Der Präsident . Nach der Tagesordnung folgt der Bericht von Herrn Kirilov im Namen des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten zur Notwendigkeit einer Strategie der EU für den Südkaukasus (2009/2216 (INI)) (A7-0123/2010).
Evgeni Kirilov, Berichterstatter. – Herr Präsident! Zuallererst möchte ich den Schattenberichterstattern und all den Kolleginnen und Kollegen danken, die zu der Ausarbeitung dieses wichtigen Berichts beigetragen haben, der die Notwendigkeit einer Strategie der EU für die Region des Südkaukasus darlegt. Der Südkaukasus ist nicht nur eine Region in unmittelbarer Nachbarschaft der Union – Rumänien und Bulgarien haben eine Meeresgrenze mit ihm –, sondern auch eine Region von großer strategischer Bedeutung für die Union in politischen, wirtschaftlichen und Sicherheitsaspekten.
Daher sollte das Hauptziel der Europäischen Union sein, aktiv an seiner Stabilisierung teilzunehmen und die Entwicklung von Armenien, Aserbaidschan und Georgien hin zu Stabilität und Demokratie zu unterstützen; gute nachbarschaftliche Beziehungen aufzubauen und für eine Integration in die EU-Politik zu sorgen. Das Europäische Parlament unterstützt mit Nachdruck alle Initiativen, die die Präsenz der EU in der Region erhöhen, insbesondere die neueste, die Östliche Partnerschaft. Sie bietet einen wertvollen Rahmen für eine verstärkte regionale Zusammenarbeit, die Einführung visumfreien Reisens in die Union und den Abschluss umfassender Freihandelsabkommen. Das ist ein wechselseitiger Prozess, der von beiden Seiten Anstrengungen und Engagement erfordert; es ist von grundlegendem Interesse der drei Länder, ihre Bemühungen in Richtung weiterer Demokratisierung fortzusetzen.
Verantwortungsvolle Regierungsführung, politischer Pluralismus, Rechtsstaatlichkeit und die Achtung der Menschenrechte sind von größter Wichtigkeit bei der Festlegung ihrer zukünftigen Beziehungen mit der Union. Daher sollte die Europäische Union ihnen weiterhin finanzielle und technische Unterstützung bieten, um diese Prinzipien innerhalb des Rahmens politischer Konditionalität zu fördern. Die strategische geopolitische Lage der Region, ihre zunehmende Bedeutung als ein Korridor für Energie, Verkehr und Kommunikation, der das Kaspische Meer und Zentralasien mit Europa verbindet, und die wachsende Sorge der EU bezüglich der Sicherheit der Energieversorgung legen eine aktivere Teilnahme an den Energieprojekten der Region nahe, wozu auch die Fertigstellung der Nabucco-Pipeline gehört.
Diese ehrgeizigen Strategien der EU können jedoch kaum erreicht werden, wenn ein großer Schatten über der Region schwebt: die ungelösten Konflikte in Georgien und Berg-Karabach. Sie sind auch ein ernsthaftes Hindernis für die Demokratisierung, die politische Stabilität und die soziale und wirtschaftliche Entwicklung. Leider hat die Union auch erst nach dem Krieg 2008 in Georgien realisiert, dass sie ein aktivere Rolle in der Region spielen muss, was die Konfliktprävention und Konfliktbewältigung betrifft. Die festgefahrene Situation aufgrund dieser Konflikte und das Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon rechtfertigen eine zunehmend aktive Politik der EU. Dies gilt besonders für den Berg-Karabach-Konflikt, bei dem die Union praktisch abwesend war. In dieser Situation nur von Unterstützung der Arbeit der Minsk-Gruppe zu sprechen, reicht nicht aus, wenn die EU ihre neue, aktivere Rolle in der Außenpolitik ernst nimmt.
Die Union ist der internationale Vermittler, der von beiden Seiten akzeptiert wird und dessen Anwesenheit nicht zu Kontroversen führt. Die Union muss die internationalen Bemühungen für Rehabilitation und Wiederaufbau in dieser Konfliktregion leiten, durch die Initiierung von Versöhnungsprojekten, völkerverbindenden Programmen und Kontakten sowie durch die Entsendung einer Mission in diese Region, sobald eine politische Lösung gefunden ist.
Die Konflikte in der Region erfordern auch spezielle Bemühungen hinsichtlich der Situation der Hunderttausenden von Vertriebenen, was ernsthafte humanitäre Folgen hat. Die Europäische Union hat die Mittel und die Erfahrung, zur Schaffung einer toleranteren Atmosphäre im Südkaukasus beizutragen. Sie sollte auch ihre eigene Erfahrung in der Geschichte nutzen und den Menschen dieser Region zeigen, dass sie in Frieden und Wohlstand zusammenleben können und die vorherigen guten Beziehungen und das vorherige Vertrauen wiederherstellen können. Es ist eine wichtige Aufgabe für die Union, zu versuchen, die Führer und das Volk – die Herzen und die Gesinnung der Menschen – in der Region zu überzeugen, die Friedensinitiativen, und nicht die Bedrohungen und Spannungen, zu unterstützen. Wenn wir versuchen, gemeinsam vorzugehen, sieht die Zukunft gut aus.
Štefan Füle, Mitglied der Kommission. – Herr Präsident! Ich freue mich, an diesem Meinungsaustausch mit dem Europäischen Parlament über die Beziehung der Europäischen Union mit Armenien, Aserbaidschan und Georgien, den drei Ländern des Südkaukasus, teilzunehmen. Ich habe bereits am 28. April, kurz nach meinem Besuch in der Region, mit den Mitgliedern des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten eine sehr gute Diskussion über den Südkaukasus geführt.
Ich begrüße diesen Bericht als einen wertvollen Beitrag zur Überlegung darüber, wie die Europäische Union eine noch stärkere und breitere Beziehung zu Armenien, Aserbaidschan und Georgien aufbauen kann. Lassen Sie mich daran erinnern, dass wir über einen soliden Rahmen aus Engagement verfügen, nämlich die gut etablierte Europäische Nachbarschaftspolitik und die im letzten Jahr ins Leben gerufene Östliche Partnerschaft. Erstere ist weiterhin eine der Hauptprioritäten der Europäischen Union in ihren Außenbeziehungen. Die erfolgreiche Umsetzung der Letzteren wird mit dem aktiven Engagement der Partnerländer unsere Beziehungen auf der Grundlage von gemeinsamen Werten weiter stärken.
Lassen Sie mich zwei sehr wichtige Meilensteine auf diesem Weg hervorheben.
Letzte Woche hat die Kommission ihren dritten Jahresfortschrittsbericht für die Länder des Südkaukasus veröffentlicht. Die ENP-Aktionspläne und die regelmäßige Beurteilung ihrer Durchführung bleiben wichtige Werkzeuge, um politische und wirtschaftliche Reformen in diesen Ländern sowie ihre Zusammenarbeit mit der Europäischen Union voranzutreiben.
Diesmal haben wir eine 5-Jahres-Auswertung für das Paket der Europäischen Nachbarschaftspolitik gewählt. Das Hauptziel ist, dass wir die Ergebnisse als Grundlage für umfassende Konsultationen mit den Mitgliedstaaten, mit Ihnen hier im Europäischen Parlament und mit unseren Partnern in der Nachbarschaft nutzen können, um Ihr – und deren – Feedback darüber zu erhalten, ob wir die richtigen Werkzeuge und Instrumente benutzen, ob die Höhe und die Zuweisung von Ressourcen angemessen ist und ob die Geschwindigkeit und der Rahmen unserer Bemühungen richtig sind und in die richtige Richtung gehen.
Die Ergebnisse werden im Rahmen des Pakets für das nächste Jahres vorgestellt, das unsere Politik noch einheitlicher machen sollte und zweifelsohne zu einem höheren Grad an Eigentümerschaft unserer Nachbarn führen wird. Es wird auch eine ideale Gelegenheit sein, unseren Fall für die Bereitstellung angemessener Ressourcen in der nächsten finanziellen Vorausschau gut zu vertreten.
Der zweite Meilenstein ist die Ermächtigung des Rates, auch aus der letzten Woche, zur Aufnahme der Verhandlungen zu den Assoziierungsabkommen mit Armenien, Aserbaidschan und Georgien. Die Verabschiedung dieser Verhandlungsrichtlinien ist ein klares Zeichen unseres starken Engagements für eine weitere Vertiefung der Beziehungen zwischen der Europäischen Union und den Ländern des Südkaukasus auf der Grundlage gemeinsamer Werte und Prinzipien, einschließlich der Demokratie, der Rechtsstaatlichkeit und der Wahrung der Menschenrechte.
Die Kommission bereitet diese Verhandlungen bereits vor, die erwartungsgemäß in den nächsten Monaten beginnen sollen. Diese beiden Bereiche zeigen deutlich, dass die EU bereits eine gut etablierte und umfassende Strategie für den Südkaukasus besitzt, deren Potenzial wir in vollem Maße auszuschöpfen versuchen, eine Strategie, um diese Region der Europäischen Union näher zu bringen.
Vor dem Hintergrund des Berichts von Herrn Kirilov, einem sehr wertvollen und viel geschätzten Beitrag, folgere ich, dass die Ansichten des Europäischen Parlaments in vielen Punkten sehr stark denen der Kommission gleichen. Die Stabilität und Sicherheit des Südkaukasus haben einen direkten Einfluss auf Europa. Daher teilt die Europäische Union die Verantwortung zur Unterstützung der friedlichen Konfliktlösung und Vertrauensbildung. Der Südkaukasus ist für die Europäische Union von Bedeutung, nicht nur wegen seiner Energieressourcen und den Transportanbindungen. Eine verbesserte Regierungsführung und ein stärkeres System der Rechtsstaatlichkeit werden Handel und Investitionen sowie die Mobilität der Menschen erleichtern. Die neuen Assoziierungsabkommen werden die Handelsbestimmungen unter den Partnerschafts- und Kooperationsabkommen erweitern.
Ich glaube, dass die Europäische Union mit der Stärkung der Beziehungen zu Armenien, Aserbaidschan und Georgien auf dem richtigen Weg ist. Lassen Sie mich jedoch betonen, dass die Verantwortung für die Errichtung eines konstruktiven Rahmens für das Engagement eine gemeinsame Angelegenheit ist. Das Engagement unserer Partner im Südkaukasus bei der Annäherung zu Europa muss in einen weiteren Fortschritt in Richtung Demokratie, Marktwirtschaft und politische Stabilität vor Ort übertragen werden. Ich rufe daher Armenien, Aserbaidschan und Georgien dazu auf, ihre Bemühungen in Richtung einer modernen, integrativen, pluralistischen, demokratischen und wohlhabenden Gesellschaft voranzutreiben, die im Frieden mit ihren Nachbarn lebt.
Metin Kazak, Berichterstatter für die Stellungnahme des Ausschusses für internationalen Handel. – (BG) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Als Koordinator für die Fraktion der Allianz der Liberalen und Demokraten für Europa hatte ich die Möglichkeit, die Stellungnahme des Ausschusses für internationalen Handel zur Notwendigkeit einer Europäischen Strategie für den Südkaukasus vorzustellen. Ich weiß, dass dieser Bericht in vielen Bereichen komplex und heikel ist.
Die Strategie ist überaus wichtig bei der Sicherstellung einer beständigen guten Nachbarschaftspolitik. Sie bekräftigt die Rolle der Europäischen Union als globaler Akteur in der Region in Bezug auf die allgemeine Außen- und Sicherheitspolitik. Eine Kooperation mit dem Südkaukasus im Energiesektor und bei der Förderung der Demokratie und der verantwortungsvollen Regierungsführung muss in die Hauptprioritäten der EU aufgenommen werden.
Das ist außerdem für die regionale Zusammenarbeit wichtig, und auch wegen der geopolitischen Lage von Armenien, Georgien und Aserbaidschan auf der einen Seite und von Russland, dem Iran und der Türkei als Beitrittskandidat zur Europäischen Union auf der anderen Seite. Handelsbarrieren müssen aufgehoben und kommerzielle und wirtschaftliche Bindungen zwischen der EU und dem Südkaukasus gestärkt werden. Das wird die politische Stabilität und die Achtung der Menschenrechte erhöhen und für nachhaltiges Wachstum und Wohlstand in der Region sorgen.
Das ist ein weiterer Grund dafür, warum die Unterzeichnung eines Assoziierungsabkommens und von umfassenden Freihandelsabkommen ein Hauptziel unserer Außenpolitik für den Südkaukasus werden muss. Dies wird zur Beilegung von festgefahrenen Konflikten beitragen, Aserbaidschan ermöglichen, sehr bald der Welthandelsorganisation beizutreten und die administrative und institutionelle Kapazität dieser Länder verbessern. In dieser Hinsicht fordere ich die Kommission auf, zur Erreichung dieser Ziele größeres Engagement zu zeigen.
Anna Ibrisagic, im Namen der PPE-Fraktion. – (SV) Herr Präsident! Wir werden heute über einen Bericht zur Notwendigkeit einer Strategie der EU für den Südkaukasus abstimmen. Das ist ein sehr wichtiges Thema. Angesichts der vorherrschenden politischen Lage in der Region, ist es entscheidend, dass die EU eine aktivere politische Rolle spielt.
Als Schattenberichterstatterin für die Fraktion der Europäischen Volkspartei (Christdemokraten) habe ich sehr hart daran gearbeitet, besonders die Rolle der EU im Südkaukasus hervorzuheben und zu bestimmen, welche konkreten Maßnahmen wir in der Europäischen Union ergreifen können, um den betroffenen Ländern zu helfen und sie mit ihrer eigenen individuellen Geschwindigkeit und auf Grundlage ihrer eigenen speziellen Bedingungen näher an die EU heranzubringen. Der Bericht schlägt zwei wichtige Schritte vor, die die EU schnell unternehmen sollte, um die Strategie umzusetzen – die Beschleunigung des Tempos der Verhandlungen zur Visa-Liberalisierung und die Einrichtung einer Freihandelszone zwischen der EU und dem Südkaukasus.
Alle Länder in der Region – Georgien, Armenien und Aserbaidschan – sind ehemalige Sowjetstaaten und Russland beeinflusst die Region weiterhin mehr als manche Leute sich vorstellen können. Um zu gewährleisten, dass Sicherheit, Stabilität und Frieden auch in Zukunft aufrechterhalten werden, muss die EU eine größere Präsenz in der Region haben als im Augenblick. Es ist sehr wichtig, dass die Bürgerinnen und Bürger dieser Länder bessere Aussichten haben, der EU beizutreten, und es ist entscheidend, dass die EU begreift, wie wichtig die Stabilität im Kaukasus ist.
Ich war auch sehr erpicht darauf, eindeutige Berichte über die in der Region seit langem bestehenden Spannungen und die stets vorhandene Gefahr, dass sich diese zu bewaffneten Konflikten entwickeln, zu erhalten. Ich freue mich daher sehr, zu sehen, dass der Text unsere bedingungslose Unterstützung für die territoriale Integrität Georgiens und die unantastbaren, international anerkannten Grenzen klar wiederholt, und verurteile scharf die Anerkennung der Unabhängigkeit der abtrünnigen georgischen Regionen Südossetien und Abchasien durch die Russische Föderation als Verstoß gegen das Völkerrecht.
Der Bericht, über den wir heute abstimmen, erhielt im Ausschuss breite politische Unterstützung, was mich sehr erfreut hat. Ich möchte jeden auffordern, bezüglich der Änderungsanträge, die von der Fraktion der Europäischen Volkspartei (Christdemokraten) zusammen mit der Fraktion der Progressiven Allianz der Sozialisten & Demokraten im Europäischen Parlament und der Fraktion der Grünen/Freien Europäischen Allianz vorgelegt wurden, mit „Ja“ zu stimmen.
Hannes Swoboda, im Namen der S&D-Fraktion. – Herr Präsident! Zuerst möchte ich dem Kollegen Kirilov herzlich für seine umfangreiche Arbeit danken, die – wie schon gesagt wurde – einen wertvollen Beitrag für unsere Strategie in dieser Region liefert.
Als ich vor kurzem in dieser Region, in Tbilissi, war, hat jemand, allerdings aus einem anderen Land dieser Region, gemeint, die regionale Zusammenarbeit sei ein Konzept, das der Region von Europa aufgezwungen werde. Das zeigt die Denkweise mancher Politiker und Verantwortlicher in dieser Region. Eigentlich wollen wir die Zusammenarbeit gar nicht, aber wenn Europa es will, dann bleibt uns vielleicht nichts anderes übrig.
Wir müssen ganz klar sagen, dass die regionale Zusammenarbeit für uns in Europa die Basis einer Einigung, einer friedlichen Entwicklung war, und so muss es auch in dieser Region sein. Mancher negative Einfluss von außen, mancher Druck des ehemaligen großen Bruders, z. B. aus Russland, würde sicherlich weniger stark ausfallen, würden die Länder dieser Region auch entsprechend zusammenarbeiten.
Diese Region ist nicht nur für Europa wichtig, sondern natürlich auch für den Nachbarn. Da spreche ich insbesondere die Türkei an. Das ist ein Nachbar, mit dem wir in dieser Region sehr gut zusammenarbeiten können. Ich würde mir wünschen, dass für die beiden Probleme, bei denen die Türkei eine Mitverantwortung hat oder haben könnte, nämlich einerseits mit dem Nachbarn Armenien, aber andererseits auch in Bezug auf Bergkarabach, in nächster Zeit eine Paketlösung gefunden wird.
Es spricht nichts dagegen, dass die Truppen Armeniens wenigstens jene Provinzen von Aserbaidschan verlassen, die außerhalb von Bergkarabach liegen. Das würde auch die Voraussetzung dafür schaffen, dass zwischen Armenien und der Türkei ein besseres Verhältnis hergestellt wird.
Wir in dieser Fraktion, Kollege Severin und ich insbesondere, haben immer wieder die Idee einer EU-Schwarzmeer-Union propagiert, weil wir glauben, dass die Zusammenarbeit zwischen dieser Region und der EU, aber auch mit den Nachbarn Türkei und Russland ganz wichtig wäre. Und ich glaube, dass das, was in dem Bericht angelegt ist, seine Fortsetzung in einer solchen Union finden könnte. Noch ist das eine Vision, aber ich hoffe, sie wird bald Wirklichkeit.
Norica Nicolai, im Namen der ALDE-Fraktion. – (RO) Als Schattenberichterstatterin für die Fraktion der Allianz der Liberalen und Demokraten für Europa bin ich davon überzeugt, dass dieser Bericht einen wichtigen Ausgangspunkt für eine kohärente Vorgehensweise in der Kaukasusregion darstellt und Maßstäbe in Sachen Qualität für die Berichte, die wir in der Zukunft haben werden, setzt. Aus diesem Grund möchte ich Herrn Kirilov gratulieren und ich bin davon überzeugt, dass die von allen Fraktionen unternommenen Bemühungen dazu beigetragen haben, einen absolut kohärenten Ansatz für diese Region zu erstellen.
Meiner Ansicht nach kann das Jahr 2010 sowohl der Europäischen Union als auch den Ländern dieser Region eine Gelegenheit bieten, denn eine aktivere Teilnahme der europäischen Diplomatie an den drei hochrangigen Dossiers, zu denen die Konflikte gehören, bei denen ich mich auf Abchasien und Ossetien, Berg-Karabach und den Disput zwischen der Türkei und Armenien beziehe, könnte nützlich sein, um wesentliche Fortschritte zu erzielen.
Die Schlussfolgerung dieses Berichtes, der einen Schlüsselfaktor für unsere Sicherheit der Energieversorgung betont, ist, dass wir, die Europäische Union, uns stärker beteiligen müssen, um die Sicherheitslage in der Region zu normalisieren. Ich denke, die zu wählende Herangehensweise wäre, die Handelsbeziehungen auszubauen. Das sollte jedoch gleichzeitig von bedeutenden Anstrengungen der Europäischen Union begleitet werden, Demokratie und Stabilität in die Region zu bringen, denn die Versuchung des Totalitarismus hat immer noch starken Einfluss in dieser Region, in der außerdem ein allgemeines Demokratiedefizit herrscht.
Wir müssen größere, gut unterstützte Strategien und Projekte entwickeln, sodass die für diese Region relevanten Faktoren, besonders der Mangel an Regierungsführung, die Ausweitung von Konfliktverhalten und, nicht zuletzt, die Korruption beseitigt werden können. Um das zu erreichen, ist allerdings demokratischer Wille sowohl von uns als auch von den Regierungen dieser Region gefragt.
Der Bericht erwähnt all diese Punkte, über die ich gesprochen habe, und viele andere, die für die Vorgehensweise der Europäischen Union wichtig sind. Ich beziehe mich dabei auf die Rechte und Freiheiten des Einzelnen. Ich denke auch, dass es für die Europäische Union und ihre Mitgliedstaaten entscheidend ist, eine strategische Partnerschaft zu erwägen.
Ulrike Lunacek, im Namen der Verts/ALE-Fraktion. – Herr Präsident! Auch ich möchte wie meine Vorrednerinnen und meine Vorredner dem Berichterstatter, Herrn Kirilov, sehr herzlich für die gute Zusammenarbeit und auch für die gute Qualität des Berichts danken, der tatsächlich ein sehr umfassender ist.
Ich möchte einige Punkte erwähnen, die jetzt noch nicht so stark angesprochen wurden, die mir aber sehr wichtig sind. Es ist ja leider so, dass diese drei gefrorenen Konflikte, die es in dieser Region noch gibt, eine massive Hürde für die volle Entfaltung, auch der europäischen Nachbarschaftspolitik sind, aber nicht nur in Bezug auf die Nachbarschaftspolitik, sondern auch in den Ländern selbst. Es ist ja relativ einfach, wenn man einen realen oder angenommenen äußeren Feind hat. Dann ist der Blick auf die Not und die Bereitschaft, etwas im Land selbst für die eigene Bevölkerung zu tun, die Verantwortung dafür zu übernehmen, von Regierungen, von Staaten, oft zu wenig ausgeprägt. Das heißt, die Notwendigkeit, wegzugehen von hohen militärischen Ausgaben, die wir in diesem Bericht auch kritisieren, die in den letzten Jahren auch gestiegen sind, hin zu Ausgaben, die tatsächlich der Bevölkerung im Sozialbereich, im kulturellen Bereich, aber auch in Ökologiefragen, zugute kommen – das sind zentrale Elemente dieses Berichts, und ich bin froh, dass das Eingang gefunden hat.
Ein anderer Aspekt, der zum Beispiel im Bericht Tagliavini über den georgisch-russischen Konflikt auch angesprochen wird, ist die Notwendigkeit der Abrüstung auf geistiger und sprachlicher Ebene, also gegen verhetzende Sprache und gegen manipulative Geschichtsschreibung anzugehen. All das ist wichtig, um in dieser Region tatsächlich friedenspolitisch weiterzukommen.
Weitere Aspekte sind die Notwendigkeit stärkerer Demokratisierung, Unterstützung der Zivilgesellschaft, Schutz von ethnischen, sexuellen und religiösen Minderheiten, die Menschenrechtsfrage. Das ist nach wie vor aktuell. Ein Beispiel aus Aserbaidschan: Zwei junge Blogger, die es gewagt haben, Kritik an der Regierung zu äußern, sitzen immer noch im Gefängnis, ein halbes Jahr schon, und sind noch nicht freigelassen worden. Medienfreiheit ist in allen Ländern ein Problem. Das alles sind Aspekte, die erfreulicherweise in diesem Bericht vorkommen, und ich sehe das so wie meine Vorredner. Die regionale Dimension, die grenzüberschreitende Zusammenarbeit sind wichtig. Da gibt es auch von unserer Seite Unterstützung für die Kommission, in diesem Bereich gemeinsam weiterzuarbeiten.
Charles Tannock, im Namen der ECR-Fraktion. – Herr Präsident! Wie der Bericht von Herrn Kirilov deutlich macht, sind die Länder des Südkaukasus von strategischer Bedeutung für unsere Union, nicht zuletzt wegen der Sicherheit der Energieversorgung, z. B. der kaspischen Erdöl- und Erdgasförderung und dem Transit durch die Länder der Region. Leider bleibt diese Region jedoch durch die eingefrorenen Konflikte gelähmt; der jüngste davon ist natürlich die de-facto-Besetzung von Abchasien und Südossetien durch Russland, Regionen die unserer Ansicht nach georgisches Hoheitsgebiet sind. Wir können in Bezug auf die Beziehungen der EU zu Russland nicht einfach so tun, als ob das nicht vorgefallen wäre.
Durch die Mechanismen der Östlichen Partnerschaft der Europäischen Nachbarschaftspolitik (ENP) müssen wir nun natürlich unsere Anstrengungen verdoppeln, um die entschlossenen Bemühungen von Georgien zu belohnen, die das Land unternimmt, um seine euro-atlantischen Bestrebungen zu realisieren, und ich und meine Fraktion unterstützen letztendlich uneingeschränkt ein Freihandelsabkommen (FHA), die Visa-Liberalisierung und Assoziierungsabkommen für alle Länder im Südkaukasus. Als ein großer Freund Armeniens freue ich mich, dass die endgültige Fassung des Berichts ausgewogener ist als die anfänglichen. Dennoch bin ich immer noch besorgt über einige Elemente des Berichts, die der offiziellen Haltung der EU zur Lösung des Berg-Karabach-Problems und insbesondere der Haltung der Minsk-Gruppe zu widersprechen scheinen.
Armenien hat nun couragierten Einsatz gezeigt, um eine Lösung für diese langjährige ausweglose Situation in Berg-Karabach zu finden. Es hat auch versucht, die Beziehungen mit der Türkei zu normalisieren, ein Schritt, der den Südkaukasus stabilisieren sollte. Wenn nur die Türkei selbst ähnlich konstruktiv und ohne Vorbedingungen reagieren würde. Wenn diese Grenze erneut geöffnet werden könnte, würde damit nicht nur das viel zu lange bestehende Embargo für das leidgeprüfte Armenien aufgehoben, sondern auch wirtschaftlicher Wohlstand in einer sehr armen und unterentwickelten Region im Osten der Türkei ermöglicht werden. Es gibt also ein aufgeklärtes Eigeninteresse der Türkei, bei diesem Thema voranzukommen. Es ist meiner Ansicht nach nicht glaubwürdig, dass die Türkei die dauerhafte Schließung dieser Grenze zu Armenien wegen ihrer sogenannten Solidarität mit ihrem türkischen Bruder, Aserbaidschan, über den ungelösten Berg-Karabach-Konflikt rechtfertigen kann. Das ist so logisch wie zu sagen, dass Griechenland seine Grenzen mit der Türkei in Thrakien aus Solidarität mit den griechischen Zyprern über die türkische Besetzung von Zypern schließen sollte. Wir in der EU glauben an offene Grenzen und freien Handel als eine unabdingbare Voraussetzung für Frieden und Stabilität auf unserem Kontinent und auch im Südkaukasus.
Fiorello Provera, im Namen der EFD-Fraktion. – (IT) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Auch ich möchte Herrn Kirilov zu der ausgezeichneten Arbeit gratulieren, die er in einem Bereich voller Schwierigkeiten, jedoch auch voller Chancen ausgeführt hat, wie zum Beispiel den Beziehungen zwischen den Ländern der EU und den Ländern des Südkaukasus.
Europa hat sich im Rahmen der Östlichen Partnerschaft auf ein interessantes Projekt eingelassen, das bei Armenien, Georgien und Aserbaidschan auf Unterstützung und Interesse gestoßen ist. Die Herausforderungen jedoch, denen wir uns stellen müssen, sind zahlreich und betreffen Themen wie Energie, Wirtschaft und Politik und besonders Themen der Sicherheit, wie im Falle von Georgien der Berg-Karabach-Frage und den Spannungen zwischen der Türkei und Armenien.-
Die Entwicklung der Beziehungen zwischen der Europäischen Union und diesen drei Ländern wird viel effektiver sein, wenn sich zwischen Armenien, Georgien und Aserbaidschan ein Klima gemeinsamer Zusammenarbeit gemäß dem Prinzip territorialer Integrität und den UN-Resolutionen einstellen kann, welche die Basis für die Beendigung der ungelösten Konflikte in der Region bilden. Es ist wichtig, die Politik der Unantastbarkeit der Grenzen eines Staates, die die EU immer unterstützt hat, hervorzuheben: Grenzen, die unter keinen Umständen mit dem Einsatz von Streitkräften verändert werden dürfen.
Dimitar Stoyanov (NI). – (BG) Herr Präsident! Ich möchte Sie gerne zu Anfang darüber informieren, meine Damen und Herren, dass die Berichterstatter, Herr Kirilov und Herr Kazak, zu Parteien gehören, die in der bulgarischen Nationalversammlung automatisch gegen die Anerkennung des Völkermords an den Armeniern stimmen. Vor diesem Hintergrund wundert man sich nicht, dass Herr Tannock ebenfalls vor mir sagte, dass dieser Bericht von einigen Positionen abweicht, die bislang vorgebracht wurden. Eine große Anzahl respektabler armenischer Organisationen haben mich kontaktiert, speziell im Zusammenhang mit dem Berg-Karabach-Konflikt, und mich darüber informiert, dass der Bericht zum Beispiel nicht erwähnt wurde und es keine Konsultationen mit den Verantwortlichen der Minsk-Gruppe gab. Es ist auch der Fall, dass, obwohl sich der Bericht auf die Madrider Kriterien bezieht, er von diesen abweicht.
Daher möchte ich Herrn Kirilov gegenüber diese konstruktive Kritik anbringen, denn ich glaube, dass eine einseitige Darstellung der einen Seite die Situation nicht verbessern wird und nicht helfen wird, die Konflikte zu lösen. Ein flexibler Ansatz ist erforderlich, der die Dinge aus jeder möglichen Perspektive betrachtet. Ansonsten werden wir die Konflikte nur vertiefen anstatt sie zu lösen.
Iuliu Winkler (PPE). – Herr Präsident! Ich glaube, dass Demokratisierung, verantwortungsvolle Regierungsführung, Rechtsstaatlichkeit und die Wahrung der Menschenrechte die Eckpfeiler sind, auf denen unsere zukünftigen Beziehungen mit Armenien, Aserbaidschan und Georgien gebaut werden müssen. Eine grenzüberschreitende Zusammenarbeit auf regionaler Ebene im Südkaukasus wird auch die potenzielle Zusammenarbeit dieser Region mit der Europäischen Union erhöhen.
Es gibt mehrere sehr wichtige Dimensionen unserer wirtschaftlichen Zusammenarbeit, eine davon ist die Zusammenarbeit im Bereich Energie und Sicherheit der Energieversorgung, besonders im Zusammenhang mit wertvollen Projekten, die von der Europäischen Kommission unterstützt werden, wie zum Beispiel der Nabucco-Pipeline. Die Regionen des Kaspischen und des Schwarzen Meeres sind ganz wesentlich für die Sicherheit der europäischen Energieversorgung und die EU-Strategie für den Südkaukasus erkennt diese Elemente zu Recht an.
Ich möchte rasch drei sehr spezielle Elemente hervorheben. Eins davon ist die Beteiligung lokaler Behörden bei der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit, denn wir brauchen starke regionale Zusammenarbeit im Südkaukasus; dann das Thema des Beitritts von Aserbaidschan zur WTO. Ich denke, dass es die Aufgabe der Kommission ist, Aserbaidschan die fachliche Unterstützung und jegliche Art von erforderlicher Hilfe zu geben, um diesen Beitritt zu bewerkstelligen.
Der dritte und letzte Punkt ist der Mechanismus der fachlichen Unterstützung, für den wir wahrscheinlich sorgen könnten, um das Bank- und Finanzsystem in den südkaukasischen Staaten zu stärken. Das würde dem Unternehmensumfeld und den Investoren sehr gute Aussichten verschaffen.
Adrian Severin (S&D). – Herr Präsident! Der Bericht von Herrn Kirilov handelt von der Notwendigkeit einer Strategie der EU für den Südkaukasus. Ich bin in der Tat davon überzeugt, dass eine Strategie nötig ist, aber eine Strategie braucht Ziele, und Ziele setzen eine klare geopolitische Identität voraus. Vielleicht müssen wir an unserer geopolitischen Identität arbeiten, um sie besser zu definieren. Was sind unsere Ziele im Südkaukasus? Knapp zusammengefasst: Stabilität, Offenheit in der Region und Interoperabilität, gesetzgeberische, demokratische, politische usw.
Man muss die Spezifität der Region innerhalb der Östlichen Partnerschaft anerkennen und sich dieser Spezifität als solcher nähern. Man muss auch die Spezifität eines jeden Landes innerhalb der Region anerkennen und diese entsprechend berücksichtigen. Wir müssen die Rolle der Türkei in der Region anerkennen und bewerten und unsere Verhandlungen mit der Türkei als Rahmen zur Entwicklung einer Partnerschaft zwischen der EU und der Türkei bei der Bewältigung der lokalen und regionalen Herausforderungen nutzen. Wie bereits gesagt wurde, könnte die Türkei, da bin ich mir sicher, von diesem Standpunkt aus sehr hilfreich sein.
Wir müssen auch anerkennen, dass die Region Teil unserer gemeinsamen Nachbarschaft mit Russland ist, und wir müssen versuchen, Wege der Förderung gemeinsamer Politik in dieser gemeinsamen Nachbarschaft zu finden. Ganz sicher könnten die Sicherheitsfragen und vielleicht einige der Energiefragen in einem trilateralen Format bewältigt werden. Das würde uns vielleicht helfen, Lösungen für die lokalen, sogenannten "eingefrorenen Konflikte" zu unterstützen. Diesbezüglich müssen wir akzeptieren, dass diese Konflikte nur Teile eines kohärenteren, breiteren und komplexeren Problems von größerer, globaler Relevanz sind. Daher sollte vielleicht ein Verhandlungspaket in Erwägung gezogen werden. Ebenfalls, denke ich, müssen wir uns einiger Zweideutigkeiten entledigen und verstehen, dass die Grundsätze der Selbstbestimmung und territorialen Integrität nicht immer zusammen angewandt werden können.
Ich bin der Ansicht, dass wir eine Konferenz zur Sicherheit und Zusammenarbeit im Südkaukasus erwägen müssen, mit Blick auf die Entwicklung eines Stabilitätspaktes für diese Region.
Tomasz Piotr Poręba (ECR). – (PL) Als ständiger Berichterstatter des Europäischen Parlaments für Armenien möchte ich betonen, wie wichtig es ist, seitens der Europäischen Union eine klare und effektive Strategie für den Südkaukasus zu definieren. Wir setzen große Hoffnungen auf diese Region, da wir ein freies und demokratisches Europa aufbauen. Um das zu tun, müssen wir die Länder dieser Region wirklich beständig unterstützen und sie anregen, weitere marktwirtschaftliche Reformen durchzuführen.
In diesem Zusammenhang ist es von grundlegender Wichtigkeit, den Verhandlungsprozess für eine neue Art von Assoziierungsabkommen zwischen den Ländern des Südkaukasus und der Europäischen Union so schnell wie möglich abzuschließen. Ich bin davon überzeugt, dass diese Abkommen für die Region als Ansporn dienen werden, sich weiterhin um die Einführung demokratischer Standards zu bemühen. Das Beispiel Georgien zeigt, dass solche Reformen bereits Ergebnisse erzielt haben. In Doing Business 2010, einer von der Weltbank erstellten Rangliste unternehmensfreundlicher Staaten, rangiert Georgien an 11. Stelle, was bedeutet, dass es in vier Jahren um ganze 101 Plätze aufgestiegen ist. Transparency International hat mitgeteilt, dass sich infolge der verringerten Bürokratie während der Amtszeit von Präsident Saakaschwili der Korruptionsindex (Corruption Perceptions Index) für Georgien halbiert hat.
Die Europäische Union sollte die Tatsache schätzen, dass Präsident Saakaschwili eine konsequente marktwirtschaftliche Politik führt und seine Reformen sind ein gutes Beispiel für die anderen Kaukasusstaaten.
Bernd Posselt (PPE). - Herr Präsident! Wir haben am 9. Mai hier in Straßburg mit Präsident Buzek und mit 20 000 Menschen den 60. Jahrestag der Erklärung von Robert Schuman begangen. Vor diesem Hintergrund weise ich darauf hin, dass der Südkaukasus vor der Alternative steht, entweder so etwas wie der Balkan vor dem Ersten Weltkrieg im globalen Maßstab zu werden oder so etwas wie die Montanunion nach dem Zweiten Weltkrieg. Und wir setzen uns mit dem Bericht Kirilov für Zweiteres ein.
Ich gebe dem Kollegen Swoboda recht, dass, wenn die drei Staaten im Südkaukasus enger zusammenarbeiten würden, auch die Einflussnahme von außen, auch die russische Einflussnahme geringer werden könnte. Deshalb liegt es im Interesse aller drei Länder zueinanderzufinden. Ich unterstütze Armenien in seinem Streben nach Anerkennung des Genozids durch die Osmanen. Aber Armenien wäre viel glaubwürdiger, wenn es seine Truppen endlich aus Aserbaidschan zurückziehen würde. Und wir brauchen dringend eine Friedenslösung für Berg-Karabach und für die besetzten aserbaidschanischen Gebiete. Wir brauchen genauso eine klare Stabilisierung Georgiens. Denn wenn Georgien zerlegt wird, wie das manche in Moskau wollen, destabilisiert das die ganze Region.
Deshalb sind die wichtigsten Punkte: Friedensverhandlungen, Lösung der Nationalitätenkonflikte und vor allem auch Vertriebenenrückkehr. Es darf nicht sein, dass im 21. Jahrhundert Vertreibung weiterhin zu einem Mittel der Politik gemacht wird und dass man versucht, Vertreibung zu konservieren! Hier müssen wir viel mehr Sensibilität und viel mehr Aktivitäten entwickeln.
Justas Vincas Paleckis (S&D). – (LT) Ich möchte meinem Kollegen Herrn Evgeni Kirilov für seinen gründlichen und sehr bedeutsamen Bericht danken. Die Europäische Union fordert von Armenien, Aserbaidschan und Georgien, alles in ihrer Macht Stehende zu tun, um sicherzustellen, dass sie zu stabilen, befriedeten und wirklich demokratischen Staaten werden, wo Menschen- und Minderheitenrechte geachtet werden und es zwischen der Regierung und der Opposition zivilisiert zugeht.
Es ist nicht so einfach über regionale Zusammenarbeit zu sprechen, wenn wir nur zu gut wissen, dass alle drei Länder durch eingefrorene oder ganz frische Konflikte Schaden genommen haben. Trotzdem ist die europäische Erfahrung (insbesondere, wenn wir uns an die Ursprünge der Europäischen Union erinnern, die auf blutige Kriege folgten) ein eloquentes Zeugnis für die Tatsache, dass die einzige Lösung ist, zu sprechen, zu verhandeln und die Wunden zu heilen und mit Blick auf die Zukunft, und nicht die Vergangenheit, zu handeln. Die Länder des Südkaukasus werden eine klarere europäische Perspektive haben, wenn sie in der Lage sind, miteinander und in der weiteren Region zusammenzuarbeiten. Ganz sicher hängt das auch vom Verhalten der Nachbarländer ab.
Die Europäische Union hat die Möglichkeiten, eine aktivere politische Rolle im Südkaukasus zu spielen, um vor allem die Durchführung von Programmen zur Armutsbekämpfung, die Linderung von sozialer Ausgrenzung, die Gleichstellung der Geschlechter und Rechte der Frauen sowie Investitionen in Bildung und medizinische Versorgung sicherzustellen.
Es ist wichtig, die Entwicklung direkter Kontakte zwischen Bürgern des Südkaukasus und den Mitgliedstaaten der Europäischen Union zu beschleunigen. Insbesondere sollten wir die Zahl der Studenten, Lehrer und Forscher, die an Mobilitätsprogrammen teilnehmen, erhöhen.
Das ist unser gemeinsames Interesse, das wir alle teilen.
Ryszard Czarnecki (ECR). – (PL) Dies ist ein wichtiger Schritt für das Europäische Parlament hin zu der Öffnung der Tür für Nationen, die offensichtlich europäisch sind, wie zum Beispiel Georgien und Armenien. Offen gesagt ist das ein Schritt, der längst überfällig war. Es ist bedauerlich, dass es nicht schon vor zwei Jahren soweit war, als Georgien das Ziel russischer Militärintervention wurde. Trotzdem ist es ein Schritt in die richtige Richtung. Ich hoffe, ihm wird besonderer politischer Inhalt verliehen, und auch, dass die Parlamentarische Versammlung EURONEST eine Rolle als Instrument der Unterstützung für die Ambitionen dieser Staaten spielen wird, die offensichtlich europäisch orientiert sind.
Und als letzten Punkt wünsche ich mir, dass diejenigen von uns, die heute über das demokratische Defizit in den Ländern dieser Region sprechen, auch klar über das demokratische Defizit in einem Nachbarland dieser Länder, damit meine ich Russland, sprechen, damit wir nicht mit zweierlei Maß messen.
Krzysztof Lisek (PPE). – (PL) Armenien, Aserbaidschan und Georgien sind ohne Frage europäische Staaten, sie sind zweifelsohne europäische Nationen. Diese Staaten sind Mitglieder des Europarates und nehmen an vielen internationalen Missionen in Zusammenarbeit mit den Ländern der Europäischen Union teil. Die Europäische Union muss die Grundrechte aller Staaten zur Selbstbestimmung und das Recht von Nationen, über ihre eigene Zukunft zu entscheiden, anerkennen. Wir können nicht das archaische Prinzip von Regionen und Einflusssphären akzeptieren.
Ich möchte einige Sekunden der Frage georgischer territorialer Integrität widmen. Es ist sehr gut, dass die Union ihre Unterstützung in dieser Angelegenheit erklärt hat. Die Union gilt, und zwar nicht nur in der Welt, sondern auch – und das ist viel wichtiger – in diesen Ländern, als Garant für Sicherheit in der Region. Das dürfen wir nicht vergessen. Leider sind einige Teile der Waffenstillstandsabkommen vom 12. August und 8. September 2008 nicht umgesetzt worden. Ich verstehe, dass in Genf Gespräche geführt werden, aber vielleicht sollten wir in unseren bilateralen Gesprächen mit der Russischen Föderation die Aufmerksamkeit nochmals darauf lenken.
Eine zweite Sache ist die der Visa-Frage. Ich stimme Frau Malmström zu, die gesagt hat, dass man so Menschen zusammenbringt und den Bürgerinnen und Bürgern Europas das Reisen ermöglicht. Das sollte zweifelsohne auch für Georgien, Armenien und Aserbaidschan gelten.
George Sabin Cutaş (S&D). – (RO) Wenn man die Bedeutung der geopolitischen Lage Armeniens, Georgiens und Aserbaidschans in Bezug auf die Europäische Union, die Türkei, als Kandidatenland der Europäischen Union, Russland und den Iran bedenkt, ist es notwendig, eine EU-Strategie für den Südkaukasus zu entwickeln, deren Schwerpunkte die Förderung des Wirtschaftswachstums, der politischen Stabilität und der Achtung der Menschenrechte sind.
Der Handel ist eines der Hauptinstrumente, die der EU zur Verfügung stehen, um diese Zielsetzungen zu erreichen. Mit diesen Staaten Freihandelsabkommen zu schließen, würde ausländische Investitionen ankurbeln, neue Arbeitsplätze schaffen und das Wirtschaftswachstum in der Region fördern. Die Sicherheit der Energieversorgung zu gewährleisten ist ein gemeinsames Anliegen der Europäischen Union und der Südkaukasusregion.
Die Zusammenarbeit im Energiebereich muss erhöht werden, speziell durch die möglichst schnelle Fertigstellung des Nabucco-Projekts und durch die Bereitstellung von EU-Hilfen für Energieprojekte, die die Energieeffizienz und die Entwicklung alternativer Energiequellen im Südkaukasus fördern.
Paweł Robert Kowal (ECR). – (PL) Georgien und Armenien, und das wird von den Verfassern des Berichts betont, setzen eine europäische Strategie, eine Strategie der Nachbarschaftspolitik, dynamisch und erfolgreich um. Wir sollten darauf reagieren und in jedem Falle den besonderen Charakter bestimmter Länder im Südkaukasus berücksichtigen. Die Strategie für jedes der Länder sollte Bereiche beinhalten wie Verkehr, Natur, Kultur und Gesellschaft.
Herr Präsident, im Zusammenhang mit dem Südkaukasus finden die eingefrorenen Konflikte und ethnischen Probleme häufig Erwähnung. Es ist sehr gut, dass wir darüber sprechen. Trotzdem sollte die richtige Reaktion der Europäischen Union auf die Probleme des Südkaukasus sein, sich auf die Modernisierung zu konzentrieren und darauf, diese Länder so zu verändern, dass die Konflikte keine so große Rolle mehr spielen.
Bei dieser Aussprache haben wir meist vergessen, dass Georgien gerade erst einen Krieg hinter sich hat. Wir überlegen uns, was da zu tun ist. Wenn wir möchten, dass der Südkaukasus befriedet wird, dann müssen wir uns für die Modernisierung einsetzen, denn mindestens Georgien, aber auch Armenien und Aserbaidschan haben in den vergangenen Jahren ein derartig hohes Wirtschaftswachstum verzeichnet, dass sie unsere Unterstützung verdienen. Vielen Dank.
Andrey Kovatchev (PPE). – (BG) Herr Präsident! Ich begrüße den Bericht von Herrn Kirilov, der betont, dass die Europäische Union eine aktivere Rolle im Südkaukasus spielen muss, einer Region von erheblicher geopolitischer Bedeutung. Die positive Entwicklung im Südkaukasus ist sowohl für die benachbarte Schwarzmeerregion, für die die Europäische Union leider immer noch keine klare Strategie hat, die wir hier in nächster Zeit diskutieren könnten, als auch für die Europäische Union als Ganzes von Vorteil.
Ich möchte meine Besorgnis über die Verzögerung des Ratifizierungsprozesses der Protokolle, die letzten Oktober gemeinsam von der Türkei und Armenien unterzeichnet wurden, ausdrücken. Ich denke, dass keine der beiden Seiten Bedingungen für die Ratifizierung dieser Protokolle stellen sollte, die im Interesse sowohl der türkischen als auch der armenischen Bevölkerung sind. Wie der Bericht korrekt bemerkt, müssen die Verhandlungen zwischen Armenien und der Türkei bezüglich der Grenzöffnung und der Etablierung diplomatischer Beziehungen und den Verhandlungen, die in der Minsk-Gruppe der OSZE über Berg-Karabach geführt werden, als separate Themen behandelt werden.
Die Europäische Union muss definitiv aktiveres Engagement bei der zukünftigen Beilegung des Berg-Karabach-Konflikts zeigen. Basierend auf unseren Erfahrungen auf dem Balkan und auch unlängst in Georgien, ist die Europäische Union in einer guten Position, eine Schlüsselrolle in dieser Region zu übernehmen. Ein stabiler, sicherer und florierender Südkaukasus liegt in unserem Interesse und es ist höchste Zeit, dass wir unsere Verantwortung dafür übernehmen.
Der Vertrag von Lissabon stattet die Europäische Union mit einem Rahmenwerk aus, um ein richtiger globaler Akteur zu werden. Ein besonderes Beispiel hierfür wäre die Teilnahme der Europäischen Union als formales Mitglied der Minsk-Gruppe anstelle nur bestimmter einzelner Mitgliedstaaten, die dieser Gruppe angehören.
Der Präsident. – Verehrte Damen und Herren, es gibt acht Anfragen, nach dem „catch the eye“-Verfahren zu sprechen. Die Zeit reicht nicht für jeden aus, da wir zur Stimmabgabe übergehen müssen. Daher werde ich nur sechs Abgeordneten erlauben zu sprechen.
Andrzej Grzyb (PPE). – (PL) Der Bericht zum Südkaukasus ist ein guter Bericht. Ich möchte betonen, dass im Bericht die Aufmerksamkeit besonders auf die Rolle der Europäischen Union als Vermittler und Förderer von Werten gelenkt wird, aber vor allem als Förderer der Zusammenarbeit zwischen den Ländern dieser Region. Die Probleme, die wir lösen müssen, beziehen sich grundsätzlich auf Fragen der territorialen Integrität dieser Länder, aber auch darauf, wie sie wirtschaftlich zu stärken sind. Als Europäische Union können wir diesen Ländern hierbei helfen.
Ich möchte betonen, dass eines der Hauptprobleme das ungelöste Thema der Flüchtlinge ist. Herr Posselt hat davon gesprochen. Ich finde es wirklich beschämend, dass dieses Problem in unserer Zeit nicht gelöst werden kann. Ich denke, eine gewisse Unzulänglichkeit besteht in der Tatsache, dass der Bericht sich nicht auf das Rahmenübereinkommen zum Schutz nationaler Minderheiten bezieht, obwohl alle Länder der Region dieses Übereinkommen immerhin unterzeichnet haben. Vielen Dank.
Ioan Mircea Paşcu (S&D). – Herr Präsident! In der heutigen Aussprache geht es um einen sehr wichtigen und gut formulierten Bericht über eine wichtige Region in der Nähe der EU, dem Südkaukasus. Die Region rechtfertigt die allgemeinen Empfehlungen der Sicherheitsstrategie der EU vollkommen. Sie ist strategisch gelegen; sie ermöglicht den Transport von kaspischem Erdöl und Erdgas in die EU; und sie hat ihre eigenen beachtlichen Ressourcen. Das erfordert unsere volle Aufmerksamkeit und Entschlossenheit zu handeln. Jedoch genau deswegen, weil sie strategisch und energetisch relevant ist, wird die Region heftig von ausländischen Mächten umkämpft, die ihre innere Zerrissenheit und die Konflikte ausnutzen, ob sie nun immer noch "eingefroren" sind oder schon "auftauen".
Wenn die EU daran interessiert ist, das volle Potenzial des Südkaukasus auszuschöpfen, dann muss sie als Einheit handeln und nicht einzelstaatlich, und sie muss entschlossener handeln, selbst wenn das bedeutet, andere weniger glücklich zu machen. Dafür brauchen wir eine Strategie.
Graham Watson (ALDE). – Herr Präsident! Ich gratuliere Herrn Kirilov und Herrn Kazak zu ihrer Arbeit.
Wenn unsere Beziehungen nur unter dem Blickwinkel unserer Nachfrage nach Erdöl und Erdgas gesehen werden, werden wir die Spannungen verschärfen und es nicht schaffen, Sicherheit in anderen Dingen zu erlangen. Es ist das Bedürfnis nach Frieden und wirtschaftlicher Entwicklung im Südkaukasus, das unsere Politik antreiben sollte; das heißt, sich mit der NATO zu verbünden, um dafür zu sorgen, dass ihr neues strategisches Konzept dies widerspiegelt, sich mit Russland und der Türkei als Mächten in der Region zu verbünden, um eine größtmögliche Verbesserung der Verständigung anzustreben, und den Menschen mit Hilfe von Assoziierungsabkommen und Visaregelungen und so weiter die wahre Hand der Freundschaft auszustrecken.
Wir sollten die Erklärung von Herrn Medwedew und Herrn Janukowitsch zu Moldawien begrüßen, die zeigt, wie viel durch Diplomatie erreicht werden kann, und ich gratuliere Herrn Kommissar Füle zur bisherigen Entwicklung der Östlichen Nachbarschaftspartnerschaft. Ich freue mich auf eine aktivere Beteiligung der Union an allen Aspekten der Beziehungen mit der Schwarzmeerregion, da die Europäische Union eine Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik entwickelt.
Cristian Dan Preda (PPE). – (RO) Ich möchte Herrn Kirilov ebenfalls gratulieren und ihm für seine Zusammenarbeit bei der Erstellung dieses Berichts danken. Ich möchte zwei Punkte hervorheben. Der erste betrifft das Thema der Demokratie. Bernd Posselt sagte vorhin, dass die Länder in dieser Region zusammenarbeiten müssen. Diese Länder können zusammenarbeiten, wenn Aserbaidschan, Georgien und Armenien nach den Regeln der Rechtsstaatlichkeit regiert werden und berechenbar und pluralistisch sind. Wenn das geschieht, gibt es auch etwas für die EU zu gewinnen.
Der zweite Punkt betrifft natürlich die Energiefrage. Ich möchte an diesem Punkt die Rolle von Georgien und Aserbaidschan als Transitländer für Energieressourcen und in Bezug auf die Diversifizierung von Energieversorgungsquellen unterstreichen. Ich möchte jedoch anmerken, dass es gut ist, dass Armenien auch an diesen Projekten beteiligt sein wird, dies gilt auch für verkehrsbezogene Projekte. In dieser Hinsicht ist das Schlüsselwort Transparenz.
Andreas Mölzer (NI). - Herr Präsident! Um die Abhängigkeit der europäischen Energieversorgung von Russland zu verringern, soll Erdgas aus dem Kaspischen Becken durch den Südkaukasus in die EU geleitet werden. Der Kaukasus nimmt somit eine Schlüsselrolle ein. Diese Region ist nicht nur der weltgrößte Umschlagplatz für den Handel mit Gas und Öl, es kollidieren dort auch die Interessen Russlands und des Westens, und selbst die Türkei will mitmischen. Diese versucht, zusätzlich zu den Öl- und Gasverträgen einen Stabilitäts- und Kooperationspakt abzuschließen.
Stabilität im Kaukasus liegt zweifellos auch im Interesse der EU, aber dieses Vorhaben dürfen wir nicht der Türkei überlassen, sonst entstehen neue Abhängigkeiten und gar Druckmittel im Beitrittsverfahren. Ankara ist, wie das Beispiel Zypern ja zeigt, wenig zimperlich. Bereits jetzt verzögern die andauernden Machtkämpfe um die europäische Erdgasversorgung den Bau des lange geplanten Pipeline-Großprojekts Nabucco. Hoffentlich ist dem Konkurrenzprojekt South Stream mehr Erfolg beschieden, damit die kaspischen Ressourcen nicht an China verlorengehen.
Jaroslav Paška (EFD). – (SK) Vertreter der armenischen Regierung haben mich gestern gewarnt, dass der Bericht zur Notwendigkeit einer Strategie der EU für den Südkaukasus im Abschnitt über den Konflikt in Berg-Karabach Formulierungen enthält, die nicht mit der offiziellen Position der EU übereinstimmen, wie in den Bestimmungen der Erklärung, die von den Außenministern aller OSZE-Staaten verabschiedet wurde, und den Bestimmungen der Erklärung, die von den OSZE-Ministern am 2. Dezember 2009 in Athen herausgegeben wurde, dargelegt ist.
Besonders die Punkte 8 und 10 enthalten Formulierungen, die den Madrider Grundsätzen, die von den Unterzeichnerstaaten der Minsk-Gruppe der OSZE beschlossen wurden, nicht entsprechen. Wenn diese Punkte im vorgeschlagenen Wortlaut verabschiedet werden, könnten sie zu einem ernstzunehmenden Hindernis im weiteren Fortschreiten des Prozesses in Richtung einer friedlichen Lösung des Konflikts in Berg-Karabach werden.
Um die Überprüfung der zuvor erwähnten Bedenken zu ermöglichen, möchte ich vorschlagen, dass wir eine der zwei zuvor erwähnten Möglichkeiten in Betracht ziehen: entweder die strittigen Bestimmungen aus dem Bericht zu streichen oder die Abstimmung über den Bericht auf einen späteren Termin zu verschieben, um unseren Freunden im Kaukasus die Zeit zu geben, dem Europäischen Parlament gegenüber ihre Position zu dem Bericht zu erläutern.
Štefan Füle, Mitglied der Kommission. – Herr Präsident! Der letzte Redner, Herr Paška, hat einen sehr wichtigen Punkt angesprochen. Ich möchte drei ganz kurze Bemerkungen machen.
Erstens, glaube ich, dass wir mit der Östlichen Partnerschaft über eine Strategie verfügen, um diese drei Länder der Europäischen Union näher zu bringen – und sie sagen tatsächlich „so nah wie es geht“.
Zweitens, denke ich, haben wir dafür Instrumente: Assoziierungsabkommen, Abkommen über wirtschaftliche Integration, Mobilität (die Visa-Frage) und nicht zuletzt eine andere Europäische Union – eine Europäische Union, die den Gemeinschaftsansatz mit dem Ansatz der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik kombinieren könnte.
Meine dritte Bemerkung ist, dass ich mich auf eine Diskussion mit den Abgeordneten des Parlaments über das Nachbarschaftspaket freue, wo wir auch die Frage diskutieren könnten, ob das Konzept „so nah wie möglich an die Europäische Union“ einer institutionellen Definition bedarf.
Evgeni Kirilov, Berichterstatter. – Herr Präsident! Nochmals vielen Dank für die Anmerkungen und die erfolgreiche Zusammenarbeit während der Erstellung des Berichts. Vielen Dank für alle Kommentare und die Unterstützung, die ich von der Mehrheit der Kolleginnen und Kollegen, die gesprochen haben, erhalten habe.
Ich möchte gerne dem Verfasser der Stellungnahme des INTA-Ausschusses, Herrn Kazak, für die konstruktiven Ideen, die sein Ausschuss vorgestellt hat, danken und der Beteiligung des ITRE-Ausschusses, dessen zahlreiche Vorschläge sich im Bericht wiederfinden. Mein Dank gilt auch dem AFET-Sekretariat und den zahlreichen Fachleuten, Nichtregierungsorganisationen und anderen Organisationen, die aktiv in der Region arbeiten und einen wichtigen Beitrag und wertvolle Unterstützung lieferten.
Ich möchte nur noch eine Sache sagen. Wir sollten dieselben Grundsätze anwenden. Ich habe einige Kritik von einigen Kolleginnen und Kollegen gehört. Wir sollten wissen, dass dieses Haus uns definitiv nicht unterstützen würde, wenn wir über territoriale Integrität und Selbstbestimmung für Georgien sprechen. Wir sollten wissen, dass die allgemeingültige Anwendung der Grundsätze die beste Grundlage ist, um Beziehungen aufzunehmen und aufzubauen. Ich hoffe, dass der Rat und die Kommission die Empfehlung bedenken, die in diesem Text vom Parlament gemacht wurde, und eine umfassende Strategie der EU für den Südkaukasus entwickeln, und ich möchte darauf hinweisen, dass Herr Kommissar Füle dieser Region zur rechten Zeit einen Besuch abgestattet hat.
Ich möchte Baroness Ashton dazu auffordern, dies ebenfalls zu tun und zu versuchen, sich für die Konfliktprävention in der Region einzusetzen. Wir begrüßen und unterstützen den Beschluss des Rates von letzter Woche, die Verhandlungsrichtlinien für die zukünftigen Assoziierungsabkommen mit den drei Ländern zu verabschieden, und wir glauben, dass eine Erweiterung der Vertragsverhältnisse mit den drei Ländern ein wichtiger Schritt ist. Die Zeit ist reif, die Maßnahmen zu verstärken, um negativen Entwicklungen und der Eskalation von Spannungen in der Region vorzubeugen. Andererseits laufen wir Gefahr, wieder erst einzugreifen, wenn es schon zu spät ist. Wir sollten nicht darauf warten, dass das wieder passiert.
Die bedeutende Lektion, die Europa gelernt hat, ist die der Integration. Sie ist der einzig nachhaltige Weg einer Aussöhnung mit der Vergangenheit und eine Investition in eine bessere Zukunft.
Der Präsident. – Die Aussprache ist geschlossen.
Wir kommen nun zur Abstimmung.
Schriftliche Erklärungen (Artikel 149)
Elena Băsescu (PPE), schriftlich. – (RO) Mit der Annahme dieses Berichtes bestätigt das Europäische Parlament nochmals die besondere Bedeutung des Südkaukasus für die Europäische Union wie auch die Notwendigkeit, eine Strategie für die Region zu entwickeln. Die drei Länder in der Südkaukasusregion, Georgien, Armenien und Aserbaidschan sind Teil sowohl der Schwarzmeersynergie als auch der Östlichen Partnerschaft. Folglich haben wir ein Rahmenwerk und Instrumente, um der Europäischen Union zu ermöglichen, sich aktiver in der Region zu beteiligen.
Die Europäische Kommission muss besondere Initiativen zur Zusammenarbeit in den folgenden Bereichen ausarbeiten: Sicherheit der Energieversorgung, Verkehr, wirtschaftliche Entwicklung und Umweltschutz. Die Südkaukasusregion ist besonders wichtig für den südlichen Korridor und daher für die gesamte Sicherheit der Energieversorgung Europas. Rumänien ist an besonderen Projekten beteiligt, die die Entwicklung des südlichen Korridors zum Ziel haben.
In diesem Punkt haben Vertreter meines Landes, Georgiens und Aserbaidschans das AGRI-Abkommen unterzeichnet. Dies sorgt für den Bau von zwei Flüssigerdgasterminals in zwei Schwarzmeerhäfen, einem in Georgien und dem anderen bei Constanţa in Rumänien. Ich möchte betonen, dass wir die eingefrorenen Konflikte in der Region nicht ignorieren können, da sich ihre Situation verschlechtern kann, was die Region destabilisieren würde.
Tunne Kelam (PPE), schriftlich. – Die Lage in der Südkaukasusregion benötigt besonders jetzt einen aktiven Ansatz von der Europäischen Union, wo der Vertrag von Lissabon die EU mit einem Mandat versieht, sich verstärkt in der Region zu engagieren und dort präsenter zu werden. Die groß angelegte russische Militärinvasion in weite Teile Georgiens im August 2007 zeigte dramatisch, dass sogenannte eingefrorene Konflikte ganz leicht Quellen von verheerenden regionalen Konflikten werden können, wenn sich Großmächte wie die EU nicht aktiv in dem Gebiet engagieren. Sowohl die EU als auch die NATO waren 2007 eindeutig nicht darauf vorbereitet, sich der neuen Situation zu stellen. Im Rahmen der Östlichen Nachbarschaftspolitik hat die EU gute Voraussetzungen, um eine herausragende Rolle bei der Vertrauensbildung, dem Wiederaufbau und der Rehabilitation einzunehmen. Zunächst bedeutet das, die Präsenz der EU in der Region zu verstärken. Wir unterstützen die konstruktive Aufgabe unseres Sonderbeauftragten, Peter Semneby, voll und ganz. Allerdings können wir uns nicht nur auf Überwachungsaufgaben beschränken. Darüber hinaus, und das verstößt gegen die Abkommen von 2007, ist es der Überwachungsmission der Europäischen Union (EUMM) noch immer nicht erlaubt, die abtrünnigen Gebiete unter russischer Kontrolle zu betreten. Eine derartige Situation ist sowohl inakzeptabel als auch beschämend. Wir können die Zusammenarbeit mit den russischen Behörden nur unter der Bedingung fortsetzen, dass sie ihren eigenen Verpflichtungen nachkommen.
Marek Siwiec (S&D), schriftlich. – (PL) Die Konflikte im Südkaukasus haben ein sehr gefährliches Höchstmaß erreicht, wo wir uns an die Idee gewöhnt haben, dass sie unlösbare Konflikte sind. Welche Bemühungen auch immer gemacht werden – ob sie wirklich sind oder nur vorgetäuscht –, sie beabsichtigen nur, eine gewisse Art von Vernebelung bei den Verhandlungen zu erzeugen, was sicher nicht zur Lösung der Konflikte beiträgt. Das gilt für die territorialen Auseinandersetzungen zwischen Georgien und Russland und auch auf besondere Weise für Berg-Karabach.
Aus meiner Sicht stellt die Entwicklung der Situation zwischen zwei der Länder – Armenien und Aserbaidschan, die unter der Östlichen Partnerschaft und der Europäischen Nachbarschaftspolitik unsere Partner sind –, eine inakzeptable Politik des Einverständnisses darüber dar, dass diese Konflikte unlösbar sind.
Die Europäische Union, die im Einvernehmen mit Russland, einem sehr wichtigen Partner in dieser Angelegenheit, handelt, muss eine Situation herbeiführen, in der ganz klar Stellung bezogen wird. Dazu sollte vor allem gehören, eine klare Botschaft an jene Länder zu senden, die eine Mitgliedschaft in der EU anstreben, dass das Lösen von territorialen Problemen und zumindest eine teilweise Lösung der Flüchtlingsproblematik Grundbedingungen dafür sind, eine Mitgliedschaft in naher oder ferner Zukunft ernsthaft zu erwägen.
Für mich ist die Zukunft und die Art, wie mit dem Konflikt in Berg-Karabach umgegangen wird, ein Lackmustest dafür, was die Seiten bezüglich europäischer Angelegenheiten zeigen wollen und wie sie ihre Glaubwürdigkeit auf diesem Gebiet demonstrieren.
Indrek Tarand (Verts/ALE), schriftlich. – Es war wirklich Zeit, über eine Strategie für den Kaukasus zu diskutieren, und diese Strategie sollte ihre Augen vor den unerfreulichen Vorgängen zwischen der Ukraine und Russland nicht verschließen. Es geht um die Verlängerung des Pachtvertrages des Marinestützpunktes in Sewastopol bis 2050. Die Erklärungen der russischen Führung, dass die Schwarzmeerflotte niemals gegen ihre Nachbarn zum Einsatz kommen wird, klingen nicht allzu glaubwürdig. Warum ist dann die Flotte da – um Kinder und ältere Leute auf der Krim zu belustigen? Ceterum censeo, Frankreich hat sich entschieden, ein Kriegsschiff der Mistral-Klasse an Russland zu verkaufen; wir glauben, dass es dies zutiefst bedauern wird.