Der Präsident. Der nächste Punkt ist die Erklärung der Kommission über die massenhaften Gewalttaten in Jos (Nigeria) im Januar und März.
Olli Rehn, Mitglied der Kommission. − Herr Präsident, wir haben mit tiefer Trauer vernommen, dass der frühere Präsident Musa Yar’Adua letzte Nacht verstorben ist. Er hat einen großen Beitrag zum politischen und demokratischen Leben in Nigeria geleistet und durch seine Politik zur Stabilität insbesondere in der Unterregion von Westafrika beigetragen.
Der Verfassung gemäß wird der bisher stellvertretende Präsident Jonathan automatisch neuer Präsident. Wir nehmen an, dass er in Kürze, möglicherweise heute Abend noch, durch Nigerias obersten Richter vereidigt werden wird. Im Gegenzug wird von ihm erwartet, einen Vizepräsidenten aus dem Norden des Landes zu vereidigen, was Anlass für neue Spekulationen auf der politischen Bühne in Nigeria gibt.
Die Europäische Union ist bisher ein überzeugter Partner Nigerias gewesen und sie hat auch in den jüngsten schwierigen Monaten der politischen Unsicherheit nicht aufgehört, dem Land starke und konstruktive Unterstützung zukommen zu lassen. Die gewaltsamen Ausschreitungen in Jos und den umliegenden Dörfern im Januar und März dieses Jahres, von denen berichtet wird, dass dabei mehrere hundert Bürgerinnen und Bürgern massakriert oder schwer verletzt wurden, haben sich als extrem verheerend erwiesen. Tausende Menschen wurden obdachlos und leben derzeit in Lagern.
Ich teile die Bedenken, die von den Herren und Damen Abgeordneten über die massenhaften Gewalttaten in Jos geäußert wurden in vollem Maße und ich möchte Ihnen zusichern, dass sie eine entschlossene Reaktion der EU ausgelöst haben.
Sobald die Informationen über die Ereignisse im Januar und März bekannt geworden waren, hat sich sie Kommission mit dem internationalen Roten Kreuz und anderen Organisationen vor Ort in Nigeria in Verbindung gesetzt, die bestätigten, dass die humanitären Bedürfnisse der meisten Opfer befriedigt werden können und dass die Krankenhäuser in der Lage sind, die Opfer entsprechend zu versorgen. So ist denn auch die EU gewesen, die als einer der ersten internationalen Partner Nigerias ihre Meinung zu den Gräueltaten öffentlich gemacht hat.
Bereits im Januar hat die Hohe Vertreterin/Vizepräsidentin Catherine Ashton in einer gemeinsamen Erklärung mit Hillary Clinton, David Miliband und Bernard Kouchner ihr tiefes Bedauern über die Gewalt und den tragischen Verlust so vieler Menschenleben zum Ausdruck gebracht. Alle Parteien sind dringend angehalten worden, sich zu beherrschen und zu versuchen, den Konflikt mit friedlichen Mitteln zu lösen, und die Bundesregierung wurde aufgefordert, die Täter ihrer gerechten Strafe zuzuführen. Die EU hat darüber hinaus im Februar und März weitere Erklärungen abgegeben: Sie enthielten eine diplomatische Demarche für den nigerianischen Minister für auswärtige Angelegenheiten, um eine Verurteilung der jüngsten Gewaltausbrüche zu übermitteln.
Die EU hat gefordert, dass von der Bundesregierung Nigerias eine vollständige Untersuchung der Ursachen für die jüngsten Gewaltausbrüche durchgeführt wird und die Verursacher dieser Gewalt sich vor dem Gericht verantworten müssen. In den letzten Jahren sind in Nigeria mehr als 14 000 Menschen bei gewalttätigen Auseinandersetzungen getötet und mehr als drei Millionen Menschen sind landesintern vertrieben worden.
Es ist jedoch dabei nicht möglich, muslimischen einerseits noch christlichen Gemeinschaften andererseits eindeutig die jeweilige Rolle des Aggressors oder Opfers zuzuschreiben, weil beide im Verlauf der Geschichte bedauerlicherweise sowohl das eine als auch das andere gewesen sind. Es scheint jedoch, dass in dem Konflikt immer besonders arme Leute involviert sind. So werden augenscheinlich religiös motivierte Konflikte oftmals durch andere Ursachen ausgelöst, einschließlich Auseinandersetzungen zwischen traditionellen Machthabern, Kämpfen zwischen Gemeinschaften um Land und Ressourcen, politischen Grabenkriegen und Spannungen zwischen den Machthabern auf Staats- und Bundesebene. Durch die religiösen Unterschiede werden die bereits existierenden Differenzen dann oftmals nur noch angeheizt und verstärkt und führen so zu heftigeren Auseinandersetzungen.
Bei den von der EU in Nigeria angestrengten Maßnahmen werden Diplomatie und eine langfristige Entwicklungshilfe miteinander kombiniert. So unterstützen wir im Rahmen des EEF die Entwicklungszusammenarbeit mit Nigeria. Dabei sind die beiden wichtigsten Sektoren Frieden und Sicherheit sowie Regierungsführung und Menschenrechte. Wir fördern darüber hinaus den Frieden und die Sicherheit durch den regelmäßigen Dialog mit Nigeria im Rahmen des Cotonou-Abkommens, und wir stehen mit Nigeria in einem regelmäßigen Dialog über Menschenrechte und demokratische Prinzipien, einschließlich ethnischer, religiöser und Rassendiskriminierung.
Abschließend möchte ich sagen, dass ich glaube, dass es von grundlegender Bedeutung ist, dass wir auch weiterhin das wiederholte Auftreten gemeinschaftsübergreifender Gewaltausbrüche in Nigeria aufmerksam verfolgen. Ich schlage deshalb vor, dies auf die Prioritätenliste für den Dialog beim nächsten EU-Nigeria-Ministertreffen im Herbst dieses Jahres zu setzen.
Gay Mitchell, im Namen der PPE-Fraktion. Herr Präsident, gestatten Sie mir, dass ich mich dem Kommissar anschließe und meiner Anteilnahme für das Volk Nigerias am Tod von Präsident Umaru Yar’Adua Ausdruck verleihe.
Die jüngsten Gewaltausbrüche in Nigeria sind sinnbildlich für ein noch umfassenderes Problem, mit dem das Land konfrontiert ist. Die Vorfälle in Jos, einer Stadt, die über eine lange Geschichte der Gewalt verfügt, sind sehr alarmierend. Die Stadt liegt an einem Übergang zwischen dem muslimischen Norden und dem christlichen Süden; eine Tatsache, die dazu geführt hat, dass viele glauben, dass die Vorfälle einzig und allein auf religiösem Hass basieren.
In unserem gemeinsamen Entschließungsantrag haben wir eine umfassendere Untersuchung der eigentlichen Ursachen des Konflikts gefordert. Da ich aus Irland komme, weiß ich, was es bedeutet, wenn die Leute nur allzu lang von dem Konflikt in Nordirland von einem Konflikt zwischen Katholiken und Protestanten gesprochen haben, wobei es sich tatsächlich um eine weitaus nuanciertere Angelegenheit als das gehandelt hat und weitaus ernsthaftere Aspekte, einschließlich Bürgerrechtsthemen, den eigentlichen Kern des Problems ausgemacht haben.
Wir müssen daher unbedingt vereinfachende Aussagen wie die, dass diese Gräueltaten einzig und allein auf religiösem Hass basieren, vermeiden. Stattdessen sind gesellschaftliche, politische und wirtschaftliche Faktoren zu berücksichtigen, bevor wir damit anfangen, entsprechende Schlussfolgerungen zu ziehen. So muss die ethnische Rivalität zwischen den Hausa und den Berom ebenso als ein Faktor für die Gewalt mit berücksichtigt werden. Die Morde sind in ihrer Methode und Konsequenz mit denen aus den vorherigen Zusammenstößen in den Jahren 2001, 2004 und 2008 vergleichbar. In der Vergangenheit ist immer wieder mit Gewalt versucht worden, die Konflikte zu lösen und sie hat wieder einmal über den Dialog gesiegt.
Es ist extrem enttäuschend, dass ein Land wie Nigeria, das der achtgrößte Ölproduzent der Welt ist, über einen so großen Bevölkerungsanteil verfügt, der unterhalb der Armutsgrenze lebt. Nigeria kann sich nur durch eine Gewährleistung von Frieden und Sicherheit, Demokratie und politischer Stabilität aus der Armutsfalle befreien und Wohlstand und soziale Gerechtigkeit schaffen, die wiederum die Bevölkerung davon abbringen wird, Gewalt als Strategie für die Lösung von Konflikten einzusetzen.
Ich bitte die Kommission dringend, den Dialog mit Nigeria im Rahmen des Cotonou-Abkommens aufrechtzuerhalten, nach den eigentlichen Ursachen dieses Konfliktes zu forschen und jede nur mögliche Hilfe zu geben, damit sich diese Gräueltaten nicht wiederholen.
Thijs Berman, im Namen der S&D-Fraktion. – Herr Präsident, unsere S&D-Fraktion möchte sich Herrn Kommissar Rehn anschließen und unser Beileid zum Tod des nigerianischen Präsidenten Umaru Yar’Adua ausdrücken.
Die Gewaltausbrüche zwischen der muslimischen und der christlichen Bevölkerung in Jos, Nigeria, im Januar und März dieses Jahres zeigen, wie angespannt und explosiv der Zustand dieser Region ist. Obwohl die offensichtliche Ursache eine religiöse Dimension zu haben scheint, müssen wir uns auch auf die darunter liegenden Ursachen konzentrieren, wie auch schon mein Kollege Gay Mitchell richtig herausgestellt hat. Dabei ist es besonders wichtig, dass diese Region unter einer Ressourcenknappheit und dem ungleichmäßig aufgeteilten Zugriff verschiedener Gruppen auf diese Ressourcen leidet. Der Kampf um fruchtbares Ackerland ist ebenso eine wichtige Grundursache für die gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen christlichen und muslimischen Siedlern. So fühlen sich die einheimischen Landwirte durch die nach Weideland für ihre Herden suchenden Siedler bedroht.
Wir fordern deshalb eine eingehendere Untersuchung der Ursachen dieses Konfliktes. Wenn sich in Bezug auf Armut und Diskriminierung nichts ändert, dann wird es weitere Zusammenstöße geben. Dies bedeutet, dass die gesamte Bevölkerung dieselben Möglichkeiten und denselben Zugriff auf die lebenswichtigen Güter wie eine geeignete Bildung oder Zugang zu politischer Macht haben muss. Dabei kann eine langfristige und beständige Lösung nur dann erzielt werden, wenn alle diese Faktoren berücksichtigt werden. Wir fordern eine faire und transparente strafrechtliche Verfolgung der Verursacher dieser Gewalt, wir sind aber auch geschockt darüber, dass lokale Machthaber nun damit drohen, zum Tode verurteilte Häftlinge hinzurichten, um der Überbelegung nigerianischer Gefängnisse entgegenzuwirken, in denen Menschen jahrelang einsitzen, bevor sie überhaupt einem Richter vorgeführt werden. Die nigerianischen Landesführer sollten sich stattdessen den zahlreichen zugrunde liegenden Problemen ihres Strafrechtssystems widmen. Denn nur dann können die Verursacher der gewalttätigen Auseinandersetzungen auf ein faires und transparentes Verfahren hoffen.
Charles Goerens, im Namen der ALDE-Fraktion. – (FR) Herr Präsident, wir haben gerade erst vom Tod Umaru Yar’Aduas erfahren. Im Namen meiner Fraktion möchte ich unser Beileid zum vorzeitigen Ableben des nigerianischen Präsidenten zum Ausdruck bringen.
Sein Tod kommt zu einer Zeit, in der die Spaltung zwischen Muslimen und Christen eine besonders grausame Wendung erfährt. Die 200 in der Jos-Region getöteten Christen sind der Grund für diese aktuelle Entschließung. Wir könnten endlos über diese Barbarei diskutieren, um dann am Ende wieder einmal festzustellen, dass sie eindeutig ihre Ursache in einem religiösen Konflikt hat. Wir würden darüber hinaus auch wieder einmal feststellen, dass Armut dabei überhaupt nicht hilfreich ist. Und dass dies unter anderem das Ergebnis der Unfähigkeit der politischen Behörden ist, die Korruption zu überwinden. Wir könnten auch ein weiteres Mal die Streitigkeiten über einige der seltenen natürlichen Ressourcen, insbesondere das fruchtbare Land in dieser Region, sowie den Klimawandel, der ebenso die von mir bisher aufgeführten Faktoren verschärft, erwähnen.
Doch was kann die Europäische Union tatsächlich unter diesen Umständen tun?
Sie kann sich natürlich auf Artikel 8 des Cotonou-Abkommens berufen und den Dialog mit den politischen Obrigkeiten dieses Landes intensivieren. Wir werden dies tun.
Wir können darüber hinaus die Gräueltaten verurteilen. Wir werden das mit der vorliegenden Entschließung tun.
Wir können natürlich auch die Tatsache verurteilen, dass dieses reiche Land, das führende ölexportierende Land Afrikas, nicht in der Lage ist, dieses Vermögen in den Kampf gegen die Armut zu investieren.
Wir können in der Tat alles Nötige tun: Wir können all dies immer und immer wieder verurteilen. Ich denke, dass ein Funken Hoffnung besteht, und es Nigeria selbst ist, das einen Ruck erzeugen muss, um das Land wieder in die richtige Spur zu bringen. Der Übergangspräsident Goodluck Jonathan besitzt all die Qualitäten, um auf mutige Weise die Probleme, die ich gerade hier vorgebracht habe, zu bekämpfen.
Nun liegt es am Land selbst, sich davon zu erholen, und ich denke, dass Menschen seines Kalibers selten sind. Wir sollten ihm Glück und einen ungetrübten Blick wünschen und ihm, dem Übergangspräsidenten dieses Landes, dieser außergewöhnlichen Persönlichkeit, unsere Unterstützung zusagen.
Nicole Kiil-Nielsen, im Namen der Verts/ALE-Fraktion. – (FR) Herr Präsident, die Fraktion der Grünen/Freie Europäische Allianz möchte sich den von unseren Kollegen gerade geäußerten Beileidsbekundungen anschließen.
Wir unterstützen mit ganzem Herzen die Entschließung bezüglich der massenhaften Gewalttaten in Nigeria, die bedauerlicherweise nur einen Aspekt der traurigen Situation der Menschenrechte in diesem Land darstellen.
Ich möchte in der mir zustehenden Redezeit über die Gefängnisse in Nigeria sprechen, die voll mit Insassen sind, deren Rechte systematisch verletzt werden. Wie ein Bericht von Amnesty International von 2008 aufgedeckt hat, sind 65 % der Häftlinge in diesem Land nie eines Verbrechens für schuldig gesprochen worden. Einige von ihnen warten seit 10 Jahren auf ihr Verfahren.
Die Probleme gestalten sich so, dass Nigeria gar keine andere Wahl hat, als sie anzuerkennen und zu versprechen, dass System zu reformieren. Und wir warten nach wie vor auf diese Reform.
Ich konzentriere mich in meiner Rede auf die Gefängnisse, weil die derzeitige Situation uns einmal mehr daran erinnert hat, wie wenig Wert einem Menschenleben in Nigeria doch beigemessen wird, und dies ist in den Gefängnissen noch mehr der Fall.
Der nationale Wirtschaftsrat Nigerias hat sein Vorhaben angekündigt, Hunderte der zu Tode verurteilten Häftlinge hinzurichten, um die Überfüllung der Gefängnisse zu mindern: Töten, um die Überbelegung der Gefängnisse zu reduzieren. Es gibt nichts Schockierenderes, vor allem, wenn man weiß, dass viele dieser zum Tode Verurteilten unschuldig sind und die Mehrzahl von ihnen nicht das Recht auf ein faires Verfahren hatte, und vor allem vor dem Hintergrund, dass der nigerianische Minister für auswärtige Angelegenheiten vor der UNO im Februar 2009 erklärt hat, dass sein Land gerade dabei sei, ein De-Facto-Moratorium in Bezug auf die Todesstrafe umzusetzen.
Aus diesem Grund werde ich während der Abstimmung einen mündlichen Änderungsantrag stellen, um diesen jüngsten Vorstoß einiger nigerianischer Politiker zu verurteilen.
Peter van Dalen, im Namen der ECR-Fraktion. – (NL) Herr Präsident, auch ich möchte die Anteilnahme meiner Fraktion dem nigerianischen Volk am Tod ihres Präsidenten zum Ausdruck bringen.
Herr Präsident, die in und um Jos begangenen Gräueltaten entbehren jeder Beschreibung und sind traurigerweise keine Einzelfälle. Sie werden sich auch in Zukunft wiederholen, sofern nichts unternommen wird. Es kommt fast jeden Tag zu neuen Gewaltausbrüchen, die sich vor allem gegen die Christen richten.
Nigeria muss nun die folgenden vier Dinge unternehmen: Es muss erstens und ohne Verzögerung eine unabhängige Untersuchung anstrengen und die Rolle der Armee genauer untersuchen, die offenkundig versagt hat, ihren Bürgerinnen und Bürgern wirksamen Schutz zu bieten. Zweitens muss es die Täter zur Rechenschaft ziehen. Schreckliche Ereignisse wie diese dürfen nicht toleriert werden. Es muss drittens einen Dialog zwischen den ethnischen und religiösen Gruppen anstrengen. Und es muss viertens nach einer Lösung für die Spannungen zwischen den verschiedenen Bevölkerungsgruppen suchen, die jeweils ihren Anspruch auf dieselben Landgebiete erheben.
Europa muss Nigeria natürlich bei diesen Maßnahmen unterstützen, aber es muss auch Druck auf das Land ausüben, da diese Spirale der Gewalt definitiv gestoppt werden muss.
Marie-Christine Vergiat, im Namen der GUE/NGL-Fraktion. – (FR) Herr Präsident, meine Damen und Herren, auch ich möchte mich denjenigen, die gerade ihre Anteilnahme dem nigerianischen Volk am Tod ihres Präsidenten zum Ausdruck gebracht haben, anschließen.
Die Konföderale Fraktion der Vereinigten Europäischen Linken/Nordische Grüne Linke wird nicht für den Vorschlag einer gemeinsamen Entschließung, die uns heute vorgelegt wurde, stimmen und sie weigert sich, damit in Verbindung gebracht zu werden.
Wir glauben allerdings, dass die Entschließung, entgegen einiger Dinge, die gerade gesagt worden sind, nicht wirklich die Ursachen der wiederkehrenden Gewaltausbrüche in diesem Land ins Visier nimmt und sie darin nur teilweise angesprochen werden, wenngleich auch wir diese Gewalt verurteilen und natürlich fordern, dass ihre Verursacher zur Rechenschaft gezogen werden.
Nigeria ist ein großes afrikanisches Land mit einer reichen weltlichen Geschichte und mit seinen 140 Millionen Einwohnern ist es mit Abstand das bevölkerungsreichste Land des Kontinents. Man könnte sogar sagen, dass es ein reiches Land sei, weil man dort Ölfelder gefunden hat. Der Wert seines BIP setzt es auf Rang zwei in Afrika, nach Südafrika und vor Algerien. Die Mehrheit seiner Bevölkerung lebt jedoch unterhalb der Armutsgrenze, und es ist das einzige Land der Welt mit hohen Ölvorkommen, das ein Haushaltsdefizit aufweist.
Noch ironischer daran ist jedoch die Tatsache, dass Nigeria aufgrund unzureichender Raffinerien fast alle Ölprodukte für seine Wirtschaft importieren muss. Es sollte betont werden, dass seine drei größten Raffinerien stillgelegt sind und schlimmer noch, dass sich seine Ölproduktion aufgrund permanenter Angriffe auf die Ölanlagen in den letzten Jahren in beträchtlichem Umfang reduziert hat.
Warum befindet sich Nigeria in dieser Lage?
Weil dieses Land ein eindeutiges Beispiel für die Besitzergreifung von Afrikas Ressourcen durch einige internationale Unternehmen ist, in diesem Fall sind es Ölfirmen, und zwar vor allem eine einzige, die 40 % von Nigerias Öl in Komplizenschaft mit einigen unserer Regierungen fördert.
Diese Unternehmen schaffen sich Regierungen und entheben sie wieder, ganz nach ihren Bedürfnissen und zum Nachteil der Bedürfnisse der Landesbevölkerung. So ist das Niger-Delta, das einst mit seiner Flora und Fauna zu den schönsten Flecken der Erde gehörte, zu einer wahrhaften Müllkippe verkommen. Daran ist nicht nur die Ölförderung schuld, sondern auch die Tatsache, dass jeden Monat 500 Container mit den verschiedensten giftigen Abfällen im Hafen ankommen und auf riesigen offenen Halden entsorgt werden.
Nigeria ist eines der korruptesten Länder der Welt. Die Sponsoren der aufeinanderfolgenden Juntas haben sich mehr als 325 Milliarden USD der 400 Milliarden USD, die das Öl ins Land gespült hat, in die eigenen Taschen gesteckt. Und wo sind diese Dollars? Auf Bankkonten in der Schweiz, dem Vereinigten Königreich und Frankreich.
Ich für meine Person finde diese Situation unerträglich und ich habe das Gefühl, dass die Entschließung, die wir annehmen werden, in einem Ungleichgewicht zu den Herausforderungen, die mit einem Ausdruck internationaler Solidarität durch die Europäische Union für Afrika verknüpft sind, steht.
Fiorello Provera, im Namen der EFD-Fraktion. – (IT) Herr Präsident, meine Damen und Herren, wir alle wissen, wie schwierig eine friedliche Koexistenz zwischen den verschiedenen religiösen Gruppen in Nigeria ist, und das gilt vor allem für die Beziehungen zwischen Christen verschiedener Glaubensrichtungen und den Muslimen. So werden wir auch durch die Entschließung, über die wir abstimmen werden, auch wieder daran erinnert, dass die Lage sehr kritisch ist: Seit dem Ende der Militärherrschaft im Jahre 1999 sind mehr als 14 000 Menschen in religiösen oder ethnischen Konflikten getötet worden. Und es wird berichtet, dass es in den letzten drei Monaten allein 500 Tote gegeben haben soll.
Bedauerlicherweise ist Nigeria nicht das einzige Land, in dem es Konflikte und Spannungen zwischen einzelnen religiösen Gruppen gibt. Es wäre deshalb wünschenswert, einen jährlichen Bericht des Europäischen Parlaments über Religionsfreiheit in der Welt zu erstellen, mit dem auf strukturierte Weise ein Problem angegangen wird, das für die Stabilität vieler Länder von entscheidender Bedeutung ist. Ich möchte auf eine Erklärung von Herrn Kommissar Rehn verweisen, den ich persönlich sehr schätze, und der gesagt hat, dass Nigeria ein sehr armes Land sei. Das ist nicht wahr. Nigeria ist ein sehr reiches Land, das aber unter einer korrupten und unfähigen Führungsschicht leidet, die die Ressourcen des Landes ausgebeutet und Millionen von Bürgerinnen und Bürgern in Armut zurückgelassen hat.
Somit ist dies das wahre Problem, und soziale und ökonomische Umstrukturierungen in diesem Land, so wie in vielen anderen afrikanischen Ländern auch, hängen von einer neuen Führungsschicht ab, die gewissenhaft auf die Bedürfnisse der Bürgerinnen und Bürger eingeht.
Hans-Peter Martin (NI). - Herr Präsident! Nigeria wird nach der bevorstehenden Fußball-Weltmeisterschaft in Südafrika wieder im Schaufenster der Afrikapolitik stehen. Nigeria ist groß, es ist reich, aber sozial dramatisch ungleich aufgestellt. Und es ist natürlich in der Globalisierung im Spannungsfeld zwischen dem chinesischen Weg und einem möglichen europäischen Weg. Ich plädiere aus innerster Überzeugung dafür, dass wir auf dem europäischen Weg der konsequenten Verfolgung des Missbrauchs, der Missachtung von Menschenrechten bleiben, dass wir diejenigen, die in den Gefängnissen sitzen, zu unseren Partnern machen und nicht korrupte Anführer bestimmter Cliquen und Regierungskreise, wo man kurzfristig Vorteile erzielen kann. In diesem Fall ist diese Entschließung zu unterstützen und das, was die Kollegin von der Linken gesagt hat, auch zu unterstützen. Es geht nicht zu wenig weit, aber wir in der EU müssen für die Menschenrechte stehen und nicht für das, was China unter Missachtung der Menschenrechte mit Nigeria vorhat.
Mario Mauro (PPE). – (IT) Herr Präsident, meine Damen und Herren, mit Gewalt löst man keine Konflikte, damit werden nur ihre tragischen Folgen gemehrt. Abgesehen davon, dass sie falsch, unmoralisch, ungerecht und unmenschlich ist, lohnt sich Gewalt einfach nicht: Sie bringt keine Vorteile. Es ist die am wenigsten effektive Art und Weise, um eine Lösung für Probleme zu finden, die eine ganze Region betreffen, weil, wenn das Element, das die Gewalt zwischen der christlichen Minderheit und den Muslimen provoziert, nicht nur religiöser Fundamentalismus ist, sondern es auch der Mangel an wirtschaftlicher Entwicklung ist, der Anlass zu Unmut und Spannung zwischen den verschiedenen ethnischen Gruppen gibt, dann muss die Europäische Union zusammen mit der Afrikanische Union und der gesamten internationalen Gemeinschaft der Bundesregierung in Nigeria (die für viele Facetten dieser Situation verantwortlich ist) zu verstehen geben, dass die Förderung einer zivilisierten und friedlichen Koexistenz zwischen den verschiedenen Ethnien und Gruppen in dem Land Vorteile für jeden und für die gesamte Bevölkerung bringt.
Zusätzlich der Einrichtung eines geeigneten Untersuchungssystems, wie es von vielen gefordert wurde, und zur Bekämpfung der für das entsetzliche Blutvergießen in den letzten Monaten Verantwortlichen – ich sollte vielleicht sagen, das der letzten Jahre – ist es auch notwendig, dass jede mögliche Initiative ergriffen wird, um den Dialog zwischen den verschiedenen ethnischen und religiösen Gruppen einerseits zu unterstützen und andererseits, wie viele angeregt haben, eine neue Führungsschicht zu bilden.
Mit dieser Entschließung hoffen wir, eindeutig klar zu machen, dass die Lösung von Konflikten, vor allem für ein Land, das so reich an Rohstoffen, insbesondere Öl, ist wie Nigeria, bedeutet, den Zugriff auf die Ressourcen zu verbessern, sie besser zu verteilen, und ich glaube, dass das Abkommen, das am 12. Dezember von der Bundesrepublik Nigeria und der Europäischen Kommission unterzeichnet wurde, einen Ruck in diese Richtung bedeutet.
Aus diesem Grund ist Sicherheit der Schlüssel für die unzähligen Probleme dieses Landes und die primäre Bedrohung geht nicht vom Konflikt an sich aus, sondern von den Ursachen, die den Konflikt verursacht und ausgebildet haben. Da muss angesetzt werden, um Nigeria dabei zu helfen, seinen Weg in Richtung wahrer wirtschaftlicher und demokratischer Entwicklung zu gehen.
Corina Creţu (S&D). – (RO) Auch ich möchte mich denjenigen anschließen, die ihre Anteilnahme dem nigerianischen Volk, dessen Präsident in der letzten Nacht verstorben ist, entgegengebracht haben.
Bedauerlicherweise haben wir als Folge davon nun einen neuen zusätzlichen Risikofaktor zu den bereits vorhandenen Spannungselementen: Der Verlust des Autoritätszentrums in einem Land, das sehr durch Gewalt in Mitleidenschaft gezogen ist. Wie Sie alle wissen sind zu Jahresbeginn mehr als 300 Muslime einem Massaker zum Opfer gefallen. Und nicht einmal zwei Monate später ist eine ähnliche Anzahl Christen in gerade einmal zwei Stunden ermordet worden. Derzeit werden die entsprechenden Rachepläne einiger Christen und Muslime nur durch die Militärpräsenz in den Straßen vereitelt.
Meiner Meinung nach besteht das Hauptproblem momentan darin, die Ordnung aufrechtzuerhalten und damit neue Gräueltaten zu verhindern. Vor diesem Hintergrund denke ich, dass internationale Präsenz erforderlich ist. Als Zweites haben wir das Problem der Straffreiheit, was auch allgemein für alle Konfliktregionen Afrikas gilt. Sobald eine kontinuierlich wachsende Anzahl Massenverbrecher verhaftet und verurteilt worden ist, werden wir ein Fallen des Gewaltpegels erleben. Die internationale Gemeinschaft muss hier einmal mehr speziell mit einbezogen werden. Sie hat sich sensibel gegenüber den Problemen im Balkan und dem Nahen Osten gezeigt, und verschließt jetzt vor den Leiden Afrikas die Augen.
Charles Tannock (ECR). – Herr Präsident, ich kann mich noch lebhaft daran erinnern, wie ich als kleiner Junge im Fernsehen schreckliche Bilder vom Bürgerkrieg in der nigerianischen Region Biafra gesehen habe. Vierzig Jahre später scheint sich leider nicht viel geändert zu haben. Die widerlichen Bilder aus Jos, wo hunderte Unschuldiger in einem Akt von Unzivilisiertheit zu Tode geschlagen wurden, erinnern uns daran, dass Nigeria ein chronisch instabiles Land ist.
Ethnische, religiöse, insbesondere Christen gegen Muslime, stammesbezogene, kulturelle und wirtschaftliche Spannungen scheinen in Nigeria endemischer Natur zu sein. Die aktuelle Verunsicherung nach dem gestrigen Ableben des Präsidenten, ich übermittele hiermit dem nigerianischen Volk meine Anteilnahme, wird unweigerlich zu einem Machtkampf führen und infolgedessen die Instabilität in diesem großen afrikanischen Land noch verschlimmern. Ich mache mir aus diesem Grund über die langfristige Zukunftsfähigkeit Nigerias als ein einheitlicher Staat Sorgen. So ist von einigen, wie dem eigenwilligen Präsidenten von Libyen, Herrn Gaddafi, bereits der umstrittene Vorschlag gemacht worden, Nigeria in zwei Länder aufzuteilen. Denn in der Tat beabsichtigt man im Sudan, ein weiteres Land, in dem sich eine Kluft zwischen dem muslimischen Norden und dem christlichen Süden befindet, im nächsten Jahr eine Trennung des Landes in zwei separate Teile vorzunehmen. Diese sehr wahrscheinliche Aufteilung würde einen Präzedenzfall in Bezug darauf schaffen, dass die kolonialen Grenzen in Afrika nicht länger unantastbar sind, was wiederum viele interessante Fragen über die Zukunft Afrikas aufwirft.
Joe Higgins (GUE/NGL). – Herr Präsident, das schreckliche Massaker im Bundesland Plateau State in Nigeria vom Januar und März hat zu hunderten unschuldiger Opfer geführt, von denen viele Frauen und Kinder waren. Und obwohl konfessionelle und stammespolitische Spaltungen als Faktoren bei diesem und anderen schrecklichen Massakern eine Rolle spielen, müssen wir genauer hinschauen und nach den eigentlichen Ursachen forschen.
Postkoloniale Interferenzen und brutale Eroberungen in Afrika, bei denen oftmals Gemeinden und Stämme ausgebeutet wurden, haben ein dauerhaftes Erbe hinterlassen. In einer Analyse von BBC News ist kürzlich festgestellt worden, dass obwohl sich die Gewalt zwischen Muslimen und Christen entlädt, die Analysten zu dem Ergebnis kommen, dass die eigentlichen Ursachen politischer und wirtschaftlicher Natur seien und verweisen auf die extreme Armut des Großteils der nigerianischen Bevölkerung und die offensichtliche Korruption in der Führungselite.
Nigeria ist eines der am reichsten bedachten Länder auf der Welt, wenn es um natürliche Ressourcen und Bodenschätze, einschließlich Öl, geht. Bedauerlicherweise fließt der Löwenanteil dieses Vermögens in die Taschen korrupter lokaler Eliten und ausländischer multinationaler Konzerne, wie Shell Oil beispielsweise, was dazu führt, dass der Großteil der nigerianischen Bevölkerung in elendiger Armut leben muss. Ich stehe hinter meinen Kolleginnen und Kollegen von der „Democratic Socialist Movement“-Partei in Nigeria, die fordert, dass das Vermögen Nigerias in Staatsbesitz übergeht und von der Mehrheit der Bevölkerung, Arbeiter und Arme, demokratisch verwaltet wird. Auf Grundlage dieses Vermögens ist es voll und ganz möglich, dem gesamten nigerianischen Volk einen angemessenen Lebensstandard zu bieten, und auf dieser Grundlage ist auch eine Überwindung der kommunalen Aufspaltungen möglich. Die Alternative bedeutet ein Zusammenbruch Nigerias und weitere barbarische Schrecken, die der Bevölkerung zugefügt werden.
Filip Kaczmarek (PPE). – (PL) Herr Präsident, Nigeria ist ein wichtiges Land, ein sehr wichtiges Land. Das ist der Grund, warum wir uns für die Ereignisse, die sich am 7. März in der Nähe der Stadt Jos zugetragen haben, interessieren.
Das Problem in Zentralnigeria liegt jedoch nicht nur darin begründet, dass die Menschen, die dort getötet werden, Christen sind, weil im es im Januar dieses Jahres Muslime waren, die getötet worden sind. Im Falle Nigerias gesellen sich zu diesen religiösen Spaltungen eine Reihe weiterer, von denen einige bereits erwähnt worden sind: wirtschaftliche, ethnische und gesellschaftliche. Es gibt jedoch auch noch zwei weitere Formen der Spaltung: historische Differenzen, weil in diesem Teil des Landes die Christen als einheimisch und die Muslime als Außenseiter angesehen werden, und zwar ungeachtet der Tatsache, dass sie dort bereits seit zwei oder drei Generationen leben, und gerade die politischen Differenzen. In der Regel unterstützen die Christen die regierende „People’s Democratic Party“ und die Muslime die Opposition mit der „All Nigeria People’s Part“. Es gibt also sehr viele Unterschiede und wir dürfen diese Ereignisse nicht als eindeutige Beweise für eine religiöse Verfolgung interpretieren.
In der Verfassung Nigerias wird Religionsfreiheit garantiert: Konfessionsfreiheit, Kultfreiheit und das Recht auf Konversion. Sie mögen vielleicht denken, dass mein Verweis auf die nigerianische Verfassung ein ziemlich naiver Ansatz ist, aber ich möchte jeden von Ihnen daran erinnern, dass die Werte, die von der ältesten schriftlichen Verfassung, der amerikanischen Verfassung, und von der ältesten schriftlichen Verfassung Europas, der polnischen Verfassung, herstammen, Werte darstellen, die nach wie vor relevant und von dauerhaftem Wert sind. Aus diesem Grund fordern wir die Bundesregierung Nigerias sowie die Landesvorsitzenden und lokalen Machthaber auf, dieses Problem, nicht nur im Namen unserer Werte, sondern im Namen der in ihrer eigenen Verfassung schriftlich fixierten Werte und Prinzipien zu lösen. Ich denke, dass es wichtig ist, sich auf die landeseigenen Dokumente zu beziehen.
Laima Liucija Andrikienė (PPE). – Herr Präsident, ich möchte mein tiefes Bedauern über die Gewaltausbrüche in der Region um Jos, die zum Tod mehrerer hundert Menschen geführt haben, Ausdruck verleihen. Dies ist nur ein weiteres Beispiel dafür gewesen, wie wichtig der Aussöhnungsprozess ist, der angestoßen werden muss, um eine friedliche Koexistenz zwischen der muslimischen Bevölkerung im Norden und der christlichen Bevölkerung im Süden zu ermöglichen.
Ich möchte Sie darüber in Kenntnis setzen, dass sich die Gräueltaten aufgrund des Elends und der Unterdrückung der Einwohner ereignen, die in den Regionen mit Ölvorkommen leben, und die dennoch nicht von der Gesamtentwicklung des Landes profitieren. Wir halten die nigerianischen Machthaber an, sicherzustellen, dass eine gleichberechtigtere und demokratischere Entwicklung aller gesellschaftlicher Gruppen im Land gewährleistet wird, und dass grundlegende Menschenrechte geschützt und geltend gemacht werden. Abschließend und vor allem heute geht mein Mitgefühl an das nigerianische Volk hinsichtlich des Todes ihres Präsidenten.
Cristian Dan Preda (PPE). – (RO) Auch ich möchte mich denjenigen anschließen, die dem nigerianischen Volk angesichts des Todes von Präsident Umaru Yar’Adua ihr Beileid bekundet haben.
Ich möchte in meinem Beitrag auf die folgenden zwei Punkte zu sprechen kommen: Als Erstes möchte ich mit dem Punkt beginnen, der von einem Einwohner Nigerias gemacht worden ist, der gefragt wurde, was denn die Ursache für das Übel, das in seinem Land herrsche, sei. Er hat daraufhin sehr unmissverständlich Folgendes geantwortet: „Wir sehen, dass Personen wegen Gräueltaten und Verbrechen angeklagt werden und dann“, so sagte er weiter, „verschwinden sie in die Hauptstadt und werden niemals wieder gesehen.“ Mit anderen Worten gibt es keinerlei öffentliche Rechenschaftspflicht für die begangenen Verbrechen.
Zweitens möchte ich betonen, dass wir die religiösen Aspekte des Konflikts nicht vergessen dürfen. Verschiedene Redner scheinen der Meinung zu sein, dass es einen religiösen Aspekt gäbe, dass aber grundsätzlich alles auf sozialen und ökonomischen Angelegenheiten beruhe. Und in der Tat ist dieser Aspekt nun auch vom neuen Präsidenten Jonathan Goodluck in Betracht gezogen worden, und er hat die religiösen Führer zu einem Dialog eingeladen. Wir müssen ihn dabei unterstützen.
Andrzej Grzyb (PPE). – (PL) Herr Präsident, die Bilder, die uns vor nicht allzu langer Zeit im Fernsehen gezeigt wurden, waren erschütternd. Die Bilder, die wie eine siegreiche Darstellung von Menschen, die in und um Jos getötet worden waren, anmutete, waren schockierend. Wie von Herrn Mauro bereits gesagt wurde, kann Gewalt durch nichts gerechtfertigt werden, weil Gewalt an sich ein Übel ist. Wir dürfen als Gesellschaft Europas und als Mitglieder des Europäischen Parlaments nicht ignorieren, was passiert ist. Aus diesem Grund findet die Entschließung voll und ganz meine Unterstützung.
Ungeachtet der Ursachen des Konflikts, die als Hintergrund dieser Gewalttaten angesehen werden, wollen wir reagieren, damit Menschenrechte und zivile Freiheiten in Nigeria, einem Land, das uns viel bedeutet, respektiert werden. Ich möchte dabei auch die Gelegenheit ergreifen, um der nigerianischen Bevölkerung mein Beileid anlässlich des Todes ihres Präsidenten auszudrücken.
Olli Rehn, Mitglied der Kommission. − Herr Präsident, ich möchte Ihnen für die ernsthafte und verantwortungsbewusste Aussprache heute danken. Viele von Ihnen haben die Komplexität der gesellschaftlichen Probleme in Nigeria herausgestellt. Ich stimme Ihnen zu und die Kommission ist sich der Komplexität dieser Probleme sehr bewusst. Wir halten an unserer engagierten Partnerschaft mit Nigeria fest, und ich kann Ihnen nur dahingehend zustimmen, wie wichtig es ist, Korruption und Straffreiheit zu bekämpfen, weil Korruption unglücklicherweise tief verwurzelt ist und den gesellschaftlichen und den demokratischen Fortschritt in diesem ressourcenreichen Land verhindert, und damit das Leben der breiten Bevölkerung beeinträchtigt.
Wir geben Nigeria aktiv unsere starke und konstruktive Unterstützung. Wir nutzen eine Vielzahl verschiedenster Instrumente, angefangen bei Diplomatie bis hin zu Entwicklung, und die Kommission bleibt weiterhin wachsam und ist bemüht, die Gewalt in Nigeria mit den uns zur Verfügung stehenden diplomatischen Mitteln einzudämmen.
Das im Herbst stattfindende EU-Nigeria-Ministertreffen ist das nächste Forum, auf dem dieses wichtige Thema auf einer sehr hohen Ebene angesprochen werden muss, und wir werden bei dieser Gelegenheit mit Sicherheit über diese Angelegenheit diskutieren.
Der Präsident. Um die Aussprache zu beenden, möchte ich verkünden, dass ich sieben Entschließungsanträge(1) gemäß Artikel 110(2) erhalten habe.
Die Aussprache wird geschlossen.
Die Stimmabgabe findet heute um 11.00 Uhr statt.
Schriftliche Erklärungen (Artikel 149).
Mara Bizzotto (EFD), schriftlich. – (IT) Dieses Land, das über so viele natürliche Ressourcen verfügt, ist schon seit zu vielen Jahren Schauplatz zahlreicher humanitärer Tragödien, Massentötungen und Zusammenstöße zwischen einzelnen Volksgruppen aus wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Gründen gewesen. Ich möchte an dieser Stelle auch die folgenden Worte eines katholischen Missionars wiedergeben, der in Nigeria gelebt und gearbeitet hat: Pater Piero Gheddo hat neulich erst betont, dass die Beziehungen zwischen Muslimen und Christen in den zentralen und nördlichen Regionen Nigerias vor 20 Jahren zweifellos bereits auch schon schwierig und durch Formen antichristlicher Diskriminierung gekennzeichnet waren, dass es aber nie so weit gegangen ist, dass es so wie in den letzten zehn Jahren zu gewalttätigen Massenunruhen gekommen ist. Die Aussage des Paters verdeutlicht, dass, obwohl sich die Lage in den letzten Jahren insgesamt verschlechtert hat, dies auch aufgrund des Einflusses von islamistischen Extremisten erfolgt ist, der sich durch die Ideologie von Al-Qaida ausdrückt, die sich in Nigeria und insbesondere in 12 Bundesländern im Norden, die die Scharia als ihr Bundesgesetz angenommen haben, ausgebreitet hat. Wir stimmen deshalb der Ansicht zu, dass die verschiedenen ethnischen Gruppen in Nigeria in ihren verschiedenen religiösen Glaubensrichtungen den idealen Vorwand finden, um massenhafte Gräueltaten an jeweils anderen Gruppen zu verüben. Wir dürfen jedoch nicht vergessen, dass dieser dicht bevölkerte afrikanische Staat, der seit Jahren unter einer dauerhaften politischen Instabilität leidet, über die Jahre hinweg immer wieder zu einer Herberge für zahlreiche islamistische Extremisten geworden ist; eine Tatsache, die wir nicht ignorieren dürfen.
Jarosław Leszek Wałęsa (PPE), schriftlich. – (PL) Wenn der höchste Wert der Europäischen Union das Recht auf Selbstbestimmung ist, oder in anderen Worten, das Recht auf die Respektierung der Prinzipien und Werte des eigenen Gewissens, dann sollten alle Erscheinungsformen von Intoleranz und Hass, die direkt zu rassistisch, ethnisch oder religiös motivierten Morden und Massakern führen, sofort und unmissverständlich von uns verurteilt werden. Eine solche Verurteilung darf sich jedoch nicht bloß auf Worte beschränken. Sie sollte auch Maßnahmen umfassen, mit der eine friedliche Koexistenz in der Zukunft gewährleistet wird.
Zbigniew Ziobro (ECR), schriftlich. – (PL) Herr Präsident, zu Beginn möchte ich meiner tiefen Trauer über die Information über die Unruhen in Jos, Nigeria, im Januar und März, bei denen hunderte Christen und Muslime starben, Ausdruck verleihen. Es muss daran erinnert werden, dass dies nicht das erste Mal ist, dass sich solch schreckliche Ereignisse in Jos zugetragen haben. Die Kämpfe zwischen Angehörigen dieser beiden Religionen dauern nun schon seit 2001 an. Die Tatsache, dass die Spannung, die sich dann von Zeit zu Zeit in offenen Zusammenstößen entlädt, nun schon seit zehn Jahren anhält, ist die Bestätigung für die Bedeutung der Rolle des Staates, die ihm bei der Förderung eines Aussöhnungsprozesses zukommt. Der komplizierte Hintergrund dieses Konflikts macht die Tiefe der Spaltungen deutlich. Nigerianische Christen und nigerianische Muslime unterscheiden sich nicht nur in Bezug auf ihre Religion voneinander. Neben dieser grundlegenden Trennung gibt es eine historische Trennung, weil in der Region, in der die Unruhen stattfinden, die Christen als einheimische Bevölkerung und die Muslime als Fremde angesehen werden. Diese beiden Trennungen schlagen sich dann wiederum in der Unterstützung verschiedener politischer Gruppen durch die Christen und Muslime nieder, was wiederum zu einer Erweiterung des Konflikts führt. Um die Sache nun jedoch zu verkürzen, sei gesagt, dass die Ursprünge dieses Konflikts in den religiösen Unterschieden und dem Unvermögen der Machthaber oder ihrer Unfähigkeit, eine friedliche Koexistenz beider Gruppen zu erzeugen, begründet sind. In diesem Herbst wird ein Forum der Minister aus der EU und Nigeria stattfinden, und ich denke, dass dieses Problem auf die Tagesordnung des Treffens gesetzt werden sollte. Darüber hinaus sollte die Kommission jede Anstrengung unternehmen, die ihr zur Verfügung stehenden diplomatischen Instrumente einzusetzen, um die Lage in Nigeria zu verbessern.
(Die Sitzung wird für einige Augenblicke unterbrochen, um auf die Abstimmung zu warten.)