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Ausführliche Sitzungsberichte
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Mittwoch, 10. November 2010 - Brüssel Ausgabe im ABl.
1. Wiederaufnahme der Sitzungsperiode
 2. Genehmigung des Protokolls der vorangegangenen Sitzung: siehe Protokoll
 3. Erklärungen des Präsidenten
 4. Zusammensetzung des Parlaments: siehe Protokoll
 5. Berichtigung (Artikel 216 der Geschäftsordnung): siehe Protokoll
 6. Zusammensetzung der Ausschüsse und der Delegationen: siehe Protokoll
 7. Vorlage von Dokumenten: siehe Protokoll
 8. Weiterbehandlung der Standpunkte und Entschließungen des Parlaments: siehe Protokoll
 9. Übermittlung von Abkommenstexten durch den Rat: siehe Protokoll
 10. Anfragen zur mündlichen Beantwortung und schriftliche Erklärungen (Vorlage): siehe Protokoll
 11. Mittelübertragungen: siehe Protokoll
 12. Durchführungsmaßnahmen (Artikel 88 GO): siehe Protokoll
 13. Arbeitsplan
 14. Bevorstehendes Gipfeltreffen EU-USA und Transatlantischer Wirtschaftsrat - Datenschutzabkommen EU-USA (Aussprache)
 15. Außenpolitische Strategie der EU im Bereich der Fluggastdatensätze (PNR) (Aussprache)
 16. Verwalter alternativer Investmentfonds (Aussprache)
 17. Binnenmarktinitiative (Aussprache)
 18. Innovationspartnerschaften (Aussprache)
 19. Stärkung der OSZE - Rolle der Europäischen Union (Aussprache)
 20. Änderung der Verordnung (EG) Nr. 539/2001 zur Aufstellung der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige beim Überschreiten der Außengrenzen im Besitz eines Visums sein müssen, sowie der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige von dieser Visumpflicht befreit sind (Aussprache)
 21. Ausführungen von einer Minute zu Fragen von politischer Bedeutung
 22. Demografische Herausforderungen und Solidarität zwischen den Generationen (kurze Darstellung)
 23. Durchführung von Forschungsrahmenprogrammen (kurze Darstellung)
 24. Tagesordnung der nächsten Sitzung: siehe Protokoll
 25. Schluss der Sitzung


  

VORSITZ: Jerzy BUZEK
Präsident

(Die Sitzung wird um 15.00 Uhr eröffnet.)

 
1. Wiederaufnahme der Sitzungsperiode
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  Der Präsident. – Ich erkläre die am Donnerstag, dem 21. Oktober 2010, unterbrochene Sitzungsperiode des Europäischen Parlaments für wieder aufgenommen.

 

2. Genehmigung des Protokolls der vorangegangenen Sitzung: siehe Protokoll
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3. Erklärungen des Präsidenten
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  Der Präsident. – Ich möchte zu Beginn dieser Sitzung einige Anmerkungen machen.

Am 6. November 2010 haben unbekannte Angreifer in Moskau den Journalisten Oleg Kashin brutal zusammengeschlagen. Dieser grausame Überfall, der kein Raubüberfall war, muss aufs Schärfste verurteilt werden. Wir haben die prompte Reaktion von Präsident Medwedjew in dieser Situation sowie sein persönliches Engagement für eine rasche Ergreifung der Täter mit großem Wohlwollen zur Kenntnis genommen und hoffen, dass er Erfolg haben wird.

Zweitens wurde am 31. Oktober zum ersten Mal in zwei Jahren eine Kundgebung der Opposition auf dem Triumph-Platz in Moskau abgehalten, ohne dass die Polizei eingeschritten ist. Wir fassen dies als ein vielversprechendes Signal seitens der russischen Behörden auf und hoffen, dass die jahrelangen Appelle des Europäischen Parlaments zugunsten einer weiteren Demokratisierung des öffentlichen Lebens in Russland nicht umsonst waren.

Drittens wurde vor zehn Tagen in Bagdad ein Anschlag auf Gottesdienstbesucher in einer christlichen Kirche verübt. Es gab zahlreiche Tote und Verletzte. Im Namen des Europäischen Parlaments wiederhole ich meinen Aufruf, die Religionsfreiheit zu respektieren und die religiös motivierte Gewalt, die wir in jenem Teil der Welt erleben, zu beenden.

Viertens wird am 10. Dezember die diesjährige Verleihung der Nobelpreise in Stockholm stattfinden. Wir halten es für untragbar, dass die chinesischen Behörden versuchen, Druck auf Mitgliedstaaten der Europäischen Union auszuüben, damit sie nicht an der Verleihung teilnehmen. Das Europäische Parlament setzt sich unablässig dafür ein, dass die unveräußerlichen Grundrechte aller Menschen auf dieser Welt geachtet werden, und wir machen da natürlich für China keine Ausnahme. Bei der Zeremonie im Dezember wird der Leiter der Delegation der Europäischen Union in Norwegen die Europäische Union vertreten und damit auch das Europäische Parlament.

 
  
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  Luigi Berlinguer (S&D).(IT) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Kürzlich wurde die italienische Region Venetien von schweren Naturkatastrophen heimgesucht, insbesondere die Provinzen Vicenza, Padua und Verona. Von den katastrophalen Überschwemmungen waren circa 500 000 Menschen auf unterschiedliche Weise betroffen, der Sachschaden belief sich auf mehrere hundert Millionen Euro. Diese Tragödie hat alle Produktionsbereiche, kleine und mittlere Unternehmen und verschiedene andere Branchen, in die Knie gezwungen.

Ich appelliere an meine Kolleginnen und Kollegen und die Organe der Europäischen Union, alles in ihrer Macht Stehende zu tun, um diese Menschen zu unterstützen und Lösungen zu finden, wie im Rahmen der Möglichkeiten des EU-Solidaritätsfonds und der Strukturfonds auf diese Katastrophe reagiert werden kann.

Im Übrigen hat Italien heute noch einen weiteren Anlass zum Trauern, wenn auch aus einem völlig anderen Grund: nämlich wegen des Untergangs von Pompeji. Ich wollte das hier nur anmerken, um die Bedeutung eines Ereignisses dieser Tragweite hervorzuheben und darauf hinzuweisen, dass Europa auch diese Dinge im Auge behalten muss.

 
  
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  Der Präsident. – Ich danke Ihnen für diesen Beitrag. Bitte nutzen Sie dafür auch die Ausführungen von einer Minute. Ein solches Thema kann auch in einer Ausführung von einer Minute behandelt werden. Vielen Dank, Herr Berlinguer, dass Sie dieses Thema zur Sprache gebracht haben.

 

4. Zusammensetzung des Parlaments: siehe Protokoll
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5. Berichtigung (Artikel 216 der Geschäftsordnung): siehe Protokoll

6. Zusammensetzung der Ausschüsse und der Delegationen: siehe Protokoll
Video der Beiträge

7. Vorlage von Dokumenten: siehe Protokoll

8. Weiterbehandlung der Standpunkte und Entschließungen des Parlaments: siehe Protokoll

9. Übermittlung von Abkommenstexten durch den Rat: siehe Protokoll

10. Anfragen zur mündlichen Beantwortung und schriftliche Erklärungen (Vorlage): siehe Protokoll

11. Mittelübertragungen: siehe Protokoll

12. Durchführungsmaßnahmen (Artikel 88 GO): siehe Protokoll

13. Arbeitsplan
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  Der Präsident. – Der endgültige Entwurf der Tagesordnung, wie er in der Konferenz der Präsidenten in ihrer Sitzung vom Donnerstag, dem 21. Oktober 2010, gemäß Artikel 130 und 131 der Geschäftsordnung festgelegt wurde, ist verteilt worden.

Zu diesem Entwurf wurden folgende Änderungen beantragt:

Mittwoch:

Die Aussprache „Stärkung der OSZE – Rolle der Europäischen Union“ wird auf einer Erklärung des Rates, im Namen der Vizepräsidentin der Kommission/Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, basieren.

Der Bericht Gauzès über die Verwalter alternativer Investmentfonds und die Erklärung der Kommission über die Binnenmarktinitiative werden in dieser Reihenfolge nach der Aussprache über die außenpolitische Strategie der EU im Bereich der Fluggastdatensätze und vor der Anfrage zur mündlichen Beantwortung zu Innovationspartnerschaften behandelt.

Die beiden Empfehlungen von Frau Griesbeck zu dem Abkommen zwischen der Europäischen Union und Georgien wurden von der Tagesordnung gestrichen.

Donnerstag:

Der Bericht von Frau Lichtenberger zu dem Antrag auf Aufhebung der parlamentarischen Immunität von Krzysztof Lisek wurde für Donnerstag auf die Abstimmungsliste gesetzt.

Die Abstimmung über den Vorschlag für eine Entscheidung des Europäischen Parlaments zum Rechnungsabschluss der Europäischen Polizeiakademie für das Haushaltsjahr 2008 wurde auf die nächste Sitzungsperiode verschoben.

Die Abstimmung über die Entschließungsanträge betreffend die Ukraine wurde auf die Plenartagung November II in Straßburg verschoben.

 
  
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  Marta Andreasen (EFD). – Herr Präsident! Unsere Fraktion lehnt die Vertagung der Abstimmung über den Rechnungsabschluss der Europäischen Polizeiakademie ab, weil die Entlastung dieser Institution wegen Unregelmäßigkeiten abgelehnt wurde. Wir halten hier Entscheidungen für dringend geboten und können von daher die Abstimmung nicht verschieben.

 
  
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  William (The Earl of) Dartmouth (EFD). – Herr Präsident! Ich werde mich kurz fassen. Die EU hat eine sehr lange und mittelmäßige Vergangenheit, was ihre Rechnungslegungsverfahren betrifft. Ich habe gehört, dass der Rechnungshof sich zum 14. Mal in Folge geweigert hat, den Haushaltsplan abzusegnen. Die Agentur, die nun in Rede steht, hat eine ähnliche und, sofern dies überhaupt möglich ist, noch schlechtere Bilanz vorzuweisen. Es erscheint dringend geboten, dass das Europäische Parlament sich unverzüglich dieser Angelegenheit annimmt, wenn es diesbezüglich auch nur im Geringsten glaubwürdig sein will.

 
  
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  Véronique Mathieu (PPE).(FR) Herr Präsident! Ich darf Sie daran erinnern, dass ich die Berichterstatterin für den Bericht zur Entlastung der Europäischen Polizeiakademie (CEPOL) war. Ich kann Ihnen mitteilen, dass wir im Haushaltskontrollausschuss gemeinsam mit den Schattenberichterstattern für den 30. November eine Anhörung zu dieser Entlastung und zum Rechnungsabschluss geplant haben, bei der nicht nur der Direktor der Europäischen Polizeiakademie, sondern auch der Vorsitzende ihres Verwaltungsrates gehört werden soll, und dass der Haushaltskontrollausschuss seine Recherchen zur Entlastung für 2008 noch nicht abgeschlossen hat.

An der Rechnungslegung für 2008 wurden gemeinsam mit dem neuen CEPOL-Direktor diverse Korrekturen vorgenommen. Ich fände es ausgesprochen schade, wenn das Parlament diese Recherchen nicht abschließen würde und schlage deshalb vor, Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, die Konten keinesfalls zu schließen. Es wäre in der Tat ein schwerwiegender Fehler, wenn wir die Konten schon im Lauf dieser Sitzungsperiode schließen würden.

 
  
 

(Das Parlament lehnt den Antrag ab.)

 
  
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  Elmar Brok (PPE). - Herr Präsident! Im Namen meiner Fraktion möchte ich bitten, die Abstimmung durchzuführen. Sie ist schon einmal verschoben worden – vor den Wahlen. Jetzt sollten wir sie nicht bis nach dem EU-Ukraine-Gipfel verschieben. Wir fordern in diesem Antrag den Gipfel und auch die Kommission und den Rat auf, die Verhandlungen mit der Ukraine bezüglich des Freihandelsabkommens, der Visafazilitäten, der Frage des Assoziierungsabkommens schnell voranzutreiben. Aber wir möchten auch, dass darüber diskutiert wird, dass bei den Regional- und Lokalwahlen die Opposition benachteiligt war, dass sie nicht überall kandidieren konnte und außerdem die Trennung von Exekutive und Judikative immer weniger gegeben ist.

Es ist wichtig, dass wir den positiven Ansatz zur Ukraine deutlich machen. Dies ist ein europäisches Land, das eine europäische Perspektive haben muss. Aber wir möchten nicht, dass es zu einem autoritären Regime absinkt und man dieses Ziel dann nicht erreichen kann. Das sollte man vor dem Gipfel verabschieden, weil es sonst missverstanden werden könnte, dass das Europäische Parlament diesen negativen Positionen nicht entgegentritt. Wir sehen, dass fast alle Wahlbeobachtungsorganisationen festgestellt haben, dass die Wahlen problematisch waren. Wir sind fast die Letzten, die hier noch keine Position bezogen haben. Wir sollten es uns nicht antun, unsere eigene Glaubwürdigkeit zu verlieren.

 
  
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  Gunnar Hökmark (PPE). – Herr Präsident! Es geht hier in erster Linie darum, ob das Parlament im Voraus agiert oder erst im Nachhinein reagiert: vor dem Gipfel oder nach dem Gipfel. Es geht vor allem darum, ob wir versuchen, Einfluss auszuüben, oder ob wir uns darauf beschränken, hinterher einen Kommentar abzugeben. Zugegebenermaßen entwickeln sich bestimmte Dinge in der Ukraine in die richtige Richtung, aber dennoch liegt auch vieles im Argen und wenn es so weitergeht, wird sich die Ukraine immer mehr von der Zusammenarbeit mit Europa entfernen.

Wenn wir unsere Sorgen und Bedenken zum Ausdruck bringen, sollen damit keine Hürden errichtet, sondern abgebaut werden, und genau deswegen wollen wir, dass die Entschließung sofort verabschiedet wird. Wir wissen, dass es in der ukrainischen Gesellschaft und in der ukrainischen Regierung ein ausgeprägtes Interesse dafür gibt, was das Europäische Parlament zu diesen Dingen zu sagen hat. Wenn wir etwas sagen, wird man uns zuhören und auf der Hut sein. Wenn wir nichts sagen, wird dies ebenfalls wahrgenommen. Aus diesem Grund befürworten wir eine Verabschiedung der Entschließung im Lauf der gegenwärtigen Sitzungsperiode.

 
  
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  Hannes Swoboda (S&D). - Herr Präsident! Ich bin etwas überrascht, weil es eine Übereinkunft zwischen allen Parteien gegeben hat, eine sehr sorgfältig vorbereitete Entschließung während der November II-Tagung in Straßburg zu verabschieden. Aber es ist natürlich das gute Recht, die Meinung zu ändern. Ich glaube nur, dass es sinnvoll wäre, erstens einmal den Bericht der Wahlbeobachter abzuwarten, dass wir diesen Bericht deutlich vorliegen haben und uns darauf stützen können. Und zweitens ist es gar keine Frage, dass es aus unserer Sicht auch bei diesen Wahlen Probleme gegeben hat, und zwar zum Teil schwerwiegende Probleme. Wir sind nicht die Ex-offo-Verteidiger, aber seien Sie, meine Damen und Herren von der EVP, nicht die Ex-offo-Verteidiger der Opposition. Würden Sie zur Opposition so kritisch sein wie wir zu der Regierung, dann würden wir schon einen gemeinsamen Nenner finden.

Ich bin dafür, dass wir objektiv und nicht mit parteipolitischer Brille die Dinge in der Ukraine beobachten. Ich bin dafür, dass wir es im November entscheiden. Wenn aber heute die Mehrheit dafür sein sollte, dass wir heute darüber befinden, dann bitte ich und fordere auch die EVP auf, mit uns gemeinsam zu versuchen, einen gemeinsamen kritischen Weg zu allen kritischen Dingen zu gehen und nicht nur gegenüber der Regierung.

 
  
 

(Das Parlament lehnt den Antrag ab.)

(Die Tagesordnung wird angenommen.)

 

14. Bevorstehendes Gipfeltreffen EU-USA und Transatlantischer Wirtschaftsrat - Datenschutzabkommen EU-USA (Aussprache)
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  Der Präsident. – Als nächster Punkt folgt die gemeinsame Aussprache über

- die Erklärungen des Rates und der Kommission zu dem bevorstehenden Gipfeltreffen EU-USA und dem Treffen des Transatlantischen Wirtschaftsrats und

- die Erklärungen des Rates und der Kommission zum Datenschutzabkommen EU-USA.

 
  
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  Stefaan De Clerck, amtierender Ratspräsident.(NL) Herr Präsident, Frau Reding, Herr Kommissar, verehrte Abgeordnete! Die Debatte über die Zusammenarbeit zwischen den Vereinigten Staaten und der EU wird, wie Sie wissen, schon seit einiger Zeit geführt und bemerkenswerterweise haben wir am 28. Mai 2010 einen Vorschlag der Kommission erhalten, in dem die Genehmigung zur Aufnahme von Verhandlungen zu einem Abkommen zwischen der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten über den Schutz personenbezogener Daten verlangt wird; dies ist ein Thema, das schon des Öfteren diskutiert wurde, auch im Europäischen Parlament.

Die Kommission orientierte sich dabei an der Tätigkeit der EU-US „High-Level Contact Group on data protection and data sharing“, einer Kontaktgruppe, die 2008 einen Bericht verfasst hat, der auch dem Europäischen Parlament zur Verfügung gestellt wurde. Der Datenschutz, um den es in diesem Bericht geht, ist, was Europa angeht, in der Tat ein grundlegendes Thema. Der Datenschutz ist ein Grundrecht, das in Artikel 16 des Vertrags verbrieft ist und dem der Ratsvorsitz besondere Bedeutung beimisst. Daher unterstützt der Ratsvorsitz alle Initiativen, die darauf abzielen, den Datenschutz in den transatlantischen Beziehungen zu verbessern und ein adäquates Datenschutzniveau sicherzustellen.

Das Abkommen sollte den Datenschutzprinzipien Rechnung tragen, die in verschiedenen Dokumenten festgelegt sind, nämlich in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, in der Datenschutzrichtlinie von 1995 und im Rahmenbeschluss von 2008. Ich sagte, wir brauchen ein adäquates Datenschutzniveau, und das muss so interpretiert werden, dass es sich nicht immer um ein äquivalentes oder identisches Niveau handelt.

Zwar muss es ein hohes und angemessenes Niveau des Schutzes der Rechte des Einzelnen geben, aber die Art und Weise, wie diese Rechte sichergestellt werden, kann von Land zu Land verschieden sein. Jedes System hat unterschiedliche Merkmale, auch im Hinblick auf den Datenschutz. Dies sollte aber kein grundlegendes Problem darstellen. Wichtig ist allerdings, dass wir garantieren können, dass die in dem künftigen Abkommen enthaltenen Grundrechte durchsetzbar sind, und zwar durchsetzbar für alle Betroffenen.

Wie aber wollen die Vereinigten Staaten und die Europäische Union garantieren, dass diese Rechte im konkreten Fall durchgesetzt werden können? Das wird jede Seite für sich entscheiden müssen. Wir sind der Auffassung, dass, ebenso wie eine europäische Richtlinie von verschiedenen Mitgliedstaaten unterschiedlich umgesetzt werden kann, auch ein internationales Abkommen auf unterschiedliche Weise umgesetzt werden kann. Was in jedem Fall und für alle Beteiligten zählt, ist das Endergebnis: dass es bestimmte Rechte gibt, die zugunsten der Betroffenen auf beiden Seiten des Atlantiks durchsetzbar sind.

Da der Rat die Bedenken des Parlaments in diesem Punkt teilt, wird er in seiner Entscheidung zur Genehmigung der Aufnahme von Verhandlungen von der Kommission verlangen, dass sie dem Rat im Laufe jener Verhandlungen einen Bericht vorlegt, der sich insbesondere mit der Frage auseinandersetzt, wie die spezifische Durchsetzbarkeit der in diesem Abkommen definierten Rechte garantiert werden soll.

In der Vergangenheit wurden bereits bestimmte sektorale Abkommen getroffen, die spezifische, für jeden Sektor unterschiedliche Datenschutzregelungen beinhalteten. Infolge der voneinander abweichenden Bestimmungen in diesen Vereinbarungen herrscht gegenwärtig große Verwirrung, was die Arbeit der Polizeibeamten, die den Datenschutzbestimmungen Geltung verschaffen sollen, sehr erschwert. Die Verhandlungen zu diesen spezifischen Vereinbarungen stehen unter extremem Zeitdruck. Dies gilt für das Abkommen über Fluggastdatensätze (PNR) und das Abkommen über das Programm zum Aufspüren der Finanzierung des Terrorismus (TFTP); Sie kennen diese Diskussionen. Wenn also das geplante umfassende Datenschutzabkommen, in dem die Prinzipien des Datenschutzes verankert werden sollen, erst einmal erreicht sein wird, müssen wir vermeiden, immer wieder neue sektorbezogene Vereinbarungen auszuhandeln.

Andererseits müssen wir auch realistisch sein und uns klarmachen, dass auch ein umfassendes Abkommen zum Datenschutz mit den Vereinigten Staaten allein niemals alle erdenklichen zukünftigen Probleme wird beseitigen können. Daher sollten wir uns bewusst machen, dass es immer noch möglich ist, auch nachträglich noch zusätzliche spezifische Vereinbarungen zu treffen.

Aus diesem Grund muss es ein sogenanntes „Umbrella-Agreement“ geben, das zwar Grundrechte festlegt, aber nicht per se eine Basis für die Übermittlung von Daten darstellt. Daten müssen auf der Basis anderer bestehender oder zukünftiger Abkommen übermittelt werden.

Zum Abschluss, Herr Präsident, möchte ich deshalb hervorheben, dass der Ratsvorsitz sich darum bemüht, dass das Verhandlungsmandat für dieses umfassende Abkommen parallel zu den drei Mandaten für die PNR-Abkommen mit Australien, Kanada und den Vereinigten Staaten behandelt wird, und dass wir die Angelegenheit als nächstes sehr gern anlässlich der Tagung des Rates am 2. und 3. Dezember besprechen würden. Danke für Ihre Aufmerksamkeit.

 
  
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  Karel De Gucht, Mitglied der Kommission. – Herr Präsident! Baroness Ashton konnte heute nicht kommen, darum werde ich zu beiden Themen sprechen, nämlich zum Gipfeltreffen EU-USA und zum Transatlantischen Wirtschaftsrat, der oft auch als TWR bezeichnet wird. Wie Sie wissen, findet der Gipfel am 20. November in Lissabon statt. Er soll den Wertzuwachs der Partnerschaft zwischen der EU und den USA und die auch im 21. Jahrhundert noch aktuelle Bedeutung dieser Partnerschaft demonstrieren.

Ich möchte die Gelegenheit nutzen, den aktiven Beitrag des Europäischen Parlaments zu den Beziehungen zwischen der EU und den USA zu würdigen und die Abgeordneten über unsere Zielsetzungen für den Gipfel zu informieren. Die EU und die USA leiden noch immer unter den Auswirkungen der Wirtschaftskrise. Daher wird das Thema Wirtschaft und Beschäftigung im Zentrum des Gipfeltreffens stehen.

Wir werden zunächst die wichtigsten Ergebnisse des G20-Gipfels prüfen und unsere jeweiligen Beiträge zu einem nachhaltigen und ausgewogenen globalen Aufschwung erörtern. Wir wollen auf dem Gipfel auch hervorheben, dass in der Welthandelsorganisation (WTO) ein ehrgeiziges, umfassendes und ausgewogenes Abkommen zur Doha-Entwicklungsagenda notwendig ist. Wir werden unsere gemeinsame Absicht erklären, im In- und Ausland dem Protektionismus entgegenzuwirken. Wir werden uns eingehend damit befassen, wie die Vorteile einer transatlantischen Wirtschaft ausgeweitet werden können. Was den Transatlantischen Wirtschaftsrat angeht, begrüße ich Ihre in der Entschließung zum Ausdruck gebrachten Überlegungen sehr.

Drei Elemente möchte ich besonders hervorheben: die Bedeutung einer Stärkung der strategischen Komponenten des Transatlantischen Wirtschaftsrates, den Umstand, dass der TWR eine Zusammenarbeit in allen Fragen zum Regelungsumfeld der Industrie und der Verbraucher in der EU und in den USA unterstützen und pflegen muss, sowie die entscheidende Rolle der Gesetzgeber, die zu Wächtern und Akteuren der Konvergenz unserer Konzepte werden.

Gestatten Sie mir, Ihnen einige persönliche Ansichten zu den Beziehungen zwischen der EU und den USA darzulegen und Ihnen zu erläutern, warum ich den TWR für so wichtig halte. Die EU und die USA sind die am stärksten integrierten Volkswirtschaften der Welt; beide von uns sind für den jeweils anderen der größte Handels- und Investitionspartner. Wir verfügen über gemeinsame Werte und Verantwortlichkeiten, wenn es um die Bewältigung vielfältiger globaler Herausforderungen geht, sei es nun zum Thema Innovation oder bei Umweltproblemen, bei der Energiesicherheit oder beim Zugang zu Rohstoffen. Davon zeugen Verbrauchersicherheit und Datenschutz – auch wenn wir unterschiedlich an Wirtschafts- und Regulierungsfragen herangehen.

Was mich ermutigt, ist unsere erprobte Fähigkeit zur Zusammenarbeit, wenn es hart auf hart geht. Wir haben unsere Bemühungen zur Bekämpfung der Wirtschafts- und Finanzkrise sehr wirkungsvoll gebündelt; unsere gemeinsame Zusage bei G20 und WTO hat dazu beigetragen, protektionistische Tendenzen abzuwehren. Zwei Jahre später bereiten die EU und die USA nun die nächste Phase vor: die Ermöglichung eines intelligenten und nachhaltigen Wachstums und der Schaffung von Arbeitsplätzen angesichts schwerer Herausforderungen und einer wachsenden Konkurrenz durch Schwellenländer.

Die Frage lautet: Wie kann eine verstärkte Zusammenarbeit mit den USA uns helfen, dies zu schaffen? Ich denke, dass sowohl die EU als auch die USA umdenken und vermutlich die transatlantische Partnerschaft neu definieren müssen, um sich an die neue Situation anzupassen. Wir müssen uns heute fragen, wie der transatlantische Markt 2020 aussehen soll. Werden die EU und die USA führend sein, wenn es um innovative Technologien geht, die das Potenzial besitzen, die Gesellschaft umzugestalten, wie etwa Elektroautos und intelligente Stromnetze? Werden sie erfolgreich bei der gemeinsamen Förderung offener IKT-Dienstnetze und einer transparenten Regulierung sein? Werden unsere KMU florieren und Zugang zu neuen Märkten bekommen, indem ihre geistigen Eigentumsrechte geschützt werden? Werden die Verbraucher vom Informationsaustausch zu gefährlichen Produkten zwischen den USA und der EU profitieren können? Wie gehen wir mit Sicherheitsbedrohungen und Terrorismusgefahr um? Mit einseitigem Aktionismus oder indem wir auf wirksamere und untereinander abgestimmte Lösungen zur Förderung eines sicheren Handels bauen? Wie sollen wir von Schwellenländern verursachte Wirtschaftsprobleme in solchen Bereichen wie geistiges Eigentum, Zugang zu Rohstoffen oder Subventionierung heimischer Industrien angehen? Die erneute Aktivierung des TWR ist ein Versuch, diese strategische Beziehung weiterzuentwickeln.

Mein amerikanischer Amtskollege, der TWR-Mitvorsitzende Michael Froman, und ich haben vereinbart, neue Richtlinien festzulegen. Wir wollen den TWR zur wichtigsten politischen Plattform machen, um Wirtschaftsfragen, strategische Fragen – einschließlich Fragen zu Drittländern – sowie Regulierungsfragen zu erörtern. Gesetzgeber, Unternehmen und Verbraucher haben der Kommission und der US-Administration entscheidende Empfehlungen gegeben und sollten dies auch weiterhin tun und mögliche transatlantische Lösungen für bestehende und potenzielle Probleme entwickeln.

Die nächste Zusammenkunft des TWR wird am 17. Dezember in Washington stattfinden. Dabei sollen drei Themen im Vordergrund stehen: Innovation und neue Technologien, Aufbau des transatlantischen Marktes und Schaffung der Strategien zur Ökologisierung unserer Volkswirtschaften.

Zur Energiepolitik: Der Energierat EU-USA wird am Vorabend des Gipfels zusammenkommen. Er wird seine Arbeit, die Gestaltung gemeinsamer Strategien zur Energiesicherheit, fortsetzen. Wir wollen erreichen, dass der Gipfel den Energierat ersucht, die Zusammenarbeit zwischen der EU und den USA bei der Entwicklung und Umsetzung ökologischer Energietechnologien zu intensiveren und den Austausch zwischen unseren Forschern zu fördern, um es diesen zu ermöglichen, sich ungehindert an den Energieforschungsprogrammen der jeweils anderen Seite zu beteiligen. Diese Arbeit unterstützt sowohl unsere Bemühungen beim Thema Klimawandel als auch bei der Schaffung neuer Arbeitsplätze.

Wir sind uns der großen Besorgnis unserer Bürgerinnen und Bürger hinsichtlich der Auswirkungen des globalen Klimawandels bewusst. Auf dem Gipfeltreffen werden wir die USA mit Nachdruck darauf hinweisen, dass die Cancún-Konferenz unbedingt einen signifikanten Fortschritt auf dem Weg hin zu einem umfassenden globalen Rahmen für den Umgang mit dem Klimawandel bringen muss.

Zur Entwicklungspolitik: Die EU und die USA sind die weltweit führenden Geberländer. Wir müssen einerseits daran arbeiten, die Millenniumsentwicklungsziele bezüglich Ernährungssicherheit und Hilfe für die ärmsten Länder bei der Anpassung an den Klimawandel umzusetzen, andererseits aber auch bei der Koordinierung unserer Bemühungen in den Empfängerländern eng zusammenarbeiten, um die Wirksamkeit und den Erfolg unserer Hilfe zu maximieren und unnötige Doppelarbeit zu vermeiden.

Zur Sicherheitspolitik: In der Erkenntnis, dass Grundrechte und die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger einander ergänzen und gegenseitig verstärken, müssen wir sicherstellen, dass diese beiden Aspekte in unserer gesamten Arbeit wohlausgewogen sind. Ich weiß, dass Viviane Reding heute noch über diesen wichtigen Punkt zu Ihnen sprechen wird, u. a. auch über das Abkommen über Fluggastdatensätze. Die EU und die USA müssen auch beim Umgang mit Bedrohungen der weltweiten Netzwerke, z. B. mit den Auswirkungen des Internets und mit Internetkriminalität, umfassender zusammenarbeiten.

Schließlich wollen wir auf der außenpolitischen Bühne unsere gemeinsamen Strategien stärker hervorheben und unseren Einfluss vergrößern. Wir müssen den Friedensprozess im Nahen Osten unterstützen, um innerhalb eines Jahres einen Rahmen für ein Abkommen zwischen Israel und der Palästinensischen Autonomiebehörde zu erreichen. Zum Iran lässt sich sagen, dass die EU strengere Sanktionen wahr gemacht hat, gleichzeitig jedoch sehr engagiert um eine Annäherung an den Iran bemüht ist.

Insgesamt wird der Gipfel also eine ganze Bandbreite von Themen abdecken, die für die transatlantischen Beziehungen von zentraler Bedeutung sind. Ich freue mich auf die Debatten, die nun folgen werden.

 
  
  

VORSITZ: Alejo VIDAL-QUADRAS
Vizepräsident

 
  
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  Viviane Reding, Vizepräsidentin der Kommission. Herr Präsident, am 26. Mai ersuchte die Kommission den Rat, Verhandlungen über das EU-USA-Datenschutzabkommen zu genehmigen und reichte einen Entwurf für entsprechende Verhandlungsleitlinien ein. Dieses Verhandlungsmandat wird nun im Rat diskutiert. Ich weiß, dass das Europäisches Parlament meiner Meinung ist: Dies ist eine einmalige Gelegenheit; eine Gelegenheit, um personenbezogene Daten weitreichend zu schützen und gleichzeitig eine neue Dynamik in unsere transatlantische Partnerschaft zu bringen.

Der Austausch wichtiger Informationen ist ein entscheidendes Element effektiver Zusammenarbeit im Kampf gegen das Verbrechen, und dies nicht nur innerhalb der EU, sondern auch in Zusammenarbeit mit den USA. Die Sicherheitspartnerschaft zwischen der EU und den USA ist sehr wichtig: Sie ist unverzichtbar und deshalb müssen wir sicherstellen, dass sie funktioniert.

Der Schutz personenbezogener Daten wurde in der Vergangenheit immer wieder diskutiert. Jedes Mal, wenn der transatlantische Datenaustausch zu Zwecken der Strafverfolgung diskutiert wurde, kam das Thema wieder auf. Wir glauben, dass ein Abkommen die Verhandlungen über spezifische zukünftige Abkommen bezüglich des Austauschs personenbezogener Daten vereinfachen kann. Ein solches Abkommen wird uns auch die Möglichkeit bieten, auf einer gemeinsamen Basis zufriedenstellende Lösungen für die zukünftige Zusammenarbeit zu finden.

Ich möchte mich klar ausdrücken. Wir brauchen ein allgemeines Abkommen als kohärenten und rechtlich verbindlichen Rahmen für den Schutz personenbezogener Daten und die Durchsetzung der Rechte des Einzelnen. Wir wissen auch, dass es momentan viele punktuelle Abkommen über Datenaustausch zwischen den USA und einzelnen Mitgliedstaaten gibt, und auch zwischen den USA und der EU. Jedes einzelne Abkommen hat eigene Ad-hoc-Datenschutzbestimmungen. Das heißt, es gibt eine Vielzahl verschiedener Bestimmungen bezüglich Sicherheit und Umgang mit personenbezogenen Daten. Diese Lösung ist daher alles andere als befriedigend und auch nicht vertretbar, denn immerhin geht es dabei um ein Grundrecht und Datenschutz ist ein Grundrecht.

Ich bin fest entschlossen, mit Ihrer Unterstützung diese Salamitaktik zu beenden und ein Rahmenabkommen auszuhandeln, welches:

(i) kohärente und harmonisierte Datenschutzstandards festlegt und wichtige Prinzipien beinhaltet, wie den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, Datenminimierung, minimale Aufbewahrungsfristen und Zweckbindung;

(ii) für alle bestehenden und zukünftigen Abkommen über Informationsaustausch zu Zwecken der Strafverfolgung gültig ist;

(iii) alle notwendigen Datenschutzstandards gemäß dem Datenschutzbesitzstand der EU beinhaltet und gerichtlich durchsetzbare Rechte für Personen vorschlägt, wie das Recht auf verwaltungs- und strafrechtliche Rechtsmittel oder eine Nichtdiskriminierungsklausel;

(iv) die effektive Anwendung von Datenschutzbestimmungen und deren Kontrolle durch unabhängige öffentliche Behörden gewährleistet.

Ich glaube, dass sowohl die Bürgerinnen und Bürger als auch die Unternehmen eine Reihe von rechtlich bindenden Datenschutzstandards erwarten, die dann in der Union und in der transatlantischen Zusammenarbeit in der Strafverfolgung einheitlich angewendet werden. Ich glaube auch, dass wir uns ehrgeizige Ziele stecken sollten.

Ich bin entschlossen, meine Ziele zu verfolgen und ich bin zuversichtlich, dass ich bei den Verhandlungen mit den USA auf die Unterstützung des Europäischen Parlaments zählen kann. Gemeinsam können wir ein gutes Abkommen aushandeln, ein Abkommen, das den Bürgerinnen und Bürgern hohen Schutz ihrer personenbezogenen Daten gewährleistet und uns die wichtige und notwendige Weiterführung der Zusammenarbeit mit den Vereinigten Staaten zur Prävention von Terror und organisiertem Verbrechen ermöglicht.

 
  
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  Elmar Brok, im Namen der PPE-Fraktion. – Herr Präsident, Herr Ratspräsident, Frau Vizepräsidentin, Herr Vizepräsident, Kolleginnen und Kollegen! Die EVP-Fraktion unterstützt den gemeinsamen Antrag und dankt auch für die Vorträge, die hier gehalten worden sind.

Wir müssen sehen – vor dem EU-US-Gipfel und jetzt, wo der G20-Gipfel läuft –, dass in vielen Fragen – wirtschaftlich, aber auch in Fragen von Frieden und Umweltschutz – nur eine gemeinsame Antwort der Europäer eine Chance besitzt, im globalen Maßstab verwirklicht zu werden. Aus diesem Grunde wollen wir hier eine engere Kooperation haben und streben dies auch als Europäisches Parlament mit den neuen Mehrheiten im amerikanischen Kongress an, die in diesem Zusammenhang eine große Rolle spielen. Herr De Gucht weiß es beim TEC, Frau Reding weiß es beim Datenschutz, auch bei SWIFT hat man es gesehen, dass die Parlamente in dieser Frage eine gewichtige Rolle spielen, wenn das realisiert werden soll. Aber gemeinsam haben die Europäer und Amerikaner, die wir noch für 60 % des Bruttoinlandsproduktes dieser Welt stehen, eine Chance, diese Standards festzulegen, Herausforderungen von Terrorismus, Fragen von Iran und Nahem Osten, Klimawandel und vieles andere mehr positiv zu beantworten. Hier sollten wir die entsprechenden Anstrengungen unternehmen.

Deswegen hoffe ich, dass man in diesen allgemeinen politischen Fragen vorankommt, dass man beim TEC vorankommt, der dank Herrn De Gucht wieder in Gang gesetzt werden soll. Ich hoffe, dass die ursprüngliche Zielsetzung dort verwirklicht werden kann, damit wir durch die Beseitigung von Handelshemmnissen an einen transatlantischen Markt herankommen, bei dem wir sehr viel Wachstum generieren können unter Vermeidung unnützer Kosten, und auch, Frau Reding, die Fragen voranbringen, die mit Grundrechten, mit Datenschutz und ähnlichen Dingen zu tun haben, wo wir aus vielerlei Gründen Datenschutz haben müssen, aber auch einen Austausch von Daten haben müssen. Deswegen ist es sehr gut, dass man hier versucht, sich trotz der unterschiedlichen Rechtsansätze auf gemeinsame Standards zu einigen.

Dies bedeutet natürlich auch in den Finanzmarktfragen – lassen Sie mich dazu noch eine Bemerkung machen –, dass man zwar jetzt eine Gesetzgebung betrieben hat, damit so etwas wie vor zwei Jahren nicht passieren kann, aber dass beispielsweise jetzt durch die Entscheidung der Fed, ohne Absprache 600 Milliarden Dollar auf den Markt zu bringen, auch hier natürlich Befürchtungen vorhanden sind, die mit Inflation und manchem anderen, und manchem Durcheinander in der Weltwirtschaft zu tun haben. Fehlentwicklungen der Währungsrelationen zueinander, das hilft uns nicht!

 
  
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  Hannes Swoboda, im Namen der S&D-Fraktion. – Herr Präsident! Ich möchte mich auch recht herzlich beim Rat und bei der Kommission für die Einleitungsreferate bedanken. Ich möchte mich speziell auf das konzentrieren, was Herr De Gucht gesagt hat. Denn wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass nach dem 2. November Amerika ein anderes geworden ist. Nicht dass die Kooperation mit den USA vorher schon das Optimum erreicht hätte, aber wir haben doch zu befürchten, dass es schwieriger werden wird.

Herr De Gucht, Sie haben den Protektionismus erwähnt. Ich glaube, dass wir gemeinsam gegen den Protektionismus vorgehen müssen. Er ist kurzfristig vielleicht für den einen oder anderen eine Lösung. Gemeinsam ist es keine Lösung, weil es dann zu einem protektionistischen Wettbewerb kommt, der absolut gegen unsere Interessen ist. Sie haben die Energiefragen erwähnt. Die Kommission hat heute ein Energiepapier – Energie 2020 – veröffentlicht. Da gibt es auch manches zu kritisieren, aber die Grundzüge sind richtig. Ich kann mir aber nicht vorstellen, dass Amerika ein ähnliches Papier, ähnliche Richtlinien veröffentlichen wird. Es wird sehr schwierig werden und nach dem 2. November noch schwieriger. Das, was Sie auch erwähnt haben – Elektromobilität, die Frage, intelligente Netze gemeinsam mit Amerika zu entwickeln – wir sollten es versuchen. Wir sollten aber gleichzeitig Amerika sagen: Wir haben auch andere Partner. Wir können auch mit China, mit Brasilien oder mit anderen Ländern versuchen, ähnliche Dinge zu entwickeln. Die Amerikaner müssen das Gefühl haben, dass wir nicht unbedingt auf sie angewiesen sind. Wir wollen es gerne mit ihnen tun, aber sie sind nicht der einzige Partner, insbesondere auch beim Klimawandel. Es war ja sicherlich auch das Verhalten der Amerikaner und die Unfähigkeit von Obama zu agieren aufgrund noch nicht verabschiedeter Gesetze. Jetzt ist mit den heutigen Mehrheiten im Kongress das Gesetz überhaupt vom Tisch, sodass wir davon ausgehen müssen, dass es schwieriger wird, es sei denn, es gelingt uns, z. B. mit China, Indien und Brasilien gewisse Dinge fortzusetzen, was diese Fragen betrifft. Daher muss man sich auch klar dazu bekennen.

Zu dem, was Kollege Brok gesagt hat: Es gab zuerst eine große Differenz, jetzt gibt es weniger Differenz. Es ist absolut richtig und wichtig – auch aus unserer Sicht –, dass Amerika den Weg der Budget-Balancierung wiederfindet. Ich habe nichts dagegen, im Gegenteil, es ist gut, wenn Amerika versucht, wieder neue Jobs zu schaffen, gut für Amerika, gut für uns. Aber es muss auf eine koordinierte Art und Weise geschehen. Daher müssen sich die Amerikaner daran gewöhnen, auch auf diesem Gebiet mehr globale Koordination, vor allem mit Europa, zu akzeptieren.

 
  
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  Sarah Ludford, im Namen der ALDE-Fraktion. Herr Präsident, die transatlantische Beziehung ist enorm wichtig für Europa. Noch immer wird die Hälfte der weltweiten Wirtschaftsleistung von uns erbracht, und unsere Demokratien sind die wichtigsten Kräfte in der Wahrung der Menschenrechte und der Rechtsstaatlichkeit. Dennoch scheint es, als ob wir entweder unsere gegenseitige Beziehung manchmal als zu selbstverständlich betrachten oder unsere Querelen unsere vorrangigen gemeinsamen Interessen bedrohen lassen.

Deshalb betont der gemeinsame Beschluss die Bedeutung einer strategischen Partnerschaft, die auf der Koordination und der Zusammenarbeit bei weltweiten sowie regionalen Fragen basiert, und in der die Gesetzgebenden mündige und ernstzunehmende Akteure sind. Diese strategische Partnerschaft muss auf wirtschaftlicher und politischer Freiheit beruhen.

Ich freue mich, dass die Parlamentarier darauf beharren, das Ziel eines freien transatlantischen Marktes bis 2015 zu erreichen. Dies bedeutet, dass die Beseitigung von Handels- und Regulierungsschranken beschleunigt werden muss. Bei einem sehr großen und weiterhin wachsenden Teil der transatlantischen Beziehung geht es um Justizfragen, Strafverfolgung und Menschenrechte. Diese Fragen wurden immer von Fall zu Fall behandelt, doch jetzt sind sie ein Kernelement. Je mehr wir unsere Partnerschaft in gegenseitigem Respekt für unsere gemeinsamen Werte verankern, umso besser können wir diese Werte im Rest der Welt vertreten.

In diesem Zusammenhang muss gesagt werden, dass George Bushs erneute Gutheißung von Waterboarding, was eindeutig eine Foltermethode ist, alles auf den Punkt bringt, was in den desaströsen acht Jahren seiner Präsidentschaft schief ging, wodurch auch die Freiheit und die Sicherheit des Westens eingeschränkt wurde. Die vielen auftauchenden Beweise für die Misshandlung von irakischen Häftlingen durch britische und US-amerikanische Truppen muss auf höchster Stufe untersucht werden, auch beim kommenden Gipfel und in unabhängigen Ermittlungen.

Ich war sehr erfreut über Frau Vizepräsidentin Redings Beitrag über das Datenschutzabkommen. Das Rahmenabkommen, das „Umbrella-Agreement“, wie sie es nannte, ist extrem wichtig, denn zurzeit müssen wir für jedes einzelne Abkommen über Datenaustausch kämpfen. Hätten wir ein einziges Abkommen, eine Rahmenordnung, in der einzelne Datenaustauschgesuche untersucht werden können, wäre das extrem wertvoll, denn die derzeitige Lösung ist sehr zeitaufwändig und führt immer wieder zu Problemen. Es ist eine große Errungenschaft und deshalb den Aufwand wert.

 
  
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  Reinhard Bütikofer, im Namen der Verts/ALE-Fraktion. – Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Wahlen vom 2. November bilden einen größeren Einschnitt in der jüngeren amerikanischen Geschichte, und man hat den Eindruck, das Land holt danach erst einmal Atem. In dieser Situation ist es umso wichtiger, dass wir eine verlässliche Kooperation signalisieren und für klare Prioritäten in der künftigen Zusammenarbeit eintreten.

Ich bin Herrn De Gucht dankbar dafür, dass er an den Anfang seiner Ausführungen das Thema des Transatlantischen Wirtschaftsrates gestellt hat, und dafür, was er dazu gesagt hat. Wir brauchen eine Neubelebung des TEC. Bis jetzt hat der TEC verdammt wenig geleistet, aber es bleibt Hoffnung. Und ich teile und unterstütze auch die beiden Aspekte, die Sie genannt haben, Herr Kommissar, sowohl die bilaterale Kooperation, zum Beispiel mit Blick auf Standardisierung und Regulierung von low carbon technologies, aber auch die strategische Komponente darüber hinaus. Wir hoffen, dass das ein Schritt nach vorn ist.

Es ist zu bedauern, dass bei diesem Eineinhalb-Stunden-Gipfel in Portugal die Klimapolitik keine Rolle spielen wird. Trotzdem ist es wichtig, dass unsere Vertreter, Herr Präsident Barroso und Herr Präsident Van Rompuy, dort klar machen, dass Europa sich davon nicht zurückhalten oder zurückzerren lässt. Positiv ist der Fokus auf der Entwicklungspolitik, und es wäre gut, dass wir aus europäischer Sicht dort mit einem Schwerpunkt auf die Millennium Development Goals und mit einem Schwerpunkt auf Klimapolitik nicht nur irgendeine Zusammenarbeit suchen, sondern auch eine qualifizierte Zusammenarbeit.

Schließlich wird es angesichts eines geschwächten Präsidenten und angesichts neuer isolationistischer Tendenzen in den USA für Europa wichtig sein, eigenständig internationale Initiativen zu ergreifen, zum Beispiel im Nahen Osten mit Blick auf die Palästinenser, auf Syrien oder den Libanon. Wir sollten den Amerikanern klar sagen, dass wir dazu bereit sind und diese Verantwortung tragen wollen.

 
  
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  Timothy Kirkhope, im Namen der ECR-Fraktion. Herr Präsident, die Beziehung zu den Vereinigten Staaten ist unsere wichtigste bilaterale Beziehung. Ein unsicheres Jahrhundert steht uns bevor. Es wird geprägt sein von einer grundlegenden Verschiebung des globalen Gleichgewichts der Wirtschaftsmacht von den liberalen Demokratien Europas und Nordamerikas weg und hin zu Staaten, die nicht alle unsere Hochachtung der Rechtsstaatlichkeit, der Demokratie und der Menschenrechte teilen.

Solange ich in diesem Haus aktiv bin, werde ich selbstverständlich für die Einheit der nordatlantischen Demokratien im Einsatz für eine gemeinsame Zukunftsvision kämpfen. Zum Beispiel bei der Verfolgung unserer gemeinsamen Sicherheitsziele sollten wir die maximale Zusammenarbeit anstreben, um unnötige Probleme zu verhindern.

Deshalb schätze ich die Arbeit, die für das Datenschutzrahmenwerk und die Abkommen über Fluggastdatensätze (PNR) getan wird, doch ich bitte um Vorsicht, wenn es um die nachträgliche Anwendung von neuen Gesetzen auf bestehende Gerichtsurteile geht, da dies hier und auch in den USA schwerwiegende Folgen haben könnte.

Wir müssen auch beachten, dass die EU bei Verhandlungen zwischen nationalen Regierungen und Dritten keine gesetzlichen Befugnisse hat. Ich hoffe sehr, dass wir für diese, wie auch für viele andere Fragen im selben Bereich, eine akzeptable und praktikable Lösung finden.

 
  
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  Takis Hadjigeorgiou, im Namen der GUE/NGL-Fraktion. (EL) Herr Präsident, wir glauben, dass Zusammenarbeit Unabhängigkeit nicht ausschließen darf. Wir glauben auch, dass die Europäische Union mehr Selbstbewusstsein haben sollte. Wir glauben, dass Respekt für die Unabhängigkeit des anderen die Voraussetzung für eine gute Zusammenarbeit ist. Wir glauben, dass der Dialog und die Beziehungen zwischen der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten von gegenseitigem Verständnis und Unabhängigkeit geprägt sein sollen.

Von den wichtigen Fragen, über die ich sprechen wollte, gehören meiner Meinung nach die folgenden vor allem in unsere Zuständigkeit: Israel muss nachdrücklich dazu gebracht werden, die Palästinenserfrage zu klären, und die Türkei, die Zypernfrage zu klären. In den Vereinigten Staaten muss die Todesstrafe abgeschafft werden und Präsident Obama hat sein Versprechen, Guantánamo zu schließen, nicht eingehalten. Personenbezogene Daten müssen verteidigt werden - ja, ich benutze dieses Wort absichtlich - und natürlich der Klimawandel. Wir müssen die Vereinigten Staaten dazu bringen, ihre reale Verantwortung wahrzunehmen.

 
  
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  Fiorello Provera, im Namen der EFD-Fraktion. (IT) Herr Präsident, meine Damen und Herren, ich möchte etwas zu Kommissar De Guchts Beitrag über die internationale Entwicklungszusammenarbeit sagen. Wir wissen, wie wichtig diese ist, um die Milleniumsziele zu erreichen. Die Ungleichheit zwischen armen und reichen Ländern zu verringern ist nicht nur eine moralische Verpflichtung, es trägt auch dazu bei, internationale Konflikte zu lösen und die Lebensqualität in einem großen Teil der Welt zu verbessern.

Die Empfehlung im Entschließungsantrag, bis 2015 0,7 % des Bruttoinlandsprodukts der Industrienationen für die Entwicklungszusammenarbeit bereitzustellen, kann daher unterstützt werden, doch weitere Maßnahmen sind nötig, damit die Hilfe wirksam wird. Die Koordination zwischen Europa und den USA bezüglich der Entwicklungspolitik ist erforderlich, um eine Überlappung der Maßnahmen zu verhindern. Empfehlenswerte Verfahren für die Umsetzung der Pläne müssen besser definiert werden und dabei müssen die Bedürfnisse der Empfänger respektiert werden, nicht die der Geber. Verantwortungsvolles Handeln in den Empfängerländern ist essenziell, um die Wirksamkeit der Maßnahmen zu verbessern und die Verschwendung von wertvollen Ressourcen durch Korruption, Unfähigkeit und mangelndes Verantwortungsbewusstsein zu verhindern.

Der letzte wichtige Punkt ist Kohärenz zwischen der Politik der Entwicklungszusammenarbeit und der Handelspolitik. Es ergibt zum Beispiel keinen Sinn, wirtschaftliche Entwicklungspläne in der Landwirtschaft und in der Fischerei zu finanzieren, und gleichzeitig den Markt für Exporte aus den Entwicklungsländern zu schließen. Das Doha-Abkommen wird ein Meilenstein in diesem wichtigen Sektor darstellen.

 
  
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  Andreas Mölzer (NI). - Herr Präsident! die nächsten Monate werden zeigen, welche Auswirkungen die innenpolitische Schwächung Präsident Obamas aufgrund des relativ schwachen Abschneidens seiner Partei bei den letzten Kongresswahlen haben wird. Ob beispielsweise protektionistische Tendenzen zunehmen werden, was die Handels- und Wirtschaftspolitik beeinflussen könnte, oder ob sich Obama verstärkt außenpolitischen Betätigungsfeldern wie dem Iran-Konflikt, Nahost oder dem Afghanistan-Konflikt zuwendet. Wir werden sehen.

Für Europa und die EU im Besonderen sollte dies nur bedingt von Interesse sein, denn die EU muss in der Lage sein, eigene Schwerpunkte und Ziele, eben eigene Interessen, zu definieren. Dies gilt insbesondere für den Bereich der Weltpolitik, wo die Europäische Union ja geradezu ein Zwergendasein fristet. Man denke nur an den Nahostkonflikt, wo man nicht einmal am Verhandlungstisch Platz nehmen durfte. In allen relevanten Fragen, ob es den Iran, Afghanistan oder den Nahostkonflikt betrifft, segelt man bekanntlich ohne eigene Vision im Windschatten der USA. Dort aber, wo eine stärkere Kooperation mit den USA aber angebracht wäre, z. B. zur Lösung der Zypern-Problematik, wo die Amerikaner ja auf ihren Verbündeten Türkei einwirken könnten, geschieht eben sehr wenig. Selbst wenn sich Obama mehr für den Pazifik als für den Atlantik zu interessieren scheint, gilt es, den Fokus aus unserer Sicht verstärkt auch auf Osteuropa und den Nahen Osten zu legen.

Zweifellos ist eine stärkere Kooperation oder Koordination mit den USA auch im Transatlantischen Wirtschaftsrat notwendig. Sicher gilt, dass der Westen – also Europa und die USA – in den Bereichen Forschung, Innovation und Entwicklung die Führerschaft in der Welt behalten sollten. Vergessen wollen wir schließlich nicht, dass auch der stärkere Datenschutz sowie die Einhaltung und Erhaltung der Bürgerrechte beim Gipfel eine wichtige Rolle einnehmen sollten.

 
  
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  Ioannis Kasoulides (PPE). Herr Präsident, durch das Erstarken neuer Weltmächte wie China und Indien wandert der Schwerpunkt der Welt langsam aber sicher vom Westen in den Osten. Die EU bleibt in diesem neuen Kontext die stärkste Handelsmacht der Welt und die USA bleibt der wichtigste Handelspartner der EU, doch unsere Zusammenarbeit bedeutet noch viel mehr: Sie ist ein Kernelement des internationalen Systems, denn sie basiert auf gemeinsamen Werten, historischen Banden und strategischen Interessen, was nicht bei allen strategischen Partnerschaften der Fall ist.

Von einer Zweckallianz während des Kalten Krieges hat sich die transatlantische Partnerschaft zu einer Wahlallianz entwickelt. Durch die Entstehung einer multipolaren Welt müssen die Formen unserer Zusammenarbeit in allen globalen und bilateralen Fragen neu definiert werden.

Wir bestärken die Schlussfolgerungen des Europäischen Rates vom letzten September, die neue Impulse in der transatlantischen Beziehung forderte sowie eine neue Reflexion darüber, wie eine wahre Partnerschaft geschaffen werden kann, die auf unseren jeweiligen Stärken und Eigenheiten basiert. Die transatlantische Partnerschaft sollte danach streben, durch die Stärkung des Transatlantischen Wirtschaftsrats die potenziellen Erträge unserer wirtschaftlichen Beziehung zu maximieren. Einseitige Handlungen, wie die quantitative Lockerung der Federal Reserve, sind genauso beunruhigend wie die Abwertung des Renminbi.

 
  
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  Stavros Lambrindis (S&D). (EL) Herr Präsident, das fast schon explosionsartige Interesse am Europäischen Parlament vonseiten der Vereinigten Staaten im Anschluss an die Ablehnung des ersten SWIFT-Abkommens hat sich nun ein bisschen gelegt. Das heißt aber nicht, dass wir zum normalen Tagesgeschäft übergehen. Im Gegenteil. Die erhöhte Kompetenz des Europäischen Parlaments in den Bereichen Wirtschaft, Energie, Terrorbekämpfung und Grundrechte ist nicht alltäglich. Die derzeitige Anerkennung der Rolle des Europäischen Parlaments in den Vereinigten Staaten, wofür wir William Kennard, dem US-amerikanischen Botschafter in Brüssel, gratulieren müssen, ist nicht alltäglich. Die Tatsache, dass uns wesentliche Verhandlungen bevorstehen über Themen, wie sie Frau Reding angesprochen hat, in denen das Europäische Parlament die Kommission unterstützt, wie Sie gefordert haben, Frau Kommissarin, ist nicht alltäglich. Und auch die Tatsache, dass das Europäische Parlament nun ein Verbindungsbüro mit dem US-Kongress hat, ist nicht alltäglich.

Es ist wohl gut, dass sich die anfängliche Unruhe gelegt hat, denn mit den neuen Strukturen können wir nüchtern eine wirklich starke, langfristige Beziehung zwischen dem Europäischen Parlament und dem Kongress aufbauen.

 
  
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  Alexander Alvaro (ALDE). - Herr Präsident, Herr De Klerk, Herr De Gucht, Frau Reding! Wir haben eben ja schon zur Genüge gehört, wie wichtig die transatlantischen Beziehungen sind, und ich glaube, dass das hier auch keiner in Frage stellt. Die USA sind einer unserer wichtigsten Handelspartner und einer unserer wichtigsten Verbündeten, und gerade als Deutscher kann man sagen: Was wir den USA zu verdanken haben, das lässt sich nicht mit Gold aufwiegen. Nichtsdestotrotz muss man auch festhalten: Wer sich ständig verbeugt, kann nicht auf Augenhöhe verhandeln.

Wenn wir als Europäische Union ein anständiges, respektiertes Verhältnis mit den USA haben möchten, dann ist es auch an der Zeit, Rückgrat zu zeigen, wenn es um unsere Positionen geht. Frau Reding, Sie haben noch einmal deutlich gemacht, dass Sie die richtige Frau auf dem richtigen Posten sind, um das auch zu machen. Sie haben wesentliche Prinzipien des europäischen Datenschutzrechtes angesprochen, und ich glaube, im Zusammenhang mit einem EU-US-Datenschutzabkommen sind das unumstößliche Prinzipien für uns. Es kann hier kein race to the bottom geben, wenn wir ein Abkommen vereinbaren, das vor allen Dingen dem Schutz unserer Bürger dienen soll, einem Schutz, der in mannigfaltiger Art und Weise in der Grundrechte-Charta, der Europäischen Menschenrechtskonvention und dem Vertrag von Lissabon in Artikeln niedergeschrieben ist: der Schutz personenbezogener Daten und der Schutz der Privatsphäre. Das durchzusetzen, diese Maßnahmen, die wir in der Europäischen Union ergriffen und die wir durchgesetzt haben, zu erhalten und nicht zu verwässern, muss Ziel eines EU-US-Datenschutzabkommens sein. Das sind die von Ihnen angesprochenen Lösch-, Korrektur- und Informationsansprüche, das sind Fragen der Zweckbestimmung und der Verhältnismäßigkeit, das Prinzip der Datenvermeidung und der Datensparsamkeit.

Gleichzeitig muss man natürlich, wenn man solch ein Abkommen verhandelt, auch darauf achten, dass es nicht im luftleeren Raum stattfindet. Wir haben Wechselwirkungen mit der europäischen Datenschutzrichtlinie, deren Revision ansteht, mit der Datenschutzrichtlinie zur elektronischen Kommunikation, mit der von der Kollegin in 't Veld verhandelten Fluggastdatenübertragung. All das ist in einem Kontext zu sehen. Ich glaube, wenn am 2. und 3. Dezember im Rat die Verhandlungen über Ihr Mandat anstehen, Frau Reding, kann man davon ausgehen, dass dieses Haus hinter Ihnen steht. Bon courage und viel Erfolg! Wir sind bei Ihnen.

 
  
  

VORSITZ: STAVROS LAMBRINIDIS
Vizepräsident

 
  
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  Jan Philipp Albrecht (Verts/ALE). - Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Das geplante Abkommen kommt dem langjährigen Wunsch dieses hohen Hauses entgegen, endlich verbindliche Mindeststandards und Klagerechte beim Datenschutz mit den USA zu schaffen. Damit sollen Rechtsschutzlücken beseitigt und ein hoher Datenschutzstandard für die Bürgerinnen und Bürger der Europäischen Union gewährleistet werden. Enge Zusammenarbeit mit unseren amerikanischen Partnern ist notwendig und richtig. Sie darf aber nicht dazu führen, dass verfassungsmäßig garantierte Rechte europäischer Bürgerinnen und Bürger beschnitten werden.

Der Vorschlag der Kommission für ein Verhandlungsmandat für ein solches Abkommen ist gut und weist in die richtige Richtung. Als Berichterstatter des Europäischen Parlaments ist es mir eine Freude, der Kommission an dieser Stelle die breite Unterstützung aller Fraktionen des Parlaments für den vorliegenden Entwurf zu versichern. Es ist aus unserer Sicht nun dringend notwendig, dass der Rat diesen Vorschlag auch so annimmt, damit die Verhandlungen so bald wie möglich beginnen können.

Sicher wird es nicht leicht, unsere Partner auf der anderen Seite des Atlantiks von unserem Anliegen im Detail zu überzeugen. Aber ich bin überzeugt, die Vereinigten Staaten sind auf dem Fundament der Freiheit, der Demokratie und der Grundechte gegründet und teilen unsere Wertschätzung für individuelle Rechte gegenüber den staatlichen Behörden. Daher ist es kein Ding der Unmöglichkeit und auch kein Konfliktfall, sondern eine realistische Möglichkeit, die Gemeinsamkeiten beiderseits des Atlantiks zu stärken und ein erneutes Fundament für eine noch engere Zusammenarbeit zu schaffen.

Zum Schluss aber noch eine Sache, die uns als Parlament besonders wichtig ist: Nur wenn wir es schaffen, einen einheitlichen Rahmen innerhalb der EU zu gestalten, werden wir das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in den transatlantischen Datenschutz gewinnen. Es ist daher von äußerster Wichtigkeit, dass das Datenschutzabkommen mit den USA einen Rahmen für alle Abkommen der EU und der Mitgliedstaaten mit den USA darstellt. In diesem Sinne freue ich mich auf die Arbeit als Berichterstatter für das Datenschutzabkommen mit den Vereinigten Staaten und eine enge Zusammenarbeit mit den Kollegen hier im Parlament, der Kommission, dem Rat und ebenso mit dem US-Kongress und der Regierung der Vereinigten Staaten.

 
  
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  Geoffrey Van Orden (ECR). – Herr Präsident! Ich bin während der Zwischenwahlen in den Vereinigten Staaten gewesen und habe etwas von dem politischen Erdbeben mitbekommen, das dort stattfand. Wir Europäer können davon lernen, und zwar sowohl in unseren Heimatländern als auch in der Europäischen Union. Die Bürgerinnen und Bürger in den Vereinigten Staaten und auch hier wollen weniger staatliche Einmischung in ihr Leben, eine Verringerung des Haushaltsdefizits und Kürzungen bei den öffentlichen Ausgaben, was für uns ein kleinerer EU-Haushalt heißen sollte.

Was Verteidigungsfragen anbelangt, die jüngste Analyse zur strategischen Verteidigung und Sicherheit im Vereinigten Königreich ruft uns in Erinnerung, dass Großbritanniens wichtigste Beziehung im Bereich Verteidigung und Sicherheit die zu den Vereinigten Staaten ist. Das sollte auch auf alle anderen europäischen Länder zutreffen. Ich hoffe sehr, dass das neue strategische Konzept der NATO ein wiedererstarktes Engagement für das Bündnis demonstriert, das die Vereinigten Staaten an Europas Sicherheit bindet. Wir dürfen nicht zulassen, dass durch eine Zerrüttung der sicherheitspolitischen Ambitionen der EU dieses Verhältnis geschwächt oder untergraben wird. Wir können es uns nicht leisten, alles doppelt zu machen und abgelenkt zu werden, ganz besonders in Zeiten, in denen die Verteidigungshaushalte gekürzt werden.

Der bevorstehende NATO-Gipfel am 19. November ist eine gute Gelegenheit für die 21 NATO-Verbündeten, die auch Mitgliedstaaten der EU sind, ihr Engagement in Bezug auf die neuen Realitäten zu demonstrieren.

 
  
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  Ilda Figueiredo (GUE/NGL).(PT) Es ist Zeit, die USA aufzufordern, in Richtung einer friedlichen Beilegung von Konflikten zu arbeiten, Militärbesetzung und Krieg zu beenden – ob es sich nun um den Irak, Afghanistan oder den Nahen Osten handelt –,das Embargo gegen Kuba zu beenden, die Unterstützung für die aggressive Politik Israels zu stoppen, die für die humanitäre Krise in Gaza und den besetzten palästinensischen Gebieten verantwortlich ist, und auf eine nukleare Abrüstung hinzuarbeiten.

Es muss deutlich gemacht werden, dass der Vorwand des Kampfes gegen den Terrorismus nicht weiterhin dazu benutzt werden kann, internationales Recht, die Achtung der Menschenrechte und die Grundfreiheiten zu untergraben. Eine Zusammenarbeit ist erforderlich, um Armut zu verringern, Steueroasen zu beseitigen und spekulative Kapitaltransfers zu unterbinden.

Dieser Gipfel fällt mit dem NATO-Gipfel in Lissabon zusammen, bei dem die Strategie der NATO überdacht werden soll und auf dem die USA Zusagen von ihren EU-Verbündeten für eine militärische Eskalation auf globaler Ebene erhalten will, mit dem Ziel, Ressourcenplünderung, Marktbeherrschung und politische Dominanz durch militärische Bedrohung zu sichern, was die Gefahren und Bedrohungen für die Menschen verschärft. Wir möchten daher unsere Solidarität mit dem Kampf der Friedensbewegung, dem Kampf der Arbeiter und mit den vielen Organisationen, die die Kampagne „Ja zum Frieden, Nein zur NATO“ führen, bekunden, und dazu gehört auch die Demonstration, die in Lissabon am 20. November stattfinden wird.

 
  
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  Bastiaan Belder (EFD).(NL) Herr Präsident! Die strategische Bedeutung der Türkei für die transatlantischen Beziehungen ist offensichtlich. Angesichts dessen bin ich sehr neugierig zu erfahren, was die Auffassung des Rates über das neue „Rote Buch“ des türkischen nationalen Sicherheitsrats ist. Logischerweise folgt diese neue Ausgabe der Strategie des türkischen Außenministers.

Vor dem Hintergrund des anstehenden transatlantischen Gipfels ist nun meine erste Frage an den Rat die folgende: Teilt der Rat die Sorge, dass die derzeitige türkische Außenpolitik in die Hände der revisionistischen Akteure in der Region spielt – hauptsächlich der Islamischen Republik Iran – und somit die Stabilität im Nahen Osten schwächt?

Meine zweite Frage lautet, ob der Rat beabsichtigt, das Thema des Roten Buches bei dem transatlantischen Gipfel zur Sprache zu bringen, wenn man bedenkt, dass der Standpunkt der Türkei als Beitrittskandidat für die EU und als NATO-Partner entscheidend ist?

 
  
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  Andrew Henry William Brons (NI). – Herr Präsident! Auf der Agenda des Treffens des Transatlantischen Wirtschaftsrates (TWR) im Dezember steht die Abschaffung von Handelshemmnissen, die ein heiliges Ziel der Globalisten ist, was eher mit Glaube als mit Vernunft zu tun hat. Die Wirtschaftstheoretiker werden nie müde, uns zu erzählen, dass der internationale Handel die Welt insgesamt reicher macht. Etwas zurückhaltender sind sie, wenn es darum geht, uns zu erzählen, ob alle Menschen in allen Ländern davon profitieren.

Das Problem der Industriestaaten ist nicht, dass zu viele Handelsbarrieren bestehen, sondern zu wenige. Das heißt, zu wenig Barrieren gegen Produkte aus Schwellenländern wie China, mit seinen Niedriglöhnen, einer stark unterbewerteten Währung und seinem künstlich verarmten Binnenmarkt. Dies bedeutet, dass alle chinesischen Güter, die bereits aufgrund der niedrigen Löhne niedrige Preise haben, wegen des geringen Werts ihrer Währung künstlich noch billiger werden. Der verarmte Binnenmarkt bedeutet, dass eine nur geringe Nachfrage nach Verbrauchsgüterimporten besteht und sogar eine unzureichende Nachfrage nach chinesischen Gütern, wodurch China komplett von seinem Exporthandel abhängig ist.

Europa reagiert auf diese Bedrohung, indem es sagt, es werde wettbewerbsfähiger werden, vielleicht durch Forschung und Entwicklung. Dies wäre eine Möglichkeit, wenn China das internationale Recht des geistigen Eigentums achten würde. Sobald jedoch eine neuartige Verbesserung im Westen entwickelt wird, kopiert China das Produkt ziemlich skrupellos und ohne Scham und stellt es zu einem Bruchteil des Preises her. Mehr Arbeitsplätze auf beiden Seiten des Atlantiks ist ein Punkt, der auf der Agenda des EU-USA-Gipfels steht. Einige hoffen, dies würde sich bewahrheiten, wenn wir nur weiterhin den Globalismus fördern.

 
  
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  José Ignacio Salafranca Sánchez-Neyra (PPE).(ES) Die Beziehungen zwischen der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten bauen, wie bereits gesagt wurde, auf Prinzipien, Ideen, einer gemeinsamen Geschichte und der gemeinsamen Leidenschaft für die Freiheit auf. Diese Werte könnten jedoch durch Rhetorik und Schwafelei verwässern, wenn wir nicht den Worten Taten folgen lassen. Eine der verlässlichsten Arbeiten, die in diesem Haus zum Stand der transatlantischen Beziehungen seit den Präsidentschaftswahlen erstellt wurden, ist der Bericht von meinem Kollegen, Herrn Millán Mon. Der Bericht ist in dem gemeinsamen Entschließungsantrag enthalten, über den wir morgen abstimmen werden, und enthält eine Reihe von spezifischen Initiativen, die immer noch Gültigkeit haben, wenn es um die Entwicklung einer echten Partnerschaft geht, und daran müssen wir arbeiten, Herr Kommissar.

Hier wurde von der Bedeutung der Wirtschafts- und Handelsbeziehungen gesprochen, und 15 Mitgliedstaaten der EU investieren alleine mehr in Texas als Japan in die 50 US-Bundesstaaten.

Wir müssen den Mechanismen des Gipfels neuen Schwung verleihen, eine euro-amerikanische Versammlung gründen und, was am wichtigsten ist, einen Koordinierungs- und Konsultationsmechanismus für globale Angelegenheiten und die entscheidenden Gebiete der Welt – den Nahen Osten, Iran, Afghanistan – sowie Beziehungen zu den aufstrebenden Mächten aufbauen.

Herr Präsident, während Präsident Obamas Reise durch den Nahen Osten hörten wir ihn sagen, ihre wichtigste Partnerschaft sei diejenige zwischen den Vereinigten Staaten und Indien. Das hat mich an einen der wesentlichen Punkte in dem Bericht von Herrn Millán Mon erinnert, in dem er in Erinnerung ruft, dass Präsident Obama in Berlin sagte, Europa sei der wichtigste strategische Verbündete der Vereinigten Staaten. Der anstehende EU-USA-Gipfel ist eine wunderbare Gelegenheit, diesen Punkt klarzustellen und deutlich zu definieren, was diese strategische Partnerschaft eigentlich ist. Wir könnten beginnen, indem wir die Vereinigten Staaten bitten, die Europäische Union bei ihrer Forderung zu unterstützen, eine institutionelle Präsenz beispielsweise in der Generalversammlung der Vereinten Nationen zu bekommen, die auf den neuen durch den Vertrag von Lissabon eingeführten Grundsätzen basiert.

 
  
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  Adrian Severin (S&D). – Herr Präsident! Vor nicht allzu langer Zeit nahm dieses Parlament eine Entschließung an, die von den neuen Möglichkeiten zur Entwicklung der transatlantischen Beziehungen nach der Wahl von Präsident Obama in den Vereinigten Staaten handelte. Der anstehende Gipfel der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten wird in einem etwas anderen Kontext stattfinden. Das heißt jedoch nicht, dass diese Möglichkeiten nicht vorhanden sind. Es ist nur so, dass die Umstände etwas komplizierter sind.

Daher denke ich, dass wir bei der Vorbereitung des Gipfels vor einigen Herausforderungen stehen. Ich hoffe, wir können unsere amerikanischen Verbündeten davon überzeugen, ihren multilateralen Ansatz bei internationalen Beziehungen fortzusetzen und diesen Multilateralismus bei ihren Beziehungen mit der Europäischen Union praktisch umzusetzen. Wir müssen an der Entwicklung der zivilen Dimension von friedenssichernden und friedenserhaltenden Maßnahmen sowie dem Krisenmanagement und den Wiederaufbaumaßnahmen nach der Krise festhalten.

Es ist außerdem wichtig, zu versuchen, unsere Entwicklungshilfepolitik zu koordinieren, um bei diesen Bemühungen effizienter zu sein. In Bezug auf Nichtverbreitung sollten wir nicht nur unsere Kapazität zur Zusammenarbeit beibehalten, sondern auch klug agieren. Teil dieses Prozesses ist die Ratifizierung des neuen START-Vertrags, der noch vom US-Kongress angenommen werden muss. Wir hoffen, dass die neuen Gegebenheiten im Kongress nicht dazu führen, dass dieser Vertrag nicht angenommen wird.

Die USA haben angekündigt, dass sie die Beziehungen zu Russland neu gestalten wollen und haben damit auch schon begonnen. Ich denke, dass diese Neugestaltung sehr wichtig für uns ist, und wenn wir nach vorne schauen, ist sie auch für den trilateralen Dialog zwischen Russland, den Vereinigten Staaten und der Europäischen Union in Bezug auf die wichtigsten globalen Themen wichtig. Vor allem hoffe ich, dass wir während dieses Gipfels die positive Einstellung der Vereinigten Staaten für die Partnerschaft mit Europa konsolidieren können. Wir brauchen einen funktionierenden Mechanismus für dauerhafte Kommunikation, Konsultation und Zusammenarbeit mit unseren amerikanischen Verbündeten.

 
  
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  Marietje Schaake (ALDE). – Herr Präsident! Um ein glaubwürdiger Partner und globaler Akteur zu sein, muss die EU mit vereinter Stimme sprechen. Präsident Obama und seine Regierung haben dies richtigerweise verkündet und es muss möglich sein, dass wir uns gegenseitig auf diese Weise ehrlich kritisieren. Das ist notwendig, um eine glaubwürdige transatlantische Beziehung sicherzustellen, die sich gegenseitig ergänzt und von Zusammenarbeit geprägt ist.

Wie können wir bei der Verteidigung der Menschenrechte, der Rechtsstaatlichkeit und der Demokratie auf dieser Welt zusammenarbeiten, wenn Hillary Clinton eine Rede über die Vision eines freien globalen Internets hält, während die USA darauf bestehen, die Verhandlungen zum Abkommen zur Bekämpfung von Produkt- und Markenpiraterie (ACTA) undurchsichtig zu halten und damit große Bedenken in Bezug auf die Freiheit des Internets verursachen? Dies ist ein Widerspruch und untergräbt unsere Glaubwürdigkeit. Warum erfahren wir erst durch heimlich weitergegebene Dokumente, dass im Irak Folter praktiziert und geduldet wurde? Wir fordern eine unabhängige Untersuchung.

Warum konnte die Kommission meine Frage zu den von der US-Regierung gemachten Anfragen in Bezug auf strafrechtliche Maßnahmen gegen WikiLeaks nicht beantworten? Ist sie der Auffassung, dass die transatlantische Beziehung wichtiger ist, als die Fragen der Abgeordneten? Warum drängen die USA europäische Unternehmen dazu, Sanktionen gegen den Iran zu verhängen, die über die von der EU verhängten hinausgehen? Die USA sollten die Unabhängigkeit der EU und ihre komplementäre Rolle respektieren.

Die EU und die USA müssen beide transparent arbeiten, jeweils die Unabhängigkeit des anderen respektieren und eine demokratische Kontrolle unserer Handlungen erlauben. Ist es nicht das, was uns – die USA und die EU – von anderen unterscheidet, ganz besonders in Bezug auf die Grundfreiheiten und die Menschenrechte?

 
  
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  Eva Lichtenberger (Verts/ALE). - Herr Präsident, werte Kolleginnen und Kollegen! Im transatlantischen Dialog gibt es vieles, was uns vereint – dies sind Grundwerte, Grundrechte von Freiheit und Demokratie –, es gibt aber auch einiges, was uns trennt, nämlich die Anwendung und Konkretisierung dieser jeweiligen Rechte, wenn es zu transatlantischen Beziehungen kommt. Vor allem dann, wenn es um Fragen der Gefahrenabwehr geht, tritt dieser Widerspruch immer wieder ganz deutlich heraus. Datenschutz ist eine Quelle für ständige Missverständnisse, das wissen wir seit langem. Deswegen wird das Rahmenabkommen – wenn es uns denn gelingt, ein sehr gutes zu bekommen – ein ganz großer Schritt vorwärts sein. Wir müssen hier eine Lösung finden, dass es auch Bürgerinnen und Bürgern auf beiden Seiten des Atlantiks gelingt, beim jeweils anderen Partner ihre Rechte geltend zu machen.

Ein zweiter wichtiger Punkt, wo wir ähnliche Grundlagen, aber ganz unterschiedliche Zugangsweisen haben, ist der Klimaschutz. Deswegen wünsche ich mir sehr, dass er zum Thema wird und dass er deutlich besprochen wird. Die Europäische Union darf den transatlantischen Dialog nicht dazu benutzen, die eigenen Versprechungen und Zusagen zu schwächen.

 
  
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  Mirosław Piotrowski (ECR).(PL) Herr Präsident! Einer der wesentlichen Grundsätze der Zusammenarbeit in der Europäischen Union ist die Freizügigkeit von Personen. In ihrer Eigenschaft als eine durch internationales Recht anerkannte Rechtspersönlichkeit strebt die reformierte Union nach Gleichbehandlung all ihrer Bürgerinnen und Bürger und dies beinhaltet die Reisefreiheit in der ganzen Welt. Im Vorfeld des anstehenden Gipfels der Europäischen Union und der USA muss bekräftigt werden, dass von den 27 Mitgliedstaaten vier, darunter Polen, noch immer einer restriktiven Visumpflicht unterliegen.

Während des Gipfels sollte der Frage der Gleichbehandlung der Mitgliedstaaten der EU im Rahmen des Programms für visumfreies Reisen Priorität eingeräumt werden. Dies wird der erste Test der Effektivität des Präsidenten des Europäischen Rates, Herrn Van Rompuy, sein. Wir werden außerdem herausfinden, ob die Gespräche mit Präsident Obama der Beginn eines spezifischen Dialogs sein sollen oder ob sich herausstellt, dass dies nur ein Höflichkeitstreffen aus Anlass des bevorstehenden NATO-Gipfels wird. Ein harter Kurs in Bezug auf die Visumfrage wird zeigen, ob die USA die Union als eine durch internationales Recht anerkannte Rechtspersönlichkeit ernst nimmt.

 
  
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  Marietta Giannakou (PPE).(EL) Herr Präsident! Wir unterstützen den gemeinsamen Entschließungsantrag der Fraktionen. Natürlich müssen wir die Punkte vor dem EU-USA-Gipfel und dem G20-Gipfel diskutieren. Die Vereinigten Staaten sind unsere natürlichen Verbündeten. Ein Bündnis basiert jedoch auf Gleichberechtigung und kann daher nur ein echtes Bündnis sein, wenn die Beziehung auf gleicher Augenhöhe stattfindet.

Wir müssen uns um eine engere, institutionalisierte Zusammenarbeit bemühen, vor allem, um weltweite Demokratie und Menschenrechte, die Wissensgesellschaft und die Wissenschaft, globale Sicherheit und Stabilität sowie den Datenaustausch zu fördern, und dies muss in einer wechselseitigen und gleichberechtigten Beziehung geschehen, wie Frau Reding gesagt hat. Innerhalb dieses Rahmens wird natürlich der weltweite Drogenhandel und die Bedrohung, die er für die internationale Politik, Sicherheit und Stabilität darstellt, übersehen.

Außerdem müssen wir bei den Bemühungen in Bezug auf Krisenmanagement und Konfliktlösungen sowie der Entwicklung von Drittländern zusammenarbeiten. Während Europa jedoch grundsätzlich die Entwicklung von Drittländern unterstützt, tun die Vereinigten Staaten dies nicht. Wenn wir ein echtes Gleichgewicht wollen, dann müssen Entwicklungs- und Sicherheitsangelegenheiten zwischen den Vereinigten Staaten und Europa innerhalb des generellen Rahmens von internationalen Maßnahmen aufgeteilt werden.

 
  
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  Knut Fleckenstein (S&D). - Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte nur kurz drei Punkte benennen, auch im Namen einiger Kollegen aus dem Ausschuss für Verkehr und Fremdenverkehr – kritische Punkte, die ich Sie von der Kommission bitte, bei Ihren Gesprächen zur Sprache zu bringen.

Erstens: Auch wenn es bereits beschlossen ist, die travel promotion tax ist eine einseitige und nicht hinnehmbare Entscheidung der amerikanischen Regierung. Wir hoffen, dass Sie sie dazu bewegen können, darüber noch einmal nachzudenken.

Zweitens: Die Ausgrenzung von Rumänien, Polen, Bulgarien und Zypern aus dem visumsfreien Einreisen ist etwas, was das Europäische Parlament nicht gutheißen kann und was unserer Meinung nach auch nicht so bleiben sollte.

Drittens begrüßen wir gemeinsame Anstrengungen, internationale Sicherheitsstandards zu erarbeiten, intelligente Sicherheitskonzepte zu entwickeln, aber einseitige Festlegungen, zum Beispiel das obligatorische Container-Scanning, bieten wegen der Einseitigkeit und wegen der Unverhältnismäßigkeit keine Lösung. Kosten und Nutzen stehen in keinem vernünftigen Verhältnis, und es ist unzumutbar für die europäischen Häfen und die Unternehmen.

 
  
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  Vladko Todorov Panayotov (ALDE).(BG) Herr Kommissar, verehrte Damen und Herren! Seit Präsident Obama im Amt ist, hat für die Beziehungen zwischen der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten eine neue Ära der stabilen Zusammenarbeit begonnen. Der Gipfel in Cancún, der in zwei Wochen beginnt, ist eine gute Gelegenheit für die USA und Europa, einen gemeinsamen Standpunkt anzunehmen und die anderen Länder zu einer langfristigen, verbindlichen Vereinbarung zum Kampf gegen den globalen Klimawandel zu führen.

Die Zeit drängt. Kyoto läuft in zwei Jahren aus, wir brauchen jedoch Sicherheit und Anpassungszeit. Wir müssen den Entwicklungsländern ein klares Zeichen setzen, indem wir mit ihnen beim Technologietransfer zusammenarbeiten und angemessene finanzielle Unterstützung leisten.

Ich bin sicher, wie auch schon der chinesische Botschafter während unseres heutigen Treffens betonte, dass die USA, die Europäische Union und China ihrer Verantwortung gerecht werden, wenn sie sich an den Verhandlungstisch setzen und bei den Bemühungen, zu einer neuen Vereinbarung zu kommen, die die Sicherheit zukünftiger Generationen gewährleistet, eine Vorreiterrolle spielen werden.

 
  
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  Godelieve Quisthoudt-Rowohl (PPE). - Herr Präsident! Die Vereinigten Staaten und Europa bilden die Schicksalsgemeinschaft des Westens. Der Zugang zu den Märkten von Drittstaaten ist ein gemeinsames Anliegen und liegt im Interesse sowohl der EU wie auch den USA, insbesondere weil der Wirtschaftsaufschwung nach der Finanzkrise in den Schwellenländern wie Brasilien, Indien und China beginnen dürfte, in denen immer noch erhebliche und diskriminierende Handelshemmnisse und nichttarifäre Hemmnisse bestehen.

Wir sind davon überzeugt, dass der Transatlantische Wirtschaftsrat eine wichtige Rolle bei der Förderung eines gemeinsamen Vorgehens der Europäischen Union und der USA in ihren Handelsbeziehungen mit Drittländern spielen kann, aber auch spielen muss. Wir fordern diesen Transatlantischen Wirtschaftsrat auf, auf einen gemeinsamen Ansatz und auf eine gemeinsame Strategie für neue Freihandelsabkommen der USA und der EU hinzuarbeiten, auch wenn ich weiß, das dies nicht ganz problemlos sein könnte. Im Übrigen wird diese Abstimmung zwischen USA und EU sowohl in Bezug auf G8, G20 als auch in WTO-Verhandlungen dringend und zu Recht von der Industrie gefordert. Wir möchten im Übrigen – wahrscheinlich genauso wie die USA –, dass die Doha-Verhandlungsrunde über Entwicklungsfragen so schnell wie möglich abgeschlossen wird. Es wird allerdings nötig sein, dass wir neue und substanzielle Vorschläge machen, aber auch, dass die Schwellenländer auf uns zukommen. Auch hier wäre eine gemeinsame Strategie zwischen USA und Europäischer Union von beiderseitigem Vorteil.

Ein direktes Wort an Sie, Herr Kommissar De Gucht: Es wäre gut, wenn wir in Sachen Zusammenarbeit Kommission/Parlament von der Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Handelspolitik in Washington lernen könnten.

 
  
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  Corina Creţu (S&D).(RO) Ich denke, einer der Diskussionspunkte des transatlantischen Dialoges auf dem bevorstehenden bilateralen Gipfel der Europäischen Union und den USA muss die Aufhebung der Visumpflicht für vier Mitgliedstaaten der EU sein, deren Bürgerinnen und Bürger immer noch dieser Reisebeschränkung unterliegen, namentlich Rumänien, Bulgarien, Polen und Zypern.

Ich bedaure die mangelnde Flexibilität seitens der USA in Bezug auf den stetigen Fortschritt, der in diesen Ländern gemacht wurde, ganz besonders seit deren Beitritt zur Europäischen Union. Ich glaube, dass dieser Haarspalterei über technische Details in Bezug auf die Zulassung zum Programm für visumfreies Reisen entschiedener und effektiver von den Vertretern der Europäischen Union entgegengetreten werden muss. Es ist die Pflicht der Europäischen Union als Ganzes, ihre Solidarität mit den Bürgerinnen und Bürgern aller Mitgliedstaaten aktiver und deutlicher zu zeigen.

Ich möchte außerdem hervorheben, dass eine Zusammenarbeit bei der Entwicklung und humanitärer Hilfe, in einer Zeit, in der die Beziehungen zwischen den USA und der Europäischen Union vor dem Hintergrund des wirtschaftlichen und geostrategischen Klimas von größter Wichtigkeit sind, erforderlich ist.

 
  
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  Marielle De Sarnez (ALDE).(FR) Herr Präsident! Niemand kann in diesem Haus mit Sicherheit sagen, dass die auf beiden Seiten des Atlantiks getroffenen Maßnahmen eine zukünftige Finanzkrise verhindern werden. Dieses Thema muss also wieder zurück auf die Tagesordnung und wir müssen bezüglich Aufsicht, Eigenkapital der Banken, Verbot bestimmter Finanzprodukte und beim Kampf gegen Steueroasen noch weiter gehen.

Mein zweiter Punkt ist, dass jeder sehen kann, dass wir in Bezug auf Finanzen, Wirtschaft und Währung vollständig voneinander abhängig sind. Daher geht jede einseitige, ohne die Hinzuziehung der anderen getroffene Entscheidung in die falsche Richtung. Ich denke natürlich an die Maßnahme des Europäischen Entwicklungsfonds (EEF) vor ein paar Tagen. Wir müssen gemeinsam vorangehen, um Reformen auf den Weg zu bringen, beispielsweise des internationalen Währungssystems.

Außerdem müssen wir gemeinsame Maßnahmen ergreifen, um ein besseres Gleichgewicht bei den internationalen Institutionen zu erreichen und sie transparenter und demokratischer zu machen. Wenn wir jedoch wollen, dass Europas Stimme bei den wichtigen Themen gehört wird, dann muss es wirklich die Initiative ergreifen und mit vereinter Stimme sprechen. Das werden wir in ein paar Stunden demonstrieren, zum Beispiel auf dem G20-Gipfel. Das hoffe ich zumindest sehr.

 
  
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  Francisco José Millán Mon (PPE).(ES) Herr Präsident! Die wichtigste strategische Beziehung der Union ist die zu den Vereinigten Staaten. Wir müssen einen ständigen Dialog zu bilateralen und globalen Themen führen und versuchen, eine bestmögliche Koordinierung von Maßnahmen zu erzielen. Nach meiner Auffassung ist dies die Hauptbotschaft der morgigen Entschließung.

Daher fand ich es bedauerlich, dass der für Mai geplante Gipfel nicht stattfand. Außerdem fand ich das damals vorgebrachte Argument, es gäbe keine Agenda, absurd. Bei Partnern, die so wichtig sind und die sich mitten in einer globalen Wirtschaftskrise befinden und Herausforderungen wie dem Terrorismus, Klimawandel, Sicherheit der Energieversorgung oder Verbreitung von Kernwaffen gegenüberstehen, gibt es immer eine Agenda.

Darüber hinaus gibt es große regionale Konflikte, zum Beispiel der Friedensprozess im Nahen Osten, das iranische Atomprogramm oder das Thema Afghanistan, die nach meiner Meinung ein abgestimmtes Handeln von den Vereinigten Staaten und der Europäischen Union erfordern.

Ich hoffe, dass der bevorstehende Gipfel in Lissabon ein Erfolg wird. Es gibt viele Probleme, die angegangen werden müssen, von denen ich einige bereits erwähnte. Außerdem befindet sich die Welt im Umbruch. Asien gewinnt an Einfluss. Denken wir nur an die Bedeutung von China oder Indien, das Präsident Obama gerade besucht hat. Es ist sogar schon die Rede von einer Welt, die nach der westlichen Welt kommt.

Vor dem Hintergrund einer sich ändernden Weltordnung brauchen wir eine enge Zusammenarbeit zwischen Europa und den Vereinigten Staaten. Wir haben viele Interessen, Ideale und Werte gemeinsam. Wir werden stärker sein, wenn wir koordiniert zusammenarbeiten.

Meine Damen und Herren, der Vertrag von Lissabon hat zudem neue Einrichtungen geschaffen, um die Rolle der Union in der Welt zu stärken. Daher sollten wir auch unsere Mechanismen für den Dialog und die Zusammenarbeit mit den Vereinigten Staaten stärken. Die vom Parlament im März letzten Jahres angenommene Entschließung enthält viele Ideen zur Stärkung dieser institutionellen Mechanismen für den Dialog zwischen Brüssel und Washington.

Meine letzte Anmerkung ist, dass ich bedaure, dass der Vertreter des Rates lediglich auf einen Datenaustausch hinwies und nicht hierher kam, um über den Gipfel zu sprechen, über den wir nichts erfahren haben. Leider hat die Kommission dies nur sehr kurz getan. Wer kam wirklich hierher und hat über den Gipfel gesprochen?

 
  
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  Wolfgang Kreissl-Dörfler (S&D). - Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Der internationale Terrorismus muss entschieden gemeinsam bekämpft werden – keine Frage –, aber auf der Grundlage unserer gemeinsamen Werte und der Rechtsstaatlichkeit und nicht auf der Grundlage der doch sehr eigenwilligen Interpretationen des Rechts durch den ehemaligen US-Präsidenten George W. Bush, die er jetzt in seinem Buch niedergelegt hat und in den Talkshows kundtut. Das sage ich auch im Hinblick auf die neuen Mehrheiten im US-Kongress.

Für uns ist auch entscheidend, dass wir den Datenschutz voranbringen, dass wir die Bürgerrechte achten. Denn eines muss auch klar sein: Wir können nicht das Lied der Freiheit auf einem Instrument der Gewalt spielen. Wir können nicht den Menschen in anderen Ländern erklären, was wir von Rechtsstaatlichkeit halten, wenn wir sie nicht gemeinsam einhalten und uns danach richten.

Da bin ich doch sehr froh, dass mit Präsident Obama ein neuer Wind in den USA weht, auch wenn er jetzt etwas abgeschwächt erscheinen mag. Eines ist klar: Wir werden an der Seite derjenigen sein, die diese Rechtsstaatlichkeit verteidigen!

 
  
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  Mario Mauro (PPE).(IT) (Der Redner beginnt mit seiner Rede bei abgeschaltetem Mikrophon) … durch die die neuen Machtzentren der Welt voranschreiten, bleibt die transatlantische Region meiner Auffassung nach immer noch die am meisten entwickelte und effizienteste Wirtschaftsregion der Erde.

Tatsächlich gibt es ein weitverbreitetes Streben – was in vielerlei Hinsicht verständlich ist –, schnell zu einer wirtschaftlichen Einigung mit Ländern wie beispielsweise China zu kommen. Ich glaube jedoch, dass wir nicht vergessen dürfen, dass die zwischen Europa und den Vereinigten Staaten bestehende Beziehung seit langer Zeit eine Verbindung ist, die wir mehr als alle anderen schätzen und auch schützen sollten.

Diese Betrachtungsweise ergibt sich aus der Geschichte Europas und der Vereinigten Staaten. In der Tat zeugt davon die gemeinsame Liebe zur Demokratie, zum Frieden, den Rechten und der Marktwirtschaft. Eine Beschleunigung des Prozesses der Stärkung der transatlantischen wirtschaftlichen Integration ist in der Tat unabdingbar für eine Förderung der globalen Entwicklung auf der Grundlage einer Kombination von Werten, deren ausdrückliches Ziel es ist, auf der Grundlage einer fairen und effizienten Politik des Multilateralismus einen akzeptablen Lebensstandard für alle Menschen in der Welt zu schaffen, um so zum Aufbau einer demokratischeren und somit freieren globalen Struktur beizutragen.

Daher appelliere ich an diejenigen, die derzeit für die Außenpolitik der Europäischen Union verantwortlich sind. Durch die Jahre hindurch haben wir gesehen, dass die Kompetenz der US-Führung – ganz gleich, wer gerade Präsident war – eine große Rolle bei transatlantischen Entscheidungen gespielt hat. Es ist auch für uns Zeit, die Dinge in die Hand zu nehmen. Durch den Willen von 500 Millionen Menschen und eine neue und solidere institutionelle Struktur erlangen wir die Stärke, durch die wir der Versuchung, uns hinter dem amerikanischen Riesen zu verstecken, widerstehen können, um stattdessen das Schicksal unserer Völker in unsere eigenen Hände zu nehmen und möglicherweise unsere Freunde in den Vereinigten Staaten zu bitten, ihren Standpunkt in Bezug auf einen einzigen Sitz für die Europäische Union bei den Vereinten Nationen zu äußern.

 
  
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  Ioan Enciu (S&D).(RO) Ich begrüße das Datenschutzabkommen zwischen der EU und den USA, das unterstützt werden muss, um die Zusammenarbeit in den Bereichen der Verbrechens- und Terrorismusbekämpfung zu stärken. Wie das Europäische Parlament bei zahlreichen Gelegenheiten gesagt hat, wirft das Fehlen einer mit europäischen Datenschutzvorschriften im Einklang stehenden Datenschutzgesetzgebung in den USA viele Fragen darüber auf, welchen Schutz die Europäer eigentlich in den Vereinigten Staaten genießen.

In diesem Zusammenhang möchte ich die Kommission und den Rat fragen, welche Garantien tatsächlich in der Praxis in Bezug auf die Rechte von Europäern, Einsprüche bei Gerichten und Behörden einzulegen, gegeben werden und die Tatsache, dass verschiedene US-Behörden und Agenturen Daten verarbeiten und auf diese zugreifen und nicht zuletzt, wie die Aufsicht über den gesamten Prozess durch eine unabhängige Behörde gewährleistet wird.

 
  
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  Nuno Melo (PPE).(PT) Die Welt erlebt gerade sehr schwierige Zeiten. In solch schwierigen Zeiten sollten wir keine Zweifel daran haben, wer unser Freund ist und wer unser Feind. Die Vereinigten Staaten sind einer der wichtigsten Verbündeten Europas. Der Kampf gegen den Terrorismus findet weltweit gegen einen Gegner statt, der nicht einmal ein Gesicht innerhalb oder außerhalb unseres gemeinsamen Gebietes hat, und dieser Kampf zielt auf den Schutz der Werte der Zivilisation ab, die wir verteidigen wollen.

Der Vorrang dieser Werte, die wir verteidigen wollen, heißt jedoch auch, dass wir im Parlament, der Kommission und dem Rat klare Vorschriften zum Datenschutz, dem Schutz der Persönlichkeitsrechte und dem Recht auf Privatsphäre fordern können und sollten. Die Vorbeugung, Untersuchung und Verfolgung von Straftaten kann nicht auf Kosten individueller Rechte geschehen und zu deren Missachtung und Verletzung führen. Weder Europa noch die USA würden dies zulassen. Die große Bedeutung der transatlantischen Beziehungen und einer guten Zusammenarbeit auf allen Ebenen zwischen Europa und den USA ist nochmals zu betonen und wir sollten daher die Verhandlungen für ein zukünftiges globales Abkommen unterstützen, das Vorschriften festlegt, Rechte schützt und, basierend auf Gegenseitigkeit, von den USA nicht weniger verlangt als wir selbst den USA vor dem Hintergrund dieses gemeinsamen Ziels zuzugestehen bereit sind.

 
  
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  Edit Herczog (S&D). – Herr Präsident! Ich begrüße den Transatlantischen Wirtschaftsrat am 15. Dezember und insbesondere die dort stattfindenden Gespräche zu Innovation, der digitalen Agenda und den Energietechnologien. In den letzten paar Jahren haben wir gesehen, wie schwierig es ist, die bestehenden Rechtsvorschriften und sogar die Ansätze in Bezug auf regulierte Industrien und Dienstleistungen zu harmonisieren. Daher ist dies eine gute Gelegenheit, unsere Gesetzgebung in diesen neuen Bereichen auszugestalten, in denen es bisher noch keine Rechtsvorschriften gab. Diese neuen Bereiche sind genau das, worüber wir reden; neue Herausforderungen, wie beispielsweise die alternde Gesellschaft oder der Klimawandel, erfordern eine Weiterentwicklung der Rechtsvorschriften im Bereich der Grundlagentechnologien.

Zum Schluss möchte ich noch anmerken, Herr Kommissar, es ist höchste Zeit, über die Sicherheit der Energieversorgung zu reden und über die Zukunft des Transatlantischen Energierats. Ich wünsche Ihnen viel Glück für Ihr Treffen am 15. Dezember.

 
  
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  Laima Liucija Andrikienė (PPE). – Herr Präsident! Die gemeinsame Agenda der EU und der USA ist so voll wie immer, und beide Parteien sollten die Gelegenheit nutzen, die gemeinsamen Standpunkte in Bereichen wie Finanzregulierung, Klimawandel, Stärkung der Handelsbeziehungen, Verbreitung von Nuklearwaffen und dem Kampf gegen den Terrorismus voranzubringen. Der wirtschaftliche Aufschwung muss jedoch an erster Stelle auf der Tagesordnung stehen.

Die transatlantische Wirtschaftsbeziehung ist für den globalen Wohlstand sehr wichtig, da der bilaterale Handel unserer beiden Volkswirtschaften fast 4,3 Bio. USD ausmacht. Unsere wirtschaftliche Zusammenarbeit ist ein wichtiger Antriebsfaktor für globalen wirtschaftlichen Wohlstand und ist die umfangreichste, am besten integrierte und langanhaltendste Wirtschaftsbeziehung der Welt. Unsere Volkswirtschaften machen zusammen die Hälfte der Weltwirtschaft aus. Daher müssen wir gemeinsame Strategien für weitergehende Maßnahmen entwickeln, die wir ergreifen, um eine stabile Erholung von der Krise zu gewährleisten, beispielsweise durch Regulierung der Finanzmärkte, Konjunkturpakete und Strategien zur Bekämpfung von Währungsmanipulationen durch andere große Volkswirtschaften.

Auf der anderen Seite sollten wir darüber nachdenken, ob es sinnvoll ist, zweimal im Jahr einen EU-USA-Gipfel abzuhalten. Die Entscheidung von Präsident Obama, am vergangenen Gipfel in diesem Jahr in Madrid nicht teilzunehmen, zeigte die exzessive EU-Synergie. Wenn wir auf häufig stattfindende bilaterale Gipfel bestehen, laufen wir Gefahr, diese abzuwerten, bis sie sogar bedeutungslos werden.

 
  
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  Françoise Castex (S&D).(FR) Herr Präsident, verehrte Kommissionsmitglieder! Ich würde gern auf das Abkommen zur Bekämpfung von Produkt- und Markenpiraterie zurückkommen, über das derzeit vor allem mit den Vereinigten Staaten verhandelt wird. Dieses Abkommen wirft auch für die Vereinigten Staaten Fragen auf, vor allem für die Beamten des US-Patentamts. Außerdem haben US-amerikanische 75 Rechtsprofessoren vor kurzem einen Brief an Präsident Obama geschickt. Sie sind der Auffassung, dass das Abkommen zur Bekämpfung von Produkt- und Markenpiraterie (ACTA), bei dem es sich um ein einfaches Regierungsabkommen handelt, gegen die US-Verfassung verstoßen würde.

Während das Europäische Parlament, wie Sie wissen, gerade dabei ist, eine Entschließung zum ACTA-Abkommen anzunehmen, was immer noch für erhebliche Unruhe sorgt und weit davon entfernt ist, einstimmige Unterstützung von unseren Mitbürgerinnen und Mitbürgern zu erhalten, denke ich, dass es nützlich wäre, wenn wir von den US-Verhandlungsführern eine klare Stellungnahme in Bezug auf zwei Punkte erhalten würden. Kann das ACTA-Abkommen in den Vereinigten Staaten ratifiziert werden? Handelt es sich nach deren Auffassung beim ACTA-Abkommen lediglich um eine freiwillige Selbstverpflichtung oder um ein verbindliches Abkommen? Ein Abkommen zur Bekämpfung von Produkt- und Markenpiraterie, an dem China, Indien und Brasilien nicht teilnehmen und das von den Vereinigten Staaten nicht umgesetzt würde, wäre in der Tat wenig glaubhaft. Vielen Dank.

 
  
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  Tunne Kelam (PPE). – Herr Präsident! Ich möchte den Kommissionsmitgliedern De Gucht und Reding für ihren ausführlichen und gleichzeitig realistischen Ansatz im Hinblick auf den EU-USA-Gipfel danken. Ich denke, es ist an der Zeit zu erkennen, dass die USA keine ihrer strategischen Ziele ohne Europa erreichen können. Genauso kann die EU ihre geplante Rolle als weltweiter Akteur nicht ohne die enge Zusammenarbeit mit Amerika verwirklichen. Paradoxerweise gibt die Globalisierung und das Aufstreben von nicht-westlichen Mächten den USA und der EU noch mehr Gründe – und nicht etwa weniger – ihre Zusammenarbeit weiter zu verstärken. Gleichzeitig sehen wir, dass der transatlantische Graben weiter wird, statt sich zu schließen.

Europa spielt bei amerikanischen Plänen und Sorgen derzeit eine geringere Rolle. Daher ist es sehr wichtig, zu erkennen, dass sowohl die Zeit als auch die Möglichkeiten zur Stärkung der gemeinsamen Beziehungen begrenzt sind. In den nächsten zehn Jahren werden die USA und die EU wohl die Möglichkeit haben, eine internationale Agenda festzulegen, die eine wertorientierte und stabile Welt vorsieht, was jedoch nur möglich ist, wenn beide zusammenarbeiten.

Diese Zusammenarbeit muss mit der Vollendung der transatlantischen Freihandelszone beginnen, für die sich das Europäische Parlament seit mehreren Jahren einsetzt und durch die interne Zerwürfnisse in Europa beigelegt und dem Protektionismus entgegengetreten wird.

 
  
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  Simon Busuttil (PPE). – Herr Präsident! Ich möchte über das allgemeine Rahmenabkommen zum Datenschutz sprechen, zu dem Frau Reding die Verhandlungen begonnen hat. Es vergeht kaum eine Woche, ohne dass wir von einem Terroranschlag oder einem versuchten Anschlag hören und dies ist dem Wohlergehen unserer Bürgerinnen und Bürger natürlich abträglich. Wir brauchen ein effizientes Instrument zum Kampf gegen den Terrorismus. Dies ist ein Bereich, bei dem es nahe liegt, mit unseren Freunden jenseits des Atlantiks zusammenzuarbeiten. Ein Rahmenabkommen zum Datenschutz ist ganz klar dringend erforderlich. Frau Reding, Sie haben unsere Unterstützung für dieses Abkommen.

Natürlich wollen wir dieses Abkommen nicht nur, weil wir den Terrorismus bekämpfen wollen, sondern weil wir Bedenken wegen des Datenschutzes haben. Wir möchten, dass Sie die Privatsphäre unserer Bürgerinnen und Bürger schützen und insbesondere die Grundsätze der Notwendigkeit und der Verhältnismäßigkeit beachten. Es ist kein Nullsummenspiel. Wir glauben nicht, dass wir uns zwischen Sicherheit und unserer Privatsphäre entscheiden müssen. Wir glauben, dass wir beides gewährleisten können.

Ich möchte, dass Frau Reding ganz beruhigt und gestärkt mit dem Gefühl in die Verhandlungen geht, dass sie durch das Europäischen Parlament unterstützt wird und in dem Wissen, dass wir hinter ihr stehen, wenn es darum geht, eine Vereinbarung auszuhandeln, die für unsere Bürgerinnen und Bürger vorteilhaft ist und sowohl unsere Sicherheit garantiert als auch unsere Privatsphäre schützt.

 
  
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  Danuta Jazłowiecka (PPE).(PL) Herr Präsident! Vor zwei Jahren, als Barack Obama zum Präsidenten der Vereinigten Staaten gewählt wurde, da schien es, nach der schwierigen Amtszeit seines Vorgängers, als würden sich die Beziehungen zwischen Europa und Amerika wieder normalisieren. Es schien, als wären die Zeiten, als Washington mit einseitigen Aktionen auf internationaler Ebene vorging, vorbei. Wir haben alle geglaubt, dass die Vereinigten Staaten und die Union angesichts der tiefen Krise zusammenarbeiten würden, um zu versuchen, Änderungen in der Welt herbeizuführen, die eine wirtschaftliche Stabilität sichern würden.

Heute wissen wir, dass diese Hoffnung vergeblich war. Nach dem Klimagipfel in Kopenhagen und nach der Art und Weise, wie Herr Obama den spanischen Ratsvorsitz ignorierte, haben die Amerikaner uns und den Rest der Welt mal wieder gedemütigt, indem sie die einseitige Entscheidung trafen, Geld zu drucken. Trotz zahlreicher Versprechen gegenüber den Vertretern der europäischen Regierungen haben sie diese Entscheidung ohne irgendwelche Konsultationen getroffen. Sie haben Maßnahmen beschlossen, die die europäische Wirtschaft nachteilig beeinflussen werden, und somit nur auf ihre eigenen Interessen geschaut.

Der bevorstehende EU-USA-Gipfel sollte genutzt werden, um zu zeigen, dass wir damit nicht einverstanden sind und wie Partner behandelt werden wollen. Eine Zusammenarbeit ist nicht nur in unserem, sondern auch in Washingtons Interesse, ganz besonders im Hinblick auf die neue geopolitische Ordnung, die sich entwickelt.

 
  
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  Monika Flašíková Beňová (S&D).(SK) Die Beziehungen zwischen der Europäischen Union und den USA sind Beziehungen zwischen zwei großen Mächten und dennoch muss ich oft denken, dass Pragmatismus durch eine Art engstirnigen Egoismus verdrängt wird.

Es gibt jedoch einige sehr wichtige Themen, die zur Diskussion stehen, und diese wichtigen Themen müssen wir gemeinsam mit unserem amerikanischen Partner lösen.

Der Gipfel im November wird das erste Treffen zwischen den USA und der EU sein, seit der Vertrag von Lissabon in Kraft getreten ist. Im Hinblick auf die Tatsache, dass die Europäische Union und die USA die Hälfte der weltweiten Wirtschaft ausmachen, wird die Wirtschaft ein sehr wichtiges Thema sein. Angesichts der großen Krise ist es erforderlich, die Wirtschaftspolitik auf Makroebene zu koordinieren, eine Regulierung des Finanzsektors zu vereinbaren und zu versuchen, Steueroasen und Ähnliches zu beseitigen.

Es ist notwendig, sich auf konkrete Probleme zu konzentrieren und nicht eine Sache auf Kosten einer anderen zu tun, mit anderen Worten, die beiden Partner sollten nicht auf Kosten des Rests der Welt agieren, sondern sich so verhalten, wie es für zwei verantwortlich handelnde, führende Weltmächte angemessen ist.

Neben dem im November stattfindenden Gipfel der EU und den USA bietet auch das Treffen des Transatlantischen Wirtschaftsrats eine Plattform für eine verantwortliche und pragmatische Politik.

 
  
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  Malcolm Harbour (ECR). – Herr Präsident! Ich freue mich sehr, dass ich Ihre Aufmerksamkeit habe, denn ich möchte ganz besonders Herrn Kommissar De Gucht für die neue Ausrichtung des Transatlantischen Wirtschaftsrats danken, die ich für sehr wichtig halte. Im Juli war ich in Washington auf einer Dienstreise als Vorsitzender des Ausschusses für Binnenmarkt und Verbraucherschutz. Ich habe ihn danach besucht, um ihm zu sagen, dass wir die Ziele dieses Wirtschaftsrats höher stecken müssten, um die langfristigen strategischen technologischen Themen anzugehen, an denen wir beide arbeiten und insbesondere, um auf der Grundlage von Standards zu arbeiten, an denen mein Ausschuss während der letzten Monate viel gearbeitet hat.

Anstatt neue Handelsbarrieren zu errichten, indem jeder für sich arbeitet, sollten wir gemeinsame Standards für Zukunftstechnologien schaffen. Wie er in seiner Erklärung gesagt hat, wird uns dies helfen, aus gemeinsamen Forschungsprogrammen und gemeinsamen Geschäftsmöglichkeiten optimalen Nutzen zu ziehen und unsere Wettbewerbsfähigkeit in Bezug auf unsere Partner in den Vereinigten Staaten zu stärken.

Ich denke, dass dieser Teil Ihrer heutigen Ankündigung sehr wichtig ist. Ich bedaure, dass so wenige meiner Kolleginnen und Kollegen darüber gesprochen haben – ich weiß, dass Frau Herczog dies tat – aber ich hoffe, dass wir zusammenarbeiten können, um diese Sache voranzubringen. Ich bin enttäuscht, dass Elmar Brok gegangen ist, weil ich ihm sagen möchte, dass wir durch diese neue Ausrichtung auch neue Leute brauchen, die am transatlantischen Dialog der Gesetzgeber arbeiten, da wir vor neuen Herausforderungen stehen.

 
  
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  Franz Obermayr (NI). - Herr Präsident! Ich nehme Bezug auf das Datenschutzabkommen und möchte darauf hinweisen, dass alle bestehenden Vereinbarungen auf jeden Fall den europäischen Datenschutzstandards entsprechen sollen. Das gilt sowohl für die Abkommen betreffend die Weitergabe von Bankdaten als auch für den Bereich der Fluggastdatensätze. Die Kommission darf bei den Verhandlungen über das Datenschutzabkommen mit den USA nicht von dem Standpunkt abweichen. Die EU-Standards dürfen nicht an die der USA angeglichen werden. Wir brauchen einen einheitlichen Schutz anstelle des bisherigen Stückwerks, und jedes neue Einzelabkommen über den Datenaustausch muss Grundsätze wie Zweckbindung, kurze Speicherfristen und das Recht der EU-Bürger auf effektive Rechtsmittel gegen die Datenverarbeitung enthalten.

Die EU darf sich auf keinen Fall immer mehr den immer groteskeren Profiling-Systemen der USA angleichen und die USA mit persönlichen Daten von EU-Bürgern füttern. Abgesehen davon würde ein Abkommen ohne ausreichende Garantien keine Chance vor dem EuGH haben.

 
  
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  Seán Kelly (PPE). – Herr Präsident! Als Mitglied der EU-USA-Delegation habe ich ein besonderes Interesse an dem bevorstehenden Gipfel und freue mich darauf, als Teil der Delegation im Dezember in die USA zu reisen. Man kann sagen, dass die USA unsere natürlichen Verbündeten sind, und aus diesem Grund stimme ich mit der heute Abend hier gemachten Aussage, die Welt sei aufgrund der amerikanischen Politik nicht etwa sicherer, sondern weniger sicher geworden, nicht überein. Wenn wir Schuldige suchen wollen, sollten wir in Richtung der Länder schauen, in denen es keine Freiheit gibt und keine Demokratie und in denen Terroristen Unterschlupf finden, bevor wir mit dem Finger auf Amerika zeigen.

Gleichwohl ist es wichtig, dass wir weitere Treffen und Gipfel mit den USA als gleichberechtigter Partner angehen, denn das werden sie respektieren. Wir haben ganz besonders in Kopenhagen gesehen, dass wir von einigen als Schwächlinge betrachtet wurden. Das darf nicht wieder passieren, besonders bei Themen wie der quantitativen Lockerung. Wir müssen selbstsicher auftreten und uns Gehör verschaffen.

 
  
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  Mario Pirillo (S&D).(IT) Herr Präsident, meine Damen und Herren der Kommission und des Rates, verehrte Damen und Herren! Die Beziehung zwischen der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten muss auf einem Höchstmaß an Garantie für die Sicherheit basieren, damit unsere Zusammenarbeit erfolgreich ist. Wir müssen all diese Probleme hier, innerhalb der Europäischen Union, lösen. Die Visumpflicht für die Bürgerinnen und Bürger aus vier Ländern, die zu den 27 Mitgliedstaaten gehören, ist eine erhebliche Freiheitsbeschränkung. Letzte Woche hat eine Delegation des Parlaments dieses Problem den kanadischen Behörden vorgetragen und es scheint, als würden diese sich des Problems annehmen.

Der Handel mit den Vereinigten Staaten ist wichtig, da er unseren Euro stärkt und die Europäische Union in die Lage versetzt, mit den großen chinesischen, japanischen und indischen Märkten zu konkurrieren, und zudem haben wir eine vorsichtige Einstellung in Kanada in Bezug auf die US-amerikanischen und mexikanischen Märkte bemerkt. Die Zusammenarbeit mit den Vereinigten Staaten bei Themen wie Klimawandel, nachhaltige Energien und dem globalen Markt ist ein guter Anfang für die Gespräche.

 
  
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  Angelika Werthmann (NI). - Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich beziehe mich auf das Datenschutzabkommen. Für mich steht es außer Frage, dass die derzeit bestehenden Abkommen zwischen den USA und der EU nach Abschluss eines Datenschutzabkommens entsprechend überprüft und gemäß diesem neuen Rahmenübereinkommen auch aktualisiert werden müssen. Das ist ja der eigentliche Zweck des nun angestrebten Abkommens. Die Gefahr der Rechtsunsicherheit sehe ich gerade darin, wenn dem nicht so wäre. Denn der Schutz unserer Bürgerinnen und Bürger muss von absolut höchster Priorität sein!

 
  
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  Karel De Gucht, Mitglied der Kommission. – Herr Präsident! Lassen Sie mich zunächst eine Reihe spezifischer Anfragen, die gemacht wurden, beantworten, und dazu möchte ich beim Klimawandel beginnen. Die neuen Mehrheitsverhältnisse im US-Repräsentantenhaus werden wahrscheinlich den Handlungsspielraum von Präsident Obama noch weiter einschränken. Wir müssen sicherstellen, dass die USA von ihren in Kopenhagen gegebenen Zusagen nicht wieder zurückrudern, und wir müssen sie dazu ermutigen, zu einem erfolgreichen Ergebnis bei der COP-16-Konferenz in Cancún beizutragen.

Bis dahin können wir bei konkreten Themen Fortschritte erzielen, wie zum Beispiel der Schnellstartfinanzierung, der Reduzierung von Emissionen aus der Abholzung von Wäldern und bei der Erleichterung der Anpassung an den Klimawandel für arme- und Entwicklungsländer. Diese Punkte und auch die biologische Forschung zu umweltfreundlichen Technologien können ohne innerstaatliche Gesetzgebung der USA vorangetrieben werden.

Außerdem gab es noch die Anfrage zu dem Programm der USA für visumfreies Reisen und die Tatsache, dass eine Reihe von Mitgliedstaaten der EU – Bulgarien, Zypern, Polen und Rumänien – immer noch nicht in dieses Programm aufgenommen wurden. Wir messen ihrer Aufnahme viel Bedeutung zu und werden auch weiterhin mit unseren US-Partnern an der Lösung dieses Problems arbeiten.

In Bezug auf die Einführung der ESTA-Gebühr für Reisende, die gemäß dem Programm für visumfreies Reisen reisen, hat die Kommission wiederholt Bedenken geäußert, dass diese neuen Anforderungen nicht mit der Zusage der USA, die transatlantische Mobilität zu erleichtern, vereinbar sind, und dass sie eine zusätzliche Last für die europäischen Bürgerinnen und Bürger darstellen, die in die USA reisen. Wir müssen sicherstellen, dass die Arbeit zu Sicherheitsfragen wie zum Beispiel den Fluggastdatensätzen (PNR) Hand in Hand geht mit der Erleichterung des transatlantischen Reiseverkehrs von legal reisenden Personen.

Was die Anfrage in Bezug auf die WikiLeaks-Dokumente betrifft, so sind wir momentan nicht in der Lage, eine Stellungnahme zu den in den zugespielten Dokumenten enthaltenen Informationen abzugeben. Grundsätzlich ist es jedoch so, dass die EU gänzlich dem absoluten Verbot der Folter sowie dem Verbot grausamer, unmenschlicher und erniedrigender Behandlung verpflichtet ist. Das ist alles, was wir dazu im Moment sagen können.

Es gab eine Anfrage von Frau Quisthoudt über die Möglichkeit eines Freihandelsabkommens mit den USA. Frau Quisthoudt, wir ziehen dies im Moment nicht in Erwägung, da in Bezug auf die Handelsbeziehungen zwischen der EU und den USA eine in der Vergangenheit von der GD Handel über nichttarifäre Maßnahmen durchgeführte Studie zeigt, dass nichttarifäre Barrieren noch immer das Haupthindernis bei den Handelsbeziehungen zwischen der EU und den USA sind, und die Studie schließt, dass das BIP der EU und der USA sich um ca. 160 Mrd. EUR erhöhen würde und Exporte um jeweils 2,1 % und 6,1 % steigen würden, wenn die Hälfte der nichttarifären Maßnahmen und die Unterschiede bei der Regulierung aufgehoben würden. Tatsächlich sind nicht mehr viele Zollschranken zwischen den USA und der EU vorhanden. Gleichwohl ist es häufig sehr schwierig, bestehende Barrieren abzuschaffen und genau aus diesem Grund setzen wir uns im TWR für frühzeitige Zusammenarbeit im Vorfeld ein, beispielsweise bevor wir Rechtsvorschriften in wichtigen Bereichen beschließen, insbesondere in den Bereichen Schwellenländer und neue Technologien.

In Bezug auf den TWR und seine mögliche Agenda arbeiten wir derzeit mit unseren US-Partnern daran, die endgültige Agenda für den nächsten Transatlantischen Wirtschaftsrat unter Einbeziehung der Vorschläge der Berater festzusetzen. Die von uns ins Auge gefassten Hauptthemen sind Innovation und zukunftsträchtige Technologien sowie Strategien für eine umweltfreundliche Ausgestaltung der Wirtschaft und der Aufbau des transatlantischen Markts. Diese Bereiche werden uns Gelegenheit geben, eine breite Palette von Themen zu besprechen, wie beispielsweise elektronische Gesundheitsdienste, Interoperabilität elektronischer Gesundheitsaufzeichnungen, sicherer Handel, gegenseitige Anerkennung zugelassener Handelsnormen und der allgemeine Regulierungsansatz, die Partnerschaft für Innovation (Innovation Action Partnership) und der Austausch von Informationen über Verbraucherproduktsicherheit. Außerdem werden wir gemeinsam Antworten auf wirtschaftliche Herausforderungen besprechen. Wie vom Ausschuss für Binnenmarkt und Verbraucherschutz erbeten, werde ich Ende November die Frage der Normen ansprechen. Ich glaube, das genaue Datum ist der 29. November.-

Die letzte Frage bezog sich auf das hundertprozentige Scannen eingehender Containerladungen. Wir haben Bedenken in Bezug auf die Anforderung der USA, dass Seecontainer, deren Ziel die USA sind, bis zum Juli 2012 gescannt werden müssen, bevor sie in einem ausländischen Hafen auf ein Schiff verladen werden. Wir glauben, dass diese Anforderung keine nachgewiesenen Sicherheitsvorteile bringt und einen reibungslosen Handel behindern wird. Aus diesem Grund plant die Kommission keine Einführung eines hundertprozentigen Scannens in EU-Häfen. Die US-Ministerin für Heimatschutz, Janet Napolitano, hat Pläne angekündigt, die für Juli 2012 angesetzte Frist für das hundertprozentige Scannen um zwei Jahre nach hinten zu verschieben. Die Kommission hofft, dass dieser Aufschub den US-Kongress dazu veranlassen wird, sein Vorhaben zu überprüfen und einem risikobasierten Ansatz für die Sicherheit der Lieferkette den Vorzug zu geben.

Die wesentlichen Herausforderungen für die EU im kommenden Jahr legen viele Synergien und Möglichkeiten zur Zusammenarbeit mit den USA nahe: mit der Wirtschaftskrise fertig zu werden, Governance, Ankurbelung des Wirtschaftswachstums und Schaffung von Arbeitsplätzen durch die Beschleunigung der Reformen, Schaffung eines Raums der Freiheit, Gerechtigkeit und Sicherheit sowie unseren Beitrag auf globaler Ebene leisten. Mit dem anstehenden EU-USA-Gipfel und auch danach haben wir eine Reihe von wichtigen Aufgaben vor uns. Eine davon ist der Aufbau einer offeneren und mehr nach außen gerichteten Beziehung zwischen der EU und den USA, die die Beziehungen, die sowohl die Union als auch die USA mit Schwellenländern wie zum Beispiel China, Indien, Russland und Brasilien aufbauen, vollständig berücksichtigen.

Was die Wirtschaft anbelangt, stehen Arbeitsplätze und Wachstum im Zentrum der Gespräche. Wir werden die Erfahrungen zu den Ergebnissen der G20 austauschen, insbesondere in den Bereichen der Finanz- und Bankenreformen und in Bezug auf die Notwendigkeit, ein globales Handelsabkommen auszuhandeln, und wir müssen dabei auf einen Mehrwert für die EU und die USA achten. Gleichzeitig müssen wir uns mehr darauf konzentrieren, das Potenzial des transatlantischen Markts voll auszuschöpfen. Mein Ziel wird es sein, die Aufmerksamkeit des TWR wieder auf eine transatlantische Agenda zu richten, deren Mittelpunkt Arbeitsplätze, Wachstum und Innovation sind. Mit der Unterstützung der Leiter des EU-USA-Gipfels werde ich versuchen, diese Punkte bei dem bevorstehenden Transatlantischen Wirtschaftsrat am 17. Dezember voranzubringen.

 
  
  

VORSITZ: ROBERTA ANGELILLI
Vizepräsidentin

 
  
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  Viviane Reding, Vizepräsidentin der Kommission. – Frau Präsidentin, nach den Bemerkungen meines Kollegen Karel De Gucht zum allgemeinen Abkommen und den Beziehungen zu den Vereinigten Staaten, gestatten Sie, dass ich mich auf das zukünftige Rahmenabkommen zum Datenschutz konzentriere. Es ist völlig klar, dass wir Daten austauschen müssen, um den Terrorismus und das organisierte Verbrechen zu bekämpfen, und gleichzeitig müssen wir die Rechte der Bürgerinnen und Bürger auf Datenschutz wahren. Bei diesen Verhandlungen wird es darum gehen, zu versuchen, dass sich beide Aspekte in Waage halten.

Wie ich Ihnen bereits sagte, hat die Kommission am 26. Mai dieses Jahres einen Vorschlag für ein Verhandlungsmandat vorgelegt. Wir schauen nun zum Rat, der bezüglich dieses Mandats hoffentlich Anfang Dezember eine Vereinbarung erzielt, so dass wir mit echten Verhandlungen beginnen können. Ich stimme dem, was in dieser Kammer gesagt wurde, absolut zu. Wir müssen uns auf die Rechtssicherheit in einem Rahmenabkommen konzentrieren, anstatt – und ich zitiere ein Mitglied des Parlaments – „bei jedem einzelnen Abkommen über Datenaustausch die Feuerwehr zu spielen“.

Wenn es uns, den Vereinigten Staaten und Europa, gelingt, gemeinsame Standards festzulegen, dann werden diese Standards früher oder später weltweite Standards werden. Wir müssen zeigen, dass diese Standards auf unsere Werte der Gerechtigkeit und der Grundrechte sowie des Rechts auf Gegenseitigkeit aufbauen, die beide ganz eindeutig auf die transatlantische Agenda gesetzt werden müssen.

Die Frage der Rechte von Einzelpersonen in einem solchen Abkommen wurde auch aufgeworfen. Was die Kommission vorgelegt hat, würde für unsere europäischen Bürgerinnen und Bürger und für die Bürgerinnen und Bürger der Vereinigten Staaten Folgendes bedeuten: einklagbare Rechte für Einzelpersonen, wie das Recht auf Zugang zu personenbezogenen Daten, die über sie erhoben wurden, und das Recht diese Daten zu berichtigen und zu löschen; behördlicher und gerichtlicher Rechtsbehelf, unabhängig von der Nationalität oder dem Wohnsitz; und Schadensersatz für jegliche erlittene Schäden.

Die effektive Anwendung dieser Rechte würde durch die Überwachung und Kontrolle dieser Datenschutzstandards seitens unabhängiger Behörden sichergestellt werden und in diesem Zusammenhang sollte auch eine Nichtdiskriminierungsklausel aufgenommen werden, um zu gewährleisten, dass alle personenbezogenen Daten unabhängig von der Nationalität oder des Wohnsitzes einer Person geschützt werden; dabei sollten wir stets beachten, dass wir einen Mittelweg finden müssen zwischen Rechten und Sicherheit und, zumindest meiner Ansicht nach, keine Rassendiskriminierung zulassen dürfen.

Um dies nicht zuzulassen, wird die Kommission sicherlich die Unterstützung des Parlaments benötigen. Ich habe gehört, dass Sie zwischen dem Parlament und dem Kongress der Vereinigten Staaten neue bilaterale Beziehungen knüpfen möchten oder bereits geknüpft haben. Ich glaube, dass dies auch sehr wichtig sein wird, um das Verständnis für solche Datenschutzabkommen auf beiden Seiten des Atlantiks zu wecken, daher könnten Sie an dieser Stelle im Zuge der Verhandlungen gute Hilfe leisten.

 
  
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  Stefaan De Clerck, amtierender Ratspräsident.(NL) Frau Präsidentin, ich kann mich sehr kurz fassen, da ich natürlich mit den Ausführungen der Vizepräsidentin der Kommission Reding übereinstimme, dass es eine gute Debatte war und dass die nächste Stufe am 2. und 3. Dezember erfolgen wird. Der Rat hofft, bis dann das Mandat fertigstellen zu können, so dass die Kommission die Debatte endlich ernsthaft beginnen kann und die Verhandlungen wirklich anfangen können.

Dies stellt eine Chance zur Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen der EU und den Vereinigten Staaten dar; eine Chance, einen Mittelweg zwischen Sicherheit und Privatsphäre zu finden; eine Chance, bruchstückhafte Themen zusammenzufügen; in der Tat eine Chance, eine ausdrückliche Forderung des Europäischen Parlaments in ein stabiles Rahmenabkommen zu übertragen.

Ich gehe davon aus, dass die heutige Debatte den Rat gerüstet hat, um das Verhandlungsmandat der Kommission zu befürworten, und nehme an, dass die Kommission ebenfalls in angemessenen Abständen Rückmeldung gibt und dass die Debatte über die spezifischen Details, über die Durchsetzbarkeit der Rechte, sich weiterhin so entwickelt, dass Rückmeldungen dazu gegeben werden. Daher hoffe ich, dass die Kommission kurzfristig gute Ergebnisse erzielen wird – hoffentlich nach der Tagung des Rates am 2. und 3. Dezember. Vielen Dank für diese Aussprache.

 
  
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  Die Präsidentin. – Ich habe vier Entschließungsanträge (1) gemäß Artikel 110 Absatz 2 der Geschäftsordnung erhalten.

Die Aussprache ist geschlossen.

Die Stimmabgabe findet am Donnerstag, den 11. November 2010 statt.

Schriftliche Erklärungen (Artikel 149)

 
  
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  Elena Băsescu (PPE), schriftlich.(RO) Die EU und die USA stellen die größte Handelspartnerschaft dar, sie machen die Hälfte der Weltwirtschaft aus. Beide Partner müssen jedoch enger zusammenarbeiten, um Wachstum und Beschäftigung in ihren eigenen Volkswirtschaften zu fördern, insbesondere da 30 Millionen Arbeitsplätze in den letzten Jahren durch die Wirtschaftskrise vernichtet wurden. In dieser Hinsicht bleibt der Transatlantische Wirtschaftsrat der am besten geeignete Mechanismus, um das Ziel zu erreichen, bis zum Jahr 2015 einen einheitlichen transatlantischen Markt aufzubauen. Ich glaube, dass während des Lissabon-Gipfels das prioritäre Thema der Visa-Regelung, die für alle Mitgliedstaaten gilt, diskutiert werden muss. Da die Freizügigkeit ein hoch geschätztes Recht in der EU ist, muss die Kommission den politischen und fachlichen Dialog über den erzielten Fortschritt und über zukünftige Vorgehensweisen fortsetzen.

Ich sollte erwähnen, dass die rumänische Regierung kürzlich einen Rechtsrahmen verabschiedet hat, um ein nationales Visa-Informationssystem einzurichten, wodurch der Datenaustausch mit anderen Mitgliedstaaten im Hinblick auf Visaanträge vereinfacht wird. Dieses IT-System wird die Kontrollen an den rumänischen Grenzen und an den äußeren Grenzen der EU verbessern. Dies ist ein notwendiger Schritt im Hinblick auf den Beitritt zum Schengen-Raum.

 
  
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  Carlos Coelho (PPE), schriftlich.(PT) Die Unterzeichnung eines erweiterten Abkommens mit den Vereinigten Staaten über den Datenschutz ist sehr wichtig und dringend erforderlich; es wird verhindern, dass diese Themen durch die Mitgliedstaaten auf der Grundlage individueller bilateraler Abkommen behandelt werden. Ich bin mir der Schwierigkeiten, die mit der Unterzeichnung dieses Abkommens einhergehen, vollkommen bewusst, da es auf beiden Seiten des Atlantiks unterschiedliche Ansätze zum Datenschutz gibt. In der EU ist das Recht auf den Schutz personenbezogener Daten ausdrücklich sowohl in Artikel 8 der Charta der Grundrechte als auch in Artikel 16 des Vertrags von Lissabon verankert. In den Vereinigten Staaten gibt es kein allgemeines Gesetz über den Schutz des Privatlebens und es gibt auch in der Verfassung des Landes keinen ausdrücklichen Verweis auf ein Grundrecht auf Schutz des Privatlebens. Es gibt viel zu tun im Hinblick auf den Zugang zu Daten und deren Berichtigung, auf Gegenseitigkeit, Rechtsschutz und unabhängige Überwachung. Daher fordere ich den Rat auf, das Mandat für die Verhandlung dieses Abkommens so schnell wie möglich zu verabschieden, um mit den Verhandlungen voranzukommen und den Fortschritt zu erzielen, der so dringend benötigt wird, sowie die entsprechende, so rasch wie möglich zu erfolgende, Umsetzung dieser Ergebnisse in den jeweiligen Regelwerken.

 
  
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  Kinga Gál (PPE), schriftlich.(HU) Zunächst möchte ich dem Berichterstatter zu seiner hervorragenden Arbeit gratulieren. Da der Bericht am Vorabend der Revisionskonferenz in Astana verabschiedet wurde, verleiht dies ihm eine besondere Bedeutung und sendet eine Botschaft an die Entscheidungsträger in der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa. Ich stelle mit Freude fest, dass durch meine Änderungsanträge Verweise auf den Schutz nationaler Minderheiten, der ein integraler Teil des Gesamtsicherheitskonzepts und der menschlichen Dimension („human dimension“) der OSZE ist, in den Bericht aufgenommen wurden und dass es im Bericht gelungen ist, die Aufmerksamkeit auf die Rolle des Hohen Kommissars für Minderheiten der OSZE zu lenken. Die Aufgabe und Verantwortung des Hohen Kommissars ist besonders wichtig bei der Förderung der friedlichen Koexistenz nationaler Minderheiten und der Vermeidung möglicher Konflikte zwischen Minderheiten und ethnischer Konflikte. Die Hervorhebung der Rolle des Hohen Kommissars ist auch wichtig, um sicherzustellen, dass die betroffenen Parteien dessen Vorschlägen und Standpunkten gebührende Bedeutung beimessen, da es keinerlei Durchsetzungsmaßnahmen gibt.

 
  
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  Eija-Riitta Korhola (PPE), schriftlich.(FI) Seit Jahren ist eine bedeutende Messlatte, an der sich die Beziehungen zwischen der EU und den Vereinigten Staaten messen lassen, die Klimapolitik. Und genau bei diesem Thema wurde das Bild der Vereinigten Staaten als unilateraler Akteur, der im Alleingang handelt, verstärkt. Es ist jedoch Zeit, dass wir dieses Bild überprüfen.

Es stimmt, dass die Vereinigten Staaten sich von der Frontlinie der Klimapolitik distanziert haben, als sie sich weigerten, das Kyoto-Protokoll zu ratifizieren. Die Zeit hat jedoch gezeigt, dass das gesamte Abkommen ineffektiv und der falsche Weg ist, um das komplexe Problem des Klimawandels zu lösen. Durch Investitionen in stabile Partnerschaften im Bereich der Technologie und in die Entwicklung sauberer Energie haben Agenturen, die für große Mengen an Emissionen verantwortlich sind, einen Weg gewählt, der wesentlich vielversprechender ist und der neue Horizonte eröffnet hat.

Es ist Zeit, dass die EU erkennt, was geschieht. Die Vereinigten Staaten werden sich nicht auf ein Emissionshandelssystem einlassen. Noch vor kurzem sagte Obama, dass es am wichtigsten sei, das Richtige zu tun, was natürlich sinnvoll ist, ganz gleich, was wir über den Klimawandel denken mögen. Zu diesen sinnvollen Maßnahmen gehören Investitionen in saubere Energie und die Verbesserung der Selbstversorgung in Bezug auf Energie. Über den Emissionshandel sagte Obama, dass dies ein Mittel, nicht ein Ziel sei, und dass viele Wege nach Rom führten.

Ist Europa jetzt der Buhmann der Klimapolitik, der die Situation nicht anerkennt und nicht aus seinen Fehlern lernt? Wir verlagern die Arbeitsplätze ins Ausland und erhöhen die Energiepreise; wir tun alles auf die harte Tour, anstatt vernünftige Maßnahmen zu ergreifen. Wir sollten die Umweltbelastung vermeiden, genauso wie wir auch in saubere Energie investieren und uns auf die Selbstversorgung in Bezug auf Energie und die Wiederaufforstung konzentrieren sollten. Einen Emissionshandel lohnt es hingegen nicht zu unterstützen. Er wurde uns als Möglichkeit verkauft, uns für ein internationales System vorzubereiten, das niemals kam. Warum verwenden wir ihn weiterhin, um unsere Bürgerinnen und Bürger zu schikanieren, indem wir ihnen ihre Arbeit und ihre Lebensgrundlage nehmen?

 
  
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  Jiří Maštálka (GUE/NGL), schriftlich. (CS) Der anstehende EU-US-Gipfel wird sicherlich die außerordentliche Bedeutung dieser Beziehungen bestätigen. Der ständige Fortschritt in der Globalisierung bedeutet, dass sowohl die EU als auch die USA eine Politik der Offenheit verfolgen müssen und dass die strategische Bedeutung der transatlantischen Partnerschaft nicht abnehmen darf. Aus diesem Grund ist es wichtig, solchen Verhandlungen mit der größtmöglichen Offenheit zu begegnen, was eine notwendige Bedingung für den operationellen Charakter der bevorstehenden Treffen ist. In den letzten paar Tage wurden drei Themen in den Vordergrund gerückt, auf die sich die Verhandlungsführer der Union konzentrieren sollten: die verschiedenen Strategien, mit denen die EU und die USA der derzeitigen globalen Wirtschaftskrise begegnen; die verschiedenen politischen Ansätze zur Reaktion auf die ungünstige ökologische Situation der Erde und auf den Klimawandel; und Sicherheitsfragen. Die unilateralen Entscheidungen der US-Notenbank, 600 Mrd. USD an US-Bundesanleihen zu erwerben – Entscheidungen, die ohne Rücksprache mit der EU getroffen wurden – werden die wirtschaftliche Position Europas schwächen. Es ist daher äußerst wichtig, dass die EU sich eindeutig dafür ausspricht, dass sie nach globalen Währungen Ausschau hält, statt nach US-Dollar. Es ist wichtig, dass die Union auf ihrer Rolle als Vorreiter für ökologische Technologie und Rechtsvorschriften beharrt und entsprechend Druck auf die US-Regierung und den Kongress ausübt. Ich glaube, dass es notwendig ist, beim bevorstehenden Gipfel die Staats- und Regierungschefs der EU aufzufordern, Washington ein klares Signal bezüglich unserer Unterstützung für die Anstrengungen von Präsident Obama zur globalen atomaren Abrüstung und zur Ratifizierung des neuen START-Vertrags zu geben, der zwischen dem russischen und dem amerikanischen Präsidenten dieses Jahr in Prag unterzeichnet wurde.

 
  
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  Justas Vincas Paleckis (S&D), schriftlich.(LT) Seitdem Präsident Barack Obama bei den Wahlen vor zwei Jahren den Sieg davongetragen hat, haben sich die Standpunkte der EU und der USA beträchtlich angenähert, insbesondere im Hinblick auf Abrüstung, Bekämpfung des Klimawandels und Fragen zur Entschärfung internationaler Konflikte. Dies ist wesentliches Kapital und diese Linie muss fortgeführt werden. Leider sind noch einige Dinge umzusetzen, um gemeinsame transatlantische Ziele zu erreichen. Ein großer Teil der US-Gesellschaft ist gegen Maßnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels. Ein ehrgeiziger Gesetzesvorschlag über die Beschränkung von Treibhausgasemissionen steckt noch im Senat fest. Es gibt keine Bewegung in der Frage zur Abschaffung der Todesstrafe, was für die EU wichtig ist. Der EU-US-Gipfel wird nächsten Monat in Lissabon stattfinden. Ich hoffe, dass es der EU gelingen wird, ihren Partner, die USA, zu überzeugen, weiterhin Fortschritte in Richtung der erwähnten gemeinsamen Ziele zu machen. Es ist auch wichtig, Russland mehr und mehr in den transatlantischen Dialog einzubeziehen.

 
  
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  Debora Serracchiani (S&D), schriftlich.(IT) Da der Austausch von Daten zwischen der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten zunehmend erforderlich für die Bekämpfung des Terrorismus und des organisierten Verbrechens ist und häufig als Mittel dazu angewendet wird, muss auch ein allgemeiner und gemeinsamer Rechtsrahmen eingerichtet werden, um personenbezogene Daten zu schützen. Dieser Rahmen muss in gleichem Maße für Schutz sorgen, wie dies für die europäischen Bürgerinnen und Bürger innerhalb der Union der Fall ist. Das Verhandlungsmandat der Kommission geht daher in die richtige Richtung. Im Hinblick auf den Anwendungsbereich muss dieser Rechtsrahmen auch für bestehende bilaterale Abkommen gelten. Ich hoffe, dass der Rat das Mandat wie vorgestellt verabschiedet und dass das Parlament umfassend und umgehend über alle Entwicklungen in den Verhandlungen informiert wird, wobei zu beachten ist, dass das Parlament das letzte Wort bei dem zukünftigen Abkommen haben wird.

 
  
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  Czesław Adam Siekierski (PPE), schriftlich.(PL) Der bevorstehende Gipfel zwischen der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten wird der erste Gipfel nach Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon sein, der unter anderem das Zielt hatte, Europa zu befähigen, sich mehr auf Beziehungen mit Drittländern zu konzentrieren. Der bevorstehende Gipfel wird uns die Gelegenheit geben, einen Rahmen für eine transatlantische Kooperation für die nächsten Jahre zu definieren. Angesichts ihres globalen Standpunkts und ihrer gemeinsamen Werte wie Rechtsstaatlichkeit, Demokratie und Menschenrechte haben die Europäische Union und die Vereinigten Staaten eine Schlüsselrolle zu spielen, um die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts anzugehen. Wir brauchen konstruktive, verstärkte Zusammenarbeit in Bereichen wie Überwindung der Wirtschafts- und Finanzkrise, Bekämpfung des Terrorismus, globale Stabilität, Frieden im Nahen Osten, Nichtverbreitung von Atomwaffen, Entwicklungshilfe und Klimawandel. Der nächste Klimagipfel in Cancún rückt näher. Ich hoffe, dass die Vereinigten Staaten sich stärker engagieren werden, wenn es um gemeinsame Verpflichtungen bei der Bekämpfung des Klimawandels geht. Als bedeutender Akteur auf der internationalen Bühne sollten wir ein Exempel für andere Länder statuieren. Die jüngste Umweltkatastrophe an der Küste des Golfs von Mexiko hat deutlich gemacht, dass Unglücke keine Grenzen kennen und deren Auswirkungen weltweit zu spüren sind, letztlich auch von unseren Bürgerinnen und Bürgern. Es ist offensichtlich, dass das, was wir brauchen, Zusammenarbeit auf globaler Ebene ist. Vor dem Hintergrund der Wahlen der letzten Woche ist es erwähnenswert, dass diese Wahlen einen Ausgangspunkt für neue, engere Beziehungen zwischen dem Europäischen Parlament und dem Kongress darstellen können. Ein intensiverer Dialog wird für beide Seiten von Vorteil sein.

 
  

(1) Siehe Protokoll.


15. Außenpolitische Strategie der EU im Bereich der Fluggastdatensätze (PNR) (Aussprache)
Video der Beiträge
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  Die Präsidentin. – Nach der Tagesordnung folgen die Erklärungen des Rates und der Kommission zur Außenpolitischen Strategie der EU im Bereich der Fluggastdatensätze (Passenger Name Record/PNR).

 
  
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  Annemie Turtelboom, Amtierende Ratspräsidentin.(NL) Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Abgeordnete, ich glaube, dass die Bedeutung und die Notwendigkeit der Fluggastdatensätze (PNR) in den letzten Jahren deutlich geworden sind. Wir müssen nur an die Angriffe in New York denken und auch an den misslungenen Anschlag auf dem Flug von Amsterdam Schiphol nach Detroit. Auch in den letzten Tagen haben wir natürlich festgestellt, dass die Bedrohungslage weiterhin sehr hoch ist.

Wir müssen uns nur Informationen anschauen, die uns aus mehreren Mitgliedstaaten erreichen, und auch die erhöhte Bedrohungslage in einer Reihe von Ländern wie Frankreich und Spanien. Mein Heimatland hat ebenfalls die Bedrohungslage für bestimmte Orte hochgestuft und aus den Vereinigten Staaten wurde kürzlich ein Reisewarnhinweis empfangen. Ich meine, dass die Kommission und der Ratsvorsitz in den letzten Monaten sehr hart im Bereich der PNR gearbeitet haben.

Die derzeitige Lage zeigt sich wie folgt. Am 21. September informierte die Kommission den Rat über die EU-Politik zur Übermittlung von Fluggastdaten an Drittländer. Die Kommission hat drei Mandatsentwürfe für Verhandlungen zum Abschluss von Übereinkommen mit Kanada, den Vereinigten Staaten und Australien vorgelegt, die alle drei denselben Inhalt haben.

Daher hielt der Rat umgehend am 7. Oktober bezüglich dieser Entwürfe, konkret über Methode und Zeitplan der drei Mandate, Besprechungen ab und beschloss, dass alle drei Mandate in der Tat denselben Inhalt haben sollten, dass der Rat diese zur selben Zeit verabschieden würde, dass sie zur selben Zeit in Kraft treten würden und dass die Verhandlungen mit den Vereinigten Staaten, Kanada und Australien spätestens im Dezember dieses Jahres beginnen sollten.

Wenn man sich den Inhalt der Mandate und des PNR-Abkommens anschaut, so ist sich der Rat bewusst, dass das Wichtigste in Bezug auf die drei Abkommen ist, ein ausreichend hohes Maß an Datenschutz sicherzustellen. Meiner Meinung nach müssen auch unsere ausländischen Partner eine Garantie bekommen, dass ihre personenbezogenen Daten ausreichend geschützt werden. Wir haben dies in der Tat immer gefordert, wenn wir Abkommen mit anderen Ländern geschlossen haben. Die Europäische Union hat sich immer darauf konzentriert, auch in ihren früheren Abkommen mit Staaten.

Ich möchte unterstreichen, dass eines dieser früheren Abkommen, das mit Australien, einst als das „datenschutzfreundlichste“ Abkommen des Jahres beschrieben wurde. Daher glaube ich, dass das Europäische Parlament Recht hat, wenn es strenge Anforderungen in Bezug auf Datenschutz stellt. Der Rat wird daher sicherstellen, dass die Anforderungen bezüglich Datenschutz weiterhin eingehalten werden, und er wird sicherlich auch sicherstellen, dass insbesondere der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit stets gewahrt wird, um jeglichen Verstoß gegen das Recht auf den Schutz der Privatsphäre zu vermeiden.

Daher hat der Rat im Wortlaut der Verhandlungsmandate auch nachdrücklich die Bedeutung der Artikel 7 und 8 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union betont. Ferner legen diese Mandate Aufbewahrungsfristen und Fristen für den Zugang zu PNR-Daten fest, die verhältnismäßig und beschränkt sind.

Diese Anforderung wurde sogar noch weiter hervorgehoben, indem die verschiedenen Möglichkeiten in Betracht gezogen wurden, in denen die PNR-Daten genutzt werden können. Zurückliegende Daten können nur reaktiv genutzt werden, aktuelle Daten können in realer Zeit genutzt werden und Risikoprofile werden insbesondere für proaktive Verwendung erstellt.

Im Hinblick auf die Risikomodelle sind wir uns bewusst, dass das Europäische Parlament große Bedenken wegen eines solchen Profiling hat. Daher wird die Kommission in ihrem Vorschlag bis ins Detail klären, was genau mit dem Begriff „Profiling“ gemeint ist. Ferner wird die Präsidentschaft sicherstellen, dass Risikobewertungen niemals zu einer Stigmatisierung von Personen gewisser ethnischer Herkunft führen.

Im Rahmen meiner kurzen Einführung möchte ich noch zwei Punkte ansprechen: 1) PNR-Daten dürfen tatsächlich nur von Fluggesellschaften verwendet werden und somit nicht von den Behörden der Mitgliedstaaten selbst und natürlich unterliegt deren Nutzung durch die Fluggesellschaften der Genehmigung seitens der Europäischen Union. 2) Der Ratsvorsitz ist sich auch der Tatsache bewusst, dass das Parlament dem allgemeinen Abkommen zum Datenschutz zwischen der EU und den Vereinigten Staaten hohe Bedeutung beimisst. Ich möchte in diesem Zusammenhang auf die Debatte verweisen, die Sie in diesem Haus mit meinem Kollegen, dem Justizminister, geführt haben.

In dieser kurzen Einführung möchte ich verdeutlichen, dass diese PNR-Daten zwar eine echte Priorität des Rates darstellen, aber der Rat auch wirklich die gerechtfertigten Bedenken des Parlaments im Hinblick auf ein stets erforderliches Gleichgewicht zwischen Privatsphäre und Sicherheit so weit wie möglich berücksichtigen möchte. Ich glaube, dass die jüngsten Ereignisse und Bedrohungen uns zwingen, uns diesen Tatsachen zu stellen. Frau Präsidentin, ich werde dem Parlament natürlich jederzeit zur Verfügung stehen – nicht nur heute, sondern auch in den nächsten Wochen –, um die Debatte über die PNR-Daten und die Mandate fortzusetzen.

 
  
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  Cecilia Malmström, Mitglied der Kommission. – Frau Präsidentin, am 21. September hat die Kommission ein Paket mit Vorschlägen über den Austausch von Fluggastdatensätzen mit Drittländern vorgelegt; es bestand in einer Mitteilung über die Außenpolitische PNR-Strategie der EU mit einigen Grundsätzen, wie Sie in Ihrer Entschließung vom Mai dieses Jahres forderten. Es gab auch drei Empfehlungen über Verhandlungsrichtlinien für neue PNR-Abkommen mit Kanada, Australien und den Vereinigten Staaten. Ich möchte den Verfassern der Entschließung vom Mai für die hervorragende Teamarbeit danken, die wir hatten, und für die äußerst konstruktive Zusammenarbeit an diesem Dossier und Ihrer konstruktiven Art der Lösungsfindung, um innerhalb des neuen institutionellen Rahmens weiterzukommen.

Das Ziel der Mitteilung besteht darin, zum ersten Mal eine Reihe von Kriterien und Grundsätzen festzulegen, die uns in unseren Außenbeziehungen bezüglich PNR leiten sollen. Wir können dies als Methode zur Kommunikation mit Drittländern nutzen, aber auch unsere eigene Politik damit definieren. Die Mitteilung wird natürlich versuchen, eine Kohärenz mit den EU-PNR zu erzielen, die in einer späteren Phase vorgestellt werden.

Die Richtlinie wurde noch nicht verabschiedet, das heißt, das Mandat wurde noch nicht vom Rat verabschiedet, aber die Mandate folgen natürlich der Struktur der allgemeinen Mitteilung.

Die Frage des Profiling wurde auch vom belgischen Ratsvorsitz aufgeworfen. Risikobewertung ist ein Thema, das meines Wissens sehr häufig in den Diskussionen aufkommt, und deshalb habe ich mich entschieden, es an dieser Stelle anzusprechen. Das Konzept des Profiling an sich ist selbst nicht in irgendeinem Rechtsinstrument definiert, aber das bedeutet nicht, dass wir keine Gesetze dazu haben. In den Instrumenten für den Datenschutz wird es angesprochen, aber unter der Bezeichnung „Verbot der automatisierten Verarbeitung‟: Das bedeutet, dass die EU-Rechtsvorschriften zum Datenschutz jeden Einzelnen davor bewahren, sich einer Entscheidung zu unterwerfen, die rechtliche Folgen für die betreffende Person nach sich zieht und die ausschließlich aufgrund einer automatisierten Verarbeitung von Daten ergeht. Es ist nicht verboten, Daten in automatisierter Weise zu verarbeiten, aber Entscheidungen, die Einzelpersonen rechtlich betreffen, dürfen nicht in automatisierter Weise getroffen werden.

Die PNR-Mitteilung unterstreicht diese Grundsätze und legt effiziente und effektive Maßnahmen fest, um das Interesse der Betroffenen zu wahren. Insbesondere sollte jede automatisierte Entscheidung durch einen Menschen überprüft werden und dem Betroffenen Gelegenheit geben, seinen Standpunkt zu erläutern. Dies bedeutet, dass die abschließende Entscheidung, die im Hinblick auf eine Person getroffen wird, niemals in völlig automatisierter Weise getroffen werden kann. Auf diese Art versucht die Kommunikation sicherzustellen, dass die Datenverarbeitung nicht über das rechtlich zulässige Maß hinausgeht und dass die Verfahren in Einklang mit den Grundrechten stehen, einschließlich unserer aktuellen Datenschutzbestimmungen.

Sie haben die Kommission auch aufgefordert, den aktuellen Stand der bilateralen Abkommen und der Absichtserklärungen bezüglich des US-Programms für visumfreies Reisen (US Visa Waiver Programme) zu klären. Ich werde versuchen, ein wenig Licht in diese Angelegenheit zu bringen. Im August 2007 genehmigten die USA die Durchführungsempfehlungen des „9/11 Commission Act‟ und ein Teil davon umfasst die Aktualisierung des Programms für visumfreies Reisen. Die Bedingungen dieses Gesetzes betreffen alle EU-Mitgliedstaaten, unabhängig davon, ob sie am Programm für visumfreies Reisen teilnehmen oder nicht.

Auf Seiten der EU führte dieses Gesetz zu einem zweigleisigen Ansatz, auf den sich der Rat im März 2008 einigte. Die EU-Schiene betrifft die Verhandlungen zwischen der EU und den USA im Hinblick auf die Bedingungen für die Einreise die USA und die Teilnahme am Programm für visumfreies Reisen. Das fällt unter die Zuständigkeit der EU – Rückführung eigener Staatsbürger, erhöhte Sicherheit der Reisedokumente und Flughafensicherheit. Dies führte zu einem EU-US-Abkommen, das bestätigte, dass die EU diese Bedingungen erfüllt.

Wir hatten auch die bilaterale Schiene: bilaterale Verhandlungen zwischen der EU und zwischen den USA und Mitgliedstaaten, um US-amerikanische Bedingungen zum Zugang zum Programm für visumfreies Reisen zu erfüllen, was unter die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten fällt und nicht unter die der EU. Dazu zählen die Zusammenarbeit mit den USA bei schweren Verbrechen, Initiativen zur Terrorismusbekämpfung und Informationsaustausch in diesen Bereichen.

Auf dieser bilateralen Schiene haben eine Reihe von Mitgliedstaaten zunächst eine Absichtserklärung mit den USA unterzeichnet. Diese Erklärung war an sich nicht als Rechtsgrundlage für einen Datenaustausch gedacht. Sie bestätigten die Bereitschaft der Parteien, Abkommen über Fluggastinformationen, Screening-Informationen über bekannte und mutmaßliche Terroristen, Informationen zur Bekämpfung des Terrorismus und schwerer Verbrechen sowie Angelegenheiten in Bezug auf Informationen, Migration und Grenzsicherheit zu verhandeln.

Entsprechend den Informationen, die die Kommission nun von den Mitgliedstaaten erhalten hat, haben acht Mitgliedstaaten solch eine Erklärung mit den USA unterzeichnet.

Nach der Unterzeichnung dieser Absichtserklärungen haben die USA und einige Mitgliedstaaten zwei Arten von Abkommen verhandelt. Erstens, Abkommen zur Verstärkung der Zusammenarbeit bei der Verhinderung und Bekämpfung von schweren Verbrechen: Dies betrifft die Zusammenarbeit beim Abgleich von Fingerabdrücken und DNA-Proben. 14 Mitgliedstaaten haben gleichlautende Abkommen mit den USA.

Zweitens, Abkommen über den Austausch von Screening-Informationen über bekannte oder mutmaßliche Terroristen: Diese betreffen den Austausch spezifischer Informationen über Einzelpersonen, die mutmaßliche oder bekannte Terroristen sind, nämlich ihr vollständiger Name, ihr Geburtsdatum, Reisepass und Staatsbürgerschaft. Zehn Mitgliedstaaten haben solche Abkommen. Aber lassen Sie mich hinzufügen, dass keines dieser bilateralen Abkommen PNR-Daten umfasst. Der Austausch der PNR-Daten findet nur im Rahmen des EU-US-Abkommens statt.

Nach Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon und der Abschaffung der ehemaligen Säulenstruktur fallen jetzt alle Bedingungen für das US-Programm für visumfreies Reisen in die Zuständigkeit der EU. Die Kommission bewertet jetzt, ob der zweigleisige Ansatz, auf den man sich im Jahr 2008 geeinigt hat, nach Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon aktualisiert werden soll. Ich werde Sie natürlich diesbezüglich auf dem Laufenden halten.

Die Entschließung des Parlaments bezieht sich auch auf die Zusammenarbeit zwischen der EU und den USA im Hinblick auf das Programm der einmaligen Sicherheitskontrolle im Flugverkehr. Dies liegt in der Verantwortung von Vizepräsident Kallas, dem für Verkehr zuständigen Kommissar. Er hat Verhandlungen mit der US-Verkehrssicherheitsbehörde geführt, um Fluggäste, die aus den USA stammen, an EU-Flughäfen vom erneuten Screening zu befreien. Dies sollte die Effizienz auf Flughäfen in der EU erhöhen, ohne die Sicherheit zu gefährden. Vizepräsident Kallas hat den Ausschuss für Verkehr und Fremdenverkehr dieses Hauses über diese Themen auf dem Laufenden gehalten.

Es ist wichtig zu betonen, dass dieses Thema mit PNR nichts zu tun hat. Bei der Zusammenarbeit bezüglich der Frage der einmaligen Sicherheitskontrolle im Flugverkehr geht es nicht um die Übermittlung von personenbezogenen Daten und sie betrifft nicht die Informationsverarbeitung im Hinblick auf die Verfolgung von mutmaßlichen Kriminellen oder Terroristen, daher werden wir das Thema bei den PNR-Verhandlungen nicht ansprechen.

Abschließend möchte ich anmerken – und es tut mir leid, dass ich etwas lange rede, aber ich glaube, dass dies geklärt werden musste –, dass der Rat, wie der amtierende Präsident des belgischen Ratsvorsitzes sagte, die Verhandlungsmandate sehr rasch verabschieden wird. Ich verpflichte mich wie immer, Sie über die Fortschritte in allen Verhandlungsphasen zu informieren. Es wurde bereits entschieden, dass wir Verhandlungen parallel mit allen drei Ländern führen werden, aber sie werden nicht notwendigerweise zur gleichen Zeit abgeschlossen sein.

Ich weiß, dass dies von besonderem Interesse für Ihr Haus ist, und daher stehe ich Ihnen zur Verfügung, um dies jetzt zu diskutieren, und auch mit den entsprechenden Ausschüssen und mit anderen Mitgliedern der Kommission, wann immer Sie dies wünschen.

 
  
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  Axel Voss, im Namen der PPE-Fraktion. – Frau Präsidentin! Die morgen anstehende Abstimmung zu Fluggastdatensätzen wäre eigentlich nicht erforderlich gewesen, wenn man uns als Parlamentarier seitens der Kommission und des Rates in Sachen Datenübertragung von der EU und ihren Mitgliedstaaten in Drittstaaten seit der SWIFT-Entscheidung ernster genommen und uns besser informiert hätte. Wenn wir interinstitutionell so weitermachen, laufen wir und die USA bei Fluggastdatensätzen möglicherweise Gefahr, in die gleiche psychologische Situation zu kommen, wie wir sie bei SWIFT schon gehabt haben. Keiner von uns will das, und ich halte das auch für sehr gefährlich. Aber wir müssen uns eben auch anstrengen.

Ich vermisse letztlich ein klares Konzept zur Frage des erforderlichen Datenaustausches zwecks Terrorabwehr, das dem zugrunde liegen kann. Erst SWIFT, dann Fluggastdatensätze, dann haben wir das Memorandum of Understanding, wo der Zugriff auf nationale Datenbanken erfolgt, dann haben wir ein Rahmenabkommen mit den USA, dann wollen wir unsere eigene Datenschutznovelle novellieren, dann wollen wir dieses Programm für one-stop security installieren – das alles ist für mich eine Art Stückwerk.

Außerdem muss man doch auch einmal klären oder in Erfahrung bringen können, welche Daten die USA zur Terrorabwehr eigentlich benötigen und wie wir hier eine Hilfestellung leisten und diese auch bewerkstelligen können. Das ist bislang eine Art Salamitaktik, und das schadet.

Ich weiß um die zeitliche Zäsur durch das Inkrafttreten des Lissabon-Vertrags. Aber es ist noch schädlicher für uns, wenn der Rat und die Kommission uns nicht über diese Vorgänge informieren.

Ich bitte deshalb die Vertreter von Kommission und Rat um fünf Dinge. Zum einen: Entwickeln Sie doch ein vernünftiges Konzept, welches den Datenaustausch zum Zwecke der Terrorabwehr umfassend und abschließend beinhaltet. Ich bitte Sie auch, den Zusammenhalt in der EU in Fragen der Datenübertragung herbeizuführen und diesen nicht aufzuteilen in Nationales und Europäisches. Ich bitte Sie auch, die Kompetenzen in den Entscheidungen in dieser Frage doch auf eine generelle europäische Zuständigkeit auszurichten sowie die Möglichkeit in Betracht zu ziehen, den Abschluss von PNR-Abkommen mit Kanada und Australien vorzuziehen. Zum Schluss bitte ich noch um ein schnelleres Vorgehen, weil uns die Terroristen in Fragen der Sicherheit immer wieder die Mängel vorführen – wie kürzlich beim Frachtverkehr.

 
  
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  Birgit Sippel, im Namen der S&D-Fraktion. – Frau Präsidentin! In einer globalisierten Welt sind leider auch der Terrorismus und die Kriminalität global organisiert, und deshalb wissen wir, dass wir internationale Zusammenarbeit brauchen und auch Daten austauschen müssen. Ich habe mit großer Freude gehört, dass sowohl die Kommission als auch der Rat im Gegenzug den Bürgerrechten und dem Datenschutz eine ebenfalls sehr hohe Priorität einräumen. Zurücklehnen können wir uns deshalb als Parlament aber nicht, denn die Frage der Speicherfristen, der Datenmenge, der Zweckbegrenzung, aber auch der Kontrollmöglichkeiten, ob Schutzbestimmungen im Bereich Datenschutz auch wirklich umgesetzt werden, werden weiterhin kritische Punkte bleiben, denn in diesem sensiblen Bereich brauchen wir keine blinde Kontrolle, sondern wir brauchen mehr Vertrauen.

Die Bedingungen für den Austausch von Daten müssen auch deshalb auf einem besonders hohen Niveau stattfinden, weil es ja nicht nur um konkrete Abkommen mit Australien und den USA geht, sondern mehrere andere Länder wie Korea und Indien schon PNR-Abkommen mit uns haben wollen. Auch deshalb ist es ganz wichtig, dass wir an dieser Stelle besonders hohe Sicherheitsstandards einbauen. Das Gleiche gilt für die Weitergabe von Daten an Drittstaaten. Auch hier müssen wir sehr genau prüfen, welche Bedingungen wir einbauen wollen.

Zugleich müssen wir, wenn wir über PNR reden, auch über den Tellerrand hinausschauen. Was nützt es, wenn wir bei den Verhandlungen zu den Fluggastdaten die Datenmenge so gering wie möglich halten, wenn im Gegenzug die USA ankündigen, nicht nur eine Einreisegebühr erheben zu wollen, sondern von den Fluggästen zusätzliche Daten erheben.

Auch innerhalb der Europäischen Union haben wir ein Problem. Was nützt es, wenn wir möglichst hohe Standards vereinbaren und die Datenmengen begrenzen wollen, wenn zugleich bilaterale Abkommen geschlossen werden, deren Inhalt und deren Schutzstandards wir nicht kennen. Frau Malmström hat gesagt, es gehe dabei nicht um PNR-Daten. Aber sämtliche Daten, die erhoben werden, sollen ja angeblich dem Zweck der Terrorismusbekämpfung und der Bekämpfung von Kriminalität dienen! Deshalb will ich abschließend noch einmal fordern: Wir brauchen nicht nur gute Bestimmungen zu den Einzelmaßnahmen, sondern wir brauchen auch endlich die Gesamtschau aller Maßnahmen, aller Daten, die seitens der EU und der Mitgliedstaaten übermittelt werden. Uns muss eines klar sein: Egal, wie viele Maßnahmen wir ergreifen und wie viele Daten wir sammeln, hundertprozentige Sicherheit wird es nie geben. Auch dieser Tatsache müssen wir uns stellen.

 
  
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  Sophia in 't Veld, im Namen der ALDE-Fraktion. – Frau Präsidentin, ich möchte der Kommissarin und der Ministerin für ihre Einführungen danken. Ich begrüße sehr die äußerst kooperative Haltung der Kommission und des Rates. Wir haben in der Vergangenheit Beispiele gehabt, wo die Zusammenarbeit weniger vertraut war. Ich glaube, dass dieses Beispiel zeigt, dass wir, wenn es den drei wichtigsten Institutionen gelingt, eine Einigung zu erzielen, mit einer einzigen Stimme im Namen von 500 Millionen Bürgerinnen und Bürger sprechen können – und das ist eine sehr starke Stimme.

Die Entschließung wurde gemeinsam von sechs Fraktionen eingebracht, was bedeutet, dass das Parlament ein sehr starkes politisches Signal aussendet. Ich möchte auch den Schattenberichterstattern der anderen Fraktionen für ihre sehr gute Zusammenarbeit danken. Es gibt einen Punkt, den die Kommissarin und die Ministerin in ihren Ausführungen nicht angesprochen haben: die Frage der Verhältnismäßigkeit und Notwendigkeit. Sowohl der Rat als auch die Kommission behaupten noch, dass die umfassende – nicht Ad-hoc – Erfassung und Speicherung von PNR-Daten im Hinblick auf die Bekämpfung des Terrorismus notwendig und verhältnismäßig ist. Ich bin gewillt, ihnen zu glauben, aber diese Forderung ist zu belegen: Wir brauchen einen Beweis für die Notwendigkeit, einen Beweis für die Verhältnismäßigkeit. Warum? Der Verhältnismäßigkeitstest ist kein politischer Test; er ist ein rechtlicher Test.

Die europäischen Gesetze zum Datenschutz erfordern, dass die Erfassung und die Speicherung der Daten verhältnismäßig und notwendig sind. Dies ist nichts, worüber wir uns politisch einigen können; es ist etwas, das vor Gericht zu beweisen ist. Wenn jemand vor Gericht geht und das Gericht bestimmt, dass diese Abkommen nicht wasserdicht sind, dann stehen wir wie Idioten da. Das Europäische Parlament kann nicht aufgefordert werden, etwas zu befürworten, das rechtlich angreifbar ist. Dies ist grundlegend.

Es gibt noch einige andere Dinge, die zu klären sind. Ich freue mich zu hören, dass sich die Kommission mit dem Profiling-Thema befasst, aber ich glaube, dass wir noch weitere Diskussionen zu diesem Thema benötigen. Einige der Mitgliedstaaten schlagen eine Sunset-Klausel vor. Ich würde dies selbstverständlich voll und ganz unterstützen; ich hoffe, dass der Rat beschließt, eine solche Klausel einzuführen. Schließlich verweist die Europäische Kommission auf gute Beziehungen mit Drittländern, aber diese Abkommen können nicht als Instrumente der internationalen Diplomatie gesehen werden. Sie sind Instrumente der internationalen Zusammenarbeit bei der Rechtsdurchsetzung und beim Schutz der Bürgerfreiheiten und der Rechtsstaatlichkeit. Wir müssen es jetzt richtig anpacken, weil wir nicht nur mit den USA, Kanada und Australien verhandeln, sondern auch ein Muster und ein Exempel für Abkommen mit anderen Ländern vorgeben.

 
  
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  Jan Philipp Albrecht, im Namen der Verts/ALE-Fraktion. – Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, sehr geehrte Frau Malmström! Morgen werden wir als Parlament eine gemeinsame Entschließung annehmen, die einmal mehr unsere Bedenken beim Austausch von Fluggastdaten betont. Warum tun wir das? Weil wir schon seit mehreren Jahren Kritikpunkte angebracht haben, bei denen wir das Gefühl haben, dass sie in den aktuellen Verhandlungen noch nicht in vollem Umfang wahrgenommen werden, und weil es uns wichtig ist, dass das von vornherein wahrgenommen wird, damit diese Abkommen am Ende hier im Parlament zumindest eine Möglichkeit haben, die Zustimmung zu erlangen.

Es sind vor allen Dingen drei Kritikpunkte, von denen Herr Voss auch schon einige genannt hat. Erst einmal ist es wichtig und notwendig zu sehen, dass wir eine gemeinsame europäische Herangehensweise haben wollen und nicht unterschiedliche Datenaustauschmaßnahmen mit unterschiedlichen Datenschutzbestimmungen. Daher ist es wichtig, deutlich zu machen, dass das einheitlich auf europäischer Ebene mit den Vertragspartnern gelöst werden sollte.

Der zweite Punkt – und der ist umso wichtiger – ist, dass das Ganze auf einer rechtlich sauberen Basis und mit den Vertragsgrundlagen in Einklang steht. Wir haben als Parlament mehrfach deutlich gemacht, dass die Nutzung von Fluggastdaten für Profiling-Zwecke vom Parlament abgelehnt wird und lange Speicherfristen unvereinbar mit dem Verfassungsrecht sind. Das heißt für uns: Proaktive und reaktive Nutzung von Fluggastdaten sind damit eigentlich grundsätzlich ausgeschlossen. Dies muss in dem Mandat und auch in den Verhandlungen deutlich gemacht werden, damit am Ende eine Zustimmung hier im Parlament möglich ist.

 
  
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  Philip Bradbourn, im Namen der ECR-Fraktion. – Frau Präsidentin, es wurde anerkannt, dass PNR ein bedeutendes Instrument für die nationale Sicherheit ist. Es ist eine Schlüsselkomponente im Kampf für unsere Sicherheit, nicht nur in der Luft, sondern auch am Boden. PNR darf jedoch nur ein Instrument zur Terrorismusbekämpfung sein. Es darf kein Freibrief für die Speicherung von Daten durch Regierungen oder deren Agenturen geben.

Daher müssen wir genau erwägen, wem wir Zugang zu diesen Daten geben und warum; nicht nur welchem Land, sondern welchen Agenturen. Welche Vorteile werden wir davon haben, dass sie Zugang dazu haben? Wie werden die Daten von ihnen geschützt werden und zudem, wie können wir sicher sein, dass dies so bleibt? Wir müssen auch sicher sein, dass alle Absprachen mit Drittländern gegenseitiger Natur sind, so dass wir auch einen Nutzen haben können. PNR ist eine wichtige Waffe bei der Sicherstellung, dass wir uns gegen solchen Terrorismus schützen, aber es ist nicht die einzige Waffe. Pragmatismus und Verhältnismäßigkeit sollten ein wichtiger Aspekt bei jeder Entscheidung sein, die wir in diesem Haus treffen; beim Thema Fluggastdatensätze ist dies nicht anders.

 
  
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  Rui Tavares, im Namen der GUE/NGL-Fraktion.(PT) Bei der Diskussion um dieses PNR-Abkommen erinnern wir uns alle, was im Falle von SWIFT geschah; es ist bei dieser Debatte bereits mehrfach zur Sprache gekommen. Der Fall von SWIFT war aufschlussreich. Wir mögen bei SWIFT unterschiedlicher Meinung sein und wir haben sicherlich in unterschiedlicher Weise in dieser Kammer abgestimmt, aber wir sind uns alle über eine Sache einig: Wir haben eine Menge darüber gelernt, was zu tun ist und was nicht.

Was zu tun ist: Wir haben erfahren, dass das Parlament sehr entschlossen für die Verteidigung der Interessen von 500 Millionen Bürgerinnen und Bürgern im Hinblick auf ihre Privatsphäre eintreten muss. Dass wir dieses Mal sechs Fraktionen haben, die sich bei der Ausarbeitung dieser Entschließung beteiligen, bedeutet außerdem, dass wir beabsichtigen, die Stimme des Parlaments deutlicher und vereinter zu nutzen.

Wir wissen jedoch auch eine Menge darüber, was nicht zu tun ist. In dieser Phase der Verhandlungen über PNR können wir immer noch nutzen, was wir gelernt haben. Und das ist eindeutig, dass der Rat sein Mandat vorbereiten sollte, das wir sehr aufmerksam überprüfen werden; die Kommission sollte die Verhandlungen leiten, da sie Verhandlungsführerin ist; und das Parlament sollte das letzte Wort haben. Aber gleichzeitig haben wir viel mehr gelernt als das. Es ist offensichtlich, dass das Parlament in allen Phasen auf dem Laufenden gehalten werden sollte, aber an dieser Stelle wende ich mich direkt an die Kommission: Die Kommission könnte auch die Ideen des Parlaments im Zuge dieses Prozesses akzeptieren. Ich erinnere daran, dass zum Beispiel im Falle von SWIFT das Parlament die Idee hatte, einen Aufsichtsführer in Washington zu haben. Im Zuge dieses Prozesses sollte das Parlament viele Ideen haben, die in die Verhandlungen aufgenommen werden sollten, ohne natürlich die Vorrechte der Kommission mit Füßen zu treten, aber Tatsache ist, dass das Parlament bei dieser Verhandlung das letzte Wort, de facto und de jure, haben wird und sicherlich davon Gebrauch machen wird.

Ich glaube, dass es noch eine weitere Sache gibt, die wir in diesem Prozess nicht vergessen sollten, die wir aber zeitweilig vergessen haben, nämlich, dass diese Daten personenbezogene Daten sind. Das bedeutet, dass wir es mit „geliehenen“ Daten der Bürgerinnen und Bürger zu tun haben, wie wir es in unserer Entschließung formulieren, wenn wir über das Konzept der informationellen Selbstbestimmung sprechen. Das bedeutet, dass die Bürger auch zu jedem Zeitpunkt in diesem Prozess und während der Nutzung dieser Daten in Zukunft direkten Einblick in das haben müssen, was mit ihren Daten geschieht.

 
  
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  Jaroslav Paška, im Namen der EFD-Fraktion. (SK) Zurzeit werden personenbezogene Daten unserer Bürgerinnen und Bürger auf der Grundlage verschiedener Abkommen an die Vereinigten Staaten übermittelt. Von diesen sind es insbesondere die bilateralen Abkommen und Absichtserklärungen, die zwischen einigen Mitgliedstaaten und den USA geschlossen wurden, die ernsthafte Bedenken hinsichtlich Verletzungen der Datenschutzrechte von europäischen Bürgerinnen und Bürgern wecken.

Daher ist es gut, dass die Europäische Kommission sich mit der Bitte an den Europäischen Rat gewendet hat, Gespräche zwischen der EU und den USA zur Schaffung eines neuen Rahmenabkommens über die Übermittlung und die Verarbeitung personenbezogener Daten zum Zwecke der Vereitelung, Untersuchung, Aufklärung und Verfolgung von Verbrechen im Rahmen der politischen und gerichtlichen Zusammenarbeit bei kriminellen Angelegenheiten aufzunehmen.

Frau Kommissarin, in den Verhandlungen mit unseren amerikanischen Freunden müssen wir jedoch darauf drängen, dass das neue Rahmenabkommen ausgewogen und korrekt ist in Bezug auf die Rechte der EU-Bürgerinnen und Bürger im Bereich des Schutzes personenbezogener Daten. Es wäre auch gut, wenn das neue Rahmenabkommen die aktuellen bilateralen Abkommen ändern würde, die mangelhaft sind und in vielen Fällen die Rechte unserer Bürgerinnen und Bürger auf den Schutz personenbezogener Daten verletzen.

 
  
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  Daniël van der Stoep (NI).(NL) Frau Präsidentin, die Niederländische Freiheitspartei (PVV) ist sehr für Maßnahmen, die zur Bekämpfung des Terrorismus und insbesondere des islamistischen Terrorismus beitragen können. Die PVV misst dem Schutz der Privatsphäre der niederländischen Bürgerinnen und Bürger ebenfalls große Bedeutung bei und vertritt die Ansicht, dass diese Interessen, dort wo sie aufeinander prallen, sorgfältig gegeneinander abgewogen werden müssen.

Die Vereinigten Staaten können einen Teil unserer Fluggastdaten haben, aber unter drei Bedingungen. Erstens, dass diese Daten nur zur Bekämpfung des Terrorismus verwendet werden. Die zweite ist die Gegenseitigkeit. Amerikanische Fluggesellschaften müssen auch sicherstellen, dass auch den europäischen Behörden diese Daten übermittelt werden, so wie es andersherum erfolgt. Die Daten sollten nicht einer europäischen Agentur zur Verfügung gestellt werden, sondern eher den Behörden des europäischen Mitgliedstaats, der Transit- oder Bestimmungsort des Flugzeugs ist.

Die dritte Bedingung ist, dass die übermittelten Daten nicht diskriminierend sind. Die Vereinigten Staaten und somit auch die europäischen Länder können alle Daten anfordern, die freiwillig von den Fluggästen zur Verfügung gestellt wurden. Ich betone das Wort „freiwillig‟. Es können Angaben zu Religion, Ideologie, Anschrift, Telefonnummer, Kreditkartennummer und Daten aus dem Reisepass der jeweiligen Person zur Verfügung gestellt werden, aber meine Partei ist der Ansicht, dass Angaben, die von den Fluggästen nicht freiwillig gemacht werden, wie Angaben zu Sexualität, ethnischer Herkunft oder Behinderung, nicht übermittelt werden dürfen.

Frau Präsidentin, ich möchte ebenfalls wiederholen, warum diese Maßnahmen notwendig sind. Lassen Sie uns eindeutig sagen, dass sie nicht notwendig sind, um christlichen oder buddhistischen Terrorismus zu bekämpfen. Bedauerlicherweise sind diese Maßnahmen notwendig aufgrund der Bedrohung der freien Welt durch den Islam. Es wird Zeit, dass die Mitglieder dieses Parlaments dies endlich begreifen.

 
  
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  Agustín Díaz de Mera García Consuegra (PPE).(ES) Frau Präsidentin, Freiheit und Sicherheit sind wesentliche Elemente für die Umsetzung jeder aktuellen demokratischen Rechtsstruktur, in der Sicherheit das bedeutendste Instrument zum Schutz der Freiheit ist.

Die Übermittlung der Fluggastdatensätze (PNR) an Drittländer ist ein wesentliches Element für die transnationale Bekämpfung des Terrorismus und des internationalen Verbrechens. Sie sollte auf der peinlich genauen Einhaltung der EU-Bestimmungen zum Schutz personenbezogener Daten basieren, wie in den Artikeln 7 und 8 der Charta der Grundrechte und in Artikel 16 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union festgelegt. Aus diesem Grund müssen wir die Mitteilung der Kommission über den globalen Ansatz zur Übermittlung von PNR an Drittländer und ihre Empfehlungen, dass der Rat die Eröffnung der Verhandlungen in diesem Bereich mit Australien, Kanada und den Vereinigten Staaten genehmigt, begrüßen, da beide Instrumente die Bedenken des Parlaments in Bezug auf die Sicherheit, die Verteidigung der Grundrechte und den Schutz personenbezogener Daten aufgreifen.

Es sollte jedoch betont werden, dass die PNR-Daten nicht für das Profiling verwendet werden dürfen; deshalb versuchte die Kommission – meiner Meinung nach mit Erfolg – die Unterschiede zwischen den Begriffen „Risikobewertung‟ und dem vorgenannten Profiling zu klären.

Ferner sagte die Kommissarin, dass die Kontrollen eher von Menschen durchgeführt werden als in automatisierter Weise. Nun, wir werden sehen, was geschieht.

Frau Präsidentin, wir benötigen ein einziges, allgemeines, rechtlich verbindliches Abkommen zum Schutz personenbezogener Daten. Dieses Abkommen auf höchster Ebene muss durch sektorale Abkommen umgesetzt werden, um Terror und organisiertes Verbrechen zu bekämpfen.

Frau Präsidentin, was die Notwendigkeit anbelangt, so ist diese offensichtlich. Was die Verhältnismäßigkeit anbelangt, so muss diese in allen Fällen eine unabdingbare Forderung sein.

 
  
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  Juan Fernando López Aguilar (S&D).(ES) Frau Präsidentin, ich möchte mich denen im Parlament anschließen, die die Ansicht unterstützt haben, dass es nützlich und auch an der Zeit war, dass der Kommission die Empfehlung an den Rat ausgesprochen hat, die Einrichtung eines Rahmenabkommens für Datentransfer und den Schutz personenbezogener Daten zwischen den Vereinigten Staaten und der Europäischen Union zu verhandeln. Ich möchte auch meiner Unterstützung für eine entgegenkommenden Herangehensweise Ausdruck verleihen, so dass dieses Rahmenabkommen nicht nur alle zukünftigen Abkommen über Datentransfers zwischen der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten, sondern auch bilaterale Abkommen zwischen den Vereinigten Staaten und jedem der Mitgliedstaaten im Rahmen der gerichtlichen und polizeilichen Zusammenarbeit umfasst.

Zweitens möchte ich mich denen im Parlament anschließen, die ihr Bedauern und ihre Ablehnung bezüglich der Maßnahmen zum Ausdruck gebracht haben, die von den Vereinigten Staaten verabschiedet wurden, um Verwaltungsgebühren im Rahmen des Gesetzes zur Förderung des Reiseverkehrs („Travel Promotion Act‟) einzuführen, wodurch sich die Reisekosten erhöhen und folglich die Kosten des Personenverkehrs durch das Elektronische System für Reisegenehmigungen ESTA.

In der Praxis führt dies zu einer Steuer und der Wiedereinführung von Visa, zusätzlich zum Ausschluss Rumäniens, Polens, Bulgariens und Zyperns vom Programm zur Aufhebung der Visumspflicht, und das bedeutet somit ein zweistufiges System und die Anwendung zweierlei Maßstäbe bei der Behandlung von Mitgliedstaaten. Wir fordern daher die Kommission auf, es zu einer Priorität zu machen, ihre Ablehnung dieser Maßnahmen zum Ausdruck zu bringen und auch die Option der Gegenseitigkeit in Erwägung zu ziehen.

Drittens möchte ich jedoch sagen, dass die Bedeutung der Fluggastdatensätze und des rechtlichen Abkommens zwischen der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten genau in der Tatsache liegt, dass sie Datenschutz mit Datenaustausch kombinieren müssen und daher die Grundsätze garantieren, die in den Entschließungen des Parlaments enthalten sind und die in der Entschließung stehen werden, die wir morgen verabschieden: die Notwendigkeit, den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und den Grundsatz der Notwendigkeit zu stärken, die Minimierung unnötiger Daten und natürlich die Zweckbindung. Diese Grundsätze stellen sicher, dass es ein Gleichgewicht gibt zwischen Freiheit und Sicherheit, denn Freiheit ist eine der Verpflichtungen des Parlaments. Sicherheit ist jetzt jedoch eine der Zielsetzungen der Europäischen Union, wie die Kommissarin selbst zugestand.

Daher fordern wir Sie auf, diese Verpflichtung zur Stärkung der Garantie der Privatsphäre und der grundlegenden Menschenrechte in zukünftige Maßnahmen zur Luftsicherheit, in den Datenschutz für die Fluggastdatensätze, in die Überprüfung der Sicherheitskontrollen und in die aktuelle Debatte zur Einführung der Sicherheitsscanner an Flughäfen einzubeziehen.

 
  
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  Judith Sargentini (Verts/ALE).(NL) Frau Präsidentin, wir sind uns bewusst, dass wir irgendwie immer der Gesellschaft hinterherhinken. Entwicklungen finden statt und die Politik und die Gesetzgebung folgen später. Die Tatsache, dass das Format jetzt die Forderung enthält, dass Bürgerrechte durch ein Abkommen über Fluggastdatensätze (PNR) beachtet werden sollen, ist sehr heikel, aber es zeigt, dass wir den Entwicklungen hinterherhinken. Die vorhergehende Debatte bezüglich des Rahmenabkommens zum Datenschutz war ein weiteres Beispiel dafür.

Mich beunruhigt nicht, dass diese Liste, die gut aussieht, jetzt existiert und verwendet wird; meine Sorge betrifft den Erhalt der verschiedenen bilateralen Abkommen zwischen Mitgliedstaaten und anderen Ländern. Ich habe daher eine Frage an Frau Turtelboom vom Rat und zwar, ob sie garantieren kann, dass diese definitiv zu Ende sind? Ich möchte den Verhandlungsführern raten, die Europäische Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten in Buchform mitzunehmen, diese Grundrechte neben sich auf den Tisch zu legen, wenn sie mit den Verhandlungen beginnen, und sie regelmäßig einzusehen.

 
  
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  Marie-Christine Vergiat (GUE/NGL).(FR) Frau Präsidentin, wieder einmal werden wir um ein Abkommen zum Schutz der Daten europäischer Bürgerinnen und Bürger gebeten, wenn diese an die Vereinigten Staaten übermittelt werden, und dieses Abkommen soll auch in Kanada und Australien gelten. In diesem Haus sind wir alle zur Sicherheit unserer Mitbürgerinnen und Mitbürger verpflichtet. Die Debatte geht nicht darum.

Ja, unsere Mitbürgerinnen und Mitbürger haben ein Recht auf Sicherheit, doch sie haben in allen Bereichen ein Recht darauf, einschließlich im Bereich der Rechtssicherheit. Wir wissen, dass insbesondere im Namen der Bekämpfung des Terrorismus viele Sicherheiten, auf die alle Bürgerinnen und Bürger ein Recht haben, gefährdet wurden und dass Quantität allzu häufig Vorrang vor Qualität hatte.

Ich möchte unserer Berichterstatterin für ihre Arbeit danken, die in die richtige Richtung geht, insbesondere wenn sie die Fragen der Notwendigkeit und der Verhältnismäßigkeit betont. Ich würde dem gerne die Frage der Gegenseitigkeit hinzufügen. Wenn es um den Schutz der Menschenrechte geht, sind die Vereinigten Staaten alles andere als ein Vorbild, und wir wissen, dass die europäischen Bürgerinnen und Bürger dort nicht denselben Schutz genießen wie in Europa, und dass eine gewisse Anzahl von ihnen regelmäßig dem unterworfen wird, was ich bürokratische Schikane nennen würde – und was schlimmer ist – aus dem Grund, dass man sie verdächtigt, Terroristen zu sein. Was bedeutet das? Schlimmer noch, was wird mit diesen Garantien geschehen, wenn die Daten an Drittländer übermittelt werden, insbesondere im Hinblick auf Prävention?

Wir wissen, dass 80 % dieser Daten die Vereinigten Staaten bereits erreicht haben. Die Aussagen, die ich gerade gehört habe, sind bedauerlicherweise alles andere als vertrauenserweckend.

 
  
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  Monika Flašíková Beňová (S&D). (SK) Die europäische Strategie zur Bereitstellung von personenbezogenen Daten über Reisende ist ein wichtiger Schritt hin zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften in diesem Bereich. Die Tatsache, dass eine Reihe von Gesetzgebungsinitiativen nebeneinander bestehen, zeigt die Notwendigkeit von Einheitlichkeit. Es ist jedoch zu sagen, dass diese Strategie eine Reihe von Mängeln aufweist, insbesondere im Bereich des Schutzes personenbezogener Daten, wie hier bereits mehrfach erwähnt wurde.

Das Kommissionsdokument, das kürzlich im September veröffentlicht wurde, kritisiert ebenfalls den Europäischen Datenschutzbeauftragten. Ich stimme mit dem Teil der Kritik überein, der sich auf den Grad der Notwendigkeit und die Genehmigung von Anfragen nach einer besonderen Art von Daten bezieht. Meiner Meinung nach müssen wir die Möglichkeiten, Daten für die Erstellung von Profilen oder Risikoeinschätzungen zu verwenden, strikt limitieren.

Eine solche Nutzung von Daten erfordert eine größere Rechtfertigung als in dem aktuellen Wortlaut enthalten ist, und gleichzeitig müssen wir genauer spezifizieren, wie verhindert werden soll, dass Daten missbräuchlich verwendet werden.

Ich möchte jetzt eine Reihe von Beispielen aus anderen Abkommen erwähnen, einschließlich eines Abkommens zwischen der EU und den USA zur Bereitstellung von Fluggastdaten an das US-amerikanische Heimatschutzministerium. Das Abkommen enthält einen strittigen Vergleich zwischen diesen Daten und Daten aus Datenbanken über Einwanderer. Ich weiß es nicht, aber meiner Meinung nach entspricht diese Bedingung nicht dem Ziel des Abkommens, nämlich der Bekämpfung des Terrorismus und schwerer Verbrechen.

Es wird daher für uns wesentlich sein, solche strittigen Fehler zu vermeiden, wenn wir diese Abkommen zukünftig formulieren, und ich hoffe, dass die Kommission dies schaffen wird, da wir definitiv das aktuelle Dokument nicht als zufriedenstellend betrachten können, insbesondere nicht im Bereich des Schutzes personenbezogener Daten.

 
  
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  Salvatore Iacolino (PPE).(IT) Frau Präsidentin, Frau Ministerin, Frau Kommissarin, meine Damen und Herren, wenn ich den bedeutenden Beiträgen zuhöre, die bisher von meinen Kollegen geleistet wurden, besteht kein Zweifel daran, dass die Notwendigkeit, eine ziemlich rasche Einigung bei der Festlegung dieses Rahmenabkommens über Fluggastdatensätze zu erzielen, einen starken Antrieb seitens des Parlaments darstellt.

Angefangen von der Prämisse, dass es derzeit keinen gültigen einheitlichen Rechtsrahmen gibt – und dies steht sicherlich in starkem Gegensatz zu der tatsächlichen und empfundenen Notwendigkeit, den Terrorismus mit aggressiven, starken Maßnahmen zu bekämpfen und dabei ein Gleichgewicht zwischen Privatsphäre und Sicherheit zu erzielen – muss man berücksichtigen, dass Maßnahmen zur Garantie der Sicherheit effektiv durch internationale Zusammenarbeit erreicht werden können. Wie es vor einiger Zeit im Parlament der Fall war, als das SWIFT-Projekt verabschiedet wurde, müssen wir gleichzeitig das Verhandlungsmandat des Rates unbedingt berücksichtigen, aber auch die bedeutenden Beiträge, die das Parlament in einem Kontext bieten kann, in dem die Bekämpfung der illegalen Einwanderung durch das Rahmenabkommen gewährleistet werden kann.

 
  
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  Petru Constantin Luhan (PPE).(RO) In einer Zeit großer Mobilität können wir keine Sicherheit ohne einen effizienten Datenaustausch genießen. Es ist unsere Pflicht, unsere Bürgerinnen und Bürger gegen terroristische Angriffe und das organisierte Verbrechen zu schützen. Es muss jedoch ein Gleichgewicht zwischen Sicherheit und Privatsphäre gefunden werden. Ich begrüße die Tatsache, dass die Entschließung des Europäischen Parlaments betont, dass die PNR-Daten nicht für das Profiling verwendet werden können. Ich glaube, dass die Partnerschaft zwischen den USA, Kanada und Australien einerseits und der Europäischen Union andererseits die ideale Lösung für die Bekämpfung des Terrorismus und des organisierten Verbrechens bieten kann.

Ich denke, dass beide Seiten vor allem eine gemeinsame Verständnisgrundlage darüber finden müssen, was zur Erreichung dieser Zielsetzung gehört. Wir müssen daran denken, dass die Europäer allein durch ihre Mentalität der Achtung ihrer Privatsphäre eine besondere Bedeutung beimessen. Die EU kann ihre Zustimmung dazu nicht geben, solange nicht jedes Detail in Bezug auf die Sicherheit der zu übertragenden Daten zwischen den beteiligten Parteien geklärt ist.

 
  
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  Ioan Enciu (S&D).(RO) Die vorgeschlagene Strategie stellt einen Fortschritt darin dar, wie man Abkommen in diesem Bereich zukünftig angehen soll. Es ist wichtig, dass ein Gleichgewicht zwischen dem Schutz der Privatsphäre und der Grundrechte und der Notwendigkeit zur Bekämpfung des Terrorismus erzielt wird. Wenn die Strategie so angewendet wird, wie sie vorgestellt wurde, wird sie feste, durchsetzbare Garantien in Bezug auf die Einhaltung der Rechte haben, welche die europäischen Bürgerinnen und Bürger in der Europäischen Union genießen. Wie Kommissarin Malmström uns versichert hat, wird ein Profiling durch automatische Verarbeitung der übermittelten Daten nicht möglich sein. Wir hoffen, dass dies der Fall ist, denn dies war eines unserer Bedenken, ebenso wie die Speicherdauer.

Auch wenn wir nicht über personenbezogene Daten sprechen, glaube ich grundsätzlich, dass dies letztlich eine Frage des Rechts der Bürgerinnen und Bürger auf Privatsphäre ist. Dies ist ein Grund, warum administrative und rechtliche Mittel den Bürgerinnen und Bürgern zur Verfügung gestellt werden müssen, die vom Missbrauch dieser Dateneingabe betroffen sind. Übermittlungen von PNR-Daten an Drittländer müssen fallweise ausgeführt werden und nur mit der ausdrücklichen Zustimmung der Europäischen Union.

 
  
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  Angelika Werthmann (NI). - Frau Präsidentin! Die Vorgehensweise der Kommission, ihr sektorübergreifendes Konzept für die Übermittlung von Fluggastdatensätzen an Drittländer zur Diskussion zu stellen, ist zu begrüßen, vor allem vor Verhandlungsbeginn mit Drittstaaten. Dies zeigt, dass man aus den vergangenen Methoden gelernt hat. Wie schon mehrfach zu ACTA und SWIFT erwähnt, habe ich auch hier massive Bedenken bezüglich der Datenschutzstandards. Allerdings geht es hier grundlegend um den Umgang mit den Daten, mit denen die Behörden z. B. eventuelle Komplizen von Verdächtigen identifizieren wollen. Auf den ersten Blick eine durchaus nützliche Sache, auf den zweiten aber ist es eine sehr schwerwiegende Vermutung, basierend auf dünnen Indizien, europäische Bürger unter Generalverdacht zu stellen. Und wir würden auch noch die Namen und Daten dazu liefern?

 
  
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  Andrew Henry William Brons (NI). – Frau Präsidentin, ich bin natürlich nicht dafür, dass die Europäische Union überhaupt das Recht hat, Verträge zu schließen. Ich werde mich jedoch bemühen, die Grundsätze der Verträge über Fluggastdatensätze (PNR) objektiv zu betrachten. Der Ansatz zur Abwägung der manchmal gegensätzlichen Bedürfnisse der Privatsphäre und der Sicherheit ist im Wesentlichen vernünftig. Die Menschen haben das Recht, dass Details ihres Lebens vertraulich behandelt werden, aber die Behörden haben nicht nur das Recht, sondern auch die Pflicht, das Leben ihrer Bürger zu schützen. Wenn Terroristen und Schwerverbrecher einfach schwarze Hüte trügen und böse lachen würden, könnten diese beiden Bedürfnisse gleichzeitig erfüllt werden.

Die Union lässt es jedoch zu, dass ihre eigenen ideologischen Hemmungen sich ihr in den Weg stellen, um das richtige Gleichgewicht zu erzielen. Ich kann ihre Abneigung verstehen, unnötig Informationen über die Herkunft der Menschen oder deren Meinungen preiszugeben. Wenn dies keinen Zusammenhang oder gar Wechselwirkung mit Terrorismus hat, ist dies eine gesunde Einstellung. In einer Zeit, in der ein bestimmter Teil der Bevölkerung in unproportionaler Weise in Terrorismus verwickelt ist – und dieser Anteil kann sich ändern – sehe ich jedoch keinen Einwand gegen das Profiling dieser Bevölkerung.

 
  
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  Cecilia Malmström, Mitglied der Kommission. – Frau Präsidentin, ich glaube, dass die Bedrohung durch Terroristen noch vorhanden ist und wir müssen dagegen vorgehen. Wir haben viele Instrumente dafür, aber Informationen zu ändern und auszutauschen, ist der Schlüssel dafür. Wir haben PNR-Abkommen. Ich habe bereits aussagekräftige Beweise dafür gesehen, dass PNR unbedingt erforderlich ist, um terroristische Angriffe zu erkennen und zu verhindern. Wir werden dafür sorgen, dass diese Beweise dem Europäischen Parlament mit konkreten Beispielen zur Verfügung gestellt werden, sowohl aus den drei Ländern, über die wir diskutieren, als auch aus den darauffolgenden EU-PNR. Dies ist wesentlich, um Ihnen die Möglichkeit zu geben, dies ordentlich zu bewerten und es mit Ihren Wählern zu diskutieren.

Wir sollten PNR austauschen, aber wir sollten es nicht ohne Regeln tun. Wir müssen die relevanten Informationen haben, um uns ein eindeutiges Bild machen zu können und klare Regeln zu haben. Wir müssen den Geltungsbereich und die Aufbewahrungsfristen festlegen, um für ein hohes Niveau an Datenschutz und die Möglichkeit einer Klageerhebung für den Einzelnen zu sorgen. Wir müssen klare Regeln für die Übermittlung in Drittländern haben und wir müssen verhältnismäßig handeln. All dies steht in der Mitteilung der Kommission und ich bin sehr froh zu sehen, dass Ihre Mitteilung dieser im Großen und Ganzen entspricht, auch wenn es einige kleinere Abweichungen geben mag.

Dies sind die Themen, die mit unseren drei Partnern verhandelt werden sollen; sie werden schwierig sein, aber ehrgeizig von unserer Seite. Mein Ziel ist es, dies zusammen mit dem Rat und mit den anderen drei Institutionen der EU zu tun, so dass die Institutionen mit einer Stimme sprechen und in dieser Sache ein eindeutiger Partner sein können.

Von Anfang an habe ich versucht, das Parlament einzubeziehen und eine offene und transparente Beziehung zu pflegen, mit den entsprechenden Ausschüssen, den Berichterstattern, den Schattenberichterstattern, den Koordinatoren usw. und so werde ich es weiterhin tun. Ich verspreche, dass ich Sie in allen Phasen der Verhandlungen, wenn sie begonnen haben, umfassend und umgehend auf dem Laufenden halten werde, um eine offene Diskussion zu führen und ihre Meinungen anzuhören. Auch wenn die Kommission die Verhandlungen leiten wird, bin ich bereit, mit Ihnen zu diskutieren und Sie zu informieren und eine gute Zusammenarbeit mit Ihnen bei diesem Thema zu haben.

 
  
  

VORSITZ: Edward McMILLAN-SCOTT
Vizepräsident

 
  
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  Annemie Turtelboom, amtierende Ratspräsidentin.(NL) Herr Präsident, ich möchte in jedem Fall damit beginnen, zu erwähnen, dass ich als Innenministerin weiß, dass wir häufig mögliche Anschläge vermeiden konnten, indem wir Informationen ausgetauscht und ausgewertet haben. Genau das macht diese Debatte und den Abschluss eines gut fundierten Abkommens zur Übermittlung von Fluggastdatensätzen (PNR) so wichtig.

Ich weiß, dass die Kommission einer sehr schwierigen Aufgabe gegenüberstehen wird, sobald die Mandate durch den Rat angenommen wurden; sie muss die eigentlichen Verhandlungen eröffnen und ein Gleichgewicht schaffen zwischen einerseits dem, was hier jeder möchte, worüber eine breite Zustimmung herrscht, nämlich dem Schutz der personenbezogenen Daten, und andererseits dem klaren Tenor hier in dieser Versammlung, der sagt: Wir benötigen diese PNR-Daten. Wir brauchen häufig Informationen, um uns beispielsweise vor terroristischen Anschlägen zu schützen.

Ich bin aber sehr erfreut, dass das Europäische Parlament, der Rat und die Kommission auf derselben Wellenlänge sind und dasselbe Gleichgewicht im Hinterkopf haben: Ein Gleichgewicht zwischen Datenschutz und Sicherheit, wofür wir alle die Verantwortung tragen. Ich denke, wir haben den Punkt erreicht, an dem wir die Mandate festlegen können. Im Anschluss kommt die schwierige Arbeit der eigentlichen Verhandlungen; wir müssen sicherstellen, dass wir nicht zu weit von unserem Mandat abweichen und dass wir selber weiterhin zu jeder Zeit dieses Gleichgewicht festlegen.

Ich würde gerne auf einige spezifische Anfragen eingehen, so zum Beispiel auf den Kommentar zur Verfallsklausel („Sunset-Klausel“). Es ist wirklich wichtig, herauszustellen, dass dieses Mandat sieben Jahre gültig ist, dass es nach vier Jahren bewertet wird, dass, wenn das Abkommen beschlossen und hier auch angenommen würde, eine Verlängerung nur nach einer Aussprache hier im Parlament möglich wäre, was, wie ich meine, logisch ist. Dieses ist keine eigentliche Verfallsklausel, aber es gleicht dieser sehr stark hinsichtlich der Frist und der Bewertung nach vier Jahren.

Außerdem erklären die Schlussfolgerungen des Rates ganz richtig, dass wir großen Wert auf die Artikel 7 und 8 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union legen – und es gab auch Kommentare zu diesem Thema – und wir müssen diese weiterhin gewährleisten. Selbstverständlich ist es für uns alle wichtig – und das findet sich auch im Mandat –, dass ein unabhängiges Organ eingerichtet wird, bei dem Privatpersonen eine Beschwerde vorbringen können, wenn sie feststellen, dass ihre Daten unrechtmäßig oder für andere Zwecke benutzt wurden.

Schließlich, und das wird ein sehr schwieriger Punkt, die Frage zur Erstellung von Personenprofilen („Profiling“), und selbstverständlich wollen wir alle eine Risikobewertung. Schließlich kann die Risikobewertung auf der Grundlage von gesammelten Daten durchgeführt werden, damit die richtigen Entscheidungen getroffen werden können. Andererseits ist es selbstverständlich unerlässlich, der Stigmatisierung bestimmter ethnischer Gruppen vorzubeugen, selbst wenn sich hier eine Fraktion dafür eingesetzt hat. Ich glaube, wir wollen absolut keine ethnische Stigmatisierung. Ich glaube, dass dies auch eines der Grundrechte ist, die wir als europäische Bürgerinnen und Bürger genießen, und ich möchte, vor allem auch in meiner Funktion als amtierende Präsidentin des Rates, sicherstellen, dass wir nicht in eine solche Situation kommen.

 
  
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  Der Präsident – Die Aussprache ist geschlossen.

Die Stimmabgabe findet morgen, Donnerstag, den 11. November 2010, um 12.00 Uhr statt.

Schriftliche Erklärungen (Artikel 149)

 
  
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  Vilija Blinkevičiūtė (S&D), schriftlich.(LT) Das Parlament verfolgt das Ziel, die Verfahren zur Übermittlung von Fluggastdatensätzen (PNR) an Drittländer zu stärken. Besondere Aufmerksamkeit sollte dem Schutz der persönlichen Daten der Passagiere gewidmet werden. Strafverfolgungsorgane können die durch Fluggäste zur Verfügung gestellten Daten nutzen, um begangene Verbrechen zu untersuchen und Risiken einzuschätzen. In der Entschließung betont das Parlament daher, dass das Recht der Menschen auf den Zugang zu Informationen und ihr Recht auf Privatsphäre geschützt sein müssen. Weiterhin fordert das Parlament, dass die Datenübertragung die europäischen Datenschutzstandards erfüllt. Es ist sehr wichtig, durchsetzbare Standards zum Schutz der persönlichen Daten einzuführen, die den Schutz grundlegender Menschenrechte und Freiheiten garantieren. Unabhängige Regierungseinrichtungen auf beiden Seiten des Atlantiks müssen für die Anwendung dieser Standards verantwortlich sein. Das Parlament stimmt der Empfehlung der Kommission zu, die Verhandlungen für ein Abkommen zwischen der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten von Amerika bezüglich des Schutzes der personenbezogenen Daten bei deren Übermittlung und Verarbeitung zum Zweck der Verhinderung, Untersuchung, Ermittlung oder Verfolgung von Straftaten zu eröffnen. Um eine effektive Zusammenarbeit zwischen den Institutionen sicherzustellen, sollte die Kommission das Europäische Parlament in jeder Phase der Verhandlungen bezüglich des Schutzes personenbezogener Daten auf dem Laufenden halten.

 
  
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  Ágnes Hankiss (PPE) , schriftlich. (HU) Ist die EU wirklich in der Lage, die nachrichtendienstlichen Daten, die aus den Vereinigten Staaten kommen, zu erhalten? Der Entschließungsantrag zu den Fluggastdatensätzen (PNR) ist zu begrüßen, weil er sich für ein Abkommen zwischen den Vereinigten Staaten und der Europäischen Union auf der Grundlage eines Gleichgewichts zwischen Sicherheit und Datenschutz einsetzt. In einem Punkt empfinde ich ihn als unzureichend. In Übereinstimmung mit Frau Reding, die besonderen Wert auf eine Kultur der Gegenseitigkeit legt, möchte ich die Frage stellen, ob wir es tatsächlich für wichtig halten, dass der Datenaustausch gegenseitig erfolgt – das heißt, dass wir nicht nur Informationen zur Verhütung des Terrorismus liefern, sondern von den Vereinigten Staaten auch Informationen erhalten. Wenn dem so ist, dann genügt es nicht, den USA nur eine Wunschliste zu unterbreiten, sondern wir müssen in der Praxis eine Einrichtung der EU schaffen oder benennen, die in der Lage ist, die nachrichtendienstlichen Daten aus den USA zu erhalten und zu verarbeiten, und zugleich dafür sorgt, dass ein einheitlicher Zugriff durch die Mitgliedstaaten auf die Informationen erfolgt. Dieses Problem ist bereits im Zusammenhang mit dem SWIFT-Abkommen in den Mittelpunkt gerückt, in dem die Übermittlung von Daten über Bankgeschäfte geregelt ist, es wurde aber seitdem nicht gelöst. Es wäre von Vorteil gewesen, wenn der Antrag nachdrücklich auch auf diese bevorstehende Aufgabe hingewiesen hätte.

 
  
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  Andreas Mölzer (NI), schriftlich. – In den letzten Jahren wurden im Namen der Terrorbekämpfung zunehmend Grundrechte beschnitten. Die Sinnhaftigkeit ist dabei oft zweifelhaft: Während der Passagier quasi bis auf die Unterhose durchsucht wird und in seinem Gepäck weder Nagelfeile noch Deo haben darf, bleibt der Check von Frachtgut häufig der Spedition selbst überlassen. Wenn sich das künftig ändern wird, dann muss die Balance zwischen Freiheit und Sicherheit gewahrt bleiben. Denn bei den Passagierkontrollen ist diese schon verloren gegangen, und so werden mit Nachlassen der Terrorhysterie die Vorgaben wieder gelockert.

Ebenso fraglich ist, ob das FBI bei US-Reisen Namen, Anschrift, E-Mail-Adresse, Kreditkartennummer und Kofferzahl wissen muss und bis zu 15 Jahre speichern darf. Wenn man sich etwa in Großbritannien künftig leicht verdächtig macht – nicht etwa wegen der Religionszugehörigkeit, wo nachweislich ein Terror-Zusammenhang besteht –, sondern verdächtig ist, wer kurzfristig fliegt, womöglich noch ohne Gepäck und dafür bar zahlt, dann ist es das Mindeste, dass es generell für Flugdatenübermittlung, nicht nur in die USA, ein Beschwerde- und Klagerecht gibt und die Daten nicht bis zum Sankt-Nimmerleinstag gespeichert bleiben. Und natürlich darf die Speicherung nur zweckgebunden erfolgen. Wenn schon für das Sicherheitsgefühl in Grundrechte eingegriffen wird, dann muss der Eingriff möglichst gering sein, und die Rechte der Betroffenen müssen gestärkt werden.

 
  
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  Nuno Teixeira (PPE), schriftlich.(PT) Die Kommission hat eine Reihe von Vorschlägen zum Austausch von Fluggastdatensätzen (PNR) mit Drittländern und zur Eröffnung der Verhandlungen über das Abkommen mit Australien, Kanada und den USA gemacht. Die Festlegung allgemeiner Grundsätze bezüglich der PNR ist eines der Mittel, um dem grenzüberschreitenden Verbrechen und Terrorismus vorzubeugen. Es gibt jedoch Anlass zu Bedenken hinsichtlich des Schutzes der bürgerlichen Freiheiten und Grundrechte. Die Datenbank der PNR erfasst Angaben der Fluggäste bei der Buchung und bei der Abfertigung und ermöglicht es den verantwortlichen Behörden, in der Vergangenheit begangene Verbrechen zu untersuchen, neuen Verbrechen vorzubeugen und Risikoanalysen durchzuführen. Jetzt wird dieses Sicherheitsinstrument mit Drittländern genutzt, das macht es notwendig, eine rechtliche Sicherheit der Daten zu schaffen. Diese Vorschläge richten sich vor allem auf die Modalitäten der Übermittlung von PNR, auf Standards zur Überwachung der richtigen Anwendung des PNR-Abkommens und auf dessen Wechselseitigkeit. Das Parlament unterstützt die Empfehlungen der Kommission und die Meinung des Europäischen Datenschutzbeauftragten, zugleich unterstreicht es, dass die Privatsphäre der Fluggäste nicht verletzt werden darf und dass diese Daten nur für die vorgesehenen Zwecke genutzt werden dürfen.

 
  
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  Georgios Toussas (GUE/NGL), schriftlich.(EL) Der gemeinsame Entschließungsantrag belegt erneut, dass das Europäische Parlament, wie alle Gemeinschaftsorgane, eine ernsthafte Gefahr für die Freiheiten des Volkes und die demokratischen Rechte darstellt. Die Entschließung nutzt den Vorwand des Terrorismus und die „Notwendigkeit der Zusammenarbeit gegen den Terrorismus“ zwischen der EU und den Vereinigten Staaten, um die Erhebung allgemeiner Daten über alle Fluggäste, die von der EU in die Vereinigten Staaten, Kanada und Australien reisen, zu rechtfertigen. Leeres Gerede über sogenannte Garantien zum Schutz personenbezogener Daten ist die Ausrede des Europäischen Parlaments, um dem Abschluss eines Abkommens über Fluggastdatensätze zwischen der EU und den Vereinigten Staaten zuzustimmen, ein Abkommen, das es bislang immer scheinheilig als unakzeptabel hingestellt hat. In diesem gemeinsamen Entschließungsantrag täuschen die politischen Sprecher des Kapitals, Seite an Seite mit den Opportunisten, auf beleidigende Weise die Öffentlichkeit mit Gerede über ein Abkommen, das scheinbar Garantien zum Schutz personenbezogener Daten beinhaltet. Kein Abkommen und keine Garantie kann den Schutz personenbezogener Daten sicherstellen, solange diese dem Geheimdienst und den Unterdrückungsmechanismen der Vereinigten Staaten und anderer Länder übergeben werden und diesen ausgeliefert sind. Die Kommunistische Partei Griechenlands hat gegen diese unannehmbare Entschließung gestimmt und fordert die Öffentlichkeit auf, gegen die EU und deren volksfeindliche und repressive Politik zu kämpfen, die sich gegen soziale, demokratische und grundlegende Menschenrechte richtet.

 
  
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  Zbigniew Ziobro (ECR), schriftlich.(PL) Eine der größten Bedrohungen, der die Welt in den letzten Jahren gegenüberstand, ist der asymmetrische Krieg gegen den Terrorismus, zusammen mit den Bedrohungen, die aus der Zunahme der internationalen organisierten Kriminalität erwachsen. Sofern Europa und die USA zu diesem Zweck nicht zusammenarbeiten, ist die Schaffung eines wirksamen Schutzschildes gegen diese Gefahr unmöglich. Der Informationsaustausch ist ein Schlüsselaspekt in dieser Zusammenarbeit und daher sind PNR ein absolut unerlässlicher Bestandteil der gemeinsamen Sicherheit. Es ist jedoch wichtig, zu berücksichtigen, dass deren Wirksamkeit allein davon abhängt, dass der Datenaustausch mit den USA auf völliger Gegenseitigkeit beruht. Ich hoffe auch, dass die Annahme des Abkommens die Ratifizierung der Abkommen zwischen den USA und der Europäischen Union über das Programm für visumfreies Reisen beschleunigt, wodurch es möglich wird, US-Visa, unter anderem für polnische Bürgerinnen und Bürger, abzuschaffen.

 

16. Verwalter alternativer Investmentfonds (Aussprache)
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  Der Präsident. – Der nächste Punkt ist der Bericht von Herrn Jean-Paul Gauzès im Namen des Ausschusses für Wirtschaft und Währung über den Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Verwalter alternativer Investmentfonds und zur Änderung der Richtlinien 2004/39/EG und 2009/…/EG (KOM(2009)0207 – C7-0040/2009 – 2009/0064(COD)) (A7-0171/2010).

 
  
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  Jean-Paul Gauzès, Berichterstatter.(FR) Herr Präsident, Herr Reynders, Herr Kommissar, der Text, über den wir heute Abend debattieren und der morgen im Parlament zur Abstimmung kommt, ist das Ergebnis einer langwierigen Arbeit. Am 30. April 2009 hat die Europäische Kommission ihre Vorschläge für eine Richtlinie über Verwalter alternativer Investmentfonds vorgelegt. Das Ziel ist die Schaffung eines sichereren, harmonisierten Rahmens auf der Ebene der Europäischen Union zur Beaufsichtigung und Überwachung der Risiken, die Verwalter für ihre Investoren, für ihre Gegenparteien, für andere Akteure auf den Finanzmärkten und für die finanzielle Stabilität darstellen. Gleichzeitig soll es den Verwaltern, unter Beachtung strenger Voraussetzung, ermöglicht werden, auf dem gesamten Binnenmarkt ihre Dienstleistungen anzubieten und ihre Fonds zu vertreiben.

Herr Präsident, darf ich einen Moment innehalten, ich möchte wissen, ob ich aufgrund der Dauer unserer Arbeit keine zeitliche Begrenzung habe, da ich sehe, dass die Uhr noch nicht begonnen hat. Ehrlich gesagt stört es mich nicht, ich möchte nur Ihre Aufmerksamkeit darauf lenken.

Das Parlament hat den Text vor ungefähr 14 Monaten erhalten. Unter den Mitgliedern des Europäischen Parlaments ist sichtliches Interesse aufgekommen, da eine Rekordzahl von 1690 Änderungsanträgen eingereicht wurde. Fachleute wurden in großem Ausmaß zugezogen und der Berichterstatter hat fast 200 Gespräche zu diesem Text geführt, die Gespräche mit nationalen Behörden nicht mitgezählt.

Die Kompromissfassung zu Ende zu bringen, die heute debattiert wird, war eine besonders schwere Arbeit. Ein halbes Dutzend informeller Triloge unter dem spanischen Ratsvorsitz haben im ersten Halbjahr 2010 stattgefunden, um den Informationsaustausch bezüglich des Fortschritts der Arbeit zu erleichtern. In dieser Zeit wurde keine Einigung im Rat erzielt.

Am 17. Mai 2010 hat der Ausschuss für Wirtschaft und Währung mit großer Mehrheit für den Bericht gestimmt, der das Ergebnis gemeinsamer Beratungen von Mitgliedern des Europäischen Parlaments war. Das Parlament hat die Verhältnismäßigkeit, unterschiedliche Regeln für verschiedene Fondskategorien und Regelungen zum Schutz von Private-Equity bei Zielunternehmen und von Arbeitsplätzen eingeführt, außerdem auch ein Passsystem für Fonds und Verwalter alternativer Investmentfonds, die ihren Standort außerhalb der Europäischen Union haben.

Danach folgten ein Dutzend Triloge. Zwischen den drei Institutionen wurde ebenfalls eine Arbeitsgruppe eingerichtet, die insbesondere die technischen Aspekte der Vorschläge in einer Reihe von Sitzungen mit dem belgischen Ratsvorsitz und der Kommission behandelte.

Am 26. Oktober 2010 hat der Trilog, der zu einem Schlussabkommen führen sollte, unter aktiver Beteiligung vom Präsidenten des ECOFIN-Rates, Herrn Reynders und des Kommissars Barnier stattgefunden und es wurde eine Einigung über eine Kompromissfassung erzielt, von der der Berichterstatter meinte, sie dem Parlament zur Abstimmung vorlegen zu können.

Ich werde angesichts der Länge dieses technischen Dokuments nicht ins Detail gehen, sondern die wichtigsten Punkte herausstellen. Die Richtlinie wird die in der Europäischen Union ansässigen Verwalter von alternativen Investmentfonds verpflichten, sich genehmigen oder registrieren zu lassen und betriebliche und organisatorische Anforderungen sowie Verhaltenskodizes und Transparenzregeln zu erfüllen. Durch die Richtlinie sind die Verwalter den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten und der Europäischen Wertpapieraufsichtsbehörde (ESMA) zwecks Kontrolle und Verhängung von Sanktionen unterstellt.

Zur Verwaltung und zum Vertrieb ihrer Produkte wird ihnen durch einen innereuropäischen Pass der Zugang zum Binnenmarkt der Union ermöglicht. Schließlich wird Verwaltern, die ihren Standort außerhalb der Europäischen Union haben, die Möglichkeit gegeben, sich für einen Pass zu qualifizieren, wenn sie dieselben Anforderungen erfüllen wie Verwalter, die ihren Hauptsitz in der Europäischen Union haben. Die Anzahl der Sitzungen und die Intensität des Austausches und der Verhandlungen zwischen dem Berichterstatter, den Schattenberichterstattern, dem damaligen Ratsvorsitz und der Kommission haben den ursprünglichen Vorschlag in vielerlei Hinsicht wesentlich bereichert.

Insofern möchte ich klarstellen, dass der durch das Parlament angestrebte Fortschritt im Laufe der Verhandlungen schrittweise erreicht wurde und natürlich nicht nur im letzten Trilog, in dem einige Anpassungen getätigt wurden, der auf politischer Ebene jedoch entscheidend war.

Ich möchte nun die Bereiche hervorheben, in denen die Intervention des Parlaments maßgebend war. Zunächst bei zwei hochpolitischen Themen, bei denen es um die Beziehung mit Drittländern geht, der Einführung und Anwendung eines Passes – also, das verstehe ich nicht, normalerweise habe ich vier Minuten – für Verwalter, die ihren Standort außerhalb der Europäischen Union haben, wurde zugestimmt. Es wurden besondere Bedingungen für die Vergabe eines Passes festgelegt. Das Parlament war im Hinblick auf Private-Equity insofern erfolgreich, als es sichergestellt hat, dass die Richtlinie Bestimmungen beinhaltet, die ein mögliches Ausschlachten („asset stripping“) von Zielunternehmen vermeidet; sie beinhaltet auch besondere Regelungen hinsichtlich der Berichterstattungspflichten in Bezug auf die Zielunternehmen, deren Angestellte oder deren Vertreter.

Auf Grund des Irrtums mit der Uhr werde ich auf einige der Vorschriften nicht eingehen, die in Übereinstimmung mit den Wünschen des Parlaments erreicht wurden. Ich möchte lediglich sagen, dass das Parlament gerne noch weiter gegangen wäre, allerdings war es in der Lage, Einfluss auf die Verhandlungen zu nehmen, um der Rolle der ESMA mehr Anerkennung zu geben. Die Lösungen, die berücksichtigt wurden, stellen einen bedeutenden Fortschritt hin zu einer Verbesserung der Überwachung auf europäischer Ebene dar. Das Parlament hat darauf geachtet, die durch die Kommission übertragenen Machtbefugnisse des Rates und des Parlaments im Verfahren zur Annahme der Akte zu stärken.

Eine Mehrheit im Parlament hätte sich eine sehr strenge Kontrolle über den passiven Vertrieb oder sogar dessen Verbot gewünscht. Die Aufnahme des Grundsatzes, dass professionelle Anleger ihrer Sorgfaltspflicht nachkommen müssen, wenn sie Fondsanlagen außerhalb der Europäischen Union tätigen, in einen Erwägungsgrund stellt einen wesentlichen ersten Schritt dar.

Das, Herr Präsident, Herr Reynders, Herr Kommissar, ist es, was ich zur Eröffnung der Debatte sagen wollte. Abschließend möchte ich die Gelegenheit der zwei Minuten nutzen, um all denen zu danken, die zu diesem Erfolg beigetragen haben.

(Beifall)

 
  
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  Der Präsident. – Herr Gauzès, Sie können so lange reden, wie Sie wollen, wenn Sie die Interessen des Finanzplatzes London schützen.

 
  
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  Didier Reynders, amtierender Ratspräsident.(FR) Herr Präsident, Herr Gauzès, meine Damen und Herren, ich freue mich, erneut bei Ihnen zu erscheinen, da Sie einen zusätzlichen Teil des Reformpaketes debattieren, das wir im Finanzsektor einführen wollen. Der Bericht, der Ihnen vorgelegt wurde, bildet einen Teil des Finanzaufsichtspakets, welches, wie Sie wissen, bereits einstimmig vom Rat angenommen wurde.

Wieder einmal sind wir im Hinblick auf Investmentfonds mit derselben Einigkeit im Rat weiter vorangekommen und Sie haben das Finanzaufsichtspaket mit großer Mehrheit angenommen. Ich hoffe, wir sehen eine ebenso große Mehrheit für den Bereich der Investmentfonds.

Durch diese Richtlinie wird zum ersten Mal eine europäische Regulierung eingeführt, die Verwalter von alternativen Investmentfonds, vor allem Hedge-Fonds und Private-Equity-Gesellschaften, betrifft, was wir bereits mehrfach diskutiert haben. Diese Unternehmen, die der europäischen Wirtschaft nutzen, unterlagen bisher keiner Aufsicht oder bestimmten Regulierungsmaßnahmen auf europäischer Ebene. Der vorliegende Vorschlag stimmt mit dem Wunsch von Kommissar Barnier, und auch mit meinem, vollständig überein, eine effektive, geeignete Regulierung und Aufsicht zu schaffen, die sich auf alle Akteure und Finanzgeschäfte erstreckt, die ein erhebliches Risiko darstellen.

Mit dieser Richtlinie geht Europa einen weiteren Schritt hin zur vollständigen Umsetzung der Beschlüsse, die von der G20 getroffen wurden. Am Vorabend des G20-Gipfeltreffens ist dies ein starkes Zeichen aus Europa in die Welt hinaus. Wie ich schon sagte, dieser Text ist voll in den neuen europäischen Finanzaufsichtsrahmen integriert, wobei die Rolle, die der ESMA bei der Regulierung der Verwaltung alternativer Fonds zukommt, gestärkt wird.

Dank Ihrer, wie ich hoffe, Ja-Stimmen werden die Verwalter dieser Fonds einheitlichen und größtenteils neuen Regeln unterliegen, die auf eine zunehmende Transparenz hinsichtlich der Aufsicht, der Investoren, der Unternehmen und der Angestellten der Unternehmen, die von einigen dieser Fonds erworben wurden, abzielen. Private-Equity-Gesellschaften werden ihre Präsenz in den erworbenen Unternehmen melden müssen und den Angestellten Informationen zur Verfügung stellen, vor allem hinsichtlich ihrer zukünftigen Geschäftsstrategie und möglicher Auswirkungen auf die Arbeitsplätze. Höherer Investorenschutz ist ein weiteres Ziel der Richtlinie. Beispielsweise wird die Rolle der Verwahrstelle erheblich gestärkt und das Risikomanagement ebenfalls. Hebeleffekte, Vergütungsmethode und Delegation werden nun überwacht.

Die Richtlinie hat außerdem zum Ziel, den Binnenmarkt in diesem Bereich zu verbessern, insbesondere durch die Einführung eines innereuropäischen Passes, der grenzüberschreitende Transaktionen erleichtert, was der Wirtschaft insgesamt zugutekommt. Ein Pass für Drittländer wird auch eingeführt, um international gleiche Wettbewerbsbedingungen zu bewahren, unter Beachtung des Grundsatzes „gleiche Rechte, gleiche Pflichten“. Ich begrüße den wirklich europäischen Charakter dieser Richtlinie, die ein hohes Maß an Schutz und Transparenz gewährleistet und zugleich Investitionen in Europa weiter fördert. Das Passsystem, das auf strengen Kontrollen beruht und europäischen Aufsichtsbehörden eine Schlüsselrolle überträgt, stellt eine verlässliche und effektive Regulierungsgrundlage für einen Sektor dar, dessen zu erwartende Rolle beim Wachstumsaufschwung nicht zu unterschätzen ist.

Wie die anderen Teile des Reformprogramms für den Finanzsektor zielt die Richtlinie auf eher globaler Ebene darauf ab, einer weiteren Finanzkrise vorzubeugen oder wenigstens ihr Ausmaß zu begrenzen. Ich möchte klarstellen, dass die Vereinbarung zwischen dem Parlament und dem Rat, welche, so hoffe ich, möglichst weitreichend ist, vor allem dank der Entschlossenheit des Europäischen Parlaments, und insbesondere seines Berichterstatters, Herrn Gauzès, zu verdanken ist und der intensiven Arbeit, die sie geleistet haben.

Herr Gauzès, ich möchte Ihnen für Ihre Entschlossenheit, Ihr Engagement und Ihre Zielstrebigkeit danken, ohne die die Annahme der Richtlinie durch das Europäische Parlament wahrscheinlich nicht möglich gewesen wäre.

President-in-Office of the Council. – Herr Präsident, ich möchte auch Frau Sharon Bowles, Vorsitzende des Ausschusses für Wirtschaft und Währung, danken. Wir hatten viele Diskussionen in den Trilogsitzungen und anderen Foren zu dieser Richtlinie und auch zu anderen Texten. Es war ein guter Beweis dafür, dass ein Mitentscheidungsverfahren machbar ist, unter einer Voraussetzung, nämlich, dass es möglich ist, Verhandlungen gleichzeitig mit dem Rat einerseits und dem Parlament andererseits zu beginnen. Vielen Dank für, dass Sie in der Lage sind, dieses im Parlament zu organisieren. Es ist nicht einfach im Rat und ich bin sicher, es ist auch nicht immer einfach mit allen Parlamentariern.

President-in-Office of the Council. (FR) Schließlich, Herr Präsident, möchte ich dem schwedischen und dem spanischen Ratsvorsitz sowie Kommissar Barnier, der gerade zu uns gekommen ist, und allen Schattenberichterstattern, Herrn Goebbels, Herrn Klinz, Herrn Canfin, Herrn Kamall und schließlich Herrn Lehne, für den fruchtbaren und sehr konstruktiven Austausch, den wir zum geänderten Bericht hatten, der Ihnen zur Abstimmung vorgelegt wird, danken.

Von nun an, Herr Präsident, wird es einen zuverlässigen und harmonisierten Rahmen auf Unionsebene geben, um die Risiken, die Verwalter alternativer Investmentfonds für ihre Investoren und die Finanzmarktstabilität darstellen, zu kontrollieren und zu überwachen. Ich bin davon überzeugt, dass der Wille, der uns inspiriert hat, zu einem Ergebnis zu kommen, auch weiteren Verhandlungen über zukünftige Texte Aufschwung verleihen wird. Jedes Mal wenn ich in Ihrem Haus bin, Herr Präsident, danke ich für die Arbeit, die wir gerade vollbracht haben, aber diesmal möchte ich mich bereits jetzt für die Arbeit bedanken, die wir in den kommenden Wochen vollbringen werden.

Herr Gauzès, ich hoffe, wir können im selben Tempo an einer Vereinbarung über Ratingagenturen zusammenarbeiten. Im Namen meiner Nachfolger beim Ratsvorsitz und im Hinblick auf die letzten Verhandlungen bin ich weiterhin voller Zuversicht, dass wir mit diesem Thema und in Zukunft vielleicht auch mit anderen Themen vorankommen. Das Datum wurde bereits festgelegt. In jedem Fall danke ich Ihnen für die Arbeit, die bei der Erstellung dieses Berichts geleistet wurde.

(Beifall)

 
  
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  Michel Barnier, Mitglied der Kommission.(FR) Herr Präsident, zunächst einmal möchte ich Sie, meine Damen und Herren, um Entschuldigung bitten, dass ich einige Minuten zu spät zu Ihnen gekommen bin.

Der belgische Ratsvorsitz ist so dynamisch, dass wir zur selben Zeit, zu der diese wichtige Aussprache über die Richtlinie über Verwalter alternativer Investmentfonds hier stattfindet, im Rat für Wettbewerbsfähigkeit eine Debatte zu einem anderen wichtigen Thema führen, das europäische Patent. Daher habe ich gerade erst den Rat verlassen, um hierher zurückzukehren – noch weiß ich nicht, in welcher Verfassung, aber ich werde tun was ich kann. Ich kann mich nicht zweiteilen.

Herr Gauzès, dessen Überzeugungen mir bekannt sind, dem ich aber nicht zuhören konnte, wird mich sicher entschuldigen. Ich möchte ihm gerne danken und ihn beglückwünschen, wie auch allen Koordinatoren und Schattenberichterstattern und selbstverständlich, wie Herr Reynders gerade sagte, dem belgischen Ratsvorsitz und dem gesamten Team für die sehr wichtige und sehr hartnäckige Arbeit, die in den letzten Wochen vollbracht wurde und davor durch die anderen Ratsvorsitze.

Wir haben dieses Thema seit fast 15 oder 18 Monaten diskutiert und mit der Stimmabgabe des Parlaments stehen wir kurz davor, diese sinnvolle Vereinbarung in die Tat umzusetzen. Das Parlament ist heute versammelt, um darüber zu diskutieren, und wird morgen darüber abstimmen. Diese Stimmabgabe im Plenum, meine Damen und Herren, wird am Vorabend des G20-Gipfels in Seoul geschehen, und das stellt eine großartige Möglichkeit dar, unsere Fähigkeit der Zusammenarbeit zu demonstrieren, gemeinsame Ziele umzusetzen und auch die Entscheidungen umzusetzen, die kurz nach der Krise getroffen wurden. Diese Krise ist noch nicht beendet im Hinblick auf finanzielle, menschliche und soziale Auswirkungen – die Entscheidungen wurden direkt nach der Krise auf höchster internationaler Ebene getroffen, auf dem G20-Gipfel.

Nach der Einigung über das Finanzaufsichtspaket, die wir ebenfalls dem Engagement des Parlaments und der Hartnäckigkeit des belgischen Ratsvorsitzes verdanken, muss die Einigung zu dieser Richtlinie über Verwalter alternativer Investmentfonds die Fähigkeit demonstrieren, aus der Krise eine Lehre zu ziehen und, wo nötig, intelligente Regulierung und effiziente Aufsicht zu schaffen, damit alle Finanzakteure diesen sowohl starken als auch effektiven Regelungen und der Aufsicht unterliegen.

Die Mitgliedstaaten haben diesem letzten Vorschlag einstimmig zugestimmt, wie Herr Reynders gesagt hat. Sehr geehrte Damen und Herren, ich möchte sagen, was ich denke: Diese Einigung wäre nicht möglich gewesen ohne den Beitrag des Parlaments, welches die Vorschläge, über die wir diskutieren, wesentlich verbessert hat.

Dank der Entschlossenheit von Herrn Gauzès und den Schattenberichterstattern enthält der Bericht heute viele neue Elemente, die sich auf den Bericht beziehen, der ursprünglich im Mai durch den ECOFIN-Rat angenommen wurde. Diese Beiträge des Parlaments verbessern in ganz konkreter Weise die Qualität dieses Vorschlags für eine Richtlinie. Ich möchte gerne nacheinander einige Elemente erwähnen, von denen wir glauben, dass sie positiv und von hoher Qualität sind.

Das erste Element ist die Stärkung der Regeln für Private-Equity, wodurch die Transparenz dieser Aktivitäten im Hinblick auf die Angestellten der Zielunternehmen erhöht und ein starker Schutz gegen das Ausschlachten eingeführt wird, so wie es sich viele von Ihnen wünschten, auch wenn ich weiß, dass einige von Ihnen denken, dies sei nicht weitreichend genug.

Das zweite Element ist eine wahrhaft europäische Lösung für Drittländer. Diese Lösung, die auf dem Ansatz „gleiche Rechte, gleiche Pflichten“ basiert, ist vom Rat immer unterstützt worden und wird schließlich gewährleisten, dass alle in Europa tätigen Verwalter die europäischen Regeln respektieren müssen.

Das dritte Element ist die Schlüsselrolle, die für die ESMA in diesen Vorschriften vorgesehen ist, die die Aufsicht der Verwalter konsequenter macht und die Funktion der europäischen Pässe und der Päasse für Drittländer stärken wird.

Das vierte Element sind starke Zusatzregeln, die die Anleger und die Märkte schützen werden. Ich möchte diesbezüglich die Beschränkungen von Hebelfinanzierungen, das Zusatzkapital, die Berufshaftpflichtversicherung für Verwalter und die Regeln zur Rolle und Verantwortung der Verwahrstellen erwähnen.

Meine Damen und Herren, die Kommission teilt Ihre Bedenken über die fehlenden Regeln hinsichtlich des passiven Vertriebes. Diese Lücke könnte dazu führen, dass unsere Regeln umgangen werden, und daher haben wir dieselben Bedenken.

Die Mitgliedstaaten sind jedoch fast einstimmig gegen jegliche Regeln in diesem Bereich. Wir sind bereit, im Geiste der Kompromissbereitschaft diesen gegenwärtigen Bericht unter der Voraussetzung zu akzeptieren, dass diese Angelegenheit überprüft wird und letztlich im Kontext der Richtlinie steht. Wir werden dafür sorgen, dass dies geschieht.

Im Namen der Kommission möchte ich dem Parlament erneut für seine wichtige Mitarbeit und seinen Beitrag zu diesem Bericht danken und ich hoffe wie Herr Reynders, dass wir eine möglichst breite Einigung über diesen Kompromiss erzielen können, der aus unserer Sicht weiterhin ein dynamischer Kompromiss ist und es uns ermöglicht, eine der Zusagen, die wir auf dem G20-Gipfel gemacht haben, einzuhalten: aus der Finanzkrise zu lernen.

 
  
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  Evelyn Regner, Verfasserin der Stellungnahme des mitberatenden Rechtsausschusses. − Herr Präsident, sehr geehrter Herr Kommissar Barnier, sehr geehrter Herr Minister Reynders! Ein großer Brocken Arbeit liegt hinter uns – Jean-Paul hat es gesagt: 21 Triloge, unzählige Arbeitssitzungen der Berichterstatter und Schattenberichterstatter aus dem Ausschuss für Wirtschaft und Währung und dem Rechtsausschuss. Vor allem aber liegt jahrelange Überzeugungsarbeit hinter uns. Wie eine tibetanische Gebetsmühle mühte sich die Fraktion der Sozialisten und Demokraten seit Jahren ab, Hedgefonds, Private Equity Fonds und all die anderen Finanzvehikel einer europäischen Regulierung zu unterwerfen. Am 26. Oktober – ausgerechnet am österreichischen Nationalfeiertag – konnten wir nun einen Kompromiss mit den Mitgliedstaaten finden. Wir leben nicht in einer idealen Welt, also ist der Kompromiss auch nicht perfekt. Aber dieses Stück europäischer Gesetzgebung ist der wichtigste Baustein der bisherigen Finanzmarktregulierung. Es gibt nun eine Alternative zum alten neoliberalen Vorkrisen-Killerargument: „There is no alternative“, wenn es um das Zurechtrücken und die Redimensionierung des Finanzmarktes geht.

Mir sind besonders folgende zwei Punkte wichtig: Erstmals gibt es Regeln gegen asset stripping, die Reserven der übernommenen Unternehmen dürfen zwei Jahre nicht angegriffen werden. Und es gibt Regeln für die Haftung der Verwahrstellen, die die Entstehung langer, undurchschaubarer Handlungsketten verhindern. Diese Bestimmungen sind Mindeststandards, das heißt, wer will, der kann und soll es besser machen. Die Regulierung der Manager von alternativen Investmentfonds bietet aber auch eine neue Chance für eine neue Hedgefonds-Kultur. Vor allem Fonds mit kleinem Volumen haben bisher höchst risikoreiche Geschäfte betrieben, müssen nun umdenken und haben die Chance, sich mit einem nachhaltigen Geschäftsmodell zu etablieren.

Damit das Funktionieren dieser Richtlinie – wohlgemerkt sage ich das ohne Illusionen – gewährleistet ist, muss die Kommission ein wachsames, ein strenges Auge auf die Umsetzung und das Funktionieren der Richtlinie haben und die Überarbeitung, wenn nötig bereits früher als vorgesehen, vorlegen.

Ich möchte ganz ausdrücklich Jean-Paul Gauzès meinen Dank aussprechen, wir haben eine absolut konstruktive Zusammenarbeit geführt. Auch gilt mein Dank Udo Bullmann und Robert Goebbels. Insbesondere möchte ich darauf hinweisen, wie sehr ein Geist, wirklich ein Wille vorgeherrscht hat, zum Schluss auch seitens der Kommission und des Rates, wirklich zu einer konstruktiven Lösung zu kommen.

 
  
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  Burkhard Balz, im Namen der PPE-Fraktion. – Herr Präsident! Mit der Richtlinie zur Regulierung alternativer Investmentfonds setzen wir nun einen weiteren wichtigen Grundstein auf dem Weg zu einer neuen, einer stabileren Finanzmarktarchitektur in Europa. Unsere Forderung nach einer umfassenden und effektiveren Krisenprävention entfaltet nämlich nur dann ihre volle Wirkung, wenn wir sie auf den gesamten Finanzsektor erstrecken und damit auch auf die bisher nur national regulierten alternativen Investmentfonds. Es handelt sich hier um einen sehr heterogenen Sektor mit unterschiedlichen Fondstypen, Risikoprofilen und auch Anlagestrategien.

Der Richtlinienvorschlag der Kommission war nicht einfach zu bearbeiten, doch wir haben nun einen gemeinsamen Kompromiss gefunden, der nicht alle Fonds und alle Fondsmanager über einen Kamm schert und zumindest im Ansatz eine differenzierte Betrachtung je nach Systemrisiko verfolgt. Wir setzen heute europaweit einheitliche Standards für die Zulassung von Fondsmanagern. Dabei werden wir auch professionelle Anleger und Depotbanken mit in die Verantwortung nehmen. Mit zusätzlichen Vorschriften zu Private Equity schieben wir dem Ausplündern von Portfolio-Unternehmen einen Riegel vor. Zwar ist es nicht gerechtfertigt, die Private Equity-Branche per se an den Pranger zu stellen, da sie eine wichtige, auch eine konstruktive Rolle – zum Beispiel in der Mittelstandsfinanzierung – einnimmt. Negativbeispielen werden wir nun aber vorbeugen, indem die Unternehmenssubstanz gerade in den kritischen ersten Jahren nach der Übernahme erhalten bleiben muss.

Der größte Erfolg des Parlaments ist sicherlich die Einführung des gemeinsamen EU-Passes, und zwar nicht nur für europäische, sondern auch für außereuropäische Fondsmanager. Letztere erhalten nur dann Zugang zum europäischen Markt, wenn der Informationsaustausch zwischen den Aufsichtsbehörden über ein Kooperationsabkommen gewährleistet ist. Auch wird die Europäische Wertpapieraufsicht künftig im Ernstfall eingreifen können, und das bedeutet, dass wir mit dem neuen Gesetzeswerk eine Premiere erleben werden. Wir können keine Erfahrungswerte zu Rate ziehen, gerade auch bei dem Thema Drittstaatenregelung, doch ich denke, dass ein guter Start für einen leistungsfähigen aufsichtsrechtlichen Rahmen gefunden ist.

 
  
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  Robert Goebbels, im Namen der S&D-Fraktion.(FR) Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, nach dem Ausbruch der Krise erging auf dem EU-Gipfel und danach auf dem G20-Gipfel ein Aufruf, alle Segmente des Finanzmarktes für Hedgefonds zu regulieren. Die Kommission hat schnell Vorschläge gemacht, aber beispiellose, intensive Lobbyarbeit hat einige politische Entscheidungsträger davon abgehalten, an dieser Regulierung weiterzuarbeiten. Das Vereinigte Königreich ist dafür eingetreten, Hedgefonds, die ihren Standort auf nahen oder abgelegenen Inseln haben, zu schützen. Frankreich, der selbsternannte Verfechter internationaler Regulierung, ist wieder zu seinem gewohnten Protektionismus zurückgekehrt.

Im Parlament waren es vornehmlich die Liberalen, die versucht haben, sich gegen diese Rechtsvorschriften zu stellen. Die Fraktion von Herrn Verhofstadt, die normalerweise so pro-europäisch eingestellt ist, hat vorgeschlagen, den Vorschlag der Kommission komplett abzulehnen. Dank des Berichterstatters, Herrn Gauzès, und dank der Koalition im Ausschuss für Wirtschaft und Währung, die aus der Fraktion der Europäischen Volkspartei (Christdemokraten), der Fraktion der Progressiven Allianz der Sozialisten & Demokraten im Europäischen Parlament und der Fraktion der Grünen/Freie Europäische Allianz, die sogar von der Konföderalen Fraktion der Vereinigten Europäischen Linken/Nordische Grüne Linke unterstützt wurde, ist ein wichtiger mehrheitlicher Standpunkt zustande gekommen. Nach 21 Trilogen und dank des persönlichen Engagements von Herrn Reynders und von Kommissar Barnier sind die Verhandlungsführer des Parlaments zu einem Richtlinienvorschlag gelangt, der einen bedeutenden Schritt nach vorne darstellt, insbesondere mittelfristig.

Denn wir müssen bis 2018 warten, bis wir einen Binnenmarkt haben, der allen Fonds dieselben Verpflichtungen auferlegt und ihnen auch dieselben Rechte gibt. Die europäischen Regulierungsmaßnahmen werden ab 2013 umgesetzt. Es wird eine Ausweitung der Befugnisse für die europäische Regulierungsbehörde ESMA geben, für die die Richtlinie nicht weniger als 72 Eingriffs- und Aufsichtsbefugnisse vorsieht. Es muss betont werden, dass diese Richtlinie das erste europäische Gesetz zur Regulierung von Hedgefonds und Private-Equity ist. Sie wird einen erheblichen Schutz für Anleger sicherstellen, nicht nur für professionelle Anleger, sondern auch für Bürgerinnen und Bürger, die ihre Ersparnisse in Finanzprodukten anlegen.

Sie wird sehr konkrete Regelungen zu Risikomanagement und Cashmanagement beinhalten. Es wird mehr Transparenz und mehr Informationen für Anleger zu den Strategien geben, die die Verwalter verfolgen. Die Hebeleffekte werden überwacht werden, indem Verwalter im Vorhinein ihre eigenen Begrenzungen für die Anwendung von Schuldenhebeln bekannt geben müssen. Die Regulierungsbehörden werden in der Lage sein, einzuschreiten, falls eine zu riskante Strategie eingesetzt wird. Die vergoldeten Vergütungen und Boni für Manager werden begrenzt und nicht sofort komplett ausgezahlt werden können. Die Richtlinie wird den Private-Equity-Fonds mehr Transparenz auferlegen. Diese Fonds sind für die Finanzierung der Realwirtschaft zu begrüßen. Die Richtlinie wird den Handlungsspielraum für Fonds, die Unternehmen wie Geier aufteilen, jedoch ernsthaft begrenzen. Es wird einen Zeitraum von zwei Jahren geben, in dem das Kapital und ein Teil der Reserven des gekauften Unternehmens nicht an neue Eigentümer verteilt werden können.

Zusätzlich zu diesem „lock in“ wird die Belegschaft des Unternehmens angehört und das Land, in dem der Fonds registriert ist, wird über die Geschäftsstrategie der Käufer informiert. Insgesamt kann diese Richtlinie noch verbessert werden, Herr Präsident, aber die Sozialisten und die Demokraten werden sie unterstützen, weil sie einiges Licht in dieses dunkle Loch der internationalen Finanzen, das alternative Fonds bislang gewesen sind, bringt.

(Beifall)

 
  
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  Wolf Klinz, im Namen der ALDE-Fraktion. – Herr Präsident! Nach langwierigen Verhandlungsrunden haben sich Parlament, Rat und Kommission schlussendlich auf einen gemeinsamen Text zur Regulierung von alternativen Investmentfondsmanagern geeinigt. Ich begrüße das, und ich muss meinen Kollegen Robert Goebbels korrigieren: Wir haben den ursprünglichen Vorschlag zurückschicken wollen, weil wir glaubten, dass die alternativen Investmentfonds so unterschiedlich sind – Hegdefonds, private equity und Liegenschaftsfonds –, dass sie jeweils eine eigene Regulierung erfordern. Immerhin, wir haben jetzt einen Text, den wir ohne Abstriche unterschreiben und unterstützen können. Der allumfassende Ansatz, der uns zunächst gestört hat, ist in wesentlichen Punkten geändert worden. Insofern haben wir kein Problem mehr.

Das Ziel der Richtlinie war, mehr Transparenz für die Aufsichtsorgane, aber vor allem auch für die Investoren zu schaffen, um auf diese Weise systemische Risiken rechtzeitig und frühzeitig erkennen und somit entsprechend dagegen vorgehen zu können. Ich bin persönlich für Regeln, an die sich alle in der EU tätigen Fondsmanager halten müssen. Gleichzeitig halte ich aber nichts davon, dass wir Europa zu einer Festung oder gar zu einem Gefängnis ausbauen und dass europäische Anlage suchende Institute außerhalb Europas nicht zum Zuge kommen können. Deshalb haben wir zunächst einmal den Vorschlag, so wie er im Ausschuss vorgestellt worden ist, nicht mittragen können. Der jetzt gefundene Kompromiss löst dieses Problem. Er verspricht weiterhin offene Märkte.

Ein weiterer Grund für unsere zunächst ablehnende Haltung waren die Vorschriften im Bereich private equity, die dazu geführt hätten, dass es hier tatsächlich zu Wettbewerbsverzerrungen gekommen wäre. Die Auflagen für private equity, wie sie zunächst formuliert waren, hätten selbst gegenüber börsennotierten Unternehmen einen deutlichen Nachteil gebracht. Der jetzt vorliegende Kompromisstext beseitigt diesen Mangel, und er unterbindet – etwas, was wir ausdrücklich begrüßen – das asset stripping.

Insgesamt also sind wir mit dem Vorschlag sehr zufrieden. Er schafft klare Rahmenbedingungen und Regeln für die alternativen Investmentfondsmanager. Er sorgt für mehr Transparenz zur Erkennung systemischer Risiken. Er sorgt damit für mehr Stabilität. Er stärkt den Binnenmarkt, weil er den EU-Pass einführt, nach einer Übergangszeit auch für außereuropäische Manager. Er sorgt für einen klaren, nicht verzerrten Wettbewerb. Schlussendlich schafft er eine klare, neue Aufgabenstellung für die Europäische Aufsichtsbehörde ESMA.

Ich möchte zum Schluss nicht nur meinen Kollegen, sondern vor allem der belgischen Ratspräsidentschaft danken, die mit unermüdlichem Einsatz die Sache zu einem Erfolg gebracht hat.

 
  
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  Sven Giegold, im Namen der Verts/ALE-Fraktion. – Herr Präsident! Mit dieser Regelung für alternative Investmentfondsmanager kommt erstmals ein Stück weit Transparenz und Regeln in dieses undurchsichtige Dickicht von Hedgefonds und alternativen Investmentfonds. Leider sind diese Regeln unvollständig geblieben. Nach wie vor ist es möglich, auf den gemeinsamen Markt mit unregulierten Produkten im Rahmen des passiven Vertriebes zu kommen. Im Grunde ist der Marktzugang für diese Produkte nicht effektiv beschränkt. Europa hat damit eine Chance vergeben, seine Regeln international auszuweiten und zu einer einheitlichen Regulierung zu kommen.

Zweitens gab es leider, anders als das Parlament es wollte, keine effektive Schuldenbremse auf europäischer Ebene für die Fonds. Nach wie vor ist es nur nationalen Regeln überlassen zu begrenzen, wie hoch die Verschuldung der Fonds sein kann, und das bedeutet eben, dass die Konsequenzen aus der Krise an dieser Stelle nicht gezogen werden. Es wird dabei einen nationalen Abwärtswettlauf bei der Regulierung geben.

Was für uns nochmals entscheidend ist, ist dass auch die Ausplünderung von Unternehmen durch Private Equity-Fonds nicht effektiv unterlassen wird. Selbstverständlich gibt es Private Equity-Investments, die für Unternehmen sinnvoll sind. Aber die jetzt getroffenen Regeln reichen leider bei weitem nicht aus. Auch die Informationsrechte der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die das zu Recht erwarten, genauso wie der Schutz der kleinen und mittleren Unternehmen vor dieser Form von Ausplünderung sind nicht effektiv. Deshalb ist das in diesem Fall sehr schwer gegenüber den Wählerinnen und Wählern zu rechtfertigen. Leider ist es so: Die Verantwortung dafür liegt nicht beim Parlament, sie liegt insbesondere bei einer intensiven Lobbytätigkeit der entsprechenden Branche, erfolgreich vor allem bei der britischen Regierung, bei der französischen Regierung, aber ich muss leider sagen, auch teilweise bei der deutschen, und wir hatten hier im Parlament eine Vertretung dieser Lobbys in Form der liberalen Fraktion.

Wir können diesem Vorschlag nicht zustimmen, weil es ein Präzedenzfall wäre für ein Scheitern des Parlaments, effektive Regeln durchzusetzen. Es ist uns nicht möglich, damit mit erhobenem Haupt vor unsere Wähler zu treten und zu sagen, es sei gelungen, dieses Schattenreich effektiv zu regulieren. Wir hoffen, dass wir bei der Überarbeitung der Richtlinie dann weiterkommen. Vielen Dank noch einmal, auch vor allem für die Zusammenarbeit mit den Kollegen im Parlament.

 
  
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  Syed Kamall, im Namen der ECR-Fraktion. – Herr Präsident, darf ich zunächst die großen Anstrengungen von Kommissar Michel Barnier loben? Vielen Dank, dass Sie nach London gekommen sind, um sich mit den Hedgefonds- und Private-Equity-Managern zu treffen und deren Anliegen anzuhören. Ich möchte dem belgischen Ratsvorsitz für seine Arbeit ebenfalls danken, wie schon einige meiner Kolleginnen und Kollegen zuvor es getan haben, und auch Herrn Gauzès und den Schattenberichterstattern. Ich sollte nun besser niemandem mehr danken, weil ich sonst nicht genügend Zeit habe, da mir nur eine Minute zusteht.

Ich glaube, es ist sehr wichtig, dass wir uns die Dinge anschauen und sehen, wie weit wir in 18 Monaten gekommen sind. Ich war einer, der dem ursprünglichen Entwurf am kritischsten gegenüberstand. Vor allem bei Fragen wie dem Geltungsbereich schien die Richtlinie eine Art „Pauschalrichtlinie“ zu sein, mit denselben Regeln für alle Fondsarten, nicht nur für Hedgefonds und Private-Equity, sondern auch für Investmentfonds im Vereinigten Königreich, die seit 150 Jahren ohne Systemrisiko bestehen. Wir sind da in einer glücklicheren Lage.

Ich bin sehr glücklich mit dem, was wir hinsichtlich des Drittlandzugangs erreicht haben. Wir haben es geschafft, die Märkte offen zu lassen und es EU-Anlegern zu ermöglichen, weiterhin in Nicht-EU-Fonds zu investieren. Wir haben einen Grad der Transparenz, der Private Equity gegenüber Staatsfonds nicht erheblich benachteiligt, und wir haben nun eine bessere Situation hinsichtlich der Haftung der Verwahrstellen, wo wir keine Systemrisiken konzentrieren.

Insgesamt würde niemand sagen, es ist eine perfekte Richtlinie, aber ich denke, wir haben einen praktikablen Kompromiss erreicht. Ich hoffe, dass die Mehrheit des Parlaments Herrn Gauzès, den Berichterstatter, und die anderen Schattenberichterstatter in der Arbeit, die wir geleistet haben, unterstützen.

 
  
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  Jürgen Klute, im Namen der GUE/NGL-Fraktion. – Herr Präsident! Ich möchte zwei Anmerkungen machen. Die erste Anmerkung geht in Richtung Jean-Paul Gauzès. Ich möchte mich bei ihm ausdrücklich für die gute Arbeit und Zusammenarbeit bedanken. Ich fand aber auch die Zusammenarbeit mit den anderen Schattenberichterstattern ausgesprochen gut und konstruktiv. Das will ich vorwegschicken, bevor ich zu den kritischen Anmerkungen komme.

Ich kann im Prinzip das aufnehmen und unterstreichen, was Sven Giegold schon gesagt hat: Die ersten Kompromisse, die wir im Ausschuss für Wirtschaft und Währung im Mai dieses Jahres vereinbart hatten, hätte ich mittragen können. Die habe ich auch in der Entscheidung mitgetragen. Das aber, was jetzt und in weiteren Verhandlungen dabei herausgekommen ist, ist auch aus Sicht meiner Fraktion nicht mehr akzeptabel, nicht mehr mitzutragen. Nach meinem Empfinden ist es jedem zugestanden, die Sache aus seiner Sicht darzustellen, aber aus meiner Sicht hat der Rat an dieser Stelle eine unglückliche Rolle gespielt. Ich will das hier etwas deutlicher sagen, als das an der einen oder anderen Stelle gesagt worden ist: Nach meinem Empfinden hat der Rat hier eine Chance vertan. Er ist vor der Finanzmarktlobby in ganz erheblichem Maße eingeknickt und hat sich mit allen Mitteln gegen eine wirksame Regulierung auf europäischer Ebene zur Wehr gesetzt.

Ich hatte eines Morgens einen Anruf von einem Lobbyisten, der sagte: Wenn ihr die private equities tatsächlich so regeln wollt, dann macht ihr die Entwicklungshilfe in Afrika kaputt. Absurder und abstruser kann man doch an dieser Stelle nicht mehr argumentieren! Das doch nichts miteinander zu tun! Wer so argumentiert, bringt doch damit nur zum Ausdruck, dass er kein Interesse an einer sinnvollen und wirksamen Regulierung hat.

Das ist aber nicht Sache des Parlaments. Auf Parlamentsseite – das will ich noch einmal unterstreichen – haben Jean-Paul und andere Kollegen für eine wirksame Regulierung gestritten. Das wurde von Ratsseite unterlaufen. Es ist passives Marketing, das möchte ich auch noch einmal sagen. Es ist ein Punkt, den Sven schon angesprochen hat. Das ist doch ähnlich, als wenn jemandem auf dem Wochenmarkt verboten wird, faule Eier zu verkaufen, wenn er dafür Werbung macht. Macht er aber keine Werbung für die faulen Eier und stellt sich nur hin und verkauft sie, dann ist es offensichtlich legitim. Etwas anderes ist es doch nicht, was hier mit dem Abschnitt zum Thema passives Marketing geregelt worden ist. Das ist eine Öffnung. Wir haben – das ist gesagt worden, und das finde ich auch gut – eine europäische Regelung. Aber wenn sie an dieser Stelle so mit Schlupflöchern, mit offenen Türen unterlaufen werden kann, dann stellt sich doch die Frage, wie weit diese europäische Regelung wirklich greift.

Die private equities waren ursprünglich besser geregelt. Sie sind jetzt relativ schwach geregelt worden. Ein ganz wichtiger Punkt – auch da kann ich nur unterstreichen, was Sven Giegold gesagt hat – ist die Frage der Information der Belegschaften. In dem ursprünglichen Kompromiss stand, dass die Manager verpflichtet sind, die Belegschaften über das zu informieren, was sie mit dem Betrieb vorhaben, in den sie investiert haben. Übriggeblieben davon ist die forcierte Aufforderung an die Eigentümer, die Belegschaften, die Betriebsräte zu informieren. Was daraus wird, kann man sich vorstellen. Daraus wird nicht viel werden. Der Rat hat hier eine Chance vertan, und ich hoffe, dass wir das vielleicht noch an anderer Stelle nachbessern können.

 
  
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  Marta Andreasen, im Namen der EFD-Fraktion. – Herr Präsident, ich bin weniger wohlwollend als die vorangegangenen Redner. Schon von Beginn an zielte die AIFM-Richtlinie auf den Finanzplatz London, eine Branche, die bereits hinreichend durch britische Behörden reguliert war.

Wie üblich verfehlt die EU den Hauptpunkt: Es war die sorglose Darlehensvergabe der Banken, die eine allmächtige Kreditblase und die Finanzkrise verursacht hat, und nicht die alternativen Investmentfonds. Schafft es diese Regulierung, weitere Krisen zu verhindern? Auf keinen Fall. Aber sie wird sicher Erfolg damit haben, die Manager aus London zu vertreiben. Leider gehen sie nicht nach Paris oder Frankfurt, sondern stattdessen weiter weg, nach New York oder Singapur.

Können wir uns derartige Geschäftsverluste erlauben? Natürlich nicht, aber die EU interessiert das nicht. Diese Richtlinie wird die Kosten der Fonds erheblich steigern und die Gewinne reduzieren und kleinere Fonds werden aus dem Geschäft verdrängt. Die Kapitalanforderungen werden es den Private-Equity-Fonds schwer machen und es sind die Unternehmensgründer mit Risikokapital, die die Konsequenzen tragen müssen.

Merkwürdigerweise behauptet die Kommission, sie möchte die Forschung, die Entwicklung und das Unternehmertum fördern, um das Wachstum der europäischen Wirtschaft wiederherzustellen. Anstelle der Risikokapitalförderung legen sie ihr Vertrauen aber in die öffentliche Finanzierung, die für diesen Zweck viel zu schwerfällig und unbrauchbar ist.

Es ist auch unglaublich, zu sehen, wie die EU diese Richtlinie aus ihrem Elfenbeinturm entwickelt hat: Regulatorischen Entwicklungen im Rest der Welt gegenüber stellt sie sich taub und sie bedient sich einer protektionistischen und arroganten Verfahrensweise, wobei die Europäische Wertpapieraufsichtsbehörde das letzte Wort hat, wer Geschäfte in Europa tätigt und wo europäische Fonds investieren dürfen.

Wo aber ist Herr Cameron bei alldem? Er hat den Finanzplatz London – die wichtigste britische Branche – betrogen. Er hat einen weiteren Machttransfer nach Brüssel zugelassen, ohne die britische Bevölkerung in einem Referendum abstimmen zu lassen. Im Namen der britischen Verwalter alternativer Fonds kann ich nur sagen: Vielen Dank, Herr Cameron! Kommen Sie nicht zu uns, um die britische Wirtschaft wiederzubeleben!

 
  
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  Hans-Peter Martin (NI). - Herr Präsident! Wie gern würde ich mich vor die Wählerinnen und Wähler stellen und sagen: Ja, es ist etwas Großes geschafft worden. Ja, wir haben endlich den Durchbruch dort zuwege gebracht, wo wir – ganz im Gegensatz zu meiner Vorrednerin – aus der Sicht der überwiegenden Mehrheit der Europäerinnen und Europäer klare Regeln brauchen.

Aber leider ist diesmal wieder eine große Chance verpasst worden. Wenn Sie, Herr Kommissar, schon jetzt bei der Vorstellung davon sprechen, dass wir eine schnellere Revidierung der Richtlinie brauchen als vorgesehen, wenn verschiedene Redner jetzt sagen: „Ja, der Rat, der Rat, der Rat! Aber wir, das Parlament, sind doch auf der richtigen Seite“, dann frage ich: Warum sagen wir dann morgen nicht Nein? Warum lassen wir es zu, dass wir genau über diese passive Kommerzialisierung weiterhin einen Emmentaler Käse in der europäischen AIFM-Struktur haben? Warum halten wir uns nicht an das so viel beklatschte Diktum der deutschen Bundeskanzlerin: „Kein Produkt, kein Teilnehmer, kein Institut darf unreguliert bleiben“? Wie kann es sein, dass wir hier in diesem Parlament erleben mussten, dass genau als Reaktion auf das, was morgen jetzt abgenickt wird, wir zum ersten Mal querbeet – viele Abgeordnete aus vielen Fraktionen – gesagt hatten, wir brauchen unabhängige Expertise, wir brauchen financewatch.org? Wir sind den Lobbyisten gegenüber hilflos ausgeliefert. Warum haben wir morgen nicht den Mumm, das, wovon wir ausgegangen sind, was wir durchsetzen können, durch ein Nein zum Ausdruck zu bringen? Warum lassen wir genau diejenigen, die von uns vertreten werden sollten, wiederum im Stich – Stichwort Private Equity, Aushöhlung von Unternehmen? Ich finde das sehr, sehr beschämend, und es wird Europa und dem europäischen Gedanken, dem ich sehr anhänge, mehr schaden als nützen.

 
  
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  Gunnar Hökmark (PPE). – Herr Präsident, ich möchte zunächst Herrn Gauzès für seine verantwortungsvolle Leitung und für sein Zuhören in diesem schwierigen Prozess gratulieren. Ich möchte gerne wiederholen, nicht in Richtung der Kolleginnen und Kollegen, die sagen, dass sie morgen gegen diesen Bericht abstimmen, dass Private-Equity und ein dynamischer Finanzmarkt für eine wettbewerbsfähige Wirtschaft nicht nur wichtig, sondern entscheidend sind, auch wenn dies eigentlich so offensichtlich ist, dass es nicht gesagt werden müsste, aber manchmal müssen so offensichtliche Dinge gesagt werden.

Wir brauchen sie und sie sind gut für eine starke Wirtschaft. Daher denke ich, dass dieser Bericht, über den wir morgen abstimmen werden, unsere Unterstützung verdient hat. Wenn wir über Private-Equity diskutieren, sprechen wir über Wachstums- und Entwicklungsmöglichkeiten für KMU. Wir haben eine Lösung für Private-Equity erreicht, die Private-Equity-Fonds keinen Nachteil beschert. Sie wird uns für Drittländer und für Investitionen in anderen Teilen der Welt öffnen, was nicht immer der Fall war. In diesem Sinne haben wir die Rechtsvorschriften verbessert.

Ich denke, es ist wichtig, dass wir den Geltungsbereich verringert haben, damit wir uns, nun da wir eine Ausnahmeregelung für Holdinggesellschaften getroffen haben, nicht damit auseinandersetzen müssen, was einmal Industrieunternehmen waren. Hätten wir den ursprünglichen Vorschlag angenommen, hätte das bedeutet, dass normale Industrieunternehmen und -strukturen in einer Vielzahl unserer Länder als Finanzinstitutionen angesehen worden wären. Das hätte weitere Probleme geschaffen, nicht nur für Investitionen, sondern auch für die industrielle Entwicklung. Insgesamt hätten die Dinge, wie immer, besser sein können, das Wichtige aber ist, dass wir nun die Voraussetzungen für dynamische Finanzmärkte haben, die gut für die europäische Wirtschaft sind.

 
  
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  Udo Bullmann (S&D). - Herr Präsident, werte Kolleginnen und Kollegen! Wenn ich diese Debatte anhöre, dann muss ich gestehen, dass sie mich sehr an die Debatte über die Dienstleistungsrichtlinie erinnert. Ich will Ihnen sagen, warum. Auch da haben meine Freunde von den Grünen und meine Freunde von der GUE erklärt, dass auf dem Tisch des Hauses eine Regelung liegt, die nicht perfekt, nicht vollständig ist, und danach sind sie jahrelang heimlich dankbar gewesen, dass die Sozialdemokraten sie in diesem Haus durchgesetzt haben. Das ist die Wahrheit über diese Regelung, über die wir morgen abstimmen. In der Tat, die gegenüber Rat und Kommission erreichten Verbesserungen gehen ganz wesentlich auf Robert Goebbels und auf die Kollegin Regner zurück, die hier Verbesserungen erkämpft haben gegen den Widerstand und – ich danke Jean-Paul Gauzès – mit seiner Unterstützung und mit seiner guten Kooperation.

In meinem Land, in Deutschland, wird das, was wir hier zur privaten Beteiligungsindustrie vereinbart haben, reale Verbesserungen bringen für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, es wird reale Verbesserungen bringen für den Mittelstand, der keine Angst mehr haben muss, von schwarzen Schafen der Beteiligungsindustrie einfach gefressen zu werden, ohne dass die sich an Standards halten. Wenn wir dieser Tage die Presseagenturen lesen und hören, dass die Fondsindustrie sich aus der Karibik weg und auf Europa hin orientiert, weil die langfristigen Investoren Wert darauf legen, dass es gute Produkte gibt, in die sie investieren, spricht das für die Arbeit diese Parlaments und nicht dagegen.

Aber bevor hier zu viel von Dynamik die Rede ist: Meine Herren, bitte, bitte, meine Fraktion fordert seit 2002 eine Regelung! Dynamik hat es vielleicht gegeben, aber nur in den letzten Wochen. Ich danke dem Ratspräsidenten, ich danke dem Kommissar, denn Sie persönlich haben für diese Dynamik gesorgt. Sagen Sie bitte den Kolleginnen und Kollegen im Rat: Mit dieser Methode der Schlafmützigkeit, mit dieser Methode des „Ja, aber“, mit dieser Methode der Verweigerung, bessere Regelungen in Europa durchzusetzen, werden wir die nächsten Gesetze zu Derivaten oder zu shortselling nicht durchbringen. Das muss sich ändern. Das ist der Appell dieses Parlaments!

 
  
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  Sharon Bowles (ALDE). – Herr Präsident, es gab lange und schwierige Diskussionen zu dieser Richtlinie im Ausschuss, in Trilogen und in vielerlei Hinsicht auch in den Mitgliedstaaten, mit den Medien, mit Risikokapitalgesellschaften und mit allen Arten von Fondsverwaltern. Interessanterweise waren die Mitgliedstaaten, die die größte Besorgnis bezüglich der Hedgefondstätigkeiten hatten, auch diejenigen, die keinerlei Regulierung für Hedgefondsmanager hatten und auch keine Wohlverhaltensregeln, um den Verkauf von Produkten, die nur für professionelle Investoren geeignet sind, an Kleinanleger aufzuhalten. Auf ähnliche Weise waren die Mitgliedstaaten, die sich dem Ausschlachten und den versteckten Geschäftsübernahmen gegenüber besonders besorgt gezeigt haben, diejenigen, die keine geringeren Schwellen für die Offenlegung bei Beteiligungen hatten und keine Offenlegung bei Differenzgeschäften.

Wo immer Sie nun in der EU sind, wird es Schutz geben – und das ist richtig so. Wir haben einen großen Schritt in der Aufsichtsarchitektur hin zu einem gemeinsamen Regelwerk gemacht. Die Lehre, die wir aus AIFM ziehen müssen, ist, auch Schritte einzuleiten, um frühzeitig empfehlenswerte Verfahren auszutauschen.

Daher sage ich der Londoner Finanzwelt, meinem eigenem Mitgliedstaat, dem Vereinigten Königreich: Seid wachsam, wenn ihr den Export eines umfassenden Bündels von Vorschriften zur Marktregulierung, die ihr bereits erfüllt, nach Europa fördert. Das Endprodukt ist unter Umständen nicht genau dasselbe und deshalb werdet ihr Anpassungen vornehmen müssen und ich fürchte, das wird einige Kosten nach sich ziehen. Aber indem man empfehlenswerte Verfahren teilt, Ideen frühzeitig weitergibt, verhindert man in einem späten Stadium einen Schock durch erlassene Rechtsvorschriften.

Gleichwohl ist das Endergebnis, das wir haben, ein offenes und ziemlich ausgeglichenes. Es weicht nicht von den Gesellschaftsrechtsnormen ab. Es ist nicht perfekt und sicher nicht so prägnant, wie ich es gerne hätte, aber unter all den Umständen akzeptiere ich es als gutes Ergebnis. Ich möchte Minister Reynders und Kommissar Barnier persönlich für deren sehr wichtiges und aktives Engagement in den Trilogen danken.

 
  
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  Kay Swinburne (ECR). – Herr Präsident, die AIFM-Richtlinie war die erste Rechtsvorschrift, die auf meinen Schreibtisch gelangt ist, nachdem ich vor 18 Monaten zum ersten Mal gewählt wurde. Daher ist es wirklich eine Erleichterung zu sehen, dass sie in dieser Woche endlich durch das Plenum geht, jetzt da wir endlich eine Einigung erzielt haben. Die Schaffung eines Passsystems für alternative Investmentfonds, um über die gesamte EU hinweg einheitliche Regeln anzuwenden, welche die Geschäfte bestimmen, sollte ein weiterer wertvoller Teil bei der Schaffung eines echten europäischen Binnenmarktes auf dem Gebiet der Finanzdienstleistungen sein und in seiner aktuellen veränderten Form von der Branche begrüßt werden.

Als ehemaliger Fondsverwalter, der den Regulierungen des Vereinigten Königreichs unterlag, hoffe ich nun, dass dies bald ein Gütezeichen hoher Qualität bei der Regulierung von Investoren weltweit wird, wie es die OGAW in der Vergangenheit waren und weiterhin auf der ganzen Welt sind.

Ich hoffe jedoch, dass jeder, der an diesem Prozess beteiligt war, hinsichtlich der Grundsätze einer besseren Rechtsetzung seine Lehren daraus gezogen hat. Es ist klar, dass dies nicht als Beispiel für eine bessere Rechtssetzung genommen werden sollte, und angesichts der ausgedehnten Agenda für Finanzvorschriften in den kommenden Monaten hoffe ich, dass wir eine Wiederholung dieses ineffizienten Prozesses vermeiden können.

 
  
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  Astrid Lulling (PPE).(FR) Herr Präsident, während der gesamten schmerzhaften Geburtsphase dieser Richtlinie für Verwalter alternativer Investmentfonds habe ich mich stets für eine Gleichbehandlung aller Fondsverwalter ausgesprochen, unabhängig davon, ob sie aus der Europäischen Union kommen. Es klingt vielleicht naheliegend, in der Praxis gab es allerdings zahllose Schwierigkeiten.

Der heute vorgestellte Text ist zufriedenstellend. Ich würde gerne den Verhandlungsführern, besonders dem Berichterstatter, Herrn Gauzès, danken, sie haben eine sehr schwierige Geburt überstanden und sollten Anspruch auf einen wirklich wohlverdienten Elternurlaub haben.

Ich möchte betonen, dass die Behandlung von Drittländern aus zwei unterschiedlichen Sichtweisen betrachtet werden kann, je nachdem, ob man sich innerhalb oder außerhalb der Europäischen Union befindet. Hauptsächlich dank der Anstrengungen des Europäischen Parlaments werden alle Fonds, die in der Europäischen Union verkauft werden, tatsächlich ähnlichen Regeln unterliegen. Daher können wir nun sagen, dass es mehr oder weniger gleiche Voraussetzungen gibt.

Dennoch, während der Übergangszeit werden für Unternehmen außerhalb der Europäischen Union die nationalen Anlagevorschriften gelten, wohingegen Fonds und Verwalter in der EU der Richtlinie, die tendenziell strenger ist, unterliegen. Die Situation ist für Märkte außerhalb der Europäischen Union anders. Europäische Fonds und ihre Verwalter unterliegen dort weiterhin der Richtlinie, aber Fonds aus Drittländern nicht. In der Folge wird es sehr viel schwerer sein, europäische Produkte im Rest der Welt zu vertreiben, weil sie weniger flexibel und teurer sein werden. Wir müssen uns dieser Ungleichheit bewusst sein, auch wenn sie in diesem Fall unvermeidbar war.

Im Hinblick auf die Verwahrstellen und darauf, dass wir auch ihnen mehr Beschränkungen auferlegen, vor allem in Form von neuen Verantwortlichkeiten, werden die höheren Kosten dazu führen, dass es zu einem weitreichenden Strukturwandel kommt. Herr Präsident, ich sage dies nicht, um meine Opposition zu bekunden, sondern vielmehr um zu betonen, dass diese neue Rechtsvorschrift kein Allheilmittel ist. Sie muss umgesetzt werden, wird aber auch Probleme schaffen und das müssen wir erkennen.

 
  
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  Ivo Strejček (ECR). (CS) Die Entstehung von Hedgefonds und Private-Equity-Fonds war das Ergebnis der strengen Regulierung der Finanzmärkte schon vor Ausbruch die Finanzkrise. Finanzinstitutionen haben diese Instrumente gewählt, um Wege zu finden, die Regulierungsmaßnahmen des Kapitalmarktes zu umgehen. Es sind daher nicht die alternativen Investmentfonds, die die Hauptursache hierfür sind, sondern die Vielzahl von bestehenden Regulierungsvorschriften – ein Zustand, den wir heute mit noch strengerer Regulierung beheben wollen. Kapital hat die Fähigkeit, flexibel zu reagieren, und ist sehr mobil. Staatliches Eingreifen wird es nicht aufhalten und wenn Regulierung zu streng ist, wird dieses Segment der Finanzdienstleistungen entweder gezwungen sein, die Europäische Union zu verlassen, oder neue, noch nicht regulierte Formen zu finden. Man kann mit Sicherheit sagen, dass die Materie, über die wir diskutieren, möglicherweise eine Reaktion auf die Vergangenheit ist, aber sie verringert die Gefahr zukünftiger Krisen nicht. Ich bin jedoch der Ansicht, dass Herr Gauzès und seine Freunde gute Arbeit geleistet haben.

 
  
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  Alfredo Pallone (PPE).(IT) Herr Präsident, meine Damen und Herren, zunächst ist es selbstverständlich, dass ich den Verhandlungsführern, insbesondere Herrn Gauzès zusammen mit den Schattenberichterstattern, für die hervorragenden Arbeit danke, die im Hinblick auf die Richtlinie über Verwalter alternativer Investmentfonds erreicht wurde und die sicherstellt, dass die Fonds endlich ein einheitliches Regelwerk innerhalb der Europäischen Union haben.

Diese Fonds sind für die Verwaltung eines beträchtlichen Volumens von Vermögensanlagen in Europa zuständig und können einen beachtlichen Einfluss auf die Märkte ausüben. Sie wirken sich weitgehend vorteilhaft aus, aber ihre Aktivitäten können auch dazu beitragen, Risiken im gesamten Finanzsystem zu verbreiten.

Die neuen gemeinsamen Maßnahmen tragen dazu bei, dass die heutigen 27 unterschiedlichen nationalen Systeme ersetzt werden und die Möglichkeiten für den Binnenmarkt verstärkt werden. Daher profitieren alternative Fonds von einem europäischen Pass, unabhängig von ihrem Registrierungsort. Darüber hinaus wird ein einheitliches europäisches System verhindern, dass Fonds von Rechtsvorschriften in Staaten profitieren, in denen günstigere Regulierungsvorschriften herrschen. Diese Vorgehensweise hat in der Vergangenheit ernste Spekulationsgefahren für die gesamte Europäische Union nach sich gezogen. Ich stimme auch der Einführung von Regeln hinsichtlich des sogenannten „asset stripping“, also dem Ausschlachten von Unternehmen, und dem Verbot von Leerverkäufen zu – zwei Punkte, die im ursprünglichen Vorschlag der Europäischen Kommission fehlten.

Schließlich ist es wichtig, um Wettbewerbsverzerrungen zu verhindern, dass ein Fonds aus einem Drittland, der Geschäfte innerhalb der Europäischen Union tätigt, den Pass erhält und somit seine Geschäfte fortführen kann, sofern er dieselben Bedingungen erfüllt wie EU-Fonds.

 
  
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  Theodor Dumitru Stolojan (PPE) . – (RO) Ich möchte zunächst dem Berichterstatter, Herrn Gauzès, gratulieren. Wir hätten diesen Entschließungsentwurf zur heutigen Debatte nicht vorliegen, hätte es nicht das Geschick und die Hartnäckigkeit dieses Herrn und derjenigen, die mit ihm zusammen gearbeitet haben, sowie die Mitwirkung der Kommission und des Rates gegeben. Ich werde für diesen Bericht stimmen, da er Vorteile bringt, indem er die Transparenz der Aktivitäten des Fonds hinsichtlich der Kosten, der Investitionspolitik und der Risiken, die sie eingehen, erhöht. Wir wissen nur zu gut, dass wir ohne Transparenz nicht über die Verantwortung der Verwalter dieser Fonds sprechen können.

Zusätzlich können wir sichergehen, dass durch die Einführung von Beaufsichtigung und Überwachung dieser Fonds eine Lücke geschlossen wird, die bislang noch in der europäischen Finanzaufsichtsstruktur besteht. Dadurch reagieren wir direkt auf die berechtigten Forderungen der Bürgerinnen und Bürger Europas, die von dieser weltweit ausgelösten Finanzkrise sehr stark betroffen sind.

 
  
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  Diogo Feio (PPE).(PT) Ich möchte damit beginnen, dem Kommissar, den Vertretern des Rates, den Schattenberichterstattern und insbesondere dem Parlamentsberichterstatter zu gratulieren. Ich bin mir vollkommen bewusst, welche Anstrengungen er in dieses Thema gesteckt hat und welche Schwierigkeiten er durchmachen musste, bis ein Konsens erreicht werden konnte. Die Glückwünsche gebühren daher Herrn Gauzès.

Um auf das Wesentliche zu kommen, würde ich gerne drei Hauptaspekte der vorgestellten Lösung herausstellen: Erstens ist man darauf bedacht, der Realität Rechnung zu tragen, das kann man anhand der Tendenz erkennen, dass unterschiedliche Dinge auch unterschiedlich behandelt werden. Die Fonds haben unterschiedliche Summen, unterschiedliche Eigenschaften und unterschiedliche damit verbundene Risiken. Zweitens sorgt man sich um finanzielle Stabilität, was an der Definition der Kapitalhöhen zu sehen ist. Drittens ist man darauf bedacht, protektionistische Tendenzen zu bekämpfen, was deutlich durch die Vereinbarung hinsichtlich der Drittländer gezeigt wird. Kurzum, dies ist eine transparentere Lösung, die mehr Sicherheit für den Markt und mehr Schutz für den Verbraucher bietet. Dies ist eine „europäischere“ Lösung und eine, die besser für den Binnenmarkt ist. Eine bessere Rechtssetzung wird sicher auch bedeuten, dass wir einen besseren Markt haben werden.

 
  
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  Miroslav Mikolášik (PPE). (SK) Ich glaube ganz fest, dass es wichtig ist, einen systematischen Rahmen zur Überwachung und Beaufsichtigung alternativer Investmentfonds zu schaffen. Die Regulierung dieser Fonds ist Teil einer weitreichenderen Regulierung des Finanzsektors mit dem Ziel, eine neue Finanzkrise zu verhindern.

Ich unterstütze den vorgelegten Vorschlag und möchte betonen, dass wir damit nicht den Zugang für alternative Investmentfonds aus Drittländern in die Europäische Union beschränken sondern einheitliche Bedingungen schaffen wollen, die eingehalten werden müssen, nicht nur von den alternativen Investmentfonds, sondern auch von den Drittländern, in denen sie ihren Standort haben.

Da die Veröffentlichung von Informationen und die Beaufsichtigung Schlüsselelemente in der Erfüllung der Ziele dieser Richtlinie sind, ist es wichtig, absolute Transparenz hinsichtlich der Kontrollinstanzen einzuführen. Ich möchte schließlich Herrn Gauzès zu einer ausgezeichneten Arbeit beglückwünschen.

 
  
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  Zigmantas Balčytis (S&D).(LT) Danke, Herr Präsident. Ich möchte zunächst den Vertretern der Europäischen Kommission und den Berichterstattern für ein sehr wichtiges Dokument danken. Die Finanz- und Wirtschaftskrise hat Mängel in der Funktionsweise und Überwachung unseres Finanzsystems zutage gebracht. Heute werden in Europa bereits Gesetze angenommen, die ein strenges System auf EU-Ebene begründen, das eine Überwachung und Beurteilung der Tätigkeiten von Finanzinstitutionen ermöglichen wird und wodurch gegebenenfalls geeignete Empfehlungen gegeben und Maßnahmen getroffen werden können. Das Aufsichtssystem sollte auch auf alternative Fonds angewendet werden können. Wenn wir eine größere und verbesserte Stabilität im Finanzsystem und mehr Schutz für Investoren, das heißt für unsere Bürgerinnen und Bürger, erreichen wollen, dann müssen die Aktivitäten solcher Fonds ebenfalls kontrolliert werden und einer Aufsicht auf EU-Ebene unterliegen. Die Regeln müssen für alle, die in diesem Gebiet tätig sind, gleich sein und es dürfen keine Lücken für unkontrollierte Aktivitäten bleiben. Wir müssen aus vergangenen Fehlern lernen und dürfen diese nicht wiederholen. Ich glaube, nicht nur Europa lernt aus ihnen, sondern alle Länder der Welt.

 
  
  

VORSITZ: Rodi KRATSA-TSAGAROPOULOU
Vizepräsidentin

 
  
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  Ilda Figueiredo (GUE/NGL).(PT) Wir sprechen hier über eine sehr wichtige Angelegenheit, insbesondere angesichts der Probleme, die diese Form alternativer Investitionsfonds im Finanzsektor verursacht haben. Die Wahrheit ist jedoch, dass diese Maßnahmen die wesentlichen Fragen nicht lösen können. Die Vorschriften sind offensichtlich unzureichend und Spekulationsrisiko besteht nach wie vor, wie sich in der Zukunft herausstellen wird. Es reicht nicht aus, von Aufsicht und Regulierung zu sprechen. Was wir gebraucht hätten, ist eine eindeutige Position, die Abschaffung von Finanzderivaten und Hedge-Fonds bei gleichzeitiger Sicherstellung von wirksamer öffentlicher und politischer Kontrolle über den gesamten Finanzsektor, insbesondere über finanzielle Transaktionen, und eine weltweite Abschaffung von Steueroasen. Die Europäische Union muss mit gutem Beispiel vorangehen.

 
  
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  Seán Kelly (PPE).(GA) Frau Präsidentin, wie meine Vorredner möchte ich Herrn Kommissar Barnier, den belgischen Ratsvorsitz und Jean-Paul Gauzès zu ihrer guten Arbeit beglückwünschen. Jean-Paul hat uns dafür einige Beispiele gegeben.

– Er hat gesagt, dass es 1170 Änderungsanträge, 200 Gespräche und ein halbes Dutzend Trilogsitzungen gegeben hat Das war gewiss harte Arbeit und wird sich hoffentlich gelohnt haben.

Nach dem Ende des 2. Weltkriegs betonten die führenden Politiker – Schuman und andere – dass so etwas nie wieder passieren dürfe. Heute, 60 Jahre später, sagen wir dasselbe über die Wirtschaftskrise und das Versagen von Aufsicht und Regulierung. Die neue Aufsichtsarchitektur wird wesentlich dazu beitragen, dass es nicht mehr so weit kommt, und heute werden wir das Mosaik hoffentlich durch die AIMF vollenden.

Ich habe allerdings noch eine Frage: Sind sie damit zufrieden, dass die Gegenseitigkeit des Marktzugangs, von der die Rede gewesen ist, faire Voraussetzung für die Europäische Union schaffen wird?

 
  
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  Elena Băsescu (PPE).(RO) Ich möchte eingangs Herrn Barnier und Herrn Gauzès für die hervorragenden Ergebnisse danken, die sie im Laufe der jüngsten Verhandlungen erzielt haben. Einer der Vorteile, die der Annahme dieser Richtlinie erwachsen, wird die Überwachung der Systemrisiken sein. Dies wird vor allem durch die Zusammenarbeit zwischen den einzelstaatlichen Behörden und dem Europäischen Ausschuss für Systemrisiken bewerkstelligt werden. Eine weitere wichtige Form der Zusammenarbeit wird zwischen den einzelstaatlichen Agenturen und der Europäischen Wertpapieraufsichtsbehörde stattfinden. Letztere wird in der Lage sein, Empfehlungen abzugeben und an der Überwachung der einzelstaatlichen Systeme beteiligt zu sein.

Ich glaube darüber hinaus, dass es wichtig ist, zusätzliche Bestimmungen hinsichtlich der Transparenz von durch Fondsmanager durchgeführten Transaktionen mit einzuschließen. Gleichzeitig begrüße ich die Einführung eines einfacheren Regulierungsschemas für die Verwalter von KMU zur Förderung des Zugangs zu alternativen Investitionsmitteln.

 
  
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  Othmar Karas (PPE). - Frau Präsidentin! Die Hedgefonds-Regelung ist keine Folge der Krise. Die Hedgefonds-Regelung schließt eine Regelungslücke. Wir setzen mit ihr einen weiteren Schritt zur Europäisierung des Finanzbinnenmarktes. Worum geht es? Wir registrieren und autorisieren alle Fonds. Wir schaffen eine Mindestkapitalanforderung von 125 000 EUR. Die Europäische Finanzmarktaufsicht ist das Kontrollorgan. Unser Grundsatz der Transparenz wird auf die Anlagestrategie, die Investmentpolitik, die Auszahlungsmodalitäten und die Delegationen angewendet. Der Binnenmarktgedanke wird durch den Pass umgesetzt. Es gibt keinen EU-Pass für Fonds, die mehr als 30 % außerhalb der EU investieren. Die Boni-Regelung, die wir für die Bankmanager eingeführt haben, wird auch auf die Hedgefondsmanager übertragen, um hier für Nachhaltigkeit zu sorgen und das Risiko zu minimieren. Ein gutes Ergebnis!

 
  
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  Michel Barnier, Mitglied der Kommission.(FR) Vielen Dank, Frau Präsidentin. Ich nehme an, dass auch Herr Reynders Ihnen danken wird, wenn er an der Reihe ist. Ich danke dem Parlament für seine unglaublich konstruktive Herangehensweise während dieser ziemlich langatmigen Verhandlungen, wie in der soeben geführten Diskussion zur Sprache gebracht wurde.

Herr Klinz hat zuvor von „mehr Transparenz“ gesprochen. Ich glaube seit jeher, dass Transparenz ein wesentliches Merkmal der Verantwortung im Bereich der finanziellen Dienstleistungen darstellt. Aus diesem Grund arbeiten wir in ebendiesem Bereich nun mit vereinten Kräften daran, Transparenz zu schaffen, Licht auf Personen zu werfen, die daran wohl nicht gewöhnt waren.

Im Gegensatz zu Frau Andreasen glaube ich nicht, dass diese Transparenz die Wettbewerbsfähigkeit des Finanzsektors behindern wird. Vielmehr wird es genau den gegenteiligen Effekt haben. Am 13. Januar habe ich Ihnen dargelegt, dass Europa für den Finanzsektor sehr attraktiv ist. Hierin liegt unser Wettbewerbsvorteil gegenüber anderen Regionen der Welt. Der Finanzsektor hat Interesse, schrittweise, Stück für Stück – denn, meine Damen und Herren, wir sind noch nicht fertig – gesündere, transparentere und vertrauenswürdigere Grundlagen zu schaffen. Und ich denke, dass diese Grundlagen in vielen Fällen ethisch wertvoller sein werden.

Wie Herr Balz uns in Erinnerung gerufen hat, ist dies das erste Mal, dass wir europäische Vorschriften für diesen Schlüsselsektor eingeführt haben. Diese Vorschriften werden eine wichtige Rolle dabei spielen, die ganze Bandbreite ehrgeiziger Zielsetzungen zu erreichen und reale Verbesserungen zu erzielen – der Ausdruck, den Herr Bullmann verwendet hat, um die Arbeit dieses Parlaments gemeinsam mit dem Rat und der Kommission zu beschreiben.

Verbesserungen, damit ist die Verbesserung der Aufsicht über Systemrisiken gemeint und ein besserer Schutz für Investoren, wie Frau Bowles betont hat. Es bedeutet viel mehr Transparenz im Private-Equity-Bereich. Herr Hökmark hat die Bedeutung dieses Bereichs hervorgehoben. Nicht zuletzt bedeutet, dass die Schaffung eines echten Binnenmarktes für alternative Investitionsfonds für institutionelle Anleger. Herr Kamall hat seine Bedenken dahingehend bekräftigt, dass es keine Diskriminierung geben sollte. Ich teile diese Bedenken. Statt Diskriminierung haben wir jetzt eine Reihe einfacher Anforderungen. Ich denke, das ist die richtige Lösung.

Ich möchte all jene, die gehofft haben, weiter zu gehen, daran erinnern, dass das ein Kompromiss ist, ein dynamischer Kompromiss. Die Welt, in der wir leben, ist nicht perfekt, wie Frau Regner uns gerade eben in Erinnerung gerufen hat. Das ist wahr. Wir hätten vielleicht gerne größere Fortschritte gesehen, als dieser Kompromisstext, über den Sie abstimmen werden, enthält, aber es handelt sich um einen dynamischen Kompromiss, und die Überprüfungsklauseln bedeuten, dass die Rechtsvorschriften sich in den kommenden Jahren noch ändern können. Herrn Giegold und Herrn Klute möchte ich sagen, dass es weitere Gespräche geben wird und dass wir insbesondere auf die Frage des passiven Vertriebs und die Rolle der Europäischen Wertpapieraufsichtsbehörde (ESMA) zurückkommen werden. Letzteres ist gerade eben von Herrn Karas zur Sprache gebracht worden, während Herr Goebbels uns zuvor zu Recht an die Bedeutung der ESMA erinnert hat. Herr Goebbels, Sie haben von 72 spezifischen Befugnissen im Rahmen von 11 Kategorien gesprochen. Das bedeutet, dass die ESMA echte Befugnisse haben wird, und das verdanken wir großteils den Bemühungen des Parlaments.

Lassen Sie mich Ihnen allen danken. Fast alle Redner, quer durch alle Fraktionen, sogar jene, die wahrscheinlich nicht für diesen Text stimmen, haben den Berichterstatter Herrn Gauzès für seine Offenheit, seine Expertise und die Qualität der von ihm aufgebauten Beziehungen gewürdigt. Ich fürchte, für einen Elternurlaub wird nicht viel Zeit bleiben, denn in den kommenden Wochen gibt es noch viel zu tun. Ich möchte der gesamten Kommissionsteam danken, mit dem ich zusammengearbeitet habe und das heute Abend anwesend ist, und ich möchte mich, sowohl persönlich als auch im Namen der Europäischen Kommission, den Danksagungen an den Berichterstatter Herrn Gauzès für seine hervorragende Arbeit anschließen.

(Beifall)

 
  
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  Didier Reynders, amtierender Ratspräsident.(FR) Frau Präsidentin, ich werde nicht alles wiederholen, was Herr Barnier soeben gesagt hat – ich war zuvor schon am Zug – aber ich möchte all jenen danken, die sich zugunsten des vorgeschlagenen Textes geäußert haben, und auch jenen, die Bemerkungen gemacht haben, die zeigen, dass dieser Text gehaltvoll ist, was uns ermöglichen wird, auf europäischer Ebene bei der Regulierung all dieser alternativen Investmentfonds Fortschritte zu machen.

Das ist, wie ich zuvor bereits gesagt habe, der erste echt europäische Gesetzestext in diesem Bereich. Wir müssen erkennen, dass die Stärkung der Rolle der ESMA ein Schritt in die richtige Richtung ist. Diverse Redner haben auch den passiven Vertrieb erwähnt. Wir ergreifen diesbezüglich und in Bezug auf Private-Equity-Fonds eine Reihe von praktischen Maßnahmen basierend auf der Notwendigkeit von vermehrter Information und verstärkter Transparenz, insbesondere hinsichtlich der Mitarbeiter von Unternehmen, auf die die Aktionen dieser Fonds manchmal abzielen.

Ich möchte abschließend noch zwei Punkte ansprechen. Erstens, einige sind der Meinung, dass wir nicht weit genug gegangen sind, und andere finden, dass wir den Weg der Regulierung gar nicht einschlagen hätten dürfen. Das bringt mich zur äußerst belgischen Schlussfolgerung, dass wir wohl einen guten Kompromiss erzielt haben. Wenn beide Seiten sich kritisch über den Kompromiss äußern, bedeutet das wohl, dass die Logik hinter unseren Maßnahmen stichhaltig ist.

Herrn Bullmann möchte ich nur sagen, dass wir in Bezug auf die Aufsichtsarchitektur Fortschritte erzielt haben. Wir befassen uns jetzt mit Finanzinvestitionen und werden uns auch mit Investitionsfonds und Finanzgruppen auseinandersetzen.

Lassen Sie mich noch einmal Herrn Gauzès meine Glückwünsche aussprechen. Wie ich ihm zuvor gesagt habe, werden wir uns bemühen, auch in Bezug auf Ratingagenturen Fortschritte zu erzielen, und ich kann Ihnen versichern, dass sowohl der belgische Ratsvorsitz als auch die Kommission gewillt sind, die Debatte über Derivate zu beschleunigen. Ich habe das noch einmal überprüft und kann bestätigen, dass der Bericht dem parlamentarischen Ausschuss im März nächsten Jahres zur Annahme vorliegen wird.

Wenn sich herausstellt, dass der Termin vorverlegt werden kann, sind wir gewillt, einen Gang zuzulegen. Bitte lassen Sie uns wissen, ob das machbar erscheint. Ich bin erfreut, dass wir eine Einigung über diesen Text erlangen konnten. Wir werden uns in den kommenden Wochen um die Annahme von weiteren Texten bemühen. Ich danke Ihnen abermals. Umso mehr, als wir, Herr Gauzès, in den nächsten Tagen weiter zusammenarbeiten werden.

(Beifall)

 
  
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  Jean-Paul Gauzès, Berichterstatter.(FR)Frau Präsidentin, zuvor habe ich über die technischen Einzelheiten gesprochen. Gestatten Sie mir, meine letzten zwei Minuten dafür zu nutzen, einige ausstehende Dankesworte zu sagen. Zunächst danke ich allen Kolleginnen und Kollegen, die heute das Wort ergriffen haben. Ich danke allen, die gesagt haben, dass sie den Text unterstützen werden. An alle, die dagegen stimmen werden: Ich denke nicht, dass in dieselbe Schublade wie Herrn Cameron gesteckt zu werden eine Beleidigung ist, im Gegenteil.

Ich danke den Schattenberichterstattern der Fraktionen: Herr Goebbels, Herr Bullmann, Herr Canfin, Herr Klute und Frau Regner, der Berichterstatterin für die Stellungnahme des Rechtsausschusses. Es war mir wichtig, sie alle namentlich zu nennen, in Anerkennung der unglaublichen Unterstützung, die sie mir in dieser ersten Prozessphase zukommen haben lassen. Unsere Zusammenarbeit war fruchtbar, alle haben ihre Ansichten dargelegt, und ich danke ihnen dafür. Ich bin erfreut, dass die Fraktion der Allianz der Liberalen und Demokraten für Europa und die Europäischen Konservativen und Reformisten nun, da ein Kompromiss erreicht worden ist, sich uns angeschlossen haben, und ich bin daher hoch erfreut, dass Herr Klinz und Herr Kamall mit mir gemeinsam den geänderten Text unterzeichnet haben, der den ursprünglichen Bericht ersetzt.

Mein Dank geht insbesondere an Herrn Barnier für seine nennenswerte Beteiligung an diesem Dossier. Er weiß, wie sehr ich ihn schätze. Ich weiß, dass er weiß, dass das Parlament auf ihn zählt und ihn dabei unterstützen wird, die Aspekte umzusetzen, die ihm und uns so wichtig sind. Es mag ungewöhnlich sein, aber ich möchte auch Ugo Bassi danken, mit dem ich in dieser Zeit eine sehr fruchtbare Zusammenarbeit gehabt habe, und so ist dieser Text auch Ergebnis der Arbeit innerhalb der Kommission.

Was Sie betrifft, Herr Minister, habe ich zuvor den Eindruck gehabt, dass Sie einen wichtigen Beitrag geleistet haben, indem Sie in Ihren Danksagungen gefragt haben, ob wir weiterhin Fortschritte machen würden. Aus diesem Grund danke ich Ihnen, denn ohne Sie hätten wir auf Seiten der Mitgliedstaaten nichts erreicht. Ich danke Ihnen von Herzen, nicht nur, weil es die Höflichkeit gebietet – ich glaube, dass Ihr persönliches Engagement wesentlich für den Fortschritt innerhalb des Rates war und dafür, dass wir eine Einigung erlangt haben. Sie haben es darüber hinaus geschafft, sicherzustellen, dass alle großen Fraktionen sich mit Teilen des Textes identifizieren können, und die Mehrheit, die Sie und ich uns für diese Richtlinie erhofft haben, zu erreichen.

Mein Dank geht auch an die Abgeordneten der Linken für ihren Beitrag, ohne den die Richtlinie nicht die Glaubwürdigkeit hätte, die sie – da bin ich zuversichtlich – morgen nach der Stimmabgabe haben wird. Wie Sie betont haben, war das für die Aufsicht und auch für diese Richtlinie wesentlich. Ich bin auch Ihren Teams zu Dank verpflichtet, Herr Minister. Bitte übermitteln Sie ihnen meinen Dank. Einige der Debatten sind ziemlich aufgeheizt gewesen, doch ich stamme aus dem Süden, obwohl ich heute in der Normandie lebe, und manchmal nimmt mein südliches Temperament Überhand über den ausgewogeneren nördlichen Ansatz.

Herr Minister, Herr amtierender Präsident des ECOFIN-Rates, ich hoffe wirklich, dass wir unsere Arbeit zu den Ratingagenturen vor Ende des Jahres abschließen. Was uns betrifft, so stimmen wir am 22. November im Ausschuss ab, die Stimmabgabe in Straßburg findet im Dezember statt, und dann, wenn der Rat bereit ist, werden wir bereit sein.

(Beifall)

 
  
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  Die Präsidentin – Die Aussprache ist beendet.

Die Stimmabgabe findet morgen statt.

Schriftliche Erklärungen (Artikel 149)

 
  
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  Dominique Baudis (PPE), schriftlich.(FR) Die Finanzkrise, die die ganze Welt getroffen hat, hat aufgezeigt, dass die internationalen finanziellen Transaktionen einem Mindestmaß an Regulierung unterliegen müssen. Nachdem das Europäische Parlament im September seinen Willen erklärt hat, den Markt zu beaufsichtigen, hat es heute, am 11. November ein weiteres starkes Signal an den Rest der Welt ausgesandt. Von nun an werden alternative Investmentfonds (Hedge-Fonds), die in Europa eingeführt werden, durch Europa strenger beaufsichtigt und reguliert. Darüber hinaus werden sie den Behörden gegenüber deklariert und innerhalb der Europäischen Union verwaltet müssen. Die fehlende Regulierung dieser Ressourcen hat viele Konkurse, Börsencrashs und soziale Krisen verursacht. Frankreich wird demnächst für ein Jahr den Vorsitz der G20-Länder übernehmen. Oberste Priorität wird im Zuge dessen die Reform des internationalen Finanzsystems sein. Mit dieser Abstimmung schlägt Europa eine Bresche.

 
  
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  Sebastian Valentin Bodu (PPE), schriftlich.(RO) Dieser Bericht über Investmentfondsmanager hat eine Vielzahl von Diskussionen ausgelöst, sowohl zwischen den verschiedenen Fraktionen des Europäischen Parlaments, als auch zwischen Parlament und Rat. Ich bin nach wie vor der Ansicht, die ich auch während der Diskussionen im Vorfeld zur Stimmabgabe im Rechtsausschuss geäußert habe, dass der Vorschlag der Kommission ein großer Fehler ist und von mangelndem Verständnis hinsichtlich der Rolle von Investmentfonds (Private Equity und Hedge-Fonds) zeugt, ebenso wie er Verwirrung zwischen den Banken als den Institutionen, die die Finanzkrise ausgelöst haben, diesen geschlossenen Investmentfonds und den offenen Investmentfonds (Anlagefonds) stiftet.

Hinter den gut gemeinten Prinzipien, die unglücklicherweise von den Kolleginnen und Kollegen angenommen worden sind, die sich mit Finanzgebaren und Makroökonomie nicht auskennen, stecken Vorschriften, die nicht nur nichts mit der Vermeidung einer neuen Krise zu tun haben, sondern die vielmehr die mit alternativen Investmentfonds verbundenen Kosten auf ungerechtfertigte und absurde Weise erhöhen, was sich in geringerem Kapital, geringeren Renditen und geringeren Investitionen niederschlägt. Ich gebe offen zu, ich bin völlig erstaunt darüber, dass diese Dampfwalzen-Haltung in der EU vorherrschend ist. Das erinnert an die 1950er-Jahre, als Institutionen in Osteuropa mit großen Slogans zerstört wurden.

 
  
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  George Sabin Cutaş (S&D), schriftlich.(RO) Die Wirtschafts- und Finanzkrise hat uns gezeigt, dass wir über Wirtschaftsteilnehmer stärkere Kontrolle ausüben müssen. Sie haben sich selbst übermäßigen Risiken ausgesetzt und damit das globale Finanzsystem in eine Krise gestürzt. Einer Analyse der Europäischen Zentralbank zufolge machen die von den Verwaltern alternativer Investmentfonds geführten Geschäfte annähernd 700 Mrd. EUR der Anlagegüter in der Europäischen Union aus, was für die Finanzierung der Gemeinschaft ein wichtiger Faktor ist.

Ich begrüße den Vorschlag der Kommission hinsichtlich der Autorisierung und Aufsicht dieser Fonds und zur Einführung eines Europäischen Passes in diesem Bereich. Die Schaffung eines europäischen Binnenmarktes für die Verwalter alternativer Fonds wird zur Einschränkung von Systemrisiken und zu besserem Schutz für Anleger beitragen und im Einklang mit der europäischen Struktur der Wirtschaftsaufsicht stehen. Gleichzeitig wird die Kommission zeitgerecht eine Bewertung der Ergebnisse dieses Harmonisierungsprozesses vorlegen müssen, um sicherzustellen, dass das keine Marktverzerrung verursacht.

 
  
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  Proinsias De Rossa (S&D), schriftlich. – Ich unterstütze diese Vorschriften zur Regulierung von Private Equity und Hedge-Fonds. Obwohl in diesem Bereich noch viel zu tun bleibt, ist das ein wichtiger Schritt in Richtung einer besseren Regulierung der Aktivitäten von Verwaltern alternativer Investmentfonds; ein Schritt, der auf Widerstand stieß, sogar nachdem die Finanzkrise 2008 hart zugeschlagen hatte, insbesondere durch Charlie McCreevy, den damals für den Binnenmarkt zuständigen Kommissar. Sobald die neue europäische Aufsichtsbehörde voll einsatzbereit wird, werden Fondsmanager nicht mehr in der Lage sein, ihre Produkte in der Europäischen Union zu vertreiben, sofern sie nicht über einen europäischen Pass verfügen, der die volle Einhaltung dieser Richtlinie belegt. Die strikte Haftungsregelung der Verwahrstelle wird sicherstellen, dass Anleger Schäden geltend machen können und über die Gründe für eine mögliche Haftungsübertragung informiert werden. Wichtige neue Klauseln, auf die wir beharrt haben und die im Rat auf Widerstand stießen, sind die Vorschriften zur Bekämpfung des Ausschlachtens. Arbeitnehmer werden vor räuberischen Fonds geschützt sein, die nur auf kurzfristige Profite durch die Zerstörung rentabler Unternehmen aus sind. Ausschüttungen an die Anleger und Kapitalverringerungen werden in den ersten zwei Jahren nach einer Übernahme begrenzt sein, und Arbeitnehmer werden Zugang zu den für ihr Unternehmen vorgesehenen Plänen haben.

 
  
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  Jiří Havel (S&D), schriftlich. (CS) Über alternative Fonds, wie etwa Hedge-Fonds oder Private Equity, und deren Regulierung wird zurzeit, wahrscheinlich auch aufgrund ihrer Auswirkungen auf die aktuelle globale Krise, nicht nur in der EU, sondern auch in den Vereinigten Staaten diskutiert. Der vorliegende Bericht bezieht sich auf die Berichte Rasmussen und Lehne, beide von 2008, und setzt sich mit dem Vorschlag für eine Richtlinie Verwalter alternativer Investmentfonds auseinander. Der Bericht enthält eine zusammenfassende Analyse der Problematik der alternativen Fonds, einschließlich einer Ausführung der wesentlichen Elemente: die Regulierung der Tätigkeit der Verwalter alternativer Fonds, darunter die Einführung eines gemeinsamen europäischen Passes; die Verpflichtung der Verwalter alternativer Fonds, eine unabhängigen Bewertungsstelle für jeden von ihnen verwalteten alternativen Fonds zu benennen; die Anforderung, die Transparenz alternativer Fonds und Marktregelungen sowie die Regulierung des Leerverkaufs zu verstärken. Diese Richtlinie ermöglicht es den Mitgliedstaaten darüber hinaus, den Managern zu gestatten, auch nicht-professionellen Anlegern alternative Fonds anzubieten. Andererseits bestehen Einwände gegen die vorgeschlagene Regulierung, etwa der Larosière-Bericht oder der Turner-Bericht, und die Reaktion der Alternative Investment Management Association. Die Annahme dieser Richtlinie sollte keine besonderen Veränderungen für alternative Fonds in der Tschechischen Republik mit sich ziehen, da hier in diesem Bereich ein hohes Maß an Regulierung vorhanden ist. Ich denke, dass der von meinem Kollegen Herrn Gauzès vorgelegte Bericht eine akkurate Analyse der Problematik enthält, ebenso wie interessante Empfehlungen hinsichtlich alternativer Fonds. Ich bin daher für dessen Annahme in seiner vorgeschlagenen Fassung.

 
  
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  Sirpa Pietikäinen (PPE), schriftlich.(FI) Sehr geehrte Damen und Herren, ich möchte zunächst den Berichterstatter Herrn Gauzès zu seiner hervorragenden Arbeit an diesem komplexen, hochtechnischen und kontroversen Bericht beglückwünschen. Als der Bericht erschien, rief der Vorschlag der Kommission zu alternativen Investmentfonds Begeisterung, Kritik und Lob in verschiedenen Lagern hervor. Er wurde heftig kritisiert, unter anderem deswegen, weil er im Verborgenen erarbeitet worden war. Ich selbst war der Meinung, seine größte Schwäche läge darin, dass er zwei hinsichtlich ihrer Natur und damit auch ihrer Risiken unterschiedliche Produktbereiche in derselben Richtlinie vereint. Es ging dabei um Private Equity und Hedge-Fonds. Der eine zielt auf einen raschen Gewinn ab, während beim anderen die Anlage über einen längeren Zeitraum hinweg „reifen“ muss. Vor allem mit dem ersten werden Risiken verbunden. Die Debatte über die Richtlinie des Parlaments und des Rates führte zu einem Kompromiss – kein perfekter, aber immerhin ein annehmbarer. Die Richtlinie über die Verwalter alternativer Investmentfonds stellt einen wichtigen Teil des neuen Systems der finanziellen Regulierung und Aufsicht dar. Nichtsdestotrotz müssen wir bedenken, dass die Finanzaufsicht auch nach der Annahme dieser Richtlinie weiter verbessert werden muss.

 
  
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  Marianne Thyssen (PPE), schriftlich.(NL) Mit der morgigen Abstimmung wird die EU das in die Tat umsetzen, was beim Treffen der G20 in London vereinbart worden ist. Im Anschluss an das Übereinkommen über Finanzaufsicht haben das Europäische Parlament und der belgische Ratsvorsitz gezeigt, dass sie es mit der Reform des Finanzsystems ernst meinen. Die erzielte Vereinbarung ist insofern ausgewogen, als sie drei Aspekten Rechnung trägt: dem Eindämmen von Systemrisiken, dem Schutz der Anleger und der Sicherstellung fairer Voraussetzungen. Ebenso wichtig ist, dass die EU ihre Märkte nicht für Kapital aus Nicht-EU Ländern verschließt, was eine Grundvoraussetzung dafür darstellt, dass die europäische Wirtschaft Luft schöpfen kann. Die neuen harmonisierten Regeln werden Transparenz, Rechtssicherheit und einen gestärkten Binnenmarkt gewährleisten.

Insbesondere der Europäische Pass wird es Managern ermöglichen, innerhalb der gesamten Europäischen Union tätig zu sein, ohne in jedem einzelnen Mitgliedstaat gemeldet zu sein. Ich sollte außerdem betonen, dass ich mit der Lösung, die für Private Equity gefunden worden ist, zufrieden bin. Die gelockerte Regelung für die Manager von kleineren Fonds wird die Gründung und Finanzierung neuer Unternehmen – häufig KMU – in innovativen Sektoren fördern. Wir müssen daher entschlossen die politische Einigung unterstützen, die nach 14 Monaten Verhandlungen erreicht worden ist.

 

17. Binnenmarktinitiative (Aussprache)
Video der Beiträge
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  Die Präsidentin. – Als nächster Punkt folgt die Erklärung der Kommission zur Binnenmarktakte.

 
  
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  Michel Barnier, Mitglied der Kommission.(FR) Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, es ist mir eine Freude, diesem Parlament die von der Kommission am 27. Oktober angenommene Mitteilung zur Binnenmarktakte vorzustellen und sie gemeinsam mit Ihnen zu erörtern. Wir haben unsere Gespräche eigentlich gestern auf Betreiben von Herrn Harbous und Herrn Grech aufgenommen, an einem anderen Ort, aber vor mehreren hundert politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Interessensvertretern auf europäischer, nationaler und regionaler Ebene.

Das ist ein wichtiges Dokument. Sehr geehrte Damen und Herren, es ist wichtig, weil wir finden, dass Europa an mehreren Fronten zur Rechenschaft gezogen wird. Die Außenwelt fragt nach den Ursachen der Krise. Wir wurden in den letzten zwei Jahren von einer unglaublich schweren Finanzkrise heimgesucht, und ihre zahlreichen wirtschaftlichen, sozialen und menschlichen Auswirkungen sind noch heute in allen Mitgliedstaaten zu spüren. Es gibt die allgemeine Wirtschaftskrise, und dann gibt es andere Krisen, die zu ignorieren wir uns nicht leisten können, wie die Lebensmittelkrise, obwohl darüber weniger gesprochen wird. Annähernd eine Milliarde Menschen laufen Gefahr, an Hunger oder Wasserknappheit zugrunde zu gehen. Dann gibt es noch die Umweltkrise, wahrscheinlich die schlimmste.

Wir müssen Antworten auf diese Fragen finden, aber zusätzlich zu diesen Fragen, die von außen kommen gibt es auch solche, die von innen kommen. Am wichtigsten ist sicherlich die, die sich die europäischen Bürgerinnen und Bürger stellen, die verständnislos, oftmals besorgt und manchmal wütend sind, die nicht überzeugt sind und Bedenken hinsichtlich dieses großen Binnenmarkts haben, der doch seit dem Entstehen der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl in den 1950ern einen Pfeiler darstellt; dieser große Binnenmarkt, den wir geduldig zusammen aufbauen.

Die Frage, die sich unsere Bürgerinnen und Bürger und die Klein- und Mittelbetriebe stellen, lautet: Was kann uns der Binnenmarkt bieten? Was tut Europa für uns? Wir müssen eine positive Antwort auf diese Frage geben, was nicht immer der Fall ist.

Das ist die Schlussfolgerung von Mario Monti im von Präsident Barroso in Auftrag gegebenen Bericht; ein Bericht, den Sie oftmals diskutiert haben und der viele nützliche Informationen enthält. Mario Monti stellt zum Beispiel fest, dass der Binnenmarkt immer notwendiger und trotzdem immer unbeliebter wird. Meine Damen und Herren, wir sind Politiker, jeder mit einem eigenen Mandat, und wenn etwas Derartiges festgestellt wird, muss man sich bemühen, sicherzustellen, dass das, was notwendig wird, auch Anklang findet, unterstützt und besser verstanden wird.

Aus diesem Grund und angesichts der genannten Krisen und Fragen wollten wir, gemäß unserem Mandat, ein praktisches Nachfolgedokument zu Mario Montis Ergebnissen erarbeiten, ebenso wie natürlich zu den umfassenden Erkenntnissen, die dieses Parlament unter der Leitung von Herrn Grech, dem ich hiermit danke, hinsichtlich der imperfekten, unvollständigen und manchmal enttäuschenden Funktionsweise dieses großen Binnenmarktes gewonnen hat.

Das Dokument, das wir Ihnen heute vorlegen, Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, ist ein originelles Dokument. Es ist nicht etwas, das man annehmen oder aber auch lassen kann. Es enthält weniger einen Gesetzesvorschlag als einen Aktionsplan, der derzeit aus 50 Vorschlägen besteht, die wir zur Diskussion unterbreiten und die alle die Funktionsweise des Binnenmarkts im Interesse der Klein- und Mittelbetriebe, des Wachstum und der Bürgerinnen und Bürgern verbessern sollen. Dieser Markt ist ein Mittel zur Förderung von Wachstum und sozialem Fortschritt und nicht zu deren Belastung, wie ich bereits mehrmals betont habe.

Wir haben soeben die Richtlinie von Private Equity und Hedge-Fonds erörtert. Ich habe eine sehr klare Strategie, die ich in den nächsten fünf Jahren mit Entschlossenheit zu verfolgen gedenke. Wie ich Ihnen am 13. Januar gesagt habe, wir wollen und werden sicherstellen, dass die Finanzdienstleistungen und -märkte, die essenziell sind, wieder der Realwirtschaft dienen und nicht umgekehrt. Wir werden dadurch gewährleisten, dass die Realwirtschaft und der ihr zugrunde liegende Binnenmarkt Wachstum und sozialen Fortschritt ankurbeln.

Unsere Wachstumsstrategie, die mit der 2020-Strategie einhergeht, wurde erarbeitet, um die Funktionsweise des Binnenmarkts zu verbessern. Dieser Markt muss als Fundament angesehen werden, auf dem die europäische Wirtschaft aufbaut. Wir sind überzeugt, dass, wenn dieses Fundament besser funktioniert als es heute der Fall ist – was das Ziel unseres Aktionsplans ist – alles, was darauf fußt, ebenfalls besser funktionieren wird: private und öffentliche Initiativen; lokale, regionale, nationale und europäische Initiativen; die Tätigkeit der Verbände und der gesamten Bandbreite der anderen auf dem Markt anwesenden Akteure.

Wir wollen auf diese Fragen und Herausforderungen reagieren, indem wir gemeinsam mit den Unternehmen daran arbeiten, zu starkem, nachhaltigem und fairem Wachstum zurückzukehren. Wir schlagen hiermit eine Reihe von Maßnahmen vor, die speziell auf Innovation und Klein- und Mittelbetriebe ausgerichtet sind.

Die Binnenmarktakte enthält die wichtige Patent-Frage, die wir zurzeit besprechen – daher auch die terminlichen Komplikationen, Frau Präsidentin – im Wettbewerbsrat unter dem belgischen Ratsvorsitz. Allgemeiner ausgedrückt, wollen wir das gesamte regulatorische und steuerpolitische Umfeld für Unternehmen flexibler gestalten und ihnen den Zugang zu Finanzierung zu erleichtern, auf die sie angewiesen sind, um Investitionen zu tätigen.

Hinsichtlich der Verbesserung der europäischen Wettbewerbsfähigkeit schließlich wollen wir unsere externe Strategie im Sinne der Gegenseitigkeit und des gegenseitigen Nutzens stärken.

Um sicherzustellen, dass die europäischen Bürgerinnen und Bürger im Zentrum des Binnenmarktes stehen, will die Kommission vermitteln, dass der Markt die Entwicklung von Dienstleistungen von allgemeinem Interesse und breiter Infrastruktur nicht beeinträchtigt. Wir werden eine Mitteilung erarbeiten, die gewiss durch Beiträge des Parlaments unterstützt, gefördert und verbessert wird: eine Mitteilung über Dienstleistungen von allgemeinem Interesse und öffentliche Dienstleistungen. Wir wollen klarstellen, dass der Binnenmarkt die sozialen Rechte gemäß der Charta der Grundrechte wahrt, dass er sozial innovativen Unternehmen neue Möglichkeiten zur Entwicklung bietet, die den europäischen Arbeitnehmern und Verbrauchern gleichermaßen nützlich sind.

Kommen wir nun zum dritten Kapitel der Binnenmarktakte. Dieser ganzheitliche Ansatz hat nur Sinn, wenn wir ihn in Zusammenhang mit verbesserter Governance setzen und zwar durch vermehrten Dialog und verstärkte Partnerschaft mit unseren Unternehmen und unseren Mitbürgern und Mitbürgerinnen, aber auch zwischen den europäischen Institutionen, den Mitgliedstaaten, regionalen und lokalen Behörden und durch einen besseren sozialen Dialog. Wir sind überzeugt, dass bei unserer gemeinsamen Arbeit zur Bewältigung der Herausforderung der Wettbewerbsfähigkeit, der Herausforderung, das Wachstum zu schaffen, das sich die europäischen Bürgerinnen und Bürger erwarten, der Beitrag jedes einzelnen Bürgers und jedes einzelnen Unternehmens erforderlich ist. Es erfordert die Unterstützung jeder einzelnen Gemeinschaft.

Das ist also das Ziel bei der viermonatigen öffentlichen europäischen Debatte, die wir mit Ihnen zusammen anstoßen wollen. Viele Kommissare, 13 von uns, haben an der Binnenmarktakte gearbeitet – wofür ich mich bei ihnen bedanke – die von der Kommission nach langatmigen internen Gesprächen angenommen worden ist. Dieses Thema ist eine unserer obersten Prioritäten, und wir besprechen zurzeit diese 50 Vorschläge. Wir werden aufmerksam zuhören, wenn die verschiedenen Institutionen und unsere diversen Partner ihren Standpunkt darlegen, und am Ende unserer Konsultierungen, wahrscheinlich im Februar, werden wir die Liste der Verpflichtungen fertigstellen, zu denen die betreffenden Kommissare innerhalb von maximal zwei Jahre Vorschläge liefern werden. Daraus folgt, dass 2012, wenn wir den 20. Jahrestag des Binnenmarktes begehen, 20 Jahre seit den Verpflichtungen und Vorschlägen von Jacques Delors, dieser Jahrestag nicht von Nostalgie oder Melancholie geprägt sein wird – Nostalgie ist derzeit nicht angebracht – sondern es wird vielmehr ein proaktiver und dynamischer Anlass sein.

Aus diesem Grund werden wir heute den Ball ins Rollen bringen, so wie wir es gestern getan haben. Vier Monate lang werden meine Kolleginnen und Kollegen und ich die öffentliche europäische Debatte koordinieren, die heute im Europäischen Parlament ihren Anfang genommen hat. Wir werden uns bemühen, uns auf konstruktive und aufmerksame Weise zu beteiligen.

 
  
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  Andreas Schwab, im Namen der PPE-Fraktion. – Frau Präsidentin, Herr Kommissar, meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Wir haben in dieser Woche schon beim sogenannten Binnenmarkt-Forum über den Vorschlag der Europäischen Kommission gesprochen, mit dem eine in hohem Maße wettbewerbsfähige soziale Marktwirtschaft in Europa erreicht werden soll. Alle drei Begriffe – Wettbewerbsfähigkeit, sozial und Marktwirtschaft – sind uns dabei wichtig, und wir begrüßen ganz ausdrücklich, dass es dem für den Binnenmarkt zuständigen Kommissar Michel Barnier gelungen ist, den von uns gewünschten horizontalen oderwie Louis Grech in seinem Bericht geschrieben hat, holistischen Ansatz für den Binnenmarkt wiederzubeleben. Wir glauben, dass dies ein großer Schritt ist, aber wir glauben auch, dass noch weitere kleine Schritte zur wirklichen Vervollständigung der horizontalen Anlage dieses Gesetzgebungsprojekts notwendig sind. Hier wird sich das Europäische Parlament entsprechend einsetzen.

Dieser Einsatz des Europäischen Parlaments wird nur gelingen, wenn wir in die Lage versetzt werden, die technischen, institutionellen und politischen Unterschiede, die ein solches Gesetzgebungsprojekt mit sich bringt, zu überwinden. Denn nur dann können wir das Gesetzgebungspotenzial, das in diesem Vorschlag liegt, voll ausnutzen. Und das wollen wir.

Ich bin mir sicher, dass die öffentliche Anhörung der Bürgerinnen und Bürger, der beteiligten stakeholders dazu beitragen kann, alle an diesem Gesetzgebungsvorschlag teilhaben zu lassen, und ihnen das Gefühl geben kann, mitentscheiden zu können, was am Ende aus diesem Gesetzgebungsvorschlag wird. Das Parlament, lieber Kommissar Barnier, wird seinen Beitrag dazu leisten, diese Ziele zu erreichen. Wir wollen das Programm mit 50 Punkten überarbeiten, wir wollen Schwerpunkte setzen, wir wollen dazu beitragen, dass sämtliche Ausschüsse des Europäischen Parlaments beteiligt werden, dass wir diese institutionelle Einigkeit, die ein solches Gesetz braucht, erreichen.

Am Ende, liebe Kolleginnen und Kollegen, müssen wir zu dem Ergebnis kommen, dass jede und jeder in diesem Binnenmarkt seinen Platz hat und wir alle gemeinsam von der Zusammenarbeit in diesem Binnenmarkt profitieren können. Das wollen wir bis 2012 – zum zwanzigjährigen Geburtstag des Binnenmarkts – zeigen. Dafür werden wir hart arbeiten.

 
  
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  Evelyne Gebhardt, im Namen der S&D-Fraktion. – Frau Präsidentin! Vielen Dank, Herr Kommissar Barnier, für die Arbeit, die Sie gemacht haben. Denn es war kein einfaches Stück Arbeit, das Sie vor sich hatten, und Sie haben einiges von dem aufgenommen, was Professor Monti in seinem Bericht formuliert hat, was Louis Grech für das Europäische Parlament erarbeitet hat. Wir finden auch einiges davon darin wieder. Auch der Versuch, diesen holistischen Ansatz zu verfolgen, der nicht ganz so gelungen ist, wie wir uns das vorgestellt haben, aber auf dem richtigen Weg ist. Ganz wichtig ist auch, dass Sie durchaus auch sichtbar machen, dass Sie versuchen, die sozialen Rechte der Bürger und Bürgerinnen, die ja ein Herzstück der Gesetzgebung der Europäischen Union sein sollen, auch Wirklichkeit werden zu lassen. Allerdings muss ich für meine Fraktion sagen, dass uns in dem Text einiges fehlt oder zu vage oder zu einfach oder zu gering herausgekommen sind. Denn eine der ganz wichtigen Forderungen, die wir hatten, die Sie uns auch zugesagt hatten, war, dass eine Sozialklausel in allen wichtigen Bereichen der europäischen Politik gestaltet wird. Diese Sozialklausel finden wir nicht wieder. Es ist eine Zusage, die uns befriedigen kann, dass soziale Folgenabschätzungen durchgeführt werden sollen. Aber eine Sozialklausel ist wesentlich mehr als das, was wir hier in diesem Text finden. Und wir werden daran arbeiten, Ihnen zu helfen, dass wir da einen Fortschritt in die richtige Richtung erzielen, denn das ist ganz wichtig für uns.

Ganz problematisch finde ich auch einen anderen Punkt, der für unsere Fraktion immer wieder ganz wichtig war: Wir fordern eine Sammelklage. Wir wollen Sammelklagen für die Bürgerinnen und Bürger, damit sie auch wirklich ihre Rechte im Verbraucherschutz durchsetzen können. Sie kündigen als Europäische Kommission an, dass wieder Studien erstellt werden. Seit drei Jahren werden Studien in diesem Bereich erstellt. Ich denke, es wird Zeit, dass wir einmal darangehen und wirklich auch einen Gesetzentwurf von Ihnen erhalten und nicht nur wieder den Vorschlag, eine Studie zu machen, um zu sehen, wie wir weiterkommen.

Sie sehen, wir haben einiges, das uns befriedigen kann, aber einiges eben nicht so sehr, und wir werden mit Ihnen, mit dem Rat, mit den anderen Kollegen der anderen Fraktionen hart daran arbeiten, um am Ende wirklich einen guten Text zu haben.

 
  
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  Jürgen Creutzmann, im Namen der ALDE-Fraktion. – Frau Präsidentin, Herr Kommissar Barnier, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Der nach der Wirtschaftskraft größte Binnenmarkt der Welt hat sich im globalisierten Zeitalter zum entscheidenden Standortvorteil der Europäischen Union entwickelt. Deshalb ist es so wichtig, protektionistischen Tendenzen entgegenzutreten und den Binnenmarkt weiter auszubauen. Angesichts überschuldeter Staatshaushalte bleibt Europa auch gar nichts anderes übrig, als durch strukturelle Reformen die Wirtschaft zu stärken. Seit seiner Gründung im Jahr 1992 hat der Binnenmarkt bereits ein zusätzliches Wachstum von 1,85 % generiert. Die Umsetzung der angekündigten Maßnahmen soll weitere 2-4 % Wachstum bringen.

Man kann die 50 Vorschläge der Kommission zur Binnenmarktinitiative in drei Kategorien einteilen: erstens in die vielen konkreten Vorschläge, die den Binnenmarkt für Unternehmen und Bürger auf jeden Fall weiterbringen werden. Dazu zählt unter anderem die Schaffung eines voll funktionierenden Energiebinnenmarkts zur Sicherung bezahlbarer Energie, was für den Wirtschafts- und Industriestandort Europa besonders wichtig ist, dann ein europäischer Berufsausweis und ein europäischer Qualifikationspass zur Erleichterung der Mobilität innerhalb der Europäischen Union, die in Zukunft immer wichtiger sein wird, um in einer globalisierten Welt Europas Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten, und die Stärkung des elektronischen Handels durch eine bessere Verwaltung von Urheberrechten und neue Leitlinien für die effektive Umsetzung der Dienstleistungsrichtlinie, um neue Arbeitsplätze zu schaffen.

Zweitens gibt es aber auch viele Vorschläge, die jedoch zu vage formuliert sind, um sie bereits jetzt beurteilen zu können. Wir müssen also die konkreten Vorschläge der Kommission noch abwarten. Hierzu zähle ich die Überarbeitung der EU-Vorschriften für die öffentliche Auftragsvergabe, Maßnahmen zu den Diensten von allgemeinem Interesse und auch – Frau Kollegin Gebhardt – die Überlegungen für ein europäisches Sammelklagenkonzept. Ich weiß nicht, ob wir uns auf den Holzweg der Amerikaner begeben sollten.

Drittens enthält die Mitteilung auch Vorschläge, die meines Erachtens kontraproduktiv für eine Stärkung des Binnenmarktes sind, weil sie Unternehmen nur mit zusätzlicher Bürokratie belasten. Es gilt also, die vorgeschlagenen Dinge zu diskutieren. Wir sind dazu bereit.

 
  
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  Emilie Turunen, im Namen der Verts/ALE-Fraktion. – Frau Präsidentin, wir führen heute Abend eine Debatte über das, was ich für das für die EU wichtigste Dokument der kommenden Jahren halte. Gerade im Zusammenhang mit einer Reform des Binnenmarktes haben wir eine echte Chance, Europa in ein eine sozialere und nachhaltigere Union zu verwandeln. Die Frage lautet also: Schafft es diese Mitteilung, in Richtung eines umweltfreundlicheren und sozial gerechteren Binnenmarkts zu gehen?

Ich glaube, wir sind noch nicht so weit. Lassen Sie mich Ihnen zwei Beispiele geben: erstens Vorschlag Nr. 29. In diesem Zusammenhang muss ich Sie, Herr Barnier, fragen: Wo ist von der Garantie des Rechts zu streiken die Rede? Wo ist die Garantie, dass die grundlegenden sozialen Rechte nicht durch die Freiheiten des Marktes gestürzt werden? Mir ist bewusst, dass es innerhalb der Kommission unterschiedliche Haltungen gegenüber dieser Frage ist, und ich möchte Sie sehr direkt fragen: Ist es wahr, dass unter anderem die Kommissare aus Dänemark, Schweden, Deutschland und dem Vereinigten Königreich sich gegen Ihren Vorschlag, eine soziale Klausel einzuführen, gewehrt haben? Sollte das stimmen, Herr Kommissar, sollten Sie wissen, dass Sie die Unterstützung dieses Parlaments haben, denn die Erlangung solcher Garantien würde einem Akt der Versöhnung gleichkommen.

Ein zweites Beispiel für etwas Verbesserungswürdiges ist Vorschlag Nr. 19, die Einführung einer gemeinsamen konsolidierten Körperschaftssteuer-Bemessungsgrundlage (GKKB). Wir Grünen fordern so etwas schon seit geraumer Zeit ein und sollten daher zufrieden sein. Unsere Bedenken treten jedoch auf, sobald wir den Text lesen. Darin steht, dass die GKKB zum Ziel haben sollte, eine Zersplitterung der Unternehmen zu verhindern. Hören Sie. Ich glaube, dass das größte Problem bei Unternehmenssteuern in Europa nicht die Zerklüftung ist, sondern ein ungesunder Abwärtswettbewerb zwischen den Mitgliedstaaten. So geht es nun seit 15 Jahren. Kein Wunder, dass wir heute Probleme bei der Finanzierung unserer Sozialsysteme haben.

Ich glaube, dass das Ziel einer GKKB sein sollte, dem ungesunden Wettbewerb in Europa ein Ende zu setzen. Das ist das eigentliche Problem. Darüber hinaus denke ich, dass wir über den Vorschlag zur „Ökologisierung“ des Binnenmarkts etwa durch umweltfreundliche Auftragsvergabe hinaus gehen können. Ich glaube, wir können in dem Bereich viel mehr erreichen. Nun, Herr Barnier, ich denke, wir sollten uns an die Arbeit machen. Ich freue mich darauf und danke Ihnen, dass Sie uns eingeladen haben, an dieser breiten Debatte teilzunehmen. Wir wissen das zu schätzen.

 
  
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  Malcolm Harbour, im Namen der ECR-Fraktion. – Frau Präsidentin, ich denke wir müssen uns damit auseinandersetzen, dass die Idee, ein ehrgeiziges Programm zu haben in Bezug auf die Vollendung des Binnenmarktes – oder besser unsere Schritte hin zur Vollendung, denn ich denke, dass dieser Prozess nie wirklich abgeschlossen sein wird –, nicht in der Strategie EU 2020 enthalten war. Ebenso wenig war sie in Ihrem Programm, als Sie letztes Jahr für Ihre Anhörung hierher kamen. Ich denke, das ist ein Anzeichen des politischen Funkens, der hinter der Notwendigkeit steht, den Binnenmarkt zu vollenden und seine Qualität zu verbessern, und der durch die Entscheidung des Präsidenten Barrosos erzeugt wurde, als er Mario Monti ersuchte, sich die Sache näher anzusehen, und als er gleichzeitig unseren Ausschuss unter der Leitung von Louis Grecht darum ersuchte.

Wir sind sehr erfreut, dass Sie die Initiative ergriffen haben, weiter zu gehen. Da haben Sie einen Vorgeschmack der anstehenden Debatten. Ich finde, wir sollten dies als gute Gelegenheit sehen, uns mit dem auseinanderzusetzen, was Europa dringend braucht: Wirtschaftswachstum, Arbeitsplätze, einen dynamischen Sektor von Kleinunternehmen, mehr Innovation, ein effizienteres öffentliches Auftragswesen – danach werden uns unsere Bürgerinnen und Bürger beurteilen. Wenn wir mehr Menschen einen Arbeitsplatz geben und mehr Unternehmen gegründet werden, ist das die größte gemeinsame soziale Errungenschaft, die wir mit dieser Akte erzielen.

 
  
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  Kyriacos Triantaphyllides, im Namen der GUE/NGL-Fraktion.(EL) Frau Präsidentin, wir sind der Ansicht, dass das neue Dokument der Europäischen Kommission über den Binnenmarkt in einer Linie mit der Lissabon-Strategie ist, die, das geben alle zu, ein Misserfolg war. Unserer Ansicht nach sollte der Wettbewerb strengen Regeln und, wie die Krise gezeigt hat, staatlicher Intervention unterliegen. Die Verbraucher müssen vor den Spekulationen geschützt werden, die es möglich machen, dass Märkte von Oligopolen kontrolliert werden und effiziente öffentliche Dienstleistungen müssen Mängel des Marktes kompensieren.

Der Vorschlag der Kommission ignoriert das Fehlen von grundlegendem sozialem Schutz und übergeht die tatsächliche aktuelle Lage vieler Länder Europas. Während die Europäische Kommission bereit ist, eine Reihe von Maßnahmen einzuleiten, die den Unternehmen helfen sollen, werden im Bereich des Verbraucherschutzes kein Fortschritte gemacht, für den vorangegangene Vorschläge für durchzuführende Folgenabschätzungen wiederverwendet wurden. In Bezug auf die Verbraucher sind also keine Fortschritte gemacht worden. Wie können wir also die Bürgerinnen und Bürger davon überzeugen, dass diese Richtlinie sie betrifft? Was hat sich im Vergleich zu früher geändert?

Der Schutz von Verbrauchern und Arbeitern muss in allen Gesetzesinitiativen der EU ein Schlüsselfaktor sein. Insbesondere Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse dürfen nicht dem Wettbewerbsrecht, dem Recht des Binnenmarktes oder Vorschriften zur Regelung von Beihilfen oder der Liberalisierung öffentlicher Aufträge unterliegen. Allgemeiner Zugang zu hochwertigen öffentlichen Dienstleistungen muss das zugrundeliegende politische Kriterium sein.

 
  
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  Matteo Salvini, im Namen der EFD-Fraktion.(IT) Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, ich danke dem Kommissar und hoffe, dass er bedenkt, dass nicht die Menschen Europas im Dienste des Marktes stehen, sondern der Markt im Dienste der Menschen steht – im Gegensatz zu dem, was meine Vorredner gesagt haben – und daher muss der Markt auf die Bedürfnisse der Menschen reagieren.

Ich spreche im Namen einer der vier Antriebskräfte der europäischen Wirtschaft, der italienischen Region Lombardei. Die Klein- und Mittelbetriebe stellen bei uns mehrere Millionen Arbeitsplätze. Ich hoffe, dass der ehrgeizige von Herrn Barnier unterzeichnete Plan, den wir gelesen haben, nicht unvereinbar mit den Vorschlägen einiger seiner Kollegen in der Kommission ist. Ich denke dabei an die Abschaffung der Zollgebühren auf Textilprodukte aus Pakistan, was den Verlust Hunderttausender Arbeitsplätze in der Lombardei und im übrigen Europa verursachen würde.

Wir sind gerne bereit, bei der Verbreitung mitzuhelfen, aber ich weiß nicht, ob vier Monate ausreichend sind. Ich denke an die Unternehmen in der Region Venetien, die vom Hochwasser betroffen sind. Ich weiß nicht, ob sie in der Lage sein werden, vor Februar ausreichend einbezogen zu werden in etwas, das sicherlich ein ehrgeiziger Plan ist, den wir, die EFD-Fraktion und die Lega Nord, hoffentlich mitverbessern und mitunterstützen können.

 
  
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  Lara Comi (PPE).(IT) Frau Präsidentin, Herr Kommissar, sehr geehrte Damen und Herren, der Binnenmarkt stellt ein wesentliches strategisches Ziel für Europa dar, das mit frischer politischer Entschlossenheit verfolgt werden muss. Die im Laufe der Jahre erreichten Ziele sind große Erfolge, aber heute müssen wir definitiv in die Zukunft blicken. Europa ist nicht mehr das, was es 1985 war. Die neuen Realitäten, die sich mit der Zeit durchgesetzt haben, verlangen nach neuen Antworten.

Der gegenwärtige europäische und internationale Kontext, der durch die Globalisierung des Handels, technologischen Wandel und das Auftreten neuer Akteure auf dem internationalen Parkett geprägt ist, verlangt sicherlich eine ernsthafte Erneuerung des Binnenmarktes, bei der sich der Schutz aller Beteiligten ausgewogen gestalten muss: Unternehmen, Verbraucher und Arbeitnehmer. Das vorgeschlagene Dokument ist ein guter Anfang, aber es muss jetzt unterstützt und so viel wie möglich unter die Leute gebracht werden.

Unter den vielen Zielsetzungen, die das Dokument festsetzt, möchte ich im Besonderen die Bedeutung dreier wichtiger Aspekte hervorheben. Zu allererst stimme ich vollauf mit der Notwendigkeit überein, den Regulierungsrahmen im Bereich der Normung durch künftige Überprüfungen zu stärken. Eine vollständige Vollendung des europäischen Binnenmarktes erfordert Normung, die sich in den letzten Jahren als entscheidend für den freien Warenverkehr herausgestellt und zur Beseitigung von Hemmnissen des freien Handels beigetragen hat.

Ebenso wichtig ist eine Abstimmung der einzelstaatlichen Steuerpolitiken aufeinander, einschließlich der Festlegung einer Bemessungsgrundlage. Meine Arbeit in den kommenden Monaten wird es sein, so viel Bewusstsein über dieses wichtige Dokument wie möglich zu schaffen und mit allen betroffenen Akteuren zu sprechen, damit eine Strategie angenommen wird, die in der Lage ist, auf die Bedürfnisse und Erwartungen der Unternehmen und unserer Bürgerinnen und Bürger zu reagieren.

 
  
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  Louis Grech (S&D). – Frau Präsidentin, die Erneuerung des Binnenmarktes muss für die europäischen Bürgerinnen und Bürger von politischer Seite unterstützt, wirtschaftlich rentabel und sozial annehmbar sein. Dabei kann es nur dann einen erfolgreichen Ausgang geben, wenn wir die Bürgerinnen und Bürger davon überzeugen, dass der Binnenmarkt wirklich ihre Interessen hochhält. In dieser Hinsicht danke ich Kommissar Barnier für sein starkes Engagement, die Bedenken und Wünsche der Bürgerinnen und Bürger zu berücksichtigen. Kommissar Barnier ist sogar so weit gegangen, einander entgegengesetzte Ansichten zu versöhnen und Spannungen auszuräumen und unterschiedliche Prioritäten der diversen betroffenen Akteure einzubinden.

Allerdings berücksichtigt die Binnenmarktakte in ihrer jetzigen Form die soziale Dimension nicht ausreichend. Diese würde jedoch die Ausgewogenheit einer offenen Wirtschaft sicherstellen, Wachstum und die Schaffung von Arbeitsplätzen ankurbeln und im Zuge des Prozesses den Verbraucherschutz und die Bürgerrechte schützen. Wir dürfen unsere ganzheitliche Vision des Binnenmarktes nicht aus den Augen verlieren, aber ebenso wenig sollten wir dabei allzu pessimistisch sein. Ich stimme mit Kommissar Barnier darin überein, dass wir etwas gegen den Überdruss im Zusammenhang mit dem Binnenmarkt tun sollten, insbesondere dann, wenn dieser Überdruss von den Institutionen ausgestrahlt wird.

Meiner Ansicht erhält der Binnenmarkt nicht die politische Unterstützung, die er dringend benötigt, um sicherzustellen, dass er keine Sache von Gestern wird. Eine stärkere politische Führung seitens der Präsidenten von Kommission und Rat in Bezug auf den Binnenmarkt würde viel zur Erreichung eines rentablen Binnenmarkts beitragen, der wiederum als Antriebskraft für den wirtschaftlichen Wiederaufschwung wirkt. Wir vertrauen darauf, dass Kommissar Barnier unsere Anliegen im Zuge der ernsthaften Debatten in den nächsten Monaten berücksichtigen wird. Wir dürfen diese politische Chance und diese einzigartige Gelegenheit zur Wiederbelebung des Binnenmarktes nicht verpassen. Ich möchte wiederholen, dass die Marktintegration kein irreversibler Prozess ist und nicht als selbstverständlich angesehen werden sollte. Ein schwacher und zerbrechlicher Binnenmarkt würde mehr zur Zerklüftung als zur Integration des europäischen Projektes führen.

 
  
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  Olle Schmidt (ALDE).(SV) Frau Präsidentin, der Binnenmarkt der EU ist vielleicht das wichtigste Instrument, um Europa wieder in Schwung zu versetzen. Diejenigen, die versuchen, die Globalisierung als Bedrohung zu verkaufen, irren sich. Die Globalisierung bedeutet für Europa eine Chance. Wenn wir nicht wollen, dass Europa ein isolierter Kontinent wird, müssen wir weiterhin Barrieren und Grenzen beseitigen. Sie haben bei diesem Unterfangen meine und die volle Unterstützung der Fraktion der Allianz der Liberalen und Demokraten für Europa. Wir müssen mehr tun, um Barrieren zu beseitigen. Das ist die gemeinsame Verantwortung von uns allen.

Es wäre mir lieber gewesen, Sie wären ein paar Schritte weitergegangen und hätten sich mit Ihrer Arbeit stärker an das angenähert, was Herr Monti vor kurzem vorgelegt hat. Er hat eine sehr detaillierte Analyse darüber abgegeben, was Europa tun kann. Die Kommission muss mutiger werden, aber auch wir im Europäischen Parlament. Wir müssen klar sehen. Europa kann die Krise überwinden, aber nicht indem es stillsteht und sich im Status quo verwurzelt.

 
  
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  Edvard Kožušník (ECR). (CS) Herr Harbour hat von Ehrgeiz gesprochen. Ich möchte über Mut sprechen. Als Herr Monti seinen meiner Ansicht nach großartigen Bericht erstellte, fragte ich ihn, ob er der Meinung sei, die Politiker wären mutig genug, seine Empfehlungen auf europäischer Ebene sowie in den Mitgliedstaaten durchzusetzen. Seine Antwort fiel sehr klug aus, weil er ein sehr kluger Politiker ist: Das liegt an Ihnen – Sie sind Politiker. Ich möchte auch über den Mut sprechen, Dinge zu fördern, die für Europa wichtig sind, denn der Binnenmarkt ist im Kontext eines globalen Europas eines der wichtigsten Instrumente zur Schaffung von Wettbewerbsfähigkeit, aber auch für die Aufrechterhaltung von Arbeitsplätzen. Ich möchte daher den Kommissar einfach dazu aufrufen, im Umgang mit den Mitgliedstaaten, den nationalen Parlamenten und mit uns Mut zu zeigen, denn diese Gespräche werden sicherlich nicht besonders einfach sein. Es gibt sicherlich Themen, bei denen wir sehr schnell feststellen werden, ob wir zu einer Einigung gelangen werden, aber es gibt auch Fragen, zu denen wir sehr intensive Gespräche führen werden.

 
  
  

VORSITZ: LÁSZLÓ TŐKÉS
Vizepräsident

 
  
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  Anna Maria Corazza Bildt (PPE). – Herr Präsident! Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel sagte der Financial Times gestern, dass „die größte uns bedrohende Gefahr Protektionismus sei“. In diesem Zusammenhang kommt die Initiative der Kommission zum richtigen Zeitpunkt, einem Zeitpunkt, zu dem wir uns erneut auf die Realwirtschaft konzentrieren müssen, um aus der Krise herauszukommen.

Das Binnenmarktgesetz ist eine historische Initiative. Meiner Ansicht nach sollte ihm der gleiche Status wie dem Delors-Weißbuch vor 20 Jahren eingeräumt werden. Ich hoffe wirklich, dass es die größtmögliche politische Aufmerksamkeit in der Kommission, im Rat und in den Mitgliedstaaten auf sich ziehen wird.

Ich bin dem belgischen Ratsvorsitz dankbar, der gestern meinem Gesuch im Namen der EVP zugestimmt hat, den Rat für Wettbewerbsfähigkeit auf Ministerebene einzuberufen und sich mit dem Binnenmarktgesetz zu befassen. Des Weiteren gratuliere ich dem Kommissar, Herrn Barnier, zu seiner Vision zur Förderung eines bürgerzentrierten Marktes. Dies wird Partnerschaften und eine geteilte Verantwortung erfordern. Sie können diesbezüglich auf uns in der EVP, im Ausschuss für Binnenmarkt und Verbraucherschutz zählen. Dies wird Partnerschaften seitens aller Institutionen der EU erfordern.

Das Engagement in Wirtschaftskreisen ist ebenso wichtig, wobei die Selbstregulierung ein Schlüssel zum Erfolg ist. Die nächsten vier Monate müssen in der öffentlichen Debatte dazu genutzt werden, die politische Unterstützung aufzubauen und zusammen mit Bürgerinnen und Bürgern sowie Interessenvertretern die 50 Vorschläge des Binnenmarktgesetzes auszuarbeiten.

Es ist Zeit zu handeln. Ich möchte uns heute allen eine gewisse Dringlichkeit ans Herz legen. Arbeitslose können nicht mehr länger auf Arbeitsplätze warten, Bürgerinnen und Bürger nicht länger auf eine bessere Auswahl und geringere Kosten, Unternehmen nicht länger auf einen besseren Wettbewerb. Als Berichterstatterin für einen effizienteren und faireren Einzelhandelsmarkt möchte ich betonen, dass der Einzelhandel eine Säule des Binnenmarktes und der Verbesserung des Lebens unserer Bürgerinnen und Bürger ist.

Es gibt nach wie vor nationale Vorschriften, die den freien Warenverkehr behindern. Es existieren immer noch unfaire Handelspraktiken und Einschränkungen im Hinblick auf den Marktzugang. Es gibt Spielzeuge, die immer noch erneut getestet werden müssen, obwohl sie bereits in anderen Mitgliedstaaten zertifiziert wurden. Im Hinblick darauf möchte ich dem belgischen Ratsvorsitz für sein Engagement bezüglich der Umsetzung danken. Das Licht am Ende des Tunnels ist nicht Protektionismus, sondern freier Warenverkehr, und das neue Binnenmarktgesetz verfügt über das Potenzial Europa so auszustatten, dass es seine globale Rolle spielen kann.

 
  
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  Stephen Hughes (S&D). – Herr Präsident! In seinem letztjährigen Missionsbrief bat Präsident Barroso Professor Monti darum, „erneut einen Blick darauf zu werfen, wie die Markt- und die sozialen Dimensionen einer integrierten europäischen Wirtschaft gegenseitig gestärkt werden können“. Professor Monti rief in dem Bericht seinerseits vehement zu einem politischen Konsens auf und sagte, dass „die Schaffung eines Konsenses […] daher eine ausschlaggebende Komponente einer neuen Strategie für den Binnenmarkt sein wird. Die Bemühungen zur Erzielung eines Konsenses müssen die wichtigsten Anliegen des modernen Binnenmarktes voll und ganz berücksichtigen“.

Für uns erfordert die Erzielung dieses Konsenses ein neues Gleichgewicht zwischen den sozialen und den wirtschaftlichen Säulen der Binnenmarktstrategie. Nun, Herr Kommissar Barnier, ich weiß, dass Sie sich bewusst sind, dass ich Ihnen für Ihre persönlichen Bemühungen zur Erzielung dieses ausgewogenen Konsenses ein Lob ausspreche. Leider fehlte anderen Mitgliedern des Kollegiums dieses Bewusstsein und deshalb denken wir, dass diese Mitteilung, obwohl sie, wie meine Kolleginnen und Kollegen gesagt haben, gute Elemente aufweist, momentan nicht die Basis für diesen Konsens bildet. Ich hoffe, dass unsere Fraktionen in diesem Parlament effektiv zusammenarbeiten können, um zu versuchen, das richtige Gleichgewicht und somit diesen Konsens zu erzielen, und ich hoffe, dass das Kollegium der Kommission am Ende des Konsultationszeitraums davon Kenntnis nehmen und ein ausgewogenes Konsenspaket vorlegen wird.

Herr Kommissar, ich würde sehr gerne den Änderungsnachverfolgungstext in Bezug auf die Vorschläge 29 und 30 sehen. Ich denke, es wäre faszinierend zu sehen, wer für die Änderungen und die darin verwendete, sehr spezielle Sprache verantwortlich ist. Einige Mitglieder haben auf die Sozialklausel, Vorschlag 29, verwiesen und ich bin der Meinung, dass Vorschlag 30 sehr wichtig ist. Ich bemerke hier die Bezugnahme auf die Notwendigkeit für einen „Gesetzgebungsvorschlag, der voraussichtlich eine Klärung der Ausübung von Grundrechten im Kontext der wirtschaftlichen Freiheiten des Binnenmarktes enthält oder durch eine solche ergänzt wird“. Eine Art und Weise, dies zu interpretieren, Herr Kommissar, ist, davon auszugehen, dass Bezug auf die so genannte Monti-II-Verordnung genommen wird. Ich hoffe, dass dies der Fall ist, da damit unser Anliegen bezüglich der Sozialklausel direkt angesprochen würde. Wir werden in den kommenden Monaten mit Ihnen daran arbeiten.

 
  
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  Kay Swinburne (ECR). – Herr Präsident! Unter den 50 Zielen der Kommission in der Mitteilung zum Binnenmarktgesetz habe ich 13 gezählt, die meine Arbeit im ECON-Ausschuss des Parlaments betreffen, jedoch betreffen alle 50 meinen Wahlkreis und die Menschen, für deren Vertretung ich gewählt wurde. Im Wesentlichen werden sich viele dieser EU-Projekte, wenn sie gut durchgeführt werden, sehr positiv auf all meine Wähler in Wales auswirken. Insbesondere KMU sind für die walisische Wirtschaft und für Europa als Ganzes entscheidend. Deshalb begrüße ich die Vorschläge im Hinblick sowohl auf den Zugang zu Fördermitteln mittels der Kapitalmärkte als auch auf die Sicherstellung, dass die in den einzelnen Mitgliedstaaten eingerichteten Wagniskapitalfonds in den Unternehmen in der EU frei genutzt und investiert werden können.

Mario Monti drückte sich bei seiner kürzlich vorgelegten Arbeit klar aus, als er sagte, dass der Binnenmarkt zum Stillstand gekommen sei. Wir müssen den Prozess wiederbeleben und unsere Wähler auf diese Art und Weise daran erinnern, dass die EU nicht nur teure Verordnungen und Bürokratie mit sich bringt, sondern auch tatsächlich greifbare Vorteile für Unternehmen und den Handel sowie auch für die Verbraucher und Einzelpersonen schaffen sollte und kann. Dort liegt der wirkliche Mehrwert der EU verborgen.

 
  
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  Sandra Kalniete (PPE). – Herr Präsident! Die EVP-Fraktion hat den Binnenmarkt immer stark unterstützt und ich kann bekräftigen, dass wir unser Möglichstes tun werden, damit diese Initiative Realität wird, damit wir 2012 stolz, und nicht mit Bedauern, das Jubiläum des Binnenmarktes feiern können.

Ich möchte das wiederholen, was Professor Monti bereits gestern im Rahmen des ersten Binnenmarktforums gesagt hat. Er sagte, dass der Binnenmarkt keine „Flaggschiff-Initiative“ ist, da es sich dabei weder um eine Flagge noch um ein Schiff handelt. Er ist das Meer und der Wind, der es allen Schiffen ermöglicht zu segeln. Ich bin mir sicher, dass das Parlament in seinem Bericht über das Binnenmarktgesetz auf das richtige Gleichgewicht zwischen dessen sozialer Dimension und der Förderung von Unternehmen und Wachstum abzielen wird.

Die EVP-Fraktion wird dem wirtschaftlichen Umfeld für kleine und mittelständische Unternehmen besondere Aufmerksamkeit widmen und zur Ausarbeitung präziser Konzepte bezüglich der Steuerung des Binnenmarktes beitragen. Ich danke Kommissar Barnier für diese sehr zeitgemäße Initiative und für seine Weitsicht. Er hat all unsere Unterstützung.

 
  
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  Małgorzata Handzlik (PPE).(PL) Das Binnenmarktgesetz ist eine gute Neuigkeit für den Binnenmarkt und somit auch für Unternehmen, Verbraucher sowie Bürgerinnen und Bürger. Ich freue mich, dass die Kommission ein solch ehrgeiziges Programm für den Abschluss des Aufbaus des Binnenmarktes vorgelegt hat. Während des gestrigen Binnenmarktforums, bei dem der Herr Kommissar zum ersten Mal ein Programm mit 50 Vorschlägen präsentiert hat, wurde eine Reihe von Meinungen im Hinblick auf das Gesetz zum Ausdruck gebracht. Darunter betraf die vorherrschende Meinung die Notwendigkeit für eine ganzheitliche Vision zum Aufbau des Binnenmarktes, um den Abschluss des Projekts zu unterstützen, mit dem vor über 20 Jahren begonnen wurde. Es ist wichtig, einen wirklich bürgerfreundlichen Binnenmarkt zu schaffen, bei dem Menschen nicht mit Problemen bei der Eröffnung von Bankkonten, der Anmeldung von Autos, der Anerkennung ihrer Qualifikationen, der Übertragung von Rentenansprüchen oder der Bestellung von Gütern und Dienstleistungen aus anderen Mitgliedstaaten über das Internet konfrontiert werden.

Für mich bleibt jedoch das Ziel eines freien Dienstleistungsverkehrs eine Priorität, und dies wiederum erfordert weiterhin, an der Umsetzung der Dienstleistungsrichtlinie zu arbeiten. Ich muss jedoch der gestern von Professor Mario Monti gemachten Äußerung zustimmen. Er sagte, dass wir seit langem über viele der in dem Binnenmarktgesetz enthaltenen Initiativen Bescheid gewusst haben und es sich somit dabei weder um neue Probleme noch um neue Lösungen handelt. Daher appelliere ich an die Europäische Kommission, die Mitgliedstaaten und an meine Kolleginnen und Kollegen im Europäischen Parlament, den Prozess zu beschleunigen und Rechtsvorschriften umzusetzen, die für Bürgerinnen und Bürger, Verbraucher und Unternehmen entscheidend sind.

 
  
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  Regina Bastos (PPE).(PT) Ich möchte zu Beginn Herrn Kommissar Barnier zur Vorlage dieses wichtigen Dokuments gratulieren. Wie richtig erkannt wurde, machen sich die Auswirkungen der Krise, mit der wir gegenwärtig konfrontiert werden, in allen Bereichen unserer Gesellschaft und Wirtschaft bemerkbar und führen zu Bestürzung und zu Misstrauen gegenüber dem Binnenmarkt seitens der Öffentlichkeit.

Jedoch ist genau dieser Binnenmarkt eine der größten Waffen Europas zur Bekämpfung der gegenwärtigen Krise. Daher begrüßen wir diese Mitteilung sehr, die einen neuen Ehrgeiz für Binnenmarktpolitiken zu Tage fördert und es uns somit erlaubt, das Vertrauen in unser Modell der sozialen Marktwirtschaft wiederherzustellen. In der gegenwärtigen Situation sollte die Europäische Union ihren 20 Millionen kleinen und mittelständischen Unternehmen besondere Aufmerksamkeit widmen. Angesichts dessen sollte eine der Prioritäten der EU die Schaffung von Mechanismen sein, die das Problem des Zugangs dieser Unternehmen zu Krediten lösen.

Des Weiteren möchten wir den Vorschlag der Kommission zur Evaluierung des „Small Business Act“ bis Ende 2010 hervorheben, um das Leben dieser Unternehmen, insbesondere durch die Vereinfachung bürokratischer und steuerlicher Angelegenheiten sowie die stärkere Betonung sozialer Verantwortung zu erleichtern. Wir hoffen, dass die hier vorgelegten 50 Maßnahmen dazu beitragen können, den Binnenmarkt weiter auszubauen und ihn voll und ganz zu nutzen, da er sich als eine Quelle zusätzlichen Wachstums für die europäische Wirtschaft erweisen könnte.

 
  
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  Sophie Auconie (PPE).(FR) Herr Präsident, Herr Kommissar, meine Damen und Herren! Zu einem Zeitpunkt, zu dem die europäischen Bürgerinnen und Bürger mehr denn je ein Europa brauchen, das Solidarität und Ambition zeigt, ein soziales jedoch gleichzeitig dynamisches Europa, möchte ich Herrn Barniers Ansatz hier Anerkennung zollen. Dieser Ansatz, das Binnenmarktgesetz, ist ein umfassender, ganzheitlicher Ansatz für den Binnenmarkt, ein gemeinschaftlicher Ansatz. Sie haben es geschafft, Herr Barnier, eine Reihe europäischer Kommissarinnen und Kommissare, die Interesse an diesem gesamten Dokument und an einem offenen Ansatz haben, in einer Diskussionsrunde zu versammeln, da Sie heute hierher gekommen sind, um die Aussprache bezüglich dieses Dokuments zu eröffnen, damit jeder Einzelne von uns es mit seinen eigenen Überlegungen verbessern kann. Ein „bürgerlicher“ Ansatz, da Sie die Bürgerinnen und Bürger zurück in den Mittelpunkt des Binnenmarktes bringen möchten, ebenso wie Unternehmen, und ich denke, dass dies tatsächlich die größte Herausforderung der kommenden Monate und Jahre sein wird.

Darüber hinaus basiert dieser Ansatz auf Politik und ich glaube, dass Europa, mehr als alles andere, mehr Politik braucht, und dies ist sicherlich auch eine der Verantwortlichkeiten unseres Parlaments. Hinsichtlich des Inhalts, Herr Barnier, möchte ich mich auf den Punkt über Dienstleistungen von allgemeinem Interesse konzentrieren. Wie Sie auch, denke ich, dass wir eher Rechtssicherheit als einen Gesetzgebungsrahmen benötigen. In der Stellungnahme des Ausschusses für Wirtschaft und Währung, die ich in Kürze darlegen werde, spreche ich über einen Fahrplan für die Organisationsträger. Sie sprechen über eine Toolbox. Wir nähern uns bereits jetzt an, auch wenn wir auf semantischer Ebene beide einen Schritt machen müssen. Ich glaube, wir müssen insbesondere an dieser Toolbox arbeiten, was eine wirkliche Herausforderung sein wird, sowie auch an der Transparenz für all diejenigen, die Dienstleistungen von allgemeinem Interesse nutzen oder anbieten möchten.

 
  
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  Damien Abad (PPE).(FR) Herr Präsident! Europa befindet sich an einem Wendepunkt und hat die Verpflichtung, sich ehrgeizig und offensiv mit einer Wirtschafts- und Finanzkrise auseinanderzusetzen, von der die Bürgerinnen und Bürger Europas in großem Maße betroffen sind. Ich möchte die Initiative von Kommissar Barnier begrüßen. Er verdient es, für die von ihm angewandte Methode beglückwünscht zu werden, eine Methode, die er in den kommenden Jahren weiter verbreiten möchte. Ich begrüße des Weiteren die Veränderung beim Ansatz der Kommission im Hinblick auf den Binnenmarkt. Man fühlt eine gewisse Zielgerichtetheit, einen Willen für den Erfolg dieses ausgezeichneten Projekts, das der Binnenmarkt ist, zusammenzuarbeiten.

Bezüglich des Inhalts freue ich mich zu sehen, dass die Außenbeziehungen unseres Binnenmarktes zumindest in Betracht gezogen werden, sowohl im Hinblick auf die Förderung unserer Industrien als auch im Hinblick auf die Vertretung der Interessen unserer Bürgerinnen und Bürger. Nur wenn wir intern stark sind, können wir auch externe Angelegenheiten beeinflussen. Sie sehen, ich glaube wie Sie fest an den Binnenmarkt, aber nicht an irgendeinen und deshalb möchte ich meine Rede mit diesem Zitat von Jacques Delors beenden, der sagte: „Ich lehne ein Europa ab, das lediglich ein Markt ist, eine Freihandelszone, ohne Seele, ohne Gewissen, ohne politischen Willen und ohne soziale Dimension“. Mit diesem Binnenmarktgesetz zeigen wir diesen politischen Willen.

 
  
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  Marc Tarabella (S&D).(FR) Herr Präsident, Herr Kommissar! Ich begrüße das Binnenmarktgesetz, insbesondere die Einbeziehung sozialer sowie Konzepte der sozialen Marktwirtschaft. Ich kann mir vorstellen, dass dies innerhalb der gegenwärtigen Kommission mit Schwierigkeiten verbunden war. Gestatten Sie mir aber, drei Beispiele anzuführen, in die ich meine Erwartungen setze, die mich aber bisher jedoch eher unzufrieden machen.

Erstens, und Frau Gebhardt hat dies erwähnt: Sammelklagen. Wir beratschlagen uns seit 20 Jahren. Die Kommission beratschlagt sich seit der Initiative von Kommissar Van Miert fortlaufend. Natürlich hoffe ich, dass wir es eines Tages erleben werden, dass diese Angelegenheit geklärt ist.

Ein weiteres Beispiel bezieht sich auf Passagiere. Sie führen den Ausbruch des isländischen Vulkans an, um die Verordnung für Flugpassagiere endlich zu ändern, aber wir fordern seit 10 Jahren eine umfassende Verordnung über die Rechte für alle Passagiere. Wann wird uns diese vorliegen? Ich bin der Meinung, dass sich diesbezüglich zu Recht Ungeduld breitmacht.

Lassen Sie uns die Angelegenheit der Dienstleistungen von allgemeinem Interesse gar nicht erst erwähnen. Wir warten auf eine Rahmenrichtlinie. Was werden wir bekommen? Sie sagen, dass es eine Mitteilung und Maßnahmen geben wird.

Herr Kommissar, ich verlasse mich auf den pragmatischen Mann, der Sie sind, um dieses Binnenmarktgesetz in etwas umzuwandeln, das mehr als nur eine Liste guter Absichten ist.

 
  
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  Róża Gräfin von Thun und Hohenstein (PPE).(PL) Ich möchte meine Erfahrungen mit Ihnen teilen, die ich während eines Treffens mit einem jungen Journalisten heute über die Anhörung bezüglich des Binnenmarktes gestern gemacht habe. Der Journalist war sehr beeindruckt und äußerte sich sehr überrascht über das Dokument. Er sagte, dass es ein sensationelles und revolutionäres Dokument sei und fragte, weshalb nicht öfter darüber gesprochen wird und weshalb es nicht im Mittelpunkt der europäischen Debatte steht.

Wir sind diejenigen, die die vom Herrn Kommissar dargelegten 50 Punkte des Dokuments in unserem Parlament, den anderen Institutionen, den Mitgliedstaaten und den Medien in den Mittelpunkt der europäischen Debatte rücken müssen. Das Dokument ist sehr wichtig und sehr spezifisch. Wir alle wissen, dass die wichtigsten Fragen Frieden, Demokratie und Menschenrechte betreffen; was jedoch jeden Einzelnen von uns unmittelbar betrifft, ist etwas, das unser Alltagsleben erleichtert – der Binnenmarkt. Man sagt, dass dies unser „Flaggschiff-Programm“ ist. Wie Professor Monti jedoch sagte, handelt es sich dabei weder um eine Flagge noch um ein Schiff, sondern um Meer und Wind. Wir sind diejenigen, die unseren Bürgerinnen und Bürgern helfen müssen, indem wir dieses Terrain nutzbarer für sie machen.

 
  
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  Bernadette Vergnaud (S&D).(FR) Herr Präsident, Herr Kommissar, meine Damen und Herren! Ein paar Monate nach Professor Montis Bericht, der zu einer notwendigen Wiederbelebung des bürgerorientierten Binnenmarktes aufrief, begrüße ich die Antwort der Kommission. Was mir besonders im Gedächtnis blieb, ist die verbesserte Anerkennung beruflicher Qualifikationen, die Unterstützung von KMU, die neuen Rechtsvorschriften für öffentliche Aufträge und Dienstleistungskonzessionen sowie die Rechtssicherheit für die Sozialwirtschaft. Daher begrüße ich diese Ambitionen.

Ich bedaure es jedoch, dass die 50 Vorschläge keine klare Festlegung der Prioritäten beinhaltet. Ich mache mir Sorgen über die wenig systematische Strategie der verschiedenen Generaldirektionen sowie Kommissarinnen und Kommissare, und ich appelliere an Herrn Barroso, sich mehr einzubringen, um widersprüchliche Vorschläge zu vermeiden.

Abschließend bedaure ich das Fehlen einer wirklichen Verpflichtungszusage im Hinblick auf Dienstleistungen von allgemeinem Interesse, angesichts dessen, dass wir seit Jahren nach schützenden Rechtsvorschriften verlangen, was im Rahmen des Vertrags von Lissabon nun möglich ist. Aus diesem Grund, Herr Barnier, warte ich auf die endgültigen Texte, bevor ich mir eine Meinung bilde und Sie möglicherweise bei dieser großen Herausforderung für die Zukunft Europas und all seiner Bürgerinnen und Bürger unterstütze.

 
  
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  Pablo Arias Echeverría (PPE).(ES) Herr Kommissar! Ich möchte diese Gelegenheit nutzen, um die Mitteilung zu begrüßen, die Sie uns vorgelegt haben. Ich bin der Meinung, dass es sich dabei um eine gute Initiative handelt, um weiterhin daran zu arbeiten, den europäischen Binnenmarkt zu verbessern. Ich betrachte es als unerlässlich, dass über die 50 Vorschläge, auf die Sie sich in Ihrer Rede bezogen haben, gesprochen wird. Ich hoffe, dass ich im Parlament dazu in der Lage sein werde, eine aktive Rolle bei der Unterstützung des Abbaus von Hindernissen für den E-Commerce in Europa spielen zu können.

Viele der gegenwärtigen Hindernisse für den E-Commerce wurden bereits ermittelt, und es gibt sogar schon spezifische Vorschläge für deren Beseitigung. Wir könnten sagen, dass wir auf den politischen Willen angewiesen sind, um diese Hindernisse zu überwinden. Ich glaube, dass diese Mitteilung ein guter Anfang ist und daher denke ich, dass wir sie unterstützen sollten, indem wir eine aktive Rolle spielen.

 
  
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  Michel Barnier, Mitglied der Kommission(FR) Herr Präsident! Vielen Dank für Ihre Botschaft. Ich werde versuchen Ihnen allen Antworten zu geben, ohne jedoch zu versprechen, im Detail auf alles einzugehen. Ich bin mir sicher, dass wir die Gelegenheit haben werden, erneut zusammenzukommen. Ich werde mit meinen Antworten damit beginnen, was der erste Ihrer Redner, Herr Schwab, sagte, als er auf die ursprüngliche Intention hinwies, die wir wiederbeleben sollten und der wir treu bleiben, nämlich der sozialen Marktwirtschaft. Er fügte hinzu, und ich bin einer Meinung mit ihm, dass wir beide diese Worte wertschätzen: soziale Marktwirtschaft. Das ist wichtig, und natürlich enthält der Vertrag von Lissabon diese beiden Worte und verleiht ihnen die Bedeutung einer starken Wettbewerbsfähigkeit.

Sehr geehrte Abgeordnete, es ist tatsächlich das Bestreben, dieses Binnenmarktgesetz als eine äußerst wettbewerbsfähige soziale Marktwirtschaft zu etablieren, und um das zu erreichen, ist es unsere und insbesondere meine Überzeugung, dass – ich wiederhole – Wettbewerbsfähigkeit und Wachstum die Unterstützung jeder einzelnen Bürgerin und jedes einzelnen Bürgers, jedes Unternehmens und jeder Gemeinschaft erfordert.

Dies wird uns nicht einfach in den Schoß fallen. Obwohl wir Gesetze erlassen und Rahmenbedingungen schaffen müssen, obliegt es den Bürgerinnen und Bürgern, den Unternehmen sowie den Gemeinschaften, die Gelegenheiten und Möglichkeiten dieses Binnenmarktes zu ergreifen. Dies ist das Bestreben. Natürlich möchte ich Herrn Schwab und vielen anderen von Ihnen zum Abschluss dieser Aussprache sagen, dass wir uns selbstverständlich für wichtigere und spezifischere Prioritäten entscheiden werden müssen, als jene, die wir selbst in der Lage waren festzulegen, obwohl wir bereits 29 oder 30 Hauptprioritäten von 50 ermittelt haben. Ich möchte hinzufügen, dass Mario Montis Bericht noch viel mehr Konzepte enthält.

Ich möchte jedoch auch dem zustimmen, was Herr Creutzmann und Frau Corazza Bildt vorhin gesagt haben. Sie sagten und wiederholten damit gewissermaßen die Analyse, die ich zuvor in meiner Rede vorgenommen habe, dass wir einen Blick darauf werfen sollten, was in vielen unserer Länder aufgrund der Krise, aufgrund fehlenden Verständnisses, aufgrund der Frage, „Was bietet uns der Markt?“ geschieht, worauf die Antwort lautet, „Nicht sehr viel.“ Dadurch entsteht eine gewisse Angst und Unverständnis und infolge all dessen können wir einen zunehmenden Populismus und Protektionismus beobachten.

Der Binnenmarkt wäre das erste Opfer von Protektionismus. Daher müssen wir diesen protektionistischen Versuchen und Versuchungen mittels Maßnahmen, Dynamik und Initiativen entgegenwirken.

Herr Harbour wies darauf hin, dass es sich dabei um eine neue Verpflichtung handelt. Herr Präsident, ich erinnere mich insbesondere daran, dass ich während meiner Anhörung am 13. Januar sagte, dass ich im Laufe der fünf Jahre, die wir zusammen verbringen würden, zusammen mit einigen meiner Kolleginnen und Kollegen versuchen würde – da ich nicht der einzige Kommissar bin, gibt es wahrscheinlich 15 oder 16 Kommissarinnen und Kommissare, die einen recht großen Teil der Rechtsvorschriften übernommen haben – 1 500 Texte in Einklang zu bringen, die marktgerecht umgesetzt werden müssen.

Eintausendfünfhundert Texte! Herr Harbour, ich habe jedoch erwähnt, dass ich beabsichtige, Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen mit diesem Binnenmarkt auszusöhnen, und Sie haben Recht, wenn Sie die Möglichkeiten hervorheben, die sich uns durch diese Aussprache und die Vorschläge der Kommission zu einem umfassenden und ganzheitlichen Aktionsplan bieten, um die aufmunternden Worte von Herrn Grech zu wiederholen.

Herr Harbour hat die Zunahme der Wettbewerbsfähigkeit erwähnt. Dieses Binnenmarktgesetz beinhaltet viele praktische noch zu bearbeitende Vorschläge zum rechtlichen und steuerlichen Umfeld für Unternehmen, insbesondere kleine Unternehmen, zur Überprüfung der Rechnungslegungsrichtlinien 2011, zu einer gemeinsamen konsolidierten Bemessungsgrundlage für Körperschaftssteuer – mein Kollege, Herr Šemeta, arbeitet daran –, neuen Strategien für MwSt und der Vernetzung von Unternehmensregistern.

Dies ist eine Reihe praktischer Vorschläge zur Vereinfachung des regulatorischen, steuerlichen und finanziellen Umfelds kleiner und mittelständischer Unternehmen. Darüber hinaus gibt es die digitale Agenda, an der ich zusammen mit meiner Kollegin, Neelie Kroes, die sehr zielstrebig vorgeht, arbeite. Des Weiteren gibt es den Einzelhandel und viele weitere Konzepte, die Frau Handzlik heute bereits angesprochen hat.

Ich möchte etwas genauer auf die Themenbereiche der sozialen Dimension eingehen, für die ich mich ebenfalls engagiere. Herr Triantaphyllides und Herr Hughes erwähnten diese gleich zu Beginn unserer Aussprache, so wie auch Frau Gebhardt und Frau Turunen. Frau Turunen, wir haben bereits in der Vergangenheit über dieses Thema diskutiert und Standpunkte eingenommen, bei denen es sich, wie ich hinzufügen möchte, nicht notwendigerweise um diejenigen handelt, über die in den Zeitungen berichtet wird. Meiner Meinung nach ist solch eine Diskussion innerhalb des Kollegiums normal, völlig normal. Vielmehr wäre das Gegenteil nicht normal.

Es gibt 27 von uns mit unterschiedlichen Ansichten, Traditionen und Nationalitäten, und indem wir alle zusammenarbeiten, werden wir in diesen Vorschlägen vereint. Wir arbeiten daran, den Schwerpunkt des europäischen allgemeinen Interesses für Vorschläge zu ermitteln, die anschließend von Ihnen hier im Parlament und im Ministerrat erörtert werden, um sie zu ergänzen oder zu verbessern.

Daher haben wir diskutiert, was normal ist, um das richtige Gleichgewicht zwischen den durch den Vertrag festgelegten wirtschaftlichen Freiheiten, der Freizügigkeit und den rechtlichen Freiheiten und Rechten der Sozialpartner, insbesondere im Hinblick auf Kollektivmaßnahmen zu finden.

Ich bin der Meinung, dass es nur rechtens ist, dass Arbeitnehmern, genau wie Unternehmen, ein klarer und zuverlässiger Rahmen für ihre Arbeit bereitgestellt wird.

Dies wird daher der Geist sein, in dem die Maßnahmen der Kommission koordiniert werden. Wir werden auf der Grundlage der neuen Strategie zur Umsetzung der Charta der Grundrechte sicherstellen, dass die von der Charta garantierten Rechte, einschließlich des Rechts auf Kollektivmaßnahmen, berücksichtigt werden. Die Kommission wird die in Artikel 9 des Vertrags festgelegte horizontale Sozialklausel im Einzelnen umsetzen, indem sie vorab eine gründliche Analyse der sozialen Auswirkungen all dieser Gesetzesvorschläge auf den Binnenmarkt durchführt. In jedem Fall befürworte ich, soweit erforderlich, eine Bestimmung, die festlegt, wie Kollektivrechte im Kontext der neuen Rechtsvorschriften gewährleistet werden.

Mit anderen Worten wird dies die Einschätzung der Notwendigkeit für solch eine Klausel in jedem einzelnen Fall nach sich ziehen. Dies ist ein Thema, über das wir in den nächsten Monaten mit Ihnen diskutieren werden, um, soweit möglich, die Vorschläge der Kommission weiter zu verbessern. Dies wird, Frau Vergnaud und Frau Auconie, auch für den Qualitätsrahmen der Fall sein, zu dem Präsident Barroso sich in Bezug auf Dienstleistungen von allgemeinem Interesse verpflichtet hat.

Des Weiteren möchte ich Herrn Grech sagen, dass die Vorschläge in Bezug auf Verbraucher noch abgeschlossen werden müssen. Daran arbeiten wir zusammen mit Herrn Dalli. Sie haben Recht, Herr Grech, vor der Instabilität des Binnenmarktes zu warnen. Nichts ist in Stein gemeißelt. Dies ist der Grund dafür, weshalb wir diese Eigenverantwortung, diese Unterstützung von Bürgerinnen und Bürgern brauchen, um diesen Binnenmarkt auf dauerhafte Art und Weise zu konsolidieren, da dies eine Gelegenheit darstellt. Es sollte vielmehr ein Bereich für Möglichkeiten als ein Bereich für Einschränkungen sein.

Frau Gebhardt und Herr Tarabella, Sie haben Sammelklagen angesprochen. Wir werden diese Angelegenheit nicht vernachlässigen. Sie verdient, dass ihr wirklich nachgegangen wird, wie einige Aussprachen, hier im Parlament und auch in der Kommission, gezeigt haben. Meine drei Kolleginnen und Kollegen, Herr Dalli, Frau Reding und Herr Almunia, arbeiten daran, und sie werden baldmöglichst Schlussfolgerungen aus den Beratungen ziehen, mit denen wir hinsichtlich der Einführung von Sammelklagen gerade begonnen haben, wenn der richtige Zeitpunkt gekommen ist.

Des Weiteren möchte ich Frau Comi sagen, dass ich ihr im Hinblick auf die Verbindung zustimme, die wir zwischen dem Binnenmarktgesetz und Herrn Tajanis Mitteilung über Industriepolitik herstellen müssen. Daran arbeiten wir gemeinsam, insbesondere auf dem Gebiet der Normung.

Herr Salvini erwähnte die Regionen und insbesondere seine eigene Region. Ich möchte jedoch meine feste Überzeugung zum Ausdruck bringen, dass Sie die Debatte, die wir hier beginnen, wie immer auf die Regionen ausweiten sollten. Ich werde dieses Dokument in den 23 Sprachen der Union an alle auf nationaler Ebene gewählten Vertreter in jedem einzelnen Ihrer Länder schicken. Wir werden es in die Regionen senden, an die Sozialpartner sowie an die Berufs- und Unternehmensorganisationen, damit diese Debatte so dezentralisiert wie möglich geführt wird. Während ich Herrn Salvini zuhörte, ließ ich meine Gedanken auch zu einer großen Verpflichtung zurückschweifen, die von dem damaligen Präsidenten Delors eingegangen wurde, zu genau dem Zeitpunkt, zu dem der Binnenmarkt geschaffen wurde. Es handelte sich um eine Verpflichtung zur Kohäsionspolitik, die ich schon seit langem befürworte, um jeglichen regionalen Missverhältnissen auf diesem Binnenmarkt vorzubeugen. Diese Dinge gehören daher zusammen.

Frau von Thun und Hohenstein erwähnte diese Aussprache. Sie fühlt sich mit ihr verbunden, insbesondere mit der Idee des Forums, die wir ihr verdanken. Wir werden dieses Forum über den Binnenmarkt jedes Jahr veranstalten und die Top 20 auf den neuesten Stand bringen, das heißt, die zwanzig Bereiche, in denen wirkliche Fortschritte erzielt wurden. Ich hoffe, dass dies nicht fünf Jahre lang immer wieder die gleichen sein werden, dass sie sich verändern werden und dass wir in der Lage sein werden, einige zu eliminieren und Fortschritte zu erzielen, aber auf jeden Fall werden wir dieses Forum abhalten.

Des Weiteren möchte ich das wiederholen, was Herr Abad über die Außenbeziehungen gesagt hat. Zweifellos müssen wir sowohl intern stark sein, um auch andere Märkte zu erobern, den Bedürfnissen in der restlichen Welt gerecht zu werden, ohne naiv zu sein, und mit dem Bestreben nach Offenheit und Gegenseitigkeit. Mein Kollege, Herr De Gucht, sagte gestern ebenfalls einige sehr wichtige Dinge, denen ich zustimme, in Bezug auf die Erfordernis der Gegenseitigkeit, auf die wir bei unseren Beziehungen mit den wichtigsten Partnerregionen und -ländern der Europäischen Union achten sollten.

Abschließend noch ein paar Worte, um zu wiederholen was Herr Kožušník vorhin gesagt hatte, als er uns dazu aufforderte, mutig zu sein. Ja, Herr Kožušník, ich werde diese Debatte mit der ganzen Kraft, die mir zur Verfügung steht, führen, aber ich kann sie nicht alleine führen, überall, in jedem einzelnen Land. Ich werde sie morgen in ihrem Land führen, da wir zusammen in Prag sein werden, und ich werde sie, so gut ich kann, in allen Ländern führen. Alleine können wir nicht erfolgreich sein. Hier geht es um Zusammenarbeit. Die 13 Kommissarinnen und Kommissare, die sich im Februar zur Umsetzung dieser Vorschläge verpflichten werden, werden ebenfalls mit uns teilnehmen, so wie auch all die anderen. Das Parlament, die Regionen, die Wirtschafts- und Sozialpartner sowie die auf nationaler Ebene gewählten Vertreter müssen sich in diese Diskussion miteinbringen.

Dieses Dokument ist nicht etwas, womit man nach Belieben verfahren kann, meine Damen und Herren. Es kann immer noch verbessert werden. Wir sind der Meinung, dass wir es verbessern können, dass wir es priorisieren können, und vor allem mit Ihnen zusammen umsetzen, da wir das Wachstum und die Wettbewerbsfähigkeit zusammen mit den Bürgerinnen und Bürgern sowie den Unternehmen dringend wiederherstellen müssen.

 
  
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  Der Präsident. – Die Aussprache wird geschlossen.

 
  
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  António Fernando Correia De Campos (S&D), schriftlich(PT) 1. Es wurden beeindruckende Anstrengungen unternommen, um 1 500 einzelne Rechtsvorschriften zusammenzuführen. 2. Die Mitteilung liefert einen Überblick über die 50 Instrumente zum Aufbau des Binnenmarktes, die bisher auf wenig zielgerichtete und fragmentierte Art und Weise genutzt wurden. Dies ist das erste Mal, dass wir uns der uns zur Verfügung stehenden Mittel bewusst sind. 3. Die Zukunft sollte von gemachten Erfahrungen bestimmt werden. Einige Maßnahmen waren sehr erfolgreich, während andere nach wie vor nur mäßig erfolgreich waren oder sogar noch ganz am Anfang stehen. Bei anderen kann man erkennen, dass sie, wenn man sie mit ihren Zielen vergleicht, nicht funktioniert haben. Mehr als je zuvor können wir nun das nutzen, was in der Wissenschaft als „natürliches Experiment“ bezeichnet wird. 4. Wir können uns nicht über einen Mangel an technologischen Ressourcen beschweren. E-Commerce, E-Procurement und die in Bezug auf die digitale Agenda für Europa und den digitalen Binnenmarkt angewandten Instrumente sind Hilfsmittel, die mehr und mehr genutzt werden. Sowohl die Technologien als auch ihr Bedarf sind vorhanden. Lediglich die Initiative fehlt. 5. Dieser Fall ist einzigartig: die Europa-2020-Strategie mit Indikatoren und Zielen. Sie muss gut umgesetzt werden. Die Krise verschärft sich und die Stärkung des Binnenmarktes kann zur Lösung beitragen. 6. Dies ist ein sehr ehrgeiziges Projekt. Ist die Kommission darauf vorbereitet, diese Eigendynamik bestmöglich zu nutzen? Ist sie dazu bereit, sich dazu zu bekennen, dass dieses Projekt in seiner jetzigen Form weiter fortgeführt wird, ohne ein Sammelsurium von Anhängen?

 
  
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  João Ferreira (GUE/NGL), schriftlich(PT) Die Bedingungen, unter denen Kommissar Barnier diese Aussprache begonnen hat, sind sehr aufschlussreich, von verschiedenen Standpunkten aus betrachtet. Letzten Endes ist der Markt tatsächlich der Hauptgrund und das ausschlaggebende Ziel für den Prozess der europäischen Integration, woran er uns erinnerte. Diese Vision, die hier auf so direkte und klare Art und Weise zum Ausdruck gebracht wurde, macht die kapitalistische Wesensart dieses Integrationsprozesses, den der Vertrag von Lissabon institutionalisiert und gestärkt hat, sehr deutlich. Zu einer Zeit, in der die Europäerinnen und Europäer wirklich von den Auswirkungen der kapitalistischen Krise, zu deren Entstehung die EU und ihre Politiken beigetragen haben, betroffen sind, tritt die Kommission hier vor uns, um als Lösung zur Behebung der Krise eine Fortführung der Marktordnung, die uns in diese Bredouille gebracht hat, darzulegen. Die Stärkung des Binnenmarktes, die größere Gewinne für die großen Wirtschafts- und Finanzgruppen der europäischen Mächte gewährleistet, ist das Grundübel der wachsenden Missverhältnisse innerhalb der EU, zwischen und innerhalb der einzelnen Staaten. Sie führt zur weiteren Schwächung der am meisten gefährdeten Volkswirtschaften, zur Privatisierung zentraler Sektoren der Wirtschaft, zur Ökonomisierung von immer mehr Bereichen des sozialen Lebens sowie zum Abbau öffentlicher Dienstleistungen. „Business as usual“ ist die vorherrschende Parole in der EU. „Kohäsion“ wird immer mehr zu einem reinen Slogan, ohne praktische Bedeutung.

 
  
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  Lidia Joanna Geringer de Oedenberg (S&D), schriftlich(PL) Die Mitteilung der Europäischen Kommission, „Towards a Single Market Act“, die auf der Grundlage des Berichts von Professor Monti erstellt wurde, ist ein äußerst wichtiges Dokument, das die von der EU auf dem Gebiet des Binnenmarktes im Laufe der nächsten 12 Jahre zu ergreifenden Maßnahmen darlegt. Unter den von der Kommission vorgelegten Initiativen möchte ich besonders auf jene aufmerksam machen, die in Bezug zur Schaffung eines „digitalen‟ Binnenmarktes stehen, da ich der Meinung bin, dass dies die Zukunft der europäischen Wirtschaft ist. Ohne die guten Absichten der Kommission schmälern zu wollen, habe ich den Eindruck, dass sie sich mehr auf die Bewahrung der Kreativität als auf den Abbau von Hindernissen für den Ausbau kommerzieller Dienstleistungen im Internet konzentriert hat. Ein Beispiel dafür ist die Anzahl der geplanten Rechtsprojekte. Die Mitteilung enthält nicht weniger als 50 Initiativen, die den Binnenmarkt im weitesten Sinne betreffen, dennoch konnte ich keinen Hinweis auf ein Thema finden, an dem ich seit mehreren Jahren arbeite und das in Bezug zur Schaffung einheitlicher Bedingungen für den Zugang zu Mediendienstleistungen auf dem Gemeinsamen Markt steht. Ich spreche über die EU-weite Förderung der Einführung von Untertiteln für Fernsehprogramme, die es tauben Menschen wesentlich einfacher machen, auf die Medien zuzugreifen. Des Weiteren erleichtern sie das Erlernen von Fremdsprachen. Ich hoffe, dass die Europäische Kommission ihre Aufmerksamkeit in der näheren Zukunft auf dieses Thema richten wird.

 
  
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  Othmar Karas (PPE), schriftlich. Sehr geehrter Herr Kommissar! Faktum ist, dass der Single Market Act eine Revolution ist, das konkreteste Arbeitsprogramm dieser Kommission. Es ist das dritte große Projekt nach der Euro-Einfuehrung und der EU-Erweiterung. Wir benötigen mehr Dynamik, Entschlossenheit, Mut, europäische Gesinnung, um die 50 Maßnahmen umsetzen zu können. Der Binnenmarkt muss zum Heimatmarkt von 500 Millionen Menschen werden, weil er unser Potential für Wachstum, Beschäftigung und Wettbewerbsfähigkeit ist. Viele Schätze sind noch zu heben. Der Binnenmarkt macht auch die sogenannten Nettozahler, wie z.B. Oesterreich und Deutschland zu großen Nettoempfaengern. Das Potential nützen heißt dem Binnenmarkt die Fesseln nehmen, Protektionismus und Nationalismen überwinden, die EU als Kontinent begreifen wollen. Ob dies gelingt, liegt primaer an uns Politikern. An die Arbeit!

 
  
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  Alajos Mészáros (PPE), schriftlich(HU) Wir alle können dem Vorhaben der Europäischen Kommission zustimmen, eine wettbewerbsfähige soziale Marktwirtschaft zu erreichen. Die Berichte der Kommission enthalten spezifische Vorschläge zur Stärkung des Binnenmarktes. Wir vertrauen darauf, dass sie umgesetzt werden. Kommissar Barnier zufolge müssen wir die Möglichkeiten des Binnenmarktes ausnutzen, die bisher noch nicht ausgeschöpft wurden. In der Tat lassen sich viele Errungenschaften auflisten, die unser Leben innerhalb der EU erleichtert haben. Die weltweit stattfindenden Veränderungen verlangen jedoch nach weiteren Maßnahmen. Der Binnenmarkt kann noch einheitlicher gestaltet werden. Ich schätze die Auffassung, dass die Märkte sowohl der Wirtschaft als auch den Bürgerinnen und Bürgern gleichzeitig dienen müssen. Die Rechte der Bürgerinnen und Bürger und wirtschaftliche Angelegenheiten werden in separaten Dokumenten behandelt. Der Grund dafür ist hoffentlich, diese beiden Pole des Marktes auszugleichen. Die Rolle der EU als Initiator und Koordinator bei der Stärkung des Binnenmarktes ist unbestritten. Ohne das Engagement der Mitgliedstaaten die Umsetzung betreffend werden wir jedoch lange auf ein gutes Sozialsystem, hohe Bildungsstandards und wettbewerbsfähige Arbeitsplätze warten müssen. Obwohl einige die Bedeutung des offenen Dialogs infrage stellen, bin ich der Auffassung, dass alle Interessenvertreter die Möglichkeit haben sollten, ihre Meinung zum Ausdruck zu bringen. Gleichermaßen bin ich der Meinung, dass die Diskussion im Rahmen eines jährlichen Forums von Angelegenheiten, die den Binnenmarkt betreffen, positiv ist. Die Teilnehmer dieser Diskussion sind logischerweise die Institutionen, die Mitgliedstaaten, Unternehmen sowie Bürgerinnen und Bürger, mit anderen Worten, all jene, die am Binnenmarkt beteiligt sind. Das Forum wird des Weiteren dazu beitragen, das Bewusstsein dafür zu schärfen, dass der Binnenmarkt Teil unseres Alltagslebens ist.

 
  
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  Alfredo Pallone (PPE), schriftlich(IT) Ich unterstütze die Inhalte und den zeitlichen Rahmen des „Small Business Act“, der Initiative für kleine und mittelständische Unternehmen, voll und ganz. Der Binnenmarkt ist die integrierteste Form des gemeinsamen Marktes, da er den Abbau von Hindernissen zwischen den Mitgliedstaaten forciert – dingliche Hindernisse (Grenzen), technische Hindernisse (Normen) und steuerliche Hindernisse. Das ist der Schlüssel zu Integration und nachhaltigem Wachstum in Europa. Die gegenwärtige Wirtschaftskrise hat erneut die Bedeutung des Binnenmarktes unterstrichen, wenn es darum geht, das europäische Projekt zum Erfolg zu führen. Darüber hinaus fordern wir die Erneuerung des politischen Willens, um den Versuchungen des wirtschaftlichen Nationalismus zu widerstehen und das Potenzial aller voll und ganz auszuschöpfen. Die Krise hat das Risiko des Missbrauchs staatlicher Beihilfen erhöht, die dafür ausgelegt sind, die wichtigsten nationalen Firmen zu unterstützen. Die Lösung des Problems der Wiederbelebung der gesamten europäischen Wirtschaft erfordert stattdessen (und dies ist die Binnenmarktlösung) den Abbau anhaltender Hindernisse für den freien Personen-, Waren- und Dienstleistungsverkehr sowie die Gleichbehandlung von Wirtschaftsteilnehmern und Bürgerinnen und Bürgern in der ganzen EU.

 
  
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  Olga Sehnalová (S&D), schriftlich(CS) Das Binnenmarktgesetz ist eine Initiative, die ich sehr begrüße und unterstütze. Ich möchte jedoch ein Problem ansprechen, das ich hier erahne, und das nicht unbedeutend ist. Es geht um die langfristige Kommunikationsstrategie, nicht nur für dieses Dokument, sondern für den Binnenmarkt im Allgemeinen. In Punkt 48 des Berichts gibt die Kommission an, dass sie die Konsultation und den Dialog mit der Zivilgesellschaft verbessert hat, wobei besonders darauf geachtet werden soll, sicherzustellen, dass die Standpunkte der Verbraucher berücksichtigt werden. Falls die Kommission tatsächlich für die Ansichten der Verbraucher einsteht, muss sie wesentlich mehr als bisher dafür tun, diesen Bericht in den Medien zu bewerben. So wird die Einführung dieses elementaren Dokuments in der Tschechischen Republik und in der Slowakei z.B. leider überhaupt nicht in den Medien erwähnt. Es scheint, als ob dies dort kein Thema wäre, das Aufmerksamkeit verdient. Die Informationskampagne über die Vorteile des Binnenmarktes sollte daher nicht nur auf Ebene der europäischen Institutionen stattfinden, sondern sowohl auf nationaler als auch auf regionaler Ebene dezentraler sein. Der Schwerpunkt sollte auf den Vorteilen liegen, die der Binnenmarkt bietet, sowie auf der Lösung alltäglicher Probleme von Verbrauchern auf dem Binnenmarkt, wie z.B. Bankgebühren, dem Preisvergleich von Waren, usw. Ich möchte daher an die Kommission appellieren, ihre Kommunikationsstrategie im Hinblick auf die Endverbraucher zu verbessern, damit die Bürgerinnen und Bürger besser über die Vorteile des Binnenmarktes informiert werden.

 

18. Innovationspartnerschaften (Aussprache)
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  Der Präsident. – Als nächster Punkt folgt die Aussprache über die mündliche Anfrage an den Rat von Judith A. Merkies im Namen der S&D-Fraktion, Paul Rübig, im Namen der PPE-Fraktion, Jorgo Chatzimarkakis, im Namen der ALDE-Fraktion, Philippe Lamberts und Reinhard Bütikofer, im Namen der Verts/ALE-Fraktion, Evžen Tošenovský, im Namen der EKR-Fraktion, und Marisa Matias, im Namen der GUE/NGL-Fraktion zu Innovationspartnerschaften (O-0158/2010 - B7-0560/2010).

 
  
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  Judith A. Merkies, Verfasserin.(NL) Herr Präsident, 90 % der Menschen denken, dass Innovationen zu einer grünen und wettbewerbsfähigeren Wirtschaft führen und wir stimmen dem zu. Offenbar ist die Dringlichkeit der Angelegenheit noch nicht ganz klar, denn der Europäische Rat hat entschieden, die Innovationsunion bis Februar und März nächsten Jahres nicht zu erörtern.

Wieso ist das so? Sind die dringenden großen gesellschaftlichen Herausforderungen vielleicht schon gelöst worden? Sind das Energieproblem, das Rohstoffproblem und das Alterungsproblem bereits gelöst? Nein, sind sie nicht, und deshalb müssen wir uns dringend mit dieser Innovationsstrategie beschäftigen und sie diskutieren. Es gibt viele Fragen. Was genau sind diese Innovationspartnerschaften? Die Innovationsstrategie der Kommission ist klar, aber diese Frage ist weiterhin offen.

Klar ist, dass es keine neuen – oder zumindest keine völlig neuen – Instrumente, sondern eher effizientere geben soll. Die langfristige Sicherheit ist wichtig, aber optimalerweise hätten wir gern ein gut funktionierendes Instrument mit einer Vision bis 2020. Wichtig ist, dass die Innovationspartnerschaften so greifbar und klar wie möglich sind, sich positiv auswirken, technologisch neutral und eng am Markt sind und einen klaren Schlusstermin haben; und dass es eine Beteiligung aller wichtigen Partner und auch der Industrie, der Regierung, der Forschungsinstitute und vor allem der Bürgerinnen und Bürger gibt, die die Antriebskraft hinter den Innovationen und ihrem Erfolg sind.

Es ist sehr gut, dass die vorhandenen Stärken durch „Aktives und gesundes Altern“ weiterentwickelt werden – eigentlich gesundes Leben anstatt gesundes Altern – und es scheint, dass das gesunde Altern tatsächlich mit der Empfängnis beginnt. Alle Partnerschaften müssen sich durch einen effizienten und intelligenten Zugang zu natürlichen Ressourcen auszeichnen und müssen mit den dringendsten Problemen beginnen: Energie und die Ausbeutung von Rohstoffen. In diesem Zusammenhang ist mehr Innovation erforderlich.

Dies erfordert das volle Engagement des Rates und es erfordert Enthusiasmus; beides ist erforderlich, damit die Innovationsstrategie funktioniert. Ein Rückzug hinter die Grenzen ist keine Option. In der Wirtschaft geht es wirklich nicht nur um den Euro, den Banksektor oder den Stabilitäts- und Wachstumspakt. Es geht um Arbeitsplätze in Europa und eine bessere Position für Europa in der Welt. Und wie sollte dies erreicht werden, wenn nicht durch Innovationen?

 
  
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  Amalia Sartori , Verfasserin.(IT) Herr Präsident, meine Damen und Herren, der Vorschlag der Kommission in dem Strategiedokument zur „Innovationsunion“, der am 6. Oktober 2009 angenommen wurde, ist ein integraler Bestandteil der Strategie Europa 2020. Die Initiative zielt darauf ab, eine qualifizierte, effektive und nachhaltige Antwort auf die grundlegenden Probleme in unserer Gesellschaft zu liefern.

Bei den vielen Maßnahmen, die vorgeschlagen wurden, und den verschiedenen Zielen, die die Kommission sich selbst gesetzt hat, um eine echte Innovationsunion zu schaffen, stellen die sogenannten „Innovationspartnerschaften“ eines der innovativsten Elemente dar. Um die genannten Ziele zu erreichen, müssen die richtigen Partnerschaften gewählt werden. Zu diesem Zweck hat die Kommission eine Reihe von Herausforderungen mit hoher Priorität ermittelt, denen sich unsere Gesellschaft in den nächsten Jahren und Jahrzehnten gegenübersieht. Das Parlament hat sich entschieden, seine Position zu dieser neuen Entwicklung in der Entschließung, deren Berichterstatterin für die Fraktion der Europäischen Volkspartei (Christdemokraten) ich bin, darzustellen. Nach kurzen Verhandlungen haben alle Berichterstatter der einzelnen politischen Fraktionen eine Entschließung unterzeichnet, also sind keine Probleme zu erkennen.

Ich sehe, dass es wichtig ist, hervorzuheben, wie entscheidend unser Beitrag dabei ist, sicherzustellen, dass die beiden Partnerschaften, die nach der Pilotinitiative zum gesundem Altern gestartet werden, „intelligente Städte“ fördern, damit mehrere zukünftige Experimente in verschiedenen europäischen Städten durchgeführt werden können, um die 20-20-20-Ziele sowie das Ziel einer Strategie für nichtenergetische Rohstoffe zu realisieren, da wir eine konkrete Antwort auf die großen und schwierigen Probleme, die die Gesellschaft in diesem Bereich beeinträchtigen, bereitstellen müssen.

In den nächsten Monaten wird eine interne Arbeitsgruppe der Kommission Entscheidungen zu Governance, Finanzierung, Auswahlkriterien und dem Haushalt für die Initiativen treffen, die in der ersten Partnerschaft initiiert werden.

 
  
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  Jorgo Chatzimarkakis, Verfasser. − Herr Präsident! Was macht eigentlich die europäische Innovationspolitik, was macht die europäische Forschungspolitik? Wenn man sich diese Frage stellt und wenn man den Bürger auf der Straße mal fragen würde, würde man keine Antwort bekommen. Weil nicht klar ist, was europäische Forschung, was europäische Innovation für einen Mehrwert schafft. Insofern begrüßen wir es, dass Kommissarin Geoghegan-Quinn hier mit ihrem Vorschlag zunächst einmal das Thema Innovation definiert. Was heißt Innovation? Innovation heißt, aus Wissen Geld zu machen, ein Produkt zu machen, eine Lizenz zu machen. Und das ist neu. Ich freue mich, dass die Kommission diesen Weg geht. Aber wir brauchen eben auch jetzt man on the moon- oder woman on the moon-Projekte, die draußen beim Bürger verstanden werden, damit der EU-Steuerzahler versteht, was wir hier mit seinem Geld anstellen. Insofern sehe ich ein großes Potenzial in der Frage, dem Leben zwei weitere, gesunde Lebensjahre hinzuzufügen. Das wäre so ein Projekt, das jeder draußen versteht. Deswegen freue ich mich, dass sich die erste vorgeschlagene Innovationspartnerschaft genau diesem Ziel widmet. Zwei gesunde Lebensjahre mehr, das versteht jeder, das sollten wir tun. Insofern haben Sie da unsere Unterstützung.

Allerdings möchte ich darauf hinweisen, und Frau Merkies hat ja auch das schon angesprochen: Wenn wir einfach nur den Instrumenten, die es schon gibt – es gibt das EIT, es gibt die KICs, es gibt die JTIs, es gibt das sogenannte Competitiveness and Innovation Programme (CIP), das sind alles Programme, die ja schon existieren. Noch ein Programm hinzuzufügen, damit machen wir das ganze Feld unübersichtlich. Das dürfen wir nicht tun. Die Innovationspartnerschaften sollten wirklich dazu beitragen, dass hier Ordnung hereinkommt, dass wir das Ganze in ein System bringen, und deswegen würden wir es auch nur dann akzeptieren, wenn das Ganze für den Steuerzahler klarer wird. Wir müssen immer verstehen: Was bringt mehr europäischen Mehrwert? Und wenn das der Fall ist, dann stehen wir voll dahinter.

 
  
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  Evžen Tošenovský, Verfasser. (CS) Die Initiative der Kommission zur Schaffung eines Pilotprogramms im Rahmen der Innovationspartnerschaft zum Thema „Aktives und gesundes Altern“ ist sicherlich ein interessanter Schritt der Kommission. Mir zeigt die Tatsache, dass die Kommission dieses Pilotprojekt gewählt hat, wie bedeutend das Problem des Alterns für die gesamte Europäische Union ist. Als Pilotprojekt ist dies eine sehr schwierige Aufgabe, da die Methoden zur Gewährleistung der Sicherheit für ältere Menschen in der ganzen Europäischen Union sehr unterschiedlich sind. Die Gründe dafür finden sich in der unterschiedlichen historischen Entwicklung der einzelnen Staaten und den verschiedenen Ansätzen im Umgang mit diesen Problemfeldern. Daher wird es interessant sein, zu sehen, wie die Kommission einen wirklich innovativen Ansatz zur Lösung so eines komplexen Problems finden kann. Ich hoffe, dass die Lösung nicht einfach weiterhin in Form einer allgemeinen Beschreibung besteht, sondern eine wirkliche Hilfe in diesem Bereich darstellen wird.

Zwei weitere Probleme in Bezug auf die Innovationspartnerschaften sind aus den Diskussionen mit Kolleginnen und Kollegen hervorgegangen: intelligente Städte und Rohstoffe. Aus Sicht der gegenwärtigen Perspektiven und der vorhergesehenen Probleme gibt es viele Gründe für einen solchen Ansatz im Bereich der Rohstoffe. Bereits jetzt und sehr wahrscheinlich in den nächsten Jahren werden die Mitgliedstaaten unter großem Druck stehen, die Versorgung mit Rohstoffen sicherzustellen. Dies betrifft sowohl die Energiegewinnung als auch die Industrieproduktion. Es gibt eine Vielzahl von Rohstoffproblemen und viele parlamentarische Ausschüsse beschäftigen sich regelmäßig damit. Die Gewährleistung einer anhaltenden Versorgung und die Erschließung neuer Rohstoffquellen sind grundlegende Bedingungen für das Wirtschaftswachstum und für den Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Staaten in der Zukunft. Natürlich hat dies auch Auswirkungen auf viele Bereiche einschließlich der sozialen Bedingungen der Bürgerinnen und Bürger, die in den europäischen Staaten leben. Vorschriften, die vernünftig angepasst sind, wobei der Sparsamkeit in Bezug auf die Verfügbarkeit von Rohstoffen besondere Bedeutung beigemessen wird, werden in der Zukunft sicherlich zu den wesentlichen Dingen gehören.

 
  
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  Marisa Matias, Verfasserin.(PT) Wir diskutieren hier heute, was uns als eine der Hauptschwerpunkte der Kommission präsentiert wird, nämlich die Innovationsstrategie, die mit den Innovationspartnerschaften und diesem Pilotprojekt zum aktiven und gesunden Altern, das heute hier erörtert wird, endlich Form annimmt. Es gibt jedoch viele Aspekte, die noch festgelegt werden müssen, insbesondere in Bezug auf die Abstimmung und Festlegung zukünftiger Projekte und die Festsetzung von Prioritäten. Wer wird die Prioritäten im Endeffekt festlegen und auf Grundlage welcher Kriterien? Ich denke, dass wir Anrecht auf einige Antworten haben.

Ich möchte jedoch einige konkrete Beobachtungen mitteilen, insbesondere in Bezug auf dieses erste Projekt zum aktiven und gesunden Altern, das uns vorgestellt wurde. Diese Kommentare sind daher insgesamt positiv, da ich es für eine gute Sache halte, sich auf einen Teil der Bevölkerung zu konzentrieren, der in einem Europa, das immer mehr altert und immer mehr benachteiligt wird, besonders gefährdet ist.

Ich möchte jedoch noch einige Fragen anfügen, da es mir widersprüchlich zu sein scheint, dass uns ein Projekt zu diesem Thema vorgestellt wird, während wir gleichzeitig diese Innovation nicht unterstützen können. Wie sollen wir es unterstützen? Was ist die Grundlage dafür? Sind Innovationen in einer Situation, in der wir uns befinden, möglich, wenn es ständige und systematische Angriffe auf den Sozialstaat, einen immer schlechteren Zugang zur Gesundheitsversorgung, systematische Einsparungen bei Dienstleistungen und immer geringere Investitionen in diesem Bereich gibt?

Der Titel der vorgestellten Mitteilung, die „Innovationsunion“ für mehr Arbeitsplätze, eine bessere Lebensqualität und eine bessere Gesellschaft, ist ehrgeizig. Ich würde sogar sagen, dass ich kein Problem damit hätte, dies für mich anzunehmen, aber wir müssen zugeben, dass es der gegenwärtigen Praxis in den Mitgliedstaaten mit ihren Kürzungen und Sparmaßnahmen widerspricht. Ich glaube, dass nur nachhaltige und ehrgeizige Strategien zu nachhaltigen Innovationen führen werden. Andernfalls gibt es nur ein Strohfeuer, das nicht sehr vielversprechend ist und der Öffentlichkeit wenig zu bieten hat.

 
  
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  Benoît Cerexhe, amtierender Präsident des Rates.(FR) Herr Präsident, ehrenwerte Abgeordnete, ich begrüße die Gelegenheit, die sich uns bietet, mit Ihnen über diese Leitinitiative der Innovationsunion und insbesondere über dieses neue Konzept der europäischen Innovationspartnerschaften zu diskutieren, die sicherlich ein Schlüsselelement der Mitteilung sind, die die Kommission Anfang Oktober vorgestellt hat.

Natürlich untersucht der Rat in dieser Phase das Thema noch intensiv und die Schlussfolgerungen werden für unseren Rat für Wettbewerbsfähigkeit am 26. November ausgearbeitet.

Sie werden sich erinnern, dass der Europäische Rat am 17. Juni die Strategie Europa 2020 fertig gestellt hat und dass eines der Hauptziele in diesem Zusammenhang, ich zitiere, „in der Verbesserung der Bedingungen für Forschung und Entwicklung“ besteht, insbesondere mit der Zielsetzung, die gemeinsamen öffentlichen und privaten Investitionen in diesem Bereich auf 3 % des BIP zu steigern. Ich persönlich denke, es wäre schwer vorstellbar, weniger als diese 3 Prozent, die bereits in der Strategie von Lissabon enthalten sind, umzusetzen, und ich denke, dass es jetzt darum geht, uns die Mittel zur Verfügung zu stellen, um dieses Ziel zu erfüllen.

Die Leitinitiative Innovationsunion, die die Kommission vorgestellt hat, folgt diesem Hauptziel, und der belgische Ratsvorsitz hat sich darum bemüht, dieses große Thema rechtzeitig anzugehen. Unser Rat hatte im Juli die erste informelle Aussprache und dann am 12. Oktober eine formelle Aussprache zu diesem Thema, und diese Aussprache ermöglichte es dem Ratsvorsitz, einige als Entwurf vorliegende Schlussfolgerungen des Rates vorzulegen, die derzeit geprüft werden und die, wie ich bereits sagte, auf der Tagesordnung des Rates für Wettbewerbsfähigkeit am 25. und 26. November stehen. Ich möchte betonen, dass der Ratsvorsitz sichergestellt hat, dass die Sektoren „Forschung“ und „Industrie“ bei diesem Thema eng zusammenarbeiten, und dies führt zu hervorragenden Ergebnissen. Tatsächlich haben wir im Juli eine Tagung des gemeinsamen Rates durchgeführt, die Ende November zu gemeinsamen Schlussfolgerungen führen sollte.

Außerdem wird infolge der Mitteilung der Kommission und durch den Rat für Wettbewerbsfähigkeit Material bereitgestellt, um die Aussprache zu Forschung und Innovation vorzubereiten, die im Europäischen Rat vor Jahresende stattfinden soll.

Daher werden Sie verstehen, dass ich als Präsident des Rates für Wettbewerbsfähigkeit, auch wenn ich strategische Impulse von unseren Staats- und Regierungschefs erwarte, eine gewisse Vorsicht walten lassen muss bei dem, was ich sage. Erlauben Sie mir dennoch, darauf hinzuweisen, dass das Thema der Innovation oder eher das Wissensdreieck im weiteren Sinne (Bildung – Forschung – Innovation) natürlich nicht völlig neu ist, weder für den Rat noch für das Parlament.

Im Rat steht das Thema regelmäßig auf der Tagesordnung des Rates für Wettbewerbsfähigkeit unter der allgemeinen Überschrift des Europäischen Forschungsraums. Ich beziehe mich insbesondere auf die Vision 2020 für den Europäischen Forschungsraum vom Rat im Dezember 2008 sowie auf die jüngeren Schlussfolgerungen des Rates unter dem Titel „Ein innovatives Europa schaffen“, das im Mai unter dem spanischer Ratsvorsitz angenommen wurde. Ich werde auch einige Haupthandlungsschwerpunkte aus Sicht des Rates anführen, auch wenn das keine vollständige Liste ist.

Als erstes sollten die Initiativen alle Arten von Innovationen im öffentlichen und privaten Sektor betreffen.

Zweitens müssen wir die Grundlagen für effektivere Haushaltslinien für Forschung, Entwicklung und Innovation legen.

Drittens hat das öffentliche Auftragswesen das Potenzial, Innovation in Form von innovativen Produkten, Verfahren und Dienstleistungen zu fördern, auch wenn dieses Potenzial zu einem großen Teil nicht ausgeschöpft wird.

Viertens, auch nichttechnologische Innovationen in den Bereichen Entwicklung, Dienstleistungen und kulturelle Kreativität sind wichtige Faktoren.

Fünftens erfordern Forschungsbemühungen ein effektives Management und den Schutz des geistigen Eigentums sowie eine effektive Verbreitung wissenschaftlicher und technologischer Innovationen.

Und schließlich sollten die Forschungs- und Entwicklungsstrategien und -programme und zugehörige Instrumente vereinfacht und rationalisiert werden, wie es heute bereits wieder gesagt wurde. Ich bin erfreut, hier sehr ähnliche Ansichten wie die Position des Ausschusses für Industrie, Forschung und Energie, die in dem Bericht von Frau Carvalho vorgestellt wurde, vorzufinden. Innovationspartnerschaften sollten nicht zu einer erhöhten Komplexität führen, sondern stattdessen Teil eines Vereinfachungsprozesses sein.

Die regionale Dimension ist auch für Innovationen entscheidend. In diesem Zusammenhang sollte die europäische Innovationspolitik sicherstellen, dass die Innovatoren, auch kleine und mittelständische Unternehmen, auch auf regionaler Ebene angemessen unterstützt werden.

Der menschliche Faktor ist der Kern von Forschung und Innovation. Europa muss in der Lage sein, seine Forscher stärker an sich zu binden und Talente aus Drittstaaten anzuziehen.

Nach diesen allgemeinen Gedanken möchte ich jetzt auf die vier konkreteren Fragen antworten, die Sie gestellt haben.

In Bezug auf die Anzahl der Themen für Innovationspartnerschaften scheint unser Rat, auch wenn er noch nicht zu einer Entscheidung gekommen ist, sich mehr oder wenig einig zu sein, dass wir mit einem Pilotprojekt beginnen müssen. Tatsächlich hat die Kommission vorgeschlagen, dieses Pilotprojekt zum Altern Anfang 2011 zu starten. Außerdem beinhaltet die Mitteilung der Kommission eine Reihe anderer Themen, zu denen sie 2011 Vorschläge einreichen würde, und einige von Ihnen haben sich auf eine Reihe dieser Themen bezogen. Ein Pilotprojekt kann definitionsgemäß als Experiment beginnen, ohne dass alle Bedingungen vorher festgelegt werden müssen.

Die Auswahl der Themen für zukünftige Partnerschaften ist eins der Hauptthemen, die wir im Rat diskutieren, und in diesem Zusammenhang möchte ich die Initiative für die gemeinsame Programmplanung für die Forschung in Europa, die 2008 als Antwort auf die großen sozialen Herausforderungen vom Rat initiiert wurde, erwähnen. Bereits damals waren Kriterien, die sicherlich auch im Zusammenhang mit den Innovationspartnerschaften nützlich sein werden, festgelegt worden: die Herausforderungen auf europäischer Ebene, ein echtes Engagement vonseiten der Interessengruppen, ein europäischer Mehrwert und die Möglichkeit, aus den Forschungsergebnissen Nutzen für die europäischen Bürgerinnen und Bürger und für die europäische Wettbewerbsfähigkeit zu ziehen. Daher erkenne ich eine große Übereinstimmung zwischen den ursprünglichen Leitlinien des Rates und den allgemeinen Bedingungen, die die Kommission in ihrer Mitteilung vorschlägt.

Außerdem haben meine Kolleginnen und Kollegen in den Debatten, die wir in dieser Phase hatten, oft betont, dass wir einen Bottom-up-Ansatz verfolgen müssen, insbesondere um Themen zu ermitteln, einzelne und einfache Systeme zu fördern, der Notwendigkeit, mit dem privaten Sektor, insbesondere mit kleinen und mittelständischen Unternehmen, zusammenzuarbeiten, nachzukommen und um bestehende Finanzinstrumente zu optimieren.

Ich komme jetzt zu dem Zeitplan und den Governance-Prinzipien, die wahrscheinlich die wichtigsten und kritischsten Themenbereiche sind. Die Schlüsselworte sind zweifellos „Mehrwert“, „Kohärenz“, „Flexibilität“ und „Klarheit“. Nirgendwo sollte ein vordefiniertes Einzelmodell erwähnt werden. Mehrere Initiativen sind ergriffen worden, um die Konzepte zu verbessern, unter anderem auch ein Seminar, das vor wenigen Tagen am 27. Oktober von dem belgischen Ratsvorsitz in Zusammenarbeit mit Finnland und der Kommission veranstaltet wurde, und was den Zeitplan angeht, ist der Gedanke der Dringlichkeit in der Strategie Europa 2020 wirklich präsent. Dementsprechend ist diese Dringlichkeit auch in den Initiativen präsent, die sich daraus ableiten. Zu diesem Zweck hat die Kommission einige ehrgeizige Vorschläge gemacht, aber unsere Mittel sind beschränkt, und auch wenn wir ehrgeizig bleiben, müssen wir sicherstellen, dass wir den Prozess unter Kontrolle bringen und unsere Lehren daraus ziehen können.

Herr Präsident, meine Damen und Herren, mit dieser Bemerkung zu einer besseren Governance der Partnerschaften auf nationaler Ebene möchte ich zum Ende kommen. Dieses Thema ist eine der vielen Erwägungen, die sich auf die Governance der Partnerschaften beziehen, für die es kein vordefiniertes oder gar einziges Modell gibt. Objektiv müssen unterschiedliche Situationen in den einzelnen Mitgliedstaaten in Betracht gezogen werden. Auch müssen alle Interessengruppen aus den verschiedenen Mitgliedstaaten beteiligt werden: die Interessengruppen auf europäischer, nationaler und regionaler Ebene, einschließlich des öffentlichen und des privaten Sektors.

Herr Präsident, ehrenwerte Abgeordnete, ich bin der Überzeugung, dass Forschung und Innovation keine Option für Europa sind, sondern eine Notwendigkeit, wenn wir eine langfristige Lösung wollen, die unser soziales Modell und die Nachhaltigkeit unserer Umwelt schützt. Daher begrüße ich den unermüdlichen Einsatz dieses Parlaments für diese Angelegenheiten und insbesondere die erste Rede in dieser Aussprache zum Innovationsplan. Meiner Ansicht nach ist Ihr Beitrag umso entscheidender, als die gegenwärtige Lage die Mitgliedstaaten dazu zwingt, schwierige Entscheidungen zu treffen, bei denen es, wie ich glaube, entscheidend ist, Forschung und Innovationen als eine Investition in die Zukunft zu schützen, und ich kann Ihnen versichern, dass ich den Rat über den Inhalt dieser Aussprache informieren werde und ich Ihnen weiter zur Verfügung stehe.

 
  
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  Reinhard Bütikofer (Verts/ALE). - Herr Präsident! Ich wollte fragen, ob die Redezeit des Rates später am Abend länger wird. Ich finde es ziemlich unhöflich vom Vertreter des Rates, hier doppelt so lange zu sprechen wie Herr Barroso und Herr Van Rompuy zusammen, wissen wir doch, dass wir noch wichtige andere Punkte haben. Man kann sich vielleicht auch einmal ein bisschen beschränken!

 
  
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  Ioannis A. Tsoukalas, im Namen der PPE-Fraktion.(EL) Herr Präsident, Ich möchte Ihre Aufmerksamkeit auf die riesige Chance, die die Innovationspartnerschaften für die dringend erforderliche wirtschaftliche und soziale Entwicklung der Europäischen Union darstellen, lenken sowie Sie auf die ernste Gefahr hinweisen, die darin besteht, dass der falsche Einsatz dieses Instruments dazu führen könnte, die Kluft im Innovations- und Forschungsbereich zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union weiter zu vergrößern.

Ich beziehe mich insbesondere auf die schwierigen Wirtschaftsverhältnisse, die in einigen Mitgliedstaaten der EU herrschen – zunächst in meinem Land –, und ich möchte dieselbe Bemerkung machen, wie meine verehrte Freundin Frau Matias. Zahlreiche Länder Südeuropas und andernorts befinden sich in einer ernsten wirtschaftlichen Notlage, in der der Internationale Währungsfonds, die Europäische Zentralbank und die Europäische Kommission gewaltige Kürzungen bei allen Staatsausgaben verlangen, womit sie mehr oder weniger die gesamten öffentlichen Investitionen in die Forschung unterminieren. Unter solchen Umständen gibt es natürlich massive Einschränkungen bei der technologischen Entwicklung und Innovation, angesichts der Tatsache, dass sie die geringste Priorität in den Konjunkturplänen der einzelstaatlichen Regierungen zu haben scheinen.

Die allgemeinen Kürzungen, die diesen Staaten auferlegt werden, bedeuten zusammen mit dem Abwandern von Fachkräften und der Unterfinanzierung von Universitäten und Forschungszentren, dass das Wissensdreieck, auf das wir zuvor verwiesen haben, alles andere als ein gleichschenkliges Dreieck ist.

Dies wird noch verschlimmert durch die tatsächlichen Umstände, durch die tatsächliche Leistungsfähigkeit der europäischen Universitäten. Zum Beispiel sind gemäß der Zeitungsbeilage „Times Higher Education“, die kürzlich erschienen ist, 82 der 200 führenden Universitäten der Welt europäische Universitäten, von denen sich 80 in den nördlichen Staaten befinden und nur 2 Universitäten im Süden, in Spanien.

Ich möchte die Europäische Kommission, die Europäische Union und das Europäische Parlament fragen, wie sie die immer größer werdende Kluft zwischen dem innovativen Norden Europas und dem Süden Europas schließen wollen.

 
  
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  Teresa Riera Madurell, im Namen der S&D-Fraktion.(ES) Herr Präsident, es stimmt, dass die Kommission ihren Vorschlag für eine Innovationsunion gleichzeitig mit ihrem Vorschlag zur Industriepolitik vorgelegt hat, denn, um ein intelligentes und nachhaltiges Wachstum, das für Beschäftigung und Wettbewerbsfähigkeit sorgt, sicherzustellen, muss die Europäische Union sicherlich ihre Innovationsfähigkeit verbessern.

Aufgrund dieser Überzeugung hat unsere Fraktion die Verantwortung für beide Initiativen ergriffen. Als Koordinatorin bin ich davon überzeugt, dass das Parlament, wenn jeder mitarbeitet, dazu beitragen wird, Lösungen zu diesen neuen Herausforderungen zu finden: Lösungen, die das Gleichgewicht zwischen wirtschaftlichen, sozialen und umweltrelevanten Themen wahren, um zu einem grüneren, intelligenteren Europa mit größerem sozialen Zusammenhalt zu gelangen.

Dieser Beitrag beginnt heute mit dieser Entschließung, die vor der Entscheidung des Rates zeigt, welche Themen als Priorität behandelt werden sollten, wie die Innovationszusammenarbeit, und die auch die Tatsache betont, dass ihr Erfolg von der Fähigkeit abhängt, innovative Unternehmen sowie Universitäten und Forschungszentren zu beteiligen.

 
  
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  Zbigniew Ziobro, im Namen der ECR-Fraktion.(PL) Herr Präsident, Europa muss sich entwickeln und Innovationen sind der beste Weg, um die gegenwärtige Krise zu überwinden. Ein entscheidender Faktor für die Einleitung eines konstruktiven Wandels ist die Verkündung einer Erhöhung der Finanzierung von Investitionen in Forschung und Entwicklung um 3 % des BIP der Union. Abgesehen von flexiblen Rechtsvorschriften für Unternehmensgründungen, Steueranreizen und einfacheren Verfahren für Patentanmeldungen sind insbesondere finanzielle Faktoren die wesentlichen Entwicklungskriterien.

Ohne externe Hilfe wären Unternehmen nicht in der Lage, umfassende Forschungen, die viele Jahre dauern, zu finanzieren. Es gibt jedoch ein gewisses Problem: das Geld, das der Haushaltsplan der Europäischen Union bereitstellt, reicht allein oft nicht aus, und die Unternehmen sind gezwungen, große Beträge aus ihren Eigenmitteln zu investieren. Da dies der Fall ist, befinden sich Unternehmen aus Mittel- und Osteuropa in einer aussichtslosen Lage. Ohne eigene Mittel können sie kein Geld aus dem Staatshaushalt erhalten und sie sind auch nicht in der Lage, EU-Gelder zu beantragen. Diese Situation, die man auch in anderen Bereichen feststellen kann, führt zu einer Anhäufung von Ressourcen in wohlhabenden Regionen der Europäischen Union und verstärkt die Missverhältnisse im Bereich Forschung und Entwicklung.

Der Präsident der Europäischen Kommission hat gesagt, dass „die Europäische Union ohne Solidarität nicht existieren würde.“ Das erklärt also meine Frage: Wie plant die Kommission, Innovationen in den neuen Mitgliedstaaten der Union zu stärken? Können sie größere Finanzmittel erwarten, die es ihnen ermöglicht, schneller Anschluss an die Mitgliedstaaten der alten Union zu finden?

 
  
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  Hermann Winkler (PPE). - Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit der Innovationsunion schlägt die Europäische Kommission eine richtige Richtung ein. Ich war sehr erfreut zu lesen, dass die EU-Kommission auf viele Forderungen aus dem Innovationsbericht vom September 2010 eingegangen ist, der vom Ausschuss für Industrie, Forschung und Energie verabschiedet wurde. Wir sind uns einig, dass die Europäische Union zukünftig ihr Innovationspotenzial noch viel besser nutzen muss, nicht zuletzt, um mit den starken Innovationsländern wie den USA und Japan und auch mit aufstrebenden Volkswirtschaften wie China mitzuhalten. Die Innovationsunion wird aber nur dann Erfolg haben, wenn sie gemeinsam mit den Mitgliedstaaten und den Regionen umgesetzt wird. Dazu plant die EU-Kommission unter anderem die sogenannten Innovationspartnerschaften, über die wir gerade sprechen und die in unserer fraktionsübergreifenden Anfrage thematisiert werden.

Ich möchte aber in diesem Zusammenhang davor warnen, dass hier erneut Doppelstrukturen geschaffen werden. Die Idee der Innovationspartnerschaften ist ja noch nicht ganz klar umrissen. Auch die Ausführungen des Rates haben nicht zur endgültigen Klarstellung beigetragen. Die Idee der Innovationspartnerschaften hat aber gewisse Ähnlichkeiten mit bereits vorhandenen Instrumenten wie beispielsweise den Technologieplattformen des Siebten Forschungsrahmenprogramms und den KICs im Rahmen des Europäischen Innovations- und Technologieinstituts. Ich möchte darauf hinweisen, dass hier unbedingt darauf geachtet werden muss, dass Synergieeffekte geschaffen werden, dass Synergieeffekte genutzt werden und dass eine einheitliche Herangehensweise sichergestellt wird.

 
  
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  António Fernando Correia De Campos (S&D).(PT) Wir begrüßen die Bemühungen der Kommission, Forschung und Innovation an die Spitze der politischen Tagesordnung zu setzen. Wir fassen eine integrierte Strategie ins Auge, die das europäische Innovationsökosystem im Dienste einer nachhaltigen Wirtschaft effektiver und produktiver macht. Die europäischen Innovationspartnerschaften sind als Instrument entstanden, und die größten Herausforderungen, die sie beinhalten, sind so breit angelegt, dass sie allgemein anerkannt sind. Es bleibt jedoch unklar, wie die Subventionsschwerpunkte festgelegt werden und auch wie das Übergewicht jeder einzelnen Disziplin bestimmt wird. Wie viel Transparenz kann erwartet werden, damit sich die Interessengruppen beteiligen? Wie werden gegensätzliche Interessen vermittelt? Welche Rolle werden die Kommission, die Mitgliedstaaten und die Regionen spielen? Wie kann die Verantwortlichkeit in einer komplexen Struktur sichergestellt werden? Welchen finanziellen Umfang werden die Partnerschaften am Ende haben? Herr Präsident, die Kommission und der Rat müssen ein hohes Niveau bei der Umsetzung sicherstellen, was nicht garantiert ist, wenn man die wenigen Monate in Betracht zieht, die für die Pilotphase der ersten Partnerschaft angesetzt sind.

 
  
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  Cristina Gutiérrez-Cortines (PPE).(ES) Herr Präsident, ich möchte die Tatsache begrüßen, dass es Innovationen gibt, ihnen und auch Partnerschaften Beachtung schenken, aber ich möchte auch sagen, dass wir nicht wissen, worüber wir sprechen. Wir sprechen über eine Initiative, aber niemand hat uns etwas über ihren Inhalt, ihre Formel oder ihr Modell erzählt.

Ich möchte vorschlagen, dass wir als Erstes, wenn wir effizient sein wollen, wie einige Abgeordnete dieses Hauses gesagt haben, die Abläufe in den „Institutes for European Training and Information“ (IETIs), den Partnerschaften und den Plattformen überprüfen. Jetzt, wo wir Erfahrung mit dem Siebten Rahmenprogramm für Forschung und technologische Entwicklung haben, müssen wir diese Abläufe durch externe Evaluierung objektiv bewerten und uns die Ergebnisse ansehen.

Im Falle einiger IETIs haben wir zum Beispiel gesehen, dass sie letztendlich von großen Unternehmen beherrscht wurden und erneut die kleinen Unternehmen außen vor gelassen wurden.

Ich würde vorschlagen, dass es Strategien und Formeln für Innovationen geben sollte, um festzulegen, wie wir dazu beitragen können, das kleine Unternehmen beteiligt werden, vielleicht gelegentlich durch zwischengeschaltete Einrichtungen, die ihnen helfen, Projekte zu bezahlen oder durchzuführen. Wir können diesen Weg jedoch nicht weiter beschreiten, indem wir die kleinen Unternehmen außen vor lassen.

Zweitens müssen wir die Notwendigkeit von Innovationen in der Verwaltung, mit anderen Worten, Neuerungen im Management der Innovationen in Betracht ziehen. Dies ergibt sich daraus, dass der Markt Innovationen lenkt, und die Verwaltung kann mit den Marktmechanismen nicht Schritt halten.

Wir müssen daher mehr Kapazitäten schaffen, Neuerungen beim Aufbau von Kapazitäten und in der Verwaltung der Forschung einführen, um die Forschung verwalten zu können und den Unternehmen zu helfen, diese sehr schwierige und komplexe Aufgabe in der Zukunft zu meistern. Natürlich müssen wir auch das Bankensystem bezüglich der damit verbunden Risiken beteiligen, die nicht nur den europäischen Völkern aufgebürdet werden sollten.

 
  
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  Silvia-Adriana Ţicău (S&D).(RO) Artikel 27 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte besagt, dass jeder das Recht hat, am kulturellen Leben der Gemeinschaft frei teilzunehmen, sich an den Künsten zu erfreuen und am wissenschaftlichen Fortschritt und dessen Errungenschaften teilzuhaben. Die europäische Forschung muss Lösungen für die größten Herausforderungen, denen sich die Gesellschaft gegenübersieht, finden: eine alternde Bevölkerung, der Klimawandel, die Energieversorgung und die Energieeffizienz, die Rohstoffknappheit und die Nachhaltigkeit der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung.

Um die Europäische Union in die Lage zu versetzen, ihre Innovationskapazität zu entwickeln, die entscheidend für ihre Wettbewerbsfähigkeit ist, müssen wir die Innovationspolitik parallel zur Industriepolitik der EU entwickeln und aufeinander abstimmen. Nur durch die Entwicklung der Produktionskapazität und damit auch durch die Schaffung von Arbeitsplätzen in der ganzen EU werden wir in der Lage sein, die innovative Kapazität der EU langfristig zu erhalten und zu entwickeln. Gleichzeitig hängen die Auswirkungen von Innovationen auf die Gesellschaft von dem Umfang der Nutzung wissenschaftlicher Errungenschaften ab. Ich glaube, dass wir, um eine Europäische Union der Innovation zu erreichen, eine neue Partnerschaft benötigen, die Bildung und den Zugang der Bürgerinnen und Bürger zu den Errungenschaften des wissenschaftlichen Fortschritts unterstützt.

 
  
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  Danuta Maria Hübner (PPE). – Herr Präsident, in den letzten Jahren wurde viel über Innovationen gesagt. Sie sind zu einem Symbol für ein Strategieinstrument geworden, das all unsere Probleme lösen kann. Also gibt es große Erwartungen, die wir erfüllen müssen. Jetzt ist es jedoch an der Zeit, dass wir pragmatischer werden.

Zweifellos können Innovationen eine entscheidende Rolle bei der Wiederbelebung des europäischen Wirtschaftswachstums spielen, aber dafür sind konkrete, große und gemeinsame öffentlich-private Anstrengungen erforderlich. Diese Bemühungen sollten darauf abzielen, die Rahmenbedingungen und den Zugang zu Förderung zu verbessern und die Innovationspolitik neu auszurichten. Aber was jetzt am wichtigsten ist, ist die Zeit, und wir müssen schnell und entschieden von dem Wunsch zur Tat schreiten, indem wir die Faktoren ermitteln und ausschalten, die die Innovation in Europa immer noch verhindern, aber zuallererst, indem wir neue effektive Strategieinstrumente entwickeln.

Europäische Innovationspartnerschaften können so ein Instrument sein, und zwar ein potenziell herausragendes. Wir sollten dringend handeln, um die ersten Innovationspartnerschaften umzusetzen, und unser Ansatz sollte sich durch „Learning by doing“ und die Nutzung bewährter Praktiken, die in Europa bereits existieren, auszeichnen.

Heutzutage entstehen Innovationen normalerweise innerhalb eines gut funktionierenden Innovationssystems, in dem die Regionen eine Schlüsselrolle spielen. Das bedeutet, dass wir den Schritt hin zu einer auf Innovationen basierenden Wirtschaft beschleunigen können, indem wir das Potenzial der gegenwärtigen Investitionen der Kohäsionspolitik in Innovationen, die sich auf 85 Mrd. EUR belaufen, sowie ihre zukünftigen Verpflichtungen zu intelligentem Wachstum nach 2013 voll ausschöpfen. Kohäsionspolitik kann Innovationen in allen Mitgliedstaaten und Regionen hervorbringen.

 
  
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  Zigmantas Balčytis (S&D).(LT) Die Innovationspolitik und die Nutzung technologischer Errungenschaften sollten zu einem entscheidenden Faktor nicht nur bei der Umsetzung der Strategie EU 2020, sondern auch für das zukünftige Wachstum und die Wettbewerbsfähigkeit der Union werden. Die Umsetzung praktisch aller Strategiebereiche der Europäischen Union, wie die Erhöhung der Energieeffizienz, die Schaffung einer weniger umweltverschmutzenden Wirtschaft, die Verringerung der negativen Auswirkungen des Klimawandels und die Sicherung von Sozialleistungen und Arbeitsplatzbeschaffung, hängt direkt davon ab, wie effektiv die Innovationspolitik umgesetzt wird. Europa benötigt eine integrierte Innovationspolitik, die nur dann erfolgreich sein wird, wenn auf regionaler, nationaler und europäischer Ebene eine effektive koordinierte Zusammenarbeit gewährleistet werden kann. Ich glaube, dass die europäische Innovationspartnerschaft ein großer Schritt in Richtung einer besser koordinierten Innovationspolitik ist, die es ermöglicht, wesentlich bessere Ergebnisse im Bereich Wettbewerbsfähigkeit zu erzielen, und die zu einem größeren Fortschritt für die gesamte Gemeinschaft in der Zukunft beitragen wird.

 
  
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  Mario Pirillo (S&D).(IT) Herr Präsident, meine Damen und Herren, in einer Zeit knapper öffentlicher Finanzen könnten Investitionen in Innovation Europas Grundstein für einen Weg aus der Krise sein.

In der Vergangenheit hat Europa eine führende Rolle im Bereich Innovation innegehabt. Tatsächlich sind viele Innovationen, die die Welt verändert haben, von unserem Kontinent ausgegangen, wie zum Beispiel das Mobiltelefon. Das großartige technologische Potenzial und Humankapital Europas sollten durch eine effektive Koordinierung zwischen der Europäischen Union und den Mitgliedstaaten voll ausgeschöpft werden, um Dopplungen zu vermeiden und Investitionen zu optimieren. Wir müssen einen strategischeren und koordinierteren Ansatz für Innovationen annehmen, wofür die technologischen Partnerschaften ein hervorragendes Instrument sind.

Ich möchte den Rat fragen, welche Maßnahmen er zu ergreifen gedenkt, um die Partnerschaften dynamischer zu machen, und wie sie zu einem Sprungbrett für die reale Wirtschaft werden können.

 
  
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  Seán Kelly (PPE).(GA) Herr Präsident, wir stehen im Moment zweifellos vor einer großen Herausforderung und wir müssen dringend neue Wege zur Lösung all dieser Probleme finden.

– Vor einigen Wochen hatte ich die Ehre, den Start der Studie „GE Innovation Barometer“ zu leiten, eine Umfrage unter verschiedenen Interessengruppen. Zwei Hauptpunkte sind dabei aufgefallen: Für 90 Prozent der Befragten sind Innovationen ausschlaggebend für eine bessere, wettbewerbsfähigere und grünere Wirtschaft; 83 % der Befragten glauben, dass öffentlich-private Partnerschaften entscheidend für ein innovativeres Europa sind.

Die meisten Menschen würden dem zustimmen und deshalb begrüßen wir diese Diskussion. Heute habe ich mit Mitgliedern des Rates, der Kommission und Abgeordneten des Parlaments zu Mittag gegessen, wobei es um genau dieses Thema der Innovationspartnerschaften ging. Wie gesagt, sind sie der Schlüssel zur Zukunft, wenn wir unsere Ziele im Rahmen der 2020-Strategie erreichen wollen – 3 % des BIP und vor allem Risikokapital, was auch von entscheidender Bedeutung ist.

 
  
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  Ioan Enciu (S&D).(RO) Ich möchte den Vorschlag der Kommission zum Start der ersten europäischen Innovationspartnerschaft begrüßen. Um in der Lage zu sein, alle Mitgliedstaaten in diesen Innovationsprozess einzubinden, sollte die EU bei der Steuerung der Investitionsströme, die erforderlich sind, um die Ungleichheiten zwischen den Mitgliedstaaten im Hinblick auf die Ressourcen für Infrastruktur und Management auszugleichen, eine aktivere Rolle spielen. Ich bin der Überzeugung, dass regionalen Entwicklungsprojekten besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden muss. Die Innovationspartnerschaften sollten sich auch auf dieses Ziel konzentrieren. Der Gewährleistung einer Kohäsion zwischen den EU-Strukturfonds, den öffentlichen Finanzen der Mitgliedstaaten und privaten Beiträgen ist dabei zu berücksichtigen.

 
  
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  Anneli Jäätteenmäki (ALDE).(FI) Herr Präsident, wie es scheint, ist Innovation zum aktuellen Modewort geworden: eine Art Zauberstab. Wir müssen jedoch daran denken, dass sie in der derzeitigen Situation kein sofort wirksames Allheilmittel ist. Neue Erfindungen auf den Markt zu bringen, dauert durchschnittlich zehn Jahre, und die Kosten für die Erfindung neuer Produkte und die gesamte Entwicklung sind beträchtlich gestiegen.

Das bedeutet, dass wir in Europa wirklich in gemeinsame Forschung und den Binnenmarkt investieren müssen und nicht erwarten dürfen, dass sich Ergebnisse so einfach einstellen. Es wird mit der Zeit Innovationen geben. Wenn die Forschung ausreichend gefördert und den Forschern ihr Gebiet überlassen wird, sind Ergebnisse zu erwarten, aber es ist keine Zauberei.

 
  
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  Ilda Figueiredo (GUE/NGL).(PT) Die Herausforderung hier ist, dass diese Initiative, die „Innovationsunion“, die die Kommission als Leitinitiative bezeichnet, mehr als das sein muss; sie sollte nicht ein kleines Fähnchen sein, das die Wähler sehen, sondern sie sollte in eine echte Politik für Entwicklung und sozialen Fortschritt eingebunden sein, in der Innovation ein wichtiges Instrument ist, wenn sie angemessen unterstützt wird, auch finanziell und durch grundlegende öffentliche Strategien.

Von Anfang an ist das Pilotprojekt im Bereich aktives und gesundes Altern ein gutes Beispiel dafür, was ich meine. Es wird sich nur dann positiv auswirken, wenn es von öffentlichen Strategien begleitet wird, die den Zugang zu hochwertiger öffentlicher Gesundheitsversorgung für alle, angemessenen Renten sowie Ausrüstung und Hilfsdiensten für ältere Bürger garantieren, um sicherzustellen, dass sie ein würdiges Leben leben können. Ohne dies wird das Projekt nicht mehr sein als ein Strohfeuer inmitten der neoliberalen Strategien, genannt Sparmaßnahmen, die die Forschung und die Lebensqualität unserer Menschen, insbesondere der älteren Menschen, beeinträchtigen. Die Frage lautet: Was wird die Kommission tun, um sicherzustellen, dass diese Initiative mehr ist als ein Strohfeuer?

 
  
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  Iosif Matula (PPE).(RO) Um die Ziele der Strategie EU 2020 zu realisieren, wird eine nachhaltige, intelligente, integrative Wirtschaft dadurch erreicht, dass zu Forschung und Innovation ermutigt wird. Initiativen in diesem Bereich müssen auf jeder Ebene entstehen, auch als Teil von grenzübergreifenden Kooperationen mit anderen EU-Regionen.

Ich möchte die Bedeutung eines Bottom-up-Ansatzes bei den Innovationen hervorheben. Aufgrund fehlender Informationen oder finanzieller Einschränkungen ist es schwierig, innovative Lösungen von Bildungseinrichtungen oder Unternehmen umzusetzen. Regionale Behörden können auf diese sogenannten „schlafenden Innovatoren“ aufmerksam machen und sie dabei unterstützen, die Hilfs- und Partnerschaftsprogramme mithilfe der Kohäsionspolitik zu nutzen. Partnerschaften können darauf abzielen, die Innovationsleistung zu verbessern, die Beziehungen zwischen Initiatoren und Begünstigten zu stärken sowie bewährte Praktiken in diesem Bereich zu fördern.

Während des Besuchs des Ausschusses für regionale Entwicklung in Rumänien in der letzten Woche wurden uns Forschungs- und Innovationsprojekte vorgestellt, die von den Bildungsinstitutionen in der West-Region, die ich vertrete, entwickelt wurden. Der Erfolg dieser Initiativen wird durch den Aufbau funktionsfähiger Partnerschaften bestimmt.

 
  
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  Benoît Cerexhe, amtierender Präsident des Rates.(FR) Herr Präsident, ich möchte dem Parlament aufrichtig für sein Interesse an diesem Thema der Innovationen danken. Ihre Unterstützung ist absolut entscheidend, um diesen Plan für Innovationen unverzüglich umzusetzen, um die internen Herausforderungen besser bewältigen zu können und unsere externe Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern.

Ich denke, dass der Ratsvorsitz mit strengen Zeitvorgaben arbeitet, da der Kommissionsvorschlag am 6. Oktober 2010 eingereicht wurde und wir jetzt unsere Schlussfolgerungen für die Sitzung des Rates am 26. November vorbereiten. Alle wissen, dass Forschung und Innovation entscheidend sind, insbesondere, wenn wir die Krise überwinden wollen.

Was die Wahl der Partnerschaften angeht, habe ich die Bedeutung des ersten Themas als Pilotprojekt zur Ermittlung der Durchführbarkeit des Modells betont, und ich denke, dass dieses erste Pilotprojekt wirklich die öffentliche Unterstützung in Europa bekommen kann, wie bereits gesagt wurde.

Was andere mögliche Bereiche angeht, so hat die Kommission ungefähr ein Dutzend weitere erwähnt, und das Konzept des Rates unterstreicht insbesondere die Notwendigkeit eines integrativen Bottom-up-Ansatzes mit sehr klaren und definitiven Zusagen des Rates, dass es nicht zu Dopplungen, Schwierigkeiten oder zusätzlichen Programmen kommen wird. Ganz bestimmt nicht. Das würde unserem Ziel der Vereinfachung widersprechen.

Was unser Haushaltsproblem betrifft, wissen wir, dass die Forschungshaushalte unter Druck stehen; meiner Meinung nach sollte die Nord-Süd-Kluft, die bereits hervorgehoben wurde, unsere gemeinsame Priorität sein, ebenso wie hervorragende Leistungen. Dies sollte sich in den Synergien zwischen den europäischen Instrumenten, insbesondere zwischen dem Rahmenprogramm und den Strukturfonds widerspiegeln.

Abschließend berücksichtigen wir im Rat natürlich sehr die Tatsache, dass kleine und mittelständische Unternehmen stärker unterstützt werden müssen. Sie hatten keinen ausreichenden Zugang zu dem vorherigen Rahmenprogramm und daher tun wir alles, um die Angelegenheiten zu vereinfachen und kleinen und mittelständischen Unternehmen einfacheren Zugang zu Finanzierung und den Rahmenbedingungen zu bieten.

 
  
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  Der Präsident. – Ich habe sieben Entschließungsanträge(1) gemäß Artikel 115 Absatz 5 der Geschäftsordnung erhalten.

Die Aussprache wird geschlossen.

Die Stimmabgabe findet am Donnerstag, den 11. November 2010 statt.

 
  

(1) Siehe Protokoll.


19. Stärkung der OSZE - Rolle der Europäischen Union (Aussprache)
Video der Beiträge
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  Der Präsident. – Der nächste Tagesordnungspunkt ist die Erklärung des Rates zur Stärkung der OSZE und zur Rolle der Europäischen Union.

 
  
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  Olivier Chastel, im Namen der VPT/HR.(FR) Herr Präsident, Herr Kommissar, meine Damen und Herren, ich habe die Ehre, vor Ihnen im Namen der Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, Baronin Ashton, zu sprechen.

Wie Sie wissen, werden sich in drei Wochen die Staats- und Regierungschefs der 56 Teilnehmerstaaten der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) in Astana zu einem Gipfel treffen. Dieses Datum – 35 Jahre nach der Schlussakte von Helsinki, 20 Jahre nach der Charta von Paris und 11 Jahre nach dem Istanbul-Gipfel – und der gewählte Ort in Kasachstan belegen die Bedeutung des Ereignisses.

Die OSZE bemüht sich um neuen Schwung. Einige haben die Bedeutung der Organisation infrage gestellt. Streitigkeiten zwischen den Teilnehmerstaaten, ihre Unfähigkeit, die letzten Spuren nach dem Ende des Kalten Krieges zu beseitigen, und die eingefrorenen Konflikte haben sie schrittweise gelähmt und ihre Glaubwürdigkeit untergraben. Der Aufruf von Präsident Medwedew im Juni 2008, in dem er darum bat, die europäische Sicherheitsarchitektur zu überprüfen und einem Vertrag zu unterstellen, hat nicht nur positive Reaktionen hervorgerufen, sondern auch den Dialog innerhalb der OSZE neu belebt und den Korfu-Prozess in Gang gesetzt. Die Debatten innerhalb der OSZE haben dazu beigetragen, das Vertrauen wieder aufzubauen, ohne dass andere entscheidende Sicherheitsforen ausgeschlossen wurden. Die Europäische Union und ihre Mitgliedstaaten haben in diesem Zusammenhang eine entscheidende Rolle gespielt, und diese Rolle wurde durch Herrn Roučeks Entschließungsantrag hervorgehoben und unterstützt. Die Überprüfungskonferenz, deren letzte Phase in Astana stattfinden wird, hat als Grundlage gedient, auf der die Struktur des nächsten Gipfels aufbauen wird.

Unsere Vertreter in Wien handeln derzeit das Abschlussdokument aus, das sie den einzelnen Staats- und Regierungschefs vorlegen werden. Dieses Dokument wird aus drei Teilen bestehen: erstens einer Bekräftigung der OSZE-Grundsätze, -Regeln und -Verpflichtungen; zweitens den gemeinsamen Herausforderungen, denen wir gegenüberstehen, und unseren Prioritäten, und schließlich einem entscheidenden Aspekt für die Europäische Union: einem Aktionsplan. Das Abschlussdokument muss klar genug sein, damit es von all unseren Mitbürgern verstanden wird.

Das Ziel der Europäischen Union, das auch das Ziel anderer Teilnehmerstaaten ist, besteht in der Wiedereinrichtung der OSZE als Sicherheitsgemeinschaft, die eine riesige euro-atlantische und eurasische Region umfasst; eine Gemeinschaft, die vereint ist, in der es keine Trennlinien gibt, deren Bürgerinnen und Bürger in Freiheit und Frieden leben, wo Streitigkeiten friedlich gelöst werden und wo die gemeinsamen Grundsätze, Normen und Verpflichtungen, die den OSZE-Acquis bilden, geachtet werden. Das ist das Ziel, das sich der Gipfel setzen muss, das Mandat, das er festlegen muss, – und der Aktionsplan ist der Plan, mit dem es zu erreichen ist.

Wie dieser Entschließungsantrag hervorhebt, muss der Aktionsplan einen Ausgleich zwischen diesen drei Bereichen schaffen, um das globale, kooperative Konzept der Sicherheit zu schützen, das die OSZE ausmacht und auch einmalig macht. Die EU wird sicherstellen, dass der Aktionsplan die Prioritäten widerspiegelt, die die Minister für Auswärtige Angelegenheiten auf ihrem Treffen im Juni 2010 in allen drei Bereichen angeführt haben.

Was den politisch-militärischen Bereich betrifft, wurden bei den Verhandlungen zum Wiener Dokument zu vertrauens- und sicherheitsbildenden Maßnahmen ermutigende Fortschritte erzielt. Der Fortschritt kann in Teilen dem Gipfel zugeschrieben werden. Was den Vertrag über konventionelle Streitkräfte in Europa (KSE-Vertrag) anbelangt, ist es unbedingt erforderlich, dass er wieder realisierbar wird. Die Verhandlungen sind im Gange und es obliegt den Staats- und Regierungschefs, den Impuls zu geben, dass sie die Verhandlungen fortsetzen.

Die Fähigkeiten der OSZE müssen in allen drei Bereichen gestärkt werden, um sie in die Lage zu versetzen, ihrer Frühwarn-, Konfliktverhütungs-, Krisenbewältigungs- und Wiederaufbaurolle gerecht zu werden.

Der konkrete Vorschlag, den die Union und ihre Partner vorgelegt haben, steht zur Diskussion. Die Schaffung einer Sicherheitsgemeinschaft bedeutet, dass das Problem der Konflikte in Transnistrien, Bergkarabach und Georgien gelöst wird, die, wie die Ereignisse von 2008 zeigen, immer noch drohen, auszubrechen. Der fehlende Fortschritt untergräbt das Vertrauen, und der Gipfel muss eine Gelegenheit bieten, eine gemeinsame politische Verpflichtung einzugehen, diese Konflikte zu lösen, Bemühungen in diese Richtung zu verstärken und das Engagement durch einen Fahrplan zu konsolidieren.

Sobald dieses Problem gelöst ist, muss die OSZE in die Zukunft blicken und ihre Bemühungen mit den anderen entsprechenden internationalen Organisationen bündeln, um neuen transnationalen Bedrohungen entgegen zu wirken. Diese Bedrohungen sind bekannt genug, dass ich sie hier nicht anführen muss, und die Europäische Union hofft auch, dass die Frage der Energiesicherheit im Rahmen der Konfliktlösung geklärt wird.

Innerhalb der OSZE muss den wirtschaftlichen und umweltbezogenen Belangen neuer Schwung gegeben werden; Rechtsstaatlichkeit und Transparenz muss engagierter verfolgt werden; und die Antwort auf die Herausforderungen in puncto Sicherheit, die sich aus der Energieversorgung im Rahmen des Klimawandels ergibt, muss klarer sein.

Menschenrechte, Grundfreiheiten, Demokratie und die Rechtsstaatlichkeit sind die Grundlage der Werte und Grundsätze, auf denen die Sicherheitsgemeinschaft aufbaut. Deren Gültigkeit erneut anzuführen, reicht nicht aus. Es ist entscheidend, dass sie gestärkt werden und ihre Umsetzung konsolidiert wird. Den Staats- und Regierungschefs werden einige mögliche Wege in diesem Bereich vorgestellt: eine effektivere Überprüfung und Umsetzung von Verpflichtungen und eine bessere Überwachung von Empfehlungen der OSZE-Institutionen. Für die Europäische Union ist die menschliche Dimension von besonderer Bedeutung: sie ist die Grundlage der „Koexistenz“ für Bürgerinnen und Bürger ebenso wie für die Mitgliedstaaten. Der Schwerpunkt der Union liegt auf der Ausweitung der Pressefreiheit und der Bedeutung freier und demokratischer Wahlen im OSZE-Raum. Die Rolle des Büro für demokratische Institutionen und Menschenrechte sollte in diesem Zusammenhang gestärkt und seine Autonomie bewahrt werden. Die für die Arbeit der Hohen Vertreterin erforderlichen Mittel müssen ebenfalls sichergestellt werden, um die Freiheit der Medien zu fördern.

 
  
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  Andrzej Grzyb, im Namen der PPE-Fraktion.(PL) Herr Präsident, wir haben Informationen von der Hohen Vertreterin für Außen- und Sicherheitspolitik und uns liegt auch die von Herrn Rouček ausgearbeitete Entschließung vor, die besagt, dass der Korfu-Prozess neuen Schwung in die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa gebracht hat, was Herr Chastel, der im Namen der Hohen Vertreterin spricht, in seiner Erklärung auch bestätigt hat.

Ich möchte sagen, dass die OSZE eine sehr wichtige Institution bei der Lösung regionaler Konflikte, dem Umgang mit Problemen in Bezug auf nationale Minderheiten und der Unterstützung des Demokratisierungsprozesses in den Mitgliedstaaten ist und weiter sein wird. Wir sollten auch die Ausgewogenheit in den drei Bereichen der OSZE aufrechterhalten – der politisch-militärischen, der wirtschaftlichen und umweltbezogenen sowie der menschlichen Dimension. Das traditionelle Verständnis von Sicherheit in Bezug auf die sogenannte „harte Macht“, die die Sicherheit durch die Anwesenheit von Militärkräften oder stabilisierenden Mächten betrifft, ist genauso wichtig wie die Sicherheit in den Bereichen Wirtschaft, Gesellschaft, Lebensmittel und Umwelt. Die OSZE sollte diesen Bereichen mehr Beachtung schenken.

Ich möchte hier die Rolle hervorheben, die das Büro für demokratische Institutionen und Menschenrechte (BDIMR) im Bereich der Demokratisierung spielt, das zum Beispiel in seiner Aufgabe bei der Überwachung von Wahlen und der Erstellung von Empfehlungen in Berichten erwähnt wird. Die OSZE wird dann eine größere Rolle spielen, wenn wir sie stärken, indem wir zum Beispiel dem BDIMR mehr Unterstützung gewähren.

Ich möchte außerdem betonen, dass die positive Rolle der OSZE nicht mit ihrer Arbeit als Vermittler endet, sondern auch da gesehen werden kann, wo sie ihre eigenen Aktivitäten organisiert. Die OSZE bringt uns auch den Staaten näher, die jeweils den turnusmäßig wechselnden Vorsitz innehaben. Ich möchte als Beispiel den gegenwärtigen Vorsitz erwähnen, den Kasachstan innehat, was unter anderem zur Lösung der Krise in Kirgisistan und auch zu einer Vermittlung zwischen Turkmenistan und Usbekistan geführt hat. Wir erkennen jedoch, dass es ein Defizit bei der Anerkennung der Menschenrechte in Kasachstan gibt, was unter anderem von Organisationen, die die Menschenrechte überwachen, gemeldet wird.

Der Gipfel, der im Dezember in Astana stattfinden wird, sollte einen Aktionsplan annehmen, der zur Unterzeichnung einer Charta für die Sicherheitsgemeinschaft im OSZE-Raum führen wird. So ein Plan ist auch im Interesse der Mitgliedstaaten der Europäischen Union. Ich möchte meine Unterstützung sowohl der vorgestellten Position als auch der von Herrn Rouček eingereichten Entschließung zum Ausdruck bringen.

 
  
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  Libor Rouček, im Namen der S&D-Fraktion. (CS) Dieses Jahr markiert den 35. Jahrestag der Schlussakte der Konferenz von Helsinki. Der Helsinki-Prozess hat zu einem wichtigen historischen Wandel in Europa beigetragen. Ein Kontinent, der zuvor durch den Zweiten Weltkrieg und den Kalten Krieg geteilt war, lebt jetzt in Frieden und Zusammenarbeit mit seinen Nachbarstaaten. Die Bürgerinnen und Bürger der meisten Länder hinter dem ehemaligen Eisernen Vorhang genießen ihre Menschen-, Bürger- und Demokratierechte und -freiheiten.

Trotz all dem wurden jedoch nicht alle Ziele des Helsinki-Prozesses erreicht. In vielen Regionen gibt es immer noch Konflikte zwischen Nachbarn und ethnischen Gruppen. Viele Staaten haben Probleme mit der Einführung von Bürgerrechten und Demokratie. Außerdem stehen alle Mitgliedstaaten der OSZE vor neuen Herausforderungen und Sicherheitsbedrohungen wie Terrorismus, organisiertem Verbrechen, Menschenhandel, Drogenhandel und Gefahren für die Energie-, Umwelt- und Internetsicherheit.

Fünfunddreißig Jahre nach Helsinki und elf Jahre nach dem letzten Gipfel in Istanbul braucht die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa neuen Schwung, eine Erneuerung und Reformen. Einen angemessenen Rahmen für die Diskussion dieser Reformen liefert der Korfu-Prozess und seine Endphase auf dem bevorstehenden Gipfel im Dezember in Astana.

Die Entschließung des Europäischen Parlaments, über die wir morgen abstimmen werden, beinhaltet eine Reihe von Vorschlägen und Empfehlungen für diesen Gipfel. Wir schlagen zum Beispiel vor, dass auf dem Gipfel ein konkreter Plan, der sich auf die Konfliktverhütung, das Krisenmanagement und den Wiederaufbau nach Konfliktende bezieht, sowie ein Aktionsplan, der Wege zur Bildung einer Charta für den Sicherheitssektor innerhalb der OSZE aufzeigt, erörtert und angenommen werden sollten.

Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa ist, wie bereits gesagt wurde, ein einmaliger und integraler Bestandteil der euro-atlantischen und eurasischen Sicherheitsstruktur mit einer breiten Mitgliederbasis, die Staaten von Vancouver bis Wladiwostok vereint. Die Einzigartigkeit dieser Organisation zeigt sich darin, dass sie politische und militärische, wirtschaftliche und umweltbezogene sowie menschenrechtliche Aspekte der Zusammenarbeit miteinander verbindet. Die Europäische Union und ihre gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik sollte, gestärkt durch den Vertrag von Lissabon, die Zusammenarbeit zwischen den beiden Organisationen ausweiten, denn nur durch eine solche Zusammenarbeit können gemeinsame Ziele erreicht werden.

 
  
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  Anneli Jäätteenmäki, im Namen der ALDE-Fraktion.(FI) Herr Präsident, die Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa war historisch bedeutend, und die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa ist heute eine notwendige und anerkannte Organisation für Zusammenarbeit. Heutzutage ist die OSZE häufig die Organisation, die Krisenregionen betreten darf, in die andere nicht hineingelassen werden. Die OSZE ist daher absolut wichtig, zum Beispiel in Mittelasien, unabhängig davon, ob sie sich mit der Unterstützung der Polizeiarbeit, der Drogenprävention oder Grenzsicherung betraut ist.

Besonders das humanitäre Angebot der OSZE ist einmalig. In diesem Rahmen hat die Organisation Modelle für die Menschenrechtsarbeit, Aktionen zur Bekämpfung des Menschenhandels und den Aufbau von Kapazitäten in schwachen Staaten entwickelt. Die EU hat ihrerseits immer mehr ihren Schwerpunkt auf Polizeioperationen und den Einsatz paramilitärischer Karabiniere gelegt. Die EU verfolgt sicherlich eine sehr stabile Politik der Entwicklungshilfe. Die OSZE konnte auch bisher eine Verbindung zwischen Umwelt und Sicherheit in der Entwicklungspolitik herstellen.

Die EU muss daraus lernen, aber vor allem müssen sich die Operationen der EU und der OSZE angleichen. Im Allgemeinen ist die OSZE viel reaktionsschneller, weil sie über mehr Erfahrung, Kompetenzen und sehr erfahrenen Fachleuten verfügt. Ihre Stärke wird durch die Handlungsfähigkeit der Mitgliedstaaten bestimmt. Die Zusammenarbeit zwischen der OSZE und der EU, gegenseitige Achtung und Anerkennung sind sehr wichtig.

 
  
  

VORSITZ: Libor ROUČEK
Vizepräsident

 
  
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  Reinhard Bütikofer, im Namen der Verts/ALE-Fraktion. – Herr Präsident! Herr Minister Chastel hat eingangs gesagt: „Die OSZE sucht neue Dynamik. “ Dieses Parlament möchte dazu beitragen, dass sie diese Dynamik auch findet. Der hier vorliegende Entschließungsantrag, der unter Führung des Herrn Vizepräsidenten entwickelt wurde, formuliert – und zwar getragen von einer breiten Mehrheit im Parlament – eine sehr progressive Haltung zur Rolle der OSZE.

Neuer Schwung ist von verschiedenen Seiten an die OSZE herangetragen worden. Zum Beispiel haben Vorschläge des amerikanischen Vizepräsidenten durchaus eine positive Rolle gespielt. Aber wir brauchen jetzt eine klarere Definition der Ziele des Korfu-Prozesses. Das ist wichtig für den Gipfel, der jetzt vor uns liegt. Alle drei Dimensionen der OSZE sollen gestärkt werden, insbesondere das Büro für Demokratie und Menschenrechte.

Aber wir wollen auch neue Schritte gehen. Das ist wertvoll an diesem Entschließungsbericht. Zum Beispiel wirft er die Frage auf, ob es nicht möglich sein soll, dass die Europäische Union in Zukunft im Rahmen ihrer Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik Missionen unter einem Mandat der OSZE übernimmt. Zum Beispiel wäre es im Falle Kirgisistans sehr positiv gewesen, wir hätten eine solche Option gehabt und hätten dort, z. B. zusammen mit russischen Partnern, so etwas machen können.

Außerdem wird z. B. – darauf hat Herr Präsident Rouček schon hingewiesen – der Vorschlag gemacht, als ein Ziel für den Korfu-Prozess die Erarbeitung einer Charta für gemeinsame Sicherheit im Bereich der OSZE festzusetzen. Das ist eine richtige Antwort auf Vorstöße von russischer Seite, die eine neue Diskussion über gemeinsame Sicherheit im euro-atlantischen Raum für notwendig halten.

Ich bin überzeugt: Die OSZE wird unverzichtbar bleiben für die gemeinsame euro-atlantische Sicherheitsarchitektur, und ich hoffe, wir werden hilfreich sein, dass dies auch erfolgreich ist.

 
  
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  Charles Tannock, im Namen der ECR-Fraktion. – Herr Präsident, die OSZE spielt eine wichtige und zunehmend größer werdende Rolle bei der Förderung von Frieden und Stabilität auf unserem europäischen Kontinent. Die Tatsache, dass Amerika, Kanada, Russland und viele zentralasiatische Länder ebenso Vollmitglieder sind, verleiht der Organisation eine große Glaubwürdigkeit und Reichweite: „Von Vancouver bis Wladiwostok“, wie die OSZE selbst angibt.

Die OSZE wendet sich insbesondere mit ihrem BDIMR für die Unterstützung der Wahlbeobachtung immer mehr an den Europarat als das erste und wichtigste Forum, um über Demokratie, Menschenrechte und die Rechtsstaatlichkeit in Europa zu diskutieren. Die Missionen der OSZE vor Ort in Ländern wie Georgien und der Republik Moldau tragen wesentlich zur Stabilisierung von Gesellschaften bei, die durch die jüngsten Kontroversen und schwelenden Konflikte traumatisiert wurden.

So hat der derzeitige OSZE-Vorsitz Kasachstans dazu beigetragen, das Profil der Organisation zu verbessern und unsere Aufmerksamkeit erneut auf Zentralasien und insbesondere auf den Aspekt der Sicherheit und die Bekämpfung des internationalen Terrorismus zu lenken.

Es gibt zweifellos viele Möglichkeiten für die Entwicklung der Beziehung zwischen der EU und der OSZE. Ich hoffe jedoch, dass die Hohe Vertreterin bei der Gestaltung dieser Partnerschaft ausreichend darauf achten wird, dass doppelte Anstrengungen und damit auch die Verschwendung von Steuergeldern in Zeiten der Knappheit vermieden werden. Sie sollte auch darüber nachdenken, die OSZE, die EU und insbesondere die GSVP und die NATO innerhalb dieser Partnerschaft für den Frieden miteinander zu koordinieren.

Zuletzt möchte ich noch vorschlagen, dass die beiden Organisationen, der Europarat und die OSZE, vielleicht einen Zusammenschluss in Betracht ziehen sollten. Das würde nämlich eine Menge Geld sparen.

 
  
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  Helmut Scholz, im Namen der GUE/NGL-Fraktion. – Herr Präsident! Meine Fraktion begrüßt, dass sich das Europäische Parlament nach Jahren wieder substanziell mit dem Thema der OSZE auseinandersetzt und dabei das Verhältnis der EU zu ihr, zu den in Helsinki verabredeten Zielen, Werten und Mechanismen, vor allem aber zu den heutigen Aufgaben grundsätzlich positiv beantwortet. Ihr Bericht, Herr Vizepräsident, stellt klar: Die Europäische Union und die OSZE sind keine heimlichen Wettbewerber, sondern Partner, die in die Lösung der vielschichtigen Probleme in Europa ihre eigenständigen Kompetenzen und Erfahrungen einbringen können und müssen.

Für mich ergeben sich mit Blick auf Astana vor allen Dingen zwei Aspekte, die ich besonders hervorheben möchte. Wir brauchen in Europa wieder eine gesamteuropäische Aussprache über die sicherheitspolitische Zukunft unseres Kontinents, der größer ist als die EU und der auch heute unverändert von großen sicherheitspolitischen Ungleichgewichten gekennzeichnet ist. Der Korfu-Prozess ermöglicht die Perspektive einer strukturierten Debatte und sollte von den Mitgliedstaaten so gestaltet werden, dass sie am Ende konkrete Ergebnisse im Bereich der Abrüstung und Rüstungskonversion erreichen. So wie sich die EU und die OSZE in diesem Bereich gegenseitig brauchen, erfordern die Fragen des Klimaschutzes und die Energieversorgung ebenso eine verstärkte strukturierte Zusammenarbeit.

 
  
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  Mariya Nedelcheva (PPE).(FR) Herr Präsident, Herr Chastel, meine Damen und Herren, ich möchte in meinem Beitrag gerne auf die Schlüsselrolle zu sprechen kommen, die die Wahlbeobachtungsmissionen, insbesondere bei der Stärkung unserer Beziehungen mit der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), aber auch im allgemeineren Sinn bei der Stärkung unseres auswärtigen Handelns gespielt haben.

Die Gewährleistung der Achtung von zivilen und politischen Rechten ist einer der fundamentalen Werte der Europäischen Union. Durch die Erweiterung ist die Sicherstellung der Integrität bei den Wahlverfahren für die Glaubwürdigkeit des auswärtigen Handelns der Union von zentraler Bedeutung. Da sowohl von der OSZE als auch von der Europäischen Union Beobachtungsmissionen entsandt wurden, sollte ein echtes Interesse daran bestehen, in Zukunft auf diesem Gebiet zusammenzuarbeiten.

Ich habe deshalb den Eindruck, dass die Einrichtung eines Europäischen Auswärtigen Dienstes (EAD) die Entwicklung von Verfahren notwendig macht, mit denen eine enge Zusammenarbeit zwischen dem OSZE-Büro für demokratische Institutionen und Menschenrechte und der EAD-Abteilung für Wahlbeobachtungsmissionen möglich wird und dadurch dann das Risiko einer Duplizität von Maßnahmen vermieden und das auswärtige Handeln der EU im OSZE-Raum gestärkt wird.

Diese Zusammenarbeit sollte vor, während und nach der Entsendung von Wahlbeobachtern stattfinden, weil sich eine erfolgreiche Mission vor allem dadurch auszeichnet, dass sie gut vorbereitet ist, vor Ort wirksam funktioniert und ordnungsgemäß überwacht wird. In diesem Zusammenhang möchte ich auch erneut auf die Bedeutung des Europäischen Parlaments in dieser Angelegenheit zu sprechen kommen: Die Tatsache, dass die direkten und demokratisch gewählten Vertreter der europäischen Öffentlichkeit in der Lage sind, Wahlen außerhalb der EU-Grenzen zu beobachten, um zu gewährleisten, dass sie ordnungsgemäß abgehalten werden, besitzt für die Union einen ungeheuren Wert, der auf jeden Fall gewahrt bleiben muss.

Und schließlich wird in der Charta für europäische Sicherheit die Bedeutung der Rolle, die die wirtschaftlichen und umweltpolitischen Dimensionen spielen, anerkannt. Denn oftmals sind Stabilität und Sicherheit davon abhängig. Aus diesem Grund ist es von entscheidender Bedeutung, das Fachwissen von OSZE und Europäischem Parlament in diesen Bereichen noch deutlicher herauszustellen: Eine regelmäßige Nutzung und Ermittlung von wirtschafts- und umweltpolitischen Daten sind da eine weitere Garantie für den Erfolg unserer gemeinsamen Missionen.

Eine Verbesserung der Wahlbeobachtungsmissionen durch eine engere Zusammenarbeit von EU und OSZE und durch die Entsendung von uns Abgeordneten in die fraglichen Gebiete wird zu einer Stärkung der Außenpolitik der EU führen. Und auf diese Weise werden wir wirklich die im Vertrag von Lissabon festgelegten Ziele erfüllen können.

 
  
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  Csaba Sándor Tabajdi (S&D).(HU) Herr Präsident, ich möchte Sie zu Ihrer Initiative beglückwünschen, da wir alle wissen, dass die Europäische Union die wichtigste und einflussreichste Organisation in Europa ist. Und gleichzeitig verfügen OSZE und Europarat über so viel Erfahrung auf so vielen Gebieten, dass, wenn wir zum Beispiel die Erfahrung der Europäischen Union zu der Erfahrung der OSZE im Umgang mit interethnischen Konflikten hinzufügen, die humanitäre Sicherheit in der Europäischen Union dadurch immens gestärkt werden würde. Doch wo schafft die OSZE einen Mehrwert? Wie ich gerade erwähnt habe, verfügt sie in Bezug auf interethnische Konflikte über einen Hohen Kommissar für nationale Minderheiten, der zwischen der Mehrheit und der Minderheit vermittelt, und der bei der Lösung zahlreicher interethnischer Konflikte beteiligt gewesen ist, während wir alle wissen, dass die Europäische Union zum Beispiel über keinerlei Schutzsystem für Minderheiten verfügt. So ist der Begriff „Minderheit“ auch gerade erst in die Präambel des Vertrags von Lissabon aufgenommen worden und da von meinen Kollegen bereits die schwelenden Konflikte angesprochen wurden, sollte auch darauf hingewiesen werden, dass 90 % davon interethnische Konflikte sind. Mit anderen Worten ausgedrückt muss die Union auf diese Erfahrung bauen. So muss sie zum Beispiel auf die zahlreichen Programme der OSZE für die Minderheit der Roma aufbauen. Ich möchte dies als eine Empfehlung an die Kommission weitergeben und bin der Meinung, dass die Erfahrungen der OSZE auf diesem Gebiet berücksichtigt werden sollten, wenn die Kommission sich an die Arbeit eines Entwurfs für ein umfassendes Rahmenwerk für die Roma-Strategie macht.

Dabei muss ebenso das Kopenhagener Dokument der OSZE von 1992 berücksichtigt werden, in dem eine Verordnung für die Selbstverwaltung von Minderheiten festgelegt wurde, die bis heute gültig ist. Abschließend möchte ich mich noch kurz zur Medienfreiheit äußern. Wenn ich den Vertretern der OSZE zuhöre, dann fällt mir auf, dass, immer wenn die Medienfreiheit eingeschränkt wird, die Mitgliedstaaten der EU weitaus heftiger von den OSZE-Vertretern kritisiert werden als die Vertreter der Kommission. Dies ist einer der Gründe, warum ich die Institutionalisierung der Beziehungen zwischen EU und OSZE befürworte, da dies die Europäische Union insgesamt, den Frieden in der EU sowie ihre humanitäre Sicherheit stärken wird. Danke für Ihre Aufmerksamkeit.

 
  
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  Heidi Hautala (Verts/ALE). – Herr Präsident, ich unterstütze sehr, was von Herrn Bütikofer über die Notwendigkeit, ein Gleichgewicht zwischen den drei Dimensionen oder Körben der OSZE sicherzustellen, gesagt worden ist. Ich möchte insbesondere darauf hinweisen, dass wir die humane Dimension verteidigen müssen.

Ich bin sehr glücklich darüber, dass in dem Bericht die Tatsache berücksichtigt wird, dass der amtierende Vorsitz, Kasachstan, aufgefordert wird, die grundlegenden Werte und Menschenrechte der OSZE im Vorfeld des Astana-Gipfels zu achten. Wir wissen, dass die Lage dort weit davon entfernt ist, als zufrieden stellend bezeichnet zu werden. So gibt es dort viele schwerwiegende Menschenrechtsverletzungen, schreckliche Zustände in den Gefängnissen usw.

Ich bin auch erfreut zu sehen, dass in dem Bericht auch die Auffassung vertreten wird, dass das Europäische Parlament die humane Dimension betreffend aktiver werden muss. Es in der Tat ein bemerkenswerter Fortschritt, dass die Zivilgesellschaft vollständig teilnahmeberechtigt ist, und wir müssen die Parallelveranstaltung unterstützen, die von der Zivilgesellschaft vor dem Astana-Gipfel organisiert wird. Denn dieser Gipfel sollte nicht zu einer reinen PR-Maßnahme für Kasachstan verkommen.

 
  
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  Marek Henryk Migalski (ECR).(PL) Ich möchte sagen, dass wir als die Europäische Union die Zusammenarbeit mit der OSZE verstärken sollten, vor allem in den Gebieten, wo unsere Interessen liegen, wie Transnistrien oder Georgien im Rahmen des Sechs-Punkte-Plans von Herrn Sarkozy. Darüber hinaus sollte die Zusammenarbeit, wie von Frau Hautala gesagt worden ist, auch in Bezug auf Menschenrechtsangelegenheiten verstärkt werden.

Es darf dabei jedoch nicht vergessen werden, dass die Europäische Union eine selbstständige Einheit ist und die Zusammenarbeit mit der OSZE sollte uns nicht zum Gegenstand für Entscheidungen durch die OSZE machen, deren Mitgliedschaft, wie Sie alle wissen, sich nicht nur auf europäische Staaten beschränkt. Die Duldung einer umfassenden Zusammenarbeit mit der OSZE würde sich als kontraproduktiv für die Europäische Union erweisen. Die Zusammenarbeit sollte eng sein, aber wir sollten dennoch daran festhalten, dass es sich um zwei separate Einheiten handelt.

 
  
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  Csaba Sógor (PPE).(HU) Seit ihrer Gründung hat die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa die Warnung vor und die Verhinderung von potenziellen Konflikten als ihre Hauptaufgabe angesehen. So werden vom Hohen Kommissar für nationale Minderheiten und dem Büro des Hohen Kommissars Sonderaufgaben im institutionellen System der Organisation übernommen, die darauf abzielen, zu verhindern, dass es zu gespannten Beziehungen zwischen Mehrheiten und Minderheiten kommt. Die Briten nennen so etwas eine „early warning diplomacy“ oder Frühwarnpolitik. Obwohl die Lösung strittiger Fragen innerhalb des Gebiets der Europäischen Union in erster Linie durch die Institutionen der EU gewährleistet wird, so fällt der OSZE doch in bestimmten Fällen dabei eine wichtige Rolle zu. Ein Beispiel dafür ist das slowakische Sprachengesetz, bei dem der Hohe Kommissar für nationale Minderheiten versucht hat, zwischen den Parteien zu vermitteln. Bedauerlicherweise kann man, wenn man das Ergebnis betrachtet, dabei nicht von einem Erfolg sprechen. Das Gesetz gibt nach wie vor Anlass zu Spannungen, da es diskriminierend ist und sich gegen den Geist zahlreicher internationaler Abkommen richtet. Dies ist auch von der Europäischen Kommission für Demokratie durch Recht, besser bekannt als die Venedig-Kommission, klar festgestellt worden. Wir wären vielleicht heute näher an einer Lösung dieser Angelegenheit, wenn die extrem wichtige Institution der OSZE eine Frühwarnung für diesen Konflikt ausgegeben und wirksamer daran gearbeitet hätte, die Spannungen abzubauen.

 
  
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  Joe Higgins (GUE/NGL). – Herr Präsident, uns ist gesagt worden, dass es bei der OSZE darum geht, die politische Freiheit und die Medienfreiheit sowie die Menschenrechte zu fördern. Herr Chastel, darf ich Sie denn fragen, wie Sie dies damit vereinbaren können, dass Kasachstan den OSZE-Vorsitz in diesem Jahr erhalten hat und damit, dass der prestigeträchtigste und wichtigste Gipfel in seiner Hauptstadt, Astana, im Dezember stattfinden wird? Sind Sie sich dessen bewusst, dass die politischen Rechte in Kasachstan zynisch unterdrückt werden, die Medienfreiheit eingeschränkt und die Menschenrechte routinemäßig verletzt werden?

So werden Gewerkschaftler und Sozialaktivisten regelmäßig aufgrund erfundener Anschuldigungen in Gefängnissen festgehalten. Bei einem Delegationsbesuch in Kasachstan im September habe ich selbst überzeugende Beweise für die extrem brutale Behandlung in den Gefängnissen sammeln können. Und trotzdem hat der Präsident der Kommission, Herr Barroso, vor zwei Wochen den roten Teppich für den Mann, der für diese Gräueltaten verantwortlich ist, Präsident Nasarbajew, ohne ein einziges Wort der Kritik ausgerollt. Warum, Herr Chastel? Geht es um die Eisen- und Stahlgeschäfte? Der OSZE-Gipfel in Kasachstan sollte unverzüglich abgesagt werden, wenn Ihnen wirklich etwas daran liegt, die mutigen Kämpfer für die demokratischen und politischen Rechte sowie für die Menschen- und Arbeitnehmerrechte und die sozialen Rechte in Kasachstan zu unterstützen.-

 
  
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  Olivier Chastel, im Namen der HR/VP.(FR) Herr Präsident, zu allererst möchte ich Ihnen und allen Rednern für die Qualität dieser Aussprache danken. Ich werde natürlich Ihre Vorschläge an Frau Baroness Ashton, insbesondere in Bezug auf die Rationalisierung der Ressourcen, den Einsatz ihres neuen Dienstes, den Europäischen Auswärtigen Dienst, und die Zusammenarbeit weitergeben. Darüber hinaus werde ich nicht noch einmal wiederholen, was ich bereits zu Beginn der Aussprache gesagt habe. Von vielen sind bereits eine Vielzahl gemeinsamer Aspekte angesprochen worden.

Dabei wurde vor allem immer wieder ein Punkt hervorgehoben: Die Menschenrechtssituation in Kasachstan. Sie tun gut daran, diesen Aspekt anzusprechen, so wie es auch mehrere von Ihnen hier an diesem Abend bereits getan haben. Dies ist für die EU eine sehr wichtige Angelegenheit und wir bringen dies bei jedem unserer Treffen mit den kasachischen Vertretern zur Sprache. Darüber hinaus ist auf die Notwendigkeit, die Anstrengungen auf dem Gebiet der politischen und sozialen Rechte sowie der Demokratisierung fortzusetzen, hingewiesen worden, ganz im Gegensatz dazu, was Sie anscheinend beim letzten Besuch von Präsident Nasarbajew hier zum Ausdruck bringen wollten.

Ich möchte deshalb einfach nur zu dem Schluss kommen, dass der Astana-Gipfel unter der Schirmherrschaft Kasachstans unseren höchsten Vertretern eine wichtige Gelegenheit bietet, Europa von der Last der Vergangenheit zu befreien, sich daran zu beteiligen, eine Sicherheitsgemeinschaft von Vancouver bis Wladiwostok aufzubauen, so wie es von Ihnen, Herr Rouček erwähnt worden ist, und sich über die neuen Missionen auszutauschen, die wir im politischen und sicherheitstechnischen Umfeld des 21. Jahrhunderts durchführen müssen.

Wir sind erfreut darüber, dass das Parlament für die Prioritäten der Europäischen Union eintritt und ihren Vertretern seine Unterstützung anbietet. Wir brauchen diese klare Unterstützung, um die Bedeutung der Würde des Einzelnen, der Organisation freier und fairer Wahlen, der Koordinierung der Anstrengungen gegen grenzüberschreitende Bedrohungen und die Bedeutung einer ausgewogenen wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung innerhalb eines nachhaltigen Umfelds herauszustellen. Ich hoffe, dass sich der politische Wille, ein neues Kapitel in der Geschichte der OSZE zu schreiben, in Astana wird verwirklichen können. Seien Sie versichert, dass sich die Europäische Union dort ihrer Verantwortung stellen wird.

 
  
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  Der Präsident – Die Aussprache wird geschlossen.

Die Stimmabgabe findet morgen, Donnerstag, den 11. November 2010, um 12.00 Uhr statt.

Schriftliche Erklärungen (Artikel 149).

 
  
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  Krzysztof Lisek (PPE), schriftlich.(PL) Herr Präsident, meine Damen und Herren, Europa muss sich heute einer neuen Dimension von Problemen wie Terrorismus, Cyber-Bedrohungen, Menschen- und Drogenhandel stellen. Um diese Herausforderungen meistern zu können, müssen wir ein effektives Gefahrenerkennungs- und Konfliktlösungssystem entwickeln. Die OSZE ist genau die richtige Adresse, um eine weit reichende Debatte über das Thema „europäische Sicherheit“ zu führen. Sie ist eines der größten Foren für den Austausch von Ideen über internationale Sicherheit, das in der Vergangenheit bereits bewiesen hat, in der Lage zu sein, effektive Maßnahmen zu ergreifen. Bedauerlicherweise ist es jedoch ebenfalls in jüngster Zeit vorgekommen, dass die OSZE-Strukturen nicht den Anforderungen einer modernen Welt entsprechen konnten, wie der ungelöste Kaukasus-Konflikt zeigt und die unangemessene Reaktion auf den Konflikt in Georgien 2008 deutlich gemacht hat. Es ist unser gemeinsames Interesse, diese Strukturen zu modernisieren, sodass mit ihnen zukünftig ein Instrument zur Verfügung steht, mit dem unverzüglich auf potenzielle Gefahren reagiert werden kann. So sollten die Kompetenzen der OSZE auf diesem Gebiet verstärkt werden, indem ihre alten Handlungsmechanismen verändert und neue Mechanismen entwickelt werden. Denn dies ist der einzige Weg, der die OSZE in die Lage versetzen wird, effektiv auf die Sicherheit in Europa und Eurasien hinzuwirken. Im Interesse der Sicherheit in Europa sollten wir damit fortfahren, womit wir 2008 in Korfu begonnen haben. Mit unserer Unterstützung kann die OSZE zu einer bedeutsamen und wirksamen Größe für Recht und Ordnung in Europa und Eurasien werden. Aus diesem Grund begrüße ich die Initiative zur Stärkung der Zusammenarbeit zwischen der EU und der OSZE.

 
  
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  Cristian Dan Preda (PPE), schriftlich.(RO) Ich begrüße die Debatte über den Rouček-Bericht im Vorfeld des Astana- Gipfels im Dezember, auf den wir unsere Hoffnung in Bezug auf die Stärkung der OSZE setzen. Dabei muss von der EU eine klare Haltung in Bezug auf eine Organisation bezogen werden, die eine wichtige Rolle auf dem Gebiet der regionalen Sicherheit und der Förderung demokratischer Werte und Menschenrechte spielen kann.

Vor diesem Hintergrund fühle ich mich dazu genötigt, die folgenden zwei Schlüsselfragen zu stellen: Die Erste betrifft die Stärkung des menschlichen Aspekts der OSZE. Menschenrechte und Demokratie sind von zentraler Bedeutung in der Phase nach Lissabon mit ihrer Einrichtung eines Europäischen Auswärtigen Dienstes, der die Chance bietet, ein umfassendes Sicherheitskonzept zu erarbeiten. Zweitens möchte ich betonen, dass beim Korfu-Prozess der Lösung schwelender Konflikte größere Bedeutung beizumessen ist, einem Bereich, in dem die OSZE im Vergleich mit anderen regionalen Organisationen dieser Art einen wirklichen Mehrwert schaffen kann.

Ich möchte an dieser Stelle Absatz 8 des Rouček-Berichts hervorheben, der im Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten einen breiten Konsens erreichen konnte. Denn es in der Tat notwendig, wiederholt auf eine dauerhafte Lösung für den Konflikt in Transnistrien in Anerkennung der territorialen Integrität und Souveränität der Republik Moldau hinzuwirken. Um dies zu erreichen, müssen wir unverzüglich und ohne Vorbedingungen die 5+2-Verhandlungen wieder aufnehmen.

 

20. Änderung der Verordnung (EG) Nr. 539/2001 zur Aufstellung der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige beim Überschreiten der Außengrenzen im Besitz eines Visums sein müssen, sowie der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige von dieser Visumpflicht befreit sind (Aussprache)
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  Der Präsident. – Der nächste Punkt ist der Bericht von Agustín Díaz de Mera García Consuegra im Namen des Ausschusses für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres über den Verordnungsvorschlag des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 539/2001 zur Aufstellung der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige beim Überschreiten der Außengrenzen im Besitz eines Visums sein müssen, sowie der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige von dieser Visumpflicht befreit sind (KOM(2010)0358 – C7-0162/2010 – 2010/0192(COD)) (A70294/2010).

 
  
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  Agustín Díaz de Mera García Consuegra, Berichterstatter.(ES) Frau Kommissarin, auch ich möchte Ihrem hervorragenden Team meine Grüße ausrichten. Meine Damen und Herren, in der Verordnung (EG) Nr. 539/2001 werden die Drittländer, deren Staatsangehörige beim Überschreiten der Außengrenzen der Union im Besitz eines Visums sein müssen, sowie die Drittländer, deren Staatsangehörige von dieser Visumpflicht befreit sind, aufgeführt.

Der Vorschlag, die Verordnung (EG) Nr. 539/2001, über die wir heute hier debattieren, abzuändern, verfolgt die folgenden drei Ziele: die Übertragung von Taiwan auf die Positivliste, die Übernahme von anderen Drittländern und Gebieten wie Trinidad und Tobago, St. Lucia, St. Vincent und den Grenadinen, Belize, Dominica, Grenada, den Marshallinseln, Mikronesien und Palau in die Positivliste sowie die Situation auf den Nördlichen Marianen.

Dabei ergeben sich aus der Situation der Nördlichen Marianen keine Probleme, weil, wie Sie alle wissen, ihre Bewohner Bürgerinnen und Bürger der Vereinigten Staaten von Amerika sind.

Im Hinblick auf das Ansinnen, die Drittländer, die ich aufgeführt habe, zu übernehmen, gibt es weder für uns noch für die Kommission eine Rechtfertigung für die Befreiung von der Visumpflicht.

Was Taiwan angeht, so hat diese asiatische Insel eine lobenswerte demokratische, soziale und wirtschaftliche Entwicklung erfahren. So sind seit der Durchführung der ersten direkten Präsidentschaftswahlen im Jahr 1996 fest verankerte demokratische Institutionen eingerichtet worden. Der Präsident ist der Regierungschef und wird von der Bevölkerung Taiwans in allgemeiner Wahl für einen Zeitraum von vier Jahren gewählt. Die gesetzgebende Gewalt obliegt derzeit dem Legislativ-Yuan mit seinen 113 Abgeordneten.

Aus wirtschaftlicher Sicht verfügt Taiwan mit 30 100 USD über das weltweit höchste Pro-Kopf-Einkommen und seine Arbeitslosenrate belief sich im Juli 2010 mit 5,2 % auf einen Wert, der weit unter dem europäischen Durchschnitt liegt, welcher im gleichen Monat bei 10,1 % lag. Im ersten Quartal 2010 erreichte das Wirtschaftswachstum 13,27 , während seine Handelsbilanz im ersten Halbjahr desselben Jahres einen Überschuss von 12,1 Mrd. USD aufwies. Nach Statistiken des Internationalen Währungsfonds aus dem Jahr 2009 lag Taiwan, was seine Wirtschaftskraft anbelangt, mit einem BIP von 379 Mrd. USD weltweit auf Platz 25. Es sollte betont werden, dass Taiwan noch im Jahr 1950 ärmer als Ghana, Uganda und die Demokratische Republik Kongo gewesen ist. Und bis 1960 ist das Land stärker als Länder wie Kenia, Südafrika und der Libanon von der Ausfuhr von Rohstoffen abhängig gewesen. Heute beläuft sich der Anteil der in Taiwan hergestellten Erzeugnisse jedoch auf mehr als 97 % seiner Gesamtausfuhren.

All dies hat dazu geführt, dass Taiwan eine Netto-Migrationsrate von nur 0,15 % aufweist. Aus diesem Grund ist es sehr unwahrscheinlich, dass wir mit der Gefahr einer illegalen Zuwanderung aus Taiwan rechnen müssen. Nach den von der Kommission zur Verfügung gestellten Daten waren im Zeitraum 2006 bis 2008 im gesamten Hoheitsgebiet der Europäischen Union nur 45 illegale Einwanderer aus Taiwan zu verzeichnen.

Was die Sicherheit der Reisedokumente anbelangt, so möchte ich herausstellen, dass die in Taiwan ausgestellten elektronischen Pässe den von der Internationalen Zivilluftfahrt-Organisation gesetzten Standards gegen Fälschungen entsprechen.

Die Situation der weltweit zerstreuten Taiwanesen sollte aufmerksam beobachtet werden, da sie, selbst wenn sie Inhaber eines von den taiwanesischen Behörden ausgestellten Reisepasses sind, sie dennoch bei ihrer Einreise nach Taiwan eine vorherige Genehmigung beantragen müssen. Aus diesem Grund wäre es nur logisch, dass die Europäische Union für diesen Personenkreis ebenfalls eine entsprechende Regelung anwendet, so wie es auch in meinem Bericht vorgeschlagen wird.

Derzeit verlangt Taiwan von den meisten Mitgliedstaaten mit Ausnahme von Zypern, Rumänien und Bulgarien kein Visum. Die Behörden Taiwans haben sich jedoch verpflichtet, am 11. November 2010, mit anderen Worten ab morgen, gesetzliche Regelungen für eine Aufhebung der Visumpflicht für die entsprechenden Länder zu erlassen. Dies ist eine förmliche Zusage, die dem Ratsvorsitz, der Europäischen Kommission und dem Parlament zusammen mit den Ständigen Vertretungen der betroffenen Länder übermittelt worden ist.

Aus diesem und aus weiteren Gründen, die ich noch in meinem zweiten Redebeitrag anführen werde, lohnt es sich, Herr Präsident, dass wir die Visumpflicht für taiwanesische Staatsangehörige, so wie es das Vereinigte Königreich und Irland im letzten Jahr getan haben, aufheben.

 
  
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  Andrey Kovatchev, Verfasser der Stellungnahme des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten. – Herr Präsident, ich begrüße den Bericht von Herrn Díaz de Mera. Nach jahrzehntelangen Spannungen hat sich das Klima zwischen der taiwanesischen Regierung und der Volksrepublik China zum Positiven gewendet. So gibt es mittlerweile direkte Flugverbindungen zwischen beiden Ländern, und die Rahmenvereinbarung über die wirtschaftliche Zusammenarbeit ist bereits in Kraft getreten.

Und auch die Beziehungen zwischen Taiwan und der Europäischen Union erfahren eine positive Trendwende: So findet ein reger Wirtschaftsverkehr und ein intensiver Austausch auf akademischer und geschäftlicher Ebene statt. Ausbildung, demokratische Staatsführung und Einkommen in Taiwan entsprechen dem Niveau von Japan und Südkorea. Vor diesem Hintergrund und weiteren positiven Trends wird der Bericht von Herrn Díaz de Mera im Hinblick auf eine Befürwortung der Aufhebung der Visumpflicht für Taiwan vom AFET-Ausschuss unterstützt. Wie in dem Bericht dargelegt, erwarten wir, dass Taiwan seinerseits auch, bevor die Maßnahmen in Kraft treten werden, die Visumpflicht für alle 27 Mitgliedstaaten aufheben wird. Es darf nicht vergessen werden, dass Visumregelungen sowie konsularische oder privatrechtliche Regelungen nicht der Bewertung des völkerrechtlichen Status der Gebiete unterliegen.

 
  
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  Cecilia Malmström, Mitglied der Kommission. – Herr Präsident, der Vorschlag, Taiwan auf die Positivliste für Visa zu übertragen ist am 5. Juli dieses Jahres von der Kommission angenommen worden. Taiwan verfügt, wie wir alle wissen, über eine gut entwickelte und stabile Demokratie und erfüllt darüber hinaus alle notwendigen technischen Voraussetzungen.

Der Vorschlag ist das Ergebnis einer regelmäßigen Überprüfung der Visumliste und fußt auf den Empfehlungen der Mitgliedstaaten. Von der Kommission werden dabei eine Reihe unterschiedlicher Bedingungen bewertet: Illegale Migration, öffentliche Ordnung, öffentliche Sicherheit, Reziprozität, regionaler Zusammenhalt und die Außenbeziehungen der Europäischen Union.

Wir müssen den regionalen Zusammenhalt in Südostasien stärken. So sind andere ähnlich entwickelten Drittländer wie Hong Kong, Macao, Japan, Südkorea und Singapur bereits von der Visumpflicht befreit. Zusätzlich dazu ist unbestreitbar ein Prozess in Bezug auf die Beziehungen zwischen Taiwan und dem chinesischen Festland in Gang gekommen, der unter anderem in der Einrichtung von Direktflügen und dem Abschluss einer Rahmenvereinbarung über eine wirtschaftliche Zusammenarbeit beider Länder deutlich wird.

Wie bereits vom Berichterstatter und Herrn Kovatchev gesagt worden ist, gewähren das Vereinigte Königreich, Irland, Neuseeland und Südkorea den Bürgerinnen und Bürger Taiwans bereits die visumfreie Einreise und Kanada ist derzeit dabei, die Visumpflicht für Taiwan aufzuheben.

Jede Befreiung von der Visumpflicht für Bürgerinnen und Bürger Taiwans sollte natürlich auf Gegenseitigkeit beruhen. Taiwan hat schrittweise die Visumpflicht für Angehörige eines Großteils der Mitgliedstaaten der EU aufgehoben und sich selbst dazu verpflichtet, diese umfassende Visumregelung allen EU-Bürgerinnen und Bürger zu gewähren. So werden die Bürgerinnen und Bürger Rumäniens, Bulgariens und Zyperns ab dem 11. November, was morgen ist, ohne Visum nach Taiwan reisen können: Sie können also Ihre Tickets buchen!

Darüber hinaus wird Taiwan die Aufenthaltsdauer für EU-Bürgerinnen und Bürger mit In-Kraft-Treten der Befreiung von der Visumpflicht für die EU auf 90 Tage verlängern. In dem Vorschlag wird auch die Austragung der Nördlichen Marianen aus der Negativliste aufgeführt, da ihr Hoheitsgebiet Teil der Vereinigten Staaten ist.

Visumfreiheit und Visumliberalisierung sind eine großartige Möglichkeit, um Menschen einander näher und zusammenzubringen: Studenten, Wissenschaftler, gewöhnliche Reisende, die Geschäftswelt, die Forschungswelt und andere. Es handelt sich dabei um eine sehr wichtige Entscheidung, die wir da treffen. Verfahrenstechnisch handelt es sich dabei, wie Sie alle wissen, um eine Mitentscheidung, aber ich bin in der glücklichen Lage, Sie darüber informieren zu können, dass die Ratsmitglieder diesbezüglich bereits ihre breite Unterstützung zum Ausdruck gebracht haben. Und so, wie ich das sehe, gibt es dank der Arbeit des Berichterstatters, Herrn Díaz de Mera, und den Schattenberichterstattern auch hier in diesem Parlament eine breite Unterstützung, sodass ich die Hoffung habe, dass es morgen zu einer guten Abstimmung kommen wird.

Es gab nur einen Änderungsantrag für den Vorschlag der Kommission, der sowohl im Rat als auch im Europäischen Parlament vorgetragen wurde, und der darauf abzielt, die 60 000 in Übersee lebenden Taiwanesen von der Regelung auszuschließen. Der Berichterstatter und die Mitgliedstaaten im Rat waren der Auffassung, dass diese Personen vor ihrer Einreise nach Taiwan bei der nationalen Einwanderungsbehörde eine Genehmigung beantragen müssen. Aus diesem Grund wäre es nur ein logischer und sinnvoller Schritt für die EU, diese Gruppe ebenfalls von der Befreiung von der Visumpflicht auszuschließen. Dieser Änderungsantrag wird von der Kommission angenommen.

Ich möchte dem Berichterstatter und den Schattenberichterstattern für ihre hervorragende Unterstützung und Zusammenarbeit in dieser Angelegenheit danken. Ich bin mir sicher, dass durch eine gegenseitige Befreiung von der Visumpflicht die schon bereits sehr guten Beziehungen zwischen der EU und Taiwan in den verschiedenen Sektoren wie Tourismus und Wirtschaft zum Wohle beider Seiten noch einmal deutlich gestärkt werden.

 
  
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  Georgios Papanikolaou, im Namen der PPE-Fraktion.(EL) Herr Präsident, zuerst möchte ich die Gelegenheit nutzen, dem Berichterstatter und meinen Kolleginnen und Kollegen, die an diesem Bericht gearbeitet haben, zu danken. Sie haben wirklich eine bemerkenswerte Arbeit geleistet.

Die Aufhebung der Visumpflicht für Staatsangehörige Taiwans ist natürlich ein Schritt in die richtige Richtung. Zuallererst ist es ein positives Ergebnis, dass wir angesichts der Tatsache, dass Taiwan nicht von allen Mitgliedstaaten anerkannt wird, dieses rechtliche Hindernis überwunden haben. Zweitens ist es nun Fakt, dass auf Grundlage einer Form von gegenseitiger Anerkennung die Bürgerinnen und Bürger der Mitgliedstaaten der Europäischen Union in Zukunft keiner Visumpflicht mehr für die Einreise nach Taiwan unterliegen, was mit anderen Worten dem entspricht, was wir für die 27 Mitgliedstaaten erreichen, und drittens ist es dabei zu keinen negativen Auswirkungen auf die Beziehungen zwischen der Europäischen Union und China gekommen.

An dieser Stelle möchte ich, wenn Sie mir gestatten, einen eher allgemeinere Bemerkung machen: Wir haben in der jüngsten Vergangenheit alle miterlebt, dass Paketbomben aus Griechenland an Botschaften in verschiedene Städte der Europäischen Union und vom Jemen aus in verschiedene Mitgliedstaaten geschickt wurden und sind Zeugen dieser Terroranschläge geworden. Und natürlich haben wir das Gefühl gehabt, dass unsere Sicherheit überall und in jeglicher Form gefährdet ist.

Wenn unsere Mitbürgerinnen und Mitbürger in Europa nun erfahren, dass die Europäische Union es Staatsangehörigen von Drittländern wie Taiwan und anderen Ländern, denen wir vor kurzem eine Erlaubnis erteilt haben, erleichtert, in die Europäische Union einzureisen, dann werden sie sich logischerweise fragen, ob damit nicht auch in einem größeren Maß ihre Sicherheit gefährdet wird.

Aus diesem Grund muss unsere Antwort auf diese Frage so aussehen, dass wir, wann immer wir eine Entscheidung wie diese treffen, wir bereits im Vorfeld all diese Faktoren schon mit ins Kalkül gezogen haben. Denn wir wissen sehr wohl, dass wir über die notwendigen Mechanismen verfügen, mit allen Fragen umgehen zu können und unsere Mitbürgerinnen und Mitbürger zu beschützen. Und das ist genau der Grund, warum wir diese Entscheidung getroffen haben. Wir verfügen über Informationsaustauschsysteme und die Möglichkeiten, mit allen Problemen umzugehen.

Ich möchte deshalb damit abschließen, dass ich sage, dass wir uns glücklich schätzen können, diese Entscheidung getroffen zu haben, und dass wir damit unter keinen Umständen die Sicherheit unserer Mitbürgerinnen und Mitbürger gefährden.

 
  
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  Tanja Fajon, im Namen der S&D-Fraktion.(SL) Ich möchte zuallererst dem Berichterstatter für die hervorragende Arbeit, die er geleistet hat, danken. Taiwan kann man wohl als Erfolgsgeschichte bezeichnen: Ich bin selbst gerade erst von einem Besuch der Insel zurückgekehrt, die bereits mehrere Kooperationsabkommen mit der Europäischen Union abgeschlossen hat. Die EU-27 sind der größte Investor in Taiwans schnell wachsender Wirtschaft und der Insel wird für dieses Jahr ein Wirtschaftswachstum von fast neun Prozent und eine Arbeitslosenquote von unter sechs Prozent vorausgesagt.

Die Aufhebung der Visumpflicht für Taiwan wird zu einer Stärkung der wirtschaftlichen und politischen Beziehungen mit der Union, mehr Investitionen und der Möglichkeit für mehr Mobilität, insbesondere bei Jugendlichen und Studenten führen. Wie wir gehört haben, geht von China nach wie vor die größte Bedrohung für Taiwan aus, wobei sich die Beziehungen zu China in den letzten Jahren, insbesondere im Wirtschaftsbereich verbessert haben. Aus internationaler Sicht wird Taiwan im Allgemeinen nicht als eigenständiges Land anerkannt. So wird es auch noch nicht einmal von der EU anerkannt, obwohl bereits die Bürgerinnen und Bürger von 24 Mitgliedstaaten der EU diese Insel ohne Visum bereisen können und Taiwan schon sehr bald auch Bulgarien, Rumänien und Zypern von der Visumpflicht befreien wird.

Von der taiwanesischen Regierung ist darüber hinaus eine Reihe von wichtigen Maßnahmen zur Passsicherheit unternommen worden, wovon wir uns selbst beim Besuch der Behörde, von der diese Dokumente ausgestellt werden, überzeugen konnten. Die Behörden haben kein Problem mit illegaler Einwanderung oder dem Menschen- bzw. dem illegalen Warenhandel. In den Städten gibt es kein organisiertes Verbrechen und die Menschen sind im Allgemeinen mit ihrem Leben zufrieden.

Im Verlauf des letzten Jahres hat die Europäische Union fünf Länder der Westbalkanstaaten von der Visumpflicht befreit. Und am Montag dieser Woche ist von den Ministern eine wichtige Entscheidung für Albanien und Bosnien und Herzegowina getroffen worden. Dies ist eine sehr wichtige Botschaft, besonders für die Länder, die an die Tür der EU klopfen, damit sie auf eine klare europäische Zukunft blicken können. Die Reisefreiheit ist ein grundlegendes Menschenrecht, und ich bin der festen Überzeugung, dass dies die einzig richtige Vorgehensweise ist, da Taiwan für die EU keine Bedrohung darstellt. Ich fordere Sie deshalb auf, meine Damen und Herren, die Aufhebung der Visumpflicht morgen klar zu unterstützen und der taiwanesischen Bevölkerung ein freies Reisen zu ermöglichen.

 
  
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  Cecilia Wikström, im Namen der ALDE-Fraktion.(SV) Herr Präsident, wir sprechen heute über eine Liste von Drittländern, deren Staatsangehörige im Besitz eines Visums sein müssen, wenn sie unsere Außengrenzen passieren. Darüber hinaus gibt es eine Liste, in der die Staatsangehörigen aufgeführt werden, die von dieser Regelung befreit sind. Diese Listen müssen natürlich regelmäßig überarbeitet und je nach Lage in den entsprechenden Ländern geändert werden. So haben wir bereits Anfang Herbst die Visumpflicht für die Bevölkerung von Albanien und Bosnien und Herzegowina abgeschafft. Und demnächst werden wir auch über die Abschaffung der Visumpflicht für Taiwan abstimmen, und damit über ein Land, das einen umfassenden Demokratisierungsprozess durchlaufen hat. So haben institutionelle Reformen, eine dynamische Zivilgesellschaft und eine größere Achtung der Freiheiten und Rechte von Bürgerinnen und Bürgern zu einer verstärkten Stabilität, einschließlich einer politischen Stabilität, in Taiwan geführt. Darüber hinaus haben wir keine Visumpflicht für die anderen Länder in dieser Region, sodass es sich hierbei auch um ein Element beim Aufbau einer größeren regionalen Konsistenz die Visumregelungen betreffend handelt. Von Taiwan geht für die EU keinerlei Gefahr aus und von der Aufhebung der Visumpflicht werden die Handelsbeziehungen mit der EU profitieren und dadurch wird eine engere Zusammenarbeit in Bezug auf Kultur und Forschung, die für uns alle wichtige Bereiche darstellen, gefördert.

Politiker aus Taiwan haben selbst als Privatreisende viele Jahre lang Schwierigkeiten gehabt, nach Europa einzureisen, weil die Menschen in Europa Angst davor hatten, es sich mit China zu verderben oder in einem politischen Konflikt zu enden. Doch die Dinge haben sich geändert und ich hoffe, dass durch die Einigung, vor deren Abschluss wir stehen, die politischen Beziehungen zwischen den Politikern hier in der EU und in Taiwan gefördert und verbessert werden, und dass dies auch dazu führen wird, dass Taiwan stärker auf verschiedenen Ebenen in die internationale Gemeinschaft eingebunden wird. Und wir würden wahrscheinlich auch vom ideologischen Standpunkt aus gesehen gewinnen.

Europa steht für Offenheit, Gastfreundschaft und Integration. Gegenseitiges Vertrauen bedeutet auch, die Türen zu unseren Ländern offen zu halten, da wir davon profitieren und dies zu einer Zusammenarbeit und vor allem zu besseren Beziehungen zwischen unseren Ländern führen wird. Und dies ist etwas, das ich im Vorfeld dieser wichtigen Abstimmung, die wir hier im Europäischen Parlament sehr bald durchführen werden, aus vollem Herzen unterstütze.

 
  
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  Charles Tannock, im Namen der ECR-Fraktion. – Herr Präsident, Kommissarin Malmström war in ihrer Zeit als Mitglied des Europäischen Parlaments bereits schon Taiwan freundschaftlich verbunden. Nun bin ich der Präsident des taiwanesischen Freundeskreises in diesem Parlament. Und ich bin natürlich im Namen unseres Freundeskreises über die Tatsache erfreut, dass die Bürgerinnen und Bürger Taiwans bald in der Lage sein werden, in den Schengen-Raum ohne Visum einzureisen, was im EU-Jargon als Visumliberalisierung für Taiwan bezeichnet wird.

So haben mein Land, das Vereinigte Königreich, und Irland, die beide natürlich nicht dem Schengen-Raum angehören, den Bürgerinnen und Bürgern Taiwans das Privileg der Visafreiheit bereits vor anderthalb Jahren gewährt. Ich kann mit Sicherheit sagen, dass unsere Erfahrung in Großbritannien, insbesondere, was die Ankurbelung des Tourismus und die Bona-fide-Geschäftsreisenden angeht, klar gezeigt hat, dass diese Entscheidung absolut richtig war.

Taiwan ist eine prosperierende, wohlhabende und moderne Demokratie, die unsere Werte im Hinblick auf die Förderung von Menschenrechten, Frieden, Sicherheit und Wohlstand teilt. Wir können deshalb nur von engeren Geschäftsverbindungen mit Taiwan profitieren, dessen Wirtschaft auch weiterhin wächst und sich immer stärker und besser entwickelt und in einem zunehmenden Maße zu einem Sprungbrett für europäische Investoren in China wird. Und Europa holt derzeit schnell auf zu Amerika, was die Wahl des bevorzugten Studienorts bei taiwanesischen Studenten und Universitätsabsolventen mit dem Wunsch, weiter zu forschen, betrifft. Ich betone dabei noch einmal: Der Gewinn aus diesem Austausch ist in jeder nur erdenklichen Hinsicht erheblich. Dies ist also ein wichtiges Zeichen für unsere Unterstützung und Solidarität für und mit Taiwan, das unter der inspirierenden Führung von Präsident Ma nach pragmatischen Lösungen für die internationale Isolation durch die Volksrepublik China sucht.

 
  
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  Mario Borghezio, im Namen der EFD-Fraktion.(IT) Herr Präsident, meine Damen und Herren, als Erstes möchte ich meinen aufrichtigen Dank an den Berichterstatter richten, da durch seine Kompetenz und stringente Vorgehensweise den Mitgliedstaaten vermittelt werden konnte, dass die Gewährung von Reisefreiheit und die Abschaffung der Visumpflicht für die Staatsangehörigen Taiwans keine Probleme für die Europäische Union darstellt.

Im Gegensatz dazu bin ich jedoch von der letzten Arbeit, was Bosnien und Herzegowina und Albanien betrifft, nicht ganz so überzeugt. Und jetzt wird sogar noch über eine Visumbefreiung für die Türkei diskutiert. Was diese Fälle anbelangt, so bin ich nicht mehr überzeugt davon, dass Kommission und Parlament ihre Sache gut gemacht haben: nämlich die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger Europas zu gewährleisten. Aus diesem Grund begrüße ich den Bericht und die Abstimmung im Europäischen Parlament, die sicherlich ein positives Ergebnis haben wird, umso mehr.

Geschichte löscht keine Erinnerungen aus. Menschen eines gewissen Alters erinnern sich daran, was es genau gewesen ist, wofür Nationalchina jahrzehntelang stand: Es war ein Sinnbild für Freiheit. Der Westen darf nicht vergessen, von wem die Grundsätze der Freiheit verteidigt wurden, als sie woanders gefährdet waren. Und ich denke, dass auch heute noch in Bezug auf die Menschenrechte eine grundlegende Unterscheidung gemacht werden muss.

Aus diesem Grund werden die Chinesen aus Taiwan auch in meiner Heimatregion Padania willkommen geheißen. Die Anwesenheit solch wichtiger und qualifizierter Individuen in der Region macht hinreichend deutlich, wie fähig die Bevölkerung Taiwans ist, sich in unsere Gesellschaft zu integrieren. Im Vergleich zu anderen Ländern hat Taiwan außerdem den Vorzug, zusammen mit seinen Waren keine sozio-politischen Botschaften, die sich gegen die Grundsätze der Freiheit, den Schutz der Menschenrechte und die Achtung ethnischer und religiöser Minderheiten richten, in die Europäische Union zu exportieren. Aus diesem Grund sind die Bürgerinnen und Bürger Taiwans in der Europäischen Union und in Padania willkommen.

 
  
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  Béla Kovács (NI).(HU) Vielen Dank, dass Sie mir das Wort erteilen, Herr Präsident. Meine Damen und Herren, es kann gesagt werden, dass das Visasystem ein wirksames Mittel ist, um illegale Einwanderung oder den illegalen Aufenthalt in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union zu verhindern. Wenn wir darüber entscheiden, welche Staatsangehörigen von Drittländern visumpflichtig sein sollten, dann muss die Lage jedes einzelnen Landes unter Berücksichtigung der Aspekte wie illegale Einwanderung, öffentliche Ordnung und Sicherheitsangelegenheiten sowie die Außenbeziehungen der EU, der regionale Zusammenhalt und natürlich auch der Grundsatz der Gegenseitigkeit individuell untersucht werden.

Die Bewertungsmechanismen müssen so funktionieren, dass sichergestellt ist, dass alle Länder, die die zuvor genannten Kriterien nicht mehr erfüllen oder ihrerseits die Visumpflicht für Staatsangehörige einer oder mehrerer Mitgliedstaaten einführen, unverzüglich auch wieder visumpflichtig werden. Bedauerlicherweise hat sich in der Praxis herausgestellt, dass die Konsequenzen einer Befreiung von der Visumpflicht, was die Zuwanderung und die Sicherheit betrifft, in der Folge immer von den einzelnen Mitgliedstaaten selbst getragen werden mussten. Dies ist aus meiner Sicht jedoch ein sicherheitspolitischer Aspekt und nicht ein Geschenk, das man den anfragenden Ländern so einfach in die Hände drücken darf. Und dies ist deshalb genau der Grund, warum ich der Meinung bin, dass von allen Ländern Sicherheitsgarantien verlangt werden sollen, bevor ihnen grünes Licht für die visumfreie Einreise ihrer Bürgerinnen und Bürger in das Gebiet der Europäischen Union gegeben wird.

 
  
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  Kinga Göncz (S&D).(HU) Auch ich begrüße die Tatsache, dass die Angelegenheit der Aufhebung der Visumpflicht für Taiwan auf die Tagesordnung des Parlaments gesetzt worden ist. Ich bin der Ansicht, dass wir damit unsere Schulden begleichen. Denn es ist bereits ähnlich wichtigen Partnern der Europäischen Union die Befreiung von der Visumpflicht gewährt worden, und sie können sich bereits des visumfreien Reisens erfreuen. Taiwan ist der viertwichtigste Handelspartner der Europäischen Union in Asien, und der Handel in die andere Richtung ist sowohl für Taiwan als auch für die Europäische Union fast ebenso wichtig. Wir gehen davon aus, dass diese Beziehungen, die bereits jetzt schon sehr intensiv sind, durch die Aufhebung der Visumpflicht noch gestärkt werden. Wir wissen, dass nicht nur die Wirtschafts- und Handelsbeziehungen eng sind, sondern dass dies auch für Forschung, technische Entwicklung, Ausbildung und Kultur gilt, und dass wir erwarten können, dass eine Befreiung von der Visumpflicht sich auch auf diese Bereiche positiv auswirken wird.

Die von uns aufgestellte Bedingung, dass alle 27 Mitgliedstaaten der Europäischen Union von der Visumpflicht befreit werden müssen, wird noch dieses Jahr verwirklicht, wenn die Visumpflicht für Zypern, Bulgarien und Rumänien abgeschafft wird, was aus meiner Sicht von großer Bedeutung ist. Und auch ich möchte darauf hinweisen, dass die Veränderungen, die in Taiwan in den letzten 50 bis 60 Jahren stattgefunden haben, sehr wichtig sind. So hat Taiwan ein demokratisches institutionelles System aufgebaut und sich selbst von einem armen Land in ein wirtschaftlich starkes Land verwandelt, sodass die von vielen vorgebrachte Angst davor, dass durch eine Aufhebung der Visumpflicht irgendeine Form von Migrationsdruck erzeugt werden könnte, unbegründet ist. Im Gegenteil, wir sollten diesbezüglich eher positive Erwartungen hegen.

 
  
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  Laima Liucija Andrikienė (PPE). – Herr Präsident, ich stehe voll und ganz hinter dem, was von unseren Berichterstattern, Herrn Díaz de Mera und Herrn Kovatchev gesagt worden ist. Taiwan ist ein Industrieland mit hohen technischen und administrativen Standards. Und es erfüllt absolut die höchsten Sicherheitsstandards, was die Kontroll- und Zollverfahren anbelangt. Aus diesem Grund möchte ich unsere Kolleginnen und Kollegen dringend bitten, dem Vorschlag, endlich auch Taiwan von der Visumpflicht zu befreien, grünes Licht zu geben.

Taiwan ist auch als einheitliches Zollgebiet Mitglied in der Welthandelsorganisation. Und wir sollten an dieser Stelle weitermachen, wir sollten Taiwan dabei unterstützen, auch anderen internationalen Organisationen beizutreten wie der Zivilluftfahrt-Organisation oder dem Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über Klimaänderungen. Taiwan ist ein Land, das eine solche Anerkennung verdient hat, zumal es ein Partner der Europäischen Union in der Region Ostasien ist. Die ersten Bande, von denen beide Seiten profitieren, sind geknüpft worden.

Wir müssen nun danach streben, diese Beziehungen zu Taiwan in Zukunft zu stärken. Eine der möglichen Entwicklungen, die wir dabei in Erwägung ziehen sollten, sind Verhandlungen über ein umfassenderes Handelssystem mit Taiwan, vor allem jetzt, wo es als Meilenstein das Rahmenabkommen über wirtschaftliche Zusammenarbeit unterzeichnet hat. Wenn wir uns weiter in diese Richtung bewegen wollen, dann ist die Visumbefreiung ein zentrales Element für die Vertiefung der Beziehungen zwischen der EU und Taiwan.

 
  
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  Ioan Enciu (S&D).(RO) Zunächst einmal möchte ich Herrn Díaz de Mera zu der Ausarbeitung dieses Berichts gratulieren. Ich bin mir sicher, dass er wahrscheinlich morgen einstimmig angenommen werden wird.

Ich möchte jedoch darauf zu sprechen kommen, wie die Kommission beabsichtigt, den Grundsatz der Gegenseitigkeit in den Beziehungen der Europäischen Union mit Drittländern zu wahren. Taiwan wird sich demnächst einer Aufhebung der Visumpflicht für die gesamte Europäische Union erfreuen können und hat seinerseits die Visumpflicht für Rumänien, Bulgarien und Zypern abgeschafft. Dies ist ein positiver Schritt. Auf der anderen Seite aber weigern sich die Vereinigten Staaten beispielsweise, die ihrerseits vollständig von der Visumpflicht für die gesamte Europäische Union entbunden sind, das Gleiche im Sinne der Gegenseitigkeit Rumänien, Bulgarien, Polen und Zypern zu gewähren. Und zusätzlich dazu ist auch noch eine Einreisegebühr für alle EU-Bürgerinnen und EU-Bürger eingeführt worden, die eigentlich nichts anderes als ein verstecktes Visum ist.

Auf der Grundlage des bei den Mitgliedstaaten herrschenden Grundsatzes der Gegenseitigkeit und Solidarität muss sich die Kommission von ihrer passiven Haltung und der Akzeptanz eines „fait accompli“ verabschieden und eine aktive Rolle in diesem Prozess des Erreichens einer vollständigen Gegenseitigkeit in Bezug auf die Visumbefreiung für alle Mitgliedstaaten einnehmen. Solange die Verhandlungen über die Visumverträge ausschließlich Aufgabe der Europäischen Union und nicht der einzelnen Mitgliedstaaten sind, muss von der Kommission jede Maßnahme ergriffen werden, um diese Probleme zu lösen.

 
  
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  Marek Henryk Migalski (ECR).(PL) Herr Präsident, Frau Kommissarin, es ist eindeutig, dass im Plenarsaal ein Konsens besteht, und dass der Bericht wahrscheinlich morgen tatsächlich auch angenommen wird. Die Annahme mag zwar nicht einstimmig erfolgen, aber der Bericht wird von einer überwältigenden Mehrheit der Stimmen und mit der Unterstützung aller Fraktionen angenommen werden. Ich möchte nicht noch einmal all die Argumente wiederholen, die bereits vom Berichterstatter und der Kommissarin vorgebracht worden sind. Taiwan erfüllt in der Tat alle Voraussetzungen, sowohl in wirtschaftlicher als auch in politischer Hinsicht, die für eine Stärkung der Zusammenarbeit und eine Aufhebung der Visumpflicht hilfreich sind. Ich denke, dass wir dazu verpflichtet sind, weil Taiwan gezeigt hat, dass überall eine liberale Demokratie möglich ist, und zwar in jedem kulturellen Umfeld, und dass die Umgestaltung, die dort stattgefunden hat, erfolgreich war, und ich bin der Meinung, dass wir dies anerkennen sollten.

Abgesehen von den wirtschaftlichen Interessen gibt es aber schließlich auch noch einen anderen Grund. Es gibt das Argument, dass bereits von Herrn Borghezio angeführt wurde, der politische Grund, den ich jetzt nicht noch einmal erklären möchte, aber wir können nachvollziehen, dass es sich hierbei um einen entscheidenden Grund handelt und wir unsere Freunde aus Taiwan in dieser Angelegenheit unterstützen sollten.

 
  
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  Peter Jahr (PPE). - Herr Präsident! Taiwan kommt auf die Positivliste, d. h. die Menschen aus Taiwan dürfen visafrei in die Europäische Union einreisen. Ich freue mich für diese Menschen. Aber Politik besteht aus Geben und Nehmen. Ich hätte mir gewünscht, dass Taiwan auch im Gegenzug sofort allen Bürgern der Europäischen Union ebenfalls die visafreie Einreise gestattet hätte. Dies ist bis heute nicht der Fall. Taiwan hat lediglich die Absicht erklärt, dass dies bis Ende des Jahres umgesetzt wird. Ich hoffe, dass dieser Absicht auch Taten folgen, vertraue im Übrigen auch unserem Berichterstatter, der dies in Aussicht gestellt hat, und werde insgesamt diesem Antrag zustimmen. Wie gesagt, hoffe ich, dass auch Taiwan die Problematik klärt, damit auch alle Bürger der Europäischen Union visafrei nach Taiwan einreisen dürfen.

 
  
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  Cecilia Malmström, Mitglied der Kommission. – Herr Präsident, ich möchte noch einmal dem Berichterstatter und dem Plenum für ihre Unterstützung, Taiwan auf die Positivliste zu setzen, danken. Und ich kann den Mitgliedern, die noch Fragen haben, nur noch einmal versichern, dass die Vorgehensweise der Kommission für die Untersuchung der Länder, einschließlich Taiwan, immer sehr gründlich ist, und dass sichergestellt wird, dass von ihnen alle Kriterien erfüllt werden, bevor wir solch einen Vorschlag machen. So ist auch hierbei wie immer sehr sorgfältig vorgegangen worden.

Ich möchte auch dem letzten Sprecher noch bestätigen, dass die Visumpflicht für die noch verbleibenden Länder morgen aufgehoben wird. Ab morgen tritt die Visumliberalisierung für die verbleibenden Länder in Kraft, sodass vollständige Gegenseitigkeit gewährleistet ist. Ich denke, dass wir nach der morgigen Abstimmung sehr stark sein und auch eine starke Botschaft aussenden werden. Wir können uns alle freuen und auf noch bessere Beziehungen zwischen der Bevölkerung Taiwans und der Bevölkerung der Europäischen Union hoffen. Ich danke Ihnen sehr für diese sehr gute Debatte.

 
  
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  Agustín Díaz de Mera García Consuegra, Berichterstatter.(ES) Herr Präsident, „noblesse oblige“, deshalb möchte ich damit beginnen zu sagen, dass ich unendlich dankbar für die Unterstützung bin, die alle Mitglieder, die ihre Fraktionen vertreten haben, diesem Bericht gewährt haben, und es mir eine Ehre gewesen ist, ihn diesem Parlament präsentieren zu dürfen. Ich möchte mich darüber hinaus für die Unterstützung meiner Arbeit bedanken.

Es wäre jedoch nicht fair, wenn ich nicht auch erwähnen würde, dass die dafür hauptsächlich verantwortliche Person Frau Kommissarin Malmström ist, deren Unterstützung, Energie und hervorragendes Team es ermöglicht haben, diese Arbeit durchzuführen, die ich als einen Akt der Gerechtigkeit bezeichnen möchte.

Ansonsten gibt es nichts mehr zu sagen, Herr Präsident, außer vielleicht noch, dass ich auch den Menschen in Taiwan, der taiwanesischen Regierung und selbstverständlich auch dem hervorragenden Diplomatenkorps, das Taiwan in der Welt und vor allem in Brüssel unterhält, gratulieren möchte.

 
  
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  Der Präsident. – Die Aussprache wird geschlossen.

Die Stimmabgabe findet morgen, Donnerstag, den 11. November 2010, um 12.00 Uhr statt.

Schriftliche Erklärungen (Artikel 149).

 

21. Ausführungen von einer Minute zu Fragen von politischer Bedeutung
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  Der Präsident. – Der nächste Punkt sind die Ausführungen von einer Minute zu Fragen von politischer Bedeutung (Artikel 150).

 
  
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  Nuno Teixeira (PPE).(PT) Der Ausschuss für internationalen Handel bewertet derzeit das weltweite Bananen-Abkommen, das im Rahmen der Welthandelsorganisation geschlossen wurde. Dieses Haus wird bald aufgefordert werden, im Plenum über die Senkung von Zöllen auf Importe von Bananen aus lateinamerikanischen Ländern zu entscheiden.

Es sollte sehr deutlich gemacht werden, dass keines der Gebiete in äußerster Randlage gegen den Abschluss dieser Art von Übereinkommen ist – weder Madeira, von wo ich komme, noch eines der anderen acht Gebiete in äußerster Randlage, insbesondere die Kanarischen Inseln, die mit Abstand am stärksten betroffen sind. Was diese Gebiete wollen, ist schlicht und einfach einerseits, dass andere Länder verpflichtet werden, die gleichen Bedingungen zu Hygiene und Pflanzengesundheit zu erfüllen und die gleichen Arbeitnehmerrechte zu beachten, denen sie selbst unterliegen, um auf den Markt zu gelangen. Das ist einfache Gerechtigkeit. Andererseits möchten sie für die ihnen erstandenen Schäden voll entschädigt werden. Wenn dies nicht geschieht, möchten sie, dass die Verantwortlichen wenigsten den Anstand haben, ihnen direkt zu sagen, dass sie ihr Leben ändern und sich nach anderer Arbeit umsehen müssen, da offensichtlich ist, dass sie unter den gegenwärtigen Bedingungen nicht überleben können und ihre Existenzgrundlage aufgeben müssen. Es ist klar, dass es bei diesen Übereinkommen Gewinner und Verlierer gibt. Lassen Sie uns den Verlierern helfen – die Gewinner benötigen unsere Hilfe nicht.

 
  
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  Vilija Blinkevičiūtė (S&D).(LT) In Europa ist die Anzahl älterer Menschen, deren einzige Existenzgrundlage ihre Rente ist, schnell angestiegen. Menschen, die ihr ganzes Leben lang hart und ehrlich gearbeitet haben, die Kinder aufgezogen und Steuern an den Staat gezahlt haben, erwarten, dass ihr Lebensabend friedlich und würdevoll ist. Leider werden nicht all diese berechtigten Erwartungen wahr werden. Die Menschen in Europa haben dies insbesondere während der Wirtschaftskrise zu spüren bekommen. Während die Preise gestiegen sind, war das für Renten nicht der Fall, und die Bedenken bezüglich der Sicherheit von für den Lebensabend zurückgelegten Ersparnissen haben zugenommen; außerdem gibt es eine zunehmende Anzahl von Fällen, in denen Großeltern Kinder unterstützen müssen, nachdem diese ihre Arbeit verloren haben. In einigen Ländern, beispielsweise in meinem Heimatland Litauen, trifft die Regierung auch Rentner, da Renten und Beihilfen gekürzt wurden. Derzeit wird viel über den neuen Vorschlag der Kommission diskutiert, die Möglichkeit einer Anhebung des Rentenalters in Erwägung zu ziehen. Am stärksten beunruhigt mich jedoch die Tatsache, dass keine Lösungen dafür angeboten werden, wie Beschäftigung für ältere Menschen garantiert werden kann. Mit der Möglichkeit, den Renteneintritt zu verzögern, können sich Millionen Arbeitsloser im Rentenalter in der Armutsfalle wiederfinden. Es wurde nicht ausreichend berücksichtigt, ob die Gesundheit der Menschen es ihnen ermöglichen wird, länger zu arbeiten. Darüber hinaus müssen wir auch die Tatsache berücksichtigen, dass Frauen öfter schlecht bezahlte Arbeit annehmen als Männer, und dass sie infolge von Geburt, Mutterschaft und Betreuung von Kindern und behinderten Familienmitgliedern Versicherungsgarantien verlieren und letztendlich eine geringere Rente erhalten. Daher rufe ich die Kommission und den Rat auf, im Anschluss an die Evaluierung der schnellen Alterung der Bevölkerung in Europa andere Möglichkeiten zu finden, um normale Lebensbedingungen für derzeitige und zukünftige Rentner sicherzustellen.

 
  
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  Filiz Hakaeva Hyusmenova (ALDE).(BG) Herr Präsident, meine Damen und Herren! in Bulgarien wird heute, am 10. November, zweier Ereignisse gedacht. Vor einundzwanzig Jahren, am Tag nach dem Fall der Berliner Mauer, fiel das kommunistische Regime unter dem Klang der Slogans „Glasnost, Freiheit, Demokratie“. Es ist kein Zufall, dass das gleiche Datum auch als Tag der Redefreiheit in Bulgarien gefeiert wird. Die Entwicklung der Dinge gibt Anlass zum Nachdenken, sowohl in Bezug auf Totalitarismus, der, wie ich hoffe, unser Land endgültig verlassen hat, als auch in Bezug auf eine weitere moderne Geißel – Terrorismus, mit dem wir immer öfter zu tun haben.

Hat Demokratie Mechanismen, um solchen Angriffen zu begegnen? Können wir Terrorismus bekämpfen, ohne demokratische Grundsätze aufzugeben oder Menschenrechte und die Freiheit der Medien einzuschränken?

Die liberale Antwort ist „Ja“, aber nur wenn wir regionale und nationale Netzwerke zu einem europäischen System zusammenschließen, das Präventivmaßnahmen, frühzeitige Warnungen und schnelle Reaktionen unterstützt.

 
  
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  Raül Romeva i Rueda (Verts/ALE).(ES) Herr Präsident! In der letzten Plenarsitzung habe ich davor gewarnt, dass dies passieren könnte, und es ist passiert: die gewaltsame Auflösung eines saharischen Camps in El Aaiun, die bisher zu 19 Toten, mehr als 700 Verletzten und mehr als 150 Vermissten geführt hat.

Was sagen die Europäische Kommission und die europäischen Regierungen, allen voran die spanische Regierung? Sie fordern Ruhe auf beiden Seiten; sie sagen, dass dies eine sehr komplizierte Angelegenheit ist, dass wir uns nicht einmischen sollten und dass wir europäische Interessen in Marokko schützen müssen.

Meine Antwort ist nein, Baroness Ashton; nein, Frau Jiménez; nein, Herr Kouchner: Unterdrückung und Mord sind keine komplizierte Angelegenheiten. Es sind sehr klare Angelegenheiten, und die Antwort und die Position, die wir als Reaktion darauf annehmen müssen, sind: klare Ablehnung, Verurteilung und die Forderung, dass die marokkanische Regierung Verantwortung dafür übernimmt.

Bis das passiert, müssen wir bilateralen Handel und die Privilegien von Marokko gegenüber der Europäischen Union suspendieren. Keine weitere Feilscherei über Menschenrechte.

 
  
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  Marek Henryk Migalski (ECR).(PL) Herr Präsident! Ich freue mich, dass die Kommissarin noch hier ist, und ich möchte diese Gelegenheit nutzen, weil diese Angelegenheit auch in den Verantwortungsbereich von Frau Malmström fällt. Ich weiß, dass dies zum dritten Mal erwähnt wird, aber es ist eine sehr ernste Angelegenheit; daher möchte ich gerne berichten, dass in der Nacht vom 5. zum 6. Dezember ein Journalist, der für die russische Zeitung Kommersant arbeitet, Oleg Kashin, vor seinem Haus in Moskau brutal zusammengeschlagen wurde – ich bin sicher, dass Sie davon wissen, Frau Kommissarin. Er wurde mit gebrochenen Beinen, einem zerschmetterten Kiefer, abgetrennten Fingern und einem Schädelbruch ins Krankenhaus gebracht.

Das ist nicht der erste Fall dieser Art, der sich in den Ländern jenseits unserer Ostgrenze zugetragen hat. Ich habe heute ein Interview mit einem der führenden polnischen Analysten für russische Angelegenheiten gelesen, und er sagt, dass in den letzten 10 Jahren 300 Journalisten in der Russischen Föderation umgebracht wurden. Das ist extrem beunruhigend, weil die Redefreiheit und Bürgerrechte zu den wichtigsten Angelegenheiten gehören, für die die Europäische Union eintritt. Daher möchte ich dringend darum bitten, dass wir bei Gesprächen mit unseren russischen Freunden jederzeit und überall betonen, dass Vorfälle dieser Art sich nicht ereignen dürfen, weil sie unseren gemeinsamen Dialog schwierig, wenn nicht unmöglich machen.

 
  
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  João Ferreira (GUE/NGL).(PT) Ich möchte Ihre Aufmerksamkeit gern auf die verzweifelte Lage in der Westsahara lenken. Tausende von Sahrauis haben sich in Camps außerhalb einiger der großen Städte des Gebiets niedergelassen als eine Form des Protests gegen die Bedingungen, unter denen zu leben sie gezwungen sind, und gegen die verschiedenen Formen der Unterdrückung, denen sie unterworfen sind, und um ein Referendum zu fordern, das ihr Recht auf Selbstbestimmung verankert.

Die gewalttätige Vorgehensweise der marokkanischen Polizei und Armee, die diese Woche versucht haben, diese Camps zu zerschlagen, hat zu einer unbestimmten Anzahl von Verhaftungen, Hunderten von Verletzten und Vermissten und leider auch zu Todesfällen geführt. Abgesehen von dieser Vorgehensweise geht es auch um die erniedrigende Art und Weise, wie Bürgerinnen und Bürger der Mitgliedstaaten der EU daran gehindert wurden, die Westsahara zu besuchen, um ihre Solidarität zum Ausdruck zu bringen. Zu den von marokkanischen Behörden Ausgewiesenen gehören ein Mitglied dieses Parlaments, der Präsident des Weltbundes der Demokratischen Jugend sowie zahlreiche Journalisten und Mitglieder von Nichtregierungsorganisationen.

Das Schweigen oder unklare Äußerungen vonseiten der EU und einiger ihrer Führungspersonen in Bezug auf diese Situation sind beschämend und bedauerlich. Es ist auch ein Schweigen der Mittäterschaft mit einem Land, das von dem bevorzugten Status profitiert, das ihm von der EU verliehen wurde. Dieses Schweigen und diese Mittäterschaft sind inakzeptabel, und wir möchten sie hier aufs Schärfste anprangern.

 
  
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  Mario Borghezio (EFD).(IT) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte die Aufmerksamkeit des Präsidenten des Europäischen Parlaments auf ein Urteil richten, das vor einigen Tagen ergangen ist. Es handelt sich um eine Angelegenheit, die sicher in den Zuständigkeitsbereich der Kommissarin fällt, die ich hiermit begrüße.

Meiner Meinung nach ist es ein sehr ernst zu nehmendes Urteil, weil es den Inhalt einer sehr wichtigen EU-Richtlinie zum Terrorismus relativiert. Tatsächlich glaube ich, dass es nicht möglich ist, eine Ausweitung des Schutzes von Bürgerinnen und Bürgern, die Asylrecht und das Recht, als Flüchtlinge anerkannt zu werden, beantragen, auf Mitglieder von terroristischen Organisationen zu unterstützen.

Wenn dieses Prinzip sich durchsetzen würde, wie es bei dieser schwer wiegenden Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs geschehen ist, geben wir vielen Terroristen die Möglichkeit des Schutzes, den sie nicht verdienen. In Europa sind zu viele Menschen infolge terroristischer Handlungen gestorben, um eine Situation dieser Art zuzulassen. Ich dränge die Kommission daher, die Richtlinie abzuändern, um weit reichenden und unangemessenen Auslegungen der Erklärung, die die Europäische Union im Kampf gegen Terrorismus zu Recht abgegeben hat, vorzubeugen.

 
  
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  Nicole Sinclaire (NI). – Herr Präsident, letzten Monat in Straßburg hat dieses Parlament einer Erhöhung des Budgets um 5,9 % zugestimmt. Dies umfasst zusätzliche 2 Mio. EUR für Unterhaltung, um den „Champagner“-Lebensstil weiterhin zu unterstützen, an den sich diese Organisation gewöhnt hat. Ich habe die Art und Weise, in der Kolleginnen und Kollegen sich selbst gratuliert haben, in Zeiten einer Wirtschaftskrise als anstößig empfunden.

Heute beziehen die Opfer dieser Krise aus meinem Wahlkreis in den britischen West Midlands Stellung. Studenten und Universitätsdozenten haben ihre Bedenken auf die Straßen von London getragen, und während ich die Handlungen einiger weniger bedaure, begrüße ich die Vorgehensweise der Mehrzahl der Demonstranten. Insbesondere Studenten sind von dem Sparpaket betroffen: Studiengebühren werden sich voraussichtlich verdreifachen, Kurse wurden gestrichen, Plätze wurden reduziert und die Infrastruktur gerät immer stärker unter Druck. Das Talent von morgen, auf das wir unsere Zukunft bauen, wird im Keim erstickt, und es ist die jüngere Generation, die am stärksten darunter leidet. Herr Präsident, lassen Sie mich mit einer Warnung abschließen: Ihre Arroganz wird dazu führen, dass noch viel mehr Leute auf die Straßen gehen und dass noch viel mehr Leute gegen dieses gescheiterte Sozialprojekt protestieren. Genießen Sie Ihren Champagner, meine Damen und Herren.

 
  
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  Elena Băsescu (PPE).(RO) Der Donau-Gipfel, der am 8. November in Bukarest stattgefunden hat, wurde von den 14 Delegationen der Länder besucht, die sich an der Donau-Strategie beteiligen, einschließlich der Republik Moldau, die sich dadurch noch mehr der Europäischen Union annähern kann. Das Treffen hat zum richtigen Zeitpunkt stattgefunden, wenn man bedenkt, dass die Gründungsakte der Strategie bis zum Ende des Jahres genehmigt wird und die eigentliche Strategie 2011 umgesetzt wird. Der Haupterfolg war die Verpflichtung der durch Präsident Barroso vertretenen Europäischen Kommission, einen bestimmten Plan zu unterstützen und eine Finanzierung in Höhe von 95 Milliarden EUR zur Verfügung zu stellen. Darüber hinaus wird es möglich sein, zusätzliche Mittel von der EIB und EBWE zu erhalten.

Ich möchte Sie daran erinnern, dass Rumänien als Koinitiator der Idee einer europäischen Strategie für den Donauraum 2008 die Umsetzung dieser Initiative fortwährend unterstützt hat. Sie so schnell wie möglich umzusetzen, wird dazu beitragen, die soziale und wirtschaftliche Situation in den südlichen Landkreisen Rumäniens, die an der Donau liegen, wiederzubeleben.

 
  
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  María Muñiz De Urquiza (S&D).(ES) Herr Präsident! Im Namen der spanischen Delegation der Fraktion der Progressiven Allianz der Sozialisten & Demokraten im Europäischen Parlament möchte ich gern unsere großen Bedenken hinsichtlich der Welle der Gewalt ausdrücken, die in Marokko und der Sahara ausgebrochen ist.

Wir setzen uns aktiv für die Allgemeingültigkeit von Menschenrechten ein und bedauern all die Todesfälle, die sich ereignet haben, sowohl in Marokko als auch in der Sahara. Die Informationen zu dieser Situation sind verworren. Daher begrüßen wir die Tatsache, dass von Marokko eine Untersuchung eingeleitet wird, und wir befürworten natürlich eine Politik der Informationstransparenz.

Die strategische Bedeutung von Marokko für Europa erfordert, dass die Europäische Union als Organisation sich den internationalen Bemühungen anschließt, den Dialog zu erleichtern, an dem mehrere Mitgliedstaaten, darunter Spanien, beteiligt sind. Wir begrüßen die Tatsache, dass trotz der Schwere der Ereignisse der Dialog zwischen den Parteien bisher nicht abgebrochen wurde und neue Verhandlungsrunden geplant sind.

Meine Damen und Herren! Dieser Konflikt ist mehr als 30 Jahre alt und muss so schnell wie möglich ein Ende finden. Dazu bedarf es einer Lösung, die gegenseitig annehmbar ist für die Parteien im Kontext der Vereinten Nationen, die neben der marokkanischen Regierung und dem Volk der Sahraui und seinen Vertretern die einzige Organisation ist, die die Legitimität besitzt, eine solche Lösung vorzuschlagen.

 
  
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  Zbigniew Ziobro (ECR).(PL) Herr Präsident, das Europäische Parlament hat sich bei vielen Gelegenheiten für die Verteidigung der grundlegenden Menschenrechte, Bürgerrechte und politischen Freiheiten ausgesprochen. Daher habe ich mit großer Überraschung vernommen, dass das Europäische Parlament in einer früheren Sitzungsperiode in Straßburg leider keine Position bezüglich der anstehenden lokalen Wahlen in der Ukraine bezogen hat, obwohl es ernsthafte Anzeichen und glaubwürdige Informationen aus zuverlässigen Quellen gab, dass es zu zahlreichen Unregelmäßigkeiten kam, darunter Bedrohung der Opposition und Einschränkungen der Rechte von Journalisten, frei mit der Gesellschaft in der Ukraine, die von der Partei der Regionen regiert wird, zu kommunizieren.

Noch mehr überrascht mich die Tatsache, dass diese Entscheidung erneut vertagt wurde und darüber morgen nicht abgestimmt wird. Die Situation ist sehr beunruhigend und erfordert eine Erklärung. Ist es wahr, dass einige Vertreter des Europäischen Parlaments beifällig über die Wahlen sprechen, die jetzt stattgefunden haben, wenn sowohl das Außenministerium der Vereinigten Staaten als auch Frau Ashton von zahlreichen Unregelmäßigkeiten, die während der Wahlen beobachtet wurden, sowie von einem Verstoß gegen das Wahlrecht sprechen? Diese Angelegenheit muss erklärt werden.

 
  
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  Eduard Kukan (PPE). (SK) Ich freue mich, dass die Europäische Kommission in ihrer Strategie für die Jahre 2010 und 2011 gestern bestätigt hat, dass eine Expansionspolitik die beste Strategie für die westliche Balkanregion ist. Sie hat auch bestätigt, dass sie ihre Verpflichtungen gegenüber der Region weiterhin erfüllen werde, unter der Voraussetzung, dass die Länder der Region ihre Bemühungen im Integrationsprozess verstärken.

Ich möchte gerne einige der positiven Schritte im letzten Jahr lobend erwähnen, beispielsweise das Ende der Visumregelung für die meisten Einwohner der Region, den Fortschritt von Montenegro, dem ein Vorschlag für den Bewerberlandstatus unterbreitet wurde, und den Fortschritt in den Gesprächen zwischen der europäischen Union und Serbien, das für eine Stellungnahme empfohlen wurde.

Es bleiben jedoch Herausforderungen, und sie müssen angegangen werden. Dazu gehören der Beginn eines Dialogs zwischen Serbien und dem Kosovo – der mehr Stabilität in die Region und eine möglichst baldige Lösung zum Problem des Namens von Mazedonien bringen soll –, ein Prozess, der bereits seit sehr langer Zeit im Gange ist, die Frage einer Einigung bezüglich einer Vision oder eines neuen Ansatzes in Bezug auf Bosnien und Herzegowina und der Beginn der Visumliberalisierung mit dem Kosovo.

In all diesen Fragen ist es wichtig, eine klare Strategie und Vision zu haben, die es dieser Region ermöglichen, sich der europäischen Union anzunähern. Das ist nicht nur in ihrem, sondern auch in unserem Interesse.

 
  
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  Guido Milana (S&D).(IT) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Vor 30 Jahren hat Marokko viele Jahre lang abgestritten, dass es einen Krieg mit dem Volk der Sahraui gab, und heute streitet es immer noch ab, dass es eine unverhältnismäßige Unterdrückung eben dieses Volkes gibt. Und doch gibt es in der Westsahara Tote und Verwundete, die zu einer Bevölkerung gehören, die nur das Recht beansprucht, in Freiheit in ihrem eigenen Land zu leben.

Marokko hat seine Grenzen im Wesentlichen gegenüber allen, die Zeuge dieser Ereignisse werden könnten, geschlossen. Informanten und Parlamentarier haben keinen Zugang. Einem Mitglied des französischen Parlaments und unserem Kollegen Herrn Meyer wurde die Einreise verweigert. Europa sieht passiv zu. Es gibt keine Neuigkeiten von der Kommission zu diesem Thema, was uns von der Vermittlung der Vereinten Nationen abhängig macht, die weiterhin versagt, genau wie sie es in den letzten 30 Jahren getan hat. Baroness Ashton, die für Außenpolitik verantwortlich ist, hat zu diesem Thema keine Stellung bezogen. Wir müssen reagieren, indem das Parlament Stellung bezieht. Wir müssen gegenüber Marokko reagieren, alle Initiativen zu Handelsabkommen einschränken, beginnend mit der Verlängerung der Fischereiabkommen.

 
  
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  Petru Constantin Luhan (PPE).(RO) Vor kurzem sind sehr wichtige Aspekte die Europäische Union der Innovation betreffend in den Blickpunkt geraten. Ich glaube, dass die Zeit für uns gekommen ist, Maßnahmen zu unterstützen, die es uns ermöglichen, die in der Initiative der Kommission dargelegten Maßnahmen auf europäischer Ebene umzusetzen.

Die Entwicklung von Partnerschaften ist lebenswichtig. Wir dürfen jedoch die Tatsache nicht übersehen, dass es in der folgenden Programmperiode an der Zeit ist, die Diskussionen auf regionaler Ebene zu initiieren, sodass Partnerschaften nicht nur auf lokaler und regionaler Ebene, sondern auch auf nationaler und transnationaler Ebene etabliert werden können. Gleichermaßen können wir sagen, dass die breite Debatte über die Wege zur Initiierung dieser Entwicklung in der vor uns liegenden Periode auf der Tagesordnung jeder Region stehen muss. Ich sehe den Dialog zwischen allen relevanten Akteuren als entscheidend an, um den Mehrwert in den Regionen zu ermitteln und innovative Maßnahmen festzulegen und sie umzusetzen. Ich rufe lokale und regionale Behörden auf, sich an der Einrichtung von Partnerschaften zu beteiligen, damit die Programme so gut wie möglich auf die Bedürfnisse, Bestrebungen und Erwartungen der Regionen ausgerichtet sind.

 
  
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  Elisabeth Köstinger (PPE). - Herr Präsident! Morgen beginnt der G20-Gipfel in Seoul. Unter den Themen, die bei diesem Gipfel behandelt werden, kommt einem eine besondere Bedeutung zu: der Drosselung der Exporte von Seltenen Erden durch die Volksrepublik China. China kontrolliert 95 % des Abbaus von Seltenen Erden, die von den europäischen Wirtschaftszweigen dringend benötigt werden. Betroffen sind vor allem wissensintensive Wirtschaftsbereiche, die sich mit der Entwicklung neuer Technologien befassen. Es ist ein großes Problem, dass europäische Klein- und Mittelbetriebe durch künstliche Lieferengpässe ernsthaft in Gefahr gebracht werden. Der europäische Wirtschaftsraum ist für sein technologisches Know-how weltweit bekannt. Hier Einschnitte hinzunehmen, ist inakzeptabel.

Ich fordere deshalb die Vertreterinnen und Vertreter der Europäischen Union auf, sich gemeinsam mit anderen betroffenen Staaten wie den USA und Japan auf dem G20-Gipfel klar gegen Chinas Willkür im Handel auszusprechen. Es muss möglichst rasch eine Lösung gefunden werden.

 
  
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  Silvia-Adriana Ţicău (S&D).(RO) Die Bevölkerung der Europäischen Union altert, wobei der Anteil der Arbeitenden an der Gesamtbevölkerung sinkt. Die Wirtschaftskrise hat dazu beigetragen, dass die Arbeitslosenquote auf 10 % angestiegen ist. In dieser Situation müssen die EU und die Mitgliedstaaten Maßnahmen ergreifen, um die Nachhaltigkeit ihrer Rentensysteme sicherzustellen. Eine Reform von Rentensystemen muss Lösungen bieten, um Personen im Ruhestand ein Mindesteinkommen zu garantieren, mit denen ein würdiges Leben möglich ist.

Trotz des Anstiegs der Lebenserwartung der Bevölkerung besteht die Lösung nicht darin, das Pflichtrentenalter zu erhöhen. Ältere Menschen, die auf dem Arbeitsmarkt aktiv bleiben können und möchten, können immer noch einen Beitrag zur Entwicklung der Gesellschaft leisten, jedoch ohne sich dazu verpflichtet zu fühlen. Gleichzeitig ist die Anzahl der Arbeitsplätze aufgrund der Wirtschaftkrise und der Umsiedlung europäischer Industrien in Drittländer gesunken und Menschen, die arbeitsfähig sind, aber keinen festen Arbeitsplatz finden können, haben Probleme, die Mindestbeitragszeiten für staatliche Rentensysteme einzuhalten. Ich möchte darauf hinweisen, dass eine Anhebung des Rentenalters zu einem Anstieg der Jugendarbeitslosigkeit führen wird.

 
  
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  Miroslav Mikolášik (PPE). (SK) Lebensmittelkennzeichnung ist ein Thema, das zeigt, dass die Bürgerinnen und Bürger mitverfolgen, was Europa tut, was diskutiert wird und in welchem Ausmaß sie davon betroffen sind. Ich habe eine gute Nachricht, dass die Bürgerinnen und Bürger in der Slowakei in der Woche vom 25. bis zum 27. Oktober sich nicht nur für die Tatsache interessiert haben, dass wir den Bericht meiner Kollegin Renate Sommer in der ersten Lesung angenommen haben, sondern auch einen so starken Synergieeffekt erzeugt haben, dass Studenten der Universität Nitra, die Lebensmittelindustrie und die Medien sowie die breite Öffentlichkeit sich intensiv an diesen Diskussionen beteiligt haben. Sie haben Workshops und Wettbewerbe organisiert, während junge Leute sich an einer Diskussion beteiligt haben, die, wie ich sagen muss, durch die Teilnahme der Berichterstatterin Renate Sommer selbst weitere Impulse erhalten hat, und die drei slowakischen Abgeordneten ebenfalls eine aktive Rolle in diesem Prozess übernommen haben.

Ich möchte damit nur zeigen, dass das Europäische Parlament und die Abgeordneten sich auch an interessanten Themen beteiligen können, die die Demokratie direkt beeinflussen, und dass wir nicht immer kritisieren können, worüber wir hier sprechen, und dass wir keine Probleme lösen, die keinen Bezug zur realen Welt haben. In diesem Zusammenhang möchte ich auch die Aktivitäten des Büros des Europäischen Parlaments in der Slowakei lobend erwähnen, das mit der Organisation dieses Ereignisses großartige Arbeit geleistet hat.

 
  
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  Seán Kelly (PPE). – Herr Präsident, ich möchte noch einmal auf den Fall von Sakineh Mohammadi-Ashtiani aufmerksam machen. Wie Sie möglicherweise wissen, sollte sie im Juli für angeblichen Ehebruch durch die iranischen Behörden durch Steinigung hingerichtet werden, aber infolge einer Entschließung hier im Parlament, wo viele Menschen T-Shirts mit der Aufschrift „Befreit Sakineh“ trugen, und einem internationalen Aufschrei wurde die Strafe umgewandelt.

Sie wurde umgewandelt, aber nicht erlassen. Stattdessen wurde sie in eine Hinrichtung durch Erhängen für angeblichen Mord umgeändert. Das sollte am 3. November geschehen, wurde aber nach internationalen Petitionen, für die es 270.000 Online-Unterschriften gab, und Interventionen von verschiedenen Behörden weltweit, insbesondere durch den französischen Präsidenten Herrn Sarkozy, der persönlich intervenierte, erneut verschoben. Die iranischen Behörden beabsichtigen jedoch immer noch, fortzufahren und Sakineh schließlich hinzurichten.

Ich rufe die europäischen Behörden erneut auf, ihre Bemühungen zu verdoppeln, damit sie freigelassen wird und ihr Asyl oder Freiheit in ihrem eigenen Land gewährt werden kann, und um sicherzustellen, dass dem staatlich verordneten Mord an Frauen und anderen Menschenrechtsverletzungen im Iran ein Ende gesetzt wird.-

 
  
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  Der Präsident – Damit ist der Tagesordnungspunkt beendet.

 

22. Demografische Herausforderungen und Solidarität zwischen den Generationen (kurze Darstellung)
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  Der Präsident. – Der nächste Tagesordnungspunkt ist der Bericht von Thomas Mann im Namen des Ausschusses für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten über die demografischen Herausforderungen und die Solidarität zwischen den Generationen (2010/2027(INI)) (A7-0268/2010).

 
  
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  Thomas Mann, Berichterstatter. − Herr Präsident, Frau Kommissarin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Ausschuss für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten hat ein wichtiges Signal in Sachen demografischer Wandel gesetzt. Erstmals wird ein gemeinsames Paket für Jung und Alt geschnürt. Es geht um Generationengerechtigkeit als neuer innovativer Ansatz. Wir denken nicht nebeneinander her, sondern aufeinander zu. Um der Diskussion eine stabile Grundlage zu geben, sollen die Mitgliedstaaten Generationenbilanzen erstellen. Dadurch können Zahlungsströme für die unterschiedlichen Jahrgänge verlässlich abgebildet und prognostiziert werden. Für die Statistischen Ämter wird es ein Leichtes sein zu berechnen, wie hoch die Steueraufkommen, die Sozialversicherungsbeiträge und die Rentenzahlungen sind. Mit dem Generationencheck soll erstmals eine Gesetzesfolgenabschätzung über die gewollten Auswirkungen und die ungewollten Nebenwirkungen bei der Belastung der Generationen eingeführt werden. Sie soll in allen unseren Mitgliedstaaten und auf der EU-Ebene verbindlich werden.

Auch in Sachen Renten setzen wir ein klares Signal an EU-Kommission und Rat. Wir brauchen kein einheitliches europäisches Renteneintrittsalter. Vielmehr sollen die nationalen Altersgrenzen zur Rentenberechtigung berücksichtigt werden. Ältere Arbeitnehmer dürfen nicht gegen ihren Willen gezwungen werden, eine Beschäftigung aufzugeben, etwa aufgrund von willkürlich festgelegten Lebensaltersgrenzen. Auch der EuGH erteilte in seinem Urteil vom Oktober einem Zwangsruhestand ab dem Renteneintrittsalter eine klare Absage. Rentner dürfen sich auf offene Stellen sehr wohl bewerben und nicht aufgrund ihres Alters benachteiligt werden. Für die älteren Mitbürger fordern wir einen Europäischen Pakt 50+. Bis zum Jahr 2020 sollen drei Ziele erreicht werden. Erstens: Die Erwerbstätigenquote von Arbeitnehmern über 50 soll auf mehr als 55 % steigen. Zweitens: Frühverrentung und deren finanzielle Förderung müssen europaweit abgebaut werden. Drittens: In den Mitgliedstaaten sollen Mittel für Menschen über 60 zur Verfügung gestellt werden, damit sie länger auf dem Arbeitsmarkt verbleiben können.

Am anderen Ende der Altersskala stehen die jungen Menschen. Wir plädieren für eine europäische Jugendgarantie. Jedem Jugendlichen sollen nach einer Arbeitslosigkeit von maximal vier Monaten ein Arbeitsplatz, eine Lehrstelle oder andere Ausbildungsmaßnahmen angeboten werden. Hier gilt das Prinzip „Fördern und Fordern“. Förderung aber ist keine Einbahnstraße. Wenn die Jugendlichen keine ausreichenden Qualifikationen mitbringen, sollen sie die Möglichkeit haben, sie zu erwerben, um dann beschäftigungsfähig zu sein. Ich habe mich sehr darüber gefreut, dass die EU-Kommission bereits eine Forderung meines Berichts aufgegriffen hat. Vor wenigen Wochen hat sie das Jahr 2012 zum „Europäischen Jahr des aktiven Alterns“ ausgerufen. Das ist das richtige Signal zur richtigen Zeit.

Einziger Wermutstropfen ist die Entscheidung einer Mehrheit im Ausschuss, zusätzliche Antidiskriminierungsvorschriften zu fordern. So sollen für Ältere neue Kriterien festgelegt werden in den Bereichen Abschluss von Versicherungen, Buchung von Urlaubsreisen oder Anmietung von Autos. Das sorgt nur für steigende Bürokratie und hohen finanziellen Aufwand, der dem Grundgedanken nicht gerecht wird, Menschen wirksam vor Ausgrenzung zu schützen. Deshalb hat die EVP-Fraktion einen alternativen Entschließungsantrag eingereicht, der ohne diese Forderung auskommt. Sonst aber sind wir uns im Ausschuss für Beschäftigung einig gewesen. Durch eine Vielzahl von gemeinsamen Anträgen und 22 Kompromisse haben wir breiten Konsens erzielt.

Ich danke den Kolleginnen und Kollegen – auch aus anderen Fraktionen – für ihre konstruktive Mitarbeit. Wir können und werden Jung und Alt zusammenführen. Ich hoffe, dass wir mit diesem Bericht über die Gerechtigkeit zwischen den Generationen einen wichtigen Schritt gemeinsam getan haben.

 
  
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  Seán Kelly (PPE). – Herr Präsident! Ich danke Herrn Mann dafür, dass er uns diese sehr wichtigen Vorschläge vorgestellt hat. Ich denke, der wichtigste Punkt in Bezug auf Ältere ist, dass wir unsere Einstellung zum Ruhestand und auch zu Arbeit ändern müssen. Idealerweise sollte es einen allmählichen Ruhestand und freiwilligen Ruhestand statt eines erzwungenen Ruhestands geben. Vor zwei Wochen ist jemand zu mir gekommen, der sagte, er sei in Rente gegangen. Ich habe gefragt, ob er 65 ist, und er sagte „Nein, wenn ich bis nächstes Jahr warten würde, müsste ich gehen. Jetzt gehe ich zu meinen eigenen Bedingungen.“ Wenn er bis 67 oder 70 hätte bleiben können, hätte er es getan. Ich denke, das ist ein sehr wichtiger Punkt, der berücksichtigt werden sollte.

Zweitens denke ich, dass insbesondere junge Leute benachteiligt werden, und die Jugendlichen in meinem Land, in Irland, sind die am stärksten benachteiligte Gruppe, weil sie jetzt mit den enormen Schulden belastet werden, die aus der Bankenkrise resultieren, und trotz einer guten Ausbildung haben sie nur die Wahl, ihr Glück im Ausland zu suchen, wenn sie arbeiten möchten; es gibt keine Jobs für sie zu Hause.

Wir brauchen Innovationen die Art und Weise betreffend, wie wir junge Menschen beschäftigen. Ich begrüße insbesondere den Vorschlag von Herrn Mann, dass sie, wenn sie mehrere Monate lang arbeitslos sind, wenigstens eine Beschäftigung erhalten sollten. Das sind sehr positive Vorschläge und ich begrüße sie.

 
  
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  Vilija Blinkevičiūtė (S&D).(LT) Ich möchte dem Berichterstatter wirklich gratulieren, da ich vielen seiner Vorschläge zur Herangehensweise an die demografische Herausforderung und Stärkung der Solidarität zwischen Generationen definitiv zustimme. Was ältere Menschen betrifft, kann ich jedoch der Aufhebung der Bestimmung des Ruhestands vor Erreichen des normalen Rentenalters nicht zustimmen. Sehr oft werden ältere Menschen gezwungen, aufgrund gewisser Umstände und oft nicht aus freiem Willen vorzeitig in den Ruhestand zu gehen. Aufgrund der Folgen der Wirtschaftskrise ist die Möglichkeit, vorzeitig in den Ruhestand zu gehen, oft die einzige Überlebenschance für ältere Menschen, die entlassen wurden. Aufgrund der Tatsache, dass sich nationale Rentensysteme in den Mitgliedstaaten unterscheiden, müssen wir die Praxis in allen Mitgliedstaaten berücksichtigen und nicht dem Beispiel nur eines oder einiger weniger Länder folgen.

 
  
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  Elizabeth Lynne (ALDE). – Herr Präsident, ich möchte Thomas Mann sehr für seine Arbeit und für die gute Zusammenarbeit im Ausschuss danken. Ich freue mich, dass so viele meiner Änderungsanträge im Ausschuss angenommen wurden. Wir müssen uns der Tatsache stellen, dass viele ältere Menschen in vielen Mitgliedstaaten immer noch schlecht behandelt werden, und das gravierendste Beispiel dafür ist natürlich die Misshandlung alter Menschen.

Aber es gibt auch andere Wege, ältere Menschen schlecht zu behandeln, einschließlich Diskriminierung aufgrund des Alters am Arbeitsplatz, und darum freue ich mich, dass wir in diesem Bericht fordern, dass die Beschäftigungsrichtlinie 2000 ordnungsgemäß umgesetzt wird und ältere Menschen auf ihre Rechte aufmerksam gemacht werden.

Ich freue mich auch, dass mein Änderungsantrag, der eine Abschaffung des verpflichtenden Renteneintrittsalters fordert, während natürlich ein auf Ebene der Mitgliedstaaten festgelegtes festes Renteneintrittsalter beibehalten wird, angenommen wurde. Es ist falsch, ältere Menschen zu zwingen, mit der Arbeit aufzuhören, wenn sie weitermachen möchten und dazu in der Lage sind.

Wir müssen auch den Druck auf den Rat aufrechterhalten, die horizontale Richtlinie zum Zugang zu Gütern und Dienstleistungen freizugeben, die unter anderem Altersdiskriminierung umfasst. Es ist an der Zeit, dass ältere Menschen die gleichen Rechte haben wie alle anderen. Darf ich Sie bitten, für den ursprünglichen Bericht und nicht für den Änderungsantrag der EVP zu stimmen.

 
  
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  Peter Jahr (PPE). - Herr Präsident! Meinen Glückwunsch an den Berichterstatter, Herrn Mann, für den hervorragenden Bericht. Ich denke, Generationengerechtigkeit ist ein wichtiges Merkmal einer entwickelten Gesellschaft. Im Wesentlichen bedeutet das ja nichts weiter, als dass keine Generation zulasten einer anderen leben darf und leben sollte. Was im Privatleben und in der Familie logisch und selbstverständlich ist, ist in der Gesellschaft schwieriger darstellbar. Wenn der Staat Kredite aufnimmt, die er nicht zurückzahlen kann, belastet er die nächste Generation. Wer Raubbau an Rohstoffen begeht, schädigt die nächste Generation. Der Spruch: „Wir haben die Erde nur von unseren Enkeln geliehen“, bringt diesen Konflikt vielleicht am besten auf den Punkt. Das heißt für mich: Wir müssen jedes Gesetz, jede Verordnung, jede Richtlinie auch auf ihre Generationengerechtigkeit überprüfen. Der vorliegende Bericht ist für mich ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung.

 
  
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  Olga Sehnalová (S&D). (CS) Die Frage der generationsübergreifenden Solidarität hat viele verschiedene Aspekte, eine Situation, die der Berichterstatter Herr Mann in seinem Dokument sehr gut beschreibt. Einer der wichtigsten Aspekte ist die Frage der Sicherheit im Alter und insbesondere die nachhaltige und stabile Finanzierung des Alters, die langfristig ein angemessenes Rentenniveau sicherstellt. Bei diesem Bericht denke ich daher, dass es Probleme mit Punkt 99 gibt, in dem der Berichterstatter unter anderem behauptet, dass es erforderlich sei, das Umlagesystem durch kapitalgedeckte Systeme zu ersetzen.

Die aktuelle Krise hat auch aufgezeigt, welche Gefahren es in sich birgt, die Solvabilität einiger privater Rentenfonds, die durch sinkende Zinssätze und einen Werteverfall von Kapitalanlagen schwer getroffen wurden, einzuschränken. Beispielsweise haben private Rentenfonds 2008 mehr als 20 % ihres Wertes verloren. Infolge des Rückgangs ihrer Solvabilität waren sie auch gezwungen, ihre Vermögenswerte mit Verlust zu verkaufen. Viele von ihnen befinden sich immer noch am Rande der Zahlungsunfähigkeit. Kapitalgedeckte Rentenfonds können keine Antwort auf demografische Trends sein. Sie sind hauptsächlich Finanzprodukte mit nicht zu vernachlässigenden Risiken. Ich glaube daher nicht, dass es vernünftig ist, eine solche grundlegende soziale Aufgabe wie die Sicherung der Würde im Alter solchen Risiken auszusetzen.

 
  
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  Miroslav Mikolášik (PPE). (SK) Demografische Änderungen führen zu einer allmählichen und grundlegenden Änderung der Struktur der Bevölkerung und der Alterspyramide. Die durchschnittliche Geburtenrate in der Europäischen Union beträgt 1,5 Kinder, was eindeutig zu den niedrigsten der Welt gehört. Infolgedessen sind schwerwiegende Probleme in Verbindung mit der demografischen Alterung der europäischen Gesellschaft zu erwarten.

Eine der Ursachen dafür ist meiner Meinung nach, dass gewisse Strukturen sich kaum entwickelt haben, was viele Familien davon abhält, zusätzliche Mitglieder zu akzeptieren. Strategien, die das Ziel haben, Arbeits- und Familienleben besser zu vereinbaren sowie Steuerentlastungen und andere Vorteile zu bieten, sind eine wesentliche Voraussetzung zur Steigerung der Geburtenrate. Andererseits müssen wir rechtliche Maßnahmen verabschieden, um die Integration älterer Menschen ins Arbeitsleben zu verbessern; damit einhergehen muss die aktive Eliminierung unfairer Diskriminierung aufgrund des Alters in der Praxis.

Ich begrüße und unterstütze die so genannte Politik des aktiven Alterns voll und ganz, die das Ziel hat, es Menschen zu ermöglichen, auch in fortgeschrittenem Alter gesund zu bleiben, am sozialen Leben teilzunehmen und die Qualität nicht nur des eigenen Lebens, sondern auch des Lebens der Gesellschaft als Ganzes im Sinne generationsübergreifender Solidarität zu steigern.

 
  
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  Elena Băsescu (PPE).(RO) Das derzeitige Problem ist, dass junge und alte Menschen Probleme haben, eine Arbeit zu finden. Die Aufgabe, Gerechtigkeit zwischen den Generationen zu erreichen, wird daher eine der größten sozialen Herausforderungen sein, vor der die europäische und nationale Politik in den nächsten Jahren steht. Ich glaube, dass eine Förderung des Konzepts der Flexicurity und das Ziel der Strategie EU 2020, eine Beschäftigungsquote von 75 % zu erzielen, ein wichtiger Schritt in diese Richtung ist. Meiner Ansicht nach sollten sowohl die Europäische Kommission als auch der Rat einen Zensus der Generationen einführen, um Informationen zur Verfügung zu stellen. Außerdem ist es erforderlich, die Indikatoren für nachhaltige Entwicklung nach Eurostat in absolut jedem Mitgliedstaat zu erhöhen.

Zum Abschluss möchte ich gern Herrn Mann gratulieren, weil er in seinem Bericht erfolgreich mehrere sehr attraktive Lösungen dargelegt hat. Dazu gehören die Initiative „Europäische Jugendgarantie“ und die Initiative „Beschäftigungspakt 50plus“.

 
  
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  Petru Constantin Luhan (PPE).(RO) In den nächsten Jahren sind abgesehen von den Auswirkungen der Krise zahlreiche andere große Herausforderungen zu bewältigen. Eine der größten davon ist demografischer Wandel und der sich daraus ergebende Bevölkerungsschwund bestimmter Regionen. Mitgliedstaaten werden eine wichtige Rolle zu spielen haben, um Bedingungen zu schaffen, die sicherstellen, dass die Auswirkungen auf Bürgerinnen und Bürger auf ein Minimum reduziert werden. Sie werden entsprechend ihren Anforderungen Unterstützung benötigen, insbesondere durch die Nutzung angemessener EU-Finanzierungsinstrumente wie der Strukturfonds.

Um diese Herausforderungen, die vor uns liegen, anzugehen, müssen wir uns meiner Ansicht nach besonders auf junge Menschen konzentrieren, indem wir dafür sorgen, dass sie am Leben der Gesellschaft beteiligt sind. Wir müssen in junge Menschen investieren und ihnen Zugang zu einer angemessenen Ausbildung bieten, gefolgt von der Möglichkeit, einen angemessenen Job zu finden, oder sie ermutigen, eine Karriere als Unternehmer einzuschlagen. Dies wird uns ermöglichen, die soziale Eingliederung junger Menschen sicherzustellen und, wie ich glaube, eine der Hauptursachen für die sinkende Geburtenrate und die sozioökonomischen Unterschiede zwischen den Generationen zu bekämpfen.

 
  
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  Cecilia Malmström, Mitglied der Kommission. – Herr Präsident, lassen Sie mich zuerst Herrn Mann für seinen sehr guten Bericht danken und ihm dazu gratulieren. Er enthält eine sehr gründliche und umfassende Analyse der Herausforderungen, denen wir uns in dieser demografischen Entwicklung stellen müssen. Die Kommission ist sehr erfreut, dass der Bericht Strategien herausstellt, um Mitgliedstaaten und die Europäische Union in die Lage zu versetzen, sich auf die Alterung der Bevölkerung vorzubereiten und besser mit den Folgen umzugehen.

In Ihrem Bericht schlagen Sie diesbezüglich eine Fülle von praktischen Lösungen vor: das Programm „Senioren in Aktion“, die „Europäische Jugendgarantie“, die Initiative „Beschäftigungspakt 50plus“, die Initiative „Altersmanagement“, die Initiative „Generationen-Tandem“ usw. Er enthält auch eine Reihe interessanter Vorschläge für die Definition und Anwendung des Konzepts der generationsübergreifenden Solidarität, da diese, wie sie ebenfalls gesagt haben, ein Ziel der Europäischen Union nach dem Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon ist.

Wie Sie wissen, hat die Kommission bereits zwei größere Initiativen in diesem Bereich angenommen: unser Grünbuch zu Renten, dem nächstes Jahr ein Weißbuch mit einer Skizze zukünftiger Aktivitäten folgen wird, und unser Vorschlag – der auf Ihrem Vorschlag basiert, Herr Mann – 2012 zum Europäischen Jahr für aktives Altern zu erklären.

Die Kommission wird in Kürze ihren dritten europäischen Demografiebericht vorstellen, der die neuesten Entwicklungen in der Bevölkerung skizzieren wird. Er wird auch zeigen, wie sich die Wirtschaftskrise auf die Fähigkeit der Mitgliedstaaten ausgewirkt hat, sich auf die Alterung der Bevölkerung vorzubereiten.

Das nächste Jahrzehnt wird ein Jahrzehnt tiefgreifenden demografischen Wandels für die Europäische Union sein. Die während des Baby-Booms geborenen Jahrgänge nähern sich dem Ruhestand, während die neu auf den Arbeitsmarkt gelangenden Jahrgänge deutlich kleiner sind. Die jüngeren Generationen der Europäer haben auch mit größerer Wahrscheinlichkeit einen anderen Migrationshintergrund, und dieser Wandel bringt Herausforderungen für Politiker in den Mitgliedstaaten mit sich.

Er wird sich als große Hürde für die Realisierung der Ziele von Europa 2020 erweisen, wenn es uns nicht gelingt, unser nicht ausreichend genutztes demografisches Potenzial zu mobilisieren. Dies erfordert Bemühungen, aktives Altern zu fördern, die Arbeitsmarktsituation junger Menschen zu verbessern, Migranten und ihre Nachkommen besser zu integrieren und auch Arbeitsmigration und die Vereinbarkeit von Arbeit und Pflegeverantwortung zu erleichtern. Bei all dieser gigantischen Arbeit freuen wir uns vonseiten der Kommission darauf, aktiv mit dem Europäischen Parlament zusammenzuarbeiten.

 
  
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  Der Präsident. – Die Aussprache wird geschlossen.

Die Stimmabgabe findet morgen, Donnerstag, den 11. November 2010, um 12.00 Uhr statt.

Schriftliche Erklärungen (Artikel 149)

 
  
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  Giovanni Collino (PPE), schriftlich(IT) Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! In der Geschichte der Menschheit waren stets zwei Faktoren ausschlaggebend für bedeutende gesellschaftliche Veränderungen: der demografische und der religiöse Faktor. Heute befinden wir uns in einer Situation, in der sich diese Faktoren auf gefährliche Weise miteinander verbinden. Seit langem schon reden wir vom „Kampf der Kulturen“ und von Europas Beispielfunktion in Bezug auf das friedliche Zusammenleben von Menschen verschiedener Herkunft. Gleichzeitig müssen wir angesichts der zunehmenden Alterung der europäischen Bevölkerung und der sinkenden Geburtenrate einen weiteren Aspekt berücksichtigen, nämlich den der Produktivität. Solange die alten Menschen eine nachwachsende Generation, die keine Arbeit findet und zahlenmäßig immer kleiner wird, finanzieren müssen, haben wir nur zwei Möglichkeiten: Entweder wir erlauben die Zuwanderung aus dem außereuropäischen Raum und sorgen so für Wachstum, oder wir hoffen darauf, dass wir auf den internationalen Finanzmärkten unser Kapital für uns arbeiten lassen können. Erst wenn die Generationen gegenseitig voneinander profitieren und gemeinsam Konzepte für die Zukunft entwerfen, können wir mit Recht von einem europäischen Wachstumsprozess sprechen. Ich fordere den Berichterstatter, Sie, Herr Präsident, und Sie, werte Kolleginnen und Kollegen, auf, über eine Anhörung zu einer neuen europäischen Politik zur wirtschaftlichen Entwicklung auf der Grundlage der Generationengerechtigkeit nachzudenken. Eine solche Politik muss das Ziel verfolgen, dass die junge und die ältere Generation gleichermaßen zu Wachstum und Wohlstand innerhalb der Europäischen Union beitragen.

 
  
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  Corina Creţu (S&D), schriftlich(RO) Ich möchte meine Unterstützung für das Konzept eines 50plus-Beschäftigungspakts zum Ausdruck bringen, der die Strategie Europa 2020 ergänzen würde und einen Beitrag zur stärkeren Integration älterer Menschen in den Arbeitsmarkt leisten kann. Schätzungen zufolge wird die Zahl der Arbeitnehmer im EU-Raum im kommenden Jahrzehnt um 3 Mio. sinken, gleichzeitig wird die EU eine der niedrigsten Geburtenraten weltweit aufweisen. Der Anteil der Arbeitnehmer im Alter über 55 Jahren liegt unterhalb des in der Strategie von Lissabon festgelegten Zielwerts von 50 %. Meiner Ansicht nach sind angesichts einer Alterspyramide, die sich immer mehr in Richtung der älteren Generation verschiebt, konkrete Maßnahmen erforderlich, um die Balance zwischen dem Bedürfnis nach sozialer Sicherheit und der wachsenden Ineffizienz der Sozialsysteme zu finden. Um deren Fortbestand zu sichern, brauchen wir Antworten auf die neuen wirtschaftlichen und demografischen Herausforderungen. Ich glaube, dass wir die Erfahrung älterer Arbeitnehmer brauchen, sie aber derzeit aufgrund einiger ebenso hartnäckiger wie diskriminierender Vorurteile nicht genügend nutzen. Gegen diese Vorurteile gilt es entschiedener und effektiver anzugehen.

Herausheben möchte ich auch, dass besonders ältere Frauen nach wie vor vielen Formen von Diskriminierung ausgesetzt sind, sowohl wegen ihres Geschlechts als auch wegen ihres Alters. Wir müssen der Situation älterer, allein stehender Frauen mehr Beachtung schenken, da der Anteil dieser Gruppe an der Gesamtbevölkerung unter anderem aufgrund einer vergleichsweise hohen Lebenserwartung zukünftig weiter wachsen wird.

 
  
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  Vasilica Viorica Dăncilă (S&D), schriftlich(RO) Europa steht angesichts des demografischen Wandels vor der schwierigen Herausforderung, die Balance zwischen der Wahrung sozialer Rechte sowie angemessenen Sozialleistungen für Bedürftige und dem Prinzip einer „Gesellschaft für alle“ wahren zu müssen. Ich glaube, dass es jeder Gesellschaft insgesamt nützt, wenn sie auf die Fähigkeiten und die Erfahrung älterer Arbeitnehmer zurückgreift. Also müssen wir öffentliche Stellen, Unternehmen und NGO unterstützen, die innovative Programme zur Einbindung älterer Menschen in verschiedene Maßnahmen entwickeln. Die wichtigsten Instrumente zur Herstellung von Solidarität zwischen den Generationen bleiben der soziale Dialog und das Gespräch mit und zwischen den betroffenen Gruppen. Hierfür können spezielle Programme entwickelt werden, die beispielsweise innerhalb unserer Bildungssysteme unter jungen Menschen ein Bewusstsein für dieses Problem schaffen und so den Dialog mit der älteren Generation erleichtern. Darüber hinaus sollten Unternehmen gefördert werden, die gezielt Mitarbeiter-Teams mit gemischter Altersstruktur zusammenstellen, denn dies erhöht die Wettbewerbsfähigkeit und ermöglicht eine insgesamt ausgewogenere Unternehmensentwicklung. Der sozialwirtschaftliche Sektor sowie der Europäische Sozialfonds können Mittel zur Entwicklung von Programmen für aktives Altern und Generationensolidarität bereitstellen.

 
  
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  Robert Dušek (S&D), schriftlich (CS) Der Bericht über die demografischen Herausforderungen thematisiert sozioökonomische Probleme, deren Ursache in der Alterung der Bevölkerung und der damit verbundenen finanziellen Belastung für zukünftige Generationen liegt. Die Sicherstellung von Generationengerechtigkeit zählt zu den zentralen Zielen europäischer Sozialpolitik. Die europäische Bevölkerung altert. Die Geburtenrate in den EU-Staaten ist konstant niedrig. Hierbei hat Einwanderung zwar in vielen Ländern einen gewissen Ausgleich geschaffen, sie kann aber dennoch nicht als Erfolg bezeichnet werden. Viele Kinder aus Einwandererfamilien erreichen nur niedrige Bildungsabschlüsse und haben folglich häufig mit dem Problem der Arbeitslosigkeit zu kämpfen. Der Großteil der Immigranten bildet eigene soziale Netzwerke, ohne sich in die Gesellschaft des Einwanderungslands zu integrieren. Ich stimme mit dem Berichterstatter darin überein, dass der Integrationswille der Einwanderer einerseits und ihre Akzeptanz seitens des Gastlands andererseits unabdingbare Voraussetzungen für erfolgreiche Migration sind. Ein weiteres verstecktes Problem besteht in der Verteilung der gesamten Geburtenzahl auf die verschiedenen sozialen Schichten. Prozentual betrachtet entfällt der Großteil der Geburten auf Einwanderer sowie auf Angehörige sozial schwacher Schichten. Unglücklicherweise ist es mittlerweile zum Regelfall geworden, dass gut qualifizierte und in die Gesellschaft integrierte Personen nur ein Kind haben, während sozial schwache Familien im Durchschnitt vier Kinder bekommen. Diese höhere Kinderzahl dient häufig der Lösung finanzieller Probleme. Aus diesen Gründen unterstütze ich die vom Berichterstatter geforderte Vorgehensweise und spreche mich dafür aus, nicht länger hohe Geburtenraten bei sozial schwachen Familien zu fördern, sondern stattdessen ein Programm zur Erhöhung der Kinderzahl in gut qualifizierten und integrierten Bevölkerungsgruppen ins Leben zu rufen.

 
  
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  Edite Estrela (S&D).(PT) Der demografische Wandel zählt zu den größten Herausforderungen, denen Europa gegenübersteht. Vor hundert Jahren machte die europäische Bevölkerung 15 % der Weltbevölkerung aus. 2050 wird dieser Anteil voraussichtlich nur noch 5 % betragen. Dies stellt ein ernstes Problem dar und hat bereits heute negative Auswirkungen auf die Wirtschaft, die Sozialsysteme und die Gesellschaft insgesamt. Deshalb benötigen wir dringend Maßnahmen zur Steigerung der Geburtenrate. Derzeit verfügbare Studien zeigen eine bemerkenswerte Diskrepanz: Familien wünschen sich durchschnittlich 2,3 Kinder, die tatsächliche Kinderzahl liegt aber im Mittel nur bei 1,5. Um der Herausforderung einer alternden Gesellschaft zu begegnen, muss Europa mit einer gezielten Politik die Beschäftigung von Frauen aller Altersgruppen fördern und das Produktivitätspotenzial von Frauen und Einwanderern voll nutzen. Speziell Portugal kann uns in diesem Bereich als Vorbild dienen. Hier finden wir eine gute Versorgung mit Kinderkrippen und Kindertagesstätten, umfassenden Mutterschutz, zahlreiche Optionen für Elternzeiten und eine effektive Politik zur Förderung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie.

 
  
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  José Manuel Fernandes (PPE), schriftlich(PT) Bei der Fortsetzung des derzeitigen demografischen Trends werden sich die Bevölkerungsstruktur und die Alterspyramide innerhalb weniger Jahre tiefgreifend verändern. Schätzungen zufolge wird die Anzahl der EU-Bürger im Alter bis 14 Jahre von 100 Mio. im Jahr 1975 auf 66 Mio. im Jahr 2050 zurückgehen. Die Anzahl der Menschen im erwerbsfähigen Alter wird von derzeit 331 Mio. auf 268 Mio. im Jahr 2050 sinken. Darüber hinaus wird der Anteil der über 80-Jährigen von 4,1 % (2005) auf 11,4 % (2050) ansteigen. Die Alterung der Bevölkerung zählt zu den größten Herausforderungen, denen die EU gegenübersteht. Die EU und die Mitgliedstaaten müssen rasch und in enger gegenseitiger Abstimmung handeln, nicht zuletzt deshalb, weil wir bereits heute mit einer steigenden Arbeitslosenquote bei jungen Arbeitnehmern und Schwierigkeiten bei der Finanzierung der Rentensysteme zu kämpfen haben. Der grundlegende Wert der Gerechtigkeit und Solidarität zwischen den Generationen kann nur dann verwirklicht werden, wenn wir die wichtigen Fragestellungen im Zusammenhang mit der Finanzierung der Renten, den Staatshaushalten, der Staatsverschuldung, dem Gesundheitswesen, der Erhöhung der Geburtenrate, dem Schutz der Familie und der Bekämpfung von Diskriminierung miteinander verknüpfen. Hierzu benötigen wir durchdachtes, nachhaltiges und ganzheitliches Wachstum in Übereinstimmung mit der Europa-2020-Strategie.

 
  
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  Tunne Kelam (PPE), schriftlich – Gerechtigkeit und Solidarität zwischen den Generationen sind unabdingbare Voraussetzungen für das Funktionieren einer Gesellschaft. Es gibt keine Gerechtigkeit ohne Solidarität. Europa hat mit zwei Problemen zu kämpfen – der hohen Jugendarbeitslosigkeit und der unsicheren Finanzierung der Rentensysteme. Der Anteil der über 60-jährigen EU-Bürger wird ab 2015 pro Jahr um 2 Mio. Menschen ansteigen. Gleichzeitig besteht dringender Handlungsbedarf im Zusammenhang mit der sinkenden Geburtenrate – hierbei handelt es sich um eine Entwicklung, die bereits seit mehreren Jahrzehnten andauert. Sie verursacht hohe finanzielle Belastungen für eine zahlenmäßig immer kleiner werdende junge Generation. Innergesellschaftliche Konflikte über die Verteilung der Lasten können die Folge sein. Wir sollten ältere Menschen als Gewinn für die Gesellschaft sehen. Ihre Erfahrung und Bereitschaft zur aktiven Mitwirkung bei der Gestaltung der Gesellschaft sollten auf allen Ebenen genutzt werden. Der enorme Beitrag zur Stärkung der Generationensolidarität, den Millionen ältere Menschen tagtäglich in ihrem persönlichen Umfeld leisten, etwa indem sie Kinder oder Senioren betreuen, sollte in allen Mitgliedstaaten die gebührende Anerkennung finden. Ein wichtiger Aspekt ist die verstärkte Einbindung ehrenamtlicher Strukturen, die auf eine lange Tradition bei der Schaffung sozialer Netze zurückblicken. Ich unterstütze darüber hinaus die Initiative der AGE-Plattform, 2012 zum Europäischen Jahr des aktiven Alterns und der Solidarität zwischen den Generationen zu erklären.

 
  
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  Elisabeth Köstinger (PPE), schriftlich. – Der Bericht von Herrn Kollegen Mann zeigt klar Probleme auf, deren wir uns bewusster werden sollten. Momentan zeichnen sich tiefgreifende Veränderungen in der europäischen Bevölkerungsstruktur ab. So liegt die Geburtenrate EU-weit derzeit bei 1,5 Kindern pro Frau. Diesem Umstand müssen wir in unserer Politik gebührend Beachtung zollen. Einerseits gilt es die Wichtigkeit von Ausbildungs- und Arbeitsplätze für Jugendliche zu thematisieren. Die Forderung nach einer europäischen Jugendgarantie, bei der Jugendliche, ab einer Arbeitslosigkeitsdauer von max. 4 Monaten einen Arbeitsplatz, eine Lehrstelle oder eine andere Ausbildungsmöglichkeit zur Verfügung gestellt wird, ist ein interessanter Vorschlag, den es zu vertiefen gilt. Andererseits muss auf die Bedeutung von "Aktivem Altern" sowie auf die Generationsgerechtigkeit hingewiesen werden. Hier gilt es auch in Zukunft anzusetzen. Ich spreche mich für den Bericht von Herrn Kollegen Mann aus.

 
  
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  Elżbieta Katarzyna Łukacijewska (PPE), schriftlich(PL) Meine sehr geehrten Damen und Herren, der demografische Wandel, die abnehmende Zahl der Erwerbstätigen und die sinkende Geburtenrate machen den Faktor Alter zu einer neuen Ursache sozialer Ausgrenzung. Daher wäre eine intergenerationelle Initiative von größter Wichtigkeit, die die Situation unserer älteren Mitbürger sowie ihr Verhältnis zur übrigen Gesellschaft verbessern hilft. Besonderes Augenmerk sollte der Wohnsituation und Gesundheitsversorgung älterer Menschen gelten, speziell in bestimmten Regionen, in denen die Bevölkerung um 20 bis 30 % sinkt. In Bulgarien etwa beträgt die monatliche Durchschnittsrente etwa 100 EUR. Es muss also etwas getan werden, um die Situation der dortigen Rentner zu verbessern und ihnen ein menschenwürdiges Leben zu sichern. Ich möchte auf die Notwendigkeit hinweisen, einen Katalog der dringendsten Probleme zu erstellen, der als Grundlage zur Erarbeitung spezifischer Lösungen dienen kann. Darüber hinaus ist es wichtig, dass wir von denjenigen Regionen und Mitgliedstaaten lernen, die gute Konzepte zum Umgang mit den Auswirkungen einer alternden Gesellschaft entwickelt haben. Dies gilt insbesondere im Zusammenhang mit dem Europäischen Jahr des aktiven Alterns. Vielen Dank.

 
  
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  Iosif Matula (PPE), schriftlich(RO) Die meisten Mitgliedstaaten der EU verzeichnen eine Abnahme und Alterung ihrer Bevölkerung. Dieser demografische Wandel stellt eine der größten Herausforderungen für die Staatengemeinschaft dar. Die mit dieser Entwicklung verbundenen Risiken müssen zu einem Schwerpunktthema der Sozialpolitik auf EU-Ebene werden. Angesichts einer kontinuierlichen Alterung der Bevölkerung, sinkender Geburtenraten und demografischer Ungleichgewichte muss diese Politik konkrete Maßnahmen zur Lösung der damit verbundenen Probleme benennen. In den vergangenen 20 Jahren gab es in den Konvergenzregionen einen erheblichen Rückgang der Landbevölkerung. Insbesondere junge Menschen wanderten in die Städte ab. Gerade diese Gruppe spielt eine bedeutende Rolle für zentrale Ziele der Kohäsionspolitik, nämlich die Verringerung des sozialen Gefälles zwischen Stadt und Land sowie die Korrektur demografischer Diskrepanzen. Wir müssen den ländlichen Raum wieder attraktiver machen, indem wir etwa Investitionen fördern oder für den Ausbau von Breitband-Internetverbindungen sorgen. Eurostat zufolge wird sich die durchschnittliche Lebensarbeitszeit bis 2060 um 7 % verlängern. Folglich müssen die Mitgliedstaaten eine klare und kohärente Politik auf den Weg bringen, die Generationensolidarität fördert und in weit stärkerem Maße als heute die Beteiligung älterer Menschen am Arbeitsmarkt ermöglicht.

 
  
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  Rareş-Lucian Niculescu (PPE), schriftlich(RO) Ich stimme den Aussagen im Bericht des Kollegen Thomas Mann ausdrücklich zu. Die demografischen Probleme innerhalb der Europäischen Union werden immer deutlicher, insbesondere im ländlichen Raum. Statistiken zeigen, dass lediglich 7 % der europäischen Landwirte jünger sind als 35 Jahre, während in den kommenden 10 Jahren 4,5 Mio. Landwirte in den Ruhestand gehen werden. Wir stehen vor einem Rückgang der Erwerbstätigenzahl im ländlichen Raum, der sich in Zukunft negativ auf die Produktivität in der Landwirtschaft auswirken wird.

Wir brauchen neue Instrumente zur Lösung der demografischen Probleme im ländlichen Raum. Eine unserer wichtigsten Aufgaben in diesem Zusammenhang besteht darin, in ländlichen Gebieten Schul- und Ausbildungsmöglichkeiten für junge Menschen zu schaffen, um sie in der Region zu halten und Tätigkeiten im landwirtschaftlichen Bereich attraktiver zu machen. Ein weiterer entscheidender Aspekt: Alle Mitgliedstaaten müssen Vorruhestandsregelungen im Agrarbereich umsetzen und gleichzeitig Nachwuchs-Landwirte bei der Betriebsgründung unterstützen. Die Kombination beider Maßnahmen würde die Ansiedlung junger Landwirte gezielt fördern und darüber hinaus zu einer Modernisierung zahlreicher Betriebe führen. Schließlich sollten Fördermittel für landwirtschaftliche Projekte bereitgestellt werden, damit insbesondere junge Unternehmer einen Anreiz erhalten, im Agrarsektor tätig zu werden.

 
  
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  Kristiina Ojuland (ALDE), schriftlich – Herr Präsident, ich begrüße die Aussagen, die der Kollege Thomas Mann in seinem Bericht macht. Er spricht verschiedene zentrale Probleme an, denen die Europäische Union schon heute gegenübersteht oder mit denen sie in naher Zukunft konfrontiert sein wird. Die Proteste in Frankreich gegen die Erhöhung des Renteneintrittsalters zeigen eine deutliche Diskrepanz zwischen den Erwartungen der europäischen Bürger und den Fakten der allgemeinen demografischen Entwicklung. Die Lebenserwartung in Europa steigt kontinuierlich, während die Bevölkerungszahl schrumpft. Die Kombination dieser beiden Entwicklungen wird unweigerlich zu erhöhten Steuerbelastungen zukünftiger Generationen führen, wenn wir die Rentensysteme nicht umfassend reformieren. Die starke Ablehnung gegenüber der Rentenreform ist auf emotionaler Ebene gut verständlich. Berücksichtigt man aber die demografische Situation in Europa, so wird deutlich, dass der Vorschlag der französischen Regierung und seine Annahme durch das Parlament die einzige Möglichkeit sind, zukünftigen Schaden von Frankreichs Erwerbstätigen und Rentnern abzuwenden. Die Regierungen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union müssen den Dialog mit den Bürgerinnen und Bürgern intensivieren, um ein Bewusstsein für den demografischen Wandel und seine Auswirkungen zu schaffen. Konsens ist eine unverzichtbare Grundlage zur Umsetzung notwendiger, wenn auch unpopulärer Reformen.

 
  
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  Siiri Oviir (ALDE), schriftlich(ET) Die europäische Bevölkerung altert trotz Einwanderung und einer leicht erhöhten Geburtenrate nach wie vor jedes Jahr. Daraus erwachsen neue Probleme und Herausforderungen, denen wir uns stellen müssen. Wenn wir uns die europäische Alterspyramide ansehen, wird deutlich, dass wir in Zukunft dem Arbeitsmarkt für ältere Menschen mehr Aufmerksamkeit widmen müssen. Im Übrigen bin ich wie der Berichterstatter der Ansicht, dass die Alterung der Bevölkerung auch Chancen zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit sowie Potenzial für Innovationen birgt. Dies wiederum trägt zu wirtschaftlicher Entwicklung und der Schaffung von Arbeitsplätzen bei. Natürlich ist es wichtig, verstärkt ältere Menschen in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Wir müssen uns aber auch die Frage stellen, ob wir uns nicht, anstatt mit den Folgen, eher mit der Ursache des Problems befassen und einer Erhöhung der Geburtenrate oberste Priorität einräumen sollten. Die europäische Erfahrung mit der Integration von Einwanderern hat gezeigt, dass eine Verstärkung der Immigration der falsche Weg ist. Eine große Einwanderungswelle hat bei den Europäern die Angst geschürt, zu einer Minderheit im eigenen Land zu werden. Darüber hinaus gelten die Einwanderer vielen als nicht ausreichend integrationswillig. Beunruhigenderweise reagieren nicht wenige Europäer auf dieses Problem mit der Unterstützung rechtextremer politischer Gruppierungen, deren Ideologie in keiner Weise mit europäischen Werten vereinbar ist. Angesichts der demografischen Situation in Europa ist es bedauerlich, ja beinahe absurd, dass wir insbesondere in Osteuropa mit einer hohen Jugendarbeitslosigkeit zu kämpfen haben und es nicht schaffen, junge Menschen in den Arbeitsmarkt zu integrieren, ihr großes Potenzial adäquat zu nutzen und ihnen damit auch die gebührende Wertschätzung zukommen zu lassen. Wenn wir Konflikte im Zusammenhang mit der Verteilung gesellschaftlicher Lasten vermeiden wollen, muss es uns gelingen, Generationengerechtigkeit herzustellen.

 
  
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  Rovana Plumb (S&D), schriftlich(RO) Europa altert schneller als andere Kontinente. Eine beunruhigende Tatsache besteht darin, dass der Altersquotient in der EU27, d.h. die Bevölkerung im Alter von 65 Jahren und darüber geteilt durch die Bevölkerung im arbeitsfähigen Alter (15 bis 64 Jahre), sich vermutlich von 25,4 % im Jahr 2008 auf 53,5 % im Jahr 2060 verdoppeln wird. In Rumänien wird eine absolut alarmierende Steigerung dieses Altersquotienten von 21,3 % (2008) auf 65,3 % (2060) erwartet.

Angesichts des Ausmaßes und der Geschwindigkeit des Alterungsprozesses müssen die Mitgliedstaaten Aspekte wie Gleichstellung der Geschlechter, neue Formen der Arbeitsorganisation in Unternehmen, flexible Altersteilzeit-Modelle für den schrittweisen Übergang in den Ruhestand, die Verbesserung der Arbeitsbedingungen sowie die Umsetzung von Antidiskriminierungsrichtlinien bei der Bewerberauswahl und Berufsausbildung in ihre Arbeitsmarktpolitik integrieren.

Darüber hinaus richte ich an die Mitgliedstaaten folgende Forderungen:

– Sie sollen darauf hinwirken, dass Unternehmen Strukturen schaffen, die den Bedürfnissen älterer Mitarbeiter entsprechen. Dies bezieht sich insbesondere auf das Angebot von Altersteilzeitmodellen. Gleichzeitig muss berücksichtigt werden, welchen spezifischen Belastungen Arbeitnehmer in verschiedenen Berufsfeldern ausgesetzt sind und unter welchen Arbeits-, Gesundheits- und Sicherheitsbedingungen sie ihre Tätigkeit ausüben.

– Für bestimmte Berufsgruppen mit gesundheitlich belastenden Arbeitsbedingungen sowie bei Vorliegen besonderer Umstände wie Umstrukturierungen oder betriebsbedingte Entlassungen muss weiterhin die Möglichkeit des Vorruhestands gegeben sein.

 
  
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  Joanna Senyszyn (S&D), schriftlich(PL) Dieser Bericht ist sehr wichtig und muss von der Europäischen Kommission bei der Festlegung der Prioritäten und Planungen für 2012 berücksichtigt werden, dem Europäischen Jahr des aktiven Alterns und der generationenübergreifenden Solidarität. Ich habe das Thema des aktiven Alterns bereits mehrmals im Parlament zur Sprache gebracht und bin der Ansicht, dass sich die Europäische Union und alle Mitgliedstaaten in den kommenden Jahren schwerpunktmäßig damit befassen sollten.

Wir können die demografische Entwicklung nicht ändern. Angesichts der Alterung der europäischen Gesellschaft müssen wir Menschen im Rentenalter die Möglichkeit geben, am Arbeitsmarkt teilzuhaben. Wir sollten die wertvolle Erfahrung dieser Menschen nutzen und sie nicht zur altersbedingten Aufgabe ihrer Berufstätigkeit zwingen, wenn sie eigentlich weiterarbeiten möchten. Daher unterstütze ich die vom Berichterstatter vorgestellten Initiativen, insbesondere den Pakt 50plus und die Initiative für aktives Altern. Ebenfalls von herausragender Bedeutung ist die Initiative zur Gewährleistung einer angemessenen Rentenhöhe. In Übereinstimmung mit dem Bericht rufe ich den Rat und die Mitgliedstaaten auf, zügig die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass allen Rentnern innerhalb der Europäischen Union ein angemessenes, deutlich oberhalb der Armutsgrenze liegendes Rentenniveau garantiert wird. Wir müssen entschlossen gegen alle Formen der Diskriminierung gegenüber älteren Menschen vorgehen. Häufig wird fälschlicherweise davon ausgegangen, dass materielle Bedürfnisse mit zunehmendem Alter sinken. Senioren haben oft Schwierigkeiten, Kredite zu bekommen. Altersbedingte Diskriminierungen auf dem Arbeitsmarkt sind an der Tagesordnung. Dies führt nicht selten zu absurden Phänomenen: So finden etwa 40-jährige Frauen aus Altersgründen keine Arbeitsstelle mehr, während man andererseits von Hochschulabsolventen mehrere Jahre Berufserfahrung erwartet.

 
  
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  Anna Záborská (PPE), schriftlich (SK) Der Weg aus der demografischen Krise führt über die Familie, denn die Schwächung der Rolle der traditionellen Familie ist die eigentliche Ursache des Problems, vor dem wir heute stehen. Mehr ältere Menschen und Frauen in den Arbeitsmarkt zu integrieren, kann nur als provisorische Lösung angesehen werden. Wir gewinnen dadurch Zeit, die wir dazu nutzen müssen, Anreize für junge Menschen zur Gründung einer Familie zu schaffen. Diese kurzfristige Strategie darf jedoch unseren langfristigen Zielen nicht entgegenstehen. Wir konzentrieren uns auf die Schaffung von Betreuungseinrichtungen, damit Mütter von Kindern im Vorschulalter ihre Berufstätigkeit wieder aufnehmen können. Dabei vergessen wir allzu leicht, dass sich die Grundzüge des Sozialverhaltens von Kindern in den ersten drei Lebensjahren entwickeln, dass sie in vielen Kinderkrippen eher rabiate Durchsetzungsfähigkeit als Respekt gegenüber anderen lernen und dass die in dieser Phase entwickelten Verhaltensmuster prägend für das gesamte spätere Leben sind. Betreuung durch die Eltern darf nicht zum Luxus werden, sondern muss der Normalfall sein. Kinderkrippen und Tagesstätten sind und bleiben ein mehr oder weniger problematischer Kompromiss. Werden hier die Grenzen des Vertretbaren überschritten, kann dies negative Konsequenzen haben, die wir heute noch gar nicht überblicken. Können wir zum Beispiel sicher sein, dass Menschen, die in ihrer Kindheit mehr Zeit mit Fremden verbracht haben als mit den eigenen Eltern, später im selben Maß wie die heutige Generation dazu bereit sind, Verantwortung für Alte, Bedürftige oder Behinderte zu übernehmen?

 

23. Durchführung von Forschungsrahmenprogrammen (kurze Darstellung)
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  Der Präsident. – Der nächste Tagesordnungspunkt ist der Bericht von Maria Da Graça Carvalho im Namen des Ausschusses für Industrie, Forschung und Energie zur Vereinfachung der Durchführung von Forschungsrahmenprogrammen (2010/2079(INI)) (A7-0274/2010).

 
  
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  Maria Da Graça Carvalho, Berichterstatterin.(PT) Wissenschaft, Bildung und Innovation sind Grundlagen für Wirtschaftswachstum und die Schaffung von Arbeitsplätzen. Europa muss mehr in die Wissenschaft investieren, seine Wissenschaftsstrukturen öffnen, mehr Mobilität von Forschern ermöglichen und Exzellenz gezielt fördern. Die heutige Welt ist in allen Sektoren von Multipolarität geprägt. Dies gilt auch im Bereich der Wissenschaft. Um diese Tatsache zu belegen, braucht es nur einige wenige Zahlen: 80 % aller Forscher weltweit arbeiten außerhalb Europas, 69 % aller Patente werden außerhalb Europas angemeldet.

Europa investiert weniger in Wissenschaft und Innovation als Japan, Südkorea und die USA. Die Differenz ist hauptsächlich auf die vergleichsweise geringeren privaten Investitionen zurückzuführen. Unser Wissenschafts- und Forschungssystem hat Schwächen, die wir überwinden müssen, beispielsweise Unterfinanzierung, Fragmentierung, schlechte Rahmenbedingungen zur Entwicklung von Innovationen und eine überbordende Bürokratie. Das europäische Wissenschaftssystem muss effizienter werden. Der erste Schritt hierzu ist die Vereinfachung der Bestimmungen zur Finanzierung. In diesem Zusammenhang hatte ich die Ehre, mit der Berichterstattung zur Vereinfachung der Beteiligungsregeln für derzeitige und zukünftige Wissenschafts- und Innovationsprogramme der Europäischen Union beauftragt zu werden.

Dieser Bericht wird auf europäischer Ebene eine wichtige Rolle spielen und kommt darüber hinaus zur richtigen Zeit, denn wir beginnen soeben mit der Analyse des siebten Forschungsrahmenprogramms und den Vorbereitungen für das achte. Als zuständige Berichterstatterin habe ich mich dazu entschieden, eine breit angelegte Diskussion zu diesem Thema zu eröffnen und eine öffentliche Konsultation durchzuführen. Ich habe mehr als 8 000 Einladungen zur Beteiligung an ein breites Spektrum von Institutionen und Körperschaften versandt. Die Resonanz war enorm hoch und zeigt, welche Bedeutung unsere Institutionen und die Öffentlichkeit diesem Thema beimessen.

Der Bericht spricht sich für eine Vereinfachung der Finanzkontrolle sowie die Förderung der wissenschaftlichen und technischen Bewertung von Forschungsarbeiten durch Peer Reviews auf der Grundlage wissenschaftlicher Spitzenleistungen aus. Der Bericht soll zur Erhöhung der Risikotoleranz, zur Vereinfachung bürokratischer Kontrollmechanismen und zur Schaffung von mehr Vertrauen zu den beteiligten wissenschaftlichen und wirtschaftlichen Kreisen beitragen. Er stellt jedoch lediglich den ersten Schritt eines schwierigen Prozesses dar. Die Kommission wird für die Umsetzung der Empfehlungen verantwortlich sein. Damit sie dieser Verantwortung nachkommen kann, sind Kontrolle sowie politische Unterstützung seitens des Parlaments und des Rates erforderlich.

Der Vereinfachungsprozess kann zukünftig auf andere EU-Programme ausgedehnt werden, insbesondere auf Strukturfonds. Programme mit einfacheren Regeln sind gleichzeitig transparenter und effizienter. Ich möchte meinen Kolleginnen und Kollegen, dem belgischen Ratsvorsitz, der Kommission und allen anderen Beteiligten meinen Dank für ihre Unterstützung bei der Durchführung der öffentlichen Konsultation aussprechen. Es ist von entscheidender Bedeutung, den Zugang zu Finanzmitteln zu vereinfachen und eine Kultur der Bewertung von Forschungsarbeiten zu etablieren, die auf der vertrauensvollen Partnerschaft aller Beteiligter beruht. So unterstützen wir nicht nur Forschung und Innovation, sondern machen darüber hinaus Europa zu einem attraktiven Ort zum Leben und Arbeiten.

 
  
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  Ilda Figueiredo (GUE/NGL).(PT) Zunächst möchte ich mich bei der Berichterstatterin für ihre hervorragende Arbeit bedanken. Vereinfachungen bei der Umsetzung des Forschungsrahmenprogramms sind definitiv erforderlich. Wie die Berichterstatterin ausgeführt hat, handelt es sich dabei nur um eine von vielen Reformen, die zur Verbesserung der Forschungsfinanzierung in der EU erforderlich sind. Letztendlich verfolgen wir damit das Ziel, die Forschung effizienter zu machen und sie stärker in den Dienst gesellschaftlicher Entwicklung und sozialen Fortschritts zu stellen.

Wir unterstützen die im Bericht geforderte Ausweitung des ursprünglichen Vorschlags der Kommission in wichtigen Bereichen wie der Finanzkontrolle, der Vereinfachung der Berechnung durchschnittlicher Personalkosten und der Abschaffung von Zeiterfassungsmechanismen wie etwa Timesheets. Darüber hinaus muss die Kommission dafür sorgen, dass für erfolgreiche Vorschläge entstandene Kosten nachträglich erstattet werden können. Dies wird die Beteiligung von Partnern aus der Wirtschaft erleichtern, insbesondere die von mittelständischen Unternehmen.

Wenn wir Wissenschaft, Innovation und Bildung als Grundlagen des Wirtschaftswachstums und der Schaffung von Arbeitsplätzen stärken wollen, müssen wir die Vorschläge in diesem Bericht berücksichtigen und den Bereichen Wissenschaft und Forschung höhere Priorität einräumen.

 
  
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  Jean-Pierre Audy (PPE).(FR) Herr Präsident, ich möchte Frau Carvalho für Ihren hervorragenden Bericht danken und auch der Europäischen Kommission meinen Dank aussprechen. Darüber hinaus möchte ich Sie, Herr Kommissar, bitten, der Frau Kommissarin Geoghegan-Quinn meinen Dank für ihre Unterstützung dieses Prozesses der Vereinfachung und der Kommunikation zu übermitteln. Wir müssen Vereinfachungen für die Zukunft sicherstellen, aber auch die Schäden der Vergangenheit reparieren. Die Kommission hätte sicherstellen müssen, dass bereits abgeschlossene Projekte nicht erneut unter Anwendung verschärfter Regeln geprüft werden. Da sie das nicht getan hat, müssen wir uns jetzt mit den Schäden der Vergangenheit befassen, Herr Kommissar.

Die Zusammenarbeit mit bestimmten Forschungsinstituten stand auf Messers Schneide, da sie ihr Vertrauen in die Europäische Union verloren hatten. Heute müssen wir mit Klugheit, der Beachtung der Grundsätze guten Managements, mit der Anwendung vertretbarer Fehlerrisiken, aber auch mit Prüfungen von unabhängiger Seite und – falls diese zu keinem befriedigenden Ergebnis führen – ,wie von mir vorgeschlagen und angenommen, mithilfe eines unabhängigen Vermittlers das Vertrauen der Forschungsinstitute zurückgewinnen, selbstverständlich in Verbindung mit angemessener Kontrolle und Finanzierung aus EU-Mitteln. Im Anschluss daran werden wir auf Basis einer vertrauensvollen Partnerschaft zwischen den Mitgliedstaaten und der Europäischen Union Verhandlungen über den finanziellen Rahmen der Zukunft führen, um die Schwerpunkte unserer Forschung klarer zu definieren und ihr eine insgesamt europäischere Ausrichtung zu geben.

 
  
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  Marisa Matias (GUE/NGL).(PT) Zunächst möchte ich Frau Carvalho meine Glückwünsche aussprechen, und zwar sowohl zu dem hervorragenden Bericht, den sie heute hier vorgelegt hat, als auch zu ihrer vorbildlich demokratischen Vorgehensweise während des gesamten damit verbundenen Prozesses – innerhalb wie außerhalb des Parlaments. Ich bin der Meinung, dies verdient Anerkennung, und deshalb möchte ich mich bei ihr bedanken.

Das siebte Forschungsrahmenprogramm ist die weltweit größte und weitreichendste Initiative ihrer Art, daher ist die von der Kommission angeregte Vereinfachung definitiv zu begrüßen. Allerdings geht das vom Parlament vorgelegte Konzept weit über den Kommissionsvorschlag hinaus. Es beschränkt sich nicht auf Vereinfachung, es unterscheidet klar zwischen Forschung und Innovation sowie zwischen einzelnen Forschungsbereichen, es beinhaltet mehr Klarheit, Transparenz, Partizipation und demokratische Kontrolle, es sorgt für Chancengleichheit beim Zugang zu Fördermitteln, es ist weniger bürokratielastig und mehr auf die Förderung von Spitzenleistungen in der Forschung ausgelegt, es erkennt die Bedeutung verschiedener Wissenschaftsbereiche an und es fordert, dass alle Partnerschaften auf einheitlicher, vergleichbarer Basis geschlossen werden.

Herr Präsident, abschließend möchte ich sagen, dass die Umsetzung dieses Vorschlags zu einer erheblichen Verbesserung der Arbeitsbedingungen für Forscher in Europa, zu mehr Prestige für die Forschung und insgesamt zu einer positiven Entwicklung der europäischen Wissenschaft beitragen würde. Aus diesem Grund müssen wir an einem Strang ziehen.

 
  
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  Seán Kelly (PPE). – Herr Präsident, bedauerlicherweise wird ein viel zu großer Teil der an sich fraglos guten Arbeit der Europäischen Union durch übermäßige Komplexität und Intransparenz bei Abläufen und Verfahren zunichte gemacht. Ein Beispiel dafür sind Antragsteller, die Fördermittel beantragen und diese letztendlich nicht erhalten, obwohl sich eigens dafür abgestellte Mitarbeiter monatelang ausschließlich mit der Ausarbeitung der Anträge beschäftigt haben. Derartige Fälle sind mir wiederholt berichtet worden.

Gleiches gilt für die Finanzierung von Kultur- und Bildungsprogrammen. Wir sollten alles daran setzen, das in der Europa-2020-Strategie festgehaltene Ziel eines 25 %igen Bürokratieabbaus zu erreichen. Mehr noch: Wir sollten das Ziel, falls irgend möglich, auf 50 % erhöhen, da, wie gesagt, eine Menge guter Arbeit durch übermäßig komplizierte Verfahren in den Bereichen Antragstellung und Prüfung zunichte gemacht wird.-

Die einzige Lösung dieses Problems besteht in der Vereinfachung.

 
  
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  Cecilia Malmström, Mitglied der Kommission – Herr Präsident, ich möchte zunächst der Berichterstatterin für ihren sehr ausführlichen Bericht danken. Sie benennt wichtige Problemfelder im Zusammenhang mit der europäischen Forschung, nämlich die Komplexität der Regeln für die Teilnahme und die Vergabe von Finanzmitteln sowie den hohen Verwaltungsaufwand.

Im April dieses Jahres hat die Kommission eine Erklärung zu diesem Thema verabschiedet, die eine lange Liste von Vorschlägen zu kurz- und langfristig umsetzbaren Vereinfachungen enthielt. Dadurch wurde eine wichtige interinstitutionelle Debatte ausgelöst. Die Kommission ist dankbar dafür, dass das Parlament diesem Thema so hohe Priorität einräumt. Sie ist darüber hinaus dankbar dafür, dass der Bericht die Mehrheit der von ihr gemachten Vorschläge aufgreift und weitere sehr interessante Vorschläge aus den Reihen des Parlaments enthält.-

Auch der Rat unterstützt die Initiative zur Vereinfachung. Vor dem Hintergrund dieses breiten interinstitutionellen Konsenses sollten wir nun konkrete Maßnahmen in die Wege leiten. Wir sind zur Umsetzung von Vereinfachungen auf Grundlage der in Ihrem Bericht genannten Grundsätze entschlossen. Von diesen Grundsätzen, nämlich Einfachheit, Transparenz, Rechtssicherheit, Konsistenz, Orientierung an wissenschaftlicher Exzellenz und, wie der Kollege Audy sagte, einer auf Vertrauen basierenden Zusammenarbeit mit den Forschungsinstituten, sollten wir uns beim Management von Forschungsaktivitäten leiten lassen.-

Einige der in Ihrem Bericht sowie der Erklärung des Rates enthaltenen Vorschläge können noch in das aktuelle Forschungsrahmenprogramm einfließen. Die Dienststellen der Kommission erarbeiten derzeit Lösungen, die rasch umsetzbar sind. Wir erwägen hierbei die erweiterte Akzeptanz von Methoden zur Berechnung von Durchschnittskosten, einen flexibleren Ansatz bei den Zinsen auf Vorfinanzierungen sowie optionale Pauschalleistungen für die Personalkosten von kleinen und mittleren Unternehmen.-

Sehr ernst nehmen wir auch das Problem der uneinheitlichen Auslegung von Regeln und Verfahrensrichtlinien durch die Dienststellen bei der Umsetzung des Forschungsrahmenprogramms 7. Wir arbeiten intensiv an Maßnahmen, die eine einheitlichere Auslegung und Anwendung der Regeln sicherstellen.

Darüber wollen wir dafür sorgen, dass bewilligte Mittel schneller ausgezahlt werden. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass weitreichende Änderungen in diesem Bereich gemäß der Finanzierungsverordnung und der mit ihr verknüpften Durchführungsbestimmungen erfolgen müssen. Erst nach einer entsprechenden Prüfung können wir die geplanten Vereinfachungen in die Praxis umsetzen.

Das derzeitige Kontrollsystem für die Forschungsausgaben wurde mit dem Ziel entwickelt, Fehler zu ermitteln und zu korrigieren, um eine Restfehlerquote von unter 2 % zu erreichen. Die Kommission ist ebenso wie die Berichterstatterin der Ansicht, dass dies mit hohen Kosten und hohem Verwaltungsaufwand sowohl für die Empfänger als auch die Kommission verbunden ist. Die in Ihrem Bericht geforderte höhere Fehlertoleranz könnte der Kommission ermöglichen, die Kontrollen anzupassen, Kosten zu sparen und die Zielsetzungen der effektiven Kontrolle einerseits und des Aufbaus vertrauensbasierter Beziehungen zu Forschungsinstitutionen andererseits miteinander in Einklang zu bringen.-

Vielen Dank an Sie und an alle, die an diesem Bericht mitgearbeitet haben. Er hat wichtige Grundlagen für unsere zukünftige Arbeit geschaffen.

 
  
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  Der Präsident – Die Aussprache wird geschlossen.

Die Stimmabgabe findet morgen, Donnerstag, den 11. November 2010, um 12.00 Uhr statt.

Schriftliche Erklärungen (Artikel 149)

 
  
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  Luís Paulo Alves (S&D), schriftlich(PT) Innovation und Forschung sind entscheidende Elemente unseres Konzepts zur Entwicklung Europas, der EU-2020-Strategie. Das Bekenntnis zum Stellenwert von Forschung und Entwicklung hat direkte Auswirkungen auf die Wirtschaft, da nur Innovationen die langfristige Rentabilität und Produktivität von Unternehmen und damit auch die Schaffung von Arbeitsplätzen sowie die internationale Wettbewerbsfähigkeit Europas garantieren. Ich habe schon immer die Ansicht vertreten, dass Forschungs- und Innovationsförderung idealerweise auf regionaler Ebene erfolgen sollten, weil damit auch die enge Zusammenarbeit zwischen Universitäten, öffentlichen Forschungseinrichtungen, Unternehmen und Behörden gefördert wird, speziell die Kooperation in Form von Clustern. In meiner Heimat, den Azoren, wird der Erfolg dieses Konzepts an der Tätigkeit des ozeanografischen Instituts der Universität der Azoren im Bereich Meeresforschung deutlich. Innovationsförderung auf regionaler Ebene trägt auch zum Ausgleich sozialer und regionaler Benachteiligungen bei. Deshalb muss die Kohäsionspolitik weiterhin für die Finanzierung entsprechender Aktivitäten in Randregionen der EU sorgen, etwa auf den Azoren.

 
  
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  Roberta Angelilli (PPE), schriftlich(IT) Im Hinblick auf die Halbzeitprüfung des siebten Forschungsrahmenprogramms und die Vorbereitung der Regeln für das kommende Programm müssen wir Lösungen finden, um bestimmte Hindernisse für Interessenten beim Zugang zu EU-Finanzmitteln zur Forschungsförderung zu beseitigen.

Wenn wir eine innovations- und wissensbasierte europäische Wirtschaft wollen, müssen wir in die Forschung investieren. Das heißt konkret, dass wir mittelständischen Unternehmen, öffentlichen Forschungseinrichtungen sowie Behörden auf regionaler und lokaler Ebene den Zugang zu EU-Mitteln ermöglichen müssen.

Dieser Zugang zu Mitteln zur Forschungsfinanzierung erfordert jedoch umfangreiche technische Kapazität sowie umfassende Kenntnis der administrativen und finanziellen Verfahren. Darüber hinaus werden tendenziell ergebnisorientierte Projekte bevorzugt, bei denen nur ein geringes Fehlerrisiko besteht. Dies erschwert die Umsetzung hoch innovativer Projekte.

Diese Situation hält Parteien aus dem privaten Sektor von einem Engagement ab und macht die Forschungslandschaft zu einer Ansammlung von Projekten von eher geringem Interesse. Die Folge ist eine Verringerung der weltweiten Wettbewerbsfähigkeit Europas.

Ich unterstütze die Forderung des Berichts nach einem nutzerorientierten Ansatz der Europäischen Kommission in Bezug auf den Zugang zu Finanzmitteln und Leitlinien, die in einem Handbuch zusammengefasst und in die Amtssprachen der EU übersetzt werden sollten. Darüber hinaus unterstütze ich die Forderung, der Wissenschaft und Industrie mehr Vertrauen entgegenzubringen.

 
  
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  Ioan Enciu (S&D), schriftlich(RO) Forschung und Innovation sind zwei grundlegende Elemente der Europa-2020-Strategie zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit, Förderung nachhaltigen Wachstums und Schaffung neuer Arbeitsplätze. In diesem Kontext muss die Umsetzung des siebten Forschungsrahmenprogramms verbessert werden, insbesondere durch die Beschleunigung und Vereinfachung administrativer Verfahren, die Verkürzung von Wartezeiten und eine effizientere Antragsbearbeitung.

Ich möchte an dieser Stelle auf einen weiteren wichtigen Punkt hinweisen: Auf der Ebene bestimmter Mitgliedstaaten gehen die Probleme über den reinen Verwaltungs- und Managementbereich hinaus. In diesen Ländern verhindert fehlende Forschungsinfrastruktur den Zugang zu den im Rahmen dieses Programms bereitgestellten Mitteln. Folglich muss die Kommission in ihre zukünftigen Vereinfachungsvorschläge auch spezifische Maßnahmen zum Aufbau der entsprechenden Infrastruktur in den neuen Mitgliedstaaten einbeziehen, um für deren Chancengleichheit beim Zugang zur Forschungsförderung zu sorgen.

 
  
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  Edit Herczog (S&D), schriftlich (HU) Vor kurzem haben wir der von der Kollegin Maria da Graça Carvalho vorgelegten Entschließung zur Vereinfachung der Finanzierungsregeln des Forschungsrahmenprogramms mit überwältigender Mehrheit zugestimmt. Die Entschließung geht in die richtige Richtung, allerdings sind zusätzliche Schritte dringend erforderlich. Unser derzeitiges Prüfungssystem erfordert ein derart hohes Maß an bürokratischem Aufwand bei Antragstellern, dass es IT-Projekte, kleine und mittlere Unternehmen sowie kleinere Forschungsinstitute aus dem Kreis derer ausschließt, die Zugang zu Finanzierungsmitteln erhalten können. Folglich erhalten nicht die besten Forscher finanzielle Unterstützung, sondern die Antragsteller mit der besten Buchhaltungsabteilung. Die für die Finanzaufsicht zuständigen Stellen akzeptieren derzeit offenbar keinerlei Risiken. Dies ist jedoch im Bereich Forschung und Entwicklung untragbar, denn hier muss naturgemäß häufig auch dann investiert werden, wenn die Ergebnisse nicht eindeutig abzusehen sind. Es muss um die Steuerung von Risiken gehen, nicht jedoch darum, sie vollständig auszuschließen zu wollen. Es gibt adäquate Regelungen in diesem Bereich, und diese sollten strikt eingehalten werden. Wo allerdings die Regeln der Natur der wissenschaftlichen Arbeit entgegenstehen, müssen wir sie reformieren. Ein weiteres, ähnlich schwerwiegendes Problem ist die ungleiche geografische Verteilung der Mittel aus dem Forschungsrahmenprogramm. Forscher in den neuen Mitgliedstaaten haben, verglichen mit ihren EU-15-Kollegen, verschwindend geringe Chancen auf Unterstützung. Solange das Forschungsrahmenprogramm der EU darauf abzielt, herausragende Wissenschaftler europaweit in gleicher Weise beim Erreichen von Spitzenleistungen zu unterstützen, können wir derart krasse regionale Unterschiede bei seiner Umsetzung nicht akzeptieren.

 
  
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  Richard Seeber (PPE), schriftlich. – In der heutigen Wissensgesellschaft kommt Know_how – gerade im Hinblick auf die größte Wirtschaftskrise der jüngsten Geschichte – eine zentrale Rolle zu. Forschung, Entwicklung und Innovation sind von höchster Bedeutung, um Europas Position als Global Player in der Wirtschaft und deren Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten. Europäische Initiativen zur öffentlichen Förderung von Forschungsprogrammen sind nach wie vor zu bürokratisch und mit hohem Verwaltungsaufwand verbunden. Die Vereinfachung des Siebten Forschungsrahmenprogramms (FP7), dem zur Zeit größten öffentlichen Förderprogramm für Forschung und technologische Entwicklung, ist daher dringend notwendig, um ausreichend Anreize für wissenschaftsorientierte Forschung zu schaffen. Die Forschungsförderung sollte den Teilnehmern mehr Vertrauen und auch mehr Risikotoleranz entgegenbringen, um auch Projekte mit höherem Risikopotenzial weiterhin in attraktivem Licht erscheinen zu lassen und Forschung an den Grenzen des Wissens zu betreiben.

 

24. Tagesordnung der nächsten Sitzung: siehe Protokoll
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25. Schluss der Sitzung
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(Die Sitzung wird um 23.40 Uhr beendet)

 
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