Index 
 Zurück 
 Vor 
 Vollständiger Text 
Verfahren : 2010/2776(RSP)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadium in Bezug auf das Dokument : O-0096/2010

Eingereichte Texte :

O-0096/2010

Aussprachen :

PV 08/09/2010 - 15
CRE 08/09/2010 - 15

Abstimmungen :

Angenommene Texte :


Ausführliche Sitzungsberichte
Mittwoch, 8. September 2010 - Straßburg Ausgabe im ABl.

15. Freizügigkeit der Arbeitnehmer - zeitweilige Beschränkung des Zugangs rumänischer und bulgarischer Bürger zum Arbeitsmarkt der Europäischen Union (Aussprache)
Video der Beiträge
Protokoll
MPphoto
 

  Der Präsident. Der nächste Tagesordnungspunkt ist die Aussprache zur mündlichen Anfrage an die Kommission von Rovana Plumb, Iliana Malinova Iotova, Pervenche Berès, Stephen Hughes, Alejandro Cercas, Gianni Pittella und Jutta Steinruck, im Namen der Fraktion der Progressiven Allianz der Sozialisten & Demokraten im Europäischen Parlament zur Freizügigkeit von Arbeitnehmern – zeitweilige Beschränkung des Zugangs rumänischer und bulgarischer Bürger zum Arbeitsmarkt der Europäischen Union (O-0096/2010 - B7-0455/2010).

 
  
MPphoto
 

  Rovana Plumb. Verfasser. – (RO) In seiner Rede zur Lage der Union betonte der Präsident der Kommission, Herr Barroso, die Priorität eines zunehmenden Beschäftigungsniveaus in ganz Europa.

Zudem haben wir uns alle dazu verpflichtet, die strategischen Ziele der Europäischen Union für die nächsten zehn Jahre, die Erhöhung des Beschäftigungsniveaus und die Verringerung der Armut, umzusetzen. Das Plenum des Parlaments hat heute die beschäftigungspolitischen Leitlinien angenommen und wir bitten den Rat diese zu berücksichtigen.

Wenn wir die Ziele, die wir uns gesetzt haben, wirklich erreichen wollen, wenn wir wirklich wollen, dass Europa führend im Bezug auf Wettbewerbsfähigkeit ist, und wenn wir wirklich ein gerechtes Europa wollen, das das Wohlergehen seiner Bürgerinnen und Bürger sicherstellt, müssen wir das Recht auf Freizügigkeit der Arbeitnehmer achten.

Die Freizügigkeit der Arbeitnehmer ist eine der Grundfreiheiten der Europäischen Union. Ein starker Binnenmarkt kann nur durch eine vollständige Öffnung des Arbeitsmarkts erreicht werden.

Laut der Mitteilung der Kommission vom November 2008 hatten die Mobilitätsströme eine sehr positive Auswirkung auf das Wirtschaftswachstum der Europäischen Union. Die Mobilität der Arbeitskräfte aus Rumänien und Bulgarien hatte einen vorteilhaften Effekt auf die Wirtschaft der gastgebenden Mitgliedstaaten, ohne sich bedeutend auf die Gehälter und Arbeitsplätze der einheimischen Bevölkerung auszuwirken.

Die Wirtschaftskrise kann nicht mehr als Vorwand für die Durchsetzung und Beibehaltung dieser Arbeitsmarktbeschränkungen benutzt werden. Die Aufrechterhaltung dieser Beschränkungen ist ein Mittel, die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aus Rumänien und Bulgarien von Erwerbsarbeit in den entsprechenden Mitgliedstaaten abzuhalten. Das bringt die Arbeitnehmer dazu, die gesetzlichen Regelungen zum Besitz einer Arbeitserlaubnis zu umgehen, und erhöht somit die Quote der Schwarzarbeit. Letzten Endes versperrt Schwarzarbeit den Zugang zu den Rechten, die sich aus dem europäischen System zur Koordinierung von Sozialversicherungssystemen ergeben.

Rumänen und Bulgaren sind der Meinung, dass in der derzeitigen europäischen Konjunkturlage, eine Beseitigung der Hürden, die die Freizügigkeit der Arbeitnehmer in der EU verhindern, die Fähigkeit der Europäischen Union, sich auf neue Herausforderungen einzustellen, bedeutend steigern wird.

Herr Kommissar, ich möchte die folgende Frage stellen, da ich diese Europäische Kommission als unseren Verbündeten gewinnen und erreichen möchte, dass sie uns ihre umfassende institutionelle Unterstützung gewährt: Welche Maßnahmen werden Sie ergreifen, um Mitgliedstaaten, die weiterhin Beschränkungen anwenden, zu einer vollständigen Öffnung ihrer Arbeitsmärkte zu bewegen?

 
  
MPphoto
 

  John Dalli, Mitglied der Kommission – Herr Präsident, die Freizügigkeit der Arbeitnehmer ist ein Grundrecht der EU. Sie stellt gemeinsam mit dem freien Waren-, Dienstleistungs- und Kapitalverkehr einen Pfeiler des Binnenmarktes dar und hat zum Erfolg der europäischen Integration beigetragen.

Wie Sie alle wissen, können die bulgarischen und rumänischen Arbeitnehmer während der ersten sieben Jahre der bulgarischen und rumänischen Mitgliedschaft in der EU nicht die Vorteile einer vollständigen Freizügigkeit der Arbeitnehmer nutzen. Der Grund hierfür sind die in den Beitrittsverträgen verankerten Übergangsregelungen, die es den übrigen Mitgliedstaaten erlauben, die Umsetzung der EU-Gesetze zur Freizügigkeit von bulgarischen und rumänischen Arbeitnehmern bis zu sieben Jahre hinauszuzögern.

Beim bulgarischen und rumänischen Beitritt zur EU im Jahr 2007 entschieden sich bereits 10 von 25 Mitgliedstaaten für eine Öffnung ihrer Arbeitsmärkte für bulgarische und rumänische Arbeitnehmer. Die Anzahl ist zum jetzigen Zeitpunkt auf 15 gestiegen, nur zehn Mitgliedstaaten wenden weiterhin Beschränkungen an. Es soll angemerkt werden, dass einige dieser zehn Mitgliedstaaten weniger strenge Auflagen oder Verfahren anwenden als vor dem EU-Beitritt von Bulgarien und Rumänien.

Es ist wichtig, eines dabei nicht zu vergessen: Die Entscheidung über die Anwendung der Übergangsregelungen und die Beschränkung des Arbeitsmarktzugangs liegt ausschließlich in der Verantwortung der entsprechenden Mitgliedstaaten. Der Kommission kommt keine offizielle Rolle bei der Beendigung dieser Beschränkungen zu.

Die Kommission ist jedoch grundsätzlich dafür, die volle Freizügigkeit der Arbeitnehmer umzusetzen. Zudem hat sich die Kommission stets darum bemüht, sicherzustellen, dass die Mitgliedstaaten, die die Beschränkungen anwenden, dies gemäß den im Beitrittsvertrag festgelegten Bedingungen tun.

Gleichzeitig hat die Kommission wiederholt betont, dass die Übergangsregelungen definitionsgemäß befristete Maßnahmen sind und dass die Mitgliedstaaten ihre Arbeitsmärkte mit der Zeit öffnen sollten, anstatt die Umsetzung der Freizügigkeit der Arbeitnehmer bis zum Ende der sieben Jahre hinauszuzögern.

Die Berichte der Kommission über die Wirkung der Übergangsregelungen aus den Jahren 2006 und 2008 zeigen, dass die Arbeitskräftemobilität, die auf die 2004 und 2007 stattgefundenen Erweiterungen folgte, eine positive Auswirkung auf die Wirtschaft gehabt hat und dazu beiträgt, die Nachfrage nach Arbeitskräften zu befriedigen. Diese Ergebnisse behalten selbst in der derzeitigen Wirtschaftskrise ihre Gültigkeit. Die Kommission wird Mitgliedstaaten weiterhin ermutigen, ihren Standpunkt gegenüber dem Zugang zum Arbeitsmarkt erneut zu überprüfen, und dabei auch immer wieder auf die Ergebnisse dieser Berichte hinweisen.

Zu der Anzahl oder der sozialen Lage irregulärer Arbeitskräfte, die aus den kürzlich der EU beigetretenen Mitgliedstaaten stammen, liegen keine detaillierten Angaben vor. Der Grund hierfür liegt eben darin, dass ihr Aufenthalt in den entsprechenden Mitgliedstaaten nicht offiziell ist.

In den Berichten aus den Jahren 2006 und 2008 hat die Kommission hervorgehoben, dass Beschränkungen der Freizügigkeit der Arbeitnehmer nicht zwangsläufig zu einem Schutz des nationalen Arbeitsmarkts führen und Anpassungen des Arbeitsmarkts verzögern können. Zudem können Übergangsregelungen das Ausmaß der Schwarzarbeit verschärfen. Es hat sich gezeigt, dass die Erweiterung dazu beigetragen hat, einen Teil der Schattenwirtschaft, der aus zuvor unangemeldeten Schwarzarbeitern aus den neuen Mitgliedstaaten bestand, ans Tageslicht zu bringen.

Es liegen auch einschlägige Beweise dafür vor, dass Bürgerinnen und Bürger der neuen Mitgliedstaaten aufgrund der Beschränkungen des Arbeitsmarktzugangs der "alten" Mitgliedstaaten nicht gemeldete Arbeitsplätze innehatten. Das deckt sich mit Forschungsergebnissen, die belegen, dass Mobilitätsbewegungen hauptsächlich von Angebots- und Nachfragefaktoren bestimmt sind und dass Beschränkungen der Freizügigkeit der Arbeitnehmer Anpassungen des Arbeitsmarkts verzögern.

Die Kommission hat nicht die Absicht, eine Studie speziell zu den Lebens- und Arbeitsbedingungen von Schwarzarbeitern aus Bulgarien und Rumänien oder zu deren Auswirkungen auf den innerstaatlichen Arbeitsmarkt auszuarbeiten, insbesondere, aufgrund eines Mangels an Informationen und den Schwierigkeiten, die mit der Erhebung solcher Daten verbunden sind. Da es in den Übergangsregelungen festgelegt ist, wird, falls Bulgarien oder Rumänien dies fordern, die Kommission in der Zukunft eine Analyse über das Funktionieren der Übergangsregelungen für die beiden Länder erstellen und dabei, so weit wie möglich, das Problem bulgarischer und rumänischer „irregulärer Arbeitskräfte“ untersuchen. Zudem wird die Kommission weiterhin gemeinsam mit den Mitgliedstaaten bestimmte Maßnahmen zur Bekämpfung der Schwarzarbeit fördern.

Die Kommission sieht ein, dass die Tatsache, dass bulgarische und rumänische Arbeitnehmer Beschränkungen ausgesetzt sind, als Diskriminierung angesehen werden kann.

Ich möchte betonen, dass Übergangsregelungen im Bereich der Freizügigkeit der Arbeitnehmer in den meisten der vorangegangen Erweiterungen Anwendung fanden. Übergangsregelungen bestehen darüber hinaus nicht nur für bulgarische und rumänische Arbeitnehmer, sondern auch für Arbeitnehmer aus acht der zehn Mitgliedstaaten, die der EU 2004 beigetreten sind.

Es ist ebenfalls erwähnenswert, dass die derzeitigen Übergangsregelungen den Mitgliedstaaten eine größere Flexibilität bieten, indem diese vor dem Hintergrund ihrer Arbeitsmarktsituation selbst den Zeitpunkt innerhalb dieser sieben Jahre bestimmen können, zu dem sie die EU-Gesetze über die Freizügigkeit von Arbeitnehmern beginnen anzuwenden (vorangegangene Übergangsregelungen haben einfach die Einführung des EU-Gesetztes zur Freizügigkeit von Arbeitnehmern mehrere Jahre aufgeschoben).

Die Diskriminierung, die von bulgarischen und rumänischen Arbeitnehmern empfunden wird, die noch nicht in den zehn Mitgliedstaaten, die Beschränkungen anwenden, frei arbeiten können, stellt jedoch keine Diskriminierung im rechtlichen Sinne dar. Auch wenn Artikel 18 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union Diskriminierungen aus Gründen der Staatsangehörigkeit verbietet, erfolgt dies in Abhängigkeit von bestimmten in anderen EU-Verträgen enthaltenen Bestimmungen. Die in den Beitrittsverträgen festgelegten Übergangsregelungen enthalten derartige Bestimmungen.

Die temporäre Beschränkung des Zugangs zum Arbeitsmarkt für bulgarische und rumänische Arbeitnehmer auf der Grundlage der Übergangsregelungen verstößt daher nicht gegen EU-Recht.

 
  
MPphoto
 

  Thomas Mann, im Namen der PPE-Fraktion. – Herr Präsident! Die siebenjährige Übergangszeit bis zur völligen Freizügigkeit für die im Jahre 2004 beigetretenen Mitgliedstaaten wurde in Deutschland und Österreich durch die 2+3+2-Regelung maximal genutzt. Für Bulgarien und Rumänien nimmt Deutschland in der zweiten Phase von 2009 bis 2011 ebenfalls die gesamte zulässige Zeit in Anspruch.

Kommissar Dalli hat darauf hingewiesen, dass es zehn Mitgliedstaaten sind, die noch Beschränkungen haben. Nicht ohne Grund, denn es gibt unterschiedliche Erfahrungen in den Mitgliedstaaten, niemals diskriminierend – Sie haben zu Recht auf Artikel 18 hingewiesen – und zeitlich begrenzt. Die schrittweise Gewöhnung an eine Veränderung ist eine wichtige politische Grundentscheidung. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass eine vorzeitige Herstellung der Freizügigkeit große Gefahren für den Arbeitsmarkt in sich birgt. Es betrifft verschiedene Zielgruppen, zum Beispiel die Langzeitarbeitslosen, aber auch die Geringqualifizierten, und in meinem Land etwa die Regionen in Ostdeutschland. Der Zugang zu den Arbeitsplätzen in der EU wird also weiterhin gesteuert sein müssen, weil diese Erfahrungen unterschiedlich sind, aber es wird natürlich in Kürze zu einer Veränderung führen. Darauf sind wir aber noch nicht richtig eingestellt.

Die Forderung an die Kommission, eine Studie über den so genannten positiven Einfluss von ungesetzlichen Arbeitskräften aus Bulgarien und Rumänien zu machen, ist ein völlig falscher Ansatz. Wenn Illegale gegen geltendes Recht verstoßen, kann ein solcher Rechtsbruch durch noch so schöne Statistiken nicht verharmlost werden. Ich bin nach wie vor für scharfe Kontrollen, damit wir die Schwarzarbeit und die Illegalität bekämpfen. Das sind wir nämlich den legalen Arbeitskräften schuldig.

Wir haben eine weitere wichtige Aufgabe gemeinsam zu lösen, indem wir die volle Freizügigkeit ab dem Jahr 2012 ausführlich behandeln. Die Chancen und die Risiken gehören dazu. Nur wenn wir differenzieren, wenn wir Fakten behandeln, wenn wir eine qualifizierte, ausführliche Diskussion führen, können wir verhindern, dass es Stammtischparolen gibt, dass es zur Ausgrenzung kommt, und dass wir auf einmal nur noch gegeneinander arbeiten statt zusammen. Das ist eine klare Position der EVP-Fraktion.

Bereits im Dezember 2009 habe ich an die Kommission eine Anfrage gerichtet und die Frage gestellt, ob es denn verwertbare Aussagen gibt über die Auswirkungen der vollen Arbeitnehmerfreizügigkeit. Die Antwort hieß: Die Freizügigkeit von Arbeitnehmern wirkt sich positiv auf die Wirtschaft aus, hat keine negativen Nebenwirkungen auf dem Arbeitsmarkt. Sorry, Herr Kommissar, das ist zu dünn! Sie waren damals noch nicht im Amt. Umso wichtiger, dass Ihr Haus viel Verständnis für Befürchtungen hat, aber auch viel Wissen einbringen kann in die notwendige Diskussion über Veränderungen und in Argumentationen mit Substanz in den alten und neuen Mitgliedstaaten.

 
  
MPphoto
 

  Ivailo Kalfin, im Namen der S&D-Fraktion.(BG)Herr Kommissar, ich möchte diese Aussprache dazu nutzen, an die Regierungen der Mitgliedstaaten zu appellieren, in denen bulgarische und rumänische Bürgerinnen und Bürger immer noch verschiedenen Arbeitsmarktsbeschränkungen ausgesetzt sind, und diese Regierungen bitten, diese Beschränkungen so schnell wie möglich aufzuheben. Die Gründe hierfür liegen nicht nur in den Grundsätzen der Europäischen Union, von denen einer der freie Personenverkehr ist.

Aus wirtschaftlicher Perspektive gesehen bietet die Öffnung des Arbeitsmarkts einen hohen Mehrwert. Dies liegt auf der einen Seite an einem besseren Angebot an Spezialisten in Bereichen, in denen es auf dem inländischen Markt nicht genügend Anwärter gibt. Als Beispiel kann ich Ihnen die bulgarischen Ärzte und Mitarbeiter im Gesundheitswesen nennen, die in Bereichen tätig sind, in denen Mitgliedstaaten über nicht genügend eigenes Personal verfügen. Dies führt in abgelegenen Regionen Bulgariens zu Problemen, behebt aber zum Beispiel die Probleme in Regionen des Vereinigten Königreichs und Frankreichs. Für die Steuerzahler bedeutet das geringere Kosten und bessere öffentliche Dienstleistungen. Im Wirtschaftsbereich stellen die Arbeitnehmer der neuen Mitgliedstaaten in der Regel entweder hoch qualifizierte Spezialisten dar, die von jeder Volkswirtschaft gern gesehen werden oder Arbeitnehmer, die Defizite im Arbeitsmarkt ausgleichen und damit die Wettbewerbsfähigkeit steigern und Unternehmen davon abhalten, sich außerhalb der Europäischen Union neu anzusiedeln.

Die Unterstellung, Bürgerinnen und Bürger der neuen Mitgliedstaaten der Europäischen Union würden inländische Arbeitnehmer aus dem Niedriglohnsektor verdrängen, ist vollständig unbegründet und populistisch Ein bulgarischer Bürger, der in einem anderen Land arbeitet, benötigt Geld für Unterkunft, zur Unterstützung seiner Familie und um seine Kinder zur Schule zu schicken. Er wird außerdem versuchen, Geld zu sparen, mit der Aussicht, eines Tages nach Hause zurückkehren zu können. Zu alledem kommt auch noch die Sprachbarriere. Berichte darüber, für welch niedrigen Lohn dieser Bürger arbeiten würden, sind ein für den heimischen Konsum geschaffener Großstadtmythos. Durch die Daten der Europäischen Kommission wird dies ebenfalls bestätigt. Diese besagen, dass der Anteil der Wanderarbeiter aus den neuen Mitgliedstaaten nach der Erweiterung der Europäischen Union von 0,2 % auf 0,5 % der Bevölkerung der alten Mitgliedstaaten angestiegen ist. Es gibt also offensichtlich keine Migrationswelle. Auf der anderen Seite besteht das Problem darin, dass es sehr viel weniger Wanderarbeiter aus Mitgliedstaaten als Einwanderer aus Drittländern gibt.

Die Arbeitsmarktbeschränkungen können nicht mit objektiven Argumenten begründet werden. Ein gleicher Zugang zu den Märkten führt zu größerer Transparenz, erzielt wirtschaftliche Gewinne und wirkt sich positiv auf die Sozialsysteme der Mitgliedstaaten aus. Herr Kommissar, wir erwarten, dass die Kommission den Verlauf sehr genau beobachtet und Mitgliedstaaten über die Vorteile einer Marktöffnung informiert.

 
  
MPphoto
 

  Adina-Ioana Vălean, im Namen der ALDE-Fraktion. – Herr Präsident, ich bin mit Herrn Barrosos Aussage vom Dienstag, die Vertiefung des Binnenmarkts ganz oben auf die Tagesordnung zu setzen, in gewisser Weise zufrieden. 24 Jahre nach der Einheitlichen Europäischen Akte und 18 Jahre, nachdem der Binnenmarkt vollendet sein sollte, ist er immer noch nicht vollständig Realität geworden. Ich zitiere Herrn Barroso: „Nur 8 % unserer 20 Millionen mittelständischen Unternehmen treiben über Staatsgrenzen hinweg Handel“.

Der Monti-Bericht benennt innerhalb der Europäischen Union 150 Hürden, die den freien Verkehr von Personen, Waren, Kapital und Dienstleistungen behindern. Dieser so genannte „Binnenmarkt“ ist nichts weiter als französischer Greyerzerkäse!

Herr Barroso verkauft uns jetzt die Idee einer Binnenmarktakte und fordert die Wiedereinführung von Herrn Delors' europäischer Idee. Lassen Sie mich Ihr Gedächtnis bezüglich der europäischen Geschichte auffrischen: Wenn wir einen Binnenmarkt auf der Grundlage des Prinzips des freien Waren-, Dienstleistungs-, Kapital- und Personenverkehrs schaffen wollen: Wenn wir einen wirtschaftlichen Nationalismus als Gegenbewegung zur Wirtschaftskrise vermeiden wollen, und wenn wir die wettbewerbsfähigste Wirtschaft sein wollen und unsere Wettbewerbsstärke fördern und mehr Arbeitsplätze schaffen wollen, dann sollte unser oberstes und vorrangiges Ziel sein, diese errichteten, ungerechtfertigten Barrieren hinsichtlich der Freizügigkeit der Arbeitnehmer aus Rumänien, Bulgarien und den anderen zehn neuen Mitgliedstaaten, die auf irrationalen Ängsten basieren und sich als unbegründet herausgestellt haben, zu beseitigen.

Die Kommission muss mit Mitgliedstaaten, die weiterhin die Übergangsbeschränkungen anwenden, sehr streng umgehen. Diese Barrieren müssen auf der Grundlage von aussagekräftigen Wirtschaftsdaten begründet werden. Die vorgebrachten Schwachstellen oder schwerwiegenden Beeinträchtigungen des nationalen Arbeitsmarkts müssen auf der Grundlage rationaler Zahlen gerechtfertigt und mithilfe von Statistiken und Fakten genau untersucht werden.

Wenn Herr Barroso vorhat, den Binnenmarkt neu zubeleben, dann ist es an der Zeit, entsprechend unserer Worte zu handeln. Es ist an der Zeit, dass wir diese schändlichen Mauern des wirtschaftlichen Protektionismus und Nationalismus einreißen.

 
  
MPphoto
 

  Rui Tavares, im Namen der GUE/NGL-Fraktion.(PT) In dieser Woche haben wir in diesem Parlament viele Beiträge zum Thema Freizügigkeit gehört, insbesondere von Rumänien und Bulgarien, nicht nur im Zusammenhang mit dem Problem der Arbeitnehmer, sondern auch gestern zum Thema der Roma- beziehungsweise Zigeunerminderheiten. Häufig verlieren wir uns in den rechtlichen Fragen dieses Problems und vergessen darüber, dass das Gesetz nur einen grundlegenden Rahmen für den Geist der Europäischen Union, dessen Kern die Freizügigkeit ist, darstellt.

Das Gesetz stellt die unterste Grenze für Freizügigkeit dar. Zurzeit nutzen die Regierungen einiger Mitgliedstaaten das Gesetz, um dem Verfassungsgedanken der EU entgegenzuwirken. Im Parlament haben wir uns ebenfalls in rechtlichen Analysen verstrickt und vergessen, dass wir ein politisches Plenum und keine Rechtsberatungsfirma sind.

Wir müssen die Überbringer einer Vision für Europa sein und müssen entschiedener betonen, dass die Freizügigkeit das Ziel der EU ist. Deswegen bin ich der Meinung, dass die Kommission weiter hinter diesem Ideal zurückbleibt. Die Rolle der Kommission hat sich in letzter Zeit verändert. Der Kommissar teilt uns mit, dass die Mitgliedstaaten das Recht haben, die Beschränkungen zu verhängen und dass die Kommission damit nichts zu tun hat. Hat sie aber doch! Die Kommission ist Wächterin der Verträge und ich bin der Meinung, dass sie mit mehr Nachdruck und Leidenschaft für die Freizügigkeit eintreten muss. Wir wissen, dass Staaten, die eine große regionale Einheit darstellen, wie zum Beispiel die USA oder Brasilien oder unsere Konkurrenzgemeinschaften, die, wie diese zwei Länder, eine Politik der internen Freizügigkeit verfolgen, weit besser auf Krisen reagieren können, da ihre Arbeitnehmer die Möglichkeit haben, sich dort nach Arbeit umzusehen, wo diese zu finden ist. Wir in Europa hatten von Anfang an Schwierigkeiten, schnell auf diese Krise zu reagieren.

Über ihr auf nationale Interessen gerichtetes Handeln in diesem Bereich vergessen die Mitgliedstaaten das öffentliche Interesse. Gegen ein derartiges Vorgehen auf dem Kapitalmarkt spricht sich die Kommission entschieden aus, also warum kann sie das dann nicht auch für die Freizügigkeit der Arbeitnehmer machen?

 
  
MPphoto
 

  Gerard Batten, im Namen der EFD-Fraktion. – Herr Präsident, diese Anfrage beginnt mit der Aussage, dass die Freizügigkeit der Arbeitnehmer für die Volkswirtschaften der Mitgliedstaaten von Nutzen ist und keine schwerwiegenden negativen Auswirkungen auf ihre Arbeitsmärkte hat.

Der amerikanische Ökonom, Professor George Borjas, ist anderer Meinung. Er behauptet, „Einwanderung bringt keinen Gewinn, sofern dadurch nicht das ursprüngliche Gehaltsniveau gesenkt wird“. Eine 2003 von der niederländischen Regierung veröffentlichte Studie besagt: „Das Bruttoinlandsprodukt wird sich erhöhen, wobei dieser Zuwachs hauptsächlich den Einwanderern in Form von Gehältern zufließen wird. Der gesamte Gewinn des Nettoeinkommens der Gebietsansässigen ist wahrscheinlich gering, wenn nicht sogar negativ“. Ein Bericht des engeren Ausschusses für Wirtschaft des britischen Oberhauses kam 2008 zu folgendem Schluss: „Auch wenn es theoretisch möglich ist, haben wir keine systematischen empirischen Nachweise gefunden, die darauf hindeuten, dass die Netto-Einwanderung einen bedeutenden dynamischen Nutzen für die ansässige Bevölkerung in Großbritannien bringt“.

Unkontrollierte und uneingeschränkte Einwanderung nach Großbritannien hatte zur Folge, dass die Löhne der ansässigen Arbeitnehmer gedrückt wurden, während gleichzeitig aufgrund des erhöhten Bedarfs an Wohnungen und Häusern die Lebenserhaltungskosten angestiegen sind. Die Menschen am unteren Ende der Wirtschaftsskala wurden damit direkt konfrontiert.

Die massive Einwanderung billiger Arbeitskräfte mag einer wachsenden und sich entwickelnden Wirtschaft in einem Land mit einer großen Menge an unerschlossenen natürlichen Ressourcen nützen, wie zum Beispiel Amerika im 19. Jahrhundert, aber auf eine entwickelte, postindustrielle Wirtschaft wie Großbritannien hat sie, wie sich gezeigt hat, gegenteilige Auswirkungen.

Regierungen sollten zuerst die Interessen ihrer eigenen Bürgerinnen und Bürger schützen und dann erst andere Länder durch die Einführung sinnvoller internationaler Handelsabkommen bei der Entwicklung ihrer Volkswirtschaften helfen, so wie es Großbritannien vor dem Beitritt zur Europäischen Union gehandhabt hat. Deshalb ist die Politik der UKIP die einzig vernünftige für Großbritannien, das heißt, der Austritt aus der Europäischen Union.

 
  
MPphoto
 

  Traian Ungureanu (PPE). – Herr Präsident, während der derzeitigen Wirtschaftskrise bedarf es entschlossener Maßnahmen, um einen Binnenmarkt wirksam zu vollenden. Wenn wir nicht bereit sind, unsere Märkte, einschließlich des Arbeitsmarkts, allen europäischen Bürgerinnen und Bürgern zu öffnen, werden die Verluste höher als die Gewinne sein. Jüngste Studien der Europäischen Kommission haben den Nutzen der Öffnung des Arbeitsmarkts aufgezeigt und dargestellt, dass Ängste vor Arbeitsplatzverlusten aufgrund von Arbeitsmigration vollständig unbegründet sind.

Diese Art der Panikmache hat sich immer wieder als unbegründet erwiesen. 2006 haben britische Experten vorausgesagt, dass 300 000 Rumänen Großbritannien auf der Suche nach Arbeit überschwemmen würden. Sie warten heute noch auf sie. Nichts dergleichen ist passiert. In Wahrheit gibt es keine rationale Begründung für eine Aufrechterhaltung der Arbeitmarktbeschränkung für rumänische und bulgarische Arbeitnehmer. Erfahrungen aus der Vergangenheit haben gezeigt, dass Arbeitnehmer aus den östlichen Mitgliedstaaten eine Lücke auf dem Arbeitsmarkt schließen und Arbeitsplätze annehmen, die von den einheimischen Arbeitskräften nicht gewollt sind oder von ihnen nicht völlig abgedeckt werden.

Zudem werden Rumänen und Bulgaren keineswegs in Westeuropa ankommen, um die großzügigen Wohlfahrtssysteme auszunutzen. Sowohl in Rumänien als auch in Bulgarien schreiben sich viele im Sekundär- und Hochschulbereich ein. Beide Länder verfügen über eine hoch qualifizierte, belastbare Erwerbsbevölkerung. Wenn die EU in diesen Zeiten der Krise ihre Ressourcen in vollem Umfang nutzen möchte, muss das politische Vertrauen und eine wirtschaftliche Offenheit zwischen den Mitgliedstaaten geschaffen werden. Um Präsident Barrosos Rede zu zitieren, die er vor zwei Tagen in diesem Parlament gehalten hat: „Entweder wir schwimmen zusammen oder gehen einzeln unter“. Anders ausgedrückt, entweder wir arbeiten zusammen oder wir werden einzeln arbeitslos.

 
  
MPphoto
 

  Evgeni Kirilov (S&D). – Herr Präsident, der Bericht der Kommission zeigt klar auf, dass der Umfang und die Richtung der Arbeitskräftemigration eher durch Angebot an und Nachfrage nach Arbeitskräften bestimmt wird als durch Arbeitsmarktbeschränkungen. Der Bericht zeigt weiterhin auf, dass zukünftige Einwanderungsströme von Bulgaren und Rumänen in die EU sehr unwahrscheinlich sind.

Da Schwarzarbeiter eine gefährdete Personengruppe und leicht auszubeuten ist, fördern diese Beschränkungen die Einführung schlechter Praktiken. Wie Kommissar De Gucht sagt, würde sich, wenn die Beschränkungen wegfielen, der Personenfluss nicht ändern, aber es würde dazu führen, dass diese Menschen Sozialabgaben und Steuern bezahlten.

Die Zuwanderungsströme aus Bulgarien und Rumänien infolge der EU-Erweiterung wurden zudem deutlich von den jüngsten Zuwanderungsströmen aus Ländern außerhalb der EU übertroffen. Nichtdiskriminierung und Freizügigkeit sind ganz klar Grundrechte eines jeden Arbeitnehmers der Europäischen Union, und es ist eine traurige Tatsache, dass, wie in dem Bericht aufgezeigt wurde, sich einige Mitgliedstaaten der EU gegen eine Einhaltung dieser Grundrechte entschieden haben.

Ich möchte etwas sehr Wichtiges betonen: Die Duldung von EU-Bürgern zweiter Klasse stellt die Integrität der Union insgesamt in Frage.

 
  
MPphoto
 

  Antonyia Parvanova (ALDE).(BG) Herr Kommissar, meine Damen und Herren, wenn wir von einer einheitlichen Europäischen Union und einem einheitlichen europäischen Binnenmarkt sprechen, dann können wir keine Beschränkungen unterstützen, die künstlich jedem Bürger der Europäischen Union auferlegt werden, der sein ihm gewährtes Recht, in anderen Mitgliedstaaten ohne Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit arbeiten zu können, nutzt, da dies einen groben Verstoß gegen die bulgarischen und rumänischen Bürgerinnen und Bürger auf dem Arbeitsmarkt darstellen würde. Im Geist der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, und wie bereits von Herrn Kirilov erwähnt, müssen wir die Schaffung einer neuen Klasse verhindern; wir wollen keine europäischen Bürger der zweiten Klasse sein. Um dieses Ziel zu erreichen, müssen wir die vorläufigen Beschränkungen der Freizügigkeit der bulgarischen und rumänischen Arbeitnehmer aufheben.

Vor diesem Hintergrund appelliere ich an die Kommission, konkrete Maßnahmen vorzuschlagen, die es den Mitgliedstaaten ermöglichen, einen großen Schritt in Richtung einer breiteren Öffnung ihrer Arbeitsmärkte für bulgarische und rumänische Arbeitnehmer zu machen, ohne die nationalen Arbeitsrechtsvorschriften in den einzelnen Staaten der Europäischen Union zu verletzen.

Die jüngsten Ereignisse in Europa bezüglich der Migration der Roma-Minderheit aus unseren beiden Ländern, die die Möglichkeit der Freizügigkeit nutzen, um eine bessere Zukunft zu finden, macht deutlich, dass für die Kommission der Zeitpunkt gekommen ist, zu handeln. Angesichts der nachweislich positiven Auswirkungen der Mobilität infolge der EU-Erweiterung und um eine wirksamere Funktionsweise des Binnenmarktes sicherzustellen, appelliere ich an die Kommission, ein realistisches Maßnahmenpaket vorzuschlagen, um Mitgliedstaaten von einer Änderung ihrer Arbeitsmarktpolitik zu überzeugen und nationale Regierungen dazu zu veranlassen, sich dazu zu verpflichten, die derzeitigen den bulgarischen und rumänischen Bürgerinnen und Bürger auferlegten Beschränkungen nicht zu verlängern.

Ich möchte abschließend betonen, dass jede Grundlage für eine Diskriminierung in Arbeitsverhältnissen abgeschafft werden muss, um die stärkste Kraft hinter der europäischen Integration, mit anderen Worten Europas Bürgerinnen und Bürger, nicht aufzuhalten.

 
  
MPphoto
 

  Marie-Christine Vergiat (GUE/NGL).(FR) Herr Präsident, leider gehört Frankreich zu den zehn Mitgliedstaaten, die Beschränkungen gegen die Freizügigkeit von rumänischen und bulgarischen Arbeitern verhängt haben. Wenn meine Informationen stimmen, war es sogar Frankreich, das sich für eine Ausweitung der zum Zeitpunkt des Beitritts der ersten acht osteuropäischen Länder eingeführten Maßnahmen auf Rumänien und Bulgarien aussprach. Es muss erwähnt werden, dass die damalige französische Regierung sich nicht sehr von der sich derzeit an der Macht befindlichen Regierung unterscheidet und gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern dieser beiden Staaten besonders misstrauisch ist. In dieser Zeit wurde viele Gesetze verabschiedet, die die Einreise von Bürgerinnen und Bürger dieser zwei Länder verhindern sollten, denn nach der Meinung der französischen Behörden kommen nach den Rumänen und Bulgaren die Roma.

Wie Sie uns mitgeteilt haben, Herr Kommissar, ist Freizügigkeit ein wesentlicher Grundsatz der EU. In diesem Plenarsaal sprechen wir häufig von unseren gemeinsamen Werten und unserer Verpflichtung gegenüber den Menschenrechten. Wie also, Herr Kommissar, kann es sein, dass Männer und natürlich auch Frauen schlechter behandelt werden als Kapital und Waren?

Sie sagen, dass die Mobilität der Arbeitnehmer sich positiv auf die Wirtschaft auswirkt, selbst unter den derzeitigen wirtschaftlichen Bedingungen. Wie kann es dann sein, Herr Kommissar, dass die Kommission nicht genauso viel Energie darauf verwendet, die Staaten von einer Aufhebung der Beschränkungen zu überzeugen, wie sie es in anderen Wirtschaftsbereichen tut?

Schließlich ist es Ihre Aussage, Herr Kommissar, dass „es nicht die Staaten sind, die diese Arbeitnehmer diskriminieren“. Als Französin kann ich Ihnen da wirklich nicht zustimmen.

 
  
MPphoto
 

  Iliana Ivanova (PPE).(BG) Meine Damen und Herren, das Europäische Parlament hat in seiner Arbeit stets seine Rolle betont, die Interessen der europäischen Bürgerinnen und Bürger zu vertreten. Die meisten von Ihnen werden mir darin zustimmen, dass Diskriminierung, unabhängig von ihrem Ursprung, keinen Platz in einer Europäischen Union hat, wie wir sie uns vorstellen und in der wir unsere Kinder aufwachsen sehen möchten. Die Beschränkungen gegenüber Arbeitnehmern aus Bulgarien und Rumänien, selbst wenn sie durch die Beitrittsverträge beider Staaten rechtlich begründet sind, stellen im Grunde eine Diskriminierung auf der Grundlage der Staatsangehörigkeit dar. Wir können nicht über eine ungerechte Behandlung der Roma sprechen, wenn wir gleichzeitig die Augen vor der ungleichen Behandlung der Arbeitnehmer aus zwei EU-Mitgliedstaaten verschließen.

Ich unterstütze, was meine Kolleginnen und Kollegen bereits vorgetragen haben. Die von der Europäischen Kommission durchgeführten Studien und abgegebenen Empfehlungen beweisen tatsächlich, dass die Erweiterung des Arbeitsmarkts eine positive Wirkung zeigt und für die allgemeine Entwicklung eines einheitlichen europäischen Binnenmarkts förderlich ist. Trotzdem bleibt die Tatsache, dass zehn Mitgliedstaaten weiterhin den Zugang zu ihren Arbeitsmärkten bis 2013 beschränken.

Meine Kolleginnen und Kollegen, Europa ist an einem Scheideweg und wir müssen uns jetzt entscheiden, welche Richtung wir einschlagen werden: hin zu mehr oder zu weniger Integration. Meiner Meinung nach kann es ohne Zweifel nur in eine Richtung gehen: hin zu einem starken, vereinten Europa. Allerdings bedeutet dieser Weg auch, dass wir alle deutlich den Wunsch zeigen, grundlegende europäische Werte zu respektieren, was wiederum einen freien Verkehr von Personen und Arbeitnehmern bedeutet. Ich hoffe aufrichtig, der Protektionismus wird nicht siegen, wenn einzelstaatliche politische Strategien entworfen werden, denn gemeinsam können wir der Welt viel stärker gegenübertreten als geteilt. Ich appelliere an die Europäische Kommission, natürlich auch durch Unterstützung des Europäischen Parlaments, tatsächlich aktiver und entschlossener mit den Ländern zusammenzuarbeiten, die noch Beschränkungen auferlegen, sodass diese vorzeitig aufgehoben werden können. Ich bin der Ansicht, dies hilft auch der europäischen Wirtschaft, sich schneller von der Rezession zu erholen, sodass wir unseren Bürgerinnen und Bürgern mit einem reinen Gewissen in die Augen schauen können und ihnen sagen können: In der Europäischen Union des 21. Jahrhunderts gibt es keine Diskriminierung.

 
  
MPphoto
 

  Iliana Malinova Iotova (S&D).(BG) Herr Präsident, Herr Kommissar, meine Damen und Herrn, Bulgarien und Rumänien haben offensichtlich der Angst der Europäer vor riesigen Arbeiterströmen, die ihre Arbeitsmärkte bedrohen, entgegengewirkt. Die Statistiken der Europäischen Kommission zeigen, dass weniger als 1 % der Bulgaren Arbeit in den alten Mitgliedstaaten suchen. Selbst vor dem Hintergrund der schweren Finanz- und Wirtschaftskrise und jüngsten Ängsten vor einer stark ansteigenden Arbeitslosigkeit hat sich dieser Trend nicht geändert. Arbeitnehmer würden natürlich in Länder emigrieren, in denen es eine Nachfrage an Arbeitskräften gibt; die Statistiken zeigen allerdings auf, dass die Arbeitslosigkeit in einigen dieser zehn Staaten höher ist als in Bulgarien oder Rumänien.

Die Beibehaltung der Beschränkungen fördert Schattenwirtschaft und Schwarzarbeit. Ich frage mich, ob Ihnen bewusst ist, dass allein in den Niederlanden der Anteil der schwarzarbeitenden Bulgaren und Rumänen um 8 % angestiegen ist. Da dies Kosten reduziert, wird dies sowohl von den Arbeitgebern als auch den Niederländern akzeptiert. Das schließt noch nicht mal die Saisonarbeiter ohne Arbeitsverträge und soziale Rechte mit ein. Beschränkungen werden das Problem der Arbeitslosigkeit in Europa nicht beseitigen.

Ich bin mir sicher Herr Kommissar, dass die Europäische Kommission über Mittel verfügt, die es ihr erlauben, bei den zehn Ländern Lobbyarbeit für die Lockerung der Beschränkungen für die bulgarischen und rumänischen Arbeitnehmer zu betreiben. Angemessenerweise haben Sie auf die Verträge hingewiesen. Allerdings sollten wir nicht vergessen, dass diese Verträge unter anderen Bedingungen unterzeichnet wurden. Heutzutage gibt es andere Umstände, die sich „Rezession“ nennen. Erneute Diskussionen im Rat zu dieser Problematik, die Sie anstoßen könnten, sind ebenfalls überfällig. Wir erwarten nicht nur, dass Sie unsere Verbündeten sind, sondern auch, dass konkrete Maßnahmen vorgeschlagen werden. Sie sind der Hüter der EU-Verträge und müssen dafür sorgen, dass gegenüber Bulgarien und Rumänien keine Doppelmoral angewandt wird, ungeachtet der Tendenzen, die hierfür offensichtlich bestehen und die wir sogar in diesem Plenarsaal zu hören bekommen.

 
  
MPphoto
 

  Renate Weber (ALDE). – Herr Präsident, Ich gebe zu, es würde mir leichter fallen in meiner Muttersprache zu sprechen, aber nach der Antwort des Kommissars habe ich mich dazu entschieden, meine vorbereiteten Notizen außer Acht zu lassen und auf Englisch zu sprechen. Ich denke, das liegt erstens daran, dass wir lieber vom Kommissar direkt gehört werden wollen als über den Umweg der Dolmetscher; und zweitens denke ich, würden wir ansonsten während dieser späten Aussprache im Plenarsaal heute Abend hauptsächlich Rumänisch und Bulgarisch hören.

Herr Kommissar, Sie haben gesagt, dass sich anhand verschiedener Studien gezeigt hat, dass nach dem Beitritt von Ländern aus Ost- und Zentraleuropa keine Probleme in den Ländern entstanden sind, in denen Arbeitnehmer aufgenommen wurden. Tatsächlich war genau das Gegenteil der Fall: Diese Arbeitnehmer hatten eine positive Auswirkung auf die Wirtschaft und das Bruttoinlandsprodukt. Vor einem Zustrom an Arbeitskräften aus diesen Ländern muss deshalb keine Angst bestehen. Die Tatsache, dass Sie neben Rumänien und Bulgarien auch noch andere Länder erwähnt haben, bietet uns keinen Trost. Tatsächlich ist das Gegenteil der Fall: Es zeigt, dass eine sogar größere Anzahl von EU-Bürgern diskriminiert wird.

Ich muss zugeben, ich war überrascht, als Sie sagten, dies ist eine Angelegenheit der Mitgliedstaaten. Wenn wir nicht von einem Binnenmarkt sprechen können, ohne den Arbeitsmarkt zu erwähnen, und wir alle wissen, dass es sich dabei um ein Grundrecht handelt, wie kann es sich dann um eine Entscheidung der Mitgliedstaaten handeln? Die Durchsetzung von Grundrechten liegt, wie wir wissen, im Verantwortungsbereich der Europäischen Union, sodass das Subsidiaritätsprinzip hier nicht greift.

Deshalb bin ich ehrlich der Meinung, die Kommission muss mehr unternehmen, um die Mitgliedstaaten davon zu überzeugen, diese die Europäische Union diskreditierenden Beschränkungen aufzuheben.

 
  
MPphoto
 

  Silvia-Adriana Ţicău (S&D).(RO) Die Freizügigkeit von Personen ist ein Grundrecht in der EU. Um einen Binnenmarkt zu schaffen, bedarf es der Freizügigkeit der Arbeitnehmer, und die Mobilität der Arbeitskräfte ist eine grundlegende Voraussetzung für eine Verringerung der Arbeitslosigkeit in der EU.

Die Wirtschaftskrise darf nicht als Vorwand verwendet werden, die temporären Maßnahmen zur Begrenzung der Freizügigkeit der rumänischen und bulgarischen Arbeitnehmer weiterhin aufrechtzuerhalten.

Ich möchte auch die Tatsache hervorheben, dass die Mitgliedstaaten EU-Bürgerinnen und -Bürgern den Vorzug gegenüber Arbeitskräften, die aus Ländern außerhalb der EU kommen, geben müssen.

Die derzeitigen, die Freizügigkeit von rumänischen und bulgarischen Arbeitnehmern verhindernden Beschränkungen können zu Schwarzarbeit und Sozialdumping führen. Eine Beseitigung dieser Hürden hilft den Einwanderern und den ansässigen Arbeitskräften gleichermaßen.

Die Tatsache, dass in den Staaten, in denen diese Hürden existieren, Forderungen aus der Wirtschaft laut geworden sind, den Arbeitsmarkt vollständig zu öffnen, zeigt, dass Arbeitgeber sowie Gewerkschaften erkannt haben, dass eine Beseitigung dieser Beschränkungen gleiches Einkommen für gleiche Arbeit und gleiches Wissen bedeutet. Es bedeutet zudem, dass jeder Arbeitnehmer nicht nur Abgaben und Steuern bezahlt, sondern auch zum sozialen Sicherheitssystem und dem Gesundheitswesen beiträgt.

In der Europäischen Union geht es hauptsächlich um ihre 500 Millionen europäischen Bürgerinnen und Bürger und die Anerkennung ihrer Rechte. Ich appelliere an die Kommission und die Mitgliedstaaten, den politischen Willen zu demonstrieren, der notwendig ist, um die die Freizügigkeit der Arbeitnehmer verhindernden Hürden aufzuheben.

 
  
MPphoto
 

  Cătălin Sorin Ivan (S&D).(RO)Wir diskutieren heute Abend über ein Problem, eine Lösung und einen Standpunkt der Kommission, den ich schwer verstehen kann.

Der Arbeitskräftemangel und die alternde Bevölkerung in Westeuropa werden, wenn Sie so wollen, von Arbeitskräften aus Osteuropa kompensiert. Diese Menschen sind Bürgerinnen und Bürger der Europäischen Union und reisen tausende von Kilometern, um in westlichen Ländern zu arbeiten, auch wenn es nur für eine kurze Zeit ist.

Es gibt Arbeiten, die ein spanischer, italienischer oder französischer Bürger nicht machen möchte und die von diesen Arbeitskräften erledigt werden. Praktisch bedeutet dies, dass die Probleme Westeuropas durch die Arbeitskräfte aus Osteuropa gelöst werden. Allerdings ist es schwierig, den Standpunkt der Kommission zu verstehen, denn diese Angelegenheiten sollten geregelt und die Rechte dieser Arbeitnehmer geachtet werden.

Im Moment ist die Situation für alle sehr unklar, zum Beispiel in Bezug auf die in Spanien oder Italien arbeitenden Menschen und die Anrechnung der Sozialbeiträge nach der Rückkehr in ihre Heimatstaaten.

 
  
MPphoto
 

  Corina Creţu (S&D).(RO)Wie in diesem Plenarsaal bereits erwähnt wurde, existiert fast vier Jahre nach dem Beitritt zur Europäischen Union eine Teilung, die nicht nur für das Integrationsprojekt eine Herausforderung darstellt, sondern auch für eine Realität, die in der Empfehlung der Europäischen Kommission zusammenfassend dargestellt wird. Es ist nur zwei Jahre her, dass diese Empfehlung die positive Auswirkung der Mobilität des Arbeitsmarktes als Folge des Beitritts von Rumänien und Bulgarien aufzeigten.

Freizügigkeit der Arbeitnehmer ist ein Grundrecht und die derzeitige Lage hilft lediglich, die Absurdität der Beschränkungen, die über Bulgaren und Rumänen verhängt wurden, zu bestätigen. Die europäische Wirtschaft spürt in bestimmten Bereichen die Auswirkungen einer alternden Bevölkerung und des Arbeitskräftemangels, wodurch die Zuwanderung von Arbeitskräften zu einer notwendigen Lösung wird.

Gleichzeitig haben wir diese Woche über die Roma-Krise in Frankreich debattiert. Hätten diese europäischen Bürgerinnen und Bürger die Möglichkeit gehabt, Arbeit zu finden und wären sie nicht an den Rand der Gesellschaft gedrängt worden – das schließt die Arbeitsverbote mit ein –, hätte diese Krise vermieden werden können. Anstatt die Ursachen anzugehen, sind einige Menschen leider der Meinung, sie könnten ein Problem lösen, indem sie gegen die Folgen mit Polizeimaßnahmen vorgehen. Dies zeigt einen fehlenden Realismus und ist leider mit der Scheinheiligkeit einer Doppelmoral verflochten.

Prostitution, Betteln und Kriminalität sind Folgen von Armut, die durch fehlende Arbeitsmöglichkeiten verschlimmert werden. Die einzige realistische Lösung besteht in einer gerechten, nicht diskriminierenden Behandlung aller Bürgerinnen und Bürger der Europäischen Union.

 
  
MPphoto
 

  Miroslav Mikolášik (PPE). (SK) Viele Berichte und Statistiken zeigen, dass die Freizügigkeit der Arbeitnehmer der Wirtschaft von Nutzen ist und keine schwerwiegenden negativen Auswirkungen auf die Arbeitsmärkte hat. Ich persönlich bin der Meinung, dass ein größtmögliches Maß an Freizügigkeit, einschließlich der Möglichkeit, in einem anderen Mitgliedstaat zu arbeiten – und das sollte für alle Menschen innerhalb der Binnengrenzen der Union zutreffen –, eine grundlegende Voraussetzung für die optimale und homogene Funktionsweise des Binnenmarktes ist.

Unter Berücksichtigung der Gleichheit aller Bürgerinnen und Bürger der Europäischen Union bin ich für eine Öffnung der Arbeitsmärkte für Arbeitskräfte aus allen Mitgliedstaaten und natürlich auch für die EU-Bürger aus Rumänien und Bulgarien, und ich fordere die Kommission dazu auf, die unnötige Ausweitung bestehender, diese Arbeitnehmer betreffenden Maßnahmen zu verbieten. Ein solcher Schritt steht meiner Meinung nach nicht im Einklang mit dem Geist und den Zielen des Vertrages über die Europäische Union und des Vertrages über die Arbeitsweise der EU oder mit der rechtsverbindlichen Charta der Grundrechte der Europäischen Union, die gemäß Artikel 45 klar festlegt, dass alle Bürgerinnen und Bürger der EU das Recht haben, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten.

 
  
MPphoto
 

  Elena Băsescu (PPE).(RO) Ich hoffe wirklich, dass die Beschränkungen, welche rumänischen und bulgarischen Arbeitnehmern den Zugang zum europäischen Arbeitsmarkt verwehren, nicht auch noch über 2011 hinaus in Kraft bleiben.

Ich denke, wir dürfen es nicht zulassen, dass bestimmte wirtschaftlich und sozial unbegründete Ängste politisch ausgenutzt werden und dadurch letztendlich die Freizügigkeit der Arbeitnehmer einschränken.

Arbeitsmigration aus den neuen Mitgliedstaaten hat das Wirtschaftswachstum der EU gefördert und hatte nur eine begrenzte Auswirkung auf die Löhne und Arbeitslosigkeit in den deregulierten Märkten. Hinzu kommt, dass mobile Arbeitnehmer stärker von der Krise betroffen waren als die Arbeitnehmer der Aufnahmeländer, denn sie wurden zuerst entlassen.

Vor dem Hintergrund der Debatten zu dem Problem der Roma in Frankreich finde ich es letztendlich notwendig, dass eine Studie zum Ausmaß der Integration von Wanderarbeitern aus den neuen Mitgliedstaaten durchgeführt wird. Die Anpassung dieser Arbeiter an die vor Ort geltenden Vorschriften muss auf Arbeitsmärkten, zu denen der Zugang dereguliert wurde, ebenfalls beobachtet werden.

 
  
MPphoto
 

  Vasilica Viorica Dăncilă (S&D).(RO) Es ist absolut unerlässlich, dass die Politik der Europäischen Union zur Freizügigkeit der Arbeitnehmer die grundlegenden sozialen Rechte der europäischen und kürzlich der EU beigetretenen Bürgerinnen und Bürger in ihren Heimat- und Aufnahmeländern anerkennt.

Die Europäische Union muss auf schnellstem Weg gemeinsame Rahmenrichtlinien festlegen, die den Zugang von Arbeitnehmern der neuen Mitgliedstaaten zum Arbeitsmarkt regeln.

Solange, wie die Sozialpolitik in diesen Bereichen keine Sicherheit bietet, wird eine große Anzahl Bürger und Arbeitnehmer EU-weit Schwierigkeiten haben, einen Legislativvorschlag zur Wahrnehmung von Rechtsmitteln und damit zur Unterstützung der Freizügigkeit der Arbeitnehmer in Europa anzunehmen.

Die Kommission muss die sich aus dem Status eines Bürgers der Europäischen Union ergebenden Rechte und Pflichten für die alten und neuen Mitgliedstaaten in gleicher Art und Weise durchsetzen. Ich rede dabei von der Freizügigkeit der rumänischen und bulgarischen Arbeitnehmer.

 
  
MPphoto
 

  Ilda Figueiredo (GUE/NGL).(PT)Die kürzlich durchgeführten Massenausweisungen von rumänischen und bulgarischen Bürgerinnen und Bürgern durch die französische Regierung verdeutlichen die schwerwiegenden Konsequenzen der temporären Beschränkungen, die sich auf Bürger der neuen Mitgliedstaaten innerhalb der Europäischen Union auswirken. Abgesehen vom Ausmaß des sich in inakzeptabler Weise auf Roma und Zigeuner auswirkenden Rassismus und der Xenophobie auf Staatsebene versuchen die französische Regierung und die Regierungen anderer EU-Staaten mit diesen Maßnahmen ebenfalls das Versagen ihrer neoliberalen, zu Arbeitslosigkeit und Armut führenden Politik zu vertuschen.

Die Schlüsselfrage ist daher, festzustellen, ob die Europäische Kommission, der Rat und die nationalen Regierungen bereit sind, sich auf eine Politik zu konzentrieren, die Arbeitsplätze mit Rechten und sozialer Mobilität schafft, wodurch ein Wohlergehen für alle erreicht werden kann und die Diskriminierung von Bürgerinnen und Bürgern, die alle Europäer sind, beendet wird. Das ist die Herausforderung, die sich uns stellt.

 
  
MPphoto
 

  Seán Kelly (PPE). – Herr Präsident, das ist ein interessantes Thema. Freizügigkeit sollte ein grundlegendes Recht für alle Europäerinnen und Europäer sein. Viele Arbeitnehmer aus ganz Europa haben von dieser Freiheit profitiert und entsprechend haben auch viele Staaten ihren Nutzen daraus gezogen.

Während der Zeit des keltischen Tigers konnte mein Land von dem Zustrom an Arbeitskräften, besonders aus den osteuropäischen Ländern, sehr stark profitieren. Sie leisteten einen großen Beitrag und trugen dazu bei, den keltischen Tiger zu erschaffen. Aber jetzt ist der keltische Tiger tot und Irland wird als ein negatives Land angesehen. Viele Menschen verlassen das Land und insbesondere viele junge Menschen können keine Arbeit finden.

Auf lange Sicht gesehen besteht die einzige Möglichkeit, wahre Freizügigkeit der Arbeitnehmer sicherzustellen, darin, in ganz Europa einheitliche Bezüge und einheitliche Sozialleistungen einzuführen. Aber das ist besonders in diesen Zeiten der Rezession noch ein weiter Weg, und es ist fast verrückt, darüber zu sprechen. Letztendlich ist es aber die Möglichkeit, diese Situation zu gewährleisten und die Freiheit, die wir uns alle wünschen, zu erreichen.

 
  
MPphoto
 

  Peter Jahr (PPE). - Herr Präsident! Richtig ist, die Freizügigkeit von Arbeitnehmern in der Europäischen Union ist ein wichtiger Gradmesser für die innere Vervollkommnung der Europäischen Union. Richtig ist auch, die Freizügigkeit von Arbeitnehmern wird in naher Zukunft eine Selbstverständlichkeit sein.

Aber wenn in den Mitgliedstaaten große Einkommens- und vor allen Dingen Regelungsunterschiede herrschen, sind angemessene Übergangsfristen notwendig. Denn es geht darum, Vertrauen zwischen den Menschen zu schaffen, ja, Übergangsfristen sind für das freundliche Zusammenwachsen der Menschen unabdingbar. Übergangsfristen sind allerdings zeitlich begrenzt. Dazu stehen wir! Über die zeitliche Ausdehnung der Fristen lohnt sich aber eine sachlich begründete Diskussion.

 
  
MPphoto
 

  John Dalli, Mitglied der Kommission. – Herr Präsident, abschließend möchte ich sagen, dass die Übergangsregelungen eingeführt wurden, um Mitgliedstaaten dabei zu unterstützen, Störungen des Arbeitsmarkts infolge des Beitritts neuer Mitgliedstaaten zu vermeiden, und nicht um einfach die Anwendung der Freizügigkeit der Arbeitnehmer aus diesen Ländern bis zum Ende des Übergangszeitraums zu verzögern.

Wie Frau Parvanova richtig bemerkt hat, sind unsere Bürgerinnen und Bürger unser größter Vermögenswert, und wir müssen weiterhin auf die Freizügigkeit drängen, um einen effektiven Binnenmarkt im Arbeitsmarktsektor zu erzielen.

Herr Kalfin erwähnte zudem Arbeitnehmer im Gesundheitswesen als ein Beispiel für die Freizügigkeit der Arbeitnehmer. Ich muss an dieser Stelle anmerken, dass wir zurzeit sehen, dass aus den neuen Mitgliedstaaten stammende Beschäftigte im Gesundheitswesen von den Ländern abgeworben werden, die diese Beschränkungen aufrechterhalten, und manchmal geschieht dies zu Ungunsten der neuen Mitgliedstaaten. Ich stimme deshalb Herrn Kalfin zu, dass wir auf die Mitgliedstaaten einwirken sollten, die Beschränkungen so bald wie möglich aufzuheben.

Die Kommission wird nicht nur künftig die Anwendung dieser Übergangsregelungen durch die Mitgliedstaaten überwachen, sondern wird auch weiterhin bestimmte Maßnahmen fördern, um in Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten Schwarzarbeit zu bekämpfen.

Noch wichtiger ist allerdings, dass sie weiterhin Mitgliedstaaten ermutigen wird, ihre Entscheidungen, den Arbeitsmarktzugang für bulgarische und rumänische Arbeitnehmer zu beschränken, vor dem Hintergrund ihrer eigenen Arbeitsmarktsituation erneut zu prüfen.

 
  
MPphoto
 

  Der Präsident. Die Aussprache wird geschlossen.

Schriftliche Erklärungen (Artikel 149)

 
  
MPphoto
 
 

  Ioan Enciu (S&D), schriftlich.(RO) Der im November 2008 veröffentlichte Bericht der Kommission weist darauf hin, dass die auf die Erweiterung der EU im Jahr 2007 erfolgten Mobilitätsbewegungen im Allgemeinen positive Auswirkungen hatten. Derzeit sollten Mitgliedstaaten, die interne Arbeitsmarktsbeschränkungen aufrechterhalten, ihren Standpunkt überdenken. Obwohl gemäß den in den von Rumänien und Bulgarien unterzeichneten Beitrittsverträgen verankerten Übergangsregelungen eine Beschränkung des Rechts auf Arbeit keine diskriminierende Handlung darstellt, ist es jetzt, nachdem so viel Zeit seit dem Beitritt vergangen ist, nicht normal oder moralisch, solche Beschränkungen in dem Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts aufrechtzuerhalten. Es ist an der Zeit, dass die Kommission Schritte unternimmt, um die Mitgliedstaaten, welche noch Beschränkungen beibehalten, davon zu überzeugen, diese aufzuheben. Wie können wir den rumänischen und bulgarischen Bürgerinnen und Bürger der EU erklären, dass wir, ihre gewählten Vertreter in diesem Parlament, allen legalen Einwanderern gleiche Arbeitsrechte anbieten können, aber für sie nichts tun können? Die Kommission und die Mitgliedstaaten müssen im Geist der EU handeln und die Freizügigkeit ihrer Bürgerinnen und Bürger in die Praxis umsetzen.

 
  
MPphoto
 
 

  Jaromír Kohlíček (GUE/NGL), schriftlich. (CS)Die Freizügigkeit der Arbeitskräfte ist ein ewiges heikles Problem in der Europäischen Union. Warum soll die Kommission gerade im Fall von Bulgarien und Rumänien Maßnahmen zur Öffnung des Marktes in Erwägung ziehen? In der derzeitigen Wirtschaftskrise ist es doch sicher sehr viel besser, Entschuldigungen zu finden, die die Öffnung des Arbeitsmarktes "rechtfertigen".

Es ist eine allgemein bekannte Tatsache, dass die so genannten neuen Mitgliedstaaten der EU von Bürgern zweiter Klasse bevölkert sind. Die Frage an die Kommission sollte eher folgendermaßen lauten: Was beabsichtigen Sie, dagegen zu unternehmen? Übrigens ist die Fähigkeit, mindestens zwei der 11 Sprachen der ursprünglichen 15 Mitgliedstaaten gut zu beherrschen, immer noch die Voraussetzung bei der Einstellung von Arbeitskräften, die mit den Abläufen der EU-Institutionen betraut sind. Oder wurde diese Regelung jetzt geändert? Wenn wir, meine Damen und Herren, unsere Parlamentsausweise ansehen, sehen wir, mehr als sechs Jahre nach der Erweiterung der EU um Länder aus Zentraleuropa, nur die 11 Sprachen der „alten“ 15 Länder. Ist das nicht ebenfalls diskriminierend gegenüber den neuen Mitgliedstaaten? Steht dies im Einklang mit dem Vertrag von Lissabon und der EU-Charta der Grundrechte?

 
Rechtlicher Hinweis - Datenschutzbestimmungen