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Ausführliche Sitzungsberichte
Mittwoch, 6. Oktober 2010 - Brüssel Ausgabe im ABl.

13. Bestimmungen des Vertrags von Lissabon im Sozialbereich (Aussprache)
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Protokoll
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  Der Präsident. – Als nächster Punkt folgen die Erklärungen des Rates und der Kommission zu den Sozialvorschriften im Vertrag von Lissabon.

 
  
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  Philippe Courard, amtierender Ratspräsident.(FR) Herr Präsident! Ich danke Ihnen für die Gelegenheit, im Namen von Frau Onkelinx, der stellvertretenden Ministerpräsidentin, zum Thema der verschiedenen neuen Perspektiven auf soziale Angelegenheiten sprechen zu dürfen, die der Vertrag von Lissabon bietet.

Ich denke wirklich, dass wir berücksichtigen sollten, welche Fortschritte in sozialer Hinsicht im Europarecht erzielt worden sind. So schreibt Artikel 9 des Vertrags eine horizontale Sozialschutzklausel vor, die die europäischen Institutionen dazu verpflichtet, Erfordernissen im Zusammenhang mit der Förderung eines hohen Beschäftigungsniveaus, mit der Gewährleistung eines angemessenen sozialen Schutzes, mit der Bekämpfung der sozialen Ausgrenzung sowie mit einem hohen Niveau der allgemeinen und beruflichen Bildung und des Gesundheitsschutzes Rechnung zu tragen.

Diese Bestimmung beruht auf der Erklärung in Artikel 3 Absatz 3 des Vertrags, dass der europäische Binnenmarkt auf der Grundlage einer sozialen Marktwirtschaft errichtet werden soll, die in hohem Maße wettbewerbsfähig ist und auf Vollbeschäftigung und sozialen Fortschritt abzielt.

In Artikel 9 wird dementsprechend gefordert, dass bei der Festlegung aller europäischen Politiken von nun an die soziale Dimension berücksichtigt wird. Es geht hier um die Wiederherstellung eines angemessenen Gleichgewichts zwischen den Aspekten, die wir in die Praxis umsetzen werden müssen. Dies ist ein wichtiges Querschnittsziel des belgischen Ratsvorsitzes.

In Zukunft werden wir die sozialen Auswirkungen der Politiken, die auf europäischer Ebene entwickelt werden, dann viel stärker berücksichtigen müssen. Wir müssen einerseits das Wirtschaftswachstum in der Europäischen Union maximieren, gleichzeitig aber auch die faire und gerechte Verteilung der Früchte dieses Wachstums an die Allgemeinheit gewährleisten, und wir müssen dem Schicksal der schwächsten Bevölkerungsgruppen besondere Aufmerksamkeit schenken.

Wir müssen außerdem die soziale Dimension der Europa-2020-Strategie berücksichtigen, die die Europäische Union, wie Sie wissen, auf der Tagung des Europäischen Rates im Juni verabschiedet hat. Diese Strategie, die auf Beschäftigung und Wachstum ausgerichtet ist, hat wirtschaftliche, soziale, beschäftigungs- und umweltpolitische Dimensionen. Sie basiert auf einer begrenzten Anzahl von quantifizierten Zielvorgaben und einigen Leitlinien.

Von den fünf Zielvorgaben, die festgelegt worden sind, ist eine speziell der Bekämpfung der Armut und sozialen Ausgrenzung gewidmet. Ziel ist es, bis 2020 mindestens 20 Mio. Menschen in der Europäischen Union aus der Armut herauszuführen. Zusammen mit Leitlinie 10 bildet sie den sozialen Grundpfeiler der Strategie.

Auch wenn wir vielleicht von dem Mangel an Ehrgeizig enttäuscht sind, der sich darin widerspiegelt, wird darin dennoch der Wunsch deutlich, ein spezifisches und klar erkennbares Ziel zu erreichen, was auf diesem Gebiet neu ist, und sie führt eine neue Dynamik ein, die wir ausnutzen müssen. Die Mitgliedstaaten werden jedes Jahr in ihren Nationalen Reformprogrammen über die bei der Umsetzung dieses Ziels erreichten Fortschritte berichten müssen.

Ich war schon immer der Ansicht, dass der größtmögliche Nutzen aus dieser sozialen Dimension der EU-2020-Strategie gezogen werden sollte. Ich will, dass der belgische Ratsvorsitz ein sozialer Ratsvorsitz par excellence wird. In diesem Zusammenhang bietet die Europa-2020-Strategie die Gelegenheit, eine gute Sichtbarkeit zu erreichen: eine europäische Sozialpolitik. Das wird eine echte Herausforderung sein, da die Mitgliedstaaten gerade damit beschäftigt sind, ihre Reformpläne festzulegen und damit auch ihre Strategien, durch die sie die quantifzierten Zielvorgaben erreichen wollen, und gleichzeitig arbeiten sie auch an ihren nationalen Haushalten, die ihre finanzielle Freiheit einschränken.

Außerdem ist die Finanzkrise noch nicht lange her und die wirtschaftliche Erholung wird nur langsam spürbar. Daher müssen wir sicherstellen, dass die Haushaltskonsolidierung sich nicht negativ auf die Beschäftigung und Sozialpolitik auswirkt. Die EU-2020-Wachstumsstrategie muss nachhaltig und integrativ sein. Sie darf nicht durch Wachstum ohne Arbeitsplätze charakterisiert sein; sie muss die Bekämpfung der Arbeitsplatzunsicherheit zum Ziel haben. Die Bekämpfung der Armut muss also wirklich unser Hauptanliegen sein.

Im Rat arbeitet der belgische Ratsvorsitz hart daran, dass diese Dynamik funktioniert, ist sich aber auch der Rolle bewusst, die die Kommission in diesem Zusammenhang spielen muss. Wir möchten die Kommission dringend bitten, in dieser Angelegenheit aktiv zu werden. Ich denke hierbei an die Leitinitiativen, die sie annehmen muss, insbesondere die Plattform für die Bekämpfung der Armut und der sozialen Ausgrenzung, die eine breitere Perspektive auf die sozialen Herausforderungen bieten muss, vor denen Europa steht.

Die Kommission muss unter anderem diese Methode nutzen, um uns Wege vorzuschlagen, wie wir speziell die in Artikel 9 des Vertrags von Lissabon enthaltene neue horizontale Sozialklausel umsetzen können.

Wie Sie sehen können, ist der belgische Ratsvorsitz sehr ehrgeizig, aber ich denke wirklich, dass er die Bedürfnisse und Anforderungen unserer Mitbürger erfüllen wird. Ohne eine soziale Dimension ist das europäische Projekt zum Scheitern verurteilt. Hier müssen Sie auch Ihre Aufgabe erfüllen, indem Sie die Debatte über diese Strategie weiterführen, nicht nur auf europäischer Ebene, sondern auch, indem Sie die soziale Dimension in Ihren jeweiligen Heimatländern herausstellen.

 
  
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  László Andor, Mitglied der Kommission. – Herr Präsident! Die in Artikel 9 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union verankerte horizontale Sozialklausel besagt: „Bei der Festlegung und Durchführung ihrer Politik und ihrer Maßnahmen trägt die Union [u. a.] den Erfordernissen im Zusammenhang mit der Förderung eines hohen Beschäftigungsniveaus, mit der Gewährleistung eines angemessenen sozialen Schutzes [und] mit der Bekämpfung der sozialen Ausgrenzung [...] Rechnung.“ Die Kommission ist fest entschlossen, diese Klausel u. a. durch die verbesserte Abschätzung der sozialen Folgen als Teil ihres allgemeinen Folgenabschätzungssystems umzusetzen.

Was die besondere Situation der Sozialdienstleistungen von allgemeinem Interesse betrifft, ist die Kommission der Ansicht, dass es wichtig ist, für die Behörden in den Mitgliedstaaten Rechtssicherheit zu gewährleisten. Die Kommission hält es zu diesem Zeitpunkt jedoch nicht für notwendig, eine Taskforce aus vielen Interessenträgern zu bilden, um die Schwierigkeiten zu lösen, auf die einige Anbieter von Sozialdienstleistungen von allgemeinem Interesse bei der Auslegung der Binnenmarktvorschriften stoßen.

Die Kommission ist sich bewusst, dass eine bedeutende Zahl an Behörden und Interessenträgern die für die Sozialdienstleistungen geltenden EU-Vorschriften als ein Hindernis für den Aufbau und die Finanzierung solcher Dienstleistungen ansieht. Die Konsultationen mit Behörden und Interessenträgern haben jedoch gezeigt, dass die geltenden Vorschriften die Besonderheiten der Sozialdienstleistungen von allgemeinem Interesse zu einem großen Teil berücksichtigen. Die gemeldeten Probleme beruhen oft auf einem mangelnden Bewusstsein über die Rechtsvorschriften und ihrer mangelnden Kenntnis oder über die Art und Weise, wie diese Rechtsvorschriften umgesetzt werden sollen.

Aus diesem Grund hat die Kommission eine Strategie eingeführt, zu der auch der interaktive Informationsdienst, Dokumente über häufig gestellte Fragen und die Weiterbildungsinitiative für lokale Behörden gehören. Die Kommission führt momentan eine Aktualisierung der Dokumente über häufig gestellte Fragen durch. Sobald diese Aktualisierung abgeschlossen ist, wird die Kommission sie den Mitgliedstaaten und den Interessenträgern im Ausschuss für Sozialschutz vorstellen.

Ein weiteres Forum zur Diskussion mit den Mitgliedstaaten ist die Beratungsgruppe für öffentliche Auftragsvergabe. Eine öffentliche Anhörung zum Paket zu den Diensten von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse, das die Klärung und Vereinfachung der Anwendung der Vorschriften über staatliche Beihilfen für diese Dienste zum Ziel hat, wurde soeben beendet. Die Kommission wird ihre Bewertung der eingereichten Beiträge dem Parlament, dem Ausschuss der Regionen, dem Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Mitgliedstaaten mitteilen. Wie die Kommission bereits wiederholt erklärt hat, werden die Besonderheiten der Sozialdienstleistungen bei der Überprüfung des Pakets angemessen gewürdigt werden.

Außerdem hat die Kommission in den letzten Jahren mit den wichtigsten Interessenträgern, vor allem im Ausschuss für Sozialschutz und der Interfraktionellen Arbeitsgruppe „Öffentliche Dienste“ des Europäischen Parlaments, einen fruchtbaren Dialog über mögliche Anpassungen der geltenden EU-Rechtsvorschriften geführt. Im Juli hat die Kommission an einer vom belgischen Ratsvorsitz organisierten Konferenz mit den Mitgliedstaaten und verschiedenen Interessenträgern teilgenommen. Diese Diskussionen haben wieder einmal gezeigt, dass, obwohl ein starkes und legitimes Interesse an einer genauen Abstimmung bestand, es keine wirkliche Notwendigkeit zur Veränderung der grundlegenden Struktur der geltenden EU-Rechtsvorschriften gab, um sie an die Besonderheiten der Sozialdienstleistungen von allgemeinem Interesse anzupassen. Die Kommission ist sich in diesem Zusammenhang bewusst, dass der belgische Ratsvorsitz einige Vorschläge im Hinblick auf die Klärung und Anpassung der geltenden Vorschriften eingebracht hat. Die Kommission prüft diese Vorschläge sorgfältig.

Ich denke auch, dass das Dritte Forum über die Sozialdienstleistungen von allgemeinem Interesse, das am 26. und 27. Oktober unter der Schirmherrschaft des belgischen Ratsvorsitzes organisiert werden wird, eine Gelegenheit bieten wird, um diese Vorschläge und möglicherweise auch andere zu diskutieren.

Die Kommission arbeitet außerdem im Ausschuss für Sozialschutz an einem Qualitätsrahmen für soziale Dienstleistungen, der auf freiwilliger Basis angewendet werden soll. Die Kommission hat sehr eng mit den wichtigsten Interessenträgern, Sozialpartnern, lokalen Behörden, Anbietern und Nutzern von Dienstleistungen zusammengearbeitet, um solch einen Qualitätsrahmen auszuarbeiten.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Kommission fest entschlossen ist, die neue horizontale Sozialklausel umzusetzen, und zwar auch hinsichtlich der Sozialdienstleistungen von allgemeinem Interesse.

Wie ich bereits erklärt habe, gibt es zahlreiche Foren für Diskussionen und den Dialog mit den Interessenträgern der Sozialdienstleistungen von allgemeinem Interesse. Die Kommission sieht daher keine Notwendigkeit, eine spezielle Taskforce zu bilden. Die Kommission ist jedoch fest entschlossen, die Schwierigkeiten zu bewältigen, mit denen einige Anbieter von Sozialdienstleistungen von allgemeinem Interesse bei der Auslegung der Binnenmarktvorschriften konfrontiert sind, zu denen auch die Binnenmarktakte gehört, die die Kommission bis Ende Oktober annehmen will.

 
  
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  Andreas Schwab, im Namen der PPE-Fraktion. – Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Lissabon-Vertrag hat der Europäischen Union keine grundlegend neuen Kompetenzen im Bereich der Sozialpolitik gegeben. Artikel 9 – der Vertreter des Rates hat darauf hingewiesen – ergänzt die bestehenden Kompetenzen im Sinne des Grundprinzips der sozialen Marktwirtschaft, das für die EVP-Fraktion sehr wichtig ist und das wir in den Europäischen Konvent, der den Lissabon-Vertrag ja im Wesentlichen vorbereitet hat, eingebracht haben.

Zweitens: Die Europäische Kommission hat mit der Berichterstattung vom ehemaligen Kommissar Mario Monti unter der Überschrift „Putting citizens at the heart of the Union“ einen interessanten und wertvollen Beitrag dafür geleistet, wie es gelingen kann, die großen positiven Impulse des Binnenmarktes mit sozialen Elementen des gemeinsamen Verbrauchermarktes zusammenzuführen. Und deswegen, Herr Kommissar Andor, freuen wir uns erwartungsvoll auf den sogenannten single market act, den Kommissar Barnier gerade ausarbeitet. Wir glauben, dass darin in der Tat das Paket Monti-Kroes konstruktiv aufgegriffen werden kann. Wir sind aber skeptisch, ob die Öffnung der Vergaberichtlinien und die Schaffung einer Konzessionsrichtlinie wirklich am Ende dazu führt, dass wir den europäischen Binnenmarkt in die richtige Richtung stellen, denn klar ist, dass wir klar gegen eine Aufblähung des öffentlichen Sektors eintreten.

Das ist umso wichtiger – und der Ratsvertreter hat darauf hingewiesen –, so groß und so bedeutsam die consolidation sociale sein mag, so wichtig ist eben auch, und ich sage das als Vertreter der jüngeren Generation in diesem Parlament, dass wir sämtliche Schattenhaushalte – Professor Bernd Raffelhüschen aus Freiburg spricht davon, dass wir eine Reihe von versteckten Haushalten haben, was die Pensions- und Rentenlasten angeht – in die Betrachtung der consolidation sociale miteinfließen lassen und eine Politik machen, die auch der jungen Generation für die nächsten Jahrzehnte eine faire Chance bietet.

Deswegen glaube ich, dass wir gemeinsam – und darauf hat ja auch der Ratsvertreter hingewiesen – vor großen Aufgaben stehen,. dass das Europäische Parlament und die EVP-Fraktion sich dieser Herausforderung gemeinsam gegenüber sehen, und dass wir alles dafür tun sollten, um die Bemühungen der Europäischen Kommission, um dieses Paket von Maßnahmen für den Binnenmarkt und auf der anderen Seite auch von sozialen Maßnahmen, die diesen Binnenmarkt abrunden müssen, vor dem Hintergrund der sozialen Marktwirtschaft zu unterstützen. Und deswegen freue ich mich auf die weitere Debatte und danke für die Aufmerksamkeit.

 
  
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  Proinsias De Rossa, im Namen der S&D-Fraktion. – Herr Präsident! Zunächst möchte ich dem Rat und der Kommission für ihre heutigen Erklärungen danken und ich möchte der ALDE-Fraktion, der Verts/ALE-Fraktion und der GUE/NGL-Fraktion für ihre Unterstützung danken, dieses Thema auf die heutige Tagesordnung zu bringen.

Die neuen Sozialklauseln beziehen sich nicht ausschließlich auf Dienste von allgemeinem Interesse, wie heute Nachmittag in dem Redebeitrag der EVP unterstellt worden ist. Was die Sozialdienstleistungen von allgemeinem Interesse angeht, müssen wir in dieser Angelegenheit, die über viele Jahre heftig debattiert worden ist, Schlussfolgerungen ziehen, statt immer wieder alte Argumente aufzuwärmen.

Als Berichterstatter über die Zukunft der Sozialdienstleistungen von allgemeinem Interesse freue ich mich darauf, mit all den Fraktionen zusammenzuarbeiten, die anerkennen, dass der Bedarf nach einer starken sozialen Marktwirtschaft besteht, und ich hoffe, konkrete Vorschläge einbringen zu können, um die Anbieter von Sozialdienstleistungen von allgemeinem Interesse aus ihrer Zwangslage zu befreien.

Wie Sie sicherlich wissen, hegen die Bürgerinnen und Bürger Europas seit der Annahme des Vertrags von Lissabon große Hoffnungen hinsichtlich der Entwicklung einer kohärenteren und dynamischeren sozialen Dimension der europäischen Politiken und Rechtsvorschriften. Tatsächlich betraf eine der wichtigen Debatten in Irland während des Referendums über den Vertrag von Lissabon die neuen Sozialklauseln, zu denen Artikel 3, Artikel 9, Artikel 14 und das Sozialprotokoll und viele andere gehören, die sich auf Behinderungen und Gleichberechtigung beziehen.

Es ist immer wichtig, dass wir den Erwartungen unserer Bürgerinnen und Bürger gerecht werden. Zu dieser Zeit der Wirtschafts- und Sozialkrise ist es für die vielen Millionen unserer Bürgerinnen und Bürger, die wegen der Krise und der eingeleiteten Maßnahmen zur Bekämpfung der Krise bereits ihre Arbeitsplätze, Häuser, Ersparnisse, Renten, ihr öffentliches Gesundheitswesen und die Bildungsmöglichkeiten für ihre Kinder verloren haben und für die vielen, die dies alles noch verlieren werden, doppelt so wichtig, dass wir dies tun.

Es hätte einen sehr destabilisierenden Effekt auf die Europäische Union, wenn das Kommissionskollegium und der Europäische Rat der Ansicht sein sollten, dass die neuen Artikel des Vertrages nichts ändern, und wenn sie soziale Ziele weiterhin als zweitrangig gegenüber Marktzielen behandeln würden. Wenn wir unsere Verantwortung nicht wahrnehmen, dann warten bereits extrem xenophobe und intolerante politische Parteien auf ihre Chancen, um aus der vorhandenen Wut und der Unzufriedenheit Kapital zu schlagen.

Mein konkretes Anliegen an die Kommission und an den Rat heute ist, anzuerkennen, dass wir einen dynamischen Prozess brauchen, um Fortschritte im Hinblick auf Dienstleistungen von allgemeinem Interesse zu erzielen, insbesondere im Hinblick auf Sozialdienstleistungen von allgemeinem Interesse.

Ich nehme die heutige Erklärung des Herrn Kommissars mit Bedauern zur Kenntnis. Ich hoffe, dass ich ihn in den kommenden Monaten überzeugen kann, dass er Unrecht hat, dass wir einen dynamischen Prozess brauchen, dass wir eine hochrangige Taskforce brauchen, zu der nicht nur er selbst und Mitglieder anderer Generaldirektionen gehören, sondern auch Mitglieder der Zivilgesellschaft, der Gewerkschaften, des Rates und des Ausschusses der Regionen.

Wir brauchen einen Mechanismus, der den Wandel vorantreibt, den alle anerkennen. Herr Kommissar, Sie und Herr Barroso haben gesagt, dass die Interessenträger Ihnen anscheinend berichten, dass es kein echtes Problem gibt. Die Interessenträger berichten mir etwas anderes. Ich habe in den letzten sechs Monaten Dutzende von ihnen getroffen. Sie berichten mir, dass es administrative Probleme und rechtliche Probleme gibt, und dass sie dringend gelöst werden müssen. Ich befürchte, dass sie auf der Basis dessen, was Sie und der Rat heute hier gesagt haben, nicht vordringlich gelöst werden. Wie ich bereits gesagt habe, hoffe ich, dass ich in den kommenden Monaten Ihre Ansicht ändern kann. Es gibt jedoch die dringende Notwendigkeit nach einem Mechanismus, einem Mechanismus auf hoher Ebene, der die Interessenträger einschließt und sicherstellt, dass die Entscheidungen, die getroffen werden müssen, getroffen werden und umgesetzt werden.

Ich denke, dass es sehr wichtig ist, dass das Parlament an diesem Prozess beteiligt ist. Wir müssen bedenken, dass wir den Anliegen der Bürger Rechnung tragen müssen, und zeigen müssen, dass es Europa ernst ist damit, eine soziale Marktwirtschaft zu schaffen, und nicht nur einen Binnenmarkt.

 
  
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  Marian Harkin, im Namen der ALDE-Fraktion. – Herr Präsident! Ich habe eine abgegriffene Ausgabe des Vertrags von Lissabon voller Notizen, Unterstreichungen, Eselsohren und Teeflecken. 12 Monate lang war sie mein ständiger Begleiter auf Reisen, als ich versucht habe, die irischen Bürgerinnen und Bürger zu überzeugen, mit „ja“ zu stimmen. Wenn die irischen Bürgerinnen und Bürger mich gefragt haben, warum sie mit „ja“ stimmen sollten, war einer der fünf wichtigsten Gründe, die ich ihnen gab, die Tatsache, dass dieser Vertrag zu einem sozialeren Europa führen würde.

Erst vor 12 Monaten haben wir diesen Vertrag ratifiziert und jetzt müssen wir als Politiker unsere Versprechen halten. Wir haben über die neue horizontale Sozialklausel gesprochen – Artikel 9 –, durch die die EU verpflichtet wird, bei der Erarbeitung ihrer Strategien die sozialen Konsequenzen ihrer Entscheidungen zu berücksichtigen. Dies ist ein bereichsübergreifendes Ziel, und es gibt uns einen größeren Spielraum, um bei der Erlassung, Änderung und Umsetzung von Rechtsvorschriften der EU ehrgeiziger zu sein, aber Artikel 9 garantiert nicht die erwünschten Ergebnisse der politischen Maßnahmen. Er ist ein mächtiges Instrument, das uns zur Verfügung steht, aber wir müssen uns selber fragen, ob wir es wirklich benutzen wollen, oder ob es nur Dekoration ist.

Die Sozialpolitik wurde in die ursprünglichen Verträge nur unzureichend eingebaut, aber ich denke, dass sie im Vertrag von Lissabon einen größeren Stellenwert hat. Abgesehen vom Protokoll über Dienste von allgemeinem Interesse wurde auch Artikel 14 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union erwähnt. Dadurch wird die gemeinsame Verantwortung der Mitgliedstaaten und der EU hinsichtlich der Dienste von allgemeinem Interesse ganz klar festgelegt. Bisher hat die EU die Binnenmarktvorschriften angewendet, aber Artikel 14 legt fest, dass „die Union und die Mitgliedstaaten [bei der Anwendung der Verträge] [...] dafür Sorge [tragen], dass die Grundsätze und Bedingungen, insbesondere jene wirtschaftlicher und finanzieller Art, für das Funktionieren dieser Dienste so gestaltet sind, dass diese ihren Aufgaben nachkommen können.“ Das stellt eine Veränderung der EU-Politik dar und muss sich auch in den Mitteilungen und Vorschlägen der Kommission widerspiegeln.

Außerdem wird die Richtlinie zur Bekämpfung von Diskriminierung immer noch im Rat blockiert. Das ist eine wichtige Richtlinie. Es ist notwendig, dass sie umgesetzt wird. Während also die fundamentalen Grundsätze festgelegt werden und soziale Rechtsvorschriften durch den Vertrag von Lissabon geschützt werden, ist die zukünftige Richtung der Sozialpolitik noch nicht endgültig entschieden. Wir, die Kommission, der Rat und das Parlament, können und müssen die Instrumente, die uns der Vertrag von Lissabon zur Verfügung stellt, nutzen.

 
  
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  Karima Delli (Verts/ALE).(FR) Herr Präsident, Herr Courard, Herr Kommissar! Das wichtigste Ziel der Europäischen Union, ein Ziel, das auch im Vertrag von Lissabon Erwähnung findet, ist die Entwicklung einer sozialen Marktwirtschaft, die auf Vollbeschäftigung und sozialen Fortschritt ausgerichtet ist. Er enthält daher eine horizontale Sozialklausel, die festlegt, dass die Förderung eines hohen Beschäftigungsniveaus und eines angemessenen sozialen Schutzes sowie die Bekämpfung der sozialen Ausgrenzung bei der Festlegung und Umsetzung aller EU-Strategien richtungsweisend sein müssen.

Die Anerkennung der sozialen Rechte und insbesondere des Rechts auf Zugang zu Diensten von allgemeinem Interesse wird in der Charta der Grundrechte verbindlich festgelegt. Die Charta enthält Rechte und Grundsätze wie das Recht auf Zugang zu Geldleistungen der Sozialversicherung, Wohngeld und Sozialdienstleistungen.

Wie können Sie kurz vor dem Dritten Forum zu Sozialdienstleistungen von allgemeinem Interesse, das durch das Parlament initiiert wurde, behaupten, dass bei der Anwendung der Bestimmungen des Vertrags von Lissabon nur die Vorschriften, die sich auf den Wettbewerb und den Binnenmarkt beziehen, auf diese Sozialdienstleistungen von allgemeinem Interesse angewendet werden müssen, ohne Anpassungen an ihre besonderen Organisations- und Finanzierungsformen vorzunehmen?

Ist es nicht so, dass zum Beispiel die Dienstleistungsrichtlinie die Rolle der Sozialdienstleistungen von allgemeinem Interesse mit einer starken lokalen Basis bestehend aus Gemeindemitgliedern, die nicht nach finanziellem Gewinn streben, infrage stellt? Wann werden Sie aufhören, den Kopf in den Sand zu stecken, und wann werden Sie endlich Ihre Verantwortung als Mitgesetzgeber in Übereinstimmung mit den Bestimmungen des neuen Artikels 14 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union wahrnehmen?

 
  
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  Lothar Bisky, im Namen der GUE/NGL-Fraktion. – Herr Präsident! Ich will eingestehen, dass sich der Lissabon-Vertrag und seine sozialen Festlegungen ganz gut lesen. Aber wir dürfen nicht übersehen, dass Hunderttausende in Brüssel und in anderen europäischen Städten auf die Straße gegangen sind. Sie haben protestiert gegen eine verfehlte, unsoziale Krisenpolitik.

Kaum ist die schlimmste Krise verebbt, schallt es aus vielen Regierungen: Die Staatsverschuldung muss zurückgedrängt werden. Die Rettungsschirme sollen zugeklappt, Investitionsprogramme abgeschafft werden. Die Kommission fordert, den Stabilitäts- und Wachstumspakt zu verschärfen. Staaten, in denen vernünftige Löhne und Gehälter gezahlt werden, in denen der Arbeitsmarkt noch Regeln folgt, oder deren Sozialsysteme zu sozial – sprich zu teuer – sind, sollen bestraft werden. Die Bankster machen weiter wie vorher. Renten und Löhne sollen gekürzt, Verbrauchsteuern eventuell erhöht werden. Beiträge zur sozialen Krankenversicherung steigen bei weniger Leistungen.

Seit den Urteilen des Europäischen Gerichtshofs in den Fällen Viking, Laval und Rueffert fürchten nicht nur die Gewerkschaften, dass die soziale Balance der EU in eine Schieflage gekommen ist. Die Forderung der Gewerkschaft nach einer sozialen Schutzklausel verdient die volle Unterstützung. Arbeitnehmerrechte, Gewerkschaftsrechte sowie sozialer Schutz müssen mindestens den gleichen Stellenwert und ja, den Vorrang vor Dienstleistungsfreiheit und Binnenmarkt genießen. Das muss im Primärrecht deutlich festgehalten werden. Ich erwähne diese Fakten, weil die Paragraphen allein sich gut lesen, aber in der Wirklichkeit nichts verändern.

Menschenwürde ist ohne soziale Mindeststandards nicht zu gewährleisten. Eine soziale Fortschrittsklausel würde das stark gesunkene Ansehen der Europäischen Union bei der Bevölkerung wieder steigern und soziale Ängste eindämmen helfen.

 
  
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  Andreas Mölzer (NI). - Herr Präsident! Wir verzeichnen im Gebiet der Europäischen Union eine meines Erachtens besorgniserregende Entwicklung, in der immer mehr Menschen in Leiharbeit, Scheinselbstständigkeit und McJobs getrieben werden und in der die sozialen Rechte der Arbeitnehmer in den Hintergrund zu geraten scheinen. Nicht nur, dass der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in seiner Rechtsprechung Arbeitnehmerschutzstandards zu beschneiden scheint. Es ist auch nicht möglich, etwa sozial engagierte Unternehmer bei der Vergabe öffentlicher Aufträge zu bevorzugen.

Mit dem Vertrag von Lissabon hätte alles besser werden sollen, haben wir gehört, von einer sozialen Kehrtwende aber ist meines Erachtens wenig zu merken. Beispielsweise wird über den Europäischen Sozialfonds versucht, wirtschaftliche und soziale Unterschiede zwischen den Mitgliedern zu verringern. Wenn allerdings die Abrechnung und Abwicklung der Projekte in vielen Regionen Probleme bereitet, verfehlt der Fonds sein Ziel. Und überhaupt gehen die Freiheiten des Binnenmarkts allzu oft nur mit den Freiheiten der multinationalen Konzerne einher, die die Arbeitgeber vor Ort, also die Klein- und Mittelbetriebe verdrängen. Das muss sich meines Erachtens möglichst rasch ändern.

 
  
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  Jean-Paul Gauzès (PPE).(FR) Herr Präsident, Herr Kommissar! Der Vertrag von Lissabon setzt unzweifelhaft neue soziale Ziele für Europa. Die nachhaltige Entwicklung in Europa beruht auf der hohen Wettbewerbsfähigkeit der sozialen Marktwirtschaft, was Vollbeschäftigung und sozialen Fortschritt, die Bekämpfung der sozialen Ausgrenzung und Diskriminierung, die Förderung von Gerechtigkeit und die Beseitigung der Armut beinhaltet. Der Vertrag von Lissabon bestätigt die Rolle der Sozialpartner und fördert den sozialen Dialog zwischen den Gewerkschaften und den Vertretern der Arbeitgeberorganisationen auf europäischer Ebene.

In Bezug auf diese verschiedenen Punkte ist die tatsächliche Situation bestimmt nicht so, wie sie von einigen Rednern in diesem Parlament beschrieben wurde. Heute können wir die Lage dramatisieren; es ist wahr, dass es besorgniserregende Zustände gibt, dass die Krise noch nicht vorbei ist, und dass dies Folgen hat. Europa leitet jedoch Maßnahmen auf diesem Gebiet ein – die wir unseren Bürgerinnen und Bürgern erklären müssen –, um insbesondere im Finanzsektor eine gewisse Ordnung zu schaffen, und Europa gehört in dieser Hinsicht zu den ersten, die sich bemühen, diesen Sektor auf der Basis unserer Arbeit zu organisieren.

Erlauben Sie mir einige kurze Kommentare. Insbesondere hinsichtlich der Dienste von allgemeinem Interesse sage ich ganz klar, dass wir besondere Umstände in den Mitgliedstaaten berücksichtigen sollten, weil es zutrifft, dass einige unserer Mitbürger etwas beunruhigt sind – ich denke da zum Beispiel an die französischen Bürgerinnen und Bürger –, wenn sie, zu Unrecht, das Gefühl haben, dass Europa die öffentlichen Dienste gefährdet, die eine französische Tradition darstellen. Ebenso sollten wir in Bezug auf öffentliche Aufträge die individuellen Umstände berücksichtigen, insbesondere in Bezug auf die Aufträge, die die Zusammenarbeit zwischen mehreren Behörden ermöglichen.

Dennoch hängt die Sozialpolitik vom Zustand der Wirtschaft und vom Wirtschaftswachstum ab. Das ist das Hauptziel einer sozialen Marktwirtschaft.

 
  
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  Elizabeth Lynne (ALDE). – Herr Präsident! Anders als andere Redner glaube ich nicht, dass der Vertrag von Lissabon auf dem Gebiet der Sozialpolitik ebenso viel verändert wie in einigen anderen Politikbereichen.

Auf dem Gebiet der Beschäftigung gibt es schon seit vielen Jahren das Mitentscheidungsverfahren, aber da die Titel-II-Bestimmungen allgemeine Gültigkeit haben, wird in Artikel 9 u. a. auf den Schutz der menschlichen Gesundheit hingewiesen. Eine Richtlinie, die das berührt, ist die Richtlinie über elektromagnetische Felder, und ich weiß, dass sich die Kommission damit beschäftigt. Wenn wir die Richtlinie über elektromagnetische Felder das gesamte Verfahren im Ausschuss für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten durchlaufen lassen, dann müssen wir sicherstellen, und ich hoffe, die Mitgliedstaaten werden in diesem Punkt zustimmen, dass auch moderne Kernspintomographen benutzt werden können.

Artikel 10 unter Titel II betrifft die Bekämpfung von Diskriminierung. Wie einige andere Redner bereits gesagt haben, ist es sehr wichtig, dass wir sicherstellen, dass der Rat seine Blockade der horizontalen Richtlinie über den Zugang zu Gütern und Dienstleistungen aufhebt, und dass diejenigen Mitgliedstaaten, die diese Richtlinie blockieren, ihre Einwände beiseiteschieben, damit wir eine echte Richtlinie zur Bekämpfung von Diskriminierung in Bezug auf den Zugang zu Gütern und Dienstleistungen haben.

 
  
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  Patrick Le Hyaric (GUE/NGL) . – (FR) Herr Präsident, Herr Kommissar! Bei der Anwendung des Vertrags von Maastricht sieht das vorherrschende Prinzip überhaupt nicht so aus, wie Sie es beschrieben haben: es ist weder Artikel 9 noch Artikel 14 zum Schutz der öffentlichen Dienste. Es ist eher das Prinzip des Wettbewerbs, des uneingeschränkten Freihandels, der Schwächung des sozialen Schutzes, der Senkung der Renten und der Löhne und Gehälter sowie der Ablehnung einer fairen Steuerharmonisierung.

So ist zum Beispiel dieses Jahr zum Europäischen Jahr der Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung erklärt worden. Lassen Sie uns genau auflisten, was Sie getan haben, das im Widerspruch dazu steht, verehrte Mitglieder der Kommission und des Rates. Die in den letzten Tagen gefällten Entscheidungen, durch die uns extreme Sparmaßnahmen aufgezwungen werden, und die Tatsache, dass die Kommission sich als veritables Tribunal gebärdet, um diese zu verwirklichen, stehen im Widerspruch zu jedem einzelnen sozialen Projekt. Anstatt zu glauben, dass Sparmaßnahmen und Sozialabbau die Europäische Union aus der Krise herausführen werden, denke ich, dass wir einer ganz anderen Logik folgen sollten; nämlich genau der gegenteiligen Logik. Sozialer Fortschritt wird zur Beendigung der Krise führen.

Ich würde Ihnen daher gerne einen Vorschlag machen, den ich zur weiteren Erörterung in die Debatte einfließen lassen möchte. Der Vorschlag beinhaltet die Schaffung eines neuen Systems, das der Europäischen Zentralbank erlauben würde, bei Bedarf die Schulden der Mitgliedstaaten vollständig oder teilweise aufzukaufen – auch durch die Ausgabe von Geld, wie es momentan alle Banken auf der Welt tun – und gleichzeitig einen europäischen Fonds für die menschliche, soziale und Umweltentwicklung aufzubauen.

Gestützt durch die Europäische Zentralbank und die Europäische Investitionsbank sollte es dieser Fonds ermöglichen, dass die öffentlichen Dienste – oder auch die kommunalen Dienste von allgemeinem Interesse – erweitert werden, und sollte auch Unterstützungsmaßnahmen für die Industrie, Forschung und Weiterbildung bereitstellen.

 
  
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  Ilda Figueiredo (GUE/NGL).(PT) Der erhöhte Druck, den die Kommission und die europäischen Großmächte auf Länder mit schwächeren Volkswirtschaften und einem höheren Armutsniveau ausüben, läuft allen Grundsätzen des wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalts zuwider, über die der belgische Ratsvorsitz hier im Namen der sogenannten „Sozialklausel“ des Vertrags von Lissabon – Artikel 9 – gesprochen hat.

Die Wahrheit ist, dass es erst dann möglich war, sich von den irrationalen Kriterien des Stabilitäts- und Wachstumspakts zu entfernen, als es für die Mitgliedstaaten notwendig wurde, ihre Banken aufgrund der Probleme, unter denen sie wegen des Giftmülls, den sie erzeugt haben, litten, zu unterstützen. Jetzt, wo die Banken Milliarden Euro an staatlichen Beihilfen aufgesaugt haben und die öffentliche Schuld der Länder mit den größten Schwierigkeiten in die Höhe geschossen ist, setzt der Druck zur Reduzierung der Schulden und der Defizite wieder ein, ohne Rücksicht auf Beschäftigung, soziale Eingliederung oder das universelle Recht auf Bildung und Gesundheitsfürsorge, Unterkunft oder Löhne und Renten auf einem existenzsicherndem Niveau. Im Namen der Nachhaltigkeit der öffentlichen Finanzen vervielfachen sich die Sparmaßnahmen, die einigen Ländern wie Griechenland und Portugal auferlegt wurden, soziale Missstände werden immer größer und die wachsende Arbeitslosigkeit, Armut und soziale Ausgrenzung bedrohen 120 Mio. Menschen in der Europäischen Union.

Portugal wird wieder in die Depression zurückfallen, wenn das neue Sparprogramm, das die portugiesische Regierung kürzlich angekündigt hat, wirklich umgesetzt wird. Das wirft einige Fragen auf. Was für ein soziales Europa ist das? Wo sind im Europäischen Jahr zur Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung die Garantien für ein Mindesteinkommen, durch das man die Armut bekämpfen kann? Wo endet die Verflechtung von sozialen Zielen und Zielen der sozialen Nachhaltigkeit mit der makroökonomischen Politik? Wo bleibt die Verteidigung und Förderung von öffentlichen Diensten? Wann wird es eine bereichsübergreifende soziale Leitlinie und eine effektive Bewertung der sozialen Folgen, der Politiken des Stabilitäts- und Wachstumspakts, der Wettbewerbspolitik, des Binnenmarkts, der Haushalts- und Steuerpolitik und der Währungspolitik geben? Dafür setzen sich die Arbeitnehmer in den immer mehr werdenden Demonstrationen in ganz Europa ein.

 
  
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  Othmar Karas (PPE). - Herr Präsident! Die politischen Ziele sind klar. Wir wollen ein Europa der nachhaltigen sozialen Marktwirtschaft, der Grundrechte, ohne Diskriminierung, der Vollbeschäftigung, eine durchgängige Sozialklausel, den sozialen Zusammenhalt und Dienste im allgemeinen Interesse, die subsidiär definiert werden. Das ist unser Ziel. Wir haben aber dafür auf europäischer Ebene zu wenig Instrumente. Die meisten Instrumente sind auf der Ebene der Mitgliedstaaten. Wir benötigen eine Balance zwischen den wirtschaftlichen, den wettbewerbspolitischen und den sozialen Instrumenten, um diese, Ziele europaweit verwirklichen zu können. Daher sollten wir die Währungsunion erweitern auf eine Wirtschafts- und Sozialunion. Und wir müssen klar sagen, dass wir mehr Taten der Solidarität benötigen, und dass Bildung, Qualifikation, Wachstum und Beschäftigung nicht gegen das Soziale auszuspielen, sondern Voraussetzung für die Bekämpfung von Armut, von Ausgrenzung und von working poor sind

 
  
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  Marie-Christine Vergiat (GUE/NGL).(FR) Herr Präsident! Ich komme gerade aus einer Sitzung der Arbeitsgruppe „Öffentliche Dienste“. Ich frage mich manchmal wirklich, ob wir mit den gleichen Menschen sprechen. Ihrer Ansicht nach ist alles in Ordnung. Die Mehrzahl der beteiligten Parteien weiß bestenfalls nichts über europäische Gesetzgebung, oder aber sie kennt sie zu gut.

Sie sprechen über die Abschätzung der sozialen Folgen der Strategien der Europäischen Union. Daher möchte ich Ihnen sagen: Es gibt einen guten Bereich, an dem Sie arbeiten können – trauen Sie sich! Wenn es, wie Sie behaupten, keine Probleme mit den öffentlichen Diensten gibt, und insbesondere mit kommunalen öffentlichen Diensten, dann setzen Sie sich dafür ein, eine exakte, vollständige Überprüfung der Liberalisierung der öffentlichen Dienste in der Europäischen Union durchzuführen.

Durch den freien und fairen Wettbewerb sollten die Preise sinken. Ich bin Französin. Ich möchte Ihnen einige Beispiele präsentieren, die vielleicht erklären, wieso die Franzosen Europa bei diesem Thema misstrauen: Die Preise für die Postdienste, für den Bahn-, Flug- und Schiffsverkehr, die an Privatunternehmen übergeben worden sind, sind exponentiell gestiegen.

Die Idee der Grundversorgung sollte garantieren, dass die meisten Grunddienstleistungen für alle zugänglich sind. In Wirklichkeit reicht diese Versorgung für die ärmsten Menschen kaum aus und Fälle von Diskriminierung nehmen zu. Was ist mit unserer großartigen Umverteilung des Reichtums passiert, wenn wir doch wissen, dass die Kluft zwischen den Reichsten und den Ärmsten überall in Europa weiter wächst?

Also, Herr Kommissar, ich stelle Ihnen noch einmal die gleiche Frage, die Ihnen viele Abgeordnete bereits gestellt haben: Wann wird sich die Kommission dazu entscheiden, die Folgen der Artikel 9 und 14 der Verträge sowie das Protokoll über Sozialdienstleistungen von allgemeinem Interesse zu berücksichtigen? Anders gesagt: Wann wird sie die Rechte des Parlaments anerkennen? Bitte, wovor fürchten Sie sich?

 
  
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  László Andor, Mitglied der Kommission. – Herr Präsident! Die gesamte Kommission glaubt, ebenso wie ich, dass unser Ziel die Entwicklung einer sozialen Marktwirtschaft ist. Ich kann für mich persönlich und für mein Ressort sagen, dass bei diesem Ausdruck das „Soziale“ wichtiger ist als der „Markt“. Natürlich muss die Kommission letzten Endes einen sehr ausgewogenen Ansatz vorlegen, vertreten und umsetzen. Dennoch habe ich immer die sozialen Ziele vertreten, und wir haben das sehr ernst genommen.

Während der Diskussion habe ich auch festgestellt, dass das Parlament enttäuscht wäre, wenn die bevorstehende Binnenmarktakte keine starke soziale Dimension enthalten würde. Daran haben wir gearbeitet: sicherzustellen, dass dieses sehr wichtige Dokument einen starken sozialen Bezug hat. Ich habe mit der zuständigen Gruppe der Kommissionsmitglieder zusammengearbeitet und sichergestellt, dass die Positionen zu den Renten und andere Fragen, die in Bezug auf die Stärkung der sozialen Dimension der europäischen Wirtschaft sehr wichtig sind, berücksichtigt wurden.

Es gibt jedoch viele andere Probleme. Ich würde sicherlich eine Herangehensweise ablehnen, die nur eine bestimmte Lösung verfolgen würde, wie die Schaffung eines weiteren hochrangigen Gremiums, um sicherzustellen, dass wir unser Versprechen in Bezug auf die sozialen Probleme halten.

In meiner Antwort wollte ich in keiner Weise andeuten, dass ich einen dynamischen Prozess hinsichtlich der Sozialdienstleistungen von allgemeinem Interesse ablehne. Tatsächlich sind wir im Vorfeld der Oktober-Konferenz des belgischen Ratsvorsitzes bereits in einem dynamischen Prozess zu Sozialdienstleistungen von allgemeinem Interesse. Ich werde sowohl bei der Eröffnung als auch zum Abschluss dieser Konferenz anwesend sein, und ich hoffe, dass dort einige Fragen zum Thema Sozialdienstleistungen von allgemeinem Interesse angesprochen werden, durch die wir eine Perspektive für die Zukunft erhalten.

Die Sozialdienstleistungen von allgemeinem Interesse werden in der Europäischen Plattform gegen Armut, die Ende dieses Jahres veröffentlicht wird, sehr ernst genommen. Herr Courard, der Staatssekretär für soziale Integration und Armutsbekämpfung, hat dies in seiner Einleitung auch angesprochen.

Ich bin offen dafür, weitere Schritte einzuleiten. Ich würde jedoch gerne zunächst sehen, was diese Ereignisse und Dokumente aus der weiteren Gruppe der europäischen Interessenträger einbringen. Ich möchte betonen, dass, obwohl es offiziell eine gewisse Erholung gibt, wir uns in einer schwierigen Phase der Wirtschaftskrise befinden, und dass es immer noch ein hohes Maß an Leid gibt, das nicht nur durch die Krise selbst verursacht wird, sondern auch durch die Maßnahmen, durch die die Krise beendet werden soll.

Die Kommission hat beständig gefordert, dass die Interessen der Sozialdienste und die Interessen schwacher Bevölkerungsgruppen berücksichtigt werden. In den letzten Wochen habe ich viele Reden gehalten und habe gefordert, in Bezug auf die makroökonomischen Strategien der Mitgliedstaaten Umsicht walten zu lassen.

Eine Haushaltskonsolidierung ist unvermeidbar, weil viele Länder hohe Schulden angehäuft haben. Sparmaßnahmen – insbesondere sinnlose Sparmaßnahmen – und sture Ausgabensenkungen sind jedoch nicht unvermeidbar. Alle Mitgliedstaaten, sogar diejenigen, die durch die Märkte unter Druck gesetzt werden, haben ausreichend Spielraum, um sorgfältig zu prüfen, wie sie eine maßvolle Haushaltskonsolidierung erreichen können. Jeder hat die Möglichkeit, verschiedene Optionen abzuwägen – Ausgabensenkungen oder eine Steigerung der Einnahmen, und sie können dabei fair bleiben; sie können die Interessen von schwachen Gruppen berücksichtigen. Die Kommission hat das gefordert.

Sogar in diesen schweren Zeiten fordern wir ein soziales Bewusstsein. In diesem Punkt hat uns das Europäische Jahr sehr geholfen. Es handelte sich hierbei um eine Sensibilisierungskampagne und sie war insofern erfolgreich, als sie dazu beigetragen hat, zwei sehr wichtige Ziele von „Europa 2020“ zu erreichen. Ohne diese Kampagne hätten wir die sehr ehrgeizigen Ziele der Steigerung der Beschäftigungsquote und der Reduzierung der Armut in Europa nicht erreichen können.

Natürlich glaubt niemand, dass diese Ziele über Nacht erreicht werden können. Wir müssen unsere Instrumente verbessern. Ich akzeptiere, was der Herr Abgeordnete über den Europäischen Sozialfonds (ESF) gesagt hat. Er hat nicht perfekt funktioniert, aber wir untersuchen gerade, wo der ESF in Bezug auf Innovation verbessert werden sollte, womit er sich beschäftigen sollte und wie er genutzt werden sollte. Dies ist alles Teil eines Prozesses. Es gibt eine Reihe von Konferenzen, auf denen das diskutiert werden kann, insbesondere in Bezug auf die Frage, wie man u. a. mit der Situation der Roma-Bevölkerung umgehen soll. Der belgische Ratsvorsitz hält eine Konferenz eigens zu dem Thema ab, wie der ESF bei der Reduzierung der Armut effektiver eingesetzt werden könnte.

Ich bin mir nicht sicher, ob wir einen neuen Fonds schaffen sollten. Ich denke, dass wir zuerst untersuchen müssen, wie der Sozialfonds mit den vorhandenen Instrumenten genutzt werden kann, um die sozialen Bedingungen zu verbessern. Ich möchte an dieser Stelle die Rolle der Europäischen Investitionsbank in Bezug auf die Entwicklung der Infrastruktur und der Dienstleistungen in Europa unterstreichen.

Niemand fordert die Privatisierung der Sozialdienstleistungen. Diese fallen vorwiegend in den Zuständigkeitsbereich der Mitgliedstaaten. Wenn jedoch die EU-Vorschriften, etwa zum öffentlichen Auftragswesen oder zu staatlichen Beihilfen, korrekt angewendet werden und alle wichtigen Faktoren berücksichtigt werden, sind sie ein Garant für Qualität, Wirtschaftlichkeit und Transparenz. Das sind sehr wichtige Ziele und wir sollten diese wichtigen Ziele nicht untergraben, insbesondere die Transparenz, wenn wir andere Ziele verfolgen, wie wichtig oder relevant diese Ziele auch sein mögen.

Ich hoffe, dass diese Punkte Sie überzeugt haben, und dass die bevorstehenden Veranstaltungen, insbesondere die nächste Konferenz zu Sozialdienstleistungen von allgemeinem Interesse, zahlreiche Möglichkeiten bieten werden, um über unsere weitere Vorgehensweise zu diskutieren. Ich kann Ihnen versichern, dass die Reduzierung der Armut und die Verbesserung der Sozialstandards in Europa einen wichtigen Schwerpunkt der Arbeit der Kommission und auch meiner eigenen Arbeit bilden.

 
  
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  Philippe Courard, amtierender Ratspräsident.(FR) Herr Präsident! Ich möchte allen Abgeordneten für ihre erstklassigen Reden danken.

Der Rat hat die Kommission aufgefordert, eine Plattform zu entwickeln, die sich nicht auf Armut beschränkt, sondern die eine wirklich breitere Dynamik für die Bekämpfung der Ausgrenzung und im Hinblick auf die Sozialfürsorge entwickelt.

Ich möchte außerdem sagen, dass es hinsichtlich der Sparmaßnahmen, über die der Herr Kommissar gerade gesprochen hat, offensichtlich sehr wichtig war, gründlich zu prüfen, welche Maßnahmen ergriffen werden, um sicherzustellen, dass die Sparmaßnahmen die Menschen nicht noch ärmer machen. Die Bekämpfung der Armut darf heute wirklich nicht vergessen werden.

Ich möchte der Kommission auch für ihre Bemühungen danken, eine größere Rechtssicherheit für Sozialdienstleistungen von allgemeinem Interesse zu schaffen, insbesondere angesichts ihrer besonderen Eigenschaften.

Wir haben den ehrlichen Wunsch, die Diskussionen weiterzuführen, insbesondere im Ausschuss für Sozialschutz, sowie den Dialog mit den verschiedenen Akteuren zu verbessern, sowohl mit den institutionellen als auch den nichtinstitutionellen. Wie Herr de Rossa betont hat, steht ganz klar fest, dass das Europäische Parlament in der Debatte über Sozialdienstleistungen von allgemeinem Interesse umfassend eingebunden ist und dies auch bleiben muss. Artikel 14 ist auch ein wichtiges Element, das wir in den Diskussionen zu Sozialdienstleistungen von allgemeinem Interesse benutzen müssen. Tatsächlich wird er eines der wichtigsten Themen sein, über das auf dem dritten Forum am 26. und 27. Oktober diskutiert werden wird.

Abschließend möchte ich anmerken, dass Diskussionen über soziale Themen im Rat aufgrund der finanziellen Beschränkungen, wie Sie wissen, schwierig sind. Gleichwohl nehmen Sozialdienstleistungen notwendige Aufgaben wahr – unverzichtbare Aufgaben –, weshalb ihnen besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden muss. Und obwohl ihre besonderen Eigenschaften anerkannt werden, bedeutet dies, dass wir einen besonderen Weg finden müssen, mit ihnen umzugehen.

Zum Schluss möchte ich Kommissar Andor für seine Tatkraft und seinen Wunsch nach Fortschritt in allen Bereichen der Sozialpolitik danken.

 
  
  

VORSITZ: Miguel Angel MARTÍNEZ MARTÍNEZ
Vizepräsident

 
  
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  Der Präsident. – Die Aussprache wird geschlossen.

Schriftliche Erklärungen (Artikel 149)

 
  
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  Nuno Teixeira (PPE), schriftlich.(PT) Die Finanzkrise hat zu einer ernsthaften Verschlimmerung der sozialen Lage der europäischen Bürgerinnen und Bürger beigetragen. Es ist eine lange Zeit hoher Arbeitslosigkeit und schwachen Wirtschaftswachstums vergangen, bis der Konjunkturaufschwung fühlbar wurde. Die Strategie EU 2020 zielt darauf ab, einen Plan zur Förderung des Wirtschaftswachstums aufzustellen, wodurch eine höhere Beschäftigung sowie eine größere Wettbewerbsfähigkeit in der EU erreicht werden können. Die darin enthaltenen Leitinitiativen stellen einen Weg dar, dem wir folgen müssen, um für die Europäer ein Europa zu schaffen, das weniger ausgrenzt und stärker einbezieht. Der Vertrag von Lissabon verstärkt die sozialpolitische Dimension Europas. Die Europäische Union gehört der europäischen Öffentlichkeit und es zählt zu ihrer Mission, zur Förderung der Beschäftigung und zur Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen beizutragen. Ich möchte die Bedeutung des Dialogs zwischen den Sozialpartnern und die Rolle der Klein- und Mittelbetriebe als treibende Kraft der Wirtschaft betonen. Wir müssen die Ziele des Vertrags von Lissabon hinsichtlich sozialer Themen mit Hilfe der spezifischen Vorschläge der Strategie EU 2020 verwirklichen, indem wir beispielsweise Initiativen wie „Industriepolitik im Zeitalter der Globalisierung“ oder „Eine Agenda für neue Kompetenzen und Beschäftigungsmöglichkeiten“ erarbeiten. Europa muss wettbewerbsfähiger werden und dazu imstande sein, den Herausforderungen der Globalisierung entgegenzutreten, ohne jedoch davon Abstand zu nehmen, die Menschen einzubeziehen, und es muss eine Entwicklung anstreben, die nachhaltig ist und die soziale Integration gewährleistet.

 
  
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  Silvia-Adriana Ţicău (S&D), schriftlich.(RO) Der Vertrag von Lissabon bestätigt noch einmal die Bindung der Mitgliedstaaten an die in der Europäischen Sozialcharta von 1961 und in der Gemeinschaftscharta der sozialen Grundrechte der Arbeitnehmer von 1989 festgelegten sozialen Grundrechte. Der Vertrag von Lissabon bekräftigt noch einmal, dass die Europäische Union auf eine nachhaltige Entwicklung Europas hinarbeitet. Die EU-Wirtschaft ist eine soziale Marktwirtschaft, die ein hohes Niveau an Wettbewerbsfähigkeit fördert. Ihre Ziele beinhalten Vollbeschäftigung, den sozialen Fortschritt und ein hohes Maß an Schutz und Verbesserung der Umweltqualität. Die EU bekämpft soziale Ausgrenzung und Diskriminierung und fördert Gerechtigkeit und sozialen Schutz, die Gleichstellung der Geschlechter, die Solidarität zwischen den Generationen und den Schutz der Rechte des Kindes.

Im August betrug die Arbeitslosenquote in den 27 Mitgliedstaaten der EU 9,6 %, wobei der Anteil der Jugendarbeitslosigkeit bei 20 % lag. Die Wirtschafts- und Finanzkrise hat sich dramatisch auf die soziale Lage ausgewirkt, wobei die europäischen Bürgerinnen und Bürger heute hauptsächlich um ihre Arbeitsstellen und ihre Lebensqualität besorgt sind. In der Europäischen Union geht es in erster Linie um die 500 Mio. Bürgerinnen und Bürger, weshalb Europa eine soziale Gestalt aufweisen muss. Ein soziales Europa muss den europäischen Bürgerinnen und Bürgern Arbeit und ein annehmbares Leben, den jungen Menschen eine qualitativ hochwertige Bildung und die Aussicht auf ihre Integration in den Arbeitsmarkt sowie den Rentnern ein annehmbares Leben und qualitativ hochwertige Gesundheitsdienste bieten.

 
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