13. Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes von schwangeren Arbeitnehmerinnen, Wöchnerinnen und stillenden Arbeitnehmerinnen am Arbeitsplatz - Frauen in prekären Beschäftigungsverhältnissen (Aussprache)
Der Präsident. – Als nächster Punkt folgt die gemeinsame Aussprache über
- den Bericht von Edite Estrela im Namen des Ausschusses für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter über den Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung des Richtlinie 92/85/EWG über die Durchführung von Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes von schwangeren Arbeitnehmerinnen, Wöchnerinnen und stillenden Arbeitnehmerinnen am Arbeitsplatz (KOM(2008)0637 – C6-0340/2008 – 2008/0193(COD)) (A7-0032/2010) und über den Bericht von Britta Thomsen im Namen des Ausschusses für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter über Frauen in prekären Beschäftigungsverhältnissen (2010/2018(INI)) (A7-0264/2010).
Edite Estrela, Berichterstatterin. – (PT) Zunächst möchte ich der Schattenberichterstatterin und der Verfasserin der Stellungnahme des Ausschusses für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten für die Unterstützung und die gemeinsam geleistete Arbeit danken. Mein Dank gilt auch vielen Nichtregierungsorganisationen und Gewerkschaften, den Experten, die an dem Präsentationsworkshop für die finanzielle Folgenabschätzung teilgenommen haben, dem Sekretariat des Ausschusses für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter und dem Sekretariat meiner Fraktion, dem Policy Department des Europäischen Parlaments sowie meinen Assistentinnen und Assistenten. Alle haben unermüdlich gearbeitet und dabei ein hohes Maß an Professionalität und Kompetenz bewiesen.
Die Richtlinie, um die es geht, ist bereits achtzehn Jahre alt und sie ist überholt. Der Prozess der Überarbeitung war lang und nicht unproblematisch: Nun ist es am Parlament, sich ohne weiteres Hinauszögern dazu zu entschließen, den Erwartungen und Bedürfnissen europäischer Familien gerecht zu werden.
Die vom Ausschuss für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter angenommenen Vorschläge stellen die beiden miteinander verbundenen Ziele sicher, die sich aus einer Erweiterung der Rechtsgrundlage ergeben, nämlich die Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes von schwangeren Arbeitnehmerinnen, Wöchnerinnen und stillenden Arbeitnehmerinnen am Arbeitsplatz sowie die Förderung der Gleichstellung der Geschlechter und der Vereinbarkeit von Berufs- und Familienleben. Diese Maßnahmen werden gleichzeitig dazu beitragen, den demografischen Rückgang der letzten Jahrzehnte einzudämmen.
Vor hundert Jahren machte die europäische Bevölkerung 15 % der Weltbevölkerung aus. Es wird erwartet, dass dieser Anteil 2050 unter 5 % betragen wird. Die zunehmende Überalterung und der entsprechend rückläufige Anteil der beruflich aktiven Bevölkerung gefährden die Nachhaltigkeit der sozialen Sicherungssysteme und des Wirtschaftswachstums selbst. Aus diesem Grund ist Mutterschaft nicht als Krankheit oder wirtschaftliche Last zu betrachten, sondern als ein Dienst an der Gesellschaft.
Die Dauer des Mutterschaftsurlaubs variiert in den 27 Mitgliedstaaten zwischen 14 und 52 Wochen und auch die Bezahlung während des Mutterschaftsurlaubs ist sehr unterschiedlich, wobei in 13 Ländern 100 % des Arbeitsentgelts gezahlt werden. Verständlicherweise ist das derzeitige Wirtschaftsklima ungünstig für eine Erhöhung von Sozialleistungen, doch es wäre eine gute Investition in unsere gemeinsame Zukunft und würde bei weitem nicht so viel kosten, wie manche behaupten. Die finanzielle Folgenabschätzung besagt, dass die Kosten des Vorschlags des Ausschusses für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter komplett gedeckt wären, wenn die Beteiligung der Frauen am Erwerbsleben dadurch um nur 1 % gesteigert werden könnte. Es handelt sich also um ausgewogene und machbare Vorschläge im Einklang mit den Empfehlungen der Internationalen Arbeitsorganisation und der Weltgesundheitsorganisation.
Zwanzig Wochen sind geeignet, Frauen zu helfen, sich von der Entbindung zu erholen, sie zum Stillen zu ermuntern und sie dabei zu unterstützen, eine feste Beziehung zu ihrem Kind aufzubauen. Ein längerer Zeitraum könnte die Rückkehr der Frauen auf den Arbeitsmarkt beeinträchtigen. Die Zahlung von 100 % des Arbeitsentgelts ist gerechtfertigt, denn Familien sollen keine finanziellen Einbußen erleiden, weil sie sich für Kinder entscheiden – Kinder, die Europa im Übrigen dringend braucht, um die demografische Herausforderung bewältigen zu können.
Das Recht auf Vaterschaftsurlaub ist bereits in 19 Mitgliedstaaten anerkannt, wobei 80 bis 100 % der durchschnittlichen Arbeitsentgelte bezahlt werden. Die Einbeziehung von Vätern in die Erziehung ihrer Kinder ist ein Beitrag zu deren gesunder körperlicher und seelischer Entwicklung. Väter und Kinder haben einen Anspruch darauf.
Während des gesamten Prozesses habe ich mich für einen breiteren Konsens vollkommen offen gezeigt und ich hoffe, dass diejenigen, denen das Wohlergehen von Frauen, Familien und Kindern ein Anliegen ist, diesen Bericht unterstützen werden. Angesichts der Zielsetzungen der Strategie Europa 2020 gibt es keinen Grund, einen Mutterschaftsurlaub von 20 Wochen bei vollem Lohnausgleich ab 2020 abzulehnen. Daher ersuche ich Sie dringend, die Änderungsanträge 126, 127 und 128 zu unterstützen. Aus demselben Grund kann ich auch keine Änderungsanträge befürworten, die darauf abzielen, die Rechte von Familien auf skandalöse Art zu beschneiden.
Britta Thomsen, Berichterstatterin. – (DA) Herr Präsident! Wir diskutieren heute über die Arbeitsbedingungen von Frauen, weil Frauen und Männer auf dem Arbeitsmarkt sehr unterschiedliche Bedingungen antreffen. Frauen sind sehr weit hinter den Männern zurück, wenn es um Gehälter, Renten, Top-Jobs und Führungspositionen geht. Deshalb muss die EU mehr denn je Initiativen ergreifen, um die Situation von Frauen auf dem Arbeitsmarkt zu verbessern, damit wir die Realität in Europa mit dem Vertrag in Einklang bringen können. Es gilt, sicherzustellen, dass Frauen, ob sie nun aus Portugal, Polen, Belgien oder Bulgarien kommen, die Gleichbehandlung auf dem Arbeitsmarkt garantiert wird.
Ein großer und wichtiger Schritt zur vollen Gleichstellung ist eine neue und moderne EU-Gesetzgebung zum Mutterschutz. Es gibt eine ganze Reihe guter Gründe für uns, den Mutterschutz in Europa neu zu regeln. Vor allen Dingen besteht das Risiko, dass die EU schon bald mit einer demografischen Krise konfrontiert sein könnte – einer Krise, die mindestens so ernst wäre wie die noch immer andauernde Wirtschaftskrise. Frauen in der EU haben ganz einfach zu wenige Kinder. Wenn wir unsere zukünftige Wettbewerbsfähigkeit sichern und Wachstum ermöglichen wollen, was für die Aufrechterhaltung unseres Wohlstandsniveaus unbedingt erforderlich ist, müssen in der EU mehr Kinder geboren werden. Daher brauchen wir ein Mutterschutzgesetz, das Familien motiviert, Kinder zu bekommen.
Ein gemeinschaftlicher hoher Mutterschutzstandard ist entscheidend für die Entwicklung eines effektiven Binnenmarktes. Ein Binnenmarkt sollte nicht nur um billiger Waren willen existieren; es ist mindestens ebenso wichtig, hohe soziale Standards für Arbeitnehmer zu gewährleisten. Wir dürfen keine ungleichen Wettbewerbsbedingungen akzeptieren, wenn schlechtere Arbeitsbedingungen für Frauen vorteilhaft erscheinen und die Frauen somit zu Opfern von Sozialdumping werden.
Auch Väter müssen ein Anrecht auf zwei Wochen Vaterschaftsurlaub bei vollem Gehalt haben. Wenn wir eine Gleichberechtigung zwischen Männern und Frauen erreichen wollen, müssen wir uns klarmachen, dass auch der Vaterschaftsurlaub eine wichtige Rolle spielt. Er würde sich günstig auf die Gleichstellung, auf die Kinder und nicht zuletzt auf die Väter selbst auswirken.
Von den Lobbyisten der Berufsverbände bekommen wir zu hören, das Ganze sei verrückt und wir könnten uns keine bessere Mutterschutzregelung leisten. Ich wage zu behaupten, dass genau das Gegenteil der Fall ist. Wir können es uns nicht leisten, nicht dafür zu sorgen, dass wir eine neue und moderne Mutterschutzregelung bekommen. Es geht um die Gesundheit und die Sicherheit der Frauen und Kinder in der EU. Das ist etwas, das wir nicht aufs Spiel setzen dürfen.
Wir müssen den Anteil der Frauen auf dem Arbeitsmarkt überall in der EU steigern. Das Ziel der Strategie Europa 2020 ist es, 75 % aller Frauen in die Beschäftigung zu bringen. Da derzeit bekanntlich nur 60 % aller Frauen berufstätig sind, stellt dies eine große Herausforderung dar. Wie auch immer, wir müssen hier Erfolge erzielen und zweifellos sind gute Kinderbetreuungseinrichtungen hier der richtige Weg. Eine weitere, gleichermaßen wichtige Initiative ist jedoch die Bezahlung des vollen Arbeitsentgelts für die Dauer des Mutterschaftsurlaubes. Nur, wenn wir die Diskriminierung von Frauen verhindern, werden wir mehr Frauen in den Arbeitsmarkt bringen.
Ein weiterer wichtiger Schritt hin zu mehr Gleichberechtigung auf dem Arbeitsmarkt ist der Bericht über Frauen in prekären Beschäftigungsverhältnissen, für den ich Berichterstatterin war. Leider sind Frauen gerade in diesen Arbeitsbereichen signifikant überrepräsentiert. Insbesondere Frauen, die in privaten Haushalten beschäftigt sind, haben sehr prekäre Arbeitsbedingungen, die u. a. durch geringe bzw. nicht vorhandene Sicherheit des Arbeitsplatzes, nicht vorhandene soziale Sicherheit, ein hohes Diskriminierungsrisiko und ein schlechtes Arbeitsumfeld charakterisiert sind. Wir müssen verbieten, dass Frauen unter derart miserablen Bedingungen arbeiten. Die EU sollte daher die Mitgliedstaaten dabei unterstützen, prekäre Beschäftigungsverhältnisse durch ordentliche Arbeitsplätze mit anständigen Arbeitsbedingungen zu ersetzen. Viel zu lang haben wir über die Situation dieser schutzlosen Frauen hinweggesehen, daher hoffe ich, dass die Kommission diesen Bericht ernst nehmen und uns dabei unterstützen wird, uns dieser besonders schwachen EU-Bürgerinnen anzunehmen.
Maroš Šefčovič, Vizepräsident der Kommission. – Herr Präsident! Ich freue mich sehr, dass ich Frau Vizepräsidentin Reding heute Abend hier in dieser sehr wichtigen Aussprache vertreten kann, weil wir über zwei hochaktuelle Berichte diskutieren, die unter dem Aspekt der Grundrechte und der Gleichstellung der Geschlechter ganz zentral sind. Im Namen der Kommission möchte ich den beiden Berichterstatterinnen, Frau Thomsen und Frau Estrela, meinen aufrichtigen Dank aussprechen, denn sie haben Enormes geleistet.
Die beiden Berichte betreffen die oftmals herausfordernde Situation von Frauen auf dem EU-Arbeitsmarkt. Der Beitrag der Frauen ist von entscheidender Bedeutung, wenn wir unser ehrgeiziges Ziel einer Gesamtbeschäftigungsquote von 75 % bis 2020 erreichen wollen, aber das ist nur möglich, wenn wir die Grundrechte von Arbeitnehmerinnen sicherstellen. Darüber werden wir heute Abend diskutieren.
Zunächst möchte ich auf das Thema Arbeitnehmerinnen in prekären Beschäftigungsverhältnissen eingehen. Wir haben in den letzten Jahren bei der Integration von Frauen auf dem Arbeitsmarkt viel erreicht. Wie allgemein bekannt ist, arbeiten wesentlich mehr Frauen in prekären Arbeitsverhältnissen als Männer. Bestimmte Formen prekärer Beschäftigung, die von Frauen ausgeübt werden, z. B. bezahlte Hausarbeit und Pflege, treten auf dem Arbeitsmarkt einfach nicht in Erscheinung. Wenn Frauen keine würdigen Arbeitsplätze haben, können sie auch keine wirtschaftliche Unabhängigkeit genießen, was ja eine Voraussetzung dafür ist, selbstbestimmt leben zu können.
Wir müssen uns mit den Ursachen beschäftigen, warum Frauen häufiger prekäre Beschäftigungsverhältnisse eingehen als Männer: mit den Stereotypen, der ungleichen Aufgabenverteilung in Familie und Haushalt sowie mit der Geringschätzung typischer Frauenberufe. Wir müssen außerdem sicherstellen, dass die wachsende Zahl an Wanderarbeitnehmerinnen, die oftmals in der Schattenwirtschaft ausgebeutet werden, in den Arbeitsmarkt integriert wird. Unsere neue Gleichstellungsstrategie deckt all diese Aspekte ab und wir müssen alle verfügbaren Instrumente mobilisieren, damit sie zügiger umgesetzt wird.
Wenn Sie gestatten, möchte ich nun ein paar ergänzende Bemerkungen zu der Richtlinie zu schwangeren Arbeitnehmerinnen machen.
Es dürfte klar sein, dass höhere Mutterschutzstandards auf EU-Ebene ausschlaggebend sind für die Gewährleistung der Gesundheit und der Sicherheit von Mutter und Kind, ebenso der wachsende Frauenanteil auf dem Arbeitsmarkt, die sich verändernden Familienmodelle und die Auseinandersetzung mit dem demografischen Problem.
Die Hauptpunkte der Kommissionsvorschläge umfassen eine Verlängerung des Mutterschutzes um vier Wochen, um die Empfehlungen der Internationalen Arbeitsorganisation zu erfüllen, die Anregung, ein höheres Entgelt zu gewähren, mehr Flexibilität für Frauen, die bis kurz vor der Niederkunft arbeiten wollen, sowie das Recht auf flexiblere Arbeitszeiten.
Damit beabsichtigt die Kommission, die Rechte von Arbeitnehmerinnen zu schützen, Frauen ausreichend Zeit zu geben, sich nach einer Geburt zu erholen und eine enge Bindung zu ihrem Kind herzustellen, und Frauen die finanzielle Absicherung während der Dauer ihres Mutterschaftsurlaubs zu ermöglichen.
Ich danke Frau Estrela für ihre Arbeit an diesem umfassenden Bericht, da er den ursprünglichen Vorschlag der Kommission in vielerlei Hinsicht noch verbessert.
Die Kommission hält es für vollkommen richtig, die Rolle von Vätern stärker zu betonen. Die Stärkung des Elternurlaubs durch die neue Richtlinie, die in diesem Jahr angenommen wurde, ist ein wichtiger Schritt in dieser Richtung. Dennoch steht die Einführung des Vaterschaftsurlaubs im Rahmen der Mutterschutzrichtlinie weder im Einklang mit unserer übergeordneten Zielsetzung noch mit der Rechtsgrundlage des Vorschlags. Der Vorschlag beruht auf Artikel 153 über Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz für schwangere Frauen und auf Artikel 157, der es der EU ermöglicht, im Bereich der Gleichheit des Arbeitsentgelts für Männer und Frauen zu intervenieren.
Zum Abschluss möchte ich Ihnen versichern, dass die Kommission sich weiterhin mit dieser Thematik beschäftigen wird. Sie arbeitet zurzeit an einer eingehenden Kosten-Nutzen-Analyse zu diesem Gegenstand, um möglicherweise eine separate Initiative in diesem Bereich zu veranlassen. Auch kann die Kommission nicht hinnehmen, dass das Recht von Frauen auf die Ablehnung von Nachtarbeit eingeschränkt werden soll.
Was die Dauer des Mutterschaftsurlaubs und das während dieser Zeit gezahlte Arbeitsentgelt angeht, möchte ich Folgendes sagen: Vizepräsidentin Reding hat in den letzten Monaten mit zahlreichen Ministern gesprochen, die erklärten, dass die nationalen Mutterschutzsysteme gut funktionieren würden und dass es angesichts der aktuellen finanziellen Engpässe nicht möglich sei, die Dauer oder die Bezahlung des Mutterschaftsurlaubs zu erhöhen, doch die Kommission hat sehr deutlich gemacht, dass sie nicht gewillt ist, den hohen Anspruch dieses Vorschlags zurückzuschrauben.
Vor diesem Hintergrund möchte ich hervorheben, dass die Kommission einen Mindestschutz festlegen will, der den unterschiedlichen Modellen von Ausgleich und familienbedingtem Urlaub in den Mitgliedstaaten gerecht wird. Die Kommission ist der Ansicht, dass ihr Vorschlag eine gute Grundlage für eine Vereinbarung zwischen Parlament und Rat darstellt. Darüber hinaus dankt die Kommission dem Parlament für die Einführung einer Reihe von Änderungsanträgen zur Untermauerung bzw. Klärung der Vorschläge.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der Vorschlag darauf abzielen sollte, die Sicherheit und den Gesundheitsschutz von Frauen zu stärken, ihre Beschäftigungsperspektiven zu verbessern und der demografischen Überalterung entgegenzuwirken. Ich freue mich auf Ihre Beiträge und Vorschläge zu diesen beiden wichtigen Themen.
VORSITZ: ROBERTA ANGELILLI Vizepräsidentin
Rovana Plumb, Berichterstatterin der Stellungnahme des Ausschusses für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten. – (RO) Herr Kommissar, meine Damen und Herrn, als Berichterstatterin der Stellungnahme des Ausschusses für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten möchte ich Ihnen sagen, dass es unser Bestreben war, mit den Verbesserungen dieses Berichts, zu den Strategien beizutragen, die helfen werden, das Ziel einer höheren Beschäftigungsquote und eines verbesserten Gesundheitsschutzes bei der Arbeit zu erreichen.
Wenn wir jedoch über die Ziele der EU-Strategie für 2020 sprechen, müssen wir an die Menschen, in diesem Falle Frauen, denken und ihnen Priorität einräumen. Der neue Ansatz, den wir annehmen, ist, dass Mutterschaft nicht weiter bestraft werden darf, besonders angesichts des Geburtenrückgangs und der Überalterung und Verarmung unserer Bevölkerung: Entwicklungen, die dringende Probleme bezüglich der Nachhaltigkeit der Sozialversicherungssysteme schaffen.
Alle Maßnahmen, die wir vorschlagen, werden Arbeitnehmerinnen schützen, sowohl während der Schwangerschaft als auch nach der Geburt. Die in dem Bericht vorgeschlagenen Maßnahmen sind auch eine Investition in die Zukunft Europas. Wir fordern einen garantierten, voll bezahlten Mutterschaftsurlaub. Wir müssen verstehen, dass Mutterschaft in der Europäischen Union im 21. Jahrhundert nicht länger bestraft werden darf, und dass sichergestellt werden muss, dass Frauen unter würdigen Bedingungen arbeiten können.
Thomas Händel, Verfasser der Stellungnahme des mitberatenden Ausschusses für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten. − Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Unzweifelhaft haben wir in den letzten Jahren Fortschritte bei der Gleichstellung von Männern und Frauen erreicht. Dennoch gibt es immer noch viele Frauen, die in gering qualifizierte Beschäftigung abgedrängt werden. Das gilt nicht nur für Tätigkeiten, die traditionell innerhalb der Familie verrichtet werden. In der Deregulierung der letzten Jahre ist die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung häufig in atypische, prekäre und ungesicherte Arbeitsverhältnisse umgewandelt worden. Dort sind besonders Frauen betroffen. Die europäische Beschäftigungsentwicklung von 2000 bis 2010 umfasst 60 % neue prekäre und atypische Beschäftigungsverhältnisse, vorwiegend — zwei Drittel davon — von Frauen. Häufig wird Frauen die demokratische Mitwirkung in Bezug auf ihre Teilzeitbeschäftigung und prekäre Beschäftigung in Betrieben verwehrt. Frauen sind heute allerdings wesentlich stärker engagiert und besser ausgebildet als in allen Generationen davor. Sie verdienen dennoch im Durchschnitt 25 % weniger als Männer.
Wir haben uns im Beschäftigungsausschuss sehr intensiv mit diesem Thema befasst und gute Vorschläge für die Frage der Frauenbeschäftigung entwickelt, die Einbeziehung — unabhängig vom Status ihrer Arbeit — in soziale Sicherungssysteme, die Schaffung von Kinderbetreuungseinrichtungen, die Ausrichtung von Renten und Sozialsystemen auf eine unabhängige Lebensführung und die Gestaltung der Arbeit nach den Prinzipien von guter Arbeit. Das alles ist im Wesentlichen in den Bericht über die prekäre Beschäftigung von Frauen übernommen worden. Der Beschäftigungsausschuss ist mit dem Ergebnis dieser Arbeit zufrieden und bittet um Zustimmung zu dem vorgelegten Bericht.
Anna Záborská, Im Namen der PPE-Fraktion. – (SK) Dieser Bericht ist schon der zweite Versuch, eine Stellungnahme des Parlaments über Mindeststandards beim Mutterschutz in der Europäischen Union zu formulieren.
Die Meinungen nahezu aller 27 Delegationen in den sieben Fraktionen unterscheiden sich. Das trifft auch auf meine Fraktion, die Christdemokraten, zu. Bis heute haben viele Abgeordnete die Konsequenzen unserer Abstimmung für ihre nationale Wirtschaft noch nicht erkannt, denn die zuvor erwähnte Studie betrachtete nur 10 der Mitgliedstaaten. Ich bin seit 20 Jahren in der Politik und nur selten habe ich eine derart komplexe Situation erlebt. Menschliches Leben beginnt im Körper der Frau und daher müssen wir ihre Gesundheit vor und nach der Geburt schützen. Mutterschutz darf nicht als sozialer Kostenfaktor ein Hindernis für ihre Beschäftigung werden. Mutterschaft darf kein Argument gegen weibliche Beschäftigung sein. Wenn wir jungen, gebildeten Frauen sagen, sie sollten Kinder bekommen und uns gleichzeitig weigern, ihre Mutterschaft anzuerkennen und nicht in der Lage sind, ihnen die Gelegenheit zu bieten, sich um ihre Kinder zu kümmern, werden wir bei der Umkehrung der demographischen Entwicklung nie erfolgreich sein.
Mutterschutz sollte im Zusammenhang mit der Sorge für den Vater, der natürlichen Struktur der Familie und der Notwendigkeit von Mutterliebe für das Neugeborene gesehen werden. Babys sind mehr als zukünftige Steuerzahler. Ich persönlich stimme den maximalen Anforderungen, die der Bericht vorschlägt, zu. Zur gleichen Zeit, spreche ich mich für Bestimmungen aus, welche die Reintegration von Müttern fördern, sollten sie sich entscheiden, in den Arbeitsmarkt zurückzukehren. Es ist jedoch unglücklich, von Mutterschutz in Verbindung mit Gleichberechtigung zu sprechen. Ich persönlich würde es besser finden, wenn die Kommission einen Vorschlag macht, der eine umfassende Darstellung von Schwangerschaft, Geburt und der nachfolgenden Gesundheitsfürsorge berücksichtigt. Diese Richtlinie gilt vielleicht zwei Jahrzehnte lang. Wir befinden uns heute gerade einmal bei den Anfängen eines langen schwierigen Entscheidungsprozesses. Ich frage, ob wir die zukünftige soziale und wirtschaftliche Entwicklung nur nach der gegenwärtigen finanziellen Situation bewerten möchten. All dies steht heute auf dem Spiel.
Marc Tarabella, im Namen der S&D-Fraktion. – (FR) Frau Präsidentin, Herr Kommissar, meine Damen und Herren, obwohl der Kommissar im Namen von Frau Reding und der Kommission gesprochen hat, um die Vorbehalte der Kommission gegenüber der Aufnahme von Vaterschaftsurlaub in den Text darzulegen, möchte ich heute vor allem im Namen aller Väter in Europa, die nicht das Recht auf Vaterschaftsurlaub haben, das Wort ergreifen.
Die Natur ermöglicht es uns nicht, Kinder zu bekommen, aber kann die Gesellschaft uns das Recht absprechen, die ersten Momente im Leben unserer Kinder zu teilen? Lassen Sie uns nicht vergessen, dass Väter auch Elternteile sind. Die Gesellschaft muss uns erlauben, uns bestmöglich unserer Söhne und Töchter anzunehmen, damit wir von der Geburt an eine enge Bindung zu ihnen herstellen können.
Daher rufe ich alle Kolleginnen und Kollegen auf, mit überwältigender Mehrheit für die Einführung von zwei Wochen voll bezahltem Vaterschaftsurlaub in der ganzen Europäischen Union zu stimmen. Ich rufe außerdem die Europäische Kommission und den Rat auf, uns bei diesem Thema zu unterstützen und ich frage noch einmal: Wie können Sie sich gegen unsere Bitte zur Schaffung eines neuen Vaterschaftsrechts auf europäischer Ebene aussprechen?
Ich appelliere auch an all meine Kolleginnen und Kollegen, den Bericht Estrela komplett zu unterstützen. Diejenigen, die die Wirtschaftskrise als Argument anbringen, Frauen eine akzeptablere Länge des Mutterschaftsurlaubs und noch viel mehr eine angemessene Bezahlung und Männern einen Vaterschaftsurlaub zu verweigern, frage ich direkt: Warum bewegen Sie sich in einer Wirtschaftskrise bei den sozialen Errungenschaften immer rückwärts?
Erkennen Sie denn nicht, dass die ganzen wirtschaftlichen Kosten durch eine erhöhte Teilhabe von Frauen am Arbeitsmarkt, weniger Diskriminierung, Geschlechtergleichheit und eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie ausgeglichen werden, was langfristig zu wirklichen wirtschaftlichen Vorteilen führt?-
Zum Schluss sagen ich denjenigen, die Väter und Mütter auf dem Altar der Wirtschaftskrise opfern möchten, noch einmal: Wir können keine Kosten sparen, wo Grundrechte betroffen sind. Dies ist auch ein Kampf für eine humanere Gesellschaft und in diesen Zeiten der Krise ist die Familie zunehmend unsere letzte Bastion gegen die Herausforderungen des Lebens.
Siiri Oviir, im Namen der ALDE-Fraktion. – (ET) Herr Kommissar, meine Damen und Herren, seit Jahren wird das Europäische Parlament regelmäßig gerufen, um schwangere Arbeitnehmerinnen zu schützen und die bestehenden Rechtsvorschriften bezüglich des Mutterschaftsurlaubs zu aktualisieren. Die Richtlinie zu diesem Thema gibt es seit 18 Jahren. Europas demografische Zukunft ist nicht ermutigend und nachdem wir diese Situation besprochen haben, haben wir 2008 in diesem Plenarsaal eine Entschließung zu Maßnahmen bezüglich der Dauer und des Schutzes von Mutterschaftsurlaub angenommen. Dadurch wurde dafür gesorgt, dass es mittels einer geeigneten Politik möglich ist, die Geburtenrate zu beeinflussen, indem ein finanziell und psychologisch günstiges Umfeld für die Familie geschaffen wird.
Der derzeit geltende Vertrag der Europäischen Union bietet uns in diesem Parlament eine Rechtsgrundlage zur Annahme der diskutierten Richtlinie. Wir haben viel über Chancengleichheit von Männern und Frauen und Gleichberechtigung auf dem Arbeitsmarkt gesprochen und es ist klar, dass ein längerer Mutterschaftsurlaub und auch ein längerer Vaterschaftsurlaub eine bessere Grundlage dafür schaffen werden. Es ist eine Tatsache, dass Schwangerschaft und Geburt eine Belastung für den Körper der Frau darstellen. Die Richtlinie soll die Gesundheit von Frauen schützen. Es ist daher wichtig, eine Zeit zu haben, die eine gesundheitliche Erholung ermöglicht und die es der Mutter auch erlaubt, ihre Kinder zum Wohle ihrer Gesundheit und Entwicklung zu stillen.
Ich möchte auch ein paar Worte über Vaterschaftsurlaub sagen. Wer sonst, wenn nicht der Vater des Kindes, sollte das Kind zu dieser Zeit unterstützen? Ich unterstütze die Einführung eines Vaterschaftsurlaubs, der entsprechend des Mutterschaftsurlaubs vergütet wird. Unsere Bürgerinnen und Bürger beschweren sich oft bei uns, dass die Rechtsvorschriften der Europäischen Union zu kompliziert sind – verstehen Sie das nicht? Lassen Sie uns die Situation nicht noch komplizierter machen, sondern lassen Sie uns in die Richtlinie einen Vaterschaftsurlaub aufnehmen, der zeitlich dem des Mutterschaftsurlaubs entspricht. Was die Kosten angeht: Wir sind in einer Wirtschaftskrise oder wir beschwören sie eher herauf, aber das ist keine Rechtfertigung, sich vehement zu weigern, Mutterschaftsurlaub in einer Höhe zu vergüten, die für das 21. Jahrhundert angemessen ist. Analysen haben gezeigt, dass wir die Beschäftigung von Frauen nur um 1 % erhöhen müssen, um die Kosten auszugleichen.
Raül Romeva i Rueda, im Namen der Verts/ALE-Fraktion. – (ES) Frau Präsidentin, dies ist keine gute Zeit für Mutterschaft, aber eine noch schlechtere für Vaterschaft.
Das liegt daran, dass einige politische Kräfte und einige Unternehmensgruppen immer noch die altmodische Auffassung vertreten, dass Kinder ausschließlich Frauensache sind.
Nun ja, meine Damen und Herren, das ist nicht der Fall. Absolut nicht. Es ist eine soziale Verantwortung, die kollektiv von der gesamten Gesellschaft getragen werden sollte. Darüber sprechen wir heute. Darüber diskutieren wir: Wer muss die Verantwortung und die Kosten für Kinder übernehmen, die auch unsere Zukunft sein müssen?
Natürlich können nur Frauen schwanger werden und gebären. Keiner stellt das in Frage. Was wir hier diskutieren, ist, dass Frauen alleine den Preis in ihrer Karriere bezahlen müssen und dass sie die Verantwortung in ihrem Privatleben tragen müssen.
Am Ende der letzten Wahlperiode hatten wir die Gelegenheit, bei diesem Thema auf europäischer Ebene einen großen Schritt vorwärts zu machen und es ist uns nicht gelungen, weil ein großer Teil dieses Hauses es verhinderte – der konservativste Teil des Hauses: Abgeordnete aus der der Fraktion der Europäischen Volkspartei (Christdemokraten) und der Fraktion der Allianz der Liberalen und Demokraten für Europa, einige Delegationen, nicht alle, aber einige Delegationen. Das verhinderte, dass Mütter heute mehr Rechte haben. Das dürfen wir nicht vergessen.
Heute haben wir erneut die Gelegenheit, einen Teil dieses Problems zu beheben. Der Bericht Estrela, welcher schon vom Ausschuss für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter angenommen wurde, ist eine gute Grundlage für Kompromiss und Konsens, und ich denke, wir sollten ihn am Mittwoch durch unsere Stimmen unterstützen.
Er gibt schwangeren Arbeitnehmerinnen in Europa mehr Rechte, er gewährleistet, dass ihre Gehälter weiter bezahlt werden, und er verpflichtet Väter, ihren Teil der Verantwortung zu tragen. Außerdem stellt er sicher, dass schwangere Frauen keine Rechte verlieren, wenn sie von einem Mitgliedstaat in einen anderen ziehen. Das ist alles wichtig und wir sollten dies unter keinen Umständen aus den Augen verlieren.
Wenn wir bei der Stimmabgabe am Mittwoch einige dieser grundlegenden Punkte verlieren, halte ich es für wichtig, dass wir uns darüber im Klaren sind und dass sich die europäischen Eltern darüber im Klaren sind, dass das nicht einfach so zufällig passiert ist und dass das Argument der Wirtschaftskrise nicht in solch einem wichtigen Zusammenhang verwendet werden kann.
Es gibt natürlich eine Krise und wir müssen dafür Verantwortung übernehmen. Mütter müssen jedoch keine Verantwortung dafür übernehmen. Das wird verständlich, wenn wir uns vergegenwärtigen, dass wir nicht über Kosten, sondern über Investitionen reden. Es ist eine Investition in die Zukunft und in viel gesündere Gesellschaften.
Das ist eine Debatte, die wir bei der Abstimmung am Mittwoch haben werden. Ich bin dafür, den Bericht von Frau Estrela zu unterstützen und ich bin dafür, dass die Mehrheit in diesem Haus genau das Gleiche tut, denn wenn nicht, werden wir nicht nur die Gesundheit berufstätiger Mütter riskieren, sondern auch den Sozialstaat, für dessen Errungenschaften wir in Europa so lange gearbeitet haben.
Marina Yannakoudakis, im Namen der ECR-Fraktion. – Frau Präsidentin, ein bekannter Geschäftsmann sagte einmal, dass Gleichstellungsgesetze, die zu weit gingen, in Wirklichkeit die Beschäftigungschancen von Frauen minderten.
Unternehmen dürfen Frauen nicht fragen, ob sie ein Baby bekommen werden. Das macht es einfach – sie stellen sie einfach nicht ein. Und das ist unglücklicherweise die harte Realität der in diesem Bericht geforderten verpflichtenden vollen Bezahlung von Mutterschaftsurlaub.
Sehen Sie dies im Zusammenhang mit den wirtschaftlichen Auswirkungen auf kleine und mittelständische Unternehmen – im Vereinigten Königreich Kosten in Höhe von 2,6 Mrd. GBP, in Deutschland 1,7 Mrd. EUR – und Sie sehen, dass dieser Bericht in der Tat gefährlich im heutigen wirtschaftlichen Umfeld ist.
Was würde es jedoch für einen Unterschied machen, wenn die Mutterschaftsregelung entfernt werden würde. Der Bericht würde sich auf sein ursprüngliches Ziel konzentrieren, das des Gesundheitsschutzes von schwangeren Arbeitnehmerinnen und Wöchnerinnen.
Ich bitte meine Kolleginnen und Kollegen im Ausschuss für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter, zu den Grundlagen zurückzukehren und das zu tun, was richtig für Frauen ist. Frauen benötigen Wahlmöglichkeiten. Sie benötigen Instrumente, um diese Entscheidungen zu treffen. Arbeitgeber müssen Frauen unterstützen können, ohne dass dies bedeutet, dass sie nicht länger wirtschaftlich rentabel sind. Mitgliedstaaten müssen auch ihre Volkswirtschaften stärken und dabei Möglichkeiten schaffen.
Die EKR-Fraktion hat einen Änderungsantrag gemacht, der sich mit den zahlreichen Problemen beschäftigt, die die Regelung der verpflichtenden vollen Bezahlung schaffen würde, und ich bitte meine Kolleginnen und Kollegen, diese Änderung zu unterstützen und diesen Bericht durchführbar zu machen.
Es ist nicht Aufgabe der EU, mit ihrer Politik neue soziale Verhältnisse zu schaffen. Die Vorstellung, dass bezahlter Mutterschaftsurlaub Frauen ermutigen wird, Kinder zu bekommen, ist naiv. Kinder sind für das Leben. Die Kosten sind für das Leben. Also erzählen Sie mir bitte nicht, dass die Gewährung von 20 Wochen voll bezahltem Mutterschaftsurlaub die Bevölkerung wachsen lassen wird.
Es gibt zahlreiche Schwachstellen in diesem Bericht. Die von der EKR-Fraktion angeforderte Folgenabschätzung hat dies bewiesen. Die Frage ist jetzt, ob wir den Bericht stärken oder ihn zur Überarbeitung zurückschicken.
Eva-Britt Svensson, im Namen der GUE/NGL-Fraktion. – (SV) Die Debatte über die Richtlinie zum Mutterschaftsurlaub und den Eigeninitiativbericht über Frauen in prekären Beschäftigungsverhältnissen berührt den wichtigsten Grund dafür, bei allen Beschäftigungsarten Gleichberechtigung zu schaffen. Die Möglichkeit und die Voraussetzungen für Frauen, in der Lage zu sein, für sich selbst zu sorgen, bilden die Grundlage für Gleichberechtigung in allen Politikfeldern. Am kommenden Mittwoch werden wir die Gelegenheit haben, den Weg für vollständige Teilhabe von Frauen am Arbeitsmarkt, freizumachen.
Ich bedaure die Tatsache, dass wir 2010 immer noch über Mutterschaftsurlaub anstatt über Elternzeit sprechen. Für mich ist es selbstverständlich, dass Kinder das Recht haben, beide Elternteile zu haben und ich glaube, dass wir in diesem Fall einen Blick auf die Kinderrechtskonvention werfen sollten. Wir sprechen über die Rechte von Müttern und Vätern, aber wir müssen auch über das Recht – das bedingungslose Recht – von Kindern sprechen, eine enge Beziehung zu beiden Elternteilen aufzubauen.
Wir haben sehr laut über die die Kosten dieser Elternzeit gesprochen und zwar in noch viel lauter als wir dies bei den Millionen von Euro taten, mit denen wir unter anderem die Banken und die Autoindustrie unterstützten. Manchmal frage ich mich, ob es einfacher ist, Kosten in traditionell „männlichen“ Bereichen hinzunehmen als bei Themen, die die Gleichberechtigung und das Recht des Kindes betreffen, beide Elternteile zu haben.
Ich glaube auch, dass die Kosten diskutiert wurden, ohne die individuellen und sozioökonomischen Vorteile, die dieser Vorschlag zu Folge hat, in Betracht zu ziehen. Viele sprachen über die demographische Zukunft und darüber, dass zu wenige Kinder geboren werden. Jetzt haben wir jedoch die Gelegenheit, dafür zu sorgen, dass mehr Kinder zu zur Welt kommen.
Die Konföderale Fraktion der Vereinigten Europäischen Linken/Nordische Grüne Linke und ich unterstützen die Vorschläge von Frau Estrela und Frau Thomson, worüber wir im Ausschuss für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter abstimmten, wo wir die Möglichkeiten verbesserten.
Ich sehe jedoch eine Reihe von Problemen in bestimmten Mitgliedstaaten, in denen es zurzeit eine deutlich bessere Elternzeit gibt. Ich fände es gut, wenn diese Rechtsvorschriften Rechte gewährten, anstatt einem Elternteil eine Verpflichtung aufzuerlegen. Ich fände es auch gut, wenn die Kinderrechtskonvention und das Recht eines Kindes auf beide Elternteile viel selbstverständlicher wären.
Es gibt in bestimmten Mitgliedstaaten auch Probleme mit den Vergütungssätzen. Jemand in dieser Debatte erwähnte, dass Arbeitgeber Frauen in gebärfähigem Alter heute fragen, ob sie planen, Kinder zu bekommen. Ich hoffe, dass wir in der Zukunft, in sehr naher Zukunft, Vätern dieselbe Frage stellen werden, denn Kinder – noch einmal – betreffen beide Eltern. Dies ist etwas, das wir ernst nehmen müssen.
Mara Bizzotto, im Namen der EFD-Fraktion. – (IT) Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, der Weg zu einem frauenfreundlichen Europa ist noch weit und beschwerlich. Die Statistik ist ziemlich eindeutig: Die weltweite Krise hat den Arbeitsmarkt getroffen und die Beschäftigung von Frauen, die 2008 um weitere 0,7 Prozentpunkte gesunken ist, auf eine harte Probe gestellt. Trotz der Provokationen, die mit Blick auf Chancengleichheit und Beschäftigung regelmäßig Euro-Propaganda anheizen, wofür die Unterstützung schwindet, wurden bis heute keine konkreten Maßnahmen ergriffen, um Frauen wirkliche Erfüllung als sowohl Arbeitnehmerinnen und Mütter zu garantieren.
Das Europa der Zukunft muss bei seinem sozialen Modell radikal umdenken und nicht einfach von Zeit zu Zeit dessen Etikett ändern. Die Richtlinie, die die Einrichtung des Mutterschaftsurlaubs in Europa festlegt, ist daher gut, aber die Entscheidung, ganz nebenbei im selben Bericht das ergänzende und genauso wichtige Thema des Vaterschaftsurlaubs anzusprechen, ist unproduktiv.
Die bessere Integration von Frauen ist nicht nur ein moralischer Wert, sondern ein strategisches Ziel der Nachhaltigkeit des viel gelobten europäischen Sozialmodells, welches mich aufgrund des Mangels an Resultaten weiterhin nicht überzeugt.
Edit Bauer (PPE). – (HU) Der Vorschlag zum Mutterschaftsurlaub ist grundsätzlich eine Bestimmung zum Gesundheitsschutz und zur Sicherheit, und der Hauptgrund dafür, dass die Richtlinie aus dem Jahr 1992 zur Verbesserung der Lebensbedingungen von Müttern geändert werden muss, ist, dass die Internationale Arbeitsorganisation im Jahr 2000 ein internationales Abkommen angenommen hat, das die Mindestdauer für Mutterschaftsurlaub auf 18 Wochen festlegt. In der Zwischenzeit sind wir aber – was die Länge des Mutterschaftsurlaubs, die Finanzierung und die Höhe der Bezahlung angeht – aufgrund der Kombination von Mutterschaftsurlaub und Elternzeit in den unterschiedlichen Gesundheitssystemen Zeuge von solch unterschiedlichen Entwicklungen geworden, dass es jetzt praktisch unmöglich ist, einen gemeinsamen Nenner zu finden. Trotz unserer guten Absichten, die wir alle haben, ob wir nun auf der linken oder rechten Seite dieses Hauses sitzen, sind wir nicht in der Lage, eine Entscheidung zu treffen, die positiv aufgenommen wird und von jedem Mitgliedstaat begrüßt wird.
Eine gute Lösung wäre es gewesen, bei diesem Vorschlag auf der Ebene der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes zu bleiben und Chancengleichheit in einer anderen Bestimmung zu fördern. Als ich in diesem Bereich den Bericht zu geschlechtsspezifischen Unterschieden bei Löhnen und Gehältern vorlegte, verwies ich auf die unvorteilhafte Situation von Müttern, die nach der Geburt ihres ersten Kindes in den Arbeitsmarkt zurückkehren. Daher ist Chancengleichheit auch problematisch und wir müssen dieses Problem lösen. Solange jedoch Mütter und Väter bei der Geburt nicht dieselben Aufgaben übernehmen können – und Väter können keine Kinder bekommen –, müssen wir Chancengleichheit wohl in anderen Gebieten herstellen. Das Problem der Chancengleichheit muss gelöst werden und wir müssen in dieser Hinsicht auch Fortschritte machen, aber nicht in dieser Richtlinie. Wir haben die Gelegenheit verpasst, die Kombination von Elternzeit und Mutterschaftsurlaub zu modernisieren.
Silvia Costa (S&D). – (IT) Frau Präsidentin, Herr Kommissar, ich glaube, dass das Parlament eine große Chance hat, zu bekräftigen, dass Mutterschaft ein gesellschaftlicher Wert ist, dass der Schutz der Gesundheit der Mutter und ihres Kindes gestärkt werden muss, dass Arbeitnehmerinnen bei der Suche und beim Verbleiben in einer Arbeitsstelle nicht diskriminiert werden und dass Kinderbetreuung besser mit dem Vater geteilt werden soll.
Trotz der gegenwärtigen Krise müssen wir – wie bereits hervorgehoben – die gleiche Sichtweise annehmen, die bereits die fortschrittlichsten Wirtschaftswissenschaftler angenommen haben. Die Folgenabschätzung, die durchgeführt wurde, zeigt die Notwendigkeit eines weitsichtigeren und ganzheitlicheren Ansatzes. Die heutigen Kosten, die unter Umständen gestaffelt werden können, sind eine gesellschaftliche und wirtschaftliche Investition in besseres Wohlbefinden von Kindern, weniger Krankheiten und größere Teilhabe von Frauen am Arbeitsmarkt.
Viele führen an, dass es ohne ein neues Wohlfahrtssystem und neue Möglichkeiten, Beruf und Familie in Einklang zu bringen, keinen Anstieg gut ausgebildeter und qualifizierter Frauen auf dem Arbeitsmarkt geben wird. Ich stimme den Berichterstatterinnen, Frau Estrela und Frau Plump, voll zu und danke ihnen für die umfangreiche Arbeit, die sie ausgeführt haben, und ebenso danke ich den Kolleginnen und Kollegen, die versucht haben, eine gemeinsame Basis zu finden.
Ich stimme auch der Möglichkeit zu, die, so denke ich, viele von uns wollten und die Müttern von behinderten Kindern und im Fall von Adoptionen und Mehrlingsgeburten mehr Möglichkeiten für flexible Arbeitszeiten bietet, und ich stimme der Umkehr der Beweislast bei Gesetzesverstößen zu sowie dem Schutz vor Kündigung. Des Weiteren schlug ich gemeinsam mit anderen Kolleginnen und Kollegen vor, dass im Hinblick auf die vorgeschriebenen sechs Wochen Urlaub nach der Geburt eine Schutzklausel für die Länder eingeführt wird, in denen die Rechtsvorschriften diese vorgeschriebene Zeit auch vor der Geburt eines Kindes vorsehen.
Daher hoffe ich jetzt, dass wir in diesen zwei Tagen gewillt sind, eine gemeinsame Grundlage zu finden, damit wir nicht die wichtige Gelegenheit verpassen, diese Richtlinie noch in dieser Wahlperiode anzunehmen.
Antonyia Parvanova (ALDE). – Frau Präsidentin, wenn wir von gleicher Verteilung von familiären Verpflichtungen zwischen Männern und Frauen reden – und uns letztendlich beim Schutz der Interessen des Kindes bei den Vereinbarkeitsmaßnahmen dem Ziel einer gleichberechtigteren Gesellschaft annähern –, müssen wir uns daran erinnern, dass wir hier im Haus die Menschen repräsentieren und nicht die Ansichten des Rats. In letzter Zeit habe ich festgestellt, dass zu viele Leute aus den Ständigen Vertretungen umhergehen und Lobbyarbeit unter den Abgeordneten betreiben, was ich entsprechend unserer Regeln und dem Prinzip des unabhängig gewählten Abgeordneten für nicht akzeptabel halte.
Es wird argumentiert, dass Mutterschaftsurlaub zur Zeit einer Wirtschaftskrise höhere Kosten für den privaten und öffentlichen Sektor verursacht, aber es handelt sich dabei um gerade einmal 0,01 % des Bruttoinlandsprodukts, 2 Mrd. EUR. Gleichzeitig habe ich die Militärhaushalte der erwähnten Länder verglichen. Deren Budget hat sich in der Tat in einem Jahr um 3 Mrd. EUR erhöht und das wurde weder in diesem Haus noch in den Parlamenten dieser Länder in Frage gestellt.
Es ist jedoch in einer Zeit wachsender wirtschaftlicher Unsicherheit und im Angesicht demographischer Veränderungen entscheidend, flexible Modelle für Mutterschaftsurlaub zu unterstützen, welche helfen könnten, den gegenwärtigen demographischen Trend umzukehren. Wir sollten uns gemeinsam dazu verpflichten, Frauen in ganz Europa am Arbeitsmarkt teilhaben zu lassen und ihre Lebensentscheidungen ernst zu nehmen, und zwar durch eine höhere Teilnahme am Arbeitsmarkt, mit größerer Wertschätzung für Kinder und die Wichtigkeit, Familie und Beruf in Einklang zu bringen.
Daher möchte ich deutlich betonen, dass das europäische Sozialsystem und Maßnahmen, wie in dieser Richtlinie angeregt, einen Wert haben und keine Belastung für den europäischen Markt sind.
Marije Cornelissen (Verts/ALE). – Frau Präsidentin, aus den eingereichten Änderungsanträgen einiger Kolleginnen und Kollegen der ALDE-, PPE- und EKR-Fraktionen – zum Glück nicht aus allen – geht klar hervor, dass sie ihre Seelen an kurzsichtige Unternehmerinteressen und an Lobbyisten aus Mitgliedstaaten verkauft haben, die sich nicht um Frauenrechte kümmern. Wenn diese Änderungsanträge angenommen werden, wird sich das Leben von Müttern und Vätern in der EU nicht verbessern.
Wenn eine Auszeit nicht angemessen bezahlt wird, können nur Frauen davon Gebrauch machen, deren Arbeitsplätze unwichtig sind. Sie, meine lieben Kolleginnen und Kollegen im rechten Lager, bewahren ein System mit einem männlichen Ernährer und seiner kleinen Frau mit ihrem kleinen Nebenjob, die er schön unter Kontrolle hält. Für sie ist es nicht wirklich wichtig, wie hoch die Vergütung ist. Aber jede unabhängige Frau, die ihre Familie wirklich ernährt, sollte besser nach sechs vorgeschriebenen Wochen wieder arbeiten – wenn der Rest schlecht bezahlt ist –, egal, ob sie noch Blutungen hat oder nicht. Außerdem hat sie keine Möglichkeit, ihrem Kind einen guten Start durch Stillen an der Brust zu geben.
Ich hoffe von ganzem Herzen, dass die, die das Leben von neuen Vätern und Müttern besser machen wollen, diese Abstimmung gewinnen. Diese Richtlinie könnte ein Eckstein einer modernen Arbeitsmarktpolitik für eine alternde Gesellschaft sein. In der Zukunft bedarf es Politiker, die mutig genug sind, ihre eigene Meinung zu vertreten, die etwas vorausschauender sind und die eine Vision einer Gesellschaft mit viel mehr arbeitenden Müttern und viel mehr an der Kinderpflege beteiligten Vätern haben. In der Zukunft können wir sicherlich ohne diejenigen auskommen, die auf den Knien rutschen, sobald Vorstandsvorsitzende eines Unternehmens mit nichts als dem nächsten Finanzbericht im Sinn oder Minister in Mitgliedstaaten mit nichts als den nächsten Wahlen im Sinn mit der Lobbyarbeit beginnen.
Tadeusz Cymański (ECR). – (PL) Die Bedeutung dieser Richtlinie geht über das Problem der Gleichberechtigung von Frauen und der Hilfe für Frauen in der Schwangerschaft hinaus. Wir müssen dieses Thema in einem größeren Zusammenhang sehen; nicht nur in einem sozialen, sondern auch in einem wirtschaftlichen Zusammenhang und über einen größeren Zeitraum. Es ist etwas paradox, dass wir, indem wir verständlicherweise und logischerweise versuchen, unsere gegenwärtigen finanziellen Praktiken zu schützen, wirtschaftlich und finanziell in zukünftigen Generationen viel verlieren könnten.
Viele Experten glauben, dass eines der größten Probleme in Europa, welches möglicherweise das wichtigste von allen Problemen sein könnte, der demographische Kollaps ist. Fortschritte in der Medizin, eine Verbesserung der Lebensbedingungen und eine Verlangsamung des natürlichen Bevölkerungswachstums bedeuten ein sehr altes und sehr teures Europa in der Zukunft. Schon heute werden die Kosten der Betreuung von älteren Menschen auf fast 2 % von Europas Bruttoinlandsprodukt geschätzt. Die Gründe für das sinkende Bevölkerungswachstum sind sehr komplex und übersteigen soziale Probleme und materielle Sicherheit. Dennoch gibt es keine Zweifel, dass die neuen Vorschläge in der Richtlinie einen signifikanten Anstoß darstellen und dazu beitragen werden, dass sich viele Frauen in Europa entscheiden werden, Kinder zu bekommen.
Frau Präsidentin, der Umfang der Unterstützung für schwangere Arbeitnehmerinnen variiert in den europäischen Staaten sehr stark. Die Bedeutung dieser Richtlinie wird vor allem in den Staaten spürbar sein, in denen der Umfang des Schutzes sehr gering ist und wo Unterstützung für Familien sehr gering oder gar nicht vorhanden ist; auch wenn es um die Betreuung älterer Kinder geht. Daher möchte ich allen, die an dieser Richtlinie mitgearbeitet haben, besonders für ihre Unterstützung für Frauen in anderen Ländern danken, die jetzt mit mehr Hoffnung in die Zukunft sehen können. Was die Kinder angeht, möchten diese natürlich eine glückliche Mutter, die keine Angst hat, ihre Arbeit zu verlieren, und keine Angst hat, nicht in der Lage zu sein, sie zu ernähren oder aufzuziehen. Noch einmal vielen Dank, und ich zähle auf einen Kompromiss bei der Abstimmung am Mittwoch. Vielen Dank.
Jacky Hénin (GUE/NGL). – (FR) Frau Präsidentin, diese Berichte gehen in die richtige Richtung und verdienen viel mehr öffentliche Aufmerksamkeit. 85 % der unfreiwilligen Teilzeitarbeit und 80 % der schlecht bezahlten Arbeit werden von Frauen ausgeübt. Die Bezahlung von Frauen liegt 27 % niedriger als die von Männern. Fünfzig Prozent aller Frauen haben eine Rente von weniger als 600 EUR. Der Großteil der Fälle von falschen Angaben oder nicht angemeldeter Arbeit, die aufgedeckt werden, betrifft Frauen. Selbst jetzt, im 21. Jahrhundert, entdecken wir noch Fälle von Sklaverei in Europa und in jeden Fall sind Frauen verwickelt.
Ja, alles, was getan werden kann, muss getan werden, um erfolgreich skandalöse Praktiken gegenüber Frauen am Arbeitsplatz und in der Gesellschaft zu eliminieren. Es erfordert jedoch mehr als guten Willen. Die erwarteten Gewinne sind so groß und die damit verbundenen Sanktionen sind so gering bemessen, dass es – um es ganz offen zu sagen – „Bastarde“ gibt, die nicht zögern, weiterhin Menschen auszubeuten, als ob sie nur Vieh wären. Wir müssen – und das ist eine Angelegenheit von höchster Dringlichkeit – die Mitgliedstaaten dazu bringen, ihrer Verantwortung gerecht zu werden, und wir müssen die strengstmöglichen Sanktionen gegen für diejenigen fordern, die denken, sie stünden über dem Gesetz.
Giancarlo Scottà (EFD). – (IT) Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, ich möchte Ihre Aufmerksamkeit auf einen Bereich lenken, in dem die Bedingungen für Arbeitnehmerinnen weiterhin prekär sind. Ich rede vom Agrarsektor, einem Wirtschaftszweig, in dem Frauen sich auf Innovation konzentrieren und gleichzeitig auf die Wiederbelebung von Traditionen und die Bewahrung von landwirtschaftlichem Erbe sowie darauf, den ländlichen Raum am Leben zu erhalten. Dennoch begegnen Frauen bei ihrer Arbeit zahlreichen Hindernissen, wenn sie ihr Arbeitsleben mit ihrem Familienleben in Einklang bringen müssen.
Frau Thomsen nennt uns in ihrem Bericht eine Zahl, die uns zum Nachdenken bringt: Im Agrarsektor arbeiten 86 % der Arbeitnehmerinnen in Teilzeit. Des Weiteren ist der Einstieg von Frauen in diesem Wirtschaftszweig voller Schwierigkeiten und daher sind Frauen, die die Betriebe verwalten, oft über 65. Auf der anderen Seite nehmen einige andere Frauen die Position einer unterstützenden Partnerin ein, was eher bedeutet, dass sie im Betrieb ihres Mannes helfen, ohne einen rechtlichen Status zu haben und ohne angemessenes Entgelt.
Ich behaupte, dass es erforderlich ist, Frauen und ihre Arbeitsplätze in einem Wirtschaftszweig zu schützen, in dem ihre Arbeit oft zeitlich begrenzt oder saisonal ist, sie beim Gesundheitsschutz zu unterstützen und sicherzustellen, dass sie fair bezahlt werden und angemessen für ihre Arbeit anerkannt werden.
Licia Ronzulli (PPE). – (IT) Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, wenn wir von Vereinbarkeit sprechen, beziehen wir uns auf die Maßnahmen, die es ermöglichen, unter Berücksichtigung der Bedürfnisse der Familie und der Bedürfnisse der Arbeitnehmerinnen, Beruf und Familienleben miteinander zu vereinbaren. Wir reden daher über Unterstützungsmechanismen, ohne die eine Frau, die zum Spaß, für ihre Karriere oder vor allem aus Notwendigkeit arbeitet, vor einem Dilemma steht, und die drastischste und meistens endgültige Entscheidung ist es, ihren Arbeitsplatz zu verlassen. Wenn sie den Arbeitsmarkt einmal verlassen hat, ist eine Rückkehr umso schwerer. Solch eine Situation führt zu großer Frustration und bedeutet gleichzeitig auch große wirtschaftliche Opfer.
Der Text, der heute debattiert wird, schlägt zahlreiche Unterstützungsmechanismen für Arbeitnehmerinnen vor, was die Grundlage für Rechtssicherheit schafft. Diese gibt Frauen die Wahlfreiheit und ermöglicht die wirkliche Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Ich möchte auch einen anderen Aspekt hervorheben, der die Position von Arbeitnehmerinnen in prekären Situationen betrifft. Wie schon so oft gesagt wurde, leiden Frauen weiterhin unter Ungleichbehandlung bei Beschäftigungsmöglichkeiten, Qualität der Arbeit und Entlohnung. Was die Qualität der Arbeit betrifft, muss erwähnt werden, dass Frauen sehr oft Misshandlungen nicht melden und gezwungen sind, Beschäftigung am Rande der Legalität zu akzeptieren, um ein ausreichendes Einkommen für ihre Familie zu bekommen. Es ist an der Zeit, dies zu beenden.
Es ist daher erforderlich, jedes Fehlverhalten von Arbeitgebern im Hinblick auf Arbeitnehmerinnen zu überwachen. Jeder Rechtsbruch muss ausnahmslos verfolgt und bestraft werden. Wir müssen uns weiter dafür einsetzen, auf eine Sozialpolitik hinzuarbeiten, die zunehmend gerecht und effektiv ist.
Zita Gurmai (S&D). – Frau Präsidentin, der Bericht, den wir heute diskutieren, ist entscheidend für Eltern und Kinder in Europa und auch für Europa als Gemeinschaft. Die Bestimmungen dieser Rechtsvorschrift tragen dazu bei, dass sichergestellt wird, dass alle Frauen in Europa die gleichen Mindestrechte und die gleiche Mindestunterstützung bekommen, wenn sie sich entscheiden, Kinder zu bekommen. Sie stellen auch sicher, dass Frauen, die sich dafür entscheiden, Kinder zu bekommen nicht für ihre Wahl, Mütter zu werden, finanziell bestraft werden, wenn sie versuchen, die Familie mit ihrer Karriere zu kombinieren.
Ein sehr bedeutender Faktor ist Europas demographische Herausforderung. Sinkende Geburtenraten und eine alternde Gesellschaft und eine folglich schrumpfende Zahl von Arbeitskräften machen die Erhaltung des Wirtschaftswachstums besonders in Krisenzeiten äußerst schwer.
Ist die Lösung, Frauen dazu zu bringen, keine Kinder zu bekommen oder dem amerikanischen Modell zu folgen, bei dem Frauen keine oder wenig Unterstützung bekommen und an den Arbeitsplatz zurückkehren müssen, bevor sie sich von der Geburt erholt haben? Wenn das der Fall ist, sage ich nein. Keine Kinder zu haben, ist für die Gemeinschaft langfristig teurer. Frauen müssen sich von der Geburt erholen, um bereit für einen Wiedereintritt in den Arbeitsmarkt zu sein. 18 Wochen sind ein Minimum und sie sollten dafür nicht durch direkte oder indirekte Einschnitte bestraft werden.
In 24 von 27 Mitgliedstaaten der EU ist es der Staat, der für den Mutterschaftsurlaub aufkommt, und nicht die Unternehmen. Wollen Unternehmen nicht in junge Frauen investieren, die sie angeworben und ausgebildet haben? Wir sollten unserer sozialen Verantwortung gerecht werden. Angesichts der Tatsache, dass die EU und ihre Mitgliedstaaten riesige Geldmengen für die Rettung von Banken ausgegeben haben, müssen wir fragen, warum Geld immer auf Kosten von Frauen gespart werden muss. Väter sollten auch in der Lage sein, eine Auszeit zu nehmen, um Zeit mit ihren neugeborenen Babys zu verbringen.
Wir reden ständig über gemeinsame Verantwortung und jetzt können wir etwas dafür tun. Einige der hier Anwesenden glauben, dass das nicht hinnehmbar ist. Hoffentlich wird Kommissar Šefčovič uns zeigen, dass er dabei sehr eindeutig und progressiv ist.
Elizabeth Lynne (ALDE). – Frau Präsidentin, diese Richtlinie hatte zu Recht immer das Ziel, Mindeststandards beim Schutz von schwangeren Arbeitnehmerinnen und stillenden Frauen zu schaffen. Dennoch finde ich, dass einige der Änderungsanträge des Ausschusses für die Rechte der Frau und der Gleichstellung der Geschlechter sowie des Ausschusses für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten zu weit gehen.
Sie berücksichtigen nicht die unterschiedlichen Traditionen in unterschiedlichen Mitgliedstaaten. Einige haben Mutterschaftsurlaub, einige haben auch Vaterschaftsurlaub und einige haben Elternzeit. Sie werden auf vollkommen unterschiedliche Weise in unterschiedlicher Höhe vergütet – einige durch die sozialen Sicherheitssysteme einige von Unternehmen und einige durch eine Kombination von beidem. Wir dürfen nicht einige sehr gute Systeme ruinieren.
Bei meinen Änderungsanträgen geht es um die Schwierigkeiten, etwas zu erreichen, das für alle Mitgliedstaaten passend ist. Eine volle Bezahlung würde meiner Meinung nach dazu führen, dass viele junge Menschen – oder besonders junge Frauen – gar nicht eingestellt werden. Ich bin erfreut, dass die zweite Folgenabschätzung zumindest detaillierter war als die erste. Wie Sie wissen, besagte sie, dass es die zehn Mitgliedstaaten mehr als 7 Mrd. EUR im Jahr kosten würde, wenn volles Arbeitsentgelt mit aufgenommen würde. Er befasste sich noch nicht einmal mit den anderen 17 Mitgliedstaaten und ich vermute, dass die Kosten für die Einführung von voller Bezahlung für sie auch problematisch wären.
Was den verpflichtenden Mutterschaftsurlaub betrifft, war ich immer der Meinung, dass die Mutter selbst entscheiden soll, wann und wie lange sie sich frei nimmt. In den 1960er und 70er Jahren kämpften wir für gleiche Rechte für Frauen – nicht dafür, dass ihnen Vorschriften gemacht werden – und es scheint, als würden wir rückwärts statt vorwärts gehen.
Andrea Češková (ECR). – (CS) Ich bin sehr besorgt, dass zwei sehr unterschiedliche Dinge in Bezug auf den Schutz von Frauen durcheinander gebracht werden: die Einstellungsbedingungen von Arbeitnehmerinnen und die rechtliche Position von selbständigen Frauen oder Unternehmerinnen. Wenn es um weibliche Angestellte geht, können wir generell von Schutz durch das Arbeitsrecht reden, besonders in der Schwangerschaft und nach der Geburt. Es ist nicht möglich, selbständige Frauen mit dem Arbeitsrecht zu schützen, denn es ist generell nicht auf sie anwendbar. Auf der anderen Seite beschäftigen diese Unternehmerinnen Männer und auch andere Frauen und daher war ich erschrocken von der Tatsache, dass die Richtlinie, die ursprünglich nur für den Schutz von schwangeren Arbeitnehmerinnen und den Schutz von Wöchnerinnen gedacht war, entsprechend der Änderungsanträge auch für Unternehmerinnen gelten sollte. Dies ist nicht nur praktisch sondern auch von einem rechtlichen Standpunkt aus unmöglich. Daher hoffe ich aufrichtig, dass dieses Parlament die Änderungsanträge nicht annimmt, die unglücklicherweise zum größten Teil auch den Ausschuss für die Rechte der Frau und der Gleichstellung der Geschlechter passierten und die, meiner Meinung nach, nichts mit dieser Richtlinie zu tun haben, da sie nicht auf Selbständige anwendbar ist.
Joe Higgins (GUE/NGL). – Frau Präsidentin, der Bericht Estrela versucht, die Arbeitsbedingungen für schwangere Arbeitnehmerinnen und solche, die gerade ein Kind geboren haben oder die ihre Kinder stillen, zu verbessern, und dies sind die Ziele, die wir entschieden unterstützen.
Jetzt, im Angesicht einer akuten Krise des europäischen und des globalen Kapitalismus, müssen wir uns ernsthaft Sorgen machen, dass insbesondere gefährdete Arbeitnehmer den Arbeitgebern, die versuchen, ihren Profit zu erhalten, und den Regierungen, die dabei sind, Sozialausgaben und öffentliche Dienstleistungen zu kürzen, zum Opfer fallen.
Viele Frauen der Arbeiterklasse werden in hohem Maße ausgebeutet, z. B. durch Löhne, die viel niedriger sind als die von Männern, und durch prekäre Beschäftigungsverhältnisse. Es besteht die reale Gefahr, dass schwangere Arbeitnehmerinnen oder Wöchnerinnen, die gefährdeter sind, unter den gegenwärtigen Umständen von Diskriminierung betroffen sein werden. Wir sind absolut dafür, der Frau ein Recht zu geben, an denselben Arbeitsplatz zurückzukehren und 20 Wochen Mutterschaftsurlaub zu bekommen und wir sind für einen angemessenen Vaterschaftsurlaub. Wir sollten auch den Erhalt des Einkommens in Höhe von 100 % unterstützen.
Wir können uns jedoch nicht nur auf das Gesetz stützen. Es sollte an jedem Arbeitsplatz eine starke Gewerkschaftsorganisation geben, die auf konkrete Weise das Recht der Frau sicherstellen kann, nach der Geburt an ihren Arbeitsplatz zurückkehren zu können, ohne Angst vor Diskriminierung haben zu müssen.
Elisabeth Morin-Chartier (PPE). – (FR) Frau Präsidentin, Herr Kommissar, meine Damen und Herren, ich habe dieses Thema sowohl im Ausschuss für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten als auch im Ausschuss für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter verfolgt. Dies ist das zweite Mal, dass ein Versuch unternommen wird, Mindestanforderungen für die Europäische Union einzuführen und ich setze mich jetzt seit 40 Jahren in meinem Arbeitsleben für die Gleichstellung von Männern und Frauen, die Integration von jungen Frauen durch Weiterbildungsprogramme und ihre Integration in die Gesellschaft durch ihre Einbindung in den Arbeitsmarkt ein. Wer reden heute über Gleichstellung; Gleichstellung von Männern und Frauen.
Im Bericht Estrela wird jedoch jedes erdenkliche Thema behandelt – man braucht nur die Reden zu hören, die heute gehalten wurden. Alle kommen mit ihren kleinen Beiträgen und möchten einen Abschnitt zu einem anderen Abschnitt hinzufügen. Am Ende haben wir eine bedeutungslose Flickschusterei, obwohl wir uns natürlich auf den Gesundheitsschutz von schwangeren Frauen am Arbeitsplatz genauso konzentrieren sollten, wie wir uns auf die Gleichstellung der Geschlechter bei der Bezahlung konzentrieren müssen.
Eine Babypause ist so ziemlich das Einzige, was in diesem Bericht nicht behandelt wird. Ich möchte Ihnen eines sagen: Heute für 20 Wochen voll bezahlten Schwangerschaftsurlaub zu stimmen, ist verantwortungslos und demagogisch. Ich bestehe darauf, dass effektive Maßnahmen ergriffen werden, um sicherzustellen, dass das nicht auf Frauen zurückfällt. Je weiter wir den Mutterschaftsurlaub ausdehnen, ohne die Rückkehr der Frau an den Arbeitsplatz und die Notwendigkeit der Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu betonen, und je weiter wir den Mutterschaftsurlaub ausdehnen, ohne Maßnahmen zum Schutz von Frauen am Arbeitsplatz zu ergreifen, desto mehr arbeiten wir gegen Frauen.
Tatsache ist, dass es unsere Pflicht ist, mutig und verantwortungsvoll zu sein und die Wahrheit zu sagen, wenn wir eine Regelung erarbeiten. Wer wird bezahlen? Welcher unserer Mitgliedstaaten kann für diese Ausdehnung bezahlen? Welches Unternehmen kann bezahlen? Am Ende sind die Frauen durch einen Text gefangen, der in allen Punkten veränderlich ist und sich letztlich zu ihrem Nachteil auswirkt. Ich bitte Sie, verantwortungsbewusst zu sein. Wir tragen eine große Verantwortung für die Zukunft.
(Beifall)
(Die Rednerin erklärt sich damit einverstanden, auf eine „Blue-Card“-Frage von Marije Cornelissen und Anneli Jäätteenmäki gemäß Artikel 149 Absatz 8 zu antworten.)
Marije Cornelissen (Verts/ALE). – Frau Präsidentin, Frau Morin-Chartier ist nicht die Einzige, die das sagt. Es gab eine Reihe von Sprechern, die sagten, dass 20 Wochen Mutterschaftsurlaub die Chancen von Frauen auf dem Arbeitsmarkt einschränken würden.
Ich möchte wissen, woher diese Vorstellung kommt, denn wenn Sie Forschungsergebnisse betrachten und wenn Sie sich ansehen, was in Schweden, Norwegen, Island und Bulgarien passiert, wird deutlich, dass eine sehr hohe Beteiligung von Frauen am Arbeitsmarkt mit einem angemessen langen Mutterschaftsurlaub möglich ist.
Elisabeth Morin-Chartier (PPE). – (FR) Frau Präsidentin, ich möchte in meiner Antwort auf diesen Kommentar zwei Dinge klarstellen.
Erstens gibt es keine mathematische Verbindung zwischen der Länge des Mutterschaftsurlaubs und der Fruchtbarkeitsziffer, und um das zu beweisen, muss ich nur die Situation in Frankreich erwähnen, denn Frankreich ist ein Land, das 14 Wochen Mutterschaftsurlaub gewährt und das heute eine der höchsten Geburtenraten Europas aufweist.
Der zweite Teil meiner Antwort ist, dass sich gezeigt hat, dass sich mit jeder Geburt der berufliche Abstand von Frauen und Männern vergrößert. Mit jeder Geburt, mit jedem Schwangerschaftsurlaub reduzieren Frauen zunächst ihre berufliche Verantwortung – es sei denn, die Initiative kommt von einem Unternehmen oder dem öffentlichen Sektor. Mit der zweiten Geburt reduzieren sie ihre Arbeitszeit und sie reduzieren sie mit jeder folgenden Geburt weiter, während Männer auf der anderen Seite mit jeder Geburt ihre berufliche Verantwortung erhöhen. Aus beruflicher Sicht vergrößert sich die Lücke während ihrer ganzen Karriere.
Daher bitte ich sie eindringlich: Schenken Sie dem, was zurzeit im öffentlichen sowie im privaten Sektor passiert, etwas Beachtung.
Anneli Jäätteenmäki (ALDE). – (FI) Frau Morin-Chartier, akzeptieren Sie die ungleichen Standards, nach denen alle Mitarbeiterinnen der Europäischen Union, der Kommission, des Rats, des Parlaments und der parlamentarischen Fraktionen für 20 Wochen Mutterschaftsurlaub voll bezahlt werden, während Sie gleichzeitig dafür sind, dass das für andere Menschen nicht zutrifft? Ich würde sagen, dass Mütter in ganz Europa gleichberechtigt sein sollten, und wir können keine unterschiedlichen Standards oder Janusköpfigkeit akzeptieren.
Elisabeth Morin-Chartier (PPE). – (FR) Frau Präsidentin, wir sagten nicht, dass wir unterschiedliche Standards befürworten. Die Europäische Kommission hat einen Vorschlag mit 18 Wochen eingereicht. Wir schlagen die Einfügung einer Brückenklausel vor. Als Grundlage ist das vollkommen möglich, aber es gibt einen Unterschied zwischen dem, was möglich ist und der utopischen Idee, 20 Wochen volle Bezahlung vorzuschlagen; zwischen dem, was machbar ist und dem, was man im Parlament versprechen kann, was aber weder vom Rat noch den nationalen Parlamenten akzeptiert werden wird.
Wenn wir am Mittwoch für den Bericht Estrela und die 20 Wochen stimmen, wird das Europäische Parlament drei Mal auf Ablehnung stoßen: das erste Mal im Rat, der nicht in der Lage sein wird, uns Unterstützung zu gewähren – die Mitgliedstaaten werden nicht ihre Unterstützung gewähren können; das zweite Mal in den nationalen Parlamenten – die nationalen Parlamente mit ihren Haushaltsplänen werden nicht ihre Unterstützung geben können; und das dritte Mal bei Frauen, wenn sie merken, dass wir gegen sie gearbeitet haben.
Emine Bozkurt (S&D). – (NL) Frau Präsidentin, wir müssen Müttern und Vätern in der wichtigsten Zeit ihres Lebens beistehen. Ihnen muss Frieden und Ruhe gelassen werden, damit sie in der Lage sind, sich am Anfang des Lebens ihres Kindes voll einzubringen. Die Mütter müssen stillen und sich von der Geburt vollkommen erholen können, und sie müssen nach ihrer Babypause wieder die Ärmel hochkrempeln können und voll am Arbeitsleben teilhaben. Mütter, Väter, Gewerkschaften, Nichtregierungsorganisationen (NGOs) – alle wünschen dies.
Gegner versehen Frauen fälschlicherweise mit einem Preisschild: Es können von der ständig alternden europäischen Gesellschaft keine zusätzlichen Kosten übernommen werden. Aber wir müssen jetzt in arbeitende Frauen investieren und in eine Verbesserung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie, damit unser Gesellschaftsmodell in der Zukunft bezahlbar bleibt. Natürlich ist es wichtig, dass Mutterschaftsurlaub voll bezahlt wird. Warum sollten Frauen, die nun mal die Einzigen sind, denen es biologisch möglich ist, Kinder zu bekommen, Einkommenseinschnitte während ihrer Abwesenheit hinnehmen?
Wir sagen, dass wir es für wichtig halten, dass Männer und Frauen Beruf und Familie gut miteinander vereinbaren können und dass Frauen gleiche Möglichkeiten am Arbeitsplatz erhalten, und daher müssen wir aufhören zu streiten und gemeinsam Verantwortung übernehmen. Wir dürfen Mütter und Väter nicht diejenigen sein lassen, die leiden.
Nadja Hirsch (ALDE). - Frau Präsidentin! Die Frage, die wir uns stellen müssen, ist: Was soll diese Richtlinie leisten? Relativ große Einigkeit besteht darin, dass es ein gesundheitlicher Schutz für die werdenden Mütter bzw. die jungen Mütter sein soll. Die große Debatte ist daran entbrannt, in welchen Bereichen es auch um den Aspekt der Gleichstellung gehen soll. Auf der anderen Seite müssen wir als Europäisches Parlament uns bewusst sein, dass wir eine Richtlinie beschließen, die nicht nur für fünf Jahre, sondern vielleicht für die nächsten zwanzig, fünfundzwanzig Jahre gelten soll. Ich hoffe doch, dass die Arbeitsbedingungen für Frauen dann deutlich besser sein werden und die Unternehmen nicht zuletzt aufgrund eines Fachkräftemangels auch junge Mütter begeistert einstellen und vor allem auch die Infrastruktur dementsprechend aufbauen werden. Auch eine solche Perspektive müssen wir beachten.
Allerdings sehe ich auch, dass eine Mehrheit im Moment nicht bereit ist, eine solche Perspektive einzunehmen. Insofern werden wir uns wohl an einem Punkt treffen, der vielleicht mit achtzehn Wochen, einem erhöhten festgeschriebenen Entgelt oder Weiterbezahlung von 75 % einen Kompromiss darstellen wird, der vor allem auch die Verbesserung in anderen europäischen Ländern tatsächlich sicherstellen wird.
Ein wesentlich wichtigerer, über eine Mutterschutzzeit hinausreichender Punkt sind vor allem die Rahmenbedingungen, die eine junge Familie vorfindet. Das heißt Kinderbetreuungseinrichtungen, die z. B. in Deutschland immer noch nicht ausreichend vorhanden sind. Das ist eine wirkliche Gleichstellungspolitik, die den Frauen auch die Chance gibt, wieder zurück in den Job zu gehen.
Julie Girling (ECR). – Frau Präsidentin, wie typisch für die Grünen, diejenigen zu verspotten, die anderer Meinung sind. Wir wagen es, einem kleinen Teil dieser Vorschläge zu widersprechen und müssen daher verhöhnt werden. Ich lobe Ihre Hingabe für diese Vorschläge – in der Tat stimme ich der großen Mehrheit von ihnen zu –, aber es gibt ein oder zwei Dinge, mit denen ich nicht übereinstimme. So kann ich Ihre Bemühungen loben, nicht aber Ihre Toleranz. Kommen Sie in 30 Jahren zurück und predigen Sie mir über die Ausweitung von Frauenrechten, wenn Sie in dem Bereich so viel gearbeitet haben, wie ich.
Ich werde mich nicht als aggressiv abstempeln lassen. Einige Aspekte dieser Vorschläge sind rückwärtsgewandt: Die Vorstellung, dass europäische Frauen in einer überbevölkerten Welt mehr Babys bekommen sollen, ist sozial rückwärtsgewandt. Im Vereinigten Königreich 20 Wochen voll bezahlten Mutterschaftsurlaub zu erzwingen – ich kann unser System hier nicht schnell genug erklären –, ist finanziell rückwärtsgewandt. Eine unverhältnismäßige Anzahl von Frauen mit höheren Einkommen im Vereinigten Königreich wird den Großteil der zusätzlichen 2 Mrd. GBP erhalten. Das Geld wird nicht den niedriger bezahlten Frauen zugutekommen, denen, so denke ich, wir alle am meisten helfen möchten.
Wo ist also der Fortschritt? Mitgliedstaaten sind am besten in der Lage, über diese Einzelheiten zu entscheiden. Das Subsidiaritätsprinzip sollte zum Einsatz kommen.
(Beifall)
Christa Klaß (PPE). - Frau Präsidentin, Herr Kommissar! Mütter brauchen einen besonderen Schutz. Da herrscht Einigkeit hier im Raum. Einem Kind das Leben zu schenken unter vollem seelischen und körperlichen Einsatz, das ist ein einschneidendes Erlebnis für jede Frau. Die körperlichen Veränderungen, die neuen Lebensumstände und vor allem die Erholungs- und Genesungsphase – sie machen einen ausreichenden Mutterschutz notwendig. Diese Leistung muss von der Gesellschaft übernommen werden. Wir streiten da nicht um den Grundsatz. Wir streiten um das Wie und die Konditionen. Dabei dürfen wir nicht aus den Augen verlieren, dass die EU den Mindeststandard festlegt und die Mitgliedstaaten den Mutterschutz umsetzen, organisieren und bezahlen müssen. Wir fangen nicht bei Null an.
Die Mitgliedstaaten haben ihren Mutterschutz sehr unterschiedlich organisiert, zum Teil ergänzt durch eine Elternzeit, die auch die Väter einbezieht. Väter müssen eingebunden werden in die Familienaufgaben, und wir sprechen da nicht von Urlaub, sondern von verantwortungsvoller Übernahme von Erziehungs- und Familienaufgaben. Väterzeiten sind aber nicht Teil des Mutterschutzes, sondern immer Teil der Elternzeit. Väter werden auch nicht krank durch eine Geburt. Ich gratuliere allen Mitgliedstaaten, die Väterzeiten eingerichtet haben, und ich freue mich, Herr Kommissar, auf den eben angekündigten Vorschlag der Kommission. Wir dürfen den so wichtigen Mutterschutz nicht aufweichen durch eine Ausdehnung in die Elternzeiten hinein. Beim Mutterschutz geht es um die Gesundheit. Keine Mutter ist 20 Wochen krank, und wer stillt, ist auch nicht krank.
Aus Verantwortung auch den Frauen gegenüber, die am Erwerbsleben teilnehmen, müssen wir den Mutterschutz vertretbar gestalten. 18 Wochen insgesamt, dabei in den letzten 4 Wochen nationale Gestaltungsmöglichkeiten für die Höhe der finanziellen Leistungen – das ist unser Vorschlag, und das sind die Änderungsanträge 115 und 116, die ich bitte zu unterstützen.
Darüber hinaus fordere ich die Mitgliedstaaten auf, ihre Möglichkeiten zu nutzen und allen Familien und den Müttern mehr Leistungen anzubieten, die dann freiwillig angenommen werden können. Mütter bauen Zukunft, und sie brauchen unser aller Unterstützung.
Antigoni Papadopoulou (S&D). – (EL) Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, indem wir für den Bericht Estrela stimmen, erfüllen wir im Prinzip die Forderungen von Millionen von Frauen nach größerem Schutz für schwangere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmerinnen, die kürzlich ein Kind geboren haben oder die ihre Babys stillen. Indem wir den Mutterschaftsurlaub auf 20 Wochen und den Vaterschaftsurlaub auf 2 Wochen bei voller Bezahlung ausdehnen, unterstützen wir die Erholung von der internationalen Krise sowie das Wirtschaftswachstum in der Europäischen Union, denn wir helfen dabei, Familienleben und Beruf miteinander vereinbar zu machen. Indem wir Arbeitnehmerinnen während der Schwangerschaft und sechs Monate danach vor Entlassung schützen, geben wir einen Anreiz, die Ziele der EU-Strategie umzusetzen und einen Frauenanteil am Arbeitsmarkt von 75 % bis 2020 zu erreichen.
Indem wir für den Bericht Thomsen stimmen, versuchen wir, Frauen vor prekären Beschäftigungsverhältnissen zu bewahren, die zu einer Verselbständigung der Einkommensunterschiede zwischen den beiden Geschlechtern führen, die professionelle Beschäftigung von Frauen unterminieren und das Risiko erhöhen, dass Frauen jede Form von sozialen Rechten, Rentenansprüchen und Gewerkschaftsrechten verlieren.
Eine Stimme für beide Berichte ist eine Stimme für ein ausgeglicheneres, dezentralisierteres, sozialeres Europa und Geschlechtergleichheit.
Gesine Meissner (ALDE). - Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir sprechen heute über die Arbeitsbedingungen von Frauen, die wir in Europa verbessert haben wollen. Ich spreche ganz speziell zum Bericht Thomsen, bei dem ich Schattenberichterstatterin war, also zu dem Thema „Frauen in prekären Beschäftigungsverhältnissen“.
Wir haben jetzt das Jahr gegen Armut und soziale Ausgrenzung in Europa. Man kann tatsächlich feststellen, dass Armut eher die Frauen betrifft. Das darf natürlich auf gar keinen Fall so bleiben. Es ist so, dass Armut bei Frauen durch verschiedene Dinge ausgelöst werden kann. Sie kann einmal dadurch ausgelöst werden, dass Frauen schlechter bezahlt werden als Männer. Das alleine ist es natürlich nicht. Frauen haben auch mehr Unterbrechungen im Beruf, z. B. wenn sie Kinder bekommen und Erziehungszeiten nehmen. Frauen üben auch die weniger qualifizierten Tätigkeiten aus. Bei den Frauen, die in prekären Beschäftigungsverhältnissen arbeiten, ist es besonders gravierend, weil sie unter Umständen gar keinen Arbeitsvertrag haben oder auch irreguläre Arbeitsverträge haben können, weil sie möglicherweise keinerlei Schutz bekommen und auch wenig Zugang zu Informationen haben. Und wenn Frauen dann einen Migrationshintergrund haben, ist es besonders schwierig. Das kann dazu führen, dass sich die Armut fortsetzt und man letztlich auch im Alter arm ist.
Wir müssen diese Spirale durchbrechen, die gerade Frauen mehr betrifft als Männer. Das kann man z. B. durch Bildung und Ausbildung. Jede Frau, jedes Mädchen braucht einen Schulabschluss, egal, welchen Hintergrund sie hat, und sie muss einen Zugang zu einem Beruf haben, von dem sie sich auch wirklich vernünftig ernähren kann. Lebenslanges Lernen muss generell auch für Frauen möglich sein. Auch müssen wir sehen, dass wir mehr Frauen und Mädchen für die besser bezahlten Berufe gewinnen. Das sind häufig die stärker von Männern dominierten Berufe.
Also Zugang zu Bildung auf jeden Fall, Zugang zu Sicherheitssystemen, und dann werden wir auch für die Frauen viele Verbesserungen erreichen!
Joanna Katarzyna Skrzydlewska (PPE). – (PL) Die Einführung von Mindeststandards für die Dauer und Vergütung von Mutterschaftsurlaub ist im gegenwärtigen wirtschaftlichen und sozialen Klima in Europa schwierig. In einigen Ländern übersteigt das vorgeschlagene Minimum den Grad des Schutzes, den nationale Rechtsvorschriften schwangeren Frauen gegenwärtig gewähren. Auf der einen Seite debattieren wir weiterhin die Konsequenzen der Krise: Regierungen einzelner Staaten erhöhen Steuern und setzen drastische Ausgabenkürzungen durch, und wir haben immer noch eine hohe Arbeitslosigkeit. Auf der anderen Seite müssen wir mit dem Problem der sinkenden Geburtenraten zurechtkommen, negativem natürlichen Wachstum und daher mit einer alternden Gesellschaft. In der nicht allzu fernen Zukunft sind wir vom Versagen der Rentensysteme oder möglicherweise ihrem totalen Zusammenbruch bedroht.
In dieser Art von Situation gibt es keine kostenlosen oder einfachen Lösungen. Daher müssen wir erkennen, dass wir Frauen ermutigen, Kinder zu bekommen, indem wir in sie investieren und vorteilhafte Bedingungen für sie schaffen. Natürlich ist voll bezahlter und längerer Mutterschaftsurlaub alleine nicht genug. Wir brauchen auch familienfreundliche steuerliche Lösungen und sichere Beschäftigung. In diesem Fall haben wir keine Alternative. Es gibt keinen anderen Weg, die Zahl der Europäer zu erhöhen, die in 30 Jahren beruflich aktiv sein werden, wenn wir jetzt nicht in die Familie investieren. Daher benötigen wir faire und gerechte Mindeststandards für Dauer und Bezahlung von Mutterschaftsurlaub in Europa. Wir geben Frauen die Möglichkeit, auszuwählen und über Mutterschaft zu entscheiden.
Jutta Steinruck (S&D). - Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich vermisse bei dieser Debatte die notwendige Unterscheidung zwischen der nationalen Umsetzung in den Mitgliedstaaten und der gesamteuropäischen Aufgabe. Dass wir hier auf nationale Besonderheiten Rücksicht nehmen müssen, ist jedem klar. Aber am Beispiel der deutschen Diskussion kann ich sagen, dass ich sehr wohl für Deutschland die Möglichkeit sehe, diesen Bericht umzusetzen. Es geht um Mindeststandards auf EU-Ebene zur Schaffung sozialer Rahmenbedingungen für Frauen. Auf die ILO beziehen wir uns ja immer gerne, wenn es um gute Arbeit geht, wenn es um Arbeits- und Gesundheitsschutz geht. Ich frage mich: Warum nicht in diesem Fall?
Was die Kostendebatte betrifft, möchte ich alle hier im Haus daran erinnern, dass die Antidiskriminierungsrichtlinie bei uns in Deutschland – und auch in anderen europäischen Ländern – eine Riesenlobbyarbeit seitens der Unternehmen hervorgerufen hat. Da ging es um eine Kostenlawine, um Unternehmen, die Bankrott gehen, um Belastungen für die Wirtschaft und für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Und was ist davon eingetreten, Jahre danach? Gar nichts! Diese Debatte, dieser Lobbyismus erinnert mich im Moment wieder genau daran. Mein Appell ist: Wir müssen endlich die Wirtschaft zur Seite schieben und den Menschen in den Mittelpunkt unseres Handelns stellen!
Ich gehöre nicht zu denen, die hier Sonntagsreden halten. Ich habe gesagt: Ich trete für ein soziales Europa ein. Dazu gehören für mich auch die Frauen. Und in dieser Situation brauchen die Frauen unsere Hilfe!
Sari Essayah (PPE). – (FI) Frau Präsidentin, in seinen Abstimmungen hat der Ausschuss für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter eine Reihe von Änderungsanträgen des ursprünglichen Vorschlags der Kommission für eine Richtlinie angenommen.
Unglücklicherweise hat der Ausschuss in seinen Änderungsanträgen das Subsidiaritätsprinzip im Hinblick auf die Verteilung der Kosten komplett ignoriert. Der Versuch, die Regelungen zum Schwangerschaftsurlaub in 27 unterschiedlichen Mitgliedstaaten zu harmonisieren, hat zu einem verfahrenen Vorschlag geführt. Des Weiteren wird ein Vorschlag für Vaterschaftsurlaub mit all dem vermischt, der, rechtlich gesehen, überhaupt nicht im Geltungsbereich der Richtlinie liegt, wie der Kommissar glücklicherweise von Anfang an klargemacht hat. Vaterschaftsurlaub muss im Zusammenhang mit dem System für Elternzeit geregelt werden und nicht im Zusammenhang mit einer Babypause, die der Erholung von der Schwangerschaft oder von der Geburt dient.
Die vom Ausschuss für die Rechte der Frau eingebrachten Vorschläge ignorieren auch die progressiven Systeme für Mutterschaftsurlaub und Elternzeit in anderen Ländern, inklusive der nordischen Länder. Die Vorschläge des Ausschusses werfen diese Systeme für Elternzeit durcheinander, die auf nationaler Ebene Entscheidungsfreiheit bieten, und in mancher Hinsicht würden diese Vorschläge sich sogar nachteilig für das Wohlergehen von Mutter und Kind auswirken. Wenn zum Beispiel, entsprechend dem Vorschlag des Ausschusses, Mütter die vorgeschriebenen sechs Wochen Mutterschaftsurlaub erst nach der Geburt beginnen, besteht für schwangere Frauen am Arbeitsplatz, die bald ein Kind erwarten, und für deren Kinder ein erhöhtes Risiko. Mütter, die kurz davor sind, ihr Kind zu bekommen, werden nicht bis zum Ende einen Achtstundentag arbeiten können und dieser Vorschlag wird zu mehr Fällen von krankheitsbedingten Fehlzeiten vor der Geburt führen.
Der Vorschlag des Ausschusses ignoriert auch im Hinblick auf die Bezahlung die nationalen Systeme, in denen Mutterschaftsurlaub eng an eine deutlich längere Elternzeit geknüpft ist, da sie nicht voll bezahlt wird. In Finnland zum Beispiel können sich Eltern zu Hause um ihr Kind kümmern, bis es durchschnittlich 18 Monate alt ist, und wir können es uns leisten, denn in unterschiedlichen Stadien teilen sich Arbeitgeber, Arbeitnehmer und auch die Steuerzahler die Kosten. Wenn Arbeitgeber die vollen Kosten tragen müssten, dann würde dies zweifellos die Beschäftigungschancen von Frauen mindern und Frauen als Arbeitnehmerinnen schaden.
Olle Ludvigsson (S&D). – (SV) Es ist jetzt wichtig, dass wir flexible Lösungen im Hinblick auf die kontroversen Details in dieser Richtlinie finden. Gleichzeitig müssen wir auch den größeren Zusammenhang sehen. Was für eine Situation wünschen wir uns bei der Gleichstellung in 10 Jahren? Vor diesem Hintergrund ist es ganz klar, dass die vorgeschlagenen Regelungen bei der Geschlechtergleichheit zu Fortschritten führen werden.
Geschlechtergleichheit und die Sicht auf Gleichstellung würden erweitert werden. Es wäre möglich, das Ziel der EU-2020-Strategie, die Beschäftigungsquote von Frauen auf 75 % zu erhöhen, zu erreichen. Mehr arbeitende Frauen wären definitiv ein Nutzen für die Gesellschaft. Es gäbe bessere Anreize, Kinder zu bekommen und eine Familie zu gründen, was eine positive Gegenbewegung zur alternden europäischen Gesellschaft sein würde.
Lassen Sie uns daher nicht die großen Zusammenhänge in unseren Debatten vergessen.
Astrid Lulling (PPE). – (FR) Frau Präsidentin, in der Regel kommt mit der Zeit die Weisheit. Das ist unglücklicherweise nicht der Fall beim zweiten Bericht, welcher von einer Mehrheit des Ausschusses für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter angenommen wurde und welchen wir hier im Parlament 17 Monate nach dem ersten Bericht diskutieren. In seiner aktuellen Form ist der zweite Bericht ebenso verwirrend, kontraproduktiv und überladen mit Texten, die nicht in einen Rechtsakt gehören, wie der Bericht, der im Mai 2009 an den Ausschuss zurückging.
Wir haben bereits zwei Jahre bei der Verbesserung des Schwangerschaftsschutzes verschwendet. Wenn wir für den Bericht stimmen, so wie er ist, verschwenden wir wenigstens wieder genauso viel Zeit mit Diskussionen mit dem Rat im Mitentscheidungsverfahren, obwohl der ursprüngliche Vorschlag der Kommission aus dem Jahr 2008 doch vernünftig war. Er garantierte deutlichen Fortschritt in Mitgliedstaaten, in denen die Länge und die Bezahlung des Mutterschaftsurlaubs noch geringer sind als in einigen anderen Ländern; 20 Wochen Mutterschaftsurlaub bei voller, ungekürzter Bezahlung, finanziert vom Staat, sind recht selten.
Lassen Sie uns nicht vergessen, dass in diesem Fall die Einrichtung von Mindeststandards das Ziel ist und dass wir den 27 Staaten keine radikalen Lösungen vorschreiben können. Um beschäftigte und vor allem hoch qualifizierte Frauen zu ermutigen, Kinder zu bekommen, ist es für sie in Wirklichkeit wichtiger, das Recht auf einen kürzeren Mutterschaftsurlaub zu haben, der aber voll bezahlt ist, als 20 oder 30 Wochen Mutterschaftsurlaub ohne die Garantie auf volle Bezahlung. Die Vorschläge im Bericht Estrela sind hinsichtlich der Beschäftigungsfähigkeit von Frauen nicht nur kontraproduktiv, sondern sie sind für Regierungen und Unternehmen in bestimmten Mitgliedstaaten auch schwer zu finanzieren. Es ist besser, jetzt einen realen Schritt in die richtige Richtung zu gehen, als ein Versprechen für die Zukunft zu geben, dass in 10 Jahren realisiert werden soll.
Ich persönlich werde nicht für diesen Bericht in seiner gegenwärtigen Form stimmen und ich rufe alle Kolleginnen und Kollegen dazu auf, all die Abänderungen abzulehnen, die nichts mit Mutterschutz zu tun haben, wie die Bestimmungen für selbständige Erwerbstätige. Es ist kaum vier Monate her, dass wir in diesem Haus für eine Richtlinie über Mutterschaftsurlaub für selbständige Erwerbstätige abstimmten.
Das Gleiche gilt für Vaterschaftsurlaub, Herr Tarabella, und ich bin dafür. Die Belgier können morgen 20 Wochen voll bezahlten Vaterschaftsurlaub einführen, wenn sie eine Regierung haben. Niemand hält sie davon ab. Gleichermaßen – und dies ist ein weiterer zu beachtender Punkt – diskutieren die Sozialpartner gegenwärtig eine Richtlinie zum Vaterschaftsurlaub. Lassen Sie uns auf sie warten und dann wird bei diesem Thema gehandelt, genauso, wie es bei der Elternzeit war. Dies ist der richtige Weg.
Ich rufe alle anderen Abgeordneten dazu auf, für die Änderungsanträge zu stimmen, die den Mutterschaftsurlaub auf 18 Wochen begrenzen und für die Änderungsanträge, Frau Präsidentin, die Ihre und meine Fraktion vorgelegt haben.
(Der Redner erklärt sich damit einverstanden, auf eine „Blue-Card“-Frage von Marc Tarabella gemäß Artikel 149 Absatz 8 zu antworten.)
Vasilica Viorica Dăncilă (S&D). – (RO) Die Beseitigung jeglicher Form von Diskriminierung in jedem Bereich des gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Lebens ist eine grundlegende Voraussetzung für den Schutz der Menschenrechte sowie des Wohls aller Bürgerinnen und Bürger. Die Förderung des Prinzips der Gleichberechtigung von Männern und Frauen muss gemeinsam mit einer stärkeren Beteiligung von Frauen am gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Leben, wobei sie in den Genuss sämtlicher Rechte kommen, als Anliegen höchster Priorität gesehen werden. Ich bin der Auffassung, dass sich dieser Ansatz in der gemeinsamen Agrarpolitik widerspiegeln muss, um Gerechtigkeit und Gleichheit zwischen den Geschlechtern sicherstellen zu können. Auf der anderen Seite kann dieser Ansatz sicherstellen, dass unterschiedliche Strategien effektiv auf europäischer Ebene in jedem beruflichen Bereich, aber besonders in der Landwirtschaft, umgesetzt werden.
In Anbetracht der Tatsache, dass das Prinzip der Gleichberechtigung in der europäischen Gesetzgebung gefördert wird und eine der grundlegenden Forderungen der Europa-2020-Strategie ist, halte ich es für angemessen, dieses Thema auch in der Landwirtschaft aufzunehmen, und zwar auch durch die Verwendung neuer Instrumente, um das Prinzip zu fördern. Ich unterstütze die beiden Berichte von Frau Estrela und Frau Thomsen, welche Frauenthemen in den Vordergrund rücken. Sie beziehen sich auf Mutterschaft und die damit verbundenen Arbeitsbedingungen, welche wichtige Aspekte für das Leben jeder Frau und für alle unter uns sind, die angesichts der Probleme dieser Frauen Solidarität zeigen sollten.
Marc Tarabella (S&D). – (FR) Frau Präsidentin, ich danke Frau Lulling für die Zustimmung zu meiner kleinen Unterbrechung. Ich möchte nur hervorheben, dass Väter in Belgien bereits 10 Tage bezahlten Urlaub bekommen. 19 von 27 Ländern in der Europäischen Union folgen derselben Praxis mit unterschiedlichen Anrechten auf Bezahlung.
Ich möchte nur wissen, ob Sie für oder gegen zunehmende Harmonisierung auf europäischer Ebene sind. Zugegeben, zwei Wochen sind nicht sehr viel, aber sie sind angemessen: Zwei Wochen für alle Väter in Europa, damit sie die Aufgaben zur Aufnahme des kleinen Neuankömmlings in die Familie teilen können. Ich möchte wissen, ob Sie für oder gegen diese Harmonisierung sind. Ich danke Ihnen für Ihre Antwort, Frau Lulling.
Astrid Lulling (PPE). – (FR) Frau Präsidentin, ich bin natürlich dafür, Herr Tarabella. Ich bin für eine europäische Richtlinie, aber ich bin nicht dafür, dass dieses Problem in dieser Richtlinie gelöst wird, welche den Schutz von Müttern und Kindern betrifft. Die Sozialpartner sprechen derzeit, wie ich sagte, über eine Richtlinie zum Vaterschaftsurlaub.
Ich glaube, dass wir das Ergebnis abwarten müssen. Wir werden dann einen guten Vorschlag haben, genau wie der, den wir für die Elternzeit hatten und den wir übrigens gerade verbessert haben, auch wenn er nicht perfekt ist. Ich glaube, dass dies der richtige Weg ist. Ich glaube, dass die Sozialpartner auch mit der Aufgabe betraut werden sollten, in diesem Bereich Vorschläge zu machen, denn sie sind am besten in der Lage, das zu tun. Daher bin ich dafür. Ich gratuliere Ihnen: Sie können die Situation in Belgien verbessern.
Ich möchte Ihnen sagen und all den Frauen, die absolut nicht verstanden haben, dass eine europäische Richtlinie eine Sammlung von Mindeststandards, nicht Maximalstandards, ist, dass jeder noch weiter gehen kann, aber dass es wichtig ist, den Ländern, die unter – weit unter – 18 Wochen liegen, die Möglichkeit der Angleichung zu geben.
Des Weiteren glaube ich, dass, wenn Sie und ich diesen Bericht heute schreiben müssten, wir in diesem Haus gemeinsam mit dem Rat schon lange die richtigen Maßnahmen ergriffen hätten.
Thomas Mann (PPE). - Frau Präsidentin! Jetzt weiß ich, wie man Redezeit verändern und verlängern kann. Der Beschäftigungsausschuss hat 18 Wochen Mutterschutz gefordert, das sind 4 Wochen mehr als in Deutschland einvernehmlich beschlossen. Der Frauenausschuss hat 20 Wochen gefordert bei 100 % Lohnfortzahlung plus zweiwöchigem Vaterschaftsurlaub plus Ausdehnung auf Selbstständige. Völlig ausgeblendet wird: 20 Wochen kosten Frankreich pro Jahr 2 Milliarden Euro zusätzlich oder Großbritannien 2,85 Milliarden zusätzlich nach Aussagen der Kommission. Für Deutschland rechnen wir mit Mehrkosten von etwa 1,7 Milliarden Euro. Gelegentlich muss man auch die Kosten bedenken.
Kürzlich hatten wir eine gemeinsame Studie der Ausschüsse EMPL und FEMM mit zahlreichen handwerklichen Fehlern. Zahlungen wie etwa das Mutterschaftsgeld in Deutschland wurden nicht einbezogen. Der Bezugsraum für das deutsche Elterngeld ist falsch. Die von einigen Mitgliedstaaten in Auftrag gegebenen Kostenschätzungen wurden nicht ausreichend berücksichtigt. Auf einer solchen Grundlage kann man keine verantwortungsvolle Politik machen. Deutschland ist vorbildlich: In einer Elternzeit werden zwei Drittel des Gehalts bis zu 14 Monate weitergezahlt. Aus 14 Wochen Mutterschutz werden so bis zu 170 Wochen. Deutschland ist also ein Babyschutz-Europameister und braucht eine Ausnahmeregelung in dieser Richtlinie.
Deshalb habe ich mit 50 Kolleginnen und Kollegen der EVP einen Passerelle-Antrag eingebracht, der von der ECR-Fraktion und großen Teilen von ALDE unterstützt wird. Unser Ziel ist, nationale Systeme ausreichend zu berücksichtigen. Dieser Antrag der Vernunft findet hoffentlich bei der Abstimmung am Mittwoch eine Mehrheit. Wir wollen, dass Mütter ausreichend geschützt werden, aber jede überzogene Ausweitung, gerade aus ideologischen Gründen, ist für die Einstellung von Frauen ein so hohes Hindernis, und das muss beseitigt werden, anstatt es zu fördern.
Anna Hedh (S&D). – (SV) In einigen Mitgliedstaaten waren die Reaktionen auf diesen Bericht sehr stark und viele Politiker versuchten, zu punkten, indem sie diese EU-Initiative zerrissen. Was die Menschen vergessen, ist die Tatsache, dass es sich um die Überarbeitung einer bestehenden Richtlinie handelt. Die Menschen können darüber, was auf EU-Ebene geregelt werden soll, denken, was sie wollen, aber, wie ich sagte, gibt es bereits eine Richtlinie und wir haben die Gelegenheit, sie zu verbessern.
Der Frage der Gleichberechtigung der Geschlechter wurde mit dem Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon mehr Aufmerksamkeit geschenkt und wir sind für dafür verantwortlich, dieses Thema voranzutreiben. Wir können heute sehen, dass Mitgliedstaaten mit gut funktionierenden Regeln für Mutterschaftsurlaub auch hohe Beschäftigungsquoten von Frauen aufweisen. Dies ist ein Kontrast zu der Situation in den Ländern mit schlechteren und weniger funktionsfähigen Regeln.
Wenn diese Richtlinie angenommen wird, werden wir auch eine größere Chance auf das Erreichen des Ziels der EU-Strategie 2020 haben. Ich stimme zu, dass es einige kontroverse Details in diesem Vorschlag gibt, aber was wichtig ist, ist, dass wir ihn verbessern können. Die Kritiker behaupten, der Vorschlag sei zu teuer, aber ich bin überzeugt, dass eine verbesserte Qualität vorteilhaft für die Gesellschaft ist.
Barbara Matera (PPE). – (IT) Frau Präsidentin, Herr Kommissar, meine Damen und Herren, heute hat dieses Haus – repräsentiert durch alle 27 Staaten – wieder einmal mit Mut und Eigensinn entschieden, ein heikles, aber zugleich aktuelles Thema für das gesellschaftliche Wachstum unserer Länder zu behandeln. Wir beschäftigen uns mit einem Bericht, der die Sozial-, Beschäftigungs- und Wirtschaftspolitiken unserer Staaten betrifft, der aber auch ganz Europa bei dem Bestreben betrifft, gemeinsam zu wachsen.
Der Bericht Estrela, so, wie er besprochen und geändert wurde, verfolgt mit Überzeugung das Prinzip der Vereinbarkeit von Beruf und Familie und das Prinzip der Chancengleichheit und damit eines gesunden und ausgeglichenen Fortschritts. Ein Mindestmaß an Schutz für die erwähnten Prinzipien in ganz Europa sicherzustellen bedeutet eine Verbesserung der Lebensqualität unserer Familien, nicht nur der unserer Frauen, und daher auch unserer Lebensqualität. Das ist unser Ziel, von dem wir überzeugt sind und das wir mit den angemessenen Kompromissen verfolgen müssen.
Ausgewogenheit ist in den Details ebenso erforderlich wie bei den gewählten Mitteln und muss sowohl die Position von Frauen am Arbeitsmarkt als auch die Vorrechte der Staaten bei der Umsetzung ihrer Strategien schützen. Jean Monnet lehrte uns, mit kleinen Schritten zu wachsen. Lassen Sie uns mit diesen kleinen Schritten beginnen, ohne Angst vor denen, die folgen werden.
Vilija Blinkevičiūtė (S&D). – (LT) Heute ist es im Hinblick auf die Ziele Wirtschaftswachstum, Wohlstand und Wettbewerbsfähigkeit im Bereich der Gleichstellung der Geschlechter sehr wichtig, Beruf und Familienleben besser miteinander zu vereinbaren. Da es einen starken Rückgang der Geburtenraten in fast allen Mitgliedstaaten gibt, müssen wir Maßnahmen ergreifen, welche die bestmöglichen Bedingungen für Mütter schaffen, die Kinder großziehen, und die Müttern echte Chancen auf eine Rückkehr in den Arbeitsmarkt geben. Ich rufe auch alle Mitgliedstaaten und Abgeordneten auf, Möglichkeiten zu finden, die Kosten für die Bezahlung von Mutterschaft und für die Zuschüsse zur Kinderbetreuung zu koordinieren, um sicherzustellen, dass Frauen keine teureren Arbeitskräfte sind als Männer. Das Teilen von Verantwortung in der Familie und die Gelegenheit, auch Männern das Recht zuzusprechen, zwei Wochen Vaterschaftsurlaub zu haben, würde Frauen mehr Möglichkeiten geben, auf den Arbeitsmarkt zurückzukehren und es würde die familiären Beziehungen stärken. Daher bin ich überzeugt, dass ein verlängerter Mutterschaftsurlaub auch das Erreichen höherer Geburtenraten vereinfachen wird, besonders in Anbetracht unserer schnell alternden Gesellschaft.
Anne Delvaux (PPE). – (FR) Frau Präsidentin, wie ich es sehe, ist die Notwendigkeit für eine Verlängerung des Elternurlaubs sehr offensichtlich. Eine Erhöhung der Mindestzeit für Mutterschaftsurlaub ist ein Schritt vorwärts, ein Vorteil, und man sollte nicht vollkommen demagogisch sein, indem man den wirtschaftlichen Effekt mit einem qualitativen Vorteil vergleicht, der schwer zu messen ist.
Das Problem besteht jedoch im Wesentlichen aus zwei Teilen: Der erste ist der wirtschaftliche Kontext; das ist wahr. Aber das ist nicht Grund genug, Millionen Familien für weitere Jahrzehnte im Stich zu lassen. Der Zweite sind rechtliche Schlupflöcher in dem Bericht, denn der Text beinhaltet mehrere Arten des Elternurlaubs mit inkompatiblen rechtlichen Grundlagen. Lassen Sie uns über Adoptionsurlaub reden, der in dem Text neben Mutterschafts- und Vaterschaftsurlaub erscheint.
Ich persönlich, als Adoptivmutter und im Namen aller Frauen, die ich repräsentiere, würdige den Willen, dieselben Rechte einzuräumen, wie sie biologischen Müttern eingeräumt werden. Ich verkörpere in der Tat das, was Frau Morin-Chartier als das kleine zusätzliche Paket bezeichnete, das dem Bericht Estrela hinzugefügt werden soll.
Während es in der Tat das Ziel ist, die Gesundheit und die Rechte von Frauen – allen Frauen – am Arbeitsmarkt zu verbessern, haben Adoptivmütter, die Mütter geworden sind, wie die anderen, dieselben Ansprüche auf Rechte und Schutz bei der Arbeit. Wie die anderen sind sie eigenständige Mütter und das trifft grundsätzlich zu; unabhängig davon, ob das Kind, das sie adoptieren, weniger als 12 Monate alt ist oder nicht. Wir müssen die Art von Diskriminierung verhindern, die im Text erscheint.
Beim Thema Adoption bedauere ich die Tatsache, dass der Text so wenig ins Detail geht. Er umfasst nicht einmal die Ergebnisse der Ramboll-Folgenabschätzung. Nichts davon wurde gut behandelt, was eindeutig ein Schwachpunkt ist. Dennoch, trotz dieser Vorbehalte, unterstütze ich den Bericht von Frau Estrela, denn, ganz abgesehen von wirtschaftlichen Überlegungen, es gibt nicht nur Männer und Frauen, die ihre elterlichen Pflichten in einer Gesellschaft, die sich zunehmend von ihrer Verantwortung, junge Menschen aufzuziehen, zurückzieht, besser wahrnehmen müssen, sondern es ist auch unsere Pflicht, sicherzustellen, dass Menschen nicht wählen müssen, ob sie ihre Kinder für ihre Arbeit opfern oder ihre Arbeit für ihre Kinder.
Schließlich sind wir nicht Mitglieder des Rats sondern des Parlaments. Sagen Sie mir, wenn wir direkt gewählten Repräsentanten nicht ambitioniert sind, wer wird es dann sein?
Sylvie Guillaume (S&D). – (FR) Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, viele Dinge wurden gesagt, besonders gerade eben. Dennoch zeigen die unterschiedlichen neuen Entwicklungen und Kontroversen um Frau Estrelas Bericht Eines: Es ist heute immer noch schwer, das Thema der Gleichstellung der Geschlechter in Ruhe anzusprechen, besonders das einer besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie.
Dieser Gesetzestext – bitte verzeihen Sie den Ausdruck – hatte eine schwierige „Gestationszeit“, vor allem, weil sich Ansichten in diesem Bereich noch stark ändern müssen. Folgenabschätzungen sind zweifellos notwendig, um ein umfassendes Verständnis der vorliegenden Probleme sicherzustellen. Jedoch müssen sie mit Bedacht und so, wie sie sich stellen, verstanden werden. Widersprüchliche Schlussfolgerungen sind, das möchte ich hinzufügen, deutlicher Beweis dafür.
Natürlich wäre es dumm, das Thema der potentiellen Kosten bestimmter Änderungsanträge nicht anzusprechen. Dennoch wäre es genauso dumm, sich zu weigern, die mittel- bis langfristigen sozioökonomischen Vorteile hinsichtlich der Gesundheit von Müttern und Kindern oder der Gleichstellung von Männern und Frauen auf dem Arbeitsmarkt in Betracht zu ziehen. Außerdem glaube ich, dass unsere Debatte etwas Besseres verdient, als bestimmte Karikaturen und bestimmte Stereotypen, die man heute noch hört.
VORSITZ: SILVANA KOCH-MEHRIN Vizepräsidentin
Regina Bastos (PPE). – (PT) Europa altert und hat sehr niedrige Geburtenraten. Diese Faktoren stellen große Herausforderungen für die Europäische Union dar und wir müssen ihnen mit konkreten Lösungen begegnen. Wir haben uns im Zuge dieser Aussprache auf diese Beobachtung geeinigt, trotz der während der Diskussion an den Tag gelegten unterschiedlichen Ansichten.
In Portugal ist die Geburtenrate beispielsweise nicht hoch genug, um die Generationenablöse zu sichern und diese Situation stellt eine Gefahr für die Zukunft dar. Dies geschieht in meinen Land sowie in den meisten Mitgliedstaaten der EU. Ich bin davon überzeugt, dass flexiblere Strategien in Bezug auf den Mutterschaftsurlaub dabei helfen können, diese Entwicklung umzukehren. Wir müssen Familien eine konsequente Botschaft der Unterstützung der Mutterschaft zukommen lassen, die konkrete Maßnahmen für die bessere Vereinbarkeit von Berufs-, Privat- und Familienleben enthält. Frauen müssen geschützt werden, damit sie sich dafür entscheiden können, Kinder zu bekommen, ohne den Arbeitsmarkt verlassen zu müssen. Wenn wir die wirtschaftlichen und sozialen Ziele der Strategie Europa 2020 im Hinblick auf die Bekämpfung der demografischen Überalterung erreichen wollen, müssen wir diese Herausforderung unbedingt bestehen.
In Portugal werden während des Mutterschaftsurlaubs beispielsweise 120 Tage lang 100 % des Gehalts ausgezahlt, was ein Versuch ist, gegen die niedrigen Geburtenraten vorzugehen, denen wir momentan gegenüberstehen. Daher plädiere ich dafür, dass die Gehälter der Arbeitnehmerinnen während des Mutterschaftsurlaubs, wie im diskutierten Bericht beschrieben, gewährleistet werden sollten. Es scheint ein vernünftiger Schritt zu sein, jedem Mitgliedstaat die Möglichkeit zu geben, bis 2020 Bedingungen zu schaffen, die das Ziel des vollen Arbeitsentgelts während des Mutterschaftsurlaubs gewährleisten.
Zu guter Letzt möchte ich die Berichterstatterin, Frau Estrela, beglückwünschen, die bei der Verteidigung der Maßnahmen für den Schutz der Familien hartnäckig geblieben ist, die auch der Überalterung der Bevölkerung vorbeugen.
Iratxe García Pérez (S&D). – (ES) Frau Präsidentin, ich denke, wir sind uns alle der Verantwortung bewusst, die das Parlament heute bei der Revision der Richtlinie über die Arbeitsbedingungen von Arbeitnehmerinnen tragen muss; eine Richtlinie, die wir bereits seit der letzten Wahlperiode diskutieren und bei der, aufgrund verschiedener Ansichten und Schwierigkeiten, noch keine Fortschritte gemacht wurden.
Deswegen sage ich heute, dass wir trotz unserer unterschiedlichen Ansichten die Verantwortung auf uns nehmen müssen, damit wir einen Fortschritt bei der Gleichberechtigung von Männern und Frauen erreichen können und die Lebensumstände von Frauen auf dem Arbeitsmarkt verbessern können.
Diese Richtlinie erhöht die Anzahl der Wochen für den Mutterschaftsurlaub, da wir uns, wie ich glaube, geeinigt haben, dass 14 Wochen nicht ausreichen und wir diesen Zeitraum verlängern müssen. Jedoch sprechen wir neben der Anzahl der Wochen auch über die Kündigung von Wöchnerinnen, die wir als ungerechtfertigte Kündigung ansehen, oder den Vaterschaftsurlaub, der zum Wohle der Gesundheit einer berufstätigen Mutter gewährt wird.
Ich verstehe nicht, wieso einige sagen, dass der Vaterschaftsurlaub der Gesundheit einer berufstätigen Mutter nicht zugutekommt. Natürlich ist dies der Fall. Wenn wir Mutter und Vater ermöglichen, die Aufgabe der Versorgung eines Kindes in den ersten Tagen nach der Geburt zu teilen, stellt dies einen essenziellen und grundlegenden Schritt für den Fortschritt im Hinblick auf die Gleichstellung von Männern und Frauen dar. Es gibt Länder wie Spanien, die bereits einen unabhängigen und übertragbaren Vaterschaftsurlaub eingerichtet haben.
Wir müssen es Männern ermöglichen, die Verantwortung gemeinsam mit den Frauen zu übernehmen, damit der Weg, den wir momentan vor uns haben, besser verfolgt werden kann. Ich denke, dass dies wichtig ist.
Ich möchte der Berichterstatterin, Frau Estrela, für ihre Arbeit danken und für die Verantwortlichkeit des Parlaments, das ...
(Die Präsidentin unterbricht die Rednerin)
Godfrey Bloom (EFD). – Frau Präsidentin, vor fünfeinhalb Jahren erregte ich ein gewisses Aufsehen mit meiner Andeutung, dass jeder Kleinunternehmer, der halbwegs bei klarem Verstand ist, wahnsinnig sei, wenn er eine Frau im gebärfähigen Alter einstellt.
Seitdem ist es immer nur schlimmer geworden und das Gleichgewicht zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern ist völlig außer Kontrolle geraten. Einer meiner Wähler aus York schrieb mir letztes Jahr und sagte, dass das Thema der Anstellung der Frauen im gebärfähigen Alter gar nicht mehr entscheidend wäre, sondern dass ein Kleinunternehmer, der überhaupt irgendjemanden einstellt, verrückt sein muss.
Wir stehen hier vor einer ungewöhnlichen Situation, oder nicht? Es gibt junge Frauen, die unbedingt arbeiten wollen, die unbedingt für Unternehmen und vor allem für kleine Unternehmen arbeiten wollen – die ja die treibende Kraft der Wirtschaft des Vereinigten Königreichs darstellen – und es gibt Arbeitgeber, die zu verängstigt sind, um sie einzustellen. Vor diesem Problem stehen wir. Wir machen es hier in diesem Haus, in dem die Mitglieder so wenig Wirtschaftserfahrung besitzen, fast unmöglich für kleine Unternehmen, junge Frauen einzustellen, obwohl sie dies gerne machen würden.
Ich habe immer gedacht, es gäbe eine Art chinesische Verschwörung, im Zuge derer dieses Haus das Funktionieren der europäischen Wirtschaft fast unmöglich machen wollte und die Chinesen hinter den Kulissen alles so schlimm machen wollten, dass wir letztendlich ausnahmslos alles aus China importieren müssten. Nun habe ich allerdings eine andere Theorie, nämlich, dass die Frauen, die es in den Ausschüssen, der Kommission und diesem Haus den kleinen Unternehmen so schwierig machen, junge Frauen einzustellen, sich einfach selbst am nächsten stehen.
Ich würde sagen, dass, sobald die Wählerschaft sie sich genauer ansieht und sie in einigen Jahren aufgrund von Inkompetenz und Dummheit aus dem Amt wirft, sie nur wieder den Einstieg in den Arbeitsmarkt schaffen werden, weil sie mittleren oder höheren Alters sind. Ihnen steht nichts mehr im Wege. Das ist meine Theorie. Mir fällt keine andere vernünftige Antwort auf diese Art der lächerlichen Einmischung in die Angelegenheiten von Arbeitnehmern und Arbeitgebern ein. Wenn Sie denken, dass dies eine abwegige Theorie ist, denken Sie nur daran, wie in diesem Haus über den Klimawandel gesprochen wird und glauben Sie mir, nichts ist zu dämlich für diese Kammer.
Salvatore Iacolino (PPE). – (IT) Frau Präsidentin, ohne Zweifel sollten wir die Tatsache begrüßen, dass dieser Vorschlag einer Rechtsvorschrift dem Parlament zur Aussprache vorgelegt wurde, nachdem 18 Monate intensiv daran gearbeitet wurde. Es ist klar, dass ein derartiges Projekt von einigen empfindlichen Faktoren charakterisiert wird, da die entsprechenden Gesetze sich in den Mitgliedstaaten stark unterscheiden. In jedem Fall sollte die innovative Tragweite dieser Maßnahme als Ergebnis sehr positiv betrachtet werden, genauso wie die Bestätigung des Grundsatzes, dass die Familie im Mittelpunkt stehen muss und die Gewährleistung einer besseren sozialen Absicherung für Frauen und Frauen unter besonderen Umständen, wie dem Umstand, ein Baby zu bekommen.
Für Frauen, die ein Kind bekommen, muss ebenfalls ein konstanter Schutz gewährleistet werden – und das sage ich, obwohl ich finde, dass die Regulierungen dieser Maßnahme weitreichender sind als ursprünglich angedacht – da erwähnt werden muss, dass es in Europa und vielen Mitgliedstaaten nach wie vor einen deutlichen Unterschied zwischen dem angebotenen Schutz im Hinblick auf Geburt und das ungeborene Baby gibt.
Diese Maßnahme muss eindeutig damit verbunden werden, dass der Missbrauch durch Arbeitgeber unterbunden wird und die betreffenden Bereiche der Änderungsanträge sollten eingegrenzt werden – einige dieser Anträge machen diese Rechtsvorschriften meiner Meinung nach insgesamt zu unflexibel – dabei sollten wir mit dem Vaterschaftsurlaub beginnen, der mit einer Maßnahme, die vornehmlich dem Schutz der Frauen dienen soll, nicht sehr viel zu tun hat.
Es besteht kein Zweifel, dass die Problematik bezüglich der eingewanderten Arbeitnehmerinnen und der Hausangestellten gründlich betrachtet werden muss, die ebenfalls ein Element dieses Themenbereichs ausmacht – dem Vorschlag einer Rechtsvorschrift über Frauen in prekären Beschäftigungsverhältnissen – auf einem flexiblen und elastischen Arbeitsmarkt, auf dem Frauen vor allem jetzt als Ressource zum Dienste an der Gesellschaft betrachtet werden müssen.
Nicole Sinclaire (NI). – Frau Präsidentin, die Arbeitgeber und die Regierung des Vereinigten Königreichs drängen die britischen Abgeordneten dazu, gegen die Vorschläge zur Verlängerung des Mutterschaftsurlaubs bei vollem Arbeitsentgelt von 14 auf 20 Wochen zu stimmen – obwohl ich denke, dass dies eine augenfällige Scheinheiligkeit seitens der Konservativen ist, die im Ausschuss noch einen Änderungsantrag vorlegten, der 24 voll bezahlte Wochen vorschlug. Wie ich gerne sage, kennt Scheinheiligkeit offenbar keine Grenzen.
Die britische Vereinigung der Kleinunternehmer („British Federation of Small Businesses“) erklärte, dass diese Pläne nicht bezahlbar seien und dass sie den britischen Unternehmen jährlich Kosten von mehr als 2,5 Mrd. GBP aufbürden werden. Sogar die Koalitionsregierung im Vereinigten Königreich, an der auch die Liberaldemokraten beteiligt sind, ist gegen diese Änderungen. Durch die vorgeschlagenen Änderungen werden für das Vereinigte Königreich Kosten von 2 Mrd. GBP entstehen und das in einer Zeit, in der im privaten und öffentlichen Sektor Arbeitnehmer entlassen werden, um weitaus kleinere Summen einzusparen.
Es ist ebenfalls der Fall, dass diese Änderungen sich möglicherweise selbst im Keim ersticken, da nach Angaben der britischen Regierung vor allem die höchstbezahlten Arbeitnehmerinnen profitieren, während die schlechtbezahlten Arbeitnehmerinnen kaum etwas davon haben. Diese Änderungen werden, auch wenn sie gut gemeint sind, im Endeffekt dazu führen, dass wir bei der Entwicklung für das Erreichen der Gleichstellung von berufstätigen Müttern zurückgeworfen werden. Es wird ebenfalls so kommen, dass diese Änderungen Arbeitgeber dazu verleiten werden, männliche Bewerber den weiblichen vorzuziehen.
Frau Präsidentin, es gibt andere Wege, die Rechte der Mütter nach der Geburt zu stärken, wie beispielsweise flexiblere Urlaubssysteme. Wir müssen auch die starken sozialen und kulturellen Unterschiede in den verschiedenen Mitgliedstaaten respektieren. Man kann nicht alle über einen Kamm scheren. Die arbeitenden Familien, die sich so sehr darauf verlassen, dass wir diese Rechtsvorschriften gut auf den Weg bringen, damit sie leben, arbeiten und Kinder großziehen können, leben in der wirklichen Welt, nicht in einem ideologischen Euro-Disneyland.
Diese Änderungen kommen zu einer falschen Zeit und die falschen Menschen profitieren davon. Zu einer Zeit, in der die Regierungen überall in der Europäischen Union versuchen, die öffentlichen Ausgaben zu verringern, wollen Sie die Kosten der Beschäftigung erhöhen, was einen Sektor treffen wird, in dem der Frauenanteil überdurchschnittlich hoch ist und die Frauen daher eher von der Möglichkeit der Kündigung betroffen sind. Im Vereinigten Königreich gibt es bereits jetzt die gerechtesten und großzügigsten Standards in Bezug auf Mutterschafts- und Vaterschaftsurlaub. Britische Mütter erhalten momentan sechs Wochen lang ein Gehalt von 90 %, gefolgt von 33 Wochen gesetzlich festgelegtem Mutterschaftsgeld von 125 GBP pro Woche.
Ich werde im Interesse des britischen Volkes abstimmen. Ich werde dem Rat der Regierung Ihrer Majestät folgen und gegen die Änderungsanträge zum Mutterschaftsgeld stimmen.
Ria Oomen-Ruijten (PPE). – (NL) Frau Präsidentin, ich habe mir alles, was in dieser Plenarsitzung gesagt wurde, angehört und ich bin sicher, dass die Gleichbehandlung von Männern und Frauen – die bislang eine Menge Mut und Anstrengungen sowie große Geldsummen gekostet hat – nicht erreicht wurde. Ich sage dies nicht nur zu einer Reihe meiner Kolleginnen und Kollegen meiner Fraktion – die zufälligerweise die Kammer verlassen haben – sondern auch anderen. Soviel zum ersten Punkt.
Der zweite Punkt betrifft die Überalterung und die keulenförmige demografische Entwicklungsstruktur der Gesellschaft. Dies ist für Europa eine äußerst wichtige Angelegenheit und somit ist es von entscheidender Bedeutung, dass wir das Kinderkriegen unterstützen. Beispielsweise schätze ich das Interview der französischen Finanzministerin Frau Lagarde, das sie zum Thema der Frauen am Arbeitsplatz gegeben hat, da es ausgezeichnet war. In der Tat hoffe ich, dass wir uns danach richten.
Der dritte Punkt betrifft die Tatsache, dass die Gleichbehandlung eine Verpflichtung zu einem sozialen Europa darstellt. Wir sagten, dass Männer und Frauen in diesem sozialen Europa Chancengleichheit auf dem Arbeitsmarkt genießen müssen und in der Lage sein müssen, Kinder zu haben. Momentan zielen wir alle auf 18 Wochen ab und wir haben uns mehr oder weniger auf 18 Wochen geeinigt, aber wir wissen noch nicht, wie wir uns das leisten können.
Ich hege absolut keine Einwände gegen den von meiner Fraktion vorgelegten Kompromiss, der ein Maximum von 75 % für diese vier Wochen vorsieht. Wogegen ich allerdings Einwände hege, ist die Tatsache, dass der betreffende Kompromiss auch eine Verknüpfung zu den Gesundheitskosten enthält. Darin liegt mein Haupteinwand, da es Ländern wie Großbritannien und Irland – und auch in Frankreich werden diese Kosten stark subventioniert – die Möglichkeit einräumt, diese 75 % zu umgehen, die weiterhin bezahlt werden müssen. Daher frage ich mich, ob wir diesen Teil des Kompromisses bei der Stimmabgabe vielleicht ablehnen können. Dies würde auch bedeuten, dass wir hier in der Lage waren, eine verabschiedete Stellungnahme abzuliefern, die wohl eine Mehrheit im Rat erreichen könnte.
Pascale Gruny (PPE). – (FR) Frau Präsidentin, Herr Kommissar, meine Damen und Herren, wir brauchen europäische Rechtsvorschriften, die die Gesundheit von schwangeren Frauen, Wöchnerinnen und stillenden Müttern schützen und wir müssen uns der uns bevorstehenden demografischen Herausforderung stellen und eine Steigerung der Geburtenraten in Europa vorantreiben. Jedoch darf dieser Vorstoß nicht dazu führen, dass Unternehmen vor der Einstellung von Frauen abgeschreckt werden.
Ich möchte an dieser Stelle drei Punkte hervorheben: Als erstes begrüße ich den Vorschlag der Europäischen Kommission über Sicherheit und Gesundheitsschutz von schwangeren Arbeitnehmerinnen, Wöchnerinnen und stillenden Arbeitnehmerinnen am Arbeitsplatz. Ich möchte den Titel noch einmal herausstellen, der den rechtlichen Rahmen dieser Richtlinie darstellt, da wir manchmal zu vergessen scheinen, worum es in diesem Text eigentlich geht. Wir sprechen hier über Frauen, da Männer, zumindest bis einer das Gegenteil beweist, keine Kinder gebären können.
Diese Aussprache verliert durch die Verweise auf Vaterschafts- oder Elternurlaub zunehmend an Bedeutung. Lassen Sie uns zuerst das Problem der Frauen lösen, indem wir uns darauf konzentrieren, dass wir ihre Gesundheit schützen, wenn sie ein Kind zur Welt bringen. Wir müssen wirkliche Garantien einführen, damit die Gesundheit dieser Frauen auf dem Arbeitsmarkt geschützt wird. Um Vaterschafts- und Elternurlaub kümmern wir uns in einer anderen Richtlinie.
Zweitens dreht sich die Aussprache um die Anzahl der Wochen. Momentan liegt der durchschnittliche Mutterschaftsurlaub bei 14 Wochen. Die Europäische Kommission schlägt 18 Wochen vor und der Bericht 20. Offensichtlich möchte ich als Frau und Mutter dreier Kinder, dass Mütter so lange wie möglich bei ihren Neugeborenen bleiben können. Daraus folgt allerdings die Frage: Wer soll diese Verlängerung von 14 auf 20 Wochen bezahlen? Der Staat? Die Unternehmen?
Ich bin davon überzeugt, dass die durchschnittliche Erhöhung von 14 auf 18 Wochen einen großen europäischen Fortschritt und eine wirkliche Investition seitens unserer Wirtschaft in die Erhöhung der Geburtenraten in Europa darstellt. Zwanzig Wochen bergen die Gefahr, eine negative Auswirkung auf die Beschäftigung von Arbeitnehmerinnen auszuüben: Ihre Beschäftigung würde behindert. In diesen Krisenzeiten können Unternehmen und Staaten diese schwere finanzielle Mehrbelastung nicht tragen.
Drittens müssen wir der Verbesserung der Kinderbetreuung mehr Beachtung schenken, damit Müttern die Vereinbarkeit von Beruf und Familie ermöglicht wird. In dieser Sache haben wir kaum Fortschritte gemacht, obwohl unser Parlament mehr als einmal dazu aufrief. Lassen Sie uns also nicht kontraproduktiv agieren und schicken wir die Frauen nicht wieder nach Hause.
Elena Băsescu (PPE). – (RO) Ich möchte diese Gelegenheit nutzen, der Familie von Maricica Hăhăianu mein Beileid auszusprechen. Die 32 Jahre alte Krankenschwester aus Rumänien war nach Italien gekommen, um eine bessere Arbeitsstelle zu finden. Letzte Woche kam sie ums Leben, nachdem ein junger italienischer Mann sie in einer U-Bahnstation in Rom angegriffen hatte.
Ich glaube, dass prekäre Beschäftigungsverhältnisse für Europa zum Thema werden müssen. Frauen arbeiten vermehrt in schlechtbezahlten Jobs und stellen die deutliche Mehrheit bei den Teilzeitarbeitnehmern in der Europäischen Union dar. Jedoch gibt es einige Fälle, in denen die Krise sich nur begrenzt auf die Frauen ausgewirkt hat, die aktiv am Arbeitsmarkt teilnehmen. In Rumänien stieg beispielsweise der Anteil der Frauen, die eine Stelle gefunden haben, auch im Jahr 2009 weiter an.
Ich muss die Situation der Frauen erwähnen, die im Ausland arbeiten. Oft arbeiten sie abseits der rechtlichen Vorschriften und besitzen keinerlei Rechte …
(Die Präsidentin unterbricht die Rednerin)
Rovana Plumb (S&D). – (RO) Ich muss mich erneut auf die Richtlinie über den Mutterschaftsurlaub berufen. Ich habe der Aussprache an diesem Abend sehr aufmerksam zugehört und ich möchte sagen, dass diejenigen, die sich gegen den Vorschlag stellen, ich beziehe mich hierbei auf die Verlängerung des Mutterschaftsurlaubs bei vollem Arbeitsentgelt, nur ein Argument vorbringen können – die wirtschaftliche Argumentation. Dies ist aber zu weit vereinfacht, denn schauen wir über das Haushaltsdefizit hinaus, geht es hier um Menschen. Sie sind sich nicht darüber im Klaren, dass die Bilanz der Vorteile sowohl für die Arbeitgeber als auch die Arbeitnehmerinnen für diesen Bericht spricht. Ich meine, dass auch die Arbeitgeber profitieren, weil sie in die Zukunft investieren.
Außerdem sind die Gegner nicht in der Lage, zu verstehen, dass sie die Mutterschaft an sich in Gefahr bringen und das in einer Zeit, in der die Geburtenraten fallen, ganz davon zu schweigen, dass die Bevölkerung älter und ärmer wird, was einen Einfluss auf die Nachhaltigkeit der Sozialversicherungssysteme hat.
Frédérique Ries (ALDE). – (FR) Frau Präsidentin, auch ich habe allem, was hier bis jetzt gesagt wurde, aufmerksam zugehört und ich möchte anmerken, dass zu viel des Guten auch einen negativen Effekt haben kann, wie es so oft der Fall ist. Die Argumente, die zur Verteidigung des Super-Mutterschaftsurlaubs vorgebracht werden – 20 Wochen, von denen sechs Wochen vor und zwei Wochen nach der Geburt genommen werden müssen und das bei vollem Arbeitsentgelt – sind nicht wirklich überzeugend. Mit derartigen isolierten Maßnahmen wird Europa sicherlich nicht die hochkomplexen Herausforderungen der Demografie und der Beschäftigung von Frauen bestehen.
Wer kann ernsthaft glauben, dass Menschen sich dafür entscheiden, ein Kind zu bekommen, um fünf Monate Urlaub anstelle von viereinhalb Monaten zu bekommen? Andererseits glaube ich nicht, dass es der Situation von Frauen hilft, wenn wir ihnen ihre Entscheidungsfreiheit nehmen. Lassen Sie uns darüber hinaus an die Auswirkungen, also die Kollateralschäden der von uns getroffenen Entscheidungen, denken. Der Schutz der Frauen bedeutet vorrangig, dass wir mit unseren Forderungen nicht übers Ziel hinausschießen und somit keine neuen Arten der Diskriminierung der Frauen den Weg ebnen, die sich bei er Ersteinstellung und der Rückkehr zur Arbeit bemerkbar machen, wie es beispielsweise die Experten der OECD und der „Union des classes moyennes“ bestätigen.
Daher bin ich klar für die Lösung mit 18 Wochen Urlaub, für den Grundsatz des Vaterschaftsurlaubs und natürlich dafür, dass es im Aufgabenbereich der Mitgliedstaaten liegt, weiterführende Maßnahmen zu ergreifen.
Franziska Katharina Brantner (Verts/ALE). - Frau Präsidentin! Ich möchte nur einen kurzen Punkt ansprechen, und zwar die Anerkennung von Elternzeiten in den einzelnen Ländern. Herr Mann hat dazu auch mit seinen Kollegen Änderungsanträge gestellt, unter anderem Änderungsantrag 115, in dem es im ersten Teil wirklich darum geht, die vier Wochen anrechnen zu lassen oder nicht.
Leider ist aber damit im zweiten Teil des Antrages – und das lese ich jetzt vor, damit das auch wirklich deutlich ist – verknüpft, dass die Vergütung der durchschnittlichen Vergütung während der 18 Wochen Mutterschaftsurlaub entsprechen kann, die mindestens 75 % des letzten Monatsgehalts oder eines durchschnittlichen Monatsgehalts nach einzelstaatlichem Recht entspricht, wobei das einzelstaatliche Recht eine Obergrenze vorsehen kann. De facto bedeutet das, dass wir eine europäische Harmonisierung aufgeben, wenn es um die Finanzierung in diesem Bereich geht und darum, wie viel eine Frau in der Zeit bekommt. Das geht aber nicht. Ich fände es extrem schade, wenn man das zusammen abstimmt, da wir im Endeffekt doch nicht auf europäischer Ebene die Harmonisierung aufgeben, sondern nach oben heben wollen, um für alle Frauen und Männer etwas zu verbessern.
Cornelia Ernst (GUE/NGL). - Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir sollten uns fragen, was wir mit dieser gesamten Diskussion eigentlich wollen. Geht es um ein bisschen Gleichstellung, um ein bisschen Familienförderung, möglichst kostengünstig? Natürlich kostet die Vereinbarkeit von Familie und Beruf Geld. Ich frage meinen Kollegen aus Deutschland ganz schlicht: Was sind denn Ausgaben von einer Milliarde in Deutschland, wenn gleichzeitig 450 Milliarden als Bankbürgschaften ausgegeben werden? Was wollen wir denn eigentlich auf diesem Feld? Eine hundertprozentige Bezahlung im Elternurlaub, das ist völlig korrekt. Ja, was denn sonst? Das ist doch keine Freizeit, es ist auch kein Urlaub, es ist Arbeit, was hier gemacht wird!
Natürlich sind wir auch für die Ausweitung auf 20 Wochen, weil wir meinen, dass nur so tatsächlich dieser Arbeit nachgekommen werden kann.
Es geht auch nicht nur um ein bisschen Gleichstellung im Erwerbsleben. Wir wollen sie ganz, für Frauen und Männer. Und dazu bedarf es drastischer Schritte, wie beispielsweise des gesetzlichen Mindestlohns in allen Ländern.
Angelika Werthmann (NI). - Frau Präsidentin! Die Frage des Mutterschutzes sollte aus Gründen der kulturellen Unterschiede in Europa eine Angelegenheit der Mitgliedstaaten bleiben. Österreich hat 16 Wochen Mutterschutz. Eine Ausweitung würde pro Verlängerungswoche im Jahr 17,4 Millionen Euro kosten. Wären 20 Wochen verpflichtend, dann wären es für Österreich über 60 Millionen. Weitere Mehrkosten entstünden, wenn es noch zusätzlich einen zweiwöchigen bezahlten Babyurlaub für jeden Vater gäbe.
Überlegen wir sehr klar: Erstens ist dies eine ganz persönliche Entscheidung der Eltern, zweitens sehe ich hier die Gefahr einer weiteren Diskriminierung der Frauen im gebärfähigen Alter. Das kann einen Anstieg der prekären Arbeitsverhältnisse, in welchen schon 31,5 % der erwerbstätigen Frauen stehen, fördern. Die Frage ist: Wollen wir das wirklich?
Seán Kelly (PPE). – (GA) Frau Präsidentin, wir haben hier an diesem Abend eine ausgezeichnete Aussprache gehalten und allgemein betrachtet wurden vor dieser Kammer viele gute Argumente vorgebracht. Die angesprochenen Argumente waren idealistisch, aber Frau Estrela verdient ein Lob dafür, dass sie diese Argumente für uns dargelegt hat. Gleichzeitig müssen wir aber praktisch und realistisch denken. Ich habe meine Zweifel. Wenn wir die Gesamtheit der vorliegenden Vorschläge umsetzen, ist es gut möglich, dass vor allem junge Frauen nicht mehr in der Lage sein werden, eine Anstellung zu finden. Ich betrachte dies aus der Sicht eines Vaters. Ich habe zwei Töchter und möchte, dass sie dieselben Chancen auf eine Anstellung haben können, die auch Jungen haben. Das ist die Hauptsache! In Irland befinden wir uns momentan im einem finanzpolitischen Dilemma. Ganze 20 % der jungen Menschen sind arbeitslos. Täglich schließen vier klein- und mittelständische Unternehmen und uns steht der schlimmste Haushaltsplan bevor, dem wir uns je stellen mussten. Auch wenn er viele gute Vorschläge enthält, wären diese vielleicht zu einem späteren Zeitpunkt angebrachter. Ich denke nicht, dass sie in der aktuellen Situation praktikabel sind.
Marita Ulvskog (S&D). – (SV) Diese Aussprache war sehr aufregend. Ich denke, sie zeigt, dass es eine Möglichkeit für uns gibt, einen Kompromiss zu finden, damit wir eine Entscheidung über dieses Thema treffen können.
Ich glaube, dass es gut wäre, wenn wir dies machen könnten und natürlich müssen wir bei unserer Vorgehensweise bedenken, dass wir über unterschiedliche Systeme verfügen. In den einzelnen Mitgliedstaaten wurden unterschiedliche Fortschritte gemacht.
Ich komme aus Schweden, wo unser Elternurlaub mehr als ein Jahr beträgt, eine hohe Bezahlung mit sich bringt und wo der Vater verpflichtet ist, einen Teil des Elternurlaubs zu übernehmen.
Ich glaube nicht, dass wir etwas derartig Gutes für Männer, Frauen und Kinder sowie für die Teilnahme der Frauen am Arbeitsmarkt auf Ebene der Europäischen Union schaffen könnten. Lassen Sie uns jedoch sicherstellen, dass wir eine minimale Richtlinie hervorbringen, um zu einer Einigung zu kommen.
Elżbieta Katarzyna Łukacijewska (PPE). – (PL) Zum Thema der beruflichen Aktivitäten von Frauen möchte ich zwei Altersgruppen berücksichtigen: Die erste Gruppe, über die heute schon viel gesprochen wurde, sind junge Frauen, die sehr gut ausgebildet sind und keine Anstellung bekommen, da Arbeitgeber oftmals die Kosten fürchten, die mit einer Schwangerschaft und dem Mutterschaftsurlaub einhergehen.
Die zweite Gruppe sind Frauen über 50, denen weniger Produktivität und Kreativität zugetraut wird. Der Statistik nach stellen Frauen zwischen 59 und 60 nur 25 % der Arbeitnehmer in dieser Altersgruppe. Der Anteil der über 60 Jahre alten Frauen, die noch in einem Beschäftigungsverhältnis stehen, ist noch geringer. Deswegen sollten wir, wenn wir über die Arbeitnehmerinnen in prekären Beschäftigungsverhältnissen sprechen, diese beiden Gruppen berücksichtigen und alles in unserer Macht stehende unternehmen, damit Frauen geholfen wird, die erste Anstellung zu finden, nach dem Mutterschaftsurlaub zurück in die Arbeitswelt zu finden und ihre Qualifikationen zu erhöhen.
(Die Präsidentin unterbricht die Rednerin)
Izaskun Bilbao Barandica (ALDE). – (ES) Frau Präsidentin, diese Initiative zielt darauf ab, den Gesundheitsschutz und die Sicherheit von schwangeren Arbeitnehmerinnen und Wöchnerinnen zu verbessern und Maßnahmen umzusetzen, um Familie und Beruf vereinbarer zu machen.
Europäische Frauen blicken heute auf das Europäische Parlament und erwarten von uns, dass wir die modernen Maßnahmen ergreifen, die im 21. Jahrhundert erforderlich sind. Daher müssen wir über die Möglichkeit des 20-Wochen-Urlaubs sprechen, die Möglichkeit des Arbeitsentgelts für die Mutter von 100 %, auch für selbstständige Mütter, über die Möglichkeit, dass Väter den Elternurlaub nach der Geburt nehmen und über das Schaffen von gleichen Bedingungen für Männer und Frauen bei der Inanspruchnahme dieses Urlaubs. Es geht nicht nur um die Frauen.
Wenn wir über die Kosten des Mutterschaftsurlaubs sprechen, ist es nicht nur eine weitere Bestrafung für Frauen; es zeigt die fehlende Verantwortlichkeit, angesichts der Krise hinsichtlich der Geburtenraten und der aktuell alternden Bevölkerung in Europa, Faktoren, die beide auch zur Entwicklung der Wirtschaftskrise beitragen.
Ist es Ihnen in den Sinn gekommen, danach zu fragen, was die Kosten der Arbeitsversäumnis in Europa sind? Ich habe darüber kein einziges Wort gehört. Wir haben die Möglichkeit, Fortschritte bei der Gleichstellung von Männern und Frauen zu machen, also lassen Sie und die Menschen Europas nicht enttäuschen.
Maroš Šefčovič, Vizepräsident der Kommission. – Frau Präsidentin, ich möchte den geschätzten Abgeordneten für ihre Teilnahme an dieser wichtigen, anregenden und, wie ich sagen möchte, sehr leidenschaftlichen Aussprache danken.
Auch wenn wir diese Themen von verschiedenen Standpunkten aus betrachten, können sich die meisten von uns in mehreren Punkten einigen. Mutterschaftsurlaub sollte nicht bestraft werden; wir müssen sehr hart daran arbeiten, die gleiche Bezahlung durchzusetzen; außerdem müssen wir die wirtschaftlichen Folgen der hier getroffenen Entscheidungen sehr sorgsam beachten.
Viele von Ihnen sprachen das Thema des Vaterschafts- oder Elternurlaubs an. Ich möchte Sie daran erinnern, dass die soeben angenommene Elternurlaubs-Richtlinie den Eltern ein Minimum von acht Monaten je Kind einräumt. Zum ersten Mal gibt es für Väter einen rechtlichen Anreiz auf Ebene der Europäischen Union, einen Urlaub in Anspruch zu nehmen.
Ein ganzer Monat des Urlaubs verfällt, wenn der Vater seine Verantwortung nicht übernimmt. Diese Richtlinie tritt demnächst in Kraft und wir werden auf diesem Fortschritt aufbauen und weitere Vorschläge zum Thema Elternurlaub sorgfältig prüfen.
Wie ich in meinen einleitenden Bemerkungen sagte, untersuchen wir aktuell die Situation und werden Ihnen die Ergebnisse in Kürze vorstellen.
Lassen Sie mich die Unterstützung für Väter, an der Elternschaft teilzuhaben, durch eine persönliche Anmerkung unterstreichen. Ich hatte das Glück, bei der Geburt zweier meiner drei Kinder anwesend zu sein. Natürlich konnte ich damals im Krankenhaus nichts weiter machen, als ein tapferes Gesicht aufzusetzen und so zu erscheinen, als sei ich weder besorgt noch verängstigt und meiner Frau die bestmögliche moralische Unterstützung zu bieten. Manchmal kümmerten sich aber auch meine Frau und die liebenswürdigen Krankenschwestern um mich, damit ich diese moralische Unterstützung bieten konnte! Ich werde diese überaus wichtigen Momente nach der Geburt und die ersten Tage niemals vergessen, in denen ich meiner Frau mit dem Neugeborenen helfen konnte.
Es ist ganz klar, dass nicht nur Mütter eine Bindung zum neugeborenen Baby herstellen müssen. Väter müssen dies genauso und wir müssen sie ermutigen, das Modell der Vaterschaft verändern und Bedingungen schaffen, unter denen auch Väter eine Bindung zu ihren neugeborenen Babys aufbauen können.
Um auf die heute besprochenen Berichte zurückzukommen, habe ich in Bezug auf Frau Thomsens Bericht über prekäre Beschäftigungsverhältnisse sorgsam auf das hier Gesagte geachtet. Ich kann Ihnen versichern, dass die Kommission Aktionen unterstützen wird, die die Arbeitsbedingungen von Arbeitnehmerinnen in prekären Beschäftigungsverhältnissen verbessern, indem wir die nationalen Beschäftigungspolitiken der Staaten überwachen und im Speziellen Unterstützung durch Strukturfonds leisten.
Im Hinblick auf Frau Estrelas umfassende Arbeit über den Vorschlag der Kommission für eine verbesserte Mutterschaftsurlaubs-Richtlinie versuchen wir in der Tat ein sehr schwieriges Gleichgewicht herzustellen. Wir müssen dafür sorgen, dass die Grundrechte der Arbeitnehmerinnen gewahrt werden, aber wir dürfen den Mitgliedstaaten keine Ausrede bieten, diese äußerst wichtigen Verhandlungen einzustellen. Wir müssen die Modelle untersuchen, die uns eine hohe Beschäftigungsquote und gleichzeitig hohe Geburtenraten bieten.
In diesem Sinne begrüßt die Kommission die Änderungsanträge, die eine Beibehaltung des Mindesturlaubs von 18 Wochen fordern, einen Alternativvorschlag zur Höhe des Mutterschaftsentgelts bieten, den Verweis auf den Krankheitsurlaub enthalten und andere Arten des Urlaubs als Mutterschaftsurlaub zulassen.
All dies unter der Prämisse, dass es nicht zu einer Abschwächung des bestehenden Schutzes führt. Ein Rückschritt in dieser Sache darf für die Europäische Union keine Option darstellen.
Ich hoffe sehr, dass das Parlament und der Rat sich in dieser Sache auf einen Kompromiss einigen werden. Der Standpunkt der Kommission zielt darauf ab, die Lücke zwischen den Standpunkten der beiden Institutionen zu überbrücken und eine solide Grundlage für kommende Diskussionen zu bieten.
Die Verbesserung der Umstände der Frauen in Europa muss unser endgültiges Ziel darstellen. Sie tragen entscheidend zu unserer Gesellschaft bei und wir müssen einen Weg finden, sie dafür zu entlohnen.
Miroslav Mikolášik (PPE). – Frau Präsidentin, ich fürchte, dass vielen Kolleginnen und Kollegen das Wort erteilt wurde und sie kamen sicherlich nach mir und meiner Kollegin hier. Wir haben bereits um das Wort gebeten, als Präsident Buzek seinen Punkt zur Sprache brachte, also möchte ich Einspruch gegen diese Ungerechtigkeit bei der Erteilung des Wortes nach dem „Catch the eye“-Verfahren erheben.
Die Präsidentin. − Herzlichen Dank für Ihre Wortmeldung. Wie ich gesagt hatte, gab es sehr viel mehr Meldungen, als eigentlich angenommen werden können. Wir hatten 19 Wortmeldungen für einen Slot von fünf Minuten. Die Redner auf den Listen, die es hier gibt, habe ich versucht, entsprechend dranzunehmen.
Ihre Bemerkung wird selbstverständlich aufgezeichnet. Und wir werden bei den nächsten Debatten sicherlich sehr ernsthaft den Versuch unternehmen, das Ganze so gerecht wie möglich zu machen.
Edite Estrela, Berichterstatterin. – (PT) Frau Präsidentin, Herr Kommissar, ich möchte Ihnen für Ihre Umsichtigkeit danken, die Sie bei Ihren einleitenden Bemerkungen und Ihrer abschließenden Rede an den Tag legten sowie für Ihre persönliche Aussage. Ich halte es für wichtig, dass dies in Verbindung mit den Aussagen anderer Leute betrachtet wird, wie beispielsweise die der anderen Abgeordneten, die während dieser Aussprache ebenfalls gesprochen haben, da auf diese Weise mit Sicherheit einige Vorurteile und Stereotypen, die in unserer Gesellschaft nach wie vor existieren, ausgeräumt werden können.
Daher ist es ebenfalls wichtig, dass wir auch den Vaterschaftsurlaub einschließen, indem wir die duale rechtliche Grundlage dieser Richtlinie, die das Ziel der Geschlechtergleichheit und der Vereinbarkeit von Familie und Privatleben verfolgt, optimal ausnutzen, denn eines der nach wie vor in unserer Gesellschaft bestehenden Vorurteile besteht darin, dass Frauen für die Reproduktion zuständig sind und Männer für die Produktion. Männer sind genauso Väter, wie Frauen Mütter und auch Arbeitnehmerinnen sind, daher steht ihnen sowohl der berufliche Erfolg als auch das Recht, ihre Kinder von Geburt an aufzuziehen, zu. Das Mitglied aus dem Vereinigten Königreich, der hier gesprochen hat, ist nicht anwesend. Ich hätte ihn gerne gefragt, ob David Cameron besser ist als andere Europäer, die auch gerne einen Vaterschaftsurlaub nehmen würden, aber in mindestens acht Mitgliedstaaten diskriminiert werden.
Wir befinden uns noch in der ersten Lesung, daher werden wir Gelegenheit haben, diese Vorschläge gemeinsam mit der Kommission und dem Rat zu verbessern. Ich möchte auch meinen verehrten Kolleginnen und Kollegen für ihre Mitarbeit danken. Ich finde, dass diese breite Unterstützung äußerst wichtig ist.
Wir leben sicherlich in schwierigen Zeiten, aber dies ist die Zeit, in der die Gesellschaften mutige Entscheidungsträger am dringendsten benötigen, denn wie es der römische Dichter Horaz vor tausenden von Jahren anmerkte, wird derjenige, der sich vor Stürmen fürchtet, am Ende kriechen.
Britta Thomsen, Berichterstatterin. – (DA) Frau Präsidentin, ich möchte meinen geschätzten Kolleginnen und Kollegen für ihre Anmerkungen zu dem Bericht über Frauen in prekären Beschäftigungsverhältnissen danken und der Kommission meinen Dank für ihre Bereitschaft, Initiativen zur Verbesserung der Situation zu ergreifen, aussprechen.
Wie viele der Abgeordneten anmerkten, stellen Frauen die deutliche Mehrheit der Arbeitnehmer dar, die unter schlechten Arbeitsbedingungen und für geringe Bezahlung arbeiten. Dies bedeutet nicht nur, dass Frauen in Europa weniger verdienen als Männer, sondern auch, dass Frauen geringere Renten erhalten, und wir werden in Europa zukünftig viele Frauen in Armut erleben, denn die Ehe bietet nicht mehr automatisch finanzielle Sicherheit im Alter.
Die anfälligste Gruppe auf dem europäischen Arbeitsmarkt sind die weiblichen Einwanderer. Diese Gruppe ist vermehrt von Ausbeutung betroffen, vor allem die 11 Millionen Frauen, die als Hausangestellte arbeiten. Zu dieser Gruppe gehören auch Au-Pairs. Au-Pair bedeutet übersetzt „zu gleichen Bedingungen“, aber viele der Frauen stammen von den Philippinen und aus den ehemaligen Sowjetrepubliken und arbeiten nicht als Au-Pair, um den kulturellen Austausch zu fördern. Sie kommen, weil sie Geld verdienen wollen und dieses System wird in Europa vielerorts ausgenutzt, um billige Arbeitskräfte zu bekommen. Ich möchte die Kommission dazu aufrufen, diese Situation zu untersuchen. Wir sollten nicht erlauben, dass diese Form der Ausbeutung in Europa legal ist. Wir müssen daher in Verbindung mit dem Au-Pair-System strenger agieren.
Entsprechend der eigenen Gehaltsstatistik der Kommission beginnt die unterschiedliche Bezahlung von Männern und Frauen, sobald die Kinder kommen. Wenn wir die komplette Gleichbehandlung von Männern und Frauen auf dem Arbeitsmarkt erreichen wollen, müssen Frauen während des Mutterschaftsurlaubs das gleiche Arbeitsentgelt erhalten und Männer müssen in die Versorgung der Kinder eingebunden werden und somit das Recht auf Vaterschaftsurlaub erhalten.
Die Präsidentin. − Die Aussprache ist geschlossen.
Die Abstimmung über den Bericht Estrela findet am Mittwoch, 20. Oktober, statt.
Die Abstimmung über den Bericht Thomsen findet am Dienstag, 19. Oktober, statt.
Schriftliche Erklärungen (Artikel 149)
Sergio Berlato (PPE), schriftlich. – (IT) Die Gleichstellung von Männern und Frauen stellt einen der Grundsätze der Europäischen Union dar. Sie wurde bereits 1992 im Maastricht-Vertrag definiert und einige Jahre später im Vertrag von Amsterdam (1997) sowie in der aktuellen EU-Strategie 2010-2015. Eine der Prioritäten der sozialen Agenda der Europäischen Union ist die Notwendigkeit, Strategien zu fördern, die der Unterstützung der Vereinbarkeit von Arbeits-, Privat- und Familienleben der Frauen dienen. In diesem Zusammenhang stellt die Mutterschaft ein absolut grundlegendes Recht zum Zweck der sozialen Stabilität dar.
Die Europäische Union steht momentan vor eine demografischen Herausforderung, die sich aus niedrigen Geburtenraten und dem ständig größer werdenden Bevölkerungsanteil der älteren Menschen ergibt. Ich glaube, dass die Verbesserung von Maßnahmen, die die Vereinbarkeit von Beruf und Familie für Frauen betreffen, einen Teil der Antwort auf diese negative demografische Entwicklung darstellt. Ich bin mir der Bedeutung bewusst, die die Einführung besserer Schutzmechanismen gegen Entlassungen in der Zeit vom Beginn der Schwangerschaft bis unmittelbar nach dem Ende des Mutterschaftsurlaubs trägt.
Daher unterstütze ich die zu diesem Zweck eingebrachten Änderungsanträge, einschließlich und ganz besonders das Recht einer Frau, zu ihrem alten Arbeitsplatz zurückzukehren oder eine gleichrangige Position zu erhalten.
Zuzana Brzobohatá (S&D), schriftlich. – (CS) Das grundlegende Ziel des Berichts liegt in der Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes von schwangeren Arbeitnehmerinnen, Wöchnerinnen und stillenden Arbeitnehmerinnen am Arbeitsplatz. Ich persönlich halte den Vorschlag über die Verlängerung des Mindest-Mutterschaftsurlaubs von 14 auf 20 Wochen für den wichtigsten Aspekt, da dies zur Verbesserung der Gesundheit und der psychologischen Verfassung der Mutter beitragen wird, die auf diese Weise in der Lage sein wird, ihr Kind uneingeschränkt zu versorgen. Die Verlängerung der Mindestdauer des Mutterschaftsurlaubs fördert ebenfalls das Stillen, was nachgewiesenermaßen einen positiven Einfluss auf die Gesundheit von Mutter und Kind mit sich bringt. Ebenso wichtig ist meiner Meinung nach der aktuelle Vorschlag, den finanziellen Beitrag zum Mutterschaftsurlaub mit dem vollständigen Gehalt der Arbeitnehmerin zu bemessen – also dem durchschnittlichen Monatsgehalt – oder zumindest 85 % davon. Diese Maßnahmen reichen aus, um Familien und vor allem Familien mit nur einem Elternteil vor dem Abrutschen unter die Armutsgrenze und vor sozialer Ausgrenzung zu schützen. Ein Teil des Berichts befasst sich mit dem traditionellen Rollenverständnis bezüglich der Frauen. Frauen und nicht Männer tragen nach wie vor die Hauptverantwortung bei der Versorgung der Kinder und anderer Schutzbefohlener und sind daher oft gezwungen, sich zwischen einem Leben als Mutter oder der beruflichen Entwicklung zu entscheiden. Daher ist es sehr wichtig, dass die neuen Formen des Elternurlaubs die bestehenden sozialen Stereotypen weder widerspiegeln noch verstärken. Der Vorschlag betrifft die Tschechische Republik nur im Hinblick auf die Höhe der Mutterschaftszahlungen und nicht in Bezug auf die Länge des Mutterschaftsurlaubs.
Corina Creţu (S&D), schriftlich. – (RO) Frauen sind die häufigeren Opfer der Rezession, was auf die Entlassungen zurückzuführen ist, die vornehmlich prekäre Beschäftigungsverhältnisse betreffen. Am schlimmsten von Entlassungen, Gehaltskürzungen und Missbrauch seitens der Arbeitgeber betroffen sind Frauen, die als Hausangestellte ihre Dienste verrichten und mit befristeten Arbeitsverträgen arbeiten. Hausangestellte machen fast ein Zehntel der Arbeitsplätze in den entwickelten Ländern aus, und stellen damit eine große Gruppe von Bürgerinnen und Bürgern, vor allem jedoch Bürgerinnen, dar, die sich in einer besonders kritischen Situation befinden. Dies fördert Missbrauchsverhalten seitens der Arbeitgeber, speziell wenn die Arbeitnehmerinnen aus neuen Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder aus Drittländern eingewandert sind.
Ich glaube, dass die Aufhebung von Einstellungsbeschränkungen für rumänische und bulgarische Staatsbürger, die nach wie vor in den meisten alten Mitgliedstaaten einen untergeordneten und prekären Status mit sich bringen, einen ersten Schritt in Richtung der Abschaffung des diskriminierenden Verhaltens darstellt. Das tragische Beispiel der rumänischen Krankenschwester, die vor Kurzem vor den gleichgültigen Blicken der Passanten in einer italienischen U-Bahn-Station ermordet wurde, muss eine Alarmglocke über die Gefahren der kollektiven Diskriminierung und Stigmatisierung aufläuten lassen, da diese Ansichten, wie in diesem Fall, unvorhersehbare und extrem ernste Konsequenzen haben können. Ich möchte mich auch deutlich für die verlängerte Mindestdauer des Mutterschaftsurlaubs von 20 Wochen aussprechen, damit Frauen die nötige Zeit haben, sich entsprechend um ihre Kinder zu kümmern.
Proinsias De Rossa (S&D), schriftlich. – Ich unterstütze diesen Bericht, durch den der Mutterschaftsurlaub innerhalb der Europäischen Union auf 20 Wochen bei vollem Arbeitsentgelt verlängert und zwei Wochen Vaterschaftsurlaub eingeführt werden sollen. Es ist äußerst wichtig, dass die Regierungen die Empfehlungen des Europäischen Parlaments nun beim Treffen des Rates Arbeit und Soziales am 2. Dezember unterstützen. Wenn sie sich gegen diese Maßnahme stellen, wird dies dazu führen, dass viele Frauen aus der Arbeitswelt ausgeschlossen werden und damit ginge eine wertvolle Ressource verloren. Anstatt Frauen für das Kinderkriegen zu bestrafen, muss die Europäische Union sie unterstützen und ihnen dabei helfen, die Vereinbarkeit von Beruf und Familie besser umsetzen zu können. Ein besserer Mutterschaftsurlaub stellt eine Investition in das zukünftige Wohlbefinden unserer Gesellschaft dar. Die ersten Wochen im Leben eines Neugeborenen sind für die Entwicklung des Vertrauens, der sensorisch-kognitiven Fähigkeiten und der Bindung zu den Eltern außerordentlich wichtig. Studien haben ebenfalls gezeigt, dass soziale Maßnahmen wie der Mutterschaftsurlaub dabei helfen, die Beschäftigungsquote der Frauen um 3-4 % zu erhöhen. Ein besserer Mutterschaftsurlaub und der bezahlte Elternurlaub stellen also umsichtige Investitionen dar. Die Folgenabschätzung dieser Maßnahme zeigte, dass eine Erhöhung der weiblichen Arbeitsmarktbeteiligung von nur 1 % die Kosten des 20-wöchigen bezahlten Mutterschaftsurlaubs und der zwei Wochen bezahlten Vaterschaftsurlaubs decken würden.
Jim Higgins (PPE), schriftlich. – Im Verlauf der letzten 50 Jahre haben die Frauen Europas sehr große Fortschritte in Richtung Geschlechtergleichheit gemacht. Eines der bedeutendsten erreichten Ziele ist der Zugang der Frauen zum Arbeitsmarkt. Allerdings stellt der gestiegene überproportionale Anteil von Frauen in Nichtstandard-Arbeitsverhältnissen einen großen Grund zur Sorge dar und ich möchte wiederholen, dass der Bericht die Kommission dazu aufruft, die Mitgliedstaaten dazu zu ermutigen, „bewährte Vorgehensweisen auszutauschen und die durch die Strukturfonds [...] gebotenen Kofinanzierungsmöglichkeiten voll zu nutzen, um so einen breiteren Zugang zu erschwinglichen und hochwertigen Möglichkeiten der Betreuung von Kindern und älteren Menschen sicherzustellen, so dass Frauen nicht gezwungen sind, diese Pflichten auf einer informellen Basis zu übernehmen“. Er „betont zudem die Notwendigkeit, prekäre Arbeitsplätze im Bereich der häuslichen Betreuung nach Möglichkeit in menschenwürdige, langfristige Arbeitsplätze umzuwandeln“. Prekäre Beschäftigungsverhältnisse stellen schon seit langem einen Grund zur Sorge dar; jedoch macht die aktuelle Finanz- und Wirtschaftskrise die Problematik der prekären Beschäftigungsverhältnisse und vor allem das Thema der Frauen in prekären Beschäftigungsverhältnissen zu einem sehr dringenden Thema und ich möchte die Kommission dringend zum Handeln aufrufen, um Frauen, die sich in kritischen Beschäftigungssituationen befinden, zu schützen.
Anneli Jäätteenmäki (ALDE), schriftlich. – (FI) Grundsatzreden befassen sich gern mit der Notwendigkeit, den Status der Familien zu fördern. Die Förderung der Gleichberechtigung stellt eine Priorität in der Beschäftigungspolitik dar. Wenn es um Familien geht, ist nun die Zeit zum Handeln gekommen. Familien brauchen konkrete Maßnahmen und eine bessere Koordinierung von Beruf und Familienleben. Die Geburtenraten und die Beschäftigungsquoten der Frauen sind in den Ländern höher, die gute Systeme des Familienurlaubs und gute Angebote der Kinderversorgung anbieten, damit die Last, die durch Kinder entsteht, gemindert wird. Gute Beispiele hierfür sind Schweden, Dänemark, Island und Finnland. Daher ist es also möglich, die Teilnahme von Frauen am Arbeitsmarkt mit hohen Geburtenraten zu verbinden und dies sollte in der Europäischen Union unterstützt werden. Ich stehe hinter dem Vorschlag des Ausschuss für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter, den Mutterschaftsurlaub auf 20 Wochen bei vollem Arbeitsentgelt festzulegen. Frauen und Familien sollten nicht dafür bestraft werden, wenn sie Kinder bekommen. Abgesehen von der Forderung nach vollem Arbeitsentgelt besagt dieser Richtlinienvorschlag, dass der Mutterschaftsurlaub zu der Zeit in einem Beschäftigungsverhältnis hinzugerechnet werden sollte, so dass er bei der Berechnung der Rente berücksichtigt wird. Dieses Thema steht in Verbindung mit der Forderung der Europäischen Union nach gleicher Bezahlung. Wird die Richtlinie weiter vorangetrieben, wird sich der Abstand zwischen den Einkommen von Frauen und Männern verkleinern. Die Richtlinie würde ebenfalls den Status der Familien mit Mehrlingsgeburten und Adoptivkindern verbessern sowie den der Familien mit behinderten Kindern. Es fällt in der Tat schwer, einen Grund zu finden, diesen Richtlinienvorschlag mit den vom Ausschuss für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter vorgebrachten Änderungsanträgen nicht zu unterstützen. Eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie fördert das Wohlbefinden der Familien, die Beschäftigung und die wirtschaftliche Entwicklung.
Eija-Riitta Korhola (PPE), schriftlich. – (FI) Wir stehen einstimmig hinter der Notwendigkeit, schwangeren Frauen und Wöchnerinnen speziellen Schutz in der Gesellschaft und auf dem Arbeitsmarkt zu bieten. Es geht hierbei im Endeffekt um die grundlegende Einheit der Gesellschaft, also die Stärkung des Status der Familie. Wir sind uns allerdings nicht einig darüber, welche Art der Rechtsvorschriften nun wirklich umgesetzt werden sollte, um dieses Ziel in den Mitgliedstaaten zu erreichen. Ich unterstütze die Ansicht der Kommission, die Mindestdauer des Mutterschaftsurlaubs in der gesamten Union von aktuell 14 Wochen auf 18 Wochen zu erhöhen und dabei das Arbeitsentgelt so zu bemessen, dass es zumindest der vorgesehenen Lohnfortzahlung im Krankheitsfall entspricht. Dies würde eine deutliche Verbesserung in Europa darstellen. Wenn wir darüber hinaus die Änderungen beim Elternurlaub in Betracht ziehen, die wir im letzten Jahr vorgenommen haben, können wir daraus schließen, dass der Schutz der Familie in der Europäischen Union besser wird. Der Ausschuss für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter hat allerdings Änderungsanträge angenommen, die die Unterschiede zwischen nationalen Systemen und finanzielle Realitäten außer Acht lassen. Die Mitgliedstaaten verfügen über sehr unterschiedliche Systeme des Mutterschaftsurlaubs. Wenn wir diese alle über einen Kamm scheren, würde dies zu schlechten Rechtsvorschriften führen und das Subsidiaritätsprinzip verletzen. Beispielsweise wird der Mutterschaftsurlaub in Finnland mit dem Vaterschaftsurlaub und einem langen Elternurlaub von mehr als sechs Monaten kombiniert, was zu einem umfassenden System führt, dessen Kosten auf verschiedene Beteiligte aufgeteilt werden. Das System verfügt noch über eine weitere Komponente: die Möglichkeit, einen Kindererziehungsurlaub zu nehmen, während dem das Arbeitsverhältnis nicht unterbrochen wird. Ein Mutterschaftsurlaubs von 20 Wochen bei vollem Arbeitsentgelt, wie er aktuell vorgeschlagen wird, würde die Kosten in Finnland von aktuell 30 Mio. EUR auf 80 Mio. EUR ansteigen lassen. In vielen Mitgliedstaaten wären die Kosten sogar noch höher. In dieser wirtschaftlichen Situation kann so ein Vorschlag nur jenseits jeder haushaltspolitischen Verantwortung eingebracht werden. Vom Standpunkt der Gleichstellung aus betrachte ich das gefürchtete Szenario ebenfalls mit Sorge, dass sich die Beschäftigungsmöglichkeiten der Frauen tatsächlich verschlechtern, wenn den Arbeitgebern die enormen Kosten aufgebürdet werden.
Jiří Maštálka (GUE/NGL), schriftlich. – (CS) Die Annahme der Aktionsplattform Peking liegt 15 Jahre zurück. Dieses Dokument fasst den Status der Frauen weltweit zusammen und schlägt Schritte vor, wie er verbessert werden kann. Darin werden die Arbeitsbedingungen von Frauen betont, vor allem was Wirtschaft, Gesundheit und Bildung angeht. Das Europäische Parlament und der Rat haben einige Richtlinien angenommen, um diese Empfehlungen umzusetzen. Auf Grundlage dieser Ergebnisse, die zum großen Teil positiv zu sein schienen, wurden weitere Maßnahmen ergriffen und den Mitgliedstaaten im Zuge des Fahrplans für die Gleichstellung von Frauen und Männern (2006-2010) zur Umsetzung vorgelegt. Der im Februar erschienene jährliche Bericht des Europäischen Parlaments zur Gleichstellung von Männern und Frauen für das Jahr 2009 besagt, dass es infolge der Finanzkrise und aufgrund von Haushaltskürzungen in den Staaten der Europäischen Union zu Entlassungen kam, von denen vor allem Frauen betroffen waren. Frauen geben dem Druck der Arbeitgeber oft nach, wovon vor allem multinationale Einzelhandelsketten profitieren. Die Arbeitsbelastung übt einen negativen Einfluss auf die Gesundheit der Frau, ihre Familie, die legalen Arbeitszeiten oder die Ausbildung aus. Nur wenige Arbeitgeber sind bereit, günstige Arbeitsbedingungen für ihre Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu schaffen, damit diese Beruf und Familie vereinbaren können. Einwanderinnen müssen sich mit den schwierigsten Arbeitsbedingungen plagen. Sie haben mit der Sprachbarriere zu kämpfen, mit einem unbekannten Arbeitsumfeld, mit familiären und kulturellen Traditionen und so weiter. Die Krise hat das Erreichen von vielen gesteckten Zielen behindert. Das Europäische Institut für Gleichstellungsfragen sollte die Situation umgehend analysieren und die Europäische Kommission und das Europäische Parlament sollten effektive Maßnahmen ergreifen, um die Verschlechterung des Status der Frauen aufzuhalten.
Erminia Mazzoni (PPE), schriftlich. – (IT) Die lange Austragungszeit (welch treffender Begriff in diesem Zusammenhang) dieses Richtlinienvorschlags begründet sich auf dem Konflikt zwischen jenen, die unmögliche Ziele in dieses Dokument einbringen wollten, um ihm eine symbolische Qualität zu verleihen und den anderen, die einfach nur unsere Gesellschaft voranbringen wollten, indem sie bestimmte geltende Rechte fördern. Letztendlich erfüllt der Kompromiss nicht vollkommen die genannten Anforderungen hinsichtlich verschiedener Arten von Schutz: der Gesundheitsschutz schwangerer Frauen; die Gewährleistung der Gleichbehandlung von Arbeitnehmerinnen, die auch Selbständige umfasst, und die Erweiterung der geteilten Verantwortung beider Eltern für die Versorgung der Kinder. Jedoch bedeuten die neu eingebrachten Punkte, dass wir tatsächlich einen Schritt nach vorne machen. Zu diesen Punkten gehören: die Verlängerung des Mutterschaftsurlaubs auf 18 Wochen und 6 Wochen verpflichtender Mutterschaftsurlaub nach der Entbindung; die Einführung des vollen Arbeitsentgelts in Bezug auf das übliche Gehalt der Frau; der verbesserte Schutz vor Entlassungen und die Einführung des Rechts, flexible Arbeitszeiten einzufordern, wobei es den Mitgliedstaaten möglich ist, abweichende Grenzwerte einzuführen und noch wohlwollendere Vorkehrungen zu treffen. Ich habe für die Entschließung gestimmt, um die grundlegende Bedeutung der Maßnahmen hervorzuheben, die die Sicherheit und den Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz betreffen, auch wenn meine Meinung im Hinblick auf viele Änderungsanträge von der vieler Mitglieder meiner Fraktion abweicht.
Siiri Oviir (ALDE), schriftlich. – (ET) Schon seit langer Zeit stellt die geschlechterspezifische Ungleichbehandlung auf dem Arbeitsmarkt für die Europäische Union ein wichtiges Thema dar und seit Jahren wird versucht, eine Lösung zu finden. Dennoch können wir auch heute keine positiven Entwicklungen in diesem Bereich vorweisen. So hat sich beispielsweise nach Angaben von Eurostat die Anzahl der Frauen, die in prekären Beschäftigungsverhältnissen arbeiten – also Frauen, die einer Teilzeitbeschäftigung nachgehen – deutlich erhöht und deren Anteil liegt aktuell bei 31,4 % während er bei Männern nur 8,3 % beträgt. Es scheint vernünftig, die Gründe hierfür bei der aktuellen Wirtschafts- und Finanzkrise zu suchen, die die Probleme der Frauen in prekären Beschäftigungsverhältnissen noch weiter verschlimmert hat. Ich glaube, dass prekäre Beschäftigungsverhältnisse nicht nur eine Grundlage für die ungleiche Bezahlung von Frauen und Männern sind, sondern auch ein Hindernis für die beruflichen Aufstiegsmöglichkeiten darstellen. Da der Anteil von Frauen in prekären Beschäftigungsverhältnissen heutzutage sehr hoch ist und somit Frauen unverhältnismäßig stark von den zuvor genannten negativen Folgen betroffen sind, denke ich, dass die Europäische Union die gesetzlichen Bestimmungen im Hinblick auf Zeit-, Teilzeit- und Agenturarbeit stärken sollte. Vielleicht werden wir dann eines Tages sagen können, dass die Europäische Union gleiche Rechte für Männer und Frauen geschaffen hat und die geschlechterspezifische Ungleichbehandlung auf dem Arbeitsmarkt abgeschafft hat.
Sirpa Pietikäinen (PPE), schriftlich. – (FI) Meine Damen und Herren, ich möchte Frau Estrela für ihren bemerkenswerten Bericht über die Änderung der Richtlinie zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes von schwangeren Arbeitnehmerinnen, Wöchnerinnen und stillenden Arbeitnehmerinnen am Arbeitsplatz danken. Die im Bericht dargelegten Reformen sind wichtig für die Verbesserung der Rechte und des Wohlbefindens der Bürgerinnen und Bürger der Europäischen Union und für die Schaffung eines gesünderen Wettbewerbs auf dem Binnenmarkt. Die Europäische Union benötigt eine kohärente Sozialpolitik. Die Harmonisierung des Systems für den Mutterschaftsurlaub ist ein wichtiger Schritt in Richtung eines sozialeren Europas. Der Bericht schlägt einen Mutterschaftsurlaub von 20 Wochen bei vollem Arbeitsentgelt vor. Dies würde die Bezüge während der Mutterschaft in vielen Staaten der Europäischen Union erhöhen. Inzwischen ist erwiesen, dass eine lange und gut bezahlte Mutterschaftszeit einen positiven Einfluss auf die Teilnahme von Frauen am Arbeitsmarkt ausübt. Der größere Beitrag, der durch Arbeitnehmerinnen auf dem Arbeitsmarkt geleistet würde, würde die Kosten dieser Reform schnell decken, die viele als untragbar bezeichnen. Bessere Mutterschaftsbezüge erhöhen auch die Geburtenraten. Ein alterndes Europa braucht Steuerzahler, damit die Sicherheit der Versorgungsleistungen auch zukünftig gewährleistet werden kann. Der Ruf nach vollem Arbeitsentgelt während des Mutterschaftsurlaubs ist gleichzeitig ein wichtiger Schritt zur Verringerung der Lohnunterschiede zwischen Frauen und Männern. Der Mutterschaftsurlaub würde nicht mehr bedeuten, dass Frauen weniger verdienen und außerdem würde das volle Arbeitsentgelt während des Mutterschaftsurlaubs die Rentenansprüche der Frauen erhöhen. Im Europa von heute laufen vor allem ältere Frauen Gefahr, in die Armut abzurutschen.
Daciana Octavia Sârbu (S&D), schriftlich. – (RO) Die meisten prekären Arbeitsplätze werden seit jeher von Frauen belegt. Schon lange wird über die Verbesserung der Arbeitsbedingungen für Frauen geredet, aber leider ändert sich nichts. Vor diesem Hintergrund möchte ich Ihre Aufmerksamkeit auf die Misere von Saisonarbeitern lenken, die in Spanien Erdbeeren pflücken. Ich kenne ihre Situation nicht nur aufgrund zahlloser Klagen rumänischer Arbeitnehmer oder Gewerkschaften, sondern auch aufgrund von Erfahrungen, die ich direkt vor Ort machen musste. Jedes Jahr pflücken Tausende rumänische Frauen für einen Zeitraum von drei bis fünf Monaten Erdbeeren in Spanien. Einige von ihnen werden häufig von ihren Arbeitgebern missbraucht. Die Originalverträge werden durch Verträge auf Spanisch ersetzt, die sie nicht verstehen. Sie haben oft keine Krankenversicherung, und sind gar gezwungen, diese aus ihrer eigenen Tasche zu bezahlen. Ihre Arbeit erfordert es manchmal, Erdbeeren zu pflücken, die mit Pestiziden besprüht sind, ohne jegliche Schutzausrüstung. Sie können sich jedoch nicht beklagen, aus Angst, entlassen und nach Hause geschickt zu werden. Ich habe die Europäische Kommission in Form von Anträgen auf eine Richtlinie zur Regelung der Rechte von Saisonarbeitern in der Europäischen Union auf diese Situation aufmerksam gemacht. Jedoch lautete die Antwort darauf, dass dieses Thema nicht zu deren Prioritäten gehöre. Deshalb fordere ich die Kommission nochmals auf, einen Legislativvorschlag zu diesem Thema vorzulegen.
Olga Sehnalová (S&D), schriftlich. – (CS) Die Unterstützung von Frauen, die ihr Berufs- und Familienleben miteinander vereinbaren wollen, ist eine der größten Herausforderungen in der heutigen Zeit. Die Anzahl oder Länge der Auszeiten aufgrund von Mutterschaftsurlaub dient natürlich nicht der Entscheidung, ob man eine Familie gründen bzw. ein Kind haben möchte, oder eben nicht. Dennoch sind die Bedingungen, nach denen solche Entscheidungen gefällt werden, wichtig. Es geht hier um das Maß an Sicherheit, das die Frauen in dieser Zeit haben, damit sie sich die ersten Wochen und Monate in Ruhe und ohne Angst ihrem Kind widmen können. Damit wird auch die Bedeutung zum Ausdruck gebracht, die die Gesellschaft diesen Frauen beimisst. Es geht darum, ob wir die Mutterschaft grundsätzlich lediglich als einen unglücklichen Hinderungsgrund im Berufsleben einer Frau betrachten, die den rauen Bedingungen des Arbeitsmarktes ausgeliefert ist, oder ob die Gesellschaft in der Lage ist, Frauen den notwendigen Schutz zu bieten. Wenn der verstärkte Schutz von Frauen auf dem Arbeitsmarkt bei Geburt und Mutterschaft in erster Linie eine wirtschaftliche Last bedeutet, die die europäische Gesellschaft nicht zu tragen bereit ist, dann müssen wir uns über die Werte dieser Gesellschaft Gedanken machen. Dies ist eine Frage der gesellschaftlichen Prioritäten.
Edward Scicluna (S&D), schriftlich. – Viele Redner haben verständlicherweise auf die wirtschaftlichen Folgen eines verlängerten Mutterschaftsurlaubs von 14 auf 20 Wochen hingewiesen. Leider werden oft Kosten zitiert, weil sie leicht zu bemessen sind. Allerdings kann man auch die Vorteile bemessen. Tatsächlich ist eines der Themen, das quantitativ gut erforscht wurde, die Auswirkung des bezahlten Mutterschaftsurlaubs auf Erwerbsquoten von Frauen im Haupterwerbsalter (female labour force participation rates, FLFPR). Eine der maßgeblichsten wirtschaftswissenschaftlichen Studien der EZB zeigt, dass die Erwerbsquoten von Frauen im Haupterwerbsalter stets ansteigen, und zwar bei bis zu 43 Wochen eines solchen bezahlten Mutterschaftsurlaubs. Lediglich über diesen Punkt hinaus wird die Quote aktiv beeinflusst. Für viele Mitgliedstaaten, deren Länge des Mutterschaftsurlaubs nahe am gesetzlichen Minimum ist, und deren Erwerbsquote von Frauen entsprechend niedrig ist, ist eine Verlängerung des bezahlten Mutterschaftsurlaubs von wirtschaftlichem Vorteil. Für diese Mitgliedstaaten sind die Kosten infolge des verlängerten Mutterschaftsurlaubs gut investiertes Geld, anstatt eine Belastung.