Der Präsident. – Zunächst habe ich einige Anmerkungen und Informationen. Wie Sie wissen, wurde Europa erneut von einer Flutkatastrophe heimgesucht. Diesmal kostete eine Überschwemmung in Rumänien bereits mindestens 25 Menschen das Leben, tausende von Menschen mussten ihr Zuhause verlassen. Vier Länder der Europäischen Union haben bereits Rumänien gegenüber ihre Unterstützung beim Kampf gegen die Flut zugesagt. Auch das nordspanische Asturien wurde von Überschwemmungen heimgesucht, die enorme Materialschäden verursacht haben. Zusätzlich wird von ungewöhnlich starken Regenfällen aus mehreren anderen europäischen Staaten berichtet. Auch hören wir, dass diese verzeichneten atmosphärischen Phänomene mit dem Klimawandel in Zusammenhang stehen.
Zweitens möchte ich Ihre Aufmerksamkeit auf die Religionsgemeinschaft der Bahai im Iran lenken. Vergangene Woche wurden 50 Häuser von Mitgliedern dieser Gemeinde abgerissen. Weiterhin ist ein Gerichtsverfahren gegen 7 Angehörige der Bahá’I Gemeinde im Iran anhängig. Wir verlangen vom Iran die Einhaltung internationaler Normen. In seinen Entschließungen und Erklärungen hat das Europäische Parlament wiederholt die Achtung der Rechte religiöser Minderheiten im Iran gefordert. Auch haben wir wiederholt die Anwendung der Todesstrafe, insbesondere bei Minderheiten, verurteilt. Wir sind über die Informationen, die uns aus dem Iran, einem Unterzeichnerstaat der UN-Kinderrechtskonvention, erreichen, zutiefst erschüttert, dass weiterhin Personen auf ihre Hinrichtung warten, die zum Zeitpunkt ihres Vergehens, dessen sie beschuldigt sind, minderjährig waren.
Drittens jährt sich am 13. Juli der 10. Todestag von Jan Karski. 1942 stellte Jan Karski den alliierten Oberbefehlshabern den ersten Bericht über die Vernichtung der Juden im besetzten Europa vor. Er sammelte Informationen durch seine Aufenthalte im Ghetto und in einem der Vernichtungslager. Sein Bericht war der erste dieser Art während des Krieges. Nach dem Krieg kehrte Karski nicht nach Europa zurück. Als Universitätsprofessor in den USA sprach er sich sehr positiv für die europäische Integration aus und warb für sie auf dem amerikanischen Kontinent.
4. Gesamthaushaltsplan für das Haushaltsjahr 2011 (Frist für die Einreichung von Änderungsanträgen)
Der Präsident. – Der endgültige Entwurf der Tagesordnung, der am Donnerstag, den 1. Juli 2010 durch die Konferenz der Präsidenten gemäß Artikel 137 der Geschäftsordnung erstellt wurde, wurde verteilt. Folgende Änderungsanträge wurden gestellt:
Montag
Die Fraktion der Grünen/Freie Europäische Allianz und die Fraktion der Progressiven Allianz der Sozialisten & Demokraten im Europäischen Parlament haben die Vertagung der Aussprache über den Ausschussbericht von Frau Gallo zur Durchsetzung von geistigen Eigentumsrechten im Binnenmarkt bis zur folgenden Plenartagung beantragt.
Ich bitte nun Herrn Cohn-Bendit, sich hierzu zu äußern.
Daniel Cohn-Bendit, im Namen der Verts/ALE-Fraktion. – (FR) Herr Präsident, wir haben dieses Thema bereits anlässlich der Konferenz der Präsidenten erörtert. Viele Fraktionen sind sich noch uneinig über Frau Gallos Bericht und bei all diesen Fraktionen scheint noch weiterer Diskussionsbedarf zu diesem Thema zu bestehen, da es Probleme und widersprüchliche Punkte gibt, die die Fraktionen noch zu erörtern haben. Aus diesem Grund haben wir die Vertagung der Aussprache und der Abstimmung über Frau Gallos Ausschussbericht auf September, der zweiten Septembersitzung oder einer späteren Sitzung beantragt. Die Angelegenheit muss auf der Konferenz der Präsidenten geprüft werden. Die Lösung ist daher recht einfach: Lassen wir die Frucht noch am Stock hängen, da diese noch nicht reif ist, und erörtern wir die Sache erneut im September.
Martin Schulz, im Namen der S&D-Fraktion. – Herr Präsident! Ich möchte den Antrag des Kollegen Cohn-Bendit im Namen unserer Fraktion unterstützen. Wir sehen es genauso. Das ist ein hochsensibles, sehr delikates Thema, bei dem es sicher sinnvoll ist, eine breite parlamentarische Mehrheit zu finden. Deshalb wäre es gut, wenn der Bericht verschoben werden könnte und der Versuch unternommen werden kann, noch mögliche Konsense zu erarbeiten. Deshalb unterstützen wir diesen Antrag.
Manfred Weber, im Namen der Gruppe PPE. – Herr Präsident! Die Reifungsprozesse von Früchten dauern ja durchaus unterschiedlich lange. Für die EVP-Fraktion kann ich sagen, dass unsere Frucht reif wäre zur Entscheidung, und deswegen wünschen wir, dass dieser Bericht Gallo auch zur Abstimmung kommt und wir diese Woche darüber beschließen.
(Das Parlament gibt dem Antrag statt)
Dienstag und Mittwoch – keine Änderungen
Donnerstag
Der Präsident. – Die Fraktion der Europäischen Konservativen und Reformisten hat eine Änderung der Reihenfolge der Aussprachen am Donnerstagnachmittag über Fälle von Verletzungen der Menschenrechte, der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit wie folgt beantragt: erst Simbabwe, danach Venezuela und danach Nordkorea.
Martin Callanan (ECR). – Herr Präsident, ich hoffe, dass dieses Gesuch keinen Anlass zu Kontroversen gibt. Es geht einfach nur um eine geringfügige Anpassung der Reihenfolge der Menschenrechtsdebatte am Donnerstagnachmittag, sodass Simbabwe zuerst behandelt wird, anschließend Venezuela und danach Nordkorea. Es soll nicht der Versuch unternommen werden, einem dieser Themen eine größere Bedeutung beizumessen. Es geht nur darum, dass es für eine Anzahl von Abgeordneten passender ist, Simbabwe als erstes zu behandeln.
Francesco Enrico Speroni (EFD). – (IT) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wie mein Kollege bereits betont hat, geht es nicht darum, Punkte auf die Tagesordnung zu setzen oder von dieser zu streichen, sondern einfach darum, die Reihefolge der verschiedenen zu behandelnden Tagesordnungspunkte umzukehren, sodass ich meine, dass dieser Vorschlag diskussionslos angenommen werden kann.
Der Präsident. – Möchte sich jemand gegen den Antrag aussprechen? Ja bitte, Herr Schulz.
Martin Schulz (S&D). - Herr Präsident! Vielleicht gestatten Sie eine Frage an den lieben Kollegen Callanan.
Lieber Herr Kollege Callanan, sagen Sie uns doch bitte, warum es für Abgeordneten leichter ist, wenn Simbabwe zuerst diskutiert wird, und für welche Abgeordnete es leichter ist. Das ist ein wichtiges Entscheidungskriterium für uns. Ich wiederhole das noch einmal: Was ist der besondere Grund, Simbabwe vorzuziehen, so dass es Ihnen dann leichter fällt, darüber zu diskutieren?
Martin Callanan (ECR). – Herr Präsident, Herr Schulz versetzt mich in eine sehr schwierige Lage: Ich kenne mich überhaupt nicht aus; ich trage diesen Antrag im Namen von Herrn Van Orden vor, der sich verspätet hat, und jemand bat mich, ob ich ihn im Vorfeld vorbringen könnte.
(Lachen und Beifall)
Wie immer ist die beste Politik, ehrlich gegenüber Herrn Schulz zu sein!
(Das Parlament gibt dem Antrag statt)
(Die Tagesordnung wird angenommen)
15. Fahrgastrechte im Kraftomnibusverkehr - Fahrgastrechte im See- und Binnenschiffsverkehr (Aussprache)
Der Präsident. – Als nächster Punkt folgt die gemeinsame Aussprache über:
- die Empfehlung für die zweite Lesung im Namen des Ausschusses für Verkehr und Fremdenverkehr über den gemeinsamen Standpunkt des Rates in erster Lesung im Hinblick auf den Erlass einer Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates betreffend die Fahrgastrechte im Kraftomnibusverkehr und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 (05218/3/2010 - C7-0077/2010 - 2008/0237(COD)) (Berichterstatter: Antonio Cancian) (A7-0174/2010) und
- der Entwurf einer Empfehlung für die zweite Lesung im Namen des Ausschusses für Verkehr und Fremdenverkehr über den gemeinsamen Standpunkt des Rates in erster Lesung im Hinblick auf den Erlass einer Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates betreffend die Fahrgastrechte im See- und Binnenschiffsverkehr und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 (14849/3/2009 - C7-0076/2010 - 2008/0246(COD)) (Berichterstatterin: Inés Ayala Sender (A7-0177/2010)
Antonio Cancian, Berichterstatter. – (IT) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Frage der Fahrgastrechte ist hochaktuell, was sich darin zeigt, dass die Europäische Kommission in den letzten Tagen eine Kampagne lanciert hat, um die Bürgerinnen und Bürger besser über ihre Rechte bei Reisen mit unterschiedlichen Beförderungsarten zu informieren. Ich bin der Überzeugung, dass es sich um eine wichtige Initiative handelt und auch, dass das Parlament in der Pflicht steht, mit Erlassen, die die Reisebedingungen von Fahrgästen verbessern, seinen Beitrag zu leisten.
Im Hinblick auf die heute erörterte Verordnung unternehme ich nicht den Versuch, meinen Eindruck zu verbergen, den ich aus dieser Verhandlung gewonnen habe, und zwar, dass die Mitgliedstaaten diese Verordnung nicht wünschen. Der Bericht, für den ich die Ehre hatte, als Berichterstatter zu fungieren, ist äußerst heikel, da eine ausgewogene Lösung erforderlich ist, um Fahrgäste mehr Rechte einzuräumen, die Ahndung von öffentlichen Verkehrsbetrieben aber zu umgehen. In der Tat handelt es sich bei fast allen Unternehmen in diesem Sektor um Klein- und Mittelbetriebe.
Mit der von mir während dieser Verhandlungsmonate geleisteten Arbeit verfolgte ich zwei Hauptziele: erstens, den Klein- und Mittelbetrieben (KMU) nicht zu schaden und zweitens, Fahrgäste zu schützen, vor allem Menschen mit Behinderungen und eingeschränkter Mobilität, Effizienzsteigerung und das Anstreben eines größeren Verantwortungsbewusstseins.
Bei dem in erster Lesung angenommenen Albertini-Bericht handelte es sich um einen sehr mutigen Bericht. Die vom Rat vorgenommenen wesentlichen Abänderungen betreffen die folgenden Punkte: den Geltungsbereich, die Haftung, die Rechte von Menschen mit Behinderungen und eingeschränkter Mobilität, Erstattungen und Entschädigung bei Verspätungen und Stornierungen sowie weitere sekundäre Aspekte. Einige der vom Rat vorgenommenen Änderungen waren und sind akzeptabel, und dies wurde während der Verhandlungen bestätigt.
Leider konnten wir uns jedoch in den Abschlussverhandlungen bei verschiedenen wichtigen Aspekten nicht auf den Standpunkt des Rates einigen, insbesondere: den Geltungsbereich betreffend, bei dem angesichts der Bereitschaft des Parlaments, den Ausschluss des Regionaltransports zu erwägen – obgleich wir vorgeschlagen hatten, den Regionaltransport nicht zu berücksichtigen, falls dieser in den Stadt- und Vorortverkehr integriert würde –, der Rat sich vollständig weigerte, bei den für diese Ausnahme geltenden Artikeln nachzugeben; beim Zeitfenster für das Inkrafttreten der Verordnung, das aus Sicht des Parlaments einen Zeitraum von drei Jahren, mit der Möglichkeit einer einmaligen Verlängerung, nicht überschreiten darf, während der Rat sich für einen zweimal verlängerbaren Zeitraum von fünf Jahren ausspricht; bei der Hilfe für Personen mit Behinderungen und eingeschränkter Mobilität; beim Anspruch auf kostenlose Unterbringung in einem Hotel bei Reiseunterbrechung oder realistischerweise kostenlose Beförderung zu und die Suche nach einem Hotel, was für uns ausreichend wäre; bei den Fahrgastrechten bei Verspätungen, insbesondere verspäteten Abfahrten; beim Informationszugang, eine Sache, die von großem Interesse für Personen mit Behinderungen und eingeschränkter Mobilität ist, für die wir es als nicht akzeptabel erachten, einen Bericht anzunehmen, der erst in 15 Jahren in Kraft treten und lediglich 20% der Kraftomnibusreisen betreffen würde.
Die in diesen Monaten geführten Verhandlungen wurden von beiden Parteien dank des Beitrags der Europäischen Kommission ernsthaft und offen geführt. In den letzten Wochen haben sich jedochdie Positionen gegenüber diesem Thema verhärtet. Wir unsererseits sind bei allen sensiblen Fragen im Bewusstsein der möglicherweise verheerenden Auswirkungen auf die in der Branche tätigen Unternehmen um einen Kompromiss bemüht, da es nicht gerecht wäre, diese mit unverhältnismäßig drückenden Verpflichtungen zu belasten.
Andererseits war – ist – das andere Ziel, wie ich bereits sagte, der Schutz der Fahrgäste, insbesondere der Schwächsten unter ihnen, für die der vollständige und garantierte Zugang zu öffentlichen Verkehrsmitteln ein unverzichtbares Mittel der sozialen Integration darstellt.
Ich habe gesagt, dass Entscheidungen, die sich für die Beteiligten nachteilig auswirken, nicht länger akzeptabel sind: die Überalterung der Bevölkerung Europas ist ein Phänomen mit weit reichenden Auswirkungen, und es wäre ein Fehler, dies bei der Festlegung der Prozesse für die Bereitstellung einer derart wichtigen Dienstleistung außer Acht zu lassen. Wie können wir nur denken, dass die Bereitstellung von Reiseinformationen im Internet im Jahr 2020 eine zu weitreichende Verpflichtung wäre?
Ich möchte mich bei meinen Kolleginnen und Kollegen bedanken, die während dieser Verhandlungen mit mir zusammengearbeitet haben. Ich bitte das Parlament, für den von mir vorgeschlagenen Text abzustimmen, sodass wir in der Vermittlung ein Ergebnis erzielen können, dass auf einer Linie mit den beiden von mir genannten und nochmals hervorgehobenen Zielen liegt.
Inés Ayala Sender, Berichterstatterin. – (ES) Herr Präsident, wir haben jetzt Juli, der Monat, in dem trotz der Krise viele Europäer sich zu einer Kreuzfahrt oder der Reise mit dem Schiff entschließen. In der Tat haben Seereisen und Kreuzfahrten erheblich zugenommen und sind zu einem Schlüsselfaktor der Entwicklung und des Wohlstands, sowohl der europäischen Küstengebiete und Häfen als auch Europas Binnenwasserstraßen geworden.
Das Europäische Parlament hat heute gute Neuigkeiten für alle Unternehmer, Beschäftigten und selbstverständlich Reisende in diesem bedeutenden Sektor, da die Einigung, die wir mit dem Rat mit großer Unterstützung der Kommission erzielt haben, die Schaffung eines gemeinsamen Rahmens für die Rechte von Fahrgästen darstellt, die bereits für den Luft- und Eisenbahnverkehr bestehen. Somit wurde ein unannehmbares Defizit für einen sich im vollen Expansions- und Modernisierungsprozess befindlichen Sektor behoben.
Mit dieser erzielten Übereinkunft unter der spanischen Ratspräsidentschaft, der ich zusammen mit den übrigen ständigen Vertretungen und natürlich meinen Kolleginnen und Kollegen und den Diensten unseres Parlaments besonders für ihre Bemühungen danken möchte, werden die Fahrgastrechte erheblich gestärkt. Dies gilt insbesondere für Menschen mit eingeschränkter Mobilität, da wir ständig von Behindertenverbänden angesprochen werden.
Andererseits wurde der Geltungsbereich ausgeweitet und schließt sich somit der ursprünglichen Position des Parlaments an, das heißt, es ist eine Bestimmung für alle Schiffe mit mehr als 12 Fahrgästen in dieser Verordnung vorgesehen. Dennoch gibt es Raum für eine gewisse Flexibilität bei Kleinbetrieben, die Ausflüge anbieten und historische Schiffe, ferner für Fähren, die kurze Schiffsreisen unternehmen und Fernfahrer befördern sowie Verkehrsunternehmer auf Binnenwasserstraßen, für die eine sofortige Umsetzung dieser ersten Bestimmung zu kostenintensiv wäre.
Andererseits ist es dem Parlament auch gelungen, jeden Hinweis auf eine mögliche Verweigerung der Beförderung aufgrund von Behinderung herauszunehmen, wobei eine solche Option ausschließlich auf diejenigen Situationen beschränkt wird, in denen aus Sicherheitsgründen die sichere Beförderung der betreffenden Person gefährdet sein könnte. Darüber hinaus hat der Rat die Möglichkeit der Verweigerung der Beförderung aus Gesundheitsgründen abgelehnt, ein äußerst kontroverses Thema angesichts der Tatsache, dass in einer Verordnung über Fahrgäste erstmals auf die Gesundheit Bezug genommen wird.
Außerdem wurden die Verspätungszeiten, ab denen Fahrgäste einen Entschädigungsanspruch haben, auf 90 anstelle von 120 Minuten festgesetzt; für den Fall der Übernachtung wurde ein Betrag von 80 EUR erzielt; hinsichtlich der Gesamtsumme von 120 EUR, ist es uns gelungen, diese auf 240 EUR zu erhöhen. Es wurde jetzt eine Bestimmung festgelegt, die vorsieht, dass das Verkehrsunternehmen dazu verpflichtet ist, in den außergewöhnlichen Fällen, in denen es von der Einhaltung der Pflichten befreit ist oder eine Modifizierung der Ausrüstung in Häfen usw. erforderlich ist, die Beweislast zu tragen. Ebenfalls ist es uns gelungen, die Höchstgrenze für die Erstattung von Fahrscheinen von anfänglich 40 EUR auf 24 EUR zu senken.
Zugleich ist darauf hinzuweisen, dass die Verordnung die erforderliche Flexibilität betreffend die Besonderheiten dieser Beförderungsart beinhaltet, die anfälliger für das Auftreten von Verspätungen infolge schlechter Wetterbedingungen ist, wodurch sich erklärt, warum gewisse Bestimmungen wie diejenigen zur finanziellen Entschädigung bei Verspätungen oder Unterkünften bei rauer See ausgenommen sind.
Abschließend verdient die Tatsache besondere Erwähnung, dass der vereinbarte Text die Mitgliedstaaten zur Einrichtung von Stellen verpflichtet, die zusätzlich zur Sicherstellung der Einhaltung dieser Verordnung frei von Geschäftsinteressen und zur Einrichtung eines Sanktionssystems befugt sind. Außerdem können diese Stellen Fahrgastbeschwerden bearbeiten, die in erster Instanz von einer von den Verkehrsbetrieben einzurichtenden Stelle abgewiesen wurden.
Ebenfalls konnten wir Behinderten- und Fahrgastverbände aktiv in diese Verordnung einbinden. Darüber hinaus gelang es uns, Hafenbehörden zu ermutigen, eine größere Rolle bei den zur Anwendung kommenden Entscheidungen zu spielen, in dem Sinne, dass wir die Anwendung der gesamten Verordnung nach Möglichkeit auch auf Häfen ausgeweitet haben und nicht nur, wie es die Absicht des Rates war, auf Terminals zu beschränken.
Ich glaube, wir haben auch dafür Sorge getragen, dass Personalschulung und damit verbundene Auffrischungskurse Teil dieser Verordnung sind, eine wichtige Errungenschaft angesichts der Tatsache, dass dies eine der langjährigen Bitten von Behindertenverbänden gewesen ist. Auch haben wir den zügigen Austausch von Mobilitätshilfen durch eine geeignete Alternative im Beschädigungsfall während einer Reise erreicht.
Abschließend haben wir die Herabsetzung der Anwendungsfrist der Verordnung um ein Jahr erreicht.
Ich denke daher, diese Verhandlungen sind erfolgreich gewesen, und ich möchte all denjenigen danken, die uns dabei unterstützt haben, den europäischen Fahrgästen ausnahmsweise einmal gute Nachrichten überbringen zu können.
Siim Kallas, Vizepräsident der Kommission. –Herr Präsident! Ich möchte den Berichterstattern, Herrn Cancian und Frau Ayala Sender sowie den Schattenberichterstattern für ihre harte Arbeit danken.
Ich möchte die Bedeutung dieser Rechtsvorschriften für jeden einzelnen Bürger bekräftigen, der in Europa unterwegs ist, zu denen jeder von uns gehört. Ich teile definitiv die Ansicht, dass die Behandlung von Fahrgästen die jeweiligen Beförderungsarten betreffend vergleichbar sein muss.
Zentrale Elemente sind: Mindestinformationsvorschriften für alle Fahrgäste vor und während ihrer Reise, Hilfe und Entschädigung im Falle von Reiseunterbrechungen, Maßnahmen bei Verspätung, besondere Hilfe für Personen mit eingeschränkter Mobilität, und unabhängige einzelstaatliche Stellen für die Beilegung von Streitigkeiten.
Die Kommission erachtet den während der Verhandlungen mit dem Rat über Fahrgastrechte im See- und Binnenschiffsverkehrs erreichten Kompromiss als gut und die Gesamtziele unseres Vorschlags als angemessen berücksichtigt. Lassen sich mich insbesondere betonen, dass das Parlament außerordentlich erfolgreich bei der Erweiterung des Anwendungsbereichs des Vorschlags gewesen ist. Ich möchte dem Europäischen Parlament und dem Rat sowie dem spanischen Ratsvorsitz und Frau Ayala Sender für ihre unermüdlichen Bemühungen dieses Dossier betreffend meinen Dank aussprechen.
Im Hinblick auf die Fahrgastrechte im Kraftomnibusverkehr wurde seit Annahme des gemeinsamen Standpunkts durch den Rat der Versuch informeller Besprechungen zwischen dem Rat und dem Europäischen Parlament unternommen, um zu einer Kompromissvereinbarung über den Text zu gelangen. Die Gespräche waren schwierig. Wichtige strittige Punkte sind: der Geltungsbereich, die Haftungsbestimmungen und Hilfe zur Befriedigung der sofortigen praktischen Bedürfnisse von Fahrgästen im Unglücksfall, ferner Bestimmungen zugunsten der Mobilität von Menschen mit eingeschränkter Mobilität und von Behinderten.
Die Kommission hat große Anstrengungen unternommen, um eine Kompromisslösung zu finden. Leider war es nicht möglich, zu einer Übereinkunft zu gelangen, was die Kommission bedauert. Ein starkes Votum durch das Plenum für ein hohes Schutzniveau für Fahrgäste im Kraftomnibusverkehr wäre ein gutes Signal. Persönlich möchte ich optimistisch bleiben und denke, dass ein Kompromiss in der Vermittlung weiterhin möglich ist.
Die Kommission wird bestrebt sein, unter der belgischen und ungarischen Ratspräsidentschaft zu einer ausgewogenen Einigung bei zukünftigen Verhandlungen zwischen dem Europäischen Parlament und dem Rat zu gelangen, sodass die allgemeinen Ziele des Kommissionsvorschlags angemessen berücksichtigt werden.
Werner Kuhn, im Namen der PPE-Fraktion. – Herr Präsident! Herr Kommissar Kallas, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist eigentlich eine logische Schlussfolgerung: Nachdem wir hier im Parlament mit dem Rat und der Kommission gemeinsam die Fahrgastrechte im Flugverkehr und im Schienenpersonenverkehr verbessert haben, sollen jetzt auch im Bereich Seeverkehr – auf Binnenwasserstraßen und im Seeverkehr insgesamt – bessere Passagierrechte eingeräumt werden. Es ist aber natürlich notwendig, dass man hier nicht das Kreuzfahrtschiff mit dem historischen Fischkutter vergleicht.
Deshalb, Frau Ayala Sender und auch Herrn Cancian, freue ich mich sehr darüber, dass wir Kompromisse gefunden haben, damit auch Ausnahmeregelungen greifen können, etwa dass bei Passagierschiffen ab 12 Personen auch Schadensersatzforderungen gestellt werden können, nicht jedoch, wenn die Besatzung weniger als drei Personen umfasst.
Tourismus ist ein großer Wirtschaftszweig, den wir immer berücksichtigen müssen. Auch Fähren, die über eine Distanz von 500 Metern eingesetzt werden – wenn die Distanz kleiner ist, gelten diese Bestimmungen für sie in Zukunft nicht mehr –, auch Sightseeing-Touren und Exkursionen spielen dort eine ganz entscheidende Rolle und besonders auch historische Wasserfahrzeuge. Hier dürfen keine zusätzlichen Investitionen in Angriff genommen werden, sondern es muss darauf geachtet werden, dass die Crew, die Besatzung, die Hilfeleistung für Menschen mit Behinderungen ausführen kann.
Ich danke allen Beteiligten, dass wir eine gute Kompromisslösung gefunden haben.
Brian Simpson, im Namen der S&D Fraktion. – Herr Präsident, heute haben wir die letzten beiden Puzzleteile der Dossiers über die Fahrgastrechte im See- und Binnenschiffsverkehr und im Kraftomnibusverkehr vor uns.
Ich danke unseren Berichterstattern für ihre Arbeit und begrüße die offensichtlich mit dem Rat erzielte Einigung über die Beförderung auf dem Seeweg.
Jedoch ist das bisherige Scheitern, einen gemeinsamen Nenner beim Kraftomnibusverkehr zu finden, enttäuschend, aber wir werden weiterhin versuchen, im Übergangszeitraum zu einer Einigung zu gelangen. Auf diesen Bereich möchte ich mich heute konzentrieren.
Es wäre eindeutig widersinnig und ungerecht, Fahrgastrechte bei anderen Beförderungsarten, nicht aber beim Kraftomnibusverkehr durchzusetzen. Insofern handelt es sich bei einer Übereinkunft oder Vereinbarung, die den Kraftomnibusverkehr ausnimmt, um eine ziemlich wertlose und unvollständige Einigung.
Wir können den Ausschluss der überwiegenden Mehrheit der Kraftomnibusdienstleistungen aus dem Geltungsbereich dieser Verordnung nicht hinnehmen. Ebenso wenig können wir die Einschränkung der Rechte von Menschen mit eingeschränkter Mobilität in dieser Verordnung hinnehmen. Und wir können nicht hinnehmen, dass diese Beförderungsart sich von den anderen unterscheidet.
Unser Berichterstatter hat eine gute Arbeit geleistet bei dem Versuch, einen Kompromiss auf diesem Gebiet zu finden. Der Rat hat nichts unternommen, um eine Einigung zu erleichtern, und hat wie gewöhnlich die meiste Zeit die Sache hinausgezögert. Der Rat gibt sich interessanterweise sehr bedeckt, sobald die Fahrgastrechte auf der Tagesordnung stehen und überlässt es dem Parlament, die Fahne für die Fahrgäste hochzuhalten.
Das Parlament verzeichnet trotz der Beschimpfung eines gewissen Fluglinien-Chefs und trotz der zahlreichen Klagen vonseiten der Verkehrsunternehmen eine gute Bilanz bei der Verteidigung der Fahrgastrechte. Letzten Endes wird das Parlament keine Fehlbehandlung von Fahrgästen durch Verkehrsunternehmen tolerieren; es wird keine Diskriminierung tolerieren, es wird nicht tolerieren, dass bestimmten Sektoren ausgeklammert werden.
Wir müssen unsere Berichterstatter unterstützen, damit wir über die Vermittlung aus einer guten Position heraus mit dem Rat ins Gefecht ziehen können.
Gesine Meissner, im Namen der ALDE-Fraktion. – Herr Präsident! Es ist schon richtig gesagt worden: Es ist wichtig, dass Passagierrechte, egal in welchem Transportfahrzeug, in Europa geschützt werden, und es ist nur die logische Folge, dass wir uns nach Flug- und Bahnverkehr jetzt auch um Passagierrechte für Schiffs- und Busverkehr gekümmert haben.
Es ist auch schon gesagt worden, dass es leider nicht gelungen ist, beides im Paket abzuhandeln, wie wir das ursprünglich geplant hatten, weil bei den Schiffsverkehrsrechten zwar ein Kompromiss erreicht werden konnte und der Trilog abgeschlossen werden konnte, bei den Busverkehrsrechten aber leider nicht.
Ich werde jetzt vor allen Dingen zu den Busverkehrsrechten sprechen, weil ich dort auch Schattenberichterstatterin bin. Ich bedauere es sehr, dass wir es nicht geschafft haben, denn wir haben uns im Trilog mit den Positionen vom Rat einerseits und denen vom Europäischen Parlament und der Kommission anderseits schon sehr angenähert. Es ging uns darum – und das ist auch ganz wichtig – die Rechte der Passagiere zu wahren und vor allen Dingen auch darauf zu achten, dass Menschen mit eingeschränkter Mobilität, mit Behinderungen auf jeden Fall auch den Transport in Anspruch nehmen können, auch mit Bussen.
Dazu ist Verschiedenes erforderlich, was wir eingefordert haben. Ich glaube, das ist auch deswegen so wichtig, weil wir in Zukunft noch mehr Menschen mit Behinderungen oder eingeschränkter Mobilität haben werden, alleine wenn wir daran denken, dass die Menschen immer älter werden. Das ist ein ganz wichtiger Punkt.
Natürlich müssen wir auch berücksichtigen, dass Verbraucherrechte genauso bedeuten, ein Angebot zu haben, und gerade kleine und mittlere Unternehmen, die Busreisen anbieten, können nicht alles leisten. Sie können z.B. keine uneingeschränkte Entschädigung leisten, und es stellt sich auch die Frage, wie sie mit Vorauszahlungen zurechtkommen können. Wir hatten bei diesen Positionen eigentlich schon gute Annäherungen erreicht, und auch gerade darum bedauere ich, dass wir jetzt insgesamt keinen Kompromiss gefunden haben.
Es ist richtig, genau wie das der Berichterstatter sagte, zum einen auf die Rechte der Fahrgäste und zum anderen auch auf die Möglichkeiten von Transportanbietern zu achten. Ich würde mir also sehr wünschen, dass es in der kommenden Vermittlung doch noch irgendeine Einigung gibt, denn da stimme ich Brian Simpson vollkommen zu: Es kann nicht sein, dass wir die Busse auslassen und die anderen Transportmittel geregelt haben.
Eva Lichtenberger, im Namen der Verts/ALE-Fraktion. – Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Worum geht es hier? Unter anderem geht es darum, Rechte für Menschen mit Mobilitätsbehinderungen auch bei der Benutzung von Schiffen oder von Bussen festzuschreiben und diese Möglichkeiten endlich über diese Initiative zu verbessern. Dazu sind wir auch verpflichtet. Schließlich haben wir unter großem Pomp auch die Konvention für die Rechte von behinderten Menschen im europäischen Raum gestärkt, und das sollte uns eine Verpflichtung sein.
Zu den beiden Dossiers: In Bezug auf das Dossier über die Buspassagiere bin ich über die Haltung des Rates wirklich traurig und extrem enttäuscht. Denn eines muss klar sein: Das, was hier immer ins Treffen geführt wird, dass das dem Schutz der Klein- und Mittelbetriebe dient, ist nur ein kleiner Aspekt. Es ist generell der Unwillen, dort hinzuschauen, wo es schwierig wird. Deswegen ist es meines Erachtens dringend notwendig, nicht Übergangszeiträume von fünfzehn/zwanzig Jahren zu ermöglichen, sondern den Menschen ein klares Signal zu geben, dass sie Rechte haben, an der Mobilität teilzunehmen.
Das zweite Dossier, das mit großer Mehrheit beschlossen werden wird, sind die Rechte auf dem Schiff. Das hat eine ganz große Lücke, auf die ich hier noch einmal deutlich aufmerksam machen will. Es wird das Schiff geregelt, nicht jedoch der Hafen. Das heißt, dass ein Rollstuhlfahrer sich sozusagen von seinem Wagen oder von den Menschen, die ihn hinbringen, zum Schiff beamen muss, wo er dann wieder Rechte hat, denn im Hafen selbst wird nichts geregelt. Hier sehe ich ein Problem; das können wir so nicht dulden. Machen wir Nägel mit Köpfen für mobilitätsbehinderte Menschen!
Philip Bradbourn, im Namen der ECR-Fraktion. – Herr Präsident, ich beschränke meine Anmerkungen auf den Bericht, der sich mit Fahrgästen im Kraftomnibusverkehr beschäftigt.
Wir wissen, dass Fahrgastrechte ein besonders wichtiges Thema sind, für das dieses Parlament ein großes Interesse gezeigt hat. Die uns vorliegenden Vorschläge enthalten eine Reihe willkommener Initiativen für Fahrgäste im Kraftomnibusverkehr, insbesondere für Behinderte. Jedoch sehen wir wie immer bei diesen Berichten eine einheitliche Herangehensweise, bei der die Bestimmungen für den Flugverkehr und den Eisenbahnsektor auch auf völlig andere Strukturen angewandt werden.
Einige Beispiele dieses Problems umfassen die Aufklärungskampagnen über die Rechte der Fahrgäste und auch Haftungsstufen, die aus Sicht des Parlaments bedeuten könnten, dass Unternehmen Kosten wie beispielweise Beerdigungskosten übernehmen, bevor die Haftungsfrage geklärt ist. Solche Vorschläge werden sicherlich die Kosten für den Verbraucher erhöhen.
Ebenfalls wurde auf die Frage der Ausklammerung von rein lokalen Dienstleistungen Bezug genommen, was von mir persönlich unterstützt wird.
Der Kraftomnibusverkehrs unterscheidet sich sehr von anderen Sektoren. Bei den in dieser Branche tätigen Firmen handelt es sich, wie bereits gesagt wurde, um kleinere und mitunter tatsächlich um Einzelunternehmen. Diesen Unternehmen vorschreibende und kostenintensive Auflagen aufzubürden, wird nichts anderes bewirken, als die Preise in die Höhe zu treiben oder eine Begrenzung der für den Personenverkehr befahrbaren Routen zur Folge haben, da die Aufrechterhaltung dieser Dienstleistungen unwirtschaftlich werden würde.
Aufgrund des nicht ausgewogenen Standpunkts des Parlaments wird dieser Vorschlag wahrscheinlich in eine lange Vermittlung gehen, wodurch der Prozess der Zubilligung der den Fahrgästen im Kraftomnibusverkehr zustehenden Rechte und der von den Unternehmen benötigten Sicherheiten verzögert wird.
Thomas Ulmer (PPE). - Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! In der Kürze der Zeit will ich mich auf den Cancian-Bericht beschränken. Es ist unumstritten, dass Passagierrechte und damit auch Verbraucherrechte im Omnibusverkehr umgesetzt werden müssen.
Ich will jedoch noch einmal betonen, welche Probleme für kleine und mittlere Unternehmen im Moment bestehen, speziell unter dem Gesichtspunkt der Bundesrepublik Deutschland. Öffentlicher Nah- und Regionalverkehr lassen sich bei uns speziell im ländlichen Raum nicht trennen, da sie oft gemeinsam einen Radius von etwa 50 km bedienen.
Als Zweites ist ein verschuldensunabhängiges Vorauszahlen von Leistungen für kleine und mittlere Unternehmen nicht möglich. Hier haben wir das Prinzip der Haftpflicht, das sich bisher sehr gut bewährt hat und dadurch auch die Fahrpreise stabil gehalten hat.
Drittens kann ich mir nicht vorstellen, dass nicht verschuldete Verspätungen vom Unternehmer bezahlt werden müssen, genauso wie die Haftung nur für die Umstände gelten kann, die vom Unternehmer zu verantworten sind.
Saïd El Khadraoui (S&D). – (NL) Herr Präsident, Herr Kallas, meine Damen und Herren! Zunächst möchte ich den beiden Berichterstattern, Herrn Cancian und Frau Ayala Sander für ihre gute Arbeit danken und gleichzeitig mein Bedauern darüber zum Ausdruck bringen, dass der Rat es anscheinend versäumt hat, genügend Flexibilität gegenüber Herrn Cancians Bericht zu zeigen, um diesen größtenteils umzusetzen. Wie viele Abgeordnete bereits hevorhoben, ist es uns wichtig, dass wir eine Reihe von Grundregeln auf europäischer Ebene festschreiben, um Fahrgastrechte für alle Beförderungsarten zu gewährleisten. In den vergangenen Jahren haben wir uns sehr intensiv mit dem Flug- und Bahnverkehr beschäftigt. Ich denke, wir sollten aus diesen Bemühungen lernen, und – dies ist eine andere Debatte – wir müssen sie relativ zügig bewerten und dahingehend zusammenarbeiten, um zu sehen, wie wir die geringe Anzahl der verbliebenen sporadischen Lücken schließen können.
Was nun die Fahrgäste im See- und Binnenschiffsverkehr sowie im Kraftomnibusverkehr anbelangt: auch hier müssen wir die gleiche Methodik anwenden und am gemeinsamen Thema festhalten. Zunächst ist unser Ziel der Schutz der schutzbedürftigsten Fahrgäste, beispielsweise Menschen mit eingeschränkter Mobilität oder Gehbehinderte. Wir müssen sicherstellen, dass ihnen die gleichen Rechte auf Reisen und im Urlaub eingeräumt werden; anders ausgedrückt, dass sie völlig mobil werden.
Zweitens ist meines Erachtens essenziell, dass Reisende über Fahrplanänderungen, Verspätungen und über ihre Rechte informiert sind. Wir müssen alle Beförderungsarten betreffend qualitativ gute Vorkehrungen treffen.
Drittens ist klar, dass wir Vorkehrungen für den Fall zu treffen haben, dass Dinge schief gehen. Auch hier versuchen wir, konsequent zu sein, indem wir Hilfe zusichern und Mahlzeiten, Erfrischungen, Reisealternativen und erforderlichenfalls Übernachtungen anbieten.
Offensichtlich müssen einige Themen mitunter erörtert werden, wie beispielsweise der Geltungsbereich. Ich denke, wir müssen im Hinblick auf den Cancian-Bericht zu einer soliden Definition des Regionalverkehrs gelangen, sodass wir sämtliche Schlupflöcher beseitigen und sicherstellen können, dass wir eine solide Rechtsvorschrift erarbeiten.
Izaskun Bilbao Barandica (ALDE). – (ES) Herr Präsident, zunächst möchte ich Frau Ayala meinen Dank für ihre Bemühungen als Berichterstatterin bei der erzielten Einigung über das von uns heute erörterte Thema aussprechen.
Die Fraktion der Allianz der Liberalen und Demokraten für Europa hat von Anfang an einen positiven Standpunkt eingenommen, indem sie Änderungen vorgelegt hat, durch die diejenigen aus der ersten Lesung wiedereingesetzt wurden, und nach den entsprechenden Trilogen haben wir letztendlich unseres Erachtens eine gute Einigung erzielt.
Frau Ayala hat bereits sämtliche Vereinbarungen gründlich analysiert. Jedoch möchte ich den Verweis auf den Geltungsbereich hervorheben, der Schiffe mit mehr als 12 Passagieren sowie den Mindestfahrscheinpreis von 6 EUR, ab dem Fahrgäste entschädigt werden können, umfasst. Ich möchte die großen Bemühungen dieses Dossier betreffend hervorheben und auf die Vorteile, die diese Verordnung den Fahrgästen im Allgemeinen, vor allem Behinderten und Menschen mit eingeschränkter Mobilität bringt, hinweisen.
Auch möchte ich den Verweis im gesamten Text auf die zugänglichen Formate hervorheben, um der Öffentlichkeit den Zugang zu transparenten Informationen bereitzustellen.
Obwohl es einer erheblichen Menge an Arbeit und Diskussion bedurfte, freue ich mich, dass der Verweis auf die Gesundheit dort, wo es um die Verweigerung des Fahrscheinverkaufs an Menschen mit Behinderung oder eingeschränkter Mobilität geht, entfernt wurde, sodass jetzt ausschließlich der Sicherheitsaspekt als Grund für eine solche Verweigerung anerkannt wird.
Es sollte auch darauf hingewiesen werden, dass die Zeit zur Bereitstellung einer Beförderungsmöglichkeit oder der Entschädigung von Fahrgästen nunmehr um ein Drittel gegenüber den ursprünglichen Vorschlägen gesenkt wurde: nämlich von anfangs 120 auf die von uns in den Texten vereinbarten 90 Minuten. Weiterhin einigten wir uns auf den Entschädigungssatz von 80 EUR. In Kürze wird diese Verordnung eine größere Sicherheit für Fahrgäste darstellen.
Debora Serracchiani (S&D). – (IT) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Vorschlag über Fahrgastrechte im Kraftomnibusverkehr bezweckt die Unterstützung und den Schutz der Fahrgäste, vor allem der Menschen mit Behinderungen und eingeschränkter Mobilität. Es ist die erste Verordnung über Fahrgastrechte im Kraftomnibusverkehr und sollte wie in den Bereichen Bahn- und Luftverkehr eine Sicherheit für die Fahrgäste darstellen. Der Standpunkt der zweiten Lesung umfasst die Einführung einer Reihe von Rechten für Fahrgäste, die sich für die Nutzung des Kraftomnibusses entscheiden.
Ich stimme mit dem Argument des Berichterstatters, Herrn Cancian, dem ich für die hervorragende Arbeit danke, überein. Ich denke, dass der Geltungsbereich der Verordnung abgeändert werden muss, wobei die Regionaldienste ausgeklammert werden, wenn diese Teil der Stadt- und Vorortdienste sind. Die vom Parlament in erster Lesung beschlossene Zusicherung von Fahrgastrechten bei Unfällen, Stornierungen oder verspäteten Abfahrten wäre gerecht und angemessen.
Von gleicher Bedeutung ist die Frage der Information über Fahrgastrechte. In der Tat wäre es nützlich, Fahrgästen Informationen über Verbindungen mit anderen Beförderungsarten bereitzustellen, wobei auch ein Dialog zwischen Bus- und Bahndienstleistungen sichergestellt würde.
Im Hinblick auf Personen mit Behinderungen oder eingeschränkter Mobilität ist die Sicherstellung des größtmöglichen Schutzes notwendig, und ich würde eine Vorabfrist von 24 Stunden für die Anforderung von Hilfe gegenüber 48 Stunden vorschlagen. Ebenfalls schlage ich umfassendere Garantien für die Entschädigung und den Ersatz von Mobilitätshilfen für Menschen mit Behinderungen vor. Darüber hinaus sollten unter Berücksichtigung der Bedürfnisse von Fahrgästen mit eingeschränkter Mobilität alle baulichen Hindernisse beseitigt und die bestehende Infrastruktur verbessert werden, um sie für diese Personengruppe zugänglich zu machen.-
Diese Verordnung hat die Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit des Kraftomnibusverkehrssektors und bessere Verbindungen zwischen den Beförderungsarten zum Ziel. Vor allem aber sollen dadurch bessere Reisebedingungen für Fahrgäste geschaffen werden.
Dirk Sterckx (ALDE). – (NL) Herr Präsident, wie mein Kollege Brian Simpson bereits sagte, hat dieses Parlament stets den Fahrgastrechten Bedeutung beigemessen und trat für sie ein – sehr häufig gegen den Widerstand des Rates. Andererseits sind Fahrgastrechte besonders schwierig zu regeln. In den vergangenen Monaten haben wir festgestellt, dass für Flugreisen die Erarbeitung einer Verordnung keine leichte Sache war.
Meiner Meinung nach haben wir eine gute Übereinkunft für Fahrgäste im Seeverkehr. Jedoch sehen wir uns noch immer dem Problem der Fahrgäste im Kraftomnibusverkehr gegenüber. Es gibt zahlreiche in diesem Sektor tätige Kleinunternehmen, und es besteht die Frage des öffentlichen Personenverkehrs, der einen großen Anteil der Fahrgäste ausmacht. Es ist wichtig, dass wir einen klaren europäischen Rahmen schaffen und dafür Sorge tragen, dass dieser für Kleinunternehmen annehmbar ist. Das Parlament ist sich dem sehr wohl bewusst.
Ich teile mit dem Berichterstatter meine Erkenntnisse über den Bahnsektor aus dem Zeitraum, in dem ich selber als Berichterstatter tätig war. Wir legten Grundrechte für alle Bahnreisenden fest, und ich denke, wir sollten dies gleichermaßen für Fahrgäste im Kraftomnibusverkehr tun. Der Rat unterstützt dies nicht, es sollte aber möglich sein. Diese Debatte muss stattfinden. Wir haben Grundrechte festgelegt, indem wir angemessene Verhandlungen führten, und wir stellten möglicherweise sogar einen Übergangszeitraum sicher. Ich bin nicht dagegen. Es ist wichtig, dass das Europäische Parlament gegenüber dem öffentlichen Personenverkehr signalisiert, dass es eine Untergrenze gibt, die selbst ein öffentliches Verkehrsunternehmen nicht unterschreiten darf, denn auch in diesem Sektor gibt es Fahrgäste, die einen Rechtsanspruch haben. Allein die Tatsache, dass ein öffentliches Verkehrsunternehmen über alternative Betriebsabläufe verfügt, bedeutet nicht, dass es keine Grundrechte sicherzustellen hätte.
Ich denke, mit dieser Haltung müssen wir in die Vermittlung gehen. Der Rat wird dies nicht gerne hören, aber wir als das Parlament müssen hierfür eintreten, denn es handelt sich um ein wichtiges Kriterium, wenn wir den öffentlichen Verkehr fördern möchten. Es ist sehr wichtig im Rahmen dessen, was wir für die Umwelt und die ungehinderte Mobilität tun möchten.
Mathieu Grosch (PPE). - Herr Präsident! Wenn Sie gestatten, werde ich ein bisschen überziehen, denn zwei Kollegen der EVP-Fraktion haben das Wort nicht ergriffen. Aber es hängt von Ihnen ab.
Zum Thema selbst: Es war nie ein leichtes Thema, das wir als Parlament mit dem Rat hatten, wenn es um Fahrgastrechte ging. Dieser Fall hat wieder gezeigt, dass es in einem Bereich vorangeht und in einem anderen Bereich, was die Kraftomnibusse angeht, relativ schwierig wird. Wir haben Verständnis dafür, dass dieses Thema vielleicht auch kompliziert geworden ist, weil zum Beispiel der Begriff Regionaltransport in einem Land so interpretiert wird und in einem anderen Land anders. Ich persönlich wohne in einem Grenzgebiet mit vier Ländern, und diese Begriffe sind in der Tat von Land zu Land so verschieden, dass es nicht immer leicht ist, die Passagierrechte von einem Land zum anderen nach den gleichen Begriffen zu bearbeiten.
Aber das Ziel soll doch allen gemeinsam sein, und das Ziel ist, dass in allen Bereichen des Transports der Fahrgast, der dort den Transport in Anspruch nehmen wird, wenn er ein Ticket kauft, wenn er sich darauf verlassen will, dass irgendwo eine Fahrt geplant ist, damit rechnen kann, dass seine Rechte gewahrt sind. Wir haben in diesem Parlament auch in anderen Bereichen Personen mit Behinderung immer eine ganz besondere Aufmerksamkeit gewidmet und haben im Parlament in letzter Zeit einige Erfahrungen gesammelt, denen auch der Rat besser Rechnung tragen sollte. Es geht nicht nur um beschränkte Mobilität, es geht auch um andere Formen der Behinderung, die wir zu berücksichtigen haben und hätten, die wirklich nicht mit Mehrkosten verbunden sind, wo aber bereits in der Form der Information und des Weiteren gewisse Probleme zu lösen sind.
Corien Wortmann-Kool (PPE). – (NL) Herr Präsident, ich danke Ihnen für Ihre Flexibilität. Ich kam etwas schneller an die Reihe, also ich erwartet hatte.
Ich möchte der Berichterstatterin, Frau Ayala Sender für das erzielte Ergebnis betreffend den Bericht über Fahrgastrechte im See- und Binnenschiffsverkehr herzlich danken. Ich war die Schattenberichterstatterin für unsere Fraktion, der Fraktion der Europäischen Volkspartei (Christdemokraten) und Europäischen Demokraten, und wie Ihnen bekannt ist, führten wir eine substanzielle Aussprache zu diesem Thema. Uns als EVP-Fraktion sind Fahrgastrechte außerordentlich wichtig. Immerhin ist es wichtig, dass Menschen sich auf einen gut funktionierenden Personenverkehr verlassen können und zudem, dass Behinderten qualitativ gute Hilfe und Unterstützung gewährt werden.
Zugleich ist wichtig, dass wir die Besonderheiten dieses Sektors untersuchen. Es gibt viele kleine Unternehmen mit einem oder zwei Schiffen, historische Schiffe, die nicht umgebaut werden können, die aber trotzdem über Mannschaften verfügen, die sehr zuvorkommend sind und Menschen Hilfe anbieten. Ich freue mich, dass wir die erforderliche Flexibilität einbringen konnten und dass wir erstklassige Fahrgastrechte in den europäischen Rechtsvorschriften verankert haben; Rechte, die diese kleinen Unternehmen in der Praxis durchsetzen können, da unser Sektor in dieser Hinsicht in zahlreichen europäischen Ländern wirklich sehr gut aufgestellt ist. Die Tatsache, dass wir dies erreicht haben, ist daher von entscheidender Bedeutung, und ich hoffe, wir werden dasselbe Ergebnis auch für Fahrgäste im Kraftomnibusverkehr erzielen.
Santiago Fisas Ayxela (PPE). – (ES) Herr Präsident, die Sagrada Familia, das Werk des brillanten katalanischen Architekten Antoni Gaudí, ist weltweit eine wahre Ikone. 2005 wurde sie von den Vereinten Nationen für Bildung, Wissenschaft und Kultur (UNESCO) zum Weltkulturerbe erklärt.
Gegenwärtig beschäftigt man sich mit dem Hochgeschwindigkeitszug, der die Stadt durch einen Tunnel, der sich nur vier Meter vom Fundament der Sagrada Familia entfernt befindet, durchquert.
Es gibt 38 technische Berichte gegen diese Arbeiten. Der Internatione Rat für Denkmalpflege (ICOMOS), ein UNESCO-Fachgremium, hat seine Bedenken zu der Strecke geäußert. Darüber hinaus hat das spanische Unterhaus am 22. Juni einen Antrag verabschiedet, der eine vorsorgliche Aussetzung der Arbeiten und die Einsetzung eines Sachverständigenausschusses innerhalb einer Frist von zwei Monaten vorsieht.
Ich möchte fragen, welche Maßnahmen die Kommission zum Schutz eines so symbolischen Bauwerks Barcelonas wie die Sagrada Familia gegen das von einem vorbeifahrenden Hochgeschwindigkeitszug ausgehenden Risiko treffen wird.
Silvia-Adriana Ţicău (S&D). – (RO) Die zwei Verordnungen über Fahrgastrechte im Kraftomnibusverkehr sowie im See- und Binnenschiffsverkehr ergänzen den Rechtsrahmen zur Festlegung und Sicherstellung von Fahrgastrechten.
Eine solche Verordnung ist bereits für den Luftverkehrssektor in Kraft, aber selbst in diesem Bereich kennen viele Fluggäste ihre Rechte nicht und unterlassen die Beanstandung der Verletzung ihrer Rechte. Gerade aus diesem Grund ist es unerlässlich, dass eine solche Verordnung für jede Beförderungsart zur Verfügung steht.
Die von uns heute erörterten Verordnungen legen den Haftungsrahmen im Falle des Ablebens oder der Verletzung eines Fahrgastes, die Rechte von Personen mit eingeschränkter Mobilität sowie die Entschädigung und Hilfe bei Stornierungen oder Verspätungen fest. Sie enthalten ebenfalls klare Bestimmungen zu Beschwerden und Entschädigungsverfahren.
Wir begrüßen die für den Seeverkehr erzielte Vereinbarung. Wir sind jedoch der Ansicht, dass es unerlässlich ist, die Rechte von behinderten Fahrgästen im Kraftomnibusverkehr festzulegen und zu achten, sodass alle Bürgerinnen und Bürger in der Gesellschaft berücksichtigt werden.
Hannu Takkula (ALDE). – (FI) Herr Präsident, die Aussprache über Fahrgastrechte ist sehr wichtig. Auch könnten wir über die Pflichten von Fahrgästen diskutieren, denn wann immer wir über Rechte sprechen, sollten wir nicht vergessen, dass Rechte und Pflichten aufeinander abzustimmen sind. Ich denke, dass nicht nur Fahrgästen, sondern auch den Mitgliedstaaten der Europäischen Union bestimmte Pflichten betreffend Fahrgastrechte obliegen. In einigen Regionen, beispielsweise in Nordfinnland, Lappland, Nordschweden, Schwedisch-Lappland und einigen anderen dünn besiedelten Gebieten ist es sehr wichtig, ein flächendeckendes Netz an Busverbindungen oder öffentlichen Verkehrsverbindungen sicherzustellen, da der freie Personenverkehr ein Grundrecht darstellt. Ich denke dabei insbesondere an die alternde Bevölkerung. Für viele sind die von ihnen genutzten Dienstleistungen dutzende von Kilometern entfernt.
Es ist daher sehr wichtig, dass wir uns bei der Erörterung von Fahrgastrechten auch um die Rechte der Menschen kümmern, deren Grundversorgung nicht vor Ort bereitgestellt werden kann und nicht einfach nur einen Standpunkt aus der Perspektive der Wettbewerbsfähigkeit und des Marktes einnehmen. Denn wir können auch auf nationaler Ebene ausgleichende Maßnahmen treffen und damit den regionalen und lokalen Kraftomnibusverkehr rentabel machen.
Marian-Jean Marinescu (PPE). – (RO) Die Verhandlungen zu diesen beiden Berichten waren gekennzeichnet von den Versuchen des Rates, ihren Geltungsbereich und ihre Ziele einzuschränken, und von dem Druck vonseiten der Beförderungsunternehmen, die von den Auswirkungen der Rezession betroffen sind.
Beide Berichterstatter haben erfolgreich den klaren Standpunkt des Parlaments verteidigt. Moderne, qualitativ gute Fahrgastbeförderung ist eine Notwendigkeit. Fahrgästen müssen optimale Beförderungsbedingungen gewährt werden. Ist dies nicht möglich, so müssen sie angemessen entschädigt werden.
Verkehrsunternehmen müssen die erforderlichen Maßnahmen für ein harmonisiertes europäisches Verkehrssystem, sowohl zwischen den Mitgliedstaaten als auch die Beförderungsarten betreffend, einleiten. Die Krise infolge der Vulkanasche hat gezeigt, dass die Bedingungen in diesem Sektor weiterhin weit von den Bedürfnissen der Reisenden entfernt sind.
Verkehrsunternehmen müssen sich im Klaren sein, dass sie Qualität liefern müssen, wobei sie auch ihre Fahrpläne einhalten müssen. Fahrgäste müssen über ihre Rechte informiert werden, sodass sie auf einer gut informierten Grundlage im Falle einer Verletzung dieser Rechte handeln können.
Nikolaos Salavrakos (EFD). – (EL) Herr Präsident, ich stimme der Auffassung zu, dass Verordnungen die Fahrgastrechte von allen Beförderungsarten umfassen sollten: Bahn-, Straßen-, See- und Luftverkehr.
Der Kraftomnibusverkehr sollte daher meiner Meinung nach in der Verordnung enthalten sein, und es sollten spezielle Maßnahmen hinsichtlich der Entschädigung getroffen werden, sodass dies für Unternehmen und für das Überleben der Verkehrsunternehmen angemessen ist.
Jedoch würde ich einen größeren Schwerpunkt auf die Auklärung über Fahrgastrechte legen, und ich bitte das Europäische Parlament, eine Öffentlichkeitskampagne über die Rechte der Öffentlichkeit im Zusammenhang mit allen Beförderungsarten zu starten.
Da mein Land – Griechenland – im Mittelpunkt von Presseberichten über eine Reihe von Hafen und Verkehrsstreiks stand, möchte ich die Gelegenheit nutzen, um zu sagen, dass die öffentliche Ordnung wiederhergestellt ist und Sie bitten, zur Kenntnis zu nehmen, dass Griechenland für alle Interessengruppen zugänglich ist.
Michael Cramer (Verts/ALE). - Herr Präsident! Ich möchte noch einmal darauf hinweisen, dass alle dafür sind, dass die in ihrer Mobilität eingeschränkten Passagiere auch ihre Rechte bekommen. Aber wenn es dann darum geht, wer bevorzugt wird, und möglicherweise die Profitrate der Unternehmen zu beschneiden, dann heißt es: Nein, nein, nein. Dann ist völlig klar, dass die Behinderten eben nicht im Vordergrund stehen, und das muss sich ändern.
Wenn hier gesagt wird, Frau Wortmann-Kool, das sind die kleinen Unternehmen, dann stimmt das gar nicht, denn die großen Unternehmen haben lobbyiert, die waren dagegen. Sie schieben die Kleinen vor, um ihre Interessen zu retten. Wir könnten für die Kleinen einen Kompromiss machen, aber in einer Gesamtsubstanz müssen wir die Großen angreifen: Sie wollen keine Rücksicht auf die in ihrer Mobilität eingeschränkten Passagiere nehmen. Das darf nicht sein, diese Passagiere müssen dieselben Rechte haben wie wir. Wir können froh sein, dass wir in unserer Mobilität nicht behindert sind, deshalb brauchen wir diese Solidarität für jene von uns.
Philippe Juvin (PPE). – (FR) Herr Präsident, natürlich sind dies keine perfekten Texte. Natürlich hätten die Abgeordneten die Aufnahme der einen oder anderen Änderung gerne gesehen. Allerdings, meine Damen und Herren, bedeutet dieser Text für behinderte Personen einen riesigen Schritt nach vorn. Wie häufig haben wir von diesen bedauernswerten Fällen gehört, bei denen behinderten Menschen der Zugang zum öffentlichen Verkehr verweigert wurde? Nun, dieser Text bereitet solchen Zwischenfällen ein Ende. Er bereitet der Diskriminierung von Behinderten und Kranken ein Ende. Der Zugang wird nicht länger beschränkt.
Vergegenwärtigen wir uns, was dieser Text darstellt, nämlich einen echten Fortschritt, ganz zu schweigen von der hervorragenden Bestimmung, die Schulungen von Fahrpersonal für den Umgang mit behinderten Menschen vorsieht. Auch dies bedeutet für behinderte Menschen einen bedeutenden Schritt nach vorn. Wir sollten aufhören, über die Integration von Behinderten in die Gesellschaft zu reden. Tatsächlich sollten wir diesen Integrationsprozess umsetzen. Dies wird mit dem Text erreicht, und ich denke, wir sollten dies begrüßen.
Mit diesem Text verbessern die europäischen Institutionen das Leben behinderter Menschen wirklich. Wir sollten den Berichterstattern gratulieren. Dies möchte ich jetzt im Namen aller behinderten Menschen tun. Lassen Sie uns unsere Zufriedenheit zum Ausdruck bringen.
VORSITZ: GIANNI PITTELLA Vizepräsident
Siim Kallas, Vizepräsident der Kommission. – Herr Präsident, es ist mir ein Anliegen, meine Dankbarkeit für das Engagement und die hervorragende Arbeit des Europäisches Parlaments zum Ausdruck zu bringen Wir gehen ganz offensichtlich in dieselbe Richtung.
In Bezug auf die Fahrgastrechte im See- und Binnenschiffsverkehr fällt das Fazit positiv aus. Die Umsetzung grundlegender Fahrgastrechte bei allen Beförderungsarten ist ein Ziel, das wir unbedingt erreichen müssen. Das wurde in diesem Haus bereits mehrfach betont. Wichtig ist, dass wir in diesem Zusammenhang die Busfahrgäste nicht außen vor lassen.
Ich möchte einen Aspekt unterstreichen, den man von verschiedenen Perspektiven aus betrachten kann, nämlich den Aspekt der Wirtschaftlichkeit: Wirtschaftliche Argumente und Fahrgastrechte. Diese Fragestellung ist aus der Luftfahrt bestens bekannt. Wir alle möchten den Wettbewerb fördern, wir alle möchten für wirtschaftlichen Erfolg sorgen, wir alle wollen geringe Kosten und hohe Effizienz. Genauso wichtig ist allerdings, dass im Verkehrs- und Transportbereich hochwertige Dienstleistungen angeboten werden. Für mich zeichnet sich eine hochwertige Verkehrsdienstleistung in erster Linie durch Pünktlichkeit und zuverlässige Fahrplaninformationen aus. Wir müssen in diese Richtung gehen, und entsprechende Regelungen müssen ohne Ausnahme für alle Anbieter gelten – unabhängig von der Unternehmensgröße. Zentrale Elemente einer qualitativ hochwertigen Verkehrsdienstleistung sind Pünktlichkeit und verantwortungsvoller Umgang mit Kunden. Wenn wir dies erreichen, schaffen wir die Voraussetzung für die Lösung vieler weiterer Probleme.
Vielen Dank für Ihre Diskussionsbeiträge. Im Vermittlungsprozess zur Richtlinie für Kraftomnibusse werden wir nach Kompromissen suchen, die zu einer Lösung beitragen können. Ich hoffe auf eine gute Zusammenarbeit mit den Berichterstattern während der kommenden Beratungen zu weiteren Richtlinien.
Antonio Cancian, Berichterstatter. – (IT) Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, ich habe allen Redebeiträgen zugehört und muss an dieser Stelle darauf hinweisen, dass wir bei der ersten Lesung des Albertini-Berichts mit einem mutigen Text begonnen, uns jedoch im Ausschuss für Verkehr und Fremdenverkehr beinahe einstimmig auf einen Bericht, der einen Kompromiss darstellt, geeinigt haben, was zum Teil auf die Einflussnahme des Rats zurückzuführen ist.
Der Kommissar hat bei mehreren Gelegenheiten versichert, es werde einen einheitlichen Text geben. In diesem Zusammenhang hoffe ich, dass der neue belgische Ratsvorsitz diesen Text auf seine Tagesordnung setzt und dadurch die Erarbeitung eines Ordnungsrahmens für Fahrgäste aller Beförderungsarten und insbesondere die Umsetzung allgemeiner und übergreifender Maßnahmen für alle Beförderungsarten ermöglicht. Dies ist etwas, das wir dringend benötigen.
Inés Ayala Sender, Berichterstatterin. – (ES) Herr Präsident, mein herzlicher Dank geht an meine Kollegen sowie den Herrn Kommissar und Vizepräsidenten Kallas für seine freundlichen und ermutigenden Worte.
Ich möchte Stellung zu einigen Äußerungen von Frau Lichtenberger in Bezug auf die Häfen nehmen. Ich glaube nicht, dass sie den Text mit der gebotenen Genauigkeit gelesen hat. Richtig ist, dass noch nicht alle Häfen einbezogen werden konnten, was daran liegt, dass einige davon nur aus einem einzigen Landungssteg bestehen. Es gibt jedoch durchaus Verpflichtungen für die Häfen, beispielsweise müssen alle neuen oder modernisierten Häfen komplett barrierefrei und behindertengerecht sein. Wir haben richtigerweise dafür gesorgt, dass der Rat auf die Umsetzung von Bestimmungen, die diese Auflagen nicht enthalten, verzichtet. Frau Lichtenberger, wenn Sie Anhang II lesen, sehen Sie, dass hier konkret auf Verpflichtungen zur Bereitstellung von Leistungen für Menschen mit Behinderung Bezug genommen wird. Darüber hinaus haben wir die Hafenverwaltungen dazu verpflichtet, den Bedürfnissen von Menschen mit eingeschränkter Mobilität in stärkerem Maße Rechnung zu tragen, obwohl der Rat bezüglich bestimmter Aspekte dagegen war.
Halten wir also fest: Es bestehen definitiv Auflagen für Häfen. Die Häfen sind einbezogen, die Auflagen erstrecken sich keineswegs nur auf Boote und Schiffe.
Was Flexibilität und Ausnahmeregelungen angeht, so glaube ich, dass wir uns nach Kräften bemüht haben, kleine Unternehmen zu unterstützen, was gerade in der aktuellen Krisenzeit von entscheidender Bedeutung ist. An dieser Stelle möchte ich die Gelegenheit nutzen, mich herzlich bei Herrn Kuhn und Frau Wortmann-Kool für ihre Redebeiträge zu bedanken. Ich verstehe den Ärger von Herrn Cramer gut, denn tatsächlich sind die meisten Interessenvertreter, mit denen wir es zu tun haben, große Unternehmen. Dies ist darauf zurückzuführen, dass die meisten europäischen Unternehmensverbände naturgemäß aus kleinen wie großen Unternehmen bestehen. Die Tatsache, dass die Interessenvertreter, mit denen wir verhandeln, manchmal oder sogar häufig große Unternehmen vertreten, bedeutet keineswegs, dass kleine Unternehmen als Mitglieder der europäischen Verbände keine Rolle spielen. Ich glaube, wir bemühen uns, allen Parteien gerecht zu werden.-
Abschließend möchte ich Frau Bilbao ganz besonders dafür danken, dass sie sich mit so viel Engagement und Solidarität für die Verbesserung der Rechte von Menschen mit Behinderung eingesetzt hat. Insbesondere danke ich ihr für den Hinweis auf die Frage der Barrierefreiheit, die Verkürzung von Fristen, die umgesetzten Verbesserungen und die Tatsache, dass der Rat letztendlich die Möglichkeit, Passagieren aus Gesundheitsgründen die Einschiffung zu verweigern, nicht zugelassen hat – was meiner Meinung nach angesichts der vor uns liegenden Arbeit ein Risiko darstellt, aber momentan ist schlicht nicht der richtige Zeitpunkt dafür.
Darüber hinaus danke ich den anderen Schattenberichterstattern – vor allem aber bin ich der Meinung, dass man die europäischen Fahrgäste beglückwünschen kann, weil jetzt für alle Beteiligten im See- und Binnenschiffsverkehr – Verkehrsunternehmen, Terminals, Häfen, Behörden und Mitgliedstaaten – eine zweijährige Vorbereitungsphase beginnt. Im Anschluss daran wird die Verordnung umgesetzt.
Herr Vizepräsident Kallas, ich habe eine dringende Bitte an Sie, die sich auf den Zeitpunkt bezieht, zu dem die Verordnung in Kraft tritt. Wie ich gesehen habe, planen Sie eine umfassende Informations- und Sensibilisierungskampagne zu den Fahrgastrechten im Flugverkehr. Ich möchte Sie um die verbindliche Zusage bitten, dass Sie in zwei Jahren, also zu dem Zeitpunkt, zu dem die Verordnung für den Schiffsverkehr in Kraft tritt, eine ebenso große Kampagne zu den Rechten von Schiffspassagieren durchführen werden. Ich glaube, dass die europäische Öffentlichkeit ein Anrecht darauf hat.
Der Präsident. – Die Aussprache wird geschlossen.
Die Abstimmung findet morgen statt (Dienstag, 6. Juli 2010).
Schriftliche Erklärungen (Artikel 149)
Robert Dušek (S&D), Schriftliche Erklärung. – (CS) Der Entwurf der Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zu Fahrgastrechten im Kraftomnibusverkehr soll die Rechte von Fahrgästen bei dieser Beförderungsart stärken, Qualitätsstandards festlegen, die denen im Eisenbahn- und Luftverkehr vergleichbar sind, und die aktuelle Gesetzgebung für den Verkehrssektor in allen Mitgliedstaaten vereinheitlichen. In der ersten Lesung hat das Parlament richtigerweise die unbegrenzte Haftung von Verkehrsunternehmen für den Fall verlangt, dass diese den Tod oder Verletzungen von Fahrgästen verschulden, sowie das Recht von Fahrgästen auf Erhalt einer verschuldensunabhängigen Vorauszahlung gefordert, falls diesen infolge eines Unfalls während der Beförderung finanzielle Probleme entstehen. Darüber hinaus untersagt der Entwurf jede Form von Diskriminierung aufgrund von Behinderungen oder eingeschränkter Mobilität. Wir haben für den Fall von Stornierungen oder Verspätungen Entschädigungen für Fahrgäste in Höhe von mindestens 50 % des Fahrpreises sowie die Bereitstellung von kostenfreier Verpflegung, Unterkunft und Transfers zu Standorten gefordert, von denen aus die Fahrt mit anderen Verkehrsmitteln fortgesetzt werden kann. Von dieser Regelung soll nur der öffentliche Nah- und Regionalverkehr ausgenommen sein. Der Rat hat jedoch Umfang und Geltungsbereich der Fahrgastrechte bei dieser Beförderungsart stark eingeschränkt und fordert sogar eine Ausnahme für den Liniendienst im Regionalverkehr und Übergangsphasen von bis zu 15 Jahren für den nationalen Linienverkehr sowie den internationalen Verkehr. Durch die Übernahme dieses Standpunkts des Rates werden wir keine Fahrgastrechte garantieren und können nur einen minimalen Haftungsumfang für Verkehrsunternehmen festschreiben. Ich kann mich dieser Position keinesfalls anschließen und möchte Sie um Ihre Unterstützung für den Standpunkt des Europäischen Parlaments aus der ersten Lesung bitten.
Elisabetta Gardini (PPE), Schriftliche Erklärung. – (IT) Menschen mit Behinderung müssen die Möglichkeit haben, zu reisen, und sie müssen das Recht auf Freizügigkeit, Wahlfreiheit und Nichtdiskriminierung haben wie alle anderen Bürgerinnen und Bürger auch. Den gleichen Zugang zu Beförderungsmitteln wie andere Nutzer zu haben, ist für Menschen mit Behinderung ein entscheidender Faktor für ein unabhängiges und menschenwürdiges Leben. Wir müssen dafür kämpfen, dass die Rechte der „Zugänglichkeit“ und „persönlichen Mobilität“, wie sie in den Artikeln 9 und 20 der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderung festgelegt sind, umgesetzt werden, damit eine europäischen Strategie für das kommende Jahrzehnt zum Thema Schutz von Menschen mit Behinderung konkrete Gestalt annehmen kann. Ich unterstütze diesen Bericht voll und ganz, weil er darauf abzielt, den effektiven Schutz von Omnibuspassagieren mit eingeschränkter Mobilität zu garantieren. Meine Damen und Herren, gerade in diesem Sektor brauchen wir dringend Regelungen auf europäischer Ebene. Es ist absolut inakzeptabel, dass innerhalb der Europäischen Union Bürgerinnen und Bürger aufgrund von Behinderungen diskriminiert werden. Deshalb muss das Europäische Parlament die Initiative ergreifen und ein für alle Mal die Uneinheitlichkeit beseitigen, durch den die heutige Gesetzgebung der Mitgliedstaaten gekennzeichnet ist.
Ian Hudghton (Verts/ALE), Schriftliche Erklärung. – Dieser Vorschlag ist eine gute Nachricht für Reisende mit Behinderungen oder eingeschränkter Mobilität, die ein Anrecht haben auf faire Behandlung durch die Verkehrsunternehmen. Nach aktuellem Stand der Dinge wissen wir, dass ab 2012 alle Schiffspassagiere mit Behinderung mehr Rechte haben werden, darunter das Recht auf Einschiffung und kostenlose Serviceleistungen im Hafen. Ich bin sehr zuversichtlich, dass wir für den Kraftomnibusverkehr eine ausgewogene Regelung finden werden, die den Bedürfnissen von Fahrgästen und Verkehrsunternehmen gleichermaßen gerecht wird. Dies ist ein wichtiger Schritt zur Beseitigung von Einschränkungen, mit denen Fahrgäste mit Behinderung im alltäglichen Leben konfrontiert sind. Wir fordern den Schutz der Omnibuspassagiere durch diese Rechtsvorschriften. Es wäre absolut unverständlich, wenn die Mitgliedstaaten versuchen würden, diese Forderung zu blockieren. Ich bin weiterhin zuversichtlich, dass wir eine gemeinsame Rechtsgrundlage für den Schiffs- und Kraftomnibusverkehr finden werden, die 2012 in Kraft treten kann.
Antonio Masip Hidalgo (S&D), Schriftliche Erklärung. – (ES) Es ist von zentraler Bedeutung, die Diskriminierung von Menschen zu verhindern, die wie ich selbst von eingeschränkter Mobilität betroffen sind.
Auf dem Flughafen von Brüssel werden wir gebeten, manchmal sogar regelrecht angewiesen, zweimal in einen anderen Omnibus umzusteigen. Eigentlich sollten Hindernisse wie Türen schlicht vermieden werden – stattdessen mutet man Passagieren mehrmaliges Umsteigen zu.
16. Intelligente Verkehrssysteme im Straßenverkehr und deren Schnittstellen zu anderen Verkehrsträgern (Aussprache)
Der Präsident. – Der nächste Tagesordnungspunkt ist die Empfehlung für die zweite Lesung im Namen des Ausschusses für Verkehr und Fremdenverkehr betreffend den Standpunkt des Rates aus erster Lesung im Hinblick auf den Erlass der Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zum Rahmen für die Einführung intelligenter Verkehrssysteme im Straßenverkehr und für deren Schnittstellen zu anderen Verkehrsträgern (06103/4/2010 – C7-0119/2010 – 2008/0263(COD)) (Berichterstatterin: Anne E. Jensen) (A7-0211/2010).
Anne E. Jensen, Berichterstatterin. – (DK) Sehr geehrter Herr Präsident, was genau ist unter intelligenten Verkehrssystemen zu verstehen? Sie umfassen grundsätzlich alle Arten von Informationssystemen, die den Straßenverkehr sicherer, effizienter und umweltfreundlicher machen können. In diesem Zusammenhang zu nennen sind etwa das wohl bekannte GPS, das wir alle nutzen, wenn wir im Auto unterwegs sind, aber auch Systeme zur Erhebung von Straßennutzungsgebühren. Verschiedene intelligente Verkehrssysteme sind uns also bereits vertraut, viele andere aber noch in der Entwicklung und allgemein wenig bekannt. Es gibt Systeme, die uns sehr genau über die aktuellen Verkehrsbedingungen auf den Straßen informieren können. Zum Beispiel über Rutschgefahr auf der Strecke, die wir gerade befahren. Oder über Unfälle, die Staus verursachen. Darüber hinaus gibt es das automatische Notrufsystem eCall, das Verkehrsunfälle an die einheitliche europäische Notrufnummer 112 meldet und dadurch schnellere Hilfe am Unfallort ermöglicht.
Ich muss leider sagen, dass ich die Arbeit an diesem Bericht von Anfang an in verschiedener Hinsicht als frustrierend empfunden habe. Zunächst einmal fand ich die Definition des Begriffs „intelligente Verkehrssysteme“, schwierig, eben weil dieser Begriff so viele unterschiedliche Dinge umfasst. Nachdem ich das enorme Potenzial dieser Systeme erfasst hatte, ärgerte mich die Tatsache, dass wir sie nicht schon längst auf breiter Ebene nutzen. Wenn Sie etwa im Stau stehen und nicht wissen, ob oder wann Sie an Ihr Ziel gelangen, um, zum Beispiel, Ihren Flug noch zu erreichen, könnten Sie von einem derartigen System erheblich profitieren. Wir könnten mit wesentlich mehr Informationen versorgt werden, als das bislang der Fall ist.
Also stellt sich die Frage: Warum haben wir keine solchen intelligenten Verkehrssysteme? Laut Kommission und Expertenmeinung ist dies auf fehlende gemeinsame Standards und Spezifikationen für die Nutzung und Herstellung solcher Systeme zurückzuführen. Beispielsweise müsste der grenzüberschreitende Verkehr vereinfacht werden: Ein LKW müsste von Göteborg nach Palermo fahren und währenddessen mit unterschiedlichen Informations- und Mauterfassungssystemen kommunizieren können, ohne dass dafür eine Vielzahl unterschiedlicher Geräte an Bord erforderlich ist.
Gemäß der mit dem Rat erzielten Einigung werden wir in vier Bereichen Spezifikationen für intelligente Verkehrssysteme festlegen, die mit sechs konkreten, mit einem Zeitplan verbundenen Maßnahmen verknüpft sind. Konkret geht es um die Bereitstellung allgemeiner sowie für die Straßenverkehrssicherheit relevanter Verkehrsmeldungen, die Einführung einer interoperablen EU-weiten eCall-Anwendung sowie um eine weitere Maßnahme, die mir persönlich sehr wichtig ist, nämlich die Bereitstellung von Informations- und Reservierungsdiensten für sichere Parkplätze für Lastkraftwagen, um den Fahrern die Einhaltung der Bestimmungen im Hinblick auf Lenk- und Ruhezeiten zu erleichtern.
Der schwierigste Punkt unserer Arbeit war die Frage der praktischen Umsetzung all dieser Dinge. Rat und Parlament stimmten darin überein, dass wir die Bereiche, in denen gemeinsame Standards und Spezifikationen ausgearbeitet werden, genau definieren sollten. Was den Zeitpunkt des Inkrafttretens der Standards angeht, wollte der Rat unseren Vorschlägen hingegen nicht folgen. Daher haben wir die Umsetzung in zwei Schritte unterteilt: Wir werden uns zunächst auf die Spezifikationen selbst einigen und anschließend ihre praktische Umsetzung beraten.
Ich möchte den Schattenberichterstattern für ihre Unterstützung danken, insbesondere Herrn Koch, Frau Ţicău und Frau Brepoels. Unsere Zusammenarbeit war durchweg hervorragend. Darüber hinaus geht mein herzlicher Dank an den schwedischen Ratsvorsitz, der sich mit großem Engagement dafür eingesetzt hat, dass viele Vorschläge des Parlaments in die Endfassung des Textes übernommen wurden. Abschließend bedanke ich mich bei der Kommission, die durch ihre Vermittlertätigkeit entscheidend dazu beigetragen hat, den Weg zu einer Einigung frei zu machen.
Siim Kallas, Vizepräsident der Kommission. – Herr Präsident, ich möchte dem Europäischen Parlament, insbesondere Frau Jensen, der Berichterstatterin zu intelligenten Verkehrssystemen sowie allen Schattenberichterstattern, für die hervorragende Arbeit und das hohe Engagement danken, mit dem sie die Kommission im Laufe des Rechtsetzungsprozesses zur Richtlinie über die Einführung intelligenter Verkehrssysteme unterstützt haben.
Zum Abschluss der zweiten Lesung dieses Legislativvorschlags im Europäischen Parlament möchte ich noch einmal in aller Deutlichkeit seinen hohen politischen Stellenwert betonen. IVS-Anwendungen wie dynamisches Verkehrs- und Frachtmanagement, Spurhalteassistent und elektronische Mauterhebung (E-Toll) bringen klare Vorteile in Form reduzierter Fahrzeiten und erhöhter Sicherheit.
In den vergangenen 20 Jahren hat die Europäische Kommission verschiedene Instrumente angewandt, um auf eine flächendeckende Einführung von IVS-Lösungen hinzuwirken. Dennoch erfolgte die Umsetzung dieser Lösungen im Bereich Straßenverkehr zum einen wesentlich langsamer als in anderen Verkehrsbereichen, zum anderen war sie in vielen Fällen fragmentiert und uneinheitlich. Freiwillige Vereinbarungen zu Standards haben keine nennenswerten Fortschritte bei der Bereitstellung und Nutzung solcher Systeme gebracht.
Daher hat die Kommission einen Aktionsplan und einen Vorschlag für eine Rahmenrichtlinie für die Einführung intelligenter Verkehrssysteme im Straßenverkehr und für deren Schnittstellen zu anderen Verkehrsträgern vorgelegt.
Die Kommission ist der Ansicht, dass bei den Verhandlungen mit dem Rat in Bezug auf diese Richtlinie ein ausgewogener Kompromiss erreicht wurde, der die allgemeinen Ziele ihres Vorschlags angemessen berücksichtigt. In diesem Zusammenhang freue ich mich besonders über die am 22. Juni vom Ausschuss für Verkehr und Fremdenverkehr (TRAN) angenommene Empfehlung von Frau Jensen und gehe davon aus, dass die IVS-Richtlinie in der morgigen Sitzung des Europäischen Parlaments angenommen wird.
Die vor uns liegenden wichtigen Schritte zur Durchführung der IVS-Richtlinie erfolgen mit umfassender Beteiligung und Unterstützung der Kommission. Darüber hinaus werden alle öffentlichen und privaten Interessenvertreter eingebunden.
Dieter-Lebrecht Koch, im Namen der PPE-Fraktion. – Herr Präsident! Herr Kommissar, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die nun endlich zur Abstimmung vorliegende Richtlinie zur Einführung und Nutzung intelligenter Verkehrssysteme im Straßenverkehr ist aufgrund ihrer Auswirkungen auf die Schnittstellen zu anderen Verkehrsträgern auch für diese von so außerordentlicher Bedeutung, dass ich vom Aufbruch in ein neues Verkehrszeitalter sprechen möchte.
Die Richtlinie dient der koordinierten konzentrierten zielgerichteten Umsetzung des umfangreichen Aktionsplans und garantiert, dass intelligente Verkehrssysteme zum integrierten Bestandteil neuartiger Fahrzeuge und Infrastrukturen werden. Entscheidend für den Verbraucher ist erstens: Intelligente Verkehrssysteme werden verpflichtend kommen, nur wann steht noch nicht endgültig fest, wobei ich persönlich mir eine zeitliche Präzisierung sehr gewünscht hätte.
Zweitens tragen sie maßgeblich dazu bei, dass Verkehr noch sauberer, sicherer und effizienter wird, und bieten neuartige Chancen für Ko-Modalität, also für die Verknüpfung der verschiedenen Verkehrsträger. Drittens gewährleisten sie ein hohes Datenschutzniveau; sie dienen viertens der Kapazitätsoptimierung von Infrastrukturen und bieten fünftens weitreichende Zusatzdienste für Privatpersonen und Geschäftsleute.
Intelligente Verkehrssysteme fügen sich harmonisch in den nachfolgenden Bericht zur Zukunft des Verkehrs ein und auch in das Programm EU 2020, weil sie umfangreiche Forschungs- und Entwicklungsaufträge auslösen. Die Forderung nach Kompatibilität zwischen neuen, aber auch mit den bestehenden Systemen entspricht den Forderungen des Parlaments. Im Namen der EVP-Fraktion fordere ich die Kommission auf, schnellstmöglich die Erarbeitung der Normen und Spezifiktionen für den Notruf eCall sowie alle Reise-, Verkehrsinformations- und Reservierungssysteme durchzuführen, damit der flächendeckende Einführungsprozess auch wirklich schnell beginnen kann.
Silvia-Adriana Ţicău, im Namen der S&D-Fraktion. – (RO) Die Annahme einer Richtlinie zur Festlegung eines Rahmens für die Einführung intelligenter Verkehrssysteme im Straßenverkehr und für deren Schnittstellen zu anderen Verkehrsträgern ist ein wichtiger Schritt hin zu mehr Sicherheit im Straßenverkehr.
Ich möchte allen Berichterstatter-Teams dafür danken, dass sie über den Straßenverkehr hinaus auch andere Beförderungsarten in die Richtlinie einbezogen haben. Dadurch können intelligente Verkehrssysteme für Fahrgäste, Fahrzeuge und Infrastrukturen im Straßenverkehr einschließlich öffentlicher Nahverkehr sowie an Schnittstellen zu anderen Beförderungsarten genutzt werden.
Das Europäische Parlament hat schon in der ersten Lesung die Festlegung bestimmter Bereiche gefordert, in denen intelligente Verkehrssysteme zum Einsatz kommen sollen, und darüber hinaus die Notwendigkeit von Vorkehrungen zum effektiven Schutz persönlicher Daten betont. Die Richtlinie nennt vier Schwerpunktbereiche, in denen die Kommission gemeinsame Spezifikationen und Standards für die Implementierung und Nutzung intelligenter Verkehrssysteme festlegen wird.
Die Kommission gibt eine Zusage zur zeitnahen Einführung von Spezifikationen innerhalb des folgenden Zeitplans ab: 2014: Bereitstellung EU-weiter multimodaler Reise-Informationsdienste 2013: Bereitstellung EU-weiter Echtzeit-Verkehrsinformationsdienste 2012: unentgeltliche Bereitstellung eines Mindestniveaus allgemeiner für die Straßenverkehrssicherheit relevanter Verkehrsmeldungen 2012: harmonisierte Bereitstellung einer interoperablen EU-weiten eCall-Anwendung 2012 und 2013: Bereitstellung von Informations- und Reservierungsdiensten für sichere Parkplätze für Lastkraftwagen und andere gewerbliche Fahrzeuge
Die Annahme dieser Richtlinie hat sich infolge des Inkrafttretens des Vertrags von Lissabon und aufgrund des Ausschussverfahrens verzögert. Die oben erwähnten Spezifikationen werden von der Kommission letztendlich mittels delegierter Rechtsakte angenommen.
Ich glaube, dass wir hinsichtlich des Einsatzes intelligenter Verkehrssysteme erst ganz am Anfang stehen. Wir hoffen, dass sowohl die Kommission als auch die Mitgliedstaaten die für den Einsatz dieser Systeme erforderlichen Finanzmittel bereitstellen werden.
Gesine Meissner, im Namen der ALDE-Fraktion. – Herr Präsident! Ich glaube, Dieter Koch hat Recht: Die intelligenten Verkehrssysteme sind wirklich ein Aufbruch in ein neues Zeitalter. Ich habe im letzten Jahr LKWs gesehen, die miteinander reden. Das klingt verrückt, aber das ist ja wirklich die intelligente Verkehrssystemführung der Zukunft, dass LKW aus Sicherheitsgründen tatsächlich in der Lage sind, durch spezielle Ausstattungen zu erkennen, ob vor ihnen ein Hindernis ist, ob vor ihnen ein Fußgänger über die Straße gehen will, und sie können das dann einem hinter ihnen fahrenden LKW mitteilen, so dass der rechtzeitig bremst und ein Unfall verhindert wird.
Das ist natürlich noch nicht auf der Tagesordnung, und der Bericht von Anne Jensen hat in diesem Fall wirklich den großen Vorteil gebracht, eine Übersicht darüber zu geben, was wir im Moment schon haben, und einen Ausblick darauf zu geben, was wir in Zukunft brauchen, um mehr Sicherheit zu haben, um Staus verhindern zu können, weniger Unfälle zu haben und besser für die Umwelt agieren zu können.
Ein letzter Punkt: was ich bei mir in Deutschland in der Nähe von Hannover direkt erlebe: Wir haben auf der Autobahn als intelligentes Verkehrssystem Geschwindigkeitsrichtsmessungen. Man bekommt also gesagt, wie schnell man fahren soll, um Staus zu verhindern. Das ist gut für die Fahrer und auch gut, um weniger Unfälle zu haben, und auch gut für die Umwelt. So etwas und viel mehr brauchen wir.
Frieda Brepoels, im Namen der Verts/ALE-Fraktion. – (NL) Herr Präsident, ich bin natürlich sehr erfreut, dass wir endlich einen europäischen Rahmen für IVS haben. Wie schon von den Vorrednern angemerkt, war es eine harte Nuss, und es ist auch den unermüdlichen Anstrengungen unserer Berichterstatterin Frau Jensen zu verdanken, dass wir nach zähen Verhandlungen in der Lage sind, dem Parlament eine ausgewogene Position vorzulegen. Vielen Dank dafür.
Wenn wir bedenken, dass die Probleme der Verkehrs- und Umweltbelastung immer schwerwiegender werden, können wir die Bedeutung dieser Initiative kaum hoch genug bewerten. Es besteht ganz klar ein Bedarf an innovativen Lösungen. Doch warum ist ein europäischer Ansatz jetzt so wichtig? Meiner Ansicht nach ist er wichtig, weil wir aller Wahrscheinlichkeit nach die Möglichkeiten von IVS nicht vollständig nutzen können, wenn wir den limitierten oder gar unsystematischen Einsatz, der in vielen Mitgliedstaaten heute eine Realität ist, nicht zu einem koordinierten, europaweiten Einsatz weiterentwickeln.
Meine Damen und Herren, dies ist jedoch nur der erste Schritt, der gleichwohl ein sehr wichtiger ist. In den kommenden Jahren müssen wir genauen Überblick darüber bewahren, wie die Kommission und die Mitgliedstaaten vorrangige Maßnahmen umsetzen. Wir haben im Grunde etwa ein halbes Jahr mit dem Zeitrahmen verschwendet, den die Kommission als Reaktion auf die Debatte über die Umsetzung der delegierten Rechtsakte vorgelegt hat. Im Allgemeinen sollten wir übrigens dafür sorgen, dass die geplanten Dienste für alle Teilnehmer benutzerfreundlich sind. In diesem Zusammenhang sind wir sehr erfreut darüber, dass besondere Bestimmungen für gefährdete Verkehrsteilnehmer eingeführt wurden, weil die Aufmerksamkeit für dieses Thema zu einer Qualitätsverbesserung für alle Nutzer führen wird. Danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Anna Rosbach, im Namen der EFD-Fraktion. – (DA) Herr Präsident, an der Windschutzscheibe meines Autos habe ich ein kleines elektronisches Gerät, mit dem erfasst wird, wenn ich in meinem Heimatland durch eine Mautstelle fahre. Ich war sehr erfreut, neulich festzustellen, dass es auch funktioniert, wenn ich in meinem Nachbarland durch eine ähnliche Mautstelle fahre. Wie schön wäre es, wenn das in ganz Europa so einfach wäre. Und genau das ist es, was meine dänische Kollegin Frau Jensen für jeden erreichen möchte, der viel auf den Straßen Europas unterwegs ist. Daher möchte ich der Berichterstatterin vielmals für die erstklassige Arbeit danken, die sie für diese Richtlinie geleistet hat.
Sie hat lange auf sich warten lassen und enthält eine ganze Reihe sowohl technischer als auch besonderer Initiativen. Ich halte an dem Grundsatz fest, dass ich EU-Rechtsvorschriften nur dann empfehle, wenn sie sinnvoll sind. Und für mich heißt das, dass sie sich auf grenzüberschreitende Probleme beziehen sollten, die am besten gemeinsam gelöst werden. Ich muss sagen, dass dieses Thema diese Voraussetzung sehr wohl erfüllt. Gleichzeitig ist diese Richtlinie hilfreich für die LKW-Fahrer, die Europa miteinander verbinden. Ohne sie würde es keinen Wirtschaftsverkehr in der EU geben.
Jetzt fehlt nur noch, dass die Mitgliedstaaten all diese guten Absichten in die Tat umsetzen. Soweit ich beurteilen kann, liegt genau dort das Problem. Denn der Rat ist zwar Mitgesetzgeber der Richtlinie, doch werden Straßen in kleinen nationalen Kommunen gebaut, die hierfür nicht viel Geld haben. Ebenso erfordert die Verbesserung des Schienenverkehrssystems jede Menge Geld und politischen Willen.
Georgios Koumoutsakos (PPE). – (EL) Herr Präsident, die Verbreitung von intelligenten Verkehrssystemen im Straßenverkehr und deren Betrieb im Zusammhang mit anderen Verkehrsträgern ist ein besonders wichtiger Punkt. Es ist eine echte Herausforderung für die europäische Verkehrspolitik, und die Vorredner haben ganz richtig von einem neuen Zeitalter im Verkehrswesen gesprochen.
Wenn man intelligente Verkehrssysteme so umfassend wie möglich anwendet, trägt das erstens zu größerer Verkehrseffizienz, -stabilität und -sicherheit und zweitens zur Erreichung des Ziels von mehr Sauberkeit und Umweltverträglichkeit im Verkehr bei.
Deshalb glaube ich, dass die Zustimmung zur Rahmenrichtlinie über intelligente Verkehrssysteme eine sehr positive Entwicklung für alle europäischen Bürgerinnen und Bürger darstellt, zumal das Konzept der Freiwilligkeit bisher alles andere als zufriedenstellend war. Wir sind uns wohl alle einig, dass wir ein Mindestmaß an Standardisierung brauchen, wenn wir bei unseren Fahrten und Reisen in der nahen Zukunft erleben möchten, dass diese Systeme Anwendung finden.
Genau wie die Berichterstatterin Frau Jensen, die ich beglückwünschen möchte, denke ich, dass wir fortfahren und morgen unsere Zustimmung geben sollten, um darüber hinaus anzuerkennen, dass bis vor kurzer Zeit lange und zähe Verhandlungen geführt worden sind, und wir nun den nächsten Schritt machen müssen.
Das Letzte, was wir jetzt brauchen, ist eine weitere unnötige Verzögerung des gesamten Verfahrens. Nochmals meine Glückwünsche an die Berichterstatterin.
Inés Ayala Sender (S&D). – (ES) Herr Präsident, ich möchte besonders Frau Jensen beglückwünschen und ihr für ihren Einsatz und ihre Entschlossenheit hinsichtlich dieser intelligenten Verkehrssysteme danken, insbesondere was den Straßenverkehr betrifft, um Harmonisierung und vor allem Kompatibilität mit bereits bestehenden Systemen sicherzustellen. Das ist meiner Ansicht nach von entscheidender Bedeutung.
In den letzten Tagen habe ich gelesen, dass ein Unternehmen wie SNCB in Brüssel vorgeschlagen hat, Autofahrern Verkehrsinformationen in Echtzeit anzubieten, damit sie Entscheidungen im Hinblick auf verschiedene Verkehrsmittel angemessen im Voraus treffen können. Mir ist klar, dass das einer der Aspekte der von Frau Jensen aufgeführten Dienste der Zukunft ist, die durch Harmonisierung auf eindrucksvolle Weise auf ganz Europa ausgedehnt werden können.
Meiner Überzeugung nach ist dieser Dialog zwischen Beförderungsarten genauso ausschlaggebend wie grenzüberschreitende Straßensysteme, was auch andere Aspekte der Sicherheit im Straßenverkehr anregen kann.
Ich danke ihr besonders für die Straßensicherheitsanwendungen und vor allem die Ausweitung des eCall-Systems auf ganz Europa. Ich hätte es gern gesehen, wenn es ausgeweitet würde. Und ich hoffe, dass dies in Zukunft über die transeuropäische Netzwerkinfrastruktur hinaus geschehen wird und vor allem auf landwirtschaftliche Fahrzeuge ausgedehnt wird. Recht häufig kommt es nämlich insbesondere in Regionen wie meiner Herkunftsregion vor, dass sich ein Unfall ereignet und ein Mensch stirbt, weil es nicht möglich war, rechtzeitig dorthin zu gelangen oder weil der Notruf nicht empfangen wurde. Aus diesem Grund hoffe ich, dass es ausgedehnt werden kann.
Sichere Parkplätze für Lastwagen und gewerbliche Fahrzeuge sind sehr sinnvoll und erhalten meine volle Unterstützung. Ich meine, dass sie in Zukunft zunehmend auf transeuropäische Straßennetze ausgeweitet werden sollten.
Meiner Ansicht nach ist jetzt nur eine Sache vonnöten: dass Galileo die Plattform für diese Art von Dienst wird. Das wäre wirklich das Tüpfelchen auf dem i. Ich hoffe, dass es Herrn Kallas und Herrn Tajani gelingt, das zu erreichen, sodass diese intelligenten Verkehrssysteme darüber hinaus die Zukunft von Galileo werden.
Oreste Rossi (EFD). – (IT) Herr Präsident, meine Damen und Herren, ein besseres Management des Güterverkehrs und mehr Verkehrssicherheit sind zwei wesentliche Aspekte bei der Schaffung eines intelligenten Verkehrssystems. Das Ziel besteht in der Erstellung eines koordinierten und integrierten Systems, das Kontinuität von Diensten, Verkehrsmanagement und Güterverkehr auf den Frachtkorridoren garantiert.
Das Hauptproblem ist nach wie vor die finanzielle Wirkung dieses innovativen, vorwiegend aus Verkehrskommunikationsschnittstellen bestehenden Systems. Dies könnte durch Standardisierung eines integrierten Informationssystems gelöst werden. Wirksamkeit, Produktivität, Kontinuität und Interoperabilität sind die Grundsätze, auf denen die zukünftigen Maßnahmen der Mitgliedstaaten beruhen sollten. Die korrekte Bewertung von regionalen Eigenheiten, Verkehrsbedingungen und Prozessen für den Zusammenschluss der verschiedenen Verkehrssysteme wird daher notwendig sein, um das System wirklich effektiv umzusetzen.
Anschließend wird man ernsthaft untersuchen müssen, wie das System in kritischen Momenten reagiert. Es ist zu hoffen, dass der durch die Richtlinie geschaffene Ausschuss in der Lage sein wird, mit örtlichen Behörden so zusammenzuarbeiten, dass das System dem Konzept nach eine rasche und wirksame Reaktion bei verkehrsbedingten Problemen gewährleistet.
Ádám Kósa (PPE). – (HU) Auch ich begrüße die Einführung intelligenter Verkehrssysteme, da sie den Menschen das Leben viel einfacher machen werden. Ich möchte Ihre Aufmerksamkeit auf drei Themen lenken. Eines davon hat sich auch im Zusammenhang mit den Fahrgastrechten ergeben, nämlich, dass das Europäische Parlament sich mit Nachdruck für die Verbesserung der Lage von Menschen mit Behinderungen einsetzt. Jedoch möchte ich betonen, dass Menschen mit Behinderungen in diesem System auch geholfen werden muss, und ich schlage vor, dass die Probleme, die sich Menschen mit Behinderungen stellen, auch im Verlauf der Einführung des Systems sowie von den Systementwicklern berücksichtigt werden. Außerdem möchte ich auf die Bedeutung der Zugänglichkeit von Informationsmitteilungen hinweisen. Und schließlich: Da einige Mitgliedstaaten noch keine Folgenabschätzungsstudien über die Kosten der Systemeinführung durchgeführt haben, möchte ich die Kommission bitten, vor der Einführung des Systems gesonderte Mittel für diesen Zweck bereitzustellen, damit Mittel- und Osteuropa darauf zugreifen können.
Marian-Jean Marinescu (PPE). – (RO) Die Einführung eines Standardrahmens für die harmonisierte Bereitstellung intelligenter Verkehrssysteme ist ein wichtiger Schritt zur Modernisierung des Verkehrssektors. Es bedeutet, dass die Mitgliedstaaten die Bereitstellung und Koordinierung von IVS auf interoperable Weise gewährleisten müssen.
Als Berichterstatter für das Dossier der europäischen Güterverkehrskorridore denke ich, dass interoperable IVS-Systeme ein absolutes Muss für den Schienensektor sind, insbesondere, was das Verkehrsmanagement betrifft. Aus diesem Grund ist die gegenseitige Anerkennung nationaler Genehmigungen und Spezifikationen für IT-Hardware und -Software ebenso erforderlich wie die Einhaltung des Zeitplans für die Einführung des Europäischen Eisenbahnverkehrsleitsystems.
Die Tatsache, dass Mitgliedstaaten die Gelegenheit haben, mit den neuen Anforderungen gleichzuziehen, indem sie ihre bereits bestehenden Systeme modernisieren, ist ein positiver Schritt, durch den ein Mangel an geografischer Kontinuität vermieden wird.
Seán Kelly (PPE). – Herr Präsident, wahrscheinlich könnte man sagen, dass jemand ziemlich dumm sein müsste, intelligente Vorschläge abzulehnen. Sicherlich kann man sich nicht gegen die intelligenten Verkehrssysteme stellen: Sie müssen vielmehr begrüßt werden. Kompliment an Frau Jensen und auch Herrn Kallas für die Darstellung der Vorteile. Es liegt auf der Hand, dass Maßnahmen, die umweltfreundlichen Verkehr, Straßensicherheit, sicheres Parken, Wetterüberwachungssysteme usw. begünstigen, von enormem Nutzen für die Verkehrsteilnehmer sind.
Die Straßensicherheit betreffend hätte ich auch gerne, dass man der Wirkung, die langsame Fahrer auf Verkehrsunfälle haben, eine gewisse Beachtung schenkt. Der Schwerpunkt scheint völlig auf Geschwindigkeit zu liegen, und das ist ohne Zweifel ein wesentlicher Beitragsfaktor.
Dies ist jedoch zu begrüßen, und ich möchte der intelligenten Frau Jensen einfach danken, dass sie uns hilft, den Straßenverkehr für alle Teilnehmer positiv zu gestalten, seien sie nun dumm oder intelligent.
Antonio Cancian (PPE). – (IT) Herr Präsident, meine Damen und Herren, ich bin davon überzeugt, dass die Festlegung dieser europäischen Spezifikationen für die koordinierte Entwicklung der ausgewählten IVS-Anwendungen für Verkehrs- und Luftverkehrsnetze sehr nützlich ist. Jedoch möchte ich zwei Fakten die Sicherheit betreffend unterstreichen. Der erste ist, dass wir versuchen sollten, mit Nachdruck auf sicheren Parkmöglichkeiten für LKW-Fahrer zu bestehen. Zweitens müssen wir meiner Ansicht nach vorsichtig sein, wenn wir über Sicherheit sprechen: Die Fahrer werden aufgefordert, abgesehen vom Fahren alles Mögliche zu tun; sie bekommen so viele Informationen und werden mit mehr und mehr Dingen belastet.
Denn dies ist nun ein sehr wichtiger Punkt. Und ich wende mich mit dieser Überlegung an Frau Jensen, weil ich glaube, dass auf der einen Seite jener Wunsch besteht und wir auf der anderen Seite mit viel Bedacht vorgehen müssen, sodass die Fahrer sich auch um das Fahren kümmern können.
Franz Obermayr (NI). - Herr Präsident! Sicherheit und Gefahrenabwehr im Straßenverkehr sind wesentliche von den vier vorrangigen Bereichen, und ich möchte hier kurze Anmerkungen dazu machen. Erstens: Vorschläge der Kommission, die auf Zulassung von sogenannten Gigalinern – also den Riesen-Lkw – abzielen, sind abzulehnen. Gigaliner würden die Sicherheit auf den Straßen der EU gefährden, und das europäische Straßennetz ist nicht für solche Riesenausmaße gedacht. Pkw hätten erschwerte Sicht, und es käme zu längeren Überholwegen und katastrophalen Unfällen.
Zweitens: Die oft katastrophale Auswirkung von Tunnelbränden zeigt, dass außerdem die Verbesserung des Fahrzeugbrandschutzes wichtig ist. Ich plädiere für einen europaweiten verpflichtenden Einbau von automatischen Löschsystemen im Motorraum, die es im Motorsport bereits gibt. Die Serienfertigung kostet ca. 50 bis 100 Euro pro Stück, es ist also eine relativ kostengünstige Maßnahme, die ein wesentliches Plus an Sicherheit bringen würde.
Licia Ronzulli (PPE). – (IT) Herr Präsident, meine Damen und Herren, Millionen von europäischen Bürgerinnen und Bürgern bereiten zurzeit ihre Abfahrt in den verdienten Sommerurlaub vor. Unglücklicherweise müssen sie sich jedoch wie jedes zweite Jahr auf stornierte Flüge, verlorenes Gepäck, Staus auf der Autobahn, vielleicht sogar in sengender Sonne, und Notfallsituationen gefasst machen, an die wir mittlerweile leider schon recht gewöhnt sind.
Letzte Woche habe ich eine Anfrage zu diesem Thema eingebracht und die Europäische Kommission aufgefordert, sich konkret für die Lösung dieses Problems einzusetzen. Der Start einer Informationskampagne über die Rechte von Reisenden ist sicherlich ein nützliches Mittel, jedoch nicht ausreichend, um das wiederholte Auftreten solcher Notfälle zu vermeiden. Allzu oft werden die Rechte von Reisenden mit Füßen getreten, und es vergehen Monate oder sogar Jahre, bevor sie ihren rechtmäßigen Ausgleich bekommen.
Informationen zur Verfügung stellen und die Menschen auf ihre Rechte aufmerksam machen ist sicherlich wichtig. Noch wichtiger ist es jedoch, ihnen in ganz Europa durch Einführung konkreter Maßnahmen Achtung zu verschaffen, insbesondere in Anbetracht von mittlerweile gängigen Situationen, die man vorhersehen sollte.
Siim Kallas, Vizepräsident der Kommission. – Herr Präsident, ich möchte dem Europäischen Parlament und insbesondere Frau Jensen nochmals für die ausgezeichnete Arbeit in dem Gesetzgebungsverfahren danken, das zur Verabschiedung der Richtlinie über intelligente Verkehrssysteme geführt hat. Ich freue mich auf die wichtige Arbeit, die zur Umsetzung dieser IVS-Richtlinie vor uns liegt. Wir sind entschlossen, die der Kommission durch das Parlament und den Rat für sieben Jahre übertragenen Befugnisse zu nutzen, um die erforderlichen Spezifikationen anzuwenden. Hierbei werden wir eng mit allen wichtigen öffentlichen und privaten Interessenvertretern zusammenarbeiten.
Anne E. Jensen, Berichterstatterin. – (DA) Her Präsident, danke an all meine Kollegen für ihre Kommentare. Meiner Ansicht nach zeigt die Aussprache, dass für dieses Thema viel Begeisterung vorhanden ist, ebenso wie hohe Erwartungen, dass es uns gelingen wird, gute Ergebnisse zu erzielen. Mein Dank gilt auch dem Mitglied der Kommission für sein Versprechen, die Dinge anzupacken und in die Tat umzusetzen und mit allen Beteiligten auf diesem Gebiet eng zusammenzuarbeiten. Ich weiß auch, dass die Kommission eine enge Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten in diesen Bereichen zugesagt hat. In den Mitgliedstaaten herrscht große Sorge in Bezug auf die Gefahr, dass diejenigen, die bereits in intelligente Verkehrssysteme investiert haben, festellen müssten, dass ihre Investitionen umsonst waren, wenn plötzlich andere Spezifikationen und Standards beschlossen würden.
Ich denke, es ist wichtig, dass wir mit dieser Gesetzgebung nun eine Plattform für die Mitgliedstaaten, alle Fachleute und die Kommission geschaffen haben, die es ihnen ermöglicht, zusammenzukommen und diese Fragen zu besprechen. Darüber hinaus können wir hoffen, dass die umzusetzenden Maßnahmen und praktischen Projekte zu einem gemeinsamen Verständnis führen werden, in welche Richtung diese Dinge gehen sollen. Auf jeden Fall meine ich, dass wir uns sehr bemüht haben, um sicherzustellen, dass diese Dinge von Grund auf entwickelt werden sollen und können, und nicht einfach Anweisungen von oben festgelegt haben. Es hat tatsächlich ein Dialog über diese Punkte stattgefunden.
Zuletzt möchte ich noch erwähnen, dass wir im Parlament ebenfalls Gespräche darüber geführt haben, ob intelligente Verkehrssysteme uns intelligenter oder weniger intelligent machen werden. Wie bereits angemerkt, müssen wir natürlich intelligente Verkehrssysteme auf intelligente Weise nutzen. Ich unterstütze diesen Standpunkt. Es ist einleuchtend, dass Nutzer von Navigationssystemen keine Ahnung haben, wo sie gelandet sind, weil sie einfach auf die Stimme gehört haben, die sagte: „Rechts abbiegen, links abbiegen“. Und am Ende wissen sie nicht, wo sie sind. Ein intelligentes Verkehrssystem muss auf intelligente Art genutzt werden.
Der Präsident. – Die Aussprache wird geschlossen.
Die Abstimmung findet morgen statt (Dienstag, 6. Juli 2010).
Schriftliche Erklärungen (Artikel 149)
Alajos Mészáros (PPE), schriftlich. – (HU) Es besteht ein großer Bedarf für die Entwicklung intelligenter Verkehrssysteme im Straßenverkehr, da die Verkehrssysteme der Europäischen Union zunehmend überlastet sind. Verschiedenen Prognose zufolge wird bis 2020 der Straßengüterverkehr um 55 % und der Personenverkehr auf der Straße um 36 % zunehmen. Das wird zu erhöhtem Energieverbrauch und Kohlendioxidemissionen durch den Straßenverkehr führen. Wir müssen unser Bestes geben, um den Straßenverkehr mithilfe innovativer Forschungen sicherer, sauberer und effizienter zu machen. Dies wird uns jedoch ein noch nie da gewesenes Maß an Zusammenarbeit abverlangen, da die zurzeit auf lokaler, regionaler und nationaler Ebene eingesetzten nicht harmonisierten Lösungen den Aufbau eines gemeinschaftlichen Marktes gefährden können; und das kann zur Nichtnutzung der intelligenten Verkehrssysteme (IVS) führen. Ich bin sehr erfreut, dass der Rat und das Parlament zu diesem Thema dieselbe Meinung vertreten. Auch bin ich davon überzeugt, dass das IVS-System so schnell wie möglich und insbesondere im Stadt- und Güterverkehr umgesetzt werden muss. Um jedoch allen auf schnelle und einfache Weise Zugang zu dem System bereitzustellen, brauchen wir ein gemeinschaftliches Standardsystem, das die wirksame Zusammenarbeit seitens der Mitgliedstaaten untereinander und mit den zuständigen Behörden sicherstellen kann. Den steigenden Anforderungen im Verkehrswesen kann nicht mit den bestehenden Maßnahmen entsprochen werden. Aus diesem Grund benötigen wir neue und innovative Lösungen. Die Verringerung der steigenden Kohlendioxidemissionen mit den oben aufgeführten Mitteln ist eine zusätzliche Herausforderung.
17. Meldeformalitäten für Schiffe beim Einlaufen in und/oder Auslaufen aus Häfen (Aussprache)
Präsident. – Der nächste Punkt ist der Bericht von Dirk Sterckx im Namen des Ausschusses für Verkehr und Fremdenverkehr über den Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über Meldeformalitäten für Schiffe beim Einlaufen in oder Auslaufen aus Häfen der Mitgliedstaaten der Gemeinschaft und zur Aufhebung der Richtlinie 2002/6/EG (KOM(2009)0011 – C6-0030/2009 – 2009/0005(COD)) (A7-0064/2010).
Dirk Sterckx, Berichterstatter. – (NL) Herr Präsident, wenn ein Container von Danzig per Lkw nach Antwerpen transportiert wird, verbleibt dieser Container in der EU, und die Waren müssen weder bei der Abfahrt noch bei der Ankunft vom Zoll abgefertigt werden. Wird der gleiche Container jedoch von Danzig per Schiff nach Antwerpen transportiert, erfolgt bei Abfahrt und Ankunft eine Zollabfertigung, als hätte der Container die EU verlassen. Dieser Zustand bedeutet für die Küstenschifffahrt eine Benachteiligung, und meiner Ansicht nach hat die Kommission Recht damit, diese Benachteiligung aufzuheben. Ich bin zudem der Auffassung, dass die Küstenschifffahrt einen größeren Anteil am Güterverkehrsaufkommen innerhalb der EU übernehmen könnte, und wir sollten eine solche Verlagerung fördern.
In diesem Zusammenhang begrüße ich die Einigung und danke den hieran beteiligten Personen im Rat, den Beteiligten in der Kommission und den Mitgliedern dieses Hauses. Wir haben eine sinnvolle Einigung erzielt. Die Grundidee, die in dieser Einigung zum Ausdruck kommt – das Prinzip der Vereinfachung und Harmonisierung der Verwaltung – wurde von allen akzeptiert. Daten werden immer auf elektronischem Wege ausgetauscht, und sämtliche Verfahrensbeteiligten können über ein zentrales Fenster Daten einsehen oder erfassen. Auf diese Weise wird die Kommunikation der Datenverarbeitungssysteme untereinander gewährleistet. Alle Informationen müssen nur einmal eingegeben werden. Das ist eine erhebliche Verbesserung.
Schiffen, die nur EU-Häfen anlaufen, werden außerdem Verwaltungsformalitäten erspart. Nicht erreicht haben wir, dass ein Schiff, das einen Hafen in einem Drittstaat anläuft, auf der Grundlage der Fracht und in Bezug auf diese Fracht ebenfalls von Formalitäten befreit wird. Die Kommission wird sich nun um die Lösung dieses Problems durch eine Ausnahmeregelung aufgrund der Fracht eines Schiffes bemühen. Darüber hinaus wird sich die Kommission mit der Frage befassen, wie sich Seeverkehr und Binnenschifffahrt verzahnen lassen, sodass eine durchgängige und völlig nachhaltige Wassertransport-Kette entsteht.
Keine Einigung haben wir hinsichtlich der Verwendung einer gemeinsamen Kommunikationssprache für die Schifffahrt – in diesem Fall Englisch – erzielt. Wir hatten dies vorgeschlagen, und ich bedaure es außerordentlich, dass dieser Vorschlag nicht angenommen wurde. Viele Mitglieder hatten in dieser Beziehung Bedenken. Für den Rat stand eine gemeinsame Sprache nicht zur Debatte. Wir konnten in dieser Beziehung lediglich durchsetzen, dass die Mitgliedstaaten in der Richtlinie in Form einer Erwägung aufgefordert werden, sich auf ein gemeinsames Mittel für die schriftliche und mündliche Kommunikation zu einigen. Dies könnte zumindest dazu führen, dass sich die Beteiligten auf eine Sprache einigen, und ich habe die Hoffnung, dass dies im Endeffekt so sein wird.
Noch weniger ist es uns gelungen, in die neue Richtlinie einen Passus aufzunehmen, der die Lotsentätigkeit regelt oder die Kapitäne von Küstenschiffen in bestimmten häufig angelaufenen Häfen vom Lotsenzwang befreien würde. Die Kommission und der Rat haben nun eine Erklärung verabschiedet, in der sie versprechen, sich dieses Themas anzunehmen. Ich hoffe, dass wir in dieser Beziehung schnellstmöglich zu einer EU-weiten Rahmenlösung finden.
Bei der Frage des Datums des Inkrafttretens musste ein Kompromiss erzielt werden. Der Rat verfolgte die Absicht, das Datum sehr weit hinauszuschieben, während wir Parlamentarier nach der Auffassung des Rates auf einer zu schnellen Einführung bestanden. Schließlich einigten wir uns auf den 1. Juni 2015. Ich hätte mir ein früheres Datum gewünscht, bin aber der Ansicht, dass sich der Zeitrahmen angesichts der Tatsache, dass wir in der ersten Lesung einen Kompromiss erzielt haben, noch verkürzen lässt.
Herr Präsident, meines Erachtens sind wir in der Gesamtbetrachtung einen wichtigen Schritt vorangekommen. Diese Einigung ist für den Binnenverkehr von größter Bedeutung. Sie ist auch ein weiterer Schritt in Richtung Nachhaltigkeit im Verkehrssektor in Europa. Die Kommission ist sich im Übrigen durchaus bewusst, dass auf diesem Weg noch viele weitere Schritte folgen müssen. Die Förderung der Küstenschifffahrt ist ein wichtiger Aspekt. Jedoch muss ich ein ums andere Mal beobachten, dass der Rat in dieser Beziehung eine Obstruktionshaltung einnimmt. Im Rat wird immer nur auf die Kosten geschaut, nie jedoch auf die Vorteile, die eine bestimmte Maßnahme unter Umständen mit sich bringen könnte. Wenn es nach dem Rat ginge, würden sämtliche Änderungen so spät wie möglich umgesetzt. Dabei wird nie in Erwägung gezogen, wie wichtig eine schnellere Vollendung des europäischen Binnenmarktes wäre. Diese ablehnende Haltung des Rates und die negative Einstellung gegenüber einer echten europäischen Verkehrspolitik rufen bei mir immer wieder Erstaunen und Verärgerung hervor. Mit Freude nehme ich zur Kenntnis, dass das Parlament auch bei dieser Gelegenheit möglichst schnelle EU-weite Lösungen angemahnt hat. Daher bin ich mit der erzielten Einigung zufrieden und möchte Sie, geehrte Kolleginnen und Kollegen, um Ihre Zustimmung bitten.
Siim Kallas, Vizepräsident der Kommission. – Herr Präsident, zuerst möchte ich dem Berichterstatter Dirk Sterckx für seine Bemühungen um die Richtlinie über Meldeformalitäten für Schiffe beim Einlaufen in oder Auslaufen aus Häfen der Mitgliedstaaten der Gemeinschaft danken. Es handelt sich hierbei um einen wichtigen Schritt und nicht um bloße Formalitäten.
Diese Richtlinie vereinfacht die Verwaltungsformalitäten für den Schiffsverkehr und trägt auch zur Senkung der Kosten für die Wirtschaft und die Verbraucher bei. Darüber hinaus steigert es die Attraktivität des Kurzstreckenseeverkehrs. Die Richtlinie ist Bestandteil des Aktionsplans zur Einrichtung eines EU-weiten grenzenlosen Seeverkehrs, und dahinter steckt die auf einer Vereinfachung der Verwaltungsvorgänge beruhenden Ausdehnung des Binnenmarkts auf den innereuropäischen Seeverkehr.
Der Seeverkehr unterliegt in der Tat komplexen Verwaltungsverfahren, selbst wenn die Schiffe nur zwischen EU-Häfen verkehren und die Fracht ausschließlich aus Gütern für den Binnenmarkt besteht. Daraus ergeben sich für den EU-internen Güterverkehr auf See unnötige zusätzliche Verwaltungskosten.
Eine wichtige Frage im Laufe der Diskussion war der Termin, bis zu dem in den europäischen Häfen eine elektronische Abwicklung der Formalitäten eingerichtet sein muss. Das Kompromissdatum ist der 15. Juni 2015. Wir akzeptieren, dass die Anforderungen zur Einführung eines zentralen Erfassungsfensters in der aktuellen Textfassung strenger formuliert sind als in dem allgemeinen Standpunkt des Rates. Die Kommission ist auch bereit, sich mit der Notwendigkeit eines klaren Rahmens für die Gewährung von Ausnahmegenehmigungen vom Lotsenzwang in europäischen Seehäfen zu befassen.
Die Kommission wird die Ergebnisse den anderen Institutionen mitteilen und auf der Grundlage der Erkenntnisse weitere Maßnahmen vorschlagen. Die Kommission ist auch zahlreiche andere Punkte betreffend mit dem Bericht einverstanden: die mögliche Ausweitung der Richtlinie auf die Binnenschifffahrt, die Erleichterung des innereuropäischen Seeverkehrs im Zusammenhang mit Häfen, die außerhalb der EU liegen, die Erfassung statistischer Daten und die Neuerungen betreffend die technischen Bestimmungen in der Richtlinie.
Zusammenfassend kann ich also sagen, dass die Kommission den zwischen dem Berichterstatter, Herrn Sterckx, und dem Ratsvorsitz erarbeiteten Kompromiss zustimmt. Es handelt sich um einen guten und für einen Interessenausgleich sorgenden Kompromiss auf der Grundlage der allgemeinen Grundsätze des Vorschlags der Kommission.
Luis de Grandes Pascual, im Namen der PPE-Fraktion – (ES). Herr Präsident, Herr Kallas, hierbei handelt es sich um eine Richtlinie, die sämtliche Zollformalitäten für Schiffe, die in unseren Häfen ein- bzw. aus unseren Häfen auslaufen, betrifft. Aus diesem Grund trägt die Richtlinie zur Förderung des Kurzstreckenseeverkehrs und zu einer gleichmäßigeren Verteilung des Verkehrs auf die einzelnen Verkehrsträger bei.
Das Ziel, meine Damen und Herren, ist die Reduzierung und Vereinfachung der Datenmengen und der Unterlagen und Kontrollen in Bezug auf den per Schiff abgewickelten Güterverkehr. Zurzeit müssen diese Informationen mehrfach vorgelegt und die Kontrollen mehrfach durchgeführt werden. Der Berichterstatter, Herr Sterckx, hat seine Arbeit, zu der ich ihm gratulieren möchte, intelligent und in einem offenen Dialog erledigt. Ich finde mich insbesondere als Schattenberichterstatter im abschließenden Dokument vertreten und stelle fest, dass meine Einlassungen nicht unter den Tisch gekehrt wurden. Das gesamte Verfahren hat sich beständig weiterentwickelt. Nach und nach wurden in einzelnen Punkten Einigungen erzielt, wie etwa die Annahme durch den Ausschuss für Verkehr und Fremdenverkehr und den Trilog am 7. Juni.
Zum Schluss wurde ein Konsens zwischen Parlament, Rat und Kommission erzielt. Die Einigung erstreckt sich auf einige sehr wichtige Bereiche, auf die der Berichterstatter und Kommissar Kallas bereits verwiesen haben. Meiner Meinung nach sind die in Bezug auf die Sprachenfrage, das Datum des Inkrafttretens und die zentrale Abwicklung erzielten Kompromisse ausgewogen und unterstützungswürdig. Ich denke, es wurde eine gute Lösung erzielt.
Hierzu möchte ich Herrn Sterckx herzlich gratulieren. Meiner Ansicht nach wurden die von der Kommission festgelegten Ziele uneingeschränkt erreicht. Ich finde, dass wir über die Einigung zwischen den drei Parteien bzw. den drei Institutionen sehr erfreut sein können.
Debora Serracchiani, im Namen der S&D-Fraktion. – (IT) Herr Präsident, meine Damen und Herren, ich danke dem Berichterstatter, Herrn Sterckx, für seine hervorragende Arbeit an diesem Bericht, der sich mit der Frage der Ausweitung des freien Warenverkehrs im Bereich der Schifffahrt innerhalb der Europäischen Union auseinandersetzt.
Ich stimme mit Herrn Sterckx überein, was die Zielsetzung dieser Richtlinie betrifft – sämtliche innereuropäischen Warentransporte per Schiff von unnötigen Verwaltungsformalitäten zu befreien. Wenn wir einen grenzenlosen Verkehr auf dem Seeweg erreichen wollen, müssen nicht nur die verschiedenen zuständigen Behörden gut zusammenarbeiten. Wir müssen parallel dazu auch die verschiedenen Systeme zur Vereinfachung umsetzen. Damit stellen wir die effektive Nutzung des grenzenlosen europäischen Seeverkehrsraums sicher, steigern die Attraktivität der Beförderung auf dem Seeweg und sorgen für eine optimale Nutzung dieser Verkehrsart.
Die Harmonisierung der Verwaltungsverfahren der einzelnen Mitgliedstaaten wird zu einer deutlich vereinfachten Abwicklung des Seeverkehrs zwischen den EU-Häfen führen und der Beförderung auf dem Seeweg, der zurzeit einen Anteil von 10 % an der Gesamttransportmenge hat, neuen Schwung verleihen. Zurzeit leidet der Seeverkehr noch an den geltenden Verwaltungsformalitäten. Der Einsatz elektronischer Systeme, die einen schnelleren Datenaustausch ermöglichen, sollte daher so schnell wie möglich realisiert werden.
Darüber hinaus ist die Interoperabilität eine wichtige Voraussetzung für eine echte Vereinfachung der Verwaltung. Die technische Möglichkeit zum Versenden von Informationen per E-Mail nützt nichts bzw. ist sogar kontraproduktiv, wenn die Informationssysteme aus technischen Gründen nicht kompatibel sind.
Was die Frage der Sprache anbelangt, bin ich der Auffassung, dass eine gemeinsame Arbeitssprache für den europäischen Seeverkehr sicherlich förderlich wäre. Die Kommunikation verliefe reibungsloser, und es gäbe weniger Missverständnisse und weniger verwaltungstechnische Verzögerungen.
Jean-Paul Besset, im Namen der Verts/ALE-Fraktion. – (FR) Herr Präsident, der etwas umständliche Titel des Berichts von Herrn Sterckx weist auf ein wichtiges Thema hin, das weit über die administrativen und technischen Fragen, die die Formulierung impliziert, hinausgeht. Es geht um eine wichtige politische Entscheidung, nämlich darum, die Attraktivität, die Effizienz und die Wettbewerbsfähigkeit des Seeverkehrs zu steigern. Unser Ansicht nach ist dies der Sektor der Zukunft, der aus ökologischer Sicht die beste Transportmethode darstellt.
Dank des hervorragenden Berichts von Herrn Sterckx und den Schattenberichterstattern können wir in diesem Bereich erhebliche Fortschritte erzielen. Aus unserer Sicht geht diese Richtlinie genau in die richtige Richtung: Sie wird die Harmonisierung des Sektors zur Beförderung auf dem Seeweg durch eine bessere Koordination und Vereinfachung steigern.
Wir werden bei der Abstimmung diesen Bericht rückhaltlos unterstützen, auch wenn wir ein früheres Umsetzungsdatum und mehr Entschiedenheit bei der Frage der Einführung einer gemeinsamen Sprache in diesem Bereich befürwortet hätten. Wir halten die im Rat gefundene Kompromisslösung jedoch weiterhin für annehmbar. Daher unterstützen wir diesen Bericht vorbehaltlos.
Peter van Dalen, im Namen der ECR-Fraktion. – (NL) Herr Präsident, der hervorragende Bericht meines Kollegen Sterckx ist ein wichtiger Schritt in Richtung eines gemeinsamen Markts für den europäischen Seeverkehr. Glücklicherweise wird der Austausch von Frachtdaten nun erheblich einfacher. Der Ausschuss für Verkehr und Fremdenverkehr hat jedoch einige Punkte in der Aussprache hervorgehoben. Was den Binnenschiffsverkehr anbelangt, haben wir uns darauf geeinigt, dass die Europäische Kommission einen Bericht dazu abgeben wird, ob das vereinfachte Verfahren auch auf diesen Sektor angewendet werden sollte, und ich hoffe, dass sich die Kommission dann unserer Schlussfolgerung anschließen und entsprechende Gesetzesvorschläge unterbreiten wird.
Was die Befreiung vom Lotsenzwang anbelangt, bleibt zu hoffen, dass ein gemeinsamer Rahmen geschaffen wird, da dieser Rahmen den Wettbewerb zwischen den Lotsen fairer gestalten und gleichzeitig eine hohe Qualität der Lotsendienste garantieren würde.
Wie Herr Sterckx bereits erwähnt hat, beabsichtigte der Ausschuss für Verkehr und Fremdenverkehr die Einführung einer gemeinsamen Sprache, und die Mitgliedstaaten haben eine Lösung versprochen, die die Verständlichkeit der Kommunikation für alle Beteiligten erleichtern soll. Herr Präsident, dies ist zwar vielleicht ein erster Schritt, aber er ist zu zögerlich. Solange es zu Verletzungen oder sogar zu tödlichen Unfällen kommt, weil das Personal drei oder mehr unterschiedliche Sprachen spricht und sich gegenseitig nicht versteht, werde ich dafür kämpfen, dass Englisch als gemeinsame Sprache eingeführt wird, und zwar nicht nur für die Kommunikation zwischen der See- und Binnenschifffahrt, sondern auch innerhalb der Binnenschifffahrt. Auf diese Weise gehen wir einen wichtigen Schritt in Richtung Sicherheit.
Dominique Riquet (PPE). – (FR) Herr Präsident, zuerst möchte ich Herrn Sterckx aufrichtig für seine Arbeit danken und ihm zu den Ergebnissen seiner Verhandlungen mit dem Rat beglückwünschen.
Der Text, über den wir in Plenum abstimmen werden, ist der wichtigste Schritt bei der Umsetzung eines grenzenlosen europäischen Seeverkehrsraums. Andererseits trägt die Einigung auch zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit des Seeverkehrs bei und schafft damit einen Mehrwert in Europa, der in Krisenzeiten umso willkommener ist. Darüber hinaus wird hiermit ein umweltfreundliches Transportmittel gefördert.
Der mit dem Rat ausgehandelte Kompromiss ist ehrgeizig. Er sieht nicht nur eine Vereinfachung der Verwaltungsformalitäten für ein- und auslaufende Schiffe vor, sondern bewegt sich auch in Richtung einer Harmonisierung. Der Informationsaustausch über die SafeSeaNet-Schnittstelle wird ebenfalls deutlich vereinfacht.
Im Hinblick auf das schwierige Thema der Sprache, das bereits mehrmals angesprochen wurde, halte ich den Kompromiss für eine sinnvolle Lösung. In Bezug auf diese Frage hebt Erwägung 7 Buchstabe a) die Bedeutung einer einfacheren schriftlichen wie mündlichen Kommunikation hervor, ohne eine einzelne Sprache als gemeinsame Sprache vorzuschreiben. Gleichwohl wird eine Sprache als gemeinsame Sprache vorgeschlagen. In der aktuellen Situation lässt die Position zur verbindlichen Festlegung einer gemeinsamen Sprache spezifische Besonderheiten außer Acht. In bestimmten Fällen – insbesondere, wenn diese gemeinsame Sprache nicht von allen Beteiligten gleichermaßen beherrscht wird – sind auch negative Konsequenzen nicht ausgeschlossen.
Ich begrüße den mit dem Rat erzielten Kompromiss. Da die Möglichkeit besteht, dass dieser Text bereits in der ersten Lesung angenommen wird, können wir die erforderlichen Maßnahmen dank der Beharrlichkeit von Herrn Sterckx schnell umsetzen.
Silvia-Adriana Ţicău (S&D). – (RO) Die Richtlinie zu den Berichtsformalitäten für in den Häfen der Mitgliedstaaten ein- oder auslaufende Schiffe umfassen die Vereinfachung der Zollformalitäten, die umfangreichere Nutzung des elektronischen Datenaustauschs und die Einführung von „e-maritime“-Systemen, die Schaffung eines zentralen Erfassungsfensters und vereinfachte Regelungen für Gefahrgüter. Die Umsetzung dieser Richtlinie erfordert eine gute Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen zuständigen Behörden.
Die Kommission erstattet dem Parlament gegenüber bis zum 31. Dezember 2011 Bericht über die Ausweitung der durch diese Richtlinie herbeigeführten Vereinfachungen auf den Binnenschiffsverkehr. Daher ermittelt die Kommission, in welchem Ausmaß das Flussinformationssystem mit SafeSeaNet, der zur Umsetzung dieser Richtlinie genutzten Plattform für den elektronischen Datenaustausch, kompatibel ist.
Darüber hinaus empfiehlt der Bericht in Abänderung 9 im Hinblick auf eine effektivere Kommunikation die Umsetzung von Vorschrift 14 der SOLAS-Konvention, die die Verwendung von Englisch als Arbeitssprache vorsieht.
Gesine Meissner (ALDE). - Herr Präsident! Der Kommissar sprach von einem europäischen Seeverkehrsraum ohne Grenzen. Ich glaube, den wollen wir alle, den brauchen wir auch ganz dringend, und dieser Bericht ist ein weiterer Schritt in die richtige Richtung.
Es ist tatsächlich so, dass 95 % unserer Exporte auf dem Seeweg erfolgen und 40 % des innereuropäischen Warenverkehrs über den Seeweg laufen, also auch über Häfen, und da ist es natürlich mehr als notwendig, in diesem Zukunftsbereich eine Vereinfachung, eine Harmonisierung herbeizuführen. Beides wird mit diesem Bericht auch erreicht, und darum kann man ihn gar nicht hoch genug schätzen.
Ich finde es bedauerlich, dass Dirk Sterckx nichts erreichen konnte. Zwei Punkte, die ihm sehr am Herzen lagen, die, wie man hier hören konnte, auch viele andere mittragen, sind zum einen, dass man tatsächlich auch eine Vereinfachung bei der Lotsengenehmigung erreichen sollte, weil das in der Praxis wirklich Sinn machen würde, und zum anderen, dass es keine einheitliche Sprache gibt. Ich glaube, da ist Englisch wirklich die richtige Sprache. Es kann doch nicht angehen, dass nur deswegen, weil viele Seeleute unterschiedliche Sprachen sprechen, Unfälle passieren, bei denen sogar Menschen zu Tode kommen. Es wäre viel besser, in diesem sehr umweltfreundlichen Verkehrsbereich genau wie im Flugbereich eine einheitliche Sprache zu sprechen.
Siim Kallas, Vizepräsident der Kommission. – Herr Präsident, ich möchte Ihnen allen für Ihre Anmerkungen und für Ihre einmütige Zustimmung zu diesem Vorschlag danken.
Ich bin über diesen Vorschlag sehr froh. Er bedeutet einen wichtigen Schritt nach vorn, doch vor uns liegt ein noch größerer Schritt, wenn wir uns an die Aufgabe machen, einen gemeinsamen maritimen Raum für die europäische Schifffahrt zu schaffen, nämlich Zollschranken. Hier werden wir auf deutlich mehr Schwierigkeiten stoßen.
Zurzeit sprechen wir über Formalitäten. Das ist ein wichtiger Aspekt – viel wichtiger als ein Verwaltungsproblem –, aber ich möchte Sie bitten, bei der viel komplizierteren und kontroverseren Frage der Zollformalitäten ebenso Ihre Unterstützung zu geben.
Dirk Sterckx, Berichterstatter. – (NL) Herr Präsident, ich möchte erneut allen Rednern zu diesem Thema danken für ihre freundlichen Worte. In seiner letzten Rede ist der Kommissar auf einen heiklen Punkt, nämliche die Zollfrage, eingegangen. Einer der Vorteile des von uns verfassten Berichts besteht darin, dass Zollsysteme und Schifffahrtssysteme nicht komplett losgelöst voneinander betrachtet werden können. Die Kommunikation untereinander muss gewährleistet sein. Meiner Meinung nach ist dies von entscheidender Bedeutung. Ich danke Ihnen, Herr Kommissar, daher dafür, dass Sie dieses Thema angesprochen haben. In dieser Richtlinie haben wir jedoch auch einige Forderungen an Sie, beispielsweise bei der Frage des Lotsendiensts, bei dem die Häfen als Schnittpunkte eine wichtige Rolle spielen. Die Häfen sind die Verbindungsglieder zwischen der Küstenschifffahrt und dem Transport ins Hinterland. Wir warten weiterhin auf eine Reihe von Vorschlägen der Kommission zu einer Hafenpolitik. Diese Vorschläge müssen endlich auf den Tisch gelegt werden, da die Küstenschifffahrt ohne vernünftige Häfen wenig Wert ist.
Zweitens ist eine gute Verknüpfung mit anderen Verkehrsarten eine fundamentale Voraussetzung für die Binnenschifffahrt. Das dürfen wir auf keinen Fall vergessen. Es ist offensichtlich bedauerlich, dass wir uns nicht darauf einigen konnten, Englisch als gemeinsame Kommunikationssprache festzulegen. Die heiklen Aspekte, die in vielen Mitgliedstaaten in Bezug auf dieses Problem bestehen, sind mir sehr wohl bewusst. Ich stamme aus einem Land, in dem Debatten über Sprache und ihre Verwendung beinahe an der Tagesordnung sind. Ich bin sehr stolz auf meine Sprache und verwende Sie, so oft ich kann, und ganz gewiss in diesem Turmbau zu Babel. In diesem Fall müssen wir das Thema Sprache jedoch nicht emotional, sondern rein praktisch betrachten. Diese beiden Dinge sollten wir strikt voneinander trennen. Herr Kommissar, ich hoffe, dass wir aufgrund der in die Richtlinie aufgenommenen Erwägung in dieser Frage weiter vorankommen. Ein anderer wichtiger Aspekt ist unsere Beziehung zu den internationalen maritimen Organisationen, da dort zahlreiche wichtige Vereinbarungen mit Allgemeingültigkeit für den gesamten Sektor der Seeschifffahrt geschlossen werden. Das Problem der Sprache verdeckt das Problem der Gefährdung von Menschen. Eine bzw. einer der Abgeordneten hat dies bereits angesprochen. Die Frage, für welche Sprache wir uns entscheiden, ist zwar von großer Bedeutung, aber die Personen, die diese Sprache nutzen, sind von noch viel größerer Bedeutung für die Entwicklung eines funktionierenden, sicheren und effizienten Seeschifffahrtssektors, der zahlreichen Umweltanforderungen genügt.
Herr Kommissar, ich wünsche Ihnen bei der abschließenden Bearbeitung der in Artikel 11 Buchstabe a) dieser Richtlinie dargelegten Punkte viel Mut und Kraft, damit wir zügig zu einem Abschluss kommen.
Der Präsident. – Die Aussprache wird geschlossen.
Die Abstimmung findet morgen statt (Dienstag, 6. Juli).
VORSITZ: Edward McMILLAN-SCOTT Vizepräsident
18. Eine nachhaltige Zukunft für den Verkehr (Aussprache)
Der Präsident. – Der nächste Punkt auf der Tagesordnung ist der Bericht über eine nachhaltige Zukunft für den Verkehr (2009/2096(INI)) (A7-0189/2010) von Herrn Mathieu Grosch im Namen des Ausschusses für Verkehr und Fremdenverkehr.
Mathieu Grosch, Berichterstatter. − Herr Präsident, Herr Kommissar, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Dieser Initiativbericht hat Anlass gegeben zu sehr vielen interessanten Diskussionen und Austausch mit den Kollegen und auch zu einer relativ großen Anzahl von Änderungsvorschlägen – 376 an der Zahl –, die wir in ungefähr 34 Kompromissen zusammenfassen konnten. Wenn das gelungen ist, dann ist es der guten Zusammenarbeit mit den Schattenberichterstattern zu verdanken, den Autoren dieser Änderungsvorschläge, aber es hat auch damit zu tun, dass wir im Ausschuss für Verkehr und Fremdenverkehr der Meinung waren, dass wir mit diesem Dokument ein klares Zeichen in Richtung Rat und in Richtung Kommission setzen wollten, um die Orientierungen festzulegen, und dass dies auch für die Kommission eine interessante Grundlage darstellen müsste für die Erstellung des Weißbuches, das wir noch im Jahr 2010 erwarten.
Ein Hauptaspekt ist, rein wirtschaftlich bedingt, dass alle Transportarten morgen erforderlich sein werden, um eine Antwort auf die Frage der Mobilität zu geben, ob es sich nun um Personentransport oder um Güterverkehr handelt. Die effiziente Ko-Modalität hat natürlich diesen Aspekt der Wirtschaftlichkeit, aber auch den Aspekt, dass Effizienz nach den Kriterien der Umwelt, des Sozialen und auch der Sicherheit zu bewerten ist. Das bedeutet, dass wir morgen im Transport eine Ko-Modalität haben wollen, die den vier Standbeinen des Transports Rechnung trägt.
Die Vollendung des Binnenmarktes ist für uns ein wichtiger Aspekt – nicht nur, dass wir der Liberalisierung großen Wert beimessen, wir müssen diese Liberalisierung auch zusammen überprüfen. Wir müssen aber auch überprüfen, wie die Mitgliedstaaten das, was sie bereits vor fünf oder zehn Jahren verabschiedet haben, selbst umgesetzt haben. Da ist unter anderem der Bahnverkehr ein sehr gutes Beispiel, wie schlecht und zögernd dies gemacht wird.
Sehr nah beim Bürger ist das Thema Sicherheit oder Rechte der Passagiere. Wir haben es schon bei früheren Debatten gesehen, wir haben es in dieser Debatte auch gesehen: Sicherheit wird ein Kernbegriff bei allen Transportarten sein, und wir wollen auch hier die Ziele festlegen. Wir erwarten ein Programm für die nächsten fünf Jahre mit klaren Zielsetzungen, denn über 40 000 Tote auf der Straße und über 300 000 Verletzte sind weiterhin übertrieben hoch, und wir können diese Zahlen senken, wenn der Wille, gewisse Vorschläge umzusetzen, in den Mitgliedstaaten vorhanden ist.
Europäische Agenturen – wir würden es einfach ausdrücken – sind für uns die Zukunft als europäischer Regulator. Das bedeutet aber auch, dass bestimmte Staaten in bestimmten Bereichen, unter anderem auch im Bereich der Sicherheit, einfach einmal ihre nationale Autonomie abgeben und an eine zentralere Struktur abtreten, damit diese Unterschiede, die an den Grenzen aufkommen, abgebaut werden.
Selbstverständlich ist CO2-Reduzierung ein weiterer wichtiger Bestandteil dieses Berichtes – der Straßentransport mit fast 70 %, aber auch der Transport insgesamt, wo die Anteile in den letzten Jahren gestiegen sind. Die 27 %, die wir als letzte Zahl hatten, ist eine Zahl, die nicht geringer geworden ist. Also müssen und können wir Anstrengungen machen, und deshalb haben wir auch dort klare Ziele festgelegt, nicht nur für den Straßentransport, sondern auch für den Flugverkehr. Wir sind der Meinung, dass wir mit einer klaren Strategie in den nächsten zehn Jahren ca. 20 % des CO2-Ausstoßes abbauen können.
Dass die Städte eine Herausforderung darstellen, ist klar. Wir erwarten 80 % der Bevölkerung in den Städten und eine dementsprechende Mobilität. So sind dann auch diese Ziele festgelegt. Und ein letzter Punkt ist, dass sich der Transport hervorragend in die Strategie 2020 einreihen kann, weil Forschung für Europa und im Transport einen wichtigen Aspekt darstellt, den wir unterstützen können, weil er den Menschen nicht nur wirtschaftlich, nicht nur im Hinblick auf Effizienz, sondern auch im Bereich der Sicherheit helfen kann, und somit reihen sich hoffentlich der Transport und die Mobilität etwas stärker in die gesamte europäische Politik ein, als es leider Gottes in der Vergangenheit oft der Fall war.
Ich danke Ihnen auf jeden Fall für die sehr konstruktive Zusammenarbeit, die ich bei diesem Bericht quer durch alle Fraktionen und bei allen Mitgliedern gefunden habe.
(Beifall)
Siim Kallas, Vizepräsident der Kommission. – Herr Präsident, ich möchte dem Berichterstatter, Herrn Grosch, sowie dem gesamten Ausschuss für Verkehr und Fremdenverkehr meinen Glückwunsch zu einem qualitativ sehr hochwertigen Bericht aussprechen. Der Text ist außerordentlich konstruktiv und sehr ausgewogen. Sein Inhalt kann sich auf eine breite Zustimmung stützen.
Einen bestimmten Punkt, auf den der Bericht und die gesamte Arbeit dieses Ausschusses hindeuten, möchte ich hervorheben. Der Verkehrssektor ist in vielerlei Hinsicht von entscheidender Bedeutung: für die Wettbewerbsfähigkeit, die Umwelt und für die soziale und territoriale Kohäsion. Dieser Politikbereich ist es wert, dass wir unsere Anstrengungen und unsere Aufmerksamkeit gezielt darauf richten. Glücklicherweise haben wir es geschafft, dem Verkehr einen bedeutenden Platz in der Strategie EU 2020 der Kommission zuzuweisen.
Weiterhin bin ich froh, festzustellen, dass der von der Kommission in ihrer Mitteilung „Eine nachhaltige Zukunft für den Verkehr“ vorgeschlagene Ansatz mehrheitlich den Nerv des Parlaments trifft. Die Forderungen nach effizienter Ko-Modalität und die Vollendung des Binnenmarktes entsprechen voll und ganz unseren Zielen, einen einheitlichen europäischen Verkehrsraum mit nahtlos integrierten Verkehrsträgern und ohne Hindernisse für offene und effiziente Märkte zu schaffen.
Meiner Ansicht nach können die Bemühungen, den Bürgerinnen und Bürgern sowie den Unternehmen bessere Mobilitätslösungen anzubieten, mit einem Verkehrssystem einhergehen, dessen CO2-Ausstoß geringer ist und das unserer Verkehrsindustrie ihre Spitzenposition sowohl in der Logistik als auch bei den Verkehrsmitteln sichern helfen würde. Dies kann durch die Sichtweise auf den Verkehr als ein integriertes System, in dem Infrastruktur, Verkehrstechnik und öffentlich-rechtliche Regelungen effektiv zusammenwirken, erreicht werden.
Was die Infrastruktur angeht, ist die Konzentration auf ein multimodales Kernnetz als das Rückgrat eines gesamteuropäischen Verkehrsnetzes geplant. Bei den intelligenten Verkehrssystemen sind wir uns darüber einig, dass das Verkehrsmanagement sowie auch die Ticketing Tools schrittweise multimodal ausgestaltet werden sollten.
Bezüglich der öffentlich-rechtlichen Regelungen stimme ich zu, dass wir die Öffnung der Verkehrsmärkte zu vollenden haben, eine vernünftigere Preisgestaltung unter Abbildung sämtlicher Kosten, einschließlich der externen Effekte, einführen und alle Hindernisse im Zusammenhang mit der Interoperabilität, den technischen Normen, den Dokumenten in Papierform in mehrfacher Ausfertigung, etc. beseitigen müssen.
Ein besonderes Anliegen ist mir auch die Sicht der Bürgerinnen und Bürger. Wir müssen für mehr Sicherheit und einheitliche Fahrgastrechte sorgen, was der Nutzung des kollektiven Verkehrs einen Vorschub leisten wird. Auch bei der Sicherheit auf unseren Straßen müssen wir uns hoch gesteckte Ziele setzen.
Schließlich räumen wir ein, dass wir innovative Denkanstöße benötigen, um die persönliche Mobilität zu bewahren und gleichzeitig den CO2 -Ausstoß zu verringern. Die Kommission unterstützt die Entwicklung neuer Fahrzeugtypen durch eine Finanzierung der Forschung und die Festlegung von Normen. Hier werden jedoch auch die nationalen und lokalen Behörden in hohem Maße in die Verantwortung genommen, etwa, indem sie sicherstellen, dass durch die Bodennutzungsplanung Staus und unnötige Wege vermieden werden.
Vor dem Hintergrund eines weltweiten Konjunkturabschwungs ist die Finanzierung der Verkehrsinfrastruktur ein besonders sensibler Punkt. Derzeit werden von uns verschiedene Ansätze geprüft. Vielleicht wird es einen Fonds für einen einheitlichen europäischen Verkehrsraum geben, aber die Kommission wird mit Sicherheit darauf bestehen, mehrere EU-Finanzierungsinstrumente zu einem stimmigen Finanzierungsrahmen zusammenzuführen.
Ich danke Herrn Grosch noch einmal für seinen Bericht und kann dabei nur versichern, dass dieser bei der Vorbereitung unseres Weißbuchs über die Zukunft nachhaltigen Verkehrs angemessene Berücksichtigung finden wird.
Jo Leinen, Verfasser der Stellungnahme des mitberatenden Ausschusses für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit. − Herr Präsident, Herr Kommissar, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Verkehrspolitik hat große Bedeutung für den Schutz der Umwelt, aber auch für den Schutz der Gesundheit der Menschen. Es ist gut, dass eine Strategie der Europäischen Union bis 2020 aufgestellt wird, um die vielen Defizite zu korrigieren, die bei der heutigen Verkehrssituation zu beklagen sind.
Wir brauchen eine erhebliche Verbesserung der Umweltfreundlichkeit des Straßenverkehrs. Wir brauchen hier wirkliche Innovationen zur Reduzierung der CO2-Emissionen, aber auch der Stickoxide und des Feinstaubs. Wir müssen auch den Luft- und den Seeverkehr stärker in die Umweltstrategie einbeziehen. Gerade beim Seeverkehr ist der Schwefelausstoß und der Stickoxidausstoß am Steigen, und da müssen Verbesserungen kommen.
Auch die Zunahme von Lärm bei den Verkehrsträgern ist eine Plage für Millionen Menschen, die die Lebensqualität beeinträchtigt. Beim Autoverkehr, aber auch bei Zügen und Flugzeugen ist wirklich an Verbesserungen zu arbeiten.
Ich will noch die Internalisierung der externen Kosten erwähnen. Firmenwagen sind privilegiert, der Flugverkehr bezahlt keine Kerosinsteuer, wir haben da also noch viel zu tun, und ich beglückwünsche Herrn Grosch zu einem wunderbaren Bericht.
Antonio Cancian, Verfasser der Stellungnahme des Ausschusses für Industrie, Forschung und Energie. – (IT) Herr Präsident, meine Damen und Herren, meiner Meinung nach ist zunächst die ausgezeichnete Arbeit von Herrn Grosch im Hinblick auf den einstimmig von dem Ausschuss angenommenen Bericht ausdrücklich hervorzuheben. Meine ehrliche Hochachtung und herzlichen Glückwunsche gehen an ihn.
Ich halte den Text für wichtig. Er stellt einen wichtigen Schritt in Bezug auf unsere Weichenstellung für die Zukunft dar: Dabei geht es nämlich um die anspruchsvolle Aufgabe, Leitlinien für eine nachhaltige Verkehrsentwicklung aufzustellen. Natürlich ist dies ein sehr breitgefächertes Thema und als Verfasser der Stellungnahme des Ausschusses für Industrie, Forschung und Industrie war ich in der Lage, einen Beitrag zu der Ausgestaltung dieses Textes zu leisten.
Das Konzept der Nachhaltigkeit hat eine ökologische, wirtschaftliche, soziale und generationsübergreifende Dimension: Die Leistung dieses Textes besteht meiner Ansicht nach darin, all diese Aspekte zu berücksichtigen und eine Reihe von Prioritäten zu setzen, die zur Entwicklung des Verkehrssektors, zur Verbesserung und umfassenden Nutzung intelligenter Verkehrssysteme verfügt werden sollten, um einen optimalen Brückenschlag zwischen den Verkehrsmitteln, der Infrastruktur und den Fahrzeugführern zu erzielen.
Indem wir jedoch die Weichen, wie von Herrn Grosch vorhin beschrieben, stellen, müssen wir auch berücksichtigen – Herr Kommissar –, dass wir uns in einer äußerst kritischen Phase befinden und als Europäische Union unser gesamtes Gewicht in die Waagschale werfen müssen, um diese Strukturen bzw. Teile davon Wirklichkeit werden zu lassen.
Da Sie das ebenfalls heute zur Sprache gebracht haben, möchte ich Sie nunmehr bitten, auch angesichts des zeitlichen Rahmens auf einer Straffung sämtlicher verfügbaren Mittel zu bestehen und zu versuchen, diese in einem letztendlich darauf abzielenden Paket zusammenzufassen, einige der wichtigen und seit einiger Zeit geplanten Strukturen, die aktuell für Europa 2020 wieder geprüft werden, umzusetzen. Wir sollten, wie ich finde, in den Mitgliedstaaten einige deutliche Signale setzen.
Mein Dank geht noch einmal an unseren Koordinator und Kollegen Herrn Grosch.
Seán Kelly, Verfasser der Stellungnahme des Ausschusses für regionale Entwicklung. – (GA) Herr Präsident, Herrn Grosch gebührt hohe Anerkennung für den uns vorliegenden Bericht. Ich hoffe, die Empfehlungen können von uns allgemein angenommen werden.
Verfasser der Stellungnahme des Ausschusses für regionale Entwicklung. – In der Strategie 2020 ist sehr viel von Verkehr und Austausch die Rede – Personenverkehr, Warenverkehr, Austausch von Ideen und natürlich auch von Konzepten wie „Youth/Adults on the move“, insbesondere Tourismus, mit Mobilitätslösungen für Ältere – und natürlich der Vollendung des Binnenmarktes. All dies bedeutet, dass wir ein nachhaltiges Verkehrssystem benötigen und das wurde von Herrn Grosch insbesondere in Bezug auf Flughäfen, Konzepte wie Meeresautobahnen – die eine hervorragende Entwicklung darstellen – und auch den Eisenbahnanschluss, der es den Menschen ermöglicht, vollkommen ungehindert von einem Land in ein anderes zu reisen, angesprochen.
Das Ziel einer Verminderung der Emissionen ist ebenfalls zu begrüßen. Siebenundzwanzig Prozent des CO2-Ausstoßes sind dem Verkehr zuzuschreiben; diese Zahl ist um mindestens 20% zu reduzieren. Und natürlich geht es um die Verringerung der Zahl der Unfalltoten im Straßenverkehr – durchschnittlich 40 000 pro Jahr sowie 300 000 Verletzte. Das sind enorm hohe Zahlen und eine Verringerung um 40% in diesem Bereich würde einen großen Fortschritt darstellen.
Wir im Ausschuss für regionale Entwicklung haben nur einen Vorbehalt, und das ist der Vorschlag, einen umfassenden Verkehrsfonds zu schaffen, in den bis zu 60 % des Kohäsionsfonds fließen könnten. Diesem Punkt kann der Ausschuss für regionale Entwicklung nicht zustimmen. Meiner Ansicht nach brauchen wir hier weitere Gespräche und einen Dialog, denn der Kohäsionsfonds deckt weitaus mehr Bereiche als den Verkehr ab, und ich hoffe, dass wir eine Einigung erzielen können.
Verfasser der Stellungnahme des Ausschusses für regionale Entwicklung. – (GA) Und wenn wir hier erfolgreich sind und das Problem lösen, werden wir uns sehr glücklich schätzen können.
Marian-Jean Marinescu, im Namen der PPE-Fraktion. – (RO) Der Verkehr ist ein sehr wichtiger Teilbereich der Wirtschaft der Europäischen Union. Leider findet dieser Sektor in der Strategie 2020 der EU nur in geringem Maße Erwähnung, obwohl er einen zugkräftigen Beschäftigungsmotor darstellt und nachhaltiges Wirtschaftswachstum aufweist.
Der von Mathieu Grosch erstellte Bericht beinhaltet mutige Ideen und nützliche Ansätze für eine Aufwertung des Sektors in der aktuellen Situation. Von den sich in allen Verkehrsbereichen öffnenden Märkten werden am meisten die Bürgerinnen und Bürger Europas profitieren.
Die Kommission und die Mitgliedstaaten müssen ihre langfristigen Investitionspläne neu bewerten, insbesondere im Eisenbahnsektor, um beispielsweise Interoperabilität zu erreichen, ein Gesichtspunkt, der meiner Ansicht nach in der nahen Zukunft eine Priorität für die Europäische Union darstellt. Die Mitgliedstaaten und die Kommission müssen kontinuierliche Anstrengungen für eine Nutzung und Ausweitung des ERTMS, der Rail Net Europe und europäischen Schienengüterverkehrskorridore unternehmen, welche ausnahmslos Großprojekte darstellen und einer Harmonisierung bzw. zusätzlicher Mittel bedürfen.
Mehr Intermodalität ist eine wirksame Maßnahme zur Verringerung von Verkehrsstaus und Kohlendioxidemissionen. Es müssen sämtliche Mittel eingesetzt werden, um den nachhaltigen Verkehr, insbesondere auf der Schiene, auf Binnenwasserstrassen und im Seeverkehr zu fördern.
Der Verkehr entlang den Binnenwasserstrassen ist immer noch nicht durchgängig. Daher muss die Zusammenarbeit zwischen den betroffenen Institutionen aller Staaten, in denen diese Beförderungsart möglich ist, gestärkt werden. Hier bietet die Europäische Union ein großes, bisher ungenutztes Potenzial, insbesondere entlang der Rhein-Main-Donau-Wasserstrasse. In der zukünftigen Strategie für die Donau muss dieser Aspekt berücksichtigt werden.
Es ist erforderlich, dass die Entwicklung und Ausweitung intelligenter Beförderungsarten auf breiter Ebene stattfindet. Die Europäische Kommission muss besondere Finanzmittel innerhalb dieses Forschungsbereichs, der einen Schwerpunktbereich in der Strategie Europa 2020 darstellt, in die verstärkte Anwendbarkeit intelligenter und sauberer Technologien in allen Verkehrsbereichen leiten.
Saïd El Khadraoui, im Namen der S&D-Fraktion. – (NL) Herr Präsident, Herr Kommissar, meine Damen und Herren, diese Aussprache ist wichtig, denn sie betrifft die Zukunft eines Sektors, mit dem fast, wenn nicht gar alle unserer Bürgerinnen und Bürger tagtäglich in Berührung kommen und der darüber hinaus Millionen von Menschen in ganz Europa in Lohn und Brot hält und sie vor besonders große Herausforderungen stellt. Ich stimme meinen vielen Kollegen zu, deren Ansicht nach der Berichterstatter ausgezeichnete Arbeit geleistet hat und nun (natürlich zusammen mit den Schattenberichterstattern) einen ausgezeichneten Bericht vorlegen kann. Dies vorausgeschickt, möchte ich allerdings auch meine Kollegin, Magdalena Álvarez, die uns am Ende dieser Woche verlassen wird und angesichts dessen der vorliegende Bericht mehr oder weniger der Letzte ist, zu dem sie ihren Beitrag leisten kann, nicht unerwähnt lassen. Vielen Dank also Ihnen allen für Ihre exzellente Arbeit. Die Kommission hat in diesem Bericht einige ausgezeichnete Empfehlungen für das im weiteren Verlauf des Jahres fällige Weißbuch vorgelegt. Sicherlich wünsche ich mir, dass dies lieber heute als morgen fertig gestellt sein wird, also besser im Oktober/November als im Dezember oder gar Januar 2011, denn wir benötigen dieses Weißbuch, um die Arbeit in Angriff zu nehmen.
Die größte und zweifelsohne schwierigste Herausforderung wird darin bestehen, ein nachhaltigeres und effizienteres Verkehrssystem auf die Beine zu stellen. Wunderlösungen gibt es nicht. Wenn wir ein emissionsarmes Verkehrssystem wollen, müssen wir uns einer Fülle von Maßnahmen bedienen: Wir müssen in die Forschung und Entwicklung investieren, neue Technologien in die Praxis einführen, Emissionsnormen festlegen und die Internalisierung externer Kosten durch Preismechanismen sicherstellen. Wir sollten auch zusätzliche Investitionen fördern, und so weiter und so fort. Meiner Ansicht nach ist der entscheidende Punkt hier, die effizientesten Beförderungsarten einzusetzen und unsere vorhandene Infrastruktur aus umwelttechnischer und wirtschaftlicher Sicht bestmöglich zu nutzen. Dies wird in vielen Fällen eine Kombination von Beförderungsarten erfordern und daher müssen wir den intermodalen Verkehr durch eine Verbesserung der Interoperabilität nicht nur zwischen den verschiedenen, sondern auch innerhalb der einzelnen Beförderungsarten fördern. Denken Sie nur an den Eisenbahnverkehr, wo noch eine Menge Arbeit auf uns wartet.
Darüber hinaus stehen selbstverständlich noch viele andere Überlegungen an. Der Verkehr umfasst einen sehr großen Bereich. Wir könnten lang und breit über Verkehrslösungen für Personengruppen reden, die wir als besonders wichtig erachten. Damit meine ich Fahrgastrechte und die sozialen Aspekte des Verkehrs. Besonders wichtig ist, dass wir uns jetzt um die Frage der Finanzierung neuer Investitionen kümmern. Hier müssen wir wirklich die notwendige Kreativität unter Beweis stellen, um in dieser schwierigen Haushaltslage zusätzliche Mittel ausfindig zu machen. Abschließend möchte ich sagen, dass wir im Bereich Verkehr wirklich in jeder Hinsicht quantifizierbare Ziele festlegen müssen, und ich möchte die Kommission bitten, dies in dem Weißbuch zu thematisieren: Wir benötigen genaue, quantifizierbare Ziele und zeitliche Vorgaben, um zu wissen, wie wir das alles umsetzen können.
Nathalie Griesbeck, im Namen der ALDE-Fraktion. – (FR) Herr Präsident, Herr Kommissar, meine Damen und Herren, auch ich möchte dem Berichterstatter, Herrn Grosch, herzlich für seinen ausgezeichneten Bericht und insbesondere für unsere ausgezeichneten, zuvorkommenden und erfolgreichen Arbeitsbeziehungen danken. Unsere Fraktion ist mit den Zielen des Berichts und den darin aufgestellten Grundsätzen sehr zufrieden. Ich möchte nicht wieder in die langwierigen und tiefschürfenden Diskussionen über die Themen Ko-Modalität, Koordinierung, Vollendung des Binnenmarktes, Reduzierung des Kohlenstoffausstoßes und weitere Punkte, sowie die Debatte über die Sicherheit, den Unterschied zwischen Gefahrenabwehr und Sicherheit, die Bedeutung von Sanktionen – insbesondere grenzüberschreitende Sanktionen – einsteigen, die sowohl grundlegende Ziele für die zukünftige europäische Verkehrspolitik darstellen und auch mit unseren Wünschen übereinstimmen.
Trotzdem stellt dieser Bericht keine umfassende Themenliste dar – und diese Tatsache sollten wir begrüßen –, da Herr Grosch und seine Kolleginnen und Kollegen übereingekommen sind, sich auf sowohl quantifizierbare als auch anspruchsvolle Ziele zu konzentrieren. Darüber hinaus, und darauf möchte ich hinweisen, liegt uns hier nicht nur ein Bericht, sondern eine echte Strategie vor. Es ist daher sehr wichtig für dieses Parlament, den Bericht ebenso wie im Ausschuss mit einer sehr großen Mehrheit anzunehmen, damit wir unsere Schwerpunkte betreffend diese wichtige Angelegenheit, nämlich den Verkehr, definitiv festlegen können, anstatt uns Ihnen gegenüber, Herr Kommissar, in einer Machtposition zu befinden. Denn wie uns Herr Grosch ja noch einmal vor Augen geführt hat, bildet er die Grundlage für das anstehende Weißbuch, was uns hoffentlich sehr bald vorliegen wird.
Tatsächlich stellt dies die Gelegenheit dar, eine integrierte und sektorübergreifende, umfassende Politik auszuarbeiten, um aktuellen und zukünftigen Herausforderungen zu begegnen und eine solide Grundlage für eine echte Verkehrspolitik in Europa zu schaffen, damit diese zu einem wichtigen Politikbereich der EU wird. Ich möchte Sie daran erinnern, dass 10 % des Wohlstands in der EU von dem Verkehr in Europa abhängen und mehr als 10 Millionen Menschen direkt oder indirekt in diesem Bereich beschäftigt sind.
Ich möchte gerne zwei Konzepte vorschlagen: Das Erste liegt mir sehr am Herzen und beinhaltet eine Betrachtung der Auswirkungen jeder einzelnen Beförderungsart auf die Umwelt insgesamt. Das heißt nicht, dass ich bestimmten Beförderungsarten gegenüber anderen den Vorzug geben möchte. Ich möchte jedoch Zugang zu weiteren Informationen hinsichtlich der Umweltauswirkungen haben und bitte die Europäische Investitionsbank, ihre Investitionen auf Verkehrsunternehmen mit ökologischeren Produktionsweisen zu konzentrieren.
Michael Cramer, im Namen der Verts/ALE-Fraktion. – Herr Präsident, Herr Kommissar, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Mobilität muss sich ändern, um den Klimawandel zu stoppen. Der Verkehr ist für 30 % der CO2-Emissionen in der EU verantwortlich, und im Gegensatz zur Industrie oder bei der Wärmedämmung der Häuser, wo wir seit 1990 eine Reduktion um 10 % erreicht haben, sind sie im Verkehr um 35 % gestiegen. Der Verkehr frisst all das auf, was mit Milliarden unserer Steuergelder in anderen Sektoren erreicht wurde.
Der Verkehr ist zu billig, nur der umweltfreundliche ist zu teuer. Das ist politisch gewollt, aber das muss sich ändern, wenn wir beim Verkehr in die Zukunft schauen. Hier ist der Wettbewerb unfair. Es gibt eine verbindliche, in der Höhe unbegrenzte Schienenmaut für jeden Streckenkilometer, auf der Straße hingegen ist die Mauterhebung freiwillig und in der Höhe gedeckelt. Der Klimakiller Flugverkehr wird jedes Jahr mit etwa 30 Milliarden Euro subventioniert. Also wenn es an Geld fehlt, hier kann man anpacken.
Die Kofinanzierung der EU fördert ebenfalls den umweltschädlichen Verkehr. 60 % gehen in die Straße und nur 20 % in die Schiene, und 0,9 % in den Fahrradverkehr. Das muss sich ändern und deshalb fordern wir Grünen: mindestens 40 % in die umweltfreundliche Schiene, höchstens 20 % in die Straße und mindestens 15 % in den Fuß- und Radverkehr.
Wir begrüßen und unterstützen, dass auch der Berichterstatter bis 2020 für den Flug- und den Straßenverkehr eine Reduktion um 20 % im Vergleich zu 1990 erreichen will. Herzlichen Glückwunsch zu Ihrem Bericht und vielen Dank! Wir Grünen wollen aber für den gesamten Verkehr eine Reduktion um 30 %. Nur so kann der Klimawandel gestoppt und unseren Kindern und Kindeskindern eine Lebensperspektive auf diesem Planeten geboten werden. Dafür müssen wir uns alle einsetzen.
Oldřich Vlasák, im Namen der ECR-Fraktion. – (CS) Eine der wichtigsten Fragen, mit denen wir uns im Bereich Verkehr beschäftigen müssen, ist die des städtischen Verkehrs. Schon heute leben mehr als 70 % der Europäer in Städten und 2050 werden es fast 85 % sein. Darüber hinaus sind die Städte ein wichtiger und wesentlicher Bestandteil der Verkehrsnetze, da sie die Verkehrsknotenpunkte darstellen, wo verschiedene Verkehrsarten aufeinander treffen. Reisen beginnen und enden üblicherweise in Städten. Aus diesen Gründen ist es nur angemessen, das Hauptaugenmerk auf die Städte zu richten.
Falls sich unsere Gewohnheiten und Denkansätze nicht ändern, werden die zunehmende Urbanisierung und der steigende Anteil der Stadtbevölkerung zu häufigeren Verkehrsstaus und größeren Umweltproblemen führen. Also müssen wir die unterschiedlichen Beförderungsarten in den Städten besser miteinander verknüpfen und dazu zählt auch das öffentliche Verkehrswesen. Wir müssen die Einrichtung funktionierender Stadtregionen, in die sowohl europäische als auch nationale Mittel einfließen, ermöglichen. Hier ist die Wahl eines integrierten Ansatzes, die Konzentration auf das Ganze und nicht nur Einzelmaßnahmen, wie der Bau einer neuen Brücke, der Ausbau einer Straße oder Hilfen für Parkplätze, erforderlich.
Die treibende Kraft hinter der Verkehrsentwicklung in den Städten müssen neue Technologien sein. Diese Technologien liefern den Stadtbewohnern genauere Informationen, erhöhen die Produktivität von Verkehrsunternehmen und die Lebensqualität der Einwohner. Sie können Verkehrsstaus reduzieren und so den Benzinverbrauch sowie die CO2-Emissionen senken. In Stockholm hat beispielsweise die Einführung eines intelligenten Gebührensystems die Verkehrslast und den CO2-Ausstoß erheblich verringert. Durch eine Gebühr auf Fahrten ins Stadtzentrum wurde das Londoner Straßenverkehrsaufkommen auf das Niveau von 1980 gesenkt. All dies erfordert ein in angemessener Weise ausgebautes, erreichbares, öffentliches Verkehrswesen. Diesen Weg müssen wir gehen.
Georgios Toussas, im Namen der GUE/NGL-Fraktion. – (EL) Herr Präsident, dieser Bericht unterstützt und treibt die Verkehrspolitik der Europäischen Union voran, die sich nur einem Ziel unterordnet: den Wettbewerb zu erhöhen und die Gewinne von Monopolgruppen in den Bereichen Land-, Luft- und Seeverkehr sowie deren Beitrag zu den Gesamtstrategieplänen des Kapitals in der Europäische Union zur Gewinnsteigerung, zu sichern – d.h. zu maximieren.
Das Kapital bedient sich des Klimawandels zum Aufspüren gewinnträchtiger Auswege in neue Geschäftsbereiche. Einzig die Großunternehmen werden von dieser Entwicklung profitieren, während die Arbeitnehmer stattdessen eine rasant nach oben schnellende Arbeitslosigkeit, die Zerschlagung ihrer Arbeits- und Lohnrechte und noch höhere von ihnen zu tragende Kosten für den Verkehr erleben werden.
Die Entwicklungen in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union bestätigen unsere Lesart voll und ganz: Abwertung des öffentlichen Verkehrssystems, um es leichter an Geschäftsleute veräußern zu können, die dann gewinnbringende Marktanteile mit fertigen Infrastrukturen erwerben, für welche die Arbeitnehmer Unsummen gezahlt haben – ein typisches Beispiel hierfür ist der Verkauf des Bahnbetriebs Hellenic Railways, vergleichbar mit dem Verkauf der Olympic Airways in der Vergangenheit und ähnlichen Plänen der PASOK-Regierung für den städtischen Nahverkehr.
Die Liberalisierung des Verkehrs, des Fracht- und Fahrgastverkehrs bzw. der anderen Verkehrsarten hat katastrophale Folgen für die Arbeitnehmer gehabt: höhere Unfallzahlen, negative Auswirkungen auf das Gesundheitswesen und milliardenschwere Subventionspakete für die Monopolgruppen.
Derzeit sind Seemänner und Arbeitnehmer sowie Inselbewohner von den Folgen der Abschaffung der Kabotage laut Verordnung (EWG) Nr. 3577/92 betroffen. Die Monopolschifffahrtsgruppen, die an den Küsten Fahrgast- und Autofähren, Kreuzfahrtschiffe und generell alle Schiffe, die nach einem Fahrplan fahren, betreiben – und dies ist ein sehr wichtiger Punkt – entscheiden sich dafür, ihre Schiffe unter Billigflaggen von Mitgliedstaaten der Europäischen Union und Drittländern registrieren zu lassen, weil sie so billigere Arbeitskräfte anheuern und ihre Gewinne erhöhen können.
Gleichzeitig lassen Reedereibesitzer ihre Schiffe in asiatischen Werften bauen. Die Ausbeutung der Arbeitnehmer verursacht große Spannungen und den Abbau ihrer Arbeits- und Versicherungsrechte. Durch Arbeitslosigkeit verlieren tausende von Arbeitnehmern den Boden unter den Füßen. So können billigere Arbeitskräfte ohne erworbene Lohnansprüche ausgewählt werden. Die Fahrpreise sind in astronomischer Weise gestiegen, während die Risiken die Fahrgastsicherheit betreffend durch die sinkenden Leistungsstandards und die völlig fehlende Kontrolle oder Überwachung von kostspieligen Sicherheitsmaßnahmen zugenommen haben.
Die Arbeiterbewegung, die Basisbewegung stellt sich dagegen und kämpft gegen die zutiefst anti-basisdemokratische Politik der Europäischen Union, indem sie einen gemeinschaftlichen Betreiber öffentlicher Verkehrsmittel fordert, der sowohl den sozialen als auch den basisdemokratischen Bedürfnissen gerecht wird.
Jaroslav Paška, im Namen der EFD-Fraktion. – (SK) Der hier zur Aussprache stehende Bericht über eine nachhaltige Zukunft für den Verkehr beschreibt die aktuellen grundlegenden Probleme des Verkehrssektors und zeigt politische Ideen und Empfehlungen auf, wie diese Probleme möglicherweise am besten zu lösen sind.
Wir alle sind uns darüber einig, dass ein effizienter und gut organisierter Verkehr das Leben in der Gesellschaft aufrechterhält und dazu beiträgt, die Wirtschaftsleistung anzukurbeln. Somit besteht ein echter Bedarf an einer zielgerichteten Verbesserung der Qualität und Effizienz sämtlicher Beförderungsarten, einschließlich des Straßen-, Eisenbahn-, Binnenschiffs-, See- und Luftverkehrs, und zwar unter Berücksichtigung der wesentlichen Grundsätze des Umweltschutzes.
Der ständig wachsende Bedarf und die Überlastung des Straßenverkehrs in Stadtgebieten zeichnet verantwortlich für bis zu 40 % CO2 und bis zu 70 % anderer schädlicher Emissionen von Kraftfahrzeugen. Die wirksame Förderung CO2-emissionsarmer Technologien im Verkehr stellt daher einen selbstredenden Schritt in Richtung einer besonderen Berücksichtigung des Umweltschutzes dar.
Die Entwicklung von Elektrofahrzeugen erfordert jedoch einen schnellen Vorstoß bei den grundlegenden Maßnahmen normativer Art und Rechtsvorschriften, was der großflächigen Nutzung von Strom im Verkehr dann mit Sicherheit den Weg bereiten würde. Meiner Ansicht nach, Herr Kommissar, stellen wir alle hier ganz zu Recht gewaltige Mängel in der Arbeit der Europäischen Union fest, die in diesem Bereich nicht Schritt mit den aktuellen Anforderungen hält, während japanische Firmen Elektrofahrzeuge entwickeln und intensiv an der Normierung und Vereinheitlichung von Regelungen in diesem Bereich arbeiten.
Laurence J.A.J. Stassen (NI). – (NL) Herr Präsident, der vorliegende Bericht über eine nachhaltige Zukunft für den Verkehr befasst sich mit der Bedeutung des Verkehrssektors für die europäische Wirtschaft und die Vollendung des Binnenmarktes. Auf den ersten Blick könnte dies vielversprechend erscheinen, wäre da nicht die Tatsache, dass der Bericht leider in einen Zahlenkatalog linksgerichteter Lieblingsthemen ausartet: Umweltschutz, Verringerung des CO2-Ausstoßes, Verbesserung der sozialen und Arbeitsbedingungen – es werden alle Themen angesprochen. Die Inszenierung ist natürlich Sache Europas. Bald werden den Verbrauchern und Unternehmern die hohen Kosten für die Einhaltung der neuesten europäischen Anforderungen aufgebürdet und die Zeche für die Verkehrspläne wird letztendlich durch europäische Subventionen gezahlt werden.
Diese Ambitionen werden die europäischen Volkswirtschaften vernichten. Bereits vor der aktuellen Rezession war Europa nicht in der Lage, mit den Wachstumszahlen der Vereinigten Staaten mitzuhalten, von denjenigen der aufstrebenden Wirtschaften wie Indien und China ganz zu schweigen. Jetzt, nach dem Scheitern des Klimagipfels in Kopenhagen, unternimmt Europa einseitig den verzweifelten Versuch, die Nutzung fossiler Brennstoffe zurückzudrängen. Laut eines weiteren in diesem Bericht zu lesenden Punkts hängt das weitere Wachstum des Luftverkehrs davon ab, ob es in CO2-neutraler Weise erfolgen wird. Wie stellt man sich das in der Praxis im Einzelnen vor? Werden in naher Zukunft irgendwann Elektroflugzeuge eingeführt werden?
Ungeachtet dessen, wie sehr das finanzielle und soziale Wohlergehen in Europa in diesem Bericht im Vordergrund steht, es scheint, dass damit ein Kurs gesetzt wird, aus dem die europäische Union sogar noch geschwächter, durch Verlust weiterer Arbeitsplätze und mit einem niedrigeren Sozialschutzniveau hervorgehen wird. Europa kann das sich selbst gesetzte Ziel unmöglich erreichen. Herr Präsident, wir sollten uns hier auf den Kern der Angelegenheit konzentrieren und das ist eine wirtschaftlich rentable Zukunft für den Verkehr. Wenn die Mitgliedstaaten dies mit einer Politik verbinden möchten, so ist das ihre eigene Sache, aber bitte ersparen Sie uns eine aufgezwungene europäische Planwirtschaft.
Joachim Zeller (PPE). - Herr Präsident! Zunächst einmal herzlichen Dank an Mathieu Grosch für diesen profunden Bericht und für die Riesenarbeit, die er dabei geleistet hat.
Europa ohne trennende Grenzen ist ohne ein funktionierendes Verkehrssystem nicht erfahrbar, und die europäische Wirtschaft wäre ohne ein leistungsfähiges Verkehrssystem, ohne leistungsfähige zukunftssichere Verkehrssysteme zu Lande, zu Wasser und in der Luft nicht erfolgreich, ja, nicht einmal denkbar. Insbesondere beim umweltfreundlichen Schienenverkehr brauchen wir dabei noch mehr Gemeinschaft und weniger nationalstaatliche Egoismen.
Für eine nachhaltige Zukunft des Verkehrs müssen sich alle Verkehrsträger den Herausforderungen in der Gesellschaft beim Schutz der Umwelt und in der Wirtschaft stellen. Dazu gibt der Bericht wertvolle und richtungweisende Hinweise.
Nur in einem Punkt kann ich dem Bericht allerdings nicht zustimmen: Einen Verkehrsfonds aus den Mitteln der Kohäsionspolitik zu bilden, dem kann ich meine Zustimmung nicht geben. Warum? Sicher ist der Verkehr ein besonderer Träger der Kohäsion in Europa, ein eigener Fonds aus den Mitteln der Kohäsionspolitik würde allerdings die Erwartung, die er weckt, nicht erfüllen, den Kohäsionsfonds einseitig belasten und die Mitgliedstaaten, die besonders gefordert sind, für eine nachhaltige Zukunft des Verkehrs zu sorgen, allzu sehr entlasten.
Wir haben im Parlament gerade einen Sonderausschuss eingesetzt, der darüber debattiert, wie die Kohäsions- und Strukturfonds der Europäischen Union künftig aussehen werden. Dessen Arbeit sollte nicht präjudiziert werden. Deshalb bitte ich, dem Änderungsantrag zu dem Bericht zuzustimmen. Darüber hinaus meine ich, dass wir, wenn wir über Nachhaltigkeit und Zukunft der Verkehrssysteme sprechen, auch der Magnetschwebetechnik eine Zukunft und eine Chance geben sollten.
Magdalena Alvarez (S&D). – (ES) Herr Präsident, Herr Kommissar, bevor ich auf den Inhalt des Berichts eingehe, möchte ich gerne Herrn Grosch dafür danken, dass er die Mehrzahl der von der Fraktion der Progressiven Allianz der Sozialisten & Demokraten im Europäischen Parlament vorgeschlagenen Änderungsanträge berücksichtigt und angenommen hat.
Meiner Meinung nach hat dies zu einer zweckmäßigen Festlegung und Differenzierung von Leitlinien für die zukünftige Verkehrspolitik in Europa beigetragen.
Im Zusammenhang mit den angenommenen und berücksichtigten Änderungen möchte ich vier Hauptgruppen hervorheben. Die erste hat mit den Zielen zu tun. Die Aufnahme der Themen Sicherheit und territoriale Kohäsion als Hauptziele wird die Ausgestaltung der zukünftigen Verkehrspolitik zweifelsohne verbessern und dazu beitragen, ihre praktische Umsetzung den Erwartungen, Bedürfnissen und Möglichkeiten der Öffentlichkeit anzupassen.
Neben der Sicherheit wurde, wie ich bereits gesagt habe, die territoriale Kohäsion als ein Hauptziel aufgenommen. Hierzu wird vorgeschlagen, besondere Anstrengungen zur Verbesserung der Situation bei Grenzübertritten zu unternehmen, Engpässe zu verringern und die Probleme der Interoperabilität zu lösen sowie die Verbindung zu Gebieten in äußerster Randlage zu verbessern; dabei sollte den realen Bedingungen der Länder und Beförderungsarten Rechnung getragen werden.
Die zweite Gruppe besonders wichtiger Änderungen hat die Förderung zweier Beförderungsarten zum Thema: die Eisenbahn und den See- und Binnenschiffsverkehr.
Dann gibt es noch eine dritte Gruppe von Änderungen, auf die ich besonders hinweisen möchte und die sich auf die Finanzierung beziehen. Eine angemessene finanzielle Abdeckung ist unerlässlich und von zentraler Bedeutung und zu diesem Zweck unterstützen wir die Einrichtung eines Verkehrsfonds, eine Mittelbindung in der finanziellen Vorausschau und eine spezifische Anwendung der goldenen Regel.
Zum Schluss möchte ich auf die meiner Ansicht nach wichtigen Änderungen im Hinblick auf die Notwendigkeit, den sozialen Aspekt des Verkehrs zu stärken, hinweisen. Damit meine ich die Arbeitsbedingungen von Arbeitnehmern und die Fahrgastrechte.
Mit nochmaligem Dank an den Berichterstatter und die anderen Fraktionen für ihre Zusammenarbeit und das große Engagement bei den europäischen Verkehrsfragen möchte ich meine Ausführungen beschließen.
Oreste Rossi (EFD). – (IT) Herr Präsident, meine Damen und Herren die bis 2020 gesetzten Ziele im Hinblick auf eine nachhaltige Zukunft für den Stadtverkehr und den Warenverkehr sind hoch gesteckt: Die Anzahl der Straßenverkehrsunfälle mit tödlichem Ausgang und schweren Verletzungen soll zwischen 2010 und 2020 um 40% gesenkt werden; im Straßenverkehr soll die Anzahl der Bus- und Bahnfahrgäste bis 2020 verdoppelt werden; die durch den Straßenverkehr verursachten CO2-Emissionen sollen durch entsprechende Innovationen und die Vermeidung von Leerfahrten verringert werden; der Eisenbahnverkehr soll gefördert werden; der Stromverbrauch durch Schienenfahrzeuge soll gesenkt werden; beim Luftverkehr soll die Umweltbelastung verringert werden; und wiederum bis 2020 sollen finanzielle Anreize für die Schaffung multimodaler Verbindungen oder Plattformen für den Reiseverkehr innerhalb der Europäischen Union geschaffen und deren Anzahl erhöht werden.
Selbstverständlich besteht der erste Schritt immer noch in einer stärkeren Integration der Beförderungsarten, und die Europäische Union muss entschlossen handeln, wenn Probleme bei der Realisierung der wichtigsten Schienenkorridore bzw. Verbindungslinien auftreten.
Carlo Fidanza (PPE). – (IT) Herr Präsident, meine Damen und Herren, ich stimme in die Lobreden auf den Berichterstatter, Herrn Grosch, der mit Sicherheit gute Arbeit geleistet hat, ein. Den meisten Betrachtungen, die bereits zum Thema Ko-Modalität als ein wichtiger Gesichtspunkt und zur Frage der Interoperabilität zum Ausdruck gebracht wurden, kann ich nur zustimmen.
Drei Punkte möchte ich rasch noch hervorheben. Der Erste bezieht sich auf das Thema Sicherheit: Wir müssen weiterhin stark in die Sicherheit investieren, und zwar sicherlich durch die Weiterentwicklung der IVS, wie bereits in der vorangegangen Aussprache zum Ausdruck gebracht wurde, und durch die Förderung der RTMS-Technologie im Eisenbahnverkehrssektor. Um beim Eisenbahnverkehrssektor zu bleiben – wir müssen uns der Aufgabe, der Europäischen Eisenbahnagentur mehr Kompetenzen in Sicherheitsfragen zu übertragen, mit Engagement widmen, um die Wiederholung solcher Katastrophen, deren Zeuge wir leider vor einigen Monaten wurden, zu vermeiden.
Was die Finanzierung angeht, so spreche ich mich für die Einrichtung eines Verkehrsfonds aus. Meiner Ansicht nach müssen wir in der finanziellen Vorausschau für das Jahr 2013 für eine angemessene Finanzierung dieser Politik kämpfen und sicherstellen, dass die TEN-Netze weiter ausgebaut werden. Was dies betrifft, ist es meiner Ansicht nach von entscheidender Bedeutung, dass die Netze vom Mittelmeerraum ausgehend ausgebaut werden, denn das Mittelmeer stellt einen Verbindungspunkt zu den neuen Märkten im Osten dar.
Als letzten Punkt möchte ich schließlich auf die Mobilität in den Städten eingehen. Ich habe die in dem Bericht enthaltene Forderung sehr begrüßt und finde, dass wir im Hinblick auf diese Frage Anreize für den Einsatz und die Koordinierung bewährter Verfahren schaffen sollten. Wir müssen uns um eine bessere Organisation des Warenverkehrs in den Städten bemühen, um zu einem nachhaltigeren städtischen Verkehrssystem zu gelangen, und meiner Ansicht nach liefert dieser Bericht eine gute Voraussetzung dafür, die ausgezeichnete Arbeit weiterzuführen.
Knut Fleckenstein (S&D). - Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich freue mich, dass wir diesen Bericht morgen doch sehr einmütig verabschieden können. Zwei Dinge sind mir besonders wichtig. Erstens: die Messbarkeit der Ziele, die bis zum Jahr 2020 erreicht werden sollen. Wir brauchen messbare Grundlagen, die es uns erlauben, nach zehn Jahren oder besser in der Halbzeit Bilanz zu ziehen, um sehen zu können, ob wir etwas erreicht haben von dem, was wir uns vorgenommen haben, oder ob es noch nicht funktioniert hat und wir nachbessern müssen. Das betrifft vor allem die CO2-Emissionen im Verkehrsbereich. Wenn alle Sektoren hier auf einem guten Weg sind – Herr Cramer hat es so genannt –, dann darf man es jetzt auch mit Recht vom Verkehr verlangen. Gerade bei der CO2-Reduktion kommt dieser europäischen Verkehrspolitik wesentliche Bedeutung zu.
Der zweite Punkt ist die Umsetzung einer effizienten Ko-Modalität. Das ist für mich der Schlüssel für eine vernünftige EU-Verkehrsstrategie. Ich sage das, weil man unter effizienter Ko-Modalität sehr viel verstehen kann. Wenn wir dieses theoretische Konzept nicht an den richtigen Kriterien orientieren, die in der Praxis umgesetzt werden, dann werden wir unser Ziel nicht erreichen. Deshalb an dieser Stelle noch einmal mein Appell auch an die Kommission: Die Umsetzung muss im Detail stimmen, und das heißt, sinnvolle intermodale Knotenpunkte müssen ausgebaut werden, Engpässe beim Zu- und Abtransport von Gütern zu wichtigen europäischen Handelstoren müssen abgebaut werden. Das gilt vor allem für die Hinterlandanbindung unserer großen Häfen und Flughäfen.
Und drittens: Das angeregte TEN-Kernnetz muss nach denselben Kriterien eingerichtet werden, so dass es einen quasi automatischen „Modal Shift“ hin zu einem effizienteren und umweltfreundlichen europäischen Verkehrssystem erlaubt. Diese Faktoren sind es, die eine vernünftige Planung ausmachen, eben nicht nur Wirtschaftlichkeit, sondern auch Sozialverträglichkeit, Umweltschutz und Nachhaltigkeit. Lieber Herr Grosch, liebe Magdalena Alvarez, vielen Dank für Ihre gute Arbeit.
Der Präsident. – Der nächste Punkt auf der Tagesordnung ist das Catch-the-eye-Verfahren. 12 Personen haben um Wortmeldung gebeten. Streng genommen sind nur fünf pro Aussprache vorgesehen, aber aufgrund des Interesses an diesem Thema werden wir versuchen, jedem für eine Minute das Wort zu erteilen.
Luis de Grandes Pascual (PPE). – (ES) Herr Präsident, meiner Ansicht nach werden in diesem ausgezeichneten Bericht die Leitlinien formuliert, von denen sich das die europäische Verkehrspolitik der nächsten 10 Jahre gestaltende neue Verkehrsweißbuch inspirieren lassen muss.
Der Bericht enthält mehrere Themen, die es verdienen, kurz angerissen zu werden: die Notwendigkeit eines Finanzfonds als ein zentrales Instrument, die Herausforderung der steigenden Nachfrage des Frachtverkehrs, die Suche nach komodalen Lösungen im Hinblick auf die Sicherheit von Verkehrsteilnehmern und Fracht, der Bedarf an ausreichend vorhandenen und sicheren Rastbereichen für den Straßenverkehr, die meiner Ansicht nach richtige Einschätzung, dass die verschiedenen Beförderungsarten unter Berücksichtigung von Effizienzkriterien statt bloßem Wettbewerbsbestreben einander ergänzen müssen, und die meiner Ansicht nach mutige und angemessene Behauptung des Berichterstatters, dass der Eisenbahn- und Seeverkehr nicht immer umweltfreundlicher ist als der Straßenverkehr.
Kurz gesagt ist das Konzept effizienter Komodalität ein zukunftsträchtiges Konzept und muss, wie ich finde, sicherlich voll und ganz unterstützt werden.
Jan Kozłowski (PPE). – (PL) Herr Präsident, Herr Kallas, ich möchte dem Berichterstatter, der eine ausgezeichnete und für die letztendliche Form des zukünftigen Weißbuchs sehr wichtige Arbeit vorgelegt hat, meine Anerkennung aussprechen. Ich unterstütze die Auffassung, dass die Verbesserung der Effizienz des Verkehrssystems für die Europäische Union von entscheidender Bedeutung ist, aber damit dieses Ziel Wirklichkeit wird, ist die strategische Einbindung von EU-Instrumenten ein wesentlicher Punkt. Die Kohäsionspolitik als ein wichtiges Instrument zur Umsetzung der Strategie Europa 2020 sollte eine führende Rolle im Zusammenhang mit sektorbezogener Politik spielen und zur vollständigen Einbindung aller Mitgliedstaaten in ein europäisches Netzwerk führen sowie die stufenweise Einführung intelligenter Lösungen unterstützen.
Der Europäischen Union sollten Instrumente zur Verfügung stehen, die eine Steigerung der Effektivität von Verkehrsnetzen, auch im Zusammenhang mit grenzüberschreitenden Projekten, fördern. Allerdings darf der Verkehrsfonds nicht auf Kosten von Mitteln, die für die Kohäsionspolitik bestimmt sind, eingerichtet werden. Wir sollten uns um die gleichzeitige, gegenseitige Stärkung von Verkehrspolitik und Kohäsionspolitik bemühen und die vorhandenen Instrumente nicht schwächen.
Silvia-Adriana Ţicău (S&D). – (RO) Der Bericht über eine nachhaltige Zukunft für den Verkehr beinhaltet Empfehlungen des Parlaments sowohl für das zukünftige Weißbuch über nachhaltigen Verkehr in der Europäischen Union als auch für das zukünftige TEN-V (transeuropäische Verkehrsnetz).
Angesichts der hohen Bevölkerungsdichte in der Europäischen Union ist der weitere Ausbau des Eisenbahnverkehrs und der Beförderung auf dem Seeweg von zentraler Bedeutung für uns. Der europäischen Strategie für den Ausbau des Binnenschiffsverkehrs und die Entwicklung von Schienengüterkorridoren sowie Hochgeschwindigkeits-Eisenbahnlinien zur Verbindung aller europäischen Hauptstädte und Großstädte untereinander muss vonseiten der Europäischen Union Vorrang eingeräumt werden. Ich hoffe, dass in dem zukünftigen TEN-V-Netz dem Zugang zum Schwarzen Meer und dem Rhein-Main-Donau-Korridor größere Bedeutung beigemessen wird.
Die Märkte in den Verkehrssektoren sollten ausschließlich zum Wohle der Verbraucher geöffnet und all dies sollte von langfristigen Plänen für Investitionen in die Infrastruktur und einer Konsolidierung der technischen Interoperabilität begleitet werden.
In der Finanzierung zum Ausbau des europäischen Verkehrssystems sollten Verkehrssicherheit sowie die soziale, wirtschaftliche und territoriale Kohäsion Berücksichtigung finden.
Karin Kadenbach (S&D). - Herr Präsident! Ein herzliches Dankeschön dem Berichterstatter, aber auch allen Schattenberichterstattern. Ich glaube, es ist gelungen, einen Beinahe-Widerspruch aufzulösen, denn wir verlangen alle den Ausbau der Verkehrssysteme, aber auch eine nachhaltige Zukunft.
In diesem Bericht sind die Voraussetzungen dafür geschaffen worden, diese Zukunft wirklich nachhaltig zu ermöglichen, und ich hoffe nur, dass es uns gemeinsam gelingt, hier die Voraussetzungen so umzusetzen, dass sie vor Ort gelebt werden können.
Ich möchte heute einfach ein Beispiel anführen, wie es bei uns in Österreich im Moment versucht wird: Wir haben gerade vor kurzem in Niederösterreich die Plattform „Niederösterreich mobil“ gegründet, eine Plattform, in der alle Interessengruppen und Betroffenen zusammenwirken, um Mobilität vor Ort zukünftig und nachhaltig zu schaffen. Ich glaube, wir brauchen solche kleinräumigen Beispiele, aber wir brauchen auf europäischer Ebene die großen Vorgaben.
Wir brauchen den Ausbau der Transportnetze, vor allem der Bahn und des Wassers. Und im Hinblick auf die Donau-Strategie möchte ich betonen, dass wir den Ausbau der Donau brauchen, aber vor allem unter Berücksichtigung dieses besonders sensiblen Ökosystems.
Gesine Meissner (ALDE). - Herr Präsident! Wir haben heute wirklich einen richtigen Verkehrsnachmittag erlebt, und im Grunde genommen ist dies jetzt der Bericht, der alles zusammenfasst.
Viele sagen, die größte Errungenschaft, die wir in Europa für die Bürger haben, ist der Binnenmarkt, und die Adern des Binnenmarktes – so hat es auch unser Kommissar schon gesagt – sind die Transportwege. Darum ist es natürlich ganz wichtig, dort darauf zu achten, dass Sicherheit besteht, dass umweltfreundlich weiterentwickelt wird, und dass wir generell sehen, was wir weiterentwickeln können, z.B. mit intelligenten Verkehrssystemen.
Wir müssen auch sehen, wie wir die Bereiche, die umweltfreundlicher sind, wie z.B. Eisenbahn und auch Seeverkehr, noch besser gestalten können, wie wir mehr von der Straße dorthin bekommen können, wie wir den Seeverkehr in punkto Emissionen umweltfreundlicher machen können. Gleichzeitig müssen wir auch überlegen, wie wir die besonderen Bedürfnisse berücksichtigen können, die bei einem städtischen Verkehr ganz anders sind als bei einem internationalen Verkehr. Im städtischen Verkehr kann die Zukunft beim Manager liegen, der mit dem E-Bike fährt und gleichzeitig seine Fitnesseinheit absolviert. Natürlich brauchen wir über die langen Strecken ganz andere Varianten, die dann grenzüberschreitend funktionieren. Ein guter Bericht und sehr zukunftsweisend.
João Ferreira (GUE/NGL). – (PT) Herr Präsident, Verkehr ist ein grundlegendes Element wirtschaftlicher Entwicklung. Er ist entscheidend für die territoriale Kohäsion, den sozialen Fortschritt und eine bessere Lebensqualität der Unionsbürger. Infolge seiner strategischen Relevanz und seines eindeutigen öffentlichen Interesses gehört dieser Sektor zu den Bereichen, in denen die Staaten ihrer sozialen Rolle durch die öffentlichen Dienste gerecht werden, und so muss es auch bleiben. Dies ist eine Notwendigkeit für ein modernes und effizientes Verkehrssystem, das in der Lage ist, auf die großen sektorspezifischen Herausforderungen zu reagieren, unter anderem etwa mehr Sicherheit und ein schonender Umgang mit der Umwelt.
Die anhaltenden Strategien, den öffentlichen Verkehrsektor im Hinblick auf seine Privatisierung abzubauen und von Investitionen auszuklammern, müssen von uns korrigiert und umkehrt werden. Wir müssten die Rechte der Beschäftigten in diesem Sektor respektieren und anerkennen. Wir müssen in die Forschung und Entwicklung investieren sowie in eine zentrale öffentliche Infrastruktur, um sicherzustellen, dass der Sektor den Bedürfnissen der Gesellschaft Rechnung trägt.
Aus all diesen Gründen haben die Arbeitnehmer und Menschen in einigen Mitgliedstaaten, wie etwa Portugal, beherzt und entschlossen für den Schutz des öffentlichen Verkehrssektors und seine Rettung vor einer Privatisierung gekämpft. Wir begrüßen diesen Kampf und möchten uns hier anschließen.
Franz Obermayr (NI). - Herr Präsident! Im Rahmen dieser umfassenden Diskussion möchte ich bereits im Vorfeld eine Anregung in Richtung Verkehrsentflechtung einbringen.
Zurzeit suchen wieder einmal Millionen EU-Bürger auf Europas Straßen die Urlaubsziele auf. Wäre es da im Hinblick auf einen nachhaltigen Verkehr nicht sinnvoll, verschiedene Ferienordnungen der Mitgliedstaaten auf europäischer Ebene zu staffeln und aufeinander abzustimmen?
Die nationalen Ferienregelungen haben auf das europäische Urlaubsgeschehen oft gravierende Auswirkungen. Das europäische Verkehrsnetz wird stark belastet, die Bürger stauen sich stundenlang Richtung Ferienziel, und die negativen Folgen dieser saisonalen Spitzen sowohl für die Umwelt als auch für die Bürger und Verbraucher liegen auf der Hand. Eine gestaffelte Ferienordnung, die selbstverständlich den pädagogischen Bedürfnissen der einzelnen Staaten entsprechen muss, könnte hier natürlich Abhilfe schaffen. Auch wirtschaftlich würde eine Entzerrung durchaus Vorteile bringen, da die Ausdehnung der Urlaubssaison billigere Preise und Arbeitsplätze schaffen würde.
Ich hoffe, dass die Kommission diese Anregung aufnehmen wird.
Mairead McGuinness (PPE). – Herr Präsident, wäre eine Urlaubsstaffelung für dieses Parlament nicht eine gute Idee, aber leider nicht besonders realistisch?
Einige Kolleginnen und Kollegen haben über Fahrräder gesprochen. Ich darf vielleicht erwähnen, dass ich letzte Woche ein neues Fahrrad gekauft habe. Es ist sehr nachhaltig, aber für meine Arbeit vollkommen ungeeignet. Was wir benötigen, sind ganz praktische, nachhaltige Verkehrslösungen. Ich möchte weiterhin hinzufügen, dass viel über den Stadtverkehr sowie die Notwendigkeit ineinandergreifender Systeme gesprochen wurde – und das ist auch richtig so –, wir sollten jedoch nicht die vielen, in isolierten ländlichen Gemeinden lebenden Menschen vergessen, denen Verkehrspläne für den ländlichen Bereich im kleinen Rahmen die Teilhabe an der Gesellschaft insgesamt ermöglichen. Der Verkehr hat sowohl eine soziale als auch eine wirtschaftliche Dimension, die wir berücksichtigen müssen. Ich bestätige, dass wir uns natürlich mit den Umweltfragen befassen müssen und das wird meiner Meinung auch dank der Technologie und durch den Druck des Klimawandels geschehen. Was den Verkehrsfonds angeht, so würde ich ungern den Versuch unternehmen, an der einen Stelle Gelder bereitzustellen, die zuvor von einer anderen Stelle abgezogen wurden. Unser großer Kampf besteht darin, einen angemessenen Haushaltsplan für die Europäische Union insgesamt nach 2013 sicherzustellen. Das wird nicht leicht werden.
VORSITZ: Libor ROUČEK Vizepräsident
Olga Sehnalová (S&D). – (CS) Zur Zukunft des Verkehrs zählen gewiss auch die Entwicklung und die Unterstützung öffentlicher Verkehrsmittel. Das Ziel, die Anzahl der Verkehrsnutzer bis 2020 zu verdoppeln, ist ein Schritt in die richtige Richtung. Doch stellt sich die Frage, inwiefern dieser Sektor langfristig von der Wirtschaftskrise und von Haushaltskürzungen betroffen sein wird.
Insbesondere die neuen Mitgliedstaaten sind jetzt durch die Nutzung privater Kraftfahrzeuge mit sämtlichen damit verbundenen negativen Folgen, einschließlich höheren CO2 -Emissionen und Verkehrsunfällen, einem enormen sozialen Druck ausgesetzt. Vor allem die lokalen und regionalen Behörden stehen unter starkem Druck, den öffentlichen Verkehr zu reduzieren, und es sollte für Europa eine vorrangige Aufgabe sein, diesen aufrechtzuerhalten, bevor irreversible Schäden entstanden sind. Es sollte heute mehr denn je ein wichtiges Ziel der europäischen Verkehrspolitik insgesamt sein, Lösungen zu finden, die öffentliche Verkehrsbeförderung effizient und wirksam zu unterstützen.
Czesław Adam Siekierski (PPE). – (PL) Herr Präsident! Der Verkehrssektor ist ein fundamentales Element der Entwicklung der Europäischen Union und ihrer Regionen. Er hat entscheidenden Einfluss auf die Bereiche Wirtschaft und Beschäftigung. Mit ihm ist die Freizügigkeit der EU-Bürger und der Waren europaweit möglich. Er hat zudem unmittelbaren Einfluss auf die Entwicklung der sozialen Kohäsion der Regionen und auf die Lebensqualität der Bürger und ihre Gesundheit und Sicherheit.
Es ist von größter Bedeutung, die CO2 -Emissionen im Straßenverkehr durch angemessene innovative Maßnahmen zu verringern. Personen- und Güterbeförderung sollte zum Teil von der Straße auf die Schiene bzw. auf den Schiffsverkehr verlagert werden, um die Verkehrsüberlastung auf den bestehenden Straßen zu verringern. Wir müssen moderne öffentliche Verkehrsträger im städtischen Raum entwickeln. Es ist wichtig, dass die verschiedenen Verkehrsträger nicht künstlich miteinander konkurrieren, sondern dass sie sich gegenseitig unterstützen und ergänzen und somit ein nachhaltiges Verkehrssystem entsteht. Die Verkehrspolitik muss wirksamer und effizienter sein.
Janusz Władysław Zemke (S&D). – (PL) Wir hatten hier heute die Gelegenheit, eine sehr interessante Aussprache über die Zukunft des Verkehrs zu führen. Zeitgleich zu dieser Debatte findet eine andere Diskussion – ebenfalls im Parlament – statt über den Haushaltsplan für den Zeitraum 2014–2020. Ich möchte folgende Frage stellen: Sollten wir im Haushaltsplan für die nächsten sechs Jahre nicht mehr Mittel für Verkehr bereitstellen und sollten insbesondere in den kommenden Jahren nicht besondere Bemühungen im Hinblick auf den Schienenverkehr unternommen werden? Ich denke, es ist für uns alle hier der Verkehrsträger, durch den die Straßen entlastet werden sollten. Es ist ein sehr umweltfreundlicher Verkehrsträger, doch es reicht sicher nicht aus, nur darüber zu reden. Deutlich höhere Haushaltsmittel müssen hinsichtlich dieser Ziele in den nächsten sechs Jahren bereitgestellt werden.
Inés Ayala Sender (S&D). – (ES) Herr Präsident! Ich möchte mich den Glückwünschen an Herrn Grosch anschließen, vor allem zu seiner Sensibilität in Bezug auf die Grenzüberschreitungen des Europäischen Verkehrsnetzes. Und auch meiner Kollegin Magdalena Álvarez möchte ich für die Ausarbeitung eines derart angemessenen und ausgewogenen Berichts danken.
Erlauben Sie mir nur zwei kleine Klarstellungen, die nicht im Bericht enthalten sind, morgen jedoch im Weißbuch der Kommission stehen könnten. Zunächst möchte ich meiner Enttäuschung darüber Ausdruck geben, dass die Verringerung der Zahl der Verkehrstoten weiterhin bei 40 % liegt. Ich weiß, dass zu dieser Zahl auch Schwerverletzte hinzugerechnet werden, doch ich denke, wir müssen natürlich eine sehr gute Erklärung darüber liefern, weshalb wir nicht ehrgeiziger sind und direkt 50 % als Ziel setzen, wenn nicht sogar mehr, denn unser Ziel ist ja, die Zahl der Verkehrstoten um 100 % zu reduzieren.
Was die Finanzierung der Netze betrifft, möchte ich einfach hinzufügen, dass wir neben den Vorschlägen in Herrn Groschs Bericht – die ich für überaus interessant halte – bei der Aufnahme der Aussprache über die nächste Finanzielle Vorausschau so ehrgeizig wie nur möglich sein sollten. Warum sollten wir uns nicht vornehmen – und ich wende mich besonders an Sie, Herr Kallas –, 10 % der nächsten mehrjährigen Haushaltsplanung 2014–2020 für transeuropäische Verkehrsnetze als Ziel sicherzustellen. Warum nicht einem Traum nachgehen? Warum von vornherein verwerfen?
Lassen Sie uns weitergehen, denn vielleicht schaffen wir das, was wir in früheren Finanziellen Vorausschauen nicht geschafft haben.
Hella Ranner (PPE). - Herr Präsident! Mit diesem Initiativbericht wird das EP für die Entwicklung von Transport und Verkehr klare Ziele vorgeben, und das ist wichtig, denn durch Transport und Verkehr ist eine wirklich funktionierende Wirtschaft und damit ein konkurrenzfähiges Europa für uns erreichbar und erhaltbar.
Herr Kommissar Kallas und wir alle wissen, dass es natürlich gerade bei so ehrgeizigen und finanzintensiven Vorhaben darum geht, wie die Finanzierung aussehen kann, und wir sind gespannt auf neue Finanzierungsmodelle, die sicherlich notwendig sind. Aber gerade in diesem Zusammenhang wird und könnte ein Verkehrsfonds eine ganz besonders wichtige Rolle spielen, nicht, um irgendwo etwas an Geldern abzuziehen, sondern um die Finanzierungsströme, die riesig sind, entsprechend und besser zu koordinieren.
Siim Kallas, Vize-Präsident der Kommission. – Herr Präsident, dies ist eine interessante Aussprache. Es zeigt, dass wir vor einer sehr anspruchsvollen Aufgabe stehen, die Prioritäten für den Verkehrssektor in den nächsten zehn Jahre richtig zu setzen und derweil dafür zu sorgen, dass verschiedene Aspekte angemessen berücksichtigt werden, die oftmals sehr kontrovers sind.
Sie haben alle diese strittigen Punkte im Laufe der heutigen Aussprache bereits genannt, und in Bezug auf den Schienenverkehr sind sie hinlänglich bekannt. Auf der letzten Tagung führten Sie eine interessante und strittige Debatte über wettbewerbsfähige Schienengüterverkehrskorridore, die möglicherweise eine sehr wichtige Entwicklung darstellen.
Wir sollten gemeinsam daran arbeiten, dass die notwendigen Reformen im Bereich Schienenverkehr vorangebracht werden. Die Wettbewerbsfähigkeit des Schienenverkehrs gegenüber dem Straßenverkehr und ebenfalls gegenüber der Wettbewerbsfähigkeit Europas auf dem Weltmarkt hängt in hohem Maße von der internen Struktur unseres Schienenverkehrs ab: Privilegien müssen abgebaut werden, politische Willkür und all das muss ausgeräumt werden. Das ist meine feste Überzeugung nach meiner kurzen Zeit als Mitglied dieses Parlaments.
Ist Kohäsion im Verkehrsbereich auch Kohäsion oder nicht? Elektrische Fahrzeuge: Welchen Beitrag leisten elektrische Fahrzeuge im Hinblick auf Verkehrsbelastung, welches ist das meistgehasste Element im Verkehrsbereich? Das Thema Finanzen löst ständig Kontroversen aus, besonders heute. Dann gibt es regionale Interessen, wie hier bereits zum Ausdruck gebracht wurde; die Interessen des Mittelmeerraums.
Bemühen wir uns gemeinsam und versuchen wir, das richtige Gleichgewicht zu finden. Ich glaube, wir können uns alle auf die allgemeinen Ziele einigen. Um zukünftige Herausforderungen des Verkehrssystems in Angriff zu nehmen, müssen wir dem Mobilitätsbedarf der Bürger und der Unternehmen gerecht werden, indem wir weniger und umweltfreundlichere Energie verbrauchen und die Infrastruktur und das Potenzial der Verkehrsträger effizienter nutzen. In dieser Hinsicht bin ich zuversichtlich, dass die Zusammenarbeit aller europäischen Organe zu einem hochwertigen zukünftigen Verkehrssystem hinführen und dazu wirksam beitragen wird.
Mathieu Grosch, Berichterstatter. − Herr Präsident, Herr Kommissar, werte Kolleginnen und Kollegen! Vielen Dank für Ihre Beiträge. Wir haben mit dem Bericht Ziele festgelegt, und um die Ziele zu erreichen, braucht man Vieles, u.a. auch die Finanzen.
Deshalb möchte ich hier klar sagen, dass es nicht unsere Absicht ist, dem Petrus das Geld wegzunehmen, um es dem Paulus zu schenken. Es wäre aber schade, wenn der Petrus sehr reich dastehen würde, und der Paulus es wirklich brauchen würde, um dort zu investieren, wo es erforderlich ist. Und was passt besser zusammen als Mobilität und territoriale Kohäsion? Das darf man doch nicht, wie es manche tun – über einen Änderungsantrag, der sogar aus meiner Fraktion kommt – als Konkurrenz ansehen, nein, das soll man als Zusammenarbeit sehen. Das ist doch auch der Grundbegriff der Kohäsion, wie wir ihn verstehen.
Deshalb bitte ich eindeutig, diesen Änderungsantrag nicht zu unterstützen, denn der Fonds wird eine Schlüsselrolle spielen in unserem Bericht, für die Zukunft und auch in der Transportpolitik. Wir brauchen nicht nur Geld, um die Infrastruktur zu verbessern. Wir brauchen Geld für die Forschung, und die Forschung bedeutet mehr Sicherheit und bessere Technologie.
Wenn wir wissen, dass wir beispielsweise im Bahnbereich heute über sieben, acht ganz unterschiedliche Technologien verfügen müssen, während wir im Straßenbereich in Europa von Norden bis Süden oder von Westen nach Osten ohne technologische Probleme die Straßen befahren können, dann ist es doch mehr als normal, gerade um die Regionen zusammenwachsen zu lassen, dass dieses Geld korrekt in Forschung, Interoperabilität und auch Technologie eingesetzt wird.
Was die Agenturen angeht – ich möchte das kurz noch einmal erwähnen: uns liegt es am Herzen, nicht eine neue Struktur zu schaffen, sondern Europa eine wichtige Rolle zu geben. Denn wir stellen in der Transportpolitik und auch in anderen Bereichen fest, dass Europa in vielen Bereichen die Lösung ist und nicht das Problem, wie manche es darstellen wollen, die es noch immer mit einem kleinen Hintergeschmack von nationaler Autonomie sehen. Das wollen wir mit den Agenturen und mit dem Bericht erreichen, und ich danke Ihnen allen für Ihre sehr positiven Beiträge.
Der Präsident. – Die Aussprache wird geschlossen.
Die Abstimmung findet morgen statt (Dienstag, 6. Juli 2010).
Schriftliche Erklärungen (Artikel 149)
Spyros Danellis (S&D), schriftlich. – (EL) Die Vorbereitung des nächsten Verkehrsweißbuchs ist ein Wendepunkt und gibt uns die Möglichkeit, die Leitlinien für die Verkehrspolitik und somit die „harte Infrastruktur“ des EU-Binnenmarkts zu überdenken. Der Grosch-Bericht in seiner gegenwärtigen Form liefert bereits einen Überblick über die Zukunft der Verkehrspolitik und geht dabei von der Maßgabe aus, dass die Effizienz des Transportsystems nicht allein durch die Größe unserer Straßennetze oder den Umfang der von unseren Schiffen und Eisenbahnen beförderten Frachtvolumen bestimmt wird. Sie wird außerdem bestimmt – und das ist ein grundlegendes und nicht verhandelbares Prinzip – durch die Auswirkungen dieser Aktivitäten auf die Umwelt, die Gesellschaft, die Arbeit und die öffentliche Sicherheit. Deshalb halte ich es für überaus wichtig, der Verkehrssicherheit neue Impulse zu verleihen – wobei nicht zu vergessen ist, dass 70 % des Verkehrs in der EU auf den Straßen ist –, und ich bin außerdem der Ansicht, dass der Vorschlag zur Errichtung einer Europäischen Agentur für Straßenverkehr eine wichtige Maßnahme in diese Richtung darstellt. Wir benötigen neue Instrumente für die verstärkte Einführung neuer Technologien und zur Verbreitung von Regulierungsmaßnahmen und Forschungsinstrumenten für den Straßenverkehr.
Bogdan Kazimierz Marcinkiewicz (PPE), schriftlich. – (PL) Herr Präsident! Der Grosch-Bericht, über den wir heute die Aussprache geführt haben, spielt zweifellos eine bedeutende Rolle beim Entwurf der zukünftigen europäischen Verkehrspolitik für die kommenden zehn Jahre. Die zahlreichen Unterschiede und das Problem, einen gegenseitigen Kompromiss auszuarbeiten, rührt von der Verschiedenheit der Verkehrspolitiken in den europäischen Staaten und der komplexen gesellschaftlichen und geopolitischen Situation in der Europäischen Union.
Ich möchte auf verschiedene Punkte in diesem Dokument hinweisen, unter anderem auch auf die Notwendigkeit, bei der Errichtung eines europäischen Verkehrsraums das Verkehrssystem zu diversifizieren. Meiner Meinung nach stellt das Konzept der Dekarbonisierung im weitesten Sinne eine große Bedrohung dar. Ich möchte unterstreichen, dass zur Erreichung der Dekarbonisierung erhebliche Investitionen in neue Technologien nötig sind. Nicht zu vernachlässigen sind außerdem Energiequellen, die in angemessenem Maße umweltfreundlich sind, wie z. B. Biokraftstoffe. Ich komme aus Schlesien, aus einem Ballungsraum, der wie viele andere Gebiete Europas mehr als nur regionale Unterstützung benötigt. Daher die Betonung des städtischen Raums. Um dem Bericht größeres Gewicht zu verleihen, habe ich angeregt, Verweise auf zusätzliche Dokumente aufzunehmen, wie z. B. den Aktionsplan Güterverkehrslogistik und den zweiten Bericht über die Überwachung der Entwicklung des Schienenverkehrsmarkts, und damit haben wir die strategische Bedeutung des Schienenverkehrs für die Gewährleistung eines einwandfreien Funktionierens des gesamten Verkehrssektors hervorgehoben.
Debora Serracchiani (S&D), schriftlich. – (IT) Ziel des Berichts über die Zukunft des Verkehrs ist es, ein effizientes und nachhaltiges Verkehrssystem in Europa zu unterstützen und weiterzuentwickeln. Um dies zu erreichen, muss der Binnenmarkt ganz vollendet sein und alle Hindernisse, die von der verspäteten oder mangelnden Umsetzung des Gemeinschaftsrechts in den Mitgliedstaaten herrühren, müssen beseitigt sein.
Außerdem bedarf es eines Verkehrsfonds, um die Finanzierung der Projekte des transeuropäischen Verkehrsnetzes und der Systeme zur Unterstützung des Netzes zu gewährleisten. Die TEN-V-Projekte sind für die Verkehrspolitik von vorrangiger Bedeutung, doch muss das Problem der fehlenden Infrastruktur behoben und die geografischen und historischen Hindernisse der grenzübergreifenden Strecken beseitigt werden. Schließlich ist unter anderem das Thema Verkehrssicherheit einer der entscheidenden Punkte, auf die sich die Verkehrspolitik in der Zukunft stützen sollte.
19. Jahresbericht des Petitionsausschusses 2009 (Aussprache)
Präsident. – Als nächster Punkt folgt die Aussprache über den Bericht von Herrn Carlos José Iturgaiz Angulo im Namen des Petitionsausschusses über den Jahresbericht über die Tätigkeiten des Petitionsausschusses im Jahr 2009 (2009/2139(INI)) (A7-0186/2010).
Carlos José Iturgaiz Angulo, Berichterstatter. – (ES) Herr Präsident! Es ist mir eine Freude, Ihnen heute, wie wir es jedes Jahr tun, den Jahresbericht über die Tätigkeit des Petitionsausschusses im Jahr 2009 vorzulegen.
Die Tätigkeit des Petitionsausschusses war dieses Jahr, wie Sie wissen, geprägt vom Übergang von der sechsten zur siebten Legislaturperiode, was wesentliche Veränderungen in der Zusammensetzung des Ausschusses mit sich brachte, da zwei Drittel der Mitglieder ihm zum ersten Mal angehören.
Ziel des Berichts ist es, eine klare Vorstellung von der Tätigkeit des Petitionsausschusses im Laufe des Jahres zu geben und schließlich eine spezifischere Erklärung dessen, was es bedeutet, beim Europäischen Parlament eine Petition einzureichen, welche Erfolgsmöglichkeiten und welche Grenzen dieses Verfahren hat. In diesem Bericht werden auch die Fortschritte untersucht, die bei der Umsetzung früherer Empfehlungen erzielt wurden, deren Ziel darin bestand, die Ausschussarbeit zu verbessern, sowie die größten Herausforderungen für die Zukunft angesichts des Inkrafttretens des Vertrags von Lissabon hervorgehoben.
Durch den Vertrag von Lissabon, der am 1. Dezember 2009 in Kraft trat, wurden neben dem Recht der Einreichung von Petitionen beim Europäischen Parlament als ein Pfeiler der Unionsbürgerschaft auch die notwendigen Voraussetzungen für eine stärkere Einbindung der Öffentlichkeit in die Entscheidungsprozesse der Europäischen Union bestätigt, indem den Bürgern ermöglicht wird, Verbesserungen oder Zusätze zum EU-Recht vorzuschlagen. Angesichts dieser Zielsetzung begrüßt der Petitionsausschuss die Tatsache, dass er, gemäß Artikel 50 der Geschäftsordnung des Parlaments, mit dem Ausschuss für konstitutionelle Fragen bei der Erstellung des Berichts über die Europäische Bürgerinitiative zusammenarbeiten kann, die bis Ende des Jahres abgeschlossen sein soll. Darüber hinaus sollte der Petitionsausschuss des Europäischen Parlaments ebenfalls im Sinne des Vertrags von Lissabon engere Arbeitsbeziehungen zu ähnlichen Ausschüssen der nationalen und regionalen Parlamente der Mitgliedstaaten aufbauen, um gegenseitige Verständigung im Hinblick auf Petitionen zu europäischen Themen zu fördern und den Vertretern der Öffentlichkeit eine schnellstmögliche Antwort zu garantieren.
Ich möchte Sie auch auf die mit dem Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon entstandene Rechtsverbindlichkeit der Charta der Grundrechte hinweisen und unterstreichen, wie wichtig die Charta ist, um allen Bürgern die Grundrechte verständlicher und transparenter zu vermitteln. Ich bin zuversichtlich, dass alle notwendigen Verfahrensschritte unternommen werden, um zu gewährleisten, dass die institutionellen Fragen des Beitritts der EU zur Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten geklärt werden. Dieses Ziel ist von entscheidender Bedeutung, wenn wir das Problem der Verletzung von Eigentumsrechten berücksichtigen, mit dem der Petitionsausschuss in manchen Mitgliedstaaten tagtäglich konfrontiert ist, in dem Bewusstsein, dass weder der Petitionsausschuss noch das Parlament in der Lage ist, rechtliche Schritte einzuleiten.
Ich möchte auch auf die ausgezeichneten Beziehungen abheben, die das Parlament mit dem Europäischen Bürgerbeauftragten unterhält. Wir begrüßen insbesondere die Bemühungen des Europäischen Bürgerbeauftragten, die Öffentlichkeit für seine Arbeit zu sensibilisieren und Fälle von Missständen in der Verwaltungstätigkeit der europäischen Organe aufzudecken und ihnen entgegenzusteuern. In diesem Sinne unterstützen wir, dass der Europäische Bürgerbeauftragte einen Verhaltenskodex über gute Verwaltungspraxis für die Verwaltung der Europäischen Union aufstellt.
Wir fordern dazu auf, ein System zu entwickeln, das deutlich die verschiedenen Beschwerdemechanismen aufzeigt, die den Bürgern zur Verfügung stehen, und welches ihren Interessen am besten entspricht; um das zu erreichen, wäre die Einrichtung einer einzigen Anlaufstelle im Internet notwendig.
Nicht alles ist jedoch positiv. Ich möchte diese Gelegenheit nutzen und gegen die – seit 2007 konstante – Praxis der Generaldirektion Präsidentschaft und die Generaldirektion Kommunikation Protest einlegen, wonach Angelegenheiten, die keine Petitionen sind, gemäß Artikel 201 Absatz 1 der Geschäftsordnung des Parlaments als solche registriert werden. Ich spreche von den so genannten „Nicht-Petitionen“. Ihre Bearbeitung nimmt unnötige Zeit in Anspruch, abgesehen von den dafür aufzuwendenden Personalkosten. Damit Sie sich die Bedeutung dieses Punktes bewusst machen, gebe ich Ihnen ein Zahlenbeispiel. Diese so genannten „Nicht-Petitionen“ machen bis zu 25 % der registrierten Petitionen aus. Durch die Praxis solcher Missstände in der Verwaltungstätigkeit werden die Rechte der Unionsbürger gefährdet.
Als letzten aber nicht weniger wichtigen Punkt möchte ich die Notwendigkeit erwähnen, für die interne Bearbeitung von Petitionen einen Verhaltenskodex zu verabschieden. Hierzu möchte ich an dieser Stelle das Sekretariat und die Vertreter der Fraktionen ermutigen, eine überarbeitete Fassung des Leitfadens für die Abgeordneten über die Regeln und internen Verfahren des Petitionsausschusses zu erarbeiten.
Abschließend möchte ich – und wie sollte es anders sein, Herr Präsident – dem Ausschusssekretariat meinen Dank aussprechen für seine Arbeit und Unterstützung bei der Erstellung des Berichts.
Maroš Šefčovič, Vize-Präsident der Kommission. – Herr Präsident! Zuerst möchte ich Herrn Iturgaiz für seinen ausgezeichneten Bericht und die ausgesprochen wichtige Arbeit danken, die offensichtlich in dessen Ausarbeitung eingegangen ist. Ich muss sagen, dass er, was die Qualität des Berichts angeht, noch über seine Vorgängerin Frau McGuinness hinausgeht, der ebenfalls ein sehr wichtiger und überaus informativer Bericht gelungen ist.
Nach eingehender Prüfung dieses Berichts hat die Kommission viele wichtige Details und Vorschläge herausgestellt, die unsere verbesserte Arbeit und Zusammenarbeit in der Zukunft betreffen. Es ist ganz klar, dass wir die wachsende Bedeutung der Petitionen anerkennen müssen. Es ist festzustellen, dass die Zahl und die Bandbreite der in den Petitionen behandelten Themen tatsächlich zunehmen. Ich möchte diese Gelegenheit auch dazu nutzen, der neuen Vorsitzenden des Petitionsausschusses, Frau Mazzoni, zu danken, denn sie hat es verstanden, in sehr kurzer Zeit der Arbeit des Ausschusses und dem Umgang mit der Kommission neuen Auftrieb und Anstöße zu geben, und sie schafft eine sehr kooperative und gute Zusammenarbeit mit anderen Ausschüssen im Parlament wie auch mit der Kommission.
Des Weiteren möchte ich noch einmal betonen, dass die Kommission selbstverständlich dazu bereit ist, mit dem Petitionsausschuss in allen Belangen im Zusammenhang mit Petitionen zusammenzuarbeiten. Wir sind bereit, sachkundige Hilfe zur Verfügung zu stellen und – was ganz wesentlich ist – die eingehende Prüfung der Fragen sowie einen guten Informationsaustausch über die wichtigsten Themen anzubieten. Erlauben Sie mir, aus zeitlichen Gründen nur auf drei Punkte näher einzugehen, die aus Sicht der Kommission von großem Interesse und überaus wichtig sind.
Unseres Erachtens ist der wichtigste Punkt die große Beachtung, die der Berichterstatter innerhalb dieser gesamten Zusammenarbeit dem Zusammenwirken mit den nationalen Behörden und nationalen Parlamenten beimisst. Ich bin seinen Vorstellungen von einer sehr engen Zusammenarbeit mit den Petitionsausschüssen in den Mitgliedstaaten soeben sehr aufmerksam gefolgt. Es ist richtig: Sehr oft sind in Bezug auf die europäische Gesetzgebung die einzelstaatlichen Behörden für die Durchsetzung zuständig.
Zweitens: Ich verstehe Ihre Forderung nach mehr Verständlichkeit und mehr Benutzerfreundlichkeit in Bezug auf die Verbreitung und Vermittlung von Informationen von der Kommission. Wir versuchen hier unsere Arbeit zu verbessern, und ich möchte die Qualität der neuen Europa-Website hervorheben, durch die wir versuchen, die einschlägigen Informationen an die Petenten zu richten.
Drittens: Ich bin sehr froh darüber, dass es uns letzte Woche gelungen ist, die Rahmenvereinbarung zwischen dem Europäischen Parlament und der Kommission über das besondere Thema, das in diesem Bericht behandelt wurde, abzuschließen, nämlich die Informationen über die derzeitigen Befugnisse von Akteuren in Bezug auf Vertragsverletzungsverfahren. Ich freue mich, dass wir dafür eine Lösung gefunden haben.
Ich weiß, dass meine Redezeit abgelaufen ist und ich werde hier enden. Ich freue mich auf unsere Aussprache. Vielen Dank für einen ausgezeichneten Bericht.
Pascale Gruny, im Namen der PPE-Fraktion. – (FR) Herr Präsident, verehrtes Kommissionsmitglied, Kolleginnen und Kollegen! Zunächst möchte ich Herrn Iturgaiz Angulo zu seiner Arbeit beglückwünschen.
Ich bin mit dem Inhalt des Berichts einverstanden und möchte hier nicht weiter auf dieses Thema eingehen. Doch ich möchte zwei wichtige Punkte hervorheben, die Herr Iturgaiz Angulo zur Sprache gebracht hat. Zunächst einmal ist es wichtig, die Bürger über den Unterschied zwischen der Bürgerinitiative, dem Prozess der Einreichung einer Petition beim Parlament und der Rolle des Europäischen Bürgerbeauftragten zu unterrichten. Es herrscht immer noch zu große Verwirrung hinsichtlich der Aufgabe jedes Einzelnen. Zweitens: Bei der Begegnung mit Bürgern meines Wahlkreises stelle ich fest, dass sie noch nie etwas von dem Recht auf die Einreichung einer Petition beim Europäischen Parlament gehört haben. Wie können wir sicherstellen, dass die Unionsbürger davon eine klarere Vorstellung bekommen und dass sie in der Lage sind, vorhandene Mittel zu ihren Gunsten zu mobilisieren? Angesichts dessen ist es für das Europäische Parlament außerordentlich wichtig, über bessere Kommunikationsinstrumente zu verfügen.
Ist Ihnen bewusst, dass derzeit keine Website existiert mit einer klaren Erläuterung, wie eine Petition eingereicht wird? Ebenso stehen Personen, die eine Petition einreichen, keine Informationen zur Verfügung, anhand derer sie den Fortgang ihrer Petitionen beim Parlament in Echtzeit verfolgen könnten. Dieser Mangel an Transparenz ist mit nichts zu rechtfertigen.
Ein größeres Maß an Transparenz ist erforderlich, damit sich die Bürger bewusst werden, dass wir uns für sie einsetzen. Unser Ausschuss existiert und arbeitet zu ihrem Wohl, und wir sind hier, um sie anzuhören. Das Europäische Parlament muss alles in seiner Macht Stehende tun, um dieses Kommunikationsdefizit zu überwinden und die geleistete Arbeit hervorzuheben, die zwar nicht legislativer Natur, doch daher nicht weniger wichtig ist. Die Unionsbürger sollten unser Hauptanliegen sein und unser Ausschuss ist Tag für Tag darum bemüht, diesem Ziel gerecht zu werden.
Chrysoula Paliadeli, im Namen der S&D-Fraktion. – (EL) Herr Präsident, verehrtes Kommissionsmitglied! Auch ich möchte meinerseits als Stellvertretende Abgeordnete des Petitionsausschusses meinem guten Freund, Herrn Iturgaiz, für den überaus wichtigen Bericht, den er verfasst hat, danken, zumal er – nach der Bewertung der Statistiken – die entscheidende Rolle des Petitionsausschusses hervorhebt bei den Beziehungen zwischen den Bürgern der Union und dem Europäischen Parlament und Seite an Seite mit dem Europäischen Bürgerbeauftragten beim Aufbau des Vertrauens in die Europäische Union und ihre Vertreter.
Unter diesem Gesichtspunkt ist die Kommission dazu verpflichtet – und ich freue mich, dass Herr Šefčovič sich in diesem Sinne geäußert hat (er ist mir zuvorgekommen) – mit den Mitgliedern des Petitionsausschusses zusammenzuarbeiten: beim Abbau der bürokratischen Mentalität und bei Ihrer Unterstützung der Kommission im Hinblick auf eine effiziente Bearbeitung der Anfragen, die die Arbeit des Petitionsausschusses erleichtern, bei der regelmäßigen Bereitstellung von offiziellen Fortschrittsberichten über Vertragsverletzungsverfahren und bei der Errichtung eines neuen Webportals, mit dem Ziel, die Bürger über die verschiedenen Beschwerdemechanismen, die auf europäischer und nationaler Ebene zu ihrer Verfügung stehen, zu informieren.
Ich vertraue darauf, dass die Kommission Herrn Iturgaiz' Bericht gebührende Aufmerksamkeit widmet und ihre Schlussfolgerungen geltend macht in dem Bestreben, europäische Identität zu erreichen und Kohäsion zu schaffen.
Marian Harkin, im Namen der ALDE-Fraktion. – Herr Präsident! Zuerst möchte ich dem Berichterstatter für seinen äußerst umfassenden Bericht danken.
Ich war sechs Jahre stellvertretendes Mitglied des Petitionsausschusses und in dieser Zeit habe ich sehr eng mit verschiedenen Petenten zusammengearbeitet und anderen sehr aufmerksam zugehört.
Das Erste, was mich immer bewegt hat, ist die Tatsache, dass die Unionsbürger im Allgemeinen eine ganz andere Auffassung von den EU-Organen haben als wir Abgeordnete oder Sie als Kommissionsmitglied. Ich denke, wir müssen uns in die Rolle der Petenten versetzen. Wenn wir wirklich ein wirksames bürgerfreundliches Verfahren wollen, dann müssen wir eine Art Gremium aus Petenten bilden und hören, was sie zu sagen haben, und dies dann als Katalysator für einen positiven Wandel nutzen.
Für viele Bürger bedeutet die Einreichung einer Petition beim Parlament die letzte Etappe eines sehr langen Weges, und sie sind oft schon ziemlich frustriert. Wir haben eine Verantwortung, diesen Weg zu ebnen, und ich halte den Vorschlag, die Internetseite „Ihre Rechte in der EU“ zu einer anwenderfreundlichen, einzigen Anlaufstelle im Internet zu machen, wirklich für ausgezeichnet. Wir müssen die Bürger während des Prozesses aber auch mit klaren und zeitgerechten Erklärungen darüber unterstützen, was während des gesamten Verfahrens vor sich geht.
Das Thema der unzulässigen Petitionen taucht jedes Jahr wieder auf, und ich denke wir müssen hier realistisch sein. Wir werden den Bürgern niemals vollständig erklären, welche Befugnisse die Union hat und welche nicht; wichtiger noch ist aber, wenn eine Petition unzulässig ist, das dem Petenten dann klar und einfach zu erklären und – das ist ganz entscheidend – in der Antwort auch Vorschläge zu formulieren, wo er oder sie sich als nächstes hinwenden kann.
Abschließend noch zwei Punkte. Ich unterstütze Ziffer 17, in der die Kommission aufgefordert wird, sich mit irreführender Werbung durch Adressbuchfirmen zu befassen. Jahrein, jahraus sind kleine Unternehmen in vielen, wenn nicht allen Mitgliedstaaten Belästigungen ausgesetzt und vor die Androhung gerichtlicher Schritte durch die irreführende Werbung durch Adressbuchfirmen gestellt.
Schließlich ist in der Erwägung E davon die Rede, dass sich die europäischen Rechtsvorschriften unmittelbar auf das Leben der Bürger auswirken und dass die Bürger am besten ihre Wirksamkeit und ihre Unzulänglichkeiten bewerten können. Wir als Gesetzgeber und die Kommissionsmitglieder als Initiatoren der Gemeinschaftsgesetzgebung müssen das zur Kenntnis nehmen und eher als Element eines verstärkenden Kreislaufs zu nutzen, der die Wirksamkeit unserer Maßnahmen steigert, als eine Sackgasse zu sehen.
Margrete Auken, im Namen der Verts/ALE-Fraktion. – (DA) Herr Präsident! Auch ich möchte Herrn Iturgaiz für diesen wichtigen Bericht danken, der viele glänzende Passagen enthält. Da mir nur eine kurze Redezeit zur Verfügung steht, werde ich mich auf die von uns eingereichten Änderungsanträge beschränken.
Wir müssen eine klare Sprache sprechen, wenn die Bürger verstehen sollen, worin unsere Arbeit besteht. Es geht nicht darum, irgendjemand Schuld zuzuweisen, im Gegenteil, unsere Arbeit hat Früchte getragen. Die lokalen und einzelstaatlichen Behörden haben uns angehört. Es ist eine falsch verstandene Form von Höflichkeit, in diesen Dingen nur völlig abstrakt zu sein, und wirkt den guten Absichten vieler meiner Kollegen entgegen, unsere Arbeit bürgerfreundlicher zu machen.
Mit Änderungsantrag 1 wollen wir deutlich machen, dass der Europäische Gerichtshof natürlich über den nationalen Gerichten steht. In diesem Bericht kann der Eindruck entstehen, die nationalen Gerichte hätten das letzte Wort. Die Unionsbürger können jedoch selbstverständlich auch Fälle einbringen, die nicht in die Zuständigkeit der nationalen Gerichte fallen. Andernfalls wird es für die meisten Bürger geradezu unmöglich, nicht zuletzt auch aus finanziellen Gründen, dass ihre Beschwerden gehört werden.
Änderungsantrag 4 ist meines Erachtens wohl am wichtigsten. Wir wollen der Kommission nicht die Gelegenheit geben, sich ihrer Verantwortung im Hinblick auf die Einhaltung des Gemeinschaftsrechtes seitens der Mitgliedsstaaten zu entziehen. Es ist großartig, neue Methoden zu entwickeln, doch aus den Bemerkungen des Kommissionsmitglieds ging für mich nicht hervor, ob es sich dabei möglicherweise um einen Versuch der Kommission handelt, sich ihren Verpflichtungen zu entziehen, und das darf sie nicht.
Abschließend noch ein paar Worte zu Änderungsantrag 5 zu den internen Regeln und Arbeitsmethoden im Petitionsausschuss, der für das Plenum kaum von Belang ist. Ganz kurz: Die derzeitigen Regeln und Arbeitsmethoden funktionieren hervorragend, und denken sie an das Sprichwort: „Was nicht kaputt ist, soll man nicht reparieren.“ Wir haben mit dieser Debatte schon zu viel wertvolle Zeit verloren.
Zbigniew Ziobro, im Namen der ECR-Fraktion. – (PL) Herr Präsident! Zu Beginn möchte auch ich dem Berichterstatter für seine Arbeit danken.
Ich möchte betonen, dass das Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon entscheidende Auswirkungen auf die Arbeit des Ausschusses haben wird, obgleich die Anpassung der Ausschussarbeit an die neuen Anforderungen ein Ziel darstellt, das weitere Bemühungen erforderlich macht. Wir befinden uns jetzt in einer neuen Situation, in der das Parlament dazu aufgerufen ist, eine wesentliche Rolle einzunehmen, insbesondere bei der Arbeit an der neuen Bürgerinitiative, damit dieses Instrument sein Ziel im Rahmen des Beschlussfassungsprozesses der EU erreichen kann. Der Petitionsausschuss spielt bei der Umsetzung der Aufsichtsbefugnisse des Parlaments eine entscheidende Rolle. Es sei z. B. an Beschwerden darüber erinnert, wie deutsche Jugendämter Eltern aus anderen Mitgliedstaaten als Deutschland die Ausübung ihrer Elternrechte erschweren. Dieses Problem wurde vom Ausschuss geprüft und dieser machte auf Unregelmäßigkeiten in diesem Bereich aufmerksam.
Der Petitionsausschuss spielt auch eine wichtige Rolle bei der Überwachung der Arbeit der Europäischen Kommission. Als Beispiel können wir den Bericht über die Vorbereitungen für die Nord Stream-Investitionen anführen und den Verdacht, der aufkam, dass das Projekt nicht allen Umweltanforderungen gerecht wird.
Als dritter wesentlicher Aspekt ist im Zusammenhang mit den Diskussionen über die Arbeit des Petitionsausschusses zu erwähnen, dass die Charta der Grundrechte Rechtsverbindlichkeit erhält. Auch dieses Thema wird Gegenstand weiterer intensiver Arbeit des Petitionsausschusses sein.
Willy Meyer, im Namen der GUE/NGL-Fraktion. – (ES) Herr Präsident! Im Namen meiner Fraktion möchte auch ich mich den Glückwünschen und dem Dank an Herrn Iturgaiz anschließen. Es liegt uns hier ein ausführlicher Bericht vor über die intensive Arbeit, die von der Kommission im Jahr 2009 geleistet wurde.
Intensive Arbeit, die in Bezug steht zu Petitionen, die ein zunehmend effizientes Instrument für die Öffentlichkeit darstellen, sodass die Petitionen insgesamt im Vergleich zu 2008 stark zugenommen haben. Meines Erachtens deutet dies darauf hin, dass das Parlament in den Augen der Unionsbürger als sehr nützliches Instrument gilt, wenn es um die Vorlage jeglicher Art von Petition geht: Umweltprobleme, Grundrechte, Justiz, Binnenmarkt usw.
Es gibt immer mehr Petitionen: Ganz oben auf der Liste stehen Deutschland, Spanien, Italien und Rumänien; ich hoffe, das hat nichts mit dem Ergebnis von übermorgen zu tun und dass Deutschland nicht vor Spanien stehen wird. In jedem Fall haben wir es mit einem Instrument zu tun, das für die Öffentlichkeit wirklich sehr nützlich ist.
Diesem Bericht kommt das Verdienst zu, Aspekte, die der Wirksamkeit des Petitionsverfahrens halber berichtigt werden müssen, nicht nur zu beschreiben, sondern auch der Europäischen Kommission mitzuteilen.
Erstens geht die Vereinfachung der Einreichung von Petitionen uns alle an, auch dieses Parlament. Allerdings müssten wir die Antworten der Kommission zu diesem Verfahren in Bezug auf alles, was im Zusammenhang mit den Befugnissen der EU steht, wie z. B. die Wahrung des Ökosystems, die Umwelt, um ein Vielfaches beschleunigen, auch die Verwarnungen an die Mitgliedstaaten, denn oft ist es, wie die Kommission weiß, wenn die Briefe eintreffen oder sogar wenn der Gerichtshof der Europäischen Union tätig wird, zu spät und der Schaden ist irreversibel, der Umweltschaden ist unumkehrbar.
Deshalb halte ich es für sehr wichtig, dass wir in diesem konkreten Punkt tatsächlich in der Lage sein sollten, viel schneller eine Antwort zu finden: Die Antwort muss schneller erfolgen ab dem Moment des Eingangs der Petition und nachdem die Kommission ihre Zustimmung und dem Petenten Recht gegeben hat, dass ein Schaden entstanden ist oder dass Umweltschutzrichtlinien nicht eingehalten wurden, damit das Verfahren, wenn es den Gerichten vorliegt, schneller behandelt wird, um so zu versuchen, irreversible Schäden zu verhindern.
2009 haben wir diese Erfahrung gemacht: Es war ein Jahr mit erheblichen Auswirkungen auf mein Land, Spanien. Spanien gehört zu den Ländern, die am stärksten von unkontrollierter städtebaulicher Entwicklung betroffen sind, daher war der Bericht von Frau Auken damals sehr wichtig. Ich möchte Sie beispielsweise an den Hafen von Granadilla erinnern.
Unser jüngster Besuch in Huelva im Zusammenhang mit den Folgen der Verschmutzung des Flussdeltas zeigt, dass es wirklich ein sehr nützliches Instrument ist. Ich glaube, dass die Bürger uns dafür dankbar sein werden, wenn es uns gelingt, das Handeln der Kommission zu beschleunigen und zu vereinfachen und bei Verletzungen von Umweltschutzbestimmungen effizienter zu machen.
Angelika Werthmann (NI). - Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Das Petitionsrecht wurde durch den Vertrag von Lissabon als wichtiger Teil der Unionsbürgerschaft verankert. Staatsangehörige aus Deutschland und Spanien bringen mit großem Abstand die meisten Petitionen ein. Mein Heimatland Österreich liegt im Vergleich zu den Spitzenreitern weit abgeschlagen. Es ist meine Überzeugung, dass eine breite öffentliche Aufmerksamkeit positive Effekte auf eine vertiefte Integration der Europäischen Union haben kann.
Die Beschlüsse der Europäischen Union haben direkten Einfluss auf das tägliche Leben der Bürger und Bürgerinnen. Denn mittels einer Petition können Bürger und Bürgerinnen direkt Kontakt mit europäischen Institutionen haben – Institutionen, die oft als sehr abstrakt und bürokratisch wahrgenommen werden.
Doch auch die Institutionen gewinnen durch eine Petition. Denn oftmals wird über eine Petition die Umsetzungsweise von Unionsrecht ersichtlich. Ein Beispiel dazu ist etwa die gegenseitige Anerkennung von Ausbildung, beruflichen Qualifikationen und Berufserfahrung. Die EU unterstützt verschiedene Mobilitätsprogramme. Damit diese auch erfolgreich funktionieren, sollte eine gegenseitige Anerkennung sichergestellt sein.
Bürger und Bürgerinnen der Union werden im Europäischen Parlament vertreten. Schon aus diesem Grunde ist es wichtig, dass sie sich mittels Petitionen direkt an uns wenden können. Als Mitglied des Petitionsausschusses setze ich mich jedenfalls aktiv für einen größeren Bekanntheits- und Wirkungsgrad des Ausschusses ein. Wenn es mehr Wissen über die Zuständigkeit der EU gäbe, dann könnte man auch das Problem des großen Umfangs von unzulässigen Petitionen in den Griff bekommen.
Und – last but not least – möchte auch ich mich für den Bericht bedanken!
Erminia Mazzoni (PPE). – (IT) Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte Herrn Šefčovič begrüßen und weise auf die Abwesenheit des Vertreters des Rates bei dieser Aussprache hin.
Herr Präsident, wie Sie wissen, hat die Europäische Union das Konzept der Unionsbürgerschaft über die Jahre gestärkt, da dies für ihre politische Legitimation von grundlegender Bedeutung ist, und vor allem für die Förderung ihres Ziel der demokratischen Repräsentanz. Wie überall in internationalen Gremien kann auch die Europäische Union keine Maßnahmen ergreifen, die nicht in den Anwendungsbereich des Vertragsrechts fallen, noch kann sie ihre Befugnisse breiter auslegen.
Und doch hat sie einen besonderen Charakter, der auf den europäischen Traum ihrer Gründer zurückgeht, die ihr das Merkmal „vom Volk ausgehend“ zuschrieben. Insbesondere durch den letzten Vertrag, den Vertrag von Lissabon – der unlängst in Kraft getreten ist –, rücken die Europäischen Organe in einen politischen Rahmen mit dem Ziel einer größeren Beteiligung der Bürger, den Eckpfeilern des Europas der Völker, das wir im Aufbau begriffen sind.
Der Petitionsausschuss des Europäischen Parlaments ist das einzige direkte Instrument für die aktive Beteiligung der Bürger in den Europäischen Organen. Es genügt wohl zu sagen, dass der Ausschuss seine Tagesordnung nach den Ersuchen der Bürger und nicht auf Anweisung der Kommission festlegt. Das Parlament und die Kommission sollten seine Arbeit und Ergebnisse stärker berücksichtigen.
Aus den Daten des Berichts für 2009 – zu dem ich Herrn Iturgaiz Angulo beglückwünschen möchte – geht ein sehr beachtlicher Anstieg der Beteiligung hervor, trotz der Zurückhaltung, die die Europäische Kommission in der Vergangenheit zweifellos bei der Zusammenarbeit mit dem Petitionsausschuss an den Tag gelegt hat.
Im letzten Jahr haben wir die internen Verfahren verbessert, wir haben eine Überprüfung der Methode zur Prüfung der eingegangenen Petitionen eingeleitet und – wie von allen bereits erwähnt wurde – ein System zur Modernisierung des Webportals vorgeschlagen, damit es für die Bürger benutzerfreundlicher ist. Es war ein erfolgreiches Jahr …
(Der Präsident unterbricht die Rednerin)
Abschließend möchte ich einen Wunsch für das nächste Jahr äußern: Ich hoffe auf eine bessere Zusammenarbeit mit der Kommission und teile damit Herrn Šefčovič' Worte und seine drei Punkte, die so hoffe ich, umgesetzt werden. Ich hoffe des Weiteren, dass dieser Ausschuss eine besondere Rolle bei dem Verfahren einnehmen kann, das über die Bürgerinitiative zur Diskussion steht.
Kinga Göncz (S&D). – (HU) Auch ich möchte meine Glückwünsche für diesen Bericht aussprechen. Ich denke, er bietet präzise Informationen über das Jahr 2009, das ein schwieriges Jahr war. Rund zwei Drittel der Mitglieder des Petitionsausschusses wurden abgelöst, während die Zahl der Petitionen anstieg, auch wenn dieser Anstieg nur relativ gering war. 2009 war auch deshalb ein spannendes Jahr, weil die Europäische Union versuchte, das Demokratiedefizit durch die Ratifizierung und das Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon auszugleichen.
Zwar ist der Petitionsausschuss nicht an den Rechtsetzungsverfahren beteiligt und wird daher von vielen für weniger wichtig gehalten, doch trägt er entscheidend zum Abbau des Demokratiedefizits bei, indem er Beziehungen zwischen den Bürgern und den Organen der EU herstellt. Die Rückmeldung über den leichten Anstieg der eingereichten Petitionen ist für uns sehr wichtig. Allerdings ist die Zahl der unzulässigen Petitionen nicht sehr gesunken. Die Bereitstellung von Informationen sollte verbessert werden, damit die Bürger wissen, in welchen Fällen sie beim Petitionsausschuss eine Petition einreichen können.
Meiner Ansicht nach sind die derzeitigen Bereiche, die Anlass zur Einreichung von Petitionen geben, für uns alle ein weiteres wichtiges Feedback. Dabei handelt es sich in der Regel um die Bereiche, in denen EU-Recht nicht ordnungsgemäß umgesetzt oder nicht hinreichend durchgesetzt wird oder in denen die Unionsbürger die europäischen Befugnisse gestärkt sehen wollen, wie z. B. in den Bereichen Umweltschutz und Menschenrechte. Die Zahl der Petitionen im Zusammenhang mit den Bereichen Freizügigkeit, Justiz und Binnenmarkt nimmt stetig zu. Ich glaube, sie sind alle sehr wichtig.
Ferner möchte ich betonen, dass der Ausschuss eine enge Zusammenarbeit mit der Europäischen Kommission entwickeln muss, insbesondere mit Kommissionsmitglied Šefčovič. Ohne seine Unterstützung wäre der Ausschuss weit weniger effizient. Aus meiner Sicht muss unbedingt dafür Sorge getragen werden, dass die Entscheidungen schnell getroffen werden: in bestimmten Bereichen, in denen unwiderrufliche Schäden entstehen können, falls wir nicht schnell genug handeln. Der Faktor Zeit ist überaus wichtig, auch aus vielen anderen Gründen, deshalb ist die Zusammenarbeit mit der Kommission von großer Bedeutung. Ich möchte noch eines sagen. Wir können Petitionen nicht in allen Sprachen gleich schnell bearbeiten. Das Verwaltungspersonal des Ausschusses verfügt nicht über ausreichend Mitarbeiter, die „kleine“ Sprachen sprechen. Auch in diesem Bereich sind Verbesserungen erforderlich, und die Verfahren in diesen Sprachen müssen beschleunigt werden.
Peter Jahr (PPE). - Herr Präsident! Das Petitionsrecht ist eines der wichtigsten Rechte der Bürger der Europäischen Union. Dadurch können sie auf mögliche Verletzungen ihrer Rechte oder Missstände in der Europäischen Union aufmerksam machen. Damit sind die eingereichten Petitionen ein guter Gradmesser für das Funktionieren des europäischen Rechtssystems. Deshalb freue ich mich, dass mit rund 1 900 Petitionen noch einmal mehr Petitionen eingereicht wurden als im Jahr 2008.
Aber die Bürger haben auch ein Recht auf eine angemessene, ausreichende und kurzfristige Antwort. Das heißt, wir müssen gemeinsam unsere Arbeit und unsere internen Verfahrensabläufe optimieren. Das heißt erstens: Die so genannten Nichtpetitionen müssen schneller aussortiert werden. Sie gehören nicht in den offiziellen und umfangreichen Geschäftsgang. Zweitens: Petitionen, für die wir nicht zuständig sind, müssen schneller abgewiesen oder überwiesen werden. Und drittens: Die Abgeordneten des Petitionsausschusses sollten schneller in einen Dialog mit den Petenten kommen.
Der Petitionsausschuss hat hier eine große Chance, die Europäische Union für die Bürger ein wenig lebendiger zu machen. Ich denke, wir werden gemeinsam – wir, das heißt, der Petitionsausschuss, die Kommission und die zugeteilte Verwaltung – diese Chance in der nächsten Zeit umfangreich und angemessen nützen.
Noch einmal vielen Dank an den Berichterstatter für seinen guten Bericht!
Simon Busuttil (PPE). – (MT) Auch ich möchte zu Beginn meinen Kollegen, Herrn Iturgaiz, zu seinem Bericht beglückwünschen. Sein Bericht ist wichtig, denn er wurde von einem wichtigen Ausschuss erstellt, und der Petitionsausschuss ist wichtig, weil er die Brücke bildet zwischen uns und den Bürgern der Union. Das Positive an diesem Ausschuss ist die Tatsache, dass er nicht nur den Bürgern die Möglichkeit bietet, sich zu äußern, sondern er stellt auch sicher, dass sie angehört werden, was möglicherweise wichtiger ist. Es gibt wenige Stellen, wo Bürger das Gefühl haben, wirklich gehört zu werden, und dieser Ausschuss ist sicherlich einer davon.
Ich möchte auf einen Bericht abheben, den ich Ende 2006 im Namen des Petitionsausschusses zu irreführender Werbung durch Adressbuch-Firmen erstellt habe: Adressbuch-Firmen, die Bürger und kleine Unternehmen dazu animieren, darin zu inserieren, ohne zu wissen, dass es sich dabei um kostenpflichtige Inserate handelt. Einrichtungen wie Organisationen, Schulen und Buchhandlungen, die nicht einmal kleine Unternehmen sind, werden zu Opfern dieser Adressbuch-Firmen. In diesem Bericht habe ich die Kommission ersucht, einen Legislativvorschlag zu unterbreiten, durch den dieses Problem ein für alle Mal behoben würde. Dazu ist es leider nicht gekommen, und ich werde weiterhin darauf drängen, dass das geschehen muss. Deshalb bitte ich das Kommissionsmitglied, dies zur Kenntnis zu nehmen, weil ich es für überaus wichtig halte.
Lena Kolarska-Bobińska (PPE). – (PL) Herr Präsident! Der Bericht zeigt sehr deutlich, wie wichtig der Petitionsausschuss und das gesamte Petitionssystem für die europäische Demokratie sind. Denn hier gehen wir auf die Probleme ein, mit denen die Bürger im alltäglichen Leben konfrontiert sind. Doch noch etwas anderes ist sehr wichtig: Die Bürger teilen uns mit, wenn die Europäische Rechtsetzung von den Institutionen der Mitgliedstaaten oder den Mitgliedstaaten selbst nicht eingehalten wird. Im Petitionsausschuss erörtern wir diese Angelegenheiten und gelangen zu Schlussfolgerungen dazu, doch danach wissen wir nicht, ob die Mitgliedstaaten unsere Ergebnisse zur Kenntnis genommen haben.
Wir verfügen also über keinen echten Mechanismus, mit dem überwacht werden könnte, ob unsere Arbeit effektiv ist oder ob unsere Erkenntnisse auf Gehör gestoßen sind und berücksichtigt wurden. Außerdem ist es sehr schwierig, Kontrolle auszuüben, wenn es keine Weiterverfolgung gibt und wir nicht wissen, was anschließend geschieht. Zudem kommt es vor, dass bestimmte Petitionen wieder zu uns zurückkommen und die Beschwerden von Neuem beginnen.
Ein Beispiel ist eine Petition von 2006, die nun im Jahr 2010 wieder bei uns eingetroffen ist, und wir werden sie noch einmal prüfen. Der Petent setzte sich dem Bau der Gaspipeline auf dem Grund der Ostsee zwischen Russland und Deutschland entgegen und zeigte die Risiken auf, die sie für die natürliche Umwelt mit sich bringt. 2008 nahm das Europäische Parlament einen Bericht an und forderte, den Bau der nördlichen Gaspipeline in der Ostsee zu stoppen. Der Ausschuss forderte die Europäische Kommission nachdrücklich dazu auf, zu überprüfen, ob eine gründliche Bewertung der ganzen Lage durchgeführt wurde und ob die Europäische Kommission den Gegenstand überwachte. Es stellte sich heraus, dass es keine Überwachung gab, und die Angelegenheit ist zu uns zurückgekommen. Wir müssen also sehr genau überlegen und ein System schaffen, mit dem wir verfolgen können, was mit den Petitionen geschieht, wenn wir sie abgeschlossen haben.
Mairead McGuinness (PPE). – Herr Präsident! Ich möchte mich bei dem Berichterstatter bedanken. Ich möchte meine Redezeit darauf verwenden, das Plenum auf die Arbeiten des Petitionsausschusses in den Jahren 2006 und 2007 aufmerksam zu machen, als wir einen Untersuchungsausschuss für Equitable Life einsetzten. Ich war die Vorsitzende des Ausschusses. Das Parlament stimmte im Jahr 2007 über einen Bericht ab und forderte die Regierung des Vereinigten Königreichs dazu auf, seine Verantwortung anzuerkennen und die Versicherungsnehmer der Equitable Life im Vereinigten Königreich, in Irland, Deutschland und anderswo zu entschädigen. Einige von Ihnen haben möglicherweise Eingaben von Ihren Wählern erhalten, die über die Höhe der Entschädigung beunruhigt sind. Es gibt Hinweise, dass sich die Entschädigung nur auf 20 % beläuft. Dies ist nicht, was der Ausschuss, dessen Vorsitzende ich war, beabsichtigte. Ich möchte, dass das Parlament und insbesondere die Kommission dies sehr sorgfältig prüfen. Meiner Ansicht nach sollte die neue britische Regierung dem nachkommen, was sie in ihrem Eröffnungsstatement erklärt hat, und der Verpflichtung folgen, alle Versicherungsnehmer auf angemessene und gerechte Weise zu entschädigen.
Sonia Alfano (ALDE). – (IT) Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Meiner Ansicht nach ist das Petitionsrecht eines der wichtigsten Instrumente, das den Unionsbürgern zur Verfügung steht, um aktiv an den politischen Tätigkeiten der Europäischen Union teilzunehmen.
Mein Abgeordnetenmandat sehe ich im Sinne des Dienstes und des Respekts gegenüber dem Bürger und des Vorrangs, den dieser in den Entscheidungen des Europäischen Parlaments einnehmen muss und habe mich oft mit den eingereichten Petitionen befasst ...
(Der Präsident bittet die Rednerin, langsamer zu sprechen)
Ich habe mich oft mit den eingereichten Petitionen und ihrem Fortgang im zuständigen Ausschuss befasst. Leider habe ich festgestellt, dass – obwohl in Artikel 5 Absatz 3 der Geschäftsordnung des Parlaments vorgesehen ist, dass Mitglieder das Recht haben, alle im Besitz des Parlaments oder eines Ausschusses befindlichen Akten einzusehen – die interne Datenbank E-Petition nur für Mitglieder des zuständigen Ausschusses zugänglich ist. Ich habe mich an den betreffenden Ausschuss gewandt, jedoch keine Antwort erhalten.
Ich denke, dass dieser Diskriminierung, die die Bedeutung der Petitionen der Bürger schmälert und die Arbeit des parlamentarischen Ausschusses untergräbt, unverzüglich Abhilfe geschaffen werden muss. Wir haben wenig Zeit, Herr Präsident, deswegen versuchen wir alles in einer Minute zu sagen.
Elena Băsescu (PPE). – (RO) Zuerst möchte ich Herrn Iturgaiz zu all seinen Bemühungen bei der Erstellung dieses Berichts beglückwünschen.
Durch den Vertrag von Lissabon wird das Recht der Unionsbürger zur Einreichung von Petitionen beim Europäischen Parlament bestätigt. Diese Petitionen müssen jedoch konkret unter einen der Tätigkeitsbereiche der EU fallen, sodass sie behandelt werden können.
Deshalb habe ich einen Änderungsantrag eingereicht mit der Forderung, dass das zukünftige interaktive Petitionsportal die Zuständigkeiten der EU in verschiedenen Bereichen so ausführlich wie möglich beschreibt. Nur auf diese Weise lassen sich bestehende Verwirrungen zwischen den Befugnissen der EU und den einzelstaatlichen Befugnissen ausräumen und die Zahl der für unzulässig erklärten Petitionen verringern.
Ich meine, dass die Kommission in der Zukunft kontinuierlich mit dem Europäischen Bürgerbeauftragten zusammenarbeiten muss, um die Erstellung von Spezialberichten, wie jenem zu der 2008 eingereichten Beschwerde 676, zu vermeiden.
Anneli Jäätteenmäki (ALDE). – (FI) Herr Präsident! Meine Glückwünsche gehen an Herrn Iturgaiz Angulo für einen überaus informativen Bericht. Ich bin kein Mitglied des Petitionsausschusses, doch dieser Bericht gibt eine ausgezeichnete Vorstellung von seiner Arbeit und ebenfalls von der Nützlichkeit des Petitionsverfahrens.
Das Petitionsverfahren ist nützlich, auch wenn die Öffentlichkeit damit nicht sehr vertraut ist. In diesem Bereich gibt es noch recht viel zu tun. Auch nach dem Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon und der Schaffung der Bürgerinitiative wird es noch viel zu tun geben. Wenn über ihre Regeln beraten wird, werden wir uns auf die Arbeit des Petitionsausschusses beziehen und nicht versuchen, das Rad neu zu erfinden. Zum Anderen müssen die Bürger so umfassend wie möglich darüber informiert werden, dass eine Petition etwas anderes ist als eine Bürgerinitiative.
Andrzej Grzyb (PPE). – (PL) Herr Präsident! Der Bericht ist ebenso interessant wie die Arbeit des Ausschusses. Kürzlich und insbesondere in der letzten Legislaturperiode, ist der Ausschuss durch bestimmte Berichte bekannt geworden. Interessant sind aber auch die Schlussfolgerungen des Berichterstatters, von denen ich die Notwendigkeit einer besseren Zusammenarbeit mit den nationalen Parlamenten und ebenfalls die Zugänglichkeit der Informationen für den Bürger hervorheben möchte. Ich stimme durchaus mit Frau Gruny überein, dass wir uns mehr darum bemühen müssen, die Bedeutung der Petitionen, die Arbeit des Bürgerbeauftragten und die Rolle, die die Bürgerinitiative spielen kann, bekannt zu machen.
Darüber hinaus, halte ich es für sehr wichtig, Informationen zur Verfügung zu stellen über den Fortgang einer Petition sowie Informationen über die Umsetzung einer Entschließung, die aufgrund der Arbeit des Petitionsausschusses angenommen wurde. Ein Beispiel, das auch Frau Kolarska-Bobińska schon angesprochen hat: Eine Entschließung zu Nord Stream wurde angenommen, doch die Bürger in meinem Land zum Beispiel fragen nun, was seitdem passiert ist. Wie wirkt sich die Entschließung aus? Das ist in der Tat eine Reaktion auf das, was das Europäische Parlament tut.
Czesław Adam Siekierski (PPE). – (PL) Herr Präsident! Zu Beginn möchte ich die zunehmende Bedeutung des Petitionsausschusses als Einrichtung hervorheben und unterstreichen, die zu Recht dem durchschnittlichen EU-Bürger zu Hilfe kommt. Das Recht, beim Europäischen Parlament Petitionen einzureichen, ist eine bedeutende Form der Demokratie auf europäischer Ebene. Für viele Bürger, die von unterschiedlichen Problemen betroffen sind, ist es ein wichtiges Mittel, ihre Interessen zu verteidigen.
Ich möchte die Notwendigkeit der Zusammenarbeit und des Kontakts zwischen dem Petitionsausschuss des Europäischen Parlaments und den Petitionsausschüssen in den nationalen Parlamenten unterstreichen, um ein gemeinsames und ergänzendes System für die Verteidigung der Bürgerrechte zu entwickeln. Die Kontrollfunktionen des Petitionsausschusses in Bezug auf die Arbeit der Europäischen Kommission sind dabei außerordentlich wichtig.
Zum Schluss möchte ich darauf hinweisen, dass es erforderlich ist, die Bürger mit den Befugnissen der verschiedenen Einrichtungen auf europäischer und einzelstaatlicher Ebene vertraut zu machen.
Maroš Šefčovič, Vize-Präsident der Kommission. – Herr Präsident! Wenn ich versuche die wichtigsten Punkte der Aussprache herauszustellen, so kann ich sie, glaube ich, in drei Hauptgruppen einteilen: erstens bessere Kommunikation und bessere Verbreitung von Informationen, zweitens die Zusammenarbeit zwischen dem Europäischen Parlament und der Kommission im Bereich Petitionen und drittens sämtliche Themen im Zusammenhang mit den Vertragsverletzungsverfahren.
Was die verbesserte Kommunikation anbetrifft, pflichte ich den Damen und Herren Abgeordneten bei, dass wir zweifellos versuchen müssen, Informationen besser zu verbreiten und den Unionsbürgern deutlich zu machen, was die Europäische Bürgerinitiative ist, wodurch sie sich von Petitionen unterscheidet, was der Unterschied zu einer Petition ist, welche die diesbezüglichen Rechte sind und welche Rechte den Bürgerbeauftragten betreffen. Die Informationen über die EU genügen nicht, und ich denke, hier müssen wir zusammenarbeiten im Hinblick auf eine verbesserte Informationsverbreitung.
Wir haben versucht, die Kommunikationsinstrumente, die der Kommission durch die verbesserte Website zur Verfügung stehen, zu verbessern. Wie ich in meinen einführenden Bemerkungen sagte, zielt die neue Europa-Website genau darauf ab, dieses Problem zu beheben. Wir haben den Ausschuss für Binnenmarkt und Verbraucherschutz bereits über die Arbeiten an der Website informiert, und der Ausschuss wird diese Informationen sehr gern an den Petitionsausschuss weitergeben. Wir würden Bemerkungen vom PETI-Ausschuss – oder von anderen Ausschüssen des Europäischen Parlaments – dazu begrüßen, wie ihrer Auffassung nach die Website verbessert werden kann und wie wir Informationen effizienter unseren Bürger übermitteln.
Mit der Annahme der Europäischen Bürgerinitiative werden unsere Bürger über ein neues Instrument verfügen, mit dem Ziel, die Richtung vorzugeben für alle, die wir an den europäischen Rechtsvorschriften arbeiten. Ich möchte vor allem dem PETI-Ausschuss herzlich danken, weil seine Erfahrungen und Ratschläge bei der Vorbereitung des Entwurfs der Verordnung zur Europäischen Bürgerinitiative (EBI) sehr wichtig waren. Ich bin sicher, wir werden in den kommenden Tagen und Monaten sehr eng zusammenarbeiten – wenn dieses Thema erörtert wird und im Europäischen Parlament zur Debatte steht und es die EBI einmal gibt –, im Hinblick darauf, wie wir noch besser mit diesem Instrument arbeiten können und mit den Bürgern, die es dann verwenden werden.
Die Kommission steht einer sehr engen Zusammenarbeit mit dem Europäischen Parlament aufgeschlossen gegenüber, weil uns bewusst ist, wie wichtig Petitionen für unsere Bürger sind, und wir die Auffassung vertreten, dass die beste Antwort korrekt, schnell und zeitgerecht sein muss. Falls es nämlich zu Verzögerungen kommt, sind die Bürger frustriert. Manchmal ist es jedoch nicht einfach, schnelle Antworten zu liefern, weil sehr eingehende Prüfungen und sorgfältige Studien über die rechtlichen Aspekte durchgeführt werden müssen. Es ist viel Hintergrundarbeit zu leisten, sodass Dinge manchmal Zeit brauchen, doch ich bin sicher, dass wir mit dem Parlament zusammenarbeiten werden, indem wir nach Möglichkeiten suchen, wie wir das Verfahren in diesem Bereich verbessern und beschleunigen können.
Der letzte Punkt betrifft die Vertragsverletzungen. Ich möchte den Abgeordneten versichern, dass wir dieses Thema sehr ernst nehmen, wie aus der Liste der anhängigen Vertragsverletzungsverfahren ersichtlich ist. Es handelt sich um einen regulären Prozess in der Kommission. Vorrangiges Ziel der Kommission ist es, alle Mitgliedstaaten dazu zu veranlassen, die europäischen Rechtsvorschriften und alle Richtlinien einzuhalten. Wir versuchen alle uns zur Verfügung stehenden Mittel dafür einzusetzen, u. a. Meinungsaustausch und die Ermutigung der Mitgliedstaaten, die unzureichende Umsetzung europäischer Rechtsvorschriften zu verbessern. Sollte dies keinen Erfolg haben, werden wir den Europäischen Gerichtshof anrufen, mit dem Klagegrund, die unangemessene Umsetzung der europäischen Rechtsvorschriften zu berichtigen. Das Parlament hat in der Vergangenheit mehr Informationen über Vertragsverletzungsverfahren gefordert. Ich freue mich sehr darüber, dass wir uns jetzt darüber verständigt haben, wie dies in der Zukunft geschehen wird, wenn die Rahmenvereinbarung zwischen Parlament und Kommission in Kraft getreten ist. Ich bin sicher, mit den zusätzlichen Informationen, die Ihnen zur Verfügung stehen werden, können Sie auch in den Mitgliedstaaten ihre Rechte ausüben und darauf hinwirken, dass die europäischen Rechtsvorschriften eingehalten werden.
Ich habe die anderen ausführlichen Fragen und Bemerkungen zur Kenntnis genommen und werde sie an die betreffenden Dienststellen weiterleiten.
Carlos José Iturgaiz Angulo, Berichterstatter. – (ES) Herr Präsident! Ich danke allen Kolleginnen und Kollegen für ihre Beiträge.
Ich glaube, durch alle Redebeiträge meiner Kollegen und Kolleginnen zieht sich ein roter Faden: Die Bedeutung des Petitionsausschusses, und zwar, weil das Vertrauen und die Hoffnung tausender von Bürgern, dass ihre größten und wahren Probleme gelöst werden können, auf diesem Ausschuss ruhen.
Deshalb hat der Petitionsausschuss unter allen Ausschüssen – verschiedene Mitglieder haben darauf hingewiesen – die unmittelbarste Beziehung zu den Bürgern, denn die europäischen Bürger sind direkt darin eingebunden. Aufgrund seiner Bedeutung muss dieser Ausschuss erhalten und offene Probleme müssen gelöst werden, damit wir alle – das Parlament, die Kommission und die Petenten – wahrnehmen, dass der Ausschuss womöglich noch nützlicher ist.
Mit Ihrer Zustimmung, Herr Präsident, möchte ich zum Schluss den Kommissar um Kenntnisnahme bitten. Ich weiß, dass der Kommissar das tun wird, weil zahlreiche Beschwerden, die wir von unseren Kollegen gehört haben, völlig gerechtfertigt sind. Die hier vorgetragenen Bemerkungen sind vollkommen gerechtfertigt: Es besteht Informationsmangel, und es ist wahr, dass manche Petitionen zum Stocken kamen und nicht abgeschlossen wurden.
Ich bin daher der Ansicht, dass wir uns nicht beirren lassen dürfen, sondern dem Thema bis zum Ende gerecht werden sollen. Die Petitionen, die eingeleitet wurden und anhängig sind und bei denen noch viele ungelöste Fragen offen sind, müssen gelöst werden. Ich glaube, dass Sie in Ihrer Eigenschaft als Kommissionsmitglied darum bemüht sein müssen, Lösungen für die Beschwerden zu finden, die Sie heute hier in diesem Parlament gehört haben.
Der Präsident. – Die Aussprache wird geschlossen.
Die Abstimmung findet morgen statt (Dienstag, 6. Juli 2010).
Schriftliche Erklärungen (Artikel 149)
Jim Higgins (PPE), schriftlich – Ich bin sehr erfreut, dass die Zahl der eingereichten Petitionen kontinuierlich gestiegen ist. in großem Maße hat dazu auch die Möglichkeit beigetragen, Petitionen online einzureichen. Im Jahr 2009 wurden 65 % der Petitionen online eingereicht, und ich bin stolz sagen zu können, dass Irland die höchste Zahl an eingereichten Petitionen pro Kopf in der EU verzeichnet. Der Petitionsausschuss ist ein wertvolles Instrument, um Europa mittels seiner direkten Interaktion mit den Petenten in das Leben der europäischen Bürger zu bringen. 2009 wurden 54 % der eingegangenen Petitionen für unzulässig erklärt. Dies ist eine Besorgnis erregende Tendenz, die, sollte sie anhalten, die Effektivität des Ausschusses in Frage stellen würde. Die meisten Petitionen, die für unzulässig erklärt wurden, ergeben sich aus den Unklarheiten, die bezüglich der Befugnisse und Zuständigkeiten des Petitionsausschusses bestehen. Wir müssen dringend Kampagnen zur Information der Bürger über die Befugnisse und Zuständigkeiten des Petitionsausschusses durchführen – dies könnte durch eine einzige Anlaufstelle im Internet geschehen, wo nachvollziehbar erklärt wird, was in die Befugnisse und Zuständigkeiten des Ausschusses fällt, und Informationen über andere Methoden bereitgestellt werden, durch die dem Problem der Nicht-Petitionen Abhilfe geschaffen werden kann. Der Petitionsausschuss spielt eine maßgebliche Rolle, indem er die Befugnisse Europas den Bürgern überträgt, welche am besten in der Lage sind, die Unzulänglichkeiten der Mitgliedstaaten bei der Umsetzung der EU-Politik einzuschätzen.
VORSITZ: STAVROS LAMBRINIDIS Vizepräsident
20. Ausführungen von einer Minute (Artikel 150 GO)
Der Präsident. – Der nächste Punkt sind die Ausführungen von einer Minute zu Fragen von politischer Bedeutung (Artikel 150).
Elena Băsescu (PPE). – (RO) Zuallererst möchte ich den Flutopfern in Rumänien mein Mitgefühl ausdrücken.
23 Menschen sind ums Leben gekommen und mehr als 18 000 wurden evakuiert. Von den Fluten betroffen sind 530 Dörfer in 37 Bezirken, rund 9 000 Haushalte und 60 000 Hektar Ackerland sowie 41 Nationalstraßen. Und die Schäden werden von Tag zu Tag größer.
Eine Priorität ist im Moment die Errichtung eines 4,5 km langen Dammes in der Hafenstadt Galaţi, um sie vorm Hochwasser der Donau zu schützen. Falls der Damm bricht, wird es zu einer echten Katastrophe kommen. Es werden mehr als 8 000 Menschen betroffen sein sowie die wichtigsten Wirtschaftsakteure in Galaţi.
Die rumänische Regierung hat angekündigt, dass sie die Unterlagen zur Beantragung von Mitteln aus dem EU-Solidaritätsfonds bis zum 15. Juli einreichen wird. Ich appelliere an die Europäische Kommission, nach einer präzisen Bewertung der entstandenen Schäden Rumänien so bald wie möglich Mittel aus diesem Fonds zur Verfügung zu stellen.
Alf Svensson (PPE). – (SV) Herr Präsident! Unsere Medien sind derzeit voll von Berichten über Kürzungen und Einsparungen, die für Länder vorgenommen werden müssen, damit diese in der Lage sind, ihre Schulden zu bewältigen, die der Bevölkerung aufgebürdet worden sind. An sich ist es verständlich, dass darüber viel geschrieben wird, aber es gibt natürlich auch diejenigen, die nichts mehr einsparen können, da sie ohnehin keinerlei Mittel haben. Viele dieser unserer Mitmenschen leben in Afrika. Bald werden die Fernsehkameras nicht mehr auf die Fußballweltmeisterschaft in Südafrika gerichtet sein. Ich hoffe, dass wir dann ein neues Licht auf die armen Länder südlich der Sahara werfen können., Wir müssen handeln, denn es ist skandalös, dass Menschen verhungern und verdursten und nichts haben, um Leib und Seele zusammenzuhalten. Daher denke ich, wir sollten den Mut haben, die Mauern zwischen der Privatwirtschaft und dem Staat niederzureißen und es Unternehmern erlauben, auf andere Art Hilfe zu leisten, als wir es in der Vergangenheit getan haben.
Antonio Masip Hidalgo (S&D). – (ES) Herr Präsident! Aus diesem Forum der Freiheit möchte ich Herrn José Saramango gedenken, den ich dank seines großen Interesses an zwei Schriftstellern aus meiner Heimatstadt, Oviedo, getroffen habe: Leopoldo Alas und Ángel González. Oviedo, das, wenn sich der gesunde Menschenverstand durchsetzt, europäische Kulturhauptstadt 2016 sein wird.
José Saramango war engagiert. Sein Widerstand gegen den Irakkrieg ist unvergessen, ebenso sein Einsatz für die großen Sorgen der kleinen Leute, so wie die von Aminatou Haidar und des ganzen Volks der Saharaui. Er war ein Kommunist, der den Mumm hatte, die Auswüchse des Regimes in Kuba zu kritisieren, er war jedoch in erster Linie ein großartiger Schriftsteller. Er hat unauslöschliche Spuren in Portugal, Iberien, Europa und der ganzen Welt hinterlassen.
Mach weiter, José-Saramango-Stiftung! Mach weiter, Pilar del Río!
Maria Eleni Koppa (S&D). – (EL) Herr Präsident! Als Kandidatenland muss die Türkei die Werte und Ziele der Europäischen Union, so wie sie in den Verträgen festgeschrieben sind, teilen. Es ist daher von grundlegender Bedeutung, dass sie sich zu gutnachbarlichen Beziehungen verpflichtet, wozu sie das Europäische Parlament und der Rat wiederholt aufgefordert hat, obwohl eine Verpflichtung über Worte hinausgeht. Am 30. Juni gab es seitens der Türkei eine weitere Provokation im Seegebiet der nördlichen Ägäis innerhalb des griechischen Festlandsockels. Das türkische Schiff für hydrografische und ozeanografische Forschung Cesme fuhr 13 Meilen nördlich der Insel Samothraki und 10 Meilen vor der Küste von Thrakien, ohne die griechische Seite über seinen Kurs und seine Aktivitäten zu unterrichten.
Eine Verbesserung der bilateralen Beziehungen liegt sowohl im Interesse Griechenlands als auch der Türkei. Die türkische Führung sprach kürzlich von einem neuen Klima in den griechisch-türkischen Beziehungen. Jedoch werfen die systematischen Verletzungen der Küstengewässer und des Luftraums durch die Türkei viele unbeantwortete Fragen über die Aufrichtigkeit ihrer Absichten auf.
Ich möchte von dieser Bühne aus noch einmal die zuständigen Organe der Europäischen Union dazu aufrufen, eine deutliche und nachdrückliche Botschaft über dieses unziemliche Verhalten nach Ankara zu senden.
Karin Kadenbach (S&D). - Herr Präsident! Zu den größten Fortschritten der Medizin zählt sicher die Entdeckung der Immunisation. Die Impfprogramme für Kinder sind eine europäische Erfolgsgeschichte. Krankheiten, die noch im letzten Jahrhundert tausende Kinder die Gesundheit und manchmal auch das Leben gekostet haben, sind quasi ausgerottet. So jährt sich heuer die Ausrottung der Pocken zum dreißigsten Mal.
Die Wahrnehmung für impfpräventable Krankheiten nimmt ab und damit die Motivation, sich oder seine Kinder impfen zu lassen. Rückläufige Impfmotivation führt jedoch zu rückläufigen Durchimpfungsraten. Und so treten Krankheiten wie Masern und Röteln, deren Ausrottung bereits in Reichweite schien, wieder verstärkt auf. Wird ein Kind gegen ansteckende Krankheiten geimpft, so zieht es daraus einen persönlichen Nutzen in Form seiner persönlichen Gesundheit. Aber auch alle anderen Menschen ziehen daraus persönlichen Nutzen. Schutzimpfungen schützen daher nicht nur individuelle Personen, sondern auch die Gemeinschaft.
Die Wichtigkeit von Impfprogrammen für Kinder, aber auch die Wichtigkeit von Immunisierung im Allgemeinen zu vermitteln und die Impfbeteiligung weiter anzuheben, sollte gerade vor dem Hintergrund von ständig wachsenden Anforderungen an unsere Gesundheitsbudgets zu den Hauptaufgaben der europäischen Gesundheitspolitik zählen.
Pat the Cope Gallagher (ALDE). – Herr Präsident! Zu Beginn möchte ich das unterstützen, was meine irische Kollegin, Frau McGuinness, über die Versicherungsgesellschaft Equitable Life gesagt hat: Auch ich möchte die Regierung des Vereinigten Königreichs dazu aufrufen, diese Angelegenheit mit hoher Dringlichkeit zu behandeln und ihre Verpflichtungen einzuhalten. Ich bin heute diesbezüglich mit Post aus meinem Land überschwemmt worden.
Ich möchte nun über den nichtständigen Ausschuss sprechen, der für die Untersuchung der finanziellen Vorausschau für die Jahre 2014–2021 eingerichtet wurde und am Donnerstag erstmals zusammenkommen wird.
– (GA) Als Mitglied dieses Ausschusses möchte ich die Bedeutung eines starken Agrarhaushalts ab 2013 hervorheben. Es ist daran zu erinnern, dass die Agrarausgaben der Union insgesamt gerade einmal 0,4 % des Bruttoinlandprodukts der Europäischen Union ausmachen.
– Die Beibehaltung eines starken Agrarhaushalts wird sicherstellen, dass die Union für künftige Herausforderungen gut gerüstet sein wird, wie etwa in den Bereichen Ernährungssicherheit, Bewahrung der natürlichen Ressourcen, Umweltschutz, Schaffung von Arbeitsplätzen und vor allem das wirtschaftliche Überleben der ländlichen Gebiete.
Ramona Nicole Mănescu (ALDE). – (RO) Wie Sie wissen, wird Rumänien seit über einer Woche von Überschwemmungen heimgesucht, die zum Tod von 23 Menschen und zur Zerstörung tausender Häuser führten.
Unter den gegenwärtigen Umständen benötigt Rumänien finanzielle Unterstützung aus dem EU-Solidaritätsfonds, umso mehr, als sich die Regierung in Bukarest als unfähig erwiesen hat, der Katastrophe Herr zu werden, die nötigen Maßnahmen zu ergreifen und die Schäden zu begrenzen.
Herr Präsident, ich möchte zur Solidarität mit den Betroffenen dieser neuesten Überschwemmungen in Rumänien aufrufen. In diesem Sinne rufe ich auch das Europäische Parlament auf, die Bereitstellung von Mitteln aus dem EU-Solidaritätsfonds sowie eine den erlittenen Schäden entsprechende Zuweisung der Mittel zu unterstützen.
Herr Präsident, mein Land braucht diese Unterstützung so bald wie möglich.
Oldřich Vlasák (ECR). – (CS) Die Autobahn D8 zwischen Prag und Dresden ist Teil des transeuropäischen Autobahnnetzes. Diese Autobahn ist seit den 1980ern in Bau. Eigentlich hätte sie bis zum Jahr 2000 fertig sein sollen. Heute ist klar, dass aufgrund von Verzögerungen eine Fertigstellung nicht einmal bis zum Jahr 2012 realistisch ist.
Das Problem ist ein 16 km langer Abschnitt, der durch das Naturschutzgebiet des Böhmischen Mittelgebirges verläuft. Dieses Projekt sollte mit europäischen Mitteln in Höhe von rund 8 Mrd. CZK finanziert und sowohl von der Europäischen Union als auch von der Tschechischen Republik kofinanziert werden. Mitte März dieses Jahres allerdings teilte die Europäische Kommission dem tschechischen Verkehrsministerium erneut mit, dass die Evaluierung des Projektes zur Fertigstellung der Autobahn D8 für eine Bedenkzeit von bis zu vier Monaten unterbrochen worden sei. Das können wir natürlich nicht hinnehmen. Das schadet der Wahrnehmung durch die Öffentlichkeit, wirkt sich schädlich auf die Umwelt aus, und auf den Ausweichstraßen sterben Menschen. Ich bitte die Kommission daher, den Verhandlungsprozess zu beschleunigen und einen endgültigen Standpunkt zu beziehen.
Georgios Toussas (GUE/NGL). – (EL) Herr Präsident! Laut Statistiken von Eurostat explodiert die Arbeitslosigkeit in den Ländern der Europäischen Union, in denen gerade harte, volksfeindliche Maßnahmen getroffen werden. In den Mitgliedstaaten der Europäischen Union sind derzeit 23 113 000 Menschen ohne Arbeit, das sind 1 801 000 mehr als im Mai 2009. In Griechenland ist die Arbeitslosigkeit auf 10,2 % gestiegen, obwohl sie in Wirklichkeit bei über 15 % liegt, und sie bedroht 23 % der jungen Männer und 27 % der jungen Frauen.
Die PASOK-Regierung wedelt mit dem Memorandum, das sie mit der Europäischen Union und dem Internationalen Währungsfonds und mit Unterstützung der anderen Parteien des Kapitals, die sich auf der europäischen Einbahnstraße befinden, unterzeichnet hat. Die Regierung drängt darauf, die Sozialleistungen im öffentlichen und privaten Sektor abzubauen und die Tarifverträge abzuschaffen; sie erhöht das Niveau der Massenentlassungen; sie kürzt drastisch um 20 % die Abfindungen und die Gehälter junger Menschen, die gerade erst angefangen haben, zu arbeiten; sie sorgt für die Verbreitung von Kinderarbeit, indem sie Lehrstellen fördert, und generell unterstützt sie die brutale Ausbeutung junger Menschen.
Diese barbarische kapitalistische Politik ist typisch für die Politik der Europäischen Union und der bourgeoisen Regierung ihrer Mitgliedstaaten. Zu dieser volksfeindlichen Politik kommen noch die Diffamierung und Kriminalisierung des Klassenkampfes der Arbeiterbewegung in meinem Land, was nur einem Zweck dient: die Last der kapitalistischen Krise auf die Schultern der Arbeitnehmer zu laden und so die Profite der monopolistischen Konzerne sicherzustellen.
Die arbeitende Bevölkerung muss sich dringend versammeln, ihren Kampf für den Sturz dieser volksfeindlichen Politik verstärken und dafür sorgen, dass ihre modernen Bedürfnisse befriedigt werden.
Charalampos Angourakis (GUE/NGL) . – (EL) Herr Präsident! In einer Zeit, in der alle Regierungen der Europäischen Union der jüngsten arbeitnehmerfeindlichen Politik in Griechenland nacheifern, nehmen die antidemokratischen, antikommunistischen und provokativen Maßnahmen in den Mitgliedstaaten und den Organen der Europäischen Union zu.
Ich möchte vor allem die Kriminalisierung von kommunistischen Symbolen in Polen und der historischen Wahrheit in Ungarn verurteilen, was ein dunkles Licht auf die antifaschistischen Siege des Volkes wirft. Außerdem möchte ich das von der Europäischen Union unterstützte Verbot kommunistischer Symbole durch die moldawische Regierung sowie ähnliche Maßnahmen in Russland verurteilen.
Ich möchte die Gelegenheit nutzen und noch einmal den Versuch verurteilen, die von Millionen Kommunisten und Antifaschisten erbrachten Opfer zu verunglimpfen, indem der Kommunismus dem Faschismus gleichgesetzt wird, wie Sie wohl wissen.
Drohungen, dass Streiks und der Kampf des Volkes gegen die Verfassung verfassungswidrig seien, können die gesellschaftliche Entwicklung und den Arbeiterkampf zum Sturz dieser barbarischen, volksfeindlichen Politik nicht aufhalten. Die massive Kampagne zur Verunglimpfung des Sozialismus soll dazu dienen, das Volk davon zu überzeugen, dass es keine Alternativlösung gibt. Wir sind optimistisch. Wir sind sehr zuversichtlich, dass die Arbeitnehmer zurückschlagen. Wir wissen, dass dieser Kampf die einzig realistische Alternativlösung für die Krise ist, die sie durchleben.
Claudio Morganti (EFD). – (IT) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Als stellvertretender Vorsitzender der interfraktionellen Arbeitsgruppe für Behindertenfragen möchte ich die Gelegenheit nutzen und kurz über das Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte behinderter Menschen und dessen Ratifizierung sprechen.
Diese Vereinbarung ist sowohl eine Zielvorgabe als auch ein wichtiger Ausgangspunkt für das Erstarken der Zivilgesellschaft in der Welt, auch wenn die Ratifizierung durch die EU – die im letzten November vom Rat beschlossen wurde – noch nicht durch die Vereinten Nationen bestätigt worden ist, weil es in einigen Mitgliedstaaten Verzögerungen bei der Annahme des Verhaltenskodex zwischen den Institutionen der Union gibt.
Ich hoffe, dass dieses Haus Impulse zur Beseitigung dieser Hindernisse geben wird, und dass die demokratischen Institutionen der übrigen europäischen Staaten die Ratifizierung des Übereinkommens der Vereinten Nationen über die Rechte behinderter Menschen einleiten und im Hinblick auf dessen vollständiges Inkrafttreten auch das Fakultativprotokoll ratifizieren. Wenn die Europäische Union wirklich eine dynamische Führungsrolle auf der internationalen Bühne einnehmen will, müssen wir es als absolute Priorität sehen, dass Menschen mit Behinderung uneingeschränkt ihre Rechte wahrnehmen können, sowohl auf nationaler als auch auf europäischer Ebene.
Nikolaos Salavrakos (EFD). – (EL) Herr Präsident! Kürzlich ist die griechische Übersetzung des Buches mit dem Titel „Strategische Tiefe“ des türkischen Außenministers Ahmet Davutoglu erschienen. In diesem Buch erscheint die durchgehende geopolitische Doktrin der Türkei wie die einer lokalen, einer regionalen Supermacht, mit Interessen von der Adria bis nach China, mit besonderem Schwerpunkt auf Zypern, dem Balkan und der Ägäis.
Zypern ist ein eigenes Kapitel gewidmet und auf Seite 274 des Buches wird die geostrategische Bedeutung Zyperns hervorgehoben, ungeachtet der menschlichen Komponente der Einwohner und deren Nationalität und Religion. Gleichzeitig findet sich dort auch eine deutliche Anspielung auf expansionistische Absichten mit Blick auf die griechische Insel Rhodos.
In diesem strategischen Handbuch heißt es – ich zitiere – „dass die USA, obwohl deren Bevölkerung sich nicht in Richtung Kuba oder anderer Karibikinseln ausbreitet, dennoch ein direktes Interesse an diesem Gebiet hat, und dass die Türkei daher aus strategischen Gesichtspunkten auch gezwungen ist, ein Interesse an Zypern über den menschlichen Faktor hinaus zu haben.“
Die Entwicklung hin zu einer Rückgewinnung ehemaliger osmanischer Gebiete, von der in diesem Buch die Rede ist, ist ein Anzeichen für Gewalt. Es darf keine Gewalt gegen die Europäische Union geben. Diese Botschaft muss der Türkei übermittelt werden.
Franz Obermayr (NI). - Herr Präsident! Offensichtlich um von der Krise im eigenen Land abzulenken, eröffnete Spanien in aller Eile mit der Türkei ein neues Verhandlungskapitel. Anstatt mit Ankara aber über Lebensmittelsicherheit zu verhandeln, sollte man offene Themen anpacken wie den ungelösten Zypernkonflikt, die Armenienfrage, Menschenrechte, Religionsfreiheit, Attacken gegen Christen – wie es bei der jüngsten Ermordung eines katholischen Bischofs der Fall war.
Der türkische Außenminister meinte, dass bei mehr gutem Willen seitens der EU schnellere Fortschritte im Verhandlungsprozess möglich seien. Es ist schon erstaunlich, dass Ankara die Eröffnung neuer Kapitel so ausdrücklich einfordert, aber auf der anderen Seite seine Bringschuld – nämlich die Erfüllung der Beitrittskriterien – sehr mangelhaft erledigt. Die EU lässt sich ihrerseits unter Druck setzen, und ich verstehe nicht, warum man den Erweiterungsprozess über die Köpfe der Bürger hinweg in diesem Tempo vorantreibt.
Claudiu Ciprian Tănăsescu (NI). – (RO) Ich stehe hier und heute vor Ihnen, um zum Ausdruck zu bringen, dass ich es mehr als erstaunlich oder auch bedauerlich finde, dass, obwohl wir im 21. Jahrhundert leben, in einigen Teilen Europas hinsichtlich der Pressefreiheit Praktiken vorherrschen, die uns direkt in die Zeit der Inquisition zurückwerfen.
Es ist für mich nur schwer verständlich, dass es, obwohl die Redefreiheit ein Grundrecht in der Europäischen Union ist, noch immer Mitgliedstaaten gibt, in denen sowohl die eigene Verfassung als auch die europäische Regelung zur freien Meinungsäußerung als Schwachstellen der nationalen Sicherheit eingestuft werden.
Lassen Sie uns nicht vergessen, dass es die Aufgabe der Presse ist, die Allgemeinheit über alle Aspekte des gesellschaftlichen Lebens zu informieren und dass, solange keine als streng geheim eingestuften Dokumente veröffentlicht werden, wohl kaum von einer Beeinträchtigung der Sicherheit des jeweiligen Staates die Rede sein kann.
Es wäre doch absurd, wenn Regierungen in der Lage wären, jederzeit und ohne Angabe von Gründen die Presse direkt zum Schweigen zu bringen oder ihnen durch krumme Gesetze Selbstzensur aus Angst auferlegen könnten. Grundsätzlich bin ich nicht der Meinung, dass ein Land, dessen Regierung zur einzigen Quelle für Presseinformationen wird, es noch immer verdient, in dieser Hinsicht ein freies oder europäisches Land genannt zu werden.
Georgios Koumoutsakos (PPE). – (EL) Herr Präsident! Letzte Woche hat das türkische Forschungsschiff Cesme ohne Benachrichtigung und damit ohne Genehmigung Griechenlands Unterwasseruntersuchungen in einem Gebiet durchgeführt, das sowohl rechtlich als auch geophysikalisch gesehen eindeutig zu Griechenland gehört. Dies löste in Athen ernsthafte diplomatische Reaktionen aus.
Der Hauptgrund für dieses Verhalten, das Probleme in den gutnachbarschaftlichen Beziehungen mit einem Mitgliedstaat verursacht, ist die Tatsache, dass die Türkei das Internationale Seerechtsübereinkommen (UNCLOS) nicht unterzeichnet und ratifiziert hat. Ich möchte dieses Haus an eine sehr wichtige Tatsache erinnern: Das Internationale Seerechtsübereinkommen ist ein gemischtes internationales Abkommen, das von der Europäischen Union, von allen Mitgliedstaaten und von allen Beitrittskandidaten außer der Türkei unterzeichnet wurde. Sie ist daher integraler Bestandteil des gemeinschaftlichen Besitzstandes. Deshalb muss jeder Beitrittskandidat vor dem Beitritt in die Europäische Union das Seerechtsübereinkommen verabschieden.
Das ist eine äußerst ernst zu nehmende Grundvoraussetzung. Erfüllt die Türkei diese nicht, wird sich das negativ auf spätere Beitrittsverhandlungen und spezielle Kapitel, wie etwa die Fischerei und die Energie, auswirken, weshalb das Parlament der Türkei die Unterzeichnung und Ratifizierung dieses Übereinkommens nahe legen sollte.
Róża Gräfin von Thun und Hohenstein (PPE). – Herr Präsident! Ich möchte noch einmal zu der Diskussion zurückkehren, die wir heute ...
(PL) über Bürgerinitiativen hatten. Ich möchte dies noch einmal mit Nachdruck betonen. Ich habe den Eindruck, dass wir in der heutigen Aussprache die Frage der sozialen Kommunikation – etwas, worauf wir besonderen Wert gelegt haben, als wir für den Vertrag von Lissabon warben – ausgelassen haben. Wir sagen oft zu den Bürgerinnen und Bürgern, dass dies die größte Innovation des Vertrags von Lissabon sei – dass die Bürger wirklich als Individuen behandelt würden. Jedoch sehe ich nicht genügend Engagement seitens des Europäischen Parlaments, die Bürger darüber auch aufzuklären.
Ich habe mit vielen Menschen über die Bürgerinitiative gesprochen, und meistens wissen sie gar nicht, dass es so etwas überhaupt gibt. Wir müssen die Arbeit an dieser Initiative sehr bald und wirkungsvoll abschließen und sie für die Bürgerinnen und Bürgern verfügbar machen. Lassen Sie uns nicht die Gelegenheit versäumen, die Institutionen den Bürgern näherzubringen. Denn genau so eine Gelegenheit hat sich mit dieser Aussprache ergeben.
Maria Da Graça Carvalho (PPE). – (PT) Herr Präsident! Daten von Eurostat zufolge hat die Arbeitslosigkeit in der EU wieder begonnen zu steigen. In Portugal hat sie einen neuen Höhepunkt erreicht, und so sieht es auch in allen anderen Ländern aus, die von der Krise am stärksten betroffen sind.
Unüberlegte, drastische Kürzungen bei öffentlichen Investitionen, zusammen mit fehlender Liquidität an den Märkten könnten zu einer katastrophalen Arbeitsmarktsituation führen. Es müssen dringend pragmatische Maßnahmen ergriffen werden. In der Regel sind es die Kohäsionsländer, denen EU-Mittel zur Verfügung stehen, aber aufgrund der Komplexität, Langsamkeit und mangelnden Flexibilität dieser Mittel ist deren Einsatz extrem gering.
Wir nähern uns der Halbzeitbewertung der Strukturfonds. Ich appelliere an die Kommission und die Mitgliedstaaten, eine gründliche Überprüfung dieser Programme durchzuführen und dabei den Schwerpunkt auf produktive Investitionen zu legen. Ich fordere auch eine Vereinfachung der Verfahren für eine dynamischere und flexiblere Anwendung dieser Mittel. Ich möchte noch einmal die Bedeutung von Klein- und Mittelbetrieben betonen, und wie wichtig es ist, das Unternehmertum und die erste Anstellung von jungen Menschen zu unterstützen Denken Sie daran, dass, wenn beispielsweise der Portugiesische Nationale Strategische Rahmenplan jedem Klein- und Mittelbetrieb in Portugal helfen würde, einen Mitarbeiter einzustellen, das Problem der Arbeitslosigkeit in Portugal praktisch gelöst wäre.
Csaba Sándor Tabajdi (S&D). – (HU) Eine der wichtigsten Prioritäten einer antidemokratischen und autoritären Regierung ist die Einschränkung der Medienfreiheit. Es ist besonders alarmierend, dass die Unabhängigkeit der öffentlichen Medien bedroht ist. Merkt die Kommission, der Rat und das Parlament, dass EU-Standards und die Kopenhagener Kriterien verletzt werden? Erkennt die EU, dass die Freiheit der öffentlichen Medien in zahlreichen Mitgliedstaaten eingeschränkt wird? Sie werden direkter politischer Kontrolle unterstellt, und durch Mittelentzug wird Druck auf sie ausgeübt. Es ist ein immer häufigeres Phänomen, dass Regierungsparteien Medieninformationen aus politischen Gründen beschränken. Deshalb müssen wir Ivo Belets Bericht unterstützen. In der Tat sollte die Europäische Union, in Form der Europäischen Audiovisuellen Informationsstelle, überwachen, ob in den Mitgliedstaaten die Unabhängigkeit der Medien respektiert wird. Ich schlage vor, das Mandat des Europäischen Bürgerbeauftragten um die Überprüfung der Unabhängigkeit der Medien zu erweitern. Wir müssen die Pressefreiheit, die Grundlage der europäischen Rechtsstaatlichkeit, schützen.
Ivailo Kalfin (S&D). – (BG) Herr Präsident, Herr Kommissar! Lassen Sie mich eine Frage zu einem besonderen Anliegen von mir stellen, nämlich die Anerkennung von Hochschuldiplomen innerhalb der Europäischen Union.
Trotz zahlreicher Diskussionen über dieses Thema und sehr klarer europäischer Gesetzgebung erschweren einige Mitgliedstaaten weiterhin die Anerkennung der Qualifikationen, die in den Diplomen angegeben sind; in manchen Fällen lehnen sie sie sogar ganz ab. Ich könnte Ihnen als Beispiel Bulgarien nennen, wo ein Abschluss von einer Universität eines anderen europäischen Mitgliedstaates nicht automatisch anerkannt wird, so wie es eigentlich sein sollte.
Dazu müssen eine Reihe zusätzlicher Unterlagen vorgelegt werden, die dann von einer Sonderkommission geprüft werden. Neben den erheblichen zeitlichen und finanziellen Aufwendungen besteht das Risiko, dass Bürgerinnen und Bürgern die Anerkennung ihrer Diplome verweigert wird. Dadurch wird den Universitäten ihr Recht entzogen, die Umstände für die Ausstellung eines Diploms zu bewerten, was direkt gegen die Richtlinie Nr. 8948 des Rates vom 21. Dezember 1988 sowie die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes verstößt. Ich denke, die Kommission muss Maßnahmen ergreifen, um dieser Ungerechtigkeit Einhalt zu gebieten.
Ricardo Cortés Lastra (S&D). – (ES) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte in meiner Rede meine Solidarität mit den Opfern der Überschwemmungen, die sich kürzlich in Europa zugetragen haben, zum Ausdruck bringen.
Ich möchte Ihre Aufmerksamkeit auf die Lage in Nordspanien, besonders in den Regionen Kantabrien, Asturien, Galicien und im Baskenland lenken, die an den Folgen einer sintflutartigen Regenperiode leiden und damit zu kämpfen haben, so schnell wie möglich wieder zur Normalität zurückzukehren.
Ganz besonders möchte ich all die zivilen Schutzhelfer und die betroffenen örtlichen Behörden beglückwünschen, die sehr hart gearbeitet haben, um für die Sicherheit der Bürger zu sorgen und die Schäden in den betroffenen Gebieten gering zu halten.
Die Zeit der Schadensbewertung ist vorbei, nun gilt es, Hilfen für die betroffenen Gebiete zu fordern. Der neue Solidaritätsfonds der Europäischen Union könnte ein wirksames Instrument sein, um auf solche Situationen zu reagieren.
Darüber hinaus ist eine effektive Anwendung der Richtlinie für den Hochwasserschutz erforderlich, die es uns ermöglicht, noch besser vorbereitet auf solche Situationen zu reagieren.
Jelko Kacin (ALDE). – (SL) Am Sonntag, den 11. Juli sind 15 Jahre vergangen, seit die Truppen der Armee der Republik Serbien unter dem Kommando des Generals Mladić in Srebrenica das furchtbarste Verbrechen gegen Zivilisten auf diesem Kontinent seit dem zweiten Weltkrieg begannen. Sie trennten gewaltsam 8 000 Männer und Jungen, darunter auch Kinder, von ihren Familien und brachten sie zu den Mordfeldern. Die Ausrottung der männlichen Bevölkerung im Großraum Ostbosnien, der an der Grenze zu Serbien liegt, aufgrund ihrer Zugehörigkeit zur bosniakischen Bevölkerungsgruppe ist ein brutales Verbrechen.
Srebrenica ist ein Beispiel für ethnische Säuberung der abscheulichsten Art; es ist ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit und wurde 2001 vom Internationalen Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien zum Völkermord erklärt. Srebrenica wurde 2007 auch vom Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag zum Völkermord erklärt. In der Potočari-Gedenkstätte wird die bislang größte Anzahl an Gebeinen, die aus versteckten Massengräbern geborgen und identifiziert wurden, begraben werden. 800 unschuldige Opfer dieses grausamen Racheakts werden endlich die letzte Ruhe finden.
Ich halte es für richtig, dass wir im Parlament diese Woche dieser Gräuel auf dem Balkan gedenken sollten, und dass wir erneut fordern, dass die verantwortlichen Befehlshaber zur Rechenschaft gezogen werden und sich für ihre Verbrechen verantworten müssen.
Oreste Rossi (EFD). – (IT) Herr Präsident, meine Damen und Herren! In den letzten Tagen hat die belgische Polizei eine Razzia durchgeführt, die beispiellos in der Geschichte der Europäischen Union ist. Während eines Treffens katholischer Bischöfe, fielen sie in den Sitz des Erzbischofs in Mechelen ein und konfiszierten deren Telefone, Computer und vertrauliche Dokumente.
Die Bischöfe wurden neun Stunden lang festgehalten, ohne dass sie vorher rechtlich belehrt wurden. Unter den beschlagnahmten Schriftstücken fanden sich auch Dokumente von Bürgern, die ausdrücklich darum gebeten hatten, anonym zu bleiben und die dem Beichtgeheimnis unterlagen. Die Gräber zweier Kardinäle, die im angrenzenden Dom beigesetzt waren, wurden durch den Einsatz von Presslufthämmern geschändet und zerstört.
Der Vertrag von Lissabon, der von seiner Majestät des Königs der Belgier unterzeichnet wurde, basiert auf dem kulturellen, religiösen und humanistischen Erbe Europas, aus dem sich die universellen Werte der unveräußerlichen Rechte der Person, der Freiheit, der Demokratie, der Gleichheit und der Rechtsstaatlichkeit ergeben haben. Angesichts dieser Tatsache möchte ich den Präsidenten des Parlaments bitten, sich an die Hohe Vertreterin für die Außenpolitik, Baroness Ashton, zu wenden und sie aufzufordern, hierher zu kommen und über diese Ereignisse zu berichten und darüber, wie sie gedenkt, diesen diplomatischen Zwischenfall aufzuklären, der durch einen illegitimen Akt eines Mitgliedstaats der Europäischen Union gegenüber dem Vatikanstaat verursacht wurde.
Csaba Sógor (PPE). – (HU) Der EU-Beitritt mittel- und osteuropäischer Staaten und die Ausweitung des Erweiterungsprozesses auf Staaten des westlichen Balkans stellen große Herausforderungen für die EU dar. Es werden häufig wirtschaftliche Themen diskutiert. Ich möchte über einen Aspekt sprechen, den wir oft übersehen. Diese Länder haben eine große Anzahl an nationalen Minderheiten. Diese Minderheiten sind nicht in diese Länder eingewandert. Vielmehr sind sie aus historischen Gründen durch häufige Grenzänderungen Bürgerinnen und Bürger eines anderen Landes geworden. Sehr häufig werden sprachliche Rechte von Minderheiten in Nicht-EU-Staaten großzügiger gehandhabt als in einigen EU-Mitgliedstaaten. Der Grund dafür ist, dass diese Länder erkannt haben, dass es in ihrem eigenen Interesse liegt, dafür zu sorgen, dass sich Minderheiten in ihrem Heimatland zu Hause fühlen. Auf diesem Gebiet könnten EU-Mitgliedstaaten bestimmt noch viel von Kandidatenländern lernen. Jeder Bürger der Europäischen Union verdient gleichen Respekt und gleiche Behandlung, ungeachtet seiner Volkszugehörigkeit, Nationalität oder Muttersprache.
Danuta Jazłowiecka (PPE). – (PL) Herr Präsident! Da ich es persönlich erlebt habe, möchte ich die Aufmerksamkeit des Europäischen Parlaments auf die Frage der medizinischen Versorgung von Abgeordneten des Europäischen Parlaments, wenn sie sich außerhalb Europas befinden, lenken. Mein eigener Fall sowie der Fall Haiti zeigen, dass es notwendig ist, präzise Regeln für Abgeordnete festzulegen, die ständige medizinische Betreuung benötigen, wenn sie zurück in die Heimat gebracht werden. Das Parlament hat keine entsprechende Abteilung, die verantwortlich wäre, die Rückführung eines Mitglieds in solchen Situationen zu organisieren. Ich bin der Meinung, dass innerhalb des Parlaments eine solche Abteilung für Situationen wie diese geschaffen werden sollte.
Herr Präsident, meine Damen und Herren, ich möchte mich für Ihre Sorge um meine Gesundheit zu einer Zeit, die für mich sehr schwer war, bedanken. Mein ganz besonderer Dank gilt den Ärzten und dem ganzen medizinischen Personal des First Shanghai Hospital, wo ich behandelt wurde, für die hervorragende Betreuung, sowie Frau Claes, Herrn Burriel und Herrn Manelli vom Europäischen Parlament für ihr Engagement und die überwältigende Hilfe, die sie mir gewährten. Ich danke ihnen aus tiefstem Herzen – aus meinem wieder gesunden Herzen.
Czesław Adam Siekierski (PPE). – (PL) Die Wirtschaftskrise hat viele Menschen getroffen. Ich möchte betonen, dass es nötig, ja sogar zwingend erforderlich ist, spezielle Maßnahmen zum Schutz der Armen, der Ausgeschlossenen, der Älteren, der Arbeitslosen und der jungen Menschen zu ergreifen.
Junge Menschen sind am meisten von Arbeitslosigkeit betroffen. Sie starten oftmals ohne Perspektive und von einer schwachen Ausgangssituation aus ins Erwachsenenleben. Wir wissen, dass der beste Weg, die Krise zu überstehen, über Bildung und Investierung in die eigene Entwicklung führt. Während der Krise werden Arbeitsplätze abgebaut und Arbeitsstätten geschlossen. Glücklicherweise werden Universitäten und andere Hochschulbildungseinrichtungen weiter betrieben, außerdem gibt es eine Vielzahl unterschiedlicher Weiterbildungsmöglichkeiten. Deshalb sollten wir geeignete Formen der Unterstützung von Bildung und von jungen Menschen schaffen. Es ist gut, dass auf Anregung der Berichterstatterin, Frau Jędrzejewska, die Unterstützung von jungen Menschen eine Priorität im Haushaltsplan von 2011 sein wird.
Marc Tarabella (S&D). – (FR) Herr Präsident! Heute ist Europa, so wie es von einigen Politikern repräsentiert wird, weniger als je zuvor ein Europa der Bürger. Wieso ist das so? Das ist so, weil einige von uns Politikern sich gänzlich ins Abseits begeben.
Wie wollen wir es den Menschen erklären, dass wir es vorziehen, ein Treffen mit Nichtregierungsorganisationen, die auf der ganzen Welt gegen den Hunger kämpfen, abzusagen, um dafür einen Fußballer zu empfangen, als wäre er ein Prinz, und das auch noch an dem Tag, an dem zwei Millionen Menschen auf Frankreichs Straßen gegen die Rentenpolitik protestieren? Und dennoch antwortete vor fünf Tagen ein Fußballtrainer im Rahmen einer parlamentarischen Untersuchung auf dringende Fragen. Ist jemand gestorben? Kam es zu Massenentlassungen? Gab es Umweltverschmutzung? Einen Terrorangriff? Nein, nichts von alledem! Es ging lediglich um eine Fußballmannschaft, die, wie 31 andere – oder besser 30 andere –, verlieren wird oder bereits verloren hat, und um einen Trainer, der sich geweigert hatte, seinem südafrikanischen Kollegen die Hand zu schütteln, ganz wie ein Präsident, der sich weigert, seinen Mitbürgern die Hand zu schütteln. Nun stellen Sie sich einmal vor, die Welt wäre nicht nur von kindischen, millionenschweren Fußballspielern bewohnt, die nicht einmal einen Funken Nationalstolz haben, sondern auch von Menschen, die ihren Job verloren haben, oder von Rentnern, die nicht wissen, wie sie ihre Heizrechnung im Winter bezahlen sollen. Und diese Menschen gibt es wirklich, nicht nur in Wahlkampfzeiten.
Es tut mir leid, Herr Präsident Sarkozy, aber wir teilen nicht dieselben Werte oder Prioritäten, und werden sie auch niemals teilen.
Ioan Enciu (S&D). – (RO) Ich möchte den Familien der Bürgerinnen und Bürger, die bei den Überschwemmungen in Rumänien ihr Leben lassen mussten, mein Mitgefühl ausdrucken. Ich kann allen, die infolge dieser schrecklichen Ereignisse leiden, versichern, dass unsere Gedanken bei ihnen sind und sein werden.
Leider kam es aufgrund fehlender lebensnotwendiger Infrastrukturen für Prävention und schlechter Vorbereitung durch die rumänischen Behörden zu materiellen Schäden und, noch viel schlimmer, zum Verlust von Menschenleben, und das, obwohl in der Vergangenheit bereits ähnliche Situationen aufgetreten sind.
Ich fordere die Kommission nochmals auf, wie ich es bereits während der Aussprache in der letzten Plenarsitzung getan habe, dringend Maßnahmen zur Planung der Einzugsgebiete von innerstaatlichen und grenzüberschreitenden Flüssen in die Wege zu leiten, sowie eine Reihe von finanziellen Maßnahmen, um diese kritischen Investitionen durchzuführen, die verhindern sollen, dass solche Situationen in der Zukunft noch einmal auftreten.
Ich möchte die Gelegenheit nutzen, um im Namen des rumänischen Volks Frankreich, Belgien, Österreich und Estland zu danken, dass sie so schnell reagiert haben und Rumänien infolge der Mobilisierung des Gemeinschaftsverfahrens für den Katastrophenschutz Unterstützung gewährt haben.
Paul Nuttall (EFD). – Herr Präsident! Ich möchte die Aufmerksamkeit dieses Hauses auf ein Rätsel lenken, das EU-Abgeordnete aus meiner Region im Nord-Westen Englands zu verwirren scheint. Im November 2009 wurde Cumbria, das im nördlichen Teil meines Wahlkreises liegt, von schweren Überschwemmungen heimgesucht. Häuser wurden zerstört, Unternehmen ruiniert und traurigerweise gab es auch ein Todesopfer. Als Folge der Katastrophe hätte die britische Regierung mit vollem Recht Mittel aus dem EU-Solidaritätsfonds beantragen können, und ich meine, dass es finanzielle Hilfen von bis zu 100 Mio. GBP hätte geben können. Seltsamerweise hat die britische Regierung aber nichts beantragt.
Die Bewohner von Cumbria sind ehrliche Menschen. Sie arbeiten hart und zahlen ihre Steuern, und ein guter Teil davon geht an Brüssel. Daher bin ich der Meinung, dass die das Recht haben, etwas von ihrem Geld zurückzufordern, und ich halte es für ein Versagen der Labour-Regierung, dass sie in dieser Angelegenheit nicht gehandelt hat.
Iosif Matula (PPE). – (RO) Weite Teile Rumäniens wurden in den letzten Wochen von schweren Überschwemmungen heimgesucht. Leider sind auch 23 Tote zu beklagen, mehr als 18 000 Menschen wurden evakuiert, ganz zu schweigen von den enormen materiellen Schäden, darunter auch tausende Häuser, die in Mitleidenschaft gezogen wurden. Die Flutwelle rollt weiter, und die Situation ist äußerst ernst.
Die rumänische Regierung koordiniert den Kampf gegen das Wasser, führt nun aber auch eine Bewertung der Schäden durch und bekundet ihr Interesse, Hilfen aus dem EU-Solidaritätsfonds in Anspruch zu nehmen. Die Summe, die Rumänien in Anspruch nehmen kann, wird natürlich nur einen Teil der Gesamtkosten des Wiederaufbaus abdecken können, sie wird aber ein wichtiges Signal an die Bürgerinnen und Bürger senden, die all ihre Habseligkeiten, die sie sich im Laufe ihres Lebens erarbeitet hatten, in kürzester Zeit verloren haben.
Die von der EU gewährten Hilfen werden ein Zeichen für das Zusammengehörigkeitsgefühl der Europäer bei jeder Art von Katastrophen sein, insbesondere in diesen Zeiten der Rezession. Genau aus diesem Grund appelliere ich an die Europäische Kommission und meine Kolleginnen und Kollegen, sich solidarisch mit Rumänien zu zeigen und diese Finanzhilfen, sobald die Behörden eine Abschätzung der Schäden und Pläne zum Wiederaufbau eingereicht haben, so schnell wie möglich zu bewilligen.
Victor Boştinaru (S&D). – (RO) In der Zeit zwischen den beiden Weltkriegen haben Rumänien, Ungarn und Italien diktatorische und faschistische Regime erlebt, die sowohl innerhalb dieser Länder als auch auf internationaler Ebene Gewalt schürten.
Derzeit erlebt Italien die Monopolmacht des Premierministers Silvio Berlusconi über die Massenmedien. In Ungarn strebt die Regierung Orbán, dessen Partei einer Fraktion des Europäischen Parlaments angehört, nach einem langfristigen Monopol über die öffentlichen audiovisuellen Medien. In Rumänien behauptet Präsident Traian Băsescu, mit Unterstützung einer Partei, die derselben Fraktion im Europäischen Parlament angehört, dass die Massenmedien eine Schwachstelle und eine Gefährdung der nationalen Sicherheit seien.
Ich hoffe doch, dass unsere Europäische Union Lehren aus der Vergangenheit gezogen hat und diesen eklatanten Verstößen gegen die Gründungs- und Grundwerte der Europäischen Union entgegentreten wird.
Elżbieta Katarzyna Łukacijewska (PPE). – (PL) Herr Präsident, am 1. Juli startete der belgische Vorsitz der Europäischen Union. Anders als vorhergehende Vorsitze hat die belgische Regierung nicht ihre Schwerpunktbereiche vorgestellt, sonder nur ein auf den Terminkalender der EU abgestimmtes Arbeitsprogramm ausgearbeitet.
Daher stellt sich die Frage, ob in den nächsten sechs Monaten tatsächlich Probleme, die den Bürgerinnen und Bürgern der Europäischen Union wichtig sind, erörtert werden. Tatsache ist, dass die belgische Regierung angekündigt hat, dass sie während ihres Ratsvorsitzes die EU-Gesetzgebung einer Prüfung unterziehen und Maßnahmen im Falle von Naturkatastrophen ergreifen werde. Dies ist sehr wichtig, insbesondere mit Blick auf die jüngsten Überschwemmungen, die nicht nur mein Land, Polen, heimgesucht haben, sondern auch Rumänien, die Slowakei, Ungarn und Frankreich. Die Betroffenen einer solchen Tragödie erwarten rasche und wirksame Hilfe sowie eine gute Koordinierung der getroffenen Maßnahmen. Deshalb hoffe ich, dass, trotz der inneren Probleme während der belgischen Ratspräsidentschaft, auf diesem Gebiet gehandelt wird, so wie es angekündigt wurde.
Ich möchte außerdem all denen danken, die den Flutopfern zu Hilfe kamen, nicht nur in Polen, sondern auch in anderen Ländern der Europäischen Union, die von dieser Tragödie betroffen waren.
Andrzej Grzyb (PPE). – (PL) Herr Präsident, am 21. Juni hat Russland die Gaslieferungen an Belarus reduziert und angekündigt, dass es zu einer weiteren Senkung kommen könnte, wenn Belarus nicht eine Zahlung in Höhe von rund 200 Mio. USD leistet. Belarus ließ verlauten, dass diese Reduzierung auch zu technischen Beeinträchtigungen des Gastransits an EU-Mitgliedstaaten führen könnte. Experten sagten, dass diese Maßnahme Russlands unter anderem dazu dienen sollte, Belarus zur Unterzeichnung eines Zollkodex mit dem Ziel der Gründung einer Zollunion zu bewegen, oder auch um Belarus dazu zu bringen, sich an einen Vertrag bezüglich der Zahlung von Marktpreisen für nach Belarus exportierte Waren zu halten und ebenfalls um Belarus zum Verkauf strategisch wichtiger Unternehmen, wie etwa Energieübertragungsnetze, zu bewegen.
Die Maßnahme könnte aber auch darauf abzielen, die Reputation von Belarus als Transitland für in die EU fließendes Gas zu schädigen, um Investitionen wie South Stream oder Nord Stream zu rechtfertigen. Ich möchte auch die Europäische Kommission um eine Bewertung der Wirksamkeit von Frühwarnsystemen für Lieferunterbrechungen von Energieträgern bitten, da wir einen Vertrag mit Russland haben, der am 16. November 2009 unterzeichnet wurde.
Mairead McGuinness (PPE). – Herr Präsident! Ich begrüße das Kommissionspapier zum Bericht über die Überwachung des Handels- und Vertriebsmarktes mit dem Titel „Ein effizienterer und fairerer Binnenmarkt in Handel und Vertrieb bis 2020“. Dies ist ein sehr wichtiger Bericht, und ich hoffe, dass er der erste Schritt auf dem Weg zu mehr Transparenz im gesamten Einzelhandel sein wird.
Letzte Woche erst haben wir Beispiele für ein unerklärliches Phänomen gesehen: sehr niedrige Agrarpreise in einigen Mitgliedstaaten, unter anderem auch in meinem eigenen, und dennoch sehr hohe Lebensmittelpreise für die Verbraucher. Hier liegt mit Sicherheit eine Marktstörung vor, wie die Kommission richtig feststellt. Ich halte es für wichtig, dass wir uns in diesem Papier nicht nur mit den wirtschaftlichen Aspekten des Einzelhandels befassen, sondern auch mit den Auswirkungen dieses Sektors auf die Umwelt und die Verbraucher.
Ich hoffe, dass das Parlament bis zum 10. September Vorschläge einbringen wird. Und ich hoffe, dass es nicht 10 Jahre dauern wird, bis wir einen faireren Einzelhandelssektor haben, denn im Moment sind sowohl Verbraucher als auch Erzeuger die Verlierer.
Der Präsident. – Damit ist dieser Tagesordnungspunkt geschlossen.
21. Förderung des Zugangs Jugendlicher zum Arbeitsmarkt, Stärkung des Status von Auszubildenden, Praktikanten und Lehrlingen (kurze Darstellung)
Der Präsident. Der nächste Punkt der Tagesordnung ist die Aussprache über den Bericht von Emilie Turunen, im Namen des Ausschusses für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten, über die Förderung des Zugangs Jugendlicher zum Arbeitsmarkt, Stärkung des Status von Auszubildenden, Praktikanten und Lehrlingen (2009/2221(INI)) (A7-0197/2010).
Emilie Turunen, Berichterstatterin. – (DA) Herr Präsident! Ich stehe hier heute vor Ihnen als junge Politikerin und Berichterstatterin mit einem besonderen Anliegen. Im letzten Jahr wurden immer mehr meiner Freunde arbeitslos. Dies sind motivierte junge Leute, die etwas zur Gesellschaft beitragen wollen, die sich stattdessen aber jetzt in die Schlange vorm Arbeitsamt einreihen müssen, weil es keine Jobs gibt. Es gibt Millionen von Beispielen für diese jungen Menschen in Europa, und sie werden immer mehr. Mit seinem Initiativbericht nimmt das Europäisches Parlament eine Führungsposition bei einer neuen politischen Agenda ein. Wir wollen Jugendarbeitslosigkeit ausmerzen. Wir wehren uns dagegen, dass die Jugendarbeitslosigkeit eine ganze Generation vereinnahmt, und wir werden alles tun, um mit Bildung und Beschäftigung jungen Menschen aus den Startlöchern zu helfen.
Laut Statistiken sind rund 5,5 Millionen junge Menschen unter 25 in der EU arbeitslos geworden. Arbeitslosigkeit trifft somit junge Menschen doppelt so hart wie den Rest der Bevölkerung.
Der Grund, warum insbesondere die Jungendarbeitslosigkeit mir Sorgen bereitet, ist der, dass sie ein Leben lang eine Narbe beim Einzelnen und in der Gesellschaft hinterlassen kann. Wir wissen nur zu gut, was passiert, wenn wir nicht handeln, so wie in den 80er-Jahren, als uns eine Generation in die Langzeitarbeitslosigkeit abgerutscht ist, von der sozialen Stütze abhängig wurde und sozial ausgegrenzt wurde. Das ist ein viel zu hoher Preis. Es geht aber nicht nur um Wirtschaftsprognosen; es geht um Menschen aus Fleisch und Blut. Es geht um junge Leute, die hohe Erwartungen an sich selbst haben und die glauben, dass sie nicht gut genug sind. Junge Leute, für die der Weg zurück auf den Arbeitsmarkt schwer sein wird, wenn wir ihnen jetzt nicht helfen.
Wir als Europäisches Parlament fordern deshalb alle Mitgliedstaaten auf, der Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit Vorrang einzuräumen und in die Bildung zu investieren. Deshalb ist es auch überaus wichtig, dass sich die EU gerade jetzt die strategische Priorität setzt, sich auf gemeinsame Strategien zu konzentrieren. Wir brauchen ein integriertes und ehrgeiziges Konzept, eine Kombination von Bildungs-, Wirtschafts-, Beschäftigungs- und Sozialpolitik. Wir können das auf lokaler, nationaler und europäischer Ebene umsetzen.
Mit diesem Initiativbericht unterbreitet das Europäische Parlament der Kommission, dem Rat und den Mitgliedstaaten eine Reihe konkreter Vorschläge. Lassen Sie mich einige der wichtigsten hervorheben:
1. Wir schlagen die Schaffung einer Jugendgarantie vor, die sicherstellen wird, dass jeder junge Mensch unter 25 nach einer Arbeitslosigkeit von 4 Monaten einen Arbeitsplatz, eine Schulung oder eine Möglichkeit zur Weiterbildung angeboten bekommt.
2. Wir schlagen die Einrichtung einer Europäischen Qualitätscharta vor, die gewährleisten soll, dass Praktika im Zusammenhang mit der Ausbildung absolviert werden und dass Praktikanten nicht als billige Arbeitskräfte missbraucht werden. Gleichzeitig empfehlen wir mehr und bessere Ausbildungsplätze für junge Menschen während der beruflichen Bildung.
3. Wir schlagen die Bildung von Arbeitsgruppen zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit in allen Mitgliedstaaten der EU vor, sowie die gemeinsame Einrichtung einer EU-Arbeitsgruppe für Koordination, Wissensaustausch und neue Initiativen.
4. Wir schlagen vor, dass mehr Mittel für den Europäischen Sozialfonds zur Verfügung gestellt werden und dass 10 % – mindestens 10 % – dieser Mittel jugendspezifischen Projekten zugewiesen werden.
Außerdem wollen wir der Diskriminierung von jungen Leuten am Arbeitsmarkt ein Ende bereiten, denen einzig aus Altersgründen der Zugang zu Sozialleistungen und einem anständigen Gehalt vorenthalten wird.
Diese und alle anderen Vorschläge in diesem Bericht sind unser Versuch, die Krise der Jugend umzukehren. Mit den richtigen Strategien und Investitionen können wir einen Wandel auf dem europäischen Arbeitsmarkt erreichen und eine bessere Zukunft für die jungen Menschen in Europa aufbauen. Wir hier im Europäischen Parlament sind bereit, unseren Teil zu Schaffung von Arbeitsplätzen sowie besseren Ausbildungsstellen und Praktika beizutragen. Und wir sind bereit, für die jungen Menschen in Europa etwas zu bewegen.
Elena Băsescu (PPE). – (RO) Die Arbeitslosigkeit unter jungen Menschen unter 25 hat auf europäischer Ebene die Fünf-Millionen-Marke überschritten, was einer Quote von rund 20 % entspricht.
Aufgrund der schwierigen Wirtschaftslage haben junge Menschen nun noch mehr Probleme, einen angemessenen Arbeitsplatz zu finden. Und daher denke ich, dass die Mitgliedstaaten die aktive Integration junger Menschen in die Gesellschaft und den Arbeitsmarkt fördern müssen. Dies wird jedoch nicht ohne eine solide und qualitativ hochwertige Bildung erfolgen.
Das Potenzial junger Menschen ist eine Ressource, die nicht ausreichend genutzt wird. Vor dem Hintergrund des demografischen Wandels können sie aktiv zur Stärkung der Sozialsysteme beitragen.
Schließlich möchte ich Ihre Aufmerksamkeit noch auf die Situation der jungen Leute in ländlichen Gebieten lenken. Statistiken zufolge sind diese benachteiligt. Sie haben mehr Schwierigkeiten, Arbeit zu finden, als junge Menschen aus den Städten.
Sidonia Elżbieta Jędrzejewska (PPE). – (PL) Herr Präsident! Mobilität und die Bildung junger Menschen sind haushaltspolitische Schwerpunkte des Europäischen Parlaments für 2011. Erst vor wenigen Wochen haben wir hier in diesem Plenum unser Verhandlungsmandat für den Haushaltsplan der Europäischen Union für 2011 verabschiedet. Der Bericht von Frau Turunen zeigt für mich sehr deutlich, dass diese Bereiche – die Mobilität und Bildung junger Menschen – dringend mehr Aufmerksamkeit und aktive Maßnahmen erfordern.
Es muss betont werden, dass Frau Turunens Bericht ein weiterer Beleg dafür ist, wie überaus wichtig es für die Umsetzung der Strategie Europa 2020 ist, günstige Bedingungen für Bildung zu schaffen und alle praktischen Formen der Mobilität junger Menschen zu unterstützen. Jungen Menschen den Zugang zum Arbeitsmarkt zu erleichtern, ist eine weitere entscheidende Maßnahme, um die Gesamtarbeitslosenquote in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union zu senken; denn diese Arbeitslosigkeit ist die größte Schwierigkeit und die größte Hürde für wirtschaftliches Wachstum. Umso wichtiger ist es, dass der Haushaltsplan, über den verhandelt wird, entsprechende Mittel für die Umsetzung der in diesem Bericht dargelegten Ziele vorsieht.
Jarosław Kalinowski (PPE). – (PL) Herr Präsident! Arbeitslosigkeit ist ein Problem, das die Europäische Union in den letzten Jahren besonders schwer getroffen hat und das sich durch die Wirtschaftskrise noch weiter verschlimmert hat. Noch schlimmer ist es, wenn immer mehr junge Menschen betroffen sind – Menschen, die ihre Schul- oder Universitätsausbildung abschließen und anfangen wollen, für sich selbst zu sorgen. Neben den ernsten sozialen und psychologischen Folgen der Arbeitslosigkeit für einen jungen Menschen hat dieses Phänomen auch äußerst negative Auswirkungen auf die Wirtschaft der betroffenen Länder. Wir dürfen nicht zulassen, dass sich über die nachfolgenden Generationen von Bürgerinnen und Bürgern der EU der Schatten sozialer Diskriminierung und einer miserablen Wirtschaftslage legt. Deshalb müssen wir alles in unserer Macht Stehende tun, um den jungen Menschen solide Bildung und berufliche Erfahrung sowie ein faires Einkommen zu garantieren, um ihnen menschenwürdige Lebensbedingungen und einen guten Start in ihr Erwachsenenleben zu ermöglichen.
Sergio Gaetano Cofferati (S&D). – (IT) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte Frau Turunen für ihre Arbeit danken. Wie uns die Statistiken traurigerweise vor Augen führen, waren es in ausnahmslos allen Ländern der Europäischen Union die Menschen mit einer befristeten Stelle, Frauen und Immigranten, die am schlimmsten von der Krise getroffen wurden.
Und meist sind es junge Menschen, die einen befristeten Job haben, und daher gibt es einen schockierend hohen Anteil junger Menschen, die keinen Arbeitsplatz finden, wie wir es schon lange nicht mehr gesehen haben. Das langsame Wachstum, das nach Meinung Vieler noch mindestens zwei Jahre lang anhalten wird, und die Tatsache, dass alte Menschen, wie wir alle wissen, aufgrund von Rentenreformen länger arbeiten müssen, wird dazu führen, dass sich dieses Problem in den kommenden Jahren noch ausweiten wird.
Aus diesem Grund ist die geleistete Arbeit sehr wichtig, und ich meine, dass es entscheidend ist, dass alle Mitgliedstaaten die Jugendarbeitslosigkeit als ein besonderes Problem sehen, das durch politisches Eingreifen bekämpft werden muss.
Sylvana Rapti (S&D). – (EL) Herr Präsident! Das Europäische Parlament fordert in diesem sehr guten Initiativbericht von Frau Emilie Turunen, zu dem ich ihr gratulieren möchte, vom Rat und von der Kommission eine bessere Beschäftigungsstrategie. Und zwar aus einem ganz einfachen Grund: Junge Menschen brauchen Europa, aber Europa braucht auch junge Menschen.
Es ist eine wechselseitige Beziehung, die jedoch äußerst wichtig ist und aus einem sehr einfachen Grund gut funktionieren muss: Wenn diese Beziehung nicht funktioniert, werden beide Seiten verlieren. Auch wenn junge Menschen ihr ganzes Leben noch vor sich haben und eine zweite und dritte Chance haben werden, Europa ist ziemlich alt und wird in diesen schwierigen Zeiten der Wirtschaftskrise keine weitere Chance haben.
Ilda Figueiredo (GUE/NGL). – (PT) Herr Präsident, wie dieser Bericht zeigt, wird es für junge Leute immer schwieriger, Arbeit zu finden, und das ist eine sehr ernste Situation.
Die Jugendarbeitslosigkeit in der Europäischen Union liegt im Durchschnitt schon bei über 21 %, in einigen Ländern sogar noch höher, und es wird immer schwieriger für junge Menschen, ihr Studium abzuschließen und einen Arbeitsplatz zu finden, der ihnen auch Rechte einräumt und sie angemessen entlohnt. In der Regel werden ihnen – oftmals unbezahlte – Praktikumsstellen angeboten, in denen junge Menschen, die darauf angewiesen sind, eine Arbeitsstelle zu finden, ausgebeutet werden. Sogar diese Praktika sind unbezahlt, und wenn sie eine Stelle bekommen, ist diese unbefristet und schlecht bezahlt, und sie haben keinerlei Rechte.
Diese Situation ist nicht hinnehmbar, und deshalb bedarf es Strategien, um derartige Ausbeutung in Zukunft zu verhindern, um Arbeitsplätze für junge Menschen zu schaffen, aber auch um die Rechte zu schützen, die ihnen zustehen.
Oreste Rossi (EFD). – (IT) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es ist unumgänglich, junge Menschen bei ihrem Weg in die Arbeitswelt zu unterstützen. Die Schule reicht nicht aus, um die Arbeitnehmer der Zukunft auszubilden; stattdessen sollten wir Ausbildungsplätze in den Unternehmen fördern.
Die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit, insbesondere der Jugendarbeitslosigkeit, ist eine der wichtigsten Herausforderungen, denen die Europäische Union gegenübersteht. Und genau aus diesem Grund müssen wir vorsichtig sein und – beispielsweise beim Kampf gegen den Klimawandel – nicht zu viel von den Unternehmen verlangen, denn wenn sie schließen müssen, wird es keine Zukunft für unsere Arbeitnehmer geben. Konzentrieren wir uns lieber auf den Kampf gegen Einfuhren von Billigprodukten aus Drittländern, die unsere Regeln und Arbeitnehmerrechte, insbesondere im Fall der Kinderarbeit, nicht achten.
Angelika Werthmann (NI). - Herr Präsident! Die anhaltende wirtschaftliche Situation in der EU hat gezeigt, wen es wirklich trifft: die jungen Menschen, jünger als 25 Jahre, von denen 21,4 % arbeitslos sind. Das sind doppelt so viele wie die Gesamtarbeitslosenquote in der EU! Junge Arbeitslose leiden auch später unter den Folgen der Arbeitslosigkeit. Die Jugendarbeitslosigkeit birgt aber auch erhebliche soziale und wirtschaftliche negative Auswirkungen für unsere Gesellschaft, vor allem aber für die wirtschaftliche Entwicklung. Die Jugend ist unsere Zukunft. Geben wir den Jungen eine gute und faire Chance, zum Beispiel durch Investitionen in u. a. eine bessere Bildung und eine gute Ausbildung, um ihnen dadurch eine gute Basis zu ermöglichen.
Elisabeth Köstinger (PPE). - Herr Präsident! Die europäische Jugend braucht klare Perspektiven. Mit diesem Bericht wird der erste Schritt in die richtige Richtung gesetzt. Die Aussicht auf eine gesicherte Zukunft, weg von der finanziellen Abhängigkeit von anderen hin zu einer geregelten Selbständigkeit kann eine solche Perspektive sein.
Dabei spielt der Einstieg ins Berufsleben eine wichtige Rolle. Oft sollen Berufspraktika diesen Schritt erleichtern. Allzu oft werden diese missbraucht. Es muss daher einen geregelten rechtlichen Rahmen geben, der nicht nur junge engagierte Frauen und Männer schützt, sondern auch die Qualität der Praktika, die sie absolvieren, sichert. Ein Praktikum muss als Teil des Ausbildungsprozesses der Jugend verstanden werden und nicht als Möglichkeit eines Arbeitgebers, billige Arbeitskräfte zu lukrieren. Es darf nicht sein, dass junge, motivierte und engagierte Frauen und Männer auf diese oder eine andere Weise ausgenutzt und benachteiligt werden. Der Altersdiskriminierung muss entschieden entgegengewirkt werden, denn Jugend ist unsere Zukunft. Schützen und fördern wir sie!
Wojciech Michał Olejniczak (S&D). – (PL) Herr Präsident! Auch ich habe den Bericht von Frau Turunen sorgfältig gelesen, und ich muss sagen, dass es sich hierbei um ein außerordentlich kompliziertes Problem handelt. Jugendarbeitslosigkeit hat zwei Aspekte.
Erstens, was wir tun müssen, damit diejenigen, die ihre schulische oder berufliche Ausbildung abgeschlossen haben, auch wirklich einen Arbeitsplatz finden. In allen Politikbereichen der EU, einschließlich der Agrarpolitik, sollte dazu beigetragen werden, dieses Ziel zu erreichen. Bei der Reform der gemeinsamen Agrarpolitik sollten wir darauf achten, dass im Gesamthaushaltsplan der Europäischen Union geeignete Programme, Projekte und die Finanzierung dieser Ziele berücksichtigt werden.
Ein zweiter Aspekt sind soziale Projekte, die es jungen Menschen ermöglichen, ihre Wohnsituation zu gestalten und ihnen ein hohes Niveau an öffentlichen Dienstleistungen bietet. Hierbei denke ich an Schulen, Kindergärten und Kindertagesstätten. Es besteht ein erheblicher Mangel an solchen Einrichtungen, sogar in den Großstädten, ganz zu schweigen von den Kleinstädten und Dörfern überall in der Europäischen Union.
Seán Kelly (PPE). – Herr Präsident! Die Jugendarbeitslosigkeit ist derzeit ein Hohn in der Europäischen Union. Es ist eine absolute Tragödie, dass 20 % der jungen Menschen arbeitslos sind. Viele von ihnen sind sehr gut ausgebildet, hoch qualifiziert und wollen unbedingt arbeiten, aber sie bekommen keine Arbeit, weil sie für die Sünden anderer bezahlen müssen – die Sünden von Finanzterroristen, gierigen Spekulanten, überbezahlten Bänkern, Golf spielenden, dem Nichtstun frönenden Regulierern. Daher bekommen junge Menschen keinen Arbeitsplatz.
Dagegen müssen wir etwas tun. Wir müssen Praktikumsstellen für sie schaffen und ihnen Arbeit geben. Das müssen nicht unbedingt hoch bezahlte Stellen sein, und es müssen auch nicht einmal Vollzeitarbeitsplätze sein, aber sicher ist, dass diese jungen Menschen anfangen müssen, zu arbeiten, denn je länger ein Mensch ohne Arbeit ist, desto schwieriger wird aus ihm ein guter Arbeitnehmer. Wir müssen jetzt handeln. Dadurch werden wir der Jugend dieser Union einen großen Dienst leisten, der nie in Vergessenheit geraten wird.
Frédéric Daerden (S&D). – (FR) Herr Präsident, Herr Kommissar, meine Damen und Herren! Ich begrüße die Annahme dieses Textes durch den Ausschuss für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten sehr. Angesichts der Tatsache, dass wir uns derzeit im Verhandlungsprozess für den EU-Haushalt für 2011 befinden, kommt dieser Bericht genau im richtigen Moment. Das Parlament hat zum Ausdruck gebracht, dass es der Politik für junge Leute Vorrang geben will. Wir begrüßen diesen Schritt. Jedoch sollte solch eine Politik sich nicht nur auf das Thema der Mobilität junger Menschen beschränken. Sie sollte sich auch mit deren Rechten befassen. Und genau darum geht es hier.
Die Ausbeutung von Praktikanten ist Besorgnis erregend und erhöht das Risiko, dass ein paralleler Arbeitsmarkt für junge Leute entsteht. Die prekäre Situation junger Praktikanten, die dort arbeiten, wo sie später vielleicht angestellt werden könnten, schadet der europäischen Wirtschaft, besonders hinsichtlich der Finanzierung der sozialen Sicherheitssysteme.
Deshalb begrüße ich es, dass mein Änderungsantrag, durch den Maßnahmen zur Gewährleistung akzeptabler Arbeits- und Lebensbedingungen für Praktikanten aufgenommen werden sollen, im Bericht berücksichtigt wurde. Meiner Ansicht nach ist dieser Bericht ein Schritt zur Schaffung eines echten europäischen Statuts für Praktikanten.
Katarína Neveďalová (S&D). – (SK) Endlich ein Zeichen für junge Menschen. Die Jugendarbeitslosigkeit in der Europäischen Union beträgt derzeit durchschnittlich rund 21 %, in einigen Ländern erreicht sie allerdings um die 40 %; dies ist eine gewaltige Zahl und diese Entwicklung muss definitiv gestoppt werden.
Junge Menschen sind zurzeit die am meisten gefährdete Gruppe in der Gesellschaft, denn ohne Arbeit können sie kein selbständiges Leben führen und keine Familien gründen, was sich wiederum auf das Demografieproblem der EU auswirkt. Wir müssen allerdings den jungen Menschen echte Hilfe anbieten und nicht nur darüber reden, dass wir etwas tun, sondern Maßnahmen ergreifen, die wirklich etwas ändern.
Außerdem darf nicht vergessen werden, dass in Zeiten der weltweiten Wirtschaftskrise die Kürzung von Bildungsausgaben der mit Sicherheit dümmste Weg ist, denn das wird nur dazu führen, dass wir in Zukunft eine ungebildete Bevölkerung haben werden.
Maroš Šefčovič, Vizepräsident der Kommission. – Herr Präsident! Lassen Sie mich zu Beginn Ihrer Berichterstatterin, Frau Turunen, für ihren Bericht danken, der genau zum richtigen Zeitpunkt kommt. Wie einige Redner bereits betont haben, wurde die junge Generation eindeutig besonders hart von der Wirtschaftskrise getroffen, und die Arbeitslosenquote junger Menschen ist völlig inakzeptabel. Wir dürfen das Talent junger Menschen nicht vergeuden, wo jeder fünfte junge Europäer ohne Arbeit oder vernünftige Perspektiven ist.
Die Kommission und ich persönlich sind besonders erfreut über den sehr guten Titel dieses Berichts, da es ganz klar ist, dass wir höherwertigere Arbeitsplätze für junge Menschen brauchen und dass diese entsprechende Berufserfahrungen sammeln müssen. Wie kann man wohl besser Arbeitserfahrung sammeln, als durch qualitativ hochwertige Lehrstellen oder Praktika? Deshalb teile ich voll und ganz die Ansicht, dass diese Arten der beruflichen Ausbildung am Arbeitsplatz richtig genutzt werden müssen und nicht dazu dienen dürfen, reguläre Arbeitsplätze zu ersetzen, wie auch schon von einigen Rednern betont wurde.
Die umfassende Anerkennung der negativen Auswirkungen der Wirtschaftskrise auf die junge Generation kommt im Vorschlag der Kommission für die Strategie Europa 2020 in vollem Umfang zum Ausdruck. Es ist kein Zufall, dass sich zwei der wichtigsten Ziele der Strategie Europa 2020 mit jungen Menschen und der Bedeutung von besserer Bildung beschäftigen und sicherstellen sollen, dass die Zahl der jungen Menschen mit Universitätsabschluss erhöht und die der Schulabbrecher in der Primar- und Sekundarstufe gesenkt wird.
Die Kommission wird daher einen konkreten Vorschlag vorlegen, um die Mitgliedstaaten dabei zu unterstützen, diese Ziele zu erreichen. Im September werden wir unsere Pilotinitiative „Jugend in Bewegung“ vorstellen, und wir werden den Schwerpunkt auf die Entwicklung voll integrierter Strategien legen, die Bildung, Ausbildung und Beschäftigung zusammenbringen.
Ziel wird es sein, einen europäischen Rahmen zur Förderung der Beschäftigung von jungen Menschen zu schaffen, unter anderem durch Strategien, die sicherstellen sollen, dass jungen Menschen die Fähigkeiten und Kompetenzen vermittelt werden, die sie brauchen und die für den Arbeitsmarkt erforderlich sind. Dies soll durch konkrete Maßnahmen erreicht werden, die jungen Menschen bei der Suche nach einem ersten Arbeitsplatz helfen und ihnen dann auf dem Arbeitsmarkt den Aufstieg erleichtern sollen.
Wir werden Maßnahmen zur Unterstützung junger Unternehmer und zum Anstieg der Selbstständigkeit von jungen Menschen vorstellen, und wir werden gezielte Maßnahmen für nicht oder gering qualifizierte junge Menschen vorschlagen, um ihnen bei der Eingliederung in den Arbeitsmarkt zu helfen.
Wie ich anfangs bereits gesagt habe, stimme ich mit den Rednern darin überein, dass wir konkrete und positive Maßnahmen finden müssen, um der Vergeudung junger Talente und Energie ein Ende zu bereiten und jungen Menschen in Europa zu helfen. Ich bin mir sicher, dass wir mit der Unterstützung des Europäischen Parlaments einen geeigneten Weg finden werden, diese überaus schwere Krise zu überwinden.
Der Präsident. – Die Aussprache wird geschlossen.
Die Abstimmung findet morgen statt (Dienstag, 6. Juli 2010).
Schriftliche Erklärungen (Artikel 149)
Liam Aylward (ALDE), schriftlich. Die Arbeitslosenquote unter jungen Menschen steigt weltweit rapide an und gegenwärtig gibt es nur wenige Möglichkeiten für junge Menschen, eine regelmäßige unbefristete Beschäftigung zu finden. Junge Menschen, die in den Arbeitsmarkt eintreten, werden aufgrund ihres Alters diskriminiert, daher begrüße ich den Inhalt des Berichts und die Ermutigung junger Menschen hinsichtlich ihres Zugangs zum Arbeitsmarkt.
Ich begrüße insbesondere den Vorschlag, die Arbeitgeber dahingehend zu motivieren, mehr Arbeitsplätze zu schaffen und in junge Menschen zu investieren. Weiterbildung und Unterricht sind extrem wichtig, um jungen Menschen einen besseren Zugang zum Arbeitsmarkt zu ermöglichen, und die Fach- und Hochschulausbildung ist in diesem Zusammenhang sehr wertvoll.
Praktikanten und Auszubildende müssen ermutigt werden, damit sichergestellt ist, dass sie nicht ausgebeutet werden, und junge Menschen müssen in der Lage sein, ihre Grundlebenshaltungskosten zu decken und zukünftig in den Arbeitsmarkt zu gelangen, ohne in irgendeiner Weise diskriminiert zu werden. Der Rat, die Kommission und die Mitgliedstaaten müssen mit jungen Menschen in Kontakt treten, damit ihre Bedürfnisse und Prioritäten bei der Entwicklung politischer Strategien berücksichtigt werden können.
Corina Creţu (S&D), schriftlich. Der beunruhigend hohe Prozentsatz arbeitsloser junger Menschen, der die allgemeine Arbeitslosenquote in der EU verdoppelt, spiegelt wider, wie schwierig es für junge Menschen ist, Arbeit zu finden. Dieser Trend wurde durch die Rezession noch erheblich verschärft. Die heutige junge Generation leidet unverhältnismäßig an den Auswirkungen der Wirtschaftskrise und ist von sozialer Ausgrenzung bedroht. Über 5,5 Mio. junger Menschen stehen nach ihrem Schulabgang ohne Arbeit da und sind in einer finanziellen Notlage und von Armut bedroht. Junge Menschen sind gezwungen, unsichere Arbeitsplätze mit niedrigen Löhnen und gekürzter Sozialversicherung zu akzeptieren, wodurch ihre Gesundheit und die Sicherheit am Arbeitsplatz gefährdet sind. Ein noch höheres Maß an Gefährdung zeigt sich in ländlichen Gebieten, wo in Ländern wie Rumänien Armut, Arbeitslosigkeit, Arbeitsaufnahme in sehr jungem Alter und Schulabbrüche die Zukunft zahlloser Kinder und junger Menschen ruinieren.
Zusätzlich zu den Strategien, die wir für den Wirtschaftsaufschwung und die Schaffung von Arbeitsplätzen durch Anpassung des Ausbildungssystems ausgearbeitet haben, um zu verhindern, dass wir am laufenden Band junge Menschen ohne Beschäftigung generieren, und um Schwarzarbeit und die Ausbeutung junger Menschen zu verhindern, bin ich der Überzeugung, dass eine Europäische Beschäftigungsgarantie für Jugendliche eingeführt werden muss, die jedem Jugendlichen das Recht auf einen Arbeitsplatz oder eine Kombination aus Arbeit und Weiterbildung gewährt, wenn er länger als vier Monate arbeitslos war.
Petru Constantin Luhan (PPE), schriftlich. Die Wirtschaftskrise hat zu einem enormen Anstieg der Arbeitslosenquote unter Jugendlichen geführt und dies zu dem dringendsten Problem gemacht, dem Europa gegenübersteht. Gegenwärtig sind über 5,5 Mio. junge Menschen unter 25 ohne Arbeitsplatz, das entspricht einer Quote von 21,4 %, die damit doppelt so hoch ist wie die allgemeine Arbeitslosenquote. Frühere Rezessionen haben gezeigt, dass junge Menschen am schlimmsten betroffen sind, da sie als Letzte eingestellt und in vielen Fällen als Erste entlassen werden.
Viele junge Menschen, insbesondere in Südeuropa, haben befristete Arbeitsverhältnisse, wodurch es einfach ist, sie in Krisenzeiten zu entlassen.
Die Europäische Kommission muss den Europäischen Sozialfonds aufstocken und mindestens 10 % dieses Fonds für Projekte verwenden, deren Zielgruppe junge Menschen sind, und sie muss den Zugang zu diesem Fonds erleichtern.
Ich denke, die wichtigsten Themen auf EU-Ebene, um jungen Menschen zu helfen, sind: die Europäische Qualitätscharta für Praktika, die sicherstellt, dass in Fällen, in denen praktische Erfahrungen in das Ausbildungssystem integriert werden, bestimmte Bedingungen eingehalten werden müssen, und die Einführung einer Europäischen Beschäftigungsgarantie für Jugendliche, die jedem jungen Menschen in der EU das Recht garantiert, nach einer Arbeitslosigkeit von maximal vier Monaten einen Arbeitsplatz angeboten zu bekommen.
Rovana Plumb (S&D), schriftlich. Junge Menschen sind die Zukunft Europas, aber sie sind die verletzlichste Gruppe unserer Gesellschaft, insbesondere in der gegenwärtigen Wirtschafts- und Finanzkrise. Die Arbeitslosenquote liegt bei den Jugendlichen in Süd- und Osteuropa bei fast 30 %. Jungen Menschen müssen bessere Chancen in Ausbildung und Beschäftigung geboten werden, und sie müssen von einer besseren Förderung der sozialen Eingliederung und der aktiven Teilnahme an der Gesellschaft profitieren.
Die Mitgliedstaaten müssen folgende Maßnahmen ergreifen, um bei der Schaffung eines „Europas der jungen Generation“ auf dem Arbeitsmarkt mitzuwirken: Sie müssen für einen reibungslosen Übergang zwischen Ausbildungssystem und Arbeitsmarkt sorgen, indem sie Maßnahmen wie bezahlte Praktika und berufsbezogene Beratungsdienste fördern und unterstützen;sie müssen jungen Menschen und jungen Müttern den Zugang zum Arbeitsmarkt und zu Fürsorgeeinrichtungen bereitstellen;sie müssen Arbeitgeber ermutigen, jungen Menschen stabile und unbefristete Arbeitsplätze sowie Gehälter anzubieten, die ihrer Leistung sowie ihren beruflichen und intellektuellen Fähigkeiten entsprechen;sie müssen junge Menschen vor Verträgen mit Klauseln schützen, die sie in eine prekäre Situation gegenüber ihren Arbeitgebern bringen. Es ist Zeit, dass das Wohlergehen junger Menschen gefördert wird und dass sie ein zivilisiertes, wahrhaft europäisches Arbeits- und Lebensumfeld erhalten.
22. Atypische Verträge, gesicherte Berufslaufbahnen, Flexicurity und neue Formen des sozialen Dialogs (kurze Darstellung)
Der Präsident . Der nächste Punkt ist der Bericht von Pascale Gruny für den Ausschuss für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten zu atypischen Verträgen, gesicherten Berufslaufbahnen, Flexicurity und neuen Formen des sozialen Dialogs (2009/2220(INI)) (A7-0193/2010).
Pascale Gruny, Berichterstatterin. (FR) Herr Präsident, Herr Kommissar, meine Damen und Herren, es gibt hier nur eine Lektion zu lernen, nämlich die, dass Vollzeitverträge von unbefristeter Dauer die Norm bleiben müssen.
Zunächst möchte ich allen Kollegen danken, die zur Erstellung dieses Berichts beigetragen haben.
Heute bin ich enttäuscht, dass keine Aussprache zu einer Angelegenheit stattgefunden hat, die das Herzstück der Strategie 2020 ist. Einige meiner Kollegen wollten zu diesem Thema sprechen, aber ihnen wurde keine Gelegenheit dazu gegeben. Dennoch möchte ich sie eindringlich ermutigen, ihre Beiträge den Dienststellen des Europäischen Parlaments in schriftlicher Form vorzulegen.
Enttäuscht bin ich auch, dass, nachdem ich eng mit allen politischen Fraktionen zusammengearbeitet habe, um nach zahlreichen Beratungen zu einer Einigung zu gelangen, eine alternative Entschließung, die mit meinem Bericht fast identisch ist, von der Fraktion der Grünen/Freie Europäische Allianz eingereicht wurde.
Meine Fraktion kann die zwei von Frau Schroedter der alternativen Entschließung hinzugefügten Elemente, die im Übrigen vom Ausschuss in einer Abstimmung zurückgewiesen worden sind, nicht unterstützen.
Erstens geht es um die Grundlage dieser Vorschläge, die vor allem Scheinselbstständige betrifft: Es stimmt, dass wir es hier mit einem realen und weit verbreiteten Problem zu tun haben. Wie im Bericht erwähnt, hätten wir lieber eine bessere Definition für Selbstständige, aber wir müssen sicherstellen, dass das Kriterium für Nichtselbstständige klar definiert ist, statt auf die Annahme des Angestelltenverhältnisses zu vertrauen. Die von den Grünen vorgeschlagene Definition ist sehr viel schwammiger und liefert keinen Mehrwert für den vom Ausschuss angenommenen Text.
Zweitens geht es um den Ruf nach einer Richtlinie als Garantie, dass alle Arbeitnehmer ungeachtet ihres beruflichen Status dieselben Rechte haben, einschließlich des Rechts auf Vereinigungsfreiheit; ich verstehe nicht genau, auf welche Rechte sich das bezieht oder wer die Angestellten oder Selbstständigen davon abhält, eine Gewerkschaft zu gründen oder ihr beizutreten. Meiner Ansicht nach ist eine solche Richtlinie unnötig und die Angelegenheit liegt außerhalb der Zuständigkeit der europäischen Institutionen.
Mit meinem Bericht möchte ich unbefristete Vollzeitverträge zur Norm erheben und den ausbeuterischen Ersatz regulärer Arbeitsverhältnisse durch atypische Verträge verurteilen. Ich möchte Sie daran erinnern, dass der Grundsatz der Flexicurity nicht nur Flexibilität verlangt, um sich den Bedürfnissen des Arbeitsmarktes anzupassen, sondern dass es vor allem um Arbeitsplatzsicherheit geht; und ein Grundsatz kann nicht auf Kosten eines anderen umgesetzt werden.
Die Europäische Union muss ihre Bemühungen intensivieren und in Qualifizierung und Ausbildung investieren, um so eine nachhaltige Beschäftigung zu fördern. Die Arbeitslosenquote ist in der Europäischen Union viel zu hoch, und atypische Verträge müssen daher eine Rolle auf dem Arbeitsmarkt spielen.
Atypische Verträge können jungen Menschen beispielsweise zu ersten Erfahrungen auf dem Arbeitsmarkt verhelfen. Wenn atypische Verträge für junge Menschen eine Chance sein können und es dadurch für sie leichter wird, zu bezahlten Mitarbeitern mit unbefristeten Verträgen zu werden, dann würde ich diese Vertragsart unterstützen. Im Hinblick auf Menschen mit langer Arbeitslosigkeit würde ich auch hier diese Vertragsart befürworten, wenn ein atypischer Vertrag sie wieder in den Arbeitsmarkt integriert. Und wenn ein atypischer Vertrag ein Mittel ist, um von einem Arbeitsplatz zu einem anderen oder von einem Berufsstand in einen anderen zu wechseln, dann unterstütze ich auch hier diese Art von Vertrag, denn das Hauptziel ist, die Menschen in Arbeit zu halten.
Ich möchte auch die wichtige Rolle hervorheben, die die Sozialpartner und die Organisationen der Zivilgesellschaft beim Entwurf und der Umsetzung der Beschäftigungspolitik spielen. Ich rufe alle Mitgliedstaaten auf, ihre volle Teilnahme sicherzustellen, da der Umfang der Beteiligung zwischen den einzelnen Mitgliedstaaten allzu oft variiert. Schließlich müssen wir sicherstellen, dass sie sowohl auf sozialer als auch institutioneller Ebene ein höheres Maß an Anerkennung erhalten.
Mit diesem Bericht sendet das Europäische Parlament ein Signal an die Regierungen der Mitgliedstaaten und die Kommission. Sichere Karrierewege sind ein wesentlicher Aspekt eines sozialen Europas. Der Ball ist nun im Spielfeld des Europäischen Rates. Ich hoffe, dass der Rat zu seinen Beschlüssen in Sachen Beschäftigung steht, die im Frühjahr 2010 verabschiedet wurden.
Die Europäische Union braucht einen klaren Schwerpunkt und spezifische Maßnahmen zum Schutz der Beschäftigung in unseren Regionen und zur Schaffung neuer Chancen im Rahmen der Strategie 2020.
Elisabeth Köstinger (PPE). - Herr Präsident! Ich möchte der Berichterstatterin für diesen Bericht danken, der eine aktuelle Problematik am europäischen Arbeitsmarkt klar anspricht: Flexicurity. Statistiken zeigen, dass sich in den letzten Jahren eine klare Verschiebung von Vollzeitbeschäftigungen hin zu Teilzeitbeschäftigungen vollzogen hat. Und nicht nur das: Atypische Beschäftigungsformen haben ebenso zugenommen. Diese gilt es vor allem vor dem Hintergrund der Wahrung der Rechte der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu diskutieren und zu bewerten – gerade vor dem Hintergrund, dass zurzeit sehr viele Arbeitsplätze in Gefahr sind und es in vielen Fällen zu Missbrauch dieser atypischen Arbeitsverhältnisse kommt.
Um auf den Wandel richtig reagieren zu können, bedarf es einer klaren Linie. Diese findet sich in dem vorliegenden Bericht wieder. Mit der Schaffung nachhaltiger Arbeitsplätze, der Forcierung der Aus- und Weiterbildung sowie der Förderung der Chancengleichheit von Frau und Mann werden wichtige Punkte thematisiert. Die Vorteile der Flexicurity müssen klar gefördert werden. Hier gilt es, weiterhin anzusetzen.
Sergio Gaetano Cofferati (S&D). (IT) Herr Präsident, meine Damen und Herren, ich möchte Frau Gruny sowohl für ihre hervorragende Arbeit als auch für die große Sensibilität danken, die sie durch die Berücksichtigung der Perspektiven auch anderer politischer Kulturen gezeigt hat.
Das ist nicht immer der Fall, aber wenn es so ist, dann ist es richtig, darauf hinzuweisen. Einige Aussagen in dem Dokument, die hier auch wiederholt wurden, sind sehr wichtig, beispielsweise die Tatsache, dass unbefristete Verträge als normaler Beschäftigungsablauf gesehen werden sollten und dass auf alle Fälle die Beschäftigten, – ob gewollt oder ungewollt – mit befristeten Verträgen, darauf vertrauen können, dass sie dieselben Rechte haben wie die anderen, denn alles sollte auf Standardisierung hinauslaufen, und zwar ohne Unsicherheit.
Aber auch was Sie in Bezug auf den sozialen Dialog erneut bestätigt haben, ist sehr wichtig: Die Anerkennung des Wertes der Vertretung sowohl der Arbeitgeber- als auch der Arbeitnehmerseite hat große Bedeutung. Die gewerkschaftliche Vertretung ist – genau wie Tarifverhandlungen – ein Element der Höflichkeit und des Zusammenhalts in Beziehungen.
Ilda Figueiredo (GUE/NGL). (PT) Herr Präsident, das Beharren auf Flexibilität und die so genannte Flexicurity hat zu einer Verbreitung prekärer und atypischer Beschäftigung geführt. Statt Ausnahme ist es zur Regel geworden, seit Beginn des Festhaltens an Flexibilität am Arbeitsplatz und der so genannten Flexicurity Frauen und junge Menschen einzustellen.
Diese Situation ist in Verbindung mit dem Anstieg der Arbeitslosigkeit eine der sichtbaren Seiten der kapitalistischen Krise, die wir zurzeit erfahren, und sie ist insbesondere verantwortlich für die wachsende Zahl von Arbeitnehmern, die in Armut leben, da ihre Löhne zu gering sind, als dass sie damit ihren Lebensunterhalt bestreiten könnten.
Ende 2008 waren es bereits 19 Millionen in der Europäischen Union. Heute leben mit dem Anstieg der Arbeitslosigkeit zweifelsohne weit mehr Millionen Menschen in Armut, obwohl sie einen Arbeitsplatz haben.
Daher ist ein Bruch mit der neoliberalen Politik nötig, die die Arbeitsrechte geschwächt hat, wozu auch die Flexicurity zählt, die ständig die Sicherheit außer Acht lässt. Es ist Zeit, dass wir die Würde derjenigen, die arbeiten, achten und Wohlstand schaffen.
Oreste Rossi (EFD). (IT) Herr Präsident, meine Damen und Herren, ich möchte mich den Worten meiner Vorrednerin anschließen. Sie hat völlig Recht: Es ist eine Tatsache, dass die extrem niedrigen Löhne den Geldumlauf behindern. Armut bedeutet Reduzierung des Geldumlaufs und damit steigende Probleme.
Atypische Arbeitsverträge sind ein wachsender Trend, der, wirkungsvoll eingesetzt, zu einem sinnvollen Werkzeug werden kann, um der derzeitigen Wirtschafts- und Sozialkrise zu entkommen. Um dieses Ziel zu erreichen, müssen atypische Verträge jedoch bestimmte Bedingungen erfüllen. Flexibilität muss mit Sicherheit einhergehen, damit Situationen vermieden werden, in denen schlecht ausgebildete Arbeitnehmer geringwertige Arbeitsplätze für geringen Lohn annehmen.
Das Thema Flexicurity ist mit der Fortbildung von Personal während des gesamten Arbeitslebens verbunden; das heißt, Ausbildung ist Garant für berufliches Engagement und soziale Integration. Ein größerer Schutz vor atypischen Formen der Arbeit ist wichtig, um Schwarzarbeit zu verringern und eine bessere Behandlung von Frauen und jungen Menschen zu garantieren.
Maroš Šefčovič, stellvertretender Vorsitzender der Kommission. - Herr Präsident, ich möchte der Berichterstatterin, Frau Gruny, für ihren Bericht danken.
Ich glaube, auch der Zeitpunkt ist sehr gut gewählt, weil ich eine große Relevanz des Berichts und den großen Beziehungszusammenhang zwischen diesem Bericht und demjenigen, der vor ein paar Minuten erörtert wurde, sehe.
Ich glaube, auch der Zeitpunkt ist sehr gut gewählt, weil ich eine große Relevanz des Berichts und den großen Beziehungszusammenhang zwischen diesem Bericht und demjenigen, der vor ein paar Minuten erörtert wurde, sehe.
Die Probleme, die die Berichterstatterin in ihrem Bericht zu lösen versucht, sind von großer Wichtigkeit, da atypische Verträge, Flexicurity und die Bedeutung des sozialen Dialogs für die Schaffung neuer und guter Bedingungen auf dem Arbeitsmarkt von enormer Bedeutung sind. Ich begrüße auch die wesentlichen Aussagen des Berichts und stelle erfreut fest, dass sie weitestgehend mit dem Ansatz der Kommission und der neuen Strategie für Europa 2020 übereinstimmen.
Ich finde es sehr beruhigend, dass das Parlament die faire und ausgewogene Umsetzung der Flexicurity-Grundsätze stark unterstützt. Ich stimme auch zu, dass wir unser Denken im Hinblick auf Flexicurity angesichts der gegenwärtigen Krise überdenken müssen. Die allgemeinen Grundsätze und die vier Elemente der Flexicurity bleiben zwar gültig, aber sie muss angesichts der neuen Umstände aufgrund der gegenwärtigen Wirtschaftskrise – einschließlich einer höheren Arbeitslosigkeit, Haushaltsproblemen, der Entwicklung neuer Beschäftigungsformen, schnellerer und komplexerer Übergänge und diversifizierterer Profile Arbeitssuchender – weiterentwickelt werden.
Ich glaube auch, dass der soziale Dialog über Flexicurtiy auf allen Ebenen gestärkt werden muss – auf europäischer, nationaler, lokaler und, vor allem auf Unternehmensebene. Das ist die Voraussetzung für eine erfolgreiche Umsetzung der Flexicurity. Die Kommission unterstützt die Umsetzung von Europa 2020, auch über eine Reihe von Leitinitiativen. Eine davon habe ich soeben genannt, aber auch andere Leitinitiativen werden neue Qualifikationen und Arbeitsplätze auf ihre Tagesordnung setzen, bei denen wir analysieren werden, welche Arbeitsanforderungen es für die junge Generation in den kommenden Jahren gibt.
Der Vorschlag der Kommission, über den im November entschieden wird, zielt darauf ab, die Bedingungen für eine Modernisierung der europäischen Arbeitsmärkte zu schaffen, um den Grad der Beschäftigung zu erhöhen und die Nachhaltigkeit unserer sozialen Modelle zu sichern. Er wird einige der Probleme aus Frau Grunys Bericht behandeln, einschließlich Flexicurity und sozialer Dialog. Daher bin ich für die Hinweise des Parlaments sehr dankbar.
Frau Gruny, ehrenwerte Mitglieder des Europäischen Parlaments, ich persönlich und die Kommission sehen weiteren Diskussionen mit Ihnen zu diesem Thema entgegen.
Der Präsident. Die Aussprache wird geschlossen.
Die Abstimmung wird morgen, Dienstag, den 6. Juli, um 12:00 Uhr stattfinden.
Schriftliche Stellungnahmen (Artikel 149)
Mara Bizzotto (EFD), schriftlich. In Zeiten wie diesen ist die Beziehung zwischen jungen Menschen und dem Arbeitsmarkt aufgrund der Krisenzahlen und der beunruhigenden Jugendarbeitslosigkeit in Europa ein sehr wichtiges und nicht zu vermeidendes Thema, wenn man die Dringlichkeit berücksichtigt, mit der die Bürger und vor allen Dingen junge Menschen eine konkrete Antwort erwarten. Um das Licht am Ende des Tunnels mit einer Arbeitslosigkeit auf niedrigem Rekordniveau zu erreichen, ist vor allem eine Konsolidierung der Verbindung von Unternehmen und Ausbildung erforderlich, damit die Weitergabe von Qualifikationen und „Know-how“ gefördert wird. Vor der Revolution der Informationsgesellschaft wurden Kenntnisse und Informationen vor allem in der Schule erworben. Heutzutage scheinen die Zahlen zu bestätigen, dass nur ein Teil in der Schulzeit erworben wird, während die Rolle der Multimedien und der beruflichen Weiterbildung äußerst wichtig erscheint. Daher denke ich, dass Beziehungen auf lokaler Ebene eine einzigartige Ausbildungschance bieten können, wenn wir kleine und mittlere Unternehmen und Betriebe und lokale handwerkliche Branchen als potenzielle Quelle für Praktika und Ausbildungsplätze berücksichtigen, damit Qualitäts-Know-how verbreitet werden kann.
Erminia Mazzoni (PPE), schriftlich. Die zahlreichen Beschlüsse und Entscheidungen des EU-Parlaments und des Rates zur Arbeitswelt in den letzten drei Jahren haben die Maßnahmen festgelegt, die notwendig sind, um die Ziele eines höheren Beschäftigungsniveaus zu verwirklichen, mehr Flexibilität und Sicherheit zu erzielen, Schwarzarbeit zu bekämpfen und den sozialen Dialog zu stärken. Jedoch führten die Bemühungen der Legislative nicht zur Umsetzung der Ziele von Lissabon, und Formen atypischer Arbeit – die eigentlich einer Erleichterung des Eintritts in den Arbeitsmarkt und verringerter Rigidität dienen sollten – haben sich weitestgehend zu Instrumenten zur Ausbeutung sozialer Schwäche entwickelt. Die gefährdetsten Personengruppen – Frauen, Jugendliche, Alte, Bildungsschwache und Menschen aus schwach entwickelten Gebieten – werden Arbeitsbedingungen unterworfen, die eher prekär als flexibel sind. Der Vorschlag der Kommission kommt zu einem heiklen Zeitpunkt für die Weltwirtschaft und könnte der Beschäftigung einen noch größeren Schaden zufügen. Tatkräftiges Handeln auf europäischer Ebene ist unerlässlich, um die Politik des sozialen Zusammenhalts, eines Pfeilers der europäischen Einheit, zu fördern und die Geschlechterbarrieren einzureißen sowie geografische Ungleichheiten zu beseitigen. Höheren Investitionen der EU in Ausbildung, Arbeitsvereinfachung und Sicherheit müssen höheren Investitionen aus den Mitgliedstaaten gegenüberstehen. Arbeit muss wieder als Wert angesehen werden.
Sirpa Pietikäinen (PPE), schriftlich. (FI) Die Grundthemen des Berichts, die Beibehaltung und Entwicklung des europäischen Arbeitsmarktmodells, unbefristete Beschäftigungsverträge und das dreigliedrige System sowie die Lösung der Probleme atypischer Arbeit und die Arbeit im Kontext einer Schattenwirtschaft – das alles sind wertvolle Ziele. Im gegenwärtigen Klima rapider Änderungen im Arbeitsleben sind atypische Beschäftigungsverträge leider zur Norm geworden.
Gerade jetzt ist es enorm wichtig hinzuschauen, was auf der Arbeitnehmer-Arbeitgeber-Achse geschieht. Wenn die Schwelle zum Unternehmertum gesenkt wird, muss auch sichergestellt werden, dass Arbeitnehmer nicht als Scheinunternehmer ausgelagert werden, die dann hinsichtlich sozialer Sicherheit und Kündigungsschutz beispielsweise schlechter gestellt sind als andere. Die Zahl der atypischen Verträge hat sich in letzter Zeit stark vermehrt, insbesondere bei den jüngsten und ältesten Arbeitnehmern und bei Frauen. Dies ist auch ein sehr beunruhigendes Zeichen dafür, dass diese Gruppen die ersten sind, die Flexibilität hinsichtlich ihrer Arbeitsbedingungen und sogar ihrer Arbeitsplätze zeigen müssen.
Das Problem atypischer Verträge wurde breit in den verschiedenen EU-Institutionen diskutiert. Neben Reden, Berichten und gemeinsamen Vorschriften haben die Mitgliedstaaten der Europäischen Union die Pflicht, ein Exempel zu statuieren. Sie sollten sich zu einem Konzept verpflichten, durch das sie nicht nutzlos ein System atypischer Verträge in ihrem eigenen öffentlichen Sektor fördern oder aufrechterhalten.
23. Grünbuch der Kommission über die Bewirtschaftung von Bioabfall in der Europäischen Union (kurze Darstellung)
Der Präsident. – Der nächste Tagesordnungspunkt ist der Bericht von José Manuel Fernandes im Namen des Ausschusses für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit zum Grünbuch der Kommission über die Bewirtschaftung von Bioabfall in der Europäischen Union (2009/2153(INI)) (A7-0203/2010).
José Manuel Fernandes, Berichterstatter. (PT) Herr Präsident, Herr Kommissar, meine Damen und Herren, zunächst einmal möchte ich alle diejenigen grüßen und ihnen danken, die über diesen Bericht sprechen werden, der im Ausschuss für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit eine große Mehrheit gefunden hat. 55 Ja-Stimmen, 3 Nein-Stimmen und keine Enthaltungen. Ich bin dankbar für die Arbeit und die Beteiligung, die den Inhalt des Berichts möglich gemacht haben.
Rund 30 % städtischer Festabfälle sind Bioabfall. Über 100 000 Tonnen werden jährlich produziert. Wir dürfen dabei nicht vergessen, dass Abfälle über 109 Mio. Tonnen Treibhausgase erzeugen, Sie stehen nach Energie, Industrie und Landwirtschaft an vierter Stelle der Quellen der Emission von Treibhausgasen.
Bioabfall sollte als potenzielle Ressource betrachtet werden. Das Potenzial von Bioabfall sollte voll ausgenutzt werden. Leider werden bis heute große Abfallmengen auf Deponien abgeladen und verursachen dadurch Umweltkosten.
Die Gesetzgebung ist in diesem Punkt nicht kohärent. Wir haben Rechtsvorschriften in verschiedenen Rechtstexten, die harmonisiert werden müssen, Vorschriften, die weitere Klarheit verlangen – und zwar eine andere Art von Klarheit - und größere Einfachheit. Darum sprechen wir uns für eine spezifische Richtlinie aus; eine Richtlinie, die Rechtssicherheit und soziale Sicherheit für die Öffentlichkeit und private Investoren gewährleistet und dabei lokale Besonderheiten und das Subsidiaritätsprinzip berücksichtigt.
Diese Richtlinie ist extrem wichtig. In diesem Bericht befürworten wir die Abfall-Hierarchie und nicht zuletzt die Vermeidung, und das muss eingehender betrachtet werden.
Der beste Abfall ist Abfall, der niemals zu Abfall wird. Aus diesem Grund hat die öffentliche Hand die Wahl, beispielsweise sicherzustellen, dass Gärten, in denen es jede Menge Laub gibt oder die sehr viel Pflege benötigen und in denen sehr viel Abfall produziert wird, gesondert eingestuft werden, um dafür zu sorgen, dass diese Abfallmenge erst gar nicht produziert wird. Dasselbe gilt für die Nahrungsmittelindustrie, wo Lebensmittelpackungen oftmals entsorgt und weggeworfen werden, weil das Haltbarkeitsdatum abgelaufen ist.
Ein wachsendes Bewusstsein der Öffentlichkeit und die Entwicklung hin zu einer recycelnden Gesellschaft sind grundlegend für mehr Arbeitsplätze.Für je 10 000 Tonnen recyceltem Abfall können 250 Arbeitsplätze geschaffen werden, während für die Verbringung derselben Menge auf Deponien nur 10 Arbeitsplätze benötigt werden.
Abfall ist wichtig, wenn es um die Bekämpfung des Klimawandels geht. Es ist wichtig, die Bodendegradation durch die Herstellung hochwertigen Komposts zu bekämpfen – wir verfechten sogar die Regulierung dieses Kompostes durch die Europäische Union – und dieser Abfall ist wichtig für die Erzeugung von Bioenergie.
Wir sorgen dafür, dass die Maßnahmen dem Ergebnis angepasst werden. Die wissenschaftliche Forschung in Sachen Kompost beispielsweise wird gefördert, um Innovationen zu fördern. Letztendlich befürworten wir eine Strategie der nachhaltigen, intelligenten und globalen Entwicklung für 2020.
Dieser Bericht ist ehrgeizig, aber auch realistisch, weil wir zum Beispiel wollen, dass Abfalltrennung zur Vorschrift wird, sofern es unter lokalen, wirtschaftlichen und umwelttechnischen Umständen möglich ist. Aus diesem Grund verwende ich die Formulierung „Wir sind Verfechter von Ehrgeiz, aber auch Realismus“.
Jarosław Kalinowski (PPE). – Herr Präsident, ich möchte meinen Dank für diesen Bericht ausdrücken und dazu bemerken, dass Bioabfall nicht als Problem behandelt werden sollte oder als etwas, das die Umwelt verschmutzt und nachteilige Auswirkungen auf die Wirtschaft hat.
Im richtigen Einsatz dieser Nebenprodukte schlummert ein riesiges Potenzial. Eine vernünftige Bioabfallbewirtschaftung wird es uns ermöglichen, erneuerbare Energie zu erzeugen und damit zum Wirtschaftswachstum beizutragen, den Klimawandel durch angemessene Recyclingverfahren abzuschwächen und dazu beizutragen, Bodendegradation dank des Einsatzes von Bioabfall zur Herstellung hochwertigen Komposts zu bekämpfen. Natürlich sind geeignete finanzielle Maßnahmen äußerst wichtig, um zu diesem Zweck eine geeignete Infrastruktur zu schaffen und Unternehmen zu ermutigen, Forschungen durchzuführen und innovative Maßnahmen einzuführen. Die entstehenden Kosten werden dennoch zukünftig dazu beitragen, die Wirtschaft zu stärken und die Lebensqualität der Bürger zu verbessern, und deswegen ist die Sache eben doch den sprichwörtlichen Pfifferling wert.
Seán Kelly (PPE). – Herr Präsident, ich möchte Herrn Fernandes zu seinem Bericht gratulieren. Er konnte zu keinem besseren Zeitpunkt erscheinen, weil überall in der Europäischen Union die Bürger auf breiter Basis eine Ahnung bekommen, was mit unserer Welt passiert, welche Auswirkungen der Klimawandel hat, und insbesondere, wie sie persönlich zu einer Besserung beitragen können. Es hat lange gedauert, bis diese Nachricht angekommen ist, aber Sie können es bereits in den Schulen sehen: In meinem eigenen Land werden immer mehr Schulen mit der Grünen Flagge ausgezeichnet. Die Botschaft geht von hier aus weiter an die Eltern und das Umfeld, und auf Themen wie Abfallrecycling etc. wird viel mehr Wert gelegt. Auch in der Landwirtschaft ist das zu sehen: Landwirte beispielsweise erkennen den Schaden, den zu viel Dünger verursacht, und nun gehen sie sorgsamer damit um. Ich denke, die Zeit ist gekommen, den Menschen zu verdeutlichen, dass sie einen Beitrag zur Entwicklung anaerober Faulbehälter und Ähnlichem leisten, und, wie andere Redner es sagten, zur Entwicklung neuer Arbeitsplätze in der „New economy“ beitragen können.
Csaba Sándor Tabajdi (S&D). (HU) Ich möchte Herrn Fernandes für seine Arbeit als Berichterstatter für den Biogasbericht 2007 danken. Bioabfall ist ein natürliches Nebenprodukt der landwirtschaftlichen Produktion und der Waldbewirtschaftung. Daher stimme ich mit dem Berichterstatter nicht überein, da Dung ein organisches Erzeugnis aus der Viehzucht ist. Ich bitte Herrn Šefčovič um Bestätigung, was das Parlament im Jahr 2007 erbeten hat, nämlich, dass die Kommission Mittel für die Biogaserzeugung bereitstellen sollte. Das wäre sehr wichtig. Das Kompostieren ist, wie mein Kollege Herr Kalinowski es erwähnte, ebenso wichtig, wenn nicht sogar wichtiger. Der Bericht von Herrn Fernandes erklärt, dass die Europäische Kommission Gelder für das Kompostieren von Bioabfall bereitstellen sollte. Wie schon früher erklärt, ist dies eine wesentliche Maßnahme aus landwirtschaftlichen und Umweltschutzgründen, und es ist genauso wichtig anzuerkennen, dass neue Mitgliedstaaten ernsthafte Schwierigkeiten haben, wenn es um Biogas und Kompostieren geht. Bitte berücksichtigen Sie die besondere Lage in den einzelnen Mitgliedstaaten.
Wojciech Michał Olejniczak (S&D) (PL). Herr Präsident, auch ich möchte meine Glückwünsche zu diesem Bericht zum Ausdruck bringen und die Aufmerksamkeit auf verschiedene Punkte lenken, die für die gesamte Europäische Union von Bedeutung sind. Bis heute haben wir die Probleme bei der Abfalltrennung nicht in den Griff bekommen, und obwohl einigen Gemeinden die Bewirtschaftung gelungen ist, gibt es viele Regionen, die hinterherhinken – nicht nur in Polen, sondern in der gesamten Europäischen Union. Ohne eine ordnungsgemäße Mülltrennung ist es nicht möglich, Bioabfall sinnvoll zu nutzen, und in dieser Hinsicht gibt es, wie schon mehrfach erwähnt, zahlreiche Möglichkeiten.
Hier denke ich insbesondere an Biogasanlagen. Das sind Projekte, die unbedingt in der gesamten Europäischen Union entwickelt und für die Geldmittel zur Verfügung gestellt werden sollten (und zwar auf regionaler Ebene, aber es sollten auch Biogasanlagen auf allen lokalen Ebenen gefördert werden), weil die Erzeugung und die Verteilung durch diese Anlagen wesentlich wirtschaftlicher b als durch andere Abgabestellen ist.
Sonia Alfano (ALDE) (IT). Herr Präsident, meine Damen und Herren, dieser Bericht ist zweifellos ein gutes Stück Arbeit und ich möchte den Berichterstatter dazu beglückwünschen. Einer der ersten Sätze in der Begründung hat mich sehr berührt und deswegen möchte ich ihn direkt zitieren: „Die Abfallbewirtschaftungspolitik muss die EU in eine Recyclinggesellschaft verwandeln.“
Aber hier entdecke ich einige Widersprüche. Beispielsweise die Tatsache, dass die getrennte Sammlung obligatorisch ist, solange sie die beste Option unter umweltpolitischen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten darstellt. Anders gesagt, Investitionen der Mitgliedstaaten in diesem Bereich werden nicht diskutiert, selbst wenn sie den europäischen Richtlinien widersprechen.
So legt die Europäische Union wenig mehr als einen Vorschlag vor, wie wir das bereits bei der Abfallrahmenrichtlinie erfahren haben. Und wir vergessen – dank des Subsidiaritätsprinzips, hinter dem sich die europäischen Institutionen nur allzu oft verstecken –, dass es unsere Pflicht ist, ehrgeizige und einschneidende Antworten zum Abfallproblem zu liefern. Lassen Sie uns Ziele für die Mülltrennung festlegen und über ihre Umsetzung verhandeln. Lassen Sie uns empfehlenswerte Verfahren wie „Null-Abfall“-Strategien einsetzen, wie sie in einigen Teilen der USA eingeführt wurden, und diese für alle Mitgliedstaaten verbindlich machen.
Julie Girling (ECR). – Herr Präsident, auch ich möchte Herrn Fernandes zu seinem Bericht gratulieren. Nachdem ich den Bericht gelesen habe, finden wir, dass er eine umfassende Abhandlung aller mit Bioabfall verbundenen Themen ist: Deponien, der Verlust von Energiequellen und der Bedarf an Qualitätskontrollen des Komposts. Alle Themen sind vorhanden.
Und so muss ich leider sagen, dass ich mit einem Punkt ein Problem habe. Es geht um das obligatorische – das heißt gesetzliche – Mülltrennungssystem für ganz Europa. Ich bin aus Gründen der Subsidiarität dagegen, und ich bin insbesondere aus dem Grund dagegen, dass hier versucht wird, eine Methode festzuschreiben, die an vielen Orten von hochtechnischen Autoklaven und anderen Technologien verdrängt wird.Anders gesagt, dieses System ist schon veraltet, bevor es überhaupt eingerichtet wird, und das stellt die EU-Vorschriften in ihr schlechtestes Licht. Ich bin gegen die kniefällige Reaktion, nach noch mehr Vorschriften zu rufen, anstatt Anreize zu schaffen, und ich bitte die Kommission eindringlich, ihren Standpunkt beizubehalten und sich der Forderung von mehr Rechtsvorschriften zu widersetzen.
Piotr Borys (PPE) (PL). Herr Präsident, ich bedanke mich vielmals für die Möglichkeit, hier sprechen zu dürfen. Ich möchte Herrn Fernandes für seinen Bericht danken, der sich mit den Möglichkeiten auseinandersetzt, biologisch abbaubaren Abfall zu behandeln. Ich möchte sagen, dass 30 % dieses Abfalls für die Herstellung von Kompost verwendet werden kann. Das Wichtigste bleibt natürlich der Einsatz eines Recyclingsystems. Leider wurden die Richtlinien in diesem Bereich in den Ländern Mittel- und Osteuropas nicht wirkungsvoll umgesetzt. Wir müssen unsere Leistung steigern und das Recycling verbessern, wozu auch das Kompostieren gehört. Das ist der beste und natürlichste Weg, diese Abfallsorte zu bewirtschaften.
Es scheint aber auch legitim zu sein, die Möglichkeiten zur Energierückgewinnung zu betrachten. Ich würde hier gerne das Beispiel Dänemark anführen. Dort hat man im Bereich erneuerbarer Energien Biogasanlagen auf breiter Basis eingesetzt. Dies ist ein Beispiel für ganz Europa, wie man die Nutzung erneuerbarer Energien im großen Maßstab handhaben kann. Es scheint legitim, dass die zukünftige Finanzagenda – die Strategie 2020 – Mittel bereitstellen sollte, damit diese Entwicklung in den Mitgliedstaaten unterstützt wird.
Maroš Šefčovič, stellvertretender Vorsitzender der Kommission. – Herr Präsident, ich möchte zunächst dem Berichterstatter, Herrn Fernandes, für seinen Bioabfallbericht danken. Ich möchte auch den Ausschussmitgliedern für ihre wertvollen Beiträge zu diesem sehr wichtigen Thema danken.
Wie Sie wissen, hat die Kommission am 18. Mai 2010 die zukünftigen Schritte für die Bioabfallbewirtschaftung in der Europäischen Union beschlossen. Dieser Mitteilung ist ein Anhang mit einer detaillierten technischen Analyse der Maßnahmen beigefügt, die zur Verbesserung der Bioabfallbewirtschaftung in der EU insgesamt und in jedem einzelnen Mitgliedstaat ergriffen werden könnten. Bei der Vorbereitung dieser Mitteilung haben unsere Abteilungen eingehend die Debatten im Europäischen Parlament zum Bioabfall berücksichtigt. Ich finde es sehr ermutigend, dass es uns gelungen ist, zur selben Schlussfolgerung zu gelangen: Es gibt immer noch Raum für Verbesserungen bei der Bioabfallbewirtschaftung in der EU und diese Verbesserung kann positive Ergebnisse für die Wirtschaft und die Umwelt bringen. Ich stimme auch zu, dass der Schlüssel zum Erfolg in einer besseren Durchsetzung der vorhandenen Rechtsvorschriften liegt, insbesondere im Hinblick auf die Deponierichtlinie. Da aber eine optimale Bioabfallpolitik von Land zu Land und sogar zwischen einzelnen Regionen unterschiedlich sein kann, sind weitere Analysen unter Berücksichtigung der Subsidiarität erforderlich.
Der Hauptunterschied zwischen dem Ansatz der Kommission und dem Ansatz des Berichterstatters dreht sich um das Problem einer möglichen Bioabfallrichtlinie. Die Kommission nimmt den Standpunkt ein, dass eine eigenständige Richtlinie keinen Mehrwert bringen würde. Es ist möglich, die Bioabfallbewirtschaftung auf der Grundlage der vorhandenen und bereits geplanten Rechtsvorschriften zu verbessern. Daher plant die Kommission die Initiierung einer Reihe von Maßnahmen zur Verbesserung der Bioabfallbewirtschaftung, einschließlich: Festlegung von Kriterien für die Erzeugung hochwertigen Komposts unter Einsatz von Verfahren zur vollständigen Verwertung von Abfall, wie in der Abfallrahmenrichtlinie vorgesehen;Analyse der Nutzbarkeit von Mindeststandards für die Nutzung von Bioabfall in der Landwirtschaft innerhalb der Überarbeitung der Klärschlammrichtlinie;und Analyse der Möglichkeit, Zielvorgaben für die Trennung oder das Recycling von Bioabfall im Rahmen der Überprüfung der Recyclingsziele der Abfallrahmenrichtlinie bis spätestens 2014.
Ich glaube, wir können die wichtigsten Punkte der Anforderungen des Parlaments mit dem von der Kommission vorgeschlagenen Maßnahmenpaket erfüllen und daher bin ich dankbar für Ihre Bereitschaft, an diesem wichtigen und herausfordernden Papier weiter mitzuarbeiten.
Der Präsident. - Die Aussprache wird geschlossen.
Die Abstimmung wird morgen, Dienstag, den 6. Juli, um 12:00 Uhr stattfinden.
Schriftliche Stellungnahmen (Artikel 149)
Pavel Poc (S&D), schriftlich. (CS). In der Europäischen Union werden jährlich 118 – 138 Mio. Tonnen Bioabfall produziert, davon sind 88 Mio. Tonnen biologisch abbaubarer städtischer Müll. Bis zu 40 % des Bioabfalls landen auf Deponien. Eine Praxis wie diese stellt ein erhebliches Verunreinigungsrisiko für das Grundwasser und den Boden dar und trägt auch zur Emission von Treibhausgasen bei. Sie führt auch zu einer irreversiblen Beseitigung von biologischen Stoffen aus dem Wirtschafts- und Naturkreislauf, anstatt sie für die Herstellung hochwertigen Komposts zu verwenden und damit die Produktivität und die Wasserspeicherfähigkeit des Bodens zu verbessern. Im Zusammenhang mit dem Bedarf an massiver Nutzung von Kompost in der Landwirtschaft wäre es für die Kommission angebracht, wegen der Blockierung der Rahmenrichtlinie für den Bodenschutz Druck auf den Europäischen Rat auszuüben. Ein fundamentaler Mangel im Bereich der Behandlung von Bioabfall ist das unterschiedliche Maß an Umsetzung der vorhandenen Rechtsvorschriften in den Mitgliedstaaten. Daher begrüße und unterstütze ich die Forderung an die Kommission, bis Ende 2010 einen Vorschlag für eine separate Richtlinie zur Behandlung von Bioabfall vorzulegen. Der Standpunkt der Kommission muss sich diesbezüglich ändern und sehr proaktiv und weit ehrgeiziger als bisher werden. Ich halte es auch für wesentlich, die Ausbildungseinrichtungen für das Abfallmanagement zu stärken. Der beste und verlässlichste Weg zur Unterstützung von Recycling und Abfallvermeidung ist die Sensibilisierung der Öffentlichkeit. Der direkteste Weg zu diesem Ziel ist die Unterrichtung junger Menschen und die Einführung nachhaltiger Abfallbehandlung in unsere gesellschaftlichen Standards.
Daciana Octavia Sârbu (S&D), schriftlich. - Effiziente Bioabfallbewirtschaftung kann zahlreiche Vorteile für die Umwelt bringen, wie verbesserte Bodenqualität und die Erzeugung erneuerbarer Energien in Form von Biogas. Daher unterstütze ich Maßnahmen zur Steigerung und Verbesserung der Sammlung und Behandlung von Bioabfall. Jedoch sind die Art des vorgeschriebenen Sammelsystems und die Berechnung der Sammelziele von Bedeutung. Zahlreiche Kleinbetriebe in Rumänien recyceln bereits Bioabfall, auch wenn dies nicht im Rahmen eines Sammelsystems offiziell anerkannt wird, weil dieser Abfall niemals in den offiziellen Abfallstrom gelangt. Daher müssen alle zukünftigen Richtlinien und Sammelzielvorgaben für Bioabfall flexibel genug sein, um erhebliche nationale und regionale Unterschiede zu berücksichtigen.
24. Die Strategie der Europäischen Union für den Ostseeraum und die Rolle der Makroregionen im Rahmen der künftigen Kohäsionspolitik (kurze Darstellung)
Der Präsident. - Der nächste Punkt ist der Bericht von Wojciech Michał Olejniczak im Namen des Ausschusses für Regionale Entwicklung zur Strategie der Europäischen Union für den Ostseeraum und die Rolle von Makroregionen in der zukünftigen Kohäsionspolitik (2009/2230(INI)) (A7-0202/2010).
Wojciech Michał Olejniczak, Berichterstatter. Herr Präsident, zu Beginn möchte ich den Schattenberichterstattern für unsere erfolgreiche Zusammenarbeit danken, die zur Erstellung eines Dokuments geführt hat, das für eine Reihe von Arbeitsbereichen der Union von großer Bedeutung ist. Der Bericht über die Strategie der Europäischen Region für den Ostseeraum und die Rolle von Makroregionen in der zukünftigen Kohäsionspolitik unterstreicht die regionale Zusammenarbeit zur Umsetzung von Maßnahmen für eine Reihe von Strategien, einschließlich Transport, Fischerei, Energie und Landwirtschaft sowie wissenschaftliche Forschung. Eine echte Möglichkeit, diesen ehrgeizigen Plan in die Tat umzusetzen, gab es im Jahr 2004, als sich die Anzahl der Ostseestaaten in den Strukturen der Europäischen Union auf acht von neun erhöhte.
Die vorrangigen Elemente makroregionaler Zusammenarbeit sind Transportpolitik und Umweltschutz. Diese sind durch die Notwendigkeit miteinander verbunden, Unterschiede in den Infrastrukturstandards zu verringern, sowie durch die Tatsache, dass sie gut die Abhängigkeitsstruktur seitens der Mitgliedstaaten veranschaulichen, die für diesen Ansatz charakteristisch ist. Es kann keine effizienten Maßnahmen bei der Bekämpfung von Verschmutzung und Verunreinigung des Ökosystems im Ostseeraum ohne integrierte Maßnahmen seitens der Anrainerstaaten geben.
Zweitens erzeugt die makroregionale Zusammenarbeit zweifelsohne Bedingungen bzw. trägt zu ihrer Förderung bei, die innovative Entwicklungen begünstigen. Durch Einsatz des großen intellektuellen Potenzials seiner Einwohner können wir die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft in der gesamten Makroregion erhöhen. Diese Tatsache wiederum hat eine große Bedeutung für die Entwicklung der gesamten Europäischen Union, für die eine geschlossenere Haltung und eine stabilere wirtschaftliche Lage von unwiderlegbar strategischer Wichtigkeit wäre.
Drittens dürfen wir soziale Ziele nicht außer Acht lassen. Das Schaffen von Bedingungen für den Wohlstand der Bürger und die Berücksichtigung kultureller, bildungspolitischer und touristischer Kriterien in die Projekte sind ebenfalls von erheblicher Bedeutung. Außerdem wird auch die Unterstützung der Entwicklung der Zivilgesellschaft, die die Grundlage eines politischen Demokratiesystems ist, bei der Stärkung des Integrationsprozesses hilfreich sein. Jedoch können wir nicht über solche Änderungen reden, wenn der allgemeine Lebensstandard der Menschen sich nicht verbessert. Daher ist es notwendig, bei der Schaffung neuer Arbeitsplätze permanente und aktive Unterstützung zu leisten.
Die Strategie der Europäischen Union für die Entwicklung und Lenkung der Makroregion Ostsee ist gegenwärtig ein wichtiger Bezugspunkt in der Debatte über die zukünftige Kohäsionspolitik nach 2013. Zurzeit nutzen Projekte, die als Teil der Strategie durchgeführt werden, Ressourcen, die unter die Kohäsionspolitik fallen. Angesichts ihrer multisektoriellen Art sollten sich die derzeitigen Debatten jedoch auf die Bedürfnisse der nahen Zukunft richten, um spezifische Methoden und Quellen sowie eine angemessene Finanzierungsmethode der makroregionalen Strategien im zukünftigen Programmzeitraum zu planen.
Unter Berücksichtigung der Zukunft dieser Strategien blicken wir mit großer Hoffnung auf den Plan der Europäischen Kommission, eine Datenbank mit bewährten Verfahren einzurichten, mit der eine genaue Beobachtung der Maßnahmen möglich wird, die sich bereits in der Umsetzung befinden, und ihr Einsatz als Modell für andere Strategien möglich wird. Geleitet vom Bedarf an Programmen für höchste Leistungsfähigkeit, die als Teil der Strategie für die Ostsee durchgeführt werden, sowie an erfolgreichen makroregionalen Projekten fordern wir die Kommission auf, Instrumente und objektive Kriterien für den Bestandsschutz zu entwickeln. Dank dieser Kriterien kann die mittelfristige Analyse zur Durchführung der Strategie ein Referenzpunkt für die nächsten Unternehmungen dieser Art werden.
Wir sollten uns auch daran erinnern, dass wir Antworten auf die Fragen benötigen, was in dieser Hinsicht wichtig ist: Können diese Strategien als Teil der Kohäsionspolitik realisiert werden und wie müssen sie finanziell ausgestattet werden, damit die aus der Europäischen Union stammenden Geldmittel sinnvoll eingesetzt werden? Mit großer Zufriedenheit beobachte ich die Entwicklung der Idee von Makroregionen. Alle haben die Chance, sich auf grenzüberschreitender Ebene auf Fragen zu konzentrieren, die vom Standpunkt territorialer Kohäsion aus gesehen wichtig sind, oder anders gesagt, die Umsetzung der Idee der Integration wird seit Beginn der Europäischen Union gefördert. Darüber hinaus hat die Einrichtung funktionaler Regionen mit gemeinsamen Zielen die Chance, die Effizienz der Regionalpolitik zu erhöhen.
Meine Damen und Herren, das Beispiel Ostsee dient als Modell und ist eine Ermutigung, an anderen Makroregionen zu arbeiten, und sie ist der Beweis für eine erheblich bessere Integration.
Seán Kelly (PPE). (GA). Herr Präsident, ich möchte zuerst sagen, dass ich diese Strategie zwischen den Ländern rund um die Ostsee befürworte. Erstens schafft sie keinerlei Probleme für andere Länder noch schafft sie Probleme für die Europäische Union selbst.
Sie basiert auf drei „Neins“ – und die sind sehr wichtig. Nummer Eins: keine Freigabe weiterer mMittel; Nummer Zwei: kein Erlass weiterer Rahmengesetze; und Nummer Drei: keine Einrichtung weiterer Institutionen. Wie der Berichterstatter gesagt hat: Die Länder kommen zusammen, um gemeinsame Probleme wie Umwelt-, Sozial- und Wirtschaftsprobleme zu lösen. Daher könnte daraus sehr viel Gutes entstehen, und es könnte ein zukünftiges Modell für andere makroregionale Strategien sein.
Ich bin in weniger als einer Minute fertig geworden.
Artur Zasada (PPE). (PL). Herr Präsident, ich bin überzeugt, dass die Strategie der Europäischen Union für den Ostseeraum zu einer nachhaltigen Entwicklung der Region beitragen wird. Es muss jedoch sichergestellt werden, dass das Dokument in regelmäßigen Abständen aktualisiert und einheitlich umgesetzt wird.
Meiner Meinung nach liegt eine der größten Herausforderungen für den Ostseeraum in der Einrichtung eines leistungsfähigen Meer-, Land- und Binnengewässer-Verkehrsnetzes. Daher bin ich froh, dass die endgültige Version des Dokuments meine Ergänzung enthält und die Bedeutung eines mitteleuropäischen Verkehrskorridors unterstreicht. Ich denke, dieser Korridor ist die kürzeste Verbindung zwischen Skandinavien und der Adria und von fundamentaler Bedeutung für den gesamten Ostseeraum. Er wird die Infrastruktur und die sozialen Bindungen zwischen Städten und Regionen stärken und auch zu ihrem Wohlstandswachstum beitragen. Da es sich nicht nur um ein Wirtschaftsprojekt, sondern auch um ein politisches, kulturelles und historisches Projekt handelt, verdient es unsere ganze Aufmerksamkeit.
Piotr Borys (PPE). (PL). Herr Präsident, ich möchte Herrn Olejniczak zu einem hervorragenden Bericht gratulieren. Wie wir wissen, stehen wir heute vor einer neuen Herausforderung der Kohäsionspolitik. Es ist ohne Zweifel wahr, dass makroregionale Politik auf unsere Strategie für Regionen wie die Ostsee und das Mittelmeer Anwendung findet.
Ich möchte gerne auf eine Tatsache hinweisen, die Herr Zasada bereits in seiner Rede unterstrichen hat. Heute müssen zwei zusammenhängende Bereiche – die Ostsee und das Mittelmeer – durch einen zusammenhängenden grenzübergreifenden Verkehrskorridor verbunden werden.Alle möglichen Ressourcen sollten für diese neue Form der Finanzierung bereitgestellt werden, sodass diese beiden Wachstumszentren effizient miteinander verbunden werden können. Ich möchte noch erwähnen, dass Beratungen über das TNT-Netzwerk auch heute noch im Gange sind. Dieses Netzwerk würde zu einem Zusammenhalt von Schienen-, Straßen- und Wassertransport führen. Die Tatsache der Verbindung dieser beiden Regionen könnte ein Schlüsselfaktor bei der Vereinheitlichung makroökonomischer Politik für die Entwicklung der Ostsee und des Mittelmeers werden.
Olga Sehnalová (S&D). (CS). Beim letzten Besuch des Ausschusses für Verkehr und Fremdenverkehr in Lettland und Estland war das Problem von Verkehrsverbindungen zwischen den Ostseestaaten und den Nachbarregionen zu Recht ein Hauptgesprächsthema. Es geht nicht nur um Direktverbindungen in den Osten, wo es erhebliche Engpässe gibt (das beste Beispiel ist Estland, wo es zu einer Verzögerung von mehreren Tagen beim Grenzübertritt in der derzeitigen Grenzstadt der Europäischen Union, Narva, kommt), sondern auch um Verbindungen zu weiter entfernten europäischen Regionen, was ebenso wichtig ist. Unter diesem Gesichtspunkt gibt es einen definitiven Vorteil beim so genannten Ostsee-Adria-Entwicklungskorridor, der den Ostseeraum mit Südeuropa verbindet. Er wird ausnahmslos von allen betroffenen Regionen und lokalen Behörden gefördert und hat weitere positive Auswirkungen auf die wirtschaftliche Entwicklung der weit von den Grenzen der Ostsee-Makroregion entfernten Gebieten.
Csaba Sándor Tabajdi (S&D). (HU). Ich gratuliere Herrn Olejniczak zu seinem Bericht, da die Ostseestrategie die erste makroregionale Strategie der Europäischen Union war. Diejenigen von uns, die gerne eine Donau-Makroregion aufbauen wollen, müssen einige Lektionen aus den Erfahrungen mit dem Ostseeraum lernen. Eine dieser Lektionen ist, dass es nicht ratsam ist, zu viele Prioritäten zu setzen. Stattdessen sollten zwei oder drei Hauptziele anvisiert werden, die die Länder des Donaubeckens einander näher bringen. Ähnlich wie bei der Ostseestrategie sind dies Transporte (wodurch die Donau schiffbar wird), Umweltschutz (wodurch die Sauberkeit und Biovielfalt der Donau erhalten bleiben) und Tourismus. Ich denke, dies werden die Hauptprioritäten der ungarischen Präsidentschaft im Jahr 2011 sein. Ich bin sehr erfreut, dass die Kommission vom slowakischen Kommissar, Herrn Šefčovič, dem stellvertretenden Vorsitzenden der Kommission, vertreten wird. Wir hoffen, wir werden keine fünf Jahre für die Ausarbeitung der Donaustrategie benötigen. Der Ostseeraum ist ein gutes Beispiel für uns.
Jacek Olgierd Kurski (ECR). (PL). Herr Präsident, als ein Abgeordneter aus Danzig, einer Stadt auf dem Baltikum, unterstütze ich die Strategie für den Ostseeraum als Pilotprojekt für ähnliche makroregionale Strategien. Ich möchte, dass dies ein erfolgreiches Projekt wird. Ich sage dies jedoch mit zwei Vorbehalten.
Erstens muss für spezifische Projekte innerhalb der Strategie Geld zur Verfügung stehen. Damit Geld zur Verfügung stehen kann, muss es spezifische Finanzierungsquellen geben. Anderenfalls wird die Strategie eine akademische Übung, und es wird geredet um des Redens willen. Damit Finanzierungsquellen vorhanden sind, muss eine Entscheidung darüber getroffen werden, ob es sich hierbei um zusätzliches Geld für die Strategie handelt oder ob es aus Kürzungen aus anderen Programmen sektorieller Art oder Regionalstrategien stammt. Das wäre keine gute Idee.
Der zweite Vorbehalt ist eher spezieller Art. Leider ist die Ostsee immer noch das am meisten verunreinigte Meer Europas. Mittlerweile wurde mit Duldung der Europäischen Union und mit Unterstützung durch bestimmte Mitgliedstaaten die umstrittene nördliche Gaspipeline gebaut. Wie im Bericht richtigerweise hervorgehoben, muss die Abhängigkeit der Region von Energielieferungen aus Russland kleiner werden. Was sind unsere Beschlüsse wert, wenn sich, wie vor zwei Jahren, das Europäische Parlament gegen den Bau der nördlichen Gaspipeline ausspricht und diese nur zwei Jahre später doch gebaut wird? Trotz dieser Vorbehalte ist die Strategie unterstützenswert und die Region hat die Chance verdient.
Jarosław Kalinowski (PPE). (PL). Herr Präsident, ich gratuliere dem Berichterstatter und möchte noch einmal hervorheben, dass die Strategie für den Ostseeraum die erste makroregionale Strategie ihrer Art ist und dass der mögliche Erfolg ein Modell für andere ähnliche Regionen sein wird.Ziel der Strategie ist die Verringerung der Unterschiede in der sozialen und wirtschaftlichen Entwicklung in den Staaten des Baltikums. Umweltschutz und Entwicklung der Verkehrsinfrastruktur sind sehr wichtige Säulen der Strategie. Eine solche Integration des Gebiets wird sicherlich zu einer schnelleren Entwicklung und zu einer größeren Attraktivität der Länder im Ostseeraum beitragen.
Jedoch ist eine Bedingung für den Erfolg dieser Strategie die Entwicklung einer guten und effizienten Zusammenarbeit bei der Verwaltung auf EU-, nationaler, regionaler und lokaler Ebene.
Petru Constantin Luhan (PPE). (RO). Die Strategie für den Ostseeraum ist aus zwei Gründen wichtig. Zunächst bietet sie einen integrierten Rahmen für die Annahme von Herausforderungen und Chancen in dieser Region. Zweitens ist sie ein Pilotprojekt für zukünftige makroregionale Strategien. Aus diesem Grund kann die Analyse ihres Erfolgs als Modell für die Art und Weise dienen, wie zukünftige Strategien umgesetzt werden können, insbesondere für die Donaustrategie.
Ich denke, dass Politik und Programme der Europäischen Union enorm wichtig für die Region sind und Schlüsselelemente der Strategie bilden. Um sicherzustellen, dass dies geschieht, ist es von höchster Wichtigkeit für die beteiligten Mitgliedstaaten, alle Gelder einzusetzen, die ihnen für diesen Programmzeitraum zur Verfügung gestellt worden sind.
Ich möchte auch hervorheben, dass ein besseres Profil der besonderen Merkmale der Regionen zu einem sehr viel effizienteren Einsatz der EU-Gelder führen könnte und Mehrwert auf regionaler Ebene schafft.
Maroš Šefčovič, stellvertretender Vorsitzender der Kommission. Herr Präsident, ich möchte dem Berichterstatter nochmals für diesen sehr wichtigen Bericht danken und auch dem Parlament für sein Engagement in der Strategie der Europäischen Union für den Ostseeraum. Die neue Makroregion testet die neue Arbeitsmethode. Ihr Erfolg wird sehr davon abhängen, wie der Maßnahmenplan, der den Mitteilungen der Kommission beigefügt ist, umgesetzt wird. Es ist ganz eindeutig, dass das Engagement der Staaten, Regionen und sonstigen Interessenten von erheblicher Bedeutung für den Erfolg der Ostseestrategie wird.
Zum ersten Mal haben wir eine integrierte Strategie für eine Gruppe von Mitgliedstaaten vorbereitet, die alle denselben Herausforderungen gegenüberstehen und die von denselben Chancen profitieren können. Es ist eine maßgefertigte Strategie. Wir bereiten den Umsetzungsprozess für die Strategie mit neuer Regierungsführung und neuen Arbeitsmethoden vor und wollen Worten Taten folgen lassen. Zum ersten Mal versuchen wir, mit einer Gesamtsynergie aufzutreten, bei der wir die finanziellen Möglichkeiten – verschiedene Instrumente, Programme und regionale Chancen – bündeln, um einen neuen makroökonomischen Ansatz in der Region zu etablieren.
Wir befassen uns mit Fragen der Umwelt, Wirtschaft, Energie und des Verkehrs sowie Schutz- und Sicherheitsfragen; dadurch bietet die Strategie einen neuen integrierten Ansatz, bringt die Hauptpolitikbereiche zusammen und maximiert so die Auswirkungen durch mutige Interaktion innerhalb der jeweiligen Bereiche. Dieser Ansatz hat sich bereits als großer Erfolg herausgestellt, da zahlreiche Projekte bereits geplant, beschleunigt und durch Strukturfondsprogramme mitfinanziert wurden, und das in nur acht Monaten der Umsetzungsphase.
Die Kommission ist sehr engagiert, die Eigendynamik, die wir bis jetzt mit dieser Strategie erzielt haben, aufrechtzuerhalten. Die jährliche Konferenz der Interessenvertreter am 14. und 15. Oktober dieses Jahres in Tallinn wird die Gelegenheit bieten, Erfahrungen aus den ersten Monaten der Umsetzung der Strategie auszutauschen und gegebenenfalls weitere Vorschläge zu machen. Die Umwelt ist die erste der vier Säulen der EU-Strategie für den Ostseeraum, und die Wiederbelebung der Wasserqualität des Meeres selbst ist ein Grundpfeiler der Strategie.
Mehrere Redner haben das Verkehrswesen angesprochen, das natürlich ein weiteres wichtiges Thema ist, das umfassend berücksichtigt werden muss. Einige viel versprechende Projekte werden bereits in Betracht gezogen, insbesondere die Unterstützung von 20 Schwerpunktbereichen, die definitiv die Integration der Region verbessern werden.
Der Ostseeraum ist Pionier im makroregionalen Ansatz. Seine Ergebnisse werden uns ein Gefühl für den Mehrwert geben, den diese neue Arbeitsmethode bewirken kann. Die Kommission überwacht daher sorgfältig den Fortschritt und hofft auf die Entwicklung der Donaustrategie, die derzeit in Vorbereitung ist. Wie Herr Tabajdi sagte, freue ich mich, da ich aus der Slowakei komme, dass dieses Projekt vorbereitet wird. Ich bin sogar noch glücklicher, dass es von Kommissar Hahn aus Österreich sorgsam überwacht wird, der, da bin ich sicher, die Donauregion sehr gut versteht. Ob weitere Makroregionen folgen sollten, hängt davon ab, wie diese beiden ersten durchgeführt werden, und ob weitere Vorschläge gemacht werden, um einen bestimmten Mehrwert nachzuweisen, der über die bestehende Kooperation hinausgeht, und ob sie tatsächlich eindeutigen Bedürfnissen entsprechen, die nicht mittels anderer Maßnahmen erfüllt werden können.
Ich hoffe auf ein positives Ergebnis im Hinblick auf die weitere Umsetzung und Durchführung der Ostseestrategie, und ich wünsche der bevorstehenden ungarischen Präsidentschaft jeden Erfolg im Hinblick auf die Zusammenarbeit mit der Kommission, die zu soliden Vorschlägen für die Donaustrategie und die Donauregion führen soll.
Der Präsident. – Die Aussprache wird geschlossen.
Die Abstimmung wird morgen, Dienstag, den 6. Juli, um 12:00 Uhr stattfinden.
Schriftliche Stellungnahmen (Artikel 149)
Vasilica Viorica Dăncilă (S&D), schriftlich. Unter Berücksichtigung der erheblichen Unterschiede im Ostseeraum hinsichtlich der wirtschaftlichen Entwicklung und Innovationen sowie des Bedarfs sowohl an einer Steigerung des Potenzials hoch entwickelter Regionen als auch an der Behebung von Ungleichheiten mit dem Ziel, ein Gebiet zu schaffen, in dem es ein hohes Maß an Wettbewerb gibt, der im Kontext einer überalterten Bevölkerung wichtig ist, glaube ich fest daran, dass die Einbeziehung der Politik zur Stärkung des kreativen Potenzials und der Erfahrung älterer Menschen helfen kann, die Rolle dieser Gruppe innerhalb der Bevölkerung der Europäischen Union zu stabilisieren.
Ich begrüße auch den Beitrag der zukünftigen Strategie zur Stärkung der Zusammenarbeit zwischen Staaten und Regionen auf makroregionaler Ebene und zum Entwurf neuer gemeinsamer Aktionsstrategien, die darauf abzielen, ein Modell für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit in Europa zu erstellen, das die Attraktivität der Region auf europäischer und weltweiter Ebene verstärken kann.
Ich glaube fest daran, dass es absolut wichtig ist, ein Umweltüberwachungszentrum einzurichtenund ein Alarmsystem für die Ostsee aufzubauen für den Fall von Unfällen und Zwischenfällen mit ernster grenzüberschreitender Verschmutzung sowie eine gemeinsame Aktionsgruppe zu gründen, die sich um derartige Situationen kümmert.
Elżbieta Katarzyna Łukacijewska (PPE), schriftlich. Meine Damen und Herren, ich denke, die EU-Strategie für den Ostseeraum ist eine legitime Initiative, die darauf abzielt, die Umsetzung einzelner EU-Politiken effizienter zu machen. Dazu gehören unter anderem die Bereiche Kohäsion, Verkehr, Seeverkehr, Umwelt und Innovation. Jedoch sind im Zusammenhang mit dem Konzept viele Missverständnisse aufgetreten und ich möchte sie geklärt wissen.
Meiner Meinung nach ist es wichtig, die Frage nach der Finanzierung der Strategie zu klären, sodass keine irreführenden Meinungen und falschen Erwartungen unter den zukünftigen Begünstigten aufkommen. Im Haushaltsentwurf für 2011 wurde die separate Haushaltslinie für die Strategie entfernt und die Strategie selbst wurde Teil der Europäischen Nachbarschaftspolitik und der Östlichen Partnerschaft. Vertreter der Europäischen Kommission untersuchen, wie die Strukturfonds für dieses Ziel am besten einzusetzen sind, aber die meisten Ressourcen wurden bereits anderen Programmen zugewiesen, bevor die Strategie überhaupt angedacht war. Es wurde zu wenig über den Einsatz der zur Verfügung stehenden Mittel durch Instrumente wie das Rahmenprogramm für Wettbewerbsfähigkeit und Innovation, das Siebte Rahmenprogramm im Bereich der Forschung und technologischen Entwicklung gesagt oder zu den Mitteln, die der Verbesserung des transeuropäischen Verkehrsnetzes zugeteilt wurden.
Daher fordere ich eine präzise Stellungnahme desjenigen, der für die Umsetzung der Strategie und die Funktion der verschiedenen Akteure zuständig ist, damit wir nicht mit noch einem Projekt umgehen müssen, zu dem viel gesagt wurde, das aber keine messbaren Vorteile bringt.
Georgios Stavrakakis (S&D), schriftlich. Auch ich möchte dem Berichterstatter zu seinem hervorragenden Bericht gratulieren. Die Strategie für das Baltikum läutet eine neue Ära funktioneller Regionen ein und ist durch die integrierten Ansätze die Grundlage für eine effizientere Reaktion auf große Herausforderungen. Die koordinierten Maßnahmen innerhalb der Rahmenwerks der verschiedenen Politiken mit territorialer Auswirkung können der zukünftigen Entwicklung der Kohäsionspolitik als Leitbild dienen. Die Bedeutung der Strategie ist aber nicht nur darauf beschränkt. Ihr wichtigster Aspekt ist die Tatsache, dass sie nach langen Beratungen zwischen den interessierten Akteuren in dem Gebiet auf allen politischen Ebenen entworfen wurde. Die Säulen, die Schwerpunktbereiche und die grundlegenden Pläne der Strategie wurden nicht von oben oktroyiert; sie sind der natürliche Fortschritt von Plänen und Initiativen, die vor langer Zeit in dem Gebiet entwickelt wurden, und sie entsprechen den spezifischen täglichen Bedürfnissen der Bürger. Innerhalb dieses Rahmens wird die Bedeutung einer Partnerschaft zwischen allen Akteuren in einem bestimmten Gebiet hervorgehoben, um so die bestmöglichen Ergebnisse der Maßnahmen zu sichern, die mit dem Geld europäischer Steuerzahler finanziert werden. Das ist im Wesentlichen ein Pilotlauf für zukünftige Anwendungen in anderen funktionalen Regionen.
Jarosław Leszek Wałęsa (PPE), schriftlich. Zu Beginn meiner Rede möchte ich Herrn Olejniczak für seinen Bericht über die Strategie für den Ostseeraum - der ersten Makroregion der EU – danken, der diese multifunktionale Plattform der Zusammenarbeit festlegt und in dem gemeinsame Entwicklungsziele und Herausforderungen oder Trends in der zukünftigen makroregionalen Politik besondere Berücksichtigung finden.
Sie soll auch der Vorbereitung einer Art Aktionskarte für andere makroregionale Strategien dienen. Der Ostseeraum zeichnet sich durch breit angelegte Zusammenarbeit auf vielen Ebenen von Wirtschaft, Umweltschutz und vielen Formen gesellschaftlicher Entwicklung aus. Die Länder, die diese Region bilden, teilen zahlreiche gemeinsame Herausforderungen und auch, wenn sie unabhängig bleiben, stärken sie die Umsetzung der Strategie der Europäischen Union für die Ostsee. Trotz seines ziemlich allgemeinen Charakters enthält der Bericht viele gemeinsame Ziele und Empfehlungen, die für eine erfolgreiche Umsetzung der Strategie wesentlich sind, wie beispielsweise der Aufbau einer Plattform für die Zusammenarbeit, die effiziente Koordinierung und ein Überwachungssystem. Damit aber all diesen Herausforderungen erfolgreich begegnet werden kann, sind finanzielle Mittel notwendig und die fehlen leider. Acht Länder der Europäischen Union und Russland sind die Begünstigten dieser Strategie. Wir sollten nicht erlauben, dass die ungelöste Frage nach der Finanzierung der Strategie die Entwicklung und Verbesserung dieser ehrgeizigen supranationalen Initiative behindert.
25. Beitrag der Regionalpolitik der EU zur Bekämpfung der Finanz- und Wirtschaftskrise, unter besonderer Berücksichtigung von Ziel 2 (kurze Darstellung)
Der Präsident. - Der nächste Punkt ist der Bericht von Rodi Kratsa-Tsagaropoulou im Namen des Ausschusses für regionale Entwicklung zum Beitrag der Regionalpolitik der Europäischen Union zur Bekämpfung der Finanz- und Wirtschaftskrise unter besonderer Berücksichtigung von Ziel 2 (2009/2234(INI)) (A7-0206/2010). ELi regionaalpoliitika panus finants- ja majanduskriisiga võitlemisse, erilise viitega eesmärgile 2 (lühiettekanne)
Rodi Kratsa-Tsagaropoulou, Berichterstatterin. Herr Präsident, Herr Kommissar, Ziel dieses Berichts ist es, die Bedeutung der Regionalpolitik für den Aufschwung in der heutigen Europäischen Union infolge der Finanzkrise und ihre Auswirkungen auf die Realwirtschaft hervorzuheben.
Wir möchten unterstreichen, dass Regionalpolitik die grundlegende Investitionsquelle für Wachstum ist. Die Strukturfonds sind nicht nur ein Instrument, um Unregelmäßigkeiten und Strukturprobleme auszugleichen; sie sind auch ein Instrument, das den gegebenen Umständen angepasst werden muss und das auf bestmögliche Weise für ein ausgeglichenes Wachstum einzusetzen ist, damit der Binnenmarkt funktioniert.
Der Bericht konzentriert sich insbesondere auf die Regionen von Ziel 2, das sind Regionen, in denen es seit dem Jahr 2000 ein hohes BIP gibt und hohe Leistungsniveaus in den Bereichen Wettbewerbsfähigkeit, Innovationen und Forschung verzeichnet werden.
Nach der Reform von 2006 konzentrierten sich die Ziel-2-Regionen auf Wettbewerbsfähigkeit und die Schaffung von hochwertigen Arbeitsplätzen. Um ein Beispiel zu nennen, das die Bandbreite dieser Initiative illustriert: Ziel 2 betrifft 168 Regionen mit 314 Millionen Einwohnern in 19 Mitgliedstaaten der Union.
Diese Bemühungen müssen daher auf europäischer, nationaler und lokaler Ebene fortgesetzt werden. Aus dem Antrag für eine Entschließung geht klar hervor, dass wir die regionale Dimension der Strategie Europa 2020 unterstützen wollen; eine Priorität, die nicht nur auf regionale und soziale Kohäsion abzielt, sondern auch auf die Wettbewerbsfähigkeit der Regionen.
Die Entschließung appelliert an die Europäische Kommission, größere Flexibilität bei der Gewährung von Haushaltsmitteln und bei Entscheidungen zu zeigen, damit die Strukturfonds besser und schneller genutzt werden können. Wir haben bereits festgehalten, dass von den insgesamt 117 operationellen Programmen, die aus dem Europäischen Sozialfonds finanziert werden, 13 in bestimmten Mitgliedstaaten der Europäischen Union abgeändert wurden, um bestimmte krisenbedingte Bedürfnisse und Probleme bei der Beschaffung nationaler Finanzierungsmittel abzudecken. Wir appellieren an die Europäische Kommission, die Bemühungen der Mitgliedstaaten zu unterstützen, damit sie diese Anpassungsfähigkeit nutzen können.
Unser grundlegender Vorschlag ist, die Entscheidung des Rates zu unterstützen und die Vorschüsse für die Länder, deren BIP um mehr als 10 % gefallen ist oder die IWF-Zahlungsbilanzhilfen erhalten haben, zum Zwecke der finanziellen Anpassung zu erhöhen. Wir bitten die Europäische Kommission auch darum, flexible Lösungen für n+2-/n+3-Regeln finden zu dürfen, damit für Mitgliedstaaten mit finanziellen Schwierigkeiten die europäische Beihilfe nicht verfällt.
Ein weiterer Punkt ist, dass der sechste Zwischenbericht zur Kohäsion keine ausreichenden qualitativen und quantitativen Daten zu den Ziel-2-Regionen enthält. Daher appellieren wir an die Europäische Kommission, eine Studie mit allen notwendigen Informationen vorzulegen, damit wir hinsichtlich der Anpassungsfähigkeit unter den gegebenen Umständen eingreifen können und die nächste finanzielle Vorausschau auf der Grundlage realer Umstände und tatsächlicher Bedürfnisse vorbereitet werden kann.
Ein weiteres Thema, das wir hervorgehoben haben, ist, dass besondere Umstände, wie diejenigen, die zur Erstellung des Berichts geführt haben – und damit meine ich die Wirtschaftskrise– angesichts der durch die politische Kohäsion verfolgten Ziele und der Auswirkungen der zyklischen Wirtschaftsverschiebungen auf den öffentlichen Haushalt und private Investitionen eine größere Flexibilität als die n+2-Regel benötigen.
Wir haben auch die Bedeutung der Förderungen von Finanzierungsinitiativen wie JASPERS, JEREMIE und JESSICA hervorgehoben, weil es Länder wie Griechenland gibt (das in dem Bericht nicht erwähnt wird und das ich hier nur als Beispiel nenne), die sich im Jahr 2007 bei der Europäischen Investitionsbank angemeldet haben, um diese Initiativen zu entwickeln und erst vor Kurzem die Verfahren aktiviert haben.
Daher brauchen wir Sorgfaltspflicht, Anpassungsfähigkeit und Koordinierung der notwendigen Maßnahmen, wenn wir die Regionalpolitik sinnvoll einsetzen wollen.
Seán Kelly (PPE). Herr Präsident, ich unterstütze die Vorschläge der Berichterstatterin voll und ganz. Ich habe die Vorzüge der Ziel-2-Finanzierung aus eigener Anschauung in meinem eigenen Land und vor zwei Wochen in Mannheim erfahren. Wenn diese jetzt zurückgezogen würden, wäre das für diese Regionen ein riesiger Rückschritt. Mein Heimatgebiet hat von der Europäischen Union einen Unternehmerpreis erhalten. Vor zwei Wochen in Mannheim konnte ich zunächst die Wertschätzung der Förderung erleben und dann, was noch wichtiger war, die Auswirkungen.
Ich denke, auf der Welt gibt es grob gesagt Innovatoren und Imitatoren. Nur wenige sind innovativ, die meisten müssen oder können nur imitieren. Oftmals finden Sie die besten Innovationen in diesen kleinen Regionen. Das habe ich in Mannheim gesehen, das habe ich in Gewerbegebieten usw. gesehen. Ihre Arbeit bringt Vorteile für ihre eigenen Regionen, aber durch Nachahmung können auch andere Regionen davon profitieren.
Und schließlich ist, wie die Berichterstatterin sagt, das BIP nicht der einzige Weg, der über die Kaufkraft der Regionen entscheidet.
Petru Constantin Luhan (PPE). Ich möchte zunächst der Berichterstatterin gratulieren. Dieser Bericht ist sowohl wichtig als auch gut verfasst.
Die Rolle, die die Regionalpolitik bei der Entschärfung und Bekämpfung der Wirtschafts- und Finanzkrise spielt, ist unbestritten. Die Entwicklung der Regionen und die Garantie für Wirtschaft, soziale und territoriale Kohäsion ist ebenso von Bedeutung für das Wachstum der wirtschaftlichen Wettbewerbsfähigkeit der Europäischen Union und bei der Erzielung der Ziele der EU 2020.
Vor dem Hintergrund der aktuellen Krise denke ich, dass die Verfahren zum Einsatz der Struktur- und Kohäsionsfonds unbedingt vereinfacht werden müssen und die zuschussfähigen Kosten müssen erhöht werden, um einen noch effizienteren Beitrag zur Erreichung der Ziele im Hinblick auf den Arbeitsmarkt und die soziale Eingliederung zu erreichen.
Ich unterstütze weiterhin Beschäftigung als Schlüsselbereich der Wirtschaft und Garantie für die Aufrechterhaltung wirtschaftlicher, sozialer und territorialer Kohäsion als Priorität der Europäischen Union. Damit werden wir intelligentes, nachhaltiges Wirtschaftswachstum für die Staaten und Regionen Europas erreichen.
Karin Kadenbach (S&D). - Herr Präsident, Herr Kommissar! Ein herzliches Dankeschön für die Möglichkeit, zu so später Stunde auch noch das Wort zu ergreifen. Ich glaube, Kohäsionspolitik hat selten so große Bedeutung gehabt wie jetzt in der Krise. Es ist immer wieder auch ein Zeichen der Krise, dass sich Arbeitsplätze, Investitionen in den Zentren der einzelnen Mitgliedstaaten konzentrieren. Ich glaube, gerade jetzt muss die Kohäsionspolitik einsetzen und in die Regionen investieren.
Wir brauchen diese Triebkraft, diesen Antrieb in den Regionen. Wir brauchen jeden Euro. Und ich kann nur von Niederösterreich sagen, auch ein Ziel II-Gebiet, dass wir es in der Vergangenheit geschafft haben, aus jedem Euro, der in die EU geflossen ist, in Wirklichkeit drei Euro in der Region zu erwirtschaften. Und wir brauchen dazu ganz klare Vorgaben. Das heißt, es muss eine weitere Verlässlichkeit geben. Es muss Planbarkeit geben. Aber es muss gerade in Situationen wie der, in der wir uns jetzt befinden, auch die Möglichkeit geben, flexibel zu gestalten. Deshalb halte ich diesen Bericht für so wichtig, weil er eben diese Flexibilität auch fordert, weil die Gestaltungsmöglichkeit in den Regionen gegeben sein muss.
Czesław Adam Siekierski (PPE). Das fundamentale Ziel der Union ist die Bewältigung der Wirtschaftskrise. Das heißt in erster Linie die Beseitigung von Strukturproblemen, die sich infolge der Krise ergeben haben, insbesondere in Bezug auf Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigung.
Die Europäische Kommission hat folgende Vorschläge unterbreitet, die eine Verbesserung der Wirtschaft auf nationaler und regionaler Ebene bewirken sollen: Unterstützung von Unternehmungen, Verbesserung von Qualifizierungen und Kenntnissen und Innovationen und erhöhte Flexibilität bei den Kohäsionsprogrammen. Daher sollten wir die Investitionen beschleunigen, die Durchführung der Kohäsionspolitikprogramme vereinfachen und diese Programme flexibler gestalten. Die Grundlage der Kohäsionspolitikprogramme sollten intelligente Investitionen sein.
Wir sollten Maßnahmen für die weiter gehende Integration der gesamten Union ergreifen und uns bemühen, die Solidarität der Union und des gemeinsamen Marktes zu stärken; die Maßnahmen der einzelnen Mitgliedstaaten dürfen sich nicht nur auf ihre eigenen Interessen konzentrieren. Die Europäische Union muss sich auf die Schaffung beständiger Mechanismen konzentrieren, die den Schutz vor nachteiligen Auswirkungen der Wirtschaftskrise garantieren.
Elena Băsescu (PPE). Zunächst möchte ich Frau Kratsa für den Entwurf dieses Berichts gratulieren.
Die Regierungen der Mitgliedstaaten in der gesamten EU befinden sich gerade inmitten der Durchsetzung harter Maßnahmen, die auf den nationalen Konjunkturaufschwung abzielen. Zusätzlich zu den ergriffenen Sparmaßnahmen müssen wir meiner Meinung nach die Investitionen aus den europäischen Fonds beschleunigen.
Im Zusammenhang mit der gegenwärtigen Krise ist das Ziel 2 in der Kohäsionspolitik besonders wichtig, damit die europäischen Regionen wettbewerbsfähiger werden und die Beschäftigungskapazität deutlich ansteigt.
Alle Regionen in Rumänien werden noch von Ziel 1 der Regionalpolitik abgedeckt, das ist Konvergenz. Eine brauchbare Lösung, die meinem Land helfen kann, der Krise zu entkommen, ist, dass es Zugang zu so vielen europäischen Fonds wie möglich haben muss und dass die lokalen Verwaltungen ermutigt werden, so viele Projekte wie möglich mit europäischen Geldern durchzuführen.
Maroš Šefčovič, stellvertretender Vorsitzender der Kommission. Herr Präsident, ich möchte der Berichterstatterin für ihren Bericht zur Rolle der Kohäsionspolitik für das Konjunkturprogramm und darüber hinaus danken, und ich danke auch dem Europäischen Parlament für sein Interesse an der Überwachung der Auswirkungen dieser Maßnahme auf die nationalen und regionalen Wirtschaften.
Kohäsionspolitik wird als eine Politik wahrgenommen, die bei der Verringerung sozioökonomischer Ungleichheiten und der realen Konvergenz unterstützend eingreift, indem in Maßnahmen investiert wird, die den Strukturwandel fördern. Mit Finanzmitteln von insgesamt 347 Mrd. EUR für den Zeitraum 2007 – 2013, von denen 228 Mrd. EUR für Lissabon-bezogene Investitionen vorgesehen sind, bietet diese Kohäsionspolitik eine mächtige Unterstützung sowohl für die Haushaltsstabilität als auch für Investitionen der öffentlichen Hand in den Mitgliedstaaten und den Regionen der Europäischen Union. Da es sich nicht um eine antizyklische Wirtschaftspolitik handelt, steht der Union damit ein mächtiger und relevanter Hebel zur Förderung von Investitionen in der Realwirtschaft zur Verfügung. Das erklärt, warum die Politik als Schlüsselelement in das europäische Konjunkturprogramm aufgenommen wurde.
Ziel dieses Programms und dieser europäischen Maßnahmen war es, den erheblichen negativen Auswirkungen der Krise entgegenzutreten. Daher hat die Kommission eine Reihe von Gesetzesänderungen und gezielten Empfehlungen vorgeschlagen. Das vorrangige Ziel dieses Vorschlags war es, die Durchführung der Programme zu forcieren und die Finanzierung für die Begünstigten der bereits genehmigten Programme für den Zeitraum dieser finanziellen Vorausschau zu beschleunigen. Wir haben dies durch höhere EU-Vorfinanzierung und eine Reihe von Vereinfachungsmaßnahmen geleistet.
Die im April 2009 in Kraft getretenen Gesetzesänderungen und die Empfehlungen an die Mitgliedstaaten im Anschluss an die Mitteilungen der Kommission wurden im Dezember 2008 beschlossen. Daher können wir sagen, dass dieses Gesetzespaket innerhalb von fünf Monaten beschlossen wurde, also einem Zeitplan, der der Dringlichkeit der Maßnahmen entspricht, die gegen die Krise ergriffen werden mussten. Ich möchte hervorheben, dass dieser Erfolg das Ergebnis der Qualität der interinstitutionellen Arbeit und fruchtbaren Zusammenarbeit mit den Institutionspartnern und insbesondere dem Europäischen Parlament war, weil wir alle so schnell und angemessen wie möglich auf die politischen und wirtschaftlichen Bedürfnisse reagieren wollten.
Als Ganzes zeichnen sich diese Maßnahmen durch eine positive Entwicklung aus, die die notwendigen Mittel für beschleunigte Ausgaben und Entschärfung von Durchführungshindernissen bereitgestellt hat. Diese Maßnahmen waren flexibel genug, dass die Mitgliedstaaten diejenigen wählen und durchführen konnten, die ihrem speziellen nationalen und regionalen Umfeld am besten entsprechen, denn wir wissen, dass es „eine Lösung für alle“ nicht gibt. Konjunkturmaßnahmen trugen ebenfalls zur Wiederbelebung und Verbesserung der Durchführungsmechanismen der Kohäsionspolitik bei, indem sie einige Bestimmungen zur Vorbereitung und zum Management von Projekten so weit wie möglich vereinfacht haben. Diese Maßnahmen waren nicht nur auf die Bekämpfung der Krise ausgelegt, sondern sie sollten auch eine dauerhafte Rolle nach der Krise im derzeitigen Programmzeitraum übernehmen.
Schließlich und endlich wird die Kommission einen Bericht über die Durchführung und Ergebnisse der im Rahmen des Konjunkturprogramms beschlossenen Maßnahmen vorlegen, der die Kohäsionspolitik der Europäischen Union betrifft, nachdem die Kommission sich verpflichtet hat, dem Europäischen Parlament einen solchen Bericht in der zweiten Jahreshälfte 2010 vorzulegen.
Der Präsident. – Die Aussprache wird geschlossen.
Die Abstimmung wird morgen, Dienstag, den 6. Juli 2010, um 12:00 Uhr stattfinden.
26. Tagesordnung der nächsten Sitzung: siehe Protokoll