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Verfahren : 2009/2241(INI)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadien in Bezug auf das Dokument :

Eingereichte Texte :

A7-0144/2010

Aussprachen :

PV 18/05/2010 - 13
CRE 18/05/2010 - 13

Abstimmungen :

PV 19/05/2010 - 6.11
Erklärungen zur Abstimmung
Erklärungen zur Abstimmung
Erklärungen zur Abstimmung

Angenommene Texte :

P7_TA(2010)0184

Ausführliche Sitzungsberichte
Dienstag, 18. Mai 2010 - Straßburg Ausgabe im ABl.

13. Europäischen Union zur Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten – Überprüfungskonferenz des Römischen Statuts des Internationalen Strafgerichtshofs in Kampala, Uganda (Aussprache)
Video der Beiträge
Protokoll
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  Die Präsidentin. – Als nächster Punkt folgt die gemeinsame Aussprache über:

- den Bericht von Herrn Ramón Jáuregui Atondo, im Namen des Ausschusses für konstitutionelle Fragen zu den institutionellen Aspekten des Beitritts der Europäischen Union zur Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (2009/2241(INI)) (A7-0144/2010) und

- Erklärungen des Rates und der Kommission zur Überprüfungskonferenz des Römischen Statuts des Internationalen Strafgerichtshofs in Kampala, Uganda.

 
  
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  Ramón Jáuregui Atondo, Berichterstatter.(ES) Frau Präsidentin, Herr Kommissar, Herr López Garrido, ich denke, dass der heutige Tag ein sehr wichtiger ist. Ich weiß, dass es in diesem Hause viele wichtige Tage gibt, aber ich glaube ehrlich, dass seit der Annahme des Vertrags von Lissabon am 1. Dezember 2009 das Mandat der Europäischen Union, die Konvention zum Schutz der Menschenrechte und der Grundfreiheiten zu unterzeichnen, eine der wichtigsten Schlagzeilen zum europäischen Intergrationsprozess ist.

Daher denke ich, dass wir Zeugen des Höhepunktes eines seit langem bestehenden Strebens sind, das Teil des historischen Prozesses der europäischen Integration ist, weil die Menschenwürde, die Demokratie und die Rechtsstaatlichkeit Teil der DNS des Prozesses sind, der bis jetzt weitgehend der Prozess der europäischen Integration gewesen ist.

Der Bericht, den wir morgen annehmen werden, verwirklicht dieses Mandat, zu dem die Europäische Union verpflichtet ist, da der Vertrag von Lissabon den Beitritt zur Konvention fordert. Ich möchte den Inhalt des Berichts zusammenfassen, gestützt auf drei Hauptkonzepte.

Erstens möchte ich betonen, dass es nicht nur die Mitgliedstaaten sind, die die Menschenrechte schützen. Jetzt ist es die Europäische Union, die die Menschenrechte schützt, mit ihrer neuen Rechtspersönlichkeit gemäß dem Vertrag von Lissabon; es ist Recht der Union und es stellt die Entwicklungsstufe eines EU-Staates dar, die von Mitgliedstaaten erreicht werden kann. Sie können das tun, wenn sie sich den Grundsätzen der Europäischen Konvention und einem Gerichtshof unterwerfen, der außerhalb der Union und der Mitgliedstaaten liegt und die Erfüllung dieser Grundsätze zu jeder Zeit und an jedem Ort garantiert.

Das zweite Konzept besteht darin, die europäische Öffentlichkeit mit einem neuen Recht und einem neuen Gerichtshof auszustatten: dem Recht für Europäer, sich an diesen neuen Gerichtshof wenden zu können, um die Erfüllung der durch die Konvention geschaffenen Rechte in Bezug auf die Europäische Union oder die Mitgliedstaaten zu garantieren, wenn sie das Recht der Union umsetzen.

Sogar die Tätigkeiten der Europäischen Union, die die Außenpolitik, den Polizeibereich, die Sicherheit außerhalb unserer Grenzen und die internationale Zusammenarbeit beinhalten, unterliegen den Grundsätzen der Europäischen Menschenrechtskonvention. Was bedeutet das? Meiner Meinung nach, sehr verehrte Damen und Herren, bedeutet das einen großen Schritt vorwärts in geschichtlicher Hinsicht, für den Prozess der Integration und die Entwicklung des wichtigsten Gedankens des europäischen Konzepts der menschlichen Würde, das, wie wir schon zuvor gesagt haben, den Forderungen der europäischen Öffentlichkeit nachkommt.

Das bedeutet auch eine Stärkung des europäischen Systems zum Schutz der Grundrechte, da es parallel zur Charta der Grundrechte und zum Vertrag von Lissabon einen Kontext schafft, einen rechtlichen Schutzrahmen, der fast perfekt und daher der fortschrittlichste weltweit ist. Es stärkt außerdem die Glaubwürdigkeit der Union in den Augen von Drittländern, da die Europäische Union in ihren bilateralen Beziehungen immer schon die Durchsetzung der Menschenrechte gefordert hat.

Dieser Bericht legt institutionelle und rechtliche Aspekte dar, die ich jetzt nicht beschreiben werde. Was ich aber doch tun möchte, ist, herauszustreichen, dass hier und heute ein Prozess beginnt, da die Kommission aufgrund dieses Berichts, der gemeinsam mit dem Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres und dem Ausschuss für Auswärtige Angelegenheiten erstellt wurde, einen Standpunkt hat, einen Verhandlungsrahmen, der es ihr ermöglichen wird, wieder vor das Parlament zu treten, um diese Vereinbarung anzunehmen und es den Mitgliedstaaten ermöglichen wird, den Beitritt zur Europäischen Konvention zu ratifizieren. Ich möchte Frau Reding für die Schnelligkeit danken, mit der die Kommission das Mandat für Verhandlungen angenommen hat, und dem Europäischen Rat, der dies in Kürze tun wird. Ich möchte ebenfalls Frau Gál und Herrn Preda für ihre Zusammenarbeit in den beiden anderen Ausschüssen danken. Sehr geehrte Damen und Herren, ich glaube, dass sollte in den Schlagzeilen ganz oben stehen.

 
  
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  Diego López Garrido, amtierender Ratspräsident.(ES) Frau Präsidentin, wie Herr Jáuregui sagte, die Diskussion, die wir jetzt führen werden, nebst der, die wir gerade geführt haben, ist außerordentlich wichtig. Ich denke, die Menschheit macht einen historischen Schritt vorwärts, wenn die Verteidigung der Menschenrechte nicht zu einer Verantwortung für die Staaten wird, die traditionell die politischen Teilnehmer und politischen Akteure der letzten paar Jahrhunderte waren, sondern etwas, was im Sinne der Verteidigung der Menschenrechte über die Staatsgrenzen hinausgeht und eine Reihe von Mechanismen und institutionellen Garantien festlegt, um ihre universellen Werte besser zu verteidigen.

Die Europäische Menschenrechtskonvention, die wohl einer der größten Schätze ist, den die Europäische Union besitzt, und der Internationale Strafgerichtshof, der über Europa hinaus zuständig ist, sind Beispiele für diesen Schritt nach vorn, der zu unserer Zeit in Richtung Globalisierung und Verteidigung der Menschenrechte gemacht wird.

In Bezug auf die Europäische Menschenrechtskonvention gibt es dieser Rede von Herrn Jáuregui und seinem ausgezeichneten Bericht zur Unterzeichnung der Europäischen Menschenrechtskonvention durch die Europäische Union, den er zusammen mit den Verfassern der Stellungnahmen, Herrn Preda und Frau Gál, erstellt hat, wenig hinzuzufügen.

Ich möchte vieles, was von Herr Jáuregui gesagt wurde, bekräftigen und darauf hinweisen, dass die Unterzeichnung der Konvention ein Element der europäischen Integration darstellt und damit die Europäische Union stärkt. Darüber hinaus wird sich dieses Element mit dem neuen wichtigen Element verbinden, das durch den Vertrag von Lissabon eingebracht wurde, nämlich der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, und diese werden zusammenwirken. Das ist eine der Aufgaben – nicht nur der politischen sondern auch technischen Aufgaben – des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte und des Gerichtshofs der Europäischen Union, ohne dass sich irgendwelche Probleme bezüglich ihrer Zuständigkeit ergeben.

Außerdem erhöht diese Initiative, die im Vertrag von Lissabon vorgesehen ist, auch die Glaubwürdigkeit der Europäischen Union bei der Verteidigung der Menschenrechte, da wir nicht Staaten der Europäischen Union sondern europäische Staaten auffordern, zur Stärkung der Europäischen Menschenrechtskonvention beizutragen. Anders gesagt, wir verlangen von ihnen die Garantie, dass die in der Konvention festgelegten Rechte respektiert und geschützt werden, und auf diese Weise wird die Europäische Union selbst, nicht nur ihre Mitgliedstaaten, der Gerichtsbarkeit des Europäischen Gerichtshofs unterliegen. Das erhöht unsere Glaubwürdigkeit, wie der Bericht von Herrn Jáureguis ganz richtig feststellt.

Im Hinblick auf den Internationalen Strafgerichtshof denke ich, dass wir die jetzige Zeit als eine „historische“ Zeit beschreiben werden und als Zeit von wesentlicher politischer Bedeutung, da in einigen Tagen die Überprüfungskonferenz des Römischen Statuts zusammentreten wird. Es handelt sich dabei um die einzige zwingend vorgeschriebene Konferenz, die zusammentreten muss, um gegebenenfalls das Römische Statut zu überprüfen und den außerordentlich wichtigen Schritt vorwärts zu bewerten, nämlich den Internationalen Strafgerichtshof.

Es handelt sich daher um ein äußerst wichtiges Ereignis, das heute im Politischen und Sicherheitspolitischen Komitee untersucht und morgen im Ausschuss der Ständigen Vertreter (AStV) diskutiert wird. Wir hoffen, dass nächste Woche die Entschließung des Rates angenommen wird, damit wir uns an der von anderen Staaten abgegebenen, sehr positiven Bewertung des Internationalen Strafgerichtshofs beteiligen können, wie etwa den lateinamerikanischen Staaten, die Teil der Union der Südamerikanischen Nationen (Unasur) sind.

Es geht um einen Internationalen Strafgerichtshof, der eine Verpflichtung darstellt, die Menschenrechte zu verteidigen und aus diesem Grund Verbrechen gegen die Menschlichkeit weltweit zu verfolgen. Diese Verpflichtung wurde von der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten eingegangen. Ich möchte Sie daran erinnern, dass es 2003 eine gemeinsamen Standpunkt, gab, 2004 einen Aktionsplan und 2006 auch eine Vereinbarung der Europäischen Union zur Zusammenarbeit mit dem Gerichtshof. Alle Mitgliedstaaten der Europäischen Union sind nun Vertragsstaaten des Römischen Statuts und unterwerfen sich daher dem Internationalen Strafgerichtshof.

Ich glaube, dies ist äußerst wichtig, um die weltweite Rolle des Internationalen Strafgerichtshofs hervorzuheben sowie die Verpflichtung der Europäischen Union, ihn zu stärken. Der Internationale Strafgerichtshof ist derzeit im Wesentlichen auf dem afrikanischen Kontinent tätig, aber die Kampala Konferenz lässt die Menschen in Afrika wissen, dass wir nicht gegen Afrika eingestellt sind: Das Gegenteil ist der Fall, wir unterstützen Afrika.

Auch aus diesem Grund ist die Überprüfungskonferenz sehr wichtig. An ihr teilnehmen können alle Staaten sowie Organisationen der Zivilgesellschaft und internationale und regionale Organisationen, und sie wird es uns ermöglichen, den Stand der internationalen Gerichtsbarkeit zu einem Zeitpunkt zu bewerten, da der Internationale Strafgerichtshof sich als einziger ständiger internationaler Strafgerichtshof etabliert.

 
  
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  Viviane Reding, Vizepräsidentin der Kommission. – Frau Präsidentin, ich stimme allen Rednern und allen jenen Abgeordneten zu, die sich mit diesem Thema befasst haben. Der Beitritt der EU zur Europäischen Menschenrechtskonvention ist ein Schritt von verfassungsrechtlicher Bedeutung. Er wird das System des Schutzes der Grundrechte innerhalb der Union vervollständigen, und Sie wissen nur zu gut, dass der Vertrag von Lissabon dies nicht als Option vorsieht, sondern als Ziel.

Ich begrüße daher die Tatsache, dass das Parlament so großes Interesse für dieses Dossier zeigt – und das ganz von Anfang an getan hat – was durch die Entschließung bewiesen wird, die das Parlament vorgelegt hat.

Insbesondere möchte ich den Berichterstattern des Ausschusses für Verfassungsangelegenheiten, Rechte, Freiheiten und Garantien und des Ausschusses für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres für ihre ausgezeichnete Kooperation an diesem Dossier danken. Ich möchte ihnen für die Anhörung danken, die sehr gut organisiert sowie sehr hilfreich und sehr geeignet dafür war, dieses Dossier vorzulegen.

Der von Herrn Jáuregui Atondo präsentierte Berichtsentwurf entspricht weitgehend dem Standpunkt der Kommission. Lassen Sie mich nur drei Punkte nennen, die meiner Ansicht nach sehr wichtig sind.

Erstens, die Kommission teilt die Ansicht, dass der Beitritt der EU zu den Zusatzprotokollen der Europäischen Konvention – die übrigens noch nicht von allen Mitgliedstaaten ratifiziert wurden – ebenfalls sehr wünschenswert ist. Tatsächlich sind viele dieser Protokolle möglicherweise für die Ausübung der Befugnisse der Union von Bedeutung, und bestimmte Garantien, die in diesen Protokollen festgeschrieben sind, kommen auch in der Charta der Grundrechte zum Ausdruck. Die Verhandlungsrichtlinien sollten daher der Kommission vorschreiben, eine Regelung auszuhandeln, die sicherstellt, dass die Union allen Zusatzprotokollen beitreten kann.

Die Entscheidung, welchen Protokollen, die über die Konvention selbst hinausgehen, wir de facto beitreten werden, wird vom Rat nach Einholung der Zustimmung des Parlaments einstimmig gefällt werden müssen. Nach Ansicht der Kommission sollten solche Entscheidungen vorzugsweise alle Zusatzprotokolle umfassen und zusammen mit der Entscheidung gefällt werden, die das Beitrittsabkommen selbst abschließt.

Zum Zweiten ist es wichtig, sich mit der besonderen Situation der Union als gesonderter rechtlicher Einheit auseinanderzusetzen, die mit autonomen Befugnissen ausgestattet ist, und zu einer Vertragspartei eines Mechanismus werden wird, der ursprünglich ausschließlich für Staaten konzipiert war. Daher sind eine Reihe geringfügiger, verfahrenstechnischer Anpassungen an die Konvention im Hinblick auf die Besonderheit des EU-Rechts erforderlich.

Zu ihnen gehört der sogenannte „Mechanismus des Mitbeklagten“, der die dezentralisierte Umsetzung des EU-Rechts durch Mitgliedstaaten berücksichtigt. Durch diesen Mechanismus wird die Union das Recht erhalten, sich an den Verhandlungen als Mitbeklagter in jenen Fällen zu beteiligen, die sich gegen Mitgliedstaaten richten, wenn es um EU-Recht geht. Ich bin erfreut, dass der Bericht des Parlaments sich ebenfalls dafür ausspricht.

Drittens unterstütze ich vollinhaltlich den Bericht, der die Teilnahme von Vertretern der Union in den Gremien der Konvention als gleichberechtigte Partner der Vertreter der anderen Vertragsparteien empfiehlt. Diese Beteiligung ist in der Tat ein entscheidendes Element des reibungslosen Prozesses der Integration und der Aufnahme der Union in das System der Konvention. Sie haben verstanden, dass dies von jetzt an insbesondere die Präsenz eines von allen Vertragsparteien gewählten Richters am Straßburger Gerichtshof bedeutet.

Die Kommission spricht sich daher sehr stark dafür aus, einen ständigen, vollzeitlich tätigen Richter zu haben, der von der Union gewählt ist und denselben Status und dieselben Pflichten wie seine Kollegen hat. Ein Ad-hoc-Richter, der sich nur in Beschwerden einschalten würde, die gegen die Union vorgebracht werden oder die mit EU-Recht zu tun haben, reicht unserer Ansicht nach nicht aus.

Was die Methode der Wahl eines EU-Richters anbelangt, sollte das normale, in der Konvention vorgesehene Verfahren Anwendung finden.

Das bedeutet, dass die Parlamentarische Versammlung des Europarats einen Richter aus einem Vorschlag für drei Kandidaten wählen wird, die von der Europäischen Union präsentiert werden, und ich stimme dem Berichtentwurf zu, dass es einer angemessenen Anzahl von Parlamentsabgeordneten gestattet sein soll, an den Sitzungen der Versammlung teilzunehmen, wenn sie die Richter des Europäischen Gerichtshofs wählt.

Das Verfahren für die Aufstellung der Liste der drei Kandidaten hat für das Beitrittsabkommen keine Bedeutung: Aber es hat für uns Bedeutung. Wir müssen das gemäß interner Rechtsvorschriften tun und der Vorschlag, dass das Parlament so ähnlich daran beteiligt sein soll, wie das im Artikel 255 bezüglich der Auswahl der Kandidaten für den Gerichtshof vorgesehen ist, ist sehr interessant und verdient eine genaue Betrachtung.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, die spanische Präsidentschaft räumt diesem Dossier eine sehr hohe Priorität ein, wie Sie wissen, und die spanische Präsidentschaft möchte eine Vereinbarung vor Ende Juni erreichen. Wenn der Rat bis dahin eine Vereinbarung erreichen könnte – was ich hoffe – werden wir in der Lage sein, die Beitrittsverhandlungen nach dem Sommer zu beginnen. Wie ich schon vor zwei Wochen in Brüssel sagte, werde ich sicherstellen, dass die Kommission – als Verhandlungsführer der Union– das Parlament während des Verhandlungsprozesses voll auf dem Laufenden halten wird.

Das bezieht sich alles auf europäische Angelegenheiten, aber die Frage der internationalen Menschenrechte steht ebenfalls auf der Tagesordnung. Wie Sie wissen, haben 138 Staaten 1998 einen Schritt vorwärts getan, als sie das Römische Statut angenommen haben und damit zum ersten Mal in der Geschichte einen ständigen internationalen Gerichtshof eingerichtet haben, um sicherzustellen, dass Personen, die Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder Kriegsverbrechen begangen haben, zur Rechenschaft gezogen werden. Der Gerichtshof begann seine Tätigkeit 2003 und wir haben jetzt, sieben Jahre später, die Überprüfungskonferenz in Kampala, die uns dazu einlädt, eine erste Analyse der Tätigkeiten des Gerichtshofs durchzuführen sowie der Herausforderungen, die auf ihn zukommen, und der Effektivität der Unterstützung durch die EU.

Im Hinblick auf die Tätigkeiten des Gerichtshofs wissen wir, dass der Gerichtshof voll funktionsfähig ist, aber noch am Anfang steht. Es wurde noch kein gerichtlicher Zyklus beendet, aber der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) beschäftigt sich mit der Situation in fünf Ländern: Ein Verfahren wurde begonnen, ein anderer Prozess wird am 5 Juli beginnen und ein weiterer Fall befindet sich in der Ermittlungsphase – alle für die Zentralafrikanische Republik und die Demokratischen Republik Kongo.

Vergessen wir nicht, dass dies nur ein Gerichtshof der letzten Instanz ist, das heißt, die primäre Verantwortung liegt bei den Staaten selbst. In den meisten Fällen fungiert der Gerichtshof als Katalysator für Staaten, Fälle zu untersuchen und vor nationalen Gerichtshöfen strafrechtlich zu verfolgen. Zugleich hat der Gerichtshof während seiner kurzen Existenz als starkes Abschreckungsmittel gegen zukünftige Gräueltaten gewirkt, da die Täter jetzt wissen, dass die Gerechtigkeit die Oberhand behalten wird, und in diesem Sinne steht der Gerichtshof vor Herausforderungen.

Die Ratifizierung durch Bangladesch brachte die Zahl der Vertragsstaaten des Römischen Statuts auf 111. Allerdings ist es klar, dass wir uns für eine weltweite Anerkennung des Statuts und des Gerichtshofs einsetzen müssen. Der Gerichtshof ist auf die Beteiligung und die Kooperation aller Vertragsstaaten und Nicht-Vertragsstaaten sowie internationaler und regionaler Organisationen angewiesen. Der Gerichtshof kann seine Funktionen nicht erfüllen, ohne dass Staaten jene Personen festnehmen, für die ein Haftbefehl vom IStGH ausgestellt wurde; oder wenn die Zeugen nicht unter Schutz gestellt werden können; oder wenn es keine Gefängnisse für die Verurteilten gibt, und aus diesem Grund hat die EU den Gerichtshof über die letzten zehn Jahre hinweg unterstützt, um bei der Lösung der Probleme behilflich zu sein.

Wir als EU haben von Beginn an unbeirrt die Einrichtung des Gerichtshofs als wesentlichen Mechanismus innerhalb der neuen internationalen Ordnung unterstützt, um die Straffreiheit zu beenden, die, wie Sie wissen, dazu geführt hat, dass Millionen von Menschen in jüngster Vergangenheit zu Verbrechensopfern wurden, aber nur eine Handvoll dafür Verantwortlicher vor Gericht gestellt wurden.

Die EU hält einen wirkungsvollen IStGH für ein unverzichtbares Instrument für die internationale Gemeinschaft, um diese Straffreiheit zu bekämpfen und eine auf Regeln basierende internationale Ordnung zu fördern. Darum haben wir den Gerichtshof unterstützt, indem wir die verschiedenen uns zur Verfügung stehenden Instrumente genutzt haben, die der Herr Minister bereits erwähnt hat. Der gemeiname Standpunkt wurde in einen Aktionsplan umgewandelt. Wir waren die erste Organisation, die mit dem Gerichtshof 2006 eine Vereinbarung zur Kooperation und Unterstützung abgeschlossen hat, und wir geben dem IStGH unsere volle politische und diplomatische Unterstützung durch Demarchen, politische Dialoge und Erklärungen. Die Aufnahme von IStGH-Klauseln in internationale Abkommen ist jetzt ein Standardverfahren für die Europäische Union.

Seit 2000 hat die Europäische Initiative – später als Europäisches Instrument für Demokratie und Menschenrechte bezeichnet – 29 Mio. EUR direkt oder indirekt zur Unterstützung des Gerichtshofs beigetragen, insbesondere durch weltweite zivilgesellschaftliche Kampagnen. Die EU hat außerdem mehrere Beschlüsse in den Bereichen Justiz, Freiheit und Sicherheit in der Absicht erlassen, die Kooperation zwischen den Mitgliedstaaten in der Untersuchung und strafrechtlichen Verfolgung von Verbrechen im Sinne des Römischen Statuts auf nationaler Ebene zu verstärken, was beweist, dass wir unser Bestes tun, um das System weiterzuentwickeln. Das System muss weiter perfektioniert werden, aber es ist das starke Engagement aller Nationen weltweit erforderlich, um dies zu verwirklichen.

 
  
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  Cristian Dan Preda, Verfasser der Stellungnahme des Ausschusses für Auswärtige Angelegenheiten.(RO) Ich werde auf Herrn Jáuregui Atondos Bericht eingehen. Ich möchte damit beginnen, ihm zur Erstellung dieses ausgezeichneten Berichts zu gratulieren, der meiner Ansicht nach eine umfassende Beschreibung der Vorteile und Herausforderungen bietet, die sich aus dem Beitritt der Europäischen Union zur Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten ergeben.

Aus der Sicht der Stellungnahme, die ich für den Ausschuss für Auswärtige Angelegenheiten verfasst habe, möchte ich den wesentlichen Vorteil des EU-Beitritts zur Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) hervorheben. Dieser Schritt scheint heutzutage, in der Zeit nach der Unterzeichnung des Vertrags von Lissabon, völlig klar, aber auf ihn hat man in den letzten 30 Jahren regelmäßig gehofft. Ich denke, dass der Beitritt zur EMRK die Glaubwürdigkeit der EU in Menschenrechtsdialogen mit Drittstaaten stärken wird, und damit allen wiederum bestätigt, dass die Europäische Union in erster Linie eine Rechtsgemeinschaft ist.

Die Institutionen der EU, wie auch die der Mitgliedstaaten des Europarates werden daher der externen, unabhängigen Kontrolle durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte mit Sitz in Straßburg unterliegen, auf der Basis der Erklärung: „ein einheitlicher Menschenrechtsstandard, ein einziger Gerichtshof“. Aus der Sicht eines einheitlichen Menschenrechtsstandards muss ich betonen, dass der Beitritt zur EMRK gleichzeitig eine Gelegenheit für die EU darstellt, auch anderen Verträgen des Europarates beizutreten. Ich beziehe mich natürlich auf die Zusatzprotokolle, die Europäische Sozialcharta in ihrer abgeänderten Form, die, wie Ihnen bekannt ist, diesen Schutz auf gesamteuropäischer Ebene ergänzt und verstärkt. Ich glaube auch, dass das verstärkte Engagement der europäischen Behörden in den Gremien des Europarats, deren Spezialgebiet der Schutz der Menschenrechte ist, eine logische Konsequenz dieses einheitlichen Schutzstandards darstellt.

Ein weiterer Punkt, den ich in der von mir für den Ausschuss für Auswärtige Angelegenheiten verfassten Stellungnahme betont habe, ist der, dass ein Gleichgewicht zwischen der Bewahrung der Besonderheit des europäischen Gerichtswesens einerseits und der Bewahrung des Systems der gerichtlichen Zuständigkeit in Straßburg andererseits gefunden werden muss, was sich als sehr effektiv für den Schutz der Menschenrechte auf gesamteuropäischer Ebene erwiesen hat.

 
  
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  Kinga Gál, Verfasserin der Stellungnahme des Ausschusses für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres.(HU) Sehr geehrte Damen und Herren, erlauben Sie mir zunächst, dem Kollegen, der für den Bericht des Ausschusses für konstitutionelle Fragen verantwortlich zeichnet, Herrn Jáuregui Atondo, für seine Kooperation zu danken. Ich glaube, dass durch die enge Zusammenarbeit zwischen dem Ausschuss für institutionelle Fragen und dem Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres, zusammen mit dem Unterausschuss Menschenrechte, der unsere Arbeit ergänzt hat, eine Reihe von Fragen, die mit unserem Beitritt zur Konvention zu tun haben, erfolgreich angesprochen und sich daraus ergebende Fragen, die noch geklärt werden müssen, korrekt aufgezeigt wurden.

Ich persönlich habe mich zunächst im Namen des Ausschusses für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres vor allem darauf konzentriert – und dies wurde letztendlich vom Ausschuss bestätigt – sicherzustellen, dass unser Beitritt tatsächlich einen Mehrwert für die Bürgerinnen und Bürger der Europäischen Union darstellt, und dass Letztere sich dieser Werte und Gelegenheiten bewusst sind, obwohl wir doch auch verhindern sollten, diese Erwartungen zu hoch zu schrauben.

Es gibt zahllose entscheidende Fragen, die während der kommenden Amtszeit im Verlauf der Verhandlungen geklärt werden müssen; dazu gehört das Verhältnis zwischen den Gerichtshöfen in Straßburg und in Luxemburg, da es in keinem dieser Gerichtshöfe Änderungen des Systems der gerichtlichen Zuständigkeit geben wird. Ich halte es für wichtig zu betonen, dass die Reform der Funktionen des Straßburger Gerichtshofs zugleich mit dem Beitritt durchgeführt wird, und das sollte besonders berücksichtigt werden. Ich möchte auch hervorheben, dass dieser Beitritt nur dann erfolgreich sein wird, wenn er die gegenwärtigen Institutionen vollinhaltlich bestätigt, und die Gerichtssysteme der Mitgliedstaaten müssen die notwendigen Schritte dafür einleiten. Der EU-Beitritt zur Konvention ist ein einzigartiges Experiment, aber dadurch darf nicht aufs Spiel gesetzt werden, was uns bereits für die Durchsetzung der Menschenrechte zur Verfügung steht. Es ist sehr wichtig, dass wir erkennen, dass er erfolgreich sein wird, wenn dabei bereits existierende Institutionen gestärkt werden und er wirklich einen Mehrwert für die Bürgerinnen und Bürger bringt.

 
  
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  Laima Liucija Andrikienė, im Namen der PPE-Fraktion. – Frau Präsidentin, die Überprüfungskonferenz des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) ist ein lange erwartetes und wichtiges Ereignis in der Entwicklung des Gerichtshofs selbst, und weiter gefasst, der internationalen Strafgerichtsbarkeit.

Die Überprüfungskonferenz ist eine gute Gelegenheit für die Interessenvertreter, die bestehenden Mängel des IStGHs zu prüfen und mögliche Änderungen oder Richtungen für eine Reform vorzuschlagen. Ich möchte mehrere Themen erwähnen, welche die EU-Mitgliedstaaten und auch die EP-Delegation auf ihrer Tagesordnung stehen haben sollten.

Eines dieser Themen ist sicherlich der Standpunkt unserer transatlantischen Partner zum IStGH. Ich möchte darauf hinweisen, dass die Nichtteilnahme der Vereinigten Staaten am IStGH der wichtigste Faktor ist, der die Relevanz und Autorität des IStGH herabsetzt. Es wäre daher sehr nützlich, wenn unsere amerikanischen Partner in etwas klarerer Form ihren gegenwärtigen Standpunkt und ihr Engagement für den IStGH ausdrücken könnten.

Ich möchte darüber hinaus die EU dringend auffordern, auf einer Diskussion – und ich hoffe auch einer Revision – von Artikel 124 zu bestehen, der auch als Übergangsbestimmung des Römischen Statuts bekannt ist und es den Staaten erlaubt, sich dafür zu entscheiden, dass ihre Staatsbürger innerhalb von sieben Jahren nach der Ratifizierung bezüglich mutmaßlicher Kriegsverbrechen nicht der Gerichtsbarkeit des IStGHs unterstellt werden können. Dies ist eine bedauernswerte Gesetzeslücke, die aus dem Römischen Statut herausgenommen werden sollte.

Und nicht zuletzt möchte ich darauf hinweisen, dass die EU die weitmöglichste Ratifizierung und Umsetzung des Römischen Statuts in den Beziehungen mit jenen Staaten anstreben soll, die dies noch nicht getan haben. Es muss eines der Ziele der EU während der Beitrittsverhandlungen und Beitrittsphasen der neuen EU-Mitgliedstaaten sein. Es sollte auch ganz oben auf der Tagesordnung in unseren Gesprächen mit Russland stehen, besonders wenn man bedenkt, dass wir derzeit die Modalitäten des Partnerschaftsabkommens mit unseren russischen Partnern verhandeln.

 
  
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  Debora Serracchiani, im Namen der S&D-Fraktion.(IT) Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, ich danke dem Berichterstatter für seine hervorragende Arbeit im Zusammenhang mit dem Beitritt der EU zur Menschenrechtskonvention, die Vorteile für die europäischem Bürgerinnen und Bürger bietet: Aufgrund dieser Konvention wird es einen neuen Gerichtshof geben, unabhängig von der Europäischen Union, um sicherzustellen, dass die Rechte der europäischen Bürgerinnen und Bürger von der Europäischen Union und den Mitgliedstaaten immer respektiert werden.

Gemäß den Grundsätzen der Demokratie sollten die Europäische Union und ihre Mitgliedstaaten immer das Recht haben, sich selbst verteidigen zu können. Ich glaube daher, dass es sehr wichtig ist, dass jeder Mitgliedstaat der Konvention einen Richter haben sollte, um den Kontext jeder Beschwerde zu erklären, genauso wie ich es für wichtig halte, dass das Europäische Parlament ein informelles Gremium haben sollte, dass den Informationsaustausch zwischen dem Parlament und der parlamentarischen Versammlung des Europarats koordiniert, und dass das Parlament auch während des Verhandlungsprozesses konsultiert werden sollte.

Ich möchte außerdem hinzufügen, dass europäische Bürgerinnen und Bürger das Recht haben, die Mechanismen zu verstehen, denen diese Mitgliedschaft unterliegt, genauso wie sie das Recht haben, zu wissen, was ihre Rechte sind. Darum glaube ich, dass es für den Europarat und die Europäische Union von entscheidender Bedeutung ist, die Schaffung von Richtlinien zu erwägen, und das mit einer klaren Erklärung aller Auswirkungen und Konsequenzen, die diese Mitgliedschaft beinhaltet.

 
  
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  Andrew Duff, im Namen der ALDE-Fraktion. – Frau Präsidentin, der Beitritt der EU zur EMRK wird seit langer Zeit erwartet. Er ist ein entscheidendes Stück des Puzzles, dessen fertiges Bild eine übergeordnete Rechtsordnung ist, die durch den Gerichtshof gefördert wird und der externen Kontrolle des Straßburger Gerichtshofs untersteht.

Er ist eine notwendigerweise komplexe Maßnahme, da es eine Gegenleistung dafür ist, die Charta der Grundrechte verbindlich zu machen. Es signalisiert einen wichtigen, neuen Konsens zwischen Gruppen wie den traditionellen Briten, die sich für den Ansatz eines zwischenstaatlichen Europarats ausgesprochen haben und Föderalisten wie mir, die den supranationalen Ansatz unterstützen. Solch ein Zusammenschluss ist zur jetzigen Zeit der Koalitionspolitik in Großbritannien zwischen den britischen Liberaldemokraten und den konservativen Parteien außerordentlich wichtig.

 
  
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  Barbara Lochbihler, im Namen der Verts/ALE-Fraktion. – Frau Präsidentin! Die Verabschiedung des Römischen Statuts und die Einrichtung des Internationalen Strafgerichtshofs ist eine Erfolgsgeschichte. Dafür gibt es viele Beispiele. Aber das Entscheidende ist, dass es erstmals in der Geschichte möglich ist, hohe Repräsentanten des Staates – zivile oder militärische – dafür zur Verantwortung zu ziehen, wenn sie Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit angeordnet haben.

Die EU hat den Aufbau und die Arbeit des Internationalen Strafgerichtshofs vielfach und sehr positiv unterstützt und muss diesen Gerichtshof auch zukünftig unterstützen und stärken sowie seine Unabhängigkeit schützen. Die bevorstehende Überprüfungskonferenz in Kampala wird eine Bestandsaufnahme machen: Was war erfolgreich? Was muss verbessert werden? Und bereits jetzt ist deutlich zu erkennen, dass die Staaten sich auf der jeweiligen nationalen Ebene anstrengen müssen, Gesetze zu erlassen oder bestehende Gesetze auch konsequent umzusetzen, um den Strafgerichtshof zu unterstützen.

Viele sind noch zögerlich, wenn es gilt, hochrangige Personen festzunehmen, gegen die ein Haftbefehl vorliegt. Kommissarin Reding hat darauf hingewiesen. Oft wiegt die Angst vor diplomatischen Schwierigkeiten höher als die Einsicht, dass der Strafgerichtshof diese konkrete Unterstützung braucht, um wirksam werden zu können.

Die Konferenz in Kampala muss sich mit der Definition des Begriffs Angriffskrieg beschäftigen. Eine eigens dafür eingerichtete Arbeitsgruppe der Mitgliedstaaten des Römischen Statuts hat hier erfolgreiche Vorarbeit geleistet und bereits einen geeigneten Text vorgelegt, der sich auch in unserer Entschließung wiederfindet. Wir fordern die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, sich intensiv für die Aufnahme dieser Definition in das Statut und damit in die Zuständigkeit des Strafgerichtshofs einzusetzen.

Dabei ist unbedingt zu beachten, dass es zu keinerlei Einschränkungen der Unabhängigkeit des Gerichtshofs kommt. Und lassen Sie mich abschließend auch die Forderung unterstreichen, wie wichtig es ist, dass die EU auf dieser Konferenz hochrangigst vertreten wird. Das ist ein Signal für die Unterstützung des Gerichtshofs, aber auch ein positives Beispiel für andere Regierungen.

 
  
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  Ashley Fox, im Namen der ECR-Fraktion. – Frau Präsidentin, meine Fraktion setzt sich für den Schutz der Menschenrechte ein, aber wir sind nicht überzeugt davon, dass es klug ist, der EU die Unterzeichnung der Konvention zu erlauben. Angesichts der Tatsache, dass jeder Mitgliedstaat bereits Unterzeichner der Konvention ist, welche Vorteile gibt es durch eine Unterzeichnung der EU? Ich würde es sehr begrüßen, wenn jemand in diesem Plenarsaal ein praktisches Beispiel dafür geben könnte, wie die Menschenrechte eines Mitglieds meines Wahlkreises dadurch besser geschützt werden, dass die EU die Konvention unterschreibt.

Zum gegenwärtigen Zeitpunkt sind die Mitgliedstaaten nicht verpflichtet, die Konvention direkt in ihrem innerstaatlichen Recht anzuwenden. Ich möchte versichert werden, dass sich im Falle der Unterzeichnung der EU diese Position nicht verändern wird. Ich will nicht, dass die Befugnis des britischen Parlaments, Änderungen darüber zu beschließen, wie wir die Menschrechte schützen, ausgehöhlt wird. Ich vermute, dass eines der Motive hinter diesem Vorschlag der Wunsch ist, den Status der EU zu stärken, um sie als wichtigen Akteur auf internationaler Ebene zu präsentieren. Meiner Ansicht nach ist das ein sehr guter Grund, der EU nicht zu erlauben, diese Konvention zu unterzeichnen.

 
  
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  Helmut Scholz, im Namen der GUE/NGL-Fraktion. – Frau Präsidentin! Meine Fraktion begrüßt ausdrücklich den Beitritt der Europäischen Union zur Europäischen Menschenrechtskonvention. Sie ist wohl das wichtigste Menschenrechtsinstrument in Europa, und die Bedeutung des Straßburger Gerichtshofs für Menschenrechte – vielleicht auch für meinen Kollegen Fox – wird dadurch deutlich, dass im Schnitt dort jährlich ca. 30 000 Beschwerden eingehen. 2009 waren es übrigens 57 000, und im Jahr 2009 verkündete das Gericht 2 000 Urteile, oder genauer, es musste diese Urteile fällen.

Nun hat die EU mit dem EuGH zwar auch einen Gerichtshof, doch anders als der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte ist der EuGH nicht ausschließlich für den Schutz der Grundrechte zuständig, und es ist wohl auch nicht völlig falsch, wenn hier festzustellen ist, dass der EuGH in der Vergangenheit keine exklusive Führungsrolle bei der Entfaltung europäischer Grundrechte in Anspruch genommen hat.

Sowohl der Europarat als auch die EU bezeichnen den bevorstehenden Beitritt als historisch, und ich glaube, wir stimmen dem im Plenum mehrheitlich zu. Als solcher wird er sich hoffentlich zuallererst für die Bürgerinnen und Bürger Europas erweisen, denn es wird ein Raum gültiger Menschenrechte geschaffen, an welchen nicht nur 47 Regierungen gebunden sind, sondern auch die Institutionen der Europäischen Union. Damit sendet die EU ein starkes Signal an die Bürgerinnen und Bürger Europas, dass sie, was die Menschenrechte betrifft, nicht über dem Gesetz steht und dass die Bürgerinnen und Bürger diese Menschenrechte einklagen können, sollten sie durch Gemeinschaftsinstitutionen verletzt werden.

Die konkrete Ausgestaltung des eigentlichen Beitrittsprozesses wird mit Sicherheit Probleme mit sich bringen, und deshalb ist es wichtig, dass wir hier mit Aufgeschlossenheit und Kreativität schnell und konstruktiv die besten Lösungen für die durchaus schwierigen technischen und juristischen Probleme finden.

 
  
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  Morten Messerschmidt, im Namen der EFD-Fraktion.(DA) Frau Präsidentin, es ist sehr leicht, die Vorteile des EU-Beitritts zur Europäischen Konvention für Menschenrechte zu erkennen. Er wird jenen Menschen zum Vorteil gereichen, die in der EU beschäftigt waren und dafür entlassen wurden, dass sie sich geweigert haben, ihre Unterschrift auf falsche Berichte zu setzen und Informanten zu werden. Sie können diesbezügliche Fälle gemäß Artikel 6 vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte bringen. Der Beitritt wird den Kolleginnen und Kollegen hier im Parlament zum Vorteil gereichen, die maßlose Geldstrafen dafür erhalten, ihre Meinung frei kundzutun und die sich an keine andere Stelle wenden können, um dagegen Beschwerde zu führen. Solche Fälle können gemäß Artikel 10 vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg gebracht werden. Es ist daher sehr leicht, die Vorteile zu sehen.

Der Grund, warum meine Fraktion und ich trotzdem den Beitritt der EU zur Europäischen Menschenrechtskonvention ablehnen, ist die Tatsache, dass die Nachteile ganz klar die Vorteile überwiegen. Zum Beispiel gibt es keinen Zweifel darüber, dass insbesondere der Gerichtshof den Beitritt dazu nutzen würde, die Befugnisse der EU einmal mehr auszuweiten. In immer mehr Bereichen – im Sozialbereich, bei der Ausländerpolitik und bei der Politik im Bereich der Grundfreiheiten – werden wir sehen, wie es möglich sein wird, den Beitritt zur Menschenrechtskonvention als weiteres Argument zugunsten vermehrter Entscheidungen auf EU-Ebene zu benutzen, was bedeutet, dass weniger Entscheidungen von den Mitgliedstaaten getroffen werden. Wir wollen nicht in eine Situation geraten, in der die Mitgliedstaaten nicht in der Lage sind, ihre eigene Politik festzulegen, und zwar gegenüber Ausländern oder in Fragen ihrer Freiheiten, der freien Meinungsäußerung und in allen anderen Angelegenheiten, die unter die Konvention fallen. Das müssen nationale Angelegenheiten bleiben und darum soll die EU nicht diesen Weg einschlagen.

 
  
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  Nicole Sinclaire (NI). – Frau Präsidentin, der Berichterstatter stellt in seinem Bericht fest, dass der Beitritt zur EMRK den Bürgerinnen und Bürgern Schutz gegen das Vorgehen der Union geben wird. Ich hätte ein viel größeres Interesse daran, die Einwohnerinnen und Einwohner meines Wahlkreises, der West Midlands in Großbritannien, gegen das Vorgehen der Menschenrechtskonvention zu schützen.

Natürlich haben wir in Großbritannien dies 1998 in unser Gesetz aufgenommen, und erlauben damit der EMRK Einfluss an allen unseren Gerichtshöfen zu haben. Im Programm der neuen konservativen Regierung wurde versprochen, dass sie den Human Rights Act (Gesetz zur Umsetzung der Europäischen Menschenrechtskonvention in innerbritisches Recht) aufheben würden, aber wie sie hätten wissen müssen, hat der Vertrag von Lissabon die EU zu einem Rechtsträger gemacht und die EU hat größeren Einfluss als die Wählerschaft von Großbritannien. Das erinnert uns an George Orwell. Das ist wohl für alle erkennbar und wie wir wissen, sind einige Leute gleicher als andere, wenn es um die Menschenrechte geht.

Anfang des Monats erlitten die Bewohner meines Wahlkreises eine Invasion von sogenannten „Reisenden“, die den Frieden gestört haben und unbefugte und möglicherweise gesetzeswidrige Bauten auf dem bisschen Raum errichten, der von unserem kostbaren Grüngürtel noch übrig geblieben ist. Dank der Menschenrechtskonvention genießen diese Reisenden spezielle Schutzrechte. Sie werden in Bezug auf das Gesundheits- und Bildungswesen vorrangig behandelt, und das alles auf Kosten der einheimischen Steuerzahler!

Der Berichterstatter wünscht, dass wir unsere nationalen Gerichtshöfe und Justizministerien an dieser Entwicklung teilhaben lassen sollen. Ich sage, die Menschenrechtskonvention hat bereits genug Schaden angerichtet. Vielleicht würde der Berichterstatter gerne meinen Wahlkreis besuchen und aus erster Hand die Entweihung unseres Landes mitansehen. Vielleicht möchte er mit den schwer arbeitenden Dorfbewohnern sprechen, die erlebt haben, wie der Wert ihrer Häuser drastisch gesunken ist. Er kann die von der Polizei gezogen Linien inspizieren, um den Frieden und natürlich die speziellen Rechte der Reisenden zu bewahren. Er könnte sich sogar das Spektakel von 90 Lastwagen ansehen, die beladen mit Kies und Sand langsam die Landstraßen hinauffahren, auf denen Eltern mit ihren Kindern zu Fuß gehen. Er könnte den einheimischen Bewohnern vielleicht dabei helfen, Warnalagen zu installieren, in Erwartung zunehmender krimineller Aktivitäten, von denen solche Bauprojekte oft begleitet werden.

Freilich sind das kleine Tragödien und nicht vergleichbar mit dem wichtigen politischen Projekt, das die Europäische Union darstellt, aber bedenken wir doch einmal, dass wir durch das Angebot spezieller Rechte für eine Gruppe von Bürgern automatisch die Rechte anderer mindern.

Die Menschenrechtskonvention hat die Rechte der Einwohner meines Wahlkreises eingeschränkt. Es sollte nicht von ungewählten Beamten entschieden werden, wer als besonders wichtig angesehen wird und wer nicht. Wir haben eine neu gewählte Regierung im Vereinigten Königreich, die auf diesem Gebiet Versprechen abgegeben hat. Im Namen der Demokratie, lassen Sie sie ihre Versprechen erfüllen!

 
  
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  Íñigo Méndez de Vigo (PPE).(ES) Frau Präsidentin, vor mehr als 20 Jahren – genau gesagt vor 23 Jahren – hatte ich das Glück, Zeuge der Unterzeichnung eines Abkommens in einem anderen Parlamentsgebäude zu sein, und zwar zwischen dem damaligen Präsidenten der Europäischen Kommission, Jacques Delors, und dem Generalsekretär des Europarats, Marcelino Oreja, zum Zwecke der Anerkennung der Menschenrechtskonvention für die damaligen Europäischen Gemeinschaften. Das liegt nun schon 23 Jahre zurück.

Es erinnert mich an die Antwort, die der Dichter Heinrich Heine gab, als er gefragt wurde, „Wo würden Sie gern sterben?“ Seine Antwort war: „In England, weil dort alles 100 Jahre später passiert.“ Unter Berücksichtigung einiger Reden, die wir gehört haben, scheint es, dass alles 200 Jahre später passiert, Frau Präsidentin. Ich vertraue allerdings darauf, dass Herrn Duffs Einfluss in der neuen liberaldemokratisch-konservativen Regierungskoalition diese Situation verbessern wird.

Daher hat sich meine Fraktion, die Fraktion der Europäischen Volkspartei (Christdemokraten) seit langer Zeit für den Beitritt ausgesprochen, und wir begrüßen besonders Herrn Jáureguis hervorragenden Bericht. Es ist sein erster Bericht, und, ich bin mir sicher, nicht sein letzter.

Wir handeln so, weil wir meinen, dass es die Garantien für die Öffentlichkeit verbessern wird, denn was wir tun, ist den Menschen bessere Garantien dafür zu bieten, dass die Rechtsvorschriften der Europäischen Union, die von den Mitgliedstaaten angewendet werden, und die Gesetze der Europäischen Union mit der Gruppe von Rechten im Einklang steht, die in der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte anerkannt wird.

Dieser Bericht öffnet die Tür für die Lösung vieler technischer rechtlicher Probleme, die sich ergeben werden, weil wir nicht vergessen dürfen, dass die Konvention dafür bestimmt war, von den Mitgliedstaaten ratifiziert und angewandt zu werden. Welche Propaganda es auch immer von einigen Seiten dieses Hauses gibt, die Europäische Union ist kein Staat oder Superstaat. Sie ist eine internationale Organisation und darum gibt es Anpassungsschwierigkeiten für eine internationale Organisation, die für Staaten eingerichtet wurde.

Frau Giannakou, die unsere Schattenberichterstatterin war und eine hervorragende Arbeit geleistet hat, für die ich ihr außerordentlich dankbar bin, wird auf die speziellen Themen eingehen. Für jetzt möchte ich mich Frau Vizepräsidentin Reding anschließen, den Rat aufzufordern, der Kommission ein Mandat für rasche Verhandlungen zu geben, und ich bin überzeugt, dass mein Freund, Herr López Garrido, sicherstellen wird, dass dies durchgeführt wird. Das bedeutet, Frau Präsidentin, dass wir bald in der Lage sein werden, die Unterzeichnung der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten zu feiern.

 
  
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  Juan Fernando López Aguilar (S&D).(ES) Frau Präsidentin, ich möchte mich den Glückwünschen an den Berichterstatter, Herrn Jáuregui, und die Verfasser der Stellungnahme anschließen, die an der Erstellung dieses Berichts gearbeitet haben. Ich tue das in erster Linie, um die Tatsache hervorzuheben, dass genauso, wie wir uns mit der Wirtschaftskrise in der Währungsunion während dieses Jahres des Parlamentsmandats auseinandergesetzt haben, es jetzt gilt, festzustellen, dass Europa nicht durch den Binnenmarkt oder eine einheitliche Währung entwickelt werden wird, sondern von den Menschen.

Die Rechte der Menschen werden durch die Charta der Grundrechte der Europäischen Union gestärkt, dieses „Staatsgrundgesetz“, das die politische und öffentliche Dimension der europäischen Integration berücksichtigen muss.

Sie werden auch durch das Mandat im Artikel 6 des Vertrags über die Europäische Union gestärkt, die Europäische Menschenrechtskonvention zu unterzeichnen.

Das mindert keines der Grundrechte, die den europäischen Bürgerinnen und Bürgern durch die Gesetzgebung der Mitgliedstaaten garantiert sind, aufgrund der Tatsache, dass sie Staatsbürger dieser Mitgliedstaaten sind. Im Gegenteil, es vervielfacht, verstärkt und erweitert die Rechte, die wir alle als Teilnehmer an und wichtigste Akteure in einem gemeinsamen Projekt haben.

Als Vorsitzender des Auschusses für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres möchte ich auch die Tatsache hervorheben, dass wir alle Probleme diskutiert haben – die bestimmt auftreten werden – die mit der Eingliederung der Europäischen Menschenrechtskonvention in die gemeinsame Kultur der Stärkung, der Garantie der Rechte und der Unionsbürgerschaft verbunden sind. Wir haben besonders ergiebige Besuche des Gerichtshofs der Europäischen Union und des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte organisiert, und wir haben eine dritte Konferenz für den 21. Juni einberufen, an der wichtige Experten und Richter vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte und vom Gerichtshof der Europäischen Union teilnehmen werden, um eine gemeinsame Vorab-Antwort auf die Frage auszuarbeiten, wie die rechtliche Garantie für Bürgerrechte aussehen soll.

Ein britischer Rechtsexperte namens Hart schrieb, dass es keine Rechte ohne rechtliche Garantie gibt, und dass es keine rechtliche Garantie ohne Richter gibt, genauso wie es kein Europa ohne Bürgerinnen und Bürger und keine europäischen Bürgerinnen und Bürger geben kann, wenn sie sich nicht bewusst sind, dass die europäische Integration zum Wachstum und zur Stärkung unserer Grundrechte führt, die wir bereits als Mitglieder der EU-Mitgliedstaaten besitzen.

 
  
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  Marietje Schaake (ALDE). – Frau Präsidentin, während wir das Römische Statut des Internationalen Strafgerichtshofs überprüfen, sollten wir uns daran erinnern, dass seine Einrichtung einen echten Erfolg für die liberale Demokratie und eine Verpflichtung für ein wirksames Völkerrecht darstellt. Die Ratifizierung der Anerkennung des Römischen Statuts durch alle EU-Mitgliedstaaten signalisiert die nächste Phase, in der wir unsere Ambitionen und die Verantwortung auf dem Gebiet der Menschenrechte, des Friedens und der Gerechtigkeit erfüllen.

Eine kritische Beurteilung ist wichtig, aber der IStGH ist bereits eine wichtige Institution, die sicherstellt, dass diese Grundwerte nicht nur europäische, sondern weltweit gültige Werte sind. Er ist eine letzte Instanz, wie Frau Kommissarin Reding sagte, aber eine wichtige. Die EU und die Mitgliedstaaten sollten ihr Engagement für den IStGH fortsetzen, oder für die Prinzipien, die er garantieren will, indem sie die EU-Richtlinien für den IStGH annehmen. Die Untersuchung und strafrechtliche Verfolgung jener, die Kriegsverbrechen, Völkermord und Verbrechen gegen die Menschlichkeit begehen, ist oberste Verpflichtung.

Mit dem Vertrag von Lissabon arbeiten wir auf eine gemeinsame und effektive EU-Außenpolitik hin. Die Hohe Vertreterin sollte sich aktiv für den Beitritt anderer globaler Akteure zum Römischen Statut einsetzen – wie etwa China, Indien, Russland und wichtige Beitrittskandidaten wie die Türkei – aber genauso sollten die Vereinigten Staaten, die seit langem Verbündeter der EU sind, in einen Dialog für ihren Beitrag zur globalen Gerechtigkeit eingebunden werden und ernsthaft erwägen, sich ihrem Verbündeten anzuschließen. Als niederländische Europäerin möchte ich unseren Bürgerinnen und Bürger versichern, dass das „Haager Invasionsgesetz“ nie Anwendung finden wird.

Die EU muss konstruktiv mit der Türkei und den USA zusammenarbeiten, um die Straffreiheit im Iran zu stoppen, wo einer der dringendsten Fälle von Aggressoren zu finden ist, wo die Regierung tagtäglich und systematisch gegen ihre eigenen Bürgerinnen und Bürger mit Hinrichtungen, Vergewaltigungen und Folter vorgeht. Wir müssen auf eine echte Globalisierung oder weltweite Anwendung der Menschenrechte, des Rechts und der Rechtsstaatlichkeit hin arbeiten, und der IStGH ist ein wichtiges Instrument dafür, dieses Ziel zu erreichen. Die Unterstützung für diesen Gerichtshof muss ebenfalls auf die weltweite Ebene ausgedehnt werden. Das Europäische Parlament arbeitet seit längerer Zeit konstruktiv darauf hin und ist sich in diesem Punkt einig.

 
  
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  Gerald Häfner (Verts/ALE). - Frau Präsidentin, liebe Kollegen! Woran wir hier heute arbeiten, ist der Ausbau des Rechts auf der supranationalen Ebene. Wie wichtig das ist, zeigt neben dem Blick auf aktuelle Menschenrechtsverletzungen ein Blick in die furchtbare Geschichte meines eigenen Landes. In der Tat haben Deutsche die monströsesten Verbrechen in der Geschichte nicht begangen, indem sie Gesetze übertraten, sondern indem sie Gesetze verfasst haben, die das Unrecht zu Recht gemacht und zum Beispiel den Mord an Juden, an Kommunisten, an Christen, an Homosexuellen usw. zur Rechtspflicht erhoben haben. Wenn solche Menschen und vor allem die, die das befohlen haben, hinterher sagen, sie hätten ja nur getan, was damals Recht war, und könnten dafür hinterher nicht belangt werden, dann zeigt das eine unglaubliche Schwäche des Rechts und der Menschlichkeit.

Deshalb ist das, was wir jetzt hier mit dem ICC getan haben, ein Riesenfortschritt, nämlich dass all solche Menschen in Zukunft wissen, dass es jenseits des nationalen Rechts einen Richter gibt und sie lebenslang damit leben müssen, zur Rechenschaft gezogen zu werden. Das ist ein Riesenfortschritt, genauso wie der Beitritt der Europäischen Union zur Europäischen Menschenrechtskonvention, für den wir uns und ich mich persönlich lange eingesetzt haben. Ich freue mich, dass wir das heute gemeinsam hier vollziehen können, und danke insbesondere dem Berichterstatter, Ramón Jáuregui Atondo, für den hervorragenden Bericht.

 
  
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  Charles Tannock (ECR). – Frau Präsidentin, meine nationale Partei, die Britischen Konservativen – falls Sie es nicht wissen, ich bin Konservativer – hat in der Vergangenheit ernsthafte Bedenken bezüglich des IStGH und seiner Durchsetzung des internationalen Strafrechts, wie es im Römischen Statut enthalten ist, angemeldet, und zwar in den Bereichen Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Kriegsverbrechen und Völkermord.

Allerdings bietet sich uns jetzt am 10. Jahrestag des Inkrafttretens des Statuts die Gelegenheit, eine klare Einschätzung der Rolle des IStGH vorzunehmen, und meiner Ansicht nach hat sich der Gerichtshof, das muss man ihm zugute halten, strikt an seinen Auftrag gehalten und von willkürlichen Strafverfolgungen abgesehen und versucht, nur die furchtbarsten Tyrannen anzuklagen.

Der Chefankläger des IStGH, Luis Moreno-Ocampo, hat geschickt dabei geholfen, die Unparteilichkeit des Gerichtshofs weltweit zu stärken. Die aggressive Verfolgung politisch motivierter Fälle ist glücklicherweise nicht zustande gekommen, was eine große Sorge unserer amerikanischen Verbündeten war. Großbritannien hat sich dem IStGH under der letzten Labour-Regierung angeschlossen. Vielleicht ergibt sich durch die letzte Woche im Vereinigten Königreich eingesetzte konservativ-liberale Koalition eine Gelegenheit, das Verhältnis Großbritanniens zum IStGH neu zu beurteilen und in Kampala einige der umstrittenen Bereiche, wie etwa die Befehlsverantwortung, zu ändern.

Wir können es nicht erlauben, dass die lebenswichtigen nationalen Interessen Großbritanniens durch den IStGH gefährdet werden, aber zur gleichen Zeit sollten wir auch anerkennen, dass der IStGH in bestimmten Fällen eine konstruktive Rolle spielen muss, um das Klima der Straffreiheit für Diktatoren, die Völkermord begehen, zu beenden.

 
  
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  Marie-Christine Vergiat (GUE/NGL).(FR) Frau Präsidentin, Frau Kommissarin, Herr Minister, meine Damen und Herren, ich möchte sowohl den Beitritt zur Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) als auch den Beitritt zum Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) diskutieren.

Zunächst möchte ich unseren Berichterstattern für die hohe Qualität ihrer Berichte danken und für ihre Bereitschaft, alle Vorschläge in einem großartigen Geiste des Konsenses zu integrieren.

Zusätzlich zu allem, was zugunsten dieses Beitritts gesagt wurde, möchte ich zwei Punkte betonen, die ich für wichtig halte: die Einführung einer Kontrolle außerhalb der Union und die Exterritorialität der Konvention; anders ausgedrückt, ihre Anwendung auf alle Rechtsakte der Union, einschließlich der Gebiete außerhalb der EU. Erlauben Sie mir, der Hoffnung Ausdruck zu verleihen, dass die „Menschenrechte und Demokratie“-Klauseln ein bisschen mehr Sinn machen werden. Daher muss sich das Verhandlungsmandat der Kommission nicht nur auf die Konvention selbst und auf alle bereits durch die Charta der Grundrechte festgeschriebenen Protokolle und Abkommen beziehen, sondern wir müssen uns auch dazu verpflichten, diesen Rechtsinstrumenten der EMRK so rasch wie möglich beizutreten, um ein kohärentes System zum Schutz der Menschenrechte zu erreichen.

Was den IStGH anbelangt, möchte ich zwei Wünsche äußern. Erstens würde ich mir wünschen, dass die Europäische Union besonders die Rechte der Opfer und ihrer Rechtsvertreter mit wachsamen Augen verfolgt. Das impliziert eine Ad-hoc-Rechtshilfe, die Zugang zu spezialisierten, externen Rechtsanwälten bietet.

Und noch einen Wunsch habe ich, Frau Kommissarin: dass die Union all ihre Macht und all ihre Energie darauf verwenden wird, sicherzustellen, dass die Mitgliedstaaten insgesamt ihre Gesetze dem Völkerrecht anpassen. Besonders Frankreich hat das noch nicht getan. Ich bedauere das, genauso wie ich es bedauere, dass einige große Länder wie etwa die Vereinigten Staaten nicht an der Umsetzung dieses Völkerrechts im Bereich der Verbrechen gegen die Menschlichkeit teilnehmen.

 
  
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  Andrew Henry William Brons (NI). – Frau Präsidentin, die Unterzeichnung der Konvention des Europarats zum Schutze der Menschenrechte wird eine Gesetzgebung folgen lassen, welche die Konventionen zu einem Teil des Rechts der Europäischen Union werden lässt und zugleich ein Dokument ist, das einer anderen Organisation als externer Maßstab dient. Das bedeutet, dass der Gerichtshof der EU in Luxemburg zuständig dafür sein wird, zwei unterschiedliche und möglicherweise konkurrierende Dokumente zu interpretieren – die EU-Charta und die Konvention des Europarats.

Ich habe mehrere Experten im Ausschuss für konstitutionelle Fragen und im Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres gefragt, was geschehen würde, wenn es einen Konflikt zwischen den beiden Dokumenten oder zwischen verschiedenen Abschnitten desselben Dokuments geben würde. Welches Dokument oder welcher Abschnitt würde hier Vorrang haben?

Es wurde mir gesagt, dass zunächst das Dokument oder der Abschnitt, der größere Freiheiten gewährt, den Vorrang gegenüber demjenigen haben würde, der geringere Freiheiten gewährt. Später fragte ich, wie entschieden würde, wenn es zwei streitende Parteien geben sollte und jede sich auf verschiedene, konkurrierende und möglicherweise widersprüchliche Rechte beriefe – zum Beispiel das Recht, seine Religion frei auszuüben, ohne angegriffen zu werden, und das Recht der freien Meinungsäußerung, welches die Kritik der Grundprinzipien der Anhänger einer Religion einschließt. Dass dies keine bloße Theorie ist, macht der Fall der dänischen Karikaturen deutlich.

Das war der Fall des Hundes, der nicht bellte oder eher des Experten, der keine Meinung äußerte. Die Stille war für alle genauso ohrenbetäubend, wie sie klar zu hören und zu verstehen war. Die Redefreiheit wird immer geopfert werden, denn das ist die Standardposition der EU. Die Redefreiheit zu verweigern ist, was die EU am besten macht!

Wir sprechen hier über zwei verschiedene Kategorien von Recht – das politische Recht der freien Meinungsäußerung gegenüber der strafrechtlichen Verfolgung durch den Staat und das Recht, nicht durch Kritik angegriffen zu werden. Das Recht, nicht angegriffen zu werden, wird für viel wichtiger gehalten als das Recht, eine Angelegenheit von öffentlichem Interesse zu diskutieren. Soll es keine Beschränkungen für die Redefreiheit geben? Es sollte Beschränkungen für diejenigen Personen geben, die zu Gewalt aufrufen, aber Kritik, die nicht zu Gewalt aufruft, sollte ohne Einmischung des Strafrechts erfolgen können.

 
  
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  Marietta Giannakou (PPE).(EL) Ich möchte besonders Herrn Jáuregui Atondo zu seinem Bericht und zu unserer hervorragenden Zusammenarbeit gratulieren, und selbstverständlich Herrn Preda und Frau Gál für ihre Beiträge aus zwei verschiedenen Ausschüssen.

Der formelle Beitritt der Europäischen Union zur Europäischen Menschenrechtskonvention und damit zur Gerichtsbarkeit des Gerichtshofs beruht natürlich auf der Tatsache, dass die Union gemäß dem Vertrag von Lissabon eine Organisation mit eigener Rechtspersönlichkeit ist. Natürlich wundern sich einige Leute, warum wir nach der Aufnahme der Charta der Grundrechte der Gerichtsbarkeit des Gerichtshofs der Menschenrechte in Straßburg beitreten müssen.

Erstens hat der Gerichtshof in Straßburg im Sinne von res judicata viel weitreichendere Kompetenzen erworben als gemäß den Grundrechten garantiert sind, wie das sowohl die Ratspräsidentschaft als auch Frau Kommissarin Reding angedeutet haben.

Zweitens wird dadurch in gewisser Weise eine Verbindung zwischen der Europäischen Union und dem hergestellt, was in Europa insgesamt vor sich geht und daher mit den Ländern des Europarats. Freilich wundern sich einige Leute, ob dies zusätzliche, allgemeine Komplikationen verursachen wird, aber der Bericht betont, dass es keine übernationalen Beschwerden geben soll, und dass auch kein Gerichtshof über oder unter dem anderen stehen soll. Jeder Gerichtshof verfügt über die Gerichtsbarkeit für die ihm gewährten Befugnisse, so wie das die Europäische Union in Bezug auf den Gerichtshof in Luxemburg tun wird.

Ich halte den Beitritt zur Europäischen Menschenrechtskonvention für einen wichtigen Schritt, da es das Verfahren für den Beitritt zu den Protokollen ist, die sich auf die entsprechenden Befugnisse beziehen; das wird natürlich dem Europäischen Parlament die Möglichkeit geben, sich aktiv an den Verhandlungen zu beteiligen und dabei behilflich zu sein, einen Richter durch die Parlamentarische Versammlung des Europarats auszuwählen.

 
  
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  Richard Howitt (S&D). – Frau Präsidentin, ich bin stolz darauf, Vorsitzender der Delegation dieses Parlaments für die Überprüfungskonferenz des Internationalen Strafgerichtshofs zu sein und mit Freude anerkennen zu können, wie diese Einrichtung dabei geholfen hat, weltweite Gerechtigkeit zu entwickeln und die Straffreiheit für Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu bekämpfen und die Entschlusskraft unserer Europäischen Union in unserer Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik zu vertreten, um auf eine universelle Gerichtsbarkeit des Gerichtshofs hinzuarbeiten.

Wenn wir einen verbesserten Zugang zum Recht für Opfer fordern, sollten wir anerkennen, dass 15 der 24 Staaten, die zum Treuhandfonds für Opfer beigetragen haben, unsere eigenen EU-Mitgliedstaaten sind – aber wir sollten ebenfalls mit Demut zur Kenntnis nehmen, dass dies bedeutet, dass 12 EU-Mitglieder keine solche Unterstützung geleistet haben, und dass 14 unserer Staaten weder nationale Kontaktpunkte festgelegt noch auf die jährliche Befragung reagiert haben, die durch die Charta vorgeschrieben ist. Universelle Gerichtsbarkeit beginnt mit der universellen Umsetzung hier zu Hause, und Frau Präsidentin, ich muss es bedauern, dass eine der ersten Entscheidungen der neuen Koalitionsregierung in Großbritannien darin besteht, an der Überprüfungskonferenz teilzunehmen, um die Gerichtsbarkeit für Verbrechen der Aggression abzulehnen und sich gegen Belgiens Vorschlag auszusprechen, die Verwendung verbotener Waffen bei internen Konflikten zu den Kriegsverbrechen zu rechnen.

Aggression, das heißt die gesetzwidrige Anwendung von Gewalt gegen einen anderen Staat, wurde vom Nürnberger Tribunal und vom Tribunal in Tokio am Ende des Zweiten Weltkriegs strafrechtlich verfolgt, und ich finde es sehr schwer zu verstehen, warum der IStGH nicht dafür genutzt werden soll, die Kriegsverbrechen des 21. Jahrhunderts strafrechtlich zu verfolgen. Indes verstehe ich es nicht, wie man begründen könnte, dass die Verwendung von Giftgas oder Dumdumgeschossen illegal ist, wenn man das Hoheitsgebiet verlässt, aber nicht, wenn man innerhalb des Hoheitsgebiets bleibt. Sie sagen damit, dass, wenn Saddam Hussein die Marsch-Araber mit Gas vergiftet, oder wenn Demonstranten in Gaza mit Kugeln beschossen werden, die im Inneren ihrer Körper in Granatsplitter zerspringen, weil sie absichtlich so hergestellt wurden, die Täter dies ohne Angst, dafür zur Rechenschaft gezogen zu werden, tun können. Es ist einfach falsch, so etwas zu behaupten.

 
  
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  Charles Goerens (ALDE).(FR) Frau Präsidentin, da er dafür bestimmt ist, die Personen anzuklagen, die Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen begehen, kann der lange erwartete Internationale Strafgerichtshof eine erste Antwort für jene Opfer sein, die zu oft und traurigerweise ohne Erfolg Wiedergutmachung und Gerechtigkeit gefordert haben.

Vor seiner Schaffung wollten viele von uns, dass der Gerichtshof eine vorbeugende Rolle spielen sollte. In der Tat, könnte ein internationales Organ, das dafür autorisiert ist, die Täter zu bestrafen, die so abscheuliche Verbrechen wie die in Bosnien, Ruanda, Kambodscha und Darfur begangen haben, einen diktatorischen Henker nicht davon abhalten, wenn er wüsste, dass er nach seinen verbrecherischen Taten nicht mehr länger außerhalb der Grenzen seines Landes sicher ist, in dem er mit völliger Straffreiheit handeln konnte?

In dieser Hinsicht würde ich gerne die Kommission und den Rat fragen, ob sie glauben, dass das gesetzte Ziel der Prävention erreicht worden ist. Könnte mir die Kommission zum Beispiel erklären, ob nach ihrer Ansicht der vom Internationalen Strafgerichtshof ausgestellte Haftbefehl gegen Präsident Omar al-Bashir Teil der Lösung oder Teil des Problems ist? Persönlich glaube ich weiterhin, dass er Teil der Lösung ist. -

Wie dem auch sei, welche Lehren können aus dem kurzen Zeitraum gezogen werden, in dem der Gerichtshof existiert hat?

Beabsichtigt die Kommission unter Berücksichtigung dieser Lehren – und das ist meine letzte Frage – die Änderungsanträge während der Überprüfungskonferenz in Kampala einzubringen, da dort eine Gelegenheit dafür besteht und, falls notwendig, Ergänzungen des Textes anzunehmen, der die gesetzliche Grundlage des Gerichtshofs darstellt?

 
  
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  Konrad Szymański (ECR).(PL) Wenn wir der Europäischen Menschenrechtskonvention beitreten, müssen wir um jeden Preis eine Reihe von ernsten Gefahren verhindern.

Uns stellt sich ein bedeutendes Problem in Bezug auf die Konkurrenz zwischen zwei Gerichtshöfen: dem in Straßburg und dem Europäischen Gerichtshof. Die Tatsache, dass zwei Dokumente in Kraft sein werden – die Charta der Grundrechte und die Europäische Konvention – wird Probleme verursachen. Es wird sehr schwierig sein, unseren Bürgerinnen und Bürgern zu erklären, welcher Gerichtshof für ihre Beschwerden der richtige sein wird. Daraus folgt, dass sich die Situationen häufen werden, in denen es aufgrund eines Zuständigkeitskonflikts der Gerichtshöfe und den damit verbundenen rechtlichen Gründen zu einer Ablehnung der Untersuchung eines Falles kommen wird. Es besteht außerdem die Gefahr, dass der Beitritt der Union zur Europäischen Konvention den Respekt für die Verfassungstraditionen der Mitgliedstaaten herabsetzen wird, welche die allgemeinen Grundlagen der heutigen allgemeinen Rechtsgrundsätze darstellen. Insbesondere sollte der Beitritt der Union kein Mittel dazu sein, das Protokoll des Vertrags von Lissabon zu umgehen, welches dem Vereinigten Königreich und Polen garantiert, keine unerwarteten Folgen der Charta der Grundrechte tragen zu müssen.

 
  
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  Csanád Szegedi (NI). (HU) Meine Damen und Herren, es tut mir sehr Leid, dass ich nur eine Minute für dieses Thema habe, daher erlauben Sie mir, so kurz die Zeit auch ist, Sie darüber zu informieren, dass es eine verheerende Überschwemmungskatastrophe gibt, die den Norden Ungarns, die Slowakei und Polen heimsucht, während wir hier sprechen. Hunderte von Menschenleben stehen auf dem Spiel. Wir sollten sie von diesem Plenarsaal im Europäischen Parlament in Straßburg aus unserer Solidarität versichern und wir sollten unsere Sympathie für die Opfer ausdrücken und unsere Hoffnung, dass diese verheerenden Wassermassen so rasch wie möglich abfließen werden. Ich fordere die führenden Abgeordneten des Europäischen Parlaments auf, Hilfe anzubieten, sollte dies notwendig werden. Im Moment stehen mehrere Dutzend Städte in Nord-Ungarn vollständig unter Wasser. Wir hoffen, dass das Schicksal und Gott diesen von Katastrophen heimgesuchten Regionen Gnade zuteil werden lassen.

Das Kernproblem dieses Berichts besteht darin, dass wir alle es als Abgeordnete für wichtig erachten müssen, die Menschenrechte auf ein höheres Niveau zu bringen, das heißt, den Schutz der Menschenrechte. Der Beitritt zur Konvention erhöht den Schutz für die Menschenrechte allerdings nicht. Es ist nur die Ideologie der Vereinigten Staaten von Europa, die hier zu Tage tritt, die wir nicht unterstützen, da souveräne Staaten, nämlich die Mitgliedstaaten, die Konvention bereits unterzeichnet haben. Wir lehnen auch die Vorstellung ab, dass diese symbolische Entscheidung als Gedanke verstanden werden soll, dass wir Teil eines großen Reiches sind.

 
  
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  Carlo Casini (PPE).(IT) Frau Präsidentin, Herr López Garrido, Frau Kommissarin, sehr geehrte Damen und Herren, diese Mitgliedschaft ist sicherlich ein Zeichen einer der Missionen der Europäischen Union: die Mission, die Menschenrechte zu verteidigen und zu fördern.

Eine Mission, die bereits vollständig formuliert und von der Geschichte bestätigt wurde, durch die Tatsache, dass einzelne Mitgliedstaaten der Konvention des Europarats angehören und durch die Bekräftigung, dass die allgemeinen Rechtsgrundsätze der Konvention und Verfassungen der Mitgliedstaaten jetzt Teil des Europarechts sind. Darum ist dieses symbolische Zeichen äußerst wichtig.

Allerdings ist es nicht einfach, dieses ideale Konzept in materiell-rechtliche Vorschriften umzusetzen: Dieser Bericht bezieht sich hauptsächlich und letztendlich nur auf die institutionellen Fragen und ist vollkommen akzeptabel. Ich muss sagen, dass ich auch Herrn Atondo danke und dazu verpflichtet bin, zu berichten, dass der Ausschuss für konstitutionelle Fragen – dessen Vorsitzender ich bin – fast einstimmig für dieses Dokument gestimmt hat. Wir sind daher mit diesem Dokument zufrieden und ich werde mich nicht mit den einzelnen Details befassen, weil wir alles vollkommen unterstützen, was der Ratspräsident und die Frau Kommissarin gesagt haben.

Ich möchte lediglich einen Vorschlag machen, da die Erklärung über die institutionelle Präsenz der Abgeordneten des Europäischen Parlaments in der Parlamentsversammlung des Europarats für die Sitzung, in welcher der bzw. die Richter ernannt werden sollen, etwas unklar ist: Ich würde sagen, dass es ein kleines Problem bezüglich des Verhältnisses zwischen der Bevölkerung Europas, der europäischen Union und den Bevölkerungen anderer Länder gibt. Zum Glück stellt die Verordnung, welche die Mitgliedschaft und Vertretung in der Parlamentsversammlung des Europarats regelt, bereits fest, dass es nicht weniger als zwei Vertreter pro Staat und nicht mehr als 18 insgesamt geben kann. Angesichts der Bedeutung der Europäischen Union schlage ich vor, dass wir die Grenze bei der Zahl 18 ziehen.

Ich muss allerdings den Schluss ziehen, und ich werde damit abschließen, dass ich sage, dass diese Entschließung ein Problem aufzeigt, das es wert ist, eingehend untersucht zu werden, nämlich das Problem, dass wir schon oft hervorgehoben haben, das im Verhältnis zwischen den Gerichtshöfen begründet ist. Ich glaube, wir müssen ein bisschen mehr über dieses Problem nachdenken, aber vor allem über das Problem des Europäischen Geistes: Wir sind die Europäische Union und, wie es im Artikel 2 des Vertrags von Lissabon steht, gründen wir uns auf Menschenwürde und Menschenrechte, und Gleichheit gründet sich auf Menschenwürde. In Europa sind wir uns in diesem Punkt nicht einig und daher müssen wir sorgfältig über dieses Konzept der Menschenwürde nachdenken, seine Grenzen und was genau damit abgedeckt wird. Das ist allerdings nicht das Thema dieser Entscheidung oder dieses begrüßenswerten Berichts. Ich danke dem Berichterstatter.

 
  
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  Maria Eleni Koppa (S&D).(EL) Frau Präsidentin, die Europäische Union ist und bleibt eine entschiedene Befürworterin des Internationalen Strafgerichtshofs und seiner Aufgabe, die Universalität der Menschenrechte zu verteidigen. Wir hoffen alle, dass die Überprüfungskonferenz des Römischen Statuts in Kampala ein echter Meilenstein in der Entwicklung des Gerichtshofs sein wird.

Die internationale Gemeinschaft ist aufgefordert, die Gültigkeit der Institution zu stärken und den Schutz und die weitere Stärkung der Unabhängigkeit und Effektivität der internationalen Strafgerichtsbarkeit zu sichern. Innerhalb des Rahmens des Überprüfungsprozesses wurden bereits verschiedenste Vorschläge präsentiert, von denen zweifellos derjenige am wichtigsten ist, der sich mit dem Verbrechen der Aggression befasst. Es ist heute allerdings sehr wichtig, klarzustellen, dass das Europäische Parlament betonen will, dass die abscheulichen Verbrechen gegen die Menschlichkeit keinesfalls ungestraft bleiben dürfen. Wir wollen Rechtsklarheit und die Kooperation möglichst vieler Mitgliedstaaten der internationalen Gemeinschaft, um der Straffreiheit durch gerechte und unabhängige Verfahren ein Ende zu setzen.

Kriegsverbrecher müssen sich absolut sicher sein, dass sie für ihre Handlungen Rechenschaft ablegen werden müssen. Es ist diese Gewissheit, dass eine Bestrafung erfolgt, die dabei helfen kann, ähnliche Handlungen in Zukunft zu verhindern und den Weg zur Versöhnung nach gewaltsamen Auseinandersetzungen zu ebnen.

Wir bekräftigen unsere absolute Unterstützung des Mandats des Gerichtshofs und unsere treue Einhaltung der Menschenrechte und der internationalen humanitären Rechtsnormen und wünschen der Überprüfungskonferenz in Uganda viel Erfolg.

 
  
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  Filip Kaczmarek (PPE).(PL) Die Überprüfungskonferenz des Internationalen Strafgerichtshofs stellt eine wichtige Gelegenheit dar, Mitgliedstaaten der Union zur Anerkennung der für uns zentralen Werte zu verpflichten. Glücklicherweise ist die Überzeugung unter Europäern allgemein verbreitet, dass die schwersten Verbrechen verurteilt und die Verbrecher bestraft werden müssen.

Angesichts dieser Tatsache ist es gut, dass die Überprüfungskonferenz in Afrika stattfindet. Afrika ist ein Kontinent, auf dem viele Verbrechen noch nicht bestraft worden sind. Der Gerichtshof führt gegenwärtig Untersuchungen in fünf afrikanischen Ländern durch: in Kenia, der Demokratischen Republik Kongo, in Sudan, in Uganda und in der Zentralafrikanischen Republik.

Die Straffreiheit jener, die schreckliche Verbrechen gegen ihre eigenen Bürgerinnen und Bürger begehen und gegen andere Menschen, ungeachtet ihrer Staatsbürgerschaft, muss beendet werden. Die Rolle des Gerichtshofs in dieser Angelegenheit ist von zentraler Bedeutung. Hätte der Gerichtshof vor 70 Jahren existiert, dann hätte sich das Massaker von Katyn nie ereignet. Die Existenz eines wirkungsvollen Gerichtshofs kann von sich selbst aus einen Präventiveffekt haben.

Europäische Staaten sollten den Gerichtshof in seiner grundsätzlichen Aufgabe stärken: der Untersuchung und strafrechtlichen Verfolgung von Kriegsverbrechen, Völkermord und Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Es ist wichtig, dass weitere Staaten dem Römischen Statut beitreten, weil die Wirksamkeit des Gerichts von der Zusammenarbeit der Staaten und internationalen Organisationen abhängig ist. Daher sollen alle Vertragsstaaten des Römischen Statuts sich dieser Zusammenarbeit anschließen, weil andernfalls die Effektivität nicht erreicht werden wird.

 
  
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  Ana Gomes (S&D).(PT) Es gibt wichtige Tagesordnungspunkte auf der Kampala-Konferenz, wie etwa das Verbrechen der Aggression. Allerdings ist der Versuch, den Beschuldigten Omar al-Bashir vor Gericht zu stellen, der bedeutendste Schritt zur Konsolidierung der universellen Zuständigkeit des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH).

Es ist dem Druck der Europäischen Union zu verdanken, dass der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen die Verbrechen in Dafur an den IStGH verwiesen hat. Die vom IStGH ausgestellten Haftbefehle schließen auch einen Haftbefehl für den gegenwärtigen Regierungschef des Sudan für Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen ein.

Die Europäische Union muss gemäß der Einschätzung seiner Beobachter der sudanesischen Wahlen handeln, die zur Überzeugung gekommen sind, dass die Wahlen nicht den internationalen Standards entsprachen. Sogar wenn Omar al-Bashir rechtmäßig gewählt worden ist, sollte die Europäische Union auch weiterhin verlangen, dass er vor Gericht zur Verantwortung gezogen wird. Die Europäische Union kann nicht weiterhin widersprüchliche Signale senden. -

Es ist zwingend erforderlich, dass Präsident Omar al-Bashir an den IStGH übergeben wird. Das wird ein starkes Zeichen setzen und andere Diktatoren von der Anwendung von Gewalt gegen ihre Bürgerinnen und Bürger abhalten; ein Versagen in diesem Fall wird die gegenteilige Wirkung haben.

 
  
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  Monica Luisa Macovei (PPE). – Frau Präsidentin, ich werde über den Beitritt der Union zur Europäischen Menschenrechtskonvention sprechen. Ich möchte unterstreichen, dass ich als Juristin sprechen werde.

Ich möchte Sie auf die Rolle des Gerichtshofs in der Entwicklung hin zum Beitritt der Europäischen Union zur Europäischen Konvention hinweisen. Insbesondere muss die Anforderung in der Europäischen Menschenrechtskonvention, dass der Bewerber alle innerstaatlichen Rechtsmittel ausschöpfen muss, bevor er sich an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte wendet, in ein Verfahren umgewandelt werden, das dem Gerichtshof die Möglichkeit gibt, in jedem Fall als letztmögliches innerstaatliches Rechtsmittel zu entscheiden, bevor sich der Gerichtshof in Straßburg mit der Angelegenheit befasst. Ich beziehe mich hauptsächlich auf die Fälle, bei denen Mitgliedstaaten das EU-Recht anwenden und Mitgliedstaaten von einzelnen Antragstellern nach Anwendung dieses EU-Rechts verklagt werden. Dem Gerichtshof in Luxemburg muss zuerst die Möglichkeit gegeben werden, die Konvention in solchen Fällen anzuwenden. Vergessen wir nicht, dass der Gerichtshof in Luxemburg die Konvention seit Jahren anwendet. In diesem Zusammenhang möchte ich Sie an das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte im Verfahren Bosphorus Airways gegen Irland im Jahre 2005 erinnern. Ich zitiere: „Der Schutz der Grundrechte durch das Gemeinschaftsrecht kann dem Konventionssystem gegenüber als gleichwertig angesehen werden.“

Zusammen mit meinen Kolleginnen und Kollegen begrüße ich den Beitritt der Union zur Konvention, aber zugleich verlange ich eine sehr sorgfältige Analyse des Verfahrens, das wir einführen werden, da wir die Interessen der Bürgerinnen und Bürger schützen und zur selben Zeit bewahren müssen, was sich bereits bewährt hat.

 
  
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  Paulo Rangel (PPE).(PT) Ich möchte betonen, dass die Fraktion der Europäischen Volkspartei (Christdemokraten) und ihre portugiesischen Mitglieder den Beginn des Beitrittsprozesses der EU zur Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten mit großer Genugtuung betrachten.

Schließlich können wir in einem Land wie Portugal – welches immer schon den Fortschritt der Menschenrechte seit der Abschaffung der Sklaverei in Portugal im Jahre 1761 mitbestimmt und Pionierarbeit bei der Abschaffung der Todesstrafe geleistet hat – klarerweise nur daran interessiert sein, diesen Beitrittsprozess zu unterstützen.

Ich möchte allerdings Ihre Aufmerksamkeit auf die Tatsache lenken, dass wir es für das Parlament für sehr wichtig halten, den Beitrittsprozess der EU zur Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten zu überwachen. Wie halten es aus technischer, rechtlicher und politischer Sicht für entscheidend, da das Parlament selbst ein Haus der Menschenrechte ist und als solches den Menschenrechten große Bedeutung zumisst. Ich möchte auch, dass zur Kenntnis genommen wird, dass wir den Kontakt mit vielen Drittstaaten für sehr wichtig erachten; das ist ein sehr wichtiges Signal, das wir an die Mitglieder des Europarats senden (der Beitritt der Europäischen Union zum Europarat), die keine Mitgliedstaaten sind.

Für diese Mitglieder des Europarats ist es ein Signal für eine Stärkung, für eine Verpflichtung der Europäischen Union zur Lage und zu den Ebenen der Demokratie und für den Respekt gegenüber den Grundrechten.

 
  
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  Milan Zver (PPE).(SL) Ehrenwerte Vertreter der Kommission und des Rates, es ist schon eine Weile her, seitdem die Menschenrechte und Freiheiten auf die Ebene der einzelnen Nationalstaaten beschränkt waren. Dadurch wird das grundsätzliche Dilemma gegenstandslos, ob die Europäische Union auf zwischenstaatliche Abkommen gegründet sein soll oder ob sie eine Art übernationaler Staat werden soll. Ich denke, dass der Beitritt der EU zur Europäischen Menschenrechtskonvention ein Schritt zur Erweiterung der menschlichen Freiheiten und der Freiheit des Einzelnen ist. Dieser Vorstoß wird auch einen Mehrwert bedeuten und wir müssen uns als Ziel setzen, die Europäische Unionzu einem Raum zu machen, in dem die Standards menschlicher Freiheit die höchsten weltweit sind.

In diesem Sinne glaube ich nicht, dass die Europäische Union ganz plötzlich ein Gebiet der Freiheit werden wird, nur weil sie der Konvention beigetreten ist. Im Gegenteil, es wird weiterhin Verletzungen der Menschenrechte und Freiheiten geben, aber es ist wichtig, dass diese Rechte und Freiheiten nicht unter einer systematischen und systemischen Bedrohung stehen.

Wir müssen die Funktionen der Gerichtshöfe und anderer Strukturen stärken und ihre Kompetenzen abgrenzen, und ich möchte meine Rede in diesem Sinne beenden.

 
  
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  Janusz Władysław Zemke (S&D).(PL) Ich möchte gerne etwas zum Thema der heutigen Sitzung sagen. Man sollte bedenken, dass Afrika leider ein Kontinent ist, auf dem es zahlreiche Fälle von Verbrechen und Völkermord gegeben hat, und das regelmäßig. Die Europäische Union darf in dieser Situation nicht passiv bleiben. Glücklicherweise nimmt die Bedeutung des Internationalen Strafgerichtshofs in Kampala immer mehr zu, wenn es um Maßnahmen gegen diese Verbrechen geht. Verbrecher müssen wissen, dass sie nirgendwo ohne Bestrafung davonkommen werden. In dieser Hinsicht gehöre ich zu denjenigen, die sich ganz eindeutig dafür aussprechen, dass die Union die Arbeit des Gerichtshofs unterstützt. Ich nehme nicht an, dass es möglich ist, daran heute irgendwelche Zweifel aufkommen zu lassen. Ich denke, wir sollten diskutieren und uns überlegen, was getan werden soll, damit der Gerichtshof in Kampala noch effizienter und effektiver arbeiten kann.

 
  
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  Monika Flašíková Beňová (S&D). (SK) Wie bereits erwähnt wurde, der Beitritt der EU zu dieser Konvention ist in erster Linie eine symbolische Geste. Trotzdem denke ich, dass er den Integrationsprozess wirklich stärken kann, und dass er einen weiteren Schritt zur politischen Vereinigung der Europäischen Union darstellt.

Neben dem symbolischen Gehalt hat diese rechtliche Maßnahme auch praktische Bedeutung für die Menschenrechtspolitik der EU. Auf formaler Ebene wird sie auch Doppelstandards eliminieren. Die Union war vorher nicht verpflichtet, die Menschenrechte einzuhalten. Von nun an unterliegt das EU-Recht allerdings externen gerichtlichen Kontrollen, welche die Einhaltung der Konvention überwachen werden.

Ein weiterer praktischer Vorteil des EU-Beitritts zur Konvention wird die Schutzgarantie nicht nur für Bürgerinnen und Bürger der EU und andere Personen innerhalb der EU sein, sondern auch für alle Menschen, die unter die Zuständigkeit der Union außerhalb ihres Hoheitsgebiets fallen. Persönlich gefällt mir das Konzept sehr gut, dass es das Ziel der Union sein wird, die Vereinbarungen der Konvention vollständig in all ihren externen Beziehungen und Tätigkeiten einzuhalten.

Es ist wichtig, dass der vorgelegte Bericht die möglichen technischen und administrativen Komplikationen des gesamten Prozesses erwähnt und vorschlägt, wie die Komplexität möglichst reduziert werden kann. Die EU, die als ein nichtstaatliches Mitglied einer Konvention beitritt, die für Staaten vorgesehen war, sollte darauf achten, keine unnötigen Änderungen der Konvention oder ihres Gerichtssystems zu fordern. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte ist bereits vollkommen überlastet. Außerdem unterminieren unnötige Komplikationen die Legitimität und Popularität des Beitrittsprozesses der EU zur Konvention.

 
  
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  Krisztina Morvai (NI). (HU) Sehr geehrte Damen und Herren, ich bin seit fast einem Jahr Abgeordnete des Parlaments und ich gewöhne mich langsam an das, woran man sich nicht gewöhnen kann, nämlich, dass die Aussprache über jeden einzelnen Bericht dem gleichen Szenarium folgt. Es sind von uns ungefähr 20 bis 30 in diesem Plenarsaal anwesend, von beinahe 800 Abgeordneten, und einige von uns sind nicht einmal hier aus einem Pflichtgefühl heraus, sondern einfach, weil wir unsere Stimme nicht der Parteilinie nach abgeben wollen, sondern auf der Basis persönlicher Überzeugung und fundierter Informationen, und wir haben alle die gleiche Erfahrung gemacht. Wir stellen Fragen, erhalten aber niemals Antworten darauf, außer vielleicht einiger allgemeiner Feststellungen. Ich fordere die für die Menschenrechte verantwortliche Frau Kommissarin auf, dieses Mal eine Ausnahme zu machen und mir eine genaue Antwort auf meine Frage zu geben. Die Frage ist, welcher Mehrwert und welche Vorteile werden aus der Sicht der europäischen Bürgerinnen und Bürger durch den Beitritt der Europäischen Union zu derselben Menschenrechtskonvention gewonnen, der jeder einzelne Mitgliedstaat der EU bereits beigetreten ist? Ich fordere Sie auf, freundlicherweise ein einziges Beispiel zu geben, das zeigt, welchen neuen Beitrag dieser Beitritt für die Bürgerinnen und Bürger Europas im Hinblick auf den Schutz ihrer Menschenrechte leisten wird. Ich danke Ihnen im Voraus dafür, endlich eine einmalige Ausnahme von der allgemeinen Regel zu machen.

 
  
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  Barbara Matera (PPE).(IT) Frau Präsidentin, Frau Kommissarin, sehr geehrte Damen und Herren, Mitglied des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zu werden stellt einen entscheidenden Schritt in der Entwicklung der Union dar: Die zwei Systeme der Garantie stärken den Schutz der individuellen Grundrechte, sowohl innerhalb und außerhalb der 27 Staaten, wenn wir alle Mitgliedsländer des Europarats berücksichtigen. Dies stellt eine Chance dar, die nicht verspielt werden sollte, und auf die wir viele Jahre gewartet haben.

Die Doktrin und das Recht, sowohl des Europäischen Gerichtshofs und des Straßburger Gerichtshofs, haben sich auf diesen Moment hinbewegt, oder besser gesagt, sie haben den Weg für dieses Ziel geebnet, denn für mich ist es ein Ziel: Es ist ein Ziel für uns alle. Ich fühle mich daher dazu verpflichtet, die Bedeutung der Mitgliedschaft für alle Bürgerinnen und Bürger der Union zu erwähnen, denen es somit möglich sein wird, sich in Fällen gegen eine Institution oder einen Mitgliedstaat an den Straßburger Gerichtshof zu wenden, und das wegen des umfassenderen Schutzes, den sie genießen.

Ich schließe in der Gewissheit, dass die Unabhängigkeit der beiden Gerichtshöfe unverändert bleibt, wie das klar in diesem Bericht erläutert und ratifiziert wird – und mehr als das, ich gratuliere meinem Kollegen zu diesem Bericht – und allen unseren Wünschen entspricht, mit der offensichtlichen Ausnahme der Kooperation zwischen den beiden Institutionen, die ihre eigenen Verantwortungsbereiche respektieren.

 
  
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  Íñigo Méndez de Vigo (PPE).(ES) Frau Präsidentin, ich möchte gerne zwei Dinge klarstellen. Erstens sind die Artikel, die in der Charta der Grundrechte und auch in der Europäischen Menschenrechtskonvention enthalten sind, dieselben und haben die gleiche Bedeutung: Artikel 52 und 53 der Charta; es gibt also daher keinen Widerspruch.

Zweitens ist die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte supranational. Wenn sich also jemand aufgrund einer Entscheidung der Europäischen Union oder der Anwendung des Europäischen Rechts darauf beziehen möchte, muss er sich für eine Vorabentscheidung zunächst an den Gerichtshof der Europäischen Union wenden.

Ich verstehe, dass Euroskeptiker immer gegen Europa stimmen wollen, aber sie sollten wenigstens aus parlamentarischer Höflichkeit den Bericht von Herrn Jáuregui lesen, der alles klar darlegt.

 
  
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  Diego López Garrido, amtierender Präsident des Rates.(ES) Frau Präsidentin, zum ersten Punkt der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten möchte ich ebenfalls den Berichterstattern gratulieren und auch der Kommission für die Art und Weise, in der sie sehr schnell einen Mandatsentwurfs für die Verhandlung vorgelegt hat. Ich möchte auch die Rede von Herrn Duff begrüßen, der ziemlich klar sagte, dass die Regierung, die in Großbritannien zwischen den Konservativen und den Liberaldemokraten gebildet wurde, absolut zugunsten der Europäischen Union die Europäische Menschenrechtskonvention unterzeichnet, und daher also den Vertrag von Lissabon befolgt.

Allerdings sagten einige der Landsleute von Herrn Duff genau das Gegenteil: Vertreter der Europäischen Konservativen und Reformisten und der Vertreter der Fraktion Europa der Freiheit und der Demokratie – der zwar kein Brite ist – sowie Frau Sinclaire und schließlich auch Frau Morvai, die ziemlich klar sagte: "Warum muss die Europäische Union die Europäische Menschenrechtskonvention unterzeichnen, wenn die Mitgliedstaaten das doch bereits getan haben?"

Was geschehen ist, ist, dass die Mitgliedstaaten der Europäischen Union einige ihrer Zuständigkeiten und Befugnisse übertragen haben, damit sie nicht von den Mitgliedstaaten ausgeübt werden, sondern von der Europäischen Union. Die Europäische Union könnte daher theoretisch gegen die Europäische Menschenrechtskonvention verstoßen. Das ist der Fall, es sei denn, man nimmt an, die Europäische Union habe keine Befugnisse oder Zuständigkeiten oder was auch immer, aber sie hat Befugnisse und Kompetenzen, die ihr von den Mitgliedstaaten übertragen wurden. Das bedeutet, dass es nicht ausreicht, dass die Mitgliedstaaten die Konvention unterschrieben haben. Die Union muss sie auch unterschreiben, um den Schutz der Menschenrechte in der gesamten Europäischen Union zu gewährleisten.

Ich verstehe nicht, wie Menschen, wie zum Beispiel die Vertreter der beiden Fraktionen, die ich erwähnt habe, die ihren offensichtlichen Euroskeptizismus demonstriert haben, die supranationale Kontrolle über die Europäische Union ablehnen können. Es ist absolut widersprüchlich, dass jemand, der möchte, dass die Europäische Union kontrolliert wird, oder der denkt, dass alles, was die Europäische Union tut, sowieso schlecht ist oder die verfluchten Bürokraten alles falsch machen, dann die supranationale Kontrolle über die Europäische Union ablehnt. Das ist höchst widersprüchlich. Da wird es andere Gründe im Zusammenhang mit Menschenrechten oder mit einer internationalen Organisation, die Menschenrechte verteidigt, geben, die berechtigter, stärker und begründeter sind. Vielleicht gibt es da andere Gründe, aber nicht diejenigen, die angeführt wurden.

Ich glaube, dass die Notwendigkeit, die Konvention zu unterschreiben, ganz klar ist, und ich glaube auch, dass dies mit der Geschwindigkeit getan werden muss, mit der die Kommission bereits zu handeln begonnen hat. Wie Herr Méndez de Vigo sagte, die Kommission hat schnell gehandelt und der Rat muss das Gleiche tun. Ich bin mir sicher, dass das Mandat zur Aufnahme der Verhandlungen am 4. Juni in Brüssel auf der Tagung des Rates Justiz und Inneres verabschiedet werden wird, also braucht er sich keine Sorgen zu machen.

Hinsichtlich der Frage des Internationalen Strafgerichtshofs, denke ich, dass die Überprüfungskonferenz eine sehr wichtige Sitzung ist. Es ist ein sehr wichtiges Treffen, an dem die Ratspräsidentschaft, in deren Namen ich spreche, teilnehmen wird, um eindeutig festzustellen und nochmals zu bestätigen, dass die Mitgliedstaaten mit dem Internationalen Strafgerichtshof zusammenarbeiten müssen, und zwar in dessen Sinne und selbstverständlich auf der Grundlage des Komplementaritätsprinzips, das ein Grundprinzip der Arbeitsweise des Strafgerichtshofs ist.

Ich stimme einer der Hauptzielsetzungen dieser Konferenz zu, die die Einführung einer Definition des Verbrechens der Aggression ist, und auch der Streichung der Möglichkeit im Römischen Statut, die Auslieferung möglicher oder mutmaßlicher Kriegsverbrecher sieben Jahre lang zu verzögern. Auch meine Zustimmung hat das Thema, das erörtert wird – ein Vorschlag, der von Belgien vorgelegt wurde –, inwiefern allein der Einsatz bestimmter Waffen in Konflikten ein Kriegsverbrechen darstellt.

In jedem Fall wird die Ratspräsidentschaft eine Erklärung zur Unterstützung des Strafgerichtshofes sowie außerdem eine Beurteilung abgeben, was der Strafgerichtshof gemeint hat. Ich gehe auch davon aus, dass viele Mitglieder des Europäischen Parlaments bei den Debatten der Kampala-Konferenz anwesend sein werden. Ich glaube daher, dass dies eine sehr wichtige Konferenz mit großer politischer, symbolischer und juristischer Bedeutung ist; es werden Entscheidungen getroffen werden, die Auswirkungen auf Rechtstexte haben.

Ich bin dem Parlament natürlich sehr dankbar, dass wir heute diese Aussprache geführt haben, die uns ermöglicht hat, unsere gemeinsamen Werte nochmals zu bestätigen und uns auch daran zu erinnern, dass wir grundsätzlich, wenn wir über den Internationalen Strafgerichtshof sprechen, über Menschen sprechen, die die Grausamkeiten erduldet haben, die das Römische Statut strafrechtlich zu verfolgen sucht, und dass es letztlich darum geht, die Straffreiheit zu bekämpfen und ein Zeichen zu setzen, dass es im 21. Jahrhundert keinen Platz für Straffreiheit gibt.

 
  
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  Viviane Reding, Vizepräsidentin der Kommission. – Frau Präsidentin, die Charta der Grundrechte und die Menschenrechtskonvention sind außerordentlich wichtige Texte. Sie sind Grundlage der Werte, auf die wir unsere Gesellschaft und unsere Europäische Union aufgebaut haben. Ich glaube, dass sie viel zu wichtig und viel zu historisch sind, um sie parteipolitischem Gezänke auszuliefern. Ich muss sagen, dass ich tatsächlich sehr stolz bin, dass wir in diesem Augenblick des Aufbaus der Europäischen Union einen weiteren Schritt unternehmen können, indem wir die Charta der Grundrechte umsetzen und der Menschenrechtskonvention beitreten.

Wenn ich höre, was Ihr Berichterstatter, Diego López Garrido, und Ihre Mitberichterstatter, Cristian Dan Preda und Kinga Gál, in Ihrem Namen in diesem Parlament gesagt haben, weiß ich, dass Ihnen diese historische Aufgabe, die jetzt in unseren Händen liegt, auch sehr bewusst ist. Der Mehrwert des Beitritts ist in diesen Texten und den Beiträgen von vielen Mitgliedern sehr gut erklärt worden.

Die Mitgliedstaaten haben alle die Konvention unterschrieben, aber sie haben auch – wie der amtierende Präsident des Rates gerade erklärt hat – der Europäischen Union wesentliche Zuständigkeiten übertragen. Daher ist es selbstverständlich, dass die Europäische Union, wenn sie als Europäische Union handelt, genauso wie die Mitgliedstaaten auch derselben externen Kontrolle dieses auf Menschenrechte spezialisierten Gerichtshofes unterliegt.

Um ein sehr konkretes Beispiel zu nennen: Es könnte eine Entscheidung der Europäischen Kommission gegen ein Unternehmen im Bereich des Wettbewerbsrechts geben, die potenziell direkt vor dem Gerichtshof in Straßburg angefochten werden kann, was heutzutage sehr schwierig ist. Wie Sie schon betonten, wird es eine Reihe sehr konkreter Beispiele geben: konkrete Beispiele, die den Bürgerinnen und Bürgern helfen werden, weil sie – und das ist neu – jetzt eine doppelte Garantie haben werden. Der Europäische Gerichtshof in Luxemburg wird auf der Grundlage der Charta der Grundrechte urteilen, die übrigens für alle Mitgliedstaaten verbindlich ist. Das sollte klar gesagt werden, ein für alle Mal.

Ich kann nicht verstehen, dass jemand, der von Bürgerinnen und Bürgern in ein Amt gewählt wurde, die Rechte dieser Bürgerinnen und Bürger in Frage stellen kann. Es ist für die Bürgerinnen und Bürger besser, mehr Rechte zu haben als gar keine. Hiermit geben wir ihnen diese Rechte, und das ist, worum es in Europa geht. In Europa geht es um die Rechte der europäischen Bürgerinnen und Bürger, und ich bin sehr stolz, dass dieses Hohe Haus für diese Rechte einsteht. Ja, wir werden jetzt die Gesetzesentwürfe haben, die die Bürgerinnen und Bürger zu ihren Rechten verhelfen werden.

Die Frage, ob oder ob wir nun nicht der Menschenrechtskonvention beitreten sollen, ist keine Frage mehr, weil Artikel 6 des Vertrages die EU dazu verpflichtet, der Europäischen Menschenrechtskonvention beizutreten. Daher denke ich, sollten wir das nicht länger diskutieren, weil das ganz einfach erledigt ist.

Wir sollten außerdem wissen, dass dieser Beitritt die Stellung der einzelnen Mitgliedstaaten gegenüber der Konvention völlig unangetastet lässt, solange kein europäisches Gesetz auf dem Spiel steht. Das wird weiterhin der Fall sein. Die individuelle Beziehung zwischen einem Mitgliedstaat und der Konvention wird exakt dieselbe bleiben, wie sie ist. Es wird nun zusätzliche das EU-Recht betreffene Garantien geben.

Natürlich muss die Frage der Gefahr sich widersprechender richterlicher Urteile untersucht werden. Das wird untersucht, und ich bin dem Berichterstatter dankbar, der diese Frage aufgenommen hat. Wir haben bislang sehen können, dass diese Konflikte als minimal einzuschätzen sind, weil die Konvention in die Normen, die der Europäische Gerichtshof in Luxemburg bereits berücksichtigt, eingebunden ist und die Konvention als Mindestnorm angewandt wird. Die Kommission erwartet, dass sich die Straßburger und Luxemburger Rechtsprechung in den kommenden Jahren harmonisch entwickeln und annähern wird.

Ich komme nun zu spezielleren Fragen.

Zur Frage der Rechtsstreitigkeiten: das ist keine Frage für den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte oder den Europäischen Gerichtshof. Im Augenblick ist das eine Frage für das britische Klageverfahren, und ich habe bereits begonnen, dieses Thema mit der britischen Regierung zu erörtern, um zu sehen, ob sie dieses Klageverfahren revidieren wird, das in gewissen Fällen, wenn es zum Beispiel um die Pressefreiheit geht, sehr großen Schaden anrichten kann.

Unter der Leitung seiner Berichterstatter hat das Europäische Parlament bisher sehr gute Arbeit geleistet. Ich verlasse mich darauf, dass sich das Parlament weiterhin an einem Prozess beteiligt, der sicher schwierig und lang sein wird, in dem wir die technischen Probleme lösen müssen – und technische Probleme können tatsächlich sehr politisch werden –, also, ich verlasse mich darauf, dass das Parlament sich weiterhin an dieser sehr schwierigen Aufgabe beteiligt.

Die Beziehungen zwischen dem Europäischen Parlament und der Parlamentarischen Versammlung des Europarates belasse ich in den Händen des Parlaments. Wenn Sie Hilfe brauchen, werde ich da sein und Ihnen diesbezüglich helfen, aber die Parlamentarier müssen schon selbst dafür sorgen, dass sie eine gemeinsame Basis finden, und ich glaube, dass das nicht so schwierig sein sollte.

Zum Internationalen Strafgerichtshof (ICC): der Chefankläger, Herr Moreno-Ocampo, und der Präsident des Gerichtshofes, Herr Song, sind hier von diesem Parlament bereits empfangen worden. Ich denke, dass das ein sehr starkes politisches Signal des Europäischen Parlaments war, dass das Parlament Menschenrechte nicht nur innerhalb Europas, sondern auch außerhalb Europas ernst nimmt.

Wir glauben auch, dass die Kampala-Konferenz die wichtigste internationale Konferenz seit einem Jahrzehnt ist, die der internationalen Gerechtigkeit gewidmet ist. Wir müssen ihr Wichtigkeit verleihen. Auch hier zähle ich wieder auf das Parlament, denn ich weiß, dass einige Mitglieder anwesend sein werden und sich zu Wort melden in Kampala.

Wir wissen, dass die EU bei der Aufnahme der Ergebnisse der Konferenz in ihre Politik der internationalen Gerechtigkeit, bei ihrer Hilfe für Drittstaaten und vor allem bei allen Verhandlungen der kommenden Monate und Jahre eine wichtige Rolle gespielt hat und spielen wird. Insbesondere werden wir weiterhin den nationalen Kapazitätsaufbau unterstützen, um die nationale Rechtsprechung zu stärken, damit glaubwürdige und rechtswirksame nationale Untersuchungen und Strafprozesse gemäß dem Römischen Statut durchgeführt werden können.

Unsere Politik bleibt in dieser Hinsicht unverändert und uneingeschränkt, aber wir verfügen jetzt über ein neues Instrument, und dieses neue Instrument ist der Vertrag von Lissabon, der uns neue Befugnisse überträgt, damit wir den Gerichtshof konsequenter und effektiver unterstützen. Gemäß den Anregungen des Parlaments und wie in der Entschließung und während der Aussprache zum Ausdruck gebracht, werden die Hohe Vertreterin/Vizepräsidentin und ihre Dienste weiterhin den allgemeinen Beitritt zum Römischen Statut konsequent fördern. Wir werden das in unseren Diskussionen mit Partnern außerhalb Europas systematisch unterstützen.

Es gibt zwei sehr spezielle Fragen, die ich gerne kurz beantworten möchte.

Erstens, ob ein Haftbefehl gegen Präsident al-Bashir Teil der Lösung oder Teil des Problems ist. Die Kommission sieht dies ganz klar als Teil einer langfristigen Lösung, weil dieser Haftbefehl zeigt, dass mit der Einrichtung des Gerichtes Gerechtigkeit zu ihrem Recht verholfen wird. Ganz gleich, um welche Person es sich handelt, selbst wenn es sich um ein Staatsoberhaupt handelt und dieser Haftbefehl nicht unmittelbar vollstreckt wird, wird er ja nicht aufgehoben, denn der ICC ist ein ständiges Gericht; also lassen Sie mich Ihnen versichern, dass die EU den Sudan nachhaltig auffordern wird, mit dem Internationalen Strafgericht intensiv zusammenzuarbeiten.

Zur Frage, ob die Kommission auf der Konferenz in Kampala Änderungsanträge vorlegen wird: die Antwort hier ist „nein“, weil die EU als solche keine Vertragspartei ist – es sind die Mitgliedstaaten, die die Änderungsanträge verhandeln werden. Die Kommission wird allerdings bei der Leitung Konferenz eine aktive Rolle spielen, und wir verlassen uns voll und ganz auf die spanische Ratspräsidentschaft, die europäischen Staaten zu führen, damit ihre Stimme bei dieser Konferenz auch wirklich Gewicht hat.

 
  
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  Ramón Jáuregui Atondo, Berichterstatter.(ES) Frau Präsidentin, ich möchte mich bei allen Rednern bedanken, denn die meisten von ihnen haben zum Ausdruck gebracht, dass sie einem Beitrittsabkommen, über das wir morgen abstimmen werden, durchaus positiv gegenüberstehen; die Zustimmung war tatsächlich fast einstimmig.

Ich möchte besonders Frau Reding danken, dass sie uns die Möglichkeit gegeben hat, weiterhin zusammenzuarbeiten, da sehr komplexe Verhandlungen bevorstehen, und ich glaube, dass das Parlament diese Verhandlungen aus nächster Nähe verfolgen muss.

Ich möchte rasch einige Fragen beantworten und ein paar Dinge klarstellen. Ein Beitritt ist kein symbolischer Akt, meine Damen und Herren: er hat rechtliche Gültigkeit. Manche fragen nach seinem Nutzen und seinem Mehrwert. Ich werde Ihnen ein Beispiel geben.

Nehmen wir mal an, dass es eine Ausschreibung für Beamte der Europäischen Union gäbe, die ungarische Rechtsanwälte diskriminiert, zum Beispiel aus technischen Gründen oder aus irgendeinem anderen Grund. Vor welcher Instanz klagen dann diese ungarischen Rechtsanwälte? Vor dem Gerichtshof der Europäischen Union. Was bringt ein Beitritt? Die Möglichkeit, dass diese Anwälte ihre Klage vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte bringen, wenn ihr Recht auf Gleichbehandlung vom Gerichtshof der Europäischen Union nicht anerkannt worden ist. Es ist ein neues Gericht, es ist eine neue Möglichkeit, um grundlegende Menschenrechte zu garantieren, wie zum Beispiel das Recht auf Gleichbehandlung. Es ist daher klar, dass dieses Ereignis keinen symbolischen Beitrag leistet, sondern einen rechtlichen.

Ich möchte zwei Dinge klarstellen, meine Damen und Herren. Die Abgeordneten haben ihren Wunsch geäußert, dass die Verhandlungen nicht auf den Beitritt zur Europäischen Menschenrechtskonvention beschränkt sein sollen, sondern dass die Protokolle, die die Konvention über die Jahre erstellt hat, aufgenommen werden, insbesondere diejenigen, die sich auf die von der Charta der Grundrechte anerkannten Rechte beziehen, um somit die Gleichwertigkeit der beiden Dokumente zu gewährleisten.

Schließlich fordert das Parlament außerdem den Beitritt zu den Organen und den Behörden der Konvention und des Europarates, weil dadurch die Anerkennung des allgemeinen Systems zum Schutz der Menschenrechte, einschließlich der Europäischen Sozialcharta von Turin gewährleistet wird.

 
  
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  Die Präsidentin. – Ich habe am Ende der Aussprache einen Entschließungsantrag erhalten(1).

Die gemeinsame Aussprache wird geschlossen.

Die Abstimmung wird am Mittwoch, den 19. Mai 2010 stattfinden.

Schriftliche Erklärungen (Artikel 149)

 
  
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  Elena Oana Antonescu (PPE), schriftlich.(RO) Das Inkrafttreten des Lissaboner Vertrags schafft den Rechtsrahmen für den Beitritt der Europäischen Union zur Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) und macht die EU damit zum 48. Unterzeichner der Konvention. Der Beitritt der EU zur EMRK wird den im Lissaboner Vertrag durch die rechtsverbindliche Charta der Grundrechte vorgesehen Schutz ergänzen.

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg hat die Befugnis, justizielle Kontrolle über die Handlungen der Institutionen, Körperschaften und Agenturen der EU, einschließlich der Urteile des Europäischen Gerichtshofes in Bezug auf die Einhaltung der Konvention auszuüben, und stellt damit eine zusätzliche justizielle Kontrolle über die Grundrechte innerhalb der EU sicher. Durch den EU-Beitritt gewährleistet die Konvention einen Mindestschutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten in Europa und ihre verbindliche Anwendung, insbesondere in Situationen, wo der von der EU bereitgestellte Schutz geringer ist als der im Rahmen der Konvention gewährleistete Schutz.

Ich glaube, dass sowohl die Mitgliedstaaten als auch die Kommission Informationsgespräche mit Erklärungen zu Auswirkungen und Folgen des Beitritts vorbereiten müssen, damit die Bürgerinnen und Bürger der EU die Bedeutung dieses Schrittes voll und ganz verstehen.

 
  
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  Corina Creţu (S&D), schriftlich.(RO) Der Beitritt der Europäischen Union zur Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten ist ein logischer Schritt nach dem Inkrafttreten des Lissaboner Vertrages und fördert den Integrationsprozess und die Schaffung eines gemeinsamen politischen Raums. Der Beitritt der EU zur EMRK wird ein starkes Zeichen in Bezug auf die Kohärenz zwischen der Europäischen Union und den Ländern, die dem Europarat und dessen paneuropäischem System im Bereich der Menschenrechte angehören, setzen.

Meiner Meinung nach ist das wichtigste Ergebnis des Beitritts zur EMRK, dass den Bürgerinnen und Bürgern damit Schutz gegenüber den Maßnahmen der EU gewährt wird, was vergleichbar ist mit dem Schutz gegenüber den Maßnahmen der Mitgliedstaaten. Das ist eine beachtliche Entwicklung, wenn man bedenkt, dass die Mitgliedstaaten der Europäischen Union wichtige Befugnisse übertragen haben. Es ist logisch, die Möglichkeit zu haben, zu den gesamten Entscheidungen der EU vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte Berufung einzulegen. Während wir über die Unionsbürgerschaft sprechen, müssen wir sie auch mit besonderem Inhalt füllen, wozu auch das Angebot dieser Möglichkeit gehört.

Ich hoffe, dass dieses zusätzliche, den europäischen Bürgerinnen und Bürgern bereitgestellte Instrument leicht zugänglich sein wird und die Entscheidung, dieser Konvention beizutreten, insbesondere dazu beitragen wird, einen kohärenteren Rahmen für die Menschenrechte innerhalb der Europäischen Union zu schaffen.

 
  
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  Lidia Joanna Geringer de Oedenberg (S&D), schriftlich.(PL) In Verbindung mit den bevorstehenden Verhandlungen zum Beitritt durch die Union zur Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, möchte ich gerne die Aufmerksamkeit auf Angelegenheiten der Außenbeziehungen lenken. Dieser Bereich wird ganz besonders durch den Beitritt der EU zur Konvention beeinflusst werden. Warum? Erstens, darf ich Sie daran erinnern, dass der Europäische Gerichtshof unter dem Lissaboner Vertrag einen sehr eingeschränkten Zuständigkeitsbereich im Bereich der Außenpolitik hat. Ein Beitritt zur Konvention wird die Einschränkungen teilweise ausgleichen, indem eine externe richterliche Aufsicht aller Bereiche der Handlungen der Union sichergestellt wird. Der Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg erwirbt das Recht, zu beurteilen, wie die Union die Grundrechte in allen Bereichen ihrer Tätigkeit, und demnach auch in der Außenpolitik, achtet. Zweitens, es ist nicht notwendig, daran zu erinnern, wie oft im Rahmen der Beziehungen der Union mit Drittländern und im Forum des Europäischen Parlaments darüber diskutiert wird, wie wichtig es ist, die Menschenrechte einzuhalten. Ein Beitritt zur Konvention wird daher der Union Glaubwürdigkeit im Dialog mit Drittländern über Menschenrechte verleihen. Es gibt keinen Zweifel darüber, dass die Europäische Union, indem sie sich der Aufsicht des Gerichtshofes für Menschenrechte in Straßburg unterstellt, die Möglichkeit hat, den Menschenrechtsaspekt der Außenpolitik und Sicherheit zu stärken und dadurch wirksamer für die Menschenrechtsidee in der ganzen Welt zu werben, in dem Maße, wie die sie ihre eigenen Menschenrechtsverpflichtungen ernst nimmt. Lassen Sie uns hoffen, dass es so sein wird.

 
  
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  Jarosław Kalinowski (PPE).(PL) Der Beitritt der Europäischen Union zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten ist zweifellos ein Schritt in die richtige Richtung auf dem Weg, unseren Bürgerinnen und Bürgern gleiche und gerechte Vorrechte zu gewähren. Wir müssen dafür Sorge tragen, dass diese Grundsätze in allen Mitgliedstaaten aufrechterhalten werden. Das wird auch die gesetzgeberische Kohäsion zwischen der Union und den Ländern des Europarates verbessern und die Anzahl der Institutionen erhöhen, bei welchen die Bürgerinnen und Bürger Einspruch einlegen können, wenn gegen ihre Rechte verstoßen wurde. Es wird auch die Bedeutung und Glaubwürdigkeit zahlreicher Initiativen des Europäischen Parlaments im Bereich des Schutzes der Grundfreiheiten, die das Recht jedes einzelnen Menschen sind, erhöhen. Lassen Sie uns jedoch nicht vergessen, dass, genauso wie bei der Wahrung der Rechte der Menschen in Drittländern, die Union zunächst dafür Sorge tragen sollte, dass gegen diese Rechte in den Mitgliedstaaten nicht verstoßen wird.

 
  
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  Alexander Mirsky (S&D), schriftlich.(LV) Es gibt ein Land in der Europäischen Union, in dem fast 20 Jahre lang die Menschenrechte und Grundfreiheiten von über 20% der Bevölkerung verletzt wurden. Trotz dieser Tatsache wurde Lettland 2004 in die Europäische Union aufgenommen. Zu der Zeit, als die Beitrittsverhandlungen von Lettland stattfanden, versprach die lettische Regierung dem damaligen EU-Erweiterungskommissar, Günther Verheugen, das Problem des Nicht-Staatsbürgers zu lösen, aber bis zum heutigen Tag, ungeachtet dieser Versprechen, ist dieses Problem nicht gelöst worden. Als Folge davon leben ungefähr 340 000 Nicht-Staatsbürger im Staatsgebiet der Europäischen Union. In Lettland sind sie Menschen zweiter Klasse, die nicht im öffentlichen Sektor beschäftigt sein oder offizielle Ämter innehaben dürfen, nicht einmal in Bezirken, in denen über 60% der Bevölkerung Nicht-Staatsbürger sind. Es gibt eine Stadt in Lettland, Daugavpils, wo über 90% der Bevölkerung russischsprachig sind. Trotz dieser Tatsache ist Russisch als offizielle Sprache in der Stadt verboten und 30% der Bevölkerung haben bei den Kommunalwahlen kein Stimmrecht. Gemeinderäten, die in einer russischsprachigen Stadt gewählt wurden, ist nicht erlaubt, bei Sitzungen ihre Muttersprache zu sprechen. Komisch nur, wie es sein kann, dass die Europäische Kommission bis zum heutigen Tage weder die nötigen Argumente noch die Zeit gefunden hat, Einfluss auf die lettische Regierung zu nehmen, um die Diskriminierung von Sprache zu beenden. Es ist notwendig, eine Arbeitsgruppe einzurichten, um die Lage in Lettland ohne Zeitverzögerung zu untersuchen, ansonsten sehe ich keinen Grund, warum die EU der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten beitreten sollte. Wir müssen das ganz klar und unmissverständlich bekannt machen, dass es innerhalb der Europäischen Union ein Land gibt, in dem die Rechte von über 25% der Bevölkerung über viele Jahre hinweg verletzt werden.

 
  
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  Rafał Trzaskowski (PPE), schriftlich.(PL) Wenn wir über den Beitritt der Europäischen Union zur Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte sprechen, dann sprechen wir über die Arbeit der vergangenen 10 Jahre und viele Ängste, die unter anderem die Konkurrenz zwischen dem Gerichtshof und dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte betreffen. Das wird ganz sicher zu Problemen im Bereich der gerichtlichen Zuständigkeit und der Autonomie des Gerichtshofes führen. Ich denke allerdings, dass das, was wir nach diesen 10 Jahren erreicht haben, als Komplementarität der beiden Systeme gelten kann; vielleicht sollten wir uns also einfach von solchem hierarchischen Denken verabschieden. Der Gerichtshof verfolgt nun schon seit langer Zeit die Arbeit des Gerichtshofes für Menschenrechte in Straßburg und auch umgekehrt. Diese beiden Systeme koexistieren und es gibt keine Konkurrenz zwischen ihnen, also sind diese Ängste vielleicht ungerechtfertigt. Wir brauchen den Beitritt zur Konvention aus symbolischen Gründen, aber vor allem brauchen wir die Konvention, weil sie das System im Bereich des Schutzes der Menschenrechte in der Europäischen Union ergänzt und ihm in den Augen ihrer Bürgerinnen und Bürger größere Glaubwürdigkeit verleiht, denn den Bürgerinnen und Bürgern wird dadurch Schutz vor Handlungen der Europäischen Union und deren Institutionen und nicht nur vor denjenigen der Mitgliedstaaten, wie es bis jetzt der Fall war, gewährt. Wir sollten also froh sein, dass das System gestärkt wird. Allerdings ist eine gewisse Loyalität nötig, damit wir nicht die Glaubwürdigkeit des Systems unterminieren. Daher schlagen wir vor, dass die Mitgliedstaaten sich in Sachen EU-Recht nicht gegenseitig strafrechtlich verfolgen, indem sie Gebrauch von den Möglichkeiten, die die Konvention bietet, machen.

 
  

(1) Siehe Sitzungsprotokoll

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