Die Präsidentin. – Nach der Tagesordnung folgen die Erklärungen des Rates und der Kommission zur Außenpolitischen Strategie der EU im Bereich der Fluggastdatensätze (Passenger Name Record/PNR).
Annemie Turtelboom, Amtierende Ratspräsidentin. – (NL) Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Abgeordnete, ich glaube, dass die Bedeutung und die Notwendigkeit der Fluggastdatensätze (PNR) in den letzten Jahren deutlich geworden sind. Wir müssen nur an die Angriffe in New York denken und auch an den misslungenen Anschlag auf dem Flug von Amsterdam Schiphol nach Detroit. Auch in den letzten Tagen haben wir natürlich festgestellt, dass die Bedrohungslage weiterhin sehr hoch ist.
Wir müssen uns nur Informationen anschauen, die uns aus mehreren Mitgliedstaaten erreichen, und auch die erhöhte Bedrohungslage in einer Reihe von Ländern wie Frankreich und Spanien. Mein Heimatland hat ebenfalls die Bedrohungslage für bestimmte Orte hochgestuft und aus den Vereinigten Staaten wurde kürzlich ein Reisewarnhinweis empfangen. Ich meine, dass die Kommission und der Ratsvorsitz in den letzten Monaten sehr hart im Bereich der PNR gearbeitet haben.
Die derzeitige Lage zeigt sich wie folgt. Am 21. September informierte die Kommission den Rat über die EU-Politik zur Übermittlung von Fluggastdaten an Drittländer. Die Kommission hat drei Mandatsentwürfe für Verhandlungen zum Abschluss von Übereinkommen mit Kanada, den Vereinigten Staaten und Australien vorgelegt, die alle drei denselben Inhalt haben.
Daher hielt der Rat umgehend am 7. Oktober bezüglich dieser Entwürfe, konkret über Methode und Zeitplan der drei Mandate, Besprechungen ab und beschloss, dass alle drei Mandate in der Tat denselben Inhalt haben sollten, dass der Rat diese zur selben Zeit verabschieden würde, dass sie zur selben Zeit in Kraft treten würden und dass die Verhandlungen mit den Vereinigten Staaten, Kanada und Australien spätestens im Dezember dieses Jahres beginnen sollten.
Wenn man sich den Inhalt der Mandate und des PNR-Abkommens anschaut, so ist sich der Rat bewusst, dass das Wichtigste in Bezug auf die drei Abkommen ist, ein ausreichend hohes Maß an Datenschutz sicherzustellen. Meiner Meinung nach müssen auch unsere ausländischen Partner eine Garantie bekommen, dass ihre personenbezogenen Daten ausreichend geschützt werden. Wir haben dies in der Tat immer gefordert, wenn wir Abkommen mit anderen Ländern geschlossen haben. Die Europäische Union hat sich immer darauf konzentriert, auch in ihren früheren Abkommen mit Staaten.
Ich möchte unterstreichen, dass eines dieser früheren Abkommen, das mit Australien, einst als das „datenschutzfreundlichste“ Abkommen des Jahres beschrieben wurde. Daher glaube ich, dass das Europäische Parlament Recht hat, wenn es strenge Anforderungen in Bezug auf Datenschutz stellt. Der Rat wird daher sicherstellen, dass die Anforderungen bezüglich Datenschutz weiterhin eingehalten werden, und er wird sicherlich auch sicherstellen, dass insbesondere der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit stets gewahrt wird, um jeglichen Verstoß gegen das Recht auf den Schutz der Privatsphäre zu vermeiden.
Daher hat der Rat im Wortlaut der Verhandlungsmandate auch nachdrücklich die Bedeutung der Artikel 7 und 8 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union betont. Ferner legen diese Mandate Aufbewahrungsfristen und Fristen für den Zugang zu PNR-Daten fest, die verhältnismäßig und beschränkt sind.
Diese Anforderung wurde sogar noch weiter hervorgehoben, indem die verschiedenen Möglichkeiten in Betracht gezogen wurden, in denen die PNR-Daten genutzt werden können. Zurückliegende Daten können nur reaktiv genutzt werden, aktuelle Daten können in realer Zeit genutzt werden und Risikoprofile werden insbesondere für proaktive Verwendung erstellt.
Im Hinblick auf die Risikomodelle sind wir uns bewusst, dass das Europäische Parlament große Bedenken wegen eines solchen Profiling hat. Daher wird die Kommission in ihrem Vorschlag bis ins Detail klären, was genau mit dem Begriff „Profiling“ gemeint ist. Ferner wird die Präsidentschaft sicherstellen, dass Risikobewertungen niemals zu einer Stigmatisierung von Personen gewisser ethnischer Herkunft führen.
Im Rahmen meiner kurzen Einführung möchte ich noch zwei Punkte ansprechen: 1) PNR-Daten dürfen tatsächlich nur von Fluggesellschaften verwendet werden und somit nicht von den Behörden der Mitgliedstaaten selbst und natürlich unterliegt deren Nutzung durch die Fluggesellschaften der Genehmigung seitens der Europäischen Union. 2) Der Ratsvorsitz ist sich auch der Tatsache bewusst, dass das Parlament dem allgemeinen Abkommen zum Datenschutz zwischen der EU und den Vereinigten Staaten hohe Bedeutung beimisst. Ich möchte in diesem Zusammenhang auf die Debatte verweisen, die Sie in diesem Haus mit meinem Kollegen, dem Justizminister, geführt haben.
In dieser kurzen Einführung möchte ich verdeutlichen, dass diese PNR-Daten zwar eine echte Priorität des Rates darstellen, aber der Rat auch wirklich die gerechtfertigten Bedenken des Parlaments im Hinblick auf ein stets erforderliches Gleichgewicht zwischen Privatsphäre und Sicherheit so weit wie möglich berücksichtigen möchte. Ich glaube, dass die jüngsten Ereignisse und Bedrohungen uns zwingen, uns diesen Tatsachen zu stellen. Frau Präsidentin, ich werde dem Parlament natürlich jederzeit zur Verfügung stehen – nicht nur heute, sondern auch in den nächsten Wochen –, um die Debatte über die PNR-Daten und die Mandate fortzusetzen.
Cecilia Malmström, Mitglied der Kommission. – Frau Präsidentin, am 21. September hat die Kommission ein Paket mit Vorschlägen über den Austausch von Fluggastdatensätzen mit Drittländern vorgelegt; es bestand in einer Mitteilung über die Außenpolitische PNR-Strategie der EU mit einigen Grundsätzen, wie Sie in Ihrer Entschließung vom Mai dieses Jahres forderten. Es gab auch drei Empfehlungen über Verhandlungsrichtlinien für neue PNR-Abkommen mit Kanada, Australien und den Vereinigten Staaten. Ich möchte den Verfassern der Entschließung vom Mai für die hervorragende Teamarbeit danken, die wir hatten, und für die äußerst konstruktive Zusammenarbeit an diesem Dossier und Ihrer konstruktiven Art der Lösungsfindung, um innerhalb des neuen institutionellen Rahmens weiterzukommen.
Das Ziel der Mitteilung besteht darin, zum ersten Mal eine Reihe von Kriterien und Grundsätzen festzulegen, die uns in unseren Außenbeziehungen bezüglich PNR leiten sollen. Wir können dies als Methode zur Kommunikation mit Drittländern nutzen, aber auch unsere eigene Politik damit definieren. Die Mitteilung wird natürlich versuchen, eine Kohärenz mit den EU-PNR zu erzielen, die in einer späteren Phase vorgestellt werden.
Die Richtlinie wurde noch nicht verabschiedet, das heißt, das Mandat wurde noch nicht vom Rat verabschiedet, aber die Mandate folgen natürlich der Struktur der allgemeinen Mitteilung.
Die Frage des Profiling wurde auch vom belgischen Ratsvorsitz aufgeworfen. Risikobewertung ist ein Thema, das meines Wissens sehr häufig in den Diskussionen aufkommt, und deshalb habe ich mich entschieden, es an dieser Stelle anzusprechen. Das Konzept des Profiling an sich ist selbst nicht in irgendeinem Rechtsinstrument definiert, aber das bedeutet nicht, dass wir keine Gesetze dazu haben. In den Instrumenten für den Datenschutz wird es angesprochen, aber unter der Bezeichnung „Verbot der automatisierten Verarbeitung‟: Das bedeutet, dass die EU-Rechtsvorschriften zum Datenschutz jeden Einzelnen davor bewahren, sich einer Entscheidung zu unterwerfen, die rechtliche Folgen für die betreffende Person nach sich zieht und die ausschließlich aufgrund einer automatisierten Verarbeitung von Daten ergeht. Es ist nicht verboten, Daten in automatisierter Weise zu verarbeiten, aber Entscheidungen, die Einzelpersonen rechtlich betreffen, dürfen nicht in automatisierter Weise getroffen werden.
Die PNR-Mitteilung unterstreicht diese Grundsätze und legt effiziente und effektive Maßnahmen fest, um das Interesse der Betroffenen zu wahren. Insbesondere sollte jede automatisierte Entscheidung durch einen Menschen überprüft werden und dem Betroffenen Gelegenheit geben, seinen Standpunkt zu erläutern. Dies bedeutet, dass die abschließende Entscheidung, die im Hinblick auf eine Person getroffen wird, niemals in völlig automatisierter Weise getroffen werden kann. Auf diese Art versucht die Kommunikation sicherzustellen, dass die Datenverarbeitung nicht über das rechtlich zulässige Maß hinausgeht und dass die Verfahren in Einklang mit den Grundrechten stehen, einschließlich unserer aktuellen Datenschutzbestimmungen.
Sie haben die Kommission auch aufgefordert, den aktuellen Stand der bilateralen Abkommen und der Absichtserklärungen bezüglich des US-Programms für visumfreies Reisen (US Visa Waiver Programme) zu klären. Ich werde versuchen, ein wenig Licht in diese Angelegenheit zu bringen. Im August 2007 genehmigten die USA die Durchführungsempfehlungen des „9/11 Commission Act‟ und ein Teil davon umfasst die Aktualisierung des Programms für visumfreies Reisen. Die Bedingungen dieses Gesetzes betreffen alle EU-Mitgliedstaaten, unabhängig davon, ob sie am Programm für visumfreies Reisen teilnehmen oder nicht.
Auf Seiten der EU führte dieses Gesetz zu einem zweigleisigen Ansatz, auf den sich der Rat im März 2008 einigte. Die EU-Schiene betrifft die Verhandlungen zwischen der EU und den USA im Hinblick auf die Bedingungen für die Einreise die USA und die Teilnahme am Programm für visumfreies Reisen. Das fällt unter die Zuständigkeit der EU – Rückführung eigener Staatsbürger, erhöhte Sicherheit der Reisedokumente und Flughafensicherheit. Dies führte zu einem EU-US-Abkommen, das bestätigte, dass die EU diese Bedingungen erfüllt.
Wir hatten auch die bilaterale Schiene: bilaterale Verhandlungen zwischen der EU und zwischen den USA und Mitgliedstaaten, um US-amerikanische Bedingungen zum Zugang zum Programm für visumfreies Reisen zu erfüllen, was unter die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten fällt und nicht unter die der EU. Dazu zählen die Zusammenarbeit mit den USA bei schweren Verbrechen, Initiativen zur Terrorismusbekämpfung und Informationsaustausch in diesen Bereichen.
Auf dieser bilateralen Schiene haben eine Reihe von Mitgliedstaaten zunächst eine Absichtserklärung mit den USA unterzeichnet. Diese Erklärung war an sich nicht als Rechtsgrundlage für einen Datenaustausch gedacht. Sie bestätigten die Bereitschaft der Parteien, Abkommen über Fluggastinformationen, Screening-Informationen über bekannte und mutmaßliche Terroristen, Informationen zur Bekämpfung des Terrorismus und schwerer Verbrechen sowie Angelegenheiten in Bezug auf Informationen, Migration und Grenzsicherheit zu verhandeln.
Entsprechend den Informationen, die die Kommission nun von den Mitgliedstaaten erhalten hat, haben acht Mitgliedstaaten solch eine Erklärung mit den USA unterzeichnet.
Nach der Unterzeichnung dieser Absichtserklärungen haben die USA und einige Mitgliedstaaten zwei Arten von Abkommen verhandelt. Erstens, Abkommen zur Verstärkung der Zusammenarbeit bei der Verhinderung und Bekämpfung von schweren Verbrechen: Dies betrifft die Zusammenarbeit beim Abgleich von Fingerabdrücken und DNA-Proben. 14 Mitgliedstaaten haben gleichlautende Abkommen mit den USA.
Zweitens, Abkommen über den Austausch von Screening-Informationen über bekannte oder mutmaßliche Terroristen: Diese betreffen den Austausch spezifischer Informationen über Einzelpersonen, die mutmaßliche oder bekannte Terroristen sind, nämlich ihr vollständiger Name, ihr Geburtsdatum, Reisepass und Staatsbürgerschaft. Zehn Mitgliedstaaten haben solche Abkommen. Aber lassen Sie mich hinzufügen, dass keines dieser bilateralen Abkommen PNR-Daten umfasst. Der Austausch der PNR-Daten findet nur im Rahmen des EU-US-Abkommens statt.
Nach Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon und der Abschaffung der ehemaligen Säulenstruktur fallen jetzt alle Bedingungen für das US-Programm für visumfreies Reisen in die Zuständigkeit der EU. Die Kommission bewertet jetzt, ob der zweigleisige Ansatz, auf den man sich im Jahr 2008 geeinigt hat, nach Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon aktualisiert werden soll. Ich werde Sie natürlich diesbezüglich auf dem Laufenden halten.
Die Entschließung des Parlaments bezieht sich auch auf die Zusammenarbeit zwischen der EU und den USA im Hinblick auf das Programm der einmaligen Sicherheitskontrolle im Flugverkehr. Dies liegt in der Verantwortung von Vizepräsident Kallas, dem für Verkehr zuständigen Kommissar. Er hat Verhandlungen mit der US-Verkehrssicherheitsbehörde geführt, um Fluggäste, die aus den USA stammen, an EU-Flughäfen vom erneuten Screening zu befreien. Dies sollte die Effizienz auf Flughäfen in der EU erhöhen, ohne die Sicherheit zu gefährden. Vizepräsident Kallas hat den Ausschuss für Verkehr und Fremdenverkehr dieses Hauses über diese Themen auf dem Laufenden gehalten.
Es ist wichtig zu betonen, dass dieses Thema mit PNR nichts zu tun hat. Bei der Zusammenarbeit bezüglich der Frage der einmaligen Sicherheitskontrolle im Flugverkehr geht es nicht um die Übermittlung von personenbezogenen Daten und sie betrifft nicht die Informationsverarbeitung im Hinblick auf die Verfolgung von mutmaßlichen Kriminellen oder Terroristen, daher werden wir das Thema bei den PNR-Verhandlungen nicht ansprechen.
Abschließend möchte ich anmerken – und es tut mir leid, dass ich etwas lange rede, aber ich glaube, dass dies geklärt werden musste –, dass der Rat, wie der amtierende Präsident des belgischen Ratsvorsitzes sagte, die Verhandlungsmandate sehr rasch verabschieden wird. Ich verpflichte mich wie immer, Sie über die Fortschritte in allen Verhandlungsphasen zu informieren. Es wurde bereits entschieden, dass wir Verhandlungen parallel mit allen drei Ländern führen werden, aber sie werden nicht notwendigerweise zur gleichen Zeit abgeschlossen sein.
Ich weiß, dass dies von besonderem Interesse für Ihr Haus ist, und daher stehe ich Ihnen zur Verfügung, um dies jetzt zu diskutieren, und auch mit den entsprechenden Ausschüssen und mit anderen Mitgliedern der Kommission, wann immer Sie dies wünschen.
Axel Voss, im Namen der PPE-Fraktion. – Frau Präsidentin! Die morgen anstehende Abstimmung zu Fluggastdatensätzen wäre eigentlich nicht erforderlich gewesen, wenn man uns als Parlamentarier seitens der Kommission und des Rates in Sachen Datenübertragung von der EU und ihren Mitgliedstaaten in Drittstaaten seit der SWIFT-Entscheidung ernster genommen und uns besser informiert hätte. Wenn wir interinstitutionell so weitermachen, laufen wir und die USA bei Fluggastdatensätzen möglicherweise Gefahr, in die gleiche psychologische Situation zu kommen, wie wir sie bei SWIFT schon gehabt haben. Keiner von uns will das, und ich halte das auch für sehr gefährlich. Aber wir müssen uns eben auch anstrengen.
Ich vermisse letztlich ein klares Konzept zur Frage des erforderlichen Datenaustausches zwecks Terrorabwehr, das dem zugrunde liegen kann. Erst SWIFT, dann Fluggastdatensätze, dann haben wir das Memorandum of Understanding, wo der Zugriff auf nationale Datenbanken erfolgt, dann haben wir ein Rahmenabkommen mit den USA, dann wollen wir unsere eigene Datenschutznovelle novellieren, dann wollen wir dieses Programm für one-stop security installieren – das alles ist für mich eine Art Stückwerk.
Außerdem muss man doch auch einmal klären oder in Erfahrung bringen können, welche Daten die USA zur Terrorabwehr eigentlich benötigen und wie wir hier eine Hilfestellung leisten und diese auch bewerkstelligen können. Das ist bislang eine Art Salamitaktik, und das schadet.
Ich weiß um die zeitliche Zäsur durch das Inkrafttreten des Lissabon-Vertrags. Aber es ist noch schädlicher für uns, wenn der Rat und die Kommission uns nicht über diese Vorgänge informieren.
Ich bitte deshalb die Vertreter von Kommission und Rat um fünf Dinge. Zum einen: Entwickeln Sie doch ein vernünftiges Konzept, welches den Datenaustausch zum Zwecke der Terrorabwehr umfassend und abschließend beinhaltet. Ich bitte Sie auch, den Zusammenhalt in der EU in Fragen der Datenübertragung herbeizuführen und diesen nicht aufzuteilen in Nationales und Europäisches. Ich bitte Sie auch, die Kompetenzen in den Entscheidungen in dieser Frage doch auf eine generelle europäische Zuständigkeit auszurichten sowie die Möglichkeit in Betracht zu ziehen, den Abschluss von PNR-Abkommen mit Kanada und Australien vorzuziehen. Zum Schluss bitte ich noch um ein schnelleres Vorgehen, weil uns die Terroristen in Fragen der Sicherheit immer wieder die Mängel vorführen – wie kürzlich beim Frachtverkehr.
Birgit Sippel, im Namen der S&D-Fraktion. – Frau Präsidentin! In einer globalisierten Welt sind leider auch der Terrorismus und die Kriminalität global organisiert, und deshalb wissen wir, dass wir internationale Zusammenarbeit brauchen und auch Daten austauschen müssen. Ich habe mit großer Freude gehört, dass sowohl die Kommission als auch der Rat im Gegenzug den Bürgerrechten und dem Datenschutz eine ebenfalls sehr hohe Priorität einräumen. Zurücklehnen können wir uns deshalb als Parlament aber nicht, denn die Frage der Speicherfristen, der Datenmenge, der Zweckbegrenzung, aber auch der Kontrollmöglichkeiten, ob Schutzbestimmungen im Bereich Datenschutz auch wirklich umgesetzt werden, werden weiterhin kritische Punkte bleiben, denn in diesem sensiblen Bereich brauchen wir keine blinde Kontrolle, sondern wir brauchen mehr Vertrauen.
Die Bedingungen für den Austausch von Daten müssen auch deshalb auf einem besonders hohen Niveau stattfinden, weil es ja nicht nur um konkrete Abkommen mit Australien und den USA geht, sondern mehrere andere Länder wie Korea und Indien schon PNR-Abkommen mit uns haben wollen. Auch deshalb ist es ganz wichtig, dass wir an dieser Stelle besonders hohe Sicherheitsstandards einbauen. Das Gleiche gilt für die Weitergabe von Daten an Drittstaaten. Auch hier müssen wir sehr genau prüfen, welche Bedingungen wir einbauen wollen.
Zugleich müssen wir, wenn wir über PNR reden, auch über den Tellerrand hinausschauen. Was nützt es, wenn wir bei den Verhandlungen zu den Fluggastdaten die Datenmenge so gering wie möglich halten, wenn im Gegenzug die USA ankündigen, nicht nur eine Einreisegebühr erheben zu wollen, sondern von den Fluggästen zusätzliche Daten erheben.
Auch innerhalb der Europäischen Union haben wir ein Problem. Was nützt es, wenn wir möglichst hohe Standards vereinbaren und die Datenmengen begrenzen wollen, wenn zugleich bilaterale Abkommen geschlossen werden, deren Inhalt und deren Schutzstandards wir nicht kennen. Frau Malmström hat gesagt, es gehe dabei nicht um PNR-Daten. Aber sämtliche Daten, die erhoben werden, sollen ja angeblich dem Zweck der Terrorismusbekämpfung und der Bekämpfung von Kriminalität dienen! Deshalb will ich abschließend noch einmal fordern: Wir brauchen nicht nur gute Bestimmungen zu den Einzelmaßnahmen, sondern wir brauchen auch endlich die Gesamtschau aller Maßnahmen, aller Daten, die seitens der EU und der Mitgliedstaaten übermittelt werden. Uns muss eines klar sein: Egal, wie viele Maßnahmen wir ergreifen und wie viele Daten wir sammeln, hundertprozentige Sicherheit wird es nie geben. Auch dieser Tatsache müssen wir uns stellen.
Sophia in 't Veld, im Namen der ALDE-Fraktion. – Frau Präsidentin, ich möchte der Kommissarin und der Ministerin für ihre Einführungen danken. Ich begrüße sehr die äußerst kooperative Haltung der Kommission und des Rates. Wir haben in der Vergangenheit Beispiele gehabt, wo die Zusammenarbeit weniger vertraut war. Ich glaube, dass dieses Beispiel zeigt, dass wir, wenn es den drei wichtigsten Institutionen gelingt, eine Einigung zu erzielen, mit einer einzigen Stimme im Namen von 500 Millionen Bürgerinnen und Bürger sprechen können – und das ist eine sehr starke Stimme.
Die Entschließung wurde gemeinsam von sechs Fraktionen eingebracht, was bedeutet, dass das Parlament ein sehr starkes politisches Signal aussendet. Ich möchte auch den Schattenberichterstattern der anderen Fraktionen für ihre sehr gute Zusammenarbeit danken. Es gibt einen Punkt, den die Kommissarin und die Ministerin in ihren Ausführungen nicht angesprochen haben: die Frage der Verhältnismäßigkeit und Notwendigkeit. Sowohl der Rat als auch die Kommission behaupten noch, dass die umfassende – nicht Ad-hoc – Erfassung und Speicherung von PNR-Daten im Hinblick auf die Bekämpfung des Terrorismus notwendig und verhältnismäßig ist. Ich bin gewillt, ihnen zu glauben, aber diese Forderung ist zu belegen: Wir brauchen einen Beweis für die Notwendigkeit, einen Beweis für die Verhältnismäßigkeit. Warum? Der Verhältnismäßigkeitstest ist kein politischer Test; er ist ein rechtlicher Test.
Die europäischen Gesetze zum Datenschutz erfordern, dass die Erfassung und die Speicherung der Daten verhältnismäßig und notwendig sind. Dies ist nichts, worüber wir uns politisch einigen können; es ist etwas, das vor Gericht zu beweisen ist. Wenn jemand vor Gericht geht und das Gericht bestimmt, dass diese Abkommen nicht wasserdicht sind, dann stehen wir wie Idioten da. Das Europäische Parlament kann nicht aufgefordert werden, etwas zu befürworten, das rechtlich angreifbar ist. Dies ist grundlegend.
Es gibt noch einige andere Dinge, die zu klären sind. Ich freue mich zu hören, dass sich die Kommission mit dem Profiling-Thema befasst, aber ich glaube, dass wir noch weitere Diskussionen zu diesem Thema benötigen. Einige der Mitgliedstaaten schlagen eine Sunset-Klausel vor. Ich würde dies selbstverständlich voll und ganz unterstützen; ich hoffe, dass der Rat beschließt, eine solche Klausel einzuführen. Schließlich verweist die Europäische Kommission auf gute Beziehungen mit Drittländern, aber diese Abkommen können nicht als Instrumente der internationalen Diplomatie gesehen werden. Sie sind Instrumente der internationalen Zusammenarbeit bei der Rechtsdurchsetzung und beim Schutz der Bürgerfreiheiten und der Rechtsstaatlichkeit. Wir müssen es jetzt richtig anpacken, weil wir nicht nur mit den USA, Kanada und Australien verhandeln, sondern auch ein Muster und ein Exempel für Abkommen mit anderen Ländern vorgeben.
Jan Philipp Albrecht, im Namen der Verts/ALE-Fraktion. – Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, sehr geehrte Frau Malmström! Morgen werden wir als Parlament eine gemeinsame Entschließung annehmen, die einmal mehr unsere Bedenken beim Austausch von Fluggastdaten betont. Warum tun wir das? Weil wir schon seit mehreren Jahren Kritikpunkte angebracht haben, bei denen wir das Gefühl haben, dass sie in den aktuellen Verhandlungen noch nicht in vollem Umfang wahrgenommen werden, und weil es uns wichtig ist, dass das von vornherein wahrgenommen wird, damit diese Abkommen am Ende hier im Parlament zumindest eine Möglichkeit haben, die Zustimmung zu erlangen.
Es sind vor allen Dingen drei Kritikpunkte, von denen Herr Voss auch schon einige genannt hat. Erst einmal ist es wichtig und notwendig zu sehen, dass wir eine gemeinsame europäische Herangehensweise haben wollen und nicht unterschiedliche Datenaustauschmaßnahmen mit unterschiedlichen Datenschutzbestimmungen. Daher ist es wichtig, deutlich zu machen, dass das einheitlich auf europäischer Ebene mit den Vertragspartnern gelöst werden sollte.
Der zweite Punkt – und der ist umso wichtiger – ist, dass das Ganze auf einer rechtlich sauberen Basis und mit den Vertragsgrundlagen in Einklang steht. Wir haben als Parlament mehrfach deutlich gemacht, dass die Nutzung von Fluggastdaten für Profiling-Zwecke vom Parlament abgelehnt wird und lange Speicherfristen unvereinbar mit dem Verfassungsrecht sind. Das heißt für uns: Proaktive und reaktive Nutzung von Fluggastdaten sind damit eigentlich grundsätzlich ausgeschlossen. Dies muss in dem Mandat und auch in den Verhandlungen deutlich gemacht werden, damit am Ende eine Zustimmung hier im Parlament möglich ist.
Philip Bradbourn, im Namen der ECR-Fraktion. – Frau Präsidentin, es wurde anerkannt, dass PNR ein bedeutendes Instrument für die nationale Sicherheit ist. Es ist eine Schlüsselkomponente im Kampf für unsere Sicherheit, nicht nur in der Luft, sondern auch am Boden. PNR darf jedoch nur ein Instrument zur Terrorismusbekämpfung sein. Es darf kein Freibrief für die Speicherung von Daten durch Regierungen oder deren Agenturen geben.
Daher müssen wir genau erwägen, wem wir Zugang zu diesen Daten geben und warum; nicht nur welchem Land, sondern welchen Agenturen. Welche Vorteile werden wir davon haben, dass sie Zugang dazu haben? Wie werden die Daten von ihnen geschützt werden und zudem, wie können wir sicher sein, dass dies so bleibt? Wir müssen auch sicher sein, dass alle Absprachen mit Drittländern gegenseitiger Natur sind, so dass wir auch einen Nutzen haben können. PNR ist eine wichtige Waffe bei der Sicherstellung, dass wir uns gegen solchen Terrorismus schützen, aber es ist nicht die einzige Waffe. Pragmatismus und Verhältnismäßigkeit sollten ein wichtiger Aspekt bei jeder Entscheidung sein, die wir in diesem Haus treffen; beim Thema Fluggastdatensätze ist dies nicht anders.
Rui Tavares, im Namen der GUE/NGL-Fraktion. – (PT) Bei der Diskussion um dieses PNR-Abkommen erinnern wir uns alle, was im Falle von SWIFT geschah; es ist bei dieser Debatte bereits mehrfach zur Sprache gekommen. Der Fall von SWIFT war aufschlussreich. Wir mögen bei SWIFT unterschiedlicher Meinung sein und wir haben sicherlich in unterschiedlicher Weise in dieser Kammer abgestimmt, aber wir sind uns alle über eine Sache einig: Wir haben eine Menge darüber gelernt, was zu tun ist und was nicht.
Was zu tun ist: Wir haben erfahren, dass das Parlament sehr entschlossen für die Verteidigung der Interessen von 500 Millionen Bürgerinnen und Bürgern im Hinblick auf ihre Privatsphäre eintreten muss. Dass wir dieses Mal sechs Fraktionen haben, die sich bei der Ausarbeitung dieser Entschließung beteiligen, bedeutet außerdem, dass wir beabsichtigen, die Stimme des Parlaments deutlicher und vereinter zu nutzen.
Wir wissen jedoch auch eine Menge darüber, was nicht zu tun ist. In dieser Phase der Verhandlungen über PNR können wir immer noch nutzen, was wir gelernt haben. Und das ist eindeutig, dass der Rat sein Mandat vorbereiten sollte, das wir sehr aufmerksam überprüfen werden; die Kommission sollte die Verhandlungen leiten, da sie Verhandlungsführerin ist; und das Parlament sollte das letzte Wort haben. Aber gleichzeitig haben wir viel mehr gelernt als das. Es ist offensichtlich, dass das Parlament in allen Phasen auf dem Laufenden gehalten werden sollte, aber an dieser Stelle wende ich mich direkt an die Kommission: Die Kommission könnte auch die Ideen des Parlaments im Zuge dieses Prozesses akzeptieren. Ich erinnere daran, dass zum Beispiel im Falle von SWIFT das Parlament die Idee hatte, einen Aufsichtsführer in Washington zu haben. Im Zuge dieses Prozesses sollte das Parlament viele Ideen haben, die in die Verhandlungen aufgenommen werden sollten, ohne natürlich die Vorrechte der Kommission mit Füßen zu treten, aber Tatsache ist, dass das Parlament bei dieser Verhandlung das letzte Wort, de facto und de jure, haben wird und sicherlich davon Gebrauch machen wird.
Ich glaube, dass es noch eine weitere Sache gibt, die wir in diesem Prozess nicht vergessen sollten, die wir aber zeitweilig vergessen haben, nämlich, dass diese Daten personenbezogene Daten sind. Das bedeutet, dass wir es mit „geliehenen“ Daten der Bürgerinnen und Bürger zu tun haben, wie wir es in unserer Entschließung formulieren, wenn wir über das Konzept der informationellen Selbstbestimmung sprechen. Das bedeutet, dass die Bürger auch zu jedem Zeitpunkt in diesem Prozess und während der Nutzung dieser Daten in Zukunft direkten Einblick in das haben müssen, was mit ihren Daten geschieht.
Jaroslav Paška, im Namen der EFD-Fraktion. – (SK) Zurzeit werden personenbezogene Daten unserer Bürgerinnen und Bürger auf der Grundlage verschiedener Abkommen an die Vereinigten Staaten übermittelt. Von diesen sind es insbesondere die bilateralen Abkommen und Absichtserklärungen, die zwischen einigen Mitgliedstaaten und den USA geschlossen wurden, die ernsthafte Bedenken hinsichtlich Verletzungen der Datenschutzrechte von europäischen Bürgerinnen und Bürgern wecken.
Daher ist es gut, dass die Europäische Kommission sich mit der Bitte an den Europäischen Rat gewendet hat, Gespräche zwischen der EU und den USA zur Schaffung eines neuen Rahmenabkommens über die Übermittlung und die Verarbeitung personenbezogener Daten zum Zwecke der Vereitelung, Untersuchung, Aufklärung und Verfolgung von Verbrechen im Rahmen der politischen und gerichtlichen Zusammenarbeit bei kriminellen Angelegenheiten aufzunehmen.
Frau Kommissarin, in den Verhandlungen mit unseren amerikanischen Freunden müssen wir jedoch darauf drängen, dass das neue Rahmenabkommen ausgewogen und korrekt ist in Bezug auf die Rechte der EU-Bürgerinnen und Bürger im Bereich des Schutzes personenbezogener Daten. Es wäre auch gut, wenn das neue Rahmenabkommen die aktuellen bilateralen Abkommen ändern würde, die mangelhaft sind und in vielen Fällen die Rechte unserer Bürgerinnen und Bürger auf den Schutz personenbezogener Daten verletzen.
Daniël van der Stoep (NI). – (NL) Frau Präsidentin, die Niederländische Freiheitspartei (PVV) ist sehr für Maßnahmen, die zur Bekämpfung des Terrorismus und insbesondere des islamistischen Terrorismus beitragen können. Die PVV misst dem Schutz der Privatsphäre der niederländischen Bürgerinnen und Bürger ebenfalls große Bedeutung bei und vertritt die Ansicht, dass diese Interessen, dort wo sie aufeinander prallen, sorgfältig gegeneinander abgewogen werden müssen.
Die Vereinigten Staaten können einen Teil unserer Fluggastdaten haben, aber unter drei Bedingungen. Erstens, dass diese Daten nur zur Bekämpfung des Terrorismus verwendet werden. Die zweite ist die Gegenseitigkeit. Amerikanische Fluggesellschaften müssen auch sicherstellen, dass auch den europäischen Behörden diese Daten übermittelt werden, so wie es andersherum erfolgt. Die Daten sollten nicht einer europäischen Agentur zur Verfügung gestellt werden, sondern eher den Behörden des europäischen Mitgliedstaats, der Transit- oder Bestimmungsort des Flugzeugs ist.
Die dritte Bedingung ist, dass die übermittelten Daten nicht diskriminierend sind. Die Vereinigten Staaten und somit auch die europäischen Länder können alle Daten anfordern, die freiwillig von den Fluggästen zur Verfügung gestellt wurden. Ich betone das Wort „freiwillig‟. Es können Angaben zu Religion, Ideologie, Anschrift, Telefonnummer, Kreditkartennummer und Daten aus dem Reisepass der jeweiligen Person zur Verfügung gestellt werden, aber meine Partei ist der Ansicht, dass Angaben, die von den Fluggästen nicht freiwillig gemacht werden, wie Angaben zu Sexualität, ethnischer Herkunft oder Behinderung, nicht übermittelt werden dürfen.
Frau Präsidentin, ich möchte ebenfalls wiederholen, warum diese Maßnahmen notwendig sind. Lassen Sie uns eindeutig sagen, dass sie nicht notwendig sind, um christlichen oder buddhistischen Terrorismus zu bekämpfen. Bedauerlicherweise sind diese Maßnahmen notwendig aufgrund der Bedrohung der freien Welt durch den Islam. Es wird Zeit, dass die Mitglieder dieses Parlaments dies endlich begreifen.
Agustín Díaz de Mera García Consuegra (PPE). – (ES) Frau Präsidentin, Freiheit und Sicherheit sind wesentliche Elemente für die Umsetzung jeder aktuellen demokratischen Rechtsstruktur, in der Sicherheit das bedeutendste Instrument zum Schutz der Freiheit ist.
Die Übermittlung der Fluggastdatensätze (PNR) an Drittländer ist ein wesentliches Element für die transnationale Bekämpfung des Terrorismus und des internationalen Verbrechens. Sie sollte auf der peinlich genauen Einhaltung der EU-Bestimmungen zum Schutz personenbezogener Daten basieren, wie in den Artikeln 7 und 8 der Charta der Grundrechte und in Artikel 16 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union festgelegt. Aus diesem Grund müssen wir die Mitteilung der Kommission über den globalen Ansatz zur Übermittlung von PNR an Drittländer und ihre Empfehlungen, dass der Rat die Eröffnung der Verhandlungen in diesem Bereich mit Australien, Kanada und den Vereinigten Staaten genehmigt, begrüßen, da beide Instrumente die Bedenken des Parlaments in Bezug auf die Sicherheit, die Verteidigung der Grundrechte und den Schutz personenbezogener Daten aufgreifen.
Es sollte jedoch betont werden, dass die PNR-Daten nicht für das Profiling verwendet werden dürfen; deshalb versuchte die Kommission – meiner Meinung nach mit Erfolg – die Unterschiede zwischen den Begriffen „Risikobewertung‟ und dem vorgenannten Profiling zu klären.
Ferner sagte die Kommissarin, dass die Kontrollen eher von Menschen durchgeführt werden als in automatisierter Weise. Nun, wir werden sehen, was geschieht.
Frau Präsidentin, wir benötigen ein einziges, allgemeines, rechtlich verbindliches Abkommen zum Schutz personenbezogener Daten. Dieses Abkommen auf höchster Ebene muss durch sektorale Abkommen umgesetzt werden, um Terror und organisiertes Verbrechen zu bekämpfen.
Frau Präsidentin, was die Notwendigkeit anbelangt, so ist diese offensichtlich. Was die Verhältnismäßigkeit anbelangt, so muss diese in allen Fällen eine unabdingbare Forderung sein.
Juan Fernando López Aguilar (S&D). – (ES) Frau Präsidentin, ich möchte mich denen im Parlament anschließen, die die Ansicht unterstützt haben, dass es nützlich und auch an der Zeit war, dass der Kommission die Empfehlung an den Rat ausgesprochen hat, die Einrichtung eines Rahmenabkommens für Datentransfer und den Schutz personenbezogener Daten zwischen den Vereinigten Staaten und der Europäischen Union zu verhandeln. Ich möchte auch meiner Unterstützung für eine entgegenkommenden Herangehensweise Ausdruck verleihen, so dass dieses Rahmenabkommen nicht nur alle zukünftigen Abkommen über Datentransfers zwischen der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten, sondern auch bilaterale Abkommen zwischen den Vereinigten Staaten und jedem der Mitgliedstaaten im Rahmen der gerichtlichen und polizeilichen Zusammenarbeit umfasst.
Zweitens möchte ich mich denen im Parlament anschließen, die ihr Bedauern und ihre Ablehnung bezüglich der Maßnahmen zum Ausdruck gebracht haben, die von den Vereinigten Staaten verabschiedet wurden, um Verwaltungsgebühren im Rahmen des Gesetzes zur Förderung des Reiseverkehrs („Travel Promotion Act‟) einzuführen, wodurch sich die Reisekosten erhöhen und folglich die Kosten des Personenverkehrs durch das Elektronische System für Reisegenehmigungen ESTA.
In der Praxis führt dies zu einer Steuer und der Wiedereinführung von Visa, zusätzlich zum Ausschluss Rumäniens, Polens, Bulgariens und Zyperns vom Programm zur Aufhebung der Visumspflicht, und das bedeutet somit ein zweistufiges System und die Anwendung zweierlei Maßstäbe bei der Behandlung von Mitgliedstaaten. Wir fordern daher die Kommission auf, es zu einer Priorität zu machen, ihre Ablehnung dieser Maßnahmen zum Ausdruck zu bringen und auch die Option der Gegenseitigkeit in Erwägung zu ziehen.
Drittens möchte ich jedoch sagen, dass die Bedeutung der Fluggastdatensätze und des rechtlichen Abkommens zwischen der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten genau in der Tatsache liegt, dass sie Datenschutz mit Datenaustausch kombinieren müssen und daher die Grundsätze garantieren, die in den Entschließungen des Parlaments enthalten sind und die in der Entschließung stehen werden, die wir morgen verabschieden: die Notwendigkeit, den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und den Grundsatz der Notwendigkeit zu stärken, die Minimierung unnötiger Daten und natürlich die Zweckbindung. Diese Grundsätze stellen sicher, dass es ein Gleichgewicht gibt zwischen Freiheit und Sicherheit, denn Freiheit ist eine der Verpflichtungen des Parlaments. Sicherheit ist jetzt jedoch eine der Zielsetzungen der Europäischen Union, wie die Kommissarin selbst zugestand.
Daher fordern wir Sie auf, diese Verpflichtung zur Stärkung der Garantie der Privatsphäre und der grundlegenden Menschenrechte in zukünftige Maßnahmen zur Luftsicherheit, in den Datenschutz für die Fluggastdatensätze, in die Überprüfung der Sicherheitskontrollen und in die aktuelle Debatte zur Einführung der Sicherheitsscanner an Flughäfen einzubeziehen.
Judith Sargentini (Verts/ALE). – (NL) Frau Präsidentin, wir sind uns bewusst, dass wir irgendwie immer der Gesellschaft hinterherhinken. Entwicklungen finden statt und die Politik und die Gesetzgebung folgen später. Die Tatsache, dass das Format jetzt die Forderung enthält, dass Bürgerrechte durch ein Abkommen über Fluggastdatensätze (PNR) beachtet werden sollen, ist sehr heikel, aber es zeigt, dass wir den Entwicklungen hinterherhinken. Die vorhergehende Debatte bezüglich des Rahmenabkommens zum Datenschutz war ein weiteres Beispiel dafür.
Mich beunruhigt nicht, dass diese Liste, die gut aussieht, jetzt existiert und verwendet wird; meine Sorge betrifft den Erhalt der verschiedenen bilateralen Abkommen zwischen Mitgliedstaaten und anderen Ländern. Ich habe daher eine Frage an Frau Turtelboom vom Rat und zwar, ob sie garantieren kann, dass diese definitiv zu Ende sind? Ich möchte den Verhandlungsführern raten, die Europäische Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten in Buchform mitzunehmen, diese Grundrechte neben sich auf den Tisch zu legen, wenn sie mit den Verhandlungen beginnen, und sie regelmäßig einzusehen.
Marie-Christine Vergiat (GUE/NGL). – (FR) Frau Präsidentin, wieder einmal werden wir um ein Abkommen zum Schutz der Daten europäischer Bürgerinnen und Bürger gebeten, wenn diese an die Vereinigten Staaten übermittelt werden, und dieses Abkommen soll auch in Kanada und Australien gelten. In diesem Haus sind wir alle zur Sicherheit unserer Mitbürgerinnen und Mitbürger verpflichtet. Die Debatte geht nicht darum.
Ja, unsere Mitbürgerinnen und Mitbürger haben ein Recht auf Sicherheit, doch sie haben in allen Bereichen ein Recht darauf, einschließlich im Bereich der Rechtssicherheit. Wir wissen, dass insbesondere im Namen der Bekämpfung des Terrorismus viele Sicherheiten, auf die alle Bürgerinnen und Bürger ein Recht haben, gefährdet wurden und dass Quantität allzu häufig Vorrang vor Qualität hatte.
Ich möchte unserer Berichterstatterin für ihre Arbeit danken, die in die richtige Richtung geht, insbesondere wenn sie die Fragen der Notwendigkeit und der Verhältnismäßigkeit betont. Ich würde dem gerne die Frage der Gegenseitigkeit hinzufügen. Wenn es um den Schutz der Menschenrechte geht, sind die Vereinigten Staaten alles andere als ein Vorbild, und wir wissen, dass die europäischen Bürgerinnen und Bürger dort nicht denselben Schutz genießen wie in Europa, und dass eine gewisse Anzahl von ihnen regelmäßig dem unterworfen wird, was ich bürokratische Schikane nennen würde – und was schlimmer ist – aus dem Grund, dass man sie verdächtigt, Terroristen zu sein. Was bedeutet das? Schlimmer noch, was wird mit diesen Garantien geschehen, wenn die Daten an Drittländer übermittelt werden, insbesondere im Hinblick auf Prävention?
Wir wissen, dass 80 % dieser Daten die Vereinigten Staaten bereits erreicht haben. Die Aussagen, die ich gerade gehört habe, sind bedauerlicherweise alles andere als vertrauenserweckend.
Monika Flašíková Beňová (S&D). – (SK) Die europäische Strategie zur Bereitstellung von personenbezogenen Daten über Reisende ist ein wichtiger Schritt hin zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften in diesem Bereich. Die Tatsache, dass eine Reihe von Gesetzgebungsinitiativen nebeneinander bestehen, zeigt die Notwendigkeit von Einheitlichkeit. Es ist jedoch zu sagen, dass diese Strategie eine Reihe von Mängeln aufweist, insbesondere im Bereich des Schutzes personenbezogener Daten, wie hier bereits mehrfach erwähnt wurde.
Das Kommissionsdokument, das kürzlich im September veröffentlicht wurde, kritisiert ebenfalls den Europäischen Datenschutzbeauftragten. Ich stimme mit dem Teil der Kritik überein, der sich auf den Grad der Notwendigkeit und die Genehmigung von Anfragen nach einer besonderen Art von Daten bezieht. Meiner Meinung nach müssen wir die Möglichkeiten, Daten für die Erstellung von Profilen oder Risikoeinschätzungen zu verwenden, strikt limitieren.
Eine solche Nutzung von Daten erfordert eine größere Rechtfertigung als in dem aktuellen Wortlaut enthalten ist, und gleichzeitig müssen wir genauer spezifizieren, wie verhindert werden soll, dass Daten missbräuchlich verwendet werden.
Ich möchte jetzt eine Reihe von Beispielen aus anderen Abkommen erwähnen, einschließlich eines Abkommens zwischen der EU und den USA zur Bereitstellung von Fluggastdaten an das US-amerikanische Heimatschutzministerium. Das Abkommen enthält einen strittigen Vergleich zwischen diesen Daten und Daten aus Datenbanken über Einwanderer. Ich weiß es nicht, aber meiner Meinung nach entspricht diese Bedingung nicht dem Ziel des Abkommens, nämlich der Bekämpfung des Terrorismus und schwerer Verbrechen.
Es wird daher für uns wesentlich sein, solche strittigen Fehler zu vermeiden, wenn wir diese Abkommen zukünftig formulieren, und ich hoffe, dass die Kommission dies schaffen wird, da wir definitiv das aktuelle Dokument nicht als zufriedenstellend betrachten können, insbesondere nicht im Bereich des Schutzes personenbezogener Daten.
Salvatore Iacolino (PPE). – (IT) Frau Präsidentin, Frau Ministerin, Frau Kommissarin, meine Damen und Herren, wenn ich den bedeutenden Beiträgen zuhöre, die bisher von meinen Kollegen geleistet wurden, besteht kein Zweifel daran, dass die Notwendigkeit, eine ziemlich rasche Einigung bei der Festlegung dieses Rahmenabkommens über Fluggastdatensätze zu erzielen, einen starken Antrieb seitens des Parlaments darstellt.
Angefangen von der Prämisse, dass es derzeit keinen gültigen einheitlichen Rechtsrahmen gibt – und dies steht sicherlich in starkem Gegensatz zu der tatsächlichen und empfundenen Notwendigkeit, den Terrorismus mit aggressiven, starken Maßnahmen zu bekämpfen und dabei ein Gleichgewicht zwischen Privatsphäre und Sicherheit zu erzielen – muss man berücksichtigen, dass Maßnahmen zur Garantie der Sicherheit effektiv durch internationale Zusammenarbeit erreicht werden können. Wie es vor einiger Zeit im Parlament der Fall war, als das SWIFT-Projekt verabschiedet wurde, müssen wir gleichzeitig das Verhandlungsmandat des Rates unbedingt berücksichtigen, aber auch die bedeutenden Beiträge, die das Parlament in einem Kontext bieten kann, in dem die Bekämpfung der illegalen Einwanderung durch das Rahmenabkommen gewährleistet werden kann.
Petru Constantin Luhan (PPE). – (RO) In einer Zeit großer Mobilität können wir keine Sicherheit ohne einen effizienten Datenaustausch genießen. Es ist unsere Pflicht, unsere Bürgerinnen und Bürger gegen terroristische Angriffe und das organisierte Verbrechen zu schützen. Es muss jedoch ein Gleichgewicht zwischen Sicherheit und Privatsphäre gefunden werden. Ich begrüße die Tatsache, dass die Entschließung des Europäischen Parlaments betont, dass die PNR-Daten nicht für das Profiling verwendet werden können. Ich glaube, dass die Partnerschaft zwischen den USA, Kanada und Australien einerseits und der Europäischen Union andererseits die ideale Lösung für die Bekämpfung des Terrorismus und des organisierten Verbrechens bieten kann.
Ich denke, dass beide Seiten vor allem eine gemeinsame Verständnisgrundlage darüber finden müssen, was zur Erreichung dieser Zielsetzung gehört. Wir müssen daran denken, dass die Europäer allein durch ihre Mentalität der Achtung ihrer Privatsphäre eine besondere Bedeutung beimessen. Die EU kann ihre Zustimmung dazu nicht geben, solange nicht jedes Detail in Bezug auf die Sicherheit der zu übertragenden Daten zwischen den beteiligten Parteien geklärt ist.
Ioan Enciu (S&D). – (RO) Die vorgeschlagene Strategie stellt einen Fortschritt darin dar, wie man Abkommen in diesem Bereich zukünftig angehen soll. Es ist wichtig, dass ein Gleichgewicht zwischen dem Schutz der Privatsphäre und der Grundrechte und der Notwendigkeit zur Bekämpfung des Terrorismus erzielt wird. Wenn die Strategie so angewendet wird, wie sie vorgestellt wurde, wird sie feste, durchsetzbare Garantien in Bezug auf die Einhaltung der Rechte haben, welche die europäischen Bürgerinnen und Bürger in der Europäischen Union genießen. Wie Kommissarin Malmström uns versichert hat, wird ein Profiling durch automatische Verarbeitung der übermittelten Daten nicht möglich sein. Wir hoffen, dass dies der Fall ist, denn dies war eines unserer Bedenken, ebenso wie die Speicherdauer.
Auch wenn wir nicht über personenbezogene Daten sprechen, glaube ich grundsätzlich, dass dies letztlich eine Frage des Rechts der Bürgerinnen und Bürger auf Privatsphäre ist. Dies ist ein Grund, warum administrative und rechtliche Mittel den Bürgerinnen und Bürgern zur Verfügung gestellt werden müssen, die vom Missbrauch dieser Dateneingabe betroffen sind. Übermittlungen von PNR-Daten an Drittländer müssen fallweise ausgeführt werden und nur mit der ausdrücklichen Zustimmung der Europäischen Union.
Angelika Werthmann (NI). - Frau Präsidentin! Die Vorgehensweise der Kommission, ihr sektorübergreifendes Konzept für die Übermittlung von Fluggastdatensätzen an Drittländer zur Diskussion zu stellen, ist zu begrüßen, vor allem vor Verhandlungsbeginn mit Drittstaaten. Dies zeigt, dass man aus den vergangenen Methoden gelernt hat. Wie schon mehrfach zu ACTA und SWIFT erwähnt, habe ich auch hier massive Bedenken bezüglich der Datenschutzstandards. Allerdings geht es hier grundlegend um den Umgang mit den Daten, mit denen die Behörden z. B. eventuelle Komplizen von Verdächtigen identifizieren wollen. Auf den ersten Blick eine durchaus nützliche Sache, auf den zweiten aber ist es eine sehr schwerwiegende Vermutung, basierend auf dünnen Indizien, europäische Bürger unter Generalverdacht zu stellen. Und wir würden auch noch die Namen und Daten dazu liefern?
Andrew Henry William Brons (NI). – Frau Präsidentin, ich bin natürlich nicht dafür, dass die Europäische Union überhaupt das Recht hat, Verträge zu schließen. Ich werde mich jedoch bemühen, die Grundsätze der Verträge über Fluggastdatensätze (PNR) objektiv zu betrachten. Der Ansatz zur Abwägung der manchmal gegensätzlichen Bedürfnisse der Privatsphäre und der Sicherheit ist im Wesentlichen vernünftig. Die Menschen haben das Recht, dass Details ihres Lebens vertraulich behandelt werden, aber die Behörden haben nicht nur das Recht, sondern auch die Pflicht, das Leben ihrer Bürger zu schützen. Wenn Terroristen und Schwerverbrecher einfach schwarze Hüte trügen und böse lachen würden, könnten diese beiden Bedürfnisse gleichzeitig erfüllt werden.
Die Union lässt es jedoch zu, dass ihre eigenen ideologischen Hemmungen sich ihr in den Weg stellen, um das richtige Gleichgewicht zu erzielen. Ich kann ihre Abneigung verstehen, unnötig Informationen über die Herkunft der Menschen oder deren Meinungen preiszugeben. Wenn dies keinen Zusammenhang oder gar Wechselwirkung mit Terrorismus hat, ist dies eine gesunde Einstellung. In einer Zeit, in der ein bestimmter Teil der Bevölkerung in unproportionaler Weise in Terrorismus verwickelt ist – und dieser Anteil kann sich ändern – sehe ich jedoch keinen Einwand gegen das Profiling dieser Bevölkerung.
Cecilia Malmström, Mitglied der Kommission. – Frau Präsidentin, ich glaube, dass die Bedrohung durch Terroristen noch vorhanden ist und wir müssen dagegen vorgehen. Wir haben viele Instrumente dafür, aber Informationen zu ändern und auszutauschen, ist der Schlüssel dafür. Wir haben PNR-Abkommen. Ich habe bereits aussagekräftige Beweise dafür gesehen, dass PNR unbedingt erforderlich ist, um terroristische Angriffe zu erkennen und zu verhindern. Wir werden dafür sorgen, dass diese Beweise dem Europäischen Parlament mit konkreten Beispielen zur Verfügung gestellt werden, sowohl aus den drei Ländern, über die wir diskutieren, als auch aus den darauffolgenden EU-PNR. Dies ist wesentlich, um Ihnen die Möglichkeit zu geben, dies ordentlich zu bewerten und es mit Ihren Wählern zu diskutieren.
Wir sollten PNR austauschen, aber wir sollten es nicht ohne Regeln tun. Wir müssen die relevanten Informationen haben, um uns ein eindeutiges Bild machen zu können und klare Regeln zu haben. Wir müssen den Geltungsbereich und die Aufbewahrungsfristen festlegen, um für ein hohes Niveau an Datenschutz und die Möglichkeit einer Klageerhebung für den Einzelnen zu sorgen. Wir müssen klare Regeln für die Übermittlung in Drittländern haben und wir müssen verhältnismäßig handeln. All dies steht in der Mitteilung der Kommission und ich bin sehr froh zu sehen, dass Ihre Mitteilung dieser im Großen und Ganzen entspricht, auch wenn es einige kleinere Abweichungen geben mag.
Dies sind die Themen, die mit unseren drei Partnern verhandelt werden sollen; sie werden schwierig sein, aber ehrgeizig von unserer Seite. Mein Ziel ist es, dies zusammen mit dem Rat und mit den anderen drei Institutionen der EU zu tun, so dass die Institutionen mit einer Stimme sprechen und in dieser Sache ein eindeutiger Partner sein können.
Von Anfang an habe ich versucht, das Parlament einzubeziehen und eine offene und transparente Beziehung zu pflegen, mit den entsprechenden Ausschüssen, den Berichterstattern, den Schattenberichterstattern, den Koordinatoren usw. und so werde ich es weiterhin tun. Ich verspreche, dass ich Sie in allen Phasen der Verhandlungen, wenn sie begonnen haben, umfassend und umgehend auf dem Laufenden halten werde, um eine offene Diskussion zu führen und ihre Meinungen anzuhören. Auch wenn die Kommission die Verhandlungen leiten wird, bin ich bereit, mit Ihnen zu diskutieren und Sie zu informieren und eine gute Zusammenarbeit mit Ihnen bei diesem Thema zu haben.
VORSITZ: Edward McMILLAN-SCOTT Vizepräsident
Annemie Turtelboom, amtierende Ratspräsidentin. – (NL) Herr Präsident, ich möchte in jedem Fall damit beginnen, zu erwähnen, dass ich als Innenministerin weiß, dass wir häufig mögliche Anschläge vermeiden konnten, indem wir Informationen ausgetauscht und ausgewertet haben. Genau das macht diese Debatte und den Abschluss eines gut fundierten Abkommens zur Übermittlung von Fluggastdatensätzen (PNR) so wichtig.
Ich weiß, dass die Kommission einer sehr schwierigen Aufgabe gegenüberstehen wird, sobald die Mandate durch den Rat angenommen wurden; sie muss die eigentlichen Verhandlungen eröffnen und ein Gleichgewicht schaffen zwischen einerseits dem, was hier jeder möchte, worüber eine breite Zustimmung herrscht, nämlich dem Schutz der personenbezogenen Daten, und andererseits dem klaren Tenor hier in dieser Versammlung, der sagt: Wir benötigen diese PNR-Daten. Wir brauchen häufig Informationen, um uns beispielsweise vor terroristischen Anschlägen zu schützen.
Ich bin aber sehr erfreut, dass das Europäische Parlament, der Rat und die Kommission auf derselben Wellenlänge sind und dasselbe Gleichgewicht im Hinterkopf haben: Ein Gleichgewicht zwischen Datenschutz und Sicherheit, wofür wir alle die Verantwortung tragen. Ich denke, wir haben den Punkt erreicht, an dem wir die Mandate festlegen können. Im Anschluss kommt die schwierige Arbeit der eigentlichen Verhandlungen; wir müssen sicherstellen, dass wir nicht zu weit von unserem Mandat abweichen und dass wir selber weiterhin zu jeder Zeit dieses Gleichgewicht festlegen.
Ich würde gerne auf einige spezifische Anfragen eingehen, so zum Beispiel auf den Kommentar zur Verfallsklausel („Sunset-Klausel“). Es ist wirklich wichtig, herauszustellen, dass dieses Mandat sieben Jahre gültig ist, dass es nach vier Jahren bewertet wird, dass, wenn das Abkommen beschlossen und hier auch angenommen würde, eine Verlängerung nur nach einer Aussprache hier im Parlament möglich wäre, was, wie ich meine, logisch ist. Dieses ist keine eigentliche Verfallsklausel, aber es gleicht dieser sehr stark hinsichtlich der Frist und der Bewertung nach vier Jahren.
Außerdem erklären die Schlussfolgerungen des Rates ganz richtig, dass wir großen Wert auf die Artikel 7 und 8 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union legen – und es gab auch Kommentare zu diesem Thema – und wir müssen diese weiterhin gewährleisten. Selbstverständlich ist es für uns alle wichtig – und das findet sich auch im Mandat –, dass ein unabhängiges Organ eingerichtet wird, bei dem Privatpersonen eine Beschwerde vorbringen können, wenn sie feststellen, dass ihre Daten unrechtmäßig oder für andere Zwecke benutzt wurden.
Schließlich, und das wird ein sehr schwieriger Punkt, die Frage zur Erstellung von Personenprofilen („Profiling“), und selbstverständlich wollen wir alle eine Risikobewertung. Schließlich kann die Risikobewertung auf der Grundlage von gesammelten Daten durchgeführt werden, damit die richtigen Entscheidungen getroffen werden können. Andererseits ist es selbstverständlich unerlässlich, der Stigmatisierung bestimmter ethnischer Gruppen vorzubeugen, selbst wenn sich hier eine Fraktion dafür eingesetzt hat. Ich glaube, wir wollen absolut keine ethnische Stigmatisierung. Ich glaube, dass dies auch eines der Grundrechte ist, die wir als europäische Bürgerinnen und Bürger genießen, und ich möchte, vor allem auch in meiner Funktion als amtierende Präsidentin des Rates, sicherstellen, dass wir nicht in eine solche Situation kommen.
Der Präsident – Die Aussprache ist geschlossen.
Die Stimmabgabe findet morgen, Donnerstag, den 11. November 2010, um 12.00 Uhr statt.
Schriftliche Erklärungen (Artikel 149)
Vilija Blinkevičiūtė (S&D), schriftlich. – (LT) Das Parlament verfolgt das Ziel, die Verfahren zur Übermittlung von Fluggastdatensätzen (PNR) an Drittländer zu stärken. Besondere Aufmerksamkeit sollte dem Schutz der persönlichen Daten der Passagiere gewidmet werden. Strafverfolgungsorgane können die durch Fluggäste zur Verfügung gestellten Daten nutzen, um begangene Verbrechen zu untersuchen und Risiken einzuschätzen. In der Entschließung betont das Parlament daher, dass das Recht der Menschen auf den Zugang zu Informationen und ihr Recht auf Privatsphäre geschützt sein müssen. Weiterhin fordert das Parlament, dass die Datenübertragung die europäischen Datenschutzstandards erfüllt. Es ist sehr wichtig, durchsetzbare Standards zum Schutz der persönlichen Daten einzuführen, die den Schutz grundlegender Menschenrechte und Freiheiten garantieren. Unabhängige Regierungseinrichtungen auf beiden Seiten des Atlantiks müssen für die Anwendung dieser Standards verantwortlich sein. Das Parlament stimmt der Empfehlung der Kommission zu, die Verhandlungen für ein Abkommen zwischen der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten von Amerika bezüglich des Schutzes der personenbezogenen Daten bei deren Übermittlung und Verarbeitung zum Zweck der Verhinderung, Untersuchung, Ermittlung oder Verfolgung von Straftaten zu eröffnen. Um eine effektive Zusammenarbeit zwischen den Institutionen sicherzustellen, sollte die Kommission das Europäische Parlament in jeder Phase der Verhandlungen bezüglich des Schutzes personenbezogener Daten auf dem Laufenden halten.
Ágnes Hankiss (PPE) , schriftlich. – (HU) Ist die EU wirklich in der Lage, die nachrichtendienstlichen Daten, die aus den Vereinigten Staaten kommen, zu erhalten? Der Entschließungsantrag zu den Fluggastdatensätzen (PNR) ist zu begrüßen, weil er sich für ein Abkommen zwischen den Vereinigten Staaten und der Europäischen Union auf der Grundlage eines Gleichgewichts zwischen Sicherheit und Datenschutz einsetzt. In einem Punkt empfinde ich ihn als unzureichend. In Übereinstimmung mit Frau Reding, die besonderen Wert auf eine Kultur der Gegenseitigkeit legt, möchte ich die Frage stellen, ob wir es tatsächlich für wichtig halten, dass der Datenaustausch gegenseitig erfolgt – das heißt, dass wir nicht nur Informationen zur Verhütung des Terrorismus liefern, sondern von den Vereinigten Staaten auch Informationen erhalten. Wenn dem so ist, dann genügt es nicht, den USA nur eine Wunschliste zu unterbreiten, sondern wir müssen in der Praxis eine Einrichtung der EU schaffen oder benennen, die in der Lage ist, die nachrichtendienstlichen Daten aus den USA zu erhalten und zu verarbeiten, und zugleich dafür sorgt, dass ein einheitlicher Zugriff durch die Mitgliedstaaten auf die Informationen erfolgt. Dieses Problem ist bereits im Zusammenhang mit dem SWIFT-Abkommen in den Mittelpunkt gerückt, in dem die Übermittlung von Daten über Bankgeschäfte geregelt ist, es wurde aber seitdem nicht gelöst. Es wäre von Vorteil gewesen, wenn der Antrag nachdrücklich auch auf diese bevorstehende Aufgabe hingewiesen hätte.
Andreas Mölzer (NI), schriftlich. – In den letzten Jahren wurden im Namen der Terrorbekämpfung zunehmend Grundrechte beschnitten. Die Sinnhaftigkeit ist dabei oft zweifelhaft: Während der Passagier quasi bis auf die Unterhose durchsucht wird und in seinem Gepäck weder Nagelfeile noch Deo haben darf, bleibt der Check von Frachtgut häufig der Spedition selbst überlassen. Wenn sich das künftig ändern wird, dann muss die Balance zwischen Freiheit und Sicherheit gewahrt bleiben. Denn bei den Passagierkontrollen ist diese schon verloren gegangen, und so werden mit Nachlassen der Terrorhysterie die Vorgaben wieder gelockert.
Ebenso fraglich ist, ob das FBI bei US-Reisen Namen, Anschrift, E-Mail-Adresse, Kreditkartennummer und Kofferzahl wissen muss und bis zu 15 Jahre speichern darf. Wenn man sich etwa in Großbritannien künftig leicht verdächtig macht – nicht etwa wegen der Religionszugehörigkeit, wo nachweislich ein Terror-Zusammenhang besteht –, sondern verdächtig ist, wer kurzfristig fliegt, womöglich noch ohne Gepäck und dafür bar zahlt, dann ist es das Mindeste, dass es generell für Flugdatenübermittlung, nicht nur in die USA, ein Beschwerde- und Klagerecht gibt und die Daten nicht bis zum Sankt-Nimmerleinstag gespeichert bleiben. Und natürlich darf die Speicherung nur zweckgebunden erfolgen. Wenn schon für das Sicherheitsgefühl in Grundrechte eingegriffen wird, dann muss der Eingriff möglichst gering sein, und die Rechte der Betroffenen müssen gestärkt werden.
Nuno Teixeira (PPE), schriftlich. – (PT) Die Kommission hat eine Reihe von Vorschlägen zum Austausch von Fluggastdatensätzen (PNR) mit Drittländern und zur Eröffnung der Verhandlungen über das Abkommen mit Australien, Kanada und den USA gemacht. Die Festlegung allgemeiner Grundsätze bezüglich der PNR ist eines der Mittel, um dem grenzüberschreitenden Verbrechen und Terrorismus vorzubeugen. Es gibt jedoch Anlass zu Bedenken hinsichtlich des Schutzes der bürgerlichen Freiheiten und Grundrechte. Die Datenbank der PNR erfasst Angaben der Fluggäste bei der Buchung und bei der Abfertigung und ermöglicht es den verantwortlichen Behörden, in der Vergangenheit begangene Verbrechen zu untersuchen, neuen Verbrechen vorzubeugen und Risikoanalysen durchzuführen. Jetzt wird dieses Sicherheitsinstrument mit Drittländern genutzt, das macht es notwendig, eine rechtliche Sicherheit der Daten zu schaffen. Diese Vorschläge richten sich vor allem auf die Modalitäten der Übermittlung von PNR, auf Standards zur Überwachung der richtigen Anwendung des PNR-Abkommens und auf dessen Wechselseitigkeit. Das Parlament unterstützt die Empfehlungen der Kommission und die Meinung des Europäischen Datenschutzbeauftragten, zugleich unterstreicht es, dass die Privatsphäre der Fluggäste nicht verletzt werden darf und dass diese Daten nur für die vorgesehenen Zwecke genutzt werden dürfen.
Georgios Toussas (GUE/NGL), schriftlich. – (EL) Der gemeinsame Entschließungsantrag belegt erneut, dass das Europäische Parlament, wie alle Gemeinschaftsorgane, eine ernsthafte Gefahr für die Freiheiten des Volkes und die demokratischen Rechte darstellt. Die Entschließung nutzt den Vorwand des Terrorismus und die „Notwendigkeit der Zusammenarbeit gegen den Terrorismus“ zwischen der EU und den Vereinigten Staaten, um die Erhebung allgemeiner Daten über alle Fluggäste, die von der EU in die Vereinigten Staaten, Kanada und Australien reisen, zu rechtfertigen. Leeres Gerede über sogenannte Garantien zum Schutz personenbezogener Daten ist die Ausrede des Europäischen Parlaments, um dem Abschluss eines Abkommens über Fluggastdatensätze zwischen der EU und den Vereinigten Staaten zuzustimmen, ein Abkommen, das es bislang immer scheinheilig als unakzeptabel hingestellt hat. In diesem gemeinsamen Entschließungsantrag täuschen die politischen Sprecher des Kapitals, Seite an Seite mit den Opportunisten, auf beleidigende Weise die Öffentlichkeit mit Gerede über ein Abkommen, das scheinbar Garantien zum Schutz personenbezogener Daten beinhaltet. Kein Abkommen und keine Garantie kann den Schutz personenbezogener Daten sicherstellen, solange diese dem Geheimdienst und den Unterdrückungsmechanismen der Vereinigten Staaten und anderer Länder übergeben werden und diesen ausgeliefert sind. Die Kommunistische Partei Griechenlands hat gegen diese unannehmbare Entschließung gestimmt und fordert die Öffentlichkeit auf, gegen die EU und deren volksfeindliche und repressive Politik zu kämpfen, die sich gegen soziale, demokratische und grundlegende Menschenrechte richtet.
Zbigniew Ziobro (ECR), schriftlich. – (PL) Eine der größten Bedrohungen, der die Welt in den letzten Jahren gegenüberstand, ist der asymmetrische Krieg gegen den Terrorismus, zusammen mit den Bedrohungen, die aus der Zunahme der internationalen organisierten Kriminalität erwachsen. Sofern Europa und die USA zu diesem Zweck nicht zusammenarbeiten, ist die Schaffung eines wirksamen Schutzschildes gegen diese Gefahr unmöglich. Der Informationsaustausch ist ein Schlüsselaspekt in dieser Zusammenarbeit und daher sind PNR ein absolut unerlässlicher Bestandteil der gemeinsamen Sicherheit. Es ist jedoch wichtig, zu berücksichtigen, dass deren Wirksamkeit allein davon abhängt, dass der Datenaustausch mit den USA auf völliger Gegenseitigkeit beruht. Ich hoffe auch, dass die Annahme des Abkommens die Ratifizierung der Abkommen zwischen den USA und der Europäischen Union über das Programm für visumfreies Reisen beschleunigt, wodurch es möglich wird, US-Visa, unter anderem für polnische Bürgerinnen und Bürger, abzuschaffen.