Der Präsident. – Wir setzen nun die Aussprache über die Schlussfolgerungen der Tagung des Europäischen Rates (28.-29. Oktober) und die wirtschaftspolitische Steuerung fort.
Kathleen Van Brempt (S&D). – (NL) Herr Präsident, wenn man die heutige Aussprache verfolgt, dann tritt eine Sache klar zutage, nämlich das große Thema – das fast allen Fraktionen wichtig ist – der wirtschaftspolitischen Steuerung. Der Konsens ist nur oberflächlich, da es einen großen Unterschied bei der Auslegung dieser wirtschaftspolitischen Steuerung gibt. Wenn man sich einmal die Auslegung des Rates anschaut, die auch aus seinen Schlussfolgerungen ersichtlich wird, so erkennt man eine einseitige Konzentration auf die Dinge, die der Rat für notwendig hält, nämlich Einsparungen, Einsparungen und noch mehr Einsparungen. Es ist schon fast eine Ideologie, die in ein ökonomisches Gesetz umgewandelt worden ist: man muss nur genügend sparen, und alles wird wieder gut werden. Das entspricht nicht unserer Auslegung der wirtschaftspolitischen Steuerung. Es wird vielmehr etwas ganz anderes benötigt werden, und unsere Fraktion ist nicht die Einzige, die das sagt. Schauen Sie sich einmal die Wirtschaftswissenschaftler an, schauen Sie sich die gestrige De Tijd an – nicht gerade eine sozialistische Propagandazeitung – in der es heißt, ich zitiere: „Sparen alleine schwächt bereits kränkelnde Volkswirtschaften und macht die Rückzahlung der Schulden immer schwieriger.“ Es werden auch Investitionen benötigt. Ein sehr schönes, offensichtliches Beispiel für das, was wir brauchen, ist ein Anstieg der Beschäftigungsquote. Das würde die Rückzahlung eines Teils der Schulden in all unseren Mitgliedstaaten ermöglichen. Doch das erfordert den Mut, in Aus- und Weiterbildung zu investieren, den Mut, in die Vereinbarkeit von Berufs- und Familienleben zu investieren. Wenn wir uns einmal die Einsparungen in den verschiedenen Mitgliedstaaten ansehen, dann stellen wir fest, dass es genau diese Art von Investitionen ist, die unter Einschränkungen leidet. Wir brauchen eine Vision – eine Perspektive für die wirtschaftspolitische Steuerung – als Grundlage für die Mobilisierung der Ressourcen, um dies zu tun. Erst dann sollten wir uns überlegen, wie wir den Stabilitäts- und Wachstumspakt am besten gestalten. Ich glaube, dass das der Hauptunterschied zwischen unserer Auffassung von der wirtschaftspolitischen Steuerung und der des Rates ist.
Paulo Rangel (PPE). – (PT) Herr Präsident, Herr Van Rompuy, Herr Barroso, selbstverständlich möchte ich sagen, dass der Standpunkt der Fraktion der Europäischen Volkspartei (Christdemokraten) klar ist: Sie vertritt die Auffassung, dass die Lösung der ernsten Krise, in der sich Europa derzeit befindet, nur möglich ist, wenn die wirtschaftspolitische Steuerung und die Gemeinschaftsmethode ausgeweitet werden. Wir haben keinen Zweifel daran, dass wir uns dieser Krise nur durch eine Ausweitung der Gemeinschaftsmethode, durch mehr wirtschaftspolitische Steuerung und durch angemessene Instrumente für eine echte Einheitswährung im Euroraum stellen und sie bewältigen können. Das bedeutet jedoch, dass jede einzelne Institution – der Rat, die Kommission und das Parlament – der Öffentlichkeit zeigen muss, dass sie bereit ist, ihrer Verantwortung gerecht zu werden. Es muss gesagt werden, dass zumindest die größten Fraktionen im Parlament selbstverständlich bereit sind, eine offene Zusammenarbeit zu pflegen, indem sie die Gemeinschaftsmethode ausweiten, die wirtschaftspolitische Steuerung einführen und der einheitlichen Währung die für die Überwindung der Krise erforderlichen Bedingungen bieten. Es ist heute auch klar, dass das Gleiche für die Kommission und ihren Präsidenten gilt, der gezeigt hat, dass er – entgegen den Behauptungen der Sozialisten und von Frau Ferreira – dem Rat oder dem Parlament nicht verpflichtet ist, sondern sich für die europäischen Interessen einsetzt.
Der Rat muss seiner Verantwortung im kommenden Dezember nachkommen. Darauf und auf sein eindeutiges Bekennen zum europäischen Dialog zählen wir, Herr Van Rompuy.
Marietta Giannakou (PPE). – (EL) Herr Präsident, offensichtlich ist der ständige Unterstützungsmechanismus, der angenommen wurde, zweifelsohne ein positiver Schritt. Jedoch mangelt es immer noch an einer strategischen Planung, welche die Wirtschaftsunion und natürlich die wirtschaftspolitische Steuerung umfassen muss.
Die Europäische Union wurde dank der starken Regierungen der damaligen Zeit ins Leben gerufen. Die Wirtschaftskrise war aufgrund schwacher Regierungen, die zugelassen haben, dass die wirtschaftlichen Automatismen der wirtschaftlichen Globalisierung die politischen Entscheidungen – welche die Gemeinschaft braucht, um weiterhin funktionieren zu können – ersetzen, in der Lage, sich durchzusetzen.
Europa hat 50 Jahre Wohlstand sichergestellt, und wir haben heute die Pflicht, diesen Wohlstand für unsere Bürgerinnen und Bürger auch weiterhin sicherzustellen. Daher ist es offensichtlich, dass sich das Wachstum fortsetzen muss. In einem Zeitalter, in dem sich das gesamte weltweite System verändert, müssen wir uns jedoch fragen, welche Art von Wachstum wir meinen. Was ist Europa heute? Was wird Europa morgen sein? Eine Industrieregion, kleine und mittlere Betriebe und Dienstleistungen, ein Exportkatalysator? Wir brauchen daher statt der Verdächtigungen und der Zwischenstaatlichkeit, die in letzter Zeit an der Tagesordnung waren, ein stärkeres Europa.
Bestimmten Ländern ist es offenkundig nicht gelungen, den Stabilitätspakt einzuhalten, aber wie Herr Reinfeldt mir im vergangenen Dezember als Antwort auf eine Frage gesagt hat, hat nur ein Land den Stabilitätspakt vorschriftsgemäß eingehalten. Allen anderen ist es nicht gelungen, ihre Verpflichtungen einzuhalten.
Folglich müssen wir alle an einem Strang ziehen und diejenigen Länder unterstützen, die derzeit dem Sturm der Krise trotzen, denn wo liegt letzten Endes die Stärke der großen Länder? Ich denke, dass sie im gemeinsamen Auftreten der kleinen Länder im Rahmen eines europäischen Systems liegt. Darüber hinaus wären die Kosten, die durch das Fehlen von Europa entstehen würden, für uns alle untragbar.
Tunne Kelam (PPE). – Herr Präsident, der Schlüssel für die Überwindung der Wirtschaftskrise besteht darin, verbindliche Schlussfolgerungen aus ihr zu ziehen, denn es handelt sich in erster Linie um eine Vertrauens- und Verantwortungskrise. Vertrauen basiert auf einem vernünftigen Gleichgewicht aus Einnahmen und Ausgaben.
Mehr als 20 Jahre lang waren es die meisten Länder Europas gewohnt, heute auf Kosten von morgen und sogar übermorgen zu leben und zu konsumieren – und das auf Kosten der nachfolgenden Generationen, deren Zahlen drastisch schrumpfen. Zweitens waren wir es gewohnt, auf Stabilität basierende Regeln sehr liberal zu handhaben. Wenn die großen Staaten das im Falle von nationalem Bedarf tun können, dann ist es für die anderen einfacher, es ihnen gleichzutun. Daher werden für die Stärkung des Grundsatzes der Haushaltsdisziplin und für seine ernsthafte Wiederherstellung die Strategien für einen ausgeglichenen Haushalt der Testfall für die Glaubwürdigkeit Europas sein.
Drittens gibt es einen offensichtlichen Bedarf an Mechanismen für Kontrolle und Gegenkontrolle. Ich kann die Zustimmung des Rates zu den Schlussfolgerungen über die europäische wirtschaftspolitische Steuerung, die Aktivierung der Verschuldungskriterien und die Aussicht auf einen Mechanismus für frühzeitiges Eingreifen nur begrüßen. Was wir jedoch wirklich brauchen – und ich kann den Schlussfolgerungen meines Kollegen Herrn Verhofstadt nur zustimmen – ist eine echte wirtschaftspolitische Steuerung und echte automatische Sanktionen. Sanktionen, die wirksam sind. Wir freuen uns nächsten Monat auf die Rahmenvorschläge der Kommission zu den künftigen Krisenmechanismen.
Elena Băsescu (PPE). – (RO) Herr Präsident, ich möchte das neue Maßnahmenpaket für eine größere Haushaltsdisziplin und eine Erweiterung der wirtschaftspolitischen Überwachung begrüßen. Ich bin der Meinung, dass die vorgeschlagenen Maßnahmen aufgrund der Unterschiede, die zwischen den Mitgliedstaaten im Hinblick auf die Einhaltung der Finanz- und Haushaltspolitiken beobachtet wurden, notwendig waren. Als Folge dieser Unterschiede hat die Wirtschaftskrise eine beunruhigende Wahrnehmung mehrerer Länder, einschließlich Rumäniens, erzeugt.
Ich denke, dass die entscheidende Neuerung in der Schaffung eines neuen Rahmens für die makroökonomische Überwachung besteht. Dieser wird das Erkennen von entstehenden Ungleichgewichten und Risiken vereinfachen.
Die Annahme des Berichts über die wirtschaftspolitische Steuerung, der von der Arbeitsgruppe unter der Leitung von Herrn Van Rompuy verfasst wurde, stellte einen wichtigen Schritt dar. Mit seiner Umsetzung wird daher ein neuer, robuster Rahmen für das Krisenmanagement geschaffen werden.
Ich möchte auch die Bedeutung der Verordnung für die Gewährleistung der Einhaltung der haushaltspolitischen Maßstäbe durch die nationalen Haushalte erwähnen. In der Praxis bedeutet das, dass die nationalen Haushalte nun die haushaltspolitischen Bestimmungen der EU nicht mehr umgehen können.
Csaba Sándor Tabajdi (S&D). – (HU) Herr Präsident, der bevorstehende ungarische Ratsvorsitz wird vor der beachtlichen Herausforderung stehen, die Änderung des Vertrags von Lissabon umsetzen und die wirtschaftspolitische Steuerung so schnell wie möglich einführen zu müssen. Die Mitgliedstaaten außerhalb des Euroraums beobachten mit Verwunderung, wie der Euroraum an allen Fronten einbricht. Wir sind durch den Beitrittsvertrag gebunden, und unsere Fähigkeit, weiter aufzuholen, ist davon abhängig, ob sich Europas reichere Hälfte stabilisiert, und ob die gemeinschaftliche Solidarität in der Lage ist, die nationalen Eigeninteressen zu verdrängen.
Wir beobachten die Krise in Irland und die Probleme Griechenlands, Portugals und Spanien mit Betroffenheit und Anteilnahme, und wir warten ab, ob der Euroraum bröckelt. Der Beschluss des Rates war, obwohl er wie üblich verspätet gefasst wurde, letztendlich richtig. Die Einführung der wirtschaftspolitischen Steuerung dürfte wohl eine neue Ära in der Geschichte der europäischen Integration einläuten. Ihre Umsetzung könnte jedoch ebenfalls tückisch und komplikationsträchtig sein. Ich bin zuversichtlich, dass der ungarische Ratsvorsitz alles in seiner Macht stehende unternehmen wird, um den Erfolg sicherzustellen.
Ilda Figueiredo (GUE/NGL). – (PT) Herr Präsident, Portugal erlebt derzeit den größten Generalstreik der letzten 20 Jahre. Dieser Protest folgt auf ebenso erhebliche Proteste in verschiedenen Ländern der EU, darunter Griechenland und Frankreich. Wie antwortet die Führung des Rates und der Kommission darauf? Sie ignorieren die Proteste gegen ihre antisozialen Politiken und bestehen auf genau den Politiken, die zu der gegenwärtigen Situation beigetragen haben. Sie verschweigen die Tatsache, dass die Verwundbarkeit des Euro die direkte Folge der Politiken ist, die sie praktizieren: Liberalisierung der Kapitalmärkte, uneingeschränkte Finanzspekulation und die Forderung nach nominaler Konvergenz durch den Stabilitäts- und Wachstumspakt. Währenddessen verschärft sich die tatsächliche Divergenz zwischen den Volkswirtschaften, Arbeitslosigkeit und Armut erreichen untragbare Ausmaße, und die sozialen Spannungen nehmen zu. Wie lange werden sie noch darauf bestehen, diesen Weg weiterzuverfolgen? Was muss unternommen werden, um diese Politiken zu durchbrechen und sich stärker für Produktion, Arbeitsplätze und die Wertschätzung der Arbeit einzusetzen?
Jaroslav Paška (EFD). – (SK) Herr Präsident, die Verhandlungen des Europäischen Rates Ende Oktober fanden unter schwierigen Umständen statt. Alle Länder ändern derzeit ihre wirtschaftspolitischen Strategien mit dem Ziel, die ungünstige wirtschaftliche Situation so schnell wie möglich hinter sich zu lassen und zumindest ein gewisses Maß an Wirtschaftswachstum zu erzielen.
Nach Griechenland und Irland werden auch andere Länder im Euroraum mit der Insolvenzgefahr konfrontiert. Wir sollten daher deutlich machen, dass sich Regierungschefs in solch schwierigen Situationen schwer tun, Entscheidungen zu treffen, durch die sie ihre Fähigkeit, die wirtschaftspolitische Steuerung ihrer Staaten zu gestalten und zu regulieren, aufgeben würden und einige Befugnisse im Zusammenhang mit der wirtschaftspolitischen Steuerung an die Ebene der europäischen Institutionen abgeben würden.
Wir müssen daher auf sehr feinfühlige Weise über unsere gemeinsamen Vorstellungen davon, wie wir Europa so sicher und so schnell wie möglich aus der derzeitigen schwierigen Situation befreien können, sprechen. Dabei dürfen wir jedoch nicht die Bemühungen einzelner Regierungsvertreter unterschätzen, die Probleme ihrer Länder mithilfe ihrer eigenen Kräfte und Fähigkeiten zu lösen, um Konflikte mit den europäischen Interessen zu vermeiden.
Andrew Henry William Brons (NI). – Herr Präsident, der Europäische Rat hat den alten, ausgedienten Spruch der Notwendigkeit, alle Arten von Protektionismus sowie Wechselkursmaßnahmen, die auf einen Wettbewerbsvorteil ausgerichtet sind, zu vermeiden, wiederholt.
Die Umarmung des Globalismus durch die Europäische Union hat die europäischen Länder zur Beute des Wettbewerbs aus den Schwellenländern, insbesondere China, mit denen wir nicht mithalten können, gemacht. Diese Volkswirtschaften missachten internationale Patente und Urheberrechte, sie beschäftigen Arbeitnehmer zu Minimallöhnen, und manchmal zu Sklavenarbeitslöhnen. China hat seine Währung künstlich auf einen niedrigen Stand gesetzt, um seine Waren noch billiger zu machen.
Die europäischen Länder müssen ihre Arbeitgeber und Arbeitnehmer individuell – was ich bevorzugen würde – oder gemeinsam vor diesem unfairen Wettbewerb schützen. Die Wechselkurse dürfen nicht an einen künstlich erzeugten niedrigen Stand gekoppelt werden, um Wettbewerbsvorteile zu erzielen. Sie dürfen auch nicht zum gemeinschaftlichen Nachteil der Länder der Eurozone auf einem künstlich erzeugten gemeinsamen Stand – dem Euro – gehalten werden. Wenn die Währungen angeschlagener Länder die Möglichkeit gehabt hätten, in ihrem Wert zu fallen, dann wäre darauf eine Erholung gefolgt.
Jean-Pierre Audy (PPE). – (FR) Herr Präsident, Herr Van Rompuy, Herr Barroso, ich möchte zunächst über das Thema der öffentlichen Ausgaben auf europäischer Ebene sprechen.
Ich frage mich, ob es angesichts der erheblichen Herausforderungen, die vor uns liegen, nicht an der Zeit wäre, mit unseren nationalen Kolleginnen und Kollegen und dem Europäischen Parlament eine große Debatte über die Vergemeinschaftung und Bündelung unserer öffentlichen Ausgaben zu führen. Ich möchte das Beispiel von Herrn Lamassoure noch einmal aufgreifen: wir haben 27 Armeen und keine Feinde; eine Zollunion und 27 Verwaltungen; Forschungsprogramme, die 15 bis 20 mal ohne jegliche Koordinierung finanziert wurden; transeuropäische Netze, die miteinander verbunden werden müssen; Energienetze, und so weiter.
Ich schlage vor, dass wir einen unabhängigen Prüfer mit der Prüfung der öffentlichen Ausgaben auf den folgenden drei Ebenen betrauen: auf europäischer Ebene, auf nationaler Ebene und auf Ebene der lokalen Exekutive. Diese Prüfung würde für eine große Debatte über die öffentlichen Ausgaben an die nationalen und die europäischen Abgeordneten gehen und könnte dem Europäischen Rechnungshof und den 27 nationalen Rechnungshöfen übertragen werden.
Das ist eine Idee, die ich vorschlagen möchte, um sicherzustellen, dass unsere öffentlichen Ausgaben auf europäischer Ebene besser hinterfragt und verwaltet werden.
Monika Flašíková Beňová (S&D). – (SK) Herr Präsident, die Tagung des Europäischen Rates war geprägt von Erwartungen im Zusammenhang mit der Frage, wie die Staats- und Regierungschefs Europas die Probleme bewältigen würden, die sich aus der wirtschaftlichen Rezession ergeben. Wie ich nun schon mehrmals gesagt habe, genügt es nicht, sich nur auf die Haushaltspläne zu konzentrieren. Die strukturellen Ungleichgewichte, die durch die Krise nur verschlimmert wurden, gehen über die Schulden hinaus. Wenn nicht ein Mechanismus angenommen wird, der geeignet ist, sich auch auf die anderen Aspekte auszuwirken, müssen ernsthafte Zweifel an seinem Erfolg bestehen.
Ein anderes Thema war die Debatte darüber, ob die durch die Rentenreformen verursachten Auswirkungen auf den Haushalt zu einem Defizit führen würden. Einerseits sprechen wir über die Straffung der Regelungen und ihre systematischere Gestaltung, aber dann machen wir sofort wieder Ausnahmen. Außerdem könnte man – wenn Rentenreformen so wichtig sind, wie behauptet wird, was ich persönlich nicht glaube – auch andere Beispiele für erfolgreiche Programme ausfindig machen. Wer wird dann beurteilen, was wichtig und was weniger wichtig ist, und warum?
Ich bin der festen Überzeugung, dass wir keine Debatte über Ausnahmen anstoßen dürfen, während wir über Veränderungen des Systems sprechen.
John Bufton (EFD). – Herr Präsident, ich möchte nur einige Anmerkungen zu den Aussagen von Präsident Van Rompuy und Präsident Barroso von heute Vormittag machen. Es hat den Anschein, dass beide etwas leugnen – sie leugnen die Tatsache, dass sich die Eurozone in einer Krise befindet und wir nun kurz vor dem Zusammenbruch stehen. Viele Menschen dort drüben leugnen das ebenfalls. Um Himmels willen, wachen Sie auf.
Die Menschen sehen das von ihren Heimatländern aus, und sie stellen fest, dass in diesem Plenarsaal ohnehin nicht viele Menschen anwesend sind. Das ist die größte Krise, die Sie jemals hatten, und ich sage Ihnen jetzt, dass das ein ernstes Problem ist. Ich werde Sie, Herrn Barroso und Herrn Van Rompuy, bitten, mir – wenn Sie in einigen Minuten das Wort ergreifen – mitzuteilen, wie Ihr Plan B lautet. Es muss einen Plan B geben, oder wollen Sie das Ganze bis in den Ruin laufen lassen? Ich glaube, dass dies die größte Krise ist, die wir jemals hatten. Die Mitgliedstaaten sind über die gesamte Bandbreite hinweg betroffen. Sie schulden den Menschen einen Plan B. Bitte teilen Sie uns mit, ob Sie einen solchen haben.
Ildikó Gáll-Pelcz (PPE). – (HU) Herr Präsident, meine Damen und Herren, ich möchte meine Freude darüber zum Ausdruck bringen, dass der Bedeutung systemübergreifender Rentenreformen im Laufe der Anhörung Rechnung getragen wurde. Die Reformen im Rahmen des Stabilitäts- und Wachstumspaktes bieten jedoch nicht jedem Akteur die gleichen Chancen.
Auch Ungarn wendet sich gegen Diskriminierung und ruft die EU dazu auf, die Kosten für Rentenreformen bei der Ermittlung der nationalen Defizite zu berücksichtigen. Ich denke, dass – sofern Sie Länder, die ihre Entscheidungsfreiheit ausüben, nicht diskriminieren wollen – auch Einzahlungen in private Pensionsfonds bei der Bestimmung des Haushaltsdefizits berücksichtigt werden müssen. Dieses Problem muss umgehend gelöst werden. Es ist eine gute Nachricht, dass sich bereits beim Ratstreffen im Dezember die Gelegenheit bieten wird, eine zufriedenstellende Lösung zu finden. Ich rufe Sie auf, eine nicht-diskriminierende politische Entscheidung zu treffen und diese baldmöglichst an die Kommission weiterzuleiten, damit das Gesetzgebungsverfahren so schnell wie möglich beginnen kann, und schließlich mit einem für alle Betroffenen zufriedenstellenden Ergebnis zum Abschluss gebracht werden kann.
Antigoni Papadopoulou (S&D). – (EL) Herr Präsident, Griechenland, Irland, Portugal und Spanien leiden unter den Folgen der Wirtschaftskrise. Das Kind ist bereits in den Brunnen gefallen. Dies kann nicht mehr rückgängig gemacht werden, es müssen Maßnahmen ergriffen werden. Misstrauen und Europaskepsis werden nicht dazu beitragen, dass wir uns von der internationalen Wirtschaftskrise erholen.
Ganz im Gegenteil, wir brauchen eine gemeinschaftliche Solidarität, einen politischen Willen, eine Vision, Vertrauen in die Dynamik Europas und vor allen Dingen ein koordiniertes Vorgehen – ein Vorgehen, welches den strukturellen Wandel sowohl auf nationaler Ebene als auch in der Europäischen Union herbeiführen wird. Wir brauchen mehr Beschäftigung, mehr Wachstum, Karriereförderung, mehr Arbeitsplätze, die Umsetzung der EU-Strategie, eine Rationalisierung und Umstrukturierung in Sachen Unternehmensführung, Transparenz bei der wirtschaftspolitischen Steuerung, eine Überprüfung der nationalen Statistiken und einen ständigen, gemeinsamen Mechanismus für die Krisenbewältigung in der Europäischen Union, jedoch ausschließlich zugunsten der europäischen Bürgerinnen und Bürger.
Die Krise betrifft uns alle, nicht nur die Länder, die derzeit unter ihr leiden. Wir brauchen sowohl eine gemeinschaftliche Solidarität als auch ein koordiniertes Vorgehen.
Barry Madlener (NI). – (NL) Herr Präsident, der Euroraum bricht gerade zusammen, und Präsident Barroso muss diesen Zusammenbruch beaufsichtigen. Schließlich hat die Unterstützung in Milliardenhöhe, die für Länder, wie Griechenland, Spanien, Portugal und Irland bereitgestellt wurde, jahrelang nicht dazu geführt, dass diese schwachen Volkswirtschaften mit den starken Volkswirtschaften Deutschlands und der Niederlande konkurrieren konnten. Diese Unterstützung in Milliardenhöhe hat vielmehr zu einem inakzeptablen Verhalten seitens der Sozialisten geführt. Zum Beispiel ist jeder dritte griechische Arbeitnehmer ein Beamter. Die gigantische Welle nicht-westlicher Zuwanderer nach Europa hat auch jedem Land Kosten in Milliardenhöhe beschert, und diese Zuwanderer sind nun arbeitslos zu Hause. Das ist hauptsächlich das Verhalten der Sozialisten. Erinnern Sie sich? Spanien, ein Land, das vor einigen Jahren eine Million illegaler Zuwanderer legalisiert hat, hat nun eine Arbeitslosenquote von 20 %. Nun müssen wir, die stärkeren Volkswirtschaften, diesen Ländern erneut Unterstützung in Milliardenhöhe zur Verfügung stellen. Das wird jedoch lediglich ein kurzfristiges Wundpflaster sein. Langfristig wird sich die Frage stellen, ob wir bereit sind, weiterhin die schwachen Länder mit Milliarden an Steuergeldern strukturell zu unterstützen. Die Antwort darauf lautet „Nein“. Daher würde ich Herrn Präsident Barroso gerne die folgende Frage stellen: Ist die Wiedereinführung der eigenen Währung Griechenlands, der Drachme, und auch Irlands nicht die einzige langfristige Lösung, um diese Probleme zu überwinden? Wird diese Lösung ernsthaft mit diesen Ländern erörtert?
Seán Kelly (PPE). – Herr Präsident, als irischer Abgeordneter bereitet es mir kein großes Vergnügen heute Morgen hier hereinzukommen und mir anzuhören, wie fast jeder Redner angesichts unserer wirtschaftlichen Situation Bezug auf Irland nimmt. Insbesondere deshalb nicht, weil wir noch vor ein paar Jahren als die „Pin-up-Boys“ des wirtschaftlichen Erfolgs in der Europäischen Union galten.
Nichtsdestotrotz denke ich, dass es in Irland eine Entschlossenheit gibt, für Abhilfe zu sorgen. Und ich denke, dass die große Mehrheit der Menschen die Unterstützung durch unsere europäischen Freunde und Kollegen begrüßen würde.
Es gibt einige Lektionen zu lernen. Ich denke, dass Herr Farage nicht so falsch lag, als er sagte, dass es an der Dummheit und Habgier der irischen Politiker lag, die zusammen mit den Banken und Behörden – die einen Großteil der Probleme verursacht haben – Bestandteile des nepotistischen Kapitalismus waren. Wir müssen unsere Lektionen lernen. Darüber hinaus ist es aber auch sehr wichtig, dass die Aufsichtsarchitektur, die ab dem 1. Januar auf den Weg gebracht wird, funktioniert, damit die Stresstests usw. ausreichend sind, um aufzuzeigen, was in der Zukunft passieren wird, und damit die Menschen wieder in die richtige Bahn gelenkt werden können, wenn sie außer Kontrolle geraten.
Zigmantas Balčytis (S&D). – (LT) Herr Präsident, es ist wirklich sehr gut, dass wir nun damit beginnen, über sehr wichtige Themen, wie das gemeinsame Management der zukünftigen Wirtschaft, zu sprechen. Ich glaube, dass wir bald auch über die Möglichkeit eines gemeinsamen Steuersystems sprechen werden. Darüber hinaus können wir heute die erheblichen negativen Auswirkungen erkennen, welche der gestärkte Wechselkurs des Euro zusammen mit vielen anderen Faktoren bewirkt. Es hat mich heute enttäuscht, zu erfahren, dass vor sechs Monaten ein Bankentest durchgeführt wurde, und dass die Ergebnisse dieses Tests nicht bestätigt wurden. Dies zeigt, dass es uns in der Europäischen Union einmal mehr an verlässlichen Informationen mangelt. Wenn uns diese nicht vorliegen, dann können wir keine Möglichkeiten finden, um eine relativ komplizierte Situation zu beenden. Abschließend möchte ich daher gerne die Europäische Kommission dazu aufrufen, ihre Vorschläge zukünftig viel aktiver zu unterbreiten, da die Situation komplex ist und gewaltige Bemühungen, gewaltige finanzielle Mittel und vielleicht ein völlig anderes Verständnis von wirtschaftlicher, finanzieller und andersartiger Überwachung, erfordern wird.
Milan Zver (PPE). – (SL) Herr Präsident, Herr Van Rompuy, Herr Barroso, gestatten Sie mir, mich kurz an dieser Debatte zu beteiligen. Für mich ist die Situation relativ klar. Wer ist schuld an der großen Krise, mit der wir konfrontiert sind? Der Teil des Bankensektors, der Geschäfte ohne richtige Deckung abgewickelt hat und zu viele Risiken in Kauf genommen hat. Aber auch andere, darunter einige europäische Regierungen, die zu übermäßigem Konsum und einer Art Verteilungsmentalität unter den Menschen aufgerufen haben.
Wir haben heute hier zwei Argumentationslinien gehört: Es gibt Kolleginnen und Kollegen, die eine größere Solidarität fordern, so als würde man sagen „Bitte helft uns!“. Und es gibt diejenigen, die jetzt, wo wir die Krise überwinden, vor allem zu einem größeren Verantwortungsbewusstsein aufrufen. Es wäre nicht richtig, wenn diejenigen, die diese große Krise verursacht haben, nun Lösungsstrategien und den Weg aus dieser Krise suchen würden. Diejenigen, die erheblichen Einsparungen kritisch gegenüberstehen, sind sicherlich auf dem Holzweg.
Unter diesen Umständen ist es nur richtig, dass die Steuerzahler aus den Ländern, die mit der derzeitigen Situation konfrontiert sind, nicht zum Schweigen gebracht werden.
Petru Constantin Luhan (PPE). – (RO) Herr Präsident, ich begrüße die Tatsache, dass der Bericht über die wirtschaftspolitische Steuerung eine neue Basis für die Errichtung eines realisierbaren Systems für unsere Funktionsweise in dieser Hinsicht darstellt.
Ich denke, dass die im Bericht ausgesprochenen Empfehlungen zu solideren Institutionen für eine viel effizientere wirtschaftspolitische Steuerung, wie zum Beispiel die Schaffung einer öffentlichen Institution auf nationaler Ebene, die unabhängige Analysen, Beurteilungen und Prognosen für interne finanzpolitische Fragestellungen bereitstellt, die Grundlage für die Schaffung eines transparenten europäischen Systems bilden.
Meiner Meinung nach ist es unerlässlich, jedem Mitgliedstaat die Möglichkeit zu bieten, die für die Analyse und Beurteilung jeder vorgeschlagenen finanzpolitischen Maßnahme auf nationaler Ebene verwendete Grundlage nachzuweisen, damit sich auf der Basis von Vertrauen und gegenseitigem Bewusstsein ein Konzept entwickelt.
Ich bekräftige nochmals die Notwendigkeit, spezifische Maßnahmen anzunehmen, welche die wirtschaftspolitische Steuerung auf der Grundlage von fundiertem, transparentem Wissen und eine offene Debatte über die in den Mitgliedstaaten angenommenen nationalen Maßnahmen, die sich auf EU-Ebene auswirken könnten, vereinfachen werden.
Elisa Ferreira (S&D). (Frage an Herrn Rangel im Rahmen des Verfahrens der „Blauen Karte“ gemäß Artikel 149 Absatz 8 der Geschäftsordnung) – (PT) Herr Präsident, vielen Dank, dass Sie mir das Wort erteilen, aber ich wollte im Rahmen des Verfahrens der „Blauen Karte“ sprechen, weil ich direkt von Herrn Rangel herausgefordert wurde und deshalb gerne früher das Wort ergriffen hätte.
Ich möchte diese Gelegenheit nutzen, um Herrn Rangel darum zu bitten, dass er uns allen erklärt, worin er – unter Berücksichtigung der Bewältigung der Staatsschulden – die konkreten Unterschiede zwischen den Vorschlägen von Kanzlerin Merkel und den Vorschlägen der Kommission sieht. Ich möchte ihn auch bitten, uns mitzuteilen, warum der erste Vorschlag der Kommission zur Bewältigung der Staatsschulden, der eigentlich europäischer Natur war, ohne jede Diskussion oder öffentliche Debatte verworfen wurde, sobald man feststellte, dass er nicht mit den Interessen Deutschlands übereinstimmte.
Paulo Rangel (PPE). (Antwort auf die Frage von Frau Ferreira, die im Rahmen des Verfahrens der „Blauen Karte“ gemäß Artikel 149 Absatz 8 der Geschäftsordnung gestellt wurde) – (PT) Ich möchte ganz kurz sagen, dass kein Zweifel daran besteht, dass es im europäischen Prozess selbstverständlich regelmäßige Verhandlungen zwischen den Institutionen gibt, aber dass der Standpunkt der Kommission stets darauf abzielt, die Gemeinschaftsmethode aufrechtzuerhalten und sich für ein Voranbringen der einheitlichen Währung einzusetzen. Natürlich gibt es Abgeordnete, die hierher kommen und im Parlament nationale Politik machen möchten, wie im Fall von Frau Ferreira.
Diogo Feio (PPE). – (PT) Herr Präsident, die Europäische Union steht vor einer Zeit großer Reformen. Sie muss daher eine Antwort auf die Krise geben und die einheitliche Währung aufrechterhalten. Diese benötigt eigene Regeln, die auf alle Mitgliedstaaten angewandt werden. Das Parlament hat bereits eine führende Rolle im Hinblick auf die wirtschaftspolitische Steuerung eingenommen. Demzufolge setzt es sich für eine bessere Zusammenarbeit zwischen den 27 Mitgliedstaaten beim Wachstum, für Entschlossenheit bei der Umsetzung des Stabilitäts- und Wachstumspaktes und für die Solidarität zwischen den Mitgliedstaaten ein. Das Parlament war die erste Institution als solche, welche die Aufmerksamkeit auf die Notwendigkeit eines Fonds für die Schulden der verschiedenen Länder, aus denen die EU besteht, gelenkt hat. Wir werden daher auch weiterhin mit der Kommission, deren Präsidenten ich begrüßen möchte, kooperieren, und wir hoffen auch, dass wir weiterhin mit dem Rat kooperieren werden. Derzeit werden sechs Berichte erörtert, und wir werden einen ganz klaren Standpunkt zu diesen Berichten einnehmen.
José Manuel Barroso, Präsident der Kommission. – Herr Präsident, ich werde zwei konkrete Fragen beantworten und im Anschluss an die Aussprache von heute Vormittag auch eine allgemeine Anmerkung machen.
Zunächst einmal die Frage, die von Herrn Schulz gestellt wurde: eine wichtige Frage zu den Stresstests in Irland. Lassen Sie mich Folgendes sagen. Die gemeinschaftliche Methodik für die Stresstests wurde auf europäischer Ebene vereinbart. Sie war sehr streng, mit ungünstigen makroökonomischen Szenarien. Die Durchführung der Tests erfolgte jedoch unter der Zuständigkeit der nationalen Aufsichtsbehörden. Sie wurde auf Ebene der Europäischen Union von dem Ausschuss der europäischen Bankaufsichtsbehörden (CEBS) koordiniert, aber dafür gab es keine Befugnisse der Europäischen Union. Ich möchte betonen, dass die Europäische Union als solche bis vor Kurzem diese Art von Verantwortung nicht hatte. Das wird sich im kommenden Januar ändern. Bis dahin wird die neue Architektur der Finanzmarktregulierung und -überwachung – entsprechend den Vorschlägen der Kommission und dem Übereinkommen mit Rat und Parlament – etabliert sein.
Wir werden die drei europäischen Aufsichtsbehörden auf der Mikroebene für den Banken-, Wertpapier- und Versicherungssektor und den Europäischen Ausschuss für Systemrisiken für makrofinanzielle Stabilität und die damit verbundenen Risiken haben. Und das wird viel stärkere Instrumente und die Infrastruktur schaffen, die wir benötigen, um die Tests beim nächsten Mal einheitlicher, strenger und kohärenter durchzuführen. Daher möchte ich diesen Punkt unterstreichen. Vor der Krise hatten wir die Instrumente, die wir gerade schaffen, noch nicht.
Dann komme ich zur zweiten Frage bezüglich der Art und Weise, wie wir derzeit mit einigen heiklen Themen – wie beispielsweise dem ständigen Krisenmechanismus – umgehen. Ich möchte ganz klar sagen, dass es nicht meine Absicht war, den Punkt anzusprechen, aber da es eine konkrete Frage hierzu gibt, muss ich darauf antworten.
Die Staats- und Regierungschefs haben sich einstimmig – und ich wiederhole: einstimmig – darauf verständigt, einen ständigen Krisenmechanismus unter Einbeziehung des privaten Sektors zu fordern. Ich war einer von denen, die den Europäischen Rat vor den Risiken gewarnt haben, dieses Thema ohne ordnungsgemäße Vorbereitung und Kommunikation anzusprechen. Aber das Thema wurde angesprochen und es wurde darüber entschieden, und nun müssen wir so verantwortungsbewusst wie möglich damit umgehen. Daher bin ich der Meinung, dass einige der Anmerkungen, die heute hier gemacht wurden, wirklich nicht hilfreich waren.
Wir leben immer noch unter sehr schwierigen Bedingungen. Ich denke, dass wir jetzt keine weiteren Anmerkungen, sondern Taten brauchen. Wir haben es mit sehr sensiblen globalen Finanzmärkten zu tun. Einige der Anmerkungen haben manchmal die Auswirkungen einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung. Daher ist es nicht dienlich, wenn damit begonnen wird, über Länder zu spekulieren, die in Gefahr sein könnten. Was wir von diesen Ländern fordern müssen, ist die Umsetzung aller Maßnahmen, die erforderlich sind, um Finanz- und Haushaltsstabilität zu erzielen.
Daher werde ich keine Spekulationen über Plan B anstellen. Wir erledigen zusammen mit Präsident Van Rompuy unsere Arbeit und erörtern die Fragestellungen auf verantwortungsbewusste Weise mit unseren Mitgliedstaaten. Was die Rolle der Kommission betrifft, so möchte ich mich erneut ganz deutlich ausdrücken. Die Kommission – und das wurde von Ihnen mehrheitlich bestätigt – hat immer ambitionierte Vorschläge unterbreitet. Wir sind für eine ambitionierte wirtschaftspolitische Steuerung in Europa.
Aber letzten Endes müssen wir realistisch sein. Gemeinsam können wir nicht über das hinausgehen, was mit unseren Mitgliedstaaten im gegenseitigen Einvernehmen festgelegt wurde. Wenn es eine Vereinbarung gibt – eine Vereinbarung, die überdies im Vergleich zur vorherigen Situation einen Fortschritt darstellt – dann ist es nicht hilfreich, über ideale Lösungen zu sprechen, von denen Sie sehr genau wissen, dass sie nicht zustande kommen werden.
Daher erfüllt die Kommission heute und in der Zukunft ihre Aufgabe, indem sie noch mehr Ehrgeiz im Hinblick auf gemeinsame Ziele, wirtschaftspolitische Steuerung, Stabilität des Euroraums – jedoch nicht ausschließlich des Euroraums – fordert.
Ich möchte diesen Punkt besonders deutlich machen, da dies meiner Meinung nach im Laufe der heutigen Debatte nicht geschehen ist. Viele von Ihnen haben gesagt, dass sich die Probleme im Euroraum stellen. Leider muss ich sagen, dass sie sich nicht nur im Euroraum stellen. Der Euro war nicht das Problem. Ich bin absolut davon überzeugt, dass die Situation wesentlich schlimmer wäre, wenn wir den Euro nicht gehabt hätten.
(Beifall)
Einige von Ihnen tendieren dazu, zu vergessen, dass manche Länder, die dem Euroraum nicht angehören, genau die gleichen Probleme – in einigen Fällen sogar noch schlimmere Probleme hinsichtlich der Staatsverschuldung – haben und dass ein Land, welches nicht einmal in der Europäischen Union ist, und das der Europäischen Union nun beitreten möchte, nämlich Island, Konkurs anmelden musste. Und Island hat keinen Euro. Die Realität sieht so aus, dass der Euro nicht die Ursache des Problems war. Es ist intellektuell und politisch unehrlich zu behaupten, dass das Problem beim Euro liegt.
(Beifall)
Unsere Aufgabe besteht nun darin, die Besonderheiten der Situation im Euroraum zu erkennen, uns mit den Problemen zu befassen und alle Mitgliedstaaten aufzufordern, sich zur Zusammenarbeit zu verpflichten: sowohl diejenigen, die dem Euroraum angehören, als auch diejenigen, die ihm nicht angehören. Ich denke, sie alle haben verstanden, dass ein gemeinsames Interesse an einem gemeinsamen Konzept zur Lösung der Krise besteht. Das wird auch die Kommission auf verantwortungsbewusste Weise tun, indem sie natürlich auf den größtmöglichen Ehrgeiz drängt, letztendlich jedoch eine gute und loyale Zusammenarbeit mit allen Institutionen, mit diesem Parlament – wie wir das getan haben – und mit dem Rat und dem Europäischen Rat unterhält. Das ist die verantwortungsbewusste Methode, die wir verfolgen müssen.
In einer Zeit, in der die Märkte außerordentlich nervös sind, müssen wir einen kühlen Kopf bewahren und ein ausgeprägtes Verantwortungsbewusstsein beibehalten – natürlich auch mit einem ausgeprägten Bewusstsein für unsere gemeinsamen europäischen Ziele.
(Beifall)
Herman Van Rompuy, Präsident des Europäischen Rates. – (FR) Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, vorhin wurde gesagt, dass sich die Analyse des Präsidenten der Kommission von der Meinigen unterscheidet. Aber das ist das erste Mal, Herr Schulz, dass man mich beschuldigt, ich würde behaupten, alles sei in Ordnung, obwohl das nicht der Fall ist. Das ist das allererste Mal in meiner Laufbahn.
Ich kann Ihnen versichern, dass ich die Krise in keiner Weise unterschätze und dass wir uns in schwierigen Zeiten befinden. Wenn einige meiner Kommentare nicht gerade aus dem Zusammenhang gerissen werden, bin ich gewöhnlich ein sehr vorsichtiger Mensch, und ich glaube, dass im europäischen Kontext – nicht im Parlament – viel zu viele radikalisierende und andere Äußerungen fallen. Wir müssen nun die Wogen glätten, und dürfen nicht immer wieder erwähnen, wie ernst die Krise ist. Das wissen wir bereits. Es ist an der Zeit, Maßnahmen zu ergreifen.
Einige von Ihnen haben gesagt, dass wir Lehren ziehen müssen. Es gibt ein französisches Sprichwort, das besagt, dass unsere Taten uns folgen. Sehr geehrte Abgeordnete, als ich mein Amt antrat, gab es den Stabilitäts- und Wachstumspakt, der vor einigen Jahren ein klein wenig flexibler gestaltet und nicht angewendet wurde. Als ich mein Amt antrat, habe ich den Vertrag von Lissabon geerbt. Dieser sieht unter anderem bestimmte Verfahren im Hinblick auf Sanktionen und die Entscheidung, die getroffen werden muss, wenn gegen ein Land ein Verfahren bei einem übermäßigen Defizit eingeleitet wird, vor. Der Rat trifft diese Entscheidungen gemäß dem Vertrag von Lissabon. Als ich mein Amt angetreten habe, gab es keinen Krisenmechanismus. Und das mussten wir ändern.
Wir werden daher den Stabilitäts- und Wachstumspakt stärken und erstmals ein System für die makroökonomische Überwachung einführen. Ich kann Ihnen versichern, dass die Probleme, die einige Länder hatten, niemals aufgetaucht wären, wenn wir diesen Mechanismus bereits vor ein paar Jahren gehabt hätten. Wir hätten die Immobilienblasen aufgedeckt. Wir hätten die Wettbewerbsprobleme in einigen Ländern aufgedeckt. Daher werden wir ihn jetzt einführen. Er ist neu und innovativ. Er berücksichtigt die Lehren, die wir aus der Krise gezogen haben, umfassend.
Was den Vertrag von Lissabon betrifft, so beabsichtigen wir, ihn abzuändern, um ihm gegenüber einigen Verfassungsgerichten eine Rechtsgrundlage zu verleihen – eine Rechtsgrundlage für einen ständigen Krisenmechanismus. Das ist der einzige Grund. Ich hoffe, wir werden nicht Gefahr laufen, eine andere große Debatte über die Institutionen zu beginnen, da uns das meiner Meinung nach angesichts der derzeitigen Gegebenheiten nirgendwo hinführen würde und unsere Aufmerksamkeit noch weiter von der Bewältigung der Krise ablenken würde.
Wir hatten zuvor keinen Krisenmechanismus. Als wir mit dem Problem Griechenlands konfrontiert wurden, mussten wir einen Mechanismus erfinden, weil es noch keinen gab. Als wir eine weitere Maßnahme, nämlich das Rettungspaket in Höhe von 750 Mrd. EUR eingeführt haben, mussten wir bei der Auslegung des Vertrags von Lissabon kreativ sein, um ihn anwenden zu können.
Wir ziehen also unsere Lehren aus der Krise und, ich wiederhole es, unsere Taten folgen uns. Wir hatten einen schwachen Stabilitätspakt, der nicht angewendet wurde, wir hatten kein Instrument im Bereich der makroökonomischen Überwachung, und es gab keinen Krisenmechanismus.
Haben die Mitgliedstaaten Verantwortung übernommen? Viele von ihnen haben dies getan. Sie setzen Reformen um, die häufig den großen Trends der öffentlichen Meinung zuwiderlaufen. Sie haben häufig sehr mutige Maßnahmen ergriffen – nicht nur in den Ländern, die Probleme hatten, sondern auch in anderen Ländern. Wir übernehmen Verantwortung.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie uns nicht immer den Feind verwechseln. Ich habe häufig den Eindruck, dass wir uns zu sehr auf die Regierungen und die Parlamente der Mitgliedstaaten konzentrieren. Wir dürfen den Feind nicht verwechseln.
Heute sprechen einige nicht nur über Irland, sondern auch über Portugal. Lassen Sie mich Ihnen die Zahlen nennen. Das Haushaltsdefizit von Portugal lag im Jahre 2009 bei 9,3 %. Im Jahre 2010 wird es bei 7,3 % liegen und im Jahre 2011 bei 4,6 %. Der Zinssatz für die öffentliche Schuld Portugals liegt im Durchschnitt bei 3,6 %. Das ist äußerst niedrig. Portugal leidet nicht unter einer Immobilienkrise oder einer Immobilienblase. Sein Finanzsektor ist nicht zu groß für das Land. Seine Banken sind gut kapitalisiert. Wir dürfen den Feind nicht verwechseln. Manche Menschen sagen, dass die Krisensituation ansteckend ist. Diese Aussage basiert jedoch nicht auf einem wirtschaftlichen Nachweis oder auf einer rationalen Grundlage. Ich lege großen Wert auf diesen Punkt: Wir dürfen den Feind nicht verwechseln.
Ich kann all jenen, die eine verstärkte Zusammenarbeit zwischen den Institutionen gefordert haben, versichern, dass die Präsidentschaften alles in ihrer Macht stehende unternehmen, um zusammenzuarbeiten. Der Bericht der Arbeitsgruppe wurde von ihren Mitgliedern angenommen, darunter auch der Stellvertreter der Europäischen Kommission, Kommissar Rehn. Wir arbeiten auch in anderen Bereichen, wie dem ständigen Krisenmechanismus, Hand in Hand.
Ich hoffe, wir werden den gleichen Geist der Zusammenarbeit bei der Aufstellung des Haushaltsplans für 2011 erleben. Ich bedaure die Tatsache, dass es uns nicht gelungen ist, eine Einigung zu erzielen.
Gestatten Sie mir jedoch, eine Anmerkung zum Thema Zusammenarbeit zu machen. Sie alle sind Mitglieder des Europäischen Parlaments und gehören bestimmten Fraktionen an. Ich möchte erwähnen, dass es manchmal sehr große Unterschiede zwischen dem gibt, was ich im Europäischen Rat von den Premierministern und verschiedenen Parteien höre, und dem, was ich in diesem Plenarsaal von denselben Mitgliedern derselben Fraktion höre. Das ist kein Vorwurf. Man muss mit seiner politischen Partei nicht vollkommen einverstanden sein. Während meiner Laufbahn habe ich häufig Konflikte innerhalb meiner Partei erlebt. Ich tue jedoch alles in meiner Macht stehende, um Kohärenz und Zusammenarbeit zwischen den Institutionen zu erzielen. Ich würde daher sagen, dass wir auf allen politischen Ebenen zusammenarbeiten müssen, um einen kohärenteren Standpunkt zu erzielen, als wir ihn im Moment haben.
Ich stimme denjenigen zu, die sagen, dass wir eine strenge Politik haben, aber dass wir allein damit die Krise nicht überwinden können. Das stimmt, aber wir müssen zunächst diese Zwischenstufe nehmen. Wenn wir sowohl im Hinblick auf die Makroökonomie, als auch im Hinblick auf die Haushaltsplanung vorsichtiger gewesen wären, dann wären wir heute nicht in dieser Situation. Wir brauchen jedoch eine positive Politik für Wachstum und Beschäftigung. Trotz all der negativen Aspekte, die zu berücksichtigen sind, freue ich mich, dass das Wirtschaftswachstum in Europa nach elfmonatiger Rezession zurückgekehrt ist. Ich habe es bereits bei anderen Anlässen im Parlament gesagt: Die Krise der 1930er Jahre, die auch mit einer Finanzkrise begann, wurde nie ganz überwunden.
Wir haben elf Monate nach dem Ausbruch der Finanzkrise das positive Wachstum wieder hergestellt. Dieses Jahr wird das Wachstum durchschnittlich bei 1,5 % liegen. In einigen Ländern – nicht in denen, die mit den bereits erwähnten Problemen konfrontiert sind – wird das Wachstum bei ungefähr 2 % liegen, und in anderen Ländern wird es sogar bei 3 % oder bei 3,5 % liegen. Im Durchschnitt wird das Beschäftigungsniveau innerhalb der EU ab 2011 erneut ansteigen. Natürlich ist die Arbeitslosenquote zu hoch, aber ich freue mich sehr darüber, dass – anders als noch vor sechs Monaten – unsere Wachstumsprognosen viel besser sind, als erwartet, und dass das Wachstum stabiler ist, als wir dachten. Dies ist nicht nur ein Wachstum, das auf der Wiederauffüllung der Lager, auf Konjunkturprogrammen und auf Exporten basiert. Es ist ebenfalls ein Wachstum, das auch von der Inlandsnachfrage gespeist wird.
Schließlich möchte ich noch sagen, dass ich trotz aller Probleme, die wir sicherlich in einigen Ländern haben, überzeugt davon bin, dass wir die Krise, mit der wir heute konfrontiert werden, noch einmal überwinden werden.
Der Präsident. – Die Aussprache ist geschlossen.
Schriftliche Erklärungen (Artikel 149)
Bruno Gollnisch (NI), schriftlich. – (FR) Die Sitzung des Europäischen Rates vom 28. bis 29. Oktober 2010 hat einen neuen Schritt in Richtung der Unterdrückung von Ländern und der Aberkennung von deren Souveränität gesetzt. Zuerst durch eine Art wirtschaftspolitische Steuerung, die in Wirklichkeit eine Übernahme der Kontrolle von deren Volkswirtschaften bedeutet: Mitgliedstaaten werden gezwungen, eine Zustimmung ihrer Haushaltspläne zuerst von Beamten in Brüssel einzuholen; ihre gesamte Wirtschaftspolitik überwachen zu lassen; automatisch präventive Sanktionen auferlegt zu bekommen, sogar bevor die zulässigen Schuld- und Defizitgrenzen überschritten werden; es möglicherweise über sich ergehen zu lassen, die Abstimmungsrechte der schuldigen Mitgliedstaaten aufzuheben. Alle diese Forderungen werden Deutschland als Kompensation für die Weiterführung des Finanzstabilisierungsfonds gewährt. Allerdings besteht dieser Mechanismus allein aus dem Recht der Mitgliedstaaten und der EU-Kommission, Schulden zu machen oder Bürgschaften auf den Märkten zugunsten der in Schwierigkeit geratenen Mitgliedstaaten zu machen, weil diese Opfer von Marktspekulationen aufgrund ihrer Staatsverschuldung sind. Und mehr noch, weil sie zum Euroraum gehören. Das ist unglaublich. Außerdem hat der Europäische Rat auch eine Reform der Verträge beschlossen, um den Mechanismus für das Krisenmanagement zu implementieren. Das vereinfachte Änderungsverfahren wird zum ersten Mal verwendet: diese antidemokratische Methode, die einer parlamentarischen Debatte keinen Platz einräumt. Das hat nichts mit Regierung zu tun; das ist Totalitarismus.
Andreas Mölzer (NI), schriftlich. – Bis zum Jahr 2007 staunte das restliche Europa über die Wirtschaftsentwicklung Irlands, dem „keltischen Tiger“, dem mit niedrigen Unternehmenssteuern und geringer Regulierung traumhafte Wirtschaftsdaten gelangen. Nun ist die Realität eingezogen. Der keltische Tiger hat sich als lahme Ente erwiesen, dem das restliche Europa unter die Arme bzw. die lahmen Flügel greifen muss. 90 Milliarden aus dem Euro-Rettungsschirm, das sind 300 Euro pro Österreicher, sollen nun nach Irland fließen. Das sind nicht nur theoretische Staatsgarantien, die nach dem schwarzen Schaf Griechenland nun nach Irland und vielleicht demnächst nach Spanien und Portugal gehen, das sind reale Steuergelder. Und das ist ein weiterer Schritt der Europäischen Währungsunion in Richtung Transferunion bei der Eurostaaten, die haushalten, für die Misswirtschaft der anderen ihre Geldbörse aufhalten müssen. Darum hat sich die EU viel zu spät gekümmert, und da wird sich erst zeigen, ob den Beschlüssen des Europäischen Rats auch Taten folgen. Die Steuermilliarden dürfen nicht länger in den Rachen von schlecht wirtschaftenden Staaten und spekulativen Banken geworfen werden. Die Transferunion muss ein Ende haben. Wir brauchen einen Mechanismus, der bankrotten Staaten eine echte Insolvenz ermöglicht und diese Staaten dann auch aus der Eurozone entlässt. Wir können nicht an einer kränkelnden Währungsunion herumdoktern, sondern brauchen einen kerneuropäischen Hartwährungsverbund.
Alfredo Pallone (PPE), schriftlich. – (IT) Sowohl Griechenland als auch Irland mussten sich an die Europäische Union um Hilfe wenden. Allerdings gibt es zwischen diesen beiden Fällen einige Unterschiede: Das Defizit in Irland explodierte, weil das Land gegen die Probleme im Banksektor vorgehen musste, die ihrerseits eine Folge der Auswirkungen der Weltfinanzkrise waren, die durch das Platzen der Immobilien-Blase noch verstärkt wurde. Diese Intervention zu einer Zeit der Strukturkrise bedeutete, dass die öffentlichen Finanzen eine derartige Situation nicht länger tragen konnten. In Griechenland ist der Grund für die Intervention andrerseits das etwas leichtsinnige Management der Staatsausgaben, die eine Kapitalspritze durch den Verkauf von Staatsschuldverschreibungen notwendig machte. Angesichts der Reform von wirtschaftspolitischer Steuerung muss die folgende Beobachtung gemacht werden. Wir müssen auf jeden Fall rigorose haushaltspolitische Richtlinien zur Überwachung und Sicherstellung durchsetzen, damit ähnliche Situationen in der Zukunft nicht auftreten. Auf jeden Fall zeigen diese beiden Fälle auf, wie wichtig es ist, alle Faktoren in Bezug auf Finanzen und Stabilität eines Landes in Betracht zu ziehen, und nicht nur die strukturierte öffentliche Schuld. Diese kann tatsächlich nur eine Endsumme widerspiegeln, aber wir müssen die Elemente und Ursachen dahinter untersuchen und herausfinden, warum es so weit gekommen ist.
Monika Smolková (S&D), schriftlich. – (SK) Der Stabilitäts- und Wachstumspakt umfasst bis jetzt Sanktionen, deren Durchsetzung die Zustimmung von 2/3 der Minister erfordert, und dafür hat bislang der politische Wille gefehlt. Ich stehe dem Krisenbewältigungsmechanismus skeptisch gegenüber. Ratspräsident Rompuy sollte Artikel 125 des Vertrags von Lissabon nicht ändern, der besagt, dass jedes Land für seine eigenen Verpflichtungen verantwortlich sein soll. Andrerseits sollte er sich überlegen, Artikel 122 zu erweitern, der sich auf Solidarität bezieht - Leistung gegenseitiger Hilfestellung bei Naturkatastrophen oder Energiekrisen. Eine Abänderung dieses Artikels widerspricht u. U. einem wesentlichen Grundsatz der EU, in anderen Worten der Solidarität, und das könnte zu einem Solidaritätsverlust führen. Würde der Krisenbewältigungsmechanismus in Artikel 122 zur Finanzierung der Einzelstaaten eingesetzt, würde der Rat seine Entscheidung auf Basis eines Kommissionsvorschlags treffen, und man würde nur das Europäische Parlament davon informieren. Es besteht das Risiko, dass verantwortungsbewusste Staaten für die Verantwortungslosigkeit bestimmter Staaten zahlen werden.