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Verfahren : 2010/2078(INI)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadium in Bezug auf das Dokument : A7-0314/2010

Eingereichte Texte :

A7-0314/2010

Aussprachen :

PV 22/11/2010 - 13
CRE 22/11/2010 - 13

Abstimmungen :

PV 23/11/2010 - 6.16
Erklärungen zur Abstimmung
Erklärungen zur Abstimmung

Angenommene Texte :

P7_TA(2010)0418

Ausführliche Sitzungsberichte
Montag, 22. November 2010 - Straßburg Ausgabe im ABl.

13. EZB-Jahresbericht 2009 - Neueste Entwicklungen bei den internationalen Wechselkursen (Aussprache)
Video der Beiträge
Protokoll
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  Der Präsident. – Als nächster Punkt folgt die gemeinsame Aussprache über

– den Bericht von Herrn Balz im Namen des Ausschusses für Wirtschaft und Währung über den Jahresbericht der EZB für 2009(2010/2078(INI)) (A7-0314/2010), und

– die Erklärung der Kommission zur jüngsten Entwicklung der internationalen Wechselkurse (2010/2914(RSP)).

 
  
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  Burkhard Balz, Berichterstatter. − Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es wurde ja eben schon zu etwas mehr Ruhe aufgerufen, vielleicht kann der eine oder andere Kollege sich auch daran halten. Meine sehr verehrten Damen und Herren, mein Bericht behandelt heute im Wesentlichen die Leistung der Europäischen Zentralbank 2009, also während einer Zeit, in der die wirtschaftlichen, finanziellen und in zunehmendem Maße auch die politischen Aktionen in weiten Teilen von der Wirtschafts- und Finanzkrise dominiert wurden. Die Krise, die zuerst eine reine Finanzkrise war, weitete sich aus und erfasste in einer zweiten Welle auch die gesamte Realwirtschaft. Die wirtschaftliche Tätigkeit ging weltweit zurück, sinkende Steuereinnahmen und krisenbedingt steigende Sozialausgaben führten zu wachsender Verschuldung der öffentlichen Haushalte. Zusätzliche Maßnahmen zur Ankurbelung der Wirtschaft trugen auch zur Verschuldung bei. Diese gestiegene Verschuldung brachte Regierungen in der gesamten Europäischen Union dazu, weitreichende Sparpakete zu schließen. Diese Pakete waren meiner Ansicht nach erforderlich und in manchen Fällen sogar überfällig. Sie schränkten jedoch die Handlungsfähigkeit der jeweiligen Regierungen ein.

Trotz der im zweiten Halbjahr 2009 beginnenden Erholung der wirtschaftlichen Tätigkeit drohte die Finanz- und Wirtschaftskrise demnach 2010, sich im Zuge einer dritten Welle zu einer öffentlichen Schuldenkrise auszuweiten. Diese Gefahr ist meiner Ansicht nach noch nicht gebannt. Wir wurden in den letzten Tagen durch den irischen Fall nur allzu deutlich daran erinnert, dass das Problem der Überschuldung der Mitgliedstaaten noch keineswegs geklärt ist, und deshalb stimme ich auch Herrn Van Rompuy zu: Ein Ende des Euro ist indiskutabel. Aber dies ist die aktuelle Lage, und mein Bericht beschäftigt sich nun einmal mit 2009, und hier kann man sagen, dass die EZB auf die Herausforderungen angemessen, ja sogar gut reagiert hat. Ihre Maßnahmen erwiesen sich als umfassend erfolgreich und bewahrten viele Finanzinstitute vor dem Zusammenbruch. Allerdings wurden die Liquiditäten von den Finanzinstituten nicht immer in vollem Umfang an die Realwirtschaft weitergereicht, so dass sich das ganze Erholungspotenzial der Maßnahmen nicht voll entfalten konnte.

Da es sich bei diesen Maßnahmen um außergewöhnliche Schritte handelte, ist nun der sorgfältig geplante und umsichtige Abbau der Maßnahmen essentiell. Die Probleme in Griechenland und anderen Euro-Staaten mögen teilweise hausgemacht sein, doch haben sie auch grundsätzliche Probleme der Wirtschafts- und Währungsunion deutlich gemacht. Diese Grundsätze des Stabilitäts- und Wachstumspaktes wurden verletzt. Wir erleben nun die Folgen, auch aktuell in Irland. Diese Verletzungen müssen nun behoben werden, neue Verstöße müssen verhindert werden. Der Stabilitäts- und Wachstumspakt muss gestärkt werden, und die Wirtschafts- und Währungsunion muss besser ausbalanciert werden.

Die fehlende Integration der Wirtschaftspolitiken innerhalb der Währungsunion machte in der Vergangenheit erhebliche wirtschaftliche Ungleichgewichte zwischen den Ländern des Euro-Raumes möglich und ließ das Euro-Gebiet ohne den im Voraus definierten Mechanismus zum Krisenmanagement zurück. Das Euro-Gebiet wird dieses Ungleichgewicht lösen müssen, um einer neuen Krise vorzubeugen. Zusammen mit einer Überarbeitung des finanzpolitischen Regelungsrahmens kann der strukturelle Reformprozess das Euro-Gebiet jedoch letztlich stärken. Die Frage der Unabhängigkeit der Europäischen Zentralbank wird dabei auch in einer neuen ökonomischen Governance ein wesentlicher Aspekt sein, insbesondere in Bezug auf den neu gegründeten Europäischen Rat für systemische Risiken. Deshalb wird das Parlament seine Aufgabe der Prüfung der Leistung der EZB auch in Zukunft sehr ernst nehmen.

Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass die Europäische Union und das Euro-Gebiet aus dieser Krise herausfinden und sogar gestärkt hervorgehen können. Wir müssen allerdings in den nächsten Monaten die richtigen Lehren ziehen. Dies ist eine große Herausforderung, doch hat die Europäische Union in ihrer bisherigen Geschichte stets bewiesen, dass sie sich am besten dann weiterentwickelt hat, wenn sie Herausforderungen bewältigen musste. Diese Krise stellt deshalb auch eine Gelegenheit dar, die wir nutzen sollten.

Abschließend möchte ich allen Schattenberichterstattern der anderen Fraktionen für die äußerst angenehme und konstruktive Zusammenarbeit bei diesem Bericht danken. Ich denke, das ist nicht selbstverständlich, aber es sollte hier hervorgehoben werden.

 
  
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  Jean-Claude Trichet, Präsident der EZB.(FR) Herr Präsident, Herr Balz, meine Damen und Herren, ich habe die Ehre, ihnen nach Maßgabe des Vertrags den Jahresbericht der Europäischen Zentralbank für 2009 vorzulegen. Da der Zeitplan, insbesondere aufgrund der Europawahl, nicht ganz eingehalten werden konnte, sprach ich im letzten März mit Ihnen über den vorhergehenden Jahresbericht. Daher ist dies das zweite Mal, dass ich in diesem Jahr vor dem Parlament spreche.

Zuerst möchte ich Ihnen sagen, wie erfreut ich über die neuerliche Unterstützung bin, die in dem Entschließungsantrag des Europäischen Parlaments, der regelmäßige Anhörungen vor dem Ausschuss für Wirtschaft und Währung vorsieht, zum Ausdruck kommt. Außerdem beinhaltet der Antrag den allgemeinen Wunsch nach dem Aufbau enger Beziehungen zur Europäischen Zentralbank. Ich begrüße diesen Wunsch insbesondere, da das Europäische Parlament sehr überzeugend seinen Willen und seine Fähigkeit demonstriert hat, das vorrangige europäische Interesse durchzusetzen, insbesondere im Hinblick auf das Finanzaufsichtspaket.

Präsident der Europäischen Zentralbank. − Ich werde Ihnen zunächst einen kurzen Überblick über die geldpolitischen Maßnahmen der EZB während der Finanz- und Wirtschaftskrise geben. Über die Krisenzeit hinaus möchte ich auch auf die EZB während der ersten zwölf Jahre zurückblicken. Schließlich möchte ich auf die dringendsten Herausforderungen eingehen, die uns im Jahre 2011 erwarten.

Präsident der Europäischen Zentralbank. Herr Präsident, lassen Sie mich zuerst die Maßnahmen erwähnen, die in der Krise durchgeführt wurden.

2009 war für die Währungspolitik der EZB ein Jahr mit großen Herausforderungen. Es begann mit einem schweren weltweiten Konjunkturrückgang infolge des Ausbruchs der Finanzkrise im Herbst 2008. In diesem Umfeld von gedämpftem Inflationsdruck führten wir unsere Politik fort, die Leitzinsen weiter zu senken. In einem Zeitraum von nur sieben Monaten – zwischen Oktober 2008 und Mai 2009 – senkten wir unseren Hauptrefinanzierungssatz um 325 Basispunkte. Damit lag unser Hauptrefinanzierungssatz bei 1 %.

Um sicherzustellen, dass Haushalte und Unternehmen im Eurogebiet von diesen sehr vorteilhaften Finanzierungsbedingungen profitieren können, führten wir diese Politik 2009 fort – und wir weiteten sogar unsere erweiterte Kredithilfe für Banken des Eurogebiets aus. Diese Maßnahmen sind als Reaktion auf die funktionsgestörten Geldmärkte anzusehen, welche die Fähigkeit der Währungspolitik beeinträchtigt hatten, die Preisstabilität alleine durch Anpassung der Zinsen zu beeinflussen. Unter diesen außerordentlichen Maßnahmen – wie wir sie bezeichnen – ist die bekannteste die Bereitstellung von Liquidität über Mengentender mit Vollzuteilung durch unsere Refinanzierungsgeschäfte mit Banken des Euro-Gebiets gegen gute Sicherheiten und zum damaligen Hauptrefinanzierungssatz für mehrere fällige Kredite mit einer Laufzeit, welche die wöchentlichen Geschäfte weit überschritt. 2009 haben wir auch die Laufzeit von unseren längerfristigen Refinanzierungsgeschäften auf ein Jahr ausgedehnt. Dies waren natürlich Entscheidungen von größter Bedeutung.

Wie in Ihrem Entwurf einer Entschließung zum Jahresbericht der EZB zu Recht hervorgehoben, war diese erweiterte Kreditunterstützung erfolgreich bei der Verhinderung einer Depression oder einer viel tieferen Rezession, was hätte eintreten können, wenn weitere monetäre Spannungen beobachtet worden wären. Lassen sie mich betonen, dass alle unsere Maßnahmen im Rahmen unseres Mandats durchgeführt wurden, um mittelfristig für das gesamte Eurogebiet Preisstabilität zu gewährleisten. Dass wir in der Lage waren, gemäß unserem Mandat glaubhaft zu handeln, spiegelt sich in einer günstigen Inflationsprognose und in der Erwartung einer geringen Inflationsrate im Eurogebiet wider.

Nach den Verbesserungen der Bedingungen der Finanzmärkte während des Jahres 2009 gab es erneute Spannungen in einer Reihe von Segmenten des Anleihenmarktes des Eurogebiets. Da ein reibungsloses Funktionieren des Anleihenmarktes entscheidend für die Weitergabe des Leitzinssatzes der EZB ist, entschieden wir, bei den Schuldtitelmärkten des Eurogebiets zu intervenieren, um die Wiederherstellung einer normalen Übertragung der Währungspolitik auf die Wirtschaft zu unterstützen. Daher führten wir unser Programm für den Wertpapiermarkt ein. Um sicherzustellen, dass dieses Programm nicht unseren Standpunkt bei der Währungspolitik beeinflusst, absorbieren wir die injizierte Liquidität erneut.

Lassen Sie mich zusammenfassend betonen, dass alle außerordentlichen Maßnahmen, die wir während der Zeit akuter Spannungen auf den Finanzmärkten ergriffen haben, vorübergehende Maßnahmen sind, deren Ende abzusehen ist und die dementsprechend ausgerichtet sind. Einige der 2009 und Anfang 2010 eingeführten außergewöhnlichen Maßnahmen wurden in Anbetracht der Verbesserungen auf einigen Finanzmärkten und der anhaltenden Erholung der Wirtschaft im Eurogebiet wieder schrittweise aufgehoben.

Lassen Sie mich einige Gedanken zur Erfolgsbilanz des Euro ausführen. Aus meiner Sicht sind drei Elemente entscheidend.

Zunächst hat die EZB das erreicht, was von ihr entsprechend ihres vertragsgemäßen Auftrags erwartet wird: Preisstabilität. Die durchschnittliche Inflation im Eurogebiet lag in den vergangenen fast 12 Jahren bei 1,97 %. Dies entspricht vollkommen unserer Definition von Preisstabilität. Es ist unser Ziel, die jährliche Inflationsrate im Eurogebiet unter 2 % und mittelfristig nahe 2 % zu halten. In diesem Sinne hat das Eurosystem in den vergangenen 12 Jahren als ein Anker für Stabilität und Vertrauen fungiert und dies war auch in der jüngsten Vergangenheit der Fall, trotz eines Umfeldes voller Herausforderungen, welches durch die weltweite Finanzkrise verursacht wurde.

Zweitens – und das lässt uns positiv über die Glaubwürdigkeit der Währungspolitik der EZB denken – sind die Inflationserwartungen, wie ich es gesagt habe, auf einem niedrigen Niveau entsprechend der Preisstabilität geblieben.

Drittens ist dieser Erfolg – da sind wir sicher – mit der vollkommenen Unabhängigkeit der EZB von politischem Einfluss, ihrem vorrangigen Auftrag der Erhaltung der Preisstabilität und ihrer transparenten Kommunikation, insbesondere im Hinblick auf die Definition von Preisstabilität, zu begründen. Die Zwei-Säulen-Strategie der EZB bei der Währungspolitik ermöglicht eine vorwärtsgewandte und mittelfristig orientierte Handlungsweise, die von einem soliden analytischen Rahmen untermauert ist. Dieser Rahmen beinhaltet eine sorgfältige Analyse der Entwicklung von Währungen und Krediten, wobei die währungspolitische Natur der Inflation mittel- und längerfristig berücksichtigt wird.

Wir denken, dass dieser umfassende Ansatz konsistente, auf guten Informationen basierende Entscheidungen ermöglicht, wobei wir mit Bedacht handeln und über kurzfristige Schwankungen hinaus denken sollten.

Was die externe Dimension unserer Währung betrifft, möchte ich nur sagen, dass sich unsere Währung international bewährt hat. 2009 repräsentierte der Euro etwa 30 % des Bestandes an internationalen Schuldverschreibungen und weltweiten Devisenreserven.

Wenn ich über die externe Dimension des Euro rede, möchte ich etwas zum Thema der aktuellen Wechselkurse sagen, wobei ich zu großer Vorsicht aufrufe.

Es gibt zwei Schwerpunkte. Einer ist die Beziehung zwischen den wichtigsten frei handelbaren Währungen der industrialisierten Staaten, wie dem Dollar, dem Euro, dem Yen, dem Pfund Sterling und dem Kanadischen Dollar. Diese Währungen sind seit dem Zusammenbruch des Bretton-Woods-Systems Anfang der 1970er-Jahre frei handelbar. Ich möchte die in der internationalen Gemeinschaft weit verbreitete Meinung hervorheben, dass übermäßige und ungeordnete Schwankungen der Wechselkurse negative Auswirkungen auf die wirtschaftliche und finanzielle Stabilität haben.

Lassen Sie mich sagen, dass die EZB die jüngsten Erklärungen der US-Behörden, und zwar die Aussagen des amerikanischen Finanzministers und des Vorsitzenden der US-Notenbank, begrüßt, die wiederholten, dass ein gegenüber anderen handelbaren Währungen starker Dollar im Interesse der Vereinigten Staaten ist. Ich bin genau dieser Meinung. Ein starker Dollar unter den wichtigsten Währungen der entwickelten Volkswirtschaften ist im Interesse der Vereinigten Staaten, Europas und der internationalen Gemeinschaft.

Der zweite Punkt betrifft die Währungen der aufstrebenden Marktwirtschaften, welche derzeit Leistungsbilanzüberschüsse und Wechselkurse haben, die nicht ausreichend flexibel sind. Bei diesem Thema ist sich die internationale Gemeinschaft einig – was in der letzten Woche in Korea sowie von der Kommission wiederholt erklärt wurde –, dass die Bildung von marktbestimmten Wechselkurssystemen sowie eine Stärkung der Wechselkursstabilität zur Widerspiegelung zugrunde liegender fundamentaler Wirtschaftsdaten und eine Abkehr von einem Abwertungswettlauf von Währungen im Interesse der betreffenden aufstrebenden Volkswirtschaften und der internationalen Gemeinschaft sind.

Die EZB hat immer gesagt, dass dies keine Zeit für Selbstzufriedenheit ist. Das trifft jetzt mehr zu als je zuvor. Die Herausforderungen, die vor uns liegen, sind vielfältig. Alle zuständigen Behörden sowie der private Sektor müssen ihre volle Verantwortung übernehmen und dies betrifft die Exekutive, Zentralbanken, Regulierungsbehörden, Aufsichtsbehörden, den Privatsektor und die Finanzindustrie. Die gegenwärtige Krise hat in besonderer Weise gezeigt, dass die Umsetzung ambitionierter Reformen im Bereich der Economic Governance sowohl im Interesse der Länder des Eurogebiets als auch im Interesse des gesamten Euroraums liegt.

Die von Präsident Van Rompuy zur Reform der Economic Governance der EU gemachten Vorschläge, die auf der Tagung des Europäischen Rates im Oktober 2010 befürwortet wurden, stellen eine Verbesserung des gegenwärtigen Aufsichtsrahmens auf EU-Ebene dar, und sie erscheinen allgemein angemessen für die EU-Staaten, die nicht an der Währungsunion teilnehmen. Was die besonderen Anforderungen des Eurogebiets betrifft, halten wir sie jedoch nicht für ausreichend, um das bestmögliche Funktionieren der Wirtschaft im einheitlichen Währungsraum zu gewährleisten.

Ich bin überzeugt, dass das Europäische Parlament Europa helfen wird, den notwendigen Quantensprung im Bereich der Economic Governance in die Realität umzusetzen. Mit seiner legislativen Rolle bei der Finanzaufsicht und dem ESRB hat das Parlament seine Zielstrebigkeit bei wichtigen Themen unter Beweis gestellt.

Ich möchte diese Gelegenheit nutzen, Ihnen dafür zu danken und noch einmal meine Überzeugung aussprechen, dass der Einfluss des Parlaments in der Debatte über Economic Governance entscheidend sein wird.

Eine weitere wichtige Herausforderung betrifft die Regulierung der Finanzmärkte. Wir sollten die Lehren aus der Finanzkrise ziehen und die vorhandene Dynamik für eine Finanzmarktreform nutzen. Wie es aus Ihrem Entschließungsentwurf hervorgeht, ist eine zügige Umsetzung von Basel III von entscheidender Bedeutung. Die Legislativvorschläge der Kommission zu Leerverkäufen und im Freiverkehr gehandelten Derivaten sind ebenfalls unabkömmlich, um das Finanzsystem transparenter und belastbarer zu machen.

Wir haben ein entscheidendes Jahr vor uns. 2011 sollte der überarbeitete Kontrollrahmen angenommen werden, es müssen eingehende Diskussionen über den Krisenmanagement-Rahmen geführt werden und möglicherweise wird auch mit den Vorbereitungen für eine Vertragsänderung begonnen. Wir müssen alle diese Reformen richtig umsetzen, damit wir sicherstellen können, dass Europa als Ganzes und der Euroraum zukünftigen Herausforderungen gestärkt und überzeugender entgegentreten kann.

2011 wird auch das erste Jahr sein, in dem der Europäische Ausschuss für Systemrisiken seine Arbeit aufnimmt. Wie Sie es in Ihrem Entschließungsentwurf fordern, tun wir alles, um diese neue Institution zu unterstützen. Natürlich bleiben gleichzeitig die im Maastricht-Vertrag festgeschriebene vollkommene Unabhängigkeit und das grundlegende Mandat der EZB unverändert, und ich habe diesen Punkt bereits vorher im Parlament hervorgehoben.

Wir werden unsere Aufgabe weiterhin erfüllen. Das ist es, was der Vertrag von uns verlangt. Sie können uns vertrauen, dass wir das tun werden, was unsere Mitbürgerinnen und Mitbürger von uns erwarten.

 
  
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  Olli Rehn, Mitglied der Kommission. – Herr Präsident, lassen Sie mich zuerst dem Berichterstatter, Herrn Burkhard Balz, für seinen soliden und umfassenden Bericht zum Jahresbericht 2009 der EZB danken. Die Kommission begrüßt den Bericht, welcher die entscheidenden Themen angemessen behandelt. Der Bericht erkennt und lobt die geleistete Arbeit der EZB bei der Bewältigung der Krise. Die Kommission teilt diese Meinung. Die EZB hat unter der Führung von Präsident Jean-Claude Trichet gekonnt und mit ruhiger Hand einen Weg durch diese schwierige Situation gefunden.

Ich möchte diese Gelegenheit nutzen, um Jean-Claude Trichet für eine exzellente Zusammenarbeit und besonders für seine entscheidende Rolle in dieser turbulenten Zeit zu danken. Die EZB war durch ihre Überwachungsfunktion und ihre außergewöhnlichen Maßnahmen sehr hilfreich bei der Lösung akuter Probleme und der Krisenbewältigung und hat damit den Grundstein für nachhaltiges Wachstum und die Schaffung von Arbeitsplätzen gelegt.

Ihr Bericht betont zu Recht, dass die Finanzkrise die Notwendigkeit einer verstärkten Aufsicht der Wirtschaft im Eurogebiet aufgezeigt hat. Die Kommission stimmt darin überein und genau deswegen haben wir einige Legislativvorschläge gemacht, um Economic Governance in der EU und speziell im Eurogebiet zu stärken.

Wir haben auch mehrere Vorschläge aus dem Feio-Bericht aufgenommen, um die Economic Governance in der Union zu erweitern und zu stärken. Der Ausschuss für Wirtschaft und Währung hat die Vorschläge der Kommission erhalten und versucht zur Zeit, die ambitionierte Frist bis Juni nächsten Jahres einzuhalten, was ich sehr begrüße.

Lassen Sie mich jetzt zum zweiten Teil der Aussprache kommen, welche sich mit der jüngsten Entwicklung der internationalen Wechselkurse beschäftigt. Es ist richtig, dass die Schwankungen an den Wechselkursmärkten in den letzten Wochen zugenommen haben und dass es bei den Werten wichtiger bilateraler Wechselkurse bedeutende Verschiebungen gab.

Der Euro hat aufgrund stärkerer Daten für die Wirtschaft im Eurogebiet und der weiterhin expansiven amerikanischen Währungspolitik seit Juni dieses Jahres gegenüber dem Dollar an Wert gewonnen. In letzter Zeit hat der Euro allerdings gegenüber den meisten Währungen wieder etwas an Wert eingebüßt. Dies ist die Auswirkung von wachsender Sorge um die öffentlichen Finanzen der Mitgliedstaaten – vor allem in Irland. Der reale Wert des Euro liegt derzeit infolge einer allgemeinen Wertminderung in diesem Jahr, nach der Überbewertung Ende letzten Jahres, etwa bei seinem langfristigen Durchschnitt. Der Euro hat seit Anfang des Jahres real etwa 7 % seines Werts verloren.

Im Umfeld einer langsamen Erholung in entwickelten Volkswirtschaften und großer Kapitalströme in Schwellenländer haben viele Länder das Ziel, ihre Währung zu schwächen oder wenigstens nicht im Vergleich mit anderen Währungen aufzuwerten. Es ist daher wichtig, dass sich Entscheidungsträger beim G20-Gipfel in Seoul in der letzten Woche ganz klar und eindeutig dafür eingesetzt haben, keinen Abwertungswettbewerb zu beginnen.

Beim G20-Gipfel wurde sich auch darauf verständigt, weiter daran zu arbeiten, wieder ein Gleichgewicht beim weltweiten Wachstum herzustellen. Es wurde eine Einigung zur Erarbeitung von indikativen Leitlinien erzielt. Es ist klar, dass die Flexibilität der Wechselkurse bei der notwendigen erneuten Gleichgewichtung eine Rolle spielen muss, damit Wechselkurse wirtschaftliche Rahmendaten widerspiegeln, wie es von Präsident Trichet betont wurde. Die Kommission wird weiterhin diesen wichtigen Bestandteil der Arbeit der G20 unterstützen. Dies wird auch eines der wichtigsten Themen während Frankreichs G-20-Vorsitz im nächsten Jahr sein.

Am Ende muss ich Sie über eine wichtige Entwicklung informieren, die den Euroraum betrifft. Gestern, als der ECOFIN-Rat die Bitte der irischen Regierung um finanzielle Hilfe von der EU begrüßte, stimmten die Minister mit der Kommission und der EZB überein, dass Hilfe für Irland gewährt wird, um die finanzielle Stabilität in Europa zu sichern. Finanzielle Hilfe der EU kann im Rahmen eines Programms gewährt werden, das rigorose Bedingungen für Maßnahmen beinhaltet, die gegenwärtig von der Kommission und dem IWF in Zusammenarbeit mit der EZB mit den irischen Behörden ausgehandelt werden. Das Programm wird haushaltspolitischen Herausforderungen der irischen Wirtschaft entschieden entgegentreten und das Programm wird auch einen Fonds für zukünftigen Kapitalbedarf des Bankensektors beinhalten. Um die Spannungen im Bankensektor zu reduzieren, müssen umfassende Maßnahmen ergriffen werden, darunter Entschuldung und Umstrukturierung, um dazu beizutragen, dass sichergestellt werden kann, dass das irische Bankensystem seine Rolle innerhalb einer funktionierenden Gesamtwirtschaft angemessen erfüllt.

Die technischen Gespräche über ein EU-IWF-Programm laufen jetzt und die Verhandlungen können Ende November abgeschlossen werden. Ich kann Sie informieren, dass neben der EU und dem IWF das Vereinigte Königreich und Schweden angedeutet haben, dass sie bereit sind, mit bilateralen Darlehen zur Finanzierung beizutragen, was zu begrüßen ist.

Zusammengefasst sind die Entscheidungen von gestern ein entscheidender Schritt bei den gemeinsamen Anstrengungen, die irische Wirtschaft zu stabilisieren und damit die finanzielle Stabilität in Europa sicherzustellen.

 
  
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  Jean-Paul Gauzès, Im Namen der PPE-Fraktion.(FR) Herr Präsident, Herr Trichet, Herr Kommissar, meine Damen und Herren, natürlich schließe ich mich dem Lob für die Arbeit der EZB an, und ich möchte nicht das wiederholen, was mein Kollege, Herr Balz, gesagt hat, oder was in der Entschließung steht. In der kurzen Zeit, die mir zusteht, möchte ich einfach sagen, dass wir an unsere Mitbürgerinnen und Mitbürger denken müssen.

Warum sage ich das heute auf diese Weise? Weil gestern Abend im französischen Fernsehen auf allen Kanälen ein zukünftiger Präsidentschaftskandidat sich auf spektakuläre Weise selbst darstellte, indem er einen 10-Euro-Schein zerriss, den er kopiert und vergrößert hatte. Mit dem Zerreißen der Banknote wollte er zeigen, dass er dadurch den Grund all unserer Probleme beseitigen kann.

Das ist natürlich nicht wahr. Alles, was wir benötigen, ist die gemeinsame Anstrengung, zu kommunizieren. Die geleistete Arbeit bei der durchgeführten Finanzaufsicht, Organisation und Regulierung, auf die Sie sich bezogen haben, Herr Präsident, ist hervorragend. Sie wissen, dass Sie die Unterstützung des Parlaments haben: Sie sagten das selbst. Wir haben aber eine ernste Aufgabe im Hinblick auf diejenigen Mitbürgerinnen und Mitbürger vor uns, welche die übermittelten Botschaften nicht verstehen.

Jeden Tag beinhalten die Titel der Presse makabrere Lösungen und unwahrscheinlichere Situationen, und ich kann Ihnen sagen, dass ich am Freitag, als ich mit den Bürgerinnen und Bürgern in Kontakt kam, wie wir es in der Politik sagen, 100 bis 150 Menschen traf. Sie alle stellten mir dieselbe Frage: Was wird aus dem Euro? Die Angst, die unsere Mitbürgerinnen und Mitbürger verspüren, existiert, unabhängig von dem, was von der Europäischen Zentralbank geleistet wird.

 
  
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  George Sabin Cutaş, im Namen der S&D-Fraktion.(RO) Herr Präsident, zuerst möchte ich dem Berichterstatter, Herrn Balz, für seine Zusammenarbeit danken. Ich begrüße auch die Tatsache, dass der Europäischen Zentralbank infolge des Inkrafttretens des Vertrages von Lissabon der Status eines Gemeinschaftsorgans gewährt wurde.

Zweitens möchte ich auch hervorheben, dass es beträchtliche makroökonomische Disparitäten zwischen den Volkswirtschaften im Eurogebiet gibt. Dies steigert die Notwendigkeit nach weiterer Harmonisierung von Wirtschafts- und Währungspolitik. Der Wachstums- und Stabilitätspakt ist kein angemessenes Instrument für die Aufhebung des gegenwärtigen wirtschaftlichen Ungleichgewichts. Ein Ausweg aus dieser festgefahrenen Situation könnte die Ausgabe von Staatsanleihen auf EU-Ebene sein. Dieser Solidaritätsmechanismus würde Mitgliedstaaten in ernsten Notlagen eine stabile Finanzierung ermöglichen, er würde die Haushaltsaufsicht effektiver machen und er würde die Liquidität deutlich verbessern. Die Einheitswährung sollte durch Straffung der Finanzpolitik und gemeinsame langfristige Verbindlichkeiten ergänzt werden.

Das rücksichtslose Verhalten von Akteuren auf den Finanzmärkten hat zum Ausbruch der Wirtschafts- und Finanzkrise beigetragen. Zusätzlich haben die jüngsten Angriffe von Spekulanten auf gewisse Mitgliedstaaten es diesen schwer gemacht, Geld auf den internationalen Finanzmärkten zu leihen und damit wurde eigentlich die Stabilität des gesamten Eurogebiets beeinträchtigt. Ich denke daher, dass ein dauerhafter Mechanismus zum Schutz des Eurogebiets gegen Angriffe von Spekulanten erforderlich ist. Es ist die Pflicht der Europäischen Kommission, die Aktivitäten der bestehenden Rating-Agenturen zu überwachen und eine Struktur für eine Rating-Agentur auf EU-Ebene zu entwickeln.

Wir müssen auch bedenken, dass die Sparmaßnahmen, die von den nationalen Regierungen angenommen wurden, die Wahrscheinlichkeit einer Erholung der europäischen Wirtschaft deutlich verringern könnten. Daher ist ein Modell für die Economic Governance auf EU-Ebene erforderlich, das sowohl eine Haushaltskonsolidierung sowie die Schaffung von Arbeitsplätzen beinhaltet.

Die Kommission muss auch klare Ziele für die Verringerung der Wettbewerbsunterschiede zwischen den Volkswirtschaften der EU vorschlagen und zu guter Letzt bei den Investitionen in grüne Energie Fortschritte machen.

 
  
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  Sylvie Goulard, im Namen der ALDE-Fraktion.(FR) Herr Präsident, Herr Kommissar, zuerst möchte ich mich dem Lob für den Berichterstatter anschließen, der – so denke ich – das Thema sehr klar dargestellt hat.

In seinem Bericht betont er die Innovationen, die der Vertrag von Lissabon beinhaltet und ich möchte Ihnen wirklich danken, Herr Trichet, dass Sie heute Abend wieder diejenigen unter uns, die sich offensichtlich nicht der Tatsache bewusst sind, dass der Vertrag von Lissabon eine bedeutende Innovation beinhaltet, daran erinnert haben – darunter sind auch genau diejenigen, die ihn unterschrieben und ratifiziert haben. Wir werden in diesem Plenarsaal die Reform des Stabilitätspaktes öffentlich diskutieren können.

Unter Herrn Rehn hat die Kommission eine Reihe von Vorschlägen erarbeitet, die in die richtige Richtung gehen und ziemlich mutig sind; insbesondere, dass eine Stärkung der Disziplin gefordert wird, indem die makroökonomischen Ungleichgewichte, die Herr Balz in der Tat in seinem Bericht erwähnt hat, berücksichtigt werden. Außerdem redeten Sie, Herr Trichet, mehrere Male von einem „Quantensprung“; mit anderen Worten von einem Schritt vorwärts im Bereich der Governance.

Ich stimme auch vollkommen mit dem überein, was Herr Gauzès sagte: Wenn man mit den Bürgerinnen und Bürgern Kontakt hat, fragt man sich fast, ob die Vorschläge, welche von der Kommission im September eingebracht wurden, überhaupt maßgeblich sind, ob die gegenwärtige Krise nicht berücksichtigt werden sollte, um möglichst große Fortschritte zu ermöglichen. Ich möchte hervorheben, dass diejenigen, die den Euro schufen, niemals dachten, dass wir einfach nur langfristig Wirtschaftspolitik koordinieren können. Das Ziel war die politische Union, die Möglichkeit, überwacht von einem Parlament, Entscheidungen zu treffen.

Was ich persönlich interessant finde, wenn wir mit den Bürgerinnen und Bürgern reden, ist, dass wir im Grunde Autofahrer haben – die Mitgliedstaaten – die gleichzeitig hinter dem Steuer sitzen und als Polizisten am Straßenrand stehen. So funktioniert das gegenwärtige System. Mit anderen Worten, wir sind zugleich der Fahrer, die Person, die Strafen verhängt und die Person, welche die anderen Autos überwachen soll. Ich glaube nicht, dass es ein einziges Land gibt, in dem der Verkehr so funktioniert. Wir würden daher die Kosten der Strafen gerne etwas erhöhen und wir sollten darauf hinarbeiten. Danke, dass Sie uns daran erinnert haben, dass wir das in der Praxis im Hinblick auf die Reform der Finanzaufsicht bereits im gesamteuropäischen Interesse getan haben.

 
  
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  Sven Giegold, im Namen der Verts/ALE-Fraktion. – Herr Präsident! Erstmals vielen Dank auch von unserer Seite an Herrn Balz für die gute Zusammenarbeit. Wir konnten einige Vorschläge einbringen, um den Bericht noch ausgewogener zu machen. Der Zeitraum 2009-2010 war durch außergewöhnliche Maßnahmen der Europäischen Zentralbank gezeichnet, und angesichts dieser außergewöhnlichen wirtschaftlichen Entwicklungen möchte ich Herrn Trichet noch einmal für diese Maßnahmen danken, gerade weil die ja nicht nur auf Beifall innerhalb des eigenen Hauses hat durchsetzen müssen. Man hat in dieser Zeit gesehen, dass der Stabilitäts- und Wachstumspakt nicht ausreichend ist. Wir brauchen stattdessen eine effektive Koordination der Wirtschaftspolitik, die nicht nur die öffentliche Verschuldung, sondern auch die private mit in den Blick nimmt und die wirtschaftliche Ungleichgewichte angeht, nicht nur in den Defizitländern, auch in den Überschussländern. Wir brauchen bei den Preisen eine Orientierung, die nicht nur die Verbraucherpreise betrachtet, sondern auch Vermögenspreise und deren spekulative Entwicklung und Blasenentwicklung mit einbezieht.

Vor allem, und darauf dringen wir immer wieder, brauchen wir endlich einen Rahmen für den Steuerwettbewerb in der Europäischen Union. Es ist nicht akzeptabel, dass wir auf der Ausgabenseite massive Sparprogramme haben und sich Länder auf der Einnahmeseite nach wie vor einen grenzenlosen Steuerwettbewerb liefern.

Insbesondere ist es unakzeptabel, und den Bürgerinnen und Bürgern nicht zu vermitteln, dass wir in einer solchen Situation wie jetzt Irlands Banken retten, aber nicht gleichzeitig dafür sorgen, dass der skandalös niedrige Körperschaftssteuersatz von 12,5 % auf ein europäisches Normalmaß von 25 % korrigiert wird. In diesem Sinne sollten wir hier wirklich klar und deutlich miteinander sprechen.

Ich möchte Herrn Trichet noch bitten, auf zwei Anfragen des Berichts einzugehen: in Ziffer 21 zur Frage der Transparenz und in Ziffer 39 zur Annahme von Sicherheiten. Darauf sind Sie bisher nicht eingegangen. Ich würde mich im Sinne aller Berichterstatter und Schattenberichterstatter freuen, wenn Sie dazu noch etwas Konkretes sagen könnten.

 
  
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  Kay Swinburne, im Namen der ECR-Fraktion. – Herr Präsident, ich möchte Herrn Balz zu seinem Bericht gratulieren. Es ist jedoch für die EZB in einer Zeit, in welcher der Euro jeden Tag eine neue Krise erlebt und es allgemein akzeptiert wird, dass neue Formen der Steuerung und neue Regeln überlebenswichtig sind, schwierig, sich bei äußeren globalen Themen einzubringen.

Genau das könnte aber das Problem sein. Bis jetzt waren die meisten großen Global Player erfolgreich bei der Zusammenarbeit auf der Suche nach Lösungen für die Probleme der weltweiten Finanzkrise. Die Koordinierung im Bereich der Reform der Regelung der Finanzdienstleistungen, insbesondere im Bereich der Derivate, ist beispiellos. Aber wenn es um die Verteidigung von nationalen Währungen geht und nicht um multinationale Banken, besteht die große Gefahr, dass die multilaterale Koordination zusammenbricht.

Wenn die EZB vor allem den Euro schützen möchte, die Fed den Dollar schützen möchte und die Chinesen den Yuan, werden wir alle verlieren.

Seit ihrer Einführung hatte die EZB die schwierige Aufgabe des Ausgleichs unterschiedlicher Methoden der Währungspolitik. Ich hoffe, dass sie ihre Erfahrung in diesem Bereich für eine Zusammenarbeit jenseits der EU auf globaler Ebene nutzen kann, selbst, wenn sie unter starkem internen Druck steht.

 
  
  

VORSITZ: SILVANA KOCH-MEHRIN
Vizepräsidentin

 
  
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  Jürgen Klute, im Namen der GUE/NGL-Fraktion. – Frau Präsidentin! Zunächst herzlichen Dank an den Kollegen Balz für die Zusammenarbeit. Ich kann das nur unterstreichen, trotz unterschiedlicher Positionen ist es eine gute Zusammenarbeit gewesen.

Viele glaubten – das will ich hier nochmals herausstellen –, die Krise des Euroraums sei vorbei gewesen. Irland zeigt, dass das nicht der Fall gewesen ist. Europa liefert sich nach wie vor freiwillig den Finanzmärkten aus. Die Mitgliedstaaten der EU müssen ihre Staatsschuldtitel weiter auf dem Basar der Finanzmärkte verhökern und sich durch Selbstmordsparen das Vertrauen der Spekulanten erwerben. Am Wochenende mussten wir wieder beobachten, wohin das führt. Dieses Mal waren es nicht die angeblich alle zum Betrug neigenden Griechen, sondern es war der Musterschüler Irland, der in den europäischen Rettungsfonds getrieben wurde, um sein Bankensystem zu retten, das ebenfalls lange Zeit als vorbildhaft galt, als vorbildhaft dereguliert.

Währenddessen schielt die Finanzbranche bereits auf die Kapitulation Portugals, dessen Zinsen immer weiter steigen. Die EZB hat eine Mitverantwortung an diesem Drama. Sie hat es versäumt und versäumt es weiter, durch die Auflage von Eurobonds eine zivilisierte Alternative zum Staatscasino anzubieten. Während die eine Hälfte Europas sich von der Krise erholt, schaut die EZB seelenruhig zu, wie der andere Teil immer weiter in Armut und Unsicherheit fällt. Das Kaputtsparen ganzer Volkswirtschaften mag nach dem Geschmack der europäischen Fonds- und Bankriesen sein, geholfen ist damit weder Irland noch der Währungsunion und der EZB.

Herr Trichet, hören Sie nicht auf Frau Merkels Einfach-Finanz-ABC. Wenn Sie die Wirtschafts- und Währungsunion retten wollen, lassen Sie die europäischen Staatsanleihen nicht in der Luft hängen. Führen Sie Eurobonds ein, bevor das nächste Spekulationsopfer fällt.

(Der Redner ist damit einverstanden, eine Frage nach dem Verfahren der „blauen Karte“ zu beantworten (Artikel 149 Absatz 8 GO).)

 
  
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  Hans-Peter Martin (NI). - Frau Präsidentin! Ich wollte den Kollegen Klute fragen, wie sein Vorschlag zu den europaweit organisierten Staatsanleihen und Eurobonds mit der Haltung des deutschen Bundesverfassungsgerichts in ähnlichen Fragen in Einklang zu bringen ist, und wie er glaubt, dass das wohl enden würde, sollte eine solche entsprechende Maßnahme vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe angefochten werden.

 
  
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  Jürgen Klute (GUE/NGL). - Frau Präsidentin! Das ist schwierig einzuschätzen, muss ich gestehen. Ich kann das jetzt aus dem Stegreif nicht sagen. Es steht außer Frage, dass das eine schwierige Situation ist, aber ich denke, dass sich auch die Situation mittlerweile soweit entwickelt hat, dass möglicherweise ein Umdenken einsetzt. Ich kann die Frage aus dem Stegreif leider nicht beantworten.

 
  
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  John Bufton, im Namen der EFD-Fraktion. – Frau Präsidentin, ich habe den Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Währung über den Jahresbericht der Europäischen Zentralbank mit großem Interesse gelesen. Der Bericht bestätigt, dass große Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten des Euroraums zu den Problemen, die wir gerade erleben, beigetragen haben. Er weist darauf hin, dass „diese Ungleichgewichte eine angemessene Geldpolitik innerhalb der Eurozone vor erhebliche Schwierigkeiten stellen“ und macht noch einmal deutlich, dass „die Finanzkrise in einigen Ländern des Euroraums eine ernsthafte Angelegenheit für den Euroraum insgesamt ist und Funktionsstörungen des Eurogebiets widerspiegelt“.

Ich sehe wenig Sinn in der Forderung nach einer engeren Koordinierung der Wirtschaftspolitik innerhalb des Eurogebiets. Die reflexartige Reaktion war eine Stärkung der wirtschaftspolitischen Steuerung; dabei waren es die Grenzen einer erzwungenen Kommunalität, die bestimmte Mitgliedstaaten in finanzielle Schwierigkeiten brachten, sowie externe Gründe, die wir bislang nicht beeinflussen können. Vielleicht gibt es in diesem System nicht die notwendige wirtschaftliche Flexibilität und Selbstbestimmung, die es den Regierungen ermöglichen, auf spezifische Probleme, wie etwa die Inflationsraten, wirksam zu reagieren.

Der Bericht geht auf diesen Punkt ein und stellt fest, dass die Krise und die anschließenden „Rettungs-“ und Konjunkturprogramme „zu weitreichenden Auteritätsmaßnahmen [...] geführt haben“, welche „die Handlungsfähigkeit der Regierungen ganz erheblich einschränken“.

Ein Argument ist, dass man keine einheitliche Währung haben kann ohne eine weitere Homogenisierung, um Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten und ihren Wohlstandsniveaus zu beseitigen. Allerdings weiß jeder, der realistisch denkt, dass es dazu nicht kommen wird. Das ist gegen die Natur des Menschen, nach der sich eine Demokratie logischerweise richten sollte, auch wenn das unbequem sein kann.

Ist der Euroraum im Januar bereit für Estland? Ich habe meine Bedenken, wenn gesagt wird, dass „die Übernahme des Euro durch Estland den Status dieser Währung [...] aufzeigt“ und dass „dieser Status weitere Mitgliedstaaten dazu bewegen wird, die Mitgliedschaft im Eurogebiet zu beantragen“.

Ein Festhalten am Euro aus ideologischen Gründen wird dazu führen, dass in Zeiten wirtschaftlicher Schwankungen erneut währungspolitische Probleme auftreten werden. Eine Einheitswährung funktioniert nur in einem eng verbundenen, föderalen Umfeld. Wenn dies das letztendliche Ziel der Kommission ist, hat sie vielleicht das Pferd beim Schwanz aufgezäumt.

Obwohl das Vereinigte Königreich nicht Mitglied des Euroraums ist, so leiden wir doch unter den Auswirkungen der Beiträge zu den Rettungsaktionen und der kompliziert verflochtenen Wirtschaft innerhalb der Union, und es bringt nichts, auf den Moment zu warten, an dem man sagt: „Ich hab es euch doch gesagt.“ Dieser Moment ist schon vorbei.

 
  
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  Hans-Peter Martin (NI). - Frau Präsidentin! Man würde sich wünschen, dass man den vorliegenden Bericht des Kollegen Balz unter einen Vorbehalt stellen könnte, nämlich einen Memoirenvorbehalt. Ich denke, wir werden noch vieles lernen können, wenn Sie, Herr Präsident Trichet, tatsächlich einmal die Kapitel zu den Jahren 2008-2009 aus Ihrer Sicht vorlegen würden. Deswegen ist das, was wir hier machen, so etwas wie eine Nebelfahrt, bei der wir viele Randbedingungen nicht kennen und auch einiges dafür spricht, dass wir sie derzeit nicht kennen. Trotzdem, Sie haben ausgeführt, Herr Trichet, dass die längerfristigen Finanzierungsmaßnahmen erneut verlängert worden sind. Vermutlich gut. Die Geschichte wird zeigen, ob es wirklich gut so war. Man muss nicht immer gleich mit dem Finger auf Alan Greenspan zeigen. Nur eine Sache ist schon bedenklich: Dass die Bürgerinnen und Bürger einfach nicht erfahren, wofür tatsächlich diese Liquiditätshilfen benutzt werden, und auch jetzt das Hineindrängen, wie viele das sehen, der Iren unter diesen Rettungsschirm sehr intransparent erfolgt. Wir wissen, dass 130 Milliarden bereits nach Irland geflossen sind, 35 Milliarden davon an die Tochter einer deutschen Unternehmung, der Hyporealestate. Aber warum gibt es diesen Druck jetzt so sehr, warum sind wir nicht in der Lage, zu sagen, wer die wirklichen Gläubiger bei den irischen Banken sind. Ist es meine Lebensversicherung bei der Allianz? Sind das wirklich die deutschen Banken, wie es immer so massiv heißt? Wenn dem so ist, führen wir im Moment nicht eine falsche Debatte? Da brauchen wir die Ehrlichkeit den Bürgern gegenüber, zu sagen: Das sind diejenigen, die wir gerade heraushauen, und es ist möglicherweise Dein eigenes angelegtes Geld, das Du irrtümlicherweise nach Irland hast fließen lassen, in eine unsolide Bankenwelt. Dazu gehört natürlich auch: Ist denn wirklich jede irische Bank systemrelevant? Warum haben wir hier nicht den Mut, tatsächlich eine Pleite in Kauf zu nehmen? Es kann nicht immer nur die Antwort sein: Leman Brothers. Wir brauchen eine fairere Aufteilung der Risiken, denn die Gewinne davor sind ja sehr privat geflossen.

 
  
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  Ildikó Gáll-Pelcz (PPE). (HU) Frau Präsidentin, zunächst möchte ich dem Berichterstatter zu seiner hervorragenden Arbeit gratulieren. Das Europäische Parlament ist das Organ, durch das die Europäische Zentralbank gegenüber den europäischen Bürgerinnen und Bürgern in erster Linie rechenschaftspflichtig ist. Daher bin ich sehr erfreut, dass Präsident Trichet an dieser Plenarsitzung teilnimmt und auch dass er regelmäßig mit dem Ausschuss für Wirtschaft und Währung über Währungsangelegenheiten diskutiert.

Die Finanzwirtschaft ist von globaler Dimension. Und auch die Krise ist global. Und genau aus diesem Grund müssen die Lösungsansätze für diese Krise ebenfalls global sein. Wir können nicht außer Acht lassen, dass sich die wirtschaftlichen und finanziellen Probleme der Mitgliedstaaten immer noch auf den Euro in all seinen Bereichen auswirken. Hier stimme ich ebenfalls mit dem Berichterstatter überein. Leider hat die Wirtschafts- und Währungsunion (WWU) nicht alle Grundsätze des Stabilitäts- und Wachstumspakts eingehalten, noch hat sie die Mitgliedstaaten zu deren Einhaltung zur Rechenschaft gezogen. Deshalb erleben wir einen Anstieg der Verschuldung der öffentlichen Haushalte, und deshalb gibt es eine neue Welle der Krise, einer Krise der Staatsverschuldung.

Ich bin zuversichtlich, dass die Probleme bezüglich der Unabhängigkeit der EZB und deren Entscheidungskompetenz auf zufrieden stellende Art und Weise gelöst werden. Dies – zusammen mit dem Reformprogramm zur Schaffung einer erfolgreichen Wirtschaftsunion – wird helfen, die Europäische Union sowie den sich darin befindlichen Euroraum zu stärken. Ich bin sicher, dass wir in der Lage sind, aus der Krise und aus unseren Fehlern zu lernen, und dass die Krise für uns neue Chancen birgt.

 
  
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  Robert Goebbels (S&D).(FR) Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Der Euro hat Probleme. Aber welche konvertierbare Währung hat das nicht nach einer Systemkrise, die durch einen wahnwitzigen Finanzsektor ausgelöst wurde?

Die Staatsverschuldung ist ein ernstes Problem. Nichtsdestoweniger ist der Anstieg der Haushaltsdefizite eine Folge der Rettungsmaßnahmen für private Banken aus der öffentlichen Hand. Darüber hinaus musste die Wirtschaft wiederbelebt werden. Die Finanzkrise hat sich rasch auf die Realwirtschaft ausgebreitet: Ein heftiger Abschwung sowie Arbeitslosigkeit waren die Folge.

Anscheinend hat die wahnwitzige Finanzwelt nichts aus der Krise gelernt. Die Überlebenden in der Wall Street und der City spekulieren auf den Devisenmärkten und tätigen Leerverkäufe von Credit Default Swaps (CDS), die sie nicht einmal besitzen. Die Kreditzinsen für Staaten, von denen vermutet wird, dass sie in Zahlungsnot geraten könnten, müssen angehoben werden, indem man ihnen indirekt Sparmaßnahmen verordnet, durch die es für sie noch schwieriger wird, sich zu erholen.

Europäische Solidarität erweist sich als sehr schwierig und tritt spärlich zu Tage. Die Rettung Griechenlands bedeutet in erster Linie die Rettung von französischen und deutschen Banken, die eine große Anzahl offener Forderungen gegenüber Griechenland haben. Die Unterstützung für Irland ist vor allem eine Rettung von britischen und deutschen Banken, die erheblich unter einem Zusammenbruch von irischen Banken leiden würden.

Die Tatsache, dass der Euro weiterhin schwankt, ist kein Zeichen dafür, dass die Einheitswährung schwächelt. Sie spiegelt die Nervosität auf den Märkten wider, besonders angesichts eines drohenden Währungskrieges zwischen Amerika und China.

Seit Anfang des Jahres kauft China keine US-Staatsanleihen mehr, sondern verkauft sie. Die fiskalische Situation in den Vereinigten Staaten ist noch schlimmer als in Europa. Zusätzlich zu den Defiziten der Bundesstaaten gibt es gewaltige private Defizite. 48 der 50 Staaten der Amerikanischen Union haben einen defizitären Haushalt.

Herr Van Rompuy hat gesagt, dass der Euro ums Überleben kämpft. Er hat Unrecht. Der Euro – dieser Anker der Stabilität, von dem Herr Trichet soeben sprach – wird Herrn Van Rompuy überleben, da die Union und die Eurogruppe, auf die sie gestützt ist, den stärksten Wirtschaftsraum der Welt bilden. Trotz realer Probleme, auf die Europa immer wieder nur zögerlich reagiert, muss betont werden, dass die 27 Mitgliedstaaten weltweit die Spitzenpositionen beim Export und Import von Gütern sowie beim Export von Dienstleistungen einnehmen.

Wir haben den solventesten Binnenmarkt der Welt. Außerdem exportieren europäische Unternehmen innerhalb des Binnenmarktes zweimal so viel wie auf den Weltmärkten. Die Union ist der führende Standort für Direktinvestitionen durch Drittländer. Unternehmen in der Union haben die größten Investitionsbestände weltweit.

Die Union, mit ihren 500 Millionen Bürgerinnen und Bürgern – 7 % der Weltbevölkerung –, erwirtschaftet 30 % des globalen Bruttosozialprodukts; die Vereinigten Staaten generieren 25 %, Japan und China jeweils 8 %.

Unsere Europäische Union, die auch 55 % der weltweiten Entwicklungshilfe bereitstellt, könnte größeren Einfluss haben, wenn unsere Staats- und Regierungschefs etwas mehr politischen Mut besäßen, wenn sie Europas Stärke geltend machten.

Abschließend möchte ich sagen, dass dem internationalen Finanzsektor ein strenger und transparenter Regelungsrahmen auferlegt werden muss. Wir müssen gemeinsam an einer Lösung für unsere Probleme arbeiten.

 
  
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  Sophia in 't Veld (ALDE). – Frau Präsidentin, wie Kollege Gauzès bereits betont hat, gibt es einige Menschen, die den Euro hassen; sie sehen ihn als Wurzel allen Übels und sehen freudig einem Zusammenbruch des Euroraums entgegen. Aber diese Menschen haben Unrecht, und sie leben in der Vergangenheit. Die aktuellen Probleme sind keine Folge des Euro; ganz im Gegenteil: Der Euro bewahrt uns vor noch Schlimmerem. Wir brauchen die Gemeinschaftswährung, allerdings brauchen wir auch eine ordentliche Governance des Eurogebiets; eine lockere Zusammenarbeit, die auf Einstimmigkeit basiert, ist nun keine Option mehr.

Kolleginnen und Kollegen, wir befinden uns auf einem Schiff mit einem riesigen Leck; jetzt heißt es: untergehen oder schwimmen. Aber die nationalen Regierungen denken anscheinend immer noch, dass es genügt, Arbeitskreise einzurichten und darüber zu sprechen, sich vielleicht um engere Zusammenarbeit zu bemühen – oder vielleicht dann doch wieder nicht. Die gute Nachricht ist, dass sie im Fall von Irland entschiedener und schneller zu handeln scheinen, da hier ein rasches Handeln notwendig und sehr zu begrüßen ist. Es geht hier nicht nur darum, einzelne Staaten zu retten: Es geht um die Glaubwürdigkeit des Euroraums. Es geht hier darum, dass die Welt uns auf die Probe stellt.

Sind wir bereit und auch in der Lage, zu handeln? Das Vertrauen der Welt in den Euroraum ist entscheidend für die Stabilität unserer Währung; das Geld in unseren Taschen hängt an dem Vertrauen, dass andere in uns haben. Daher fordere ich die nationalen Regierungen auf, nicht länger die Populismus-Karte zu spielen oder gar öffentlich Euronoten zu zerreißen, sondern sich stattdessen für unsere gemeinsame Währung einzusetzen und Verantwortung zu übernehmen.

Abschließend möchte ich mich noch kurz zu den Sparmaßnahmen äußern. Sie werden heftig kritisiert; manche behaupten sogar, dass sie die Wirtschaft schädigen werden. Natürlich müssen wir mit Bedacht handeln, aber diese Maßnahmen sind nötig, um auf lange Sicht die öffentlichen Finanzen zu sanieren. Sie sind außerdem ein Zeichen der Solidarität zwischen den Staaten des Eurogebiets. Ich denke, wir sollten nicht nur über die Ausgabenseite, sondern auch über die Einnahmenseite sprechen, denn auch da sind Reformen notwendig und längst überfällig – sei es nun auf dem Arbeitsmarkt, beim Rentensystem oder bei der sozialen Sicherung.

 
  
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  Peter van Dalen (ECR).(NL) Frau Präsidentin! Für die Europäische Zentralbank war 2009 das ereignisreichste Jahr seit der Einführung des Euro. Der Umgang mit der Krise war und ist noch immer mit großen Anstrengungen verbunden. Ich bin der Meinung, dass wir bei der Bewältigung der Krise einen besseren und entschiedeneren Ansatz verfolgen sollten. Die Einrichtung des EU-Rettungsschirms ist keine strukturelle Lösung. Länder wie Griechenland oder Irland haben noch immer massive Schulden, die sie niemals zurückzahlen werden können. Was jedoch wirklich hilft, ist verbindliche und strenge Haushaltsdisziplin verbunden mit automatisch eintretenden Sanktionen. Erfreulicherweise bezieht der Bericht von Herrn Balz zu diesem Thema klar Stellung. Der Rat sollte denselben Ansatz bei der Anpassung des Stabilitäts- und Wachstumspakts verfolgen. Einschnitte sind notwendig, wenn wir die Krise überwinden wollen. Die Mehrheit dieses Hauses sollte diesen Grundsatz auch beim europäischen Haushaltsplan berücksichtigen. Die Zustimmung zu einer Erhöhung des Haushalts um 2,9 % ist bereits ein sehr breiter Kompromiss. Kein Bürger wird verstehen, wenn das Parlament noch mehr will und weitere Kompromisse fordert. Deshalb: Tun Sie es nicht!

 
  
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  Jaroslav Paška (EFD). (SK) Frau Präsidentin! Wie aus dem von der Presseagentur Reuters veröffentlichten Protokoll der Verhandlungen zwischen den Finanzministern des Euro-Währungsgebiets Anfang September dieses Jahres hervorgeht, sollen Sie, Herr Trichet, gesagt haben, dass Sie der Aufnahme der Slowakei in das Euro-Währungsgebiet niemals zugestimmt hätten, wenn Sie gewusst hätten, dass die Slowakei freiwillige Finanzhilfen für die griechische Regierung nicht unterstützen würde. Durch dieses Projekt sollten große Finanzinstitute bei einer Zahlungsunfähigkeit Griechenlands vor umfangreichen Verlusten bewahrt werden. Und – soweit ich mich erinnere – nannten Sie das explizit einen Ausdruck freiwilliger Solidarität.

Herr Präsident, vielleicht ist Ihnen bei Ihren tagtäglichen Geschäften, bei denen es um Milliarden von Euro geht, entgangen, dass man mit der Summe, die Sie jeden Monat für die Ausübung Ihres Amtes erhalten, den monatlichen Lebensunterhalt von fast 100 Familien in meinem Land decken könnte.

Herr Trichet, wenn Sie wirklich meinen, dass diese Familien, die von 600 oder 700 EUR pro Monat leben, oder Rentner, die von 300 EUR pro Monat leben, ihren täglichen Nahrungsmittelverbrauch senken sollten, nur damit Ihre Kollegen in den Banken und Finanzinstituten weiter Profit machen, hohe Boni auszahlen und in noch mehr Kaviar schwelgen können, dann nennen Sie das bitte nicht Solidarität!

Ich weiß, dass die Situation in Europa sehr komplex ist. Aber Sie haben sicher nicht das Recht, an einem Land wie der Slowakei Kritik zu üben.

 
  
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  Elisa Ferreira (S&D).(PT) Frau Präsidentin! Das Eingreifen in Irland zeigt letztendlich, dass die EU eine gemeinsame Lösung für europäische Banken – insbesondere große Banken – hätte bieten sollen, eigentlich noch bevor sie sich mit irgendeinem anderen Thema befasst. Wir sprechen heute praktisch offen über das Versagen von Staaten, jedoch haben wir noch immer keinen klaren Lösungsvorschlag für europäische Banken.

Das Eingreifen Griechenland betreffend und die Art, wie es sich entwickelt hat, machen deutlich, dass Europa europäische Lösungen braucht; und die Lösung, die man bislang gefunden hat, basiert in erster Linie auf bilateraler Unterstützung, wobei jeder Staat dem Urteil seiner Partner unterliegt, das auf Kriterien basiert, die weder klar noch stabil sind. Die Europäische Zentralbank (EZB) hat in dieser Situation als eine Art Anker fungiert: Sie hat einige Lücken gefüllt, insbesondere hinsichtlich der Anfälligkeit für Staatsverschuldung. Lassen Sie sich jedoch nicht täuschen: Wir können mittelfristig nicht so weitermachen.

Daher möchte ich dem Präsidenten der EZB drei Fragen stellen. Erstens: Welchen Standpunkt vertritt die EZB hinsichtlich eines stabilen Modells zur Schaffung eines Systems, das auf echter Solidarität zwischen den Mitgliedstaaten im Hinblick auf Staatsschulden basiert? Das brauchen wir nämlich; und wir müssen hier der Realität ins Auge blicken. Zweitens: Welche Differenzen – falls es überhaupt möglich ist, diese zu benennen – haben die EZB dazu veranlasst, nicht allen Empfehlungen des Berichts der von Herrn Van Rompuy geleiteten Arbeitsgruppe zuzustimmen. Drittens: Glaubt die EZB, dass die EU überleben kann angesichts der größer werdenden Unterschiede beim Wachstum in den Mitgliedstaaten und ohne ein gemeinsames Instrument, das ein gewisses Maß an Konvergenz in diesen Wachstumsstrategien wiederherstellt?

 
  
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  Seán Kelly (PPE).(GA) Frau Präsidentin! Als irischer Abgeordneter kann ich nicht gerade sagen, dass ich wirklich stolz darauf bin, was derzeit in meinem Land geschieht. Ich bin jedoch überzeugt, dass die meisten unserer Bürgerinnen und Bürger dazu bereit sind, alles zu tun, was notwendig ist, um die Dinge wieder in Ordnung zu bringen.

– Und um die Situation in Irland wieder in Ordnung zu bringen, sind zwei Dinge erforderlich. Erstens: Leider mussten wir kurzfristig die EZB und den Internationalen Währungsfonds um Hilfe bitten. Zweitens – was noch wichtiger ist: Das Aufsichtssystem der europäischen Behörden muss effektiv arbeiten, dass es in Zukunft nicht noch einmal zu einem „Schmusekurs“ zwischen zwielichtigen Banken, schwerfälligen Regulierern und schwachen Regierungen kommt. Drittens möchte ich die Menschen bitten, sich nicht so sehr auf Körperschaftsteuern zu versteifen. Denn das ist zunächst eine Frage der Subsidiarität, zweitens haben andere EU-Staaten ähnliche Steuersätze, und drittens würde das die schwierige Situation in Irland im Moment nur noch verschlimmern.

Seán Kelly (PPE). – Und ich weiß, dass das irische Volk voller Eifer diese Aufgabe in Angriff nehmen wird und dass sich die Situation zu gegebener Zeit verbessern wird.

 
  
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  Proinsias De Rossa (S&D). – Frau Präsidentin! Kommissar Rehn und Herr Trichet haben uns heute Abend hier mehr Informationen gegeben als die irische Regierung, die uns monatelang getäuscht und belogen hat. Ihnen war mehr daran gelegen, ihr historisches Erbe zu wahren, als die Zukunft der Lebensgrundlage unserer Bürger und wohl auch Irlands und Europas Währung.

Ich appelliere heute Abend an Kommissar Rehn und Herrn Trichet, sicherzustellen, dass beim zeitlichen Rahmen für die Unterstützung und bei den Zielen in Bezug auf die Defizite und Schulden die sozialen Ziele Europas berücksichtigt werden, und dafür zu sorgen, dass die Fähigkeit Irlands, seine Wirtschaft anzukurbeln und Arbeitsplätze zu schaffen, nicht beeinträchtigt wird.

Können Sie bestätigen, dass Sie sie sich auch wirklich darüber im Klaren sind, dass eine Anhebung der irischen Körperschaftssteuer von 12,5 % weder eine Lösung für die Krise in Irland noch für die aktuelle Krise in Europa ist, sondern dass dies vielmehr dazu führen würde, dass Irlands Wirtschaft und Arbeitsmarkt veröden.

 
  
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  Olle Schmidt (ALDE).(SV) Frau Präsidentin! Ich möchte Herrn Trichet und Herrn Rehn für ihre wirklich hervorragende Arbeit in diesen turbulenten Zeiten danken. Ich habe eine sehr spezifische Frage an Sie beide. In meinem Land, das nicht dem Euroraum angehört, wird derzeit folgendermaßen argumentiert: „Das bestätigt doch genau das, was wir gesagt haben, als wir 2001 gegen den Euro gestimmt haben. Das zeigt, dass wir Recht hatten – der Euro kann nicht funktionieren.“

Natürlich ist dies eine falsche Behauptung. Daher, meine Herren, möchte ich Ihnen beiden eine Frage stellen. Ich bin der Meinung, dass ein zentrales Thema und eine zentrale Aufgabe für Sie darin bestehen, uns zu erklären, warum Europa und das Euro-Währungsgebiet in diese Schieflage geraten sind. Liegt das daran, dass das Eurogebiet und die Gemeinschaftswährung Probleme haben? Oder liegt das daran, dass es in bestimmten Staaten – sprich: in Ländern wie Irland, Portugal, Spanien und Griechenland – eine Reihe von Politikern gibt, die ihre Hausaufgaben nicht gemacht haben? Meine Herren, das müssen Sie uns erklären. Andernfalls werde ich nie in der Lage sein, das zu Hause in meinem Land zu erklären.

 
  
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  Joe Higgins (GUE/NGL). – Frau Präsidentin! Ich möchte Herrn Trichet eine Frage stellen. Warum haben Sie als Präsident der Europäischen Zentralbank und die Europäische Kommission vor den Spekulanten und den Rudeln von Haien auf den internationalen Finanzmärkten vollkommen kapituliert? Sie haben es ihnen erlaubt, auf den Märkten Panik wegen der Irland-Krise zu schüren – Panik, die dazu gedacht war, Sie zu einem Eingreifen zu bewegen, um Inhabern von Schuldverschreibungen die Milliarden zu sichern, die sie sich durch faule Kredite erzockt haben. Sie haben Ihnen gedroht, als nächstes Portugal und Spanien zu attackieren; deshalb haben Sie und Kommissar Rehn vor einer ungewählten, gesichtslosen und unverantwortlichen Markt-Diktatur vollkommen kapituliert.

Darf ich Sie fragen, wie Sie das rechtfertigen? Private Spekulanten und Inhaber von Schuldverschreibungen zocken um zweistellige Milliardensummen in privaten Geschäften mit privaten Entwicklern und Privatbankiers in Irland für privaten Profit; und wenn sie sich verzocken, unterstützen Sie die jämmerliche irische Regierung, die Kosten für diese Zockerei auf den Schultern der Arbeitnehmer, Rentner und Armen zu verteilen. Jetzt haben Sie den IWF als Stoßtrupp für den neoliberalen Kapitalismus ausgesandt, um das irische Volk zahlen zu lassen.

Aus moralischer Sicht – und unter jedem anderen Gesichtspunkt – sollten nicht sie es sein, die zahlen müssen; und sie müssen sich gegen diesen verheerenden Angriff auf ihre Dienstleistungen, ihren Lebensstandard und auf die Demokratie wehren.

 
  
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  Gerard Batten (EFD). – Frau Präsidentin! Die Bürgerinnen und Bürger meines Wahlkreises in London können sich eine Summe von geschätzten 288 GBP pro Familie als Beitrag zu den sieben Milliarden zur Rettung von Irland schlicht und ergreifend nicht leisten. Die Iren sind für ihre Misere selbst verantwortlich: Ihre Regierung hat Misswirtschaft betrieben und einen Bauboom ausgelöst, der in keinerlei Beziehung zur Realität stand. Am schlimmsten ist jedoch, dass sie der Europäischen Währungsunion beigetreten sind.

Der erste Schritt zur Lösung ihrer Probleme wäre ein Austritt aus dem Euroraum; doch stattdessen hat Irland entschieden, sich der finanzpolitischen Governance durch die Europäische Union zu unterwerfen. Je länger ein Austritt aus dem Euroraum hinausgeschoben wird, desto schlimmer werden die Folgen des Austritts sein. Dasselbe gilt natürlich auch für Portugal, Italien, Spanien und Griechenland und zweifellos noch andere. Das einzig Vernünftige, was die Labour-Regierung, der wir keine Träne nachweinen, geleistet hat, war, die Briten aus dem Euro herauszuhalten. Und die Regierungskoalition kann etwas Vernünftiges tun, indem sie aufhört, gutes Geld für etwas Schlechtes auszugeben.

 
  
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  Mairead McGuinness (PPE). – Frau Präsidentin! Herr Batten hat Recht. Die irische Regierung hat unser Land auf desaströse Art und Weise heruntergewirtschaftet. Und heute ist ein trauriger Tag für das irische Volk, da man unter diesen besonderen Umständen in diesem Hohen Haus über uns spricht. Aber wir befinden uns in einer Situation, in der wir auf Solidarität angewiesen sind. Vielleicht versteht Herr Batten dieses Wort nicht und auch nicht, dass Irland England genau so braucht, wie England Irland und seine Wirtschaft braucht.

Wir alle sind eng miteinander verknüpft: Das dürfen wir nicht vergessen.

Darf ich noch ein paar Fragen stellen? Denn in diesen emotional aufgeladenen Zeiten brauchen wir einen kühlen Kopf und klare Informationen.

Wie steht es eigentlich um die Banken-Stresstests heute Abend, da die irischen Banken offenbar vollkommen überlastet und „gestresst“ sind?

Zweitens die Frage an die EZB, was denn eigentlich ihr Mandat ist. Ich denke, das wurde in den einführenden Bemerkungen bereits erwähnt, da es Wechselbeziehungen zwischen allen Banken gibt. Jene Banken aus Deutschland, Frankreich und aus anderen Ländern, die in irische Banken investiert haben, müssen sich ansehen, was sie getan haben und warum sie das getan haben.

Schließlich herrscht heute Abend politische Instabilität in Irland. Es ist zwar bedauerlich, aber es ist notwendig, dass wir allgemeine Wahlen ausrufen.

 
  
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  Liisa Jaakonsaari (S&D).(FI) Frau Präsidentin! Robert Schuman, der Gründer der EU, hat gesagt, dass sich die Europäische Union durch Krisen entwickeln würde; und diese Entwicklung wird nun wohl sehr schnell stattfinden, da wir derzeit eine ganze Menge Krisen haben. Dies stellt eine enorme Herausforderung für das politische System in der Europäischen Union und den Mitgliedstaaten dar.

Es muss gesagt werden, dass Irlands Probleme teilweise auch darauf zurückzuführen sind, dass das Land eine schwache Regierung hat. Das politische Establishment muss aufpassen, dass das Medikament jetzt nicht schlimmer als die Krankheit ist. So hat hier etwa der Vertreter der Fraktion der Grünen/Freie Europäische Allianz gesagt, dass die Körperschaftssteuer in Irland auf europäisches Niveau angehoben werden sollte; aber das könnte in Wirklichkeit der Todesstoß für Irland, sein Wachstum und seine Beschäftigung sein. Es geht darum, das Geld zurückzubekommen – in Form von Wachstum und Beschäftigung für Irland – und nicht das Land zu bestrafen. Wir müssen Irland helfen, nicht bestrafen.

 
  
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  Wolf Klinz (ALDE). - Frau Präsidentin! Herr Präsident Trichet! Wir wissen alle, dass die Hauptaufgabe der Europäischen Zentralbank die Sicherung der Geldwertstabilität ist und dass Sie dieses Ziel am besten erreichen können, wenn Sie politisch unabhängig sind. Wir haben Sie darin immer unterstützt. Die Krisen der letzten zwei Jahre haben gezeigt, dass Sie eine weitere Aufgabe haben, nämlich die Sicherung der Stabilität der Finanzmärkte und des Finanzsystems. Auch diese Aufgabe haben Sie sehr professionell und überzeugend wahrgenommen. Sie haben sie aber nur im engen Schulterschuss mit den jeweiligen Regierungen wahrnehmen können. Das heißt, hier konnten Sie politisch nicht völlig unabhängig agieren, sondern Sie mussten mit den Regierungen zusammenarbeiten.

Mich würde interessieren, wie Sie in Zukunft diese Rolle genau ausgestalten wollen, um auf der einen Seite sicherzustellen, dass Sie unabhängig sind, und auf der anderen Seite sicherzustellen, dass Sie Ihrer Aufgabe auch weiterhin gerecht werden und auch die Regierungen diese Chance nicht nutzen, um Ihre Unabhängigkeit de facto zu unterhöhlen.

 
  
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  Ilda Figueiredo (GUE/NGL).(PT) Frau Präsidentin! Die Ungleichgewichte und Unterschiede zwischen einzelnen Volkswirtschaften im Euroraum verschärfen sich – trotz aller Versprechen und Vorschläge –, und daher stellt sich die Frage: Glauben Sie nicht, dass es an der Zeit ist, diese Politik einmal zu überdenken? Sehen Sie nicht, dass ein Bestehen darauf, dass Länder mit derart schwacher Wirtschaft strikt die irrationalen Kriterien des Stabilitäts- und Wachstumspakts einhalten müssen, nur zu noch größeren Unterschieden und Ungleichgewichten, zu noch mehr Arbeitslosigkeit und Armut führt?

Denken Sie nicht, dass es an der Zeit ist, sich einmal um die soziale Nachhaltigkeit zu kümmern? Ein Beispiel ist die Situation in Portugal, wo Arbeitnehmer diese Woche einen Generalstreik durchführen wollen aus Protest gegen eine so genannte Sparpolitik, das heißt Kürzungen bei Gehältern und Investitionen, was wiederum eine noch stärkere Rezession hervorrufen wird. Denken Sie nicht, dass es an der Zeit ist, einen politischen Kurswechsel vorzunehmen, der sozialen Nachhaltigkeit höchste Priorität einzuräumen und Mechanismen der Solidarität zu schaffen, insbesondere...-

(Die Präsidentin unterbricht die Rednerin.)

 
  
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  Olli Rehn, Mitglied der Kommission.(FI) Frau Präsidentin, verehrte Abgeordnete! Zunächst möchte ich Ihnen allen für diese äußerst verantwortungsbewusst geführte Aussprache danken.

Frau Jaakonsaari hat gesagt, dass sich die Europäische Union seit jeher durch eine Reihe von Krisen entwickelt hat. Im Wesentlichen stimmt das, und das ist auch diesmal – kurzfristig – der Fall, wo wir wie die Feuerwehr die Brände löschen müssen, die nun auflodern und die finanzielle Stabilität in Europa gefährden. Derzeit löschen wir hauptsächlich in Irland, um die Stabilität der europäischen Wirtschaft zu retten. Gleichzeitig arbeiten wir an einer längerfristig ausgelegten europäischen Architektur, die die Wirtschaftsunion stärken und die heute bereits stabile Währungsunion durch eine robuste und echte Wirtschaftsunion stützen wird – was, mit anderen Worten, die Umsetzung des ursprünglichen Ziels für die Wirtschafts- und Währungsunion bedeutet.

Beide Aufgaben sind wichtig, und wir können es uns nicht leisten, eine von beiden zu vernachlässigen. Stattdessen müssen wir stets wie die Feuerwehr sein: Wir müssen die Waldbrände löschen und gleichzeitig eine neue europäische Architektur für eine bessere Regulierung der Finanzmärkte und eine bessere Funktionsweise der Wirtschaftsunion schaffen.

Irland ist in Schwierigkeiten. Frau Jaakonsaari weiß sicherlich, dass wir in Finnland ein Sprichwort haben, dass man ungefähr folgendermaßen übersetzen könnte: „Hilf einem Mann, wenn er Schwierigkeiten hat, und nicht, wenn er keine hat.“ Dies gilt selbstverständlich genauso für Frauen. Es ist nun sehr wichtig, dass wir alle einen kühlen Kopf bewahren und versuchen, Irland in dieser schwierigen Zeit zu helfen. Wir tun das nicht nur für Irland allein, sondern auch für die Stabilität der europäischen Wirtschaft; denn wir dürfen nicht zulassen, dass die ersten, noch frischen Anzeichen des Wiederaufschwungs durch diese Situation bereits im Keim wieder erstickt werden. Es ist wichtig, dass wir der europäischen Wirtschaft ein nachhaltiges Wachstum ermöglichen und uns mehr bemühen, für Beschäftigung zu sorgen. Genau darum geht es: nachhaltiges Wachstum der europäischen Wirtschaft und Beschäftigung.

Mitglied der Kommission. – Ich möchte Ihnen für die substanzielle Aussprache danken. Und in der Tat stimme ich mit Herrn Gauzès überein: Ja, wir müssen besser erklären, warum wir das tun, was wir tun, und wir müssen unseren Bürgerinnen und Bürgern die Sorgen nehmen. Dies sind harte und verwirrende Zeiten. Die Menschen sind anfällig für Nervosität und Fehlinformationen, und deshalb müssen wir alle unseren Teil dazu beitragen, um die aktuellen Herausforderungen richtig zu kommunizieren. Und hier kommt dem Europäischen Parlament, also Ihnen allen, als Vertreter der Bürgerinnen und Bürger, eine entscheidende Rolle zu.

Es geht nicht darum, einen Sündenbock zu finden: Es geht darum, das europäische Einigungswerk, das die europäischen Bürgerinnen und Bürger schon vor viel schlimmeren Folgen bewahrt hat, zu stärken. Und jegliche Pläne zur Dekonstruktion dieses europäischen Projektes sind unverantwortlich. Alle Mitgliedstaaten wären ohne die Europäische Union und deren Schutzschild einer weitaus schlimmeren Situation ausgesetzt gewesen. Der Euro ist und bleibt der Eckpfeiler der Europäischen Union; er ist nicht nur irgendeine technische, geldpolitische Vereinbarung, er ist wirklich das politische Kernprojekt der Europäischen Union. Deshalb ist es wirklich entscheidend, dass wir unser Bestes tun, dass wir alles in unserer Macht Stehende tun, um dieses europäische Aufbauwerk zu schützen und zu stärken.

Zum Schluss möchte ich sagen, dass Frau Goulard einen sehr wichtigen Punkt benannt hat, als sie sich auf das ursprüngliche Ziel der Gründer der Wirtschafts- und Währungsunion bezog: nämlich eine wirklich starke politische Dimension zu haben, also eine echte politische Union. Präsident Trichet kann dies wohl eher bezeugen als ich, da er es miterlebt hat, aber ich stimme darin im Wesentlichen überein. Und deshalb wollen wir in unserem Legislativpaket, das Ihnen vorliegt und das dem Rat vorliegt, die starke Währungsunion ausbauen, indem wir letztendlich eine echte und starke Wirtschaftsunion schaffen. Meiner Meinung nach ist es nun wirklich höchste Zeit, das erste „W“ der WWU (Wirtschafts- und Währungsunion) mit Leben zu füllen, und genau darum geht es bei diesem Legislativpaket zur Stärkung der wirtschaftlichen Governance doch letztendlich.

Mitglied der Kommission.(als Antwort auf die Äußerung mit ausgeschaltetem Mikrofon von Herrn De Rossa.) Frau Präsidentin, wie Sie wissen, bin ich gerne bereit, mich mit den irischen Abgeordneten zu treffen und mit ihnen über Themen zu sprechen, die Irland betreffen, aber – so wichtig und schwierig die derzeitige Situation in Irland auch ist – in dieser Aussprache geht es um die EZB und den Bericht des Parlaments über die EZB.

Es wurden in dieser Diskussion so viele Fragen über Irland gestellt, dass es einfach nicht möglich ist, alle zu beantworten. Wie ich gesagt habe: Ich bin bereit, mich morgen mit den irischen Abgeordneten zu treffen, und ich hoffe, dass ich morgen alle von Ihnen treffen kann, damit wir ausführlicher über dieses Thema diskutieren können.

 
  
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  Jean-Claude Trichet, Präsident der EZB.(FR) Lassen Sie mich zunächst anbringen, dass die Fragen, die gestellt wurden, von höchster Relevanz sind und in aller Ausführlichkeit sämtliche Themen abdecken, die heute wichtig sind.

Präsident der EZB. Ich werde den Abgeordneten gleichzeitig antworten, da sich einige Ihrer Fragen überschnitten.

Ich möchte zunächst noch einmal betonen: Wir sind für das zweite „W“ der WWU zuständig, die Währungsunion. Wir achten auf das erste, das für die Wirtschaftsunion steht, aber zuständig sind wir für das zweite „W“ und dafür, was uns das europäische Volk und die Parlamente, die für den Maastricht-Vertrag gestimmt haben, aufgetragen haben: nämlich für Preisstabilität zu sorgen. Das ist unser Mandat. Wir sind unabhängig in unserer Aufgabe, für 330 Millionen unserer Mitbürger für Preisstabilität zu sorgen.

Wie ich soeben erklärt habe, haben wir Preisstabilität garantiert, und zwar gemäß unserer Definition, die weiterhin die beste Definition der Welt ist. Und ich möchte anmerken, dass unsere Definition von Preisstabilität offenbar nun auch weltweiter Maßstab ist. Wir sorgen seit den fast 12 Jahren des Bestehens des Euro für Preisstabilität, und wir bleiben nach allen uns vorliegenden Informationen auch über die nächsten zehn Jahre glaubwürdig.

Das wollte ich noch einmal ganz klar betonen, denn – wie Olli Rehn gesagt hat – viele Fragen an mich beziehen sich auf die Wirtschaftsunion, die selbstverständlich ein Teil der WWU ist, für die wir allerdings nicht zuständig sind. Wir haben unsere Vorstellungen, wir haben unsere Empfehlungen und wir haben unsere Diagnosen und Analysen. Und darauf werde ich selbstverständlich zurückkommen.

Mein zweiter wichtiger Punkt: Wir durchleben gerade die schlimmste weltweite Krise seit dem Zweiten Weltkrieg. Und hätten wir – sowohl die Zentralbanken, einschließlich der EZB, als auch die Regierungen – nicht so schnell und mutig reagiert, hätten wir wohl nicht die schlimmste Krise seit dem Zweiten Weltkrieg, sondern seit dem Ersten Weltkrieg erlebt. Denn dann wäre es zu einer großen Depression gekommen, und diese Tatsache – dass wir die große weltweite Depression verhindert haben – machte umfassende Maßnahmen seitens der Regierungen und Parlamente erforderlich.

Nach unseren Analysen ist die Risikobelastung für den Steuerzahler, die zur Verhinderung einer dramatischen Depression mobilisiert wurde, gemessen am BIP ungefähr gleich hoch auf beiden Seiten des Atlantiks, nämlich ca. 27 % des BIP. Diese Summen wurden selbstverständlich nicht für Ausgaben verwendet, und noch weniger zum Ausgleich von Verlusten, wenn ich das so sagen darf, aber nichtsdestoweniger wurden schon gewaltige Anstrengungen unternommen. Anderenfalls hätten wir eine dramatische Krise erlebt. Natürlich bedeutet dies auch, dass das globale Finanzsystem und die globale Wirtschaft stark geschwächt sind und dass wir auf globaler Ebene Wege finden müssen, um diese Schwäche zu überwinden.

Aber das ist keine europäische Krise. Es sind die Auswirkungen einer weltweiten Krise auf Europa, auf die europäische Governance. Und exakt dieselben Überlegungen über die weitere Vorgehensweise werden auch in den USA und in Japan angestellt, um nur zwei andere große entwickelte Volkswirtschaften zu nennen. Auch sie haben äußerst dringliche Probleme. Und wir dürfen die legitime Diskussion darüber, wie sich große entwickelte Volkswirtschaften besser führen lassen, nicht zu einer Kritik am Euro verkommen lassen, denn dieser hat – wie ich bereits gesagt habe – genau das geleistet, was wir von ihm erwartet haben.

Lassen Sie mich auch noch Folgendes anmerken: Wenn ich mir die Finanz- und Haushaltslage ansehe, die Finanzlage in den großen entwickelten Volkswirtschaften, kann ich sagen, dass Europa als Ganzes und insbesondere die EU in Bezug auf das Haushaltsdefizit – und Herr Goebbels hat es bereits gesagt – besser dastehen als Japan oder die USA. Es beträgt vielleicht rund 6 %, oder sogar ein bisschen weniger, als konsolidierte Haushaltsposition für nächstes Jahr, wohingegen es in den beiden anderen großen entwickelten Volkswirtschaften in einer Größenordnung von 10 % oder noch höher liegt.

Ich sage das auch, damit wir eine Vorstellung der Größenordnungen bekommen. Womit wir es also zu tun haben, ist ein Fehlverhalten einiger Länder, die dadurch Probleme in ihrem eigenen Land sowie finanzielle Instabilität erzeugen. Es geht hier nicht um den Euro; es geht um die finanzielle Instabilität, die hervorgerufen wird durch schlechte Haushaltspolitik, natürlich in Wechselwirkung mit den Märkten, die es immer gibt; wir haben ja schließlich die Marktwirtschaft. Es sei noch einmal grundsätzlich gesagt: Unsere Diagnosen besagen, dass ein Grund für Fehlentwicklungen in Europa eine schlechte Ordnungspolitik war, eine schlechte Governance in der Wirtschaftsunion.

Leider muss ich sagen, dass dies nicht überraschend ist, denn der Stabilitäts- und Wachstumspakt wurde von einigen von Anfang an zu Unrecht kritisiert. Und ich erinnere daran, dass ich selbst im Parlament von den Auseinandersetzungen berichtet habe, denn es gab große Länder, die den Pakt abschaffen oder zumindest aufweichen wollten. Zu meinem Bedauern muss ich sagen, dass es sich dabei um die großen Euro-Länder handelte, wohingegen die kleinen und mittleren nicht derartige Absichten verfolgten. Das war in den Jahren 2004 und 2005. Sie werden sich erinnern, dass dies ein erbitterter Kampf war, der bis zum Gerichtshof ging; und die Kommission – und dafür muss ich die Kommission loben – hatte eine klare Position, anders als der Rat damals, und die Kommission hatte hier unsere volle Unterstützung. Daran möchte ich Sie alle erinnern.

Ich komme nun zu einer Reihe von Fragen, die genau davon handeln, was wir gegenwärtig fordern. Wir haben, als die Kommission ihren Vorschlag vorgelegt hat, bereits gesagt, dass dies unserer Meinung nicht ausreichend sei.

Ausgehend von unserer Einschätzung, von unserer Wahrnehmung, wie Europa als Ganzes – die 27 EU-Mitgliedstaaten und die 16 (bald 17) Euro-Länder – funktioniert, waren wir der Ansicht, dass der erste Vorschlag der Kommission in Bezug auf automatische Sanktionen und die Strenge der Ordnungspolitik sowohl für die Haushaltsüberwachung als auch die Wettbewerbsfähigkeitsindikatoren, um Ungleichgewichte zu ermitteln, zu schwach war.

Und angesichts dessen, dass der Vorschlag des Rates nach aktuellem Stand den Kommissionsvorschlag noch weiter abschwächt, können wir Ihnen, verehrte Abgeordnete, nichts anderes sagen, als dass wir zuversichtlich sind, dass wir den Anforderungen der Situation gerecht werden; und, was die Situation erfordert, ist eine sehr strenge Aufsicht und Ordnungspolitik (Governance).

2005 habe ich im Namen des EZB-Rates erklärt, dass wir mit der damaligen Position des Rates und mit dem, was schließlich verabschiedet wurde, ganz und gar nicht zufrieden waren.

Daher möchte ich nicht weiter darauf eingehen, da wir noch wiederholt Gelegenheit haben werden, mit dem Parlament Rücksprache zu halten. Ich habe natürlich die Äußerung von Frau Goulard zur Kenntnis genommen, als es darum ging, wie intensiv das Parlament zusammen mit dem Rat und der Kommission an dem arbeitet, was dann letztendlich die Position Europas sein wird. Aber noch einmal: Unsere Botschaft ist hier sehr klar.

Ich möchte jetzt noch einige wenige Worte zum Thema Kommunikation sagen. Wir müssen natürlich laufend unsere Kommunikation verbessern. Und daran arbeiten wir auch. Was unsere eigene Kommunikation betrifft, so lassen Sie mich nur sagen, dass wir eine eindeutige Definition der Preisstabilität vorgeben, anhand derer jeder in Echtzeit unsere Arbeit beurteilen kann.

Außerdem möchte ich darauf hinweisen, dass wir die erste der Hauptzentralbanken waren, die unmittelbar nach den Treffen des EZB-Rates Pressekonferenzen einberief. Wir haben als erste eine einführende Erklärung als unsere Diagnose der Situation abgegeben. Wir versuchen also, was unsere Kommunikation betrifft, so ausführlich wie möglich Rechenschaft abzulegen.

Das Einzige, was wir nicht tun, ist, die einzelnen Positionen der verschiedenen Mitglieder des EZB-Rates bekannt zu geben. In einer Institution, die eine Währung für 16 – zwar in Europa vereinte aber immer noch souveräne – Staaten herausgibt, halten wir es wirklich für wichtig und besser, dass der EZB-Rat geschlossen und einheitlich als zuständiges Entscheidungsgremium auftritt.

Nun gibt es noch eine Reihe anderer sehr wichtiger Fragen. Lassen Sie mich nur noch einmal anmerken, dass wir für das zweite „W“ – also die Währungsunion – zuständig sind und das erste „W“ – die Wirtschaftsunion – in den Händen der Regierungen und der Kommission liegt. Aber natürlich müssen wir auf diesem Gebiet auch die Wirtschaftsentwicklung berücksichtigen; das gilt immer und das muss jede unabhängige Zentralbank. Wenn die Haushaltspolitik vernünftig und verantwortungsbewusst geführt wird, dann wiegt die Last auf der Währungspolitik zur Gewährleistung der Preisstabilität auch nicht zu schwer. Wenn die Haushaltspolitik schlecht geführt wird, dann liegt eine schwere Last auf der Zentralbank und ihren zu treffenden Entscheidungen.

Ich würde sagen, dasselbe gilt für uns auch im Hinblick auf unsere Zusammenarbeit mit den Regierungen. Aber wir pochen auf unsere Unabhängigkeit, und wir mussten – wie ich bereits erklärt habe – eine Reihe von Maßnahmen ergreifen, die keine Standardmaßnahmen waren, wodurch wir so gut wie möglich versuchten, unsere währungspolitischen Anstöße zu geben, und zwar unter Bedingungen, unter denen die Märkte nicht richtig funktioniert haben. Und daher wurden unsere Entscheidungen in Bezug auf die Zinssätze nicht richtig an die Wirtschaft als Ganzes weitergegeben.

Das ist die Essenz dieser Nicht-Standard-Maßnahmen, dafür zu sorgen, dass die währungspolitischen Übertragungskanäle wieder normal funktionieren. Und wir haben sehr deutlich unterschieden – das habe ich auch vor Kurzem in einem Kolloquium mit Ben Bernanke wiederholt – zwischen den Standardmaßnahmen, die wirklich zählen im Hinblick auf die währungspolitische Ausrichtung, und den Nicht-Standard-Maßnahmen, die dazu dienen, die Weitergabe von währungspolitischen Maßnahmen zu verbessern.

Ich möchte nur noch sagen, dass ich auch die wichtige Frage zur Kenntnis genommen habe...

Präsident der EZB.(FR) In Bezug auf die Frage von Herrn Gauzès zur Kommunikation, die, wie ich glaube, auch von anderen aufgegriffen wurde: Es gibt eine Tendenz – in manchen Kommunikationskanälen –, Europa immer als eine Art Sündenbock hinzustellen. Wenn etwas schiefläuft, ist das Europas Schuld. Wir wissen, dass das nicht stimmt, und das Europäische Parlament weiß das natürlich noch besser als jeder andere.

Es gibt auch die Tendenz, zu sagen, dass die Kommission oder die Europäische Zentralbank oder – besser noch – der Euro schuld seien, wenn es nicht gut läuft. Dies ist das klassische „Sündenbock-Phänomen“. Der Euro ist diejenige Währung, die ihre interne und externe Stabilität bemerkenswert gut bewahrt hat. Ich habe das noch nicht gesagt, aber dies ist eine bemerkenswertere Leistung als alles, was eine Zentralbank innerhalb der Gründungsstaaten des Euro in den letzten 50 Jahren jemals getan hat; das habe ich mir – wenn ich das so sagen darf – für den Schluss aufgehoben. Ich glaube, wir haben hier eine Währung, die wirklich solide ist – auch historisch gesehen. Wir sollten uns also vor diesem „Sündenbock-Phänomen“ hüten.

Ich glaube, wir müssen im Bereich der Kommunikation alle hart arbeiten, aber ich richte mich mit dieser Botschaft auch an die Europäische Zentralbank und das Eurosystem als Ganzes; mit anderen Worten: Ich richte mich auch an alle nationalen Zentralbanken, die zum Euro-Währungsgebiet gehören. Außerdem möchte ich noch sagen, dass es sich hier ohne Zweifel um ein Problem handelt, dem alle 27 Mitgliedstaaten gegenüberstehen – und damit die Europäische Union als Ganzes.

(Beifall)

 
  
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  Die Präsidentin. − Herr Präsident, herzlichen Dank für die ausführliche Antwort. Ich glaube, es ist zu diesem Zeitpunkt erforderlich, ausführlicher zu antworten, als dies normalerweise im Haus der Fall ist.

 
  
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  Burkhard Balz, Berichterstatter. − Frau Präsidentin! Ich habe auch Herrn Präsident Trichet, Herrn Kommissar Rehn und vor allen Dingen allen Kolleginnen und Kollegen sehr herzlich für diese offene und sehr umfangreiche Debatte zu danken. Sie war geprägt von großer Sachlichkeit, auch wenn am Ende die eine oder andere Emotion unserer irischen Kollegen durchschien, was ich aber verstehen kann. Ich will in der gebotenen Kürze drei Punkte ansprechen. Erstens die Unabhängigkeit der EZB: Ich glaube, es war richtig und wichtig, dass die Staats- und Regierungschefs damals auch unter maßgeblicher Führung des Ehrenbürgers von Europa, Bundeskanzler Helmut Kohl, die Unabhängigkeit der Europäischen Zentralbank durchgesetzt haben. Die Europäische Zentralbank ist Hüter des Euro. Ich glaube, dass der Euro gerade in den Krisenzeiten in den letzten Monaten so stabil war, weil wir letztendlich eine solche EZB haben. Deswegen bitte ich Sie, Herr Präsident Trichet, in den kommenden Monaten auch weiterhin in höchstem Maße unabhängig zu agieren. Wenn Meinungen an Sie herangetragen werden, hören Sie sie sich an, aber letztendlich gilt: Sie als Präsident und als Direktorium der EZB müssen diese Unabhängigkeit bewahren.

Zweitens müssen wir den Bürgerinnen und Bürgern der Union mehr erklären. Das ist ein wichtiger Punkt. Vor allen Dingen sollten wir diese Erklärungen nicht immer in unserer zum Teil kritisierten Brüsseler Sprache vortragen, sondern so, dass sie auch wirklich beim Empfänger, bei den Menschen auf unserem Kontinent ankommen. Das ist für mich ein ganz wichtiger Punkt letzter Punkt: Herr Trichet hat Basel III angesprochen. Auch das kann ich absolut unterstreichen. Wir wollen Basel III zügig umsetzen. Aber ich möchte Basel III nur dann zügig umsetzen, wenn wir es auf der G20-Ebene alle zusammen umsetzen. Es kann nicht sein, dass hier nur Europa wieder voranschreitet und wir alleine den Vorreiter spielen, aber unsere internationale Wettbewerbsfähigkeit stark beeinträchtigen. Deswegen würde ich dafür plädieren, dass Europa das in der Tat mit den Partnern weltweit umsetzt oder aber überlegt, welche Alternativen bestehen.

 
  
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  Die Präsidentin. − Die gemeinsame Aussprache ist geschlossen.

Die Abstimmung findet morgen statt.

Schriftliche Erklärungen (Artikel 149)

 
  
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  Elena Băsescu (PPE), schriftlich.(RO) Auch ich möchte Herrn Balz zu all seinen Bemühungen bei der Erstellung dieses Berichts beglückwünschen. Die Sparpakete, die zur Überwindung der Krise vorgeschlagen wurden, sollten nicht zu Maßnahmen führen, die den wirtschaftlichen Wiederaufschwung gefährden könnten. Ich bin der Meinung, dass das richtige Maß gefunden werden muss zwischen dem Prozess der wirtschaftlichen Konsolidierung auf der einen Seite und dem Schutz von Investitionen durch Arbeitsplätze und nachhaltige Entwicklung auf der anderen. Die Erfahrungen, die wir mit Mitgliedstaaten gemacht haben, die unvorbereitet in den Euroraum eingetreten sind, müssen uns ernsthaft zum Nachdenken bringen darüber, dass wir mit der Zeit realistische Fristen setzen müssen. In der gegenwärtigen Lage kann ein Aufschub von ein oder zwei Jahren hingenommen werden. Die Erweiterung muss weitergehen, aber unter der Voraussetzung der Einhaltung der Maastricht-Kriterien. In diesem Sinne bin ich der Meinung, dass die Einführung des Euro nicht als eine währungspolitische Lösung gesehen werden sollte, sondern als ein Teil einer weitreichenden mittelfristigen Strategie.

 
  
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  Edward Scicluna (S&D), schriftlich. – Ich begrüße und unterstütze diesen Bericht. Wir müssen jedoch auch bedenken, dass wir, wenn alle Debatten über Haushaltskonsolidierung, Regulierung und makroökonomische Steuerung vorüber sind, auch untersuchen müssen, welchen Effekt das alles auf die wirtschaftliche Aktivität gehabt hat – darauf läuft jede Diskussion letztendlich hinaus. In Wirklichkeit brauchen wir eine gute und wirksame Regulierung sowie eine bessere wirtschaftspolitische Governance, damit kleine und mittlere Unternehmen – der Motor für das Wirtschaftswachstum – sich entwickeln und wachsen können. Die traurige Wahrheit ist jedoch, dass diese Unternehmen in den letzten zwei Jahren schwer gelitten haben. Infolgedessen haben wir eine hohe und zunehmende Arbeitslosigkeit. Die Politik der EZB, Milliarden von Euro in die Rettung von überschuldeten Banken zu pumpen, war richtig, aber viele Banken verlassen sich mittlerweile zu sehr auf die Liquidität der EZB. Wir stehen also vor einer Situation, in der Banken, die in den Boomjahren nur zu bereitwillig Kredite ausgegeben haben, sich nun weigern, kleinen Unternehmen Kredite zu gewähren. Wenn das so weitergeht, wird das Wachstum ausbleiben, das notwendig ist, um die Haushaltsdefizite und Staatsschulden zu verringern. Die Arbeitslosigkeit wird ansteigen und unsere Wirtschaftsleistung stagnieren. Lassen Sie uns klug handeln, um nicht noch einmal das europäische Volk zu enttäuschen.

 
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