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Verfahren : 2010/2631(RSP)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadium in Bezug auf das Dokument : O-0036/2010

Eingereichte Texte :

O-0036/2010 (B7-0208/2010)

Aussprachen :

PV 20/04/2010 - 15
CRE 20/04/2010 - 15

Abstimmungen :

Angenommene Texte :


Ausführliche Sitzungsberichte
Dienstag, 20. April 2010 - Straßburg Ausgabe im ABl.

15. Spezifische Maßnahmen für Agrarmärkte (Aussprache)
Video der Beiträge
Protokoll
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  Der Präsident. – Nächster Punkt ist die Aussprache über die mündliche Anfrage mit Aussprache an die Kommission von Paolo De Castro im Namen des Ausschusses für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung über spezifische Maßnahmen für die Agrarmärkte (O–0036/2010 - B7-0208/2010).

Da Herr De Castro nicht anwesend ist, hat Herr Le Foll, der Herrn De Castro vertritt, das Wort.

 
  
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  Stéphane Le Foll, für den Verfasser.(FR) Herr Präsident, es obliegt somit uns, diese Aussprachen am heutigen Abend abzuschließen, und es ist schon spät. Ich möchte zuerst den Vorsitzenden des Ausschusses für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung, Herrn De Castro, entschuldigen, der aus den Ihnen bekannten Gründen heute Abend nicht bei uns sein kann. Wir andere Abgeordnete diese Parlaments war es ihm nicht möglich, sein Land zu verlassen und an unseren Aussprachen in Straßburg teilzunehmen.

Die Sache, mit der wir uns befassen, ist ein Ergebnis der allgemeinen Krise, die im gesamten landwirtschaftlichen Sektor zu spüren ist. Wie wir heute wissen, erleben wir eine Krise und beobachten vor allem sinkende Preise und einen Rückgang der landwirtschaftlichen Einnahmen, die Auswirkungen auf unsere Getreideproduzenten, Viehzüchter, ganz gleich ob es sich um Schweine- oder Rinderproduzenten handelt, und auch – und ich sage dies im Namen von Herrn De Castro – auf unsere Olivenölproduzenten hat, und durch die auch die Milchproduzenten besonders schwer getroffen wurden und immer noch getroffen werden.

Angesichts dieser Krise und dieses Preisverfalls versteht es sich von selbst, dass der Ausschuss des Parlaments für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung von der Kommission erfahren möchte, was wir sofort und in der Zukunft tun können, um dieser Krise zu entkommen, und vor allem, welche Maßnahmen in den kommenden Monaten durchgeführt werden könnten, um die Landwirte zu unterstützen und für stabilere Agrarmärkte zu sorgen.

Die erste Frage, die ich an den Kommissar richten möchte, bezieht sich insbesondere auf die Milchwirtschaftskrise: Wie ist die Lage bei der vom Parlament und vom Rat bezüglich dieser Milchwirtschaftskrise angenommenen Maßnahmen und insbesondere bezüglich der Anwendung des vereinbarten Milchfonds von 300 Mio. EUR? Dies ist die erste Frage, da ich der Ansicht bin, dass wir, falls wir legislative Entscheidungen treffen werden, wissen müssen, wie diese umgesetzt werden.

Wie ich bereits gesagt habe, sind derzeit alle Produktionsbereiche von einem Preisverfall und einer tiefen Krise auf den Märkten betroffen. Dadurch stellt sich uns eine Frage, und wir müssen nach Antworten suchen in Bereichen wie der Marktregulierung und den Möglichkeiten für eine Einschränkung dieser berüchtigten Preisvolatilität.

Niemand beklagt sich, wenn die Preise ansteigen, vor allem nicht die Landwirte. Die europäischen Verbraucher fürchten einen Anstieg der Agrarpreise, der ihre Kaufkraft einschränkt und ihre Fähigkeit, Agrarprodukte zu kaufen, beeinträchtigt.

Wenn die Preise niedrig sind, und wenn sie über lange Zeiträume hinweg gefallen sind, werden die Produzenten hinsichtlich ihres Einkommens und vor allem, und für die europäische Landwirtschaft am wichtigsten, hinsichtlich ihrer Fähigkeit, zu investieren und sich für die Zukunft vorzubereiten, bestraft. Die Landwirtschaft ist eine harte Industrie; die Investitionen sind umfassend, und es dauert lange, bis diese Investitionen Erträge bringen. Wir müssen die Preise stabilisieren.

Herr Kommissar, die Frage des Ausschusses für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung und seines Vorsitzenden, Herrn De Castro, besteht aus zwei Punkten.

Erstens haben Sie einige auf die Milchwirtschaft bezogene Maßnahmen angekündigt, die noch vor Jahresende durchgeführt werden sollen. Dies ist wichtig. Können Sie uns Genaueres dazu sagen? Zweitens gibt es spezifische Maßnahmen, die auf allen Märkten ergriffen werden müssen, nicht nur im Milchbereich.

Schließlich möchten wir der Kommission die Frage stellen, welche Pläne sie hat, diesen Preisverfall mittelfristig vorherzusehen und zu verhindern. Welcher Marktregulierungsmechanismus kann eingesetzt werden, um einen plötzlichen Anstieg und vor allem einen plötzlichen Fall der Preise zu begrenzen? Woran arbeitet die Kommission gegenwärtig, und wie sieht sie diese Sache?

Dies sind die drei Elemente, die ich erwähnen wollte: Der Milchfonds, die Perspektiven für die Milchwirtschaftskrise, und, allgemeiner, die Art und Weise, in der die Kommission mit dem Thema der Unbeständigkeit der Preise und des Preisverfalls umgehen möchte.

 
  
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  Dacian Cioloş, Mitglied der Kommission.(FR) Herr Präsident, ich möchte mich zuerst bei Herrn De Castro und Herrn Le Foll vom Ausschuss für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung des Parlaments dafür bedanken, dass sie diese Probleme in diesem Plenum zur Diskussion gestellt haben.

Es ist wahr: Auch ich muss feststellen, dass die Einnahmen der Landwirte im Jahr 2009 spektakulär gefallen sind, was lediglich eine Fortsetzung des 2008 erfassten Trends war. Aus diesem Grund handelt es sich um eine Situation, die wir auf dem europäischen Markt nur selten gesehen haben. Sie fällt mit einer immer größeren Öffnung des Markts zum Weltmarkt hin zusammen und folgt auf die jüngsten Reformen der gemeinsamen Agrarpolitik.

Die Krise hat sich insbesondere auf den Milchsektor ausgewirkt. Im letzten Jahr haben wir gesehen, wie die Produzenten dieses Sektors eine schwierige Situation zu überstehen hatten, insbesondere diejenigen in ländlichen Regionen, in denen die Milchproduktion nicht nur für den landwirtschaftlichen Sektor, sondern auch für die wirtschaftliche Aktivität und die Beschäftigung im Allgemeinen von entscheidender Bedeutung ist.

In diesem Zusammenhang hat die Europäische Kommission im letzten Jahr Maßnahmen ergriffen, zuerst durch die Mobilisierung von Mechanismen zur Intervention in den Märkten, um den Preisverfall aufzuhalten. Sie hat beträchtliche Finanzmittel freigegeben, mehr als 400 Mio. EUR, um diese Marktinterventionen zu finanzieren. Jedoch wurde, wie Herr Le Foll bereits erwähnt hat, ebenfalls ein Fonds von 300 Mio. EUR mobilisiert, um es den Mitgliedstaaten zu ermöglichen, den am stärksten betroffenen Produzenten des Milchsektors zur Hilfe zu kommen.-

Die Entscheidung wurde dann letztes Jahr getroffen. Sie gab den Mitgliedstaaten die Möglichkeit, Kriterien für die Grundlage aufzustellen, auf der Finanzmittel verteilt wurden, sodass diese vor allem bei den Produzenten ankamen, die sie am dringendsten benötigten.

Ich möchte außerdem klarstellen, dass diese Kriterien von den Mitgliedstaaten festgelegt wurden und keine Genehmigung vonseiten der Kommission benötigten. Die Mitgliedstaaten waren lediglich verpflichtet, die Kommission darüber zu informieren, ihr mitzuteilen, welche Kriterien sie gewählt hatten.

Ich kann Ihnen mitteilen, dass die Mitgliedstaaten, soweit ich weiß, die Kommission über ihre Entscheidung, die Maßnahmen durchzuführen, informiert haben. Sie haben somit die Kriterien für die Grundlage festgelegt, auf der sie diese Finanzmittel verteilen werden, und die Verteilung der Hilfe wird beginnen. Die Mitgliedstaaten haben bis Juni Zeit, um diese Mittel zu verteilen.

Somit hat es, wie ich bereits gesagt habe, zuerst eine Phase der Marktintervention gegeben, um diese Märkte wieder ins Lot zu bekommen. Ich denke, dass uns die gegenwärtige Situation zeigt, dass diese Intervention erfolgreich war, da sich die Preise stabilisiert haben. Es gibt immer noch Schwankungen, aber diese liegen innerhalb annehmbarer Grenzen, innerhalb der normalen Grenzen des Marktes. Zweitens gibt es Unterstützungsmaßnahmen, die die Produzenten bald erreichen werden. Dies sind also die Maßnahmen, die bereits ergriffen wurden.

Ich möchte hier gerne wiederholen, was ich vor kurzem dem Ausschuss für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung des Parlaments mitgeteilt habe: Als Kommissar hoffe ich, die Lehren aus der besonderen Situation, die wir letztes Jahr erfahren haben, zu ziehen. Ich möchte nicht auf die Reform der gemeinsamen Agrarpolitik nach 2013 warten, wenn wir hier sicherlich mit sehr viel fundierteren Antworten für den gesamten landwirtschaftlichen Sektor aufwarten werden. Ich werde nicht darauf warten, dass die Schlussfolgerung der Reform der gemeinsamen Agrarpolitik 2013 spezifische Vorschläge für den Milchsektor macht, auf der Grundlage der Schlussfolgerung der letztes Jahr im Gefolge der Krise geschaffenen hochrangigen Gruppe, die jetzt ihre Arbeit aufgenommen hat. Diese Gruppe wird ihre Erkenntnisse im Juni vorlegen.-

Sofort danach, im Juli, werde ich dem Rat der Agrarminister und dem Ausschuss für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung des Parlaments auf der Grundlage dieser Erkenntnisse eine Aussprache vorschlagen. Daher werde ich bis zum Herbst oder zum Jahresende hier Vorschläge vorlegen, die es uns ermöglichen werden, diese Art von Krise vorherzusehen und soweit wie möglich zu verhindern – insbesondere im Milchsektor, da dort die schwierigsten Umstände aufgetreten sind – und auf diese Weise nicht nur kurzfristige sondern auch mittel- und langfristige Lösungen vorzuschlagen.

Wir werden natürlich Lehren aus diesem oder anderen Agrarbereichen, in denen wir intervenieren müssen, ziehen. Vielleicht kann ich jetzt die Gelegenheit nutzen, um Ihnen einige Informationen für die heute noch folgenden Aussprachen zu geben.

Die Kommission beobachtet die Entwicklung der Märkte in anderen Sektoren genau. Unter Einsatz der Interventionsmethoden, die uns derzeit zur Verfügung stehen – Mechanismen für die Intervention in die Märkte, die insbesondere als Sicherheitsnetze verwendet werden – werden wir unser Bestes tun, um eine Wiederholung von Situationen zu verhindern, die denen im Milchsektor ähneln.

Vielen Dank. Ich werde den Fragen und Problemen, die Sie ansprechen, aufmerksam zuhören und zum Schluss noch einmal das Wort ergreifen, um ein paar Dinge zu sagen.

 
  
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  Peter Jahr, im Namen der PPE-Fraktion. – Herr Präsident, sehr geehrter Kommissar Cioloş, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die grundsätzliche Neuausrichtung der Agrarpolitik auf mehr Marktwirtschaftswaren ist richtig, auch die zunehmende Vernetzung der europäischen Agrarwirtschaft mit den Weltmarktwaren ist eine richtige Entscheidung. Bis zum Jahr 2007, Anfang 2008, waren erste Erfolge dieser Politik deutlich erkennbar. Die europäische Agrarpolitik ist relativ preiswerter geworden, Marktinterventionen haben kaum stattgefunden und die Landwirte hatten ein stabiles und steigendes Einkommen. Gegenwärtig erleben wir aber die Nachteile dieser Neuausrichtung, nämlich starke Preisschwankungen und sinkende Einkommen der Landwirte. Beide, Landwirte und Agrarpolitiker, müssen sich künftig mehr mit starken Erzeugerpreisschwankungen in allen Bereichen, d. h. nicht nur im Milchsektor, beschäftigen.

Um mit extremen Markteinbrüchen besser klarzukommen, benötigt die Agrarpolitik Instrumente, mit denen man schnell, konsequent und unbürokratisch reagieren kann. Daher plädiere ich dafür, Maßnahmen wie die Intervention oder die Exportsubvention nicht abzuschaffen, sondern haushaltstechnisch auf Null zu setzen. Diese Instrumente sollten nur in Ausnahmesituationen Anwendung finden und nicht dauerhaft in das Marktgeschehen eingreifen, aber wenn wir diese Instrumente brauchen, müssen sie auch zur Anwendung bereitstehen. Aber auch für den Berufsstand sind Maßnahmen zu finden, um quasi Waffengleichheit am Markt herzustellen. Insbesondere sei hier die Stärkung der rechtlichen Situation von Erzeugergemeinschaften erwähnt.

Ich hoffe, dass die Kommission ihre Zusage, über bessere rechtliche Rahmenbedingungen nachzudenken, einhält und immer dann rasch Maßnahmen ergreift, wenn es nötig ist, um ernsthaften Schaden von Landwirten und Konsumenten abzuwenden.

 
  
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  Marc Tarabella, im Namen der S&D-Fraktion.(FR) Herr Präsident, Herr Kommissar, ich unterstütze Ihre ersten Schritte als Kommissar für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung, denn seit Ihrer Anhörung und bei mehreren anderen Gelegenheiten hat es uns gefreut, zu hören, wie Sie Ihre Wünsche ausgedrückt haben, da Sie verstanden haben, dass die extreme Unbeständigkeit der Preise eine ernste Bedrohung für die Zukunft der Landwirtschaft darstellt. Das Gleiche gilt für Landwirte, die nicht mehr langfristig planen können, da Investitionen, insbesondere bei den jüngeren unter ihnen, über einen Zeitraum von 20 oder 30 Jahren berechnet werden.

Vor kaum sechs Monaten habe ich zusammen mit Herrn Le Foll und einigen wenigen anderen Kollegen einen Änderungsantrag zu diesem Thema und zu der starken Unbeständigkeit unterzeichnet, der darauf abzielte, die Steigerung um 1 % zu reduzieren, die insbesondere für die Milchproduktion beschlossen worden war, da wir uns tatsächlich in einem Zeitraum der Überproduktion befinden. Der Änderungsantrag wurde mit fast 250 zu 350 Stimmen abgelehnt.

Sie haben gesagt, dass wir zukünftig eine Verordnung in Betracht ziehen würden. Die hochrangige Gruppe trifft sich, und bei ihren Mitgliedern handelt es sich, soweit ich verstanden habe, um hochkarätige Personen: Nicht nur Produzenten sind vertreten, sondern auch Verteiler.

Ich möchte nicht, dass die Akteure, die sich zwischen den beiden, zwischen den Produzenten und den Verteilern befinden – nämlich die Verarbeiter – vergessen werden. Ich hoffe, dass wir sie nicht vergessen, denn auch durch sie, und vor allem durch sie, werden Profite erzeugt; meiner Ansicht nach mehr als durch die Verteiler. Ich hätte daher gern die Versicherung, dass sie in der Diskussion nicht vergessen werden.

Über den Milchsektor hinaus werden alle Agrarbereiche von der Preisunbeständigkeit beeinträchtigt, und ich wage auch zu sagen, dass die Preise hoch sind. Wir sollten vorsichtig sein; dies ist nicht notwendigerweise gut für die Landwirtschaft, da Verarbeiter – Verbraucher – sich alternativen Produkten zuwenden. Wenn die Preise auf einen normaleren oder niedrigeren Stand zurückkehren, werden die Verbraucher nicht notwendigerweise zum Originalprodukt zurückkehren.

Da dies der Fall ist, Herr Kommissar, möchte ich gerne wissen – auch wenn dies etwas verfrüht sein mag –, ob Sie wirklich beabsichtigen, zukünftig in allen anderen Produktionsbereichen die Regelungen einzuführen, die von den Produzenten mit Spannung erwartet werden.

 
  
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  Martin Häusling, im Namen der Verts/ALE-Fraktion. – Herr Präsident, Herr Kommissar! Es herrscht zurzeit zwar relative Ruhe auf dem Land, aber nicht, weil die Bauern zufrieden sind, sondern weil viele der Bauern zurzeit sehr frustriert sind. Wir können auch nicht alle darauf vertrösten, dass wir im Jahr 2013 eine große Lösung für die Agrarkrise finden, sondern wir müssen jetzt Antworten geben. Da sind wir uns wohl einig. Die Proteste können sich nämlich auch sehr schnell wieder hier nach Brüssel bewegen. Wir müssen Antworten geben.

Im Milchbereich ist im Wesentlichen eine Politikkorrektur notwendig. Ich war auf der Konferenz der High Level Group, und ich fand die Antworten, die auf die Milchkrise gegeben wurden, zwar interessant, aber bei Weitem nicht ausreichend. Wenn man eine Politikkorrektur machen muss, dann muss man die Beschlüsse der letzten Zeit, aus der Reglementierung auszusteigen, in Frage stellen. Denn man kann ja am Ende dieses Prozesses sagen, dass der Quotenausstieg nicht mit einer sanften Landung geendet hat, sondern mit einer sehr harten Landung. Man muss jetzt dringend nachdenken: Wie kann Politik, wie können wir wieder Maßstäbe setzen, wie können wir wieder den Staat – sprich die Europäische Union – ins Spiel bringen, damit wir klarere Regeln für Märkte geben? Märkte funktionieren nicht von alleine. Das ist die Antwort auf die Finanzkrise, und das ist auch die Antwort auf die Krise in der Landwirtschaft: Wir müssen Regeln geben.

Wir stehen zurzeit vor einem wahnsinnigen Konzentrationsprozess in der Landwirtschaft. Mich erfüllt es mit Sorge, wenn ich in der Zeitung lese, dass in Südengland Ställe in einer Größenordnung für 8 000 Kühe gebaut werden, und auf der anderen Seite viele Kleinbetriebe in benachteiligten Regionen ihre Hoftore schließen. Das ist eine Entwicklung, die nicht zu einem europäischen Agrarmodell hinführt, sondern zu einem sagen wir ruhig amerikanischen Agrarmodell mit immer größeren Strukturen, was schließlich und endlich zum Verlust vieler bäuerlicher Milchviehbetriebe in Europa führen wird. Das sind auch Arbeitsplätze, das muss man immer wieder sehen.

Herr Jahr, in einem Punkt sind wir uns einig, wenn auch nicht in dem Punkt, dass es richtig ist, die Agrarpolitik auf den Weltmarkt auszurichten. Wir brauchen eine klare rechtliche Stellung der Bauern. Sie sind das schwächste Glied im Handel, sie sind diejenigen, die als erste die Dumpingpreise ausbaden müssen, die in vielen Bereichen gemacht werden. Darin sind wir uns einig, dass wir da von Seiten der Politik dringend eine klare Vorgabe brauchen, wie wir Märkte in Zukunft besser regulieren können.

Man muss bei der Betrachtung auch mal ein bisschen über den europäischen Tellerrand hinausschauen, wie es denn in anderen Regionen geregelt wird. Uns macht keiner Vorschriften, wenn wir unsere Märkte regeln. Wir haben uns in den letzten Jahren zu weit fortbewegt mit der Aufgabe vieler Marktregeln. Schauen wir ruhig einmal in andere Länder – und das sollte auch die High Level Group tun –, wie es anderswo geregelt wird. Da kann man nur ganz klar sagen, das Modell Kanada ist für viele Bauern und für viele Verbraucher ein Modell, das sich bewährt hat. Das sollte man nicht von vorneherein aus der Diskussion nehmen, sondern da sollten wir auch Antworten geben.

Bei der Kurskorrektur der Politik müssen wir auch darauf achten, Politik für regionale Märkte zu machen – immer darauf das Schwergewicht legen und nicht nur auf die 5 % der Produkte schauen, die auf dem Weltmarkt gehandelt werden. Es kann auch nicht sein, dass wir Exportsubventionierungen und Interventionen als normale Regeln des Markteingreifens in Zukunft verstehen. Davon müssen wir uns endgültig verabschieden.

 
  
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  James Nicholson, im Namen der ECR-Fraktion. – Herr Präsident, zuerst möchte ich sagen, dass ich die Möglichkeit zu dieser Debatte begrüße. Ich denke, dass sie sehr zeitgemäß ist, und die jüngste Krise im Milchsektor, die so viele unserer Landwirte in der Europäischen Union lahm gelegt hat, hat sicherlich die schwere Unbeständigkeit aufgezeigt, die unsere Agrarmärkte beeinträchtigen kann. Von Jahr zu Jahr und tatsächlich auch von Monat zu Monat gibt es deutliche Preisschwankungen, die oft auf Faktoren zurückzuführen sind, die außerhalb unserer Kontrolle liegen, wie beispielsweise die globale Finanzkrise und nicht zu vergessen der Ölpreis.

Die Auswirkungen des dramatischen Verfalls des Milchpreises im Jahr 2009 wurden durch die Unfähigkeit der EU, schnell genug auf die Situation zu reagieren, noch verschlimmert. Obwohl wir letztendlich in der Lage waren, eine Mischung aus Marktsteuerung und Einkommenshilfemaßnahmen durchzuführen, darunter auch einen Eingriff in den Milchfonds und Export-Rückerstattungen, die den Schmerz etwas gelindert haben, mussten viele Milchbauern ihren Betrieb aufgeben, und viele leiden unter schweren finanziellen Verlusten.

Meiner Ansicht nach müssen wir eine zweigleisige Strategie verfolgen, wenn wir versuchen wollen, die Auswirkungen des Preisrückgangs auf die Landwirte abzuschwächen. Erstens müssen wir uns auf die Errichtung eines Mindest-Sicherheitsnetzes für alle Bereiche einigen, die für Preisschwankungen anfällig sind. Zweitens müssen wir gewährleisten, dass wir, gleichgültig welche Werkzeuge wir einführen, in der Lage sind, schnell und effektiv auf jede auftretende Krise zu reagieren.

Derzeit findet innerhalb und außerhalb des Parlaments eine große Diskussion darüber statt, dass die Landwirte für das, was sie produzieren, ein gerechtes und stabiles Einkommen erhalten sollten. Die Aspekte der Nahrungsmittelversorgung und der Nahrungsmittelversorgungskette im Allgemeinen sind ein Thema, das sowohl für die Landwirte als auch für die Verbraucher relevant ist. Die bevorstehende Reform der GAP bietet uns eine echte Möglichkeit, uns mit diesen Themen zu befassen. Natürlich ist es wichtig, die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Ernährungswirtschaft nicht zu untergraben. Dennoch muss eine reformierte GAP in der Lage sein, auf verschiedene Krisen in der Landwirtschaft zu reagieren, um die Märkte zu stabilisieren und den Landwirten ein gerechtes Einkommen zu gewährleisten.

 
  
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  Georgios Papastamkos (PPE).(EL) Herr Präsident, ich gehe von der Annahme aus, dass auf den Agrarmärkten sehr viel Instabilität herrscht. Bei den Preisen der grundlegenden landwirtschaftlichen Produkte ist ein deutlicher Rückgang zu verzeichnen. Gleichzeitig hat ein Anstieg der Verbraucherpreise und ein deutlicher Rückgang der landwirtschaftlichen Einkommen stattgefunden.

Meiner Ansicht nach ist die GAP nach den Reformen und der Abkopplung der Hilfe ausreichend marktorientiert. Mein Hauptvorschlag – und das möchte ich klar machen – besteht darin, dass der landwirtschaftliche Sektor nicht einfach den Regeln des Markts überlassen werden darf. Er produziert öffentliche Waren und benötigt eine öffentliche europäische finanzielle Unterstützung. Ich kann mich nicht dem Widerspruch in den Argumenten der Abgeordneten anschließen, die hier eine Marktorientierung vorschlagen, in den Ländern, die einen Verbraucher-Ethnozentrismus, einen Verbraucher-Patriotismus erhalten, kultivieren und verstärken. Die gegenwärtigen Marktsteuerungsmaßnahmen bieten jedoch nicht das notwendige Sicherheitsnetz, wie der vorherige Redner, Herr Nicholson, bereits sagte. Wir brauchen ergänzende Maßnahmen, flexiblere und effektivere Maßnahmen, Maßnahmen, die im Krisenfall die Marktstabilität garantieren. Meiner Ansicht nach müssen wir außerdem die GAP mit einem Finanzmechanismus „bewaffnen“, damit sie in der Lage ist, mit Krisensituationen umzugehen, eine Art von Krisenmanagementfonds. Die Sicherung der Einkommen von Produzenten hängt vor allem von der Gewährleistung der Transparenz in der Lebensmittelversorgungskette ab.

Abschließend möchte ich sagen, dass wir uns nicht darauf beschränken können, zukünftige Marktinstrumente für die Zeit nach 2013 zu schaffen. Wir wissen, dass die Situation nicht nur im Milchsektor sondern auch in anderen äußerst wichtigen Bereichen, die sich von einem geografischen Gebiet Europas zum nächsten stark unterscheiden, kritisch ist.

 
  
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  Csaba Sándor Tabajdi (S&D).(HU) Die bisherige Aussprache hat gezeigt, dass dies ein sehr komplexes Problem ist. In gewissem Umfang haben Herr Tarabella und Herr Nicholson, wie auch andere, darauf hingewiesen, dass das Problem einerseits mit der Lebensmittelkette als Ganzes zu tun hat, was auch in dem Bericht von José Bové angesprochen wird, nämlich, dass die Europäische Union bisher nicht in der Lage war, sich darauf zu einigen, wie man ein gerechtes Gleichgewicht zwischen Produzenten, Verarbeitern und Einzelhändlern herstellt. Was Herrn Cioloş betrifft, so stimme ich völlig zu, dass es gut wäre, eine mittel- bis langfristige Lösung zu finden. Es gibt vier theoretische Möglichkeiten.

Eine, die Herr Jahr ebenfalls erwähnt hat, besteht darin, den neoliberalen Standpunkt zu überprüfen, der bisher dafür gesorgt hat, dass interventionistische Systeme abgelehnt wurden und der Versuch unternommen wurde, sie abzubauen. Daher stimme ich vollständig zu, dass wir es noch einmal überdenken müssen, ob diese interventionistischen Systeme abgeschafft werden können, oder ob sie nicht zur Regulierung des Marktes eingesetzt werden können.

Die zweite Option, die von der französischen Regierung auf der Grundlage des amerikanischen Modells vorgeschlagen wurde, ist die antizyklische Regulierung. Die Frage ist, ob dies in Europa machbar ist, aber wir müssen dies ebenfalls untersuchen, da der gesamte Markt so unbeständig ist, dass jede Möglichkeit in Betracht gezogen werden muss.

Die Börse ist die dritte Option. Vor nicht allzu langer Zeit fand eine Konferenz über die Borsa Merci Telematica Italiana, ein Online-Börsensystem, statt, und daher müssen wir untersuchen, in welchem Umfang die Börsensysteme verwendet werden können. Ich möchte um Herrn Cioloş Willen gleich hinzufügen, dass das Börsensystem leider für Osteuropa und die baltischen Länder nicht sehr gut eingesetzt werden kann.

Der französische Ratsvorsitz hat auch die Möglichkeit angesprochen, ein Preisüberwachungssystem innerhalb der Europäischen Union zu schaffen. Wir müssen auch darüber nachdenken, und wir müssen außerdem die Möglichkeit der Schaffung eines Fonds nach dem Modell der Reform des Sektors Obst und Gemüse in Erwägung ziehen, der im Bereich des Risiko-Managements angesiedelt sein könnte – etwas, das, falls ich mich nicht irre, den Überlegungen von Herrn Cioloş sehr nahe kommt. Im Fall von Getreide würde dies unglücklicherweise extrem hohe Summen erfordern. Mit anderen Worten: Ich stimme völlig mit dem Herrn Kommissar überein, dass wir jede Option in in Erwägung ziehen müssen, da die EU derzeit nicht in der Lage ist, die Märkte ordentlich zu regulieren.

 
  
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  Michel Dantin (PPE).(FR) Herr Präsident, Herr Kommissar, wie Sie genau wissen, ist die Landwirtschaft ein Wirtschaftsbereich, der besondere Eigenschaften aufweist, die bedeuten, dass gelegentlich eine öffentliche Intervention notwendig, wenn auch nicht wünschenswert sein kann, und zwar im Interesse der Produzenten, der Verbraucher und der Öffentlichkeit. Es gibt mindestens drei Gründe, wieso ein staatlicher Eingriff in diesem Wirtschaftsbereich in der Europäischen Union genauso gerechtfertigt ist, wie in anderen Ländern der Welt.

Die Besonderheiten der Versorgung mit landwirtschaftlichen Gütern und die Nachfrage nach Nahrungsmitteln schaffen Instabilität auf den Agrarmärkten. Die Landwirtschaft produziert auch nicht marktbestimmte Güter und hilft uns durch die von ihr geschaffenen Arbeitsplätze, einen gewissen Grad an sozialer Stabilität in unseren Ländern und auf dem Lande zu gewährleisten. Die Landwirtschaft ist vor allem die Grundlage für eine üppige, abwechslungsreiche und gesunde Nahrungsversorgung. Können wir dann mit der gegenwärtigen wirtschaftlichen Situation unserer ländlichen Gebiete und unserer Landwirte zufrieden sein?

Herr Kommissar, vor einigen Tagen hat mir ein hoher Beamter die folgenden Zahlen für sein Département gegeben – es handelt sich dabei um ein französisches Département, das Ihnen gut bekannt ist, ein Département mit Viehhaltung. Das Verwaltungszentrum enthält 2 500 landwirtschaftliche Konten. Davon haben 800 einen Verschuldungsgrad von mehr als 80 %, und 20 % haben einen Verschuldungsgrad von 100 % oder mehr.

Angesichts solcher Zahl, die zugegebenermaßen auch mich erstaunt haben, kann es heute nicht nur um Einnahmen gehen, sondern um die Dekapitalisierung der europäischen Landwirtschaft. Weniger Hilfe, weniger staatliche Eingriffe und mehr Produktionsbeschränkungen: Das ist eine wahrhaft explosive Mischung.

Es ist wahr, dass die allgemeine wirtschaftliche Krise die Situation verschlimmert. Wir müssen jedoch auch bestimmte, von der Kommission getroffene Entscheidungen in Frage stellen, bestimmte Entscheidungen, die von ihren Kollegen getroffen wurden, Herr Kommissar. Die Landwirtschaft bleibt bei Handelsabkommen eine Trumpfkarte. Trotz der Situation in Europa sind Fleisch, bestimmte Getreidesorten, Obst und Gemüse betroffen. Das jüngste Abkommen zwischen der Europäischen Union und den Andenländern, insbesondere Peru und Kolumbien, wird die Produzenten der am meisten abgelegenen Regionen opfern. Wir können nicht mit einer solchen Politik fortfahren.

 
  
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  Sergio Paolo Francesco Silvestris (PPE).(IT) Herr Präsident, Herr Kommissar, meine Damen und Herren, ich komme aus Süditalien. In meiner Region, in unseren Regionen, dreht sich die Produktion um mediterrane Feldfrüchte, Öl, Kulturpflanzen und Gemüse. Darüber ist wenig gesagt worden, da das Augenmerk Europas und der Kommission stets hauptsächlich auf der Milchwirtschaft und der Viehzucht lag; wir müssen auch auf mediterrane Anbaukulturen aufmerksam machen.

Ich versichere Ihnen, dass wir in unseren Gegenden, in unseren Regionen Zeugen eines Phänomens der Entvölkerung des ländlichen Raums werden, und zwar aufgrund der Auswirkungen des Klimawechsels und der Wüstenbildung. Für uns manifestiert sich die Wüstenbildung in dem Unkraut, das dort wuchert, wo einst Anbaukulturen Feldfrüchte, Gemüse und Obst angebaut wurden, wo Olivenhaine nicht länger gepflegt und der Boden nicht mehr gepflügt wird.

Ich kann Ihnen sagen, dass 1995, bevor der Euro eingeführt wurde, die Olivenproduzenten 170 000 ITL erhielten, was ungefähr 90 EUR entspricht. Dieses Jahr haben die Olivenproduzenten 30 EUR pro hundert Kilogramm erhalten. Dreizehn oder vierzehn Jahre sind vergangen, und der Preis ist auf ein Drittel des damaligen Werts gesunken. Unsere Produzenten verkaufen Öl für 2 EUR pro Liter im Großhandel; solche Einnahmen ermöglichen es ihnen nicht einmal, ihre Kosten zu decken, und wir stürzen landwirtschaftliche Betriebe in Schulden, weil sie unter dem Selbstkostenpreis verkaufen.

Wir können außerdem ein seltsames Phänomen beobachten. Öl wird im Großhandel für 2 EUR angekauft und im Supermarkt für 2 EUR oder weniger verkauft. Es besteht eindeutig ein Bedarf zur Einführung zusätzlicher Kontrollen. Ich würde mich gerne mit Ihnen treffen, um das Problem der Aktualisierung der Verordnung (EG) Nr. 2568/1991 zu umreißen; es gibt neue Kontrollsysteme, und wir müssen zum Nutzen der Verbraucher und auch der Produzenten gegen eine Komplizierung und Verfälschung ankämpfen.

Wir können keine Nationalisierung der Hilfe in der nächsten GAP in Erwägung ziehen, genauso wenig wie eine Reduzierung der direkten Hilfe, da das Fehlen von direkter Hilfe oder die Reduzierung ihrer Fonds zu einer Landwirtschaftskrise in Süditalien und dem Mittelmeerraum führen würde.

Herr Kommissar, ich werde abschließen, indem ich Ihnen sage, dass diejenigen, die heute Land besitzen, dies nicht tun, weil sie es in einer Lotterie gewonnen haben, sondern weil sie es von ihren Vätern und Großvätern ererbt haben, die das Land bestellt haben, die Schweiß und Tränen dafür vergossen und es ihrem Sohn hinterlassen haben.

Heute laufen diejenigen, die ihren Hof ihren Kindern hinterlassen, Gefahr, ihnen einen Haufen Schulden zu hinterlassen. Europa muss eine energische und starke Antwort geben, um die Wiederbelebung unseres landwirtschaftlichen Sektors zu unterstützen.

 
  
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  Sari Essayah (PPE).(FI) Herr Präsident, die Stabilisierung des Marktes muss eine der gemeinsamen zentralen Zielsetzungen der Wirtschaftspolitik sein. In dieser Hinsicht scheinen wir in diesem Plenum einer Meinung zu sein. In der gemeinsamen Agrarpolitik brauchen wir das Sicherheitsnetz der Marktmaßnahmen, sowohl zum Schutz der Landwirte als auch zum Schutz der an der Nahrungsmittelkette Beteiligten.

Der Zeitraum nach 2013 erscheint besonders Besorgnis erregend, beispielsweise wegen der Aufhebung der Exportsubventionen und der Milchquoten, sowie aufgrund des gesteigerten Imports aus anderen Ländern. Es erscheint mir daher gut, dass der Kommissar zu diesem Zeitpunkt sagt, dass er beabsichtigt, vor 2013 Maßnahmen zu ergreifen.

Jetzt müssen wir untersuchen, wie wir die neuen Verwaltungsinstrumente für den Markt zum Einsatz bringen: Beispielsweise die vielen verschiedenen Maßnahmen zur Schaffung eines Einkommensversicherungssystems, zur Stärkung der Produzenten und Unternehmen und zur Verbesserung der Transparenz des Marktes.

 
  
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  Ulrike Rodust (S&D). - Herr Präsident, Herr Kommissar! Mir liegt eine Analyse zur wirtschaftlichen Lage der deutschen Landwirtschaft vor. Hier wurden 19 100 Rechnungsabschlüsse von landwirtschaftlichen Haupt- und Nebenerwerbsbetrieben geprüft. Die Ergebnisse werden repräsentativ anhand der Verteilung der Betriebe nach der Agrarstrukturerhebung 2007 hochgerechnet.

Im Wirtschaftsjahr 2008-2009 hat sich die durchschnittliche Lage erheblich verschlechtert. In den ausgewerteten 18 200 Haupterwerbsbetrieben, Milch und Ackerbaubetriebe, war ein Rückgang von 45 400 Euro auf 34 400 Euro zu verzeichnen. Das sind minus 24 %. Die Verluste waren 2008-2009 besonders stark. Ihre Unternehmensergebnisse gingen auf 29 300 Euro, das sind minus 45 %, bzw. auf 43 000 Euro, das sind minus 18 %, zurück.

Die Veredlungsbetriebe hingegen verbuchen …

(Der Präsident entzieht der Rednerin das Wort.)

 
  
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  Dacian Cioloş, Mitglied der Kommission.(FR) Herr Präsident, ich bin der Ansicht, dass die Aussprache, die wir soeben gehört haben, zeigt, in welchem Umfang wir aus dieser Milchkrise Lehren ziehen sollten. Außerdem sollten wir, wie Herr Le Foll zum Beginn seiner Rede sagte, die Durchführung von Mechanismen zur Marktregulierung als Bestandteil der gemeinsamen Agrarpolitik nach 2013 in Betracht ziehen.

Ich bin der festen Überzeugung, dass die gemeinsame Agrarpolitik in der Lage sein muss, während sie die Vielfalt der europäischen Landwirtschaft respektiert, Maßnahmen hinsichtlich unserer gemeinsamen Ziele auf europäischer Ebene vorzuschlagen, die es uns ermöglichen, die uns durch den Vertrag von Lissabon übertragene Rolle zu erfüllen. In anderen Worten, sie muss die Stabilität der Einkommen der Landwirte garantieren und gewährleisten, dass die Märkte gut versorgt sind. Die zukünftigen Instrumente der GAP sollte es uns daher ermöglichen, unter anderem diese Ziele zu erreichen. Es gibt natürlich auch andere Ziele, aber dies sind die grundlegenden, die wir berücksichtigen müssen.

Maßnahmen zur Regulierung der Märkte, die es uns ermöglichen werden, Situationen der Preis- oder Marktunbeständigkeit zu vermeiden, oder in solchen Situationen einzugreifen, werden im Mittelpunkt unserer Bestrebungen und der Vorschläge stehen, die wir der Kommission als Bestandteil der GAP nach 2013 machen werden. Ich kann Ihnen versichern, dass wir derzeit daran arbeiten. Ich bin fest davon überzeugt, und ich bin mir der Tatsache bewusst, dass Marktsteuerungsmechanismen in der Lage sein müssen, neben der direkten Hilfe eine Rolle zu spielen, die wir erhalten müssen, jedoch indem wir die Vergabekriterien anpassen. Der Markt muss natürlich funktionieren können. Wir müssen den Markt funktionieren lassen, wenn er dazu in der Lage ist, aber ich stimme auch mit Herrn Dantin überein, wenn er sagt, dass der besondere Charakter des Agrarsektors ein öffentliches Eingreifen rechtfertigt. Dieses muss selbstverständlich zielgerichtet sein und darauf abzielen, Probleme beim Funktionieren des Marktes zu lösen und dafür zu sorgen, dass er ordnungsgemäß funktioniert. In diesem Sinne werden wir Vorschläge für die GAP nach 2013 machen.--

Mir ist völlig klar, dass neben dem Milchsektor auch noch andere Sektoren derzeit mit Schwierigkeiten zu kämpfen haben. So unterliegt auch der Obst- und Gemüsesektor oft starken Marktschwankungen: Schwankungen beim Preis und bei der vermarkteten oder verkauften Menge. Dieser Sektor wurde vor einigen Jahren reformiert. Wir werden auch aus der Tatsache Lehren ziehen, wie diese Reform, die den Produzenten zu mehr Verhandlungsstärke innerhalb der Produzentenorganisationen verholfen hat, angewendet wurde. Ich denke, dass wir auch auf dieser Ebene Lehren ziehen könnten, die auf andere Sektoren angewendet werden können.

Ich bin in der Tat der Ansicht, dass abgesehen von öffentlicher Intervention die Produzenten auch die Möglichkeit erhalten müssen, Verträge besser auszuhandeln und so auch bessere Preise zu erreichen, während gleichzeitig eine Stabilität hinsichtlich der Produkte gewährleistet wird, die durch private Verträge auf den Markt gelangen. Ich bin daher der Ansicht, dass wir zusätzlich zur öffentlichen Intervention andere Wege finden können, um es dem Markt zu ermöglichen, gut zu funktionieren, während wir den öffentlichen Behörden die Macht geben, einzugreifen, wenn der Markt seine Rolle nicht mehr erfüllen kann, da die Landwirtschaft nicht nur die Märkte zu versorgen hat, sondern auch weiterhin Waren für die Öffentlichkeit produzieren muss. Darin stimmen wir überein. Aus diesem Grund müssen wir der Landwirtschaft helfen, damit sie in der Lage ist, all ihre Funktionen zu erfüllen.

Was die Themen in Bezug auf die Nahrungsmittelkette angeht, insbesondere die Möglichkeit, eine bessere Verteilung des Mehrwerts auszuhandeln, so hat das Parlament einige Arbeit geleistet, die Kommission hat eine Mitteilung veröffentlicht und im Rat haben Aussprachen stattgefunden. Ich bin der Ansicht, dass wir auf der Grundlage all dieser Elemente einige Vorschläge machen werden, um Mechanismen zu finden, die es den Produzenten ermöglichen, ihre Margen besser auszuhandeln.

Ich glaube, dass ich mehr oder weniger alle Reden und alle angesprochenen Probleme abgedeckt habe. Ich möchte Ihnen nochmals für die Gelegenheit danken, die Sie mir gegeben haben, um meinen Standpunkt darzulegen. Die Debatte hat gerade erst begonnen. Ich habe ebenfalls eine öffentliche Aussprache in Gang gesetzt, bevor ich Vorschläge für die Reform der GAP nach 2013 gemacht habe. Ich glaube, dass wir nach der Aussprache und der im Parlament stattfindenden Arbeit in der Lage sein werden, zwischen heute und dem Herbst, wenn ich mit einer Mitteilung der Kommission über die Zukunft der GAP zurück kommen werde, Vorschläge zu machen, die den Landwirten mehr Vertrauen in ihre Aktivitäten geben werden. Wir brauchen diese Landwirte, nicht nur wegen der Güter, mit denen sie den Markt versorgen, sondern auch aufgrund dessen, was sie auf ihrem Land machen.-

 
  
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  Der Präsident. – Die Aussprache wird geschlossen.

Schriftliche Erklärungen (Artikel 149)

 
  
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  Luís Paulo Alves (S&D), schriftlich.(PT) Auf verschiedenen landwirtschaftlichen Märkten ist es in den letzten Monaten infolge der Wirtschafts- und Finanzkrise, die Auswirkungen auf die EU hatte, was wiederum Auswirkungen auf die Nachfrage nach diesen Produkten hatte, zu einem Preisverfall gekommen. Niedrigere Preise nützen den Verbrauchern und führen mittelfristig zu einer gesteigerten Nachfrage, aber in der Zwischenzeit werden viele Produzenten hart davon getroffen. Es ist daher von entscheidender Bedeutung, eine europäische Agrarpolitik zu erstellen, die auf das Schlüsselproblem reagiert: Die Gewährleistung nachhaltiger Nahrungsmittelsicherheit zu vernünftigen Marktpreisen. Was erforderlich ist, ist ein landwirtschaftliches Modell, das konkurrenzfähig und wirtschaftlich machbar ist und das dem Nahrungsbedürfnis der Bürgerinnen und Bürger sowie den Umweltanforderungen und den gesellschaftlichen Bedürfnissen gerecht wird. Auch wenn die gemeinsame Agrarpolitik marktorientiert ist, muss sie eine Reihe von Instrumenten enthalten, um einen Ausgleich für die Produktion von öffentlichen Gütern zu leisten, die der Markt nicht vergütet und um die extreme Unbeständigkeit des Markts zu kontrollieren. Sie muss auch eine angemessene Regulierung, ein starkes Sicherheitsnetz und ein vernünftiges Risikomanagement enthalten. Sie muss außerdem die Nahrungsmittelkette durch größere Transparenz und eine bessere Vertragspraxis, die die Produzenten nicht benachteiligt, verbessern. Abschließend möchte ich sagen, dass es von entscheidender Bedeutung ist, eine Gleichbehandlung von importierten landwirtschaftlichen Materialien und Produkten zu gewährleisten.

 
  
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  Alan Kelly (S&D), schriftlich. – Lassen Sie mich zuerst sagen, dass ich die Vorstöße meiner Kollegen, insbesondere die von Senor de Castro, begrüße, der die Initiative übernommen hat, um eine Debatte zu diesem Thema in Gang zu bringen. Es ist heute eine Tatsache, dass sich unsere Landwirte überwältigenden Hindernissen gegenüber sehen, wenn es darum geht, einen fairen Preis für ihre Produkte zu bekommen. Die Auswirkungen auf die Preise während der jüngsten Milchwirtschaftskrise sind nur ein Beispiel. Eine Aktienintervention spielt genauso eine Rolle bei der Stabilisierung des Marktes wie der Notfonds für die Milchwirtschaft. Aber wir sind noch nicht aus dem Gröbsten heraus. Supermärkte stellen eine Hürde dar, wenn es um faire Bedingungen für Landwirte geht. Wir alle wissen, dass sich der durchschnittliche Supermarkt gegenüber dem Verbraucher gerne als „Preiskiller“ präsentiert. Wir müssen jedoch vorsichtig sein, dass der Supermarkt nicht auch die Preise killt, die für unsere Landwirte gelten. Wenn zugelassen wird, dass das aktuelle System auf unbestimmte Zeit fortgesetzt wird, würde es keinen Anreiz mehr geben, Landwirtschaft zu betreiben, und was würde dann aus unserer ländlichen Gesellschaft werden? Das muss sich ändern. Ich hoffe, dass die Kommission darüber genauso besorgt ist wie die Parlamentarier.

 
  
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  Czesław Adam Siekierski (PPE), schriftlich. (PL) 2009 waren die europäischen Landwirte großen Schwierigkeiten ausgesetzt. Die Einkommen fielen um fast ein Viertel, und die Krise wirkte sich auf die Mehrheit der Agrarmärkte aus, darunter Milch, Getreide, Schweinefleisch, Rindfleisch, Oliven usw. Der Milchmarkt stand zweifellos der schwierigsten Situation gegenüber. Als Resultat eines weltweiten Preiseinbruchs erlitten die europäischen Milchproduzenten riesige Verluste. Die Landwirte machten bei einer Vielzahl von Treffen auf ihre schwierige Situation aufmerksam, und in vielen Ländern gab es außerdem Massenproteste von Landwirten. Gegenwärtig sind die Preisschwankungen nicht mehr so stark, aber dies bedeutet nicht, dass die Probleme verschwunden sind. In vielen landwirtschaftlichen Bereichen stehen wir weiterhin einer geringen Nachfrage und Preisschwankungen gegenüber. Die gegenwärtigen Interventionsmechanismen im Milchsektor und die Einrichtung des Notfonds für die Milchwirtschaft haben sich als unzureichend erwiesen. Wir können uns schon jetzt vorstellen, was geschehen wird, wenn diese Instrumente auslaufen. Wir können sicherlich mit weiteren Einkommensverlusten und Marktturbulenzen rechnen. Ich stimme der Aussage von Herrn Cioloş zu, dass die schwierige Situation auf dem Milchmarkt sofort gelöst werden sollte, und dass wir nicht bis 2013 warten sollten, wenn eine größere Reform der GAP geplant ist. Für Juni erwarten wir eine Entscheidung der hochrangigen Gruppe, die ihre Überlegungen und Gedanken zu einer Verbesserung der Situation im Milchsektor präsentieren wird. Ich hoffe, dass das Gremium unsere Erwartungen erfüllen und ein ausgewogenes Programm mit stabilisierenden Maßnahmen vorlegen wird. Ich freue mich, dass Herr Cioloş unsere Befürchtungen teilt und unsere Anregungen berücksichtigt hat.

 
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