Der Präsident. – Bevor wir beginnen, möchte ich gerne einige einleitende Bemerkungen machen. Ich möchte Sie daran erinnern, dass die Konferenz der Präsidenten letzten Donnerstag entschieden hat, morgen, Dienstag, um 16.00 Uhr, eine Aussprache über die Berichte Jędrzejewska und Trüpel zum neuen Haushaltsvorentwurf 2011 abzuhalten. Die Abstimmung über die Berichte ist für Mittwoch geplant. Zweitens wird morgen auch eine Aussprache über die Ergebnisse der Konferenz zum Klimawandel (COP 16) abgehalten werden. Die Völkergemeinschaft hat in Cancún gewisse Fortschritte gemacht. Eine ziemlich große Delegation des Europäischen Parlaments hat auch an den Gesprächen teilgenommen und diese Abgeordneten sind heute anwesend. Zusammen mit Kommissarin Hedegaard werden wir überlegen, wie zufrieden stellend wir das ausgearbeitete Abkommen finden und welche nächsten Schritte in dieser Angelegenheit vor der Konferenz in der Republik Südafrika unternommen werden sollen.
Drittens haben wir am 21. Oktober erfahren, wer den diesjährigen Sacharow-Preis für geistige Freiheit des Europäischen Parlaments verliehen bekommt. Wie Sie sich wohl erinnern werden, ist der Träger der kubanische Dissident Guillermo Fariñas. Leider wird es für Herrn Fariñas sehr schwierig sein, diese Reise zu machen und seinen Preis persönlich entgegenzunehmen, obwohl ich mich in dieser Angelegenheit persönlich mit einem Brief an den kubanischen Präsidenten, Raul Castro, eingesetzt habe. Wir erwarten, dass Herrn Fariñas' Schwierigkeiten, nach Straßburg zu reisen, von Lady Ashton vermerkt werden und diese Tatsache von ihr in den weiteren Beziehungen mit Kuba berücksichtigt wird. Wir hoffen weiterhin, dass es unserem Preisträger möglich sein wird, hierher zu kommen. Wenn er in den nächsten Stunden von Kuba abfliegen würde, könnte er noch rechtzeitig zu unserer Aussprache am Mittwoch eintreffen.
Viertens möchte ich Sie auch daran erinnern, dass vor 30 Jahren, genau gesagt am 13. Dezember 1981, die polnische Regierung das Kriegsrecht in Polen ausrief, um zu versuchen, die immer erfolgreich werdende Solidarnosc-Bewegung im Keim zu ersticken. Tausende von Oppositionsaktivisten wurden festgenommen und über 100 Menschen verloren ihr Leben. Fast drei Jahrzehnte nach diesen Ereignissen sollten wir derer gedenken, die tapfer genug waren, ihr Leben zu riskieren, um Europa vom Joch des Kommunismus zu befreien. Und fünftens und abschließend habe ich mich bezüglich Herrn Blooms Verhalten bei der Plenarsitzung am 24. November, und angesichts der Tatsache, dass er keine der drei Einladungen angenommen hat, sich für seine Äußerungen zu entschuldigen, entschlossen, gemäß Artikel 9 und 153 der Geschäftsordnung eine Sanktion gegen ihn zu verhängen, durch die ihm das Recht auf Tagegeld für sieben Tage entzogen wird. Ich habe Herrn Bloom meine Entscheidung bereits mitgeteilt.
Nun noch weitere Ankündigungen: die Unterzeichnung von Rechtsakten, die nach dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren angenommen wurden. Hiermit informiere ich Sie darüber, dass der Ratsvorsitzende und ich die nächsten zehn Rechtsakte unterzeichnen werden, die nach dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren gemäß Artikel 74 der Geschäftsordnung angenommen wurden. Die Titel dieser Rechtsakte werden im Protokoll der Sitzung veröffentlicht. Zweitens hat mich Frau Gruny schriftlich informiert, dass ihr Mandat als Abgeordnete des Europäischen Parlaments ausgelaufen ist, und zwar aufgrund Ihrer Wahl zur französischen Nationalversammlung. Das Parlament nimmt dies zur Kenntnis und bestätigt nach Artikel 7 Absatz 2 des Aktes zur Einführung allgemeiner unmittelbarer Wahlen der Abgeordneten des Europäischen Parlaments und Artikel 4 Absatz 1 und 4 der Geschäftsordnung, dass es ab 14. Dezember 2010 einen unbesetzten Sitz geben wird. Drittens schließlich: habe ich einen Antrag von der Fraktion der Allianz der Liberalen und Demokraten für Europa erhalten, anstelle von Herrn Haglund Herrn Cornelis zur Interparlamentarischen Delegation für die Beziehungen zu Afghanistan zu nominieren. Gibt es dazu Anmerkungen? Es scheint keine zu geben. Die Nominierung wurde angenommen.
4. Unterzeichnung von gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren angenommenen Rechtsakten: siehe Protokoll
5. Weiterbehandlung der Entschließungen des Parlaments: siehe Protokoll
6. Zusammensetzung des Parlaments: siehe Protokoll
Der Präsident. – Der endgültige Entwurf der Tagesordnung, wie er in der Konferenz der Präsidenten in ihrer Sitzung vom Donnerstag, dem 9. Dezember 2010, gemäß Artikel 137 und 138 der Geschäftsordnung festgelegt wurde, ist verteilt worden.
Zu diesem Entwurf wurden folgende Änderungen beantragt:
Mittwoch
Ich habe einen Antrag von der Fraktion der Europäischen Volkspartei (Christdemokraten) erhalten, den Bericht von Herrn Szájer bezüglich der Modalitäten, nach denen die Mitgliedstaaten die Wahrnehmung der Durchführungsbefugnisse durch die Kommission kontrollieren, in die Tagesordnung aufzunehmen.
József Szájer (PPE). – Herr Präsident, wie Sie richtig festgestellt haben, fordert unsere Fraktion, die Regelung über die Durchführungsrechtsakte in die Tagesordnung aufzunehmen. Ich fühle mich dabei etwas seltsam, weil es sich nicht nur um einen Antrag unserer Fraktion handelt; mehrere andere Fraktionen unterstützen diese Idee. Im Rechtsausschuss wurden dieser Bericht und die vielen beigefügten gemeinsamen Abmachungen und Erklärungen einstimmig angenommen.
Zweitens möchte ich die Kolleginnen und Kollegen daran erinnern, dass der Vertrag von Lissabon vor einem Jahr in Kraft getreten ist. Diese Regelung über Durchführungsrechtsakte ist das Ergebnis intensiver Verhandlungen in einem Bereich, wo die neu delegierten und Durchführungsrechtsakte ein wichtiges Thema für dieses Parlament sind. Ich denke, nach einem Jahr können wir dieses Recht voll wahrnehmen. Aus diesem Grund wäre es gut, diese neue Regelung anzunehmen.
Ich möchte Sie auch darüber informieren – wie unsere Kolleginnen und Kollegen wissen – dass es im Rat eine sehr schwierige Situation mit zwei Blockademinderheiten gegeben hat. Es handelt sich daher um eine sehr heikle Angelegenheit und darum denke ich, dass es richtig ist, sie so rasch wie möglich zu einem Abschluss zu bringen. In diesem Bericht wird allen Rechten des Parlaments entsprochen. Ich bitte um die Unterstützung aller anderen Fraktionen.
Der Präsident. – Danke, Herr Szájer. Wird dieser Vorschlag unterstützt?
Hannes Swoboda (S&D). - Herr Präsident! Wir haben keinen Einwand dagegen, das Thema auf die Tagesordnung zu setzen. Ich möchte allerdings darauf aufmerksam machen, dass es aus einigen Ausschüssen – und ich glaube, nicht nur in unserer Fraktion – doch nach wie vor Bedenken gibt, was die konkreten Regelungen betrifft. Wir brauchen sicherlich eine Frist für die Einreichung von Abänderungsanträgen, so dass wir dann spätestens am Donnerstag abstimmen können. Ich möchte aber nur sagen, dass es noch einige Diskussionen gibt und ich nicht vorweg sagen kann, ob es unsererseits eine Zustimmung geben wird oder nicht. Die Debatten werden folgen. Aber wir haben nichts dagegen, dass das Thema auf die Tagesordnung kommt.
Der Präsident. – Ich schlage vor, dass wir das auf folgende Weise handhaben. Wir werden die Aussprache am Mittwoch abhalten und die Sitzung wird um 21.00 Uhr beendet. Die Frist für die Einreichung von Änderungsanträgen wird auf Mittwoch 10.00 Uhr festgelegt. Die Abstimmung findet am Donnerstag statt.
(Das Parlament stimmt dem Vorschlag zu.)
Catherine Trautmann (S&D). – (FR) Herr Präsident, meine Fraktion wünscht, dass die zwei Anfragen, einerseits bezüglich des Berichts über die Van Rompuy-Arbeitsgruppe und andererseits über die sechs Gesetzgebungspakete der Kommission zur wirtschaftspolitischen Steuerung, wieder in die Tagesordnung aufgenommen werden.
Erstens aus einem institutionellen Grund, da Artikel 9 des Vertrags von Lissabon uns dieses Vorrecht und diese Befugnis einräumt, die horizontale Sozialklausel angewendet zu haben, insbesondere die Studie über die sozialen Auswirkungen für die weit reichenden Richtlinien und Entscheidungen, die Konsequenzen für unsere Bürgerinnen und Bürger haben.
Herr John Monks, Generalsekretär des Europäischen Gewerkschaftsbunds, hat gerade über seine Besorgnis geschrieben, dass die Pläne eine direkte Auswirkung auf die Einkommen von Arbeitnehmern, ihre Löhne und auch ihre Renten haben. Herr Präsident, der politische Grund dafür, dass ich diese Forderung im Namen meiner Fraktion stelle, ist der, dass wir während unserer Diskussion der Marktregulierung unser Ziel demonstrieren müssen, nicht nur unsere Beurteilung der Märkte abzugeben, sondern ebenso zugunsten unserer Bürgerinnen und Bürger abzustimmen und Gesetze zu erlassen.
Ich wünsche mir, dass dieses Haus die Wiederaufnahme dieser Anfragen zur mündlichen Beantwortung unterstützen kann.
Der Präsident. – Wer möchte sich für den Antrag aussprechen? Wer möchte vortreten und sich dafür aussprechen?
Francesco Enrico Speroni (EFD). – (IT) Herr Präsident, meine Damen und Herren, gerade wegen des Verhältnisses, das zwischen den drei Institutionen bestehen muss – dem Rat, der Kommission und dem Parlament – finde ich es angemessen, den Antrag des Abgeordneten zu unterstützen.
Der Präsident. – Möchte sich jemand gegen den Antrag aussprechen? Es scheint sich niemand gegen den Antrag aussprechen zu wollen. Wir kommen daher zur Abstimmung.
(Das Parlament hat den Vorschlag angenommen)
Der Präsident. – Diese zwei Anfragen zur mündlichen Beantwortung werden in die Tagesordnung für Mittwochnachmittag aufgenommen. Die Aussprache dauert bis ungefähr 21.00 Uhr.
(Die Tagesordnung wird angenommen.)
15. Ausführungen von einer Minute zu wichtigen politischen Fragen
Der Präsident. – Der nächste Punkt sind die einminütigen Ausführungen zu politisch wichtigen Fragen.
Teresa Jiménez-Becerril Barrio (PPE). – (ES) Herr Präsident, letzten Monat organisierte ich eine Anhörung in diesem Parlament hinsichtlich der Opfer des Terrorismus, an welcher der Präsident des Parlaments und zahlreiche Mitglieder der Europäischen Volkspartei (Christdemokraten) teilnahmen.
Die Opfer haben sich an uns, ihre Vertreter in Europa, gewandt, um ihnen ihr Recht auf Gerechtigkeit zu garantieren, das in ihren eigenen Ländern so oft mit Füßen getreten wurde, wie etwa im Fall von Spanien, wo die Regierung von Rodríguez Zapatero weiterhin der spanischen Bevölkerung vorlügt, mit einer Terrororganisation zu verhandeln, die ihre Waffen noch immer nicht niedergelegt hat.
Aus diesem Grund wurden so ernste Vorfälle wie etwa der Bar Faisán -Hinweis, bei dem die Terroristen vor einer laufenden Aktion, sie zu verhaften, gewarnt wurden, noch immer nicht genau untersucht.
Demokratische Regierungen können den Opfern des Terrorismus nicht den Rücken kehren; sie haben bereits den höchsten Preis im Kampf um die Freiheit bezahlt.
Das Parlament muss sich für eine Europäische Charta einsetzen, die die legitimen Forderungen der Opfer anerkennt, wie etwa nicht mit Terroristen zu verhandeln und sicherzustellen, dass sie ihre Gefängnisstrafen vollständig absitzen.
Ádám Kósa (PPE). – (HU) Herr Präsident, meine Damen und Herren, während der letzten Arbeitswoche dieses Jahres möchte ich Ihnen gerne einen Überblick über meine Erfahrungen mit der Verwaltung des Europäischen Parlaments geben. In Übereinstimmung mit der Meinung des Europäischen Bürgerbeauftragten vom 6. Dezember möchte ich sagen, dass das Team und das Personal des Europäischen Parlaments Lob für ihre Arbeit zur Förderung der Chancengleichheit und insbesondere für die Verbesserung der Lage von Personen mit Behinderungen verdient. Ich hoffe, dass es in Zukunft in diesen Fragen kein Zurück geben wird. Ich möchte drei Personen danken. Erstens möchte ich wegen der Anpassung Frau Erika Landi und Herrn Pierre Debaty, den Leitern des Referats Ausbildung, danken. Ich möchte Frau Rosa Brignone, Leiterin des Referats Chancengleichheit und Vielfalt, dafür danken, dass sie 61 Personen mit Behinderungen Arbeitsstellen im Europäischen Parlament ermöglicht. Dieses Programm kann Arbeitsplätze für sie schaffen und angemessene Unterstützung bereitstellen. Ich möchte Herrn Buzek auffordern, diesen Programmen auch weiterhin seine Aufmerksamkeit zu schenken, und zwar im Hinblick auf die Zukunft der Europäischen Union.
Csaba Sógor (PPE). – (HU) Herr Präsident, es erfüllt mich mit großer Genugtuung, dass die rumänische Gewinnerin des von der Europäischen Kommission verliehenen Journalistenpreises des Europäischen Jahres 2010 ein Mitglied der ungarischen Volksgemeinschaft in Rumänien ist. Die Preisträgerin hat sich die Anerkennung der Kommission durch einen Bericht verdient, der in ihrer Muttersprache, Ungarisch, verfasst ist. Ungarisch ist in Rumänien keine Amtssprache, aber für die eineinhalb Millionen starke ungarische Gemeinschaft, die in diesem Land lebt, stellt sie die Sprache dar, in der sie über Ereignisse erfahren, die in ihrer Umgebung stattfinden. Ich bin der Kommission dafür dankbar, dass sie es verstanden hat, keinen Grund für eine Disqualifikation darin zu sehen, dass jemand am Wettbewerb mit einem Beitrag teilnimmt, der nicht in der Amtssprache seines Landes verfasst ist. Aber ich denke auch, dass hier etwas fehlt, da Volksgemeinschaften, die keine der Amtssprachen der EU sprechen – wie die Katalanen, Basken, Korsen, und die Liste lässt sich fortsetzen –, nicht die Gelegenheit hatten, am Wettbewerb teilzunehmen, obwohl ihre Gemeinschaften in ihrer Muttersprache informiert werden. Wir müssen jetzt die europäische Realität, die Vielsprachigkeit und die Koexistenz von Kulturen in allen Entscheidungen der Kommission berücksichtigen.
Antonio Masip Hidalgo (S&D). – (ES) Herr Präsident, wie aus den Verhaftungen von Terroristen unter Herrn Rodríguez Zapateros Regierung ersichtlich wird, sind die Anschuldigungen, die heute gegen die spanische Regierung vorgebracht wurden, eindeutig widersprüchlich.
Aber mein wichtigster Punkt ist der, dass der 100. Geburtstag des Dichters Miguel Hernández gefeiert wird, ein unersetzlicher Verlust im spanischen Bürgerkrieg und eine herausragende Stimme, die ganz klar dem Herzen des Volkes entstammt. Er war ein Hirte von „Ziegen und Sorgen“ und ein Zeitgenosse der Nobelpreisträger Neruda und Aleixandre.
In diesem Forum, das Freiheit, Toleranz, Frieden und Kultur unterstützen soll, lese ich: „Ich bin ein offenes Fenster, das lauscht, / durch das man die Düsterheit des Lebens sieht. / Aber inmitten des Kampfes gibt es einen Sonnenstrahl / der die Schatten immer überwindet.“
In diesen düsteren Zeiten müssen wir in der Hoffnung des Sonnenstrahls des Dichters weitermachen, der die Finsternis bezwingen wird, die Finsternis dieser Zeit und zu allen Zeiten. In Umschreibung der Worte von Miguel Hernández: „Wir müssen über viele Dinge sprechen“, oder, mit den Worten des Dichters Vallejo, die letzte Woche in Stockholm von Varga Losa zitiert wurden: „Brüder, es gibt viel zu tun“ in diesem Europa...
(Der Präsident unterbricht den Redner)
Daciana Octavia Sârbu (S&D). – (RO) Herr Präsident, die Europäische Kommission hat letzte Woche einen Bericht über die Einführung der Strategie Ernährung, Übergewicht, Adipositas aus dem Jahre 2007 veröffentlicht. Dieser Bericht hob nicht nur einige spezifische Maßnahmen hervor, die im Kampf gegen ungesunde Diäten und Übergewicht in der Europäischen Union ergriffen wurden, sondern auch, dass viele der unter der Strategie festgelegten Ziele nicht erreicht worden sind. Die Strategie sah Maßnahmen vor, die Ernährungsberatung unter Kindern auszuweiten und zu unterstützen. Allerdings wurde auf EU-Ebene zu wenig getan, um diese Maßnahmen zu unterstützen. Zum Beispiel enthält das Schulobstprogramm pädagogische Elemente, aber es richtet sich nur an eine begrenzte Anzahl von Kindern. Obwohl es noch positive Auswirkungen hat, denken wir, dass diese ziemlich begrenzt sind.
Ein weiteres wichtiges Anliegen ist die sich an Kinder richtende Lebensmittelwerbung. 2007 hat die Kommission Verhaltensregeln erstellt, um das sich an Kinder richtende Marketing von Lebensmittelprodukten zu regeln. Leider gibt es sogar jetzt in einigen Mitgliedstaaten Direktwerbung für ungesunde Lebensmittel, die auf Kinder abzielt, sowie ganz unterschiedliche Auslegungen der Richtlinien im Hinblick auf Verhaltensregeln.
Ivo Vajgl (ALDE). – (SL) Herr Präsident, ich wünsche, dass wir heute in dieser Kammer des Europäischen Parlaments unsere Aufmerksamkeit auf den Friedensprozess im Nahen Osten richten und die diesbezüglichen Warnungen beachten, die von 26 ehemaligen hochrangigen Staatsmännern und Staatsfrauen der Europäischen Union an die weltweite Öffentlichkeit gerichtet wurden.
Ich spreche von Personen, die jede für sich internationale Autorität besitzen und daher in der Öffentlichkeit Aufmerksamkeit finden. Ich denke, dass es für uns in diesem Hause richtig ist, dem Wortlaut dieser Warnung besondere Aufmerksamkeit zu schenken, der uns dazu aufruft, härter dafür zu arbeiten, die Friedensbemühungen in dieser Region zu stärken und, falls notwendig, eine entschiedenere Haltung einzunehmen, um Israel an den Verhandlungstisch zu bringen und den Frieden zu sichern, nicht nur in dieser Region, sondern im Staate Israel und für dessen Bürgerinnen und Bürger.
Michail Tremopoulos (Verts/ALE). – (EL) Herr Präsident, der europäische Stützungsmechanismus erlegt der Kommission die zusätzliche Pflicht auf, die europäische Rechtsstaatlichkeit zu verteidigen. Zu meiner Überraschung musste ich feststellen, dass genau das Gegenteil passiert. Ich bin im Besitz einer schriftliche Antwort von Kommissar Rehn bezüglich des Memorandums mit Griechenland. Er hat diese Antwort persönlich unterschrieben, und darin wird festgestellt, dass die Initiative und Verantwortlichkeit für die Bedingungen ausschließlich bei der griechischen Regierung liegen. Ich bin außerdem im Besitz einer schriftlichen Antwort von Kommissar Almunia, die in eindeutigen Worten klarmacht, dass er es nicht als notwendig ansieht, die von uns geforderten Informationen zur Wahrnehmung der parlamentarischen Kontrolle zur Verfügung zu stellen.
Für eine Reihe von Staaten scheint die Kommission absichtlich Grauzonen bei der Umsetzung der europäischen Rechtsstaatlichkeit und der europäischen Politik zu schaffen. Demokratische Kontrolle bleibt insofern außen vor, als einzelstaatliche Regierungen sich in Bezug auf die grundsätzlichsten Maßnahmen hinter der Kommission und der Troika verstecken, während die Kommission diese Angelegenheiten den einzelstaatlichen Regierungen überträgt. So wandelt sich die Rolle der Kommission als Hüterin der Verträge zur Rolle einer Hüterin eines informellen Ausnahmezustands, den sie stillschweigend selbst erklärt hat. An diesem schwierigen Scheideweg kann das Inkrafttreten des Stützungsmechanismus nicht bedeuten, dass die europäische Rechtsstaatlichkeit außer Kraft gesetzt wird.
Georgios Toussas (GUE/NGL). – (EL) Herr Präsident, die basisfeindliche Politik der Europäischen Union, des Internationalen Währungsfonds und der bürgerlichen Regierungen in den Mitgliedstaaten ist zu einem Krieg über Mindestlöhne, Arbeitsrechte und soziale Rechte eskaliert, für die die Arbeiterklasse lange und hart gekämpft hat.
Massenarbeitslosigkeit, Armut, die Abschaffung einzelstaatlicher Tarifverträge, drastische Lohn- und Rentenkürzungen, höheres Rentenalter, die Abschaffung der Zulagen für schwere und gesundheitsschädliche Arbeit, höhere Mehrwertsteuer, Basiseinkommen, die im Privatsektor und im öffentlichen Sektor um 25 % gekürzt wurden, Ausverkauf staatlicher Unternehmen und immer autoritärere Maßnahmen sowie zunehmende Unterdrückung zulasten der Arbeiterklasse. Typische Beispiele sind die schändliche Einberufung arbeitsloser Seeleute zum Wehrdienst in Griechenland, die Notsituation der arbeitslosen Fluglotsen in Spanien, die Züchtigungen von Schülern und Studenten in England und die Infragestellung der grundlegenden bürgerlichen Freiheiten im Allgemeinen.
Zugleich gibt es jedoch Unmengen von Subventionen und provokativen Steuerbefreiungen...
(Der Präsident unterbricht den Redner)
Nikolaos Salavrakos (EFD). – (EL) Herr Präsident, ein schwieriges Jahr, sowohl für die Menschheit als auch für Europa – ein Europa, dessen gemeinsame Währung und dessen Zusammenhalt auf dem Prüfstand gestellt wurden –, nähert sich seinem Ende. Neue Schutz- und Hilfseinrichtungen wurden geschaffen und eingesetzt, um die gemeinsame Währung zu verteidigen und die Unterstützung zwei wichtige Länder zu unterstützen, deren Wirtschaften sich wesentlich unterscheiden: Griechenland und Irland. Ich denke, dass wir alle, insbesondere die europäischen Führungsspitzen, aus dieser Krise gelernt haben und jetzt mehr Solidarität zwischen uns herrscht. Ich vertraue darauf, dass dem so ist. Ich glaube daher, dass man die richtigen Schritte setzen wird, um 2011 den sozialen Zusammenhalt zu wahren, ohne durch unnachsichtige Haushaltseinsparungen Extremsituationen zu schaffen. Ich muss betonen, dass in den Vereinigten Staaten die entgegengesetzte Wirtschaftspolitik betrieben wird. Wir müssen verstehen, dass im Euroraum Maßnahmen ergriffen werden müssen, um Bedingungen für eine problemlose Erholung auf den Märkten in Griechenland, Irland und Portugal zu schaffen und um ähnliche Probleme in Spanien zu vermeiden.
Csanád Szegedi (NI). – (HU) Herr Präsident, meine Damen und Herren, die Zwei-Drittel-Mehrheitsregierung in Ungarn hat in den letzten sechs Monaten eine Offensive gegen demokratische Institutionen gestartet. Dabei haben sie den ehemaligen paritätsbasierten Medienaufsichtsrat abgeschafft und stattdessen ein Gremium eingesetzt, dass aus Delegierten der Regierungspartei besteht. Die jüngst in Ungarn angenommene, so genannte Medienverfassung gibt der Regierung außerdem die Möglichkeit, nach ihrem Ermessen bestimmte Websites zu zensieren, sogar nach dem Vorbild des chinesischen Zensurmodells. Die Präsidentin der Medienbehörde, Annamária Szalai, hat damit stolz in einem Interview geprahlt. Sie führte als Beispiel das meistgelesene rechtsradikale Nachrichtenportal an, www.kuruc.info, das aufgrund der Anonymität im Internet bei der Aufdeckung der von der ehemaligen Regierung begangenen Rechtsverletzungen führend war. Ich fordere das Europäische Parlament und die Kommission auf, Fidesz dringend dazu aufzurufen, den in Ungarn stattfindenden antidemokratischen Prozessen so rasch wie möglich ein Ende zu setzen. Was der ungarischen Opposition noch bleibt, ist die Macht der öffentlichen Kontrolle, und jetzt soll uns auch diese noch genommen werden.
Barbara Matera (PPE). – (IT) Herr Präsident, meine Damen und Herren, mehr als ein Monat ist vergangen, seit Asia Bibi, eine katholische Bäuerin aus Pakistan, wegen Gotteslästerung verurteilt wurde.
Wir dürfen nie die Bedeutung des Schutzes unverletzlicher Menschenrechte vergessen, zu denen wir in unserer Charta der Rechte das Recht auf freie Meinungsäußerung zählen.
In Ländern wie Pakistan hat die Anklage wegen Gotteslästerung in den letzten zehn Jahren bereits 46 Menschen das Leben gekostet, was zu immer größerer religiöser Intoleranz und damit zu islamischem Fundamentalismus geführt hat. Diese Menschen wurden nach ihrer Anklage wegen Gotteslästerung alle außerhalb von Gefängnissen hingerichtet oder tot im Gefängnis gefunden. Asia Bibis Leben ist in Gefahr, nicht nur aufgrund der pakistanischen Gesetze, sondern auch weil sie sich in den Händen von Fanatikern befindet. Das pakistanische Recht fördert also dieses Klima der Verfolgung und rechtswidrigen Tötungen.
Abschließend fordere ich die gesamte Völkergemeinschaft dringend auf, sich nachdrücklich für die Abschaffung des Gesetzes über Gotteslästerung im pakistanischen Strafgesetzbuch einzusetzen und sicherzustellen, dass alle auf der Grundlage dieses Gesetzes verurteilten Menschen, denen damit das Recht auf freie Meinungsäußerung entzogen wurde, so rasch wie möglich freigelassen werden.
Mariya Nedelcheva (PPE). – (BG) Herr Präsident, meine Damen und Herren, heute wird die von mir und vier Kollegen unterzeichnete Erklärung veröffentlicht, in der wir die sofortige gerechte Verteilung von Agrarsubventionen zwischen alten und neuen Mitgliedstaaten nach 2013 fordern. Gemäß der gegenwärtigen Gemeinsamen Agrarpolitik müssen alle Landwirte der Europäischen Union die gleichen Verpflichtungen erfüllen, was kostspielige Investitionen erfordert. Ihre Verpflichtungen sind zwar dieselben, ihre Ansprüche allerdings nicht. Ich glaube daher, dass von 2013 an das Direktzahlungssystem eine gerechte Behandlung aller Landwirte in der gesamten Europäischen Union garantieren muss. Wir müssen dem Modell der Vergangenheit ein Ende setzen, gemeinsame Kriterien festlegen und die spezifischen Bedürfnisse der Landwirtschaft in einzelnen Regionen mit berücksichtigen. Zusätzlich müssen wir ein System erarbeiten, dass den Transfer von Mitteln von der zweiten zur ersten Säule ermöglicht, damit ein größerer Teil der landwirtschaftlichen Erzeuger in den neuen Mitgliedstaaten von den Unterstützungsmaßnahmen und Instrumenten profitieren kann. Es ist an der Zeit, dafür zu sorgen, dass alte und neue Mitgliedstaaten im Rahmen der GAP gleich behandelt werden, und es ist mein aufrichtiger Wunsch, dass Sie alle dieses Anliegen unterstützen.
Maria Da Graça Carvalho (PPE). – (PT) Herr Präsident, der Tornado, der letzten Dienstag in Portugal wütete, hat in der Region Tomar enorme Schäden verursacht. Leider tritt diese Art von Naturkatastrophe immer häufiger auf. Es ist wichtig, Notfallmechanismen bereitzustellen, die schnelle Einsätze ermöglichen, um der betroffenen Bevölkerung zu helfen.
Die Rolle der EU ist von entscheidender Bedeutung, da ihr Mechanismen und Instrumente zur Verfügung stehen, wie etwa der Solidaritätsfonds, die dazu bestimmt sind, auf solche Probleme zu reagieren. Allerdings ist es außerordentlich wichtig, dass diese Mechanismen schnell, flexibel und einfach aktiviert werden können und anzuwenden sind. Daher fordere ich die Kommission und den Rat auf, den Solidaritätsfonds flexibler zu machen, damit er in diesem und in anderen ähnlichen Fällen möglichst schnell mobilisiert werden kann.
George Sabin Cutaş (S&D). – (RO) Herr Präsident, vor dem Beitritt Rumäniens zur Europäischen Union überwachte die Europäische Kommission die Situation betreffend internationale Adoptionen genauestens und empfahl einen Stopp dieser Aktivitäten, nachdem missbräuchliche Adoptionspraktiken aufgedeckt worden waren. 2009 sandte ich allerdings vor dem Hintergrund der von der Europäischen Kommission und dem Europarat zum Thema Herausforderungen der Adoptionsverfahren in Europa organisierten Konferenz einen Brief an Jacques Barrot, mit dem ich die Aufmerksamkeit auf die Auswirkungen der erneuten Öffnung des internationalen Adoptionsmarktes lenken wollte. Ich forderte auch die Europäische Kommission auf, konsequent zu sein.
Nach einer von einer rumänischen Zeitung durchgeführten Untersuchung hat die Europäische Kommission unter Umständen einen Machtmissbrauch begangen, da sie vorgab, zu welcher Schlussfolgerung die Konferenz in ihrem offiziellen Bericht gelangen sollte, in dem diese dann die Errichtung einer Europäischen Adoptionsbehörde empfahl. Ich denke, dass das Image der Europäischen Union leiden wird, da die Hüterin der europäischen Verträge an der Fälschung eines offiziellen Dokuments beteiligt war. Darum erwarte ich eine klare, vernünftige Antwort der Europäischen Kommission, die die Fragwürdigkeit ihrer vertikalen Strukturen beseitigt.
Gianni Pittella (S&D). – (IT) Herr Präsident, meine Damen und Herren, seit mehr als einem Monat wird eine Gruppe von 250 Personen, einschließlich 80 Eritreern, von Menschenhändlern in der Sinai-Wüste in Ägypten als Geiseln gehalten. Ein Teil dieser Menschen wurde zuvor an der Küste einiger europäischer Staaten abgewiesen. Die Kidnapper verlangen 8000 USD Lösegeld für die Freilassung ihrer Gefangenen, die sie zwischenzeitlich den abartigsten Formen des Missbrauchs und der Entbehrung aussetzen. Sechs Menschen sind bereits gestorben und es kursieren Gerüchte über die Entnahme von Organen und deren Verkauf auf dem Schwarzmarkt.
Die Internationale Gemeinschaft und die Europäische Union müssen solchen Vorkommnissen endlich Einhalt gebieten; es ist an der Zeit, ganz unmissverständlich dafür zu sorgen, dass das Asylrecht überall gewährleistet ist; und einige Regierungen müssen jetzt ihre illusorische Rückführungspolitik überdenken. Der Papst genauso wie Stiftungen, Vereine und Politiker haben das gefordert.
Wir fordern Sie, Herr Präsident, sowie Frau Kommissarin Ashton auf, sofort Maßnahmen zu ergreifen, um diesen Qualen ein Ende zu setzen.
Csaba Sándor Tabajdi (S&D). – (HU) Herr Präsident, ab nächstem Januar wird Ungarn der dritte neue Mitgliedstaat sein, der den rotierenden Ratsvorsitz der EU übernehmen wird. Dies wird eine große Prüfung und Herausforderung für Ungarn sein. Dies wird zeitlich mit der Einführung der wirtschaftspolitischen Steuerung der EU, dem ersten Finanzsemester und der Änderung des Vertrags von Lissabon zur Einführung eines ständigen Krisenmanagementmechanismus zusammenfallen. Wir hoffen, dass die Beitrittsverhandlungen mit Kroatien beendet sein werden und dass Rumänien und Bulgarien Teil des Schengen-Raums werden. Die demokratischen Parteien Ungarns, mit Ausnahme der radikalen Rechten, sind sich einig und arbeiten zusammen, um den Erfolg des ungarischen Ratsvorsitzes sicherzustellen. Allerdings muss dieses Parlament auch auf den Widerspruch hinweisen, dass der ungarische Ratsvorsitz ein Hüter der Achtung der grundlegenden Freiheiten in der EU sein soll, die gegenwärtige Regierung in Ungarn jedoch der Demokratie, der Redefreiheit und den Rechten der Gewerkschaften strenge Beschränkungen auferlegt. Ich hoffe, dass sich die ungarische Regierung in Europa anders als zu Hause verhalten wird.
Kristiina Ojuland (ALDE). – Herr Präsident, ein Problem, dass letzte Woche auf dem EU-Russland-Gipfel angesprochen wurde, war die Rechtsstaatlichkeit der Russischen Föderation.
Ich möchte Sie daran erinnern, dass das Urteil im zweiten Gerichtsverfahren gegen Mikhail Khodorkovsky und Platon Lebedev am Morgen des 15. Dezembers verkündet werden wird.
Die Internationale Gemeinschaft, einschließlich der EU, hat das Verfahren genauestens verfolgt und ich bin überzeugt, dass uns das Ergebnis des Gerichtsverfahrens erlauben wird, einige konkrete Schlüsse über die Rechtsstaatlichkeit in Russland zu ziehen. Da die nächste Sitzung des Ausschusses für die parlamentarische Zusammenarbeit EU-Russland nächste Woche in Straßburg stattfindet, hoffe ich, dieses Problem mit Kollegen von der russischen Staatsduma und dem Föderationsrat zu erörtern, und ich möchte meine Kolleginnen und Kollegen hier im Parlament dazu ermutigen, das Gleiche zu tun.
Pat the Cope Gallagher (ALDE). – (GA) Herr Präsident, die Europäische Union hat bei der Förderung des Friedens- und Versöhnungsprozesses in Nordirland und in den Grenzbezirken Irlands eine wichtige Rolle gespielt. Die Europäische Union hat seit 1994 insgesamt 1,3 Mio. EUR in drei PEACE-Programme investiert. Seit 1989 hat die Union 349 Mio. EUR in den Internationalen Fonds für Irland investiert. Der Internationale Fonds für Irland hat in Irland über 6000 Projekte unterstützt.
(EN) Die Unterstützung der EU hat es Gemeinschaften in Nordirland und in den Grenzbezirken ermöglicht, die aus dem Friedensprozess erwachsenen Chancen zu nutzen. Frieden und Versöhnung aufzubauen ist ein langfristiger Prozess, und ich bin ganz davon überzeugt, dass wir Peace III und die Unterstützung des Internationalen Fonds für Irland (IFI) fortsetzen müssen. Ich begrüße, dass die Vereinigten Staaten, mit Unterstützung der Behörden des Vereinten Königreichs und Irlands, unlängst Schritte unternommen haben, um die Möglichkeit zu prüfen, das IFI-Programm in begrenztem Umfang und zielgerichtet auch nach 2010 fortzusetzen. Abschließend sei gesagt, dass das PEACE-Programm auch weiterhin unbedingt unterstützt werden muss.
Oriol Junqueras Vies (Verts/ALE). – (ES) Herr Präsident, die Richtlinie „Fernsehen ohne Grenzen“ von 1989 legte fest, dass Mitgliedstaaten audiovisuelle Übertragungen anderer Mitgliedstaaten nicht behindern dürfen.
Durch die Revision dieser Richtlinie im Jahre 2007 wurden diese Ziele gefestigt und an neue Technologien und die Änderungen an der Struktur des audiovisuellen Markts angepasst. Allerdings stellt die nordkatalonische Staatsgrenze weiterhin unter Missachtung dieser Richtlinien ein kulturelle und Sprachgrenze dar. Genauer gesagt, mit dem vorgeschobenen Argument technischer Kriterien werden Radio und Fernsehen in Katalanisch systematisch vom geregelten Rundfunk ausgeschlossen.
Daher sollen die europäischen Organe ihre eigenen Richtlinien durchsetzen und Sender mit grenzüberschreitendem Auftrag sollten ihre Dienste der gesamten Sprach- und Kulturgemeinschaft anbieten können, wenn diese wie im Fall von Katalonien in mehr als einem Staat angesiedelt ist.
Vielen Dank.
Bairbre de Brún (GUE/NGL). – (GA) Herr Präsident, ich begrüße die bei der COP-16 in Cancún getroffenen Vereinbarungen. Wir sollten uns aber nicht der Illusion hingeben, dass wir uns genau da befinden, wo wir sein wollen. Wir müssen uns jetzt Ziele stecken, die bestimmter, klarer und verbindlicher sind.
Die Regierungen müssen auf der in Cancún geleisteten Arbeit aufbauen, um nächstes Jahr in Südafrika ein ambitioniertes, verbindliches Abkommen zu erzielen. Wir müssen auch zu Hause handeln.
Es muss eine sofortige Einigung über die Reduzierung der CO2-Emissionen in Europa um mindestens 30 % erreicht werden – nicht nur wegen der internationalen Abkommen, sondern auch um unser selbst willen – damit wir von jetzt an konkurrenzfähig sein können.
Europa muss garantieren, dass wir in puncto Energieverbrauch viel effizienter werden. Wir sind mit dem Energieeffizienzziel von 20 % gescheitert, weil es nicht rechtsverbindlich war. Das muss jetzt geändert werden.
Slavi Binev (NI). – (BG) Herr Präsident, meine Damen und Herren, ich möchte Ihre Aufmerksamkeit auf die Probleme lenken, denen die bulgarischen Straßentransportunternehmer gegenüberstehen, die finanziell ganz schlecht dastehen werden, wenn wir zusätzliche Gebühren für Luftverschmutzung, Lärmemissionen und andere Umweltbelastungen einführen. Dieser Sektor befindet sich in der Krise, und mit der Erhöhung der Gebühren riskiert man nicht nur eine Verschlimmerung der Krise, sondern lässt der Industrie keinen Raum für eine Erneuerung des Fuhrparks. Als bulgarischer Bürger lehne ich die von der Kommission erstellten Berechnungen ab, die die Unterschiede der Gebiete einzelner Mitgliedstaaten nicht berücksichtigen. Bulgarien liegt an der Peripherie der Europäischen Union, und bulgarische Transportunternehmen sind durch diese zusätzlichen Gebühren am stärksten betroffen. Wenn wir uns die Forschungsergebnisse ansehen, stellen wir fest, dass die bulgarische Wirtschaft vor dem Hintergrund all dieser Szenarien verlieren wird.
Kolleginnen und Kollegen, ich hoffe, dass das Europäische Parlament den politischen Willen hat, zu verhindern, dass sich die Probleme in den Ländern an den Grenzen der Europäischen Union verschlechtern.
Nadezhda Neynsky (PPE). – (BG) Herr Präsident, vor einigen Tagen hat uns Präsident Barroso gewarnt, dass Europa mit einer ansteigenden Welle von Populismus und Nationalismus konfrontiert ist. Er hat an die politische Führungsspitze appelliert, die auf Ängsten der Menschen und irrationalen Argumenten aufbauende Manipulation zu bekämpfen, die es seiner Ansicht nach dem Populismus möglich gemacht haben, sich in vielen Ländern zu entfalten. Seine Erklärung war für mich Grund genug, Ihre Aufmerksamkeit auf die Gefahren für die Demokratie in den ehemaligen kommunistischen Ländern zu lenken. Mehr als irgendwo sonst müssen dort die europäischen Führungsspitzen jedem Versuch, das Recht auf Privateigentum zu unterminieren, mit Kompromisslosigkeit begegnen. Die teilweise Verstaatlichung der persönlichen Beiträge zum Berufsrentenfonds und ihr Transfer an die staatliche Sozialversicherung ist ein Beispiel dafür. Europa muss außerdem im Hinblick auf das Recht auf freie Wahlen wachsam sein und verhindern, dass es in irgendeiner Form untergraben wird. In erster Linie müssen Europas führende Politiker den Versuchen, die öffentliche Meinung zu manipulieren und der weit verbreiteten Nutzung von Überwachungssystemen und der Enthüllung von geheimen Informationen, um Menschen unter Druck zu setzen und ihre Menschenrechte zu unterminieren, kompromisslos entgegentreten.
Jim Higgins (PPE). – (GA) Herr Präsident, ich möchte auch gerne meinen Dank an die Frau Kommissarin richten. Es gibt natürlich einen großen Unterschied zwischen dem von Landwirten und dem von Supermarktketten erzieltem Gewinn.
In meinem eigenen Heimatland sind ungefähr 22 000 Menschen im Milchsektor beschäftigt. Der Wert des Milchmarkts in Irland beträgt jährlich 1 Mrd. EUR. Meiner Ansicht nach tut die Europäische Union nicht genug, um den Landwirten zu helfen; und ich spreche nicht von den Beihilfen – die Beihilfen sind gut.
Es gibt viele Dinge, die mit dem Markt nicht in Ordnung sind. Zum Beispiel sollten Landwirte für ihre Erzeugnisse innerhalb von 30 Tagen bezahlt werden. Dies geschieht überhaupt nicht. Noch dazu verkauft der Supermarkt Milch zu Rabattpreisen, aber es sind die Landwirte, die Geld dabei verlieren.
Ich bin enttäuscht darüber, dass man diese Probleme nicht angehen wird. Wir müssen viel mehr tun, um die Landwirte vor der Macht dieser Supermärkte zu schützen.
Ioan Enciu (S&D). – (RO) Herr Präsident, die Grundrechte zählen zu den Grundwerten der Europäischen Union. Die Überwachung der Achtung dieser Rechte ist die zentrale Pflicht aller europäischen Organe.
In Rumänien, einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, können wir schwerwiegende Verletzungen der Grundrechte beobachten. Nachdem sie das Land wirtschaftlich und sozial in den Bankrott gestürzt hat, führt die gegenwärtige Regierung lächerliche Maßnahmen ein, die einer ernsthaften Verletzung der in der Europäischen Union anerkannten Grundrechte gleichkommen – Rentenansprüche, Gewerkschaftsrechte, das Recht auf Lohn und die Rechte junger Mütter. Zusätzlich möchte ich darauf hinweisen, dass derzeit in Rumänien Vorbereitungen im Gange sind, das Recht auf Schutz und Förderung der Rechte von Menschen mit Behinderungen zu ändern. Die Annahme des von der rumänischen Regierung vorgelegten Gesetzentwurfs wird nur dazu dienen, das Leben der Menschen mit Behinderungen zu erschweren und sie vom Staat abhängig zu machen, statt ihren Schutz zu verbessern und ihre soziale Eingliederung zu fördern. Das wird weitreichende, negative Auswirkungen auf die Interessen und die Würde der Menschen mit Behinderungen haben.
Alexander Mirsky (S&D). – (LV) Herr Präsident, ich möchte Sie fragen, was der Ausdruck „Testpilot“ bedeutet? Er bezieht sich auf den Piloten, der das Flugzeug während des Flugs testet. Was ist ein „Testpassagier“? Dieses Konzept wurde vor kurzem von der lettischen Fluglinie airBaltic erfunden. Bedauerlicherweise hat es airBaltic aber versäumt, ihren Passagieren mitzuteilen, dass sie an Tests teilnehmen. Zum Beispiel setzt airBaltic Passagiere ins Flugzeug und es stellt sich später in der Luft heraus, dass das Flugzeug technische Probleme hat und aus diesem Grund eine Notlandung macht. Meiner Ansicht nach sollte ein Flugzeug vor dem Flug flugbereit gemacht werden, nicht während des Flugs, insbesondere, wenn sich Passagiere an Bord befinden.
In jüngster Zeit sind bei airBaltic eine Vielzahl von Notfällen registriert worden. Ich möchte die Aufmerksamkeit der Abgeordneten und der Europäischen Kommission auf das Problem der Flugsicherheit lenken. Eine leichtfertige Haltung kann tragische Konsequenzen haben. Vielen Dank.
Charles Goerens (ALDE). – (FR) Herr Präsident, es wurde mir zweimal mitgeteilt, dass eine Anfrage zur mündlichen Beantwortung bezüglich des Referendums über die Zukunft des Süd-Sudans nicht wieder in die Tagesordnung aufgenommen wird.
Ich möchte Sie daran erinnern, dass gemäß dem umfassenden Friedensabkommen von 2005 der Süd-Sudan die Möglichkeit hat, nach fünf Jahren darüber abzustimmen, ob er ein Teil des sudanesischen Staates bleiben will.
Das Referendum ist für den 9. Januar 2011 geplant. Allerdings hätte eine Reihe ungelöster Fragen, nämlich die Erstellung von Wahllisten, die Lösung von Grenzkonflikten zwischen dem Norden und dem Süden und insbesondere erforderlichenfalls zu ergreifende Sicherheitsmaßnahmen Gegenstand eines Meinungsaustausches in diesem Haus sein sollen.
Wenn wir die Aussprache auf unbestimmte Zeit vertagen, berauben wir uns selbst unseres Rechts, politische Impulse zu setzen. Das ist meine Ansicht. Ich halte an meiner Überzeugung fest, dass es vernünftiger wäre, zu versuchen, Konfliktsituationen zu verhindern, anstatt nichts zu tun und darauf zu warten, dass tragische Ereignisse eintreten.
Ilda Figueiredo (GUE/NGL). – (PT) Herr Präsident, die jüngsten Eurostat-Zahlen zeigen, dass Portugal zu den Ländern mit der höchsten Arbeitsplatzunsicherheit zählt. 22 % der Arbeitnehmer befinden sich in ungesicherten Arbeitsverhältnissen, während der Durchschnittswert der Europäischen Union bei 13,5 % liegt.
Frauen und Jugendliche sind am stärksten betroffen. Mehr als 23 % der Menschen unter 25 sind arbeitslos und das Armutsniveau hat in Portugal 18 % erreicht; das trifft in zunehmendem Maße auch auf arme Arbeitnehmer zu, die nicht genug verdienen, um der Armut zu entkommen.
Wie ist also der inakzeptable Druck zu rechtfertigen, den die Europäische Kommission auf die portugiesische Regierung ausübt, damit sie das Arbeitsrecht ändert und es sogar noch leichter macht, Menschen wegzurationalisieren? Wir brauchen mehr Unterstützung für die Schaffung von Arbeitsplätzen mit Rechten und angemessenen Löhnen.
Miguel Portas (GUE/NGL). – (PT) Herr Präsident, trotz des Sparhaushalts, trotz des Internationalen Währungsfonds, trotz des Stabilisierungsfonds und trotz eines Sanktionsmechanismus für wirtschaftliche Koordination wird der Angriff auf den Euro durch den spekulativen Angriff auf die Staatsschulden einzelner Länder weiter fortgesetzt.
Es muss zugegeben werden, dass der Fehler nur in den getroffenen politischen Entscheidungen liegen kann. Jedes Mal, wenn Bundeskanzlerin Merkel und Präsident Sarkozy in der Öffentlichkeit Vermutungen anstellen, danken es ihnen die Spekulanten sofort und spekulieren dementsprechend. Es ist klar, dass jedes Mal, wenn sie insbesondere „nein“ zu Eurobonds sagen, ihnen die Spekulanten danken, weil sie für den Preis dankbar sind: Der Preis dieser Spekulation ist die Spaltung Europas.
Dies ist ein Europa ohne Solidarität und ein Europa, in dem die Länder in Randlage zunehmend an den Rand gedrängt werden. Das muss sich ändern, Herr Präsident.
Hans-Peter Martin (NI). - Herr Präsident! Ich bin ein langjähriger Befürworter des Euro, doch jetzt steht er auf dem Spiel. Und die europäischen Staatenlenker haben nicht den Mut, endlich aufzuhören, neues Geld altem, schlecht gewordenem Geld hinterherzuwerfen. Der Zeitpunkt ist gekommen, damit aufzuhören zu sagen: Wir verschieben das Problem um noch ein paar Jahre. Wir brauchen endlich die Verantwortung, einen Schuldenschnitt zu wagen. Nur so können die Banken in die Verantwortung genommen werden, und es trifft auch Leute wie uns, über unsere Pensionsfonds und Lebensversicherungen. Aber besser in diesem Bereich ein Ende mit Schrecken als dieser Schrecken ohne Ende. Da haben wir ein großes Problem. In diesem Zusammenhang möchte ich alle Kolleginnen und Kollegen auffordern, sich an Initiativen aus dem Wirtschaftsausschuss zu beteiligen, vor allen Dingen was die sogenannte financewatch.org betrifft, damit wir in Zukunft tatsächlich Mittel finden, um gegen die Banken, gegen die Lobbyisten, die hier leider immer noch das Sagen haben, vorgehen zu können und unabhängige Informationen zu bekommen.
Cătălin Sorin Ivan (S&D). – (RO) Herr Präsident, der Beitritt Bulgariens und Rumäniens zum Schengen-Raum ist für die Stabilität der östlichen Grenzen der EU von entscheidender Bedeutung. Zweitens könnte es ebenso wichtig sein, dass es sich dabei um einen natürlichen Schritt handelt, nachdem beide Staaten 2007 den Status eines vollwertigen Mitglieds der Europäischen Union erhalten haben.
Aber diese Entscheidung muss auf technische Umsetzbarkeit und nicht auf Gefühle oder Leidenschaft gestützt sein. Es gibt in der Europäischen Union einige Regierungsparteien, die glauben, dass sie den Wahlkampf damit gewinnen können, dass sie sich gegen diese Entscheidung aussprechen und die Schuld daran Rumänien und Bulgarien geben, weil es auf EU-Ebene Probleme mit der Roma-Eingliederung gibt.
Sollte der Bericht andererseits zu einer befürwortenden Schlussfolgerung kommen – und die vor kurzer Zeit durchgeführte Inspektion in beiden Mitgliedstaaten hat gezeigt, dass beide Länder auf den Beitritt zum Schengen-Raum vorbereitet sind –, würde ich sagen, dass es außerordentlich wichtig ist, sie auch weiterhin zu unterstützen, insbesondere deshalb, weil wir sie vor nicht allzu langer Zeit positiv beurteilt haben.
Marisa Matias (GUE/NGL). – (PT) Herr Präsident, nach einer weiteren Konferenz über Klimaänderungen denke ich, dass wir, wenn wir uns selbst gegenüber ehrlich sind, höchstens feststellen können, dass sie besser als die Konferenz in Kopenhagen war, weil einige Resultate erzielt und einige Fortschritte gemacht wurden. Sie war besser, weil ein Kompromiss erreicht wurde, und das erneut unter der Schirmherrschaft der Vereinten Nationen. Sie war besser, weil die Europäische Union aus der Konferenz in Cancún besser gestellt hervorging und ein viel transparenteres Verfahren als in der vorhergehenden Konferenz angewandt wurde. Das allein kann allerdings nicht als eine Konsolidierung angesehen werden, und wir müssen anerkennen, dass dies immer noch ein sehr mageres Ergebnis darstellt.
Es gibt eine Grundlage für die weitere Arbeit, aber wir müssen auch anerkennen, dass diese sehr positive Grundlage weiterhin auf Versprechungen basiert. Die Regierungen müssen noch viel weiter gehen, um den Bedürfnissen der Öffentlichkeit zu entsprechen und den Erfordernissen einer echten Krise, die reale Opfer fordert, gerecht zu werden. Ich freue mich, dass wir dies morgen hier eingehender diskutieren werden. Der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte zu gedenken wird wenig Sinn haben, wenn wir diese Rechte weiterhin vernachlässigen. Wir sollten bereits wissen, dass der Markt nicht Lösungen für alles bietet und es an der Zeit ist, die Menschen in den Mittelpunkt zu stellen.
Rui Tavares (GUE/NGL). – (PT) Herr Präsident, vor einigen Tagen hat Ron Paul, Abgeordneter im US-Repräsentantenhaus, eine entscheidende Frage gestellt: Wenn ein Krieg mit einer Lüge beginnt, ist es wichtiger, das Geheimnis zu hüten oder der Öffentlichkeit die Wahrheit zu sagen? Ich teile die Besorgnis unseres Kollegen auf der anderen Seite des Atlantik bezüglich des WikiLeaks-Falles. Es gibt Geheimnisse, die gerechtfertigt und notwendig sind. Das Problem stellt sich dann, wenn Geheimnisse die Regel werden und nicht die Ausnahme, und in den letzten Jahren haben wir den Aufstieg einer Kultur der Geheimnisse beobachten können, die nur stärker wird und demokratische Kontrollen umgeht und jetzt ihre Privilegien auf das Heftigste verteidigt, wie wir das in den Reaktionen einiger Regierungen und Unternehmen auf den WikiLeaks-Fall gesehen haben.
Angesichts politischen Drucks haben Amazon, Visa, MasterCard und sogar eine Schweizer Bank, die zuvor mit ihnen zu tun hatte, sich vom WikiLeaks-Projekt zurückgezogen. Ein französischer Minister hat gefordert, dass Frankreich dieser Website nicht gestatten sollte, auf französischem Gebiet tätig zu sein. Meine Damen und Herren, für einen solchen Druck gibt es absolut keine rechtliche Basis. Vertrauen ist keine Einbahnstraße, und Regierungen können nur dann öffentliches Vertrauen fordern, wenn sie bereit sind, der Öffentlichkeit zu vertrauen.
Philip Claeys (NI). – (NL) Herr Präsident, es ist auf den Tag genau sechs Monate her, dass die Bundestagswahlen in Belgien abgehalten wurden. Ich muss das hervorheben, weil wir uns nie zuvor in einer Situation befanden, in der der EU-Ratsvorsitz über den vollen Zeitraum von sechs Monaten von einer Übergangsregierung geführt wurde.
Der Rat ist hier heute nicht politisch vertreten. Das ist etwas bedauerlich, weil diese surreale Situation erwähnenswert ist. Das künstliche Gebilde Belgien ist heute immer noch unregierbar, wie das vor sechs Monaten der Fall war, und dagegen kann nichts getan werden, weil Flandern und Wallonien sich zu zwei verschiedenen Ländern mit ganz unterschiedlichen politischen und sozioökonomischen Kulturen entwickelt haben.
Herr Präsident, die Situation in Belgien scheint völlig ausweglos zu sein, so sehr, dass sich die Europäische Union besser auf die Entstehung zweier neuer Mitgliedstaaten vorbereiten sollte: Flandern und Wallonien.
Corina Creţu (S&D). – (RO) Herr Präsident, die jüngsten Änderungen des Arbeitsrechts in Rumänien werden die Lage der Arbeitnehmer, die bereits schwer unter der Rezession leiden, weiter verschärfen. Die Kündigungsfrist für Arbeitnehmer und die Probezeiten wird man verlängern, was bedeutet, dass Arbeitsverträge während oder zum Ende dieser Probezeit fristlos beendet und während dieses Zeitraums mehr als drei Menschen nacheinander auf der gleichen Stelle beschäftigt werden können. Die missbräuchlichste Maßnahme, die ganz offen gegen die elementarsten Rechte verstößt, zielt darauf ab, den Arbeitsvertrag eines einzelnen Arbeitnehmers rechtmäßig zu suspendieren, während sich dieser an einem Streik beteiligt.
Ich möchte ganz einfach gegen diesen Versuch protestieren, Arbeitnehmer in Sklaven der Bosse zu verwandeln. Ich möchte auch die europäischen politischen Kräfte und Organe auffordern, zu intervenieren und den Niedergang des Status der Arbeitnehmer in Rumänien aufzuhalten.
Der Präsident – Damit ist der Tagesordnungspunkt beendet.
VORSITZ: Libor ROUČEK Vizepräsident
16. Abkommen EU/Georgien zur Erleichterung der Visaerteilung - Abkommen EU/Georgien über die Rückübernahme von Personen mit unbefugtem Aufenthalt - Liberalisierung der Visabestimmungen in Serbien und der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien - Umsetzung des Abkommens über Visaerleichterungen EU-Russland (Aussprache)
Der Präsident. – Der nächste Tagesordnungspunkt ist die gemeinsame Aussprache über
– die Empfehlung des Ausschusses für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres zu dem Entwurf eines Beschlusses des Rates über den Abschluss des Abkommens zwischen der Europäischen Union und Georgien zur Erleichterung der Visaerteilung (11324/2010 – C7-0391/2010 – 2010/0106(NLE)) (Berichterstatterin: Nathalie Griesbeck) (A7-0345/2010),
– die Empfehlung des Ausschusses für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres zu dem Entwurf eines Beschlusses des Rates über den Abschluss des Abkommens zwischen der Europäischen Union und Georgien über die Rückübernahme von Personen mit unbefugtem Aufenthalt (15507/2010 – C7-0392/2010 – 2010/0108(NLE)) (Berichterstatterin: Nathalie Griesbeck) (A7-0346/2010),
– die Anfrage zur mündlichen Beantwortung an die Kommission zur Umsetzung des Abkommens über Visaerleichterungen EU-Russland von Kristiina Ojuland im Namen der Fraktion der Allianz der Liberalen und Demokraten für Europa (O-0140/2010 – B70568/2010),-
– die Anfrage zur mündlichen Beantwortung an die Kommission zur Umsetzung des Abkommens über Visaerleichterungen EU-Russland von Manfred Weber, Simon Busuttil, Elmar Brok, Alojz Peterle im Namen der Fraktion der Europäischen Volkspartei (O-0172/2010 – B7-0656/2010),
– die Anfrage zur mündlichen Beantwortung an die Kommission zu Fragen der Liberalisierung der Visabestimmungen in Serbien und der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien von Simon Busuttil, Manfred Weber, Anna Maria Corazza Bildt, Monika Hohlmeier im Namen der Fraktion der Europäischen Volkspartei (O0181/2010 – B7-0654/2010).-
Nathalie Griesbeck, Berichterstatterin. – (FR) Herr Präsident! Frau Kommissarin! Meine Damen und Herren! Ich freue mich, heute Abend diese beiden Berichte vorzustellen – Berichte, über Abkommen zwischen der Union und Georgien, die ich gemeinsam erläutern werde. Der erste Bericht betrifft die Erleichterung der Visaerteilung und der zweite die Rückübernahme von Personen mit unbefugtem Aufenthalt.
Zur Erinnerung, das erste Abkommen über Verpflichtungen hinsichtlich der Rückübernahme schafft die Grundlage vollständiger Gegenseitigkeit, die auf Staatsangehörige sowie Einwohner von Drittstaaten angewendet werden soll. Es begründet Verfahren für die Rückübernahme – Anträge, Informationen, angebotene Dokumente, Beweise, Beweismittel, Fristen, Transfermittel, Transport, Transit usw. Dabei unterscheidet es sich vom Rückübernahmeabkommen zwischen der Europäischen Union und Pakistan, an das Sie sich vielleicht erinnern, und das ich vor wenigen Monaten entschieden abgelehnt habe. In diesem Fall möchte ich meine volle Zufriedenheit über dieses Abkommen ausdrücken, weil es in der Tat Menschenrechte achtet und es möglich sein sollte, seine Anwendung zu gewährleisten, denn Georgien ist Unterzeichner der Genfer Flüchtlingskonvention und der Europäischen Menschenrechtskonvention. Dies sind, meiner Meinung nach, zwei wesentliche Voraussetzungen für die Zustimmung zu einem solchen Abkommen.
Das zweite Abkommen, das sich auf die Erleichterung der Visaerteilung konzentriert, ermöglicht es georgischen Staatsangehörigen, insbesondere jenen, die reisen, wie Studenten, Journalisten usw., Visa für einen kurzfristigen Aufenthalt zu erhalten, um leichter in die Europäische Union reisen zu können. Damit werden alle Anforderungen an Belegunterlagen, die zur Unterstützung eines solchen Antrags vorgelegt werden müssen, erheblich vereinfacht.
Ich möchte Sie auch daran erinnern, dass diese zwei Abkommen offensichtlich Hand in Hand gehen, da auf Grundlage der gemeinsamen Herangehensweise ein Abkommen über die Erleichterung der Visaerteilung grundsätzlich nur abgeschlossen werden kann, wenn ein Rückübernahmeabkommen existiert.
Deswegen müssen zwei wichtige Punkte angesprochen werden. Wir haben hier eine wesentliche Phase der Stärkung der Beziehungen zwischen der Union und Georgien, das in den vergangenen Jahren einen klaren Wunsch nach engeren Beziehungen zu uns geäußert hat. Diese Abkommen sind ein erster Schritt hinsichtlich privilegierter Beziehungen – ein starkes Signal seitens der Union an Georgien.
Natürlich sind diese Abkommen auch auf regionaler Ebene von Interesse. Sie werden zu den Bemühungen der Union beitragen, auch die Zusammenarbeit mit anderen Ländern in der Region des Südkaukasus zu stärken. Ich bin, wie wir alle, davon überzeugt, dass Georgien auf diesem Weg auch ermutigt wird, alle notwendigen Reformen umzusetzen, an deren Notwendigkeit auf den Gebieten von Freiheit, Sicherheit und Justiz uns der Präsident erst vor wenigen Tagen erinnert hat. So können wir vielleicht noch effektiver gemeinsam gegen illegale Einwanderung kämpfen und, kurz gesagt, die Entwicklung von Demokratie fördern.
Meine Damen und Herren! Ich fordere Sie deswegen auf, diesen beiden mit Georgien abgeschlossenen Abkommen zuzustimmen. Abschließend möchte ich Sie, Frau Kommissarin, jedoch daran erinnern, dass Sie, obwohl wir sehr gut zusammenarbeiten, vor einigen Monaten, als wir das Rückübernahmeabkommen mit Pakistan diskutierten, feierlich erklärt haben, dass Sie sich verpflichten, aktuelle Rückübernahmeabkommen zu prüfen und dem Parlament regelmäßig über diese Abkommen – sowohl über jene, die bereits abgeschlossen wurden, als auch jene, die noch verhandelt werden – zu berichten. Ich möchte Sie erneut dazu auffordern, ob feierlich oder auf andere Weise, vor diesem Parlament zu bestätigen, dass wir also nicht beiseite geschoben, zu wenig beteiligt oder schlecht informiert werden, was die Aufnahme und den Fortschritt von Verhandlungen über Abkommen seit Ihrer Erklärung betrifft. Ich halte dies für entscheidend, wenn wir in Übereinstimmung mit unseren Werten gemeinsam effizient vorankommen möchten.
Kristiina Ojuland, Verfasserin. – Herr Präsident! Ich muss sagen, dass ich sehr glücklich bin, dass heute diese Aussprache über das Abkommen zur Befreiung von der Visumpflicht zwischen der EU und Russland in diesem Parlament stattfindet, denn die Frage steht nun schon so lange auf der gemeinsamen politischen Agenda der EU und der Russischen Föderation.
Ich begrüße jeden politischen Fortschritt, der in dieser Hinsicht bei dem Gipfel vergangene Woche erreicht worden ist. Gegenüber der Art und Weise der Umsetzung bleibe ich jedoch wachsam.
Hinsichtlich der Anfrage an die Kommission zur Umsetzung des Abkommens über Visaerleichterungen EU-Russland, die ich im Namen der ALDE-Fraktion eingereicht habe, möchte ich erfahren, welcher Fortschritt bisher erzielt wurde und ob wir im Moment einen Durchbruch bei der Bewältigung technischer Fragen, wie den Anforderungen an Bürgerinnen und Bürger der EU, sich innerhalb von drei Tagen bei den Behörden zu melden, wenn sie sich in einem Privatquartier in Russland aufhalten, erwarten können.
Ich unterstütze völlig das beabsichtigte Abkommen zur Befreiung von der Visumpflicht als eine Maßnahme, um russischen Bürgerinnen und Bürgern zu ermöglichen, unter minimalen Formalitäten in die EU zu reisen, aber ich würde von der russischen Seite erwarten, dieselbe Haltung gegenüber Bürgerinnen und Bürgern der Europäischen Union einzunehmen.
Ein weiteres Anliegen, das angesprochen werden muss, ist die Sicherheit der Außengrenzen der Russischen Föderation, insbesondere unter Beachtung der illegalen Einwanderungsströme aus dem Süden und von anderswo. Die russische Seite sollte volle Kontrolle über ihre Grenzen gewährleisten, ebenso muss die Europäische Union sorgfältige Grenzkontrollen ausüben. Das zukünftige Abkommen zur Befreiung von der Visumpflicht muss jedwede zusätzliche Bedrohung für die Europäische Union ausschließen.
Frau Kommissarin! Ich freue mich sehr auf Ihre Antwort.
Manfred Weber, Verfasser. − Herr Präsident, Frau Kommissarin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die EVP-Fraktion möchte diese heutige Aussprache auch dazu nutzen, einen generellen Blick auf die Visapolitik der Europäischen Union zu werfen.
Zunächst ist es wichtig zu unterstreichen, sich bewusst zu machen, welch großen Wert diese Visapolitik für die Europäische Union hat. Weil wir ein gemeinsames Europa, ein gemeinsamer Raum für die Menschen sind, können wir gemeinsame Visapolitik gestalten. Die Visapolitik ist deswegen auch ein Zeichen für die europäische Einheit – ein sehr erfolgreiches Zeichen der europäischen Einheit –, und gerade in Krisenzeiten ist es gut, darauf hinzuweisen.
Zweitens: Bei der Liberalisierung fordern wir klare Spielregeln. Die technischen Standards, die einzuhalten sind – an der Außengrenze, bei der Erteilung von Ausweisen, von Pässen –, sind klar geregelt. Es darf keine politischen Rabatte bei der Einhaltung dieser Standards geben. Wir haben im Jahr 2010 auf dem Balkan erlebt, dass zunächst die technischen Standards im Mittelpunkt standen, aber dann immer stärker politische Argumente dazukamen. Bei der Liberalisierung könne man da doch jetzt bei diesem Land nicht Schluss machen, man müsse doch den gesamten Raum sehen. Für uns ist es im Einzelfall immer schwierig abzuwägen, ja! Aber im Mittelpunkt muss der technische Standard stehen, müssen die Kriterien stehen. Ich stärke da auch unserer Kommissarin den Rücken, damit diese Standards, die wir dort einfordern, auch wirklich umgesetzt werden. Das ist eine wichtige Aufgabe der Kommission, weil nur so unsere Visapolitik auch bei den Bürgern Akzeptanz findet.
Als Drittes will ich ansprechen, dass wir es begrüßen, dass im letzten Europäischen Rat Justiz und Inneres besprochen wurde, für einzelne Staaten auch ein schnelles Aushebeln, eine schnelle Rücknahme der Visabefreiung zu ermöglichen, wenn die Standards nicht umgesetzt werden. Wir haben am Beispiel Serbiens erlebt, dass es zu einem großen Zuzug von Asylbewerbern kam.
Ich komme zum letzten Punkt. Mittelfristig – wenn wir über die Ukraine reden, wenn wir über Russland reden – sind wir als Fraktion sehr skeptisch, wenn es darum geht, die Türen schnell aufzumachen, weil wir eben im Fall Serbien gesehen haben, dass es auch negative Effekte geben wird. Deswegen sollten wir sehr sorgsam mit der Visapolitik umgehen.
Cecilia Malmström, Mitglied der Kommission. – Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Ich werde auf alle Fragen eingehen. Vielen Dank, dass Sie diese sehr wichtige Aussprache auf die Tagesordnung gesetzt haben.
Zu Beginn möchte ich Frau Griesbeck für ihre Unterstützung und ihre Arbeit im Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres an dem Abkommen EU-Georgien mit der Annahme einer befürwortenden Stellungnahme danken. In Folge der Krise in Georgien im Sommer 2008, wurde bei einer außerordentlichen Sitzung des Rates der Europäischen Union entschieden, die Beziehungen mit Georgien auch mit Maßnahmen zur Visaerleichterung zu verstärken.
Wie Sie erwähnen, Frau Griesbeck, ist es übliche EU-Politik, dass Abkommen über Visaerleichterungen einem Drittland nicht ohne ein Rückübernahmeabkommen angeboten werden können. Deswegen hat der Beschluss des Europäischen Rates vorausgesetzt, dass beide parallel verhandelt und abgeschlossen werden sollten.
Ich bin Frau Griesbeck sehr dankbar, dass Sie auch den wichtigen Fortschritt der Beziehungen zwischen Georgien und der EU erwähnt hat, den diese beiden Abkommen darstellen. Das Abkommen entspricht größtenteils dem üblichen Rückübernahmeabkommen der EU, das alle Staatsangehörige sowie Staatsangehörige von Drittländern umfasst und auch, wie bereits gesagt wurde, die Achtung von Menschenrechten durch eine Unwirksamkeitsklausel und einen Artikel über Datenschutz gewährleistet.
Das Abkommen sorgt auch für die Schaffung eines gemeinsamen Rückübernahmeausschusses, dessen Aufgabe in der Kontrolle der Umsetzung des Abkommens besteht. Dies ist ein wichtiger Schritt in Richtung reibungsloserer Mobilität zwischen den Bürgerinnen und Bürgern von Georgien und der Europäischen Union.
Georgien hat bereits auf die Visumpflicht für Bürgerinnen und Bürger der EU verzichtet und dieses Abkommen wird die Mobilität für georgische Bürgerinnen und Bürger erleichtern. Das Abkommen wird es in der Tat leichter, billiger und schneller für georgische Bürgerinnen und Bürger – über 60.000 pro Jahr – machen, ein Schengen-Visum zu erhalten.
Es wird weitere konkrete Vorteile mit sich bringen: Eine 10-Tages-Frist wird für die Bearbeitung von Anträgen festgelegt und die Visagebühr wird von 60 Euro auf 35 Euro reduziert werden. Es wird bestimmte Kategorien von Antragstellern geben, die keine Gebühren zahlen müssen: Studenten, Journalisten, Kinder, Rentner, Behinderte usw. Sie können auch von vereinfachten Anforderungen an Belegunterlagen und einem Mehrfachvisum profitieren, wenn sie reisen müssen. Darüber hinaus werden Inhaber von Diplomatenpässen gänzlich von Visumpflichten befreit, was die offiziellen Kontakte zwischen der EU und Georgien weiter stärken wird.
Frau Griesbeck erwähnte die Prüfung. Die ist etwas aufgeschoben worden, aber ich werde sie Anfang nächsten Jahres – ich hoffe, spätestens im Februar – vorstellen. Es wird mir ein Vergnügen sein, sie mit dem Ausschuss für bürgerliche Freiheiten und dem Parlament zu besprechen. Sie haben sich auch auf das Programm für Pakistan bezogen. Dieses ist erst seit 13 Tagen einsatzfähig, es ist also etwas früh für eine Prüfung, aber wir werden Sie natürlich gern informieren.
Hinsichtlich der von Frau Ojuland bezüglich des Abkommens über Visaerleichterungen zwischen der EU und Russland gestellten Frage: dieses ist seit dem 1. Januar 2007 in Kraft. Es gehört zu den acht Abkommen zur Visaerleichterung, die wir abgeschlossen haben. Zu den besonders wichtigen Elementen gehört, dass es auf der Grundlage der Gegenseitigkeit auch für Bürgerinnen und Bürger der EU gilt, da diese derzeit einer Visumpflicht für Reisen nach Russland unterliegen.
Es ist auch in quantitativer Hinsicht ein wichtiges Abkommen. Gemäß den von Russland zur Verfügung gestellten Statistiken, wurden im Jahr 2008 über 1,5 Millionen Visa an Bürgerinnen und Bürger der EU ausgestellt, und in demselben Jahr stellten Konsulate der Mitgliedstaaten 3,5 Millionen Visa an russische Bürgerinnen und Bürger aus. Dies ist mehr als ein Viertel aller weltweit ausgestellten Schengen-Visa.
Alle Bürgerinnen und Bürger der EU und von Russland profitieren von der allgemeinen Vereinfachung durch dieses Erleichterungsabkommen, wie etwa von einer auf 35 Euro reduzierten Gebühr. Bestimmte Kategorien sind gemäß spezifischer Erleichterung befreit; es gibt eine Aufhebung der Visumpflicht und auch ein Mehrfachvisum.-
Die Kommission hat diese Erleichterung geprüft und befunden, dass sie recht gut funktioniert. Es gibt jedoch einige Unzulänglichkeiten, auf die verwiesen wurde. Um sich mit diesen zu befassen, haben wir vor einem Monat eine Empfehlung für Richtlinien zur erneuten Verhandlung der Visaerleichterung mit Russland angenommen. Dies bezieht sich gänzlich auf weitere Erleichterungen mit Hinblick auf Belegunterlagen und die Länge des Visumantragsverfahrens, die Erweiterung der Bestimmungen für die Ausstellung von Mehrfachvisa und einer Aufhebung der Visumpflicht für eine Reihe genau definierter Kategorien von Antragstellern.---
Hinsichtlich der spezifischen Frage der Umsetzung von Artikel 10 des Abkommens über Visaerleichterungen, das die Vereinfachung des Registrierungsverfahrens enthält, haben wir in unserer Bewertung angemerkt, dass Russland einige Vereinfachungen angenommen hat. Es ist nun beispielsweise möglich, sich per Post zu registrieren. Die Registrierungsgebühr wird bis zum nächsten Jahr abgeschafft, aber einige der anderen Maßnahmen, wie die Übersetzung der Registrierungen in die englische Sprache und die Möglichkeit, sich online zu registrieren, haben sich noch nicht verwirklicht. Wir besprechen die Frage mit unseren russischen Ansprechpartnern und in verschiedenen Foren, und wir hoffen, dass dies sehr bald stattfinden wird.
Hinsichtlich der anderen Länder der Östlichen Partnerschaft gab es auch andere Schritte. Dies gehörte auch zu Ihrer Frage. Wir haben seit dem 1. Januar 2008 Visaerleichterung mit der Republik Moldau und der Ukraine, aber wir verhandeln auch diese Abkommen erneut.
Hinsichtlich Belarus wurden von der Kommission vor einem Monat Entwürfe für Richtlinien zur Verhandlung von Visaerleichterungen angenommen. Darüber hinaus werden wir Mehrfachvisa mit einer langen Gültigkeit für Bona-fide-Reisende empfehlen sowie Fristen für die Bearbeitung von Visumanträgen und mögliche Befreiungen von Visumpflichten für Inhaber von Diplomatenpässen festlegen.-
Wir werden auch Entwürfe für Verhandlungsrichtlinien für ein Abkommen zur Visaerleichterung mit Aserbaidschan und Armenien nächstes Jahr annehmen.
Hinsichtlich der korrekten Umsetzung des Programms zur Liberalisierung der Visumvergabe, auf das sich Herr Weber bezog, und zwar jenes, das für Serbien und die ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien anwendbar ist, hat der Rat, wie auch bereits gesagt wurde, 2009 entschieden, eine Aufhebung der Visumpflicht für die ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien, Montenegro und Serbien zu gewähren. Die Entscheidung fiel in Folge intensiver Dialoge und wesentlichem Fortschritt dieser Länder im Bereich der Hauptfragen, die von den Gesprächen über die Liberalisierung der Visumvergabe abgedeckt wurden. Die Gespräche haben sich bei der Umsetzung vieler wichtiger Reformen als effektiv herausgestellt, aber die Aufhebung der Visumpflicht geht, wie bereits gesagt wurde, mit Verantwortung einher und die betroffenen Länder sollten angemessene Maßnahmen treffen, um dafür zu sorgen, dass die Befreiung von der Visumpflicht nicht missbraucht wird.-
Einige Mitgliedstaaten haben eine Zunahme an Asylanträgen aus diesen Ländern – insbesondere aus Serbien und der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien – festgestellt. Diese müssen individuell gemäß unseren Rechtsvorschriften bewertet werden. Wir haben eine Reihe von Schritten unternommen, um die Situation zu verbessern: Wir hatten hochrangige Sitzungen mit den Innenministern zu zwei Fragen und es gab einen hochrangigen Besuch in zwei Hauptstädten durch den belgischen Ratsvorsitz und der Kommission.-
Die Behörden dieser beiden Länder haben einige Schritte unternommen. Es gab neue Informationskampagnen, die zur Information der Bürgerinnen und Bürger organisiert wurden. Es gibt Vorschriften für die Grenzpolizei, verstärkte Kontrollen von aus dem Land ausreisenden Personen durchzuführen und Reisende über die Risiken unbegründeter Asylanträge zu informieren.
Als wir in diesem Herbst die Befreiung von der Visumpflicht für Bürgerinnen und Bürger aus Albanien und Bosnien und Herzegowina vorschlugen, verpflichteten sich beide Länder, Informationskampagnen für ihre Bürgerinnen und Bürger über die Rechte und Pflichten, die aus der Befreiung von der Visumpflicht hervorgehen, einzurichten und dies wurde getan. Es sind sehr ehrgeizige Kampagnen. Zusätzlich hat sich die Kommission nach Annahme durch das Europäische Parlament und den Rat verpflichtet, die Kontrolle der Situation nach der Liberalisierung der Visumvergabe für alle Staaten des westlichen Balkans zu intensivieren.
Dies wird zwei Teile haben. Einerseits werden wir weiterhin die nachhaltige Umsetzung von Reformen durch die betroffenen Länder durch den Stabilisierungs- und Assoziierungspakt bewerten – insbesondere auf den Gebieten Justiz, Freiheit und Sicherheit. Andererseits werden wir auch, als Präventionsmechanismus, gegen neue Situationen großer Zuwanderung von Personen aus der Region auftreten. Die Sammlung der notwendigen operationellen Informationen, die bei der Prävention dieser Situation helfen könnten, wurde bereits Anfang diesen Jahres durchgeführt, und wir werden die aktive Beteiligung von Frontex, Europol, Verbindungsbeamten für Einwanderungsfragen und dem Sekretariat des Übereinkommens über die polizeiliche Zusammenarbeit in Südosteuropa – mit Unterstützung der kommenden Ratsvorsitze von Ungarn und Polen – haben.
Die gesamten ausgetauschten und gesammelten Informationen werden den Mitgliedstaaten der EU und, natürlich, gegebenenfalls den Ländern des westlichen Balkans mitgeteilt. Solche Informationen werden auch in die Bewertung der Kommission, die im ersten Semester des nächsten Jahres über die Überwachung nach der Liberalisierung der Visumvergabe durchgeführt wird, aufgenommen werden. Ich bin der Ansicht, dass diese Maßnahmen zur Vermeidung von Missbrauch der Aufhebung der Visumpflicht beitragen sollten, und ich bin zuversichtlich, dass eine enge Zusammenarbeit zwischen den Herkunftsländern und den Zielländern in der EU mit Unterstützung durch die Kommission eine effektive Reaktion darstellt. Wir werden dem Europäischen Parlament und dem Rat natürlich weiterhin regelmäßig, erstmals im Juni 2011, über die Ergebnisse dieses Kontrollmechanismus berichten.-
Krzysztof Lisek, Berichterstatter der Stellungnahme des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten. – (PL) Herr Präsident! Als ständiger Berichterstatter des Europäischen Parlaments für die Zusammenarbeit der Europäischen Union mit Georgien sowie als Berichterstatter für die Stellungnahme des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten zu Frau Griesbecks Berichten, möchte ich einige Worte über diese beiden Abkommen – das Rückübernahmeabkommen und das Abkommen über Visaerleichterung zwischen der Europäischen Union und Georgien – sagen. Ich fühle mich verpflichtet zu sagen, dass diese Abkommen vom Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten mit überwältigender Stimmmehrheit angenommen wurden.
Ich möchte hinzufügen, dass wir in der letzten Legislaturperiode hier in Straßburg eine Rede von Präsident Saakaschwili gehört haben, eine Rede, die sogar in den Augen derer, die sich nicht für seine Fans halten würden, als sachlich, ausgewogen und vernünftig beschrieben wurde. Präsident Saakaschwili hat in seiner Rede nicht nur die Abkehr von der Anwendung von Gewalt und den Willen, mit Russland Gespräche über schwierige Fragen zu führen, erklärt, sondern auch, dass das Hauptziel der Außenpolitik von Georgien natürlich in europäischer Integration und einer NATO-Mitgliedschaft bestehe.
Meiner Meinung nach müssen wir uns daran erinnern, dass Georgien und die Georgier heute das proeuropäischste Land und die proeuropäischste Nation der Länder aus dem Östlichen Partnerschaftsprogramm sind, obwohl wir natürlich nicht über Fristen sprechen dürfen, denn Gespräche über Fristen heute wären ein sicheres Zeichen von Wahnsinn. Die Europäische Union sollte positiv und sachlich auf die Ambitionen der Georgier reagieren. Wir sollten offen für eine Zusammenarbeit mit Georgien sein.
Diese Abkommen, über die wir heute sprechen, sind natürlich keine Revolution, aber wir betrachten sie alle als einen Schritt in die richtige Richtung. Wesentlich ist es, sie möglichst bald umzusetzen, denn meiner Meinung nach wäre es falsch, wenn es für Menschen, die in Abchasien oder Südossetien, also in Regionen leben, die sich von Georgien losgesagt haben und deren Bewohner russische Pässe haben, heute hinsichtlich Visa leichter wäre, als für Menschen, die in Georgien leben.
Monica Luisa Macovei, im Namen der PPE-Fraktion. – Herr Präsident! Die EVP-Fraktion befürwortet die zwei Vorschläge zu Abkommen zwischen der EU und Georgien: das Rücknahmeabkommen und das Visaerleichterungsabkommen. Ich möchte mich auf das letztere, das Visaerleichterungsabkommen, beziehen.
Es erleichtert die Visumanträge für Georgier. Die Mitgliedstaaten werden gleichmäßige und vereinfachte Verfahren anwenden. Ein Visum wird 35 Euro – weniger als bisher – kosten und einen Aufenthalt von bis zu 90 Tagen alle sechs Monate erlauben. Visumanträge werden innerhalb von 10 Tagen oder für einige Kategorien innerhalb von drei Tagen – oder in Notfällen sogar weniger – bearbeitet. Bei Diplomatenpässen wird kein Visum verlangt.
Freizügigkeit ist ein Weg, um Demokratie zu erlernen und sie in Realität zu sehen. Der direkte Kontakt zwischen Menschen bedeutet ein Austausch von Werten und Realitäten. Er schafft vertrauen. Deswegen hoffe ich, dass mehr Bürgerinnen und Bürger der EU nach Georgien und mehr Georgier in die Europäische Union reisen werden.
Kinga Göncz, im Namen der S&D-Fraktion. – (HU) Herr Präsident! Wir möchten Kommissarin Malmström für die von ihr zur Verfügung gestellten Informationen danken. Visumpolitik ist ein sehr wichtiges Mittel in unseren Händen, da sie Kontakte zwischen Menschen erleichtert und die betroffenen Länder näher an die Europäische Union heranbringen kann. Unter diesem Gesichtspunkt ist das Abkommen zwischen der Europäischen Union und Georgien sehr wichtig. Ich möchte einige Worte über die Liberalisierung der Visumvergabe in den Ländern des westlichen Balkans, hauptsächlich über Probleme, die in Zusammenhang mit Serbien und Mazedonien auftraten, sagen. Wir haben dieses Abkommen mit überwältigender Mehrheit im Parlament unterstützt und wir halten es aus den zuvor genannten Gründen für sehr wichtig.
Diese Länder haben ernsthafte Bemühungen unternommen, um die Erwartungen zu erfüllen, obwohl wir oft erleben, dass ihre politische Leben geteilt sind. Wir haben Zusammenarbeit in diesen Ländern auf diesem Gebiet erlebt. Es ist zufriedenstellend, dass die Anzahl von Menschen, die in die Europäische Union reisen, zugenommen hat. Wir haben den Eindruck, dass die Probleme in Serbien und Mazedonien zum großen Teil am Menschenhandel liegen, und dass dies bestimmt eine kleinere Anzahl von Menschen betrifft, auch wenn er ernste Probleme verursacht. Ich bin davon überzeugt, dass wir gemeinsam die Verantwortung tragen. Wir tragen eine gemeinsame Verantwortung, dafür zu sorgen, dass auch diese Länder alles in ihrer Macht stehende tun, um sowohl ihre Bürgerinnen und Bürger zu informieren, als auch entschieden zu handeln. Serbien hat dies übrigens schnell und effizient getan.
Ich bin jedoch davon überzeugt, dass unsere eigene Verantwortung dabei auch recht erheblich ist. Die Kommission hat die Verantwortung, diese Länder beim Kampf gegen den Menschenhandel zu unterstützen und Informationen zu liefern, die Ereignisse auf diesem Gebiet zu beobachten und die Effektivität dieses ansonsten sehr wichtigen Mittels zu steigern, das wir in Zukunft weiterhin sowohl in Verbindung mit den Ländern des westlichen Balkans als auch mit anderen Ländern verwenden wollen. Weiterhin erlauben Sie mir kurz zu sagen, dass wir uns sehr freuen, dass, zwar etwas später und mit einer einjährigen Verzögerung, Albanien und Bosnien und Herzegowina dieses Jahr der Gruppe der visumbefreiten Länder beitreten werden.
Sarah Ludford, im Namen der ALDE-Fraktion. – Herr Präsident! Ich stimme Herrn Weber der EVP zu, dass die Visumpolitik der EU extrem wertvoll ist und dass technische Normen und Bedingungen zur Erleichterung und Befreiung von der Visumpflicht erfüllt werden müssen.
Ich glaube jedoch nicht, dass im Fall der Befreiung von der Visumpflicht im Balkan politische Erwägungen diese technischen Normen außer Kraft gesetzt haben. Die Kommission hat sehr hart daran gearbeitet, dass Dokumentenintegrität, Rechtsdurchsetzung und Grenzkontrollen auf den neuesten Stand gebracht wurden. Wir würden unseren eigenen Standpunkt entwerten, wenn wir angenommen hätten, dass die technischen Standards nicht eingehalten worden wären, da wir für die Befreiung von der Visumpflicht gestimmt haben.
Natürlich bereitet es Sorgen, wenn Zugeständnisse missbraucht werden, aber die Reaktion muss maßvoll und angemessen sein. Die betroffenen Länder tragen – wie Kommissarin Malmström sagte – Verantwortung und sie müssen daran erinnert werden. Die Kommissarin hat uns erklärt, dass es recht intensive Arbeit mit hochrangigen Sitzungen mit Innenministern, Besuchen in Hauptstädten, Ermutigungen für die Durchführung von Informationskampagnen gab – und es gibt ein spezifisches Engagement seitens Bosniens und Herzegowinas sowie Albaniens, ihre Bürgerinnen und Bürger zu informieren. Wenn es Probleme mit einem Abkommen zur Befreiung von der Visumpflicht gibt, untergräbt es natürlich die anderen Abkommen. Es gibt also eine gewisse Verpflichtung zur Verantwortung und Solidarität und für alle Bürgerinnen und Bürger, dass sie sich bewusst sind, dass sie die Chancen anderer Völker auf freies Reisen schädigen könnten.
Ich selbst bin beruhigt – und ich denke, meine Fraktion wird es auch sein – dass die Kommission ihre Kontrolle der Achtung der Bedingungen des Abkommens intensivieren und durch enge Zusammenarbeit mit unseren Partnern einen Mechanismus zur Kennzeichnung von Problemen haben wird. Ich hoffe, dass alle Fraktionen dies beruhigend und angemessen finden werden. Wie meine Nachbarin Frau Macovei von der EVP sagte, schaffen direkte Kontakte zwischen Menschen Vertrauen. Darin liegt die Quintessenz. Deswegen unterstützen wir Visaerleichterungen und die Befreiung von der Visumpflicht.--
Es gab eine breit angelegte fraktionsübergreifende Unterstützung im Parlament für diesen Vorschlag, weil er auf unserer Erfahrung und unseren Werten in der EU basiert. Lassen Sie uns also nicht überreagieren. Es gab Probleme, aber die Kommission arbeitet daran. Sorgen wir dafür, dass wir weder das Asylrecht noch die Abkommen zur Befreiung von der Visumpflicht untergraben.
Tatjana Ždanoka, im Namen der Verts/ALE-Fraktion. – Herr Präsident! Unsere Fraktion unterstützt das Abkommen über Visaerleichterungen zwischen der EU und Georgien.
Wir haben jedoch einige Vorbehalte bezüglich des Rückübernahmeabkommens. Wir haben im Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres dagegen gestimmt und eine schriftliche Minderheitenansicht vorgelegt, weil das Abkommen zahlreiche Zweideutigkeiten enthält, die im Gemischten Rückübernahmeausschuss geklärt werden können. Es enthält keine strengen Vorkehrungen hinsichtlich der Verletzung von Grundrechten und der Gewährleistung hoher Standards für die Aufnahme, die in Georgien mangelhaft sind. Es zielt darauf ab, die Menschen in ein Land zurückzubringen, in dem sexuelle und geschlechtsspezifische Gewalt weit verbreitet ist und Misshandlung durch die Polizei toleriert wird. Es gilt auch für die ehemaligen Bewohner von Abchasien und Südossetien, die tatsächlich keine Verbindungen zu Georgien haben.
Und nun einige Worte zum Visumabkommen mit Russland. Vor drei Jahren wurde ein Bericht über Visaerleichterung mit Russland, das meinen eigenen Änderungsantrag bestätigte, angenommen, demzufolge die Anforderung des Verfahrens der Pflichtregistrierung ein ernstes Hindernis für das Reisen zwischen Russland und der EU ist. Leider hat sich seitdem nichts geändert und dies ist von entscheidender Bedeutung für meine Wählerschaft, die zu privaten Besuchen nach Russland reist.
Paweł Robert Kowal, im Namen der ECR-Fraktion. – (PL) Herr Präsident! Georgien ist heute ein Land, das trotz vieler Probleme einen sehr dynamischen sozialen und wirtschaftlichen Wandel erlebt. Wir sollten eindeutig und freudig alle Umstände begrüßen, die der georgischen Gesellschaft zeigen, dass sich die Stärke dieser Veränderungen in unseren Reaktionen als Institutionen der Europäischen Union widerspiegelt. Bei Russland sollten wir auch berücksichtigen, in welchem Zusammenhang wir die Visabestimmungen mit Russland sehen. Mein Gefühl ist, dass es nicht wie eine prestigeträchtige Angelegenheit der Behörden behandelt werden sollte: wenn wir die Visumpflicht abschaffen, werden die russischen Behörden gut mit der Europäischen Union verhandeln. Wir sollten dies anders betrachten, und zwar im Zusammenhang mit der Gewährleistung von Modernisierung und im Zusammenhang mit unseren Beziehungen mit gewöhnlichen Russen.
Aus diesem Grund sollte ausdrücklich gesagt werden, dass das Verfahren der Aufhebung von Visa, der Öffnung auf Grundlage festgelegter Bedingungen sehr positiv und ein positiver Beitrag zu unseren Beziehungen zu Gesellschaften im Osten ist. Der Mythos, dass Visa eine Art entscheidendes Element für unsere Sicherheit sind, sollte entlarvt werden und es sollte – vielleicht besonders deutlich im Europäischen Parlament – gesagt und bei jeder Gelegenheit wiederholt werden: Visa bauen Mauern, unnötige Mauern auf. Im Parlamentarischen Kooperationsausschuss EU-Ukraine, dessen Vorsitz ich inne habe, haben wir einen Sonderbericht mit Nichtregierungsorganisationen geprüft, in dem diese Frage erforscht wurde. Der Bericht zeigt deutlich, dass Visa in Wirklichkeit kein wichtiges Sicherheitsinstrument sind; Visa sind eine Form der Trennung der Gesellschaften der Europäischen Union von jenen im Osten, während wir stets offen sein sollten. Dies ist unsere Pflicht als Parlamentarier.
Alfreds Rubiks, im Namen der GUE/NGL-Fraktion. – (LV) Herr Präsident! Im Namen meiner Fraktion kann ich sagen, dass wir die Erleichterung der Ausstellung von Visa unterstützen, doch gleichzeitig muss alles getan werden, um die Beachtung der in Verordnungen festgelegten technischen Anforderungen zu gewährleisten. Im Namen meiner Wähler in Lettland unterstütze ich auch jene Erleichterungen, die mit Reisen von Russland in die Europäische Union verbunden sind, denn dies ist unter Umständen, wie bei der Fähigkeit einer Familie um zusammen zu kommen, sehr wichtig, da es in Lettland viele gemischte Familien und Verwandte gibt, von denen einige in einem und andere in einem anderen Land leben. Dies ist auch für den Tourismus wichtig, der sich in letzter Zeit stark entwickelt. Darüber hinaus gab es bereits positive Rückmeldungen darüber, was bereits durch die Visaerleichterung erreicht wurde. Dies ist auch für die Geschäftswelt entscheidend. Wenn wir die Geschäftsbeziehungen zwischen Lettland und Russland betrachten, sind diese siebenmal größer, wenn es um Importe und achtmal größer, wenn es um Exporte geht. All das ist sehr positiv. Ich wünsche der Kommission Erfolg bei der Umsetzung von all dem.
Nikolaos Salavrakos, im Namen der EFD-Fraktion. – (EL) Herr Präsident! Wie wir alle wissen, galt die Visabefreiung seit dem 19. Dezember 2009 für Inhaber von biometrischen Pässen aus der EJRM (ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien), Serbien und Montenegro. Dennoch bringen Mitgliedstaaten der Europäischen Union Bedenken über die Anzahl von Asylanträgen von Bürgerinnen und Bürgern aus Serbien und der EJRM sowie die Möglichkeit der Entstehung einer Situation zum Ausdruck, welche die Ausstellung von Visa und den Sinn der Maßnahme aufs Spiel setzen wird – und sie wurden heute von Kommissarin Malmström zum Ausdruck gebracht.
Mein Land, Griechenland, hat die Aussicht der Befreiung von der Visumpflicht für Bürgerinnen und Bürger aus allen Staaten des westlichen Balkans als echten Beweis für ihre europäischen Aussichten unterstützt. Dies wurde zuerst in der Agenda in Thessaloniki im Juni 2003 und im Sinne der griechischen Initiative für eine Agenda für 2014 formuliert. Dennoch muss ich meine Bedenken darüber ausdrücken, ob die Kriterien auf dem Fahrplan von diesen Ländern angewandt und ob die Immigrationsströme aus diesen Ländern in Mitgliedstaaten der Europäischen Union kontrolliert werden, insbesondere jetzt, da die europäische Familie von der Finanzkrise erschüttert wird und die Belastung durch mehr Immigranten nicht tragen kann. Wir müssen begreifen, dass weitere Abkommen über Visaerleichterungen das Reisen innerhalb der Europäischen Union, und nicht Immigration oder andere illegale Aktivitäten, wie den Menschenhandel, erleichtern sollen.
Daniël van der Stoep (NI). – (NL) Herr Präsident! Im vergangenen Monat hat die Europäische Kommission zu Recht ein Warnschreiben an die Regierungen von Serbien und Mazedonien hinsichtlich der alarmierenden Zunahme von Asylanträgen aus diesen beiden Ländern geschickt. Herr Präsident! Es hinterlässt einen besonders sauren Beigeschmack, dass dieses Parlament in demselben Monat beschlossen hat, Albanien und Bosnien eine Aufhebung der Visumpflicht zu gewähren. Natürlich fingen diese beiden Länder sofort an, sich ähnlich dem Verhalten zu benehmen, das zu dem ersten Warnschreiben geführt hat.
Herr Präsident! Das hätte nie zugelassen werden dürfen, aber es ist noch nicht zu spät. Der Verzicht auf die Visumpflicht geht auch mit einer gewissen Verantwortung einher und wenn diese Verantwortung nicht genommen wird, dann müssen wir handeln. Die Kommission muss die Botschafter von Serbien und Mazedonien herbeizitieren und fordern, dass sie handeln. Wenn es nach mir ginge, würden wir heute diese Befreiung von der Visumpflicht zurücknehmen, aber die Kommission wird das wahrscheinlich nicht befürworten. Daher möchte ich, dass die Kommission sagt, dass sie den Mut haben wird, jedes Fehlverhalten seitens dieser Balkanländer zu bestrafen.
Serbien und Mazedonien sind die Vorreiter von Bosnien und Albanien. Es ist Zeit, dass wir diesen zwei Balkanländern klare Signale geben und das wäre gut.
Agustín Díaz de Mera García Consuegra (PPE). – (ES) Herr Präsident! Die Zunahme der Asylanträge im Namen der Bürgerinnen und Bürger von Serbien sowie der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien verlangt Maßnahmen zum Schutz der Abänderung der Verordnung (EG) Nr. 539/2001.
Visa sind ein Instrument, das zum Rahmenwerk der Immigrationspolitik gehört. Ihr Zweck besteht darin, die Einreise und den befristeten Aufenthalt in einem Land, in dem der Antragsteller weder ein Staatsangehöriger noch ein Einwohner ist, zu legalisieren.
Die Verordnung (EG) Nr. 539/2001 legt einen Prüfungsmechanismus für Visaverlängerungen fest, in dem bestimmte Anforderungen bezüglich illegaler Einwanderung, öffentlicher Ordnung und Sicherheit, den von der Union unterhaltenen Außenbeziehungen, territorialem Zusammenhalt und dem Gegenseitigkeitsprinzip erfüllt werden müssen. Dieser Mechanismus könnte auch in entgegengesetzter Richtung funktionieren.
Asyl ist andererseits ein Schutzinstrument, das nicht falsch verwendet werden darf. Es sollte darauf hingewiesen werden, dass der Zweck der gemeinsamen Politik der Europäischen Union auf diesem Gebiet darin besteht, die Integrität von Asyl als Schutzinstrument für die Verfolgten zu erhalten und den Grundsätzen des Genfer Abkommens und des New Yorker Protokolls Vorrang zu geben und dabei gemeinsame Kriterien zur Identifizierung von Menschen, die wirklich internationalen Schutz brauchen, sowie ein gewährleistetes gemeinsames Minimum an Versorgungsleistungen in allen Mitgliedstaaten, für das Wohl jener Menschen, anzuwenden.
Asyl ist deswegen ein Instrument der Humanität und Solidarität und daher einzigartig in seinem Zweck und seiner Beschaffenheit. Deswegen ist es wichtig, dass die Europäische Union reagiert und den Behörden von Serbien sowie der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien hilft, ausreichende Maßnahmen für die Anforderungen zu verabschieden, die erfüllt werden müssen, um von einem Flüchtlingsstatus oder subsidiären Schutzstatus zu profitieren und damit unzulässige oder betrügerische Verwendung zu vermeiden.
Corina Creţu (S&D). – (RO) Herr Präsident! Vielen Dank, Frau Kommissarin, für die Informationen, die Sie uns hinsichtlich der Bestimmungen für die Visaerleichterung, insbesondere über Georgien, die Republik Moldau und die Länder aus dem ehemaligen Jugoslawien gegeben haben. In der Tat deckt sich der Zeitpunkt unserer Aussprache mit der Einführung der Visabefreiung für Bürgerinnen und Bürger aus Bosnien und Herzegowina sowie Albanien, einschließlich der Option, das Abkommen schnell auszusetzen, wenn Probleme, wie eine Schwemme an Asylanträgen, auftreten.
Ich bin davon überzeugt, dass ein Versuch, die Uhr in der Politik der Europäischen Union gegenüber dem westlichen Balkan zurückzudrehen, ein Fehler wäre. Die Aufhebung der Barrieren, die Freizügigkeit verhindern, kann einen wichtigen Beitrag zum Schließen von Wunden der Vergangenheit machen. Gleichzeitig denke ich, dass engere Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Union und diesen Staaten nötig ist, um die Flut von Asylanträgen abzuhalten, die Grenzkontrollen zu straffen, Bürgerinnen und Bürgern vor Ort korrekte Information zu geben und die Netzwerke des organisierten Verbrechens, die an Menschenhandel und dem Export von Verbrechen und Prostitution beteiligt sind, zu bekämpfen. All diese Maßnahmen können dabei helfen, die Häufigkeit dieser Aktivitäten zu reduzieren.
Marije Cornelissen (Verts/ALE). – (NL) Herr Präsident! Wir haben eine Situation, in der eine Reihe irregeführter Serben und Mazedonier seit der Einführung der Aufhebung der Visumpflicht Asylanträge in Belgien, Schweden und Deutschland gestellt haben. Ich unterstütze den Ruf der Fraktion der Europäischen Volkspartei (Christdemokraten), dass wir dafür sorgen, dass die Einwohner des Balkans besser informiert werden, aber es gibt etwas anderes Wichtiges, an das wir hier denken müssen.
Zunächst gibt es auch andere Leute, die nicht verstehen, was eine Aufhebung der Visumpflicht nach sich zieht. Ich habe gehört, wie ein niederländischer Abgeordneter ganz ernsthaft sagte, dass wir nun Horden von Asylsuchenden haben, die kommen, um uns die Arbeitsplätze wegzunehmen, wie es die Polen taten, und ich spreche noch nicht einmal über die Delegation der Niederländischen Partei für die Freiheit (PVV, Partij voor de Vrijheid). Diese Andeutung ist nicht nur völlig lächerlich, sondern könnte auch sehr schädlich sein. Sie spielen mit der Angst und Unwissenheit unserer Bürgerinnen und Bürger.
Zweitens waren jene Asylsuchende fast ausschließlich Mitglieder ethnischer Minderheiten. Wenn es irgendetwas gibt, wozu wir Serbien und Mazedonien zur Verantwortung ziehen müssen, ist es, dass sie viel mehr tun müssen, um die Lage dieser ethnischen Minderheiten zu verbessern. Also ja, lassen sie uns dafür sorgen, dass die Einwohner des Balkans besser informiert werden, aber lassen sie uns auch dafür sorgen, dass die Mitglieder dieses Parlaments und Bürgerinnen und Bürger sowie Minister der EU besser darüber informiert werden, was eine Aufhebung der Visumpflicht tatsächlich mit sich bringt.
Jaroslav Paška (EFD). – (SK) Herr Präsident! Wir überlegen, ob das aktuelle, zwischen Russland und der Europäischen Union abgeschlossene Abkommen unsere Erwartungen erfüllt, und ob die Bewegung von Menschen in beide Richtungen zu ihrem Interesse am Reisen passt.
Frau Kommissarin! Ich kann Ihnen ohne jegliches Zögern sagen, dass die aktuelle Visabestimmung mangelhaft ist und der EU besonders schadet. Russland hat sich seit der Zeit der ehemaligen Sowjetunion enorm gewandelt. Die Mittelklasse ist zahlungsfähig und hat Interesse an Reisen, Entspannen und Einkaufen und daran, etwas über die Welt zu lernen. Als mein Land dem Schengen-Raum beitrat, mussten wir russischen Bürgerinnen und Bürgern, die in die Slowakei reisten, gemäß den EU-Regelungen Einschränkungen auferlegen. Die finanziellen Auswirkungen waren ernst: Reiseveranstalter und Geschäfte haben viele gute Kunden verloren. Die europäischen Visabestimmungen schrecken seriöse Russen vom Reisen in die Slowakei ab, während es weniger seriöse nicht im Geringsten bei der Migration einschränkt. Ich bin deswegen fest davon überzeugt, dass wir, wenn wir uns überhaupt um seriöse Russen sorgen, versuchen werden, unseren Wirtschaftsraum zu öffnen und das in Russland vorhandene Potenzial zu nutzen, um die Zusammenarbeit zwischen unseren Ländern zu vergrößern und zu verbessern.
Anna Maria Corazza Bildt (PPE). – Herr Präsident! Ich freue mich so, dass die Menschen aus Albanien und Bosnien und Herzegowina in zwei Tagen endlich die Aufhebung der Visumpflicht in den EU Schengen-Raum feiern können – kurz vor Weihnachten. Ihr Glück ist mein Glück. Ich habe mich sehr für die Unterstützung und Beschleunigung des Verfahrens der Liberalisierung der Visumpflicht für alle Länder des westlichen Balkans eingesetzt und schließlich werden fast alle von ihnen die Möglichkeit genießen können, unsere Länder drei Monate lang zu besuchen und hier zu studieren.
Unsere mündliche Anfrage an die Kommission muss in einem positiven Geist betrachtet werden. Es geht darum, dafür zu sorgen, dass diese neue Freiheit nicht gefährdet wird. Bei der Aufhebung der Visumpflicht geht es nicht um Asyl aus politischen oder wirtschaftlichen Gründen. Es geht nicht um einen ständigen Wohnsitz. Es geht nicht um eine Arbeitserlaubnis.
Ich möchte die Schritte begrüßen, die Kommissarin Malmström bereits unternommen hat – insbesondere mit den Behörden von Serbien und der EJRM – welche die Entschlossenheit der Kommission zeigen, das Verfahren im Auge zu behalten und für eine korrekte Umsetzung der Bestimmungen zu sorgen. Vielen Dank für Ihre Antwort.
Nun müssen wir weiter zusammenarbeiten, um alle Fehlauslegungen, Missverständnisse oder jeden Missbrauch zu verhindern und uns damit zu befassen. Die Verantwortung liegt weiterhin bei den Behörden der Region. Wir begrüßen die Tatsache, dass Albanien und die EJRM bereits erfolgreich eine Informationskampagne gestartet haben und wir ermutigen alle Länder in der Region des westlichen Balkans, dasselbe zu tun, und Maßnahmen zur Verhinderung von Missbrauch zu beschleunigen.
Wir fordern die Kommission auf, dies weiterhin zu beobachten, wie sie es bereits tut, und uns Bericht zu erstatten. Die Entwicklung von persönlichen Kontakten ist, wie Sie bereits sagten, für die Demokratie und die Stabilität in der Region wesentlich. Lassen Sie uns das in einer europäischen Perspektive nicht aufs Spiel setzen. Mein Engagement ist weiterhin uneingeschränkt.
Elena Băsescu (PPE). – (RO) Herr Präsident! Eine wesentliche Bedingung für einen vollständigen Verzicht auf Visa zwischen der Russischen Föderation und der Europäischen Union besteht in der Erfüllung der durch das Abkommen von 2007 gemachten Verpflichtungen. Die russischen Behörden haben wiederholt gefordert, dass die Visumpflicht für Kurzaufenthalte aufgehoben wird. Die EU hat andererseits ein schrittweises Vorgehen vorgezogen, was sich in einer Liste gemeinsamer Maßnahmen zeigt. Ich halte es für wichtig, dass alle technischen Bedingungen erfüllt werden, bevor eine Entscheidung über die Liberalisierung der Visabestimmungen umgesetzt wird, beispielsweise die Verbesserung bei Normen der Verwaltung der Grenzen, der Dokumentensicherheit oder dem Kampf gegen Korruption.
Russland muss auch seiner Absicht, greifbare Ergebnisse bei der Beilegung ungelöster Konflikte in der Region zu erzielen, Taten folgen lassen. Es trägt in dieser Hinsicht eine bindende Verantwortung. Die Lösung des Konflikts in Transnistrien ist für mein Land eine politische Priorität. Wir unterstützen die Fortsetzung förmlicher Gespräche im Rahmen der 5+2-Verhandlungen mit dem Ziel, eine dauerhafte Lösung zu finden. Sie muss internationales Recht und die Souveränität der Republik Moldau gänzlich achten.
Ich möchte auch die Lage der Länder der Östlichen Partnerschaft erwähnen, zu der Georgien und die Republik Moldau gehören. Sie haben lange auf die Liberalisierung der Visabestimmungen gewartet und in diesem Sinne zahlreiche Reformen umgesetzt. Ich möchte darauf hinweisen, dass die Republik Moldau ein großer Verfechter dieser Maßnahme innerhalb der Östlichen Partnerschaft ist. Ich möchte betonen, dass, wenn Russland eine Entspannung des Visasystems vor den nahen Nachbarn der EU erreicht, die letzteren dies demoralisierend finden würden. Dies würde beweisen, dass der Status von Partnerschaftsländern nicht viel zählt, wenn strategische Zugeständnisse der Union auf dem Spiel stehen.
Marek Siwiec (S&D). – (PL) Herr Präsident! Wir sollten über Visa sprechen; wir sollten über Visa hinsichtlich von Statistiken und den Taten der Europäischen Union sprechen. In diesem Plenarsaal ist die Zufriedenheit weit verbreitet. Ich möchte all jenen von Ihnen, die heute mit einer solchen Zufriedenheit gesprochen haben, auffordern, zu versuchen, sich vorzustellen, 10 Stunden und länger in einer Schlange zu stehen, Erniedrigung und Unbehagen zu ertragen und unter schrecklichen Bedingungen im Regen zu stehen, um ein Visum zu erhalten. Die Menschen müssen stehen und sie müssen ein Drittel ihres Gehaltes zahlen, um ein Visum zu erhalten. Sie müssen auch hören, dass Diplomaten in ihrem Land kein Visum brauchen und schließlich, nachdem sie mehrmals versucht haben, ein Visum zu bekommen, weil sie eins benötigen, bekommen sie ein einmaliges Einreisevisum, obwohl sie ein Schengen-Visum wollen, aber zumindest haben sie ein Visum für das fragliche Land erhalten.
Das Visaverfahren sollte schwer auf unserem Gewissen lasten. Es fehlt ihm nicht an Erniedrigung von Millionen von Menschen – den Menschen, die in jenen Schlangen stehen. Erinnern wir uns daran, wenn wir die Zufriedenheit ausdrücken, die in diesem Plenarsaal heute so weit verbreitet ist. Ich verstehe, dass wir das Visaverfahren als Zuckerbrot und Peitsche verwenden. Dies sollte jedoch für Regierungen gelten und wir sollten mit den Menschen in den Schlangen sympathisieren.
Frau Kommissarin, Sie kommen aus Schweden. Wie Sie wissen, war Ihr Land in den 70er Jahren, zusammen mit Österreich, eines von nur zwei Ländern, in dem eine Aufhebung der Visumpflicht für kommunistische Länder galt. Als Bürger aus Polen habe ich Ihr Land 1976 besucht. Warum? Weil das Reisen nach Schweden visumfrei war. Natürlich liebe ich Ihren König, schwedische Freiheit und die Wirtschaft, aber bitte erinnern Sie sich, dass wir, solange wir Visa haben, uns nicht wohl fühlen sollten.
Simon Busuttil (PPE). – Herr Präsident! Ich spreche im Namen der PPE-Fraktion. Wir betrachten die Politik der Visaerleichterung und Liberalisierung der Visabestimmungen sehr positiv, weil wir denken, dass dies ein sehr positives Instrument ist, mit Drittländern umzugehen, insbesondere mit jenen Ländern, die in unserer näheren Nachbarschaft liegen. Unsere erste Prognose ist daher eindeutig positiv.
Visaerleichterung ist ein erster Schritt und diese Woche geben wir sie Georgien. Es ist ein erster Schritt, aber ein wichtiger Schritt hinsichtlich dessen, was meine Kollegin Anna Maria Corazza Bildt als persönlichen Kontakt bezeichnet hat. Visaerleichterungen gehen normalerweise mit Rückübernahmeabkommen einher. Frau Kommissarin! Wir messen den Rückübernahmeabkommen auch große Bedeutung bei, weil wir sicher gehen wollen, dass die Menschen, die sich illegal im EU-Raum aufhalten, aufgefordert werden, zu gehen. Nur so können wir öffentliches Vertrauen in Visaerleichterungen und eine spätere Liberalisierung der Visabestimmungen gewinnen. Die beiden gehören zusammen, also fordern wir Sie auf, härter zu arbeiten, um das Netzwerk an Rückübernahmeabkommen, das wir mit Drittstaaten haben, zu steigern.
Wir haben im vergangenen Jahr eine Liberalisierung der Visabestimmungen für Serbien, Mazedonien und Montenegro realisiert. Es ist gut zu sehen, dass unsere Freunde aus Albanien und Bosnien und Herzegowina nun auch davon profitieren werden. Wir akzeptieren dies vom ganzen Herzen und sind der Ansicht, dass dies ein sehr guter Schritt in Richtung einer weiteren europäischen Integration ist, der uns die Bürgerinnen und Bürger dieser Länder sicherlich näher bringen wird.
Wenn wir über diese Dossiers entscheiden, sind wir immer sehr vorsichtig, eine Entscheidung zu treffen, die nicht politisch ist, sondern in erster Linie auf technischer Grundlage getroffen wird – z. B. müssen Länder zunächst technische Kriterien erfüllen, bevor sie unsere positive Entscheidung erhalten können. Eine Entscheidung würde natürlich auch politisch sein, aber sie muss in erster Linie auf technische Bewertungen angewiesen sein.
Ich betone dies, weil es in erster Linie von der Kommission abhängt, dass sie zu uns kommt und sagt, dass ein bestimmtes Land die technischen Kriterien erfüllt hat. Wenn wir also Missbrauchsfälle mit Menschen haben, die aus einem Visaliberalisierungsland wie Serbien oder Mazedonien kommen und in EU-Staaten um Asyl bitten, müssen wir fragen, ob die technische Bewertung vollständig und korrekt durchgeführt worden ist, weil es eindeutig nicht mit der Liberalisierung der Visabestimmungen vereinbar ist, jemanden zu haben, der in die Europäische Union kommt und um Asyl bittet. Dies sagt uns, dass irgendwo etwas schief gegangen ist. Es ist legitim, dass wir fragen was schief ging und eine Antwort erhalten.
Schließlich müssen wir diese Gelegenheit nutzen und den beteiligten Ländern – insbesondere jenen wie Serbien und Mazedonien, die in Missbrauchsfälle verwickelt sind – eine klare Nachricht schicken, dass sie ihren Bürgerinnen und Bürgern klar sagen sollen, worum es bei der Liberalisierung der Visabestimmungen geht. Es geht nicht um eine Einreise in EU-Länder, um sich dort niederzulassen oder Arbeit zu finden, sondern um einfaches visumfreies Reisen für eine begrenzte Dauer – einfach für einen Besuch. Dies gilt auch für die Europäische Kommission. Es ist wichtig, dass die Kommission Hand in Hand mit diesen Ländern arbeitet, um dafür zu sorgen, dass diese Nachricht durchdringt.
Lara Comi (PPE). – (IT) Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich unterstütze die Aufforderung meiner Kolleginnen und Kollegen an die Kommission, eine Bewertung hinsichtlich der Umsetzung des Abkommens über Visaerleichterung EU-Russland durchzuführen.
Dies zeigt eine gemeinsame Absicht der Parteien, in Hinblick auf die Auswirkungen, die eine angemessene Umsetzung der Ziele der Erleichterung der Visavergabeverfahren sowohl für Individuen, als auch für die Entwicklung von Wirtschafts- und Handelsbeziehungen haben könnten, langfristig nach einer vollständigen Befreiung von der Visumpflicht zu streben.
Ich halte es deswegen für wichtig, die Umsetzung dieses Abkommens zu überwachen. Dies würde eine erhebliche Entwicklung konkreter persönlicher, kultureller, wissenschaftlicher und wirtschaftlicher Verbindungen zwischen der Europäischen Union und ihren wichtigsten westeuropäischen Verhandlungspartnern ermöglichen.
Csaba Sándor Tabajdi (S&D). – (HU) Herr Präsident! Die Antwort von Kommissarin Malmström war hinsichtlich von Serbien und Mazedonien beruhigend, da wir das Kind nicht mit dem Bade ausschütten wollen. Es wäre ein schwerer Fehler, Visumpflichten für Serbien und Mazedonien nur wieder einzuführen, weil es Probleme in Verbindung mit diesen beiden Ländern gab. Frau Malmström hat darauf hingewiesen, und ich bin davon überzeugt, dass der ungarische Ratsvorsitz in dieser Frage im nächsten Amtstermin ein Partner sein wird, da Ungarn als Nachbar von Serbien maßgeblich an der Lösung dieser Probleme zum Wohle guter Nachbarschaftsbeziehungen, sowie der Gemeinschaft von 300.000 Ungarn, die in Serbien leben, beteiligt ist. Es ist offensichtlich, dass die Mehrheit der Aufgaben von den Regierungen von Serbien und Mazedonien unternommen werden müssen und, wie Frau Malmström erwähnte, müssen sie ihren Bürgerinnen und Bürgern Informationen zur Verfügung stellen. Ich möchte jedoch trotzdem darauf hinweisen, dass die alten Mitgliedstaaten, die mit diesen Asylfragen konfrontiert sind, auch prüfen müssen, ob ihre Asylpolitik angemessen ist, da sie auch solchen Antragstellern Asyl gewähren, die es nicht erhalten sollten.
VORSITZ: SILVANA KOCH-MEHRIN Vizepräsidentin
Andrew Henry William Brons (NI). – Frau Präsidentin! Visaerleichterung und die Liberalisierung der Visabestimmungen sollen zweifelsfrei positive Begriffe sein. Sie werden immer auf Grund dessen verteidigt, dass sie nichts mit Immigration und alles mit Bildung und Tourismus – zwei weiteren positiven Begriffen – zu tun haben.
Sie können mich einen Zyniker nennen, aber Studenten kommen nicht immer zum Studieren und Touristen kommen nicht immer für einen begrenzten Zeitraum zu Besuch. Sie kommen manchmal in die EU, um zu arbeiten und zu leben. Die Vorstellung, dass Menschen immer ehrlich über ihre Absichten sind, zeigt sich nicht in der Erfahrung.
In der aktuellen Krise sind Arbeitsplätze rar – insbesondere Hilfsarbeiten – und die Nachfrage nach Unterkünften übersteigt stets das Angebot. Die Arbeitsplätze, die illegale Migranten ausfüllen, sind oft Arbeitsplätze, die von Bürgerinnen und Bürgern der Mitgliedstaaten ausgefüllt werden könnten und die Bedingungen sind schlecht und die Bezahlung liegt häufig unter dem Minimum. Wir dürfen noch nicht einmal so tun, als ob es großzügig wäre, gegenüber illegaler Einwanderung ein Auge zuzudrücken. Es führt zu Armutslohntarifen, unsicheren Bedingungen, Ausbeutung und Missbrauch.
Georgios Papanikolaou (PPE). – (EL) Frau Präsidentin! Ich habe auch das Wort ergriffen, um zu bestätigen, was von meinen Kolleginnen und Kollegen hinsichtlich der grundsätzlichen Akzeptanz und der positiven Herangehensweise an Visabefreiungen gesagt wurde. Es ist selbstverständlich, dass wir Missbrauch und schlechte Beispiele erlebt haben, schlecht formulierte Texte, die festgestellt und hastig korrigiert wurden, seit die Freistellung begann. Es ist wesentlich, dass die Kommission und die Kommissarin persönlich mit den Behörden in den Ländern zusammenarbeiten, von denen die Probleme ausgingen. Ich beziehe mich natürlich sowohl auf die ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien als auch auf Serbien. Es liegt genau daran, dass wir Befreiungen für andere Länder voranbringen – und das ist, ich wiederhole es, eine Bewegung in die richtige Richtung – und dass wir uns vielleicht von Folgendem leiten lassen: engere Zusammenarbeit mit Behörden in diesen Ländern, möglicherweise auch spezifische Maßnahmen, die uns in Zukunft leiten können, zusammen mit der Anwendung dieser Kontrollabkommen.
Csanád Szegedi (NI). – (HU) Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Die Beziehungen zwischen Russland und der EU standen immer, wenn man die jeweiligen Stellungen beider Seiten als einer Weltmacht betrachtet, für ein besonderes Verhältnis. Es steht außer Frage, dass es aufgrund dieser Lage zu bestimmten Fragen Unstimmigkeiten geben wird und eine Reihe von Fragen unterschiedlich gesehen werden. Jedoch dürfen wir nicht vergessen, und ich muss dies wirklich betonen, dass Russland nicht nur in einem geopolitischen Sinne, sondern auch im Hinblick auf seine Kultur und Geschichte zu Europa gehört. Diese Verflechtungen machen Visaerleichterungen zwischen den beiden Seiten unverzichtbar und werden durch die Jobbik-Bewegung für ein besseres Ungarn unterstützt. Russland kann in gleicher Weise wie gewisse EU-Mitgliedstaaten seine administrativen Verpflichtungen in Bezug auf Visa unabhängig bestimmen, und diese müssen auf Gegenseitigkeit beruhen. Die Lage Serbiens ist weit davon entfernt, so eindeutig zu sein, da die ungarische Minderheit und andere Minderheitengruppen leider bis heute noch einige Nachteile erleiden. Das Europäische Parlament und die Europäische Union müssen das Problem jedenfalls eingehender untersuchen.
Lena Kolarska-Bobińska (PPE). – (PL) Frau Präsidentin! Zeitgleich zu Visaerleichterungen sollten wir auch deutliche Signale in Bezug auf unsere Werte übermitteln. Es geht nicht nur darum, Türen zu öffnen, denn wir sollten diese so weit wie möglich aufmachen; es geht auch um die Förderung von Demokratie in den Nachbarländern der Europäischen Union. Daher sollten wir die Länder, die aufrichtig um Demokratie und Rechtsstaatlichkeit bemüht sind und welche die europäischer Werte achten, unterstützen. Jedoch scheint mir, dass wir die Visavorschriften zunächst einmal für die postsowjetischen Staaten und erst dann für Russland liberalisieren sollten.
Hier stimme ich denjenigen zu, die sagten, dass eine Erleichterung der Visavorschriften für Russland vor einer Erleichterung derselben für die Einwohner der Ukraine und anderer postsowjetischer Länder ein sehr negatives Zeichen setzen wird. In Georgien kann der Fall eintreten, dass in Gebieten, die derzeit durch Russland besetzt sind, viele Menschen die russische Staatsangehörigkeit werden erlangen und genehmigt haben wollen, da dies eine Freifahrkarte für Russland bedeuten wird. Lassen Sie uns die Visavorschriften auch als ein Instrument zur Förderung der Demokratie betrachten.
Cecilia Malmström, Mitglied der Kommission. – Frau Präsidentin! Ich möchte mich bei den Damen und Herren Abgeordneten für diese Aussprache bedanken. Ich stimme Ihnen uneingeschränkt zu, dass Visaerleichterungen und die Visaliberalisierung sehr starke Instrumente für die Stärkung der zwischenmenschlichen Kontakte sind. Nicht nur für ganz normale Bürgerinnen und Bürger, Studenten, Touristen; sie stärken auch die Geschäftsmöglichkeiten, und das ist eine sehr gute Sache.
Wir haben in der Europäischen Union entschieden, in Richtung Visaliberalisierung für die Länder des westlichen Balkans zu gehen. Das ist schon für sich eine politische Entscheidung. Sie zeigt politischen Willen, was sehr wichtig ist, aber die Verwirklichung dieses Ziels kann nur sehr technisch und sehr streng erfolgen. Wir können die Visumpflicht nicht abschaffen, es sei denn, wir haben sehr strenge Kriterien.
Diese Kriterien liegen offen. Sie sind transparent. Sie sind für alle gleich und bewirken wichtige Reformen in den Ländern, die Visaerleichterungen und Visaliberalisierung erreichen möchten. Und ja, Herr Busuttil, die Kommission überwacht dies sehr genau und zu den Expertenmissionen gehören auch Experten aus den Mitgliedstaaten. Alle diese Berichte und Arbeiten erfolgen in einer sehr transparenten Weise.
Andererseits hat es auch einige wenige Fälle von Missbrauch gegeben, insbesondere in Serbien und der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien. Jetzt sollte das davon nicht überwiegend überschattet werden; Es funktioniert gut, aber es gibt Missbräuche. Die Kommission ist darauf eingegangen. Wir sind dort gewesen. Wir haben mit unseren Ansprechpartnern gesprochen. Der belgische Ratsvorsitz ist sehr aktiv gewesen.
Wir versuchen, dieses Problem zu bewerten. Es ist hauptsächlich eine kleine Gruppe krimineller Banden, die Menschen in entlegenen Regionen unter falschen Voraussetzungen zu einer Reise in die Europäische Union in der Hoffnung animieren, dass ihnen Asyl gewährt werden wird. Wir werden natürlich alle diese Anträge einzeln prüfen, aber sehr viele davon sind unbegründet, und deshalb müssen wir diese Banden in Angriff nehmen. Dies wird derzeit getan und wir sind im Kontakt mit den Behörden dieser Länder.
Um diese Botschaft zu bekräftigen, war ich persönlich erst vor einem Monat gemeinsam mit dem belgischen Minister in Tirana und Sarajevo; und um zu betonen, dass dies sehr wichtig ist, man sich aber vor Missbräuchen in Acht nehmen sollte. Das äußerten wir gegenüber allen Ministern, Mitgliedern des Parlaments, zivilgesellschaftlichen Partnern, den Universitäten und, wie ich meine, gegenüber allen in diesen Ländern auffindbaren Fernsehsendern, um sehr deutlich zu machen, dass dies eine ausgezeichnete Gelegenheit darstellt, aber bitte nicht zu missbrauchen ist.
Uns steht ein Mechanismus zur Überwachung und Evaluierung zur Verfügung, und gern werde ich Ihnen zu einem späteren Zeitpunkt dieses Frühjahrs berichten, wie er funktioniert.
Was Russland betrifft, hat dies wirklich zu vielen guten Dingen, zu mehr Mobilität zwischen unseren Ländern geführt. Nach allen von den Mitgliedstaaten bestätigten Evaluierungen gibt es keine Anzeichen dafür, dass die Visaerleichterungen zu einem erhöhten Sicherheitsrisiko oder einer verstärkten illegalen Einwanderung geführt haben. Wir ermitteln jetzt eine Liste gemeinsamer Schritte, die für Russland und die Europäische Union zu ergreifen sind, um Möglichkeiten für weitere Gespräche in Richtung Visaliberalisierung zu eröffnen.
In Bezug auf Georgien möchte ich meinen grünen Freunden gegenüber betonen, was auch die Berichterstatterin gesagt hat, und zwar dass Georgien dem Europarat und der Europäischen Menschenrechtskonvention zum Rückübernahmeabkommen beigetreten ist. Die EU-Rechtsvorschriften verlangen von den Mitgliedstaaten auch die einzelne Prüfung eines Asylantrags und, sollte ein internationaler Schutz erforderlich sein, ist dies nach EU-Recht einzuhalten, wie dies gleichermaßen für den Grundsatz der Nicht-Zurückweisung gilt. Sprich, eine Person ist nicht in ein Land zurückzuführen, wenn die Möglichkeit besteht, dass diese Person Verfolgung oder ernsthaftem Schaden ausgesetzt sein wird.
Insgesamt denke ich, dass dies eine sehr gute Aussprache war. Ich freue mich auf die Berichterstattung Ihnen gegenüber zur Evaluierung des Rückübernahmeabkommens. Sie sind wirklich sehr schwer zu verhandeln, Herr Busuttil, aber wir arbeiten daran. Wie ich zuvor in dieser Aussprache sagte, wird es zu Beginn des nächsten Jahres eine Evaluierung geben. Gern werde ich ins Parlament kommen und die Schlussfolgerungen daraus erörtern und um darüber zu diskutieren, wie wir bei der Erleichterung dieser Art von Vereinbarungen mit Drittländern vorankommen können.
Nathalie Griesbeck, Berichterstatterin. – (FR) Frau Präsidentin! Auch ich bin wie unserer Kommissarin sehr erfreut über die Qualität unserer Debatte, wodurch die aufrichtige Verantwortung unserer Organe im Allgemeinen gezeigt wurde.
Diese Verantwortung wurde auch durch die Antworten der Kommissarin und die Verpflichtungen zum Ausdruck gebracht, die man während der verschiedenen, vom Februar bis Juni 2011 vereinbarten Auswertungssitzungen einging und betonte. Natürlich wollte ich keine sofortige im Hinblick auf Pakistan. Genaugenommen habe ich Sie an unsere grundsätzlichen Standpunkte erinnert. Ich wollte ihr auch für ihre zum Ausdruck gebrachte Bereitschaft bezüglich der wechselseitigen Sicherheit, Antworten auf Fragen, Offenheit und Zusammenarbeit sowie Anpassungen und im Hinblick auf den Kampf gegen den Missbrauch und die Achtung vor diesen verschiedenen rechtlichen Umständen danken.
Obgleich diese Vereinbarungen richtigerweise einen Rechtsrahmen für das Organisieren von Visaerleichterungen und Rückübernahmeverfahren unter genauen und strengen Bedingungen bereitstellen, darf dies nicht mit der zwingenden Notwendigkeit verwechselt werden, dass unsererseits auch die Begriffe und Parameter eines europäischen Asylrechts zu bestimmen sind.
Abschließend glaube ich, dass diese Politik ein wenig wie der Gott mit den zwei Gesichtern, Janus Bifrons, ist. Wir haben über Politik und Verfahren gesprochen. Für mich steht fest, dass Janus zwei Profile, Verfahren und Politik, eines einzigen Gesichts verkörpert. Er besitzt ein technisches Gesicht – das von Verfahren, gesetzlichen Bedingungen und Einhaltung. Aber er hat auch, wie gewisse Kolleginnen und Kollegen gesagt haben, ein von Kodifizierung, Zusammenarbeit, Öffnung der Union gegenüber Drittländern als einem Zeichen unserer Werte geprägtes politisches Gesicht. Darüber hinaus ist er auch ein Fall von registrierter Form einer Antwort auf die europäische Bereitschaft, diese Öffnung zu vollziehen.
Abschließend möchte ich sagen, dass wir auf ein Gleichgewicht zwischen diesen Elemente achten und alles dafür tun müssen, sie unseren Bürgerinnen und Bürgern verständlich zu machen. Wir müssen ihnen verständlich machen, was ein dreimonatiges Visum wirklich ist und demnach Unklarheiten und sonstige Missverständnisse, die entstehen könnten, vermeiden. Ich zähle auf Sie, Frau Kommissarin.
Die Präsidentin. − Die gemeinsame Aussprache ist geschlossen.
Die Abstimmung findet am Dienstag, 14. Dezember, statt.
Schriftliche Erklärungen (Artikel 149)
Kinga Gál (PPE), schriftlich. – (HU) Die weitere Anwendung der Ausnahme von der Visumpflicht ist nicht nur eine technische, sondern klar auch eine politische Angelegenheit. Jedoch basieren Ausnahmen von der Visumpflicht immer auf gegenseitigem Vertrauen und gegenseitigen Verpflichtungen. Die heutige Aussprache übermittelt die Botschaft an die betroffenen Länder, dass die lange, im Ergebnis ihrer Verpflichtung vor ihnen liegende Aufgabenliste nicht mit der Gewährung der Befreiung von der Visumpflicht endet. Ferner müssen sie ihre Bürgerinnen und Bürgern immer noch mit Informationen dahingehend versorgen, was visafreies Reisen nach sich zieht, um Missbräuche dieser Möglichkeit zu verhindern. Die Serbien und Montenegro gewährte Ausnahme von der Visumpflicht wird die Chance bieten, dass vorrangig Jugendliche, auf denen das Europa der Zukunft errichtet wird, einen europäischen Blickwinkel erhalten. Die vor zwei Jahren gewährte Ausnahme hat eine wichtige politische Botschaft überbracht, und ihre Rücknahme würde schwerwiegende Folgen haben. Einen ähnlichen Stellenwert hat die weitere Anwendung der Ausnahme von der Visumpflicht für die in der Vojvodina lebenden Ungarn, für die Bürgerinnen und Bürger, die auf beiden Seiten der Grenze leben, die gleiche Sprache sprechen und enge familiäre und kulturelle Bindungen pflegen. Für die in Richtung EU-Mitgliedschaft drängenden Länder ist die Schaffung von Bedingungen für ein Zusammenleben, ungeachtet von Grenzen, von besonderer Bedeutung.
Elżbieta Katarzyna Łukacijewska (PPE), schriftlich. – (PL) Jede Erleichterung der Visumpflicht geht in Richtung Erfüllung von Erwartungen der Menschen, die in den von der Liberalisierung betroffenen Ländern leben. Ich möchte betonen, dass das Abkommen zwischen der Europäischen Union und Georgien zur Erleichterung der Visaerteilung nicht getrennt von dem Abkommen über die Rückübernahme illegaler Einwanderer gesehen werden kann. Wir haben in Europa lange darüber gesprochen, denn die Visumpolitik ist für die EU besonders wichtig.
Visaliberalisierung bedeutet, dass sich die europäischen Staaten für die Bürgerinnen und Bürger der Balkanstaaten öffnen und dadurch Möglichkeiten geschaffen werden, am Dialog der EU teilzunehmen und mehr über Demokratie zu erfahren. Wir müssen jedoch neben der Liberalisierung die Tatsache berücksichtigen, dass das Leben für illegale Einwanderer und kriminelle Banden durch eine Vereinfachung des Grenzübertritts erleichtert werden kann. Die Mitgliedstaaten sollten einheitliche Verfahren für die Visaerteilung anwenden, denn Albanien und Bosnien und Herzegowina warten, bis sie an der Reihe sind. Die Europäische Kommission muss sich an die Bedingungen für die Visaliberalisierung halten und die Lage überwachen, damit gute Lösungen keine Schwierigkeiten innerhalb der Mitgliedstaaten der EU hervorrufen. Darüber hinaus ist es wichtig, dass die Länder zusammenarbeiten und von den Erfahrungen Gebrauch machen, die bezüglich des Visaerteilungsverfahrens bislang gewonnen wurden.
Marian-Jean Marinescu (PPE), schriftlich. – (RO) Ich denke, dass Serbien bislang erhebliche Anstrengungen unternommen hat, um den Erwartungen der EU zu entsprechen und seinen Weg in Richtung Integration fortzusetzen. In den Jahren 2009 und 2010 wurden die folgenden Maßnahmen erzielt: Visaliberalisierung, Einleitung des Ratifizierungsverfahrens für das Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen und die Zustimmung der Europäischen Kommission zur Vorbereitung der Stellungnahme zum Antrag Serbiens auf Beitritt zur Europäischen Union.
Dennoch ist bedauerlich, dass die serbischen Behörden in den Medien nicht veröffentlicht und entsprechend erläutert haben, was die 2009 eingeführte Abschaffung der Visumpflicht beinhaltet, damit ihre Bürgerinnen und Bürger diese Regelung nicht missbrauchen. Ich hoffe, dass dieser alarmierende Anstieg der Zahl von Asylanträgen in der EU, die von serbischen Bürgerinnen und Bürgern gestellt wurden, nicht dem Integrationsprozess Serbiens schaden wird. Ich glaube fest daran, dass die serbischen Behörden umgehend reagieren werden. Auch möchte ich daran erinnern, dass der Weg zum Beitritt von den einzelnen Bemühungen Serbiens abhängt, die Kopenhagener Kriterien und das Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen zu erfüllen.
Jiří Maštálka (GUE/NGL), schriftlich. – (CS) Im Zusammenhang mit dem weit gesteckten Thema dieser Aussprache (Visa) möchte ich über zwei Fragen sprechen, welche spezifisch, aber meiner Ansicht nach von höchster Bedeutung sind. Beide Fragen sind vom Standpunkt der erfolgreichen Umsetzung einer guten Europäischen Nachbarschaftspolitik sehr heikel. Zunächst ist da die Frage der Umsetzung des Abkommens über die Erleichterung der Ausstellung von Visa zwischen der EU und Russland. Meiner Ansicht nach reicht es – unter dem Aspekt einer Gesamtbewertung des Funktionierens des Abkommens – nicht aus, bloß bestimmte Regelungen zu kritisieren, welche Russland leider auch gegen Bürgerinnen und Bürger anzuwenden hatte, die aus EU-Staaten einreisten. Dies ist wegen der allgemeinen Sicherheitslage in dem Land notwendig, und die Maßnahmen, wie beispielsweise die Meldepflicht, komplizieren die Visaerleichterungen nicht wesentlich. Die zweite Frage ist die offenkundige Besorgnis im Hinblick auf die reibungslose Umsetzung des Systems, um die Visumpflicht der EU in Serbien, der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien und Montenegro zu entspannen. Diese Besorgnis lässt sich Berichten zufolge auf einen Anstieg der Zahl von Asylanträgen von Bürgerinnen und Bürgern dieser Länder zurückführen, und für eine Lösung hat man Maßnahmen gegen die zuständigen innerstaatlichen Stellen vorgelegt. Dies ist irreführend und nicht zur Sache gehörig. Die EU und die NATO haben lange einen ganz erheblichen Einfluss auf die allgemeine politische Lage in der Balkanregion gehabt. Diese Organisationen sollten vor allem die Art von Maßnahmen und Strategien in der Balkanregion verfolgen, die die Menschen nicht zum Verlassen dieser leidgeprüften Region zwingen.
Andreas Mölzer (NI), schriftlich. – (DE) Wir dürfen den Tag nicht vor dem Abend loben. Wir werden erst an das Abkommen mit Moskau zur Beseitigung von Handelshemmnissen glauben, nachdem es ratifiziert und umgesetzt wurde. In diesem Zusammenhang müssen wir einfach an die russische Entscheidung denken, von der Unterzeichnung der Energiecharta zurückzutreten. Auch wird deutlich werden, ob der Kreml wirklich beabsichtigt, den Aufforderungen der EU nach Visaerleichterungen nachzukommen. Die Visaerleichterungen für den westlichen Balkan, welches ein Gebiet mit nur einem Bruchteil der Größe Russlands ist, haben zu einer Welle von Asylbewerbern geführt, also was können wir erwarten, wenn die Visabeschränkungen für das siebtgrößte Land der Welt in Bezug auf die Bevölkerungszahl aufgehoben werden? Wenn eine große Zahl Islamisten aus dem Kaukasus die russische Staatsangehörigkeit besitzt, werden wir dann potentielle Terroristen ohne Visumpflicht in das Land lassen? Ob wir über Serbien, Georgien oder die ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien sprechen, wir müssen uns die Lage genau anschauen und, sofern erforderlich, weiter an geeigneten Rückübernahmeabkommen arbeiten. Wir müssen die Erfahrungen mit der Aufhebung von Visabestimmungen für die Balkanstaaten evaluieren, das Schengener Informationssystem II (SIS II) auf den neuesten Stand bringen und die Umsetzung der Visumpflicht in Moskau beobachten. Wir müssen ferner aufmerksam die zunehmende Zahl von Flüchtlingen verfolgen, die den Kaukasus und die zentralasiatischen Staaten in Richtung Russland verlassen, zusammen mit der anwachsenden Zahl von Asylsuchenden aus den Ländern, die eine Aufhebung der Visabeschränkungen wollen.
Justas Vincas Paleckis (S&D), schriftlich. – (LT) Laut der beim Statistischen Amt Russlands vorhandenen Daten wurden 2008 mehr als 1,5 Mio. russische Visa für EU-Bürgerinnen und -Bürger ausgestellt, und 3,5 Mio. EU-Visa wurden für russische Bürgerinnen und Bürger ausgestellt. Das ist mehr als ein Viertel aller Schengen Visa, die weltweit ausgestellt wurden. Die Visumpolitik EU-Russland ist ein wichtiges Instrument für die Vertiefung der zwischenmenschlichen Beziehungen und damit Russland näher an die EU heranrücken kann. Ich möchte die Aufmerksamkeit auf die Schwierigkeiten lenken, mit denen die Einwohner im Gebiet Kaliningrad der Russischen Föderation konfrontiert sind. Die Mehrheit der Einwohner dieser russischen Insel, die von Mitgliedstaaten der EU umgeben ist, erhalten Schengen-Visa für den kurzfristigen Aufenthalt zur einmaligen Einreise. Die meisten Einwohner von Kaliningrad, die durch benachbarte Mitgliedstaaten der EU reisen, müssen jedes Mal eine Visumsgebühr entrichten und bei den Konsulaten der Mitgliedstaaten der EU Schlange stehen. Kürzlich forderten Vertreter sozialer Organisationen in Kaliningrad, die vor dem Gebäude der Europäischen Kommission in Brüssel demonstrierten, die Einführung von besonderen Reisebedingungen für die Einwohner der Enklave zwecks Einreise in die Mitgliedstaaten der EU, ohne dass diese Frage an die Gespräche EU-Russland zu einer visafreien Regelung gebunden wird.
Iuliu Winkler (PPE), schriftlich. – (HU) In den vergangenen Jahre hatte man den Beginn von positiven Prozessen in den Staaten des westlichen Balkans zu verzeichnen, welche die Erinnerung daran auszulöschen scheinen, dass das Gebiet vor 15 Jahren noch ein Konfliktgebiet innerhalb Europas gewesen ist. Zweifellos trug die beispielhafte Hilfe der EU im Prozess der Demokratisierung in den westlichen Balkanländern und die Tatsache, dass sie die Perspektive eines Beitritts für die Länder dieser Region offenhielt, zu diesen Entwicklungen bei. Die vor einem Jahr getroffene Entscheidung über die Visaliberalisierung führte die europäische Praxis der Freizügigkeit in die ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien, Montenegro und Serbien als ein klares Signal der Fürsorge vonseiten Europas ein. Ohne Zweifel wird die Einwanderungsfrage in einigen Mitgliedstaaten erneut zu einer ernsten inneren Angelegenheit, und sie wird durch die Wirtschaftskrise verschlechtert. Dennoch glaube ich, dass trotz der Krise europäische Solidarität geübt werden muss, wenn wir ein Wiederaufleben von Nationalismus und Protektionismus verhindern möchten. Obgleich der westliche Balkan noch kein Teil der EU ist, kann Stabilität in Südosteuropa nur durch eine EU-Erweiterung auf dem Balkan erreicht werden. Die EU muss die Einhaltung der technischen Anforderungen im Zusammenhang mit dem Grenzschutz streng überwachen, aber gleichzeitig muss sie Hilfe zur Sicherstellung dessen anbieten, dass die Bürgerinnen und Bürger der westlichen Balkanstaaten eine realistische Chance auf Verbesserung ihres Lebens sehen und den Beitritt zur EU als ein erreichbares Ziel betrachten. Wir müssen der Region bei ihrer Reise hin zu sozialer und wirtschaftlicher Entwicklung durch effiziente Informationen, noch größere Solidarität und zusätzliche Finanzmittel helfen, damit diese Bürgerinnen und Bürger Wohlstand in ihren eigenen Herkunftsländern erreichen können.
17. Schaffung eines Netzes von Verbindungsbeamten für Einwanderungsfragen (Aussprache)
Die Präsidentin. − Als nächster Punkt folgt der Bericht von Agustín Díaz de Mera García Consuegra im Namen des Ausschusses für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres über den Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 377/2004 des Rates zur Schaffung eines Netzes von Verbindungsbeamten für Einwanderungsfragen (KOM(2009)0322 – C7-0055/2009 – 2009/0098(COD)) (A7-0342/2010).
Agustín Díaz de Mera García Consuegra, Berichterstatter. – (ES) Frau Präsidentin! Ich möchte mich zunächst bei meinen Kolleginnen und Kollegen Frau Guillaume, Herrn Ilchev, Frau Keller, Frau Wikström und Herrn Tavares bedanken. Die Unterstützung, die sie mir gewährten, hat diesen Bericht verbessert.
Ich möchte die Aufmerksamkeit des Rates und der Kommission speziell auf die Terminologie lenken. Von meinem Gesichtspunkt aus betrachtet, wäre es besser, wenn wir den Begriff „irreguläre Einwanderung“ verwenden würden. Bisher ist die klandestine Einwanderung in allen Rechtsinstrumenten, die die EU erlassen hat, als „illegale Einwanderung“ bezeichnet worden.
Obgleich es zutrifft, dass eine irreguläre Einreise oder ein irregulärer Aufenthalt in einigen Mitgliedstaaten als Verbrechen definiert ist und in anderen der Begriff „irregulär“ keine rechtliche oder semantische Bedeutung besitzt, ist in vielen anderen Mitgliedstaaten eine irreguläre Einreise oder ein irregulärer Aufenthalt nicht als rechtswidrige Handlung definiert, weshalb wir diese Handlungen nicht generell kriminalisieren sollten.
Deshalb wird in der Begründung zum Bericht darum gebeten, dass die Organe die verwendete Terminologie überarbeiten und dabei auf der Notwendigkeit bestehen, eine präzisere und geeignetere Definition für das Phänomen der klandestinen Einwanderung zu finden.
Um zum Kern der Frage zu kommen – durch die Verordnung (EG) Nr. 377/2004 des Rates wurde das Netz von Verbindungsbeamten für Einwanderungsfragen geschaffen. Dieses Instrument besagt, dass die Verbindungsbeamten Vertreter eines Mitgliedstaates sind, die von der Einwanderungsbehörde oder einer anderen zuständigen Behörde ins Ausland entsandt werden, um Kontakte zu den Behörden des Gastlandes herzustellen und aufrechtzuerhalten mit dem Ziel, zur Verhinderung und Bekämpfung der klandestinen Einwanderung, zur Rückkehr illegaler Einwanderer und zur Steuerung der legalen Einwanderung beizutragen.
Seit dem Erlass der Verordnung ist die FRONTEX-Agentur gegründet worden, deren Auftrag die Koordinierung der operativen Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten im Bereich des Schutzes der Außengrenzen; die Unterstützung der Mitgliedstaaten bei der Ausbildung von Grenzschutzbeamten; die Durchführung von Risikoanalysen; die Überwachung der Entwicklung der Kontrolle von Außengrenzen und Überwachungsforschung; die Unterstützung der Mitgliedstaaten in Situationen, die eine verstärkte technische und operative Unterstützung an den Außengrenzen erfordern und die Gewährung der erforderlichen Hilfe bei der Organisation von gemeinsamen Rückführungsaktionen ist.
Es liegt auf der Hand, dass die wichtige, FRONTEX übertragene Aufgabe effizienter gelöst werden könnte, wenn sie auf das Wissen und die Erfahrung des Netzes von Verbindungsbeamten für Einwanderungsfragen zugreifen könnte, vor allem wenn wir berücksichtigen, dass die europäische Agentur keine Ämter oder Vertreter außerhalb der EU hat.
Der Änderungsvorschlag der Verordnung (EG) Nr. 377/2004 des Rates zielt darauf ab, das Wissen und die Erfahrung der Einwanderungsbeamten für FRONTEX und umgekehrt nutzbar zu machen, was nicht Bestandteil der ursprünglichen Verordnung gewesen ist.
Darüber hinaus empfiehlt der Änderungsvorschlag den Zugang zu den Informationen, die das Netz von Verbindungsbeamten durch ICONET erlangt hat. ICONET ist ein sicheres Informations- und Koordinierungsnetz für die Einwanderungsdienste der Mitgliedstaaten. Es verfügt über einen Zugang zum europäischen Außengrenzenfonds, um die Bildung von Netzen von Verbindungsbeamten zu fördern und schließlich ein Verfahren für die Vorlage von Berichten über die Tätigkeit des Netzwerks und die Bereitstellung von bezeichneten Gebieten von Interesse im Bereich der Einwanderung zu ermöglichen.
Die einschlägigen Rechtsgrundlagen des Vorschlags sind Artikel 63 Absatz 3 Buchstabe b) und Artikel 66 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft.
Frau Präsidentin! Ich werde es dabei belassen und weitere Beobachtungen in der zweiten Runde machen.
Cecilia Malmström, Mitglied der Kommission. – Frau Präsidentin! Ich möchte dem Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres im Allgemeinen und dem Berichterstatter, Herrn Díaz de Mera García Consuegra sowie den Schattenberichterstattern für die geleistete Arbeit zu diesem sehr wichtigen Dossier im Besonderen sehr danken, und ich begrüße die mit dem Rat erzielte Übereinkunft.
Die vorgeschlagene Abänderung wird eine engere Zusammenarbeit zwischen FRONTEX und dem Netz von Verbindungsbeamten für Einwanderungsfragen ermöglichen, was den Informationsaustausch über eine web-gestützte, sichere IT-Plattform verbessern und sicherstellen wird, dass der Rat und das Parlament sachgerecht über die Tätigkeiten dieser Netze informiert werden.
Darüber hinaus freue ich mich auch, dass durch die vom Parlament vorgebrachten Abänderungen ein auf Menschenrechten beruhender Ansatz zur Anwendung kommt, wenn über die Situation bei Angelegenheiten berichtet wird, die sich auf die irreguläre Einwanderung in die ausgewählten Drittländer beziehen. Lassen Sie mich sagen, dass ich mit dem Berichterstatter vollkommen übereinstimme, dass wir das Wort „irreguläre“ Einwanderung verwenden sollten. Leider bezieht sich der Vertrag in Artikel 79 auf „illegal“, aus dem Grund ist es dort Bestandteil. Aber ich selbst verwende auch immer den Begriff „irreguläre“ Einwanderung, demnach stimme ich Ihnen uneingeschränkt zu.
Das Netz der Verbindungsbeamten wird dank der Abänderungen, die Sie in den Rechtsrahmen eingeführt haben und in Übereinstimmung mit dem Stockholmer Programm in einer Weise angepasst werden, die ihren Beitrag für ein besseres Verständnis der zu Wanderungsbewegungen führenden Ursachen mit dem Ziel verbessern wird, diese Phänomene angemessen anzugehen. Also hoffe ich, dass, wenn Sie morgen über die abgeänderte Verordnung abstimmen, diese unverzüglich angenommen wird und wir demnach dieses sehr wichtige Kooperationsinstrument für die Migrationssteuerung effizienter nutzen können.
Carlos Coelho, im Namen der PPE-Fraktion. – (PT) Frau Präsidentin, Frau Kommissarin, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Wir unterstützen immer Vorschläge im Parlament, die darauf abzielen, der Notwendigkeit einer angemessenen Steuerung sowohl legaler als auch illegaler oder klandestiner Migrantenströme Rechnung zu tragen. Dieser Vorschlag ist gleichfalls Teil dieser Dynamik und hat die Einführung von Abänderungen – welche bereits mit großer Sachkenntnis von Herrn Díaz de Mera dargelegt wurden – zur Verordnung (EG) Nr. 377/2004 des Rates zur Schaffung eines Netzes von Verbindungsbeamten für Einwanderungsfragen zum Ziel, um die erforderlichen Synergien zwischen diesem wichtigen Instrument für die Zusammenarbeit und der Europäischen Agentur für die operative Zusammenarbeit an den Außengrenzen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union (FRONTEX), welche erst zu einem späteren Zeitpunkt gebildet wurde, zu schaffen.
Als Vertreter der Mitgliedstaaten im Ausland obliegt es den – aktuell in mehr als 130 Drittstaaten entsandten – Verbindungsbeamten, die notwendigen Kontakte zu den Behörden des Gastlandes sicherzustellen, um zu einer Prävention und Bekämpfung der illegalen Einwanderung zwecks Rückführung illegaler Einwanderer und Steuerung der legalen Einwanderung beizutragen. Da FRONTEX über keine ständigen Vertretungen außerhalb des Unionsgebiets verfügt, gibt es keinen Zweifel mehr daran, wie wichtig eine solche Zusammenarbeit geworden ist. FRONTEX muss auf der Grundlage der Informationen, die durch die Verbindungsbeamten gesammelt wurden, weiter an den Risikoanalysen und der Stärkung der operativen Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten und den Drittstaaten arbeiten.
Die durch diese Netze gewonnenen Informationen werden dann unter Nutzung von ICONET – einem sicheren Informationsnetz zur Koordinierung der Behörden, die für die Steuerung von Migrantenströmen in den Mitgliedstaaten zuständig sind – übertragen und es ihnen gleichzeitig ermöglichen, von den Mitteln des europäischen Außengrenzenfonds zu profitieren.
Da sich Herr Díaz de Mera bereits wundern muss, warum ich es noch nicht erwähnt habe, möchte ich betonen, dass er eine hervorragende Arbeit geleistet hat. Und zwar nicht nur im Hinblick auf die Qualität und die investierten Anstrengungen – wie er es üblicherweise mit diesen Berichten macht – sondern auch wegen der seinerseits unternommenen Bemühungen, bei der ersten Lesung eine Vereinbarung in dieser wichtigen Frage zu erzielen.
Claude Moraes, im Namen der S&D-Fraktion. – Frau Präsidentin! Indem ich diese Gelegenheit nutze, um im Namen der S&D-Schattenberichterstatterin, Frau Guillaume, zu sprechen, möchte ich dem Berichterstatter, Herrn Díaz de Mera García Consuegra, dafür danken, dass er alle Schattenberichterstatter in seiner gewohnten Art aktiv konsultiert und die Verhandlungen mit dem Rat erfolgreich vorangebracht hat.
Obgleich der Kommissionsvorschlag aus zumeist technischen Abänderungen besteht, hat dieser Bericht meiner Ansicht nach ein besseres Verständnis und eine bessere Berücksichtigung der Komplexität und des Umfangs der Tätigkeiten der Verbindungsbeamten ermöglicht. Die Verbindungsbeamten der Mitgliedstaaten für Einwanderungsfragen (ILO) sind in der Tat mit sehr komplexen und undurchsichtigen Tätigkeiten befasst. Daher ist es – aus Gründen der Transparenz – absolut unerlässlich, einerseits einen besseren Informationsaustausch mit dem Europäischen Parlament und andererseits Organisationen wie das UNHCR und das Unterstützungsbüro für Asylfragen zu fördern. Auch ist die Einbeziehung und Förderung des an Menschenrechten ausgerichteten Ansatzes in die Mission der ILO, welchen die Kommissarin soeben erwähnte, von grundlegender Bedeutung. Sicherlich braucht man nicht daran zu erinnern, dass in Bezug auf die Bekämpfung gemischter Migrationsbewegungen durch die Entsendung von ILO in Drittländer einige Bedenken aus einer Grundrechteperspektive angemeldet werden könnten – insbesondere im Hinblick auf das Recht von Personen, ein Land, einschließlich ihres eigenen, zu verlassen, und des Rechts von Asylsuchenden auf Flucht und Schutz vor Verfolgung.
Schließlich haben wir bezüglich der hitzigen Debatte zur Terminologie in der Begründung einen zufriedenstellenden Kompromiss für eine scheinbar endlose Diskussion gefunden. Abschließend möchte ich Herrn Díaz de Mera García Consuegra danken und sagen, dass unsere Fraktion seinen Bericht uneingeschränkt unterstützen wird.
Stanimir Ilchev, im Namen der ALDE-Fraktion. – (BG) Frau Präsidentin! Auch ich möchte mich denjenigen anschließen, die ihre Anerkennung für die Bemühungen des Berichterstatters Herrn Díaz de Mera zum Ausdruck gebracht haben. Denn er schuf eine Atmosphäre, welche uns ermöglichte, seine vorgeschlagenen Änderungen erfolgreich zu diskutieren, die kompliziertesten Änderungen zu überarbeiten und Kompromisse zu erzielen – was heißt, dass wir jetzt mit unseren Anstrengungen zufrieden sein können.
Als ein Vertreter der ALDE-Fraktion möchte ich zuallererst betonen, dass die erzielten Ergebnisse größtenteils darauf zurückzuführen sind, dass die Frage der Menschenrechte bei dieser Gelegenheit in das größere Thema der Einwanderung und der Steuerung der Einwanderungsprozesses integriert wurde. So können wir unter Wahrung der Menschenrechte ein fortlaufend humanes und passendes Vorgehen sowohl durch die Einwanderungsbeamten als auch durch das Fachpersonal von FRONTEX garantieren.
Zweitens ist ein großes Verdienst unserer Arbeit, dass sich die Zusammenarbeit sowohl unter den Kommunikationsbeamten als auch zwischen ihnen und FRONTEX verbessern wird. Schließlich wird FRONTEX unsere gemeinsamen Anstrengungen für die Begründung eines neuen Know-hows nutzen, welches umfang- und funktionsreicher sein wird. Dieses Know-how wird in den Händen der zuständigen Organe und Personen liegen, um ihnen eine wirksamere Kontrolle der Einwanderung zu ermöglichen. Was jedoch macht eine wirksamere Steuerung der Einwanderungsprozesse notwendig? Die Tatsache, dass die Einwanderung weiterhin ein Thema bleiben und sich aller Voraussicht nach in absehbarer Zeit intensivieren wird.
Franziska Keller, im Namen der Verts/ALE-Fraktion. – Frau Präsidentin! Auch ich möchte dem Berichterstatter, Herrn Díaz de Mera García Consuegra, für seine großartige Arbeit danken. Die Verbindungsbeamten der Mitgliedstaaten für Einwanderungsfragen sollten nicht bloß als „Durchführungshilfen von Rückführungen“ betrachtet werden – bei welchen ich in der Tat nicht gern möchte, dass sie als solche angesehen werden – sie sollten die Menschenrechtslage in den Gastländern und insbesondere den Asylsuchenden und Rückkehrern gewährten Schutz aufmerksam überwachen.
Ich bin sehr froh, dass es unser Berichterstatter geschafft hat, mehrfach einen Bezug zu Menschenrechten und zur Berichterstattung über die Menschenrechte in den Bericht aufzunehmen – ein Aspekt, der im ursprünglichen Vorschlag völlig fehlte.
Auch begrüße ich die größere Rolle, die dem Europäischen Parlament als dem einzigen direkt gewählten Organ auf EU-Ebene eingeräumt wird und welches jetzt, nach dem Vertrag von Lissabon, eine noch größere Rolle spielt – obgleich das bislang nicht jeder erkannt zu haben scheint.
Rui Tavares, im Namen der GUE/NGL-Fraktion. – (PT) Frau Präsidentin! Wie bereits mehrfach gesagt wurde, möchte ich zunächst Herrn Díaz de Mera zu seiner hervorragenden Arbeit und zu seiner Zusammenarbeit und zu dem Dialog mit uns während dieses gesamten Prozesses gratulieren: speziell hinsichtlich der schwierigen Frage, ob sich die in diesem und anderen Texten enthaltenen Verweise auf „irreguläre Einwanderer“ oder auf „illegale Einwanderer“ beziehen. Zu dieser Frage hatte der Berichterstatter, Herr Díaz de Mera, eine sehr konstruktive und dynamische Einstellung. Es trifft auch zu, dass ihm die Verträge und die Haltung des Rates selbst verwehrten, in dieser Frage weiterzugehen und eine sowohl weiter reichende als auch technisch korrektere Definition für Fälle von irregulären Einwanderern und Einwanderern ohne Dokumente aufzustellen.
Ich glaube, worum es hier geht, und worum es in vielen geführten Aussprachen zur Einwanderung im Europäischen Parlament gegangen ist - wir haben eine repressive Einwanderungspolitik, die so gut wie vollständig abgeschlossen ist, ohne dass irgendetwas verabsäumt wurde: Die primäre Funktion der Europäischen Agentur für die operative Zusammenarbeit an den Außengrenzen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union (FRONTEX), die des Schengener Übereinkommens und sogar die der Verbindungsbeamten – welche gegenwärtig nach wie vor abgeändert wird – ist die Kontrolle der Grenzen, was eine repressive Aufgabe ist.
Darüber hinaus wissen wir alle hier im Parlament zur Linken und zunehmend zur Rechten, dass eine Einwanderungspolitik, die nur repressive Maßnahmen beinhaltet, keine Einwanderungspolitik ist. Denn eine Einwanderungspolitik, die diesen Namen verdient, erfordert auch einen rechtlichen Teil für legale Möglichkeiten der Einwanderung.
Ich denke, wenn wir lediglich über den Bericht von Herrn Díaz de Mera als solchem mit den seinerseits vorgebrachten Ideen abstimmten, würde ich uneingeschränkt dafür stimmen. Jedoch stimmen wir stattdessen über den Kompromiss mit dem Rat in der ersten Lesung ab, demnach glaube ich, dass wir nicht so weit gegangen sind, wie wir damit hätten gehen können.
Paul Nuttall, im Namen der EFD-Fraktion. – Frau Präsidentin! Einer der Grundpfeiler eines souveränen Staates ist die Kontrolle darüber, wer in sein eigenes Land kommen darf, und wer nicht. Leider haben einige Regierungen im Vereinigten Königreich diese Befugnis an nicht gewählte, gesichtslose Bürokraten in Brüssel abgegeben. Dies hat sich als eine Katastrophe herausgestellt. Wir haben jetzt eine Situation mit unkontrollierter EU-Einwanderung in unser Land, welche dazu geführt hat, dass die Löhne gedrückt werden und die Bevölkerung - die einheimische Bevölkerung – ihre Arbeit verliert. Ich glaube nicht, dass dieses Netz von Verbindungsbeamten für Einwanderungsfragen der EU irgendeine Befugnis hat, dem überhaupt Einhalt zu gebieten.
Auch haben wir ein zweistufiges Einwanderungssystem in unserem Land, wobei Einwanderer aus Australien oder Neuseeland oder anderen Ländern gedeckelt sind. Wenn man jedoch aus Lettland oder Polen oder einem der EU-Länder stammt, kann man nolens volens in unser Land kommen. Dies ist grundsätzlich falsch. Es wird argumentiert, dass dieses Netz bei der Kontrolle der illegalen Einwanderung helfen wird. Aber was geschieht, wenn zum Beispiel ein Land wie Rumänien faktisch Hunderttausenden von illegalen Einwanderern die Staatsangehörigkeit gewährt? Was es leistet, ist, dass das ganze System zum Gespött gemacht wird.
Ich unterstütze, dass gewählte Politiker im Vereinigten Königreich die Kontrolle über unsere eigenen Grenzen haben. Was ich nicht unterstütze, sind unverantwortliche, nicht gewählte Amtsträger. Ich glaube, die Stärkung dieses Netzes wäre nicht notwendig, wenn jeder einzelne Mitgliedstaat die Macht hätte, zu kontrollieren, wer in sein Gebiet kommt und wer nicht. Ich bitte daher jeden dringend darum, diesen Bericht abzulehnen.
(Der Redner erklärt sich damit einverstanden, auf eine „Blue-Card“-Frage gemäß Artikel 149 Absatz 8 zu antworten)
Krisztina Morvai (NI). – (HU) Frau Präsidentin! Mein Kollege aus dem Vereinigten Königreich sprach über die Schwierigkeiten, denen britische Arbeitnehmer in ihrem Land als Ergebnis von Einwanderung gegenüberstehen. Ich stamme aus Ungarn, einem Land, wo zahlreiche Menschen leider gezwungen sind, auf der Suche nach Arbeit ins Vereinigte Königreich umzusiedeln, wie zum Beispiel Krankenschwestern und Krankenpfleger oder Ärzte oder andere qualifizierte Fachkräfte im Gesundheitswesen, da die Löhne in Ungarn extrem niedrig sind. Diese Personen wurden in Ungarn auf einem sehr hohen Niveau ausgebildet, und Ungarn erlebt derzeit den Zusammenbruch von …
(Der Präsident entzieht der Rednerin das Wort)
Paul Nuttall (EFD). – Frau Präsidentin! Wenn Ärzte, Zahnärzte und dergleichen ins Vereinigte Königreich kommen möchten, um zu arbeiten – und wir deren Fachkenntnisse benötigen – dann sollten sie durchaus kommen. Aber wir haben im Augenblick eine Situation, wo unser Markt gesättigt ist: Wir können nicht kontrollieren, wer aus der EU kommt und wer nicht. Dies ist grundsätzlich falsch. Es ist schlecht, und die Menschen verlieren dadurch ihrer Arbeit.
Ich möchte Ihnen ein Beispiel nennen. Der Taxifahrer, der mich heute Morgen zum Flughafen fuhr, war Maurer. Er wurde entlassen, weil Polen auf die Baustelle kommen, die die britischen Arbeitnehmer unterbieten – und jetzt fährt er Taxi. Das kann nicht rechtens sein.
Philip Claeys (NI). – (NL) Frau Präsidentin! Selbstverständlich kann jede Agentur, die in der Bekämpfung der illegalen Einwanderung tätig ist, auf meine Unterstützung zählen. Wenn Verbindungsbeamte für Einwanderungsfragen die Arbeit von beispielsweise FRONTEX effizienter machen können, dann ist das eine positive Sache.
Ich möchte betonen, dass wir nicht so viel Zeit auf die Betrachtung institutioneller und bürokratischer Prozesse verwenden sollten, dass wir den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr sehen können. Beim Problem der illegalen Einwanderung handelt es sich um ein politisches Problem und eines, das politischen Willen erfordert, wenn wir Lösungen dafür entwickeln sollen.
Nun, wir haben heute herausgefunden, dass es immer noch Mitgliedstaaten wie Belgien gibt, die illegale Einwanderung aus politischen und ideologischen Gründen belohnen. Sie belohnen illegale Einwanderer, indem sie ihren Status legalisieren oder ihnen eine Aufenthaltserlaubnis gewähren. Auf diese Weise wird die illegale Einwanderung nicht bekämpft, sondern aktiv unterstützt. Wir können so viele Verbindungsbeamte für Einwanderungsfragen und so viel Fachpersonal von FRONTEX haben, wie wir wollen, aber in der Zwischenzeit wird sich das Problem einfach weiter verschärfen.
Was mich im Hinblick auf den vorliegenden Bericht am meisten ärgert, ist die Empfehlung, dass wir nicht länger von „illegaler Einwanderung“, sondern, wie man es jetzt nennt, von „irregulärer Einwanderung“ sprechen sollten. Nun, ich kann das immer noch nicht fassen: Scheinbar wollen wir das Problem lösen, indem wir ihm einen anderen Namen geben oder vorgeben, dass das Problem nicht länger besteht. Dies ist wirklich wie bei Orwell. Lassen Sie uns die Dinge einfach beim Namen nennen; lassen Sie uns klar sein und Bezug auf die illegale Einwanderung und die illegalen Einwanderer nehmen.
Georgios Papanikolaou (PPE). – (EL) Frau Präsidentin! Die bloße Tatsache, dass heute fast jeder unserem Berichterstatter, Herrn Díaz de Mera García Consuegra, und allen in diese Aufgabe involvierten Schattenberichterstattern gratuliert hat, zeigt die sehr ernsthaften Anstrengungen, die unternommen wurden und die hervorragenden Ergebnisse, die erzielt wurden. Natürlich gratuliere auch ich allen Beteiligten. Die heutige Aussprache ist äußerst wichtig, denn sie zeigt die Anstrengungen, die unsererseits jetzt auf europäischer Ebene zur Steuerung der legalen, der rechtswidrigen und der illegalen Einwanderungsströme unternommen werden; Anstrengungen, die wir an den Tag legen, um unsere Solidarität zwischen den Mitgliedstaaten zu koordinieren und wirklich zu zeigen und alle uns zur Verfügung stehenden Instrumente besser einzusetzen.
Wir haben das Netz von Verbindungsbeamten für Einwanderungsfragen geschaffen. Wie wir bereits gehört haben, bezieht dieses Netz ungefähr 130 Länder ein und ermöglicht uns die Beschaffung zuverlässiger Informationen. Wir haben FRONTEX geschaffen, wir haben kürzlich das Europäische Unterstützungsbüro für Asylfragen geschaffen, wir haben das Rückübernahmeabkommen unterzeichnet, wir haben alle uns zur Verfügung stehenden europäischen Mittel eingesetzt und wir verstärken diese Jahr für Jahr nach besten Kräften. Allein die Tatsache, dass wir jetzt an einem Punkt gelangt sind, an dem wir diese Instrumente nutzen und verbinden – anders gesagt, wir sehen, welcher Art die Anforderungen bei FRONTEX sind, stellen eine Verbindung zum Netz von Verbindungsbeamten her und verknüpfen alle uns zur Verfügung stehenden Mittel und Instrumente noch enger – zeigt, dass wir effizienter vorankommen.
Natürlich kann niemand sagen, dass wir unseren Zielwert erreicht haben. Wenn wir sehen, dass in Griechenland 90 % aller illegalen Einreisen von Einwanderern nach Europa geschehen, wird allein dadurch gezeigt, dass noch viel zu tun ist. Jedoch belegen diese Zusammenarbeit und die Einrichtungen, über die wir verfügen, dass wir noch effizienter vorankommen können. Sie geben uns insofern Anlass zu Optimismus, als Europa über die Einrichtungen verfügt und wir mit Solidarität und enger Zusammenarbeit alle miteinander künftig noch bessere Ergebnisse erzielen können. Sie können sich sicher sein, Frau Kommissarin, dass wir alle derartigen Bemühungen vonseiten der Kommission unterstützen werden. Haben Sie keinen Zweifel daran, dass wir alle derartigen Initiativen Ihrerseits unterstützen werden.
Andreas Mölzer (NI). - Frau Präsidentin! Die Beamten der Grenzschutzagentur FRONTEX leisten bekanntlich wichtige Arbeit in der operativen Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten und Drittstaaten zur Bekämpfung der illegalen Einwanderung. Diese muss meines Erachtens vor allem in den Transitländern wirksam bekämpft werden. Ein dichtes Netz von Verbindungsbeamten für Einwanderungsfragen und deren enge Zusammenarbeit ist daher eine sinnvolle Maßnahme, um die Masseneinwanderung nach Europa mit allen ihren negativen Folgen für die Völker Europas wirksam bekämpfen zu können. Es muss jedoch sichergestellt werden, dass die Informationen und Lagebeurteilungen der Verbindungsbeamten möglichst rasch und unbürokratisch für FRONTEX und die nationalen Behörden zur Verfügung gestellt werden können.
Generell muss es in der Einwanderungsfrage auf jeden Fall zu einer stärkeren Zusammenarbeit zwischen allen Akteuren kommen. Die Kompetenzen von FRONTEX sind meines Erachtens im Einvernehmen mit den Mitgliedstaaten möglichst rasch zu stärken, um eine einheitliche und effektive Arbeit insbesondere an den Außengrenzen sicherstellen zu können.
Simon Busuttil (PPE). – (MT) Frau Präsidentin! Als Berichterstatter für die FRONTEX-Verordnung freue ich mich, die jüngste Entwicklung zu begrüßen, die am uns vorliegenden Gesetz vorgenommen wurde, da sie uns während des Prozesses der Stärkung der FRONTEX-Agentur helfen wird. Mein Bericht über die Agentur und die im Hinblick auf ihr Mandat vorzunehmenden Änderungen wurde tatsächlich im vergangenen Monat vorgelegt, und die Frist, bis zu welcher die Abänderungen zu vollziehen sind, läuft genau diese Woche ab. Daher sage ich vorher, dass der LIBE-Ausschuss in den nächsten Monaten – Januar und Februar – die Abänderungsanträge zum FRONTEX-Berichts annehmen wird, und dass wir ihn innerhalb des Ausschusses abschließen können. Dann hoffe ich, dass wir das Verfahren zum Abschluss dieses Dossiers schnellstmöglich einleiten können. Dennoch ist die Tatsache, dass wir diese Verbindungsbeamten der Mitgliedstaaten für Einwanderungsfragen haben werden, die die Übermittlung der Informationen an FRONTEX erleichtern werden, eine äußerst positive Entwicklung.
Oreste Rossi (EFD). – (IT) Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Dieser Bericht hätte ein wunderbares Abstimmungsergebnis erzielen können, aber leider ist er unserer Ansicht nach durch vermeidbare und unnötige Abänderungen modifiziert worden, wodurch die Worte „illegal“ und „klandestin“ durch das Wort „irregulär“ ersetzt wurden, fast als ob es eine Furcht davor gibt, Dinge so zu benennen, wie sie wirklich sind.
Positiv ist jedoch zu vermerken, dass der Bericht die Bildung eines Netzes von Verbindungsbeamten für Einwanderungsfragen vorsieht, die mit der Zuständigkeit zu den Konsularbehörden und internationalen Organisationen entsandt werden, illegale Einwanderung zu verhindern und die Rückführung illegaler Einwanderer zu erleichtern.
Darüber hinaus kann sich der direkte Informationsaustausch über illegale Migrationsströme zwischen Staaten, Botschaften und internationalen Organisationen bei der Bekämpfung der Aktivitäten krimineller Banden als nutzbringend erweisen. Zu viele Menschenleben sind zerstört worden. Die Verhinderung des Menschenhandels ist eine der Herausforderungen, die die EU bewältigen muss.
Franz Obermayr (NI). - Frau Präsidentin! Die Mitgliedstaaten entsenden Verbindungsbeamte für Einwanderungsfragen in Drittländer, um im Kontakt mit den dortigen Behörden die illegale Einwanderung zu bekämpfen. Eine Kooperation zwischen diesen Beamten und FRONTEX halte ich daher für dringend notwendig. Wir brauchen einen sinnvollen Austausch von Informationen und best practice sowie eine Vermeidung von Doppelstrukturen. Ich erhoffe mir durch solche Synergieeffekte eine effizientere Grenzkontrolle, umso mehr als FRONTEX über keinerlei Außenbeamte in Drittstaaten verfügt.
Ein Schwerpunkt der Zusammenarbeit muss die konsequente Aushandlung von Rückübernahmeabkommen sein, sei es in Osteuropa oder auf dem afrikanischen Kontinent, denn gerade bei der Rückführung Illegaler herrscht Chaos in der EU. Manche Mitgliedstaaten gehen sehr energisch vor, und andere wiederum sind sehr träge. Das hat dann natürlich auch negative Auswirkungen für alle Mitgliedstaaten.
Es herrscht also akuter Handlungsbedarf. FRONTEX muss gestärkt werden, und die Behörden der Mitgliedstaaten müssen auch von der EU in die Pflicht genommen werden.
Csanád Szegedi (NI). – (HU) Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Der Bericht und der ihm zugrunde liegende Vorschlag dienen klar der Vorbereitung, Förderung und Erleichterung von Einwanderung, was unserer Ansicht nach inakzeptabel sind. Die Schaffung eines Netzes von Verbindungsbeamten für Einwanderungsfragen ist ein weiterer Schritt hin zu einer zentralisierten, durch die Europäische Union kontrollierten Maßnahme, die der Ausbreitung von Einwanderern und Flüchtlingen dient. Darüber hinaus ist es nicht hinnehmbar, dass sie beabsichtigen, den Begriff „illegale Einwanderung“ durch „irreguläre Einwanderung“ zu ersetzen und dadurch versuchen, diese anderenfalls illegale Handlung weiter zu legitimieren. Die europäischen Völker haben genug von der Flut von Einwanderern, und wir würden es begrüßen, wenn die in diesem Parlament sitzenden, gewählten Abgeordneten dies auch anerkennen. Leider kann ich nichts weiter über diesen Bericht sagen, als dass er eine Karikatur seiner selbst ist. Was in diesem Bericht zum Ausdruck kommt, ist eine Karikatur des Europäischen Parlaments.
Andrew Henry William Brons (NI). – Frau Präsidentin! Die Änderung der Verordnung erleichtert den Informationsaustausch „zur Steuerung der legalen und illegalen Einwanderung“. Ich möchte sie nicht steuern: Ich möchte ihr Einhalt gebieten. Migration basiert auf der falschen Annahme, dass wir die Produkte unserer Kultur sind und dass ein Leben in der europäischen Kultur Nichteuropäer zu Europäern in der zweiten, wenn nicht gar in der ersten Generation wandeln wird. Verschiedene Völker sind nicht das Produkt verschiedener Kulturen: Verschiedene Kulturen sind das Produkt verschiedener Völker.
Bringen Sie die Bevölkerung der Dritten Welt nach Europa, und Sie werden die Dritte Welt nach Europa bringen – nicht zeitweise, sondern für immer. Das ist es, was wir in den vergangenen sechs Jahrzehnten getan haben.
Krisztina Morvai (NI). – (HU) Frau Präsidentin! Jetzt wäre es an der Zeit für uns, endlich zu versuchen, die Ursachen der Einwanderungsfrage aufzufinden und zu beheben. Aus humanen Gründen schlage ich die Einführung des Rechts eines Jeden vor, sich in seinem Heimatstaat, in seinem Vaterland aufzuhalten, und dass angemessene wirtschaftliche und sonstigen Bedingungen in der Welt geschaffen werden sollten, um sicherzustellen, dass Menschen in dem Land, das ihr Heimatland ist, leben können. Und zwar auch unter Einschluss von Ländern, die als Mitgliedstaaten zweiten Ranges der EU betrachtet werden. Um meinen vorherigen Gedankengang fortzusetzen – das Gesundheitswesen in Ungarn ist zusammengebrochen oder steht vor dem unmittelbaren Zusammenbruch, da ungarische Ärzte, Krankenschwestern und Krankenpfleger sowie Arbeitnehmer mit einer Qualifikation im Gesundheitswesen dazu gezwungen sind, innerhalb der EU en masse zum Beispiel sowohl ins Vereinigte Königreich als auch in andere Länder zu wandern und damit im Wesentlichen zu Wirtschaftsflüchtlingen werden. Es wäre an der Zeit, dieses Phänomen zu untersuchen und Maßnahmen für seine Bekämpfung zu ergreifen, indem man beispielsweise und wo erforderlich von Mitgliedstaaten die Sicherstellung einer angemessenen Existenzgrundlage für Ärzte sowie für Krankenschwestern und Krankenpfleger verlangt.
Cecilia Malmström, Mitglied der Kommission. Frau Präsidentin! Auch wenn es die Aussprache nicht gezeigt hat, verstehe ich, dass Sie, Herr Díaz de Mera, eine sehr starke Unterstützung für Ihren Vorschlag haben. Ich möchte Ihnen dazu gratulieren, denn es zeigt, dass Sie eine sehr wichtige Arbeit getan haben.
Auch möchte ich meine Freude betonen, dass Sie die darin die Menschenrechtsaspekte durch die Abänderungen, die der Ausschuss vorgenommen hat, verstärkt haben. Dadurch wird sichergestellt, dass alle relevanten Aspekte, insbesondere die Menschenrechte, Berücksichtigung finden, wenn wir ein Land oder eine Region betrachten und wenn wir über Angelegenheiten im Zusammenhang mit irregulärer Einwanderung in dem betreffenden Land oder in der betreffenden Region berichten. Wir wissen, dass es einen sehr klaren Zusammenhang zwischen der Menschenrechtslage und der Anzahl von Einwanderern oder Asylsuchenden gibt. Dies ist ein wichtiger Pushfaktor.
Dies ist auch eine Aufgabe für das Unterstützungsbüro für Asylfragen. Es wird derartige Informationen zu Ursprungsländern und Transitländern von Asylsuchenden zusammentragen. Die Kernaufgabe der ILO – der Verbindungsbeamten – ist die Aufnahme und Pflege von Kontakten mit den Behörden der Gastländer im Hinblick auf die Verhinderung und Bekämpfung von irregulärer Migration. Die Bereitstellung einer vollumfänglichen Bewertung der Menschenrechtslage im Gastland liegt jedoch nicht in ihrer Kompetenz, obgleich es auf der Tagesordnung ganz oben steht.
Ich denke, dass wir den Wortlaut mit Ihrem Vorschlag verbessert haben und freue mich sehr auf Ihre morgige Abstimmung. Ich möchte Ihnen und den Schattenberichterstattern erneut für Ihre wichtige Arbeit danken.
Agustín Díaz de Mera García Consuegra, Berichterstatter. – (ES) Frau Präsidentin, Frau Kommissarin, vielen Dank für Ihre Worte und auch Ihr Engagement. Ich möchte nochmals meine Hochachtung dafür ausdrücken, wie Sie das Ihnen anvertrauten Portfolio verwalten.
Wir haben heute Nachmittag 18 Reden gehört, und die Mehrheitsfraktionen haben den vorliegenden Bericht unterstützt. Ich möchte daher erneut meine tiefe Dankbarkeit zum Ausdruck bringen, denn sie haben aktiv zur Bereicherung und Ergänzung inhaltlicher Aspekte beigetragen, die eingearbeitet werden sollten und es nun sind.
Im Wesentlichen beziehe ich mich auf das Kapitel der Menschenrechte, das Europäische Unterstützungsbüro für Asylfragen und die Rolle des Hohen Flüchtlingskommissariats der Vereinten Nationen.
Natürlich sind wir in einer so großen und unterschiedlich zusammengesetzten Kammer nicht verpflichtet, einer Meinung zu sein, daher sind unser aller Bemühungen, einen möglichst breiten Konsens zu finden, umso bedeutsamer. Meine Damen und Herren, von einer Mitte-Rechts- und christdemokratischen Position möchte ich mich tatsächlich eindeutig für die Bezeichnung „irregulär“ aussprechen, da ich die Bezeichnung „illegal“ rechtlich, semantisch wie ethisch für unangemessen halte.
Ich danke all meinen Kolleginnen und Kollegen für ihre Unterstützung sowie ihre Reden, einschließlich derjenigen, die eine Gegenmeinung vertreten haben.
Die Präsidentin. − Die Aussprache ist geschlossen.
Die Abstimmung findet am Dienstag, 14. Dezember, statt.
18. Einheitliches Antragsverfahren für eine kombinierte Erlaubnis zum Aufenthalt und zur Arbeit im Gebiet eines Mitgliedstaates (Aussprache)
Die Präsidentin. − Als nächster Punkt folgt der Bericht von Véronique Mathieu im Namen des Ausschusses für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres über den Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über ein einheitliches Antragsverfahren für eine kombinierte Erlaubnis für Drittstaatsangehörige zum Aufenthalt und zur Arbeit im Gebiet eines Mitgliedstaates und über ein gemeinsames Bündel von Rechten für Drittstaatsangehörige, die sich rechtmäßig in einem Mitgliedstaat aufhalten (KOM(2007)0638 – C6-0470/2007 – 2007/0229(COD) (A7-0265/2010)).
Véronique Mathieu, Berichterstatterin – (FR) Frau Präsidentin, Frau Kommissarin, meine Damen und Herren, wie Sie wissen, versucht die Europäische Union seit nunmehr bereits zehn Jahren, sich mit rechtlichen Instrumenten im Bereich Wirtschaftsmigration zu rüsten.
Die Kommission hat anstatt eines ursprünglich globalen Ansatzes einen sektorbezogenen Ansatz gewählt. Dieser Richtlinienentwurf verdeutlicht die Notwendigkeit einer gemeinsamen Politik zur legalen Zuwanderung, im Besonderen wegen der wirtschaftlichen Unterschiede.
Bislang haben wir Rechtsvorschriften zu illegaler Einwanderung, Grenzkontrollen, der Visapolitik erlassen. Es ist an der Zeit, in Bezug auf Wirtschaftsmigration gemeinsam weitere Schritte zu gehen, denn die Europäische Union muss sich den Herausforderungen stellen, die alle Mitgliedstaaten gleichermaßen betreffen, Herausforderungen, die eine Lösung auf europäischer Ebene erfordern.
Diese Herausforderungen sind der demografische Rückgang und die Überalterung der europäischen Bevölkerung. Aufgrund dieser beiden Probleme, die sich auf Europa in seiner Gesamtheit auswirken, sagen weltweite Beschäftigungsprognosen für die nächsten Jahre einen Mangel an Arbeitskräften voraus. Um den Erfordernissen des Arbeitsmarktes gerecht zu werden, müssen wir daher Lösungen auf europäischer Ebene finden; Wirtschaftsmigration stellt einen der zu untersuchenden Lösungsansätze dar.
Wir sollten vorsichtig sein und uns nicht selbst etwas vormachen. Einen europäischen Ansatz zur Regelung von legaler Migration zu definieren, bedeutet, diesen in jedem Fall mit deutlicher Rücksicht auf die Erfordernisse und Aufnahmekapazitäten der einzelnen Mitgliedstaaten zu gestalten. Wie in den Artikeln 1 und 8 dieses Richtlinienentwurfs festgehalten, behalten die Mitgliedstaaten die Kontrolle über das zahlenmäßige Ausmaß der Zuwanderer, die sie in ihr Staatsgebiet einreisen lassen möchten.
Unsere Regierungen haben die Wirtschaftsmigration bisher auf verschiedene Weise geregelt: durch bilaterale Abkommen, Quoten, regulierende Maßnahmen. Es hat sich jedoch nicht eine dieser Maßnahmen als wirklich wirkungsvolles Instrument zur Steuerung legaler Zuwanderungsströme, das gleichzeitig illegale Zuwanderung bekämpft, erwiesen. Der Zusammenhang ist nun aber offensichtlich. Durch eine möglichst gute Regelung legaler Zuwanderung kann der illegalen Zuwanderung ein Ende gesetzt werden. Das ist was hinter der Einführung dieses von der Kommission eingeführten Maßnahmenpakets steht, das bereits vor fünf Jahren verabschiedet wurde.
Wie wird diese Richtlinie für eine „kombinierte Erlaubnis“ die bestehenden rechtlichen Rahmenbedingungen auf dem Gebiet der Wirtschaftsmigration ändern? Im Gegensatz zu der Blue-Card-Richtlinie bezieht sich diese Richtlinie nicht auf die Aufnahmekriterien für Arbeitnehmer aus Drittstaaten. Sie hat zum Ziel, die Unterschiede zu beseitigen zwischen den einzelstaatlichen Gesetzgebungen in Bezug auf die Antragsverfahren zur Erteilung von Arbeits- und Aufenthaltsgenehmigungen und auf die Rechte von legal in der Europäischen Union arbeitenden Ausländern.
Es gibt immer noch kein europäisches Instrument, das die Gesamtheit der Rechte umfasst, auf die Drittstaatsangehörige, die rechtsmäßig in der Union leben und arbeiten, Anspruch haben. Daher wird diese Richtlinie die Unterschiede beim Schutz dieser Arbeitnehmer aufheben, und zwar durch gesetzliche Verankerung der Gleichbehandlung von ausländischen und nichtausländischen Arbeitnehmern in vielen Bereichen: Arbeitsbedingungen, Aus- und Weiterbildung, sozialer Schutz, Zugang zu Gütern und Dienstleistungen, Steuererleichterungen.
Durch diese gemeinsame Grundlage wird diesen Menschen Schutz vor Ausbeutung geboten und der Vorteil eines sicheren und geschützten Rechtsstatus gewährt. Dies stellt zusätzlich eine gute Methode dar, unfairem Wettbewerb entgegenzuwirken, der negative Folgen für die europäischen Arbeitnehmer hat. Tatsächlich fördern Unterschiede im Rechtsschutz schlussendlich auch die Beschäftigung von weniger qualifizierten und unzureichend geschützten Arbeitnehmern zu Lasten der europäischen Arbeitnehmer.
Diese Richtlinie vereinfacht die Zulassungsverfahren für Arbeitnehmer. Es wird ein harmonisiertes Verfahren für alle Mitgliedstaaten geben, das einfacher, schneller und weniger beschwerlich ist. Ferner bringt die Einführung dieser Richtlinie einschlägige Vorteile für Zuwanderer, Angestellte und die nationalen Verwaltungen mit sich und trägt letztendlich zur besseren Steuerung der legalen Migrationsströme bei.
Das Parlament ist Mitgesetzgeber, was bedeutet, dass es sich auch – eine idealistische und veraltete Ansicht – verantwortlich zeigen muss; wir müssen beweisen, dass wir den neuen Aufgaben, vor die uns der Vertrag von Lissabon gestellt hat, gewachsen sind. Wir sollten als glaubwürdige Vertreter auftreten, die bereit sind, die enormen Herausforderung anzunehmen, die die Regelung des Migrationsdruckes an den Grenzen Europas mit sich bringen. Wir wissen, dass gut gesteuerte Migrationsströme für alle von Vorteil sind.
Cecilia Malmström, Mitglied der Kommission. – Frau Präsidentin, zunächst möchte ich den beiden Berichterstattern, Frau Mathieu und Herrn Cercas, den beiden Ausschüssen, sowie dem belgischem Ratsvorsitz für die harte Arbeit danken, die sie in Verbindung mit diesem Vorschlag geleistet haben.
Wie Sie wissen und der Berichterstatter bereits erwähnte, hat die Kommission diesen Bericht schon 2007 vorgelegt. Unser Ziel war es, und ist es immer noch, bestimmte Verfahren zu vereinfachen durch die Einführung einer kombinierte Erlaubnis zum Aufenthalt und zur Arbeit, und gleichzeitig die beschäftigungsbezogenen Rechte für Arbeitnehmer aus Drittstaaten zu garantieren, die legal ansässig sind und keiner gesonderten EU-Gesetzgebung unterliegen oder Teil von Kommissionsvorschlägen sind. In diesem Vorschlag werden die Bedingungen für die Gewährung oder den Entzug einer Erlaubnis nicht berücksichtigt. Diese Bedingungen unterliegen der Zuständigkeit der Mitgliedstaaten, genau wie die Entscheidung über die Aufnahmekapazitäten, falls es die gibt.-
Der vorliegende Vorschlag stellt einen der Grundpfeiler der Arbeits- und Migrationspolitik der Europäischen Union dar. Wird er von Parlament und Rat angenommen, so wird die diese Richtlinie ein Zeugnis der Wertschätzung der Europäischen Union für den Beitrag, den Arbeitnehmer aus Drittstaaten für unsere Wirtschaftssysteme und Gesellschaften leisten. Auch würde er zeigen, dass wir in der Lage und willens sind, uns auf gemeinschaftliche Rechtsvorschriften im Bereich Arbeit und Migration zu einigen.
Es handelt sich um einen komplexen Vorschlag, der sowohl die Seite der Zuwanderung als auch die der sozialen Beschäftigung berücksichtigt. Die Mehrheit der von den zuständigen Ausschüssen dieses Hauses angenommenen Änderungsanträgen kann insoweit von der Kommission unterstützt werden, als dass dadurch die Verfahrensgarantien sowohl für Zuwanderer als auch für Arbeitgeber weiter gestärkt werden. In Bezug auf die vorgesehenen Ergänzungen werden die Antragsverfahren weiter vereinfacht und die Bestimmungen zur Gleichbehandlung konsolidiert, wie beispielweise der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit von Verfahrensgebühren und die Gleichbehandlungsbestimmungen zu Steuererleichterungen.
Ein Änderungsantrag hingegen, der den Export von erworbenen Rentenansprüchen zur Bedingung für ein bilaterales Abkommen macht, ist viel restriktiver als der von der Kommission vorgeschlagene Ansatz.
Es freut mich zu sehen, dass sowohl der Ratsvorsitz als auch das Parlament bedeutende Anstrengungen unternommen haben, ihre Position aneinander anzunähern. Der belgische Ratsvorsitz hat versucht, die Mitgliedstaaten näher an die Position des Europäischen Parlaments heranzuführen, und ich weiß, dass das Parlament eine Reihe der Fragen und Anregungen des Rats berücksichtigt hat.
Der Kompromiss, den wir alle zu erreichen versuchen, wird bestimmte Kriterien erfüllen, wie beispielsweise Wanderarbeiter zu schützen und ihnen eine Reihe von beschäftigungsbezogenen sozioökonomischen Rechten zu gewähren durch, sofern dies möglich ist, ihre Gleichstellung mit europäischen Arbeitnehmern ab dem ersten Tag der Beschäftigung. Auch wird die Bedeutung gleicher Bedingungen innerhalb der EU für diese Arbeitnehmer berücksichtigt, sowie, drittens, die Bedeutung der Tatsache, dass unseren Partnerländern unsere Bereitschaft signalisiert wird, legal in einem Mitgliedstaat lebende und arbeitende Drittstaatsangehörige fair zu behandeln.
Die Sorge der Mitgliedstaaten bezüglich einiger Bestimmungen zur Gleichbehandlung, besonders im Hinblick auf haushaltsbedingte Konzentration, dürfen wir nicht ignorieren. Ich halte für wichtig, dass die von mir hervorgehobenen Punkte Beachtung finden, auch wenn das Endergebnis nicht so ideal und ehrgeizig ausfallen mag, wie wir gehofft hätten. Wie Frau Mathieu sagt, es handelt sich um einen Kompromiss. Um einen guten Kompromiss und einen wichtigen Schritt im Bereich legaler Migration, der für die Arbeitnehmer in der Europäischen Union von großer Bedeutung sein wird.
Gestatten Sie mir daher, meiner Hoffnung Ausdruck zu verleihen, dass wir so möglichst schnell eine Einigung über diesen Vorschlag erzielen. Ich danke nochmals den Berichterstattern und den Schattenberichterstattern für ihre Arbeit.
Alejandro Cercas, Verfasser der Stellungnahme des Ausschusses für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten. – (ES) Frau Präsidentin, Frau Kommissarin, Frau Mathieu, meine Damen und Herren, Migration in Europa ist zweifellos ein äußerst bedeutsames Thema mit großer Tragweite in politischer, wirtschaftlicher und sozialer Hinsicht.
Sie bietet eine Vielzahl an Chancen, erfordert jedoch einen intelligenten und fairen Umgang, da sie ansonsten zum Problem wird, nicht nur für die Ankommenden, welche ungerechte Behandlung erfahren, sondern auch für die Arbeitnehmer, die hier sind und deren Arbeitsplätze gefährdet werden könnten. Die Alternative wäre ein geteilter Arbeitsmarkt mit Billiglohn-Arbeitnehmern, welche das über mehr als ein Jahrhundert erfolgreich aufgebaute europäische Sozialmodel gefährden.
Demzufolge, Frau Kommissarin, Frau Mathieu, stellt das Prinzip der Gleichbehandlung den Eckpfeiler einer Wirtschaftsmigrationspolitik dar, die ebenso klug wie gerecht ist. Der Rat hat dies vor 11 Jahren in Tampere verlautbart, die Kommission vor fünf Jahren in ihrem Grünbuch, und morgen muss das Parlament über einen Vorschlag zur Gesetzesinitiative abzustimmen. Das Thema Gleichbehandlung ist Schwerpunkt des Kapitels III der Richtlinie. Dies ist nicht einfach nur eine bürokratische Richtlinie. Sie legt Rechte und Verpflichtungen fest, die für alle legalen Zuwanderer gelten sollten, und sollte alle Rechte zur Gleichbehandlung und Nichtdiskriminierung umfassen.
Leider jedoch, Frau Kommissarin, ist die Richtlinie nicht, wie sie uns versprochen wurde. Diese Aussage stammt nicht von mir oder dem Ausschuss für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten, sondern von den humanitären Nichtregierungsorganisationen, allen Kirchen in Europa und ausnahmslos allen Gewerkschaften. Da sie genau die Gruppen ausschließt, die den meisten Schutz benötigen, ist diese Richtlinie nicht nur unzureichend sondern sogar riskant; sie schließt Saisonarbeiter, Vertriebene, innerbetrieblich versetzte Mitarbeiter und Arbeitnehmer aus weniger entwickelten Ländern aus, die im Rahmen des Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommens Fassung 4 zuwandern.
Hunderttausende von Arbeitnehmern aus Drittländern werden daher gemäß dem Herkunftslandprinzip einreisen, da sie nach dieser Richtlinie keine Gleichbehandlung erfahren. Dem ist auch so, weil den Mitgliedstaaten die Möglichkeit gegeben wird, die Gleichbehandlung zwar nicht für die Leistungen bei Arbeitslosigkeit selbst auszusetzen, so doch für Rentenzahlungen im Falle einer Rückkehr in das eigene Land und für Familien- und Sozialleistungen im Falle einer Arbeitslosigkeit. Das gilt sogar für die Arbeitnehmer, die dem Grundsatz der Gleichbehandlung unterliegen und die unter die von Frau Mathieu genannten Kategorien fallen. Ebenso wenig haben sie Anspruch auf Stipendien und andere Arten von Beihilfen für Hochschul- oder auch Berufsausbildungen.
Wegen all dieser Punkte hat die Kommission in ihrer Begründungserklärung und Folgenabschätzung bekräftigt, die „Rechtslücke“ schließen zu wollen, was sie in der Praxis jedoch keineswegs umsetzt. Das reicht nicht aus, Frau Kommissarin.
Zudem werden diesem Haus unglücklicherweise morgen Ergänzungsanträge von den rechten und Mitte-Rechts-Gruppen vorgelegt, die weiter gehen, wie Sie gesagt haben, und die sogar die extremsten Positionen des Rats übernehmen, um den Konsens, den wir im Ausschuss für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten gefunden haben, zunichte zu machen.
Ich bin daher überzeugt, Frau Kommissarin, Frau Mathieu, meine Damen und Herren, wir brauchen zu diesem Thema und auch zu anderen Richtlinien eine umfassendere Debatte, an der sich auch die europäische Zivilgesellschaft, NGO, Kirchen und Gewerkschaften beteiligen können. Wir dürfen mit diesem Thema nicht so schnell und, wie ich finde, so verantwortungslos umgehen, was wir es täten, wenn wir morgen den Text des Rats annähmen.
Ich denke, dass die Mehrheit meiner Kollegen parteiübergreifend einer umfassenden Debatte zustimmen würde, um einen breiten Konsens im Parlament zu erzielen, der die Prinzipien unserer Charta der Grundrechte achtet und den Empfehlungen der Vereinten Nationen, der Internationalen Arbeitsorganisation und des Europäischen Rats entspricht.
Es geht um die Würde der Person, aber auch die Zukunft Europas, und ich vertrete die Ansicht, dass wir in Europa Arbeitnehmer brauchen, denen ungeachtet ihrer Herkunft ausnahmslos alle Rechte zuerkannt werden, sofern sie sich nicht illegal in Europa aufhalten. Auf diese Art und Weise können wir Fremdenhass und Rassismus entgegenwirken und uns für ein kultiviertes Europa einsetzen.
Ria Oomen-Ruijten, im Namen der PPE-Fraktion. – (NL) Frau Präsidentin, darf ich zunächst Frau Mathieu dazu beglückwünschen, es geschafft zu haben, die Initiative bei einem Dossiers zu ergreifen, das schon seit Jahren herumwandert. Wenn ich Sie recht verstanden habe, Frau Malmström, ist bereits im Jahr 2001 ein Vorschlag für eine Richtlinie über die Voraussetzungen für Aufenthalte von Drittstaatsangehörigen zu Arbeitszwecken in der Europäischen Union gemacht worden. Jener Vorschlag wurde 2006 zurückgezogen, woraufhin dieser Vorschlag 2007 vorgelegt wurde, mit diesem spezifischen Verfahren für Drittstaatsangehörige, die zu Arbeitszwecken in die EU einreisen. Nunmehr werden Aufenthalts- und Arbeitsgenehmigung zu einer zusammengefasst.
Frau Präsidentin, der nun vorliegende Vorschlag – und ich stimme hierin nicht ganz mit Herrn Cercas überein – zeigt, dass Drittstaatsangehörige, die im Besitz einer kombinierten Genehmigung sind, über soziale Rechte verfügen, die in der Tat für alle gleich sind. Die Debatte im Ausschuss für soziale Angelegenheiten und Umweltfragen – und ich möchte meinem Kollegen Herrn Cercas danken, dass ich in der glücklichen Lage bin, dies mit ihm diskutieren zu dürfen – ist in zwei Punkten sehr aufgeheizt. Im Wesentlichen wegen des Umfangs, wobei – und damit gehe ich konform – entsandte Arbeitnehmer sich nicht für eine kombinierte Erlaubnis qualifizieren können oder dürfen. Beschrieben ist dies in Artikel 3 Absatz 2(b) der Richtlinie 96/71/EG, auch bekannt als die Arbeitnehmerentsenderichtlinie.
Meiner Ansicht nach ist und war das Sozialstatut entsandter Drittstaatsangehöriger in dieser Richtlinie hinreichend beschrieben. Was ich damals dachte und immer noch denke, ist, dass wir allumfassend gleiche Bedingungen schaffen, wodurch Leiharbeitnehmer nicht für ein geringeres Gehalt arbeiten dürfen als reguläres Personal. Ich frage mich jedoch, ob wir uns durch Nichtbeachtung der Arbeitnehmerentsenderichtlinie zukünftig nicht Probleme schaffen.
Der zweite Sachverhalt, mit dem ich mich sehr auseinandergesetzt habe, und der nun auf den von mir vorgelegten Veränderungsantrag hin modifiziert worden ist, ist das Prinzip von Verstößen gegen die Gleichbehandlung. Ich war und bin immer noch der Meinung, dass dieser Grundsatz, wie in Verordnung (EG) Nr. 883 verankert, Ausgangspunkt für uns sein muss für die kombinierte Erlaubnis. Da er sowohl gleiche Rechte als auch gleiche Behandlung garantiert, halte ich den vom Rat erzielten Kompromiss für einen guten Kompromiss.
Vilija Blinkevičiūtė, im Namen der S&D-Fraktion. – (LT) Frau Präsidentin, die Richtlinie über die kombinierte Erlaubnis zum Aufenthalt und zur Arbeit ist in der Tat von großer Bedeutung. Obwohl es viele Diskussionen, verschiedene Meinungen und Bewertungen gegeben hat, ist bisher noch keine Lösung gefunden worden, die für alle rechtmäßig in einem EU-Mitgliedstaat lebenden und arbeitenden Drittstaatsangehörigen akzeptabel wäre Diese Richtlinie sollte eine allgemeine Rahmenrichtlinie für die Rechte von Drittstaatsangehörigen darstellen und als einheitliche Rechtsgrundlage für Einzelrichtlinien dienen, denn nur so kann sie dazu beitragen, dem Ziel einer gemeinsamen europäischen Migrationspolitik näher zu kommen. Das tatsächliche Problem besteht jedoch in der Tatsache, dass in dem Vorschlag der Kommission der Rahmen der uns angekündigten Richtlinie schon nicht mehr enthalten war, weil bestimmte Arbeitnehmerkategorien, wie Saisonarbeiter, innerbetrieblich versetzte Arbeitnehmer und Flüchtlinge aus deren Inhalt gestrichen worden sind. Mit anderen Worten, das Prinzip der rechtlichen Gleichstellung von Drittstaatsangehörigen wird durch diese Richtlinie nicht gestärkt. Damit diese Richtlinie als Bezugspunkt und Rahmenrichtlinie dienen kann, ist es notwendig, dass alle Arbeitnehmer in den Geltungsbereich dieser Richtlinie integriert sind, insbesondere Saisonarbeiter, da ansonsten die rechtmäßig in der Europäische Union lebenden und arbeitenden Zuwanderer Arbeitsbedingungen hätten, die den Grundsätzen der Gerechtigkeit, Gleichheit und Gleichbehandlung nicht entsprechen. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass Arbeitsmigranten durch ihre Arbeit und die Steuern und Sozialversicherungsbeiträge, die sie zahlen, einen Beitrag zur Wirtschaft der EU leisten. Sie müssen daher die gleichen Mindestrechte zugesichert bekommen und auf dem Arbeitsmarkt gleich behandelt werden. Sollten wir morgen diese Richtlinie beschließen, werden wir an einem Strang ziehen müssen, denn nur so können wir es schaffen, dass alle Arbeitnehmergruppen in diese Richtlinie integriert werden und somit gleiche Rechte erhalten. Ich möchte betonen, dass es nicht möglich ist, einen zweigeteilten Arbeitsmarkt zu kreieren, weder innerhalb noch außerhalb der Europäischen Union. Die Schaffung einer benachteiligten Arbeitnehmerklasse, welche Diskriminierung ausgesetzt ist und nicht über die gleichen Rechte und Sicherheiten verfügt, dürfen wir nicht zulassen. Wenn wir das tun, werden wir alle Sozialstandards, die wir errungen haben, mit Füßen treten.
Sophia in 't Veld, im Namen der ALDE-Fraktion. – Frau Präsidentin, zunächst möchte ich mit einer kleinen Anmerkung beginnen: Ich stelle fest, dass zu einer so bedeutenden Debatte unser Verhandlungspartner, der Rat, nicht anwesend ist. Ich finde das nicht akzeptabel. Dies ist nicht das erste Mal, und ich bitte darum, dass die Präsidentschaft einen Beschwerdebrief an den Rat verfasst.
(Beifall)
Ich möchte nun weitergehen und, wie meine Vorredner, Frau Mathieu zu ihrer guten Arbeit an einem sehr diffizilen, komplexen und sensiblen Dossier beglückwünschen. Meine Fraktion, die ALDE-Fraktion, wird ihren Teil der Verantwortung übernehmen, und auch wir möchten eine Einigung erzielen, da wir dies als äußerst wichtig erachten. Allerdings gehen wir nicht allzu freudig an die Arbeit, da – wie bereits auf unterschiedliche Weise durch die Fraktionen in diesem Parlament und die Kommission zum Ausdruck gebracht wurde – dieser Vorschlag bei Weitem nicht umfassend genug ist.
Meine Fraktion bleibt bei ihrer Position zu den Zusatzdokumenten, denn, wenn wir Mitgliedstaaten erlauben, Zusatzdokumente zu verlangen, macht dies den Sinn und Zweck einer kombinierten Erlaubnis zunichte; entweder es gibt eine kombinierte Erlaubnis oder nicht, wenn es jedoch eine kombinierte Erlaubnis gibt, kann es keine Zusatzdokumente geben.
Was die Tabellen der Entsprechungen angeht, wird meine Fraktion, um eine Einigung zu erzielen, für den Tabellen der Entsprechungen stimmen. Ich muss allerdings sagen – das ist eine persönliche Anmerkung –, ich empfinde dies als beschämende Sicherheitsmaßnahme der Mitgliedstaaten, denn, würden die Mitgliedstaaten die Absicht haben, die Richtlinie umzusetzen und transparent mit ihr umzugehen, sollten sie freiwillig Tabellen der Entsprechungen einbeziehen.
Im Jahr 1999 in Tampere haben die Mitgliedstaaten schließlich groß verlauten lassen, dass sie eine gemeinsame Asyl- und Einwanderungspolitik wollen. Welche Fortschritte haben wir seitdem gemacht? Kaum welche. Es ist offensichtlich, dass die Mitgliedstaaten keine gemeinsame Einwanderungspolitik wollen.
Jean Lambert, im Namen der Verts/ALE-Fraktion. – Frau Präsidentin, auch wir sind besorgt über die Unterschiede auf den Arbeitsmärkten, die wir mittlerweile unter und innerhalb der 27 Mitgliedstaaten haben, uns beschäftigt allerdings die Frage, wie wir davon weg und hin zu einer stärker übergreifenden und solideren Lösung kommen.
Wir wollen sicherstellen, dass wir uns auf ein Mindestmaß an Rechten für die Mehrheit der Drittstaatsangehörigen einigen, wie sie ursprünglich von der Kommission vorgelegt und grundsätzlich vom Ausschuss für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten verbessert worden ist.
Wir missbilligen die immer zahlreicheren Be- und Einschränkungen dieser Rechte und werden daher in der morgigen Abstimmung unser Votum für den größtmöglichen und solidesten Umfang an Rechten abgeben. Wir möchten den Rat erinnern, wir haben es hier mit Individuen zu tun, die die Möglichkeit haben sollten, ihre Fähigkeiten zu entwickeln und eine berufliche Bildung zu erlangen und von den Sozialversicherungsbeiträgen, die sie zahlen, zu profitieren und die Aussicht haben sollten, ihre Rentenansprüche geltend zu machen, wenn, wie in dem Vorschlag eingeräumt, ihre Arbeit unseren Volkswirtschaften und letztlich unseren Gesellschaftssystemen zugute kommt.
Unserer Fraktion scheint das Engagement für eine zirkuläre Migration auch für Artikel 11(a) von Bedeutung. Da auch andere Instrumente erörtert werden und gelegentlich Anwendung finden, stellt der Umfang ein kontroverses Thema dar. Überdies machen wir uns etwas vor, wenn wir glauben, dass der vorliegende Vorschlag den Bedürfnissen eines jeden Arbeitsmigranten in der Europäischen Union entsprechen wird. Wir brauchen einen differenzierteren Ansatz, um sicherzustellen, dass Arbeitsmigration für alle funktioniert, daher werden wir nicht dafür stimmen, beispielsweise Menschen, die unter humanitärem Schutz stehen, zu integrieren.
Patrick Le Hyaric, im Namen der GUE/NGL-Fraktion. – (FR) Frau Präsidentin, Frau Kommissarin, wie Herr Cercas treffend formuliert hat, vertreten der Ausschuss für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten und der Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres unterschiedliche Ansichten. Das Parlament muss daher gegen die Richtlinie über die kombinierte Erlaubnis stimmen. Im Wesentlichen verfolgt dieser Text – und das ist leicht festzustellen – nur ein Ziel, nämlich dass Arbeitnehmer in der Europäischen Union dazu gezwungen sind, mit Arbeitnehmern aus Staaten außerhalb Europas zu konkurrieren, und sogar dass die Arbeitsmigranten untereinander in Konkurrenz treten, in Abhängigkeit von ihrem Status.
Sollte diese Richtlinie so bleiben, wie sie ist, wird es verschiedene Arten von Status geben: den eines Ansässigen, den eines Saisonarbeiters und den eines von einem Unternehmen entsandten Arbeitnehmers. Somit würde die Aufteilung von Arbeitnehmern in verschiedene Kategorien in der Europäischen Union offiziell. Dies zu akzeptieren, würde die Prinzipien der Charta der Grundrechte der Europäischen Union verletzen.
Entgegen Ihrer Aussage, Frau Mathieu, hätten diese Statusunterschiede einen permanenten Abwärtsdruck auf die Lebens-, Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen für alle Erwerbstätigen in der Europäischen Union zur Folge. Gleichbehandlung kann nicht allein durch die Gestaltung der Arbeitsbedingungen zustande kommen.
Wie Herr Cercas ausführte, muss Gleichbehandlung auch Entlohnung, Arbeitszeit, Arbeitsplatzsicherheit, Gesundheit, Urlaub, soziale Sicherheit, Zugang zu öffentlichen Dienstleistungen und Schulungen umfassen. Ohne diese allgemeinen Mindeststandards werden wir in einem Dschungel von Konkurrenz, Stigmatisierung, Ausgrenzung und grenzenloser Ausbeutung landen. Gleichbehandlung muss für alle Arbeitnehmer Gültigkeit haben, unabhängig von ihrer Herkunft. Wir dürfen die Entstehung von noch größerem Wettbewerb zwischen den Arbeitnehmern zusätzlich zu dem, der durch die grausige Bolkestein-Richtlinie entstanden ist, nicht zulassen. Die Gleichbehandlung aller Arbeitnehmern muss das Ziel einer umfassenden positiven Richtlinie sein, die diesen Grundsatz untermauert. Da sie nicht anwesend sind, ist es an uns allen hier in diesem Parlament, im Namen des Europas der Arbeitnehmer, eines sozialen Europas, eines humanistischen Europas, unabhängig von unserer Meinung, diese Richtlinie abzulehnen.
Mara Bizzotto, im Namen der EFD-Fraktion. – (IT) Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, der vorliegende Bericht enthält einige positive Punkte und bezweckt grundsätzlich, Prozesse zu vereinfachen und bürokratische Schritte für Drittstaatsangehörige, die über eine gültige Aufenthaltsgenehmigung in einem Mitgliedstaat verfügen, zu verringern.
Ich möchte dennoch in die Diskussion die Tatsache einbringen, dass im heutigen Europa Dutzende Millionen Bürgerinnen und Bürger – von denen sehr viele noch jung sind – aufgrund von Strukturdefiziten im europäischen Produktionssystem und aufgrund einer Krise, deren Ende noch nicht abzusehen ist, ohne Arbeit sind.
Europas Hauptverantwortung besteht darin, noch bevor in unseren Staaten ansässige Drittstaatsangehörige Unterstützung erfahren, wirtschaftliche, politische und soziale Maßnahmen zu ergreifen, die zunächst unseren Bürgerinnen und Bürgern helfen, Arbeit zu finden oder wiederzuerlangen. Wenn Europa seinen eigenen Bürgerinnen und Bürgern Beschäftigung bieten kann, wird eine solide soziale Grundlage geschaffen, durch die externe Migrationsströme besser aufgenommen werden können.-
Entscheidend dabei ist, zu gewährleisten, dass Europa eigenständig Wachstum herbeiführt und auf eigenen Beinen steht. Dann werden unsere Staaten die Kraft haben, auch anderen Beschäftigung zu bieten.
Daniël van der Stoep (NI). – (NL) Frau Präsidentin, meine Partei hat eine europäische Asyl- und Einwanderungspolitik stets deutlich abgelehnt. In den Niederlanden haben wir momentan ein wunderbares Kabinett, das besser den Willen des Volkes bei der Asyl- und Einwanderung umsetzen konnte, als es zuvor der Fall gewesen war, hier sind wir jedoch einfach vor vollendete Tatsachen gestellt worden.
Meine Partei, die Delegation der Niederländischen Freiheitspartei (PVV), wird trotzdem immer nach einer Rückverlagerung der Zuständigkeit auf die Mitgliedstaaten streben. Wichtig ist natürlich in der Zwischenzeit, den Schaden zu begrenzen, das gehört allerdings nicht zur Zielsetzung dieses Berichtes: Die neuen Antragsverfahren machen es sogar leichter, nicht schwieriger, in die Europäische Union einzureisen.
Frau Präsidentin, nur eine elitäre politische Klasse, die komplett den Kontakt zu ihren Bürgerinnen und Bürgern verloren hat, würde es fertig bringen, die Bürgerinnen und Bürger im Stich zu lassen, die die verheerenden Auswirkungen der Masseneinwanderung nicht-westlicher Migranten täglich miterleben. Ich werde gegen diesen Bericht stimmen, weil ich von den Niederländern gewählt worden bin und nicht von Glücksrittern, die westliche Freuden genießen wollen, ohne sich die jüdisch-christlichen Werte zu eigen zu machen.
Simon Busuttil (PPE). – (MT) Frau Präsidentin, ich möchte damit beginnen, Véronique Mathieu zu ihren Bemühungen und dem erzielten Resultat zu gratulieren. Sie hat äußerst wichtige Arbeit geleistet in einem, wie Kommissarin Malmström es nannte, sehr komplexen Themengebiet. Als Fraktion der Europäischen Volkspartei (Christdemokraten) befürworten wir die Zusammenarbeit im Bereich der legalen Zuwanderung, solange wir sichergehen, dass wir gleichzeitig den Kampf gegen die illegale Zuwanderung verschärfen. Ich denke, das eine kann nicht ohne das andere sein. Gleichzeitig sehen wir jedoch auch, dass ein Werkzeug für den Kampf gegen illegale Zuwanderung sein kann, gute und deutliche Möglichkeiten zur gesetzlichen Regelung der Zuwanderung zu schaffen, so wie wir es in diesem Fall tun. Ich möchte nunmehr auch daran erinnern, dass, mit Véronique Mathieus Worten gesprochen, die neuen Befugnisse, die wir durch den Vertrag von Lissabon erhalten haben, auch neue Verpflichtungen mit sich bringen. Da von uns gefordert ist, diese neuen Verpflichtungen auf uns zu nehmen, muss unser Parlament dies tun, indem es beweist, in der Lage zu sein, einen Einigung mit dem Ministerrat zu erzielen. Dies erfordert die Akzeptanz einiger Positionen des Rats, sowie der Garantien, die er für die Ausstellung der Genehmigungen nach dieser Richtlinie sicherheitshalber beibehalten möchte. Hierdurch wird, denke ich, das Thema der Gleichbehandlung aufgeworfen. Wir müssen uns eingestehen, dass, wenn wir eine Einigung mit dem Rat erzielen wollen, wir wohl oder übel hinnehmen müssen, dass die Konditionen nicht unbedingt immer die gleichen sind. Gleichzeitig sollten jedoch diejenigen, und damit möchte ich abschließen, die behaupten, wir überstürzten die Dinge, und die gewillt sind, ihre Gegenstimme abzugeben, würdigen, dass wir ohne diese Richtlinie in einer illegalen Situation enden werden, in der zweifellos keiner der Arbeitnehmer, der in sie hineingerät, würdevoll behandelt wird.
Claude Moraes (S&D). – Frau Präsidentin, ich denke meine Kollegen aus der S&D-Fraktion, Herr Cercas und Frau Blinkevičiūtė, haben beide das Hauptproblem bei diesem Paket aus Sicht unserer Fraktion genannt: Es geht nicht nur um die Gleichbehandlung von Drittstaatsangehörigen oder das Herkunftslandprinzip – diese wurden, wie Frau Oomen-Ruijten erwähnte, bereits eingehend debattiert. Es gibt noch die Frage danach, wieso wir heute da stehen, wo wir stehen. Es liegt ein Vorschlag für eine kombinierte Erlaubnis vor, der auf die Richtlinie für hochqualifizierte Arbeitskräfte, der Blue Card und den Sanktionen gegen Arbeitgeber folgt. Demzufolge haben wir ein Paket, das viele richtige Absichten verfolgt, so zum Beispiel das Zugrundelegen eines horizontalen Ansatzes. Allerdings haben wir keinen horizontale Ansatz, da wir nun in einer Situation sind, in der Frau Mathieu zwar gute Arbeit leistet unter den gegebenen Umständen, dennoch wollten wir, wie sie in ihrer Rede erwähnte, einen übergreifenden Ansatz, nun aber haben wir einen sektoralen Ansatz und dieser sektorale Ansatz ist genau das, was Frau Lamberts Sorge hervorrief.
Wo stehen wir also heute? Unsere Fraktion hat erhebliche Vorbehalte bezüglich der Beschäftigung nach dem Herkunftslandprinzip, wie meine Kollegin Frau Blinkevičiūtė sagte, stellen die in diesen Vorschlag aufgenommenen Kategorien von Arbeitnehmern ein echtes Problem dar. Nun haben wir die Situation, dass entsandte Arbeitnehmer, innerbetrieblich versetze Arbeitnehmer, Saisonarbeiter und sogar auch Personen mit internationalem Schutzstatus nicht berücksichtigt sind. Morgen werden wir diese Änderungsanträge im Namen unserer Fraktion erneut vorlegen.
Mit einer kombinierten Erlaubnis, die nicht hält, was sie verspricht – d. h. der ihr zugrunde liegende Ansatz für die Einreise von Drittstaatsangehörigen in die Europäische Union ist nicht breit genug –, werden wir auf die Problematik der Gleichbehandlung, eine Zweiteilung der Arbeitskräfte und andere Problemen treffen, die wir mit Gemeinschaftspolitiken zu lösen versuchen.
Wir im Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres schätzen hingegen besonders, dass wir mit dem sektoralen Ansatz arbeiten müssen, da es somit Richtlinien zu Saisonarbeitern und innerbetrieblich versetzen Arbeitnehmern gibt, obgleich unsere Fraktion, die die Gleichbehandlung von Drittstaatsangehörigen nach dem Herkunftslandprinzip in den Mittelpunkt ihrer Arbeit zur Lösung dieser Fragen stellt, hierfür nicht verantwortlich zu machen ist. Ehrlich gesagt, tun wir Dinge auf die falsche Art und Weise und zwar wegen derjenigen, die heute nicht anwesend sind, um sich unsere Argumente anzuhören: den Vertretern des Rates. Der Rat wollte diese Probleme nicht auf horizontaler Ebene angehen, weswegen wir nun diese Teillösung haben.
Hinsichtlich der kombinierten Erlaubnis, sehen wir die guten Absichten und den übergreifenden Ansatz und das Engagement des Berichterstatters, der sich dafür einsetzt, dass sie funktioniert, allerdings werden wir morgen trotzdem unsere Änderungsanträge einreichen in dem gutem Glauben und der Hoffnung, dass wir eine kombinierte Erlaubnis erreichen können, die hält, was sie verspricht: eine kombinierte Erlaubnis, die den breiten Kreis an Personen umfasst, welche zu Arbeitszwecken in die Europäischen Union kommen wollen. Wir wollen eine kombinierte Erlaubnis, die realistisch und für alle Mitgliedstaaten sinnvoll ist und die Bestand hat.
Gesine Meissner (ALDE). - Frau Präsidentin! Ich bin jetzt seit einem Jahr im Parlament, und ich hatte mich schon mit verschiedenen Dossiers beschäftigt, aber keines war bisher so schwierig wie das, was wir jetzt auf dem Tisch haben. An dieser Stelle möchte ich mich nochmals ganz herzlich bei Frau Mathieu und Herrn Cercas bedanken, den beiden Berichterstattern aus den jeweiligen Ausschüssen.
Es ist wirklich ganz schwierig, und zwar deswegen, weil wir in Europa natürlich hohe Ideale haben. Wir wollen alle Menschen, die bei uns leben und arbeiten, gleich und gerecht behandeln. Das ist im Prinzip etwas, wo wir vom Ansatz her alle übereinstimmen. Es ist nur immer die Frage, was wir davon im Einzelnen wirklich umsetzen können.
Es wurde auch schon daran erinnert, dass wir jetzt mit dem Lissabon-Vertrag eine gemeinsame Asyl- und Migrationspolitik machen wollen. Asylpolitik ist etwas, das uns am Herzen liegt, auch wegen der Grundrechte-Charta. Eine Migrationspolitik brauchen wir auch aus wirtschaftlichen Gründen, denn wir haben einen demografischen Wandel, und wir brauchen ganz dringend nicht nur hochqualifizierte, sondern auch geringer qualifizierte Arbeitnehmer bei uns.
Jetzt ist im Grunde genommen die große Schwierigkeit, was machen wir? Es wurde schon davon gesprochen – Sophie in 't Veld hat es gesagt – 1990 in Tampere haben die Mitgliedstaaten schon gesagt: Wir wollen etwas Gemeinsames entwickeln. Bis jetzt ist nichts auf dem Tisch. Das heißt, wir haben heute etwas, das einen Kompromiss darstellt, der uns nicht komplett gefällt, der aber aus meiner Sicht ein Weg ist, den wir gehen können. Persönlich kann ich gut verstehen, dass einige sagen: Wir brauchen mehr Zeit, um zu diskutieren. Auch mir gefällt nicht alles dabei. Mir ist zum Beispiel besonders wichtig, dass alle Leute zu Ausbildung und Weiterbildung Zugang haben sollten, weil das eine ganz entscheidende Sache ist, nicht nur für die betreffenden Menschen, um auf dem Arbeitsmarkt arbeitsfähig zu sein, sondern auch für uns, die wir wirklich Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen brauchen. Bei der sozialen Sicherung zum Beispiel, wo wir in den Mitgliedstaaten ohnehin schon so viele verschiedene Systeme haben, die noch nicht einmal in der EU ganz übereinstimmen, stellt sich die Frage: Wie können wir dann wirklich ein in sämtlichen Fällen gleiches Recht für Drittstaatenangehörige schaffen, selbst wenn wir es möchten?
Das ist schwierig, und darum halte ich den Kompromiss, den wir im Moment auf dem Tisch haben, für gut. Wir sollten ihm wirklich zustimmen, dann haben wir wenigstens etwas!
Hélène Flautre (Verts/ALE). – (FR) Frau Präsidentin, man muss sagen, es ist schon äußerst merkwürdig, eine Richtlinie, die einen Rechtsrahmen für den Zugang zu Rechten für alle Arbeitnehmer gewährleisten soll, mit einer langen Liste von Arbeitnehmerkategorien zu eröffnen, die von ihr ausgeschlossen sind. Das verleiht ihr den Anschein nicht nur eines Projekts zur Schaffung von legaler Zuwanderung sondern auch eines vielschichtigen europäischen Arbeitsmarktes, auf dem jeder Kategorie von Arbeitnehmern, je nach dem ihr zugemessenem Wert, ein Portfolio an Rechten zugewiesen wird. Von einem horizontalen und universellen Ansatz für Arbeitnehmerrechte sind wir daher noch weit entfernt.
Meiner Ansicht nach haben die Verantwortlichen in Europa noch nicht begriffen, dass mehr Rechte für Arbeitnehmer auch größere wirtschaftliche Effizienz und sozialen Zusammenhalt mit sich bringen, natürlich mit höherem individuellen und kollektiven Nutzen für die Zuwanderer, aber auch für die Aufnahme- und Herkunftsgesellschaften. Dies wurde in einer Studie der London School of Economics aufgezeigt, die besagt, dass die Legalisierung von 600 000 unrechtmäßigen Arbeitnehmern im Vereinigten Königreich, die keinen Zugang zu einem kombinierten Antragsverfahren haben, dem Vereinigten Königreich 3 Mrd. GBP einbringen würde. Wir sind, wie ich meine, den Herausforderungen nicht gewachsen.
Csaba Sógor (PPE). – (HU) Frau Präsidentin, wie wir alle wissen, ist Wirtschaftsmigration eine reale Erscheinung in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union. Der Aufenthalt von Drittstaatsangehörigen muss jedoch unter mindestens zwei Gesichtspunkten betrachtet werden. Die Problematik zeigt sich vorrangig als wirtschaftliche Notwendigkeit, denn wie demografische Trends und Tendenzen auf dem Arbeitsmarkt zeigen, brauchen die Gesellschaften in Europa ausländische Arbeitskräfte. Es ist folglich in unserem Interesse, sicherzustellen, dass Zuwanderung legal stattfindet, die Bedingungen geregelt sind und dass die Mitgliedstaaten über die Möglichkeit der Überwachung des Vorgangs verfügen, während die Zuwanderer Rechtssicherheit erfahren, was auch bedeutet, dass das Umschiffen rechtlicher Verfahren keine Vorteile mit sich bringen darf.
Von großer Bedeutung ist meiner Meinung nach der Teil der Richtlinie, der die gemeinsamen Rechte anbelangt, nämlich die rechtliche Gleichstellung von Zuwanderern und Arbeitgebern, die die Staatsangehörigkeit des entsprechenden Mitgliedstaates haben. An dieser Stelle möchte ich die Aufmerksamkeit auf einen anderen Aspekt der Problematik lenken, den kulturellen Aspekt. Die Anwesenheit von Migranten mit unterschiedlichen kulturellen Bräuchen und Traditionen ist Ursache für Spannungen in vielen Mitgliedstaaten. Ich bin überzeugt, dass die Bestimmungen zur Gleichberechtigung sich nicht auf ein Diskriminierungsverbot auf dem Arbeitsmarkt beschränken können. Ich denke, die Problematik erfordert einen differenzierteren Ansatz. Denn legale Wirtschaftsmigranten bringen nicht nur zusätzliche Arbeitskräfte nach Europa, sie möchten nicht nur hier arbeiten, sondern auch studieren, Familien gründen, Kinder aufziehen und ein normales Leben führen. Sollte Europa daher den Weg einschlagen, wirtschaftlich bedingte Zuwanderung als Lösung des Ungleichgewichts zu sehen, das durch die demografische Entwicklung entstanden ist, darf es die kulturelle Dimension der Problematik nicht außer Acht lassen. Bedingung für den Erfolg von Multikulturalismus ist Toleranz, gegenseitige Achtung und Solidarität.
Sergio Gaetano Cofferati (S&D). – (IT) Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, ich bin der Überzeugung, dass die hier diskutierte Lösung ein Irrweg ist, dass sie für viele bedürftige Menschen höchst ungerecht ist und in gewisser Weise auch selbstzerstörerisch, weil, wie niemandem entgangen sein wird – und hierauf wurde bereits aufmerksam gemacht – es widersprüchlich ist, die Diskussion einer kombinierten Erlaubnis mit Befreiungen und Ausnahmen zu beginnen.
Entsandte Arbeitnehmer, Saisonarbeiter und Flüchtlinge von der entsprechenden Lösung auszuschließen, unterläuft die Einheitlichkeit der Rechte, sowohl der Arbeitgeberrechte als auch der Bürgerrechte. Darüber hinaus gibt es eine noch viel negativere Entwicklung: Wir haben nicht nur einen Lösungsansatz vor uns, der den Weg ebnen könnte zu verschiedenen Arten von Dumping, da die Kosten für jeden Fall andere sein werden, sondern es werden auch Unterschiede zwischen den Bürgern gemacht.
Dieses Parlament wird die Debatte über die Arbeitsbedingungen für Saisonarbeiter später noch gesondert diskutieren müssen. Frau Kommissarin, Saisonarbeiter sind nicht nur Ausländer; sie sind auch europäische Bürgerinnen und Bürger, und wenn aufgrund materieller Umstände und der Staatsbürgerschaftsrechte Unterschiede zwischen ihnen gemachte werden, ist es unausweichlich, dass Unternehmen beim Eingehen von Beschäftigungsverhältnissen zu zweitrangigen Lösungen greifen.-
Was die entsandten Arbeitnehmer betrifft, können Sie sich die Situation vorstellen, die wir auf dem globalen Markt kreieren, wenn große multinationale Unternehmen Mitarbeiter einstellen dürfen, um in einem EU-Staat zu arbeiten, und das zu Bedingungen, die in deren Herkunftsländern gelten? Wir hätten eine neue, aber äußerst negative Situation. Dumping wird nicht die einzige alltägliche Erscheinung sein; es werden auch Unterscheidungen gemacht zwischen Bürgern und so etwas hat es in Europa noch nie gegeben, nicht mal in seiner jüngsten Vergangenheit.
Einheitlichkeit ist substantiell und daher sollten die Bestimmungen grundlegend überarbeitet werden.
Carlos Coelho (PPE). – (PT) Frau Präsidentin, Frau Kommissarin, meine Damen und Herren, lassen Sie es uns Klartext reden: Ist dies das Abkommen, das wir wollten? Die Antwort ist „Nein“. Viele Abgeordnete wären gerne weiter gegangen, ich denke jedoch, dies ist ein Schritt in die richtige Richtung, vor allem aus zwei Gründen: erstens, weil wir momentan ein neues Instrument schaffen, das Drittstaatsangehörigen zum Vorteil gereicht, die in einen Mitgliedstaat einreisen möchten, indem ihnen eine Reihe von Rechten zuerkannt werden; zweitens, wie Frau Mathieu bereits erwähnte, wegen der politischen Botschaft, die wir ins Ausland senden und die der Vorstellung einer Festung Europa entgegenwirkt, welche lediglich repressive Maßnahmen ergreifen und die Sicherheit verstärken kann, während wir gleichzeitig auf die Forderungen reagieren, die im Stockholmer Programm festgehalten sind, hinsichtlich flexiblerer Einwanderungspolitiken zur Förderung der wirtschaftlichen Entwicklung der Union.
Ich stimme daher mit Frau Mathieu darin überein, dass dringend eine Einigung mit dem Rat gefunden werden muss und, obgleich ich den Standpunkt von Frau in 't Veld's teile, dass viele Mitgliedstaaten sich auf keine Diskussion über eine gemeinsame Einwanderungspolitik irgendeiner Art einlassen wollen, ist es um so wichtiger, den ersten Schritt zu tun.
Um es deutlich zu sagen: Die Öffnung der Grenzen zwischen den Mitgliedstaaten macht eine Harmonisierung der nationalen Rechtsvorschriften über die Bedingungen für die Aufnahme und den Aufenthalt von Drittstaatsangehörigen erforderlich, um ihnen Gleichbehandlung zu garantieren und sicherzustellen, dass ihnen Rechte und Verpflichtungen vergleichbar derer von EU-Bürgern zuerkannt werden. Ich bin darüber hinaus überzeugt, dass die Schaffung eines kombinierten Antragverfahrens für die Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis sowohl den Migranten als auch den Arbeitgebern bezüglich der Effizienz zugute kommt und dies auch eine Überwachung der Rechtsmäßigkeit ihres Aufenthalts oder ihrer Beschäftigung vereinfachen wird.
Debora Serracchiani (S&D). – (IT) Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, der Zugang zu Beschäftigung ist bis heute lediglich für nur wenige Kategorien von Drittstaatsangehörigen geregelt. Tatsächlich profitiert nicht jeder von dem allgemeinen Grundsatz der Gleichbehandlung für den Zugang zu Beschäftigung.
Die Europäische Union muss deswegen Maßnahmen ergreifen, um die Gleichbehandlung sowohl von Drittstaatsangehörigen, die rechtmäßig in einem Mitgliedstaat ansässig sind, als auch solchen, denen der Flüchtlingsstatus zusteht oder die internationalen Schutz benötigen, gemäß der Richtlinie 2004/83 des Rates vom 29. April 2004 zu garantieren.-
Ein Nachfrageanstieg an beispielsweise Saisonarbeitern, einzig aufgrund dessen, dass sie weniger bezahlt werden können und weil sie andere – geringere – Kosten verursachen im Vergleich zu europäischen Staatsbürgern in dem gleichen Beschäftigungsverhältnis, muss verhindert werden. Auch müssen wir auch die Gefahr vermeiden, dass beispielsweise multinationale Unternehmen ihren Firmensitz in Länder wie Marokko oder die Türkei verlegen und ihr Personal in europäischen Niederlassungen entsenden, weil es billiger ist.
Aus Gründen der sozialen Gerechtigkeit müssen wir sicherstellen, dass europäische Bürgerinnen und Bürger gleich behandelt werden in Bezug auf Vergütung, Arbeitsbedingungen und soziale Sicherheit. Aus diesem Grund erachte ich es für richtig, Saisonarbeiter, entsandte Arbeitnehmer, Flüchtlingen und Selbstständige in die Richtlinie aufzunehmen. Es wäre äußerst gefährlich, sie unterschiedlich zu behandeln.
VORSITZ: LÁSZLÓ TŐKÉS Vizepräsident
Liisa Jaakonsaari (S&D). – (FI) Herr Präsident, über Jahrhunderte hinweg haben Menschen Europa zu Arbeitszwecken verlassen und um Krieg, politischer und religiöser Verfolgung zu entfliehen, und jetzt zieht Europa mit seiner Stabilität Menschen aus Drittländern an, und das ist gut so. Es ist hervorragend, dass die Bestimmungen für die legale Einwanderung innerhalb der EU harmonisiert werden, sodass Aufenthalts- und Arbeitserlaubnisse in nur einer Erlaubnis zusammengefasst werden. Und das ist gut so.
Meiner Ansicht nach ist der Ansatz der Kommission jedoch eher weniger vernünftig, denn sie hat ein sektorspezifisches Konzept gewählt. Er gewährleistet verschiedene Rechte für verschiedene Gruppen. Der Ansatz ist zu solch einem Dschungel geworden, dass sogar die Experten Mühe haben, herauszufinden, welche europäische Zuwanderungspolitik tatsächlich vorliegt. Wir haben Beschäftigte, die hierher entsandt wurden, Arbeitnehmer mit Blauen Karten, Wissenschaftler, Saisonarbeiter, Angestellte, die intern versetzt wurden, und so weiter. Warum kann die Kommission nicht die gleichen Bestimmungen auf alle Beschäftigten anwenden?
Es ist häufig deutlich geworden, dass viele Gruppen von Migranten nicht gleich behandelt werden, und das ist sehr schwer zu akzeptieren. Der Leitgedanke hier muss sicherlich die Gleichbehandlung aller sein. Es ist nicht richtig, dass nur bestimmte Menschen eine Gleichbehandlung erfahren, und andere nicht.
Zu diesem Zweck hat die Fraktion der Progressiven Allianz der Sozialisten & Demokraten im Europäischen Parlament Änderungsanträge vorgelegt, und ich hoffe, dass sie bei der morgigen Stimmabgabe die Zustimmung des Parlaments erfahren werden. Dies ist sehr wichtig, und solange wir die Migranten willkommen heißen, wollen wir, dass die Bestimmungen ausgewogener und konsistenter gestaltet werden.
Evelyn Regner (S&D). - Herr Präsident, Frau Kommissarin! Die Idee eines One-Stop-Shop ist zu begrüßen, aber im Paradigmenwechsel für so manches europäische Land, so auch für meines, für Österreich, einen Mitgliedstaat, in dem die Aufenthaltsgenehmigung von Fremdenrechtsbehörden und die Erlaubnis zur Arbeit von der für den Arbeitsmarkt zuständigen Behörde, dem AMS, dem Arbeitsmarktservice, unter Einbindung der Sozialpartner erteilt wird. Die Regelung des Zugangs zum Arbeitsmarkt betrifft die Sozialpartner direkt. Daher sollten sie auch inhaltlich eingebunden sein. Die bisher erfolgte Diskussion hat die Gewerkschaften viel zu wenig einbezogen, ebenso wenig NGO und Kirchen. Viele Vorredner haben es gesagt: Migrationspolitik muss als Ganzes betrachtet werden. Ich bin daher gegen die Salamitaktik der Kommission, das Paket zu zerstückeln und durch die Hintertür damit das Herkunftslandprinzip, allenfalls sogar Sozialdumping –wie ebenfalls bereits erwähnt – einzuführen.
Lassen Sie mich eine Bemerkung zum Rechtscharakter des Zusatzdokuments machen. Auf einer Scheckkarte haben nicht alle Auflagen und Informationen Platz, deshalb sollte auch das Zusatzdokument normativen Charakter haben. Nur so ist eine effiziente Kontrolle möglich. Dies dient dem Schutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und verhindert eine Wettbewerbsverzerrung zugunsten jener Unternehmer, die sich durch illegale Beschäftigte letztlich bereichern wollen.
Ria Oomen-Ruijten (PPE). – (NL) Herr Präsident, ich habe bereits zwei- oder dreimal auf meine Blaue Karte verzichtet, sodass ich eine Reihe von Fragen stellen könnte. Wer dieser Aussprache zuhört, gewinnt den Eindruck, dass ich nicht mehrere Monate damit verbracht habe, meinen Beitrag zu der sozialen Dimension dieses Antrags zu leisten, mit dem wir uns aktuell befassen.
Worum es hier geht – und ich sage das erneut zu allen Damen und Herren Abgeordneten in diesem Parlament – ist ein Änderungsantrag von mir, der darauf abzielt, Gleichbehandlung für jeden sicherzustellen, der einen Mitgliedstaat mit einer kombinierten Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis betritt. Das ist garantiert. Was veranlasst Sie zu der Annahme, dass es nicht garantiert ist? Auch ich habe die Presse gelesen, und mich beschleicht das Gefühl, dass wir lediglich Stimmungsmache betreiben. Man kann nicht den gleichen Anspruch im Hinblick auf Saisonarbeiter erheben, und ich glaube, dass wir diesbezüglich einen Vorschlag unterbreiten werden.
Sofern es die Entsendung betrifft – es ist nicht der Fall, dass man ein Unternehmen in einem Drittstaat gründen kann und dann Arbeitnehmer dorthin verlagert, damit sie unter schlechten Bedingungen arbeiten. Herr Präsident, das stimmt einfach nicht!
Marian-Jean Marinescu (PPE). – (RO) Herr Präsident, die kombinierte Erlaubnis wird Verwaltungsverfahren erleichtern, die Kontrolle und das Management von Wirtschaftsmigration sowie den Datenaustausch zur Nachfrage auf dem Arbeitsmarkt verbessern. Jedoch bietet dieser Gesetzgebungsvorschlag nur halbwegs eine Lösung, denn er befasst sich mit Rechten von Personen, denen die Einreise in die Europäische Union und der Zugang zum Arbeitsmarkt eines Mitgliedstaates bereits gestattet wurden. Er erstreckt sich nicht auf zwei weitere Aspekte: die Kriterien für die Gewährung des Rechts auf Arbeit und der Ausschluss von Saisonarbeitern und konzernintern entsandten Drittstaatsangehörigen.
Ich möchte uns auch daran erinnern, dass wir die Rechte von Arbeitnehmern aus Drittstaaten regeln, aber wir haben einen freien Arbeitsmarkt für alle Bürgerinnen und Bürger der Europäischen Union immer noch nicht vollständig erreicht.
Marita Ulvskog (S&D). – (SV) Herr Präsident, in dieser Aussprache wurde viel über gleiche Rechte geredet. Es ist auch eine Frage von Balance oder Konflikt, denn das ist die Wahl, die wir zu treffen haben werden, und es ist auch eine Frage eines langfristigen oder kurzfristigen Ansatzes.
Die Ausschlüsse werden im schlimmsten Fall den Weg für eine neue Form der Sklaverei freimachen. Wir wissen, was die Abänderung der Entsenderichtlinie von einer Mindest- zu einer Maximalrichtlinie unter dem Aspekt der Zerstörung der Ordnung und des Gleichgewichts auf dem Arbeitsmarkt bedeutet hat. Diese Ausschlüsse werden keine Verbesserung der Situation herbeiführen. Sie werden sie stattdessen verschlechtern. Dies wird zu sozialen Notständen führen. Ganze Wirtschaftszweige werden sich dafür entscheiden, Saisonarbeiter in einer Weise einzustellen, die den gesamten Arbeitsmarkt betreffen, Löhne drücken und Konflikte schaffen wird.
Ich appelliere an meine Kolleginnen und Kollegen aus den anderen politischen Fraktionen, wie der Fraktion der Allianz der Liberalen und Demokraten für Europa und der Fraktion der Europäischen Volkspartei (Christdemokraten), den durch die Fraktion der Progressiven Allianz der Sozialisten & Demokraten im Europäischen Parlament eingereichten Änderungsantrag zu unterstützen. Nur so ist sicherzustellen, dass die Ausschlüsse nicht diese schweren sozialen Konflikte hervorbringen.
Sonia Alfano (ALDE). – (IT) Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordnete! Die Vereinten Nationen nahmen am 18. Dezember 1990 die Internationale Konvention zum Schutz der Rechte aller Wanderarbeitnehmer und ihrer Familienangehörigen an. Diese Konvention ist eines der neun wichtigsten Menschenrechtsinstrumente der Vereinten Nationen. 20 Jahre später hat leider keiner der Mitgliedstaaten der Europäischen Union diese Konvention unterzeichnet oder ratifiziert.
Ich glaube, dass die Anerkennung der Rechte von Drittstaatsangehörigen, die legal in der Europäischen Union leben und arbeiten, ein Schwerpunkt für ein Europa sein muss, welches neuen Herausforderungen in Bezug auf die Integration, die Nichtdiskriminierung und den Schutz der Menschenrechte gegenübersteht.-
Deswegen bitte ich alle Kolleginnen und Kollegen um Unterstützung von Änderungsantrag 16 und um Unterzeichnung der Schriftlichen Erklärung 96 – unter die ich zusammen mit Cornelia Ernst, Sylvie Guillaume und Franziska Keller meine Unterschrift gesetzt habe – um Petitionen an die Mitgliedstaaten zur Ratifizierung der UN-Wanderarbeiterkonvention zu richten.
Ilda Figueiredo (GUE/NGL). – (PT) Herr Präsident, es stimmt, dass dieser Richtlinienvorschlag eine große Bandbreite von Sachverhalten erörtert, so beispielsweise den von Arbeitsmigranten aus Drittländern, Saisonarbeitern und entsandten Arbeitnehmer. Doch in Wirklichkeit stellt dies in der Praxis – unter dem Vorwand einer einzigen Verordnung – die Legalisierung von Sozialdumping, die Verstärkung von prekären Beschäftigungsverhältnissen und die Verschlechterung von Diskriminierung dar. Deshalb sagen wir, dass dieser Richtlinienvorschlag nicht angenommen werden kann.
Was wir brauchen, ist eine Verbesserung der Rechte der Beschäftigten in der Europäischen Union, ob entsandte Arbeitnehmer, Saisonarbeiter, Vollzeitarbeitskräfte oder sogar Arbeitsmigranten. Wir müssen ihre Rechte, einschließlich der Internationalen Konvention der Vereinten Nationen zum Schutz der Rechte aller Wanderarbeitnehmer und ihrer Familienangehörigen, anerkennen. Es wäre zu begrüßen, wenn die Kommission sich dazu verpflichtete, dass diese Konvention von allen Mitgliedstaaten angenommen und ratifiziert würde.
Jaroslav Paška (EFD). – (SK) Herr Präsident, die Wirtschaftsmigration ist eine Tatsache, die erst recht den reicheren Ländern der Europäischen Union mehr oder weniger vertraut ist.
Neben den Migranten, die legal in europäische Staaten, allerdings in Übereinstimmung mit ihren Gesetzen und Bestimmungen kommen, gibt es viele illegale Migranten, die häufig Diskriminierung oder sogar Verfolgung ausgesetzt sind, da Arbeitgeber oftmals einen Nutzen aus ihrem nicht vorhandenen, rechtmäßigen Aufenthaltsstatus ziehen.
Der Versuch, der in dieser Richtlinie im Hinblick auf eine bessere Organisation und die Einführung von gemeinsamen Sonderregelungen zur Lösung dieses Problems unternommen wurde, kann bei der Wahrung der Würde von Menschen helfen, die auf der Suche nach Arbeit in die europäischen Staaten kommen – wenn sie bereit sind, die EU-Vorschriften zur Migration zu akzeptieren. Ich gebe mich keinen Illusionen hin, dass die Richtlinie alle Probleme der Erwerbsmigration lösen wird. Sie kann jedoch die derzeitigen Beschäftigungsverhältnisse für Migranten verbessern und einige der Fehlentwicklungen, die wir in diesem Bereich gesehen haben, beseitigen. Wir haben daher Anlass, diesen Entwurf einer Richtlinie als einen Schritt in die richtige Richtung zu betrachten. So sollte es gesehen werden.
Seán Kelly (PPE). – (GA) Herr Präsident, es gibt im Irischen ein Sprichwort, was besagt: viele Menschen – viele Ansichten. Wenn das auf etwas zutrifft, dann auf diese strittige, vielschichtige Problematik. Daher hat die Berichterstatterin sehr gute Arbeit geleistet, und sie verdient höchstes Lob.
Da die Europäische Union auf den Grundsätzen von Frieden und Wohlstand beruht, ist es nur richtig, dass sie diese Idee in der gesamten Europäischen Union und auch weltweit zu vermitteln versucht. Als der weltweit größte Geber für Drittstaaten ist es nur konsequent, dass wir versuchen sollten, sicherzustellen, dass man die legal innerhalb unserer Grenzen lebenden Menschen mit der gleichen Würde und dem gleichen Respekt behandelt, die wünschenswerterweise gegenüber unseren Bürgerinnen und Bürgern in Drittländern bekundet werden. Obwohl es nicht perfekt ist, ist es ein Schritt in die richtige Richtung. Ich begrüße und unterstütze ihn daher.
Alejandro Cercas, Berichterstatter für die Stellungnahme des Ausschusses für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten. – (ES) Herr Präsident, ich möchte mit meiner Kollegin, Frau Oomen-Ruijten, keine Aussprache neu eröffnen, sondern nur eine klare Antwort geben.
Die Aussprache ist in keiner Weise persönlich gewesen, und niemand hat ihre Arbeit infrage gestellt. Hätte man sie infrage gestellt, würde ich sofort sagen, dass sie beim Ausschuss für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten eine hervorragende Arbeit geleistet hat.
Wenn Frau Oomen-Ruijten jedoch sagt, dass sie Abänderungsentwürfe für die morgige Sitzung vorgelegt hat, die den Wortlaut verbessern und Gleichstellung gewähren, muss ich sagen, dass dies nicht der Fall ist. Frau Oomen-Ruijten hat ihren Namen unter die Änderungen der Texte – welche ich hier habe – gesetzt, die der Rat in unseren Dialog mit ihm nicht aufnehmen konnte. Es sind dies nicht die geänderten Texte von Frau Oomen-Ruijten; sie sind wortwörtlich der Text des Rates. Im Hinblick auf die Entsendung von Arbeitnehmern nimmt der Rat einen sehr viel unausgewogeneren Standpunkt ein als die Kommission.
Wir wären bereit, den ursprünglichen Text der Kommission anzunehmen. Aber der Wortlaut des Rates stellt fest, dass alle entsandten Arbeitnehmer, einschließlich der Arbeitnehmer im Sinne der Richtlinie des Jahres 1996, von dieser Richtlinie auch ausgeschlossen werden. Diese Änderung gewährt daher nicht mehr Gleichstellung, sondern eher mehr Ungleichheit.
Ich möchte meine persönliche Wertschätzung für Frau Oomen-Ruijten hervorheben. Sie ist zweifellos eine hervorragende Abgeordnete, deren Arbeit sehr gut ist, aber letztendlich hat sie sich der Auffassung des Rates angepasst.
Cecilia Malmström, Mitglied der Kommission. – Herr Präsident, dies ist wirklich eine sehr gute Aussprache gewesen. Im Hinblick auf den Anwendungsbereich der Richtlinie ist es kein Geheimnis, dass sich die Kommission einen globalen Ansatz gewünscht hätte. Meine Vorgänger schlugen dies vor vielen Jahren vor. Es war unmöglich. Es ist immer noch unmöglich, deswegen wählen wir diesen sektorbezogenen Ansatz. Mir gefällt es nicht, aber es ist der einzige Weg, um voranzukommen.
Die Richtlinie ist notwendig, weil wir Arbeitnehmer aus Drittstaaten haben. Sie sind in unseren Ländern und leisten einen wichtigen Beitrag zu unseren Volkswirtschaften. Wir müssen sie schützen. Lassen Sie mich andererseits – im Gegensatz zu einigen Ansichten, die heute hier zum Ausdruck gebracht wurden – betonen, dass diese Richtlinie den Grundsatz der Gleichbehandlung für Wanderarbeitnehmer in allen beschäftigungsrelevanten Bereichen, einschließlich der Beschäftigungsbedingungen und Löhne, begründet. Sie bewirkt keine Diskriminierung. Einmal angenommen, wird die Richtlinie ein sehr wichtiges Instrument im Kampf für den Schutz von Wanderarbeitnehmern und gegen Sozialdumping sein. Niemand will Sozialdumping. Wir möchten diese Menschen schützen.
Andere Arbeitnehmerkategorien, wie Saisonarbeiter und ICT (konzernintern entsandte Drittstaatsangehörige) sind nicht Inhalt des aktuellen Vorschlags. Ich teile Ihre Ansicht, dass wir sie schützen müssen. Deshalb hat die Kommission vor dem Sommer zwei gesonderte Rechtsakte vorgeschlagen, die ICT und Saisonarbeiter erfassen und die speziell auf ihren Schutz ausgerichtet sind. Ich bin sicher, dass, sobald die Berichterstatter, Schattenberichterstatter und die Ausschüsse wirklich mit der Arbeit an diesen Rechtsakten beginnen, sie ihr Möglichstes dafür tun werden, dass man diese Gruppen auch schützt und dass wir auch in diesen Bereichen vorankommen können.
Ich bin mir auch dessen bewusst, dass einige Abgeordnete oder Fraktionen hier auch die Aufnahme von entsandten Arbeitnehmern – welche jetzt ausgeschlossen sind – gerne gesehen hätten. Die Richtlinie, welche wir heute erörtern, soll Diskriminierung vermeiden und keine neue Diskriminierung schaffen, lassen Sie uns also die Frage der entsandten Arbeitnehmer gesondert und nicht in diesem Zusammenhang behandeln. Die Kommission ist im Begriff, eine Folgenabschätzung zu der Frage zu starten. Sie hat eine Überarbeitung der Entsenderichtlinie zum Ende nächsten Jahres angekündigt. Die Frage des persönlichen Geltungsbereichs der Entsenderichtlinie könnte als Teil der angekündigten Überarbeitung der Entsenderichtlinie angesprochen werden.
In Bezug auf die Frage von Korrelationstabellen, welche Frau in ’t Veld aufwarf, teilt die Kommission nicht nur hinsichtlich dieser Richtlinie vollständig ihre Ansicht. Sie wären – und werden es auch hoffentlich sein – ein wichtiges Instrument für die Behandlung der Frage einer besseren Regulierung und größeren Transparenz vonseiten der Mitgliedstaaten bei der Umsetzung der verschiedenen Richtlinien. Sie werden gut für Sie sein; sie werden gut für uns, die nationalen Parlamente und Bürgerinnen und Bürger sein. Wir werden dies gegenüber dem Rat immer wieder betonen. Sie vereinfachen die Sache. Die Kommission ist bereit, eine Erklärung hierzu abzugeben. Jedoch wollen wir die Richtlinie möglichst nicht aufs Spiel setzen, um morgen, wenn Sie über diese Frage abstimmen, eine Entscheidung zu erreichen. Wir werden jedoch weiter dafür kämpfen, und wir werden im Zusammenhang mit diversen anderen Regelungen darauf zurückkommen.
Vielen Dank für diese Aussprache. Danke für die sehr schwierige Arbeit, die viele Menschen, insbesondere Frau Mathieu und Herr Cercas, geleistet haben. Ich hoffe, dass wir eine Vereinbarung treffen können und die morgige Abstimmung positiv ausfallen wird.
Véronique Mathieu, Berichterstatterin. – (FR) Herr Präsident, Frau Kommissarin, ich muss Ihnen voll und ganz zustimmen, da Sie den 23 Kolleginnen und Kollegen, die sich zu unserem Text geäußert haben, Herrn Cercas und mir sehr ausführliche Antworten gegeben haben.
Ich muss allen Berichterstattern zu dieser Fassung aus allen politischen Fraktionen danken, mit denen wir viele Diskussionen und eine sehr gute Zusammenarbeit über dieses ganze Jahr hinweg hatten, denn im Hinblick auf dieses Thema arbeiten wir jetzt ein Jahr zusammen. Wir fingen zu Beginn des Jahres an und wir schließen mit dem belgischen Ratsvorsitz ab. Danke, Frau Malmström, denn Sie sowie auch Ihre Dienststellen haben dieser Fassung sehr große Aufmerksamkeit gewidmet. Ich danke auch dem Rat, denn der Rat hat uns sehr aufmerksam zugehört, und ich danke ferner allen Kolleginnen und Kollegen, die heute Abend das Wort ergriffen haben.
Ich möchte darauf hinweisen, dass wir morgen faktisch in erster Lesung abstimmen. Dies ist ein Kompromiss. Ein Kompromiss ist nie zu 100 % zufrieden stellend, und wenn die Kolleginnen und Kollegen immer noch überzeugt werden müssen, hoffe ich, dass die Rede, die Sie gehalten haben, sie auf jeden Fall überzeugen wird.
Bedenken Sie in Bezug auf die Anmerkung von Frau Flautre, die eben gesagt hat, dass der Wortlaut eines Berichts am Anfang Ausschlüsse beinhaltet, dass alle die vom Ausschluss betroffenen Arbeitnehmer immer unter Richtlinien fallen, die sich speziell auf diese beziehen. Es ist demnach keine Frage des Ausschlusses einer bestimmten Zahl von Arbeitnehmern aus Drittländern.
Ich hoffe, dass die Fassung dieses Berichts, den wir mit allen Berichterstattern erstellt haben und unseren anderen Kolleginnen und Kollegen morgen vorlegen werden, für unsere Arbeitnehmer aus Drittländern ein großer Schritt vorwärts sein wird.
Der Präsident. – Die Aussprache wird geschlossen.
Die Stimmabgabe findet am Dienstag, den 14. Dezember 2010 statt.
Schriftliche Erklärungen (Artikel 149)
Proinsias De Rossa (S&D), schriftlich. – Ich habe gegen diesen gefährlich formulierten Richtlinienentwurf der Kommission und des Rates gestimmt, der versucht, einen Niedriglohnmarkt für Wanderarbeitnehmer in der EU zu schaffen. Migration muss gerecht sein. Jeder, der in der EU arbeitet, sollte ungeachtet von Land oder Herkunft gleich behandelt werden. Dieser Vorschlag für eine kombinierte Aufenthalts- und Arbeitsgenehmigung für Staatsangehörige von Nicht-EU-Ländern ist eine verpasste Gelegenheit zur Förderung menschenwürdiger Arbeitsbedingungen, wo Migranten auf der Basis von Gleichbehandlung zu begrüßen sind. Stattdessen würde der Vorschlag zu einer ungerechten Behandlung von EU-Arbeitnehmern und Nicht-EU-Arbeitnehmern, die zur Arbeit in die EU entsandt wurden, führen. Zum Beispiel könnten es Unternehmen rentabler finden, ihre Geschäftssitze offiziell in Länder außerhalb der EU zu verlegen und dann ihre Arbeitnehmer in ihre europäischen Niederlassungen zu entsenden – um zu vermeiden, die gleichen Rechte und Bedingungen, die rechtlich für in der EU arbeitende EU-Bürgerinnen und -Bürger bindend sind, ihren Arbeitnehmern gewähren zu müssen. Das Europäische Parlament lehnt diesen Vorschlag ab. Dies stellt sicher, dass die Kommission und die Ministerinnen und Minister der Mitgliedstaaten ihre Arbeit noch einmal überprüfen und einen Vorschlag für eine Visa-Verordnung vorlegen müssen, der keinen Wettlauf nach unten fördert.
19. Erweiterung des Anwendungsbereichs der Richtlinie 2003/109/EG auf Personen mit internationalem Schutzstatus (Aussprache)
Der Präsident. – Der nächste Punkt ist der Bericht von Herrn Claude Moraes im Namen des Ausschusses für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres über die Erweiterung des Anwendungsbereichs der Richtlinie 2003/109/EG auf Personen mit internationalem Schutzstatus (KOM(2007)0298 – C6-0196/2007 – 2007/0112(COD)) (A7-0347/2010).
Claude Moraes, Berichterstatter. – Herr Präsident, ich fürchte, sobald ich zum ersten Absatz meiner Rede komme, werden nur ich, der Koordinator der PPE-Fraktion und der Kommissar im Plenarsaal zurückbleiben. Ich bewundere Sie für Ihre Ausdauer, Frau Kommissarin. Ich sollte niemals meine Redezeit damit eröffnen, aber ich konnte mich dessen nicht erwehren. Danke auch an die PPE-Fraktion für ihre Anwesenheit zu so später Stunde.
Frau Kommissarin, Sie und der Rat haben eine hervorragende Arbeit bei der Rettung dieses Vorschlags geleistet, welcher jetzt denen zugute kommt, die niemals von der ursprünglichen Richtlinie über die Rechtsstellung von langfristig Aufenthaltsberechtigen hätten ausgeschlossen werden sollen. Es hat 2008 eine weitere Gelegenheit für ihre Aufnahme gegeben, und dies konnte leider nicht geschehen, weil im Rat erneut keine Einstimmigkeit erzielt wurde. Demnach ist heute ein sehr glücklicher Tag, da ein Vorschlag, der von meiner Vorgängerin als Koordinatorin in meiner Fraktion, Martine Roure, übernommen wurde, jetzt der Gegenstand einer Vereinbarung ist. Ich bin auch dem Rat sehr dankbar. Ich betonte in der vorangegangenen Aussprache, dass er nicht anwesend war. Aber wenn er heute hier wäre, würde ich auch dem Rat danken, denn während des belgischen Ratsvorsitzes konnten wir gute Fortschritte erzielen. Dafür bin ich sehr dankbar.
Der Vorschlag wird allen Personen mit internationalem Schutzstatus, die sich länger als fünf Jahre in der EU aufhalten, aber nicht den Status von langfristig Aufenthaltsberechtigten erlangen können, unmittelbaren Nutzen bringen. Er wird ihrer unterschiedlichen Behandlung im Vergleich zu anderen Drittstaatsangehörigen endlich ein Ende setzen und ihnen im Hinblick auf ihre persönliche Situation in der EU größere Sicherheit geben.
Die Kernfrage für die Verhandlungen läuft auf die Berechnung des Zeitraums rechtmäßigen Aufenthalts hinaus, um die fünf Jahre zu erreichen. Wir unterstützen die Kommission darin, die Gesamtdauer des Verfahrens zu berücksichtigen. Jedoch wurde dies vom Rat nachdrücklich abgelehnt. Im Hinblick darauf waren wir besonders besorgt, denn Asylverfahren können in einigen Mitgliedstaaten viele Jahre dauern. Der unsererseits in den Verhandlungen erzielte Kompromiss besteht darin, dass zumindest die Hälfte des Asylverfahrens und bei einer Verfahrensdauer von mehr als 18 Monaten das gesamte Verfahren berücksichtigt wird.
Ich zögere, zur Frage der Korrelationstabellen überzugehen, aber ich fühle mich dazu verpflichtet, etwas über sie zu sagen – ich würde es lieber vermeiden. Ich möchte die Organe dennoch dringend ersuchen, eine horizontale Vereinbarung in dieser Frage zu erzielen. Insbesondere möchte ich den Rat dringend darum bitten, die Bedeutung von Korrelationstabellen für die Überwachung der Umsetzung von Rechtsvorschriften anzuerkennen. Wir hatten eine sehr schwierige Situation, wodurch sich die Fertigstellung vieler der Dossiers, denen vonseiten der Fraktionen im ganzen Parlament große Bedeutung beigemessen wurde, wegen dieser Frage hätte verzögern können.
Ich bin auch sehr froh, dass der Anwendungsbereich des Vorschlags sowohl Flüchtlinge als auch Personen, denen der subsidiäre Schutzstatus zuerkannt worden ist, erfasst. Es ist unerlässlich, den Trend zur Angleichung von Schutzvorschriften und der Rechte, die beiden Gruppen gewährt werden, wie in der Neufassung der Anerkennungsrichtlinie weiterzuführen. Das Abkommen beinhaltet auch viele Schutzklauseln gegen die Ausweisung. Angesichts der Tatsache, dass den Personen jetzt gestattet sein wird, sich frei zwischen den Mitgliedstaaten zu bewegen, ist es wichtig, dass der Schutzstatus der Personen niemals vergessen wird. Demzufolge werden die Mitgliedstaaten eine Bemerkung in die langfristige Aufenthaltsgenehmigung aufnehmen und verpflichtet sein müssen, den Mitgliedstaat zu konsultieren, der Schutz in Fällen von möglicher Ausweisung garantiert hat. Der Vorschlag berücksichtigt ferner die Übertragung des Schutzes auf einen anderen Mitgliedstaat im Rahmen einzelstaatlicher Regelungen. Die langfristige Aufenthaltsgenehmigung muss entsprechend geändert werden, um sie gegen Ausweisung abzusichern.
Auch haben wir sichergestellt, dass der Grundsatz der Einheit der Familie im Falle von Ausweisung in einen anderen Mitgliedstaat eingehalten wird. Aber es ist auch klar, dass der Grundsatz nicht automatisch in Fällen zur Anwendung kommt, wo es nicht im besten Interesse von Familienmitgliedern ist, mit der ausgewiesenen Person auszureisen.
Die hierzu unsererseits erzielte Vereinbarung ist ein Signal der neuen Zusammenarbeit, welche zwischen den drei Organen im Bereich von Asyl und legaler Migration, gestützt auf die neue Grundlage im Vertrag von Lissabon, bestehen kann. Es zeigt, dass wir mit den Mitgliedstaaten eine Vereinbarung zu einem sich entwickelnden Element der Asylgesetzgebung erzielen können.
Erneut möchte ich meinen Schattenberichterstattern aller Fraktionen, Frau Nedelcheva, Frau Wikström und weiteren Kolleginnen und Kollegen danken. Sie haben dazu beigetragen, dass dies zu dem geworden ist, was ich – wenn das nicht ein Widerspruch in sich ist – einen zufrieden stellenden Trilog nennen würde! Ich möchte allen Beteiligten dafür danken, dass sie dazu beigetragen haben, dies Wirklichkeit werden zu lassen.
Cecilia Malmström, Mitglied der Kommission. – Herr Präsident, ich möchte damit beginnen, dem Berichterstatter des Europäischen Parlaments, Claude Moraes, zu danken. Er hat zusammen mit seinem Team von Schattenberichterstattern eine großartige Arbeit geleistet. Das Parlament, die Kommission und der Rat haben wirklich eine Vereinbarung erzielt. Sehr hilfreich war auch der Minister.
Der Kompromiss, den wir erzielt haben, sorgt für einen Interessenausgleich und steht im Einklang mit dem Vorschlag von 2007. Die Ausweitung der langfristigen Aufenthaltsberechtigung auf Personen mit internationalem Schutzstatus wird ein höheres Schutzniveau und Rechtssicherheit für Flüchtlinge in Europa gewährleisten und eine bessere Integration in unsere Gesellschaften ermöglichen.
Dies ist auch der erste Baustein unseres Asylpakets – die erste von sechs Regelungen – und ein erster Schritt zu unserem gemeinschaftlichen Ziel einer gemeinsamen europäischen Asylregelung bis 2012. Es wird ein starkes politisches Signal dahingehend setzen, dass wir uns einigen können, dass wir bereit sind, diesen schwierigen, aber notwendigen Weg zu beschreiten und Fortschritte zu machen, und dass wir in Bezug darauf vernünftig und konstruktiv handeln können. Ich möchte Ihnen dafür von ganzem Herzen danken.
Im Hinblick auf die viel diskutierte Frage der Korrelationstabellen gab die Kommission eine Erklärung gegenüber dem Rat ab. Ich möchte sie mit Ihrer Genehmigung vorlesen: „Die Kommission erinnert an ihre Verpflichtung, sicherzustellen, dass das Verfahren der von den Mitgliedstaaten zu erstellenden und im Rahmen der Umsetzung der EU-Regelungen an die Kommission zu übermittelnden Korrelationstabellen, denen die Entsprechungen zwischen ihren Umsetzungsmaßnahmen und der EU-Richtlinie zu entnehmen sind, im Interesse der Bürgerinnen und Bürger liegt und im Sinne einer besseren Rechtsetzung und von mehr rechtlicher Transparenz durchgeführt wird und darüber hinaus die Prüfung der Übereinstimmung von einzelstaatlichen Rechtsvorschriften mit dem Gemeinschaftsrecht erleichtert.“
„Die Kommission bedauert die mangelnde Unterstützung für die im Vorschlag für eine Richtlinie enthaltene Bestimmung zur Änderung der Richtlinie über die Rechtsstellung von langfristig Aufenthaltsberechtigten (KOM 2007) zur verbindlichen Erstellung von Korrelationstabellen.“
„Im Sinne der Kompromissfindung und um die unverzügliche Annahme des Vorschlags für eine langfristige Aufenthaltsberechtigung zu gewährleisten, genehmigt die Kommission den Austausch der verbindlichen Vorschrift zur Erstellung von Korrelationstabellen, die im Wortlaut mit einem einschlägigen Erwägungsgrund, der die Mitgliedstaaten zur Befolgung dieses Verfahrens ermutigt, enthalten ist.“
“Die Position, die die Kommission im vorliegenden Fall einnimmt, ist jedoch nicht als Präzedenzfall anzusehen. Die Kommission wird ihre Bemühungen fortsetzen, um gemeinsam mit dem Europäischen Parlament und dem Rat eine geeignete Lösung für diese horizontale institutionelle Frage zu finden.“
Ich denke, dass wir dem zustimmen können. Es ist wichtig, dass diese Erklärung Bestandteil des Protokolls ist und Gehör gefunden hat. Wie ich zuvor in dieser Aussprache sagte, wiederholt die Kommission dieses Argument.
Dennoch ist es sehr wichtig, dass wir eine Übereinkunft bei diesem Bericht erzielt haben. Ich bedanke mich noch einmal bei Ihnen allen für Ihren Beitrag.
Mariya Nedelcheva, im Namen der PPE-Fraktion. – (FR) Herr Präsident, Frau Kommissarin, Herr Moraes, meine Damen und Herren Abgeordneten, zunächst möchte ich dem Berichterstatter, Herrn Moraes, zu der hervorragenden Arbeit, die er geleistet hat und zu der beispielhaften Zusammenarbeit, die er in Bezug auf die Schattenberichterstatter, die Kommission und den Rat gezeigt hat, gratulieren.
Mit diesem Bericht haben wir einen großen Schritt nach vorn zu einer harmonisierten europäischen Asylregelung gemacht. Die mit dem Rat erzielte Vereinbarung war notwendig, und ich bin sehr froh, dass es uns gelungen ist, in dieser Frage voranzukommen. Das Asylpaket ist sehr viel größer, und es gibt noch viel zu tun. Deshalb dürfen wir nicht aufgeben, und ich hoffe, dass die Kommission die gleiche kooperative Haltung in Verhandlungen über Zukunftsfragen einnehmen wird. Das ist alles, was ich einleitend dazu zu sagen habe.
In Bezug auf den Inhalt des Dossiers möchte ich, ohne die Worte des Berichterstatters zu wiederholen, auf zwei Punkte zurückkommen. Zunächst möchte ich die Wichtigkeit der Integration von Drittstaatsangehörigen in unsere Gesellschaften betonen. Migranten, die in unsere Länder kommen, sind ein wertvolles Gut für unsere Volkswirtschaften. Wir können jedoch nicht alle zu jeder Bedingung willkommen heißen. In den letzten Monaten haben mehrere Regierungen erkannt, dass ihr Integrationsmodell gescheitert ist.
(Die Präsidentin entzieht der Rednerin das Wort.)
Cecilia Wikström, im Namen der ALDE-Fraktion. – (SV)Herr Präsident, zunächst möchte ich Herrn Moraes danken, der den Bericht erarbeitet hat, zu dem wir unsere Meinung auf dem gewohnt hohen Niveau und mit dem aufrichtigen Wunsch zur Wahrung humanitärer Grundsätze und dem Grundsatz der Achtung unserer Mitmenschen abgeben sollen.
Personen mit internationalem Schutzstatus bleiben oft für eine lange Zeit, unter Umständen den Rest ihres Lebens, in einem Mitgliedstaat, da ihre prekäre Lage und die Verfolgung in dem Land, aus dem sie geflohen sind, oft lange Zeit währen. Viele Personen mit internationalem Schutzstatus befinden sich daher in der gleichen Situation wie diejenigen, die als Flüchtlinge eingestuft werden. Es ist auch sinnvoll, Menschen als Einwohner eines Landes einzustufen, nachdem sie dort fünf Jahre gelebt haben, und dies war der Ansatz, den sowohl die Kommission als auch das Parlament gewählt haben. Der Rat wollte, was ich bedauerlich finde, einen anderen Ansatz wählen.
Auch möchte ich betonen, dass die Familienangehörigen der Person, die internationalen Schutzstatus genießt, die Chance auf ihre eigene Lebensgestaltung haben müssen. Zum Beispiel muss in dem Fall von Ausweisung die Familie die Möglichkeit haben, zu wählen, ob sie folgt oder bleibt. Ich bin erfreut, dass das Parlament diesen Bericht jetzt annehmen wird. Es ist bedauerlich, dass der Rat die Korrelationstabellen nicht angenommen hat, aber ich begrüße die Tatsache, dass wir die Berichte, die in die gemeinsame europäische Asylregelung aufgenommen werden sollen, weiter vorantreiben.
Es bleibt zu hoffen, dass der Rat nunmehr verstärkt die Tugend des Zuhörens entdecken wird. Wir alle müssen die gleiche Frist einhalten, und das ist 2012. Wir müssen jetzt unsere alten, tief verwurzelten Ansichten aufgeben, auf den gesamteuropäischen Ansatz und darauf schauen, was das Beste für alle ist, wenn es um Asyl und Migration geht. Anderenfalls wird das Wort „Solidarität“ bald bedeutungslos werden.
Ich möchte dem Berichterstatter, Herrn Moraes, einmal mehr für seine gute Arbeit und seine sehr gute, wenn nicht gar exzellente Zusammenarbeit bei diesem Bericht danken.
Judith Sargentini, im Namen der Verts/ALE-Fraktion. – (NL) Herr Präsident, letzte Woche reisten wir gemeinsam mit dem Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres nach Athen, und während meines Aufenthalts sprach ich mit Mahmud. Mahmud ist 26 Jahre alt und kommt aus Eritrea. Er kam über Griechenland in die Europäische Union und reiste in die Niederlanden weiter. Dort wäre er vorzugsweise geblieben, weil er in den Niederlanden einige Kontakte hatte, aber er wurde zurück nach Griechenland geschickt. Mahmud sagte, wenn er seinen Flüchtlingsstatus in Griechenland schließlich bekommen hätte, würde er nicht frei reisen können und dass es eine Ewigkeit dauern würde, bevor er die griechische Staatsangehörigkeit erhält.
Es ist wegen junger Männer wie Mahmud, die ein Recht auf ein neues Leben haben und die es nicht verdienen, grenzüberschreitend hin- und hergeschoben zu werden, dass ich froh bin, dass dieses Parlament diese Situation jetzt ändern wird und dass es Berichterstatter Claude Moraes gelungen ist, diesen ersten Schritt in Bezug auf unsere Asylpakete zu gehen. Auch ist es wichtig, dass Mahmud, der es eigentlich bevorzugt hätte, sein neues Leben in den Niederlanden zu verbringen, eine faire Vergleichsgrundlage gegeben wird. Denn dieser junge Mann hat das Recht, zu erfahren, wie diverse Angelegenheiten in Griechenland und den Niederlanden, oder wo auch immer er sein Leben aufbauen möchte, gehandhabt werden.
Vielen Dank, Herr Moraes, danke für Ihre Zusammenarbeit und lassen Sie uns verfolgen, wie lange das Verfahren für Mahmud dauert.
Simon Busuttil (PPE). – (MT) Herr Präsident, ich möchte damit beginnen, Claude Moraes für seinen Bericht zu danken und ihm dazu zu gratulieren. Ich stimme dem Bericht zu und nehme ihn mit Zufriedenheit auf, denn er wird denjenigen neue Ansprüche zuerkennen, die, einschließlich Flüchtlinge, Anspruch auf einen internationalen Schutzstatus haben. Er räumt ihnen Rechte ein, welche Drittstaatsangehörige, die sich seit fünf Jahren rechtmäßig in einem Land der Europäischen Union aufhalten, bereits haben. Es gibt jedoch einige Schwachstellen in diesem Bericht. Ich komme aus einem Land, welches diese Schwierigkeiten hat, und zwar dass fünf Jahre eine viel zu lange Wartezeit für den Erwerb des Rechts sind, dass durch dieses Gesetz gewährt wird. Dies trifft insbesondere für die Länder zu, die enorme Zahlen von Personen beherbergen, welche dort feststecken; blockiert in dem Land, in dem sie als erstes angekommen sind. Abgesehen von meinem Land gibt es andere, die kürzlich ähnliche Erfahrungen gemacht haben; Griechenland gehört dazu. Sie beherbergen enorme Zahlen von Personen, welche fünf Jahre warten müssen, um die durch dieses Gesetz festgelegten Rechte zu erwerben. Letztendlich profitieren sie natürlich von einem langfristigen Aufenthalt, jedoch können sie auch in andere Länder der Europäischen Union gehen, was für Länder wie Griechenland, Malta, Zypern und andere eine große Hilfe sein kann. Daher glaube ich, dass man dieses gleichwohl gute Gesetz durch eine Verkürzung der festgelegten, fünfjährigen Wartezeit hätte verbessern können. An dieser Stelle möchte ich zum Schluss kommen und dem Berichterstatter Claude Moraes dafür danken, dass er dies erkannt hat. Ferner möchte ich ihm dafür danken, dass er das ihm Mögliche für die Aufnahme eines Verweises in einer Anmerkung am Schluss getan hat, obgleich dies für ihn auch nur Symbolcharakter hat.
Ioan Enciu (S&D). – (RO) Herr Präsident, auch ich muss damit beginnen, meinem Kollegen Claude Moraes zu seinem Bericht zu gratulieren. Darüber hinaus möchte ich ihm für seine außergewöhnlichen Bemühungen als Koordinator innerhalb des Ausschusses für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres danken.
Meiner Ansicht nach ist es hervorragend, dass diese neue Richtlinie endlich ein rechtliches Vakuum das Aufenthaltsrecht betreffend füllt, in welchem sich Personen mit internationalem Schutzstatus in der gesamten Europäischen Union befinden. Die Personen, die sich in einem der Mitgliedstaaten niedergelassen haben, befinden sich aktuell in einer prekären Lage von Rechtssicherheit. Das ist darauf zurückzuführen, dass sie unter den gegebenen Umständen keinen Anspruch auf langfristige Aufenthaltsgenehmigungen haben – etwas, wozu andere Drittstaatsangehörige berechtigt sind. Es muss Ihnen, wie es auch bei den anderen Drittstaatsangehörigen der Fall ist, das Daueraufenthaltsrecht auf eine nicht diskriminierende Weise unter der einzigen Bedingung des vorherigen rechtmäßigen Aufenthalts gewährt werden. Ich denke, dass es besser gewesen wäre, bei dieser Berechnung die Gesamtdauer des rechtmäßigen Aufenthalts innerhalb der Europäischen Union von dem Zeitpunkt an zu berücksichtigen, wo der Antrag auf internationalen Schutz gestellt wird.
Gleichzeitig muss man sich bewusst sein, dass diese Personen außerhalb der Europäischen Union dauerhaft schutzbedürftig sind, sodass jeder Versuch einer Aufhebung des internationalen Schutzes oder des Aufenthaltsrechts unter vollständiger Wahrung ihrer Grundrechte und des Grundsatzes der Nicht-Abschiebung durchzuführen ist.
Diese Richtlinie gewährt die notwendigen zusätzlichen Vorschriften im Hinblick auf die Verfahren, die angewandt werden können, wenn es zu einer Ausweisung oder Beendigung des internationalen Schutzes kommt. Ich denke, dass wir für Claude Moraes Bericht stimmen müssen, da er Teil des Gesamtpakets ist, welches das Asyl- und Migrationssystem der Europäischen Union regelt.
Franz Obermayr (NI). - Herr Präsident! Ich sehe diesen Bericht nicht mit der rosa Brille, ich sehe ihn bewusst mit den Sorgen der Bürger in unseren Heimatländern, denn nach fünfjährigem Aufenthalt in einem Mitgliedstaat erhalten Flüchtlinge demnächst einen langfristigen Aufenthaltstitel. Dieser gilt im gesamten EU-Gebiet. Hat sich nun ein Flüchtling in einem Land mit eher weichem Asylrecht angesiedelt, kann er nach fünf Jahren seinen Wohnort nach Belieben in einen anderen Mitgliedstaat verlegen, und er wird sich zunächst natürlich ein Land mit lückenhafter oder weicher Regelung aussuchen und langfristig dort ansiedeln, wo es eindeutig hohe Sozialstandards gibt. Die Folge: Sekundärmigration und Missbrauch. Auch die Anrechnung der Dauer des Asylverfahrens auf die fünf Jahre ist problematisch, denn oft kommt es zu mutwilligen Verzögerungen des Verwaltungsverfahrens und der Erhebung. Die Ausweitung der Richtlinie würde die Mitgliedstaaten mit hohem Sozialniveau, die ohnedies bereits massive Probleme haben, noch mehr belasten, und eine Integration von Flüchtlingen würde noch schwieriger vonstatten gehen. Ich werde diesem Bericht ausgesprochen kritisch gegenübertreten.
Cecilia Malmström, Mitglied der Kommission. – Herr Präsident, ich habe dem nicht viel hinzuzufügen. Es gibt in diesem Parlament eine breite Unterstützung für die Arbeit, die Herr Moraes bei dieser wichtigen Richtlinie geleistet hat.
Ich möchte erneut Herrn Moraes und den anderen Kolleginnen und Kollegen die Zusicherung geben, dass dies ein wichtiger Baustein ist. Ich denke, dass er morgen in der Abstimmung stark unterstützt werden wird. Dies ist ein erster Schritt in unserer gemeinsamen Reise hin zum Jahr 2012 und zum Asylpaket. Ich hoffe nur, dass dieser Geist der guten Zusammenarbeit erhalten bleibt, denn ich brauche – und darauf zähle ich – Ihre Unterstützung für die übrigen Richtlinien.
Claude Moraes, Berichterstatter. – Herr Präsident, ich möchte der Kommissarin erneut offiziell für ihren Beitrag hierzu danken.
Einer der Gründe, weshalb wir hoffen, dass der erste Schritt in der Asylfrage in der morgigen Abstimmung abgeschlossen werden kann – und ich hoffe auf eine überzeugende Mehrheit – ist, obgleich die Asylfrage eines der äußerst heiklen Themen für dieses Parlament bleibt, wie Herr Busuttil speziell für die kleineren Länder darlegte, dass jede Asylbestimmung nicht nur für kleine Länder, sondern auch für Brennpunktländer wie Griechenland unverhältnismäßige Folgen haben kann.
Wir sollten alle vorsichtig vorgehen, so wie wir es in diesem Bericht taten. Ferner gibt es einige Punkte in der Begründung, welche sicherstellen, dass die Bedenken der Kolleginnen und Kollegen sehr ernst genommen werden, insbesondere, wenn sie von seriösen Kolleginnen und Kollegen geäußert werden. Zum Beispiel denke ich, dass wir sowohl die Bedenken von Frau Nedelcheva zur Integration als auch die Äußerungen von Frau Wikström, als sie über Familienmitglieder und Ausweisung sprach, sowie die Fragen zu häuslicher Gewalt und weitere Themen aufnehmen können. Wenn wir diese Art von Zusammenarbeit führen, verlaufen Verhandlungen auf der höheren Ebene von Kommission und Rat dank der Arbeit, die wir mit den Kolleginnen und Kollegen im Parlament leisten, sehr gut.
Schließlich, Frau Sargentini, wollte ich wirklich einen einfallsreichen Weg finden, um zum Ausdruck zu bringen, dass die Korrelationstabellen wirklich enorm wichtig waren. Zu sagen, dass Asylsuchende jetzt auf die Umsetzung der Korrelationstabellen warten, ist möglicherweise das originellste und phantasievollste Lobbying, um die Entschließung über die Korrelationstabellen Wirklichkeit werden zu lassen. Demnach hoffe ich, dass der Rat zugehört hat. Ich danke noch einmal allen meinen Kolleginnen und Kollegen nach so langer Zeit für Ihre Unterstützung zu diesem Bericht.
Der Präsident. – Die Aussprache wird geschlossen.
Die Stimmabgabe findet am Dienstag, den 14. Dezember 2010 statt.
20. Territorialer, sozialer und wirtschaftlicher Zusammenhalt - „Good Governance“ und Regionalpolitik der EU (Aussprache)
Der Präsident. – Als nächster Punkt folgt die gemeinsame Aussprache über die folgenden Berichte:
- A7-0309/2010 von Herrn Petru Constantin Luhan im Namen des Ausschusses für regionale Entwicklung zum territorialen, sozialen und wirtschaftlichen Zusammenhalt
Petru Constantin Luhan, Berichterstatter. – (RO) Herr Präsident, wir haben mit diesem Bericht beabsichtigt, die im Titel aufgeworfenen Fragen zu beantworten, nämlich, ob die Schaffung eines wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalts eine Grundvoraussetzung für die weltweite Wettbewerbsfähigkeit in der Europäischen Union ist – mit einem besonderen Schwerpunkt auf die Funktion der Kohäsionspolitik in diesem Zusammenhang.
Es ist alarmierend, dass es zwischen den 271 Regionen der Europäischen Union solch große Ungleichheiten gibt. Während die am stärksten entwickelte Region ein BIP pro Kopf von 334 % des Durchschnitts der EU-27 hat, macht diese Zahl in der ärmsten Region nur 26 % aus – anders gesagt, sie ist 13-mal kleiner.
Ein weiterer nachteiliger Faktor ist die wirtschaftliche Wachstumsrate in der Europäischen Union, die im Vergleich zu unseren internationalen Wettbewerbern langsamer ist. Um stärker zu werden, müssen wir demnach, wie es auch in der EU-Strategie bis 2020 erwähnt ist, strategische Bereiche entwickeln und uns außerhalb der Europäischen Union umschauen.
Europa steht einer schwierigen Aufgabe gegenüber, da es, abgesehen von den Auswirkungen der derzeitigen Krise, auch weitere wichtige Herausforderungen wird angehen müssen, wie die Anpassung an die Globalisierung, den demografischen Wandel, den Klimawandel und die Probleme der Sicherheit der Energieversorgung.
Die Rolle der Kohäsionspolitik in der EU-Strategie 2020 steht außer Frage. Ich denke, dass diese politischen Prioritäten an den Zielen der zukünftigen Strategie ausgerichtet sein müssen, aber es ist darauf hinzuweisen, dass sie immer noch eine unabhängige Politik bleiben muss. Die mit der Strategie verfolgten Ziele können leichter erreicht werden, indem die Synergie einerseits zwischen Forschung, Entwicklung und Innovationen und andererseits den Kohäsionsprogrammen erhöht wird. Wir müssen Großprojekte mit einer großen Tragweite auf EU-Ebene fördern, welche Wirtschaftswachstum erzeugen, Arbeitsplätze schaffen und die nachhaltige Entwicklung für die Regionen sicherstellen.
Besondere Bedeutung sind auch Investitionen in die Infrastruktur beizumessen, wie Verkehr, IKT, sozial-, bildungs- oder umweltbezogene Forschung und Entwicklung. Diese werden dazu beitragen, ein angemessenes Niveau der Zugänglichkeit für alle europäischen Bürgerinnen und Bürger zu erreichen, wobei ihnen Chancengleichheit in Bezug auf Entwicklungspotenziale eingeräumt wird.
Die Leitlinien auf lokaler und regionaler Ebene werden durch besondere Merkmale des Bereichs mit der sich bietenden Gelegenheit zur Schaffung sofortigen Mehrwerts bestimmt werden. Die Anwendung des Grundsatzes der Dezentralisierung muss bis hin zur Ebene der kommunalen Selbstverwaltung gefördert werden, um die Aufnahme von europäischen Mitteln zu verbessern.
Bei der Förderung der wirtschaftlichen Wettbewerbsfähigkeit und der Schaffung von Arbeitsplätzen darf die besonders wichtige Rolle der KMU nicht übersehen werden. Sie müssen von einem verbesserten Zugang zur EU-Finanzierung, zu Finanzierungsinstrumenten und sonstigen Kreditquellen profitieren. Die Maximierung der Auswirkungen der Kohäsionspolitik ist für die Förderung der wirtschaftlichen Wettbewerbsfähigkeit ein absolutes „Muss“. An dieser Stelle möchte ich die Notwendigkeit betonen, die Vereinfachung der Verfahren für die Inanspruchnahme von EU-Mitteln fortzusetzen, ihre flexible Nutzung zu garantieren, das BIP weiterhin als das Hauptkriterium für die Bestimmung der Förderfähigkeit von Regionen im Rahmen der Kohäsionspolitik zu verwenden und das Erfordernis eines konkreten Vorschlags der Kommission zu öffentlich-privaten Partnerschaften hervorzuheben.
Unter dem Aspekt der Zunahme der weltweiten Wettbewerbsfähigkeit der Europäischen Union bin ich der Ansicht, dass ein Teil der Mittel, welche der Kohäsionspolitik zugewiesen sind, für die Begründung und Aufrechterhaltung der Stellung Europas als einem globaler Vorreiter in den Branchen, wo es bereits einen Wettbewerbsvorteil hat und in den Branchen, wo für Europa die Möglichkeit besteht, ein globaler Vorreiter zu werden, verwendet werden sollten.
Meine Kolleginnen und Kollegen, demnach ist die Verwirklichung des wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalts neben strategischen Investitionen die Grundvoraussetzung für die weltweite Gewährleistung der wirtschaftlichen Wettbewerbsfähigkeit der Europäischen Union.
Ramona Nicole Mănescu, Berichterstatterin. – (RO) Herr Präsident, die derzeitige weltweite Krise hat erneut herausgestellt, wie wichtig auf jeder Ebene ein verantwortungsvolles Handeln und auch die Notwendigkeit einer ständigen Einbindung von lokalen und regionalen Gebietskörperschaften als gleichberechtigte Partner bei der Konzeption und Umsetzung von EU-Politiken und -Strategien sind, insbesondere, da sie fast 70 % des EU-Rechts durchsetzen.
Die Kohäsionspolitik spielt bei der Anwendung der Mehrebenenverflechtung eine entscheidende Rolle. Angesichts der erheblichen Auswirkungen, den es bei der Verwirklichung des territorialen Zusammenhalts in Europa hat, sollte der Grundsatz der Mehrebenenverflechtung für alle Mitgliedstaaten obligatorisch werden. In der Tat wird die aktive Beteiligung lokaler und regionaler Gebietskörperschaften am Entscheidungsfindungsprozess selbst in der prälegislativen Phase, neben einer relevanten aktuellen Analyse der Effektivität von anteiligen Verwaltungsmechanismen mit den diversen Verantwortlichkeiten, die die Kommission und die Mitgliedstaaten innehaben, sogar garantieren, dass im künftigen Programmplanungszeitraum bessere Ergebnisse hinsichtlich der Aufnahme von europäischen Mitteln erreicht werden.
Die konkrete Realität hat uns gezeigt, dass ein integrierter Ansatz im Rahmen der Regionalpolitik im Hinblick auf die erreichten Ergebnisse viel effektiver ist. Genau aus diesem Grund sollte dieser Ansatz auch obligatorisch werden. Wir brauchen eine gemeinsame Definition des Partnerschaftskonzepts. An dieser Stelle habe ich die Europäische Kommission dazu aufgefordert, als eine Voraussetzung für die Begründung von geeigneten Partnerschaften mit lokalen und regionalen Gebietskörperschaften eine Definition hierfür zu finden.
Demzufolge ist die Annahme der Methodologie zur lokalen Entwicklung, die auf lokalen Partnerschaften beruht, die für Mitgliedstaaten verfügbare Lösung zur Stärkung der Rolle von lokalen und regionalen Gebietskörperschaften bei der Verwaltung und Umsetzung von europäischen Programmen, insbesondere von Programmen mit Bezug zur Urbanisierung, Entwicklung des ländlichen Raumes und grenzüberschreitenden Entwicklung. Die Vereinfachung von Bestimmungen auf EU- und nationaler Ebene, nicht nur als eine Folge der Wirtschaftskrise, sondern auch als ein allgemeiner Grundsatz der künftigen Kohäsionspolitik, ist eine Voraussetzung für eine bessere „Governance“ bei der Anwendung der Kohäsionspolitik. Denn das wird die einzige Möglichkeit für uns sein, potenzielle Empfänger zu fördern.
Außerdem denke ich, dass wir für die künftige Programmplanungsperiode eine gemeinsame Regelung für die Verwendung europäischer Mittel benötigen, welche auf alle Mitgliedstaaten anwendbar ist, und dadurch die Möglichkeit für Letztere ausräumt, zusätzliche Bedingungen einzuführen, die den Zugang zu den Mitteln sogar einschränken.
Wenn es unser langfristiger Anspruch ist, eine Politik zu verfolgen, die klarer, ergebnisorientiert und viel einfacher anzuwenden ist, dann muss die Kommission sowohl die Hilfskapazitäten, die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften eingeräumt werden, als auch die Systeme für die Überwachung der auf nationaler Ebene durchgeführten Tätigkeiten verbessern. Ich glaube, dass Weiterbildung und die Anleitung dieser Behörden durch den Prozess der Umsetzung der Programme zur Reduzierung der hohen Fehlerrate, insbesondere im Hinblick auf die nicht förderfähigen Ausgaben und das öffentliche Auftragswesen, beitragen werden. Um einen doppelten Aufwand von Prüfungen und das übermäßige Kontrollniveau, mit dem derzeit die Empfänger konfrontiert sind, zu vermeiden, haben wir die Kommission dazu aufgefordert, ein einziges Handbuch für die Rechnungsprüfung zu erstellen, welches die einheitliche Anwendung eines Modells der „Einzigen Prüfung“ auf allen Ebenen erleichtern wird. Zu guter Letzt müssen wir Maßnahmen ergreifen, um die Beteiligung des privaten Sektors an europäischen Projekten zu fördern. Ein erster Schritt in diese Richtung ist die Vereinfachung der Regelungen für den Einsatz von Finanzierungsinstrumenten, die auf Klein- und Mittelbetriebe abzielen.
Abschließend möchte ich die gute Zusammenarbeit mit den Vertretern der Kommission während der Beratungen erwähnen sowie die Aufgeschlossenheit und Unterstützung, die sie gezeigt haben, indem sie den in diesem Bericht aufgeführten Maßnahmen effiziente Unterstützung zuteil werden ließen, was eine weitere Garantie dafür ist, dass diese Maßnahmen schließlich durch die Kommission angenommen werden.
Johannes Hahn, Mitglied der Kommission. − Herr Präsident, sehr geehrte Mitglieder des Europäischen Parlaments, insbesondere Frau Mănescu, Herr Luhan! Ich möchte mich ganz besonders bei Ihnen beiden für ihre beiden Berichte bedanken, die gegenüber der Regionalpolitik wieder konstruktiv und sehr positiv eingestellt sind und absolut zum richtigen Zeitpunkt kommen im Hinblick auf die gerade laufende Debatte über das künftige Bild der Regionalpolitik, vor allem mit Blick auf das Kohäsionsforum Ende Januar/Anfang Februar.
Es ist wichtig, gerade die Regionalpolitik immer wieder als Investitionspolitik, als eine Politik des Investierens in die Regionen, in die Menschen, für die Europäerinnen und Europäer zu sehen. Im Bereich der Innovations- und Regionalpolitik sind für diese Finanzperiode schon jetzt insgesamt 86 Milliarden Euro vorgesehen, die insbesondere Klein- und Mittelbetrieben helfen sollen, die Qualität der Arbeitnehmer, der Produktionsmethoden, der Servicemöglichkeiten zu verbessern. Aber es geht darum – und da haben beide vollkommen Recht –, in Zukunft unsere Strategie weiter zu verbessern, so dass wir neben der Kontrolle, die auch in Zukunft notwendig sein wird, neben dem korrekten Finanzgebaren auch die Ergebnisorientierung unserer Arbeit viel stärker in den Fokus unserer Betrachtung rücken. Ich sage immer – es ist ja auch ein Herzstück des Kohäsionsberichts und der Schlussfolgerungen: Fokussierung auf einige wenige Prioritäten, festgelegt in der EU 2020-Strategie, und die Flexibilität bei der Implementierung in den diversen europäischen Regionen sind kein Widerspruch.
Die Bedeutung des territorialen Zusammenhalts ist enorm. Für mich ist es ein Herzstück und gibt darüber Aufschluss, wie es möglich ist, die Lebensbedingungen in den Regionen weiter zu verbessern – was unsere Aufgabe ist –, um sicherzustellen, dass die Menschen auch in jenen Regionen eine Perspektive haben, in die sie hineingeboren wurden. Auch das ist ein Beitrag zur weiteren innereuropäischen Kohäsion.
In diesem Zusammenhang ist es wichtig – und das sollen die Akzente der künftigen Programmperiode sein –, die Rolle der Stadt wieder stärker in den Fokus zu rücken, eingedenk des Umstandes, dass rund 70 % der Europäerinnen und Europäer in städtischen Strukturen wohnen, dass es diesbezüglich jedoch absolut wichtig ist, die Stadt-Land-Beziehung nicht aus dem Auge zu verlieren. Hier gilt es mit anderen Fonds im Hinblick auf die Schnittstellen auch weiter an deren Verbesserung zu arbeiten und zu verhindern, dass es zu unnötigen Überlappungen kommt.
Es ist auch wichtig, was wir hier in diesem Haus vor einiger Zeit ja schon sehr umfassend und sehr gut – wie ich meine – diskutiert haben, ein Augenmerk auf Gebiete mit besonderen geografischen Eigenheiten zu haben und natürlich – das ist ein Thema, das uns noch sehr oft begegnen wird und mit dem wir uns zu befassen haben – auf die Frage der demografischen Entwicklung in Europa. Hier sind wir auf der einen Seite gerade in ländlichen Gebieten mit sehr gravierenden Entvölkerungstendenzen konfrontiert und auf der anderen Seite mit einer enormen Steigerung der Attraktivität des städtischen Bereichs, so dass wir hier auf der einen Seite immer mehr Menschen auf wenig Platz haben und es auf der anderen Seite zu einer entsprechenden Entvölkerung kommt. Dem kann bis zu einem gewissen Grad entgegengewirkt werden durch das Investieren in neue und alte Infrastruktur. Das ist ein ganz wesentlicher Beitrag, um das Wachstum sicherzustellen.
Ganz wichtig ist – das wurde insbesondere im Bericht von Frau Mănescu angesprochen – die Frage der Partnerschaft, der Kooperation. Ja, es ist wichtig, eine multi level governance zu entwickeln. Ich möchte aber auch gerade in diesem Haus sagen, es ist wichtig, dass auch die Regionen die lokale Ebene einbeziehen. Ich habe manchmal das Gefühl, wenn ich in den Regionen bin und diskutiere, dass die Lokalvertreter unter einer Nichteinbeziehung durch die Regionalvertreter und die Regionalvertreter unter einer Nichteinbeziehung durch die nationalen Vertreter leiden. Hier ist es notwendig, Instrumente zu entwickeln.
Ich bin bei Ihnen, aber ich muss Ihnen auch umgekehrt sagen: Natürlich haben wir den konstitutionellen Rahmen eines jeden Mitgliedslandes zu respektieren und entsprechend zu würdigen. Aber Sie haben in mir einen Unterstützer in der Frage, möglichst alle Ebenen, aber auch möglichst alle Stakeholder, auch NGO, in die Entwicklung unserer Partnerschafts- und Investitionsprogramme einzubinden.
Auf die Frage der finanziellen Kontrolle werde ich vielleicht in meiner abschließenden Replik noch eingehen, angesichts des Umstandes, dass ich meine Zeit schon überzogen habe. Ich begrüße auch den nunmehr amtsführenden Präsidenten, herzlich willkommen!
VORSITZ: Miguel Angel MARTÍNEZ MARTÍNEZ Vizepräsident
Iosif Matula, im Namen der PPE-Fraktion. – (RO) Herr Präsident! Die Kohäsionspolitik ist eine der wichtigsten und erfolgreichsten Politiken der EU. Der Vertrag von Lissabon ermöglicht es den territorialen Körperschaften, sich unmittelbarer an der Entscheidungsfindung zu beteiligen, was einen wichtigen Schritt hin zu einer echten Multilevel-Governance bedeutet. Diese sollte nicht nur im kommenden Programmplanungszeitraum eine Schlüsselposition einnehmen, sondern in allen Phasen der Entwicklung und Anwendung der Strategie Europa 2020.
Der Bericht von Frau Mănescu, der im Ausschuss für regionale Entwicklung einstimmig angenommen wurde, soll sich auf die Befugnisse und die Rolle regionaler und lokaler Gebietskörperschaften im Prozess der Umsetzung der Kohäsionspolitik konzentrieren. Im Bericht wird betont, dass der Multilevel-Governance-Ansatz horizontal in allen Bereichen der EU-Politik verfolgt werden sollte. Multilevel-Governance ist eine Voraussetzung für die Verwirklichung des territorialen Zusammenhalts und die Stärkung seines Potenzials. Sie sollte unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Gepflogenheiten der Verwaltungen in den einzelnen Mitgliedstaaten einem von der Basis ausgehenden („Bottom-up“) Ansatz folgen.
Im derzeitigen Programmplanungszeitraum und in Zukunft muss ein Schwerpunkt auf den integrierten Ansatz gelegt werden, was nicht nur die Verbesserung der Verwaltungskapazität, sondern auch die Verwendung der Instrumente des Finanz-Engineering mit einbezieht. Der Aufgabenbereich der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften muss ausgeweitet werden durch die Anwendung des auf lokalen Partnerschaften beruhenden methodischen Ansatzes der lokalen Entwicklung, besonders für Projekte in Zusammenhang mit städtischen, ländlichen und grenzübergreifenden Anliegen. Die Aufgabe dieser Partnerschaften besteht darin, das Erreichen einer ausgeglichenen Entwicklung zu unterstützen. Sie gehen über nationale Rahmen hinaus und tragen so zur Verstärkung des territorialen Zusammenhalts der EU bei. Außerdem werden sie nicht nur das gemeinsame Entwicklungspotenzial hervorheben, sondern auch die besonderen lokalen Aspekte.
Eine auf transparenten und klaren Verfahren aufbauende Multilevel-Governance wird somit zu einer Dezentralisierung führen, die in einigen Mitgliedstaaten noch immer notwendig ist. Zur Ausweitung des Aufgabenbereichs der regionalen und lokalen Gebietskörperschaften gehört auch, diesen die Verantwortung dafür zu übertragen, Projekte effizienter zu gestalten, was die Verfolgung eines stärker ergebnisbezogenen Ansatzes bedeutet.
Ich gratuliere Frau Mănescu und Herrn Luhan zu den hervorragenden Berichten, die sie vorgelegt haben und die der zukünftigen Kohäsionspolitik einen bedeutenden Mehrwert verschaffen werden.
Evgeni Kirilov, im Namen der S&D-Fraktion. – Herr Präsident! Lassen Sie mich meine Kollegen Herrn Luhan und Frau Mănescu für ihre ausgezeichnete Arbeit loben. Wir sind uns alle einig, dass die Kohäsionspolitik eine große Bedeutung für die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Regionen hat. Hinsichtlich der Weiterführung dieser Politik und dem, was durch sie erreicht wurde, wollen wir angemessene Mittel sehen oder zumindest nicht weniger für die Kohäsionspolitik zur Verfügung gestellte Gelder als bisher.
Genauso wenig wollen wir die Begünstigten zusätzlich belasten. Die zukünftige Gestalt der Kohäsionspolitik hängt von unserer gemeinsamen Entscheidung ab. Die Kommission spielt jedoch mit ihren Vorschlägen eine bedeutende Rolle, und hier verlassen wir uns auf Sie, Herr Kommissar Hahn, denn meiner Meinung nach müssen einige dieser Vorschläge – wie die angeregten Bedingungen, die die Mitgliedstaaten erfüllen müssen, um finanzielle Unterstützung von der Europäischen Union zu erhalten – weiter eingeschränkt werden.
Die Kohäsionspolitik aller Regionen muss unterstützt werden, und wir sollten nicht zulassen, dass diese in eine Lage geraten, in der sie unter der Unfähigkeit einer nationalen Regierung zu leiden haben. Auch hier stimme ich zu, Herr Kommissar, dass es wichtig ist, diese Ebenen weiterzuentwickeln. Es ist daher entscheidend, Komplexität nicht durch Konditionalität zu ersetzen und den Endbegünstigten das Leben nicht erneut schwer zu machen. Um zu gewährleisten, dass die Kohäsionspolitik zu positiven Ergebnissen führt, sollten wir den Regionen eine aktive Teilnahme ermöglichen. Wir sollten ihnen die Gelegenheit bieten, diesen Prozess als ihren eigenen anzusehen, ihnen angemessene Mittel zur Verfügung stellen und sicherstellen, dass sie diese so effizient wie möglich einsetzen.
Riikka Manner, im Namen der ALDE-Fraktion. – (FI) Herr Präsident, Herr Kommissar! Zunächst möchte ich den Berichterstattern für ihre hervorragende Arbeit danken. Diese beiden Berichte schaffen wirklich eine feste Grundlage für die zukünftige Kohäsionspolitik.
Eine lebensfähige Kohäsionspolitik, die sich an Europa als Ganzes wendet, ist eine absolute Voraussetzung für unsere globale Wettbewerbsfähigkeit, darüber besteht kein Zweifel. Wie der Kommissar sagte, ist Regionalpolitik nichts anderes als Investitionspolitik. Das ist es, wonach wir in Zukunft streben müssen. Zudem können wir durch die Kohäsionspolitik energisch auf die Ziele der Strategie Europa 2020 eingehen. Wenn wir bessere Forschung, Entwicklung und Innovationen wollen, müssen wir die Kohäsionspolitik auch als einen wesentlichen Bestandteil dieser Ziele und diese Ziele aus einem erweiterten Blickwinkel heraus betrachten.
Tatsächlich ist die Kohäsionspolitik nicht nur eine Solidaritätsfrage. Natürlich ist sie das teilweise, aber es ist der Kohäsionspolitik zu verdanken, dass wir jetzt über sehr stabil finanzierte Forschung, Entwicklung und Innovation verfügen. Deshalb ist es nur richtig, dass wir während des nächsten Förderzeitraums mindestens die gleiche Geldmenge wie bisher in die Kohäsionspolitik investieren. Im Fünften Bericht über den wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalt werden diese Faktoren auf hervorragende Weise berücksichtigt, und ist es auch sehr wichtig, dass wir mehr Zeit und Geld in Erfolge investieren.
Frau Mǎnescus Bericht bekommt auch eine sehr wichtige Schlüsselfrage der Kohäsionspolitik in den Griff, nämlich wie eine solche Politik, die gut ist und jede Ebene berücksichtigt, eingeführt werden kann. Wir hatten zum Beispiel einige enttäuschende Ergebnisse bezüglich der Umsetzungszahlen. Als Akteure der Regionalpolitik sollten wir diese Probleme der Kohäsionspolitik ernst nehmen und zudem versuchen, Lösungen für diese zu finden. Meiner Meinung nach hat es Frau Mǎnescu in ihrem Bericht auch hier hervorragend geschafft, sich diesen Fragen zuzuwenden.
Jean-Paul Besset, im Namen der Verts/ALE-Fraktion. – (FR) Herr Präsident! Ich möchte mich in meiner Rede auf Herrn Luhans Bericht konzentrieren.
Die regionale Kohäsionspolitik spielt in Europa eine wichtige Rolle bei der Verwirklichung einer ausgeglichenen, sozial harmonischen und ökologisch wirksamen, d. h. schlussendlich global wettbewerbsfähigen wirtschaftlichen Entwicklung.
Ich danke Herrn Luhan für die Einbeziehung einiger unserer Änderungsanträge, die auf die Einrichtung einer nachhaltigen, CO2-armen, die Artenvielfalt schützenden Wirtschaft abzielt. Dennoch können wir nicht für diese Entschließung stimmen, da sie eine Sicht der Kohäsionspolitik als Instrument für globale Wettbewerbsfähigkeit vertritt, die uns noch immer zu eng, zu beschränkt und unangemessen erscheint.
Wir müssen auf zwei hervorstechende Punkte hinweisen. Erstens verlässt sich der Berichterstatter bezüglich der Infrastruktur fast ausschließlich auf quantitative Maßnahmen als treibende Kraft für das Wachstum, wobei eine Zunahme für ihn das hauptsächliche Kriterium darstellt. Wir glauben, dass dies für unsere gegenwärtige Lage nicht angemessen ist. Zum Beispiel erwähnt er 246 operationelle Programme in Forschung und Entwicklung und ist stolz auf diese, jedoch ohne darauf einzugehen, was diese beinhalten. Forschung ist eine gute Sache, aber wir müssen auch wissen, worüber wir forschen.
Der zweite herausstechende Punkt besteht darin, dass der Berichterstatter keine ausreichend klaren Pläne herausarbeitet. Wir hätten uns eine robuste Wahl gewünscht, um die in diesem Bericht genannten Herausforderungen in Angriff zu nehmen, die Wahl einer grünen Wirtschaft, eines „Green New Deal“, die als Einzige die EU und ihre Regionen weiter nach oben bringen könnte.
Charalampos Angourakis, im Namen der GUE/NGL-Fraktion. – (EL) Herr Präsident! Diese Berichte verfolgen dieselbe volksfeindliche Politik wie die strategischen Pläne der Monopolgruppen in der Europäischen Union und der bürgerlichen Regierungen, die diesen dienen. In der Europäischen Union hat es nie einen Zusammenhalt geben, noch wird es jemals einen geben können, und das trotz der Anstrengungen, die gemacht wurden, um den politischen Zusammenhalt zum Zweck der Öffentlichkeitsmanipulation zu nutzen. Die Politik der Europäischen Union wird durch zwei grundlegende Elemente bestimmt: Das erste ist die tief verwurzelte Ungleichheit, die ein eigenes Merkmal der kapitalistischen Entwicklungsmethode ist, und das zweite grundlegende Element besteht darin, dass die Gemeinschaftsmittel nicht den Bedürfnissen des Volkes, sondern Maßnahmen und Infrastrukturen zugewiesen werden, die durch öffentlich-private Partnerschaften der Vermehrung von Kapitalertrag und heißem Geld für die Monopolgruppen dienen.
Nun, da die kapitalistische Krise anhält, wird sogar der irreführend bezeichnete Grundsatz der Gemeinschaftssolidarität aufgegeben und durch die Wettbewerbsfähigkeit des Kapitals ersetzt. Die Berichte und Pläne der politischen Vertreter des Kapitals für die zukünftige Kohäsionspolitik dienen den gegenwärtigen Bedürfnissen der Unternehmensverbände, schnelleren kapitalistischen Umstrukturierungen durch die volksfeindliche Strategie Europa 2020 und dem ungezähmten Angriff auf Arbeit, Versicherung und die sozialen Rechte der Arbeiterklassen. Die Europäische Union und die kapitalistische Entwicklungsmethode sind nicht in der Lage, dringende Bedürfnisse wie Erdbebenschutz, Bildung, Gesundheit und Sozialhilfe zu befriedigen. Deshalb ist der Austritt aus der Europäischen Union sowie der Kampf für eine sozialistische Planwirtschaft notwendiger denn je.
Trevor Colman, im Namen der EFD-Fraktion. – Herr Präsident! Ich spreche heute zu Ihnen, weil es meinem Kollegen Herrn Bufton, der eigentlich das Wort an Sie gerichtet hätte, unwohl ist. Ich spreche in seinem Namen zu Ihnen. Wie wir wissen, machen die Regionalfonds zusammen mit der GAP den größten Teil des EU-Haushalts aus. Jahrzehntelang wurde das britische Volk dazu gezwungen, für verschiedene Projekte in der ganzen EU zu bezahlen, von denen die meisten von keinerlei Nutzen für die Steuerzahler des Vereinigten Königreichs sind.
Kürzlich hat das Bureau of Investigative Journalism des Vereinigten Königreichs herausgefunden, dass die EU-Regionalfonds dazu verwendet werden, mit Waffen handelnde Unternehmen in Osteuropa zu unterstützen, wobei einige Projekte Mittel in Millionenhöhe erhalten, obwohl sie zu den reichsten Firmen gehören. Müssen diese Firmen wirklich durch EU-Beihilfen unterstützt werden? In Anbetracht des in dieser Haushaltslinie gängigen Betrugs und der verbreiteten Verschwendung sowie angesichts dessen, dass sie nicht einmal zu den Zwecken verwendet wird, die ihre Befürworter vorgeben, rufe ich die Koalition im Vereinigten Königreich dazu auf, die Mittel zurückzuziehen, da wir dieses Geld zuhause brauchen – ein weiterer Grund, aus der EU auszutreten.
Csanád Szegedi (NI). – (HU) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ungarn befindet sich sicherlich in einer speziellen Lage, wenn es um die Schaffung und Unterstützung von Regionen geht, die grenzübergreifende wirtschaftliche Einheiten bilden. Es ist eine historische Tatsache, dass die Regionen im Karpatenbecken einst eine Einheit gebildet haben. Daher unterstützen die Mitglieder der Jobbik eine Zusammenarbeit der Regionen und betrachten diese in der gegenwärtigen Lage auch als eine Notwendigkeit, die die inmitten des ungarischen Volks errichteten temporären Grenzen weiter aufweichen könnte.
Jedoch können wir uns, statt direkt über Brüssel ausbezahlte und kontrollierte Mittel, nur eine Finanzierung in Form von in Zusammenarbeit gestarteten und anerkannten Projekten auf der Grundlage einer Partnerschaft zwischen den betroffenen Ländern vorstellen. Auf lokaler und regionaler Ebene könnten die Erkennung und auch die Handhabung von Problemen wirksamer sein, wenn man die grenzübergreifende Natur der als Beispiel erwähnten wirtschaftlich verbundenen Regionen berücksichtigt. Selbst wenn nur wirtschaftliche Aspekte in Betracht gezogen werden, sollte dies unterstützt werden. Auf ähnliche Weise sollten die Vereinfachung der Vorschriften, die Einbeziehung von KMU in europäische Projekte und die wirtschaftliche Unterstützung von weniger entwickelten Regionen, damit diese aufholen können, gefördert werden, zögen diese beliebten Maßnahmen nicht eine Ausweitung der Befugnisse und der Überwachungsfunktion Brüssels und der Kommission zum Nachteil der nationalen Kontrolle nach sich. Den Regionen Priorität einzuräumen und ihnen direkte wirtschaftliche Unterstützung zu gewähren, könnte für die Ungarn im Karpatenbecken sogar den Beginn einer neuen Ära auslösen.
Jan Olbrycht (PPE). – (PL) Herr Präsident! Es gibt nur wenige europäische politische Strategien, die so viele Emotionen und Kontroversen hervorrufen. Die Kohäsionspolitik, die von den einen als eine sozialistische Strategie par excellence angesehen wird, wird von anderen als kapitalistische Strategie betrachtet. Von einigen wird sie als gerecht empfunden, von anderen als ungerecht. Einige halten sie für eine Art des Ausbügelns von Missverhältnissen, während andere sie als Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit verstehen.
Tatsächlich gibt es innerhalb der Strategie, die dazu gedacht ist, einen größeren Zusammenhalt zwischen den Gebieten der Europäischen Union zu begünstigen, und zwar nicht nur in Sachen sozialer Gerechtigkeit, sondern auch in Bezug auf eine Chancengleichheit hinsichtlich der Wettbewerbsfähigkeit, keine Widersprüche. In anderen Worten: Es handelt sich um einen Zusammenhalt für Wettbewerbsfähigkeit. Beide Berichte beinhalten dies und weisen auf bestimmte Aspekte hin, die nicht nur für unsere heutige Lage wichtig sind, sondern auch für die Debatte über die zukünftige Kohäsionspolitik. Ich möchte darauf aufmerksam machen, dass beide Berichte sich besonders auf das Partnerschaftsprinzip konzentrieren.
Ich fordere den Kommissar dazu auf, ernsthafte Überlegungen anzustellen, ob in den vorgeschlagenen Entwicklungsvertrag nicht eine Bedingung für die Mitgliedstaaten aufgenommen werden sollte. Eine solche Bedingung würde darin bestehen, dass sich ein Mitgliedstaat vor Vertragsunterzeichnung mit den lokalen und regionalen Partnern über alle Entwicklungsrichtungen, Prioritäten und Grundsätze zu einigen hat. Dies sollte verpflichtend sein, damit die Europäische Kommission jedem Mitgliedstaat die Verantwortung für die Umsetzung seines Teils der Kohäsionspolitik übertragen kann, ohne dass dabei Missverständnisse entstehen.
Georgios Stavrakakis (S&D). – (EL) Herr Präsident, Herr Kommissar! Ich möchte damit beginnen, der Berichterstatterin, Frau Mănescu, zu gratulieren und ihr für ihre hervorragende Mitarbeit und dafür, dass sie immerzu bereit war, Vorschläge von Kollegen in Zusammenhang mit den Inhalten des Berichts zu diskutieren und zu berücksichtigen, danken. Bezüglich der Inhalte dieses Berichts, über den wir diskutieren, besteht kein Zweifel, dass verantwortungsvolles Handeln grundlegend für den Erfolg jeder Strategie und besonders der Kohäsionspolitik ist, die auf einer gemeinsamen Verwaltung basiert, wobei sich der Großteil der Verantwortung hierfür auf die nationalen und regionalen Gebietskörperschaften verlagert hat. Es gibt nur eine Antwort auf die Herausforderungen dieses komplexen Verwaltungssystems: Multilevel-Governance.
Was ich hervorheben möchte, ist, dass, wenn wir die zukünftige Richtung der Kohäsionspolitik – zumindest demnach, wie diese gemäß dem Fünften Kohäsionsbericht bis zu einem gewissen Grad aussehen würde – berücksichtigen, wird die Multilevel-Governance sowohl in ihrem horizontalen als auch in ihrem vertikalen Ausmaß wesentlich zur Lebensfähigkeit jeglicher Entwicklungsinitiative und zum Erfolg dieser Strategie beitragen. Ebenso begrüße ich die Forderung nach einfacheren Vorschriften und größerer technischer Unterstützung seitens der Europäischen Kommission für die lokalen Behörden, da diese Faktoren eine größere Teilnahme an den Programmen und an einer tragfähigen Inanspruchnahme von Mitteln durch potenzielle Begünstigte garantieren. Die Bewertungen, die jetzt von der Europäischen Kommission vorgenommen werden, geben uns Informationen darüber, welche Körperschaften bei der Umsetzung der Programme des politischen Zusammenhalts ständig Probleme bezüglich ihrer Verwaltungskompetenzen haben. Wie im Bericht festgestellt wird, würde eine zusätzliche technische Unterstützung dieser Körperschaften zusammen mit der Verstärkung der Initiative zur Schulung von Ausbildern die Verwaltungskompetenzen selbst der kleinsten Körperschaft auf lokaler Ebene verbessern. Schließlich glaube ich, dass weiter vereinheitlichte und harmonisierte Vorschriften für die Strukturfonds eine solide Basis für die Anstrengungen für eine Vereinfachung und eine wirtschaftliche Haushaltsführung bilden werden.
Filiz Hakaeva Hyusmenova (ALDE). – (BG) Herr Präsident! Es ist erst ein paar Tage her, dass die Kommission für den Aktionsplan zur Strategie für den Donauraum gestimmt hat, daher werde ich Herrn Luhans Bericht im Lichte dieses Ereignisses betrachten, besonders weil Herr Luhan in seiner Erklärung sagt, dass sein Ziel die Anregung der Debatte über die Abhängigkeit und die sich ergänzenden Maßnahmen, die auf europäischer und nationaler Ebene ergriffen werden, sei. Ich möchte hier die regionale Ebene hinzufügen. Im Bericht wird der Rahmen, in dem die Kohäsionspolitik zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit der EU beitragen kann, betont. Es wird nicht explizit die Rolle der Makroregionen in diesem Prozess aufgezeigt, doch zeigt eine Analyse, dass die Strategie für den Donauraum genau so einen Rahmen auf einer niedrigeren Ebene darstellt, wie es auch zuvor die Strategie für die Ostseeregion war. Ich finde, dass die Bedingungen im Bericht mit den Gegebenheiten im Aktionsplan für den Donauraum übereinstimmen. Weiterhin sind die im Bericht enthaltenen Grundsätze zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit entscheidend für diese Strategie. Zum Beispiel wird im Bericht großen Wert darauf gelegt, Verbindungen zu anderen Gebieten aufzubauen. Es wird hervorgehoben, dass die Mitgliedstaaten einen auf die lokale Ebene ausgerichteten Ansatz zur Formulierung und Umsetzung der Kohäsionspolitik unterstützen müssen. Und all dies sind in die neue Strategie für die Donau-Makroregion eingebettete Verfahren.
Außerdem begrüße ich sehr die im Bericht enthaltene These, dass es wichtig sei, vor allem benachteiligten Regionen ständige Unterstützung zu bieten. Dies macht die Strategie für den Donauraum zu einem Spezialfall aus Herrn Luhans Bericht, der dessen Schlussfolgerungen vollständig entspricht. Ziel meines Vergleichs ist es, den wahren Weg der Kohäsionspolitik aufzuzeigen. Ich glaube, dass diese Grundsätze und Verfahren für den nächsten Planungszeitraum die Grundlage der Kohäsionspolitik bilden und eine ergebnisorientierte lokale Politik über die Makroregionen beinhalten sollten.
Elisabeth Schroedter (Verts/ALE). - Herr Präsident! Ich bedanke mich bei der Berichterstatterin zu Good Governance, bedanke mich vor allen Dingen für die gute Zusammenarbeit und gratuliere zu diesem hervorragenden Bericht. Dieser Bericht zeigt der Kommission, was in der nächsten Zeit, insbesondere im Bereich des Partnerschaftsprinzips, passieren muss. Er sagt, wie dafür gesorgt werden muss, dass auch lokale und regionale Ebenen beteiligt werden und wie Wirtschafts- und Sozialpartner und die Vertreter der Zivilgesellschaft in allen Phasen – an der Umsetzung und an der Evaluierung der Strukturfonds – beteiligt werden müssen. Das bedeutet eine Verpflichtung der Mitgliedstaaten zu einer echten Partnerschaft. Das bedeutet, dass die Partner befähigt werden, auf Augenhöhe mit den Verwaltungen zu reden, durch Ausbildungsmaßnahmen und finanzielle Unterstützungen, es bedeutet, dass die Partner echten Einfluss auf die Gestaltung der Programme haben. Bisher zeigt die Kommission leider wenig Engagement. Das betrifft genauso die laufende Periode wie das, was sie an Vorschlägen dazu gemacht hat. Und ich begrüße, dass Herr Olbrycht gesagt hat, dass, wenn es zu diesem Entwicklungs- und Investitionsvertrag kommt, das überhaupt nur geht, wenn eine Partnerschaft stattfindet und wenn die Partner auf Augenhöhe an der Entwicklung dieser Pläne beteiligt werden. Sonst besteht die Gefahr, dass wir von einem Europa der Regionen zu einem Europa der Mitgliedstaaten werden, und das ist nicht unser Ziel. Unser Ziel ist regionale Entwicklung und Beteiligung der lokalen und regionalen Ebene, der WiSo-Partner und der Zivilgesellschaft.
João Ferreira (GUE/NGL). – (PT) Herr Präsident! Diese Debatte findet in einem passenden Moment statt, in dem die wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Unterschiede innerhalb der Europäischen Union sich auf besorgniserregende Weise verschlimmern: Die Ungleichheiten zwischen den Ländern und Regionen und diejenigen innerhalb jedes Landes vermehren sich. Wir haben es eindeutig verfehlt, einen territorialen Zusammenhalt aufzubauen.
Die Kohäsionspolitik kann nicht isoliert von anderen Politikbereichen bestehen: Sie beeinflusst die vorherrschenden politischen Leitlinien und makroökonomischen Rahmenbedingungen und wird umgekehrt auch stark von diesen beeinflusst. Angriffe auf die Arbeiternehmerlöhne und -rechte, Abbau und Herabsetzung von öffentlichen Dienstleistungen, der Angriff auf die sozialen Funktionen des Staates und Kürzungen der öffentlichen Investitionen machen einen wesentlichen Teil der Wirtschafts- und Währungspolitik aus, die die Europäische Union den Mitgliedstaaten auferlegt. Hier handelt es sich um Strategien, die zu mehr Armut und Ungleichheit führen und die uns immer mehr daran hindern, einen Zusammenhalt aufzubauen.
Tatsächlich ist es so, dass die Kohäsionspolitik die Auswirkungen oder Ungleichgewichte, die durch die Eingliederung von Volkswirtschaften mit sehr verschiedenen Entwicklungsniveaus in den Binnenmarkt oder die Wirtschafts- und Währungsunion hervorgerufen wurden, nicht kompensiert hat. Die Unzulänglichkeit der dem Zusammenhalt gewidmeten Mittel und die Inkohärenz der makroökonomischen Strategien, die zwanghaft auf geldwirtschaftliche Konvergenz ausgerichtet sind, jedoch eine wirkliche Konvergenz unwirtschaftlich machen, sind bedeutende Ursachen, die korrigiert werden müssen, indem die Haushaltszuweisungen für die Kohäsionspolitik erhöht werden und die makroökonomische Strategie stark geändert wird.
Die Unterstützung der Produktion und Entwicklung der Produktionskapazitäten jedes Landes und jeder Region, die ganzheitliche Ausnutzung des lokalen Potenzials, über das jedes und jede von ihnen dank der nachhaltigen Verwendung ihrer Ressourcen verfügt, der Schutz der Umwelt und die Schaffung von Arbeitsplätzen mit Rechten sowie die Stärkung der Systeme der sozialen Sicherheit und öffentlichen Dienstleistungen sind strategisch entscheidend für einen wirksamen wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalt.
Giancarlo Scottà (EFD). – (IT) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich begrüße Frau Mănescus Bericht.
Multilevel-Governance spielt eine Schlüsselrolle in der Kohäsionspolitik, und diesbezüglich wird der Multilevel-Governance-Ansatz, der für Zusammenarbeit und gemeinsame Verantwortlichkeiten auf verschiedenen Verwaltungsebenen sorgt, bei der Verwaltung der Regionalfonds in die Praxis umgesetzt. Die Kommission fördert Initiativen zugunsten von regionalen und lokalen Gebietskörperschaften. Es muss einen größeren Anreiz zur Unterstützung solcher Vorschläge geben, damit die wirkliche Koordinierung und wirksame Umsetzung der europäischen Programme sichergestellt wird.
Die Partnerschaft muss durch eine Kultur garantiert werden, die auf einem Dialog zwischen den verschiedenen beteiligten Parteien beruht. Die Zusammenarbeit auf regionaler Ebene muss transparent sein und muss für eine gleichberechtigte Beteiligung aller Betroffenen sorgen.
Aus diesem Grund ist es wichtig, den subnationalen Vertretern durch Initiativen wie Erasmus für regionale und lokale Vertreter eine angemessene Ausbildung zu ermöglichen, deren Kosten von der Kommission getragen werden müssen. Dies ist ebenso für den Austausch bewährter Praktiken und zur Verbesserung der Qualität und Wirksamkeit der Verwaltung des Kohäsionsfonds nützlich.
Joachim Zeller (PPE). - Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Zunächst einmal bedauere ich es, dass wieder einmal eine wichtige Debatte zur Kohäsionspolitik fast an das Ende der Tagesordnung gedrückt wurde. Das wird dieser Politik und ihrer Wichtigkeit in keinster Weise gerecht. Ich danke den Berichterstattern für ihre Berichte, die uns nachdrücklich vor Augen führen, in welchem Politikfeld die Europäische Union wirklich erfolgreich war, nämlich in der Kohäsionspolitik, und dass es notwendig ist, diese Politik weiter fortzuführen. Und das in einem politischen Mehrebenensystem, als multi level governance.
Die Projekte der Kohäsionspolitik sind die Zeichen, in denen europäisches Handeln für die Bürgerinnen und Bürger unmittelbar sichtbar wird: in Projekten der Infrastruktur, in Sozialprojekten, in der Unterstützung von Forschung, Innovation, bei dem Erhalt von Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigung in den Regionen. In der aktuellen Debatte um die Zukunft der Europäischen Union sollten wir neben den Debatten um Währungen und Finanzen mit der gleichen Intensität die Debatte darüber führen, was die Europäische Union braucht, um ihren inneren Zusammenhalt zu gewährleisten, damit ein Auseinanderdriften von Ländern und Regionen in wirtschaftlicher, sozialer und politischer Hinsicht nicht stattfindet. Denn angesichts der globalen Herausforderungen und dem Auftreten neuer Wettbewerber auf dem Weltmarkt brauchen wir mehr Union und mehr Gemeinsamkeit. Dazu kann die Kohäsionspolitik den wesentlichen Beitrag leisten.
Allerdings brauchen wir dafür eine stärkere Ausrichtung der Kohäsionspolitik auf die Projekte und Politikfelder, die Europa insgesamt voranbringen, die den Starken die Möglichkeit gibt, stark zu bleiben, den Schwächeren die Möglichkeit eröffnet, zu den Starken aufzuschließen. Meines Erachtens sind dazu die Beibehaltung und der Ausbau der bisherigen Zielvorgaben in der Kohäsionspolitik notwendig. Notwendig erscheint mir aber auch eine stärkere Konditionierung und Ausrichtung der Fördermittel auf die zentralen europäischen Vorhaben, sei es beispielsweise im Verkehrssektor, im Energiebereich, bei der Regional- und Stadtentwicklung, bei Forschung und Innovation. Der Weg, den die Kommission in ihrem Fünften Kohäsionsbericht beschreibt, erscheint mir dabei als notwendig, nämlich die Fonds in einen gemeinsamen strategischen Rahmen einzubinden, der dann in eine Entwicklungs- und Innovationspartnerschaft zwischen der Kommission, den Mitgliedstaaten und den regionalen Vertretern mündet. Dazu gehört aber auch, dass die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften so früh wie möglich in diesen Prozess eingebunden werden. Dabei können die neuen Formen regionaler Zusammenarbeit den Prozess zu einer wirklichen multi level governance wirksam unterstützen.
Herr Präsident, erlauben Sie mir noch eine Bemerkung zum Kollegen Colman, der leider den Saal verlassen hat. Ich weise nochmals darauf hin: Die Europäische Union ist ein freiwilliger Zusammenschluss von Staaten. Wenn Staaten austreten wollen, haben sie das Recht dazu. Ich bin aber der Auffassung, dass die Bürgerinnen und Bürger Schottlands, Wales und Nordirlands und Englands das nicht wirklich wollen.
Erminia Mazzoni (PPE). – (IT) Herr Präsident, sehr geehrte Mitglieder der Kommission, meine Damen und Herren! Wir legen das Fundament für die Strategie Europa 2020, die wir uns integrativ, intelligent und innovativ vorstellen, und dabei müssen wir die im globalen Zusammenhang in Angriff zu nehmenden Herausforderungen klar platzieren.
Wir können nur am Wettlauf zur Wettbewerbsfähigkeit teilnehmen und ihn gewinnen, wenn es uns gelingt, einheitliche Niveaus in der Europäischen Union zu schaffen. Die drei Seiten der Kohäsionspolitik – die soziale, die wirtschaftliche und die territoriale – bilden zusammen mit den Strukturfonds die Instrumente, auf die wir unsere Aufmerksamkeit konzentrieren müssen. Tatsächlich dürfen wir nicht daran denken, die erforderlichen Kürzungen zur Überwindung der Finanzkrise in der Kohäsionspolitik vorzunehmen. Wir müssen im Gegenteil die Verantwortung für ihre Umsetzung und, dort wo sie versagt hat, für ihre Verbesserung übernehmen.
Auf der Grundlage der gesammelten Daten und der Untersuchung der erzielten Ergebnisse betont der Ausschuss für regionale Entwicklung in Herrn Luhans Bericht den engen Zusammenhang zwischen Wettbewerb und Zusammenhalt und schlägt Verbesserungsmaßnahmen für den nächsten Programmplanungszeitraum vor. Es besteht kein Zweifel, dass die EU nur wettbewerbsfähig werden kann, wenn sie die territorialen Ungleichheiten zwischen den verschiedenen Regionen erfolgreich überwindet.
In dieser Hinsicht danke ich Herr Luhan für die Annahme meines Änderungsantrags zur Unterstützung der Möglichkeit, für einen Übergangszeitraum von höchstens fünf Jahren vorteilhafte Steuerbestimmungen einzuführen – einer Möglichkeit, die bereits in der Entschließung enthalten war, der im Februar 2006 von diesem Parlament zugestimmt wurde. Dies stellt ein brauchbares Mittel zur Vermeidung einiger bei der Anwendung der Kohäsionspolitik eingetretenen Schwierigkeiten wie komplexe Verfahren, unzureichende Kontrollen und die Notwendigkeit einer wirksameren Überwachung dar.
Es wurden eine Reihe von Änderungsanträgen zu diesen Punkten eingebracht, um die Auswirkungen der Kohäsionspolitik zu optimieren und damit die wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit der EU zu steigern. Wie Herr Luhan in seinem Bericht aufzeigt, muss der Schwerpunkt sowohl auf horizontale als auch vertikale Partnerschaften zwischen lokalen Körperschaften und auf Kofinanzierung gelegt werden, zwei Elemente die als wesentliche Grundsätze angesehen werden müssen.
Außerdem ist es wichtig, die Vereinfachung der Verfahren und den Zugang zu Finanzierung zu beschleunigen, so wie es auch wichtig ist, bei der Verteilung der Mittel einen integrativen Ansatz zu wählen und Übergangsregelungen beizubehalten, vor allem in dieser schwierigen Zeit. Der von der Basis ausgehende Entscheidungsprozess, unter Einbeziehung der betroffenen Regionen, gewährleistet eine Entwicklungsförderung durch die Nutzbarmachung besonderer regionaler Aspekte.--
Schließlich werden im Bericht in dieser Hinsicht zwei Hauptziele hervorgehoben: Innovation und Infrastruktur. Ich glaube, dass dieser Bericht wichtig ist, weil er uns allen eine klare Strategie vorgibt, mit der in aller Ausführlichkeit auf das im Titel des Berichts genannte Problem reagiert werden kann.
Der Präsident. – Da ich innerhalb des Präsidiums für das Dolmetschen und Übersetzen verantwortlich bin, werde ich die Zuständigen bitten, an jedem Sitz ein Lämpchen wie das, das ich hier habe und das mir zeigt, dass die Dolmetscher Ihnen nicht folgen können, anzubringen, da es nicht sehr hilfreich ist, dass sie nur mich hierüber informieren können. Natürlich kann ich die Information weitergeben, aber ich denke, es wäre sinnvoller, wenn wir dieses Lämpchen an jedem Tisch hätten.
Nuno Teixeira (PPE). – (PT) Herr Präsident! Ich möchte damit beginnen, Herrn Luhan und Frau Mănescu zu der bemerkenswerten Arbeit, die sie durch ihre beiden Berichte geleistet haben, zu gratulieren. Sie haben beide einen bedeutenden Beitrag zur Diskussion über die neue Kohäsionspolitik für 2014-2020, die derzeit im Gange ist, geleistet.
Es ist heute mehr denn je entscheidend, einen wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalt zu erreichen, um die Wettbewerbsfähigkeit der Europäischen Union weltweit zu behaupten. Dieses Ziel wird erreicht werden, sofern wir uns dessen bewusst sind, dass wir nur durch die Stärkung und Weiterentwicklung der regionalen Dimension ein Europa haben können, das im Inneren zusammenhält und nach außen hin wettbewerbsfähig ist.
Ich möchte insbesondere auf drei Punkte, die ich für wesentlich halte, näher eingehen: Erstens die Dezentralisierung, nämlich sicherzustellen, dass die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften und besonders diejenigen, die über Rechtsetzungsbefugnisse verfügen, mehr teilhaben und zu einer besseren Umsetzung der Kohäsionspolitik beitragen. Zweitens die Aufforderung der Mitgliedstaaten, regionale und lokale Gebietskörperschaften dazu einzuladen, gleichberechtigt mit ihren nationalen Körperschaften und Vertretern an den Verhandlungen über die Zukunft der Strukturfonds teilzunehmen. Und schließlich die Stärkung der Rolle der regionalen Körperschaften bei der Vorbereitung, Verwaltung und Umsetzung der Programme. Nur durch die stärkere Einbindung dieser Gebietskörperschaften in den Gesamtprozess wird es möglich sein, dem Subsidiaritätsprinzip gerecht zu werden.
Ein weiterer Aspekt, den ich für wesentlich halte, ist eine einfachere Architektur für die Fonds nach 2013, nicht als Ergebnis der Wirtschaftskrise, sondern eher als allgemeines Prinzip für die zukünftige Kohäsionspolitik, um für eine bessere Mittelverwendung zu sorgen. Das große Ziel innerhalb des Vertrags von Lissabon war es, Europa näher an seine Bürgerinnen und Bürger heranzubringen. Anstatt dies einfach in die Tat umzusetzen, sollten wir ihnen das Leben vereinfachen, in dem wir unnötige Verwaltungslasten, die sie von einer aktiven Teilnahme abhalten, vermeiden. Nur auf diese Weise werden wir das Ziel eines wahren territorialen Zusammenhalts erreichen. Nur auf diese Weise werden wir die eklatanten Ungleichheiten, die heute in der Europäischen Union bestehen, in der gegenwärtig eine tiefe Kluft zwischen reichen und armen Regionen klafft, vermindert sehen. Größere Beteiligung bedeutet auch größere Verantwortung, und genau diese Verantwortung sollte von allen übernommen und geteilt werden, um mehr und auf bessere Arte und Weise zur Schaffung eines stärkeren, wettbewerbsfähigeren Europas beizutragen.
Hermann Winkler (PPE). - Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch ich möchte den beiden Berichterstattern zu ihrer gelungenen Arbeit gratulieren und mich bedanken. Insbesondere die Hinweise, die Petru Luhan zum Thema „Zukünftige Architektur der Kohäsionspolitik ab 2014“ gibt, sind sehr zu begrüßen. Auch wenn die Schlussfolgerungen zum Fünften Kohäsionsbericht bereits erste Ideen der Kommission zu dem Thema aufzeigen, so ist der Bericht des Kollegen Luhan doch ein wichtiger Beitrag zur Positionierung des Parlaments gegenüber der Kommission. So halte ich es – wie auch der Berichterstatter – durchaus für sinnvoll, dass die Kohäsionspolitik künftig mit den Zielen der EU-2020-Strategie in Einklang stehen soll. Dennoch müssen die einzelnen Regionen weiterhin ihre eigenen Schwerpunkte setzen können.
Es sind nicht alle Regionen gleich, und auch nicht innerhalb des jeweiligen Mitgliedstaates sind die Regionen gleich. Bei maximal zwei bis drei Prioritäten, von denen eine möglicherweise auch noch zwingend vorgeschrieben wird, bliebe nicht mehr viel Spielraum für die Regionen. Und die Regionen brauchen Luft, um zu investieren, in die Infrastruktur und in die Köpfe, mit eigenen Prioritäten. Besonderheiten wie beispielsweise die demografische Entwicklung könnten dann möglicherweise nicht genügend berücksichtigt werden. Von einer den Bedürfnissen der Regionen angepassten Regionalpolitik, von der die Kommission immer spricht, bliebe dann nicht mehr viel übrig. Aus diesem Grund bin ich der Auffassung, dass wir als Parlament von Anfang an ganz deutlich machen müssen, dass die Regionen gegenüber den Mitgliedstaaten nicht geschwächt werden dürfen. Das sogenannte Partnerschaftsprinzip muss weiter gestärkt werden.
Je nach Staatsaufbau kommt den Regionen in der EU eine sehr unterschiedliche Bedeutung zu. Aus diesem Grund muss dem Subsidiaritätsprinzip besondere Bedeutung beigemessen werden. Dies muss bei der Idee der Kommission, zukünftig zwischen Kommission und Mitgliedstaaten Innovations- und Entwicklungspartnerschaften zu vereinbaren, berücksichtigt werden.
Ohne zu sehr ins Detail zu gehen: Lassen Sie mich noch kurz auf die Bedeutung von Ziel 3 eingehen: Ich stimme dem Berichterstatter ausdrücklich zu, wenn er von den Schwierigkeiten in den Grenzgebieten an den EU-Binnen- und Außengrenzen spricht. Hierauf muss das Ziel zukünftig stärker eingehen. In meiner Wahrnehmung wird dem Ziel 3 in der aktuellen Debatte zur Zukunft der Kohäsionspolitik zu wenig Gewicht beigemessen. Gerade bei der Zusammenarbeit zwischen den Regionen an den ehemaligen EU-Außengrenzen – ich verweise auf meine Heimat Sachsen – ist noch vieles ausbaufähig.
Barbara Matera (PPE). – (IT) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die vom Rechnungshof in den Jahresberichten von 2006 und 2008 vorgelegten Daten über die in Funktion befindlichen Kontrollsysteme für die Kohäsionspolitik sind sicherlich alarmierend.
Diese Systeme waren nicht so wirksam, wie sie hätten sein sollen, sie wiesen eine Fehlerquote von 12 % bei den im Jahr 2006 und 11 % bei den im Jahr 2008 zurückgezahlten Beträgen auf. Wenn diese Fehlerquote verringert werden soll, muss die Europäische Kommission ihre Überwachungsrolle hinsichtlich der lokalen und regionalen Strategien verstärken.
Die Entwicklung eines Leitfadens für den öffentlichen und privaten Sektor und die Schaffung eines Ausbildungs- und Mobilitätsprogramms darüber, wie die Multilevel-Governance-Strategien in der Praxis anzuwenden sind, könnten wirksame Maßnahmen zur Verbesserung der Regionalpolitik darstellen.
Weiterhin müssen die Mitgliedstaaten die Rolle der regionalen und lokalen Gebietskörperschaften stärken, besonders nach dem Inkrafttreten des Vertrages von Lissabon.
Genauso ist es notwendig, die grenzübergreifende regionale Zusammenarbeit zu fördern. Tatsächlich besteht in vielen Gebieten der Europäischen Union ein enormes Potenzial der Zusammenarbeit zwischen Regionen und lokalen Gemeinschaften angrenzender Mitgliedstaaten, besonders in Sektoren wie Tourismus, Landwirtschaft, Industrie und Umwelt.-
Ich konnte meine Rede innerhalb der mir zugewiesenen Zeit beenden; daher möchte ich die Gelegenheit noch nutzen, den Dolmetschern zu danken, die immer so gut zu uns sind.
Jan Kozłowski (PPE). – (PL) Herr Präsident, Herr Kommissar! Zu Beginn möchte ich betonen, dass ich diesen Bericht für besonders wichtig halte, und dem Berichterstatter, Herrn Luhan, zu seiner hervorragenden Arbeit gratulieren. Ich bin der Meinung, dass die Kohäsionspolitik die Vorzeigepolitik der Europäischen Union sein und ihre Bedeutung in den nächsten Jahren wachsen sollte. Als horizontale Strategie sollte sie die von den Sektorpolitiken einzuschlagende Richtung bestimmen und zu einer Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Regionen sowie zur Stärkung der Stellung der Europäischen Union auf den globalen Märkten beitragen. Das System zur Umsetzung der Kohäsionspolitik muss modern und flexibel sein und auf einem Multilevel-Governance-Modell beruhen, was bereits viele Male erwähnt wurde. Es sollte ebenso die Koordinierung der Strukturfonds mit anderen europäischen Instrumenten und mit nationalen Mitteln fördern.
Ich habe während zweier Amtsperioden eine Region mit 2 200 000 Einwohnern verwaltet und war verantwortlich für die Umsetzung der Instrumente der Kohäsionspolitik auf der Grundlage sowohl eines zentralisierten Modells von 2004 bis 2006 als auch eines dezentralisierten Modells – das der regionalen operationellen Programme – von 2007 bis 2013. Diese Erfahrungen erlauben mir, mit voller Gewissheit zu erklären, dass das dezentralisierte Modell eine bessere Ausnutzung des lokalen Potenzials zur Umsetzung strategischer Lösungen und zur Durchführung positiver Veränderungen ermöglicht, weshalb ich davon überzeugt bin, dass die Ziele auf europäischer Ebene vereinbart werden sollten, die Wege, diese zu verwirklichen, jedoch gemäß dem Subsidiaritätsprinzip auf der am besten dafür geeigneten Ebene definiert werden sollten, d. h. im Fall der Kohäsionspolitik auf regionaler und lokaler Ebene. Gleichzeitig ist es entscheidend, die Mittelausgabe mit dem Erreichen messbarer Ziele und Ergebnisse zu verknüpfen: Wirtschaftswachstum sowie ein höheres Maß an Beschäftigung und sozialer Eingliederung.
Elena Băsescu (PPE). – (RO) Herr Präsident! Auch ich möchte meinem Kollegen Herrn Luhan zu all seinen Bemühungen bei der Erstellung dieses Berichts, der auch für Rumänien besonders wichtig ist, gratulieren. Ich glaube, dass die Strategie Europa 2020 einen Plan zur nachhaltigen Entwicklung fördern muss. In dieser Hinsicht sind sowohl eine stärkere Vertretung nach außen als auch eine wirksamere Koordinierung im Inneren der EU erforderlich.
Dieser Bericht ist wichtig, weil er die Errungenschaften der Kohäsionspolitik erwähnt. Tatsächlich wird der Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit der Regionen auf globaler Ebene größere Bedeutung zugewiesen. Die Zuweisung von Mitteln für Investitions- und Entwicklungsvorhaben wird unserem Land zweifellos großen Nutzen bringen. Ich möchte darauf hinweisen, dass Rumänien sowohl gegenwärtig als auch in der Zeit nach 2013 für die Zuweisung beträchtlicher Mittel infrage kommen könnte.
In dieser Hinsicht gab es auf nationaler Ebene...
(Der Präsident entzieht der Rednerin das Wort)
Luís Paulo Alves (S&D). – (PT) Herr Präsident, Herr Kommissar! Es ist wahr, dass die Kohäsionspolitik einen wichtigen Beitrag zu sowohl Wachstum und Wohlstand als auch zur Förderung einer ausgewogenen Entwicklung der Regionen leistet. Es ist wahr, dass eine ausgewogene Entwicklung der Regionen wesentlich für das Funktionieren des Binnenmarktes und der EU selbst ist und dass die Kohäsionspolitik entscheidend für das Erreichen der Ziele der Strategie Europa 2020 ist. Es ist auch wahr, dass die Kohäsionspolitik nützlich für die Umwelt, die Schaffung von Arbeitsplätzen und die Gestaltung und Schaffung eines modernen Verkehrsnetzes ist. Aufgrund all dieser Punkte, Herr Präsident, Herr Kommissar, ist es untragbar, dass die Kommission nun diese Erfolge der Regionen ausnutzt und sie jetzt auch als Drohung gegen diejenigen Mitgliedstaaten verwenden möchte, die die makroökonomischen Kriterien nicht erfüllen. Dies gilt vor allem in Anbetracht dessen, dass die Regionen in diesen Situationen nicht einmal einbezogen wurden und über keine direkten Befugnisse verfügen, sowie angesichts dessen, dass sie diejenigen sein werden, die am meisten von den Einschränkungen der Verwendung der Strukturfonds betroffen sein werden. Das ist nicht richtig, Herr Kommissar, und ich möchte gerne Ihre Antwort hören.
Alfreds Rubiks (GUE/NGL) . – (LV) Herr Präsident! Ich möchte die Aufmerksamkeit des Parlaments auf den sozialen Zusammenhalt lenken. Ich finde es schwierig, bei Gesprächen mit Wählern zu erklären, dass wir hier auf tief gehende und überlegte Weise Entscheidungen treffen, wenn sich ihr Lebensstandard seit dem Beitritt zur Europäischen Union verschlechtert hat. Ich spreche von Lettland. 34 % der lettischen Bevölkerung lebt derzeit vom Existenzminimum und an der Armutsgrenze. Die Mindestrente beträgt 64 LVL und wird von 12 % der Bevölkerung bezogen. Was ich in diesem Saal sehe und höre, was diese Berichte beinhalten, kann ich meinerseits nicht unterstützen, da meiner Ansicht nach sozialen Fragen hier keine besondere Aufmerksamkeit geschenkt wird. Noch einmal: Wir sprechen hier über eine weitere Marktliberalisierung, Wettbewerbsfähigkeit...
(Der Präsident entzieht dem Redner das Wort)
Peter Jahr (PPE). - Herr Präsident! Ich möchte vier Bemerkungen zu den vorliegenden Berichten machen.
Erstens: Die Europäische Union macht für die Menschen nur dann Sinn, wenn sie versucht, die wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Ungleichgewichte zu verringern.
Zweitens: Die europäische Kohäsionspolitik ist das entscheidende finanzpolitische Instrument zur Realisierung dieser Zielstellung.
Drittens: Wer dies kritisiert, der sollte ehrlicherweise eine Alternative formulieren. Wenn er keine Alternative hat, sollte er lieber schweigen.
Viertens: Gerade in meiner Heimat – ich komme aus dem Osten Deutschlands – hat diese Politik die wirtschaftliche Entwicklung vorangebracht. Wir sind auf dem Weg, aber noch nicht angekommen. Deshalb brauchen wir auch noch nach 2013 weitere Unterstützung, damit wir weiter auf dem Weg bleiben können.
Seán Kelly (PPE). – Herr Präsident! Tip O’Neill, der große irisch-amerikanische Politiker, hat einmal gesagt: „Alle Politik ist lokal.“ Dies könnte beim Thema Entwicklung auch auf die Europäische Union angewendet werden. Alle Entwicklung war regional.
Insbesondere der Erfolg meines eigenen Landes unter der Kohäsionspolitik, seit wir der Europäischen Union beigetreten sind, ist ein perfektes Beispiel hierfür. Wir hatten ein etwas über 50 % des Durchschnitts liegendes BIP, als wir der EU 1973 beitraten, doch jetzt haben wir ein BIP von 150 % des Durchschnitts und dies trotz der gegenwärtigen finanziellen Schwierigkeiten meines Landes.
Zweitens wird einer der Schlüsselaspekte auf unserem weiteren Weg die Vereinfachung des Verfahrens, die Schwerpunktsetzung auf Ergebnisse und Mehrwert sowie der Versuch sein, Bürokratismus und Vorschriften zu verringern. Man könnte Formulare von hier unten bis zur Decke des Parlaments ausfüllen, doch wenn dies keinen Mehrwert bringt, ist es nutzlos. Wenn wir dies schaffen, können wir weitere Fortschritte erzielen, und ich freue mich zweifellos darauf, zu sehen, dass die Regionalpolitik...
(Der Präsident entzieht dem Redner das Wort)
Miroslav Mikolášik (PPE). – (SK) Herr Präsident! Eine wirksame Anwendung der Kohäsionspolitik, die derzeit sehr dezentralisiert ist, erfordert eine weitere Förderung der Befugnisse der Gebietskörperschaften auf regionaler und lokaler Ebene, da diese Körperschaften die Bedürfnisse eines bestimmten Gebietes und seiner Bewohner am besten verstehen.
Ich glaube fest daran, dass die Schaffung einer wahren Partnerschaft mit regionalen und lokalen Gebietskörperschaften einer eindeutigeren Definition des sogenannten Grundsatzes der Partnerschaft als auch einer aktiven Einbindung lokaler und regionaler Körperschaften in die Verhandlungen über die Regionalpolitik der Europäischen Union bedarf. Ich möchte betonen, dass eine bessere Koordinierung zwischen den verschiedenen Kontrollebenen, mehr Flexibilität sowie transparente und klare Verfahren nicht nur Merkmale einer guten Verwaltung öffentlicher Angelegenheit darstellen, sondern vor allem die Inanspruchnahme von Mitteln vereinfachen und die Beteiligung potenzieller Partner an Projekten vermehren sollten.
Johannes Hahn, Mitglied der Kommission. − Herr Präsident! Ich bedanke mich für die sehr engagierte Debatte, und ich wollte auch die Gelegenheit nutzen, noch ein paar Worte zur Finanzkontrolle zu sagen. Es ist sicherlich ein Thema – ich betone das immer wieder an verschiedenen Stellen –, dass wir uns damit zu beschäftigen haben, die Dinge einfacher zu gestalten, insbesondere vor dem Hintergrund, dass wir uns verstärkt bemühen müssen, dass kleine und mittlere Betriebe auch die Möglichkeit nutzen, die wir ihnen mit europäischen Fonds und in der Zukunft zum Beispiel noch verstärkt mit sogenannten revolvierenden Fonds anbieten wollen, und dass wir hier schauen müssen, den sogenannten red tape möglichst gering zu halten.
Auf der anderen Seite muss ich auch immer wieder darauf hinweisen, dass ein Gutteil der Bürokratie zusätzlich auf nationaler Ebene hinzutritt. Also nicht alles, was im Rahmen eines europäischen Projekts an Bürokratie auftaucht, ist auf Brüssel zurückzuführen, sondern es handelt sich sozusagen um ein „Gesamtkunstwerk“ von nationaler und europäischer Ebene. Daran haben wir gemeinsam zu arbeiten. Frau Mănescu, ich stimme Ihnen zu, dass wir uns bemühen müssen, hier Standards zu entwickeln, aber natürlich kann ich nationale Gesetzgebungen und Gegebenheiten nicht ganz ausblenden. Aber im Prinzip bin ich völlig bei Ihnen.
Auch das Thema Konditionalität bedarf noch einer ausgehenden Würdigung, für die heute hier nicht hinreichend Platz ist. Es geht definitiv darum, für jedes einzelne Land und für jede einzelne Region, dort, wo es notwendig ist, die Gründe zu identifizieren – meistens kennen wir sie –, die zu Verzögerungen bei der Umsetzung von Projekten führen. Meistens hat das keineswegs oder nicht primär mit Geld zu tun, sondern mit anderen Defiziten. Die vorab abzubauen, um hinterher im Interesse aller Beteiligten eine beschleunigte Abwicklung sicherzustellen, das ist der Hintergedanke der Konditionalität.
Ich bin auch den Debattenrednern dankbar, die auf den Entwicklungs- und Partnerschaftsvertrag hingewiesen haben, und darauf, dass das – so wie es Herr Olbrycht gesagt hat – eine Möglichkeit darstellt, verstärkt auf die Mitwirkung der regionalen und der lokalen Ebene zu dringen. Hier wird noch einiges an Nachdenkarbeit notwendig sein, wie wir das in der Tat in einer einigermaßen institutionalisierten und letztlich auch – ich bitte, das nicht zu vergessen – von den Mitgliedstaaten zu akzeptierenden Art und Weise umsetzen. Hier vertraue und baue ich auch auf den Rückhalt und die Unterstützung des Europäischen Parlaments, denn hier sind das Europäische Parlament, die Kommission und der Ausschuss der Regionen eines Sinnes. Aber es gibt noch einen weiteren Player, und das sind die Mitgliedstaaten, die wir hier davon zu überzeugen haben, dass letztlich auch für die Mitgliedstaaten ein Mehrwert entsteht, wenn sich mehr Leute mit der Programmplanung beschäftigen und sich dadurch hinterher viel besser damit identifizieren.
Ich bedanke mich auch für jene Wortmeldungen – ich glaube, sie kamen von der Fraktion der Grünen –, die sich mit dem Thema Wachstum auseinandergesetzt haben. Ich setze mich für ein qualitatives und quantitatives Wachstum ein. Wir brauchen beides. Und wenn ich etwa an die Forschung denke, dann ist das etwas, das eigentlich der Kategorie des qualitativen Wachstums zuzurechnen ist. Wenn wir beispielsweise als eine der großen Zielsetzungen haben, den Anteil der erneuerbaren Energie zu steigern, aber grundsätzlich auch energieeffizienter sein wollen, dann ist etwa die Frage der Forschung „Wie kann ich Elektrizität speichern, bereithalten und dann zur Verfügung stellen, wenn ich sie brauche?“ ganz wichtig, um noch effizienter bei der Generierung von Energie zu sein.
Alles in allem, und das ist auch deutlich geworden: Wir können die Ziele nur dann erreichen, wenn wir in der Tat eine Regionalpolitik haben, die alle Regionen Europas erreicht. Denn – auch das kam heute zum Ausdruck – wenn wir die EU-2020-Strategie umsetzen wollen, können wir das nur, wenn wir die Politik in alle Regionen transportieren, umsetzen, aber entsprechend den Bedürfnissen und Notwendigkeiten, die vor Ort gegeben sind.
Nochmals vielen Dank, insbesondere an die zwei Berichterstatter, für die sehr wertvolle Arbeit.
Petru Constantin Luhan, Berichterstatter. – (RO) Herr Präsident! Ich möchte damit beginnen, allen meinen Kollegen zu danken, die bedeutend zu diesem Bericht und schlussendlich zur Kohäsionspolitik und deren Zukunft beigetragen haben. Ich möchte auch den Schattenberichterstattern danken, die Änderungsanträge und Beiträge eingebracht haben, die genauso wichtig waren, und auch dafür, dass wir so leicht zu einer Einigung gekommen sind.
Ich möchte nicht zu ausführlich auf das eingehen, was gesagt wurde. Außerdem möchte ich mich für die freundlichen Hinweise, die Sie mir gegeben haben, bedanken. Dennoch möchte ich insbesondere das hervorheben, was Herr Kommissar Hahn gesagt hat. Das waren Anmerkungen, die einer Anerkennung wert sind. Er sagte, dass die Kohäsionspolitik eine Politik der Investition in Regionen und Menschen ist, was eine Voraussetzung für die Verbesserung des Lebensstandards in den Regionen der Europäischen Union ist. Ich bin absolut gleicher Meinung.
Ebenso stimme ich zu, dass wir für mehr Investitionen in jegliche Art von Infrastruktur Ihre Unterstützung genießen – für die wir Ihnen sehr dankbar sind –, worin eine absolute Voraussetzung für die Beseitigung der Ungleichheiten in der Europäischen Union besteht.
Zu Herrn Bessets Meinung möchte ich nur sagen, dass er, wenn er den Bericht genau durchgelesen hätte, bemerkt hätte, dass darin auch das auf einer grünen Wirtschaft beruhende Wirtschaftswachstum erwähnt wird. Außerdem ist es so, dass ich an der Stelle, wo es auch um die grüne Wirtschaft geht, direkt auf die Strategie Europa 2020 verwiesen habe. Deshalb möchte ich sagen, dass der Bericht momentan mehrheitliche Unterstützung findet.
Nochmals vielen Dank an Sie alle, und wir hoffen, dass die zukünftige Kohäsionspolitik auf dem richtigen Weg voranschreitet.
Ramona Nicole Mănescu, Berichterstatterin. – (RO) Herr Präsident! Ich möchte meinen Kollegen für ihren bedeutenden Beitrag zu diesem Bericht, vor allem in seiner endgültigen Version, sowie den Schattenberichterstattern und den übrigen Kollegen, die Änderungsanträge eingebracht haben, sowie nicht zuletzt denjenigen, die zu dieser späten Stunde noch während der Plenardebatte vorgesprochen haben, danken.
In Anbetracht der Tatsache, dass die Abstimmung im Ausschuss für regionale Entwicklung einen breiten Konsens der politischen Fraktionen hinsichtlich der nötigen Umsetzung der in diesem Bericht vorgeschlagenen Grundsätze und Maßnahmen aufgezeigt hat, kann ich mich nur darüber freuen, dass auch die heutige Debatte in die gleiche Richtung ging.
Das Arbeitsdokument wurde nach Beratungen mit der Europäischen Kommission, dem Ausschuss der Regionen und Vertretern der Begünstigten verfasst, denen ich ebenfalls nochmals für ihren Beitrag danken möchte. Wie ich bereits in meiner vorhergehenden Rede erwähnt habe, glaube ich fest daran, dass die Europäische Kommission die nötige Empfänglichkeit und Entschlossenheit dazu aufbringen wird, sicherzustellen, dass die von uns im Ausschuss für regionale Entwicklung gefundenen und vorgeschlagenen Lösungen nicht nur Anregungen bleiben. Wir haben präzise Vorschläge eingebracht, Herr Kommissar. Alles, was Sie tun müssen, ist, diese einer ernsthaften Betrachtung zu unterziehen. Ich sage dies, vor allem weil die Europäische Union in den nächsten Monaten ihre zukünftige Kohäsionspolitik und die Strategie Europa 2020 sowie die Bedingungen für deren erfolgreiche Umsetzung definieren und anpassen muss.
Unser Wunsch ist ein neuer Ansatz der Multilevel-Governance, der den wesentlichen Zielen der EU angemessen dient, sowie ein Europa der Bürgerinnen und Bürger, das sich durch Wirtschaftswachstum, sozialen Fortschritt und nachhaltige Entwicklung kennzeichnet.
Der Präsident. – Die Aussprache wird geschlossen.
Die Abstimmung findet morgen um 12.00 Uhr statt.
Schriftliche Erklärungen (Artikel 149)
Slavi Binev (NI), schriftlich. – (BG) Um einen echten sozialen und wirtschaftlichen Zusammenhalt zwischen den Mitgliedstaaten zu erreichen, müssen wir uns zunächst mit den Unterschieden zwischen ihnen befassen, nicht nur in Bezug auf Wirtschaftswachstum und Entwicklung, sondern auch, was ihre räumliche Lage betrifft. Zum jetzigen Zeitpunkt sehe ich keinen Sinn darin, über gemeinsame Maßnahmen zu sprechen. Die Maßnahmen müssen für jeden Mitgliedstaat unterschiedlich sein, da ihre Bedürfnisse auch unterschiedlich sind. Was die Rolle der Kommission bei den Verfahren für die Unterstützung und Überwachung von verantwortungsvollem Handeln in der Regionalpolitik betrifft, so muss die Kommission meines Erachtens zunächst ihre Verpflichtungen klar aufzeigen und angeben. Meine eigene Erfahrung mit der Thematisierung von Fragen bei der Kommission hat mir gezeigt, dass ich entweder eine ausweichende Antwort erhalte oder dass mir schlicht mitgeteilt wird, die Frage falle nicht in ihren Zuständigkeitsbereich. Ich komme aus einem Land, in dem das Abschieben von Verantwortung viele Jahre lang das übliche Vorgehen war, und ich wünsche mir, dass die Zuständigkeiten der Kommission klar definiert werden, damit wir klare Antworten und präzise Maßnahmen unter bestimmten Umständen erhalten können.
Alain Cadec (PPE), schriftlich. – (FR) Derzeit gibt es einen sehr ausgeprägten Schwelleneffekt zwischen Regionen, die im Rahmen des Konvergenzziels förderfähig sind, und Regionen, die nicht förderfähig sind. Dies wirkt sich für manche Regionen, die vielleicht nicht arm, aber gewiss auch nicht reich sind, ausgesprochen nachteilig aus. Es wäre sehr hilfreich, wenn dieser Schwelleneffekt abgeschwächt werden könnte, indem eine neue Kategorie von Regionen, die zwischen dem Ziel „Konvergenz“ und dem Ziel „regionale Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigung“ angesiedelt ist, geschaffen wird. Ich begrüße es, dass dies einer der Vorschläge in den Schlussfolgerungen des Fünften Kohäsionsberichts ist. Diese Zwischenkategorie könnte auf Regionen mit einem Pro-Kopf-BIP zwischen 75 % und 90 % des EU-Durchschnitts abzielen. Ferner würde ich es begrüßen, wenn dieses System die Übergangsregelung ersetzt und andere Regionen abdeckt als diejenigen, die aus dem Konvergenzziel kommen. Im Kontext der Verhandlungen über den nächsten mehrjährigen Finanzrahmen sollte der Haushaltsplan für diese umgestaltete Kohäsionspolitik unverändert bleiben. Es sollte jedoch nicht unerwähnt bleiben, dass über 20 Regionen aus dem Konvergenzziel herausgenommen werden sollten, was zu Einsparungen von 10 Mrd. EUR pro Jahr führen wird. Diese Gelder könnten sicherlich einer neuen Zwischenkategorie von Regionen neu zugewiesen werden.
Tamás Deutsch (PPE), schriftlich. – (HU) Ich beglückwünsche Herrn Luhan zu seiner Arbeit an dem Bericht. Hinsichtlich des Berichts möchte ich Sie auf zwei Punkte aufmerksam machen. Was den Zusammenhang zwischen der Umsetzung der Europa-2020-Strategie und größerer Wettbewerbsfähigkeit betrifft, muss darauf hingewiesen werden, dass Kohäsion und gesteigerte Wettbewerbsfähigkeit Prozesse sind, die einander bedingen und sogar verstärken. Wir können uns nicht darauf konzentrieren, die am stärksten entwickelten Regionen zwecks Maximierung der Wettbewerbsfähigkeit der Europäischen Union zu unterstützen, da weniger entwickelte Regionen dadurch Gefahr laufen würden, noch weiter ins Hintertreffen zu geraten, was im Gegenzug zu erheblichen sozialen Spannungen und zur Instabilität der gesamten Europäischen Union führen würde. Außerdem ist es wichtig, festzustellen, dass die Kohäsionspolitik, auch wenn sie erheblich zur Realisierung der Europa-2020-Strategie beiträgt, nicht allein für die Verwirklichung der Ziele der Strategie verantwortlich sein kann. Wir müssen daher eine Kohärenz zwischen der Realisierung der Ziele der Europa-2020-Strategie und der Ziele der Kohäsionspolitik schaffen, und die anderen Politikbereiche müssen ebenfalls in angemessenem Umfang zur Verwirklichung der Ziele der Strategie beitragen. Als zweite Anmerkung möchte ich betonen, dass ich mich uneingeschränkt der Ansicht des Berichterstatters anschließe, dass das BIP das Maß zur Bestimmung der Förderfähigkeit eines Mitgliedstaates bleiben sollte, da sich das BIP bisher als zuverlässigster Indikator für das Entwicklungsniveau erwiesen hat. Auf Ebene der Mitgliedstaaten können nationale Behörden andere Indikatoren bei der Verteilung der Mittel verwenden, aber auf EU-Ebene muss das BIP als Benchmark für die Förderfähigkeit beibehalten werden.
Robert Dušek (S&D), schriftlich. – (CS) Der Bericht über die ordnungsgemäße Verwaltung der Regionalpolitik wird die Befugnisse der regionalen und kommunalen Körperschaften bei der Umsetzung von EU-Politiken stärken. Das Parlament hat lange Zeit die vermehrte Einbeziehung anderer öffentlicher Stellen als derjenigen auf nationaler Ebene in die Planung von Gemeinschaftspolitiken unterstützt. Der im Weißbuch des Ausschusses der Regionen zum Thema „Multilevel-Governance” (Regieren auf mehreren Ebenen) dargelegte Grundsatz der Partnerschaft muss von der ersten Verhandlungsphase an im Rahmen von EU-Diskussionen gestärkt werden. Der Bericht befürwortet eine weitere Vereinfachung sowohl legislativer als auch nichtlegislativer Bestimmungen. Es muss jedoch betont werden, dass einige Mitgliedstaaten und insbesondere ihre öffentlichen Einrichtungen häufig zu einer administrativen Last beitragen, die von den Gemeinschaftsvorschriften nicht gefordert wird. Eine weitere Berichtigung ist hier sehr wichtig. Die Regeln der Förderprogramme sollten vereinfacht werden, um individuelle Prozesse verständlicher zu machen, damit verhindert wird, dass potenzielle Begünstigte von der Beteiligung an Projekten abgeschreckt werden. Für bei der Umsetzung und Finanzierung von Programmen getätigte Ausgaben wird eine hohe Fehlerquote (12 %) festgestellt. Die höchste Fehlerquote entsteht stets im Bereich des öffentlichen Auftragswesens und der sogenannten nicht zuschussfähigen Ausgaben. Die Überwachung durch die Europäische Kommission ist unzulänglich, und es ist klar, dass die Kommission kein Kontrollsystem auf allen nationalen Ebenen einrichten kann. Es ist von wesentlicher Bedeutung, dass die Überwachungsaufgabe der Kommission beim Start von Programmen aufrechterhalten und unterstützt wird, aber während der Programmlaufzeiten könnte mehr auf die Mitgliedstaaten und ihre regionalen und kommunalen Einrichtungen übertragen werden.
Sandra Kalniete (PPE) , schriftlich. – (LV) Um den Einfluss der Kohäsionspolitik auszuweiten, sind bestimmte entscheidende Reformen von wesentlicher Bedeutung. Die Unterstützung durch die Kohäsionspolitik muss sich auf drei Hauptrichtungen konzentrieren. An erster Stelle steht der geografische Aspekt. An zweiter Stelle folgt der Umfang der Unterstützung, und an dritter Stelle der administrative Aspekt. Dies bedeutet, dass die finanzielle Unterstützung an diejenigen EU-Mitgliedstaaten, diejenigen Regionen gerichtet sein muss, in denen der größte Bedarf besteht. Das heißt, dass eine Verbesserung der sozioökonomischen Situation ohne die entschiedene Unterstützung der EU-Kohäsionspolitik unmöglich ist. Daher muss jede Region die Sektoren ermitteln, die eine Unterstützung am dringendsten benötigen, anstatt alle möglichen Sektoren ohne eine eingehendere Analyse zu benennen. Jede Region sollte drei bis fünf der zehn von der Kommission angebotenen Sektoren auswählen, in die dann 100 % der verfügbaren Unterstützung fließen sollen. Dies bedeutet, dass wir die administrative Belastung weiter verringern müssen. Wir müssen das Vertrauen der involvierten Institutionen erhöhen, damit die Zahl der von diesen Institutionen durchgeführten Funktionen optimiert werden kann. Ich möchte betonen, dass das bestehende Verteilungskriterium für eine Förderung im Rahmen der Kohäsionspolitik der EU – BIP pro Kopf nach Kaufkraftparität (bis zu 75 % des EU-Durchschnitts) – ein geeignetes, erprobtes und sicheres Kriterium zur Festlegung des Spektrums an förderfähigen Regionen ist, da es die Ungleichheiten zwischen Mitgliedstaaten und Regionen der Europäischen Union unverfälscht widerspiegelt.
Siiri Oviir (ALDE), schriftlich. – (ET) Ich teile die Ansicht des Berichterstatters, dass die Kohäsionspolitik der Union eine der wichtigsten Politiken ist, um die Wettbewerbsfähigkeit der Region zu erhöhen und nachhaltige Entwicklung zu gewährleisten. Da sich die internationale Finanzkrise mehr oder weniger auf alle Regionen Europas negativ ausgewirkt hat, kommt der Kohäsionspolitik, die einen Mehrwert schafft, sicherlich eine sehr wichtige Rolle zu, damit die Regionen gestärkt aus der Krise hervorgehen können. Das Traurige ist, dass die Regierungen vieler EU-Mitgliedstaaten die Rolle und die Bedeutung der Regionen – der lokalen Behörden – nicht gut genug verstehen, da sie befürchten, ihre Befugnisse an die Regionen zu verlieren. Die Regierung meines Heimatlandes, der Republik Estland, beispielsweise verabschiedet häufig wichtige, die lokalen Behörden betreffende Gesetze, ohne die Entscheidungsprozesse der Behörden zu berücksichtigen. Damit die verschiedenen Regionen nicht diskriminiert werden, sollte jetzt den von den Regierungen der Mitgliedstaaten verabschiedeten Rechtsvorschriften mehr Aufmerksamkeit gewidmet werden, um sicherzustellen, dass ihre Maßnahmen nicht den eigenen Gesetzen der Mitgliedstaaten und europäischen Werten zuwiderlaufen. Es ist richtig, dass es jetzt zahlreiche europäische Regionen gibt, die in Fällen, in denen die Regierungen der Mitgliedstaaten die Rechte der kommunalen Behörden missachtet haben, erhebliche politische Unterstützung durch den europäischen Ausschuss der Regionen, den Europäischen Gerichtshof und die Kommission erfahren haben. Ich denke, dass eine effektive europäische Kohäsionspolitik und die Verwirklichung der in der Richtlinie dargelegten Ziele dazu beitragen werden, die Lebensfähigkeit der Regionen zu sichern; lebensfähige Regionen werden jedoch auch die Lebensfähigkeit der Europäischen Union als Ganzes erhöhen, und zugleich wird dies dazu beitragen, die Marginalisierung der Grenzregionen zu verhindern.
Marie-Thérèse Sanchez-Schmid (PPE), schriftlich. – (FR) Die Berichte Luhan und Mănescu legen die Grundsätze, auf denen unsere Kohäsionspolitik basieren sollte, ganz richtig dar. Ich möchte jedoch drei Bereiche hervorheben, in denen wir mehr Ehrgeiz entwickeln müssen. Der erste ist der territoriale Zusammenhalt. Das Konzept wird oft zitiert, aber selten konkret umgesetzt. Wir sollten beispielsweise den Grenzregionen besondere Aufmerksamkeit widmen. Die Nachteile und Probleme, die diese Regionen erfahren, spiegeln die Grenzen der europäischen Integration wider. Diese Bereiche, die eine Zäsur markieren, sollten in Bereiche umgewandelt werden, die dazu beitragen, Verbindungen herzustellen. Der nächste Aspekt ist die Ungleichbehandlung von Regionen, die zwischen Ziel 1 und Ziel 2 schwanken. Die manchen Regionen mit demselben BIP bewilligte Förderung kann sich bis um das Zehnfache unterscheiden. Es ist an der Zeit, dass wir einen Übergangsmechanismus schaffen, der zu einer Gleichbehandlung aller Regionen mit einem BIP zwischen 75 % und 90 % des EU-Durchschnitts führt. Abschließend müssen wir neue Leistungsindikatoren ausarbeiten. Die Entwicklungsherausforderungen, vor denen die Regionen stehen, sind an ihre eigenen lokalen Sachzwänge gekoppelt. Wir müssen unsere Kriterien auf allen Regierungsebenen verfeinern, damit wir die Bedürfnisse und Ziele regionaler Entwicklung genau abschätzen können.
Richard Seeber (PPE), schriftlich. – Im Interesse eines verstärkten nachhaltigen Wachstums und einer erhöhten Wettbewerbsfähigkeit muss der EU-Kohäsionspolitik besondere Aufmerksamkeit zukommen. In einem Europa der Regionen soll das BIP auch weiterhin das Hauptkriterium für die Bestimmung der regionalen Förderfähigkeit bleiben. Die europäische Regionalpolitik muss aber alle Regionen umfassen und dabei ausreichend flexibel sein, um regionale und territoriale Besonderheiten zu berücksichtigen. Um das Wachstumspotenzial der Regionen voll auszuschöpfen und so wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalt in der Europäischen Union zu erreichen, ist es unerlässlich, dass der Wettbewerbsfähigkeit besondere Bedeutung geschenkt wird. Dabei müssen auch kleinräumige Probleme in reichen Mitgliedstaaten Berücksichtigung finden. Insbesondere Forschung und Innovation sollen in allen Regionen eine wichtige Rolle zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit der EU spielen, weshalb auch künftig eine Förderung dieser Bereiche notwendig ist. Auch wenn die EU 2020-Ziele auf Gemeinschaftsebene definiert werden, ist es unabdingbar, dass die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften bei ihrer Umsetzung stärker einbezogen werden; der „Bottom-up“-Ansatz ist Voraussetzung für eine effiziente Umsetzung der Wirtschaftsziele der EU 2020-Strategie.
Monika Smolková (S&D), schriftlich. – (SK) Die Kohäsionspolitik muss nach 2013 weiterhin ein Schlüsselbereich der EU-Politik sein, mit ausreichenden Mitteln und den folgenden Bedingungen: Vereinfachung von Verfahren für die Zuweisung von Mitteln aus den Strukturfonds, Schaffung eines Rahmens für öffentlich-private Partnerschaft, Infrastruktur als Grundvoraussetzung für wachsende globale Wettbewerbsfähigkeit, Partnerschaft als Bedingung für die Entwicklung echter Partnerschaften mit regionalen und kommunalen Einrichtungen und der Zivilgesellschaft und als Mittel für Effektivität, Gesetzmäßigkeit und Transparenz in der Phase der Programmplanung und Nutzung von Strukturfonds und die Anwendung von Multilevel-Governance sowohl auf vertikaler als auch auf horizontaler Ebene. Es gibt noch weitere Bedingungen, aber wenn wir die Aufgaben der Europa-2020-Strategie erfüllen wollen, halte ich es für wesentlich, die oben genannten Bedingungen einzuhalten.
Zbigniew Ziobro (ECR), schriftlich. – (PL) Europa durchlebt gerade eine schwierige Zeit. Die Finanzkrise von 2008-2009 zeigt noch immer starke Auswirkungen in der Wirtschaft, was zu einer Vergrößerung der Kluft zwischen den wohlhabenden Regionen Westeuropas und den ärmeren Regionen in Mittel- und Südeuropa führt. Diese Situation macht es erforderlich, effektive Mechanismen zur Bekämpfung der Krise zu stärken. Die wichtigsten dieser Mechanismen auf Unionsebene sind die Kohäsionspolitik und die Regionalfonds. Als Ergebnis der Kofinanzierung von Investitionen auf lokaler Ebene sind sie ein effektives Symbol für eine europäische Zusammenarbeit geworden, die sich über die nationalen Interessen erhoben hat. Sie haben ferner einen bedeutenden Beitrag zur Ausweitung des Raumes, der zwischen 2004 und 2007 ein Wirtschaftswachstum verzeichnet hat, sowie zur Reduzierung der Kluft zwischen den Ländern des alten und des neuen Europas geleistet.
Daher ist es so wichtig geworden, die Mittel der Union für die Kohäsionspolitik im Finanzrahmen für 2013-2020 zu erhöhen, um die Konvergenz als vorrangiges Ziel zu erhalten, und den aktuellen, auf den BIP-Niveaus in verschiedenen Regionen basierenden Mechanismus zur Auswahl von Begünstigten beizubehalten. Ich halte auch die Möglichkeit für wichtig, die Höhe der Kofinanzierung von Investitionen von 75 % auf 80 % anzuheben, bei gleichzeitiger Reduzierung der Finanzierung für die Regionen in Randlage. Aus Sicht der Länder Westeuropas erachte ich es ferner als bedeutsam, die Finanzierung von Infrastrukturinvestitionen fortzusetzen, insbesondere in dem vertikalen Streifen, der den Norden und den Süden Europas verbindet.
21. Einfluss der Werbung auf das Verbraucherverhalten (kurze Darstellung)
Der Präsident. – Als nächster Punkt folgt der Bericht von Philippe Juvin im Namen des Ausschusses für Binnenmarkt und Verbraucherschutz zum Einfluss der Werbung auf das Verbraucherverhalten (2010/2052(INI)) (A7-0338/2010).
Philippe Juvin, Berichterstatter. – (FR) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wozu ein Bericht über Werbung? Weil Werbung sehr positiv und auch sehr negativ sein kann.
Sie kann sehr negativ sein, wenn sie irreführend ist, wenn sie aufdringlich ist, wenn sie betrügerisch ist, wenn sie sich nicht an die Spielregeln hält, wenn sie letztlich nicht das liefert, was der Verbraucher von ihr erwartet, nämlich Informationen. Sie kann sehr positiv sein, da Werbung auch ein ausgezeichnetes Instrument zur wirtschaftlichen Entwicklung ist. Werbung ist ein Schmiermittel der Wirtschaftstätigkeit, und, wie manche Leute gesagt haben, Werbung gibt, wenn sie gut gemacht ist, dem Verbraucher auch ein Mittel an die Hand, um Vergleiche anzustellen, und fördert in gewisser Hinsicht den Wettbewerb.
Werbung ist daher nichts Neues, warum also ein neuer Text, wenn es bereits Texte gibt? Aus mehreren Gründen. Erstens, weil Werbung heutzutage nicht mehr ist, was sie einmal war. Vor kurzem habe ich in einem amerikanischen Bericht – die Dinge liegen in Europa jedoch recht ähnlich – gelesen, dass am 29. November letzten Jahres der Umsatz im Internethandel an einem Tag über 1 Mrd. USD betragen hat. Dies ist eine deutliche Steigerung im Internethandel und bei Internetwerbemitteln. Einer der Gründe für diesen Bericht ist, dass Texte zur Regulierung von Werbung bisweilen völlig ungeeignet sind für die Werbeinstrumente, die in den letzten Jahren entstanden sind.
Werbung kann aggressiv sein und ist dies auch in zunehmendem Maße. Sie dringt in das Privatleben ein. Es gibt auch einen recht neuen Aspekt in der Werbung, der von den Texten nicht abgedeckt wird. Werbung kann versteckt sein. Werbung kann nicht als solche erkennbar sein. Es gibt ein bekanntes Beispiel auf Facebook, einem der sozialen Netzwerke – einem neuen Werbemittel, das nicht von den Rechtsvorschriften erfasst wird –, wo zahlreiche Personen von einem angeblichen Fehler oder sonstigem Mangel in einem Produkt berichten. Dies kann eine Marke innerhalb weniger Tage oder weniger Wochen buchstäblich vernichten.
Es ist daher klar, dass die Werbung von gestern keinerlei Ähnlichkeit mit der Werbung von heute hat, die Mittel einsetzt, die es vorher nicht gab. Ich denke dabei an verhaltensbezogene Werbung oder zielgerichtete Werbung und das Lesen privater E-Mails. Akzeptiert oder möchte hier irgendjemand, dass seine privaten E-Mails gelesen werden? Nun, genau dies geschieht heute zu Werbezwecken.
Grundsätzlich, meine Damen und Herren, müssen wir meines Erachtens über einige ganz einfache Werte nachdenken: Achtung der Privatsphäre, Schutz der am meisten gefährdeten Personen, da wir sehr gut wissen, dass Kinder zu den am meisten gefährdeten Personen gehören, die sogenannte verhaltensbezogene Werbung erhalten, das heißt Werbung, die auf ihre Gewohnheiten abzielt. Diese Kinder verstehen nicht, dass diese Werbung nicht einfach Werbung ist, die zufällig an sie geschickt wurde. Es ist Werbung, die auf ihre individuellen Entscheidungen abzielt. Ein Erwachsener kann das verstehen, ein Kind hingegen nicht.
Nun, neue Technologie bringt neue Herausforderungen: beträchtliche wirtschaftliche Herausforderungen. Wir sehen, dass dies im Grunde wirklich eine politische Debatte ist. Die Frage wurde gelöst, nach Angaben mancher Werbefachleute, die vor allem nicht wollen, dass die Werbewelt beeinträchtigt wird. Es ist auch wahr, dass uns manche Werbefachleute erklären, dass die Verbraucher schließlich durch lange und sehr ausführliche Datenschutzerklärungen auf den Webseiten gewarnt werden. In Wirklichkeit wissen wir, dass niemand diese langen, unverständlichen Datenschutzerklärungen liest, und dass sie, wenn sie gelesen werden, nicht verstanden werden, sie sind eigentlich unmöglich zu lesen. Wir sehen, dass wir letztlich wieder zu demselben Thema zurückkehren. Werbung muss lauter sein, sie muss andere Menschen respektieren, und sie muss die Privatsphäre achten. Die Verbraucher dürfen nicht ausspioniert werden, und ihr Kauf- und Freizeitverhalten darf nicht ohne ihr Wissen zu Werbezwecken missbraucht werden. Die Verbraucherinnen und Verbraucher, die Bürgerinnen und Bürger, müssen respektiert werden.
Herr Präsident, und damit komme ich zum Ende, wir müssen daher zwei Ziele haben. Erstens, Werbung muss lauter sein: Sie muss lauterer, respektvoller und daher effektiver sein, und sie muss die Privatsphäre stärker achten, aber auch die Bürger, das heißt die Bürger als Verbraucher, müssen bewusster, nicht manipuliert, besser informiert und kritischer sein. Das ist der ganze Sinn und Zweck dieses Berichts.
Herr Präsident, meine Damen und Herren, ich hoffe, Sie werden diesen Bericht in diesem Hause annehmen und sich allgemein für ihn aussprechen.
Zuzana Roithová (PPE). – (CS) Herr Präsident! Ich begrüße den Bericht zum Einfluss der Werbung auf das Verbraucherverhalten. Da die Regulierung von Glücksspielwerbung nicht Gegenstand des Berichts ist, möchte ich erwähnen, dass Internetlotterien und insbesondere diesbezügliche Werbung keine Grenzen anerkennen und für junge Leute leicht zugänglich sind. Sieben Mitgliedstaaten verbieten Internetglücksspiel, aber es ist in diesen Ländern noch immer zugänglich. Ich bin davon überzeugt, dass versucht werden muss, die negativen Folgen der Glücksspielsucht zu verhindern. Wir müssen ein europaweites Verbot der Glücksspielwerbung fördern, die auf Kinder und Jugendliche abzielt, da die Zukunft der Kinder durch den Einfluss von Werbung für virtuelle Lotterien ebenso gefährdet wird wie durch uneingeschränkte Werbung für Alkohol, Zigaretten und andere Suchtmittel. Außerdem unterliegen Kasinos und Glücksspielwerbung manchmal sogar außerhalb des Kontextes Internet keinen Beschränkungen, sodass Kasinos und Glücksspielwerbung häufig in unmittelbarer Nähe zu Schulen anzutreffen sind. Ich hoffe, die heutige Aussprache wird der Kommission einen neuen Impuls verleihen, im Hinblick auf das unbestrittene öffentliche Interesse, ein Verbot für Glücksspielwerbung vorzuschlagen.
Antigoni Papadopoulou, (S&D). – (EL) Herr Präsident! Meine Glückwünsche an den Berichterstatter Philippe Juvin zu seinem Bericht zum Einfluss der Werbung auf das Verbraucherverhalten.
Der Bericht evaluiert die aktuellen Rechtsvorschriften, hebt Probleme bei deren Anwendung und unlautere Handelspraktiken hervor und betont die Bedeutung der Selbstregulierung, des Schutzes schutzbedürftiger Verbraucher wie Kinder, Jugendliche und ältere Menschen und die Notwendigkeit, Werbung als wirksames Instrument zur Bekämpfung von Stereotypen und Vorurteilen zu nutzen.
Ich bin Verfasserin der Stellungnahme des Ausschusses für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter, und ich bin erfreut und danke dem Berichterstatter, dass er alle unsere Vorschläge zur Wahrung der Gleichstellung der Geschlechter und der Menschenwürde übernommen hat. Ich fordere alle Beteiligten auf, bei der Bekämpfung von abwertender oder irreführender Werbung, die das Bild der Frau herabwürdigt, eng zusammenzuarbeiten und gesunde Standards zu fördern, damit Werbung einen positiven Einfluss auf die gesellschaftlichen Wahrnehmungen hat, unter Achtung der Menschenwürde und der Rollen der Geschlechter.
Christian Engström (Verts/ALE). – Herr Präsident! Ich möchte über den letzten Gedankenstrich von Ziffer 25 sprechen, über den gesondert abgestimmt wird und den wir hoffentlich aus dem Bericht herausnehmen können. Dem Text in diesem Abschnitt zufolge solle, wenn Suchmaschinen Werbung in Zusammenhang mit einem bestimmten Schlüsselwort anzeigen – d. h., jemand gibt einen Suchbegriff ein und dieser Suchbegriff ist ein Markenname –, hierfür die vorherige Einwilligung des Eigentümers der Marke erforderlich sein.
Dies mag auf den ersten Blick vernünftig erscheinen, es läuft jedoch völlig dem bestehenden Markenrecht zuwider. Zunächst einmal sind Handelsmarken in 45 verschiedenen Waren- und Dienstleistungsklassen registriert, und dieselbe Marke kann in verschiedenen Klassen in demselben Register verzeichnet sein. Dies würde beispielsweise bedeuten, dass wenn jemand will, dass seine Anzeige im Zusammenhang mit dem Begriff „Golf“ angezeigt wird, Volkswagen dies für jeden genehmigen müsste.
Das zweite Problem ist die schiere Anzahl von Handelsmarken. Es gibt Millionen von Handelsmarken in Europa. Allein beim HABM in Alicante gibt es 600 000, und es gibt noch zahlreiche andere. Wenn also jemand Werbung für etwas betreiben wollte, das mit dem Wort „Silber“ in Zusammenhang steht, müsste er womöglich die Einwilligung von Tausenden von Markeneigentümern einholen. Dies ist einfach nicht praktikabel. Wenn dies in Kraft gesetzt würde – was hoffentlich nicht geschieht –, würde es das gesamte Suchmaschinengeschäft in Europa vernichten, und es würde rechtmäßige Werbung und rechtmäßigen Wettbewerb vernichten. Ich fordere daher die Kolleginnen und Kollegen auf,...
(Der Präsident entzieht dem Redner das Wort.)
Jaroslav Paška (EFD). – (SK) Herr Präsident! Ich möchte zunächst sagen, dass es eine gute Sache ist, dass im Europäischen Parlament eine Diskussion über unlautere Praktiken in der Werbung aufgenommen wird, insbesondere im Zusammenhang mit der Entwicklung neuer Werbemethoden und -technologien.
Neue Methoden der digitalen Kommunikation haben den Werbeagenturen ein breites Spektrum an Möglichkeiten eröffnet. Mit den neuen Werbemöglichkeiten gehen jedoch neue Probleme einher mit aggressiven Verkaufstaktiken, Irreführung und Ausnutzung leichtgläubiger Kinder und Jugendlicher angesichts mächtiger Angriffe auf ihre Gefühle. Die Regulierung der Werbung im Internet muss dem Einfallsreichtum von Werbetextern entsprechen, und es ist sehr wichtig, die Methoden und Techniken, die den Schutz der Privatsphäre oder ethische Rahmenbedingungen verletzen oder in die besondere Natur der kindlichen Entwicklung eingreifen, einzuschränken. Wir müssen uns daher auf eine gründliche Analyse und Prüfung aktueller Trends konzentrieren und dabei unser Hauptaugenmerk auf die Verwendung neuer Regeln zur Beschränkung dieser Technologien und Möglichkeiten legen, die die Privatsphäre von Familien und die Privatsphäre von Kindern verletzen und die gesunde Entwicklung der Familie schädigen, und wir müssen diese Regeln konsequent anwenden.
Csanád Szegedi (NI). – (HU) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Zuallererst möchte ich dem Berichterstatter meinen Dank aussprechen. Aus der Perspektive der Werte, die ich teile, diskutieren wir über eines der wichtigsten Themen der letzten Zeit. Mich schmerzt nur, dass diese Aussprache zu einer solch späten Stunde stattgefunden hat. Wie in dem Bericht betont wird, sind die von Werbung am meisten gefährdeten Personen Kinder und Jugendliche, deren freier Wille noch nicht stark genug ist und die leicht zu beeinflussen sind. Dies gilt nicht nur für unrechtmäßige, falsche und aggressive Werbung, sondern auch für Werbung im Allgemeinen, da wir in einer neuen Welt leben, in der die Menschen einem überwältigenden Druck ausgesetzt sind, sich schon in einem frühen Alter in die Konsumgesellschaft einzufügen. Alle Arten von Werbung sollten in Kinderprogrammen ausdrücklich verboten werden.
Darüber hinaus muss ich insbesondere hervorheben, dass es nicht einmal die traditionellen Medien, wie Fernsehen oder Radio, sind, die die größte Bedrohung für junge Menschen darstellen, sondern die Welt des Internets. Werbung ist dort in höchstem Maße aggressiv, und dort kann sie den angesprochenen Verbrauchern den größten Schaden zufügen. Die skrupellosesten Unternehmen missachten sogar persönliche Daten und dringen durch die Nutzung von Webseiten der sozialen Netzwerke in die Privatsphäre der Menschen ein. Dies muss definitiv verboten und unter Strafe gestellt werden. Diesbezüglich muss sich jeder von uns dafür einsetzen, dass Maßnahmen innerhalb der Europäischen Union getroffen werden.
Lara Comi (PPE). – (IT) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der von Philippe Juvin vorgelegte Entschließungsantrag zum Einfluss der Werbung auf das Verbraucherverhalten findet meine volle Unterstützung. Unter Berücksichtigung der Bedeutung der Werbung nicht nur für die Wirtschaft, sondern auch für den Binnenmarkt und für die Verbraucher, halte ich es für wesentlich, Maßnahmen zur Beseitigung des negativen Einflusses zu ergreifen, den manche Werbepraktiken haben können.
Ich schätze insbesondere die Bewertung des Berichterstatters des geltenden Rechtsrahmens und des rechtsetzungsunabhängigen Rahmens und der bei dessen Auslegung und Umsetzung festgestellten Mängel, die dem gewünschten Maß an Harmonisierung entgegenstehen.
Wir müssen unsere Anstrengungen auf die Bekämpfung unlauterer Handelspraktiken im Werbesektor konzentrieren, indem der Geltungsbereich der bestehenden Rechtsvorschriften ausgeweitet wird.
Der Entschließungsentwurf bietet eine geeignete Lösung für das anhaltende Problem, das richtige Gleichgewicht zwischen konkurrierenden Prioritäten, wie Freiheit der Meinungsäußerung und Verbraucherschutz, zu finden.
Abschließend beglückwünsche ich erneut den Berichterstatter und die Schattenberichterstatter.
Miroslav Mikolášik (PPE). – (SK) Herr Präsident! Die verschiedenen Arten von Werbung, die sich in den letzten Jahren über die neuen Kommunikationsmedien verbreitet haben, sind ein soziales Phänomen geworden, die mit der Gefahr der Ausnutzung des Vertrauens des einfachen Verbrauchers einhergehen.
Meines Erachtens erfordert der Verbraucherschutz in diesem Bereich zumindest ein Minimum an rechtlicher Grundlage, und ich gehe mit dem Berichterstatter konform und beglückwünsche ihn zu seinem Bericht und dafür, dass er das Thema in solch konstruktiver Weise betrachtet, insbesondere zugunsten schutzbedürftiger Personengruppen wie Kinder und Jugendliche, wie einige meiner Vorrednerinnen und Vorredner bereits erwähnt haben. Als Arzt unterstütze ich dies voll und ganz. Wir müssen Fälle vorsätzlicher Irreführung verhindern, in denen Verbraucher Entscheidungen auf der Grundlage von Informationen treffen, bei denen sie davon ausgehen, dass sie auf objektiven Fakten oder bewährten Studien beruhen, die jedoch einen reinen Werbe- und kommerziellen Charakter haben. Was mich beunruhigt, ist die Entwicklung von Werbepraktiken, die unmittelbar auf die privaten Verbraucher abzielen, wie das Lesen von E-Mails durch Dritte, die deren Inhalt für kommerzielle Zwecke ausnutzen. Von Unternehmen angewandte Werbepraktiken müssen ausnahmslos die Vertraulichkeit privater Korrespondenz achten und die Rechtsvorschriften zum Schutz der Privatsphäre einhalten.
Seán Kelly (PPE). – (GA) Herr Präsident! Es ist schwierig, in dieser Hinsicht eine sichere Aussage zu machen, insbesondere wenn der Einfluss von Werbung auf das Verhalten der Bürgerinnen und Bürger untersucht wird. Jeden Tag werden neue Erhebungen veröffentlicht, und alle enthalten verschiedene Ergebnisse.
Dennoch zahlt sich Werbung aus. Private Unternehmen wenden Abermillionen für Radio-, Fernseh- und Zeitungswerbung sowie für verdeckte Werbung wie Sponsoring auf. Gleichzeitig gibt es ein Dilemma bei der Bewertung von Werbung. Einerseits gibt es die Meinung, dass ein Verbot von Werbung für alkoholische Getränke ein Mittel zur Bekämpfung von Alkoholismus ist. Wir haben jedoch in den letzten Jahrzehnten eine exponentielle Zunahme des Drogenkonsums beobachtet, und da diese Drogen illegal sind, werden sie nicht nur nicht beworben, sondern sie können auch nicht im Laden erworben werden.
Ich denke daher, es besteht ein Bedarf an unabhängiger Analyse und geeigneter Begutachtung auf EU-Ebene, ohne dass Einzelinteressen involviert sind, um wirklich zu ermitteln, was gut und was schlecht ist, was förderlich ist und was nicht, und dann können wir zu einer entsprechenden Regulierung übergehen. Ohne diese Maßnahmen werden wir Tag ein Tag aus unterschiedliche Erhebungen haben, die die Ergebnisse liefern, die ihre Auftraggeber wünschen.
Johannes Hahn, Mitglied der Kommission. – Herr Präsident! Im Namen der Kommission und insbesondere von Vizepräsidentin Reding danke ich dem Berichterstatter für seinen wertvollen Bericht, der einige Schlüsselaspekte bezüglich des Einflusses moderner Werbung und des Verbraucherverhaltens analysiert. Um zu ermitteln, wie die aus der Entwicklung des Internets und der neuen Technologien erwachsenden Herausforderungen am besten angepackt werden, hat die Kommission in den Jahren 2009 und 2010 zahlreiche Meinungen zum bestehenden Rechtsrahmen für den Datenschutz eingeholt.
Diese Konsultationen haben bestätigt, dass die Grundprinzipien der aktuellen europäischen Datenschutzgesetze nach wie vor ihre Gültigkeit haben. Es hat sich jedoch auch deutlich gezeigt, dass die EU einen umfassenderen und kohärenteren Ansatz in ihrer Datenschutzpolitik für die EU und darüber hinaus benötigt. Daher hat die Kommission am 4. November eine Mitteilung über das Gesamtkonzept für den Schutz personenbezogener Daten in der Europäischen Union angenommen.
Internetwerbung bietet den europäischen Bürgerinnen und Bürgern zahlreiche Vorteile, insbesondere indem sie ihnen freien Zugang zu Dienstleistungen liefert. Viele Techniken zielgerichteter Werbung – Display-Werbung, kontextbezogene und bestimmte suchbezogene Werbeanzeigen usw. – involvieren keinerlei Beobachtung von Einzelpersonen und liefern keinen Anlass zu großer Besorgnis. Meine Kollegin, Vizepräsidentin Neelie Kroes, hat die Industrie aufgefordert, einen Selbstregulierungsrahmen für verhaltensbezogene Internetwerbung zu schaffen, basierend auf dem EU-Rechtsrahmen und den vier Grundsätzen effektive Transparenz, geeignete Form der Zustimmung oder Einwilligung, Anwenderfreundlichkeit und wirksame Durchsetzung. Die Kommission wird die Bemühungen der Industrie beobachten, um zu prüfen, ob mehr rechtliche Maßnahmen erforderlich sind.
Was Werbe-E-Mails und die Vertraulichkeit der Kommunikation betrifft, hat die vor einem Jahr verabschiedete Reform des Telekommarkts die EU-Rechtsvorschriften zum Schutz der Privatsphäre gestärkt und verdeutlicht. Sie hat auch eine klare Verpflichtung für die Mitgliedstaaten geschaffen, abschreckende Sanktionen einzuführen und zu gewährleisten, dass die zuständigen Behörden nicht nur über die erforderlichen Befugnisse zu deren Durchsetzung verfügen, sondern auch mit ausreichend Mitteln ausgestattet werden. Die Mitgliedstaaten haben bis Mai 2011 Zeit, diese Bestimmungen in nationales Recht umzusetzen.
Die Kommission gibt zu, dass es gewisse Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten bei der Umsetzung der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken gibt. Die Kommission ist der Ansicht, dass diese Unterschiede, von denen sie einige in Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten löst, marginal sind und dass das gewünschte Maß an Harmonisierung offenbar erreicht ist.
Die Verwendung von Generalklauseln gibt den Mitgliedstaaten einen gewissen Spielraum, sorgt aber gleichzeitig dafür, dass die Richtlinie zukunftssicher ist. In diesem Zusammenhang sind die Leitlinien über die Anwendung der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken eine der Initiativen der Kommission, um dafür Sorge zu tragen, dass die vollständige Harmonisierung effektiv ist, mit anderen Worten, um zu gewährleisten, dass dieselben Vorschriften in den Mitgliedstaaten auf dieselbe Art und Weise ausgelegt und angewandt werden. Wie im Berichtentwurf vorgeschlagen, werden wir unsere Arbeit an den Leitlinien entschieden fortführen und dieses Dokument regelmäßig aktualisieren, um neuen Fragestellungen und Entwicklungen Rechnung zu tragen. Die Kommission entwickelt ferner eine Rechtsdatenbank zu Rechtsvorschriften, Rechtsprechung und Forschungsarbeiten, die die einheitliche Anwendung der Richtlinie in den Mitgliedstaaten unterstützen wird.
Was die Aussagen zu Werbung in der Form von Kommentaren in sozialen Netzwerken, Foren und Blogs betrifft, muss festgestellt werden, dass immer, wenn Verbraucher im Namen eines Händlers handeln und/oder in irgendeiner Weise von einem Händler finanziert werden, um bestimmte Darstellungen zu machen, ohne dass dies in der Meinung oder der Aussage klar angegeben wird, dies als eine Form von Schleichwerbung von der Richtlinie über unlautere Handelspraktiken erfasst wird. Einfache Meinungen werden natürlich nicht als Werbung betrachtet.
In diesem Zusammenhang vertritt die Kommission die Auffassung, dass Gesetze im Bereich des Marketing nicht das geeignetste Mittel sind, da es hier um die Freiheit der Meinungsäußerung geht. Die Richtlinie enthält dennoch bestimmte Schutzmaßnahmen betreffend schutzbedürftige Verbraucher. Alter ist ein Faktor, den die nationalen Behörden berücksichtigen müssen, wenn sie die Lauterkeit von Werbepraktiken bewerten. Der Bericht über die Anwendung der Richtlinie über unlautere Handelspraktiken, der 2011 vorgelegt werden soll, wird auf der Erfahrung der Mitgliedstaaten, auch im Bereich der an Kinder und Jugendliche gerichteten Werbung, aufbauen, soweit die Daten zu diesem Aspekt zur Verfügung stehen werden.
Der Präsident. – Die Aussprache wird geschlossen.
Die Abstimmung findet am Mittwoch um 12.30 Uhr statt.
Schriftliche Erklärungen (Artikel 149)
Tiziano Motti (PPE), schriftlich. – (IT) Ich teile viele Ansichten von Herrn Juvin zu dem Einfluss der Werbung auf das Verbraucherverhalten. Ich denke jedoch, dass die Verbreitung von Kommentaren in sozialen Netzwerken, Foren und Blogs – die ihrem Wesen nach eine moderne Art von „Schleichwerbung“ werden können – eher dadurch verhindert werden kann, dass die neuen Formen von Verstößen, die durch das Internet begünstigt werden, identifiziert werden und dass die Vorschriften zur Vorratsdatenspeicherung auf Internet-Inhalteanbieter ausgeweitet werden, als dass auf Formen der Zensur zurückgegriffen wird, da ich das Recht auf Meinungsfreiheit auch im Internet, solange dies nicht nachweislich gegen geltendes Recht verstößt, als Priorität betrachte. Ich bin überrascht, dass man in Erwägung ziehen sollte, einen Kommentar in einem Forum zu zensieren, der möglicherweise die Kaufentscheidungen von Verbrauchern beeinflussen könnte, dass es jedoch als Eingriff in die Privatsphäre betrachtet wird, die aktuelle Richtlinie 2006/24/EG über die Vorratsspeicherung von Daten auszuweiten, um die Identifizierung von Pädophilen zu ermöglichen, die sich Kindern über soziale Foren nähern. Wird hier mit zweierlei Maß gemessen? Verbraucher, insbesondere die jüngsten Verbraucher, müssen vor Schleichwerbung geschützt werden. Dennoch ist es verhältnismäßig wichtig, die Meinungsfreiheit zu schützen, die einer der Stützpfeiler unserer Demokratien ist. Ich hoffe daher, dass die betroffenen Behörden durch die Ausweitung von Richtlinie 2006/24/EG zur Einbeziehung von Inhalteanbietern, wie in der Erklärung des Parlaments P7_DCL(2010)0029 vom 23. Juni 2010 gefordert, die Mittel erhalten, die sie benötigen, um die Urheber von Internetverbrechen zu identifizieren.
22. Regulierung des Handels mit Finanzinstrumenten - „Dark Pools“ usw. (kurze Darstellung)
Der Präsident. – Als nächster Punkt folgt der Bericht von Kay Swinburne im Namen des Ausschusses für Wirtschaft und Währung über die Regulierung des Handels mit Finanzinstrumenten – „Dark Pools“ usw. (2010/2075 (INI)) (A7-0326/2010).
Kay Swinburne, Berichterstatterin. – Herr Präsident! Es fällt mir schwer, nicht mit dem Finanzjargon vertrauten Personen zu erklären, womit genau sich mein Bericht über „Dark Pools“ beschäftigt. Formell bezieht sich der Bericht auf den Handel mit Finanzinstrumenten, einschließlich Dark Pools, was Finanztransaktionen und Aktien sind, die ohne die Vorhandels-Transparenzvorschriften getätigt werden, auch als nicht sichtbarer Handel bezeichnet. Im weiteren Rahmen ist der Bericht eine Bewertung der Umsetzung der Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente (MiFID) aus dem Jahr 2007 im Hinblick auf Aktien, und er versucht, derzeit auf den Aktienmärkten sichtbare strukturelle Probleme anzugehen.
Auch wenn es sich um einen höchst technischen Bericht handelt, bin ich durch die umfassende Diskussion, die im Ausschuss stattgefunden hat, ermutigt. Ich bin erfreut, dass es dank der harten Arbeit meiner Kolleginnen und Kollegen gelungen ist, eine breite parteiübergreifende Unterstützungsbasis zu schaffen und 194 Änderungsanträge in 26 Kompromisse zu verwandeln, die die meisten Fraktionen unterschreiben konnten.
In Anbetracht des Timings dieses Eigeninitiativberichts und seines Abschlusses in einer Plenarabstimmung diese Woche denke ich auch, dass das Europäische Parlament einen erheblichen Beitrag zu der vor Kurzem herausgegebenen Konsultation der Kommission zur Überarbeitung der MiFID II (MiFID II) geleistet hat, die zahlreiche in den Beratungen im Ausschuss aufgeworfene Fragestellungen berücksichtigt. Das Europäische Parlament hat durch diesen Bericht Untersuchungen der verschiedenen Handelsplätze, die von der MiFID geregelt werden, gefordert und strebt eine genauere Analyse an, um zu gewährleisten, dass Handelsplätze, die gleichwertige Dienste anbieten, auf einem gleichwertigen Niveau reguliert werden.
Ich denke, die Kommission hätte in ihrem Konsultationsdokument bei der Erweiterung ihrer Definition von organisierten Handelssystemen einen Schritt weiter gehen können, um alle Handelsplätze, die Käufer und Verkäufer zusammenbringen, einzuschließen. Dadurch würde eine erhebliche Regelungslücke geschlossen. Dennoch stellt diese Lösung sicher, dass die Verhältnismäßigkeit gewahrt werden kann, indem eine erhebliche Differenzierung innerhalb der Kategorien für regulierte Märkte, MTF, SI, BCN und Plattformen für Derivative möglich ist.
Dieses für Betreiber von Dark Pools vorgeschlagene neue Prüfungsniveau sollte von Anlegern begrüßt werden, da sie, auch wenn sie derzeit Schutz vor dem breiten Markt bieten, zumindest das Potenzial für Missbrauch haben. Indem den Regulierern der uneingeschränkte Zugang zu Geschäftsmodellen gestattet wird, soll gewährleistet werden, dass sie als Handelsplatz für das freie Crossing von Kundenaufträgen weiterarbeiten können, ohne dass ihnen gestattet wird, Ausmaße anzunehmen, die die Preisermittlung beeinträchtigen, oder einen Schutz für Marktmissbrauch zu bieten.
Was Ausnahmen von der MiFID angeht, sind sich das Europäische Parlament und die Kommission ferner einig, dass diese neu definiert werden müssen und dass ihre Umsetzung in der gesamten EU standardisiert werden muss. Die derzeit bestehende Möglichkeit, in allen Mitgliedstaaten der EU Arbitrage zu betreiben, um die beste Interpretation derselben Rechtsvorschrift zu finden, sollte abgeschafft werden. Während der Erstellung dieses Berichts und seiner Änderung war klar, dass das größte Defizit bei der Umsetzung der MiFID in dem Fehlen einer Marktversion eines integrierten europäischen Meldesystems für Transaktionen bestand. Die Anleger in den USA können nicht verstehen, dass wir in der EU ohne ein solches Instrument arbeiten. Über die Notwendigkeit eines derartigen Systems besteht allgemeines Einvernehmen in der Industrie, insbesondere bei Anlegergruppen, aber es ist den Marktteilnehmern in den drei Jahren nach der Implementierung der MiFID nicht gelungen, gemeinsam ein europäisches Meldesystem für Transaktionen zu schaffen. Ebenso wie die Kommission will auch der Ausschuss für Wirtschaft und Währung nicht über das Anordnen der Regeln für die Offenlegung von Daten hinausgehen, wenn jedoch keine Marktlösung gefunden wird, sollten Rechtsvorschriften unterstützt werden.
Die mikrostrukturellen Aspekte, die derzeit die Aktienmärkte betreffen, waren Gegenstand heftiger Diskussionen im Ausschuss. Es bestand Einvernehmen darüber, dass Praktiken wie Blitzorder, Spoofing und Pinging unlauter oder sogar missbräuchlich sind. Der Ausschuss tat sich jedoch um einiges schwerer damit, eine Einigung über die Rolle bestimmter Marktteilnehmer zu erzielen, insbesondere die Vor- oder Nachteile von Hochfrequenzhandelsstrategien. In Ermangelung klarer Daten ist es schwierig, solide Schlussfolgerungen hinsichtlich ihrer Rolle – positiv oder negativ – zu ziehen, und daher müssen wir, bevor wir Legislativmaßnahmen vorschlagen, sicherstellen, dass uns Daten vorliegen, damit wir keine gesetzlichen Regelungen vorschreiben, die das effektive Funktionieren der europäischen Märkte beeinträchtigen könnten.
Grundsätzlich müssen wir die Integrität unserer Finanzmärkte gewährleisten. Sie sind nicht dazu da, dass Zwischenhändler oder Schleichhändler miteinander interagieren. Sie sind dazu da, einen Marktplatz für Anleger zu schaffen, um Kapital an Unternehmen und Firmen zu leiten, die in unserer realen Wirtschaft agieren. Diese grundlegende Funktion der Märkte muss bei uns allen im Mittelpunkt der Überlegungen stehen, wenn wir das Gesetzgebungsverfahren für MiFID II prüfen.
Philippe Juvin (PPE). – (FR) Herr Präsident, meine Damen und Herren, sehr geehrte Frau Swinburne! Dieser Text ist natürlich höchst komplex, aber worum geht es im Grunde? Es geht wieder einmal darum, die Lehren aus der Krise zu ziehen. Nein, wir dürfen nicht weitermachen wie bisher, und ja, wir müssen die Spielregeln ändern, und wir müssen wieder Ordnung in das System bringen.
Es gibt diese Leute in den verschiedenen Ländern der Union, die jetzt die Krise und die Ängste der Menschen dazu ausnutzen, um Europa die Schuld an allem zu geben. Überall hört man, „es liegt an Europa, dass die Dinge nicht funktionieren, der Euro ist schuld, und hier ist die Lösung, wir müssen raus aus Europa, wir müssen den Euro abschaffen...“. All diesen Leuten müssen wir immer wieder sagen, ja, wir brauchen gemeinsame Regeln, wir müssen immer wieder sagen, die Länder Europas wären jetzt tot, wenn sie nicht vereint wären, wenn sie isoliert wären. Ja, wir brauchen Regulierung, gemeinsame Politik, gemeinsame Regeln sowie eine Überarbeitung unserer Regeln und ein besseres Funktionieren des Systems.
Meine Damen und Herren, letztlich ist die Sache recht einfach: Gemeinsam sind wir stark, in der Isolierung sind wir tot!
Csanád Szegedi (NI). – (HU) Herr Präsident! Ich danke Ihnen für die so großzügig eingeräumte Redezeit. Von jetzt an werde ich besonders darauf achten, welche Sitzungen von Ihnen geleitet werden, und ich werde versuchen, an allen teilzunehmen. Frau Swinburnes Bericht ist sehr wichtig, da wir endlich über die Regulierung des Handels mit Finanzinstrumenten sprechen. Der erste und bedeutendste Fehler im Zusammenhang mit dem Bericht besteht darin, dass der Bericht und die Forderung nach weiterer Regulierung sehr verspätet kommen. Zweitens, wenn der Rechtsrahmen bisher unklar war, müssen wir rückwirkend und eingehend alles, was geschehen ist, untersuchen. Ich halte es für bedeutungslos und völlig falsch, größere Investitionen aus dem Geltungsbereich strengerer Aufsicht herauszunehmen. Nicht nur die Natur des Handels, sondern auch die ausgestellten Derivate müssen untersucht werden, und neue Ausgaben müssen einer strengeren Regulierung unterliegen.
Der Inflation wird durch derivative Finanzmarktprodukte tatsächlich Vorschub geleistet. Die Lasten hiervon trägt die Bevölkerung, während die Profite von verschiedenen internationalen Körperschaften eingesteckt werden, deren Hintergrund nicht immer deutlich ist. Außerdem wäre es nicht vorteilhaft, auf diese Weise vereinnahmte Profite in die reale Wirtschaft umzulenken, da dies dazu führen könnte, dass sich die Reichsten nach und nach den gesamten Planeten in die Tasche stecken.
Elena Băsescu (PPE). – (RO) Herr Präsident! Im Mittelpunkt von Frau Swinburnes Bericht steht der Gedanke, gleiche Wettbewerbsbedingungen zwischen multilateralen Handelssystemen herzustellen. Ich halte es für ebenso wichtig, dass für sie dasselbe Maß an Aufsicht gilt. Ich möchte die Notwendigkeit von geeigneteren Rechtsvorschriften betonen, mit dem Ziel, das Systemrisiko zu verringern und den fairen Wettbewerb auf dem Markt zu gewährleisten.
Derzeit besteht ein besorgniserregender Mangel an Informationen über Handelsstrategien. Der einzige Weg, um wirklich zu verstehen, ob der Markt ordnungsgemäß arbeitet, besteht für die Regulierungsbehörden darin, über ausreichende Informationen zu verfügen. Die ESMA sollte gemeinsame Berichtsstandards und -formate für die Übermittlung aller Nachhandelsdaten, sowohl für organisierte Handelsplätze als auch für den außerbörslichen Handel, ausarbeiten.
Es wäre meines Erachtens hilfreich, zu untersuchen, welche Auswirkungen die Festlegung eines Mindestauftragsvolumens für alle intransparenten Transaktionen hätte. Es könnte daher ermittelt werden, ob ein ausreichender Handelsfluss aufrechterhalten werden kann.
Johannes Hahn, Mitglied der Kommission. – Herr Präsident! Im Namen der Kommission und insbesondere von Kommissar Barnier werde ich antworten und sagen, dass die Verbesserung der Transparenz auf den Finanzmärkten und die Gewährleistung, dass alle relevanten Marktakteure geeigneten Regelungsniveaus unterliegen, Schlüsselziele dieser Kommission und der G20 sind.
Ich beglückwünsche Frau Swinburne und den Ausschuss für Wirtschaft und Währung zu dem Bericht über den Handel mit Finanzinstrumenten, „Dark Pools“ usw. Der Bericht stellt im Kontext der laufenden Überarbeitung der Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente (MiFID) einen wichtigen Schritt dar. Die in dem Bericht ausgesprochenen Empfehlungen werden eng in die Überlegungen der Kommission integriert, da wir den Vorschlag für eine Änderung der bestehenden Richtlinie 2011 vorbereiten. Die Überarbeitung der MiFID ist ein wichtiger Teil der Agenda der Kommission und ein Schritt hin zu einem stabileren und transparenteren Finanzsystem, das für die Gesellschaft und die Wirtschaft als Ganzes arbeitet. Viele Teile wurden bereits auf den Weg gebracht, nicht zuletzt der Start einer neuen EU-Aufsichtsbehörde ab dem kommenden Monat.
Die Kommission ist bemüht, bis zum Sommer 2011 Vorschläge in den übrigen Bereichen vorzulegen. Wir zählen auf die Unterstützung des Europäischen Parlaments, um rasch zu handeln und die notwendigen Reformen zu verabschieden, damit diese anschließend so bald wie möglich angewandt werden können.
Wie Sie wissen, ist die MiFID-Richtlinie ein Eckpfeiler des europäischen Regelwerks für Finanzmärkte. Sie stammt aus der Zeit vor der Finanzkrise, hat sich aber insgesamt als gut funktionierend erwiesen, selbst in den schwierigen und turbulenten Zeiten der letzten Jahre.
Natürlich haben sich auch einige Defizite gezeigt. Technologischer Fortschritt und schnelle Entwicklungen auf den Finanzmärkten haben ebenso dafür gesorgt, dass Regulierungsmittel, die vor einigen Jahren dem neuesten Kenntnisstand entsprachen, heute ganz offensichtlich überholt sind.
Am 8. Dezember veröffentlichte die Kommission Vorschläge für eine Konsultation. Wir wollen alle Herausforderungen ehrgeizig und umfassend angehen. Obwohl die ursprünglichen Ziele der MiFID-Richtlinie unbestritten weiterhin Gültigkeit haben, sind die Fragen, um die es geht, kritische Aspekte dessen, wie unsere Finanzmärkte funktionieren, wie offen und transparent sie sein müssen und wie Anleger Zugang zu Finanzinstrumenten und Anlagemöglichkeiten erhalten können.
Ebenso wie der Ausschuss für Wirtschaft in seinem Berichtsentwurf sehen auch wir die Notwendigkeit von Verbesserungen bei der Regulierung neuer Arten von Handelsplattformen und Handelsmethodologien. Dies sollte den Charakter des Geschäftes gebührend berücksichtigen, um gleiche Wettbewerbsbedingungen zwischen den Akteuren und einen geeigneten Schutz für Anleger sowie Schutz vor störenden Marktpraktiken zu gewährleisten.
Wir schließen uns auch der Feststellung an, dass die für den Aktienhandel geltenden Transparenzregeln verbessert und neue Vorgaben für den Handel mit anderen Instrumenten eingeführt werden müssen. Ein weiterer wichtiger Bereich, der in Frau Swinburnes Bericht angesprochen wird, ist die Verbesserung des Funktionierens und der Regulierung der Märkte für Warenderivate gemäß den Grundsätzen der G20.
Ferner wollen wir gezielte Verbesserungen der bestehenden Regeln zum Anlegerschutz einführen. Dafür zu sorgen, dass alle Produkte und Verkaufspraktiken auf angemessene Art und Weise den gleichen Regeln unterliegen, ist ein entscheidendes Element zur Wiederherstellung des Vertrauens der Anleger.
Und schließlich wird diese Überarbeitung der Richtlinie die Überwachung und Durchsetzung auf allen Finanzmärkten verstärken, wobei der neuen Europäischen Wertpapieraufsichtsbehörde eine Schlüsselrolle zukommt. Bei den weiterführenden Arbeiten kooperieren die Dienststellen der Kommission eng mit unseren internationalen Partnern, insbesondere mit den verantwortlichen Regulierungsbehörden in den USA, die sich mit denselben Fragestellungen beschäftigen, um internationale Konvergenz zu gewährleisten und jede Gefahr von Aufsichtsarbitrage zu verhindern.
Der Bericht von Frau Swinburne kommt zu einem wichtigen Zeitpunkt im Prozess der Regulierungsreform. Wir sind ermutigt durch das von den Abgeordneten gezeigte Engagement und dadurch, dass Ihre Analysen und Empfehlungen sehr weit mit unseren übereinstimmen. Dieser Bericht stärkt die Basis für die vor uns liegende Arbeit.
Der Präsident. – Die Aussprache wird geschlossen.
Die Abstimmung findet morgen um 12.00 Uhr statt.
Die nächste Sitzung findet morgen, Donnerstag, den 14. Dezember 2010, von 9.00 Uhr bis 13.00 Uhr, von 15.00 Uhr bis 20.30 Uhr und von 21.00 Uhr bis 24.00 Uhr statt.
Die Tagesordnung wurde veröffentlicht und kann auf der Website des Europäischen Parlaments abgerufen werden.
Die Sitzung ist geschlossen.
23. Tagesordnung der nächsten Sitzung: siehe Protokoll