3. Ergebnis des Gipfels vom 7. Mai 2010 und der ECOFIN-Tagung – Welche politische Relevanz besitzt die Strategie EU 2020 im Rahmen der derzeitigen Finanz- und Wirtschaftskrise? – Auswirkungen der Finanz- und Wirtschaftskrise auf die Strategie Europa 2020 und ihre Ausgestaltung – Welche politische Relevanz besitzt die Strategie EU 2020 im Rahmen der derzeitigen Finanz- und Wirtschaftskrise? (Aussprache)
Präsident – Der nächste Punkt auf der Tagesordnung ist:
– die gemeinsame Aussprache über Mechanismen zur Stärkung der Wirtschaftsordnung,
– die Erklärungen des Rates und der Kommission: Ergebnis des Gipfels vom 7. Mai 2010 und der ECOFIN-Tagung [2010/269(RSP)],
– die mündliche Anfrage an den Rat und die Kommission: Welche politische Relevanz besitzt die Strategie EU 2020 im Rahmen der derzeitigen Finanz- und Wirtschaftskrise? (O-0052/2010 - B7-0213/2010), (O-0053/2010 - B7-0214/2010),
– die mündliche Anfrage an den Rat: Auswirkungen der Finanz- und Wirtschaftskrise auf die Strategie Europa 2020 und ihre Ausgestaltung (O-0068/2010 - B7-0301/2010),
– die mündliche Anfrage an den Rat und die Kommission: Politische Relevanz der Strategie EU 2020 im Rahmen der derzeitigen Finanz- und Wirtschaftskrise (O-0065/2010 - B7-0219/2010), (O-0066/2010 - B7-0220/2010).
Diego López Garrido, amtierender Ratspräsident – (ES) Herr Präsident! Jeder weiß, dass wir uns in einer Zeit außergewöhnlicher finanzieller Turbulenzen befinden. Dies ist seit einigen Monaten der Fall und der Ursprung der Krise liegt nicht nur einige Monate, sondern einige Jahre zurück, als die Subprime-Krise in den Vereinigten Staaten entstand.
Der Ursprung war somit eine Finanzkrise im Privatsektor des Finanzsystems. Diese entwickelte sich schnell zu etwas, das sich in Form einer tiefen Depression bzw. einer tiefen Rezession, um den Fachausdruck zu verwenden, auf die Realwirtschaft auswirkte. Damit einher ging ein Rückgang in der Produktion sowie ein beträchtlicher Anstieg der Arbeitslosigkeit. In den Ländern, in denen der Immobiliensektor oder der Wohnungsbau großen Einfluss hat, war dies besonders deutlich zu spüren.
Die Mitgliedstaaten und die Zentralbanken griffen sofort ein, um den Zusammenbruch des Finanzsystems zu verhindern und auch in Bezug auf die Realwirtschaft wurde eingegriffen.
Dieses Eingreifen hatte natürlich Folgen für die öffentliche Wirtschaft und die öffentlichen Finanzen in den jeweiligen Ländern. Wir sprechen nun nicht mehr über private, sondern über öffentliche Finanzen. Zunächst führten deutliche Defizite zu einer Krise der finanziellen Stabilität bei den öffentlichen Kassen.
Auch bei Staatsanleihen kam es zu einer Krise. Dies zeichnete sich in den letzten Monaten ab und wurde durch das Verhalten auf stark volatilen Märkten begünstigt, das zeitweise eindeutig spekulativer Natur war. Dieses Verhalten hat zudem zu einem beträchtlichen Anstieg der Zinsen geführt, die die Märkte von Mitgliedstaaten bei der Emission von Anleihen verlangen. Darüber hinaus war der gesamte Euroraum davon betroffen, sodass sich dieses Problem nicht nur auf ein, zwei oder drei Länder, sondern auf die Stabilität des gesamten Euroraums auswirkte.
Das ist die Situation. Dies sind sämtliche Ereignisse bzw. die Diagnose der Tatsachen, die die Europäische Union berücksichtigt hat, um entsprechend darauf zu reagieren und zu handeln. Und ich bin der Ansicht, dass sich die EU in dieser gesamten Zeit richtig verhalten hat. Es wurde womöglich der Anschein erweckt, dass Entscheidungen nur langsam getroffen wurden. Gelegentlich schien die Entscheidungsfindung aufreibend langwierig, doch es wurden die richtigen Ergebnisse erzielt, nämlich die Ergebnisse besonnenen Handelns seitens der EU und vor allen Dingen des koordinierten Vorgehens der EU.
Auch wenn diverse Maßnahmen uns scheinbar daran hindern, das Gesamtbild zu erkennen, bin ich dennoch davon überzeugt, dass die EU eine den Umständen angemessene Strategie festgelegt hat, die zwangsläufig einige kurzfristige Maßnahmen enthalten und sich verstärkt an der mittel- und langfristigen Zukunft orientieren muss, da verhindert werden soll, dass sich eine solche Krise wiederholt.
Wie bereits erwähnt, gehören eine Finanzspritze aus öffentlichen Mitteln und die Koordinierung durch die Europäische Union zu den kurzfristigen Maßnahmen: Das sogenannte Europäische Konjunkturprogramm, das von der Kommission initiiert wurde. Hierbei handelt es sich um ein Programm zur Koordinierung dieser Sofortmaßnahmen, dieser Schockbehandlung, die die Mitgliedstaaten anwenden, um den Schaden dieser enormen Krise zu begrenzen, ohne ihn ungeschehen zu machen.
Eine Komponente dieser kurzfristigen Maßnahme ist zweifellos die Hilfe für Griechenland. Die Kommission hatte Griechenland bereits vor Monaten vor einer schwierigen Situation im Staatshaushalt gewarnt. Der Rat gibt eine Reihe von Empfehlungen im Zusammenhang mit Artikel 126 Absatz 9 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union an Griechenland heraus und die dortigen Entwicklungen werden vom Rat und von der Kommission überwacht.
Es werden nicht nur Empfehlungen hinsichtlich der Liquidität des Staatshaushalts ausgesprochen, sondern auch hinsichtlich Strukturreformen beim Rentensystem und der Notwendigkeit einer Reform des Gesundheitssystems. Am 23. April wurde ein „Rettungsmechanismus“ für Griechenland angenommen. Gestern wurden im Rahmen dieses Mechanismus erstmals Gelder von EU-Ländern über das System dieses vereinbarten Mechanismus nach Griechenland gesendet.
Dies ist somit die erste konkrete Maßnahme dieser kurzfristigen Aktion, die notwendig ist, wenn sich ein Mitgliedstaat in ernsthaften Schwierigkeiten befindet, wie es bei Griechenland der Fall ist.
Natürlich müssen wir auch auf kurze Sicht eine Strategie besitzen, mit der wir die Krise bewältigen können. Dies kam in der mündlichen Anfrage von Herrn Daul, Herrn Verhofstadt, Herrn Schulz und anderen sehr deutlich zum Ausdruck. Diese Strategie muss gemäßigt, kontrolliert und natürlich darauf ausgerichtet sein, gravierende Schwierigkeiten bei den Staatshaushalten zu verhindern. Gleichzeitig darf das Wachstum als Ziel nicht außer Acht gelassen werden.
Eine kurzfristige Strategie reicht jedoch nicht aus. Wir müssen mittel- und langfristige Maßnahmen ergreifen. In der europäischen Wirtschaft gibt es strukturelle Probleme. Diese strukturellen Probleme waren letzten Endes dafür verantwortlich, dass Europa angesichts einer höchst unbeständigen Situation, die von extremen finanziellen Turbulenzen gekennzeichnet war, geschwächt wurde.
Von der Europäischen Union werden mittel- und langfristige Maßnahmen ergriffen und angeregt, auf die unbedingt hingewiesen werden sollte. Grund hierfür ist in erster Linie, dass diese Maßnahmen für die Art von Krise vorgesehen sind, die durch diese schwierige wirtschaftliche Lage entstanden ist und die gesamte EU und insbesondere das System des Euroraums betrifft. Um der Krise im Finanzsektor begegnen zu können, hat die Europäische Union eine Reihe von Maßnahmen vorgesehen, die in den nächsten Tagen im Parlament debattiert werden: Ein Aufsichtspaket, das hoffentlich so bald wie möglich angenommen wird. Außerdem hoffe ich, dass der Rat und das Parlament diesbezüglich zu einer Einigung kommen. Im Rahmen dieses Pakets oder im Zusammenhang damit hat der Rat (Wirtschaft und Finanzen) (ECOFIN) gestern eine Maßnahme angenommen: Die Regulierung von Hedgefonds, alternativen Fonds und Fonds mit hohem Risiko. Ich verweise hier auf die Anfrage von Frau Harms und Herrn Cohn-Bendit, die auf diesen Aspekt großen Wert legen.
Die Perspektive der Maßnahme beim G20-Gipfel ist ebenfalls zu berücksichtigen, auch bei der Umsetzung der Vereinbarungen, die beim G20-Gipfel getroffen wurden.
Ebenso haben wir festgestellt, dass die Europäische Union strukturelle Schwächen besitzt und dass Strukturreformen erforderlich sind. Die Strategie Europa 2020 zielt darauf ab und sie beruht auf der Verpflichtung der Mitgliedstaaten, durch eine Reihe von integrierten Leitlinien bestimmte Ziele zu verwirklichen. Diese Leitlinien werden außerdem von nationalen Programmen begleitet, die als sogenannte Reformpläne ausgearbeitet werden. Außerdem sollte erwähnt werden, dass neben der Strategie Europa 2020 die Maßnahme, die die Kommission in Bezug auf das gesamte Produktionssystem annimmt, ebenfalls von Bedeutung ist. In ihrer Mitteilung vom 12. Mai schlug sie die Koordinierung der Haushaltsstrategien vor.
Die Strategie Europa 2020 ist daher eine Möglichkeit, das zugrunde liegende Problem in der produktiven Wirtschaftsordnung anzugehen, um so diese grundlegenden Schwächen im System künftig zu verhindern und die Wirtschaftsordnung der Union konkurrenzfähig und produktiv zu gestalten. Außerdem ist dies eine Möglichkeit, die Ziele der technologischen Wertschöpfung zu verfolgen, unter Berücksichtigung der gesellschaftlichen Auswirkungen und somit auch der Notwendigkeit einer Spezialisierung auf dem Arbeitsmarkt, der Vermittelbarkeit auf dem Arbeitsmarkt und auch des Kampfes gegen den Klimawandel.
Es gibt jedoch nicht nur ein Problem mit dem privaten Finanzsystem, mit der Produktionsstruktur und im Grunde auch mit dem privaten Sektor: Es gibt ein Problem mit den Staatshaushalten, das im Mittelpunkt eines anderen Aspekts der mittel- und langfristigen Maßnahmen der EU steht. Es handelt sich um die Maßnahmen im Vorschlag der Kommission vom 12. Mai, die der ECOFIN-Rat seit gestern debattiert. Mit diesen Maßnahmen sollen die Haushaltsdisziplin aufrechterhalten, die Einhaltung des Stabilitäts- und Wachstumspakts gewährleistet sowie Maßnahmen zur Bewältigung und Prävention von Krisen festgelegt werden.
Vor diesem Hintergrund wurde eine Task Force ins Leben gerufen, die erstmals diesen Freitag, den 21. Mai, zusammenkommt und von Präsident Van Rompuy geleitet wird. Das Ziel der Task Force ist die Haushaltsdisziplin und sie arbeitet mit dem von Kommissar Rehn vorgelegten Papier der Kommission zur Koordinierung der Wirtschafts- und Haushaltspolitik.
Dieses befasst sich mit allen langfristigeren Maßnahmen. Dazu müssen wir auch die Diskussion zählen, die in der EU gerade über eine Besteuerung von Gewinnen im Finanzsektor sowie über eine Steuer geführt wird, über die seit kurzem sogar die G20 spricht, nämlich eine Besteuerung von Finanztransaktionen, die wiederum in der EU diskutiert wird. Das haben Frau Harms und Herr Cohn-Bendit in ihrer Anfrage betont.
Zu diesem Thema sollte gesagt werden, dass alle Institutionen der Europäischen Union darauf hinarbeiten. Im Europäischen Rat wurde dies letztes Jahr im Dezember diskutiert. Der Internationale Währungsfonds wurde damit beauftragt, eine Studie über eine Steuer auf internationale Finanztransaktionen durchzuführen. Dies wurde im März im Europäischen Rat diskutiert, am 1. April von der Kommission vorgeschlagen und auch im ECOFIN-Rat diskutiert.
Somit handelt es sich um eine weitere Maßnahme, die zweifellos beim G20-Gipfel diskutiert wird und von größter Bedeutung ist. Dies sind die von mir erwähnten mittel- und langfristigen Maßnahmen, die von der EU vorgeschlagen wurden. Gestern, beim EU-Lateinamerika-Gipfel in Madrid, wurde z. B. auch eine Reform des Finanzsystems vorgeschlagen. Anders ausgedrückt: Die Europäische Union spricht diese Themen bei allen Foren an, in denen sie vertreten ist.
Kurzum, Herr Präsident, es werden die nötigen Maßnahmen ergriffen und es liegen die entsprechenden Bedingungen vor, um in der Union zur sogenannten wirtschaftspolitischen Steuerung überzugehen. Dem Europäischen Rat kommt dabei neben der Kommission und dem Parlament als Gesetzgebungs- und Kontrollorgan eine aktive Rolle zu.
Herr Präsident, daher können wir meiner Meinung nach abschließend sagen, dass die Krise tatsächlich die Schwächen der Europäischen Währungsunion ohne eine Wirtschaftsunion, die in den Verträgen zwar vorgesehen ist, aber in der Realität nicht existiert, deutlich zutage gefördert hat. Wir bleiben in der Währungsunion, kommen der Wirtschaftsunion jedoch nicht näher. Diese Maßnahmen, die von der EU kurz-, mittel- und langfristig angenommen werden, führen die Union eindeutig hin zu einer Wirtschaftsunion.
Diese Krise hat unsere Volkswirtschaften geschwächt und die Union auf die Probe gestellt, sie aber weder zerstört noch zersplittert. Die Europäische Union hat reagiert und bisweilen war uns diese Reaktion zu langsam, aber sie erfolgte mit sicherer Hand. Die EU wirkte gelegentlich zurückhaltend, trat jedoch geschlossen auf. Und ihre Reaktion war richtig und den Herausforderungen angemessen, mit denen wir derzeit konfrontiert sind.
Ich hoffe, dass der Europäische Rat im Juni diesen Schritt hin zu wirtschaftspolitischer Steuerung in Europa, hin zu einer geschlossenen Reaktion auf diese Krise seitens der EU bekräftigt. Daher hoffe ich außerdem, dass der Rat für den äußerst wichtigen G20-Gipfel in Toronto den gemeinsamen Standpunkt der EU zur Regulierung des Finanzsystems sowie für die wichtige Debatte zur Besteuerung internationaler Finanztransaktionen angemessen vorbereitet.
Olli Rehn, Mitglied der Kommission – Herr Präsident! Ich begrüße diese Debatte über die Reaktion der Europäischen Union auf die Krise sowie über die unmittelbaren und längerfristigen Herausforderungen der wirtschaftspolitischen Steuerung, die uns bevorstehen. Ich möchte mit den unmittelbaren Herausforderungen und der Krisenreaktion beginnen.
Vor zehn Tagen traf die Europäische Union mutige und notwendige Entscheidungen, um die finanzielle Stabilität in Europa zu sichern. Dies war eine doppelte Reaktion auf die Krise, die sich noch verschärft und das gesamte Eurosystem in Frage gestellt hatte. Ich würde diese Reaktion einen Konsolidierungspakt nennen.
Zunächst einigten wir uns auf einen europäischen Finanzstabilisierungsmechanismus, der finanzielle Unterstützung in Höhe von bis zu 500 Mrd. EUR vorsieht. Dieser Betrag wird im Verhältnis 2:1 durch Mittel des IWF ergänzt. An zweiter Stelle einigten wir uns darauf, die finanzpolitische Konsolidierung in den Mitgliedstaaten zu beschleunigen, in denen es am dringendsten nötig ist.
Mit diesen Entscheidungen hat Europa ein glaubwürdiges Hilfspaket geschnürt, das unseren Bürgerinnen und Bürgern, Märkten und dem Rest der Welt beweist, dass wir den Euro – unsere gemeinsame Währung – um jeden Preis verteidigen werden.
Wir tun dies nicht um geheimnisvoller Marktkräfte Willen, sondern um für nachhaltiges Wachstum und neue Arbeitsplätze in Europa zu sorgen, indem wir sicherstellen, dass der aktuelle wirtschaftliche Aufschwung, auch wenn er noch bescheiden und schwach ist, nicht durch die Bedrohungen der finanziellen Stabilität im Keim erstickt wird. Dies ist unsere Verantwortung unseren Bürgerinnen und Bürgern gegenüber und diese Verantwortung nehmen wir sehr konkret wahr. Gestern stellte die Kommission als koordinierendes und verwaltendes Organ im Namen der Mitgliedstaaten des Euroraums Griechenland 14,5 Mrd. EUR zur Verfügung, die vom IWF um 5,5 Mrd. EUR aufgestockt wurden. Wir hatten versprochen, die unmittelbaren Refinanzierungsanforderungen zu erfüllen und haben dieses Versprechen fristgerecht eingehalten.
Natürlich hängt all dies davon ab, dass das von der Kommission in Zusammenarbeit mit der griechischen Regierung sowie unter Mitwirkung der EZB und des IWF erarbeitete Reformprogramm vollständig und lückenlos umgesetzt wird.
Die Europäische Zentralbank hat außerdem außergewöhnliche Maßnahmen ergriffen, um Angriffe auf den Euro, wie sie kürzlich stattfanden, abzuwehren. Darüber hinaus haben unsere Mitgliedstaaten erkannt, dass die finanzpolitische Konsolidierung maßgeblich zur Sicherung der Nachhaltigkeit öffentlicher Finanzen beiträgt und somit Voraussetzung für nachhaltiges Wirtschaftswachstum ist.
Letzte Woche legten Spanien und Portugal bedeutende neue Maßnahmen zur finanzpolitischen Konsolidierung vor. Hierbei handelt es sich um wichtige und schwierige, aber gleichzeitig auch notwendige Schritte, um die enormen Haushaltsdefizite für 2010 und 2011 zu senken. Die Kommission wird in den nächsten zwei Wochen eine umfassende Bewertung hinsichtlich der Angemessenheit der neuen Ziele und Maßnahmen vorlegen.
Ich möchte unterstreichen, dass eine schnellere Senkung der Haushaltsdefizite tatsächlich ein wesentlicher Bestandteil des Finanzstabilitätspakets ist, das am 10. Mai von ECOFIN vereinbart wurde. Gleichermaßen wichtig ist, dass beide Länder Strukturreformen umsetzen, die zum potenziellen Wachstum beitragen, insbesondere Reformen der Arbeitsmärkte und Rentensysteme.
Eine beschleunigte finanzpolitische Konsolidierung hat zwar in ganz Europa unmittelbar Priorität. Gleichzeitig müssen wir jedoch unsere Wirtschafts- und Finanzpolitik koordinieren, indem wir zwischen den Mitgliedstaaten differenzieren. Anders ausgedrückt: Die Maßnahmen zur finanzpolitischen Konsolidierung müssen je nach finanziellem Spielraum und wirtschaftlicher Verwundbarkeit differenziert werden.
Länder mit wenig oder gar keinem finanziellen Spielraum müssen entsprechende Maßnahmen vorrangig behandeln und beschleunigen. Andere Länder dagegen, die mehr Spielraum haben, sollten ihre weniger restriktive Finanzpolitik zugunsten von Wachstum und Arbeitsplätzen in Europa beibehalten.
Natürlich wäre es ein Fehler, unsere Bemühungen an dieser Stelle zu beenden. Erinnern wir uns daran, dass die ersten zehn Jahre des Euro erfolgreich verliefen: Das ist der Ausgangspunkt. Doch die Krise hat gezeigt, dass wir uns einige Defizite im System eingestehen müssen. Der Gruppenzwang war nicht groß genug, in guten Zeiten war es nicht üblich, die öffentliche Schuld zu senken und makroökonomische Missverhältnisse wurden ignoriert.
Das ist genau der Grund, warum die Kommission letzte Woche, am 12. Mai, ein ambitioniertes Paket mit Vorschlägen zur Stärkung der wirtschaftspolitischen Steuerung in Europa vorlegte. Wir möchten die präventive Haushaltsüberwachung stärken, auf makroökonomische Missverhältnisse eingehen sowie ein dauerhaftes und zuverlässiges Gerüst für das Krisenmanagement errichten. Ich verlasse mich darauf, dass das Parlament diese wichtigen Vorschläge unterstützt. Sie tragen maßgeblich dazu bei, dass Europa 2020 in den kommenden Jahren ein Erfolg wird.
Unsere Vorschläge beruhen auf zwei Grundsätzen. Erstens, Prävention ist immer besser als Korrektur und erst recht besser, als eine Situation bis zu einer Krise eskalieren zu lassen, wie wir es erlebt haben. Zweitens, eine stärkere Haushaltsüberwachung sollte mit einer allgemeineren makroökonomischen Überwachung einhergehen, um an der Wurzel und dem Ursprung einer nachhaltigen wirtschaftlichen Entwicklung anzusetzen.
Unsere Vorschläge setzen sich aus drei Bausteinen zusammen. Zunächst müssen wir die präventiven und korrigierenden Komponenten des Stabilitäts- und Wachstumspaktes stärken. Der wesentliche Eckpfeiler zur Stärkung der wirtschaftspolitischen Steuerung ist die vorzeitige Koordinierung der Haushaltspolitik, um sicherzustellen, dass die nationalen Haushaltspläne den gemeinsam vereinbarten europäischen Strategien und Verpflichtungen entsprechen, damit sie die Stabilität des Euroraums insgesamt und die Stabilität der anderen Mitgliedstaaten nicht gefährden.
Damit keine Missverständnisse aufkommen: Das bedeutet nicht, dass die nationalen Haushaltspläne Position für Position unter die Lupe genommen werden sollen. Das ist weder unsere Absicht noch haben wir die nötigen Ressourcen hierfür. Vielmehr sollen die allgemeinen Haushaltsleitlinien und das Haushaltsgleichgewicht analysiert und von Fachleuten begutachtet werden, bevor die Regierungen dem Parlament den Entwurf ihres nationalen Haushaltsplans vorlegen. Je nach Vertrag und Pakt hat die EU das Recht, Empfehlungen auszusprechen und von den betreffenden Mitgliedstaaten Korrekturmaßnahmen zu verlangen.
Dies wurde von einigen kritisiert, mit der Begründung, dies verletze die Souveränität des Parlaments. Als ehemaliges Mitglied eines nationalen und des Europäischen Parlaments bin ich mir der Empfindlichkeiten in Bezug auf die finanzpolitischen Befugnisse des Parlaments vollkommen bewusst. Es leuchtet allerdings jedem ein, dass es hier nicht darum geht, die Demokratie zu beschädigen oder die Souveränität des Parlaments zu verletzen, sondern sicherzustellen, dass unsere Mitgliedstaaten eben jene Vorschriften einhalten, die sie selbst zuvor beschlossen haben. Mit anderen Worten: Wir müssen praktizieren, was wir predigen.
Wir müssen der Wirtschaftspolitik in Europa eine wahrhaft europäische Dimension verleihen: Es reicht nicht aus, sich erst hinterher mit internationalen Entscheidungen zu beschäftigen. Wir in der EU und insbesondere im Euroraum wissen nur allzu gut, dass die Auswirkungen nationaler Entscheidungen über die nationalen Grenzen hinaus reichen und daher eine Koordinierung auf europäischer Ebene erforderlich ist, bevor diese nationalen Entscheidungen getroffen werden.
Der zweite Baustein sieht vor, die Überwachung über den Haushalt hinweg auszuweiten und zu vertiefen, um makroökonomische Missverhältnisse zu beheben. Warum ist dies wichtig? Die Diskrepanzen hinsichtlich Wettbewerbsfähigkeit und die Kluft zwischen den Überschuss- und Defizitländern des Euroraums haben sich in den letzten zehn Jahren vergrößert. Dies war die Ursache dafür, dass die Finanzkrise die EU so hart getroffen hat, insbesondere einige unserer Mitgliedstaaten. Wir sollten sich abzeichnende Probleme verhindern und bekämpfen, bevor sie sich zu einer Krise entwickeln.
Daher schlagen wir vor, Indikatoren und ein „Scoreboard“ zu definieren, Grenzwerte für Warnungen zu vereinbaren sowie bei Bedarf Empfehlungen und Frühwarnungen herauszugeben. Zu diesen Indikatoren können beispielsweise Produktivitätstrends, Lohnstückkosten und aktuelle Kontenentwicklungen gehören.
Das heißt selbstverständlich nicht, dass wir die Ausfuhrleistung von Ländern schwächen möchten, ganz sicher nicht. Vielmehr soll dadurch das Wirtschaftswachstum in Europa insgesamt wieder ins Gleichgewicht gebracht werden. Wir müssen die Ausfuhrwettbewerbsfähigkeit, wo nötig, und die Binnennachfrage, wo nötig und möglich, stärken. So können wir als europäisches Team zugunsten von ganz Europa agieren.
Drittens müssen wir denjenigen, die den Euroraum beobachten, unmissverständlich zu verstehen geben, dass wir uns niemals geschlagen geben werden. Damit andere gar nicht erst auf die Idee kommen, unsere Vitalität auf die Probe zu stellen, benötigen wir ein dauerhaftes und solides Gerüst für das Krisenmanagement in den Mitgliedstaaten des Euroraums. Der am 10. Mai festgelegte vorläufige Mechanismus ist ein mutiger erster Schritt in diese Richtung. Doch auf mittelfristige bis lange Sicht wird die Kommission unter Einhaltung der politischen Rahmenbedingungen und natürlich unter Berücksichtigung der jüngsten Erfahrungen einen dauerhafteren Mechanismus vorschlagen. Ja, wir müssen moralische Risiken vermeiden. Aus diesem Grund müssen wir den Mechanismus so unattraktiv gestalten, dass kein Regierungschef oder Staat versucht ist, freiwillig darauf zurückzugreifen. Doch die jüngsten Erfahrungen haben gezeigt, dass es besser ist, eine Feuerwehr für einen möglichen Buschbrand einsatzbereit zu haben, als die Feuerwehr erst dann zusammenzustellen, wenn das Feuer bereits zu einem größeren Waldbrand geworden ist. Vorsicht ist besser als Nachsicht.
Abschließend möchte ich sagen, dass diese Vorschläge der Kommission den Weg für einen Quantensprung bei der wirtschaftspolitischen Steuerung in Europa ebnen. Doch ich möchte Ihre Aufmerksamkeit außerdem auf eine weitere, enorm wichtige Entscheidung lenken, die am selben Tag getroffen wurde, an dem wir diese Maßnahmen vorschlugen, nämlich der Vorschlag, dass Estland nach seinen eigenen Verdiensten Mitglied des Euroraums werden soll. Hierzu möchte ich lediglich eine Zahl nennen: Während die durchschnittliche Verschuldung in Europa derzeit bei etwa 75 Prozent liegt, beträgt sie in Estland um die 7,5 Prozent – also nicht 75 Prozent, sondern 7,5 Prozent – auf nachhaltiger Basis.
Mit diesem Vorschlag wird an alle das wichtige Signal gesendet, dass der Euroraum dem Druck mit Selbstbewusstsein standhalten sowie dass eine nachhaltige Wirtschafts- und Finanzpolitik den Mitgliedstaaten zugute kommen wird. Im Großen und Ganzen werden die Initiativen der Kommission, sobald sie angenommen wurden, die wirtschaftspolitische Steuerung in Europa erheblich vertiefen und die Erweiterung des Euroraums vorsichtig vorantreiben. Tatsächlich ist es höchste Zeit, das „E“ in der Abkürzung EWU mit Leben zu erfüllen.
Joseph Daul, im Namen der PPE-Fraktion – (FR) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Europa hat endlich reagiert. Die Staats- und Regierungschefs haben endlich damit begonnen, sich um die Probleme zu kümmern, indem sie vor zehn Tagen einen Unterstützungsplan für unsere Währung, den Euro, beschlossen haben. Dies ist ein Plan, der den Umfang der europäischen Solidarität korrekt abbildet und somit all jenen Unrecht gibt, die daran gezweifelt haben. Dennoch ist er unzureichend und muss mit Maßnahmen zum Abbau der nationalen Haushaltsdefizite sowie Maßnahmen für eine Einigung unter den 27 hinsichtlich der Haushalte auf sozialer und finanzpolitischer Ebene einhergehen. Ich glaube, das hat jeder heute morgen gesagt und in den letzten vierzehn Tagen haben wir alle das Gleiche geäußert. Also, lassen Sie es uns jetzt tun! Dieser Plan zur radikalen Ausweitung der Aufsicht und zur Umsetzung eines Stabilitätspaktes wurde letzten Mittwoch mit der Entscheidung der Kommission fertiggestellt, was ich begrüße.
Meine Damen und Herren, wir können uns nur dann befreien, wenn all diese Maßnahmen umgesetzt werden. Wir können uns nur befreien, wenn wir politischen Mut beweisen, denn die Maßnahmen, die wir schon gemeinsam auf EU-Ebene und einzeln auf nationaler Ebene hätten ergreifen müssen, müssen unverzüglich umgesetzt werden. Dies gilt sowohl für rechts als auch für links orientierte Regierungen. Ich bedauere es sehr, dass die deutschen Sozialdemokraten bei der Abstimmung im Bundestag über das europäische Hilfsprogramm diesen Mut nicht hatten.
Aus all diesen Ereignissen müssen wir einige Lektionen lernen. Die erste Lektion: Wir müssen die tatsächliche Situation bei den nationalen Staatshaushalten kennen, so wie wir die tatsächliche Situation des EU-Haushalts kennen. Ich fordere die Kommission auf, sich dafür einzusetzen und jeden Staat, der gegen diese Pflicht verstößt, zu bestrafen und nicht nur zaghaft zu kritisieren. Wie Sie wissen, hat jeder, der mit dem Auto fährt, Angst vor automatischen Geschwindigkeitskontrollen, vor den Geldbußen, den Strafpunkten. So sind wir nun einmal gemacht. Daher muss es Strafmaßnahmen geben. Dies ist das A und O jeder ernsthaften Politik in diesem Bereich.
Die zweite Lektion: Die 27 müssen sich möglichst frühzeitig um ihre Haushaltspolitik kümmern. Darum hat die Kommission letzte Woche gebeten. Ich selbst habe in diesem Plenarsaal vor einigen Wochen darum gebeten. Ich weiß, dass die Mitgliedstaaten verärgert sind, wenn wir sie zur Konzentration auffordern. Doch sie müssen sich von nun an daran gewöhnen, verärgert zu sein, wenn sie mit ihren öffentlichen Finanzen weiter so umgehen, als lebten sie auf einer einsamen Insel, als seien sie nicht durch eine Währung und somit durch eine notwendige gemeinsame Disziplin miteinander verbunden.
Darüber hinaus gilt für die Sozial- und Finanzpolitik das Gleiche wie für nationale Haushalte. Ich wiederhole, ich kann die Verärgerung einiger unserer Landsleute verstehen, die aufgefordert werden, Opfer für andere zu bringen, die weniger arbeiten und früher in Rente gehen. Das kann auch nicht so weitergehen. Dies ist die dritte Lektion, die wir aus dieser Krise gelernt haben. Der Euro ist nur dann funktionsfähig, wenn wir uns gemeinsam die Ressourcen dafür zur Verfügung stellen. Ich würde Herrn Volcker, dem Finanzberater von Präsident Obama, nicht widersprechen, der sagte, dass ein Zusammenbruch des Euro nicht ausgeschlossen ist, wenn wir nicht unsere Kultur und unser Verhalten ändern. Über nationale Belange hinaus müssen wir uns europäischen Belangen widmen. Wir müssen von kurzfristig orientierten Strategien, die dazu dienen, unsere nationalen Regierungen davor zu verschonen, in den Meinungsumfragen um einige Punkte abzurutschen, auf mittel- und langfristige Pläne umsteigen. Diese werden auch von unseren Unternehmen verlangt, damit sie investieren und einstellen können.
Meine Fraktion fordert Europa auf, aufzuwachen. Sie fordert die Kommission auf, ihre Arbeit zu erledigen, nämlich die Politik von Zuckerbrot und Peitsche auf die Mitgliedstaaten anzuwenden. Wer seinen Staatshaushalt aufräumt, wird belohnt, und wer sich weigert, wird bestraft!
Die Kommission, Herr Rehn, darf vor solchen Maßnahmen nicht zurückschrecken, denn sie kommen den Europäern und den Mitgliedstaaten zugute. Für unsere Mitbürgerinnen und Mitbürger ist die Frage, ob ihre Ersparnisse noch sicher sind, das größte Problem. Bei all unseren Sitzungen wird dieses Thema derzeit angesprochen. Ich verstehe diese Bürgerinnen und Bürger, die ihr ganzes Leben lang gearbeitet haben, um ein wenig anzusparen. Das ist also die erste Zusicherung, die wir Ihnen geben sollten: Dass ihre Ersparnisse geschützt sind. Das ist ganz einfach das, was die Kommission tun sollte. Schließlich wurde sie zu diesem Zweck geschaffen.
Nur in diesem Zusammenhang, meine Damen und Herren, hat die Strategie 2020 überhaupt eine Bedeutung. Erst wenn wir uns wieder ernsthaft unserem Zweck widmen, wenn wir in Bezug auf die Staatshaushalte gemeinsam agieren, dann sind wir in der Lage, den Kampf gegen Arbeitslosigkeit sowie für Aus- und Weiterbildung, Forschung und Innovation zu gewinnen. Ich habe es gestern gesagt und ich sage es jeden Tag wieder: Wenn in all unseren Mitgliedstaaten gespart werden muss, dann müssen auch wir als Abgeordnete und europäische Beamte mit gutem Beispiel vorangehen. Andernfalls sind wir nicht mehr glaubwürdig.
Das ist alles, was ich zu sagen habe und ich, der eine Reihe schwerer und tiefer Krisen miterlebt habe, hoffe weiterhin, dass diese Krise zumindest als neuer Ausgangspunkt für Europa und seine Bürgerinnen und Bürger dienen kann.
Martin Schulz, im Namen der S&D-Fraktion. – Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Diese Debatte führen wir in einer sehr ernsten, für die Europäische Union bedrohlichen Situation. Wir haben Jahrzehnte der Ideologie des Laissez-faire hinter uns, Jahrzehnte, in denen jeder niedergemacht worden ist, der die angebliche Überlegenheit des kapitalistischen Wirtschaftssystems in Frage stellte. Dieses Wirtschaftssystem hat uns in die tiefste Finanz-, Wirtschafts- und Beschäftigungskrise seit Ende des 2. Weltkrieges und auch in die tiefste moralische und die tiefste Legitimationskrise der Institutionen seit Ende des 2. Weltkriegs geführt.
Dieses System ist falsch. Es ist zum Teil unmoralisch, es ist pervers. Ich will Ihnen ein Beispiel geben, weil viele unserer Bürgerinnen und Bürger unser Expertenkauderwelsch nicht verstehen. Was ist eigentlich der Handel mit Credit Default Swaps, mit Kreditausfallversicherungen? Sie können eine Versicherung abschließen, die anschließend als Handelsware benutzt wird. Machen wir es praktisch! Der schöne Bauernhof von Joseph Daul hat sicher eine Feuerversicherung. Wenn ich die Feuerversicherung von Joseph Daul kaufen kann – ich, Martin Schulz – und im Fall, dass sein Haus abbrennt, die Versicherungssumme ausgezahlt bekomme – ich, nicht er –, dann brauche ich nur noch jemanden, zum Beispiel Dany, der das Ding in Brand steckt, dann bin ich ein gemachter Mann.
Das ist ein perverses System, und das gehört abgeschafft und verboten. Und genau über solche Mechanismen reden wir. Das sind nicht die lustigen Beispiele, das ist am Ende der Pensionsfonds der kalifornischen Lehrergewerkschaft, der über einen Hedgefonds eine deutsche Luftfahrtgesellschaft kaufen wollte. Das ist ihm nicht gelungen. Er hat etwas anderes gekauft. Aber der Pensionsfonds ist pleitegegangen. Eine ganze Generation von Lehrern, die 40 Jahre eingezahlt haben, ist pleite, ist ruiniert. Das ist die Realität eines Wirtschaftssystems, das an seine Grenze geraten ist und das an die Kette gelegt werden muss.
Jetzt sind die Regierungen gefragt. Wir haben das von Ihnen, Herr López Garrido und Herr Rehn, gehört. Das ist alles gut. Nur, wir reagieren, wir sind Getriebene, und wir reagieren nach meinem Dafürhalten zu spät! Vieles hätte viel früher – das ist übrigens in diesem Hause auch oft gefordert worden – geregelt werden müssen. Wir regeln jetzt Hedgefonds. Aber wann kommt die Europäische Ratingagentur? Ist es eigentlich normal, dass eine amerikanische Ratingagentur exakt zu dem Zeitpunkt, zu dem die Spekulation gegen Griechenland ihren Höhepunkt erreicht, schon das nächste Ziel anvisiert und Portugal nach unten stuft? Was sind das eigentlich für Organe, die über das Schicksal ganzer Völker entscheiden? Die gehören kontrolliert und Regeln unterworfen! Nicht erst jetzt, sondern das hätte schon vor Jahren geschehen müssen und ist auch vor Jahren hier gefordert, aber abgelehnt worden. Es ist von den gleichen Regierungen abgelehnt worden, die heute für sich reklamieren, die Manager dieser Krise zu sein.
(Zurufe)
Herr Kollege Langen, ich weiß, dass Sie heute Nachmittag einen Antrag einbringen, den Karnevalstag nicht zum Sitzungstag des Parlaments zu machen. Das ist schön. Nur wenn Sie hier sind, ist jeder Sitzungstag des Parlaments Karneval. Das tut mir aufrichtig leid.
Wir haben Strukturdefizite in der EU, die wir institutionell beheben müssen. Wir haben angeblich eine Wirtschafts- und Währungsunion geschaffen. Die Realität ist, dass wir eine Währungsunion und keine Wirtschaftsunion geschaffen haben. Wir haben einen wirtschaftspolitischen Flickenteppich in Europa, in dem 16 souveräne Staaten eine nicht koordinierte Wirtschaftspolitik machen, teilweise widersprüchlich gegeneinander, in einem einheitlichen Währungsraum. Das ist eine große Gefahr. Arni und sein schönes Kalifornien sind total pleite, aber das berührt den Dollar überhaupt nicht, weil nämlich die Wirtschaftspolitik Kaliforniens im einheitlichen Währungsraum der USA aufgeht. Wenn 2,8 % des Bruttosozialprodukts der Eurozone, wie bei Griechenland, in Gefahr geraten, bricht hier eine schwere Krise aus. Dieses Defizit muss beseitigt werden. Deshalb brauchen wir eine Wirtschaftsregierung! Wer noch dagegen ist, der hat den Schuss nicht gehört.
Wir haben es mit einer Legitimationskrise schwersten Ausmaßes zu tun. Die Menschen erleben, dass dieses Wirtschaftssystem versagt, und haben kein Vertrauen mehr in dieses System. Sie erleben, dass die staatlichen Institutionen die Getriebenen dieses Systems sind, auch die suprastaatlichen Institutionen, und haben dementsprechend auch kein Vertrauen mehr in diese Institutionen. In dieser Phase gibt es viele, die in dieser globalisierten, europäisierten Herausforderung eine Flucht zurück in die nationale Rhetorik suchen. Dieser dreifache Widerspruch, die Krise des Vertrauens in unser Wirtschaftssystem, in unsere staatlichen Institutionen und der Rückzug von nicht wenigen staatlichen Institutionen in das Nationale, statt die Lösungen in den internationalen Strukturen zu suchen – das ist ein Gemisch, das die EU insgesamt gefährdet.
Deshalb brauchen wir eine Wirtschaftsregierung, wir brauchen endlich auch die Stärke, unsere eigenen Regeln am Ende durchzusetzen. Und schließlich: Joseph Daul, der Vorsitzende der Fraktion, in der die Vertreter der Nea Demokratia sitzen, sollte sich mit der Kritik an anderen Parteien etwas zurückhalten.
Guy Verhofstadt, im Namen der ALDE-Fraktion – (FR) Herr Präsident! Ich glaube, dass weder nationalistische noch marxistische Parolen uns die Lösungen liefern, die wir für die derzeitige Krise benötigen.
(Applaus)
Was wir derzeit erleben, Herr Präsident, ist meiner Meinung nach keine Währungskrise in der Union, noch nicht einmal eine Krise unserer gemeinsamen Währung. Vielmehr handelt es sich um eine Krise der EU-Steuerung. Das ist die aktuelle Situation. Ich würde sogar so weit gehen und sagen, dass es sich um eine Krise handelt, die durch den starrköpfigen Glauben der Mitgliedstaaten verursacht wurde, dass sie die Probleme Europas mit ihrem zwischenstaatlichen Ansatz lösen können. Tatsächlich darf in einem Währungsgebiet, Herr Präsident, nur eine einzige Methode, die Gemeinschaftsmethode angewendet werden, die auf dem Interesse Europas beruht, und kein Konglomerat aus nationalen Interessen, wofür der Europäische Rat bzw. der Rat der Europäischen Union logischerweise jeweils stehen.
Ich für meinen Teil habe daher drei Botschaften, die ich heute Morgen in dieser Debatte vermitteln möchte. Die erste Botschaft, Herr López Garrido, ist an den Rat gerichtet. Wir könnten vielleicht den spanischen Ratsvorsitz bitten, die Mitglieder des Rates aufzufordern, ein wenig Zurückhaltung in Bezug auf die Eurokrise zu üben. Denn immer, wenn eine Lösung gefunden wurde, um dem Euro zu helfen, fühlt sich irgendein Staats- oder Regierungschef verpflichtet, seine Meinung zu sagen und im Prinzip die gefundene Lösung zu sabotieren. Daher bin ich der Ansicht, dass der Rat als Erstes aufgefordert werden muss, sich etwas zurückzunehmen und die Kommission und die Europäische Zentralbank Lösungen erarbeiten zu lassen.
Meine zweite Botschaft richtet sich an die Kommission. Ich glaube, Herr Rehn, dass Sie letzten Mittwoch einige mutige Entscheidungen getroffen haben, die in die richtige Richtung gehen. Doch meiner Meinung nach muss die Kommission noch weiter gehen. Momentan haben wir also eine Arbeitsgruppe. Diese Arbeitsgruppe des Rates trifft sich vermutlich im Oktober oder gegen Ende des Jahres, um Lösungen zu erarbeiten. Meiner Meinung nach ist das viel zu spät. Es ist Aufgabe der Kommission, die das Initiativrecht hat, in den kommenden Wochen und Monaten ein ambitioniertes Gesamtpaket zu schnüren. Das ist absolut erforderlich. Wir dürfen nicht warten, bis eine Arbeitsgruppe des Rates uns sagt, was zu tun ist. Diese Initiative muss von der Kommission kommen. Es ist Aufgabe der Kommission, ein umfassendes Paket zu erarbeiten, das dann dem Rat und dem Parlament vorgelegt wird und das nach meiner Ansicht vier Elemente umfassen sollte.
Erstens, Stärkung des Stabilitäts- und Wachstumspaktes. Das heißt im Klartext Sanktionen. Ich persönlich befürworte die Idee von Herrn Rehn und ich hoffe, dass alle anderen dies auch tun. Er sagt, die Kommission solle im Rahmen dieses Pakets damit beauftragt werden, Haushaltspläne einem „Screening“ zu unterziehen, bevor sie von den nationalen Parlamenten genehmigt werden. Dies ist keine Angelegenheit der Subsidiarität oder des Mangels an Subsidiarität, sondern eine Angelegenheit der Treue gegenüber dem Stabilitäts- und Wachstumspakt sowie gegenüber dem Euro. Wir können nicht einerseits behaupten, dass wir Mitglieder dieses Stabilitäts- und Wachstumspaktes und des Euroraums sind und andererseits, dass unser Haushaltsplan nichts mit dem Euro zu tun hat oder dass dieser ausschließlich eine nationale Angelegenheit ist.
Zweitens glaube ich, dass dieses Paket auch eine überzeugende Strategie 2020 umfassen muss. Die Strategie, die derzeit auf dem Tisch des Rates liegt, Herr López Garrido, ist keineswegs überzeugend. Werden Sie im Juni zu einer Lösung kommen? Was werden Sie jedoch im Juni im Hinblick auf die Strategie 2020 beschließen? Werden Sie das Gleiche beschließen wie bei der Strategie von Lissabon, die fehlgeschlagen ist? Wird es wieder die offene Koordinierungsmethode sein? Also, wenn Sie es ernst meinen, müssen Sie der Kommission alle Instrumente zur Verfügung stellen, die sie zur Umsetzung dieser Strategie 2020 benötigt, dieser Wirtschaftsstrategie, die uns aus der Krise befreien muss.
Der dritte Punkt, der unbedingt notwendig ist, ist die Schaffung eines Europäischen Währungsfonds als Ersatz für den Stabilitätsmechanismus, der ins Leben gerufen wurde, denn dieser Mechanismus ist, wie Sie, Herr Rehn, selbst gesagt haben, der Aufgabe nicht gewachsen. Ich betone noch einmal, dass es sich hierbei um einen zwischenstaatlichen Mechanismus handelt, der von ECOFIN erdacht wurde und Einstimmigkeit erfordert. Jeder einzelne Kredit, der gewährt wird, muss von allen Mitgliedstaaten genehmigt werden. Dieses System kann langfristig nicht funktionieren und daher ist ein Europäischer Währungsfonds, der von der Kommission und, sofern nötig, von der EZB verwaltet wird, erforderlich. Ihm dürfen jedoch nicht die Entscheidungen überlassen werden, für die alle Mitgliedstaaten im Euroraum die Verantwortung tragen. Schließlich benötigen wir einen europäischen Anleihemarkt.
Das sind unsere Erwartungen an die Kommission, Herr Rehn. Wir möchten, dass Sie ehrgeizig und mutig genug sind, ein ambitioniertes Paket, das diese vier Punkte umfasst, auf den Verhandlungstisch des Rates und des Parlamentes zu bringen.
(Applaus)
Rebecca Harms, im Namen der Verts/ALE-Fraktion. – Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Meine Fraktion hat sich erneut entschieden, sich zu dem Finanzstabilisierungsmechanismus, der an dem Krisenwochenende in Brüssel vor knapp zwei Wochen verabredet worden ist, positiv zu verhalten.
Wir verbinden diese Unterstützung mit einem eindeutigen Bekenntnis zu mehr gemeinsamer Wirtschaftspolitik und mehr gemeinsamer Finanzpolitik. Das ist für meine Fraktion nichts Neues. Da stehen wir in einer jahrelangen Tradition. Wir verknüpfen aber dieses Bekenntnis, Herr Rehn, sehr geehrter Vertreter der spanischen Präsidentschaft, auch mit einer Forderung, sich jetzt endlich ernsthaft zu entscheiden, auf der europäischen Ebene nicht mehr weiter nur die Symptome der Krise zu bekämpfen, sondern die Krise in ihrer vollen Herausforderung anzugehen.
Unsere Analyse lautet, dass wir seit 2008 an Symptomen kurieren. Seit 2008, seit der Lehman-Pleite, sind wir dabei, Banken zu retten. Das möchte ich nochmals sagen: Man muss den Bürgern gegenüber auch mal ehrlich sein! Am vorletzten Wochenende ist noch nicht der Euro stabilisiert worden. Am vorletzten Wochenende sind zunächst einmal wieder sehr viele deutsche und französische Banken gerettet worden. An den Börsenkursen danach hat man sehr gut sehen können, was passiert ist, aber aus diesem Retten müssen wir herauskommen. Das kostet inzwischen Milliarden und Abermilliarden! Wir wissen nicht mehr, wo wir dieses Geld eigentlich hernehmen sollen, und wir trauen uns – wenn man sich die Einigung im ECOFIN ansieht – eigentlich nur Minischritte der Rückkehr zur staatlichen Regulierung auf den Finanzmärkten zu.
Das stellen wir heute in den Mittelpunkt unserer Forderung: Der Staat muss – mit großer Entschiedenheit – auf die Finanzmärkte zurückkehren. Er darf sich nicht länger von Banken und Spekulanten, über die dann geschimpft wird, in Schach halten lassen! Ja, Banken sind systemrelevant, aber in diesem System muss etwas furchtbar faul sein, wenn wir – toleriert durch die Politik – immer und immer wieder an den Rand der Existenzfähigkeit unserer Staaten gebracht werden.
Ich möchte es ganz kurz zusammenfassen: Für uns müssen nun bestimmte Dinge eindeutig beschlossen werden, es gibt Zeichen, dass es in einigen Staaten der EU in die richtige Richtung geht, aber wir glauben, dass die ganzen Gift-Papiere und Leerverkäufe EU-weit verboten werden müssen, dass Hedgefonds an die allerkürzeste Leine gehören und dass die Einführung einer Finanztransaktionssteuer jetzt nichts mehr nur für Sonntagsreden sein darf, sondern dass wir diese Steuer brauchen, unter anderem, um das, was wir mit öffentlichem Geld leisten, auch zu refinanzieren. Auch die Beteiligung von Banken und Spekulanten darf nicht nur etwas für Sonntagsreden sein, sondern wir können sie durch die Einführung dieser Steuer tatsächlich gewährleisten.
Eine zweite Sache, die mich sehr umtreibt, ist die Zukunft einer koordinierten Haushaltspolitik in der Europäischen Union, die Haushaltsdisziplin. Das kenne ich aus Deutschland sehr gut, dieses Wort. Ich würde aber vorschlagen, dass wir uns im Zusammenhang mit Krisenmanagement und mit der Abstimmung über Europa 2020 doch nochmals darüber verständigen, was wir eigentlich wollen, wie die Mitgliedstaaten, wie Europa sich unseren Bürgern in fünf oder zehn Jahren auf der Ebene der Verantwortung des Staates präsentieren sollen. Soll die europäische Strategie jetzt ein Rammbock gegen die soziale Verantwortung des Staates sein? Ich möchte gerne wissen, wie Sie sich das vorstellen: Kindergärten, Schulen, Universitäten, Bibliotheken, Altersversorgung, Krankenhäuser, Museen, Theater.
Mein Kollege Daniel Cohn-Bendit hat vor einer Woche gesagt, Griechenland braucht mehr Zeit, um seinen Sanierungsplan zu machen. Ich kenne inzwischen ja die desaströse finanzielle Lage in vielen Mitgliedstaaten. Ich glaube, da brauchen einige Zeit, um zu sagen, wie es denn gehen soll. Wie gesagt, ein Rammbock gegen das Soziale, das wäre bestimmt das Falscheste, was die Europäische Union jetzt vertreten kann, doch das spricht nicht dagegen, sorgfältig Haushaltspolitik zu machen, Generationengerechtigkeit zu verwirklichen. Wir haben als Grüne solche Haushalte in Deutschland tatsächlich immer wieder mitgetragen.
Einen letzten Punkt möchte ich ansprechen: Die Klimapolitik, die nachhaltige Entwicklung heute unterzupflügen, wie sich das andeutet, würde bedeuten, tatsächlich das Drehbuch des Teufels umzusetzen. Innovationen von Industrie und Wirtschaft, klimafreundliche Umstellung unserer Produktion, Organisation des öffentlichen Verkehrs, das darf nicht hintangestellt werden. Wir müssen durch Innovation, durch Zukunftsfähigkeit, durch Nachhaltigkeit Arbeit sichern, und auch dafür brauchen wir Geld! Es ist tabu, über neue Steuern zu sprechen. Ich sage Ihnen aber, dass ich heute davon überzeugt bin, dass wir aus der derzeitigen Krise nicht herauskommen, wenn wir das Tabu des Staatlichen, der Rolle des Staates und der Notwendigkeit von klugen Steuern nicht brechen!
(Beifall)
Timothy Kirkhope, im Namen der ECR-Fraktion – Herr Präsident! Bei einigen derjenigen, die die Europäische Union unterstützen, ist es mittlerweile leider ein charakteristisches Merkmal, zu glauben, mehr Integration sei die Lösung für jedes Problem. Dieser Ansatz geht am Kern der Sache vorbei. Was Europa zu häufig fehlt, sind nicht weitere Mechanismen zur Umsetzung vereinbarter Strategien, sondern die politische Entschlossenheit, Zusagen einzuhalten, die bereits gemacht, aber nicht umgesetzt wurden.
Daher hoffe ich ernsthaft, dass die Initiative Europa 2020, die zweifellos notwendig ist, um die in Europa herrschende Wirtschaftskrise zu bewältigen, nicht auf eben dieser Grundlage fehlschlägt. Was die Krise im Euroraum angeht, wird uns jedoch gesagt, dass die Union, um künftig ähnliche Krisen zu vermeiden, Befugnisse benötigt, um die vorzeitige Vorlage von Haushaltsentwürfen durch souveräne Regierungen zu verlangen und Mitgliedstaaten härter zu bestrafen. Doch Informationen zu Haushaltsplänen sollten eigentlich schon jetzt verfügbar sein. Sie waren bisher nur fehlerhaft und wurden nicht hinreichend geprüft.
Würde die Qualität der Informationen und die Kompetenz derjenigen, die die Daten auswerten, nur deswegen zunehmen, weil ein anspruchsvolleres Verfahren eingeführt wurde? Sanktionen gab es auch vorher schon, sie waren nur nicht besonders glaubwürdig. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Sanktionen verhängt werden, wird nicht höher, wenn man sie ausweitet. Würde man neue Maßnahmen ernster nehmen? Des Weiteren stellt die Emission von Schulden, wodurch der EU-Haushaltsplan womöglich erhöht wird und unmittelbare Bürgschaften für EU-Kredite übernommen werden, eine deutliche Abweichung dar, die die Grundsätze der ausgewogenen Haushaltspolitik, welche wir hier verstärken sollen, untergräbt.
Die EKR-Fraktion möchte, dass der Euro ein Erfolg ist, für die Länder, die sich für den Beitritt entscheiden und für die Länder, die der europäischen Wirtschaft im weiteren Sinne angehören. Doch dazu müssen die Mitgliedstaaten ihre Verantwortung ernst nehmen, ehrlich zueinander sein und die vereinbarten Verpflichtungen einhalten.
Die Kommission hat selbst zugegeben, dass die Vorschläge zu einer erheblichen Vertiefung der Wirtschafts- und Währungsunion führen werden. Kein Wunder, dass in der englischen Fassung des Textes über den Gipfel im März von „Governance“ (Regieren oder Steuerung) die Rede ist, wovon auch die Kommission gesprochen hat, während es in der französischen Fassung „Government“ (Regierung) heißt. Es scheint, dass einige tatsächlich eine zentrale europäische wirtschaftliche „Regierung“ anvisieren, doch dadurch werden unsere derzeitigen Probleme nicht gelöst: Dies wäre zum Nachteil unserer Bürgerinnen und Bürger, unserer Mitgliedstaaten und meiner Meinung nach auch der Europäischen Union an sich.
Lothar Bisky, im Namen der GUE/NGL-Fraktion. – Herr Präsident! Die letzten Ratstagungen weisen auf tiefgreifende Veränderungen hin. Was wir aktuell erleben, ist ein Prozess der Gouvernementalisierung der Europapolitik. Wurde nicht in Lissabon die Rolle des Parlaments, seine Stärkung gelobt? Wir haben das auch gelobt.
Tatsächlich werden jetzt ganz grundlegende Festlegungen zwischen den Regierungen getroffen und unvorstellbar hohe Summen ausgegeben. Die Parlamente haben bisher zu wenig zu sagen, und da muss man sich wehren. Mit der Methode, die die Regierenden angewandt haben, sind gewaltige Summen in die Rettung selbstverschuldet hochverschuldeter Banken geflossen. Diese Regierungen haben mit Steuergeldern den Kasinokapitalismus gerettet. Bei der Rettung verschuldeter Staaten sind sie vor allem durch Zögerlichkeit aufgefallen. Irgendwo hat man dann 750 Milliarden Euro ausgegraben. Die Frage ist: Rettet die Gelddruckmaschine die wirtschaftliche Entwicklung? Ich glaube, sie rettet eher das Kapital der Banken. Die Europäische Union muss aber mehr sein als ein freier Binnenmarkt mit einer einzigen Währung.
Kommissionspräsident Barroso hat recht, wenn er sinngemäß sagt, ohne eine wirtschaftspolitische Union könne man auch die Währungsunion vergessen. Allerdings kann ich da noch keine klaren Konturen erkennen. Das Pochen auf den gescheiterten Stabilitäts- und Wachstumspakt hat mit einer sinnvollen wirtschaftspolitischen Koordination relativ wenig zu tun. Es fehlt eine Sozialunion. Was fehlt, ist die nachhaltig wirksame Reregulierung des Finanzsektors. Es fehlt eine koordinierte Steuerpolitik, es fehlt eine koordinierte Lohnpolitik, es fehlt die Finanztransaktionssteuer, obwohl sie schon sehr lange im Gespräch ist, aber eben nur im Gespräch.
Es ist Zeit, den Sozialstaat durch die Institutionen der EU zu sichern, nicht ihn abzubauen. Die Angst der Griechen und anderer Bevölkerungen kommt ja auch daher, dass sie sehen, wie sozial zugegriffen wird. Es ist Zeit, für eine Harmonisierung sozialer Standards auf hohem Niveau zu streiten.
Hedgefonds gehören verboten, Steueroasen endlich ausgetrocknet. Bei der Bekämpfung der Finanzmarktkrise kommt man nur im Schneckentempo voran. Das ist angesichts der Spekulationsgeschwindigkeiten zu wenig. Gänzlich falsch ist es, in den immer häufigeren Notsituationen die Milliarden als Verluste zu sozialisieren und die Gewinne zu privatisieren. Die Banken dürfen sich nicht unter Mithilfe des Staates direkt beim Steuerzahler bedienen. Nebenbei ist für mich eines sicher: Man wird unter den gegenwärtigen Bedingungen den Begriff des Bankräubers neu definieren müssen.
Niki Tzavela, im Namen der EFD-Fraktion – (EL) Herr Kommissar! Ich möchte diese Gelegenheit nutzen, um Ihnen persönlich für Ihre harte und wirkungsvolle Arbeit im Zusammenhang mit der Wirtschaftskrise in Griechenland zu danken. Außerdem möchte ich allen Parteien im Parlament für die Unterstützung und Solidarität danken, die sie Griechenland zuteil werden ließen.
Ich habe drei Vorschläge und möchte diesbezüglich unbedingt um deren Unterstützung bitten. Was die Annahme eines dauerhaften Instruments für wirtschaftspolitische Steuerung angeht, hat das Bruegel-Institut, eine wirtschaftswissenschaftliche Denkfabrik, Folgendes vorgeschlagen: Die Europäische Zentralbank sollte Bürgschaften für europäische Anleihen in Höhe von bis zu 60 Prozent des BIP jedes Landes übernehmen. Hierbei handelt es sich um die sogenannten „Blue Bonds“. Was über die 60 Prozent des BIP hinausgeht, muss zu Marktbedingungen geliehen werden, die sogenannten „Red Bonds“. Dies ist ein Vorschlag für ein dauerhaftes Instrument zur wirtschaftspolitischen Steuerung. Wir müssen keine neuen Mechanismen und so weiter einrichten und dieses Instrument kann schnell angenommen werden.
Ich habe zwei Ad-hoc-Vorschläge für Griechenland: Der Internationale Währungsfonds könnte die Rückzahlungsfrist für den Kredit an Griechenland von drei auf fünf Jahre verlängern. Wenn die europäischen Kreditgeber ihre Fristen ebenfalls verlängern, wäre es für Griechenland wesentlich einfacher und realistischer, die Schulden zurückzuzahlen, was wiederum ein positives Signal für die Märkte wäre. Der zweite Vorschlag: Der Betrag, mit dem Griechenland unterstützt wird, könnte zur Rückzahlung unserer Anleihen genutzt werden. Ein vernünftiger Umgang mit dem Problem wäre es, wenn Europa die Ressourcen jetzt freigeben würde, die Griechenland in Zukunft erhalten soll und die zur Förderung der griechischen Wirtschaft vorgesehen sind. Derzeit ist die griechische Regierung in der Defensive. Sie versucht, Geld zusammenzutragen, um die Schulden abzubauen. Wir können jedoch nicht gleichzeitig versuchen, das Wachstum anzuregen. Aus diesem Grund, Herr Kommissar, glaube ich, dass es sinnvoll wäre, eine Parallelmaßnahme zur Anregung des Wachstums zu unterstützen.
Abschließend möchte ich meine Hoffnung zum Ausdruck bringen, dass die Krise in Griechenland der einzige Preis ist, den die Europäische Union für die überstürzte Einführung der wirtschaftspolitischen Steuerung zu zahlen hat, die schon vor zehn Jahren hätte erfolgen sollen. Hoffentlich ist die griechische Krise der einzige Preis, den wir zahlen müssen.
Präsident – Frau Tzavela, ich habe Sie nicht deswegen unterbrochen, weil Sie aus Griechenland sind, dieses Thema ist sehr wichtig, sondern weil Sie mehr als eine Minute lang geredet haben. Bitte halten Sie sich beim nächsten Mal an die vorgegebene Zeit.
Nicole Sinclaire (NI). – Herr Präsident! Als Sie im letzten Jahr Präsident dieses Hohen Hauses wurden, sagten Sie, Sie würden alle Fraktionen gleich behandeln. In dieser interessanten Debatte ist mir aufgefallen, dass Herr Schulz länger als zwei Minuten gesprochen hat. Alle Fraktionen haben ihre Zeit überzogen, aber Sie haben eine Fraktion gerügt. Können Sie mir das erklären?
Präsident – Frau Sinclaire, ich möchte darauf hinweisen, dass ich die Zeit stets im Auge behalte. Diese Beiträge waren tatsächlich einige Sekunden zu lang. Die Abgeordnete, die zuletzt sprach, hat am längsten überzogen, doch ich habe dies zugelassen, weil sie Griechenland vertritt und außerdem handelte es sich um die Meinung einer Person, die in Griechenland lebt, und ich hielt diese Angelegenheit für wichtig. Grundsätzlich lasse ich es nicht zu, dass die Redner ihre zugewiesene Zeit überschreiten. Doch ich denke, wir sind uns alle einig, dass die Aussage von Frau Tzavela für uns von besonderer Bedeutung war.
Francisco Sosa Wagner (NI). – (ES) Herr Präsident! Wir mussten bis an den wirtschaftlichen Abgrund gehen, damit die Staats- und Regierungschefs begreifen, dass nicht mehr Nationalismus, sondern mehr Europa der richtige Weg ist.
Einige der angenommenen Maßnahmen gehen in diese Richtung, etwa die Einschränkung der Vetorechte im Europäischen Rat oder der Ansatz für eine europäische Staatskasse.
Endlich, wenn auch sehr spät, haben wir erkannt, dass wir alle im selben Boot sitzen und es keinen Sinn ergibt, sich um einzelne Probleme zu kümmern, erst recht nicht auf improvisierte Weise.
Ich frage mich jedoch, ob es sich bei dieser Haltung um eine Abschweifung oder im Gegenteil um den Beginn echter europäischer wirtschaftspolitischer Steuerung handelt, denn was wir nicht brauchen, meine Damen und Herren, ist Steuerung. Was wir brauchen ist eine echte Regierung, wenn wir uns nach dem Willen der Gründerväter richten wollen.
Das Parlament muss daher alle Reformen vorantreiben, die der Stärkung Europas dienen, sowie die Haushalts- und Finanzdisziplin in die Tat umsetzen. Gleichzeitig muss es das nostalgische Konzept von Souveränität vergessen.
Meine Damen und Herren, die Stärkung der Europäischen Kommission und die Stärkung des Parlaments ist das einzig richtige Rezept für den Aufbau eines Europas, das sich andernfalls in Luft auflösen würde.
Corien Wortmann-Kool (PPE). – (NL) Herr Präsident! Ich habe gelernt, dass, wenn der Bauernhof von Herrn Daul brennt, zunächst das Feuer gelöscht werden muss. Daher wird das Rettungspaket, das der Rat und die Kommission beschlossen haben, von unserer Fraktion, der Fraktion der Europäischen Volkspartei (Christdemokraten), uneingeschränkt unterstützt.
Dass an nur einem Wochenende eine Entscheidung über ein Paket in der Größenordnung von Hunderten Milliarden Euro gefällt werden musste, war ein Weckruf und hat gezeigt, dass strengere und konsequentere Haushaltsvorschriften notwendig sind und gestärkt werden müssen.
Herr Präsident, der Beschluss des Rates war einstimmig. Auch wir sollten Einstimmigkeit beweisen. Als ich Herrn Schulz, dem Vorsitzenden der Fraktion der Progressiven Allianz der Sozialisten & Demokraten im Europäischen Parlament, zuhörte, musste ich jedoch leider feststellen, dass diese Einstimmigkeit in diesem Haus nicht zu finden ist. Wir alle im Parlament wünschen uns ein Europa mit nachhaltigem Wirtschaftswachstum, genügend Arbeitsplätzen für unsere Bürgerinnen und Bürger sowie gesunden Unternehmen. Das können wir jedoch nur mit einer stabilen Währung und einer stabilen Wirtschaft erreichen.
Für eine ambitionierte Strategie EU 2020 ist ein Stabilitäts- und Wachstumspakt, der durchgesetzt wird, unerlässlich. Bei beiden oben genannten Punkten hängt der Erfolg von einer soliden europäischen Steuerung ab. Dies steht im Mittelpunkt der Entschließung, die wir in der letzten Woche mit den Fraktionen im Parlament diskutiert haben. Kommissar Rehn verdient unsere Unterstützung und ich finde es unverantwortlich, dass unsere Kolleginnen und Kollegen der S&D-Fraktion diese Unterstützung verweigern.
Verantwortungsloses Verhalten von Spekulanten ist zwar nicht die Ursache, hat jedoch die Eurokrise angefacht. Was unsere Fraktion betrifft, muss Kommissar Barnier intensiv an Vorschlägen arbeiten, um das verantwortungslose Verhalten auf den Finanzmärkten zu bekämpfen.
Hannes Swoboda (S&D). - Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Wortmann-Kool irrt in zweifacher Hinsicht: Erstens wollen wir ja gar nicht, dass der Hof von Herrn Daul brennt. Wir wollen überhaupt nicht, dass ein Hof brennt, wir wollen Vorsorge betreiben, das ist die Zielrichtung.
Zweitens unterstützen wir sehr wohl die Maßnahmen, die Herr Rehn vorgeschlagen hat, sie sind nur in manchem zu kurz gegriffen, genau in diesem Sinn, denn die meisten Maßnahmen werden erst vorgeschlagen, wenn der Hof von Herrn Daul bereits brennt. Sie sagen zu Recht auch in einigen Punkten, dass wir verhindern müssen, dass er überhaupt brennt, und das ist das Entscheidende, worauf ich zu sprechen kommen möchte. Denn wenn Herr López Garrido heute gesagt hat, die Entscheidungen wären zum Verzweifeln langsam zustande gekommen, dann ist es ja auch so, dass wir zum Verzweifeln langsam gemerkt haben, was sich in den letzten zehn Jahren in der Europäischen Union entwickelt hat.
Herr Rehn hat zu Recht darauf hingewiesen, dass die Unterschiede in Bezug auf die Wettbewerbsfähigkeit zwischen den einzelnen Euro-Ländern zu- und nicht abgenommen haben. Was Sie nicht erwähnen, Herr Rehn, und was für uns sehr wichtig ist, ist, dass die Unterschiede zwischen Arm und Reich in Europa zunehmen. Und auch wenn das für einen Verhofstadt vielleicht nach Marxismus klingt, für uns ist das eine Frage der sozialen Sicherheit und der sozialen Politik. Aber das interessiert halt einige Herren nicht.
Wie wollen Sie denn die wirtschaftlichen Maßnahmen, die strengen Budgetmaßnahmen, die Sie zu Recht vorschlagen, bei den Menschen unterbringen, wenn die Menschen merken, dieses Europa und auch die Eurozone sind durch zunehmende Unterschiede zwischen Arm und Reich gekennzeichnet. Das ist nicht akzeptabel, und deshalb gibt es auch mehr Proteste gegen die notwendigen Maßnahmen, als es geben müsste.
Deshalb unsere Forderung an die Kommission und auch an den Rat: Wir müssen sicherlich die Wettbewerbsunterschiede wieder verringern. Es muss gelingen – und da gebe ich Ihnen vollkommen Recht –, die Wettbewerbsfähigkeit auch von Ländern wie Griechenland, Spanien etc. zu erhöhen. Es geht nicht um eine Verschlechterung der Wettbewerbsbedingungen von Deutschland, Holland, Österreich oder anderen Staaten, sondern um eine Verbesserung der Wettbewerbsbedingungen der wirtschaftlich schwächeren Länder. Das ist eine absolut richtige Strategie, doch in Ihrer Mitteilung, Herr Rehn, fehlen konkrete Maßnahmen, wie Sie das umsetzen wollen.
Sie haben heute die Arbeitsmarktreform und die Pensionssystemreform angesprochen. Das ist zwar richtig, aber es genügt doch nicht, den Arbeitsmarkt und die Pensionen zu reformieren, das geht auch wieder in Richtung Budget. Wenn wir die Infrastruktur nicht ausbauen, wenn wir nicht auch all das nutzen, was in Europa 2020 steht, auch was grüne Technologien etc. betrifft, dann wird es nicht gelingen, dieses Ziel zu erreichen. Daher bitte ich Sie zu beachten: Wettbewerbsfähigkeit und soziale Sicherheit müssen in Europa gestärkt werden!
Adina-Ioana Vălean (ALDE). – Herr Präsident! Ich möchte mich zu der Situation in den Mitgliedstaaten äußern, die nicht zum Euroraum gehören, aber dennoch die gleichen Sorgen haben. Die politisch Verantwortlichen in unseren Ländern haben uns die EU-Mitgliedschaft als Schutz vor wirtschaftlich schwierigen Zeiten verkauft, doch die Realität hat sich nun anders entwickelt. Der Euro wird trotz aller Bemühungen ständig von allen Seiten angegriffen und wir alle wissen, dass neues Geld nur eine provisorische Lösung für ein wesentlich tieferes Problem ist. Die Situation ist außergewöhnlich ernst und wir benötigen außergewöhnliche Lösungen.
Seien wir ehrlich: Eine stärkere wirtschaftliche Integration ist unvermeidlich und damit ist auch eine engere politische Union verbunden. Da dieses Ungleichgewicht zu erschreckenden Diskrepanzen zwischen Mitgliedstaaten führt und um die Finanzdisziplin auf europäischer Ebene sicherzustellen, sind verantwortungsvolles Handeln, Sanktionen und Compliance-Mechanismen gefragt. Wir müssen Möglichkeiten finden, um Investitionen anzuregen, Kapital anzuziehen und die Bürokratiekosten drastisch zu senken. Die Regierungen müssen intelligente Maßnahmen ergreifen. In Rumänien beispielsweise kürzt die Regierung die Renten und Gehälter, anstatt die Bürokratieausgaben oder Gelder für Politiker zu senken. In Rumänien beschäftigen die Geheimdienste mehr Personal als das FBI, doch anstatt hier den Rotstift anzusetzen, wird bei Ärzten und Lehrern gespart.
Ich fordere die Kommission dringend auf, an den vorgeschlagenen Maßnahmen festzuhalten und dem Druck von Mitgliedstaaten nicht nachzugeben, denn nur wenige gehen derzeit mit gutem Beispiel voran.
Philippe Lamberts (Verts/ALE). – (FR) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ja, wir brauchen einen verantwortungsvollen Umgang mit öffentlichen Geldern. Ja, wir benötigen ausgeglichene Haushaltspläne. Dies setzt einen verantwortungsvollen Umgang mit Ausgaben voraus und dazu wurde vorerst genug gesagt. Ja, dies erfordert natürlich eine verstärkte gegenseitige Beaufsichtigung unter Gleichrangigen. Aber nein, Mitglieder des Rates, und dies richtet sich vor allen Dingen an die männlichen und weniger an die weiblichen Mitglieder, es ist Betrug, die Menschen glauben zu lassen, dass wir die derzeitigen Schwierigkeiten allein durch Senkung der Ausgaben bewältigen werden, denn das wird Europa mit großer Sicherheit in eine Rezession stürzen, das wird mit großer Sicherheit das soziale Gefüge, diesen sozialen Zusammenhalt zerstören, der zur Identität der EU gehört. Wenn wir also die öffentlichen Finanzen wieder ins Gleichgewicht bringen möchten, was unsere einzige Möglichkeit ist, und gleichzeitig in der Lage sein sollen, zu investieren, denn es geht nicht nur darum, Defizite zu verringern, sondern auch in unsere Zukunft zu investieren, dann müssen wir neue Einnahmequellen finden. Das heißt, dass der Finanzsektor einen Beitrag leisten muss. Das heißt, Finanztransaktionen zu besteuern, aber auch die Banken, und wir haben nicht die Wahl zwischen dem einen oder dem anderen. Das heißt, dass wir diejenigen, die von der Situation am meisten profitiert haben, zur Kasse bitten. Ich spreche hier vom Energiesektor. Das heißt, wir müssen aufhören, an die Reichsten der Gesellschaft oder an Unternehmen, die Steueroasen nutzen, Geschenke zu verteilen, wie z. B. alle Steuerreformen, die bisher umgesetzt wurden, und wir müssen uns mehr bemühen, Steuerhinterziehung zu bekämpfen. Das heißt somit, meine Damen und Herren, dass wir gegen ein weiteres Tabu verstoßen müssen: Nicht das Steuertabu, sondern das Tabu der Souveränität, das Sie, Mitglieder des Rates – und leider mit Unterstützung der Fraktion der Europäischen Volkspartei (Christdemokraten) – um jeden Preis verteidigen werden. Es ist wohl besser, die Steuerhoheit zu behalten und damit zu scheitern, als die Ursache des Problems wirklich zu bekämpfen.
Schließlich, im Hinblick auf die Finanzaufsicht möchte ich anregen, ...
(Der Präsident unterbricht den Redner.)
Derk Jan Eppink (ECR). – Herr Präsident! Der amtierende Ratspräsident fragte vorhin, ob es eine Strategie gibt, um aus dieser Krise herauszukommen, und ich würde sagen: Ja, es gibt sie: Man nennt sie Fiskalkonservatismus. Es wurden zu lange mehr öffentliche Gelder ausgegeben als eingenommen. Das ist unser Strukturproblem. Der öffentliche Sektor war viele Jahre lang außer Kontrolle. Selbst in guten Zeiten hat die deutsche Regierung unter Herrn Schröder die 3-Prozent-Marke überschritten und Griechenland hat natürliche sämtliche Rekorde gebrochen, da die politische Klasse in Griechenland vollkommen unfähig ist, mit Geld umzugehen.
Wir hatten den Stabilitätspakt. Was hat Herr Prodi 2002 über den Stabilitätspakt gesagt? Sie waren ja Kabinettschef von Herrn Liikanen. Er hielt den Stabilitätspakt für dumm. Also mussten wir ihn ändern. Dies war der Hüter der Verträge. Wir haben ihn tatsächlich geändert und ihm so das sichere Fundament entzogen. Wohin das geführt hat, sehen wir heute. Die EU wird viele Jahre lang Fiskalkonservatismus betreiben müssen und das wird sehr wichtig sein.
Was wir brauchen, sind Innovationen, freiere Märkte und mehr unternehmerische Fähigkeiten, Herr Schulz. Herr Ratspräsident (aus Spanien): Benötigen wir eine Besteuerung? Nein, sie würde die Situation nur noch verschlimmern. Sie zwingt die EU in die Stagnation und damit werden Sie zum Gegenteil von Robin Hood.
Ich kann die Wut der Menschen nachvollziehen, der Rentner, der Menschen mit Ersparnissen. Ich kann die deutschen Steuerzahler verstehen. Sie wissen, dass sie zahlen müssen, aber es kann nicht sein, dass immer die deutschen Steuerzahler zur Kasse gebeten werden. Ich finde es ein wenig anmaßend von Herrn Verhofstadt (wenn er noch da ist), Frau Merkel zu verbieten, weiter über den Euro zu reden. Das kam aus dem Munde eines ehemaligen Regierungschefs, der sein eigenes Land heruntergewirtschaftet hat. Was will er uns also beweisen?
Patrick Le Hyaric (GUE/NGL). – (FR) Herr Präsident! Sie werden die Finanzmärkte nicht beruhigen können, ohne einen geheiligten Grundsatz aufzugeben, den Sie verteidigen, nämlich den vollständig freien Kapitalverkehr und den sogenannten freien Wettbewerb, was in Wirklichkeit unlauterer Wettbewerb bedeutet.
Heute wird enorm viel Geld auf den Tisch gelegt, doch diese Summe dient im Grunde lediglich der Beruhigung der Finanzmärkte, während den Menschen nur weitere Belastungen in Aussicht gestellt werden. Sie haben den IWF wieder ins europäische Boot geholt. Warum wurden wir zu dieser Entscheidung nicht befragt? Und jetzt möchten Sie sich in einer Hauruck-Aktion Macht aneignen, indem Sie versuchen, die nationalen Haushaltspläne der Aufsicht der Kommission selbst zu unterstellen.
Sie reden ununterbrochen von Defiziten und Schulden. Aber warum sprechen wir nie über die Einnahmequellen, die es tatsächlich gibt? Wir haben derzeit ein Defizit, weil wir konsequent die Vermögenssteuer gesenkt und die Bedingungen für eine zunehmend ungerechte Verteilung des Wohlstands geschaffen haben. Daher sollten als Maßnahmen unter anderem die Satzung und die Aufgabe der Europäischen Zentralbank geändert werden. Wir brauchen echte Solidarität ...
(Der Präsident unterbricht den Redner.)
Mario Borghezio (EFD). – (IT) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wie lange wird es den Euro noch in seiner derzeitigen Form geben? Steuern wir womöglich auf seine Destrukturierung in einem oder zwei Jahren zu?
Ich bin nicht der Meinung, dass wir ein neues Defizit von 750 Mrd. EUR schaffen sollten, um ein früheres Defizit abzubauen, oder dass diese Maßnahmen ausreichen, um die sozioökonomische Zukunft von 500 Mio. Europäern zu sichern. Ebenso wenig bin ich mit dem Dogma einverstanden, den Euro in seiner jetzigen Form zu retten, da zu diesem Zweck der Euro möglichst niedrig gehalten und die Zinsen gesenkt werden sollten, um Kapital für produktive Investitionen in unsere Industrien, die ums Überleben kämpfen, bereitzustellen, anstatt für öffentliche Kassen.
Ich bin nicht damit einverstanden, dass die Europäische Kommission erwartet, die Haushaltspläne der Mitgliedstaaten vor den nationalen Parlamenten prüfen und überarbeiten zu können, was das Ende der Souveränität bedeuten würde. Ich bin nicht mit einer Wirtschafts- und Finanzstrategie einverstanden, die keine individuellen Anforderungen mehr berücksichtigt.
Hans-Peter Martin (NI). - Herr Präsident! Ich möchte mich gegen die unerträgliche europafeindliche Haltung des Rates wenden. Sie jammern über die Krise, und Sie führen jetzt ein Wirtschaftsprotektorat ein, dabei sind Sie für viele Ursachen zentral mitverantwortlich! Sie haben Regulierungen nicht zugelassen, als sie notwendig waren. Um nur ein Beispiel zu nennen: Eurostat. Die ach so viel gescholtenen – auch von mir immer wieder in anderen Bereichen kritisierten – Beamten haben rechtzeitig auf die Probleme in Griechenland, im Übrigen auch in Spanien und Portugal, hingewiesen. Die Kommission hat verlangt, dass entsprechende Untersuchungsrechte für Eurostat eingerichtet werden. Und wer hat blockiert? Sie aus Spanien, aus England – Herr Martin ist nicht da –, die Deutschen, Daul und seine Leute aus Frankreich und jawohl, auch die Österreicher, weil Sie nicht wollten, dass man Ihnen selbst in die Bücher schaut, weil Sie wussten, dass da vieles im Verborgenen liegt. Dies gilt übrigens auch für den Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser, der jetzt in deutschen Fernsehshows herumtut und herumturnt, statt sich entsprechenden strafrechtlichen Vorwürfen in Österreich auszusetzen.
Was wir in Wirklichkeit brauchen, ist natürlich keine Notregierung. Sie werden nicht das tun, was die Amerikaner sinnvollerweise in einer ähnlichen Krise gemacht haben, also einen Glass-Steagall Act zu verabschieden, das Eigenkapital der Banken entsprechend zu erhöhen, die Schattenbanken einzudämmen, die systemischen Risiken abzubauen. Was wir stattdessen brauchen, ist eine demokratische Legitimation, ein Zwei-Kammer-System, das endlich diesem Unfug des Rates, der sich nach außen hin so proeuropäisch gebart, aber nach innen seine Entscheidungen nicht demokratisch legitimiert trifft, ein Ende bereitet, damit wir zu einer echten Demokratie in Europa kommen!
Othmar Karas (PPE). - Herr Präsident, meine Damen und Herren! Erstens zeigt die Krise uns sehr deutlich die Grenzen der Verträge auf, unsere eigenen Schwächen, die Doppelmoral im Umgang mit der Europäischen Union, die Defizite, die Fehler und den Mangel an Ernsthaftigkeit.
Zweitens zeigt sie uns deutlich auf, dass der, der seine Hausaufgaben nicht macht, sich selbst schadet und die Gemeinschaft gefährdet. Das gilt zunächst für die Mitgliedstaaten, aber auch für die Kommission und uns selbst.
Zum Dritten: Wenn sich die Europäische Union Ziele, Regeln setzt, sich auf Verfahren und Sanktionen einigt, darf die Kommission nicht von der Zustimmung der Mitgliedstaaten abhängig sein, wenn sie das tun will, wozu sie verpflichtet ist. Wir benötigen eine Automatisierung des Defizit- und Sanktionsverfahrens.
Viertens an den Rat: Beenden Sie die Eurostat-Blockade! Eurostat muss in den Mitgliedstaaten prüfen können, wann sie wollen, und deren Mitarbeiter müssen sprechen können, mit wem sie wollen und es für richtig halten. Information ja, Vorabgenehmigung nein!
Fünftens: Sie sprechen die Hedgefonds an. Wir haben sie noch nicht beschlossen. Ich lade den Rat ein, sehr rasch mit dem Parlament zu verhandeln, damit wir noch vor dem Sommer in erster Lesung die Hedgefondsregelung beschließen können.
Sechstens zur Transaktionssteuer: Fordern wir sie nicht, setzen wir sie um! Die Kommission sollte rasch einen Vorschlag machen vorlegen, wie der europäische Vorschlag für eine Transaktionssteuer aussieht.
Achtens an den Rat: An den Rat: Wir verpflichten Verpflichten Sie sich uns zu einer EU-Verträglichkeitsprüfung für alle nationalen Gesetze mit EU-Relevanz.
Neuntens: Wir benötigen eine Studie über die Auswirkungen aller Maßnahmen auf die Realwirtschaft, und wir benötigen mehr Europa und weniger Intergouvernementalismus.
(Der Präsident entzieht dem Redner das Wort
Udo Bullmann (S&D). - Herr Präsident, Herr López Garrido, der Sie den Rat vertreten, werte Kolleginnen und Kollegen! Ich habe eine sehr konkrete Frage, damit wir aus dieser Ohnmacht und aus diesem Nebel herauskommen, der über der Krise liegt, wo man nie weiß, warum diese Krise entstanden ist und wie wir wieder herausfinden. Kollege Schulz hat von diesen sehr kritischen Spekulationsprodukten, Kreditausfallversicherungen und schädlichen Leerverkäufen gesprochen, mit denen Griechenland an den Rand der Katastrophe gedrängt wurde und die ein großes Problem für Portugal und für viele andere darstellen könnten. Warum, Herr López Garrido – und Sie haben sich in letzter Zeit häufig im ECOFIN-Rat getroffen –, war es nicht möglich, in einer konzertierten Aktion der Mitgliedstaaten diese Produkte zu verbieten?
Ich habe das in meiner eigenen nationalen Hauptstadt in den letzten Wochen und Monaten oft gefragt, und Sie haben Monate gebraucht, um erst gestern Nacht schädliche Leerverkäufe zu verbieten. Ich frage mich, warum muss das Kind immer erst in den Brunnen gefallen sein, damit wir die entsprechenden gesetzlichen Maßnahmen, die wir heute schon haben, ergreifen, um die Bevölkerungen und die Volkswirtschaften zu schützen? Ich glaube, dass es etwas damit zu tun hat, wenn Sie sagen, es ist diese fürchterliche Langsamkeit, diese enervierende, kranke Langsamkeit im Rat. Ich biete Ihnen einen Pakt an: Wir, das Europäische Parlament, machen konkrete Vorschläge. Wir haben in Bezug auf die Regulierung der Aufsichtsgremien und in der Diskussion über die Hedgefonds vorgeschlagen, dass wir auf europäischer Ebene entsprechende Maßnahmen ergreifen können, und wir werden es, Herr Langen, wenn Sie das machen, was Sie immer sagen, auch bei den Derivaten beschließen.
Wir bitten Sie jetzt sehr dringend, wir fordern Sie auf, dass sich der Rat endlich bewegt, um das mit uns Gesetz werden zu lassen, damit wir in Europa handeln können und nicht mehr auf diese unendliche Langsamkeit des Rates warten müssen, sondern die europäischen Instrumente in der Hand haben, um voranzukommen. Bitte helfen Sie im Rat mit, dass das funktioniert. Aber dazu muss der Rat sich jetzt bei der Gesetzgebung bewegen. Das ist der entscheidende Punkt.
Marielle De Sarnez (ALDE). – (FR) Herr Präsident! Dies ist vermutlich die schwerste Krise, die Europa je durchgemacht hat, daher ist schnelles Handeln geboten. Wir müssen Entscheidungen treffen, und zwar gute Entscheidungen, und wir können damit nicht bis Oktober warten.
Der Rettungsplan war die erste Entscheidung und sie kam wahrscheinlich zu spät, aber besser spät als nie. Als Nächstes müssen wir nun dringend auf lange Sicht einen echten europäischen Währungsfonds, einen europäischen Anleihemarkt und eine europäische Ratingagentur gründen, da die einheitliche Währung, wie wir alle wissen, ohne Haushalts-, steuerliche, wirtschaftliche und politische Konvergenz nicht funktionieren kann. Bis Europa außerdem zu verstehen gibt, dass es regiert werden möchte, können die Märkte und Spekulanten ganz leicht das Steuer übernehmen. Es ist viel von wirtschaftspolitischer Steuerung die Rede, aber vielleicht sollten wir uns vor allem dem Problem der tatsächlichen Steuerung der Europäischen Union widmen, die in letzter Zeit gefehlt hat.
Meiner Meinung nach sollten wir uns zwei Ziele setzen. Ja, selbstverständlich müssen die Schulden verringert werden. Doch wir müssen sie auf realistische und glaubwürdige Weise verringern. Gleichzeitig müssen wir die nötigen Handlungsspielräume schaffen und die erforderlichen Reformen durchführen, um für die Zukunft gerüstet zu sein. Beides muss gleichzeitig geschehen. Daher ist es so wichtig, Synergien zwischen den nationalen Haushaltsplänen der Mitgliedstaaten zu schaffen (mir wäre lieber gewesen, die Kommission hätte es so ausgedrückt). Und aus diesem Grund ist es wahrscheinlich wichtig, unser Steuerwesen zu reformieren, es stärker auf Entwicklung und Wachstum auszurichten und es zu harmonisieren. Ohne Haushalts-, wirtschaftliche und soziale Konvergenz ist eine Währungsunion nicht möglich.
Pascal Canfin (Verts/ALE). – (FR) Herr Präsident, Herr Rehn! Wie Sie wissen, gibt es zwei Möglichkeiten, Defizite abzubauen. Man kann die Ausgaben senken oder die Steuern erhöhen. Alle Staaten können gleichzeitig die Ausgaben senken, wenn auch getrennt voneinander, ohne Koordinierung auf europäischer Ebene. Um jedoch Steuern zu erhöhen, und insbesondere die Besteuerung von Vermögen, Unternehmen, Gewinnen und Banken, ist eine europäische Koordinierung erforderlich.
In Ihrer Mitteilung der letzten Woche wurde dieses Problem mit keinem Wort erwähnt. Meine Frage, die unter den Mitgliedern aller Fraktionen relativ üblich ist, lautet folgendermaßen: Werden Sie im Lauf der nächsten Wochen ein Steuerkoordinierungsprogramm vorschlagen, um Mitgliedstaaten die Möglichkeit zu geben, Handlungsspielräume wiederzuerlangen, damit sie bestimmte Steuern erhöhen können, was ihnen getrennt voneinander nicht möglich ist? Dies ist der Mehrwert, den die Europäische Kommission derzeit beisteuern kann. Unglücklicherweise haben Sie in diesem Bereich keine Pläne. Herr Verhofstadt sagte, dass Sie das Recht haben, die Initiative zu ergreifen. In der aktuellen Situation haben Sie die Pflicht, in diesem Bereich die Initiative zu ergreifen.
Peter van Dalen (ECR). – (NL) Herr Präsident! Es ist zu befürchten, dass das Hilfspaket für Griechenland nicht funktioniert. Schließlich hat noch kein Land auf der Welt es je geschafft, ein Haushaltsdefizit von 14 Prozent innerhalb von drei Jahren auf drei Prozent zu senken. Griechenland wird es nicht anders ergehen. In Griechenland ist die Opposition gegen die Sparmaßnahmen groß. Daher ist es äußerst wahrscheinlich, dass das Land in eine negative Wachstumsspirale gerät und die Verbraucherausgaben drastisch zurückgehen, obgleich diese Ausgaben in Wirklichkeit steigen müssen, um die Kredite plus Zinsen zurückzuzahlen.
Daher wird Athen früher oder später erneut Alarm schlagen und sagen: „Wir schaffen es nicht, die Schulden zurückzuzahlen.“ Es ist gut möglich, dass Europa die Kredite dann abschreibt, mit den vertrauten Worten: „Wir hatten keine andere Wahl. Wir mussten das Schlimmste verhindern.“ Herr Präsident, aus dieser Krise sollten wir folgende Lehre ziehen: Aufrichtig sein und Wort halten. Die Länder des Euroraums müssen ihre Haushaltspläne in Ordnung bringen, ehrliche Zahlen veröffentlichen, die Anforderungen des Stabilitäts- und Wachstumspaktes erfüllen sowie ihre Schulden abbauen. Länder, die diese Forderungen nicht erfüllen, müssen den Euroraum verlassen.
Nikolaos Chountis (GUE/NGL). – (EL) Herr Präsident! Die seit zehn Jahren größte Demonstration gegen Arbeitslosigkeit wird morgen in Griechenland stattfinden. Die griechischen Arbeiter demonstrieren gegen die Maßnahmen der Regierung. Das sind Arbeiter, die weder weniger arbeiten noch besser bezahlt werden als ihre europäischen Kollegen. Sie können sich die Zahlen selbst ansehen.
Herr Rehn, es ist absolut heuchlerisch, diesen dreiteiligen Finanzierungsmechanismus einen „Rettungs- und Solidaritätsmechanismus“ zu nennen. Es handelt sich um einen europäischen Bestrafungsmechanismus, bei dem der Internationale Währungsfonds den bösen Polizisten mimt. Seit sechs Monaten schlagen wir vor, dass Sie Artikel 122 des Vertrages von Lissabon anwenden. Seit sechs Monaten fordern wir die Europäische Zentralbank auf, ihre Politik zu ändern. Seit sechs Monaten bitten wir Sie, gegen die nicht hinnehmbaren amerikanischen Ratingagenturen zu ermitteln. Das haben Sie nicht getan. Sie ließen es zu, dass sich die Spekulanten austoben konnten, Sie haben den Internationalen Währungsfonds in den Euroraum gebracht und Sie fordern strenge Sparprogramme. Dieser Mechanismus muss vom Europäischen Parlament in Übereinstimmung mit Artikel 218 des Vertrages von Lissabon debattiert werden. Wir brauchen eine echte Debatte über Solidaritätspolitik.
Marta Andreasen (EFD). – Herr Präsident! Wir erinnern uns alle an den selbstgefälligen Vortrag des spanischen Premierministers zu Beginn dieses Jahres. Doch Spanien tritt nun mit einem Defizit von 11 Prozent des BIP in die Fußstapfen von Griechenland. Die EU-Bürokratie macht sich sofort auf die Suche nach einem Schuldigen, doch tatsächlich ist eben diese Bürokratie für die Krise verantwortlich, denn sie hat Länder in dem Wissen in den Euroraum gebracht, dass ihre Wirtschaft den Anforderungen noch nicht gewachsen ist. Oder beschäftigen wir 1 000 Personen lediglich zur Datenerfassung bei Eurostat?
Die Hedgefonds nutzen die Situation möglicherweise aus, haben die Krise aber nicht verursacht. Die EU verlangt nun Kostensenkungen, doch ist es realistisch zu erwarten, dass die Kosten im öffentlichen Sektor in Griechenland gesenkt werden, wenn 20 Prozent der Erwerbstätigen im Staatsdienst stehen und wenn bei 50 Prozent der KMU der Staat der einzige Auftraggeber ist? Nun wurde ein Rettungspaket auf den Weg gebracht, doch tatsächlich haben die meisten Länder, die zu dem Paket beitragen sollen, kein Geld dafür, wie es im Vereinigten Königreich der Fall ist.
Jedenfalls ergreift die EU stets die Gelegenheit, ...
(Der Präsident unterbricht die Rednerin.)
Andreas Mölzer (NI). - Herr Präsident! Allzu schnelle Zentralisierung und Europäisierung, möglicherweise auch bei der Einführung einer europäischen Währung, haben die jetzigen Probleme mit verursacht: eine europäische Währung, die schlicht und einfach auf Dauer keine harte sein konnte, weil sie allzu unterschiedliche, auch schwache Volkswirtschaften unter ein währungspolitisches Dach gezwungen hat.
Und nun heißt es, die gemeinsame Währung brauche auch eine gemeinsame, zentral gesteuerte Wirtschaftspolitik, so etwas wie eine europäische Wirtschaftsregierung. Schwache Volkswirtschaften, das ist zweifellos richtig, müssen, wenn sie im Euroverbund bleiben wollen, einer strengen Budgetkontrolle und einer strengen Kontrolle ihrer Schuldenpolitik unterworfen werden. Eine Zentralisierung aber, so etwas wie eine Brüsseler Budgethoheit über alle Mitgliedstaaten, wäre meines Erachtens ein massiver, unzulässiger Eingriff in die Souveränität der Mitgliedstaaten. Das hieße wahrlich, den Teufel mit dem Beelzebub auszutreiben!
Die Krise darf daher nicht als Vorwand für weitere EU-Zentralisierungswünsche herhalten, für Wünsche, die wir ja nicht erst seit dem Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon kennen. Wenn man wirklich Lehren aus der gegenwärtigen Krise ziehen will, wird man vielleicht eine andere, eine ganz andere Konstruktion für eine europäische Währungspolitik finden müssen: vielleicht doch so etwas wie einen europäischen Hartwährungsverbund in einem Kerneuropa, einen Währungsverbund, in dem Volkswirtschaften, die die Konvergenzkriterien nicht schaffen, sich selbst aus der Eurozone ausschließen.
Sparprogramme werden jedenfalls demnächst quer durch Europa die Regel werden, das wissen wir. Und eines ist klar: Wenn die Mitgliedstaaten sparen müssen, wenn die Bürger sparen müssen, muss auch die Europäische Union selbst sparen, etwa indem sie ihren Agentur-Dschungel auf Kompetenzüberschneidungen und Doppelgleisigkeiten überprüft und die Haushaltskontrolle auf Vordermann bringt. Und auch wir als Parlament werden uns überlegen müssen, ob in Zeiten des allgemeinen Sparens eine Aufstockung unserer Budgets für Personal, wie es bei der Sekretariatszulage vorgesehen ist, wirklich das richtige Signal ist.
VORSITZ: Stavros LAMBRINIDIS Vizepräsident
Werner Langen (PPE). - Herr Präsident! An dem Tag, an dem wir 60 Jahre Schuman-Plan gefeiert haben, am 9. Mai 2010, hat der Rat unter Beteiligung der Kommission die Methode Monnet zu Grabe getragen. Man hat zum Beispiel eine Rechtsgrundlage für die Finanzhilfen gewählt, die die Beteiligung des Parlaments ausschließt – Artikel 122 Absatz 2. Die Kommission hat sich das alles gefallen lassen, und ich kann mich der Kritik des Kollegen Verhofstadt anschließen: Es ist keine Krise des Systems, es ist keine Krise des Euro, es ist eine Krise der Regierungen. Und wenn ich den spanischen Ratspräsidenten hier sehe, frage ich mich: Was hat die spanische Ratspräsidentschaft denn zustande gebracht? Weder eine Idee, noch einen Impuls! Während wir hier über das schwierigste Problem Europas diskutieren, veranstalten Sie prunkvolle Gipfel in Madrid – es sei Ihnen gegönnt –, aber eigentlich verlangt das, dass wir hier sind.
Die Kommission hat das alles hingenommen. Die Kommission hat sich vom Rat an der Nase herumführen lassen, sie hat nach schweren Geburtswehen eine Mitteilung ohne einen einzigen konkreten Vorschlag geboren. Da kann ich dem Kollegen Bullmann nur recht geben. Wo sind die konkreten Vorschläge? Kriegen wir jetzt wieder eine Diskussionsgrundlage für die nächsten zwei, drei Jahre? Das reicht nicht! Wir wollen, dass die Kommission den Mut aufbringt, die Initiative für die Methode Monnet, für die Gemeinschaftsmethode, für gemeinsame Institutionen und gemeinsame Vorschläge zu ergreifen.
Jeder hier weiß, dass die Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten in Wirtschafts- und Finanzfragen längst überfällig ist. Das ist die Ursache für diese Krise. Die Verschuldung der Staaten, dass sie sich nicht daran gehalten haben, ist die Ursache. Die Ablenkungsmanöver gegenüber Teilen des Finanzmarkts gehen in die Irre. Der Kollege Schulz hat hier nicht geredet, als ob er zu mehr als der Führungsfunktion seiner Partei geeignet wäre, aber in einem Punkt hat er recht, und das möchte ich zum Schluss sagen. Auch wir haben es bedauert, dass die griechischen Kollegen aus unserer Fraktion dieses Paket im griechischen Parlament nicht mitgetragen haben. Ich halte das für unverantwortlich. Aber wir haben auch das Recht, darauf hinzuweisen, dass alle Krisenstaaten in Europa, alle die blockiert haben, Großbritannien, Ungarn, Portugal, Spanien, von sozialistischen Regierungen geführt werden.
Juan Fernando López Aguilar (S&D). – (ES) Herr Präsident, die aktuelle Sitzungsperiode des Europäischen Parlaments hat vor einem Jahr begonnen, und es hat keine einzige Plenarsitzung gegeben, auf dem wir die Krise nicht diskutiert hätten. Es trifft zu, dass es für uns nichts Wichtigeres zu besprechen gibt, als eine Krise, die 20 Millionen Arbeitsplätze in Europa zerstört hat. Es ist jedoch sehr wichtig, dass wir unser Ziel richtig bestimmen, denn eine schlecht formulierte Gleichung ist unlösbar.
Die Krise ist nicht nur die „Krise des Euro in Griechenland“. Es ist eine Krise, die drei nicht tolerierbare Asymmetrien gezeigt hat, die überwunden werden müssen.
Die erste ist die Asymmetrie zwischen der Realwirtschaft und der Finanzwirtschaft.
Die zweite ist die Asymmetrie zwischen der Währungsunion und dem Fehlen einer Union der Steuer-, Haushalts- und Wirtschaftspolitik, die im Einklang mit der Währungsunion steht.
Die dritte ist die Virulenz der Krise und ihrer Herausforderungen und darüber hinaus die ärgerliche Langsamkeit der Reaktion und der Entscheidungsfindungsmechanismen, die für die Europäische Union typisch sind.
Wir hinken daher mit einer Antwort für all die Millionen Arbeitslosen, die auf uns schauen, hinterher. Und wir verursachen Schwierigkeiten, die in anderen Ländern, die der Krise mit einer stärkeren Entscheidungsfähigkeit begegnen, nicht auftreten.
Wir haben gleichzeitig ungewöhnliche Entscheidungen gesehen: die Mitteilung der Kommission, die außerordentlichen Entscheidungen des Ministerrats vergangene Woche und natürlich die Strategie 2020.
Dennoch sind diese außergewöhnlichen Maßnahmen nicht zum Nulltarif zu haben: Sie werden durch wichtige Vorschriften, Beschränkungen und Sanktionsdrohungen für Länder begleitet, die nicht imstande sind, ihre Ausgaben einzuschränken, und die demnach auch das Wachstum gefährden könnten.
Gestern haben wir hier im Parlament über die Europäische Menschenrechtskonvention und den Aktionsplan zum Stockholmer Programm gesprochen. Wir hatten die Gelegenheit, uns zu vergegenwärtigen, dass Europa nicht allein mit einem Binnenmarkt und einer Währungsunion errichtet werden kann. Die wichtigste Grundlage Europas sind nicht diese Dinge, sondern das Bürgerengagement. Es ist daher an der Zeit, uns erneut daran zu erinnern, dass diese Millionen von Europäern ihre Unzufriedenheit mit dem Europa zum Ausdruck bringen, welches wir ihnen darbieten. Mit dem Europa, das mehr Drohungen und Sanktionen für Länder, die den Anforderungen nicht genügen, vermittelt, anstatt Anreize für ein Wachstumsmodell zu schaffen, das die Beschäftigung und den sozialen Zusammenhalt wiederherstellen und den Kampf gegen die Armut unterstützen kann.
Ohne dieses Europa der Bürgerinnen und Bürger wird es unmöglich sein, diese Krise zu lösen.
Sylvie Goulard (ALDE). – (FR) Herr Präsident, zunächst möchte ich dem Kommissar und dem spanischen Ratsvorsitz für alles, was kürzlich – wenn auch spät – erreicht worden ist, danken. Ein Schiff durch einen Sturm zu steuern, ist nicht einfach.
Sie haben mehr Barrieren in zwei Wochen als in den ganzen früheren Jahren zusammengenommen beseitigt, und ich möchte Sie ermutigen, auf diesem Weg weiter voranzuschreiten. Ich habe eine Botschaft für jeden von Ihnen. Ich möchte zuerst dem spanischen Ratsvorsitz sagen, dass Sie im Juni für die Annahme der Strategie Europa 2020 verantwortlich sein werden. Geben Sie Ihren Namen nicht für diese Farce her. Die Strategie von Lissabon hat nicht funktioniert; einige der Probleme von Südeuropa gehen auf eine mangelnde Wettbewerbsfähigkeit zurück. Wie Herr Verhofstadt sagte, brauchen wir einen anderen Weg. Wir brauchen auch eine Finanzaufsicht. Es ist uns gerade erläutert worden, dass das Parlament zu weit geht. Ich bin Berichterstatterin für den Europäischen Ausschuss für Systemrisiken. Ich nehme zur Kenntnis, dass im Verlauf des turbulentesten Wochenendes der letzten Wochen das Wort „systemisch“ einige Male geäußert wurde. Ihr Ratsvorsitz ist für dieses Paket verantwortlich. Seien Sie ehrgeizig! Sie haben unsere Unterstützung. Hören Sie nicht auf jene im Rat, die aus dem Fehlen der Regulierung Kapital schlagen wollen.
Meine zweite Botschaft richtet sich an Herrn Rehn, dessen Mut ich begrüße; Ich begrüße voll und ganz den Vorschlag der Kommission, dass die nationalen Parlamente frühzeitiger mit der EU zusammenarbeiten sollten. Jedoch muss sehr vorsichtig daran herangegangen werden, sonst werden alle Populisten und Europakritiker mit einer einmaligen Gelegenheit versorgt. Sie haben unsere Unterstützung, aber lassen Sie uns versuchen, eher einen integrierteren Ansatz mit den nationalen Parlamenten zu finden, als den Eindruck zu vermitteln, dass „Brüssel“ alles vorschreibt. Ich nehme zur Kenntnis, dass es dieselben nationalen Parlamente sind, die den Anspruch erheben, die Hüter der Demokratie zu sein, die Europa in seine aktuelle Situation gebracht haben, indem sie jahrein, jahraus für defizitäre Haushalte gestimmt haben.
Kay Swinburne (ECR). – Herr Präsident, wir sind in einer Situation, die unsere eigenen Regierungen verursacht haben. Es ist nicht so, dass es keine starken Regeln gegeben hätte, um diese Krise von vornherein zu verhindern. Wenn Regeln wie der Stabilitäts- und Wachstumspakt und die Maastricht-Kriterien eingehalten worden wären, hätten wir nicht das Ausmaß der Schuldenkrise, wie wir es gegenwärtig in vielen Mitgliedstaaten vorfinden. Ich selbst finde mich in der sehr merkwürdigen Situation wieder, Parallelen zwischen dem Verhalten und den Finanzkenntnissen der Regierungen unserer Mitgliedstaaten und jener unserer Investmentbanken zu ziehen.
Wir sitzen jede Woche im Ausschuss für Wirtschaft und Währung und diskutieren das unangemessene Verhalten unserer Banken, indem wir sagen, sie hätten die Regeln nicht eingehalten oder sie flexibel mit finanziell geplanten Buchführungsmaßnahmen gehandhabt. Dies ist genau das, was auch unsere Regierungen getan haben. Wir verlangen eine verantwortliche Unternehmensführung. Doch noch zeigt das Niveau von außerbilanzmäßigen Finanzvehikeln, Spezialvehikeln und nicht deklarierten Eventualverbindlichkeiten, an denen unsere Regierungen beteiligt sind, nicht, wie man eine verantwortliche Regierungsführung betreibt.
Im Vereinigten Königreich waren wir über die Differenz zwischen dem deklarierten Defizit der scheidenden Regierung und dem, was wir tatsächlich vorgefunden haben, sobald die Bücher geöffnet waren, schockiert. Die neue Führung im Vereinigten Königreich gibt uns ein klares Mandat für die Neubewertung der wirklichen Finanzlage. Ich hoffe wirklich, dass das übrige Europa auch das gleiche machen kann; seine Finanzen neu zu bewerten und eine Lösung zu finden.
Cornelis de Jong (GUE/NGL). – (NL) Herr Präsident, wir brauchen eine koordinierte europäische Politik, um den Folgen der Krise zu begegnen; aber Europa muss damit aufhören, sich durch große Unternehmen einschließlich der großen Finanzinstitutionen steuern zu lassen.
Die Regierungen mussten unsere Finanzinstitutionen zweimal retten, ohne dass die Institutionen auch nur einen Teil der Rechnung selbst bezahlt hätten. In den letzten zwei Jahren hat die Hilfe für diese Institutionen allein durch die Niederlande zu einer Zunahme von 2.5 Milliarden EUR an Zinszahlungen geführt. Im gleichen Zeitraum hat der größte niederländische Pensionsfonds ABP 1 Milliarde EUR für Schuldverschreibungen des griechischen Staates ausgegeben, um einen etwas höheren Zinssatz zu erzielen. Anders gesagt werden Spekulationen wie bisher fortgesetzt, und möglicherweise werden wir bald auch die Pensionsfonds retten müssen.
Die Strategie „Europa 2020“ sollte die Rechnung vor die richtige Tür legen. Anstatt extreme Kürzungen bei grundlegenden öffentlichen Diensten vorzunehmen, sollten die Kosten zum Beispiel durch Topverdiener und Spekulanten, mit Hilfe eines Teilschuldenerlasses für Länder wie Griechenland und durch eine Besteuerung der Banken gedeckt werden. Auf diese Weise bewahren wir das europäische Sozialmodell.
Nikolaos Salavrakos (EFD). – (EL) Herr Präsident, ich möchte feststellen, dass ich theoretisch die von Herrn Olli Rehn vorgebrachten Vorschläge uneingeschränkt unterstütze. Ich bin mutig genug, ihn als den politischen Kopf von Europa und als die Person zu betrachten, die unseren besonderen Respekt verdient.
Was ich jedoch sagen und betonen möchte, ist, dass sowohl im menschlichen Körper als auch in der Wirtschaft hohes Fieber genauso gefährlich wie Unterkühlung ist. Wir dürfen nicht von der langsamen Anpassung von Maastricht, durch das die gesamte Wirtschaft von Europa hindurchging, auf erzwungene und plötzliche Anpassungen hinüberspringen, die die Rezession verlängern werden. Die Reichen werden reicher und die Armen werden ärmer werden. Deshalb möchte ich betonen, dass die fortschreitende, weltweite wirtschaftliche Unordnung hauptsächlich auf die Bildung von großen, unerwünschten Reserven auf globaler Ebene zurückgeht. Sie sollte mit Maßnahmen bekämpft werden, um das Wachstum auf europäischer Ebene zu stimulieren, damit wir diese Krise rational angehen können.
Mario Mauro (PPE). – (IT) Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, Herr Verhofstadt hat erläutert, dass eine nationalistische und marxistische Rhetorik nicht ausreicht, um uns aus der Krise herauszuführen. Ich werde einen Versuch mit pro-europäischer Rhetorik machen. Noch vor wenigen Wochen haben hier viele von uns in diesem Parlament ihre Solidarität mit Griechenland gelobt. Welchen Nutzen hat denn Europa, wenn nicht Mitgliedstaaten in der Not zu unterstützen?
Was nützen indes der Euro und die Eurogruppe, wenn sie keine Kultur der Verantwortung und der Stabilität fördern? Was wird geschehen, wenn die Solidarität gleichbedeutend mit einer Europäischen Union wird, die in Verletzung der Verträge darauf reduziert wird, die Zeche für jene Länder zu zahlen, die ihre Verantwortung für die Zukunft ihrer Bürgerinnen und Bürger für den flüchtigen Konsens einer Saison opfern?
Herr Kommissar, ist es pro-europäische Rhetorik, wenn wir die Europäische Kommission darum bitten, unabhängig und zuverlässig zu sein und Regierungen, die die Bücher frisieren, nicht zu beachten? Ist es pro-europäische Rhetorik, wenn wir um neue Regelungen für die Finanzmärkte bitten? Ist es pro-europäische Rhetorik, wenn wir Fehler im Aufbau des Euro beklagen, deretwegen es immer noch keine gemeinsame Finanz- und Rentenpolitik gibt?
Wir sind inmitten einer Krise, das trifft zu. Aber diese Krise ist nicht durch einen Überschuss oder zu viel Europa erzeugt worden, sondern durch einen Mangel oder nicht genug Europa. Europa muss die Staaten streng ermahnen, verantwortlich und stabil zu sein und den künftigen Generationen zu dienen. All das ist keine Rhetorik, wenn die Initiativen, über die wir reden, einfach geschaffen und umgesetzt werden und Teil einer politischen Strategie sind, die den Ereignissen einen Schritt voraus ist. Damit wir nicht gezwungen sind, diesen hinterherzulaufen.
David-Maria Sassoli (S&D). – (IT) Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, ein Europa der Menschen und kein Europa der Staaten. Die Krise, die wir durchmachen, ist die Krise der Unfähigkeit der europäischen Politik, den Markt zu steuern. Um den Euro zu retten, müssen politische Institutionen gestärkt und es muss die zwischenstaatliche Logik hinter uns gelassen werden, damit ein europäisches Regieren ermöglicht wird.
Dies ist keine Rhetorik, denn vor wenigen Minuten hat die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel in Berlin die Alarmglocken geläutet und festgestellt, dass der Euro in Gefahr ist. Alarm auszulösen ohne den Verweis auf starke und überzeugende Maßnahmen riskiert eine weitere Schwächung der gemeinsamen Währung für Investoren und den Markt und macht ganz Europa schwächer. Stellen Sie sich die Reaktion der Märkte in den nächsten Stunden unter Berücksichtigung dessen vor, dass der Euro vor wenigen Minuten erneut eingebrochen ist.
Wenn wir das Parlament verlassen, Herr Präsident, könnten wir uns in einer schlechteren und unsichereren Lage vorfinden. Einzig ein neues europäisches Regieren wird es uns ermöglichen, die gemeinsame Währung zu verteidigen und das Wachstum, die Beschäftigung und die soziale Eingliederung zu fördern. Wir müssen den alten Ansatz der Koordinierung nationaler Politiken ablegen und uns mit einem starken Entscheidungsinstrumentarium ausstatten.
Das neue europäische Regieren muss drei Ebenen der Intervention sicherstellen: eine Politik für Wachstum, geeignete Finanzinstrumente und ein Krisenmanagement. Das 750-Milliarden-Euro-Rettungspaket war wichtig, aber wir haben erkannt, dass es nicht reicht. Heute brauchen wir eine starke politische Initiative, die den Markt steuern kann, um eine größere Mobilität der Ressourcen zu ermöglichen. Die Währungs- und Haushaltspolitik hat sich als ungeeignet erwiesen, Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit zu gewährleisten. Wir dürfen keine Angst davor haben, vor allem in Vorhaben zu investieren, die im gemeinschaftlichen Interesse liegen, wie etwa Infrastruktur, Energie, Umwelt, Wissen und Humankapital.
Herr Präsident, das Parlament hat eine große Verantwortung: die Kapazität der Mitgliedstaaten zu stärken, um die zwischenstaatliche Politik hinter sich zu lassen und den europäischen Geist erneut mittels seiner eigenen Unabhängigkeit wiederzubeleben.
Wolf Klinz (ALDE). - Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Märkte treiben die europäischen Regierungen vor sich her. Diese reagieren endlich, aber sie reagieren ex post, sie handeln nicht im Voraus, ex ante. Es ist eigentlich ein Skandal, dass die Regierungen und die Kommission erst reagieren, wenn die Märkte die echten Schwächen aufzeigen.
Diese Schwächen hätten sie rechtzeitig von sich aus erkennen müssen. Als der Euro eingeführt wurde, wussten wir, dass wir keine Geld- und Fiskalpolitik aus einem Guss haben, wie wir sie normalerweise in den Nationalstaaten hätten. Wir haben deshalb Maßnahmen ergriffen, umdafür einen Ersatz zu schaffen, aber wir haben uns nicht daran gehalten, das Regelwerk wurde gebrochen, auch von großen Mitgliedstaaten, sehr schnell und schon am Anfang. Wir brauchen wieder ein starkes Regelwerk mit Sanktionsmechanismen: Name and shame, Verlust der Stimmrechte, Aussetzung der Zahlungen aus den europäischen Fonds bis hin zur Strafzahlung.
Zweitens ist deutlich geworden, dass wir interne Spannungen in der Eurozone haben, die drauf und dran sind, zu einer echten Zerreißprobe zu führen, weil wir unterschiedliche Entwicklungen der Wettbewerbsfähigkeit haben. Hier muss die Kommission handeln. Sie muss die Budgets der einzelnen Mitgliedstaaten daraufhin abklopfen, ob Gefahr für die Eurozone von ihnen ausgeht.
Wir wissen natürlich, dass das Haushaltsrecht das Königsrecht der nationalen Parlamente ist. Aber das ist doch kein Grund, dass hier nicht eine gemeinsame europäische Ausrichtung erfolgt. Die ist dringend nötig, wir brauchen mehr Europa und nicht weniger Europa. Dies ist möglicherweise unsere letzte Chance. Wenn Kommission und Rat nicht zusammen mit dem Parlament handeln, dann, fürchte ich, wird dies dazu führen, dass wir irgendwann vor einem großen Scherbenhaufen stehen werden.
Janusz Wojciechowski (ECR). – (PL) Ich stimme Herrn Mauro zu, dass im Kampf gegen die Krise durch die Europäische Union nicht genug getan worden ist. In den vergangenen Jahren haben wir uns auf die politische Integration konzentriert – wir haben den Vertrag von Lissabon ausgehandelt und die Kompetenzen von politischen Institutionen gestärkt – aber wir haben die Zusammenarbeit zur Bekämpfung der Krise vernachlässigt. Ich denke an eine Vielfalt von Krisen, die Zusammenarbeit und Solidarität erfordern. Ich denke hier nicht nur an die Finanzkrise.
Während wir diese Debatte abhalten, werden mehrere Länder der Europäischen Union einschließlich meines eigenen Landes Polen von Hochwasser heimgesucht. Menschen sind ums Leben gekommen und es hat schwerwiegende materielle Verluste gegeben. Die Menschen erwarten, dass die Europäische Union in solchen Situationen kommen und ihnen helfen wird, aber es hat nicht viel von dieser Hilfe gegeben. Die Europäische Union ist schwach, da ihr Haushalt zu klein ist, und sie hat keine ausreichenden Mittel für spezifische Maßnahmen. Auf die politische Stärkung folgt keine angemessene finanzielle Stärkung. Ich hoffe, dass im Ergebnis dieser Krise der Trend zur Reduzierung des Haushaltsplans nicht noch weiter zunehmen wird, denn dann werden wir noch schwächer und hilfloser sein.
Jean-Pierre Audy (PPE). – (FR) Herr Präsident, es ist jetzt der Zeitpunkt in dieser Krise gekommen, der nicht nur europäisch, sondern auch global ist, wo wir aufrichtig und besonnen sein müssen und wo Verantwortung übernommen werden muss.
Eine globale Governance wird begründet. Welchen Einfluss werden die Europäer haben? Wie werden wir auf dieses globale Regieren Einfluss nehmen, wenn wir zu unserem eigenen europäischen Regieren unfähig sind? Es konnte niemandem entgehen, dass wir nach 50 Jahren der Integration durch einen zunehmenden nationalen Egoismus mit 50 Jahren an Desintegration gefährdet sind. Es konnte niemandem entgehen, dass wir versucht haben, Bürgerengagement ohne die Bürgerinnen und Bürger zu bilden, Politik ohne die Wählerinnen und Wähler durchzuführen und Vertrauen in das Ideal einer Rechtsstaatlichkeit aufzubauen, ohne ihr zu entsprechen.
Nach dem Fall der Berliner Mauer haben wir unseren Kontinent mit einem Glauben an unsere Stärke wiedervereinigt, aber wir waren zu stolz, unsere Schwächen zu sehen. Und was passiert jetzt? Die Krise schlägt uns zu einer Zeit, wo unsere europäische Integration zerbrechlich ist und schlecht regierte und in einigen Fällen korrupte Staaten umfasst, voll entgegen. Die Kette der Solidarität in der Union wird gegenwärtig auf die Probe gestellt, und wir alle wissen, dass eine Kette nur so stark wie ihr schwächstes Glied ist. Es ist richtig, wenn wir die Schwächsten retten, denn es ist an der Zeit. Und es wird unsere Stärke sein, durch die sie gerettet werden. Es sind nicht die EU-Regelungen, die unzureichend sind, sondern ihre Umsetzung durch die Mitgliedstaaten und die Europäische Kommission. Diese hat die Staaten nicht angemessen überwacht, was ein Fehler gewesen ist.
Es ist nicht weniger, sondern mehr Europa, was wir brauchen – aber ein Europa der Aufrichtigkeit, der Besonnenheit und der Verantwortung. Natürlich müssen wir den Stabilitäts- und Wachstumspakt einhalten. Dieser muss reformiert werden. Aber die Aufgabe, der wir jetzt gegenüberstehen, ist, das Vertrauen unserer Bürgerinnen und Bürger zurückzugewinnen. Das bedeutet die Sicherstellung von Wachstum und Arbeitsplätzen. Wachstum heißt Investitionen. Wenn der öffentliche Sektor nicht investiert, können wir vom privaten Sektor nicht erwarten, auf diese Weise zu handeln.
Zusätzlich zu einer grundlegend wichtigen Industriepolitik schlage ich für die 10 Jahre der EU-Strategie 2020 einen großen, 1 000 Milliarden EUR umfassenden Investitionsplan vor, der darauf abzielt, den EU-Raum im Hinblick auf transeuropäische Netze, Infrastruktur, Verbindungen, Hochgeschwindigkeitszüge, Breitbanddienste, Autobahnen, Wasser, Weltraum, Forschung, Gesundheit, Energie und Bildung zum wettbewerbsfähigsten in der Welt zu machen. Das wird durch eine Reform unserer Maßnahmen der Haushaltshilfe in Zusammenarbeit mit allen öffentlichen Interessenvertretern und insbesondere der Europäischen Investitionsbank (EIB) erreicht.
Elisa Ferreira (S&D). – (PT) Herr Präsident, Herr Kommissar, als die Wirtschafts- und Währungsunion 10 Jahre alt geworden ist, dachte die Kommission, dass der Euro der größte Erfolg der Union gewesen sei. Es würde jetzt schwierig für uns sein, diese Feststellung ohne Einschränkungen zu treffen. Denn die Krise hat gezeigt, dass die Wirtschafts- und Währungsunion ein unvollendetes Projekt ist.
Die erforderlichen Mindestmaßnahmen für die Rettung des Euro sind in einem Klima der Not getroffen worden, aber wir dürfen uns keinen Illusionen hingeben: Die erzwungenen Bedingungen, die direkten Interessen der größten Mitgliedstaaten und die schmerzliche und langsame Natur der Entscheidungen haben zu dem prekären Bild geführt, das die Öffentlichkeit und die Welt von dem Euro und der Europäischen Union haben.
Wir müssen uns den Tatsachen stellen. Die Europäische Union und der Euro sind ein Integrationsprozess und nicht nur eine grenzüberschreitende Zusammenarbeit: Sie sind ein unvollendeter Prozess, der jetzt entweder gestärkt werden muss, oder sie drohen zu verschwinden. Es gibt drei Fragen, die zu behandeln sind. Zunächst ist die Konsolidierung der Instrumente wichtig, die in diesem Notfallklima geschaffen worden sind: Es muss ein Europäischer Währungsfonds geschaffen werden; mit den Euroanleihen müssen Fortschritte gemacht werden; man muss Fortschritte mit der europäischen Aufsichts- und Kontrollarchitektur machen und man muss mit einer europäischen Dimension für die Bewältigung der Bankenkrisen vorankommen.
Zweitens ist es wichtig zu verstehen, dass es keine starke Währung gibt, wenn die Wirtschaft schwach ist: Die Prognose von 1 % Wachstum für die Europäische Union ist sowohl im Hinblick auf ihre demographische Struktur als auch den Kampf gegen die Arbeitslosigkeit unhaltbar; und die Strategie 2020 ist, sofern es keine Mittel für ihre Realisierung gibt, nichts weiter als eine Ansammlung von guten Ideen.
Drittens, Herr Rehn, ist die Haushaltskonsolidierung wichtig, aber sie kann neben einer wachsenden Divergenz zwischen den Mitgliedstaaten der Union nicht bestehen: die Konvergenzpolitik muss dringend überprüft werden.
Mirosław Piotrowski (ECR). – (PL) Das dritte Mal nun schenkt das Europäische Parlament einem zentral vorbereiteten 10-Jahresplan mit dem Titel Europa 2020 seine Aufmerksamkeit. Der Plan hat unter vielen Mitgliedern Antipathie erzeugt. Nicht nur wegen der Assoziationen, die er mit historisch überholten politischen Systemen hervorruft, sondern auch wegen des spektakulären Fiaskos seines Vorgängers, der Lissabon-Strategie.
Während der vorangegangenen Debatte habe ich die Aufmerksamkeit auf die Tatsache gelenkt, dass sich das Dokuments nicht mit der aktuellen Finanz- und Wirtschaftskrise in der EU beschäftigt. Seitdem haben sowohl der Rat als auch die Kommission entschiedene Schritte in Richtung Stabilisierung des Euroraumes und der Volkswirtschaften der Mitgliedstaaten unternommen. Die angekündigte Zuführung von vielen Hunderten Milliarden Euro soll die Volkswirtschaften der westeuropäischen Nationen, die mit großen, schädlichen Haushaltsdefiziten kämpfen, wiederherstellen. Dennoch darf dies nicht zu Lasten von Förderprogrammen für die neuen Mitgliedstaaten einschließlich Polens, welches Wirtschaftsindikatoren nicht missachtet hat, erfolgen.
Wenn Europa 2020 überhaupt aufrechterhalten werden soll, dann muss dieses Problem auf eine ausgewogene Weise behandelt werden.
Jaime Mayor Oreja (PPE). – (ES) Herr Präsident, ich glaube, dass die schlimmste Krise, die wir erleiden könnten, nicht nur die gegenwärtige Krise ist. Sondern es ist die Krise, die wir durchmachen werden, wenn wir nicht die richtigen politischen Lektionen im Hinblick darauf, was gerade passiert, lernen.
Wir haben, insbesondere in einigen Ländern, über unsere Verhältnisse gelebt. Wir haben uns von der Realwirtschaft wegbewegt und in unseren Staatskassen und gleichzeitig in unseren Familien und unserem Privatleben den Weg der fiktiven Wirtschaft eingeschlagen.
Wir konnten nicht verstehen, dass – wie es der Fall bei jedem lebenden Organismus ist – wachsen nicht das Gleiche wie fett werden ist. Wachstum erfordert Anstrengung und Proportion, während der Prozess des Fettwerdens einen Mangel an Proportion und Balance im Vergleich zu der Arbeit, die wir leisten und dem Wohlstand, den wir genießen, beinhaltet.
Diese Krise bleibt keine statische Krise. Das Bild von der Krise von vor wenigen Monaten war ein anderes, ein völlig anderes im Vergleich zu dem Bild, das wir heute haben. Das Bild von der Krise in einigen Monaten wird ein anderes im Vergleich zu dem Bild sein, das wir heute haben.
Diese Krise war eine Wirtschafts- und Finanzkrise, und sie wird eine zunehmende soziale Dimension einschließlich sozialer Konflikte haben. Dies heißt, dass während wir in dieser Phase sind und bevor der Konflikt zu einem sozialen Konflikt wird, sich diejenigen von uns, die in der Politik tätig sind, dessen bewusst sein müssen, dass unsere Hauptkrise eine Vertrauenskrise ist. Es ist nicht nur eine Krise des Euro.
Lassen Sie uns alle politischen und Wahlverfahren in den letzten Monaten analysieren. Es gibt eine Vertrauenskrise. Und das bedeutet, dass wir uns fragen müssen, wie wir uns verändern, wie wir unsere Haltung ändern müssen: unsere politische, institutionelle und persönliche Haltung. Anstatt über andere Institutionen nachzudenken, muss sich das Parlament in dieser Hinsicht die Frage stellen, welchen Beitrag es für einen Wandel der institutionellen und politischen Haltung in diesem Parlament leisten kann.
Da ich viele Gründe für die Krise gehört habe – die Bürokratie, die Agenturen, die Regierungen – wage ich zu behaupten, dass es heutzutage zwei Fragen gibt, bezüglich derer wir uns verändern müssen. Zunächst erfordert Europa ein Mindestmaß an Kohäsion von Seiten des Parlaments: es kann sich in solch einer tiefgreifenden Debatte zu zwei Konzepten der europäischen Gesellschaft nicht selbst schröpfen. Zweitens müssen wir es wagen, die Wahrheit über das zu sagen, was uns derzeit passiert.
Anni Podimata (S&D). – (EL) Zunächst möchte ich zehn Sekunden des Sitzungsprotokolls in Anspruch nehmen, um die Wahrheit zurechtzurücken. Der nicht anwesende Herr Langen sagte, es sei inakzeptabel, dass die griechischen Abgeordneten gegen das dreijährige Stabilisierungsprogramm im griechischen Parlament gestimmt hätten. Ich möchte hervorheben, dass es eine gute Idee für Herrn Langen wäre, seine Empfehlungen bei der nächsten Sitzung der Fraktion der Europäischen Volkspartei (Christdemokraten) zu wiederholen. Denn jene Abgeordneten, die zufälligerweise bis vor wenigen Monaten für das Regieren des Landes zuständig waren, gehören der Europäischen Volkspartei (EVP) an.
Um zu der allgemeineren Frage zurückzukehren – es ist eine Tatsache, dass die aktuelle Krise die chronischen Krankheiten und Schwächen im Hinblick auf die wirtschaftliche Koordinierung des Euroraumes und im Hinblick auf das weltweite System der wirtschaftlichen Governance offenbart hat. Im Ergebnis ist eine gewaltige, unkontrollierte Macht im globalisierten Finanzsystem aufgebaut worden. So müssen wir heute zuallererst eine Frage der Demokratie ansprechen. Europa muss, wenn es seine Werte und seine Geschichte achten möchte, hier eine führende Rolle übernehmen.
Die Entscheidung, einen Stabilisierungsmechanismus für die Stützung des Euroraumes einzuführen, ist zweifelsohne ein wichtiger Schritt. Dennoch ist ein Krisenmanagementmechanismus nicht ausreichend; wir müssen die Ursachen nicht nur auf nationaler, sondern auch auf europäischer Ebene an der Wurzel angehen. Wir machen einen Fehler und unterminieren unsere gemeinsame Zukunft und die Zukunft nachfolgender Generationen, wenn wir den alleinigen Schwerpunkt auf die sofortige finanzielle Erholung legen. Und wir unterschätzen den Einfluss von Wachstum, Beschäftigung und die grundlegenden Strukturen des Sozialstaates, die einige Jahrzehnte lang aufgebaut worden sind.
Herr Kommissar, die Vorschläge zur Stärkung der wirtschaftlichen Zusammenarbeit, die Sie am 12. Mai vorgelegt haben, können beim Aufbau eines einheitlicheren Europas mit weniger makroökonomischen Ungleichgewichten helfen. Das unterliegt zwei Bedingungen: erstens, dass die Vorschläge nicht auf die unflexible Anwendung des Stabilitäts- und Wachstumspakts beschränkt sein werden und zweitens, dass sie vollständig spezielle Ziele für machbares Wachstum und Beschäftigung im Rahmen der Strategie 2020 integrieren.
Paulo Rangel (PPE). – (PT) Herr Präsident, einige Kollegen der Fraktion der Europäischen Volkspartei (Christdemokraten) haben bereits ein sehr vollständiges Bild von der Lage gezeichnet. Ich denke, was wir jetzt brauchen, ist die Erwähnung der Rolle der Mitgliedstaaten.
Tatsache ist, dass die nationale Regierung eines jeden Mitgliedstaates hier auch eine Rolle innehat. Und zwar bezüglich der Festlegung der Anforderungen und Bedingungen für die Stärkung der Einheitswährung und des Voranbringens dieses Projekts einer Währungs- und Wirtschaftsintegration. Ich möchte hier sagen, dass unsere Partei – die mit der EVP-Fraktion verbundene Sozialdemokratische Partei Portugals (PSD) – die Sparmaßnahmen der Regierung unterstützt. Denn wir glauben, dass die Fehler, die während der 15 Jahre sozialistischer Regierung in Portugal gemacht wurden und jetzt leider für alle sichtbar sind, behoben werden müssen; die PSD wird Maßnahmen zur Behebung der Fehler unterstützen.
Während wir die Sparmaßnahmen unterstützen, möchten wir die portugiesische Regierung auch kritisieren – und dies ist ein gutes Beispiel für andere Regierungen in ähnlichen Situationen – denn sie begrenzt die Ausgaben nicht. Um das Defizit zu reduzieren, ist es nicht nur notwendig, die Steuern anzuheben, sondern auch die Ausgaben zu kürzen. Die Regierung muss den Mut haben, Maßnahmen zur Senkung der Ausgaben, zur Kürzung des Defizits und zur Tilgung einiger öffentlicher Schulden zu ergreifen.
Dies trifft für Portugal zu und es trifft auch für weitere, sich in schwierigen Lagen befindende Mitgliedstaaten zu. Wir sind als Abgeordnete auch dafür verantwortlich, in unseren Ländern die Maßnahmen zur Stärkung des Euros zu verteidigen. Damit dieser gemeinsame Raum und dieser Traum – der Traum der EVP-Fraktion und der Traum, den wir alle teilen – Realität wird. Deshalb stehen wir Regierungen kritisch gegenüber, die nicht den Mut haben, die erforderlichen Maßnahmen in ihren Ländern zu ergreifen.
Göran Färm (S&D). – (SV) Herr Präsident, in einigen Kernpunkten hat diese eher gemeinschaftliche Wirtschaftspolitik auch einen Einfluss auf den EU-Haushaltsplan. Wir sprechen über die Finanzierung des strategischen Vorzeigeprojekts Europa 2020. Wir sprechen über einige Kosten, Garantien und so weiter für das System der Anleihe und die Kontrolle der Finanzmärkte. Wir sprechen nicht zuletzt über eine Reihe neuer Aufgaben, die sich aus dem Vertrag von Lissabon ergeben. Wir sind uns im Europäischen Parlament der Tatsache sehr bewusst, dass sich viele Mitgliedstaaten derzeit in einer extrem heiklen Wirtschaftslage mit häufig schwierigen nationalen Haushaltsproblemen befinden.
Einerseits ist klar, dass die EU in dieser Situation helfen kann, indem sie Maßnahmen ergreift, die für die wirtschaftliche Erholung der Mitgliedstaaten wichtig sind und die einen neuen Impuls für das Wachstum und die Schaffung von Arbeitsplätzen geben werden. Der EU-Haushaltsplan sollte sich daher auf Bereiche konzentrieren, wo die EU einen Mehrwert – einen europäischen Mehrwert – liefern kann, und wo die Haushaltspläne der Mitgliedstaaten und der EU sich ergänzen und wechselseitig unterstützen können. Das heißt jedoch auch, dass die Mitgliedstaaten der EU keine wichtigen zusätzlichen Verantwortungen geben können, ohne dass die erforderlichen Ressourcen gewährt werden.
Ich denke an die Forschungspolitik, Vorzeigeprojekte, die Bildung und Infrastrukturinvestitionen, die notwendig sind, wenn wir eine bessere wirtschaftliche Zukunft haben sollen. Daher ist meiner Ansicht nach von immenser Wichtigkeit, dass sich der Geist dieser zunehmend gemeinschaftlichen Wirtschaftspolitik auch in einer konstruktiven Haltung bei den Verhandlungen zum EU-Haushaltsplan für 2011, in der Halbzeitbilanz des langfristigen Haushaltsplans und in der Debatte zum neuen Finanzrahmen nach 2013 niederschlagen sollte. Anderenfalls werden wir nicht vorankommen und gemeinsame Maßnahmen für die Förderung von Wachstum und Arbeitsplätzen auf den Weg bringen können.
Theodoros Skylakakis (PPE). – (EL) Herr Präsident, als ein griechischer Abgeordneter des Europäischen Parlaments möchte ich in diesem Parlament etwas wiederholen, was ich in Griechenland von Anfang an öffentlich gesagt habe. Und ich möchte meinen Dank für die Hilfe zum Ausdruck bringen, die mein Land durch den Europäischen Unterstützungsmechanismus erhalten hat und die die griechische Wirtschaft in Verbindung mit harten, aber oft unvermeidlichen Maßnahmen vor dem unmittelbaren Zusammenbruch bewahrt hat.
Es wäre nützlich, wenn der Mechanismus für Griechenland mit der gleichen Geschwindigkeit wie der Unterstützungsmechanismus für andere Wirtschaften angenommen worden wäre – als Europa schließlich das Risiko erkannte, dem wir alle ausgesetzt waren. Heute ist es das erste Mal, dass ich sowohl im Parlament als auch in den anderen europäischen Institutionen eine echte Entschlossenheit gesehen habe, die wirklichen wirtschaftlichen Schwierigkeiten in Europa direkt und realistisch zu betrachten. Warum sind wir in dieser Lage? Der Hauptgrund ist, dass wir Ausgaben über unsere Verhältnisse getätigt und Kredite angehäuft haben. Wir haben Ausgaben getätigt, als es keine Krise gab, wir haben während der Krise Ausgaben getätigt und wir tätigen aktuell Ausgaben auf unserem Weg aus der Krise heraus. Jeder, der lernen möchte, was geschieht, wenn man ständig mehr ausgibt als man hat, muss nur nach Griechenland kommen.
Der Europäische Währungsfonds und die anderen Institutionen, die in der Entschließung vorgeschlagen wurden, die derzeit in Verhandlung ist, bewegen sich in die richtige Richtung. Wenn der Fonds jedoch echte Anreize gewähren soll, muss er nicht nur die absolute Größe von Schulden und Defizit, sondern auch die Schnelligkeit der Verringerung der Schulden und des Defizits berücksichtigen. Unser wirkliches Problem ist, und ich sage dies zum linken Flügel, dass 4 Milliarden Menschen in den Entwicklungsländern, die von 200 EUR pro Monat leben, den Kapitalismus entdeckt haben und von uns, den Reichen, die von 2 000 EUR pro Monat leben, globale Ressourcen und Märkte verlangen. Wir im Westen haben kein Monopol auf den Kapitalismus, auf dem das alte europäische Modell aufgebaut war. Wenn wir uns nicht verändern, wenn wir keine strukturellen Veränderungen, die Wettbewerbsfähigkeit und die Innovation vorantreiben, werden wir einfach in mehr Armut leben.
Danuta Maria Hübner (PPE). – Herr Präsident, es gibt kaum Zweifel über den Ernst der aktuellen Krise und die „Gebrauchskosten“ von beispiellosen politischen Methoden sind sehr hoch. Es ist die Aufgabe von Regulierern und Entscheidungsträgern, Maßnahmen zu ergreifen. Maßnahmen, die es ermöglichen, sowohl das durch das Marktversagen zerstörte Gleichgewicht wiederherzustellen als auch eine gescheiterte Regierungspolitik zu korrigieren. Dies wird gerade getan. Aber es muss noch gesehen werden, wie schnell und mittels welcher politischen Maßnahmen die Mitgliedstaaten der Europäischen Union zu ihrem Wachstumskurs zurückkehren werden.
Mehr Regulierung ist keine Garantie gegen die Risiken der aktuellen Krise. Da wir den Weg einer vermehrten Regulierung gewählt haben, sollte er Hand in Hand mit einer erhöhten Vereinfachung gehen und die Komplexität von Finanzmärkten reduzieren. Auch ist klar, dass die Finanz- und Geldpolitik kein Ersatz für Strukturreformen ist. Die Strukturreformen müssen die Schwächen, die der Wirtschaft der Europäischen Union zugrunde liegen, ansprechen: stark wachsende Schulden und Defizite, die Alterung, die hohe Wahrscheinlichkeit einer neuen Inflationswelle, durch Klimaschutzstrategien erzeugte Risiken, eine niedrige Produktivität und mangelnde Wettbewerbsfähigkeit.
Es muss mit weniger öffentlichen Mitteln mehr getan werden; folglich müssen sowohl europäische als auch nationale öffentliche Mittel effizienter eingesetzt werden. Ein unternehmerfreundliches ordnungspolitisches Umfeld, ein effizientes Regierungshandeln, keine verzerrenden Steuern, eine hohe Erwerbsbeteiligung insbesondere bei Frauen, ein gutes Bildungssystem, Forschung und Innovation – all dies bildet ein minimales Kernpaket von Maßnahmen für die Erzeugung von Wachstum, Beschäftigung und Wettbewerbsfähigkeit. Zweifellos muss die europäische Erfolgsstrategie auf einer Straffung der Finanzpolitik basieren, aber ihr Fokus sollte auf der Innovation liegen, dem einzigen Weg zur nachhaltigen Steigerung der Produktivität und des Wachstums.
Die Europäische Kommission und das Europäische Parlament sollten ihre strategische Rolle zurückgewinnen und nach mutigen europäischen Lösungen suchen. Sowohl die Bürgerinnen und Bürger als auch die Märkte brauchen mehr Europa.
Gay Mitchell (PPE). – Herr Präsident, ich sehe es als selbstverständlich an, dass souveräne Staaten für Zusagen zur Rechenschaft gezogen und gezwungen werden müssen, vereinbarte Ziele einzuhalten. Also beginne ich bei diesem Ausgangspunkt. Aber es ist auch an der Zeit, sich umzuschauen und zu sehen, was andere Maßnahmen zu den jüngsten Turbulenzen beitragen. In den dreißiger Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts haben der Goldstandard und der Protektionismus zu einer Verschärfung der Rezession beigetragen. Dagegen hatten wir in der Europäischen Union über die Europäische Zentralbank und die Kommission die Solidarität und die institutionelle Kapazität, um aus vergangenen Fehlern zu lernen.
Die Arbeit der Institutionen ist in Anbetracht von 27 EU-Mitgliedstaaten einschließlich von 16 Euro-Ländern beeindruckend gewesen. Darüber hinaus haben unsere Institutionen mit der US Federal Reserve, der Bank of England, der Japanese Central Bank und weiteren zusammengearbeitet. Trotzdem waren die Märkte – die so genannten Märkte – im Ergebnis bestrebt, eine negative Sichtweise zu beinahe jedem Schritt einzunehmen. Ich bin jetzt durchaus für die freie Marktwirtschaft; der Protektionismus funktioniert nicht. Aber sind unsere Märkte frei? Die Märkte wurden im Hinblick darauf, uns in erster Linie in die Krise hineinzubringen, gut bearbeitet und beeinflusst. Gibt es nicht mittlerweile einen begründeten Verdacht, dass mächtige Interessengruppen eine Kapazität haben, souveräne Staaten zu übernehmen – und zu gewinnen? Und dass einige Interessengruppen – für welche Ziele auch immer – diese Macht nutzen, um ihre eigene Agenda zu fördern, um die Märkte für ihre eigenen Zwecke zu missbrauchen?
Eine politische Tagesordnung könnte Belange berücksichtigen, dass der Euro künftig beispielsweise den Dollar als die Leitwährung für Öl ablösen könnte; eine Agenda geschäftlicher und politischer Interessen könnte die Anhäufung von größerer Macht und Wohlstand einschließen, indem souveräne Rechte einschließlich gemeinsamer souveräner Rechte in der Europäischen Union zerstört werden. Es ist an der Zeit für die politischen Entscheidungsträger, über das, was gerade passiert, nachzudenken. Ich wiederhole: Die Mitgliedstaaten einschließlich des Mitgliedstaates, aus dem ich komme, müssen diszipliniert sein. Das muss natürlich geschehen. Aber wir legen allen Nachdruck auf die Mitgliedstaaten und sehr wenig darauf, was sich hinter so mancher Marktaktivität verbirgt.
Ich möchte gern wieder von der Ratspräsidentschaft und vom Kommissar hören. Was wird getan, um dies zu überwachen? Wir haben diese Leute in der Vergangenheit nicht überwacht – schauen Sie sich an, wohin sie uns geführt haben. Bitte haben Sie nicht nur einen Zinken an Ihrer Gabel: es ist an der Zeit für zwei Zinken.
Alajos Mészáros (PPE). – (HU) Die Strategie Europa 2020 ist eine sehr wichtige Strategie, vor allem jetzt, in Zeiten einer wachsenden Finanz- und Wirtschaftskrise. Diese Krise hat derartig grundlegende Fragen und negative Prozesse aufgezeigt – wenn wir diese nicht in unsere Strategie integrieren, kann dies den Erfolg unserer Wirtschaftspolitik gefährden.
Wir dürfen nicht zulassen, dass das Ansehen des Euros beschädigt wird, sondern wir müssen alles für die Nachhaltigkeit der Währungsunion tun. Ich vertrete das letzte Land, welches der Eurozone beitreten soll. Die Bürgerinnen und Bürger der Slowakei halten die Einführung des Euros für eine Erfolgsgeschichte, und daher trägt sie auch mit jedem verfügbaren Mittel zum Schutz des Euros bei.
Wir müssen das Bewusstsein dafür schärfen, dass die Währungskrise schwerwiegende politische Auswirkungen haben kann. Dies kann einen zunehmenden Euroskeptizismus und eine Unsicherheit bei jenen Ländern, die sich auf den Beitritt zum Euroraum vorbereiten, beinhalten. Wir müssen jenen Ländern, die bislang noch nicht die gemeinsame Währung eingeführt haben, helfen und sie ermutigen.
Bei der Gestaltung der Strategie EU 2020 muss Politiken, die eine nachhaltige Entwicklung garantieren, eine Hauptrolle eingeräumt werden. Obgleich die Arbeit an Lösungen für die Diversifizierung der Energieversorgung in Mitteleuropa im Gang ist, muss es zur Verringerung des Klimawandels einen zunehmenden Einsatz von alternativen Energiequellen geben. Wir müssen den Menschen auch bewusst machen, dass die Kapazität der gegenwärtigen, alternativen Energiequellen endlich ist. Aus dem Blickwinkel unserer langfristigen Sicherheit der Energieversorgung ist die Kernenergie die Lösung, die eine ausreichende Energiemenge mit dem geringsten Grad an Kohlendioxidemissionen garantieren kann. Deshalb müssen wir großen Nachdruck auf die damit verknüpfte Frage der sicheren Lagerung und Produktion von Brennelementen legen. Unverzichtbar ist auch, Impulse für die weitere Forschung zu modernen Energietechnologien wie die Innovation zu fusionsbasierten Reaktoren zu geben. Es stellen sich viele wichtige Fragen, die wir in unsere Strategie einbinden möchten, und wir sind mit der Hauptaufgabe der verbesserten Koordinierung und Integration verschiedener Bereiche konfrontiert. Nur auf diese Weise können wir sicherstellen, dass zusätzlich zur Währungsunion auch die entscheidende Wirtschaftsunion erreicht wird.
Marian-Jean Marinescu (PPE). – (RO)Ich begrüße sehr die durch die Kommission und den Rat vorgebrachten Maßnahmen. Wären diese Maßnahmen vor geraumer Zeit angenommen worden, hätten wir eine große Zahl der Auswirkungen der Krise, die wir gerade durchmachen, vermeiden können. Eine mangelnde wirtschaftliche Governance hat zu Entscheidungen geführt, die unter Druck und ohne jegliche Konsultation mit dem Europäischen Parlament getroffen wurden. Zusätzlich gibt es keine angemessenen Verfahren für die Überwachung der angenommenen Maßnahmen.
Im vergangen Jahr sind den Banken große Geldsummen zugeführt worden. Dies war eine notwendige Maßnahme, aber die Rettung der Banken hat nicht bei der Linderung der nachträglichen Krise geholfen. Die Krise setzte sich fort. Man hat nicht am Wachstums- und Stabilitätspakt festgehalten. Es sind inakzeptable Defizite aufgehäuft worden. Die Staaten haben in vergleichbaren Situationen verschiedene Maßnahmen ergriffen. Einige haben entschieden, ihren Bürgerinnen und Bürgern die Wahrheit zu sagen und Sparmaßnahmen anzunehmen. Das Fehlen gemeinsamer Regeln hat verschiedene Auswirkungen auf die Bürgerinnen und Bürger Europas, obgleich alle Mitgliedstaaten dabei geholfen haben, die Krise auszulösen. Wir können nicht mehr konsumieren als wir produzieren, noch können wir mehr ausgeben als wir einnehmen.
Wir brauchen eine Stabilität der Finanzmärkte. Deshalb sind die Vorschläge für die Bildung eines neuen Finanzstabilitätsmechanismus oder eines europäischen Währungsfonds eine absolute Notwendigkeit. Dennoch müssen diese Maßnahmen durch eine kohärente Strategie für die wirtschaftliche Erholung und durch Kontroll- und Sanktionsmechanismen gestützt werden. Damit können wir dann sagen, dass wir eine reale, wirksame wirtschaftliche Governance zum Vorteil aller Mitgliedstaaten etablieren werden.
Mairead McGuinness (PPE). – Herr Präsident, ich werde mich an Ihre Regel halten. Ich begrüße die Äußerungen des spanischen Ratsvorsitzes über Produktionssysteme und einem Schwerpunkt auf der Wettbewerbsfähigkeit. Ich denke, wir brauchen in diesem Parlament, im Rat und in der Kommission etwas mehr von diesem Austausch.
In Bezug auf Ihre Äußerungen über die langen Antwortzeiten müssen wir das prüfen, denn es besteht im Hinblick auf die Antwortzeiten das Problem einer Lethargie im europäischen System. Die Mitgliedstaaten hätten beim Ausbruch der Bankenkrise schneller reagieren können. Wir können es tun, aber wir scheinen es in diesem besonderen Fall nicht getan zu haben.
Schließlich sucht die Kommission nach vier Säulen einer neuen Strategie. Ich denke, die Kommission muss ihre eigene Rolle in dieser Krise prüfen. Ich glaube, die Überwachung der Regelungen des Wachstums- und Stabilitätspaktes fanden auf der Basis eines „weichen“ Leistungsansatzes, der nicht funktionierte, statt. Hätten wir uns, wie andere gesagt haben, alle an die Regeln gehalten, würden wir dieses Problem nicht haben. Ihnen mehr Befugnisse zu erteilen wird nur funktionieren, wenn Sie die Befugnisse, die Sie bereits haben, tatsächlich nutzen.
Elena Băsescu (PPE). – (RO) In der gegenwärtigen Wirtschaftskrise scheint die Strategie Europa 2020 eine wirkliche Herausforderung zu sein. Andererseits bietet sie auch eine Möglichkeit. Ich kann eine wichtige Anregung im Hinblick auf die Förderung der notwendigen, langfristigen wirtschaftlichen und sozialen Reformen geben. Die Grundsätze, auf denen sie basieren, müssen Solidarität und Anpassungsfähigkeit sein.
Ich glaube, dass die Zuteilungen für den Kohäsionsfonds bewahrt bleiben müssen, da sie eine grundlegende Rolle bei der Reduzierung der Ungleichheiten in der wirtschaftlichen Entwicklung zwischen den EU-Regionen spielen. Andererseits ist es selbstverständlich, dass die auf der Ebene der Europäischen Union angenommenen Ziele nicht automatisch zu nationalen Zielen werden können. Sie müssen entsprechend den Möglichkeiten jedes Landes angepasst werden. Die rumänische Regierung hat eine hochrangige Arbeitsgruppe zur Festlegung nationaler Ziele eingesetzt. Gleichzeitig wird sie den Entwurf des Nationalen Reformplanes koordinieren helfen.
Antigoni Papadopoulou (S&D). – (EL) Das Verhalten der Märkte und der Banken ist wie das eines Wolfsrudels, wie sie der schwedische Finanzminister genannt hat. Eines Wolfsrudels, welches bereit ist, die wirtschaftlich schwachen Länder zu zerreißen. Das erste Opfer war Griechenland, gefolgt von Spanien und Portugal. Einerseits haben wir im Falle Griechenlands gesehen, wie unbarmherzig es von Spekulanten getroffen wurde. Und andererseits haben wir die Gemeinschaftssolidarität gesehen, die sehr spät anlief und zu sehr harten Bedingungen kam. Sie hat die Griechen zu sehr unangenehmen Opfern und Durchführung gerechtfertigter Streiks gezwungen. Es scheint, dass die Protagonisten der internationalen Wirtschaftskrise jetzt die Staaten und nicht die Banken sind.
Wir müssen aus diesem Unglück lernen. Die Europäische Union braucht mehr gemeinschaftliche Solidarität, eine bessere Überwachung des Finanzsystems, eine strengere nationale Einhaltung des Stabilitätspaktes, eine stärker koordinierte Finanzpolitik und Maßnahmen zur Vermeidung von Ungleichgewichten beim Wettbewerb. Die europäischen Bürger wünschen ein humaneres Europa mit weniger Ungleichheiten zwischen den Mitgliedstaaten. Es ist an der Zeit für ein realistischeres und menschenfreundlicheres Programm für die Europäische Union von 2020, die den Herausforderungen der Zeit folgt.
Olle Schmidt (ALDE). – (SV) Herr Präsident, Europa braucht mehr Zusammenarbeit und Solidarität – nicht Protektionismus und Nationalismus. Wir wissen das – die Geschichte hat es uns gelehrt.
Es fällt mir schwer, die Furcht zu verstehen, die die Finanzminister offenbar verspüren, wenn sie mit diesem Vorschlag zur vorherigen Prüfung von Haushaltsplänen der Mitgliedstaaten konfrontiert sind. In den letzten Monaten hatten sogar hartgesottene Finanzminister Furcht und hätten sie auch haben sollen. Hier kann sicherlich eine Ader nationaler Selbstbehauptung entdeckt werden. Mit allen Mitteln andere Länder, aber nicht meines prüfen. Griechenland, Spanien und Portugal, aber nicht mein Land prüfen. Noli me tangere – rühr mich nicht an!
Unsere wechselseitige Abhängigkeit erfordert Offenheit und Vertrauen. Die schwedische und finnische Regierung haben beide Erfahrungen mit schwerwiegenden Krisen der neunziger Jahre des zwanzigsten Jahrhunderts gemacht, und sie sollten beide die Vorschläge von Kommissar Rehn aus vollem Herzen unterstützen.
Jaroslav Paška (EFD). – (SK) Eine verantwortliche Haushaltspolitik in allen Ländern der Europäischen Union ist nur der erste Schritt hin zur Lösung der gegenwärtigen Situation. Der nächste, in der Umsetzung sicherlich schwierigere Schritt sollte erfolgen, um nach einem maßvollen Wandel für unsere Beschäftigtenstruktur zu streben. Ein großer Teil der EU-Bürgerinnen und -Bürger ist nämlich in nichtproduktiven Sektoren, insbesondere der öffentlichen Verwaltung, beschäftigt. Der Produktionsbereich ist nicht in der Lage, eine derartig große Zahl von Beamten zu unterhalten, die das Leben nur komplizierter machen, indem sie sich immer mehr Vorschriften und Auflagen ausdenken.
Schauen Sie sich Asien an, Herr Kommissar. Sie haben dort keinen so hohen Prozentsatz an gebildeten Menschen oder so viele Universitäten wie wir. Dennoch haben sie eine kleine öffentliche Verwaltung und ein unkompliziertes unternehmerisches Umfeld, was ihnen die Entwicklung der natürlichen Wettbewerbsfähigkeit, die viele Menschen besitzen, erlaubt. Ein unkompliziertes, transparentes unternehmerisches Umfeld, weniger Verwaltung und mehr Raum für unabhängige, unternehmerische und kreative Aktivitäten unserer Bürgerinnen und Bürger: Das ist der beste Weg, um aus den gegenwärtigen Problemen herauszukommen.
Andrew Henry William Brons (NI). – Herr Präsident, die Wirtschaftskrise ist keine vorübergehende Krankheit, von der sich die EU-Mitglieder schnell erholen, um zu voller wirtschaftlicher Gesundheit zu gelangen. Es gibt systemische Schwachstellen im wirtschaftspolitischen Ansatz der EU und ihrer Mitgliedstaaten. Das Ziel einer einheitlichen Währung, schlussendlich für 27 plus weitere Länder, basiert auf der falschen Annahme, dass eine Währung für viele, sehr verschiedene Wirtschaften geeignet sein kann. Der Wert einer Währung muss den Gesundheitszustand der Wirtschaft, der sie dient, widerspiegeln.
Dennoch gibt es weitere ausgeprägte Probleme. Die Behandlung der Globalisierung durch die EU und ihrer einzelnen Mitgliedstaaten ist ein Rezept für eine Katastrophe. Wir können nicht zulassen, dass Waren und Arbeitnehmer aus Niedriglohnländern nach Europa strömen. Wir können nicht mit ihnen konkurrieren, ohne unsere Lohnsätze auf ihr Niveau zu verringern. Legale Lohnuntergrenzen werden unsere Arbeitnehmer nicht davor schützen, von Wanderarbeitern verdeckt unterboten zu werden, dass die Arbeit unserer Bevölkerung ausgegliedert oder unsere Produktion in die dritte Welt verlegt wird.
Tunne Kelam (PPE). – Herr Präsident, ich möchte Kommissar Rehn für seine freundlichen Worte und sein Vertrauen in die Anstrengungen von Estland beim Beitritt zur Eurozone danken. Und ich kann Ihnen versichern, dass Estland mit der gegenwärtigen Finanzlast von 7.5 % des Bruttoinlandsprodukts (BIP) nicht zu einer Erhöhung des durchschnittlichen EU-Schuldenstands beitragen wird. Ich vertraue auch darauf, dass die Kolleginnen und Kollegen der Eurozone Estland als ein positives Beispiel annehmen werden; das würde auch ein ermutigendes Signal an Lettland und Litauen aussenden, das ihre Bevölkerungen überzeugen würde, dass es Sinn macht, Anstrengungen zu unternehmen, und dass alle Bewerber entsprechend ihren Leistungen behandelt werden.
Der Beitritt zur Eurozone zu diesem Zeitpunkt ist nicht nur ein Privileg. Er bedeutet, dass wir von Anfang an solidarische Verpflichtungen übernehmen und unseren Beitrag zum Konsolidierungspakt leisten. Aber ich glaube, dass dies eine richtige Entscheidung ist; wir werden die EU nicht nur als eine Gelegenheit sehen, etwas zu erhalten, sondern vor allem als eine Chance, zum Voranbringen unserer gemeinsamen Sache beizutragen.
Danuta Jazłowiecka (PPE). – (PL) Die heutige Debatte zur wirtschaftlichen Governance in der Europäischen Union ist eine grundlegende Diskussion, denn sie betrifft die Frage der fortgesetzten Stärkung der europäischen Integration. In Anbetracht ihrer fortgeschrittenen wirtschaftlichen Beziehungen sollten die Mitgliedstaaten eine gleiche Verantwortung für einen europäischen Stabilisierungsmechanismus und die gesamte Wirtschaftslage in Europa verspüren.
Ich glaube nicht, dass irgendjemand von uns irgendeinen Zweifel daran haben sollte, dass die genaue Überwachung von öffentlichen Verbindlichkeiten und Ausgaben (der Präsident unterbricht die Rednerin), die frühzeitige Koordinierung des Prozesses der Schaffung von Reformhaushalten und -plänen in den Mitgliedstaaten und ein Hilfemechanismus in Krisenzeiten Maßnahmen sind, die in die richtige Richtung weisen. Die gewissenhafte Umsetzung der Grundsätze des Stabilitäts- und Wachstumspaktes sollte eine Priorität sein. Dies ist ein Schlüssel zur Sicherstellung der haushaltspolitischen und makroökonomischen Stabilität in der Europäischen Union. Während ein Katalog von Strafen und der Grundsatz der namentlichen Anprangerung für die Disziplinierung der Mitgliedstaaten bei der Einführung der Paktgrundsätze und notwendiger Reformen unerlässlich sind, habe ich Vorbehalte im Hinblick auf finanzielle Sanktionen. Denn diese Strafen, die im Fall von Mitgliedstaaten, die bereits in einer schwierigen finanziellen Situation sind, eingesetzt werden, könnten den gegenteiligen Effekt haben. Und zwar einen negativen Effekt auf die Wirtschaft dieser Länder ...
(Der Präsident unterbricht die Rednerin)
Deshalb möchte ich darum bitten, dass wir die Zukunft Europas verantwortlich planen.
Liisa Jaakonsaari (S&D). – (FI) Herr Präsident, wenn es zu einer Krise kommt, ist die psychologische Reaktion, sich entweder zu einem Ball zusammenzurollen, anderen die Schuld zu geben, nach Feinden Ausschau zu halten oder nach Lösungen zu suchen. Europa ist jetzt Zeuge dieses Dreiwege-Ansatzes: Einerseits nehmen Nationalismus und Protektionismus in vielen Ländern zu; andererseits wird nach neuen Lösungen gesucht, wie es bei der Kommission der Fall ist. Wir müssen sie von ganzem Herzen begrüßen. Je stärker das politische System in der Europäischen Union und auf nationaler Ebene ist, desto besser können wir die Marktkräfte bändigen. Anderenfalls wird es einen schlechten Verlauf nehmen.
Ich meine, es gibt eine Sache, mit der wir aufhören könnten – und das ist Griechenland ins Lächerliche zu ziehen. Die griechische Nation, der Ministerpräsident und die Politiker verdienen jetzt unseren Respekt, denn sie treffen derzeit einige sehr schwierige Entscheidungen. Wie Herr Schmidt sagte, waren Finnland und Schweden das Griechenland der frühen neunziger Jahre des zwanzigsten Jahrhunderts. Wir mussten Entscheidungen treffen, die genauso schwer waren, aber wir hatten am Ende Erfolg.
Der Präsident. – Ich muss Sie leider unterbrechen. Sie werden im Plenarsaal feststellen, dass ich sie, obgleich sie sehr nette Dinge über Griechenland gesagt hat, wirklich genau nach einer Minute unterbrochen habe. Demnach versuche ich hier so objektiv wie möglich zu sein.
Michael Theurer (ALDE). - Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! In der derzeitigen Debatte um eine funktionierende europäische Wirtschaftsregierung kommt meines Erachtens die langfristige Perspektive noch viel zu kurz. Jetzt ist der richtige Zeitpunkt, die kurzfristigen Stabilisierungsmaßnahmen in eine langfristige Strategie einzubetten. Dafür brauchen wir eine marktwirtschaftliche Vision. Das Grundprinzip der sozialen Marktwirtschaft ist bereits im Vertrag von Lissabon hinterlegt. Das muss jetzt mit Leben gefüllt werden.
Soziale Marktwirtschaft war das Erfolgsmodell des Wirtschaftswunders in Deutschland. Der Spiritus Rector, Walter Eugen, bemerkte schon 1950, dass die wirtschaftliche Tätigkeit des Staates auf die Gestaltung der Ordnungsformen der Wirtschaft gerichtet sein sollte, nicht auf die Lenkung des Wirtschaftsprozesses. Deshalb plädiere ich für einen ordnungspolitischen Ansatz, also staatliche Maßnahmen, die mit Mitteln allgemeiner Gesetze auf die Rahmenbedingungen des Wirtschaftens Einfluss nehmen. Nicht der Staat schafft Arbeitsplätze, aber er muss einen Ordnungsrahmen schaffen, darauf sollten wir uns konzentrieren. Wettbewerbsfähigkeit ist das Ergebnis von Wirtschaften, es steht nicht am Anfang.
Franz Obermayr (NI). - Herr Präsident! Wir müssen uns in der EU-Strategie 2020 mit den Wurzeln der derzeitigen Krise befassen. War es sinnvoll, eine Währungsunion nach amerikanischem Modell ohne die erforderlichen zentralen finanzpolitischen Kontrollstellen einzuführen? Nein! Der Euro darf die EU nicht zu einer riesengroßen Umverteilungsmaschine auf Basis einer Zwangssolidarität machen. Wenn Währungsunion, dann Hartwährungsunion!
Auch die freien Finanzmärkte darf man künftig nicht losgelöst von der Realwirtschaft betrachten. Es braucht daher für 2020 klare Regeln gegen Spekulanten, klare Regeln gegen Hedgefonds. Der von Österreich und auch gestern von Deutschland eingeschlagene Weg in Richtung Finanztransaktionssteuer ist sicherlich mit der Besteuerung der Gewinne von Banken und des Finanzsektors ein richtiger Weg. Setzen wir ein Zeichen für unsere Steuerzahler, und nehmen wir endlich den Finanzsektor in die Pflicht! Und auch mehr Mut bei Spielregeln für die Staaten! Wer wissentlich mit falschen Zahlen operiert, gehört aus der Eurozone raus, ganz einfach. Wer betrügt, der fliegt!
Paul Rübig (PPE). - Herr Präsident, Herr Kommissar, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Strategie 2020 stellt uns vor eine besondere Herausforderung. Insgesamt müssen wir hier auf die kleinen und mittleren Betriebe achten, und es wäre eine Forderung, dass man bis zum Jahr 2020 auch darauf achtet, dass in den Klein- und Mittelbetrieben eine Mindesteigenkapitalquote von durchschnittlich 20 % erreicht werden sollte.
Wir brauchen in Europa einen starken Mittelstand, weil dort zwei Drittel der Beschäftigten arbeiten, weil dort 50 % des Bruttonationalprodukts erarbeitet werden und weil 80 % der Steuern aus den kleinen und mittleren Betrieben kommen. Hier hat die Kommission einfach vergessen, auch Zielsetzungen zur Stärkung der kleinen und mittleren Betriebe in dieses Programm aufzunehmen.
Herr Kommissar Rehn, ich fordere Sie ausdrücklich auf, hier für die kleinen und mittleren Betriebe tätig zu werden und Zielsetzungen zur Stärkung dieser Betriebe und deren Arbeitnehmer zu formulieren.
Milan Zver (PPE). – (SL) Heute fand eine der besseren Debatten, die wir zur Finanz- und Wirtschaftskrise gehabt haben, statt. Insbesondere darüber, wie es in Griechenland dazu gekommen ist. Und die meisten Beiträge haben sich essentiell auf die Frage konzentriert, wie wir die Europäische Union in der Zukunft regieren sollten. Dennoch möchte ich auch dem, was jene Redner hervorgehoben haben, die Schuld für die Situation zuzuweisen suchen, zustimmen. Meiner Ansicht nach ist das der richtige Weg nach vorn und es ist wichtig, dass wir diese Route einschlagen. Wir müssen Fragen nach der Verantwortung einiger europäischer Institutionen stellen, und nicht nur nach der kollektiven Verantwortung der Institutionen, sondern wer genau wofür verantwortlich ist.
Darf ich daher vorschlagen, dass wir zum Beispiel darum bitten, Herrn Almunia, den ehemaligen Kommissar für Wirtschaft und Währung zu beanspruchen. Denn er ist während seiner Amtszeit ziemlich kritisch im Hinblick auf einige Länder gewesen, und dann kam es zum griechischen Problem. Ich fordere ihn dazu auf, seinen Anteil bei dieser Geschichte klarzustellen. Und wenn er das nicht kann, sollte er zurücktreten.
Seán Kelly (PPE). – Herr Präsident, zunächst hat man uns in den letzten Wochen Maßnahmen zur Bewältigung einer bereits entstandenen Finanzkrise umsetzen sehen – einer Finanzkrise infolge einer mangelnden Regulierung, einer mangelnden Überwachung und einer mangelnden Steuerung. Mit den heutigen Maßnahmen versuchen wir, diese Situationen vorwegzunehmen, sodass sie in der Zukunft nicht mehr auftreten werden. Die Maßnahmen sind also zu begrüßen.
Wir alle erzielen bessere Leistungen, wenn uns jemand über die Schulter schaut. Das gilt sowohl für Regierungen als auch für Einzelpersonen. Demnach begrüße ich, was heute hier getan wurde. Und ich denke, dass wir von jetzt an auch dazu übergehen sollten, uns mit den Finanzterroristen der Ratingagenturen und den Spekulanten zu beschäftigen. Diese zerstören Menschenleben und versuchen, souveräne Regierungen zu Fall zu bringen. Durch die Verfolgung eines zweigleisigen Ansatzes – die Befassung mit der Steuerung auf politischer Ebene und die Beschäftigung mit den Finanzterroristen – könnten wir uns auf eine bessere Zukunft freuen.
Karin Kadenbach (S&D). - Herr Präsident, Herr Kommissar, Hoher Ratsvertreter! Wir sprechen heute über eine gemeinsame europäische Wirtschaftslenkung. Ich glaube, es ist höchste Zeit festzuhalten, dass der Markt an sich kein Wert ist, dass die Europäer und Europäerinnen nicht dem Markt zu dienen haben, sondern dass der Markt den Menschen, den 500 Millionen Europäern und Europäerinnen dienen muss.
Ich bin davon überzeugt, dass wir Konsolidierung und Wachstum brauchen, aber beide Begriffe sind immer auch mit einem anderen Aspekt verbunden, nämlich sozialverträgliche Konsolidierung auf der einen Seite und nachhaltiges Wachstum auf der anderen Seite. Um das zu erreichen, brauchen wir Zuversicht. Die Menschen in Europa brauchen Perspektiven. Diese Perspektiven werden wir ihnen aber nur dann geben können, wenn wir ihnen versprechen können oder die Maßnahmen setzen, dass sie in einem Europa leben, an dessen Wohlstand sie auch teilhaben können. Ein Wachstum, das nur an einige Wenige geht, kann nicht das Europa der Zukunft sein.
Rachida Dati (PPE). – (FR) Herr Präsident, zunächst trifft es zu, dass das plötzliche Auftreten und die Tiefe der griechischen Krise viel Angst bei unseren Mitbürgern erzeugt hat. Eine Angst, von der ich denke, dass sie legitim ist. Noch einmal – dies bedeutet nicht, wie eine Abgeordnete gerade gesagt hat, dass wir mit dem Finger auf Griechenland zeigen sollten. Dennoch ist es – wie wir jetzt bereits mehrfach erwähnten – wichtig und dringlich, die notwendigen Lektionen zu lernen, damit wir ein politischeres Europa aufbauen und uns hin zu einer wirtschaftlichen Governance bewegen können. Die wirtschaftliche Governance sollte jetzt dringend vorgeschlagen werden.
Ich verstehe den Vorschlag der Kommission, die nationalen Haushaltspläne im Voraus zu prüfen. Ich persönlich denke nicht, dass wir die Pferde wechseln sollten. Was grundsätzlich und dringend gebraucht wird, ist die europäische wirtschaftliche Governance und keine vorrangige Prüfung der nationalen Haushaltspläne durch die Kommission. Ich denke, dieser Vorschlag würde nicht nur verfassungsmäßige Widersprüche aufdecken, sondern auch Verzögerungen und Komplexität erzeugen. Das ist sicherlich nicht das, was Europa derzeit braucht. Was dringend benötigt wird, ist eine europäische wirtschaftliche Governance und keine vorrangige Prüfung der nationalen Haushaltspläne.
Vasilica Viorica Dăncilă (S&D). – (RO) Wir alle wissen, dass die Strategie Europa 2020 mit dem Ziel eingeführt wurde, der Europäischen Union aus der gegenwärtigen Wirtschaftskrise herauszuhelfen und ihre Wirtschaft für das neue Jahrzehnt vorzubereiten. Dennoch ist es eine ernste Angelegenheit, dass die Strategie Europa 2020 nicht einmal eine klare Anleitung zur Abänderung einer der wichtigsten Gemeinschaftspolitiken, nämlich der Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik, gewährt.
Was dies noch ernster macht, ist, dass der Bezug zur Landwirtschaft als einem unverzichtbaren politischen Instrument für das Erreichen der Ziele der EU-Strategie 2020 erst in letzter Minute hergestellt wurde. Deshalb sind wir nicht einmal überrascht, dass die Agrarpolitik in diesem Dokument kaum erwähnt wird. In dieser Hinsicht beinhaltet die EU-Strategie 2020 einige Ideen zur künftigen Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP). Der GAP wird jedoch keine strategische Schlüsselrolle als Teil eines breiteren, globalen Ansatzes unter Berücksichtigung der großen Herausforderungen, die durch die Aussichten einer Verdoppelung der weltweiten Nachfrage nach Nahrungsmitteln und den Klimawandel gestellt werden, zugewiesen.
Czesław Adam Siekierski (PPE). – (PL) Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, wir haben keine detaillierten Untersuchungen zu den Ursachen der Krise im Euroraum und dem wirtschaftlichen Kollaps in Griechenland oder den Gefahren, denen sich weitere Länder gegenübersehen. Ist die weltweite Finanzkrise, die zur Wirtschaftskrise geworden ist, der Grund für diese Situation, oder befassen wir uns hier mit unseren eigenen Fehlern, Versäumnissen und Unterlassungen?
Lassen Sie uns klar und deutlich sagen, dass es keine Koordinierung der Finanzpolitik in unserer Union gegeben hat. Der Stabilitäts- und Wachstumspakts ist nicht eingehalten worden, und die Haushaltsdisziplin wurde nicht gewahrt. Die nationalen Haushaltspläne wurden oft von der Realität abgekoppelt: hohe Kosten, niedrige Einkommen und eine mangelnde Verantwortung bei der Lenkung des Staates. Ich möchte gern fragen: Wo war die Europäische Zentralbank? Wo war die Kommission?
Lassen Sie uns ehrlich sagen, dass das Problem darin liegt, dass die Mitgliedstaaten keine Überwachung, Bewertung und Analyse ihrer Haushaltspläne durch EU-Institutionen gestatten. In den vergangenen Jahren haben wir uns hauptsächlich auf den Vertrag von Lissabon konzentriert und der Wirtschaftsunion und insbesondere der Währungsunion weniger Aufmerksamkeit gewidmet.
Diego López Garrido, amtierender Präsident des Rates. – (ES) Herr Präsident, wir können wirklich sagen, dass die Europäische Union mit einer Situation konfrontiert ist, die anderen in ihrer schmerzvollen Geschichte ähnelt und positiv gelöst worden sind. Europa steht an einem Scheideweg. Genau wie nach dem Zweiten Weltkrieg, was in der Geburt von etwas mündete, was damals noch nicht Europäische Union hieß. Genau wie beim Fall der Berliner Mauer, als Europa wiedervereint wurde und es im Übrigen eine Krise im europäischen Währungssystem gegeben hat. Die Antwort war, voranzugehen und einen neuen Vertrag zu billigen. Das haben wir zu Beginn dieses Jahrhunderts mit dem Vertrag von Lissabon getan und das ist der einzige Weg heraus aus einer schwierigen Situation wie der jetzigen.
Die anderen Alternativen sind natürlich klar populistischer oder protektionistischer Natur und damit keine Option. Die klare Wahl ist, sich in Richtung eines Europas zu bewegen, dass seine Mängel behebt. Dies wurde bei der Entstehung dieser extrem schwerwiegenden Krise, wie wir sie hier in diesem Parlament noch nie erlebt haben, gezeigt.
Demnach ist der Weg, auf die Situation der deregulierten Märkte, auf eine mangelnde Wettbewerbsfähigkeit in der Wirtschaft, die schwerwiegende Folgen mit sozialen Auswirkungen im Hinblick auf die Arbeitslosigkeit hat, auf das Defizitproblem, wo 20 von den 27 Ländern umfangreiche Schuldenverfahren eingeleitet haben und auf ein offensichtliches Fehlen von wirtschaftlicher Governance in der Europäischen Union zu reagieren, nicht mit weniger, sondern mit mehr Europa zu machen. Das ist der Weg, um im Augenblick auf diese Situation zu reagieren.
Es sollte gesagt werden, dass es eine Reaktion gegeben hat, dass die Europäische Union reagiert hat. Ich beziehe mich auf frühere Reden von Kommissar Rehn und von mir, in denen wir darlegten, wie die Europäische Union reagierte. Jedoch vergeht die Zeit im Augenblick sogar noch schneller, und ich denke, dass wir rascher mit unserer Reaktion sein müssen. Sie muss helfen, die grundlegenden Probleme, die in der Europäischen Union immer noch existieren, zu lösen und die im Ergebnis dieser Krise auf den Prüfstand gestellt wurden.
Ich möchte daher vorschlagen, dass die Einrichtungen der Europäischen Union und natürlich das Parlament bei den fünf Aspekten, von denen ich glaube, dass wir uns schneller bewegen müssen, zusammenarbeiten. Wir müssen unsere Drehzahl erhöhen und die Aufgabe, die in der richtigen Weise geplant und begonnen wurde, abschließen oder vervollständigen.
Der erste Aspekt ist die Solidarität. Wir müssen die Solidarität im Euroraum vertiefen, weshalb die Hilfe für Griechenland und die Entscheidung, diesen 750 Millionen EUR Fonds zu bilden, so richtig gewesen sind. Der Fonds wurde für einen Dreijahreszeitraum, demnach noch nicht dauerhaft, aufgelegt, um mögliche schwierige Situationen bei öffentlichen Finanzen oder Ungleichgewichte bei öffentlichen Finanzen zu verhindern. Ich denke, dass dies ein grundlegendes Element ist, und dass es für den Rat richtig war, den Fonds vorzuschlagen und am 9. Mai anzunehmen. Daneben hat es die Aktion der Europäischen Zentralbank gegeben, die jetzt interveniert, indem sie Schulden der Mitgliedstaaten über die Kanäle, die ihr durch den Vertrag von Lissabon gestattet sind, aufkauft.
Zweitens hat das Parlament gerade heute ein Vorschlagpaket zum System der Finanzaufsicht geprüft. Wir hatten gestern in gewisser Weise mit der Annahme der Regelungen über Hedgefonds im Rat „Wirtschaft und Finanzen“ (ECOFIN) einen Vorgeschmack. Daher können wir es tun, natürlich können wir es tun. Diese Regelung ist geschaffen worden, aber wir müssen die Verhandlungen zwischen dem Rat und dem Parlament bezüglich des gesamten Vorschlagpakets zum System der Finanzaufsicht so schnell wie möglich abschließen. Dieses Paket regelt im Übrigen auch die Ratingagenturen. Denn die Ratingagenturen werden – im Hinblick auf die durch die Abgeordneten vorgebrachten Vorschläge oder Fragen – der Überwachung durch die europäische Behörde unterliegen.
Drittens müssen wir uns der Wettbewerbsfähigkeit verpflichten. Für die Strategie 2020 ist es daher sehr wichtig, dass sie im Juni im Europäischen Rat angenommen und eingeführt wird. Dadurch werden die Ziele einschließlich der Ziele zur Armut und sozialen Eingliederung, die bislang noch nicht quantifiziert wurden, quantifiziert. Es sollte eine Strategie sein, die ihr eigenes Regierungshandeln installiert. Und dieses Regieren sollte, wie Herr Verhofstadt bereits sagte, viel fordernder als das praktisch nicht existente Regieren des Vertrags von Lissabon sein. Es sollte auch positive Anreize nutzen, um zu gewährleisten, dass die Ziele erreicht werden – wie die Verwendung europäischer Fonds oder des Strukturfonds.
Das vierte wichtige Element ist das Paket zur Koordinierung der Wirtschaftspolitik, was von Kommissar Rehn am 12. Mai vorgelegt und gestern im Rat der Wirtschafts- und Finanzminister geprüft wurde. Es ist absolut unerlässlich, dass wir den Vertrag von Lissabon einhalten. Er stellt in Artikel 5 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) fest, dass die Mitgliedstaaten dazu verpflichtet sind – nicht, dass es besser oder wünschenswert ist, sie sind dazu verpflichtet – ihre Wirtschafts- und Beschäftigungspolitik zu koordinieren. Und sie können auch ihre Sozialpolitik abstimmen. Daher denken wir, dass die Umsetzung von Artikel 136 des AEUV, der durch diesen Kommissionsvorschlag verankert wurde, sehr wichtig ist. Und wir müssen ihn auch schneller in die Tat umsetzen.
Schließlich glaube ich auch, dass wir die Debatte oder die Entscheidung zu einer Steuer auf internationale Finanztransaktionen, die meiner Ansicht nach auch auf dem G-20-Gipfel angeschnitten werden muss, beschleunigen müssen.
Ich möchte das Parlament bitten, diese sehr bedeutsamen und wichtigen Punkte zu unterstützen – es würde einen Schritt in Richtung dessen bedeuten, was als die wirtschaftliche Governance oder das Regierungshandeln der Union beschrieben wird – damit eine Entscheidung dazu so schnell wie möglich getroffen werden kann. Wir können nicht länger darauf warten.
Ich glaube, dass die Einheit in der EU noch nie so wichtig gewesen ist wie jetzt, und ich spreche nicht nur über die Einheit zwischen den EU-Mitgliedstaaten, sondern auch zwischen den Institutionen. Das Parlament ist eine europäische Institution, die Kommission ist eine europäische Institution und der Rat ist auch eine europäische Institution. Die Institutionen müssen in dieser Zeit zusammenarbeiten, sodass der Schritt in Richtung einer Regierung der Union und einer Lösung der entstandenen grundlegenden Probleme konsolidiert werden können. Lassen Sie dies einen Ausdruck unserer Verpflichtung sein, eine neue politische Phase in der EU zu starten. Eine neue politische Phase, die von Nutzen für die Bürgerinnen und Bürger ist, die das von uns erwarten. Erwarten Sie nichts anderes; erwarten Sie, dass wir genau das tun.
Olli Rehn, Mitglied der Kommission. – Herr Präsident, ein Dankeschön an die Abgeordneten für eine sehr ernsthafte und fundierte Debatte, die die schwerwiegende Situation, der wir in Europa gerade gegenüberstehen, reflektiert. Lassen Sie mich zuerst sagen, dass ich die breite Unterstützung des Europäischen Parlaments für die Stärkung der wirtschaftlichen Governance sehr begrüße. Ich habe auch Herrn Minister López Garrido sehr aufmerksam zugehört, und ich danke dem spanischen Ratsvorsitz sowohl in dieser als auch in anderen Fragen für seine Hilfe und die exzellente Zusammenarbeit.
Ich stimme jenen unter Ihnen, die eine Wirtschaftsunion gefordert haben, um die Währungsunion zu ergänzen, nachdrücklich zu. Das ist der richtige Weg, und das ist die entscheidende Lektion, die wir aus der Krise lernen müssen. Wir müssen an drei Stärken arbeiten. Zunächst brauchen wir eine Wachsamkeit im Hinblick auf die sofortige Lösung der Krise in Griechenland und andernorts in Europa. Wir haben das Auftreten eines weiteren Falls von Lehmann Brothers auf europäischem Boden verhindert, aber wir sind mit Sicherheit noch nicht über den Berg. Daher müssen wir mit unserer Wachsamkeit und Entschlossenheit zur Sicherung der Stabilität der Finanzmärkte in Europa und somit des Schutzes des immer noch zerbrechlichen Wirtschaftsaufschwungs unseres Kontinents fortfahren.
Zweitens müssen wir schneller werden und die gesetzgeberische Reform der Finanzmärkte, Bankabgaben, Leerverkäufe und Kreditanstalten intensivieren und vervollständigen. Es ist viel besser, auf einer europäischen Ebene zu handeln und es so rasch wie möglich zu tun.
Wir müssen einen Rahmen zur Korrektur systemischer Fehler der Finanzmärkte schaffen – hier stimme ich Frau Jaakonsaari und Herrn Swoboda nachdrücklich zu. Wie Herr Theurer sagte, kann der Markt ein guter Diener sein, aber er ist ein schlechter Meister. Wir müssen für die grundlegende Idee einer sozialen Marktwirtschaft arbeiten, um durch die Vervollständigung der gesetzgeberischen Reform einen verlässlichen Rechtsrahmen für die Finanzmärkte zu schaffen.
Drittens müssen wir zu Entscheidungen kommen, die die Stärkung der wirtschaftlichen Governance in Europa betreffen; wir müssen den Stabilitäts- und Wachstumspakt mit Hilfe einer vorbeugenden fiskalischen Überwachung stärken; wir müssen, wie Herr Kallas sagte, praktikable Sanktionen auf den Weg bringen und sie müssen auf Regeln gestützt sein, und wir müssen eine Kontrollbefugnis für Eurostat bekommen ...
(Der Präsident unterbricht den Redner)
Der Präsident. – Kolleginnen und Kollegen, dies ist die Zusammenfassung einer sehr wichtigen Debatte. Ich bitte Sie, bemüht zu sein, Ihre Unterhaltung in diesem Parlament auf ein Minimum zu reduzieren und die Schlussbemerkungen des Kommissars zu respektieren. Der Kommissar hat das Wort.
Olli Rehn, Mitglied der Kommission. – Herr Präsident, ich bin eigentlich daran gewöhnt, aber ich würde es begrüßen, wenn es etwas Interesse an dem, was ich sagen werde, in diesem Parlament geben würde.
Die sofortige Lösung der Krise, eine vollständige Finanzmarktreform und die Stärkung der wirtschaftlichen Governance: Das sind die drei Hauptaufgaben, an denen wir jetzt so schnell wie möglich arbeiten müssen.
Ich bin mit Herrn Marinescu, der auf die Mitteilung der Kommission verwies, einverstanden. Und es ist tatsächlich mehr, als es irgendjemand noch vor einem halben Jahr gedacht hätte. Bitte lesen Sie diese 10 Seiten der Mitteilung zur Stärkung der wirtschaftlichen Governance in Europa. Zehn Seiten klingen kurz, aber sie sind voll von konkreten Initiativen. Dies ist schwere Kost, und die brauchen wir in Europa. Ich werde in Kürze mit konkreten Vorschlägen, Gesetzgebungsvorlagen aufwarten.
Wir haben die Initiative ergriffen und wir werden fortfahren. Herr Verhofstadt sagte, dass wir nicht auf die Arbeitsgruppe warten sollten. Nun, wir tragen aktiv und konstruktiv zur Arbeit der Arbeitsgruppe, die von Präsident Herman Van Rompuy geleitet wird, bei. Aber wir sollten unser Initiativrecht nutzen und bald konkrete Gesetzgebungsvorlagen zur Stärkung der wirtschaftlichen Governance vorlegen.
Das ist die Essenz der Gemeinschaftsmethode, und das ist das, was Sie heute auch völlig zu Recht gefordert haben. Wir haben nicht den Luxus, über Zeit zu verfügen. Im Gegenteil, wir müssen unverzüglich handeln. Es ist jetzt absolut erforderlich, mit diesen Initiativen voranzukommen.
Ich möchte daher abschließend sagen, dass wir für die Verfolgung dieser Ziele ein Bündnis von Institutionen benötigen. Die Europäische Union hat durch ein Bündnis des Parlaments und der Kommission immer die besten Ergebnisse hervorgebracht, demnach zähle ich in dieser Hinsicht auf Ihre Unterstützung. Es ist auch wichtig, dass wir die nationalen Parlamente an Bord holen, indem, wie Frau Goulard vorgeschlagen hat, ein umfassender Ansatz gewählt wird.
Was aber am allerwichtigsten ist – bitte erinnern Sie sich daran, dass das Europäische Parlament uns allen in der Europäischen Union dabei helfen kann, schneller und entschlossener zu handeln. Also überzeugen Sie bitte Ihre Wahlkreise und helfen Sie uns, die Mitgliedstaaten zu überzeugen und nicht nur den spanischen Ratsvorsitz, der sehr überzeugt ist. Ich vertraue darauf, dass Sie das können und wollen, verschaffen Sie sich Gehör. Und ich vertraue auf Sie, dass Sie eine sehr starke und entschlossene Position in der Entschließung zu Europa 2020 im Laufe dieser Sitzungswoche des Parlaments einnehmen.
Liebe Freunde, wir brauchen nichts anderes als volle Kraft voraus, um unsere wirtschaftliche Governance in Europa zu stärken.
Der Präsident. – Die Aussprache ist geschlossen.
Schriftliche Erklärungen (Artikel 149)
George Sabin Cutaş (S&D), schriftlich. – (RO) Wenn eine Lektion aus der gegenwärtigen Wirtschaftskrise lernenswert ist, dann muss es die der Solidarität sein. Die Tatsache, dass wir in einer globalisierten Welt leben, wo die Wirtschaft der Staaten unabhängig ist, ist nicht neu. Dennoch sind die Länder damit gescheitert, ihre isolationistische Logik, wo Lösungen für wirtschaftliche Herausforderungen auf nationaler Ebene angewandt werden, zu verbannen – ohne in einem breiteren Maße ihre Auswirkungen zu berücksichtigen.
Die Strategie von Lissabon ist wegen eines mangelnden politischen Willens seitens der Mitgliedstaaten, die Führung bei der Erfüllung ihrer Ziele zu übernehmen, gescheitert. Um zu gewährleisten, dass die Strategie EU 2020 Erfolg hat, wo die Strategie von Lissabon gescheitert ist, müssen nationale Reformprogramme auf europäischer Ebene effektiver überwacht werden. Auch die soziale Eingliederung muss das Hauptziel einer guten wirtschaftlichen Governance sein, und die staatlichen Anbieter müssen lernen, zunächst die Menschen vor den finanziellen Gewinn zu stellen.
João Ferreira (GUE/NGL), schriftlich. – (PT) Kaum mehr als ein Jahrzehnt nach der Einführung des Euros haben sich die Warnungen, die wir zu der Zeit abgaben, erhärtet. Die Integration von Wirtschaften auf sehr verschiedenen Entwicklungsstufen, mit nominalen Konvergenzkriterien und einer individuellen Geld- und Wechselkurspolitik – alles, um den Bedürfnissen der großen Mächte zu entsprechen – hat die Krise im Hinblick auf das Auseinanderklaffen in der EU verschlechtert und zu einer Situation geführt, mit der die Randwirtschaften in Frage gestellt werden.
In Anbetracht der Krise, die sie erzeugten, haben sowohl Entscheidungszentren des spekulativen Finanzkapitals als auch ihre institutionellen Erweiterungen in den EU-Institutionen und in den Regierungen gerade eine neuen und andersartigen Angriff auf die Menschen und Arbeitnehmer Europas gestartet. Die Herren der EU haben entschieden, sich der Hauhaltsbefugnisse der Mitgliedstaaten zu bemächtigen. Und sie haben dies nicht im Namen der Solidarität getan – was ein Konzept ist, das ihnen zunehmend fremd ist – sondern im Namen der Stabilität, die die großen Mächte für den Euro fordern; dies ist ein nicht tolerierbarer Affront gegen die Demokratie und die Souveränität der Völker. Dieser Affront wird von Maßnahmen begleitet, die reiner Sozialterrorismus sind und dem sich die nationalen Regierungen kleinlaut unterworfen haben. Die Antwort auf die so genannte „europäische Wirtschaftsregierung“ und auf die zunehmende antidemokratische Natur des laufenden Integrationsprozesses wird durch kämpfende Arbeitnehmer derzeit in ganz Europa gegeben. Aus diesem Kampf und seinem Kurs auf den Fortschritt werden die notwendigen Veränderungen erwachsen.
Ilda Figueiredo (GUE/NGL), schriftlich. – (PT) Es ist bedauerlich, dass der Europäische Rat und die Kommission hierher gekommen sind, um festzustellen, dass sie Maßnahmen zur Lösung der Finanz- und Produktivprobleme im Rahmen der Haushaltsdisziplin ergreifen, und dass sie die Schaffung der Arbeitsgruppe als großen Trumpf für langfristige Maßnahmen präsentieren.
Obwohl sie Verspätungen im Hinblick auf die zögerlichen Maßnahmen, die sie ergriffen haben, eingestanden haben, haben die Vertreter des spanischen Ratsvorsitzes der EU und der Kommission hier erneut bestätigt, dass sie am gleichen Weg der kapitalistischen Integration festhalten und sie fortsetzen werden; sie laufen umher wie kopflose Hühner. Sie ziehen es vor, zu ignorieren, dass die so genannte „befristete Stabilisierungsmaßnahme“ und der zugehörige Fonds nichts weiter sein werden als ein Mittel, um die Schmerzen der Finanzkrise zu lindern. Sie werden zur Verschleierung der Tatsache eingesetzt, dass nur ein Bruch mit den aktuellen Politiken und eine Kursänderung sozialen Fortschritt herbeiführen können. Für diesen Zweck ist es entscheidend, die Produktion, die Qualität der öffentlichen Dienste und die Schaffung von Arbeitsplätzen, die auf Rechten, angemessener Entlohnung, existenzsichernden Renten, sozialer Eingliederung und der gerechten Verteilung des Einkommens beruhen, zu priorisieren.
Dennoch erfordert all dies eine echte wirtschaftliche und soziale Eingliederung mit einer klaren Stärkung des Haushaltsplans der Union, der Solidarität, mehr staatlichen Strategien und der Überwachung der wichtigsten Wirtschaftssektoren durch den Staat.
Edit Herczog (S&D), schriftlich. – (HU) Der Weg heraus aus der Krise ist ein holpriger, und zusätzlich haben die Finanzprobleme in Griechenland und in anderen Mitgliedstaaten den Euroraum erschüttert. Diese Probleme haben die Frage aufgeworfen, ob Europa in der Lage ist, mit der wirtschaftlichen Stärke der Vereinigten Staaten oder der Volksrepublik China zu konkurrieren. Mit ihrer Strategie EU 2020 muss die Europäische Union daher eine effektive Antwort auf die Wirtschafts- und Finanzkrise geben und sicherstellen, dass die volkswirtschaftliche Leistungsfähigkeit dieses Blocks von 500 Millionen Menschen konkurrenzfähig bleibt. Anders gesagt, dass die EU27 nicht hinter ihre wirtschaftlichen und politischen Rivalen fällt. Die Komplexität der heutigen Herausforderungen erfordert ein integriertes Paket von politischen Instrumenten. Die EU muss Forschung und Innovation bei der Bewältigung von Herausforderungen wie dem Klimawandel und dem Auffinden von Lösungen für den zunehmenden weltweiten Wettbewerb vorrangige Bedeutung einräumen. Da im Zeitraum nach der Krise die Gewährung von Anreizen für das Wachstum und die Schaffung von Arbeitsplätzen mit Hilfe von Forschung und Entwicklung wichtiger denn je geworden ist, schlage ich vor, dass dies zum vorrangigen Ziel der Strategie EU 2020 bestimmt wird. Jedoch ist unsere Sorge begründet, dass der aktuelle Haushaltsplan den geldpolitischen Bedarf, um den Herausforderungen des 21. Jahrhunderts zu begegnen, nicht angemessen deckt. Als ein Mitglied des Haushaltsauschusses bitte ich die Europäische Kommission, ein neues Haushaltsmodell vorzuschlagen, das kühn und ehrgeizig, aber auch praktikabel ist, um den Erfolg der Strategie EU 2020 zu garantieren.
Anneli Jäätteenmäki (ALDE), schriftlich. – (FI) Es ist exzellent, dass die Strategie Europa 2020 die Jugendlichen berücksichtigen soll. Dennoch ist sie nicht weit reichend genug. Der Inhalt ist beschränkt und pessimistisch. Es gibt nicht genug konkrete Ziele, davon braucht man mehr. Die Zahlen der Jugendarbeitslosigkeit sind alarmierend. Sie ist mehr als doppelt so hoch als in anderen Gruppen der Arbeitslosigkeit. Fast die Hälfte der Jugendlichen in Lettland und Spanien ist arbeitslos. Je länger Menschen arbeitslos bleiben, desto größer ist nicht nur das Armuts-, sondern auch das Ausgrenzungsrisiko. Jugendliche mit nur wenig Arbeitserfahrung sind im Arbeitsmarkt, insbesondere wenn es zum Personalabbau kommt, schlechter gestellt. Prognosen deuten darauf hin, dass es einen Mangel an Arbeitnehmern geben wird. Wir können es jedoch nicht als selbstverständlich ansehen, dass die Jugendlichen, die jetzt arbeitslos sind, diesem zukünftigen Bedarf an Arbeitnehmern gerecht werden können. Bei der Wiedereingliederung langzeitarbeitsloser Jugendlicher in die Gesellschaft handelt es sich nicht notwendigerweise um einen einfachen Vorgang. Wir brauchen konkrete Maßnahmen. Die Jugendlichen brauchen Arbeitsplätze, keine Versprechungen. Es ist sehr wichtig, dass wir Verantwortung für die Zukunft übernehmen, und dass Kinder und Jugendliche weiterhin der Mittelpunkt all unserer Pläne sind.
Lívia Járóka (PPE), schriftlich. – (HU) Der Start der Strategie EU 2020, die darauf abzielt, die Wirtschafts- und Beschäftigungspolitik der Mitgliedstaaten in Übereinstimmung mit den gemeinsamen Grundsätzen zu harmonisieren, ist möglicherweise die wichtigste Aufgabe, der wir gegenüberstehen. Ich begrüße die Tatsache, dass die Strategie zusätzlich zu den Aspekten einer nachhaltigen sozialen Marktwirtschaft, des Umweltschutzes und der Innovation auch großen Nachdruck auf den Kampf gegen die Armut und Ausgrenzung legt. Anders gesagt, legt sie Nachdruck auf die soziale Kohäsion, eine Voraussetzung für die oben erwähnten Ziele und eine der grundlegenden Säulen des spanisch-belgisch-ungarischen Arbeitsprogramms der Dreierpräsidentschaft. Ich betrachte es als einen großen Schritt nach vorn, dass die Europäische Kommission hierzu in der zweiten Hälfte ihrer integrierten Leitlinien zur Strategie ehrgeizige, quantitative Ziele aufgeführt hat. Zwei dieser Ziele sind, dass 75 % der Bevölkerung im arbeitsfähigen Alter beschäftigt sein, und dass die Zahl der Menschen, die unter der nationalen Armutsgrenze leben, um 25 % reduziert werden sollte. Für die Zwecke einer Überwachung und Überprüfung von Fortschritten beim Erreichen dieser Ziele und einer Bewertung des Kampfes gegen soziale Ausgrenzung sind die „Laeken-Indikatoren“, die durch den Europäischen Rat 2001 in Laken angenommen wurden, samt ihrer Bestandteile erwägenswert. Diese wurden zwischenzeitlich erweitert und präzisiert. Die Laeken-Indikatoren gewähren ein detailliertes, verlässliches Bild der Positionen, die von verschiedenen sozialen Gruppen in bestimmten Segmenten des öffentlichen Lebens eingenommen wurden. Sie wurden in den vergangenen Jahren von zahlreichen EU-Institutionen einschließlich Eurostats erfolgreich eingesetzt.
Danuta Jazłowiecka (PPE), schriftlich. – (PL) Das Hauptziel der Strategie Europa 2020, die wir diskutieren, sollte die Sicherstellung des Wirtschaftswachstums in der Europäischen Union und die Erhöhung der Beschäftigung sein. Die Maßnahmen, die wir ergreifen, sollten auf eine Steigerung der wirtschaftlichen Tätigkeit und dadurch auf das Erreichen eines nachhaltigen Wirtschaftswachstums auf lange Sicht abzielen. Die durch die Kommission vorgeschlagenen Indikatoren sollten durch einen Indikator der Infrastruktursättigung in den Bereichen Teleinformatik, Verkehr, Energie, Umwelt und Soziales ergänzt werden. Eine gut entwickelte Infrastruktur ist die Grundlage für die effiziente Funktionsweise des Binnenmarktes, was folglich zu einem Wachstum in der Binnennachfrage und der wirtschaftlichen Tätigkeit führt. Zusätzlich ist eine gut entwickelte Infrastruktur notwendig, um die Unterschiede in der Entwicklung zwischen Regionen zu verringern, was zu einer höheren Wettbewerbsfähigkeit und einer stärkeren wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Kohäsion führt. Darüber hinaus möchte ich auf den Beschäftigungsindikator, der als eine Priorität behandelt werden sollte, verweisen. Die Schritte, die wir unternehmen, sollten sich nicht nur auf Strukturreformen, sondern auch auf eine bessere Vorbereitung und Verwendung der Arbeitskräfte und des intellektuellen Kapitals der EU konzentrieren. Ich nehme an, niemand von uns zweifelt daran, dass wir zusammen mit der Umsetzung der Strategie EU 2020 eine stärkere Führung und eine größere politische Verantwortung seitens der Mitgliedstaaten und auch der Europäischen Kommission im Bereich der Strukturreformen brauchen werden. In diesem Zusammenhang wäre es hilfreich, ungefähr fünf Jahre nach ihrer Einführung eine gründliche Bewertung der Strategie EU 2020 durchzuführen – anders gesagt, am Ende des Mandats der aktuellen Europäischen Kommission. Dies würde eine Stärkung der politischen Verantwortung und eine Korrelation von Handlungen mit den Ergebnissen ermöglichen.
Sandra Kalniete (PPE), schriftlich. – Die Umsetzung der Strategie EU 2020 sollte die wirtschaftliche Kohäsion betonen. Was heißt, dass es immer noch entscheidend ist, die wirtschaftlichen Ungleichheiten zwischen den EU-Regionen, die zurückbleiben und jenen, die wohlhabender sind, zu verringern. Ich glaube, dass die Aufmerksamkeit der EU größtenteils immer noch dem Grundsatz der Solidarität und den Instrumenten für den Ausgleich der Einkommensungleichheiten geschenkt werden sollte. Der Schwerpunkt sollte auf den EU-Regionen bleiben, die am meisten unter der Wirtschafts- und Finanzkrise gelitten haben. Ferner sollte die spezifische Situation einer jeden dieser Regionen bewertet und eine angemessene Reaktion auf die entsprechenden Herausforderungen ergriffen werden.
In der Strategie Europa 2020 wird der Agrarsektor wie jeder andere Sektor in unserer modernen Wirtschaft angesehen, und ich begrüße das. Ich bin eine starke Unterstützerin einer Gemeinsamen Agrarpolitik, die eine Gleichwertigkeit für alle Mitgliedstaaten sicherstellt. Ein fairer Wettbewerb im Binnenmarkt ist ein Schlüssel zur Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Landwirtschaft auf dem Weltmarkt. Es muss Synergien zwischen der Strategie 2020 und der Reform der GAP nach 2013 geben – beide müssen sich auf die Förderung des intelligenten, grünen Wachstums konzentrieren.
Filip Kaczmarek (PPE), schriftlich. – (PL) Der polnische Minister für Kultur und nationales Erbe, Bogdan Zdrojewski, hat betont, dass ein Aspekt, der in die Strategie Europa 2020 aufgenommen werden sollte, die Kultur ist. Ich muss zugeben, dass das Argument des Ministers überzeugend ist. Denn was er tun möchte, ist „die Notwendigkeit zu betonen, das Potential der Kultur und der Kreativwirtschaft – Europas intellektuelles und soziales Kapital – voll auszuschöpfen“.
Die Kreativwirtschaft kann als etwas behandelt werden, dass es Europa erlauben wird, einen Wettbewerbsvorteil aufzubauen. Die Strategie Europa 2020 wurde auf einem informellen Treffen der Kulturminister im März dieses Jahres diskutiert. Als ein Ergebnis dieser Diskussion hat der spanische Ratsvorsitz „den Rat darum gebeten, in der Strategie 2020 das kreative Potential Europas anzuerkennen und mittels der Kultur und ihrer verwandten Wirtschaftszweige einzusetzen.“ Ferner hat er „die Mitgliedstaaten und die Kommission darum gebeten, in ihren jeweiligen Zuständigkeitsbereichen zu arbeiten, um die Ziele ... mit Hilfe repräsentativer Initiativen in Bezug auf Innovation, Wettbewerbsfähigkeit, der Digitalen Agenda und der sozialen Eingliederung zu erreichen.“
Ich hoffe, dass diese Appelle gehört und in die Praxis umgesetzt werden.
Iosif Matula (PPE), schriftlich. – (RO) Die große Wirtschaftskrise der vergangenen Jahre hat zu dem Scheitern der Ziele, die durch die EU zu Beginn dieses Jahrhunderts gesetzt wurden, beigetragen. Deshalb ist es für uns wichtig, die Mängel der Lissabon-Agenda zu identifizieren und uns auf die positiven Ergebnisse, die erreicht worden sind, zu konzentrieren sowie die in der Vergangenheit gemachten Fehler zu vermeiden. Ich glaube, dass es jetzt wichtig für uns ist, aus der Lektion des Scheiterns der Strategie von Lissabon lernen zu können. Und auch die Fähigkeit zu haben, künftig Maßnahmen zur Linderung ihrer Auswirkungen zu ergreifen. Ich meine, dass wir den großen Vorteil haben, die Gründe für das Scheitern und deren erfolgreicher Vermeidung als Teil der neuen Strategie EU 2020 zu kennen. Ich möchte mich insbesondere auf diesen Punkt zur Stärkung des Regierens auf mehreren Ebenen konzentrieren. Wir müssen sowohl die lokalen und regionalen Behörden als auch die Zivilgesellschaft in den Regierungsprozess einbeziehen, da laut EU-Statistik die lokalen und regionalen Behörden unter den normalen Bürgerinnen und Bürgern das höchste Vertrauensniveau genießen. Gleichzeitig ist die Stärkung des regionalen Aspekts Bestandteil der Prioritätenliste der Strategie EU 2020. In dieser Hinsicht denke ich, dass die Rolle der künftigen Kohäsionspolitik die Identifizierung und Nutzung des spezifischen lokalen Potentials ist.
Rareş-Lucian Niculescu (PPE), schriftlich. – (RO) Der Bericht verdeutlicht den wichtigen Beitrag, den die Strukturfonds und der Kohäsionsfonds für das Wirtschaftsleben Europas und das Erreichen der Ziele, die uns als Teil der EU-Agenda 2020 präsentiert wurden, genau geleistet haben. Einige Ideen sollten betont werden: die zentrale Bedeutung der Städte beim Erreichen dieser Ziele und die Bedeutung von Forschung und Bildung.
Gleichzeitig möchte ich meine Betroffenheit darüber zum Ausdruck bringen, dass der Bericht nicht umfassender ist, indem die Rolle, die die Fonds für die Entwicklung des ländlichen Raumes spielen, aufgenommen wird. Durch die Wiederbelebung des ländlichen Wirtschaftslebens, die Modernisierung der Landwirtschaft in Europa, die Gründungshilfe für junge Landwirte und die Verbreitung bewährter Praktiken leisten die Fonds für die Entwicklung des ländlichen Raumes selbst einen wichtigen und willkommenen Beitrag. Einen Beitrag für den allgemeinen wirtschaftlichen Fortschritt in der ganzen Europäischen Union.
Kristiina Ojuland (ALDE), schriftlich. – (ET) Herr Präsident, bei der Darlegung der Strategie Europa 2020 hat es die Kommission sicherlich geschafft, viele der Dinge, die wir uns wünschen, zum Ausdruck zu bringen. Aber sie scheint die gegenwärtige Realität vergessen zu haben. Einige Mitgliedstaaten einschließlich Estlands haben erhebliche Einsparungen im Interesse des Ausgleichs des nationalen Haushaltsplans vorgenommen. Beim Erfüllen der Maastricht-Kriterien für den Euroraum konnte Estland seinen eigenen Haushaltsplan stabilisieren. Gleichzeitig werden die Auswirkungen der unverantwortlichen Haushaltspolitik, die in einigen Mitgliedstaaten bisher bestanden hat, die Europäische Union offensichtlich noch einige Jahre heimsuchen. Unter Berücksichtigung der aktuellen komplizierten Wirtschaftssituation bleibt unklar, wie die Strategie der Kommission und die darin eingebundenen großen Projekte beabsichtigen, damit umzugehen. Wir könnten aus unseren Fehlern lernen. Sodass wir – anders als bei der gescheiterten Strategie von Lissabon – ein klares Verständnis davon haben würden, wie wir die gesetzten Ziele erreichen, welche Arten von Finanzmitteln wir nutzen können und ob uns durch unsere Ressourcen das Erreichen von einem der Ziele ermöglicht wird. Wir brauchen auf der Ebene der Europäischen Union keine großen Worte; auch jeder Mitgliedstaat muss danach streben, seinen Haushalt auszugleichen und Wirtschaftswachstum zu erzielen. Während wir die strukturellen Veränderungen bemerken, die in der Weltwirtschaft stattfinden – hauptsächlich die Verschärfung des Wettbewerbs und auch den demographischen Wandel in Europa, müssen wir den Schwerpunkt auf eine radikale Reform des gesamten Wirtschafts- und Sozialsystems der Europäischen Union legen, anstatt auf hochtrabende, aber inhaltslose Ideen. Es gibt keinen anderen Weg, heute einer Wohlfahrtsgesellschaft zu entfliehen, die – obgleich immer noch bequem – schnell an Wettbewerbsfähigkeit verliert und sich daher verschlechtert. Wir stehen notwendigerweise einigen unpopulären Entscheidungen gegenüber, aber indem wir heute diese Entscheidungen treffen, werden wir uns sehr viel schneller an die neue Realität anpassen.
Sirpa Pietikäinen (PPE), schriftlich. – (FI) Die Wirtschaftskrise, die wir derzeit erleben, besteht aus einer ununterbrochenen Folge von drei miteinander verbundenen Krisen. Diese sind die Finanzkrise, die darauf folgende Krise in der Realwirtschaft und die Krise in den Volkswirtschaften, die sich nun daraus ergibt.
Diese Krisen enthüllen die Probleme der europäischen und globalen Kontrolle und Überwachung: Bei der Wirtschaftskrise handelt es sich weitgehend um eine Krise in einem einmal vorherrschenden System und in der Politik. Sowohl die Finanzwelt als auch die Welt der Wirtschaftstätigkeit kennen ihre Grenzen nicht mehr. Es ist nicht möglich, Tätigkeiten, die über ihre Grenzen hinausgehen, zu managen, indem man lediglich auf nationale Instrumente zurückgreift: Wir brauchen regionale und globale Regeln.
Wie der Bericht von Herrn Monti, der vergangene Woche erschienen ist, feststellt, reicht eine einzelne Ad-hoc-Lösung für jede Krise für Europa nicht mehr aus. Wir brauchen vorausschauende und langfristige Lösungen und Instrumente, die uns dabei helfen, die künftigen Krisen besser als wir es derzeit tun zu managen. Entscheidend sind hier die Bereitschaft und die Fähigkeit der Mitgliedstaaten zur Zusammenarbeit, und das lässt immer noch viel zu wünschen übrig. Der Rat verdient ein Lob für sein entschlossenes Handeln bei der Lösung der Krise, die die ganze Union bedroht hat, aber nicht für sein sehr schnelles Handeln: Ein wirkliches Handeln der Mitgliedstaaten folgte nur, weil es sein musste. Die Trödelei hat vermutlich zu einer Eskalation der Situation geführt.
Eine der naheliegendsten Handlungsarten ist in Zukunft die Notwendigkeit, den EU-Haushaltsplan zu reformieren und sicherzustellen, dass die nationalen Haushaltspläne stärker mit den Gemeinschaftszielen übereinstimmen. Die Finanzkontrollen und -regulierung werden schon effektiver gestaltet, aber wir brauchen mehr Maßnahmen, um zu gewährleisten, dass alle Finanzprodukte in den Geltungsbereich einer effektiven und verlässlichen Regulierung einbezogen werden.
Rovana Plumb (S&D), schriftlich. – (RO) Das Erreichen einer mindestens 25 %igen Verringerung des EU-Armutsniveaus bis 2020 ist ein Ziel, welches eng mit dem Wachstum der Beschäftigung in der Bevölkerung verbunden ist, was eine Priorität der Politik zur sozialen Eingliederung darstellt. Das ist der Grund, weshalb zur Armutsverringerung eine ehrgeizige, langfristige Strategie zur Bekämpfung der Armut mit breit angelegten Zielen erforderlich ist. Ihre „Kernpunkte“ müssen eine Steigerung der Beschäftigungsquote und eine Erhöhung von qualitativ hochwertigen Arbeitsplätzen einschließlich derer für Frauen, Jugendliche, ältere und arme Arbeitnehmer beinhalten.
Diese Strategie muss Maßnahmen umfassen, die auf eine Work-Life-Balance und eine stärkere Beteiligung in einem offenen Arbeitsmarkt abzielen, was auch die Aufhebung der Zugangsbeschränkungen für rumänische und bulgarische Arbeitnehmer bedeutet. Ein weiteres Ziel für die Verringerung der Armut ist die Festlegung eines Mindesteinkommens von mindestens 60 % des nationalen gewichteten Durchschnittseinkommens, eines Mindestlohns von wenigstens 60 % des Durchschnittslohns in den relevanten Sektoren auf nationaler Ebene nebst einer koordinierten Wohnungsstrategie in Europa. Alle diese Maßnahmen müssen mit klaren Zeitvorgaben, die leicht umzusetzen und zu überwachen sind, einhergehen.
Joanna Katarzyna Skrzydlewska (PPE), schriftlich. – (PL) Eines der Ziele der Strategie Europa 2020 ist die Anhebung der Beschäftigungsquote bei Menschen zwischen 20-64 Jahren auf 75 %. Ein weiteres ist der Kampf gegen die Armut, was die Situation von 20 Millionen Menschen verbessern soll. Diese Ziele sind sehr wünschenswert und sehr ehrgeizig. Unser Ziel ist ein modernisierter Arbeitsmarkt mit hochspezialisierten, genau orientierten und sehr leistungsfähigen Erwerbstätigen. Dennoch denke ich, dass dies schwer zu erreichen sein wird. Aktuell schaffen 15 % der Jugendlichen keine umfassende höhere Schulbildung. Über 30 % schließen eine Hochschulbildung ab, finden aber trotzdem keine Arbeit, da die Qualifikationen, die sie erlangt haben, nicht den Erfordernissen des Marktes entsprechen. Das Programm für lebenslanges Lernen berücksichtigt nicht die besondere Situation von Menschen, die keine Hochschulbildung besitzen. Wenn wir jedoch über das Phänomen der Armut sprechen, sind davon die gleichen sozialen Gruppen am stärksten gefährdet: die Arbeitslosen, die schlecht Ausgebildeten und die Älteren. Solch eine hohe Arbeitslosigkeit ist zweifellos eine Auswirkung der Krise, die unter anderem einen Rückgang in der Industrieproduktion auf das Niveau von vor 20 Jahren erzeugt hat. Ich unterstütze die Kommission in ihren fortwährenden Bemühungen, die EU-Wirtschaft in Bezug auf die Vereinigten Staaten und Japan wettbewerbsfähig zu machen, aber ich schlage in der außerordentlich schwierigen finanziellen Situation einen realistischeren Ansatz vor.
Csaba Sógor (PPE), schriftlich. – (HU) Die Wirtschafts- und Finanzkrise hat es in vielen Mitgliedstaaten notwendig gemacht, Kosten sparende Maßnahmen einzuführen und die bestehenden Strukturen zu reformieren. Wieder einmal hat sich erwiesen, dass eine Krise die Einführung von wichtigen Veränderungen und Reformen beschleunigen kann. Die Europäische Union muss auch prüfen, in welche Richtung sie sich bewegen muss, um den neuen Herausforderungen zu begegnen und die Wettbewerbsfähigkeit zu steigern. Und sie muss erwägen, ob sie die Interessen der Mitgliedstaaten erfolgreicher harmonisieren und damit die innere Geschlossenheit stärken kann. Ich denke, dass eine gesteigerte Prüfung der besonderen Situation in den neuen Mitgliedstaaten während des Prozesses der Reformumsetzung von entscheidender Bedeutung ist. Und zwar nicht nur für den Erfolg der Strategie Europa 2020, sondern für die Zukunft der Union selbst. Ich bitte den Rat darum, dieser Frage insbesondere im Hinblick auf die Strukturänderungen in den Bereichen der Gemeinsamen Agrarpolitik und der Kohäsionspolitik größere Aufmerksamkeit zu schenken.
Nuno Teixeira (PPE), schriftlich. – (PT) Es können verschiedene Aspekte der Strategie von Lissabon, bei denen es geringe Erfolge gegeben hat, ermittelt werden. Es wurden wegen verschiedener Faktoren wenige der gesetzten Ziele erreicht: unter anderem in Ermangelung von politischem Willen und von Instrumenten – nicht zuletzt finanziellen Instrumenten. Lokale und regionale Behörden haben auch betont, dass sie nicht ausreichend – entweder in die Bestimmung oder in die Umsetzung – der Strategie einbezogen wurden, und dass europäische und nationale Ziele nicht gut aufeinander abgestimmt gewesen wären.
All dies hat dem Programm der Strategie von Lissabon ein Vertrauensdefizit beschert. Was auch ein Ergebnis der Tatsache ist, dass – obwohl das Programm ausführlich definiert wurde – die Art seiner Ausführung nicht verantwortlich genug gewesen ist. In einer Zeit wirtschaftlicher Unsicherheit, maroder öffentlicher Finanzen und einer hohen Arbeitslosigkeit muss die neue Strategie 2020 als eine Gelegenheit betrachtet werden, über die Richtung nachzudenken, die die Öffentlichkeit für die Europäische Union wünscht. Dennoch wird es schwierig für alle sein, in die gleiche Richtung gelenkt zu werden, während die Mitgliedstaaten und ihre Regionen – insbesondere die Gebiete in äußerster Randlage – genauso ungleich bleiben wie sie derzeit sind.
Vielleicht ist es auch an der Zeit, dass wir neue Arten von Wirtschafts-, Finanz- und sogar Haushaltsbeziehungen, insbesondere im Euroraum, entwickeln. Ich bin überzeugt davon, dass derartige Beziehungen einen entscheidenden Beitrag für das Erreichen der Ziele, die gerade bestimmt werden, leisten können – insbesondere jener in Verbindung mit dem territorialen Zusammenhalt.
Jarosław Leszek Wałęsa (PPE), schriftlich. – (PL) Im März hat die Europäische Kommission einen neuen Wirtschaftsentwicklungsplan für Europa vorgelegt. Nach der Strategie von Lissabon ist Europa 2020 der nächste Versuch zur Wiederbelebung der europäischen Wirtschaft. Diesmal ist die Herausforderung jedoch schwieriger, denn der Plan muss in einer Situation der Wirtschaftskrise in Kraft gesetzt werden. Intelligentes Wachstum, nachhaltiges Wachstum und inklusives Wachstum sind die in der neuen Strategie vorgeschlagenen Prioritäten, und sie bestimmen, wo die EU im Jahr 2020 sein möchte.
Bevor wir jedoch nach diesen Prioritäten zu handeln beginnen, müssen wir einige Lehren aus dem wirtschaftlichen Zusammenbruch, der sich ständig in der ganzen Welt ausgebreitet hat, ziehen. Die Wirtschaften von Europa sind eng miteinander verbunden. Keiner der Mitgliedstaaten kann allein einen wirksamen Widerstand gegen globale Bedrohungen auf die Beine stellen. Wenn wir zusammen handeln, sind wir stärker. Daher brauchen wir eine enge Koordinierung der Wirtschaftspolitiken aller Länder der Europäischen Union, um erfolgreich aus der Krise hervorzugehen und die Grundsätze von Europa 2020 in Kraft zu setzen. Dies nicht zu tun, könnte zu einem weiteren verlorenen Jahrzehnt, einem anhaltenden Stillstand für das Wachstum und Massenarbeitslosigkeit führen.
Die neue Strategie beruht auf sehr ehrgeizigen Ideen. Im Hinblick darauf müssen wir jegliche Anstrengungen unternehmen, damit sich dieser Versuch der Entwicklung einer anderen Wirtschaftsstrategie für Europa nicht nur als Wunschdenken herausstellt und nicht wie die Strategie von Lissabon endet. Letztere sollte die Europäische Union bis zum Jahr 2010 in die dynamischste wissensbasierte Wirtschaft der Welt verwandeln, was aber zu einem grandiosen Misserfolg wurde. Vielen Dank.
Präsident – Bevor wir mit der Stimmabgabe fortfahren, muss ich Ihnen mitteilen, dass die Konferenz der Präsidenten auf ihrer Tagung am 12. Mai beschlossen hat, gemäß Artikel 134 der Geschäftsordnung am Mittwoch, den 23. Juni, von 15.00 bis 17.00 Uhr eine außerordentliche Sitzung abzuhalten. Während dieser Sitzung wird der Präsident des Europäischen Rates, Herr Van Rompuy, die Gelegenheit haben, das Parlament über die Schlussfolgerungen der Tagung des Europäischen Rates am 17. Juni gemäß Artikel 15 des Vertrags von Lissabon zu informieren.
Robert Atkins (ECR). – Herr Präsident! Ich möchte eine Bemerkung zur Anwendung der Geschäftsordnung machen, und zwar, ob es zum Präzedenzfall werden wird, dass wir auf unseren Tischen in diesem Haus Informationen vorfinden werden, die sich auf zu unterzeichnende Anträge beziehen. Unabhängig von Vor- oder Nachteilen im jeweiligen Fall, ist es sicherlich zu bedauern, dass unbrauchbares Material auf unseren Plätzen deponiert wird, worüber wir überhaupt keine Kontrolle haben. Können Sie dem bitte Einhalt gebieten?
(Applaus)
Präsident – Herr Atkins, wir nehmen Ihre Bemerkung oder Ihren Protest oder was es auch ist, zur Kenntnis.
Werner Langen (PPE). - Herr Präsident! Zum gleichen Punkt der Geschäftsordnung: Es genügt nicht, wenn der Präsident das zur Kenntnis nimmt. Ich verlange, dass das abgestellt wird!
Präsident – Die Präsidentschaft hat Ihren Vorschlag zur Kenntnis genommen und wird dementsprechend handeln. Allerdings ist die Kenntnisnahme der erste Schritt. Nach der Kenntnisnahme handelt man dementsprechend.
Präsident – Es freut mich ganz besonders, dass eine Delegation der kuwaitischen Nationalversammlung in diesem Haus auf der Besuchertribüne anwesend ist. Wir möchten die Delegation aus Kuwait herzlich begrüßen.
(Applaus)
Die Delegation wird von Herrn Ali Al-Debaqbasi angeführt und ist nach Straßburg gekommen, um sich mit Mitgliedern unseres Hauses zu treffen.
Beziehungen zwischen der Europäischen Union und den Mitgliedstaaten des Golf-Kooperationsrates, dessen Vorsitz dieses Jahr von Kuwait geführt wird, sind für unser Parlament sehr wichtig.
Wir sind davon überzeugt, dass ein fruchtbarer Dialog zwischen dem Europäischen Parlament und den Parlamenten der Mitgliedstaaten des Golf-Kooperationsrates zu einer Stärkung der Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Union und dem Golf-Kooperationsrat führen und so eine rasche und erfolgreiche Beendigung der Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen fördern wird.
Daher wünschen wir Herrn Al-Debaqbasi und seinen Kolleginnen und Kollegen einen produktiven Aufenthalt bei uns.
Präsident – Wir werden jetzt zur Abstimmung übergehen.
(Für die Ergebnisse und andere Einzelheiten zur Abstimmung: Siehe Sitzungsprotokoll)
6.1. Antrag auf Anhörung des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses – Bürgerinitiative (Abstimmung)
6.2. Antrag auf Anhörung des Ausschusses der Regionen – Bürgerinitiative (Abstimmung)
6.3. Europäischer Flüchtlingsfonds für den Zeitraum 2008 bis 2013 (Änderung der Entscheidung Nr. 573/2007/EG) (A7-0117/2010, Claude Moraes) (Abstimmung)
6.4. Angabe des Verbrauchs an Energie und anderen Ressourcen durch energieverbrauchsrelevante Produkte mittels einheitlicher Etiketten und Produktinformationen (Neufassung) (A7-0128/2010, Anni Podimata) (Abstimmung)
6.5. Berichtigungshaushaltsplan 01/2010: Einzelplan I - Parlament (A7-0158/2010, Vladimír Maňka) (Abstimmung)
6.6. Entlastung 2008: EU-Gesamthaushaltsplan, Rat (A7-0096/2010, Ryszard Czarnecki) (Abstimmung)
- Nach der Abstimmung:
Ryszard Czarnecki, Berichterstatter – (PL) Man könnte sagen, dass wir uns in einer wesentlich besseren Position als letztes Jahr befinden, da wir damals bis November keine Entlastung gewährt hatten. Dieses Mal haben wir die Gelegenheit, dies sechs Monate früher zu tun, obwohl gesagt werden sollte, dass das Parlament den Rat letztendlich überzeugen muss, erstens die Dokumente frühzeitig vorzulegen und zweitens vollständige Unterlagen einzureichen, die tatsächlich den betreffenden Berichtszeitraum umfassen. Es sind uns zum Beispiel Unterlagen vom Jahr davor gegeben worden.
Ich denke, diese Situation – die in einer gewissen Krise in den Beziehungen zwischen dem Parlament und dem Rat besteht – weist auf die Notwendigkeit für das Europäische Parlament hin, im Hinblick auf größere Transparenz der Haushaltsausgaben stärkeren Druck auf den Rat auszuüben. Insbesondere angesichts des Vertrags von Lissabon, welcher die Rolle des Europäischen Parlaments stärkt, ist das einfach unerlässlich.
6.7. Qualitäts- und Sicherheitsstandards für zur Transplantation bestimmte menschliche Organe (A7-0106/2010, Miroslav Mikolášik) (Abstimmung)
- Vor der Abstimmung:
Miroslav Mikolášik, Berichterstatter – (SK) Heute ist ein großer Tag für europäische Bürgerinnen und Bürger und europäische Patienten. Durch die Annahme dieser Richtlinie für die Organspende und -transplantation ermöglichen wir die Behandlung und eine hohe Lebensqualität zu Hause und am Arbeitsplatz für Tausende von Menschen, die verzweifelt auf ein Transplantat warten.
Ich möchte allen Fraktionen danken, die beabsichtigen, meine Richtlinie zu unterstützen.
Meine Damen und Herren, es geht hier nicht um Politik, es geht um die Gesundheit der Menschen.
Vielen herzlichen Dank.
6.8. Tagungskalender des Europäischen Parlaments - 2011 (Abstimmung)
- zu Änderungsantrag 4:
Ashley Fox (ECR). – Herr Präsident! Zur Geschäftsordnung, können Sie bestätigen, dass die Stimmabgabe für den Änderungsantrag 4 eine erfolgreiche Verringerung der Besuche in Straßburg bringen wird, aber gleichzeitig unsere Vertragsverpflichtung einhält, 12 Sitzungen abzuhalten?
(Applaus)
- zu Änderungsantrag 2:
Klaus-Heiner Lehne (PPE). - Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe der Abstimmungsliste entnommen, dass Sie, Herr Präsident, beabsichtigen, den Antrag 2 für unzulässig zu erklären. Ich bitte Sie, dies noch einmal zu überdenken. Es ist in der Tat richtig, dass der Artikel 229 des Vertrags vorsieht, dass am zweiten Dienstag des Monats März eine Sitzung des Europäischen Parlaments stattfindet. Das steht aber nicht im Widerspruch zu dem Antrag, der hier von meiner Fraktion gestellt wurde.
Der Antrag meiner Fraktion zielt darauf ab, die Straßburg-Woche von der zehnten Woche auf die elfte Woche zu verlegen. Das hindert Sie überhaupt nicht daran, an dem zweiten Dienstag im März eine Plenartagung abzuhalten. Wir wollen aber, dass die Straßburgwoche in der elften Woche ist, so dass ich sage, hier liegt keine Unzulässigkeit vor. Ich würde Sie bitten, dies noch einmal zu überdenken.
Präsident – Sie haben meine Gedanken gelesen, Herr Lehne, weil ich genauso verfahren wollte, wie Sie es vermutet hatten.
- zu Änderungsantrag 4:
Bruno Gollnisch (NI). – (FR) Ich werde mich sehr kurz fassen, Herr Präsident. Ich denke, dass der Änderungsantrag 4 trotz der unklaren Wortwahl deswegen für nicht zulässig hätte erklärt werden sollen, da er den Verträgen und umso mehr der Auslegung dieser Verträge widerspricht, die sehr klar in einem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union in Luxemburg wiedergegeben wurde und die vorsieht, dass die gegenwärtige Anzahl der Plenartagungen aufrechterhalten werden muss. Ich verstehe, dass einige Abgeordnete dazu eine andere Meinung haben als ich, aber trotzdem machen es die Verträge absolut klar und das Urteil des Gerichtshofs in Luxemburg ist in Bezug auf die derzeitige Rechtslage genauso eindeutig.
Präsident – Ich muss Ihnen vor der Abstimmung mitteilen, dass die Präsidentschaft der Auffassung ist, dass der Änderungsantrag 2 eine Verletzung des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union darstellt und sie daher den Änderungsantrag 2 für unzulässig erklärt.
In Artikel 299 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union heißt es, dass das Parlament, und ich zitiere: „ohne dass es einer Einberufung bedarf, am zweiten Dienstag des Monats März zusammentritt“. Die Konferenz der Präsidenten hat einen Vorschlag für den Tagungskalender für 2011 genehmigt, der einen Tagungszeitraum vom 7. bis zum 10. März beinhaltet und damit Artikel 229 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union entspricht.
Änderungsantrag 2 schlägt vor, dass dieser Tagungszeitraum auf die folgende Woche verschoben wird. Falls das Parlament diesen Änderungsantrag annimmt, würden wir gegen Artikel 229 verstoßen. Entsprechend wird er für unzulässig erklärt.
- Vor der Abstimmung über Änderungsantrag 3:
Klaus-Heiner Lehne (PPE). - Herr Präsident! Es tut mir leid, aber so einfach wird das nicht gehen. Denn Sie haben Artikel 229 vollkommen richtig zitiert, er steht aber nicht in Widerspruch zu unserem Änderungsantrag. Artikel 229 bezieht sich auf einen Tag im März, nämlich auf den zweiten Dienstag im März. Unser Änderungsantrag bezieht sich auf die Straßburgwoche als Ganzes, auf vier Tage. Darum muss es auch zulässig sein, diese Plenarwoche in Straßburg von der zehnten auf die elfte Woche zu vertagen. Dies hindert überhaupt niemanden daran, am zweiten Dienstag im März eine Sitzung in Brüssel abzuhalten. Dies sei, wie Sie selbst sagen, durch den Vertrag vorgesehen.
Präsident – Herr Lehne, dieser Änderungsantrag wirft eine Frage auf, die sehr wohl unterschiedlichen Auslegungen zulassen könnte. Die Geschäftsordnung sieht in diesen Fällen vor, dass hinsichtlich der anwendbaren Auslegung die Präsidentschaft das letzte Wort hat. Aus den von mir erläuterten Gründen hat die Präsidentschaft entschieden, den Änderungsantrag 2 wegen des Verstoßes gegen Artikel 229 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union für unzulässig zu erklären. Es versteht sich von selbst, dass jede andere Auslegung Beachtung verdient. Da jedoch die Präsidentschaft entscheiden muss, hat sie so entschieden.
- Vor der Abstimmung:
Potito Salatto (PPE). – (IT) Herr Präsident! Entschuldigen Sie, dass ich die Gelegenheit dazu nutze, festzustellen, dass eine Intervention notwendig ist, um direkte Flugverbindungen ohne Komplikationen zwischen Straßburg und den europäischen Hauptstädten für diejenigen zu sichern, die gegenwärtig drei oder vier Anschlussflüge benötigen, um Straßburg zu erreichen. Ich bitte Sie, entsprechende Maßnahmen zu ergreifen.
(Applaus)
6.9. Andere Lebensmittelzusatzstoffe als Farbstoffe und Süßungsmittel (Thrombin vom Rind und/oder vom Schwein) (B7-0264/2010) (Abstimmung)
- Vor der Abstimmung:
Jo Leinen, im Namen der S&D-Fraktion. – Herr Präsident! Bei dieser Abstimmung brauchen wir keinen Umweg, sondern da können wir direkt entscheiden. Der Umweltausschuss empfiehlt dem Plenum, das Zusammenkleben von Fleischstücken zu unterbinden und Thrombin deshalb nicht als Zusatzstoff aufzunehmen.
Ein Steak muss ein Steak sein, ein Schinken muss ein Schinken sein. Ich bin sicher, dass die Wählerinnen und Wähler aller Abgeordneten dies so wollen. Deshalb stimmen Sie unserem Antrag zu, kein Thrombin als Zusatzstoff in unsere Lebensmittelverordnung aufzunehmen!
Pilar Ayuso, im Namen der PPE-Fraktion – (ES) Herr Präsident! Thrombin ist ein Zusatzstoff, der zum Zusammenkleben von einzelnen Fleischbestandteilen verwendet werden kann, denn Tatsache ist, dass es im Zusammenhang mit seiner Verwendung keine technologischen Probleme oder Probleme der Lebensmittelsicherheit gibt. In einigen Ländern wird es bereits verwendet.
Im vorgeschlagenen Änderungsantrag zum Anhang heißt es, dass mit Thrombin verarbeitetes Fleisch fertig verpackt und etikettiert verkauft werden kann. Somit wird der Verbraucher nicht betrogen, was dem Grundprinzip dieser Entschließung entspricht.
Ich möchte auf jeden Fall den Kommissar fragen, ob sich die Europäische Kommission dafür einsetzen kann, dass Produkte, die Thrombin enthalten, aufgrund eines geeigneten Etiketts, insbesondere innerhalb des Rahmens der gegenwärtigen Untersuchung des Verordnungsvorschlags zu den für Verbraucher bereitgestellten Informationen, nicht als Imitationen angesehen werden können.
John Dalli, Mitglied der Kommission – Herr Präsident! Im Zuge der Genehmigung des Lebensmittelzusatzes Thrombin wurden von der Kommission unter Zusammenarbeit mit allen Mitgliedstaaten alle vier in der Verordnung für Lebensmittelzusatzstoffe festgehaltenen Forderungen sorgfältig abgewogen. Dies sind: Der Sicherheitsaspekt, eine hinreichende technologische Notwendigkeit, Informationsaspekte und Vorteile und Nutzen für die Konsumenten.
In Bezug auf Sicherheit hat die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) das Erzeugnis untersucht und ist zu dem Schluss gekommen, dass es hinsichtlich dieses Erzeugnisses keine Sicherheitsbedenken gibt. In Bezug auf Hygiene kann ich in diesem Fall die Ansicht nicht teilen, dass die Gefahr einer Kontamination größer ist als bei anderen Erzeugnissen, wie etwa bei Hackfleisch.
Zweitens wurde die hinreichende technologische Notwendigkeit für dieses Erzeugnis erwiesen. Das Enzympräparat wirkt als Stabilisator im Fleischwendprodukt. Diese technologische Funktion ist ausdrücklich in der Verordnung für Lebensmittelzusatzstoffe beschrieben, die vom Parlament angenommen wurde.
Drittens, Informationsaspekte und insbesondere die im Bericht vorgebrachten großen Bedenken, dass das Erzeugnis den Konsumenten irreführen würde. Da wir uns der möglichen Gefahren voll bewusst sind, enthält unser Vorschlag die folgenden, strikten Forderungen – die übrigens weitreichender sind als das gewöhnlich für Lebensmittelzusätze notwendig ist. Erstens, das Erzeugnis kann nur fertig verpackt an den Endverbraucher verkauft werden. Zweitens, das Erzeugnis muss eine zusätzliche Kennzeichnung enthalten und der Begriff „Combined Meat Parts“ muss in der Nähe des Verkaufsnamens angebracht sein. So wird der Verbraucher gut über die Art des Produktes informiert. Drittens, der Name des Enzyms und sein tierischer Ursprung muss im Zutatenverzeichnis angegeben werden. Ich muss betonen, dass dieses Kennzeichnungsanforderungen strenger sind als die Anforderungen, die auf Produkte anwendbar sind, denen andere Zutaten wie etwa Blutproteine und genehmigte Zutaten aus demselben Zweck zugefügt wurden, für die jedoch keine zusätzliche Kennzeichnung vorgeschrieben ist.
Wenn strengere Kennzeichnungsanforderungen angegeben sind, werden sie berücksichtigt werden. Das betreffende Enzympräparat wird bereits in mehreren Mitgliedstaaten ohne irgendwelche Kennzeichnungsanforderungen als Verarbeitungshilfsstoff verwendet. Unser Vorschlag macht die Situation klar und würde die Mitgliedstaaten dazu verpflichten, die geforderten Kennzeichnungsregeln anzuwenden. Dadurch wäre der Verbraucher besser informiert. Darüber hinaus werden Verbraucher, insbesondere jene, die mehr Unterstützung benötigen, vom Vorhandensein billigerer Fleischprodukte profitieren, da wertvolle, während der Fleischverarbeitung anfallende Fleischbestandteile besser genutzt werden.
Dieser Zusatzstoff ist meiner Ansicht nach ein Beispiel der Entwicklung des Lebensmittelsektors, der Vorteile für Verbraucher bringen wird. Ich sehe keinen Grund für seine Unzulässigkeit und hoffe sehr, dass Sie Verständnis für die vollkommen triftigen Gründe haben werden, die ich deshalb erläutert habe, um zu zeigen, warum er genehmigt werden soll. Ich bin dem Parlament gegenüber eine Verpflichtung eingegangen: Ich werden den Menschen nicht sagen, was sie essen sollen. Aber ich werde ihnen sagen, was sie essen. Mein Standpunkt entspricht dieser Verpflichtung.
6.10. Aktionsplan im Bereich Organspende und -transplantation (2009-2015) (A7-0103/2010, Andres Perello Rodriguez) (Abstimmung)
6.11. Institutionelle Aspekte des Beitritts der Europäischen Union zur Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (A7-0144/2010, Ramón Jáuregui Atondo) (Abstimmung)
6.12. Überprüfungskonferenz des Römischen Statuts des Internationalen Strafgerichtshofs in Kampala, Uganda (B7-0265/2010) (Abstimmung)
- Vor der Abstimmung über Änderungsantrag 3:
Richard Howitt (S&D). – Herr Präsident! Im Änderungsantrag 3 möchte ich lediglich das Wort ‚nimmt zur Kenntnis‘ durch das Wort ‚begrüßt‘ ersetzen.
(Das Parlament erhob keine Einwände gegen den mündlichen Änderungsantrag.)
Für mündliche Änderungsanträge, die nicht dem Parlament vorgelegt wurden: Siehe Sitzungsprotokoll)
Bernd Posselt (PPE). - Herr Präsident! Ich schätze Sie und Ihre Vorsitzführung sehr, aber heute muss ich doch protestieren. Sie haben vielen Kollegen das Wort erteilt, zwei Mal dem Kollegen Lehne und den Kollegen Gollnisch und Fox. Ich hatte mich auch beim Kalender zur Geschäftsordnung gemeldet, und zwar wegen eines wichtigen Punktes: Ich bitte Sie zu prüfen, ob der Antrag 4, den wir zwar abgelehnt haben, aber das ist eine Grundsatzfrage, nicht auch rechtswidrig war, denn im Vertrag steht nicht zwölf Plenarsitzungen im Jahr, sondern zwölf monatliche Plenarsitzungen im Jahr, und mit dem Antrag Fox wurde versucht, das August-Plenum und das September-Plenum in einer Woche zusammenzufassen. Es handelt sich nämlich nicht um ein September-I- und ein September-II-, sondern um ein August- und ein September-Plenum. Das bitte ich wirklich klarzustellen, das ist eindeutig rechtswidrig.
Präsident – Tatsache ist, Herr Posselt, dass über diese Frage bereits abgestimmt wurde und wir können sie daher nicht wieder aufnehmen. Seien Sie dennoch versichert, dass alle Änderungsanträge für den Kalender von der Präsidentschaft sorgfältig geprüft worden sind.
Carl Schlyter (Verts/ALE). – Herr Präsident! Der Kommissar hat uns unmittelbar vor der Abstimmung über das Thema Thrombin informiert. Könnten Sie ihn darum bitten, die statistischen Daten bereitzustellen, um seine Erklärung zu rechtfertigen, dass es wirtschaftlich für die Verbraucher von Vorteil ist, billige Fleischstücke zu ersetzen und sie in rindfleischähnliche Erzeugnisse zu geben, statt sie heute in Wurst und anderen Produkten zu verwenden.
Ich möchte ihn darum bitten, den statistischen Beweis zu führen, dass es wirtschaftlich besser ist, denn bis jetzt wurde das nicht bewiesen. Der Kommissar hat auch einen Vergleich mit Hackfleisch gezogen, aber wir wissen, dass die Hygienestandards für Hackfleisch nicht dieselben sind wie für zubereitete Fleischwaren, daher möchte ich fragen, ob beide Aussagen des Kommissars richtig sind. Sollte er das Parlament unmittelbar vor der Abstimmung falsch informiert haben, würde das ein ernster Fehler sein. Ich würde Sie bitten, einen Brief an den Kommissar zu schreiben, um diese Erklärungen zu rechtfertigen.
Präsident – Wir befassen uns jetzt nicht mit diesem Punkt, Herr Schlyter. Wir befassen uns mit der den Erklärungen zur Abstimmung. Wir befassen uns mit den Erklärungen zur Abstimmung, die mit dem Berichtigungshaushaltsplan zu tun haben.
Hynek Fajmon (ECR). – (CS) Ich habe gegen den Bericht von Vladimír Maňka gestimmt, der den Haushaltsplan für dieses Jahr festlegt. In einer Zeit der Wirtschaftskrise, wenn es unbedingt notwendig ist, öffentliche Ausgaben zu reduzieren, stimme ich dem Europäischen Parlament nicht zu, sich genau in die entgegengesetzte Richtung zu bewegen und seine Ausgaben deutlich zu erhöhen.
Ich stimme weder mit dem Europäischen Parlament überein, 150 zusätzliche Mitarbeiter einzustellen, noch damit, dass die Mitglieder des Europäischen Parlaments zusätzliche neue Finanzmittel für ihre Assistenten erhalten sollen, zusätzlich zu den Mitteln, die wir schon jetzt erhalten. Abgeordnete sollen dieses Jahr gemäß dem Maňka-Bericht 1 500 EUR mehr pro Monat erhalten, zusätzlich zu den 1 500 EUR pro Monat gemäß dem Bericht von Helga Trüpel, der gestern angenommen wurde.
Das wird den Steuerzahler zusätzlich EUR 13,4 Millionen pro Jahr kosten. MdEPs sind aufgrund der hohen Summen öffentlicher Mittel die sie erhalten schon jetzt öffentlicher Kritik ausgesetzt. Eine weitere Erhöhung wird in ganz Europa gerechtfertigten Ärger auslösen, und ich habe aus diesem Grund diesen Vorschlag nicht unterstützt.
Bogusław Liberadzki (S&D). – (PL) Im Gegensatz zu meinem Vorredner unterstütze ich den Berichtigungshaushalt. Es handelt sich nicht um einen Änderungsantrag, der nur mit Bilanzierung zu tun hat. Dieser Änderungsantrag ist sehr sinnvoll. Aus welchem Grund? Nun, er beruht auf unserer neuen Parlamentsfunktion, als Organ, das Gesetzgebungskraft erhalten hat. Die Wähler erwarten von uns MdEPs, dass wir in der Lage sein werden, von der Kommission vorgelegte Vorschläge zu ändern und dass es uns möglich sein wird, vom Rat vorgelegte Vorschläge zu ändern. Erinnern wir uns daran, dass jedem Kommissar ein Team von Hunderten von Leuten zur Verfügung steht, die mit ihm arbeiten. Wir haben nur eine oder zwei Personen, die uns unterstützen. Es handelt sich also nicht um eine Einsparung, über die wir hier sprechen. Es ist einfach eine Antwort auf eine neue Funktion, eine neue Rolle. Ich möchte dem Berichterstatter, Herrn Maňka, für seinen hervorragenden Bericht danken.
Kristian Vigenin (S&D). – (BG) Herr Präsident! Ich möchte sagen, dass ich die Berichte über den Aktionsplan im Bereich Organtransplantation sowie den Bericht über die Qualität und Sicherheit von Organen unterstütze. Dennoch möchte ich festhalten, dass es in dieser Hinsicht große Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten gibt. Ich hoffe daher, dass dieser Aktionsplan und der Bericht zur Qualität und Sicherheit den Mitgliedstaaten helfen werden, ihre Kriterien zu standardisieren, und dass sie als Maßstab für die Zukunft angesehen werden.
Ich erwähne es, weil mein Land, Bulgarien, 35-mal weniger Spender hat als Spanien. Die Probleme in diesem Bereich sind mit der ganzen Kette von Handlungen verbunden. Von der Bereitstellung der Informationen für die Bürgerinnen und Bürger bis zur eigentlichen Transplantation und der Nachbehandlung nach der Transplantation. Es steht uns kein Netz von Spendereinrichtungen zur Verfügung. Es gibt nicht genug Geräte und wir haben keine verlässliche Spenderdatenbank. Bulgarien ist kein Mitglied von Eurotransplant und eine Nachbehandlung nach der Transplantation steht auch nicht zur Verfügung. Wir haben keine für Krankenhäuser gebauten Ambulanzen, die Transplantationen durchführen.
Aus diesem Grund hoffe ich, dass dieser Bericht und die vom Parlament gefällten Entscheidungen einen Impuls geben werden und dass diese Richtlinie so rasch wie möglich umgesetzt werden wird.
Siiri Oviir (ALDE). – (ET) Herr Präsident! Ich habe auch für diesen Bericht gestimmt, weil er universelle und verbindliche Anforderungen für die Qualität und die Standards für menschliche Organe schafft, die in Transplantationen in allen Mitgliedstaaten verwendet werden und somit den Schutz des Spenders und des Empfängers garantiert und zugleich die Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten verstärkt. Mit diesem Bericht haben wir denjenigen Menschen – mehr als 56 000 Einwohnern der Europäischen Union – eine bessere Lebensqualität ermöglicht, die gegenwärtig auf ein Organtransplantat warten.
Radvilė Morkūnaitė-Mikulėnienė (PPE). – (LT) Ich habe ebenfalls zugunsten dieses wichtigen Dokuments über die Qualität und Sicherheit von menschlichen Organen gestimmt, die für eine Transplantion bestimmt sind. Es wäre wirklich hervorragend, ein gemeinschaftsweites Organtransplantationssystem zu etablieren, das transparent und sauber wäre und das Qualität und Sicherheit auf EU-Ebene gewährleisten würde. Das ist eine der wichtigsten Zielsetzungen. 56 000 Bürgerinnen und Bürger warten auf Spender und diese Knappheit an für Transplantationen vorgesehenen Organen verursacht auch andere Probleme, kriminelle Handlungen und kriminelle Probleme. Daher glaube ich, dass dieses Dokument dazu beitragen wird, ein geeignetes System zu schaffen, das sichere und verlässliche Methoden für die Organtransplantation gewährleisten wird.
Martin Kastler (PPE). - Herr Präsident! Ich habe für diesen Bericht gestimmt und gratuliere meinem Kollegen Mikolášik zu seiner hervorragenden Arbeit, denn ich glaube, es ist ein großer Tag, das wir heute für einheitliche Standards und für mehr Sicherheit für Spender und für Empfänger von Organen gesorgt haben. Ich hoffe, dass es auch zur Vereinfachung der Zusammenarbeit zwischen den Ländern beiträgt, und daher freue ich mich sehr, dass wir diesem Bericht mit großer Mehrheit zugestimmt haben.
Richard Howitt (S&D). – Herr Präsident! Ich begrüße diesen Bericht und die neuen europäischen Vorschriften für Organspenden sehr. Wenn ein Mensch in einem anderen Land der Europäischen Union stirbt, warum sollte dessen Organ nicht verwendet werden, um Leben zu retten? Wenn ein sehr schwer zu findendes geeignetes Organ aus einem anderen europäischen Land benötigt wird, dann ist es sinnvoll, diese Regelungen zu implementieren.
Obwohl es nicht Teil dieser Aussprache ist, würde ich gerne meine persönliche Unterstützung für ein Opt-out-System statt eines Opt-in-Systems zu Protokoll geben. 80 Prozent der europäischen Bürgerinnen und Bürger sagen, dass sie Organspenden unterstützen, aber nur 12 Prozent verfügen über Organspendeausweise. Diese Lücke müssen wir schließen.
Letztes Jahr sind 25 Menschen in meinem regionalen Wahlkreis im Osten Englands gestorben, weil sie auf einer Organspenderwarteliste standen und kein Spender rechtzeitig gefunden werden konnte. In den in meinem Wahlkreis befindlichen Krankenhäusern in Addenbrooke und Papworth verfügen wir über europa- und weltweit führende Fachkenntnisse auf dem Gebiet von Lungen- und Herztransplantationen. Lassen wir unsere Chirurgen ihre Arbeit tun. Lassen wir unsere Patienten behandelt werden. Das ist das Geschenk des Lebens.
Karin Kadenbach (S&D). - Herr Präsident! Ich kann mich den Worten meines Vorredners nur anschließen. Auch ich bin sehr dankbar, dass diese Vorlage heute mit großer Mehrheit angenommen wurde. Wenn wir die Zahlen hören, wonach zur Zeit 56 000 Europäerinnen und Europäer darauf warten, ein passendes Organ zur Verfügung gestellt zu bekommen, um mit einer gewissen Lebensqualität, mit einer hohen Lebensqualität und manchmal um überhaupt weiterleben zu können, dann war es dringend notwendig, dass wir die Standards vereinheitlichen, verbessern und den Zugang zu passenden Organen in ganz Europa möglich machen.
Janusz Władysław Zemke (S&D). – (PL) Ich habe ebenfalls die Annahme dieses Dokuments unterstützt, weil es sicherlich ein Schritt in die richtige Richtung ist. Aber obwohl ich mit diesen Prinzipien übereinstimme, und damit, dass wir uns über die Qualität der Spender und Organe besorgt fühlen, möchte ich ganz klar sagen, dass dies nur der erste Schritt in die richtige Richtung ist. Wenn wir einen entscheidenden Zuwachs bei Organspenden erreichen wollen, benötigt die Union eine bedeutend breiter angelegte Kampagne und Maßnahmen vorbeugender und informativer Natur. Wenn dem keine Förderung von Organspenden folgt, scheint es mir, dass wir auf halbem Wege stehen bleiben.
Tagungskalender des Europäischen Parlaments – 2011
Seán Kelly (PPE). – Herr Präsident! Zunächst möchte ich Ihnen dazu gratulieren, in welcher Art Sie dieses schwierige Thema heute hier behandelt haben, dafür, die Auslegung der Präsidentschaft freundlicherweise erklärt zu haben und dafür, sich nicht beirrt haben zu lassen. Hätten Sie das nicht getan, dann würden wir wahrscheinlich immer noch hier sein. Ich sage nicht, dass ich mit Ihnen übereinstimme, aber ich bin auf diesem Gebiet nicht erfahren genug, eine Meinung zu äußern, daher habe ich Ihre Meinung als Grundsatz angenommen.
Zweitens denke ich, dass das von Herrn Salatto vorgebrachte Argument zulässig ist, dass wir zum Vorteil der Abgeordneten und anderer Personen schnellere und zugänglichere Wege nach Straßburg und aus Straßburg hinaus haben müssen. Ich möchte darüber hinaus die Quästoren beglückwünschen, meinen eigenen Landsmann, Jim Higgins, eingeschlossen, und andere, die hart daran arbeiten, für Frankfurt-Hahn eine den Flughäfen Frankfurt und Straßburg gleichwertige Bezeichnung zu erlangen.
Abschließend möchte ich bezüglich der Unterkunftskosten hier in Straßburg sagen, dass es sehr hilfreich wäre, wenn sie während der Wochen, in denen wir Sitzungen abhalten, dieselben wären, wie während der Wochen, in denen diese nicht stattfinden. All das würde Straßburg attraktiver machen, weil es eine wunderschöne Stadt ist. Ich verstehe, warum wir hier sind, und wenn wir einmal hier sind, sind wir sehr froh.
Laima Liucija Andrikienė (PPE). – Herr Präsident! Ich habe für den Bericht dieser Entschließung zur Transplantation von menschlichen Organen gestimmt. Viele Menschen sterben täglich, weil sie unter Organversagen leiden und weil Organe nicht erhältlich sind. Die EU kann Patienten helfen, die auf Organe warten und sie kann damit Leben retten. Wir brauchen ein gut koordiniertes System von Organspende und Transplantation.
Ich möchte noch einmal einen sehr wichtigen Punkt hervorheben, einen politischen Punkt: Nämlich das Prinzip der freiwilligen und bezahlten Spende für menschliche Körperteile. Berichte der Weltgesundheitsorganisation und des Europarates stellen fest, dass in mehreren Ländern der Welt hohe Geldsummen an Personen bezahlt werden, damit sie ein Organ spenden. Es gibt sogar Berichte, dass Menschen absichtlich ermordet werden, um ihre Organe zu bekommen: Z.B. Anhänger der Falun Gong-Bewegung in China.
Es sind uns auch Fälle in einigen Ländern bekannt, bei denen das medizinische Risiko für den Spender hoch ist und die Transplantation oft unter sehr schlechten medizinischen Bedingungen durchgeführt wird. Schließlich möchte ich jenen danken, die heute die von uns angenommene Entschließung initiiert haben und besonders unserem Berichterstatter, Herrn Mikolášik.
Entschließung: Lebensmittelzusatzstoffe außer Farben und Süßstoffen (Rinder- oder Schweine-Thrombin) (B7-0264/2010)
Anna Maria Corazza Bildt (PPE). – (SV) Herr Präsident! Ich und die schwedischen Konservativen haben gegen den Vorschlag gestimmt, Thrombin zu verbieten. Der Kommissionsvorschlag fordert eine klare Etikettierung von Fleisch, das auf diese Weise zusammengeklebt wurde und stellt fest, dass es in Restaurants und großen Gemeinschaftsverpflegungsbetrieben nicht erlaubt ist, weil es an solchen Orten schwierig ist, die Verbraucher mit klaren Informationen zu versorgen.
Wir müssen die Diskussion über Fleischkleber entschärfen. Thrombin ist in allen Fleischerzeugnissen natürlich vorhanden. Um Thrombin zu vermeiden, wäre es erforderlich, den Verzehr von Fleisch vollständig aufzugeben. Die Experten der Kommission stellen fest, dass Thrombin nicht gesundheitsgefährdend ist und diese Meinung ist wissenschaftlich fundiert.
Wichtig ist, dass Lebensmittel sicher sind und dass Verbraucher nicht irregeführt werden. Verpackungen müssen genaue Informationen über Thrombin enthalten und die Etikettierung muss klar lesbar sein.
Warum sollten wir Thrombin verbieten? Dies zu tun, würde bedeuten, die Büchse der Pandora zu öffnen. Ist es wirklich Aufgabe der Politiker, unsere Lebensmittel zu verwalten? Wo wird das enden? Es gibt hier keinen Grund dafür, die Freiheit der Verbraucher und ihre Entscheidungsfreiheit einzuschränken.
Wenn es zu panikmachender Politik bezüglich Lebensmitteln kommt, die nicht gefährlich oder ungesund sind, sage ich ‚es reicht!‘ Vermeiden Sie ein Verbot – straffen Sie stattdessen die Regeln für die Etikettierung.
Renate Sommer (PPE). - Herr Präsident! Die Entschließung, die Thrombin in Lebensmitteln verbietet, heute anzunehmen, ist ein reiner Kniefall vor dem Boulevard. Das ist Populismus pur! Wir werden unserer Verantwortung hier nicht gerecht, wenn wir uns nicht mehr an wissenschaftlichen Stellungnahmen orientieren. Woran denn dann? Was ist Thrombin? Thrombin ist ein natürliches Enzym. Es ist im Blut und damit sowieso im Fleisch enthalten. Jeder von uns hat ganz viel Thrombin in sich. Wenn wir es jetzt als Lebensmittelzusatz verboten haben, dürfen wir dann eigentlich noch existieren, oder müssen wir uns jetzt auch langsam als Sondermüll entsorgen?
Natürlich müssen wir die Verbraucher davor schützen, dass sie dadurch in die Irre geführt werden, dass ein Produkt so aussieht, so aufgemacht wird, als wäre es etwas anderes. Und das tun wir über die Kennzeichnung in der neuen Lebensmittelkennzeichnungsverordnung, über die wir im Juni in erster Lesung abstimmen. Da haben wir ganz viele Regeln gegen irreführende Werbung, und da haben wir auch Zusatzaufschriften zur Kennzeichnung besonderer Produkte. Die Kommission hat genau das Gleiche für die Kennzeichnung von Produkten, in denen Thrombin als Kleber verwendet wurde, vorgeschlagen. Ich möchte darauf hinweisen, dass es viele ähnliche Enzyme gibt, die nicht verboten sind und die trotzdem eingesetzt werden.
Anja Weisgerber (PPE). - Herr Präsident! Verbraucherschutz ist mir ein sehr, sehr wichtiges Anliegen und deswegen setze ich mich auch gegen jegliche Form von Irreführung und Täuschung der Verbraucherinnen und Verbraucher ein. Deswegen kämpfe ich z. B. auch im Rahmen der Lebensmittelkennzeichnungsverordnung für eine bessere Kennzeichnung von Lebensmittelimitaten und fordere hier an dieser Stelle auch den Europäischen Rat auf, dieser Meinung, die ja auch von der Kommission unterstützt wird, zu folgen.
Heute hatten wir über Klebefleisch abzustimmen. Klebefleisch ist im Endeffekt Fleisch, das zusammengeklebt und als hochwertiges Produkt verkauft wird. Das darf meiner Meinung nach nicht sein, vor allen Dingen, wenn das die Verbraucher nicht wissen! Ich habe mir die Entscheidung heute nicht einfach gemacht. Die Kommission hat eine umfassende Kennzeichnungspflicht vorgeschlagen, aber es kann trotzdem zu einer Irreführung der Verbraucher kommen, weil Thrombin in einem Produkt schwer nachweisbar ist. D. h. es wird eventuell verwendet und dann aber nicht ausgezeichnet, und deswegen halte ich in diesem Fall eine Kennzeichnungspflicht für nicht ausreichend. Ich habe mich sogar jetzt der Entschließung angeschlossen und für ein Verbot von Thrombinen gestimmt.
Krisztina Morvai (NI). – (HU) In den letzten acht Jahren hat die postkommunistische Diktatur in Ungarn die Rechte der Ungarn systematisch mit Füßen getreten. Unter anderem hat oder hatte sie fast jede einzelne Straßendemonstration rechtswidrig aufgelöst. Mit Hilfe von fast 100 hervorragenden Anwälten und Rechtsberatern vom Nationalen Rechtsverteidigungsdienst war es in der Mehrheit der Fälle bereits möglich, Rechtshilfe vor den ungarischen Gerichten zu erhalten, aber es hat Fälle gegeben, wie etwa den jetzt berühmten Bukta-Fall, der vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg gebracht werden musste.
Die Europäische Union plant ganz raffiniert, unter dem Deckmantel des Beitritts zur Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, das reibungslos funktionierende „Straßburger System“ zu demontieren. Ich fordere jede einzelne ungarische und europäische Menschenrechtsorganisation auf, diesen Prozess genau zu untersuchen und gegen Dinge wie etwa den heute angenommenen Atondo-Bericht zu protestieren, der, wie ich behaupte, das europäische System zum Schutz der Menschenrechte untergräbt und demontiert. Es ist Ungarns historische Verantwortung, sicherzustellen, dass wir diesen Prozess unter der ungarischen Präsidentschaft nicht beschleunigen, sondern verhindern.
Entschließung: Lebensmittelzusatzstoffe außer Farben und Süßstoffen (Rinder- oder Schweine-Thrombin) (B7-0264/2010)
Radvilė Morkūnaitė-Mikulėnienė (PPE). – (LT) Dieses Thema ist in der Tat sehr sensibel und hat viele Diskussionen im europäischen Parlament und natürlich in der Gesellschaft allgemein ausgelöst. Ich bin weiterhin der Überzeugung, dass das Verbot einiger Produkte oder Zusatzstoffe keine Lösung ist und vielleicht müssen wir das Argument akzeptieren, dass der Verbraucher das Entscheidungsrecht darüber hat, sofern er alle notwendigen Informationen besitzt, was er kaufen und was er konsumieren will. Andererseits würde die Kontrolle des Prozesses ziemlich schwierig sein. In der heutigen Zeit des öffentlichen Bewusstseins mit einer großen Anzahl zugänglicher Informationen, suchen wir immer noch nach Formulierungen, unzweideutigen natürlich, die für die Gesellschaft akzeptabel sind, damit Menschen beim Kauf eines jeden Produktes die erforderlichen Informationen erhalten können und verstehen können, welche Zusatzstoffe das Produkt enthält. Deshalb denke ich, dass es mehr Gespräche mit der Gesellschaft und den Bildungseinrichtungen geben muss und vielleicht zusätzliche Konsultationen mit Wissenschaftlern.
Martin Kastler (PPE). - Herr Präsident! Die europäischen Bürger haben recht: Sie mögen ehrliche Lebensmittel, und sie mögen ehrliche Politiker.
Ich habe Respekt vor dieser öffentlichen Meinung. Wir können die öffentliche Meinung nicht einfach ignorieren, und wir können sie nicht einfach als Populismus abtun. Das ist es nicht! Wir müssen schon auch wahrnehmen, was unsere Bürger uns mit auf den Weg geben. Und wenn unsere Wähler und unsere Bürger der Meinung sind, dass echtes Fleisch auch wirklich echtes Fleisch sein muss und dass es nicht aus Resten zusammengeklebtes Fleisch sein darf, dann müssen wir auch dafür sorgen, dass dies nicht möglich ist. Daher habe ich gegen die Zulassung von Thrombin als eine Art Lebensmittelklebstoff gestimmt.
Karin Kadenbach (S&D). - Herr Präsident! Auch ich habe heute für die Entschließung gegen die Verwendung von Thrombin als Lebensmittelzusatzstoff gestimmt, denn die Argumente des Kommissars haben heute nicht überzeugen können. Wir wollen in Europa kein Klebefleisch. Auch wenn Thrombin ein Enzym ist, das an sich nicht gesundheitsschädlich ist, so wird doch durch die Zusammensetzung von Fleischresten zu einem gepressten Fleischstück die Anfälligkeit für bakterielle Verseuchungen extrem erhöht, und auf der anderen Seite war das heute auch eine ganz klare Entscheidung für die Konsumentinnen und Konsumenten in Europa und gegen reine wirtschaftliche Interessen der Industrie. Wir müssen den Konsumenten, die ein Steak wollen, ein Steak geben und nicht zusammengeklebtes Fleisch. Das bedeutet heute die Forderung an die Kommission, dieses Thrombin nicht zuzulassen.
Peter Jahr (PPE). - Herr Präsident! Die aktuelle Debatte um den so genannten Klebeschinken zeigt, dass nicht alle Hersteller einen fairen Umgang mit ihren Konsumenten pflegen. Ich plädiere dafür, dass alle Lebensmittel so gekennzeichnet werden, dass eine Irreführung der Verbraucher ausgeschlossen wird. Wenn dieses Enzym verwendet wird, muss es für den Verbraucher auch deutlich erkennbar sein. Das ist die Grundlage für einen funktionierenden und einen fairen Verbraucherschutz. Unsere Aufgabe ist es, dafür zu sorgen, dass der mündige Verbraucher über ausreichende Informationen verfügt, um eine Entscheidung in seinem Interesse fällen zu können.
Noch eine abschließende Bemerkung zum Klebeschinken: Die Diskussion mit dem Konsumenten, ob er dies will oder nicht, steht normalerweise noch aus. Er muss zumindest wissen, was er eigentlich isst und zu sich nimmt.
Siiri Oviir (ALDE). – (ET) Ich begrüße den Aktionsplan und habe daher dafür gestimmt. Dies ist ein Schritt in die richtige Richtung und um dieses Problem zu lösen, müssen wir alle zusammenarbeiten. Maßnahmen auf Ebene der Europäischen Union werden uns helfen, die Anstrengungen der Mitgliedstaaten zu stärken, die Qualität und Sicherheit von Organspenden und Transplantationen zu gewährleisten, um den Problemen besser begegnen zu können, die sich aus dem Mangel an Organen ergeben und zugleich das System der Transplantationen effektiver zu machen. Der Aktionsplan, der angenommen wurde, wird es den Mitgliedstaaten ermöglichen, die zehn Prioritätsmaßnahmen zu nutzen, die von uns als Basis dafür festgelegt wurden, ihre innerstaatlichen Aktionspläne auf bessere Weise zusammenzustellen. Wir sind innerhalb des Umfangs unserer Kompetenzen dazu verpflichtet, die Entwicklung eines hohen Gesundheitsschutzniveaus in der gesamten Europäischen Union zu unterstützen.
Clemente Mastella (PPE). – (IT) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Beitritt zur Europäischen Konvention stellt auf alle Fälle einen Fortschritt im politischen Integrationsprozess der Europäischen Union dar, deren System des Schutzes der Grundrechte durch die Eingliederung der Charta der Grundrechte in ihr Primärrecht ergänzt und gestärkt wird.
Wir halten es für außerordentlich wichtig und politisch bedeutend, dass das Parlament das Recht erhalten hat, während der Wahl der Richter für den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte eine bestimmte Anzahl von Vertretern an die parlamentarische Versammlung des Europarates zu entsenden. Erinnern wir uns daran, dass die Förderung des Respekts für die Menschenrechte einer der fundamentalen Werte der Europäischen Union ist, die in einem Gründungsvertrag verankert sind.
Ich möchte außerdem unterstreichen, wie wichtig die Konvention und die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte dafür sind, einen neuen rechtlichen und regulativen Rahmen zu umreißen, der Leitgrundsätze in den Bereichen bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres festlegt und das in erster Linie angesichts der neuen Formen der Integration und Harmonisierung, die mit Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon und der Annahme des Stockholmer Programms umgesetzt wurden.
Sie wird darüber hinaus ein zusätzliches Rechtsinstrument schaffen, das es ermöglichen wird, vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte Klage gegen eine Handlung oder die Untätigkeit einer europäischen Institution oder eines Mitgliedstaates im Zusammenhang mit der Umsetzung des europäischen Rechts zu erheben.
Schließlich ist es von großer Bedeutung, dass Artikel 1 der Europäischen Konvention nicht nur Schutz für die Bürgerinnen und Bürger der Europäischen Union und andere Personen auf ihrem Hoheitsgebiet bieten wird, sondern auch für Personen, die in ihre Zuständigkeit fallen und das sogar dann, wenn sie sich außerhalb des Hoheitsgebiets befinden.
Alfredo Antoniozzi (PPE). – (IT) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich unterstütze den Beitritt der Europäischen Union zur Europäischen Konvention für Menschenrechte, weil er, wie das ganz klar durch den Atondo-Bericht zusammengefasst wurde, einen Fortschritt für den europäischen Integrationsprozess darstellt. Er bedeutet einen Schritt hin zur politischen Union und ist ein starkes Zeichen der Kohärenz der Union und der Länder des Europarates und seiner Menschenrechtspolitik, was Europas Glaubwürdigkeit in nicht-europäischen Ländern stärken wird. Letztendlich repräsentiert er den klaren Wunsch, das Anliegen der Menschenrechte und Grundfreiheiten auf rechtlicher und gerichtlicher Ebene zu harmonisieren.
Dank des Vertrags von Lissabon ist die Europäische Union eine internationale Einheit, die zum ersten Mal über ihre eigene Rechtspersönlichkeit verfügt. Ich hoffe, dass die Unterzeichnung der Konvention nur einer der ersten Schritte in Richtung Bestätigung der Europäischen Union als einheitliches Organ auf der Ebene wichtiger internationaler Verhandlungen ist.
Bruno Gollnisch (NI). – (FR) Herr Präsident! Zu diesem Thema verhalte ich mich etwas zurückhaltender als die Kolleginnen und Kollegen, die gerade vor mir gesprochen haben.
In der Tat scheint die Vorstellung von einem Europarecht, das der Gerichtsbarkeit des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte unterliegt, auf den ersten Blick sehr verlockend. Es war sehr besorgniserregend, dass nationales Recht von diesem Gericht verurteilt werden könnte. Allerdings bedeutet die Art und Weise, wie nationale Gerichtsbarkeiten dieses Recht umsetzen, dass das Europarecht davon nicht berührt wird, umso mehr, als dieses Europarecht zum Beispiel in meinem Land, Frankreich, gemäß Artikel 55 unserer Verfassung dem französischen Recht gegenüber vorgeht.
Man kann sich allerdings fragen, ob diese Verfahrensweise nicht zu einer bestimmten Überschneidung führen wird. In der Tat gilt das Europarecht einerseits selten unmittelbar in den Mitgliedstaaten. Es muss zunächst durch das Sekundärrecht in innerstaatliches Recht umgesetzt werden.
Andererseits hat der Gerichtshof der Europäischen Union in Luxemburg großes Interesse daran bewiesen, die Grundrechte zu schützen. Er hat dieses Recht auch als ein aus der Annahme der Charta der Grundrechte erwachsendes Recht integriert. Die Befürchtung besteht, dass es zu sehr langwierigen Verfahren kommen könnte, insbesondere wenn, wie es von einigen Personen gefordert wird, ein vorgerichtliches Frageverfahren eingeführt wird. Daher hätten wir es vorgezogen, wenn eine Unterscheidung zwischen Einhaltung der Vorschriften und Beteiligung an den Berufungsverfahren gemacht worden wäre.
Entschließung: Überprüfungskonferenz des Römischen Statuts des Internationalen Strafgerichtshofs in Kampala, Uganda (B7-0265/2010)
Bruno Gollnisch (NI). – (FR) Herr Präsident! Zu einer Zeit, wenn sich solch tragische Ereignisse in Thailand zutragen, müssen wir ganz einfach die Notwendigkeit dafür erkennen, dass Schwerverbrechen, die gegen Zivilbevölkerungen begangen wurden, an die Gerichtshöfe verwiesen werden.
Allerdings ist die in der Vergangenheit gemachte Erfahrung weniger ermutigend, als dies gestern während der Aussprache von mehreren Abgeordneten ausgedrückt wurde. Am ersten Internationalen Gerichtshof waren jene, die sich ohne militärisches Ziel vor Augen dazu entschlossen, Napalm zu verwenden, um die Zivilbevölkerung der Stadt Dresden zu verbrennen, jene, die sich dazu entschlossen, radioaktive Strahlung zu verwenden, um die Zivilbevölkerungen von Hiroshima und Nagasaki zu verbrennen und jene, die entschieden, die gefangenen polnischen Offiziere durch Nackenschuss hinzurichten, die Richter, obwohl sie doch wirklich Teil der Gruppe der Angeklagten hätten sein sollen. Und auch die Erfolgsbilanz des früheren Internationalen Strafgerichtshofs für das ehemalige Jugoslawien, insbesondere im Fall Milosevic und im Fall Šešelj, ist nicht sehr zufriedenstellend.
Bedeutet es im Hinblick auf die Schaffung eines Treuhandfonds und im Falle vorgeschriebener Beitragszahlungen durch die Mitgliedstaaten, dass Europa die Opfer der Völkermorde, die außerhalb ihres Hoheitsgebiets begangen werden, entschädigen wird? Hunderttausende, ja sogar Millionen von Menschen fallen in diese Kategorie. Ich befürchte, dass wir uns hier in etwas sehr Kompliziertes verstricken. Das Konzept, letztendlich die besiegten Parteien zu verfolgen und das trotz der Sicherstellungen, die ihnen manchmal gewährt werden, um ein Friedensabkommen zu erreichen, würde das Risiko beinhalten, dass wir Konflikte auf unbestimmte Zeit fortsetzen. Das ist die Grundlage für unsere Vorbehalte gegenüber diesem Bericht.
Laima Liucija Andrikienė (PPE). – (LT) Ich habe für die Entschließung zur Überprüfungskonferenz des Römischen Statuts des Internationalen Strafgerichtshofs gestimmt, der Ende dieses Monats in Kampala, Uganda, beginnen wird.
1998 haben sich 138 Staaten geeinigt, den Internationalen Strafgerichtshof zu schaffen und haben das Römische Statut angenommen, auf dessen Grundlage dieser Gerichtshof seit 7 Jahren, seit 2003, tätig ist. Es ist an der Zeit, das Römische Statut zu überprüfen, insbesondere die sogenannten „Übergangsbestimmungen“, über die wir uns seit 2002 nicht einigen können. Alle EU-Mitgliedstaaten haben das Römische Statut ratifiziert. Allerdings arbeiten einige unserer Partner, wie die Vereinigten Staaten, Russland und China noch nicht mit dem Internationalen Strafgerichtshof zusammen. Mit der heutigen Entschließung fordert das Europäische Parlament diese Staaten erneut dazu auf, das Römische Statut zu ratifizieren und mit dem Internationalen Strafgerichtshof zusammenzuarbeiten. Im 21. Jahrhundert sollten die Personen, die für Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen verantwortlich sind, von der Völkergemeinschaft keine moralischen Verurteilungen erwarten, sondern rechtliche Sanktionen. Diese Verbrechen dürfen nicht ungestraft begangen werden.
Schriftliche Erklärungen zur Abstimmung
Antrag auf Konsultation des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses (Regel 124) – Antrag auf Konsultation des Ausschusses der Regionen – Bürgerinitiative (Regel 125)
Carlos Coelho (PPE), schriftlich – (PT) Neben der Beschleunigung des Entscheidungsfindungsmechanismus trägt der Vertrag von Lissabon zum Kampf gegen das demokratische Defizit bei und stärkt die Rollen der nationalen Parlamente und des Europäischen Parlaments und betont die Wahrnehmung der europäischen Bürgerrechte. Die Einführung des Petitionsrechts oder des „Bürgerinitiativrechts“, in das es umbenannt wurde, ist von besonderer Bedeutung. Dieses neue Instrument erlaubt einer Gruppe von nicht weniger als einer Million Bürgern einer erheblichen Anzahl von Mitgliedstaaten, von der Kommission eine rechtliche Initiative in Bereichen zu fordern, die in der Zuständigkeit der Union liegen.
Der Vertrag von Lissabon unterstreicht die Bedeutung von Konsultationen und Dialogen mit anderen Institutionen und Organen, unter anderem mit der Zivilgesellschaft und mit Sozialpartnern. Ich glaube, dass Europa ein Europa der Bürgerinnen und Bürger sein muss und das kann nur erreicht werden, wenn wir es demokratischer und transparenter machen. In diesem Zusammenhang stimme ich zu, dass die Meinungen des Wirtschafts- und Sozialausschusses und des Ausschusses der Regionen eingeholt werden sollten.
Empfehlung für die zweite Lesung: Claude Moraes (A7-0117/2010)
Alfredo Pallone (PPE), schriftlich – (IT) Es muss wohl der Eindruck entstehen, dass ich wiederhole, was ich gestern im Hinblick auf Herrn Tavares' Bericht gesagt habe. Aber das Flüchtlingsproblem ist ein europäisches Problem und es kann nicht den nationalen Regierungen überlassen bleiben, damit fertig zu werden, auch im Hinblick auf die geografischen und wirtschaftlichen Unterschiede.
Darum bin ich dafür, dass ein Fond auf europäischer Ebene eingerichtet wird. Die Einrichtung eines solchen Fonds muss zwei Zwecke erfüllen: Er muss Flüchtlingen helfen, die in unseren Staaten ankommen, häufig an unseren Küstengebieten und Hilfe suchen und er muss diejenigen Staaten unterstützen, die wegen ihrer geografischen Lage die größte Anzahl dieser verzweifelten Menschen aufnehmen.
In der Tat ist das Problem ein europäisches Problem und muss es auch sein und die Auseinandersetzung damit kann nicht nur bestimmten Staaten überlassen bleiben. Ich hoffe, dass der Fond nur der Anfang eines Weges ist, auf dem die Frage von einer europäischeren Sichtweise aus und im Geiste der Solidarität angegangen wird.
Empfehlung für die zweite Lesung: Anni Podimata (A7-0128/2010)
Elena Oana Antonescu (PPE), schriftlich – (RO) Der Vorschlag einer Richtlinie über die Angabe des Verbrauchs an Energie und anderen Ressourcen durch energieverbrauchsrelevante Produkte mittels einheitlicher Etiketten und Produktinformationen, zusammen mit den beiden Vorschlägen einer Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden und über die Kennzeichnung von Reifen in Bezug auf die Kraftstoffeffizienz ist ein Teil des Energieeffizienzpakets, das von der Kommission 2008 vorgelegt wurde. Wir stimmten dafür, weil wir durch die Vereinbarung, die zwischen dem Parlament, dem Rat und der Kommission geschlossen wurde, die Einführung eines verbesserten Etikettierungssystems erreichten.
Etiketten werden zusätzliche Informationen zum Energieverbrauch für Haushaltsgeräte und energieverbrauchsrelevante Produkte enthalten. In Zukunft wird diese Kennzeichnung auch auf energieverbrauchende Produkte angewandt werden, die für industrielle und kommerzielle Nutzung vorgesehen sind, was bis jetzt nicht möglich war. Nicht zuletzt wird jede Art der zukünftigen Werbung, die den Preis oder die Energieeffizienz von Produktkategorien anpreist, auch deren Energieklasse angeben müssen.
Die Angabe genauer, relevanter und vergleichbarer Informationen über den Energieverbrauch energieverbrauchsrelevanter Produkte wird es den Konsumenten in Zukunft erlauben, richtige, effektive Entscheidungen zu treffen und dabei sowohl ihren Energieverbrauch als auch ihre Haushaltsausgaben zu reduzieren.
John Attard-Montalto (S&D), schriftlich – Die Regierung Maltas spricht sich gegen die Empfehlung der zweiten Lesung in Bezug auf die Kennzeichnung und standardmäßige Produktinformationen des Verbrauchs von Energie und anderen Ressourcen durch energieverbrauchsrelevante Produkte aus.
Als Begründung wird angegeben, dass die nationalistische Regierung einer Erläuterung der Erklärung im Bericht nicht zustimmt, insbesondere dem folgenden Wortlaut: „Bauprodukte mit erheblichen Auswirkungen auf den Energieverbrauch sind auch in die Prioritätenliste aufzunehmen.“ Es ist unbegreiflich, dass die Regierung aus diesem Grund dieser Empfehlung nicht zustimmen kann. Sie hätte der Empfehlung zustimmen und klar machen können, dass sie Vorbehalte gegenüber Bauprodukten hat, die einen erheblichen Einfluss auf den Energieverbrauch haben.
Es macht keinen Sinn, wenn die Regierung aussehen will, als ob sie die Energieeffizienz unterstützt, wenn die potenziellen Einsparungen durch die Etikettierung einiger dieser Produkte deswegen erzielt werden könnten, da der Energieverbrauch von Gebäuden 40% des Gesamtenergieverbrauchs in der Europäischen Union ausmacht.
Zigmantas Balčytis (S&D), schriftlich – (LT) Ich habe diesen wichtigen Bericht unterstützt. Die Energiekennzeichnungsrichtlinie spielt eine entscheidende Rolle dabei, das EU-Energieeffizienzziel von 20% bis 2020 zu erreichen. In diesem Zusammenhang spielt sie eine Schlüsselrolle im Kampf gegen den Klimawandel, bei der Umwandlung der EU in eine effiziente, nachhaltige und wettbewerbsfähige Wirtschaft und bei der Stärkung der europäischen Energiesicherheit. Unser Ziel ist es, den Weg für ein alle Seiten zufrieden stellendes Ergebnis zu bereiten, sowohl für den Markt und auch für die Konsumenten, indem jedem Konsumenten der Zugang zu geeigneter Information und voller Kenntnis der Auswirkungen seiner Entscheidungen ermöglicht wird. Unter diesen Rahmenbedingungen wird die Vereinbarung zur Energiekennzeichnungsrichtlinie einen wichtigen Mehrwert erbringen. Ich begrüße den Standpunkt, für den das Europäische Parlament gekämpft hat, das Modell einer A-G-Skala beizubehalten, das gemäß einer Studie für die Verbraucher am zweckdienlichsten und am einfachsten zu verstehen ist. Dies beinhaltet den obligatorischen Hinweis auf die Energiekennzeichnung in allen Werbemitteln für energieverbrauchsrelevante Produkte, bei der preis- oder energierelevante Informationen angegeben werden.
Jan Březina (PPE), schriftlich – (CS) Ich bin sehr erfreut darüber, dass die neue Gesetzgebung zur Energieeffizienz von Produkten endlich nach langem Tauziehen zwischen dem Europäischen Parlament und dem Rat genehmigt wurde und dass ich die Ehre hatte, im Namen der Fraktion der Europäischen Volkspartei Schattenberichterstatter für diesen Bericht zu sein. Der Vorteil besteht in einer Erweiterung der Klasse A, wodurch Unterscheidungen zwischen dem immer größeren Angebot von energiesparenden Geräten möglich werden und gleichzeitig Hersteller dazu motiviert werden können, Geräte herzustellen, die so energiesparend wie möglich sind. Es ist ebenfalls wichtig, dass es keine Erweiterung der Anzahl von Klassen gegeben hat, die den Energieverbrauch einzelner Produkte angeben, weil das die Klarheit des gesamten Konzepts beibehält. Die Tatsache, dass es insgesamt sieben unterschiedliche Klassen gibt, ermöglicht es den Konsumenten, effektive Entscheidungen zu treffen, wenn sie Waren am Markt auswählen und somit durch ihr Verhalten dabei helfen, Energiekosten reduzieren. Soweit es die Neuerungen anbetrifft, welche die obligatorische Angabe der Energieklassen von Produkten in Werbematerialien einschließt, halte ich es für einen Erfolg, dass diese Pflicht auf Werbemittel beschränkt wurde, die Informationen zu Preis oder Energieverbrauch enthalten. Glücklicherweise hat sich die Sichtweise durchgesetzt, dass die Regelung der Werbung nur im Falle der Notwendigkeit akzeptabel ist und nur im notwendigen Umfang.
Edite Estrela (S&D), schriftlich – (PT) Ich habe für die Empfehlung gestimmt, weil sie den europäischen Konsumenten in wirksamer Weise dabei hilft, Produkte auszuwählen, die weniger Energie verbrauchen oder indirekt einen geringeren Energieverbrauch herbeiführen. Durch die Annahme dieser Empfehlung spielt das Europäische Parlament eine wichtige Rolle dabei, der Realisierung des EU-Zieles einer 20-prozentigen Verbesserung ihrer Energieeffizienz bis 2020 näher zu rücken. Es handelt sich um einen ausgewogenen Text, der ein Ergebnis gewährleistet, das für den Markt und die Konsumenten von Vorteil ist.
Diogo Feio (PPE), schriftlich – (PT) Diese Initiative, die vergleichbar mit der ist, über die wir gestern in Bezug auf die Energieeffizienz von Gebäuden abgestimmt haben, ist Teil eines Gesetzespakets zur Energieeffizienz, das von der Kommission im November 2008 präsentiert wurde und zahlreiche Diskussionen im Parlament, in der Kommission und im Rat ausgelöst hat. Eine Einigung über den endgültigen Text wird jetzt endlich erreicht.
Neben ihren positiven Folgen für die Umwelt, für das europäische Ziel der Reduzierung von Emissionen und für die Schaffung einer energetisch nachhaltigen Wirtschaft, hat diese Initiative auch den Vorteil, für die Entscheidung die Konsumenten in den Mittelpunkt zu stellen. Mit den richtigen Kennzeichnungen und Etiketten werden die Konsumenten genau wissen, was sie erhalten und in der Lage sein, ihre Entscheidungen auf der Grundlage von Kriterien wie Energieeffizienz und niedrigste Umweltkosten zu treffen.
José Manuel Fernandes (PPE), schriftlich – (PT) Die Richtlinie für die Energieetikettierung garantiert, dass die Konsumenten geeignete Informationen erhalten und das dank der zwingend vorgeschriebenen Einbeziehung des Energieetiketts in die Werbung. Im Zusammenhang mit europäischen Bemühungen, Energieeffizienz und die Reduzierung des Energieverbrauchs zu erreichen, ist es von entscheidender Bedeutung, die Öffentlichkeit neben dem Kampf gegen den Klimawandel dafür zu mobilisieren. Das kann nur erreicht werden, wenn die Konsumenten klare und effektive Informationen über den Energieverbrauch von Produkten erhalten, die gekauft wurden oder zum Verkauf angeboten werden. Auf diese Weise werden alle Mitglieder der europäischen Öffentlichkeit in die Bekämpfung des Klimawandels eingebunden. Es ist absolut entscheidend, sicherzustellen, dass Konsumenten in der Lage sind, bewusst umweltfreundliche Entscheidungen zu treffen. Wie es diese Richtlinie jetzt gewährleistet, werden die von Produkten verursachten Energieverbrauchswerte nach universellen Kriterien und Parametern bewertet, was einen verlässlichen Vergleich der Produkte erlaubt. Das wird auch zu einer Zunahme des Vertrauens in die technische Bewertung und die auf den Etiketten angegebenen Informationen führen. Diese Richtlinie wird demnach eine wichtige Rolle bei der Konsolidierung der Strategie 2020 spielen, der 20-prozentigen Verbesserung der Energieeffizienz bis 2020.
Ilda Figueiredo (GUE/NGL), schriftlich – (PT) Nach dieser Abstimmung muss damit begonnen werden, die Produkte, die Energie verbrauchen – ganz gleich, ob sie für den Privathaushalt oder für kommerzielle oder industrielle Zwecke bestimmt sind – mit den neuen Energieeffizienzetiketten auszustatten, um die Konsumenten besser zu informieren. Es gibt eine Bestimmung in der heute vom Europäischen Parlament angenommenen Richtlinie für die Hinzufügung neuer Arten der Energieeffizienzklassifizierung und dies gilt auch für Produkte, die Energie indirekt verbrauchen, wie zum Beispiel Fenster.
Einige der Einzelheiten sind umstritten, zum Beispiel, dass das Format des Etiketts auf der Klassifizierung zwischen A und G beruht – die ja für Kühlschränke bereits verwendet wird –, mit der möglichen Ergänzung der Klassifizierungen A+, A++ und A+++: Grundsätzlich muss die Gesamtzahl von Klassen auf sieben begrenzt sein. Trotzdem scheint die Richtlinie das richtige Ziel zu verfolgen.
Jede Werbung für Produkte, die mit ihrem Energieverbrauch oder den entsprechenden Preisen verbunden ist, muss einen Hinweis auf die Energieeffizienz-Klassifizierung enthalten. Die angegebene Information muss die Konsumenten zur Wahl eines Produktes anleiten, das weniger Energie verbraucht oder indirekt zu einem geringerem Energieverbrauch führt.
Daher muss in Zukunft bei der Werbung für den Preis oder die Energieeffizienz von Kühlschränken, Waschmaschinen oder Kochgeräten die Energieklasse des Produkts angegeben sein.
Jarosław Kalinowski (PPE), schriftlich – (PL) Es wird viel über die Rechte der Konsumenten gesprochen, genau über die von ihnen gekauften Lebensmittel, Haushaltsgeräte und Einrichtungsgegenstände informiert zu sein. Wir wollen wissen, woher sie stammen und wie sie hergestellt wurden und welche Nährwerte die Lebensmittel haben. In der Zeit des Klimawandels wollen wir alle die Umwelt schützen und abnormales Wetter verhindern und darum werden wir bei der Wahl von Lebensmitteln und täglichen Gebrauchsgütern von ökologischen Grundsätzen geleitet. Es ist daher wichtig, dass sich Verbraucher bewusst sind, wie viel Energie von ihren Geräten verbraucht wird und somit denke ich, dass sie das Recht haben, diese Informationen auf den Etiketten zu finden. Die Angabe dieser Informationen auf Produktetiketten weist auch die hohe Qualität des Produkts aus. Es kann dann als Instrument dazu dienen, den europäischen Markt vor billigen Imitationen von Geräten von außerhalb der Europäischen Union zu schützen.
Jean-Luc Mélenchon (GUE/NGL), schriftlich – (FR) Ich habe für diesen Bericht gestimmt. Er räumt ein, dass der Markt nicht in der Lage ist, rationelle Energienutzung zu gewährleisten. Das ist ein klares Zugeständnis, das unsere Argumente bestätigt und ich begrüße das. Ich begrüße ebenfalls den erklärten Willen für eine Abwärtsharmonisierung der Energieeinsparungskennzeichnung. Es ist jedoch bedauernswert, dass eine allumfassende ökologische Footprint-Kennzeichnung nirgendwo vorgeschlagen wird, obwohl wir sie so rasch wie möglich einführen sollten.
Nuno Melo (PPE), schriftlich – (PT) Die EU sucht weiterhin entschlossen nach den besten Wegen, ausgezeichnete Werte der Energieeffizienz zu gewährleisten, um ihre Effizienz bis 2020 tatsächlich um 20% zu verbessern. Die neue Kennzeichnung ist für Konsumenten sehr geeignet, weil sie ihnen Zugang zu besserer Information ermöglicht, damit sie fundierte Entscheidungen treffen können und sich ihres Einflusses in Angelegenheiten der Energieeffizienz bewusst sind. Das bedeutet, dass das Bewusstsein der Konsumenten über energierelevante Folgen ihrer Entscheidungen erweitert werden muss, wann immer sie die Absicht haben, einen Konsumartikel zu kaufen, der Auswirkungen auf die Energieeffizienz hat. Der Beschluss dieser Richtlinie ist besonders wichtig für die Erweiterung dieses Bewusstseins. Daher habe ich so gestimmt wie ich gestimmt habe.
Andreas Mölzer (NI), schriftlich. − Wenn das Energieverbrauchsetikett kommt, dann wird sich – sofern dieses für den Verbraucher verständlich ist – bald zeigen, ob es auch tatsächlich von den Konsumenten angenommen wird. Das Bewusstsein hat sich in dieser Hinsicht ja geändert, sodass gerade bei Elektrogeräten vermehrt auf Energieeffizienzklassen geachtet wird. Natürlich sollte im öffentlichen Vergabeverfahren mit gutem Beispiel vorangegangen werden, es darf den Mitgliedstaaten jedoch nicht vorgeschrieben werden, dass nur solche Produkte beschafft werden können, die das höchste Leistungsniveau und die höchste Energieeffizienzklasse aufweisen. Gerade in den nun bevorstehenden Sparzeiten wird der Anschaffungspreis vermehrt ausschlaggebendes Kriterium sein. Die Wahlmöglichkeit im Vergabeverfahren ist nicht klar genug festgelegt, sodass ich mich der Stimme enthalten habe.
Radvilė Morkūnaitė-Mikulėnienė (PPE), schriftlich – (LT) Ich habe für die Entschließung über die Kennzeichnung von Produkten gestimmt, die Strom verwenden und für die Bestimmung der grundlegenden Informationen für Konsumenten. Wir sprechen im Parlament sehr oft über die Rechte der Bürgerinnen und Bürger – über das Recht der Entscheidungsfreiheit und das Recht, genaue und korrekte Informationen zu erhalten. Meiner Ansicht nach ist das in allen Lebensbereichen besonders wichtig. In diesem Fall betrifft die Frage den Verbrauch von Strom und dessen Effizienz. Die Menschen haben den Willen, Energie einzusparen und tun dies meistens aus zwei Gründen, nämlich aus wirtschaftlichem und ökologischem Grund. In der heutigen Zeit des technischen Fortschritts, wenn Bürgerinnen und Bürger die Möglichkeit haben, Elektrogeräte gemäß ihrer Energieeffizienz auszuwählen, wird die von uns beschlossene Kennzeichnung Konsumenten helfen, eine bewusste Entscheidung zu treffen und zur Energieeinsparung beizutragen (daher würden Bürgerinnen und Bürger wirtschaftlichere Geräte wählen) sowie zur Erhaltung der Umwelt. Ich zweifle nicht daran, dass die Europäer angesichts der verbrauchten Energiemengen die Gelegenheit nutzen werden, effizientere und umweltfreundlichere Produkte und Einrichtungen zu wählen. Ich wiederhole es noch einmal, ich begrüße den Standpunkt des Europäischen Parlaments in dieser Frage und hoffe, dass solche Entscheidungen einen kräftigen Anreiz und eine Chance darstellen werden, unsere Verpflichtungen zu realisieren, um den Energieverbrauch bis 2020 zu verringern.
Alfredo Pallone (PPE), schriftlich – (IT) Die Neufassung der Energieetikettierungsrichtlinie hat zum Ziel, den Umfang der Etikettinformation zu erweitern, um alle Produkte einzuschließen, die den Energieverbrauch beeinflussen, nicht nur Haushaltsgeräte.
Die Richtlinie ist Teil des Aktionsplans für Nachhaltigkeit in Produktion und Verbrauch und für eine nachhaltige Industriepolitik und sie sieht auch Initiativen für Anreize und öffentliche Ausschreibungen vor. Sie wird vom Gesichtspunkt des Umweltschutzes her betrachtet den Drehpunkt einer integrierten und nachhaltigen Politik bilden. Einer der umstrittensten Punkte betrifft die zu verwendende Skalierungsart, um eine Verwirrung der Konsumenten zu vermeiden: Es wurde beschlossen, das Layout der geschlossenen Skalierung von A-G beizubehalten, nachdem das Parlament eine diesbezügliche Entschließung angenommen hatte.
Energieeffizienzbewertungen werden ebenfalls in allen Werbemitteln angegeben werden, die Informationen über Energieverbrauch oder Produktpreis enthalten. Aus den von mir erwähnten Gründen stimme ich mit dem von Frau Podimata vertretenen Standpunkt überein und unterstütze den Bericht.
Aldo Patriciello (PPE), schriftlich – (IT) Die Energieetikettierungsrichtlinie spielt eine entscheidende Rolle beim Versuch, das EU-Energieeffizienzziel von 20% bis 2020 zu erreichen. Sie schafft einen wichtigen Mehrwert für den Markt sowie für die Konsumenten. Im Wesentlichen wird die obligatorische Erwähnung der Energieetiketten in der Werbung der Fehlinformation von Endverbrauchern ein Ende bereiten und ihnen allen die Informationen zur Verfügung stellen, die sie benötigen, um fundierte Entscheidungen treffen zu können.
Zugleich wurde die Einführung einer freien Skalierung aufgrund des starken Beharrens des Parlaments verhindert und die Beibehaltung einer AG-Skalierung, die sich für Konsumenten bis jetzt als sehr wertvoll erwiesen hat, wurde garantiert. Außerdem erlaubt die Ergänzung einer allgemeinen Überprüfungsklausel eine umfassende Nachprüfung der Etikettierung angesichts der technischen Weiterentwicklung und des Verbraucherverständnisses, bis spätestens 2014. Dies ist eine weitere Sicherheit, dass die konsumentenfreundliche Skalierung, wie bis jetzt entschieden, unverändert bleibt und zwar mindestens bis die Überprüfung stattfindet. Ich wiederhole daher mit Überzeugung, dass ich die Richtlinie voll unterstütze. -
Rovana Plumb (S&D), schriftlich – (RO) Ich habe für den Bericht gestimmt, weil durch die Einschließung aller energieverbrauchsrelevanten Produkte die Änderung der Energieetikettierungsrichtlinie dabei helfen wird, eine Reduzierung der Umsetzungskosten für jede aktualisierte und vollkommen neue Durchführungsmaßnahme um 4 Mio. EUR zu erreichen (falls Regulierungen/ Entscheidungen statt Richtlinien angewandt werden). Sie wird außerdem zusätzliche Verringerungen erbringen, die sich auf ungefähr 78 MT von CO2-Emissionen belaufen werden. In Zukunft wird die Energieeffizienzetikettierung auch auf energieverbrauchende Produkte angewandt werden, die für industrielle oder kommerzielle Verwendung vorgesehen sind, wie etwa Kühlräume, Vitrinen, industrielle Kochgeräte, Verkaufsautomaten (für Sandwiches, Snacks, Kaffee, usw.), Industriemotoren, energieverbrauchsrelevante Produkte, einschließlich Bauprodukte, die keine Energie verbrauchen, aber „erhebliche direkte oder indirekte Auswirkungen“ auf Energieeinsparungen haben, wie etwa Fenster und Türrahmen.
Ein wichtiger Faktor zur Gewährleistung der ordnungsgemäßen Anwendung dieser Richtlinie ist die Garantie für jeden Bürger, Informationen richtig zu stellen und es den Konsumenten bewusst zu machen, welche Auswirkungen die von ihnen gemachten Entscheidungen haben. Die Angabe genauer, relevanter und vergleichbarer Informationen über den spezifischen Energieverbrauch von energieverbrauchsrelevanten Produkten wird Endverbrauchern dabei behilflich sein, Entscheidungen auf der Basis des Energieeinsparungspotenzials zu fällen, um langfristig bei Energierechnungen einzusparen.
Teresa Riera Madurell (S&D), schriftlich – (ES) Ich habe für den Podimata-Bericht gestimmt, weil ich glaube, dass das Parlament und insbesondere die Fraktion der Progressiven Allianz der Sozialisten & Demokraten im Europäischen Parlament (S&D) es geschafft haben, äußerst wichtige Fortschritte im Hinblick auf eine entscheidende Richtlinie zu erzielen, um das Energieeffizienzziel zu erreichen, das wir uns gesteckt haben. Wir haben es nicht nur geschafft, die A-G-Skalierung beizubehalten, die den europäischen Konsumenten gut bekannt ist und die von ihnen geschätzt wird, sondern wir haben auch sichergestellt, dass es jetzt Pflicht ist, auf das Energieetikett auf inländischen Geräten hinzuweisen, solange Informationen über den Preis in Werbematerialien erscheinen. Ein weiterer erwähnenswerter, vom Parlament vorgestellter Aspekt ist die Verpflichtung der Kommission, eine auf Energie bezogene Prioritätsliste zusammenzustellen, die einige Bauprodukte enthält, die zukünftigen Maßnahmen unterliegen können. Abschließend denke ich, dass es angesichts der Führungsrolle, die der öffentliche Sektor einnehmen muss, für Regierungen unerlässlich ist, Produkte zu erwerben, die der höchsten Energieeffizienzklasse in öffentlichen Ausschreibungen angehören.
Sophie Auconie (PPE), schriftlich – (FR) Herrn Maňkas Bericht schlägt mehrere Änderungen zum Haushaltsplan des Europäischen Parlaments für 2011 vor. Ich habe für diesen Bericht gestimmt, insbesondere aufgrund seiner Bestimmungen, die an den am 1. Dezember 2009 in Kraft getretenen Vertrag von Lissabon anknüpfen. Das schließt die monatliche Erhöhung der Zulagen für parlamentarische Assistenten um 1 500 EUR mit ein. Diese Erhöhung ist so angelegt, dass sie den Abgeordneten hilft, ihre neuen Verantwortungen zu erfüllen, die aus dem Vertrag von Lissabon entstehen, der den Rahmen des Parlaments erheblich erweitert und dadurch dessen Einfluss auf die Entscheidungsfindung der EU verstärkt. Das Parlament muss seine Fachkenntnis in allen rechtlichen Fragen erweitern, um sich dem Niveau der Kommission und der Mitgliedstaaten anzugleichen. Wir vertreten europäische Bürgerinnen und Bürger und wir benötigen angemessene Ressourcen, wenn wir unsere Interessen verteidigen wollen. Ich habe daher diesen Bericht unterstützt.
Göran Färm (S&D), schriftlich – (SV) Ich denke, dass die Ausschüsse, die wegen des Inkrafttretens des Vertrags von Lissabon ein größeres Arbeitspensum zu verrichten haben, erweitert werden müssen. Dies rechtfertigt eine Aufstockung des Personals in den Sekretariaten des Parlaments und der Fraktionen in diesen Ausschüssen. Allerdings bin ich nicht der Meinung, dass wir MdEPs mehr Personal benötigen. Es hätte mich gefreut, wenn die Ressourcen des Parlaments in erster Linie durch Umverteilungen und Maßnahmen zur Erhöhung der Effizienz verbessert worden wären, um eine Erhöhung des Gesamthaushalts zu vermeiden.
Als Fraktionsführer der Progressiven Allianz der Sozialisten & Demokraten im Europäischen Parlament im Haushaltsausschuss habe ich diesen Standpunkt auch in den Verhandlungen mit dem Parlamentspräsidium vertreten. Am Ende haben wir einen Kompromiss dahingehend erreicht, dass der Vorschlag jetzt zum Teil durch Einsparungen von 4,4 Mio. EUR finanziert wird. ich bin weiterhin davon überzeugt, dass weitere Einsparungen in den Vorschlag miteinbezogen werden hätten sollen, aber da ich bei den Verhandlungen eine aktive Rolle gespielt habe, habe ich mich entschieden, den erreichten Kompromiss zu unterstützen.
Bogusław Liberadzki (S&D), schriftlich – (PL) Das Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon wird wahrscheinlich einen wesentlichen Anstieg des Arbeitsvolumens im Parlament verursachen. Insbesondere wird dies zu einem intensiveren Einsatz des ordentlichen Gesetzgebungsverfahrens führen, was etwa 95% der verabschiedeten Gesetzgebung beeinflussen wird. Zusätzliche finanzielle und personelle Ressourcen werden es dem Parlament erlauben, seine Rolle als Mitgesetzgeber gleichberechtigt mit dem Rat zu erfüllen.
Mairead McGuinness (PPE), schriftlich – Ich habe den Maňka-Bericht über den Berichtigungshaushaltsplan unterstützt, da ich mir der Sensibilität hinsichtlich Haushaltserhöhungen zu einer Zeit bewusst bin, in der Bürgerinnen und Bürger aufgefordert werden, Lohneinbußen hinzunehmen und Arbeitsplätze verloren gehen. Das Arbeitsvolumen des Europäischen Parlaments hat sich aufgrund des Vertrags von Lissabon zweifellos erhöht. Ich habe vor, die zusätzliche Sekretariatszulage dazu zu verwenden, jungen Studentinnen und Studenten, die sich in großer Zahl bei meinem Amt um Arbeit bewerben, Möglichkeiten zu bieten.
Damit werden sie für ihre Arbeit und wertvolle berufliche Erfahrung entschädigt werden und ich hoffe, dass es ihnen in ihren zukünftigen Berufen helfen wird. Aber ich glaube, dass das Parlament unsere gesamte Arbeits- und Personalorganisation überprüfen muss und zwar mit Blick auf die Verbesserung unserer Effektivität und Effizienz.
Nuno Melo (PPE), schriftlich – (PT) Das Parlament hat durch den Vertrag von Lissabon neue Zuständigkeitsbereiche erhalten. Dies bedeutet zusätzliche administrative Arbeit, was zur Folge hat, dass die Mitglieder qualifizierte, als Berater fungierende Mitarbeiter benötigen. Diese neue Situation führt zu zwei Problemen: Einerseits zu höheren Kosten aufgrund des Bedarfs an mehr Assistenten und andererseits zu zusätzlichem Raumbedarf, damit sie ihrer Tätigkeit in einem guten Arbeitsklima nachgehen können. Diese Situation hat eine Erhöhung der Ausgaben zur Folge. Das ist in Krisenzeiten schwer zu rechtfertigen, aber wenn das Parlament hervorragende Arbeit leisten soll, muss es über die notwendigen finanziellen und personellen Ressourcen verfügen. Daher habe ich so gestimmt wie ich gestimmt habe.
Alfredo Pallone (PPE), schriftlich – (IT) Ich habe dafür gestimmt. Obwohl es sich wohl wie Demagogie oder ein weiteres Kastenprivileg anhört, ist das hier nicht der Fall. Die Haushaltsänderungen sind für die ordnungsgemäße Verwaltung des Lebens und der Tätigkeiten des Parlaments wichtig und unerlässlich.
In unserer Rolle als Abgeordnete des Europäischen Parlaments sind wir nach der Annahme des Vertrags von Lissabon aufgerufen, eine wichtige und sehr sichtbare Aufgabe zu erfüllen. Aus diesem Grund benötigen wir neue Mitarbeiter und Experten, die uns in unserer Arbeit täglich unterstützen können. Dafür benötigen wir Ressourcen. In meinem Namen und ich hoffe auch im Namen meiner Kolleginnen und Kollegen hoffe ich, dass unsere Arbeit durch diese Ressourcen effektiver, effizienter und fokussierter werden wird.
Raül Romeva i Rueda (Verts/ALE), schriftlich – Ich habe für diesen Änderungsantrag gestimmt und ihn unterzeichnet und damit die Tranche abgelehnt, zusammen mit 16 anderen Abgeordneten meiner Fraktion. Der Grund dafür ist meine Überzeugung, dass es äußerst wichtig ist zu verdeutlichen, dass es eine größere Gruppe von Abgeordneten gibt, die der Erhöhung der Sekretariatszulage in diesen Zeiten der Wirtschaftskrise nicht zustimmen.
Bei der Endabstimmung habe ich jedoch für den Maňka-Bericht gestimmt, der den Haushaltsplan 2010 berichtigt.
Eva-Britt Svensson (GUE/NGL), schriftlich – (SV) Ich habe gegen den Bericht über den Nachtragshaushalt für 2010 gestimmt. Die Sekretariatszulage um 1 500 EUR monatlich zu erhöhen, um mit der zusätzlich anfallenden Arbeit fertig zu werden, die sich aus dem Vertrag von Lissabon ergibt, ist nicht haltbar. Zum einen kann man für 1 500 EUR monatlich keine hochqualifizierten Experten einstellen. Zum zweiten gibt es in den Gebäudlichkeiten des Parlaments keine zusätzlichen Räumlichkeiten für neue Mitarbeiter. Zum dritten wurde ein Teil der Haushaltsmittel speziell für bauliche Investitionen aus der Reserve entnommen. Viertens, für den Haushaltsplan 2011, Kategorie 5, hat die Berichterstatterin, Frau Trüppel, festgestellt, das Sekretariatszulagen in Zukunft nicht garantiert werden können, bis eine ordnungsgemäße Prüfung ihrer Sozialleistungen durchgeführt worden ist. Ich sehe diese Erhöhung als ungerechtfertigte Zulage zu den bereits hohen Sekretariatszulagen und dies zu einer Zeit, wenn die Arbeitslosen, die allein erziehenden Mütter, Rentner und andere sozial schwache Gruppen dazu gezwungen sind, Opfer zu bringen, um das in Schwierigkeiten steckende Euro-Projekt zu retten.
Diogo Feio (PPE), schriftlich – (PT) Im Namen der Transparenz – welche die Bürgerinnen und Bürger fordern – und im Namen der Gründlichkeit glaube ich nicht, dass der Rat seiner Pflicht entledigt ist, der Öffentlichkeit gegenüber Rechenschaft über die ihm zur Verfügung gestellten Finanzmittel abzugeben. Darum stimme ich dem Entschluss des Berichterstatters zu, die Entscheidung über die Erteilung der Entlastung des Ratshaushalts zu verschieben, bis die geforderten zusätzlichen Informationen vorgelegt worden sind.
José Manuel Fernandes (PPE), schriftlich – (PT) Ich spreche mich im Interesse der Transparenz und Genauigkeit für die Verschiebung der Entscheidung für die Entlastung der Durchführung des allgemeinen EU-Haushalts für das Jahr 2008 aus, nicht nur im Hinblick auf die Durchführung des Haushalts, sondern auch im Hinblick auf die umfassende Überwachung der Verwendung aller finanzieller Ressourcen der EU. Das wird dem Rat die Gelegenheit geben, alle Erklärungen und Informationen einzuholen, die notwendig sind, um eine vom Parlament gebilligte Entscheidung sicherzustellen. Das ist von entscheidender Bedeutung für die Glaubwürdigkeit der europäischen Institutionen und das öffentliche Vertrauen in jene, welche die Befugnisgewalt haben. Darüber hinaus geht es hier um den grundsätzlichen Respekt für die Politiken und Richtlinien, die von demokratischen Organen und jenen festgelegt wurden, welche die Befugnis dafür haben.
Alfredo Pallone (PPE), schriftlich – (IT) Das Entlastungsverfahren für den Haushalt ist wichtig und die Gesetzgebungs- und Überwachungstätigkeiten des Parlaments sind davon abhängig.
Ich brauche nicht noch einmal über die Überwachungsbefugnis sprechen, die das Parlament über die Jahre hinweg erworben hat, nicht zuletzt dank eines Haushaltsverfahrens, auf dessen Grundlage es in der Lage war, die obligatorische Rechnungslegung für europäische Institutionen in eine ernste und wichtige Angelegenheit zu verwandeln. Vielmehr ist sie auch angesichts der Erwartungen unserer Bürgerinnen und Bürger von grundlegender Bedeutung.
In einem Moment der Krise, wie wir sie gegenwärtig erleben, werden die europäischen Bürgerinnen und Bürger aufgefordert, außerordentliche Opfer zu bringen und wir müssen eine sorgfältige und genaue Überwachung der bürokratischen oder tatsächlichen Verwaltungsausgaben durchführen. Aus den von mir erläuterten Gründen beglückwünsche ich den Berichterstatter und bringe meine Zustimmung zum Ausdruck.
Raül Romeva i Rueda (Verts/ALE), schriftlich – Ich habe für diesen Bericht gestimmt, weil ich auch der Ansicht bin, dass wir die Entlastungsentscheidung bis Oktober verschieben müssen.
Konrad Szymański (ECR), schriftlich – (PL) Ich habe gegen die Erteilung der Entlastung hinsichtlich des Ratshaushalts 2008 gestimmt, weil das Parlament die finanzielle Dokumentation des Rates zu spät erhalten hat. Die Überwachung der Finanzen des Rates durch das Europäische Parlament ist alles andere als transparent.
Elena Oana Antonescu (PPE), schriftlich – (RO) Während der letzten Jahre haben wir innerhalb der Europäischen Union einen steten, raschen Anstieg des Bedarfs an Organtransplantationen beobachten können. Obwohl die Organknappheit gegenwärtig die größte Herausforderung bleibt, gibt es viele zusätzliche Schwierigkeiten, die mit den unterschiedlichen Transplantationssystemen zu tun haben, die in den Mitgliedstaaten angewendet werden.
Bereits 2008 hat das Europäische Parlament die Europäische Kommission aufgefordert, mittels der im April angenommenen Entschließung einen Richtlinienentwurf auszuarbeiten, der die rechtlichen Rahmenbedingungen festlegen sollte, um die Qualität und Sicherheit von Organspenden innerhalb der Europäischen Union zu garantieren. Die Kommission hat daraufhin einen Vorschlag für eine Richtlinie vorgelegt, der im Europäischen Parlament diskutiert wurde und die folgenden drei Ziele enthält: Qualität sowie die Sicherheit der Patienten in der ganzen EU zu garantieren, Schutz für Spender zu bieten und die Zusammenarbeit zwischen Mitgliedstaaten zu fördern.
Wir haben für den Kompromiss gestimmt, der zwischen dem Parlament, dem Rat und der Kommission erreicht wurde, da wir allgemeine Qualitäts- und Sicherheitsstandards auf EU-Ebene für die Vermittlung, den Transport und die Verwendung menschlicher Organe benötigen. Es ist dies eine Maßnahme, die den Organaustausch ermöglichen und dadurch den Tausenden von Patienten in Europa zum Vorteil gereichen würde, die jährlich diese Art von Behandlung brauchen.
Zigmantas Balčytis (S&D), schriftlich – (LT) Ich unterstütze diesen Bericht über die Qualitäts- und Sicherheitsstandards für menschliche Organe, die für Transplantationen bestimmt sind. Angesichts des wachsenden Bedarfs an Transplantationen in der Europäischen Union und dem Ungleichgewicht zwischen den auf eine Transplantation wartenden Patienten und der Anzahl der gespendeten Organe müssen wir es uns zum Ziel setzen, die Kommerzialisierung der Organspende zu verhindern und den gesetzeswidrigen Handel mit Organen zu stoppen. Daher müssen wir strikte rechtliche Vorschriften für lebende Spender anwenden, Transparenz der Organwartelisten gewährleisten, strikte Vertraulichkeitsbestimmungen festlegen, um die persönlichen Daten der Spender und der auf Organe Wartenden zu schützen und die Verantwortung für die Ärzte definieren. Sobald allgemeine Qualitäts- und Sicherheitsstandards angenommen worden sind, würde die Möglichkeit für den grenzüberschreitenden Organaustausch geschaffen werden und das könnte die Anzahl der durchgeführten Transplantationen erhöhen.
Regina Bastos (PPE), schriftlich – (PT) In den letzten fünf Jahrzehnten ist die Transplantation von Organen zu einer effektiven Praxis weltweit geworden und hat zur Verbesserung der Lebensqualität und Verlängerung der Lebenserwartung der Leidenden beigetragen. Diese Richtlinie legt Vorschriften fest, die darauf abzielen, hohe Qualitäts- und Sicherheitsstandards für die Transplantation von Organen menschlichen Ursprungs in menschliche Körper zu garantieren, um ein hohes Maß an Schutz für die menschliche Gesundheit zu gewährleisten. Die Richtlinie führt qualitativ hochwertige nationale Programme ein, durch die Standards und Praktiken für Transplantationsverfahren in Mitgliedstaaten definiert werden. Sie spricht außerdem im Einzelnen den Vermittlungsprozess und Themen an, die mit dem Informationssystem zu tun haben.
Die Rückverfolgbarkeit und der Schutz der Spender und Empfänger verdienen besondere Aufmerksamkeit. ich habe für diesen Bericht gestimmt, und zwar wegen seiner drei Hauptziele: Qualität sowie die Sicherheit der Patienten auf EU-Ebene zu garantieren, Schutz für Spender zu bieten und die Zusammenarbeit zwischen Mitgliedstaaten zu fördern. Trotzdem möchte ich betonen, dass die Organtransplantationsprogramme dem Prinzip der freiwilligen und unentgeltlichen Spende entsprechen müssen, die bereits in früheren Gesetzgebungen zu Substanzen menschlichen Ursprungs verankert sind und dass diese in keiner Weise verkauft werden dürfen.
Gerard Batten, John Bufton, David Campbell Bannerman und Derek Roland Clark (EFD), schriftlich – Die UKIP ist davon überzeugt, dass die aktuelle Entwicklung und Verbesserung des gegenwärtigen internationalen Netzes von Einrichtungen und Behörden für den Organaustausch durch die Versuche der EU, dieses Netz zu durchdringen und zu regulieren, nicht gefördert wird. Im Gegenteil, Organspenden werden in den wenigen Ländern, in denen es viele Spender gibt, wahrscheinlich zurückgehen, wenn der Bedarf an Organen aus den vielen Ländern, wo es wenige Spender gibt, in der EU obligatorisch wird. Darüber hinaus wird in letzteren Staaten der relative Überfluss an fremden Organen die Organspenden dort möglicherweise reduzieren. Daher haben die Abgeordneten der UKIP gegen diesen Bericht gestimmt.
Françoise Castex (S&D), schriftlich – (FR) Ich habe für den Entschließungsentwurf zu Qualitäts- und Sicherheitsstandards für menschliche Organe gestimmt, die für die Transplantation vorgesehen sind. Die Richtlinie deckt jede Phase in der Verfahrenskette ab, von der Spende zur Transplantation und sie sieht die Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten vor. Ein effektives Transplantationssystem beruht nicht nur auf der Unterstützung der Spender. Es hängt auch von der richtigen Verwendung der Informationen und der Qualität des Netzes ab, durch das diese Informationen weitergegeben werden. ich unterstütze daher das Konzept der Schaffung einer europäischen Datenbank, die Informationen über verfügbare Organe festhält und eines europaweiten Zertifizierungssystem, welches garantiert, dass die verfügbaren menschlichen Organe und Gewebe legal erlangt wurden. Tatsächlich müssen Organe auf freiwilliger Basis gespendet werden, um den gleichberechtigten Zugang zu verfügbaren Organen zu ermöglichen, ohne dass irgendwelche Zahlungen geleistet werden. Allerdings wird das Prinzip der Nichtkäuflichkeit von Organen lebende Spender nicht daran hindern, entschädigt zu werden, vorausgesetzt, dass eine solche Entschädigung ausnahmslos auf die Abdeckung der Kosten und den aus der Spende resultierenden Einkommensverlust beschränkt bleibt. Solch ein transparentes, sicheres und effizientes Spendensystem ist der einzige Weg, den illegalen Organhandel zu bekämpfen.
Nikolaos Chountis (GUE/NGL), schriftlich – (EL) Ich habe aus folgenden Gründen für den Vorschlag für eine Richtlinie gestimmt: 1. Angesichts des Anstiegs des Bedarfs an Organen für die Transplantation und des begrenzten Angebots, das Patienten oft dazu zwingt, eine Lösung für ihr Problem außerhalb der nationalen Grenzen zu suchen, ist die auf EU-Ebene durchzuführende Annahme eines gemeinsamen Rahmens der Qualitäts- und Sicherheitsstandards und die Schaffung eines Kooperations- und gegenseitigen Informationsnetzes unbedingt notwendig, um den Schutz der öffentlichen Gesundheit und der Dienstleistungen für Patienten zu verbessern. 2. Nationale Rechtsvorschriften, welche das Verfahren zur Einwilligung zur Organspende regeln und deren Wahl in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten fällt, sind in keiner Weise betroffen. Im Gegenteil, der Vorschlag für eine Richtlinie ergänzt den gegenwärtigen rechtlichen Rahmen jedes Mitgliedstaats der EU mit spezifischen Qualitäts- und Sicherheitsstandards während des gesamten Transplantationsverfahrens und sichert zur selben Zeit die Abwesenheit jeglicher Form von Spekulation und behält die Anonymität und Sicherheit der persönlichen Daten des Spenders sowie des Empfängers bei. 3. Fälle von Organschmuggel werden minimiert und das Vertrauen der potenziellen Spender wird gestärkt und zwar mit dem Endziel, die Anzahl der Spender zu erhöhen. 4. Sanktionen werden von Mitgliedstaaten im Fall des Verstoßes gegen Rechtsvorschriften verhängt, welche die Identität der Spender oder Empfänger betreffen.
Edite Estrela (S&D), schriftlich – (PT) Ich habe für den Bericht über Qualitäts- und Sicherheitsstandards für zur Transplantation bestimmte menschliche Organe gestimmt, weil er dazu beiträgt, Wartelisten für Operationen für europäische Leidende zu verkürzen. Es ist inakzeptabel, dass im Durchschnitt täglich 12 Menschen sterben, die auf ein Transplantat warten. Diese Richtlinie wird es leichter machen, Organe zu spenden und zu transplantieren und sie zwischen EU-Mitgliedstaaten auszutauschen und damit Tausenden von kranken Europäerinnen und Europäern zu helfen.
Diogo Feio (PPE), schriftlich – (PT) Die Organknappheit für Transplantationen hat einen furchtbaren Markt gespeist, der in erster Linie die Entwicklungsländer betrifft, aber auch sozial bedürftige Menschen in Osteuropa getroffen hat. Ich teile die Besorgnis über die Schwierigkeiten, diesen brutalen Handel und seine schrecklichen Folgen für jene zu bekämpfen, die, gezwungenermaßen oder nicht, ihrer Organe beraubt werden: Eine grausame Minderung der Lebensqualität, chronische Krankheiten und in vielen Fällen, Tod. Die Annahme gemeinsamer Vorschriften bringt die Europäische Union auf ein einheitliches Niveau in Bezug auf Anforderungen und Verantwortung, im krassen Gegensatz zu der traurigen Situation, die ich beschrieben habe.
Patienten und Spender werden die Bedingungen, die Überwachung und den Schutz genießen, die jenen, die in die Schmuggelnetze verstrickt sind, nicht zur Verfügung stehen und die Mitgliedstaaten werden damit beginnen können, effektiv zusammenzuarbeiten. Ich stimme dem Berichterstatter zu, dass Spenden altruistisch, freiwillig und unentgeltlich sein müssen und dass der Spender nur für Kosten oder Unannehmlichkeiten entschädigt wird, die während der Spende angefallen sind. Ich glaube, dass mein Kollege, Herr Mikolášik, einige gute Änderungen vorgeschlagen hat, die den Ausgangstext verbessern. Sie müssen das Resultat seiner medizinischen Ausbildung und seiner Beschäftigung mit diesem Thema seit der letzten Legislaturperiode sein.
José Manuel Fernandes (PPE), schriftlich – (PT) Ich begrüße diesen Vorschlag und seine drei Hauptziele sehr: Qualität sowie die Sicherheit der Patienten auf EU-Ebene zu garantieren, Schutz für Spender zu bieten und die Zusammenarbeit zwischen Mitgliedstaaten zu fördern. Grundsätzlich herrscht in der EU breiter gesellschaftlicher Konsens über die Spende von Organen für Transplantationen. Aber aufgrund der Unterschiede in Kultur und Tradition und auch im Organisationsystem gibt es innerhalb der Mitgliedstaaten unterschiedliche Ansätze zu diesem Thema. ich möchte betonen, dass die Richtlinie trotz ihrer Orientierung auf die Beibehaltung der Harmonisierung oder auf den Versuch, eine Harmonisierung zwischen Qualitäts- und Sicherheitsmaßnahmen zu erreichen, keinen zusätzlichen Verwaltungsaufwand für die Mitgliedstaaten schaffen sollte. Sie sollte eher eine ausreichende Flexibilitätsmarge haben, um die bereits angewandten guten Praktiken nicht zu gefährden. Der Vorschlag für eine Richtlinie schafft gemeinsame, verbindliche Qualitäts- und Sicherheitsstandards für zur Transplantation vorgesehene Organe menschlichen Ursprungs, mit dem Ziel, ein hohes Niveau des Gesundheitsschutzes in der gesamten EU zu gewährleisten. Ich unterstütze grundsätzlich die Ansicht der Kommission, dass Organtransplantationsprogramme dem Prinzip der freiwilligen und unentgeltlichen Spende entsprechen müssen. Die Organspende muss immer unentgeltlich sein und von jeder potenziellen Kommerzialisierung geschützt werden.
João Ferreira (GUE/NGL), schriftlich. – (PT) Organtransplantationen sind ein wichtiges Mittel zur Rehabilitation von Patienten, die unter einer Vielzahl von Erkrankungen leiden, die fatale Probleme mit bestimmten Organen verursachen. Die Anzahl von Transplantationen in der Europäischen Union hat zugenommen und damit wurden viele Leben gerettet und verlängert. Trotzdem gibt es noch immer lange Wartelisten für Transplantationen. Unsere Ja-Stimmen bekunden unsere Zustimmung zu den Verbesserungen, die der Bericht im Hinblick auf die aktuelle Lage enthält. Diese Verbesserungen betreffen Qualität und Sicherheit sowie die Einrichtung von notwendigen Verfahren für Vermittlung und Transport. Außerdem beziehen sie sich unter Berücksichtigung von ethischen Prinzipien und dem Grundsatz der Unentgeltlichkeit auf den Schutz von Spendern und Empfängern. Der Bericht befasst sich auch auf eine für uns angemessene Weise mit dem beunruhigenden Thema Organhandel.
Nuno Melo (PPE), schriftlich. – (PT) Das Ziel dieser Richtlinie ist deutlich genug: Wir benötigen mehr Organe für Patienten und umfassendere Zusammenarbeit zwischen Mitgliedstaaten auf diesem Gebiet sowie bei der Bekämpfung des Organhandels. Deshalb sieht eine der Grundlagen dieser neuen Rechtsvorschriften die Einrichtung einer neuen Behörde in jedem Mitgliedstaat, die für die Einhaltung der Qualitäts- und Sicherheitsstandards von Organen verantwortlich ist, vor. Diese Behörden werden dafür verantwortlich sein, die Qualität und Sicherheit von Organen „während der gesamten Kette von der Spende bis zur Transplantation sowie bei der Bewertung von Qualität und Sicherheit während der Genesungsphase sowie der darauf folgenden Nachbehandlung des jeweiligen Patienten" zu gewährleisten. Die neue Richtlinie verlangt auch, dass Mediziner, die in die gesamte Kette von der Spende bis zur Transplantation oder Organentnahme eingebunden sind, ausreichend qualifiziert sind. Spezifische Fortbildungsprogramme sollten also für diese Fachleute entwickelt werden. Aus all diesen Gründen haben wir für diesen Vorschlag gestimmt. Deswegen habe ich dafür gestimmt.
Andreas Mölzer (NI), schriftlich. − Organtransplantationen können Leben retten, aber nur wenn gesunde Organe eines passenden Spenders eingepflanzt werden. Leider sind in der Vergangenheit immer wieder Fehler passiert, deshalb ist es umso wichtiger, dass hier Qualitäts- und Sicherheitsstandards festgelegt werden. Es sollte auch darüber geredet werden, dass Muslime teilweise zwar gerne Organspenden in Anspruch nehmen, sich umgekehrt aber mit Hinweis auf ihre Religion als Spender generell ausschließen lassen. Der Bericht trägt hoffentlich zu höheren Qualitäts- und Sicherheitsstandards bei, weshalb ich auch dafür gestimmt habe.
Alfredo Pallone (PPE), schriftlich. – (IT) Ich möchte hiermit bekunden, dass ich zugunsten des Berichts von Herrn Mikolášik gestimmt habe. Der wachsende Bedarf an verfügbaren Transplantationsorganen im Zusammenhang mit einem grenzübergreifenden Austausch sowie erheblichen Unterschieden zwischen Transplantationssystemen in den verschiedenen Mitgliedstaaten erfordert eine intensivere Zusammenarbeit und gemeinsame Regelungen bezüglich der Qualität und Sicherheit von Organen.
Der Richtlinienvorschlag bezweckt das Erreichen dieser Ziele, indem er den Schwerpunkt auf die Steigerung der Anzahl von Transplantationen und die Verbesserung von Qualitätsstandards bei Spende, Vermittlung, Kontrolle, Konservierung, Transport und Transplantationsverfahren legt. Darüber hinaus soll er die Rechte von Spendern und Patienten schützen, indem er den Grundsatz der freiwilligen Spende im Gegensatz zum Organhandel betont. Der Berichterstatter erkennt den Bedarf an einer Harmonisierung der Qualitäts- und Sicherheitsmaßnahmen und betont dennoch, dass die Richtlinie kein zusätzliches Verwaltungshindernis für Mitgliedstaaten schaffen darf und hinreichend flexibel sein muss, ohne derzeit angewandte bewährte Praktiken zu behindern.
Maria do Céu Patrão Neves (PPE), schriftlich. – (PT) Transplantation ist eines jener medizinischen Fachgebiete, welche die größten Fortschritte in den vergangenen Jahrzehnten gemacht, große Erfolge erzielt und bei der Rettung von Menschenleben eine große Rolle gespielt hat. Paradoxerweise hat neben anderen Faktoren gerade der Erfolg von Transplantationen zu einer wachsenden Anzahl von Kandidaten für Organtransplantation und damit zu langen Wartelisten geführt. Er hat auch zu dem menschlichen Drama geführt, das mit dem Tod von etwa 12 Patienten pro Tag in der EU verbunden ist, weil sie kein Organ erhalten konnten, das sie zum Überleben benötigten. Eine Möglichkeit der Minderung dieses Problems besteht im Austausch zwischen Mitgliedstaaten der EU. So wird eine bessere Kompatibilität zwischen Spender und Empfänger in einer kürzeren Zeitspanne und bei besserer Organannahme gewährleistet. Dieser Austausch verlangt jedoch allgemeine Qualitäts- und Sicherheitsstandards, wie sie in der vorliegenden Richtlinie von Parlament und Rat dargelegt werden. Der Mikolášik-Bericht über Qualitäts- und Sicherheitsstandards für zur Transplantation bestimmte menschliche Organe liefert damit einen wichtigen Beitrag zur Minimierung von Organknappheit und für einen grundlegenden Schutz der Gesundheit des Empfängers sowie des lebenden Spenders. Deswegen begrüßen wir ihn mit großer Zustimmung.
Aldo Patriciello (PPE), schriftlich. – (IT) Organtransplantationen gehören zweifelsohne zu den positivsten Aspekten des medizinischen Fortschritts. Gleichzeitig tun sie eine Reihe von Problemen hinsichtlich der Rechte von Spendern und Patienten auf, mit denen man sich aus ethischer, sozialer, juristischer und wirtschaftlicher Hinsicht auseinandersetzen muss.
Es geht darum, einen positiven Prozess in Gang zu setzen, um das große Ungleichgewicht zwischen dem Bedarf an und der Anzahl von verfügbaren Organen anzugehen, ohne den Grundsatz der freien, freiwilligen Spende zu gefährden, um jegliche Form der Kommerzialisierung und des illegalen Handels zu verhindern, während Qualität und Sicherheit von Transplantationsorganen durch Maßnahmen, die sowohl Vertraulichkeit als auch Rückverfolgbarkeit sicherstellen, gewährleistet werden.
Die Annahme gemeinsamer Qualitätsstandards ist definitiv ein Schritt nach vorn, der als Teil eines Rahmenwerks begrüßt werden sollte, in dem die Weltgesundheitsorganisation einen weiteren Beitrag leisten kann. Dennoch ist es bei der Einrichtung einer europäischen Datenbank wichtig, dass wir darauf achten, kein unnötig steifes Rahmenwerk einzuführen oder zusätzliche Bürokratie schaffen, die den derzeit ganz ordentlichen und effizienten Prozess behindern würde.
Raül Romeva i Rueda (Verts/ALE), schriftlich. – Ich habe den von unserem Kollegen Miroslav Mikolášik geleiteten Bericht über Qualitäts- und Sicherheitsstandards für zur Transplantation bestimmte menschliche Organe als eine sehr dringende Maßnahme zur Verbesserung der Lebenserwartung von über 60 000 Menschen in Europa, die auf eine Transplantation warten, unterstützt. Ich hoffe, dies wird die Möglichkeit, ein Organ zu bekommen, leichter und sicherer machen.
Olga Sehnalová (S&D), schriftlich. – (CS) Ich habe diesem Bericht zugestimmt, obwohl neben der gewünschten Bemühung, Sicherheits- und Qualitätsanforderungen für zur Transplantation bestimmte menschliche Organe zu vereinheitlichen, der Bedarf besteht, sich insbesondere auf die zunehmende Anzahl von Spendern in den verschiedenen Mitgliedstaaten zu konzentrieren und die unterschiedlichen nationalen Gesundheitssysteme zu berücksichtigen. Es ist deswegen notwendig, diesen Bereich aus dem Blickwinkel des Subsidiaritätsprinzips genau zu beurteilen.
Peter Skinner (S&D), schriftlich. – Ich habe mich gefreut, diesen Bericht bei seiner Abstimmung durch das Parlament zu unterstützen. Im Südosten von England sind viele Familien Opfer der harten Realität spärlicher Versorgung mit für Transplantationen benötigten Organen. Dieser Bericht hilft, einen grenzüberschreitenden EU-Standard zu schaffen, der eine verbesserte EU-weite Versorgung bereitstellen kann, sodass die Familien von Personen, die Organe benötigen, mehr Hoffnung fassen können, dass sich ihre Bedingungen verbessern.
Konrad Szymański (ECR), schriftlich. – (PL) Ich habe den Bericht über Sicherheitsstandards bei Organspenden befürwortet, weil der Bericht den Grundsatz der Nichtkommerzialisierung beinhaltet.
Sitzungskalender des Europäischen Parlaments – 2011
Mário David (PPE), schriftlich. – (PT) Das Europäische Parlament hat den Kalender der Plenarsitzungen für 2011 angenommen. Es ist bedauernswert, dass weiterhin jährlich 200 Mio. EUR Steuergelder ausgegeben werden, um jedes Jahr 12 Plenartagungen in Straßburg abzuhalten. Die Scheinheiligkeit erreicht einen Punkt, an dem noch nicht einmal die Bestimmungen der Verträge erfüllt werden, da diese eine Tagung pro Monat vorsehen, mit anderen Worten einschließlich August. Das legitime Streben der Stadt Straßburg könnte mit der dauerhaften Einrichtung von einer oder zwei Agenturen der Europäischen Union hier zufriedengestellt werden. Dieser „Zirkus" sollte natürlich enden! Darüber hinaus macht es überhaupt keinen Sinn für das Europäische Parlament an 48 Tagen im Jahr in einer Stadt zusammenzutreten, die mit praktisch keiner Hauptstadt der Mitgliedstaaten eine direkte Luftverbindung hat.
Außerdem haben die existierenden Verbindungen kommerzielle Flugpläne, die mit der parlamentarischen Arbeit vollkommen unvereinbar sind. Es ist leicht zu erkennen, dass die Staats- und Regierungschefs, die diese Entscheidungen treffen, mit Privatflugzeugen reisen und nicht dutzende oder hunderte Stunden pro Jahr damit verlieren, nach Straßburg zu reisen.
Andreas Mölzer (NI), schriftlich. − Ich habe gegen den Vorschlag einiger Abgeordneter gestimmt, eine Sitzungswoche in zwei Teile aufzuteilen, diese aber trotzdem während einer Woche abzuhalten. Abgesehen davon, das dies wenig Sinn macht, würden aufgrund der zusätzlichen An- und Abreisen nicht nur unnötige Kosten entstehen, es würde auch wertvolle Arbeitszeit verloren gehen.
Raül Romeva i Rueda (Verts/ALE), schriftlich. – Ich habe begeistert den Änderungsantrag unterstützt, der die Reduzierung der zwei Sitzungsperioden im September auf eine einzige vorschlägt. Ich bin ein großer Befürworter der Idee, die zwei Sitze des Europäischen Parlaments auf einen Sitz in Brüssel zu beschränken. Deswegen unterstütze ich jede Initiative, die den Sitz in Straßburg abzuschaffen gewillt ist.
Entschließung: Andere Lebensmittelzusatzstoffe als Farbstoffe und Süßungsmittel (Rinder- und/oder Schweinethrombin) (B7-0264/2010)
Sophie Auconie (PPE), schriftlich. – (FR) Fragen bezüglich der Ernährung und Gesundheit von Bürgerinnen und Bürgern sind äußerst heikel und müssen sorgfältig und objektiv betrachtet werden. Dies gilt ganz besonders für die Debatte über die Genehmigung von Lebensmittelzusatzstoffen wie Thrombin. Thrombin ist ein Produkt, das aus tierischem Plasma und Blut (von Kuh oder Schwein) gewonnen wird. Seine narbenbildenden Eigenschaften werden von der Lebensmittelindustrie genutzt, um Fleischreste zusammenzukleben. Dieser Zusatzstoff erfüllt die vier Kriterien der Verordnung (EG) Nr. 1333/2008, womit eine Genehmigung erlaubt wird: Lebensmittelzusatzstoffe müssen sicher sein, wenn sie verwendet werden (von der EFSA in ihrer Stellungnahme von 2005 bestätigt); es muss eine technologische Notwendigkeit für ihre Verwendung geben (als Stabilisator sehr nützlich); ihre Verwendung darf den Verbraucher nicht irreführen (die Verwendung ist auf abgepackte und damit gekennzeichnete Produkte begrenzt); sie müssen dem Verbraucher einen Nutzen bringen (das Endprodukt ist stabilisiert). Darüber hinaus fordert die überwältigende Mehrheit der Mitgliedstaaten, dass Thrombin genehmigt wird. Da dieser Zusatzstoff kein Risiko für die Gesundheit darstellt und eine wichtige Rolle bei der Nahrungsmittelzubereitung spielen soll, bestand also kein Grund, diese Genehmigung abzulehnen.
Zigmantas Balčytis (S&D), schriftlich. – (LT) Ich habe für diese Entschließung gestimmt, welche die Verwendung von gesundheitsgefährdenden Lebensmittelzusatzstoffen in Lebensmitteln einschränken soll, um die Gesundheit der Verbraucher zu schützen. Die derzeit geltenden Rechtsvorschriften in der Europäischen Union sehen vor, dass Lebensmittelzusatzstoffe verwendet werden dürfen, wenn sie dem Verbraucher einen Nutzen bringen. Da der Nutzen von Thrombin („Fleischkleber") für Verbraucher nicht erwiesen ist und das Verfahren der Verbindung mehrerer getrennter Fleischstücke das Risiko einer Infektion mit Bakterien erheblich steigert, habe ich den Vorschlag, die Verwendung dieses Lebensmittelzusatzstoffes bei Rinder- und Schweineprodukten zu genehmigen, nicht unterstützt. Außerdem müssen wir uns bemühen, zu verhindern, dass diese mit „Fleischkleber" verarbeiteten Produkte ihren Weg in öffentliche Einrichtungen, die Speisen servieren, finden.
Jean-Luc Bennahmias (ALDE), schriftlich. – (FR) Ich habe für eine Entschließung gestimmt, die fordert, dass Thrombin nicht in Fleisch verwendet wird. Thrombin wird als „Kleber“ in zusammengeklebtem Fleisch verwendet. Es stellt ein Risiko für die Gesundheit dar, weil das Verfahren zur Verbindung der verschiedenen Fleischteile die Oberfläche des Nahrungsmittels, die mit Bakterien verunreinigt worden sein kann, erheblich vergrößert. Darüber hinaus kann zusammengeklebtes Fleisch Verbraucher irreführen, die Fleisch kaufen möchten.
Nikolaos Chountis (GUE/NGL), schriftlich. – (EL) Ich habe für die Entschließung des Parlaments gestimmt, weil sie die Verwendung von Lebensmitteln nicht erlaubt, die Zusatzstoffe und Enzyme wie Thrombin enthalten, welche gefährlich sind, die Lebensmittelqualität beeinträchtigen und die Verbrauchersicherheit gefährden. Die von der Kommission gegebenen Garantien sind nicht überzeugend und nicht ausreichend und steigern auch meine Bedenken. Außerdem haben die Kommission und der Kommissar selbst nicht die notwendige Sensibilisierung für diese Thematik offenbart, was auch ihre kürzliche Entscheidung über die Zulassung der Ernte von genetisch veränderten Kartoffeln gezeigt hat.
João Ferreira (GUE/NGL), schriftlich. – (PT) Der Entschließungsantrag drückt einige Bedenken hinsichtlich der Verwendung einer enzymatischen Zubereitung auf der Grundlage von Thrombin mit Fibrinogen als Lebensmittelzusatzstoff zur Herstellung von Lebensmitteln aus, was uns relevant erscheint. Die Vorschläge der Kommission setzen sich nicht umfassed mit diesen Bedenken auseinander. Zweifel bleiben bezüglich der Möglichkeit einer Verwendung unverpackter hergestellter Produkte. Dies könnte die notwendigen Verbraucherinformationen unterminieren. Es bleiben auch Zweifel bezüglich der Wirksamkeit des Verbots einer Verwendung dieser Produkte in Restaurants und anderen öffentlichen Einrichtungen, die Speisen servieren.
Die Kommission erkennt selbst an, dass die Verwendung von Lebensmittelzusatzstoffen die Verbraucher hinsichtlich des Zustands des Lebensmittelendprodukts irreführen könnte. Die vorgeschlagene Lösung zu dem oben genanten Kennzeichnungsproblem könnte allein nicht genügen, um dieses Problem zu lösen. Zweifel bleiben auch bezüglich des Verfahrens zur Zusammensetzung von Lebensmitteln (beispielsweise Kaltkleben ohne den Zusatz von Salz und anschließendem Erhitzungsverfahren) sowie bezüglich der Sicherheit des Endprodukts. Deswegen halten wir diese Entschließung für unterstützungswürdig.
Françoise Grossetête (PPE), schriftlich. – (FR) Ich bedaure die Annahme dieser Entschließung zum Verbot von Schweine- und Rinderthrombin sehr. Der Text hat keine begründete wissenschaftliche Grundlage. Tatsächlich erfüllt dieser Lebensmittelzusatzstoff, der tierischem Plasma und Blut entnommen und in vorverpackten Produkten verwendet wird, um Fleischstücke zusammenzukleben, alle von der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit festgelegten Gesundheits- und Sicherheitskriterien. Er ist in Frankreich zugelassen und wird beispielsweise in Blutwurst verwendet. Es ist deswegen wichtig, dass wir unsere Entscheidungen auf der Grundlage von Informationen der wissenschaftlichen Gemeinschaft und nicht aus den Medien treffen. Lassen Sie uns nicht in eine emotionale Debatte verfallen! Darüber hinaus wurde die Kennzeichnungspflicht für Produkte mit diesem Zusatzstoff angeblich gestrafft. Das Wort „Thrombin“ und der Begriff „zusammengeklebtes Fleisch“ wurden offenbar klar definiert. Deswegen gab es nie die Frage der Irreführung von Verbrauchern, die allem Anschein nach besser informiert worden sind.
Sylvie Guillaume (S&D), schriftlich. – (FR) Lebensmittelsicherheit und die Gesundheit der europäischen Bürgerinnen und Bürger stehen auf dem Spiel. Dieses Thema wurde im Parlament mit dem Fall Thrombin angesprochen. Dieser Lebensmittelzusatzstoff wird verwendet, um Fleischstücke „zusammenzukleben“ und deren endgültiges Erscheinungsbild den Verbraucher leicht irreführen kann. Der Landwirtschafts- und Ernährungssektor hat sich bereits darüber gefreut, wie verbreitet die Verwendung dieses Stoffes mittlerweile ist. Und aus gutem Grund, denn er ermöglicht es ihnen, ihren Fleischabfall loszuwerden und Fleisch von schlechter Qualität billig zu verkaufen. Obwohl die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit entschied, dass Thrombin harmlos ist, bin ich hinsichtlich dieser Ergebnisse noch immer sehr skeptisch. Es ist an der Zeit, der Kommission zu zeigen, dass Lebensmittelsicherheit und -gesundheit Hauptanliegen für das Europäische Parlament sind. Deswegen begrüße ich diese Stimmabgabe, mit der dieses Enzym abgelehnt wird.
Christa Klaß (PPE), schriftlich. − Der Lebensmittelzusatzstoff Thrombin darf Verbraucher nicht täuschen. Mit der Verordnung Nr. 1333/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 wurden EU-weit die Bedingungen für Lebensmittelzusatzstoffe geregelt. Neue Stoffe sollen nun aufgenommen werden. Hauptgrundsatz ist die Unbedenklichkeit der Stoffe. Um den Verbraucherwünschen nach gutaussehenden Lebensmitteln zu genügen, hat die Lebensmittelindustrie Stoffe kreiert, die nur für besseres Aussehen zugemischt werden. Ein solcher Stoff ist „Thrombin“, das aus essbaren Teilen von Tieren gewonnen wird und gesundheitlich unbedenklich ist und dessen Aufgabe darin besteht, einzelne Fleischstücke zu einem einzigen Fleischprodukt zu verbinden.
Wenn einzelne Fleischstücke – zusammengeklebt – den Eindruck eines Stücks Schinken suggerieren, dann ist das zwar nicht ungesund, aber unlautere Verbrauchertäuschung. Solche Produkte kann man also nicht aus Gesundheitsgründen verbieten. Solche Produkte müssen aber ganz klar und eindeutig gekennzeichnet werden. Und zwar nicht nur mit der Angabe des Produktnamens, sondern mit Angaben der Wirkung und der klaren Benennung des behandelten Produktes. Ein mit Thrombin zusammengepapptes Stück Fleisch darf niemals als Schinken in den Verkauf kommen, sondern es muss eindeutig gekennzeichnet sein als „Formfleisch, behandelt mit Thrombin“. Nur mit der Auflage einer eindeutigen Kennzeichnungspflicht kann ich der Zulassung dieses Stoffes zustimmen.
Mairead McGuinness (PPE), schriftlich. – Heute stimmte das Parlament ab, um die Genehmigung von Thrombin zur Verwendung als Lebensmittelzusatzstoff zu blockieren. Wir kennen die Auswirkungen dieser Entscheidung, die auf einer emotionalen Reaktion zusammengeklebtes Fleisch betreffend und nicht auf einer wissenschaftlichen Bewertung des eigentlichen Enzyms basiert, noch nicht. Die Kommission hat klar betont, dass die EFSA, die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit, gesagt hat, dass es keine damit verbundenen Sicherheitsfragen gibt.
Der Vorschlag der Kommission würde vorsehen, dass diese Produkte nur in vorverpackten, mit dem Enzymnamen Thrombin (einem aus Blut stammenden Produkt) in der Liste der Inhaltsstoffe deutlich gekennzeichneten kombinierten Fleischprodukten verwendet werden. Thrombin wird derzeit verwendet. Nach dem heutigen Tag wird es nicht mehr erlaubt sein. Ist es von diesem Parlament klug, damit zu beginnen, den Leuten zu sagen, was sie essen sollen, anstatt sie mit Informationen darüber zu versorgen, was sie gerade essen? Da gibt es einen Unterschied.
Nuno Melo (PPE), schriftlich. – (PT) Der Vorschlag, Rinder- und/oder Schweinethrombin in die Liste der von der EU zugelassenen Lebensmittelzusatzstoffe aufzunehmen, garantiert uns nicht, dass diese Substanz Verbrauchern einen eindeutigen Nutzen bringt und das kann die Verbraucher schließlich irreführen. Zusätzlich vergrößert das ganze Verfahren der Zusammensetzung verschiedener Fleischstücke die Oberfläche, die mit krankheitserregenden Bakterien infiziert werden kann. Deswegen habe ich dafür gestimmt.
Andreas Mölzer (NI), schriftlich. − Gerade in Anbetracht der zunehmenden Allergien und Nahrungsmittelunverträglichkeiten und da in diesem Zusammenhang immer wieder neue Erkenntnisse gewonnen werden, ist es unerlässlich, dass die Zusatzstoffe geregelt werden. Und gerade angesichts vergangener Skandale ist es ganz wichtig, dass eine Irreführung der Verbraucher ausgeschlossen wird. Es wäre wünschenswert, wenn hinsichtlich der Unbedenklichkeit und Verträglichkeit mancher Zusatzstoffe wie beispielsweise Aspertam vermehrt geforscht wird, das war aber nicht Gegenstand dieser Resolution. Trotzdem habe ich zugestimmt.
Rareş-Lucian Niculescu (PPE), schriftlich. – (RO) Ich habe gegen diese Entschließung gestimmt, da Thrombin ein Zusatzstoff ist, der in Sachen Lebensmittelsicherheit nicht als Besorgnis erregend anzusehen ist. Fleisch mit dem Zusatzstoff Thrombin könnte mit der Bezeichnung „Zusammengefügte Fleischteile“ verkauft werden, während alle Inhaltsstoffe den gesetzlichen Bestimmungen gemäß auf einem Etikett angegeben werden. So wären die Bürgerinnen und Bürger aufgeklärt, was bedeutete, dass wir niemanden irreführen können. Die Verwendung von Thrombin würde es vielen Bürgerinnen und Bürgern ermöglichen, Lebensmittel zu viel erschwinglicheren Preisen zu kaufen.
Franz Obermayr (NI), schriftlich. – (DE) Ich lehne die Verwendung von Thrombin zur Verklebung verschiedener Fleischteile, die vorwiegend von schlechter Qualität sind, ab. Die Verbraucher sind sich im Allgemeinen nicht über die Vorgänge bewusst und werden getäuscht. Andererseits bringt das Verfahren keinen nachweislichen Nutzen für den Verbraucher. Deswegen habe ich für diesen Bericht, der diese Praktiken einschränken soll, gestimmt.
Justas Vincas Paleckis (S&D), schriftlich. – (LT) Ich habe dieser Entschließung zugestimmt, weil ich damit einverstanden bin, dass Lebensmittelzusatzstoffe nur begrenzt eingesetzt werden sollen. Die Verwendung ist nur dann zu rechtfertigen, wenn sie Verbrauchern einen zusätzlichen Nutzen bringen. Dennoch denke ich nicht, dass Thrombin -„Fleischkleber“ diese Anforderung erfüllt. Wenn sich die Verwendung dieses „Fleischkleber„ weiter verbreiten würde, wäre es für Verbraucher schwer, zwischen echtem Fleisch und solchen Fleischstücken zu unterscheiden, die zusammengeklebt worden sind. Wie in dem Bericht erwähnt, steigert dies das Risiko von verseuchtem Fleisch. Der Einsatz von Thrombin wäre nur für Produzenten von Vorteil sein, die minderwertiges Fleisch auf den Markt bringen. In anderen Industriebereichen versucht die Europäische Union, manipulierte Herstellungsverfahren und Fälschungen zu bekämpfen. Ich denke nicht, dass die Lebensmittelindustrie eine Ausnahme sein sollte.
Alfredo Pallone (PPE), schriftlich. – (IT) Verbraucherschutz ist eine der Schlüsselaufgaben des Europäischen Parlaments, und die europäischen Verbraucher kennen häufig nicht die Verarbeitungsprozesse der Produkte, die sie kaufen wollen, oder die Zusatzstoffe, die in den Produkten enthalten sind.
Klare, präzise Kennzeichnung ist offensichtlich wichtig. Als Gesetzgeber müssen wir aber bestimmte schädliche Produkte verbieten. Während der Richtlinienentwurf der Kommission die Verwendung von Thrombin als Lebensmittelzusatzstoff in Fleischprodukten, die in Restaurants oder anderen öffentlichen Einrichtungen, die Lebensmittel anbieten, serviert werden, nicht erlauben würde, besteht jedoch ein klares Risiko, dass Fleisch mit Thrombin seinen Weg in Fleischprodukte finden würde, die in Restaurants oder anderen öffentlichen Einrichtungen, die Lebensmittel servieren, finden würde, da höhere Preise für Fleischstücke erzielt werden können, die als einzelnes Fleischprodukt serviert werden.
Den Kennzeichnungsbedinungen im Richtlinienentwurf der Kommission können die Entstehung eines falschen oder irreführenden Eindrucks der Verbraucher hinsichtlich der Existenz eines einzelnen Fleischstückes nicht verhindern. Deswegen besteht ein Risiko, dass Verbraucher irregeführt und daran gehindert würden, eine sachkundige Wahl hinsichtlich des Konsums von Fleischprodukten mit Thrombin zu treffen. Deswegen stimme ich der Entschließung zu.
Raül Romeva i Rueda (Verts/ALE), schriftlich. – (FR) Ich freue mich sehr über die heutige Abstimmung, mit der Thrombin verboten wird. Das ist ein Sieg für die Verbraucher. Das Problem bei Thrombin besteht nicht in dem Risiko, das es darstellt, obwohl es tatsächlich damit verbundene Gesundheitsfragen gibt, sondern in der irreführenden Eigenschaft. Wenn man nicht vorgewarnt wird, ist es unmöglich, mit bloßem Auge zwischen einem Stück Fleisch und einem anderen Stück zu unterscheiden, das mit Thrombin verbunden oder zusammengeklebt wurde.
Das ist sehr trügerisch. Die Verwendung von Thrombin läuft auf ein Inverkehrbringen von vorgefertigtem, künstlichem Fleisch hinaus. Ich kann nicht wirklich erkennen, welchen Nutzen es Verbrauchern bringt. Dennoch wird Thrombin in einigen Mitgliedstaaten verwendet, ohne die Verbraucher darüber aufzuklären. Die Versuche, Verbraucher zu täuschen und zu versuchen, die Wahrheit zu verbergen, müssen enden. Auf diese Weise stellen Hersteller das Vertrauen der Verbraucher nicht wieder her.
Daciana Octavia Sârbu (S&D), schriftlich. – Ich unterstütze diese Entschließung und die Bemühungen, die Genehmigung von Thrombin oder „Fleischkleber" zu verhindern, in vollem Umfang. Es führt Verbraucher irre, weil sie annehmen, dass sie ein einzelnes Stück Fleisch kaufen, aber tatsächlich kaufen sie zusammengeklebte Fleischstücke. Die Industrie hat argumentiert, dass die Verwendung dieser Substanz es ihnen ermöglicht, billiges Fleisch für Menschen herzustellen, die sich teurere Produkte nicht leisten können. Es ist jedoch eine Tatsache, dass die Industrie so kleinere Fleischstücke für mehr Geld und nicht weniger verkaufen kann.
Und es gibt hier auch eine gesundheitliche Frage. Viele kleine, zusammengeklebte Fleischstücke haben eine viel größere Oberfläche als ein einzelnes größeres Stück, wodurch sich der Bereich, auf dem sich krankheitserregende Bakterien ansammeln können, vergrößert.
Die Irreführung von Verbrauchern verstößt gegen EU-Recht, und es gibt potenzielle ernste gesundheitliche Auswirkungen bei einer solchen Verwendung dieser Substanz. Aus diesem Grund habe ich für diese Entschließung gestimmt.
Marc Tarabella (S&D), schriftlich. – (FR) Ich begrüße die sehr knappe Annahme dieser Entschließung (370 Stimmen von 369 erforderlichen Stimmen). Die Entschließung schützt die Verbraucher vor der Verwendung von Thrombin als „Fleischkleber", einen Lebensmittelzusatzstoff, der verwendet wird, um Fleischstücke zusammenzukleben und ein einzelnes Fleischerzeugnis herzustellen. Seine Verwendung kann Verbraucher eindeutig hinsichtlich der Qualität des Produktes, das sie kaufen, irreführen. Deswegen war es meine Pflicht und die meiner Kollegen im Parlament, dem Wunsch der Kommission entgegenzutreten, es der Nahrungsmittelindustrie zu erlauben, einen neuen Lebensmittelzusatzstoff zu verwenden, dessen einziger Zweck letztlich darin besteht, mehr Profit zu erwirtschaften, während die Rechte der Verbraucher missachtet werden. Dazu gehört auch das Recht der Verbraucher, präzise Information über die Lebensmittel, die sie konsumieren möchten, zu erhalten.
Elena Oana Antonescu (PPE), schriftlich. – (RO) 2008 hat die Europäische Kommission einen Aktionsplan im Bereich Organspende und -transplantation (2009–2015) vorgelegt, um die Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten auf dem Gebiet der Organspende durch den Austausch von bewährten Praktiken zu verstärken. Die in diesem Plan festgelegten Maßnahmen ergänzen den europäischen Rechtsrahmen, der im Richtlinienvorschlag der Kommission zu Organspende und -transplantation dargelegt ist. Obwohl es derzeit erhebliche Unterschiede in den Mitgliedstaaten hinsichtlich der Vorgehensweisen und Ergebnisse gibt, wird der Austausch von Informationen und bewährten Praktiken den Ländern helfen, in denen eine geringe Verfügbarkeit von Organen besteht, um das Niveau der Verfügbarkeit zu verbessern.
Die anderen in dem Plan festgelegten Maßnahmen zielen darauf ab, die Qualität und Sicherheit von Organtransplantation zu verbessern, ein Register für die Bewertung von Ergebnissen nach der Transplantation zu erstellen und ein System zum Austausch von Organen für besondere Fälle, wie Kinder oder Erwachsene mit besonderen Bedürfnissen und Anforderungen einzurichten. Ich habe zusammen mit meinen Kollegen im Parlament zugunsten dieses Plans gestimmt, der die Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten fördern und die Bekämpfung des illegalen Organhandels erleichtern wird.
Regina Bastos (PPE), schriftlich. – (PT) Es hat sich herausgestellt, dass die Organtransplantation bei der Behandlung von bestimmen Krankheiten unumgänglich ist und Leben retten kann, Patienten eine bessere Lebensqualität bietet und im Vergleich mit anderen Ersatztherapien das beste Kosten-Nutzen-Verhältnis aufweist. Dennoch gibt es mehrere Probleme hinsichtlich dieser Therapie und nicht zuletzt das Risiko einer Übertragung von Krankheiten, die begrenzte Verfügbarkeit von Organen und den Organhandel.
Es gibt derzeit weder eine Datenbank, welche die gesamte Europäische Union abdeckt und Informationen über Organe für die Spende und Transplantation oder über lebende und verstorbene Spender enthält, noch ein gesamteuropäisches Zertifizierungssystem, das nachweist, dass die menschlichen Organe und Gewebe legal erworben wurden. Ich habe für diesen Bericht gestimmt, weil ich den Aktionsplan im Bereich Organspende und -transplantation (2009–2015) begrüße, der im Dezember 2008 von der Kommission angenommen wurde und ein Konzept der Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten in Form einer Reihe vorrangiger Maßnahmen auf der Grundlage der Festlegung und Entwicklung gemeinsamer Ziele sowie der Bewertung von Spende- und Transplantationsaktivitäten durch vereinbarte Indikatoren darlegt, die dabei helfen könnten, Maßstäbe und empfehlenswerte Verfahren festzulegen.
Jean-Luc Bennahmias (ALDE), schriftlich. – (FR) Jeden Tag sterben in Europa 12 Menschen, weil sie keine Transplantation rechtzeitig erhalten haben, und 60 000 Menschen warten derzeit auf eine Transplantation. Trotzdem ist noch kein Netzwerk zum Austausch von Organen auf Ebene der EU 27 eingerichtet worden. Obwohl bald eine Richtlinie verabschiedet wird, habe ich mit den anderen Abgeordneten für eine Entschließung gestimmt, welche die Richtung festlegt, die vom Parlament zu dieser Frage eingeschlagen wird. Es gibt drei besonders heikle Aspekte: den grenzüberschreitenden Austausch von verfügbaren Organen, Informationen für Bürgerinnen und Bürger und die Ermittlung potenzieller Spender. Die Entschließung sieht beispielsweise vor, dass die Bürgerinnen und Bürger das Internet nutzen sollten, um sich als „bereitwillige Spender" zu erklären.
Sebastian Valentin Bodu (PPE), schriftlich. – (RO) Eine Organtransplantation ist täglich für tausende Menschen die letzte Chance auf Leben. In Rumänien sterben aufgrund des Spendermangels täglich 13 Menschen auf der Warteliste für Transplantationen.
In Rumänien ist die Situation besonders tragisch, da es einen Spender pro Million Einwohner gibt. Das rumänische Parlament hat versucht, das Konzept der so genannten „Widerspruchslösung“ einzuführen, aber die öffentliche Debatte hat diesen Schritt jedes Mal blockiert. Die von der Kommission und dem Europäischen Parlament getroffenen Maßnahmen dienen nur dazu, diesen Bereich, der hinsichtlich der Rettung von möglichst vielen Leben wichtig ist, zu systematisieren und Empfehlungen abzugeben. Die Finanzierung des medizinischen Systems ist nicht billig. Die Entnahme von Organen und die Durchführung der Transplantation sind zusammen mit der Betreuung von organtransplantierten Patienten teure medizinische Verfahren, aber jeder Mitgliedstaat muss sich bemühen, solche medizinische Verfahren zu fördern.
Tatsächlich verfügt Spanien über ein gutes Modell, weil es die höchste Anzahl von Spendern in der Europäischen Union aufweist. Das Rad muss nicht neu erfunden werden, solange wir ein erfolgreiches Modell in unseren Reihen haben. Unter diesen Umständen ermutigen uns Maßnahmen wie die Förderung durch diese Richtlinie, die Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten und der Austausch von Organen, das alles streng von Qualitäts- und Sicherheitsstandards geregelt wird.
Nikolaos Chountis (GUE/NGL), schriftlich. – (EL) Die Zahlen sprechen für sich. Fast 60 000 Patienten stehen in den Mitgliedstaaten der EU auf der Warteliste für eine Transplantation. Jeden Tag sterben 12 von ihnen. Die Verfügbarkeit von Organen ist in den einzelnen Mitgliedstaaten sehr unterschiedlich: von 33,8 toten Spendern in Spanien bis zu einem toten Spender in Rumänien pro Million Menschen. Die Kluft zwischen Angebot und Nachfrage von Organen wird von kriminellen Banden ausgenutzt, die sie in ein profitables Geschäft verwandelt haben. Der Aktionsplan der Kommission über Organspende und -transplantation hat einen Mehrwert, weil die vorgeschlagene Intensivierung der Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten die Verfügbarkeit von Organen steigern, die Effizienz und Zugänglichkeit von Transplantationssystemen sowie die Qualität und Sicherheit von Organen verbessern und den Austausch bewährter Verfahren fördern wird.
Ich habe für den Perello-Bericht gestimmt, weil er ein Paket vorrangiger Maßnahmen beinhaltet, die den Prozentsatz von Spenden durch Spender maximieren, das Konzept von Transplantationskoordinatoren in allen Krankenhäusern, in denen Organe gespendet werden, einführen, die Öffentlichkeit sensibilisieren, Fachkenntnisse und Fähigkeiten seitens der Mediziner und Selbsthilfegruppen verbessern und Register für eine einfachere Bewertung der Ergebnisse nach Transplantationen einführen werden.
Marielle De Sarnez (ALDE), schriftlich. – (FR) Organspenden und -transplantationen nehmen in Europa jedes Jahr zu und damit können tausende Leben gerettet werden. Trotzdem muss noch eine große Anzahl von Hindernissen beseitigt werden, weil es noch immer nicht genug Organe gibt, um die Nachfrage zu befriedigen. Täglich sterben in der EU 12 Patienten aufgrund mangelnder kompatibler Spender. Die Situation Organspenden betreffend ist in den einzelnen Mitgliedstaaten sehr unterschiedlich; es gibt in Spanien beispielsweise 34,6 Spenden pro Million Einwohner, verglichen mit 0,5 in Rumänien. Darüber hinaus werden Organe selten unter den Mitgliedstaaten ausgetauscht. Die Abstimmung des Parlaments ist der erste Schritt in Richtung eines europäisches Netzwerks, um die Anforderungen an schnelle, flexible und sichere Transplantationen nach dem Vorbild von Eurotransplant (Österreich, Benelux, Kroatien, Deutschland, Niederlande und Slowenien) sowie Scandiatransplant (Schweden Dänemark, Finnland, Norwegen und Island) zu erfüllen. Die EU wird die Verwendung des Spenderausweises auch ausweiten, den zwar 81% der Bürgerinnen und Bürger Europas unterstützen, aber nur 12% von ihnen besitzen. Die Mitgliedstaaten müssen sicherstellen, dass Spenden nicht bezahlt werden und ihre Rückverfolgbarkeit und Vertraulichkeit gewährleisten, um insbesondere den grenzüberschreitenden Organhandel zu bekämpfen.
Diogo Feio (PPE), schriftlich. – (PT) Die Diskrepanz den Anteil von Organspendern in verschiedenen Ländern Europas betreffend scheint nahezulegen, dass die Systeme in manchen Mitgliedstaaten effektiver sind als in anderen. Diese Systeme müssen deswegen untersucht und möglicherweise von den Mitgliedstaaten übernommen werden, die weniger erfolgreiche Systeme aufweisen. Auf einem Gebiet, das eng mit der Gesundheit und der Öffentlichkeit zusammenhängt, wird es zusätzlich zur Annahme bewährter Verfahren eindeutig notwendig, Mittel zu optimieren und auf europäischer Ebene die Verfügbarkeit von Organen gemeinsam zu nutzen.
Es macht keinen Sinn, dass jemand stirbt, weil in seinem Land kein Organ verfügbar ist, wenn es in einem anderen Land verfügbar ist. Ich unterstütze die Idee, dass jeder, der den so genannten „Transplantationstourismus“ fördert oder unterstützt oder Netzwerke des Organhandels in Anspruch nimmt, bestraft werden muss. Die Bestrafungen müssen für Mediziner oder Versicherungen besonders streng sein. Ich möchte den Bedarf an effektiver Überwachung sowohl von Empfängern als auch von altruistischen und freiwilligen Spendern betonen, denen die Öffentlichkeit Dankbarkeit schuldet.
José Manuel Fernandes (PPE), schriftlich. – (PT) Derzeit warten 56 000 Patienten in der EU auf einen passenden Organspender und täglich sterben 12 Menschen, die auf eine Festorgantransplantation warten. Organtransplantationen sind die einzige therapeutische Alternative für Patienten im Endstadium von Leber-, Herz- und Lungenversagen. Es gibt jedoch eine erhebliche Diskrepanz zwischen der Anzahl von Patienten, die auf eine Transplantation warten und der Anzahl von Patienten, die tatsächlich eine erhalten. Diese Diskrepanz ist das Ergebnis eines Mangels an Organen für die Transplantation im Vergleich zum Bedarf. Die Aufnahme von mehr Patienten auf Wartelisten zusammen mit der minimalen Zunahme der Anzahl von Patienten, die Transplantationen erhalten, spiegelt sich in der längeren Wartezeit wider. Diese wertvolle Zeit kann die Überlebensrate von Patienten sowie die Erfolgsrate von Implantationen beeinträchtigen. Der Vorschlag der Kommission, einen europäischen Aktionsplan im Bereich Organspende und -transplantation für den Zeitraum 2009–2015 zu entwerfen, begründet einen Ansatz zur Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten, der eine Reihe vorrangiger Maßnahmen beinhaltet und auf der Festlegung und Entwicklung gemeinsamer Ziele, der Einrichtung einvernehmlicher, quantitativer und qualitativer Referenzindikatoren und -parameter, regelmäßiger Berichterstattung und der Festlegung bewährter Praktiken basiert.
João Ferreira (GUE/NGL), schriftlich. – (PT) Die Transplantation von Organen kann viele Jahre erfüllten und gesunden Lebens für Menschen bringen, die ansonsten regelmäßig die Intensivstation besuchen müssten oder ganz einfach nicht überleben würden. Die Anzahl von Transplantationen in der Europäischen Union hat zugenommen und damit wurden viele Leben gerettet und verlängert.
Trotzdem gibt es noch immer lange Wartelisten für Transplantationen. Derzeit warten 56 000 Patienten auf einen passenden Organspender in der Europäischen Union, und es wird geschätzt, dass täglich 12 Menschen sterben, während sie auf eine Festorgantransplantation warten. Die Anzahl verstorbener Organspender reicht allein nicht aus und die Anzahl der lebenden Spender erfüllt die Anforderungen nicht.
Außerdem gibt es große Unterschiede in den Mitgliedstaaten die Verfügbarkeit der Organspenden von Verstorbenen betreffend, und derzeit gibt es weder eine Datenbank für die gesamte Europäische Union, die Informationen über für Spenden und Transplantationen vorgesehenen Organe oder lebende oder verstorbene Spender enthält, noch ein Zertifizierungssystem, das nachweist, dass menschliche Organe und Gewebe auf legalem Wege erhalten wurden. In diesem Zusammenhang schlägt der diskutierte Bericht Schritte vor, die wir als wichtig für eine bessere Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten auf diesem Gebiet ansehen, von der alle profitieren könnten.
Nick Griffin (NI), schriftlich. – Ein dauerhafter Mangel an Organen für die Transplantation behindert die großartigen Bemühungen von Angehörigen des Gesundheitsberufes, um Patienten zu helfen. Es ist auch eine traurige Tatsache, dass es einen Mangel an Spendern gibt, und dass dies einige abscheuliche kriminelle Aktivitäten nach sich zieht. Es ist jedoch ein Fehler, zu versuchen, diese Probleme mit der Einrichtung einer EU-weiten Datenbank anzugehen. Es ist naiv, Hoffnungen in eine Datenbank zu setzen, welche die gesamte EU mit ihren verschiedenen Sprachen und IT-Systemen abdeckt, wenn der gescheiterte Versuch einer Datenbank des Gesundheitswesens für das Vereinigte Königreich allein Milliarden Pfund vergeudet hat.
Die Gesundheitsdienste in Europa sind nicht in der Lage, Grundlagen zu finanzieren, ihnen stehen drastische Einschnitte bevor, während die Bürgerinnen und Bürger für die Pleite des Globalismus zahlen. Daher kann weit mehr getan werden, um Organspenden zu unterstützen, indem in Bildungsprogramme auf nationaler Ebene investiert wird, anstatt Mittel abzuzweigen, um gut gemeinte bürokratische Einmischung zu finanzieren. Hinzu kommt, dass es enge Zeitvorgaben für die Lebensfähigkeit von Organen gibt. Ein EU-weites Netzwerk wäre also für sehr wenige Patienten von Nutzen. Vorschläge zur Einrichtung eines Netzwerks sind eine weitere wohlklingende Entschuldigung für den weiteren Fortschritt einer Agenda, die nichts mit dem Wohl der Patienten und alles mit föderalistischem Dogma zu tun hat.
Sylvie Guillaume (S&D), schriftlich. – (FR) Mehrere tausend Menschen sterben jährlich in Europa, weil sie keine Transplantation rechtzeitig erhalten konnten. Die Notwendigkeit, EU-weite Maßnahmen umzusetzen, um innergemeinschaftlichen Austausch von menschlichen Organen für die Transplantation durch verbesserte Qualitäts- und Sicherheitsstandards auf diesem Gebiet zu erleichtern, ist deswegen ein zunehmend dringendes Thema geworden. Deswegen habe ich für diese Richtlinie gestimmt, die lebende Spender und die betroffenen Personen, die von ihren Spenden profitieren, schützen soll und grundlegende ethische Grundsätze wie Anonymität, Freiwilligkeit und die Unveräußerlichkeit des menschlichen Körpers, der keine Profitquelle sein darf, sicherstellt. Die Idee, ein Netzwerk zuständiger Behörden in den Mitgliedstaaten einzurichten, finde ich ebenso wie die Idee einer Online-Registrierung in nationalen oder europäischen Registern sehr positiv. Natürlich müssen alle möglichen Vorsichtsmaßnahmen getroffen werden, um zu gewährleisten, dass diese Maßnahmen funktionieren.
Véronique Mathieu (PPE), schriftlich. – (FR) Ich habe für den Bericht über den Aktionsplan im Bereich Organspende und -transplantation für 2009–2015 gestimmt. Der auf dem Gebiet der Organspende erzielte technische Fortschritt ist eine große Hoffnungsquelle für all diejenigen, für die eine Transplantation die einzige mögliche Behandlung bleibt. Die größte Herausforderung besteht heute in einem Mangel an Organspendern, was an den langen Wartelisten für Transplantationen ersichtlich ist. Um dieser Herausforderung gerecht zu werden, ist es wesentlich, dass Maßnahmen verabschiedet werden, um potenzielle Spender zu ermitteln. Dabei können große Fortschritte durch eine steigende Anzahl der in Europa gespendeten Organe erzielt werden. Wie der Berichterstatter betont, ist die Benennung einer Schlüsselperson für Organspenden in Krankenhäusern wahrscheinlich für verbesserte Regelungen auf diesem Gebiet entscheidend.
Eine bessere Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten wird einen besseren Austausch von Informationen und bewährten Praktiken zwecks einer steigenden Anzahl von Spendern gewährleisten. Es Bürgerinnen und Bürgern beispielsweise zu ermöglichen, ihre Namen in ein Spendenregister einzutragen, wenn sie einen Reisepass oder einen Führerschein beantragen, ist eine Initiative, die von den Mitgliedstaaten bedacht werden sollte und die ich, wie die meisten meiner Kollegen, für positiv halte.
Nuno Melo (PPE), schriftlich. – (PT) Wir haben dieser neue Richtlinie aus verschiedenen Gründen zugestimmt, aber insbesondere, weil wir davon überzeugt sind, dass dieser Plan für die Rettung vieler Leben in der EU entscheidend sein wird. Jeden Tag sterben zwölf Patienten und 60 000 warten in der EU auf einen kompatiblen Spender für Organtransplantationen. In den vergangenen zwei Jahrzehnten haben Transplantationen kontinuierlich zugenommen, und sie sind die einzige verfügbare Behandlung für Fälle von Organversagen von Leber, Lunge und Herz im Endstadium. Die Sterblichkeitsraten von Menschen, die auf eine Herz-, Leber- oder Lungentransplantation warten, liegen zwischen 15% und 30%. Patienten, die eine Organtransplantation benötigen, werden dank dieser neuen Richtlinie also weniger lange auf diese Operation warten müssen. Deswegen habe ich dafür gestimmt.
Alfredo Pallone (PPE), schriftlich. – (IT) Drei Hauptziele auf dem Gebiet der Organspende und -transplantation bestehen darin, die Qualität und Sicherheit für Patienten auf EU-Ebene zu gewährleisten, den Schutz von Spendern zu gewährleisten und die Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten zu erleichtern.
Eine europäische Herangehensweise an das Thema ist unter anderem angesichts der Mobilität von Patienten in der Europäischen Union wichtig. Im Allgemeinen gibt es in der Europäischen Union einen breiten gesellschaftlichen Konsens über Organspenden zum Zwecke der Transplantation. Aufgrund unterschiedlicher kultureller, traditioneller oder organisatorischer Systemhintergründe gibt es jedoch Unterschiede in den einzelnen Mitgliedstaaten bei der Herangehensweise an dieses Thema.
Einige Länder haben eine hohe Spendenrate, während die Spenderkultur in anderen noch entwickelt werden muss. Der Austausch bewährter Verfahren, von Modellen und Fachwissen in der Europäischen Union könnte sich als sehr nützlich bei der Steigerung von Organspenderaten erweisen.
Die Zusammenarbeit sollte gefördert werden, um erfolgreiche Elemente unterschiedlicher Transplantationssysteme zu ermitteln und diese auf europäischer Ebene umzusetzen, was die Qualität und Sicherheit der Bereitstellung von Organspenden und Durchführung von Transplantationen verbessern wird. Deshalb habe ich dafür gestimmt.
Maria do Céu Patrão Neves (PPE), schriftlich. – (PT) Der vorliegende Bericht enthält eine Reihe von Maßnahmen, welche die Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten auf dem Gebiet der Transplantation fördern sollen, um zu einer Zunahme von Transplantationen, der Reduzierung von Wartelisten und einer daraus folgenden geringeren Anzahl von Patienten, die auf ein Organ wartend sterben, beizutragen. Gleichzeitig sieht der Aktionsplan auch gemeinsame Qualitäts- und Sicherheitsstandards für die Mitgliedstaaten ein, die nicht nur zum Schutz der Patienten beitragen, sondern auch die Zusammenarbeit zwischen den Ländern erleichtern. Die Einrichtung nationaler und EU-weiter Datensätze der an der Transplantation beteiligten Verfahren (Vermeidung von Diskriminierung, Kontrolle von Ergebnissen usw.) wird auch hervorgehoben. Dies führt zu einer besseren und gründlicheren Aufklärung über die aktuelle Lage in Europa sowie zur Eindämmung des Organhandels. Der Bericht unterstützt den Aktionsplan und betont die Notwendigkeit und Dringlichkeit von Handlungsweisen, die er aufzeigt. Dabei bezieht er eine entschlossene Haltung gegen alle Formen des Organhandles, der derzeit in unterschiedlichen Teilen der Welt stattfindet. Ich bin davon überzeugt, dass dieser Bericht eine wichtige Ergänzung der Maßnahmen der Kommission und ein wertvoller Beitrag zu einem menschlichen Anliegen im Zusammenhang mit Gesundheitsleistungen für die europäische Öffentlichkeit ist.
Raül Romeva i Rueda (Verts/ALE), schriftlich. – (ES) Ich möchte Herrn Andres Perello Rodriguez von der Fraktion der Progressiven Allianz der Sozialdemokraten für Europa zu dem Bericht, über den wir gerade abgestimmt haben, gratulieren. Der Aktionsplan soll gewährleisten, dass die Lebenserwartung der 60 000 Menschen, die derzeit hoffen, ein Organ zu erhalten, erheblich gesteigert wird. Es ist auch wichtig, die Führungsposition des spanischen Gesundheitssystems bei diesem Thema hervorzuheben. Das wurde von allen Berichterstattern und Fraktionen anerkannt.
Olga Sehnalová (S&D), schriftlich. – (CS) Ich habe für diesen Bericht gestimmt, obwohl ich denke, dass es zunächst notwendig ist, sich insbesondere auf die Förderung der Anzahl von Spendern in den verschiedenen Mitgliedstaaten zu konzentrieren und dabei nationale Traditionen von Gesundheitssystemen zu berücksichtigen. Es ist deswegen notwendig, diesen Bereich aus dem Blickwinkel des Subsidiaritätsprinzips genau zu beurteilen.
Viktor Uspaskich (ALDE), schriftlich. – (LT) Meine Damen und Herren! Die Statistiken sprechen für sich. Diesem Bericht zufolge gibt es derzeit 56 000 Patienten in der Europäischen Union, die auf einen passenden Organspender warten. Täglich sterben 12 Menschen, während sie auf eine Organtransplantation warten. Leider sterben viele Menschen einfach aufgrund des großen Mangels an Organspendern und ausreichender grenzüberschreitender Koordinierung. Dieses heikle Thema ist mit verschiedenen rechtlichen und kulturellen Aspekten verbunden. Die Dinge werden jedoch durch unterschiedliche nationale Maßnahmen der EU-Mitgliedstaaten und grundlegend unterschiedliche Organspenderaten weiter erschwert. Es wäre möglich, einige dieser Mängel durch die Einführung einer EU-Datenbank und eines Zertifizierungssystems, die Informationen über die Verfügbarkeit von Organen bereitstellen und ihre Qualität und Rechtmäßigkeit sicherstellen, auszugleichen.
Es ist auch wichtig, die Gesellschaft zu mobilisieren und zu informieren. Viele Bürgerinnen und Bürger der EU sind nicht grundlegend gegen Organspenden, haben jedoch Angst davor, ihren Namen in das Register einzutragen. Deswegen sollte eine Spende so zugänglich wie möglich gemacht werden. Werbung kann oft wirksam sein. Beispielsweise begrüße ich Formulare, mit denen die Bürgerinnen und Bürgern ihren Namen direkt in das Organspendenregister eintragen können, wenn sie beispielsweise einen Führerschein beantragen. Der Mangel an Organen für die Transplantation ist auch ein großer Anreiz für den Handel mit Organen und Menschen. Die EU sollte für eine bessere Koordinierung von Spende und Transplantation Sorge tragen, da ersichtlich ist, dass die ärmsten Regionen Europas ein fruchtbarer Boden für den illegalen Organhandel sind.
Sophie Auconie (PPE), schriftlich. – (FR) Der Vertrag von Lissabon legt fest, dass die EU der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) beitreten muss, und ich begrüße dies. Damit dieser Beitritt wirksam wird, sind die einstimmige Zustimmung der Ratsmitglieder und die Zustimmung des Europäischen Parlaments notwendig. Meinerseits unterstütze ich diesen Beitritt vollkommen. Er wird das europäische System zum Schutz der Grundrechte ergänzen.
Jean-Luc Bennahmias (ALDE), schriftlich. – (FR) Der Vertrag von Lissabon legt fest, dass die EU der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten beitreten muss. Dieser Beitritt ist nicht einfach nur symbolisch; er ermöglicht die Verbesserung des Schutzes der Grundrechte von Bürgerinnen und Bürgern der EU. Er wird auch dazu führen, dass die im Rahmen der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik getroffenen Entscheidungen und umgesetzten Maßnahmen der Europäischen Konvention unterliegen, obwohl sie nicht in die gerichtliche Zuständigkeit des Gerichtshofs der Europäischen Union fallen.
Vilija Blinkevičiūtė (S&D), schriftlich. – (LT) Der Vertrag von Lissabon legt die rechtliche Grundlage für den Beitritt der EU zur EMRK fest – dem wichtigsten Instrument zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten in Europa, dem Kernstück von Europa. Der Beitritt der EU zur Konvention wird das System der EU zum Schutz der Grundrechte weiter stärken. Ich stimme diesem Vorschlag zu, da er eine historische Gelegenheit darstellt, um die Menschenrechte und Grundfreiheiten der Bürgerinnen und Bürger der EU sowie der Mitgliedstaaten auf derselben Grundlage zu schützen. Es obliegt dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg zu prüfen, ob die Rechtsvorschriften von Institutionen, Organen und Agenturen der EU, einschließlich der Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofes, den Vorschriften der Europäischen Menschenrechtskonvention entsprechen. Es ist sehr wichtig, dass die Menschen ein neues Instrument zur Verteidigung ihrer Rechte erhalten. Wenn sie alle innerstaatlichen Rechtsbehelfe erschöpft haben, können sie Klagen über Verstöße der EU gegen grundlegende Menschenrechte vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte bringen. Dies wird die Entwicklung eines harmonischeren Systems der Rechtsprechung auf dem Gebiet der Menschenrechte fördern. Die einheitliche und umfassende Anwendung der Charta der Grundrechte auf EU-Ebene ist ebenso wesentlich, um die Glaubwürdigkeit der Union zu gewährleisten. Da der Beitritt zur Konvention bedeutende rechtliche Auswirkungen auf die Schaffung eines harmonischen Systems zum Schutz von Menschenrechten haben wird, fordere ich die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, die Möglichkeit zu überdenken, Leitlinien mit eindeutigen Erklärungen zu den Auswirkungen des Beitritts, den Auswirkungen auf Menschenrechte und den Verfahren zum Einreichen von Beschwerden zu entwickeln.
Carlos Coelho (PPE), schriftlich. – (PT) Menschenrechte und Grundfreiheiten machen die Werte und Grundsätze aus, die uns als Menschen auszeichnen und die Grundlage unserer Koexistenz begründen; sie sind universell, unteilbar und miteinander verknüpft. Das Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon stellt einen wichtigen Schritt die Menschenrechte befreffend dar – nicht nur, weil er die Charta der Grundrechte verbindlich macht, sondern auch, weil er der Europäischen Union Rechtspersönlichkeit verleiht und der EU ermöglicht, der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) beizutreten. Dieser Beitritt ist sowohl auf politischer als auch auf rechtlicher Ebene bei der Schaffung eines Raums der Menschenrechte von größter Bedeutung. Der Beitritt zur EMRK wird den Bürgern in einer ähnlichen Weise Schutz gegenüber Handlungen der Union bieten, wie sie ihn derzeit bereits gegenüber Handlungen aller Mitgliedstaaten genießen; dies hat umso mehr Gewicht, als die Mitgliedstaaten wichtige Zuständigkeiten an die Union abgetreten haben.
Europäische Institutionen sind verpflichtet, sie zu erfüllen, und zwar nicht zuletzt im Rahmen der Ausarbeitung und Annahme von Gesetzesentwürfen. Andererseits muss die Harmonisierung von Gesetzgebung und Rechtsprechung zwischen der EU und der EMRK auf dem Gebiet der Menschenrechte zur Schaffung eines ganzheitlichen Systems beitragen, in dem europäische Gerichtshöfe für Menschenrechte (der Gerichtshof der Europäischen Union und der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte) einmütig vorgehen. Dabei darf die Beziehung nicht in einer hierarchischen Verbindung, sondern vielmehr in einer Spezialisierung bestehen.
Proinsias De Rossa (S&D), schriftlich. – Ich unterstütze diesen Bericht über den im Vertrag von Lissabon verankerten Beitritt der EU zur Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK). Nun werden die Institutionen der Europäischen Union in den Geltungsbereich dieses Schutzsystems für Grundrechte fallen. Der Beitritt der EU zur EMRK verbessert den Stand der Union, wenn sie Drittstaaten auffordert, ihre Menschenrechtsstandards einzuhalten. Gleichzeitig erweitert sie für die Menschen in der EU das Schutzniveau gegenüber Maßnahmen der Union, dass sie bereits gegenüber den Handlungen eines Mitgliedstaats genießen. Trotz der Tatsache, dass die EU nicht dem Europarat beitreten wird, sollte der Beitritt zur Konvention das Recht beinhalten, Kandidaten für das Richteramt zu nominieren und dem Europäischen Parlament die Vertretung in der Parlamentarischen Versammlung des Europarats ermöglichen, wenn dieses Organ Richter für den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte wählt. Über diesen Fortschritt hinaus sollte die Kommission bevollmächtigt werden, den Beitritt zu den Zusatzprotokollen der EMRK zu verhandeln, die in der Charta der Grundrechte verankerte Rechte betreffen. Der nächste logische Schritt, der auch mit der Charta der Grundrechte harmonisiert, besteht in einem Beitritt der EU-Institutionen zur Europäischen Sozialcharta.
Philippe de Villiers (EFD), schriftlich. – (FR) Der Schutz von grundlegenden Menschenrechten muss weiterhin in die nationale Zuständigkeit fallen, weil die Auslegung von Rechtsvorschriften innerhalb der einzelnen Länder und Kulturen variiert. Dies gilt insbesondere für Konzepte der Diskriminierung, des Säkularismus und der Definition des menschlichen Lebens (von der Empfängnis bis zu seinem natürlichen Ende).
Der Gerichtshof der Europäischen Union – eine Institution, deren Entscheidungen zunehmend politischer Art sind – ist bestrebt, die nationalen Verfassungssysteme und die Grundlagen der europäischen Zivilisation zu unterminieren. Abgesehen davon, dass der Beitritt der EU zur Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten nutzlos und eine Verschwendung von Mitteln ist, wird er zu Verwirrung und unlösbaren rechtlichen Konflikten mit dem Gerichtshof in Straßburg führen.
Aus Gründen der Logik lehne ich diesen neuen Aspekt der Rechtspersönlichkeit der EU gemäß dem Vertrag von Lissabon ab.
Edite Estrela (S&D), schriftlich. – (PT) Ich habe für diesen Bericht gestimmt, weil ich davon überzeugt bin, dass der Beitritt der Europäischen Union zur Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) ein starkes Zeichen setzt, das die Glaubwürdigkeit der Europäischen Union in den Augen von Drittstaaten, die sie in ihren bilateralen Beziehungen zur Einhaltung der EMRK auffordert, erhöht.
Diogo Feio (PPE), schriftlich. – (PT) Der Beitritt der Europäischen Union zur Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten ist ein Ergebnis eines Prozesses, der in Maastricht begann, als er der Europäischen Gemeinschaft Rechtspersönlichkeit verlieh, und im Vertrag von Lissabon gipfelte. Die anfänglich eingeschränkte Annahme der Charta der Grundrechte, die später mit der Aufnahme in den Vertrag erweitert wurde, stellte in diesem Prozess einen wichtigen Schritt dar.
Die Europäische Union wird nun in den europaweiten Raum der Menschenrechte maßgeblich eingebunden. Ich begrüße diese Entwicklung. Ich hoffe, dass zu den verschiedenen rechtlichen, technischen und institutionellen Fragen, die derzeit aufgeworfen werden, Lösungen gefunden werden können und dass diese Lösungen auf dem Subsidiaritätsprinzip, freiwilliger Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten und der Achtung ihrer Souveränität und nationalen Rechtssysteme sowie auf der Rechtsstaatlichkeit basieren.
José Manuel Fernandes (PPE), schriftlich. – (PT) Ich begrüße die Annahme dieses Berichts, der zum Engagement der EU für die Europäische Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) beiträgt. Der Beitritt stellt einen Fortschritt im europäischen Integrationsprozess dar und bedeutet einen weiteren Schritt auf dem Weg zu einer politischen Union. Darüber hinaus wird der Beitritt der EU zur EMRK ein starkes Zeichen in Bezug auf die Kohärenz zwischen der EU und den Ländern, die dem Europarat und dessen paneuropäischem System im Bereich der Menschenrechte angehören, setzen, da das System der Union für den Schutz der Grundrechte durch die Aufnahme der Grundrechtscharta in das Primärrecht der Union vervollständigt und gestärkt wird. Dieser Beitritt wird die Glaubwürdigkeit der EU in den Augen von Drittstaaten erhöhen, von denen sie in ihren bilateralen Beziehungen die Einhaltung der EMRK fordert. Der Beitritt zur EMRK wird den Bürgern in einer ähnlichen Weise Schutz gegenüber Handlungen der Union bieten, wie sie ihn derzeit bereits gegenüber Handlungen aller Mitgliedstaaten genießen.
Sylvie Guillaume (S&D), schriftlich. – (FR) Ich habe für diesen Bericht gestimmt, um den Verhandlungen über den Beitritt der EU als selbstständige Rechtspersönlichkeit zur Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte grünes Licht zu geben. Dieser Beitritt wird die Bürgerinnen und Bürger tatsächlich mit neuen Regressmitteln ausstatten: Sie werden nun einen Fall an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte weiterleiten können, wenn ihre Grundrechte von einer Institution der EU oder einem Mitgliedstaat aufgrund einer Handlung oder Unterlassung ihrerseits verletzt werden. Wir müssen auch darauf bestehen, dass die EU den Zusatzprotokollen zur Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten sowie zur überarbeiteten Sozialcharta der EU beitritt, denn die EU muss auch in diesen Bereichen Fortschritte erzielen.
Petru Constantin Luhan (PPE), schriftlich. – (RO) Nach dem Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon macht es die Charta der Grundrechte der Europäischen Union zur Pflicht für die Europäische Union, der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten beizutreten. Ich unterstütze diese Maßnahme, da sie die Glaubwürdigkeit der EU in den Augen von Bürgerinnen und Bürger erhöht, indem sie die Achtung von Rechten gewährleistet. Der Beitritt zur Konvention wird die Bürgerinnen und Bürger vor Handlungen der EU und ihren Institutionen schützen — vergleichbar mit dem Schutz, den sie derzeit gegenüber Handlungen der Mitgliedstaaten genießen. Gleichzeitig werden wir auch eine engere Zusammenarbeit mit dem Gerichtshof der Europäischen Union, dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte und nationalen Gerichten erzielen.
Jean-Luc Mélenchon (GUE/NGL), schriftlich. – (FR) Die Urteile des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte hinsichtlich der Trennung von Kirche und Staat gehen mit der säkularen Tradition der französischen Republik konform. Davon zeugen die Entscheidungen zur Unterstützung des Verbots für weibliche Lehrer, in Klassenräumen einen Schleier zu tragen und des Verbots von Kreuzen in Schulen. Dennoch empfiehlt der Gerichtshof der Europäischen Union die Einschränkung von bürgerlichen Freiheiten nur dann, wenn die in den Grundtexten der EU verankerten Werte dies verlangen. Tatsache ist, dass diese Texte keine Pflicht zur Trennung von Kirche und Staat und keinen säkularen Charakter der Institutionen aufzeigen. Die Europäische Union ist deswegen unfähig, die Gewissensfreiheit der Europäer zu gewährleisten.
Wojciech Michał Olejniczak (S&D), schriftlich. – (PL) Eine der Grundlagen der Europäischen Union bei ihrer Gründung bestand in der Achtung von Menschenrechten – einem Grundsatz, der dauerhaft im Mittelpunkt der Interessen der EU bleibt. EU-Recht sowie die Verfassungsbestimmungen der Mitgliedstaaten zeugen davon. Der Beitritt der Europäischen Union zur Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) ist ein großer Fortschritt im Hinblick auf einen besseren Schutz von Menschenrechten des Einzelnen. Mit dieser Entscheidung wird die EU in das internationale System der Menschenrechte eingebunden. Dank dieser Tatsache wird ihre Glaubwürdigkeit in den Augen von Drittstaaten und auch ihrer eigenen Bürgerinnen und Bürger gestärkt. Die Konvention fügt jedoch einen weiteren Gerichtshof, den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte hinzu, ohne den institutionellen Charakter der EU zu verändern. Dieser Gerichtshof wird über die Art und Weise wachen, in der die Union ihre Verpflichtungen in Zusammenhang mit den Bestimmungen der EMRK erfüllt. In Anbetracht der Tatsache, dass der Bericht über die institutionellen Aspekte des Beitritts der Europäischen Union zur Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten Bestimmungen beinhaltet, die mit den oben genannten Ausführungen übereinstimmen, habe ich mich entschieden, für seine Annahme zu stimmen.
Alfredo Pallone (PPE), schriftlich. – (IT) Die Bedeutung des Beitritts der EU zur EMRK ist sowohl mit ihrer symbolischen als auch mit ihrer politischen Glaubwürdigkeit sowie mit der Tatsache verbunden, dass die EU und ihre Institutionen einer strengeren Verpflichtung unterliegen, die Grundrechte von Einzelpersonen zu schützen. Das Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon schafft die rechtliche Grundlage zur Aufnahme von Verhandlungen über den Beitritt der EU zur EMRK.
Ich unterstütze den Beitritt der Europäischen Union zur Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten. Eine entscheidende vorbereitende Maßnahme ist jedoch die Einhaltung gewisser Garantien, welche das Abkommen über den Beitritt der Europäischen Union zur EMRK, insbesondere hinsichtlich der Wahrung des spezifischen Charakters der EU und des EU-Rechts enthalten sollte. Der Beitritt darf weder die Zuständigkeiten der EU noch die Verpflichtung der Mitgliedstaaten beeinträchtigen, keine Streitigkeiten, die EU-Recht unterliegen, internationalen Streitbeilegungsverfahren zu unterziehen. Es ist deswegen wichtig, die Vorrechte des Gerichtshofs zu schützen, wenn der Gerichtshof von Straßburg zur Entscheidung über die Kompatibilität eines Rechtsaktes der Union mit den Grundrechten herangezogen wird, bevor der Gerichtshof Gelegenheit hat, dies zu tun.
Aldo Patriciello (PPE), schriftlich. – (IT) Ich danke dem Berichterstatter für seine hervorragende Arbeit über den Beitritt der Europäischen Union zur Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK), der für die Bürgerinnen und Bürger Europas von Nutzen sein wird, da er uns mit einem neuen Gerichtshof ausstattet, der nicht Teil der Europäischen Union ist und gewährleistet, dass die Rechte der Bürgerinnen und Bürger von Europa von der Europäischen Union und den Mitgliedstaaten geschützt werden.
Gemäß den Grundsätzen der Demokratie müssen die Europäische Union und die Mitgliedstaaten stets das Recht haben, sich zu verteidigen. Deswegen bin ich davon überzeugt, dass es unerlässlich ist, dass jedes Land, das der Konvention beitritt, über einen Richter verfügen sollte, der Erklärungen zum Hintergrund eines Rechtsfalles abgibt. Ebenso halte ich es für wichtig, dass das Europäische Parlament ein informelles Organ haben sollte, um den Informationsaustausch zwischen dem Europäischen Parlament und der Parlamentarischen Versammlung des Europarates zu koordinieren. Es ist außerdem auch wichtig, dass das Parlament angehört und an dem Verhandlungsprozess beteiligt wird.
Evelyn Regner (S&D), schriftlich. − Ich habe die Entschließung unterstützt, weil ich der Meinung bin, dass der Beitritt der Europäischen Union zur EMRK gut ist, um Rechtssicherheit und Kohärenz zu schaffen. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat in den letzten Jahrzehnten ein Konvolut an Entscheidungen getroffen, die die Verteidigung der Grundrechte der Bürgerinnen konkretisieren. Der Beitritt als Europäische Union trägt außerdem zur Glaubwürdigkeit der Union gegenüber Drittstaaten bei.
Raül Romeva i Rueda (Verts/ALE), schriftlich. – (ES) Ich freue mich über die Annahme des von meinem Kollegen Ramón Jáuregui verfassten Berichts über die Aufnahme der EU in die Europäische Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten. Ich bin besorgt, dass einige euroskeptische Kollegen weiterhin die Notwendigkeit dieser Maßnahme bestreiten, wohingegen ich davon überzeugt bin, dass die Aufnahme in diese Konvention eine bessere Gewährleistung des Schutzes von Menschenrechten auch innerhalb der EU mit sich bringt.
Nuno Teixeira (PPE), schriftlich. – (PT) Der Beitritt der EU zur Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten wurde bereits im Vertrag über die Europäische Union verteidigt; das Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon hat ihn zur Pflicht gemacht. Der Beitritt wird den Schutz von Menschenrechten in Europa stärken und das Rechtssystem der Union einer externen Kontrolle unterziehen. Dies wird eine Harmonisierung der Rechtsprechung zwischen dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) und dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte gewährleisten und der europäischen Öffentlichkeit Schutz vor Handlungen der europäischen Institutionen unter Bedingungen bieten, die mit denjenigen vergleichbar sind, die den bereits vorhandenen Schutz vor Handlungen der Mitgliedstaaten betreffen.
Es sei darauf hingewiesen, dass der Beitritt der EU keine Mitgliedschaft im Europarat gewährt und die Autonomie des EU-Rechts nicht in Frage stellt, da der EuGH die einzige Instanz bleibt, die über Fragen zur Gültigkeit und Auslegung des EU-Rechts entscheidet. Ich möchte auch die Bedeutung hervorheben, die der Möglichkeit beigemessen wird, dass die Europäische Union Kandidaten vorschlagen und einen Richter zu ihrer Vertretung auswählen kann. Weiterhin möchte ich die Notwendigkeit hervorheben, dass das Parlament ordnungsgemäß über Beitrittsverhandlungen informiert werden muss und dass ein Mechanismus zum Informationsaustausch zwischen den parlamentarischen Versammlungen beider Institutionen in Zukunft eingerichtet wird.
Rafał Trzaskowski (PPE), schriftlich. – (PL) Ich unterstütze den Bericht vor allem deswegen, weil er das System zum Schutz der Menschenrechte auf die Europäische Union ausweitet und ihm in den Augen der Bürger mehr Glaubwürdigkeit verleiht. Wenn es nicht möglich ist, auf nationaler oder EU-Ebene Berufung einzulegen, wenn einem Antragsteller die Erlaubnis verweigert wird, Verfahren einzuleiten oder wenn eine Klage nicht gegen eine EU-Institution erhoben werden kann – das sind Situationen, in denen der Mehrwert deutlich wird. Lassen Sie uns daher den Kampf fortsetzen, um das System zum Schutz der Menschenrechte in der EU zu stärken.
Viktor Uspaskich (ALDE), schriftlich. – (LT) Meine Damen und Herren! Wie Sie wissen, ist die Achtung von Menschenrechten ein Grundwert der Europäischen Union, der im Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union verankert ist. Es besteht kein Zweifel daran, dass, wenn alles richtig verläuft, der Beitritt der EU zur Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) eine historische Chance zur Stärkung der Menschenrechtslage in der EU und ganz Europa sein kann. Dies kann unsere Chance sein, die Menschenrechte und Grundfreiheiten der Bürgerinnen und Bürger der EU zu gewährleisten. Der EU-Beitritt zur EMRK würde Europa eine hervorragende Gelegenheit bieten, als ein moralischer Vorreiter zu agieren, ein Beispiel zu geben. Dieses Ereignis erhöht nicht nur die Glaubwürdigkeit der EU im Hinblick auf die Beziehungen mit nicht EU-Staaten, sondern wertet auch die öffentliche Meinung über EU-Strukturen auf. Dennoch wird dies nur geschehen, wenn wir uns alle gemeinsam bemühen, die doppelten Standards in unserem politischen Programm und Rechtssystem zu beseitigen.
Leider haben Anschuldigungen – wie es die Ereignisse in den vergangenen Jahren zeigten – oft rein politische Untertöne. Sowohl Gerichtshöfe in meinem Land als auch im restlichen Europa sind oft anfällig für politische Manipulation. Wenn sich das nicht ändert, werden sehr viel versprechende Ereignisse wie der Beitritt der EU zur EMRK nur Zeitverschwendung sein. Deswegen unterstütze ich von ganzem Herzen den Beitritt zur EMRK, vorausgesetzt, dass dadurch tatsächlich grundlegende Menschenrechte und Freiheiten verteidigt werden und zwar – was am wichtigsten ist – innerhalb der EU selbst.
Geoffrey Van Orden (ECR), schriftlich. – Ich unterstütze die EMRK, wobei ich anerkenne, dass rechtliche Auslegungen bestimmter Regelungen der Konvention Hindernisse für die Ausweisung von Terrorverdächtigen geschaffen haben. Das muss sich ändern.
Trotz einiger Respektbekundungen den Standpunkt der Mitgliedstaaten zur EMRK betreffend wird der Beitritt der EU zur Konvention die Freiheit von Mitgliedstaaten, von Aspekten der EMRK abzuweichen oder sie unterschiedlich auszulegen, komplizieren und möglicherweise behindern.
Politisch lehne ich grundlegend das treibende Motiv des EU-Beitritts zur EMRK als „ein Fortschritt im europäischen Integrationsprozess, der einen weiteren Schritt auf dem Weg zu einer politischen Union bedeutet“ ab. Dieses falsch aufgefasste Streben wird des Weiteren von der Stellungnahme untermauert, dass der EU-Beitritt „einen Beitritt einer nichtstaatlichen Partei zu einem Rechtsinstrument für Staaten“ darstellt. Aus all diesen Gründen habe ich gegen die Entschließung gestimmt.
Entschließung: Überprüfungskonferenz des Römischen Statuts des Internationalen Strafgerichtshofs in Kampala, Uganda (B7-0265/2010)
Sebastian Valentin Bodu (PPE), schriftlich. – (RO) Die Organisation der Konferenz des Internationales Strafgerichtshofs in Uganda ist ein wichtiges Zeichen der Anerkennung dieser internationalen Institution auf dem ganzen Kontinent Afrika, insbesondere, da die anfänglichen Ermittlungen des Gerichtshofs nach seiner Einrichtung im Jahr 2002 hier begonnen haben. Niemand kann die Bedeutung eines solchen internationalen Gerichtshofs bestreiten, der ernste Fälle, zu denen auch Verstöße gegen Menschenrechte, Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen gehören, untersucht. Somit es es wichtig, dass eine ständig steigende Anzahl von Staaten die Autorität des Internationalen Strafgerichtshofes anerkennt und dass die Unterzeichner des Römischen Statuts das Abkommen umgehend ratifizieren. Die Idee, einen internationalen Gerichtshof zur Untersuchung von Verbrechen gegen die Menschlichkeit einzurichten, kam bereits 1919 während der Pariser Friedenskonferenz auf. Es hat 83 Jahre gedauert, bis ein internationales Abkommen geschlossen und der IStGH geschaffen wurde. Derzeit müssen Staaten, die das Römische Statut des IStGH ratifiziert haben, auch das Recht des Gerichtshofes regeln, Verbrechen der Aggression zu untersuchen. Außerdem müssen die Unterzeichnerstaaten ihre nationale Gesetzgebung mit den Bestimmungen des Römischen Statuts gemäß den eingegangenen Verpflichtungen harmonisieren.
Diogo Feio (PPE), schriftlich. – (PT) Die Europäische Union ist ein entschiedener Verfechter des Internationalen Strafgerichtshofes (IStGH) gewesen und all seine Mitgliedstaaten teilen ihren Beitritt zu diesem wichtigen Gerichtshof. Ich hoffe, dass die Teilnehmerstaaten ihren Verpflichtungen nachkommen und dass das Ergebnis der Konferenz von Kampala ein IStGH sein wird, der den Herausforderungen unserer Zeiten besser entgegentreten kann, ausreichende Unterstützung durch die einzelnen Rechtsordnungen erhält und dem ausreichende Mittel zur wirksamen Ausübung seiner Gerichtsbarkeit gewährt werden. Die Schwere der Verbrechen, auf die er seine Arbeit konzentrieren wird, wird dies in den meisten Fällen verlangen.
José Manuel Fernandes (PPE), schriftlich. – (PT) Die EU ist ein entschiedener Unterstützer des Internationalen Strafgerichtshofes (IStGH), der Universalität fördert und die Integrität des Römischen Statuts im Hinblick auf den Schutz und die Stärkung der Unabhängigkeit, Rechtmäßigkeit und Wirksamkeit internationaler Gerichtsverfahren wahrt. Dies beweist die Tatsache, dass die EU systematisch für die Aufnahme einer Klausel den IStGH und Mandate sowie Abkommen mit Drittstaaten betreffend wirbt. Die EU hat innerhalb von zehn Jahren bereits über 40 Mio. EUR im Rahmen des Europäischen Instruments für Menschenrechte und Demokratie bereitgestellt, um den IStGH und die internationale Strafgerichtsbarkeit zu unterstützen. Die Überprüfungskonferenz des Römischen Statuts des Internationalen Strafgerichtshofes in Kampala, Uganda, stellt eine einzigartige Möglichkeit für staatliche und nichtstaatliche Akteure, die Zivilgesellschaft und andere interessierte Parteien gleichermaßen dar, ihre Verpflichtungen zu Gerechtigkeit und Verantwortlichkeit zu erneuern. Es gibt 111 Vertragsstaaten im IStGH, wobei einige Regionen wie Nahost, Nordafrika und Asien unterrepräsentiert sind. Ich hoffe, dass die Mitgliedstaaten an dieser Konferenz teilnehmen werden und dabei auf höchster Ebene vertreten sein werden und öffentlich Ihr Engagement für den IStGH erneut bekräftigen.
Jean-Luc Mélenchon (GUE/NGL), schriftlich. – (FR) Ich nehme mit Genugtuung zur Kenntnis, dass die vom Parlament zur Überprüfung des Römischen Statuts vorgeschlagene Entschließung festlegt, dass das Verbrechen der Aggression offiziell als Kriegsverbrechen aufgenommen wird und dass kein richterlicher Filter notwendig sein wird, um festzustellen, ob ein solches Verbrechen ausgeübt worden ist. Doch wie kann diese neue Gesetzgebung umgesetzt werden, wenn die Hauptstaaten, die Verbrechen der Aggression seit dem Inkrafttreten des Römischen Statuts 2002 ausgeübt haben (die Vereinigten Staaten und Israel), diese nicht ratifizieren müssen?
Wie kann sie wirksam werden, wenn diese Staaten nicht gemahnt werden, damit aufzuhören, Mitgliedstaaten des Internationalen Strafgerichtshofs zu drängen, die Immunität ihrer Staatsangehörigen zu garantieren? Es ist auch bedauernswert, dass ein Parlament, dass vorgibt, Vorreiter bei der Bekämpfung des Klimawandels zu sein, nicht vorschlägt, ökologische Verbrechen als Verbrechen gegen die Menschlichkeit, wie es beim Gipfel in Cochabamba vorgeschlagen wurde, aufzunehmen. Die schlimmsten Verbrechen gegen die Menschlichkeit müssen bestraft werden. Der Internationale Strafgerichtshof kann in diesem Bereich ein wirksames Instrument sein. Es geht nur darum, ihm tatsächlich die Mittel bereitzustellen. Da dies nicht geschieht, enthalte ich mich.
Alfredo Pallone (PPE), schriftlich. – (IT) Ich fühle mich verpflichtet, meine Zustimmung zum Entschließungsantrag zur Überprüfungskonferenz des Römischen Statuts des Internationalen Strafgerichtshofs in Kampala, Uganda, auszudrücken.
Europa selbst entsprang dem Bedürfnis, den Äußerungen von Rassenhass ein Ende zu setzen, die in den Gräueltaten des zweiten Weltkrieges gipfelten. Die Europäische Union ist stets bemüht gewesen, die Zusammenarbeit zwischen Staaten zu stärken, um Verbrechen gegen die Menschlichkeit nachzuweisen und zu verfolgen.
Es ist richtig, dass die Staaten acht Jahre nach dem Inkrafttreten des Römischen Statuts ihr großes Engagement, für Frieden, Stabilität und Rechtsstaatlichkeit einzutreten, erneut bekräftigen. Insbesondere sollten sich die Staaten zu Grundsätzen bekennen, die sich auf eine Zusammenarbeit mit dem Internationalen Strafgerichtshof und den Schutz von Gewaltopfern gründen. In vielen Fällen in der Praxis erleben die Opfer erhebliche Schwierigkeiten beim Zugang zu Informationen über den Gerichtshof und scheitern bei ihren Versuchen, ihre Rechte zu schützen.
Raül Romeva i Rueda (Verts/ALE), schriftlich. – Ich habe mit großer Freude für die Entschließung gestimmt, und ich freue mich besonders darüber, dass der mündliche Änderungsantrag meines Kollegen angenommen wurde, um beispielsweise „Eingeborene“ in die Liste von Gruppen aufzunehmen, die besondere Aufmerksamkeit benötigen.
Sabine Wils (GUE/NGL), schriftlich. – Ich begrüße den Entschließungsantrag zur Überprüfungskonferenz des Römischen Statuts des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) in Kampala, Uganda, da er sehr entscheidende und wichtige Punkte und Anforderungen hinsichtlich der Ratifizierung und Umsetzung des IStGH enthält. Deswegen habe ich dafür gestimmt.
Ich möchte aber meine tiefe Besorgnis über bestimmte Sätze in der Entschließung ausdrücken, die sich positiv auf das „Stockholmer Programm", das Europäische Instrument für Demokratie und Menschenrechte („EIDHR“) und die Europäische Union als einen „Global Player“ beziehen. In dieser Frage könnten das „Stockholmer Programm“ und die „EIDHR“ positive Auswirkungen gehabt haben, aber in vielen anderen Bereichen werden diese beiden Programme/Instrumente nicht auf demokratische und transparente Art und Weise angewandt. Die Europäische Union hat tatsächlich als ein „Global Player“ agiert, meiner Ansicht nach aber nicht auf positive Art und Weise im Sinne einer faireren und solidarischeren Weltordnung.
8. Berichtigungen des Stimmverhaltens und beabsichtigtes Stimmverhalten: siehe Protokol
(Die Sitzung wird um 13.25 Uhr unterbrochen und um 15.00 Uhr wieder aufgenommen)
VORSITZ: Jerzy BUZEK Präsident
9. Genehmigung des Protokolls der vorangegangenen Sitzung: siehe Protokoll
10. Verwirklichung der Synergien von für Forschung und Innovation in der Verordnung (EG) Nr. 1080/2006 über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung und im Siebten Rahmenprogramm für Forschung und technologische Entwicklung vorgesehenen Mitteln – Vollendung des Binnenmarktes für Verbraucher und Bürger – Langfristig tragfähige öffentliche Finanzen für eine sich erholende Volkswirtschaft – Beitrag der Kohäsionspolitik zur Verwirklichung der Ziele von Lissabon und der Ziele der Strategie EU 2020 (Aussprache)
Der Präsident. – Als nächster Punkt folgt die gemeinsame Aussprache über:
– den Bericht von Lambert van Nistelrooij im Namen des Ausschusses für regionale Entwicklung zur Verwirklichung der Synergien von für Forschung und Innovation in der Verordnung (EG) Nr. 1080/2006 über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung und im Siebten Rahmenprogramm für Forschung und technologische Entwicklung vorgesehenen Mitteln in Städten und Regionen sowie in den Mitgliedstaaten und der Union (2009/2243(INI)) (A7-0138/2010),
– den Bericht von Louis Grech im Namen des Ausschusses für Binnenmarkt und Verbraucherschutz zur Vollendung des Binnenmarktes für Verbraucher und Bürger (2010/2011(INI)) (A7-0132/2010),
– den Bericht von Liem Hoang Ngoc im Namen des Ausschusses für Wirtschaft und Währung zu den langfristig tragfähigen öffentlichen Finanzen für eine sich erholende Volkswirtschaft (KOM(2009/0545 - 2010/2038 (INI))) (A7-0147/2010) und
– den Bericht von Ricardo Cortés Lastra im Namen des Ausschusses für regionale Entwicklung zum Beitrag der Kohäsionspolitik zur Verwirklichung der Ziele von Lissabon und der Ziele der Strategie Europa 2020 (2009/2235(INI)) (A7-0129/2010).
Lambert van Nistelrooij, Berichterstatter. – (NL) Dies ist wirklich ein in sich sehr geschlossenes Paket. Nach der Aussprache von heute Morgen über das Unterstützungspaket und eine strengere, solidere finanzielle und wirtschaftliche Governance sprechen wir nun über eine Reihe von zugrunde liegenden Dossiers, die hinsichtlich des für die Strategie EU 2020 erforderlichen Engagements wichtig sind.
Das Parlament möchte diese Vorschläge durch die Kommission und insbesondere den Rat ausdrücklich steuern. Es ist nicht akzeptabel, dass der Rat im Juni Entscheidungen fällt, ohne dass wir zu einer Reihe zugrunde liegender Angelegenheiten eine ausdrückliche Einigung erzielt haben. Wir sprechen über die Richtung und auch über die Umsetzung in naher Zukunft. Betrachten wir nur einmal die Vorzeigeprojekte, die bald ebenfalls unsere gemeinsame Unterstützung erfordern werden. Daher ist es wirklich wichtig, jetzt genug Zeit darauf zu verwenden.
Nun, sowohl der Bericht von Herrn Cortés Lastra als auch mein Bericht im Namen des Ausschusses für regionale Entwicklung betreffen politische Synergien mit dem Ziel, das Ergebnis oder die Resultate für Europa zu steigern. Das Schöne daran ist, dass wir noch mehr erreichen können, mehr erreichen müssen. In verschiedenen Bereichen sind unsere Aktivitäten ziemlich bruchstückhaft – wenn wir die weltweiten Entwicklungen, den Wettbewerb und die Dinge betrachten, die wir angehen möchten. Zusammenfassend kann man sagen: Alles muss intelligenter, umweltfreundlicher, nachhaltiger und integrativer werden.
Die vom Ausschuss für Wirtschaft und Währung vorgelegten Berichte betreffen ebenfalls Governance und die Sicherstellung ausreichender finanzieller Mittel, beispielsweise für Bildung. Kurz: Ich hoffe, dass es uns gelingt, an diesem Nachmittag eindeutige Grundlagen für diese Entschließung zu schaffen. Ich weiß nicht, ob morgen eine Stimmabgabe stattfinden wird, ob ein Konsens zum Thema Governance erzielt werden wird. Ich rechne jedoch damit, dass das Parlament in der Lage sein wird, im Juni endgültig zur Strategie EU 2020 Stellung zu nehmen.
Zurück zu meinem Bericht: Er befasst sich mit der Umsetzung. Wir haben uns die Situation in den Bereichen Forschung und Entwicklung, Regionalpolitik sowie Klein- und Mittelbetriebe genau angesehen, und ich möchte meinen Kolleginnen und Kollegen, unter anderem auch den Mitgliedern des Ausschusses für Industrie, Forschung und Energie – dem Ausschuss mit gemeinsamer Verantwortung gemäß Artikel 50 – dafür danken, dass sie uns bei der Erzielung eines guten Ergebnisses unterstützt haben.
Was haben wir niedergelegt?
1. Wir verfügen in Europa über einen erstklassigen Forschungsbereich. Bei der Nutzung dieser Forschung hinken wir jedoch hinterher. Wissen ist frei. Es verbreitet sich auf der ganzen Welt und kann nicht geheim gehalten werden. Wir sind zwar sehr gut darin, in die Forschung zu investieren, aber bei der Nutzung dieser Forschung liegen wir zurück; es gelingt uns nicht, Innovationen auf den Markt zu bringen und dadurch eine qualitativ hochwertige Produktion in diesem Teil der Welt zu halten.
2. In meinem Bericht heißt es, dass wir derzeit ein Viertel der Regionalfonds für die Forschungsinfrastruktur und Innovationen ausgeben. Dies ist eine deutliche Veränderung, eine Priorisierung, die im aktuellen Zeitraum dank der Initiativen der Kommission funktioniert. Die Zweckbindung ist eines der Instrumente, die Wirkung gezeigt und die Agenda in den Regionen, Orten und Städten definitiv beeinflusst haben. Dies führt zu einem besseren Profil in der wissensbasierten Wirtschaft, die sich derzeit entwickelt, und zu einer stärkeren Spezialisierung.
3. In meinem Bericht habe ich gemeinsam mit meinen Kolleginnen und Kollegen eine Reihe von Verbesserungsvorschlägen für eine höhere Effektivität in der Forschungs-/Innovations-/Produktionskette gemacht. Außerdem muss uns die Bedeutung der territorialen Dimension im Vertrag von Lissabon klar werden. Wir müssen uns auf eine Reihe von Bereichen konzentrieren, um nachhaltige Auswirkungen zu erzielen. Wir müssen den Mut aufbringen, die Produktion in einer Region zu spezialisieren – übrigens gibt es das Prinzip der Spezialisierung in der Europäischen Union bereits seit Langem – vorausgesetzt, es gibt gute Verbindungen zur Vermittlung dieses Wissens (Breitband oder herkömmliche Infrastruktur). Wenn die Union Geld investiert, sollte es auch eine Zusammenarbeit zwischen...
(Der Präsident entzieht dem Redner das Wort.)
Liem Hoang Ngoc, Berichterstatter. – (FR) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Initiativbericht, über den wir diese Woche abstimmen, ist in einer Zeit, in der die Märkte nicht in der Lage sind, die mit der wirtschaftlichen Situation im Euroraum einhergehenden Risiken einzuschätzen, von besonderer symbolischer Bedeutung.
Nachdem sie drastische Haushaltsanpassungsstrategien eingefordert haben, zweifeln sie nun an der Fähigkeit der Mitgliedstaaten, das Wachstum anzukurbeln und so die Steuereinnahmen zu generieren, die für die Zahlung der Schuldzinsen erforderlich sind. Leider ist in der absolut unsicheren Lage, in der sich die Weltwirtschaft derzeit befindet, keine Risikobewertung möglich. Eine solche Bewertung ist in der Europäischen Union umso wichtiger, da sich hier die Auslastungsrate der Produktionskapazität auf einem historischen Tiefstand befindet.
Anstatt zu investieren, motten die Unternehmen ihre Maschinen ein, da die Nachfrage trotz erster Anzeichen für eine Erholung am Jahresende 2009 gering ist. Das Wachstum würde sich sogar ins Gegenteil verkehren, wenn die Erholung durch restriktive Maßnahmen im Keim erstickt würde. Erstes Ziel unseres Berichts war es, den optimalen Zeitpunkt für den Start von Strategien zur Überwindung der Krise präzise zu bestimmen. Wir empfahlen, die Unterstützung beizubehalten, bis die normale Auslastungsrate der Produktionskapazität wieder erreicht wäre. Wir schlugen daher vor, das Prinzip der antizyklischen Finanzpolitik zu bestätigen, die während der ersten Phase der Krise in den Jahren 2008 und 2009 erfolgreich eingeführt wurde und die dem Geist der Reform des Stabilitätspakts von 2005 entspricht.
Diese Politik verlangt den Einsatz automatischer Stabilisatoren, mit anderen Worten die Zweckbindung von Überschüssen aus dem Primärhaushalt für die Schuldenrückzahlung am höchsten Punkt des Zyklus und die Zurverfügungstellung von Ressourcen für die Mitgliedstaaten für Konjunkturförderpakete am untersten Punkt des Zyklus. Wir befinden uns derzeit am tiefsten Punkt des Zyklus. Die Zinssätze sind eindeutig unter Druck und bedrohen die Tragfähigkeit der Schulden. Angesichts dieser Tatsache tat die Europäische Zentralbank gut daran anzukündigen, dass sie Schulden zurückkaufen würde, damit die Mitgliedstaaten ihre Finanzierungsquellen diversifizieren können.
Neben der Tatsache, dass dieses Konzept von Tragfähigkeit in der Wirtschaftsliteratur bisher nicht definiert wurde, gilt es jedoch zu überlegen, ob die von den Märkten geforderten Risikoprämien gerechtfertigt sind. Nein, wenn wir berücksichtigen, dass das Risiko im Markt für Hypothekenderivate genauso wie im Markt für öffentliche Anleihen nicht bewertet werden kann. Daher schlugen wir in unserem Bericht vor, das Hauptaugenmerk auf das strukturelle Defizit zu richten anstatt auf...
(Der Präsident entzieht dem Redner das Wort.)
Daher schlugen wir in unserem Bericht vor, das Hauptaugenmerk auf das strukturelle Defizit zu richten anstatt auf das Leistungsbilanzdefizit, dessen Ausmaß der Verschlechterung des Haushaltsdefizits geschuldet ist. Dies ist Ergebnis der Krise, die das Wachstum sowie die zugehörigen Steuereinnahmen geschwächt hat. Diese Einnahmen wurden auch durch die Steuersenkungen beeinträchtigt, die nicht die erwarteten Auswirkungen auf das Angebot hatten.
Unser Bericht möchte drei Empfehlungen geben sowie einige praktische Hinweise. Die erste Empfehlung lautet, die Unterstützung solange weiterzuführen, bis sich der Aufschwung stabilisiert hat. Zweitens sollten die strukturellen Defizite überwacht werden, die beinahe noch ein Gleichgewicht aufweisen und dies trotz der Verschlechterung der Haushaltsdefizite, um hinsichtlich des Zustands der öffentlichen Finanzen ein beruhigendes Signal an die Märkte zu senden. Unsere dritte Empfehlung ist, die Effizienz der Steuerausgaben zu analysieren, insbesondere die bestimmter Steuersenkungen, die mit der Verringerung der Steuereinnahmen zusammenhängen.
Leider zählt der gesunde Menschenverstand für die Liberalen und Konservativen im Ausschuss für Wirtschaft und Währung wenig, ebenso wie die Auswirkungen der Krise und die Tatsache, dass die massiven Schulden auch eine Folge des Bankenrettungspakets sind. Nur ihr blinder Glaube an die Effizienz der Finanzmärkte und die sture Einhaltung des offenkundig veralteten Stabilitätspakts zählen. Sie sehen keine Notwendigkeit, die Instrumente zu schaffen, die für die wirtschaftliche Governance und damit zur Stärkung der Union nötig sind. Europa wird auf eine Nulldiät gesetzt, und es wird hartnäckig versucht, die Kriterien des Stabilitätspakts einzuhalten – ohne Erfolgsgarantie und mit dem Risiko, den Aufschwung zu zerstören; der soziale Zusammenhalt interessiert nicht. Diese Position wurde im Ausschuss für Wirtschaft und Währung verfochten. Seit dieser Stimmabgabe hat sich die wirtschaftliche Situation Europas weiter verschlechtert. Die Europäische Zentralbank und die Kommission haben endlich Finanz- und Haushaltsinstrumente geschaffen, die uns in die Lage versetzen sollten, die wirtschaftliche Governance im Euroraum zu verbessern. Die Märkte – verunsichert durch die Sparprogramme – sind jedoch erneut gefallen.
Der ECOFIN-Rat musste am Montag von vorne beginnen. Vor diesem Hintergrund sind die Abänderungen, die wir vorlegen, insgesamt sehr moderat, wobei wir auch einige neue präsentieren. Wir streben nach einer flexiblen Umsetzung des Stabilitätspakts, damit unwillkommene Sparprogramme vermieden werden können. Wir sprechen uns darin für eine öffentliche Ratingagentur aus, um die Mitgliedstaaten vor dem Diktat der Märkte zu schützen. Diese Signale muss das Parlament aussenden. Herr Karas, die Zeit für reflexartige ideologische Reaktionen sowie für kurzfristige Versprechungen an die Wähler ist vorbei. Europa benötigt Strategien, die durch den echten Wunsch, die Union zu stärken, motiviert sind. Wenn Sie und Ihre Fraktion dieser Aufgabe nicht gewachsen sind, wenn Sie nicht mehr in der Lage sind, allgemeine Interessen zu vertreten, können Sie sicher sein, dass unsere Bürgerinnen und Bürger ihre eigenen Schlüsse daraus ziehen werden, denn die Zukunft des Euroraums steht auf dem Spiel.
Ricardo Cortés Lastra, Berichterstatter. – (ES) Herr Präsident, Herr Kommissar, meine Damen und Herren! Zunächst möchte ich mich bei den Schattenberichterstattern, ihren Assistenten und dem Sekretariat des Ausschusses für regionale Entwicklung für ihre Beiträge sowie bei den Generaldirektionen Regionalpolitik und Beschäftigung, Soziales und Chancengleichheit der Europäischen Kommission, dem Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss, dem Ausschuss der Regionen, den Gewerkschaften und den europäischen Regionalnetzwerken und -verbänden für ihre Zusammenarbeit bedanken.
Während der Erstellung dieses Berichts habe ich mich mit verschiedenen Regionalverbänden und -institutionen getroffen, insbesondere mit dem Ausschuss der Regionen, der Konferenz der peripheren Küstenregionen, der Versammlung der Regionen Europas, dem European Regions Research and Innovation Network, dem Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss sowie den Generaldirektionen Regionalpolitik und Beschäftigung, Soziales und Chancengleichheit der Europäischen Kommission. Ihnen allen möchte ich für ihre Verfügbarkeit und ihre interessanten Beiträge danken.
Das Hauptziel des Berichts, dessen Titel nun den Verweis auf die Strategie Europa 2020 enthält, ist die Verfechtung der Kohäsionspolitik als einer starken, gut finanzierten Politik, die in allen Regionen der Europäischen Union vertreten ist, sowie ihrer zentralen Rolle bei der Strategie Europa 2020.
Der Bericht wurde vom Ausschuss für regionale Entwicklung praktisch einstimmig mit 40 Ja-Stimmen, einer Enthaltung und einer Nein-Stimme angenommen.
Der erste Teil des Berichts beinhaltet eine kurze Analyse des Beitrags der Kohäsionspolitik zur Strategie von Lissabon und verweist auf die Beschränkungen bei der Einbeziehung der Gebietskörperschaften, der sozialen, wirtschaftlichen und zivilgesellschaftlichen Akteure in die Strategie von Lissabon, was die Annahme, Vermittlung und Effektivität erschwerte. In dem Bericht werden außerdem Einschätzungen gefordert – nicht nur der tatsächlichen Ausgaben, sondern auch der tatsächlichen Auswirkungen.
Im zweiten Teil geht es um Empfehlungen für die zukünftige Strategie Europa 2020, und es wird die Bedeutung der Regionen, der Multi-Level-Governance und des Partnerschaftsprinzips erläutert, dieser Grundpfeiler der Kohäsionspolitik, die als notwendige Vorbedingung in die Strategie Europa 2020 einbezogen werden müssen, damit diese erfolgreich umgesetzt werden kann.
Darüber hinaus ist es von wesentlicher Bedeutung, die Beteiligung der sozialen und wirtschaftlichen Akteure sowie derjenigen aus der Zivilgesellschaft im Allgemeinen zu stärken, um die Loslösung von und Diskreditierung der Strategie durch die wichtigsten Interessenten zu vermeiden.
In diesem Teil wird die zentrale Rolle von Bildung, Weiterbildung, Forschung und Innovation, die Bedeutung der Förderung des sogenannten Wissensdreiecks und die Notwendigkeit, Klein- und Mittelbetriebe zu unterstützen, die häufig eine Vorreiterrolle bei Innovationen spielen, hervorgehoben.
Gleichzeitig dürfen wir jedoch die besonderen Anforderungen der Regionen und Gesellschaftsgruppen mit den größten Schwierigkeiten nicht außer Acht lassen. Daher ist eine gewisse Flexibilität vonnöten.
Um die Multiplikatorwirkung von Investitionen in Forschung und Entwicklung sowie Bildung und Weiterbildung zu fördern, rechtfertigen wir insbesondere die Notwendigkeit, die Synergien zwischen den nationalen strategischen Rahmenplänen und den nationalen Reformprogrammen zu erweitern sowie die Koordination und Kohärenz zwischen den verschiedenen europäischen, nationalen und regionalen Strategien, die mit Strategiezielen verknüpft sind, zu verbessern.
Die Europäische Investitionsbank spielt durch ihre Finanz-, Zusammenarbeits- und Unterstützungsinstrumente eine wichtige Rolle bei der Förderung der Regionen sowie der Klein- und Mittelbetriebe und muss dies auch weiterhin tun. Um ihre Aufgabe sowie die aller von diesen Instrumenten Profitierenden zu erleichtern, müssen jedoch Fortschritte hin zu einer deutlicheren Vereinfachung gemacht werden.
Um es noch einmal zusammenzufassen: Der Bericht spricht sich für eine solide, gut finanzierte Kohäsionspolitik für die Zukunft aus, die in allen europäischen Regionen vertreten ist und eine zentrale Rolle bei der Strategie Europa 2020 spielt.
Louis Grech, Berichterstatter. – (MT) Herr Präsident! Im Wesentlichen geht es in meinem Bericht um den Schutz des Binnenmarkts aus einer Mikroperspektive. Der Markt wird als Gesamtprojekt betrachtet, und der Rahmen 2012, die 2020-Strategie sowie die jüngste Finanzkrise werden berücksichtigt.
Strategien und Vorgehensweisen, die dem europäischen Binnenmarkt und dem europäischen Markt neues Leben einhauchen sollen, sollten auf pragmatischen, weit reichenden und umfassenden Vereinbarungen basieren, an denen alle Mitgliedstaaten beteiligt sind und die sich primär auf die Prioritäten konzentrieren, die den Mitgliedstaaten wirklich am Herzen liegen.
Europa muss 2020-Strategien entwerfen, durch die der Markt in die Lage versetzt wird, die Erholung der Wirtschaft anzuführen, und gleichzeitig für Akzeptanz durch die Bürgerinnen und Bürger sorgen, indem ihre Interessen geschützt werden, durch die Verbraucherinnen und Verbraucher, indem ihre Rechte verteidigt werden, und durch Klein- und Mittelbetriebe, indem diesen die richtigen Anreize geboten werden. Mein Bericht enthält Vorschläge zu einer Reihe strategischer Initiativen bei der Gesetzgebung und in anderen Bereichen für die Erholung des europäischen Binnenmarkts. Diese Initiativen gipfeln im Single Market Act, der Sofortmaßnahmen (2012) mit der langfristigen Vision der Strategie Europa 2020 verknüpft.
Außerdem habe ich spezifische nichtlegislative Vorschläge für den Entwurf einer Charta der Bürgerinnen und Bürger vorgelegt, die deren Rechte und Ansprüche festlegt. Die positiven Reaktionen der Kommissare Barnier und Dalli hinsichtlich meines Vorschlags zu den 20 größten Ärgernissen der europäischen Bürgerinnen und Bürger, zur Schaffung eines kollektiven Behebungsmechanismus und zu einer Kommunikationsstrategie, die speziell auf die alltäglichen Probleme unserer Bürgerinnen und Bürger abzielt, sind ermutigend.
Wir müssen einen wahrhaft neuen politischen Gedankengang entwickeln, der auf dem Verbraucherschutz und der sozialen Dimension beruht und dazu dient, die Gesetze und Aufgaben zu definieren, denen sich die Europäische Union widmen muss. Nur so können wir eine echte soziale Marktwirtschaft erreichen, wie sie im Vertrag von Lissabon vorgesehen ist.
In den vergangenen Jahren ist es dem Binnenmarkt leider nicht gelungen, unsere Bürgerinnen und Bürger davon zu überzeugen, dass er ihre Interessen und Wünsche vertritt. Noch alarmierender ist, dass unsere Bürger und Verbraucher ein immer stärkeres Gefühl der Unsicherheit sowie einen Mangel an Vertrauen in den Markt zeigen. Wir müssen uns mit der Tatsache abfinden, dass die herkömmliche Definition des Binnenmarkts als etwas, das nur mit der wirtschaftlichen Dimension verknüpft ist, an die aktuellen Gegebenheiten angepasst werden muss. Wir brauchen eine neue gemeinsame Linie, die ganzheitlich ist und die Gefühle unserer Bürger, Verbraucher sowie Klein- und Mittelbetriebe vollständig einbezieht. Dies kann dadurch erreicht werden, dass ihnen eine Führungsrolle bei der Neugestaltung des europäischen Binnenmarkts zugewiesen wird. Bei sinnlosen Bemühungen, den Binnenmarkt dogmatisch zu erklären, werden die Herausforderungen, Inkonsistenzen, Interessen, unterschiedlichen Ansichten und Verwirrungen, denen wir uns stellen müssen, unterschätzt.
Die Binnenmarktintegration ist nicht irreversibel. Die derzeitige Situation muss infrage gestellt werden. Es besteht die Gefahr, dass der europäische Binnenmarkt aufgrund des mit der Krise einhergehenden Protektionismus extrem geschwächt und dadurch irrelevant wird.
Der Binnenmarkt ist kein Selbstzweck, sondern ein Instrument, das einen signifikanten Beitrag zu einer höheren Lebensqualität aller europäischen Bürgerinnen und Bürger leisten muss, damit, wie Evelyne Gebhardt sagte, „der Binnenmarkt für die Bürgerinnen und Bürger arbeitet und nicht gegen sie“.
Um also einen lebensfähigen und starken Binnenmarkt zu garantieren, müssen wir das, was Mario Monti in seinem analytischen und inspirierenden Bericht als Spannungsfeld zwischen Marktintegration und sozialen Zielsetzungen bezeichnet hat, in Einklang bringen. Nach der abschließenden Analyse ist das vorherrschende System eines, dem es gelingt, ein Gleichgewicht zwischen einer dynamischen und wettbewerbsorientierten Wirtschaft, die Anreize für Innovationen und die Schaffung von Arbeitsplätzen bietet und gleichzeitig für Verbraucherschutz sorgt, sowie den Sozial- und Umweltschutzmechanismen, die unsere Bürgerinnen und Bürger benötigen, zu erzielen. All dies muss im Geiste des Kompromisses und der Solidarität erreicht werden.
Zum Abschluss, Herr Präsident, möchte ich den Schattenberichterstattern und den Koordinatoren für ihre Beiträge danken.
Pervenche Berès, Verfasserin. – (FR) Herr Präsident, Herr Kommissar! Zunächst einmal wundere ich mich gerade über unsere Programmgestaltung und unsere Fähigkeit, die Aussprachen zu organisieren. Ich freue mich sehr, an dieser Aussprache mit all diesen Initiativen des Europäischen Parlaments teilzunehmen, aber ich fühle mich wie in einem Schmelztiegel, wobei ich nicht sicher bin, ob dies eine exakte Definition der Vision des Europäischen Parlaments für die Strategie Europa 2020 ist. Vielleicht bin ich aber auch nur zu anspruchsvoll.
Andererseits hoffe ich, dass Sie, Herr Präsident, meine Bedenken teilen, da Sie im Namen dieses Hauses Präsident Van Rompuy am 10. Mai eine äußerst wichtige Frage zu Folgendem gestellt haben.
Im Hinblick auf die Annahme der beschäftigungspolitischen Leitlinien in diesem Jahr – ich sage jetzt einmal als außergewöhnliche Maßnahme – im Rahmen einer besonderen Partnerschaft zwischen der Kommission und dem Europäischen Parlament und im Geist einer guten Zusammenarbeit mit dem Rat, wobei man den etwas geänderten zeitlichen Ablauf berücksichtigen muss: Normalerweise werden diese beschäftigungspolitischen Leitlinien am Ende des Vorjahres veröffentlicht. Dieses Jahr wurden sie im April veröffentlicht, und obwohl sie uns zu einem langen Zyklus für die nächsten Jahre verpflichten, müssen wir darüber vor dem Europäischen Rat im Frühjahr beraten. Sie haben freundlicherweise in unser aller Namen unsere Bitte an Präsident Van Rompuy unterstützt, den Europäischen Rat aufzufordern, dem Europäischen Parlament das Recht zu gewähren, seine Befugnisse gemäß dem Vertrag von Lissabon zu nutzen.
Weder die Kommission noch der Rat haben offensichtlich die Absicht, diese Bitte zu berücksichtigen, und planen daher, wissentlich gegen den Vertrag zu verstoßen. Ich denke, die Verantwortlichen in diesem Haus werden ihrer Verantwortung gerecht werden müssen und Lehren daraus ziehen.
Was die Herausforderung dieser beschäftigungspolitischen Leitlinien anbelangt, die bei der Umsetzung der Strategie Europa 2020 eine Rolle spielen werden, müssen wir die Aufmerksamkeit der zuständigen Stellen auf ihre Bedeutung lenken in einer Zeit, in der 17 % der Europäer unter der Armutsgrenze leben – ich möchte darauf hinweisen, dass diese Zahlen aus dem Jahr 2007 und damit noch von vor dem Beginn der Krise stammen – und 23 Millionen unserer Mitbürgerinnen und Mitbürgern die Arbeitslosigkeit droht.
Derzeit herrscht im Ausschuss für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten über zwei Themen große Sorge: zum einen über das Ziel der Armutsbekämpfung, was, glaube ich, auf eine Initiative von Kommissar Andor zurückgeht. Diese Zielsetzung wurde in die Strategie Europa 2020 aufgenommen, was wir begrüßen. Wir verstehen nicht, wie dieses Thema innerhalb des Rates Grund für Diskussionen, Bedenken und das Infragestellen der Kompetenzen der Union sein kann, wenn der Vertrag eindeutig darlegt, dass dies ein Bereich ist, in dem die EU Verantwortung trägt.
Das andere Thema hat mit der Beziehung und Vereinbarkeit zwischen den verschiedenen Strategien zu tun, da uns die Kommission eindeutig mitteilt, sie habe grundlegende Änderungen an dieser 2020-Strategie vorgenommen, da die Zahl der Zielsetzungen reduziert wurde.
Meiner Meinung nach geht es bei einer grundsätzlichen Änderung um viel mehr als nur die Reduzierung der Zahl der Zielsetzungen. Wovon wir jedoch überzeugt sind, ist, dass die Strategie Europa 2020 die reale Situation in der EU berücksichtigen muss. Die Realität ist, dass diejenigen, die derzeit unter den Auswirkungen der Krise am meisten leiden, die am härtesten getroffen werden, auch diejenigen sind, die letztlich den Wohlstand der EU schaffen.
Tatsache ist, dass wir beobachten, wie überall Diskussionen geführt werden, die dazu neigen, sich gegen die Interessen der Europäer zu wenden, da sie zu einer Reduzierung der Investitionen zu einem Zeitpunkt, an dem sie am meisten gebraucht werden, führen würden, mit anderen Worten bei unserem langfristigen Kapital: Bildung, Weiterbildung und Gesundheit.
Aus diesem Grund und angesichts dieser Herausforderung fordert der Ausschuss für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten die zuständigen Stellen auf, sich bewusst zu machen, wie öffentliche Investitionen in diesen Bereichen gekürzt werden könnten, und dies zu einem Zeitpunkt, an dem das schwache Wachstum und die geringeren Privatinvestitionen diese Flaute nicht abfangen und damit die kurzfristige Erholung der öffentlichen Finanzen sicherstellen können.
Dies ist eine äußerst wichtige Terminfrage, und wir können es nur bedauern, dass die Wirtschafts- und Finanzminister für eine Abschaffung unkonventioneller Maßnahmen zur Beschäftigungsförderung und Reduzierung der Arbeitslosigkeit argumentieren konnten, wobei die Minister für Soziales in dieser, wie wir wissen, tragischen Beschäftigungs- und Sozialsituation in unserer Europäischen Union nicht konsultiert wurden.
Mary Honeyball, Verfasserin. – Herr Präsident! Die Strategie Europa 2020 umfasst Maßnahmen zur Verbesserung der Leistung der Bildungssysteme, zur Erhöhung der Attraktivität der Hochschulbildung in Europa, zur Schaffung von mehr Mobilitäts- und Weiterbildungsprogrammen für junge Menschen, zur Modernisierung der Arbeitsmärkte, zur Förderung der arbeitsbedingten Mobilität sowie zur Entwicklung von Fertigkeiten und Kompetenzen für eine stärkere Beteiligung am Arbeitsmarkt.
Dies wurde vom Rat im Frühjahr gebilligt. Er kam zu dem Schluss, dass zu den wichtigen Zielen, die Aktivitäten auf EU-Ebene erfordern, bessere Bedingungen für Forschung und Entwicklung, ein höheres Bildungsniveau, eine Verringerung der Zahl der Schulabbrüche sowie eine stärkere Beteiligung Jugendlicher sowie älterer und gering qualifizierter Arbeitnehmer am Arbeitsmarkt zählen.
Die weltweite Wirtschaftskrise hat jedoch in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union zu Budgetkürzungen im Bildungssektor geführt. Lettland beispielsweise leidet unter einer tiefen wirtschaftlichen Krise und musste das Budget der 34 Hochschulinstitute des Landes bereits drastisch kürzen, wobei die Kürzungen möglicherweise 50 % des Haushaltsplans für Hochschulbildung erreichen könnten. Den irischen Universitäten steht eine Kürzung um 6 % bevor, und auch Großbritannien bleibt davon nicht verschont, denn der englische Higher Education Funding Council rechnet damit, dass bei der Hochschulbildung Kürzungen von bis zu 500 Mio. EUR nötig sein werden.
Es gibt jedoch nicht nur schlechte Nachrichten. Einigen Mitgliedstaaten, z. B. Frankreich, geht es gut, aber das Problem ist das unterschiedliche Finanzierungsniveau in den einzelnen Mitgliedstaaten. Damit die Strategie Europa 2020 funktioniert, benötigen wir einen starken, koordinierten Ansatz. Ich bitte die Kommission daher zu erläutern, wie sie erstens plant sicherzustellen, dass die Mitgliedstaaten ihre Verpflichtungen hinsichtlich der Bildungsziele in der Strategie Europa 2020 einhalten, indem sie dafür sorgen, dass dieser Bereich ausreichend Unterstützung und finanzielle Mittel erhält und nicht in dem Bestreben, die Bücher im Licht der Wirtschaftskrise auszugleichen, in Vergessenheit gerät, und wie sie zweitens plant, zusätzliche Haushaltsmittel für diese wichtigen Strategien und Programme auf EU-Ebene zu sichern.
Michel Barnier, Mitglied der Kommission. – (FR) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Im Namen der Kommission und ihres Präsidenten möchte ich einige Kommentare zur Strategie Europa 2020 abgeben und mich zu den sehr interessanten Berichten der Herren Grech und Hoang Ngoc äußern. Als Nächstes werden meine Kollegen und Freunde, Kommissar Hahn und Kommissar Andor, in dieser Aussprache, an der wir teilnehmen, zu den anderen Anfragen zur mündlichen Beantwortung, die folgende Bereiche betreffen, sprechen: Kohäsion, Beschäftigung, soziale Dimension, Forschung und Entwicklung.
Erlauben Sie mir, mich im Namen von uns dreien bei allen Berichterstatterinnen und Berichterstattern sowie dem Parlament für diese Initiative zu bedanken, die in einer für uns alle sehr ernsten und schwierigen Zeit auf den Weg gebracht wird, in einer Zeit der wirtschaftlichen Krise und angesichts der jüngsten Probleme des Euros, die die gegenseitige Abhängigkeit aller Mitgliedstaaten sowie die Notwendigkeit, die Wirtschaftspolitiken unserer Länder zu koordinieren, nur allzu deutlich werden lassen. Dies ist die Zeit, zu reagieren und zu handeln, und zwar – soweit dies möglich ist – gemeinsam, in dieser Situation der Unsicherheit und der Krise. Die in den vergangenen Tagen gefällten Entscheidungen sind unserer Ansicht nach sehr wichtig.
Ich werde nicht noch einmal auf die lange Aussprache von heute Morgen mit meinem Kollegen, Kommissar Rehn, eingehen. Es ist offensichtlich, dass wir Instrumente für eine bessere Koordination unserer Wirtschaftspolitiken benötigen, und wir denken, dass die Strategie Europa 2020 das erste Instrument für eine neue, gestärkte und koordinierte Wirtschaftspolitik sein könnte.
In ihrem Vorschlag zu dieser Strategie hat die Kommission bereits Anfang März die Notwendigkeit hervorgehoben, die öffentlichen Finanzen zu stabilisieren. Die gerade durchlebte Eurokrise beweist uns, wie wichtig diese Position nach wie vor ist. Wie mein Kollege, Kommissar Rehn, habe ich die Vorschläge im Bericht von Herrn Hoang Ngoc zu diesen Themen zur Kenntnis genommen.
Meine Damen und Herren, es gibt eine zweite Voraussetzung für den Erfolg der Strategie Europa 2020: Unsere Wirtschaft, unsere Wirtschaften müssen eine solide oder verbesserte Basis erhalten. Ich denke dabei natürlich an das Erfordernis, den Finanzmarkt zu überwachen und zu regulieren, damit dieser der Realwirtschaft dient und nicht umgekehrt.
Ich verspreche ihnen, dass sich die Kommission in diesen Bereichen an ihren Fahrplan halten wird. Innerhalb des nächsten Jahres werden wir alle erforderlichen Gesetzgebungsvorschläge vorgelegt haben, damit wir die Verpflichtungen formalisieren können, die wir gemeinsam beim G20-Gipfel zu vier wichtigen Punkten eingegangen sind: Transparenz, Verantwortung, Überwachung und Krisenprävention. Im Hinblick auf einige dieser Themen, die in der Legislativdebatte bereits berücksichtigt wurden, hoffe ich sehr, dass das Parlament und der Rat ihre Differenzen hinsichtlich der diskutierten Formulierungen rasch werden ausräumen können. Ich denke dabei an das Paket der Finanzaufsicht und das Dokument zu Hedge-Fonds.
Wir müssen das Vertrauen wiederherstellen. Außerdem müssen wir jede einzelne Ressource nutzen, um das Wachstumspotenzial unserer Wirtschaft zu entfesseln. Diese Arbeit umfasst natürlich viele Aspekte. Die Aussprache, die Aussprache des heutigen Nachmittags, verdeutlicht dies: die Neugestaltung des Binnenmarkts, Regionalpolitik für alle Regionen, einschließlich der am weitesten entfernten wie denen in äußerster Randlage, Kohäsion, wirtschaftliche Governance, die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen, Beschäftigung, Bildung und Forschung.
Worüber sprechen wir, wenn wir über die Strategie Europa 2020 reden? Ich denke, diese Strategie muss uns einen besseren Blick auf die Wirtschaftspolitiken unserer Mitgliedstaaten verschaffen, um in Zukunft gewisse Unausgewogenheiten oder sogar bestimmte Fälle von Konkurrenz zu vermeiden. Diese Unausgewogenheiten waren in der aktuellen Krise deutlich zu erkennen, doch während wir uns bemühen, diese Krise zu bewältigen, müssen wir auch mittel- und langfristig an unserer Wirtschaft arbeiten. Aus diesem Grund nahm der Europäische Rat auf Grundlage der Vorschläge der Kommission fünf gemeinsame Zielsetzungen an: eine Beschäftigungsquote von 75 %, Investitionen in Forschung und Entwicklung in Höhe von 3 % des BIP, eine Beschränkung für Schulabbrüche, eine Steigerung der Universitätsabschlüsse auf 40 % und die 20/20/20-Ziele in den Bereichen Energie und Klimawandel. Und schließlich soll die soziale Eingliederung durch die Bekämpfung der Armut gefördert werden.
Quantifizierte Indikatoren für Bildung und soziale Eingliederung müssen vom Europäischen Rat im Juni festgelegt werden. Die Arbeit an diesen beiden Zielsetzungen läuft in verschiedenen Foren des Rates. Es ist sehr wichtig zu verstehen, dass die Strategie Europa 2020 nicht nur eine Vision ist. Sie ist vielmehr ein konkretes Reformprogramm, das umgesetzt werden muss. Daher schlagen wir sieben Leitinitiativen im Rahmen dieser Strategie vor.
Neben diesen Leitinitiativen werden europäische Instrumente, insbesondere der Binnenmarkt, finanzielle Hebel und außenpolitische Instrumente mobilisiert, um gewisse Hindernisse zu beseitigen. Ich möchte Ihnen darüber hinaus den vor einigen Tagen vorgestellten Monti-Bericht empfehlen und der intelligenten Arbeit von Herrn Grech mein Lob aussprechen, der dem Binnenmarkt eine humanistische und konkretere Dimension verleiht, wie auch ich dies vorziehe.
Außerdem gibt es bestimmte Voraussetzungen hinsichtlich der Umsetzung. Daher wurden effizientere Governance-Mechanismen vorgeschlagen, welche die Beteiligung der Mitgliedstaaten sowie der Kommission auf jeder Ebene des Überwachungsprozesses erfordern. Europa 2020 verlangt auch die Annahme von Reformen, die in den Mitgliedstaaten selbst umgesetzt werden müssen. Diese müssen bis zum Jahresende in koordinierter Weise nationale Reformprogramme sowie ein Stabilitäts- und Konvergenzprogramm vorlegen und dabei die Anforderungen des Stabilitäts- und Wachstumspakts erfüllen. Herr Hoang Ngoc, gestatten Sie mir, darauf hinzuweisen, dass dieser Pakt nun seit etwa zehn Jahren sowohl von linken als auch rechten Regierungen unterstützt wird.
Schließlich bittet die Kommission das Europäische Parlament, sich auf seine Stärken zu konzentrieren und eine noch größere Rolle bei dieser neuen Strategie zu spielen. Während einer Krise möchten wir klare Botschaften an die Mitgliedstaaten aussenden. Dies ist der Zweck der von der Kommission vorgeschlagenen integrierten Leitlinien. Diese werden erst angenommen, nachdem Sie Ihre Stellungnahmen vorgelegt haben. Angesichts der Dringlichkeit der Situation müssen wir diese Strategie jedoch umsetzen. Wir müssen bei der Sitzung des Europäischen Rates im Juni auf eine politische Einigung abzielen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren, eines muss klar sein: Im Rest der Welt werden mittelfristige sozioökonomische Strategien bereits umgesetzt. Europa darf nicht hinterherhinken.
Das Europäische Parlament spielt seine Rolle, und wir danken ihm dafür, insbesondere für die Mobilisierung der Bürgerinnen und Bürger über die nationalen Parlamente. Ich war von der Initiative des Ausschusses für Binnenmarkt und Verbraucherschutz und seines Vorsitzenden, Malcolm Harbour, zur Dienstleistungsrichtlinie sehr beeindruckt, durch die die nationalen Parlamente und das Europäische Parlament zusammengeführt wurden. Es gibt noch weitere Beispiele, und dies ist ein sehr wichtiges Projekt.
Zum Abschluss möchte ich Ihnen versichern, dass die Kommission Ihren Wünschen entsprechen und ihre Rolle entschlossen spielen wird, um diese Strategie umzusetzen und gemeinsam mit Ihnen dieses neue, bessere, nachhaltigere und fairere Wachstum zu erzielen, das die Bürgerinnen und Bürger erwarten.
Ivaylo Kalfin, Verfasser der Stellungnahme des mitberatenden Haushaltsausschusses. – (BG) Herr Präsident, sehr geehrte Kommissare! Würden wir nicht vor dem Hintergrund der Wirtschaftskrise über die Strategie Europa 2020 sprechen, wäre alles gut. Das Problem ist, dass in der aktuellen Krise und nach den jüngsten Ereignissen Europa 2020 nicht ambitioniert und dynamisch genug ist.
Das Problem, das alle Fragen in den vergangenen Wochen angesprochen haben, ist, ob der Grad der Koordination ausreicht, wie das bisher bei europäischen Strategien der Fall war, damit die Europäische Union Fortschritte machen kann. Soweit wir sehen, ist diese Koordination in Zeiten des Wachstums gut, aber während einer Krise entspricht sie nicht den Anforderungen. Alternativ müssen weitaus mehr Funktionen übertragen werden, nicht nur die Koordination, sondern auch die Entscheidungsfindung auf europäischer Ebene, damit Europa sich sehr viel ambitioniertere Aufgaben suchen und eine führendere Rolle bei dieser Koordination spielen kann.
Dies ist die grundlegende Frage, die beantwortet werden muss. Wenn uns dies nicht gelingt, werden wir auch nicht in der Lage sein, das 2020-Programm richtig aufzustellen. Ich denke, in den kommenden Wochen sollten wir uns hauptsächlich auf dieses Thema konzentrieren.
Othmar Karas, im Namen der PPE-Fraktion. – Herr Präsident, meine Herren Kommissare, meine Damen und Herren! Ich finde es sehr schön, dass der Regionalkommissar Hahn und der Binnenmarktkommissar Barnier nebeneinander sitzen, weil es eine wichtige Botschaft ist, dass wir die Regionalpolitik nicht gegen den Binnenmarkt ausspielen, sondern dass das eine das andere ergänzt und beides stark sein muss, damit wir die Ziele für Europa 2020 erreichen.
Europa 2020 muss heute und jetzt beginnen und darf nicht nur ein Zielkatalog sein. Europa 2020 ist ein Projekt für Wachstum und Beschäftigung, und wir brauchen konkrete Projekte, wir brauchen die Instrumente, wir brauchen das Verfahren, wir brauchen die Sanktionsmechanismen, damit dieses erfolgreich verwirklicht werden kann. Ich bin davon überzeugt, dass wir Europa 2020 nur dann umsetzen können, wenn wir bereit sind, Europa die EU als die Vereinigten Staaten von Europa zu denken! Zu denken – und jeder muss seinen Teil für das Ganze leisten!
Europa 2020 heißt, die politische Union verwirklichen zu wollen. Das setzt voraus, dass wir die Währungsunion stärken und ausbauen, dass wir den Binnenmarkt stärken und ausbauen, ihm die Fesseln nehmen und den Menschen zurufen: Nützt die Chance Europa, gebraucht Europa, brecht auf – grenzüberschreitend! Und wir müssen die Wirtschaftsunion schaffen, als Teil der politischen Union, ebenso wie die Sozialunion. Nichts von dem ist fertig. Manches ist noch gar nicht angegangen. Europa 2020 ist ein gemeinschaftliches Europa, kein nationalistisches, blockierendes Europa.
Daher brauchen wir einen Kassensturz, die EU-Verträglichkeitsprüfungen, die Umsetzung des Small Business Act und natürlich ganz konkrete europäische Projekte für Wachstum und Beschäftigung und die Ausweitung der Freiheiten in Europa auf Bildung, Wissenschaft, Forschung und Innovation.
(Der Redner erklärt sich damit einverstanden, auf eine mittels blauer Karte gestellte Frage gemäß Artikel 149 Absatz 8 zu antworten.)
William (The Earl of) Dartmouth (EFD). – Herr Präsident! Ich möchte Herrn Karas fragen, ob die Vereinigten Staaten von Europa, auf die er sich in seiner Rede bezog, mit oder ohne Zustimmung der Völker Europas entstehen werden.
Othmar Karas (PPE). - Herr Präsident! Jeder von uns, der die Bürgerinnen und Bürger vertritt und mit ihnen ständig in Kontakt ist, hat ein Ziel: mit den Bürgerinnen und Bürgern Europas Europa weiterzuentwickeln, wettbewerbsfähiger zu machen, Wachstum und Beschäftigung zu schaffen, zum Nutzen der Bürgerinnen und Bürger Europas. Wenn wir nicht verstärkt gemeinsamtätig sind und auch jeder für sich selbst seine Hausaufgaben macht, wird diese Gemeinschaft in Zeiten zunehmender Globalisierung nicht gestärkt, sondern geschwächt. Die Bürger sind unsere wichtigsten Verbündeten, um die gemeinsamen Ziele zu erreichen.
Marita Ulvskog, im Namen der S&D-Fraktion. – (SV) Herr Präsident! Das Europa, über das wir heute Entscheidungen treffen, ist auch das, das entscheidet, wie Europa im Jahr 2020 aussehen wird. Die Entscheidungen, die wir heute nicht treffen, werden zu neuen Krisen führen. Die Entscheidungen, die wir heute fällen, müssen langfristig ausgelegt sein.
Es ist ein ernstes Problem, dass so viele Entscheidungen weiterhin kurzsichtig und gemäß einer rechten Philosophie gefällt werden, nach der Volkswirtschaften in der Krise einer Nulldiät unterworfen werden. Es ist auch ein gravierendes Problem, dass wir über griechische Renten sprechen anstatt über das Verhalten der Großbanken und anderen Beteiligten an den Immobilien- und Finanzmärkten. Wir müssen daran etwas ändern, sonst wird das Europa des Jahres 2020 möglicherweise in einer schlimmeren Krise als der derzeitigen stecken.
Ich fordere die Kommission auf, sich ernsthaft um eine Kursänderung zu bemühen, damit wir unseren blinden Glauben an Marktlösungen aufgeben, die Märkte regulieren und wichtige Investitionen in den Bereichen tätigen, von denen alle profitieren. Dies kann das Transportwesen sein, die Energieversorgung oder andere wichtige Lösungen, bei denen die Mitgliedstaaten nicht alleine stehen können, sondern die EU und die Kommission handeln müssen.
Darüber hinaus hoffe ich, dass die Kommission bereit ist, Vorschläge vorzulegen, die zeigen, dass wir den Übergang zu einer nachhaltigen Gesellschaft ernst nehmen. Mit anderen Worten: Wir werden unsere Industrie umstrukturieren, damit sie wettbewerbsfähig ist und neue Arbeitsplätze schaffen kann. Das erreichen wir nicht, indem wir uns einreden, dass wir den immer gleichen, ausgetretenen Pfaden folgen können. Dies erfordert auch Investitionen, aber diese könnten sich auf die aktuelle Zahl von 28 Millionen registrierten Arbeitslosen auswirken.
Ich fordere die Kommission auch auf, den Arbeitnehmern der EU den Respekt zu zollen, der in dieser Wirtschaftskrise nötig sein wird, um sie bei der Gestaltung einer stärkeren und besseren Gesellschaft mit ins Boot zu holen. Damit wir diese Krise meistern können, benötigen wir Rechte für Gewerkschaften und die Arbeitnehmer Europas als Interessenten.
Lena Ek, im Namen der ALDE-Fraktion. – Herr Präsident! Bisher habe ich angesichts der Finanzmärkte, der Beschäftigungssituation und des Klimas von einer dreifachen Krise in Europa gesprochen. Nun erleben wir jedoch leider eine vierfache Krise, wenn man die Krise der Staatshaushalte noch hinzunimmt. Dies macht nur zu deutlich, dass die Europäische Union dringend Visionen benötigt. Die europäische Integration hat sich bisher darauf konzentriert, neue Projekte ins Leben zu rufen, ohne sicherzustellen, dass sie auch richtig funktionieren. Ich glaube, die Zeit ist nun gekommen, uns mit unseren Problemen auseinanderzusetzen und hart daran zu arbeiten, die vorhandenen Institutionen auszubauen. Die gemachten Fehler können korrigiert werden, und die Union kann für und mit ihren Bürgerinnen und Bürgern arbeiten.
Europa braucht eine zukunftsorientierte Union. Für mich ist die Richtung klar: Ich möchte ein Europa, das offen, integrativ und umweltfreundlich ist. Die Leitinitiativen in der Strategie Europa 2020 der Kommission sind wichtige Instrumente, um dieses Europa zu schaffen – vorausgesetzt, wir können sie in die Tat umsetzen. Und hier stellen sich mir einige Fragen.
Zunächst ist das allumfassende Ziel der Strategie, eine dynamischere und konkurrenzfähigere Wirtschaft zu schaffen. In einigen Ländern liegt die Teilnahme von Frauen am Arbeitsmarkt bei beschämenden 40 Prozent. Ein Arbeitsmarkt, in dem die Geschlechter gleichberechtigt sind, ist eine Voraussetzung für mehr Arbeitsplätze und die Bewältigung der demografischen Herausforderungen. Ich hoffe, der Rat und die Kommission nehmen die Tatsache, dass die Schlussfolgerungen des Rates seit einigen Monaten das Thema Gleichstellung beinhalten, sehr ernst. Eine integrative Gesellschaft benötigt mehr Arbeitsplätze. Arbeitslosigkeit ist der Hauptgrund für Armut. Die Jugendarbeitslosigkeit von 44 % in Spanien ist verheerend.
Wir haben zahllose Gelegenheiten, umweltfreundliche Arbeitsplätze zu schaffen, aber unsere Strategien müssen in dieselbe Richtung weisen. Ein energieeffizientes Europa ist auch eine Triebfeder für Innovationen, und das energetische Äquivalent von Hochgeschwindigkeitszügen, Supernetzen und intelligenten High-Tech-Stromnetzen ist nötig, um die Wettbewerbsfähigkeit Europas zu verbessern.
Ich muss die liberale Kommissarin Neelie Kroes loben, die als erste eine klare Leitinitiative zur digitalen Agenda vorgelegt hat, und ich freue mich schon darauf, bis Juni ebenso umfassende Materialien zu den restlichen Leitinitiativen zu erhalten, damit wir auch an der Entscheidungsfindung teilhaben können.
Aber, Herr Kommissar, die EU-Strategie weist in eine Richtung, und Ihr Haushaltsvorschlag weist, ehrlich gesagt, in eine andere Richtung. Neben den Regionalfonds, den Sozialfonds und dem Landwirtschaftsfonds müssen wir auch unsere gemeinsamen Instrumente rationalisieren und kohärenter gestalten. Wir brauchen Transparenz und dieselben Arten von Statistiken, wir brauchen Anreize und Sanktionen für die Mitgliedstaaten, nicht nur Versprechungen zu machen, sondern diese auch einzuhalten. Dies ist für die europäischen Bürgerinnen und Bürger und für uns im Parlament wichtig. Wir müssen den Wachstums- und Stabilitätspakt stärken, und wir unterstützen das Paket von Kommissar Olli Rehn voll und ganz.
Um – wie Sie, Herr Kommissar, sagten – das Vertrauen zurückzugewinnen, brauchen wir Indikatoren zu den restlichen Leitinitiativen. Das würde unser Vertrauen in die Kommission wiederherstellen und möglicherweise, wenn wir gemeinsam Entscheidungen treffen können, das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in uns.
Pascal Canfin, im Namen der Verts/ALE-Fraktion. – (FR) Herr Präsident, Herr Barnier! In Ihrer Rede erwähnten Sie den Bericht von Herrn Monti, der Ihnen vor einigen Tagen vorgelegt wurde.
Dieser Bericht weist einen sehr interessanten Aspekt auf, nämlich die Betonung der dringlichen Notwendigkeit, die nächste Phase der steuerpolitischen Zusammenarbeit einzuläuten. Darin wird eindeutig dargelegt, dass die Kriterien des Stabilitäts- und Wachstumspakts angewendet werden müssen; wenn sie jedoch nur auf die Ausgaben angewendet werden, in Form von Ausgabenkürzungen, wird dies mit großer Wahrscheinlichkeit zu einer Rezession führen. Es ist daher entscheidend, beide Säulen einzusetzen, insbesondere die steuerpolitische Säule, um es den Mitgliedstaaten zu ermöglichen, eine Reihe zusätzlicher Einnahmen aus den wirtschaftlichen Aktivitäten und von den Wirtschaftsbeteiligten zu erzielen, deren Steuerlast in den vergangenen Jahren wiederholt reduziert wurde: die Gewinne aus Unternehmen, aus Kapital und Finanztransaktionen.
Hierzu ist eine europaweite Koordination unerlässlich. Zu dieser Schlussfolgerung gelangt Herr Monti in seinem Bericht, der vor zwei Tagen eingereicht wurde. Dieses Thema wird jedoch in der von der Kommission präsentierten Strategie Europa 2020 überhaupt nicht erwähnt. Auch in der Mitteilung von Herrn Rehn, die vor wenigen Tagen veröffentlicht wurde, wird es nicht erwähnt. Dies ist eine der wichtigsten Säulen, einer der grundlegenden Mehrwerte, die die Kommission in diesen Tagen bieten kann. Tun Sie dies, und es wird eine Verbindung hergestellt. Frau Berès sagte gerade, diese Aussprache sei ein bisschen wie ein Schmelztiegel. Die steuerpolitische Koordination wird die Verbindung zwischen der Strategie Europa 2020, dem Bericht zur Governance im Euroraum, dem Binnenmarkt sowie den Beschäftigungs- und Bildungsthemen herstellen.
Uns ist bewusst, dass wir uns, wenn wir die Regeln des Stabilitäts- und Wachstumspakts einhalten – was übrigens entscheidend ist –, aber nur, indem wir die Ausgaben kürzen, auf dem Weg hin zu sozialen Rückschritten und wirtschaftlicher Rezession befinden.
Daher ist meine Frage klar: Herr Barnier, was werden Sie als Vertreter der Kommission in den nächsten Wochen vorlegen? Wie werden Sie Ihre Kolleginnen und Kollegen von der Notwendigkeit eines Maßnahmenplans, eines steuerpolitischen Koordinierungsplans überzeugen, damit die Mitgliedstaaten in die Lage versetzt werden, auf der Grundlage einer Reihe von Vereinbarungen neue Einnahmen zu erzielen – vorausgesetzt, Sie selbst sind davon schon überzeugt?
Was sind Ihre Vorschläge hierzu? Sie dürfen nicht schweigen. Die Kommission hat das Recht, Rechtsvorschriften zu initiieren, aber heute, bei diesen Themen, ist aus dem Recht eine Pflicht geworden.
Malcolm Harbour, im Namen der ECR-Fraktion. – Herr Präsident! Zunächst einmal möchte ich im Namen meiner Fraktion alle Berichte willkommen heißen, insbesondere jedoch den Bericht von Herrn Grech, für den ich Schattenberichterstatter im Ausschuss war. Ich möchte gleich noch auf einige Punkte darin zu sprechen kommen, aber zuerst möchte ich das unterstützen, was Frau Berès über die weit reichende Aussprache an diesem Nachmittag sagte. Andererseits ist es eine sehr unfokussierte Aussprache. Es gibt einige sehr wichtige Beiträge von vielen Kolleginnen und Kollegen, aber ehrlich gesagt, und ich sage dies der Kommission und Kommissar Barnier, spiegelt dies auch die Art des Europa 2020-Dokuments wider. Es enthält zahlreiche großartige Ideen, ist aber zu diesem Zeitpunkt sehr schwammig und unausgereift. Er sprach über die sieben Leitinitiativen. Nun, wir kennen deren Details noch nicht.
Der erste Punkt, auf den ich gerne hinweisen möchte, ist daher folgender: Können wir sicherstellen, dass der Rat diesen Vorschlag bei seiner nächsten Sitzung im Juni nicht im Detail annimmt, da er dafür noch nicht bereit ist? Wir müssen gemeinsam mehr Zeit darauf verwenden, um die Details auszuarbeiten.
Zweitens bin ich der Meinung, dass wir die Neugestaltung des Binnenmarkts zur achten Leitinitiative machen sollten. Das wird die Dinge nicht unnötig kompliziert gestalten, da dies die erste Initiative sein sollte. Liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie haben von Herr Grech gehört, dass es Möglichkeiten gibt, Arbeitsplätze zu schaffen, mehr Innovationen zu fördern und eine nachhaltigere Wirtschaft zu gestalten, aber wir benötigen dazu die Unterstützung der Bürger und Verbraucher für diesen Vorschlag.
Es ist wie bei der Frage des Earl of Dartmouth an Herrn Karas. Die Bürgerinnen und Bürger müssen sich auf diesen Prozess einlassen, aber sie müssen sich auch beteiligen. Sie profitieren davon. Wir haben dieses Instrument mit seinem enormen Potenzial, und insbesondere angesichts der Tatsache, dass die öffentlichen Haushalte immer noch 16 % der europäischen Wirtschaft ausmachen, stellt sich die Frage: Warum nutzen wir unsere Budgets für das öffentliche Auftragswesen nicht zur Innovationsförderung, um diese neuen Technologien zu kaufen und Klein- und Mittelbetriebe dazu zu ermutigen, diese einzuführen? Dies ist derzeit die bedeutendste unausgereifte Politik. Wir haben heute die Berichte von Herrn Barnier und Herrn Grech gehört, und wir haben mit dem Bericht von Herrn Monti einen Beitrag geleistet. Wir haben die Instrumente, aber wir müssen sie auch nutzen.
Gabriele Zimmer, im Namen der GUE/NGL-Fraktion. – Herr Präsident! Wir stehen inmitten der grundlegendsten Krise der Europäischen Union in ihrer Geschichte, aber die Entscheidungen zu den strategischen Ausrichtungen werden fast alle auf der Ebene der Regierungen getroffen. Das Europäische Parlament sitzt im Höchstfall am Katzentisch.
Die gesamte heutige Parlamentsdebatte kreist immer wieder um Einzelthemen, die sich anlehnen an die Strategie für Beschäftigung und Wachstum 2020, die fälschlicherweise den Eindruck erweckt, als ginge es hier um die Zukunft und um die Entwicklungsrichtung für die Europäische Union. Wir dürfen mündliche Anfragen zur politischen Relevanz der Strategie EU 2020 in der derzeitigen Wirtschafts- und Finanzkrise stellen, wir dürfen aber diese Strategie EU 2020 gerade nicht mit unseren Forderungen beeinflussen, sie verändern, Defizite füllen oder vielleicht sogar die Prioritäten ändern.
Wir sind in die strategischen Weichenstellungen nicht eingebunden. Stattdessen erleben wir an fast jedem einzelnen Punkt, den wir in den letzten Monaten hier in diesem Parlament behandelt haben, dass wir trotz oder vielleicht sogar wegen des Vertrags von Lissabon in den Machtkampf zwischen den Institutionen eingebunden sind, der meistens zulasten des Europäischen Parlaments ausgetragen wird. Sowohl die Strategie EU 2020 als auch zum Beispiel die integrierten beschäftigungspolitischen Leitlinien, zu denen vorhin auch die Vorsitzende des Beschäftigungsausschusses gesprochen hat, sehen uns als Parlament nur in der Rolle der zu Informierenden bzw. der Anzuhörenden.
Auch Die Summe der einzelnen Berichte, die hier heute vorgestellt wurden, ergibt noch längst keine Gesamtschau von Forderungen, von Positionen des Europäischen Parlaments in Bezug auf die europäische Strategie. Dabei hätten wir eine ganze Reihe von konkreten Veränderungen einzubringen.
Das Europäische Parlament hat in der letzten Wahlperiode konkrete Anforderungen an Rat und Mitgliedstaaten zum Kampf gegen Armut, zur Einführung sozialer Mindestsicherungssysteme, zum EU-weiten armutsfesten Mindestlohn gestellt. Nichts ist davon in die Strategie aufgenommen worden. Im Gegenteil: Zielstellungen wie der Kampf gegen Armut und die Senkung der Armutsrate um 25 % drohen sogar wieder aus dem vorliegenden Text der Strategie herauszufallen, weil sie nicht in das Geschick und in die Interessen der Mitgliedstaaten und der Regierungen passen.
Allein auch die vorliegende beschäftigungspolitische Bilanz der EU der letzten zehn Jahre hat deutlich gemacht, dass insbesondere die atypischen und prekären Beschäftigungsverhältnisse auf 60 % gestiegen sind. Dieses rasante Anwachsen atypischer Beschäftigungsverhältnisse sollte doch aber gerade in der Strategie und auch in den Leitlinien dazu führen, dass wir uns wieder ein Leitbild stellen, das auf gesicherte und armutsfeste Beschäftigungsverhältnisse hin orientiert. Das ist doch eine grundlegende Forderung, mit der wir uns hier auseinandersetzen!
Solange aber seitens der Europäischen Union, seitens der Institutionen und ihrer konkreten Politik keine Signale hinsichtlich derer, die ausgegrenzt werden, in Armut leben oder keine Arbeit haben, und auch der Jugendlichen, die keine Zukunftsperspektiven haben, ausgesandt werden, solange werden wir diese auch nicht für eine gemeinsame Europäische Union als zukunftsfähiges Projekt gewinnen können. Das ist ein Demokratiedefizit, das durch die vorliegende Strategie EU 2020 nur bestärkt wird, anstatt dass wir es gemeinsam mit den Bürgerinnen und Bürgern bekämpfen.
Bastiaan Belder, im Namen der EFD-Fraktion. – (NL) Die Probleme Griechenlands und des Euroraums haben zu einer ernsten Situation geführt, die eine strukturelle Herangehensweise erfordert. Die vorgeschlagene Strategie Europa 2020, die einen Beitrag zum Wirtschaftswachstum und zur Beschäftigung leisten soll, versucht dies.
In der Strategie geht es zu Recht um gesunde öffentliche Finanzen. Die Initiative wird jedoch nur dann nützlich sein, wenn zwei Bedingungen erfüllt sind: Zunächst muss die Funktionsweise des Stabilitäts- und Wachstumspakts gestärkt werden, damit eine solche Situation nicht erneut auftritt. Dies ist nicht nur eine Frage der Strukturen und Regeln, sondern auch der Mentalität. Der entscheidende Punkt ist, dass die Mitgliedstaaten ihre haushaltspolitischen Verpflichtungen einhalten, worauf ich bereits bei einer Konferenz in Athen in der letzten Woche hingewiesen habe.
Es ist begrüßenswert, dass sich die Mitgliedstaaten im Kontext des Rates hinsichtlich der Strukturreformen, die zur Verbesserung ihrer öffentlichen Finanzen nötig sind, gegenseitig mehr in die Pflicht nehmen sollen. Meiner Meinung nach sollte dies durch die Stärkung der wirtschaftlichen Koordination abgedeckt sein.
Die zweite Bedingung, auf die ich verweisen möchte, ist die Tatsache, dass es für die Europäische Union nicht wünschenswert ist, ihre Aufmerksamkeit den Politikfeldern Sozialwesen, Beschäftigung und sozialer Zusammenhalt zu widmen. Zielsetzungen in diesen Bereichen können nicht auf europäischer Ebene erreicht werden, und das zu Recht. Wir haben bei der Strategie von Lissabon gesehen, dass ein solcher Ansatz nicht funktioniert. Auch hier gilt: In der Beschränkung zeigt sich erst der Meister, der europäische Meister.
Barry Madlener (NI). – (NL) Heute sprechen wir über Europas Wirtschaft aus einer langfristigen Perspektive und darüber, wie nachhaltiges Wirtschaftswachstum erzielt werden kann. Wenn Europa darüber spricht, lässt mich das nicht ruhen, da Europa bisher noch keine großartigen Vorschläge unterbreitet hat. Ich möchte das Haus an die Strategie von Lissabon erinnern, in der Europa beschlossen hat, die wettbewerbsfähigste Wirtschaft weltweit zu werden. Dies war natürlich ein kompletter Fehlschlag.
Alles, was diese Europäische Union bisher getan hat, ist, die Bürokratie auszubauen, unnötige Regeln zu schaffen – insbesondere in meinem Heimatland, den Niederlanden – sowie für Steuererhöhungen, Masseneinwanderung, Verbrechen und mangelnde Sicherheit zu sorgen. Sehen wir uns nun noch die Länder an, die der EU beitreten möchten, mit denen wir täglich an einem Tisch sitzen: Albanien, Bosnien, Türkei – alles arme Länder, muslimische Länder, die noch dazu korrupt und kriminell sind – und dazu Island, ein bankrotter Staat.
Darüber hinaus hören wir täglich in diesem Saal Mitglieder der Fraktion der Grünen/Freie Europäische Allianz, der Fraktion der Progressiven Allianz der Sozialisten und Demokraten im Europäischen Parlament und sogar der Fraktion der Allianz der Liberalen und Demokraten für Europa sagen, dass wir eine umweltfreundliche Wirtschaft brauchen, dass wir Milliarden Euro an Subventionen für Windkraftanlagen und Ökostrom bereitstellen müssen, obwohl unsere Industrie mit China, den USA und Indien immer weniger mithalten kann.
Überrascht es Sie, dass unsere Wirtschaft stagniert? Es gibt nur ein Rezept für ein wirtschaftlich starkes Europa und das heißt weniger Bürokratie und weniger Beamte in Brüssel, weniger Bürokratie in den Mitgliedstaaten, Steuersenkungen anstatt Steuererhöhungen sowie ein Ende der Masseneinwanderung. Griechenland muss aus dem Euroraum ausgeschlossen werden. Halten wir uns doch einmal den Spiegel vor, und betrachten wir unsere Abgeordneten: Was haben Sie in den vergangenen Jahren getan, um Griechenland zur Einhaltung seiner Verpflichtungen im Rahmen des Stabilitäts- und Wachstumspakts zu zwingen? Ich kenne Ihre Antwort bereits: absolut gar nichts. Sie haben hier geschlafen, während Länder wie Griechenland, die jedes Jahr Milliarden von Europa erhalten haben, dieses Geld verschleudert haben und die Regierung aus dem Ruder laufen ließen.
Wenn Europa dies nicht schafft, sage ich voraus, dass mein Land, die Niederlande – und auch Deutschland – den Euroraum verlassen werden.
Gunnar Hökmark (PPE). – Herr Präsident! Das Rettungspaket für den Finanzsektor, das vor fast zwei Wochen vorgelegt wurde, war eine Notwendigkeit, aber keine Lösung für die Probleme, denen Europa sich gegenüber sieht. Nun sind Handlungen nötig, Entscheidungen und die Wiederherstellung des Vertrauens in die öffentlichen Finanzen. Ich würde sagen, dass wir über die Strategie Europa 2020 sprechen müssen, aber dringender brauchen wir eine Strategie für 2010, in der festgelegt ist, welche Maßnahmen jetzt ergriffen werden müssen, um das Wachstum anzukurbeln, die Defizite zu reduzieren und für Optimismus zu sorgen.
Ohne erneutes Vertrauen in die öffentlichen Finanzen wird es jedoch nicht zu dem dringend benötigten Wachstum kommen. In diesem Punkt liegen die Sozialisten daneben. Sie verteidigen eben die Strategien, die zu den Defiziten und Krisen in Griechenland, Spanien und Portugal sowie anderen Ländern geführt haben. Der Berichterstatter, Herr Hoang Ngoc, sagt, wir sollten diese Strategien weiterverfolgen und noch warten, bis wir die Defizite verringern. Frau Ulvskog aus Schweden schlägt höhere Ausgaben vor. Die Sozialisten sind zu einer Bedrohung des Wohlstands, der Erholung und der neuen Arbeitsplätze geworden, die Europa braucht. Ich kann Ihnen versichern, dass wir von der EPP da, wo die Sozialisten scheitern, die erforderlichen Maßnahmen unterstützen werden – reduzierte Defizite, wiederhergestelltes Vertrauen und die Reformen für Wachstum und neue Arbeitsplätze. Das ist es, was Europa braucht, und wir werden aufstehen, die harten Entscheidungen treffen und die Verantwortung übernehmen, wo andere scheitern.
Alejandro Cercas (S&D). – (ES) Herr Präsident! Ich möchte nur kurz meinen Vorredner bitten, nach Griechenland zu fahren und zu fragen, wer für die Probleme verantwortlich ist, die die Arbeitnehmer dort gerade haben. Sie warten nicht auf die Fraktion der Europäischen Volkspartei (Christdemokraten). Oh nein. Sie hoffen auf einen echten politischen Wandel, wie er durch die Strategie Europa 2020 erreicht werden kann.
Wenn unsere Analyse fehlerhaft ist, werden auch unsere Lösungen fehlerhaft sein. Unsere Analyse muss ergeben, dass Europa stark unter der Gier leidet, unter einem Mangel an Regulierung, einem Mangel an wirtschaftlicher Governance, unter einer unzureichend gebildeten und geschlossenen Bevölkerung, einem Mangel an sozialer Gerechtigkeit, unter einem niedrigen Wirtschaftswachstum, einem geringen Anstieg der Beschäftigung und unter der Tatsache, dass es große Gruppen schlecht ausgebildeter Menschen außerhalb des Arbeitsmarkts gibt.
Herr Präsident, wir müssen uns in den nächsten zehn Jahren bemühen, die Zahl der Erwerbstätigen zu steigern und sicherzustellen, dass die Menschen durch ihre Bildung deutlich besser darauf vorbereitet sind, den Produktivitätswettstreit zu gewinnen. Europa wird nicht wettbewerbsfähiger, wenn es nicht den Produktivitätswettstreit für sich entscheidet. Wir werden uns keine gute Position in der Welt erobern, indem wir die Löhne und Gehälter senken oder die sozialen Standards vernichten, sondern indem wir unser Wissensniveau erhöhen, solidarischer werden und für den sozialen Zusammenhalt in unserer Gesellschaft sorgen. Dies sind unsere Stärken. Wir müssen Europa zu einem wahrhaft vereinten Kontinent machen, mit einem klaren Projekt und klaren Zielen, mit einer wirtschaftlichen Governance, die es uns nicht nur ermöglicht, den Notfällen von heute zu begegnen, sondern auch die Herausforderungen von morgen zu bewältigen.
Dies sind unsere Hoffnungen. Dies sind die Hoffnungen, die eine beachtliche Mehrheit der Mitglieder des Ausschusses für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten trägt, ungeachtet der Sirenengesänge derjenigen, die zur Idee „Jeder für sich“ zurückkehren möchten und so die Solidarität mit allen vernichten.
Herr Präsident, wir hoffen Folgendes: dass die Strategie Europa 2020 alle europäischen Bürgerinnen und Bürger erreichen wird, die uns auffordern, für mehr und bessere Arbeitsplätze, wirtschaftliche Governance sowie Steuerkonsolidierung zu sorgen. Steuerkonsolidierung ist gut, aber ohne soziale und wirtschaftliche Konsolidierung werden wir gar nichts erreichen.
Michael Theurer (ALDE). - Herr Präsident, geehrte Herren Kommissare, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Finanzmärkte – wir haben es gehört – müssen in einen neuen Ordnungsrahmen gepackt werden, damit die Auswüchse, die in die Krise geführt haben, in Zukunft vermieden werden.
Aber wenn wir die Ursache, die dazu geführt hat, dass die Staaten verschuldet sind, einmal beleuchten, dann stellen wir doch eines fest: Wir reden hier im Parlament zuviel über die Staatsschulden und zu wenig über die Frage, wie wir zu Wohlstand, zu Wachstum kommen können. Wovon hängt unser Wachstum ab? Unser Wachstum und unser Wohlstand hängen davon ab, dass Menschen in der Europäischen Union Produkte entwickeln und neue Ideen haben, die auch auf den Weltmärkten verkauft werden können.
Deshalb ist es richtig, dass ein Kapitel in der Strategie EU 2020 die Innovationsunion ist. Wir müssen uns auf Erfindungen konzentrieren, auf die Frage, wie man Forschung und Entwicklung verstärken kann. Da ist es ganz wichtig, dass wir die Synergien der Forschungsförderung und Regionalentwicklungspolitik heben. Hier kann man noch viel machen. Ich plädiere dafür – mit den Liberalen, mit der FDP –, dass wir einen Schwerpunkt auf kleine und mittlere Unternehmen setzen. Wir sollten schauen, dass wir als EU unsere Fördermittel so ausgeben, dass kleine und mittlere Unternehmen auch wirklich herankommen, dass es einen Technologietransfer zwischen Universitäten und Hochschulen und den kleinen und mittleren Unternehmen gibt. Und wir sollten die Menschen ermutigen, dass sie durch Selbstverantwortung und Eigeninitiative ihr Schicksal selber in die Hand nehmen. Die Staaten können keine Arbeitsplätze schaffen, sondern die Arbeitsplätze müssen in der Wirtschaft geschaffen werden.
Elisabeth Schroedter (Verts/ALE). - Herr Präsident, sehr geehrte Kommission, werte Kolleginnen und Kollegen! Ich muss sagen, Sie haben erkannt, dass die Wende zu einer ökologischen Wirtschaftsentwicklung jetzt eingeleitet werden muss, weil der Klimawandel die wirtschaftlichen Erfolge der EU bedrohen wird.
Allerdings fehlt der Strategie Europa 2020 die Verbindung zwischen ökologischem Wandel in der Wirtschaft und einer grünen Beschäftigungsstrategie. Dabei liegen Studien vor, die zeigen, dass allein durch die Energiewende 8 Millionen Arbeitsplätze neu geschaffen werden können. Wir brauchen also in der Strategie Europa 2020 eine Initiative für grüne Jobs. Diese Initiative muss sich in konkreten Maßnahmen, in den integrierten Leitlinien wiederfinden. So brauchen wir stabile gesetzliche und politische Rahmenbedingungen, damit Investoren auch wirklich in grüne Jobs investieren. Dazu gehören genauso die Verbindung von Forschung und Entwicklung mit der Wirtschaft, die Förderung von innovativen Clustern und auch die Chance, solche Cluster in benachteiligten Regionen zu fördern. Das sagt der Bericht Nistelrooij, und ich unterstütze ihn. Auch wenn ich die Tendenzen, das den Regionen von oben über das Earmarking-Programm befehlen zu wollen, nicht unterstütze, gehen die Impulse, die von diesem Bericht und von den Vorschlägen ausgehen, doch genau in die richtige Richtung und helfen auch, grüne Jobs zu schaffen.
Aber genauso müssen wir uns in der Beschäftigungsstrategie darauf konzentrieren, wie die Transformation zu einer ökologischen Wirtschaft stattfinden soll, wie wir Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen mitnehmen und auf den Wandel vorbereiten. Damit spreche ich Kommissar Andor an. Die vorgelegten beschäftigungspolitischen Leitlinien sind grundsätzlich in ihrer Struktur richtig und ausgewogen. Besonders wichtig ist, dass das Thema Bildung als eigener Schwerpunkt hervorgehoben wird. Dieser Schwerpunkt bietet große Chancen, die Vererbung von Armut zu durchbrechen, und ist ein Fundament für eine grüne Beschäftigungsstrategie und damit ein Schlüssel für den Erfolg der Strategie Europa 2020. Aber auch die Leitlinien müssen nachgebessert werden. Die beschäftigungspolitischen Leitlinien haben nämlich eine Schlüsselfunktion, damit wir das grüne Jobpotenzial auch wirklich ausnutzen können.
Konrad Szymański (ECR). – (PL) Aus dem langsamen Wirtschaftswachstum Europas und dem durch die Krise verursachten Zusammenbruch können sehr unterschiedliche Schlüsse gezogen werden. Man kann sicherlich denjenigen in diesem Haus zustimmen, die eine Verringerung der Regulierungs-, Verwaltungs- und Informationsbelastungen fordern, die nicht nur durch die Mitgliedstaaten, sondern auch durch die Europäische Union und dieses Parlament entstehen. Es besteht jedoch die Gefahr, dass wir dadurch vom Regen in die Traufe geraten. Eine solche Maßnahme, die schädlich für das europäische Wachstum wäre, wäre eine stärkere Rolle der Europäischen Union bei der Zusammenarbeit und Koordination im Steuerbereich sowie die daraus resultierende Steuerharmonisierung. Steuerlicher Wettbewerb ist wie jede andere Art von Wettbewerb gut für die Bürgerinnen und Bürger sowie die Märkte. Er eröffnet die Chance auf bessere Ergebnisse und ist ein wichtiger Faktor für unsere Wettbewerbsfähigkeit auf globalem Niveau. Daher sollten gemeinsame Freiheiten sowie ein gemeinsamer Markt – und nicht die Erweiterung der Kompetenzen der Union – das zentrale Prinzip der Wirtschaftspolitik der Union bilden.
Ilda Figueiredo (GUE/NGL). – (PT) Herr Präsident! Wir möchten in dieser Aussprache darauf hinweisen, dass es Zeit ist, mit den Wortspielen aufzuhören und über die realen Probleme zu sprechen, mit denen ein Großteil der Frauen und Männer in unseren Ländern zu kämpfen hat, über das Leiden, über die mehr als 85 Millionen Menschen, die in Armut leben, und das in einer Europäischen Union, die eine der reichsten Gegenden der Welt ist und in der weiterhin skandalöse Gewinne eingefahren werden, ohne dass Maßnahmen zu ihrer Kontrolle ergriffen werden. Wir möchten über den Mangel an beruflicher Sicherheit und über die schlechte Bezahlung der Arbeitnehmer sprechen, über die Jugendlichen und die Frauen, die keine Stelle finden, über die 23 Millionen Arbeitslosen. Wir möchten über die älteren Menschen sprechen, denen eine anständige Rente verweigert wird, und über die Kinder, deren Zukunft verpfändet wird.
Um es deutlich zu sagen: Die Vorschläge in der Strategie Europa 2020 haben sich durch die Krise nicht geändert. Die Europäische Kommission wollte die Ursachen der derzeitigen Situation nicht analysieren oder aus den Folgen der Eckpfeiler der Politiken lernen, die sie in Anwendung der Strategie von Lissabon befolgte: Liberalisierung der Wirtschaftsbereiche, einschließlich der Finanzdienstleistungen, sowie Arbeitsmarktflexibilität, auch Flexicurity genannt.
Nun zielen sie darauf ab, den Weg durch eine Reihe von Richtlinien, die die Privatisierung strategischer Wirtschaftsbereiche erleichtern, für eine noch stärkere Konzentration des Wohlstands und Angriffe auf öffentliche Dienste freizumachen, die wirtschaftliche Gruppen in den Bereichen Gesundheit, soziale Sicherheit und Bildung interessieren – also alles, womit Gewinne erzielt werden können. Sie ziehen es vor, die Tatsache zu verbergen, dass nur ein Bruch mit diesen Politiken einen Kurswandel erlauben wird und nur so sozialer Fortschritt möglich wird. Nichtsdestotrotz bestehen wir auf diesem Bruch und sagen, dass es an der Zeit ist, den Stabilitätspakt zu beenden und ihn durch ein Programm sozialer Entwicklung und sozialen Fortschritts zu ersetzen. Dieses Programm muss Prioritäten bei Produktion, guten öffentlichen Diensten, der Schaffung von Arbeitsplätzen mit Rechten, Löhnen und Gehältern, anständigen Renten und Bedingungen für den Ruhestand, sozialer Eingliederung sowie einer gerechten Auf- und Verteilung des Wohlstands setzen. Diese Prioritäten erfordern einen wahrhaften wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalt mit einer klaren Aufstockung des Haushaltsplans der Union, Solidarität, staatlichen Maßnahmen und der Kontrolle der wichtigsten Wirtschaftsbereiche durch den Staat.
Wir sind sicher, dass die Arbeitnehmer und die Menschen weiterhin dafür kämpfen werden, z. B. morgen in Griechenland oder am 29. Mai in Portugal. Wir verneigen uns vor ihrem Kampf.
William (The Earl of) Dartmouth (EFD). – Herr Präsident! Zweifelsohne enthält die Strategie Europa 2020 viele interessante Elemente, aber unter dem Punkt „Erweiterung“ heißt es, dass bis 2020 fünf oder sogar acht neue Länder der EU beitreten werden. Schon in der EU des Jahres 2010 sind zwölf Länder Nettozahler. Die restlichen 15 Mitgliedstaaten werden finanziell unterstützt.
Keines der neuen Länder wird wohl ein Beitragszahler sein. Im Jahr 2020 werden daher wahrscheinlich nicht weniger als 23 Länder Finanzhilfen erhalten. Die EU wird in der Praxis zu einer Transfer-Union geworden sein, die Geld von zwölf Beitragszahlern an 23 subventionierte Länder überweist. Leider und zu Unrecht ist der britische Steuerzahler darin verstrickt. Das vergleichsweise arme Vereinigte Königreich ist der zweitgrößte Beitragszahler der EU.
Bei den letzten Landtagswahlen in Deutschland sagten die Wähler in Nordrhein-Westfalen „nein“ zu ihrer Koalition und „nein“ zu dieser Transfer-Union. In den nächsten zehn Jahren werden auch die Wähler in anderen Ländern „nein“ sagen. Bis zum Jahr 2020 wird die Kluft unüberwindbar sein. Wirtschaftliches Chaos auf der anderen Seite des Kanals liegt nicht im nationalen Interesse des Vereinigten Königreichs, aber wenn die Erweiterung nicht unverzüglich gestoppt wird, wird es zu einem wirtschaftlichen Chaos kommen. Europa 2020 geht daher am Kern der Sache vorbei.
Krisztina Morvai (NI). – (HU) Meine Damen und Herren! Ich möchte Sie respektvoll fragen, ob Sie nicht auch der Meinung sind, dass die gegenwärtigen Geschehnisse etwas unglaublich Bizarres an sich haben. Für eine äußerst wichtige Aussprache zu der Finanz- und Wirtschaftskrise, die Ursache des Unglücks vieler Millionen Europäerinnen und Europäer ist, sind nur etwa 40 Personen anwesend. Wir fordern die europäischen Wirtschaftsbeteiligten und Bürgerinnen und Bürger zum Energiesparen auf, während wir gleichzeitig in den letzten drei Tagen – wobei dies für jede Plenarsitzung gilt – sehen können, falls die Kameras es zeigen, wie viel Energie für die Beleuchtung eines Plenarsaals von der Größe eines Stadions verschwendet wird, in dem sich außer zur Abstimmungsstunde nicht mehr als 40 Personen aufhalten. In den 27 Dolmetschkabinen befinden sich 27 x 3 Personen, also 81 hoch qualifizierte Simultandolmetscher, die für uns übersetzen. Bei 40 Abgeordneten macht das zwei Dolmetscher pro Person. Denken Sie nicht auch, dass es Zeit ist, in den Spiegel zu schauen und aufzuhören, Rentner, Feuerwehrleute, Krankenschwestern und Lehrer aufzufordern, den Gürtel immer enger zu schnallen?
Lena Kolarska-Bobińska (PPE). – (PL) In Krisenzeiten, wenn die Integrität der Europäischen Union bedroht ist, sollten wir zur Unterstützung des Wirtschaftswachstums besonders auf die Kohäsion der Union achten. Wir wissen noch immer nicht, ob die Krise die Unterschiede zwischen den verschiedenen Regionen Europas verschärfen wird. Historische Unterschiede im Entwicklungsniveau der Regionen könnten deutlicher zutage treten, und möglicherweise erleben wir das Auftreten neuer Unterscheidungsmerkmale.
In dieser Situation sind Mechanismen zur Verringerung der Unterschiede zwischen den Regionen besonders wichtig, und eine Fortsetzung der starken Regionalpolitik ist der Weg, um dieses Ziel zu erreichen. Es wäre in dieser Lage unklug, diese Politik aufzugeben und die kommunalen und regionalen Stellen zur Verfügung stehende Finanzierung drastisch zu reduzieren, da dies eine ernsthafte Bedrohung der Stimulierung des Wirtschaftswachstums sowie eine Gefahr für die europäische Einheit an sich darstellen würde.
Sowohl die Strategie Europa 2020 als auch die Kohäsionspolitik versuchen, dasselbe Ziel zu erreichen. Sie haben wichtige Auswirkungen auf die wirtschaftliche Erholung sowie große Bedeutung für die europäische Solidaritätspolitik. Nötig ist jedoch eine bessere Koordination zwischen ihnen. Die Schaffung neuer, separater thematischer Fonds als Antwort auf neue Herausforderungen wäre Zeit- und Geldverschwendung und würde außerdem die Umsetzung der Strategie Europa 2020 verzögern und sie so zu demselben Schicksal wie dem des Vertrags von Lissabon verdammen. Wir müssen die Finanzierung wichtiger Infrastrukturprojekte sicherstellen und die Renationalisierung der Regionalpolitik zurückweisen.
Derzeit hören wir häufig vom starken Druck durch die Regierungen einiger Mitgliedstaaten und durch die Europäische Kommission, die Ausgaben für die Regionalpolitik zu kürzen oder zu senken. Die Botschaft des Europäischen Parlaments in dem Bericht, für den ich Schattenberichterstatterin war, ist jedoch klar: Wir brauchen eine stärkere, keine schwächere Kohäsionspolitik. Wir brauchen echte europäische Solidarität.
Evelyne Gebhardt (S&D). - Herr Präsident! Lieber Kollege Louis Grech, ich möchte mich bei Ihnen für einen wirklich hervorragenden Bericht bedanken, den Sie uns hier vorgelegt haben und an dem wir uns heute auch orientieren können. Und ich bedanke mich auch, dass Sie sich auf einen Satz berufen haben, den ich immer wieder sage, nämlich dass die Wirtschaft für die Menschen da ist und nicht umgekehrt. Und so muss auch die Politik der Europäischen Union aussehen!
Sie weisen in Ihrem Bericht auch ganz richtig darauf hin, dass eine aussagekräftige Bewertung der sozialen, verbraucherbezogenen, ökologischen und wirtschaftlichen Auswirkungen des Binnenmarkts und der Entscheidungen, die wir im Binnenmarkt treffen, von ganz großer Bedeutung ist. Das ist genau das, was bisher gefehlt hat oder nicht genügend für die Bürgerinnen und Bürger sichtbar gemacht worden ist. Es ist eine ganz wichtige Herangehensweise, wirklich das Humanistische, das Ganzheitliche der Politik auch beim Binnenmarkt aufzuzeigen.
In Ihrem Bericht sagen Sie auch – und das ist gerade für uns Sozialdemokraten besonders wichtig –, dass die Sozialpolitik als Kern der Politik im Binnenmarkt anzusehen ist und dass der Schutz der Dienste im allgemeinen wirtschaftlichen Interesse von ganz besonderer Wichtigkeit ist. Ferner fordern Sie die Entwicklung einer Strategie zur besseren Vermittlung der sozialen Vorzüge des Binnenmarkts.
Wenn wir uns nur diese wenigen Punkte ansehen, dann hätten wir schon sehr viel erreicht, wenn uns die Europäische Kommission darin folgen würde. Ich hoffe auch sehr, dass die Kommission – darum bitte ich wirklich sehr eindringlich, und Herr Barnier hat es uns ja auch schon zugesagt – diesen Bericht von Herrn Grech wirklich zum Anlass nimmt, den Fortschritt für die Bürgerinnen und Bürger in der Europäischen Union in den Vordergrund zu stellen. Wenn wir den Binnenmarkt so anfassen, dann werden wir auch wieder mehr Akzeptanz für die Politik der Europäischen Union finden und dann werden wir auch in eine bessere Zukunft sehen können.
VORSITZ: Edward McMILLAN-SCOTT Vizepräsident
Robert Rochefort (ALDE). – (FR) Herr Präsident! In dieser Aussprache über die Strategie „Europa 2020“ würde ich gerne den sehr interessanten Bericht von Herrn Grech nutzen, um Ihnen zu sagen, dass ich der Überzeugung bin, dass Verbraucher aus dieser zukünftigen Strategie nicht ausgeschlossen werden dürfen.
Wenn ich mir den Text der Kommission zur Strategie „Europa 2020“ ansehe, dann stelle ich fest, dass die Verbraucher praktisch nicht erwähnt werden. In der aktuellen Krise müssen Sie daran denken, dass, obwohl Investitionen natürlich der Schlüsselfaktor sind, der Konsum in den Ländern der EU zwischen 60 und 70 % unseres BIP ausmacht.
Daher würde ich befürworten, dass wir diese Richtung in der „Europa 2020“-Strategie weiterverfolgen. Ich würde es gerne sehen, wenn Europa für eine andere Art des Konsums den Weg bahnen würde, eines Konsums, der auf dem Wissensdreieck basiert, auf nachhaltiger Entwicklung. Ein Europa, das fähig ist, Produktionsbedingungen und Produkte zu entwickeln, die im Interesse der Verbraucher liegen, die zusammen mit ihnen geschaffen werden. Ein Europa, das sich auf Qualität und nicht mehr auf Quantität um der Quantität willen konzentriert. Ich würde gerne eine Art des verbesserten Wettbewerbs erleben, der nicht „Preisnachlässe um der Preisnachlässe willen“ fördert, sondern der der Sicherstellung einer größeren Verbraucherzufriedenheit dient.
Daher ist meine Frage sehr einfach, Herr Kommissar. Werden Sie Präsident Barroso und innerhalb des Kollegiums der Kommissionsmitglieder vorschlagen, dass eine Gruppe gebildet wird, die auf diesem Gebiet tätig sein soll, damit die Verbraucher nicht mehr als Anpassungsvariablen angesehen werden, als passive Individuen, sondern vielmehr als aktive Beteiligte, die auf Ihrer Seite, auf unserer Seite sind, damit wir diese Gesellschaft der Zukunft aufbauen können, die wir so dringend brauchen?
Emilie Turunen (Verts/ALE). – (DA) Herr Präsident! Ich würde mir gerne die Zeit nehmen, um über die sozialen Aspekte und die Beschäftigungsaspekte von „Europa 2020“ und die Bemühungen der Kommission in diesem Zusammenhang zu sprechen. Ich bin mir sicher, dass es kein Geheimnis ist, dass die Fraktion der Grünen/Freie Europäische Allianz gerne einen weit ehrgeizigeren Plan für 2020 gesehen hätte, als er uns momentan vorliegt, mit einem echten Wunsch danach, festzulegen, wie Europa sich in Zukunft selbst stützen will, und mit einem Wunsch danach, hohe soziale und Beschäftigungsziele festzulegen. Momentan sind wir jedoch in einer Situation, in der die Mitgliedstaaten nicht die Absicht haben, den Plan, den die Kommission vorgelegt hat, auszubauen. Stattdessen machen sie Rückschritte.
Erstens, im Hinblick auf die Bekämpfung der Armut: Viele Mitgliedstaaten haben infrage gestellt, ob die EU überhaupt die Kompetenz hat, die Armut zu bekämpfen und spezifische Zielsetzungen in Bezug auf die Armut festzulegen. In Bezug auf dieses Thema möchte ich einfach sagen, dass es eine Rechtsgrundlage dafür an verschiedenen Stellen des neuen Vertrags von Lissabon gibt, zum Beispiel in Artikel 3 des Vertrags über die Europäische Union und in den Artikeln 9 und 153 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union. Es geht daher einfach nur darum, einen Anfang zu machen. Zweitens haben andere Mitgliedstaaten, einschließlich meines eigenen Heimatlandes, Dänemark, die Definition von Armut kritisiert. Selbstverständlich müssen wir eine gute Definition erarbeiten. Diese Argumente können jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass es hier um eine Sache geht: ob wir die Armut in Europa tatsächlich bekämpfen wollen. Das ist die echte Debatte, um die es geht.
Wollen wir die Zahl der Armen in Europa, die momentan 84 Mio. Menschen umfasst, senken? Wollen wir die Zahl der erwerbstätigen Armen senken, von denen es fast 17 Mio. gibt? Wollen wir nicht nur, dass alle Arbeit haben, sondern auch, dass alle eine gute und anständige Arbeit haben? Wollen wir, dass junge Menschen Zugang zum Arbeitsmarkt haben? Ja, natürlich wollen wir das, und genau deswegen brauchen wir spezifische Ziele im Hinblick auf soziale Themen und auf dem Gebiet der Beschäftigung. Europa befindet sich gegenwärtig inmitten einer Wirtschaftskrise, aber wir dürfen nicht zulassen, dass wir dadurch mental blockiert werden und Angst davor haben, uns ehrgeizige Ziele auf diesen Gebieten zu stecken. Wenn wir nicht den Mut haben, dies jetzt zu tun, wird dadurch die wirtschaftliche Situation in Europa sowie unser sozialer Zusammenhalt untergraben. Meine Herren Kommissare, meine Damen und Herren, daher sage ich Ihnen, dass der politische Wille entscheidend sein wird. Ich hoffe, dass das Parlament und die Kommission die Führung übernehmen und die Mitgliedstaaten, die zögern, dazu drängen werden, sich für ein soziales Europa im Jahre 2020 einzusetzen. Ich hoffe, dass Sie als Mitglieder der Kommission bereit sind, dies zu tun.
Oldřich Vlasák (ECR). – (CS) Wir haben den ganzen Tag damit verbracht, über einen wünschenswerten strategischen Schwerpunkt für die Europäische Union zu diskutieren. Meiner Meinung nach hätten wir diese Frage hinsichtlich einer wünschenswerten zukünftigen Entwicklung jedoch zuerst unseren Bürgerinnen und Bürgern stellen sollen, und den Menschen, die am direktesten davon betroffen sind, anders gesagt den Bürgermeistern und Stadträten. In dieser Hinsicht ist es eine große Enttäuschung für mich, dass die Rolle der lokalen Behörden sich in der „Europa 2020“-Strategie nicht ausreichend widerspiegelt. Die Strategie erwähnt korrekterweise die Notwendigkeit einer stärkeren Bindung an regionale und lokale Partner, aber es ist nicht klar, wie das Partnerschaftsprinzip in der Praxis angewendet werden soll. Darüber hinaus ist der Konsultationsprozess freiwillig und hat daher keine verbindlichen Auswirkungen auf die Entscheidungsprozesse in den Mitgliedstaaten. Ich kann dies durch ein konkretes Beispiel belegen. Als der Verband der Gemeinden der Tschechischen Republik Anmerkungen hinsichtlich der Position unserer Regierung in Bezug auf die „Europa 2020“-Strategie vorgebracht hat, wurden diese Anmerkungen nicht nur nicht berücksichtigt, der Verband hat noch nicht einmal eine angemessene Antwort darauf erhalten, wie mit diesen Anmerkungen umgegangen wird.
Wenn wir verhindern wollen, dass sich das Scheitern der Strategie von Lissabon wiederholt, dann dürfen wir die Stimme der lokalen Behörden, die zu der öffentlichen Verwaltung in allen Mitgliedstaaten gehören und deren Rolle der Schlüssel zur Durchführung jeder europäischen Strategie ist, nicht mehr ignorieren. Ganz im Gegenteil, obligatorische Konsultationen mit den Akteuren „an der Basis“ würden zu wichtigen Erkenntnissen hinsichtlich der korrekten, effizienten und wirksamen Umsetzung der verabschiedeten Maßnahmen beitragen. Ich bitte die Kommission daher, die Methode der Einbindung der lokalen Behörden in den gesamten Prozess gründlich zu überprüfen.
Kyriacos Triantaphyllides (GUE/NGL). – (EL) Herr Präsident! Die aktuelle Strategie von Lissabon wurde einfach nur in die Strategie „Europa 2020“ umbenannt. Im Wesentlichen heben die Vorschläge der Kommission insgesamt die aktuellen Ziele nicht auf. Und diese Ziele wurden nicht nur nicht erreicht, die Entwicklung der vergangenen zehn Jahre hat auch gezeigt, dass der Lebensstandard der Bürgerinnen und Bürger der Europäischen Union gesunken ist. Trotz dieser Tatsache berücksichtigen die von der Kommission eingereichten Vorschläge nicht im ausreichenden Maße soziale Kriterien. Daher fragen wir: welche Maßnahmen schlägt die Kommission vor, um der Zügellosigkeit der Märkte, willkürlichen Entlassungen und einer Verstärkung der Unsicherheit der Arbeitsverhältnisse entgegenzuwirken? Führt die Einbindung des Internationalen Währungsfonds nicht zu noch belastenderen Bedingungen für die Mitgliedstaaten und die Bürgerinnen und Bürger? Unserer Meinung nach wird sich, wenn der Stabilitätspakt nicht durch einen Pakt ersetzt wird, durch den soziale Ziele erreicht werden können, die Schlinge um den Hals der Bevölkerung noch mehr verengen und größere Opfer werden erbracht werden müssen.
Timo Soini (EFD). – (FI) Herr Präsident! Als ich in den 1980er Jahren an der Universität von Helsinki studiert habe, war die Sowjetunion immer noch sehr erfolgreich. Wenn es dort Probleme gab, rief man nach mehr Sozialismus. Jetzt bin ich ein Familienvater mittleren Alters hier in der Europäischen Union, und wenn es hier Probleme gibt, fordern wir mehr Integration. Diese Philosophie ist überraschend ähnlich, und auch das Ergebnis wird das Gleiche sein: es wird nicht funktionieren.
Lassen Sie uns auf dem Fundament von Nationalstaaten bauen. Dafür müssen wir unser Brot backen, bevor wir es verteilen, wie man in Finnland sagt. Lassen Sie uns Arbeitsplätze und die richtigen Bedingungen schaffen. Das wird die Quelle unserer Stärke sein. Auf diese Weise werden wir Fortschritte erzielen. Wir haben einen Mangel an Arbeitgebern – keinen Mangel an Arbeitnehmern, sondern an Arbeitgebern, die Arbeitsplätze für die Menschen schaffen können.
Kleine Betriebe spielen eine entscheidende Rolle. Wir sollten die Aussprache über die Arbeitszeitrichtlinie für selbständige Fahrer auf die nächste Tagung verschieben. Dies ist ein typisches Beispiel für eine Situation, in der wir uns für unabhängige Unternehmer einsetzen sollten, die Arbeitsplätze schaffen, Gutes tun und Menschen einstellen. Momentan besteht jedoch die Gefahr, dass wir Arbeitsplätze aufgrund von administrativen Entscheidungen verlieren. Ich liebe Europa wirklich, auch wenn ich die Europäische Union nicht liebe.
Franz Obermayr (NI). - Herr Präsident! Im Jahr der Fußball-WM könnten die Damen und Herren im Rat eine Lehre aus dem Fußballsport ziehen, denn ein Schiedsrichter hinter jedem Fußballspieler macht noch lange kein gutes Spiel! Aber ein Spiel ganz ohne Regeln, ohne Schiedsrichter und ohne bestrafte Fouls, das endet im Chaos. Und genau das ist die jetzige Situation!
Es ist höchste Zeit, dass in der Strategie 2020 Hedgefonds-Spekulanten ein Riegel vorgeschoben wird. Diejenigen, die jahrelang von Spekulationen, von exorbitanten Zinsen gut gelebt haben, sollen nun auch einen Beitrag leisten. Nicht kleine Sparer, sondern Unternehmen mit ihren hohen Spekulationsgewinnen gehören zur Kasse gebeten!
Auch die Kohäsionspolitik darf an der Eurokrise nicht vorbeigehen. Abgesehen vom aktuellen Rettungspaket hat Griechenland in der Vergangenheit überproportional von landwirtschaftlichen und regionalen Förderungen profitiert. Ohne die nötigen Strukturänderungen sind diese Gelder klarerweise versickert und das Land ist – trotz jahrelanger Förderung – heruntergewirtschaftet. Ich sehe daher nicht ein, warum in einer solchen Situation die Gelder weiter fließen sollen. Warum hören wir nicht auf Kommissar Rehn, der durchaus vernünftig vorgeschlagen hat, die Fördergelder zu kürzen? Letztlich darf die EU nicht zu einer Transfer-Union verkommen! Und eine zentrale Planwirtschaft, wie sie sich manche vorstellen, hat sich noch nie bewährt, auch wenn sie aus Brüssel kommt.
Was ist gefragt? Selbstverantwortlichkeit in der Haushaltspolitik, und wenn die nicht funktioniert, mutige und effiziente Sanktionsmechanismen – das sollte auch alles in die Strategie 2020 einfließen!
Jean-Paul Gauzès (PPE). – (FR) Herr Präsident, Herr Kommissar, meine Damen und Herren! Die wirtschaftliche und finanzielle Situation in Europa rechtfertigt vollkommen die drastischen Maßnahmen, die eingeleitet worden sind, insbesondere um den Euroraum zu stabilisieren und die Untergrabung unserer gemeinsamen Währung zu verhindern. Die Dringlichkeit dieser Situation rechtfertigt den praktischen Ansatz, der verabschiedet wurde. Wenn es jedoch darum geht, die verabschiedeten Maßnahmen umzusetzen, sollte sichergestellt werden, dass das Parlament innerhalb seiner Befugnisse einbezogen wird und seine demokratische Kontrolle unter den angemessenen Bedingungen ausüben kann.
Wir müssen in der Tat sicherstellen, dass unsere Mitbürger nicht das Vertrauen verlieren und das Vertrauen in die politischen Institutionen zurückgewinnen. Ohne dieses Vertrauen sind keine Strukturreformen oder die Akzeptanz von notwendigen Sparmaßnahmen möglich.
Als Europa mit der Finanzkrise konfrontiert wurde, blieb es nicht untätig. Wir sagen dies nicht oft genug. 2009 haben wir Verordnungen zu Ratingagenturen aufgestellt und angenommen, und die entsprechenden Durchführungsbestimmungen werden in Kürze von der Kommission veröffentlicht. Der Ausschuss für Wirtschaft und Währung des Europäischen Parlaments hat vor einigen Tagen für das Paket zur Überwachung von Finanztätigkeiten gestimmt. Am letzten Montag hat der gleiche Ausschuss den Bericht zur Regulierung von Hedgefonds-Managern mit großer Mehrheit angenommen.
Es wurden Triloge eingeleitet, um eine Einigung mit dem Rat zu erzielen. Diese Einigung muss rasch erzielt werden, damit unsere Institutionen ihre Glaubwürdigkeit wahren können. Unsere Mitbürger fragen uns oft: „Was tut Europa?“ Wir müssen ihre Erwartungen erfüllen.
In diesem Zusammenhang möchte ich Ihnen zu Ihrer Entschlossenheit gratulieren, Herr Kommissar, und Sie dazu ermutigen, das von Ihnen begonnene Arbeitsprogramm in Übereinstimmung mit den Zusagen, die Sie während Ihrer Anhörung gemacht haben, weiterzuführen. Ihr ehrgeiziger, aber erforderlicher Zeitplan findet unsere Unterstützung. Wir werden Seite an Seite mit Ihnen stehen, damit die notwendige Regulierung von Finanzdienstleistungen stattfindet. Es geht hier nicht darum, den Finanzsektor zu schikanieren, sondern darum, Regeln aufzustellen, um sicherzustellen, dass eine Aktivität, die reguliert werden sollte, reguliert wird, und Transaktionen sicherer und transparenter zu machen.
Csaba Sándor Tabajdi (S&D). – (HU) Meine Herren Kommissare, meine Damen und Herren! Europa steht heute vor zwei wichtigen Aufgaben: dem Entwurf einer neuen Strategie, über die wir momentan diskutieren und die, wie ich finde, eine gute Form annimmt. Europa befindet sich jedoch an einem Wendepunkt, wenn es nicht einen neuen Modus Operandi findet. Die Ereignisse der vergangenen Wochen in Bezug auf die Krise in Griechenland – und hier stimme ich mit Herrn Gauzès nicht überein, da die Europäische Union und die Mitgliedstaaten, und insbesondere Frau Merkel, leider erst spät auf diese Situation reagiert haben – bedeuten, dass sich Europa an einem Wendepunkt befindet. Dies ist ein ungemein gefährlicher Wendepunkt, der darüber bestimmen wird, ob wir uns in Richtung Renationalisierung, nationalem Rückzug und Egoismus bewegen oder in Richtung Kommunitarismus. Wenn wir uns nicht in Richtung Kommunitarismus bewegen, wird das von Herrn Barnier vorgestellte Programm nicht umgesetzt und ist wertlos. Es ist sehr wichtig, dass wir bei der Festlegung der neuen Ziele nicht unsere vorherige Politik vergessen, wie die Kohäsionspolitik, die gemeinsame Agrarpolitik, oder, in Bezug auf Kommissar Andor, dass wir nicht die Erneuerung des europäischen Sozialmodells vergessen. Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, wir befinden uns an einem Wendepunkt. Die vergangenen Wochen haben diese Tatsache untermauert: Das vorherige Modell funktioniert nicht und das aktuelle Modell funktioniert nicht richtig. Ich bin dafür, dass die Kommission die nationalen Haushalte kontrolliert, bevor sie den Parlamenten der Mitgliedstaaten übermittelt werden.
Carl Haglund (ALDE). – (SV) Herr Präsident! Mein Beitrag bezieht sich auf den Bericht von Herrn Hoang Ngoc zu nachhaltigen Finanzen im öffentlichen Sektor. Es war sehr interessant, an diesem Bericht zu arbeiten. Die Situation sah so aus – und der Berichterstatter hat das in seiner Rede auch klar gemacht -, dass wir von einem ideologischen Standpunkt aus ziemlich unterschiedliche Ansichten in Bezug auf dieses Thema hatten.
In diesem Zusammenhang darf man nicht vergessen, was in den vergangenen Wochen in Europa passiert ist, wo wir eine Wirtschaftskrise haben, wie wir sie selten zuvor gesehen haben. Die Krise ist zum Großteil bedingt durch ein Versagen seitens der Mitgliedstaaten, auf ihre eigenen Finanzen zu achten und ihren eigenen Haushalt in Ordnung zu halten. Es war daher vielleicht etwas überraschend, dass es solche großen ideologischen Unstimmigkeiten darüber gab, ob es wirklich vernünftig ist, so viel Geld zu leihen und auszugeben, wie es viele Länder in den vergangenen Jahren getan haben.
Wie gesagt gab es ziemlich große Unstimmigkeiten über diese Themen, was wir auch in diesem Plenarsaal beobachten konnten. Glücklicherweise war eine breite Mehrheit im Ausschuss auch der Meinung, dass es einen Bedarf nach härteren Maßnahmen gibt, um die Situation, in der wir uns befinden, zu verbessern. Die Kommission hat in den vergangenen Wochen sehr gute Vorschläge vorgelegt. Es wurde endlich ein Anfang gemacht, um Entscheidungen zu fällen, die wirklich dazu beitragen werden, wieder Ordnung in der europäischen Wirtschaft zu schaffen. Das ist genau das, was wir brauchen.
Aus diesem Grund waren die Diskussionen im Ausschuss, gelinde gesagt, aufregend. Es ist wichtig, daran zu denken, dass wir es hier nicht nur mit unseren aktuellen Krediten zu tun haben, sondern auch mit zukünftigen Herausforderungen wie der demographischen Entwicklung in Europa, seiner alternden Bevölkerung und so weiter. Das war ein wichtiger Bericht, und ich denke, dass wir einige positive Abänderungen an ihm vorgenommen haben. Ich bin überzeugt, dass die Entscheidung, die dieses Parlament fällen wird, eine gute Entscheidung sein wird.
Bas Eickhout (Verts/ALE). – (NL) Die aktuelle Diskussion über die Krise hat vorwiegend die Haushaltsdisziplin behandelt; und zu Recht, da dies wichtig ist. Aber Haushaltsdisziplin ist nicht alles. Lassen Sie uns diese Krise aus der richtigen Perspektive betrachten. Diese Perspektive beinhaltet, dass es sich hierbei immer noch um eine Bankenkrise handelt.
Jahrelang haben die Banken mit undurchsichtigen Strukturen Geld verdient und 2008 ist diese Blase geplatzt. Einige Länder haben diese privaten Schulden dann in öffentliche Schulden umgewandelt, und dies ist auch das Problem, mit dem Griechenland momentan zu kämpfen hat: ein untragbar hohes Niveau an öffentlichen Schulden. Vor diesem Hintergrund müssen wir, wenn wir über eine Strategie für 2020 diskutieren, auch die Rolle der Banken betrachten. Die Kommission zeigt in diesem Zusammenhang überhaupt keinen Ehrgeiz. Es wurde kaum etwas zu den Banken gesagt. Diese Krise hat gezeigt, dass eine klare Unterscheidung zwischen Sparkassen und Investmentbanken gemacht werden muss. Wo bleibt der Ehrgeiz der Kommission, wenn es um Pläne geht, um dieses Problem zu lösen? Soviel zum ersten Punkt.
Wir müssen jedoch auch an die Wirtschaft der Zukunft denken. Die Wirtschaft der Zukunft wird ihre natürlichen Ressourcen auf effiziente Weise nutzen. In Bezug auf diesen Punkt hat die Kommission auch zu wenig Ehrgeiz. Entweder sind ihre Zielsetzungen zu vage oder ihre Vorgaben sind zu niedrig angesetzt; zum Beispiel eine Reduzierung der Treibhausgasemissionen um 20 %, was vollkommen unzureichend ist, um umweltfreundliche Innovationen zu fördern. Wie soll Unternehmen die Botschaft vermittelt werden, dass sie in grüne Technologien investieren sollen? Wir denken, dass die Pläne der Kommission dies auch umfassen sollten.
Im Hinblick auf unseren eigenen Haushalt muss dieser auch mit unserer eigenen Strategie übereinstimmen. Das bedeutet, dass die Strukturfonds letztlich auch dafür benutzt werden, neue grüne Technologien zu fördern. Momentan subventionieren wir vor allem mehr Treibhausgasemissionen. Wo ist das Geld für Innovationen, und wo sind im Agrarhaushalt die Fördermittel für eine nachhaltige Landwirtschaft? Die Kommission muss auf diesem Gebiet spezifischer und ehrgeiziger vorgehen, statt vage Pläne zu erstellen; das ist kein Weg aus der Krise.
Kay Swinburne (ECR). – Herr Präsident! Die zentrale Komponente von „Europa 2020“ sollten nicht Stabilisierungsfonds und Rettungsaktionen sein. Es sollte eine neue Strategie sein, der alle Länder folgen wollen, um den Binnenmarkt der EU wieder in Gang zu setzen und ihm neue Dynamik zu verleihen. Wir müssen darüber nachdenken, wie wir unsere Volkswirtschaften verändern können, damit sie bereit sind für diese Herausforderungen. Der einzige Weg vorwärts ist die Förderung neuer Industrien durch Forschung, Entwicklung und Innovationen. Die EU sollte eine neue wirtschaftliche Dynamik im Europäischen Forschungsraum anregen, neue Exzellenznetze schaffen sowie Forschungscluster für integrierte Projekte auf der Grundlage von Innovationen, die in neue Produkte und Dienstleistungen integriert werden und darüber hinaus neue Prozesse und Technologien und neue Geschäftsmodelle fördern. Wir sollten uns bestehende erfolgreiche Projekte ansehen und Verbindungen innerhalb der EU nutzen, um bewährte Praktiken zu finden.
Ich habe in meinem Wahlkreis die Glyndŵr Universität besucht, die eine direkte Zusammenarbeit mit Hightechfirmen in Nordwales gefördert hat, wodurch 90 % der Absolventen einen Arbeitsplatz finden konnten, sogar letztes Jahr. Dadurch wurden nicht nur die Beschäftigungsmöglichkeiten der jungen Menschen verbessert, die an diesem Programm teilnehmen, sondern eine ganze Region in Nordwales wurde mit neuem Leben erfüllt. Statt Milliarden-Dollar-Projekte und Wunderwaffen zu entwerfen, sollten wir uns wieder auf die Grundlagen einer erfolgreichen Wirtschaft besinnen. In Südwales sind fünf bedeutende Unternehmen der pharmazeutischen Entwicklung mit Technologie von Weltklasse angesiedelt. Mit ein wenig Unterstützung von der EU könnte dieses Cluster von Hightechunternehmen zu einem Zentrum von Weltklasse aufsteigen, wodurch auch einer ganzen Wirtschaft, die sich momentan für die Förderung durch den Kohäsionsfonds qualifiziert, eine bessere Zukunft bereitet würde. Wir brauchen Lösungen, um auf effektive Weise für unsere Bürgerinnen und Bürger arbeiten zu können.
Jacky Hénin (GUE/NGL). – (FR) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Sie werden es nicht zugeben, aber die Realität ist vollkommen offensichtlich: Der Idee, oder zumindest dem Mythos eines liberalen Europas ist die Luft ausgegangen. Wie kann man überhaupt noch an die Vertiefung der föderalen Dimension Europas glauben, wenn man gerade dabei ist, die am höchsten verschuldeten Länder auszunehmen, um den Finanzmärkten zu helfen?
Doch auch den Projekten und Aktivitäten des liberalen Europas ist die Luft ausgegangen, und zwar auf spektakuläre Weise. Durch die aufeinanderfolgenden Krisen, von denen die letzte die schlimmste war, sind die öffentlichen Schulden explodiert. Schlimmer ist jedoch, dass sich die Glaubwürdigkeit des Euroraums in Luft aufgelöst hat. Die Situation erfordert echte Solidarität. Der Vertrag von Maastricht schließt jedoch jede Solidarität zwischen den Ländern des Euroraums aus. Das ist das ultimative europäische Paradoxon.
Auch die Verhandlungen im Rahmen der WTO und die Geschichte, die uns regelmäßig verkauft wird, dass uns die EU vor der Globalisierung schützen wird, machen deutlich, dass Europa am Ende seiner Weisheit angelangt ist. Die EU-Richtlinien sind weit entfernt davon, unser Schutzschild zu sein, und sind der WTO regelmäßig zuvorgekommen. Tatsächlich sind wir durch die EU sehr verwundbar und wir zahlen jetzt mit dem Deindustrialisierungsprozess und verschiedenen Formen des Standortwechsels den Preis. Für die Bürgerinnen und Bürger muss die Politik der EU dringend neu ausgerichtet werden.
Mara Bizzotto (EFD). – (IT) Herr Präsident, meine Damen und Herren! 308 Milliarden EUR ist der Gesamtbetrag der für die Umsetzung der Kohäsionspolitik im Zeitraum 2007-2013 vorgesehenen Mittel. Bis heute hat Europa einige dieser durch Lissabon geschaffenen prioritären Mittel ausgegeben, und nach den Ergebnissen zu urteilen, verschwendet. Damit „Europa 2020“ ein Erfolg wird und damit die verbliebenen Geldberge genutzt werden, um das Wirtschaftswachstum zu stimulieren und den Wettbewerb zu fördern, sind zwei Arten der Intervention notwendig: Vereinfachung und Überprüfung.
Vereinfachung wird der Schlüssel zur Befreiung des Zugangs zu diesen Ressourcen von der lähmenden Bürokratie sein: Die Regionen, Bürgerinnen und Bürger und Unternehmen wollen dazu in der Lage sein, freier handeln zu können, um ihr Potenzial zu erschließen.
Was die Überprüfung angeht, so ist sie dringend notwendig, um die Kriterien, nach denen diese Mittel vergeben werden, zu ändern, indem man den allgemeinen Gedanken, der der Kohäsionspolitik zugrunde liegt, neu durchdenkt.
Die Kohäsionspolitik muss heute wie nie zuvor in der Lage sein, ihre Stärke als ein auf vielen Ebenen wirksames Governance-Instrument unter Beweis zu stellen, indem sie den Problemen, von denen unser Kontinent betroffen ist, eine echte Stimme verleiht, und indem man in Brüssel die lange erwartete Antwort hinsichtlich der Zukunft unseres sozialen und Wirtschaftsmodells formuliert.
Meine Damen und Herren! Es ist die Pflicht jeder Organisation wie der Europäischen Union, die die Verantwortung für so große Summen hat, diese geförderten Projekte unter eine strenge Überwachung zu stellen und Verschwendung energisch zu bekämpfen. Dies ist der einzige Weg, auf dem man sicherstellen kann, dass die „Europa 2020“-Strategie keine schlechte Kopie des schlechten Originals wird.
Regina Bastos (PPE). – (PT) Herr Präsident! Wir stehen vor einer immer schneller werdenden globalen Veränderung, die verheerende Konsequenzen für unsere Wirtschaftssysteme und unsere politischen und sozialen Systeme, und daher für all unsere Bürgerinnen und Bürger hat. Wir erleben momentan eine beispiellose Schwächung der staatlichen Reaktionsfähigkeit. Aus diesem Grund muss die Europäische Union die Ursachen und die gemeinsamen Verbündeten ermitteln und auf der Weltbühne auf klare Weise handeln und mit einer Stimme sprechen.
Außergewöhnliche Situationen erfordern ein klares, gemeinsames Handeln. Wenn wir nicht die notwendigen energischen Maßnahmen einleiten und gemeinsam Verantwortung übernehmen, wird Europa zu Marginalisierung und Verarmung verdammt sein. Nur ein starkes Europa, das die gemeinschaftlichen Regeln respektiert, wird in der Lage sein, auf dieses neue Zeitalter angemessen zu reagieren.
Geschwächte und verschuldete Staaten können ihre Bürgerinnen und Bürger nicht schützen. Wir müssen daher in der Lage sein, das Vertrauen der Öffentlichkeit zurückzugewinnen und die Kämpfe um Stabilität, Haushaltsdisziplin, die Schaffung von Arbeitsplätzen, die Stabilität der Währungsunion, Globalisierung und strategische Entscheidungen zu gewinnen.
Wir müssen dies tun oder wir riskieren es, unsere Zukunft aufs Spiel zu setzen. Wir können unsere Zukunft sichern, indem wir uns dem sozialen Zusammenhalt, der Sicherung des Friedens und dem Aufbau eines neuen Modells, das auf den Werten der Freiheit, sozialer Gerechtigkeit und Verantwortung basiert, verpflichten. Die Strategie „Europa 2020“ und die integrierten Leitlinien zu „Europa 2020“ sind also grundlegende Elemente eines neuen Zyklus des Wachstums und der Beschäftigung in Europa.
Um dies korrekt umzusetzen und durchzuführen, müssen klare, bezifferbare Ziele für Beschäftigung, Bildung und die Reduzierung der Armut festgelegt werden. Es ist außerdem unerlässlich, dass alles getan wird, um die Umsetzung der nationalen Ziele der Mitgliedstaaten zu unterstützen, damit die Strategie erfolgreich ist und korrekt umgesetzt wird.
Constanze Angela Krehl (S&D). - Herr Präsident! Die jetzige Kohäsionspolitik hat unter der Überschrift Strategie von Lissabon angefangen. Aber ich bin zutiefst überzeugt, dass die Kohäsionspolitik einen enormen Beitrag zur Strategie 2020 leisten kann und wird, und zwar nicht nur weil wir doch über einen im Vergleich zu anderen europäischen Politiken beträchtlichen Haushalt verfügen, sondern vor allem, weil Kohäsionspolitik es möglich macht, dass es eine nachhaltige Entwicklung in den Regionen geben kann und dass Umstrukturierungsprozesse und auch Herausforderungen in den Regionen gut begleitet werden können.
Einen Punkt möchte ich hier aber als zentralen Punkt auch für unsere Fraktion noch einmal deutlich machen: Kohäsionspolitik kann nur funktionieren, wenn wirtschaftliche Entwicklung in der Bedeutung gleichgestellt wird mit einer sozialen Entwicklung, mit der Unterstützung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in der Ausbildung, und dann im Prinzip wirklich eine gemeinsame Verantwortung der Fonds, über die wir verfügen, in Anspruch nehmen kann. Das ist wie Hardware und Software zusammen – alleine funktioniert es nicht.
Ramona Nicole Mănescu (ALDE). – (RO) Ich möchte zu Anfang Herrn Cortés Lastra zu seiner Arbeit an seinem Bericht gratulieren. Dieser Bericht unterstreicht noch einmal, welchen wichtigen Beitrag die Kohäsionspolitik beim Erreichen der Ziele der „Europa 2020“-Strategie geleistet hat. Wir müssen daher sicherstellen, dass der regionale Schwerpunkt der Kohäsionspolitik als Teil dieser Strategie anerkannt wird.
Wir sind uns alle bewusst, dass die wirksame Umsetzung der Strategie zu einem großen Teil davon abhängen wird, wie sie formuliert ist. Daher bin ich überzeugt, dass die lokalen und regionalen Behörden schon in der Entwurfsphase eingebunden werden müssen, um sicherzustellen, dass später wirklich effektive Ergebnisse erzielt werden. Gleichzeitig garantiert eine bessere Governance auf verschiedenen Ebenen die wirksame Umsetzung der Kohäsionspolitik auf nationaler, regionaler und lokaler Ebene.
Da die Mitgliedstaaten von diesen Strategien profitieren, denke ich, dass sie die entscheidende Rolle, die sie im Entscheidungsprozess in Bezug auf die Kohäsionspolitik im Rat spielen, beibehalten sollten. Schließlich begrüße ich auch die Anerkennung der Rolle des Strukturfonds beim Erreichen der Ziele der Strategie. Ich möchte Ihre Aufmerksamkeit jedoch noch einmal auf die Tatsache lenken, dass wir vermeiden müssen, in die Falle zu tappen und diese Mittel in der Zukunft als Mittel zur Bestrafung von Mitgliedstaaten zu benutzen. Ich denke, dass solch eine Maßnahme den wahren Zielen der Kohäsionspolitik vollkommen zuwiderlaufen würde.
François Alfonsi (Verts/ALE). – (FR) Herr Präsident! Das Schlüsselwort dieser Strategie für 2020 ist Wachstum. Es ist nicht wichtig, ob wir es intelligent, nachhaltig oder inklusiv nennen, wir befinden uns jetzt in Europa ganz im Griff einer Krise, die nicht von einem Tag auf den anderen zu Ende sein wird. Die quantifizierten Ziele für diese Strategie für 2020 – die Erhöhung der Beschäftigungsquote, die Senkung der Armutsrate usw. – sind nur fromme Wünsche, weil das gleiche Modell angewendet wird wie bei der Strategie von Lissabon, die gescheitert ist.
Europa ist mit einer Krise konfrontiert, die ein Projekt erfordert, das viel visionärer und politischer ist, ein Projekt mit neuen Ideen, die in dieser Strategie für 2020 vollkommen fehlen.
Ich möchte eine dieser Ideen hervorheben. Sollten wir nicht endlich ein Ziel formulieren, um die kulturelle Vielfalt Europas, ein Wert auf dem die EU begründet ist, zu stärken, welche das Rohmaterial für die wirtschaftliche Entwicklung unseres Europas bereitstellen könnte, wie es auf keinem anderen Kontinent der Fall wäre, und zwar durch die Nutzung immaterieller Werte, wie die Kulturwirtschaft, und materieller Wirtschaftsgüter, wie unsere regionalen Spezialitäten?
Hinzu kommt, dass eine strategische Vision entwickelt wird, die sich fast vollständig auf die Mitgliedstaaten konzentriert. Diese Staaten, mit ihren Grenzen, traditionellen Denkweisen und zentralisierten Verwaltungen konservieren Europa jedoch weiterhin, als wäre es in Aspik eingelegt.
In der zukünftigen Strategie für die EU wird eine größere regionale Dimension benötigt. Makro-regionale Strategien, die die Flächennutzungspolitik um die lebenswichtigen, natürlichen Wasserreservoire reorganisieren, die auch kulturelle und historische Zentren sind – die Ostsee, der westliche Mittelmeerraum, die Donau, die Alpen, der Atlantische Bogen usw. – müssen auch gefördert werden.
Dieser Ansatz wird zum Beispiel schrittweise im Ostseeraum angewandt, aber er wurde nicht in der Strategie für 2020 aufgegriffen und könnte daher im Keim erstickt werden, wenn die Mittel für seine Umsetzung freigegeben werden sollen. Die uns vorgestellte Strategie für 2020 ist daher unserer Ansicht nach geprägt durch einen sehr klassischen und technokratischen Ansatz; ihr fehlt die politische Vision.
Zbigniew Ziobro (ECR). – (PL) Die „Europa 2020“-Strategie ist ein Dokument, das festlegen soll, in welche Richtung sich die EU im kommenden Jahrzehnt entwickeln soll. Damit dieses Dokument jedoch nicht das Schicksal der Strategie von Lissabon teilt, muss es realistischer sein und sich stärker an den Ambitionen der Mitgliedstaaten orientieren. Vor diesem Hintergrund sollten wir die Abänderungen an dem Vorschlag der Kommission, die das Parlament angenommen hat und welche sich insbesondere auf die Stärkung des Gemeinsamen Marktes, die Reduzierung des Protektionismus, die Fortsetzung der Kohäsionspolitik und die Unterstützung der Landwirtschaft beziehen, zu schätzen wissen.
Es besteht jedoch, und das muss immer noch betont werden, die Notwendigkeit einer faireren Klimapolitik, oder anders gesagt, einer Klimapolitik, die aufgrund ihrer übermäßigen Belastungen nicht zur Folge hat, dass die Länder Mittel- und Osteuropas immer die armen Verwandten der Europäischen Union bleiben werden.
Schließlich möchte ich darauf hinweisen, dass das zentrale Konzept der Strategie der Europäischen Union die Innovation ist, aber wir sollten nicht vergessen, die Kohäsionspolitik fortzusetzen und die Landwirtschaft zu unterstützen, weil diese den ärmeren Regionen ermöglichen, das Entwicklungsgefälle zu überwinden.
Mario Borghezio (EFD). – (IT) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Meiner Meinung nach ist eine Industriepolitik, die sich ausschließlich auf international operierende Unternehmen und Unternehmen, die fortschrittliche Technologien nutzen, konzentriert, nicht der beste Weg zum Erfolg. Wir dürfen nicht den gesamten Bereich der kleinen und mittleren Unternehmen vergessen, einschließlich kleiner Produzenten und Händler. Die Innovationspolitik sollte auch auf sie ausgerichtet sein.
Insbesondere sollte diese Strategie Konditionen garantieren, durch die Klein- und Mittelbetriebe auf gleicher Ebene mit ihren Wettbewerbern außerhalb der EU agieren können, und zwar mithilfe der Einführung von Schutzklauseln und starken, wirksamen Maßnahmen zur Bekämpfung des sehr ernsthaften Problems der Produktfälschung, einschließlich effektiver handelspolitischer Schutzinstrumente. Es ist wichtig, dass die Umsetzung der „Europa 2020“-Strategie nicht nur in den Händen der Kommission liegt, sondern auf verschiedenen Ebenen, einschließlich der nationalen und makroregionalen Ebene.
Wir müssen beginnen, eine Politik und Strategie zu entwerfen, die sich auf die lokale Ebene konzentriert und auf die Realität der verarbeitenden Industrie vor Ort, und ich möchte an dieser Stelle betonen, dass es notwendig ist, der Situation der verarbeitenden Industrie in Padanien Aufmerksamkeit zu schenken. Anders gesagt fordern wir, dass der tatsächlichen Situation der verarbeitenden Industrie vor Ort größere Aufmerksamkeit gewidmet wird, insbesondere den Klein- und Mittelbetrieben, die, wie ich bereits gesagt habe, das Rückgrat der verarbeitenden Industrie in jedem Land Europas sind und auf denen deswegen die wahre Hoffnung für die Zukunft der verarbeitenden Industrie und für die Entwicklung der Europäischen Union liegt.
Bendt Bendtsen (PPE). – (DA) Herr Präsident! Unser Ziel war es „der wettbewerbsfähigste und am stärksten wissensbasierte Wirtschaftsraum der Welt“ zu werden, aber das ist nicht eingetreten. Die Herausforderungen, vor denen Europa in den kommenden Jahren stehen wird, sind gewaltig. Die Probleme, die wir gegenwärtig in Griechenland beobachten und die wir vielleicht in Kürze auch in zahlreichen anderen Ländern beobachten werden, resultieren aus zwei Problemen: der mangelnden Wettbewerbsfähigkeit in Europa und der Tatsache, dass wir Europäer über unsere Verhältnisse gelebt haben, anders gesagt, wir haben mehr Geld ausgegeben, als wir verdient haben, und wir haben mehr Geld ausgegeben, als durch unsere Produktivität verdient werden konnte.
Viele Wirtschaftswissenschaftler machen die Wirtschaft gerne komplizierter als sie ist, aber die Erklärung ist ziemlich einfach: Die Märkte haben einfach ihren Glauben daran verloren, dass die hochverschuldeten Länder Europas sich auf dem Markt behaupten und ihren Verpflichtungen nachkommen können – das ist der Grund für all dies. Europas größtes Problem ist, wie ich bereits gesagt habe, seine mangelnde Wettbewerbsfähigkeit, und das ist das Problem, das die Strategie für 2020 in Angriff nehmen soll. Wir müssen unsere Wettbewerbsfähigkeit im Vergleich zu anderen Ländern erhöhen und die Mitgliedstaaten müssen ihre Volkswirtschaften in Ordnung bringen und gleichzeitig auch in die Zukunft investieren.
Es könnte in der Tat notwendig sein, Kürzungen bei den sogenannten sozialen Dienstleistungen vorzunehmen, um das Geld für Bildung und Forschung einzusetzen. Klein- und Mittelbetriebe sind das Rückgrat der europäischen Wirtschaft. Daher müssen wir sie in dieser Strategie ernst nehmen. Es fehlt ihnen an Kapital und es ist schwierig für sie, sich Geld zu leihen. Wir müssen etwas dagegen tun. Viele Klein- und Mittelbetriebe sind von öffentlichen Ausschreibungen ausgeschlossen, sowohl in den Mitgliedstaaten als auch von öffentlichen Ausschreibungen der EU, wo große Unternehmen bevorzugt werden.
Abschließend möchte ich gerne sagen, dass bürokratische Hürden auch etwas sind, womit wir die ganze Zeit zu kämpfen haben. Die Verwaltungsvorschriften, die wir festlegen, sind natürlich für kleine Unternehmen, die sehr wenige Beschäftigte haben, eine größere Belastung. Wir müssen Klein- und Mittelbetrieben endlich helfen, sich den Exportmarkt zu erschließen.
Sergio Gaetano Cofferati (S&D). – (IT) Herr Präsident, Herr Kommissar, meine Damen und Herren! Ich glaube, wir laufen momentan ernsthaft Gefahr, uns alleinig auf die Krise zu konzentrieren. Nach der Einleitung der Maßnahmen zur Errichtung des Rettungsfonds für den Euro, um den Ländern zu helfen, die sich in Schwierigkeiten befinden, und um Spekulationen zu stoppen, haben sich die Diskussionen in diesem Parlament vor allem auf die Themen Erneuerung und Stabilität konzentriert und dabei alle anderen Themen vernachlässigt. Dies sind Themen für die Mitgliedstaaten.
Wir haben unsere Aufmerksamkeit auf so enge Themengebiete gerichtet, dass die Probleme des Finanz- und Bankensystems und damit verbundene Probleme der Überwachung und Regulierung beiseitegeschoben und vergessen worden sind. Ich bin jedoch der festen Überzeugung, dass wir bei der Formulierung unserer Strategie Augenmaß bewahren müssen. Es ist kein Zufall, dass man dem Pakt den Namen „Stabilitäts- und Wachstumspakt“ gegeben hat. Noch treffender wäre der Titel „Stabilitätspakt für Wachstum“.
Wir müssen wieder anfangen, über Wachstum und Entwicklung zu sprechen. Dies ist der beste Weg, Spekulationen zu stoppen und stattdessen aufrichtigen Investoren wieder Vertrauen zu schenken. Ohne Vorschläge in Bezug auf Wachstum – ich denke hierbei an die Einheitlichkeit der Steuer, von der Herr Monti gesprochen hat; Investitionsmittel; die Emission von Eurobonds und Kohäsionsinstrumente, da die Kohäsion ein wichtiger Faktor für die Wettbewerbsfähigkeit ist – wird es sehr schwierig, dieses positive Klima zu schaffen, insbesondere zu diesem Zeitpunkt.
Olle Schmidt (ALDE). – (SV) Herr Präsident! Die jüngsten Ereignisse haben uns gezeigt, wie wichtig ein gesunder Staatshaushalt ist. Es ist daher, gelinde gesagt, seltsam, dass der Berichterstatter, Herr Hoang Ngoc, die strikten Bedingungen, die nach dem Stabilitäts- und Wachstumspakt erfüllt werden müssen, abschwächen oder sogar streichen will. Die Wahrheit ist, dass es, ganz im Gegenteil, für die EU jetzt entscheidend ist, sich darauf zu konzentrieren, ihre außer Kontrolle geratenen Schulden wieder unter Kontrolle zu bringen. Andernfalls könnte die Zukunft sogar noch furchteinflößender sein.
Ich war in den 1990er Jahren ein Mitglied des schwedischen Parlaments, des Riksdag, und ich war Mitglied des Ausschusses für Finanzen, als unsere öffentlichen Finanzen zusammenbrachen. Ich bin nicht besonders stolz darauf, aber es ist wahr: für eine gewisse Zeit hatten wir Zinssätze in Höhe von 500 %! Sie steuerten auf 2000 % zu, was bedeutete, dass wir uns auf einem guten Weg zum Status einer Bananenrepublik befanden, aber selbst die Zinssätze von 500 % reichten nicht aus – unsere Währung stürzte ab und George Soros gewann.
Das schwedische Volk hat harte Zeiten durchgemacht, aber, Herr Hoang Ngoc, wir haben eine Sache gelernt, nämlich unsere Finanzen in Ordnung zu halten. Das Gleiche gilt für Europa – Ordnung sorgt für Stabilität und Wachstum.
Michail Tremopoulos (Verts/ALE). – (EL) Europa ist heute immer noch mit einer mehrdimensionalen Krise konfrontiert, die sich besonders negativ auf die Beschäftigungssituation und Menschen mit niedrigem Einkommen auswirkt. In der Anfangszeit der Europäischen Union gab es nur dort Armut, wo keine Arbeit war. Heute sind 9,6 % der Europäer arbeitslos und 8 % der Arbeitnehmer leben von Einkommen unterhalb der Armutsgrenze. Wie sind die Aussichten für 2020?
Diese Kombination aus Arbeitslosigkeit und Armut wird noch dadurch verschärft, dass Entlassungen sehr leicht vorgenommen werden können. Auf europäischer Ebene gibt es keinen Schutz gegen Entlassungen und die nationalen Rechtsvorschriften werden abgeschwächt, wie es auch in Griechenland geschehen ist. All dies passiert im Jahr zur Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung.
Wir brauchen daher einen Mindestrahmen für Abschreckungsmaßnahmen gegen Entlassungen. Es wurden Vorschläge gemacht. Es wäre ein Anfang, wenn man die Massenentlassungen von Unternehmen, die im gleichen Land einen Gewinn verbuchen, als missbräuchliche Praxis anerkennen würde. Die logische Konsequenz wäre, sie von europäischen Subventionen auszuschließen und ihnen höhere Steuern und Geldbußen aufzuerlegen und die Rückzahlung von geleisteten Finanzierungsleistungen von ihnen zu verlangen. Es stellt sich die Frage: Beinhaltet die Pflicht der Unternehmen, als Teil der Gesellschaft zu fungieren auch ihre soziale Verantwortung oder sehen sie es als akzeptabel an, in Konkurrenz zu den Arbeitnehmern zu stehen?
Vicky Ford (ECR). – Herr Präsident! Ich begrüße viele der Ziele der Strategie „Europa 2020“: die Schwerpunktsetzung auf Wachstum von innovativen Unternehmen, auf nachhaltiges Wachstum und auf hohe Beschäftigungsquoten. Um dies zu erreichen, darf die EU jedoch nicht nur große Reden schwingen: wir müssen auf Worte Taten folgen lassen.
Zum Beispiel müssen wir bei der Durchführung der erforderlichen Reformen der Finanzdienstleistungen auch an die innovativen Unternehmen denken, und diese Arbeitgeber brauchen Zugang zu Kapital auf den globalen Märkten. Auch unsere Mitgliedstaaten müssen Zugang zu diesen globalen Kapitalmärkten bekommen und während alle Augen auf den europäischen Stabilisierungsfonds gerichtet sind, und darauf, ob er schon eine Reduzierung der unmittelbaren Volatilität erreicht hat, wird langfristiges Vertrauen im Grunde genommen nur dann geschaffen werden können, und das gilt auch für ehrgeiziges Wachstum, wenn unsere Schulden unter Kontrolle gebracht werden und die öffentlichen Finanzen selbst nachhaltig sind.
Johannes Hahn, Mitglied der Kommission. − Herr Präsident! Ich glaube, die heutige Debatte zeigt und belegt, dass sie einen wesentlichen Beitrag zur Strategieentwicklung leisten kann und soll. Ich möchte aufgrund meiner Ressortzuständigkeit insbesondere den Herren van Nistelrooij und Cortés Lastra für ihre Berichte danken und all denjenigen, die hier intensiv mitgearbeitet haben, weil sie ganz wesentlich auf die Gestaltung der Regionalpolitik Einfluss nehmen werden und weil in beiden Berichten auch herausgearbeitet wurde, wie wichtig es ist, alle Regionen in Europa zu betrachten, und dass Regionalpolitik eben eine Politik für alle Regionen sein muss, sein kann und auch in Zukunft sein soll.
Beide Berichte belegen letztlich die positiven Effekte dieser Maßnahme, und so danke ich gerade Herrn Cortés Lastra für diesen wesentlichen Beitrag und den Hinweis, was die Lissabon-Strategie letztlich bei aller Kritik zu leisten imstande war und dass es letztlich nicht nur der Gedanke, sondern die konsequente Umsetzung des Konzepts des Earmarking war, die hier zu wesentlichen Effekten führte, gerade im Bereich Innovation und Forschung.
Wenn Frau Schroeder gemeint hat, das ist sozusagen ein Wermutstropfen, dann muss man sagen, man muss natürlich eine Vorgabe geben. Aber die Regionen, die lokalen Strukturen und letztlich alle individuellen Projektabwickler haben, hatten und werden auch in Zukunft die Möglichkeit haben, unter einem Dach individuelle Projekte und Zielsetzungen zu verfolgen. Aber wir brauchen natürlich Schwerpunktsetzungen und Prioritäten, und das ist der Gedanke des Earmarking, aber mit einem Bottom-up- und Top-down-Ansatz gemeinsam kann man hier eigentlich sehr viel erreichen.
Auch der von mir vor kurzem präsentierte strategische Bericht über die Berichte der 27 Mitgliedstaaten über den bisherigen Stand der Umsetzung der laufenden Programmperiode zeigt ja letztlich, wie nachhaltig und sinnvoll das Earmarking ist, denn von den bisher zugewiesenen 93 Milliarden Euro sind 63 Milliarden für Lissabon-Ziele aufgewendet worden, d. h. für Forschung, Innovation und Investitionen in die Ausbildung von Menschen, und letztlich auch für den Bereich Transport und Infrastruktur im weitesten Sinne.
Regionalpolitik – und das wurde im Bericht van Nistelrooij sehr gut herausgearbeitet – ist ein Innovationsmotor, der imstande ist, Dinge weiterzubringen, die europäische Gesellschaft letztlich global wettbewerbsfähig zu machen und zu halten. Es ist nachgewiesen worden, dass von den über 450 operativen Programmen alleine 246 Forschung und Innovation als Schwerpunkt haben und damit ganz deutlich zum Ausdruck bringen, dass Schwerpunkte wie Forschung und Entwicklung notwendig sind und dass daran festgehalten wird.
Daher war es naheliegend, in der aktuellen Programmperiode allein 86 Milliarden Euro für diesen Bereich bereitzustellen, drei Mal mehr als in der Periode 2000-2006. Es gilt aber natürlich, gerade im Bereich Forschung und Innovation bessere Abstimmungen herbeizuführen. Es besteht kein Gegensatz zwischen Exzellenz und einer breiten geographischen Streuung. Was unser Ziel sein muss, ist brain circulation und nicht brain drain aus einigen oder vielen Regionen in einige wenige. Wir müssen im Gegenteil sicherstellen, dass es gerade im Bereich Forschung, Innovation und Entwicklung zu einer Zirkulation des Wissens und der damit befassten Menschen kommt.
Eine der großen Zielsetzungen muss es letztlich sein, gerade wenn wir schon an die nächste Programmperiode denken, von der reinen Performance-Orientierung, sprich also der korrekten finanziellen Abwicklung zu einer stärker ergebnisorientierten Betrachtungs- und Herangehensweise zu kommen, und das muss einer der großen Fortschritte von EU 2020 im Vergleich zu Lissabon sein, dass wir wirklich imstande sind, von europäischen Zielen auf nationale, regionale und letztlich auch auf lokale Ziele herunterzubrechen und damit auch die Strategien greifbar, sichtbar und nachvollziehbar zu machen.
Eine letzte Bemerkung: Regionalpolitik ist in meinem Verständnis Investitionspolitik, ein Investieren in alle Regionen. Letztlich profitieren alle Regionen von gelungenen Investitionen in die einzelnen Regionen, denn wir müssen uns immer wieder in Erinnerung rufen: Zwei Drittel der europäischen Exporte jedes einzelnen europäischen Mitgliedstaats gehen in die Europäische Union, also in die anderen 26 Länder, d. h. wenn es diesen Ländern gut geht, dann geht es dem 27. Mitglied auch gut. Das muss eine Zielsetzung sein, und wenn wir auch heute diskutieren, wie wir der Krise begegnen können, dann ist auf der einen Seite natürlich die Sanierung der Haushalte ein Thema, aber auf der anderen Seite muss das Wachstum ein wesentliches Element darstellen, denn nur so können wir à la longue erfolgreich aus der Krise herauskommen, und dazu kann letztlich Regionalpolitik einen wesentlichen Beitrag leisten.
László Andor, Mitglied der Kommission. – Herr Präsident! Es gibt fünf plus zwei Fragen, die sich auf wirtschaftspolitische Steuerung und auf „Europa 2020“ beziehen. Ich werde mein Bestes tun, um diese Fragen in fünf Minuten zu beantworten, und um dies zu tun, werde ich statt meiner Muttersprache Englisch sprechen.
Meine Damen und Herren Abgeordnete, die erste Frage bezieht sich darauf, wie die Kommission gedenkt, die Überwachung der wirtschaftspolitischen Leitlinien zu stärken und wie sie eine aktive Beteiligung der nationalen Parlamente und des Europäischen Parlaments im multilateralen Überwachungsprozess sicherstellen wird.
In meiner Antwort auf diese erste Frage möchte ich auf die Mitteilung der Kommission zu „Europa 2020“ verweisen, in der die Kommission vorschlägt, dass das Europäische Parlament eine wichtige Rolle spielen sollte, nicht nur in seiner Eigenschaft als Mitgesetzgeber, sondern auch als treibende Kraft für die Mobilisierung der Bürgerinnen und Bürger und der nationalen Parlamente. Die Kommission betont auch die Bedeutung der Schaffung eines ständigen Dialogs zwischen verschiedenen Regierungsebenen, einschließlich der nationalen, regionalen und kommunalen Behörden und der nationalen Parlamente sowie der Sozialpartner und Vertretern der Zivilgesellschaft.
Die zweite Frage betrifft den Stabilitäts- und Wachstumspakt und die Zusatzinstrumente, die die Kommission zur Ergänzung dieses Pakts vorsieht. Hier möchte ich mich auf unsere Mitteilung über die Stärkung der wirtschaftspolitischen Koordinierung beziehen, die wir letzte Woche verabschiedet haben. In dieser Mitteilung legt die Kommission Vorschläge zur besseren Einhaltung des Stabilitäts- und Wachstumspakts und einer stärkeren finanzpolitischen Koordinierung vor. Insbesondere will die Kommission die haushaltspolitische Überwachung und die politische Koordinierung vorausschauender gestalten. Gerade im Euroraum scheint ein umfassenderer Ansatz zur Bewertung der Haushaltspolitiken gerechtfertigt, einschließlich einer tiefgreifenderen Überprüfung der Schwächen der nationalen Haushaltspläne vor ihrer Verabschiedung. Ferner könnte das Verfahren bei einem übermäßigen Defizit verbessert werden, um den Mitgliedstaaten die richtigen Anreize zu geben, um gegen ihre Haushaltsungleichgewichte vorzugehen, indem man die einzelnen Verfahren beschleunigt, insbesondere im Hinblick auf Mitgliedstaaten, die wiederholt gegen den Pakt verstoßen. Die Kommission schlägt außerdem vor, den makroökonomischen Präventionsrahmen für die Mitgliedstaaten des Euroraums durch die Schaffung eines permanenten Krisenrahmens zu stärken. Im Rahmen des vorgeschlagenen Mechanismus könnte die EU Schuldtitel ausgeben, um Notkredite für Mitglieder des Euroraums, die sich in einer Notlage befinden, zu finanzieren.
Die dritte Frage betrifft die Unterschiede zwischen den beiden Mitteilungen der Kommission: einerseits der Mitteilung über die öffentlichen Finanzen in der WWU 2006 vom Juni 2006 und andererseits dem Bericht von 2008 zum zehnjährigen Bestehen der WWU. Die politischen Empfehlungen, die wir 2006 gemacht haben, haben sich auf die Veränderungen konzentriert, die die Reform des Pakts 2005 herbeigeführt hat. Der Bericht von 2008 zum zehnjährigen Bestehen der WWU stimmt mit dem, was zu der Zeit geschrieben worden ist, überein, zum Beispiel in Bezug auf die Bedeutung der langfristigen Nachhaltigkeit, in Bezug auf die Notwendigkeit der Schaffung von Anreizen in guten Zeiten und in Bezug auf die positive Rolle von nationalen finanzpolitischen Rahmen. Gleichzeitig erfordern die Lektionen aus über zehn Jahren Wirtschafts- und Währungsunion und die jüngsten Auswirkungen der Krise eine überarbeitete, aber dennoch einheitliche Beurteilung. Die letzte Woche verabschiedete Mitteilung über die Verstärkung der wirtschaftspolitischen Koordinierung konzentriert sich darauf, den Pakt im Hinblick auf seine präventive und korrektive Komponente rigoroser zu machen. In ihr werden auch vor dem Hintergrund der neuen Möglichkeiten, die der Vertrag von Lissabon bietet, detaillierte Vorschläge gemacht.
Wir schlagen die Stärkung des Rahmens des Stabilitäts- und Wachstumspakts vor, sowohl in Bezug auf seine präventive als auch seine korrektive Komponente; die Ausweitung der Überwachung der makroökonomischen Ungleichgewichte und der Entwicklung der Wettbewerbsfähigkeit im Euroraum; die Einführung eines „Europäischen Semesters“ für eine vorab besser integrierte Koordinierung der Wirtschaftspolitik; und schließlich, die Erarbeitung eines robusten und ständigen Krisenbewältigungsmechanismus für in finanzielle Schwierigkeiten geratene Mitgliedstaaten des Euroraums.
Die vierte Frage bezieht sich auf die Arbeitsgruppe, die der Europäische Rat im März 2010 zur Verbesserung der wirtschaftspolitischen Steuerung in der Union eingerichtet hat. Die Kommission wird im Interesse der EU auf konstruktive Weise und unter vollständiger Wahrung ihres Initiativrechts mit der Arbeitsgruppe zusammenarbeiten. Die letzte Woche veröffentlichte Mitteilung stellt bereits einen bedeutenden Beitrag für die Arbeitsgruppe dar. Das Europäische Parlament ist in diesem Zusammenhang natürlich ein sehr wichtiger Akteur in der Reform der Wirtschaftsführung der EU. Durch seine Arbeit und die Berichte in den zuständigen Ausschüssen – insbesondere den Ausschüssen zur Wirtschaftskrise – hat das Parlament bereits wertvolle Beiträge zur Arbeit der Arbeitsgruppe geleistet.
Die fünfte und letzte Frage betrifft das Vertrauen in die europäischen Banken und Finanzmärkte und in das europäische Projekt im Allgemeinen, das wieder hergestellt werden muss. Ich werde das sehr schnell zusammenfassen, weil es ein umfassendes Thema ist. Ich denke, dass es hier drei wichtige Themen gibt, die hervorgehoben werden müssen. Erstens: die Wichtigkeit der finanziellen Regulierung, um ein viel sichereres Finanzsystem zu schaffen. Zweitens: Die Regeln für finanzpolitische Stabilität müssen sehr klar, transparent und für alle verständlich sein. Und drittens: Das Wachstumspotenzial in Europa muss wieder hergestellt werden. Aus diesem Grund spielt „Europa 2020“ auch in diesem Zusammenhang eine wichtige Rolle. Diese Elemente sind meiner Ansicht nach bei der Wiederherstellung des Vertrauens in das europäische Projekt genauso wichtig.
Das bringt mich zu den beiden Fragen zur „Europa 2020“-Strategie. In Übereinstimmung mit den Schlussfolgerungen der Frühjahrstagung des Europäischen Rates, insbesondere bezüglich der Kernziele für die „Europa 2020“-Strategie, hat die Kommission begonnen, mit den Mitgliedstaaten an der Festlegung nationaler Zielvorgaben zur Unterstützung der Kernziele zu arbeiten. Um diese Arbeit zu unterstützen, hat die Arbeitsgruppe Indikatoren des Beschäftigungsausschusses zwei alternative Ansätze entwickelt, die zeigen, was jeder Mitgliedstaat tun müsste, um sicherzustellen, dass die EU das 75 %-Ziel in Bezug auf die Beschäftigungsquote erfüllt.
In der letzen April- und der ersten Maiwoche haben die Kommission und der Ratsvorsitz eine Runde von bilateralen Gesprächen abgehalten, um erste Ideen für potentielle nationale Ziele der Strategie auszutauschen. Diese Gespräche waren sehr ergiebig und haben uns erlaubt, uns einen ersten Eindruck darüber zu verschaffen, wo die Mitgliedstaaten stehen, und die besonderen wirtschaftlichen Umstände jedes einzelnen Mitgliedstaats zu verstehen. Die bilateralen Treffen haben gezeigt, dass die meisten Mitgliedstaaten die Kernziele nachdrücklich unterstützten und bereit waren, ehrgeizige nationale Zielvorgaben festzulegen, um die auf der Frühjahrstagung des Rates festgelegten Kernziele zu erfüllen. Die Kommission wird auf der Basis des Gesamtergebnisses dieser Treffen die Ergebnisse zusammentragen, die daraufhin als Beitrag für die verschiedenen Zusammensetzungen des Rates im Mai und Juni dienen werden. Falls es Diskrepanzen zwischen den Zielvorgaben der EU und den nationalen Zielvorgaben insgesamt gibt, wollen wir die Diskussion mit den Mitgliedstaaten fortsetzen, um zu ermitteln, wie sich die EU durch Maßnahmen auf nationaler oder EU-weiter Ebene an die Zielvorgaben annähern kann. Der Europäische Rat hat mitgeteilt, dass er die Kernziele im Juni auf Grundlage der weiteren Arbeit überprüfen will.
Es besteht besonderes Interesse an einer Erklärung zum Ziel Armutsbekämpfung, wenn Sie erlauben. Der Frühjahrsrat hat die Kommission aufgefordert, den Mitgliedstaaten dabei zu helfen, geeignete Indikatoren zu bestimmen, um die Kernziele der EU für soziale Eingliederung, besonders durch die Reduzierung der Armut, zu stützen. Nachdem sie von den Bedenken mehrerer Mitgliedstaaten erfahren hat, hat die Kommission einen möglichen Kompromissvorschlag gemacht. Der Vorschlag basiert auf drei wichtigen Armutsindikatoren in der EU, nämlich: dem Verarmungsrisiko; der materiellen Entbehrung; und der Zahl der von Arbeitslosigkeit betroffenen Haushalte. Zusammengenommen geben sie den vielschichtigen Charakter der Armut und die ganze Bandbreite der Situationen in den Mitgliedstaaten wieder. Während zahlreiche Delegationen ihre Unterstützung für den Vorschlag der Kommission im Ausschuss für Sozialschutz ausgedrückt haben, bestehen andere darauf, zu den Zielvorgaben der EU auch eine arbeitsmarktpolitische Dimension hinzuzufügen. Die Kommission sucht intensiv nach möglichen Lösungen.
Zur Governance: Ich möchte Ihnen versichern, dass wir großen Wert auf Ihre Beteiligung an der neuen Strategie und auf Ihre Beiträge legen. Präsident Barroso hat verdeutlicht, dass eine stärkere Beteiligung des Parlaments an „Europa 2020“ eines der wichtigsten Ziele in seiner zweiten Amtszeit ist. Wir tun unser Bestes, um sicherzustellen, dass das Parlament genug Zeit hat, um sich dieses Jahr eine Meinung bilden zu können. Ich persönlich werde mich dafür einsetzen, Ihnen dabei auf jede mögliche Weise zu helfen. Wir müssen alle wichtigen Institutionen der EU mit einbeziehen, wenn das notwendige politische Verantwortungsbewusstsein geweckt werden und die Strategie erfolgreich sein soll.
Was die allgemeine und die berufliche Bildung anbetrifft, die Gegenstand der zweiten Frage zu „Europa 2020“ sind, möchte ich Folgendes sagen: Bereits in ihrem Konjunkturprogramm vom November 2008 hat die Kommission die Mitgliedstaaten aufgefordert, weiterhin in die allgemeine und berufliche Bildung zu investieren, und wir werden diesen Schwerpunkt beibehalten. Im Allgemeinen haben die Mitgliedstaaten positiv auf den Aufruf reagiert, ihre Konjunkturmaßnahmen auf intelligente Investitionen in zukünftiges Wachstum zu konzentrieren. Viele Regierungen haben weder die Studienförderung noch die Studienplätze reduziert. Ganz im Gegenteil, viele Konjunkturprogramme schließen Maßnahmen zur Unterstützung einer breiteren Beteiligung an Bildung ein, insbesondere an der Hochschulbildung. Trotz der Krise sind die für 2010 angekündigten Bildungsetats in vielen Mitgliedstaaten konstant geblieben oder haben sich erhöht. Es gibt jedoch in einigen Ländern Anzeichen für geplante Kürzungen von Bildungsetats.
Wir sollten daran denken, dass einige Regierungen bereits vor Ausbruch der Krise umfassende Kürzungen der öffentlichen Haushalte geplant und in einigen Fällen umgesetzt hatten. Viele dieser Kürzungen betrafen die Bildung. Andere Mitgliedstaaten suchen nach Wegen, um ihre Finanzierungsquellen zu diversifizieren. Die Kommission wird diese Vorgänge weiterhin genau beobachten. In einigen Ländern werden sich erst jetzt finanzielle Engpässe ergeben. Wir werden die allgemeinen Staatshaushalte sowie die Effizienz von Investitionen überwachen.
Auf europäischer Ebene und innerhalb des bestehenden mehrjährigen Finanzrahmens beabsichtigt die Kommission, Maßnahmen zur Unterstützung der Ziele von „Europa 2020“ Priorität einzuräumen. Die Förderung des Konjunkturaufschwungs, Investitionen in Europas Jugend und der Aufbau der Infrastruktur für die Zukunft sind die Prioritäten des Entwurfs des Haushaltsplans 2011, den die Kommission vor Kurzem verabschiedet hat. Die Unterstützung der Vorreiterinitiative „Jugend in Bewegung“ bedeutet eine Stärkung der Programme „Lebenslanges Lernen“ und „Jugend in Aktion“ sowie der Maßnahmen „Marie Curie“ und „Erasmus für Unternehmer“.
Wir sollten nicht vergessen, dass wir auch durch die Strukturfonds auf diesem Gebiet intervenieren. Der Europäische Sozialfonds, der für den Zeitraum 2007-2013 mit einem Haushalt von 76 Mrd. EUR ausgestattet ist, hilft jungen Menschen bei ihrem Übergang von der Ausbildung in die Arbeitswelt. Außerdem hilft er Menschen dabei, wieder eine Ausbildung zu beginnen, um ihre Fähigkeiten wieder aufzufrischen und zu erweitern. Etwa ein Drittel der Begünstigten, die Mittel aus dem Europäischen Sozialfonds beziehen, sind junge Menschen. Der Fonds stellt außerdem 8,3 Mrd. EUR, also ungefähr 11 % seines Gesamthaushalts, für die Reform der Systeme der allgemeinen und beruflichen Bildung der Mitgliedstaaten bereit.
All dies zeigt, dass die Strategie „Europa 2020“ das Konzept der wissensbasierten Wirtschaft unterstützt, und dass die allgemeine und berufliche Bildung im Zentrum dieses Konzepts stehen. Wir werden sicherstellen, dass wir über die entsprechenden Mittel verfügen, um unsere Ziele zu erreichen.
David Casa (PPE). – (MT) Es ist besorgniserregend, dass die Wirtschaftskrise langfristige Auswirkungen haben wird. Wenn das Durchschnittsalter der Bevölkerung steigt, wird auch die Herausforderung für die Mitgliedstaaten größer werden, eine nachhaltige Entwicklung auf dem Gebiet der sozialen Dienstleistungen sicherzustellen. Auch wenn ich verstehen kann, dass die öffentlichen Ausgaben diversifiziert werden müssen, damit Europa seine Vision für 2020 verwirklichen kann, denke ich auch, dass diese Ausgaben zur nationalen Finanzpolitik gehören müssen. Das Sinken der Geburtenraten und eine immer älter werdende Bevölkerung machen einen Politikwechsel erforderlich, wenn wir die finanzpolitische Nachhaltigkeit sicherstellen wollen. Zusätzlich müssen auch die steigenden Rentenansprüche und der steigende Bedarf an medizinischer Versorgung berücksichtigt werden.
Im Hinblick auf die demographische Entwicklung braucht die Europäische Union eine Motivationsstrategie für ältere Bürgerinnen und Bürger, um sie über einen längeren Zeitraum in Beschäftigung zu halten. Es ist entscheidend, dass wir solche Strategien unter Berücksichtigung der spezifischen Anforderungen in den verschiedenen Mitgliedstaaten prüfen. Wir können kein Einheitskonzept anwenden. Jeder einzelne Fall verdient unsere besondere Aufmerksamkeit. Daher ist es wichtig, dass es mehr Beschäftigte auf dem Arbeitsmarkt gibt, und dass wir die Möglichkeiten für qualifizierte Arbeitsplätze erhöhen. Dies wird nicht nur die Abhängigkeit von Sozialdienstleistungen reduzieren, sondern außerdem eine höhere Zahl an Beitragenden sicherstellen, die in diese Systeme einzahlen.
Was das Thema Beschäftigung und Ausbildung betrifft, so ist es entscheidend, dass sich die Europäische Union auf eine aktive und integrative Beschäftigungspolitik konzentriert, d. h. dass sie das volle Potential all jener, die arbeiten können, insbesondere von Frauen, ausschöpft, um die Integration derjenigen, die sich am meisten von der Arbeitswelt entfremdet haben, zu fördern und ihnen alle notwendigen Instrumente zur Verfügung zu stellen, die ihnen dabei helfen, erfolgreich zu sein. Herr Kommissar! Nachdem wir uns schon einige Wochen in unseren jeweiligen Ämtern befinden, ist es nun an der Zeit, die Ärmel hochzukrempeln und an die Arbeit zu gehen, damit diese Ziele, die die Beschäftigung in der Europäischen Union erhöhen werden, erreicht werden.
Ole Christensen (S&D). – (DA) Herr Präsident! Jeden Tag gehen Tausende von Arbeitsplätzen in Europa verloren, und die „Europa 2020“-Strategie soll die Antwort der EU auf zukünftige Herausforderungen auf diesem Gebiet sein und darauf, wie wir unsere Wettbewerbsfähigkeit erhalten und stärken können, damit wir Wachstum und mehr Arbeitsplätze schaffen können. Wir müssen uns für einen Weg entscheiden, den wir gehen wollen: Ob wir auf der Grundlage von geringen Löhnen und schlechten Arbeitsbedingungen im Wettbewerb stehen wollen oder auf der Grundlage von Wissen und Fähigkeiten, hochwertigen grünen Arbeitsplätzen und guten Bedingungen auf dem Arbeitsmarkt.
In dieser Hinsicht ist die einseitige Konzentration der Kommission auf Flexibilität im Flexicurity-Modell etwas besorgniserregend. Dadurch erreichen wir gar nichts. Die Menschen müssen sicher sein, um flexibel sein zu können. Es muss irgendeine Form der Unterstützung geben, von der die Menschen leben können, wenn sie ihre Arbeitsplätze verlieren. Es müssen Weiterbildungsmaßnahmen ermöglicht werden, damit die Menschen sich flexibel auf dem Arbeitsmarkt bewegen können, um die besten Beschäftigungsmöglichkeiten zu finden. In den Mitgliedstaaten sind Investitionen notwendig, aber es müssen Investitionen sein, die sich langfristig auszahlen.
Die Kommission muss mehr tun, um gegen Sozialdumping vorzugehen. Jeder, der wegen einem Arbeitsplatz von einem Land in ein anderes umzieht, sollte unter den Bedingungen arbeiten, die im neuen Land gelten. Die Kommission muss sicherstellen, dass die Vorschriften für Wanderarbeitnehmer für jeden gelten – Vorschriften, die auf EU-Ebene Anwendung finden -, und dass die Regeln des Binnenmarkts keinen Vorrang vor den Vorschriften, die die Rechte der Arbeitnehmer regeln, haben dürfen.
Marian Harkin (ALDE). – Herr Präsident! Ich möchte nur sagen, dass die Aussprache heute Nachmittag die Bereitschaft, ja sogar die Forderung des Parlaments, voll in diesen Prozess integriert zu sein, widerspiegelt. Aus Zeitgründen möchte ich mich nur kurz auf drei Punkte beziehen. Ich unterstütze die Erklärung von Herrn Kommissar Rehn – und auch die heutige Erklärung von Herrn Kommissar Andor – in Bezug auf die genaue Überprüfung der Haushalte der Mitgliedstaaten. Es gab einen Zeitpunkt, zu dem es aussah, als ob die Eurozone und die EU es nicht als Einheit bis 2020 schaffen würden. Um also sicherzustellen, dass wir nicht nur überleben, sondern auch Erfolg haben, ist es entscheidend, dass die Mitgliedstaaten bereits eingegangene Verpflichtungen und gemachte Versprechen erfüllen. Erst zu handeln, nachdem das Kind in den Brunnen gefallen ist, hat sich schon immer als nutzlos erwiesen.
Zweitens haben sich die Mitgliedstaaten und die EU in den vergangenen 18 Monaten fast ausschließlich auf die Stabilisierung von Finanzinstitutionen konzentriert. In der Tat hat dieses Thema unsere ganze Zeit in Anspruch genommen. Auch wenn dies wichtig ist, haben viele Bürgerinnen und Bürger ihr Vertrauen verloren und fühlen sich jetzt allein gelassen. Sie ersuchen Unterstützung bei den Mitgliedstaaten und sie erwarten von der EU, dass sie einen Rahmen einrichtet, durch den die Schaffung von Arbeitsplätzen und das Unternehmertum gefördert und KMU unterstützt werden, aber entscheidend ist, dass dieser Rahmen das Wirtschaftswachstum mit der Schaffung von hochwertigen Arbeitsplätzen und der Verbesserung der Lebensumstände aller Bürgerinnen und Bürger verbindet, insbesondere derjenigen, die unterhalb der Armutsgrenze leben.
Schließlich gibt es auch eine bedeutende Krise in Bezug auf die Jugendarbeitslosigkeit. Ein gestern veröffentlichtes Kommissionsdokument bestätigt, dass die Jugendarbeitslosigkeit in der EU bei 20 % liegt, was doppelt so hoch ist wie die prognostizierte Gesamtarbeitslosenquote. Diese Krise ist genauso real und genauso dringend wie die Wirtschaftskrise, und auch wenn ich die Kommentare des Kommissars zu den Jugendinitiativen gehört habe und sie begrüße, so muss es dennoch eine echte Koordination zwischen ihnen geben und eine verstärkte Einflussnahme auf die Mitgliedstaaten, diese Initiativen in konkrete Arbeitsplätze umzuwandeln.
Janusz Wojciechowski (ECR). – (PL) Die Strategie für 2020 beinhaltet ehrgeizige Ziele, gegen die man kaum etwas sagen kann, aber die Ziele sind so definiert, als wäre die Europäische Union bereits reich und sorgenfrei und als würde sie nur daran denken, eine erfolgreiche Zukunft aufzubauen. Mittlerweile wissen wir, dass es viele Dinge gibt, über die wir uns Sorgen machen müssen, und vor allem gibt es viele Unterschiede zwischen den Entwicklungsniveaus der reichen und armen Länder und Regionen Europas.
Ich stelle mit Verwunderung fest, dass es unter den Prioritäten der Strategie keinen Platz für die Entwicklung der Landwirtschaft gibt, obwohl wir wissen, dass die Welt bis 2050 ihre Nahrungsmittelproduktion um 70 % steigern muss, weil es immer mehr Menschen auf der Welt gibt und immer weniger Land für die Agrarproduktion genutzt wird. Es ist schwer zu verstehen, wieso die Entwicklung der Landwirtschaft in der Strategie nicht als Priorität behandelt wird.
Landwirtschaft bedeutet Ernährungssicherheit und Landwirtschaft bedeutet ökologische Sicherheit, die so wichtig für uns und für zukünftige Generationen sind. Ich kann mir keine verantwortungsvolle Entwicklungsstrategie für die Europäische Union vorstellen, die nicht für die Entwicklung der europäischen Landwirtschaft Sorge trägt.
Georgios Koumoutsakos (PPE). – (EL) Herr Präsident! Bevor ich über die Strategie für 2020 spreche, denke ich, dass einige Punkte, die ein oder zwei Abgeordnete zur Position der griechischen Mitte-Rechts-Partei hinsichtlich des Unterstützungsmechanismus für die griechische Wirtschaft angeführt haben, eine Antwort verlangen. Wir müssen einige Punkte klarstellen. Unsere Partei war nie gegen den europäischen Unterstützungsmechanismus für Griechenland. Unsere Partei hatte nur eine bestimmte Vorstellung in Bezug auf die Maßnahmen, die umgesetzt werden sollten. Die Maßnahmen, die jetzt eingeleitet werden, werden sicherlich eine tiefe Rezession und Stagflation verursachen. Die Regierung hat sich alleine für diese Maßnahmen entschieden, ohne eine vorherige Mitteilung oder eine Absprache mit den anderen politischen Parteien in Griechenland und der griechischen Bevölkerung. Die Mehrheit der Regierung lehnte eine vorherige Absprache, die eine breite und notwendige politische und soziale Zustimmung hätte ergeben können, ab. Ich wiederhole, die Partei Nea Dimokratia war nicht gegen den europäischen Unterstützungsmechanismus der Europäischen Union und des Internationalen Währungsfonds. Wir schätzen jeden einzelnen Euro von unseren Partnern und wir danken ihnen für ihre Unterstützung. Aus diesem Grund haben wir auf verantwortungsvolle Weise einen anderen, wirksameren Policy-Mix unterstützt. Wir befürworten eine strenge Finanzdisziplin und eine Wachstumspolitik, damit Griechenland aus dem Teufelskreis von tiefer Rezession und galoppierender Inflation ausbrechen kann, der katastrophale Folgen für die griechische Gesellschaft und Wirtschaft und letztlich auch einen negativen Einfluss auf Europa hat.
Was unsere Aussprache über die Wirtschaftskrise und die Strategie für 2020 betrifft, so glaube ich, dass die Zeit für konkrete Handlungen und handfeste Ergebnisse gekommen ist. Es wurde genug geredet. Darauf will ich mit meiner Rede hinaus. Halten sie es einfach. Der Euro ist ein historischer Erfolg der europäischen Integration und wir sollten ihn verteidigen und retten. Deshalb brauchen wir eine starke Finanz- und Wirtschaftspolitik, weil er ohne diese Strategie für 2020 in Gefahr ist, zu scheitern und dem Beispiel der Strategie von Lissabon zu folgen.
(Der Redner erklärt sich damit einverstanden, auf eine „Blue-Card“-Frage gemäß Artikel 149 Absatz 8 zu antworten)
Marc Tarabella (S&D). – (FR) Herr Koumoutsakos, was Sie sagen, ist eine Frechheit! Ich habe gerade gehört, wie Sie über die griechische Regierung gesprochen haben und sagten, dass sie sich nicht die Mühe gemacht habe, Sie, die verschiedenen Parteien oder die Zivilgesellschaft zu konsultieren, bevor sie die Maßnahmen umgesetzt hat. Gleichwohl muss ich sagen, dass die aktuelle griechische Regierung in keiner Weise für die gegenwärtige Situation verantwortlich ist. Sie ist ein Opfer von Spekulanten, die ich in einigen Augenblicken, wenn ich wieder das Wort erhalte, kritisieren werde. Es ist jedoch auch meine Pflicht, die Verantwortung der vorherigen Regierung aufzuzeigen, die jahrelang die Zahlen geschönt hat, und die Tatsache, dass Ihre Partei für mindestens zwei Wahlperioden an der Macht war. Ich denke daher, dass die Verantwortung eher bei Griechenland liegt, und dass die politische Verantwortung bei Ihrer Partei liegt. Haben Sie eine Antwort auf diese Frage, Herr Koumoutsakos?
Georgios Koumoutsakos (PPE). – (EL) Mein Herr, Ihre Rede beruht auf mangelhaften Informationen. Die vorherige griechische Regierung hat eine tief verschuldete, eine sehr tief verschuldete Wirtschaft übernommen, eine Wirtschaft, die auf einem morschen Fundament aufgebaut war, und diese Probleme, diese chronischen Probleme, die 30 Jahre zurückreichen, wurden durch die große internationale Wirtschaftskrise hervorgehoben und dramatisiert.
Natürlich hat die vorherige Regierung Fehler gemacht, aber noch größere Fehler hat die aktuelle Regierung aufgrund von Schwäche oder aufgrund eines Mangels an Mut gemacht, denn sie hat die Maßnahmen, die nötig waren, um die Situation zu kontrollieren, mindestens fünf Monate zu spät ergriffen, weshalb die Defizit-Krise, die, wie Sie wissen, in jedem Land existiert, zu einer Kredit-Krise wurde.
Auf diese Weise sind wir in die bedrohliche Situation geraten, in der wir uns heute befinden. Das ist die Antwort, die ich Ihnen im Hinblick auf die Selbstkritik, die wir üben, gebe; aber an dieser Stelle passt die alte Redewendung „wer ohne Sünde ist, soll den ersten Stein werfen“.
Edward Scicluna (S&D). – (MT) Herr Präsident! Noch nie wurde die Bedeutung der langfristigen Nachhaltigkeit der öffentlichen Finanzen auf so dramatische Weise in den Vordergrund gedrängt, wie dies heute der Fall ist. Es ist einfach und normal zu sagen „wir haben euch gewarnt, die Defizite und Schulden nicht außer Kontrolle geraten zu lassen“ und wir haben jeden Grund, dies zu tun. Jedoch können wir jetzt, wo sich viele Mitgliedstaaten der Europäischen Union, einschließlich der Mitgliedstaaten des Euroraums, in dieser untragbaren Situation wiederfinden, die Tatsachen nicht einfach umkehren und versuchen, dies in kürzester Zeit tun, während wir die ernsten wirtschaftlichen Umstände, in denen wir uns befinden, ignorieren.
Dies ist kein Appell, unsere Maßnahmen auf dem Gebiet der öffentlichen Finanzen zu verschieben. Ich möchte nichts derartiges andeuten. Bedenkenlos die Umsetzung von Sparprogrammen in den Ländern der Europäischen Union zu fordern, würde jedoch bedeuten, die gesamte europäische Region zu einer langen Zeit des langsamen Wirtschaftswachstums, oder zu Schlimmerem zu verurteilen. Wir können es uns nicht leisten, die Nachfrage zu drosseln, sogar in Ländern, die mit Rücklagen prahlen, sowohl auf interner als auch auf externer Ebene, und die die Mittel haben, um mehr auszugeben, und nicht weniger.
Wir müssen den schwächeren Ländern der Europäischen Union helfen, ihre Volkswirtschaften durch Exporte zu stimulieren, und auf diese Weise die Aussichten auf Beschäftigungszuwachs zu erhöhen. Lassen Sie uns nicht an Dogmen festhalten. Diese Situation erfordert, dass wir auf intelligente Weise handeln. Sie macht außerdem ein Element der Flexibilität in vielen Bereichen erforderlich, nicht zuletzt in der Wirtschaftspolitik.
Elizabeth Lynne (ALDE). – Herr Präsident! Wir haben zu Recht viel über den Aspekt des Konjunkturaufschwungs im Vorschlag der Kommission für die „Europa 2020“-Strategie gehört, dafür aber meiner Meinung nach nicht genug über Armut, und aus diesem Grund war ich sehr erfreut, dass Sie die Reduzierung der Armut in Ihrer Rede angesprochen haben.
Wir müssen bedenken, dass die schwächsten Mitglieder der Gesellschaft in jeder wirtschaftlichen Rezession mehr leiden als alle anderen, und aus diesem Grund müssen wir Mechanismen einführen, um sie zu schützen. Zum Beispiel würde ich das Ziel zur Senkung des Anteils der in Armut lebenden EU-Bürger um 25 % begrüßen, ebenso wie die Sicherstellung, dass diejenigen, die momentan vom Arbeitsmarkt ausgeschlossen sind, Zugang zu hochwertiger Arbeit erhalten, und dass wir gleichzeitig Ziele aufstellen, um Schwarzarbeit zu bekämpfen.
Wir müssen außerdem sicherstellen, dass die Mitgliedstaaten in soziale Sicherheit und Sozialversicherungssysteme investieren sowie den Zugang zu Rechten, Ressourcen und zu Universaldienstleistungen garantieren. Ich würde außerdem ein EU-weites Ziel zur Beendigung der Obdachlosigkeit bis 2015 durch die Mitgliedstaaten begrüßen sowie die Entwicklung integrierter Strategien gegen Obdachlosigkeit.
In all diesen Bereichen sollte nicht nur das Parlament vermehrt konsultiert werden – und es hat mich gefreut, dass Sie das erwähnt haben -, sondern auch Nichtregierungsorganisationen, die auf diesem Gebiet tätig sind. Was die offene Koordinierungsmethode im Bereich Soziales angeht, so muss auch sie gestärkt werden. Wir alle wissen, dass sie nicht so gut funktioniert hat, wie sie hätte funktionieren können, aber ich denke, dass sie in der Zukunft gut funktionieren kann, wenn die richtigen Mechanismen eingeführt werden – aber nur dann, wenn diese Mechanismen eingeführt werden.