Der Präsident. – Als nächster Punkt folgen die Erklärungen des Rates und der Kommission zu der Unterbrechung des Flugverkehrs in Europa.
Bekanntlich müssen die Entscheidungen für die kommenden Tage von den Exekutivorganen der europäischen Institutionen getroffen werden. Das wird selbstredend die Aufgabe der Kommission und des Ministerrats sein. Wie wir wissen, sind sowohl Kommission als auch Rat seit letztem Sonntag damit befasst, aber auch wir als Abgeordnete haben unsere Pflichten. Diese bestehen darin, langfristige Antworten auf die gegenwärtige Krise zu finden. Es liegt hier in unserem Interesse, die Parlamentsausschüsse einzubringen. In der Brüsseler Sitzungsperiode werden wir ebenfalls darüber nachdenken müssen, wie auf die aktuelle Lage zu reagieren ist. Möglicherweise wird unsere Antwort eine Entschließung beinhalten. Ich spreche hier über alternative Arten, Stellung zu beziehen. Ich möchte Sie alle dazu auffordern, in Ihren Reden auch zu berücksichtigen, wie das Parlament dazu beitragen kann, die gegenwärtigen Probleme zu lösen. Diese Probleme stellen sich in erster Linie unseren Bürgerinnen und Bürgern, den Einwohnern Europas. Natürlich haben wir im Moment Schwierigkeiten, nach Straßburg und Brüssel zu gelangen, aber das ist unser eigenes Problem und sollte sicherlich nicht vordergründig für uns sein. Wir sollten uns auf die Debatte vorbereiten, wie die Probleme der Europäer in der Situation eines vollständig zum Erliegen gekommenen Flugverkehrs zu lösen sind. Der wichtigste Punkt ist, was wir, die Abgeordneten, in den nächsten Wochen tun können, um eine Verbesserung der Situation herbeizuführen. Da jedoch in den ersten Stunden und Tagen die größte Verantwortung bei der Exekutive liegt, möchte ich den sowohl den Rats- als auch Kommissionsvertretern für ihre Anwesenheit hier danken.
Diego López Garrido, amtierender Präsident des Rates. – (ES) Herr Präsident, die naturgemäß strategische Rolle des Luftverkehrs ist allgemein bekannt. Die Bürger, ihr Alltag und ihr Recht auf Freizügigkeit, was ein Grundrecht darstellt, sind davon betroffen, und der Einfluss auf den Wirtschaftssektor ist zweifelsohne als wesentlich anzusehen.
Bei Problemen mit der Beförderung auf dem Luftweg und mehrere Länder betreffenden Störungen tritt der strategische Charakter des Luftverkehrs besonders hervor, und der erlittene Schaden nimmt zu.
Wenn wie jetzt die Mehrzahl der Mitgliedstaaten der Europäischen Union davon betroffen ist, wächst sich diese Situation zu einem sehr ernst zu nehmenden Problem bzw. sogar zu einer echten Krise aus. Natürlich haben wir es hier mit einer unvorhergesehenen und noch nie da gewesenen Krise zu tun, mit der in angemessener Weise umzugehen ist. Darüber hinaus handelt es sich ja paradoxerweise um einen Themenbereich, in dem die Europäische Union selbst keine großen Befugnisse hat, ja sogar weniger Einfluss als bei anderen Angelegenheiten – und trotzdem muss sie darauf reagieren und handeln.
In dieser Krise des Flugverkehrs in Europa sind zwei Umstände gleichzeitig zum Tragen gekommen: Zum einen das denkbar schlimme Ausmaß – die Krise hat sich als gravierend erwiesen – und zum anderen die unzureichende unmittelbare Rechtsfähigkeit der Europäischen Union in Bezug auf das Ergreifen von Maßnahmen in diesem Bereich. Somit sehen wir uns vor eine Situation gestellt, die aus Sicht der Europäischen Union ein Handeln nicht leicht macht. Trotzdem haben wir gehandelt und reagiert.
Dies bringt mich zum zweiten Teil meiner Erklärung, nämlich den in diesem Fall ergriffenen Maßnahmen. Die Mitgliedstaaten, die Flughafenbehörden haben sich zunächst an das bestehende Protokoll gehalten, unter Berücksichtigung der von dem Volcanic Ash Advisory Centre (VAAC) in London erstellten Karte mit graphischen Aufbereitungen der maßgeblichen Vulkanaschekonzentrationen. Hierbei hat es sich um eine wissenschaftliche Einschätzung gehandelt, auf deren Basis in Betracht gezogen wurde, den Luftraum automatisch für Flüge einzuschränken. Das war der erste Schritt, und im Vordergrund standen ein äußerst vorsichtiges, auf Sicherheit abzielendes Vorgehen mit geringstem Risiko, wobei man sich auf diesen ersten Beitrag von Eurocontrol bezog, der wiederum auf den Aussagen des vor Jahren eingerichteten VAAC in London fußte.
Natürlich war klar, dass die Tragweite der Situation eine mitgliedstaatenübergreifende Zusammenarbeit erforderte, und daher haben die Europäische Union und ihre Organe direkt von Anfang an ihre Arbeit aufgenommen. Genauer gesagt haben in den letzten Tagen eine Reihe technischer Treffen stattgefunden, die zu der gestern von den Verkehrsministern getroffenen politischen Entscheidung geführt haben.
Der Rat, der spanische Ratsvorsitz, die Kommission – insbesondere Herr Kommissar Kallas, dem ich für seine Bereitwilligkeit und die harte Arbeit in dieser Phase danke – und Eurocontrol waren das ganze Wochenende lang mit der Ausarbeitung einer sehr detaillierteren, weitaus adäquateren Reaktion auf die sich bereits zu einer zunehmend langwierigen Krise auswachsenden Lage mit schon beginnenden, sehr ernst zu nehmende Folgen für die gesamte Europäische Union und darüber hinaus befasst.
Die Empfehlung von Eurocontrol ist das Ergebnis der in den letzten Tagen geleisteten Arbeit, und sie wurde einstimmig angenommen – zunächst bei dem gestern in Brüssel zwischen Eurocontrol, der Kommission, dem Rat, den Flughafenbehörden, Flugverkehrsgesellschaften und allen betroffenen Wirtschaftszweigen abgehaltenen Treffen in Bezug auf die Notwendigkeit für Eurocontrol, mit Wirkung von heute eine 3-Zonenregelung für die durch den Vulkan beeinträchtigten Bereiche einzuführen. In der ersten Zone herrscht demnach die größte Aschedichte mit einer absoluten Einschränkung, einem absoluten Flugverbot; in der zweiten Zone ist das genaue Gegenteil der Fall, dort ist keinerlei Asche nachweisbar und somit bestünden keine Einschränkungen für den Flugverkehr; und in der dritten Zone schließlich bezeichnet eine Zwischenzone mit geringer Aschedichte, in der Flüge daher gefahrlos erlaubt wären. Diese Zone unterläge ab heute einer in koordinierter Weise durchgeführten Kontrolle durch die nationalen Behörden, gestützt auf die von Eurocontrol täglich und kontinuierlich, alle sechs Stunden gelieferten Daten, um über die Notwendigkeit der Einrichtung von Luftkorridoren oder Zonen, in denen Flüge erlaubt wären, zu entscheiden.
Diese von Eurocontrol erarbeitete und vorgeschlagene technische Empfehlung wurde gestern einstimmig von den 27 Regierungen der Europäischen Union angenommen, was im Hinblick auf den derzeitigen Handlungsbedarf einen europäischen Blickwinkel und eine europäische Lösung in den Mittelpunkt rückt. Anders gesagt, trifft die Europäische Union eine Entscheidung und schlägt den Mitgliedstaaten daraufhin vor, entsprechend zu handeln. Zwischen den europäischen Regierungen und der Kommission bestand unter Einbeziehung des von Eurocontrol unterbreiteten Vorschlags ein einstimmiger Konsens, so zu handeln.
Der Sicherheitsaspekt ist somit weiterhin vorrangig. Hier gibt es laut Herrn Kommissar Kallas keinen Spielraum für Kompromisse – dies hat er am Wochenende zum Ausdruck gebracht – und daher wurde ein einen Bereich mit einem Verbot festgelegt und ein Konsens über ein absolutes Flugverbot erzielt. Durch all die von Eurocontrol verwerteten Daten, nicht nur aus London, sondern auch von den derzeit durchgeführten Testflügen ohne Passagiere, sowie die Daten der nationalen Behörden, der Hersteller von Flugzeugmotorenteilen und der Europäischen Agentur für Flugsicherheit (EASA) in Köln werden wir eine sehr genauere Vorstellung von der tatsächlichen Gefahr erhalten. All diese Daten werden bei der Festlegung der gestern im Rahmen des von dem spanischen Ratsvorsitz einberufenen, außerordentlichen Ratstreffens durch die Verkehrsminister vereinbarten Zonen berücksichtigt werden müssen.
Somit verfügen wir über ein sich weiterentwickelndes, dynamischeres und genaueres Modell als bisher, das sich zuallererst auf wissenschaftliche Daten stützt, dann auf eine von Eurocontrol getroffene technische Entscheidung und schließlich auf eine durch Koordinierung erreichte Entscheidung der Mitgliedstaaten in Bezug auf die Zwischenzone.
Im Gegenzug, Herr Präsident, hat der Rat der Verkehrsminister gestern ganz eindeutig Stellung bezogen, indem er die Mitgliedstaaten dazu aufgefordert hat, alles in ihrer Macht Stehende zu tun, um den Bürgerinnen und Bürgern unter dem Aspekt einer Entzerrung dieser ernsten, die Mobilität der europäischen und außereuropäischen Bürgerinnen und Bürger beeinträchtigenden Situation so viele alternative Verkehrsmittel wie möglich aufzuzeigen. Die Verkehrsminister haben sich auch mit den sehr gravierenden wirtschaftlichen Folgen der Situation auseinander gesetzt – Herr Kommissar Kallas wird hierauf noch näher eingehen – und zwar im Rahmen einer Task Force, die aus einer von dem Vizepräsidenten der Kommission, Herrn Kommissar Kallas, von Herrn Kommissar Almunia und Herrn Kommissar Rehn geleiteten Gruppe besteht. Sie wird nächste Woche einen Bericht zu sämtlichen wirtschaftlichen Aspekten vorlegen. Schließlich wird so schnell wie möglich noch ein weiterer Rat der Verkehrsminister stattfinden, um diese Fragen ausführlich zu besprechen.
Bezogen auf das aktuelle Geschehen, Herr Präsident, steht die getroffene Entscheidung somit ganz im Zeichen einer europäischen Betrachtung und eines koordinierten europäischen Lösungsansatzes, und zwar auf Grundlage sicherheitstechnischer Überlegungen und der Notwendigkeit, bei der Entscheidung über Flugverbote so effizient und genau wie möglich zu handeln und gleichzeitig die Rechte der Bürgerinnen und Bürger zu schützen. Herr Präsident, Herr Buzek, es freut mich sehr, dass das Europäisches Parlament eine ausführliche Aussprache zu diesem Thema vorgeschlagen hat. Diese Aussprache zeigt nämlich, dass Sie offensichtlich sofort automatisch auf diese Situation reagieren möchten, so wie es sich für ein Parlament, das die Völker Europas vertritt, geziemt, und dass Sie aus einem längerfristigen Blickwinkel heraus prüfen können, welche Maßnahmen als Reaktion auf diese gänzlich unvorhersehbare, vollkommen neue Krise ergriffen werden müssen, die außerordentliche und sehr gravierende Auswirkungen auf das Leben der europäischen Bürgerinnen und Bürger gehabt hat.
Der Präsident. – Ich möchte dem Ministerrat und dem spanischer Ratsvorsitz zusichern – und bitte darum, diese Aussage entsprechend weiterzuleiten –, dass das Europäisches Parlament jederzeit bereit für eine Zusammenarbeit ist und einer Aussprache über diese Themen im Ausschuss aufgeschlossen gegenübersteht. Wir sind offen für den Besuch von Vertretern der Europäischen Kommission und des Rates sowie für eine Aussprache über die Probleme. Wir möchten uns hier einbringen. Wir kommen aus verschiedenen Regionen der Europäischen Union, verdanken unser Mandat direkten Wahlen und tragen die Verantwortung für die Bewohner der Union. Daher ist unsere Einbindung von wesentlicher Bedeutung. Wir stehen bereit. Natürlich können wir nur im Rahmen unserer Möglichkeiten als Legislativbehörde handeln. Wir können keine Exekutiventscheidungen treffen, aber wir möchten sowohl die Kommission als auch den Rat unterstützen. Dafür sind wir offen und aus diesem Grund führen wir jetzt diese Debatte.
Siim Kallas, Vizepräsident der Kommission. – Herr Präsident, ich freue mich, dem Parlament den Bericht über die von der Kommission getroffenen Maßnahmen in Bezug auf die Folgen der Krise im europäischen Luftraum, bedingt durch den Ausbruch des Vulkans Eyjafjallajökull, vorzulegen. Dem Parlament ist sicherlich bekannt, dass 84 000 Flüge ausgefallen und so Tausende von Fluggästen in Mitleidenschaft gezogen worden sind.
Wie Sie wissen, hat Eurocontrol auf unsere Initiative hin Montagmorgen eine Telefonkonferenz einberufen und die Kommission hat gestern Nachmittag aktiv an einem außerordentlichen Rat der Verkehrsminister mitgewirkt. Meiner Ansicht nach sind im Anschluss an diesen Rat vier Kernaussagen zu vermitteln.
Alle Verkehrsminister haben sich für eine koordinierte europäische Reaktion auf die Krise ausgesprochen. Lösungen auf nationaler Ebene sind im Umgang mit diesen, den Luftraum insgesamt betreffenden Problemen nicht effizient. Von meiner Seite ist hervorzuheben, dass der Wille zu einer Zusammenarbeit unter den Verkehrsministern deutlich zu erkennen war, und wir haben verschiedene Telefonate geführt, bei denen alle ihre Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen und zusammenzuarbeiten, bekräftigt haben.
Der zweite wichtige Punkt ist, dass die Sicherheit an erster Stelle steht. Beim Thema Sicherheit darf es keine Kompromisse geben. Sie ist und bleibt unser wichtigstes Anliegen. Wir müssen für unsere Bürgerinnen und Bürger die höchsten Sicherheitsstandards gewährleisten.
Der dritte Grundsatz lautet, dass sich die Minister auf eine progressive und koordinierte Öffnung des europäischen Luftraums bei gleichzeitiger Gewährleistung der Sicherheit verständigt haben. Dies ist heute Morgen um 8.00 Uhr durch Eurocontrol erfolgt. Zu dieser Entscheidung gehört eine 3-Zonenregelung auf Grundlage der Konzentrationshöhe. Die erste Zone bezieht sich auf das Kerngebiet der Emissionen, wo eine absolute Einschränkung des Betriebs aufrechterhalten bleibt, da hier keine Sicherheit garantiert werden kann.
In der zweiten Zone ist im Prinzip keine Behinderung des gemeinsamen Flugverkehrs gegeben, obwohl dort noch Asche vorhanden ist. Für diese Zone ist eine Bestätigung erforderlich, und die Entscheidungen über den Betrieb erfolgen in koordinierter Weise durch die Behörden in den Mitgliedstaaten.
Die dritte Zone ist nicht durch die Asche beeinträchtigt, und es ergeben sich somit keine Einschränkungen für jegliche Art des Betriebs. Eurocontrol liefert alle sechs Stunden Karten mit den maßgeblichen Informationen für die nationalen Behörden.
Viertes setzen wir mit Hilfe dieser Maßnahmen letztendlich auf die Umsetzung des Programms für einen einheitlichen europäischen Luftraum und insbesondere der Aufgaben des Netzverwalters. Ich weiß, dass ich mich nach dem Erfolg des zweiten Maßnahmenpakets für die Schaffung eines einheitlichen europäischen Luftraums im letzten Jahr auf die breite Unterstützung des Parlaments verlassen kann.
Ihnen wird bekannt sein, und der Minister hat es ja auch erwähnt, dass eine aus einer Gruppe von Kommissaren bestehende Task Force gebildet worden ist, um über Fragen staatlicher Beihilfe zu beraten. Ich habe gestern mit Vertretern der Luftfahrtunternehmen gesprochen, und sie haben mich wissen lassen, dass sie einfach noch nicht soweit sind, ihre Verluste genau zu beziffern. Für sie steht auf Grund der gesamten wirtschaftlichen Folgen die Wiederaufnahme des Flugverkehrs im Mittelpunkt. Das Modell zur Wiederaufnahme des Flugverkehrs hat hier Priorität. Wegen staatlicher Beihilfen und sonstiger Maßnahmen, um der Luftverkehrsbranche unter die Arme zu greifen, sollten wir nicht in Panik verfallen.
Eine anderes wichtiges Thema sind die Fluggastrechte, und hier müssen wir für eine Durchsetzung dieser Rechte eintreten. Die Regeln, die wir haben, sind gut. Dieser Ansicht sind alle. Es geht um die Umsetzung, die wiederum in den Händen der Mitgliedstaaten liegt. Wir sollten diese Angelegenheit wirklich vorantreiben und einige Vorschläge parat haben, wie man den Regeln besser Nachdruck verleihen kann.
Nun möchte ich noch eine Erklärung dazu abgeben, was in meinen Augen absichtliche Versuche einer Verkomplizierung der Dinge sind – Fragen, wer was tun sollte, wer was getan hat und was es mit den Modellen auf sich hat. Offenkundig finden in manchen Ländern bald Wahlen statt usw., aber nach dem Vulkanausbruch haben sich sämtliche getroffenen Entscheidungen auf bestehende und vereinbarte Modelle, wie mit solchen Situationen umzugehen ist, gegründet.
Wir haben ein zwischenstaatliches Modell, und der Luftraum unterliegt nationalem Hoheitsrecht. Nicht die Kommission gibt hier die Befehle – es gibt Regeln für unsere einzelstaatlichen Systeme und unser Modell, dies möchte ich noch einmal betonen, basiert auf tatsächlichen Informationen und tatsächlichen Einschätzungen. Das Modell ist vollkommen in Ordnung. Wir können jetzt darüber nachdenken, wie das Modell weiter verändert werden kann. Die Debatte darüber haben wir gestern angestoßen. Die Aussage, das europäische Modell habe auf ganzer Linie versagt, ist vollkommen falsch. Wir hatten und haben es hier mit einem außergewöhnlichen Ereignis zu tun. Der Ausbruch so eines Vulkans und die unerwartet ausgedehnte Aschewolke sind ein weltweit seltenes Phänomen, nicht vergleichbar mit Schnee oder ähnlichen häufigen Vorkommnissen.
Bereits am Wochenende war die Wendung hin zu einer sehr außergewöhnlichen Lage deutlich erkennbar, und wir haben über das Wochenende manche Debatten geführt, wie mit der Angelegenheit umzugehen sei. Die Aussage, dass die Verkehrsminister sofort hätten einschreiten müssen, steht unserem Verständnis der Organisation europäischer Angelegenheiten vollkommen entgegen. Solche Entscheidungen liegen in den Händen von unabhängigen Experten und unabhängigen Stellen. Minister López Garrido und ich selbst waren Sonntag bei Eurocontrol, und ich habe mit allen Verkehrsministern der größeren Mitgliedstaaten in Verbindung gestanden. Wir waren bereit, Verantwortung zu übernehmen und um Rat für unsere Entscheidung im Hinblick auf eine Klärung der Situation zu bitten. Willkürliche Entscheidungen in diesem Zusammenhang sind jedoch nicht möglich – sie sind Sache einer ganz bestimmten Stelle. Diese Stelle hat ein Treffen abgehalten, und wir haben uns am Sonntag mit ihr ausgetauscht. Die Gespräche waren sehr schwierig, denn schließlich ging es um Menschenleben.
Montagmorgen hat dann ein außerordentlicher Rat von Eurocontrol stattgefunden, wo eine Einigung über die sogenannte Drei-Zonen-Regelung erzielt wurde. Wir sind sehr glücklich darüber, dass sich Eurocontrol kooperativ gezeigt hat. Noch einmal zur Wiederholung: All dies lag zwar überhaupt nicht in der Zuständigkeit der Gemeinschaft, aber die Ereignisse haben gezeigt, dass eine Vorgehensweise auf nationaler Ebene nicht mehr zeitgemäß war. Unser Ansporn, einen in stärkerem Maße europäischen Lösungsansatz für solche Ereignisse aufzuzeigen und eine diesbezügliche Regelung zu treffen, ist nun zweifelsohne größer. Darüber hinaus müssen wir selbstverständlich auch die Folgen und das Ergebnis beurteilen.
Wie von allen, auch den Luftfahrtunternehmen, betont wurde, war die Bedeutung der Wiederaufnahme des Flugverkehrs vorrangig. Im Hinblick auf die Fluggäste besteht das Hauptziel darin, die Menschen wieder nach Hause bzw. zu ihren Zielorten zu bringen. Um diese Kernfrage ging es gestern.
Zusammenfassend gesagt arbeiten wir eng mit dem Rat und mit Eurocontrol zusammen, um die Situation zu beobachten und ggf. neue Entscheidungen zu treffen. Das jetzt gelieferte Modell ist durchaus geeignet dafür, die Flüge weitgehend wieder aufzunehmen.
Corien Wortmann-Kool, im Namen der PPE-Fraktion. – (NL) Herr Präsident, ich danke der Kommission und dem Rat für die Informationen zu der Krise im europäischen Luftverkehr. In den letzten Tagen hat sich deutlich gezeigt, dass ohne Flugverkehr nicht nur unser Parlament in Schwierigkeiten gerät, sondern sich auch große Probleme für die europäische Zusammenarbeit und die Wirtschaft ergeben. Aus diesem Grund ist die heutige Dringlichkeitsdebatte im Parlament so wichtig. Wir haben es mit gestrandeten Fluggästen zu tun, die Luftfahrtunternehmen, Reisebranche und von der Luftfahrt abhängigen Unternehmen wurden hart getroffen – und all das vor dem Hintergrund der noch herrschenden Wirtschaftskrise.
Die Sicherheit hat Vorrang. Dies sei klar und deutlich gesagt. Bei der sicheren Beförderung von Fluggästen gibt es keine Kompromisse, aber offensichtlich waren wir nicht ausreichend auf diese außergewöhnliche Situation vorbereitet. Die Schließung des Luftraums am ersten Tag war eine rasche Antwort auf ein Problem, mit dem wir in Europa bisher nicht vertraut waren, eine Wolke aus Vulkanasche. Aber was passierte in den darauffolgenden Tagen? Aus den Computermodellen war ersichtlich, dass keine Flüge stattfinden durften, die Testflüge wurden jedoch ohne Probleme absolviert. Ich möchte eines wiederholen: Obwohl die Sicherheit natürlich an erster Stelle stehen muss, ist es wichtig, den europäischen Luftraum auf Basis von Fakten und korrekten Annahmen wieder zu öffnen. Wir müssen mehr Arbeit investieren, die den besonderen Umständen Rechnung trägt. Die gute Nachricht lautet, dass gestern erste entsprechende Schritte eingeleitet worden sind und daran müssen wir schnell anknüpfen. Wir müssen entschieden handeln. Die Sicherheit steht an erster Stelle, aber wir müssen auch gewährleisten, dass die sicheren Zonen sehr rasch wieder genutzt werden können.
Darüber hinaus sind strukturelle Maßnahmen erforderlich. Der einheitliche europäische Luftraum, der so viel Widerstand bei den Mitgliedstaaten hervorgerufen hat, könnte auch zu einer wirtschaftlicheren Luftfahrt beitragen.
Die Luftfahrtunternehmen haben enormen wirtschaftlichen Schaden genommen. Es sind hohe Kosten angefallen, nicht nur durch den an den Boden gefesselten Flugverkehr selbst, sondern auch durch die notwendig gewordene Hilfe für gestrandete Fluggäste. Die Versicherungsunternehmen bieten hier keine Deckung, und es ist fraglich, ob wir es rechtfertigen können, dass sämtliche Kosten von den Luftfahrtunternehmen getragen werden müssen. Daher dränge ich darauf, das Ausmaß der angefallenen Kosten, das Ausmaß des erlittenen Schadens und welche Entschädigung eventuell geleistet werden könnte, zu ermitteln. Hier könnten beispielsweise die den Luftfahrtunternehmen entstandenen Kosten auf Grundlage unserer europäischen Richtlinie über die Rechte von Fluggästen und die zu zahlende Katastrophenhilfe herangezogen werden. Sollten wir nicht auch selbstverständlich prüfen, ob wir die Kosten in diesem Fall Höherer Gewalt aus dem europäischen Budget bestreiten können?
Herr Kommissar Almunia, Sie haben Ihre wohlwollende Haltung gegenüber staatlichen Beihilfen angedeutet, ich aber möchte einwenden, dass wir die Mitgliedstaaten davon abhalten müssen, ihre führenden inländischen Unternehmen finanziell zu unterstützen. Daher ist es von entscheidender Bedeutung, dass wir eine Koordinierung auf europäischer Ebene herbeiführen, nicht nur in Zusammenhang mit dem Rahmen für staatliche Beihilfen, sondern auch bei der effizienten Bereitstellung staatlicher Beihilfen. Ich bitte Sie, dies sicherzustellen.
Martin Schulz, im Namen der S&D-Fraktion. – Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich glaube, dass diese Krise eine menschliche Dimension hat, über die wir sicher heute auch einmal reden müssen. Es gibt nicht wenige – zehntausende – Menschen, die irgendwo gestrandet sind und darauf warten, dass sie endlich nach Hause kommen können. Ich finde, an diese Menschen muss man heute Morgen auch einmal denken. Jeder von uns – viele Kolleginnen und Kollegen – hatten in den letzten Wochen ein ähnliches Schicksal. Nun sind wir privilegierte Abgeordnete, die sich noch irgendeiner Infrastruktur bedienen können. Es gibt ganz viele Menschen, die irgendwo in einer Ecke der Welt sitzen und nicht wegkommen, die nicht zu ihrer Arbeit kommen, deren Kinder nicht zur Schule können, weil sie nicht aus dem Urlaub zurückgekommen sind, die ohne Versorgung, ohne Geld irgendwo hängen geblieben sind. Ich möchte auch einmal zum Ausdruck bringen, dass mein Mitgefühl heute Morgen jedenfalls diesen Menschen gilt. Ich hoffe, dass es schnell gelingt, diese Menschen nach Hause zu bringen.
Flugunternehmen sind systemrelevante Unternehmen. Luftfahrtunternehmen sind nicht nur, was den Transport von Personen, sondern auch, was den Transport von Waren angeht, systemrelevante Unternehmen. Wir sehen, dass die wirtschaftlichen Verluste, die durch diesen Vulkanausbruch eingetreten sind, schon jetzt deutlich höher sind als die Verluste durch den 11. September 2001. Deshalb auch mein Appell an die Kommission: Wenn es tatsächlich innerstaatliche Hilfen für gefährdete Luftfahrtunternehmen geben muss, dann sollte sich die Kommission bei der Genehmigung solcher Hilfen flexibel verhalten.
Schließlich: Wir sollten zur Kenntnis nehmen, dass die Luftfahrt ein Teil eines sehr verletzbaren Infrastrukturkonzeptes ist, mit dem wir in Europa leben. Wenn die Luftfahrt ausfällt, sind wir nicht ausreichend in der Lage, diesen Ausfall zu kompensieren. Deshalb glaube ich, dass das Projekt, mit dem wir schon vor 20 Jahren begonnen haben, nämlich der Ausbau der Transeuropäischen Netze – insbesondere der Ausbau des Bahnverkehrs –, eine glaubwürdige, eine wichtige und, wie wir jetzt sehen, in wirtschaftlicher Hinsicht überlebenswichtige Alternative ist. Das sollten wir jetzt nochmals bestätigen.
Mein Kollege Saïd El Khadraoui wird noch auf ein paar Elemente eingehen. Ich will nur eines nennen: Wir haben es bis heute nicht geschafft, die Interoperabilität von Zügen zwischen Ländern herzustellen. Kein deutscher ICE könnte Deutsche aus Spanien abholen, weil es nicht möglich ist, und kein französischer TGV könnte bis Budapest weiterfahren. Das heißt, wir sind nach wie vor nicht so weit, wie wir sein müssten. Obwohl wir im Parlament die richtigen Beschlüsse gefasst haben, sage ich, wir müssten nicht von Zeit zu Zeit eruptiv handeln, sondern nachhaltig und kontinuierlich an der Umsetzung unserer Konzepte arbeiten.
Gesine Meissner, im Namen der ALDE-Fraktion. – Herr Präsident, Herr Kommissar und Herr Minister aus Spanien! Wir haben in diesem Fall gesehen, dass die Natur tatsächlich stärker ist als alle Technologie. In gewisser Weise haben wir Menschen eine Lektion erteilt bekommen. Gleichzeitig muss man aber auch sagen, dass wir in diesem Fall gemerkt haben, dass wir in Europa noch gar nicht so weit sind, wie wir eigentlich sein sollten.
Wir reden seit 20 Jahren über einen Binnenmarkt auch im Verkehr und über einen single European sky, einen einheitlichen europäischen Luftraum. Der hätte den Vulkanausbruch natürlich nicht verhindern können, aber er hätte vielleicht eine bessere, schnellere Vorgehensweise ermöglicht.
Wir wollten schon längere Zeit einen einheitlichen europäischen Luftraum, der über Eurocontrol koordiniert wird, doch wir haben ihn noch nicht. Genauso – ich gehe da in die gleiche Richtung wie Herr Schulz – haben wir noch keine Interoperabilität beim Eisenbahnverkehr. Wir haben noch keine Möglichkeit, im Eisenbahnbereich ein Ticket von Nord nach Süd zu buchen, quer durch Europa. Auch da sehen wir, dass wir vieles auf dem Papier haben und vieles diskutieren, es aber in der Realität tatsächlich noch an vielem fehlt.
Man muss jetzt feststellen, dass die Reaktion in Europa für die Bürger etwas unbefriedigend war. Natürlich war es sehr schwierig, und natürlich konnte auch kein nationaler Minister den Luftraum freigeben, wenn ein Institut in London warnt und sagt, es ist nicht sicher. Gleichzeitig war es unbefriedigend, dass es in der Luft keine realen Messungen von irgendeinem Ballon gab, sondern dass man sich mit statistischen Hochrechnungen befasste. Das hat viele Bürger geärgert, und man kann auch die Luftfahrtunternehmen verstehen, die natürlich den wirtschaftlichen Schaden sehen und gerne eine schnellere Reaktion gehabt hätten.
Es gibt einen wirtschaftlichen Schaden bei den Luftfahrtunternehmen, und natürlich ist es sehr wichtig, dass die Passagiere zunächst nach Hause kommen – deren Rechte wollen wir wahren. Für die Passagierrechte in Europa ist es aber auch wichtig, dass überhaupt Transportmöglichkeiten bestehen, dass Angebote da sind. Daher sehe ich es auch so, dass es systemrelevant ist, Fluggesellschaften und Transportmöglichkeiten in Europa zu haben, die dann auch wahrgenommen werden können. Das heißt, wir müssen auf jeden Fall weiter überlegen, wie wir mit dieser Situation umgehen, wie wir jetzt in der Krise, die der Transportsektor ohnehin schon hat, die Fluggesellschaften unterstützen können, und wie wir es den Bürgern insgesamt ermöglichen, die Mobilität, die eine wichtige Errungenschaft in Europa ist, aufrechtzuerhalten und zu gewährleisten.
Was Entschädigungen angeht, so können wir uns nicht an den Vulkan wenden; so etwas geht nicht, das wissen wir auch. Die Natur hat ihre eigenen Gesetze, aber wir als Menschen müssen im Interesse der europäischen Bürgerinnen und Bürger versuchen, darauf zu reagieren. Darum finde ich es sehr gut, dass man jetzt unter dem Vorsitz von Vizepräsident Kallas eine Task Force einrichten wird. Das ist ganz wichtig, und wir werden weiter diskutieren, wie wir für die Zukunft die Konsequenzen aus dieser Krise ziehen können.
Michael Cramer, im Namen der Verts/ALE-Fraktion. – Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Mobilität in Europa hat sich in den letzten sechs Tagen gewaltig geändert. Ausschlaggebend war diesmal nicht ein schweres Unglück, auch nicht der Kampf gegen den Klimawandel oder das zu teure Flugbenzin. Ausschlaggebend war dieses Mal die Natur selbst.
Der Vulkan in Island hat der Menschheit abermals gezeigt, über welche Macht die Natur verfügt. Das sollte uns in Zukunft eine Lehre sein. Die Allmacht der Menschen gibt es nicht. Sie wird es nie geben. Die Antwort auf diesen Vulkanausbruch war richtigerweise eine europäische. Weil die Flugasche Triebwerke zum Stillstand bringen und Flugzeugfenster blind machen kann, hat die Europäische Luftsicherheitsbehörde Eurocontrol verantwortungsbewusst gehandelt und die Sicherheit der Fluggäste zur obersten Priorität gemacht.
Dafür möchte ich mich im Namen der Fraktion der Grünen bei Eurocontrol, bei den sie unterstützenden Verkehrsministern und besonders auch beim deutschen Verkehrsminister, Peter Ramsauer, recht herzlich bedanken. Unterstützt werden muss auch die Pilotengewerkschaft Cockpit, die sich verantwortungsvoller als die Manager der Fluggesellschaften verhält. Sie lehnt die Sichtflüge im europäischen Luftraum als unverantwortlich ab. Entweder ist der Luftraum sicher, oder er ist es nicht. Denn letztlich ist es egal, nach welchen Regeln man ihn durchfliegt, oder nach welchen Regeln man abstürzt.
Von daher verurteilen wir Grünen schärfstens den Vorstoß der Luftfahrtgesellschaften, die dem Profit, und nicht der Sicherheit die Priorität geben wollten. Wir fordern: Der Luftraum über Europa darf nur dann wieder freigegeben werden, wenn jegliches Risiko ausgeschlossen werden kann. Alle Politiker sind aufgefordert, sich dem Druck der Fluggesellschaften nicht zu beugen und die Verantwortung für die Sicherheit nicht etwa auf die Piloten zu übertragen.
Schmerzlich bewusst wird uns in diesen Tagen aber auch das Defizit der nationalen und europäischen Verkehrspolitik der letzten Jahrzehnte, die glaubte, und vielfach immer noch glaubt, die Eisenbahn vernachlässigen zu können. Diese Politik hat nämlich voll auf den Luftverkehr gesetzt. Die Fluggesellschaften in Europa bekommen jedes Jahr vom europäischen Steuerzahler 14 Milliarden Euro geschenkt, weil – im Gegensatz zum Treibstoff der Bahn – Kerosin nicht besteuert wird. Auch vor diesem Hintergrund relativiert sich der temporäre Einnahmeverlust der Fluggesellschaften.
Eine Konsequenz sollten wir aber ziehen: Die Eisenbahn ist nicht nur das sicherste Verkehrsmittel, sie ist auch notwendig, um Mobilität zu sichern und den Klimawandel zu stoppen. Deshalb auch einen Dank an alle Eisenbahnen in Europa, die eingesprungen sind, um die Passagiere an ihre Ziele zu bringen.
Der Vulkanausbruch in Island sollte uns allen eine Warnung sein. Das, was wir jetzt erleben, ist die konkrete Umsetzung der Future of Transport. Die Zukunft des Verkehrs wird aber nur dann gelingen, wenn sie nicht über Nacht vollzogen werden muss. Deshalb sind alle Mitgliedstaaten der Europäischen Union aufgefordert, die Prioritäten der nationalen und internationalen Verkehrspolitik anders zu setzen. Die Schiene muss nicht nur in Worten, sondern auch in finanziellen Taten demnächst Priorität bekommen, damit wir so etwas nicht wieder erleben.
Peter van Dalen, im Namen der ECR-Fraktion. – (NL) Herr Präsident, wieder einmal werden wir Zeuge der gewaltigen Auswirkungen, die Wetter und Klima auf den Verkehr haben können. In Island bricht ein nicht einmal besonders großer Vulkan aus, und der Flugverkehr in weiten Teilen Europas kommt mehrere Tage lang zum Erliegen. Meiner Ansicht nach ist es nur recht und billig, dass wir es heute geschafft haben, den Flugverkehr zumindest teilweise wieder aufzunehmen. Weiterhin glaube ich, dass diese Entscheidung gerechtfertigt war und wir auch so handeln konnten, denn die Testflüge haben uns gezeigt, dass Luftverkehr möglich ist, wenn auch sicherlich nur solange, wie die derzeitigen guten Sichtbedingungen anhalten.
Gleichzeitig vertrete ich die Meinung, dass es übertrieben war, den gesamten Flugverkehr auf einen Schlag zu stoppen. Wir haben zu schnell Parallelen zu dem 1989 in der Vulkanasche des Mount Redoubt über Alaska eingehüllten KLM-Flug gezogen und zu voreilig auf den British Airways-Flug verwiesen, der sich 1982 in einer Vulkanaschewolke über Indonesien wiederfand. Man darf nicht vergessen, dass beide Flüge in den Aschewolken von Vulkanen gelandet waren, deren Ausbruch erst kurze Zeit zurücklag und die sich in relativer Nähe befanden. Die Dichte und Temperatur der Aschepartikel bei diesen Flügen kann nicht mit den Gegebenheiten der aktuellen Situation verglichen werden.
Daher pflichte ich einem Ansatz, der die Unterschiede in der Konzentration von Vulkanasche berücksichtigt, bei. Wenn Sie diesen Ansatz wählen – was der Fall zu sein scheint –, ist es nur gerechtfertigt, einen Teil des Luftraums, sicherlich in bestimmten Korridoren und bestimmten Höhen, wieder zu öffnen. Diese Wiedereröffnung ist meiner Ansicht nach dringend erforderlich, da die Asche aus Island die Liquidität unserer Luftfahrtunternehmen auf eine harte Probe stellt. Die Möglichkeit, dass einige angeschlagene Luftfahrtunternehmen diese Krise nicht überleben könnten, bereitet mir keine großen Sorgen. Wir können jedoch nicht zulassen, dass wichtige und seriöse Unternehmen, für die Sicherheit Vorrang hat, zugrunde gehen. Es stehen zu viel Geld und Arbeitsplätze auf dem Spiel.
Zudem müssen wir einen realistischen Ansatz wählen, welcher der Aschepartikelkonzentration hinreichend Rechnung trägt. Es ist richtig, einige Teile des Luftraums heute wieder zu öffnen. Wir sollten diesen pragmatischen Ansatz auch zukünftig verfolgen, damit wir einen sicheren und insbesondere verantwortungsvollen Mittelweg zwischen Sicherheit und wirtschaftlichen Erwägungen finden können.
Lothar Bisky, im Namen der GUE/NGL-Fraktion. – Herr Präsident! Die Entscheidung der Flugsicherheitsbehörden, die Sicherheit der Passagiere nicht aufs Spiel zu setzen, war absolut richtig. Auch wenn das die Schließung des Luftraums für viele Tage bedeutet, auch wenn das wirtschaftliche Einbußen für die Fluggesellschaften mit sich bringt. Aus meiner Sicht ist es unverantwortlich, dass Fluggesellschaften ihre Piloten heute auf eigene Gefahr wieder fliegen lassen wollen. Was heißt hier eigentlich „auf eigene Gefahr“?
Ich begrüße, dass die Kommission erwägt, besondere staatliche Hilfen für die Gesellschaften zuzulassen, die sonst aufgrund der aktuellen Situation in große wirtschaftliche Schwierigkeiten kämen. Wir sprechen ja später noch über die Beschäftigungslage in der Europäischen Union. Wenn die EU und die Mitgliedstaaten helfen, wenigstens eine weitere Verschlechterung zu verhindern, ist das nur richtig. Es muss im Gegenzug zur Gewährung von Staatshilfen jedoch verbindlich verabredet werden, dass Fluggesellschaften keine Reduzierungen bei ihrem Personal vornehmen und auch keine Gehaltskürzungen. Auch müsste garantiert werden, dass sie ihrem Personal keine Urlaubstage abziehen oder Gehälter für solche Tage streichen, an denen Arbeitnehmer aufgrund der Verkehrssituation selbst nicht am Arbeitsplatz erscheinen konnten.
Es ist an der Zeit, dass die Kommission die kontinuierliche gemeinsame europäische Überwachung der Flugsicherheit gewährleistet. Diese Überwachung sollte ausdrücklich gegen Sozialdumping gerichtet sein. Ich erinnere hier an die staatlichen Beihilfen für die Banken, die sozusagen davon profitiert, aber nicht entsprechend sozial gehandelt haben. Wettbewerb und Gewinnstreben dürfen nicht die Oberhand über die Sicherheit von Menschenleben gewinnen.
Francesco Enrico Speroni, im Namen der EFD-Fraktion. – (IT) Herr Präsident, meine Damen und Herren, meiner Ansicht nach ist auf die durch den Vulkan verursachte Situation verzögert und ineffizient reagiert worden. Das erste echte operative Treffen hat gestern, am Montag, stattgefunden: der Vulkanausbruch ereignete sich Donnerstagmorgen; wir haben also vier Tage gebraucht, um eine operative Entscheidung zu treffen.
Manche Einschränkungen sind zwar möglicherweise zu gut gemeint gewesen, insbesondere auf dem Gebiet der Sicherheit. Warum aber wurden Flüge in Belgien gestrichen, als die Wolke über Norwegen schwebte? Warum gab es ein Verbot für einmotorige Flugzeuge mit Kolbenmotor, die in 500 m Höhe fliegen, obwohl sich die Asche doch in über 8 000 m Höhe befand?-
Möglicherweise hat ja die Regel Anwendung gefunden, die wir Flieger seit Jahren kennen, nämlich, dass bei den sichersten Flügen der Pilot in der Bar sitzt und das Flugzeug im Hangar steht. Das ist jedoch nicht die richtige Art, mit Notsituationen umzugehen, und daher glaube ich im Hinblick auf unsere Verpflichtung, die Sicherheit von Fluggästen und Crew zu gewährleisten, dass die Ergreifung der Maßnahmen gerechtfertigt war, nur mit ihrer Länge nach dem Eintreten der Situation bin ich nicht einverstanden.
Folglich müssen wir in Zukunft zwar in erster Linie den Sicherheitsanforderungen Rechnung tragen, aber auch Anforderungen berücksichtigen, bei denen es in vollständigem Einklang mit den Sicherheitsaspekten nicht einfach mit einem unüberlegten Flugverbot getan ist, sondern auf die tatsächliche Situation abgestimmte Maßnahmen erfolgen. So können wir zum Wohle einer Branche, die von entscheidender Bedeutung für die ganze Wirtschaft ist, eine Neuauflage der negativen wirtschaftlichen Auswirkungen und Nachwirkungen, deren Zeuge wir bei dem Angriff vom 11. September 2001 geworden sind, nicht nur für die Luftfahrtunternehmen und die Tourismusbranche, sondern die gesamte Wirtschaft, vermeiden.
Daher fordere ich ein rasches, glaubwürdiges Handeln bei voller Kenntnis der Sachlage.
Angelika Werthmann (NI). - Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Sicherheit steht über allem. Das Risiko, dass eine vollbesetzte Maschine einen Triebwerksausfall hat und vielleicht in der Folge auf bewohntes Gebiet stürzt, ist nicht zu tragen. Ich erinnere an jenen British Airways-Flug 1982, der auf dem Weg nach Neuseeland durch eine solche Aschewolke flog, und besonders an einen schweren Zwischenfall einer KLM 747 im Jahr 1989, die durch eine schon stark verteilte Vulkanaschewolke flog. Beide entgingen nur knapp einer Katastrophe.
Menschenleben sind unbezahlbar. Ich begrüße die Entscheidung, in dieser Krise den Luftraum zu sperren und damit die Piloten aus der Verantwortung für die ihnen anvertrauten Menschen zu nehmen. Test- und Messflüge wurden durchgeführt, jedoch alle nur bis zu einer bestimmten Höhe und auf Sicht. Wirkliche Analysen und Ergebnisse konnten dabei kaum erzielt werden.
Zu den Sichtflügen ist noch anzumerken: Im Falle der KLM war die Aschewolke zwar da, aber sie war nicht sichtbar. Die Natur lehrt uns Respekt und zeigt uns zugleich auch die Grenzen der Globalisierung auf. Der schweren wirtschaftlichen Konsequenzen sind wir uns alle sehr bewusst. Dennoch – der Wert eines Menschenlebens steht über dem Wert der ökonomischen Güter. Deswegen, im Bewusstsein der genannten Vorfälle, bitte ich um größte Verantwortung und Vorsicht, auch was die jetzige Einteilung in drei Zonen betrifft.
Mathieu Grosch (PPE). - Herr Präsident, Herr Ratspräsident, Herr Kommissar! Dieses Flugverbot führt uns zurück in die breite Debatte über die Sicherheit, die wir ja schon öfters hier im Parlament geführt haben und bei der wir darauf hingewiesen haben, dass wir, dieses Parlament – und ich glaube, auch die Kommission –, bei diesem Thema gerne auf europäischer Ebene regulierend eingreifen würden und könnten, wenn die Mitgliedstaaten es wollten. Diese Debatte haben wir ja nicht nur im Bereich Flugverkehr, wir haben sie auch im Bereich Schienenverkehr und in anderen Bereichen des Öfteren schon geführt. Deshalb soll man heute die Frage dort stellen, wo sie zu beantworten ist, nämlich zuerst einmal bei den Luftfahrtbehörden in den jeweiligen Ländern und selbstverständlich auch bei der Koordinierung auf europäischer Ebene. Diese Koordinierung hat hervorragend geklappt.
Heute gilt als erste Priorität in meinen Augen die Sicherheit der Passagiere und nicht so sehr der wirtschaftliche Aspekt, obwohl man ihn nicht aus den Augen verlieren darf. Die Entscheidungen in den Ländern waren richtig, und ich hoffe auch, dass in Zukunft Eurocontrol und die nationalen Flugsicherheitsbehörden die Entscheidung treffen und nicht einzelne Gesellschaften, denn wir sind des Weiteren auch heute wieder mit Experten konfrontiert, die unterschiedliche Meinungen vorbringen. Daher ist äußerste Vorsicht geboten.
Wirtschaftlich gesehen ist dies natürlich eine Katastrophe für einen Bereich, der bereits die dritte Krise erfährt, nach dem 11. September und nach der Wirtschaftskrise. Dann sollten wir auch auf europäischer Ebene – und bitte nicht auf einzelstaatlicher Ebene – ansetzen und eventuell Hilfspakete vorsehen, die aber auch europaweit kompatibel sind und nicht wieder marktverzerrend wirken, wie wir es in der Vergangenheit des Öfteren gekannt haben. Hilfen ja, aber nicht nur auf einzelstaatlicher Ebene.
Die Passagiere – dieses Thema haben wir zu Recht hier in diesem Parlament auch des Öfteren diskutiert – sind jetzt in einer Situation, wo ihnen auch das bestehende Recht nicht all die Hilfe gibt, die sie erwarten können. Ich gehe aber davon aus, dass die Fluggesellschaften, aber auch die betroffenen Unternehmen insgesamt mit den Passagieren so umgehen, dass diese auf die Rechte, die sie noch haben, pochen können.
Die Zukunft ist und bleibt für mich der einheitliche europäische Luftraum. Ich möchte noch darauf hinweisen, dass wir dieses Thema in den kommenden zwei Jahren hier im Europäischen Parlament noch öfters diskutieren werden.
Saïd El Khadraoui (S&D). – (NL) Herr Präsident, meine Damen und Herren, Herr Kommissar, in dieser Aussprache geht es meiner Ansicht nach um drei wichtige Punkte. Erstens die Hilfe für und die Rückführung von gestrandeten Fluggästen; dies muss für alle Behörden auf allen Ebenen unbedingt absolute Priorität haben. In diesem Zusammenhang können wir übereinstimmend feststellen, dass die europäische Verordnung für die Rechte von Fluggästen vielen der Passagiere zumindest ein Minimum an Annehmlichkeit und Unterstützung verschafft hat. In der Praxis jedoch – wie Ihnen sehr wohl bekannt ist – sind wir natürlich auf eine nicht unerhebliche Anzahl von Problemen gestoßen: Chaos an den Flughäfen, fehlende Informationen usw. Ich befürworte daher die Anstrengung einer Untersuchung auf europäischer Ebene, in Zusammenarbeit mit den Luftfahrtunternehmen und allen anderen betroffenen Parteien, damit wir prüfen können, wie in solchen Situationen von uns Hilfe geleistet werden kann.
Darüber hinaus möchte ich Sie dazu auffordern, eine Art Task Force auf Ebene der Kommission und Mitgliedstaaten einzurichten, um die Rückführung so effizient wie möglich zu gestalten. Ich weiß, dass dies Aufgabe der Luftfahrtunternehmen ist, aber sicherlich sitzen Menschen an entfernt gelegenen Orten fest, die eine Weile auf ihre Rückführung werden warten müssen, auch wenn der Luftraum wieder geöffnet ist. Diesem Punkt sollten wir unsere Aufmerksamkeit schenken.
Der zweite wichtige Punkt, ein zweites Kapitel, wenn Sie so wollen, ist das Verfahren für das Verhängen von Flugverboten. Fakt ist, dass wieder einmal Rufe nach mehr Zusammenarbeit und besserer Koordinierung auf europäischer Ebene laut geworden sind, und der einheitliche europäische Luftraum – etwas, was bereits angesprochen wurde – wird sich hier in Zukunft als nützlich erweisen. Die Europäische Union hat zwar derzeit weder über den Luftraum der Mitgliedstaaten, noch über Eurocontrol Entscheidungsgewalt, was das Fällen effizienter und koordinierter Entscheidungen erheblich erschwert.
Es trifft jedoch auch zu, dass wir bis gestern Abend auf europäischer Ebene ein eigentlich ziemlich konservatives mathematisches Modell verwendet haben. Dieses Modell basiert im Grunde auf einem Worst-Case-Szenario, was im Klartext heißt, dass ein bisschen Vulkanasche quasi als eine enorme Wolke bezeichnet wurde, die ein Flugverbot erforderte. Es wird Ihnen bekannt sein, dass die Vereinigten Staaten ein anderes Modell verwenden, das ein Flugverbot für das Gebiet direkt über dem Vulkan vorsieht und den Luftfahrtunternehmen die Entscheidung über die Betriebsrisiken überlässt. Das ist ein anderes Modell. Über ein Modell, das zwischen diesen beiden extremen Positionen liegt, wurde bereits eine Verständigung erreicht – ich spreche hier von der Drei-Zonen-Regelung – und dieses Modell ist gut. Es bleibt abzuwarten, wie wir Sicherheit und Effizienz wirklich hiermit vereinbaren können.
Der dritte und letzte Punkt, den ich ansprechen möchte, ist unser Umgang mit den wirtschaftlichen Folgen. Eine Auflistung der verschiedenen Möglichkeiten macht zwar Sinn, aber wir benötigen hier eine europäische Herangehensweise. Lassen Sie mich zum Schluss nur noch hinzufügen, dass wir den Leuten nicht vorgaukeln sollten, wir wären in der Lage, jeden für die entstandenen Unannehmlichkeiten zu entschädigen. Das ist einfach unmöglich.
Dirk Sterckx (ALDE). – (NL) Herr Präsident, zunächst möchte ich mich zu dem Herrn Minister, d. h. dem amtierenden Präsidenten des Rates, äußern. Natürlich nicht zu Ihnen persönlich, sondern zu allen, die jemals Ihr Amt innegehabt haben und möglicherweise auch einigen von denen, die es in Zukunft bekleiden werden. Wie haben Sie es geschafft, einen europäischen Vorstoß dieser Art so viele Jahre lang zu blockieren? Immer wieder mussten die Kommission und das Parlament den Rat dazu zwingen, eine Übereinkunft zu erzielen, und selbst dann ist das Ergebnis stets nur ein armseliger Kompromiss. Wie kommt es, dass der Rat immer in zwischenstaatlichen und nationalen Dimensionen denkt und nicht in europäischen Dimensionen? Das ist eine der Lektionen, die wir aus dieser Situation verinnerlichen müssen. Mein Kollege Herr El Khadraoui hat bereits darauf hingewiesen, dass es noch Spielraum für eine verbesserte Zusammenarbeit gibt, und zwar nicht nur bei der Verwaltung des Luftraums. Die Koordinierung der nationalen Behörden untereinander könnte ebenfalls verbessert werden, aber Sie, Herr Ratspräsident, haben selbst angeführt, dass Europa momentan nicht über die Befugnisse für diese Verbesserungen verfügt. Geben Sie Europa also endlich die Befugnisse! Das würde alles viel einfacher machen.
Zweitens möchte ich etwas zu den wissenschaftlichen Informationen sagen. Wir verfügen über ein einziges Zentrum in London, das sich nur auf bestimmte Bereiche spezialisiert und gemeinsam mit Eurocontrol entschieden hat, dass die Sicherheit vorgeht. Das war zwar die richtige Entscheidung, aber geht es weit genug? Wäre es nicht eine gute Idee, das europäische Modell zu stärken, indem wir mehrere unterschiedliche Fachgebiete zusammenführen und ein echtes europäisches Zentrum für Flugsicherheit schaffen? Dieser Vulkanausbruch ist noch nicht vorbei. Bei seinem letzten Ausbruch vor 200 Jahren ist der Vulkan zehn Jahre lang aktiv geblieben. Also müssen wir uns auf die kommenden Jahre vorbereiten. Meiner Ansicht nach müssen wir das europäische Modell stärken, und – dies ist wichtig für das Parlament – wir müssen auch sicherstellen, dass die Rechte von Fluggästen unangetastet bleiben und staatliche Beihilfen allen auf Grundlage der gleichen Kriterien zuteil werden.
Isabelle Durant (Verts/ALE). – (FR) Herr Präsident, auch wenn Tausende von Menschen im Moment mit großen Schwierigkeiten zu kämpfen haben, ist dieser Vulkanausbruch meiner Ansicht nach als ein veritabler Mahnruf zu werten: Einen Mahnruf, der uns dazu zwingt, unser Verhältnis zum Wetter in der Verkehrsbranche zu überdenken und vor allem unsere zu große Abhängigkeit vom Luftverkehr, der nach und nach und zuweilen ganz unbemerkt den Platz aller anderen Beförderungsmittel eingenommen hat. Dieser Punkt gewinnt umso mehr an Bedeutung, als zum jetzigen Zeitpunkt natürlich keiner sagen kann, ob der Vulkanausbruch zum Stillstand kommen oder wie sich die Wolke in den kommenden Wochen und Monaten bewegen wird.
Somit müssen wir vornehmlich – und hier unterstütze ich sowohl die Kommission als auch den Rat – an dem Vorsorgeprinzip und dem Sicherheitsprinzip festhalten. Weiterhin stelle ich mit Erstaunen fest, dass im Pharmabereich das Vorsorgeprinzip einmal dazu eingesetzt wurde, in Bezug auf die Tätigung von Ausgaben Druck auf die Mitgliedstaaten und auf Europa auszuüben, was meiner Ansicht nach etwas unüberlegt war. Heute scheint eine andere Branche ebenfalls die von den Mitgliedstaaten und dem Europäischen Rat getroffenen Vorsichtsmaßnahmen in Frage zu stellen bzw. zu kritisieren. Ich finde das ungeheuerlich. Es gibt keine Notbremse für Geldausgaben. Die Sicherheit und das allgemeine Wohl haben Vorrang.
Im Übrigen bin ich der Meinung, dass wir natürlich den Schienenverkehr ausbauen müssen. Dies hat höchste Priorität, und wie mein Kollege ausgeführt hat, steht außer Frage, dass wir eine Vorstellung davon haben, wie unser Verkehrssystem aussehen sollte; anders ausdrückt, ist es erforderlich, dass sich die Schiene den Markt für kurze und mittlere Entfernungen zurückerobert. Zudem glaube ich, dass Vielfalt im Verkehr und der Beförderungsarten von entscheidender Bedeutung ist. Zufälligerweise ist dies auch das Thema des Weißbuchs, mit dem wir uns im Ausschuss zu befassen haben werden.
Kurzfristig gesehen halte ich die Rückführung der Menschen, die Entschädigung der Passagiere und eventuell die Berücksichtigung von Hilfen für die Luftfahrtunternehmen – dies allerdings auf eine sehr gezielte Art und Weise – sicherlich für die vorrangige Aufgabe. Ich bin ebenfalls der Meinung, dass wir uns in struktureller Hinsicht viel stärker für Videokonferenzen einsetzen müssen. Videokonferenzen werden sehr selten als Medium genutzt und generell stiefmütterlich behandelt; dies trifft natürlich nicht nur auf das Parlament zu, sondern ich spreche hier ganz allgemein. Sicherlich würde mehr Unterstützung für diese Praxis uns dabei helfen, unsere Abhängigkeit vom Luftverkehr zu verringern.
Schließlich und auf Bitte des Präsidenten finde ich, dass das Europäische Parlament für seinen Teil möglicherweise die eigenen Arbeitsmethoden überdenken könnte, indem es beispielsweise die Möglichkeit prüft, fünf Tage pro Woche in zwei aufeinanderfolgenden Wochen zu arbeiten, anstatt drei Tage oder dreieinhalb Tage pro Woche. So könnten wir auch in Bezug auf die Organisation unserer Arbeit mit gutem Beispiel vorangehen und zeigen, wie die Abhängigkeit vom Luftverkehr verringert werden kann, denn dieser ist offensichtlich sehr anfällig und, wie uns die Natur gerade vor Augen führt, unvorhergesehenen Ereignissen unterworfen, auf die wir keinen Einfluss haben.
Es geht wirklich darum, das System als Ganzes auf den Prüfstand zu stellen und es wird im Rahmen des Weißbuchs, aber auch im Europäischen Parlament Gelegenheit geben, unsere eigenen Maßnahmen zur Förderung alternativer Beförderungsmittel, einschließlich der Art, wie wir selbst arbeiten, zu überdenken.
VORSITZ: Miguel Angel MARTÍNEZ MARTÍNEZ Vizepräsident
Ryszard Czarnecki (ECR). – (PL) Herr Präsident, ich bedaure sehr, dass viele Kolleginnen und Kollegen es offenbar versäumen, Experten zu Rate zu ziehen, bevor sie hier das Wort ergreifen. Ich meine damit Menschen, die Tausende von Stunden an den Schaltpulten von Flugzeugen verbracht haben. Mir scheint, dass es sich hier um eine extrem politische Diskussion handelt, die sich vor allem gegen den Rat richtet, obwohl doch der Rat beim besten Willen nicht für Vulkane verantwortlich gemacht werden kann. Es kann mit Fug und Recht behauptet werden, dass die Entscheidung seitens Eurocontrol vorschnell getroffen wurde, weil man – und das sage ich mit Nachdruck – alles einfach in einen Topf geworfen hat. Die Tragweite der Situation, die man da heraufbeschwor, wurde überhaupt nicht gesehen. Wir sind verantwortlich für das Management eines Systems des permanenten Flugverkehrs, und ich denke, aus den jüngsten Ereignissen können wir etwas lernen. Ich bin dennoch absolut sicher, dass die bereits getroffenen Entscheidungen für einen zu langen Zeitraum getroffen wurden, und ich bin überzeugt, dass man anders hätte entscheiden können.
Jacky Hénin (GUE/NGL). – (FR) Herr Präsident, meine Damen und Herren, ich denke, in Momenten wie diesem sollten wir Worte des Trostes und des Mitgefühls für all jene finden, die auf die eine oder andere Weise unter den Störungen im Flugverkehr zu leiden hatten oder noch immer darunter leiden, und ebenso müssen wir den Mitarbeitern der Fluggesellschaften, die sich mit ihren begrenzten Möglichkeiten darum bemüht haben, den Bedürfnissen der Fluggäste entgegenzukommen, unser Wohlwollen zum Ausdruck bringen.
Wir wollen nicht in den Chor derjenigen einstimmen, die zwar viel kritisieren, aber selbst nur wenige Vorschläge machen und – sobald sich der Sturm gelegt hat – bekunden, dass sie es ja immer schon besser wussten. An dieser Stelle muss erneut hervorgehoben werden, dass der Grundsatz der Sicherheit der Fluggäste höchste Priorität hat. Besser ein unzufriedener, aber lebendiger Passagier als ein Passagier, der bei einem Flugzeugunglück ums Leben kommt.
Gleichzeitig möchte ich hinzufügen, dass Europa unter einem Mangel an Glaubwürdigkeit leidet. Mehr Zusammenarbeit und Einigkeit hätten es wahrscheinlich ermöglicht, besser zu kommunizieren, bessere Erklärungen zu formulieren und jenen besser entgegenzukommen, die einfach nur Informationen wollten.
Meines Erachtens kommt es nun darauf an, die Befugnisse der Europäischen Agentur für Flugsicherheit zu stärken und es der Agentur zu ermöglichen, sich auf eine permanente wissenschaftliche Beratung zu stützen, die es ihr ermöglicht, in jeder Situation fundierte Entscheidungen zu treffen. In Zukunft – das wurde zwar bereits gesagt, aber ich meine, es sollte noch einmal betont werden – müssen wir noch mehr dafür tun, dass die Verkehrsmittel in ganz Europa einander besser ergänzen, indem wir uns auch hier um mehr Kohärenz bemühen.
Um alle eventuellen Zweifel zu zerstreuen, möchte ich zum Abschluss, wenn Sie gestatten, Herr Präsident, den Vorschlag machen, zu dieser Angelegenheit einen Untersuchungsausschuss des Europäischen Parlaments einzusetzen.
Anna Rosbach (EFD). – (DA) Herr Präsident, ich möchte zwei wichtige Anmerkungen machen. Zum einen ist es sehr ungünstig, dass Europa momentan ruhiggestellt ist und am globalen Wettbewerb nicht teilnehmen kann; das gilt jedoch ebenso für amerikanische und asiatische Fluggesellschaften, die die EU nicht anfliegen können.
Zweitens möchte ich allen Betroffenen für ihre Mühe danken.
Noch ist die Frage nicht geklärt, ob den Fluggesellschaften eine finanzielle Entschädigung zusteht. Diese Entscheidung wird in den Aussprachen der nächsten Tage getroffen. Wir freuen uns, dass nunmehr ein Dreistufenplan vorliegt. Dies begrüße ich sehr. Die Financial Times kritisiert, dass die Politiker „einfach“ alles aus Sicherheitsgründen geschlossen hätten, und empfiehlt Europa, die US-amerikanische Vorgehensweise zu übernehmen, wonach die einzelnen Fluggesellschaften selbst entscheiden dürfen, ob sie fliegen oder nicht. Ich hoffe, dass wir hier im Parlament dieses Modell rundheraus ablehnen werden. Es wäre eine Katastrophe, wenn eine vom Bankrott bedrohte Fluggesellschaft beschließen würde, nur aus Gründen des Profits zu fliegen.
Was wir brauchen, ist eine langfristige Strategie: bessere Messinstrumente im Luftraum, um atmosphärische Veränderungen vorhersagen zu können, und die Entwicklung von Flugzeugmotoren, die sparsamer im Benzinverbrauch und gleichzeitig robuster sind. Flugzeuge sind nun einmal nicht nur durch Terroranschläge gefährdet, sondern auch durch extreme Witterungsbedingungen. Flugzeuge sind höchst energieintensiv und umweltschädlich. Es wird nicht möglich sein, solarbetriebene oder elektrische Fracht- oder Passagierflugzeuge zu entwickeln, wir können aber sehr wohl auf Hochgeschwindigkeitszüge setzen und uns für die Einrichtung direkter Hochgeschwindigkeitsschienenverbindungen zwischen allen großen europäischen Städten stark machen. Züge können viel umweltfreundlicher sein als Flugzeuge, und sie können durchaus mit dem Flugzeug konkurrieren, wenn es um innereuropäische Verbindungen geht.
Danuta Maria Hübner (PPE). – Herr Präsident, heute wissen wir, was wir vor einer Woche noch nicht wussten: Ein Himmel ohne Flugzeuge kommt uns teuer zu stehen. Die Kosten für die Fluggesellschaften gehen weit über entgangene Einnahmen hinaus. Auch andere Industriezweige sind betroffen, obwohl sogar manche von der Situation profitieren. Nicht zu unterschätzen ist auch die Tatsache, dass dieser jüngste Vorfall die ohnehin sehr geschwächte europäische Wirtschaft getroffen hat, die der Notwendigkeit einer Haushaltskonsolidierung ins Auge sehen muss.
Ich möchte auf zwei Aspekte zu sprechen kommen.
Der erste Aspekt betrifft die staatlichen Beihilfen. Für die Idee, Fluggesellschaften staatliche Beihilfen für Verluste anzubieten, gibt es einen Präzedenzfall, als nämlich nach dem 11. September 2001 amerikanische Fluglinien durch finanzielle Stützen gerettet wurden. Auch die Europäische Kommission bietet staatliche Beihilfen im Schnellverfahren an, was sehr willkommen ist. Meine Frage an die Kommission lautet jedoch, ob wir wissen, wie hoch diese neuerliche Belastung voraussichtlich für die nationalen Haushalte ausfallen wird, die bereits unter hohen Defiziten und Schulden leiden und denen eine Haushaltskonsolidierung bevorsteht. Sind staatliche Beihilfen über nationale Haushalte wirklich die beste Lösung? Hat die Europäische Kommission noch andere Optionen in Erwägung gezogen?
Der zweite Aspekt bezieht sich auf die Fähigkeit der Europäischen Union zur Krisenbewältigung. Wie wir gehört haben, gab es in den ersten Tagen keinerlei Beratung oder Abstimmung zwischen den einschlägigen nationalen Behörden in einer Situation, die 80 % des europäischen Luftraums betraf. Ich versichere Ihnen, Herr Kommissar, dass Sie vollkommen unabhängig sein und dennoch koordinieren können.
Vielleicht hören wir bald, dass wir durch Koordination eine bessere Lösung hätten gestalten und umsetzen können, daher halte ich den Zeitpunkt für gekommen, die Krisenbewältigung der EU auf den Prüfstand zu stellen. Hier wird ganz deutlich. dass Katastrophen, die unsere Bürgerinnen und Bürger beeinträchtigen, sich auch außerhalb der EU ereignen können, im Europäischen Wirtschaftsraum oder sogar außerhalb des EWR. Ich habe folgende Frage an die Kommission: Was werden Sie aus diesem Vorfall lernen, um die Krisenbewältigungsfähigkeit der Europäischen Union zu verbessern? Ich versichere Ihnen, dass wir im Europäischen Parlament all Ihre Anstrengungen unterstützen werden, Europa effektiver und effizienter zu machen, was unser Krisenmanagement betrifft.
Hannes Swoboda (S&D). - Herr Präsident! Ich habe in den letzten Tagen die Alternativen zum Flugverkehr in Europa gesehen und erlebt, einerseits auf einer Autofahrt von Belgrad nach Wien und dann auf einer Zugfahrt von Wien nach Straßburg. Obgleich es auch Probleme auf den Straßen gibt, sind diese doch relativ gut ausgebaut, selbst in den angrenzenden Regionen. Bei der Bahn ist die Lage allerdings nach wie vor furchtbar und sehr schlecht. Das ist nicht akzeptabel.
Wo wären wir heute, hätten wir die Pläne des so genannten Delors-Plans verwirklicht? Dann hätten wir bereits die transeuropäischen Netze, wir hätten mehr Hochgeschwindigkeitstrassen, und wir hätten mehr leistungsfähige Züge. Nach wenigen Stunden schon waren die Toiletten auf der Bahn nicht mehr benutzbar, obwohl es ein moderner Waggon war, weil viele Menschen über Stunden stehen mussten oder auf dem Boden saßen und daher die Züge natürlich überfüllt und überfordert waren.
Daher bitte ich den Kommissar, sich wirklich darum zu kümmern, dass wir der Modernisierung der Bahn im Sinne von mehr Hochgeschwindigkeitszügen und auch von Kapazitätsreserven einen neuen Anstoß geben. Wir brauchen gewisse Reserven. Auch im Winter und nicht nur bei der großen Katastrophe des Vulkanausbruchs haben wir festgestellt, dass wir zu wenige Reserven haben und dass die Berücksichtigung der Wirtschaftlichkeit allein nicht ausreicht. Auch der Gesichtspunkt der Versorgung muss stärker betont werden.
Izaskun Bilbao Barandica (ALDE). – (ES) Herr Präsident, Herr López Garrido, Herr Kallas, vielen Dank für Ihre Erläuterungen und für die geleistete Arbeit.
Ich stimme Ihnen zu, dass Sicherheit an erster Stelle stehen muss und dass die aktuelle Krise sehr komplex ist, aber wir haben zu lange gebraucht, um uns zu verständigen, nämlich ganze fünf Tage.
Um aber nun die Erwartungen der Menschen, der europäischen Öffentlichkeit, nicht zu enttäuschen, müssen die Schlussfolgerungen dieser Aussprache, klar, einfach und vor allem praktikabel sein. Sie müssen darüber hinaus unmittelbare und für jeden sofort spürbare Effekte haben.
Daher haben die Steuerzahler, die ja ebenfalls für diese Krise bezahlen müssen, in jedem Fall Anspruch auf die Gewährleistung dreier Dinge: Erstens auf größere Transparenz, was die Entscheidungen über Flughafenschließungen und die Entwicklung der Situation betrifft. Die Öffentlichkeit wurde zu spät über die Krise informiert, was nach meinem Dafürhalten an vielen Flughäfen zu einer Verschärfung der Probleme geführt und auch vielen Fluggästen die Änderung ihrer Reisepläne erschwert hat. Wir brauchen auch größere Transparenz bezüglich des Drei-Zonen-Modells, das jetzt festgelegt wurde. Wir wollen wissen, was diese drei Zonen sind und welche Bedeutung sie haben werden.
Zweitens haben die Steuerzahler Anspruch auf eine Garantie der uneingeschränkten Einhaltung der Fluggastrechte. Wir brauchen Klarheit, wir müssen eindeutig festlegen, wer für Fluggastrechte verantwortlich ist, welchen Umfang diese Rechte haben und welche Fristen beachtet werden müssen, um sie wahrzunehmen. Ich teile die Ansicht von Herrn Kommissar Kallas, dass auch die Verfahren überwacht werden müssten, die die Fluggesellschaften anwenden wollen, um solchen Forderungen entgegenzukommen.
Zu guter Letzt haben die Steuerzahler Anspruch darauf, dass den Fluggesellschaften staatliche Beihilfen gewährt werden. Ich ersuche Sie, klar zu definieren, wie diese staatlichen Beihilfen aussehen sollen und welche Kriterien für ihre Bewilligung angewandt werden sollen, und dass wir die Konsequenzen, die diese Krise möglicherweise für die Beschäftigten der Fluggesellschaften hat, überwachen und kontrollieren. Wir müssen die Kontrollmaßnahmen auch maximieren, damit Fluggesellschaften nicht Situationen wie diese dazu nutzen, ihre Belegschaft willkürlich oder unverhältnismäßig zu reduzieren.
Was die aktuelle Krise sehr deutlich gezeigt hat, ist die Notwendigkeit, die europäische Koordination und Fähigkeit zur Zusammenarbeit weiterzuentwickeln.
Philip Bradbourn (ECR). – Herr Präsident, wie schon erwähnt konnte niemand die Ereignisse in Island voraussehen. Die Flugbranche muss derzeit mit sehr vielen Unbekannten kalkulieren, sowohl in Bezug auf den Vulkanausbruch als natürlich auch in Bezug auf die allgemeine wirtschaftliche Situation. Vor diesem Hintergrund sollten wir uns bei einer so extremen Maßnahme wie der Sperrung des gesamten europäischen Luftraums auf objektive wissenschaftliche Erkenntnisse stützen und mit den gegenwärtig verfügbaren technischen Möglichkeiten sicherstellen, dass die Unterbrechung minimal ausfällt und Informationen zuverlässig weitergegeben werden.
Was dies betrifft, haben Eurocontrol und die nationalen Behörden mit ihrem unzureichenden Krisenmanagement zu der allgemeinen Frustration noch beigetragen. Dadurch, dass die Sperrung des europäischen Luftraums kontinuierlich alle sechs bis acht Stunden verlängert wurde, wurde den Passagieren die Möglichkeit genommen, die Fortsetzung ihrer Reise mit anderen Verkehrsmitteln zu planen, und den Fluggesellschaften selbst waren die Hände gebunden. Zwar gibt es Computersimulation und Satellitentechnik, um solche Situationen zu bewältigen, aber trotz all dieser Technologien konnte es einem so vorkommen, als ob wir mit angefeuchtetem Finger in der Luft dastehen, um zu prüfen, woher der Wind weht. Zumindest wird das in der Öffentlichkeit so wahrgenommen. Das war eine Katastrophe für alle Beteiligten. Was wir brauchen, sind Langzeitprognosen, keine spontanen Bauchentscheidungen.
Christine De Veyrac (PPE). – (FR) Herr Präsident, zunächst möchte ich betonen, dass die Anwendung des Vorsorgeprinzips durch die Mehrzahl der europäischen Regierungen, die ihren Luftraum gezielt und befristet sperren ließen, eine sehr kluge und umsichtige Entscheidung war.
Die Sicherheit unserer Mitbürgerinnen und Mitbürger muss über allen anderen Erwägungen stehen und von daher ist die Haltung bestimmter Fluggesellschaften, die eine vollständige und unverzügliche Öffnung des Luftraums auf der Grundlage von einem oder zwei Testflügen verlangen, gelinde gesagt, empörend.
Ich glaube, es war Herr Hénin, der soeben davon gesprochen hat, dass die verschiedenen Verkehrsmittel einander besser ergänzen müssten, insbesondere im Hinblick auf den Schienenverkehr, und ich möchte bei dieser Gelegenheit mein Bedauern darüber zum Ausdruck bringen, dass die Stilllegung des Luftverkehrs noch verschärft wurde durch Störungen im Bahnverkehr aufgrund von Streiks, die in einer solchen Situation ebenso unverantwortlich wie unverständlich sind.
Um aber auf das eigentliche Thema zurückzukommen: Ich begrüße die Entscheidung der Kommission, die Freigabe öffentlicher Gelder für von der aktuellen Störung betroffene Fluggesellschaften zu genehmigen. Ich halte diese Entscheidung in einer Situation, in der die Krise bereits spürbar ist, für äußerst vernünftig. Dennoch muss diese Unterstützung als Ausnahme gelten.
In diesem Zusammenhang fände ich es wünschenswert, das vorbildliche Verhalten einer Fluggesellschaft bei der Entschädigung ihrer Kunden, die durch Annullierungen von Flügen zu Schaden kamen, zu einem Kriterium für die Gewährung solcher Finanzhilfen zu machen. Es ist nämlich nicht hinnehmbar, dass bestimmte Fluggesellschaften die Force majeure-Klausel möglicherweise dazu missbrauchen, ihre Pflichten gemäß Verordnung (EG) Nr. 261/2004 über Ausgleichsleistungen für Fluggäste zu umgehen. Die Leidtragenden der gegenwärtigen Situation sind die Reisenden, und wenn man diesen keine Alternativlösung anbietet, sollten ihnen nicht auch noch die Kosten aufgebürdet werden.
Darüber hinaus sind Reisebüros von der Verpflichtung ausgenommen, Reisenden einen Ausgleich für ungenutzte Flüge zu leisten. Auch das ist nicht in Ordnung. Sowohl Fluggesellschaften als auch Reisebüros sind gegen Ausnahmesituationen wie diejenige, die wir in den vergangenen Tagen erlebt haben, versichert. Deshalb müssen wir unbedingt dafür sorgen, dass Reisende für annullierte Flüge einen angemessenen Ausgleich erhalten.
Silvia-Adriana Ţicău (S&D). – (RO) Circa 2 Millionen Fluggäste in den 27 Mitgliedstaaten der EU reisen jedes Jahr mit dem Flugzeug, 22 % davon auf Inlandsflügen, 44 % innerhalb der EU und 34 % außerhalb der EU.
Der Ausbruch des Vulkans in Island hat uns die Schwäche des europäischen Verkehrssystems schlagartig bewusst gemacht. In den letzten sechs Tagen wurden über 17 000 Flüge gestrichen und Millionen Fluggäste saßen an verschiedenen Orten sowohl innerhalb als auch außerhalb der EU fest. Unter diesen Umständen war eine rasche und präzise Information der Fluggäste vollkommen unabdingbar.
Die Sicherheit der Fluggäste muss allen anderen Interessen übergeordnet sein. Aus diesem Grund müsste es, insbesondere in der Europäischen Union, ein effizientes System zur Umleitung von Fluggästen auf andere Verkehrsmittel geben, auf Züge, Schiffe oder Kraftfahrzeuge. Wenn ein solches System existieren würde, hätten 66 % der Fluggäste, die in diesem Zeitraum festsaßen und die innerhalb eines Mitgliedstaats oder der EU selbst unterwegs waren, ihr Ziel mit anderen Transportmitteln erreicht.
Es zeigt sich immer deutlicher, dass endlich die erforderlichen Mittel für die Entwicklung eines europaweiten Verkehrsnetzes bereitgestellt werden müssen, damit nicht nur die Hauptstädte der Mitgliedstaaten, sondern auch andere europäische Großstädte durch Hochgeschwindigkeitszüge bedient werden können. Ein weiterer zunehmend dringlicher Aspekt ist die Weiterentwicklung inländischer Wasserverkehrswege und der europäischen Meeresautobahnen. Wir sollten politischen Willen demonstrieren getreu unserem Motto: „Für ein mobiles Europa“.
Pat the Cope Gallagher (ALDE). – (GA) Herr Präsident, ich möchte die Bemühungen von Herrn Kommissar Kallas und der Verkehrsminister zur Bewältigung dieses Problems gutheißen.
– Zwar leben wir heute im Zeitalter der Technik, aber durch eine Situation wie diese werden wir daran erinnert, dass wir mehr denn je auf Mutter Natur angewiesen sind.
Ich komme aus Irland, einem Land, das zwei Fährpassagen vom europäischen Festland entfernt liegt. Ich kann wohl sagen, dass wir – ebenso wie die Menschen, die ich hier vertrete – die Auswirkungen dieser Ereignisse mehr als alle anderen Bürgerinnen und Bürger in anderen Mitgliedstaaten zu spüren bekommen haben. Nach den Ankündigungen des gestrigen Abends hatten wir Grund zu der Hoffnung, dass die Situation sich entspannen würde. Über Nacht hat sich jedoch wieder alles geändert und die Einschränkungen für unseren Luftraum wurden bis heute Mittag, 13.00 Uhr, verlängert.
Zahlreiche Fluggäste sind in den verschiedensten Teilen nicht nur Europas, sondern der ganzen Welt gestrandet, und wir müssen alles daransetzen, diesen Menschen zu helfen, den vielen Menschen zu helfen, die Todesfälle in ihren Familien zu beklagen haben und nicht nach Hause zurück können. Solche Passagiere sollten von den Fluggesellschaften den Vortritt bekommen, anstatt ignoriert und ebenso wie alle anderen Fluggäste behandelt zu werden.
Die wirtschaftlichen Folgen sind immens, und ich bin hocherfreut, dass der Herr Kommissar eine Arbeitsgruppe leiten wird, die die Konsequenzen dieses Ereignisses für die Wirtschaft aufarbeiten soll. Es ist natürlich unerlässlich – und ich halte das für ganz entscheidend –, dass die Rolle von Eurocontrol infolge dieser Krise gestärkt wird, denn Vulkane halten sich nicht an wirtschaftliche, geografische oder politische Grenzen. Wir müssen dieses Problem von innen heraus anpacken. Auch ich bin der Meinung, dass es nicht zielführend ist, es aus 27 verschiedenen Perspektiven oder Ländern anzugehen. Eines der größten Probleme, mit denen Reisende heutzutage konfrontiert sind, ist die Verwirrung ...
(Der Präsident unterbricht den Redner)
Vicky Ford (ECR). – Herr Präsident, die Aschewolke hat Stress und Erschütterung für Tausende Reisender und finanzielle Verluste für zahlreiche Unternehmen mit sich gebracht. Auch viele unserer Kolleginnen und Kollegen aus abgelegenen Teilen Europas sind diese Woche auf der Strecke geblieben. Dem Ratsvorsitz sei dafür gedankt, dass auch er es für undemokratisch hielt, ohne diese Kolleginnen und Kollegen abzustimmen. Allzu oft haben diejenigen unter uns, die von weiter her kommen, das Gefühl, von den Interessen mitteleuropäischer Allianzen beiseitegeschoben zu werden.
Der Vulkan hat uns außerdem daran erinnert, dass wir nicht die Herren dieses Planeten sind und nicht auf alle Fragen eine Antwort parat haben. Es ist offensichtlich, dass wir sowohl über Vulkanasche als auch über Vulkangase wesentlich mehr Erkenntnisse brauchen und dass die Forschung in diesem Bereich gefördert werden muss.
Es wurde uns außerdem vor Augen geführt, wie abhängig wir vom Flugverkehr geworden sind. Uns ist klar, dass wir diese Abhängigkeit in den kommenden Jahren abbauen müssen. Investitionen in fortschrittliche Kommunikationssysteme, die virtuelle Meetings ermöglichen, sowie Investitionen in den Hochgeschwindigkeitsschienenverkehr sollten wir befürworten.-
Zu guter Letzt sollten auch Programme zur Reduzierung verzichtbarer Reisen begrüßt werden. Hier könnte das Parlament ganz klar mit gutem Beispiel vorangehen.
Marian-Jean Marinescu (PPE). – (RO) Außergewöhnliche Naturereignisse wie der Vulkanausbruch in Island können bisher leider nicht vorhergesagt werden. Eine unangemessene Reaktion kann in solchen Fällen entschuldigt werden, aber nur einmal. Wir müssen diesen Vorfall eingehend untersuchen und einen wirksamen Einsatzplan für den Fall erarbeiten, dass ein solches Phänomen sich erneut ereignet. Die Informationen über die Folgen des Vulkanausbruchs waren unzureichend. Heute, fast eine Woche, nachdem das Chaos ausgebrochen ist, wissen wir immer noch nicht, wie lange es noch andauern wird und welche Risiken momentan bestehen.
Ein Zentrum muss eingerichtet werden, das ohne Rücksicht auf die Kosten eine angemessene Überwachung leisten kann, damit die Betroffenen, also Fluggesellschaften und Fluggäste, sich sinnvoll verhalten können. Die Reaktion der Fluggesellschaften kam zu spät und war unkoordiniert, was größte Probleme für die Passagiere mit sich brachte. Die Fluggesellschaften haben keinen Kooperationsversuch unternommen, um den Strom der Reisenden zu koordinieren und die maximale Nutzung der noch verfügbaren Strecken zu ermöglichen. Die einzige logische Konsequenz aus dieser Unzulänglichkeit ist die Schaffung eines einheitlichen europäischen Luftraums und die Einrichtung eines zentralisierten Flugsicherungssystems unter der Zuständigkeit einer einzigen Behörde.
Herr Ratspräsident, letztes Jahr war ich Berichterstatter für die Initiative „Single European Sky“ für einen einheitlichen europäischen Luftraum, und ich fand es extrem schwierig, das aktuelle Format der Initiative nach äußerst zähen Verhandlungen mit dem Rat zu erreichen. Dieses Jahr haben wir genau denselben Fall bezüglich der europäischen Frachtkorridore.
Ich bin der Ansicht, dass die Mitgliedstaaten verstehen sollten, was hier passiert ist. Die Reaktion der Mitgliedstaaten war unangemessen, und sie haben es versäumt, andere Transportmittel zur Verfügung zu stellen. Im Augenblick ist es in Europa unmöglich, auf zivilisierte Art und Weise eine Bahnfahrkarte zu kaufen. Die Schaffung eines europäischen Zentrums, das im Falle außergewöhnlicher Naturereignisse für Intervention und Koordination zuständig ist, ist absolut unerlässlich. Die Modernisierung des Schienenverkehrs ist ebenfalls eine Priorität, über die zwar viel geredet, aber für die zu wenig getan wird.
Ich hoffe, dass eine ganz besonders wichtige Botschaft bei den Mitgliedstaaten angekommen ist: Es reicht nicht aus, nur für sich allein vorbereitet zu sein; wir brauchen einheitliche Voraussetzungen in der ganzen Europäischen Union. Was wir brauchen, ist Koordination, Verantwortung und eine weisungsbefugte Stelle – alles auf der Ebene der Europäischen Union.
Stavros ambrinidis (S&D). – (EL) Herr Präsident, wer ein guter Kapitän ist, erweist sich im Sturm. Bei dem Vulkansturm, der Europa heimgesucht hat, hat die Union zu spät begriffen, zu spät reagiert und zu spät vorgebeugt, was die Tragweite der Probleme für die europäischen Bürgerinnen und Bürger betraf. Ebenso wie wir zu spät auf den Sturm der Wirtschaftskrise reagiert haben, aber das ist eine andere Geschichte.
Die heutige Aussprache hat zwei Aspekte.
Der erste betrifft das Flugverbot und die Koordinierung. Es ist ganz offensichtlich, dass man es nicht den Fluggesellschaften überlassen darf, zwischen Risiken für Leib und Leben und den eigenen Unkosten abzuwägen und daraufhin zu entscheiden, wann und wohin geflogen wird. Eine solche Entscheidung fällt in die Zuständigkeit der entsprechenden nationalen Behörden. Die einzige wirklich positive Bilanz der letzten beiden Tage ist, dass es keine Opfer zu beklagen gibt, weil wir kein Risiko eingegangen sind. Allerdings hätten in einer Situation, die über die Grenzen Europas hinaus bestand, von Anfang an die nationalen Behörden dafür zuständig sein müssen, die Koordination mit Eurocontrol und den Meteorologen zu übernehmen und zu prüfen, ob die Korridore geöffnet werden könnten, die wir jetzt angeblich öffnen wollen – unglücklicherweise, wie ich meine –, um dem finanziellen Druck der Fluggesellschaften nachzugeben. Das macht mir Angst.
Zweitens ist es in einer solch chaotischen Situation nicht hinnehmbar, dass die Anwendung der europäischen Verordnung über Ausgleichsleistungen für Fluggäste in Frage gestellt wird, die im Grunde unter den gegebenen Umständen automatisch aktiviert werden müsste. Wissen Sie eigentlich, dass nur einige wenige betroffene Passagiere von ihren Fluglinien die Zusicherung erhalten haben, dass ihnen Übernachtungskosten erstattet würden, und zwar nur deshalb, weil sie extrem hartnäckig mit den Gesellschaften verhandelt haben, während die Mehrheit gar nichts bekam? Ich finde, das Europäische Parlament sollte untersuchen, wie die Fluggesellschaften im Vergleich mit der Verordnung reagiert haben und ob die Fluggastrechte respektiert wurden.
Ivo Belet (PPE). – (NL) Herr Präsident, Herr Kommissar, meine Damen und Herren, guten Morgen! Wir haben es hier natürlich mit außergewöhnlichen Umständen zu tun. Die gegenwärtige Unterbrechung des Flugverkehrs ist gravierender als zu Zeiten des 11. September 2001, aber es ist klar, dass wir auf eine derartige Ausnahmesituation nicht optimal vorbereitet waren. Trotz aller Bemühungen von Reiseleitern und Flugpersonal wurden zahlreiche Fluggäste einfach ihrem Schicksal überlassen und mussten selbst sehen, wie sie klarkamen. Wir müssen ganz offensichtlich aus diesem Ereignis lernen und angemessene Maßnahmen ergreifen.
Herr Präsident, Herr Kommissar, wir brauchen nun als erstes unbedingt einen europaweit koordinierten Notfallplan. Elementar ist, dass dieser Plan nicht nur Sicherheit, sondern auch Information und Hilfe für Fluggäste, die von Flugannullierungen betroffen sind, sicherstellen muss, damit Betroffenen zumindest ein Ansprechpartner und eine Unterkunft garantiert werden können. Wir müssen diese Ereignisse aufgreifen, um die Bedingungen für alle Fluggäste in Zukunft erheblich zu verbessern. In den vergangenen Tagen ist auch noch etwas anderes klargeworden: Wir müssen in Europa wesentlich mehr in die Entwicklung eines grenzüberschreitenden Hochgeschwindigkeitsschienennetzes investieren, das eine umweltfreundliche Alternative zu dem offensichtlich doch sehr anfälligen Flugverkehrsnetz darstellen würde. Wir sollten uns im Rahmen der Strategie EU-2020 ernsthaft darum bemühen, ein bestechendes Schieneninvestitionsprojekt zuwege zu bringen, das vorteilhaft ist für den einzelnen Bürger, vorteilhaft für die Umwelt und vorteilhaft für die Beschäftigungssituation.
Jo Leinen (S&D). - Herr Präsident! Als ob wir es geahnt hätten, hat der Ausschuss für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit, der auch für Katastrophenschutz zuständig ist, einen Initiativbericht über das Gemeinschaftskonzept zur Bewältigung von Naturkatastrophen in der Pipeline. Der Kollege João Ferreira ist Berichterstatter. Wir werden in der nächsten Sitzung über diesen Bericht abstimmen und die Erfahrungen mit der Vulkanasche da auch verarbeiten. Sehr schnell ist das Plenum in der Lage, eine Parlamentsposition zu diesen Themen zu formulieren.
Ich kann den Kollegen zustimmen, die sagen, wir seien auf Naturkatastrophen schlecht vorbereitet. Zum Glück hat Europa wenige Naturkatastrophen. Aber wir haben da auch wenig Erfahrung, und man merkt, dass das Krisenmanagement recht defizitär ist. Meines Erachtens hat das auch zu lange gedauert. Fünf Tage, bis ein Testflugzeug startet und reale Daten sammelt, das ist einfach zu lange. Wir müssen daraus lernen. Ich will da gar keinen Vorwurf erheben. Aber die Erfahrung zeigt uns, dass wir besser werden müssen für das nächste Mal.
Wenn diese Vulkanasche eines gezeigt hat, dann den Bedarf an mehr Europa. Herr Kommissar, Sie sagen, die nationalen Behörden haben Zuständigkeiten. Das macht aber die Leute, die den Schaden davon haben, nicht zufriedener. Wir brauchen mehr Europa beim Katastrophenschutz und natürlich auch bei einer gemeinsamen Verkehrspolitik. Der Lissabon-Vertrag gibt uns mehr Möglichkeiten. Und wie Frau Hübner frage auch ich Sie: Wie nutzen Sie die Möglichkeiten des Lissabon-Vertrags bei Krisenmanagement und Katastrophenschutz? Das muss besser werden!
Anne Delvaux (PPE). – (FR) Herr Präsident, „Durcheinander“, „Chaos“, „Stillstand“, „Geschrei“, „Katastrophe“, „Unglück“: Der Presse mangelt es nicht an Ausdrücken, um die Sperrung des europäischen Luftraums und deren Folgen zu beschreiben.
Ich will mich nicht damit aufhalten, direkt oder indirekt zu wiederholen, was bereits gesagt wurde, insbesondere im Hinblick auf die immensen – um nicht zu sagen, unfassbaren – finanziellen Auswirkungen dieser Krise. Ich begrüße zwar die Möglichkeit außerordentlicher staatlicher Beihilfen für die Fluggesellschaften, die seit dem 11. September 2001 bereits stark gelitten haben, bin aber nach wie vor fassungslos über die Vorgehensweise Europas.
Erstens: Wenn man weiß, dass 750 000 europäische Passagiere betroffen sind, von denen viele noch in der ganzen Welt festsitzen, und wenn man weiß, dass die wirtschaftlichen Verluste mit der Zeit exponentiell ansteigen, wie ist es da zu begreifen, dass die europäischen Verkehrsminister nicht einen, nicht zwei, drei oder vier, sondern ganze fünf Tage gebraucht haben, um eine Telefonkonferenz abzuhalten, um ihre Maßnahmen zu koordinieren und zu beschließen, verschiedene Verkehrszonen festzulegen?
Zweitens bestreitet niemand, dass dem Vorsorgeprinzip hier absolute Priorität eingeräumt werden muss; das will ich mit allem Nachdruck betonen. Wenn allerdings heute nach und nach in sicheren Zonen wieder Flüge zugelassen werden, obwohl die Wetterprognosen unverändert sind und der Vulkan noch immer aktiv ist, dann kann man sich zu Recht die Frage stellen, welche zusätzlichen Sicherheitsgarantien wir den Fluggästen nicht schon früher bzw. rascher hätten bereitstellen können.
Drittens wurde ein flexibles Aktionsmodell entwickelt, da die Meteorologen sagen, dass sich die Entwicklung und die Aktivität des Vulkans stündlich ändern können. Wer aber soll die ständig aktualisierte Bewertung der Sicherheit der Luftkorridore bewerkstelligen? Müssen derartige Testflüge von der zivilen Luftfahrt und den Fluggesellschaften durchgeführt werden? Und schließlich, falls dieses Ereignis andauert, sich verschlimmert oder erneut auftritt, was wahrscheinlich ist, muss man sich für ein Management entscheiden, das eine umfangreichere Koordinierung zwischen den Mitgliedstaaten und besondere operationelle Verfahren auf der Grundlage realer Daten sowie eine bessere Koordinierung mit anderen Verkehrsmitteln in Ausnahmesituationen gestattet. Darüber hinaus ist allerdings auch die Koordinierung der Hilfe zu bedenken, damit wir die Zehntausende Flugreisender nach Hause holen können, die weltweit festsitzen. Auch sie haben ein Recht auf Information und Unterstützung. Bisher gab es nur vereinzelte Initiativen auf nationaler Ebene.
Inés Ayala Sender (S&D). – (ES) Herr Präsident, ich freue mich, dass diese Aussprache uns die Chance gibt, uns unserer Verantwortung zu stellen.
Zur Bewältigung der heutigen Krisen reichen der nationale Rahmen und zwischenstaatliche Beschlüsse nicht aus, ebenso wenig einfache Lösungen, auch wenn sie auf statistischen Modellen beruhen.
Durchaus lobenswert ist der Eifer des spanischen Ratsvorsitzes, der bereits am Tag nach der Schließung des Luftraums die Chance eines europäischen Konzepts verfolgt hat, um eine Lösung für das Chaos zu finden, das bereits jenseits der nationalen Regierungen ausbrach und, schlimmer noch, Tausende Reisender innerhalb und außerhalb unserer Grenzen in die Verzweiflung stürzte. Ihre Rückführung muss unser vordringlichstes Ziel sein.
Die ersten Maßnahmen waren zwar angemessen – man hielt sich an das Vorsorgeprinzip und wollte Sicherheit für alle Bürgerinnen und Bürger garantieren, sowohl für die in der Luft als auch für die am Boden –, aber der Mangel an Klarheit über das weitere Vorgehen und ein wachsendes Gefühl der Unsicherheit infolge der verworrenen zwischenstaatlichen Entscheidungen warfen die große Frage auf, die immer wieder gestellt wird: Was tut Europa? Wir müssen anerkennen, dass die gemeinsame Arbeit von Herrn Kommissar Kallas und dem spanischen Ratsvorsitz in Rekordzeit dazu geführt hat, das Konzept zu ändern. Zwar kommen solche Maßnahmen niemals schnell genug, aber wenn man die Schwierigkeiten bedenkt, geschah es in Rekordzeit. Auch wenn dieses Vorgehen natürlich eine vorbeugende Maßnahme darstellt, lassen sich wichtige Fragen daran knüpfen.
Die Bilanz einer solchen Entscheidung ist: Die Fluggastrechte haben in einer Ausnahmesituation keinen Bestand. Die Arbeit auf europäischer und nationaler Ebene war nicht ausreichend. Wir müssen kurzfristig die Reisenden nach Hause bringen und Notlösungen präsentieren, mittelfristig allerdings müssen wir besser werden.
Der Europäische Auswärtige Dienst sollte ebenfalls in der Lage sein, in derartigen Krisenfällen zu reagieren; manchmal kann man eben nicht am Wochenende zumachen.
Für den Luftfahrtsektor, die Reiseveranstalter, die Tourismusbranche, die Logistikfirmen usw., die gerade kurzzeitig ein Ende der Krise gesehen hatten, war es ein wirklich harter Schlag, und ich begrüße die Anwesenheit von Herrn Kommissar Almunia, der es übernehmen wird, die für die Branche notwendige Lösung zu koordinieren.
Eine schnellstmögliche Beendigung der Ungewissheit wird uns auch dabei helfen, die Krise zu überwinden. Zu guter Letzt brauchen wir ganz klar ein System, das eine Alternative zum Fliegen bieten kann, auch wenn wir einen einheitlichen europäischen Luftraum haben. Schienen-, Straßen- und Schiffsverkehr zusammen genommen konnten den Flugverkehr bislang nicht ersetzen.
Artur Zasada (PPE). – (PL) Herr Präsident, Herr Kallas, natürlich haben wir es hier mit einem Krisenfall zu tun. In Europa wurde der Flugverkehr um 70 % reduziert und 80 % der Flughäfen wurden geschlossen. Ich hoffe inständig, dass wir aus dieser Situation ein paar konstruktive Schlüsse ziehen werden. Zunächst einmal sollte die Kommission alles tun, um sicherzustellen, dass der Vulkanausbruch nicht einen Bankrott der europäischen Luftfahrtunternehmen nach sich zieht, da deren finanzielle Lage ja ohnehin schon katastrophal ist. Ich sage das vor dem Hintergrund der gestrigen Aussprache über die Finanzierung der Flugsicherheit und des Widerstands des Rates gegen die Finanzierung strengerer Sicherheitsvorkehrungen.
Zweitens werden Experimente mit neuen, nicht ausreichend erprobten Technologien wie Körper- und Flüssigkeitsscannern die Sicherheit gewiss nicht erhöhen, aber sie werden zweifellos die finanzielle Situation der europäischen Luftfahrtunternehmen beeinträchtigen.
Drittens stellt sich die Frage nach den Fluggästen. Ich halte die Entscheidung, den Flugverkehr aus Gründen der Fluggastsicherheit auszusetzen, für sehr klug. Die Sorge um die Sicherheit sollte jedoch weitergehen, damit auch jenen Hilfe angeboten werden kann, die ohne eigenes Verschulden an Flughäfen festsitzen. Diese Dinge wurden bereits mehrfach auf den Sitzungen des Europäischen Parlaments und insbesondere des Ausschusses für Verkehr und Fremdenverkehr erörtert. Paradoxerweise hat uns allen aber erst der Vulkanausbruch in Island klargemacht, wie wichtig die Luftfahrtindustrie für ein reibungsloses Funktionieren der europäischen Wirtschaft ist. Dies trifft vor allem auf diejenigen Vertreter der EU-Organe zu, die aus diesem Grund am letzten Sonntag nicht an dem Begräbnis in Krakau teilnehmen konnten.
Jörg Leichtfried (S&D). - Herr Präsident, Herr Kommissar, Herr Ratspräsident, geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich denke, dass die Europäische Union und auch die Mitgliedstaaten auf diese Krise im Rahmen des Möglichen durchaus zufriedenstellend reagiert haben. Sie haben nach dem Prinzip „Sicherheit an oberster Stelle“ gehandelt. Man kann darüber diskutieren, ob diese Wolken schon schneller hätten untersucht werden können. Ich glaube, das wäre möglich gewesen, aber prinzipiell ist es schon in Ordnung.
Was wir aber jetzt diskutieren und worüber wir nachdenken müssen, ist, was mit den Menschen, den Europäerinnen und Europäern geschieht, die gestrandet sind. Ich bin gestern von drei Personen in dieser Situation angerufen worden. In einem Fall handelt es sich um eine Familie, die in Thailand am Flughafen sitzt und die Information bekommen hat, der Abflug sei voraussichtlich am 29. April. Diese Personen sind jetzt noch eine ganze Woche am Flughafen. Im zweiten Fall geht es um junge Menschen in New York, denen mitgeteilt wurde, sie dürften jetzt mindestens eine Woche lang ihr Hotel nicht verlassen, weil es jederzeit sein könne, dass sie abgeholt werden. Der dritte Fall ist eine Pensionistenfamilie auf einer Insel im Nordmeer, die sich den Aufenthalt nicht mehr leisten kann und trotzdem dort bleiben muss.
Das sind Dinge, über die wir im Europäischen Parlament auch nachdenken und diskutieren müssen. Wir müssen diesen Menschen Lösungen bieten, wir müssen Vorschläge machen, und wir müssen sie unterstützen. Wir können unsere Europäerinnen und Europäer in dieser Situation nicht alleine lassen – ihnen muss geholfen werden!
Der Präsident. – Vielen Dank, meine Damen und Herren. Wir haben hier gerade eine außergewöhnliche Situation, weil unser aktuelles Thema für viele so dringlich und insbesondere für die Öffentlichkeit so unzumutbar ist, dass wir mehr „Catch-the-eye“-Meldungen haben denn je.
Das ist ein Rekord, denn wir haben, glaube ich, 13 oder 15 Wortmeldungen, aber auch wenn die Wortmeldungen nicht abreißen, können wir natürlich nicht 20 Leute hier sprechen lassen.
Trotzdem werden wir u. a. versuchen, allen die Möglichkeit zu geben, sich zu äußern, bis der Präsident zurückkommt, da er für einen Moment nach draußen gegangen ist und ich ihn zwischenzeitlich vertrete. Da ich jetzt nicht mit der nächsten Aussprache beginnen will, werden wir mit dem „Catch-the-eye“-Verfahren fortfahren, bis der Präsident zurückkommt oder bis alle auf der Liste das Wort hatten.
Sergio Paolo Francesco Silvestris (PPE). – (IT) Herr Präsident, meine Damen und Herren, ich danke dem Herrn Kommissar und dem Herrn Ratspräsidenten für ihre Redebeiträge und für ihre geleistete Arbeit.
Ich glaube, es steht außer Frage, dass es die Priorität in dieser Ausnahmesituation ist, Sicherheit zu garantieren, und die Sicherheit wurde auch garantiert, denn kein Flugzeug ist infolge dieser Katastrophe, dieses unerwarteten Naturereignisses, wegen der Aschewolke verunglückt.
Das Ziel, die Sicherheit zu gewährleisten, wurde also erreicht und darüber können wir nur froh sein. Es gibt aber noch zwei weitere strittige Punkte: Der erste ist der zeitliche Spielraum. Hätten Maßnahmen schneller ergriffen werden können? Hätten sie früher ergriffen werden können? Wäre es möglich gewesen, etwas zu unternehmen, um früher einzuschreiten und die für den Flugverkehr sicherste Zone schneller wieder zu öffnen, betrachtet man den enormen wirtschaftlichen Effekt, d. h. die ökonomischen Konsequenzen, die dieses Unglück für den Luftverkehr und für die Fluggesellschaften mit sich bringt? Hätte man nicht schon früher etwas tun können? Darauf müssen wir Antworten finden.
Der zweite Punkt: Tausende von Flugreisenden sitzen noch immer fest und müssen in Hotels übernachten, sie müssen ...
(Der Präsident unterbricht den Redner)
Marc Tarabella (S&D). – (FR) Herr Präsident, in dieser Aussprache sind viele Verkehrsexperten zu Wort gekommen. Es stimmt, dass wir uns sehr stark auf die wirtschaftlichen Probleme konzentriert haben, die diese außergewöhnliche und unvorhersehbare Situation verursacht hat.
Es gibt aber, wie schon erwähnt, dabei auch menschliche Aspekte, und ich betrachte das Ganze mehr aus der Perspektive eines Fürsprechers der Bürger und Verbraucher, von denen Hunderttausende derzeit irgendwo auf der Welt gestrandet sind und nicht nach Hause zurück können. Ich denke mehr an sie und vor allem an jene, die es sich nicht mehr leisten können, dort zu bleiben, wo sie gerade sind, die gestrandet sind und nichts tun können.
Angesichts des Luftraums ohne Flugzeuge und der Flughäfen voller verzweifelter Menschen sollte man vielleicht an eine Überarbeitung der Verkehrsrichtlinien denken, insbesondere bezüglich des Flugverkehrs. Die Richtlinie über Pauschalreisen wird möglicherweise geändert. Wäre es nicht sinnvoll – und das wurde bisher nicht angesprochen –, über eine Pflichtversicherung nachzudenken, damit die Menschen in Fällen von höherer Gewalt abgesichert sind und nicht in ihrer Not im Stich gelassen werden?
Jarosław Leszek Wałęsa (PPE). – (PL) Herr Präsident, die momentane Situation führt uns unsere Machtlosigkeit gegenüber den Naturgewalten vor Augen. Als ernsthafte Organisation sollte die Europäische Union auf solche Situationen besser vorbereitet sein und vor allen Dingen in Notfällen effektiv reagieren können. Es ist natürlich schwierig, sich auf etwas vorzubereiten, was vielleicht nur alle 150 Jahre einmal vorkommt, aber wir können jetzt sehen, dass die europäische Eisenbahninfrastruktur und das Schienennetz vollkommen unzureichend sind. Wir müssen uns hier die Frage stellen, wie dies verbessert werden kann.
Andere Fragen, die wir besprechen müssten, sind zum einen, welche öffentlichen Hilfen für bedrohte Unternehmen zur Verfügung gestellt werden können. Wie wir wissen, werden enorme Summen erforderlich sein, um die finanzielle Situation dieser Unternehmen wieder in Ordnung zu bringen. Außerdem stellt sich die Frage, wie wir eine Strategie entwickeln können, die es uns langfristig ermöglicht, besser zu reagieren ...
(Der Präsident unterbricht den Redner)
Antonio Masip Hidalgo (S&D). – (ES) Herr Präsident, der Herr Kommissar hat die Vorgehensweisen als absurd und überholt bezeichnet. Dann lassen Sie uns bitte konsequent sein.
Wir haben zu viele Chancen vertan, zu viele Verträge, als wir Gemeinschaftsbefugnisse über den europäischen Luftraum hätten einführen können. Aber dennoch: Auch, wenn wir nicht in der Lage waren, bezüglich des Flugverkehrs angemessen zu handeln, können wir das sehr wohl hier unten am Boden tun. Zum Beispiel können wir die Fluggastrechte überwachen, wir können auch vermitteln oder um eine Einstellung der verschiedenen Arbeitskampfmaßnahmen in der Schienen- und Straßenverkehrsindustrie bitten. Es sollte keine Mindestdienstleistungen geben, sondern maximale Dienstleistungen für alle.
Czesław Adam Siekierski (PPE). – (PL) Herr Präsident, ich hoffe, die derzeitige schwierige Situation im europäischen Verkehrswesen wird nicht zu lange andauern und sich nicht zu einer wirklichen Verkehrskrise auswachsen. Die Erfahrung, die wir hier gewinnen, ist zwar teuer erkauft, aber sie ist sehr lehrreich. Wir sollten die richtigen Schlüsse ziehen, und es gibt einige, die sich unverzüglich aufdrängen. Erstens ist die Verkehrssicherheit sowohl unter dem Aspekt der Qualität als auch im Hinblick auf die Reisefähigkeit der Bürgerinnen und Bürger eine unserer vorrangigen gemeinsamen Verpflichtungen. Zweitens brauchen wir eine ausgewogene Entwicklung aller Transportformen, aber vor allen Dingen dürfen wir den Schienenverkehr nicht vernachlässigen. Drittens ist ein effizientes Verkehrswesen das Lebenselixier der Wirtschaft. Die Beförderung von Waren und die Mobilität von Arbeitskräften sind entscheidende Entwicklungsfaktoren, und das dürfen wir insbesondere in Zeiten der Wirtschaftskrise nicht vergessen. Schließlich brauchen wir geeignete Verfahren, Koordination, separate Unterstützung für Fluggesellschaften, gegenseitige Hilfe und europäische Solidarität zum Wohle unserer Bürgerinnen und Bürger.
Piotr Borys (PPE). – (PL) Herr Präsident, Herr Kallas, die Katastrophe hat uns gezeigt, dass wir in der Europäischen Union nicht über Verfahren verfügen, um Krisen wie diesen Vulkanausbruch zu bewältigen.
Zunächst einmal sollte die Europäische Union Sicherheitsfragen koordinieren und entscheiden, ob Flugzeuge fliegen dürfen oder nicht. Dafür dürfen nicht ausschließlich die Mitgliedstaaten zuständig sein. Zweitens müssen wir über die Frage der wirtschaftlichen Verantwortung nachdenken. Ich halte eine europäische Versicherung gegen Ereignisse dieser Art oder eventuell auch Versicherungsprogramme auf nationaler Ebene hier für eine gute Lösung. Drittens gab es, was die Logistik für die Reisenden anbelangt, die auf dem Transit zwischen bestimmten Ländern auf der Strecke blieben, kaum wirkliche Reisemöglichkeiten in den Verkehrs- und TNT-Netzen und in den Schnellzügen. n Schließlich denke ich, dass der Europäische Auswärtige Dienst in der Lage hätte sein müssen, Fluggästen, die außerhalb der Europäischen Union festsaßen, mit klar definierten Verfahren zu helfen. Ich hoffe, dass solche Schnellverfahren bald zur Anwendung kommen.
Kriton Arsenis (S&D). – (EL) Herr Präsident, meine Damen und Herren, in den letzten Tagen haben wir nie da gewesene Turbulenzen erlebt. Flugzeuge, auf die wir angewiesen sind, um aus unseren Regionen nach Brüssel und Straßburg und zurück zu gelangen, stehen nicht mehr zur Verfügung. Es gab massive Schwierigkeiten; wir mussten auf Züge, Schiffe und Busse umsteigen, alles dauerte wesentlich länger, und viele Abgeordnete konnten nur mit Mühe und Not überhaupt kommen.
Was uns in den vergangenen Tagen allerdings bewusst wurde, ist, dass wir vollkommen abhängig sind vom Verkehrsmittel Flugzeug. Zwar gibt es alternative Beförderungsmöglichkeiten, aber die bestehende Schieneninfrastruktur in Europa ist unzureichend. Sie entspricht nicht dem Stand der Technik. Können wir uns vielleicht eine Europäische Union mit einem vollständig ausgebauten Schienennetz für Hochgeschwindigkeitszüge vorstellen, wo alle Reisen unter 1 000 Kilometern mit der Bahn zurückgelegt werden und wir Flugzeuge nur für weitere Reisen benutzen?
Die Auswirkungen des Flugverkehrs auf das Klima in der Europäischen Union sind immens. Sie übertreffen die von Raffinerien und Stahlwerken ...
(Der Präsident unterbricht den Redner)
Magdalena Alvarez (S&D). – (ES) Herr Präsident, ich glaube, dass die nunmehr möglichen Antworten die gegenwärtige Situation zwar entschärfen, sie aber nicht für die Zukunft ausschließen können.
Im Verkehrswesen gibt es keine Abkürzungen und keine kurzfristigen Lösungen, und das sollten wir als Chance begreifen – umso mehr jetzt, wo das Weißbuch gerade entworfen wird –, die notwendigen Maßnahmen zu integrieren, einzuführen und zu etablieren, um unsere übertriebene Abhängigkeit von unseren Flugverkehrsverbindungen abzubauen. Wir müssen diese Verbindungen ausgewogen gestalten, indem wir Alternativen fördern und weiterentwickeln, die momentan vergleichsweise rückständig sind, z. B. den Schienen- und Schiffsverkehr.
Daher denke ich, dass sowohl Herr Kallas als auch Herr Grosch, der Berichterstatter für diesen Bericht, die von allen Abgeordneten vorgebrachten Anliegen bezüglich eines notwendigen Ausbaus des Schienenverkehrs und der europaweiten Netzwerke für dieses Transportmittel Rechnung tragen werden.
Bendt Bendtsen (PPE). – (DA) Herr Präsident, in der heutigen Aussprache sind viele vernünftige Dinge gesagt worden, aber ich denke, wir müssen etwas mehr in die Zukunft blicken. Dieses Erlebnis wird nicht das letzte seiner Art gewesen sein. Die isländischen Experten sagen, dass es nicht die Frage ist, ob es weitere Ausbrüche geben wird, sondern nur, wann dies geschieht. Deswegen müssen wir ein bisschen vorausschauender sein und überlegen, wie wir mit einer solchen Situation umgehen sollen, wenn sie irgendwann wieder entsteht. Dazu gehört meines Erachtens, dass wir beginnen müssen, uns damit zu beschäftigen, wie wir Hochgeschwindigkeitsbahnverbindungen zwischen den europäischen Hauptstädten und die nötige Interoperabilität zuwege bringen.
Tanja Fajon (S&D). – (SL) Meine Damen und Herren, uns allen ist natürlich klar, dass die Fluggastsicherheit oberste Priorität für uns sein muss und dass wir diese Diskussion heute hauptsächlich deswegen führen, weil die Natur uns daran erinnert hat. In den meisten Teilen Europas wurden Flüge gestrichen, Reisende sitzen auf unbestimmte Zeit fest, Fluggesellschaften geraten in die roten Zahlen, Beschäftigte in der Industrie bangen um ihre Arbeitsplätze, der wirtschaftliche Schaden ist immens. Offenbar sind Fluggesellschaften zu Recht der Meinung, dass, wenn Bauern Entschädigungsleistungen für Naturkatastrophen beanspruchen können, auch ihnen ein Anspruch auf Schadenersatz zusteht. Was die Umwelt betrifft, haben wir dieser in den vergangenen Tagen mit Sicherheit einen großen Dienst erwiesen.
Auf die Interoperabilität kommt es an; die Lehre, die wir aus diesem Ereignis ziehen sollten, ist, dass wir ein besseres Zusammenspiel von Luft-, Schienen- und Straßenverkehr brauchen, dass wir eine Finanzierung für Hochgeschwindigkeitszüge brauchen und dass wir die Umweltverschmutzung eindämmen müssen. Wir müssen rasch und verantwortungsvoll reagieren und die Sicherheit der Fluggäste dabei immer im Blick haben.
Judith A. Merkies (S&D). – (NL) Herr Präsident, zunächst möchte ich allen, die von dieser Krise betroffen sind, mein Mitgefühl aussprechen. Das Wort „Krise“ haben wir in letzter Zeit viel zu oft gehört: Wirtschaftskrise, Finanzkrise, Transportkrise, alle möglichen Krisen, die man sich nur vorstellen kann. Wenn etwas klar ist, dann die Tatsache, dass unsere Gesellschaft extrem anfällig ist für derartige Krisen. Wir brauchen ein Sicherheitsnetz. Wir reden immer wieder gern von der „grünen“ Gesellschaft, aber eine solche Gesellschaft braucht auch umweltfreundliche Transportmittel, und zu diesem Thema haben wir ganz offensichtlich unsere Hausaufgaben nicht gemacht..
Viele meiner Fraktionskolleginnen und -kollegen und auch andere haben es bereits gesagt: Es ist dringend geboten, dass wir in umweltfreundliche Transportmittel investieren und in bessere und schnellere Bahnverbindungen und warum nicht auch Schiffsverbindungen innerhalb der EU und natürlich auch außerhalb der EU, falls wir da irgendetwas mitentscheiden können. Das wäre gut für die Wirtschaft, gut für das Klima und auch gut für die Stabilität, die diese Gesellschaft so dringend braucht.
Gesine Meissner (ALDE). - Herr Präsident! Es ist klar geworden, dass der Passagier bei dieser ganzen Frage im Mittelpunkt steht. Wir wollen, dass die europäischen Passagiere sicher transportiert werden. Wir wollen Sicherheit, aber wir wollen auch Transportmöglichkeiten. Ich glaube, wir brauchen alle Transportmittel. Wir brauchen auch Flüge – wir können die Flüge nicht ersetzen. Es wurde viel über Hochgeschwindigkeitszüge gesprochen. Natürlich wäre es gut, mehr Hochgeschwindigkeitszüge zu haben. Aber was nützt der beste Hochgeschwindigkeitszug, wenn er an der Grenze Halt machen muss?
Deswegen finde ich, wir müssen einen Schritt nach dem anderen machen. Wir brauchen zunächst tatsächlich eine Durchgängigkeit der europäischen Eisenbahnbereiche, genauso wie den einheitlichen europäischen Luftraum. Da sich hier eigentlich alle Parteien für mehr Koordinierung zwischen den Mitgliedstaaten ausgesprochen haben, möchte ich noch einmal an alle appellieren – es liegt ja an den Parteien in den Mitgliedstaaten, dass das Ganze blockiert wird: Sehen Sie in Ihren Parteien zu, dass man zuhause, in den Mitgliedstaaten, tatsächlich für eine Öffnung im Transportbereich in Europa ist. Denn wenn wir alle es schaffen, unsere Parteien zu überzeugen, dann werden wir auch künftig eine bessere Entwicklung haben.
Corina Creţu (S&D). – (RO) In den letzten paar Tagen gab es eine Flut von Gesprächen über die finanziellen Verluste der Fluggesellschaften, die ja eine unbestrittene Tatsache sind. Es wird immer deutlicher, dass ein Verfahren für Unterstützungsleistungen gegenüber diesen Unternehmen gefunden werden muss, umso mehr als diese Krise aufgrund des Vulkanausbruchs in Island sich noch hinziehen kann.
Ich finde allerdings, dass Fluggastsicherheit und Verbraucherschutz Vorrang vor allen anderen Erwägungen haben müssen. Insgesamt gab es unter den Fluggästen ein hohes Maß an Unzufriedenheit, man behandelte sie je nach Land bzw. Fluggesellschaft sehr unterschiedlich. Es steht außer Frage, dass man in diesem Bereich zu einer standardisierten Praxis kommen muss. Vor dem Hintergrund der Ungewissheit über ein Wiederöffnen des Luftraums wäre dies ein großer Schritt für die Fluggäste, die momentan noch unterwegs sind.
Gilles Pargneaux (S&D). – (FR) Herr Präsident, Herr Kommissar, diese Krise, die wir nun seit einigen Tagen erleben, hat auch – was bisher nicht hinreichend zum Ausdruck kam – das Versagen der Strategie von Lissabon demonstriert, die die Europäische Union in den letzten zehn Jahren umgesetzt hat.
Dieses Versagen, verursacht durch Deregulierungsmaßnahmen und harten Konkurrenzkampf, zeigt uns mit der heutigen Krise, dass die Europäische Union unfähig war, ein Konzept zu koordinieren, das es nicht nur ermöglicht hätte, jene zu schützen, die auf den Flughäfen festsitzen, sondern auch, eine Lösung zu finden, indem man den Fluglinien z. B. Testflüge gestattet hätte. Ich appelliere daher an die Europäische Union, sich anzustrengen.
Es heißt, wir brauchen mehr Europa, und tatsächlich, in einer so herausragenden Branche wie dem Flugverkehr brauchen wir einen von der Europäischen Union unterstützten öffentlichen Dienst.
Elisa Ferreira (S&D). – (PT) Herr Präsident, diese Krise war in der Tat nicht vorhersehbar, und das Vorsorgeprinzip muss selbstverständlich oberste Priorität haben. Trotzdem müssen wir daraus Schlüsse ziehen, zuallererst, dass ganze fünf Tage keine hinreichend wichtige und politisch verantwortliche europäische Stimme zu hören war. Eine solche Stimme fehlte, als es darum ging, die Interessen der Fluggäste zu schützen, deren Ansprüche zu klären, nach alternativen Reisemöglichkeiten zu suchen und Lösungen zu koordinieren.
Eine weitere Schlussfolgerung ist, dass der Ausweg aus der Krise für die Bürgerinnen und Bürger nicht aussehen darf wie ein Machtkampf zwischen jenen, die wirtschaftliche Verluste vermeiden wollen, und jenen, die sich für die Beibehaltung des Vorsorgeprinzips einsetzen. Es muss eine klare Transparenz und eine klare Objektivität geben, was die Bedingungen angeht, unter denen wir diese Situation bewältigen, in der der gesamte europäische Luftraum gesperrt wurde. Daher sind verbesserte wissenschaftliche Tests und auch die Koordinierung auf der Ebene ...
(Der Präsident unterbricht den Redner)
Robert Goebbels (S&D). – (FR) Herr Präsident, das Vorsorgeprinzip ist zu einem Prinzip der Verantwortungslosigkeit geworden. Angesichts des geringsten Risikos dient das Vorsorgeprinzip inzwischen als Aufforderung, alle Verantwortung abzuschütteln. Keine der so genannten „verantwortlichen“ Parteien wagt es mehr, zu ihrer Verantwortung zu stehen.
Eine mögliche Grippe-Epidemie? Schwupps, Tausende werden aufgefordert, sich impfen zu lassen. Ein Vulkanausbruch? Schwupps, der gesamte europäische Luftraum wird geschlossen, obwohl die Erfahrung gezeigt hat, dass die Vulkanasche nur dann eine Gefahr darstellt, wenn ein Flugzeug eine dichte Aschewolke durchqueren muss.
Wegen des Vorsorgeprinzips sind unsere Wirtschaftsunternehmen jedoch dem Unvermögen der Verantwortlichen ausgeliefert, ihrer Verantwortung gerecht zu werden, ebenso der Schwäche der Experten und der Ohnmacht der Politiker, was dazu geführt hat, dass allenthalben über die Notwendigkeit salbadert wird, unsere übermäßige Abhängigkeit vom Luftverkehr einzudämmen und mehr in Schienennetze zu investieren, um diese möglicherweise bis nach Asien, Amerika, Afrika, Ozeanien und bis zu allen dazwischen liegenden Inseln auszubauen.
VORSITZ: Jerzy BUZEK Präsident
Diego López Garrido, amtierender Präsident des Rates. – (ES) Herr Präsident, ich denke, wir sind uns alle darüber einig, dass wir zu allererst den Schwerpunkt auf die Natur legen müssen. Herr Cramer sagte dies bereits sehr deutlich, und ich bin mit ihm einer Meinung, weil dies eine wichtige Botschaft für uns alle ist. Natürlich müssen wir uns angesichts einer Krise, die von europäischer Bedeutung ist und die äußerst ernste Auswirkungen auf Millionen von Bürgerinnen und Bürgern Europas und anderer Länder außerhalb der Europäischen Union sowie auf die Wirtschaften der wichtigsten europäischen Sektoren hatte, auch auf die Europäische Union, auf ein europäisches Handeln konzentrieren.
Es war sofort offensichtlich, dass die Ereignisse die Maßnahmen der Mitgliedstaaten eingeholt haben, die Entscheidungsbefugnisse zur Öffnung der Flughäfen haben, und genau aus diesem Grund griff die Europäische Union unverzüglich ein. Ich wiederhole, Herr Speroni, Frau Ferreira, die Maßnahmen wurden unverzüglich ergriffen. Am Freitag wurde offensichtlich, dass eine ernste Situation einsetzte. Sobald dies offensichtlich wurde, begann die Europäische Kommission zusammen mit dem spanischen Ratsvorsitz und Eurocontrol umgehend mit der Arbeit, und am Sonntag – wie Herr Kallas vorhin sagte – fand ein öffentlicher Auftritt der Kommission und des Ratsvorsitzes – Herr Kallas und ich selbst – statt, auf der die Lage erläutert und dargelegt wurde, was nun zu tun sei. Die zu ergreifenden Maßnahmen bestanden in dem gestrigen Treffen von Eurocontrol und in der Entscheidung der gestrigen außerordentlichen Ratstagung, die von der spanischen Regierung einberufen wurde und deren Vorsitz der spanische Minister für öffentliches Bauwesen führte.
Es wurden also Maßnahmen ergriffen. Es wurden Maßnahmen ergriffen, damit es zu einer Entscheidung, zur Aktion, zu einem Ansatz, einem Schwerpunkt kommen konnte, dessen Wesen europäisch war. Heute wird die gestrige Entscheidung von dem außerordentlichen Ministerrat umgesetzt. Heute morgen um 8 Uhr hat Eurocontrol vier Zonen mit einer ausgedehnten Sicherheitseingrenzung, in denen keine Flüge stattfinden dürfen, und andere Gebiete festgelegt, in denen Flüge stattfinden dürfen, sofern sich die Mitgliedstaaten einig sind und koordiniert arbeiten. Der Luftraum wird daher schrittweise geöffnet, aber dies hängt natürlich von den Bedingungen und der Natur ab. Natürlich hängt es von diesen Dingen ab, aber die gestrige Entscheidung wird heute bereits in die Praxis umgesetzt, wobei dies selbstverständlich immer auf der Grundlage des Vorsorgeprinzips und der Notwendigkeit zur Gewährleistung von Sicherheit erfolgt.
Ich glaube, dass in diesem Fall sofort klar war, dass der europäische Ansatz bedeutete, dass eine viel ausgewogenere Entscheidung getroffen werden konnte. Der europäische Ansatz bedeutete, dass verschiedene Faktoren berücksichtigt werden konnten, die immer berücksichtigt werden sollten, wenn etwas Außerordentliches wie das geschieht, was wir zurzeit durchmachen. Erstens bedeutet er, dass das Risikobewertungsmodell viel präziser, viel genauer ist. Herr Sterckx, um auf Ihren Beitrag zu antworten, möchte ich sagen, dass Eurocontrol die Entscheidungen, die vom Volcanic Ash Advisory Centre in London getroffen wurden, berücksichtigt, aber dass sie auch die Testflüge, die Informationen der nationalen Behörden, die Informationen der Flugzeughersteller und die Informationen der Europäischen Agentur für Flugsicherheit in Köln berücksichtigen wird, wobei diese meines Erachtens verstärkt werden müssen. All dies wird berücksichtigt werden, um ein genaueres Bild zu erhalten, wie es gerade jetzt der Fall ist, nämlich durch den technischen Vorschlag von Eurocontrol, der auf wissenschaftlichen Daten beruht.
Der europäische Ansatz bedeutet, dass die Sicherheit, die ein wesentlicher Grundsatz über allen anderen Grundsätzen ist, gleichzeitig berücksichtigt werden kann, und daher bin ich mit denjenigen, die dies gesagt haben, einer Meinung. Er bedeutet, dass die wirtschaftlichen Folgen berücksichtigt werden können, wobei die Kommission eine Arbeitsgruppe gebildet hat – die von Ihnen auch sehr gut aufgenommen wurde –, um nächste Woche einen Bericht über wirtschaftsbezogene Aspekte vorzulegen. Er bedeutet auch, dass die Rechte der Bürgerinnen und Bürger und ihre Mobilität in Betracht gezogen werden können. Aus diesem Grund fordere ich erneut alle Regierungen der Europäischen Union dazu auf, den Menschen dabei zu helfen, nach Hause zu kommen, alle möglichen Kommunikationsmittel zu nutzen und sich dafür ganz besonders und außerordentlich einzusetzen, weil dies das wichtigste Recht der Bürgerinnen und Bürger ist: nach Hause zu gehen und dorthin zu gehen, wo immer sie hingehen möchten. Aus diesem Grund fordern wir, dass ihr Recht auf Freizügigkeit respektiert wird.
In Zukunft eröffnet uns diese Situation meiner Meinung nach eine Möglichkeit für eine sehr gründliche Debatte, und das Europäische Parlament ist genau der richtige Ort für diese Debatte. Diese Debatte muss das Problem der Rechte von Reisenden unter diesen außergewöhnlichen Umständen und die Notwendigkeit für einen Notfallplan ansprechen, der auch in Bezug auf die Maßnahmen der Europäischen Union Transparenz erfordert – wie Frau Bilbao sagte –, sodass strukturelle Reformen stattfinden können, was die Stärkung der transeuropäischen Eisenbahnnetze in Europa bedeutet. Dies wird derzeit zu einem absolut strategischen Ziel, das, alles in allem betrachtet, einfach die Strukturierung Europas ist, da historisch betrachtet die Strukturierung des modernen Staates auf der Grundlage der Entwicklung von Kommunikationstechnik, Straßen, Eisenbahnlinien und auch Seeverbindungen erfolgte. In Zukunft wird die Strukturierung Europas, des Europas des 21. Jahrhunderts, nicht vollendet werden, falls dies nicht durch Kommunikationsinfrastrukturen und in diesem Fall im Wesentlichen durch Eisenbahnlinien bewerkstelligt wird.
Beide Aspekte gehen Hand in Hand, und die Entwicklung dieser Transportinfrastrukturen ist eine hochpolitische, symbolische und reale Frage, die zu einem zentralen Ziel für das Europa des 21. Jahrhunderts wird. Diesbezüglich haben Herr Swoboda, Herr Schulz und Frau Álvarez und andere Sprecher diese Reformen meiner Meinung nach genau am richtigen Ort und zur richtigen Zeit angesprochen, da sie zweifellos ein Element für die Zukunft sind, auf welche die Europäische Union hinarbeiten muss.
Gay Mitchell (PPE). – Herr Präsident, ich möchte Sie bitten, diese Debatte auszuweiten, da dieser Meinungsaustausch viel zu höflich ist. Die Menschen werden auf Bahnhöfen, von Fluggesellschaften und von Flughafenbehörden wie Dreck behandelt. Wir sind viel zu höflich. Wir sollten die Macht der EU im Rat und in der Kommission nutzen, um die Menschen dazu zu zwingen, Informationsstellen zu eröffnen. Auf dem Brüsseler Hauptbahnhof gibt es sechs Informationsstellen; vier davon sind geschlossen.
Diese Debatte sollte viel länger sein, und mehr Mitglieder sollten daran teilnehmen können. Ich bin alles andere als erfreut über die vom Rat und von der Kommission ergriffenen Maßnahmen, den Interessen der Reisenden zu dienen, die derzeit auf Bahnhöfen schlafen.
Der Präsident. – Dies wurde heute bereits mehrmals erwähnt. Alle Sprecher des Europäischen Parlaments haben diese Fragen bereits angesprochen.
Siim Kallas, Vizepräsident der Kommission. – Herr Präsident, ich danke den Abgeordneten für all ihre Anmerkungen. Ich möchte noch vier weitere hinzufügen.
Erstens haben uns diese Ereignisse im Hinblick auf unsere strategischen Pläne sehr zu denken gegeben. Eine der interessantesten und entscheidendsten Fragen ist die Intermodalität und Flexibilität zwischen Transportarten und die Frage, ob Eisenbahnlinien als eine Art Alternative fungieren können. Wir werden diese Frage bald ansprechen, und zwar in den Diskussionen über die Umgestaltung des ersten Eisenbahnpakets und mit dem Weißbuch über die Zukunft des Verkehrs.
Dies ist ein sehr ernstes Thema. Gestern haben wir es auch mit dem Ministerrat diskutiert. Ich kann versprechen, dass wir dieses Thema sehr ernst nehmen – darunter auch die Telearbeit und andere Faktoren, die auf die Einschränkung von unnötigem Verkehr und Reisen abzielen.
Im Hinblick auf die wirtschaftlichen Auswirkungen werden wir allen Aspekten Rechnung tragen und entsprechende Vorschläge machen. Allerdings sollten wir dabei vorsichtig sein. Das Geld fällt nicht vom Himmel, und wir müssen im Hinblick auf all die anderen Akteure in der Wirtschaft fair sein. Unser Ansatz muss überaus ausgewogen sein. Wir können keine Wunder vollbringen.
Im Hinblick auf die Rechte von Fluggästen sind die Vorschriften eindeutig. Einige Abgeordnete haben Fragen über die Vorschriften gestellt und darüber, ob wir sie neu überdenken sollten. Ich bin nicht der Meinung, dass wir die von den europäischen Entscheidungsträgern, darunter das Europäische Parlament, verabschiedeten Vorschriften überdenken sollten. Sie sind gut. Die Frage ist eine ganz andere. Denn hier geht es um die Frage der Umsetzung und der Durchsetzung, die in den Händen der Mitgliedstaaten liegt. Wir haben eine genaue Vorstellung davon, wie die Durchsetzung dieser Vorschriften zu bewerkstelligen ist und wie auf die Mitgliedstaaten Einfluss genommen wird. Es ist klar, was heute im Hinblick auf die Rechte von Reisenden zu tun ist.
Ich möchte auch eine andere Angelegenheit ansprechen, die nicht so ein großes Problem ist: viele Kolleginnen und Kollegen und die Presse haben gesagt, dass wir zu spät und nicht vorbereitet waren. Nun, ich war die ganze Zeit aktiv. Ich war bei Eurocontrol. Ich stand mit den Ministern in Verbindung. Wir stehen heute in diesem Plenarsaal dem gleichen Dilemma gegenüber wie all diese Experten und Entscheidungsträger. Aber diese Angelegenheit liegt in den Händen von Experten und der Sicherheitsbehörden und nicht in den Händen von Politikern. Es ist das gleiche Dilemma: Sicherheit oder Flexibilität.
Wir waren auf einen Vulkanausbruch vorbereitet, aber uns lagen unterschiedliche Informationen hinsichtlich des Ausbruchs vor. Dies wurde hier bereits erwähnt. Ein Flug von British Airways und ein Flug von KLM waren von dem Vulkanausbruch betroffen, also wurden Vorschriften auf Grundlage dessen festgelegt, dass eine ernsthafte Gefahr bestünde. Die Behörden handelten entsprechend der Annahme, dass eine ernsthafte Gefahr bestünde und dass Flüge storniert werden sollten.
Jetzt haben wir einen differenzierteren Ansatz. Am Sonntag fanden die meisten Testflüge statt, und die Informationen drangen zu Eurocontrol durch, wo wir diese Fragen – die Testflüge und die endgültigen Ergebnisse für diese Flüge – diskutiert haben. Jetzt haben wir Flexibilität, und die Angelegenheit ist noch immer in den Händen der Mitgliedstaaten. Wir werden mit dem einheitlichen Luftraum, einem sehr vielversprechenden europäischen Projekt, fortfahren, und diesbezüglich sind sich alle Minister darüber einig, dass dies der Weg nach vorne ist, mit besserer Koordination auf europäischer Ebene.
Dies ist eine große Chance. Das waren die Anmerkungen, die ich machen wollte. Im Hinblick auf Informationen wollte ich sagen, dass die Kommission am Donnerstag und Freitag Pressemitteilungen über die Rechte von Fluggästen herausgegeben hat. Wir sagten, dass die Rechte von Fluggästen sehr ernst genommen werden sollten. Die Kommission brachte die Informationen über die Rechte von Fluggästen unverzüglich heraus, und ab Sonntag wurde damit begonnen, alle Themen besser abzudecken, und seit gestern waren alle sehr gut abgedeckt.
Das ist das Bild. Der Fall ist nicht abgeschlossen. Wir haben noch mindestens drei oder vier Tage, bevor die meisten Flüge wiederaufgenommen werden können. Die Lösung für die Wirtschaft und für die Fluggäste ist eine Wiederaufnahme der Flüge und besteht darin, dass die Fluggesellschaften die Fluggäste nach Hause bzw. an ihren endgültigen Zielort bringen. Es ist noch immer eine schwierige Situation, und wir müssen mit den Folgen umgehen.
Vielen Dank für Ihre Anmerkungen. Wir werden noch mehrere Gelegenheiten haben, um diese Angelegenheit weiter zu erörtern.
Der Präsident. – Die nun zu Ende gehende Diskussion war sicherlich der wichtigste Punkt unserer Sitzungen. Nur für diese Diskussion hat sich die Tagung hier in Straßburg bereits gelohnt. Unsere Bürgerinnen und Bürger haben diese Diskussion erwartet – dass wir diese Probleme in Angriff nehmen, und genau darüber haben wir seit heute Morgen gesprochen. Es ist das allerwichtigste Thema.
Ich möchte auch den 14 Kommissaren der Europäischen Kommission danken, die an unserer letzten Debatte teilgenommen haben. Es ist sehr wichtig, dass sie unseren Bemerkungen zugehört haben.
Die Aussprache wird geschlossen.
Schriftliche Erklärungen (Artikel 149)
Kinga Göncz (S&D), schriftlich. – (HU) Wenngleich dies nur dank des Eingreifens der Luftfahrtbehörden möglich war, hat die Aschewolke Gott sei Dank keine Menschenleben gekostet. Allerdings erhält der Informations- und Koordinationsgrad in Europa eine schlechte Note. Die Schließung des Luftraums verursachte Hunderttausendenden Europäern Schwierigkeiten und verhinderte, dass diese ihre Zielorte erreichten. Jeder versucht, mit diesem unerwarteten Problem fertig zu werden, aber die unzulängliche Bereitstellung von Informationen hat die Situation verschlimmert. Oft wurden die Fluggäste weder telefonisch noch über das Internet angemessen informiert. Weitere Verwirrung wurde dadurch gestiftet, dass die Luftfahrtbehörden und die Fluggesellschaften widersprüchliche Informationen herausgaben. Darüber hinaus mangelte es an Koordination zwischen Luft- und Bodenverkehr. Wir haben am eigenen Leib erfahren, wie wichtig es wäre, öffentliche Verkehrsverbindungen zwischen Mitgliedstaaten zu modernisieren und transeuropäische Verkehrsnetze zu entwickeln. Ich begrüße die entscheidenden Schritte der Kommission im Bereich Krisenmanagement. Die zu diesem Zweck geschaffene Arbeitsgruppe sollte die Koordination zwischen Luftfahrt- und Luftverkehrskontrollbehörden stärken, und es würde sich auch lohnen, die weitere Gültigkeit der in den 1980ern eingeführten Sicherheitsmaßnahmen zu überprüfen. Ich empfehle, dass das Europäische Parlament in ähnlichen Krisensituationen ein bereits chaotisches Transportsystem durch das Pendeln zwischen Brüssel und Straßburg nicht noch weiter verkomplizieren sollte. Stattdessen sollten die Plenarsitzungen in Brüssel abgehalten werden.
Filip Kaczmarek (PPE), schriftlich. – (PL) Herr Präsident, unsere Debatte über die Situation der europäischen Luftfahrt darf nicht auf die triviale Angelegenheit beschränkt werden, wie wir zur Sitzung des Europäisches Parlaments in Straßburg gelangen. Wenn wir uns zu sehr auf diesen Aspekt konzentrieren, entsteht der Eindruck einer ungerechtfertigten Selbstgefälligkeit seitens der Mitglieder des Europäischen Parlaments. Wir sollten unsere Vorstellungskraft benutzen. Die sozialen, wirtschaftlichen und sogar politischen Auswirkungen des Geschlossenhaltens des europäischen Luftraums über einen längeren Zeitraum können sich als eine kolossale Herausforderung für ganz Europa herausstellen. In Polen fragen einige Politiker und Journalisten beispielsweise, warum gewisse Leute am Sonntag nach Krakau gelangen konnten und andere nicht. Sie fragen auch, warum es am Sonntag nicht möglich war, auf der Straße oder mit der Bahn nach Krakau zu gelangen, es aber am Montag sehr wohl möglich, auf diesem Wege nach Straßburg zu gelangen. Die Ereignisse, die als Folge des Vulkanausbruchs in Island eintraten, werden auch eine sehr starke globale Dimension haben. Normalerweise denken wir über die enorme Bedeutung der Beförderung auf dem Luftweg nicht nach. Allein Äthiopiens Verluste, die aus der Tatsache folgen, dass der Export von Blumen nach Europa nicht möglich war, belaufen sich auf 3 Mio. EUR pro Tag. Wir müssen sehr genau analysieren, wie die Schließung des Luftraums den Arbeitsmarkt, unsere Wettbewerbsfähigkeit und die Wirtschaft insgesamt beeinflussen wird und wie sie das Leben der Normalbürger beeinflussen wird. Wer weiß – möglicherweise wird dieses unscheinbare Ereignis in Island die Zukunft der Europäischen Union bestimmen. Vielen Dank.
Ádám Kósa (PPE), schriftlich. – (HU) Als Folge der mehrtätigen Einschränkungen und Streichungen von Flügen aufgrund des Vulkanausbruchs in Island stecken Tausende von Menschen unter schwierigen Bedingungen auf Flughäfen fest. Trotz der bedeutenden Flugverzögerungen (im Falle von Strecken unter 1 500 km über 2 Stunden) haben die Fluglinien wenig oder gar keine Hilfe geleistet und keine genauen Angaben über Reiseoptionen zu den Zielorten der Menschen gemacht. Sie haben keinerlei Vorkehrungen für die Fluggäste getroffen, damit diese kostenlosen Zugang zu Telefon, Fax, E-Mails oder Internet erhalten, und weder Transfer noch Unterkunft bereitgestellt, obwohl Fluggäste gemäß den geltenden EU-Verordnungen ein Recht auf diese Art Unterstützung haben. Körperbehinderte Fluggäste, ältere Menschen und Familien mit kleinen Kindern sind in solchen Ausnahmesituationen noch schutzloser, und genau dies war nun auch der Fall. Diese unerwartete Situation hat gezeigt, dass die Rechte von Fluggästen, die zuvor in Ehren gehalten wurden, binnen Minuten ausgelöscht werden können, und dass die Notwendigkeit für die Charta für Reisende, auf die auch ich schon früher gedrängt habe, besonders groß ist, um eine Wiederholung der Hilflosigkeit der Fluglinien und der relevanten Stellen zu vermeiden. Gleichzeitig empfehle ich, dass es im Falle einer außergewöhnlichen Änderung automatisch vorgeschrieben sein sollte, Informationen und eine Mitteilung über alternative Lösungen an jedes Mobiltelefon der Reisenden zu senden.
Jacek Olgierd Kurski (ECR), schriftlich. – (PL) Die durch den Ausbruch des isländischen Vulkans Eyjafjöll verursachte Aschewolke war in den letzten Tagen bei der Unterbrechung des Luftverkehrs über Europa sehr effektiv. Bislang wurden Zehntausende Flüge gestrichen, so dass es für Fluggäste unmöglich war, zu reisen. Für Europa insgesamt und für die nationalen und EU-Behörden ist dies eine Lektion, aus der wir für die Zukunft lernen müssen, so dass ähnliche Ereignisse in Zukunft nicht die Arbeit des Europäischen Rates oder unserer Versammlung lahm legen. Unter den Betroffenen befanden sich auch Mitglieder des Europäischen Parlaments, die, genau wie ich, diese Woche nicht zu der Sitzung in Straßburg kommen konnten. Unsere Tagung diese Woche in Straßburg war von großen Kontroversen begleitet, da einige Mitglieder einfach nicht von ihren Wahlbezirken dorthin gelangen konnten. Wir wussten bis zur letzten Minute nicht, ob die Sitzungsperiode überhaupt abgehalten werden würde. Es wäre gut für alle von uns, in Zukunft über klare Vorgehensweisen zu verfügen, so dass wir in ähnlichen Ausnahmesituationen vorbereitet sind.
Tiziano Motti (PPE), schriftlich. – (IT) Herr Präsident, die Nachrichten haben uns sowohl an natürliche als auch an mutwillig verursachte Übel gewöhnt, die die Strukturen und die Gesellschaft einer Nation in die Knie zwingen und Verkehrs- und Versorgungsnotstände schaffen. Dank der Erfahrung, die wir gewonnen haben, sind aus dem europäischen Haushalt verfügbare gemachte Finanzmittel und Koordination unter verschiedenen Zivilschutzeinrichtungen bereits im Gange. Ein Notfall wie der, der von dem isländischen Vulkan verursacht wurde, wurde jedoch nicht erwartet. Unsere Bürgerinnen und Bürger werden die Anzeigetafeln auf den Flughäfen, auf denen jeder einzelne Flug gestrichen war, das tagtägliche Gefängnis, das die Flughafentransferbereiche waren, und die endlosen Schlangen auf Bahnhöfen, bei Autovermietungen und an den Taxiständen nicht vergessen. Die Fluggesellschaften haben immense finanzielle Verluste erlitten. Die Bürgerinnen und Bürger laufen Gefahr, zum Narren gehalten zu werden: neben den Unnanehmlichkeiten und den unvorhergesehenen Kosten, die nur schwer wieder hereinzuholen sein werden, kann es zu einer Erhöhung der Flugpreise kommen, um die angefallenen Verluste auszugleichen. Diese Möglichkeit muss ausgeschlossen werden. Genau wie bei Naturkatastrophen muss die Europäische Union reagieren, indem sie die Bürgerinnen und Bürger entschädigt, denen unvorhergesehene Kosten angefallen sind, um ihre Unannehmlichkeiten gemeinsam mit den Fluglinien zu minimieren. Dabei muss aber das Risiko vermieden werden, solch eine Entschädigung als Staatshilfe und somit als rechtswidrige Hilfe zu beschreiben. Die Bürgerinnen und Bürger müssen in erster Linie Zusicherungen erhalten, dass die Europäische Union ihnen helfen wird, so dass sie sich sowohl direkt als auch indirekt geschützt fühlen. Bis jetzt können viele noch immer nicht sagen, dass sie sich geschützt fühlen. Wir vom Parlament, das durch die Abwesenheit viele Mitglieder, die nicht hierher kommen konnten, drastisch reduziert ist, fordern die dringende Verabschiedung eines europäischen Aktionsplans zur Koordination zwischen nationalen Regierungen und Behörden und einer organisierten Form des Schutzes der Bürgerinnen und Bürger. Auf diese Weise würden wir genau die prompte Reaktion auf die Bedürfnisse der Bürgerinnen und Bürger erreichen, die die Regierungen bis heute seltsamerweise noch nicht garantieren können.
Sławomir Witold Nitras (PPE), schriftlich. – (PL) Meine Damen und Herren, in den letzten Tagen waren wir alle Zeugen der Blockade von Flughäfen auf nahezu dem gesamten europäischen Kontinent. Die Situation ist ungewöhnlich, weil sie nicht die Folge von Streiks ist, sondern einer Naturkatastrophe, die durch den Ausbruch eines Vulkans in Island verursacht wurde. Diese Lähmung, von der wir alle in gewissem Maße betroffen sind, hat eine Reihe von Konsequenzen wie die finanziellen Probleme von Fluggesellschaften und die wachsende Bedeutung des Land- und Seeverkehrs mit sich gebracht. Genau darauf möchte ich Ihre Aufmerksamkeit lenken. In den letzten Jahren hatte der Luftverkehr eine klare Führung gegenüber anderen Verkehrsmitteln. Er war schneller, sicherer und bequemer für die Reisenden. Allerdings ist es in der derzeitigen Situation unerlässlich, Maßnahmen einzuführen, die es dem Land- und Seeverkehr ermöglichen, uns besser für die Unannehmlichkeiten zu entschädigen, die durch die Stilllegung des Luftverkehrs verursacht wurden.
Cristian Dan Preda (PPE), schriftlich. – (RO) Für die Sicherheit des Luftverkehrs ist keine Rechtfertigung erforderlich. Seit dem Vulkanausbruch in Island scheinen Flugreisen nicht nur keine praktikable Option, sondern auch nahezu eine Unmöglichkeit zu sein. Ich bin fest davon überzeugt, dass mehr Koordination auf europäischer Ebene den Bürgerinnen und Bürgern der EU, die auf verschiedenen Flughäfen rund um dem Globus festsitzen oder die absolut nicht dazu in der Lage sind, ihre geplanten Reisen fortzusetzen, geholfen hätte. Ich hoffe, dass der einheitliche europäische Luftraum eines Tages zur Realität werden wird.
Wie Sie sehr wohl wissen, hat das vollständige Flugverbot in den letzten Tagen auch unser Parlament bzw. den Betrieb seiner Plenarsitzungen betroffen. Meines Erachtens gibt es keine Rechtfertigung für eine Aufschiebung der Abstimmung und Reduzierung der Sitzung um einen Tag, selbst wenn am Montagabend, den 19. April, nur rund 65 % der Abgeordneten des Europäischen Parlaments anwesend waren. Meiner Ansicht nach muss die Sitzung wie immer abgehalten werden.