen, eine stabiles und gedeihendes Wirtschaftsumfeld zu schaffen. Jedoch kann der Binnenmarkt seine Funktion nicht ohne die angemessene Umsetzung, Anwendung und Durchsetzung von Rechtsvorschriften erfüllen. Die Mitgliedstaaten müssen Gesetze rechtzeitig umsetzen, wenn sie sich in einem Abkommen dazu verpflichtet haben. Ein Umsetzungsdefizit von 1 % mag klein erscheinen. Bezieht man jedoch die Anzahl der überfälligen oder nicht umgesetzten Richtlinien ein, hat dieses Defizit bedeutende Auswirkungen auf das Funktionieren des Binnenmarktes. Im Fall einiger Mitgliedstaaten kommen wiederholt Zweifel auf. Ich unterstütze die Bereitstellung genauerer Informationen über noch nicht umgesetzte Richtlinien auf der Website der Kommission. Diese Informationen sollten zur Sensibilisierung der breiteren Öffentlichkeit und der Verfassungsorgane in den Mitgliedstaaten beitragen. Ich begrüße die Aufforderung an die Mitgliedstaaten, grundlegende Maßnahmen, einschließlich der Zuweisung von Mitteln, zu ergreifen, um sicherzustellen, dass grenzüberschreitend vernetzte elektronische Informationssysteme zum rechtzeitigen Austausch von Informationen, insbesondere hinsichtlich gefährlicher Non-Food-Produkte (RAPEX), Lebensmittel und Futtermittel (RASFF) oder des Netzwerks für die Zusammenarbeit im Verbraucherschutz (CPC), funktionstüchtig sind. Diese Systeme funktionieren noch immer nicht richtig und sind nicht in allen Mitgliedstaaten verlässlich. Außerdem ist es notwendig, auf die richtige Anwendung der Richtlinien zu achten. Dies kann durch eine effektive Zusammenarbeit der Institutionen auf nationaler, regionaler und kommunaler Ebene erreicht werden.
Louis Grech (S&D), schriftlich. – Es müssen ernsthafte Überlegungen zu EU-weiten Rechtsbehelfen wie SOLVIT angestellt werden. Diese alternative Möglichkeit des Rechtsbehelfs wird aufgrund eines Mangels an Bekanntheit bei den Bürgerinnen und Bürgern, den Verbrauchern und den Unternehmen als auch wegen der ungeeigneten Mittel auf nationaler Ebene zu wenig genutzt. Die SOLVIT-Zentren, die gegenwärtig in jedem Mitgliedstaat (und außerdem in Norwegen, Island und Liechtenstein) vorhanden sind, sind unterbesetzt und unterfinanziert - die Schulungen für Mitarbeiter und die Mittel zur Verbesserung der Verwaltungskapazität der Zentren müssen aufgestockt werden. Ich fordere die Kommission dazu auf, den Abschluss des Projekts der Binnenmarkt-Unterstützungsdienste (SMAS) vorrangig zu behandeln. Und ich schlage ihr vor, die Einbeziehung eines ausführlichen Berichts über Fortschritte, Errungenschaften und Unzulänglichkeiten von SOLVIT in das Verbraucherbarometer zu erwägen. Weiterhin müssen die Mitgliedstaaten, als Versuch der Sensibilisierung, für SOLVIT als zweckdienliches und zugängliches alternatives Streitbeilegungsverfahren werben, und zwar in Form einer das ganze jeweilige Land umfassenden Informationskampagne. Schließlich muss eine Verbesserung seitens der Kommission und der Mitgliedstaaten hinsichtlich der Sensibilisierung der Bürgerinnen und Bürger, der Verbraucher und der Unternehmen für die Möglichkeiten, die ihnen der Binnenmarkt bietet, stattfinden.
Danuta Jazłowiecka (PPE), schriftlich. – (PL) Eine Gesellschaft, die die vom Binnenmarkt gebotenen Möglichkeiten frei nutzt, ist die Grundlage für einen erfolgreichen Prozess Europäischer Integration. Wir können keine wahrhaft vereinigte Europäische Union aufbauen, wenn die Menschen nicht davon überzeugt sind, dass ganz Europa ihre Heimat ist. Diesem Ziel kann SOLVIT prinzipiell dienen. Man kann sagen, dass die Einführung des SOLVIT-Systems im Jahr 2002 eines jener Ereignisse in der Geschichte Europas als vereintem Kontinent war, die unauffällig auftreten, aber mit der Zeit unerwartete Ergebnisse erzielen. Der Zweck des Systems verweist direkt auf die Ursprünge der Europäischen Integration oder, anders gesagt, auf die Tatsache, dass es in erster Linie dazu da ist, den Bürgerinnen und Bürgern der EU und nicht einzelnen Mitgliedstaaten oder Regierungen zu dienen.
Kann es etwas Besseres geben, als normalen Bürgern ein einfaches Instrument an die Hand zu geben, um Probleme zu lösen, die ihre Handlungsfreiheit auf dem Binnenmarkt einschränken? Dennoch hat die Erfahrung von fast einem Jahrzehnt gezeigt, dass zahlreiche Hindernisse bestehen, die die Menschen daran hindern, vollen Gebrauch der Möglichkeiten dieses Systems zu machen. Daher sollten wir den Vorschlägen im Bericht des Ausschusses für Binnenmarkt und Verbraucherschutz zustimmen. Vor allem sollten wir in den Mitgliedstaaten verstärkt bei den Bürgerinnen und Bürgern für SOLVIT werben, denn diese wissen sehr wenig über das Netzwerk. Mehr Mittel und Personal sowie zusätzliche Schulungen oder die Ernennung eines SOLVIT-Verbindungsbeamten sind sinnlos, wenn die Menschen nicht wissen, dass sie ein solches Instrument zur Verfügung haben. Daher müssen meiner Meinung nach alle Maßnahmen, die wir treffen, hiermit beginnen, obgleich die anderen Ideen deshalb nicht aufgegeben werden sollten.
Ramona Nicole Mănescu (ALDE), schriftlich. – (RO) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Das reibungslose Funktionieren des Binnenmarktes muss eine Priorität des Europäischen Parlaments bleiben, wobei Dienste wie SOLVIT wesentlich für die Gewährleistung dieses Ziels sind. Der Bericht hebt diesen Punkt hervor und lenkt die Aufmerksamkeit auf die Probleme dieses Dienstes. Obwohl wir uns alle bewusst sind, dass Faktoren wie Kommunikation und die Medienwirksamkeit des SOLVIT-Dienstes von überragender Wichtigkeit sind, muss man dennoch einsehen, dass diese einige der immer wiederkehrenden Probleme bleiben, mit denen der Dienst von Anfang an zu kämpfen hatte. Die Mitgliedstaaten und die Europäische Kommission müssen sicherstellen, dass EU-Bürgerinnen und -Bürger, Unternehmen und insbesondere Klein- und Mittelbetriebe, die Unterstützung brauchen, um die vom Binnenmarkt gebotenen Möglichkeiten vollständig ausschöpfen zu können, Zugang zu Informationen und schnellen Lösungen haben. Weiterhin benötigen die SOLVIT-Zentren zusätzliche Mittel. Ich beziehe mich hierbei auf qualifizierte Mitarbeiter und darüber hinaus auf laufende Schulungen für diese. Den Mitgliedstaaten muss klar werden, wie wichtig diese Zentren sind, und wie dienlich sie für die Sicherstellung der richtigen Umsetzung der Binnenmarktvorschriften sind. Ich glaube, dass die Vorteile, die dieser Dienst sowohl den Bürgerinnen und Bürgern als auch den Unternehmen bieten kann, noch lange nicht vollständig genutzt werden.
Andreas Mölzer (NI), schriftlich. – Der Verbraucherschutz in der Europäischen Union muss so gestaltet sein, dass die Bürger im Rahmen des Binnenmarktes ein großes Angebot an hochwertigen Erzeugnissen und Dienstleistungen nutzen können, gleichzeitig aber auch darauf vertrauen können, dass ihre Rechte als Verbraucher gewahrt werden und sie diese im Fall des Falles wirksam nutzen können. Selbstverständlich ist dafür auch entsprechendes Wissen der Verbraucher über ihre Rechte und Pflichten im Rahmen des geltenden Rechts Voraussetzung. Die im Bericht erwähnten Initiativen zur Aufklärung und Information der EU-Bürger sind daher wichtig und müssen rasch umgesetzt werden. Ein großes Problem stellt die zunehmende Komplexität vor allem des Dienstleistungssektor dar, der es dem Verbraucher immer schwieriger macht, beim Kauf von Waren oder Dienstleistungen eine sachkundige Wahl zu treffen. Die Erkenntnisse sowie die Bedürfnisse der Verbraucher, die ja auch im Wege des Verbraucherbarometers erhoben werden, müssen von den EU-Institutionen im Rahmen ihrer Politik bzw. der Rechtsetzung berücksichtigt werden. Eine zunehmende Harmonisierung der Verbraucherschutzvorschriften – und damit ist eine Anpassung nach oben gemeint – ist aufgrund der steigenden grenzüberschreitenden Nutzung von Dienstleistungen anzustreben. Bei allen Verbesserungsbemühungen, die den Binnenmarkt betreffen, dürfen wir aber nicht die zahlreichen Importe aus Drittländern vergessen. Hier muss es zu einer verstärkten Zusammenarbeit der Zoll- und Verbraucherschutzbehörden aus den Mitgliedstaaten kommen, um den Verbraucher vor unsicheren Importprodukten zu schützen.
Siiri Oviir (ALDE), schriftlich. – (ET) Im Laufe der Jahre hat sich das Ausmaß der EU-Verbraucherpolitik gewandelt, um den geänderten Bedürfnissen und Erwartungen der Menschen zu begegnen. Mit nahezu 500 Millionen Verbrauchern hat der EU-Binnenmarkt eine große Bedeutung für das Erreichen der Ziele des Lissabon-Aktionsplans (Wirtschaftswachstum, Beschäftigung und Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit), da Verbraucher, die Geld ausgeben, der EU Wohlstand bringen. Vor allem aufgrund der raschen Entwicklung des E-Commerce ist die grenzüberschreitende Dimension des Verbrauchermarktes in der EU stark gewachsen, wodurch ein hohes Verbraucherschutzniveau noch wichtiger wird. Leider sind die heutigen EU-Verbraucherschutzvorschriften jedoch nicht in allen Mitgliedstaaten in gleichem Maße umgesetzt und durchgesetzt worden. Meiner Meinung nach sind eine stärkere Überwachung des Marktes und der Durchsetzungsverfahren sowie deren effektive und umfassende Umsetzung wesentlich für ein zunehmendes Verbrauchervertrauen. Auf dieser Grundlage unterstütze ich die Anregungen der Berichterstatter, dass die Europäische Kommission die Annahme und Umsetzung der EU-Verbraucherrechte in den Mitgliedstaaten genau beobachten und diesen in jeder Hinsicht behilflich sein sollte. Außerdem denke ich, dass die Europäische Union den Gedanken erwägen sollte, ein europäisches Verbraucherschutzbüro als zentrales Koordinierungsbüro einzurichten, das sich speziell um die Lösung grenzüberschreitender Fälle kümmert, um die zuständigen Verbraucherschutzbüros in den Mitgliedstaaten bei der Um- und Durchsetzung der EU-Verbraucherschutzvorschriften zu unterstützen und zu ergänzen. Ich denke, dass die EU-Verbraucherschutzvorschriften von keinem großen Nutzen sein werden, wenn sie auf nationaler Ebene nicht richtig angenommen, umgesetzt und durchgesetzt werden.
5. Verkehr von Personen mit einem Visum für den längerfristigen Aufenthalt (Aussprache)
Der Präsident. – Der nächste Punkt ist der Bericht von Carlos Coelho im Namen des Ausschusses für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres über den Verordnungsvorschlag des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung des Übereinkommens zur Durchführung des Übereinkommens von Schengen und der Verordnung (EG) Nr. 562/2006 in Bezug auf den Verkehr von Personen mit einem Visum für den längerfristigen Aufenthalt (KOM/2009/0091 – C6-0076/2009 – 2009/0028(COD)) (A7-0015/2010).
Carlos Coelho, Berichterstatter. – (PT) Herr Präsident, Frau Kommissarin, meine Damen und Herren! Heute sprechen wir über solch absurde Situationen, wie die eines Studenten, der ein Visum bekommt, um an einem Kurs in Belgien teilzunehmen. Da dieser Fall nicht unter die Richtlinie 2004/114/EG fällt, kann dieser Student nicht in die Niederlande fahren, um sich in einer Spezialbibliothek Informationen für seine Abschlussarbeit zu besorgen, noch ein Wochenende nach Barcelona fliegen, um die Stadt kennenzulernen, da er in dem Land, in dem das Visum ausgestellt wurde, verhaftet würde.
Im Übereinkommen von Schengen wurde festgelegt, dass sich die Inhaber eines Visums für den längerfristigen Aufenthalt nur auf dem Hoheitsgebiet des Mitgliedstaates, der das Visum erteilt hat, aufhalten dürfen. Sie dürfen weder in einen anderen Mitgliedstaat reisen noch bei der Rückkehr in ihr Herkunftsland einen anderen Mitgliedstaat passieren.
Schengen steht für den freien Personenverkehr. Eine Person, die sich rechtmäßig in einem Mitgliedstaat aufhält, sollte sich in einem Gebiet ohne Binnengrenzen frei bewegen können. Die ideale Lösung bestände darin, dass die Mitgliedstaaten ihrer Verpflichtung nachkommen, Drittstaatsangehörigen, die Inhaber dieser Art von Visum sind, einen Aufenthaltstitel zu erteilen. Dies ist jedoch in der überwiegenden Mehrheit der Mitgliedstaaten nicht der Fall.
Einige Mitgliedstaaten haben dieses Problem zeitweise umgangen, indem sie Visa der Kategorie D+C ausgestellt haben, die es dem Inhaber eines Visums für den längerfristigen Aufenthalt erlauben, sich in den ersten drei Monaten frei im Schengen-Raum zu bewegen. Diese Visakategorie wird im April 2010 mit dem Inkrafttreten des Visakodexes der Gemeinschaft abgeschafft, wodurch eine Lösung für dieses Problem noch dringlicher wird.
Die Änderungen, die ich vorgeschlagen habe, und die von der Mehrheit der Mitglieder des Ausschusses für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres unterstützt werden, tragen zur Lösung dieses Problems bei, ohne die Sicherheit im Schengen-Raum zu verringern.
Die Verpflichtung, bei der Bearbeitung von Anträgen auf Visa für den längerfristigen Aufenthalt den Schengener Informationsservice zurate zu ziehen, entspricht dem bereits bestehenden Verfahren für Drittstaatsangehörige mit Aufenthaltstitel. Auf diese Weise haben wir jeglichen Ängsten bezüglich einer geringeren Sicherheit entgegengewirkt.
Tatsächlich haben verschiedene Mitgliedstaaten Visa für den längerfristigen Aufenthalt und danach Aufenthaltstitel ausgestellt, ohne vorher insbesondere hinsichtlich der Bestimmungen in Artikel 96 über die Auswirkungen einer Einreiseverweigerung das SIS zuratezuziehen.
Diese Vorgehensweise mindert die Sicherheit des Schengen-Raumes und sorgt für Probleme an dessen Außengrenzen in Fällen, in denen die Daten einzelner Inhaber eines gültigen Visums im SIS gespeichert werden. Dies schafft komplizierte und unnötige Situationen für einzelne Personen und Grenzschutzbeamte, die herausfinden müssen, ob die Visa gefälscht wurden, ob eine Angabe im SIS nicht richtig ist und gelöscht werden sollte, oder ob die Visa nie hätten erteilt werden dürfen.
Die Initiative, über die wir nun abstimmen, wird es Inhabern eines Visums für den längerfristigen Aufenthalt ermöglichen, sich jedes Halbjahr für einen Zeitraum von drei Monaten frei im Schengen-Raum zu bewegen. Diese Zeitspanne ist gleich lang wie für Inhaber eines Aufenthaltstitels und bindet gleichzeitig die Mitgliedstaaten an ihre Verpflichtung, in Fällen, in denen ein Aufenthalt von über einem Jahr erlaubt wird, einen Aufenthaltstitel zu erteilen.
Außerdem wird die Notwendigkeit erkannt, das Datenschutzniveau des Übereinkommens von Schengen zu erhöhen, und empfohlen, dass die Kommission die notwendigen Initiativen vorstellen sollte, falls das SIS II nicht vor 2010 in Kraft tritt.
Mit dem Inkrafttreten des Vertrages von Lissabon wurden die zwei ursprünglichen Vorschläge zusammengeführt und eine neue Rechtsgrundlage geschaffen. Der Text, über den wir in dieser Plenarsitzung abstimmen, ist das Ergebnis der Verhandlungen, die während des schwedischen und spanischen Ratsvorsitzes geführt wurden. Diese mündeten in eine Einigung in erster Lesung und ermöglichen damit die Annahme dieser Verordnung vor Inkrafttreten des Visakodexes.
Herr Präsident, ich hätte den spanischen Ratsvorsitz, der dieser Debatte ferngeblieben ist, gerne gebeten, dem Parlament zu garantieren, dass die Verordnung vor dem 5. April 2010 in Kraft treten kann. Dies ist notwendig, um eine Gesetzeslücke zu vermeiden.
Ich beglückwünsche die Europäische Kommission für diese rechtzeitige Initiative. Ich bin dankbar für die gewissenhafte Mitarbeit des Rates und besonders des schwedischen und spanischen Ratsvorsitzes sowie die Mitwirkung der Schattenberichterstatter, wodurch eine breite Übereinstimmung im Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres ermöglicht wurde. Durch diese Maßnahme können wir ein lästiges Problem Tausender Drittstaatsangehöriger lösen und dabei Freiheit und Sicherheit vermehren.
Cecilia Malmström, Mitglied der Kommission. – Herr Präsident! Wie der Berichterstatter ausgeführt hat, ist das Ziel dieses Vorschlags, Drittstaatsangehörigen, die sich mit einem Visum für den längerfristigen Aufenthalt der Kategorie D rechtmäßig in einem der Mitgliedstaaten aufhalten, das Reisen im Schengen-Raum zu erleichtern. Nach dem derzeitigen Schengen-Besitzstand können sich Drittstaatsangehörige, die Inhaber eines Aufenthaltstitels sind, frei im Schengen-Raum bewegen, da der Aufenthaltstitel einem Visum entspricht.
In den Mitgliedstaaten ist es jedoch in letzter Zeit zu dem Trend gekommen, Visa für den längerfristigen Aufenthalt nach der Ankunft der Inhaber nicht in Aufenthaltstitel umzuwandeln. Dies ist der Grund unserer heutigen Diskussion. Die Kommission, der Rat und das Parlament hatten eindeutig eine Lösung für dieses Problem zu finden. Die gegenwärtige rechtliche und praktische Situation hat beträchtliche negative Folgen für Drittstaatsangehörige, die sich mit einem Visum der Kategorie D rechtmäßig in unseren Mitgliedstaaten aufhalten. Diese Personen können weder legal in ein anderes Land reisen, noch auf der Rückkehr in ihr Herkunftsland das Hoheitsgebiet eines anderen Landes passieren. Die Absurdität dieser Situation wurde durch das Beispiel des Berichterstatters, Herrn Coelho, anschaulich dargestellt.
Die beste Lösung wäre natürlich, dass alle Mitgliedstaaten die notwendigen Aufenthaltstitel ausstellen und zwar rechtzeitig. Leider ist dies zurzeit nicht der Fall, und deshalb haben wir den vorliegenden Vorschlag gemacht, der darauf abzielt, den Grundsatz der Gleichwertigkeit eines Aufenthaltstitels und eines Visums für den kurzfristigen Aufenthalt auf Visa für den längerfristigen Aufenthalt der Kategorie D auszuweiten. Ein Drittstaatsangehöriger mit einem von einem Mitgliedstaat ausgestellten Visum für den längerfristigen Aufenthalt der Kategorie D wird somit unter denselben Bedingungen wie ein Inhaber eines Aufenthaltstitels für drei Monate pro Halbjahr in einen anderen Mitgliedstaat reisen dürfen. Dies würde uns zu der grundlegenden Philosophie der Schaffung eines Gebietes ohne Binnengrenzen zurückbringen, nämlich dass sich eine Person mit den Dokumenten, aufgrund derer sie sich rechtmäßig in einem Mitgliedstaat aufhält, für kurzfristige Aufenthalte im Schengen-Raum bewegen darf.
Ich war sehr erfreut, zu erfahren, dass Herr Carlos Coelho von Anfang an seine Unterstützung für diesen Vorschlag zum Ausdruck gebracht hat, und dass der Berichterstatter zusammen mit dem Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres und dem Rechtsausschuss eingesehen hat, dass etwas getan werden muss, um das Leben von Drittstaatsangehörigen zu erleichtern, weil wir Personen, die sich rechtmäßig in unserem Gebiet aufhalten, helfen möchten. Ich möchte dem Berichterstatter für seine konstruktive Haltung in dieser Angelegenheit danken.
Ich muss nicht daran erinnern, dass wir schnell eine Lösung finden müssen, insbesondere wegen des Visakodexes, der am 5. April dieses Jahres in Kraft tritt und durch den die Visa der Kategorie D+C, die der misslichen Lage der Inhaber von Visa der Kategorie D teilweise abhelfen sollten, abgeschafft werden. Ich glaube, dass der endgültige Text des Verordnungsentwurfs alle Parteien zufriedengestellt hat, da sich alle Institutionen auf den Kompromisstext geeinigt haben. Um einigen vom Europäischen Parlament und den Mitgliedstaaten geäußerten Bedenken - zum Beispiel hinsichtlich der Sicherheit - entgegenzukommen, hat der ursprüngliche Text einige Änderungen erfahren.
Ich möchte nur einige Beispiele nennen: Der Vorschlag sieht eine kürzere Gültigkeitsdauer von Visa für den längerfristigen Aufenthalt vor. Sie sollten eine Gültigkeitsdauer von höchstens einem Jahr haben. Nach diesem einen Jahr sind die Mitgliedstaaten nach dem Vorschlag dazu verpflichtet, einen Aufenthaltstitel auszustellen.
Außerdem wurde die Erfordernis systematischer Kontrollen im Schengener Informationssystem (SIS) verstärkt. Wenn ein Mitgliedstaat einen Aufenthaltstitel oder ein Visum der Kategorie D erteilen möchte, sollte die zuständige Behörde eine systematische Recherche im Schengener Informationssystem durchführen, um zu vermeiden, dass eine Warnung auftritt, wenn bereits ein Visum für den längerfristigen Aufenthalt vorhanden ist.
Als Antwort auf die Sicherheitsbedenken bezüglich biometrischer Daten - und hierbei handelt es sich für viele Mitgliedstaaten natürlich um eine äußerst wichtige Angelegenheit - wurde dem Verordnungsentwurf, wie Sie wissen, eine politische Erklärung angefügt, in der die Kommission dazu aufgefordert wird, die Möglichkeit der Verwendung biometrischer Merkmale in Visa für den längerfristigen Aufenthalt zu prüfen und die Ergebnisse der Überprüfung diesem Plenum sowie dem Rat bis zum 21. Juli 2011 vorzustellen. Die Kommission war außerdem damit einverstanden, dass eine Berichtspflicht über die Umsetzung in den Verordnungsentwurf aufgenommen wurde.
Schließlich wurde eine gemeinsame Erklärung vereinbart, um eine Kompromissantwort auf die größten Bedenken des Europäischen Parlaments hinsichtlich der Gewährleistung eines hohen Datenschutzniveaus im Falle einer Warnung im SIS zu finden. Die Kommission wurde vom Rat und vom Europäischen Parlament dazu aufgefordert, die notwendigen Legislativvorschläge zur Änderung der betreffenden Datenschutzbestimmung des Übereinkommens von Schengen vorzustellen, wenn es zu weiteren beträchtlichen Verzögerungen bei der Umsetzung des SIS II über das Jahr 2012 hinaus kommen sollte. Ich glaube, dass wir mit diesen Änderungen eine vernünftige, ausgeglichene Lösung erzielt haben, die das Leben von Drittstaatsangehörigen, die sich rechtmäßig in unseren Ländern aufhalten, beträchtlich erleichtern wird. Außerdem entspricht sie in hohem Maße der Philosophie eines Europas ohne Binnengrenzen.
Ich möchte dem LIBE-Ausschuss, dem JURI-Ausschuss und dem Berichterstatter noch einmal für ihre äußerst konstruktive Einstellung hierzu danken.
Cecilia Wikström, Verfasserin der Stellungnahme des mitberatenden Rechtsausschusses. – (SV) Herr Präsident! Die Zusammenarbeit in der EU basiert auf Werten und der grundlegendste dieser Werte ist die Freiheit. Thema unserer heutigen Debatte ist der freie Personenverkehr. In einer EU nach meiner Vorstellung gibt es in dieser Hinsicht keine Einschränkungen. Ich glaube, dass dies die wahre Größe der EU ist. Wir alle, die wir hier leben, genießen das Recht, uns frei zu bewegen, doch sollte dieses auch für all diejenigen gelten, die für einen längeren Aufenthalt hierher kommen.
Nach dem Übereinkommen von Schengen hat der Inhaber eines Visums für den längerfristigen Aufenthalt gegenwärtig kein Anrecht auf Bewegungsfreiheit. Stattdessen darf er, wie Herr Coelho ausgeführt hat, sich nur in dem Mitgliedstaat aufhalten, der sein Visum ausgestellt hat. Daraus folgt, dass beispielsweise ein Professor aus Indien, der in meiner Heimatstadt Uppsala in Schweden wohnt und arbeitet, nicht nach Paris zu einer Konferenz reisen kann, ohne ein Visum für Frankreich zu beantragen, und ein chinesischer Student nicht nach Deutschland reisen darf, um für ein Wochenende einen Freund zu besuchen, ohne zuvor ein Visum für Deutschland beantragt zu haben.
Diese Art von Einschränkung der Freizügigkeit darf es in der EU nicht geben. Wir werden dies nun ändern. Zweck des vorliegenden Vorschlags ist es, langfristig aufenthaltsberechtigten Drittstaatsangehörigen das Recht einzuräumen, sich im ganzen Schengen-Raum frei zu bewegen.
Ich möchte Herrn Coelho danken, der als Berichterstatter sehr gute Arbeit geleistet hat und die Ansichten, die ich in meiner Stellungnahme im Namen des Rechtsausschusses vorgebracht habe, wie auch die Meinungen anderer Schattenberichterstatter berücksichtigt hat. Wir haben das Ergebnis jetzt vor uns: Es handelt sich um einen positiven Vorschlag, der ein weiteres Glied der Gewährleistung von Bewegungsfreiheit auch für Drittstaatsangehörige in der EU darstellt. Er sorgt für eine Weiterentwicklung, und es macht mich stolz, in dieser EU zu leben und für sie zu arbeiten.
Kinga Gál, im Namen der PPE-Fraktion. – (HU) Herr Präsident, Frau Kommissarin, meine Damen und Herren! Ich begrüße die Gelegenheit, eine Entschließung im Parlament zu verabschieden, die Drittstaatsangehörigen, die sich rechtmäßig auf dem Gebiet der Europäischen Union aufhalten, das Reisen erleichtert, und ich beglückwünsche unseren Kollegen, Herrn Coelho, für seine ausgezeichnete parlamentarische Arbeit in diesem Zusammenhang. Dieser Vorschlag fördert auf greifbare Weise den Verkehr von Drittstaatsangehörigen im Besitz eines von einem Mitgliedstaat erteilten Visums für den längerfristigen Aufenthalt der Kategorie D innerhalb der Europäischen Union. Dies dient als Lösung für Situationen, in denen einige Mitgliedstaaten aus unterschiedlichen Gründen außerstande oder abgeneigt sind, rechtzeitig einen Aufenthaltstitel für Drittstaatsangehörige auszustellen, die sich auf ihrem Hoheitsgebiet aufhalten. Das heißt, dass sie den durch die Schengen-Vorschriften bereitgestellten Rahmen nicht richtig nutzen. Ich bin froh, dass wir in dieser Hinsicht einen Schritt vorwärts machen können.
Unser Ziel ist es, zu vermeiden, dass Drittstaatsangehörige, die in die Europäische Union kommen, den Eindruck bekommen, eine undurchdringliche Festung zu betreten. Das integrierte Grenzmanagement und die Visumpolitik sollten diesen Zielen dienen. Als ungarische Abgeordnete dränge ich darauf, dass die Grenzen der Europäischen Union für Personen, die in guter Absicht reisen, durchlässig gemacht werden. Der Kontakt zwischen Bürgerinnen und Bürgern auf beiden Seiten der Grenze sollte nicht eingeschränkt werden. Es liegt im Interesse von Drittstaatsangehörigen, die in Nachbarländern der EU leben - einschließlich der Angehörigen der ungarischen Minderheit -, sich rechtmäßig und ohne bürokratische oder administrative Mühsal auf dem Gebiet der Europäischen Union aufzuhalten. Dies erfordert angemessene Gesetze sowohl auf der Ebene der Gemeinschaft als auch der Mitgliedstaaten, die sich nicht gegenseitig beeinträchtigen, sondern vielmehr die gegenseitigen Ziele fördern.
Ich hoffe, dass die neuen Rechtsvorschriften der Kommission, statt eine hochtrabende Idee zu bleiben, vor allem jungen Leuten, Studenten, die in den Mitgliedstaaten studieren möchten, tatsächlich praktische Unterstützung bieten werden. Hauptsächlich diese sollten von der Verordnung begünstigt werden. Von diesem Standpunkt aus kann ich nur zustimmen, dass die Kommission bis spätestens April 2012 einen Bericht über die Durchsetzung dieser Verordnung und, wenn nötig, um die gesetzten Ziele zu erreichen, einen Vorschlag zur Änderung der Verordnung vorlegen sollte.
Vilija Blinkevičiūtė, im Namen der S&D-Fraktion. – (LT) Ich beglückwünsche den Berichterstatter, Herrn Coelho, zu diesem Bericht und bin ebenfalls der Meinung, dass es wichtig ist, Drittstaatsangehörigen im Besitz eines Visums für den längerfristigen Aufenthalt, die sich rechtmäßig in einem Mitgliedstaat aufhalten, die Bewegungsfreiheit im Schengen-Raum zu gewährleisten. Aus der gegenwärtigen Praxis der Mitgliedstaaten wird ersichtlich, dass diese aus unterschiedlichen Gründen ziemlich viel Zeit dafür benötigen, ein Visum für den längerfristigen Aufenthalt von Drittstaatsangehörigen durch einen Aufenthaltstitel zu ersetzen. Ich könnte viele Beispiele aus den EU-Mitgliedstaaten, einschließlich meines Heimatlandes Litauen, nennen, in denen beispielsweise ein Fernfahrer mit einem Visum der Kategorie D seinem Beruf nicht nachkommen kann. Die Praxis, die sich in diesem Bereich entwickelt hat, untergräbt die berechtigten Erwartungen von Drittstaatsangehörigen, die zum Arbeiten oder Studieren in die Europäische Union gekommen sind. Zudem sollten die Mitgliedstaaten geeignete Maßnahmen treffen, um die Verfahren der Visumerteilung zu erleichtern. Ein Visum für den längerfristigen Aufenthalt sollte dieselben Auswirkungen auf die Freizügigkeit einer Person innerhalb des Schengen-Raumes ohne Binnengrenzen haben wie ein Aufenthaltstitel. Der wichtigste Aspekt hierbei ist nicht die Zeitdauer, während der ein Inhaber eines Visums der Kategorie D einen anderen Mitgliedstaat besucht, sondern die Möglichkeit selbst, dessen Bedürfnissen innerhalb des Schengen-Raumes besser zu entsprechen. Daher stimme ich dem Vorschlag zu, dass sich ein Drittstaatsangehöriger mit einem von einem Mitgliedstaat ausgestellten Visum für den längeren Aufenthalt unter denselben Bedingungen wie ein Inhaber eines Aufenthaltstitels für drei Monate im Halbjahr in einem anderen Mitgliedstaat aufhalten können sollte. Gleichzeitig ist es sehr wichtig, sicherzustellen, dass der erleichterte Verkehr von Drittstaatsangehörigen innerhalb des Schengen-Raumes keine zusätzliche Bedrohung für die Sicherheit der Mitgliedstaaten birgt. Deshalb fordere ich Sie auf, diese teilweise geänderte Verordnung unverzüglich anzunehmen.
Nathalie Griesbeck, im Namen der ALDE-Fraktion. – (FR) Herr Präsident, Frau Kommissarin, meine Damen und Herren! In einem Meer der Schwierigkeiten, nehmen einige rettende Inseln Form an. Dies ist auch bei diesem Text der Fall, der eben von all meinen Kollegen aller Richtungen sehr gut erläutert wurde, und der alle Drittstaatsangehörigen betrifft, die - wie ich betonen möchte - rechtmäßig in Europa leben.
Es ist in der Tat höchste Zeit, dass dieser Text angenommen wird, höchste Zeit, dass das Recht, sich frei zu bewegen, für Drittstaatsangehörige in der EU festgelegt wird, und ich bin froh, dass wir diesen Punkt erreicht haben, an dem wir einen weiteren Stein für die Errichtung eines Europas der Freiheiten, in einem Gebiet, das man immer sicherer machen will, gelegt haben.
Dies ist sowohl eine Augenscheinlichkeit als auch ein Schritt nach vorne. Eine Augenscheinlichkeit, die in Erinnerung gerufen wurde: Es gibt praktisch keine größere Streitfrage in Zusammenhang mit diesem Text und die wenigen vorgenommenen Änderungen zeigen, dass wir alle ein Europa errichten wollen, in dem niemand in einem Mitgliedstaat festsitzt, ohne den Rest des europäischen Gebiets erkunden zu können. Und ein großer Schritt nach vorne, weil dies weitere Rechte für Drittstaatsangehörige - Studenten, Forscher oder andere, die auf EU-Hoheitsgebiet leben - bedeutet.
Schließlich wird dies die äußere Wahrnehmung von Europa als ungeteiltem Gebiet, vereintem Kontinent, gemeinsamem Raum begünstigen, und es wird die europäische Kultur und Identität über unsere Grenzen hinaus formen.
Rui Tavares, im Namen der GUE/NGL-Fraktion. – (PT) Herr Präsident! Ich möchte zunächst dem Berichterstatter, Herrn Coelho, danken, dessen Vorschlag ich wie die anderen Schattenberichterstatter des Ausschusses für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres unterstütze.
Ich hatte bereits die Gelegenheit hier zu sagen, dass Herr Coelho dem Grundsatz der Freizügigkeit innerhalb der Europäischen Union, den Bürgerrechten - und zwar sowohl die der europäischen als auch die der Bürgerinnen und Bürger anderer Länder - und der europäischen Demokratie selbst einen guten Dienst geleistet hat. Letzteres betrifft nicht nur unsere eigenen Bürgerinnen und Bürger, sondern stützt sich auch auf den Beitrag Tausender oder sogar Millionen von Drittstaatsangehörigen, die europäisches Hoheitsgebiet passieren, sich hier aufhalten oder für eine längere oder kürzere Zeit zum Arbeiten oder Studieren hierher kommen.
Herr Coelho hat mit Unterstützung der Schattenberichterstatter in einem hervorragenden kooperativen und bereitwilligen Umfeld gearbeitet, um uns zu informieren. Vor allem hat er dies rechtzeitig getan und in dieser Angelegenheit ist Zeit ein wichtiger Faktor, da wir es mit dem Leben einzelner zu tun haben.
Wie andere Redner vor mir, könnte ich Beispiele von Studenten, Forschern und Wissenschaftlern nennen, die aufgrund der erwiesenen Qualität ihrer Arbeit nach Europa kommen, dann aber unsere Grenzen nicht überqueren können, die in einigen Fällen für Personen von anderen Kontinenten tatsächlich hermetisch geschlossen sind. In nur zwei Stunden kann ein Forscher Portugal verlassen und auf dem Weg zur Grenze eines anderen Mitgliedstaats nach Spanien einreisen oder vielmehr kann er das eben nicht, wenn er, wie es manchmal vorkommt, ein Visum für ein zweijähriges Masterstudium hat, das ihm nicht erlaubt, das Land zu verlassen, um seine Arbeit mit anderen zu teilen oder in einem anderen Mitgliedstaat zu recherchieren.
Wir selbst hatten einige Male mit solchen Fällen zu tun, wenn wir beispielsweise in Brüssel jemandes Beitrag zu einer Debatte hören wollten.
Wir sollten beachten, dass dies nicht nur eine unnötige und ungerechte Last für die besagten Drittstaatsangehörigen bedeutet. Es ist auch ein Verlust für diejenigen unter uns, die sich auf deren Beitrag verlassen haben. Es ist ein Verlust in Sachen Wettbewerbsfähigkeit, wenn wir beispielsweise diese Mobilität von ausländischen Bürgern in den Vereinigten Staaten oder in China, Indien oder Brasilien vergleichen und dann die Hürden für ihre Mobilität in der Europäischen Union sehen. Es ist ein Verlust hinsichtlich der Mobilität unseres Arbeitskräftepotenzials, unserer Wissenschaftsgemeinschaft, wenn wir erkennen, dass diese zunehmende Freizügigkeit in Krisenzeiten wie der, die wir gerade durchleben, sehr wichtig ist, und es ist ebenso ein Verlust für unsere Wissensgesellschaft.
Daher wird es Zeit, dass der Rat diese Vorschläge umsetzt, bevor der Visakodex im April in Kraft tritt und der Mobilität dieser Personen weitere unnötige Hindernisse in den Weg stellt. Im Namen meiner Fraktion bleibt mir daher nur noch zu sagen, dass wir den Vorschlag des Berichterstatters unterstützen und für ihn stimmen werden.
Gerard Batten, im Namen der EFD-Fraktion. – Herr Präsident! Im Bericht wird vorgeschlagen, dass Mitgliedstaaten Drittstaatsangehörigen Visa für einen längerfristigen Aufenthalt von bis zu 12 Monaten erteilen können, die von anderen Staaten des Schengen-Raumes anerkannt werden.
Großbritannien gehört nicht dem Schengen-Raum an und wäre daher nicht direkt hiervon betroffen. Dennoch würden diese Vorschläge Drittstaatsangehörigen, die einen Mitgliedstaat betreten, den Übergang in andere EU-Staaten leichter machen.
Großbritannien hat ein massives Problem mit illegaler Einwanderung. Es gibt mindestens eine Million illegaler Einwanderer in Großbritannien. Unter den vorgesehenen Voraussetzungen könnten Personen, die illegal nach Großbritannien einwandern möchten, völlig rechtmäßig in einen anderen EU-Staat kommen und ein Visum für den längeren Aufenthalt erhalten, das sie beispielsweise nach Frankreich bringt, von wo sie illegalen Zutritt nach Großbritannien bekommen könnten.
Die Abgeordneten der UK Independence Party werden daher gegen diesen Bericht stimmen, um unsere Grenzen gegen weitere illegale Einwanderung zu schützen.
Frank Vanhecke (NI). – (NL) Herr Präsident! In diesem Bericht bin ich auf ein wirklich sehr bizarres Beispiel dafür gestoßen, warum wir die Vorschriften in diesem Bereich unbedingt lockern müssen, nämlich das eines ausländischen Studenten, der ein Visum für ein Studium in Belgien bekommen hat und nun aufgrund der neuen Vereinbarung in einer niederländischen Bibliothek recherchieren und dann weiter nach Barcelona reisen kann. Das ist schön für ihn!
Aber darum geht es hier doch nicht. In der Praxis bedeuten Schengen und die europäische Visapolitik insgesamt etwas ganz anderes als die Reisefreiheit von Studenten. Es bedeutet das vollständige Niederreißen unserer Grenzen und freie Bahn für organisierte Kriminalität und illegale Einwanderung ohne jegliche Einhalt gebietende wasserdichte Außengrenzen, die ursprünglich ein Eckpfeiler des gesamten Systems sein sollten. Eine direkte Auswirkung des Übereinkommens von Schengen ist beispielsweise, dass die Massen in Spanien legalisierter illegaler Einwanderer ungehindert in die anderen Mitgliedstaaten wechseln können.
Meiner Meinung nach sollte sich dieses Parlament besser mit den Auswirkungen solcher Entscheidungen auf die Allgemeinheit der Europäer befassen, als über die alltäglichen praktischen Sorgen ausländischer Studenten nachzudenken.
Agustín Díaz de Mera García Consuegra (PPE). – (ES) Herr Präsident! Ich möchte damit beginnen, Herrn Coelho für seine hervorragende Arbeit und besonders für den hohen Grad an Übereinstimmung zwischen dem Rat, der Kommission und den verschiedenen Fraktionen im Parlament beglückwünschen. Dank seiner Arbeit wird es hier nur sehr wenig Widerspruch geben, denke ich.
Die Europäische Union stellt den größten Raum der Freiheit dar, der je errichtet wurde. Wir sollten alle Hindernisse beseitigen, die die Freizügigkeit sowohl der europäischen Bürgerinnen und Bürger als auch von Drittstaatsangehörigen, die sich rechtmäßig in einem Mitgliedstaat aufhalten, einschränken. Wir sollten den absurden Situationen, in denen sich Inhaber von Visa für den längerfristigen Aufenthalt der Kategorie D so oft wiederfinden, ein für alle Mal ein Ende bereiten.
Wie Sie wissen, erlaubt ein Visum für den längerfristigen Aufenthalt seinem Inhaber, sich in dem Mitgliedstaat aufzuhalten, der es erteilt hat. Jedoch können sich die Inhaber dieser Visa nicht über die Grenzen des visumerteilenden Mitgliedstaats hinaus frei in der Europäischen Union bewegen. Paradoxerweise kommen solche Situationen wie bereits beschrieben sehr häufig vor. Ich möchte Ihnen ein weiteres Beispiel nennen: Einem Studenten, der in Lissabon seine Doktorarbeit über die Geschichte von Amerika schreibt, ist es unmöglich in den Akten und Dokumenten des Indienarchivs in Sevilla, das eine Flugstunde entfernt liegt, zu recherchieren.
Letzten Endes ist es das Ziel des Vorschlags, die Inhaber von Visa für den längerfristigen Aufenthalt mit denselben Rechten auszustatten wie die Inhaber eines Aufenthaltstitels. Meine Damen und Herren, wir müssen den Grundsatz der Mobilität verbessern: Diese Mobilität ist zum Arbeiten sowie zu wissenschaftlichen und akademischen Zwecken unentbehrlich.
Obwohl dies, wie man sieht, völlig unnötig ist, möchte ich abschließen mit der Bitte an Sie alle, Herrn Coelhos Bericht zu unterstützen. Nicht nur, weil er außerordentlich gut ist, sondern auch weil er eine weitere Garantie für diesen großen von uns verteidigten Raum der Freizügigkeit darstellt. Ebenso unterstütze ich den von Herrn Coelho vorgeschlagenen Zeitplan.
Iliana Malinova Iotova (S&D). – (FR) Herr Präsident! Ich möchte zunächst dem Berichterstatter Herrn Coelho für seine Arbeit danken sowie der Zusammenarbeit von Parlament, Rat und Kommission bei der Konsolidierung der beiden Berichte und bei der ersten Lesung, welche auch die letzte sein sollte, meine Anerkennung aussprechen.
Es ist entscheidend, dass dieser Bericht vor Ende April 2010 angenommen wird, damit er gleichzeitig mit dem Visakodex eingeführt werden kann. Es ist enorm wichtig für alle, die sich in der Europäischen Union aufhalten, sich in allen Mitgliedstaaten bewegen zu können. Auf diesem Wege können wir die beiden Probleme der Anwendung der Visa der Kategorie D+C und der Regeln für Aufenthaltstitel auf einmal lösen.
Dank diesem Bericht werden alle Drittstaatsangehörigen mit einem Visum für den längerfristigen Aufenthalt berechtigt sein, sich sechs Monate im Jahr überall in Europa zu bewegen. Alle Betroffenen sollten bei Erhalt ihres Visums alle notwendigen Informationen bekommen und vor allem sollten sie darüber informiert werden, dass dieses Visum vor Ablauf seiner einjährigen Gültigkeitsdauer automatisch in einen Aufenthaltstitel umgewandelt wird.
Schließlich ist es wichtig, hervorzuheben, dass jede Person, die ein Visum der Kategorie D beantragt, sich aus Sicherheitsgründen einer Untersuchung zu unterziehen hat, jedoch nicht im SIS gespeichert werden muss. Der Vertragspartner muss allen bereits von anderen Vertragsparteien in das SIS eingespeisten Informationen gebührend Rechnung tragen.
Weiterhin fordern wir die Kommission und den Rat dazu auf, falls das SIS II nicht vor Ende 2012 eingeführt wird, die erforderlichen Rechtsvorschriften vorzustellen, um dasselbe Datenschutzniveau sicherzustellen, das das SIS II bietet.
Mario Borghezio (EFD). – (IT) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Diese Vorschläge sollen es Drittstaatsangehörigen, die sich rechtmäßig in einem Mitgliedstaat aufhalten, leichter machen, sich auf der Grundlage eines Visums für den längerfristigen Aufenthalt der Kategorie D im Schengen-Raum zu bewegen.
Im Wesentlichen soll der bestehende Grundsatz der Gleichwertigkeit von Aufenthaltstiteln und Visa für den kurzfristigen Aufenthalt auf Visa für den längerfristigen Aufenthalt ausgeweitet werden, was uns Sorgen bereitet. Ein Visum für den längerfristigen Aufenthalt wird so hinsichtlich der Bewegungsfreiheit im Schengen-Raum dieselbe Gültigkeit wie ein Aufenthaltstitel haben. Mit anderen Worten, es soll es jedem Inhaber eines Dokuments, das zeigt, dass er sich rechtmäßig in einem Mitgliedstaat aufhält, möglich machen, sich für kurze Zeiträume von höchstens drei Monaten pro Halbjahr frei im Schengen-Raum zu bewegen.
Wir möchten die Kommission und den Rat auf die Sicherheitsprobleme aufmerksam machen, die sich aus dieser Bewegungsfreiheit ergeben könnten. Es ist bereits jetzt sehr schwierig, Kontrollen in einem Mitgliedstaat durchzuführen. Deshalb sollten wir die Risiken beachten, die wir durch eine überstürzte Einführung dieses Grundsatzes eingehen.
Franz Obermayr (NI). - Herr Präsident! Vor wenigen Monaten war hier nicht nur Weihnachtsstimmung, es herrschte auch Freudenstimmung bei den meisten hier im Saal, weil die Visabestimmungen für manche Länder in Europa vereinfacht wurden.
Nun, was ist die Realität? Mit der Aufhebung der Visapflicht für Bürger aus Montenegro, Mazedonien und Serbien im Dezember 2009 schwappte eine Einreisewelle aus dem Balkan über Österreich nach Mitteleuropa bis nach Skandinavien. Eine wahre Völkerwanderung! In nur sieben Wochen haben laut Innenministerium circa 150 000 Mazedonier diese neue Reisefreiheit genutzt. Zwei Drittel davon treten die Heimreise nicht an. In manchen Dörfern, vor allem albanisch-mazedonischen Dörfern, starten täglich fünf Busse nach Mittel- bzw. Westeuropa, mit Touristenvisum ausgestattet, das allerdings die Erwerbstätigkeit ausdrücklich untersagt. Das heißt also, nach Ablauf von 90 Tagen wird untergetaucht, und diese sogenannten Touristen finden sich dann auf dem Billigarbeitsmarkt zu Dumpingpreisen wieder. Das ist also der Unterschied zwischen der Realität und dem Wunschtraum, so wie er hier in diesem Plenum gelebt wird.
Auszubaden haben das unsere Heimatländer. Die müssen ausbaden, was die Mehrheit hier in diesem Saal beschließt. Auszubaden sind eine kaum kontrollierbare illegale Einwanderung und Illegalität und damit verbunden auch die Schwarzarbeit.
Simon Busuttil (PPE). – (MT) Auch ich möchte meinem Kollegen, Herrn Coelho, zu seinem Bericht über diese Initiative gratulieren, die Drittstaatsangehörigen die Möglichkeit zu mehr Bewegungsfreiheit in der europäischen Freizone gibt. Dennoch, Herr Präsident, muss ich auf eine Ironie hinweisen, die während dieser Debatte zum Vorschein gekommen ist, nämlich: Während wir Drittstaatsangehörigen mehr Rechte einräumen, haben die Europäische Union und ihre Bürgerinnen und Bürger gerade jetzt ernste Probleme, in Länder wie beispielsweise Libyen zu reisen. Dies ergibt sich aus den andauernden Problemen zwischen der Schweiz und Libyen, die zur Folge hatten, dass Libyen allen Bürgerinnen und Bürgern der Europäischen Union und nicht nur denen der Schweiz die Einreise verweigert. Während wir also Drittstaatsangehörigen mehr Rechte einräumen, werden unseren Bürgerinnen und Bürgern weniger Rechte zur Einreise in Drittstaaten wie Libyen gestattet. Was sind die Konsequenzen? Die Konsequenzen sind sehr ernst. Es gibt Arbeitnehmer, die nicht zu ihrer Arbeit nach Libyen reisen können, Unternehmen, die in Libyen investiert haben und daran gehindert werden, ihre Arbeitnehmer in das Land zu schicken, während andere Arbeitnehmer derzeit in Libyen abwarten müssen, bis ihren Nachfolgern die Einreise gewährt wird. Dies ist eine prekäre Situation, und ich bitte Frau Kommissarin Malmström dringend, in dieser Angelegenheit zu vermitteln. Meiner Meinung nach handelt es sich hier um eine diplomatische Angelegenheit zwischen zwei Ländern, die nicht einmal der Europäischen Union angehören, was jedoch ernste Auswirkungen auf die Bürgerinnen und Bürger der Europäischen Union hat, deren Interesse darin liegt, nach Libyen zu reisen, um dort ihren Lebensunterhalt zu verdienen.
Monika Flašíková Beňová (S&D). – (SK) Der Bericht unseres Kollegen Herrn Coelho und auch der Verordnungsentwurf betreffen die Personenfreizügigkeit, die ein wesentliches Element der Demokratie in der Europäischen Union verkörpert. Daher ist es nicht tragbar, Inhabern von Visa für den längerfristigen Aufenthalt in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union das Reisen in der ganzen Europäischen Union zu verweigern.
Es gibt verschiedene Gründe zur Unterstützung der zuvor genannten Initiativen. Der erste besteht in der Respektierung und Aufrechterhaltung der grundlegenden Menschenrechte, die das Recht, sich frei zu bewegen, zweifellos einschließen. Wenn ein Mitgliedstaat den Aufenthalt eines Drittstaatsangehörigen für rechtmäßig erklärt, gibt es keinen Grund, warum sich diese Person nicht frei im Schengen-Raum bewegen sollte. Natürlich sollte die Beibehaltung des Sicherheitsniveaus im Schengen-Raum im Detail ausgearbeitet werden.
Es wurde hier auch über Studenten und Wissenschaftler gesprochen, denen es unmöglich ist, in andere Mitgliedstaaten zu reisen. Ich möchte diese Gruppe um Geschäftsleute erweitern, denn wenn wir diesen das Reisen nicht erlauben, wird dies die Wettbewerbsfähigkeit der Europäischen Union verringern. Daher glaube ich, dass dieser Vorschlag Unterstützung finden wird und beglückwünsche den Berichterstatter.
Piotr Borys (PPE). – (PL) Herr Präsident, ich möchte Herrn Coelho sehr danken. Meine Ansicht wurde in die Verordnung eingearbeitet. Ich hatte auch die Gelegenheit, selbst an der Verordnung mitzuarbeiten. Ich würde sagen, dass Herrn Coelhos Bericht nicht nur dringend und wichtig, sondern auch symbolisch ist. Ich kann heute als Vertreter eines der neuen Mitgliedstaaten mit Stolz sagen, dass wir die Regeln ändern können, um die Bewegungsfreiheit im Schengen-Raum zu ermöglichen, wo bis vor Kurzem noch einige der derzeitigen Mitglieder der Europäischen Union ähnlichen Schwierigkeiten begegnet sind. Ich denke, dass der Symbolcharakter dieser Veränderungen etwas ist, das heutzutage nicht überbewertet werden kann, und hoffe, dass die in diesem Haus erlangte Übereinstimmung für uns alle ein großer Erfolg wird.
Zweitens möchte ich sagen, dass die Abschaffung der Visa der Kategorie D+C und die Tatsache, dass einige Mitgliedstaaten nicht in der Lage sind, Aufenthaltstitel zu erteilen, uns dazu zwingen, dringend Maßnahmen zu treffen. Ich möchte nur einige Beispiele in dieser Hinsicht nennen, die heute in diesem Plenarsaal erwähnt wurden. Zwei ukrainische Studenten, die letztes Jahr von Wroclaw nach Berlin reisten, wurden bei der Überquerung der Grenze festgenommen und dies hauptsächlich, weil die jungen Leute nicht über die Vorschriften Bescheid wussten. Dabei wollten sie lediglich Gebrauch unserer geistigen Ressourcen machen. Ich denke, dass die heutige Abstimmung sehr bedeutsam und wichtig für uns sein wird.
Ich möchte nur auf den letzten Punkt hinweisen - die Frage der Sicherheit. Wir sollten inzwischen ein gutes System zum Austausch von in Schengen gesammelten Informationen haben, und wir sollten sicherlich an der zweiten Generation des Schengener Informationssystems und des Visa-Informationssystems arbeiten sowie vor allem möglicherweise noch häufiger Überprüfungen vornehmen und Berichte ausarbeiten. Ich möchte Frau Malmström dringend bitten, sicherzustellen, dass die Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten bei der Sicherheit weiterhin so gut bleibt, und ich möchte noch einmal Herrn Coelho für seinen hervorragenden Bericht danken.
Kinga Göncz (S&D). – (HU) Herr Präsident! Ich möchte sagen, dass ich dem Berichterstatter und auch Frau Kommissarin Malmström völlig zustimme und sie dabei unterstütze, eine Lösung für dieses Problem zu finden, die im Einklang mit der Rechtsstaatlichkeit, dem Respekt der Menschenrechte, dem Datenschutz und natürlich auch mit Sicherheitsüberlegungen steht. Es wurden viele Bedenken geäußert. Ich möchte einige Themen hervorheben. Damit diese Verordnung funktionieren kann, müssen wir zu allererst mehr über die Praktiken jedes Mitgliedstaats herausfinden und erfahren. Wir wissen, dass einige Mitgliedstaaten in der Lage sind, die Aufenthaltstitel rechtzeitig auszustellen. Diese bewährten Methoden können sehr hilfreich für uns sein. Wir müssen die Methoden der Mitgliedstaaten koordinieren, um das Vertrauen zu stärken. Alle Mitgliedstaaten sollten das SIS nutzen - wir wissen, dass dies gegenwärtig nicht alle tun. Außerdem handelt es sich bei der Einführung des SIS II und der Ausführung des Visa-Informationssystems um äußerst dringende Aufgaben, da diese Systeme langfristige Garantien bieten. Es ist im Interesse Europas, dass Drittstaatsangehörige, die sich hier aufhalten, - Studenten, Geschäftsleute, Forscher - sich tatsächlich frei bewegen können.
Georgios Papanikolaou (PPE). – (EL) Herr Präsident! Auch ich möchte damit beginnen, Herrn Coelho für seine hervorragende Arbeit an diesem Bericht danken und Folgendes feststellen:
Zunächst bedeutet der Schengen-Besitzstand genau das: Freizügigkeit innerhalb der Grenzen des Schengen-Raumes. Daher müssen wir in dieser Debatte die erste grundlegende und einfache Schlussfolgerung ziehen: Es ist enorm wichtig für diese Verordnung, vorwärts zu schreiten. Das Beispiel des Studenten veranschaulicht dies gut; jeder Inhaber eines Visums für den längerfristigen Aufenthalt sollte das Recht haben, sich frei zu bewegen.
Es kommt die Frage auf - und dieses möchte ich hervorheben -, ob dies, wenn auch indirekt, die illegale Einwanderung begünstigen wird, ob es Sicherheitsprobleme geben wird, und ob eine Person, die über dieses Recht verfügt, überhaupt über die Mittel zum Reisen verfügt, was die Mitgliedstaaten in Betracht ziehen sollten.
Natürlich muss jeder Mitgliedstaat bei der Visumerteilung sehr vorsichtig sein. An diesem Punkt tritt, wie im Bericht festgestellt, ein sehr wichtiger Aspekt auf, der entscheidendste Aspekt überhaupt: Die Datenverarbeitung im Schengener Informationssystem vor der Erteilung von Visa für den längerfristigen Aufenthalt wird nun obligatorisch. Letzten Endes sichern wir also nicht nur den Schengen-Besitzstand, sondern verstärken auf diese Weise auch die Sicherheit.
Somit sollten wir diesen Aussichten positiv gegenüberstehen und das SIS II, das eine Notwendigkeit darstellt, muss, komme was wolle, schnell eingeführt werden. Schließlich müssen wir in Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten und deren Dienststellen nicht nur den Schengen-Besitzstand, sondern gleichzeitig auch die Sicherheit fördern und stärken, da sie ein notwendiges Element für jeden Mitgliedstaat, für uns alle und für den Schengen-Besitzstand selbst darstellt.
(Beifall)
Tanja Fajon (S&D). – (SL) Die Freizügigkeit und die Abschaffung der Binnengrenzen sind zwei der wichtigsten Faktoren der europäischen Integration. Wir müssen Drittstaatsangehörigen, die sich rechtmäßig in einem Mitgliedstaat aufhalten, das Reisen im Schengen-Raum erleichtern. Es ist untragbar, dass wir bürokratiebedingt Studenten, Forscher und Unternehmen am Reisen in Europa hindern.
Entsprechend müssen wir so bald wie möglich den Bürgerinnen und Bürgern von Bosnien und Herzegowina und Albanien und den Menschen aus dem Kosovo Bewegungsfreiheit einräumen, die heute paradoxerweise weniger Reisefreiheit haben als vor Jahren. Natürlich müssen die Bedingungen hierfür richtig sein, und wir sollten uns nicht von Daten über illegale Masseneinwanderung irreführen lassen.
Die Menschen der westlichen Balkanstaaten sind lange genug durch die Visaregelung ausgegrenzt worden. Sie müssen den Kontakt zu EU-Bürgerinnen und -Bürgern verstärken, doch meist hält sie die Ablehnung ihrer Visaanträge hiervon ab. Wir sollten es nicht riskieren, ein noch stärkeres Gefühl der Isolierung und Diskriminierung hervorzurufen, und dies besonders bei jungen Menschen, die vielleicht nie die Gelegenheit hatten, die EU kennenzulernen. Wir sollten daher keine Zeit verlieren, sobald Bosnien und Herzegowina oder Albanien die Kriterien der Visaliberalisierung erfüllt.
Jegliche Maßnahme zur Erleichterung des Reisens im Schengen-Raum bedeutet daher einen Schritt nach vorne und ist im Interesse der Europäischen Union.
Zbigniew Ziobro (ECR). – (PL) Herr Präsident! Der Vorschlag, der heute zur Diskussion steht, betrifft einen der maßgebenden Grundsätze der Funktion der Europäischen Union - die Beseitigung der Binnengrenzen und die Personenfreizügigkeit. Aus diesem Grund verdient er besondere Aufmerksamkeit. Es ist unverständlich und somit unannehmbar, dass Inhaber eines Visums für den längerfristigen Aufenthalt weniger Bewegungsfreiheit im Schengen-Raum genießen als der eines Visums für den kurzfristigen Aufenthalt. Deshalb stehe ich dem Vorschlag der Europäischen Kommission wohlwollend gegenüber. Ich denke jedoch, dass wir, um Sicherheit zu gewährleisten, Änderungen an diesem Vorschlag vornehmen sollten. Daher unterstütze ich den Vorschlag des Ausschusses für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres, dass als Teil des Schengener Informationssystems ein Informationsfluss über unerwünschte Personen zwischen den Mitgliedstaaten bestehen sollte. Außerdem sollte die Europäische Kommission dazu aufgefordert werden, bis spätestens 5. April 2012 einen Bericht über die Anwendung dieser Verordnung vorzulegen. Die vorgeschlagenen Änderungen verdienen eine ernsthafte Betrachtung und - in den meisten Fällen - Unterstützung.
Elżbieta Katarzyna Łukacijewska (PPE). – (PL) Herr Präsident! Nicht nur die Bürgerinnen und Bürger von Drittstaaten würden es gerne sehen, dass das Reisen im Schengen-Raum für Menschen aus diesen Ländern einfacher wird, sondern auch wir, die Einwohner der Europäischen Union, warten darauf. Es ist paradox, dass der Inhaber eines Visums für den kurzfristigen Aufenthalt mehr Bewegungsfreiheit genießt als der Inhaber eines Visums für den längerfristigen Aufenthalt und dass ein beispielsweise in Polen längerfristig aufenthaltsberechtigter Drittstaatsangehöriger nicht nach Deutschland oder Frankreich reisen kann. Die Freizügigkeit sollte nicht nur für die Einwohner der Europäischen Union gelten. Forscher, Studenten, Schulkinder und Geschäftsleute aus Drittstaaten sollten sich frei bewegen, Freunde besuchen und die Traditionen, Bräuche und Kulturen anderer Länder kennenlernen dürfen. Sie wären gute Botschafter der Idee der Europäischen Union und wir, die Einwohner der Europäischen Union, würden einen Schritt in Richtung der Verwirklichung der Idee eines Europas ohne Grenzen machen.
Andreas Mölzer (NI). - Herr Präsident! Das Visasystem der Schengen-Länder ist anscheinend so kompliziert, dass sich die Konsulatsmitarbeiter nicht mehr auskennen und rechtschaffene Visumreisende in die Visumfalle tappen lassen. Dass Konsularbedienstete die Visakategorien „D“ und „C“ nicht kennen, mutet schon seltsam an. Geradezu fahrlässig ist es, wenn man sich die Arbeit erleichtert und sich eine Konsultation des SIS-Systems erspart. Dass daraus unzählige und unnötige Probleme an den Außengrenzen resultieren, ist klar und gehört dringend geändert. In diesem Zusammenhang über nationale Visawarndateien zu diskutieren, macht wenig Sinn, wenn nicht einmal das EU-Warnsystem und die EU-Warnbestimmungen konsequent angewandt werden.
Die Visaliberalisierung für Balkanländer geht Hand in Hand mit einer Zunahme der aussichtslosen Asylgesuche aus jenen Ländern. Gerade jetzt, wo seit der Lockerung der Visabestimmungen für den Balkan eine wahre Einwanderungswelle droht, wo binnen sieben Wochen fast 150 000 Mazedonier die neue Reisefreiheit genutzt haben und Schätzungen zufolge fast zwei Drittel davon die Heimreise nicht antreten dürften, gilt es, die Durchführung der Visabestimmungen auf Vordermann zu bringen.
Krisztina Morvai (NI). – (HU) Als ungarische Parlamentarier befinden wir uns in einer besonderen Position, wenn es darum geht, abzustimmen und zu entscheiden, ob es Drittstaatsangehörigen möglich sein sollte, sich frei in der Europäischen Union zu bewegen oder ob man im Gegensatz dazu versuchen sollte, dies zu verhindern. Aufgrund der Tragödie von Trianon hat Ungarn einen Großteil seines Hoheitsgebiets eingebüßt und eine große Anzahl unserer ungarischen Landsleute lebt außerhalb der heutigen Grenzen Ungarns, und somit außerhalb der derzeitigen Grenzen der Europäischen Union, im ehemaligen Südungarn und den Unterkarpaten. Unsere Landsleute befinden sich in einer sehr demütigenden Position, wenn sie in ihrem eigenen beschnittenen Land studieren oder in der Forschung oder anderen Bereichen arbeiten und das Hoheitsgebiets Ungarns nicht verlassen dürfen. Dies ist ein außerordentlich bedauernswerter und unerträglicher Zustand, gegen den wir vorgehen müssen. Deshalb werden wir, die ungarischen Parlamentarier ungarischer Gesinnung, für diesen Vorschlag stimmen, um dieser absurden Position ein Ende zu bereiten.
Andrew Henry William Brons (NI). – Herr Präsident! Der Vorschlag stützt sich auf die Annahme, dass alle Drittstaatsangehörigen, die in die EU kommen, dies in guter Absicht tun und dass sie, wenn sie sagen, dass sie zum Studieren hierher kommen, dies auch wirklich vorhaben. Die EU ist reich an Scheininstituten und selbst an echten Instituten sind häufig Studenten eingeschrieben, die niemals in einem Vorlesungssaal erscheinen. Wenn diesen das Reisen in andere Staaten erleichtert wird, wird es viel schwieriger werden, die Echtheit ihres Status zu überprüfen und noch schwieriger sie zu lokalisieren, wenn man herausfindet, dass ihr Status nicht echt ist.
Obwohl das Vereinigte Königreich nicht dem Schengen-Raum angehört, weist die EU eine Erfolgsbilanz bei der Legalisierung illegaler Einwanderer auf. Die heutigen Inhaber eines Visums für den längerfristigen Aufenthalt oder eines Aufenthaltstitels könnten die illegalen Einwanderer von morgen und übermorgen EU-Bürger mit vollständiger Bewegungsfreiheit sein.
Cecilia Malmström, Mitglied der Kommission. - Herr Präsident! Es sind zwei Fragen aufgekommen, die sich nicht speziell auf dieses Thema beziehen, aber ich möchte gerne die Gelegenheit dazu nutzen, trotzdem kurz auf diese einzugehen.
Herr Busuttil hat das Thema Libyen angesprochen. Ich kann ihm versichern, dass es sich hierbei um eine sehr komplizierte Angelegenheit handelt, wir jedoch aktiv am Dialog mit Libyen, der Schweiz und den Mitgliedstaaten beteiligt sind, um eine Lösung für dieses sehr komplizierte Problem zu finden, bevor es weiter eskaliert. Daher hoffe ich, dass ich bald mit weiteren Entwicklungen in diesem Bereich auf Sie zukommen kann.
Frau Fajon möchte ich sagen, dass die Situation von Albanien und Bosnien und Herzegowina natürlich ein weiterer Punkt ist, den es anzugehen gilt, und dass wir gerade dabei sind, dort eine Mission abzuschließen, um beurteilen zu können, wie weit diese beiden Länder hinsichtlich der Kriterien sind. Die Kommission wird sehr bald, nach der Beratung mit den Mitgliedstaaten und Sachverständigen, einen Bericht hierüber verfassen und die Beurteilung dieses Berichts wird mit den Mitgliedern des Ausschusses für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres gemeinsam vorgenommen werden, bevor ein möglicher Vorschlag auf die Agenda gesetzt wird.
In Zusammenhang mit diesem Vorschlag kann ich den Damen und Herren Abgeordneten und dem Berichterstatter versichern, dass die Kommission sehr darauf bedacht ist, diesen zu verwirklichen und dass wir unser Bestes geben werden, um sicherzustellen, dass die Verordnung durchgesetzt wird. Es mag sich wie ein technisches Problem anhören, ist es aber nicht. Betroffen sind einzelne Bürgerinnen und Bürger, und wir möchten die Menschen dazu ermuntern, legal mit gültigen Papieren hierher zu kommen, egal ob es sich dabei um Studenten, Forscher, Sachverständige oder Wissenschaftler handelt. Das ist gut für sie und für uns und entspricht außerdem der Philosophie der Europäischen Union, über ein Gebiet ohne Binnengrenzen zu verfügen. Daher sollten wir es vermeiden, diesen Menschen das Leben unnötig schwer zu machen.
Ich denke wir haben in diesem Vorschlag eine gute Balance gefunden. Wir haben es geschafft, Sicherheitsüberlegungen zufriedenstellend zu berücksichtigen und dazu wir können uns beglückwünschen. Auf diese Weise, wenn drei Institutionen versuchen, ein Problem zu erkennen und eine konkrete Lösung zum Nutzen der Bürger zu finden,gibt die EU ihr Bestes.
Deshalb vielen Dank für Ihre Arbeit, Herr Coelho, und vielen Dank für die gute Debatte in diesem Plenum.
Carlos Coelho, Berichterstatter. – (PT) Herr Präsident! Vier abschließende Punkte. Erstens ist es bedauernswert, dass der Rat in dieser Debatte nicht anwesend ist. Zweitens möchte ich Frau Kommissarin Malmström für ihre freundlichen Bemerkungen danken uns sie außerdem dazu auffordern, zusammen mit dem Rat sicherzustellen, dass diese Verordnung am 5. April in Kraft tritt. Andernfalls haben wir eine Gesetzeslücke mit Folgen für alle unsere Bürger.
Drittens ist es bedauernswert, dass die Abgeordneten, die an dieser Debatte teilgenommen haben, und die Sicherheitsprobleme angesprochen haben, nicht dazu in der Lage waren, die Verbesserungen zu erkennen, die das Parlament mit Hilfe dieser Verordnung eingeführt hat, insbesondere die Verpflichtung zur vorherigen Abfrage des Schengener Informationssystems.
Wie ich eingangs betont habe, glaube ich, dass das Parlament seine Aufgabe gut gemacht hat, da es sowohl die Freizügigkeit als auch die Sicherheit verstärkt hat. Dies nicht zu erkennen, bedeutet, eine einseitige Betrachtungsweise zu haben und nicht das ganze Bild im Blick zu haben.
Mein letzter Punkt, Herr Präsident, besteht darin, allen Beteiligten, die in dieser Absicht zusammengearbeitet haben, nämlich allen, die es uns ermöglicht haben, eine Einigung in erster Lesung zu erlangen, insbesondere der Kommission und dem Rat, aber auch allen Fraktionen im Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres und im Rechtsausschuss, die diesen breiten Konsens möglich gemacht haben, zu danken. Ich glaube, dass wir, wenn wir auf diese Weise an einer Lösungsfindung teilhaben, unsere Arbeit auf die bestmögliche Art ausführen.
Der Präsident. – Die Aussprache ist beendet.
Die Abstimmung wird in Kürze stattfinden.
Schriftliche Erklärungen (Artikel 149)
Petru Constantin Luhan (PPE), schriftlich. – (RO) Ich unterstütze die im Zusammenhang mit diesem Bericht unternommenen Bemühungen zur erfolgreichen Erweiterung der Bewegungsfreiheit der Inhaber von Visa für den längerfristigen Aufenthalt auf die der Inhaber von Aufenthaltstiteln und Visa für den kurzfristigen Aufenthalt. Die derzeit geltenden Vorschriften haben zahlreiche Nachteile für Drittstaatsangehörige mit sich gebracht, die sich rechtmäßig in einem der Mitgliedstaaten aufhalten und aus unterschiedlichen Gründen in der Europäischen Union reisen möchten. Es gibt Unstimmigkeiten zwischen den Mitgliedstaaten hinsichtlich der erforderlichen Zeit, der Methode und den Kriterien für die Visumerteilung. In der Praxis wurde beobachtet, dass Antragsteller, die von einem Staat abgelehnt werden, ihr )„Glück“ in anderen Mitgliedstaaten versuchen. Dies kommt daher, dass einige Staaten bei der Ausstellung von Visa und Aufenthaltstiteln strenger sind, während andere lockerer dabei vorgehen. Um die Auslösung eines Massenzustroms von Visumanträgen über gewisse Staaten, die eine liberalere Visumpolitik ausüben, zu vermeiden, schlage ich vor, die Kontrollen und Methoden zur Genehmigung eines Visumantrags für alle Mitgliedstaaten zu standardisieren. Diese Verfahrensweise gewährleistet eine einheitliche Bearbeitung aller Anträge und beseitigt damit das Risiko jeglicher sich bildender „Eingangstore“ zum Schengen-Raum.
(Die Sitzung wurde um 11.50 Uhr unterbrochen und um 12.00 Uhr wieder aufgenommen.)
Die Präsidentin. – Als nächster Punkt folgt die Abstimmung.
(Für die Ergebnisse und andere Einzelheiten zur Abstimmung: siehe Protokoll).
6.1. Aufgliederung der unterstellten Bankgebühr (FISIM) zur Ermittlung des Bruttonationaleinkommens (BNE) (A7-0022/2010, Jean-Luc Dehaene) (Abstimmung)
6.2. Inanspruchnahme des Europäischen Fonds für die Anpassung an die Globalisierung: Deutschland - Entlassungen (A7-0020/2010, Reimer Böge) (Abstimmung)
6.3. Inanspruchnahme des Europäischen Fonds für die Anpassung an die Globalisierung: Litauen – Entlassungen (A7-0021/2010, Reimer Böge) (Abstimmung)
6.4. Inanspruchnahme des Europäischen Fonds für die Anpassung an die Globalisierung: Litauen – Hochbau (A7-0019/2010, Reimer Böge) (Abstimmung)
6.5. Zusatzprotokoll zum Übereinkommen über die Zusammenarbeit beim Schutz der Küsten und Gewässer des Nordostatlantiks gegen Verschmutzung (A7-0009/2010) (Abstimmung)
- Vor der Abstimmung:
Anna Rosbach , Berichterstatterin. – (DA) Frau Präsidentin, ich hatte um das Wort gebeten, da der zeitliche Rahmen für dieses wichtige zusätzliche Protokoll keine Debatte erlaubt hat – weder im Ausschuss noch im Plenum. Das Thema dieses zusätzlichen Protokolls wird es den EU-Mitgliedstaaten erlauben, die Verschmutzung im Atlantik gemeinsam zu bekämpfen. Dieses Übereinkommen ist Teil eines Netzwerks regionaler Meeresübereinkommen, das die EU mit einer Reihe einzelner Mitgliedstaaten und benachbarter Drittländer abgeschlossen hat. Jedes dieser Übereinkommen umfasst verschiedene Teile der See, die die EU-Mitgliedstaaten umgibt und zielt auf die individuelle und/oder kollektive Intervention der Vertragsparteien im Falle einer Verschmutzung der Gewässer oder der Küsten ab. Ich mache kein Geheimnis daraus, dass es meine große Hoffnung ist, dass dieses Zusatzprotokoll eine Bekämpfung sehr vieler Formen der Verschmutzung des Atlantik ermöglichen wird. Schließlich ist es ein Protokoll, das in der Vorbereitung viel zu lange gedauert hat. Wegen der Differenzen zwischen Marokko und Spanien in Bezug auf die Westsahara hat es zwanzig Jahre gedauert. Dies sind zwanzig verlorene Jahre. Die Meeresumwelt kann jene Jahre nicht zurückholen, aber gerade das betont die Bedeutung dessen, das Verfahren in diesem Parlament nicht weiter zu verlängern. Ich hoffe daher – da wir diese Angelegenheit schon im Ausschuss behandelt haben – dass es eine breite Unterstützung durch die Abgeordneten dieses Parlaments geben wird, und ich bin Ihnen für diese Unterstützung sehr dankbar.
6.6. Verbraucherschutz (A7-0024/2010, Anna Hedh) (Abstimmung)
6.8. Veterinärbedingungen für die Verbringung von Heimtieren zu anderen als Handelszwecken (A7-0082/2009, Bairbre de Brún) (Abstimmung)
6.9. Verkehr von Personen mit einem Visum für den längerfristigen Aufenthalt (A7-0015/2010, Carlos Coelho) (Abstimmung)
- Vor der Abstimmung:
Carlos Coelho, Berichterstatter. – (PT) Herr Präsident, dies ist eine kurze Erklärung, um Sie daran zu erinnern, dass der Visakodex der Gemeinschaft am 5. April – das ist der kommende Monat – in Kraft tritt. Daher kommt es darauf an, dass diese neue Verordnung vor diesem Datum in Kraft tritt.
Lassen Sie die Aufzeichnung in Abwesenheit des Rates reflektieren, dass dies die Wünsche des Parlaments sind, sofern das Parlament – wie ich hoffe – die Umsetzung meines Berichts ermöglichen wird.
Der Präsident. – Die Abwesenheit des Rates ist notiert und bedauernswert.
6.10. Bericht über die Wettbewerbspolitik 2008 (A7-0025/2010, Sophia in 't Veld) (Abstimmung)
6.11. Binnenmarktanzeiger (A7-0084/2009, Róża, Gräfin von Thun Und Hohenstein) (Abstimmung)
Siiri Oviir (ALDE). – (ET) Im Verlauf der Jahre hat sich der Umfang der Verbraucherschutzpolitik der Europäischen Union sehr entwickelt, um die Veränderungen von Bedürfnissen und Erwartungen der Menschen zu reflektieren. Darüber hinaus ist infolge der rapiden Entwicklung des E-Commerce die grenzüberschreitende Dimension der Verbrauchermärkte in der Europäischen Union signifikant angewachsen, weshalb es umso wichtiger ist, einen Verbraucherschutz und insbesondere ein hohes Verbraucherschutzniveau zu haben.
Meiner Ansicht nach sind für eine Erhöhung des Verbrauchervertrauens eine stärkere Überwachung des Marktes und der Durchsetzungsmechanismen sowie ihrer wirksamen und umfassenden Umsetzung unerlässlich. Daher habe ich die Annahme des Berichts und seiner Änderungsvorschläge unterstützt.
Zigmantas Balčytis (S&D). – Frau Präsidentin, ich habe diesen Bericht unterstützt. Eine effektive Durchsetzung der Verbraucherpolitik ist für das Funktionieren des Binnenmarktes von zentraler Bedeutung.
Wir benötigen einen echten und gut funktionierenden Binnenmarkt mit einem hohen Verbraucherschutzniveau, was heutzutage leider nicht der Fall ist. Wir haben die geltenden Rechtsvorschriften, aber sie werden durch die Mitgliedstaaten nicht ordnungsgemäß umgesetzt. Vor allem aber fühlen sich unsere Verbraucher nicht sicher, da sie die Bestimmungen nicht kennen, und in vielen Fällen funktionieren die Kompensationsmechanismen nicht in der Weise, wie sie sollten.
Die Kommission sollte ihre Bemühungen verstärken und dabei sicherstellen, dass die Mitgliedstaaten Richtlinien richtig anwenden, und dass die Bürgerinnen und Bürger über ihre Rechte informiert und vor allem aber imstande sind, sie in der Praxis wirklich auszuüben.
Viktor Uspaskich (ALDE). – (LT) Herr Berichterstatter, meine Damen und Herren Abgeordneten, ich stimme dieser Initiative ausdrücklich zu. Insbesondere bin ich mit der Stärkung des SOLVIT-Netzwerkes und der Erweiterung seiner Aktivitäten einverstanden. Es sollten keine Kosten gescheut werden, um Informationen über diese europäischen Strukturaktivitäten und Möglichkeiten über nationale Medien, das Internet oder TV-Programme zu verbreiten. Allerdings kann ich Ihnen mitteilen, dass mit zweierlei Maß gemessen wird, dass die Rechtsvorschriften nicht einheitlich angewandt werden und dass sogar verschiedene Strafmaßnahmen für die gleichen Tätigkeiten existieren. Vielen Dank - genau das ist es, was ich betonen wollte.
Alfredo Antoniozzi (PPE). – (IT) Herr Präsident, meine Damen und Herren Abgeordneten, ich habe für den Buşoi-Bericht gestimmt. Denn ich glaube, dass der durch SOLVIT angebotene Dienst von grundlegender Bedeutung im Hinblick auf eine klare und transparente Verbindung zwischen den Institutionen, den Bürgerinnen und Bürgern und den Privatunternehmen ist, was einen der Grundpfeiler der Europäischen Union darstellt.
SOLVIT hat bewiesen, dass es ein wichtiges Instrument für die Lösung von Problemen für Bürgerinnen und Bürgern und Privatunternehmen ist, die von den durch den Binnenmarkt gebotenen Möglichkeiten vollumfänglich Gebrauch machen möchten. Viele Länder in der Europäischen Union haben immer noch Barrieren in ihren nationalen Rechtsvorschriften, die aufgehoben werden müssen. Daher meine ich, dass wir die Zuweisung weiterer Mittel, die Einstellung spezialisierten Personals und die Verbesserung der Sichtbarkeit dieses Dienstes unterstützen sollten. Und zwar einschließlich der Ebene der lokalen Behörden, wo es sehr nutzbringend sein könnte.
Zuzana Roithová (PPE). – (CS) Wie der Schattenberichterstatter möchte ich allen Damen und Herren Abgeordneten dafür danken, dass unser Bericht zum SOLVIT-Netzwerk mit absoluter Mehrheit durch das Parlament verabschiedet worden ist. Er sendet ein klares Signal an den Rat und die Kommission, unsere Empfehlungen ernst zu nehmen und soll gewährleisten, dass dieses nützliche Instrument für die Bürgerinnen und Bürger und Unternehmerinnen und Unternehmer besser ausgeschöpft wird. Man muss für Unternehmerinnen und Unternehmer und Bürgerinnen und Bürger nur sicherstellen, dass dieses Instrument bekannt ist. Ich hoffe, dass die Kommission dem Parlament im nächsten Jahr einen ausgereiften Jahresbericht präsentiert, in dem die Öffentlichkeit etwas über die Klagen im Hinblick auf die Missachtung von Rechten erfahren wird, die im Übrigen durch die europäischen Rechtsvorschriften garantiert sein sollten.
Jarosław Kalinowski (PPE). – (PL) Frau Präsidentin, ich möchte Ihnen Gründe für die Weise angeben, in der ich bezüglich des Berichts von Frau de Brún gestimmt habe. Vielen Dank für die Erstellung dieses Dokuments. Anforderungen für die Beförderung von Tieren zu haben bedeutet, dass wir nicht nur Tiere schützen, sondern uns vor allem um die Sicherheit und die Gesundheit von Menschen kümmern. Ich möchte meine Unterstützung für Maßnahmen zum Ausdruck bringen, die darauf ausgerichtet sind, die Übergangsregelung zu verlängern und dem Problem der Tollwut in der Europäischen Union im Ergebnis ein Ende zu setzen. Natürlich sollten wir bezüglich der Frage der freien Beweglichkeit von Haustieren in der Union umsichtig und vernünftig sein, und wir sollten auch die Meinung von Experten aus Forschungsinstituten berücksichtigen.
Zuzana Roithová (PPE). – (CS) Ich habe für eine Verlängerung der Übergangszeit, während der einige Staaten Ausnahmen anwenden können, gestimmt, denn diese Staaten haben sich verpflichtet, künftig keine weitere Verlängerung der Ausnahmen hinsichtlich der Veterinärbedingungen zu beantragen. Ich verstehe die Bedenken von Irland, Malta, Schweden und dem Vereinigten Königreich, denn sie haben strengere Anforderungen im Hinblick auf die Unterlagen für Haustiere, die mit ihren Besitzern in ihre Heimatländer reisen. Die Hauptrisiken sind Tollwut, Echinokokkose und Krankheiten, die durch Zecken übertragen werden. Es muss natürlich gesagt werden, dass der Widerspruch, der darin besteht, dass einigen Staaten eine Übergangszeit eingeräumt wird, etwas ist, was wir künftig ausräumen müssen. Zudem ist es grundlegend für uns, gemeinsam zu handeln und über harmonisierte Rechtsvorschriften zu verfügen.
Peter Jahr (PPE). - Frau Präsidentin! Ich kann einerseits das Interesse der einzelnen Mitgliedstaaten nachvollziehen, die auf eine Verlängerung der Sonderregelung bei der Einfuhr von Haustieren drängen. Andererseits müssen wir immer aufpassen, dass der Aufwand und der Nutzen in einem angemessenen Verhältnis zueinander stehen. Das ist in diesem Fall nur ungenügend gewährleistet. Deshalb habe ich mich der Stimme enthalten. Was wir ganz besonders brauchen, ist einerseits ein angemessener effektiver Außenschutz, wenn es um Einfuhren innerhalb der Europäischen Union geht, andererseits aber zunehmend auch eine Harmonisierung innerhalb der Europäischen Union, weil das auch im Sinne des Verbrauchers ist, der letztendlich irgendwann den Überblick verliert, wenn bei der Einfuhr in Land A andere Bedingungen herrschen als bei der Einfuhr in Land B.
Nicole Sinclaire (NI). – Frau Präsidentin, ich habe gegen diesen Vorschlag gestimmt, hauptsächlich, weil ich aus dem Vereinigten Königreich komme. Ich meine, wir haben gute geltende Gesetze, die sich damit bereits befassen, und wir möchten nicht, dass die Tollwutgefahr unsere Insel trifft.
Ich bin auch ehrlich gesagt irritiert, warum sich dieser Vorschlag nur auf Hunden, Katzen und Frettchen bezieht. Ferner möchte ich auch darauf hinweisen, dass ein gewisser Screaming Lord Sutch dies vor 25 Jahren vorgeschlagen hat, und er muss heute sehr zufrieden herabblicken.
Dann aber werden viele meiner Wähler in den West Midlands des Vereinigten Königreichs denken, dass viele der Politiken, die aus diesem Parlament kommen, Monster Raving Loony-Politiken sind.
Daniel Hannan (ECR). – Frau Präsidentin, es freut mich zu sehen, dass Sie den Vorsitz führen.
Gelegentlich erhalten wir diese Nachrichten aus der Kommission heraus, dass die EU genug tut. Die EU sollte weniger, aber besser machen und sich auf die wirklich großen Dinge konzentrieren.
Und dann haben wir all diese Anträge zu Sachen wie, welche Haustiere uns gestattet sind wohin mitzunehmen. Meiner Ansicht nach gibt es hier auch eine Frage der Verhältnismäßigkeit, oder? Die Länder haben unterschiedliche nationale Bedingungen. Unser Land ist eine Insel ohne Landgrenzen, und wir sind voll und ganz in der Lage, vernünftige und angemessene bilaterale oder multilaterale Vereinbarungen miteinander zu erzielen.
Glauben wir wirklich, wir wären besser dran, wenn wir eine neue aufgeblähte Bürokratie in den Händen derselben Genies schaffen, die uns die gemeinsame Agrarpolitik, die gemeinsame Fischereipolitik, die ungeprüften Haushalte und den ganzen Rest des Apparats an erworbener EU-Gesetzgebung eingebracht haben? Sicherlich ist dies etwas, das den Mitgliedstaaten überlassen werden könnte.
Siiri Oviir (ALDE). – (ET) Das Ziel des Schengen-Raums ist das der Freizügigkeit. Es ist unlogisch, dass viele Inhaber eines Visums für den längerfristigen Aufenthalt bedeutend weniger Freizügigkeit im Schengen-Raum haben, als solche mit Kurzzeitvisa. Der Visakodex der Gemeinschaft soll in einem Monat gelten, obwohl, wie die Analyse der Maßnahmen, die durch die Mitgliedstaaten zu Visa für den längerfristigen Aufenthalt und die Bewilligung von Aufenthaltsberechtigungen durchgeführt wurden, zeigt, dass verschiedene Versionen und Umsetzungen etabliert sind; mit der Konsequenz, dass die Grundrechte der Bürgerinnen und Bürger verletzt worden sind.
Mit der Hilfe des Kommissionsvorschlags würden praktische Probleme und Verzögerungen bei der Bewilligung von Aufenthaltsberechtigungen überwunden, die – wie ich erwähnte – bislang in vielen Mitgliedstaaten beobachtet wurden. Dies ist eine sehr dringliche Angelegenheit: Der Visakodex sollte sehr schnell in Kraft treten, und ich habe die Vorschläge in dem Bericht unterstützt.
Zuzana Roithová (PPE). – (CS) Ich habe diese Verordnung, welche die Freizügigkeit von Personen mit einem Visum für den längerfristigen Aufenthalt im Schengen-Raum erleichtert, unterstützt. Es ist logisch, dass Studenten, Forscher und Unternehmer aus Drittländern das Recht haben sollten, sich in der gesamten Union zu bewegen, wenn sie ein Visum in einem Mitgliedstaat erworben haben.
Jedoch möchte ich erneut an andere Länder appellieren, Solidarität mit der Tschechischen Republik zu zeigen, die vergeblich gegen die Einführung einer Visumspflicht durch Kanada kämpft. Dies stellt eine beispiellosen Ungleichheit zwischen Bürgerinnen und Bürgern der Europäischen Union dar. Kanada prüft zurzeit die Einführung von Visa für weitere Länder, zum Beispiel Ungarn, und wir können dies nicht widerspruchslos hinnehmen. Es sind die zu großzügigen und daher verlockenden Bedingungen für Asylsuchende, auf die dies zurückzuführen ist. Sie forden einen Missbrauch des Systems geradezu heraus. Kanada hat versprochen, sie zu ändern, aber es tut nichts. Ich möchte mich dafür entschuldigen, neuerlich die Gelegenheit zu nutzen, die Aufmerksamkeit auf dieses Thema zu lenken.
Kinga Gál (PPE). – (HU)Wie wir während dieser Debatte hörten, soll der Vorschlag das Reisen für Drittstaatenangehörige, die Inhaber eines durch einen Mitgliedstaat ausgestellten Visums für den längerfristigen Aufenthalt sind, innerhalb der Europäischen Union erleichtern. Dies soll eine Lösung für Situationen bieten, wo aus dem einen oder anderen Grund einige Mitgliedstaaten nicht in der Lage oder unwillig sind, rechtzeitig eine Aufenthaltsgenehmigung für Drittstaatenangehörige auszustellen, oder den Rahmen der Schengen-Vorschriften nicht richtig anwenden. Die ungarische Fidesz-Delegation hat sich der Endabstimmung zu diesem Gesetz enthalten, da Ungarn bisher imstande gewesen ist, Rechtsvorschriften korrekt umzusetzen. Es gab keine Probleme, und unter Nutzung der durch Schengen gebotenen Möglichkeiten sind wir in der Lage, dies effektiver zu gewährleisten. Gleichzeitig möchten wir betonen, dass es im Interesse ungarischer Minderheiten, die als Drittstaatsangehörige in der Nachbarschaft der Europäischen Union leben, ist, in der Lage zu sein, sich ohne übermäßige bürokratische Belastungen legal in den Hoheitsgebieten von EU-Mitgliedstaaten aufzuhalten. Dies erfordert sowohl auf Gemeinschafts- als auch auf Mitgliedstaatenebene Gesetze, die nicht gegeneinander wirken, sondern unsere Ziele bestätigen.
Marian Harkin (ALDE). – Frau Präsidentin, es gibt eine Menge guter Dinge in diesem Bericht, aber ich kann einfach nicht Paragraph 35 unterstützen, welcher die Einführung einer gemeinsamen konsolidierten Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage (GKKB) fordert.
Uns wurde über die GKKB unter anderem gesagt, dass sie effizienter sein und die Dinge vereinfachen wird. Aber, vorausgesetzt Unternehmen können, wie es derzeit der Fall ist, wählen, ob sie sich beteiligen möchten oder nicht, dann würden wir 28 statt der gegenwärtigen 27 Besteuerungsgrundlagen haben, und das ist wohl kaum eine Vereinfachung.
Wie aktuell vorgeschlagen würde die GKKB auch die Umverteilung von europäischen Profiten quer durch die EU bedeuten. Demnach würde ein Land wie mein eigenes, Irland, das vieles von dem, was es produziert, exportiert, bestraft werden, weil die Profite natürlich am Verkaufsort entstehen würden. Es erscheint in der Tat ein wenig seltsam, da wir im Kern der EU den freien Warenverkehr haben, also demnach würden wir, wenn wir die GKKB verwenden, letztendlich Ausfuhrländer bestrafen.
Abschließend glaube ich auch, dass die Einführung der GKKB Europas Fähigkeit, ausländische Direktinvestitionen anzuziehen, schaden würde, da die Regelungen als solche nicht auf den Mitgliedstaat, in dem es sich befindet, anwendbar sein würden, sondern durch einen Verweis auf eine komplizierte Formel, die nur rückwirkend berechnet werden kann, erfolgen würde. Daher glaube ich, dass es sicherlich unserer Fähigkeit, ausländische Direktinvestitionen anzuziehen, schaden würde.
Bericht: Róża Gräfin Von Thun Und Hohenstein (A7-0084/2009)
Jarosław Kalinowski (PPE). – (PL) Frau Präsidentin, eingangs möchte ich meiner Kollegin für die Vorbereitung dieses Berichts danken, eines Berichts, der maßgeblich für das Wirtschaftswachstum ist. Die Beobachtungen und Ausführungen der Verfasserin zur Einführung und Durchsetzung des Gemeinschaftsrechts in den Mitgliedstaaten finden meine volle Zustimmung. Ein effizient funktionierender Binnenmarkt ist ein unverzichtbares Element einer stabilen Wirtschaft, etwas, was in Krisenzeiten sehr notwendig ist. Die effektive Nutzung des Potentials dieses Marktes hängt von der effektiven Zusammenarbeit zwischen den Institutionen auf nationaler und europäischer Ebene ab. Die Reduzierung des Verwaltungsaufwandes, eine effiziente Kommunikation zwischen den zuständigen Stellen, eine Vereinfachung der Verfahren und eine Harmonisierung der Rechtsvorschriften werden in der raschen und effektiven Umsetzung von Richtlinien in den Mitgliedstaaten resultieren. Darüber hinaus werden die Veröffentlichung von aktuellen Daten und eine effektive Information der Bürgerinnen und Bürger sowie der Geschäftsleute im Hinblick auf deren Rechte und die Situation im Markt die Marktfunktion und die Transparenz seiner Prinzipien verbessern helfen, wobei gleiche Wettbewerbsbedingungen gewährleistet werden.
Viktor Uspaskich (ALDE). – (LT) Frau Präsidentin, Herr Berichterstatter, meine Damen und Herren Abgeordneten, ich stimme der Initiative zu und vertraue darauf, dass sie den Menschen und Unternehmen auf nationaler Ebene helfen kann. Allerdings zweifle ich daran, dass es ohne eine klare und streng regulierte Überwachung der Situation des Binnenmarktes und des Rechtssystems möglich sein wird, diese Marktteilnehmer unbeschadet ihrer Größe und der genutzten Dienstleistungen letztendlich zu retten. Wenn sich nach einer Prüfung offensichtliche Verletzungen herausstellen, sind strenge Strafen festzulegen. Bei der Prüfung von Beschwerden auf internationaler Ebene und zur Festlegung von Kriterien müssen Vorgehensweisen unbedingt eingehalten werden. Leider zeigt die traurige Statistik in meinem Staat, dass in acht von zehn internationalen Fällen, die gegenwärtig untersucht werden, staatliche Institutionen oder Gerichte fehlerhaft gehandelt haben. Daher denke ich, dass es ohne die klare Regelung von Sanktionen unmöglich sein wird, das gewünschte Ergebnis zu erreichen. Ich möchte, dass diesem Umstand Beachtung geschenkt wird.
Siiri Oviir (ALDE). – (ET) Um ein stabiles und innovatives wirtschaftliches Umfeld zu schaffen, ist es absolut notwendig, über einen gut funktionierenden Binnenmarkt zu verfügen. Der Binnenmarkt wird jedoch nicht gut funktionieren, solange die Bestimmungen der Union, die seine Funktionsweise betreffen, nicht von all seinen Mitgliedstaaten angenommen werden. Ihre Annahme kann wiederum nur dann erfolgreich sein, wenn die Parlamente der Mitgliedstaaten in den Prozess der Annahme der Gesetzgebung einbezogen werden. Auch aus dem Blickwinkel der parlamentarischen Kontrolle ist ihre Annahme von grundlegender Bedeutung. Da sich diese Positionen auch in dem Bericht fanden, habe ich die Annahme des Berichts vorbehaltlos unterstützt.
Zuzana Roithová (PPE). – (CS) Das Parlament hat alle drei Berichte zur Funktionsweise des Binnenmarktes wie erwartet angenommen. Im Falle des Berichts der Gräfin Von Thun Und Hohenstein haben jedoch die Sozialisten und die Grünen Abstand vom Vorschlag der Durchführung einer regelmäßigen Überwachung der Funktionsweise des Binnenmarktes genommen. Sie argumentieren, es würde die vereinbarten Sozial- und Umweltstandards zerstören. Wir alle wissen jedoch, dass diese Standards einen hohen Preis haben, und wir wissen auch, dass sie eine höhere Lebensqualität in der Europäischen Union ermöglichen. Die Linken haben in der heutigen Debatte nicht erläutert, warum sie so viel Angst davor haben, dass dieser Wert quantifiziert wird. Ich habe dafür gestimmt, alles zu unterstützen.
José Manuel Fernandes (PPE), schriftlich. – (PT)Der Kommissionsvorschlag bezieht sich auf die Aufgliederung der unterstellten Bankgebühr (FISIM) für die Festlegung des Bruttonationaleinkommens (BNE) der Mitgliedstaaten für den Haushalt der Europäischen Union und seiner Eigenmittel.
Die FISIM stellt einen Teil des Produktes von Finanzinstitutionen dar, der nicht mit Direktverkäufen von Dienstleistungen zu einem festen Preis, sondern eher mit der Erhebung eines Zinssatzes auf Kredite zusammenhängt, der höher als der auf Einlagen angewandte Zinssatz ist.
Die Kommission schlägt vor, die Aufgliederung der FISIM für die Festlegung des BNE vorzunehmen und ist der Ansicht, dass dies rückwirkend ab dem 1. Januar 2005, dem Tag des Inkrafttretens der Verordnung (EG) Nr. 1889/2002 gelten soll. Allerdings bringt die vorgeschlagene rückwirkende Durchführung ab dem 1. Januar 2005 Probleme für den genauen Umfang der Rückwirkung mit sich.
Daher stimmen wir dem Standpunkt des Berichterstatters zu, der befürwortet, dass eine Aufgliederung der FISIM für die Festlegung des BNE nicht vor dem 1. Januar 2010 einsetzen sollte. Dies stellt sicher, dass eine Aufgliederung der FISIM von 2010 an ordnungsgemäß durchgeführt wird, was einer genauere Berechnung des BNE zum Ergebnis hat.
Nuno Melo (PPE), schriftlich. – (PT) Die Aufgliederung der unterstellten Bankgebühr (FISIM) für die Festlegung des Bruttonationaleinkommens (BNE) der Mitgliedstaaten für den Haushalt der Europäischen Union und seiner Eigenmittel ist ein altes Thema, und ein Thema, welches im Jahr 2005 hätte umgesetzt werden sollen. Jedoch hat die Notwendigkeit, diese Methode zu testen, um ihre Genauigkeit zu beurteilen und um einzuschätzen, ob sie tatsächlich verlässliche Ergebnisse für die korrekte Bewertung der fraglichen Wirtschaftsaktivität gebracht hat, ihre Umsetzung verzögert. Ich bin damit einverstanden, dass die Umsetzung dieser Methode keinerlei rückwirkende Geltung haben sollte, um Konflikte zwischen den Mitgliedstaaten und mögliche gerichtliche Schritte zu vermeiden.
Alfredo Antoniozzi (PPE), schriftlich. – (IT)Die Verwendung des Europäischen Fonds für die Anpassung an die Globalisierung als ein sinnvolles Instrument zur Bewältigung der Auswirkungen der Wirtschafts- und Finanzkrise ist eine sehr lobenswerte Initiative, die eine praktische Antwort in Form von Finanzhilfen darstellt. Es ist wichtig, darauf hinzuweisen, dass die Inanspruchnahme dieses Fonds einen Anreiz für die Umsetzung entlassener Arbeitnehmer bilden sollte.
Ich hoffe, dass die Ersuchen anderer Länder wie Italien, die eine Intervention dieses speziellen Fonds für die Unterstützung von Arbeitnehmern jener Unternehmen fordern müssen, die den Preis dieser Krise zahlen, und die zu Einschnitten gezwungen sind, gewährleistet werden. In dieser Hinsicht möchte ich die Kommission gleichwohl um mehr Flexibilität bei der Beurteilung der Kriterien dieses Fonds bezüglich der Förderungswürdigkeit bitten, der auch im Fall struktureller Probleme in kleinen oder mittelständischen lokalen Industriegebieten aktiviert werden sollte.
Carlos Coelho (PPE), schriftlich. – (PT) Der Europäische Fonds für die Anpassung an die Globalisierung (EGF) wurde eingerichtet, um zusätzliche Hilfen für Arbeitnehmer anzubieten, die von den Folgen größerer Veränderungen in der Struktur des internationalen Handels betroffen sind. Der Aufgabenbereich des EGF wurden um potentielle, seit dem 1. Mai 2009 benannte Leistungsempfänger erweitert, sodass er jetzt – und es ist richtig so – Hilfen für Arbeitnehmer umfasst, die als eine direkte Folge der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise entlassen wurden.
Ich unterstütze den vorliegenden Vorschlag, die Summe von 6 199 341 EUR zu mobilisieren, um Deutschland zu helfen. Und zwar in Antwort auf das deutsche Ersuchen vom 13. August 2009 mit der Absicht, Hilfen für Arbeitskräfte zu gewähren, die innerhalb der Karmann-Gruppe, einem Automobilunternehmen, entlassen wurden.
Im Jahr 2008 bestätigten drei Institutionen die Wichtigkeit einer Gewährleistung, dass es ein schnelles Verfahren für die Annahme von Entscheidungen zur Inanspruchnahme des Fonds geben würde, mit dem Ziel, den Menschen innerhalb eines angemessenen Zeitraums helfen zu können. Sieben Monate waren notwendig, um diese Entscheidung anzunehmen. Ich hoffe, dass das Verfahren zur Aktivierung des Solidaritätsfonds schneller durchgeführt wird, um es zu ermöglichen, verheerenden, eine sofortige Reaktion erfordernden Situationen, wie es kürzlich tragischer Weise in Madeira der Fall war, entgegenzutreten.
Diogo Feio (PPE), schriftlich. – (PT) Die deutsche Karmann-Gruppe, einst eine prosperierendes und wettbewerbsfähiges Unternehmen, hat mit der Krise im Automobilsektor gekämpft und Konkurs angemeldet, wobei sie kürzlich teilweise von Volkswagen gekauft wurde. Die Inanspruchnahme von 6 199 341 EUR aus dem Europäischen Fonds für die Anpassung an die Globalisierung wird benötigt, um 1793 entlassene Arbeitnehmer dieser Gruppe zu unterstützen und zu begleiten.
Nach Auffassung der Kommission sind Auswahlkriterien für die Inanspruchnahme dieses Fonds erfüllt, was heißt, dass die Europäische Union vollauf berechtigt ist, von Schwierigkeiten betroffene Arbeitnehmer schnell zu unterstützen.
Ich hoffe, dass diese schwierige Zeit im Leben der entlassenen Arbeitnehmer es ihnen ermöglichen wird, ihre Fähigkeiten und Qualifikationen zu verbessern, und dass ihnen diese Verbesserungen ein rasche Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt ermöglichen.
José Manuel Fernandes (PPE), schriftlich. – (PT)Der Europäische Fonds für die Anpassung an die Globalisierung (EGF) wurde eingerichtet, um zusätzliche Unterstützung für Arbeitnehmer, die als eine Folge der bedeutenden Veränderungen in der Struktur des internationalen Handels freigesetzt wurden, zu gewährleisten. Auf diese Weise werden Lösungen für ihre Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt gesucht.
Die interinstitutionelle Vereinbarung vom 17. Mai 2006 gestattet die Inanspruchnahme des EGF innerhalb der jährlichen Obergrenze von 500 Millionen EUR. Der vorliegende Vorschlag bezieht sich auf die Inanspruchnahme einer Gesamtsumme von 6 199 341 EUR, um Deutschland zu helfen. Und zwar mit der Absicht, Hilfen für Arbeitnehmer zu gewähren, die innerhalb der Karmann-Gruppe, einem Automobilunternehmen, entlassen wurden.
Nach Artikel 6 der EGF-Bestimmungen müssen wir sicherstellen, dass dieser Fonds die individuelle Wiedereingliederung entlassener Arbeitnehmer in neue Unternehmen unterstützt. Der EGF ist weder ein Ersatz für Handlungen, die in der Verantwortung von Unternehmen nach den nationalen Rechtsvorschriften oder Tarifverträgen liegen, noch finanziert er die Restrukturierung von Unternehmen oder Branchen.
Es muss im Kontext der Inanspruchnahme des EGF noch einmal betont werden, dass die Kommission nicht systematisch Zuschüsse für Zahlungen aus dem Europäischen Sozialfonds transferieren darf, da der EGF als ein spezifisches, eigenständiges Instrument mit seinen eigenen Zielen und Vorrechten gebildet wurde.
João Ferreira (GUE/NGL), schriftlich. – (PT) Die Handlungsaufforderungen durch diesen Fonds sind erfolgreich gewesen. Dieser Fall umfasste eine Antwort auf ein Unterstützungsersuchen der Bundesrepublik Deutschland als ein Ergebnis von Entlassungen in der Automobilindustrie innerhalb der Karmann-Gruppe.
Bevor irgendetwas anderes gesagt wird, ist es wichtig, festzustellen, dass dieser Fonds einige der Folgen der schwerwiegenden Wirtschafts- und Finanzkrise im Hinblick auf die auferlegten Haushaltsbeschränkungen (die ihn auf 500 Millionen EUR pro Jahr eingrenzen) und die restriktiven Auswahlkriterien, derer er sich bedient, nur teilweise lindern kann. Es ist schon eine geraume Zeit her, dass die Zahl der entlassenen Arbeitnehmer als Folge der so genannten „Umstrukturierungen“ die anfänglichen Schätzungen der Kommission im Hinblick auf die Zahl von Arbeitnehmern, die vom Fonds profitieren würden, beträchtlich überstiegen hat.
Was wir brauchen, ist ein klarer Bruch mit den neoliberalen Politiken, die direkt vor unseren Augen eine wirtschaftliche und soziale Katastrophe in den Ländern der Europäischen Union verursachen. Offensichtlich müssen Antworten auf diese Katastrophe auch mehr als lediglich Übergangsmaßnahmen sein. Ebenso wenig können wir es unterlassen, die Ungerechtigkeit einer Verordnung zu betonen, die Länder mit höheren Einkommen in einem größeren Maße nützt, insbesondere jenen mit einem höheren Lohnniveau und einer höheren Arbeitslosenunterstützung.
Wir betonen die dringende Notwendigkeit eines tatsächlichen Planes, um die Produktion und Schaffung von Arbeitsplätzen mit Arbeitnehmerrechten in den Ländern der Europäischen Union zu unterstützen.
Peter Jahr (PPE), schriftlich. − Ich freue mich sehr darüber, dass das Europäische Parlament heute beschlossen hat, EU-Hilfen in Höhe von 6,2 Mio. Euro für entlassene Mitarbeiter des Autozulieferers Karmann zu genehmigen. Von den insgesamt zur Verfügung stehenden 9 Mio. € trägt die Europäische Union nun 65 % bei. Diese Mittel sollen dafür verwendet werden, rund 1800 Menschen zusätzliche Umschulungen und Trainingsmaßnahmen anzubieten, damit sie möglichst schnell wieder Arbeit finden. Dies ist ein konkreter Beitrag der Europäischen Union, um den Menschen in der Krise beizustehen. Die EU zeigt damit deutlich, dass sie willens und in der Lage ist, auch den Einzelnen in Notsituationen zu unterstützen. Wichtig ist nun, dass das Geld reibungslos und unverzüglich verfügbar ist, damit die Menschen schnell wieder auf den ersten Arbeitsmarkt zurückkehren können. Neben diesen individuellen Hilfen für betroffene Arbeitnehmer muss die Europäische Union aber auch zusätzliche Maßnahmen ergreifen, um die Auswirkungen der Finanzkrise zu bewältigen. Die Globalisierung im Sinne der internationalen Arbeitsteilung (Wohlstandsteilung) ist sinnvoll und wichtig. Allerdings müssen sich sowohl die Kommission, das Europäische Parlament als auch die Mitgliedstaaten zukünftig verstärkt für faire Wettbewerbsbedingungen in den internationalen Wirtschaftsbeziehungen einsetzen, um Benachteiligungen einzelner Länder oder Branchen zu vermeiden.
Alan Kelly (S&D), schriftlich. – Dieser Vorschlag zur Inanspruchnahme des EGF für deutsche Arbeitnehmer - und auch der Vorschlag der litauischen Kühl- und Klimaanlagenbranche – sollten unter den vorrangigen Nutznießern des Fonds im Jahr 2010 sein. Beides sind unterstützungswürdige Anträge. Ich begrüße das Engagement der Kommission, diesen Fonds fortzuführen, der die Menschen nach der Entlassung mit einer „Handreichung“ im Gegensatz zu einem ,,Händeschütteln" versorgt. Mein eigener Wahlkreis hat von diesem Fonds profitiert, und ich hoffe, dass er dies auch in Zukunft tun wird. Der weltweite Abschwung hat die Nachfrage nach Luxusartikeln besonders reduziert, und obgleich dies die gegenwärtigen Schwierigkeiten der Automobilindustrie verständlich macht, macht es sie nicht weniger traurig. Rein zahlenmäßig ist die Situation in der Bundesrepublik Deutschland besonders schwierig; 2476 Entlassungen sind auf die gleiche Region, auf die gleiche Industrie konzentriert. Es ist meine Hoffnung, dass die 6 199 Millionen EUR dabei helfen werden, einen erfolgreichen Ausweg aus der Krise für die Arbeitnehmer, deren Familien und die Region schaffen werden.
Nuno Melo (PPE), schriftlich. – (PT) Die EU ist ein Raum der Solidarität, und der Europäische Fonds für die Anpassung an die Globalisierung (EGF) ist ein Teil davon.
Dieser Fonds ist für die Unterstützung der Arbeitslosen und der Opfer von Verlagerungen, die in einem globalisierten Zusammenhang auftreten, von grundlegender Bedeutung. Eine zunehmende Zahl von Unternehmen wandert ab, wobei sie von den geringeren Lohnkosten in verschiedenen Ländern, vor allem in China und Indien profitieren, was oft zu Lasten der Länder geht, die Arbeitnehmerrechte achten.
Der EGF zielt darauf ab, Arbeitnehmern zu helfen, die Opfer von Unternehmensverlagerungen sind, und er ist von grundlegender Bedeutung, wenn es darum geht, sie künftig bei der Erlangung eines Zugangs zu neuer Beschäftigung zu unterstützen. Der EGF wurde in der Vergangenheit schon durch andere EU-Länder, insbesondere durch Portugal und Spanien, in Anspruch genommen, also sollten wir Deutschland diese Unterstützung gewähren.
Andreas Mölzer (NI), schriftlich. − Dem Bericht über die Inanspruchnahme des Europäischen Fonds für die Anpassung an die Globalisierung habe ich zugestimmt. Deutschland hatte hier um Unterstützung im Zusammenhang mit Entlassungen in der Automobilindustrie – konkret ging es um die Karmann-Gruppe – ersucht. In diesem Zusammenhang ist es wichtig zu erwähnen, dass das Geld aus dem Fonds für die Wiedereingliederung der einzelnen entlassenen Arbeitnehmer in das Arbeitsleben aufgewendet wird und nicht dazu dient, etwaige notwendige Maßnahmen zur Umstrukturierung von Unternehmen oder Sektoren zu kompensieren. Aus Solidarität mit unserem Nachbarland und mit den Arbeitnehmern sind die Geldmittel, die aufgrund der fortschreitenden Globalisierung und der durch Spekulanten dies- und jenseits des Atlantiks verursachten Wirtschafts- und Finanzkrise leider notwenig sind, meiner Meinung nach unverzüglich bereitzustellen.
Silvia-Adriana Ţicău (S&D), schriftlich. – (RO) Ich habe für die Entschließung des Europäischen Parlaments zur Inanspruchnahme des EGF gestimmt, um die 2476 Menschen zu unterstützen, die in der Automobilindustrie der Bundesrepublik Deutschland entlassen wurden. Der Zeitraum der Arbeitslosigkeit wird durch die bundesdeutschen Behörden für eine breite Verbesserung von Fachkenntnissen nicht nur im Hinblick auf die Berufsausbildung und die Hochschulausbildung genutzt, sondern auch, um es Migranten und gering qualifizierten Arbeitnehmern zu ermöglichen, Grundfertigkeiten für eine Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt zu erlangen.
Auf europäischer Ebene sind wir in der Automobilindustrie mit ähnlichen Situationen in Schweden konfrontiert, wo 2258 Arbeitnehmer entlassen wurden, in Österreich, wo 774 Entlassungen in Unternehmen, die Kraftfahrzeuge, Anhänger und Sattelanhänger herstellen, vorgenommen wurden und in Belgien, wo die Industrie mehr als 2500 Arbeitnehmer entlassen hat. In ganz Europa werden mehr als 8000 Arbeitsplätze infolge der Umstrukturierung in der Automobilindustrie verloren gehen.
Die den entlassenen Arbeitnehmern angebotene finanzielle Unterstützung sollte so schnell und effizient wie möglich verfügbar gemacht werden. Dennoch ist dies eine kurzfristige Maßnahme, die das Problem des Verschwindens von Arbeitsplätzen nicht lösen wird. Die EU benötigt eine starke Industriepolitik in der Automobilindustrie, um die bestehenden Arbeitsplätze zu erhalten und sogar neue zu schaffen.
Zigmantas Balčytis (S&D), schriftlich. – (LT) Wir haben heute über drei Anträge auf Hilfe aus dem Europäischen Fonds für die Anpassung an die Globalisierung abgestimmt. Ich habe alle drei Anträge unterstützt, da ich glaube, dass die durch diesen Fonds angebotene Unterstützung von unseren Bürgerinnen und Bürgern in dieser Zeit besonders benötigt wird. Im Mai 2009 hat die Europäische Kommission eine Abweichung von den Bestimmungen der Verordnung unter besonderen Umständen gestattet und Hilfen zugelassen, die auf Arbeitslose abzielen. Dies unter Berücksichtigung der Situation, die sich infolge der Wirtschafts- und Finanzkrise ergeben hat.
Ich bedaure sehr, dass einige Mitgliedstaaten, in denen die Arbeitslosigkeit besonders hoch und das Ausmaß der Armut sehr hoch ist, sich nicht rechtzeitig um Unterstützung bewerben und von den Möglichkeiten profitieren konnten, die durch den Fonds gewährt werden und um Hilfestellung für die Arbeitslosen anzubieten. Ich glaube, dass die Europäische Kommission auch erläutern sollte, ob die durch diesen Fonds gewährte Hilfe effektiv genutzt wird und ob diese Hilfe den Menschen, für die sie bestimmt ist, einen echten Mehrwert bringt.
Vilija Blinkevičiūtė (S&D), schriftlich. – (LT) Ich habe für diesen Bericht gestimmt, da die finanzielle Hilfe des Europäischen Fonds für die Anpassung an die Globalisierung (EGF) entlassenen Arbeitnehmern helfen wird, in den Arbeitsmarkt zurückzukehren und sich darin zu integrieren. Während der Finanz- und Wirtschaftskrise ist die Arbeitslosigkeit in Litauen in 12 Monaten deutlich angestiegen, und daher ist es notwendig, sich den Auswirkungen der Krise anzupassen und zumindest zeitweilig finanzielle Hilfe sicherzustellen, um Arbeitsplätze für die entlassenen Arbeitnehmer des Unternehmens Snaigė anzubieten. In diesem Fall sprechen wir nicht von wenigen Arbeitnehmern, die durch das Unternehmen entlassen wurden, sondern von einer großen Zahl von Menschen, ungefähr 651 Arbeitnehmern in der Altersgruppe von 25-54 Jahren. Ich freue mich, dass die lang erwartete Abstimmung zur Zuweisung der befristeten finanziellen Unterstützung heute stattgefunden hat. Denn diese heikle Frage bezüglich des litauischen Unternehmens und seiner entlassenen Arbeitnehmer wurde hinausgezögert, und einige der Arbeitnehmer des fraglichen Unternehmens hatten ihre Arbeitsplätze bereits im November 2008 verloren. Ich hoffe, dass die Geldmittel, die mit der heutigen Abstimmung genehmigt wurden, zweckmäßig und effektiv zugewiesen werden.
Diogo Feio (PPE), schriftlich. – (PT) Einer der charakteristischen Merkmale des Europäischen Fonds für die Anpassung an die Globalisierung ist, dass er den Unternehmergeist zu fördern sucht. Diese Förderung muss durch die europäischen Institutionen und nationalen Regierungen als ein wesentliches Element beim Umgang mit den Herausforderungen verstanden werden, die den europäischen produktiven Sektor betreffen.
Ich gebe zu, dass ein öffentliches Handeln nicht nur durch diese Form der Förderung stattfindet, sondern auch und vor allem dadurch, dass künstliche und bürokratische Hindernisse für die unternehmerische Tätigkeit beseitigt werden. In dieser Hinsicht muss immer noch viel getan werden.
Es trifft zu, dass es Maßnahmen geben sollte, um jene zu prüfen, umzuverteilen und umzuschulen, die als Folge der Globalisierung arbeitslos geworden sind, beispielsweise die Arbeitnehmer in der litauischen Kühl- und Klimaanlagenbranche, insbesondere im Unternehmen AB Snaigė und in zweien seiner Zulieferer. Dennoch ist nicht weniger zutreffend, dass es Maßnahmen geben sollte, die unter Wahrung eines gerechten und gesunden Wettbewerbs Unternehmen und deren Arbeitskräfte im Kontext einer Wirtschaft, die offen und zunehmend wettbewerbsfähig ist, stärken sollten.
Nuno Melo (PPE), schriftlich. – (PT) Die EU ist ein Raum der Solidarität, und der Europäische Fonds für die Anpassung an die Globalisierung (EGF) ist ein Teil davon.
Dieser Fonds ist für die Unterstützung der Arbeitslosen und der Opfer von Verlagerungen, die in einem globalisierten Zusammenhang auftreten, von grundlegender Bedeutung. Eine zunehmende Zahl von Unternehmen wandert ab, wobei sie von den geringeren Lohnkosten in verschiedenen Ländern, vor allem in China und Indien, profitieren, was oft zu Lasten der Länder geht, die Arbeitnehmerrechte achten.
Der EGF zielt darauf ab, Arbeitnehmern zu helfen, die Opfer von Unternehmensverlagerungen sind, und er ist von grundlegender Bedeutung, wenn es darum geht, sie künftig bei der Erlangung eines Zugangs zu neuer Beschäftigung zu unterstützen. Der EGF wurde in der Vergangenheit bereits von anderen EU-Ländern, insbesondere von Portugal und Spanien, in Anspruch genommen, wir sollten daher jetzt diese Unterstützung Litauen gewähren.
Vilja Savisaar (ALDE), schriftlich. – (ET) Die heutige Enschließung, dass die Europäische Union die Verwendung des Europäischen Fonds für die Anpassung an die Globalisierung mit drei Berichten, von denen sich zwei mit Litauen und einer mit der Bundesrepublik Deutschland befassen, unterstützt, ist in jeder Hinsicht zu begrüßen und zeigt konkret, dass die Europäische Union die Lage der Menschen, die arbeitslos geworden sind, direkt erleichtern und deren Umschulung unterstützen kann. In Estland haben in den letzten achtzehn Monaten über 30 000 Menschen in der Baubranche ihren Arbeitsplatz verloren, und daher möchte ich die estnische Regierung und das Ministerium für Soziales auffordern, mutig um Unterstützung aus den europäischen Fonds, die für eine solche Situation vorgesehen wurden, zu bitten. Es sei darauf hingewiesen, dass – obgleich die Bundesrepublik Deutschland und Litauen heute nach Eurostat-Daten Unterstützung erhalten haben – die Arbeitslosigkeit in Spanien, Lettland und Estland am höchste ist, sodass diese Länder auch darüber nachdenken könnten, wie ihnen die Europäischen Union direkte Hilfen gewähren kann.
Viktor Uspaskich (ALDE), schriftlich. – (LT) Herr Berichterstatter, meine Damen und Herren Abgeordneten, ich begrüße diese Initiative zur Unterstützung von Arbeitnehmern in Unternehmen, die unter dem Globalisierungsprozess zu leiden hatten. Ich habe sie voll und ganz unterstützt und bin froh, dass die Menschen in Litauen in diesem Fall Unterstützung erhalten werden. Überhaupt glaube ich, dass der Gesamtbetrag dieses Fonds um ein Mehrfaches erhöht werden sollte, indem die Zuteilungen woanders reduziert werden. Ich bin überzeugt davon, dass ein derartiger Fonds auch Eigentümer von Unternehmen erfassen sollte. Häufig haben sie derart zu leiden, dass sie später nicht in der Lage sind, wieder auf die Beine zu kommen und ein neues Unternehmen zu starten. In vielen Fällen leiden Unternehmer mehr als ihre Arbeitnehmer: Um Risiken während ihrer Geschäftstätigkeit einzugehen, Arbeitsplätze zu schaffen und Steuern zu zahlen, setzen sie nicht nur ihre Anteile sondern auch ihr privates Eigentum ein. Daher wäre es von Vorteil, wenn wir – von Fall zu Fall – die Möglichkeit prüfen würden, auch Hilfen an Eigentümer von Unternehmen zu gewähren, die unter der Globalisierung und der globalen Krise zu leiden hatten.
Vilija Blinkevičiūtė (S&D), schriftlich. – (LT) Ich bin froh, dass wir heute eine Abstimmung zur Zuteilung von Mitteln aus dem Europäischen Fonds für die Anpassung an die Globalisierung (EGF) hatten. Und zwar mit dem Ziel einer Zweckbindung von 1 118 893 EUR an finanzieller Hilfe für Arbeitnehmer, die von 128 Unternehmen im Bausektor in Litauen entlassen wurden. Der Bausektor in Litauen macht schwierige Zeiten durch, da es einen starken Rückgang in der Baunachfrage infolge der Finanz- und Wirtschaftskrise gegeben hat, und in der Rezession ist es für litauische Bürgerinnen und Bürger sehr schwierig, Kredite für den Bau oder den Kauf eines Hauses zu erhalten. Ich habe für diesen Bericht gestimmt, da diese finanzielle Hilfe der EU den Menschen, die Opfer der Globalisierung geworden sind, helfen wird, Arbeit zu finden und in den Arbeitsmarkt zurückzukehren, und sie wird ihnen helfen, dem Griff der Rezession zu entkommen. Daher müssen wir in dieser Situation Solidarität mit den Arbeitnehmern zeigen, die eben wegen der Veränderungen in der globalen Wirtschaft und der Reduzierung von Arbeitsplätzen in bestimmten Branchen, die durch die Finanzkrise hervorgerufen wurde, entlassen worden sind.
Diogo Feio (PPE), schriftlich. – (PT) Die Tatsache, dass immer mehr europäische Länder die Inanspruchnahme des Europäischen Fonds für die Anpassung an die Globalisierung (EGF) beantragt haben, macht klar, dass die Auswirkungen dieses Phänomens von allen Seiten gespürt wurden, was schon an sich den Namen rechtfertigt, der dem Fonds gegeben wurde.
Während sich die Globalisierung auf einer globalen Ebene als vorteilhaft erwiesen hat, ist es nichtsdestotrotz notwendig, Anlässen Aufmerksamkeit zu schenken, wo infolge ihrer Auswirkungen die weniger wettbewerbsfähigen Branchen betroffen sind. Ein derartiger Fall ist der der litauischen Baubranche.
Die Tatsache, dass der Fonds eine schnelle, spezifische und zeitlich begrenzte Form der Hilfe ist, erfordert von allen politischen Entscheidungsträgern, Wirtschaftsführern und Arbeitnehmern, neue Wege für die Wiederherstellung der verlorenen Wettbewerbsfähigkeit zu entwickeln und sich Zugang zu neuen Märkten zu verschaffen. Anderenfalls wird eine Hilfe wie die des EGF lediglich eine Übergangsmaßnahme sein und sich letztendlich als unzureichend erweisen.
José Manuel Fernandes (PPE), schriftlich. – (PT) Der Europäische Fonds für die Anpassung an die Globalisierung (EGF) wurde eingerichtet, um zusätzliche Unterstützung für Arbeitnehmer, die als eine Folge der bedeutenden Veränderungen in der Struktur des internationalen Handels entlassen wurden, zu gewährleisten. Auf diese Weise werden Lösungen für ihre Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt gesucht.
Die Europäische Union muss alle ihr zur Verfügung stehenden Maßnahmen einsetzen, um auf die Auswirkungen der globalen Wirtschafts- und Finanzkrise zu reagieren, und innerhalb dieses Kontextes kann der EGF eine entscheidende Rolle dabei spielen, bei der Wiedereingliederung von Arbeitnehmern, die entlassen worden sind, behilflich zu sein.
Die interinstitutionelle Vereinbarung vom 17. Mai 2006 gestattet die Inanspruchnahme des EGF innerhalb der jährlichen Obergrenze von 500 Millionen EUR. Der vorliegende Vorschlag bezieht sich auf die Inanspruchnahme einer Gesamtsumme von 1 118 893 EUR, um Litauen zu helfen. Und zwar mit der Absicht, Hilfen für die Arbeitnehmer zu gewähren, die in den 128 im Bausektor tätigen Unternehmen ihren Arbeitsplatz verloren haben.
Es muss im Kontext der Inanspruchnahme des EGF noch einmal betont werden, dass die Kommission nicht systematisch Zuschüsse für Zahlungen aus dem Europäischen Sozialfonds transferieren darf, da der EGF als ein spezifisches, eigenständiges Instrument mit seinen eigenen Zielen und Vorrechten gebildet wurde.
João Ferreira (GUE/NGL), schriftlich. – (PT)Die Aufforderungen zum Tätigwerden durch diesen Fonds waren erfolgreich. Dieser Fall umfasste die Reaktion auf ein Unterstützungsersuchen von Litauen als einem Ergebnis der Entlassungen, die bei 128 im Bausektor tätigen Unternehmen stattgefunden haben.
Bevor irgend etwas anderes gesagt wird, ist es wichtig, festzustellen, dass dieser Fonds einige der Folgen der schwerwiegenden Wirtschafts- und Finanzkrise im Hinblick auf die auferlegten Haushaltsbeschränkungen (die ihn auf 500 Millionen EUR pro Jahr eingrenzen) und die restriktiven Auswahlkriterien, derer er sich bedient, nur teilweise lindern kann. Es ist schon eine geraume Zeit her, dass die Zahl der entlassenen Arbeitnehmer als Folge der so genannten „Umstrukturierungen“ die anfänglichen Schätzungen der Kommission im Hinblick auf die Zahl von Arbeitnehmern, die vom Fonds profitieren würden, beträchtlich überstiegen hat.
Was wir brauchen, ist ein klarer Bruch mit den neoliberalen Politiken, die direkt vor unseren Augen eine wirtschaftliche und soziale Katastrophe in den Ländern der Europäischen Union verursachen. Antworten auf diese Katastrophe müssen auch mehr als lediglich Übergangsmaßnahmen sein. Ebenso wenig können wir es unterlassen, die Ungerechtigkeit einer Verordnung zu betonen, die Länder mit höheren Einkommen in einem größeren Maße nützt, insbesondere jenen mit einem höheren Lohnniveau und einer höheren Arbeitslosenunterstützung.
Wir betonen die dringende Notwendigkeit eines tatsächlichen Planes, um die Produktion und Schaffung von Arbeitsplätzen mit Arbeitnehmerrechten in den Ländern der Europäischen Union zu unterstützen.
Nuno Melo (PPE), schriftlich. – (PT) Die EU ist ein Raum der Solidarität, und der Europäische Fonds für die Anpassung an die Globalisierung (EGF) ist ein Teil davon.
Dieser Fonds ist für die Unterstützung der Arbeitslosen und der Opfer von Verlagerungen, die in einem globalisierten Zusammenhang auftreten, von grundlegender Bedeutung. In diesem besonderen Fall ist das Ziel, jenen zu helfen, die durch die mehr als 120 Unternehmen im Bausektor entlassen wurden, die infolge der großen Krise, die diese Branche trifft, zur Schließung gezwungen waren.
Der Europäische Fonds für die Anpassung an die Globalisierung (EGF) zielt darauf ab, all jenen zu helfen, die von den Auswirkungen der schwerwiegenden strukturellen Veränderungen in den Mustern des globalen Handels betroffen sind, und deren Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt zu unterstützen. Der EGF wurde in der Vergangenheit bereits von anderen EU-Ländern, insbesondere von Portugal und Spanien, in Anspruch genommen, daher sollten wir nun diese Unterstützung auch Litauen zukommen zu lassen.
Silvia-Adriana Ţicău (S&D), schriftlich. – (RO) Im September 2009 hat Litauen ein Unterstützungsersuchen für die Inanspruchnahme des Europäischen Fonds für die Anpassung an die Globalisierung (EGF) im Zusammenhang mit den Entlassungen gestellt, die in 128 Unternehmen des Bausektors erfolgten. Ich habe für die Entschließung des Europäischen Parlaments zur Inanspruchnahme des EGF für die Baubranche in Litauen gestimmt.
Ich glaube, dass eine ökoeffiziente Wirtschaft und der Bau energieeffizienter Gebäude zum Wirtschaftsaufschwung in der EU beitragen können. Es wird geschätzt, dass diese Branchen bis zum Jahr 2020 ungefähr 2 Millionen Arbeitsplätze schaffen können.
Im Jahr 2006 waren ungefähr 2,9 Millionen Unternehmen im Bausektor tätig, wobei 510 Milliarden EUR erwirtschaftet und Arbeitsplätze für 14,1 Millionen Menschen auf EU-27-Ebene gewährleistet wurden. Als ein Ergebnis der Wirtschafts- und Finanzkrise fiel während des ersten und zweiten Quartals 2009 das Wirtschaftsvolumen im Bausektor in Litauen ihm Vergleich zum Anfang des Jahres 2008 um 42,81 % beziehungsweise 48,04 %. Dies hat auf Litauen in einer Zeit einen negativen Einfluss, wo es eine der höchsten Arbeitslosenquoten in der EU hat. Der Bausektor ist besonders betroffen gewesen, wobei er einen Verlust von beinahe 10 % der Arbeitsplätze in Litauen allein im Jahr 2008 verbucht.
Viktor Uspaskich (ALDE), schriftlich. – (LT) Ich unterstütze diese Initiative voll und ganz, und ich stimme für die Unterstützung der Arbeitnehmer von Bauunternehmen, die unter der aktuellen globalen Krise und dem Globalisierungsprozess zu leiden hatten. Ich bin sicher, dass wir alle mehr als nur ein bisschen Schuld daran sind, nicht imstande gewesen zu sein, die Blase zu stoppen, die von Immobilienmaklern und Bauorganisationen aufgeblasen wurde. Es war klar, dass es zu einer Krise führen würde. Es ist die Pflicht der Politiker, den Menschen zu dienen und Unglücke zu verhindern. Mit der Zustimmung zu diesem Projekt bitte ich daher um eine Erhöhung der finanziellen Hilfe, da eine Million EUR für die Hunderte von Unternehmen, die zu leiden hatten, und die Zehntausende von Arbeitnehmern beschäftigen, nur ein Tropfen auf den heißen Stein ist. Als ich zu Menschen gesprochen habe, die genau in solchen Unternehmen arbeiten, hörte ich, dass sie den Glauben an ihren eigenen Staat und an die Europäische Union verloren haben. Indem diese Fördermittel also erhöht werden, würden wir das Ansehen der Europäischen Union selbst verbessern und das Vertrauen in die Nationalstaaten stärken.
Laima Liucija Andrikienė (PPE), schriftlich. – Ich stimme den beiden Berichten von Reimer Böge, die durch das Parlament zur finanziellen Unterstützung von entlassenen Arbeitnehmern in Litauen aus dem Europäischen Fonds für die Anpassung an die Globalisierung angenommen wurden, voll und ganz zu, und ich bin den anderen Kolleginnen und Kollegen, die diese Berichte unterstützt haben, dankbar. Leider habe ich mich zu dieser Abstimmung verspätet, da der Fahrstuhl auf meinem Weg zum Plenarsaal nicht funktionierte.
Beide Berichte – zur Situation im Bausektor und zum Unternehmen Snaigė – stellen die akutesten Fälle von Arbeitslosigkeit in Litauen dar. Die EU-Finanzhilfe wird die Nöte lindern, mit denen die litauischen Arbeitnehmer konfrontiert sind.
Die Baubranche ist eine der Branchen, die in Litauen am härtesten betroffen sind. Jetzt sind mehr als einhundert Unternehmen in den Konkurs getrieben worden. Die 1,1 Millionen EUR werden beinahe 1000 Arbeitnehmern in dieser hoch sensiblen und schwer getroffenen Branche zugute kommen.
Die Lage ist bei Snaigė sehr ähnlich – die Hilfe von 258 000 EUR aus dem EFG würde 650 Entlassungen in einer Stadt zugute kommen, die eine der höchsten – sich aktuell 20 % annähernden – Arbeitslosenquoten hat.
Obgleich dies nur die Spitze des Eisbergs des Beschäftigungsproblems in Litauen ist, wird die finanzielle Unterstützung jenen helfen, die diese am dringendsten benötigen.
Regina Bastos (PPE), schriftlich. – (PT) Der Europäische Fonds für die Anpassung an die Globalisierung (EGF) wurde im Jahr 2006 geschaffen, um Arbeitnehmern, die von den bedeutenden Veränderungen in der Struktur des internationalen Handels betroffen wurden, zusätzliche Unterstützung zu gewähren und sie bei ihrer Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt zu begleiten.
Seit dem 1. Mai 2009 wurde der Aufgabenbereich des EGF erweitert und schließt jetzt Hilfen für Arbeitnehmer ein, die als eine direkte Folge der Wirtschafts- und Finanzkrise entlassen wurden. In dieser Zeit, in der wir mit dieser schwerwiegenden Wirtschafts- und Finanzkrise konfrontiert sind, ist eine der wesentlichen Folgen eine Zunahme der Arbeitslosigkeit. Die EU muss alle ihr zur Verfügung stehenden Mittel nutzen, um auf die Auswirkungen der Krise zu reagieren, insbesondere im Hinblick auf die Unterstützung, die jenen gewährt werden soll, die täglich mit der Wirklichkeit der Arbeitslosigkeit konfrontiert sind.
Aus den angeführten Gründen habe ich für den vorliegenden Vorschlag zur Inanspruchnahme des EGF gestimmt, um Litauen mit dem Ziel zu helfen, die Arbeitnehmer, die in den 128 im Bausektor tätigen Unternehmen entlassen worden sind, zu unterstützen.
Andrew Henry William Brons (NI), schriftlich. – Während wir uns gegen eine EU-Mitgliedschaft und demzufolge eine Finanzierung aus EU-Mitteln stellen, wurden die Gelder in diesem Fonds bereits zugewiesen, und deshalb sind keine „neuen“ Gelder da.
Wir würden Hilfen für entlassene Arbeitnehmer vorziehen, die von den nationalen Regierungen zu finanzieren sind. So lange die EU jedoch die zuständige Stelle ist, müssen Hilfen für entlassene Arbeitnehmer anscheinend aus diesem Fonds kommen.
Es wird Kritik im Vereinigten Königreich zu diesen an deutsche und litauische Arbeitnehmer gezahlten Geldern geben. Wenn er jedoch für die Gewährung von Mitteln für (sagen wir) unsere Stahlarbeiter aus Corus vorgeschlagen worden wäre, könnten wir gegen einen solchen Beitrag keinen Einwand erheben. Demnach können wir uns logischerweise nicht gegen diese Beiträge stellen.
Bruno Gollnisch (NI), schriftlich. – (FR) Herr Präsident, meine Damen und Herren Abgeordneten, wir haben für den Bericht von Herrn Böge zur Inanspruchnahme von Mitteln aus dem Europäischen Fonds für die Anpassung an die Globalisierung gestimmt, wobei wir vor allem an die Arbeitnehmer gedacht haben, die entlassen worden sind. Aber wir haben dabei auch ein gewisses Unbehagen empfunden. Denn in Wahrheit ist dieser Fonds so gut wie das Aufkleben eines Heftpflasters auf ein Holzbein in Anbetracht der weit reichenden sozialen Auswirkungen Ihrer unverantwortlichen, übermäßigen Politik des freien Marktes.
Zeitweise vermittelt es – auch wenn Sie es abstreiten – den Eindruck, dass das Geld der europäischen Steuerzahler für die Finanzierung einer Politik eingesetzt wird, die dafür konzipiert ist, große Unternehmen zu verlagern und zu restrukturieren, wobei dabei dem Europa von Brüssel gleichzeitig die Billigoption gegeben wird, sich selbst für „solidarisch mit“ den Arbeitslosen, die es erzeugt, zu erklären. Ein weiterer Grund für unser Unbehagen: die Schwellenwerte, die erforderlich sind, um sich für diese Fonds – insbesondere im Hinblick auf die Zahl der Entlassungen – zu qualifizieren. Weil es vorrangig gerade und erneut – abgesehen von Ausnahmefällen – die sehr großen Unternehmen sind, die von den Fonds profitieren. Es hat den Anschein, dass die Arbeitnehmer von mittelständischen, kleinen und sehr kleinen Unternehmen, die kleinen Geschäftsleute, die derzeit schließen, wieder einmal bei der Wirtschafts- und Sozialpolitik übergangen worden sind.
Luís Paulo Alves (S&D), schriftlich. – (PT) Wir haben für diese Entschließung gestimmt, damit die ökologische Nachhaltigkeit der Atlantikregionen, insbesondere der Inseln der Europäischen Union, sichergestellt werden kann. Diese bilden einen wesentlichen Teil seines Meeresraumes und sind mit Problemen und spezifischen Anforderungen wie Umweltproblemen konfrontiert.
Der Fall der Azoren ist erwähnenswert, da sie über die größte ausschließliche Wirtschaftszone in der Europäischen Union verfügen. Im Rahmen der gegenwärtigen Diskussion ist es notwendig, die Überwachung der Gewässer des Atlantischen Ozeans sicherzustellen, da die Bevölkerung dieser Inseln von einem guten ökologischen Zustand ihrer Meeresgewässer abhängig ist. Daher ist es wichtig, Mindestziele für die Umweltqualität sowie Überwachungsprogramme, die diesen guten ökologischen Zustand gewährleisten können, klar zu definieren.
Auch ist es erforderlich, die durch die Berichterstatterin erwähnten Fälle wie Schifffahrtsunfälle oder Plastiktüten, die verheerende Folgen für die wirtschaftliche, soziale und ökologische Nachhaltigkeit der Atlantikregionen haben können, anzusprechen. Daher bedarf es der Umsetzung von spezifischen Maßnahmen, die auf die ökologischen und sozioökonomischen Realitäten des marinen Ökosystems im Atlantik abgestimmt sind.
Die Unterzeichnung derartiger Abkommen ist daher wichtig für die nachhaltige Entwicklung der vom Atlantik abhängenden Bevölkerungen.
Maria Da Graça Carvalho (PPE), schriftlich. – (PT) Ich begrüße die Unterzeichnung dieses Zusatzprotokolls zur Lösung eines politischen Konflikts, der Spanien und Marokko daran gehindert hat, das Übereinkommen über die Zusammenarbeit beim Schutz der Küsten und Gewässer des Nordostatlantiks gegen Verschmutzung (Übereinkommen von Lissabon) zu ratifizieren. Der Schutz der Küsten und Gewässer ist strategisch für das sozioökonomische Wohl der Küstengemeinden, die lokale Entwicklung, die Beschäftigung sowie die Erhaltung und Schaffung wirtschaftlicher Aktivitäten wichtig. Es muss sichergestellt werden, dass alle Meeresgewässer der Europäischen Union in einem guten ökologischen Zustand gehalten werden, um eine nachhaltige Entwicklung zu garantieren. Dieses Protokoll ist direkt mit Fragen wie dem Umweltschutz, dem Klimawandel, der Sicherheit, der Volksgesundheit, der regionalen Entwicklung und der Beziehungen zu Drittländern sowie der Entwicklungskooperation verbunden. Dieses Protokoll, welches die Bekämpfung einer Vielzahl von Verschmutzungsformen im Atlantik ermöglichen wird, ist für die Gewährleistung des Kampfes gegen die Verunreinigung in Meeren oder an Küsten von Bedeutung. Und zwar mittels eines Mechanismus, der darauf abzielt, die Zusammenarbeit zwischen den Vertragsparteien im Falle eines Verschmutzung auslösenden Unfalls zu gewährleisten, und der sie zur Einrichtung und Umsetzung ihrer eigenen Notfallstrukturen und -pläne verpflichten wird.
Diane Dodds (NI), schriftlich. – Ich habe gegen diesen Bericht gestimmt und habe dabei eine gute Nachricht im Hinblick auf unsere Meeresumwelt. Die Berichterstatterin erwähnt die „Plastiksuppe“, das treibende Feld aus Plastik und Gummi im Pazifischen Ozean, und vermerkt, was als zunehmendes Problem verlorener Fangnetze im Atlantischen Ozean beschrieben wird. In dieser Hinsicht sollte die Arbeit von KIMO International und deren „Fishing for Litter“-Projekt erwähnt werden. Ursprünglich im März des Jahres 2000 durch die niederländische Regierung und niederländische Fischer gestartet, zielte das Projekt darauf ab, die Nordsee mit Hilfe von Fangnetzen von Abfall zu befreien. KIMO International hat seitdem dieses Projekt mit EU-Finanzhilfen auf Häfen im Vereinigten Königreich, in Schweden und in Dänemark ausgeweitet.
Seit dem Jahr 2001 haben EU-Fischer Hunderte Tonnen Abfall aus unseren Meeren gefischt und ihn wieder an Land gebracht, wo er gesammelt und verantwortungsvoll entsorgt wird. Allen an diesem Projekt beteiligten EU-Fischern muss man zu ihrem Engagement, durch das ununterbrochen Abfall aus dem Meer entfernt wird, gratulieren, was von Nutzen für die Fischereibranche, die Tierwelt und die Umwelt ist.
Robert Dušek (S&D), schriftlich. – (CS) Die EU hat eine Reihe von mit dem Meer verbundenen Übereinkommen mit einzelnen Mitgliedstaaten und benachbarten Drittländern, einschließlich des Übereinkommens von Helsinki, des Übereinkommens von Bonn, des Übereinkommens von Barcelona und des so genannten Übereinkommens von Lissabon unterzeichnet. Das Ziel dieser Übereinkommen ist die Sicherstellung individueller und kollektiver Maßnahmen im Fall eines Verschmutzungsrisikos oder einer Verschmutzung, die bereits auf dem Meer oder in Küstenregionen stattfindet. Obgleich das Übereinkommen von Lissabon im Jahr 1990 unterzeichnet wurde, ist es wegen eines Gebietskonflikts zwischen Spanien und Marokko nie in Kraft getreten. Ein diesen Streit lösendes Ergänzungsprotokoll wurde im Jahr 2008 von allen Unterzeichnern unterzeichnet, und daher sollte der Annahme des Übereinkommens von Lissabon nichts entgegenstehen. Die Berichterstatterin erwähnte in dem Bericht zwei anhaltende und wachsende Probleme betreffend die Verschmutzung des Meeres und der Küstengebiete, wovon das erste das große schwimmende Feld aus Plastik- und Gummigegenständen im Pazifischen Ozean ist, welches eine Fläche umfasst, die 34 mal größer als ein mittlerer Mitgliedstaat wie die Niederlande ist. Das zweite andauernde Problem, welches Anna Rosbach erwähnt, und wofür sie eine Lösung sucht, ist die Menge alter, weggeworfener und verlorener Fangnetze. Dieser Bericht ist ein Beispiel für eine konstruktive Arbeit, die darauf abzielt, die Hauptprobleme im Bereich der Meeres- und Küstenverschmutzung zu lösen, und deshalb unterstütze ich ihn mit meiner Stimme.
Diogo Feio (PPE), schriftlich. – (PT) Zwanzig Jahre nach seiner Unterzeichnung kann das Übereinkommen über die Zusammenarbeit beim Schutz der Küsten und Gewässer des Nordostatlantiks gegen Verschmutzung, welches zwischen Portugal, Spanien, Frankreich, Marokko und der EU vereinbart wurde, jetzt, nachdem es alle Vertragsparteien ratifiziert haben, in Kraft treten. Der Rat schlägt jetzt im Auftrag der Europäischen Union den Abschluss eines Zusatzprotokolls vor, das endlich das Inkrafttreten des Übereinkommens ermöglichen wird.
Dieses Übereinkommen ist für Portugal unter Berücksichtigung seiner langen Küsten und der Bedeutung des Meeres für seine nationale Wirtschaft von größter Wichtigkeit, ganz zu schweigen von der Erika - und der Prestige-Katastrophe. Daher gratuliere ich dem Rat und den Mitgliedstaaten zum Abschluss dieses Zusatzprotokolls. Ferner hoffe ich auf das schnelle und effektive Inkrafttreten des Übereinkommens, da es unsere Küsten mit einem größeren Schutz gegen Umweltkatastrophen wie jene ausstattet, die unsere Küsten in der jüngsten Vergangenheit geschädigt haben.
José Manuel Fernandes (PPE), schriftlich. – (PT) Ich freue mich über die Annahme dieses Berichts, da er das Inkrafttreten eines Netzes regionaler Übereinkommen zur Meeresverschmutzung ermöglicht, die zwischen der EU und bestimmten Mitgliedstaaten sowie benachbarten Drittstaaten unterzeichnet wurden.
In diesem Fall haben wir das im Oktober 1990 unterzeichnete Übereinkommen von Lissabon, welches aber wegen eines Gebietskonflikts zwischen Spanien und Marokko, zwei der Vertragsparteien, zur Südgrenze (Westsahara), die in Unterposition c) von Artikel 3 des Übereinkommens beigefügt ist, nie in Kraft trat.
Das Zusatzprotokoll, welches eine Lösung des Konflikts und eine annehmbare Formulierung für die Unterposition c) von Artikel 3 fand, wurde erst im Mai 2008 von Portugal, Spanien, Frankreich und Marokko unterzeichnet.
Mit dem Abschluss dieses Zusatzprotokolls kann das Übereinkommen von Lissabon 20 Jahre nach seiner Unterzeichnung in Kraft treten. Das Protokoll deckt ebenso wie seine Sicherheitsaspekte den Umweltschutz ab. Wir alle kennen die ökologischen Katastrophen, die die Küsten unserer Länder in den vergangenen Jahren bedrohten. Man hofft, dass diese Vorschriften dabei helfen werden, Unglücksfälle wie Erika und Prestigezu vermeiden, da das Meer keine physischen oder politischen Grenzen hat und geteilte Anstrengungen sowie ein gemeinsames Vorgehen erfordert.
Nuno Melo (PPE), schriftlich. – (PT) Die Europäische Gemeinschaft hat sich an verschiedenen regionalen Übereinkommen zur Meeresverschmutzung, die die gegenseitige Hilfe und Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten erleichtern, beteiligt. Dieses Netz von Übereinkommen ist im Übereinkommen über die Zusammenarbeit beim Schutz der Küsten und Gewässer des Nordostatlantiks gegen Verschmutzung (Übereinkommen von Lissabon), welches von Portugal gefördert wurde und wegen eines Gebietsstreits zwischen Spanien und Marokko nicht in Kraft trat, enthalten. Ich glaube, dass im Namen der durch die EU geförderten Umweltvorschriften und sofern ein Übereinkommen zum Zusatzprotokoll erreicht worden ist, das Übereinkommen von Lissabon endlich in die Praxis umgesetzt werden kann.
Andreas Mölzer (NI), schriftlich. − Das Zusatzprotokoll zum Übereinkommen über die Zusammenarbeit beim Schutz der Küsten und Gewässer des Nordostatlantiks gegen Verschmutzung ist Teil eines Netzes von regionalen Übereinkommen über den Schutz der Meeresumwelt, die die EU mit einzelnen Mitgliedstaaten und benachbarten Drittstaaten geschlossen hat. Der Schutz der Meere, die ja als Nahrungsgrundlage für Millionen von Europäern fungieren, stellt auch eine bedeutende Aufgabe der EU dar, weshalb ich dem vorliegenden Bericht ohne Vorbehalt zugestimmt habe. Erwähnt werden muss in diesem Zusammenhang, dass neben dem hier behandelten Übereinkommen von Lissabon das Übereinkommen von Helsinki, das Übereinkommen von Bonn und das Übereinkommen von Barcelona bestehen.
Jedes dieser Übereinkommen erstreckt sich auf verschiedene Teile der die EU-Staaten umgebenden Meere und soll das individuelle oder kollektive Eingreifen der Vertragsparteien im Fall der unfallbedingten Verschmutzung oder drohenden Verschmutzung der Gewässer oder Küsten ermöglichen. Das Übereinkommen von Lissabon wurde im Oktober 1990 unterzeichnet, trat jedoch wegen eines Gebietskonflikts zwischen zwei der Vertragsparteien, Spanien und Marokko, um die „südliche Grenze“ (Westsahara) nie in Kraft. Erst im Mai 2008 wurde das Zusatzprotokoll, in dem der Streit beigelegt und eine angemessene Formulierung gefunden wurde, von Portugal, Spanien, Frankreich und Marokko und am 25. März 2009 schließlich auch von der Europäischen Gemeinschaft unterzeichnet.
Maria do Céu Patrão Neves (PPE), schriftlich. – (PT) Nahezu 50 % der Bevölkerung der Europäischen Union lebt in Küstenregionen, und allein diese Tatsache erfordert eine verstärkte Aufmerksamkeit im Hinblick auf eine integrierte Bewahrung und einen integrierten Schutz dieser Regionen. Angesichts dessen ist es entscheidend, dass in der EU ein integriertes Küstenzonenmanagement gewährleistet wird, wie durch die Europäische Kommission in einer zu dieser Frage veröffentlichten Stellungnahme empfohlen wurde.
Es ist auch wichtig zu betonen, dass 80 % des Mülls und der Verschmutzung im Meer vom Land stammt, weshalb es eine gemeinsame Strategie geben muss, die die Bekämpfung dieses Problems auch an Land einschließt.
Abgesehen von Umweltfragen stellen die Ozeanverschmutzung und die europäische Küstenzerstörung ein wirtschaftliches Problem dar. Das kommt daher, dass in bestimmten Ländern wie Portugal die Praxis des Tourismus, die auf meeresbezogene Wirtschaftstätigkeiten wie Walbeobachtung, Tauchen und sonstige abzielt, für einige Regionen einschließlich der Azoren, Madeira und der Algarve eine bedeutende Einkommensquelle bildet.
Wie bei der Überfischung hat auch die Verschmutzung der Gewässer wesentlich zum aktuellen Stand der Verknappung bei Beständen bestimmter Arten beigetragen, die wichtige Fischereiressourcen ausmachen. Daher muss die Meeresstrategie-Richtlinie – eine umweltpolitische Säule der Strategie für eine integrierte Meerespolitik – vollständig umgesetzt werden.
Ozeane und Küstenzonen müssen für Europa eine strategische Priorität bilden, und aus diesem Grund unterstütze ich voll und ganz diesen Bericht des Parlaments.
Rovana Plumb (S&D), schriftlich. – (RO) Ich habe für diesen Bericht gestimmt, um dabei zu helfen, dass das Zusatzprotokoll des Übereinkommens von Lissabon in Kraft tritt. Dieses Übereinkommen schafft einen Mechanismus für die Sicherstellung der Zusammenarbeit zwischen den Vertragsparteien im Fall von Verschmutzung auslösenden Unfällen und verpflichtet diese zur Entwicklung und Umsetzung ihrer eigenen Notfallstrukturen und -pläne.
Dieses Übereinkommen bildet Teil eines Netzwerks regionaler Meeresübereinkommen, das die EU mit einer Reihe einzelner Mitgliedstaaten und benachbarter Drittstaaten abgeschlossen hat. Das Netzwerk besteht aus dem Übereinkommen von Helsinki, dem Übereinkommen von Bonn, dem Übereinkommen von Barcelona und in diesem Fall dem Übereinkommen von Lissabon, von denen jedes Übereinkommen verschiedene Teile des die EU-Länder umgebenden Meeres abdeckt. Das Ziel dieser Übereinkommen ist ein individuelles oder kollektives Eingreifen der Vertragsparteien im Fall einer Verschmutzung oder eines Verschmutzungsrisikos der Meere oder der Küsten, um die Umwelt und die Gesundheit der Bürgerinnen und Bürger zu schützen.
Regina Bastos (PPE), schriftlich. – (PT) Die Verbraucherschutzpolitik ist darauf ausgerichtet, die Gesundheit, die Sicherheit, die wirtschaftlichen und rechtlichen Interessen von Verbrauchern sowie deren Recht auf Information zu fördern. Der Verbraucherschutz ist eine übergeordnete und grundlegende Politik der Europäischen Union, die sich auf die Sicherstellung gesunder Märkte konzentriert, in denen Verbraucher mit Sicherheit und Vertrauen handeln können und der die Innovation und den grenzüberschreitenden Handel fördert.
Ich habe für den vorliegenden Bericht gestimmt, da ich es für grundlegend halte, die europäische Verbraucherschutzpolitik zu stärken und sie für die Öffentlichkeit effektiver und bedeutungsvoller zu gestalten. Vertrauensvolle und gut informierte Verbraucher, die die Fähigkeit zum Treffen einer Auswahl haben, sind für die effiziente Funktionsweise des Binnenmarktes unerlässlich. Diese Maßnahmen müssen darauf abzielen, Verbrauchern eine bedeutenden Anzahl von Wahlmöglichkeiten in Bezug auf Erzeugnissen und Dienstleistungen von hoher Qualität zu wettbewerbsfähigen Preisen zur Verfügung zu stellen, während gleichzeitig ein hohes Schutzniveau geboten wird, sodass sie eine grundlegende Rolle dabei spielen, die EU auf globaler Ebene wettbewerbsfähiger, dynamischer und innovativer zu gestalten.
Sebastian Valentin Bodu (PPE), schriftlich. – (RO) Der Binnenmarkt der Europäischen Union hat in den letzten Jahren beträchtlich zugenommen und umfasst gegenwärtig nahezu 500 Millionen Verbraucher in 27 Mitgliedstaaten. Die Vereinheitlichung von Verbraucherschutzgrundsätzen und -vorschriften auf Ebene der Europäischen Union und die Verbesserung der sie unterstützenden Anwendungsmechanismen ist ein erreichbares Ziel – ohne anzunehmen, dass die in den 27 Mitgliedstaaten angebotenen Erzeugnisse und Dienstleistungen kurz- oder mittelfristig das gleiche Qualitätsniveau erreichen werden.
Die gegenwärtig schwierige wirtschaftliche Situation, die derzeit ganz Europa durchlebt, wird durch einen Rückgang der Einkommen und einen Anstieg der Arbeitslosigkeit betont. Dies spiegelt sich in der gesamten Gemeinschaft in der tatsächlichen Erfordernis wieder, den täglichen Einkauf besser zu organisieren. Die Haltung der europäischen Verbraucher, die direkt dem Einfluss der Wirtschaftsrezession unterliegt, ist besonders in Verbindung mit den Waren und Dienstleistungen, die sie kaufen und mit guter Qualität wünschen, offensichtlich, sodass sie so viel wie möglich von diesen Artikeln verbrauchen können. Als Folge davon nehmen Verbraucherschutzmaßnahmen ständig an Wichtigkeit zu. Die Festigung von Strukturen für die Überwachung des Marktes in allen Mitgliedstaaten zwecks Sicherstellung, dass die vermarkteten Erzeugnisse höchsten Sicherheitsstandards entsprechen, ist eine geeignete Lösung für den derzeitigen Stand der Dinge.
Maria Da Graça Carvalho (PPE), schriftlich. – (PT) Die EU-Verbraucher spielen eine wesentliche Rolle für die Förderung von Wachstum, Beschäftigung und Wettbewerbsfähigkeit, und ihre Interessen sind ein vordringliches Anliegen bei der Gestaltung von wichtigen Politikbereichen wie unter anderem Gesundheit, Wirtschaft und Industrie, die Umwelt sowie Energie und Verkehr. In Bezug auf Energie kann der Binnenmarkt nicht richtig und wettbewerbsfähig funktionieren, und zwar wegen der Existenz so genannter ,,Energieinseln“ wie dem Ostseeraum, der vom Rest Europas im Hinblick auf Energie isoliert ist und von einem einzigen externen Versorger abhängt. Die Existenz eines Stromnetzes und einer Erdgasleitung, die das gesamte europäische Territorium abdecken, muss vorrangig sein, da Europa im hohen Maße von Energieimporten abhängt. Der Strommarkt muss auch ein Maßnahmenbündel annehmen, das zum Vorteil der europäischen Verbraucher auf totale Offenheit ausgerichtet ist. Es müssen optimale Bedingungen für einen echten und fairen Wettbewerb und die Schaffung eines wirklichen Binnenmarktes geschaffen werden. Die Mitgliedstaaten müssen alle erforderlichen Maßnahmen für die Durchführung klarer Ziele ergreifen, insbesondere den Schutz gefährdeter Verbraucher, den Schutz grundlegender Verbraucherrechte und den wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalt.
Carlos Coelho (PPE), schriftlich. – (PT) Ein grundlegender Aspekt der Europäischen Union ist die Förderung der Rechte und des Wohles der Verbraucher. Ich unterstütze alle Anstrengungen, die in dieser Hinsicht gemacht wurden, und die das öffentliche Vertrauen in die Märkte wiederherstellen. Der Verbraucherschutz wird im Kontext der Wirtschaftskrise, die den Druck auf die am wenigsten geschützten Verbraucher – die mit den niedrigen Einkommen – noch verstärkt hat, immer wichtiger. Es ist erforderlich, eine koordinierte Herangehensweise zu begründen, die Verbrauchern ein selbstbewusstes Ausüben ihrer Rechte ermöglichen wird. Deshalb betone ich die Notwendigkeit: erstens einer Unterstützung von Strategien zur Information und Bildung von Konsumenten (seitens der EU und der Mitgliedstaaten) mit Hilfe von Kampagnen, Informationsstellen und der Erhöhung von Mitteln der europäischen Verbraucherzentralen; zweitens, einer effizienten Anwendung bereits bestehender Vorschriften, einer verstärkten Überwachung des Marktes und von Regelungsmechanismen sowie die Ausübung von Druck auf die Mitgliedstaaten im Hinblick auf die korrekte Erfassung von Gemeinschaftsmitteln.
Ich wiederhole, nur so werden die Konsumenten in der Lage sein, eine Auswahl auf der Grundlage genauer Informationen zu treffen, ohne dass auf sie jeglicher Druck von Seiten der Produzenten ausgeübt wird. Dies verstärkt das Vertrauen der Verbraucher in den Markt, erzeugt einen zunehmenden Wettbewerb, verbessert die Qualität der Erzeugnisse und der Dienstleistungen und erhöht den Verbrauch (ein wichtiger Faktor für die wirtschaftliche Erholung).
Lara Comi (PPE), schriftlich. – (IT) Der Verbraucherschutz ist eng mit der Kapazität des Marktes verbunden, eine breite Auswahl an qualitativ hochwertigen Waren und Dienstleistungen zu wettbewerbsfähigen Preisen anzubieten. Es ist klar, dass ein größeres Verbrauchervertrauen, Bewusstsein und Verantwortung zunehmend nach qualitativ hochwertigen Waren und Dienstleistungen verlangen, was wiederum den Wettbewerb zwischen den Lieferanten erhöht. Diese werden zur Verbesserung ihrer Erzeugnisse ermuntert, wobei die Preise auf konkurrenzfähigen Niveaus gehalten werden.
Ich stimme der Wichtigkeit zu, die die Kommission und die Mitgliedstaaten der Einführung einer Kommunikationsstrategie zu Verbraucherrechten mit Hilfe von webgestützten Portalen, bewusstseinsbildenden Kampagnen und Informationsstellen beimessen. Aber sie unterstützen auch den Einsatz der ,,eYouGuide“-Webseite und stellen zugleich die Verlässlichkeit, Glaubwürdigkeit und Objektivität der Organisationen sicher, die für Management und Organisation verantwortlich sind.
Darüber hinaus wird es die Feststellung der fünf Indikatoren des Verbraucherbarometers durch die Entschließung – wenngleich nicht erschöpfend – den Menschen, sofern erforderlich, sicherlich ermöglichen, wertvolle Informationen für die Verbesserung des rechtlichen Bezugsrahmens zu erlangen. Vorausgesetzt, die durch die Mitgliedstaaten gewährten Informationen sind umfassend und können auf leicht vergleichbarerer Grundlage gesammelt werden. Ich habe für den Bericht gestimmt, obgleich ich, was die Ernennung des Konsumentenombudsmanns und die Mittel des kollektiven Rechtsschutzes anbelangt, irritiert bin.
Vasilica Viorica Dăncilă (S&D), schriftlich – (RO) Ich bin der Meinung, dass die Interessen und der Schutz der Verbraucher nach dem Inkrafttreten des Vertrages von Lissabon und während der gegenwärtigen Wirtschaftskrise absolut gewährleistet werden müssen. Verbrauchern müssen spezielle Instrumente zur Verfügung gestellt werden, um sicherzustellen, dass deren Interessen effektiv in alle Strategien der Europäischen Union integriert werden.
Robert Dušek (S&D), schriftlich – (CS) Die Berichterstatterin verwendet als Ansatzpunkt die Ergebnisse der Verbrauchermarktanzeiger. Dies ist ein logischer und pragmatischer Ansatz. Sowohl die Zufriedenheit als auch die Probleme von Verbrauchern können den statistischen Berichten entnommen werden, die sich auf die Angelegenheit konzentrieren. Eine weitere Entwicklung der vertraulichen Datenbank über Probleme von Verbrauchern ist für die Identifizierung von Märkten unerlässlich. Es ist jedoch nötig, die Datenerfassung derart zu verbessern, dass sie die Unterschiede zwischen den verschiedenen Systemen in den Mitgliedstaaten berücksichtigen kann, die aufgrund der Vielfalt manchmal extrem sind. Meiner Meinung nach ist die problematischste Angelegenheit die Durchsetzbarkeit von Rechtsvorschriften und vertraglichen Verpflichtungen. Im Falle des Handels, insbesondere auf grenzüberschreitenden Märkten, existiert die Durchsetzbarkeit des Gesetzes nicht. Die Etablierung von Regelungen zum Schutz des Verbrauchers in der EU wird keine Wirkung haben, wenn diese nicht ordnungsgemäß in nationale Gesetze implementiert und auch auf Ebene der Mitgliedstaaten angewandt sowie durchgesetzt werden. Die Berichterstatterin hat die Angelegenheit des Verbraucherschutzes auf der Basis der Anzeiger auf akzeptable Art und Weise aufgegriffen. Ich würde jedoch konkretere Vorschläge zur Verbesserung der gegenwärtigen Situation begrüßen. Trotz dieses Vorbehalts trägt der Bericht zum Verbraucherschutz in der EU bei und ich werde daher für seine Annahme stimmen.
Diogo Feio (PPE), schriftlich – (PT) Die Verbraucherpolitik der Europäischen Union ist eine fundamentale Komponente bei der Konsolidierung des Binnenmarktes. Aus diesem Grund muss diese Politik europäischen Verbrauchern und der Öffentlichkeit den Zugang zu qualitativ hochwertigen Produkten und Dienstleistungen zu wettbewerbsfähigen Preisen ermöglichen, während sie gleichzeitig von einem hohen Grad an Schutz für ihre Rechte profitieren.
Eine Steigerung der Aufklärung und des Bewusstseins, sowohl bezüglich ihrer Rechte als auch ihrer Pflichten, sowie eine verantwortungsbewusste Einstellung seitens der Unternehmen wird zu einer dynamischeren Form des grenzüberschreitenden Handels und als Folge daraus zur engen Integration des Binnenmarktes mit Auswirkungen auf die europäische Wettbewerbsfähigkeit führen.
Des Weiteren muss das richtige Gleichgewicht zwischen den Rechten und Pflichten von Verbrauchern und den Auswirkungen relevanter angenommener Rechtsvorschriften hinsichtlich der Rechte und Pflichten von Unternehmen und Dienstleistungsanbietern gefunden werden.
José Manuel Fernandes (PPE), schriftlich – (PT) Der Vertrag von Lissabon verweist auf den Verbraucherschutz als eine allumfassende und grundlegende Politik der Europäischen Union, die festlegt, dass die Anforderungen des Verbraucherschutzes berücksichtigt werden müssen.
In diesem Zusammenhang ist es entscheidend, die europäische Verbraucherschutzpolitik zu stärken und sie für die Öffentlichkeit effektiver und sinnvoller zu gestalten. Es ist äußerst wichtig, auf die Bedürfnisse und Probleme der europäischen Öffentlichkeit zu reagieren.
Im Hinblick darauf sind Instrumente zur Überwachung des Marktes, wie z. B. der Verbrauchermarktanzeiger, gerechtfertigt. Eine gute Verbraucherschutzpolitik muss gesunde Märkte sowie Sicherheit und Vertrauen gewährleisten, während der grenzüberschreitende Handel und Innovationen gefördert werden.
Ich befürworte eine transparente Politik, bei der die Marke der Herkunft obligatorisch ist. Verbraucherschutz ist angesichts importierter gefährlicher Produkte wichtig, und dies erfordert eine engere Zusammenarbeit zwischen den Marktüberwachungsbehörden und den Zollbehörden.
Die Sicherheit von sich auf dem Binnenmarkt im Umlauf befindenden Produkten erfordert eine Kombination von Anstrengungen seitens der Behörden von Drittländern und rechtfertigt daher die Initiative der Kommission, die internationale Zusammenarbeit zu verstärken und offizielle Abkommen mit den relevanten Behörden in Drittländern, insbesondere in China, den USA und Japan, zu unterzeichnen.
Ian Hudghton (Verts/ALE), schriftlich – Ich habe für den Hedh-Bericht gestimmt. Schottland hat gegenwärtig kein Mitspracherecht in EU-Verbraucherangelegenheiten: Wir haben keine unabhängige Vertretung im Rat, und Verbrauchergesetze werden mehr oder weniger in London verabschiedet. Angesichts unserer separaten Gesetzgebungsinstitutionen ist es unerlässlich, dass diese Befugnisse an das schottische Parlament zurückgegeben werden, damit Schottland eine vollständige Rolle bei der fortdauernden EU-Diskussion im Hinblick auf diese Angelegenheiten spielen kann.
Nuno Melo (PPE), schriftlich – (PT) Verbraucherschutz ist und war schon immer eine der Prioritäten der EU und wurde in Folge der Annahme des Vertrages von Lissabon konsolidiert. Verbraucher, die hinsichtlich ihrer Rechte und Pflichten gut informiert sind, tragen zu einem transparenteren und wettbewerbsfähigeren Markt bei.
Aufgrund der momentanen Wirtschaftskrise ist es entscheidend, die am stärksten gefährdeten Verbraucher und jene mit geringeren Einkommen zu schützen. Die immer komplexer werdenden Einzelhandelsmärkte, insbesondere jene, die im Zusammenhang mit Dienstleistungen stehen, erschweren es den Verbrauchern, die jeweils beste Wahl zu treffen.
Um Märkte effektiv bewerten und die Strategien einführen zu können, mittels derer die bestmöglichen Ergebnisse für Verbraucher erzielt werden, sind Überwachungsinstrumente erforderlich. Aus diesem Grund ist der Verbrauchermarktanzeiger sehr wichtig.
Franz Obermayr (NI), schriftlich – (DE) Um sicherzustellen, dass wir über einen effektiven Verbraucherschutz verfügen, ist es wichtig, die den Verbrauchern zur Verfügung gestellten Informationen sowie deren Aufklärung zu verbessern. Das Ziel ist es, „mündige Verbraucher“ auf dem Binnenmarkt zu haben. Der Bericht befasst sich jedoch nicht hinreichend mit den Problemen im Zusammenhang mit einem völlig unregulierten Markt. Europäische Standards werden nicht immer eingehalten, egal ob es sich dabei um Qualitäts- oder Sicherheitsstandards oder gar um Umweltschutz- oder Gesundheitsverordnungen handelt. Ich habe mich daher der Stimme enthalten.
Czesław Adam Siekierski (PPE), schriftlich – (PL) Verbraucherschutz ist eine äußerst wichtige Angelegenheit, mit der die Kommission sich befassen muss. Einfach nur effektive Maßnahmen im Hinblick auf diese Angelegenheit zu implementieren, wird natürlich nicht ausreichen, wenn die Verbraucher sich nicht daran beteiligen. Die Verbraucher müssen ihre Rechte kennen. Die maximale Ausnutzung der Möglichkeiten des EU-Binnenmarktes ist eine gewaltige Herausforderung für die Kommission. Um dieser Herausforderung gerecht zu werden, muss ein effektiver Verbraucherschutz eine der von der EU gesetzten Prioritäten sein. Ich denke, dass der Einsatz der Verbrauchermarktanzeiger, die ein Mittel zur Überwachung von Märkten darstellen, vom Standpunkt des Verbrauchers aus nicht nutzbringender sein könnte. Die Anzeiger zeigen deutlich, welche Märkte den Anforderungen der Verbraucher nicht ausreichend gerecht werden. Mittels deren Analyse können wir u. a. ermitteln, dass Verbraucher auf dem Dienstleistungsmarkt mit bestimmten Problemen zu kämpfen haben, und dass der Internethandel zwischen bestimmten Mitgliedstaaten in hohem Maße durch grenzüberschreitende Barrieren eingeschränkt wird. Ich freue mich sehr über die Tatsache, dass weitere Anzeiger geplant sind. Darüber hinaus hoffe ich, dass sie uns noch mehr Informationen als bisher zukommen lassen werden. Dank derartiger Mittel ist es bedeutend einfacher, die Probleme von Verbrauchern zu verstehen und auf deren Bedürfnisse zu reagieren. Es besteht kein Zweifel daran, dass die Einführung von EU-Vorschriften für den Verbraucherschutz in den einzelnen EU-Ländern für unsere Bürgerinnen und Bürger von Vorteil sein wird.
Bart Staes (Verts/ALE), schriftlich – (NL) Ich habe für den Bericht über den Verbraucherschutz von Frau Hedh gestimmt. Dieser Initiativbericht erkennt zu Recht die äußerst wichtige Rolle von Verbraucherorganisationen an, die sich ideal dazu eignen, öffentliche Behörden auf die Probleme aufmerksam zu machen, mit denen Verbraucher in ihrem Alltag zu kämpfen haben. Selbstverständlich unterstütze ich auch die Forderung, dass Mitgliedstaaten sich in allen Phasen des Entscheidungsfindungsprozesses ausreichend mit Verbraucherorganisationen beraten, sowie die Umsetzung und Durchführung von Verbrauchergesetzen. Des Weiteren ist es sehr wichtig, langfristige Indikatoren, wie z. B. jene in Bezug auf Marktanteile, Qualität, Werbung, Transparenz und Vergleichbarkeit von Angeboten, Indikatoren in Bezug auf die Durchsetzung und die Stärkung der Befugnisse von Verbrauchern, soziale, umwelttechnische und ethische Indikatoren, sowie Indikatoren zur Messung von Schäden und Nachteilen für Verbraucher in den Verbrauchermarktanzeiger mit aufzunehmen.
Die einzigen beiden Nachteile dieses Berichts sind meiner Meinung nach die versäumte Annahme des von der Fraktion der Grünen/Freien Europäischen Allianz vorgelegten Änderungsantrags, um aus dem Versagen des Marktes auf dem Energiesektor zu lernen und unseres Änderungsantrags, der eine Revision der Spielzeugrichtlinie fordert. Die Tatsache, dass dieser Änderungsantrag keinen Erfolg hatte, ist nach wie vor bedauerlich. Trotzdem möchte ich der Berichterstatterin und ihren Kolleginnen und Kollegen im Ausschuss für Binnenmarkt und Verbraucherschutz zu diesem guten Bericht gratulieren.
Catherine Stihler (S&D), schriftlich – Ich begrüße diesen Beitrag des Parlaments zum Verbraucheranzeiger. Der Verbraucheranzeiger ist ein wichtiger Indikator zur Darstellung der Effektivität der Mitgliedstaaten bei der Durchführung von EU-Rechtsvorschriften. Ich begrüße die Forderungen der Berichterstatterin nach mehr Transparenz und Sichtbarkeit der Überwachungsmaßnahmen und unterstütze ihren Ruf nach verbesserten gemeinschaftlichen Entschädigungsmechanismen in der EU.
Alf Svensson (PPE) , schriftlich – (SV) Der freie Markt innerhalb der EU macht die Union zu einem starken Akteur, bedeutet jedoch auch, dass den Verbrauchern gute, klare Informationen über das auf dem Markt erhältliche Angebot zur Verfügung gestellt werden müssen. Die Stellung der Verbraucher muss gestärkt werden. Daher habe ich heute für den Bericht über den Verbraucherschutz gestimmt. Der Bericht enthält jedoch gewisse Formulierungen, die problematisch sind. Es besteht das Risiko, dass die Konsultierung von Verbraucherorganisationen in jeder einzelnen Phase des Entscheidungsfindungsprozesses diesen ziemlich verzögert. Die Zivilgesellschaft spielt eine wichtig Rolle bei der Erzielung eines relevanten Verbraucherschutzes, was jedoch in unterschiedlichen Ländern unterschiedliche Formen annehmen kann, ohne dass sich dies nachteilig auf das Ergebnis auswirkt. Das Subsidiaritätsprinzip muss sowohl bei der Einrichtung von Verbraucherschutzbehörden und Bürgerbeauftragten für Verbraucher als auch bei der Formulierung im Hinblick auf den Lehrplan in Schulen angewandt werden. Die EU muss Mindestniveaus und -ziele für die allgemeine Verbraucherpolitik festsetzen, sollte jedoch nicht bis ins Detail genau entscheiden, wie die Mitgliedstaaten diese Ziele erreichen sollten. Der Bericht fordert alle Mitgliedstaaten dazu auf, Informationen über Unfälle und Verletzungen in einer gemeinsamen Datenbank zusammenzutragen. Solch eine Datenbank darf nicht zu einem übermäßigen Verwaltungsaufwand führen. Ihr Verwaltungsaufwand muss angemessen sein und im Verhältnis zum Nutzen für den Einzelnen stehen. Die Rechte von Verbrauchern und der Verbraucherschutz auf dem Binnenmarkt sind jedoch derart wichtig, dass ich trotz der gerade eben umrissenen Bedenken für den Bericht gestimmt habe.
Viktor Uspaskich (ALDE), schriftlich – (LT) Frau Berichterstatterin, meine Damen und Herren! Ich freue mich, dass wir ernsthaft versuchen, uns mit dem Schutz der Rechte von Verbrauchern zu befassen. Jedoch befassen wir uns bereits seit mehreren Jahren damit und sind immer noch nicht in der Lage, einen idealen Mechanismus zu schaffen und die vorgeschriebenen Bedingungen durch die Ausübung dieser Aufgaben auf nationaler Ebene zu festigen. Manchmal erscheint dies fast wie ein Spiel oder wie Heuchelei. Solange wir die Aktivitäten von Monopolen, auf welchem Gebiet auch immer, nicht strengstens regulieren, so dass deren Profite ganz klar begrenzt und die Betriebskosten, Gehälter und Boni strikt kontrolliert werden - d. h. die Beschaffung von Rohmaterialien, die Herstellung, die Produkterbringung -, ist es schwer vorstellbar, dass Verbraucher billige und qualitativ hochwertige Güter oder Dienstleistungen erhalten. Da ich über beträchtliche Erfahrung in diesem Bereich verfüge, bin ich bereit, meinen Beitrag zu dieser Angelegenheit zu leisten.
Derek Vaughan (S&D), schriftlich – Ich begrüße die Annahme dieses Berichts. Ich habe das Gefühl, dass es wichtig ist, Verbraucher zu schützen und mehr Aufmerksamkeit auf die Verstärkung der Marktüberwachung zu lenken, so dass die für die Bürgerinnen und Bürger bestimmten Produkte den höchstmöglichen Standards genügen. Ich begrüße den Schritt, die internationale Zusammenarbeit in Bezug auf Sicherheitsprodukte zu verstärken und den Abschluss offizieller Abkommen mit Vollstreckungsbehörden in Drittländern zu betreiben. Ich unterstütze die Forderung nach einem speziellen Verbraucherbeauftragten für die außergerichtliche Abwicklung von Streitigkeiten, und ich bin der Meinung, dass effektivere grenzüberschreitende Kooperationsmechanismen helfen werden, den Schutz von Verbrauchern in der gesamten EU zu verbessern.
Anna Záborská (PPE), schriftlich – (FR) Artikel 12 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union bestätigt, dass die Anforderungen des Verbraucherschutzes bei der Definition und Durchführung anderer Strategien und Aktivitäten der Union berücksichtigt werden müssen. Die Kommission muss sicherstellen, dass die Interessen von Verbrauchern wirklich in alle Strategien integriert werden, und sie muss in ihren Wirkungsstudien die potentiellen Auswirkungen aller neuen Rechtsetzungsakte und jene von Strategien untersuchen, die Verbraucher direkt oder indirekt betreffen. Während Beschwerden von Verbrauchern ein wichtiger Indikator für das Versagen von Märkten sind, bedeutet deren Nichtvorhandensein nicht immer, dass die Märkte gut funktionieren, da es Zeiten gibt, in denen Verbraucher sich aufgrund unterschiedlicher Verbrauchertraditionen oder aufgrund ihrer Einschätzung der Wahrscheinlichkeit, dass ihre Beschwerde berücksichtigt werden wird, weniger beschweren. Verbraucherorganisationen müssen eine entscheidende Rolle dabei spielen, öffentliche Behörden auf die Probleme aufmerksam zu machen, mit denen Verbraucher konfrontiert werden. Die Instrumente sollten optimiert werden, damit sie auf allen Ebenen effektiver arbeiten können. Ich rufe die Mitgliedstaaten dazu auf, sicherzustellen, dass die Verbraucherorganisationen in jeder Phase des Entscheidungsfindungsprozesses und während der Umsetzung und Durchführung von Verbrauchergesetzen ordnungsgemäß zu Rate gezogen werden.
Liam Aylward (ALDE), schriftlich – (GA) Ich habe für diesen Bericht über SOLVIT gestimmt. Die europäischen Verbraucher sollten sich ihrer Rechte voll und ganz bewusst sein und dieses Problemlösungsnetzwerk sollte jedem leicht zugänglich sein.
In der Europäischen Union als Ganzes steigt die Anzahl der Personen, die sich mit der Bitte um Rat oder Hilfe an SOLVIT wenden, an, und daher kann man davon ausgehen, dass die Bedeutung von SOLVIT als einem Mittel zur Problemlösung für die europäischen Bürgerinnen und Bürger sowie für die Unternehmen steigt.
Ich unterstütze die Forderung in dem Bericht nach einer besseren und umfangreicheren Bewerbung der Dienstleistungen von SOLVIT voll und ganz, und ich stimme zu, dass die Informationen bezüglich der Rechte von Bürgerinnen und Bürgern sowie von Unternehmen auf dem Binnenmarkt verdeutlicht werden sollten, damit alle im täglichen Leben von diesen Rechten profitieren können.
Zigmantas Balčytis (S&D), schriftlich – Um von den Vorteilen des Binnenmarktes profitieren zu können, müssen die Verbraucher über ein effektives Mittel verfügen, um nach einer fehlerhaften Anwendung des Binnenmarktgesetzes Entschädigung zu erhalten. Das SOLVIT-Netzwerk wurde ins Leben gerufen, um schnelle Rechtshilfe ohne Gerichtsverfahren zu garantieren. Ich glaube, dass dieses Netzwerk sehr nützlich sein könnte, jedoch funktioniert es im Moment nicht effektiv und nutzt sein Potential nicht vollständig aus. Viele unserer Bürgerinnen und Bürger sowie kleine Unternehmen wissen nicht, dass solch ein Netzwerk existiert. Daher bin ich der Meinung, dass die Mitgliedstaaten mehr Anstrengungen und Mittel in die Förderung von SOLVIT investieren und das Bewusstsein der Bürgerinnen und Bürgern und der Unternehmen dafür schärfen sollten. Darüber hinaus erhalten einige SOLVIT-Zentren mehr Fälle als sie in der Lage sind zu bearbeiten, da die Zentren unterbesetzt sind. Ich bin der Auffassung, dass die Mitgliedstaaten die Rolle nationaler SOLVIT-Zentren stärken müssen, indem sie die Zusammenarbeit zwischen nationalen, regionalen und lokalen Behörden sicherstellen und sich an einem aktiven Austausch von Ansichten und bewährten Methoden mit anderen Mitgliedstaaten beteiligen müssen, um das Potential des SOLVIT-Netzwerkes vollständig ausnutzen zu können.
Regina Bastos (PPE), schriftlich – (PT) SOLVIT, das seit 2002 in Betrieb ist, ist ein Online-Problemlösungsnetzwerk, an dem die Mitgliedstaaten der Europäischen Union sich mit dem Ziel beteiligen, eine pragmatische Antwort auf die Schwierigkeiten zu liefern, die sich aus der fehlerhaften Anwendung der Gesetzgebung der Gemeinschaft durch die öffentlichen Behörden ergeben.
Obwohl der Binnenmarkt momentan relativ gut funktioniert, ist es dennoch wahr, dass manchmal Fehler oder Interpretationsprobleme im Hinblick auf die Rechte von Bürgerinnen und Bürgern und von Unternehmen auftreten, die versuchen, die Vorteile des Binnenmarktes so gut wie möglich auszunutzen.
Ich habe für den vorliegenden Bericht gestimmt, da das SOLVIT-Netzwerk sich als von großer Bedeutung für die Lösung aller möglichen Probleme erwiesen hat, angefangen von einem Bürger, der nach einem anderen Mitgliedstaat sucht, in dem er studieren, arbeiten, mit einem Partner wieder vereint werden, usw. kann, bis hin zu Unternehmen, die sich Problemen mit den öffentlichen Behörden, mit der Umsatzsteuerrückerstattung oder anderen Problemen gegenübersehen. Das SOLVIT-Netzwerk strebt danach, Bürgerinnen und Bürgern sowie Unternehmen auf der Basis wichtiger Qualitäts- und Leistungskriterien eine hohe Dienstleistungsqualität anzubieten.
Maria Da Graça Carvalho (PPE), schriftlich – (PT) Ich begrüße den Buşoi-Bericht über SOLVIT. Dieses informelle Netzwerk zur Lösung von Problemen, die im Zusammenhang mit dem Binnenmarkt stehen, hat sich bei der Bereitstellung kostenloser Hilfe bei der Lösung spezifischer Probleme mit den öffentlichen Behörden sowohl für Bürgerinnen und Bürger als auch für Unternehmen als entscheidend erwiesen. Seine Bedeutung spiegelt sich in der wachsenden Anzahl von Fällen im Laufe des vergangenen Jahres wider. Angesichts der auf nationaler Ebene identifizierten Querschnittsprobleme ist es jedoch entscheidend, eine Reihe von Maßnahmen zur Verbesserung der Effektivität dieser Zentren in Betracht zu ziehen. Ich bin daher der Meinung, dass die Mitgliedstaaten ihre Bemühungen intensivieren müssen, ihre Bürgerinnen und Bürger und Unternehmen über deren Rechte zu informieren, die diese innerhalb des Binnenmarktes haben, indem die Staaten das Mehr an finanziellen Mitteln und Personal sowie die Schulung von Mitarbeitern des SOLVIT-Netzwerkes bezüglich der Regeln des Binnenmarktes nutzen. Des Weiteren ist es für die Mitarbeiter des Netzwerkes wichtig, sowohl englisch als auch ihre Muttersprache gut zu beherrschen. Ich appelliere an die Mitgliedstaaten und an die Kommission, einen umfangreicheren Zugang zum SOLVIT-Netzwerk für Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen zu fördern, mit dem Ziel der effektiven Umsetzung der Binnenmarktvorschriften.
Carlos Coelho (PPE), schriftlich – (PT) Der Binnenmarkt ist keine rein bürokratische Struktur und sollte dies auch nicht sein. Um wirklich von den offensichtlichen Vorteilen profitieren zu können, müssen Unternehmen und die europäische Öffentlichkeit in der Lage sein, ihre Rechte in der Praxis mittels rascher, schnell reagierender und effizienter Mechanismen ausüben zu können. Auf dieser Basis ist das SOLVIT-Netzwerk von elementarer Bedeutung.
Angesicht der steigenden Anzahl von Fällen, an denen SOLVIT-Zentren im Laufe des vergangenen Jahres beteiligt waren, betrachte ich es als für das Wohl der Verbraucher entscheidend, dass wir uns in Richtung einer Reihe von Reformen und Verbesserungen bewegen sollten, die das Parlament mit Blick darauf vorgeschlagen hat. Beispielsweise die Verstärkung der Kontrolle der Kommission über die effektive Anwendung der Regeln des Binnenmarktes, eine deutliche Erhöhung der den SOLVIT-Zentren zur Verfügung gestellten Ressourcen (die Beauftragung von Experten bezüglich der Elemente des Binnenmarktes, mehr Mittel für die nationalen Zentren, spezialisierte und zeitgemäße Schulungen für bereits in den Zentren arbeitendes Personal, koordinierte Online-Links zwischen lokalen Zentren und Diensten der Kommission) sowie bedeutende Investitionen in die Förderung und Bewerbung des SOLVIT-Netzwerkes durch die Mitgliedstaaten und die Kommission durch alle sozialen Kommunikationsmethoden, wodurch ein hoher Bindungsgrad mit der Öffentlichkeit und Unternehmen gefördert wird. Aus all diesen Gründen unterstütze ich den Buşoi-Bericht über SOLVIT.
Lara Comi (PPE), schriftlich – (IT) Das SOLVIT-Netzwerk hat bewiesen, dass es ein sehr nützliches Instrument zur - außergerichtlichen - Lösung der Probleme ist, mit denen Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen als Folge der falschen Anwendung der Binnenmarktgesetze durch öffentliche Behörden konfrontiert werden. Es sollte daher mittels einer verbesserten Zusammenarbeit zwischen der Kommission, dem Parlament und den Mitgliedstaaten auf verschiedene Weise unterstützt werden. Vor allem ist es nötig, die Bürgerinnen und Bürger sowie die Unternehmen besser auf seine Existenz aufmerksam zu machen und die Zusammenarbeit zwischen nationalen, regionalen und lokalen Behörden zu stärken. Außerdem sollte auch der Schulung von Mitarbeitern im öffentlichen Dienst, die in diesem Bereich arbeiten, mehr Bedeutung beigemessen werden, wie z. B. der Schulung der Mitarbeiter des SOLVIT-Netzwerkes, die, wie die Mitteilung der Kommission betont, auch mittels des Europäischer Sozialfonds gefördert werden sollte.
Ich habe für den Bericht gestimmt, da ich der Meinung bin, dass eine Stärkung des SOLVIT-Netzwerkes wirklich dazu beitragen kann, den rechtlichen Rahmen des Binnenmarktes zu verbessern, den wir so angestrengt aufzubauen versuchen. Die Förderung der Transparenz von Daten mittels einer interaktiven Online-Datenbank steigert das Bewusstsein für Standards, ermöglicht eine schnellere Lösung von Problemen und erhöht das Vertrauen in die Betreiber.
Diogo Feio (PPE), schriftlich – (PT) Das SOLVIT-Netzwerk wurde von der Kommission und den Mitgliedstaaten ins Leben gerufen, um mit außergerichtlichen Mitteln jegliche Probleme zu lösen, denen sich Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen aufgrund der falschen Anwendung der Binnenmarktgesetze gegenübersehen.
Dieses Netzwerk hat sich als effektiv bei der Lösung von Problemen erwiesen, wird von der allgemeinen Öffentlichkeit jedoch nach wie vor nicht genügend genutzt. Aus diesem Grund beabsichtigt die Kommission die Anwendung des SOLVIT-Netzwerkes rasch und vollständig zu fördern, die Transparenz zu erhöhen, um Hürden im Hinblick auf die Freizügigkeit zu überwinden und die Öffentlichkeit mit Informationen hinsichtlich ihrer Rechte zu versorgen, um das Potential des Binnenmarktes auszunutzen.
Mit Blick darauf fordert die Kommission die Mitgliedstaaten dringend auf, der Öffentlichkeit und Unternehmen das SOLVIT-Netzwerk ans Herz zu legen, wobei dessen Möglichkeiten und der Mehrwert, den es darstellt, berücksichtigt werden sollten.
Angesichts der Tatsache, dass viele der Probleme, die mittels des SOLVIT-Netzwerkes gelöst werden könnten, momentan vor Gericht entschieden werden, wodurch von Bürgern und Unternehmen mehr Zeit und Geld verschwendet wird und angesichts der Tatsache, dass das SOLVIT-Netzwerk eine alternative sowie raschere und effizientere Lösung für Rechtsstreitigkeiten darstellen könnte, bin ich der Meinung, dass es sowohl der Funktionsweise des Binnenmarktes als auch dem Schutz der Interessen und Rechte der Bürgerinnen und Bürger sowie der Unternehmen nutzen wird, das SOLVIT-Netzwerk vollständig ins Laufen zu bringen.
José Manuel Fernandes (PPE), schriftlich – (PT) Das SOLVIT-Netzwerk ist seit Juli 2002 einsatzbereit und wurde von der Kommission und den Mitgliedstaaten mit dem Ziel ins Leben gerufen, die Probleme zu lösen, mit denen Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen als Folge der falschen Anwendung der Gesetze des Binnenmarktes konfrontiert wurden, und es ermöglicht schnelle, kostenlose und effektive Reaktionen, ohne dass auf Gerichte zurückgegriffen werden muss.
Alle EU-Mitgliedstaaten haben, zusammen mit Norwegen, Island und Liechtenstein, SOLVIT-Zentren auf nationaler Ebene ins Leben gerufen, von denen die meisten in deren jeweilige Ministerien für Wirtschaft oder Auswärtige Angelegenheiten integriert sind. Diesen Zentren arbeiten direkt mittels einer elektronischen Datenbank zusammen, um rasche und pragmatische Lösungen für die Probleme zu finden, die von Bürgerinnen und Bürgern sowie Unternehmen vorgebracht werden.
Die Mitgliedstaaten müssen ihre Bemühungen intensivieren, den Bürgerinnen und Bürgern sowie Unternehmen Informationen über deren Rechte innerhalb des Binnenmarkt zukommen zu lassen, um diesen so die Gelegenheit zu geben, diese Rechte auszuüben. Die von SOLVIT angebotenen Dienstleistungen müssen den Bürgerinnen und Bürgern sowie den Unternehmen auf effektive Art und Weise bekannt gemacht werden.
Nuno Melo (PPE), schriftlich – (PT) Das SOLVIT-Netzwerk, das darauf abzielt, eine effektive Lösung für die Probleme des Binnenmarktes darzustellen, war bei der Lösung dieser Probleme sehr erfolgreich. Dieses SOLVIT-Netzwerk wurde 2002 eingerichtet, um Probleme anzugehen, mit denen Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen als Folge der falschen Anwendung der europäischen Gesetzgebung in Bezug auf den Binnenmarkt konfrontiert werden.
Das SOLVIT-Netzwerk ersetzt die Gerichte auf effektivere und unbürokratischere Art und Weise und findet innerhalb von 10 Wochen Lösungen. Die steigende Anzahl an SOLVIT-Fällen hat jedoch zu verschiedenen Mängeln im Hinblick auf dessen Reaktion geführt. Das bedeutet, dass es sehr wichtig ist, Anstrengungen in Richtung einer Ausweitung der personellen und finanziellen Ressourcen zu unternehmen, zusammen mit entsprechenden Schulungen der Sachbearbeiter des SOLVIT-Netzwerkes, damit diese ihre Effektivität bei der Handhabung der steigenden Anzahl der ihnen vorgelegten Fälle verbessern können.
Rovana Plumb (S&D), schriftlich – (RO) Der Binnenmarkt bietet Bürgerinnen und Bürgern sowie Unternehmen eine Vielzahl von Möglichkeiten. Der Binnenmarkt funktioniert im Großen und Ganzen gut. Manchmal können jedoch auch Fehler gemacht werden.
SOLVIT ist ein Netzwerk zum Lösen von Problemen, in dem EU-Mitgliedstaaten zusammenarbeiten, um Probleme außergerichtlich zu lösen, die aufgrund der unsachgemäßen Anwendung der Gesetze des Binnenmarktes durch die öffentlichen Behörden aufgetreten sind. In jedem Mitgliedstaat der Europäischen Union (sowie auch in Norwegen, Island und Liechtenstein) gibt es ein SOLVIT-Zentrum.
Ich habe für diesen Bericht gestimmt, um SOLVIT-Zentren Auftrieb bei der Lösung der sowohl von den Bürgerinnen und Bürgern als auch den Unternehmen vorgelegten Beschwerden zu geben.
Robert Rochefort (ALDE), schriftlich – (FR) Der Binnenmarkt mit über 1500 oftmals komplexen Dokumenten, erscheint Europäern wie eine ziemlich unverständliche „große Vorrichtung“, die obendrein von den Mitgliedstaaten nicht immer richtig implementiert wird. (Ich denke hier insbesondere an die Anerkennung beruflicher Qualifikationen.) Folglich erweist SOLVIT sich als eine außerordentlich wertvolle Einrichtung: Als ein echter Unterstützungsdienst für Verbraucher und Unternehmen in Angelegenheiten im Hinblick auf den EU-Binnenmarkt, arbeitet dieses kooperative Netzwerk seit einigen Jahren an der informellen Lösung von Problemen, die mit der falschen Anwendung der Gesetze des Binnenmarktes durch die öffentlichen Behörden zusammenhängen. Ich habe für den Bericht über SOLVIT gestimmt.
Trotz der hervorragenden Erfolgsquote (über 80 % aller Fälle werden erfolgreich gelöst) und trotz der Tatsache, dass es eine rasche, außergerichtliche und kostenlose Lösung im Hinblick auf das Problem der Rechtshilfe darstellt, ist SOLVIT der allgemeinen Öffentlichkeit nach wie vor relativ unbekannt. Wir müssen mehr unternehmen, um das Profil des Netzwerkes zu verbessern. Zuletzt bedaure ich, dass die SOLVIT-Zentren in bestimmten Mitgliedstaaten, einschließlich meines eigenen, so schlecht mit finanziellen Mitteln und Personal versorgt werden. Ich bin der Auffassung, dass die Zeit gekommen ist, dass die Mitgliedstaaten es würdigen, wie nützlich diese Zentren sind, und sie mit den für eine ordnungsgemäße Arbeitsweise erforderlichen Mitteln ausstatten.
Bart Staes (Verts/ALE), schriftlich – (NL) Der Bericht von Herrn Buşoi über SOLVIT ist sehr wichtig. Im Rahmen der Ausübung meiner parlamentarischen Pflichten werde ich mehrmals wöchentlich von Bürgerinnen und Bürgern kontaktiert, die mir oftmals sehr persönliche und sehr spezifische Fragen bezüglich des Funktionierens des Gemeinschaftsrechts stellen. Ich bin oftmals dazu in der Lage, ihnen umgehend zu helfen, indem ich sie an SOLVIT verweise.
Der Bericht, den wir heute angenommen haben, erläutert die Vorzüge dieses Instruments ganz genau. Er stellt eine äußerst ausgeglichene Arbeit dar, da er klar und deutlich ausführt, welche Maßnahmen zur Verbesserung des Instruments ergriffen werden müssen. Eine gute Medienstrategie ist sicherlich nötig, um auf SOLVIT aufmerksam zu machen. Die Bereitstellung einer einzelnen Internetadresse kann dazu beitragen.
Es steht außer Frage, dass die Effizienz von SOLVIT weiter verbessert werden muss. Dies kann mittels einer Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen Beamten mit einem ausreichend hohen Wissensstand erzielt werden. Des Weiteren ausschlaggebend ist die Empfehlung an Mitgliedstaaten, mehr Personal für die SOLVIT-Zentren zur Verfügung zu stellen, um administrative Kapazitäten in den verschiedenen Ministerien auf nationaler Ebene aufzubauen. Das Ziel muss es sein, dass alle SOLVIT-Zentren Fragen schnell beantworten und mit wirklichen Lösungen aufwarten, der Zweck, zu dem SOLVIT ins Leben gerufen wurde.
Viktor Uspaskich (ALDE), schriftlich – (LT) Frau Berichterstatterin, meine Damen und Herren! Ich unterstütze diese Initiative und stimme der Stärkung des SOLVIT-Netzwerkes und der Ausweitung seiner Aktivitäten voll und ganz zu. Es sollten keine Kosten gescheut werden, um Informationen über die Aktivitäten und Möglichkeiten dieser europäischen Einrichtung in den nationalen Medien, übers Internet oder im Fernsehen zu verbreiten. Ich kann Ihnen jedoch allen sagen, dass eine Doppelmoral existiert: Die Rechtsvorschriften werden nicht einheitlich angewandt und es gibt sogar unterschiedliche Strafen für die gleichen Aktivitäten.
Anna Záborská (PPE), schriftlich – (FR) SOLVIT wurde ins Leben gerufen, um die Probleme zu lösen, mit denen Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen als Folge der schlechten Anwendung der Rechtsvorschriften auf dem Binnenmarkt konfrontiert werden. Alle Mitgliedstaaten, sowie Norwegen, Island und Liechtenstein haben nationale SOLVIT-Zentren eingerichtet. Diese arbeiten direkt zusammen, um rasche und pragmatische Lösungen für die Probleme zu finden, die von Bürgerinnen und Bürgern sowie Unternehmen vorgelegt werden. Die Zentren benötigen eine gute Rechtsberatung bezüglich der rechtlichen Sachverhalte der vorgelegten Probleme sowie der vorgeschlagenen Lösungen. Sie haben sowohl innerhalb ihres Zentrums als auch innerhalb der kompetenten Verwaltung Zugang zu Rechtsberatungen. Wenn es zu Differenzen hinsichtlich der Rechtsansicht bei gemeinsam behandelten Fällen kommt, komplexe rechtliche Probleme auftreten oder einfach kein richtiger Zugang zu Rechtsberatungen in ihrem Land besteht, wenden SOLVIT-Zentren sich oftmals ratsuchend an die Kommission. Mitgliedstaaten sollten sicherstellen, dass die Zentren angemessenen Zugang zu rechtlichem Fachwissen innerhalb ihrer Verwaltung haben. Die Kommission sollte die Bereitstellung informeller rechtlicher Bewertungen für die Zentren auf Anfrage beschleunigen. Ich begrüße das Engagement der Mitgliedstaaten, die europäischen Rechtsvorschriften und deren Anwendung zu überwachen. Es reicht nicht aus, dass die europäischen Mitgesetzgeber Gesetze implementieren, die mehr Probleme schaffen als sie lösen.
Liam Aylward (ALDE), – (GA) In Irland haben wir sehr hohe Standards, was die Anforderungen bezüglich der Tiergesundheit betrifft und folglich habe ich für diesen wichtigen Bericht gestimmt, der den Gesundheitsstatus irischer Tiere schützen wird. Die Empfehlung des Berichts hinsichtlich der Ausweitung des Übergangssystems für die Beförderung von Tieren bis Ende Dezember 2011 ist notwendig und zeitgemäß.
Diese Regeln legen ein allgemeines System zur Identifizierung von zwischen Mitgliedstaaten reisenden Haustieren (Katzen, Hunden und Frettchen) fest und alle Tiere müssen Reisepässe mitführen, aus denen ersichtlich ist, dass sie gegen Tollwut geimpft wurden.
Diese Schutzmaßnahmen sind notwendig, da die Gesundheitsstandards in Irland gegenwärtig äußerst hoch sind und es in Irland als Folge davon frei von Tollwut, bestimmten Zeckenarten und Bandwürmer ist, die die Gesundheit sowohl von Menschen als auch von Tieren gefährden könnten.
Jan Březina (PPE), schriftlich – (CS) Frau Präsidentin! Ich habe für den Bericht über die vorgeschlagene Entschließung des Europäischen Parlaments und des Rates bezüglich tierärztlicher Bedingungen für die nicht-kommerzielle Beförderung von Haustieren gestimmt, obwohl ich nicht dem gesamten Text des Vorschlages zustimme. Ich mache mir insbesondere Sorgen darüber, dass er einer Verlängerung des Übergangszeitraums dient, während dem der Import von Hunden und Katzen nach Irland, Malta, Finnland, Schweden und in das Vereinigte Königreich strengeren Auflagen unterliegt. So fordern z. B. Malta, Irland und das Vereinigte Königreich, dass Hunde und Katzen zusätzlichen Untersuchungen auf Zecken unterzogen werden müssen, die des Weiteren in ihren Tierpässen bestätigt werden müssen. Dies ist bereits die zweite Verlängerung des Übergangszeitraums in Folge, was ich vom Standpunkt der EU-Gesetzgebungspraxis aus als äußerst regelwidrig betrachte. Die Kommission sollte so bald wie möglich die Möglichkeit der Ausweitung des allgemeinen Systems auf die Mitgliedstaaten untersuchen, die gegenwärtig dem Übergangssystem unterliegen. Zu diesem Zweck sollte sie den Entwurf einer beratenden Stellungnahme durch die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit anfordern. Ich bin der festen Meinung, dass wiederholte Verlängerungen des Übergangszeitraums nicht im Interesse der europäischen Bürgerinnen und Bürger liegen. Die bestehenden Abweichungen bei den Schutzmaßnahmen der vorab erwähnten Mitgliedstaaten, wie z. B. unterschiedliche Fristen für Impfungen und serologische Untersuchungen und unterschiedliche Endtermine für Anti-Parasiten-Untersuchungen, machen es schwieriger und teurer, mit Tieren in der EU zu reisen.
Robert Dušek (S&D), schriftlich – (CS) Gemeinschaftsgesetze regeln die nicht-kommerzielle Beförderung von Haustieren in die Gemeinschaft innerhalb des Rahmenwerks, von dem sie ein sogenanntes allgemeines System begründen, im Rahmen dessen Hunde, Katzen und Frettchen, die zwischen Mitgliedstaaten der EU befördert werden, von identifizierenden Dokumenten und Informationen bezüglich ihrer vorgeschriebenen Impfungen gegen Tollwut und gegen die Krankheiten, an denen sie litten, begleitet werden müssen. Verordnung (EG) Nr. 998/2003 legt des Weiteren ein sogenanntes Übergangssystem fest, das es Mitgliedstaaten erlaubt, strengere Anforderungen für den Eintritt und die Beförderung dieser Tiere in ihr Hoheitsgebiet anzuwenden. Insbesondere Großbritannien macht sich diese Ausnahmeregelung in beträchtlichem Umfang zu Nutze. Die Kommission schlägt vor, das vorgesehene Übergangssystem bis zum 31. Dezember 2011 zu verlängern und die Berichterstatterin Frau de Brún unterstützt diesen Schritt. Angesichts der Tatsache, dass sowohl im Rat als auch im ENVI-Ausschuss ein Kompromiss erzielt wurde, von dem dieser Bericht ein Teil ist, habe ich für dessen Annahme gestimmt.
Diogo Feio (PPE), schriftlich – (PT) Verordnung (EG) 998/2003, deren Änderung die Kommission vorgeschlagen hat, etabliert harmonisierte Normen bezüglich der nicht-kommerziellen Beförderung von Haustieren innerhalb der Europäischen Union, sowie auch deren Eintritt in diese. Sie sieht jedoch ein zeitlich begrenztes System vor, im Rahmen dessen einige Mitgliedstaaten im Falle bestimmter Krankheiten, wie z. B. Tollwut, Echinokokkose und Zeckenbefall, restriktivere Auflagen einführen könnten.
Trotz der Bedeutung des freien Verkehrs von Haustieren innerhalb des Gebiets der Europäischen Union wiederhole ich meine Überzeugung, dass es wichtig ist, dass solche Haustiere alle gesundheitsschutztechnischen Kriterien erfüllen, damit sie kein Risiko für die Gesundheit von Menschen oder Tieren darstellen.
José Manuel Fernandes (PPE), schriftlich – (PT) Dieser Bericht enthält Regelungen für die Beförderung von Haustieren innerhalb des Gebiets der Europäischen Union und darüber, wie diese gemäß den Zielen der Vorbeugung gegenüber der Ausbreitung von Krankheiten, insbesondere von Tollwut, erfolgen sollte.
Die Freizügigkeit ist eine der wichtigsten Säulen des EU-Binnenmarktes. Diese Angelegenheit ist besonders für Bürgerinnen und Bürger eines Europas ohne Grenzen relevant, in dem wir eine verstärkte Beförderung von Haustieren zwischen Mitgliedstaaten verzeichnen konnten.
Wir sind uns alle einig, dass es möglich sein muss, mit Haustieren zu reisen, wir sind uns jedoch außerdem alle einig, dass dies gemäß den festgesetzten Kriterien bezüglich der öffentlichen Gesundheit geschehen muss, um einen höheren Schutzgrad für die Gesundheit sowohl von Menschen als auch von Tieren zu gewährleisten.
Ich begrüße daher das allgemeine Passsystem, das Hygienemaßnahmen und die Kontrollen harmonisieren wird, die die Freizügigkeit von Haustieren unterstützen.
Der Bericht liefert darüber hinaus eine Übergangsregelung bis Ende 2011, damit einige Länder sich auf die Bereitstellung der nötigen Infrastruktur vorbereiten können.
Ian Hudghton (Verts/ALE), schriftlich – Ich habe für den Bericht von Frau Brún gestimmt. Die Freizügigkeit, die im Mittelpunkt des EU-Binnenmarktes steht, bedeutet, dass diese Angelegenheit für sehr viele Bürgerinnen und Bürger in ganz Europa wichtig ist. Angelegenheiten der öffentlichen sowie der Tiergesundheit sind ebenfalls äußerst wichtig, und ich bin der Auffassung, dass die Berichterstatterin beim Finden eines Mittelwegs gute Arbeit geleistet hat.
Nuno Melo (PPE), schriftlich – (PT) Die Tiergesundheitsbedingungen, die für die grenzüberschreitende Beförderung von Haustieren, die nicht zum Verkauf bestimmt sind, gelten müssen, zielen sowohl darauf ab, sicherzustellen, dass die Gesundheit von Menschen und Tieren besser geschützt wird, als auch darauf, die Beförderung von Haustieren, die von deren jeweiligen Besitzern begleitet werden, zu erleichtern. Auf diese Art und Weise, wenn die relevanten Regelungen befolgt werden und ein Impfzeugnis gegen Tollwut und eine Analyse der Reaktion des Immunsystems auf diesen Impfstoff, die von einem autorisierten Tierarzt durchgeführt wurde, bei Reisen innerhalb der Gemeinschaft mitgeführt wird, wird die nicht-kommerzielle Beförderung von Haustieren erleichtert.
Raül Romeva i Rueda (Verts/ALE), schriftlich – (ES) Ich habe für diesen wichtigen Bericht gestimmt, da wir so den Vorschlag der Kommission bezüglich der Verlängerung des Übergangssystems im Hinblick auf Tollwut unterstützen, was bedeutet, dass das Auslaufen dieses Systems besser mit dem Zeitpunkt übereinstimmt, zu dem die Europäische Kommission erwartet, die EU-Finanzierung von Impfprogrammen zur Ausmerzung von silvatischer Tollwut, dem in der EU am häufigsten vorkommenden Tollwutproblem, zu beenden. Darüber hinaus hat die Kommission sich für einen vorsichtigen vorbeugenden Ansatz entschieden, der der Prävention sowie zusätzlichen gesundheitlichen Überlegungen im Zusammenhang mit dem Binnenmarkt und der Freizügigkeit von Haustieren Priorität verleiht. Die verschiedenen politischen Möglichkeiten wurden von der Kommission verglichen und abgewogen, wobei die verschiedenen Stellungnahmen der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) berücksichtigt wurden. Das für die Beendigung des Übergangssystems vorgeschlagene Datum ermöglicht eine Umrüstung der Infrastruktur sowie eine schrittweise Neuschulung der Mitarbeiter und die Anpassung an die neue Situation.
Daciana Octavia Sârbu (S&D), schriftlich – Ich begrüße diesen Bericht, der es den Mitgliedstaaten ermöglicht, Maßnahmen zum Schutz vor einer Ausbreitung von Tollwut fortzuführen, der jedoch gleichzeitig zur freien, sicheren Beförderung von Haustieren in ganz Europa nach 2011 führen wird. Die Verlängerung der Ausnahmeregelung für bestimmte Länder bis 2011 wird es diesen ermöglichen, mit Tests und Gesundheitsuntersuchungen für Krankheiten wie z. B. Tollwut fortzufahren. Dieser Übergangszeitraum ist ein wichtiger Schritt in Richtung der letztendlich freien und sicheren Beförderung von Haustieren in der Europäischen Union.
Ich möchte all jenen gratulieren, die daran gearbeitet haben, das Abkommen über das neue Ausschussverfahren zu sichern. Es ist ein guter Kompromiss, der eine effektive Reaktion erlaubt, falls Mitgliedstaaten gerechtfertigte Bedenken bezüglich der Ausbreitung anderer Krankheiten haben. Es stellt des Weiteren sicher, dass die Kommission bei einer Übertragung von Befugnissen eine Reihe von Experten - Experten der Kommission, Experten der Mitgliedstaaten, nichtstaatliche Experten und Experten des Parlaments - zu Rate ziehen wird. Wir müssen sicherstellen, dass diese Verpflichtung aufrechterhalten wird. Im weiteren Sinne kann man sagen, dass wir schriftliche Zusicherungen erhalten haben, dass dieser Bericht nicht zu einem Präzedenzfall für die zukünftige Nutzung übertragener Befugnisse werden wird. Dabei werden die Bedenken des Parlament bezüglich der Schaffung eines Präzedenzfalls für das neue Ausschussverfahren unter dem Vertrag von Lissabon berücksichtigt.
Zigmantas Balčytis (S&D), schriftlich – (LT) Die EU-2020-Strategie ist ein Dokument, das viel Hoffnung bietet. In jüngster Vergangenheit wurde viel über die Erholung der EU-Wirtschaft gesprochen, aber ein Großteil der Mitgliedstaaten hat das Ende der Krise noch nicht erreicht. In der Öffentlichkeit beschränkt sich die Diskussion der Krise auf die Lage der öffentlichen Finanzen, obwohl die steigende Arbeitslosigkeit in einigen Mitgliedstaaten bereits jetzt ein kritisches Niveau erreicht hat. Es ist seltsam, hohen Beamte der EU zuzuhören, wie sie einige Regierungen für deren ausgezeichnete Arbeit loben, während die Zahl der Arbeitslosen in diesen Ländern jeden Monat katastrophal anwächst, soziale Garantien abgebaut werden und die Anzahl der Menschen, die unterhalb der Armutsgrenze leben, ansteigt. Für die Menschen in solchen Ländern wird es immer schwieriger zu verstehen, ob die Europäische Union eine Strategie zur Verringerung der Armut durchführt oder die Armut im sozialen Bereich in Wirklichkeit erhöht. Meiner Meinung nach sollten Regierungen, die nicht einmal in der Lage sind, Probleme der Stabilisierung der Arbeitslosigkeit zu lösen, nicht unverdienterweise gelobt werden. Die Europäische Kommission sollte mehr Verantwortung übernehmen und die Implementierung von Krisenmanagementplänen nationaler Regierungen verantwortungsbewusst überwachen, während sie die Auswirkungen solcher Reformen auf die Bürgerinnen und Bürger ganz klar bewertet.
Regina Bastos (PPE), schriftlich – (PT) Das Schengener Abkommen ist ein Vertrag zwischen europäischen Ländern bezüglich der Politik der Freizügigkeit Einzelner innerhalb des Schengen-Raums. Alle Personen, die im Besitz eines Dokuments sind, das bestätigt, dass die betreffende Person sich legal in einem Mitgliedstaat aufhält, sollten in der Lage sein, sich frei innerhalb eines Gebiets zu bewegen, in dem es keine Binnengrenzen gibt.
Jedoch kommen bislang noch nicht alle Länder ihrer Verpflichtung nach, Bürgern aus Drittstaaten, die im Besitz eines solchen Langzeitvisums sind, eine Aufenthaltsgenehmigung auszustellen. Aus diesem Grund ist es inkonsequent, dass ein Student, der ein Visum für ein Studium in Portugal erhalten hat, nicht die Möglichkeit haben sollte, z. B. nach Belgien zu reisen, um dort in einer spezialisierten Bibliothek Informationen zum Schreiben seiner Diplomarbeit zu sammeln.
Aus diesem Grund habe ich unter Berücksichtigung der Tatsache, dass es wichtig ist, die Freizügigkeit von Bürgerinnen und Bürgern aus Drittstaaten, die sich auf der Basis eines Langzeit-Visums der Kategorie D, das von einem Mitgliedstaat ausgestellt wurde, legal in dem jeweiligen Mitgliedstaat aufhalten, innerhalb des Schengen-Raumes zu erleichtern, für den gegenwärtigen Bericht gestimmt. Ich gratuliere dem Berichterstatter, Herrn Coelho, zum erneuten Zustandebringen einer Übereinkunft in erster Lesung, wodurch diese Situation behoben werden kann, bevor der Visakodex nächsten Monat in Kraft tritt.
Vilija Blinkevičiūtė (S&D), schriftlich – (LT) Ich habe für die neuen Änderungsanträge bezüglich dieser Verordnung gestimmt, da Staatsangehörige aus Drittstaaten, die im Besitz eines Langzeitvisums sind, bisher aufgrund der Einschränkung der Freizügigkeit mit Problemen konfrontiert wurden. Sie waren nicht in der Lage, frei von einem europäischen Mitgliedstaat in einen anderen zu reisen und hatten sogar Schwierigkeiten, in ihr Heimatland zurückzukehren. Diese Verordnung erweitert das Äquivalenzprinzip zwischen Aufenthaltsgenehmigungen und von den Mitgliedstaaten ausgestellten Kurzzeitvisa, wodurch der Schengen-Besitzstand für Langzeitvisa vollständig implementiert wird. Es muss betont werden, dass ein Langzeitvisum die gleichen Auswirkungen wie eine Aufenthaltsgenehmigung haben sollte, was die Freizügigkeit im Schengen-Raum ohne Binnengrenzen betrifft. Ich möchte die Aufmerksamkeit auf die Tatsache lenken, dass es sehr wichtig ist, dass sobald das Reisen von Staatsangehörigen von Drittstaaten im Schengen-Raum vereinfacht wurde, nicht gegen die Sicherheitsgarantien in den Mitgliedstaaten verstoßen wird. Die Durchführung dieser Verordnung sollte die Sicherheit nicht verringern, da sie für die Verpflichtung der Staaten sorgt, die Daten einer Person vor der Ausstellung eines Langzeitvisums im Schengen-Informationssystem zu überprüfen und nötigenfalls andere Mitgliedstaaten der EU bezüglich dieser Person zu befragen. Bisher geschah dies nur bei der Ausstellung von Aufenthaltsgenehmigungen.
Marielle De Sarnez (ALDE), schriftlich – (FR) Ich begrüße die Annahme dieser Verordnung durch eine sehr großen Mehrheit - von 562 Stimmen zu 29, bei 51 Enthaltungen. Ab nun sind alle Staatsangehörige von Drittstaaten, die über ein von einem Mitgliedstaat ausgestelltes Langzeitvisum verfügen, in der Lage, alle sechs Monate drei Monate lang in andere Mitgliedstaaten zu reisen, unter den gleichen Bedingungen wie Personen mit einer Aufenthaltsgenehmigung. Dies war eine Maßnahme, auf die viele Studenten und Forscher, wie jene, die an europäischen Austauschprogrammen (Erasmus Mundus) teilnehmen, gewartet haben. Dies ist im Hinblick auf die Steigerung der Attraktivität der Union als Ziel für Studenten, Wissenschaftler und Forscher aus Drittländern ein Schritt nach vorne Darüber hinaus kann sie als eine Erinnerung an die Forderung des Europäischen Parlaments an die Mitgliedstaaten betrachtet werden, Schritte in Richtung der zukünftigen Einführung eines Visums zu unternehmen, das speziell auf Studenten zugeschnitten ist, die an Austauschprogrammen teilnehmen. Eine Sache bedauere ich jedoch: Das Vereinigte Königreich, Irland und Dänemark haben diese Verordnung nicht angenommen und unterliegen ihrer Anwendung daher nicht, und das obwohl diese Länder eine große Anzahl ausländischer Studenten und Forscher aus dem Schengen-Raum anziehen.
Diogo Feio (PPE), schriftlich – (PT) Die Schaffung, mittels des Schengener Abkommens, eines europäischen Gebiets ohne Grenzen, war ein wichtiger Schritt beim Aufbau eines offenen Binnenmarktes mit freiem Personen- und Warenverkehr.
Aus genau diesem Grund ist das ausschlaggebende Ziel, auf dem das Abkommen basiert, das Zulassen der Freizügigkeit Einzelner innerhalb eines Raumes, in dem es keine Binnengrenzen gibt. Folglich scheint es uns absurd, dass Bürgerinnen und Bürger, die von außerhalb der EU sind, jedoch ein Langzeitvisum besitzen, das von einem der Staaten ausgestellt wurde, die Teil des Schengener Abkommens sind, nicht frei innerhalb dieses Raumes reisen können.
Die vom Berichterstatter genannten Beispiele scheinen uns Beweise für die Absurdität zu sein, die dieses System in der Praxis darstellt. Aus diesem Grund stimme ich dem Vorschlag der Kommission in der vom Parlament empfohlenen Formulierung zu, Langzeitvisa wie Aufenthaltsgenehmigungen zu behandeln und deren Inhabern so Freizügigkeit zu garantieren.
José Manuel Fernandes (PPE), schriftlich – (PT) Zunächst einmal begrüße ich die hervorragende Qualität dieses Berichts. Gemäß des gegenwärtig existierenden Gemeinschaftsrechts, sind Staatsangehörige von Drittstaaten, die ein Langzeitvisum (ein Visum für einen Aufenthalt von mehr als drei Monaten) besitzen, nicht dazu berechtigt, während ihres Aufenthalts andere Mitgliedstaaten zu bereisen oder durch andere Mitgliedstaaten zu reisen, wenn sie in ihr Herkunftsland zurückkehren, da das Schengener Abkommen dies nicht vorsieht.
Die neu vorgeschlagenen Regelungen bedeuten, dass ein Langzeitvisum im Hinblick auf die Freizügigkeit innerhalb des Schengen-Raumes, ohne Binnengrenzen, die gleiche Wirkung hat wie eine Aufenthaltsgenehmigung, oder dass eine Person, die im Besitz eines von einem Mitgliedstaat ausgestellten Langzeitvisums ist, das Recht hat, andere Mitgliedstaaten in einem Zeitraum von sechs Monaten drei Monate lang zu bereisen und dies unter den gleichen Bedingungen wie Personen mit einer Aufenthaltsgenehmigung.
Damit dieses System funktionieren kann, sollten Kontrollen eingeführt werden, die den in anderen Bereichen gegenwärtig existierenden gleichen, um eine gute Kommunikation zwischen den Mitgliedstaaten sowie Kohärenz zwischen der Ausstellung von Langzeitvisa, Aufenthaltsgenehmigungen und Warnmeldungen des Schengener Informationssystems zu gewährleisten.
Ilda Figueiredo (GUE/NGL), schriftlich – (PT) Es ist eine gute Sache, dass ausländische Bürgerinnen und Bürger, die im Besitz eines von einem Mitgliedstaat ausgestellten Langzeitvisums sind, innerhalb eines Zeitraums von sechs Monaten mindestens drei Monate lang in andere Mitgliedstaaten reisen können und dies auf der Basis der gleichen Bedingungen wie Personen mit einer Aufenthaltsgenehmigung. Da dies der wichtigste von der Verordnung abgedeckte Punkt ist, auf die dieser Bericht sich bezieht, haben wir dafür gestimmt.
Wie wir wissen, ist es Staatsangehörigen von Drittstaaten mit Langzeitvisa, wie z. B. Studenten, die eine Studienreise in einen anderen Mitgliedstaat machen möchten, Wissenschaftlern, Dozenten, Verwandten von Staatsangehörigen von Drittstaaten und Bürgerinnen und Bürgern der EU, gemäß des gegenwärtig existierenden Gemeinschaftsrechts zu diesem Zeitpunkt nicht erlaubt, während ihres Aufenthalts andere Mitgliedstaaten zu bereisen oder im Rahmen ihrer Rückkehr in ihre Herkunftsländer durch andere Mitgliedstaaten zu reisen, eine Situation, die im Schengener Abkommen nicht vorgesehen ist.
Die neuen Regelungen, die nun gebilligt wurden, bedeuten, dass Personen mit Langzeitvisum (ein Visum für einen Aufenthalt von mehr als drei Monaten, oder ein Kategorie-D-Visum), im Hinblick auf die Freizügigkeit innerhalb des Schengen-Raumes die gleichen Rechte haben wie Personen, die im Besitz einer Aufenthaltsgenehmigung sind.
Bruno Gollnisch (NI), schriftlich – (FR) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir haben gegen den Bericht von Herrn Coelho gestimmt. Es Inhabern eines Langzeitvisums, d. h. eines Visums, das mehr als sechs Monate gilt, zu erlauben, automatisch von der Freizügigkeit in allen Staaten des Schengen-Raumes zu profitieren, als ob sie im Besitz einer Aufenthaltsgenehmigung wären, ist unverantwortlich. Ihre Beispiele sind irreführend. Es ist unbedeutend, ob wir über Studenten sprechen, die die Hauptstädte Europas (mit Ausnahme von London, Dublin und Kopenhagen, die außerhalb des Schengen-Raumes liegen) besuchen möchten, oder über Forscher, deren Forschungen weniger als ein Jahr dauern werden, oder über permanent im Ausland lebende Personen ohne entsprechende Aufenthalts- und Arbeitsgenehmigungen - dies alles ist unbedeutend und lediglich ein Vorwand.
In Wirklichkeit ist diese Maßnahme nur eine weitere Negation des Hoheitsrechts von Staaten zu entscheiden, wer sich, unter welchen Bedingungen und für wie lange, in ihrem Hoheitsgebiet aufhalten darf. Durch die Standardisierung von Rechten werden Langzeitvisa letzten Endes völlig bedeutungslos werden, der Förderung einer Art von automatischem Einwohnerstatus willen, einem, der einer Person, die Europa mehr als drei Monate lang und zu einem anderen als einem rein touristischen Zweck besuchen möchte, von diesem Moment an gewährt wird. Das ist unannehmbar.
Sylvie Guillaume (S&D), schriftlich – (FR) Ich habe den Coelho-Report bezüglich der Freizügigkeit von Personen mit Langzeitvisum unterstützt, da ich, von Angelegenheiten die verwaltungstechnische Formalitäten betreffen abgesehen, glaube, dass es z. B. für junge Ausländer, die zum Studieren in unsere Länder kommen, wichtig ist, nicht auf ein Leben in einem Land beschränkt zu sein, sondern die Freiheit genießen zu können, von einem Land zum anderen zu reisen, sei es um zu studieren oder um die Vielfalt und den Reichtum europäischer Kultur zu entdecken. Anders als jene, die das Schreckgespenst der Sicherheit und den Kampf gegen illegale Einwanderung auf den Plan rufen, müssen wir hier die Notwendigkeit verteidigen, in Europa, wie auch anderswo, eine wissensbasierte Gesellschaft zu entwickeln.
Ian Hudghton (Verts/ALE), schriftlich – Ich habe mich bei der Abstimmung über den Coelho-Bericht enthalten, da er Schengen-Aspekte behandelt, die in Schottland keine Anwendung finden.
Véronique Mathieu (PPE), schriftlich – (FR) Zunächst einmal möchte ich Herrn Coelho für die Qualität seines Berichts und für sein echtes Fachwissen danken, das er in all seine Arbeit bezüglich der Visa-Politik einfließen lässt. Die Annahme dieser Verordnung ist ein Muss und eine dringliche Angelegenheit. Sie ist eine Notwendigkeit, da wir aufgrund einer äußerst umstrittenen Praxis seitens der Mitgliedstaaten, die Langzeitvisa nicht mehr in Aufenthaltsgenehmigungen umwandeln, in absurde Situationen geraten sind, in denen es allen Bürgerinnen und Bürgern aus Drittstaaten, die sich aufgrund eines D-Visums legal auf EU-Territorium aufhalten, untersagt wird, innerhalb der anderen Mitgliedstaaten des Schengen-Raumes zu reisen. Diese Praxis schafft unnötige Hürden für die Freizügigkeit innerhalb des Schengen-Raumes und läuft der Philosophie des Schengen-Besitzstandes zuwider. Die Annahme dieses Textes ist auch angesichts des bevorstehenden Inkrafttretens des Visakodex der Gemeinschaft dringlich, der D- und C-Visa abschafft. Dieser Bericht liefert eine faire und ausgeglichene Lösung für Situationen, die in Zukunft nicht mehr auftreten dürfen, während er, Dank der Verpflichtung zur Heranziehung des Schengener Informationssystems bei der Bearbeitung von D-Visa, gleichzeitig einen hohen Grad an Sicherheit innerhalb des Schengen-Raumes gewährleistet.
Nuno Melo (PPE), schriftlich – (PT) Die bisherige Gesetzgebung, die es Bürgerinnen und Bürgern aus Drittstaaten mit einem von einem Mitgliedstaat ausgestellten Langzeitvisum nicht erlaubten, andere Mitgliedstaaten zu bereisen, entsprach nicht den Mobilitätsbedürfnissen der Mehrheit dieser Bürgerinnen und Bürger. Wir sprechen hier über Studenten, Wissenschaftler, Dozenten und andere Personen, die als Teil ihres Berufs und/oder ihrer wissenschaftlichen Arbeit zwischen mehreren Mitgliedstaaten reisen müssen und unter der gegenwärtigen Gesetzgebung nicht dazu in der Lage wären.
Auf diese Art und Weise korrigieren diese Änderungen diese abnorme Situation, während sie gleichzeitig weiterhin die Einhaltung aller für die Freizügigkeit von Bürgerinnen und Bürgern aus Drittländern innerhalb der EU geltenden Sicherheitsvorschriften gewährleisten.
Rareş-Lucian Niculescu (PPE), schriftlich – (RO) Ich habe für diese Verordnung gestimmt, da ich sie als eine willkommene Verbesserung einer vorhergehenden Maßnahme betrachte, die die Rechte von Inhabern von Langzeitvisa in einem Mitgliedstaat beschränkte. Genau wie die Gesellschaft sich in einem fließenden Zustand befindet, sollte auch die europäische Gesetzgebung nicht stillstehen, da wir mit neuen Problemen und Herausforderungen konfrontiert werden. Gleichzeitig werden uns neue Instrumente zur Handhabung von Angelegenheiten an die Hand gestellt, die z. B. mit der Freizügigkeit zusammenhängen.
Franz Obermayr (NI), schriftlich – (DE) Dieser Bericht zielt darauf ab, es Staatsangehörigen von Drittstaaten, die im Besitz eines Langzeit-Visums der Kategorie D sind, wesentlich zu erleichtern, sich in der gesamten Gemeinschaft frei zu bewegen. Dabei lässt er die Tatsache völlig außer Acht, dass es in den Zuständigkeitsbereich der Mitgliedstaaten fallen sollte, zu entscheiden, ob und welchen Staatsangehörigen von Drittstaaten es erlaubt sein sollte, in das Land einzureisen und wem die Einreise verwehrt werden sollte. Aus diesem Grund habe ich gegen den Bericht gestimmt.
Raül Romeva i Rueda (Verts/ALE), schriftlich – Ich habe, zusammen mit meiner Fraktion, für diesen Bericht gestimmt, da er darauf hinweist, dass die innerhalb dieses Rahmens gemachten Vorschläge darauf abzielen, es Staatsangehörigen von Drittstaaten, die sich legal in einem Mitgliedstaat aufhalten, zu erleichtern, auf der Basis eines von diesem Mitgliedstaat ausgestellten Langzeitvisums der Kategorie D im Schengen-Raum zu reisen. Diese Vorschläge zielen darauf ab, Lösungen in Situationen zu liefern, in denen Mitgliedstaaten aus verschiedenen Gründen nicht in der Lage sind, rechtzeitig Aufenthaltsgenehmigungen für Staatsangehörige von Drittstaaten auszustellen, die sich in ihrem Hoheitsgebiet aufhalten, indem sie das bereits existierende Äquivalenzprinzip zwischen einer Aufenthaltsgenehmigung und Kurzzeitvisa der Kategorie C auf Langzeitvisa der Kategorie D ausweiten.
Ein Langzeitvisum wird daher, im Hinblick auf das Reisen im Schengen-Raum, die gleiche Wirkung haben wie eine Aufenthaltsgenehmigung. Dies wird es jedem, der im Besitz eines Dokuments ist, das bestätigt, dass er sich legal in einem Mitgliedstaat aufhält, ermöglichen, sich für kurze Zeiträume von nicht mehr als drei Monaten pro halbem Jahr frei im Schengen-Raum zu bewegen.
Nuno Teixeira (PPE), schriftlich – (PT) Die Freizügigkeit Einzelner ist eines der grundlegenden Prinzipien der Europäischen Union, und der Schengen-Raum wurde geschaffen, um dieses Ziel effektiv in die Praxis umzusetzen. Die Fraktion der Europäischen Volkspartei, der ich angehöre, hat das Prinzip der Freizügigkeit Einzelner immer verteidigt, dem Prinzip folgend, dass Vorschriften und gemeinsame Verfahrensweisen im Hinblick auf Visa, Aufenthaltsgenehmigungen und die Kontrolle von Grenzen, Teil des vollständigen Schengen-Konzepts sein müssen.
In diesem Zusammenhang unterstütze ich die neuen Maßnahmen, die angenommen wurden, wobei die Tatsache berücksichtigt wird, dass die Freizügigkeit von Staatsangehörigen von Drittstaaten, d. h. sich auf der Basis eines Langzeitvisums der Kategorie D in einem Mitgliedstaat aufhaltende Personen, die in andere Mitgliedstaaten innerhalb des Schengen-Raumes reisen, manchmal, als Folge einer Verzögerung bei der Umwandlung ihres Visums in eine Aufenthaltsgenehmigung, erschwert wird.
Dem Dokument zufolge wird das Äquivalenzprinzip zwischen Aufenthaltsgenehmigungen und Kurzzeitvisa nun auf Langzeitvisa angewandt. Aus diesen Gründen und angesichts der Tatsache, dass die angenommenen Maßnahmen nicht nur Angelegenheiten in Bezug auf die Gewährung von Visa unverändert lassen, einschließlich jener sich auf die Sicherheit beziehenden, sondern auch eine natürliche und notwendige Weiterentwicklung des Schengen-Konzepts darstellen, habe ich für das Dokument gestimmt.
Liam Aylward und Pat the Cope Gallagher (ALDE), schriftlich – (GA) Die Fianna Fáil-Mitglieder des Europäischen Parlaments, Pat the Cope Gallagher und Liam Aylward, sind absolut gegen die in diesem Bericht gemachten Vorschläge bezüglich der Einführung einer gemeinsamen konsolidierten Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage (Englisch: CCCTB).
Das europäische Zentrum für Wirtschaftsstudien hat kürzlich eine Studie durchgeführt, wie zweckmäßig es wäre, die einheitliche konsolidierte Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage in Europa einzuführen und die aus dieser Studie gezogenen Schlüsse machten es deutlich, dass solch ein Steuersystem, vom politischen Standpunkt aus betrachtet, nicht funktionsfähig oder wünschenswert wäre.
Eine einheitliche konsolidierte Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage in Europa würde weder die Wettbewerbsfähigkeit der Europäischen Union noch das Funktionieren des EU-Binnenmarktes verbessern und die GKKB könnte darüber hinaus auch noch kleine offene Wirtschaftsräume wie z. B. Irland beeinträchtigen. Die Frage der Besteuerung liegt im Zuständigkeitsbereich der einzelnen Mitgliedstaaten und die irische Regierung hat das Recht, von ihrem Vetorecht in Bezug auf alle Besteuerungsmaßnahmen, einschließlich der GKKB, Gebrauch zu machen. Dieses Recht ist in den Verträgen, einschließlich des Vertrages von Lissabon, verankert.
Maria Da Graça Carvalho (PPE), schriftlich – (PT) Ein effektiver Wettbewerb bei der Bereitstellung von Gütern und Dienstleistungen senkt die Preise, verbessert die Qualität und gewährt den Verbrauchern eine größere Auswahl. Des Weiteren ermöglicht er das Voranschreiten technologischer Innovationen. Forschung auf dem Energiesektor ist äußerst wichtig, zusammen mit Investitionen in die Infrastruktur, insbesondere bei der Kopplung von Gas- und Elektrizitätsnetzen, um den Wettbewerb zu fördern. Die Versorgungssicherheit und ein wirklicher Wettbewerb auf dem Energiemarkt hängen vom Zusammenschluss und vom problemlosen Betrieb von Energieinfrastrukturen ab. Eine ausgeprägte Wettbewerbsfähigkeit ist auch innerhalb des Telekommunikationssektors wichtig, mit Maßnahmen zur Förderung der Wettbewerbsfähigkeit mittels Vorzugszöllen. Um dies zu erreichen, ist es wichtig, die relevanten Märkte zu analysieren. Ich würde sogar die Bedeutung der Überwachung des Wettbewerbsverhaltens der Kraftstoffmärkte innerhalb der Europäischen Union betonen. Ich möchte unterstreichen, dass Stützmechanismen, wie z. B. staatliche Beihilfen, nicht dazu benutzt werden dürfen, nationale Industrien auf Kosten des Binnenmarktes und der europäischen Verbraucher zu schützen, und dass diese Mechanismen mit dem Ziel genutzt werden sollten, erneut eine nachhaltige Wissenswirtschaft zu schaffen.
Lara Comi (PPE), schriftlich – (IT) Der Bericht über die Wettbewerbspolitik zeigt, wie die Funktionsweise der Märkte zugunsten der europäischen Verbraucher und Unternehmen verbessert werden kann. Besondere Aufmerksamkeit wird Angelegenheiten geschenkt, die Kartelle und Verbraucher betreffen. Die Bekämpfung von Kartellen ist entscheidend, um sicherzustellen, dass die Endverbraucher von einem wettbewerbsfähigen System profitieren. Genaugenommen stellen sie einen der schwerwiegendsten Verstöße gegen das Wettbewerbsrecht dar: Den Betreibern wird es erlaubt, die Preise zu erhöhen, die Produktion einzuschränken und den Markt unter sich aufzuteilen. Die Kommission spielt eine sanktionierende Rolle und verhindert so ein wettbewerbswidriges Verhalten und erlegt Kartellmitgliedern Strafen auf, wodurch alle Unternehmen abgeschreckt werden, sich in wettbewerbswidrigem Verhalten zu ergehen.
Während einer Wirtschaftskrise besteht das Risiko, den Grad des Protektionismus zu erhöhen. Daher ist es nötig, öffentliche Interventionen zu vermeiden, die die Wettbewerbsbedingungen auf dem Binnenmarkt verändern würden, jedoch gleichzeitig anzuerkennen, dass staatliche Beihilfen manchmal unerlässlich sind, um die Krise zu bewältigen. Ich habe dafür gestimmt, da wettbewerbswidrige Bedingungen den Missbrauch von Vormachtstellungen zum Nachteil von KMU fördern und daher ist es entscheidend, dass Europa sein Bestes gibt, um für bessere Garantien und einen besseren Schutz für Güter zu sorgen.
Derk Jan Eppink, im Namen der ECR-Fraktion schriftlich – Die ECR-Fraktion ist ein großer Befürworter einer stabilen und effektiven Wettbewerbspolitik als Mittel sowohl zum Schutz des Verbrauchers als auch zur Förderung eines fairen Zugangs zu Märkten. Wir unterstützen die von der Kommission in den vergangenen Jahren ergriffenen Maßnahmen zur Verfolgung dieser Ziele gerne, insbesondere ihre Maßnahmen gegen unfaire staatliche Beihilfen.
Deshalb sind wir bestürzt darüber, dass der Bericht, dessen Entwurf zu Beginn gut war, durch die irrelevanten und unwillkommenen Hinzufügungen von Paragraphen, die den Ausgang der Verhandlungen bezüglich der finanzwirtschaftlichen Überwachungsarchitektur vorwegnehmen und eine einheitliche konsolidierte Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage fordern, sowie das Recht von Unternehmen angreifen, Vertragsmitarbeiter zu beschäftigten, ineffektiver gemacht wurde.
Mitglieder unserer Fraktion haben in der Vergangenheit für Berichte über die Wettbewerbspolitik der Kommission gestimmt, und wir hoffen, dass derartige Berichte in Zukunft vom Ausschuss für Wirtschaft und Währung verfasst und besser formuliert werden. Unsere Enthaltung spiegelt diese Bedenken wider und wir bekräftigen in dieser Erklärung unserer Stimmabgabe unsere Unterstützung für die fortdauernde gute Arbeit der Kommission auf dem Gebiet des Wettbewerbs.
Diogo Feio (PPE), schriftlich – (PT) Mehr Wettbewerb bedeutet mehr Auswahl für die europäische Öffentlichkeit und eine wettbewerbsfähigere Umgebung für Unternehmen. Daher sollte keine Trennung zwischen den EU-Strategien für den Wettbewerb und den sich auf Verbraucher beziehenden stattfinden. Somit sind Maßnahmen seitens der Kommission zur Gewährleistung einer wettbewerbsfähigen Umgebung im Mittelpunkt des Binnenmarktes unerlässlich, um das Erreichen dieser Ziele sicherzustellen, obwohl dies die dieser Institution übertragene absolute Macht in Frage stellen könnte.
Während der Krise der vergangenen Monate war die Bewilligung der durch sich kürzlich zugetragene Ereignisse gerechtfertigten staatlichen Beihilfen für die Erholung der Wirtschaft elementar. Darüber hinaus ist der Kampf gegen Kartelle und den Missbrauch von Vormachtstellungen durch Unternehmen fundamental, wenn wir gewährleisten wollen, dass auf dem Binnenmarkt ein Klima des fairen Wettbewerbs überlebt, das es den verschiedenen Vertretern der Wirtschaft erlaubt, von Bedingungen zu profitieren, die der Verfolgung ihrer Aktivitäten zuträglich sind.
José Manuel Fernandes (PPE), schriftlich – (PT) Die Wirtschaftskrise, deren Auswirkungen wir nach wie vor spüren, erfordert außergewöhnliche Maßnahmen, wie z. B. staatliche Beihilfen. Es muss jedoch sichergestellt werden, dass der Wettbewerb dadurch nicht übermäßig verzerrt wird oder dass das Haushaltsdefizit und die öffentliche Verschuldung dadurch nicht ansteigen. Angesichts dessen sollte deren Anwendung nüchtern überdacht werden.
Der Grad der öffentlichen Verschuldung, der rapide ansteigt, wird eine Last für zukünftige Generationen und ein Hindernis für wirtschaftliche Erholung und Wachstum sein. Übermäßig hohe Schulden und Haushaltsdefizite gefährden nicht nur die Stabilität des Euro, sondern schränken auch die öffentlichen Ausgaben auf Prioritätssektoren, wie z. B. Bildung, Gesundheit, Innovation und Umwelt, stark ein.
In diesem Zusammenhang ist es nötig, zu einer rigorosen Bewertung des Rettungs- und Konjunkturpakets sowie der Effektivität von staatlichen Beihilfen voranzuschreiten. Protektionismus und eine Fragmentierung des EU-Binnenmarktes müssen vermieden werden, da dadurch Europas Position innerhalb der globalen Wirtschaft geschwächt wird.
Ein ordnungsgemäß funktionierender EU-Binnenmarkt ist der Schlüssel zu einer gesunden Wirtschaft und mit absoluter Sicherheit auch zu einer wirtschaftlichen Erholung. Letztendlich müssen Wirtschaftsstrategien durch umfangreichere Interventionen durch das Parlament im Rahmen des Mitentscheidungsverfahrens eine größere Rechtmäßigkeit erlangen.
Nuno Melo (PPE), schriftlich – (PT) Strategien und effektive Regelungen in Bezug auf den Wettbewerb waren für das gesunde Nebeneinander aller wirtschaftlichen Akteure im Euroraum schon immer entscheidend. Obwohl die EU von der jüngsten globalen Krise sehr stark betroffen wurde, ist die Wahrheit, dass eine starke Währung, ein beständiger Binnenmarkt, gesunde öffentliche Finanzen und ein gutes System sozialen Schutzes in großem Maße dazu beigetragen haben, uns dabei zu unterstützen, mit den Auswirkungen der Krise fertigzuwerden.
Die von verschiedenen Mitgliedstaaten ohne jegliches Interesse für das Wohl der Europäischen Union als Ganzes bereitgestellten staatlichen Beihilfen könnten jedoch zu erheblichen Verzerrungen des Wettbewerbs führen. Daher ist es äußerst wichtig, dass alle von den einzelnen Mitgliedstaaten zur Bewältigung der Krise ergriffenen Maßnahmen bewertet werden, damit die EU in Zukunft in der Lage ist, gemeinschaftlich und harmonisch zu reagieren, um Protektionismus und eine Fragmentierung des EU-Binnenmarktes zu vermeiden. Solche Situationen fügen Europa, das innerhalb der globalen Wirtschaft stark sein möchte, lediglich Schaden zu.
Sławomir Witold Nitras (PPE), schriftlich – (PL) Die Wettbewerbspolitik ist eine der wichtigsten Strategien der Gemeinschaft und war eine der ersten, die beschlossen wurden. Die Rechtmäßigkeit und Notwendigkeit ihrer Einführung bezieht sich direkt auf eines der Hauptziele der Europäischen Gemeinschaften, nämlich die Etablierung eines gemeinsamen Marktes in den Mitgliedstaaten. Wettbewerbspolitik zielt darauf ab, zu garantieren, dass Barrieren für den Binnenhandel, die als Teil des gemeinsamen Marktes aufgehoben wurden, nicht durch andere Maßnahmen von Seiten der Unternehmen oder Regierungen ersetzt werden, da dies zu einer Verzerrung des Wettbewerbs führen würde. Wettbewerbspolitik befasst sich hauptsächlich mit den Interessen von Verbrauchern und versucht diesen einen leichten Zugang zu den auf dem EU-Binnenmarkt angebotenen Gütern und Dienstleistungen zu Preisen zu gewährleisten, die über die ganze Union hinweg so gleich wie möglich sind. Ich möchte Ihre Aufmerksamkeit nur auf die schwere Krise lenken, die Europa getroffen hat und Ihnen sagen, dass ein gut funktionierender Binnenmarkt der Schlüssel zu einer gesunden Wirtschaft und nun mit Sicherheit auch der Schlüssel zum Wiederaufbau ist, der uns in der nahen Zukunft erwartet.
Franz Obermayr (NI), schriftlich – (DE) Dieser Bericht enthält einige sinnvolle Vorschläge, wie z. B. die unterschiedliche Behandlung, innerhalb des Wettbewerbsgesetzes, multinationaler Konzerne auf der einen Seite und von Klein- und Mittelbetrieben auf der anderen. Ich glaube jedoch nicht, dass es richtig ist, Einzelhandelspreise auf dem Telekommunikationssektor zu deregulieren, oder nicht zu regulieren. Im Großen und Ganzen betrachte ich den Tenor des Berichts, der von der absoluten Effizienz des freien Marktes ausgeht, als fehlgeleitet. Aus diesem Grund habe ich gegen diesen Bericht gestimmt.
Robert Rochefort (ALDE), schriftlich – (FR) Ich habe für den Bericht von Frau in ’t Veld gestimmt, der den Bericht des Jahres 2008 der Kommission bezüglich der Wettbewerbspolitik begrüßt. Ich teile diese positive Ansicht: Diese Änderung des Ansatzes der Kommission sollte erwähnt werden.
In diesem Bericht erläutert die Kommission, dass sie die Interessen von Verbrauchern in den Mittelpunkt ihrer Aktivitäten in Bezug auf den Wettbewerb stellt, und dass sie bedenkt, dass das Hauptziel der Wettbewerbspolitik die Optimierung des Wohlbefindens von Verbrauchern ist. Ich begrüße dies. Ist es möglich, dass die Kommission endlich vollständig gemäß Artikel 12 des Vertrages von Lissabon handelt, der festlegt, dass der Verbraucherschutz bei der Definition und Durchführung der anderen Strategien der Union berücksichtigt werden muss?
Ich ermutige die Kommission des Weiteren dazu, sich weiterhin an dem regelmäßigen Dialog zu beteiligen, den sie sich entschieden hat zwischen ihren Diensten, den Verbrauchern und den Verbänden, die diese vertreten, ins Leben zu rufen. In dieser Hinsicht ist es eine gute Sache, dass 2008 eine Dienststelle geschaffen wurde, die sich mit Beziehungen zu Verbrauchern innerhalb der Generaldirektion Wettbewerb befasst. Wir fordern nun einen vollständigen Bericht über die Aktivitäten dieser Dienststelle, damit wir uns ein besseres Bild darüber machen können, wie nützlich diese ist.
Raül Romeva i Rueda (Verts/ALE), schriftlich – Ich habe zusammen mit meiner Fraktion, den Grünen/der Freien Europäischen Allianz, für den in ’t Veld-Bericht über den Jahresbericht über die Wettbewerbspolitik (2008) gestimmt, da er eine Möglichkeit für das Parlament darstellt, seine Prioritäten und die Bewertung der Art und Weise, auf die die Kommission ihre Wettbewerbspolitik betreibt, darzulegen. Ich bin froh, dass der in ’t Veld-Bericht in Übereinstimmung mit der Abstimmung im ECON-Ausschuss (erwartungsgemäß) von einer großen Mehrheit (Grüne dafür, wie im Falle großer Fraktionen) angenommen wurde.
Czesław Adam Siekierski (PPE), schriftlich – (PL) Europa, das von der Krise getroffen wurde, war in der Lage schnell zu reagieren und die Auswirkungen der Krise Dank seiner Gemeinschaftswährung, eines stabilen Binnenmarktes und eines stabilen Systems sozialen Schutzes abzuschwächen. Das bedeutet nicht, dass es nun keine spürbaren Nachwirkungen mehr gibt, jedoch sind Zeichen einer Verbesserung der Situation sichtbar. Leider kämpfen Verbraucher immer noch mit Problemen bezüglich der Nutzung der Vorteile des Wettbewerbs. Ihre Rechte müssen geschützt werden, aber sie müssen mehr und genauer Bescheid wissen. Das ordnungsgemäße Funktionieren und die Wettbewerbsfähigkeit des europäischen Marktes bedeutet, dass der Verbraucher das System des Wettbewerbs nutzen kann, indem er sich für Produkte, Dienstleistungen und niedrigere Preise entscheidet. Unzureichender Wettbewerb lässt sich jedoch gegenwärtig insbesondere auf dem pharmazeutischen und auf dem Telekommunikationssektor beobachten. Fehlender Wettbewerb ist sowohl für Verbraucher als auch für die Wirtschaft direkt nachteilig. Des Weiteren besteht Bedarf für die Überwachung des Wettbewerbsverhaltens auf den EU-Kraftstoffmärkten. Bei Verstößen gegen das Wettbewerbsschutzgesetz sollten angemessene Strafmaßnahmen ergriffen werden und im Falle wiederholter Verstöße gegen das Gesetz sollten abschreckendere Mittel eingesetzt werden. Vor allem aber hat die Krise die Schwächen der europäischen Wirtschaft aufgezeigt und jene Bereiche kenntlich gemacht, die gestärkt werden sollten. Alle Strategien der Wirtschaftspolitik müssen nach wie vor demokratischen Kontrollen unterliegen und mit Bedacht für das Allgemeinwohl und mit Respekt für die Rechte der Bürgerinnen und Bürger Europas umgesetzt werden.
Bericht: Róża Gräfin Von Thun Und Hohenstein (A7-0084/2009)
Zigmantas Balčytis (S&D), schriftlich – Ich habe für diesen Bericht gestimmt. Ein effektiv funktionierender Binnenmarkt ist für die Schaffung eines stabilen und innovativen wirtschaftlichen Umfelds entscheidend. Der Binnenmarkt kann jedoch nur effektiv funktionieren, wenn die Vorschriften der Gemeinschaft richtig angewandt, um- und durchgesetzt werden. Leider ist die Anzahl der Vertragsverletzungsverfahren in den Mitgliedstaaten nach wie vor zu hoch.
Solch eine Situation verzerrt den Binnenmarkt und bietet Kunden keinen ausreichenden Schutz. Das Europäische Parlament hat 2008 an die Kommission appelliert, detailliertere Informationen bezüglich der Richtlinien zur Verfügung zu stellen, die in den Mitgliedstaaten noch nicht implementiert wurden, und ich hoffe sehr, dass die Kommission in der Lage sein wird, diese Informationen in der nahen Zukunft vorzulegen.
Regina Bastos (PPE), schriftlich – (PT) 1997 hat die Kommission die Ergebnisse des ersten Binnenmarkt-Anzeigers veröffentlicht, die sich auf die Implementierung der Vorschriften des Binnenmarktes durch die Mitgliedstaaten konzentrierten, angesichts der Tatsache, dass erhebliche Verzögerungen Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen daran hinderten, den größtmöglichen Nutzen aus dem Binnenmarkt zu ziehen.
Mittels der Bewertung und Veröffentlichung von Entwicklungen hinsichtlich der Umsetzung hat das Bewertungsgremium zu einer Verringerung des Grades der Nichtumsetzung von Richtlinien durch die Mitgliedstaaten beigetragen. Ich habe für den gegenwärtigen Bericht gestimmt, da ich es als zwingend erforderlich betrachte, dass die Mitgliedstaaten Binnenmarktgesetze rechtzeitig in ihre jeweiligen nationalen Rechtsvorschriften einbinden, da der Binnenmarkt nur dann ordnungsgemäß funktionieren kann, wenn die EU-Verordnungen bezüglich seines Funktionierens ordnungsgemäß umgesetzt und angewandt und Überprüfungen hinsichtlich deren Einhaltung durchgeführt werden.
Carlos Coelho (PPE), schriftlich – (PT) Ungeachtet der Tatsache, dass die Mitgliedstaaten im Hinblick auf die für die Einbindung von Binnenmarktverordnungen in ihre jeweiligen nationalen Rechtsvorschriften benötigte Zeit die höchstmöglichen Standards erzielt haben, bin ich trotzdem der Meinung, dass die vom jüngsten Binnenmarktanzeiger zur Verfügung gestellten Daten nicht zufriedenstellend sind. Die Schaffung eines stabilen und innovativen Binnenmarktes, der auf die Bedürfnisse von Verbrauchern zugeschnitten ist, und auf dem Unternehmen die Schaffung neuer Arbeitsplätze maximieren können, kann nicht mit systematischen Verzögerungen bei der Umsetzung von Rechtsvorschriften der Gemeinschaft und der Nichtanwendung von Richtlinien einhergehen.
Einzelpersonen und Unternehmen leiden aufgrund der ihnen durch eine geringe Auswahl, weniger Wettbewerb und weniger offene Märkte entstehenden Kosten am meisten unter der Verzögerung bei der Umsetzung von Strategien, die mit dem Binnenmarkt zusammenhängen. Unter diesem Aspekt bin ich der Meinung, dass es wichtig ist, dass das Parlament bezüglich der Anwendung der Verordnungen des Binnenmarktes Druck ausübt. Die Mitgliedstaaten haben die Umsetzungszeiträume für diese Richtlinien festgelegt. Es muss zumindest von ihnen gefordert werden, dass sie die Ziele, die sich sich selbst gesetzt haben, respektieren. Dies ist ein elementares Ziel für einen Binnenmarkt in Zeiten einer Wirtschaftskrise.
Lara Comi (PPE), schriftlich – (IT) Nachdem das Richtlinienumsetzungsdefizit, das gegenwärtig 1 % beträgt, verbessert wurde, ist es nach wie vor entscheidend, sich auf die tatsächliche Umsetzung von Binnenmarktgesetzen in nationalen Rechtssystemen zu konzentrieren. Die Kommission, das Parlament und die Mitgliedstaaten müssen diesbezüglich größere Anstrengungen unternehmen und zusammenarbeiten.
Die Kommission sollte für ihren Teil mehr tun, um die Mitgliedstaaten während des gesamten Umsetzungszeitraums zu unterstützen. Dies sollte mittels Dialog und dem Austausch von Informationen geschehen, um Probleme vor dem Auslaufen der Umsetzungsfrist zu lösen. Sie sollte des Weiteren ein jährliches Binnenmarktforum organisieren und neue Wege zur Beseitigung der Hindernisse erschließen, die bei der Vervollständigung des Binnenmarktes verbleiben, einschließlich der Vereinfachung der Gesetzgebung.
Wir Mitglieder des Europäischen Parlaments müssen als Vertreter der Bürgerinnen und Bürger jede sich bietende Möglichkeit nutzen, diese über die europäische Gesetzgebung zu informieren, indem wir Studien, Workshops, Tagungen und Anhörungen fördern. Nationale Parlamente müssen wiederum eng in die europäischen Gesetzgebungsverfahren eingebunden werden, um rechtzeitig über vorgeschlagene Maßnahmen Bescheid zu wissen und um die Zusammenarbeit zwischen nationalen, regionalen und lokalen Behörden zu verbessern. Im Hinblick darauf verleiht der Vertrag von Lissabon gewählten Versammlungen eine prägnantere Rolle, die sie bestmöglich nutzen müssen. Aus all den obenstehenden Gründen, die in dem Bericht klar erläutert werden, habe ich dafür gestimmt.
Diogo Feio (PPE), schriftlich – (PT) In Folge der jüngsten Veröffentlichung (März 2010) von Ergebnissen des Binnenmarktanzeigers hat sich gezeigt, dass der Prozentsatz der Richtlinien auf dem Binnenmarkt, die nicht in die nationalen Rechtsvorschriften eingebunden wurden, 0,7 % beträgt, weniger als im Juli 2009, als dieser Prozentsatz, wie von der Berichterstatterin angemerkt, 1,0 % betrug.
Die rechtzeitige und angemessene Umsetzung von Rechtsvorschriften der Gemeinschaft ist für eine umfassendere Integration des Binnenmarktes im Hinblick auf dessen direkte Auswirkungen auf die Rechtssicherheit und das Vertrauen der europäischen Öffentlichkeit unerlässlich. Aus diesem Grund müssen die Mitgliedstaaten sich bei der Anwendung dieser Rechtsvorschriften eine verantwortungsvolle Einstellung aneignen, damit zukünftig keine Mängel im Hinblick auf die Umsetzung auftreten, sondern vielmehr eine größere Rechtssicherheit besteht und die Möglichkeit für die Öffentlichkeit, von fairen Bedingungen innerhalb des Binnenmarktes zu profitieren.
José Manuel Fernandes (PPE), schriftlich – (PT) Der Binnenmarkt kann nicht richtig funktionieren, wenn die Gemeinschaftsregelungen bezüglich seines Funktionierens nicht ordnungsgemäß umgesetzt und implementiert werden und ihre Einhaltung nicht überprüft wird. Es ist daher zwingend erforderlich, dass die Mitgliedstaaten die Gesetze des Binnenmarktes rechtzeitig in ihre nationale Gesetzgebung umsetzen.
Es existieren 22 Richtlinien, deren Umsetzungsfrist vor mehr als zwei Jahren abgelaufen ist. Darüber hinaus wurden 6 % der Richtlinien nicht von allen Mitgliedstaaten umgesetzt, das bedeutet, dass 100 Richtlinien bezüglich des Binnenmarktes nicht so effektiv waren, wie sie innerhalb der EU hätten sein können.
Die Mitgliedstaaten und die Kommission müssen auf diese Situation entschieden reagieren. Ich teile die Ansicht, dass die Kommission auf ihrer Website die Richtlinien veröffentlichen sollte, die nicht in allen Mitgliedstaaten umgesetzt wurden, damit diese Situation öffentlich bekannt wird. Es scheint, dass die Anzahl der Fälle von Verletzungen nach wie vor zu hoch ist. Einige Mitgliedstaaten haben eine Anzahl von Fällen weit über dem EU-Durchschnitt von 47 zu verzeichnen.
Die Mitgliedstaaten werden des Weiteren dazu aufgefordert, das Funktionieren der von der Kommission geschaffenen grenzüberschreitenden Netzwerke elektronischer Informationssysteme sicherzustellen.
Ilda Figueiredo (GUE/NGL), schriftlich – (PT) Entgegen den Behauptungen des Berichts steht heute fest, dass der Prozess der Liberalisierung der Märkte und der Privatisierung der öffentlichen Dienste, der nach wie vor andauert, keine beträchtlichen Vorteile im Hinblick auf Preise, die Qualität von Dienstleistungen oder eine Verringerung der öffentlichen Ausgaben gebracht hat. Im Gegenteil, Verbraucherschutzorganisationen und Nutzer öffentlicher Dienste berichten von Preisanstiegen, einer Verringerung der Qualität von Dienstleistungen und einem Anstieg der Kosten bei der Erbringung von Dienstleistungen. Die Liberalisierung hat in Wirklichkeit zum Verlust von Arbeitsplätzen und zur Schaffung privater Monopole beigetragen, wodurch die Rechte von Arbeitnehmern, Nutzern öffentlicher Dienste und Verbrauchern gefährdet werden, wie dies ganz eindeutig in den Bereichen Telekommunikation, Transport, Elektrizität und bei Postfilialen geschehen ist. Diese Situation hat ihren Teil zur Verschlimmerung der wirtschaftlichen und sozialen Krise beigetragen.
Aus diesen Gründen bedeutet eine Forderung nach dem Fortbestand einer solchen Politik, sich für eine fortdauernde Verschlimmerung der sozioökonomischen Situation von Millionen von Menschen auszusprechen. Es bedeutet, sich sowohl für die Verschleuderung öffentlicher Dienste auszusprechen, die eine öffentliche Ressource darstellen, als auch diese Privatunternehmen zu übereignen. Es bedeutet, sich für Unsicherheit, Arbeitslosigkeit und Armut auszusprechen. Es bedeutet, sich für eine Vergrößerung der Lücke zwischen den Reichsten und den Ärmsten auszusprechen. Es bedeutet, sich für eine ungerechtere Gesellschaft auszusprechen. Deshalb haben wir dagegen gestimmt.
Bruno Gollnisch (NI), schriftlich – (FR) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir haben gegen den Bericht von Frau Thun Und Hohenstein gestimmt. Dieses Parlament ist auf die Anzahl umgesetzter Richtlinien, den berühmten Binnenmarktanzeiger, fixiert. Niemand stellt jemals die eigentliche Qualität dieser Rechtsvorschriften in Frage oder gar die tatsächliche Notwendigkeit oder die Relevanz der 90 000 Seiten Text, die das repräsentiert, was Sie den ‘gemeinschaftlichen Besitzstand’ nennen, oder der ca. 1700 Richtlinien bezüglich des Binnenmarktes. Nebenbei gesagt genau so wenig, wie man sich darum bemüht, herauszufinden, ob die bei der Annahme dieser Texte publizierten Ziele erreicht wurden, ob die Analyse der Auswirkungen sich als genau herausgestellt hat und ob die Subsidiaritätsprinzipien und die Proportionalität berücksichtigt wurden.
Alle Defizite werden der Verantwortlichkeit der Mitgliedstaaten zugeschrieben, die bei der Anpassung dieser Dokumente an die nationalen Gegebenheiten sowieso immer weniger Handlungsspielraum haben, angesichts der Tatsache, dass jedes kleinste Detail festgelegt ist, während die Verträge auf die Verpflichtung zum Erzielen von Ergebnissen jedoch nicht auf Ressourcen hinweisen. Ein wenig Selbstanalyse und Selbstkritik würde den europäischen Institutionen nicht schaden.
Małgorzata Handzlik (PPE), schriftlich – (PL) Der Binnenmarktanzeiger ist ein sehr wichtiges Hilfsmittel, das Informationen über den Stand der Umsetzung europäischer Rechtsvorschriften durch die Mitgliedstaaten liefert. Trotz ihrer Verpflichtungen verzögern die Mitgliedstaaten die Umsetzung und führen diese darüber hinaus falsch durch. Der Anzeiger zeigt, dass die Mitgliedstaaten bei der Umsetzung von Rechtsvorschriften immer besser werden, obwohl eine beträchtliche Anzahl von ihnen die gesetzten Ziele nach wie vor nicht erreicht. Wir müssen die Mitgliedstaaten ganz klar dazu verpflichten, diese Indikatoren zu verbessern. Kürzlich wurde im Europäischen Parlament viel über die Notwendigkeit der Stärkung des Binnenmarktes gesprochen. Der Binnenmarkt wird jedoch nicht ordnungsgemäß funktionieren, wenn die Rechtsvorschriften, die das Fundament eines ordnungsgemäß funktionierenden Binnenmarktes bilden, nicht richtig und rechtzeitig umgesetzt werden.
Der Binnenmarkt muss außerdem die Unterstützung unserer Bürgerinnen und Bürger erhalten. Deshalb stimme ich dem Vorschlag der Berichterstatterin zu, ein jährliches Binnenmarktforum abzuhalten, und auch dem Vorschlag eines „Binnenmarkt-Tests“, bei dem es sich um einen Vorschlag zur Überprüfung der Rechtsvorschriften vom Gesichtspunkt der vier Freiheiten des Binnenmarktes aus handelt: Freizügigkeit von Kapital, Gütern, Dienstleistungen und Personen.
Ian Hudghton (Verts/ALE), schriftlich – Der Binnenmarktanzeiger liefert einen nützlichen Überblick über die Anwendung der Gemeinschaftsregelungen in Bereichen, die für europäische Verbraucher und Unternehmen von entscheidender Bedeutung sind. Leider gilt Schottland auf dem Anzeiger bisher noch nicht als unabhängiges Land. Ich betrachte es als äußerst wichtig, dass das schottische Parlament in jenen Bereichen, die gegenwärtig London vorbehalten sind, uneingeschränkte Befugnisse erhält. Wenn dies geschieht, bin ich zuversichtlich, dass Schottland unter den Mitgliedstaaten sein wird, die Maßnahmen zum Nutzen von Verbrauchern und Unternehmen umsetzen.
Alan Kelly (S&D), schriftlich – Ich unterstütze das Konzept des Binnenmarktanzeigers als Mittel zur Messung des Erfolgs des Binnenmarktes voll und ganz. Dies ist ein entscheidendes Hilfsmittel, um zu übermitteln, wie die Mitgliedstaaten mit dem europäischen Gesetz umgehen. Es zeigt des Weiteren auf, dass die Bürde der Überregulierung, die das Image der EU oftmals trübt, sehr oft nicht der Fehler einer EU-Institution sondern des Mitgliedstaates selbst ist. Hier muss eine Lektion gelernt werden, und in Zunkunft ist größere Transparenz nötig.
Eija-Riitta Korhola (PPE), schriftlich – (FI) Herr Präsident! Ein effektiv funktionierender Binnenmarkt ist auf zufriedene Verbraucher angewiesen, die Vertrauen in ihn haben. Europäische Verbraucher sind nun, da wir uns aus der Rezession heraus und in Richtung Wachstum bewegen, von entscheidender Bedeutung. Die von uns angenommenen Berichte befassen sich mit wichtigen Angelegenheiten bezüglich der Art und Weise, wie der Verbraucherschutz und das Funktionieren des Binnenmarktes verbessert werden kann. Ich habe diese während der Beratungen des Ausschusses und in der heutigen Abstimmung unterstützt. Ich werde drei davon erwähnen. Erstens, der Binnenmarktanzeiger ist ein willkommenes Hilfsmittel. Seine fünf wichtigste Indikatoren sind bei der Bewertung der Art und Weise, wie der Binnenmarkt im Allgemeinen und vom Gesichtspunkt der Verbraucher aus funktioniert, sicherlich entscheidend. Ich denke, wir sollten die Idee unterstützen, dass der Anzeiger in Zukunft Informationen bezüglich der Umsetzung der Rechtsvorschriften des Binnenmarktes in Mitgliedstaaten umfassen sollte, in denen nach wie vor Mängel zu verzeichnen sind. Wir müssen uns von der „Rosinenpickerei“-Mentalität verabschieden. Zweitens, die sehr negative Einstellung der Fraktion der Progressiven Allianz der Sozialisten & Demokraten im Europäischen Parlament bezüglich des vorgeschlagenen Binnenmarkttests überrascht mich. Dies ist wahrscheinlich auf eine irrtümliche Schlussfolgerung zurückzuführen, da der Test auch dazu dienen könnte, speziell soziale und umwelttechnische Ziele zu fördern. Dies ist mit Sicherheit das, worum der gesamte Integrationsprozess sich dreht: Die Wirtschaft und ein existenzfähiger Binnenmarkt sind dazu da, allgemeineren Zielen zu dienen. Die Geschichte hat die Weisheit des Schuman-Erklärung erwiesen. Drittens, Ich möchte meine Unterstützung für die Entwicklung von Rechtsbehelfen zur Gewährleistung des rechtlichen Schutzes von Verbrauchern zum Ausdruck bringen. In Finnland funktioniert unser System für die außergerichtliche Beilegung von Verbraucherstreitigkeiten und die Verbraucherbeauftragteninstitution sehr gut. Die Kommission muss einen intensiven Dialog mit den Behörden der Mitgliedstaaten führen, um die Weiterverbreitung bewährter Verfahren zu gewährleisten. Wir müssen dennoch daran denken, dass, wenn der Verbraucherschutz und der Binnenmarkt gestärkt werden sollen, informierte und aktive Verbraucher wichtiger sind als eine offizielle Überwachung und rechtlicher Schutz.
Nuno Melo (PPE), schriftlich – (PT) Ein gesunder Binnenmarkt ist unerlässlich für einen guten Wettbewerb und die wirtschaftliche Entwicklung, die dieser mit sich bringt. Wenn dies jedoch Realität werden soll, müssen die Richtlinien der Gemeinschaft ohne Ausnahmen von allen Mitgliedstaaten auf die gleiche Art und Weise angenommen werden.
Der Binnenmarktanzeiger und das Verbrauchergremium spielen eine entscheidende Rolle bei der Verbesserung der Funktionsweise des Binnenmarktes. Obwohl wir auf dem richtigen Weg sind, haben wir noch einen langen Weg vor uns, um alle der umrissenen Ziele für einen effizienteren Binnenmarkt zu erreichen. Daher müssen sich alle anstrengen, einschließlich der nationalen Parlamente, die eine sehr wichtige und entscheidende Rolle spielen.
Raül Romeva i Rueda (Verts/ALE), schriftlich – Ich habe mich letztendlich dafür entschieden, gegen den Bericht zu stimmen, da es uns nicht gelungen ist, Artikel 10 aus dem Text zu streichen. Die Beibehaltung dieses Artikels ist entscheidend, da er die Etablierung systematischer „Binnenmarkttests“ fordert, um vorab zu überprüfen, ob EU-Gesetzesvorlagen alle Binnenmarktvorschriften erfüllen.
Der Präsident. – Der nächste Punkt ist die Fragestunde mit dem Präsidenten der Kommission.
Joseph Daul, im Namen der PPE-Fraktion. – (FR) Herr Präsident, Präsident Barroso, wenn meine Fraktion und die meisten der hier Anwesenden über Jahre unermüdlich im Interesse des Vertrages von Lissabon gearbeitet haben, und wenn er in Kraft getreten ist – und nun seit über drei Monaten in Kraft ist – so geschah all dies, damit Europa eine Politik betreiben konnte, die diesen Namen auf der internationalen Bühne auch verdient.
Sind wir in dieser Hinsicht auf dem richtigen Weg? Ich frage Sie, Herr Präsident: Wie können wir sicherstellen, dass die Stimmen von 500 Millionen Europäern klar und deutlich gehört werden? Sie fordern das schon seit Jahren, und es ist höchste Zeit, dass Europa seinen Idealen und Werten auf höchster Ebene Geltung verschafft.
Schließlich soll der im Vertrag von Lissabon vorgesehene Europäische Auswärtige Dienst in den kommenden Wochen und Monaten entstehen, und dieses Parlament will an seiner Einrichtung aktiv mitwirken.
Als Haushaltsbehörde mit denselben Rechten wie der Rat wird das Europäische Parlament auf jeden Fall sowohl im Hinblick auf die Änderung des Statuts der betreffenden Beamten wie auf die Haushaltsordnung gemeinsame Entscheidungsbefugnis haben.
Herr Präsident, meine Fraktion legt besonderen Wert auf die Forderung, dass dieser Europäische Auswärtige Dienst über umfassende politische und haushaltspolitische Verantwortung verfügen muss. Ich würde gern Ihre Ansicht dazu hören.
José Manuel Barroso, Präsident der Kommission. – (FR) Herr Daul, wie Sie wissen, ist die Schaffung des Europäischen Auswärtigen Dienstes eine sehr wichtige Neuerung im Vertrag von Lissabon. Dieser Dienst wird eine wesentliche Rolle spielen, wenn es darum geht, die Hohe Vertreterin bei ihrer Aufgabe zu unterstützen, die Kohärenz unserer Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) sicherzustellen. Die Union soll dadurch gestärkt werden, dass die Mitgliedstaaten stärker mitwirken und ihre derzeit gesonderten Bemühungen im Zusammenhang mit der GASP zunehmend bündeln können. Es handelt sich also nicht darum, die europäischen Befugnisse in einen zwischenstaatlichen Rahmen zu stellen, im Gegenteil
Wie Sie wissen, muss die Kommission dem Beschluss des Rates über die Einrichtung des Dienstes zustimmen. Wir führen am Dienstag zu diesem Thema eine Sondersitzung des Kollegiums durch. Ich persönlich befürworte einen starken Dienst, einen echten Europäischen Dienst, der ein Instrument der strategischen Koordinierung und eine wertvolle Schnittstelle zwischen den Mitgliedstaaten und den Europäischen Organen im Bereich der Außenpolitik darstellt.
Zur Wahrnehmung seiner Aufgaben wird der Dienst seinen rechtmäßigen Platz in der Architektur der Europäischen Union finden müssen, unter Federführung der Hohen Vertreterin, die als Vizepräsidentin der Kommission diesem Parlament gegenüber voll und ganz rechenschaftspflichtig und für die Koordinierung der anderen Aspekte des außenpolitischen Handelns der Union innerhalb der Kommission zuständig ist.
Martin Schulz, im Namen der S&D-Fraktion. – Herr Präsident! Herr Barroso, die Krise des Euro wurde durch nicht korrekte Zahlen ausgelöst, die aus Griechenland geliefert wurden. Ich möchte von Ihnen wissen: Können Sie bestätigen, dass Sie oder die Dienststellen der Kommission zu keinem Zeitpunkt bereits über die tatsächlichen Zahlen informiert waren, bevor die griechische Regierung die neuesten Zahlen über ihr Haushaltsdefizit vorgelegt hat?
Zweitens: Können Sie bestätigen, dass der Generaldirektor von Eurostat, Herr Rademacher, bereits in den Jahren 2004 und 2005 erhebliche Zweifel an den Daten aus Athen angemeldet hat? Was haben Sie unternommen, um Eurostat bei der Erhebung von Daten zu unterstützen?
Drittens: Stimmt es, dass die Inspektoren von Eurostat Sie informiert haben, dass sie erhebliche Zweifel an den aus Athen gelieferten Daten haben?
José Manuel Barroso, Präsident der Kommission. – Herr Schulz, es ist gerade, weil wir Zweifel hinsichtlich der griechischen Zahlen hatten – Kommissar Almunia hat dieses Dossier in den letzten fünf Jahren mit viel Sachverstand, großer Unparteilichkeit und großer Objektivität behandelt –, dass wir den Punkt der griechischen Regierung gegenüber nicht nur mehrfach angesprochen haben, sondern im Rat schließlich eine Verordnung vorgelegt haben, mit dem Vorschlag, dass Eurostat Prüfungsbefugnisse erhält. Dieser Vorschlag wurde leider von den Mitgliedstaaten abgelehnt. Sie wollten Eurostat und die Europäische Kommission nicht mit mehr Befugnissen zur Prüfung der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung Griechenlands ausstatten.
Ich bin sehr froh, Ihnen mitteilen zu können, dass die erste Entscheidung der neuen Kommission darin bestand, diese Verordnung erneut vorzulegen, und dass nach meinen Informationen wenigstens einige der Länder, die gegen diese Verordnung gestimmt haben, mir bereits mitteilten, dass sie diesmal für mehr Transparenz stimmen werden.
Martin Schulz, im Namen der S&D-Fraktion. – Ich habe das verstanden. Herr Almunia war zuständig. Ich hatte zwar nach Ihren Interventionen gefragt, aber Sie können ja jetzt gleich noch mal sagen, was Sie selbst getan haben.
Habe ich Sie richtig verstanden, Herr Barroso, dass die Schuld an der griechischen Krise bei den Mitgliedstaaten liegt, weil die sich geweigert haben, Ihren Vorschlägen zu folgen? Würden Sie uns bitte sagen, welche Regierungschefs welcher Mitgliedstaaten das waren?
José Manuel Barroso, Präsident der Kommission. – Wenn Sie mich nach der Schuld fragen – ich verwende dieses Wort nicht –, liegt sie zunächst einmal bei den griechischen Behörden, die den Stabilitäts- und Wachstumspakt nicht eingehalten haben. Aus diesem Grund haben wir ein großes Problem.
Was die Kommission betrifft, hat Kommissar Almunia, mit meiner vollen Unterstützung und mit der Unterstützung des Kollegiums, seine Aufgabe überaus kompetent wahrgenommen. Die Frage der griechischen Haushaltszahlen wurde mehrfach in Sitzungen der Mitglieder der Eurozone angesprochen.
Was die Liste der Mitgliedstaaten anbelangt, die in dieser Angelegenheit dagegen gestimmt haben, kann ich Ihnen so aus dem Stegreif nicht genau sagen, welche, doch ich weiß beispielsweise, dass Deutschland dagegen gestimmt hat, und es wurde mir auch aus Deutschland mitgeteilt, dass sie diesmal dafür stimmen werden.
Guy Verhofstadt, im Namen der ALDE-Fraktion. – (FR) Herr Präsident, es besteht heute weitgehendes Einvernehmen darüber, dass es innerhalb der Europäischen Union starker ordnungspolitischer Vorgaben bedarf. Das ist, verglichen mit den letzten Jahren, an sich schon ein ungeheurer Wandel.
Letzten Sonntag erklärte Herr Schäuble, dass er in diesem Zusammenhang einen Europäischen Währungsfonds und ebenfalls andere Vorschläge und Optionen befürwortet, wie die Schaffung einer Europäischen Schuldenagentur, Eurobonds und bis hin zu einer Europäischen Rating-Agentur.
Herr Barroso, nach Aussage eines Sprechers der Kommission schreiten die Dinge schnell voran. Ich habe drei ganz konkrete Fragen. Erstens: Stimmt es, dass die Kommission derzeit an einem Vorschlag für die Schaffung dieses Europäischen Währungsfonds arbeitet? Zweitens: Stimmt es, dass das, wie Frau Merkel erklärte – und ich habe da so meine Zweifel –, eine Änderung des Vertrages zur Folge hat? Drittens: Stimmen Sie zu, dass dieser Fonds nur ein erster Schritt sein kann hin zu einem echten Schatzministerium, das wir bei der Wirtschafts- und Währungsunion brauchen?
José Manuel Barroso, Präsident der Kommission. – Zunächst zum Vorschlag eines EWF: Diesen Gedanken hat der deutsche Finanzminister formuliert, ohne Einzelheiten über eine derartige Einrichtung zu geben. Es scheint allerdings ein interessanter Beitrag zu der laufenden Debatte über die Eurozone zu sein. Der EWF ist jedoch ein längerfristiger Vorschlag, der möglicherweise eine Änderung des Vertrages erforderlich macht.
Wir arbeiten gerade an der Vorbereitung einiger Initiativen zur Stärkung der wirtschaftspolitischen Koordinierung und Überwachung der einzelnen Länder. In dieser Phase können wir aber nicht mehr zu dem genauen formalen Aufbau sagen.
Natürlich werden wir, wie Sie sagten, im Großen und Ganzen alle Schritte in Richtung auf verbesserte ordnungspolitische Vorgaben unterstützen, doch müssen wir die genauen Einzelheiten zunächst sehen und den Vorschlag zum richtigen Zeitpunkt vorlegen.
Davon abgesehen, könnte die Frage des EWF nicht das dringende Problem Griechenlands lösen. Das ist ein anderes Thema, das einer genaueren Analyse bedarf, und das ist eine längerfristige Angelegenheit.
Guy Verhofstadt, im Namen der ALDE-Fraktion. – (FR) Ich möchte dem Präsidenten der Kommission zunächst für seine Antwort danken. Ich stimme seiner Aussage zu, dass der Fonds als solcher nicht alle Probleme umgehend lösen kann. Deshalb bitte ich darum, die verschiedenen Alternativen bei den Beratungen der Kommission auf den Tisch zu legen.
Da ist zum einen der Europäische Währungsfonds, wobei es sich um ein längerfristiges Vorhaben handelt; da sind die Eurobonds, eine weitere Idee, die selbstverständlich bei dem griechischen Problem helfen kann; da ist die Rating-Agentur vom Vorsitzenden der Eurogruppe, die ganz entscheidend ist, wenn wir nicht für immer von ausländischen Rating-Agenturen abhängig sein wollen, und dann gibt es die Idee einer Europäischen Schuldenagentur.
Meine Bitte ist es daher, dass wir alle diese Ideen bündeln, um zu einer kohärenten Idee zu gelangen, die vielmehr von der Kommission als von dem einen oder anderen Mitgliedstaat ausgeht.
José Manuel Barroso, Präsident der Kommission. – (FR) Das ist der Grund, warum wir nichts überstürzen wollen, um genau das zu vermeiden, was in diesem Augenblick geschieht – wo jeder eine andere Idee vorschlägt, wo es manchmal zwei unterschiedliche Ideen in derselben Regierung gibt. Wir wollen uns vorbereiten und, wie Kommissar Rehn bereits öffentlich erklärt hat, wird von uns derzeit eine Mitteilung ausgearbeitet über eine verstärkte wirtschaftspolitische Koordinierung und Überwachung der einzelnen Länder auf der Ebene der Eurozone und möglicherweise auch ganz allgemein auf der Ebene der Europäischen Union.
Damit sind wir gerade befasst, und wir können nicht jeden Tag einen neuen Vorschlag vorlegen. Wir arbeiten unvoreingenommen und verantwortungsvoll an dieser Angelegenheit, und auf diese Weise können die besten Ergebnisse erzielt werden.
Rebecca Harms, im Namen der Verts/ALE-Fraktion. – Angesichts der Situation, dass es in der Europäischen Union zur Zeit keinen wirklichen Markt, keinen Bedarf für den Anbau genetisch veränderter Stärkekartoffeln gibt – es gibt dazu Alternativen –, frage ich Sie, warum Sie mit so großem Druck dafür gesorgt haben, dass die Genkartoffel Amflora in einem sehr kurzen, raschen Verfahren zugelassen wurde. Da es keinen Bedarf gibt, hätte ich gerne eine Erklärung, weshalb Sie den neuen Gesundheitskommissar dazu gebracht haben, die Bedenken der WHO hinsichtlich der Fütterungstests einfach zu ignorieren, warum Sie nicht abgewartet haben, bis die EFSA die neuen Richtlinien vorlegt, die dort gerade für die Risikoabschätzung von Risiken, die insgesamt von GMO für die Biodiversität und die Biosphäre ausgehen, erarbeitet werden, und warum Sie außerdem en passant auch noch die Verschmutzungsgrenze für Futtermittel- und für Nahrungsmittel-Kartoffeln auf 0,9 % erhöht haben. Ich halte das für eine Risikostrategie, die bei unseren Bürgern überhaupt nicht auf Akzeptanz stößt.
Präsident. – Auch ich möchte unseren Kolleginnen und Kollegen danken. Wir haben Ihren Protest zur Kenntnis genommen. Vielen Dank.
José Manuel Barroso, Präsident der Kommission. – Die Kommission hat einstimmig beschlossen, die Zulassung dieses GVO in Einklang mit den europäischen Rechtsvorschriften voranzubringen. Wir haben institutionelle Rahmenbedingungen, die wir einhalten müssen, und wir mussten Stellung beziehen: „Ja“ oder „Nein“.
Seit der Einreichung des Antrags ist eine geraume Zeit verstrichen, und zwar weil diese Zulassung einer genauen Prüfung durch die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA), unserer unabhängige Agentur für Lebensmittelsicherheit, unterzogen wurde. Wir wollten, dass alle Bedenken hinsichtlich des Vorhandenseins eines Antibiotikaresistenz-Markergens abgeklärt werden.
Nach umfassender und vollständiger Prüfung der anhängigen Dossiers wurde deutlich, dass es keine neuen wissenschaftlichen Fragen gab, die eine weitere Prüfung erforderlich machten, auf der Grundlage der Stellungnahme unserer zuständigen Agentur – die von der Kommission unabhängig ist.
Daher wurde unseres Erachtens auf alle wissenschaftlichen Fragen vollständig eingegangen.
Ich hatte eigentlich ein Wort der Anerkennung von Ihnen erwartet …
(Proteste)
... ich habe nämlich angekündigt, dass die Kommission beabsichtigt, den Vorschlag zu unterbreiten, den Mitgliedstaaten die Wahl zu lassen, GVO anzubauen oder nicht.
Meiner Ansicht nach ist das ein vernünftiger Standpunkt, wenn man bedenkt, dass zwischen unseren Mitgliedstaaten tief greifende Differenzen bestehen – einige sind sehr dafür, einige sehr dagegen.
Rebecca Harms, im Namen der Verts/ALE-Fraktion. – Erstens, Herr Kommissionspräsident, habe ich jetzt keine Antwort bekommen auf die Frage nach dem Bedarf für diese Genkartoffel, die eben nur Industriestärke liefern soll. Es gibt dazu Alternativen. Also warum dann das Risiko?
Zweitens, die Verschmutzungsgrenze. Warum plötzlich 0,9 %? Bisher haben wir da die Nachweisgrenze diskutiert, und das finde ich gerade bei Futtermitteln und bei Nahrungsmitteln oder bei einer antibiotikaresistenten Kartoffel hochriskant. Dazu haben Sie nichts gesagt.
Ich würde auch noch gerne wissen, ob Sie in absehbarer Zeit, ohne dass die Richtlinie und die Empfehlungen der EFSA vorliegen, weitere Zulassungen, z. B. für Importreis oder Mais, planen?
(Beifall)
José Manuel Barroso, Präsident der Kommission. – Nach der Begeisterung Ihrer Fraktion zu schließen – und ich möchte Ihnen zu dieser Bekundung gratulieren –, haben Sie einen festen Standpunkt gegen GVO. Das ist klar. Das ist Ihr Recht. Ich spreche mich weder dafür noch dagegen aus. Mein Standpunkt hängt ab von der mir übermittelten Stellungnahme der Sachverständigen der EFSA. Ich bin weder für noch gegen GVO voreingenommen.
Die Kommission vertritt einen Standpunkt, dem in diesen Angelegenheiten zu folgen ist. Ich kann nicht erkennen, dass die Kommission ideologische Diskussionen über jeden GVO führt und in jedem einzelnen Fall befindet, was zu tun ist. Die Kommission bezieht ihren Standpunkt auf der Grundlage der uns übermittelten unabhängigen Prüfung, nicht weil ein GVO notwendig ist, sondern im Falle, dass keine Anzeichen dafür bestehen, dass es eine Gefahr für die öffentliche Gesundheit oder die Umwelt darstellt, sehen wir uns verpflichtet, es anzunehmen, auch gemäß den Verpflichtungen, die wir im Rahmen der WTO haben, sofern uns – wissenschaftlich gesehen – nichts daran hindert.
(Proteste)
Doch davon abgesehen respektieren wir sehr das Subsidiaritätsprinzip in der Europäischen Union.
(Der Präsident unterbricht den Redner)
Ivo Strejček, im Namen der ECR-Fraktion. – (CS) Herr Präsident, ich darf Ihnen versichern, dass ich ein einfacheres Thema aufgreifen werde als genetisch veränderte Organismen. Ich halte es für richtig und angemessen, wenn im Europäischen Parlament die gegenwärtige Wirtschaftskrise zur Debatte steht, und ich bin mir ziemlich sicher, dass die Bürgerinnen und Bürger der Europäischen Union und der Mitgliedstaaten weitaus mehr an Beschäftigung und Arbeit interessiert sind als an genetisch veränderten Kartoffeln.
Einerseits setzen sich Redner hier in diesem Plenarsaal für eine große, zentrale, starke Regierung ein, und andererseits – und ich spreche hier als europäischer Konservativer – glauben wir, dass starke Regierungen keine Arbeitsplätze schaffen. Arbeitsplätze werden von den Unternehmen geschaffen.
Ich möchte drei konkrete Fragen stellen. Erstens: Wie viel Unabhängigkeit lässt die Europäische Kommission den einzelnen Mitgliedstaaten zur Lösung wirtschaftlicher Probleme? Zweitens: Können Sie zusichern, dass die europäischen Rechtsvorschriften, die das wirtschaftliche Wachstum erheblich verlangsamen, deutlich reduziert werden? Drittens: Stimmen Sie mit uns überein, dass die Lösung der wirtschaftlichen Probleme der Europäischen Union am besten durch weniger Regelungen, weniger zentrale Steuerung und weniger Harmonisierung gewährleistet werden kann?
José Manuel Barroso, Präsident der Kommission. – Zunächst einmal respektieren wir voll und ganz die Vielfalt unserer Mitgliedstaaten. Deshalb machen wir diesen Punkt in der EU 2020-Strategie sehr deutlich und gehen sehr genau an dieses Thema der Vielfalt heran, mit Instrumenten wie den Strategien für den sozialen und wirtschaftlichen Zusammenhalt.
Es ist eine Tatsache, dass unsere Mitgliedstaaten nicht alle gleich sind. Aber gleichzeitig brauchen wir – wie zuvor gesagt wurde – strengere ordnungspolitische Vorgaben, denn mangelnde Koordinierung in der Eurozone und in der gesamten Europäischen Union ist unsinnig. Wenn die Mitgliedstaaten diese Strategien alleine angehen, werden sie ganz sicher nicht das Instrumentarium für gleichberechtigte Diskussionen zum Beispiel über die großen Herausforderungen haben, die wir heute auf globaler Ebene mit den Vereinigten Staaten oder China führen. Daher brauchen wir eine gemeinsame Vorgehensweise, müssen jedoch gleichzeitig auch konkrete Maßnahmen für die verschiedenen Mitgliedstaaten entwerfen.
Zur Frage der Verringerung des Verwaltungsaufwands: Dies ist ein sehr wichtiger Punkt in meinem Programm. Nach unserem Dafürhalten sollten wir weiterhin pragmatisch darüber nachdenken, wo europäische Rechtsvorschriften erforderlich sind, und auf Regulierung verzichten, wenn diese schlicht unnötig ist.
Lothar Bisky, im Namen der GUE/NGL-Fraktion. – Herr Barroso, Sie haben in der vergangenen Woche Ihren Vorschlag für die Wirtschaftsstrategie vorgestellt. Dazu zählen wichtige Zielsetzungen. Der Rat hat nun Griechenland ein Sparprogramm auferlegt, das die ErreiÌcchung dieser Ziele meines Erachtens in den Bereich des Unmöglichen rückt, einem Staat mit einem Anteil von 3 % des Bruttoinlandsprodukts der EU. Sie beharren aber weiterhin auf dem gescheiterten Stabilitäts- und Wachstumspakt. Gleichzeitig wird aus mehreren Mitgliedstaaten die Forderung nach einem Europäischen Währungsfonds oder auch nach einer Wirtschaftsregierung vorgetragen.
Meine Fragen sind: Werden Sie Ihren EU-2020-Vorschlag noch einmal überarbeiten, um die Idee des Währungsfonds und einer Wirtschaftsregierung zu integrieren, um eine Abkehr vom Steuer- und Lohndumping sowie von der vorherrschenden Wettbewerbsideologie einzuleiten? Werden Sie unverzüglich gemeinsam mit den Mitgliedstaaten Maßnahmen ergreifen, um die Spekulationen der Banken, die gerade eben noch mit Steuergeldern gerettet wurden, gegen den Euro zu unterbinden?
José Manuel Barroso, Präsident der Kommission. – Was die Situation Griechenlands angeht, sind wir der Ansicht, dass Griechenland die notwendigen Schritte eingeleitet hat, um das Staatsdefizit dieses Jahr zu verringern. Diese Maßnahmen zeigen die Entschlossenheit der griechischen Regierung, ihre strukturellen Probleme anzugehen.
Gleichzeitig sind wir im Begriff, das Notwendige zu tun, um die finanzielle Stabilität der gesamten Eurozone sicherzustellen. Die Kommission hat mit den Mitgliedstaaten der Eurozone aktiv daran gearbeitet, ein Verfahren zu entwerfen, das Griechenland im Bedarfsfall einsetzen kann. Ein solches Verfahren würde mit dem gegenwärtigen Vertrag von Lissabon in Einklang stehen, insbesondere mit der „No Bail out“-Klausel. Es würde strikte Bedingungen einschließen.
Die Kommission ist bereit, einen europäischen Rahmen für koordinierte Hilfe vorzuschlagen, wofür die Unterstützung der Mitgliedstaaten der Eurozone erforderlich ist. Das kann ich Ihnen im Moment zu Griechenland und zu unserer Vorgehensweise im Hinblick auf die Stabilität der Eurozone sagen.
Was die Vorschläge der EU 2020-Strategie betrifft, sehen wir keine Notwendigkeit, sie zu ändern. Wir haben diese Vorschläge vorgelegt. Sie werden nun vom Europäischen Rat und vom Europäischen Parlament erörtert, und wir hoffen, dass dies eine sehr fruchtbare Debatte wird.
Lothar Bisky, im Namen der GUE/NGL-Fraktion. – Ich bin nicht ganz zufrieden. Die Frage ist doch, dass mit Steuergeldern gegen den griechischen Staat spekuliert wird. Die Steuergelder kommen auch von deutschen Banken, sie sind auch von deutschen Banken ausgereicht worden. Und es geschieht nichts, sondern es wird immer gesagt, wir ergreifen irgendwelche Maßnahmen. Also ich bin ziemlich enttäuscht, dass so wenig getan wurde, um bestimmte Dinge in der EU einfach zu unterbinden, damit diese Spekulationen endlich aufhören und man sich wirklich auf Wachstum und Beschäftigung konzentrieren könnte.
José Manuel Barroso, Präsident der Kommission. – In puncto Spekulation: Es sollte klar sein, dass die gegenwärtigen Probleme in Griechenland nicht durch Spekulation verursacht wurden. Sie wurden hauptsächlich durch zu hohe Ausgaben und Nichteinhaltung des europäischen Rahmens in Bezug auf den Stabilitäts- und Wachstumspakt hervorgerufen, und zwar durch Überschuldung, es kann jedoch sein, dass im Nachhinein Spekulanten gegen die Staatsschulden dieses Landes agieren.
Das zeigt auch die Wichtigkeit einer grundlegenden Reform in den Terminmärkten und die Relevanz der von der Kommission bereits eingeleiteten Maßnahmen. Am 20. Oktober 2009 leitete die Kommission ein Aktionsprogramm für wirksame, stabile Terminmärkte ein. Durch die Legislativvorschläge, die Kommissar Barnier vor der Sommerpause vorlegen wird, und auch jene Richtlinie über Marktmissbrauch, die Kommissar Barnier vor Ende des Jahres vorlegen wird, wird die Markttransparenz erhöht und Risiken werden eingeschränkt.
Über diese systemische Antwort hinaus ist eine neue Ad-hoc-Reflexion über die Credit Default Swaps für Staatsschulden nötig, und das Problem der „nackten“ Praktiken bedarf in diesem Zusammenhang besonderer Aufmerksamkeit. Es ist nicht gerechtfertigt, eine Versicherung abzuschließen und verdeckte Interventionen auf Risiko und rein spekulativ zu erwerben. Kurzfristig müssen wir die notwendige Koordinierung erreichen, um sicherzustellen, dass die Mitgliedstaaten abgestimmt handeln, ganz besonders aber im Fall der Praktiken der ungedeckten Intervention. Die Kommission wird dabei die Relevanz des Verbots rein spekulativer ungedeckter Leerverkäufe von Credit Default Swaps bei Staatsschulden eingehend prüfen.
Gleichzeitig werden wir die internationale Koordinierung vorantreiben. Weil diese Märkte undurchsichtig sind, werden wir dieses Thema auf den G20 bringen, und wir müssen auch einige dieser Fragen in unseren bilateralen Kontakten ansprechen, insbesondere mit den Vereinigten Staaten.
Niki Tzavela, im Namen der EFD-Fraktion. – (EL) Herr Präsident, glücklicherweise haben Sie meine Frage schon vorweggenommen. Lassen Sie mich als griechisches Mitglied des Europäischen Parlaments zunächst anmerken, dass Griechenland es schaffen wird. Die schwierigen Zeiten, die wir im Augenblick erleben und für die wir verantwortlich sind, sind eine sehr gute Bewährungsprobe für die Ausdauer und Disziplin Griechenlands.
Ich freue mich, dass Sie die G20 als Gruppe anführen, mit der Sie das Thema Swaps erörtern wollen. Abgesehen von seinen eigenen Fehlern wurde Griechenland stark von den Marktspekulationen getroffen.
Beabsichtigen Sie – und ich möchte, dass Sie das auf dem G20 ansprechen –, Initiativen einzubringen, um klare Vorschriften für offene, „nackte“ Leerverkäufe und Credit Default Swaps zu verabschieden?
José Manuel Barroso, Präsident der Kommission. – Wie ich bereits vorher sagte, kommt das grundlegende Problem in Bezug auf Griechenland – und das muss auch gesagt werden – von überhöhten Schulden. Zwar gab es wahrscheinlich auch spekulative Angriffe, aber nur weil die Spekulanten dort eine Gelegenheit erkannten.
Jetzt gilt es, Griechenland zu unterstützen, und Griechenland hat äußerst wichtige Maßnahmen angekündigt. Wir unterstützen diese Maßnahmen voll und ganz. Gleichzeitig müssen wir den weiteren Kontext betrachten. Ich sagte bereits, dass wir die Relevanz des Verbots rein spekulativer „nackter“ Leerverkäufe für Credit Default Swaps für Staatsschulden genau prüfen werden. Auch sollte die Frage der Transparenz zwischen den Regulierungsbehörden – vor allem die Frage des Zugangs zu Informationen zu diesen Praktiken – auf dem G20 und in anderen Gremien sowie auf bilateraler Ebene aufgeworfen werden.
Letzten Freitag führte Kommissar Barnier in Brüssel gerade ein Treffen mit den einzelstaatlichen Regulierungsbehörden durch, um herauszufinden, was wir über Aktionen von einigen dieser Spekulanten gegen Staatsschulden wissen. Wir müssen eine eingehende Analyse der Märkte für Credit Default Swaps vornehmen, um besser zu ermitteln, wie diese Märkte funktionieren und ob dort fragwürdige Praktiken betrieben werden. Gegebenenfalls wird die Kommission in dieser Angelegenheit auch ihre wettbewerbsrechtlichen Befugnisse einsetzen.
Niki Tzavela, im Namen der EFD-Fraktion. – (EL) Herr Präsident, liegt für das alles ein Zeitplan vor, für das Verfahren zur Bekämpfung der Finanzspekulation? Können Sie uns sagen, ob es irgendeinen Zeitplan gibt, damit ich weiß, ob wir, wenn wir auf dem internationalen Markt Geld aufnehmen, in diesem Verfahren Unterstützung finden.
José Manuel Barroso, Präsident der Kommission. – Ich habe das bereits gesagt, aber ich kann es wiederholen.
Kommissar Barnier wird vor der Sommerpause einige Legislativvorschläge zur Richtlinie über derivative Märkte vorlegen und er wird vor Ende des Jahres auch einen Legislativvorschlag zur Richtlinie über Marktmissbrauch vorlegen. Wir glauben, dass diese Vorschläge die Markttransparenz erhöhen und Risiken einschränken werden.
Wir wollen das Thema Credit Default Swaps auf dem G20 im Juni behandeln.
Daniël van der Stoep (NI). – (NL) Herr Präsident, Kommissionspräsident Barroso, Offenheit und Transparenz sind Grundwerte jeder wahren Demokratie. Wenn die Bürger keine Möglichkeit der Kontrolle der Ausgaben durch die Verwaltung haben, kann ein Klima der Habgier und Selbstbereicherung entstehen. Ein Beispiel dafür haben wir letztes Jahr im Vereinigten Königreich gesehen. Nach Berichten der niederländischen Presse gab Präsident Barroso für das Jahr 2009 eine Summe in Höhe von 730 000 EUR an. Dabei handelt es sich nicht nur um einen lächerlich hohen Betrag, sondern noch um eine weitere bemerkenswerte Leistung: es fertig zu bringen, jeden Tag 2000 EUR anzugeben. Hut ab vor Präsident Barroso.
Nun aber ernsthaft, die demokratische Kontrolle dieser Erklärungen ist ja wohl bedauernswert. Ein internes Audit und ein paar vorab für gut befundene Leute können das absegnen. Ich bestehe darauf, dass diese Kommission, und Präsident Barroso im Besonderen, diese Vertuschungsaktion beenden und ihre Erklärungen offen und transparent für alle europäischen Bürger im Internet sichtbar machen. Ich hätte darauf gern eine Antwort.
José Manuel Barroso, Präsident der Kommission. – Ich bin über diese Art Bemerkung einigermaßen erstaunt.
Die so genannten Ausgaben für Repräsentationszecke sind schließlich Ausgaben, die im Dienst der Europäischen Union anfallen, nämlich Reisekosten für mich sowie für die anderen Mitglieder der Kommission.
Wenn Sie diese Beträge einmal mit dem vergleichen, was von Regierungen oder von Staats- und Regierungschefs ausgegeben wird, werden Sie sehen, dass diese Beträge im Vergleich noch sehr gering sind.
Der Haushalt für das Kollegium wird jährlich von der Haushaltsbehörde festgesetzt. Sie selbst gehören dazu, und dieser Haushalt ist seit fünf Jahren gleich geblieben, nur wegen Inflation angepasst.
Die Ausgaben sind unserer Ansicht nach vernünftig und im Hinblick auf das Gemeinwohl, dem sie dienen sollen, angemessen. Wir handeln selbstverständlich vollkommen transparent. Wir geben der Haushaltsbehörde und dem Rechnungshof alle Informationen, die sie von uns anfordern.
Daniël van der Stoep (NI). – (NL) Präsident Barroso behauptet, das Parlament habe Zugang zu den Erklärungen, aber das ist natürlich Unsinn. Alles findet hier hinter verschlossenen Türen statt; alles wird unter den Teppich gekehrt. Wenn Präsident Barroso wirklich Rechenschaft ablegen will, wird er diese Rechnungsbelege einfach veröffentlichen; und wenn nicht, dann sollte er so aufrichtig sein, das zu sagen. Präsident Barroso, wenn Sie einfach alle Regeln eingehalten haben, kann ich nicht verstehen, wie Sie es versäumen konnten, Ihre Rechnungsbelege im Internet zu veröffentlichen, es sei denn, Sie haben Angst vor der Reaktion der Öffentlichkeit. Geben Sie sie einfach öffentlich bekannt.
José Manuel Barroso, Präsident der Kommission. – In einem Rechtssystem respektieren wir den Rechtsstaat, und die Absichten von Leuten zu analysieren, ist geringstenfalls unfair. Sie können weder mir noch der Kommission irgendeine Absicht in Bezug auf die Einhaltung der Rechtsstaatlichkeit zuschreiben. Noch einmal, wir müssen unterscheiden zwischen den Verpflichtungen der Europäischen Kommission – oder irgendeinem öffentlichen Organ – hinsichtlich der Rechtsstaatlichkeit und dem Nachgeben auf demagogische Angriffe auf die Europäischen Organe.
Die Europäische Kommission, das Europäische Parlament und die Organe der Europäischen Union im Allgemeinen haben höchste Anforderungen in Bezug auf Transparenz. Deshalb kann ich eine bloße Kritik, die derart populistisch und demagogisch ist, nicht akzeptieren.
President. – Wir haben die erste Runde der Fragestunde abgeschlossen, wobei freie Fragen zu unterschiedlichen Themen gestellt werden konnten. Jetzt wollen wir uns auf das Thema der Umsetzung des neuen Vertrages und der Grundrechte konzentrieren.
Alf Svensson (PPE). – (SV) Herr Präsident, ich hoffe, ich weiche nicht von den jetzt zu stellenden Fragen ab. Ich bin der festen Überzeugung, dass Herr Barroso und ich darin einig sind, dass die Achtung der bürgerlichen Freiheiten und der Menschenrechte das Wichtigste ist in der EU sowie bei den Kontakten zwischen der EU und anderen Ländern. Tatsache ist, dass die EU Eritrea Beihilfen gewährt, und es ist ein Finanzvolumen von 122 Millionen EUR für Eritrea für die Laufzeit 2009-2013 veranschlagt.
Ich frage den Kommissionspräsidenten nicht danach, wofür diese Mittel verwendet wurden, doch wäre es interessant, Herrn Barrosos Standpunkt zur Lage Eritreas zu hören. Sehr oft, wenn von Ländern unter totalitärem Regime die Rede ist, wird Eritrea nicht angeführt; dafür wird eine Reihe anderer Länder erwähnt. Es könnte daher sehr nützlich sein, Herrn Barrosos Ansicht über die Lage Eritreas im Einzelnen zu hören.
José Manuel Barroso, Präsident der Kommission. – Vielen Dank, dass Sie anerkennen, dass die Kommission die Grundrechte verteidigt. Selbstverständlich verteidigen wir sie, nicht nur in der Europäischen Union, sondern auch in unseren Außenbeziehungen.
Das bedeutet jedoch nicht, dass wir nur zu Ländern Beziehungen unterhalten können, die die Grundrechte achten. Es gibt leider noch viele Länder auf der Welt, die die Grundrechte nicht respektieren und wir müssen die Beziehungen zu diesen Ländern aufrecht erhalten.
Der Fall von Eritrea ruft Bedenken hinsichtlich der Achtung der Grundrechte in diesem Land hervor und auch wegen der äußerst schwierigen Situation, in der sich das Land befindet. Nach Angaben mancher Kommentatoren kann es als ein gescheiterter Staat angesehen werden – als Staat, in dem es keine Rechtsstaatlichkeit gibt, aufgrund ziviler Konflikte und allgemeiner Gewalt. Es gibt in diesem Land viele Gebiete, in denen nicht einmal die staatlichen Organe demokratisch legitimierte Macht ausüben können.
Wir verfolgen die Situation ja sehr aufmerksam in allen Ländern, die ein Problem für die Achtung der Grundrechte darstellen können.
Artur Zasada (PPE). – (PL) Im Rahmen der heutigen Debatte möchte ich das Thema Scanner auf europäischen Flughäfen herausstellen.
Einer der offenkundigsten europäischen Politikbereiche ist es, Leben, Gesundheit und Grundfreiheiten der Bürgerinnen und Bürger der Europäischen Union zu schützen. Deshalb darf es nicht sein, dass wir für ein illusorisches Sicherheitsgefühl so einfach auf die Achtung der Würde, das Recht auf Schutz der Privatsphäre und auf Schutz der personenbezogenen Daten von in der Gemeinschaft ansässigen Bürgern verzichten.
Ich habe den Eindruck, dass die Situation mit den Scannern durchaus mit derjenigen vergleichbar ist, die wir während der Schweinegrippe-Epidemie hatten. Da wir unter Druck handeln mussten, haben wir große Summen in Impfstoffe investiert, was, wie wir heute wissen, unvernünftig und ungerechtfertigt war. Meines Erachtens sind Scanner wenig effiziente Mittel, für die versucht wird, eine passende Krankheit zu finden.
Herr Barroso, ich würde gerne in dieser Frage einen eindeutigen Standpunkt Ihrerseits hören. Sind Sie für oder gegen Scanner?
José Manuel Barroso, Präsident der Kommission. – Ich werde dafür sein, wenn die Mitgliedstaaten zustimmen, weil ich denke, dass es möglich sein sollte, die Sicherheitsbestimmungen auf unseren Flughäfen zu vereinheitlichen.
Im Moment sieht es so aus, dass manche unserer Mitgliedstaaten auf ihren Flughäfen Körperscanner einführen, andere nicht. Wie Sie wissen, hat die Kommission vor einiger Zeit einen Vorschlag für Körperscanner vorgelegt, der abgelehnt wurde.
Das ist natürlich nicht unbedenklich, doch wir sollten wenn möglich versuchen, einen einheitlichen Standpunkt in Bezug auf die Verwendung einer jeglichen Sicherheitseinrichtung auf europäischen Flughäfen zu finden.
Andernfalls haben wir eine Art Diskriminierung bei der Bewertung von Sicherheit auf unseren Flughäfen.
Derek Vaughan (S&D). – Im Vertrag werden die Rechte der lokalen Gebietskörperschaften und Regionen in ganz Europa respektiert, und das ist ein wichtiger Aspekt, wenn Sie beispielsweise die Gespräche über die Zukunft der Kohäsionspolitik aufnehmen. Ich möchte von Ihnen wissen, ob Sie uns zusichern können, dass Sie, wenn Sie die Gespräche beginnen – zum Beispiel zum fünften Kohäsionsbericht –, diese Diskussionen mit den lokalen Gebietskörperschaften und Regionen über die Zukunft der Kohäsionspolitik führen – und natürlich mit diesem Parlament.
José Manuel Barroso, Präsident der Kommission. – Es geht hierbei nicht um Grundrechte, doch werden wir diese Fragen selbstverständlich mit den lokalen und regionalen Gebietskörperschaften erörtern.
Sie wissen, wie wichtig der soziale, wirtschaftliche und territoriale Zusammenhalt für uns ist. Das ist nun auch durch den Vertrag von Lissabon als eines der Ziele der Europäischen Union verankert. In der neuen Strategie 2020, die ich vor einiger Zeit vorgelegt habe, haben wir klargestellt, dass die Kohäsion ein zentraler Bestandteil unserer Vorschläge bleiben wird, und wir wollen, dass Kohäsion in den künftigen Politiken stets berücksichtigt werden muss. Das ist Teil unseres Dialogs mit den regionalen politischen Behörden.
Ich habe auch auf die Notwendigkeit hingewiesen, den Ausschuss der Regionen zu konsultieren, beispielsweise in dem Dokument, auf das ich soeben Bezug genommen habe.
Catherine Stihler (S&D). – Ich möchte einen Fall ansprechen, in dem es um die Grundrechte geht. Vor kurzem besuchte ich die Grundschule von Cairneyhill in der Nähe von Dunfermline in Schottland, und ich wurde von einem Jungen namens Douglas angesprochen, der mich auf den Fall eines Mädchens aus Eritrea mit Namen Rima Andmariam aufmerksam machen wollte. Dies steht in Bezug zu dem, was der erste Redner über Eritrea sagte.
Rimas Familie wurde in Eritrea verfolgt und ermordet, weil sie Christen sind. Ich weiß, dass Ihnen das Thema der Verfolgung von Christen in Eritrea wohl bekannt ist. Rima ist es gelungen, nach Italien und dann nach Glasgow in Schottland zu fliehen, wo Alison und Robert Swinfin sie aufnahmen und für sie sorgten und sich um sie wie um ihre eigene Tochter kümmerten.
Rima ist jetzt 17. Ihr droht die Abschiebung zurück nach Italien, wo sie zuerst Asyl beantragt hat, und wir tun, was wir können, um auf Rimas Fall aufmerksam zu machen, und appellieren an all jene, die ihr helfen können. Sie muss in der liebevollen Obhut von Alison und Robert bleiben.
Ihr Fall wird von der Zivilgesellschaft, von Menschenrechtsorganisationen und Kirchen in ganz Schottland zur Sprache gebracht. Es wurde sogar gestern in der Sendung „Thought for the Day“ in Radio Scotland darüber berichtet. Was kann die Kommission tun, um Rimas Grundrechte zu schützen?
José Manuel Barroso, Präsident der Kommission. – Es tut mir Leid, aber dieser besondere Fall in Schottland ist mir nicht bekannt.
Ich möchte gern eine allgemeine Bemerkung machen. In politischen Debatten können Sie nicht erwarten, dass dem Präsidenten der Kommission, selbst wenn er eine ziemlich arbeitsame Person ist, alle Fälle bekannt sind, die sich in Europa ereignen – die äußerst sensibel und überaus ernst sind.
Ich kann Ihnen selbstverständlich versichern, dass wir dem Anliegen Rechnung tragen und jeder Person unsere Solidarität zum Ausdruck bringen, die ihre Menschenrechte verletzt sieht, doch was nun diesen besonderen Fall angeht, liegen mir hier keine hinreichenden Informationen vor. Ich werde jedoch sehr gerne schriftlich auf die Anfrage, die Sie gerade gestellt haben, eingehen.
Sonia Alfano (ALDE). – (IT) Herr Präsident, meine Damen und Herren, ich spreche im Namen meiner Fraktion, der Allianz der Liberalen und Demokraten für Europa. Am 5. März hat der Präsident der italienischen Republik, Giorgio Napolitano, ein interpretatives Gesetzesdekret unterzeichnet, das auch als „Dekret zur Rettung der Listen“ bezeichnet wird.
Mit diesem Dekret können die Spielregeln nach Beginn des Wahlkampfs geändert werden. Auf der Website des Quirinalpalasts erklärt Giorgio Napolitano, im Gegensatz zum Dekretentwurf, der ihm von der Regierung in einer Sitzung in gespannter Atmosphäre am Donnerstag Abend vorgeschlagen wurde, enthalte der in der Folge vom Innenministerium und dem Premierminister verfasste Text seines Erachtens keine offensichtlichen Mängel verfassungswidrigen Charakters.
Artikel 87(5) der italienischen Verfassung besagt, dass der Präsident der italienischen Republik Gesetze und Dekrete mit Gesetzeskraft erlässt. Der Präsident der Republik darf keinesfalls bei Entwürfen von Verfahren und Gesetzesdekreten mitwirken. Der Vorgänger des Präsidenten der Republik, Carlo Azeglio Ciampi, bezeichnet es als eine anomale Verzerrung unseres demokratischen Systems. Es ist klar, dass die Regierung das tut, was die Verfassung verbietet. Herr Präsident, dieses Dekret ändert die Spielregeln eines Wahlkampfs, der bereits begonnen hat, und lässt Leute kandidieren, die das Gesetz gebrochen haben und wieder zum Wahlkampf zugelassen wurden.
Ich möchte wissen, weshalb das Parlament stets bereit ist, gegen Staaten, die das Gesetz brechen, Stellung zu beziehen, aber nicht einräumt, dass sich unter den 27 Mitgliedstaaten einer befindet, der das Gesetz bricht.
(Der Präsident unterbricht die Rednerin.)
José Manuel Barroso, Präsident der Kommission. – (FR) Frau Alfano, ich muss nochmals daran erinnern, dass ich nicht Fragen der Innenpolitik diskutieren kann. Die Kommission ist zuständig für die Grundrechte, wenn es darum geht, dass Gemeinschaftsrecht, sei es von den europäischen Institutionen, sei es von den Mitgliedstaaten umgesetzt wird.
In dem Fall, den Sie erwähnen, scheint es nicht um die Anwendung des Gemeinschaftsrechts zu gehen. Wenn ich ihre Ausführungen richtig verstanden habe, handelt es sich um ein typisches Problem für die innenpolitische Debatte, vielleicht mit einer Dimension, die mit dem Gesetz oder der Rechtsstaatlichkeit zusammenhängt. Doch es ist nicht Sache der Europäischen Kommission, sich in Konflikte zwischen den verschiedenen politischen Mächten oder Persönlichkeiten der einzelnen Mitgliedstaaten einzumischen.
Ulrike Lunacek (Verts/ALE). - Herr Präsident! Herr Präsident Barroso, die Grundrechte-Charta ist das bisher einzige internationale Dokument, das Diskriminierung auch aufgrund der sexuellen Orientierung verbietet. Auch in anderen Teilen der Welt sind viele stolz darauf, dass Europa das geschafft hat, und würden sich das für sich selbst wünschen.
Innerhalb der EU haben wir das Problem, dass drei Staaten, nämlich Großbritannien, Polen und Tschechien, die Grundrechte-Charta nicht als Teil ihrer europäischen Gesetzesordnung sehen. Mich würde interessieren, was die Kommission macht, was Sie vorhaben, um die Grundrechte von Lesben, Schwulen, Bisexuellen und Transgender-Personen in allen Teilen der EU geltend zu machen, so dass klar ist, dass Homophobie und Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung nicht nur im Bereich der Beschäftigung, wo wir ja schon eine Richtlinie haben, sondern in allen Bereichen nicht mehr akzeptiert wird und dass Menschen frei von Angst ihre Liebesbeziehungen wählen und leben können.
José Manuel Barroso, Präsident der Kommission. – Das sind jetzt zwei Fragen. Ich weiß nicht, ob ich in einer Minute darauf antworten kann.
Zuerst zur Diskriminierung auf Grund der sexuellen Ausrichtung: Sie wissen, dass die vorherige Kommission eine Richtlinie gegen jede Form der Diskriminierung vorgeschlagen hat, einschließlich derjenigen auf Grund der sexuellen Ausrichtung in Bereichen außerhalb von Beschäftigung. Wir sind die Verpflichtung eingegangen, dafür zu sorgen, dass in den europäischen Rechtsvorschriften und Durchführungsbestimmungen der Mitgliedstaaten das Verbot der Diskriminierung auf Grund der sexuellen Ausrichtung uneingeschränkt respektiert wird. Diese Grundsätze der Nichtdiskriminierung sind, wie Sie wissen und selbst gesagt haben, in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union verankert.
Was Polen und das Vereinigte Königreich anbelangt, wird durch das Protokoll die Geltung der Charta in Bezug auf die Gesetze und Initiativmaßnahmen Polens und des Vereinigten Königreichs und die Justiziabilität der Charta in den genannten Mitgliedstaaten klar gestellt.
Darin ist insbesondere vorgesehen, dass die Charta keine Ausweitung der Befugnis des Europäischen Gerichtshofes oder irgendeines Gerichts Polens oder des Vereinigten Königreichs bewirkt, zur Feststellung, dass die Rechtsvorschriften oder initiativen Bestimmungen, Verfahren oder Maßnahmen dieser Mitgliedstaaten mit den durch die Charta bekräftigten Grundrechten, Freiheiten und Grundsätzen nicht vereinbar sind.
Es bleibt also abzuwarten, wie der Europäische Gerichtshof das Protokoll dieser beiden Mitgliedstaaten auslegen wird.
Ashley Fox (ECR). – Präsident Barroso, viele Länder auf der ganzen Welt haben einen sorgfältig formulierten Grundrechtskatalog in ihrer Verfassung. Nicht alle von ihnen bieten ihren Bürgern jedoch echten Schutz. Sind Sie auch der Meinung, dass es nicht die Struktur des Rechtsschutzes ist, die zählt, sondern wie dieser Schutz in der Realität aussieht?
Im Vereinigten Königreich finden in drei Monaten die Parlamentswahlen statt. Falls die konservative Partei gewählt wird, wird sie den Human Rights Act aufheben und ihn durch unseren eigenen Grundrechtskatalog ersetzen. Dies würde bedeuten, dass die Europäische Menschenrechtskonvention im Vereinigten Königreich nicht mehr direkt auf das innerstaatliche Gesetz anwendbar wäre.
(Zwischenruf aus dem Plenarsaal: „Das könnt Ihr nicht tun!“)
Präsident Barroso, würden Sie bitte erklären, inwieweit die EU im Hinblick auf die Unterzeichnung der Europäischen Menschenrechtskonvention die unterschiedlichen Haltungen der Mitgliedstaaten berücksichtigen wird?
Meine Partei wird sich zudem um eine Vertragsänderung bemühen, damit gewährleistet ist, dass die Charta der Grundrechte das Vereinigte Königreich nicht berührt. Wie werden Sie sicherstellen, dass die EU das Recht des Vereinigten Königreichs, aus unerwünschten Strukturen auszutreten, unberührt lässt?
José Manuel Barroso, Präsident der Kommission. – Diese Frage habe ich in meiner Antwort auf die vorangehende Frage bereits teilweise beantwortet.
Das Vereinigte Königreich hat, wie auch andere Länder, ein Protokoll in Bezug auf die Charta der Grundrechte. Das ist sein Recht. Es wurde ausgehandelt und wir haben einen zwischenstaatlichen Vertrag, in dem dies anerkannt wird.
Es wäre mir natürlich lieber, wenn alle Mitgliedstaaten die Charta der Grundrechte annehmen würden, denn meines Erachtens ist diese Charta ein Grundlagenkompass für alle Politiken der Europäischen Union.
Wir sind jetzt auch so weit, der Europäischen Menschenrechtskonvention zustimmen zu können. Dies wird das System der Europäischen Union zum Schutz der Grundrechte vervollständigen.
Ich respektiere natürlich das Vereinigte Königreich als Demokratie und als Rechtsstaat. Es gehört schließlich zu jenen Staaten, die über Jahrhunderte hinweg einen sehr wichtigen Beitrag zur Demokratie geleistet haben. Aus diesem Grund bedauere ich es sehr, dass das Vereinigte Königreich nicht mit seinen Partnern an vorderster Front steht, um die Menschenrechte nicht nur auf nationaler Ebene, sondern auch im Rahmen eines europäischen Projekts zu vertreten.
Ilda Figueiredo (GUE/NGL). – (PT) Herr Präsident, Herr Kommissionspräsident, die Rechte der Frauen und das Recht auf ein Leben in Würde sind grundlegende Menschenrechte, die von der Europäischen Union gefördert werden müssen.
Aus diesem Grund und in Anbetracht der eklatanten Ungleichheiten, die weiterhin bestehen und sich sogar verschlimmern, unter anderem der Lohnunterschied zwischen Männern und Frauen, Armut und Unsicherheit der Arbeitsplätze – alles Probleme, die vorwiegend Frauen betreffen –, genügt es nicht, eine Charta der Frauenrechte zu veröffentlichen, die in ihren Grundzügen vage und ungenau ist und der keinerlei Diskussion mit Frauenorganisationen oder mit dem Parlament selbst vorausgegangen ist.
Ich möchte daher wissen, ob die Europäische Kommission bereit ist, diesen Fragen des Schutzes der Frauenrechte mittels konkreter Maßnahmen Priorität einzuräumen, insbesondere durch die Entwicklung der neuen Gleichstellungsstrategie, die das Parlament zurzeit vorbereitet; ein Bericht, der, so hoffe ich, berücksichtigt wird.
José Manuel Barroso, Präsident der Kommission. – (PT) Letzten Freitag haben Kommissarin Reding und ich eine Charta der Frauenrechte vorgelegt, welche die Verpflichtung der Kommission für die Gleichstellung der Geschlechter bekräftigt und die auch belegt, dass wir auf diesem Gebiet arbeiten und vorankommen wollen.
Im September wird der Charta, die wir nun angekündigt haben, eine neue Strategie für die Geschlechtergleichstellung folgen. Dies wird einen allgemeinen und recht umfassenden Handlungsrahmen für die Kommission bilden in Bezug auf den Fortschritt in der Gleichstellung von Mann und Frau auf den Gebieten, die die Kollegin soeben erwähnt hat: vom Arbeitsverhältnis zu all den anderen Wegen, auf denen eine solche Gleichstellung sichergestellt und gewährleistet werden muss.
Die Charta ist nicht aus dem Nichts entstanden. Die Charta ist auch zum Gedenken des 15-jährigen Bestehens der Aktionsplattform von Peking entstanden, und zwar nach zahlreichen Konsultationen, die ich insbesondere mit der Gruppe von Parlamentariern, die sich den Frauenrechten widmet, geführt habe. Morgen Vormittag habe ich ein weiteres solches Treffen. Jedes Jahr treffe ich mich mindestens einmal mit Abgeordneten, die dieses Thema zu ihrer höchsten Priorität gemacht haben.
John Bufton (EFD). – Präsident Barroso, die Frage, die ich heute stellen möchte, betrifft die finanzielle Situation in Griechenland. Artikel 121 des Vertrages von Lissabon wird erstmals dazu verwendet, Strukturreformen in einem Land durchzusetzen. Die Menschen in Griechenland stehen jetzt zwischen Hammer und Amboss, denn nun wird klar, dass Sie in ihrem Land das Sagen haben und nicht die von ihnen gewählte Regierung.
Bedeutet das, da Sie Ihre Beamten nach Griechenland geschickt haben, um die finanzielle Situation dort in Ordnung zu bringen, dass man Sie nun nicht nur Kommissionspräsident, sondern auch Gouverneur von Griechenland nennen kann? Sollten die Maßnahmen Ihrer Beamten in Griechenland nicht greifen: Haben Sie einen Plan B? Wenn ja, geht dieser dahin, dass Griechenland die Eurozone verlassen muss? Und schließlich: Beabsichtigen Sie, Ihre Beamten auch in andere Länder mit finanziellen Schwierigkeiten zu schicken, zum Beispiel nach Portugal, Spanien und Italien?
Der Präsident. – Herr Bufton, unser Thema ist die Umsetzung des neuen Vertrages und die Achtung der Grundrechte. Bleiben Sie bitte bei diesem Thema.
Präsident Barroso, wollen Sie die Frage beantworten?
José Manuel Barroso, Präsident der Kommission. – Herr Präsident, ich versuche, die Fragen der Abgeordneten nach Möglichkeit immer zu beantworten.
Ihre Frage, verehrter Abgeordneter, gründet auf der falschen Annahme, dass Griechenland Probleme hat, weil es sich im Euroraum befindet. Es gibt aber Länder außerhalb des Euroraums, sowohl in der Europäischen Union als auch außerhalb, die ähnliche Probleme haben – in einigen Fällen viel ernstere. Denken Sie zum Beispiel daran, wie schwer wiegend die Situation in Island ist. Island bemüht sich zurzeit, der Europäischen Union beizutreten, gerade weil es hofft, eines Tages den Euro annehmen zu können.
Es ist also ein Fehler, Griechenlands Probleme als Folge seiner Zugehörigkeit zu den Mitgliedern des Euroraums zu betrachten. Griechenland hat heute Schwierigkeiten, weil es sich eben nicht an die Regeln des Stabilitäts- und Wachstumspakts gehalten hat. Es wird natürlich einen gewissen Preis bezahlen für die schwierigen Anpassungen, die es nun vornehmen muss.
Andreas Mölzer (NI). - Herr Kommissionspräsident, erlauben Sie mir eine Frage zum Problem der Datenspeicherung, da das deutsche Bundesverfassungsgericht die generelle Speicherung aller Telekommunikationsdaten Anfang des Monats für nichtig erklärt hat. Nach wie vor ist es strittig, inwieweit unbeschränkte und unkontrollierte Datenspeicherung bzw. so ein Datenzugriff mit den Grundrechten vereinbar sind. Hier im Parlament wurde ein klares Nein im Zusammenhang mit dem SWIFT-Abkommen ausgesprochen. Auch die EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung wird meines Erachtens wohl an dem im Vertrag von Lissabon enthaltenen Grundrechte-Katalog gemessen werden müssen. Haben Sie vor, bzw. hat die Kommission vor, diesbezüglich so etwas wie eine Überprüfung durchzuführen, wie sich der Grundrechte-Katalog zur Datenspeicherung verhält?
José Manuel Barroso, Präsident der Kommission. – Der Schutz personenbezogener Daten ist ein Grundrecht, das in Artikel 8 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union ausdrücklich anerkannt wird.
Dank dem Vertrag von Lissabon können wir nun einen umfassenden und kohärenten Rahmen für den Schutz personenbezogener Daten erstellen. Dies ist notwendig, damit die Privatsphäre unserer Bürger geschützt und überall in der Europäischen Union der gleiche Ansatz für die Datenverarbeitungstätigkeit gewährleistet ist; das Parlament wird selbstverständlich an der Reform des aktuellen rechtlichen Rahmens voll beteiligt sein, denn das Mitentscheidungsverfahren gilt auch für die früheren Bereiche des dritten Pfeilers.
Wir müssen also sicherstellen, dass die Grundrechte der europäischen Bürgerinnen und Bürger auch dann geschützt sind, wenn persönliche Daten die EU verlassen. In diesem Kontext könnte ein Abkommen über den Schutz personenbezogener Daten zwischen der Europäischen Union und den USA wichtig sein, und wir arbeiten daran.
Zur Gewährleistung der Transparenz führen wir gegenwärtig Konsultationen durch und hören uns die Ansichten von Interessengruppen und Bürgern an.
Die Kommission beabsichtig, den Entwurf einer Empfehlung zur Erteilung eines Verhandlungsmandats mit den Vereinigten Staaten vorzulegen.
Sarah Ludford (ALDE). – Im Verlauf des letzten Jahrzehnts ist die internationale Zusammenarbeit im Kampf gegen den Terrorismus wegen Bedenken hinsichtlich der Menschenrechtslage, darunter die Praktiken der US-Regierung, schwieriger geworden.
Wir hatten gehofft, dass sich dies mit der Regierung Obama ändern würde. Leider stellt sich heraus, dass ungerechte Militärtribunale und unbegrenzte Haft ohne Gerichtsverfahren weiter bestehen, auch wenn Guantánamo geschlossen ist.
Diese Abweichungen von den internationalen und nationalen Rechtsnormen machen Projekte zum transatlantischen Datenaustausch noch problematischer als sie es sonst schon sind.
Wie macht die Kommission gegenüber der US-Regierung deutlich, dass sie auf gerechten Gerichtsverfahren besteht und dass ohne diese die Zusammenarbeit beeinträchtigt wird? Ich hoffe, dass heute, anders als in der Vergangenheit, keine Gefahr besteht, dass die EU oder ihre Mitgliedstaaten bei schweren Verletzungen der Grundrechte in der Bekämpfung des Terrorismus konspirieren.
José Manuel Barroso, Präsident der Kommission. – Ich bin stolz darauf, dass die Europäische Union, soweit ich mich erinnern kann, die erste war, die dieses Thema gegenüber einem US-Präsidenten – einem früheren Präsidenten – angesprochen hat: und zwar die Notwendigkeit, sich an die Grundrechte und die Rechtsstaatlichkeit zu halten, auch in Bezug auf den Terrorismus beziehungsweise auf Guantánamo. Ich selbst und der damalige Präsident des Europäischen Rates, Herr Schüssel – damals Bundeskanzler von Österreich – hatten das Thema zur Sprache gebracht. Diese Angelegenheit war schon immer ein Gegenstand des Dialogs mit unseren amerikanischen Partnern. Ich kann Ihnen versichern, dass dies eines unserer wichtigsten Themen sein wird.
Was den Datenschutz betrifft, sind wir der Meinung, dass wir mit den USA zusammen einen Rahmen erarbeiten sollten. Ich habe das bereits in einer früheren Antwort erwähnt. Gleichzeitig brauchen wir einen Rahmen für die gemeinsame Bekämpfung des Terrorismus. Es geht also darum, den richtigen Ansatz für zwei wichtige Anliegen zu finden: dasjenige der Freiheit und Achtung des Datenschutzes, aber auch dasjenige der Sicherheit, denn ohne Sicherheit kann es keine Freiheit geben.
Lena Kolarska-Bobińska (PPE). – Herr Präsident, einer der Hauptpunkte des neuen Vertrages von Lissabon ist die Aufwertung der Rolle der Europäischen Union in der Welt.
Mit dieser neuen, gestärkten Außenpolitik müssen wir als Union aktiver sein in der Förderung und Verteidigung der Menschenrechte und Grundrechte in Drittstaaten.
Was wollen Sie und Frau Ashton tun, um die EU-Politik in Bezug auf die Förderung der Demokratie zu stärken? Zweitens: Werden Sie sich beim nächsten Haushaltsplan für mehr Finanzmittel für das Europäische Instrument für Demokratie und Menschenrechte einsetzen?
Die Menschenrechte scheinen in unseren Dialogen immer an zweiter und dritter Stelle zu stehen. Ich denke, wir müssen mehr Zeit und Geld für die Förderung der Demokratie aufwenden und einen echten Europäischen Fonds für Demokratie aufbauen. Ich möchte Ihre Meinung zu diesen Fragen hören.
José Manuel Barroso, Präsident der Kommission. – Der Vertrag ist so angelegt, dass er der Förderung der Menschenrechte auf der ganzen Welt dient. Die Europäische Union hat Leitlinien zu den Menschenrechten verabschiedet, zu Themen, die von der Todesstrafe über die Verhütung von Folter bis zur Unterstützung von Menschenrechtsverteidigern reichen.
Im Rahmen dieser Leitlinien führt die Europäische Union eine Reihe verschiedener Maßnahmen durch; sie reichen von öffentlichen Erklärungen und diplomatischen Schritten bis zur Beobachtung von Gerichtsverfahren. Ich selbst habe das Thema der Menschenrechte immer wieder auf Gipfeltreffen mit Staats- und Regierungschefs von Drittstaaten zur Sprache gebracht. Erst kürzlich, auf dem Gipfeltreffen in Marokko letzte Woche, haben wir uns mit den Grundrechten befasst.
Die Europäische Union führt rund 40 Dialoge zum Thema Menschenrechte mit Partnerländern auf der ganzen Welt; es sind Foren, die eingehenden Diskussionen über dieses Thema gewidmet sind. Unter dem Europäischen Instrument für Demokratie und Menschenrechte veranschlagt die Kommission jährlich rund 150 Millionen EUR, um NRO für Menschenrechte auf der ganzen Welt zu unterstützen. Wir bemühen uns, in jeden Rahmenvertrag, den wir mit einem Drittstaat schließen, eine Menschenrechtsklausel einzubauen.
Simon Busuttil (PPE). – (MT) Eines der Grundprinzipien ist die Freizügigkeit. In Anbetracht des aktuellen Problems zwischen Libyen und der Schweiz, Herr Präsident, werden hunderte Bürger und Arbeiter der Europäischen Union gehindert, nach Libyen einzureisen, um dort zu arbeiten. Meine Frage ist: Was unternimmt die Europäische Kommission, um das Problem so schnell wie möglich zu lösen? Und hält es der Präsident der Europäischen Kommission für akzeptabel, dass ein Land, nämlich die Schweiz, eine unilaterale Entscheidung fällt, die alle Bürger des Schengen-Raums betrifft, insbesondere Arbeiter, die nach Libyen einreisen müssen, um ihren Lebensunterhalt zu verdienen?
José Manuel Barroso, Präsident der Kommission. – Dieser Fall macht uns große Sorgen. Kommissarin Malmström hat bereits erklärt, dass Libyens Aufhebung der Visa von Bürgern des Schengen-Raums eine unverhältnismäßige Maßnahme darstellt. Zudem entspricht diese Situation nicht der positiven Entwicklung der Beziehungen zwischen Libyen und der Europäischen Union.
Intensive diplomatische Bemühungen sind im Gange, um die Krise zu beenden. Einer der beiden Schweizer Bürger hat Libyen bereits verlassen. Dies ist ein positiver Schritt.
Die EU-Außen- und Justizminister haben sich am 22. und 25. Februar mit dem Thema befasst und sich sich für eine Fortführung der diplomatischen Bemühungen ausgesprochen.
Ich halte es für wesentlich, den Dialog aufrecht zu erhalten und zu versuchen, die Position beider Parteien zu verstehen, mit dem Ziel, so schnell wie möglich eine Lösung zu finden.
Olle Ludvigsson (S&D). – (SV) Herr Präsident, die Ratifizierung des Vertrages von Lissabon hat die Achtung der grundlegenden Menschenrechte und der Gewerkschaftsrechte verbessert. Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs der letzten Jahre haben jedoch gezeigt, dass der Schutz der grundlegenden Gewerkschaftsrechte weiter verstärkt werden muss. In den Fällen Laval, Rüffert, Viking und Luxembourg hat der Gerichtshof die Bedeutung der Gewerkschaftsrechte konsequent abgewertet.
Diese Entscheidungen machen es unmöglich, die Gleichbehandlung der Arbeiter, unabhängig von ihrer Nationalität, zu gewährleisten. Es ist den Gewerkschaften nicht mehr möglich, für entsandte Arbeiter den gleichen Lohn und die gleichen Arbeitsbedingungen zu sichern wie für einheimische Arbeiter. Auch ich begrüße deshalb das Versprechen, das Herr Barroso in diesem Haus gegeben hat, bevor er als Kommissionspräsident wiedergewählt wurde.
Meine Frage an Herrn Barroso ist die folgende: Wann dürfen wir einen Legislativvorschlag der Kommission erwarten, der die Probleme behandelt, die als Folge der Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs aufgekommen sind? Kann uns der Kommissionspräsident diese Information heute schon geben?
José Manuel Barroso, Präsident der Kommission. – Als diese Entscheidungen veröffentlich wurden, haben wir unseren Standpunkt sehr deutlich zum Ausdruck gebracht. Ich selbst und Kommissar Špidla, der für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten zuständig war, haben klar gesagt, dass diese Entscheidungen Grundrechte wie das Streikrecht, das Gewerkschaftsrecht oder die Besonderheiten bestimmter Arbeitsbeziehungsmechanismen in unseren Staaten nicht in Frage stellen dürften.
Wir sind im Begriff, Vorschläge zu diesem Thema auszuarbeiten. Leider kann ich Ihnen zurzeit kein konkretes Datum nennen, denn ich war auf diese Frage nicht vorbereitet. Wie ich jedoch bereits sagte, wird dieses Thema mit der Wahl dieser Kommission – und der verantwortliche Kommissar hat dies ebenfalls erklärt – bald zur Sprache kommen.
Bogusław Liberadzki (S&D). – (PL) Herr Barroso, ich habe eine Frage zu den Grundrechten und dem neuen Vertrag, und zur außenpolitischen Tätigkeit. Gemäß den Untersuchungen des Ausschusses für Haushaltskontrolle waren 43 % aller Finanztransaktionen inkorrekt. Werden der neue Vertrag und die neuen Lösungen im Kontext unserer Bemühungen um die Achtung der Grundrechte auf der ganzen Welt dazu beitragen, dass eine radikale Herabsetzung der Fehlerquote in der Vorbereitung, Ausführung und Berichterstattung des Haushaltsplans erreicht wird? Ich möchte betonen, dass die Quote der Finanzfehler auf 43 % geschätzt wird.
José Manuel Barroso, Präsident der Kommission. – Wie Sie wissen, arbeiten wir schon seit einigen Jahren daran, die Finanzfehler in der Haushaltsrechnung der Europäischen Union zu reduzieren. Viele dieser Fehler liegen, wie Sie wissen, in der Verantwortung der Mitgliedstaaten und entstehen bei der Umsetzung der zahlreichen europäischen Programme.
Die vom Europäischen Rechnungshof kürzlich geäußerte Anerkennung des bisherigen Fortschritts ist ermutigend, doch wir sollten uns nicht zu schnell zufrieden geben. Wir sind bereit, Anstrengungen zur Reduzierung aller möglichen Fehler bei der Umsetzung des EU-Haushaltsplans zu unternehmen.
David Casa (PPE). – (MT) Der Vertrag schreibt Grundsätze für den Schutz grundlegender Menschenrechte vor, und diejenigen Länder, die EU-Mitgliedstaaten werden wollen, müssen die Vorgaben der Europäischen Union befolgen, wie Malta dies getan hat, sowie auch alle anderen Staaten, die gleichzeitig aufgenommen wurden. Was die Türkei betrifft: Ist der Präsident nicht der Ansicht, dass die Türkei noch viel tun muss im Bereich der Menschenrechte? Und was unternimmt die Kommission, um sicherzustellen, dass vor den wirtschaftlichen und anderen Ansprüchen an die Türkei vor allem die grundlegenden Menschenrechte Beachtung finden? Diese stellen meines Erachtens eine Priorität dar, doch bedauerlicherweise sind sie in der Türkei nicht existent.
José Manuel Barroso, Präsident der Kommission. – Ich würde, offen gesagt, nicht sagen „nicht existent“. Die Türkei hat Fortschritte gemacht hinsichtlich der Rechtsstaatlichkeit, doch für uns entspricht sie noch nicht den europäischen Standards in Bezug auf Grundrechte und Rechtsstaatlichkeit. Genau das gehört zu der Arbeit, die wir in den letzten Jahren mit der Türkei zusammen entwickelt haben.
Da die Türkei für die Aufnahme in die Europäische Union kandidiert, bewertet die Kommission jedes Jahr sehr objektiv die Reformen, welche die Türkei in der Rechtsstaatlichkeit und in allen mit den Grundrechten verbundenen Belangen macht.
Man muss der Fairness halber sagen, dass in einigen Bereichen Fortschritte gemacht wurden. In anderen Bereichen verlangen wir stärkere Bemühungen vonseiten der türkischen Behörden.
Ich denke, dass die Aufrechterhaltung dieses Dialogs – und überhaupt der Verhandlungen – zum Beitritt der Türkei der richtige Weg ist für einen Fortschritt in Bezug auf die Achtung der Grundrechte sowie, allgemein, in Bezug auf Rechtsstaatlichkeit und demokratische Reformen in der Türkei.
Der Präsident. – Präsident Barroso, vielen Dank für diese äußerst interessante Debatte. Dies war die vierte Fragestunde im Plenum. Die nächste findet in einem Monat auf der nächsten Tagung in Straßburg statt.
Damit ist dieser Tagesordnungspunkt beendet.
DEVORSITZ: SILVANA KOCH-MEHRIN Vizepräsidentin
David-Maria Sassoli (S&D). – (IT) Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Vorhin wurde in diesem Plenarsaal in missbräuchlicher Weise eine beschämende Rede gegen den Präsidenten der Italienischen Republik gehalten. Ich glaube, dass es das Präsidium dieses Hauses den Abgeordneten nicht erlauben darf, hier nationale politische Fragen einzubringen, insbesondere wenn es um institutionelle und politische Fragen von großer Bedeutung geht.
Ich möchte Sie – und alle Kollegen – daran erinnern, dass die Italienische Republik nicht zum Verkauf steht, und dass der Präsident der Italienischen Republik, Giorgio Napolitano, der Wächter der italienischen Verfassung ist. Im Namen der italienischen Delegation der Fraktion der Progressiven Allianz der Sozialisten und Demokraten im Europäischen Parlament fordere ich das Präsidium dieses Hauses auf, im Hinblick auf die Themen, über die gesprochen wird, und im Hinblick auf die Reden, die gehalten werden, wachsamer zu sein.
Ich bedaure, dass Präsident Buzek nicht eingegriffen und eine Rede unterbrochen hat, in welcher der Präsident der Republik, der erst vor einer Woche das Europäische Parlament besucht hat, angegriffen wurde.
(Beifall)
Die Präsidentin. − Sowohl die von Ihnen angesprochene Bemerkung als auch Ihre Ausführungen werden im Protokoll natürlich ausführlich vermerkt, und ich werde versuchen, bei dem Tagesordnungspunkt, bei dem ich jetzt präsidieren darf, Ihren Ansprüchen gerecht zu werden. Ich hoffe, es wird gelingen.
11. Internationale Klimapolitik nach Kopenhagen: Neubelebung der internationalen Verhandlungen durch sofortiges Handeln
Die Präsidentin. − Als nächster Punkt folgt die Erklärung der Kommission: Internationale Klimapolitik nach Kopenhagen – Neubelebung der internationalen Verhandlungen durch sofortiges Handeln.
Connie Hedegaard, Mitglied der Kommission. – Frau Präsidentin! Dies war meine erste Rede vor diesem Haus. Ich freue mich, dass ich Ihnen heute, nicht einmal vier Wochen nach meiner Amtsübernahme, eine Mitteilung zur internationalen Klimapolitik nach Kopenhagen vorlegen kann – eine Mitteilung, die die Kommission heute bei ihrer Sitzung angenommen hat.
Die Mitteilung trägt den Titel „Jetzt handeln, um dem globalen Klimaschutz neue Impulse zu geben“, und genau das wollen wir tun. Natürlich haben wir bei der Ausarbeitung der Mitteilung die Entschließung des Parlaments vom 10. Februar zu den Ergebnissen der COP 15 vollumfänglich berücksichtigt.
Kopenhagen war ein viel kleinerer Fortschritt, als die Europäische Union es sich gewünscht hätte, aber dennoch war es ein Fortschritt. Einhundertneun Länder – Industrie- und Entwicklungsländer gleichermaßen, die gemeinsam für mehr als 80 % der weltweiten Treibhausgasemissionen verantwortlich sind – haben nun offiziell ihre Reduktionsziele und -maßnahmen in die Vereinbarung mit aufgenommen. Mit anderen Worten bietet sich uns die Möglichkeit, diese Entschlossenheit zu nutzen und sie in konkrete internationale Bahnen zu lenken. Wir müssen diese Chance nutzen, um dazu beizutragen, die Dynamik in Richtung eines soliden und rechtsverbindlichen Übereinkommens für die Zeit nach 2012 zu erhalten, das natürlich weiterhin unser Ziel ist.
Ausgangspunkt der Kommission ist, dass die EU weiterhin eine Führungsrolle spielen muss. Wir glauben, dass Europa dies am überzeugendsten tun kann, wenn es bei sich zu Hause konkret und entschlossen handelt, um zur klimafreundlichsten Region der Welt zu werden. Wir müssen dies als Teil der letzte Woche vorgelegten EU-Strategie für 2020 tun. Und lassen Sie mich klar und deutlich sagen: Dies liegt in Europas eigenem Interesse. Wie denn das? Nun, weil es – wenn wir es vernünftig machen – unsere Wettbewerbsfähigkeit steigern, unsere Energiesicherheit stärken, umweltverträglicheres Wachstum und Innovation fördern und somit zur Schaffung von neuen Arbeitsplätzen führen wird. Die Kommission wird daher jetzt an der Ausarbeitung eines Fahrplans für den Übergang der Europäischen Union bis 2050 zu einem kohlenstoffarmen Wirtschaftssystem arbeiten.
Dies beinhaltet das bereits vereinbarte Ziel einer Verringerung unserer Emissionen um 80 bis 95 % bis 2050 und die EU ist – wie dieses Haus weiß – entschlossen, ihre Emissionen bis 2020 gemessen am Stand von 1990 um mindestens 20 % zu reduzieren und dieses Reduktionsziel auf 30 % zu erhöhen, wenn die Bedingungen stimmen. Ich teile den von diesem Parlament zum Ausdruck gebrachten Wunsch, dass die EU das Ziel von 20 % übertreffen sollte, voll und ganz. Wir müssen unsere Reduktion besser mit dem in Einklang bringen, was die Wissenschaft für erforderlich hält, um das Ziel der Vereinbarung von Kopenhagen, die globale Erwärmung unter zwei Grad zu halten, zu erreichen. Wie Sie auch in Ihrer Entschließung festgehalten haben, hat es die Krise leichter gemacht, die Ziele zu erreichen. Wenn wir heute denselben Ehrgeiz zeigen wollen, den wir bereit waren zu zeigen als wir 2007 und 2008 das Klima- und Energiepaket beschlossen haben, dann müssen wir über die 20 % hinausgehen. Ich freue mich daher auch anzukündigen, dass die Kommission vor dem Europäischen Rat im Juni analysieren wird, welche politischen Maßnahmen in der Praxis erforderlich wären, um eine Reduktion der Emissionen um 30 % bis 2020 zu bewirken. Die Kommission wird zudem prüfen, welche Meilensteine, einschließlich der erforderlichen Reduktionsszenarien für 2030, unser Fahrplan bis 2050 enthalten sollte. Hierfür werden für die wichtigsten emittierenden Sektoren geeignete Strategien erarbeitet werden müssen, die in Einklang mit der Strategie der EU für 2020 stehen. In Einklang mit der in der EHS-Richtlinie vereinbarten Frist wird die Kommission im Fall einer Verlagerung von CO2-Emissionen auch eine Analyse der Lage im Hinblick auf energieintensive Industrien durchführen.
Parallel dazu muss die EU mit der Umsetzung der Vereinbarung von Kopenhagen beginnen. Dies bedeutet, dass ein solides und transparentes internationales Anrechnungsschema für die Emissionen und Leistungskapazitäten der Länder festgelegt werden muss. Dies bedeutet auch die zügige Mobilisierung von 7,2 Milliarden EUR zur Schnellstartfinanzierung von Entwicklungsländern, zu der sich Europa für den Zeitraum von 2010 bis 2012 verpflichtet hat. Dies und die Bereitstellung von langfristigen Finanzierungsmitteln ist für unsere Glaubwürdigkeit besonders wichtig. Die Kommission ist bereit dabei zu helfen, eine koordinierte Unterstützung durch die EU zu gewährleisten.
Und schließlich schlägt die Mitteilung auch einen Fahrplan für die nächsten Schritte im UN-Prozess vor, der in diesem Frühjahr in Bonn bei der Wiederaufnahme der Verhandlungen aufgestellt werden soll. Bei den Fachsitzungen in Bonn muss mit dem Prozess der Einarbeitung der politischen Leitlinien der Vereinbarung von Kopenhagen in die UN-Verhandlungstexte begonnen werden und es muss über die noch vorhandenen Regelungslücken gesprochen werden. Am wichtigsten ist meiner Meinung nach jedoch, dass die konkreten Ziele für Cancún abgesteckt werden. Es wird von entscheidender Bedeutung sein, dass die im Zuge der Vereinbarung mitgeteilten Ziele der Industriestaaten und Maßnahmen der Entwicklungsländer, ebenso wie die politischen Leitlinien zum MRV, in den formellen UN-Verhandlungsprozess einbezogen werden, aber auch, dass Fragen geregelt werden, die in der Vereinbarung nicht zur Sprache kommen, wie die Entwicklung des internationalen Kohlenstoffmarktes, die Verringerung von Emissionen aus dem internationalen Luft- und Seeverkehr im Rahmen der ICAO und EIMO, die Landwirtschaft und andere Dinge. Bei den formellen Verhandlungen wurden in Kopenhagen in der Tat deutliche Fortschritte im Hinblick auf eine Rahmenregelung für die Fragen Anpassung, Technologie, Forstwirtschaft erzielt, die ebenfalls zu den konkreten Zielen für Mexiko zählen könnten.
Niemand wäre glücklicher als ich, wenn in Cancún ein rechtsverbindliches globales Übereinkommen erzielt würde und dort auch die rechtliche Frage gelöst würde – und seien Sie versichert, die Europäische Union ist bereit. Wir müssen jedoch auch anerkennen, dass ein solches Übereinkommen aufgrund der nach wie vor zwischen den Parteien bestehenden Differenzen möglicherweise erst im nächsten Jahr erzielt werden kann. Deshalb müssen wir mit Erwartungen vorsichtig sein. Ich denke Sie alle wissen, dass hohe Erwartungen für Mexiko ohne konkrete Ziele das große Risiko birgt, den Prozess am Ende zunichte zu machen. Deshalb, so denke ich, ist es für uns alle, die wir die Erzielung eines internationalen Übereinkommens für äußerst wichtig halten, auch sehr wichtig, schrittweise vorzugehen und zu versuchen alles in unserer Macht Stehende zu tun, um zu gewährleisten, dass die Welt vor 2012 ein rechtsverbindliches Übereinkommen erhält.
Zum Schluss noch ein paar Worte zur Umweltintegrität. Umweltintegrität muss unsere Maxime bei den Verhandlungen sein, und ich weiß, dass dies auch ein Anliegen des Parlaments ist. Deshalb müssen die Defizite des Kyoto-Protokolls behoben werden. Damit meine ich die begrenzte Anzahl an Ländern, die es abdeckt – was nur 30 % der heutigen Emissionen entspricht – und die ernsten Schwachstellen, die es enthält, wie die Regelung für die Anrechnung der Emissionen aus der Forstwirtschaft und die Handhabung überschüssiger Emissionsrechte aus dem Zeitraum 2008 bis 2012, die in Ihrer Entschließung vom Februar ebenfalls hervorgehoben wurden.
Und zu guter Letzt muss Europa auch Überzeugungsarbeit leisten, um die Unterstützung für den UN-Prozess zu fördern und um das Vertrauen wiederherzustellen, dass ein internationales Übereinkommen möglich ist. Wir müssen ein besseres Verständnis der Standpunkte unserer Partner in Schlüsselfragen gewinnen, aber auch klar darlegen, welches die Anforderungen der EU an ein globales Übereinkommen sind. Die Kommission wird diese Überzeugungsarbeit in enger Zusammenarbeit mit dem Rat und seinem Vorsitz leisten. Ich werde diesen Monat in Washington und Mexiko Gespräche führen und plane im April unter anderem Indien, die Malediven, China und Japan zu besuchen.
Wir möchten auch Sie, das Europäische Parlament, auffordern, Ihren Beitrag zu leisten, indem Sie mit Parlamentariern aus der ganzen Welt zusammenarbeiten. Ich habe mich bereits mit einigen Vertretern Ihrer parlamentarischen Delegationen für die Beziehungen zu wichtigen Drittländern getroffen und werde bald noch andere treffen, um darüber zu sprechen, wie wir unsere Anstrengungen bündeln und gemeinsam Überzeugungsarbeit leisten können und wie die Kommission Sie bei dieser wichtigen Aufgabe unterstützen kann.
Die Mitteilung der Kommission beschreibt eine Strategie, die dazu beitragen soll, die Dynamik der globalen Bemühungen zur Bewältigung des Klimawandels, die sich in der wachsenden Unterstützung der Vereinbarung von Kopenhagen zeigt, zu erhalten. Damit dies gelingt, ist es von entscheidender Bedeutung, dass die EU bei diesem Prozess eine Führungsrolle übernimmt. Ich hoffe, wir können auf die Unterstützung des Parlaments zählen.
Richard Seeber (PPE). - Ich möchte der neuen Kommissarin zu ihrer ersten Rede gratulieren. Auch die Mitteilung, die sie uns vorgelegt hat, ist sehr interessant. Aber ich möchte jetzt doch auf ein paar Defizite eingehen.
Es wäre angemessen gewesen, wenn Sie in dieser ersten Mitteilung auch den UN-Prozess selbst ein wenig mehr analysiert und ihn auch dort kritisiert hätten, wo er wirklich Schwachstellen aufweist. Insbesondere im Panel 2 wurde, wie wir wissen, ja nicht gerade mit wissenschaftlicher Sorgfalt vorgegangen.
Zum Zweiten hätte man auch das Zwei-Grad-Ziel, das wir festgeschrieben haben, wissenschaftlich mehr untermauern sollen bzw. sollten Sie jetzt Ihre Anstrengungen erhöhen, damit wir hier stärker erforschen, ob das noch möglich ist oder ob wir uns – wie von verschiedenen Seiten schon zu hören ist – zusehends davon entfernen.
Zum Ditten, und das ist wohl das Wichtigste: Wir müssen insbesondere auch jetzt gegen die Vertrauenskrise vorgehen, die weltweit und speziell hier in Europa herrscht. Sie wissen, es gibt Umfragen, die besagen, dass nur 30 % der europäischen Bürger glauben, dass CO2 einen Einfluss auf das Klima hat. Jedes Projekt, das dies nicht berücksichtigt, ist zum Scheitern verurteilt.
Marita Ulvskog (S&D). – (SV) Frau Präsidentin! Kommissarin Hedegaard hat einige positive Bemerkungen gemacht, aber auch zwei sehr besorgniserregende Dinge gesagt: Sie spricht lieber über 2050 als über 2010, was ich bedenklich finde, und sie redet eher darüber, wie wir unsere Erwartungen herunterschrauben müssen, als darüber, die Dinge weiter voranzutreiben, damit unsere Ziele und Erwartungen bei den bereits angesetzten Sitzungen so hoch wie möglich sind.
Ich würde gerne fragen, ob die Kommission darauf hinarbeitet, dass im Dezember in Cancún tatsächlich eine ehrgeizige und rechtsverbindliche Vereinbarung zum Klimawandel unterzeichnet wird, oder ob sie weiterhin einen Prozess vertritt, bei dem Cancún eher als ein Schritt auf dem Weg hin zu einer Vereinbarung betrachtet wird, die in Südafrika oder vielleicht in einem anderen Land in ferner Zukunft unterzeichnet wird: 2011, 2012, 2020 oder, im schlimmsten Fall, sogar noch später?
Chris Davies (ALDE). – Frau Präsidentin! Nach Kopenhagen fühlen sich einige von uns wie der versprengte Rest einer besiegten Armee, zerstoben und demoralisiert, und deshalb bin ich froh, dass Sie hier die Fahne gehisst und zum Gegenschlag angesetzt haben.
Aber obwohl Sie optimistisch und positiv klingen, basiert ein Großteil davon in Wirklichkeit auf dem Prinzip „Hoffen und Beten“. Wir sind sehr stark von anderen abhängig, wenn es darum geht, Fortschritte erzielen zu können.
Ich stelle fest, dass Sie darüber gesprochen haben, die Idee einer Anhebung unseres eigenen Reduktionsziels auf 30 % neu zu überdenken. Liege ich richtig, wenn ich sage, dass Sie einen neuen und subjektiveren Ansatz gewählt haben, nach dem dies zur Anwendung kommen soll? „Wenn die Bedingungen stimmen“, steht im Dokument. Das ist neu, glaube ich.
Warum enthält das Dokument keine Analyse der Gründe für das Scheitern von Kopenhagen und die Lehren, die daraus zu ziehen sind? Warum steht hier nichts über das Problem der Verleugnung des Klimawandels, die den politischen Willen unterminiert? Und zu guter Letzt, warum steht hier nichts über die Notwendigkeit, die Unternehmen mehr einzubinden?
Es gibt viele Unternehmen in Europa, die mit uns daran arbeiten wollen, und, offen gesagt, auch wenn ich Ihnen alles Gute wünsche, auch wenn wir Ihnen alles Gute wünschen – Sie brauchen alle Freunde, die Sie kriegen können.
Connie Hedegaard, Mitglied der Kommission. – Frau Präsidentin! Zunächst einmal zu Herrn Seeber, was den IPCC anbelangt und warum wir das nicht kritisiert haben oder was auch immer wir in dieses Papier hätten aufnehmen sollen: Ich muss sagen, dass ich – obwohl es für den IPCC wichtig ist, die Kritik ernst zu nehmen und zu versuchen, Korrekturen dort vorzunehmen, wo Korrekturbedarf besteht – bisher nichts gesehen habe, was mein tiefes Verständnis und Gefühl ändert, dass wir den Klimawandel angehen müssen. Es gibt Dinge, Details, durchgesickerte E-Mails und all diese Dinge. Ich habe nichts tiefer gehendes gesehen, das meine tiefe Überzeugung ändern würde, und ich denke, das gilt für sehr viele; das ist also wohl überlegt. Ich denke, dass der IPCC selbst nun versuchen muss, vorsichtig zu sein, um das Vertrauen in die Ergebnisse des IPCC, wie auch immer diese ausfallen, wieder herzustellen.
Ich bin voll und ganz mit dem Punkt einverstanden, den Sie kaum Zeit hatten anzusprechen – die Frage des Vertrauens – und das ist auch ein Grund, weshalb wir erhebliche Überzeugungsarbeit leisten, etwas, das für die Europäische Union entscheidend ist.
Frau Ulvskog, Sie sagten, ich hätte mehr über 2050 als über 2010 gesprochen. Dies ist eine Strategie auf dem Weg in Richtung 2012. Wir haben bereits unsere Politik für das Hier und Jetzt, 2010, in der Europäischen Union; es ist also eine auf die Zukunft gerichtete Strategie. Einer der neuen Punkte, dem wir meiner Meinung nach Aufmerksamkeit schenken müssen, ist, dass wir damit beginnen zu sagen, dass wir die Fahrpläne zwischen 2020 und 2050 festlegen müssen, und deshalb werde ich das zur Sprache bringen, was bis 2030 erreicht werden sollte.
Es trennen uns nur 10 Jahre vom Jahr 2020. Während der Amtszeit dieser Kommission müssen wir auch den Weg für das bereiten, wo wir bis 2030 stehen werden; das war also wohl überlegt und ist einer der neuen Punkte in dieser Sache.
Ich möchte die Erwartungen definitiv nicht herunterschrauben, aber ich wäre sehr vorsichtig damit, die Erwartungen zu hoch anzusetzen, damit diejenigen, die sich ein Scheitern der internationalen Verhandlungen wünschen, den Prozess nach Mexiko nicht zunichtemachen, wenn wir nichts erreichen. Deshalb müssen wir pragmatisch sein. Ich werde stets dafür eintreten, dass es bis Kopenhagen richtig war, die Erwartungen hoch zu halten, um den Druck aufrechtzuerhalten und dafür zu sorgen, dass dies ganz oben auf der Tagesordnung der Staatschefs steht. Dadurch wurden sie in die Verantwortung genommen; es hat Schwellenländer und die Vereinigten Staaten dazu veranlasst, sich inländische Ziele zu setzen; es war wichtig. Aber so etwas kann man nur einmal machen, und das Ziel dann nicht voll erreichen Ich fürchte, wir können das nicht zweimal machen.
Warum also nicht einen konkreten Fahrplan in Bonn ausarbeiten, mit dem garantiert wird, dass die Dynamik erhalten bleibt? Das ist der Gedanke.
Abschließend noch zu Chris Davies: Ja, Sie haben recht. Wir hängen von anderen ab, um Fortschritte zu erzielen, und deshalb müssen wir auch den Durchschnitt ermitteln und versuchen die Informationen, die wir erhalten, zu analysieren. Was passiert in Peking? Was passiert in Delhi? Was passiert in Washington? Was passiert im US-Kongress? Und dann müssen wir versuchen zu sehen, dass wir, wenn wir all dies berücksichtigen, gleichzeitig gewährleisten können, dass wir immer noch unser Ziel erreichen, nämlich ein echtes, rechtsverbindliches internationales Übereinkommen.
Sie haben die 30 % erwähnt, wenn die Bedingungen stimmen – ja, Sie haben recht, das ist eine neue Betrachtungsweise. Auch die Strategie für 2020 enthält Fußnoten, die sich auf die bisherige Politik beziehen, dass es Voraussetzung ist, dass die anderen Länder... und so weiter und so fort, aber ich denke, wenn die Bedingungen stimmen, und wenn wir es vernünftig machen, Europa selbst auch davon profitieren könnte. Das muss auch in unseren verschiedenen Strategien und Arbeitspapieren enthalten sein.
Ich weiß, dass dies ein Bereich ist, in dem es derzeit in Europa noch keinen Konsens gibt. Ich denke, es ist wichtig, dies zu berücksichtigen. Angenommen beispielsweise, dass China einer internationalen Vereinbarung nicht zustimmt – würden wir dann für immer bei 20 % verharren? Wie würde das unserer Wirtschaft, unserer Innovation, unserem Wachstum nützen? Würden wir nicht riskieren, die Märkte an China und an andere Regionen zu verlieren, die diese Absichten weiterverfolgen, egal ob und wann wir ein internationales Übereinkommen erzielen?
Dies ist nur ein Einstieg in die Diskussion, zu sagen, ja, das sind Trümpfe bei den internationalen Verhandlungen, aber wir sollten nicht vergessen, dass es auch einen inländischen Aspekt gibt. Woher wird unser Wachstum in Zukunft kommen? Hier sollten wir aufpassen, dass wir nicht zu wenig Ehrgeiz an den Tag legen.
Satu Hassi (Verts/ALE). – (FI) Meine Damen und Herren, Frau Kommissarin! Es ist schön zu sehen, dass Sie die Entschließung des Parlaments gelesen haben und sich darauf beziehen. Das ist zum Antritt Ihres neuen Amtes ein gutes Zeichen.
Wenn die EU ihre Führungsrolle bei der Klimaschutzfrage tatsächlich weiterhin behalten will, sollten wir unser Ziel auf mindestens -30 % heraufsetzen, ein Ziel, für das Sie bereits plädiert haben. Ich würde gerne hinzufügen, dass die Veränderungen, die die Rezession an der Lage mit sich gebracht hat, bedeuten, dass -20 % in Wirklichkeit keinen großen Unterschied zum „Business as usual“-Szenario darstellen. Wenn wir ehrgeizig sein wollen, müssen wir uns konsequentere Ziele setzen und sie auf mindestens -30 %, besser noch auf -40 % anheben.
Zweitens, wie das Parlament bei seiner letzten Aussprache einstimmig...
(Die Präsidentin hat die Rednerin unterbrochen)
Martin Callanan (ECR). – Frau Präsidentin! Ich möchte der Kommissarin für ihre Erklärung danken und sie in unserem Plenarsaal willkommen heißen.
In ihrer Erklärung hat sie über eine Anhebung unseres Ziels auf 30 % gesprochen, wenn die Bedingungen stimmen.
Welche Belege hat sie dafür, dass dies, wenn wir dies tun, dabei helfen wird, Amerika, Indien, China oder andere Länder zu überzeugen, ein globales verbindliches Übereinkommen zu unterzeichnen?
Ist sie nicht auch der Meinung, dass in Ermangelung eines globalen verbindlichen Übereinkommens das erhebliche Risiko besteht, dass wir die Wettbewerbsfähigkeit unserer Industrie schwächen und unseren Verbrauchern immer höhere Stromrechnungen aufbürden, ohne dass dies in irgendeiner Weise der Umwelt zugutekommen würde, da diese Emissionsverringerungen natürlich durch erhöhte Emissionen in Indien, China, den USA, etc. aufgehoben würden?
Bairbre de Brún (GUE/NGL). – (GA)Frau Präsidentin! Die EU muss sich in Übereinstimmung mit den neuesten verfügbaren wissenschaftlichen Informationen verpflichten, ihre Emissionen bis 2020 um 40 % zu verringern. Diese Verpflichtung darf nicht in Abhängigkeit von den Maßnahmen anderer Länder eingegangen werden.
Welche Maßnahmen wird die Kommission ergreifen, um sicherzustellen, dass die Verpflichtung zur Reduzierung der EU-Emissionen auf 40 % angehoben wird? Was die erforderliche Finanzierung betrifft, die den Entwicklungsländern zur Verfügung gestellt wird, um sie in die Lage zu versetzen, den Klimawandel und seine Auswirkungen zu bekämpfen – wer genau wird den Entwicklungsländern diese Finanzmittel zur Verfügung stellen? Wie viel wird jeder Industriestaat bereitstellen? Wie und wann werden die Mittel zur Verfügung gestellt?
Die Kommissarin hat auch von einem ehrgeizigen, rechtsverbindlichen Übereinkommen gesprochen. Welche Schritte wird die Kommission unternehmen, um ein Übereinkommen zu erzielen, das die gemeinsamen, aber unterschiedlichen Verantwortlichkeiten der Industrie- und Entwicklungsländer, basierend auf dem historischen Ausstoß von Treibhausgasen in die Atmosphäre und den Mitteln, die zur Verfügung stehen, um sich den mit der Emissionsverringerung und den Auswirkungen des Klimawandels verbundenen Herausforderungen stellen zu können, anerkennt?
Connie Hedegaard, Mitglied der Kommission. – Frau Präsidentin! Wenn ich den letzten Punkt richtig verstanden habe, geht es hier darum, wie wir das, worauf wir uns einigen, durchsetzen können. Das ist natürlich eine grundlegende Frage.
Die andere Frage, so wie ich sie verstanden habe, war, wie viel die Entwicklungsländer erhalten sollten. Die Kriterien wurden bisher noch nicht festgelegt, aber ich denke, es ist sehr wichtig, dass wir dies nicht an zu viele Bedingungen knüpfen. Das in Kopenhagen abgegebene Versprechen war, dass die Schnellstartfinanzierung, die „Hier und Jetzt“-Finanzierung, den am wenigsten entwickelten und den schutzlosesten Ländern zum Teil für Anpassungsmaßnahmen und zum Teil für Klimaschutzmaßnahmen bereitgestellt wird.
Ich denke auch es ist nur konsequent, dass wir uns dafür einsetzen, dass dies über bereits bestehende Kanäle erfolgen muss. Wir können es uns zeitlich nicht leisten, neue Regelungssysteme oder Kanäle oder sonst irgendetwas einzurichten, über die das Geld bereitgestellt und eingesetzt wird, da wir es so schnell wie möglich bereitstellen und einsetzen sollten.
Ich würde sagen, dass die EU für Bonn schon bereit ist, die Schnellstartfinanzierung bereitzustellen, und ich würde sagen, dass die Welt spätestens in Mexiko bereit sein muss, ihre in Kopenhagen gegebenen Versprechen zur Schnellstartfinanzierung einzulösen und die verschiedenen Kriterien aufzustellen und festzulegen, wie wir genau vorgehen.
Zu Frau Hassi und zu dem Standpunkt, dass wir an 30 % festhalten müssen, was in vielerlei Hinsicht auch mit dem zu tun hat, was Herr Callanan sagt.
Es ist nicht ganz leicht zu entscheiden, wann genau wir auf 30 % gehen sollten und was genau nötig wäre, um auf 30 % zu gehen. Deshalb sagen wir in dieser Mitteilung, dass wir vor dem Europäischen Rat im Juni analysieren werden, wie genau wir vernünftigerweise auf 30 % gehen könnten. Was wäre dafür erforderlich?
Natürlich sollte niemand blauäugig sein. Selbstverständlich müssen wir uns auch um unsere eigene Industrie kümmern. Wir müssen wissen, was wir tun, und sollten nicht blauäugig sein. Mein Standpunkt ist einfach, dass ich denke, dass – wenn wir dies in einer vernünftigen und kohärenten Weise tun – es möglich wäre, Instrumente zu wählen, die gleichzeitig dem Klimaschutz, der Reduzierung von Emissionen, der Energieeffizienz, der Energiesicherheit, Innovationen und der Schaffung von Arbeitsplätzen dienen könnten. Das ist es, worum wir uns bemühen werden. Ich sage nicht, dass es einfach sein wird. Wir dürfen nicht glauben, dass eine Anhebung auf 30 % ein Kinderspiel sein wird, wenngleich wir wissen müssen, was möglich wäre, was die Folgen wären, und dies wäre die Analyse, die ich vor der Sitzung des Europäischen Rates diesen Juni vorlegen würde. Dann, später in diesem Jahr, hätten wir die Analyse für die Fahrpläne bis 2050, einschließlich der Perspektive bis 2030, über die wir anfangen sollten nachzudenken, und der Grund hierfür ist natürlich, dass wir zugesichert haben, bis 2050 Reduktionen von 80 bis 95 % zu erreichen. Wenn wir jetzt nicht anfangen, wird es in den letzten ein oder zwei Jahrzehnten, wenn wir uns 2050 nähern, sehr schwierig werden.
Paul Nuttall (EFD). – Frau Präsidentin! Im Gegensatz zu dem, was die Kommission glaubt, ist die Debatte über den vom Menschen verursachten Klimawandel noch lange nicht vorbei.
Allein im letzten Monat hatten wir den Skandal um die Universität von East Anglia; dann hatten wir das Debakel um die Himalaya-Gletscher und nun gibt es Fragen hinsichtlich der Auswirkungen, die der Klimawandel auf die Flora und Fauna im Amazonasgebiet haben wird.
Nachforschungen haben ergeben, dass in mindestens 20 Passagen des IPCC-Berichts Berichte des World Wildlife Fund oder von Greenpeace als Beleg angeführt werden, die nicht von Fachleuten überprüft wurden. Das ist keine Wissenschaft. Wir brauchen solide, von Fachleuten überprüfte wissenschaftliche Belege, nicht die Arbeit von Interessengruppen, die den Klimawandel benutzen, um ihren eigenen Absichten Vorschub zu leisten, oder von Politikern, die den Klimawandel benutzen, um das Bestehen der Europäischen Union zu rechtfertigen.
Ich würde gerne fragen, ob es jetzt nicht an der Zeit ist innezuhalten, Bilanz zu ziehen und über die Auswirkungen nachzudenken, die es haben könnte, wenn wir mit einer Politik vorpreschen, die Volkswirtschaften schaden könnte und zu Arbeitsplatzverlusten und möglicherweise zu einem Energiechaos führen könnte.
Andrew Henry William Brons (NI). – Sie wissen sicherlich, dass die durchgesickerten E-Mails der Universität von East Anglia enthüllen, dass die historischen Temperaturänderungen von Anhängern der These des vom Menschen verursachten Klimawandels manipuliert wurden, indem subjektiv Basisjahre ausgewählt wurden. Dieser Trick wurde angewandt, um noch nicht lange zurückliegende Temperaturrückgänge zu verbergen und das Problem der mittelalterlichen Warmperiode einzudämmen. Die E-Mails enthüllen auch, dass Wissenschaftler, die der These skeptisch gegenüberstehen, aus Überprüfungsverfahren durch Fachleute herausgehalten wurden, um zu verhindern, dass wissenschaftliche Mängel an die Öffentlichkeit gelangen.
Kann eine These, die von Datenmanipulationen abhängt, eine geeignete Grundlage sein, um enorme Ausgaben und Fabrikschließungen wie die der Corus-Anlage in Middlesbrough zu rechtfertigen? Die Europäische Union zahlt Unsummen von Zuschüssen an Umweltschutzorganisationen, die sich einig sind, der EU zur Verfolgung einer Politik zu raten, der sie sich bereits verschrieben hat. Ist es angemessen, dass die Europäische Union öffentliche Mittel verwendet, um Interessengruppen zu bezuschussen? Auf diese Weise werden öffentliche Gelder verschwendet, wird eine Unterstützung der Politik der Europäischen Union vorgespiegelt und wird die Unabhängigkeit von Organisationen gefährdet.
Karl-Heinz Florenz (PPE). - Herzlich willkommen in diesem Hause. Vertrauensverlust in Kopenhagen, das war meiner Meinung nach eines der großen Probleme. Das könnte sich theoretisch fortsetzen, weltweit, aber auch innerhalb der Europäischen Union. Meine Frage an Sie ist: Wie geht es mit den Instrumenten, die wir im vergangen Jahr beschlossen haben, weiter? ETS liegt mir schon im Magen, weil ich nicht ganz sicher bin, wie die Kommission jetzt aufgrund der Entscheidung in Kopenhagen z. B. mit Benchmarks, aber auch mit Carbon Leakage umgeht.
Die zweite Frage ist: Es gibt einen Vorschlag der französischen Regierung, Importeure aus der dritten Welt in das ETS-System einzugliedern, um damit den Markt größer zu machen und diese Länder an diesem System teilhaben zu lassen. Haben Sie dazu eine Meinung?
Connie Hedegaard, Mitglied der Kommission. – Frau Präsidentin! Zunächst zu den beiden Herren, die die IPCC-Frage angesprochen haben.
Zunächst einmal bin ich nicht hier, um den IPCC zu vertreten. Ich bin sicher, dass er sehr gut in der Lage ist, für sich selbst zu sprechen.
Wenn ich den Satz „ist es nicht an der Zeit innezuhalten“ höre, muss ich sagen, dass die internationalen Klimaverhandlungen in vielerlei Hinsicht recht lange auf Eis gelegt wurden. Hier müssen wir, so glaube ich, noch große Fortschritte machen. Ich verstehe einfach nicht, warum man wegen ein paar durchgesickerter Dinge möchte, dass ein gesamtes Projekt skeptisch betrachtet wird. Das ist nicht mein Ansatz. Ich bin Politikerin. Ich kann die Arbeit der Wissenschaftler nicht beurteilen, aber ich kann meinen gesunden Menschenverstand benutzen und ihre wichtigsten Schlussfolgerungen lesen und sehen, welche Fakten auf dem Tisch liegen. Dann kann ich selbst abwägen, ob ich das Risiko eingehen will, nichts zu tun, mit den enormen Auswirkungen, die dies haben kann – oder werde ich statt dessen versuchen, der Herausforderung zu begegnen?
Was ich einfach nicht verstehe ist, dass diejenigen, die dieser Klimafrage skeptisch gegenüberstehen, nicht sehen, dass es für einen Planeten, dessen Bevölkerungsanzahl sich bis Mitte dieses Jahrhunderts neun Milliarden oder noch mehr Menschen annähern wird, in jedem Fall gut ist, um einiges effizienter mit Energie und Rohstoffen zu umzugehen.
Das ist die gemeinsame Grundlage, die wir haben sollten, wenn es um die Instrumente geht, denn dies wird in jedem Fall unserer Umwelt, unseren Bürgerinnen und Bürgern und unseren Volkswirtschaften zugutekommen. Auch die Unternehmen werden davon profitieren, in einer Zukunft, in der Energie immer teurer wird, energieeffizient zu arbeiten. Das wird sich in einer Welt, in der es einen Kampf um Ressourcen geben wird, unter dem Strich auszahlen. Ich kann daher einfach nicht verstehen, warum wir unter diesem Blickwinkel nicht dieselben Absichten verfolgen können.
Zu Herrn Florenz – was tun wir mit den ETS-Instrumenten? Nun, wie gesagt wird noch vor dem Sommer eine Analyse zur Verlagerung von CO2-Emissionen durchgeführt, und was die Benchmark angeht, werden wir mit der Benchmark weiterarbeiten. Es gibt noch viele Dinge beim ETS, an denen gearbeitet werden muss. Ich denke auch, dass wir weiter mit den anderen Parteien auf der Welt arbeiten sollten, die die Einführung eines Handelssystems planen.
Ich denke, dass das die wirksamste Art und Weise ist zu versuchen, dies zu regeln, aber dann ist es natürlich sehr wichtig, dass unsere eigenen Systeme funktionieren und so effizient und unternehmensfreundlich wie möglich sind, damit sie sehen, dass es wirklich funktioniert und dass es ihnen am Ende auch Raum für Innovationen bietet.
Jo Leinen (S&D). - Frau Kommissarin, herzlich willkommen im Parlament. Ich habe dem Parlamentspräsidenten einen Brief geschrieben und ihm mitgeteilt, dass alle Delegationen dieses Hauses das Thema Klimaschutz auf ihrer Agenda haben, wenn wir zu Partnern in der Welt Kontakte unterhalten. Wir müssen noch einen Mechanismus finden, wie diese Informationen und diese Ergebnisse mit Ihren Reisen um die Welt verbunden und vernetzt werden können, sodass wir hier in Brüssel und in Straßburg genau wissen, wo wir stehen.
Ich habe etwas Angst, dass die Klimaverhandlungen das Schicksal der Doha-Verhandlungen erleiden könnten. Diese werden von Jahr zu Jahr verschoben. Die Frage ist also: Was ist Ihr Plan B, um vielleicht in Teilsektoren zu Ergebnissen zu kommen? Eine Frage dann auch noch zum Kyoto-Protokoll: Ein strategischer Fehler in Bangkok war, den Eindruck zu erwecken, wir würden es aufgeben. Wie sieht es denn aus, wenn wir erst 2011 oder 2012 etwas verabschieden? Was ist die Fortsetzung des Kyoto-Protokolls?
Frédérique Ries (ALDE). – (FR) Frau Präsidentin! Ich möchte Frau Hedegaard in unserem Plenarsaal willkommen heißen. Frau Kommissarin, ich freue mich, Sie zu Ihrem ersten Beitrag willkommen zu heißen und zu wiederholen, was ich bei Ihrer Anhörung gesagt habe, nämlich Ihnen zu Ihrem Enthusiasmus zu gratulieren, den Sie unseren Debatten einhauchen, Sie, die die Klimadiplomatie verkörpern, und dies – natürlich – mit der fortlaufenden Unterstützung unseres Parlaments.
Ich bin davon überzeugt, dass Europa eine offensivere Haltung einnehmen muss, dass es vielmehr seine Waffen als seine Absichten präsentieren muss. Meine Frage, die für Sie leicht zu beantworten sein wird, ähnelt der Frage des Vorsitzenden des Ausschusses für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit, da auch ich davon überzeugt bin, dass Europa von nun an sicherstellen muss, dass es die Klimafrage in alle seine Handelsabkommen mit Drittländern mit einbezieht, auch mit Hilfe einer europäischen Kohlenstoffsteuer, wenn dies die einzige Sprache ist, die diejenigen, die das Ausmaß der Herausforderung nicht sehen wollen, verstehen.
Ich habe noch eine andere Frage, die vielleicht etwas ketzerischer ist, ein Vorschlag, der in jedem Fall eine Reaktion Ihrerseits erfordert: Könnten das Europäische Parlament, die Kommission und die Organe nicht auch mit gutem Beispiel vorangehen, indem sie sich für CO2-neutral erklären, mit anderen Worten, indem sie ihre CO2-Emissionen ausgleichen, um zumindest – auch wenn das nur ein Aspekt ist – für die Umweltkosten unserer Reisen nach Straßburg aufzukommen?
Claude Turmes (Verts/ALE). – Frau Präsidentin! Zunächst einmal denke ich, dass auch wir dieser Folgenabschätzung mit Spannung entgegensehen. Wir sind uns wirklich mehr oder weniger sicher, dass 30 % für die europäische Wirtschaft und auch im Rennen um grüne Technologien gut sind.
Ich habe zwei Fragen, Frau Kommissarin: Eine Frage betrifft die Schnellstartfinanzierung. Wie werden Sie mit Herrn Piebalgs zusammenarbeiten, um wirklich sicherzustellen, dass dieses Geld in Effizienz, erneuerbare Energien und, in dezentralisierter Weise, in dezentralisierte Energieerzeugung auch in Kombination mit Energiearmut investiert wird? Die zweite Frage ist, wie Sie die großen europäischen Städte und wachsenden Regionen, auch auf internationaler Ebene, ins Spiel bringen wollen? Ich war wirklich enttäuscht, dass im EU-Strategiepapier für 2020 von letzter Woche Städte und Regionen im Grunde nicht vorkommen. Wie können wir auch nur wagen daran zu denken, dass wir Europa vorwärts bringen, wenn wir die Regionen der Bürger in Europa und deren mögliche internationale Auswirkungen ignorieren?
Connie Hedegaard, Mitglied der Kommission. – Frau Präsidentin! Zunächst zu Herrn Leinen. Ich denke, dass es eine sehr gute Idee ist, dass die Delegationen, wenn sie unterwegs sind, auch die Klimaschutzfrage auf die Agenda setzen und ihr Zeit und Priorität einräumen. Das ist sehr wichtig und es könnte sehr nützlich sein, unsere Informationen abzugleichen, sodass – wenn Sie in einem Land Informationen erhalten und ich einen Monat später Informationen erhalte – wir uns hin und wieder zusammensetzen und die Information abgleichen, sodass wir wirklich auf die Informationen bauen können, die wir jeweils erhalten.
Das Risiko, in einem Doha-ähnlichen Prozess zu enden, war ja gerade der Grund weshalb wir mit Blick auf Kopenhagen so viel Druck ausgeübt haben, um unser Möglichstes zu tun und zu versuchen, diese Situation zu vermeiden. Sie haben auch recht damit, dass dies jetzt eine gefährliche Situation ist: Wenn wir es in Kopenhagen nicht geschafft haben, könnte das dann für immer so weitergehen? Deshalb wünsche ich mir, dass ein konkreter Fahrplan mit genauen Zielvorgaben für jeden Fall und einem genauen Zeitpunkt, zu dem er abgeschlossen sein muss, aufgestellt wird. Ich denke, das ist ein sehr guter Punkt.
Die letzte Frage betraf das Kyoto-Protokoll und die Fortsetzung des Kyoto-Protokolls. Wir alle wissen, dass es mit dem Kyoto-Protokoll Probleme gibt. Wir alle wissen, dass es viele Länder gibt, die sich nicht an ihm und an all den Herausforderungen beteiligen wollen. Letztendlich ist es auch eine Herausforderung für die Europäische Union. Wir stehen schließlich nicht alleine da, wenn es um das Kyoto-Protokoll geht. Ich denke es ist sehr wichtig, dass Europa nicht die Schuld auf sich nimmt, wenn wir gar keine Schuld haben.
Wir sind nicht das Problem beim Kyoto-Protokoll. Wir haben unsere Versprechen vor allen anderen eingelöst. Wir haben unsere formellen Zusagen in der ersten Periode 2008 bis 2012 eingelöst und umgesetzt. Wir werden halten, was immer wir versprochen haben, und wir sind auch bereit, das Kyoto-Protokoll fortzusetzen. Die EU ist in diesem Zusammenhang nicht das Problem. Es sind andere Parteien, die hier das Problem sind, und diese werden sehen müssen, ob sie eine Alternative wollen, falls es eine gibt, oder wie sie die Fortsetzung, die zweite Verpflichtungsperiode, bewerkstelligen werden.
Deshalb ist dies eine offene Frage, über die wir diskutieren müssen, aber, wie Chris Davies bereits sagte, hängen wir davon ab, was andere Parteien tun. Wir sollten vorsichtig sein. Warum sollten wir es sein, die das Kyoto-Protokoll zunichtemachen? Wir haben unsere Versprechen im Kyoto-Protokoll gehalten, und deshalb täten wir in Europa manchmal besser daran, nicht uns die Schuld zu geben, wenn die Schuld bei anderen liegt.
Zum Vorschlag, der hier zu den Organen gemacht wurde: Ich kann sagen, dass ich diese Frage bereits in meinem eigenen Kabinett angesprochen habe. Ich glaube, das ist eine ganz natürliche Sache. Ich würde sehr gerne mit dem Parlament zusammenarbeiten. Wenn Sie mit dem Parlament arbeiten könnten, dann werde ich mit der Kommission arbeiten. Ich denke, das ist ganz logisch, auch gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern.
Zu Claude Turmes und was die Schnellstartfinanzierung betrifft und wie ich mit Kommissar Piebalgs zusammenarbeiten kann. Sie haben vielleicht bemerkt, dass diese Mitteilung gemeinsam mit Herrn Piebalgs erstellt wurde. Er hat hier mitunterzeichnet, weil wir wissen, dass es sehr wichtig ist, dass wir versuchen, auch in seinem Verantwortungsbereich zusammenzuarbeiten, und wie dies positiv genutzt werden kann. Wir beiden Kommissare führen bereits diese Art Gespräche.
Ich verstehe Ihren Punkt mit Blick auf die Großstädte. Ich denke, dass C40 und viele andere Initiativen sehr gut sind, und Sie haben auch recht, dass viele Emissionen mit Städten und mit der Lebensweise in den Städten zusammenhängen werden. Das Problem hierbei ist, dass ein großer Teil der Planung und andere Instrumente, mit denen diese Fragen wirklich gelöst werden können, oft im Verantwortungsbereich der Mitgliedstaaten liegen, aber ich stimme Ihnen zu, und ich habe vor Kopenhagen auch schon mit einigen der größten Städte zusammengearbeitet. Dies ist ein Aspekt, den wir nicht vergessen sollten, und wir müssen schauen, wie wir ihn weiter vertiefen können. Auch wenn es beispielsweise um die Verkehrsmittel und den Übergang zu kohlenstofffreien Verkehrsmitteln geht, versteht es sich von selbst, dass die Großstädte bei der Lösung dieser Frage eine Schlüsselrolle spielen werden.
Maria Da Graça Carvalho (PPE). – (PT) Frau Kommissarin! Die Konferenz in Kopenhagen hat gezeigt, dass es notwendig ist, die nächste Vertragsstaatenkonferenz (COP) nicht nur auf innerer, globaler und fachlicher Ebene, sondern auch auf politischer Ebene vorzubereiten. Nach innen hat Europa die Aufgabe, das Energie- und Klimapaket umzusetzen und in saubere Technologien, in wissenschaftliche Forschung und in Energieeffizienz zu investieren.
Mit gutem Beispiel voranzugehen ist notwendig, aber das alleine reicht nicht aus, wie Kopenhagen gezeigt hat. Daher ist es unbedingt notwendig, den diplomatischen Aspekt weiterzuentwickeln und zu fördern und die Möglichkeiten, die der Vertrag von Lissabon bietet, zu nutzen, um den Weg zur nächsten COP mit Ehrgeiz zu bereiten, dabei mit einer Stimme zu sprechen und mit unseren potenziellen Verbündeten in dieser Frage, wie zum Beispiel mit afrikanischen, karibischen und pazifischen Staaten, strategische Allianzen zu bilden.
Ebenso ist es wichtig, das Thema Klimawandel bei allen Gipfeln und hochrangigen Treffen einzubringen. Ich würde von der Kommission und der Kommissarin gerne wissen, welche Fortschritte bei diesen politischen Verhandlungen erzielt wurden.
Dan Jørgensen (S&D). – (DA) Frau Präsidentin! Willkommen, Frau Hedegaard! Sie haben viel Positives gesagt, und die Mitteilung enthält auch viel Positives. Ich werde mich auf die Dinge konzentrieren, mit denen ich nicht einverstanden bin:
Ich bin ganz und gar nicht mit einer Strategie einverstanden, die darauf basiert, zu diesem frühen Zeitpunkt zu akzeptieren, dass wir in Mexiko kein Übereinkommen erzielen werden. Meine Frage an Sie lautet deshalb, ob das etwas ist, was Sie einfach entschieden haben, oder ob Sie im Auftrag handeln – und wenn dem so ist, wer hat Sie beauftragt? Sind es die Staatschefs? Oder ist es das Mitentscheidungsverfahren, oder was? Ich hoffe, dass diese Strategie noch revidiert werden kann. Was nützt es denn zu sagen: „Was, wenn eine große Dynamik entsteht und die Erwartungen hoch sind, und dann alles scheitert – wie sollen wir dann zwei Fiaskos erklären?“ Hören Sie, das ist kein Punkt, über den Sie sich Gedanken machen müssen. Die USA, China und andere werden sicherlich schon dafür sorgen, dass an Mexiko keine allzu großen Erwartungen gestellt werden. Die Rolle der EU sollte es nicht sein, die Erwartungen herunterzuschrauben – die Rolle der EU sollte es sein, die Erwartungen hochzuschrauben. Wenn wir sogar schon vor dem Beginn des Gipfels sagen: „Hört mal, wir sind bereit zu akzeptieren, dass es kein besonders gutes Übereinkommen geben wird“ und so weiter, dann machen Sie jede Chance auf Erfolg zunichte, noch bevor Sie überhaupt angefangen haben. Das ist ein ganz neuer Ausgangspunkt, der das Übereinkommen nur noch schlechter machen wird.
Holger Krahmer (ALDE). - Frau Kommissarin, ich habe zwei konkrete Fragen an Sie.
Erstens: Ich vermisse in Ihrem Papier eine Analyse der europäischen Verhandlungsposition auf internationaler Ebene. Haben wir wirklich zur Kenntnis genommen, dass Europas Einfluss in der Klimapolitik zurückgegangen ist? Haben wir zur Kenntnis genommen, dass sich die politischen und ökonomischen Gewichte dieser Welt sehr stark nach Asien verschoben haben? Haben wir uns da möglicherweise nicht völlig überschätzt?
Zweitens: Ihr Papier ist bemerkenswert. Es enthält auf den zwölf Seiten, die Sie vollgeschrieben haben, nicht einen einzigen Bezug zum IPCC-Panel. Ist das eine schleichende Distanzierung von diesem Gremium? Zur Erinnerung: Dieses Gremium war die Entscheidungsgrundlage für alle politischen Richtlinien, die wir in den letzten Jahren hier verfasst haben. Wäre es nicht an der Zeit gewesen, hier einen breiten wissenschaftlichen Ansatz zu fordern, der uns tatsächlich wissenschaftliche Aussagen liefert und nicht politische?
Connie Hedegaard, Mitglied der Kommission. – Frau Präsidentin! Zum letzten Punkt den IPCC betreffend definitiv ein klares „Nein“. Wenn ich mich von allem distanzieren würde, was nicht in diesem Papier enthalten ist, dann würde ich mich von vielen Dingen distanzieren. Wir versuchen damit, es als selbstverständlich vorauszusetzen, dass wir vor einer Herausforderung stehen, dass wir sie meistern müssen, und dass die EU die Führungsrolle übernehmen muss, wenn es darum geht, wie sie zu meistern ist. Das ist der Gedanke hinter diesem Papier.
Ich bin nicht der Meinung, dass die EU bei internationalen Verhandlungen keinen Einfluss hat. Sie haben recht, dass wir nicht den Einfluss haben, den wir gerne hätten, dass wir nicht annehmen dürfen, wir könnten einfach diktieren, was vor sich geht. Wir hängen von anderen ab.
Dennoch haben wir in Kopenhagen etwas ganz neues erlebt: Hatte die EU in der Vergangenheit oft nur ein paar wenige Partner, wenn sie internationale Verhandlungen geführt und versucht hat, Dinge zu bewegen, so haben diesmal in Kopenhagen Staatschefs, die 80 % der weltweiten Emissionen repräsentieren, versprochen, dass sie von nun an am gleichen Strang ziehen. Das ändert die ganze Dynamik erheblich. Ich möchte Sie daran erinnern, dass es jahrelang eine Priorität Europas war, die Schwellenländer mit ins Boot zu holen und sie dazu zu bringen, ebenfalls Verantwortung zu übernehmen – und das wurde in Kopenhagen in der Tat erreicht.
Zu Frau Carvalho: Ja, ich stimme sehr darin überein, dass wir uns sowohl fachlich als auch politisch vorbereiten sollten, und dass wir uns in diesem Punkt verbessern sollten, nicht zuletzt auch deshalb, damit wir, wenn wir am Verhandlungstisch sitzen, nicht einfach nur sagen, was wir wollen, und dann, wenn uns der Rest der Welt nicht zustimmt, nicht wirklich wissen, was wir tun sollen, weil wir all unsere Energie auf den Versuch verwendet haben, uns auf eine sehr strikte und detailliert formulierte Position zu einigen. Wir sollten bei der Art und Weise, wie wir dies verhandeln, flexibler sein.
(DA) … und zu guter Letzt noch zu Dan Jørgensen: Natürlich bin ich nicht der Meinung, dass wir in Mexiko kein Übereinkommen erzielen sollten. Was diskutiert wird, ist, ob wir glauben, dass wir alle Einzelheiten, einschließlich der Form des Übereinkommens, vor Ort in Mexiko durchsetzen können. Das ist meine Sorge. So gesehen glaube ich, dass wir den Druck auf die USA, auf China und auf andere gerade dadurch erhöhen werden, indem wir sagen, dass wir ganz konkrete Zielvorgaben brauchen, und dass in Cancún ganz konkrete Ergebnisse erzielt werden müssen. Wir können das nicht einfach aufschieben.
Ich versuche, es ihnen schwer zu machen, in Mexiko keine Ergebnisse zu liefern. Ich glaube, wenn wir das erreichen wollen, dann müssen wir sicherstellen, dass wir uns nicht zu sehr auf die Rechtsform konzentrieren, weil das den Weg zu einer Einigung über den eigentlichen Inhalt durchaus versperren könnte. Es sind viele Faktoren zu berücksichtigen – „Was denken wir? Was hören wir? Was glauben wir zum Beispiel ist mit den USA machbar, nur drei Wochen nachdem dort Zwischenwahlen stattgefunden haben?“ Hier spielen viele Faktoren eine Rolle, aber ich glaube, Herr Jørgensen kennt mich gut genug, um zu wissen, dass es nicht daran liegt, dass ich denke, dass wir in Mexiko nicht ehrgeizig sein sollten. Wir müssen einfach versuchen zu bestimmen, was das Maximum dessen ist, was wir in Mexiko erreichen können. Das ist der zentrale Punkt der Strategie, die ich versucht habe heute hier darzulegen.
Die Präsidentin. − Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Es sind mehr Kollegen nicht zu Wort gekommen als zu Wort gekommen sind. Wir hatten zu wenig Zeit. Ich hoffe, Sie verstehen das. Ich danke allen für die disziplinierte Diskussion. Ich danke Ihnen, Frau Kommissarin. Ich hoffe, wir sehen uns häufiger hier im Plenum. Das wird wahrscheinlich der Fall sein.
Die Aussprache ist geschlossen.
Schriftliche Erklärungen (Artikel 149)
Sebastian Valentin Bodu (PPE), schriftlich. – (RO) Die EU hat alle Möglichkeiten die Richtung zu weisen, wenn es darum geht, Maßnahmen zur Reduktion der CO2-Emissionen zu ergreifen. Der Gipfel von Kopenhagen hat bei vielen vielleicht ein Gefühl der Enttäuschung hinterlassen, da es einige Teilnehmer abgelehnt haben, sich zu klaren Klimaschutzzielen zu verpflichten. Indien und China haben kürzlich Botschaften an die UN gesandt, in denen sie ihre Entschlossenheit signalisierten, die Ziele, die in der Vereinbarung von Kopenhagen – so vage diese auch war – gesteckt wurden, zu erreichen. Dies ist ein wichtiges Zeichen und die EU kann global die Initiative ergreifen und alle Staaten wieder an einen Tisch bringen, insbesondere die asiatischen Staaten, deren Industriekapazität monatlich wächst. Der Klimawandel ist eine Gewissheit, genau wie es eine Gewissheit ist, dass er durch die Umweltverschmutzung beschleunigt wird. Dies rechtfertigt die Ambitionen der EU, mit ihren Maßnahmen zur Verringerung der Umweltverschmutzung mit gutem Beispiel voranzugehen. In der Tat kann unser Ziel, die am wenigsten verschmutzte Region der Welt zu werden, nur zu unserem Vorteil sein. Die Vorteile, die sich daraus ergeben, beschränken sich nicht nur auf den unmittelbaren Vorteil einer saubereren Umwelt. Eine Neuausrichtung Europas hin zu einer grünen Wirtschaft und Industrie wird Arbeitsplätze schaffen, der Forschung neue Wege eröffnen und zu guter Letzt auch die Ausgaben eines jeden Staates verringern.
João Ferreira (GUE/NGL), schriftlich. – (PT) Während der Schutz der Erdatmosphäre eine Verantwortung sein muss, die von verschiedenen Länder geteilt wird, ist es ebenso klar, dass der Einfluss, den jedes dieser Länder im Laufe der Geschichte auf die Atmosphäre hatte, und der Einfluss, den sie heute haben, zwei ganz verschiedene Dinge sind, was wiederum bedeutet, dass ihre Verantwortlichkeiten – aus Gründen grundlegender Gerechtigkeit – unterschiedlich sein müssen. Darüber hinaus und ebenfalls aus Gründen der Fairness muss bei der Festlegung der Verantwortlichkeiten jedes Landes im Rahmen der globalen Anstrengungen zur Senkung der Emissionen auch die Bevölkerungszahl dieser Länder berücksichtigt wird. Chinas Pro-Kopf-Ausstoß ist derzeit viermal geringer als der der USA und liegt bei rund der Hälfte der durchschnittlichen EU-Emissionen. In Indien liegt der Ausstoß bei rund einem Zehntel der durchschnittlichen EU-Emissionen und ist zwanzigmal geringer als in den USA. Zurzeit leben in Indien etwa 500 Millionen Menschen (was ungefähr der Bevölkerungszahl der EU entspricht), die keinen Zugang zu Elektrizität haben. Deshalb sind Versuche, diesen Ländern die Schuld am Scheitern von Kopenhagen zu geben, unangemessen und unfair, ganz zu schweigen von den lächerlichen Schuldzuweisungen an die Mitgliedstaaten der Bolivarianischen Allianz für die Völker unseres Amerika durch eine Entschließung dieses Hauses. Diese Position gründet sich allein auf purem politischem Parteigeist, der das, was in Kopenhagen tatsächlich passiert ist, verzerrt und untergräbt.
Adam Gierek (S&D), schriftlich. – (PL) Die äußerst beharrliche Lobbyarbeit der Europäischen Kommission und ihres Präsidenten in der Frage einer „ehrgeizigen“ Klima- und Energiepolitik, die nun schon seit Jahren andauert, ist nichts anderes als ein Versuch, die Industrie der EU zu zerstören. Diese Politik ist entweder das Ergebnis von Ignoranz, die durch den Weltklimarat noch verschlimmert wird, oder von schlichter Dummheit, oder aber sie ist das Ergebnis eines überbordenden Zynismus, der zu Wirtschaftssabotage führt. Es ist bedauerlich, dass die Abgeordneten des linken Flügels nicht begriffen haben, dass dies nichts anderes als eine Falle für sie ist, denn der größte Teil der Befürworter des Emissionshandels rekrutiert sich aus denen, die bereits eine Krise verursacht haben. Dieses Mal jedoch wird die „Finanzblase“ erheblich größer sein. Der Schaden, den diese selbstmörderische Politik bereits verursacht hat, ist groß, besonders in meinem Heimatland Polen. Wir brauchen keinen Krieg. Es ist leichter ein Land zu ruinieren, als es wieder aufzubauen. Ich fordere die Kommission auf – kommen Sie zur Besinnung, denn was Sie tun ist nicht nur europafeindlich, es ist menschenfeindlich. Wir brauchen eine sofortige Korrektur des Klima- und Energiepakets. Machen Sie sich also an die Arbeit und hören Sie auf, andere dazu zu überreden, wirtschaftlichen Selbstmord zu begehen. Eine grüne Wirtschaft – ja, aber das bedeutet natürlich Recycling von Materialien und Energie, Kraft-Wärme-Kopplung, Thermomodernisierung, nachhaltige Energie, wo es keine anderen Quellen gibt, Abwasserverwertung, Kernenergie, höhere Energieeinsparung, höhere Energieeffizienz und andere Dinge. Stehen CO2-Emissionen demnach auch in irgendeiner Verbindung mit einer „grünen“ Wirtschaft wie dieser? Ja, das tun sie, nur paradoxerweise, wenn die Emissionen steigen... das ist also gut.
Eija-Riitta Korhola (PPE), schriftlich. – (FI) Frau Präsidentin! Ich bin Kommissarin Hedegaard dankbar, dass sie signalisiert hat, dass sie das Grunddilemma der Klimapolitik versteht: Die EU kann Reduktionen nicht alleine machen, denn dann werden nicht nur unsere eigenen Ergebnisse vergebens sein, sondern es besteht auch noch das Risiko, dass die Umwelt leidet. Wenn in Europa aufgrund der sprunghaft steigenden Kosten des Emissionshandels nicht weiterproduziert werden kann, und wenn dann etwa Stahl oder Papier an Orten hergestellt wird, an denen die sich daraus ergebenden Emissionen höher sind als in Europa, werden die Emissionen insgesamt ansteigen. Einseitiges Engagement ist kein Engagement: Nur wenn wir gemeinsam nach denselben Regeln handeln, wird es einfach sein, unsere Gürtel wesentlich enger zu schnallen. Die Grundlage hierfür muss eine andere Art der Klimastrategie sein: Eine konsequente Verringerung der spezifischen Emissionen. Dies stellt ein System der Dekarbonisierung dar, das von der Konjunktur unabhängig ist, und das, anders als unser derzeitiges Emissionshandelssystem, immer den belohnt, der seine Emissionen verringert. Unter anderem China, Japan und die Vereinigten Staaten von Amerika sind an einem solchen System interessiert, und daher sollte auch die EU ihre eigene Strategie an die derzeitige Situation anpassen. Ich würde auch gerne fragen, ob es Sinn hat, über das Jahr 2012 hinaus am Emissionshandelssystem festzuhalten, da es ja danach aussieht, dass weltweit keinerlei Systeme entstehen, die an unser eigenes System gekoppelt werden könnten. Solange die Bestimmung und Zuweisung von Emissionsrechten nicht in vergleichbarer Weise gehandhabt wird, wird es unmöglich sein, Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden. Als wir vor knapp 10 Jahren mit der Ausarbeitung der Richtlinie über den Emissionshandel begonnen haben, wurde uns das gesamte System als ein Mittel zur Vorbereitung auf den Emissionshandel auf globaler Ebene verkauft. Wir haben Fachwissen erworben und Erfahrung gesammelt. Diese Erfahrung ist uns wahrlich teuer zu stehen gekommen, und der Nutzen für die Umwelt ist keinesfalls offensichtlich. Emissionsverringerungen könnten auf eine Weise realisiert werden, bei der sie Marktversagen und Spekulation weniger stark ausgesetzt sind. Ist die Kommission der Ansicht, dass es gute Gründe dafür gibt, alleine weiterzumachen?
Elżbieta Katarzyna Łukacijewska (PPE), schriftlich. – (PL) Frau Präsidentin, Frau Hedegaard! Der Gipfel von Kopenhagen, zu dem wir als Vorreiter in Sachen Klimaschutz gegangen sind, war eine Niederlage, und hat gezeigt, dass es lediglich Europa ist, das an einer Senkung der CO2-Emissionen interessiert ist. Frau Hedegaard hat angekündigt, dass der Kampf gegen die Erderwärmung trotz dieses Fiaskos weiterhin im Mittelpunkt europäischer Politik stehen wird. Jetzt arbeiten wir vor dem Gipfel in Mexiko an einer neuen Strategie, und deshalb müssen wir die Frage beantworten, was wir falsch gemacht haben und unsere Sichtweisen und Erwartungen überprüfen, da die Welt heute noch nicht bereit ist, solch weitreichende Beschränkungen zu akzeptieren. Ich habe daher drei Fragen an Frau Hedegaard. Erstens, wie werden unsere Verhandlungen aussehen und welche Ziele werden wir uns selbst setzen, damit der Gipfel in Mexiko nicht wie der Gipfel in Kopenhagen endet? Zweitens, hat die Europäische Kommission die Informationen zur Erderwärmung und zu schmelzenden Eisbergen im Zusammenhang mit den irreführenden und falschen Informationen, die einige Wissenschaftler geliefert haben, überprüft? Drittens, stimmen Sie meiner Schlussfolgerung zu, dass die Anstrengungen der Europäischen Union und die Kosten, die uns entstehen, ohne signifikante Reduktionszusagen seitens der USA, Chinas, Russlands und Indiens vergeblich sind?
Bogdan Kazimierz Marcinkiewicz (PPE), schriftlich. – (PL) Die grundlegende Herausforderung für die Europäische Union nach dem Gipfel von Kopenhagen ist es, schnellstmöglich etwas auszuarbeiten, was von wesentlicher Bedeutung ist – einen gemeinsamen Fahrplan für den COP 16-Gipfel in Mexiko. Kopenhagen hat uns gezeigt, dass gute Absichten nicht ausreichen. Aus Kopenhagen können wir die folgenden vier Schlüsse ziehen. Erstens wird die Europäische Union nicht voll wirksam sein, wenn sie lediglich zu befolgende Rahmen vorgibt. Europa sollte den Entwicklungsländern eine echte Unterstützung zukommen lassen, die die ehrgeizigen Emissionsziele der Gemeinschaft begünstigt. Zweitens muss die Europäische Union mit den Vereinigten Staaten, als Teil einer transatlantischen Führung, und mit anderen führenden Weltmächten wieder Gespräche aufnehmen. Drittens sollte die Europäische Union einen rationaleren Ansatz bei der Strategie zur Verringerung von CO2-Emissionen verfolgen, der auf eine Verringerung der Emissionen abzielt, gleichzeitig aber hohe Anpassungskosten vermeidet. Viertens sollte die Europäische Union ihre Anstrengungen zum Aufbau einer effizienten, emissionsarmen Wirtschaft intensivieren. Frau Hedegaard, die Frage ist einfach – herrscht in Europa ein Klima, das einen solchen Wandel möglich macht?
Rareş-Lucian Niculescu (PPE), schriftlich. – (RO) Ich begrüße den hohen Stellenwert, der dem Klimawandel in der Mitteilung der Kommission mit dem Titel „Europa 2020 – Eine Strategie für intelligentes, nachhaltiges und integratives Wachstum“ eingeräumt wurde.
Es gibt zwei Aspekte, die betont werden sollten. Erstens sind Investitionen in grünere, kohlenstoffarme Technologien ein wichtiges Instrument. Diese Investitionen werden die Umwelt schützen, schaffen aber auch neue Geschäftsmöglichkeiten und Arbeitsplätze. Die Europäische Union kann in diesem Bereich auf dem globalen Markt eine wichtige Rolle spielen. Der zweite Aspekt ist die Bedeutung der Leitinitiative „Ressourceneffizientes Europa“. Die Aufforderung der Kommission an die Mitgliedstaaten, die Strukturfonds zu nutzen, um in den Bau energieeffizienter öffentlicher Gebäude zu investieren, stellt sicherlich einen Teil der Lösung dar. Ich denke jedoch, dass wir dem Wohnungsbau, insbesondere den in der Vergangenheit gebauten kollektiven Wohnanlagen, die in einigen Mitgliedstaaten einen hohen Energieverbrauch hatten – was insbesondere auf die Wohnanlagen in Osteuropa zutrifft – mindestens genauso viel Aufmerksamkeit schenken müssen.
Rovana Plumb (S&D), schriftlich. – (RO) Ich glaube, dass wir aus dem Scheitern in Kopenhagen gelernt haben. Um dies zu untermauern, müssen wir unsere Strategie überdenken, sodass wir in Mexiko ein rechtsverbindliches Übereinkommen erzielen können.
Ein schnelles Handeln ist erforderlich, damit die erzielte politische Vereinbarung in die Tat umgesetzt wird, und damit die 7,2 Milliarden EUR, die als „Schnellstartfinanzierung“ für Entwicklungsländer vorgesehen sind, zum Einsatz kommen.
Die EU hat bekannt gegeben, dass sie bereit ist, ihren Verpflichtungen aus der Vereinbarung nachzukommen, und hat sich informationshalber einseitig dazu verpflichtet, die Gesamtemissionen der EU um 20 % gegenüber dem Niveau von 1990 zu reduzieren, und hat das bedingte Angebot gemacht, diese Reduktion auf 30 % zu erhöhen, sofern sich die größten Emittenten ebenso dazu verpflichten, ihren Teil zu den globalen Anstrengungen zur Verringerung der Emissionen beizutragen.
Am 18. Februar hatten 40 Staaten ihre Reduktionspläne bekannt gegeben und 100 Staaten die Vereinbarung unterzeichnet, aber das reicht nicht aus.
Ich fordere die Hohe Vertreterin und Kommissarin für Klimapolitik auf, uns dringend eine Klimadiplomatie-Strategie vorzulegen, und ich fordere die EU und die Mitgliedstaaten auf, Klimaschutzpolitiken in alle bilateralen und multilateralen strategischen Partnerschaften mit aufzunehmen, damit dieses wichtige Ziel erreicht wird.
Strategische Partnerschaften zur Bekämpfung des Klimawandels müssen auch NRO und die Zivilgesellschaft einschließen.
Daciana Octavia Sârbu (S&D), schriftlich. – Trotz der Enttäuschung von Kopenhagen sind ein paar positive Fortschritte zu verzeichnen, darunter die Schnellstartfinanzierung, die wir für Entwicklungsländer gesichert haben. Dies wird nicht nur vor Ort konkret helfen; es wird auch helfen, Vertrauen zwischen Partnern aufzubauen, die sich in Kopenhagen voneinander entfernt haben.
In den kommenden Monaten und Jahren müssen wir den Entwicklungsländern zeigen, dass wir unseren Verpflichtungen zur Finanzierung von Anpassungs- und Klimaschutzmaßnahmen nachkommen, und wir müssen uns versichern, dass die Mittel in bestmöglicher Weise eingesetzt werden, damit sie ihren Zweck erfüllen.
In Kopenhagen wurden auch erhebliche Fortschritte in den Bereichen Überwachung, Berichterstattung und Überprüfung erzielt. Diese stehen in direkter Verbindung mit der Schaffung von Vertrauen, da es uns mit einem solchen System möglich sein wird zu sehen, dass jeder seine Aufgabe erfüllt, und wir feststellen können, ob unsere Maßnahmen wirksam sind, und wie wir sie in Zukunft anpassen sollten. Die Europäische Union muss auch weiterhin ihr Emissionshandelssystem und andere Initiativen, wie beispielsweise die Energiereduktion in Gebäuden, umsetzen. Wir müssen unsere Reduktionsziele erfüllen und zeigen, wie wir alle von Energieeinsparungen profitieren können. Ein erfolgreiches Beispiel für eine Emissionsreduktionspolitik zu geben, von der der einfache Bürger profitiert, ist die beste Art und Weise, andere davon zu überzeugen, diesem Beispiel zu folgen.
Die Präsidentin. − Als nächster Punkt folgen die Anfragen zur mündlichen Beantwortung an Rat und Kommission über den zweiten europäischen Roma-Gipfel. (B7-0013/2010 ; B7-0014/2010 ; B7-0202/2010 ; B7-0203/2010).
Monika Flašíková Beňová, Verfasserin. – (SK) Die parlamentarischen Anfragen an die Kommission und den Rat anlässlich des bevorstehenden europäischen Gipfeltreffens zur Lage der Roma weisen mehrere Gemeinsamkeiten auf.
Die erste Gemeinsamkeit ist die Unzufriedenheit mit der derzeitigen Situation der meisten Roma in der Europäischen Union. Diese Frage steht auch in enger Verbindung mit der Unzufriedenheit mit der Verwendung oder dem Maß der Verwendung von Heranführungshilfen und Strukturfonds für die Integration der Roma in den Rest der Gesellschaft sowie für deren soziale Wiedereingliederung. Ein anderer wichtiger Punkt ist die Rolle der Zivilgesellschaft, einschließlich der Roma-Organisationen, wenn es um die Lösung der Probleme geht.
Beide Punkte sind wichtig, aber meiner Meinung nach ist es sehr wichtig, wie diese Probleme gelöst werden. Seien wir ehrlich – nach vielen Jahren vager politischer Absichtserklärungen und Untätigkeit haben einige von uns das dringende Bedürfnis, endlich konkret zu handeln. Ich bin eine kompromisslose Verfechterin der Menschenrechte, und alle meine Erklärungen im Europäischen Parlament in den letzten sechs Jahren standen immer in diesem Zusammenhang. In diesen sechs Jahren habe ich auch viele Diskussionen über die Diskriminierung von Roma und die Notwendigkeit einer Lösung für die Roma-Probleme gehört. Trotz dieser zahlreichen Debatten haben wir es nicht geschafft, echte Schritte hin zu einer konkreten Lösung zu unternehmen, und ich glaube, dass das hauptsächlich daran liegt, dass wir uns formal auf den fachlichen Begriff Diskriminierung konzentriert haben und nicht die wahren Gründe angegangen sind, die die Ursache für die derzeitige Situation, in der unsere Roma-Mitbürger leben, sind.
Deshalb, wenn wir das Roma-Problem wirklich angehen wollen, müssen wir uns vor allem auf die Einhaltung sowohl internationaler Verträge mit Blick auf innerstaatliches Recht als auch auf internationale Konventionen konzentrieren. Ich denke hier insbesondere an die Konvention über die Rechte der Kinder, deren Bestimmungen von vielen Roma-Familien missachtet werden. Ich spreche von der Slowakischen Republik, wo freie Betreuung und Bildung an Grundschulen und weiterführenden Schulen zugesichert wird. All dies wird vom Staat bereitgestellt und finanziert. Doch selbst bei diesen beiden Punkten werden die Grundrechte der Kinder nicht eingehalten.
Wenn wir wirklich objektiv über eine Lösung der Probleme der Roma sprechen wollen, dann müssen wir uns die Gründe und Ursachen anschauen, die zu Diskriminierung führen.
VORSITZ: Alejo VIDAL-QUADRAS Vizepräsident
Hélène Flautre, Autor. – (FR) Herr Präsident, die Agentur für Grundrechte berichtet, dass die Roma in allen Bereichen unter sämtlichen Formen von Diskriminierung zu leiden haben, sei es beim Zugang zu Beschäftigung, Gesundheit, Bildung oder Wohnraum. Sie sind daher die am stärksten diskriminierte Minderheit Europas.
Im Jahr 2009 beispielsweise wurde im Durchschnitt jeder vierte Angehörige der Roma in mindestens einem Fall im Verlauf der letzten 12 Monate Opfer einer Straftat gegen die Person, vor allem von Übergriffen, Drohungen und schwer wiegenden Belästigungen, während gleichzeitig jeder dritte Angehörige der Roma im Durchschnitt vier Mal im Verlauf der letzten 12 Monate von der Polizei verhört wurde. Ihre Marginalisierung wird noch erschwert durch ihr mangelndes Bewusstsein der eigenen Rechte.
Diese Situation, von der nahezu 10 Millionen Menschen mitten in der Europäischen Union, die nun mit der Charta der Grundrechte ausgestattet ist und bald zu den Unterzeichnern der Europäischen Menschenrechtskonvention gehören wird, betroffen sind, weckt ernste Zweifel an der Politik der Nichtdiskriminierung und der Wirksamkeit des Rechts, sowohl auf der Ebene der EU als auch der Mitgliedstaaten. Erst nach den rassistischen Ausschreitungen in Italien im Dezember 2007 kam es zu einer weitreichenden europäischen Mobilisierung auf höchstem Niveau, die im September 2008 schließlich zur Organisation des ersten europäischen Gipfels führte.
Die Forderung nach einer Rahmenstrategie der Europäischen Union zur Integration der Roma, in der insbesondere eine Richtlinie über die Integration der Roma enthalten ist, liegt jedoch noch immer nicht vor. Die Mitgliedstaaten, die – wie Frankreich und einige andere – für Bulgaren und Rumänen Übergangsbestimmungen für den Zugang zu ihren Märkten aufrecht erhalten, benachteiligen in erster Linie die Roma und müssen diese Maßnahmen als Zeichen des politischen Willens möglichst schnell beenden.
Die Mitgliedstaaten müssen schließlich die Verhandlungen über die bilateralen Rückübernahmeabkommen mit dem Kosovo aufgeben, die dazu führen, dass Roma in bleiverseuchte Lager im Norden von Mitrovica zurückgeschickt werden, wie Herr Hammarberg, Menschenrechtskommissar des Europarates, beweisen konnte.
Was die Europäische Kommission betrifft, darf ich an die Entschließung des Europäischen Parlaments vom 11. März 2009 zur sozialen Lage der Roma erinnern. Meines Erachtens können wir in diesem Europäischen Jahr zur Bekämpfung von Armut endlich beschließen, unsere Instrumente und Strukturfonds optimal zu nutzen, um diese ernste Situation zu überwinden.
Diego López Garrido, amtierender Präsident des Rates. – (ES) Herr Präsident, ich werde zunächst die Fragen von Frau Flašíková Beňová und Frau Flautre beantworten, im Zusammenhang mit einer Angelegenheit, die unmittelbar die Menschenrechte berührt, die uns alle und eine große Bevölkerungsgruppe betrifft. Denn die Roma-Bevölkerung stellt, wie Sie wissen, die größte ethnische Minderheit dar, die in der Europäischen Union lebt, und man kann nicht eben sagen mit dem selben Lebensstandard wie der europäische Durchschnittsbürger.
Was die mir vorgelegten Fragen betrifft, wirft die erste die Ausführung der Strukturfonds in diesem Bereich auf, und ich möchte feststellen, dass die Schlussfolgerungen, die der spanische Ratsvorsitz zu verabschieden gedenkt, diese zehn Grundsätze beinhalten, darunter die Überprüfung und Änderung der gegenwärtigen operationellen Programme der Strukturfonds, so wie die künftigen Verordnungen für den Zeitraum ab 2014.
Wir haben unterstrichen, dass die Strukturfonds in vollem Umfang genutzt werden müssen, um die Integration der Roma-Bevölkerung zu fördern, und wir haben insbesondere vorgeschlagen, in städtischen wie auch in ländlichen Gebieten integrierte Maßnahmen durchzuführen auf der Grundlage der letzten Änderung von Artikel 7 des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung. Das Ziel ist die umfassende Förderung der Roma-Gemeinschaften angefangen bei der Verbesserung ihrer Wohn- und Lebenssituation.
Die zweite Frage bezieht sich auf die durch die lokalen Behörden zu ergreifenden Maßnahmen. Wir sind uns bewusst, dass es für den Zugang der Roma zu den Strukturfonds notwendig ist, dass die lokalen Behörden, Roma-Organisationen sowie die Roma-Bevölkerung selbst in allen Phasen des Prozesses, das heißt bei der Planung, Verwaltung, Begleitung und Bewertung der europäischen Fonds, aktiv beteiligt sind.
Der Rat wird in seinen Schlussfolgerungen ebenfalls vorschlagen, dass die Europäische Kommission den Mitgliedstaaten und lokalen Behörden technische Hilfe und Orientierung zur Verfügung stellt, und dass die horizontale Koordinierung zwischen den Mitgliedstaaten sowie die vertikale Koordinierung zwischen europäischer, zwischenstaatlicher, regionaler und lokaler Ebene gefördert wird.
Die dritte Frage bezieht sich darauf, ob der Dreiervorsitz in dieser Angelegenheit einen Vorschlag für eine Strategie oder eine strategische Agenda unterbreitet. Ich kann bestätigen, dass im Programm des Dreiervorsitzes die soziale und wirtschaftliche Integration der Roma ausführlich ausdrücklich vorgesehen ist. Diese Aussage ist in dem Programm enthalten, das im Rat Allgemeine Angelegenheiten einstimmig gebilligt wurde, und folgt demnach über die kommenden anderthalb Jahre, d. h. während der Laufzeit des Programms des Dreiervorsitzes, der Strategie.
Unserer Haltung nach ist es notwendig, dass wir uns sowohl zu kurzfristigen wie auch zu langfristigen Maßnahmen verpflichten. Um die Ungleichheiten zu beseitigen, müssen wir kurzfristig den Instrumenten Vorrang geben, die ich vorher erwähnte, und darüber hinaus einen Aktionsplan verabschieden, um unmittelbar die Probleme anzugehen, wie beispielsweise das Problem der Schüler, die Sonderschulen besuchen, welche in manchen Fällen hauptsächlich oder ausschließlich für Roma-Kinder sind – wodurch eindeutige Ausgrenzung hervorgerufen wird, oder Probleme im Zusammenhang mit Wohnraum – wie zuvor bereits angesprochen wurde – mit Gesundheitsfragen und dem Zugang zu Beschäftigung.
Langfristig wollen wir aber auch eine horizontale Einbeziehung der Roma-Probleme in alle Politikbereiche der Europäischen Union, und die Durchführung soll im Rahmen der offenen Koordinierungsmethode und in Bereichen wie Grundrechte, Bekämpfung von Diskriminierung, Bildung, regionale Entwicklung, Zugang zur Beschäftigung im öffentlichen Dienst und zu öffentlichen Dienstleistungen erfolgen.
Schließlich zu der Frage der Diskriminierung: Es ist bekannt, dass der spanische Ratsvorsitz, wie auch der gesamte Dreiervorsitz, während seiner Amtszeit den Erlass einer Richtlinie voranzubringen gedenkt, die in der Europäischen Union seit geraumer Zeit nicht verabschiedet oder zum Abschluss gebracht wurde: es ist die integrierte Richtlinie über die Bekämpfung von Diskriminierungen und die Förderung des Gleichheitsprinzips, die für genau die Bevölkerungsgruppen wesentlich ist, die besonders unter Diskriminierung zu leiden haben, und daher insbesondere für die Roma-Gemeinschaft.
Viviane Reding, Vize-Präsidentin der Kommission. – Herr Präsident, ich möchte Herrn Swoboda und seinen Kollegen für diese mündliche Anfrage zum Europäischen Roma-Gipfel danken. Es gibt der Kommission die Möglichkeit, ihre Bereitschaft zum Ausdruck zu bringen, einerseits den Schutz der Grundrechte und andererseits volle soziale und wirtschaftliche Integration in unsere Gesellschaften zu gewährleisten. Wie wir soeben in diesem Aufruf des Rates gehört haben, müssen die Mitgliedstaaten vorangehen, indem sie dies in ihre gesamte Politik einbauen.
Wie Sie wissen, findet diese Aussprache nur einige Wochen vor dem zweiten Roma-Gipfel statt, der am 8. und 9. April vom spanischen Ratsvorsitz in Córdoba veranstaltet wird. Die Kommission begrüßt diese Initiative und unterstützt sie tatkräftig. Ich denke, diese Initiative ist eine willkommene Gelegenheit zu einer Bestandsaufnahme der Entwicklungen auf einzelstaatlicher, europäischer und internationaler Ebene seit 2008. Sie wird uns somit bei der Entwicklung einer gemeinsamen Perspektive für die Zukunft weiterhelfen.
Vor zwei Jahren fand der erste Gipfel statt. Was haben wir bisher erreicht? Sie können ein Glas als halb voll oder als halb leer betrachten. Natürlich hat es bedeutende Verbesserungen gegeben, aber es gibt auch erhebliche Lücken. Ihre Frage unterstreicht zu Recht die zentrale Rolle der Instrumente und Strategien der Europäischen Union sowie die Bedeutung einer verstärkten Zusammenarbeit zwischen allen beteiligten Akteuren – den Mitgliedstaaten, den Organen der Europäischen Union, internationalen Organisationen sowie der Zivilgesellschaft.
Die Kommission bemüht sich, eine Richtlinie durchzusetzen, nach der die Diskriminierung auf Grund von Rasse und ethnischer Herkunft verboten ist, und alles, was mit der Diskriminierung der Roma zusammenhängt, ist durch diese Richtlinie abgedeckt. Wir haben jetzt Rechtsvorschriften auf europäischer Ebene und den Rahmenbeschluss zur Bekämpfung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit, der ein grundlegendes Werkzeug bei der Bekämpfung des Rassismus darstellt, unter dem die Roma-Bevölkerung leidet.
Bis November dieses Jahres sollten alle Mitgliedstaaten die strafrechtlichen Sanktionen für rassistische und fremdenfeindliche Straftaten einführen, wie dies im Rahmenbeschluss festgelegt ist. Wie ich bereits angekündigt habe, verpflichte ich mich, die Umsetzung dieses Rahmenbeschlusses möglichst genau zu überwachen.
Die Kommission ist sich völlig darüber im Klaren, dass dies nicht ausreicht, und dass strenge Rechtsvorschriften durch Informationen und Sensibilisierung der Betroffenen über ihre Rechte und Pflichten ergänzt werden müssen. Zu diesem Zweck geht die Kommission die Roma-Problematik im Rahmen der EU-Kampagne „Für Vielfalt. Gegen Diskriminierung.“ an, sowie durch spezifische Ausbildung in Rechtsberufen.
Die Strukturfonds, die Fonds für die Entwicklung des ländlichen Raums und das Instrument für Heranführungshilfe werden zu Recht als wichtige Hebel für Veränderungen dargestellt, weil sie es den Mitgliedstaaten ermöglichen, ehrgeizige Programme, die an die Roma gerichtet sind, umzusetzen. Es ist offensichtlich, dass diese Programme sehr wirklichkeitsnah und pragmatisch sein müssen und auf der Grundlage von Nachweisen die Lebensbedingungen der Roma in ihrer ganzen Vielfalt angehen müssen.
Dieses Problem ist sicherlich nicht durch einen einfachen Slogan zu lösen. Es bedarf einer Menge effektiver Arbeit. Deshalb ermutigt die Kommission die Mitgliedstaaten, bei der Förderung der Roma-Integration das volle Potenzial dieser Fonds zu nutzen. Zu diesem Zweck haben wir eine Reihe hochrangiger bilateraler Besuch in Mitgliedstaaten mit großen Roma-Gruppen eingeleitet. Sie sollten mit vereinbarten anerkannten Zielen den konkreten Verpflichtungen vorausgehen. Die erste Veranstaltung fand im Oktober 2009 in Ungarn in enger Zusammenarbeit mit der Regierung statt. Weitere Veranstaltungen werden folgen.
Ein weiteres konkretes Beispiel für die Verpflichtung der Kommission, zur Bewältigung der Ausgrenzung der Roma auf die Strukturfonds zurückzugreifen, ist der Änderungsvorschlag zu Artikel 7(2) der Verordnung über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung. Eine große Mehrheit in diesem Haus hat Anfang letzten Monats für den Bericht Ihres Kollegen, Herrn van Nistelrooij, gestimmt: eine Maßnahme, die neue politische Möglichkeiten und Finanzierungsmöglichkeiten für Wohnraum zugunsten benachteiligter Gemeinschaften eröffnet, durch die wir konkret, aber nicht ausschließlich auf Roma abzielen können.
Schließlich gibt es dank des Europäischen Parlaments die Pilotprojekte zur Integration der Roma, die für einen Zeitraum von zwei Jahren mit 5 Mio. EUR dotiert sind. Gegenstand dieses Pilotprojekts sind frühkindliche Erziehung, Selbständigkeit durch Mikrokredite und Sensibilisierung der Öffentlichkeit. Die Bewertung dieses Pilotprojekts erfolgt in Zusammenarbeit mit dem Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen (UNDP) und der Weltbank. Ich sehe erwartungsvoll dieser Bewertung entgegen, weil uns die Bewertung Aufschluss darüber geben wird, inwiefern wir erfolgreich gearbeitet haben bzw. wo die Mängel liegen, so dass wir darauf aufbauend mit stark zielgerichteten Maßnahmen weiter voranschreiten können.
Die Europäische Plattform für die Integration der Roma wurde als gemeinsame Initiative der Kommission und des tschechischen Ratsvorsitzes im April 2009 eingerichtet. Ihr Ziel ist es, einschlägige Akteure auf europäischer, einzelstaatlicher und internationaler Ebene sowie Vertreter der Zivilgesellschaft zusammenzuführen und die bestehenden Maßnahmen insgesamt wesentlich kohärenter zu gestalten. Diese Plattform hat zu der Ausarbeitung der gemeinsamen Grundprinzipien für die Integration der Roma geführt, die den Schlussfolgerungen des Rates zur Integration der Roma, die im Juni letzten Jahres angenommen wurden, beigefügt sind. In diesen Schlussfolgerungen wird die Kommission aufgerufen, die zehn gemeinsamen Grundprinzipien für die Einbeziehung der Roma bei der Konzeption und Umsetzung von Strategien zu berücksichtigen. Weitere Treffen der Plattform sollen im Rahmen des spanischen Ratsvorsitzes und des belgischen Ratsvorsitzes folgen; es ist also keine einmalige Aktion, sondern es wird weitere Schritte geben. Ich begrüße das nachdrückliche Engagement des Dreiervorsitzes in Bezug auf dieses Ziel, denn wir müssen einander zuspielen, damit Fortschritte erzielt werden können. Die Kommission wird mit ihren Maßnahmen und Instrumenten auch künftig ihren Beitrag zum Vorgehen des Dreiervorsitzes leisten, selbstverständlich in enger Partnerschaft mit den Mitgliedstaaten und der Zivilgesellschaft.
Im Vorfeld des Roma-Gipfels möchte ich dieses Haus davon unterrichten, dass mein Kollege, Kommissar Andor, und ich eine Mitteilung über die soziale Integration der Roma veröffentlichen, in der wir die vor uns liegenden Herausforderungen hervorheben und den Beitrag der EU zur Bewältigung dieser Herausforderung umreißen. Diese Mitteilung wird dann als Grundlage für die Aussprache in Córdoba dienen.
Lívia Járóka, im Namen der PPE-Fraktion. – (HU) Neben einer wirksameren Umsetzung der internationalen und nationalen Rechtsvorschriften zur Nichtdiskriminierung muss, wie wir soeben von Kommissarin Reding gehört haben, in Córdoba besonderes Augenmerk auf den wirtschaftlichen Aspekt der Integration der Roma gelegt werden, denn ihre Integration in den Arbeitsmarkt und den Bildungsbereich ist von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse für die Mitgliedstaaten. In den letzten Jahren hat eine Reihe von internationalen Organisationen vorausschauende Pläne entwickelt, die jedoch auf Grund mangelnder Rechtsverbindlichkeit, der Aussicht auf mögliche Sanktionen und entsprechender Mittelzuweisungen auf Ebene der Mitgliedstaaten nicht umgesetzt wurden.
Die Europäische Union kann auf der Grundlage klarer Indikatoren die Entwicklung, die angemessene Durchsetzung und die Bewertung einer nicht verbindlichen Gemeinschaftsstrategie, die über „Soft law”-Maßnahmen hinausgeht, gewährleisten. Als Berichterstatterin des Europäischen Parlaments zur europäischen Strategie in Bezug auf die Roma-Gemeinschaft, halte ich es für besonders wichtig, dass in der Strategie die Krisengebiete innerhalb der Mitgliedstaaten festgelegt werden, in denen unmittelbarer Handlungsbedarf besteht. Soziale Benachteiligungen sind geografisch ungleichmäßig verteilt, wobei sich äußerste Armut und soziale Ausgrenzung in gewissen Mikroregionen ballen, die von Roma und Angehörigen anderer Bevölkerungsgruppen dicht bevölkert sind. Dadurch entstehen ernsthafte Hindernisse für die soziale Entwicklung Europas. Diese Regionen sollten nicht in einem Wettbewerb verbleiben, der für sie ungerecht ist, und ihre Entwicklung sollte durch intensive Programme, die an ihre besonderen Bedürfnisse angepasst sind, eingeleitet werden.
Im Einklang mit dem Subsidiaritätsprinzip sollten für die Überwachung und Verfolgung der Strategie lokale Organisationen zuständig sein. Ich schlage zudem ausführliche Erhebungen zu den Bedürfnissen der lokalen Zielgruppen vor, ähnlich den landwirtschaftlichen Projekten in Irland. Um die Ergebnisse des Programms bewerten zu können, ist es außerdem notwendig, spezifisch nach ethnischen Gruppen aufgeschlüsselte statistische Daten zu erheben und sie unabhängig voneinander zu bewerten. Nach Ansicht der Fraktion der Europäischen Volkspartei sollten auf dem Córdoba-Gipfel diese wesentlichen Probleme behandelt werden.
Claude Moraes, im Namen der S&D-Fraktion. – Herr Präsident, wie mein Vorredner bereits angemerkt hat und wie Kommissarin Reding ausführte, handelt es sich hierbei um ein überaus komplexes Problem, daher ist die mündliche Anfrage, die wir heute vorlegen, ein Versuch seitens unserer Fraktion, und ich bin sicher auch vonseiten aller anderen Fraktionen, die Debatte über die Roma-Frage zu erneuern und wieder in Gang zu bringen.
Die Roma-Gemeinschaften in Europa sind nach wie in nicht hinnehbarem Ausmaß Vorurteilen und in vielen Fällen Gewalt ausgesetzt. Wie wir nun aber an der Initiative des Jahrzehnts der Roma-Integration erkennen können, ist in diesem Haus zu spüren, dass wir einen umfassenden Ansatz wollen.
Wir haben nun über diesen umfassenden Ansatz vorher bereits gesprochen. Es ist notwendig, hier in diesem Haus neu zu bewerten, was wir getan haben, angefangen bei den Mikrokrediten bis hin zur Bewältigung rassistischer Gewalt, und für alle diese komplexen Fragen brauchen wir eine umfassende Strategie.
Es gibt zunehmend Hinweise, dass sich die Lage vor Ort nicht hinreichend verbessert hat. Das Open Society Institute berichtet, dass Vorurteile und Gewalt gegenüber Roma-Gemeinschaften in ganz Europa nicht abnehmen. Des Weiteren ergab die Erhebung zu Diskriminierung der Agentur für Grundrechte, dass die Roma stärker benachteiligt werden als andere Gruppen, die Gegenstand der Erhebung waren.
Wir verdanken es diesem Parlament, dass die geltenden Rechtsvorschriften – die Richtlinie zur Gleichbehandlung ohne Unterschied der Rasse, der Rahmenbeschluss des Rates zur Bekämpfung von Gewalt – tatsächlich eingehalten werden, und wir verdanken es, wie bereits angemerkt wurde, unserer umfassenden Strategie, dass wir dieses Thema als ein komplexes Problem betrachten, doch als ein Problem, bei dem Handlungsbedarf besteht, das einen integrierten Ansatz, einen umfassenden Ansatz erforderlich macht.
Diese mündliche Anfrage soll also ein Versuch sein, die Diskussion wieder zu beleben und neue Lösungen auf den Weg zu bringen und jene gesetzlichen Regelungen umzusetzen, die bereits bestehen und den Roma-Gemeinschaften helfen sollen.
Renate Weber, im Namen der ALDE-Fraktion. – Herr Präsident, im Hinblick auf den zweiten Roma-Gipfel möchte ich mit Ihnen einige Gedanken austauschen, in der Hoffnung, dass sie möglichst bald zum Tragen kommen.
Erstens: Ich der festen Überzeugung, dass wir eine umfassende, kohärente Strategie zur Integration der Roma brauchen und darüber hinaus einen Aktionsplan mit eindeutigen Benchmarks und angemessenen Haushaltsansätzen. Meiner Ansicht nach sollte die Strategie nicht nur für die EU-Mitgliedstaaten gelten, sondern auch für andere Länder, in denen Roma-Gemeinschaften leben und die sich im Erweiterungsprozess befinden oder an der Nachbarschaftspolitik teilnehmen, wodurch die EU ihre zweckdienlichsten Instrumente in Bezug auf ihre Politik für die Roma anwenden kann.
Zweitens: Ich bin davon überzeugt, dass wir die aus der Gleichstellungspolitik gewonnenen Erkenntnisse nutzen müssen, insbesondere Mainstreaming. „Roma Mainstreaming“ sollte zum Arbeitsansatz aller Organe der EU werden.
Drittens: Was die Fachkompetenz auf dem Gebiet der Roma betrifft, sollten wir einige positive Maßnahmen in Betracht ziehen und insbesondere mit Roma-Fragen befasste Sachverständige in den Rat, die Kommission und das Parlament bestellen. In diesem Sinne habe ich an Präsident Van Rompuy und Präsident Barroso Anschreiben mit der Empfehlung verfasst, mit gutem Beispiel voranzugehen und Roma-Berater zu berufen.
Jean Lambert, im Namen der Verts/ALE-Fraktion. – Herr Präsident, ich möchte mich den hier vorgebrachten Forderungen nach einer umfassenden Strategie anschließen.
Wie bereits gesagt wurde, ist dieses Jahr das Europäische Jahr zur Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung; das ist schwer in Zeiten der Rezession, das wissen wir. Deshalb verlangen wir die Aufstellung eines sozialpolitischen Vorbehalts bei Rettungspaketen, damit diejenigen, die am stärksten ausgegrenzt sind, nicht noch weiter in Rückstand geraten.
Es wurde bereits gesagt, dass die Kluft sich weiter vertieft; deshalb muss in unserer EU-2020-Strategie auch berücksichtigt werden, dass die Kluft zwischen Arm und Reich verringert werden muss.
Die Änderungen der Fonds für regionale Entwicklung sind wichtig. Die lokalen Behörden, darin stimmen wir mit dem Rat überein, sind wichtig, weil dort sehr häufig die Diskriminierung am unmittelbarsten wahrgenommen wird, so im Bereich Wohnraum und in Bezug auf die besonderen Bedürfnisse der Roma, im Bereich Bildung sowie bezüglich der Polizei, deren Aufgabe es ist, zu schützen und nicht einfach zu kriminalisieren, wie es in einigen Mitgliedstaaten der Fall zu sein scheint.
Und wir wollen hochwertige öffentliche Dienstleistungen. Der Rat wird sich an seine Empfehlung zur aktiven Einbeziehung von arbeitsmarktfernen Personen erinnern, in der hochwertige öffentliche Dienstleistungen als wesentlich erachtet werden.
Wir möchten gern erfahren, ob der Rat und die Kommission mit dem im Augenblick für Mittel angezeigten Absorptionsgrad einverstanden sind.
Ich würde ferner die Kontextänderung in Bezug auf die Bekämpfung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit begrüßen, die von der Kommission so stark lanciert wurde, und ich hoffe, dass alle Regierungen der Mitgliedstaaten sich diesen Idealen verpflichten.
Peter van Dalen, im Namen der ECR-Fraktion. – (NL) Herr Präsident, es ist gut und auch notwendig, dass sich dieses Haus mit dem Schicksal der Roma befasst. In den letzten Jahrhunderten war die Diskriminierung mitunter noch das geringste Übel, das sie auszustehen hatten. Es ist notwendig, zur Förderung der Integration der Roma und zur Beseitigung ihrer benachteiligten Stellung auf europäische Finanzmittel und europäische Richtlinien zurückzugreifen. Ferner befürworte ich die Entwicklung einer guten Strategie, um zu gewährleisten, dass die europäischen Millionen auch die Menschen erreichen, die sie wirklich benötigen. Der Schwerpunkt muss hierbei im Bildungsbereich liegen. Wir müssen die Roma-Kinder entsprechend vorbereiten, damit es ihnen gelingt, aus dem negativen Kreislauf auszubrechen, der eine traurige Wirklichkeit ist.
Ich möchte nun noch zwei Punkte zur heutigen Aussprache anfügen. Erstens: Ich finde es nicht gut, dass viele Roma in einer Opferhaltung verhaftet sind. Sie müssen auch selbst aktiv werden, um die zahlreichen Fälle von Missbrauch in ihren Gemeinschaften zu beseitigen.
Zweitens: Die Integration der Roma kann nicht durch europäische Finanzmittel und europäische Rechtssetzung durchgesetzt werden. Letztendlich müssen jene Mitgliedstaaten, in denen Roma leben und oft über viele Generationen gelebt haben, bei der Behandlung der Frage Integration der Roma in ihren jeweiligen Ländern eine führende Rolle übernehmen. Das ist vielmehr eine soziale als eine politische oder finanzielle Herausforderung. Europäische Finanzmittel können und sollen allenfalls eine Hilfestellung zu leisten.
Cornelia Ernst, im Namen der GUE/NGL-Fraktion. – Herr Präsident! Als ich im Dezember 2009 in Pristina und in Mitrovica war und sah, wie die Menschen in der Mahalla und vor allem in den bleivergifteten Camps leben, war ich ziemlich erschüttert, vor allem auch über die Lage der Kinder. Ich erfuhr in fast jedem Gespräch, dass es nicht nur im Kosovo, sondern in sehr vielen Ländern Europas schlimm um eine der ältesten Bevölkerungsgruppen Europas steht, nämlich die Roma. Ich traf auf Bekim Syla vom Roma- und Ashkali-Dokumentationszentrum in Pristina, der uns mit den Worten empfing: „Wir sind der Worte müde.“
Es muss gehandelt werden, und deshalb ist die allergrößte Erwartung an Córdoba, dass nicht nur geredet, sondern unverzüglich gehandelt wird. Und unverzügliches Handeln heißt, sich nicht zurückzulehnen hinter die EU-Richtlinien zur Verwirklichung der Gleichberechtigung, der Gleichbehandlung ohne Unterschied von Rasse oder ethnischer Herkunft, aber auch nicht hinter die Beschäftigungs-Rahmenrichtlinie, weil es nichts nützt. Unverzügliches Handeln setzt voraus, zu erkennen und davon auszugehen, dass diese Richtlinien eben nicht ausreichen, um die Roma in der Europäischen Union vor erniedrigender und diskriminierender Behandlung zu schützen und dauerhaft – darauf kommt es an – zu integrieren. Was wir brauchen, ist daher eine europäische Roma-Strategie, die Bestandteil aller Politikfelder ist, integrativer Bestandteil jedweder Politik.
Die Mehrzahl der Regierungen führt aber nur Projekte durch, sporadische Maßnahmen. Aber nötig sind mittel- und langfristige Politikansätze. Notwendig sind ganz zwingend Maßnahmen zur wirtschaftlichen Entwicklung der Roma-Gemeinschaften. Die EU muss ihre Struktur- und Regionalförderung nicht erst ab 2014 flexibler gestalten, sondern jetzt, damit auch Roma sie nutzen können. Dazu gehören Kleinkredite, die möglichst unbürokratisch vergeben werden müssen, z. B. für den Wiederaufbau von Roma-Siedlungen. Dazu gehören sehr konkrete Maßnahmeangebote für Gesundheitsförderung, Bildung, Ausbildung, Förderung des Arbeitsmarktes. Und ich sage es ganz offen: Kein Kind darf an Bildungs- oder Sprachbarrieren scheitern. Wir wollen auch als GUE keine Roma-Schulen, sondern Schulen für alle, wo auch Roma leben und lernen können.
Im Übrigen geht es nicht nur ums Geld, sondern auch darum, dass Rassismus entschieden entgegengetreten wird. Antiziganismus darf kein Kavaliersdelikt sein oder bleiben, sondern muss als Straftat geahndet werden. Die EU trägt große Mitverantwortung dafür, inwieweit es hoffentlich bald gelingt, dass den mehr als 10 Millionen Roma in Europa Gerechtigkeit widerfährt, denn bei Gerechtigkeit beginnt es und mit Gleichheit soll es weitergehen. Dafür bedarf es eines ganz klaren politischen Jas und einer entschlossenen, wirkungsmächtigen europäischen Rahmenstrategie, und – offen gestanden – es bedarf auch unseres leidenschaftlichen Engagements als Abgeordnete, als Menschen für diese Bevölkerungsgruppe, für Roma und Sinti. Handeln wir unverzüglich!
Jaroslav Paška, im Namen der EFD-Fraktion. – (SK) Der zweite europäische Roma-Gipfel wird für seine Teilnehmer zweifellos eine gute Gelegenheit sein, ihre Erfahrungen auszutauschen in Bezug auf die Ergebnisse der zahlreichen Maßnahmen zur Unterstützung einer erfolgreichen Integration der Roma in die Gesellschaft.
Laut Historikern kamen die Roma zwischen dem 5. und 9. Jahrhundert unserer Zeitrechnung nach Europa. Seither haben viele europäische Nationen Wege gesucht, mit der Roma-Bevölkerung so gut wie möglich zu koexistieren. Es muss objektiv anerkannt werden, dass es selbst nach eintausend Jahren der Suche nach einem solchen Modell bis heute nicht gelungen ist, die Roma richtig in unsere Gesellschaft zu integrieren. Ich weiß nicht, ob der Grund für die anhaltenden Probleme bei uns oder bei der anderen Seite liegt, doch aufgrund von Erfahrungen in meinem Land weiß ich, dass das Geben allein als Hilfe nicht sinnvoll ist.
Unsere Regierung hat beachtliche Mittel aus den Steuern der gesamten arbeitenden Bevölkerung genommen und sie der Roma-Bevölkerung gegeben, damit diese ein würdevolles Leben führen konnte. Sie hat ihnen moderne Wohnungen gebaut und geschenkt, die gleichen, die sich andere Bürger kaufen mussten. Unsere Regierung gab ihnen Zugang zu Arbeit, medizinischer Versorgung und Bildung, zu denselben Bedingungen wie sie für alle anderen Bürger gelten. Arbeitslose Roma erhalten dieselbe Unterstützung und dieselben Sozialleistungen wie die anderen Bürger.
Was ist das Ergebnis? Die modernen Behausungen wurden zerstört, die sanitären Einrichtungen und andere Ausstattungen werden demontiert und gestohlen. Die Bewohner dieser Wohnungen werfen das Abwasser und den Abfall aus dem Fenster auf die Straße. Zur Arbeit gehen wollen sie nicht, selbst wenn sie ihnen von der Kommunalverwaltung angeboten wird. Das medizinische Personal, das ihnen Schutz gegen Infektionskrankheiten bringt, wird aus den Roma-Siedlungen vertrieben. Die Kinder sind vernachlässigt und hungrig und viele gehen nicht einmal zur Schule. Ich bin daher überzeugt, dass wir, wenn wir den Roma wirklich helfen wollen, in erster Linie versuchen müssen, den Roma-Kindern eine zivilisierte, kultivierte und ordentliche Lebensweise beizubringen.
Zoltán Balczó (NI). – (HU) Da ich auf Ungarisch, meiner Muttersprache, sprechen werde, werde ich anstelle des Standardbegriffs Roma das Wort Zigeuner verwenden. Dieses hat in meiner Sprache keine abwertende Bedeutung und wird auch in unserer Verfassung verwendet.
Dieser Tagesordnungspunkt betrifft das Vorgehen gegen die Ausgrenzung und Diskriminierung der Zigeuner. Die entscheidende Voraussetzung für eine Lösung ist die soziale Integration der Zigeunerbevölkerung. Die Schule ist hierfür ein wichtiges Instrument. In vielen Fällen besteht ein Grund für eine Sonderbehandlung oder positive Diskriminierung, wenn man so will, weil damit Nachteile aufgehoben werden können. Verfechter von Minderheitenrechten lehnen dies vehement als Segregation ab, obschon das Ziel eine rasche Integration ist.
In bestimmten Regionen Ungarns wachsen Generationen von Zigeunern in Familien auf, die von Sozialleistungen leben, statt ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Ohne die Schaffung von Arbeitsplätzen gibt es keinen Ausweg. Deswegen müssen wir uns von den neoliberalen Wirtschaftsmodellen lösen. Selbst die schwierige soziale Lage kann eine Verletzung des Gesetzes nicht rechtfertigen. In Ungarn sind die Zigeuner zu einem sehr hohen Prozentsatz an Verbrechen beteiligt. Dagegen müssen wir ankämpfen, nicht nur im Interesse der Mehrheit der Gesellschaft, sondern auch im Interesse der ehrlichen Zigeunerbevölkerung. Wir haben uns nie auf genetische oder ethnische Merkmale bezogen; es ist also nicht von Rassismus die Rede, sondern von besonderen soziokulturellen Umständen als Hintergrund. Wenn wir jeden, der diese Meinung äußert, automatisch als Rassisten stigmatisieren, betreiben wir eine Vogel-Strauß-Politik.
Wir müssen den Ausweg gemeinsam finden. Um dies zu erreichen, brauchen die Zigeuner unbedingt Führungspersönlichkeiten, die von ihren Gemeinschaften sowie von der Gesellschaft generell anerkannt sind. Was wir brauchen ist eine gemeinsame europäische Strategie, doch es sollte eine Strategie sein, die alle Aspekte des Problems anspricht und auf eine Lösung durch aufrichtige Untersuchungen abzielt.
Agustín Díaz de Mera García Consuegra (PPE). – (ES) Herr Präsident, zu Beginn möchte ich Frau Járóka zu ihrer Verteidigung der Roma-Bevölkerung vor den Organen der Europäischen Union beglückwünschen. Es sollte betont werden, dass Frau Járóka und die EVP-Fraktion die erste europäische Strategie für die Integration der Roma-Minderheit entworfen und gezielte Gemeinschaftsmaßnahmen zugunsten von über neun Millionen in der Europäischen Union lebenden Bürgerinnen und Bürgern vorgeschlagen haben. Die Lage der Roma-Bevölkerung unterscheidet sich von der anderer nationaler Minderheiten in Europa, weshalb spezifische, sie betreffende Maßnahmen beschlossen werden müssen.
Der zweite Europäische Gipfel über die Integration der Roma, der in Córdoba stattfinden wird, soll als Forum dienen, in dem den Problemen dieser Gemeinschaft mutig begegnet wird und die spezifischen finanziellen und rechtlichen Instrumente für eine Minderheit entwickelt werden, die bei der Konzeption ihrer eigenen Zukunft eine führende Rolle einnehmen muss, wobei wir frühere paternalistische Ansätze hinter uns lassen. Ich stimme darin überein, dass niemand das Recht hat, auf ihre Kosten politisches Kapital zu schlagen.
Nur durch ein multidisziplinäres und zwischen der Kommission, dem Rat und den Mitgliedstaaten abgestimmtes Vorgehen können positive Ergebnisse für die Roma-Bevölkerung erzielt werden. Die verschiedenen beteiligten Mitglieder der Europäischen Kommission müssen ihre Ansätze koordinieren, mit dem Ziel, Vorgehensweisen, durch die Roma ausgeschlossen oder benachteiligt werden, ein Ende zu setzen. Der Rat muss gemeinsam mit den Mitgliedstaaten die uneingeschränkte Integration der Roma-Bevölkerung fördern.
Schließlich sind die Mitgliedstaaten verantwortlich für die Förderung von Maßnahmen zur Bekämpfung der Diskriminierung, der die Roma so oft ausgesetzt sind. Der Zugang zur Gesundheitsversorgung, zu qualitativ hoch stehender Bildung, Weiterbildung und Umschulung sind notwendige Ziele für die Roma-Bevölkerung, um auch zu menschenwürdiger Beschäftigung und zu einer uneingeschränkten Teilnahme an der Zivilgesellschaft Zugang zu haben. Es ist in diesem Zusammenhang sehr wichtig, dass die lokalen Behörden beteiligt sind – und ich weiß sehr genau, wovon ich spreche. Wir müssen alles in unserer Kraft Stehende für sie tun, doch nichts kann ohne sie getan werden, und hier in diesem Plenarsaal, Herr Präsident, befinden sich einige hervorragende Roma-Abgeordnete.
Kinga Göncz (S&D). – (HU) Ich denke, dass der zweite Roma-Gipfel in Córdoba eine ausgezeichnete Gelegenheit ist, kritisch zu prüfen, was in den letzten Jahren in Bezug auf die Integration der größten und am stärksten gefährdeten ethnischen Minderheit in Europa, der Roma, erreicht worden ist. Als Erstes möchte ich betonen, dass wir sehr wichtige Schritte unternommen haben, um dies zu einem europäischen Thema zu machen. Es ist nicht nur ein mittel- und osteuropäisches Problem, sondern betrifft ganz Europa. Damit Lösungen gefunden werden können, müssen wir in Zukunft einen einheitlichen Ansatz verwenden. Das Europäische Parlament hat wichtige Schritte unternommen, indem es eine Entschließung über die Notwendigkeit der Roma-Strategie verabschiedet hat. Diese ist leider noch nicht angenommen worden, und wir hoffen sehr, dass während der Amtszeit des Dreiervorsitzes und dieser Kommission weitere bedeutende Schritte gemacht werden. Der Bericht des Europäischen Parlaments von 2009 über die soziale Lage und die Arbeitsmarktsituation der Roma stellt einen wichtigen Meilenstein dar, und wir befinden uns in der Mitte des Jahrzehnts der Roma-Integration, das ebenfalls ein wichtiges Programm ist. Damit unsere Strategie erfolgreich ist, müssen wir prüfen, inwieweit die Strukturfonds und der Kohäsionsfonds genutzt worden sind, und ob und unter welchen Umständen sie zur sozialen Eingliederung der Roma beigetragen haben. Wir brauchen Daten, doch es ist uns bewusst, dass Daten zur ethnischen Herkunft stets heikel sind, und dass wir sie mit Vorsicht anfordern und behandeln müssen. Während also zahlreiche positive Schritte gemacht worden sind, stellen wir fest, dass die Durchsetzung von Rückübernahmeabkommen ebenfalls zahlreiche Probleme hervorgerufen hat. Der Kosovo wurde hier bereits erwähnt. Ich hoffe sehr, dass der Gipfel zur Lösung dieser Probleme beitragen wird.
Nicole Kiil-Nielsen (Verts/ALE). – (FR) Herr Präsident, das Roma-Problem ist in meiner Region, im Westen Frankreichs, stark spürbar. In Nantes werden über 1000 Roma von einem Ort zum anderen abgeschoben, weil staatlich festgelegte Standorte fehlen, um sie aufzunehmen. Die wenigen Gemeinden, die über Einrichtungen für die Aufnahme der Roma verfügen, z. B. Rezé und Indre, im Stadtgebiet von Nantes, sind bis an die Grenzen ausgelastet und werden von den staatlichen Behörden nicht unterstützt. Die proaktivsten und offensten Bürgermeister stehen daher vor größten Schwierigkeiten. Die Antworten können nicht auf lokaler Ebene gefunden werden. Sie müssen auf globaler Ebene erfolgen. Die Integration der Roma muss in die gesamte Politik der europäischen Union einbezogen werden, um den Diskriminierungen, denen diese europäischen Bürger ausgesetzt sind, ein Ende zu setzen.
Ich möchte ebenfalls auf die spezielle Situation der Frauen aufmerksam machen. Die Probleme, denen sich Roma-Frauen gegenübersehen, sind besonders gravierend, z. B. im Zusammenhang mit Gewalt in der Ehe oder ungewollten Schwangerschaften. So hatte nach Angaben von Médecins du monde in Frankreich jede zweite Roma-Frau, d. h. 43 % dieser Gruppe, im Alter von 22 Jahren bereits eine Abtreibung gehabt. Das Durchschnittsalter bei der ersten Schwangerschaft ist 17. Lediglich 10 % der Roma-Frauen wenden eine Verhütungsmethode an. Die Europäische Union muss deshalb die Geschlechterperspektive in sämtliche die Roma betreffende Studien und Rechtsvorschriften mit einbeziehen. Bildung muss eine vorrangige Stellung einnehmen. Es besteht dringender Handlungsbedarf, die Roma-Gemeinschaften für ihre Grundrechte zu sensibilisieren und ihren Zugang zu öffentlichen Dienstleistungen zu erleichtern.
Ich hoffe, dass die Europäische Union auf dem zweiten Europäischen Roma-Gipfel ihre Entschlossenheit beweisen wird, sich umfassend mit dem Roma-Problem zu befassen.
Lorenzo Fontana (EFD). – (IT) Herr Präsident, meine Damen und Herren, das Roma-Problem wird zunehmend komplexer und es bedarf effektiver und unmittelbarer Maßnahmen. Vertreter der Roma, die Organe der EU, Verbände und ein Teil der Zivilgesellschaft fordern ihre Eingliederung in das sozioökonomische Gefüge, doch nur selten wird der entscheidende Punkt in den Vordergrund gestellt, nämlich dass Integration ein zweiseitiger historischer und kultureller Prozess ist.
Wenn die Roma nicht wirklich bereit sind, die Rechtsvorschriften und die Kultur der Länder, in denen sie leben, anzuerkennen und zugleich nicht jedes Verhalten unterlassen, das mit dem zivilen Miteinander unvereinbar ist, wird es nie zu ihrer Eingliederung kommen: In diesem Fall können wir weiterhin Projekte vorstellen und Mittel bereitstellen, aber wir werden niemals nennenswerte Ergebnisse sehen.
Der Herausforderung sollte nicht mit Demagogie begegnet werden: Wir fordern, dass das Problem mit dem nötigen Pragmatismus behandelt wird; dabei ist zu berücksichtigen, dass die Besorgnis erregende Wirtschafts- und Beschäftigungssituation einen Faktor darstellt, der die Eingliederung der Roma in den Arbeitsmarkt erschwert. Wir glauben, dass diese problematische Integration – wie es uns die Geschichte von Jahrhunderten lehrt – nicht allein den Gastländern zugeschrieben werden kann und dass die Verantwortung für die derzeit mangelnde Integration zumindest beiden Seiten zugeschrieben werden sollte.
Simon Busuttil (PPE). – (MT) Auch ich möchte meine Unterstützung zusagen, insbesondere der Abgeordneten Lívia Járóka, die unermüdlich an diesem heiklen und wichtigen Thema arbeitet. Herr Präsident, wie die Kollegin bereits sagte, ist die Situation der Roma-Bevölkerung in Europa so beschaffen, dass nicht nur einige wenige Staaten von ihr betroffen sind. Es ist eine Situation, die die gesamte Europäische Union betrifft, denn die Roma-Gemeinschaft stellt die größte ethnische Minderheit Europas dar. Unter diesem Aspekt ist es notwendig, das gegenwärtige Vorgehen der Europäischen Union zu beurteilen, damit wir sehen, was wir verbessern können. Ich war erfreut, die diesbezüglichen umfassenden Ausführungen der Vizepräsidentin der Europäischen Kommission, Viviane Reding, zu hören. Es ist der richtige Moment hierfür in Anbetracht des Roma-Gipfels, der im kommenden Monat in Córdoba stattfindet. Sicher ist, dass wir die Situation nicht unverändert belassen können, denn sie wird sich nicht von selber lösen, und wenn wir nicht die notwendigen Schritte unternehmen, werden diese Menschen ausgegrenzt bleiben und in der Armutsfalle gefangen leben. Wir müssen deshalb eine Integrationspolitik verfolgen, die dazu führt, dass die Roma-Gemeinschaft auch wirklich Zugang hat zu den Möglichkeiten, die anderen offenstehen. Insbesondere müssen diese Menschen die Möglichkeit erhalten, zu arbeiten, ihre Fähigkeiten einzusetzen, ein würdevolles Leben zu führen und erfolgreich zu sein. So werden sie nicht nur für ihren Lebensunterhalt sorgen können, sondern auch einen Beitrag leisten zur jeweiligen Gesellschaft, in der sie leben. Um dies zu erreichen, müssen wir jedoch die nötigen Schritte unternehmen, um die bestehenden Hindernisse aus dem Weg zu räumen. Ich hoffe, dass unsere Botschaft der Solidarität mit den Roma in diesem Haus, in diesem Parlament im Hinblick auf den Gipfel im kommenden Monat gehört wird.
María Muñiz De Urquiza (S&D). – (ES) Herr Präsident, die 10 Millionen Roma in Europa würden einen mittleren Mitgliedstaat der Europäischen Union bilden, wenn sie ein Staat wären. Das sind sie aber nicht. Den Roma war ihr europäisches Bewusstsein immer wichtiger als vermeintliche Grenzen. Im Grunde sind sie wie Bürger zweiter Klasse, und zwar auf Grund der Diskriminierung, der sie im Laufe der Geschichte ausgesetzt waren, nicht nur in den Bereichen Bildung, Gesundheit oder Wohnraum, sondern auch als Migranten, was gerade den Kern ihres Wesens ausmacht.
Der Menschenrechtskommissar des Europarates erklärte, dass die Roma-Migranten in manchen Ländern nicht wie andere europäische Migranten behandelt werden, was in eklatanter Weise gegen das Recht auf Freizügigkeit verstößt.
Die Fraktion der Progressiven Allianz der Sozialisten und Demokraten im Europäischen Parlament setzt sich für den Aufbau eines Europa ein, in dem die ethnischen und kulturellen Minderheiten anerkannt und respektiert werden und in dem wir einer alle einbeziehenden europäischen Staatsbürgerschaft und einem Raum der Gleichheit, Freiheit und des Zusammenlebens in der Vielfalt entgegengehen. Aus diesem Grund begrüßen wir die Richtlinie über die Bekämpfung von Diskriminierungen in allen Bereichen, eine Richtlinie, die nicht immer von allen Fraktionen in diesem Haus unterstützt wurde.
Ebenfalls begrüßen wir das Programm des spanischen Ratsvorsitzes in diesem Bereich: Wir halten es für notwendig, weil die Entwicklung von europäischen Initiativen zur Anerkennung und Förderung der Roma-Gemeinschaft keinen weiteren Aufschub duldet.
Der Gipfel von Córdoba, der während des spanischen Ratsvorsitzes stattfinden wird, bietet eine großartige Möglichkeit, einen umfassenden Plan für die Roma-Gemeinschaft festzulegen und damit die Jahre des Schweigens und des Rassismus hinter sich zu lassen.
Raül Romeva i Rueda (Verts/ALE). – Herr Präsident, es ist kaum noch etwas hinzuzufügen – nur ein Appell. Wie bereits gesagt wurde: Vergessen wir nicht, dass der Roma-Gipfel auf Initiative des Parlaments während des slowenischen Ratsvorsitzes ins Leben gerufen wurde, mit dem Ziel die Regierungen der Mitgliedstaaten zusammenzubringen, um uns gemeinsam mit den Roma-Problemen zu befassen.
Dies ist ein weiterer Grund für das Parlament, in dieser Frage Handlungskraft zu zeigen. Die Grünen sind allerdings anderer Ansicht, und wir werden nicht stolz darauf sein, wenn die Mitgliedstaaten alle nicht zugeben, dass wir bezüglich des Roma-Problems einiges besser machen können. Angelegenheiten wie diese müssen in eine gemeinsame Forderung nach einer europäischen Strategie für die Integration der Roma einfließen. Wir brauchen diese Strategie, wir brauchen diese Strategie, weil die Europäische Union auch auf internationaler Ebene an Glaubwürdigkeit verliert. Viele Länder greifen uns wegen dieses Problems heraus. Das spielt ebenfalls eine Rolle, weil wir es auch in der Vergangenheit so gesehen haben, dass es mit den Menschenrechten und sozialer Eingliederung zu tun hat.
Unserer Haltung nach ist es auch eine politische Angelegenheit. Wir müssen uns klar machen, dass eine Lösung im Rahmen der politischen Debatte gefunden werden muss.
Elena Băsescu (PPE). – (RO) Da die Roma-Gemeinschaft eine der größten und zugleich eine der am meisten benachteiligten Minderheiten in Europa ist, muss sie noch stärker in die europäische Agenda einbezogen werden. Arbeitslosigkeit, Armut, Missbrauch, Diskriminierung und nicht zuletzt eingeschränkter Zugang zu Bildung sind Probleme, mit denen die Roma-Minderheit häufig konfrontiert ist und die letztlich zu sozialer Ausgrenzung führen. Ich bin der Auffassung, dass ein integriertes europäisches Programm erforderlich ist, das ihrer Kultur und ihren Werten entspricht, unter Berücksichtigung der Tatsache, dass sie sich frei bewegen.
46 % der Roma-Bevölkerung sind Kinder, was auf die Verbindung einer hohen Geburtenrate und einer bedauerlicherweise niedrigen Lebenserwartung zurückzuführen ist. Der Zugang zur Bildung würde eine echte Chance für sie bedeuten. Der Zugang zu und der Anspruch auf eine Ausbildung sind zwar durch europäische Vorschriften gewährleistet, doch gehen die meisten Kinder aus armen Roma-Gemeinschaften überhaupt nicht zur Schule oder brechen die Schule ab. Eine spezifische Maßnahme wäre, diese Kinder und Jugendlichen in das System der allgemeinen Schulpflicht einzubeziehen und somit zu verhindern, dass sie die Schule abbrechen. Im Schuljahr 2009-2010 hat das rumänische Bildungsministerium in den weiterführenden Schulen des Landes 7483 spezielle Schulplätze vergeben, für die sich jedoch nur 2460 Schüler anmeldeten, von denen schließlich 2246 zugelassen wurden.
Es müssen allerdings auf beiden Seiten Anstrengungen unternommen werden. Die Roma-Minderheit muss verantwortungsvoll handeln, um ihren Lebensstandard zu verbessern. Der Mangel an Bildung hindert die Roma an einer aktiven Teilnahme am sozialen, wirtschaftlichen oder politischen Leben des Landes, in dem sie leben. Die Europäische Union unterstützt die Integration der Roma in die Gesellschaft durch verschiedene Förderprogramme, wie beispielsweise den Europäischen Sozialfonds, den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung oder die Programme „Progress“ und „Jugend in Aktion“.
Vielen Dank.
Emine Bozkurt (S&D). – Herr Präsident, die Roma, die größte Minderheit Europas, leiden unter institutioneller Diskriminierung, Romafeindlichkeit, außerordentlicher Armut und sozialer Ausgrenzung, Segregation im Bereich Wohnraum, Bildung und Sozialfürsorge. Kurzfristige Lösungen sind keine Antwort auf die breit gefächerten und tief greifenden Probleme, mit denen die Roma konfrontiert sind. Wir müssen die derzeitigen bewährten Verfahren sowie die nachteiligen Auswirkungen von bestehenden Strategien für die Roma-Bevölkerung bewerten.
Um nur ein Beispiel herauszugreifen: Roma-Kinder werden von ihren Familien weggenommen und in separate Internatsschulen gesteckt. Diese Maßnahmen lösen keine Probleme: Sie führen vielmehr zu mehr Segregation und beeinträchtigen nachhaltig das Leben der Roma-Familien. Europa benötigt eine wirksame langfristige Roma-Strategie. Dieser Gipfel bietet uns, im Unterschied zum ersten Roma-Gipfel, der keine wirklichen politischen Verpflichtungen innerhalb der EU umfasste, eine neue Gelegenheit, positive Maßnahmen einzuleiten. Die EU sollte mit gutem Beispiel vorangehen, indem sie den Roma mehr Stellen anbietet und die Roma sowie die Zivilgesellschaft in die Strategie mit einbezieht.
Danuta Maria Hübner (PPE). – Herr Präsident, der Gipfel in Córdoba wird für uns alle ein Test sein, für die Europäischen Organe wie für die Mitgliedstaaten. Er sollte eindeutig die Verpflichtung Europas zu einer vollwertigen politischen und operativen Strategie unter Beweis stellen, die bei der Behandlung von Roma-Fragen über die offensichtlichen, da grundlegenden Menschenrechtsperspektiven hinaus auf eine wirkliche wirtschaftliche und soziale Integration zielt.
Wir brauchen eine integrierte politische Strategie und einen Aktionsplan, die alle Bereiche, die wirtschaftlich und sozial von Bedeutung sind, durchdringen. Es wurde viel getan und erreicht, doch zweifellos liegt noch ein langer Weg vor uns. Wir brauchen eine enge Zusammenarbeit von Kommission, Parlament und Mitgliedstaaten, aber auch, wie Minister López Garrido sagte, der lokalen und regionalen Behörden.
Wir erwarten von der Kommission eine klare Festlegung der Zuständigkeiten in dieser Angelegenheit und eine effiziente Koordinierung aller betreffenden Dienststellen. Wir erwarten, dass das 5 Mio. EUR-Pilotprojekt, das derzeit von der Kommission umgesetzt wird, den Weg für wirksame und effektive Lösungen in den wichtigsten Bereichen frei macht: frühkindliche Erziehung und wirtschaftliche Eingliederung, und Fortschritte bei politischen Lernprozessen und Bewertungen.
Wir begrüßen die Bemühungen der Kommission, insbesondere die der GD Regionalpolitik, und wir ermutigen die Kommission dazu, die Gebietskörperschaften verstärkt in die praktischen Maßnahmen zur Verbesserung der wirtschaftlichen Eingliederung der Roma-Gemeinschaft einzubeziehen.
Im Parlament haben viele Kollegen aus allen Fraktionen bereits ihr Engagement bewiesen, doch es ist unsere Aufgabe, viel größere politische Macht in diese Angelegenheit zu legen.
Die Integration der Roma würde uns die Chance geben, einem wirklich integrativen europäischen Arbeitsmarkt entgegenzugehen. Es wäre eine Chance auf dem Weg der Bewältigung der demografischen Herausforderungen in Europa voranzuschreiten.
Lassen Sie mich daher abschließend sagen: Wir müssen den Córdoba-Gipfel als einen letzten Aufruf zur wirklichen Integration der Roma betrachten.
Csaba Sándor Tabajdi (S&D). – (HU) Angesichts der Tatsache, dass ich an der Entwicklung des ersten mittelfristigen staatlichen Programms für Europa in Bezug auf die Roma-Frage beteiligt war, und als Berichterstatter des Roma-Berichts 2002 des Europarates, stimme ich mit der Äußerung überein, dass es sich um eines der kompliziertesten Themen handelt, dem sich Europa heute gegenüber sieht. Ich beneide Kommissarin Reding nicht um ihre Position, denn es ist derzeit das komplizierteste Thema in Europa. Ganz offensichtlich sind die Roma nicht nur eine ethnische und nationale Minderheit, sondern sie sind als soziale Minderheit auch Mehrfachdiskriminierungen ausgesetzt. Die Aufteilung der Verantwortung zwischen Mehrheit und Minderheit ist allerdings unklar. Die soziale Verantwortung ist zwischen Mehrheit und Minderheit sehr ungleich verteilt, da die Mehrheit weit mehr Verantwortung trägt, jedoch die Minderheit, in diesem Fall die Roma, ebenfalls ihre eigene Verantwortung hat. Der vierte Punkt und besonders wichtig ist, dass wir eine Integration ohne Assimilation brauchen.
Schließlich ist es nicht nur ein haushaltspolitisches Problem und es hängt nicht allein von den Mitteln ab. Dies ist vielmehr eine Frage, ob Personen und Verfahren vor Ort vorhanden sind, sowohl in der Mehrheitsgesellschaft als auch unter den Roma. Als ehemaliger Staatssekretär muss ich sagen, dass Ergebnisse in Regionen erzielt wurden, in denen lokale Mehrheitsführer sich der Problematik annahmen und glaubwürdige lokale Minderheitenführer es verstanden, die Minderheit zu motivieren, und von NRO unterstützt wurden. Es ist keine Frage der Finanzierung. Wir brauchen die europäische Ebene, doch müssen auch auf Ebene der Mitgliedstaaten und der lokalen Behörden Erfolge erzielt werden. Darum unterstütze ich die Strategie der Union.
Elena Oana Antonescu (PPE). – (RO) Die wirtschaftliche und soziale Entwicklung der Roma-Minderheit ist eines der heikelsten und umstrittensten Themen, mit denen sich die mittel- und osteuropäischen Ländern konfrontiert sehen. Es liegen uns keine genauen Schätzungen über die tatsächliche Zahl der Roma in der EU vor. Wir wissen jedoch, dass die Roma-Minderheit die größte und ärmste ethnische Minderheit mit grenzüberschreitender Ausbreitung ist.
Die Europäische Union braucht einen einheitlichen langfristigen Ansatz, weil einzelstaatliche Maßnahmen unzureichend sind, wenn es darum geht, die Lage der Roma zu verändern. Jeder Staat ist für die Verbesserung der Lebensbedingungen der Roma-Bevölkerung verantwortlich. Der Erfolg dieses Prozesses liegt jedoch weitgehend darin, das Problem im Ganzen und durch koordinierte Maßnahmen anzupacken.
Meines Erachtens stellt die Perspektivlosigkeit der jungen Generation eines der größten Probleme dar. Die Roma-Bevölkerung ist eine junge Bevölkerungsgruppe mit einem bedeutenden Anteil von unter-20-Jährigen. In der wissens- und innovationsbasierten Gesellschaft, die Europa entwickeln will, wird die Kluft zwischen jungen Roma-Angehörigen und der übrigen Bevölkerung größer, falls wir nicht umgehend Maßnahmen ergreifen. Kinder und Jugendliche sind in wenige der bestehenden Maßnahmen und Strategien einbezogen, obgleich Kinder und Jugendliche in der Roma-Bevölkerung aufgrund ihrer großen Zahl die Generation der Veränderung sind. Der Prozess der nachhaltigen Entwicklung muss bei der Generation der Kinder beginnen, die Zugang zu Bildung, medizinischer Versorgung und allen Möglichkeiten haben, wie auch die Kinder der Mehrheitsbevölkerung.
In diesem Zusammenhang möchte ich Sie darauf aufmerksam machen, dass der Vorschlag der Kommission über die EU-2020-Strategie keine Zielsetzungen für die Bewältigung der Probleme der Roma-Gemeinschaft enthält. Wenn wir keine spezifischen Maßnahmen ergreifen und wenn wir keine größeren Änderungen hinsichtlich der Vorgehensweise vornehmen wollen, werden Millionen junger Roma-Angehöriger ihr Leben lang mit sozialer Ausgrenzung und Marginalisierung konfrontiert sein. Auf Grund der Hoffnungslosigkeit werden diese Gemeinschaften für ihre Bewohner wie auch für die übrige Bevölkerung zu unsicheren Bereichen. Wir müssen der Roma-Gemeinschaft eine echte Chance zu einem Perspektivwechsel geben. Solidarität ist der grundlegende Wert im Herzen des europäischen Projekts. Deshalb müssen wir nicht nur den politischen Willen zeigen, Maßnahmen zu ergreifen, sondern diese Maßnahmen auch umsetzen.
VORSITZ: Edward McMILLAN-SCOTT Vizepräsident
Olga Sehnalová (S&D). – (CS) Sehr geehrte Damen und Herren, laut einer kürzlich durchgeführten Meinungsumfrage wollen 76 % der Tschechen keine Roma als Nachbarn haben. Während der letzten 10 Jahre oder länger habe ich mich in meinem täglichen politischen Leben als Bürgermeisterin mit den Problemen der Koexistenz und der nachbarschaftlichen Verhältnisse zwischen Roma- und Nicht-Roma-Bürgern in meiner Heimatstadt befasst. Aus diesem Grund bin ich fest davon überzeugt, dass finanzielle Lösungen nicht die richtige Antwort sind, was ohnehin durch die wenig beeindruckenden Ergebnisse der bis heute von der EU geförderten Projekte klar wird, deren Ziel es war, die sozioökonomische Situation der Roma zu verbessern.
Meiner Ansicht nach kann die Lösung nur in der Kohäsion lokaler Gemeinschaften in Städten und Dörfern bestehen, von denen die Roma als vollwertige Bürgerinnen und Bürger akzeptiert werden müssen, mit allen Vor- und Nachteilen. Allerdings gilt umgekehrt das Gleiche. Die Roma müssen auch ein Gefühl der Zugehörigkeit zu ihrer Gemeinde haben und deren Regeln und Normen akzeptieren. Ihre eigenen positiven Beispiele und Rollenbilder sind ungemein wichtig für Beziehungen mit der Mehrheit der Gemeinde und für die effiziente Arbeit innerhalb der Roma-Gemeinschaft. Es ist jedoch von fundamentaler Bedeutung, dass in der gesamten Gesellschaft ein kontinuierlicher und kompromissloser Kampf gegen Ausländerfeindlichkeit und Rassismus geführt wird. Wir sollten es durch alle zur Verfügung stehenden Ressourcen, konkrete Aktionen und Positionen ganz deutlich machen, dass solche Geisteshaltungen für uns absolut inakzeptabel sind. Wir sollten in Zukunft gemeinsam Anstrengungen in diese Richtung unternehmen.
Daciana Octavia Sârbu (S&D). – (RO) Ich möchte gleich zu Beginn die Hoffnung zum Ausdruck bringen, dass der Roma-Gipfel in Córdoba ein entscheidender Zeitpunkt sein wird, eine gemeinsame Strategie zu verabschieden, die ganz auf die Integration der Roma gerichtet ist.
Die Lebensbedingungen dieser Gemeinschaft sind immer noch inakzeptabel und die Diskriminierung gegen sie verstärkt sich, obwohl die Beträge, die in letzten Jahren für Projekte verwendet wurden, die ihre Situation zu verbessern suchten, sich auf fast 0,5 Milliarden EUR belaufen. Ich glaube, dass es für uns an der Zeit ist, guten Absichten Taten folgen zu lassen.
Bedauerlicherweise hat die Europäische Kommission den Beweis noch immer nicht erbracht, dass sie den erforderlichen Willen hat, die Aktionen zu koordinieren, die den Lebensstandard der Roma und deren soziale Eingliederung verbessern sollen, und gegen die rassistischen Handlungen anzukämpfen, denen die Roma ausgesetzt sind. Ich denke, dass die Roma-Frage ein spezielle Aufgabe sein muss, klar definiert für den Kommissar für soziale Angelegenheiten. Es wäre auch äußerst nützlich, wenn unter den Experten der Kommission, die mit dieser Frage betraut sind, auch Experten wären, die den Roma angehören.
Ich glaube auch, dass wir einen sozialen und kulturellen Ansatz brauchen, um zu verhindern, dass sich die bereits existierenden Ungleichheiten im Hinblick auf sprachliche Bildung und Beschäftigungsniveaus noch verschlechtern. Vor diesem Hintergrund fordere ich die Kommission auf, sich für Arbeitsmarktzugangsprogramme für Roma-Migranten einzusetzen und für die Kooperation zwischen den Gemeinden und Roma-Gemeinschaften und eine engere Zusammenarbeit mit Nichtregierungsorganisationen zu erwägen.
Milan Zver (PPE). – (SL) Herr Präsident, Herr Kommissar, Herr López Garrido,zunächst möchte ich gerne Spanien dazu beglückwünschen, diesen zusätzlichen Gipfel auf seine Prioritätsliste gesetzt zu haben. Zugleich erlauben Sie mir ebenfalls, der Kommission dazu zu gratulieren, einen umfassenden Bericht zur Situation der Roma in Europa vorzubereiten. Es ist der Beweis dafür, dass wir uns der Aktualität dieser Frage bewusst sind. Allerdings ist die Frage erst in den letzten Jahren im Zuge der Vergrößerung der Europäischen Union aktuell geworden.
Ich bin auch über eine andere Sache sehr erfreut, nämlich, dass praktisch alle Parlamentsfraktionen oder die meisten von ihnen die Lösung dieser Frage sehr ernst angehen. Durch den Vertrag von Lissabon haben wir eine zusätzliche gesetzliche Grundlage, durch die wir uns gründlicher mit der Entwicklung einer umfassenden und wirksameren Strategie zur Lösung der Roma-Frage befassen können, im Rahmen des sogenannten „Soft Law“.
Es ist klar, dass wir nicht in der Position sind, eine allgemeine Roma-Politik auf EU-Ebene zu entwickeln, da die primäre Kompetenz in dieser Hinsicht bei den Mitgliedstaaten liegt. Was wir aber entwickeln können, sind einige Indikatoren und eine gemeinsame Datenbank; wir können bewährte Verfahren austauschen und Mitgliedstaaten können sich hier gegenseitig eine große Hilfe sein.
Ich komme aus Slowenien, wo wir zum Beispiel die Rolle des „Roma-Klassenzimmer-Assistenten“ geschaffen haben, dessen Aufgabe es ist, zwischen der Schule und den Eltern zu vermitteln und der besonders dabei hilft, Roma-Kinder in das Bildungssystem einzuführen.
Corina Creţu (S&D). – (RO) Der erste europäische Roma-Gipfel hat tatsächlich das individuelle Versagen der europäischen Staaten anerkannt, die Rechte und die Integration der Roma zu garantieren und offenbar einen ersten Schritt hin zur Verabschiedung einer langfristigen Strategie auf EU-Ebene gesetzt.
Leider besteht eine ungeheure Diskrepanz zwischen Plänen und Studien und ihrer Verwirklichung, um das Leben der Roma-Gemeinschaft spürbar zu verbessern, welche auch weiterhin die bedürftigste ethnische Gruppe in Europa ist, zu einer Zeit, wenn ihre Mitglieder unter dem größten Ausmaß der Armut und sozialer Ausgrenzung leiden. Ihre Aussichten sind wirklich nicht ermutigend, wenn wir bedenken, dass ungefähr die Hälfte der Roma-Bevölkerung aus Minderjährigen besteht, und zwar wegen der hohen Geburtenrate und der kurzen Lebenserwartung.
Ich glaube, dass der erste Schritt in Richtung einer kohärenten Eingliederungsstrategie darin bestehen muss, der jungen Generation der Roma einen nicht diskriminierenden Zugang zum Bildungswesen zu garantieren. Das ist die einzige Maßnahme, die eine entscheidende Rolle dabei spielen kann, eine Änderung herbeizuführen, sodass die Roma in den Arbeitsmarkt eingegliedert werden und dem Teufelskreis der sozialen Ausgrenzung entkommen können.
Iosif Matula (PPE). – (RO) Die Roma sind eine ethnische und kulturelle Gemeinschaft in vielen Ländern, die sich aus mehr als 10 Millionen Menschen in ganz Europa zusammensetzt. Die sozialen Probleme, von denen die Roma betroffen sind, erfordern gemeinsame, langfristige Maßnahmen der Europäischen Union und der Mitgliedstaaten.
Wichtige Initiativen wurden in diesem Bereich ins Leben gerufen, aber ich glaube, dass wir mehr tun müssen. Wir müssen eine angemessene europäische Strategie für die Roma beschließen, die auf zielgerichteten Maßnahmen und einer regelmäßigen Einschätzung der Wirkung beruht.
Ich komme aus einem Land mit einer großen Roma-Gemeinschaft und ich begrüße es, dass wir heute anerkennen, dass die Roma-Frage eine Frage ist, mit der sich ganz Europa auseinandersetzen muss. Eine Strategie ist in Rumänien in Kraft, welche auf die Zeit zurückgeht, bevor das Land Mitglied der EU wurde, und sie zielt darauf ab, die Situation der Roma zu verbessern. Spezielle Plätze werden ihnen an öffentlichen Universitäten kostenlos zur Verfügung gestellt, was sehr dabei hilft, das Niveau der Bildung und Kultur unter den Mitgliedern dieser Gemeinschaft zu erhöhen. Nationale und lokale Behörden unternehmen Anstrengungen, die soziale Eingliederung der Roma zu fördern und sie in den Arbeitsmarkt zu integrieren, um die furchtbare Armut zu bekämpfen und Ihnen den Zugang zu Gesundheitsdienstleistungen zu sichern. Allerdings muss Europa kontinuierliche finanzielle Unterstützung leisten, um die gewünschten Ergebnisse zu erzielen.
Krisztina Morvai (NI). – (HU) Regulärer Schulbesuch ist für Zigeunerkinder und Roma-Kinder der einzige Weg, sich aus ihrer Situation zu befreien. Leider hören wir als Erscheinungsform politischer Korrektheit regelmäßig Entschuldigungen, die aus mancherlei Gründen für die Eltern gemacht werden, die ihre Kinder nicht ermutigen oder sie sogar davon abhalten, die Schule zu besuchen. Aus dieser Sicht sind besonders Mädchen, Zigeunermädchen, Opfer der Diskriminierung, weil ihre unverantwortlichen Eltern sie oft damit belasten, sich um ihre vielen Brüdern und Schwestern zu kümmern und häusliche Pflichten zu erfüllen, anstatt zur Schule zu gehen. Der einzige Ansatz, der mit den internationalen Menschenrechten im Einklang steht, ist der, wenn die Regierung die Verpflichtung übernimmt, in solchen Fällen einen Schritt vorzutreten und die Rechte des Kindes durch Strafen, Sanktionen oder, falls notwendig, durch die Entziehung von Familienbeihilfen oder anderen Formen der Unterstützung zu verteidigen, um die Eltern dazu zu zwingen, die Rechte des Kindes anzuerkennen.
Monika Smolková (S&D). – (SK) Die ärmste Gruppe von Menschen in der Europäischen Union sind ganz sicher die Roma. Daher bin ich dafür, dass alle Mittel eingesetzt werden, um die Roma in die sozialen und wirtschaftlichen Aktivitäten einzugliedern. Vor allem aber sehe ich die Erziehung der Kinder und Jugendlichen als die geeignete Lösung.
Ich stimme ebenfalls zu, dass es notwendig ist, die versteckte und offene Diskriminierung der Roma zu eliminieren. Aber ich bin auch dafür, ganz offen darüber zu sprechen, wie die Rechte der Roma-Kinder von ihren eigenen Eltern unterdrückt werden. Jeder hat ein Anrecht auf ein würdevolles Leben. Roma-Kinder haben dieses Anrecht im überwiegenden Maße nicht. Auf dem nächsten Gipfel sollten wir darüber sprechen, wie in erster Linie die Roma selbst aktiv an der Lösung ihrer Probleme mitarbeiten müssen; zunächst im Hinblick auf ihre Kinder, aber genauso im Hinblick auf ihr persönliches Engagement im Prozess zur Verbesserung ihre eigenen Lebensbedingungen. Und da ich in Zukunft keine Kommissarin sein will, will ich hier in diesem Saal sagen, dass wir auch auf dem nächsten Gipfel darüber sprechen sollten, wie die Unterstützung für die Roma von den Roma selbst missbraucht wird.
Diego López Garrido, Amtierender Ratspräsident. – (ES) Herr Präsident, die Aussprache, die wir gerade über die Roma-Bevölkerung und den bevorstehenden Córdoba-Gipfel geführt haben, zeigt wieder einmal ganz klar, dass die soziale und wirtschaftliche Integration der Roma ein Problem auf europäischer Ebene ist und daher eine europäische Strategie erfordert. Nach dem ungenügenden Fortschritten, die erzielt wurden, ist dies genau das, was wir auf dem Córdoba-Gipfel zu erreichen hoffen, der schon viele Male erwähnt worden ist.
Wir benötigen eine Strategie, die auf einem Aktionsplan beruht, dem der Rat zu folgen gedenkt, unter Berücksichtigung des Gesamtprogramms, das von der Triopräsidentschaft festgelegt wurde; denn es ist ein weitreichendes Programm, ein funktionierender Aktionsplan, der ohne Zweifel die Strukturfonds als eines seiner Hauptinstrumente beinhalten soll – denn sie sind Europas wirksamstes Instrument für soziale Kohäsion – und durch spezielle Aktionen umgesetzt werden soll.
Soweit mir bekannt ist, sollten einige dieser Aktionen auf bestimmte Probleme gerichtet sein, die sich den Roma stellen: die Diskriminierung, der sie als Roma ausgesetzt sind, wie etwa die Schwierigkeiten, die sie haben, Zugang zu öffentlichen Dienstleistungen und Beschäftigungen zu finden. Wir müssen auch die Frage im Hinblick auf die Roma-Frauen untersuchen, die unter besonderen Problemen der Armut, des Zugangs zu Wohnraum, der Diskriminierung und der Gewalt leiden; und auch das Problem der jungen Roma, denn wegen ihres Mangels an Qualifikationen wird es für sie noch schwieriger, in Zeiten einer Wirtschaftskrise Zugang zu einer Beschäftigung zu finden. Und es gibt auch die Frage der Roma-Kinder: Angeblich ist ihre Lebenserwartung 10 Jahre kürzer als jene des durchschnittlichen europäischen Kindes.
Zugleich müssen wir aber allgemeine Maßnahmen ergreifen, die der Roma-Bevölkerung insgesamt helfen; sie sind eine der Gemeinschaften, die unter schlimmster Diskriminierung leiden, und daher wird jede Anti-Diskriminierungspolitik eine Hilfe für sie sein. Das trifft auch auf das zu, was gegen geschlechtsspezifische Gewalt unternommen wird, und darum ist es so wichtig, dass wir so rasch wie möglich eine Richtlinie für den beschützenden Auftrag haben, der die geschlechtsspezifische Gewalt bekämpfen wird, da diese Maßnahme den Roma-Frauen besonders zugute kommen wird. das trifft auch auf die Richtlinie über die Gleichbehandlung zu, die insbesondere der Roma-Bevölkerung zugute kommen wird.
Wir dürfen für all das keine paternalistische Herangehensweise verwenden, weil wir vor allem die Identität und die kulturellen Besonderheiten der Roma-Bevölkerung respektieren müssen.
Viviane Reding, Vizepräsidentin der Kommission. – Herr Präsident, ich möchte dem Haus für die vielen Vorschläge und Anträge danken, die gemacht wurden. Sie werden von Kommissar Andor und mir selbst berücksichtigt werden, wenn wir auf dem Gipfel unsere Mitteilung präsentieren. In dieser Mitteilung wird es auch klar gemacht werden, dass die Kommission weder akzeptieren kann noch akzeptieren wird, dass die Roma diskriminiert und von unserer Gesellschaft aufgrund ihrer ethnischen Zugehörigkeit ausgeschlossen werden.
Es stehen uns jetzt Instrumente zur Verfügung; wir haben Strategien. Die Frage ist, wie können wir sie einsetzen? Wie können wir die Frage und die Probleme der Roma in diesen Instrumenten und Strategien weiterverfolgen? Ich glaube, dass wir weder eine Roma-Richtlinie noch einen Roma-Fonds brauchen. Wir müssen stattdessen den Roma-Fragen voll Rechnung tragen, wenn wir das EU-Recht anwenden und EU-Gelder einsetzen. Entscheidend sind dabei – und das ist von vielen von Ihnen gesagt worden – die Partnerschaft und Kooperation aller maßgeblichen Akteure. Die Kommission verfolgt diesen Ansatz im Rahmen der europäischen Plattform für die Eingliederung der Roma und mit ihren internen Vorgehensweisen.
Aber ich möchte auch sehr klar unterstreichen, dass, obwohl die Roma-Ausgrenzung viel mit Grundrechten zu tun hat, sie zum größten Teil mit sozialen und wirtschaftlichen Aspekten zu tun hat. Zum Beispiel möchte ich die Studie der Weltbank über die wirtschaftlichen Kosten der Roma-Ausgrenzung anführen und sehen, dass dies ein ganz wichtiges Beweisstück dafür ist, dass wir Lösungen zugunsten unserer Gesellschaft im Allgemeinen finden müssen. Daher benötigen wir natürlich einen strategischen Ansatz – allumfassend, wie einige von Ihnen gesagt haben – um die Instrumente, die wir haben, auf die effektivste Weise anzuwenden. Diesem Ansatz liegen Kooperation, Mobilisierung von natürlichen Ressourcen und strategisches Lernen aus Erfolgen wie aus Misserfolgen zugrunde.
Was wir vermeiden müssen, ist die Schaffung einer Strategie, die nur auf dem Papier existiert. Ergebnisse sind erforderlich; Ergebnisse, die zur Eingliederung der Roma in den normalen Schulbetrieb führen. Ich habe viele von Ihnen über die schulische Ausbildung sprechen hören. ich freue mich darauf, Einzelheiten unserer Aktion für die Vorschulen zu sehen und wie sie bis jetzt funktioniert hat. Der allgemeine Arbeitsmarkt; hier wird mein Kollege, Herr Andor, nach genauen Zielen suchen, die erfüllt werden sollen und auf die Gesamtgesellschaft, was die Verantwortung aller unserer Strategien ist.
Csaba Sándor Tabajdi (S&D). – (HU) Herr Präsident, wir haben ein technisches Problem. Ich habe gerade festgestellt, dass mich der Computer geklont hat, weil mein Name, der Tabajdi Name, vor den Augen meiner Kollegen erschienen ist, die Karten eingesteckt hatten. Ich habe das im Fall von Frau Gomez bemerkt und auch anderswo. Es muss also ein Problem mit dem Computer geben. Meine Kollegin, Frau Kinga Göncy hat ebenfalls den Namen Tabajdi auf ihrer Karte. Bitte überprüfen Sie das, da ich nicht so viele Klone im Europäischen Parlament haben möchte. Bitte benachrichtigen Sie den technischen Dienst. Vielen Dank. Zoli, ist das auch bei dir der Fall?
Der Präsident. – Vielen Dank. Der technische Dienst wird sich darum kümmern.
Die Aussprache ist geschlossen.
Die Stimmabgabe findet in der nächsten Sitzungsperiode statt.
Schriftliche Erklärungen (Artikel 149)
Vilija Blinkevičiūtė (S&D), schriftlich. – (LT) Ich möchte betonen, dass durch die gemeinsame Verantwortung zur Verhinderung der Diskriminierung gegen die Roma und zur Unterstützung ihrer Integration in die Gesellschaft die Roma-Frage Teil der europäischen Menschenrechtspolitik geworden ist. Daher müssen wir angesichts des bevorstehenden Europäischen Roma-Gipfels in Córdoba die sozialen Probleme, welche die Roma haben, und die Mittel zur Lösung dieser Probleme diskutieren. Ich bin erfreut, dass die spanische Präsidentschaft als Gastgeber dieses Gipfels fungiert, da wir die Existenz der Roma-Fragen aufgreifen und anerkennen müssen. Ich möchte unterstreichen, dass es in einer demokratischen und freien Gesellschaft inakzeptabel ist, dass eine Gruppe von Menschen von der Gesellschaft isoliert ist und die Grundrechte und Freiheiten dieses Volkes ganz offen verletzt werden. Mitglieder der Roma-Gemeinschaft sind mit rassistischen Attacken, ungleichem Zugang zu öffentlichen Dienstleistungen und Sozialleistungen und mit Lebens- und Bildungssegregation konfrontiert. Darüber hinaus müssen wir auf die Tatsache aufmerksam machen, dass die Roma nicht nur direkte Diskriminierung erfahren, sondern auch stillschweigender, indirekter Diskriminierung ausgesetzt sind, wie zum Beispiel der Nichtbeschäftigung der Roma und zugleich ihrer Nichteingliederung in das Sozialleben. Daher stimme ich zu, dass wir die Europäische Kommission auffordern müssen, die Regierungen der Mitgliedstaaten und regionale und lokale Gebietskörperschaften dazu zu bewegen, EU-Projekte bezüglich der Roma besser umzusetzen. Ich fordere die Kommission ebenfalls auf, konkrete Maßnahmen und Initiativen durchzuführen, um direkte und indirekte Diskriminierung gegen die Roma in Europa zu bekämpfen,
Cristian Silviu Buşoi (ALDE), schriftlich. – Statistiken zeigen, dass die Roma bedauerlicherweise die am meisten gehasste und diskriminierte ethnische Minderheit in Europa sind. Wir haben die Schwierigkeiten gesehen, die mehrere Mitgliedstaaten, wie auch mein eigener Staat, hinsichtlich der sozialen Eingliederung der Roma haben. Das zeigt klar, dass dies ein größeres europäisches Thema ist, mit dem wir uns gemeinsam auseinandersetzen müssen. Besserer Zugang zu Bildung und Beschäftigung sind von entscheidender Bedeutung, damit wir der Tendenz der Roma erfolgreich entgegenwirken können, leichtere aber schädlichere Möglichkeiten des Geldverdienens zu wählen. Wir müssen die Anti-Diskriminierungsvorschriften auf die Roma anwenden und Initiativen ergreifen, sie in unsere Gesellschaft zu integrieren. Bisher fehlt eine kohärente Strategie. Ich wünschte, dieser zweite europäische Roma-Gipfel würde zu einer wirklichen EU-Strategie für die Roma führen. Strukturfonds und Heranführungsmittel sollten effizienter eingesetzt werden, um solche Initiativen zu finanzieren. Ich möchte auch darauf bestehen, dass diese Strategie ein Koordinierungsinstrument und ein Impuls für die Mitgliedstaaten sein soll. Die Initiativen müssen auf lokaler Ebene empfangen werden und von den Kenntnissen der lokalen NRO und den Roma selbst profitieren, die über die Hauptschwierigkeiten Bescheid wissen, damit diese Strategie wirklich den Bedürfnissen der Roma Rechnung trägt.
Vasilica Viorica Dăncilă (S&D), schriftlich. – Die Roma bleiben weiterhin eine der am meisten benachteiligten Minderheiten in ganz Europa und sind weitverbreiteter Diskriminierung in allen Lebensbereichen ausgesetzt.
Während des letzten Jahrzehnts haben die Europäische Union und ihre Mitgliedstaaten ihre Aufmerksamkeit und Ressourcen darauf gerichtet, die Situation der Roma zu verbessern. In Zusammenarbeit mit der Bewegung für die Roma-Rechte haben einige Mitgliedstaaten damit begonnen, Strategien umzusetzen, die darauf abzielen, gleichen Zugang zu qualitativ hochwertiger Bildung für die Roma-Kinder sicherzustellen. Fortgesetzte Bemühungen auf diesem Gebiet sollten auch in den kommenden Jahren die höchste Priorität haben.
Die Strategien müssen umfassend sein, um eine maximale systemische Wirkung dabei zu erzielen, die Lücke zwischen Roma und Nicht-Roma in allen Bereichen zu schließen: Bildung, Beschäftigung, Wohnraum und Gesundheit. Die Europäische Union und die Mitgliedstaaten sollten weiterhin ihre bisherigen auf die Roma bezogenen Strategien überprüfen und nach Wegen suchen, paternalistische Vorgehensweisen im Hinblick auf die Roma-Frage zu eliminieren, welche die Roma als abhängige, passive Leistungsempfänger dieser Politik ansehen.
Ein Praxisverbund sollte ebenfalls für junge Roma eingerichtet werden, um ihre Fachkompetenz durch Programme in Kommissionsdienststellen und geeigneten Regierungsinstitutionen zu entwickeln.
Cătălin Sorin Ivan (S&D), schriftlich. – (RO) Wir haben bis jetzt die erste Hälfte der 10-Jahresperiode (2005-2015) hinter uns, die der Eingliederung der Roma gewidmet ist. Wir können sehen, dass viel über die Roma-Minderheit gesagt wird, verschiedenste Programme und Plattformen geschaffen werden, aber dass die Resultate sich in Grenzen halten. Die Probleme, die mit Bildung, Beschäftigung, regionaler Entwicklung usw. verbunden sind, bestehen weiterhin und werden in manchen Mitgliedstaaten größer. Der zweite Roma-Gipfel, der dieses Jahr in Córdoba abgehalten wird, soll dem europäischen Aspekt neue Impulse verleihen und neue Handlungsoptionen finden. Ich stimme zu, dass die Grundsätze neu definiert werden müssen, aber ich glaube, dass wir stattdessen eine transversale, horizontale Strategie erarbeiten sollten, welche die Probleme der Minderheit in einer integrierten aber nicht exklusiven Weise angeht. Der wichtigste Aspekt ist, dass die Heranführungsmittel und Strukturfonds richtig eingesetzt werden und Resultate bringen, die wir als politische Entscheidungsträger gerne sehen, und die von der Zivilgesellschaft und vor allem von den Roma gerne angenommen werden.
Marian-Jean Marinescu (PPE), schriftlich. – (RO) Der erste Roma-Gipfel hat zumindest ein positives Ergebnis gebracht: die Schlussfolgerung, die auf Gemeinschaftsebene erzielt wurde, dass Bildung für die Roma der erste Schritt in Richtung soziale Integration ist. In dieser Hinsicht begrüße ich auch das zweite Treffen der europäischen Plattform für die Integration der Roma, die exklusiv dem Thema Bildung für die Roma in Europa gewidmet ist. Der Prozess der Bildungsreform erfordert nicht nur das Engagement staatlicher Institutionen, sondern auch das von Nichtregierungsorganisationen, für die es nicht mehr oberste Priorität sein muss, diskriminierende Handlungen zu identifizieren, sondern ethnischen Gruppen Bildung zukommen zu lassen. Die Analphabetenquote zu senken und sicherzustellen, dass Kinder ihre Schulbildung abschließen sowie die Notwendigkeit für eine berufliche Ausbildung und für Umschulungen bieten Gelegenheiten für den Zugang zum Arbeitsmarkt und können als Mittel zur sozialen Eingliederung dienen. Es ist klar, dass wir dringend positive Entwicklungen innerhalb dieser Minderheit brauchen, aber das ist etwas, wofür sowohl die Behörden als auch die Gemeinschaft der Roma selbst verantwortlich sind. Der zweite Roma-Gipfel muss die Europäische Union genügend motivieren, um Gesetzgebungsvorschläge auszuarbeiten, die darauf zielen, greifbare Resultate in diesem Bereich zu erzielen. Die Europäische Kommission muss auch den Sozialfonds überprüfen und eine Erhöhung der Unterstützung für Projekte vorschlagen, die auf Verbesserung der sozioökonomischen Situation der größten Minderheit in der Europäischen Union gerichtet sind.
Franz Obermayr (NI), schriftlich. – (DE) Das Gipfeltreffen zur Lage der Roma in Córdoba sollte als Anlass genommen werden, klare Worte zu Parallelgesellschaften in Europa zu finden: Eine effiziente Integration auf allen Ebenen sollte hierbei die Basis sein. Diese sollte auf nationaler wie auch auf europäischer Ebene gefördert werden. Eines dürfen wir dabei aber nicht vergessen: Zu einer wirksamen Integration müssen beide Seiten zusammenarbeiten. Auch die Volksgruppe der Roma muss das ihre zur Integration beitragen und von innen gegen die Schaffung von Parallelgesellschaften vorgehen. Besonders am Herzen liegt mir hier die Schulbildung der Kinder, insbesondere jene der Mädchen. Es kann nicht sein, dass sich Kinder mitten in Europa kaum bis gar nicht in das bestehende Schulsystem einfügen und dann die Schule in großer Zahl frühzeitig abbrechen. Ihre künftige Situation am Arbeitsmarkt wird dadurch erheblich gefährdet, sie flüchten sich noch mehr an den Rand der Gesellschaft und isolieren sich. Probleme hinsichtlich der sozialen Sicherheit und ihrer Wohnsituation sind vorgezeichnet und der Teufelskreis ist geschlossen. Es ist daher von zentraler Bedeutung, einen Appell an die Roma in Europa zu richten, mit der Aufforderung, die archaische Einstellung zu Schulbildung und Frauenrechten zu ändern, aktiv gegen ihre eigene Abschirmung anzukämpfen und sich für die Integration in die Gesellschaft, insbesondere am Arbeitsmarkt, einzusetzen.
Csaba Sógor (PPE), schriftlich. – (HU) Obwohl die Mitgliedstaaten bereits bedeutende EU-Ressourcen und nationalen Ressourcen auf die Schaffung von Arbeitsplätzen für die Langzeitarbeitslosen der Roma-Bevölkerung verwendet haben, ist eine kohärente Lösung auf europäischer Ebene noch nicht gefunden worden: Mitgliedstaaten sind mit der Situation auf verschiedene Art und in unterschiedlichem Ausmaß konfrontiert. Ich glaube, es ist wichtig, eine kohärente und effiziente Strategie zu entwickeln, um die Roma-Frage zu lösen, was bis heute nicht erreicht wurde und ein gemeinsames Problem der Europäischen Union als Rechtsträger und der Mitgliedstaaten darstellt. Die wichtigste Frage des europäischen Roma-Gipfels, der am 8. April in Córdoba abgehalten wird, sollte die Formulierung der Grundsätze der Strategie auf europäischer Ebene sein, um jede weitere „Migration“ der Roma-Frage zu verhindern und es allen Mitgliedstaaten zu ermöglichen, eine Lösung zu finden, die auf einer gemeinsamen europäischen Strategie beruht. Ich bin davon überzeugt, dass das grundlegende Instrument zur Behandlung dieser Frage die Bildung ist. Ich finde es notwendig, ein umfassendes Programmpaket zu entwickeln, das die Rückkehr junger intellektueller Roma in die Gemeinschaft und ihre Arbeit im Rahmen der Gemeinschaft und für die Gemeinschaft fördert. Die Bildung einer engen Partnerschaft zwischen Roma-Interessenorganisationen, verantwortlichen staatlichen Institutionen, der Zivilgesellschaft und kooperierenden EU-Institutionen könnte dies in hohem Maße unterstützen. Eine bedeutendere Rolle sollte den Methoden für bezuschusste Mikrokredite oder Zinsenrückzahlungen durch den Staat zugewiesen werden. Der Zugang der Roma-Gemeinschaften zu den Bedingungen, die notwendig sind, um ihren Lebensunterhalt zu verdienen, sollte ein wichtiges Ziel innerhalb des Konzepts der Agrarsubventionen sein. Die Lage ist allerdings ernster als man glauben würde: Der Anteil der Langzeitarbeitslosen ist unter den Roma sprunghaft angestiegen und immer mehr von ihnen werden an den Rand der Gesellschaft gedrängt.
Der Präsident. – Der nächste Tagesordnungspunkt ist die Fragestunde (B7-0017/2010). Das wird heute Abend etwas kürzer sein als üblich, da die vorangegangene Aussprache aufgrund früherer Verzögerungen 25 Minuten länger dauerte. Das tut mir Leid. Wir werden irgendwann nach 19.30 Uhr fertig werden. I habe vor, die Zeit sehr genau zu bemessen. Die Redner haben 30 Sekunden lang das Wort.
Es werden die folgenden Fragen an die Kommission gestellt.
Erster Teil
Anfrage Nr. 28 von Frau Vilija Blinkeviciute (H-0063/10)
Betrifft: Regulierung privater Pensionsfonds
In den letzten Jahren hat sich der Wert des Vermögens der privaten Pensionsfonds stark verringert. Die von Jacques de Larosière geleitete Hochrangige Gruppe zur Finanzaufsicht hat die Notwendigkeit einer stärkeren Regulierung des Sektors der privaten Pensionsfonds unterstrichen.
Durch die Finanzkrise ist deutlich geworden, wie sehr die Mitgliedstaaten Risiken vielfältiger Art ausgesetzt sind. Unmittelbar betroffen von diesen Risiken mit ihren gravierenden Folgen für die Finanzmarktteilnehmer sind die Anleger der genannten Fonds und die Stabilität und Integrität der europäischen Finanzmärkte. In dieser wirtschaftlich unsicheren Zeit haben viele europäische Bürger das Vertrauen in die Regulierung des Systems der privaten Pensionsfonds verloren.
Ist die Kommission nicht der Auffassung, dass sie einen Vorschlag für eine umfassende rechtliche Maßnahme unterbreiten sollte, mit der Aufsichtsstandards für eine Regulierung der privaten Pensionsfonds festgelegt werden?
Michel Barnier, Mitglied der Kommission. – (FR) Frau Blinkevičiūtė hat eine sehr wichtige Frage zur Rentenreform gestellt, die angesichts der Herausforderungen, denen wir uns gemeinsam stellen müssen, für die kommenden Jahre ein Schwerpunkt ist: die überalternde Bevölkerung, die Nachhaltigkeit der öffentlichen Finanzen und insbesondere die Mobilität von Arbeitnehmern. Darüber hinaus sind Rentenfonds wesentliche institutionelle Investoren.
Die Finanzkrise hat die Schwächen in der Gestaltung einiger Rentensysteme aufgezeigt und, meine verehrten Damen und Herren, ausgehend vom Larosière-Bericht werden wir einige Initiativen ergreifen. Präsident Barroso hat vor dem Europäischen Parlament einige Leitlinien für die Politik in dieser Angelegenheit angekündigt.
Während des Jahres 2010 werden wir ein Grünbuch für die Renten vorlegen, von dem erwartet wird, dass es eine ernsthafte Diskussion über die Regelung der privaten Rentenfonds anregen wird. In diesem Zusammenhang könnte eine Überarbeitung der Richtlinie über die Tätigkeiten und die Beaufsichtigung von Einrichtungen der betrieblichen Altersvorsorge ins Auge gefasst werden. Die Kommission bleibt der Stärkung des internationalen Marktes im Bereich der Rentenfonds verpflichtet. Diese Überarbeitung der Richtlinie würde auch Bestimmungen zur Solvabilität für Rentenfonds beinhalten. Darüber hinaus erfüllt dies eine Forderung des Europäischen Parlaments während der Verhandlungen über die Solvabilität II-Rahmenrichtlinie.
Um jede Zweideutigkeit im Zusammenhang mit diesem wichtigen Thema zu vermeiden, das die Bürgerinnen und Bürger betrifft, möchte ich hinzufügen, dass im Namen der Subsidiarität die Kommission sehr darauf bedacht sein wird, die Entscheidungen zu respektieren, die in vielen Mitgliedstaaten im Hinblick auf deren Beteiligung an umlagefinanzierten Rentensystemen getroffen werden.
Vilija Blinkevičiūtė (S&D). – (LT) Vielen Dank, Herr Kommissar, für Ihre Antwort, und wir hoffen sicherlich, dass die Europäische Kommission so bald wie möglich ein Grünbuch über Renten vorlegen wird, weil dies in der Mehrheit der europäischen Mitgliedstaaten eine besonders dringliche Angelegenheit ist. In einigen Mitgliedstaaten, wie meinem Land Litauen, wurden die kleinen Renten bereits weiter gekürzt, und das ist die Realität der gegenwärtigen Wirtschafts- und Finanzlage. Allerdings möchte ich auch fragen, Herr Kommissar, ob Sie uns sagen könnten, warum in der Strategie EU 2020 die Europäische Kommission der Sicherheit und Stabilität der Renten und Rentengarantien so wenig Aufmerksamkeit schenkt, da wir die gegenwärtige Lage am Arbeitsmarkt und die gegenwärtige demographische Lage berücksichtigen müssen, und da in der Tat eine der wichtigsten Fragen die ist, welche Art von Renten die Menschen in 10 Jahren erhalten werden.
Michel Barnier, Mitglied der Kommission. – (FR) Frau Blinkevičiūtė, es ist sehr klar, dass das Dokument über die Strategie 2020, welches ein Dokument für grünes Wachstum, für intelligentes, ausgeglichenes und einbindendes Wachstum ist, nicht alle Fragen beinhalten kann. Darum haben wir andere Instrumente, andere Gelegenheiten und andere Rahmenbedingungen, die uns ermöglichen, unsere Pflicht zu erfüllen, wesentliche Fragen wie Renten und die Abhängigkeit der europäischen Bürgerinnen und Bürger zu behandeln.
Ich habe gerade gesagt, Frau Blinkevičiūtė, dass Rentenfonds wichtige institutionelle Investoren sind. Die verschiedenen Arten von Rentensystemen, die auf der Basis gesetzlicher Finanzierung laufen, ob betrieblich oder freiwillig, spielen heute in vielen Mitgliedstaaten eine immer wichtigere Rolle in den allgemeinen Rentensystemen.
Ich sage noch einmal, wir werden so vorgehen, dass wir im Namen der Subsidiarität die Verpflichtung und die Beteiligung vieler Länder – und viele sind mir ziemlich gut bekannt – am umlagefinanzierten System respektieren werden und auf dieser Basis an diesem Grünbuch arbeiten werden, das spätestens in den kommenden Wochen oder Monaten fertig gestellt sein wird. Ich wäre sehr erfreut, wenn ich mit Ihnen und anderen interessierten Mitgliedern eine möglichste umfassende Aussprache darüber führen könnte.
Franz Obermayr (NI). - Herr Präsident! Meine Heimat Österreich fördert private Pensionsvorsorge mit maximal 210 Euro pro Jahr, obwohl Pensionsspekulation nachweislich auch einer der Mitauslöser des Finanzcrashs in den Vereinigten Staaten war.
Ich glaube, die Kommission wird sich schon die Frage stellen müssen, ob Pensionsvorsorge nicht die ureigenste Aufgabe des Staates ist und ob man sich hier an dubiose Finanzspekulanten binden sollte. Das ist auch die Frage, die sich jetzt stellt, ob es nach Ansicht der Kommission nicht kurzsichtig bis fahrlässig ist, private Vorsorge ohne Qualitätsstandards staatlich zu fördern, wenn die Gefahr besteht, dass nach diesen immensen Verlusten die Pensionsbezieher erst recht wieder staatlich unterstützt werden müssen.
Michel Barnier, Mitglied der Kommission. – (FR) Herr Barroso hatte vor kurzem in dieser Kammer die Gelegenheit, mehrere Fragen zu wichtigen Themen zu beantworten, die mit Kapitalbewegungen zu tun haben.
Sie haben von Spekulationen gesprochen, Herr Obermayr. Als Kommissar der Europäischen Union für den Binnenmarkt und Dienstleistungen mit Verantwortung für die Regulierung und Überwachung, kann ich sagen, dass kein Erzeugnis, Markt oder Gebiet von intelligenter Überwachung ausgeschlossen oder einer wirksamen Regulierung gegenüber immun sein wird.
Daher werden Alle in diesen Märkten mit ihren verschiedenen Erzeugnissen von der Arbeit, die wir unternehmen werden, betroffen sein, einer Arbeit, die in Form eines Überwachungspakets bereits begonnen hat, welches derzeit diskutiert wird; und durch die Überarbeitung mehrerer Richtlinien, insbesondere der Richtlinie über die Tätigkeiten und die Beaufsichtigung von Einrichtungen der betrieblichen Altersversorgung (IORP), werden wir strenge Anlagevorschriften einführen.
Ich bestätige, dass wir weder irgendein Produkt noch irgendeinen Markt von der Vorschrift der kontrollierten Transparenz und intelligenter, effizienter Regulierung befreien werden.
Silvia-Adriana Ţicău (S&D). – (RO) Ich glaube, dass strategisches Denken hinsichtlich der Überarbeitung des Rentensystems erforderlich ist, sowohl im Privat- als auch im öffentlichen Sektor. Ich beziehe mich dabei auf die Tatsache, dass die Geburtenrate in den 1970er Jahre extrem angestiegen ist. Innerhalb von 30 Jahren werden diese Menschen in die Rente gehen, während die Geburtenrate gegenwärtig sehr niedrig ist. Die Menschen, die heute geboren werden, werden in 30 Jahren die Arbeitskräfte stellen und sie werden nicht in der Lage sein, die zu dieser Zeit erforderlichen Ressourcen für die Rentenfonds bereitzustellen.
Darum möchte ich Sie fragen: welche Maßnahmen werden Sie treffen, um eine langfristig angemessene Reform der Rentensysteme auf nachhaltige Weise und zum Vorteil aller europäischen Bürgerinnen und Bürger durchzuführen?
Michel Barnier, Mitglied der Kommission. – (FR) Frau Ţicău, in meinem eben gehaltenen ersten Teil meiner Rede, der gemäß den Bestimmungen ziemlich kurz war, habe ich selbst eine der größten Herausforderungen neben jener der Mobilität erwähnt, nämlich die der Bevölkerungsentwicklung. Darüber hinaus, und obwohl die Frage einer Familien- oder demografischen Politik nicht einer der wichtigsten europäischen Verantwortungsbereiche ist, denke ich trotzdem, dass wir alle einen Vorteil aus einer Aussprache und dem Anstellen von Vergleichen zu dieser Frage ziehen könnten, die mehr oder weniger alle europäischen Länder betrifft. Unser Kontinent ist wahrscheinlich einer der wenigen Kontinente der Welt, der im Vergleich mit den anderen Kontinenten einen Bevölkerungsrückgang verzeichnen wird, wenn die Geburtenraten nicht wieder ansteigen.
Vor diesem sehr ernsten Hintergrund, Frau Ţicău, und indem wir über das Thema der Pensionierung selbst hinausgehen, müssen wir an der Rentenproblematik und an der Frage der Übernahme von Verantwortung für Abhängigkeit arbeiten. Daher glaube ich, dass dieses Grünbuch ein gutes Instrument ist, das zur rechten Zeit kommt. Sie werden nicht lange warten müssen. Wir arbeiten an diesem Thema und wir werden ihm den letzten Schliff geben, um all diese Fragen zu stellen, während wir genau feststellen, was im Hinblick auf die Rentensysteme unter die national Verantwortung fällt und was auf europäischer Ebene gemacht werden könnte, insbesondere hinsichtlich all dieser privaten Rentenfonds und deren Verbreitung auf den europäischen Märkten.
In jedem Fall werden all diese Themen – von denen keines weggelassen werden wird – Teil der Fragen sein, die wir berücksichtigen werden, während wir mehrere der von mir erwähnten Handlungsoptionen oder Leitlinien im Grünbuch vorschlagen werden, das in wenigen Monaten veröffentlicht werden wird.
Der Präsident. – Anfrage Nr. 29 von Seán Kelly (H-0068/10)
Betrifft: Hochwasserversicherungsssysteme in der EU
Das letzte Hochwasser in Irland hat in der privaten und öffentlichen Infrastruktur Schäden in Höhe von etwa 500 Millionen Euro angerichtet. Die irische Regierung hat einen Antrag an den EU-Solidaritätsfonds gestellt, um einen Teil der Schäden an der öffentlichen Infrastruktur abzudecken.
Wegen der unerschwinglichen Kosten privater Versicherungen gegen Hochwasser gibt es jedoch häufig keine Abhilfe für private Haushalte und Unternehmen. Es sei darauf hingewiesen, dass eine der Ursachen für diese beispiellose Hochwasserkatastrophe die unkoordinierte Entwicklungsplanung – die in einigen Fällen auch Überschwemmungsgebiete betraf – und die Weigerung einiger Versicherer, Privathaushalte und Unternehmen zu versichern, war.
Könnte die Kommission angesichts dieser Situation und angesichts des Versagens des Marktes, in einigen Mitgliedstaaten einen angemessenen Versicherungsschutz anzubieten, darlegen, welche Pläne – soweit es derartige Pläne gibt – sie für Gesetzesvorschläge zur Harmonisierung von Versicherungen gegen Hochwasser in der EU hat? Könnte sich die Kommission, falls es solche Pläne nicht gibt, zu von ihr aufgelegten Programmen zum Austausch bewährter Praktiken zwischen den Mitgliedstaaten in diesem Bereich äußern?
Michel Barnier, Mitglied der Kommission. – (FR) Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, Herr Kelly stellt eine Frage, die sich auf ein tragisches Ereignis bezieht, das sich vor kurzem ereignet hat, und das Madeira und die Atlantikküste betroffen hat, insbesondere in meinem Land, wo Dutzende von Toten zu beklagen waren. Während ich über dieses Thema spreche, möchte ich noch einmal unsere Solidarität mit allen Opfern zum Ausdruck bringen, und mein Kollege, Kommissar Hahn, ist an beiden Unglücksorten gewesen, die ich gerade erwähnt habe.
In diesem Fall müssen wir uns auch der globalen Herausforderung durch den Klimawandel stellen, und wir werden eine wachsende Anzahl von Naturkatastrophen erleben, genauso wie wir auch darüber hinaus eine steigende Zahl von Katastrophen sehen werden, die nicht natürlichen Ursprungs sind und die ernste Folgen für das menschliche Leben, die Natur und die Wirtschaft haben können. Zum Beispiel denke ich an Industrieunfälle, Brände und Katastrophen auf See.
Das ist ein Thema, dem ich persönlich seit langer Zeit verpflichtet bin. Es war genau hier in dieser Kammer im Jahre 1999, dass ich als gerade ernannter Kommissar für Regionalpolitik den griechischen Mitgliedern Antwort geben musste, die über die Folgen der Erdbeben besorgt waren, die es gerade in ihrem Land gegeben hatte.
Damals schlug ich erstens die Schaffung eines Solidaritätsfonds und zweitens die Schaffung einer europäischen Zivilschutztruppe vor. Wir mussten bis 2002 und bis zu den gewaltigen Überschwemmungen warten, die Deutschland, Österreich und die Slowakei trafen, bevor die Kommission in der Lage war, innerhalb von drei Monaten mit Unterstützung des Parlaments und des Rates den Solidaritätsfonds einzurichten, der in Madeira und an der Atlantikküste eingreifen wird, genauso wie er seit 2002 bei mehreren Katastrophen eingegriffen hat.
Meine Kollegin, Frau Georgieva, arbeitet mit Frau Baronin Ashton an der Einrichtung der Europäischen Zivilschutztruppe, und ich hoffe, dass wir nicht auf eine neue Katastrophe warten müssen, bevor wir unsere Maßnahmen und die Bereitstellung humanitärer Hilfe bei Katastrophen wie der in Haiti oder beim Tsunami unter einer gemeinsamen europäischen Flagge bündeln.
Die Frage, die gestellt wurde, bezieht sich auf Versicherung, da nicht alles mit nicht versicherbarem öffentlichen Eigentum zu tun hat, welches unter dem Solidaritätsfonds gedeckt sein kann. Ich denke, dass wir bei Risiken, die durch Versicherungspolicen gedeckt werden können, noch Fortschritte machen können.
Das Weißbuch von 2009 über die Anpassung an den Klimawandel schlägt vor, von öffentlicher Hand unterstützte Versicherungssysteme zu haben, wenn keine Versicherung existiert. In der Ergänzung zu diesem Weißbuch möchte ich die Rolle untersuchen, die Versicherungsprodukte bei der Ergänzung dieser Maßnahmen spielen könnten. Ich habe vor, mit einem Benchmarking zu beginnen: Ich habe meine Dienststellen beauftragt, zu untersuchen, welche Formen es in den verschiedenen Mitgliedstaaten gibt. In Situationen, bei denen es eine grenzüberschreitende Wirkung geben könnte, ist es vielleicht sogar richtiger, Versicherungssysteme zu fördern, die eher europaweit statt national angeboten werden.
Ich bin mir sehr wohl der Komplexität dieses Themas bewusst, Herr Kelly. Ich werde diese Arbeit in Zusammenarbeit mit allen Interessengruppen durchführen, mit den Versicherungsunternehmen, mit den Mitgliedstaaten und mit den Experten, um bewährte Verfahren auszutauschen und die Prioritäten auf der richtigen Ebene zu setzen. Ich bin überzeugt, dass wir den Schutz der europäischen Bürgerinnen und Bürger angesichts der steigenden Anzahl von Naturkatastrophen verbessern können. Darum möchte ich diese sehr praktische Aufgabe des Screening durchführen, des Benchmarking der verschiedenen bestehenden Versicherungssysteme für Naturkatastrophen in den 27 Mitgliedstaaten.
Seán Kelly (PPE). – Wir waren natürlich alle sehr um Madeira und Frankreich besorgt. In meinem eigenen Land hat glücklicherweise niemand das Leben verloren, aber das Versicherungsproblem hat sich selbst sehr schnell gezeigt. Viele Haushalte können jetzt keine Versicherung bekommen, und in einer Stadt, in Clonmel, wo es vor mehreren Jahren eine Überschwemmung gab, ist der Preis für die Versicherung um das Sechsfache gestiegen. Das ist ganz offensichtlich ein riesiges Problem und ich gratuliere dem Herrn Kommissar dazu, dass er sich damit beschäftigt.
Ich möchte ihn auch nur gerne über Länder und Regierungen befragen, welche die EU-Überschwemmungsrichtlinie nicht umgesetzt haben. Zieht er Sanktionen irgendeiner Art auch für sie in Betracht?
Michel Barnier, Mitglied der Kommission. – (FR) Diese Überschwemmungsrichtlinie stammt aus dem Jahre 2007. Es gab auch eine Mitteilung der Kommission im Jahre 2009 über die Verhinderung von Naturkatastrophen und von Menschen verursachten Katastrophen.
Herr Kelly, sie sprechen über relativ neue Richtlinien, aber für diese und alle anderen Richtlinien gilt nach ihrem Inkrafttreten das Gleiche: Die Kommission muss und wird verifizieren, wie die Mitgliedstaaten diese Richtlinien anwenden oder nicht anwenden. Wenn wir über Überschwemmungen sprechen, wie man das ganz klar in Frankreich gesehen hat und wie das in Ihrem eigenen Land zu sehen ist, sind die Folgen nicht ergriffener Vorsichts- und Baumaßnahmen in Überschwemmungsgebieten für die Bodenbewirtschaftung ganz offensichtlich. Die Kommission wird in diesem Bereich handeln, wie in allen anderen Bereichen, indem sie sich ansieht, was die Mitgliedstaaten unternehmen oder nicht unternehmen und die angemessenen Maßnahmen ergreift, einschließlich Maßnahmen gegen Verstöße, um sicherzustellen, dass diese Richtlinien angewandt werden.
Jim Higgins (PPE). – Im Hinblick auf das, was Herr Kelly erwähnt hat, und zwar die Umsetzung der Überschwemmungsrichtlinie: Wie Sie wissen, muss sie in diesem Jahr, 2010, in die nationale Gesetzgebung umgesetzt werden, in allen 27 Mitgliedstaaten. Ich möchte die Kommission dringend dazu auffordern, die nationalen Behörden bezüglich der Umsetzung im Auge zu behalten. 1995 war ich der für die Überschwemmungen in Irland zuständige Minister. Wir brachten damals einen Bericht heraus, der forderte, dass keine neuen Häuser mehr in Überschwemmungsgebieten gebaut werden. Und trotzdem wurden viele Häuser, für die jetzt in Teilen Irlands eine Entschädigung beantragt wird, nach der damaligen Überschwemmung errichtet.
Daher müssen wir die Überschwemmungsrichtlinie sehr strikt umsetzen und der irischen Regierung, den Gemeinden und jedem Strafen auferlegen, wenn die Bestimmungen der Überschwemmungsrichtlinie nicht beachtet wurden.
Janusz Władysław Zemke (S&D). – (PL) Herr Barnier, ich möchte Sie gerne zu einer anderen Sache befragen. Wir sprechen hier über Versicherung, aber ich denke, wenn es um Katastrophen geht, sind zwei Maßnahmen einer anderen Art erforderlich. Darauf bezugnehmend möchte ich Sie zu der folgende Angelegenheit befragen – sollte ein Krisenreaktionszentrum in Europa nicht schneller eingerichtet werden? Wir haben kein einzelnes Zentrum, das auf Katastrophensituationen reagieren könnte. Zweitens, sollten wir nicht größere Anstrengungen unternehmen, um zivile Kapazitäten zu entwickeln? Zum Beispiel haben wir keine Transportflugzeuge. Anders gesagt, abgesehen von der Versicherung benötigen wir ein Zentrum und bessere Fähigkeiten, um Hilfe zu leisten.
Michel Barnier, Mitglied der Kommission. – (FR) Zwei verschiedene Fragen sind gestellt worden. Erstens, hinsichtlich der Frage zu den Überschwemmungen, ich kam als Kommissar für den Binnenmarkt und Dienstleistungen, um auf eine bestimmte Frage zu antworten, Herr Kelly, die wie folgt lautete: Wie können Versicherungspolicen bestmöglich genutzt werden, insbesondere um Menschen zu entschädigen, deren persönliches Eigentum getroffen wurde? Ich werde an dieser Momentaufgabe der unterschiedlichen, mehr oder weniger hochwertigen Privatversicherungssysteme arbeiten, wobei einige Länder für diese Art von Katastrophe kaum Versicherungen und andere Länder wie Frankreich ein System haben, das eine 100%-ige Entschädigung im Falle von Naturkatastrophen zahlt.
Überschwemmung , Herr Kelly, ist kein Problem, für das ich verantwortlich bin. Ich werde Herrn Potočnik, meinen Kollegen, der für die Umwelt zuständig ist, bitten, Ihnen eine schriftliche Antwort darauf zu geben, wie diese Überschwemmungsrichtlinie angewandt oder nicht angewandt wird. Sie haben dagegen Recht, dass die Hauptproblematik in den nationalen und sogar regionalen oder lokalen Gebietskörperschaften auf dem Gebiet des Bauwesens oder der Bautauglichkeit liegt. Man kann nicht Brüssel um alles fragen, obwohl die allgemeine Regel eindeutig ist: Es gibt Gebiete, in denen Bautätigkeiten oder weitere Bautätigkeiten nicht unternommen werden sollten. In meinem Land habe ich sogar ein Gesetz verabschieden lassen, um Wohnungen und Fabriken umzusiedeln, die sich in Gebieten befinden, die regelmäßig von Überschwemmungen betroffen waren. 1995 ließ ich ein Gesetz verabschieden, und die Menschen werden entschädigt, sodass sie umziehen, bevor eine weitere Katastrophe eintritt.
Das sind die Gedanken, die ich zusammenbringe möchte, bevor ich wieder mit einigen Anträgen hinsichtlich der Frage der Versicherungspolicen vor Sie hintrete.
Ich möchte zum Abschluss ein Wort zum Thema des Zivilschutzes sagen, obwohl diese Thematik in die Zuständigkeit anderer Kolleginnen und Kollegen fällt. Es ist ein Thema, in das ich – wie Sie wissen – auf Ersuchen von Präsident Barroso im Jahr 2006 etwas Arbeit investiert habe, die vom Europäischen Parlament unterstützt wurde. Diese Arbeit hat mich zum Vorschlag der Schaffung einer Europäischen Zivilschutztruppe geführt, die von Mitgliedstaaten auf freiwilliger Basis bereitgestellt werden. Wir könnten eine erweiterte Kooperation einführen, von unten nach oben beginnend, um uns daran zu gewöhnen, unsere Reaktionen vorzubereiten. Wenn es einen Tsunami gibt oder eine Tragödie in Haiti gibt, fehlt es uns niemals an gutem Willen, sondern an Koordinierung. Menschenleben könnten gerettet werden, Zeit und Geld könnten eingespart werden und zur gleichen Zeit gäbe es eine verstärkte Sichtbarkeit, wenn die europäischen Freiwilligen ihre Reaktionen auf diverse Kategorien von Katastrophen vorbereiten würden.
Natürlich können die Antworten nicht die gleichen sein für Industrieunfälle, für eine Katastrophe wie Erika, für Überschwemmungen in Deutschland oder Frankreich, für Brände in Griechenland, für einen Tsunami, für schwerwiegende Pandemien oder sogar einen Terroranschlag wie den 11. September, der leider in Europa immer noch geschehen könnte.
Das Ziel dieses Konzeptes, an dem meine Kolleginnen und Kollegen arbeiten – wir werden zu Ihnen mit einigen konkreten Vorschlägen zurückkehren – ist es, eine gemeinsam geplante Antwort vorzubereiten. Jedenfalls bleibe ich diesem Konzept sehr verhaftet, an dem ich mit der Unterstützung des Europäischen Parlaments viel Arbeit geleistet habe.
Der Präsident. – Frage Nr. 30 von Frau Silvia-Adriana Ticau (H-0109/10)
Betrifft: Europäische Maßnahmen zur Bekämpfung der Armut
Nach Angaben von Eurostat waren im Jahr 2008 in der EU insgesamt etwa 85 Millionen Menschen, 20 % der Kinder und 19 % der Personen über 65 Jahre vom Armutsrisiko betroffen. In der gesamten EU verfügten 8 % der erwerbstätigen Bevölkerung und 44 % der Arbeitslosen über Einkommen, die unter der Armutsschwelle lagen, wobei die Erwerbstätigkeit zur Sicherung eines angemessenen Lebensunterhalts oftmals nicht ausreichte. Die Maßnahmen der Mitgliedstaaten im Bereich des Sozialschutzes haben für die Bevölkerung in der EU das Armutsrisiko um ca. 32 % gesenkt. Jedoch hat die Wirtschaftskrise zu einem Anstieg der Arbeitslosenquote auf ca. 10 % und damit einer Verstärkung des sozialen Gefälles geführt.
Welche Maßnahmen wird die Kommission ergreifen, um zur Schaffung und Erhaltung von Arbeitsplätzen in der EU beizutragen und allen Bürgerinnen und Bürgern der EU durch ein zweckmäßiges und korrektes System des Sozialen Schutzes eine angemessene Lebensgrundlage zu garantieren?
László Andor, Mitglied der Kommission. – Ich teile die Sorgen in besonderen Maße, die in dieser Frage über das Leben und Wohlergehen der Europäer ausgesprochen wurden, Fragen zur Beschäftigung, zum sozialen Schutz und zum Kampf gegen die Armut.
Wie Sie wissen, ist 2010 das Europäische Jahr zur Bekämpfung der Armut und der sozialen Ausgrenzung, um das Bewusstsein für soziale Probleme zu schärfen. Hoffentlich wird dieses Jahr nicht nur gut dafür sein, die Armut zu diskutieren, sondern auch für unser Engagement, sie zu bekämpfen, und dafür, dieses politische Engagement auf europäischer Ebene und unter den Mitgliedstaaten zu erneuern.
Um eine Gelegenheit für dieses neuerliche Engagement zu bieten, hat die Europäische Kommission ein vorrangiges Ziel zur Verringerung der Armut in die EU-2020-Strategie aufgenommen, was unsere Besorgnis und die Lektionen widerspiegelt, die wir in den letzten Jahrzehnte gelernt haben. Das jetzige Ziel ist es, die Armut bis 2020 um ein Viertel zu reduzieren.
Der Kampf gegen die Armut erfordert Wohlstand, qualitativ hochwertige Arbeitsplätze für jene, die arbeiten und sich selbst versorgen können und Solidarität mit den Menschen, die des Schutzes bedürfen. Die EU-Strategie 2020 enthält all diese Elemente. Das Erreichen der Zielvorgaben zur Armut wird von einer engagierten Vorreiterinitiative unterstützt werden, die als Europäische Plattform gegen Armut bezeichnet wird. Es gibt konkrete Instrumente zur Bewahrung und Schaffung von Arbeitsplätzen auf europäischer Ebene durch den Europäischen Sozialfonds, den Europäischen Globalisierungsfonds und auch die jüngst eingerichtete Mikrokreditinitiative.
Die Maßnahmen, die von den einzelnen Mitgliedstaaten durchgeführt werden, sind besonders wichtig. Es muss aber noch immer mehr getan werden, um zu gewährleisten, dass zuallererst für alle der Zugang zu qualitativ hochwertigen Arbeitsplätzen möglich ist, aber die Reduzierung der Armut muss weit über Fragen der Beschäftigung hinausgehen. Wie das in der Mitteilung zur EU 2020 steht, ist effektiver und gut gestalteter Schutz unabdingbar für die Verhinderung von und den Kampf gegen Armut und Ausgrenzung.
Die Mitgliedstaaten sind für die Finanzierung und Organisation der Sozialschutzsysteme verantwortlich, und die Kommission unterstützt sie bei dieser Aufgabe. Als Schlüsselpartner in der sozialen offenen Methode der Koordinierung hilft die Kommission dabei, klare Strategieprioritäten zu fördern, stellt einen Überwachungsrahmen zur Verfügung und ermöglicht gegenseitiges Lernen. Ein gutes Beispiel bisher beinhaltet den aktiven Eingliederungsrahmen, Benchmarking hinsichtlich Kinderarmut und die Überwachung der sozialen Auswirkungen der Krise.
Wir werden dieses Jahr sehr eng mit den beiden Ratsvorsitzen zusammenarbeiten: dem spanischen Ratsvorsitz und dem belgischen Ratsvorsitz. Beide setzen wichtige Initiativen: die erste Phase des Roma-Gipfels, der vor einigen Minuten in diesem Haus diskutiert wurde und eine sehr starke Auswirkung auf die Reduzierung der Armut hat, während wir mit dem belgischen Ratsvorsitz eine Initiative zur Reduzierung der Kinderarmut vorbereiten.
Aber wir müssen nicht nur mit Regierungen arbeiten, sondern auch mit den NRO. Ohne die NRO können wir keine vollkommen erfolgreichen Programme ausarbeiten. Wir unterstützen die Tätigkeiten der NRO in Bezug auf Armut und Sozialschutz, generell vom Fortschrittsfonds.
Das sind die wichtigsten Themen und sie umfassen verschiedenste Richtungen, wo die Kommission handelt, um Armut zu verringern.
Silvia-Adriana Ţicău (S&D). – (RO) Vielen Dank für Ihre Antwort. Ich hätte es jedoch auch gerne gesehen, wenn wir kurz den Prozess der Deindustrialisierung diskutierten, der in vielen Mitgliedstaaten abläuft, und der eine der Ursachen für die Wirtschafts- und Sozialkrise ist, die wir gegenwärtig durchmachen.
Eine ehrgeizige und intelligente europäische Industriepolitik wird nicht nur die Wettbewerbsfähigkeit der Europäischen Union stärken, sondern vor allem auch neue Arbeitsplätze schaffen. Welche Maßnahmen zur europäischen Industriepolitik werden daher im Arbeitsprogramm der derzeitigen Kommission enthalten sein, welche werden die Wettbewerbsfähigkeit der Europäischen Union verbessern aber vor allem neue Arbeitsplätze schaffen und es damit möglich machen, den europäischen Bürgerinnen und Bürger ein menschenwürdiges Leben zu garantieren?
Vielen Dank.
László Andor, Mitglied der Kommission. – Die Schaffung von mehr und besseren Arbeitsplätzen ist in der Tat in der Strategie EU 2020 mit inbegriffen. Ich möchte Sie noch auf zwei weitere Vorreiterinitiativen aufmerksam machen. Ich habe bereits diejenige erwähnt, die sich auf Armut konzentriert, aber im Hinblick auf die Quantität und Qualität der Arbeitsplätze in Europa haben wir die Vorreiterinitiative „Neue Fähigkeiten am Arbeitsplatz“; und unter der Nachhaltigkeitssäule von Europa 2020 gibt es eine Vorreiterinitiative zur Industriepolitik.
Ich denke, das ist ein entscheidender Punkt im Zusammenhang mit dieser Frage, weil anerkannt werden muss, dass sich die Instrumente der Europäischen Union sich nicht nur auf die Folgen des Rückzugs vieler Unternehmen aus Europa konzentrieren sollten, wie das der Globalisierungsfonds tut. Das nimmt eine sehr wichtige Rolle ein bei der Verhinderung der Armut, von Einkommensverlusten und von Kompetenzeinbußen, wenn Großunternehmen sich dazu entschließen, ihre Standorte in Länder außerhalb Europas zu verlagern; und zum ersten Mal seit langer Zeit wird es jetzt eine Vorreiterinitiative zur Industriepolitik für eine nachhaltige Wirtschaft geben.
Ich denke, sie wird auf viele der Fragen zur industriellen Entwicklung und auf die Frage zum Standort eingehen. Ich stimme dem voll und ganz zu, was in der Frage angedeutet wird, nämlich dass wir ohne eine umfassende Wirtschafts- und Beschäftigungspolitik keinen erfolgreichen Kampf gegen die Armut führen können.
Franz Obermayr (NI). - Gerade in Zeiten der Wirtschaftskrise ist die Gefahr von sozialem Missbrauch sehr groß. Ist der Kommission bekannt, dass es in Mitteleuropa zwischen Staaten mit hohem Sozialgefälle einen groß angelegten Sozialmissbrauch gibt? So wurden Ausgleichszahlungen auf Mindestrenten durch EU-Bürger aus neun Mitgliedstaaten in betrügerischer Absicht beansprucht, wobei diese Ausgleichszahlungen die Höhe der eigentlichen Pension deutlich überstiegen.
Nun meine Frage: Gedenkt die Kommission, den Einzelstaaten Instrumente an die Hand zu geben, mit denen derartig großangelegter Sozialmissbrauch verhindert werden kann?
Nikolaos Chountis (GUE/NGL). – (EL) Herr Präsident, Herr Kommissar, in Griechenland leben 20 % der Bevölkerung unter der Armutsgrenze. Von ihnen sind 34 % der in Armut Lebenden arbeitslos und 14 % sind bedürftige Erwerbstätige.
Das Problem der Armut, das meine Kollegin in ihrer Frage im Zusammenhang mit Europa angeschnitten hat und die Statistiken, die ich Ihnen für Griechenland gegeben habe, wurden meiner Ansicht nach durch das Scheitern ders neoliberalen Wirtschaftsmodells verursacht, welches in Lissabon unterstützt wurde und im Text der Strategie für 2020 enthalten ist.
Ich möchte Sie gerne fragen: Ist es möglich, den steigenden Anteil der in Armut lebenden Menschen durch fragmentierte Strategien mit Elementen der Wohltätigkeit zu bekämpfen, oder brauchen wir eine andere Wirtschaftspolitik, die auf Vollzeitbeschäftigung ausgerichtet ist, was bedeutet, dass man die EU-2020 Strategie überarbeiten müsste?
László Andor, Mitglied der Kommission. – Beginnend mit der zweiten Frage, wenn es Ihnen nichts ausmacht, ist es tatsächlich sehr wichtig, ein stabileres makroökonomisches Umfeld zu haben.
In der vorangegangenen Antwort habe ich auf die Bedeutung einer umfassenden Wirtschaftspolitik hingewiesen, um ein stabileres Umfeld zu schaffen, und in der Tat muss der oben als „neoliberaler Trend“ bezeichnete Trend der letzten Jahrzehnte überprüft werden. In Europa 2020 sind mehrere Initiativen enthalten, und ich möchte insbesondere das Kapitel über die finanzielle Regulierung erwähnen. Es handelt sich um eine grundlegende Änderung, wenn man sie mit der früheren Regelung vergleicht und sie wurde mit der Absicht geschaffen, das makroökonomische Umfeld zu stabilisieren, was den Druck von den Steuersystemen nehmen würde, die dafür bestimmt sind, Sozialschutzsysteme und Beschäftigungsstrategien zu unterstützen.
Im Hinblick auf den Missbrauch und die Wirksamkeit der Sozialschutzsysteme ist die Krise in dieser Hinsicht wirklich ein Test. Die Kommission kann die offene Koordinierungsmethode und die ihr zur Verfügung stehenden analytischen und Berichterstattungskompetenzen benutzen, um die Sozialschutzmaßnahmen besser ausrichten zu können.
Die Herausforderung in Krisenzeiten, die in der Frage erwähnt wurde, aber auch die in der kommenden Legislaturperiode, wenn mehrere Mitgliedstaaten mit der Notwendigkeit einer Haushaltskonsolidierung konfrontiert sind, wird wirklich ein Test sein, und wir können nicht leicht zusätzliche Ressourcen für den Kampf gegen die Armut finden. Daher müssen wir Erfahrungen teilen darüber, wie unsere Instrumente effektiver genutzt werden können und wie man sich besser um besonders gefährdete Gruppen kümmert.
Der Präsident – Anfrage Nr. 31 von Georgios Papanikolaou (H-0089/10)
Betrifft: Evaluierung des Programms "Kultur 2007-2013"
Im Rahmen der Maßnahmen zur Förderung und Aufwertung der europäischen Kultur hat die Europäische Union im Jahr 2007 das Programm „Kultur“ mit einer Laufzeit bis 2013 und einem Gesamtbudget von ungefähr 400 Millionen Euro geschaffen.
Zu den Zielen des Programms zählen insbesondere eine vermehrte Sensibilisierung in Bezug auf jene politischen Bereiche, die für Europa von besonderer Bedeutung sind, und die Förderung der Freizügigkeit von Arbeitnehmern, die im Bereich der Kultur tätig sind.
Wie beurteilt die Kommission die bisherigen Fortschritte bei der Erreichung dieser beiden oben genannten Ziele?
Legen die Mitgliedstaaten Interesse am Programm „Kultur“ an den Tag und beteiligen sie sich daran, oder ist die Kommission vielmehr der Auffassung, dass sie neue dynamischere Initiativen ergreifen muss, um diese beiden Ziele bis 2013 zu erreichen?
Androulla Vassiliou, Mitglied der Kommission. – (EL) Herr Präsident, wie Herr Papanikolaou sagte, das Ziel des Kulturprogrammes ist es, die kulturelle Erfahrung der europäischen Bürgerinnen und Bürger durch die Förderung unseres gemeinsamen kulturellen Erbes zu bereichern. Die Kommission fördert die kulturelle Kooperation zwischen Autoren, Menschen, die im Kultursektor arbeiten, und Institutionen in den Ländern, die am Programm teilnehmen, mit der Absicht, die Entwicklung eines europäischen Nationalverständnisses zu fördern.
Das Kulturprogramm zielt insbesondere darauf ab, die grenzüberschreitende Mobilität von Menschen zu fördern, die im Kultursektor tätig sind, grenzüberschreitenden Bewegungen künstlerischer und kultureller Werke und Produkte zu fördern und den multikulturellen Dialog zu unterstützen. Zum Beispiel wurden unter dem Kulturprogramm im Jahre 2009 749 Bewerbungen eingereicht und 256 Pläne wurden zur Unterstützung ausgewählt, wobei für 127 von ihnen das Hauptziel die Mobilität der Menschen war, die im kulturellen Sektor arbeiten.
Gemäß der Rechtsgrundlage ist eine regelmäßige externe und unabhängige Beurteilung des Programms erforderlich. Im Juli 2009 lud die Kommission einen unabhängigen Auftragnehmer ein, die Anwendung des Kulturprogramms während der ersten drei Jahre (2007-2009) zu beurteilen, und in erster Linie die Kontinuität der Ziele, der ersten Ergebnisse und der ersten Wirkungen des Programms.
Der Auftragnehmer führte die Beurteilung auf der Basis von Daten über die Resultate von Plänen, jüngsten Bewertungen, Studien, Interviews mit Begünstigten des Planes und interessierten Personen durch, die im kulturellen Sektor arbeiten. Sein abschließender Bericht wird in der zweiten Hälfte dieses Jahres vorgelegt werden. Auf dieser Basis wird die Kommission einen Bericht über die Anwendung des Programms erstellen und ihn spätestens am 31. Dezember 2010 dem Europäischen Parlament vorlegen.
Bitte beachten Sie, dass das Programm nicht primär auf die nationalen Behörden ausgerichtet ist; es ist auf die Menschen ausgerichtet, die im Kultursektor arbeiten. Die Teilnahme der im Kultursektor arbeitenden Menschen an Plänen ist relativ gleichmäßig über die Mitgliedstaaten verteilt. Die nationalen Behörden nehmen an Expertengruppen auf europäischer Ebene teil, um die Programmentwicklungsstrategie zu formulieren.
Nach zwei Runden von Pilotstudien über die Mobilität von Künstlern, die vom Europäischen Parlament für 2008 und 2009 eingeführt wurden, und unter Berücksichtigung der Gespräche, die bereits innerhalb des Rahmens der offene Koordinierungsmethode gehalten wurden, bewertet die Kommission gegenwärtig den Fortschritt, der bis heute erzielt wurde, und untersucht Wege, wie die Anwendung des aktuellen Programms verbessert werden kann.
Später, bevor das Jahr zu Ende geht, wird die Kommission ein öffentliches Konsultationsverfahren beginnen, um den Weg für ein neues Kulturprogramm für 2014 und danach zu bereiten.
Georgios Papanikolaou (PPE). – (EL) Vielen Dank für ihre Antwort, Herr Kommissar. Ich glaube, das ist das erste Mal, dass Sie während dieses Verfahrens hier sind. Ich darf Ihnen viel Erfolg bei Ihrer Arbeit und bon courage wünschen.
Es ist in der Tat extrem wichtig, europäische Bürgerinnen und Bürger auf die kulturellen Elemente aufmerksam zu machen, die wichtig für Europa sind und Bezugspunkte für unsere europäische Kultur und unsere gemeinsamen Werte bilden. Ich denke, dass dieser Punkt in den letzten Jahren auch für Griechenland extrem wichtig geworden ist, insbesondere – um die Debatte ein bisschen weiter zu bringen – aufgrund der Nutzung von Kulturdenkmälern zu Zwecken, die nichts mit Kultur zu tun haben, um sich über mein Land lustig zu machen. Ich beziehe mich auf einen Artikel im deutschen Magazin Focus, mit einem abgeänderten Bild der Venus von Milo; ich beziehe mich auf Artikel im Internet, welche die Akropolis als Ruine beschreiben.
Ich fürchte, dass diese Praktiken nicht mehr länger die Ausnahme darstellen und ich ersuche Sie daher, Her Kommissar, wenn Sie diese Praktiken verurteilt haben und wenn die Kommission innerhalb des Rahmens des Programms, das wir diskutieren, aber nicht nur in diesem Rahmen, plant, eine striktere , eine – wenn ich das sagen kann – aggressivere Politik zu verfolgen, um Kultur zu fördern ...
(Der Präsident unterbricht den Redner.)
Androulla Vassiliou, Mitglied der Kommission. – (EL) Wenn es Ihnen nichts ausmacht, möchte ich lieber nicht Artikel kommentieren, die in verschiedensten Publikationen veröffentlicht wurden, weil ich denke, dass wir durch die Antwort auf solche Artikel nichts erreichen werden.
Ich möchte aber sagen, dass die Kulturdenkmäler, wie etwa die Akropolis und andere Denkmäler in Griechenland und anderen Mitgliedstaaten eine Quelle der Inspiration und des multikulturellen Reichtums sind, und gerade heute hat die Europäische Kommission ein neues System zur Kennzeichnung von wichtigen Kulturdenkmälern der Europäischen Union angenommen, einschließlich der Akropolis.
Ich denke, dies spricht für sich selbst, was die Tatsache angeht, wie Europa über diese Monumente denkt.
Der Präsident. – Anfrage Nr. 32 von Liam Aylward (H-0090/10)
Betrifft: Stärkung und Finanzierung von Breitensportvereinen in der EU
Breitensportvereine leisten einen gewaltigen Beitrag zur europäischen Gesellschaft, Kultur und zur Gesundheit der europäischen Bürger. Im derzeitigen Wirtschaftsklima kämpfen aber viele Breitensportvereine mit finanziellen Schwierigkeiten. Welche Maßnahmen kann die Kommission treffen, um den Breitensport zu stärken und seine Entwicklung in den Mitgliedstaaten zu fördern?
Die Kommission hat vor kurzem ihre öffentliche Konsultation zur Finanzierung des Breitensports abgeschlossen. Kann die Kommission weitere Informationen über die Ziele dieser öffentlichen Konsultation liefern und mitteilen, wann zusätzliche Informationen über die Ergebnisse dieser Konsultation verfügbar sein werden?
Androulla Vassiliou, Mitglied der Kommission. – Die Kommission erkennt die wichtige Rolle des Breitensports innerhalb der europäischen Gesellschaft voll und ganz an.
Das Weißbuch von 2007 zum Sport hat sich deshalb auf die gesellschaftlichen Aspekte des Sports konzentriert und eine Reihe von Maßnahmen vorgeschlagen, unter anderem die Gesundheitsförderung durch körperliche Betätigung oder die Bildungsrolle der sozialen Eingliederung des Sports in und durch den Sport und des freiwilligen Sports, die eingeführt wurden oder gerade eingeführt werden.
In ähnlicher Weise hebt die neue EU-Zuständigkeit für Sport, die im Artikel 165 festgeschrieben ist den speziellen Charakter dieses Sektors hervor, seine soziale und erzieherische Funktion und seine Strukturen, die auf freiwilliger Aktivität beruhen.
Damit bereitet sie die Rahmenbedingungen für zukünftige EU-Handlungen und ist richtungsweisend für die Förderung des Sports in der ganzen EU und für die Entwicklung der europäischen Dimension im Sport.
Die Kommission beabsichtigt, noch dieses Jahr Initiativen für die Umsetzung des Vertrages von Lissabon im Bereich des Sports vorzuschlagen. Das wird der Notwendigkeit, den Sektor der Breitensportarten zu stärken, Rechnung tragen.
Der Abgeordnete weist zu Recht darauf hin, dass sich Organisationen für Breitensportarten im gegenwärtigen Wirtschaftsklima Herausforderungen gegenüber sehen. Die laufende EU-Studie über die Binnenmarktschranken für Sportförderungsmittel, die im Weißbuch angegeben ist, und die sich auf die Förderung des Breitensports bezieht, setzt sich mit diesen Herausforderungen auseinander. Die Studie zielt darauf ab, die wichtigsten Quellen der Finanzierung zu beschreiben, Finanzierungsmodelle in verschiedenen Mitgliedstaaten und für verschiedene Sportarten zu identifizieren und das regulatorische Umfeld der EU und nationale Strategien zu analysieren, die Einfluss auf die Sportförderung haben.
Schließlich sollte die Studie wirksame Geschäftsmodelle skizzieren, die in der Lage sein werden, zukünftigen Herausforderungen erfolgreich zu begegnen, wie etwa den Auswirkungen der Wirtschaftskrise auf die Finanzen des öffentlichen Sektors oder auf Sponsoren, und sie sollte Mittel identifizieren, welche die Entwicklung des Breitensports in der gesamten Europäischen Union stärken.
Die Konsultationen zur Förderung des Breitensports, die der Abgeordnete erwähnt hat, wurden im Rahmen dieser Studie durchgeführt. Die ersten Ergebnisse dieser Konsultationen wurden vor Interessengruppen auf einer Konferenz über nachhaltige Förderungsmittel für den Breitensport im Binnenmarkt präsentiert, die vom Auftragnehmer der Studie am 16. Februar in Brüssel veranstaltet wurde.
Die Ergebnisse der Konferenz werden bald auf der Website der Generaldirektion Binnenmarkt und Dienstleistungen veröffentlicht werden.
Liam Aylward (ALDE). – Ich möchte der Frau Kommissarin für ihre Antwort danken. Ich beglückwünsche sie zu ihrem Engagement, wie erwähnt, zur Entwicklung des Breitensports.
Aufgrund der Ratifizierung des Vertrages von Lissabon begrüße ich die Tatsache, dass die Europäische Union nun im Bereich des Sports mit einer Budgethilfe zuständig ist. Kann die Kommission umreißen, wie sie beabsichtigt, das Sportprogramm der Europäischen Union zu gliedern und zweitens sagen, wann wir die erste Mitteilung von der Kommission zu diesem Thema erwarten können?
Androulla Vassiliou, Mitglied der Kommission. – In der Tat, wir beabsichtigen, die Mitteilung zum Sport diesen Sommer zu fördern. Damit werden wir die Mitteilung vor der Sommerpause haben. Das sollte die Rahmenbedingungen für die verstärkte Zusammenarbeit bereitstellen, eine neue Agenda für den Sport auf europäischer Ebene und ebenso einen Entschließungsantrag für ein zweijähriges Sportprogramm der EU für 2012 und 2013.
Natürlich haben wir in der Zwischenzeit, wie Ihnen ja gut bekannt ist, die laufenden Sportaktionen der Jahre 2009, 2010 und 2011, die sich auf den Breitensport und den sozialen Aspekt des Sports konzentrieren. Aktionen für 2009 wurden bereits genehmigt und sie werden dieses Jahr umgesetzt. Wir sind gerade dabei, die Aktionen für 2010 zu genehmigen, die auch in ein paar Monaten bereit sein werden.
Natürlich wurde, wie Ihnen ja gut bekannt ist, der Haushalt für 2010 leider von 6 Millionen EUR auf 3 Millionen EUR gekürzt. Gemäß dem Haushaltsplan, den wir für 2011 haben, haben wir neue Aktionen und neues Testmaterial, um unser Programm für 2012 und 2013 zu formulieren.
Piotr Borys (PPE). – (PL) Herr Präsident, Frau Vassiliou, ich möchte gerne ein ganz großes Dankeschön aussprechen für die Erklärung hinsichtlich der Einführung einer neuen Agenda für den Sport, aber ich möchte auch eine bestimmte Vorstellung dazu präsentieren, über die der Ausschuss für Kultur und Bildung ebenfalls spricht. Es hat mit den neuen Schlüsselkompetenzen zu tun, zu denen heute auch Fähigkeiten auf dem Gebiet des Sports, Wissen über Kultur und Wissen über die Europäische Union hinzugefügt werden können. Frau Vassiliou, erwarten Sie, an der Diskussion über den neuen und sehr wichtigen Aspekt der wichtigsten Fähigkeiten für junge Menschen in der ganzen Europäischen Union teilzunehmen, damit die Fragen des Sports, des Wissens über die Europäische Union und des Wissens über Kultur, die für die Ausbildung einer europäischen Identität so wichtig sind, auch betont und vorhergehoben werde?
Androulla Vassiliou, Mitglied der Kommission. – Ganz sicher, wenn ich über die gesellschaftliche Rolle des Sports spreche, dann sind Dinge, welche Bildung und Ausbildung anbelangen, sehr wichtig, und ich denke, dass Bildung sogar noch wichtiger ist für unsere gemeinsame europäische Identität. Dies wird selbstverständlich berücksichtigt werden, wenn wir unser dauerhafteres Programm für den Sport formulieren.
Der Präsident. – Anfrage Nr. 33 von Jim Higgins (H-0072/10)
Betrifft: Straßenverkehrstote
Kann die Kommission darlegen, auf welche Weise sie beabsichtigt, gegen die drei Hauptgründe für tödliche Unfälle im Straßenverkehr – überhöhte Geschwindigkeit, Alkohol und Drogen am Steuer und unzureichende Straßeninfrastruktur – vorzugehen?
Siim Kallas, Vizepräsident der Kommission. – Im Rahmen des Dritten Aktionsprogramms zur Straßenverkehrssicherheit bis 2010 wurden eine Reihe von Aktionen durchgeführt, um zu schnelles Fahren, Drogen und Trunkenheit am Steuer zu bekämpfen sowie die Straßeninfrastruktur zu verbessern. Viele dieser Aktionen haben das Europäische Parlament unter dem Mitentscheidungsverfahren eingebunden. Aber natürlich sind weitere Anstrengungen erforderlich.
Die Kommission arbeitet zurzeit an der Europäischen Strategie zur Verkehrssicherheit für das nächste Jahrzehnt. Es wird die Bedeutung der ordnungsgemäßen Anwendung und der Sanktionen für gefährliches Verhalten, insbesondere für Trunkenheit am Steuer und überhöhte Geschwindigkeit betonen. Bürgerinnen und Bürger der Mitgliedstaaten können nicht verstehen, warum andere Angehörige anderer EU-Staaten nicht bestraft werden, wenn sie gegen das Gesetz verstoßen. Aus diesem Grund ist es dringend geboten, Diskussionen über die Vorschläge zu einer Richtlinie für die grenzüberschreitende Rechtsdurchsetzung wieder aufzunehmen, die vom Europäischen Parlament voll und ganz unterstützt, aber vom Rat blockiert wurde. Die Kommission ist fest entschlossen, diesen Vorschlag einzubringen.
Neben Kontrolle und Strafen sind Bildung und Sicherheitsbewusstsein Gebiete, welche die Kommission stark betonen wird. Spezielle Maßnahmen sollten für Alkohol und Geschwindigkeitsübertretungen vorgeschlagen werden, wie etwa Alkoholsperren in bestimmten Fahrzeugen oder strengere Vorschriften für Fahranfänger. Drogen am Steuer sind ein größer werdendes Problem. Die Kommission erwartet, dass das laufende Forschungsprojekt DRUID Vorschläge für konkrete Maßnahmen liefern wird. Was die Infrastruktur anbelangt, haben das Europäische Parlament und der Rat Rechtsvorschriften für das sichere Management und die Sicherheitsvorschriften für Straßen und Tunnel des transeuropäischen Netzes erlassen.
Natürlich wird die Kommission deren ordnungsgemäße Umsetzung durch die Mitgliedstaaten ganz genau verfolgen. Aber die Sicherheit der Straßeninfrastruktur ist nicht auf das wichtige TEN-Straßennetz beschränkt; 56 % der tödlichen Verkehrsunfälle geschehen auf Landstraßen. Daher wird die Kommission die Ausdehnung der aktuellen Gesetzgebung über das sichere Management des Straßenverkehrs auf das Nebenstraßennetz der Mitgliedstaaten prüfen. Schließlich wird die Kommission auch überprüfen, ob Infrastrukturprojekte, die EU-Geldmittel oder Kredite erhalten, die Sicherheitsvorschriften für den Straßenverkehr einhalten.
Ich muss auch unterstreichen, dass Straßenverkehrssicherheit eine gemeinsame Verantwortung der EU-Institutionen, der Mitgliedstaaten, der lokalen und regionalen Organe, der Verbände und natürlich der Bürgerinnen und Bürger ist. Um eine maximale Effizienz zu erreichen, müssen Lösungen konkreten Problemen vor Ort entsprechen. Die nächste Europäische Strategie zur Verkehrssicherheit wird eine Reihe von Aktionen vorschlagen, die auf diesem Prinzip aufbauen. Ihr Hauptziel ist es, einen gemeinsamen europäischen Bereich für die Verkehrssicherheit einzurichten, der einen Teil eines einheitlichen europäischen Verkehrsraumes bilden wird, in dem alle EU-Bürgerinnen und Bürger in ganz Europa vom gleichen Sicherheitsniveau profitieren werden.
Jim Higgins (PPE). – (GA) Herr Präsident, ich möchte auch gerne meinen Dank an die Frau Kommissarin richten. Wenn man der Frau Kommissarin zuhört, wird es klar, dass sehr viel Arbeit geleistet wurde in Bezug auf Geschwindigkeit und Alkohol als Faktoren, die Verkehrsunfälle verursachen. Allerdings ist es klar, dass wir nicht die Wirkung von Drogen in diesen Fällen untersuchen. Alkohol- oder Drogenmissbrauch am Steuer ist eine wesentliche Ursache für fast 25 % der Verkehrsunfälle in der Europäischen Union pro Jahr. 10 000 Menschen sterben jedes Jahr infolge dieser Unfälle.
Wir müssen jedoch in Bezug auf Drogen mehr tun, da klar ist, dass sie eine wesentliche Ursache für Verkehrsunfälle und für Tote im Straßenverkehr sind. Ich schlage der Kommissarin vor, dass wir viel mehr tun müssen.
Ich begrüße die Forschung, aber wir müssen viel mehr tun, um sie effektiv zu machen.
Siim Kallas, Vizepräsident der Kommission. – Selbstverständlich kann ich Ihre Besorgnis nur teilen. Das Problem mit Drogen besteht darin, wie Sie sehr gut wissen, dass es viel schwieriger ist, den Einfluss von Drogen zu entdecken, obwohl wir über ziemlich gut entwickelte Technologien verfügen, um Fahrer zu finden, die unter dem Einfluss von Alkohol stehen. Wir müssen wirklich Studien durchführen, um die notwendige Technologie zu finden, weil es heute nur eine visuelle Beobachtung durch die Polizei gibt, die dann der Person oder den Personen vorschreibt, sich einem medizinischen Test zu unterziehen, und nur dann kann es klar werden, dass es ein Problem gibt. Wir brauchen natürlich mehr.
Zigmantas Balčytis (S&D). – (LT) Vielen Dank für die eingebrachten Vorschläge, um dieses Problem zu lösen. Ich möchte gerne fragen, ob Sie den Studien zustimmen, die zeigen, dass die Benutzung eines Mobiltelefons beim Fahren die Reaktionszeit des Lenkers im selben Ausmaß verringert wie der Einfluss von Alkohol oder Drogen. Meine andere Frage betrifft Schwerlastkraftwagen. Dies ist ein Objekt von erhöhtem Risiko, insbesondere während der Dunkelheit und, wie Sie genau wissen, beschädigen Schwerlastkraftwagen auch den Zustand der Straßen, was ebenfalls die Anzahl der Unfälle erhöht. Denken Sie, dass wir mehr Strategien haben sollten und die Wirkung von Strategien maximieren sollten, um Güter von der Straße auf die Schiene zu verlegen?
Nikolaos Chountis (GUE/NGL). – (EL) Frau Kommissarin, die Angelegenheit, die wir diskutieren, und die mein Kollege in seiner Frage angesprochen hat, ist sehr ernst. Was wir als „Verkehrsunfälle“ bezeichnen, sind meiner Meinung nach Kollisionen, die zahlreiche Ursachen haben und der wirkliche Grund für die zahlreichen Todesopfer in Europa sind.
Ich möchte Ihnen daher zwei bestimmte Fragen stellen:
Erstens, da sich die meisten dieser Kollisionen in Städten ereignen und die meisten Opfer Fußgänger oder Fahrradfahrer sind, welche Initiativen sollten Ihrer Meinung nach entwickelt werden, um einer Strategie der „Nullvision“ zu folgen, oder anders gesagt, keine Opfer in den Städten, spezielle Aufmerksamkeit in Schulzonen, auf Fahrradwegen usw.?
Meine zweite Frage lautet: Was haben Sie vor, damit zugunsten der Opfer und ihrer Angehörigen Gerechtigkeit waltet, im Rahmen dieser Vision, damit wir diese Vision nutzen können, um Unfallverhütung zu erreichen?
Siim Kallas, Vizepräsident der Kommission. – Natürlich, die modale Verschiebung, wie sie genannt wird, um den Güterverkehr auf der Schiene dem auf der Straße vorzuziehen, ist auch eine klare Präferenz für die Kommission, aber den Wunsch gibt es schon seit Jahrzehnten. Wir müssen jetzt die Engpässe finden und eliminieren, die uns davon abhalten, die Vorteile der Eisenbahn in vollem Umfang zu nutzen. Es gibt viel zu tun, und ich denke, dass wir diese Dinge während der Amtsperiode dieser Kommission ein bisschen weiter voranbringen können.
Ich sollte sagen, dass die Nutzung von Mobiltelephonen beim Fahren, zumindest in einigen Ländern – einschließlich meinem Land – verboten ist.
Im Hinblick auf Maßnahmen, um auf die Verletzten und Todesopfer bei Verkehrsunfällen zu reagieren, hatte diese Kommission während dieses Aktionsplans das ehrgeizige Ziel, die Zahl der Todesopfer um 50 % zu reduzieren. Es wurde nicht erreicht, aber die Verringerung der Anzahl der Todesopfer war erheblich.
Das wurde natürlich aufgrund der gemeinsamen Anstrengungen der europäischen Institutionen erzielt, aber in erster Linie durch die der Mitgliedstaaten. In meinem eigenen Land ist der Rückgang der Zahl der Todesopfer beispielsweise während dieses Jahrzehnts sogar noch bemerkenswerter gewesen – um fast das Dreifache. Wir haben Reserven und wir können Einiges tun, um die Anzahl der Unfallopfer zu reduzieren, obwohl wir niemals Null Unfälle erreichen werden. Es handelt sich hierbei freilich um eine sehr komplexe Angelegenheit, welche den Verzicht auf Alkohol, bessere Straßen, bessere Bedingungen, Bildung, Schulung – alle diese Dinge beinhaltet.
Der Präsident. – Da sich die folgenden Anfragen mit dem gleichen Thema beschäftigen, werden sie zusammen genommen:
Betrifft: Zugunglück in Buizingen und elektronisches Sicherheitssystem
Das schwere Zugunglück in Buizingen (Belgien) vom 15. Februar wird mit dem Fehlen eines elektronischen Sicherheitssystems in Verbindung gebracht, durch das Züge automatisch abgebremst werden, wenn sie ein Haltesignal überfahren.
Neben den nationalen Zugsicherungssystemen (ATP), die in einigen Mitgliedstaaten der Europäischen Union bereits seit Jahren bestehen, wird in Europa intensiv an der Einführung des Europäischen Eisenbahnverkehrsleitsystems ERTMS gearbeitet.
In welchem Maße und seit wann haben die einzelnen Mitgliedstaaten ihre Bahnstrecken und Züge mit nationalen Systemen zur automatischen Zugsicherung ausgerüstet?
Wie weit ist die Einführung des ERTMS in den einzelnen Mitgliedstaaten (sowohl bei den Zügen als auch in Bezug auf die Bahnstrecken) gediehen?
Ist es für Mitgliedstaaten, die noch keine nationalen Zugsicherungssysteme besitzen, sinnvoll, in solche Systeme zu investieren, wo doch die Einführung des ERTMS in vollem Gange ist und eine Umschaltung hohe Investitionen erfordert?
Wie wird der Gefahr vorgebeugt, dass zwar die Schieneninfrastruktur mit ERTMS ausgestattet ist, die Züge aber nicht oder umgekehrt?
Tritt dieses Problem heutzutage auf, beispielsweise beim IC-Zugverkehr auf der Strecke Lüttich–Aachen?
Welche Lehren müssen daraus möglicherweise für die Liberalisierung des Schienenverkehrs in Europa gezogen werden?
Betrifft: Ursachen des schrecklichen Zugunglücks vom 15. Februar 2010 in Buizingen
Kann die Kommission mitteilen, ob sich die Liberalisierung auf die Sicherheit ausgewirkt hat?
Im Juni 2008 warf die Kommission Belgien Versäumnisse im Zusammenhang mit der komplexen dreigliedrigen NMBS-Struktur vor. Wird inzwischen auf die Beanstandungen der Kommission eingegangen? Auf welche Weise?
Seit wann ist die europäische ERTMS-Norm verfügbar? Gab es eine Verzögerung bei dem geplanten Einführungsdatum? Wenn ja, welches sind die Ursachen dieser Verzögerung, und welche Schritte hat die Kommission ergriffen, um Abhilfe zu schaffen?
Hinderte die Debatte über die europäische Norm die Eisenbahnen darin, ein eigenes System einzuführen, um die Sicherheit auf den inländischen Strecken zu gewährleisten? Seit wann sind die Spezifikationen für solche nationalen Systeme verfügbar? In wie vielen Ländern der EU-27 besteht bereits ein nationales System, und seit wann bestehen die entsprechenden Systeme? Welche Länder schneiden am besten ab?
Welche Stellung nimmt Belgien unter den EU-27 in Verbindung mit der Sicherheit des Eisenbahnnetzes ein?
Siim Kallas, Vizepräsident der Kommission. – Das Zugunglück in Buizingen am Montag, dem 15. Februar war eine schockierende Tragödie und im Anschluss an diesen schweren Unfall können mehrere technische und politische Fragen zur Eisenbahnsicherheit gestellt werden.
Die Ursachen des Unfalls sind noch nicht ganz genau bekannt, und die technische Untersuchung wurde gemäß den Bestimmungen der EU-Sicherheitsrichtlinie begonnen. Die belgische Untersuchungsbehörde trägt die Verantwortung, das durchzuführen. Zwei Ermittlungsbeamte der Europäischen Eisenbahnagentur haben sich dem belgischen Team, das die Untersuchung leitet, nur wenige Stunden nach dem Unfall angeschlossen.
Ich möchte betonen, dass es unangebracht ist, Schlussfolgerungen zu ziehen, solange die Ursachen des Unfalls noch nicht geklärt sind.
Es ist viel zu oft der Fall, dass bei Zugunfällen Bemerkungen gemacht werden, die eine Verbindung zwischen den europäischen Regeln oder Vorschriften und dem Unfall herzustellen versuchen. Ich möchte zunächst zum Punkt der Öffnung des Marktes sehr deutlich etwas sagen. Mit der Öffnung des Schienengüterverkehrs für den Wettbewerb und der Festsetzung von Vorschriften, um die Tätigkeiten der Infrastruktur-Manager und die Eisenbahnverkehrsunternehmen zu trennen, wurde ein strikter Rechtsrahmen eingeführt, der die Eisenbahnsicherheit und die Interoperabilität regelt. Wir haben die Öffnung des Schienenverkehrs für den Wettbewerb sehr genau überwacht, um zu gewährleisten, dass sie in keiner Weise einen negativen Einfluss auf die Eisenbahnsicherheit hat, und die Indikatoren zeigen ganz klar, dass ein derartiger Einfluss nicht besteht.
Ich sehe auch keine Beziehung zwischen dem Unfall und der begründeten Stellungnahme, die wir 2008 an die belgische Regierung gesandt haben, bezüglich des Mangels an Unabhängigkeit zwischen den Infrastrukturmanagern und den Eisenbahnverkehrsunternehmen.
Jeder Vorschlag, der die Sicherheitsniveaus der Eisenbahn mit der Öffnung der Märkte verbindet, ist meiner Ansicht nach eine bloße Ausflucht, die Debatte von den wahren Ursachen des Unfalls abzulenken.
Die Frage der Koexistenz der nationalen und europäischen Zugsicherungssysteme kann auf diese Weise ausgedrückt werden. Mehr als 20 verschiedene nationale Systeme werden heute in Europa benutzt, um den sicheren Verkehr der Züge zu gewährleisten. Die Inkompatibilität der verschiedenen nationalen Systeme ist ein großes Problem für internationale Züge, weil entweder die Lokomotiven an jeder Grenze gewechselt werden müssen oder sie mit mehreren Onboard-Systemen ausgerüstet werden müssen.
Aus diesem Grund wurde ein einheitliches System für die Nutzung auf europäischer Ebene gestaltet und entwickelt, und es wird derzeit auf wichtigen internationalen Strecken und Zügen in Europa installiert. Das System ist als ERTMS bekannt – European Rail Traffic Management System (Europäisches Eisenbahnverkehrsleitsystem).
Zur Wahl des Zeitpunkts ist zu sagen, dass die meisten nationalen Systeme in den frühen 1980er Jahren entwickelt wurden, aber ihr Einsatz ein langer und kostspieliger Prozess ist. In den meisten Ländern, in denen diese Systeme existieren, sind heute nur Teile der nationalen Netze und Lokomotiven damit ausgestattet und diese Teilinstallation nahm ungefähr 20 Jahre in Anspruch.
Die ERTMS-Spezifikationen sind seit 2000 erhältlich. Eine Reihe von Pilotprojekten wurde zwischen 2000 und 2005 durchgeführt. Seit 2005 sind mehrere mit ERTMS ausgestattete Strecken in Betrieb genommen worden.
Gegenwärtig haben 10 Mitgliedstaaten Strecken mit ERTMS, und in fast allen Mitgliedstaaten laufen derzeit Projekte. In Belgien zum Beispiel ist die Strecke zwischen Aachen und Liège damit ausgestattet und Intercity-Züge die auf dieser Strecke verkehren, sind damit ausgestattet.
Das ERTMS wird daher wahrscheinlich noch für 20 Jahre mit nationalen Systemen koexistieren. Einige Mitgliedstaaten werden früher als andere vom europäischen System profitieren. Wir sehen zum Beispiel, dass das italienische und spanische Hochgeschwindigkeitsnetz bereits fast vollständig damit ausgestattet ist, dass das konventionellen Netz von Luxemburg auch fast vollständig ausgerüstet ist, während es in 15 Mitgliedstaaten nur Pilotstrecken oder Pilotprojekte gibt.
Es sollte auch angemerkt werden, dass die automatischen Zugsicherungssysteme nur ein Element von vielen sind, die zur Sicherheit des Netzes beitragen. Richtige Schulung, ordnungsgemäß durchgeführte Wartung und besserer Schutz von Bahnübergängen sind andere wichtige Komponenten für die Sicherheit.
Wenn wir uns einen umfangreicheren Bereich von Sicherheitsindikatoren ansehen, zeigen die allgemeinen Daten, dass die Sicherheitsstandards der Eisenbahnen in Europa generell sehr hoch sind.
Ivo Belet (PPE). – (NL) Herr Präsident, die Lektionen, die von dieser Tragödie gelernt werden können, sind in der Tat Sache der belgischen Dienststellen: der belgischen Regierung. Ein eigener Untersuchungsausschuss wird in Kürze im belgischen Parlament mit der Arbeit in dieser Angelegenheit beginnen.
Eine Frage habe ich noch an Sie, Herr Kommissar. Welche Meinung haben Sie zum sozialen Aspekt, dem Arbeitsaufwand des Zugpersonals, und insbesondere dem der Lokführer? Sollten wir vielleicht das auch beachten und könnte es sein, dass die europäischen Regeln erforderlich sind, besonders angesichts der Tatsache, dass der Wettbewerb im Personenverkehr in den nächsten Jahren sogar noch zunehmen soll?
Frieda Brepoels (Verts/ALE). – (NL) Ich möchte dem Kommissar herzlich für seine Antworten auf eine Reihe von sehr spezifischen Fragen danken. Eine meiner Fragen hat er nicht beantwortet, die sich auf die begründete Stellungnahme bezog, die wir damals im Jahre 2008 an Belgien übermittelt hatten. 2009 wurde wiederum ein Mangel an Unabhängigkeit des Infrastrukturmanagers der belgischen Eisenbahnen (Infrabel) von der Nationalen Eisenbahngesellschaft von Belgien (SNCB) und der Dachgesellschaft festgestellt. Ich möchte gerne erfahren, wie lange die Kommission der SNCB noch Zeit geben wird, die notwendigen Umstrukturierungsmaßnahmen tatsächlich durchzuführen?
Siim Kallas, Vizepräsident der Kommission. – Zuerst zu den Betreibern und den sozialen Fragen. Wir können uns das ganz genau ansehen und die Situation analysieren; natürlich, wenn wir mehr Konkurrenz und intensiveren Verkehr haben, sollten wir sehr ernsthaft über diese sozialen Aspekte diskutieren. Wir haben bereits verschiedenste Bestimmungen in Kraft, die zum Beispiel die Flugzeugpiloten betreffen. Sie kennen sicher die Lenkzeitverordnung im Straßenverkehr und eine ähnliche Kontrolle über die Fahrzeiten sollte auf alle Lenker angewandt werden, einschließlich der Lokomotivführer.
Deshalb denke ich, dass wir auf dieses Problem sehr ernsthaft eingehen müssen. Dann gibt es auch immer noch die nationale Gesetzgebung und dies sind in erster Linie auch Fragen für die nationale Gesetzgebung, aber es ist eine Frage, mit der wir uns ganz sicher auseinandersetzen sollten.
Ich sagte, dass die Kommission im Jahre 2008 eine begründete Stellungnahme an Belgien übermittelt hatte in Bezug auf den Mangel von Sicherheitsklauseln, welche die Unabhängigkeit der Infrastrukturmanger von den Eisenbahnunternehmungen garantieren sollten, und zwar bei der Ausübung grundlegender Funktionen, Streckenzuweisungen und Gebührenerfassungen. Die belgischen Behörden haben darauf geantwortet, und die Dienste der Kommission analysieren die Antwort im Hinblick darauf, eine weitere Stellungnahme zu verfassen.
Aber, um auf das Eisenbahnunglück zurückzukommen, das war ein tragisches Ereignis, das hätte verhindert werden sollen, aber niemals wird es in der Welt absolut Null Unfälle geben. Das ist eine sehr komplexe Frage. Ich denke, die Untersuchung wird uns konkrete Antworten darauf geben, was die Ursachen dieses Unfalls waren und in vieler Hinsicht ist dies eine tragische Kombination mehrerer Faktoren, menschliche Faktoren inbegriffen. Seit dem 19. Jahrhundert ist es klar, dass das rote Licht ein Signal ist, das Stopp bedeutet. Das bedeutet, dass wir daher keine einzelne einfache Antwort auf die Frage finden werden, warum dieser Unfall geschehen ist.
Piotr Borys (PPE). – (PL) Herr Kallas, ich denke wir sollten Schlüsse aus dieser Tragödie ziehen. Natürlich wird ein sehr detailliertes Verfahren erklären, ob dem menschlichen Faktor die Schuld gegeben werden muss, oder ob es vielleicht eine Frage der Ausrüstung oder des Fehlens eines Systems war. Wie lange wird es Ihrer Ansicht nach dauern, bis das ERTMS eingesetzt werden kann, und glauben Sie nicht, dass mit der Liberalisierung des Personen- und des Schienengüterverkehrs nun das System einer klaren Beurteilung der Qualität der Dienstleistungen und der Ausrüstung von nationalen Systemen getrennt sein sollte?
Siim Kallas, Vizepräsident der Kommission. – Der Plan ist, das ERTMS-System auf den wichtigsten europäischen Eisenbahnnetzen vor 2015 einzusetzen, da gibt es also ein Datum, zu dem wir glauben, dass dieser Einsatzplan umgesetzt werden wird, aber das bedeutet nicht, dass jede Strecke, besonders Regionalstrecken, mit solch hochwertigen Geräten ausgestattet sein werden, daher muss es immer auch andere Systeme geben. Dieser Einsatzplan existiert, aber es ist eine kostspielige Aktion und eine große Investition.
Ein europäisches System zur Bewertung der Qualität ist eine gute Idee. Wenn ich die Vorstellung ausdrücke, dass der Verkehr als Ganzes, als eine Einheit für Europa entwickelt werden soll, möglicherweise unter dem Namen eines einheitlichen europäischen Verkehrsraumes, dann bedeutet das natürlich, dass wir auch die Qualitätsbestimmungen harmonisieren müssen, und die Qualität der Dienstleistungen muss auf hohem Niveau gehalten werden.
Der Präsident. – Anfrage Nr. 36 von Jacek Wlosowicz (H-0103/10)
Betrifft: Sommer- und Winterzeit
Gibt es aktuelle Untersuchungen, die die in jedem Jahr zweimal stattfindende Zeitumstellung rechtfertigen, welche im Alltag der Bürger der Europäischen Union zahlreiche Schwierigkeiten verursacht?
Siim Kallas, Vizepräsident der Kommission. – Natürlich haben wir seit Januar 2001 eine Richtlinie, als der Rat und das Parlament die aktuelle Richtlinie über die Sommerzeit in der Europäischen Union angenommen haben. Diese Richtlinie harmonisiert den Kalender der Anwendung der Sommerzeit in der EU. Es ist die neunte Richtlinie zu diesem Thema seit 1980, als die erste Sommerzeitrichtlinie verabschiedet wurde.
In Übereinstimmung mit den oben erwähnten Richtlinien hat die Kommission im Jahr 2007 einen Bericht über die Auswirkungen des aktuellen Sommerzeitsystems vorgelegt. Der Bericht kam zu dem Ergebnis, dass auf der Basis der Informationen, die der Kommission zur Verfügung gestellt wurden, das Sommerzeitsystem keine negativen Auswirkungen hat und einige Energieeinsparungen bewirkte. Die gegenwärtigen Regelungen stellen keinen Grund zur Besorgnis in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union dar. Kein Mitgliedstaat hat je eine Modifizierung verlangt, oder hat seit der Veröffentlichung des Berichts je eine Modifizierung der gegenwärtigen Regelungen verlangt.
Der Abgeordnete könnte kaum eine geeignetere Person finden, diese Frage zu beantworten, nicht weil ich persönlich für den Verkehr zuständig bin, sondern weil ich ein Mitglied der estnischen Regierung war, die genau das tat, was mit Ihrer Frage angedeutet wurde. Zuerst haben wir 1999 von 2000 an aufgegeben, die Uhren umzustellen. Wir haben das System geändert und ein einziges Zeitsystem aufrechterhalten. 2002 haben wir die Zeit wieder zurückgestellt und die Sommerzeit wieder eingeführt. Daher habe ich damit eine sehr persönliche Erfahrung.
Zwei unangenehme Dinge geschahen, und darum wurde der Schritt, den wir im Jahre 2000 gemacht hatten, äußerst unpopulär. Zum einen ist das Tageslicht am Abend verschwunden. Der Morgen wird hell sein, aber es gibt nichts zu tun mit diesem Sonnenlicht am Morgen. Am Abend wird es zu früh dunkel und wenn man von der Arbeit nach Hause kommt und seinen Körper ertüchtigen oder mit den Kindern etwas unternehmen will, ist es bereits dunkel. Die Menschen haben das gar nicht gemocht.
Zweitens gab es natürlich eine totale Verwirrung im Hinblick auf Fahrpläne und Zeitpläne – wie Sie sich vorstellen können – im Zusammenhang mit allen Reisevorbereitungen für andere Länder. Daher haben wir das aktuelle Sommerzeitsystem wiederhergestellt und stellen die Uhren zweimal im Jahr neu ein. Die Menschen sind damit glücklich und die Frage wurde nicht wieder aufgeworfen.
Jacek Włosowicz (ECR). – (PL) Herr Präsident, Herr Kallas, ein Zweifel, den ich habe, bezieht sich auf die Tatsache, dass einige Länder in Europa, zum Beispiel Großbritannien, im Verhältnis zu Kontinentaleuropa eine andere Zeit verwenden, und die nicht durchgeführte Änderung verursacht dort keine Probleme. Würde es nicht allein aus der Verkehrsperspektive von großem Vorteil sein, wenn die Zeit in ganz Europa zu einer einheitlichen Zeitzone standardisiert würde?
Siim Kallas, Vizepräsident der Kommission. – Wie ich sagte, habe ich persönliche Erfahrung und ich sehe keinen Grund dafür, wieder damit zu beginnen, das System zu ändern oder Änderungen an diesem System vorzunehmen. Es kann komplizierter werden.
Der Präsident. – Anfrage Nr. 37 von Gay Mitchell (H-0071/10)
Betrifft: Gleichgewicht zwischen Freiheit und Sicherheit
In vielen Ländern der Europäischen Union hat die durch den weltweiten Terrorismus ausgelöste Panik in besorgniserregendem Maße zu einer Aushöhlung der bürgerlichen Freiheiten geführt. Ein Grundprinzip des Sozialvertrags ist, dass jegliche Einschränkung der Bürgerrechte durch die Regierung eindeutig und zweifelsfrei mit ihrer Notwendigkeit für die allgemeine Sicherheit des Landes begründet werden muss. Allem Anschein nach ist die Beweislast von den Behörden, die die Sicherheitsmaßnahmen anwenden, auf die Bürger übertragen worden, auf die diese angewendet werden.
Stimmt die Kommission dieser Einschätzung zu? Wie wird die Kommission vorgehen, um dem Ungleichgewicht zwischen Sicherheit und Freiheit zu begegnen?
Viviane Reding, Vizepräsidentin der Kommission. – Der Schutz und die Förderung der Grundrechte soll nicht als Gegenmaßnahme zu den Maßnahmen angesehen werden, die der anhaltenden Bedrohung des Terrorismus entgegenwirken sollen: sie sollten Hand in Hand gehen. Anti-Terroristische Aktivitäten müssen unter voller Anerkennung des Prinzips der Rechtsstaatlichkeit und der Grundrechte durchgeführt werden, da diese auf der Ebene der Europäischen Union in der Charta der Grundrechte verankert sind.
Dies ist keine Frage des Kompromisses oder des Ausbalancierens einer Vorschrift gegen die andere; es geht darum, beide einzuhalten, aber ohne natürlich gegenüber den Grundrechten Kompromisse zu machen.
Die Einhaltung von Grundrechten verhindert nicht die Verabschiedung wirksamer Sicherheitsmaßnahmen, und das ist übrigens im Stockholmer Programm anerkannt worden, welches die europäischen Institutionen auffordert, sicherzustellen, dass alle Instrumente eingesetzt werden, um gegen den Terrorismus vorzugehen, unter vollständiger Beachtung der Grundrechte. Daher glaube ich, dass dies eine Frage des Gleichgewichts ist und nicht eine Frage des Ausbalancierens einer Vorschrift gegen die andere.
Gay Mitchell (PPE). – Soweit es mich angeht, hämmern Sie auf die Terroristen ein, hämmern Sie auf die Verbrecher ein. Ich habe kein Problem mit welchen Maßnahmen auch immer, aber ich mache mir Gedanken darüber, dass wir als Parlamentarier nicht genügend betonen, entweder im Europäischen Parlament oder in den Mitgliedstaaten, dass wir erwarten, dass es auf eine Weise gemacht wird, welche die Öffentlichkeit beschützt anstatt sie oder ihre Privatsphäre zu unterminieren, dass Daten geschützt sind, dass die Privatsphäre der Bürger geschützt is,t und dass Bürgerinnen und Bürger, die unschuldig sind und sich an das Gesetz halten, nicht Eingriffen des Staates ausgesetzt sind. Es ist absolut unerlässlich, dass dies enthalten ist.
Viviane Reding, Vizepräsidentin der Kommission. – Da kann ich dem Abgeordneten nur absolut zustimmen. Sie wissen aus meiner Anhörung und auch aus meinen früheren Tätigkeiten als Kommissarin für Telekommunikation, dass der Datenschutz bei mir sehr weit oben auf der Agenda steht.
Ich habe mich dazu verpflichtet, die Datenschutzrichtlinie von 1995 zu reformieren, um sie der modernen Welt der Technologie anzupassen, aber ich habe es auch sehr klar gemacht, dass wir nicht wegen des notwendigen Schutzes der Gesellschaft Daten weitergeben können. Die privaten Daten des Einzelnen dürfen nicht durch andere Maßnahmen gefährdet werden.
Ich habe gesehen, wie im Parlament argumentiert wurde und habe an der Abstimmung zur SWIFT-Frage teilgenommen. Die Kommission wird die Ansichten des Parlaments berücksichtigen, wenn ein neues Mandat entwickelt wird, um ein neues SWIFT-Abkommen mit unseren amerikanischen Partnern zu haben: eines, welches ein Gleichgewicht herstellt zwischen dem Recht auf Privatsphäre und der Notwendigkeit, den Terrorismus zu bekämpfen.
Der Präsident. – Frage Nr. 38 von Marian Harkin (H-0087/10)
Betrifft: Grünbuch zur Freiwilligentätigkeit
Kann die Kommission mitteilen, ob sie – zur Bewusstseinsbildung über den Wert der Freiwilligentätigkeit im gesamten EU-Raum – in Erwägung zieht, in Verbindung mit den vorgeschlagenen Initiativen zur Begehung des Europäischen Jahres der Freiwilligenarbeit ein umfassendes Grünbuch zur Freiwilligentätigkeit auszuarbeiten, um die Freiwilligenarbeit zu erleichtern, ihr Anerkennung zu zollen und Mehrwert in dieser Hinsicht zu schaffen?
Wäre es nach Ansicht der Kommission zusätzlich zur Entwicklung eines solchen Grünbuchs nicht auch wichtig, Synergien mit anderen internationalen Organisationen, wie der IAO und der UNO in Bezug auf das Volunteer Measurement Project der John Hopkins Universität/IAO und das UN-Nonprofit Handbook zu schaffen?
Viviane Reding, Vizepräsidentin der Kommission. – Es tut mir sehr Leid, diese Frage habe ich nicht. Ich habe viele Fragen hier, aber diese Frage habe ich nicht.
(Der Präsident schlägt vor, dass die Frage schriftlich beantwortet wird)
Marian Harkin (ALDE). – Ich werde vollkommen damit zufrieden sein, eine schriftliche Antwort von der Frau Kommissarin zu erhalten.
Viviane Reding, Vizepräsidentin der Kommission. – Es tut mir Leid. Etwas muss bei der Vorbereitung falsch gelaufen sein.
Marian Harkin (ALDE). – Ich möchte hoffen, dass die Frau Kommissarin sich sorgfältig ansieht, was ich vorgeschlagen habe, im Hinblick auf die Möglichkeiten, die sich durch das Jahr 2011 als Europäisches Jahr der Freiwilligentätigkeit ergeben, und vielleicht könnte sie auch die Möglichkeit eines daraus resultierenden Grünbuchs in Betracht ziehen, nach Konsultationen mit Freiwilligengruppen usw. Ich hoffe auch, dass Sie die Wichtigkeit der Verwendung des ILO-Handbuchs oder des UN-Handbuchs mit einbeziehen, um das freiwillige Engagement in den Mitgliedstaaten zu messen.
Viviane Reding, Vizepräsidentin der Kommission. – Ich kann der Abgeordneten versichern, dass im Falle der Freiwilligentätigkeit – einer sehr wichtigen Frage, an der die Kommission arbeitet – sie die richtigen Antworten auf ihre Fragen erhalten wird.
Der Präsident. – Anfrage Nr. 39 von Bernd Posselt (H-0088/10)
Betrifft: Traditionell ansässige Minderheiten
Welche Möglichkeiten sieht die Kommission im Vertrag von Lissabon und in der EU-Grundrechtecharta, eine Strategie zum Schutz und zur Förderung traditionell ansässiger Volksgruppen und Minderheiten zu entwickeln, und welche konkreten Schritte sind geplant?
Viviane Reding, Vizepräsidentin der Kommission. – Sie sind sich dessen bewusst, dass einer unserer Werte, auf denen die Europäische Union begründet ist, die Anerkennung der Rechte der Menschen ist, die zu einer Minderheit gehören, und mit dem Inkrafttreten des Vertrages von Lissabon ist dies ausdrücklich im Artikel 2 des Vertrages erwähnt. Artikel 21 der Charta der Grundrechte verbietet ausdrücklich jedwede Diskriminierung aufgrund der Sprache oder der Zugehörigkeit zu einer nationalen Minderheit. Die Kommission wird im Rahmen ihres Mandats sicherstellen, dass diese grundlegenden Rechte im EU-Recht anerkannt werden, und das schließt den Fall ein, wenn Mitgliedstaaten EU-Recht umsetzen.
Es gibt auch eine Reihe von EU-Rechtsakten und EU-Programmen, die zur Verbesserung der Situation von Menschen beitragen können, die zu Minderheiten gehören; die Kommission beabsichtigt, diese Instrumente zu kombinieren, um sich mit Schwierigkeiten, einschließlich diskriminierender Handlungen, auseinanderzusetzen, denen Menschen, die zu Minderheiten gehören, sehr leicht ausgesetzt sein können.
Sie sind sich ebenfalls bewusst, dass es eine existierende EU-Anti-Diskriminierungsgesetzgebung gibt, die angewandt werden wird, um die Gleichbehandlung von Personen zu gewährleisten, die zu einer Minderheit gehören, und die Kommission hat einen Vorschlag für eine neue Richtlinie angenommen, der derzeit diskutiert wird, und der den Schutz gegen Diskriminierung aufgrund von Religion und Glauben, Behinderung, Alter und sexueller Orientierung auf andere Bereiche als Beschäftigung und Beruf ausweiten würde.
Der Rahmenbeschluss des Rates über die Bekämpfung gewisser Formen und Ausdrücke des Rassismus und Fremdenhasses durch das Strafrecht bezweckt, dass Hassreden aufgrund von Rasse, Hautfarbe, Religion, Herkunft oder nationaler oder ethnischer Gruppen sowie Hassverbrechen in allen Mitgliedstaaten bestraft werden. Jetzt überwacht die Kommission die Umsetzung dieser Rahmenentscheidung so genau wie möglich, und eine Gruppe nationaler Experten ist zu diesem Zweck gegründet worden.
Es gibt auch die Agentur der Europäischen Union für Grundrechte, die eine entscheidende Rolle bei der Unterstützung der Kommission einnimmt, diese Aufgabe ordnungsgemäß durchzuführen; und es gibt die Europäische Charta für Regional- oder Minderheitensprachen sowie das Rahmenübereinkommen zum Schutz nationaler Minderheiten.
Ich möchte gerne dem Kollegen sagen, dass ich hoffe, dass mehr Mitgliedstaaten dem Beispiel derer folgen werden, die diese wichtigen Konventionen bereits unterzeichnet und ratifiziert haben.
Bernd Posselt (PPE). - Frau Kommissarin, der letzte Aspekt hat den Punkt getroffen, um den es mir ging. Ich möchte noch einmal fragen: Gibt es Instrumente zur positiven Diskriminierung von lang ansässigen nationalen Minderheiten? Dafür sollte man genauso Strategien entwickeln wie für andere.
Zweitens: Ist die Grundrechte-Agentur in Wien auch dafür zuständig, und wie organisiert sie ihre Kontakte zur Zivilgesellschaft? Das ist ja im Moment im Gange, und spielen da auch die traditionellen Minderheiten eine Rolle? Es gibt nichts Ungerechteres als Ungleiches gleich zu behandeln!
Viviane Reding, Vizepräsidentin der Kommission. – Ich stimme dem Abgeordneten zu. Es gibt nichts, das ungerechter ist, als ungleiche Gruppen auf die gleiche Weise zu behandeln.
Wir müssen wirklich erwägen, die knappen Ressourcen auf eine sehr aktive und intelligente Weise zu nutzen.
Die Agentur der Europäischen Union für Grundrechte muss natürlich einige Zielvorgaben erfüllen, aber wenn das Parlament oder die Kommission die Agentur auffordert, eine bestimmte Aufgabe erfolgreich durchzuführen, wird die Agentur das sicherlich tun.
Daher möchte ich den Abgeordneten bitten, mir die Fragen zu geben, die er gerne an die Agentur der Europäischen Union für Grundrechte stellen möchte und ich werde mich darum kümmern, dass dies auf eine positive Weise erledigt wird.
Marc Tarabella (S&D). – (FR) Herr Präsident, ich verstehe die zeitlichen Anforderungen voll und ganz. Ich möchte lediglich die Notwendigkeit eines speziellen Jahres hervorheben, das der Gewalt gegen Frauen gewidmet ist, denn das sind oft noch die Tabus, die im Zusammenhang mit diesem Thema immer noch existieren.
Zu viele Frauen sind Opfer von Gewalt, die natürlich oft physisch aber auch verbal und psychologisch sein kann. Zudem geschieht sie oft innerhalb der Familie, und diese Frauen schämen sich, dies zuzugeben. Es ist richtig, dass ein Jahr, das diesem Problem gewidmet wird, sicherlich dabei helfen würde, sicherzustellen, dass dieses Phänomen, welches noch immer tabu ist, reduziert wird und so Gewalt gegen Frauen wirksamer bekämpft werden kann.
Der Präsident. – Fragen, die aus Zeitmangel nicht beantwortet wurden, werden schriftlich beantwortet (siehe Anhang).
Die Fragestunde ist geschlossen.
(Die Sitzung wurde um 19.50 Uhr unterbrochen und um 21.00 Uhr wieder aufgenommen)
VORSITZ: Pál SCHMITT Vizepräsident
14. Umsetzung der Richtlinien des ersten Eisenbahnpakets (Aussprache)
Der Präsident. – Der nächste Punkt ist die mündliche Anfrage mit Aussprache von Brian Simpson im Namen des Ausschusses für Verkehr und Fremdenverkehr an die Kommission über die Umsetzung des Ersten Eisenbahnpakets (Richtlinien 2001/12/EG, 2001/13/EG und 2001/14/EG) (O-0030/2010 – B7-0204/2010).
Brian Simpson, Urheber. – Herr Präsident, ich glaube nicht, dass ich mich heute Abend in dieser besonderen mündlichen Anfrage zur Umsetzung des Ersten Eisenbahnpakets zurückhalten werde. Wie Sie wissen, Herr Kommissar, wurden die drei Richtlinien, die das Erste Eisenbahnpaket umfassen, im Jahr 2001 gebilligt. Der Termin für die Umsetzung in nationales Recht war März 2006. Es ist meine Pflicht als Vorsitzender des Verkehrsausschusses, dieses Thema jetzt mit Ihnen im Rahmen dieser mündlichen Anfrage zu erörtern.
Hier sitzen wir nun, neun Jahre später, und diskutieren darüber, dass 21 Mitgliedstaaten bis Oktober 2009 nicht in der Lage waren, diesen Richtlinien Gesetzeskraft zu geben, und deswegen ein begründetes Gutachten erhalten haben. Es ist unglaublich, dass eine Reihe von Staaten – darunter die so genannten Einflussstaaten, einschließlich Staaten, die uns gerne über ihre pro-europäische Tauglichkeit informieren – es nicht geschafft hat, diesem wichtigen Teil europäischer Rechtsvorschriften Gesetzeskraft zu verleihen, während wir uns bereits mit der Überarbeitung des Ersten Eisenbahnpakets befassen. Diese Mitgliedstaaten sollten sich schämen und an ihre Verpflichtungen, die sie diesem Parlament im Jahr 2001 zugesagt haben, denken und sie erfüllen.
Es ist eine der verblüffendsten Tatsachen in der Politik, dass wir überall in der Europäischen Union in zahlreichen Bereichen den Binnenmarkt etablieren können, nur nicht auf dem Eisenbahnsektor. Das ist kein Fehler dieses Parlaments. Der Fehler liegt in den Mitgliedstaaten, oftmals gefördert durch Teile der Eisenbahnindustrie, und, offen gesagt, ist die Geduld des Parlaments langsam erschöpft.
Diese mündliche Anfrage ist aus Frustration entstanden, einer Frustration darüber, dass das Gesetz absichtlich verhöhnt wird und dass es der Kommission bisher nicht gelungen ist, die Mitgliedstaaten zur Rechenschaft zu ziehen. Wir wollen jetzt wissen, welche Aspekte einer jeden Richtlinie in den jeweiligen untätigen Mitgliedstaaten noch nicht umgesetzt wurden. Wir wollen wissen, warum bestimmte Mitgliedstaaten diese Richtlinien nicht korrekt umgesetzt haben. Wir wollen wissen, welche Mitgliedstaaten sich dem Konzept des fairen Wettbewerbs auf dem Eisenbahnsektor immer noch widersetzen und bewusst ihre eigenen nationalen Gesellschaften schützen.
Wir haben Sorge wegen der Vollmachten und der Unabhängigkeit der Aufsichtsbehörden und der Infrastrukturmanager in einigen dieser Mitgliedstaaten. Wir glauben, dass die fehlende Transparenz und die mangelnde Vereinheitlichung der Wegentgelte zu einer protektionistischen Praxis führen, die die Einrichtung des Binnenmarktes auf dem Eisenbahnsektor behindern und gleichzeitig grenzüberschreitende Aktivitäten unterdrücken. Wenn man dazu noch die verschiedenen nationalen Maßnahmen wie Steuern für Schienenfahrzeuge berücksichtigt, dann stellt sich die Frage, ob bestimmte Mitgliedstaaten jemals die Absicht hatten, die Richtlinien überhaupt umzusetzen.
Es gibt einiges, das wir heute wissen müssen. Wir müssen wissen, wie die Kommission im Wege der Umgestaltung die vollständige Umsetzung des gesamten Eisenbahnpakets ermöglichen wird. Heute müssen wir wissen, was die Kommission unternimmt, um das Gemeinschaftsrecht in diesem Fall durchzusetzen. Heute müssen wir wissen, warum es so lange gedauert hat, bis Maßnahmen gegen jene Mitgliedstaaten eingeleitet wurden, die versagt haben.
Wir vom Verkehrsausschuss haben oftmals auf die Notwendigkeit der effizienten Interoperabilität auf dem Eisenbahnsektor hingewiesen. Ohne diese Interoperabilität und ohne das Öffnen der nationalen Infrastruktur ist der europäische Schienengüterverkehr dem Untergang geweiht. Grenzüberschreitende europäische Personentransportzüge werden unterdrückt. Der Binnenmarkt wird niemals geschaffen werden und das ERTMS wird immer ein Traum bleiben.
Die Zeit ist reif, eine echte europäische Perspektive für unser Schienennetz zu entwickeln, und der erste Schritt auf diesem Weg ist die Entwicklung des Ersten Eisenbahnpakets. Ohne diesen ersten Schritt kann es keine weiteren geben. Wir brauchen direkte Maßnahmen und wir brauchen sie jetzt. Wir sollten die untätigen Mitgliedstaaten beim Namen nennen und sofort gegen sie vorgehen.
Siim Kallas, Vizepräsident der Kommission. – Herr Präsident, ich möchte Herrn Simpson und dem Ausschuss für Verkehr und Fremdenverkehr dafür danken, dass er diese Diskussion angeregt hat und damit die Wettbewerbsfähigkeit und Offenheit des Eisenbahnsektors gefördert hat. Ich habe immer starke Unterstützung im Parlament gefunden und hoffe, dass dies auch weiterhin so bleibt.
Der Bericht über die Eisenbahnmarktüberwachung, den die Kommission Ende 2009 veröffentlicht hat, zeigt, dass der zunehmende Rückgang der Eisenbahn seit den 1970er Jahren nach der Öffnung des Marktes und der Annahme des Ersten Pakets in allen Marktsegmenten gestoppt wurde. Also gibt es auch einige positive Aspekte.
Die Wirtschaftskrise jedoch hatte ernsthafte Auswirkungen auf die Schiene. Schienentransportunternehmen büßten 30 % ihres Umsatzes ein. Diese Krise hat die vorhandenen Strukturprobleme der Eisenbahn deutlich gemacht und verstärkt.
Einerseits sind diese Probleme mit der Wirtschaftlichkeit der Schiene und der weiterhin bestehenden finanziellen Schwäche einiger Akteure verbunden. Eine Reihe von Mitgliedstaaten kann immer noch kein ausreichendes Budget für die Infrastrukturmanager sicherstellen. Das führt nicht nur zu einer Minderinvestition, die die Qualität und Leistung des Schienennetzes unterminiert, es schafft und steigert auch den Grad der Verschuldung.
Auf der anderen Seite gibt es immer noch wirtschaftliche und technische Barrieren für den Marktzugang. Sehr oft sehen sich Neubewerber benachteiligt, insbesondere dort, wo etablierte Schienenbetreiber auch indirekte Kontrolle über die Bereitstellung und Nutzung der Schieneninfrastruktur haben.
Die neu eingerichteten Aufsichtsbehörden haben nicht alle die notwendige Macht und Unabhängigkeit, um faire und transparente Marktbedingungen sicherzustellen. Die Kommission hat zur Behebung dieser Probleme einen dualen Ansatz gewählt: Vertragsverletzungsverfahren bei inkorrekter Umsetzung der Vorschriften und Änderungen der Vorschriften, sofern diese nicht klar und eindeutig genug waren.
Der erste Ansatz – Vertragsverletzungsverfahren – erforderte eine detaillierte Analyse der rechtlichen Situation in allen 25 Mitgliedstaaten, die über ein Schienensystem verfügen, und führte zu den begründeten Gutachten, die im Jahr 2009 versandt wurden. Die Hauptprobleme sind erstens eine unzureichende Umsetzung der Bestimmungen der Richtlinie zu Trassennutzungsgebühren, zweitens die fehlende Unabhängigkeit der Infrastrukturmanager gegenüber den Streckenbetreibern und die mangelnde Sicherstellung von Unabhängigkeit, Ressourcen und Vollmachten für die Aufsichtsbehörden.
Der zweite Ansatz betraf die Ausnutzung des angekündigten Umgestaltungsverfahrens der vorhandenen Eisenbahnpakete, um Verbesserungen an den bestehenden Vorschriften zum Schienenmarktzugang vorzuschlagen.
Parallel dazu werden wir unseren ganzheitlichen Ansatz dahingehend verfolgen, um einen wirklichen Binnenmarkt für die Schiene herzustellen. Wir werden weiterhin die technische Vereinheitlichung der Schiene in Verbindung mit der Europäischen Eisenbahnagentur fördern.
Mathieu Grosch, im Namen der PPE-Fraktion. – Herr Präsident, Herr Kommissar, werte Kolleginnen und Kollegen! Wenn der belgische Maler Magritte die Richtlinien des Ersten Eisenbahnpakets gemalt hätte, hätte er bestimmt auch darunter geschrieben: „Das sind keine Richtlinien“. In der Tat ist für mich die gesamte Diskussion, die wir seit einiger Zeit führen, eine fast surrealistische Diskussion. Wir haben im Jahr 2003 Beschlüsse gefasst, die Umsetzung sollte im Jahr 2006 abgeschlossen sein, und im Jahr 2010 stellen wir die Frage, warum 21 Länder das nicht mitmachen, was sie selbst unterschrieben haben.
Die Liberalisierung sollte neue Akteure auf dem Markt zulassen. Das war die Theorie. Die Praxis sieht auch hier ganz anders aus. Und heute sind wir in einer Situation, wo wir – ob Gegner oder Befürworter von Liberalisierung in dem Bereich – eine Bewertung dieser Liberalisierung machen müssten und mit dem Problem konfrontiert sind, dass sie weitgehend gar nicht umgesetzt wurde. Die Gesellschaften ihrerseits – das haben wir in verschiedenen Ländern gesehen – haben im Namen der sogenannten Liberalisierung Entscheidungen getroffen, die das Personal und die Technik angingen, die nicht immer angenehm waren, obwohl diese Liberalisierung nicht umgesetzt wurde
Vor diesem Hintergrund müssen wir auch feststellen, dass historische Nutznießer der Bahn so gesehen die Schlüssel der Öffnung des Marktes weiter in den Händen behalten – Zugang zur Schiene, technische Interoperabilität, die Ausbildung und die Zertifizierung, um nur einige Beispiele zu nennen. Mit diesen Schlüsseln kann man die Tür zu einem offenen Markt öffnen, man kann die Tür aber auch schließen. Und das ist in den meisten Ländern der Fall gewesen und ist heute noch der Fall.
Deshalb sind die Vorschläge, die Sie hier gemacht haben und die wir kurz zur Kenntnis genommen haben, ein erster Schritt. Für mich geht es darum, dass wir, um die Liberalisierung korrekt zu bewerten, diese Umsetzung schnell herbeiführen bzw. mit den Mitteln erzwingen, die die Kommission hat oder die sie sich noch geben muss.
Saïd El Khadraoui, im Namen der S&D-Fraktion. – (NL) Herr Präsident, Herr Kommissar, ich sollte besser damit anfangen, dass der Marktanteil der Schienenfrachten erst gesunken ist, und zwar von rund 13 % im Jahr 1995 auf 10,5 % im Jahr 2002, und sich dann stabilisiert hat. Dagegen konnten wir bei den Fahrgasttransporten, wo die Liberalisierung ebenfalls keinen Erfolg hatte oder nicht umgesetzt worden ist, tatsächlich über die vergangenen Jahre einen Anstieg feststellen.
Was ich im Wesentlichen sagen möchte, ist, dass die Marktöffnung nur ein Instrument ist und dass ein erfolgreicher europäischer Binnenmarkt für die Eisenbahn tatsächlich eine Kombination von Maßnahmen erfordert. Dazu gehören Maßnahmen natürlich in Bezug auf die Marktkräfte, aber auch soziale Grundregeln, personelle Aspekte, eine fortschrittlichere Interoperabilität – und ich denke, in dieser Hinsicht haben wir noch eine Menge Arbeit vor uns – und tatsächlich auch ausreichende Instrumente für die Finanzierung von Infrastrukturprojekten. Nur wenn wir diese Probleme konsistent und kohärent lösen, können wir unser Ziel erreichen.
Ich habe noch eine Frage an den Kommissar. Wir hören, dass eine Überarbeitung des Ersten Eisenbahnpakets tatsächlich in Arbeit ist. Meine Frage lautet deshalb: Wann können wir mit dieser Überarbeitung rechnen, und was sieht der Kommissar als das mit dieser Maßnahme zu erreichende Hauptziel an?
Gesine Meissner, im Namen der ALDE-Fraktion. – Herr Präsident! Herr Kommissar, es hat mir sehr gut gefallen, als Sie bei der Anhörung im Ausschuss für Verkehr und Fremdenverkehr gesagt haben, das Größte, was man in Europa erreichen konnte, war die Mobilität und die Freizügigkeit für die Menschen. Zu der Freizügigkeit und auch zu dem Binnenmarkt, den Sie dabei auch erwähnt haben, gehört es unbedingt, dass nicht nur Personen von A nach B kommen, sondern auch Waren. Wir haben 1992 im Europäischen Parlament den Binnenmarkt de facto beschlossen, 2001 mit dem Ersten Eisenbahnpaket auch die Voraussetzungen für den freien Binnenmarkt im Eisenbahnsektor geschaffen. Es wurde bereits gesagt: Wir haben jetzt 2010, und er ist immer noch nicht da. Es ist eigentlich beschämend, dass 21 Staaten noch Blockaden einbauen. Wir haben es mit Protektionismus zu tun – auch das wurde bereits erwähnt –, und es ist äußerst bedauerlich, dass das so ist.
Nun muss man natürlich überlegen, warum das so ist. Die verschiedenen Schienensysteme haben Sie angesprochen, Herr Kommissar, das kann aber nicht der einzige Grund sein. Tatsächlich ist es so, dass es immer noch viele Länder gibt, die denken, sie kämen davon, wenn sie einen Rückfall in alte Zeiten versuchen, indem sie sagen, alles, was jetzt die Trennung von Infrastrukturen und Dienstleistung angeht, müsse man nicht so ernst nehmen. Das ist der vollkommen falsche Weg.
Ich bin auch sehr gespannt, wann Sie diese Revision der Richtlinie eventuell in Angriff nehmen können. Ich möchte Sie auch ausdrücklich auffordern – das ist auch bei meinen Vorrednern schon angeklungen –, streng mit den Mitgliedstaaten zu sein. Wir kommen ja aus verschiedenen Mitgliedstaaten, aber wir sind uns im Verkehrsbereich alle einig, dass es ganz wichtig ist, jetzt endlich einmal für Ordnung zu sorgen. Sie sind ein neuer Kommissar, Sie sind nicht schuld an dem, was bisher war, auch nicht an den Versäumnissen. Deswegen haben Sie die einmalige Chance, jetzt im Eisenbahnbereich relativ flott vorwärts zu gehen und den Binnenmarkt und damit auch sämtliche Europäerinnen und Europäer wirklich nach vorn zu bringen. Darauf setze ich, und ich freue mich schon auf das, was Sie demnächst tun.
Isabelle Durant, im Namen der Verts/ALE-Fraktion. – (FR) Herr Präsident, Herr Kommissar, die Idee für das Erste Eisenbahnpaket entstand vor ungefähr 15 Jahren. Damals war das erste Ziel, das ich selbstverständlich teile, dass der Schienentransport seinen Marktanteil vergrößern sollte. Liberalisierung als ein Weg, dies zu erreichen, bringt gemischte und nicht immer sehr schlüssige Ergebnisse. Es wurde bereits gesagt, dass der Anteil der Schienentransporte auf dem Frachtenmarkt stagniert, während die Straßentransporte an Marktanteil gewinnen.
Zur gleichen Zeit hat sich die Zahl der Reisenden beträchtlich erhöht, und zwar ohne jeden Liberalisierungsprozess, und das Hochgeschwindigkeitsschienennetz, dessen Basis eher Kooperation als Wettbewerb lautet, ist ein ziemlicher Erfolg.
Außerdem haben Sie Neubewerber erwähnt. Es gibt viel zu wenige Neubewerber und viele von ihnen wurden von Großunternehmen geschluckt. Anders gesagt, ich bin mir nicht sicher, ob ein Monopol von Großunternehmen das beabsichtigte Ziel war.
Was die Anwendung betrifft, gibt es, wenn wir uns die Zahl der Vertragsverletzungsverfahren ansehen, objektiv betrachtet ein altbekanntes Problem, nämlich mangelnde Unabhängigkeit der Aufsichts- und Rekursbehörden, auch wenn es eine funktionale oder institutionelle Trennung gibt. Diese Trennung kann auch Probleme und Kosten auslösen, die die interne Koordination betreffen.
Während ich auf Ihre Antworten warte, Herr Kommissar, kann ich Ihnen nur dringend raten, eine umsichtige Haltung anzunehmen, die die Angelegenheit nicht forciert, die den von Ihnen erwähnten ganzheitlichen Ansatz annimmt, die die früheren Pakete vollständig und objektiv beurteilt, die aber auch eine vollständige Beurteilung vornimmt, ehe der nächste Schritt in Angriff genommen wird. Diese Beurteilung muss daher sorgfältig sein und die Fragen nach Arbeitsbedingungen, Sicherheit, gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen und der mangelnden Internalisierung von Fremdkosten umfassen, ehe ein weiterer Fortschritt im Liberalisierungsprozess gemacht wird.
Ich wäre daher daran interessiert zu hören, welche Prioritäten Sie in Bezug auf diese Angelegenheit setzen, wo doch einige Fortschritte gemacht wurden – das muss anerkannt werden und andere haben darüber gesprochen –, nämlich verbesserte Transparenz im Berichtswesen, Fortschritte bei der Interoperabilität, Harmonisierung von Schulung und Lizenzen sowie verbesserte Signaltechnik und Sicherheit. Es bleibt noch viel zu tun, aber ich muss auf einer umsichtigen, sorgfältigen und tabulosen Beurteilung bestehen, damit wir nicht vorschnell in die nachfolgenden Phasen eintreten.
Oldřich Vlasák, im Namen der ECR-Fraktion. – (CS) Meine Damen und Herren, als der europäische Regulierungsrahmen für die Eisenbahn verabschiedet wurde, hofften wir alle, dass dies zu größerer Transparenz in der Finanzierung dieses Wirtschaftssektors und zu neuen Gelegenheiten für die Beteiligung neuer Akteure führen würde. Es schien, als ob der europäische Schienentransportsektor an der Schwelle zu einer neuen Ära stünde. Jedoch kam die erhoffte Marktliberalisierung nicht zustande. Wie wir alle wissen, gab es in 21 Mitgliedstaaten, darunter die Tschechische Republik, keine ordnungsgemäße Umsetzung des Ersten Eisenbahnpakets, während Fragen insbesondere in Bezug auf die Öffnung der Eisenbahnmärkte für den wirtschaftlichen Wettbewerb ungelöst blieben.
Die Situation in der Tschechischen Republik beweist die Tatsache, dass es ein echtes Problem gibt. Obwohl der Staat nun die ersten Schritte unternommen hat, wodurch andere Schienentransportbetreiber Zugang zum Markt erhalten, fehlt in der Realität immer noch der politische Wille, um einen tatsächlichen Wettbewerb auf den Schienen zuzulassen. Dies wird durch das Verhalten der sozialistischen Führer der verschiedenen Regionen bestätigt, die Ende letzten Jahres einen Zehn-Jahres-Vertrag mit der tschechischen Schienengesellschaft České dráhy mit der Option auf weitere fünf Jahre für die Bereitstellung des regionalen Schienenverkehrs abgeschlossen hat, und das alles ohne jegliche Ausschreibung. Lokale Führer, die für vier Jahre gewählt worden sind, haben somit den Eisenbahnmarkt in Wahrheit für 15 Jahre geschlossen. Der Monopolist České dráhy wird jetzt nicht gezwungen, seine Dienstleistungen in welcher Art und Weise auch immer zu verbessern, und das wird fatale Folgen für die Eisenbahn haben.
In diesem Zusammenhang stellt sich noch die Frage, ob die derzeitige Debatte über die Versteuerung von Vorsorgeleistungen, die die Gewerkschaften in der Tschechischen Republik erschlossen haben, und die damit verbundene Androhung von Streiks nur dazu dient, in Wirklichkeit die Aufmerksamkeit von den tatsächlichen Problemen abzulenken. Das Ergebnis dieser Probleme ist, dass die Schienentransporte immer mehr an den Rand sozialer und wirtschaftlicher Sorge gedrängt werden, während im Gegenzug der Straßentransport, der von den Grünen heftig kritisiert wird, logischerweise immer mehr an Beliebtheit gewinnt. Daher möchte ich die Europäische Kommission dringend bitten, ihre Bemühungen zur Förderung einer echten Liberalisierung des Schienensektors zu verstärken und das marktschädigende Verhalten der verschiedenen Akteure angesichts des Europarechts eng zu überwachen.
Jaromír Kohlíček, in Namen der GUE/NGL-Fraktion. – (CS) Ich möchte damit beginnen, dass ich in keinster Weise mit Herrn Vlasák übereinstimme, dessen Regierung auch an dem beteiligt ist, was er selbst kritisiert. Nun zum Thema. Das Ziel dieses Eisenbahnpakets war die Öffnung des Schienentransportmarktes durch Trennung von Infrastruktur, Fahrgastbeförderung und Frachten. Es ist relativ einfach festzustellen, ob die Mitgliedstaaten in den unterschiedlich langen Übergangsperioden die formalen Anforderungen der Richtlinie erfüllt haben. Was nicht so einfach herauszufinden ist und worauf sich die Richtlinie nicht konzentriert, sind die unterschiedlichen Sicherheitsbestimmungen der einzelnen Staaten, die Mindestübereinstimmung der Arbeitsbedingungen für die Belegschaften, die die Züge begleiten, und die Arbeitnehmer, die den Betrieb der Infrastruktur und die Einhaltung der vielen unterschiedlichen technischen Vorschriften gewährleisten. Das ERTMS gilt als Zauberformel, die sowohl die Infrastruktur als auch die Schienenfahrzeuge technisch vereinheitlichen soll. Daher erwarte ich eine klare Antwort zur Kompatibilität des EU-Schienennetzes mit dem ERTMS-Standard. Davon habe ich bisher noch nichts gehört.
Vielleicht wirkt sich diese Frage auf die damit logisch verbundene Frage auf, wie die Öffnung des Schienentransportmarktes zurzeit durch ausländische und nationale Rechtssubjekte in den verschiedenen Ländern genutzt wird. Ich bin natürlich nicht an den Rechtssubjekten mit verketteten Eigentumsverhältnissen interessiert, die regionale Transportdienste auf einer formal unabhängigen Basis in Ländern wie beispielsweise Deutschland anbieten, sondern an den unabhängigen Betreibern im Markt.
Zum Schluss möchte ich noch unterstreichen, dass weder das Erste noch die nachfolgenden Eisenbahnpakete die sozialen Bedingungen der Arbeitnehmer verbessern. Das kann bald für die Öffnung des Eisenbahnmarktes zu einem größeren Problem werden. Es kann nicht angehen, dass der kleinstmögliche Standard als Lösung angenommen wird.
Mike Nattrass, im Namen der EFD-Fraktion. – Herr Präsident, die Regierung des Vereinigten Königreichs hat das EU-Eisenbahnpaket umgesetzt, und zwar zum Nachteil des Landes. Das liegt hauptsächlich daran, dass heutzutage die Liberalen, Sozialisten und Konservativen, die in Westminster sitzen, gerne hören möchten, was sie tun sollen, da sie alle Kontrolle an die EU abgegeben haben.
Die Trennung der Zugbetreiber vom Schienennetz führt zu großen Problemen, der EU sei Dank. Kein Wunder, dass 21 Länder zu schlau gewesen sind, sich vom EU-Schienennetz einfangen zu lassen, das zu Chaos an allen Bahnstationen nach Brüssel führt.
Ich bin kein Sozialist, aber wenn man ein integriertes Transportsystem braucht, dann ist ein Staatsbetrieb das Beste – und keine Aufteilung in verschiedene private Hände. Mit sechs unterschiedlichen Gesellschaften im Netz zwischen Birmingham und Berlin ist das Chaos perfekt - oder sollte ich besser Riesenchaos sagen?
Wenn Eurorail aufgelöst wird, damit die Überschusskapazitäten von verschiedenen Unternehmen übernommen werden können, werden wir keine Schienenfahrzeuge mehr haben, sondern nur noch Gegenstand des Spotts sein.
Brian Simpson, der für diese Aussprache verantwortlich ist, ist Mitglied der Labour-Partei. Labour war einmal sozialistisch, und er wurde von Menschen gewählt, die immer noch glauben, Labour wäre sozialistisch. Trotzdem ist er hier, versteckt sich in der EU, weit weg von seinen treuen Anhängern. Was will er? Er fordert Privatisierung. Und nicht nur das: Er verlangt ein EU-Modell, das nicht funktioniert und den Wünschen seiner eigenen Wähler widerspricht.
Er ist nämlich der „dicke Betriebsleiter“, der dicke Lohntüten für die Bonzen herbeischafft. Wenn wir uns auf etwas verlassen können, dann darauf, dass die Chancen gut stehen, dass diese EU-Richtlinie akzeptiert wird, da sie das EU-Schienennetz entgleisen lässt.
Georges Bach (PPE). - Herr Präsident, Herr Kommissar! Ich begrüße die Überprüfung der Umsetzung des Ersten Eisenbahnpakets und die geplante Neufassung. Ich bin der Meinung, dass diese Überprüfung längst überfällig war. Ich bedauere allerdings, dass die Kommission keine oder nur unzureichende Informationen aus den Mitgliedstaaten bekommt. Dies macht eine effiziente und ehrliche Bewertung extrem schwierig. Aber es gilt nicht nur zu bewerten, sondern es gilt ebenfalls, die Mitgliedstaaten anzuhalten, die notwendigen Schritte in die Tat umzusetzen.
Bei einer Bewertung muss unbedingt dem Thema Sicherheit Gewicht beigemessen werden. Wurden aus den negativen Erfahrungen der letzten Zeit Lehren gezogen und werden diese berücksichtigt? Das ist meine Frage. Die Kommission ist in dieser Frage viel zu zurückhaltend gegenüber der Öffentlichkeit, die sich große Sorgen macht. Dies gilt ebenfalls für die Qualität. Ich möchte die Kommission bitten, Überlegungen anzustellen, wie man allgemeinverbindliche Qualitätskriterien festsetzen kann. Es wird viel von mangelhafter Qualität gesprochen, aber verlässlich messen lässt sich diese nicht. Zu bedauern sind ebenfalls die mangelnden Investitionen, die Sie, Herr Kommissar, schon angesprochen haben. Trotz Ko-Finanzierung des Kohäsionsfonds sind in den meisten Ländern die Investitionen in die Straße immer noch bedeutend höher als in die Schiene. Hier möchte ich das Stichwort ERTMS nennen – dieses System muss unbedingt für das Netz, aber auch für den Fuhrpark flächendeckend eingeführt werden, um mehr Sicherheit auf der Straße zu erreichen.
Ich warne vor weiteren Schritten in Richtung geplanter Liberalisierung des nationalen Personenverkehrs. Die in diesem Zusammenhang bereits ergriffenen Initiativen haben gezeigt, dass noch viele Hürden zu überwinden sind und dass die Kommission gut daran täte, zunächst eine komplette technische Harmonisierung durchzuführen und für eine ausführliche Umsetzung der beschlossenen Richtlinien zu sorgen.
Silvia-Adriana Ţicău (S&D). – (RO) Der Schienentransport muss eine Priorität der EU-Transportpolitik bis 2020 bleiben und solche Ziele wie die Erschließung des Wettbewerbs, die Verbesserung der Interoperabilität der nationalen Netze und ihrer Sicherheit sowie die Entwicklung der Infrastruktur für den Schienentransport unterstützen.
Jedoch darf der Wettbewerb nicht auf Kosten der Sicherheit oder Qualität der Schienendienste gesteigert werden. Ich denke, dass bei der Überarbeitung des Ersten Eisenbahnpakets die Probleme erkannt werden müssen, denen die Mitgliedstaaten gegenüberstehen, die begründete Gutachten von der Kommission erhalten haben, und dass auch eine Methode zur Lösung dieser Probleme vorgeschlagen werden muss.
Ich möchte Ihre Aufmerksamkeit auf die Tatsache richten, dass aufgrund der Krise Tausende von Entlassungen im Schienentransportsektor erfolgt sind, die eine nachteilige Auswirkung auf den europäischen Schienentransport haben können. Ende letzten Jahres wurde das ERTMS auf ungefähr 2700 km Schienenstrecke in der Europäischen Union eingeführt, und es folgen noch weitere 24 000 km Schienenstrecke bis 2020. Dafür sind riesige Investitionen erforderlich und wir erwarten, Herr Kommissar, neue Lösungen und Finanzierungsinstrumente, die in der Lage sind, die notwendigen Geldmittel bereitzustellen, sowie Investitionen in geeignete Modernisierungsmaßnahmen für Schienenfahrzeuge.
Ryszard Czarnecki (ECR). – (PL) In meinem Land gibt es ein Sprichwort: Wenn eine Person dir sagt, dass du betrunken bist, dann musst du dir keine Gedanken machen. Aber wenn fünf Leute dir sagen, dass du betrunken bist, dann solltest du besser zu Bett gehen, dich hinlegen und schlafen.
Wenn nur ein oder zwei Mitgliedstaaten dieses erste Paket nicht eingeführt hätten, könnten wir heute Sanktionen beschließen und in dieser Kammer wettern, aber bei über zwanzig Mitgliedstaaten, die dieses Paket nicht eingeführt haben, könnte es sein, dass das Paket nicht gerade das Beste ist, um es mal vorsichtig auszudrücken. Vielleicht liegt hier die Ursache oder das ist das Problem. Wenn ich höre, welche erhebliche Kritik mein Kollege aus dem Vereinigten Königreich soeben geäußert haben, und dass dieses Land das Paket tatsächlich umgesetzt hat, dann könnte man sich fragen, ob der Einsatz des Pakets tatsächlich geeignet ist.
Natürlich gibt es die andere Seite der Medaille – nämlich im Zusammenhang mit Unfällen, die wir hier vor zwei Stunden während der Fragestunde mit der Kommission erörtert haben. Ich denke an die Frage der Sicherheit. Von diesem Standpunkt aus ist die Sicherheit tatsächlich höher. Der Vizepräsident der Kommission, Herr Kallas, hat auf ein wichtiges Problem aufmerksam gemacht, als er sagte, dass eine Reihe von Mitgliedstaaten nicht in die Eisenbahn investieren und dass die Möglichkeiten für Investitionen in die Infrastruktur nicht wahrgenommen werden. Eines dieser Länder ist mein Heimatland Polen, wo es in den letzten zwei Jahren zu einer Art Zusammenbruch bei der Finanzierung der Eisenbahn gekommen ist, mit allen damit zusammenhängenden Ergebnissen.
Letztlich denke ich, dass sehr einfache Definitionen und sehr einfache Rezepte per definitionem verdächtig sind.
Jacky Hénin (GUE/NGL). – (FR) Herr Präsident, einige Leute hier beklagen die Schwierigkeiten und den langsamen Fortschritt bei der Umsetzung der Richtlinien zum Ersten Eisenbahnpaket. Darüber bin ich erfreut. In meinem Land, in meiner Region kämpfen wir mit den Eisenbahngewerkschaften und den Fahrgastausschüssen, um dafür zu sorgen, dass diese üblen Richtlinien nicht angewendet werden und so in den Mülleimer der Geschichte verfrachtet werden.
Eine der Herausforderungen bei den Regionalwahlen in Frankreich ist eben die Tatsache, dass die Regionalräte die Umsetzung der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungsvorschrift über die Öffnung des regionalen Schienentransports für den Wettbewerb blockieren. Wir wollen keine Zwei-Klassen-Eisenbahn, mit Privatunternehmen mit schnellen, bequemen Geschäftszügen und Platzreservierungen, deren Tarife sich nur die Reichen leisten können, während die breite Öffentlichkeit mit unsicheren, unbequemen, antiquierten Zügen zweiter Klasse für die Armen Vorlieb nehmen muss.
Jeder Tag beweist das aufs Neue: Die Trennung der Infrastruktur vom Transportgeschäft, wie es die Richtlinien verlangen, damit das System einem brutalen Wettbewerb geöffnet werden kann, ist technischer und organisatorischer Unsinn, der sowohl den Steuerzahler als auch den Benutzer teuer zu stehen kommt. Sie sind zwar sinnvoll für Großunternehmen, bringen aber den öffentlichen Transport durcheinander und sind verantwortlich für den sich verschlechternden Zustand des Netzes und der Sicherheit. Die genannten Richtlinien zerstören auch Arbeitsplätze und sind ein Diebstahl öffentlichen Eigentums zugunsten privater Interessen.
Jaroslav Paška (EFD). – (SK) Mit der Annahme der drei Richtlinien für den Verkehr auf Schienenstrecken hat die Europäische Kommission gemeinsam die Verantwortung für die Organisation des Schienentransports in der Europäischen Union übernommen.
Es kann keinen Zweifel darüber geben, dass die Umsetzung der neuen Eisenbahnvorschriften in die verschiedenen nationalen Gesetze gewisse Probleme und Preiserhöhungen mit sich bringen kann. Trotzdem liegt es definitiv in unserem gemeinsamen Interesse, über ein gut organisiertes Transportwesen und gut funktionierende Schienentransportstrukturen als sinnvolle Alternative insbesondere zum Straßentransport zu verfügen, der zweifelsohne zu einer erheblichen Belastung unserer Umwelt beiträgt. Daher ist es sicherlich richtig, offen über die Probleme zu sprechen, die eine schnellere Entwicklung des Schienentransports behindern. Nicht nur Regeln, sondern auch ein Einblick in die Zukunft könnte für uns von Interesse sein.
In drei Himmelsrichtungen enden die europäischen Eisenbahnen in Seehäfen, während die Züge in östlicher Richtung bis zum Pazifik rollen. Gute Verbindungen zwischen den europäischen Eisenbahnen und den östlichen Grenzen der EU würden den europäischen Frachtunternehmen neue Gelegenheiten für den Gütertransport eröffnen. Wenn wir also in naher Zukunft Hochgeschwindigkeitsstrecken erfolgreich von Paris nach Wien und Bratislava erweitern könnten und gleichzeitig die Breitspurstrecke von Čierna und Tisou an der ukrainischen Grenze nach Bratislava und Wien ausbauen könnten, dann würden drei unterschiedliche Systeme – klassische Schiene, Hochgeschwindigkeit und Breitspur – in einem Abschnitt zwischen Bratislava und Wien aufeinander treffen. In Verbindung mit zwei Flughäfen (Wien und Bratislava), zwei Donauhäfen (wieder Wien und Bratislava) und Autobahnknotenpunkten würde mitten in Europa eine bedeutende neue Logistik- und Transportplattform geschaffen.
Es ist unbestritten, dass wir neben der Beibehaltung und Spezifizierung der Vorschriften noch genug Reserven haben, um die Dynamik des Schienentransports deutlich zu erhöhen. Wir müssen uns nur die Investitionsgelegenheiten anschauen und die Vorschriften möglicherweise präziser gestalten sowie in neue Projekte investieren, um den Schienentransport zu unterstützen, damit er rentabler wird und die Bürgerinnen und Bürger Europas besser bedienen kann.
Antonio Cancian (PPE). – (IT) Herr Präsident, Herr Kommissar, meine Damen und Herren, in dieser Periode haben wir viel über die Transportplanung gesprochen und wir werden auch in der nächsten Periode wieder darüber reden. Ich denke, dies ermutigt angesichts der bisherigen Geschehnisse nicht, mit der Überarbeitung des ersten Pakets zu beginnen. Daher müssen wir mutiger sein und versuchen, die Dinge zu ändern. Ich glaube, dass alles auf drei Hauptpunkten beruht und sich um sie dreht.
Der erste Punkt ist meiner Meinung nach die Liberalisierung der Schienentransporte zur Schaffung von Wettbewerb und Anregung der Wettbewerbsfähigkeit mit offensichtlich klaren und transparenten Regeln für Alle, wie bereits gesagt wurde. Der zweite Schlüsselpunkt ist die Interoperabilität zwischen den Mitgliedstaaten und zwischen den verschiedenen internen Modi im Schienentransport. Der dritte Punkt ist natürlich die Sicherheit, und Sicherheitszertifikate müssen eine Vorbedingung für den Erhalt einer Betriebslizenz sein. Immer noch zum Thema Sicherheit und im Hinblick auf den gemeinsamen Markt reicht es nicht aus, die Ineffizienz der Staaten in Bezug auf die Aufsichtsbehörden zu bestrafen: Die Vollmachten der Europäischen Eisenbahnagentur müssen erweitert werden, damit sie bei Inspektionen und Kontrollen mehr Befugnisse hat.
Ich denke, dass diese Anstrengungen in der kommenden Periode notwendig sind, da wir für eine nachhaltige Zukunft des Transports, die Überarbeitung der Transeuropäischen Verkehrsnetze (TEN-T) und des Güterverkehrs arbeiten, was bereits in unserem Ausschuss geschieht, und nicht zuletzt müssen wir diese Überarbeitung in den Griff bekommen und umsetzen, damit wir die Richtung, die wir bisher beschritten haben, ändern können.
Inés Ayala Sender (S&D). – (ES) Herr Präsident, mein Land gehörte zu den 20, die im Oktober 2009 verwarnt wurden, und ich kann Ihnen versichern, dass wir uns seitdem um dieses Thema kümmern.
Nicht umsonst führt Spanien die Liste der Länder der Europäischen Union an, deren Fahrgastschienentransport in den Jahren 2007 bis 2008 am meisten gestiegen ist. Güterverkehr ist jedoch eine ganz andere Sache.
Trotzdem möchte ich Sie Folgendes fragen, Herr Kommissar: Wenn ein entlegenes Land durch einen Gebirgszug mit einer Länge von über 500 km – wie die Pyrenäen – von Europa getrennt ist, den Eisenbahnen nur an beiden Enden überqueren können und bei dem aufgrund der unterschiedlichen Spurweite, die uns von einer langen Autarkiegeschichte vererbt wurden, bei jedem Zug, der die Grenze überschreitet, die Achsen ausgetauscht werden müssen, welche Anreize kann es da für andere Betreiber geben, die Grenze zu Frankreich zu überqueren, wenn es so viele Hindernisse gibt? Obwohl die Deutsche Bahn Transfesa gekauft hat, hat sie es schwer.
Aus diesem Grund glaube ich ernsthaft, dass wir zusätzlich zu den Verwarnungen und Sanktionen, die meine Kolleginnen und Kollegen verlangen, Infrastrukturen auf europäischer Ebene als Anreiz benötigen. Transeuropäische Netze sind dringend erforderlich.
Daher müssen wir den ehrgeizigen grenzüberschreitenden Eisenbahnprojekten wie der zentralen Durchquerung der Pyrenäen mit einem Tunnel mit niedriger Höhe für den Gütertransport einen definitiven Anschub geben. Das würde die eher protektionistischen, zurückhaltenden Mitgliedstaaten zwingen, sich den Nord-Süd-, Ost-West-Eisenbahnnetzen anzuschließen, die Europa für seine 2020-Strategie benötigt.
Brian Simpson, Urheber. – Herr Präsident, ich wurde von einem der Abgeordneten gegenüber namentlich genannt. Herr Nattrass brachte einige sehr persönliche Bemerkungen gegen mich vor, bevor er sich aus dem Plenarsaal schlich, ohne der Aussprache zuzuhören. Natürlich kann der Mann nicht ein Ende einer Lokomotive vom anderen unterscheiden und seine Sachkenntnis beschränkt sich auf Thomas, die kleine Lok.
Mir ist klar, dass die UKIP keine Ahnung von Manieren und parlamentarischen Verfahren hat; das wurde jüngst in Brüssel offensichtlich. Als Demokrat jedoch, der sich an demokratischen Prinzipien und Verfahren hält, habe ich meine mündliche Anfrage im Namen des Ausschusses für Verkehr und Fremdenverkehr in meiner Eigenschaft als Vorsitzender gestellt, denn das gehört zu meiner vornehmsten Pflicht. Darum habe ich diese Anfrage so gestellt und ich denke nicht, dass ich deswegen Beschimpfungen von der anderen Seite des Plenarsaals von dieser Gruppe von Ganoven hinnehmen muss.
Zwischen Tür und Angel wollte ich gerade nebenbei bemerken, dass unter der Labour-Regierung im Vereinigten Königreich die Eisenbahnklientel in den letzten Jahren um 20 % zugenommen hat – selbst auf der Strecke von London nach Birmingham!
Herbert Dorfmann (PPE). - Herr Präsident, sehr geehrter Herr Kommissar, Kollegen Abgeordnete! Ich erzähle Ihnen einfach eine persönliche Erfahrung. Ich lebe an einer wichtigen Eisenbahnstrecke, der Strecke über den Brenner nach Verona. Die italienischen Staatsbahnen vernachlässigen dort seit Jahren sowohl den Güter- als auch den Personenverkehr. Nun fährt die österreichische Eisenbahn fünf Mal am Tag diese Strecke. Sie finden aber auf italienischen Bahnhöfen keinen Fahrplan dafür, und Sie bekommen auch keine Fahrkarte. Nun ja, bedenkt man, dass diese Strecke derzeit für ungefähr 20 Milliarden Euro neu gebaut wird und auch die Europäische Union hier sehr viel Geld investiert, so sieht man, wie absurd die Dinge in diesem Bereich teilweise laufen. Es sind nicht immer die ganz großen Dinge, manchmal sind es auch die kleinen Dinge, die die Sache kompliziert machen.
Deswegen, sehr geehrter Kommissar, ersuche ich Sie dringend, hier durchzugreifen, Sanktionen zu finden und energisch vorzugehen, damit die Richtlinien der Kommission eingehalten werden.
João Ferreira (GUE/NGL). – (PT) Herr Präsident, jetzt ist offensichtlich, welches Ziel das so genannte Eisenbahnpaket in Wirklichkeit verfolgt hat, das mit dem genannten, einem löblichen Ziel eingeführt wurde, Verbindungspunkte zur Sicherung der Interoperabilität einzurichten. Die wahre Absicht aber, die wir mit der Zeit erkannt haben, war es, Schienentransporte, insbesondere den Gütertransport, dem Wettbewerb und privaten Interessen zu öffnen, und zwar als erster Schritt zur vollständigen Liberalisierung des Sektors auf Gemeinschaftsebene.
Wie in anderen Liberalisierungsfällen beginnt der Prozess damit, das meiste aus der Tatsache herauszuholen, dass etwas zu einem bestimmten Zeitpunkt nicht gut funktioniert, und dabei die wahren Ursachen für solche Situationen, insbesondere die Jahre beharrlicher Strategien des Abbaus und der Vernachlässigung des öffentlichen Sektors zu verschweigen, um so die Liberalisierungsmaßnahmen zu begründen und den bereits erwähnten Wettbewerb zu fördern, ohne darüber nachzudenken, wie oder warum dadurch Dinge verbessert werden. Die Erfahrung, wie wir heute bereits gehört haben, lehrt uns das genaue Gegenteil: Liberalisierung ist die Ursache und nicht die Lösung der Hauptprobleme des Sektors, ganz offensichtlich all jener mit Bezug auf die Qualität von und die Zugänglichkeit zu Dienstleistungen sowie auf die Arbeitnehmerrechte.
Es kann keinen Zweifel geben, dass die öffentliche Investition in den Eisenbahnsektor strategische Ziele aus Energie- und Umweltgründen verfolgt, aber sie darf nicht erfolgen, um der Profitgier dieser großen privaten Interessen zu dienen, die fest entschlossen sind, die Kontrolle über diesen lebenswichtigen öffentlichen Sektor in jedem Land an sich zu reißen, und zwar mit Hilfe der Liberalisierung auf der Ebene des EU-Binnenmarktes.
Silvia-Adriana Ţicău (S&D). – (RO) Ich möchte nochmals die Situation erwähnen, mit der sich ausgebildetes und zugelassenes Personal auf dem Schienensektor zu Krisenzeiten konfrontiert sieht.
In Rumänien kommt es in dieser Periode zu über 6000 Entlassungen auf dem Schienentransportsektor. Der Europäische Sozialfonds und der Europäische Globalisierungsfonds werden sicherlich mobilisiert, um die Betroffenen zu unterstützen, aber das sind nur temporäre Lösungen. Darum, Herr Kommissar, hoffe ich, dass es uns gelingt, gemeinsam eine Strategie zur Förderung der nachhaltigen Entwicklung des Schienentransports auszuarbeiten, damit wir sichere Dienstleistungen von hoher Qualität und Arbeitsplätze für qualifiziertes Personal auf dem Schienentransportsektor anbieten können.
Siim Kallas, Vizepräsident der Kommission – Herr Präsident, ich danke den Abgeordneten für ihre Anmerkungen. Wir werden noch zahlreiche Gelegenheiten haben, die Umgestaltung des Ersten Eisenbahnpakets zu diskutieren. Ich möchte nur auf einige Anmerkungen eingehen.
Erstens sind die Informationen über die 21 Mitgliedstaaten und die konkreten Gründe, warum ihnen begründete Gutachten zugeschickt wurden, öffentlich bekannt, daher kann jeder, der das möchte, diese Informationen bekommen.
Das Erste Eisenbahnpaket hatte sehr gute Absichten: Es sollte Barrieren einreißen und die Bedingungen für einen besser funktionierenden Transport verbessern. Dasselbe Ziel werden wir mit der Umgestaltung des Pakets verfolgen. Das Problem ist nicht, dass das Paket schlecht war, aber die Umsetzung war unzureichend. Es gibt immer noch Barrieren, und der Widerstand gegen die Entfernung diese Barrieren ist immer noch sehr stark. Wir müssen das alte System der staatlichen Monopole mit großen Privilegien und fehlender Interoperabilität verändern. Wir müssen dieses System verändern und die Interoperabilität verbessern. Das ist der Zweck bei der Entwicklung dieser Eisenbahnreform.
Das Problem liegt genau darin, dass sie nicht vollendet wurde. Natürlich müssen wir immer alle ergriffenen Maßnahmen mit der Qualitätskontrolle abgleichen. Das gilt auch da, wo das Eisenbahnpaket Vorstellungen enthält, wie beispielsweise die Rolle der Aufsichtsbehörden gestärkt werden kann. Das Problem ist, dass die Aufsichtsbehörden stark mit den Interessen der staatlichen Unternehmen verquickt bleiben. Also kann kein hohes Qualitätskontrollniveau erwartet werden.
Diese Themen müssen und werden bei der Umgestaltung des Eisenbahnpakets und vielleicht auch in anderen Strategiepapieren angesprochen werden. Die adäquate Finanzierung bleibt ein sehr großes Problem und wir müssen innovative Wege finden, Engpässe zu finanzieren. Viele Abgeordnete erwähnten den Bedarf an Investitionen. Wir müssen alle möglichen Werkzeuge kombinieren und neue Werkzeuge finden, um Ressourcen für Investitionen in die Eisenbahn zu lokalisieren, einschließlich moderner Verkehrsleitsysteme und Buchungssysteme für den Fahrscheinverkauf wie für den Lufttransport, und auch um Osteuropa besser mit Westeuropa zu verbinden, was ein weiteres großes Problem darstellt.
Die detaillierte Liste aller Elemente im Vorbereitungsprozess für die Umgestaltung des Eisenbahnpakets ist sehr lang. Ich würde mich sehr freuen, wenn ich mit konkreten Vorschlägen wieder auf Sie zukommen dürfte, sobald wir die konkreten legislativen Dokumente vorliegen haben.
Der Präsident. – Die Aussprache ist beendet.
Schriftliche Erklärungen (Artikel 149)
Ádám Kósa (PPE), schriftlich. – (HU) Ich begrüße die Tatsache, dass die Europäische Kommission mit der Ankündigung des Ersten Eisenbahnpakets einen Prozess in Gang gesetzt hat, der als der erste Schritt auf dem Weg zur Vereinheitlichung des Eisenbahnverkehrs in Europa angesehen werden kann. Jedoch hat die Tatsache, dass die Umsetzung der drei in dem Paket enthaltenen Richtlinien in 21 Mitgliedstaaten schwerwiegende Probleme verursacht hat, zu ernsthaften Schwierigkeiten geführt, die die ordnungsgemäße Umsetzung weiterer Pakete verhindern könnten. Ich mache die Europäische Kommission auf einen Widerspruch zwischen der Umwelt einerseits und dem hohen Niveau der Wirtschafts- und Leistungsanforderungen andererseits aufmerksam, die in Verbindung mit den Eisenbahnsystemen in Europa und der positiven Auswirkung auf die regionale Entwicklung, die Verbesserung der Mobilität der Landbevölkerung und von Menschen mit Behinderungen festgelegt wurden. Ich schlage vor, dass die Kommission diesen Widerspruch löst, indem sie ein geeignetes Gleichgewicht, einen Kompromiss findet und dabei die Klärung des Kostenprinzips zwischen Mitgliedstaaten und der Europäischen Union sowie die Bedeutung berücksichtigt, die eine Vereinheitlichung des Transports innerhalb der EU hat. Es sollte ein gesunder Wettbewerb unter Einbeziehung aller Beteiligten in der Industrie werden, wo jetzt noch ein Wettbewerb zwischen privatem und öffentlichem Transport herrscht, nicht aber zwischen den verschiedenen Transportarten.
Artur Zasada (PPE), schriftlich. – (PL) Ein Problem für den ordnungsgemäßen Betrieb des Eisenbahnmarktes in den neuen Mitgliedstaaten und wiederum ein Faktor, der die Liberalisierung des Marktes einschränkt, ist die verkehrte Finanzierung der Eisenbahn oder, anders gesagt, das Fehlen ausreichender Mittel zur Unterhaltung der Eisenbahninfrastruktur. Das führt zu hohen Zugangspreisen und infolge dessen wird die Wettbewerbsfähigkeit dieser Branche der Transportindustrie durch die hohen Transportkosten eingeschränkt. Ein weiteres Problem sind fehlende Mittel für die Dienstleistungen, bei denen es sich um öffentliche Leistungen handelt. Die Folge sind Verschuldungen der Unternehmen, die auf dem Sektor der Personenbeförderung arbeiten. Dies begrenzt die Möglichkeiten für Investitionen in beispielsweise neue Schienenfahrzeuge. Im Kontext geeigneter Vorschriften für den europäischen Eisenbahnmarkt ist es enorm wichtig, die nationalen Marktaufsichtsbehörden zu stärken. Mit „stärken“ meine ich die Erweiterung ihrer Unabhängigkeit und Leistungsfähigkeit, die Verbesserung der Personalqualität usw. Es scheint mir auch legitim zu sein, eine europäische Marktaufsichtsbehörde zu schaffen, die die korrekte Durchführung der den nationalen Aufsichtsbehörden zugewiesenen Funktionen überwacht und direkt der Europäischen Kommission jede vorgefundene Unregelmäßigkeit berichtet.
15. Abkommen zur Bekämpfung von Produkt- und Markenpiraterie (ACTA) (Aussprache)
Der Präsident. – Das nächste Thema betrifft die mündlichen Anfrage mit Aussprache von Carl Schlyter im Namen der Grünen/FEA-Fraktion, von Daniel Caspary im Namen der PPE-Fraktion, von Kader Arif im Namen der S&D-Fraktion, von Niccolò Rinaldi im Namen der ALDE-Fraktion, von Helmut Scholz im Namen der GUE-NGL-Fraktion und von Syed Kamall im Namen der ECR-Fraktion an die Kommission über die Transparenz und den Stand der Dinge bei den ACTA-Verhandlungen (Abkommen zur Bekämpfung von Produkt- und Markenpiraterie) (O-0026/2010 – B7-0020/2010)
Carl Schlyter, Verfasser. – (SV) Herr Präsident, jede Institution muss ihre Rolle verteidigen. Das Parlament ist die Stimme des Volkes in der EU und muss die Interessen ihrer Bürgerinnen und Bürger hochhalten. Die Kommission bezeichnet sich selbst als die Wächterin des Vertrags, aber in diesem Fall sind es die Prinzipien der Transparenz, der Menschenrechte und der Parlamentsrechte, die Sie verteidigen müssen. Wenn wir keinen Zugriff auf die Dokumente erhalten, wird keine der EU-Institutionen ihre Rolle oder die Erwartungen unserer Bürgerinnen und Bürger erfüllen.
Einige der Kommissare haben in ihren Anhörungen hervorgehoben, dass das Parlament im gleichen Maße Zugang zu den Dokumenten haben muss wie der Ministerrat, und das Parlament erwartet, dass die Kommission ihre Versprechen einhält. Viele unserer Bürgerinnen und Bürger sind besorgt, dass sie durch die kontinuierliche Flut der in die Privatsphäre eingreifenden Gesetze ihrer Freiheiten und Rechte beraubt werden. Dazu gehören unter anderem die Gesetze über Datenspeicherung, Ipred 1, Ipred 2 und SWIFT und so weiter. Die EU kann nicht weiter über das ACTA verhandeln, wenn ihren Bürgerinnen und Bürgern keine Gelegenheit gegeben wird, an dem Verfahren beteiligt zu werden.
Das Hauptthema heute ist Transparenz, obwohl natürlich auch der Inhalt heikel ist. Die EU muss eindeutig angeben, dass die Bedingungen für die Beteiligung am ACTA-Verfahren Transparenz und die Verteidigung der Menschenrechte und der Freiheiten sind. Erst wenn wir die Rechtsansprüche fixieren, die in einer freien und offenen Gesellschaft existieren, können wir im Rahmen dieser Rechte Kriminalität bekämpfen und die gewünschte Form der verschiedenen Vereinbarungen debattieren.
Es ist eine absolut absurde und unannehmbare Situation, wenn wir die Kommission hinter verschlossenen Türen über den Inhalt der Vereinbarungen, über die wir Entscheidungen treffen sollen, befragen müssen. Unsere Bürgerinnen und Bürger wollen Garantien, dass ihre elektronischen Geräte an Grenzen nicht durchsucht werden, dass sie sie anschließen dürfen und dass strafrechtliche Sanktionen nicht über ihre Köpfe hinweg eingeführt werden. Wir erwarten, dass Sie uns heute die volle Beteiligung am ACTA zusagen. Wenn nicht, müssen wir mit einer klassischen Antwort reagieren: Wir sehen uns vor Gericht.
Daniel Caspary, Verfasser. − Herr Präsident, geschätzter Herr Kommissar, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Fälschungen, Schmuggel, Verletzung von Rechten aus geistigem Eigentum stellen zweifellos ein großes Problem dar, zum einen für uns als Europäische Union insgesamt, zum anderen aber auch für viele Mitgliedstaaten. Es ist ein Problem für Unternehmer, für Arbeitnehmer und Verbraucher, dass immer mehr gefälschte Produkte auch in den europäischen Binnenmarkt gelangen. Wir gehen mittlerweile davon aus, dass Fälschungen im Wert von rund 250 Milliarden Euro unseren Markt belasten. Im Idealfall, wenn ein Medikament gefälscht ist und die Antibaby-Pille nicht funktioniert – so wurde neulich auf einer Veranstaltung gesagt –, wird eben eine Frau schwanger. Aber im schlimmsten Fall, wenn das Medikament nicht funktioniert, geht es um Leben und Tod, und das kann nicht in unserem Interesse sein.
Wir müssen dringend etwas gegen die Verletzung der Rechte am geistigen Eigentum, gegen Schmuggel und gegen Fälschungen tun! Es kann nicht sein, dass wir im Jahr 2008 an unseren Grenzen 178 Millionen gefälschte Artikel beschlagnahmen, davon sind 20 Millionen gefährlich, und über 50 % dieser Artikel kommen aus China. Wir müssen also in diesem Bereich etwas tun. Das Problem ist zweifellos: Der Vertrag von Lissabon ist am 1. Dezember in Kraft getreten, ACTA wird seit drei Jahren verhandelt, und wir als Europäisches Parlament waren deshalb in der Vergangenheit bei weitem nicht so eingebunden, wie wir es künftig sein müssen.
Deswegen wünsche ich mir, dass wir in den nächsten Wochen und Monaten unbedingt mehr Transparenz in diesem Bereich bekommen. Wir brauchen Zugang zu Daten, die uns ganz klar sagen, worum es im Moment in den Verhandlungen geht und welche Positionen die Europäische Kommission vertritt. Die Verhandlungen müssen weitergehen, wir brauchen einen erfolgreichen Abschluss eines sinnvollen Abkommens. Die Kritikpunkte aus den verschiedenen Fraktionen sind im Haus hinreichend bekannt. Ich wünsche mir, dass wir im Interesse der Arbeitnehmer, der Arbeitgeber, der Industrie und der Verbraucher zu einem sinnvollen Abschluss kommen, dass wir aber bei einem solchen Abschluss unbedingt bei den Verhandlungen den bestehenden aquis communautaire beachten und nicht darüber hinausgehen.
Bernd Lange, stellvertr. Verfasser. − Herr Präsident! Herr Kommissar, mich treiben drei Fragen um. Die erste Frage ist: Warum gibt es immer noch keine Transparenz, wenn doch der Vertrag von Lissabon seit 1. Dezember in Kraft ist und wenn wir seit dem 10. Februar eine Interinstitutionelle Vereinbarung mit der Kommission haben? Ich kann nicht verstehen, dass der Rat nach wie vor als Beobachter bei den Verhandlungen am Tisch sitzt, das Parlament nicht involviert ist und die Dokumente nicht öffentlich sind. Also warum ist das so, Herr Kommissar?
Die zweite Frage, die mich umtreibt: Wer verhandelt eigentlich das ACTA-Abkommen? Es ist ja nicht so, dass es im Rahmen der WTO als quasi TRIPS-Folgeabkommen verhandelt wird, sondern es wird nur von einzelnen Staaten und – wie man aus den Vereinigten Staaten hört – auch von mächtigen wirtschaftlichen Interessen verhandelt. Ich frage mich in der Tat, ob da nicht Standards gesetzt werden, die letztendlich dann für alle gelten, obwohl nicht alle am Tisch sitzen und mitverhandeln.
Die dritte Frage, Herr Kommissar, die mich umtreibt: Was wird eigentlich inhaltlich verhandelt? Sie haben auf meine Frage in Ihrer Anhörung geantwortet, dass der acquis communitaire gesichert wird. Aber wenn ich mir einzelne Papiere, die so durchgesickert sind, anschaue, habe ich da leider meine Zweifel. Ich kann nachvollziehen, dass verhandelt wird, dass Internet-Sperren möglich sind, dass Provider quasi als Hilfssheriff für wirtschaftliche Interessen genutzt werden sollen, dass mitunter Restriktionen für Forschung und Wissenschaft möglich sind, dass sogar einige versuchen, generelle Überwachungssysteme einzuführen. Da frage ich mich: Wo bleibt der acquis communautaire dort?
Auch die Frage des Schadenersatzes, dass quasi lost profit in einen Schadenersatz mit hinein verhandelt werden soll, ist unserer Politik nicht angemessen.
Drittens natürlich die Frage, Herr Kommissar: Wie sieht das eigentlich mit dem Verhältnis von online und offline aus? Wenn ich lese, dass online und offline beides die digitale Welt darstellen sollen, heißt das im Grunde, dass es auch Restriktionen, Durchsuchungen von Laptops, I-Pods und MP3-Playern an der Grenze geben soll? Geben Sie mir doch bitte eine Antwort auf die drei Fragen.
Niccolò Rinaldi, Urheber. – (IT) Herr Präsident, Herr Kommissar, meine Damen und Herren, ich glaube, dass dem Thema, das wir heute Abend diskutieren, eine Erbsünde innewohnt, und das ist das Geheimnis, das um die Verhandlungen bis jetzt gemacht wurde. Dieses Geheimnis wurde vielleicht sogar durch ein Ungleichgewicht verschlimmert, wenn es stimmt, dass die US-Industrien mittels eines Geheimhaltungspaktes Zugang zu einer Reihe von Informationsquellen hatten – im Gegensatz zur europäischen Öffentlichkeit und den europäischen Institutionen. Die fehlende Transparenz hinsichtlich der Verhandlungen ist ein Problem, dass wir auch in anderen Fällen sehen – wir sprachen im Zusammenhang mit der Vereinbarung mit Korea darüber – und dabei handelt es sich um etwas, dass jetzt mit dem Inkrafttreten des Vertrages von Lissabon enden muss.
Für mich sieht es so aus, als sei diese Erbsünde auch das Ergebnis eines Missbrauchs: die Ausnutzung des Kampfes gegen Fälschung für andere Kämpfe, als wäre er eine Art Parole, in deren Namen alles erlaubt ist. Außerdem ist dies sicherlich ein unglaublich wichtiger Kampf für eine Handelsmacht wie die Europäische Union. Herr Kommissar, ich komme aus Venedig, einer Stadt, die Sie gut kennen, in der die Vorschriften über Produktpiraterie – ich denke da zum Beispiel an Murano-Glas – sehr streng waren (und sogar die Todesstrafe umfassten). Deshalb ist dies etwas, das wir in einer ständig wachsenden globalen Wirtschaft wie der unsrigen definitiv ernst nehmen müssen.
Dieses Abkommen lässt jedoch zahlreiche Bedrohungen entstehen, die die Öffentlichkeit alarmieren, und die Kommission muss sich dessen natürlich bewusst sein. Tatsächlich wird dieses für den Ausschuss für Internationalen Handel spezielle Thema immer seltener behandelt, während derselbe Ausschuss in immer höherem Maße die Arbeit des Ausschusses für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres übernimmt.
Wir sorgen uns um Themen in Bezug auf Informationsfreiheit und Meinungsfreiheit im Internet, den Datenschutz und die möglichen strafrechtlichen und zivilrechtlichen Folgen für die Internet-Diensteanbieter. Es gibt eine rote Linie, die nicht überschritten werden sollte, und ich möchte die Kommission auffordern, in dieser Angelegenheit sehr vorsichtig vorzugehen.
Vom Handelsstandpunkt aus gesehen möchte ich den Kommissar noch strikter um Rückversicherung bitten, dass das Abkommen zur Bekämpfung von Produkt- und Markenpiraterie (ACTA) nicht dazu benutzt wird, den Verkauf von Medikamenten zu behindern, die zu wettbewerbsfähigeren Preisen verfügbar sind, sichere Generika, die keine Urheberrechte verletzen und deren einziges Verbrechen darin besteht, dass sie in Schwellenländern wie Indien und Brasilien hergestellt wurden und dass sie die westliche Pharmaindustrie beeinträchtigen.
Helmut Scholz, Verfasser. − Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kommissar De Gucht, wenn Sie sich mit Vertretern von zehn Regierungen im kleinen Kreis in einem Hinterzimmer treffen, um dort eine weltweite Überwachungsregelung zu vereinbaren, die so sensible Kapitelüberschriften wie „Durchsetzung des Gesetzes“ und „Strafmaßnahmen im zivilen Rahmen bei Grenzkontrollen und im Internet“ enthält, dann müssen Sie sich nicht wundern, wenn Gerüchte aufkommen, wenn Fragen entstehen, die die Bürgerinnen und Bürger zu Recht beantwortet wissen wollen.
Ich schließe mich der Kritik meiner Kollegen gerne an. Sie müssen doch erkennen, welche Sorgen hinter den fraktionsübergreifend vereinbarten Fragen des Handelsausschusses stehen, nämlich, dass eine Vereinbarung, bei der es ursprünglich einmal um den Schutz von Ingenieurleistungen und Patenten gehen sollte, nun tief in den Bereich der Bürgerrechte, in die Demokratie der Kommunikation, in dezentrale Innovationspotenziale und Kulturschaffung und in den Schutz personenbezogener Daten hineinreicht. Aber die Artikel 7 und 8 der Grundrechte-Charta binden auch Ihre Verhandlungsführung, und wir werden Sie ständig daran erinnern.
Eine solche Vereinbarung wird sich auf die ganze Welt auswirken. Dennoch verhandeln Sie unter Ausschluss der Schwellen- und Entwicklungsländer und unter Ausschluss der Organisationen der Zivilgesellschaft, der Gewerkschaften, unter Ausschluss der Parlamente – schlicht unter Ausschluss der Öffentlichkeit, in deren Dienst und unter deren Kontrolle Sie stehen sollten. Sie verhandeln auch ohne Mandat des Europäischen Parlaments. Sie speisen uns nach wie vor mit zweiseitigen Zusammenfassungen über die Ergebnisse ganzer Verhandlungsrunden ab. Sie weigern sich, dem neuen Recht Folge zu leisten und uns bei diesen Verhandlungen dieselben Dokumente offenzulegen, die auch die Mitgliedstaaten erhalten. Wenn Sie hier behaupten, die Sorgen meiner Fraktion seien unbegründet, dann beweisen Sie es. Legen Sie unverzüglich die Verhandlungsdokumente auf den Tisch. Wenn Sie auch nur davon träumen wollen, eines Tages die Zustimmung dieses Parlaments zu Ihrem Verhandlungsergebnis zu erhalten, dann sollten Sie aus der Erfahrung mit der demokratischen Entscheidung gegen das SWIFT-Abkommen lernen. Willkommen in der Demokratie, kann ich nur sagen. Dieses Parlament wird Hinterzimmerdebatten und -beschlüsse nicht länger zulassen!
Syed Kamall, author. – Herr Präsident, ich denke, der Kommissar kann die starken Gefühle im Parlament, in allen parlamentarischen Fraktionen spüren, in denen wir deutlich ausrufen, dass, egal welche Unterschiede es hinsichtlich der verschiedenen Aspekte des ACTA und des Handels mit Fälschungen und auch der geistigen Urheberrechte gibt, wir alle uns hier sicher sind, dass eine größere Transparenz vonnöten ist. Ich hoffe, das ist sehr deutlich herübergekommen.
Herr Kommissar, wir sind alle besorgt darüber, dass Sie ein Vakuum schaffen werden, wenn Sie Verhandlungen führen und es keine ausreichende Transparenz gibt – wir kennen weder die Prinzipien noch welchen Verhandlungsstandpunkt Sie in diesen Gesprächen einnehmen. Wenn Sie aber ein Vakuum schaffen, dann wissen wir alle, dass dieses Vakuum mit Gerüchten gefüllt wird. Wir haben schon undichte Stellen erlebt, die für offizielle Dokumente ausgegeben wurden. Wir können nicht wissen, ob es sich dabei tatsächlich um offizielle Dokumente handelt oder ob sie erfunden wurden, aber das zeigt einfach, was passiert, wenn Sie nicht für ausreichende Transparenz sorgen und Informationen nicht mit uns teilen.
Ich denke, einige von uns verstehen auch wirklich, dass manchmal ein bisschen Geheimhaltung vonnöten ist. Natürlich wollen wir, wenn wir in Verhandlungen stecken, nicht alle unsere Verhandlungspositionen offen darlegen; wir wollen unsere Trümpfe nicht aus der Hand geben.
Worum wir aber bitten, ist eine angemessene Transparenz. Warum können wir keinen Zugang zu diesen Dokumenten bekommen? Warum können wir keinen Zugang zu den Texten bekommen? Und wenn Sie meinen, dass Sie uns diesen Zugang aus Gründen der Transparenz und der Verhandlungen nicht geben können, dann geben Sie uns wenigstens eine zusammenfassende Stellungnahme und sagen Sie uns, welche grundlegenden Prinzipien es in diesen Verhandlungen gibt.
Unterstützen wir beispielsweise die angeblich auf dem Tisch liegenden Vorschläge, nach denen laut Blogosphäre unsere MP3-Spieler und Laptops an den Grenzen beschlagnahmt werden können? Gibt es strafrechtliche Sanktionen? Sieht die EU-Position eine Unterstützung hierfür vor? Ich denke, wir müssen das wissen, und ich denke, es zeigt die starken Gefühle hier im Parlament, dass wir in der Lage waren, einen breiten Kompromiss zu schließen, obwohl es zwischen uns kleinere Unterschiede und Nuancen gibt, und einen allgemeinen Text zu verabschieden.
Jetzt, Herr Kommissar, liegt es an Ihnen, Transparenz zu zeigen und zu beweisen, dass Sie die demokratische Verantwortung anerkennen, die wir alle suchen.
Karel De Gucht, Mitglied der Kommission. – Herr Präsident, ich verstehe die Sorgen der Abgeordneten über die ACTA-Verhandlungen.
Lassen Sie mich zunächst daran erinnern, dass wir dieses Abkommen verhandeln, um den Schutz von Innovationen „made in Europa“ in allen Bereichen zu verbessern, in denen geistige Eigentumsrechte verletzt werden können. Wenn wir eine wettbewerbsfähige Wirtschaft beibehalten wollen, müssen wir uns auf Innovation, Kreativität und Markenexklusivität verlassen. Das ist eines unserer Hauptwettbewerbsvorteile auf dem Weltmarkt. Also brauchen wir die Werkzeuge, um sicherzustellen, dass dieser Wettbewerbsvorteil auf unseren Hauptexportmärkten angemessen geschützt wird.
Wir haben versucht, dieses Thema in multilateralen Organisationen wie der WHO oder der Weltorganisation für geistiges Eigentum anzusprechen. Diese Versuche wurden systematisch von anderen Ländern abgeblockt. Also hatten wir trotz unserer Präferenz für eine wahrhaft globale Lösung keine andere Chance, als eine Koalition mit den Partnern einzugehen, die dazu bereit waren.
Das endgültige Abkommen wird nur für die unterzeichneten Länder verbindlich sein, obwohl wir natürlich froh wären, wenn weitere Länder, und insbesondere die Schwellenländer, später dazustoßen würden.
Wie ich während meiner Anhörung bereits sagte, sind diese internationalen Verhandlungen vertraulich. Das ist nicht unüblich. Bei den Verhandlungen geht es darum, zu einem gemeinsamen Ergebnis zu kommen, und sie erfordern ein Mindestmaß an Geheimhaltung, damit sich jede Partei bei Kompromissen wohl fühlt und/oder Optionen durchprobieren kann, bevor ein Abkommen endgültig getroffen wird.
Auf der anderen Seite stimme ich zu, dass das Parlament angemessen über die Entwicklung der Verhandlungen informiert sein muss. Wir tun unser Möglichstes in zwei Bereichen: das Parlament informieren und unsere Verhandlungspartner überzeugen, einer höheren Transparenz zuzustimmen. Was erstens die Informationen für das Parlament betrifft, haben wir Ihnen die Verhandlungsrichtlinien, vollständige Berichte über die Verhandlungsrunden und ganz allgemein alle relevanten Dokumente von der GD Handel vorgelegt, an denen die Mitgliedstaaten über den Ausschuss für Handelspolitik beteiligt sind. Dies haben wir gemäß der Rahmenvereinbarung unternommen. Auch wurde das ACTA in den letzten drei Jahren mehrmals im Ausschuss für Internationalen Handel besprochen.
Lassen Sie mich hinzufügen, dass die Kommission im Juni 2008 und im April 2009 zwei Interessengruppenkonferenzen über das ACTA organisiert hatte, die allen Bürgern, der Industrie, den NRO und den Medien offen standen. Eine weitere öffentliche Konferenz wird am 22. März in Brüssel organisiert.
Ich verstehe, dass dies Ihrer Ansicht nach vielleicht nicht ausreicht, um sich ein klares Bild davon zu machen, wo wir in diesen Verhandlungen stehen. Ich habe meine Abteilungen angewiesen, gezielte Informationssitzungen mit interessierten Abgeordneten über alle Aspekte der Verhandlungen durchzuführen. Sie stehen Ihnen zu Gesprächen vor und nach jeder Verhandlungsrunde zur Verfügung.
Zweitens ist mir klar, dass Sie am ehesten wüssten, was in diesen Verhandlungen vor sich geht, wenn Sie den Entwurf des Verhandlungstextes lesen würden. Das würde Ihnen ein sehr deutliches Bild darüber vermitteln, wo genau wir in diesen Verhandlungen stehen. Wie Sie wahrscheinlich wissen, gibt es eine Vereinbarung zwischen den ACTA-Parteien, dass der Verhandlungstext nur dann veröffentlicht werden kann, wenn alle Parteien zustimmen. Die Kommission würde gerne die Verhandlungsdokumente so schnell wie möglich freigeben. Jedoch stehen einige wenige ACTA-Verhandlungsparteien einer frühen Freigabe ablehnend gegenüber. Ich bin mit ihrem Ansatz überhaupt nicht einverstanden, aber ich kann nicht einseitig eine Vertraulichkeitsverpflichtung verletzen. Meine Glaubwürdigkeit als Verhandlungspartner steht auf dem Spiel.
Trotzdem werde ich versuchen, dass die Kommission in der nächsten Verhandlungsrunde im April ihre Verhandlungspartner energisch drängt, der Freigabe des Textes zuzustimmen, und ich werde die Sorgen des Parlaments bilateral mit den ACTA-Parteien (wie beispielsweise den USA) besprechen, mit denen ich mich vorher treffen muss. Es liegt im Interesse aller, dass jeder eine klare Vorstellung davon hat, worum genau es in diesen Verhandlungen geht und, was noch wichtiger ist, worum es darin nicht geht.
Schließlich möchte ich Ihnen im Hinblick auf meine grundsätzlichen Sorgen mitteilen, dass ich gerne nochmals an die Hauptprinzipien erinnern möchte, die die Kommission bei den Verhandlungen über dieses Abkommen antreiben.
Erstens geht es darum, sich um schwere Verletzungen des intellektuellen Eigentumsrechts zu kümmern, die deutliche wirtschaftliche Auswirkungen haben. Das wird nicht zur Einschränkung bürgerlicher Freiheiten oder zur Belästigung der Verbraucher führen.
Zweitens geht es beim ACTA nur darum, geistige Eigentumsrechte durchzusetzen. Dazu gehört nicht die Änderung wesentlicher geistiger Eigentumsrechte wie die Schaffung neuer Rechte, Umfang des Schutzes oder der Dauer. Jedoch sollten Mindestvorschriften festgelegt werden, wie Erfinder ihre Rechte vor Gericht, an den Grenzen oder über das Internet durchsetzen können. Ein europäischer Modeschöpfer beispielsweise kann dann, wenn er mit einer Fälschung seiner Kreationen außerhalb Europas konfrontiert wird, sicherstellen, dass seine Rechte im Ausland angemessen geschützt werden.
Drittens muss und wird das ACTA in Einklang mit dem gemeinschaftlichen Besitzstand bleiben, einschließlich des derzeitigen Harmonisierungsstands bei der Durchsetzung geistiger Eigentumsrechte, der E-Commerce-Richtlinie, des Regulierungsrahmens für Telekommunikation und nicht zuletzt der geltenden EU-Gesetze zum Datenschutz und zur Datenpiraterie. Es wird keine Harmonisierung oder Änderungen an der EU-Gesetzgebung durch die Hintertür geben.
In diesem Sinne wird das ACTA keinen Einfluss auf die europäischen Bürgerinnen und Bürger haben, da sich daraus keine Verpflichtungen für die EU und kein Bedarf an Durchführungsgesetzen ergeben. Trotzdem sorgt es dafür, dass unsere Erfinder in den Überseemärkten besser geschützt sind.
Ich bin mir der Beunruhigungen bewusst, die einige von Ihnen bezüglich der Einführung einer obligatorischen Vorschrift der „Three-Strikes“-Vorschrift oder der „abgestuften Erwiderung“ zwecks Bekämpfung von Urheberrechtsverletzungen und Internet-Produktpiraterie zum Ausdruck gebracht haben. Ich will hier ganz deutlich werden, damit kein Raum für Spekulationen bleibt. Die Three-Strikes-Vorschrift oder das System der abgestuften Erwiderung sind in Europa nicht zwingend vorgeschrieben. Einige EU-Länder haben andere Ansätze und wir wollen diese Flexibilität beibehalten, dabei trotzdem Grundrechte, Grundfreiheiten und bürgerliche Freiheiten vollständig respektieren. Die EU wird keine Unterstützung bieten und nicht akzeptieren, dass das ACTA eine Verpflichtung schafft, Menschen wegen illegaler Downloads vom Internet abzuschneiden.
Genauso werden wir sicherstellen, dass das ACTA nicht den Zugang zu Generika behindert. Ich weiß, es gab einige Kontroversen über den Einfluss der EU-Zollgesetze auf den Handel mit Generika. Wie ich Ihnen bereits bei meiner Anhörung erklärt habe, wird dieses Problem bei der nächsten Überarbeitung der Zollgesetze behandelt.
Schließlich fragten Sie auch nach der Beurteilung der Auswirkungen des ACTA. Angesichts der Tatsache, dass die Kommission nicht über den gemeinschaftlichen Besitzstandhinaus gehen wird, haben wir als Grundlage die Untersuchungen herangezogen, die für die Richtlinie aus dem Jahr 2004 über die Durchsetzung geistiger Eigentumsrechte durchgeführt wurden, bzw. den Vorschlag für eine Richtlinie über die strafrechtliche Durchsetzung geistiger Eigentumsrechte aus dem Jahr 2005 (der nicht angenommen wurde).
Auch die Schlussfolgerungen der OECD-Studie aus dem Jahr 2008 über die wirtschaftliche Auswirkung von Fälschungen und Produktpiraterie wurden von uns berücksichtigt. In dieser Studie wird der Handelswert der physikalisch international gehandelten Fälschungen auf 250 Milliarden USD geschätzt, das übersteigt das jeweilige BIP in 150 Ländern. Darin eingeschlossen sind auch umfangreiche Analysen über die Piraterie digitaler Inhalte.
Kurz gesagt, ich höre Ihre Sorgen und werde sie verteidigen, so gut ich kann. Ihr Vertrauen und Ihre Unterstützung werden mir dabei helfen, diese wichtige Aufgabe vorwärts zu bringen.
Tokia Saïfi, im Namen der PPE-Fraktion. – (FR) Herr Präsident, Herr Kommissar, seit der Vertrag von Lissabon in Kraft getreten ist, haben wir neue Befugnisse, die wir auch weiterhin respektiert sehen wollen. Daher haben wir Ihnen zugehört und Sie gebeten, ein weiterführendes transparentes Konsultationsverfahren zum Abkommen zur Bekämpfung von Produkt- und Markenpiraterie (ACTA) einzuführen, das gewährleisten soll, dass das Europäische Parlament und die von diesem Parlament repräsentierten Bürgerinnen und Bürger regelmäßig und umfassend über den Fortschritt der Verhandlungen informiert werden. Dabei müssen die Geheimhaltungsklauseln, die, wie Sie uns gerade erklärt haben, mit dem Abkommen verbunden sind, eingehalten werden. Heute wünschen wir Zugang zum Text und eine Zusammenfassung der Verhandlungen, damit wir vollständig am Gesetzgebungsverfahren beteiligt sind.
Außerdem möchten meine Fraktion und ich Sie ermutigen, die Verhandlungen hin zu einem multilateralen Vertrag weiterzuführen, der die Anwendungs- und Einhaltungsnormen für geistige Eigentumsrechte verbessert, die gegebenenfalls auch von Schwellenwirtschaften wie China unterschrieben werden könnten. Fälschungen sind eine Plage, eine Untergrundaktivität und ein Aspekt des unlauteren Wettbewerbs, sie stellen nicht nur eine Gefahr für Leib, Gesellschaft und Wirtschaft dar, sondern auch eine Gefahr für die Psyche.
Wenn Urheber sowie Unternehmen, die viele Jahre in die Forschung und Entwicklung gesteckt haben, der Früchte ihrer Arbeit beraubt werden, dann entmutigt dies andere, ihre Bemühungen für Innovation und Kreation fortzusetzen. Wir wissen aber, dass genau dort das Herz der Wettbewerbsfähigkeit der Europäischen Union liegt.
Schließlich glaube ich, dass wir aufgrund der Entwicklung unserer digitalen Umwelt nicht leugnen können, dass Fälschungen nicht mehr greifbar sind. Daher bleibe ich davon überzeugt, dass es möglich ist, Internet-Nutzer und speziell diejenigen, die Urheberrechte an sich reißen, ohne Gefährdung von Grundrechten und bürgerlichen Freiheiten zur Verantwortung zu ziehen. Lassen Sie uns zusammenarbeiten und eine Balance zwischen Recht und Verantwortung finden.
David Martin, im Namen der S&D-Fraktion. – Herr Präsident, ich danke dem Kommissar für seinen Beitrag. Herr Kommissar, Sie sagten am Ende Ihres Beitrags, dass Sie unsere Sorgen gehört haben und sich darum kümmern werden. Nun, ich denke, „bis zu einem gewissen Punkt“ – wie man so sagt. Ich bin nicht davon überzeugt, dass Sie alle unsere Sorgen über die ACTA-Verhandlungen erfasst haben. Es stimmt, wir stehen auf demselben Boden, was das Recht der Inhaber geistiger Eigentumsrecht betrifft, die eine faire Rendite für ihre Rechte verdienen, aber Produktfälschungen stellen manchmal eine Gefahr für die menschliche Gesundheit dar.
Wir sind ebenso wenig wie Sie gegen eine internationale Zusammenarbeit zur Bekämpfung der Produktpiraterie, zur Bekämpfung von Fälschungen und zur Bekämpfung des Missbrauchs geistiger Eigentumsrechte. Aber wir möchten unterstreichen, dass dies auf der Grundlage des gemeinschaftlichen Besitzstandes erfolgen muss. Wenn Sie uns dazu eine absolute Versicherung abgeben können, dann akzeptiere ich es. Sie sagten aber, Sie werden nicht durch die Hintertür kommen – wodurch Sie sich, wie mir scheint, die Möglichkeit offen halten, durch die Vordertür zu kommen. Wenn Sie aber absolut „Finger weg“ vom gemeinschaftlicher Besitzstand sagen, dann würde ich mich freuen, dies zu hören, und dann akzeptiere ich diesbezüglich Ihr Wort.
Außerdem sagten Sie, Sie würden Einzelpersonen nicht kriminalisieren, wenn Sie Downloads vom Internet vornehmen, aber Sie sprachen von den Außengrenzen der Gemeinschaft und was mit den Menschen geschehen könnte, die die EU verlassen, nicht mit denen, die in die EU einreisen. Nochmals, wir wollen nicht, dass das ACTA irgendetwas enthält, das irgendjemanden wegen persönlicher Nutzung kriminalisiert. Auch wenn wir die Stirn runzeln, niemand sollte wegen der persönlichen Nutzung von urheberrechtlich geschütztem Material kriminalisiert werden.
Natürlich muss jede Maßnahme durch das ACTA den Zielen angemessen sein. Es ist kein Blankoscheck für Urheberrechtsinhaber. Das Problem ist, wie andere Abgeordnete bereits anmerkten, dass wir die Situation nicht einschätzen können, weil ein Geheimnis darum gemacht wird.
Ich begrüße die Tatsache, dass Sie uns hoch und heilig versprochen haben, uns den Entwurf des Verhandlungstextes vorzulegen und Druck auf die anderen Parteien auszuüben. Ich denke, Sie müssen den anderen Parteien allerdings erklären, dass diese Maßnahme Sie als Verhandlungsführer nicht stärkt: Es wird Sie in Ihrer Eigenschaft als Verhandlungsführer schwächen, wenn Sie den Entwurfstext nicht freigeben können, weil Sie dann – wie es heute Abend ganz deutlich wurde – die Unterstützung dieses Hauses nicht haben, wenn wir den Entwurfstext, an dem Sie arbeiten, nicht vorgelegt bekommen.
Schließlich noch eine positive Bemerkung: Ich begrüße Ihre Kommentare zu den Generika und erwarte die Überarbeitung der Zollvorschriften.
Sophia in 't Veld, im Namen der ALDE-Fraktion. – Herr Präsident, bei der Vorbereitung auf diese Aussprache über Urheberrechte, geistige Eigentumsrechte und darüber, wie wir die kreativen und geistigen Bemühungen unserer Mitbürger schützen wollen, musste ich an den Diebstahl eines LKW mit Harry-Potter-Büchern zurückdenken, der ein paar Tage vor der Veröffentlichung erfolgte. Heute würde sich der Dieb nicht damit aufhalten, einen LKW zu stehlen; er würde das Buch einfach illegal auf seinen Laptop oder MP3-Spieler herunterladen und es über die Grenze bringen.
Ich begrüße die Verpflichtung der Kommission zu Transparenz, aber gemäß der kurzen Einführung, die wir seitens Ihrer Abteilungen erhalten haben, ist die Behauptung, dass die Parlamentarier eine Geheimhaltungsvereinbarung unterschreiben mussten, nicht richtig. Sie haben gerade erklärt, dass Sie oder die frühere Kommission eine solche Vereinbarung unterzeichnet haben und dass Sie daher daran gebunden sind. Ich würde gerne wissen, welche der beiden Aussagen wahr ist. Wenn es keine solche Geheimhaltungsklausel gibt, dann müssen alle relevanten Dokumente sofort der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden.
Wenn es andererseits eine solche Klausel gibt, dann müssen wir vom Kommissar hören, was er unternehmen wird, um die volle Transparenz und Information der Öffentlichkeit, nicht dieses Hauses, sicherzustellen, weil ledigliche ein der Geheimhaltung unterliegender Zugriff durch die Parlamentsabgeordneten nicht ausreicht. Die europäischen Bürgerinnen und Bürger haben ein Recht, über Entscheidungen informiert zu werden, die ihre Rechte und Freiheiten tiefgreifend beeinflussen. Auf jeden Fall müssen solche Geheimhaltungsvereinbarungen der Vergangenheit angehören. Die EU sollte in Zukunft darauf bestehen, dass europäische Transparenznormen angewendet werden.
Die demokratische Legitimität dieser Verhandlungen ist schwach. Es gab keine Aussprache über die Ziele und Prinzipien der EU. Das Mandat hat keine parlamentarische Zustimmung erhalten. Sie können damit argumentieren, dass es keine gesetzliche Anforderung gibt, aber das trifft nicht den Punkt, denn wenn 27 Einzelpersonen – nationale Minister – davon ausgehen, dass sie sich selbst ein Mandat für geheime Verhandlungen über Grundrechte und Freiheiten der europäischen Bürgerinnen und Bürger geben können, kann ich nur schließen, dass ihr Verständnis von Demokratie fundamental von meinem abweicht.
Parlament ist Geschäft. Keine „Three-Strikes-Out“, keine unbefugten Durchsuchungen und Beschlagnahmen von Laptops oder Handys. Das Parlament muss wasserdichte Garantien haben, dass derartige Klauseln nicht über die Hintertür in ein internationales Abkommen eingeführt werden.
Zum Schluss wünsche ich Ihnen eine erfolgreiche Reise nach Neuseeland im nächsten Monat – und bitte achten Sie darauf, dass sich auf Ihrem IPod kein illegal heruntergeladenes Material befindet!
Christian Engström, im Namen der Verts/ALE-Fraktion. – Herr Präsident, zunächst möchte ich der Kommission dazu gratulieren, dass sie endlich das erreicht hat, worüber die EU-Führer seit Jahrzehnten reden. Sie haben es tatsächlich geschafft, dass sich gewöhnliche Bürgerinnen und Bürger für die EU-Politik interessieren.
Das ACTA ist ein Thema, um das sich die Menschen im Internet wirklich sorgen. Trotzdem glaube ich, muss ich die Kommission wegen der von ihr verwendeten Methode kritisieren. Der Grund, warum so viele Bürgerinnen und Bürger die ACTA-Problematik verfolgen, ist der, dass sie wütend sind. Sie sind wütend über die Vorschläge, ihre Freiheit zu beschneiden und in ihre Privatsphäre einzudringen, nur weil einige Großunternehmen dies verlangen.
Sie sind wütend, weil sie sehen, wie ihre bürgerlichen Grundrechte gegen die Interessen der Industrie aufgewogen werden und sie dabei den Kürzeren ziehen. Sie sind wütend wegen des vollständigen Mangels an Transparenz. So sollte es in einer Demokratie nicht ablaufen.
Morgen stimmen wir über eine Entschließung ab, die die Kommission auffordert, sich an den Vertrag zu halten und alle ACTA-Papiere auf den Tisch zu legen. Ich hoffe, die Entschließung wird von einer überwältigenden Mehrheit angenommen. Das Recht auf Privatsphäre, Informationsfreiheit sowie faire und ordnungsgemäße Prozesse sind Eckpfeiler einer freien und offenen Gesellschaft.
Morgen werden wir zeigen, dass dies ein Parlament ist, das sich darauf vorbereitet hat, für diese Rechte im Informationszeitalter einzutreten. Wir werden die Informationen verlangen, das ist unser Recht und unsere Pflicht als gewählte Vertreter und wir werden die Kommission respektvoll daran erinnern, dass dies ein Parlament ist und kein Fußabtreter.
Edvard Kožušník, im Namen der ECR-Fraktion. – (CS) Herr Präsident, ursprünglich wollte ich dem Kommissar Karl De Gucht für den Bruch mit dem Ansatz seines Vorgängers danken, der das Europäische Parlament als die einzige direkt gewählte europäischen Institution umgangen ist und keine Informationen über das Verhandlungsverfahren zu diesem Abkommen vorgelegt hat. Aber ich bin ziemlich beschämt, weil man mir immer beigebracht hat, Respekt vor wichtigen Persönlichkeiten zu haben, und die Tatsache, dass Herr De Gucht ostentativ seine Brille reinigte, während mein Kollege Herr Kamall hier gestanden hat, hat mich ziemlich aus der Fassung gebracht. Aber jetzt zurück zum Thema.
Ich persönlich begrüße die Tatsache, dass dieses Abkommen ins Leben gerufen wird, da geistiges Eigentum einen besseren Schutz verdient, als es gegenwärtig der Fall ist. Trotzdem bin ich besorgt, dass die Unterzeichner des Abkommens Russland und China nicht mit einbeziehen, die die Hauptquelle von Urheberrechtsverletzungen sind. Ich sorge mich auch über die tatsächliche Effizienz des Abkommens. Da der Inhalt des Abkommens immer von einem Hauch von Nebel umgeben ist, wie viele Abgeordnete dies hier erwähnt haben, würde ich gerne die Kommission, die das Abkommen im Namen der Mitgliedstaaten verhandelt, auffordern sicherzustellen, dass es nicht als Instrument für den Export der digitalen französischen Guillotine in andere Staaten dient und dass es gleichzeitig nicht dem Import von Software-Patenten in die Europäische Union dient.
Eva-Britt Svensson, im Namen der GUE/NGL-Fraktion. – (SV) Herr Präsident, Herr Kommissar! Ich bin überrascht und tief besorgt darüber, dass die Kommission Geheimverhandlungen verteidigt, wenn es um Rechtsvorschriften im Bereich der Freiheiten, Grundrechte, Privatsphäre usw. unserer Bürgerinnen und Bürger geht. Die Zurückhaltung von Informationen über solche Verhandlungen gegenüber unseren Bürgerinnen und Bürgern kann niemals verteidigt werden.
Ich verlange, dass die Verhandlungen unverzüglich abgebrochen werden. Wir können die Verhandlungen wieder aufnehmen, sofern die an dem Abkommen zur Bekämpfung von Produkt- und Markenpiraterie (ACTA) beteiligten Parteien transparenten und demokratischen Verhandlungen zustimmen. Legen Sie unverzüglich und für alle Bürgerinnen und Bürger sämtliche Dokumente auf den Tisch. Transparenz und Information gehören zu den elementarsten Grundsätzen einer Demokratie, insbesondere im Hinblick auf die Grundfreiheiten und Bürgerrechte. Wir fordern daher, dass sämtliche Unterlagen unverzüglich und für alle Bürgerinnen und Bürger auf den Tisch gelegt werden, denn natürlich wird genau das von einer Demokratie erwartet.
Laurence J.A.J. Stassen (NI) . – (NL) Herr Präsident! Wenn hinter verschlossenen Türen Dossiers zusammengebraut werden, schrillen in meiner Fraktion die Alarmglocken. Das Abkommen zur Bekämpfung von Produkt- und Markenpiraterie (ACTA) ist solch ein Dossier. Viele Menschen in meinem Land haben sich gefragt, weshalb die niederländische Partei für Freiheit (PVV) in das Europäische Parlament gewählt werden musste, und hier ist der Grund. Wir wurden gewählt, damit wir der EU-Küche die Stirn bieten können, die nur darauf wartet, hinter verschlossenen Türen allerlei unappetitliches Gebräu zurecht zu mischen, ohne dass die Öffentlichkeit dabei ein Wort mitzureden hat.
In diesem Fall wissen wir noch nicht einmal, was uns aus dieser EU-Küche vorgesetzt wird. Das Europäische Parlament soll zu etwas Stellung nehmen, das dort noch immer unter Verschluss gehalten wird. Gibt es etwas, das noch lächerlicher ist? Dies zeugt von einer tiefen Geringschätzung gegenüber dem Parlament und der Öffentlichkeit. Die Informationen, die bislang über dieses ACTA-Gericht ans Licht gekommen sind, sind sehr entmutigend. Der Verbraucher wäre das Opfer, wobei den Bürgerinnen und Bürgern der Zugang zum Internet verwehrt werden könnte: eine sehr ernste Sache.
Europa war stets der Kontinent, auf dem die Freiheit der Menschen, sich Wissen anzueignen, an erster Stelle stand. Diese Freiheit wäre nun in ernster Gefahr. Das kann und darf nicht geschehen. Darüber hinaus stehen wir hier vor einer Verletzung des Subsidiaritätsprinzips. Die Mitgliedstaaten besitzen bei diesem Dossier keinerlei Mitspracherecht mehr. Meine Fraktion steht für vollständige Transparenz und wehrt sich vehement gegen die Kriminalisierung der Bürgerinnen und Bürger. Das ACTA züchtet eine Kultur erstickender Überwachung und Unterstellung – der Staat beobachtet dich. Das ACTA umgeht die Regeln all der bestehenden internationalen Organe, wie etwa die der Welthandelsorganisation (WTO).
Was führt die Kommission in dieser geheimen Küche im Schilde? Warum sind fast ausschließlich amerikanische Unternehmen an den Konsultationen beteiligt? Was machen sie dort? Sind sie da, um ihre wirtschaftlichen Interessen zu wahren? Was jedoch ist mit den Interessen der europäischen Bürgerinnen und Bürger? Sind sie womöglich weniger wichtig? Hier wird die Bedeutung der PVV deutlich. Wir kämpfen für die Interessen des Bürgers überall dort, wo Geheimhaltung und Hinterzimmerpolitik betrieben wird.
Ich möchte ausdrücklich betonen, dass die PVV gegen die Fälschung von Arzneimitteln und Produkten ist. Darum geht es in dieser Diskussion nicht; es geht darum, dass es den Mitgliedern dieses Parlaments nicht möglich ist, eine angemessene Stellungnahme zu dem Dossier abzugeben, weil es schlicht und einfach geheim gehalten wird und wir seinen Inhalt nicht kennen. Eine noch deutlichere Verletzung des parlamentarischen Mandats können wir uns nicht vorstellen. Was uns betrifft, so sollte die ganze stinkende, geheimnistuerische Küche geschlossen und die Tür mit einem großen Schild versehen werden: „Wegen Verletzung der Vorschriften geschlossen“.
Zuzana Roithová (PPE). –(CS) Herr Kommissar, meine Damen und Herren! Wir wissen, dass die Globalisierung, und insbesondere die Aufnahme Chinas in die WTO, zu einem gewaltigen Problem geführt hat. Europa wird von nachgeahmten Waren überflutet, die für die menschliche Gesundheit immer gefährlicher werden und den Unternehmen große wirtschaftliche Verluste verursachen. Die Bürgerinnen und Bürger und die Unternehmen sehen nicht gern, dass die Kontrollmechanismen der Mitgliedstaaten völlig unzureichend sind und fordern zu Recht wirksamere Maßnahmen auf europäischer Ebene, einschließlich hoher Geldstrafen für Fälscher. Dieses Abkommen sollte die internationale Zusammenarbeit bei der Aufdeckung von Fälschern grundlegend verbessern. Ich glaube jedoch nicht, dass es unser Ziel sein sollte, Schüler der Sekundarstufe, die Spiele aus dem Internet herunterladen, strafrechtlich zu verfolgen. Der Inhalt des Abkommens, über den seit zwei Jahren verhandelt wird, ist geheim, und so sickern Informationen zu umstrittenen Artikeln, die die geltenden Rechte der Europäer beeinträchtigen könnten, nur tröpfchenweise durch. Wir haben der Kommission dafür kein Mandat erteilt.
Ich befürchte daher, dass die Ratifizierung dieses dringend notwendigen Abkommens im Europäischen Parlament ähnlich dem SWIFT-Abkommen abgelehnt wird, es sei denn die Kommission kann das Parlament regelmäßig über die Struktur und Grenzen des ausgehandelten Abkommens informieren. Ich möchte nicht, dass wir noch einmal mit einem fertigen Text konfrontiert werden oder, anders ausgedrückt, mit einem Rechtsakt, den wir annehmen oder ablehnen müssen, ohne seinen Inhalt ausführlich erörtern und die Bedenken der Bürgerinnen und Bürger zerstreuen zu können.
Ich erachte es auch als strategischen Fehler, dass China als größte Fälscherwerkstatt nicht zu den Verhandlungen über dieses Abkommen eingeladen wurde. Aus diesem Grund möchte ich Sie, Herr Kommissar, fragen, ob Sie uns die Taktiken erklären und mitteilen können, ob mit China Gespräche über eine spätere Unterzeichnung des Abkommens geführt werden. Glauben Sie wirklich, dass das geschehen wird?
Gianluca Susta (S&D). – (IT) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Europas Bestreben, die größte Volkswirtschaft der Welt zu bleiben, muss in zunehmendem Maße an die Belebung seiner Wettbewerbsfähigkeit, die Qualität seines Fertigungssystems und die Fähigkeit, neue Märkte zu erobern, geknüpft werden.
Der Kampf gegen Fälschung und gewerbsmäßige Zuwiderhandlung ist in diesem Zusammenhang von wesentlicher Bedeutung. Der Schutz von Marken, von Patenten und von geistigem Eigentum ist jedoch nicht nur ein Instrument nichtfinanzieller Art, das zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit des Systems führt, sondern zugleich auch ein konkretes Beispiel für die Anwendung der auf der Einhaltung der Vorschriften basierenden Grundsätze einer demokratischen Rechtskultur auf die Industriewirtschaft – jener Vorschriften, die in den vergangenen Jahren im Zuge internationaler Finanzspekulation verletzt worden sind.
Das Abkommen zur Bekämpfung von Produkt- und Markenpiraterie (ACTA) ist ein grundlegendes Instrument zur Bekämpfung von Fälschungen, einem Phänomen, mit dem jährlich ein unglaublicher Umsatz von 500 Mrd. USD erzielt wird, das in Zusammenhang mit organisierter Kriminalität steht und grundlegende Menschenrechte wie etwa die Gesundheit beeinträchtigt, ja sogar gefährdet, wenn wir nur einmal an die Fälschung von Arzneimitteln denken. Wenn wir die Notwendigkeit des ACTA bewerten sollen, müssen wir diesen internationalen Kontext berücksichtigen.
Andererseits muss dieses Abkommen auch bestimmte wesentliche Grundsätze des Miteinanders respektieren, die auf der Achtung der Vorschriften beruhen. Wir können unsere Besorgnis über die Rechtsgrundlage des Vertrages, über das Verhandlungsmandat und die Transparenz nicht verbergen. Wer, wie dieses Parlament, 500 Millionen Bürgerinnen und Bürger vertritt, muss offiziell unterrichtet werden, nicht vertraulich. Die Verhandlungsführer der Kommission müssen dem Parlament über den Fortschritt der Arbeiten Bericht erstatten, und der Zugang zu den Dokumenten und Informationen muss gewährt werden, so dass eine ausführliche Stellungnahme formuliert werden kann.
Die schwierige und doch fruchtbare Zusammenarbeit zwischen dem Parlament und der Kommission kann dazu beitragen, dass die Europäische Union ihr Potential bestmöglich ausschöpft. Die Entschließung geht in diese Richtung und verdient als solche unsere Zustimmung.
Alexander Alvaro (ALDE). - Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Kommissar De Gucht! Sie treten ein schweres Erbe an, und wenn das Thema nicht so ernst wäre, könnte man beinahe über die Spekulationen, die ACTA ausgelöst hat, schmunzeln. Aus zwei Gründen kann ich aber ganz und gar nicht darüber schmunzeln. Zum einen sind Produktpiraterie, Marken- und Urheberrechtsverletzungen Dinge, die sowohl die Integrität unserer Wirtschaft als auch die Gesundheit von Menschen gefährden.
Der weltweite wirtschaftliche Verlust, der durch Produktpiraterie, Marken- und Urheberrechtsverletzungen entsteht, liegt allein 2007 bei geschätzten 185 Milliarden EUR. Das ist deutlich mehr als der Haushalt der Europäischen Union. Dies gefährdet unsere Unternehmen, befördert die Kriminalität und vernichtet Arbeitsplätze. Das kann sicherlich nicht in unserem Interesse sein.
Darüber hinaus können Fälschungen von Medikamenten lebensbedrohliche Auswirkungen für die Menschen haben, die diese einnehmen, nicht wissend, dass es sich um Fälschungen handelt. Das ist ebenfalls ein nicht hinnehmbares Risiko.
Es liegt also auf der Hand, dass es in unserem ureigensten Interesse liegt, hier zu handeln. Zum anderen muss aber ohne Zweifel klar sein, dass das Verhandlungsmandat der Europäischen Kommission sich strikt am Rahmen des acquis communautaire ausrichtet, damit ACTA nicht zukünftig für another crazy treaty agreed steht.
Nach Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon schließt dies die umfassende und Ad-hoc-Information des Europäischen Parlaments über den jeweiligen Verhandlungsstand des Abkommens ein. Letztlich werden wir um unsere Zustimmung gebeten werden. Mit anderen Worten: Das Europäische Parlament erwartet vollständige Transparenz und die Veröffentlichung der Verhandlungsdokumente sowie aller relevanten Papiere hierzu. Wenn die Kommission vermeiden möchte, dass sich um ACTA weiterhin Sagen und Vermutungen ranken, sehe ich keinen anderen Ausweg, als dass die interessierte Öffentlichkeit umfassend informiert wird.
Hieran anschließend stellen sich für mich drei wesentliche Fragen: Erstens, auch wenn Sie schon darauf eingegangen sind: Kann die Kommission garantieren, dass es keine Einführung einer Three-Strikes-Out-Regelung geben wird? Dies würde nämlich der neugefassten Rahmenrichtlinie zur elektronischen Kommunikation widersprechen.
Zweitens: Kann die Kommission garantieren, dass es keine Einführung einer Dritthaftung von Internet-Serviceprovidern für durchgeleitete Inhalte geben wird? Dies widerspräche nämlich der E-Commerce-Richtlinie.
Drittens: Kann die Kommission versichern, dass es im Rahmen von ACTA keine Einführung strafrechtlicher Maßnahmen geben wird, die außerhalb der Kompetenz der Europäischen Union liegen, und ich weiß sehr wohl, dass es die Mitgliedstaaten sind, die dort die Verantwortung übernehmen. Aber ich gehe davon aus, dass Sie als Hüterin der Verträge Ihre Aufgabe wahrnehmen werden.
Jan Philipp Albrecht (Verts/ALE). - Herr Präsident! Herr De Gucht, bereits vor über einem Jahr haben wir, das Europäische Parlament, Sie als EU-Kommission klar und deutlich aufgefordert, dass die Verhandlungen zum ACTA-Abkommen in Zukunft transparent und unter Einbeziehung der Öffentlichkeit und der Parlamente zu laufen haben und dass der enge Fokus der im Titel angekündigten Bekämpfung der Produktpiraterie auch beibehalten wird. Was haben Sie seitdem getan? Überhaupt nichts, gar nichts. Ganz im Gegenteil. Gemeinsam mit Ihrer so genannten unheiligen Koalition der Willigen, vor allem reicher Industriestaaten, verhandeln Sie in einer hochgradig undemokratischen, ja gar illegalen Geheimdiplomatie ein Abkommen, das in vielerlei Bereichen offenbar weit über die geltenden Regelungen zur Durchsetzung des Rechts am geistigen Eigentum in Europa hinausgeht. Genau wissen wir das natürlich nicht, weil wir ja keine Informationen von Ihnen bekommen.
Aber der eigentliche Skandal kommt ja erst noch. Seit dem 1. Dezember letzten Jahres können Sie uns in vielen Bereichen ja nicht mehr ignorieren und mit dem Rat gemeinsame Hinterzimmerpolitik betreiben. Denn die Bürgerinnen und Bürger haben – vertreten durch ihre Parlamente – ganz zu Recht dafür gesorgt, dass durch den Vertrag von Lissabon diesem Vorgehen endlich ein Riegel vorgeschoben wird. Da frage ich mich, was tun Sie hier eigentlich? Als Kommission sind Sie die Hüterin der Verträge. Sie haben dafür zu sorgen, dass der klar formulierte EU-Vertrag auch eingehalten wird. Und wenn Sie die Einhaltung des Vertrags nicht hundertprozentig garantieren können, dann wird es aus diesem Haus wieder ein Nein geben. Und wenn Sie der Meinung sind, dass Sie in diesen Verhandlungen die Einhaltung der Verträge nicht garantieren können, dann stoppen Sie doch bitte die Verhandlungen so lange, bis Sie es garantieren können. Wir als Grüne sagen deshalb: Handeln Sie jetzt. Act on ACTA!
Patrick Le Hyaric (GUE/NGL) . – (FR) Herr Präsident, Herr Kommissar! Wir alle hier sind gegen Fälschung und Piraterie. Dennoch haben Sie uns, Herr Kommissar, gerade ein Märchen erzählt, um zu rechtfertigen, dass Sie hinter dem Rücken der Menschen und ihrer Vertreter ein internationales Abkommen diskutieren.
Ich möchte Sie, Herr Kommissar, an Artikel 218 des Vertrages von Lissabon erinnern, in dem es heißt, dass das Europäische Parlament im Rahmen der Aushandlung und des Abschlusses internationaler Abkommen, ich zitiere: „in allen Phasen des Verfahrens unverzüglich und umfassend unterrichtet [wird]“. Das Abkommen zur Bekämpfung von Produkt- und Markenpiraterie (ACTA) ist genau solch ein Fall, also stehen Sie zu Ihrem Wort und halten Sie sich an Ihren eigenen Vertrag! Was die Grundfreiheiten betrifft, können wir uns nur sorgen. Die Bewertung einer strafbaren Handlung – der Piraterie – und deren Ahndung obliegen in Zukunft anscheinend nicht mehr einem Gericht, sondern Internetdienstanbietern.
Zudem werden die Zollbehörden jener Länder, die das Abkommen unterzeichnet haben, in Zukunft allem Anschein nach die Befugnis erhalten, unter dem Vorwand der Pirateriebekämpfung Telefone, Laptops und persönliche Musikabspielgeräte zu durchsuchen, was demSWIFT-Abkommenzur Bekämpfung des Terrorismus entspricht. Erinnern Sie sich jedoch, Herr Kommissar: Das Parlament hat Sie bei SWIFT geschlagen und wird dies nötigenfalls auch bei ACTA tun.
Es wird also versucht, den Kampf gegen Nachahmung und Piraterie, Verletzungen der Privatsphäre, Verstöße gegen die Rechte des geistigen Eigentums und sogar, wenn es um Medikamente geht, die Verletzung des Rechts auf Gesundheit miteinander zu mischen. Herr Kommissar, legen Sie dieses Abkommen unverzüglich auf den Tisch.
Cristiana Muscardini (PPE). – (IT) Herr Präsident, Herr Kommissar, meine Damen und Herren! Das Abkommen zur Bekämpfung von Produkt- und Markenpiraterie (ACTA) ist für die Harmonisierung der Maßnahmen zum Schutz des europäischen Handels vor Nachahmung und Piraterie von grundlegender Bedeutung. Bei den ACTA-Verhandlungen geht es um sensible europäische Gesetzgebungsfragen, wie etwa die Gewährleistung der Anwendung der Rechte des geistigen Eigentums, Datenübermittlung und Datenschutz – und genau aus diesem Grund fordern wir einmal mehr größere Transparenz.
Die Kommission muss sich unter Wahrung der erforderlichen Vertraulichkeit nach Kräften dafür einsetzen. Die aktuellen Verhandlungstexte müssen dem Parlament zugänglich gemacht werden, so dass es die Abkommen kritisch überprüfen und den am ACTA beteiligten Parteien gegebenenfalls Vorschläge unterbreiten kann. Die Worte des Kommissars heute Abend lassen uns hoffen, aber wir wollen, dass diesen Worten auch Taten folgen.
Das Parlament hat sich stets für den Schutz der europäischen Verbraucher und Hersteller vor Fälschungen und Maßnahmen, die die Privatsphäre im Internet verletzen, eingesetzt. Aus diesem Grund ist es von entscheidender Bedeutung, dass die Kommission in den derzeitigen Verhandlungen weiterhin eine aktive Rolle spielt und mehr Teilnehmer gewinnt. Momentan sind es leider noch lediglich zwölf. Wir hoffen, dass immer mehr Länder – sowohl Entwicklungs- als auch Schwellenländer – dazu angeregt werden, an den Verhandlungen teilzunehmen und das abschließende Abkommen zu unterzeichnen, so dass die Fragen aus einer breiteren Perspektive betrachtet werden können.
Die Länder müssen ihre gemeinsamen Verpflichtungen einhalten und erfüllen, damit Nachahmung und Piraterie wirksamer bekämpft werden kann. Dieses wirtschaftliche Übel führt zur Zerstörung zahlreicher Produktionszweige, die im Einklang mit den Vorschriften handeln. Deshalb müssen die Verbraucher, die auch erheblichen Gefahren für ihre eigene Gesundheit ausgesetzt sind, über klare Vorschriften verfügen, denn, Herr Kommissar, wenn es keine eindeutigen und angewandten Vorschriften gibt – auch für die Nutzung des Internet – wird das Internet keine Möglichkeit mehr darstellen, sondern vielmehr einen Bumerangeffekt haben. Wir alle müssen uns dafür einsetzen, diesen Effekt aufzuhalten, denn dies ist nicht nur eine Frage der Privatsphäre des Einzelnen, es ist auch ein Frage der Sicherheit unserer Länder.
Emine Bozkurt (S&D). – (NL) Herr Präsident, Herr Kommissar! Ein Abkommen hinter verschlossenen Türen ist etwas, das die europäische Öffentlichkeit weder verdient noch will. Die Europäische Union verhandelt derzeit über ein sehr wichtiges Handelsabkommen, das Abkommen zur Bekämpfung von Produkt- und Markenpiraterie (ACTA), und einmal mehr findet dies in Hinterzimmern statt. Die nationalen Parlamente und das Europäische Parlament hatten nicht eine einzige Gelegenheit zur demokratischen Kontrolle des Inhalts oder des Rahmens der Verhandlungen, da die Verhandlungsparteien eine Geheimhaltungsklausel vereinbart haben.
Das Parlament und die europäische Öffentlichkeit werden wieder übergangen und das Vertrauen der Bevölkerung in Europa einmal mehr geschädigt. Diesmal geht es eher um Handelsinteressen als um die Bekämpfung des Terrorismus. Verstehen Sie mich nicht falsch; die europäische Wirtschaft muss stimuliert werden, und das geistige Eigentum ist hierbei ein wichtiger Aspekt. Doch die Verunsicherung, die derzeit durch die Vertraulichkeit der Verhandlungsdokumente hervorgerufen wird, hat Raum für zahlreiche Gerüchte gegeben.
Ich möchte fragen, wie in diesem Zusammenhang die Kommunikation zwischen dem für Handel zuständigen Kommissionsmitglied und dem für Grundrechte zuständigen Kommissionsmitglied verläuft. Wird Herr Kommissar De Gucht seine Kolleginnen und Kollegen in allen Phasen über den Inhalt des Abkommens informieren? Beabsichtigt Frau Kommissarin Reding ihren Kollegen, das für Handel zuständige Kommissionsmitglied, in allen Phasen zu Transparenz aufzufordern? Das Europäische Parlament verlangt eine solche Transparenz. Es ist nun an der Zeit, sie herzustellen, bevor unsere Institution diesem Handelsabkommen zustimmen soll.
Eva Lichtenberger (Verts/ALE). - Herr Präsident! Herr Kommissar, während der Anhörungen der neuen Kommissare war Transparenz eines jener Wörter, die am häufigsten verwendet wurden. Sie haben heute wieder davon gesprochen, dass ohnehin alles schon transparent sei, dass alles schon offen sei. Ich muss Ihnen ehrlich sagen, dieser Definition von Transparenz kann ich leider nicht folgen. Offensichtlich gilt das auch für eine große Zahl meiner Kolleginnen und Kollegen hier im Hause. Transparenz ist etwas anderes, als einige Informationsbissen hinzuwerfen und zu sagen: „Hm, den Rest können wir leider nicht offenlegen, weil wir irgendwem versprochen haben, dass das Ganze geheim bleiben soll.“
Wir sind in eine neue Phase eingetreten. Es wird jetzt nicht mehr möglich sein, mittels internationaler Verträge blinden Nachvollzug mit Handelspartnern auszumachen, der die europäische Gesetzgebung dann für die Zukunft beeinflusst. Das ist seit dem Vertrag von Lissabon nicht mehr möglich. Das heißt, blinder Nachvollzug endet genauso wie Intransparenz und Geheimniskrämerei vor den Türen des Europäischen Parlaments. Wir brauchen Glaubwürdigkeit für einen Schutz von Innovation, den Sie hier als das große Argument ins Treffen führen. Glaubwürdigkeit werden Sie aber nicht erreichen, wenn Sie alles hinter verschlossenen Türen aushandeln und dann die Menschen zu beruhigen versuchen, dass es eh und ohnehin nicht so schlimm werden wird. Herr Kommissar, das ist der falsche Weg!
Catherine Trautmann (S&D). – (FR) Herr Präsident, Herr Kommissar, meine Damen und Herren! Sagen wir es doch ganz klar: Die Art und Weise, wie die Verhandlungen über das Abkommen zur Bekämpfung von Produkt- und Markenpiraterie geführt werden, ist für das Europäische Parlament inakzeptabel.
In unserer neuen Rolle als Mitgesetzgeber in dieser Angelegenheit garantiert uns der Vertrag von Lissabon nun das Recht auf umfassende Information zeitgleich mit dem Rat. Die bislang „durchgesickerten“ Dokumente haben bewiesen, dass diese Dimension, was die Form anbelangt, in keinerlei Weise berücksichtigt wurde.
Was lässt sich über den Inhalt sagen? Der schlechte Handel, der den Internetzugangsanbietern anscheinend angeboten worden ist, lautet wie folgt: Entschließen sie sich im Bereich der systematischen Überwachung des in ihren Netzen durchgeleiteten Inhalts zu einer Zusammenarbeit, bleibt ihr derzeitiger Haftungsausschluss für solche Inhalte bestehen. Anderenfalls setzen sie sich selbst rechtlichen Schritten von Seiten der Rechteinhaber aus und werden systematisch bestraft.
Eine solche Umkehrung ist meiner Ansicht nach äußerst gefährlich, stellt sie doch den gemeinschaftlichen Besitzstand in Frage, zum einen was den Grundsatz der reinen Durchleitung – auf Französisch simple transport – in der Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr anbelangt, und zum anderen in Bezug auf die Achtung der Grundrechte der Bürgerinnen und Bürger, wie kürzlich in unserer Aussprache zum Telekom-Paket angesprochen wurde.
Abschließend möchte ich Sie daran erinnern, dass unser Parlament sein Engagement für diese Grundsätze bereits gezeigt hat, als es das SWIFT-Abkommen ablehnte. Ich zweifle nicht an seiner Fähigkeit, von vorn zu beginnen. Aus diesem Grund möchte ich die Bedeutung der Entschließung hervorheben, um die es heute Abend geht. Ich begrüße die Arbeit unseres Koordinators, Herrn Arif, und aller Verhandlungsführer des Ausschusses für internationalen Handel, die dafür Sorge getragen haben, dass das morgen vom Europäischen Parlament ausgehende Signal von großer Symbolkraft sein wird, weil es einstimmig ist.
Georgios Papastamkos (PPE). – (EL) Herr Präsident! Gefälschte Waren schaden nicht nur der Wettbewerbsfähigkeit europäischer Unternehmen, sondern bergen auch Gefahren für die menschliche Gesundheit. Die Antwort darauf ist eine Stärkung der Anwendung der Rechte des geistigen Eigentums auf globaler Ebene.
Es ist wichtig, dass so viele Handelspartner wie möglich dem hier erörterten multilateralen Abkommen beitreten. Das Abkommen, das gegenwärtig verhandelt wird, muss uneingeschränkt den gemeinschaftlichen Besitzstand wahren, die Grundfreiheiten achten und personenbezogene Daten schützen, muss den freien Informationsfluss sicherstellen und darf dem legalen Handel nicht ungerechtfertigte Lasten aufbürden.
Dem Parlament sollten in allen Phasen der Verhandlung unter Wahrung der angemessenen Vertraulichkeit sämtliche wichtigen Informationen zur Verfügung gestellt werden.
João Ferreira (GUE/NGL). – (PT) Herr Präsident, Herr Kommissar! Aus dem undurchsichtigen Prozess unter Leitung der Europäischen Kommission ist eins relativ klar hervorgegangen, nämlich das Ziel, den Geltungsbereich und die Kosten für die Rechte am geistigen Eigentum zu erweitern bzw. zu erhöhen, was Großunternehmen noch höhere Gewinne einbringt.
Sofern für die Erreichung dieses Ziels erforderlich, werden die Grundregeln demokratischer, transparenter Verfahren missachtet, Informationen zurückgehalten und der demokratischen Überprüfung und Kontrolle entzogen. Sofern für die Erreichung dieses Ziels erforderlich, wird der weltweite Zugang zu grundlegenden Gütern wie etwa sicheren Arzneimitteln, einschließlich Generika, eingeschränkt, und das Recht auf Privatsphäre, auf Achtung des Brief- und Fernmeldegeheimnisses sowie auf den Schutz personenbezogener Daten verletzt.
Die Allgegenwart des Marktes und die Verteidigung wirtschaftlicher Interessen, die der Verwirklichung der eigenen Ziele innerhalb der eigenen Wirtschaftszweige dient, sind mit der Verteidigung und dem Schutz des Gemeinwohls nicht vereinbar. Die Ergebnisse dieser Politik sind nun recht deutlich.
Karel De Gucht, Mitglied der Kommission. – Herr Präsident! Wenn ich mir die meiner Rede folgenden Ausführungen so anhöre, kommt es mir vor, als hätten viele von Ihnen mir nicht richtig zugehört, denn ich habe sehr deutlich zum Ausdruck gebracht, dass wir den gemeinschaftlichen Besitzstandwahren und ich mich dafür einsetze, dass die an dem Abkommen beteiligten Parteien der Offenlegung des Textes, der gegenwärtig verhandelt wird, zustimmen. Ich habe deutlich zum Ausdruck gebracht, dass er nur für die gewerbsmäßige Verletzung von Rechten des geistigen Eigentums gilt, und ich könnte noch eine ganze Weile so fortfahren. Ich werde also nicht noch einmal auf all die aufgeworfenen Fragen eingehen, denn, ganz ehrlich gesagt, glaube ich, dass ich sie bereits in meiner ersten Rede beantwortet habe.
David Martin stellte die Frage, was geschieht, wenn jemand tatsächlich nicht nur die Europäische Union, sondern ein Land verlässt, das Partei des ACTA-Abkommens ist. Das ist eine interessante Frage, denn es hängt natürlich davon ab, wohin er geht. Geht er in ein Land, das nicht an dem ACTA-Abkommen beteiligt ist, hängt es von Zoll und Polizei des jeweiligen Landes ab, doch das liegt außerhalb unserer Reichweite. Sofern es in unserer Reichweite liegt, werden wir dafür Sorge tragen, dass dies nicht geschieht, aber natürlich können wir nicht für andere sprechen.
Ich kann der Argumentation von Frau in ’t Veld über die parlamentarische Zustimmung und Kontrolle nicht ganz zustimmen. Lassen Sie mich jedoch ganz deutlich sagen, was im Vertrag von Lissabon meiner Ansicht nach der Fall ist. Der Rat erteilt der Kommission ein Mandat, und die Kommission verhandelt, und der Rat hat entsprechend seiner eigenen Geschäftsordnung einen Beschluss über ein Mandat gefasst. Ob ein Minister im Ministerrat im Vorfeld die Zustimmung seines nationalen Parlaments benötigt, ist keine Sache des Gemeinschaftsrechts, sondern des einzelstaatlichen Rechts, und das ist von Land zu Land unterschiedlich. Ich weiß, dass sie beispielsweise in Ihrem Land für viele Fragen dieser Art im Vorfeld die Zustimmung des Parlaments benötigen – o. k., aber es gibt auch Länder, wo das nicht der Fall ist. Ich glaube wir sollten nicht über die Art und Weise der Beschlussfassung des Rates urteilen. Soweit der Rat den Vertrag und seine eigene Geschäftsordnung einhält, denke ich, dass es Sache des Rates ist und nicht unmittelbar unsere.
In gewisser Weise haben sich mich geschützt, indem Sie mich vor der Durchsuchung meines iPod warnten. Ich habe keinen iPod, also gibt es noch kein Problem. Tatsächlich besitze ich seit gestern einen, aber ich habe ihn noch nicht benutzt und werde auch nicht nach Neuseeland fliegen. Das ist ein wenig zu weit. Dafür braucht es Beamte, die ein wenig mehr Zeit haben, dorthin zu reisen.
Mitglied der Kommission. – (NL) Die ganze Diskussion über die Küche überlasse ich Frau Stassen...
Mitglied der Kommission. – Interessante Frage, was ist mit China? China ist, wie Sie, Frau Roithová, wissen, an den derzeitigen Verhandlungen beteiligt. China stellt ein ernstes Problem dar, denn wie Sie richtig bemerkt haben, ist es die Hauptquelle für Fälschungen.
Wir führen mit China nun einige Verhandlungen und Gespräche sowie auch einen wirtschaftspolitischen Dialog auf hoher Ebene. Wir betonen dabei immer wieder die Rechte am geistigen Eigentum, was eines der Hauptprobleme darstellt, nicht nur im Rahmen des Internethandels, sondern auch in Bezug auf zahlreiche andere Aktivitäten. Nach Abschluss des ACTA-Abkommens steht allen Ländern offen, es zu unterzeichnen, und ich hoffe, dass China zu dem Schluss gelangt, dass ein besserer Schutz der Rechte am geistigen Eigentum auch für seine eigene Industrie von Vorteil ist – und früher oder später wird es dazu kommen. Sehen Sie sich die anderen Länder an, in denen dies in der Vergangenheit auch der Fall war: Sie haben nun ein weitaus größeres Interesse an Rechten des geistigen Eigentums.
Ich kann die Auslegung von Herrn Le Hyaric und Frau Trautmann in Bezug auf Artikel 218 nicht ganz teilen. Artikel 218 besagt, dass das Parlament über sämtliche Schritte des Verfahrens informiert werden soll. Das werden Sie, und sogar noch mehr als das. Die Informationsübermittlung unsererseits geht weit über das, was in Artikel 218 niedergelegt ist, hinaus, weit hinaus, aber damit habe ich kein Problem. In meiner einführenden Erklärung habe ich klar zum Ausdruck gebracht, dass wir darauf bestehen werden, dass die anderen Parteien zustimmen, dass wir in der Lage sein werden, den derzeitigen Textentwurf offenzulegen, aber es stimmt nicht, dass wir Artikel 218 nicht einhalten würden.
Im Übrigen möchte ich Frau in ’t Veld darauf hinweisen, dass wir Ihnen Anhang 16 zu der gemeinsamen Erklärung aller ACTA-Parteien über die Vertraulichkeit der Dokumente übermittelt haben. Dieser wurde Ihnen am 21. Januar 2009 vom Generaldirektor, Herrn David O’Sullivan, zugesandt. Das war natürlich im vorherigen Parlament, aber es ist noch immer dieselbe Person. Herr O’Sullivan ist derselbe und Frau in ’t Veld ist dieselbe, also haben Sie es bekommen. Es ist also ein wenig schwierig, mich dann zu fragen, worum es geht.
Lassen Sie mich abschließend in aller Deutlichkeit festhalten, dass das, was ich gesagt habe und in der Anhörung sagte, ernst genommen werden sollte. Ich werde alles in meiner Macht stehende tun, um die Zustimmung der verhandelnden Parteien zu erhalten, dass wir Sie umfassend informieren können. Solange das nicht der Fall ist, kann ich die Entwürfe zu dem Abkommen nicht offenlegen, denn das wäre eine Verletzung der Vertraulichkeitsvereinbarung und hätte nicht nur Folgen für die ACTA-Verhandlungen, sondern auch für viele andere Verhandlungen, die wir mit den jeweiligen Ländern führen. Es wäre eine Verletzung der Vertraulichkeit als solche, was alle Verhandlungen sehr schwierig, wenn nicht gar unmöglich macht, aber ich werde mein Bestes tun, damit Sie die Unterlagen bekommen.
Der Präsident. – Mir liegen fünf Entschließungsanträge(1)vor, die gemäß Artikel 115 Absatz 5 der Geschäftsordnung eingereicht wurden.
Die Aussprache ist geschlossen.
Die Abstimmung findet am Mittwoch, dem 10. März 2010, statt.
Schriftliche Erklärungen (Artikel 149)
Françoise Castex (S&D), schriftlich. – (FR) Obgleich das Parlament seit Monaten den Zugang zu den Dokumenten fordert, wird das Abkommen zur Bekämpfung von Produkt- und Markenpiraterie (ACTA) unter größtmöglicher Geheimhaltung hinter dem Rücken der Bürgerinnen und Bürger und ihrer Vertreter verhandelt, und das ist inakzeptabel. Die Kommission selbst ist mit ihrem Latein am Ende. Sie sagt, dass sie uns die Dokumente bereits zugesandt hat, teilt aber gleichzeitig mit, dass sie den Rat ersuchen wird, alles zu veröffentlichen: Wen will man hier eigentlich für dumm verkaufen?
Abgesehen von der Frage der Transparenz möchten wir die Kommission und den Rat hier daran erinnern, dass sie am Ende der Verhandlungen die Zustimmung des Parlaments benötigen. Aus den zu uns durchgesickerten Informationen könnte man schlussfolgern, dass wir es hier mit einem Trojanischen Pferd zu tun haben: Unter dem Vorwand eines völlig legitimen Kampfes gegen Fälschung wollen die Mitgliedstaaten, allen voran die französische Regierung, einen Text verabschieden, der den Zugang zu Medikamenten, die freie Meinungsäußerung, die Netzneutralität und die gesetzliche Haftung der Vermittler untergraben könnte.
Fest steht, dass das Parlament sich gegen jegliche Untergrabung des gemeinschaftlichen Besitzstandes stellen wird. Ändern Kommission und Rat ihre Strategie nicht, werden wir die persönlichen Freiheiten unserer Mitbürgerinnen und Mitbürger schützen, indem wir das ACTA ebenso ablehnen wie bereits zuvor das SWIFT-Abkommen.
Ioan Enciu (S&D),schriftlich. – (RO) Ich begrüße die an die Kommission gerichtete Anfrage zur Transparenz und dem Stand der Verhandlungen über das Abkommen zur Bekämpfung von Produkt- und Markenpiraterie (ACTA). Meiner Ansicht nach müssen unverzüglich Maßnahmen ergriffen werden, um eine Lösung der Situation herbeizuführen, in der wir uns gegenwärtig befinden. Es ist inakzeptabel, dass die Kommission das Europäische Parlament in Anbetracht der Tatsache, dass wir den Bestimmungen dieses Vertrages zustimmen müssen, von den Verhandlungen zur Ausarbeitung des ACTA-Abkommens ausschließt. Wie hier bereits gesagt worden ist, muss die Kommission schnellstmöglich sämtliche Informationen im Zusammenhang mit den bisherigen ACTA-Verhandlungen sowie die Perspektiven für die Verhandlungsrunde im April öffentlich machen. Fragen, wie etwa Internetanbieter zur Überwachung ihres Netzverkehrs und zur Auferlegung von Beschränkungen zu verpflichten, könnten negative Auswirkungen auf die Bevölkerung haben, sowohl in Hinsicht auf die Wahrung ihres Rechts auf Privatsphäre als auch aufgrund zusätzlicher Kosten für die Nutzer. Solch eine Frage muss offen erörtert und die öffentliche Meinung hinzugezogen werden. Die Haltung der europäischen Bürgerinnen und Bürger und der Industrie zu diesen Maßnahmen muss bekannt sein und respektiert werden, um jedwedes missbräuchliche, antidemokratische Verhalten zu vermeiden.
Lidia Joanna Geringer de Oedenberg (S&D),schriftlich. – (PL) Verehrte Damen und Herren! Das derzeit von der Europäischen Kommission verhandelte Abkommen zur Bekämpfung von Produkt- und Markenpiraterie (ACTA) geht über den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz hinaus, der im EU-Recht verankert ist. Gemäß diesem Prinzip dürfen die Maßnahmen der Union nicht über das zur Erreichung der Ziele des Vertrages erforderliche Maß hinausgehen. Das Kapitel zum Internet gibt Anlass zu besonderer Besorgnis. Das Abkommen enthält angeblich Bestimmungen, die zum einen das Recht auf freie Meinungsäußerung im Internet beschneiden, und zum anderen die Handelstätigkeit beschränken. Das wird die Folge der angeblich in Erwägung gezogenen Maßnahmen sein, Internetanbieter für den Inhalt der übermittelten Informationen verantwortlich zu machen sowie strafrechtliche Sanktionen für das Herunterladen von Dateien für den privaten Gebrauch einzuführen. Ich sage „angeblich“, da die Informationen über den Inhalt des Abkommens nicht aus offiziellen Quellen stammen, sondern lediglich auf Gerüchten und durchgesickerten Informationen basieren, da es die Kommission versäumt, das Parlament über den Fortschritt der Verhandlungen zu unterrichten. Der Vertrag von Lissabon jedoch sieht solch ein Verfahren jetzt vor. Zudem ist die Zustimmung des Parlaments mit einer Mehrheit von Stimmen für alle vom Rat zu schließenden Abkommen notwendig. Mit dem neuen Vertrag werden Kompetenzen für Maßnahmen im Bereich des geistigen Eigentums eingeräumt, die gleichermaßen dem Parlament und dem Rat übertragen werden. Aus diesem Grund möchte ich mich den Worten meiner Kollegen anschließen, die in Bezug auf die gegenwärtigen Verhandlungen größere Transparenz fordern, und ich denke, dass die interinstitutionelle Zusammenarbeit zur Frage des ACTA-Abkommens ein Beleg dafür sein sollte, dass alle Organe den neuen Vertrag, der nun in Kraft ist, ernst nehmen. Momentan ist dies nicht der Fall.
Alan Kelly (S&D), schriftlich. – Das Handelsabkommen zur Bekämpfung von Produkt- und Markenpiraterie hat ein Mandat, das für den Schutz der Rechte des geistigen Eigentums von grundlegender Bedeutung ist. Nach der Krise muss für Intellektuelle und Künstler ein Anreiz geschaffen werden, ihre Kreativität zu nutzen und neues Material ohne Angst online zu veröffentlichen. Dieses Recht muss gegen das Recht des Einzelnen auf Zugang zu Informationen abgewogen werden. Sanktionen sollten sich darüber hinaus nur gegen die größere kommerzielle Ausnutzung urheberrechtlich geschützten Materials richten. Doch diese Frage wird an einem anderen Tag zu erörtern sein. Im Augenblick bin ich sehr besorgt über den Grad, in dem dieses Parlament über die Verhandlungen informiert wird. Gemäß dem Vertrag von Lissabon erfordert dieses Abkommen die Zustimmung des Parlaments, und ich könnte mir vorstellen, dass es in Anbetracht der Richtung, in die es sich entwickelt, bei meinen Kolleginnen und Kollegen wenig Zuspruch finden wird. Die ACTA-Verhandlungen müssen offener gestaltet werden und Kommission und Rat dazu ihre Bereitschaft zeigen, indem sie dafür Sorge tragen, dass dem Parlament ein umfassender Zugang zu den entsprechenden Dokumenten gewährt wird.
Stavros Lambrinidis (S&D), schriftlich. – Ich hoffe, dass die schriftliche Erklärung zum ACTA, die ich vor zwei Wochen gemeinsam mit meinen Kollegen Castex und Alvaro und der Kollegin Roithová vorgelegt habe, sowie die heutige Aussprache ein verspäteter Weckruf für den Rat und die Kommission sind. Dieses Parlament wird sich nicht einfach still zurücklehnen, während die Grundrechte von Millionen von Bürgerinnen und Bürgern hinter verschlossenen Türen verhandelt werden. Wir wenden uns entschieden gegen jegliche „Gesetzeswäsche“ auf internationaler Ebene in Bezug auf Fragen, die vor den meisten nationalen Gesetzgebern, geschweige denn dem Europäischen Parlament, nur sehr schwierig durchzubringen wären. Ich spreche hier natürlich von den berüchtigten „Three-Strikes“-Regelungen. Dieses Parlament ist der festen Überzeugung, dass die Rechte des geistigen Eigentums gewahrt werden müssen, dies jedoch nicht, indem privaten Firmen weit reichende Rechte eingeräumt werden, die Internetaktivitäten eines jeden einzelnen Bürgers zu überwachen – etwas, das wir im Rahmen der Terrorismusbekämpfung sogar der Polizei verwehren – und ganz sicher nicht durch die unverhältnismäßige Strafmaßnahme, ganze Haushalte vom Internet abzuschneiden. Der Zugang zum Internet selbst ist ein Grundrecht. Er muss als solches behandelt und geschützt werden.
Michael Theurer (ALDE), schriftlich. – Die Verhandlungen der Europäischen Kommission zum Abkommen zur Bekämpfung von Produkt- und Markenpiraterie (ACTA) werfen noch einige Fragen auf. Das Abkommen beinhaltet berechtigte Anliegen, nämlich die Bekämpfung von Fälschungen bei Produkten und Marken und deren Schmuggel, es muss aber noch stärker auf unsere europäischen Grundsätze ausgelegt werden. Es darf hierbei nicht zu einer Harmonisierung des Urheberrechts, Patentrechts oder Markenrechts in der EU kommen – im Gegenteil, das Subsidiaritätsprinzip muss oberste Prämisse bleiben! Handelsabkommen dürfen nicht dazu missbraucht werden, Grund- und Freiheitsrechte von Einzelnen zu beschneiden. Bevor das Parlament seine zur Ratifizierung dieses Abkommens notwendige Zustimmung geben kann, muss jedoch nicht nur inhaltlich noch stark nachgebessert werden! Das Parlament muss stärker in die Verhandlungen einbezogen, und Verhandlungsdokumente müssen vollständig für uns zugänglich gemacht werden!
Der Präsident. – Als nächster Punkt folgt die Aussprache über die mündliche Anfrage an die Kommission von Daniel Caspary, im Namen der PPE-Fraktion, Kader Arif, im Namen der S&D-Fraktion, Niccolò Rinaldi, im Namen der ALDE-Fraktion, Yannick Jadot, im Namen der Verts/ALE-Fraktion, Joe Higgins, im Namen der GUE/NGL-Fraktion und Robert Sturdy, im Namen der ECR-Fraktion, zur Verordnung über ein Schema allgemeiner Zollpräferenzen (O-0022/2010 - B7-0018/2010).
Daniel Caspary, Verfasser. − Herr Präsident, geschätzter Herr Kommissar, geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Mit dem APS-System gewährt die Europäische Union im Moment 176 Entwicklungsländern Marktzugang in Form von reduzierten Importzöllen. Das sind Vergünstigungen, die wir als Europäische Union anbieten, ohne dafür eine Gegenleistung von unseren Partnern zu erwarten. Zusätzlich gibt es APS+ für einige bestimmte Länder mit besonderen Herausforderungen und für solche, die besondere Bedingungen erfüllen.
Was ist die Ausgangslage? Wir brauchen ab dem 1. Januar 2012 eine neue Regelung, weil die alte ausläuft. Für ein geordnetes Verfahren, das uns auch für zwei Lesungen Zeit gibt, brauchen wir Zeit. Deshalb erwarte ich für meine Fraktion, dass die Kommission möglichst zügig einen neuen Vorschlag vorlegt. Wie gesagt, wir brauchen für ein Verfahren mit zwei Lesungen ausreichend Zeit, und es kann nicht sein, dass wir als Europäisches Parlament diese Entscheidungen im Zweifel unter Druck treffen sollen. Und wir brauchen eine Evaluierung des bestehenden Systems. Ich wünsche mir, dass wir sehr bald Zahlen, Daten, Fakten dazu bekommen, wie sich das bestehende System in der Praxis bewährt hat. Hat das bestehende System wirklich dazu geführt, Handelserleichterungen für die davon profitierenden Staaten auch zu schaffen? Sind die Exportzahlen auch gestiegen? Profitieren die richtigen Länder von diesem System? Ich werfe die Frage in den Raum: Stimmt alles in dem bestehenden System? Wenn beispielsweise Länder wie Katar, das ein Pro-Kopf-Einkommen hat, das höher ist als das Pro-Kopf-Einkommen von 25 Mitgliedstaaten der Europäischen Union, unter das APS-System fällt, bin ich der festen Überzeugung, dass wir bei der Überarbeitung des gesamten Systems all diese Dinge unbedingt kritisch anschauen sollten.
Um eine Sache bitte ich die Kollegen aller Fraktionen im Hinblick auf die Abstimmung morgen: Wir sollten bei der Entschließung allgemein bleiben, wie es auch im ursprünglichen Entwurf vereinbart war. Ich wäre den Kollegen sehr dankbar, wenn wir Einzelfälle, die diskutiert wurden, nicht in der Entschließung erwähnten.
David Martin, stellvertretend für den Verfasser. – Herr Präsident! Ich begrüße ebenso wie Herr Caspary die drei Präferenzregelungen im Rahmen des Allgemeinen Präferenzsystems – „Alles außer Waffen“, APS und APS+.
Es ist richtig, dass den 49 ärmsten Ländern der Welt für sämtliche Erzeugnisse außer Waffen der offene Zugang zu unseren Märkten gewährt werden soll. Es ist richtig, wie Herr Caspary festgestellt hat, dass den 176 Entwicklungsländern der präferenzielle Zugang zu unserem Markt gewährt werden soll. Es ist auch richtig, dass 16 Ländern im Rahmen von APS+ ein sogar noch besserer Zugang zu unserem Markt gewährt werden soll, sofern sie im Gegenzug dazu 27 konkrete internationale Abkommen in den Bereichen Menschenrechte, grundlegende Arbeitsnormen, nachhaltige Entwicklung und verantwortungsvolle Staatsführung ratifizieren und umsetzen.
Es ist jedoch auch richtig, dass wir von den 16 begünstigten Ländern erwarten, ihre Verpflichtungen im Rahmen dieser Abkommen umzusetzen und zu respektieren.
Wenn wir zulassen, dass die Länder ihre im Rahmen der Abkommen eingegangenen Verpflichtungen nicht umsetzen oder die Rechtsvorschriften nicht einhalten, geht der Anreiz, der durch APS+ geboten werden soll, verloren. Überdies strafen wir damit tatsächlich die anderen APS-Staaten, indem wir ihre Präferenzen aushöhlen und 16 Staaten Zollpräferenzen gewähren, die die Rechte nicht achten.
Aus diesem Grund begrüße ich das in Sri Lanka geführte Untersuchungsverfahren der Kommission, die zudem Maßnahmen gegen das Land vorgeschlagen hat. Aus diesem Grund bin ich auch der festen Überzeugung, dass die Kommission in Bezug auf die Einhaltung der 27 Abkommen eine Untersuchung in Kolumbien einleiten sollte. Das bedeutet nicht, dass wir Maßnahmen gegen Kolumbien ergreifen. Es bedeutet lediglich, dass wir eine Untersuchung durchführen – so, wie bereits zuvor in El Salvador, aus der dann hervorging, dass keine Maßnahmen ergriffen werden müssen.
Ich habe drei Fragen an den Herrn Kommissar.
Teilt die Kommission die Auffassung, dass dem Parlament künftig das Recht eingeräumt werden sollte, Untersuchungen im Rahmen des APS+ zu fordern?
Zweitens, wird die Kommission dem Parlament in der Zwischenzeit den von ihm geforderten Bericht über den Stand der Ratifizierung und Umsetzung der Abkommen in den derzeit durch APS+ begünstigten Ländern vorlegen?
Und drittens, wann beabsichtigt die Kommission, dem Parlament die überarbeitete Verordnung für die nächste Phase des APS vorzulegen? Sie wurde uns für Juni versprochen und somit erwarten wir sie auch im Juni.
Niccolò Rinaldi, Verfasser. – (IT) Herr Präsident, Herr Kommissar, meine Damen und Herren! Unmittelbar nach der Wahl dieses Parlaments wurden wir mit der Frage der Aussetzung des Allgemeinen Präferenzsystems (APS+) konfrontiert, insbesondere im Hinblick auf die Anwendung oder Nichtanwendung dieses Mechanismus in Sri Lanka und Kolumbien.
Im ersten Fall haben wir eine Reihe von Versäumnissen, einige davon schwerwiegend, in Sri Lanka beobachtet, einem Land, auf das der mildernde Umstand zutrifft, dass es einen sehr lange währenden Bürgerkrieg gegen eine furchtbare terroristische Organisation hinter sich hat. Die Kommission hat in diesem Fall meiner Ansicht nach eher überstürzt gehandelt, woraus schnell der Vorschlag hervorging, das APS+ aufzuheben. Sri Lanka hatte im Rat jedoch keine, wenn wir sie so nennen können, „Beschützer“, und so wurde der Beschluss gefasst. Das Europäische Parlament hat in diesem Zusammenhang keinerlei Rolle gespielt: Nach unserer Meinung wurde nicht gefragt.
Im zweiten Fall haben wir es mit einem Land zu tun, das von einem entsetzlichen inneren Guerillakrieg heimgesucht wird und in dem schwere Menschenrechtsverletzungen begangen werden, darunter zahlreiche Morde an Gewerkschaftern. Bislang hat sich die Kommission nicht dazu geäußert, wann der richtige Zeitpunkt für die Einleitung einer Untersuchung gegeben ist und hält im Grunde genommen weiterhin an dem Freihandelsabkommen fest, womit ich persönlich übereinstimme. Wir wissen, dass im Rat Regierungen vertreten sind, die sich aktiv für den Schutz der Interessen der kolumbianischen Behörden einsetzen, und einmal mehr spielt das Europäische Parlament hier keinerlei Rolle: Niemand hat das Parlament um eine Stellungnahme ersucht, obgleich es beinahe täglich die Meinungen der anderen hören muss.
In beiden Fällen liegt uns keine Folgenabschätzung der arbeits- und wirtschaftspolitischen Auswirkungen der möglichen Aufhebung vor. Bei all den Unstimmigkeiten gibt es allerdings einen gemeinsamen Nenner: die Statistenrolle des Europäischen Parlaments. Diese Entscheidungen sind jedoch von höchst politischer und nicht formaler Natur, und ich finde dies vollkommen inakzeptabel. Aus diesem Grund brauchen wir mit dem Auslaufen der derzeitigen Regelung Ende 2011 eine neue Verordnung, und ich glaube, dass diese zwei konkreten Beispiele das deutlich zeigen. In der Zwischenzeit wäre es jedoch auch förderlich zu erörtern, was in der vergangen Monaten in diesen Ländern geschehen ist.
Es wäre beispielsweise interessant zu erfahren, wie weit nach Ansicht der Kommission die Schwelle der Menschenrechtsverletzungen überschritten werden muss, damit in Kolumbien oder einem anderen Land Untersuchungen eingeleitet werden, und welche konkreten Maßnahmen die Regierung von Sri Lanka ergreifen sollte – wie beispielsweise die Aufhebung des Kriegsrechts – um die Aussetzung zu stoppen.
Daher verlangen wir, Herr Kommissar, Folgendes: einen neuen Vorschlag, wenn möglich bis Juni; klare Kriterien hinsichtlich der Förderwürdigkeit der begünstigten Länder unter Berücksichtigung der Tatsache, dass das APS ein Entwicklungsinstrument ist und einige Länder auf der Liste offen gesagt keine Entwicklungsländer sind; die Ratifizierung und Umsetzung der 27 Abkommen der Internationalen Arbeitsorganisation in den begünstigten Ländern; die Transparenz ihrer Verhaltensregeln; ein System zur Bewertung der Auswirkungen des APS sowie eine Mitteilung an das Parlament. Wie Herr Martin bereits erwähnte, muss das Parlament im Falle einer Aussetzung voll und ganz einbezogen werden, da es sich hierbei – ich wiederhole – um eine eminent politische Entscheidung handelt.
Nicole Kiil-Nielsen, stellvertretend für den Verfasser. – (FR) Herr Präsident! Unsere heutige Aussprache stützt sich auf drei Punkte hinsichtlich des Allgemeinen Zollpräferenzsystems.
Erstens tritt die derzeitige Verordnung am 31. Dezember 2011 außer Kraft. Die Kommission muss dem Europäischen Parlament bis spätestens Juni 2010 einen neuen Entwurf der Verordnung vorlegen, damit das Parlament seine Befugnisse gemäß dem Vertrag von Lissabon ausüben kann.
Zweitens ist die Funktionsweise des Allgemeinen Präferenzsystems Plus (APS+) alles andere als optimal. Wer legt auf Grundlage welcher Kriterien die Liste der begünstigten Länder fest? Erstaunlich! Wer überwacht eigentlich die Umsetzung der 27 internationalen Abkommen zu sozialen und umweltpolitischen Fragen, die eine Voraussetzung sind, um von APS+ profitieren zu können? Wir wissen es nicht.
Welche Ergebnisse können durch APS+ vorgewiesen werden? Hat es zu nachhaltiger Entwicklung geführt, zur Diversifizierung der Produktion und zur Schaffung menschenwürdiger Arbeitsplätze? Oder aber vielmehr zu einer immensen Zunahme befristeter Arbeitsverhältnisse, der Aufgabe landwirtschaftlicher Tätigkeit und der Konzentration von Großbetrieben, die sich dem Export widmen? Wir haben keine Ahnung.
Es bedarf also einer tief greifenden Reform der Verordnung, um demokratische Kontrolle zu gewährleisten und sicherzustellen, dass die ergriffenen Maßnahmen tatsächlich zur Erreichung der angestrebten Ziele führen.
Der wahre Grund der Aussprache heute Abend ist jedoch der bedauerliche Fall Kolumbiens. Bis heute weigert sich die Kommission, eine Untersuchung der gravierenden Menschenrechtsverletzungen in diesem Land einzuleiten. Eine solche Untersuchung ist in der Verordnung jedoch vorgesehenen.
Angesichts der Werte, für die sich die Europäische Union einsetzt, ist es unbegreiflich, dass die EU – auf der Suche nach Profitmöglichkeiten für ihre eigenen multinationalen Unternehmen im Milch-, Automobil-, Arznei-, Telekommunikations- und Bankensektor – die an das APS geknüpften Bedingungen aufgeben soll und sich, in den vergangenen Tagen, in ein Freihandelsabkommen mit Kolumbien stürzt. Dies bedeutet für Kolumbiens Gewerkschaften, Kleinlandwirte, Verbraucher und nationale Industrieproduktion den Todesstoß.
Joe Higgins, Verfasser. – Herr Präsident! Das System, nach dem die EU einigen Ländern eine Präferenzbehandlung im Bereich des Handels gewährt, besteht seit 1971. Dieser Mechanismus soll die Unausgewogenheiten im Handel zwischen entwickelten kapitalistischen Ländern und ärmeren Ländern der Welt ausgleichen und zu nachhaltiger Entwicklung beitragen.
Herr Kommissar, stimmen Sie zu, dass das System in diesem Zusammenhang kläglich versagt hat und von den Handelsabkommen der EU überwiegend transnationale Unternehmen mit Sitz in der Europäischen Union profitiert haben, die ihre überlegenen Ressourcen einsetzen, um kleine inländische Produzenten in vielen armen Ländern zu ruinieren, was zu schwerwiegenden Problemen führt, wie etwa dem Verlust lokaler Arbeitsplätze und der Zerstörung der Umwelt? Ist das nicht die eigentliche Bedeutung des vor drei Jahren veröffentlichten Strategiepapiers der EU-Kommission mit dem Titel: „Ein wettbewerbsfähiges Europa in einer globalen Welt“?
Welche Hoffnungen, Herr Kommissar, können sich die Arbeitnehmer in Afrika, Asien und Lateinamerika angesichts der Tatsache machen, dass sich Ihre Kommission allein in den vergangenen Wochen wiederholt feige den kriminellen Spekulationen freibeuterischer Hedgefonds-Händler gebeugt hat, die massive und schnelle Gewinne durch skandalöse Spekulationen gegen den Euro und insbesondere gegen Griechenland anstreben? Sie haben die Arbeiterklasse und die Armen Griechenlands der großzügigen Gnade dieser Parasiten überlassen, die in Wahrheit Verbrecher sind. Welche Hoffnung können sich arme Menschen und Arbeitnehmer außerhalb der Europäischen Union angesichts dieser Situation machen?
Die Frage lautet nun, wie die EU-Kommission bewertet, ob die von den Präferenzhandelsabkommen mit der EU begünstigten Länder die Arbeitnehmerrechte und Menschenrechte schützen. Bitte teilen Sie uns das mit.
Und wie können Sie die Beziehungen mit der kolumbianischen Regierung aufrechterhalten, wenn sich doch ganz offensichtlich staatlich kontrollierte Organe, insbesondere die Armee, fortlaufend der abscheulichsten Verbrechen schuldig machen, wie erst kürzlich die grausame Entdeckung des Massengrabs mit unschuldigen Mordopfern in La Macarena gezeigt hat?
Wie beurteilt die Kommission gegenwärtig die Fortsetzung des APS+ mit Sri Lanka, wenn man berücksichtigt, dass sich die Politik der Regierung von Herrn Rajapaksa nach der Wahl weiterhin gegen Menschenrechte und Arbeitnehmerrechte richtet?
Syed Kamall, stellvertretend für den Verfasser. – Herr Präsident! Ich glaube, wir alle verstehen, dass eines der Ziele des APS darin bestand, die ärmeren Länder in das globale Handelssystem einzubeziehen. Die Gewährung einer Präferenzbehandlung wurde als positive Maßnahme zur Überwindung bestimmter Handelsungleichgewichte zwischen reicheren und ärmeren Ländern betrachtet.
Ich habe zahlreiche Freunde und Verwandte in vielen dieser ärmeren Länder und denke, dass wir uns die dortigen Regierungen anschauen müssen: unzulängliche Staatsführung; staatliche Monopole und korrupte Regierungen, die die Unternehmer in diesen Ländern daran hindern, Wohlstand zu schaffen; die Tatsache, dass sie mit Schwierigkeiten konfrontiert sind, die Materialien zu importieren, die zur Schaffung von Mehrwert und Wohlstand notwendig sind sowie auch die Tatsache, dass vielen Bürgerinnen und Bürgern der Länder der Zugang zu Gütern und Dienstleistungen verwehrt wird, die wir hier in der EU und in vielen wohlhabenderen Ländern als selbstverständlich erachten.
Wir sollten uns auch dessen bewusst sein, dass die Unterstützung der Unternehmer der beste Weg ist, um Menschen aus der Armut zu helfen. Die Unternehmer werden Arbeitsplätze und Wohlstand schaffen, und sie werden die Menschen aus der Armut holen.
Im Rahmen der jüngsten Verhandlungen über die Wirtschaftspartnerschaftsabkommen (WPA) zeigten sich viele Abgeordnete quer durch das politische Spektrum besorgt angesichts der undifferenzierten Herangehensweise der Kommission in Bezug auf die WPA.
In einem Fall, mit dem ich befasst war, äußerte sich der Beamte der Kommission im Ausschuss, dass es bei den WPA nicht allein um Handel ginge, sondern auch um regionale Integration und die Verbreitung des EU-Modells. Als wir aber fragten, ob einigen der AKP-Staaten, die besondere Belange haben, alternativ APS+ gewährt werden könnte, wurde uns mitgeteilt, dass dies nicht möglich sei, da sie bestimmte Konventionen verletzten und demnach nicht die Voraussetzung für APS+ erfüllten.
Künftig sollten wir uns bei der Anwendung von APS+, als einer möglichen Alternative zu den WPA, um mehr Flexibilität bemühen. Wir können damit auf verschiedene Art und Weise umgehen. Entweder können wir Sanktionen gegen die Länder verhängen, die die Normen nicht erfüllen, oder aber auf einen fortlaufenden Dialog setzen, um sicherzustellen, dass die Bedingungen in diesen Ländern verbessert werden und uns dabei bewusst machen, dass weder Rom noch die in Europa geltenden hohen Normen an einem einzigen Tag geschaffen wurden. Es ist an der Zeit, den Unternehmern in den Entwicklungsländern zu helfen, anstatt das Thema übermäßig zu politisieren.
Karel De Gucht, Mitglied der Kommission. – Herr Präsident! Das derzeit geltende APS-Schema tritt am 31. Dezember 2011 außer Kraft. Die Kommission arbeitet bereits an einer inhaltlichen Aktualisierung und Überarbeitung des geltenden Schemas. Noch in diesem Monat werde ich eine umfassende öffentliche Anhörung zu möglichen Verbesserungen und Änderungen einleiten, der eine gründliche Neubewertung der Auswirkungen folgt. Der Kommissionsvorschlag für eine Nachfolgeregelung kann demnach für das erste Quartal 2011 erwartet werden. Dieser Vorschlag unterliegt natürlich dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren, das sich bis weit über den Zeitpunkt des Außerkrafttretens des geltenden Schemas am 31. Dezember 2011 erstrecken könnte.
Sie werden zustimmen, dass wir eine Situation verhindern müssen, in der die APS-begünstigten Länder am 1. Januar 2012 all ihre Präferenzen verlieren. Daher werden wir parallel zu der unverzichtbaren Vorbereitungsarbeit für ein neues APS-Schema einen Vorschlag zur Verlängerung der geltenden Verordnung vorlegen, die bis zum Inkrafttreten des neuen Schemas Kontinuität garantiert. Das sollte Ihnen die Zeit geben, um konkret an dem Nachfolgeschema zu arbeiten und zugleich sicherstellen, dass die APS-begünstigten Länder nicht auf sich allein gestellt bleiben. Dieses Dokument soll Ihnen im April vorgelegt werden.
Ich habe Ihre Bedenken in Bezug auf die Art und Weise, wie die Kommission die Einhaltung der geltenden APS+-Kriterien durch die Empfängerländer überwacht, zur Kenntnis genommen. Das grundlegende Kriterium für APS+ ist die Ratifizierung und tatsächliche Umsetzung von 27 internationalen Abkommen im Bereich der Menschenrechte, der grundlegenden Arbeitsnormen, der nachhaltigen Entwicklung und der verantwortungsvollen Staatsführung. Es ist Aufgabe der Kommission, die Einhaltung dieser Kriterien durch die Empfängerländer genau zu überwachen.
Die Kommission ist dazu verpflichtet und entschlossen, die APS-Regelung gerecht und objektiv anzuwenden. In diesem Zusammenhang stützen wir unsere Überwachung und Bewertung der tatsächlichen Umsetzung der APS+-Regeln soweit wie möglich auf die Ergebnisse und Berichte internationaler Organisationen wie den Vereinten Nationen, der Internationalen Arbeitsorganisation und anderen wichtigen Organisation sowie auch auf die in den Abkommen selbst vorgesehenen Überwachungsmechanismen.
Damit wird ein eindeutiges und objektives Überprüfungsverfahren möglich. Die Überwachung wird zudem durch den bilateralen Dialog zwischen der Kommission und den APS+- Ländern zu Fragen der Umsetzung unterstützt. Sofern solche Berichte Informationen darüber enthalten, dass die APS-Kriterien nicht vollständig eingehalten werden, sieht die APS-Regelung für die Kommission die Möglichkeit vor, eine Untersuchung zur Aufklärung der tatsächlichen Situation einzuleiten und geeignete Maßnahmen vorzuschlagen.
Dieses Untersuchungswerkzeug ist ein ernst zu nehmendes Instrument, das dann eingesetzt werden sollte, wenn es die Situation rechtfertigt. Die Einleitung einer Untersuchung ist jedoch keine leichtfertig zu ergreifende Maßnahme, da sie unsere weiter reichenden Beziehungen mit den Partnerländern beeinflussen kann. Denken Sie zum Beispiel an den jüngsten Fall mit Sri Lanka.
Da es das Ziel von APS+ ist, Ländern einen Anreiz für die Einhaltung der internationalen Normen für verantwortungsvolles Handeln zu schaffen, sollte den entsprechenden Ländern zunächst die Möglichkeit eingeräumt werden, ihr Engagement für die Ziele des APS+ und ihre Kooperationsbereitschaft mit den internationalen Kontrollorganen zu beweisen sowie die festgestellten Missstände anzugehen.
Mit diesem Ansatz werden die bereits von diesen Ländern ergriffenen Maßnahmen anerkannt und es wird dem allgemein anreizbasierten Ansatz entsprochen, der dem APS+ zugrunde liegt.
Mir liegt sehr daran, mit Ihnen die Zukunft des APS-Schemas und insbesondere des APS+ zu erörtern. Im Rahmen der Vorbereitungen für die Überarbeitung des derzeit geltendes Schemas, die auch die APS+-Kriterien und ihre entsprechende Überwachung betreffen wird, werden die vom Europäischen Parlament angesprochenen Themen sorgfältig geprüft.
Da diese Überarbeitung nun dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren folgt, ist das Europäische Parlament dem Rat bei der endgültigen Gestaltung des neuen APS-Schemas gleichgestellt.
Laima Liucija Andrikienė,im Namen der PPE-Fraktion. – Herr Präsident! Ich möchte mich den Bemerkungen meines Kollegen Daniel Caspary, den ich voll und ganz unterstütze, anschließen und einige Punkte hervorheben. Zunächst einmal erfährt das Parlament durch das Inkrafttreten des Vertrages von Lissabon bei der Gestaltung der Handelspolitik der EU in vielerlei Hinsicht eine neue Bedeutung. Das APS ist eines jener Bereiche, in denen das Parlament nun über ein stärkeres Mitspracherecht und einen größeren Einfluss verfügt.
Ich möchte Sie, Herr Kommissar, auch dazu aufrufen, der stärkeren Rolle des Parlaments in dem Bereich, den sie beaufsichtigen, positiv gegenüberzustehen. Ich fordere Sie daher auf, das Parlament zur Fertigstellung oder Überprüfung der Liste der Länder, die unter das APS und APS+ fallen, zu konsultieren.
Drittens sollte das Parlament auch in die Überwachung einbezogen werden, ob die durch das APS begünstigten Länder die 27 Abkommen der Internationalen Arbeitsorganisation und der Vereinten Nationen einhalten – das heißt also nicht nur ratifizieren, sondern tatsächlich auch wirksam umsetzen. Die Kommission sollte das Parlament zu diesem Thema zumindest konsultieren, und unsere Pflicht im Parlament ist natürlich, dafür zu sorgen, innerhalb unserer entsprechenden Organe und Ausschüsse Mechanismen zu entwickeln, um zu solch einer Überwachung beizutragen. Abschließend möchte ich die in dem Entschließungsentwurf, über den wir morgen abstimmen, zum Ausdruck gebrachte Forderung bekräftigen. Die Kommission sollte den Entwurf einer neuen Verordnung über das APS so schnell wie möglich erarbeiten.
Last but not least: Ich kann den Ausführungen einiger Kollegen in Bezug auf Kolumbien nicht zustimmen. Kolumbien ist ein Land wie viele andere in der Region. Wir können die positiven Entwicklungen und Errungenschaften im Bereich der Menschenrechte und in Bezug auf die Situation der Menschenrechtsverteidiger in diesem Land nicht ignorieren. Es ist nicht nötig, gerade dieses eine Land zu erwähnen und zu beschämen, da es in unserer Entschließung um die neue Verordnung und die Notwendigkeit einer neuen Verordnung geht.
Vital Moreira, im Namen der S&D-Fraktion.– (PT) Herr Präsident, Herr Kommissar! Es ist erfreulich, die Zusicherung von Herrn Kommissar De Gucht zu hören, dass die Kommission dem Parlament die Gesetzesinitiative zur Überarbeitung des Schemas allgemeiner Zollpräferenzen übermitteln wird, so dass im Rahmen des Rechtsetzungsverfahrens genügend Zeit zur Verfügung steht, um das Auslaufen des derzeit geltenden Schemas allgemeiner Zollpräferenzen Ende 2011 zu verhindern.
Dieses Schema muss überarbeitet werden. In erster Linie ist es ein Instrument der Entwicklungshilfe, das den Ländern einen nicht wechselseitigen präferenziellen Zugang zum europäischen Markt gewährt. Zweitens ist dieses Schema auch ein Instrument zur Verbesserung der Menschenrechtslage und der verantwortungsvollen Staatsführung in diesen Ländern und seine Gewährung an bestimmte von den Empfängerländern zu erfüllende Voraussetzungen geknüpft.
Aus den beiden genannten Gründen muss die Europäische Union dieses Instrument, das den Handel in den Dienst der Entwicklung und Menschenrechte stellt, erneuern. Im Rahmen der Erneuerung muss jedoch auch eine Bewertung der Ergebnisse des vorangegangenen Zeitraums berücksichtigt werden.
Andererseits sollte die neue Verordnung die nachfolgenden Anforderungen beachten, die auf der bisherigen Praxis beruhen. Erstens die zeitliche Befristung der Bestimmungen des Schemas allgemeiner Zollpräferenzen, so dass sie, falls sie nicht mehr notwendig sind, aufgehoben werden können. Zweitens die Vertiefung und Verfeinerung der Methoden zur Differenzierung und Auswahl der Empfängerländer unter Berücksichtigung des jeweiligen Entwicklungsstands und der externen Wettbewerbsfähigkeit. Drittens und letztens die Verbesserung der Mechanismen für die Überwachung der Einhaltung der Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des Schemas allgemeiner Zollpräferenzen, insbesondere in Bezug auf die Einhaltung der Menschenrechte.
Abschließend, Herr Kommissar, war es von Vorteil, dass die Meinung des Parlaments von Beginn des Rechtsetzungsverfahrens an berücksichtigt worden ist.
Georgios Papastamkos (PPE). – (EL) Herr Präsident! Die Behandlung im Rahmen des Allgemeinen Präferenzsystems, als Ausnahme vom Grundsatz der Meistbegünstigung der WTO, muss zielgerichtet sein. Sie muss, mit anderen Worten, von den Entwicklungsländern akzeptiert werden, da sie den größeren Bedarf haben. Die neue Liste der Empfängerländer muss die tatsächliche wirtschaftliche Lage und Wettbewerbsfähigkeit der Entwicklungsländer widerspiegeln.
Zudem ist die fehlende Differenzierung zwischen Entwicklungsländern letztlich zum Nachteil der am wenigsten entwickelten Länder. Es ist demnach nur schlüssig, dass der vorgeschlagenen Überarbeitung eine Bewertung der Auswirkungen vorausgeht, die das System im vorangegangenen Anwendungszeitraum auf die Empfängerländer hatte.
Handelspolitik und insbesondere wirtschaftliche Auflagen können durch die Ausübung sanften Drucks zweifellos zu einer wirksameren globalen Governance führen. Durch die Schaffung von Anreizen können sie zur Förderung der sozialen Dimension der Globalisierung im weiteren Sinne beitragen: menschenwürdige Arbeit, zukunftsfähige Entwicklung und demokratische Verantwortung.
Das Europäische Parlament sollte die Möglichkeit haben, im Rahmen des neuen, überarbeiteten Systems und bei der wirksamen Überwachung der Erfüllung der Verträge durch die Empfängerländer kreativ mitzuwirken.
Bernd Lange (S&D). - Herr Präsident! Herr Kommissar! Wir wissen alle, dass das APS-System ein gutes System und APS+ ein sehr gutes System ist. Wir müssen auch die Verlängerung sicherstellen, und deshalb brauchen wir Ihren Vorschlag, damit wir ordentlich im Parlament beraten können. Also Gas geben, Herr Kommissar!
Auch beim APS+-System können wir vielleicht noch ein paar Verbesserungen einführen. Fünf Punkte würde ich da anführen, bei denen man vielleicht noch einmal nachbessern kann. Erstens: Wer stellt fest, wie eigentlich die 27 Normen umgesetzt werden, nicht nur real anerkannt, sondern formal umgesetzt werden? Ist das allein Aufgabe der ILO, oder braucht man nicht ein assessment committee, das wirklich konkret die Umsetzung begleitet?
Zweitens: Wie wird die Zivilgesellschaft eingebunden? Ich würde mir wünschen, dass bei der Bewertung der Umsetzung von APS+ eine zivilgesellschaftliche Koordinierung in dem jeweiligen Land möglich ist, wie wir es jetzt auch im Südkorea-Abkommen vereinbart haben.
Drittens: Wer erteilt eigentlich einen Untersuchungsauftrag, wenn irgendwelche Probleme festgestellt werden? Das Parlament muss hier einbezogen werden, weil nach meinem Gefühl im Rat andere Interessen mitspielen, als wirklich eine Untersuchungsaufgabe zu veranlassen. Das Parlament sollte hier auch einen Untersuchungsauftrag erteilen.
Wir brauchen sicherlich auch noch klare Strukturen für die weiteren Schritte und auch klarere Strukturen für eine Aussetzung, aber darüber können wir vielleicht noch einmal im Detail reden.
Thomas Mann (PPE). - Herr Präsident! APS räumt vor allem den Entwicklungsländern und Schwellenländern Handelsvergünstigungen ein. Diese moderne Art der Entwicklungshilfe von Zollermäßigungen bis Zollbefreiungen auf den Absatzmärkten der Industriestaaten hat viel erreicht. Durch die Sonderregelung APS+ sollen Sozial- und Umweltnormen verwirklicht werden. Sie ist Ursache dafür, dass immer öfter auch die Konventionen der UNO und der ILO unterzeichnet wurden.
Nur, Herr Kommissar, wie kontrolliert die Kommission die Umsetzung dieser Kriterien? Wird die Rücknahme der Präferenzen konsequent eingehalten, wenn Waren exportiert werden, die in Zwangsarbeit oder Sklaverei entstanden sind, wenn unlautere Handelspraktiken vorliegen und wenn die Kontrolle der Ursprungserzeugnisse nicht gewährleistet ist? Und sollte der durch APS+ erzielte Gewinn an Menschenrechten nicht auch endlich größere Staaten umfassen? Ich denke beispielsweise an China. All unsere Entschließungen, die Demonstrationen, die bilateralen Verhandlungen zwischen der EU und China haben keine Verbesserung bei den Menschenrechten gebracht. Deshalb gehen morgen, am Internationalen Tibet-Tag, Hunderttausende auf die Straßen, und in zehntausenden Städten und Gemeinden der Europäischen Union werden Tibetfahnen gehisst. Wir bekunden Solidarität mit den Menschen, die um ihre kulturelle, sprachliche und religiöse Autonomie kämpfen.
Teilen Sie, Herr Kommissar, die Ansicht, dass Menschenrechtsnormen, Sozialnormen und Umweltnormen aus den Spezialregulierungen herausgenommen werden müssen und in den Kriterienkatalog von APS integriert werden? Die Zusammenarbeit mit unseren Handelspartnern darf sich nicht auf rein wirtschaftliches Denken beschränken.
Gianluca Susta (S&D). – (IT) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Dies ist eine wichtige Gelegenheit, um vor allem die Bedeutung des Allgemeinen Präferenzsystems zu bekräftigen. Sowohl das APS als auch das APS+, die beide in Zusammenhang mit der „Alles-außer-Waffen“-Initiative stehen, leisten einen Beitrag zur Verringerung von Armut unter strikter Einhaltung der vorrangigen Verpflichtung der Achtung der Menschenrechte. Es ist die Verletzung dieser Grundsätze der Koexistenz, die die Europäische Union jüngst dazu bewogen haben, die für Sri Lanka geltenden Zollpräferenzen nach einer umfassenden Untersuchung der Kommission auszusetzen.
Der neue institutionelle Rahmen muss das Parlament jedoch vollständig in das Gesetzgebungsverfahren zur Änderung der geltenden Rechtsvorschriften einbeziehen. Daher hoffen wir, dass es in Übereinstimmung mit den üblichen Verfahren eine vollständige Überprüfung der Verordnung geben wird, da diese einige Schwachstellen aufweist, unter anderem in Bezug auf die Untersuchungen. Als nächster Schritt folgt die gemeinsame Entschließung.
Die Wirksamkeit der Verordnung hängt von ihrer Glaubwürdigkeit ab, von der Objektivität der ihr zugrunde liegenden Kriterien und von der Genauigkeit ihrer Anwendung. In einem Europa, in dem die Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger dagegen ist, Demokratie mit vorgehaltener Waffe zu exportieren, sind Handel und handelsbezogene Hilfe wichtige Instrumente zur Verbreitung der Grundsätze der Koexistenz, die auf der Achtung der Menschenrechte beruhen. Es ist unsere Pflicht, nicht in Gleichgültigkeit zu verfallen – was nicht richtig wäre – aber auch voreilige Urteile zu vermeiden. Urteile, die wie im Fall von Kolumbien wie unwiderrufliche Strafen klingen.
Genau aus diesem Grund kann ich die fast einseitige, unflexible Haltung gegenüber dem einen oder anderen Land nicht unterstützen. Ich unterstütze jedoch die Notwendigkeit einer verstärkten Überwachung all der problematischen Situationen im Sinne der geltenden Rechtsvorschriften und gemäß den Grundsätzen der Regeln, auf die wir die von uns geforderte Überarbeitung stützen wollen.
Christofer Fjellner (PPE). – (SV) Herr Präsident! Das heute hier diskutierte Schema allgemeiner Zollpräferenzen ist ein überaus gutes und wichtiges Instrument, da es einigen der womöglich ärmsten Ländern der Welt den Export auf den europäischen Markt und den Handel mit Europa erleichtert. Viele Länder Europas haben ihren Wohlstand auf diese Weise aufgebaut. Aus diesem Grund ist es wichtig, dass wir uns bemühen, dies auf andere Länder auszudehnen.
In einer Aussprache wie dieser und bei den bevorstehenden Arbeiten zur Überprüfung des Allgemeinen Präferenzsystems müssen wir uns auf dessen Hauptaufgabe und grundsätzliches Ziel besinnen: die Bekämpfung der Armut. Handel ist bei Weitem der wirksamste Weg, Armut zu bekämpfen und wirtschaftliches Wachstum zu schaffen, und es ist wichtig, dass wir das nicht vergessen.
Natürlich ist das Allgemeine Präferenzsystem auch ein guter Weg, Druck auf die Länder auszuüben, damit sie die internationalen Vereinbarungen und Abkommen einhalten und Verpflichtungen im Bereich der Menschenrechte und so weiter nachkommen. Wir dürfen jedoch nicht vergessen, dass Entwicklung das Ziel ist. Natürlich muss die EU die präferenzielle Behandlung bei Ländern, die ihre Verpflichtungen nicht einhalten, verweigern oder aufheben können. Wir dürfen jedoch nicht vergessen, dass wir uns hier auf einem schmalen Grat bewegen. Einem Land, dem größere Freiheiten im Handel und neue Exportmöglichkeiten verweigert werden, wird es kaum leichter fallen, die Verpflichtungen und von uns gestellten Forderungen einzuhalten.
Es gibt einen Zusammenhang: Korruption, schlechte Arbeitsbedingungen und mangelnde Achtung der Menschenrechte tragen zur Armut bei, aber die Armut erschwert den Kampf gegen Korruption, Menschenrechtsprobleme und schlechte Arbeitsbedingungen. Ich würde gern die Meinung des Herrn Kommissar zu Paragraf 22 hören, anders ausgedrückt zu der Gefahr, dass es durch die Rücknahme der Handelspräferenzen für Länder schwieriger wird, bestimmte Probleme, wie etwa schlechte Arbeitsbedingungen, zu überwinden.
Zudem möchte ich darauf hinweisen, dass wir gegenwärtig von einigen Ländern verlangen, die 27 IAO- und UN-Abkommen zu ratifizieren und vollständig umzusetzen. Ich wünsche mir eine wirkliche Analyse, ob alle Mitgliedstaaten der Europäischen Union die IAO- und UN-Abkommen vollständig umgesetzt und ratifiziert haben. Ich halte es zumindest für unwahrscheinlich, dass sie alle vollständig umgesetzt wurden und denke, dass genau das bedacht werden muss, wenn wir beginnen, Forderungen an andere zu stellen.
Rareş-Lucian Niculescu (PPE). – (RO) Ich möchte dem Herrn Kommissar eine einfache Frage stellen. Gemäß der Verordnung (EG) Nr. 732/2008 müssen Staaten, die im Rahmen der APS+-Regelung präferenzielle Bedingungen erlangen wollen, bis Ende April dieses Jahres einen entsprechenden Antrag vorlegen. Angesichts der herannahenden Frist möchte ich den Herrn Kommissar fragen, ob ihm Informationen darüber vorliegen, welche Länder bislang einen Antrag gestellt haben und ob wir einigen neuen Ländern präferenzielle Bedingungen gewähren sollten, wenn wir daran arbeiten, die erforderlichen Kriterien zu ändern. Ich möchte zudem meine Kolleginnen und Kollegen unterstützen, die betont haben, dass das Europäische Parlament zur Anwendung des Allgemeinen Präferenzsystems gehört werden sollte.
Vielen Dank.
Karel De Gucht, Mitglied der Kommission. – Herr Präsident! Es wurden einige Fragen zu Sri Lanka und Kolumbien gestellt und auch darüber, weshalb wir in einem Fall beschlossen haben, eine Untersuchung durchzuführen und eine Entscheidung treffen, und in dem anderen Fall nicht.
Was Sri Lanka anbelangt, so wurde die Aufmerksamkeit der Kommission auf öffentlich zugängliche Berichte und Erklärungen der Vereinten Nationen und anderer relevanter Quellen gelenkt, darunter auch Nichtregierungsorganisationen, aus denen hervorgeht, dass Sri Lanka verschiedene Menschenrechtskonventionen nicht wirksam umsetzt, insbesondere den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte, das Abkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe sowie das Abkommen über die Rechte des Kindes.
Im Gegensatz zu Kolumbien bestand der allgemeine Ansatz Sri Lankas allerdings darin, die Existenz jeglicher Probleme zu leugnen und die Zusammenarbeit mit der Kommission in jeder Phase der Untersuchung zu verwehren.
Im Fall von Kolumbien zeigen die Ergebnisse der Überwachung durch die Vereinten Nationen und die IAO, dass in Bezug auf die wirksame Umsetzung bestimmter Abkommen der UN und IAO noch immer Fragen offen sind. Gleichzeitig ist jedoch deutlich, dass sich Kolumbien mit den Einrichtungen der IAO und der Vereinten Nationen zusammengeschlossen und grundlegende Änderungen an seinem Rechtssystem vorgenommen hat, und dass überdies von Seiten der Regierung Schritte unternommen werden, um die Rechtsvorschriften zu ändern und deren Umsetzung vor Ort zu verbessern. Es besteht ein fortlaufender Dialog in Zusammenarbeit mit den Vereinten Nationen und der IAO.
Zur Frage von Herrn Moreira möchte ich sagen, dass wir bei der Überarbeitung der APS-Regelung daran arbeiten, ein Gleichgewicht zwischen den verschiedenen hier vorgebrachten Forderungen herzustellen. Wir wurden ersucht, dies schnellstmöglich zu tun und werden dieser Forderung auch nachkommen. Wir wurden aufgefordert, eine Folgenabschätzung durchzuführen. Die Daten zum Allgemeinen Präferenzsystem 2009 werden wir erst im Juli dieses Jahres vorlegen können, worauf natürlich die Anhörung des Parlaments folgt.
Ich möchte auch an meine Zusage erinnern, die ich gegenüber dem Ausschuss für internationalen Handel im Rahmen meiner Anhörung gemacht habe, und einen Zeitplan für unsere Legislativvorschläge vorlegen, die diesem Ausschuss in den kommenden Monaten übermittelt werden. Wie sie alle wissen, ist für morgen ein Treffen vorgesehen. Wir werden uns bemühen, gemeinsam etwas auszuarbeiten, das dem Parlament die beste Möglichkeit bietet, in aller Offenheit die verschiedenen Dossiers zu erörtern, einschließlich der neuen APS-Verordnung und dem Roll-over-Verfahren, das wir bereits im April einführen sollten.
Der Präsident. – Mir liegen zwei Entschließungsanträge(1)vor, die gemäß Artikel 115 Absatz 5 der Geschäftsordnung eingereicht wurden.
Die Aussprache ist geschlossen.
Die Abstimmung findet am Mittwoch, dem 10. März 2010, statt.