Der Präsident. – Der nächste Punkt auf der Tagesordnung ist die Aussprache über die mündliche Anfrage an den Rat zu Waffenausfuhren von Arturs Krišjānis Kariņš, Tunne Kelam, Vytautas Landsbergis, Gunnar Hökmark, Bendt Bendtsen, Jacek Saryusz-Wolski, Ville Itälä, Sandra Kalniete, Inese Vaidere, Michael Gahler, José Ignacio Salafranca Sánchez-Neyra und Laima Liucija Andrikienė im Namen der PPE-Fraktion (O-0076/2010 - B7-0320/2010).
Arturs Krišjānis Kariņš , Verfasser. – (LV) Herr Präsident, Herr Minister, Sie haben die Anfrage erhalten. Heute werde ich über den Kern der Anfrage sprechen. Ein 200 Meter langer Hubschrauberträger, der in der Lage ist, 16 schwere Hubschrauber, 40 Panzer, 900 Soldaten sowie Landungsboote zu befördern und mit einem Militärkrankenhaus ausgestattet ist. Frankreich will Russland ohne Rücksprache mit den übrigen Mitgliedstaaten der Europäischen Union vier dieser aggressiven Kriegsschiffe verkaufen. Ich möchte Sie daran erinnern, dass Russland vor 18 Monaten sein Nachbarland Georgien angegriffen hat und immer noch nicht den Bedingungen des Waffenstillstandes nachgekommen ist, den der französische Präsident ausgehandelt hat. Darüber hinaus hat Russland im vergangenen Herbst an der Grenze zu Estland Militärübungen durchgeführt, die auf die Besetzung der baltischen Staaten abzielten. Ich möchte Ihnen allen eine Frage stellen. Was ist die Europäische Union und wieso brauchen wir sie? Im Frühjahr, als Griechenland unter den Auswirkungen der Finanzkrise schwer zu leiden hatte, hatte Europa die Wahl: Griechenland zu helfen oder es untergehen zu lassen. Aus Solidarität haben sich die Länder Europas entschieden, Griechenland zu helfen, da unter den Mitgliedstaaten Einigkeit darüber herrschte, dass, wenn die finanzielle Situation in Griechenland sich weiter verschlechtern sollte, dies auf andere Mitgliedstaaten der Europäischen Union übergreifen würde. Der Bereich der äußeren Sicherheit stellt da keine Ausnahme dar. Wir haben uns in Vereinbarungen dazu verpflichtet, in diesem Bereich auch solidarisch zu handeln. Viele Mitgliedstaaten der Europäischen Union sind sehr besorgt darüber, wo und zu welchem Zweck Russland solche aggressiven Kriegsschiffe stationieren und einsetzen würde. Arbeitsplätze in Frankreich sind wichtig. Sie können jedoch nicht auf Kosten der Sicherheit anderer EU-Mitgliedstaaten geschaffen werden. Meine Damen und Herren, ich appelliere an Sie, den Verkauf von allen Waffen an Drittländer nicht zu erlauben, bevor das Thema nicht im Rat diskutiert worden ist und absolute Gewissheit darüber besteht, dass eine solche Transaktion dazu dienen würde, die Sicherheitslage in der gesamten Europäischen Union zu stärken und nicht zu schwächen. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Olivier Chastel, amtierender Ratspräsident. – (FR) Herr Präsident, meine Damen und Herren Abgeordnete! Ich freue mich sehr, dass wir heute Nachmittag die Gelegenheit haben, uns auf die Kontrolle der Waffenexporte zu konzentrieren.
Da Frau Ashton an der heutigen Sitzung nicht teilnehmen kann, hat sie den Ratsvorsitz gebeten, sie in dieser Aussprache zu vertreten. Ich werde mich daher bemühen, einige der Anfragen, die wir zu diesem Thema erhalten haben, zu beantworten.
Wie Sie wissen, spielt die Europäische Union bereits seit einigen Jahren eine führende Rolle bei der Kontrolle von Waffenexporten sowohl auf regionaler als auch auf internationaler Ebene, und unser Ziel ist klar: Wir wollen den Export von Militärtechnologien verhindern, die für unerwünschte Ziele wie interne Repression oder internationale Aggression eingesetzt werden könnten.
Vor mehr als 10 Jahren hat der Rat den Verhaltenskodex der Europäischen Union für Waffenausfuhren verabschiedet, in dem eine Reihe von Kriterien für die Ausfuhr von konventionellen Waffen festgelegt wurde. Dieser Kodex wurde 2008 durch einen Gemeinsamen Standpunkt ersetzt, der einige neue Faktoren einführte. Dadurch entstand in der Europäischen Union das beste System zur Überwachung von Waffenexporten auf der ganzen Welt. Durch die rechtsverbindlichen Bestimmungen des gemeinsamen Standpunktes soll sichergestellt werden, dass die Mitgliedstaaten Waffenexporte auf verantwortliche und transparente Weise durchführen.
Durch den Gemeinsamen Standpunkt sollen die nationalen Politiken zur Überwachung von Waffenexporten unter Nutzung von Verweigerungsmitteilungen und Konsultationen koordiniert werden. Dieses Verfahren beinhaltet, dass ein Mitgliedstaat, wenn er plant, eine Ausfuhrgenehmigung zu erteilen, die von einem anderen Mitgliedstaat für einen im Wesentlichen identischen Vorgang verweigert wurde, er diesen Mitgliedstaat konsultieren und alle Mitgliedstaaten über seine endgültige Entscheidung informieren muss. Anders gesagt muss ein Mitgliedstaat, der eine Ausfuhrgenehmigung für einen Vorgang erteilt, für den ein anderer Mitgliedstaat die Erteilung einer Ausfuhrgenehmigung verweigert hat, allen Mitgliedstaaten eine detaillierte Erklärung für seine Entscheidung vorlegen.
Um Anfragen in Bezug auf Konsultationen zu beantworten: die Situation ist in dieser Hinsicht klar. Nach dem Gemeinsamen Standpunkt sind nur dann systematische Konsultationen vorgeschrieben, wenn eine Genehmigung für einen identischen Vorgang bereits zuvor verweigert worden ist.
Im Allgemeinen tauschen die nationalen Delegationen innerhalb der zuständigen Strukturen des Rates regelmäßig und oft Informationen in Bezug auf die Überwachung von Waffenausfuhren und insbesondere in Bezug auf so genannte „sensible“ Bestimmungsländer aus. Mitgliedstaaten erbitten oft die Meinungen anderer Mitglieder des Rates über Bestimmungsländer, die Anlass zu Sorge geben könnten oder über die irgendwelche Zweifel bestehen könnten. Dieser regelmäßige Informationsaustausch bildet einen Grundpfeiler der Politik der Europäischen Union für die Überwachung von Waffenausfuhren.
Zu Ihrer Information: 2009 wurden in den Konsultationen zwischen den Mitgliedstaaten insgesamt 14 Zielorte in Drittländern diskutiert. Die Mitgliedstaaten haben dann mitgeteilt, was sie dazu bewogen hat, Ausfuhrgenehmigungen für diese Bestimmungsländer zu erteilen oder zu verweigern.
Herr Präsident, dies sind unsere Vorgehensweisen hinsichtlich der Information, der Überwachung und der Zusammenarbeit zwischen Mitgliedstaaten. Dadurch sollten Sie eine Vorstellung darüber gewinnen können, wie wir Waffenausfuhren genehmigen.
Ich werde gerne auch auf weitere Punkte eingehen, die während der heutigen Aussprache angesprochen werden.
Roberto Gualtieri, im Namen der S&D-Fraktion. – (IT) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Stärkung der industriellen und technologischen Grundlage der europäischen Verteidigung ist ein wesentlicher Bestandteil bei der Entwicklung eines gemeinsamen Verteidigungssystems.
Es sind jedoch gemeinsame Bestimmungen und eine koordinierte Herangehensweise notwendig, um die Entwicklung und die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Verteidigungsindustrie voranzutreiben und um gleichzeitig sicherzustellen, dass diese Entwicklung mit den Grundsätzen der EU und mit eingegangenen internationalen Verpflichtungen im Einklang ist. Der Gemeinsame Standpunkt vom Dezember 2008, in dem Verfahren und Kriterien für Rüstungsexporte in Drittländer festgelegt sind, war zusammen mit der Richtlinie über den Binnenmarkt für Verteidigungsgüter ein wichtiger Schritt, um dieses Ziel zu erreichen.
Wie wir wissen, beinhalten diese Verfahren kein allgemeines Konsultationssystem. Im Gemeinsamen Standpunkt wird jedoch nicht auf die Notwendigkeit zur Verbesserung der Zusammenarbeit und der Konvergenz auf diesem Gebiet im Rahmen der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik hingewiesen. Bis der erhoffte Fortschritt auf diesem Gebiet stattfindet und bis die Schaffung eines gemeinsamen Verteidigungssystems es möglich macht, rechtsverbindliche Mechanismen zu verabschieden, sollte die in Artikel 7 angesprochene Zusammenarbeit und Konvergenz nicht nur auf dem Papier Bestand haben und der Jahresbericht über Waffenausfuhren dem Parlament zugänglich gemacht werden.
Selbstverständlich scheint es, als ob sich die von den Mitgliedern der Fraktion der Europäischen Volkspartei (Christdemokraten) eingereichte Anfrage – obwohl dies jetzt explizit erörtert wurde – nicht auf allgemeine Angelegenheiten beschränken würde. Ganz abgesehen von der Tatsache, dass es besser gewesen wäre, die Dinge von Anfang an beim Namen zu nennen, sieht es nicht so aus, als ob der Verkauf von französischen Schiffen an Russland im Widerspruch zum Gemeinsamen Standpunkt von 2008 stehen würde. Ganz im Gegenteil, solche Exporte könnten die europäisch-russischen Beziehungen und die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Sicherheit verbessern und sie verbindlicher machen. Diese Beziehungen sollten jedoch nicht mehr auf bilateraler Ebene gepflegt werden, sondern ausschließlich auf europäischer Ebene behandelt, diskutiert und gehandhabt werden.
Elmar Brok, im Namen der PPE-Fraktion. – Herr Präsident! Lassen Sie mich einige Bemerkungen machen: Dies betrifft eine alte Frage, die europäische Zuständigkeit! Wir waren auch in den Verfassungskonferenzen und Regierungskonferenzen nicht in der Lage, den Waffenhandel in die allgemeine europäische Zuständigkeit aufzunehmen. Ich glaube, es wäre sinnvoll, dies weiter anzustreben, so dass der Code of Conduct und die Reglementierungen des Rates von 2008 stärker verpflichtend werden. Das Europäische Parlament sollte weiter in diese Richtung arbeiten.
Zweitens scheint es mir klar zu sein, dass es in einem solchen Rahmen nicht möglich sein sollte, dass wir so wenige Kontakte zwischen den Mitgliedstaaten haben, dass einzelne Mitgliedstaaten das Gefühl haben, dass der Waffenexport an Dritte zu ihren Lasten geht und ihre Sicherheit bedroht. Ob dies zu Recht oder zu Unrecht so ist, ist dabei fast gleichgültig. Ich glaube, dass wir auch deswegen zu stärker europäischen Lösungen kommen müssen.
Drittens: Allerdings bin ich der Auffassung, dass – auch aus industriepolitischen Gründen – eine stärkere europäische Zusammenarbeit, auch beispielsweise über die Defence Agency, sowohl im Export als auch in der Forschung, Planung und Produktion sowie bei der Beschaffung erforderlich ist, denn eine eigene Waffenindustrie hat auch etwas mit Unabhängigkeit zu tun. Wenn man selbst nichts hat und alles in Drittländern kaufen muss, ist man sicherheitspolitisch abhängig von anderen Ländern. Das hat etwas mit unserer Freiheit zu tun und nicht nur mit ökonomischen Zwecken, obwohl ich die ökonomischen Zwecke dabei nicht verleugnen möchte.
Dies müssen wir alles in einen Zusammenhang stellen und dann sind wir in der Lage, diesen Bereich sehr viel stärker gemeinschaftlich auszurichten, ohne dass es zu solchen Missverständnissen in den Mitgliedstaaten kommt, wie dies jetzt beispielsweise verständlicherweise in den baltischen Staaten geschehen ist.
Johannes Cornelis van Baalen, im Namen der ALDE-Fraktion. – Herr Präsident! Ich möchte klarstellen, dass es eindeutig zulässig ist, sich selbst zu verteidigen; andere Länder sind in der Lage, sich selbst zu verteidigen; daher sind Rüstungsexporte nicht tabu. Das ist der Standpunkt der ALDE-Fraktion.
Wir sollten jedoch nicht in Regionen exportieren, in denen Spannungen oder Kriege herrschen. Wir sollten uns selber Einschränkungen auferlegen, und wenn wir über keine echten, rechtsverbindlichen Regelungen verfügen, heißt das, dass für die 27 Länder der Europäischen Union unterschiedliche Bedingungen herrschen werden. Sie werden gegeneinander konkurrieren und um Aufträge kämpfen und es wird keine echten Konsultationen geben.
Daher denke ich, dass der einzige Weg zur Lösung dieses Problems gemeinsame rechtsverbindliche Regelungen sind, und ich möchte mich außerdem der Aussage meines Kollegen, Herr Brok, zu diesem Thema anschließen.
Indrek Tarand, im Namen der Verts/ALE-Fraktion. – Herr Präsident! Dies ist ein wichtiges Thema, und ich danke meinen Kolleginnen und Kollegen für ihr Verständnis in Bezug auf Bedenken, die in der Region, aus der ich komme, hinsichtlich der Entscheidung Frankreichs über die Schiffe der Mistral-Klasse bestehen.
Der Verhaltenskodex der EU, der seit 2008 rechtsverbindlich ist, ist ein Schritt in die richtige Richtung, aber er reicht nicht aus, wie bereits mein Kollege von den Liberalen sagte. Wir sollten die Arbeit am Waffenhandel auf globaler Ebene fortsetzen, denn die EU hat eine große Verantwortung. Wir sind für ein Drittel des Waffenhandels verantwortlich.
Wenn behauptet wird, dass Russland unser strategischer Partner ist und wir in Bezug auf militärische Angelegenheiten mit Russland zusammenarbeiten können, dann ist dies für mich eine Frage der Logik. Wieso braucht unser Freund ein Angriffswaffensystem? Um den Versuch, in Afghanistan eine gute Regierungsführung einzuführen, zu unterstützen? Nein, Moskau hat keinerlei Absichten, an diesem Einsatz teilzunehmen. Um in Kirgisistan Menschen- und Minderheitenrechte zu schützen? Nein, und in beiden Fällen wären Schiffe der Mistral-Klasse nicht zu gebrauchen, da sie diese Binnenstaaten nicht anfahren können. Sie werden die Lage am Schwarzen Meer verändern – nicht zum Besseren, sondern zum Schlechteren – und werden auch auf die acht Mitgliedstaaten der Europäischen Union in der Ostseeregion Einfluss haben. Die Sicherheitslage dieser Staaten – von Polen und Deutschland hin zu Estland, Lettland und Litauen – wird sich verschlechtern.
Ich stimme Herrn Gualtieri zu, dass eine Zusammenarbeit mit unserem strategischen Partner eine gute Sache ist, aber glauben Sie mir, es gibt andere Möglichkeiten zur Zusammenarbeit mit Russland als hoch entwickelte Waffensysteme. Denken Sie nur an Autos – die russische Industrie hat auch damit zu kämpfen. Oder Kooperationen zwischen Feuerwehren. Die russischen Feuerwehrleute hatten diesen Sommer Probleme, als ein Waldgebiet von der Größe von Belgien gebrannt hat.
Ceterum censeo. Der Verkauf der Schiffe der Mistral-Klasse muss zurückgezogen werden.
Geoffrey Van Orden, im Namen der ECR-Fraktion. – Herr Präsident! Meine Fraktion misst dem Recht unserer souveränen Nationen zu entscheiden, ob sie eine Ausfuhrgenehmigung für Waffen in Übereinstimmung mit den Kriterien, auf die man sich im Gemeinsamen Standpunkt geeinigt hat, erteilen wollen oder nicht, große Bedeutung bei. Das ist eindeutig keine Angelegenheit, in der die EU entscheidet, und so sollte es auch bleiben. Im Einklang mit dem gemeinsamen Standpunkt sind die exportierenden Mitgliedstaaten natürlich dazu aufgefordert, u. a. auf die Erhaltung des Friedens in der Region, der Sicherheit und der Stabilität Rücksicht zu achten.
Bei dem Fall, der in den Mittelpunkt dieser Diskussion gerückt zu sein scheint, sollten wir uns über die sensible Lage sowohl in der Ostsee- als auch in der Schwarzmeerregion bewusst sein. Was das Schwarze Meer betrifft, so sollten wir uns an den kürzlichen Konflikt in Georgien und an die Tatsache erinnern, dass von den sechs Schwarzmeeranrainerstaaten drei – Bulgarien, die Türkei und Rumänien – Mitglieder der NATO sind, und zwei weitere – Georgien und die Ukraine – Partner der NATO sind und eine Mitgliedschaft anstreben. Inwiefern der Verkauf von amphibischen Angriffsschiffen an den sechsten Schwarzmeeranrainerstaat Russland weise ist, könnte daher bezweifelt werden.
Es gibt jedoch bewährte Mechanismen, um Probleme im Zusammenhang mit Waffenexporten zu lösen. Auf EU-Ebene ist dies die Arbeitsgruppe des Rates „Ausfuhr konventioneller Waffen“ – COARM –, die etwa alle sechs Wochen in Brüssel zusammentritt. Da sie eine zwischenstaatliche Arbeitsgruppe ist, ist sie das richtige Forum, um Waffenexporte zu diskutieren; eine Plenarsitzung in Straßburg ist es nicht. Wir sollten die COARM ihre Arbeit machen lassen.
Sabine Lösing, im Namen der GUE/NGL-Fraktion. – Herr Präsident! Im Jahr 2000 gab die Europäische Union mit der Lissabon-Strategie das Ziel aus, bis 2010 zur führenden Wirtschaftsmacht der Welt aufzusteigen. Diese Vorgabe wurde in vielen Bereichen weit verfehlt, nicht aber, was die Rüstungsexporte der EU anbelangt.
Die EU-Staaten haben im Zeitraum von 2005 bis 2009 die Vereinigten Staaten überholt und sind damit zum führenden Rüstungsexporteur der Welt aufgestiegen. Ich halte diese Entwicklung für überaus bedenklich. Offenbar war der rechtlich ohnehin nie bindende Verhaltenskodex für Rüstungsexporte, der unter anderem eine restriktive Exportgenehmigungspraxis vorsah, eine Luftblase. So begrüße ich es ausdrücklich, dass der Verhaltenskodex für Rüstungsexporte im Dezember 2008 in einen Gemeinsamen Standpunkt umgewandelt wurde.
Dennoch fehlen nach wie vor wirksame Sanktionsmechanismen. Ein Beispiel: Deutschland hat den Verhaltenskodex lange vor 2008 als rechtsverbindlich anerkannt. Dennoch ist Deutschland mittlerweile der drittgrößte Rüstungsexporteur der Welt und liefert unter anderem in Krisengebiete wie Saudi-Arabien oder Pakistan. Außerdem sind die Rüstungsexportberichte der Mitgliedstaaten an den Rat nicht einheitlich und oft nicht transparent. Hier muss dringend eine Harmonisierung erreicht werden, damit alle relevanten Rüstungsexporte auch nachvollziehbar erfasst und kritisch beurteilt werden können. Leider sind Bestrebungen in Richtung einer diesbezüglichen Vereinheitlichung kaum erkennbar. Inwieweit es überhaupt ein System ethisch vertretbarer Rüstungsexporte geben kann, wage ich ohnehin zu bezweifeln. Eines ist jedoch sicher: Die Europäische Union ist derzeit meilenweit hiervon entfernt.
(Der Redner erklärt sich damit einverstanden, auf eine „Blue-Card“-Frage gemäß Artikel 149 Absatz 8 der Geschäftsordnung zu antworten.)
Geoffrey Van Orden (ECR). – (Anfang der Rede unverständlich) die Kommission, weil Frau Lösing in eine Falle getappt ist, wie wir es in diesem Parlament und anderswo in der EU oft erleben, wenn von den Waffenexporten der Europäischen Union die Rede ist.
Die Europäische Union exportiert Waffen nicht überallhin. Die Europäische Union hat keine Verteidigungsindustrie. Die Europäische Union hat keine Armee. Dies alles gehört zu den Mitgliedstaaten der EU, daher sollten wir nicht von „EU-Waffenexporten“ sprechen. So etwas gibt es nicht.
Sabine Lösing (GUE/NGL). - Herr Präsident! Ich habe gesagt, die Länder der Europäischen Union.
David Campbell Bannerman, im Namen der EFD-Fraktion. – Herr Präsident! Das Interesse der EU an Waffenexporten ist eindeutig Teil der zunehmenden Militarisierung der EU in der Zeit nach Lissabon.
Tony Blair hat vor einigen Tagen selbst gesagt, dass er will, dass die EU auch militärische Funktionen übernimmt. Es wird viel davon abhängen, von wem die EU ihre Waffen erhält und an wen sie diese Waffen verkauft.
Es ist bereits die Rede davon, dass das für die EU-Armee produzierte Gerät nicht mit amerikanischem Gerät interoperabel ist. Durch die verrückte Idee der Briten, sich einen Flugzeugträger mit Frankreich zu teilen, würde Großbritannien über Nacht den Zugang zur amerikanischen Stealth-Technologie verlieren.
Außerdem würde der Markt des Vereinigten Königreichs für amerikanische Importe und der amerikanische Markt für britische Exporte verschlossen werden, wodurch Arbeitsplätze auf beiden Seiten des Atlantiks zerstört würden.
Rüstungsausfuhren tragen jährlich 7 Mrd. GBP zur Wirtschaft des Vereinigten Königreichs bei. Unsere jährlichen Nettobeiträge an die EU sind genauso hoch. Wir sollten uns derartigen Schritten entgegenstellen.
Andrew Henry William Brons (NI). – Herr Präsident! Alle Länder, in denen Waffen produziert werden, stehen in Bezug auf Waffenexporte vor einem Dilemma. Die Fixkosten sind zwangsläufig hoch, wodurch es für die meisten – wenn nicht für alle – Länder unwirtschaftlich ist, Waffen ausschließlich für ihren eigenen Gebrauch herzustellen. Es wäre für einige waffenproduzierende Länder verlockend, einfach die Strategie zu verfolgen, an alle Länder Waffen zu liefern, außer denjenigen, von denen sie glauben, dass sie sie oder ihre Interessen angreifen könnten. Das würde die Gewinne der waffenproduzierenden Länder steigern. Dies wäre jedoch bestenfalls eine amoralische Politik und schlimmstenfalls eine durch und durch unmoralische.
Die in der ursprünglichen Anfrage dargelegten Kriterien, nach denen entschieden werden soll, ob Waffen exportiert werden sollen, sind vielfältig und unterschiedlich. Verschiedene Kriterien könnten für verschiedene Waffenarten gelten. An Länder mit schlechter Menschenrechtsbilanz wie Iran – und, wenn wir schon dabei sind, diejenigen EU-Länder, die Menschen wegen abweichender politischer und häretischer Ansichten einsperren, wie es die Hälfte der Länder in der EU tut – sollten keine kleinen Waffen, Überwachungssysteme und Fesselungsmittel geliefert werden, sie könnten aber Waffen erhalten, mit denen sie sich vor Angriffen von außen schützen können.
An Länder, die dazu neigen, aggressive Kriege zu führen, aber die Rechte ihrer eigenen Bürgerinnen und Bürger achten, könnten kleine Waffen und Fesselungsmittel verkauft werden, aber keine Massenvernichtungswaffen. Insbesondere an die Vereinigten Staaten – wohl das aggressivste Land auf der ganzen Welt, das unzählige destabilisierende, aggressive und illegale Kriege geführt hat – sollte keine Technologie geliefert werden, die für die Herstellung von Massenvernichtungswaffen genutzt werden könnte.
So sehr wir auch die Menschenrechtsbilanz des Iran beklagen mögen – und ich tue dies ganz gewiss –, so hat er bisher keine Angriffe auf seine Nachbarn verübt. Er war zum Beispiel während des Iran-Irak-Kriegs nicht der Aggressor. Er könnte jedoch zum Ziel von Aggressionen und eines geplanten Angriffs, möglicherweise der Vereinigten Staaten oder Israels werden. Es mag sein, dass wir nicht wollen, dass Iran Waffen hat, die für die Durchführung eines Angriffs genutzt werden könnten – und ich würde das ganz sicher nicht wollen –, aber es könnte sein, dass wir wollen, dass er Zugang zu einem nuklearen Schutzschild hat, durch den verhindert werden könnte, dass er angegriffen wird.
Charles Tannock (ECR). – Herr Präsident! Normalerweise mische ich mich nicht ein, besonders, wenn es um eine Debatte mit einem Abgeordneten der British National Party geht, aber einen Mitgliedstaat der EU zu beschuldigen, Menschen für ihre politischen Ansichten und Meinungen einzusperren, das ist zu viel des Guten! Ich stehe der Europäischen Union auch kritisch gegenüber, aber ich kenne keinen einzigen EU-Mitgliedstaat, der jemanden wegen seiner politischen Ansichten einsperrt, denn wie wäre es sonst möglich, dass solche Leute wie er in dieses Parlament gelassen werden?
(Zwischenrufe: „Ungarn“)
Absoluter Blödsinn! Können Sie diese Länder, die Menschen wegen ihrer politischen Meinung einsperren, nennen?
(Zwischenrufe von Abgeordneten inklusive Herrn Brons, dem das Wort erteilt wird)
Andrew Henry William Brons (NI). – Herr Präsident! Ich habe gesagt, dass Ungarn unter der vorherigen Regierung mehrere Menschen nur aufgrund ihrer abweichenden politischen Ansichten eingesperrt hat. Es gibt viele Länder in der EU, die Menschen wegen häretischer wissenschaftlicher Meinungen einsperren. Unabhängig davon, wie falsch diese wissenschaftliche Meinung auch sein mag, sie rechtfertigt nicht, dass Menschen wegen Meinungsäußerungen, die keinerlei Aufrufe zu Gewalt beinhalten, eingesperrt werden.
Michael Gahler (PPE). - Herr Präsident! Ich möchte eigentlich dem vorherigen Redner nicht so viel Ehre antun und mich auf seine Rede beziehen, aber zu Beginn hat er durchaus etwas Richtiges gesagt: dass es nämlich für viele Einzelstaaten, die kleinere Rüstungsindustrien haben, sehr kostspielig ist, wirtschaftlich zu produzieren. Ich komme da natürlich zu einer anderen Schlussfolgerung als er, nämlich dass wir innerhalb der Europäischen Union über die Defence Agency und durch gemeinsame Beschaffungsprogramme die notwendigen Rüstungsgüter wirklich auch preisgünstiger produzieren sollten.
Aber ich möchte mich zunächst beim Rat für seine Ausführungen bedanken und halte es für politisch sehr wichtig, dass wir hier zum Ausdruck bringen können, dass wir weltweit die modernsten rechtlich verbindlichen Kriterien für den Waffenexport haben. Darauf kann die Europäische Union aus meiner Sicht stolz sein.
Eine Frage hätte ich in dem Zusammenhang allerdings noch an den Rat: Sie haben dargelegt, in welchen Fällen die Konsultationen stattfinden, und das ist offenbar nur dann der Fall, wenn identische Anträge bei einem Staat abgelehnt wurden und ein anderer die Absicht hat, einen Exportantrag zu genehmigen. Ist die Diskussion darüber immer nur in dieser Ratsarbeitsgruppe geblieben oder – und das ist eigentlich die zweite Frage gewesen – ist das auch schon mal auf politischer Ebene im Ministerrat diskutiert worden? Das wäre in dem Zusammenhang noch eine Frage, die mich interessiert.
Justas Vincas Paleckis (S&D). – (LT) Einige meiner Kolleginnen und Kollegen haben bereits erwähnt, dass die von der Fraktion der Europäischen Volkspartei (Christdemokraten) eingereichte Anfrage einige Fakten im Dunkeln lässt, da sie nicht darlegt, wieso und wie das Problem entstanden ist. Es wäre hilfreich gewesen, wenn bei der Vorlage der Anfrage eine größere Klarheit bestanden hätte. Andererseits müssen wir anerkennen, dass einige mittel- und osteuropäische Länder besonders sensibel sind und sich weniger sicher fühlen als die alten Mitgliedstaaten der Europäischen Union. Im Gemeinsamen Standpunkt des Rates vom 8. Dezember 2008 wurden gewisse Leitlinien für den Bereich Waffenexporte ausgearbeitet. Laut Experten hat das Land, über das wir heute sprechen – Frankreich – den Rahmen dieser Leitlinien nicht überschritten, aber das heißt nicht, dass wir bei der schrittweisen Umsetzung der Sicherheits- und Verteidigungspolitik in die Praxis diese Leitlinien und Bestimmungen nicht verbessern sollten. Ich schließe mich vollkommen der Meinung meines Kollegen Elmar Brok an, dass wir in Bezug auf Waffen mehr kooperieren müssen. Was Waffenexporte angeht, müssen wir sicherstellen, dass mehr Vertrauen vorherrscht und weniger Verdächtigungen ausgesprochen werden: manchmal sind dies begründete Verdächtigungen, aber manchmal auch vollkommen unbegründete. Durch letztere werden große und kleine, alte und neue Mitgliedstaaten der EU auf gefährliche Weise gegeneinander ausgespielt. Wir brauchen mehr Vertrauen und Solidarität, die sich jedoch nicht von selbst einstellen. Wir müssen mehr miteinander sprechen, konstruktive Beratungen aufnehmen und hitzige Vorwürfe und künstliche Vergleiche mit Situationen zu Anfang oder in der Mitte des 20. Jahrhunderts vermeiden, als in Europa das Prinzip „Macht geht vor Recht“ vorherrschte. Wir müssen den Konsultationsmechanismus innerhalb der EU verbessern, um konkrete Ziele zu erreichen. Dann wird diese Diskussion auch nützlich sein.
Ryszard Czarnecki (ECR). – (PL) Es wurde hier in schönen Worten von Zusammenarbeit und Vertrauen gesprochen, aber ich habe den Eindruck, dass die Politik hinsichtlich der Exporte in Länder außerhalb der EU in Wirklichkeit dadurch bestimmt wird, dass uns die Franzosen vor vollendete Tatsachen gestellt haben. Die größten und reichsten Mitgliedstaaten tun, was sie wollen, und missachten dabei die Bestimmungen, über die heute so viel gesprochen wurde. Erst vor einigen Tagen haben wir wieder vom Verkauf von Angriffsschiffen der Mistral-Klasse durch Frankreich an Russland gehört. Wenn dieser Verkauf noch nicht abgeschlossen sein sollte, dann nur deswegen, weil Russland spezielle Ausschreibungsverfahren eingeführt hat, aber wir können uns sicher sein, dass dieser Verkauf auf jeden Fall stattfindet. Ein russischer Admiral hat unterdessen kürzlich in Bezug auf die Angriffe Russlands auf Georgien gesagt, dass, wenn Russland damals Angriffsschiffe der Mistral-Klasse besessen hätte, der Krieg gegen Georgien nicht vier oder fünf Tage, sondern nur zwei Stunden gedauert hätte. Sollten Mitgliedstaaten der EU wirklich solche Waffen verkaufen, wenn wir wissen, dass die Länder, die diese Waffen kaufen, sie nicht zu Verteidigungs-, sondern zu Angriffszwecken nutzen werden? Georgien indessen konnte über Jahre keine Defensivwaffen von Mitgliedstaaten der EU kaufen, weil ein spezielles Embargo auf den Kauf dieser Waffen besteht. Dies ist eine Doppelmoral, die vermieden werden sollte.
Nikolaos Chountis (GUE/NGL). – (EL) Herr Präsident! Beim Lesen des Gemeinsamen Standpunktes und der Kriterien, die Länder, die Waffen exportieren, erfüllen müssen, kam mir Israel in den Sinn. Israel ist ein Staat, der internationales Recht nicht respektiert, der die Menschenrechte mit Füßen tritt und der den Gazastreifen besetzt hat, und ich möchte an dieser Stelle denjenigen, die die Anfrage eingereicht haben, sagen, dass ich angesichts der kürzlichen Ereignisse nicht einen Beitrag gehört habe, in dem gefordert worden wäre, dass ein Verbot auf den Export von militärischer Ausrüstung und Waffen verhängt wird, zusammen mit den anderen Sanktionen, die gegen Israel, das die Kriterien nicht erfüllt, verhängt werden müssen. Sanktionen, die im Gemeinsamen Standpunkt für die restlichen Staaten erwähnt werden.
Der erste Redner bezog sich im Hinblick auf die politische Solidarität in Europa auf das Beispiel Griechenlands. Darf ich Sie daran erinnern, dass, obwohl in Kriterium 8 des Gemeinsamen Standpunktes festgelegt ist, dass ein Mitgliedstaat der Europäischen Union, wenn er Waffen in einen anderen Mitgliedstaat exportieren will, er die wirtschaftliche Lage des Landes berücksichtigen muss, in dass er die Waffen exportiert, Frankreich und Deutschland auf Griechenland Druck ausüben, ihre Waffen zu kaufen, um ihre politische Unterstützung sicherzustellen. Sie tun dies zu einem Zeitpunkt, zu dem sich Griechenland in einer katastrophalen finanziellen Lage befindet und zahlreichen Kontrollen unterliegt. Zu einer Zeit, zu der in dem Land die Renten, Löhne und Gehälter etc. gekürzt werden.
Diese Haltung ist scheinheilig und zeigt, dass in dieser Philosophie die Profite der Rüstungsindustrien an erster Stelle stehen, und nicht der Friedensgrundsatz, an den sich die Europäische Union halten sollte, statt Differenzen mit militärischen Mitteln zu klären.
Jaroslav Paška (EFD). – (SK) In vielen Ländern der Europäischen Union befinden sich die Hauptsitze und operationellen Standorte von wichtigen Herstellern von Verteidigungsgütern. Viele andere Staaten auf der ganzen Welt sind sehr an ihren spezifischen Produkten interessiert. Der Handel mit diesen Produkten ist eine spezifische Tätigkeit, die sich aufgrund der sicherheits- und außenpolitischen Beschränkungen, die bei der Beurteilung von Unternehmen und von spezifischen Handelssachen eine Rolle spielen, vom Handel mit anderen Produkten unterscheidet.
Die besagte Tätigkeit kann nur auf der Grundlage einer vom Staat erteilten Genehmigung in Form einer Genehmigung zum Handel mit militärischem Material oder einer Genehmigung für die Ein- oder Ausfuhr oder den gemeinschaftsübergreifenden Transport von militärischem Material ausgeübt werden. Der gesamte Prozess wird in Übereinstimmung mit sehr genauen Vorschriften durchgeführt und unterliegt strengen Kontrollen der einzelnen Länder, die verpflichtet sind, in Übereinstimmung mit ihren außenpolitischen Verpflichtungen vorzugehen. Angesichts der Spezifität und Einzigartigkeit jeder einzelnen Transaktion sollte diese Tätigkeit meiner Meinung nach ausschließlich auf einer individuellen Grundlage auf Ebene des Rates koordiniert werden und auf einer überwiegend allgemeinen Ebene mit besonderem Nachdruck auf der Bewertung der möglichen spezifischen Auswirkungen auf die Außenpolitik.
Arnaud Danjean (PPE). – (FR) Herr Präsident! Ich möchte drei kurze Anmerkungen zu diesem Thema machen. Erstens: Da das zur Debatte stehende Thema die Position Frankreichs in Bezug auf den Verkauf der Schiffe der Mistral-Klasse ist, möchte ich Sie daran erinnern, dass bisher noch keine feste Vereinbarung getroffen worden ist, und dass Schiffe der Mistral-Klasse Schiffe sind, die ohne Waffen verkauft werden würden – was eine der grundsätzlichen Fragen bei den Gesprächen mit Russland ist –, und dass Russland nicht nur mit Frankreich Verhandlungen führt, um diese Ausrüstung zu erwerben. Lassen Sie mich also die Dinge in die richtige Perspektive rücken. Es ist mir bewusst, dass in einigen Ländern eine große Menge an Emotionen im Spiel ist, aber Emotionen sind eine Sache und Tatsachen eine ganz andere.
Zweitens: Wie Sie betont haben, Herr Minister, haben wir in der Europäischen Union einen Verhaltenskodex für Rüstungsexporte, der während des französischen Ratsvorsitzes 2008 zu einem Gemeinsamen Standpunkt wurde; dieser Verhaltenskodex gehört zu den strengsten auf der ganzen Welt. In dieser Hinsicht sind wir mehr als vorbildlich, und wir haben zusätzlich zum Verhaltenskodex, wie einer unserer Kollegen uns erinnert hat, eine Arbeitsgruppe, die als Teil der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik regelmäßig zusammentritt, um nicht nur die Umsetzung dieses Kodex zu diskutieren, sondern auch die Politiken der Mitgliedstaaten in Bezug auf Rüstungsexporte. Es gibt also Foren, in denen die Mistral-Frage auf adäquate Weise behandelt werden kann.
Abschließend möchte ich noch sagen, dass wir, wenn wir über eine europäische Solidarität in Bezug auf Rüstungsexporte sprechen und wir die Notwendigkeit einer gemeinsamen Strategie und einer gemeinsamen Verteidigungspolitik im Blick haben, wir den gesamten Rüstungs- und Verteidigungsgüterhandel berücksichtigen müssen. Das schließt auch Einfuhren und selbstverständlich auch die Verteidigungsindustrie ein. Daher denke ich, dass viele Länder noch einen langen Weg vor sich haben, um sicherzustellen, dass Europa die Technologien, Arbeitsplätze, sein Know-how und eine echte strategische Kapazität bei unseren Militäroperationen weiterhin erhalten kann.
Zoran Thaler (S&D). – (SL) Der Export moderner französischer Kriegsschiffe nach Russland hat sowohl eine europäische als auch eine politische Dimension. Er hat außerdem eine solidarische Dimension oder weist einen Mangel an Solidarität auf, weil sie unsere Mitgliedstaaten des Ostseeraums betreffen sowie unsere Partner in der Östlichen Partnerschaft: Georgien, Aserbaidschan, die Ukraine etc.
Wir wissen, dass Frankreich im russisch-georgischen Krieg interveniert hat, und dass Russland damals gewisse internationale Verpflichtungen eingegangen ist. Ist es ihnen jedoch nachgekommen? Hat es zum Beispiel Beobachtern der Europäischen Union erlaubt, nach Südossetien und Abchasien zu reisen? Leider ist dies bisher nicht geschehen.
Wir wissen, dass der Gemeinsame Standpunkt des Rates von 2008 sehr eindeutig ist. Das jeweils einführende Land muss seinen internationalen Verpflichtungen nachkommen und die Menschenrechte achten und es muss den Frieden, die Sicherheit und die Stabilität in der Region wahren. Aber tut Russland dies?
Meine letzte Frage an Sie ist: Ist Frankreich oder eher Präsident Sarkozy in der Position, im Gegenzug für seinen fragwürdigen Verkauf von Angriffsschiffen an Russland, Russlands Verpflichtung zu erwirken, dass es wirklich beginnen will, seine internationalen Auflagen zu erfüllen?
Charles Tannock (ECR). – Herr Präsident! Die konventionelle Rüstungsindustrie leistet einen wichtigen Beitrag zu den Volkswirtschaften vieler Mitgliedstaaten, einschließlich meines eigenen Heimatlandes, dem Vereinigten Königreich. In einer instabilen und gefährlichen Welt brauchen die Mitgliedstaaten der EU entsprechende Kapazitäten, um sich, ihre Interessen und ihre Verbündeten auf der ganzen Welt verteidigen zu können.
Die EU hat jedoch auf zwischenstaatlicher Ebene im Rat eine einstimmige Übereinkunft getroffen und in den letzten Jahren beeindruckende Anstrengungen unternommen und Fortschritte gemacht, um die Produktion und den Vertrieb bestimmter Waffen einzuschränken und sogar Rüstungslieferungen an bestimmte unterdrückerische Regime zu verbieten. Wir können zu Recht stolz sein auf unser Eintreten für den Ottawa-Vertrag, der Antipersonenminen weltweit verbietet. Das Übereinkommen über Streumunition, das im vergangenen Monat in Kraft getreten ist, wird hoffentlich ein weiterer Schritt dahin sein, diese schrecklichen Waffen eines Tages auszumerzen – obwohl ich anmerken muss, dass mindestens sechs Mitgliedstaaten der EU dieses Übereinkommen noch ratifizieren müssen.
In den Nachbarländern der EU arbeiten wir im Rahmen der MPI hart daran, die Waffenproduktion zu überwachen und die Vorräte an Nuklearwaffen zu reduzieren, und das sollte fortgesetzt und sogar intensiviert werden.
Wir müssen in Bezug auf Versuche von Terroristen, in Ländern, in denen die Vergabe von Genehmigungen für Endverbraucher und Rüstungsexporte weniger streng überwacht und durchgeführt wird, Waffen zu erwerben, wachsam sein.
Schließlich sollte die Europäische Union das Verbot für den Export von Waffen für China aus zwei Gründen aufrechterhalten. Erstens wegen der traurigen Menschenrechtsbilanz der chinesischen Regierung in Bezug auf ihre eigenen Bürgerinnen und Bürger, und zweitens, um unserer Unterstützung unseres demokratischen Verbündeten Taiwan Ausdruck zu verleihen, das sich möglicherweise als Erster auf Chinas Schusslinie befindet.
Inese Vaidere (PPE). – (LV) Meine Damen und Herren! Waffen und Militärgüter sind keine einfachen Handelsgüter; sie bilden einen spezifischen Sektor, der direkte Auswirkungen auf die nationale Sicherheit hat. Der Export von Waffen und Militärgütern in Drittländer, insbesondere in fragwürdige Demokratien, in denen Menschenrechte verletzt werden und die mit Ländern zusammenarbeiten, in denen Zeichen des Terrorismus festzustellen sind, kann nicht nur für die Europäische Union, sondern auch für Drittländer eine ernsthafte Gefahr darstellen. Aus eben diesem Grund muss dies als ein wichtiger Teil der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik der Europäischen Union angesehen werden. Wie können wir von einer gemeinsamen Verteidigungspolitik sprechen, wie es Herr Barroso gestern getan hat, wenn jedes Land seinen eigenen separaten Waffenhandel betreibt? Die Entscheidung, Frankreichs Kriegsschiffe der Mistral-Klasse zu verkaufen, stellt einen direkten Transfer von Militärtechnologie an ein Drittland dar, das kein militärischer Verbündeter der EU ist. Wir müssen anerkennen, dass ein Technologietransfer an sich höchstwahrscheinlich nicht bedeutet, dass das betreffende Land eine freundlichere Haltung gegenüber der Europäischen Union einnehmen muss oder es tatsächlich tut, wie Herr Lelouch, der französische Europaminister, und einige Abgeordnete in der heutigen Aussprache behauptet haben. Keine Strategie der Europäischen Union wird erfolgreich sein, wenn sie nicht die gemeinsam beschlossenen Grundsätze beinhaltet. Das gilt gleichermaßen für die Solidarität zwischen den Ländern der Europäischen Union sowie auch für die Anerkennung der gemeinsamen Interessen im Entscheidungsprozess. Sowohl der Vertrag über die Europäische Union als auch der Gemeinsame Standpunkt des Rates, der gemeinsame Regeln für die Kontrolle der Ausfuhr von Militärtechnologie und Militärgütern festlegt, betont die Wichtigkeit der Solidarität. Individuelle kurzfristige wirtschaftliche Interessen dürfen den gemeinsamen Prioritäten und Zielen der Europäischen Union nicht im Weg stehen. Entscheidungen, die Auswirkungen auf die Außen- und Sicherheitspolitik der Europäischen Union haben, müssen in gegenseitigem Einvernehmen mit allen Mitgliedstaaten der EU gefällt werden, und es muss ein angemessener und rechtsverbindlicher Mechanismus ausgearbeitet werden, im Rahmen dessen alle möglichen Folgen nach gemeinsam entwickelten Kriterien analysiert werden. Vielen Dank.
Marietta Giannakou (PPE). – (EL) Herr Präsident! Die Anfrage, die dem Rat heute vorgelegt wurde, bietet eine Gelegenheit, ein weiteres wichtiges Thema anzusprechen, das viele von uns während des Europäischen Konvents und im Rahmen der Regierungskonferenz unterstützt haben. Ich meine das allgemeine Problem der Verteidigung und Sicherheit in Europa und die Schaffung einer Agentur für Rüstungsproduktion und einer gemeinsamen Verteidigungsagentur.
Wir sollten nicht vergessen, dass Panzer in den Vereinigten Staaten auf nur einer Fertigungslinie hergestellt werden, während sie in Europa auf 16 verschiedenen Fertigungslinien hergestellt werden. Somit hätten wir größenbedingte Kosteneinsparungen. Im Hinblick auf den Gemeinsamen Standpunkt des Rates von 2008 über die Kontrolle von Rüstungsexporten müssen wir jedoch zugeben, Herr Chastel, dass es keine wirkliche Kontrolle gibt. Ich beziehe mich nicht auf Frankreich; ich spreche von jedem Land in Europa. Ebenso, wie keine echten Kontrollen durchgeführt werden, um herauszufinden, ob die Länder, in die wir Waffen exportieren, sie nicht wiederum in Drittländer exportieren. Anders gesagt: ob sie keine Zwischenhändler sind, an die wir nie Waffen verkaufen würden.
Ich habe den Eindruck, dass die im Rahmen der GASP geschaffene Arbeitsgruppe nicht in der Lage ist, die Mitgliedstaaten zu kontrollieren, um festzustellen, in welche Länder genau sie Waffen exportieren. Wenn wir es schaffen, diesen Gemeinsamen Standpunkt umzusetzen und wenn es gewisse Einschränkungen gibt, dann haben wir einen Schritt in die richtige Richtung gemacht. Wir werden Rüstungsexporte jedoch nur dann erfolgreich kontrollieren, wenn wir es schaffen, eine gemeinsame Verteidigungsagentur und eine Agentur für Rüstungsproduktion zu schaffen, die es uns ermöglichen werden, die Kosten zu senken und gleichzeitig unsere Grundsätze und Werte zu erhalten und sie im Falle der Produktion und des Exports von Waffen in der Praxis unter Beweis zu stellen.
Alf Svensson (PPE). – (SV) Herr Präsident! Gestern hat der Präsident der Kommission in seiner Rede betont, dass die EU sich für eine Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik einsetzen muss. Das haben wir schon oft gehört. Herr Barroso spricht auch von der gemeinsamen Verteidigung. Meiner Meinung nach ist die Politik nicht kohärent, wenn wir nicht auch die Verteidigungsindustrie und die Rüstungsexporte berücksichtigen. Wie bereits gesagt worden ist, beinhaltet der Vertrag über die Europäische Union – und das muss selbstverständlich als unbestreitbar angesehen werden – das Prinzip der Solidarität und eine Auflage für die Mitgliedstaaten, sich in Bezug auf Angelegenheiten der Außen- und Sicherheitspolitik gegenseitig im Rahmen des Rates und des Europäischen Rates zu beraten. Kann man das noch klarer ausdrücken?
Im Gemeinsamen Standpunkt des Rates vom 8. Dezember 2008 sind gemeinsame Regeln für die Kontrolle von Militärtechnologie und Militärgütern festgelegt. Was ist mit diesen Gemeinsamen Standpunkten geschehen? Sind sie in Frankreich nicht angekommen? Sind sie vielleicht bei uns nicht angekommen? Die EU-Mitgliedstaaten Litauen, Estland und Polen sowie Georgien behaupten, dass der Verkauf des Kriegsschiffs der Mistral-Klasse an Russland die Sicherheit dieser Länder negativ beeinflusst hat. Admiral Wladimir Wyssozki, Oberbefehlshaber der russischen Kriegsmarine, hat gesagt, dass, wenn Russland zur Zeit des Konflikts mit Georgien ein Schiff der Mistral-Klasse gehabt hätte, die russische Schwarzmeerflotte ihren Einsatz in 40 Minuten statt in 26 Stunden erfüllt hätte.
Es darf den großen Mitgliedstaaten nicht erlaubt werden, sich Freiheiten rauszunehmen. Wir wissen, dass große Länder gerne ein Monopol auf Rüstungsexporte hätten, was ganz offensichtlich nicht akzeptabel ist. Es sollte die Aufgabe des Landes sein, das den Ratsvorsitz inne hat, Belgien, Diskussionen innerhalb der EU einzuleiten, um klare gemeinsame Bestimmungen zu Rüstungsexporten zu erzielen.
Tunne Kelam (PPE). – Herr Präsident! In dieser Aussprache geht es um den Gegensatz zwischen dem Bilateralismus und den gemeinsamen Politiken und der Solidarität. In der Tat sind die Bürgerinnen und Bürger einiger Mitgliedstaaten ernsthaft besorgt über die bevorstehenden Exporte moderner Militärtechnologie in Drittländer.
Erst vor einem Jahr hat Russland Militärmanöver in Nordosteuropa durchgeführt, wobei die baltischen Staaten als Ziele einer Militärinvasion Teil der geprobten Szenarien waren. Uns liegt die berühmte Aussage des Oberbefehlshabers der russischen Kriegsmarine vor, dem zufolge die russische Kriegsmarine, wenn sie im August 2008 Hubschrauberträger der Mistral-Klasse zur Verfügung gehabt hätte, sie in der Lage gewesen wäre, ihren Einsatz eher in drei Stunden statt in drei Tagen abzuschließen.
Ich freue mich über die Aussage von Staatsekretär Chastel, die ich als sehr positive Reaktion auf unsere Sorgen ansehe, und über die Erklärung unseres Kollegen Herrn Danjean, dass keine Militärtechnologie verkauft wird. Die Russen haben jedoch darauf bestanden – und werden auch weiterhin darauf bestehen–, eben diese Militärtechnologie zu kaufen.
Es gibt da noch eine offene Frage: wieso gibt es in Fällen, in denen ein Mitgliedstaat bereit ist, Militärtechnologie an ein Drittland zu verkaufen, keine Konsultationen und normalen Debatten im Rat? Das ist unsere Botschaft an den Rat. Wir möchten darauf aufmerksam machen, dass regelmäßige Diskussionen über Exporte von Militärgütern in Drittländer im Europäischen Rat notwendig sind.
Krzysztof Lisek (PPE). – (PL) Herr Präsident! Die Herstellung und der Export von Waffen und Militärtechnologie waren, sind und werden das Thema vieler Debatten sein, und es wird weiterhin schwierig sein, über dieses Thema zu sprechen, weil es so kontrovers und umstritten ist. Es ist immer wieder der Verdacht entstanden, dass Konflikte geschürt und Regionen destabilisiert werden könnten, und dieser Verdacht kann immer wieder entstehen. Die Überwachung des Exports von Waffen ist, wie einige meiner Vorredner hervorgehoben haben, auch schwierig. Andererseits ist die Rüstungsindustrie ein wichtiger Wirtschaftsbereich für viele Mitgliedstaaten der Europäischen Union. Frankreich, Großbritannien, Deutschland, Polen, die Tschechische Republik und viele andere Mitgliedstaaten und auch die Vereinigten Staaten, Russland und andere Länder außerhalb der Europäischen Union exportieren Waffen. Wir sind daher sehr weit von der Situation entfernt, in der die Herstellung und der Export von Waffen ein Politikbereich der EU wird. Gegenwärtig haben die Mitgliedstaaten in diesem Bereich ein großes Ausmaß an Autonomie, aber sie müssen ihre Rechtsvorschriften gemäß dem Gemeinsamen Standpunkt des Rates von 2008 harmonisieren.
Ein kurzer Kommentar zu den Schiffen der Mistral-Klasse: Die verehrten Kolleginnen und Kollegen Abgeordneten aus Frankreich sollten die Besorgnis der baltischen Staaten und Polens verstehen. Russische Generäle sagen, dass diese Schiffe an der Ostsee stationiert werden könnten. Die Ostsee ist ein Meer, das, abgesehen von Russland, nur von Mitgliedstaaten der Europäischen Union umgeben ist.
Andrzej Grzyb (PPE). – (PL) Herr Präsident! Die von Herrn Kariņš gestellte Frage ist eindeutig begründet und wurde auf Sitzungen des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten schon mehrmals gestellt. Die Abgeordneten haben keine zufriedenstellende Antwort erhalten. Daher muss der Rat konkrete Schritte in dieser Angelegenheit einleiten, um diejenigen, die diese Frage gestellt haben, zufriedenzustellen. Insbesondere, weil die Frage in einem konkreten Kontext gestellt worden ist, der schon mehrmals erwähnt worden ist, sowohl von Herrn Kelam als auch von Herrn Czarnecki. Ich beziehe mich darauf, wie die Militärbefehlshaber in Russland mit dieser Art der Waffe umgehen, und insbesondere auf die Tatsache, dass es sich bei den Angriffsschiffen der Mistral-Klasse um Offensivwaffen handelt. Das sollte uns dazu bewegen, darüber nachzudenken, ob es hier nur um den Abschluss eines Verkaufs geht, und welche Konsequenzen dieser Verkauf nach sich ziehen würde. Es ist uns klar, dass die Richtlinie von 2008 in Kraft ist, aber wir müssen auch akzeptieren, dass es im Leben manchmal mehr gibt, als die Bestimmungen einer Richtlinie und bestehende Rechtsvorschriften. Der Fall der Regelung des Konflikts in Georgien, an dem die Europäische Union interessiert ist und der nicht gelöst wurde, zeigt, dass so eine Entscheidung hier notwendig ist.
Kyriakos Mavronikolas (S&D). – (EL) Herr Präsident! Die Europäische Union baut tatsächlich heute eine gemeinsame Außenpolitik, eine Verteidigungspolitik auf, und zweifellos sollte es gewisse Protokolle geben, die die Handlungsweise der Rüstungsindustrien gegenüber Drittländern regeln. Das Thema dieser Aussprache hat jedoch bei mir eine Frage aufgeworfen, die ich heute im Plenum stellen muss.
Wie können wir die Tatsache rechtfertigen, dass Rüstungsindustrien, insbesondere im Vereinigten Königreich, ein Handelsembargo gegen die Republik Zypern, die ein Mitgliedstaat der Europäischen Union ist, und gegen die zyprische Armee verhängt, während sie gleichzeitig der Türkei erlaubt, auf dem Gebiet des besetzten Teil Zyperns ihre militärische Ausrüstung und andere Ausrüstungsgegenstände zu modernisieren, zu verlegen und zu transportieren.
Raül Romeva i Rueda (Verts/ALE). – (ES) Herr Präsident! Ich war über mehrere Jahre, in denen dieses Parlament praktisch einstimmig die Umwandlung des Verhaltenskodex von 1998 in einen verbindlichen Gemeinsamen Standpunkt gefordert hat, der Berichterstatter dieses Parlaments. Dieser Gemeinsame Standpunkt wurde 2008 verabschiedet. Wir haben damals jedoch gesagt, dass dies ein Schritt nach vorn sein wird, wenn auch nicht der letzte Schritt; ein Schritt, der notwendig, aber nicht ausreichend war. Dies ist während der heutigen Aussprache klargeworden.
Ich möchte dieses Parlament auch daran erinnern, dass alle Mitgliedstaaten der Europäischen Union, den internationalen Vertrag über die Kontrolle von Rüstungsexporten im Rahmen der Vereinten Nationen unterstützen, und das ist das Wichtigste.
Die Ausfuhr von Waffen ist nicht das Gleiche wie die Ausfuhr von Kühlschränken. Sie hat sehr ernsthafte Konsequenzen, weil Waffen töten; sie zerstören Gesellschaften und machen sie arm. Die Europäische Union trägt genau dazu bei, wenn sie Waffen nach Israel, Kolumbien oder Afghanistan exportiert. Wir sollten bei unseren Handlungen dieses Verantwortungsbewusstsein im Sinn haben.
Aus diesem Grund glaube ich, dass es notwendig ist, dieses Parlament daran zu erinnern, dass es bei diesem Thema nicht nur um den Binnenmarkt geht, um Handel oder Sicherheit, sondern vielmehr um unsere Verantwortung auf internationaler Ebene, und leider nehmen wir diese Verantwortung nicht wahr.
Laima Liucija Andrikienė (PPE). – Herr Präsident! Durch den Vertrag von Lissabon haben wir die politische Abstimmung weiter verbessert und die Solidarität auf vielen Gebieten, einschließlich der Außen- und Sicherheitspolitik, verstärkt. Der Vertrag enthält auch eine Beistandsklausel, falls ein Mitgliedstaat militärisch bedroht wird.
In diesem Zusammenhang wirken die Pläne Frankreichs, vier Kriegsschiffe der Mistral-Klasse an Russland zu verkaufen und einen Teil seiner Schiffbautechnik mit Russland zu teilen, sehr beunruhigend. Außerdem sind Kriegsschiffe der Mistral-Klasse ganz klar Offensivwaffen – ich unterstreiche: Offensivwaffen und nicht Defensivwaffen.
Daher sollten wir, bevor wir tatsächlich etwas hinsichtlich der im Vertrag von Lissabon festgelegten Bestimmungen über die Solidarität tun, sicherstellen, dass wir nicht zur Verringerung der Sicherheit der anderen Mitgliedstaaten der EU oder unserer Nachbarn beitragen.
Ich bitte den Rat dringend, alles in seiner Macht Stehende zu tun, um eine breite Diskussion innerhalb der EU über die Notwendigkeit zur Entwicklung einer gemeinsamen Definition und einer neuen Herangehensweise im Hinblick auf Rüstungsverkäufe an Drittländer anzustoßen.
Janusz Władysław Zemke (S&D). – (PL) Herr Präsident! Ich möchte auf die Tatsache aufmerksam machen, dass Rüstungsexporte immer mit der Sicherheitspolitik der EU in Verbindung stehen. Der Export von Waffen ist kein unabhängiger oder isolierter Bereich. Diese Angelegenheiten beschränken sich nicht auf den militärischen oder finanziellen Bereich, weil hinter dem Export der Profit der beteiligten Unternehmen steckt, und das hängt immer mit Politik zusammen. Daher möchte ich diejenigen unterstützen, die vorgeschlagen haben, dass während eines Treffens des gesamten Rates eine Diskussion stattfinden sollte über die Politik der EU auf dem Gebiet des Exports und der militärischen Zusammenarbeit. Zum Beispiel gibt es eine beträchtliche Zahl an Anmerkungen und Zweifel im Zusammenhang mit dem Export von Angriffsschiffen der Mistral-Klasse nach Moskau, aber wenn wir die Angelegenheit aus einer anderen Perspektive betrachten und zum Beispiel über den Bau eines europäischen Raketenschutzschildes nachdenken, dann denke ich, dass es in unserem Interesse läge, Russland miteinzubeziehen. In anderen Worten sind diese Angelegenheiten nicht so klar, wie sie erscheinen mögen.
Katarína Neveďalová (S&D). – (SK) Ich bin in keiner Weise eine Rüstungsexpertin oder etwas Ähnliches, aber ich stehe heute ganz sicher als Pazifistin vor Ihnen, und ich möchte dieses Problem aus der Perspektive eines einfachen Bürgers der Europäischen Union betrachten. Wenn man bedenkt, dass die Europäische Union gegenwärtig ununterbrochen Waffen produziert, und dass es fast 30 Kriege auf der Welt gibt sowie unzählige andere Konflikte, seien sie regionaler oder lokaler Natur, sollten wir uns auch klarmachen, dass wir Waffen produzieren, die unmittelbar dazu bestimmt sind, zu zerstören und zu töten.
Vielleicht sollten wir auch darüber nachdenken, ob wir es nicht vorziehen würden, wenn das Geld, das wir jedes Jahr in die Haushalte einzelner Staaten einzahlen, um einzelne Armeen zu bewaffnen oder auszurüsten, auf irgendeine Weise in die Bildung einfließen würde, was zu einer Zeit der Wirtschaftskrise wirklich viel nützlicher wäre als Waffen. Es würde mich auch sehr interessieren, wie einige von Ihnen die folgende Frage beantworten würden: Wie viele einzelne Mitgliedstaaten haben ihre Verteidigungsbudgets zur Zeit der Wirtschaftskrise gesenkt und um welchen Betrag? Vielleicht sollten wir alle auch darüber nachdenken, weil ich nicht denke, dass wir den jüngeren Generationen ein gutes Beispiel geben, wenn wir der Ansicht sind, dass zum Beispiel Schießen, das eigentlich eine Form der Zerstörung ist, zu einer olympischen Disziplin erhoben werden sollte.
Olivier Chastel, amtierender Ratspräsident. – (FR) Herr Präsident! Das war eine sehr interessante Aussprache und ich würde gerne auf zwei Konzepte etwas genauer eingehen.
Erstens möchte ich das Konzept der Verantwortung umformulieren. Artikel 4 Absatz 2 des Gemeinsamen Standpunktes legt fest, dass die Entscheidung über den Transfer oder die Verweigerung des Transfers von Militärtechnologie oder von Militärgütern dem nationalen Ermessen eines jeden Mitgliedstaats überlassen bleibt. Daher bleibt diese Verantwortung vor allem auf nationaler Ebene, und der Gemeinsame Standpunkt nimmt diese Verantwortung den Mitgliedstaaten nicht weg, sondern er führt eine Reihe von Bestimmungen ein, um eine effektive Zusammenarbeit und einen Informationsaustausch zwischen ihnen sicherzustellen.
Das zweite Konzept, auf das ich gerne zurückkommen würde, ist das Konzept der Transparenz. Der Gemeinsame Standpunkt legt fest, dass die Mitgliedstaaten einen Jahresbericht über ihre Rüstungsexporte erstellen müssen. Es soll einmal im Jahr ein EU-Bericht auf der Grundlage dieser nationalen Berichte veröffentlicht werden, der Informationen über den finanziellen Wert der erteilten Genehmigungen liefert, aufgeschlüsselt nach dem Bestimmungsland und nach der Kategorie der Rüstungsgüter sowie über die Zahl der verweigerten Genehmigungen und etwaige anschließende Konsultationen von Mitgliedstaaten.
Abgesehen vom Jahresbericht auf EU-Ebene wird im Gemeinsamen Standpunkt auch verlangt, dass die Mitgliedstaaten nationale Berichte über den Export von Militärtechnologie und Militärgütern veröffentlichen. Die Transparenz, die durch den Gemeinsamen Standpunkt durchgesetzt werden soll, gilt also sowohl für die Ebene der Europäischen Union als auch für die nationale Ebene, aber es stimmt, dass die Europäische Union in dieser Hinsicht ein Beispiel setzen sollte.
Ich möchte außerdem sagen, dass, wie einige von Ihnen hervorgehoben haben, der Gemeinsame Standpunkt im Vergleich zum Verhaltenskodex einen bedeutenden Fortschritt darstellt. Der Gemeinsame Standpunkt wurde im Dezember 2008 verabschiedet, also vor weniger als zwei Jahren. Es wäre vernünftig, wenn wir den neuen Bestimmungen des Gemeinsamen Standpunktes genug Zeit lassen würden, um eine Wirkung zu entfalten, bevor wir uns an eine Überarbeitung eines derartigen neuen Systems machen, auch wenn es, nachdem ich Ihnen zugehört und ich nachvollzogen habe, was Sie gesagt haben, verlockend ist, dieses System noch restriktiver zu machen oder es mit einem System von Sanktionen zu verknüpfen.
Abschließend, um eine sehr spezifische Frage zu klären, möchte ich Ihnen sagen: Sie können versichert sein, dass der Gemeinsame Standpunkt zu vielen Gelegenheiten auf politischer Ebene, insbesondere im Rat, erörtert worden ist, insbesondere im Zusammenhang mit dem Waffenembargo gegen China.
Frédérique Ries (ALDE). – (FR) Herr Präsident, ich kann mich auf keinen Artikel der Geschäftsordnung berufen. Ich möchte Ihnen nur diese sehr wichtige Nachricht mitteilen: Der iranische Außenminister hat bekannt gegeben, dass er die Verurteilung von Frau Mohammadi-Ashtiani zum Tode durch Steinigen ausgesetzt hat.
Wir alle hier im Parlament haben dafür gekämpft, und die demokratischen Kräfte der Welt kämpfen in diesem Moment dafür, um weit mehr zu erreichen, als die Aussetzung des Urteils, nämlich die Aufhebung. Es ist ein Anfang und wir sollten uns weiterhin dafür einsetzen. Es tut mir leid, aber ich denke, dass diese Information verbreitet werden musste.
Der Präsident. – Vielen Dank, Frau Ries. Das ist genau das, was ich bei der Eröffnung der Sitzung gesagt habe, als ich diese Nachricht verkündet habe, und ich bin froh, dass Sie sie bestätigen. Wir werden weiterhin für eine Wiederaufnahme des Verfahrens kämpfen und ganz allgemein dafür, dass die Menschenrechte auf der ganzen Welt geachtet werden.