5. Vorbereitung des Europäischen Rates (16.-17. Dezember 2010) - Einrichtung eines ständigen Krisenmechanismus zur Wahrung der Finanzstabilität im Euroraum (Aussprache)
Der Präsident. – Als nächster Punkt folgt die gemeinsame Aussprache über:
- die Erklärungen des Rates und der Kommission zur Vorbereitung des Europäischen Rates (16. bis 17. Dezember 2010),
- Anfrage zur mündlichen Beantwortung (O-0199/2010) an die Kommission von Frau Bowles im Namen des Ausschusses für Wirtschaft und Währung zur Einrichtung eines ständigen Krisenmechanismus zur Wahrung der Finanzstabilität im Euroraum (B7-0659/2010).
Olivier Chastel, amtierender Ratsvorsitzender. − (FR) Herr Präsident, Herr Präsident der Kommission, Herr Kommissar, ehrenwerte Abgeordnete! Im Namen des Rates möchte ich Ihnen, Herr Präsident, für die Gelegenheit danken, vor dieses Parlament zu treten und Ihnen die Fragen vorzustellen, über die der Europäische Rat beraten wird.
Auf jeden Fall werden die Sitzungen des Europäischen Rates morgen und übermorgen entscheidend für die Stärkung der wirtschaftlichen Säule der Wirtschafts- und Währungsunion sein. Der Hauptpunkt der Tagesordnung wird in der Tat die Stärkung der Finanzstabilität sein. Wir leben in außergewöhnlichen Zeiten, die schwierige Herausforderungen für Regierungen sowie für Bürgerinnen und Bürger geschaffen haben und dies auch in Zukunft tun werden. Wir müssen die notwendigen Schritte unternehmen, um sicherzustellen, dass die gegenwärtige Finanzkrise überwunden und Vertrauen wiederhergestellt wird.
Seit dem Beginn der Krise haben wir unsere Entschlossenheit gezeigt, die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um die Finanzstabilität zu bewahren und eine Rückkehr zu nachhaltigem Wachstum zu fördern. Die Krise hat insbesondere verdeutlicht, dass wir ein zusätzliches Instrument benötigen, um die Stabilität des Euroraums zu erhalten. Wir mussten einen Ad-hoc-Mechanismus einrichten, mit dem wir gerade Irland unterstützt haben. Allerdings benötigen wir mittelfristig einen dauerhaften Mechanismus.
Zu diesem Zweck und in enger Zusammenarbeit mit dem Präsidenten des Europäischen Rates wird die belgische Regierung bei der nächsten Sitzung des Europäischen Rates einen Vorschlag für einen Beschluss vorlegen, den Vertrag mit dem Ziel der Einrichtung eines Mechanismus zu ändern, um die Finanzstabilität des gesamten Euroraums durch Änderung des Artikels 136 sicherzustellen. Der Europäische Rat wird aufgefordert werden, seine Zustimmung zu diesem Entschließungsantrag und zur Einführung des vereinfachten Änderungsverfahrens gemäß Artikel 48.6 des Vertrags der Europäischen Union zu geben. Das Ziel ist die Entschließung im März 2011 anzunehmen und am 1. Januar 2013 in Kraft treten zu lassen.
Darüber hinaus ist die Umsetzung des vom Europäischen Rat im Oktober unterstützten Berichts der Arbeitsgruppe für wirtschaftspolitische Steuerung ein wichtiger Schritt in Richtung gestärkte Finanzdisziplin, erweiterte Überwachung der Wirtschaftspolitik und intensivere Zusammenarbeit. Dieses Thema, dem wir sehr viel Bedeutung beimessen, liegt zurzeit dem Parlament und dem Rat vor und sollte bis nächsten Sommer abgeschlossen sein.
Zum Schluss möchte ich die Bedeutung der neuen Strategie Europa 2020 für Wachstum und Beschäftigung unterstreichen, die uns entscheidend dabei helfen kann, diese Krise zu überwinden. Der belgische Ratsvorsitz hat sich für ihre Umsetzung entschieden, um den Weg für einen nachhaltigen wirtschaftlichen Aufschwung zu ebnen.
Zusätzlich zu diesen wirtschaftlichen Themen möchte ich auf zwei weitere Punkte eingehen. Der Europäische Rat wird sich mit den Beziehungen zwischen der Union und ihren strategischen Partnern auseinandersetzen. Der Rat für Auswärtige Angelegenheiten unter dem Vorsitz von Baroness Ashton hat Fortschrittsberichte über seine Partner, die Vereinigten Staaten, China und Russland, erstellt. Der Europäische Rat wird daher Baroness Ashtons genau zuhören, wenn sie über die Beziehungen der Union mit ihren strategischen Partnern spricht. Baroness Ashton muss dies auch im Hinblick auf andere Partner wie die Ukraine, Afrika, Indien und Brasilien tun und im März 2011 einen Bericht vorlegen, in dem sie die Beziehungen zu unseren Partnern erläutert.
Mein letzter Punkt bezieht sich auf den Antrag Montenegros auf Beitritt zur Europäischen Union. Der Rat Allgemeine Angelegenheiten begrüßt die Stellungnahme der Kommission zu Montenegro. Im Hinblick auf die auf der Tagung des Europäischen Rates in Kopenhagen festgelegten Kriterien und die Anforderungen des Stabilisierungs- und Assoziierungsprozesses hat das Land Fortschritte erzielt. Trotzdem sind weitere Anstrengungen notwendig, insbesondere die Umsetzung von sieben in der Stellungnahme der Kommission dargelegten Prioritäten. In Anbetracht des Vorschlags der Kommission empfiehlt der Rat, Montenegro den Kandidatenstatus zuzuerkennen, und der Europäische Rat wird sich mit dieser Frage beschäftigen.
José Manuel Barroso, Präsident der Kommission. − Herr Präsident, Herr Präsident des Rates, ehrenwerte Abgeordnete! In dieser Woche wird sich der Europäische Rat in erster Linie auf zwei Ziele konzentrieren: die Einigung über die zentralen Punkte eines zukünftigen dauerhaften europäischen Stabilitätsmechanismus für den Euroraum und die begrenzte Vertragsänderung, durch die dieser Mechanismus rechtlich abgesichert wird. Daher hoffe und erwarte ich, dass der Europäische Rat sich auf Ergebnisse, einen konsequenten Kurs und die Stärkung des Konsenses konzentriert. Durch eine erfolgreiche Vereinbarung wird dieser Europäische Rat auch ein Zeichen der Einigkeit, Solidarität und unmissverständlichen Unterstützung für das europäische Projekt setzen, aber es wird ein hartes Stück Arbeit erfordern, dieses Ziel zu erreichen.
Wir wissen alle, dass für die Europäische Union und insbesondere für den Euroraum zurzeit sehr viel auf dem Spiel steht. Viele Menschen erwarten Antworten von der Europäischen Union: zum einen die Märkte, zum anderen unsere Partner weltweit, aber ganz besonders unsere Bürgerinnen und Bürger. Was erwarten sie? Wie können wir sie in vielerlei Hinsicht am besten beruhigen? Für mich ist die Antwort klar. Wir müssen zeigen, dass die Europäische Union über Ereignisse die Kontrolle bewahrt, dass wir einen Aktionsplan haben und an ihm festhalten und dass wir mit einer Stimme sprechen und gemeinsam handeln. Wir brauchen keinen Schönheitswettbewerb zwischen Führungsspitzen, eine Kakophonie verschiedenster Szenarien oder Ankündigungen, denen keine Taten folgen.
Richtig ist, dass wir mit ernsten Herausforderungen konfrontiert sind, aber wenn man eine nüchterne Bestandsaufnahme macht und die Tatsachen betrachtet, geht die Europäische Union diese Herausforderungen dieses Jahr gezielt an. Mit Griechenland und Irland stellten sich uns zwei außerordentliche Herausforderungen. In beiden Fällen haben wir die erforderlichen Entscheidungen gefällt. Tatsache ist, in beiden Situationen war die EU in der Lage zu handeln, aber wir müssen weit reichende Reformen durchführen, um zu gewährleisten, dass solche Situationen in Zukunft nicht mehr entstehen.
Echte europäische wirtschaftspolitische Steuerung ist dafür eine notwendige Vorbedingung. Das Paket für die wirtschaftspolitische Steuerung soll als zentraler Eckpfeiler eines Systems angesehen werden, der bei den Europäern und den Märkten Vertrauen schafft, dass die richtigen Strukturen vorhanden sind. Ich hoffe, dass dieses Parlament diese Vorschläge der Kommission auch weiterhin vorrangig behandelt, damit sie bis Mitte nächsten Jahres vollständig umgesetzt werden können.
Unser zukünftiges System wird sich auf individuelle und gemeinsame Anstrengungen, Verantwortung und Solidarität stützen. Wir bewegen uns rasch in diese Richtung. Zugleich müssen Staatsfinanzen konsolidiert werden. Gesunde Finanzen sind erforderlich, um das für das Wachstum so entscheidende Vertrauen wiederherzustellen. In vielen Mitgliedstaaten wirkt sich der gegenwärtige Kurs der Haushaltspolitik stark auf die langfristige Nachhaltigkeit der öffentlichen Finanzen aus und erfordert Korrekturmaßnahmen.
Wir müssen uns natürlich über die Konsolidierung des Haushalts hinaus auch auf die Förderung des Wachstums konzentrieren und wir säen die Saat des zukünftigen Wachstums in Europa durch die Strategie Europa 2020. Dadurch ergibt sich für Europa eine echte Wachstumsperspektive. Ich sehe, dass immer mehr Mitgliedstaaten das Potenzial von Europa 2020 vollständig erfassen. Bauen wir darauf auf, indem wir wachstumsfördernde Reformen beschleunigen. Wenn man sie ernst nimmt, kann die Strategie Europa 2020 unsere kommunalen, nationalen und europäischen Volkswirtschaften in Richtung Wachstumsquellen der Zukunft bewegen.
Wir arbeiten intensiv daran, innerhalb eines Monats den ersten Jahreswachstumsbericht vorzulegen. Ich bin zuversichtlich, dass dies nächstes Jahr für dieses Parlament ein zentrales Thema sein wird. Das trifft auch auf den zukünftigen Haushaltsplan der Union zu und wie dessen großes Potenzial genutzt werden kann, um das Wachstum zu fördern und Arbeitsplätze zu schaffen.
Wir müssen uns auch mit unserem Bankensystem auseinandersetzen und die notwendigen Schritte unternehmen, um zu gewährleisten, dass Banken in der Lage sind, die Wirtschaft und insbesondere die KMU angemessen zu finanzieren. Im Hinblick auf die Stabilisierung der Wirtschaften setzten wir viele Ad-hoc- oder vorübergehende Maßnahmen. Ein dauerhafter Stabilitätsmechanismus muss ein weiteres wichtiges Element unseres Ansatzes für weit reichende Reformen sein.
Das ist das Ziel des Europäischen Stabilitätsmechanismus. Nach intensiven Verhandlungen, die sehr gut verliefen, waren wir Ende letzten Monats in der Lage, für diesen Mechanismus einen Entwurf zu unterbreiten. Ich bin zuversichtlich, dass dies vom Europäischen Rat diese Woche unterstützt wird, obwohl die genauen Einzelheiten währen der nächsten Wochen ausgearbeitet werden müssen.
Der Mechanismus sollte auch durch einen Beschluss unterstützt werden, eine begrenzte und gezielte Vertragsänderung vorzunehmen. Da es jetzt einen Konsens zwischen den Mitgliedstaaten gibt, den Weg der Vertragsänderung zu gehen, muss dieser Ansatz rasch umgesetzt werden. Das Ziel dieser Vertragsänderung ist sehr spezifisch. Es besteht in einer geradlinigen, pragmatischen Änderung, um ganz bestimmten Bedürfnissen zu entsprechen. Nur eine einfache Änderung ist zu seiner Umsetzung erforderlich. Wir sollen daher der Versuchung widerstehen, dieses Thema komplizierter zu machen oder künstliche Verbindungen zu anderen Themen herzustellen, und wir sollten uns nicht von der anstehenden Aufgabe ablenken lassen. Der Euro wird von einem enormen politischen Willen gestützt. Der vorübergehende und jetzt auch der dauerhafte Mechanismus sind zentrale Entscheidungen, die beweisen, dass die Mitgliedstaaten willens sind, die Stabilität und Integrität des Euro voll und ganz zu unterstützen.
Alle diese Elemente – wirtschaftspolitische Steuerung, Konsolidierung der Finanzen, Gewährleistung wachstumsfördernder Reformen, wirksame Banken, die Europäische Finanzstabilitätsfazilität und ihr Nachfolger, der Europäische Stabilitätsmechanismus – sind miteinander verknüpft. Sie müssen als ein Ganzes angegangen und in strukturierter Weise verbunden werden, um umfassend auf diese Krise zu reagieren zu können und sicherzustellen, dass so etwas nie wieder geschehen kann.
Die von der Europäischen Zentralbank gesetzte Maßnahme ist selbstverständlich ein wesentlicher Beitrag in Richtung dieses Ziels.
Alle stimmen zu, dass die während dieses Jahres ergriffenen Maßnahmen, insbesondere für Griechenland und Irland, auch im breiteren Interesse der gesamten Europäischen Union und ihrer Mitgliedstaaten liegen. Sie stützen sich stark auf grundlegende Prinzipien der Solidarität, kollektiver Verantwortung, auf gemeinsam getragene Risiken und gegenseitige Unterstützung in schwierigen Zeiten. Ich weiß, dass diese Prinzipien dem Parlament am Herzen liegen. Sie liegen auch mir am Herzen und darum kann ich verstehen, warum andere Ideen in Umlauf gebracht wurden, um diese Prinzipien durch andere mögliche Mechanismen zu verwirklichen.
Zu diesem Punkt möchte ich ganz klar sagen, dass Eurobonds an sich eine interessante Idee sind. Die Kommission hat diese Idee selbst im Jahre 2008 unterbreitet, als die ersten 10 Jahre der WWU beurteilt wurden, aber wir befinden uns in einer Krisensituation, und wir besitzen bereits Finanzmechanismen, um auf diese Krise zu reagieren, wie etwa die Europäische Finanzstabilisierungsfazilität. Diese Mittel werden noch lange nicht vollständig ausgeschöpft und sie können viel rascher verbessert und angepasst werden als irgendwelche anderen Alternativen, so interessant diese auch sein mögen.
Obwohl ich verstehen kann, dass Sie über jede mögliche Lösung nachdenken wollen, muss jetzt sofort gehandelt werden. Verwerfen wir die Idee nicht für die Zukunft, aber konzentrieren wir uns zu diesem Zeitpunkt darauf, wie wir einen Konsens unter den Mitgliedstaaten erreichen können und was rasch und entschlossen umgesetzt werden kann.
Arbeiten wir zusammen, dass wir am Ende dieses Jahres ein Zeichen setzen können, dass die Europäische Union eine gemeinsame Vision für ihre Wirtschaft hat und diese Vision umsetzt. Tun wir das im klaren Bewusstsein unseres Zieles und machen wir dieses Ziel ebenso klar: ein starker und stabiler Euroraum in einer immer enger zusammenstehenden Europäischen Union.
Der Präsident. – Ich möchte dem amtierenden Präsidenten des Rates, Herrn Chastel, und dem Präsidenten der Kommission, Herrn Barroso, für ihre einleitenden Worte zu dieser Diskussion danken. Wir sprechen hier über ein sehr wichtiges Thema. Die Bewältigung der Krise und die Schaffung von Arbeitsplätzen muss für unsere Bürgerinnen und Bürger Priorität haben. Morgen und übermorgen wird sich der Europäische Rat in erster Linie mit diesem Thema beschäftigen.
Joseph Daul, im Namen der PPE-Fraktion. – (FR) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Das Treffen des Europäischen Rates, das diese Woche eröffnet wird, findet vor einem besonderen Hintergrund statt: vor spekulativen Angriffen gegen den Euro, der Rückkehr der Euroskepsis und dem Beginn der Überlegungen bezüglich Europas Finanzen, während sich dieses Parlament anschickt, über den Haushaltsplan 2011 abzustimmen.
Diese Themen sind freilich eng miteinander verknüpft. Die Euro-Krise und die Solidaritätsmaßnahmen zeigen Wirkung auf die Kaufkraft der Europäer, die sich darüber wundern, ob all diese Anstrengungen es wert sind, ob sie angesichts der sogar in bisher traditionell pro-europäischen Staaten vorhandenen Euroskepsis zu etwas Positivem führen. Es handelt sich hierbei um ein Phänomen, dass sich Populisten und extreme politische Gruppen auf ihre Fahnen geschrieben haben, die sich zu ihrer Stärkung der Angst bedienen und versuchen, sich in sich selbst zurückzuziehen und die als Regierungsverantwortliche kein Wundermittel zur Hand haben.
Ich beginne mit dem Euro, den wir schützen und stärken müssen, während wir uns gleichzeitig einige grundlegende Fragen stellen müssen.
Meine erste Frage lautet: Hat Europa je eine so stabile Währung wie den Euro gehabt? Ich sage das für diejenigen, die ein nostalgisches Gefühl für Landeswährungen haben: ein Schritt zurück hätte katastrophale Folgen für Europa.
Meine zweite Frage lautet: Wer steht hinter den Angriffen, dem der Euro seit Monaten ausgesetzt ist? Wer gewinnt etwas durch diese Untaten, wenn ich es so nennen darf? Ich bin kein Verschwörungstheoretiker, aber in meinen Gesprächen mit politischen Führungsspitzen und Finanzspezialisten führen alle Wege zur Quelle unserer Probleme. Wann werden wir etwas daraus lernen? Ich glaube, wir können direkt mit unseren Freunden reden.
Meine dritte Frage lautet: Warum wird der Euro immer noch höher als 1,30 USD gehandelt? Dadurch werden unsere Exporte ernsthaft behindert und alle sagen, dass dem Euro genug geschadet wurde. Warum sind unsere Staaten die einzigen, die eine strenge orthodoxe Politik verfolgen, während unsere Konkurrenten von ihren schwachen Währungen profitieren und dadurch ihre Volkswirtschaften ankurbeln? Das fragen uns unsere Bürgerinnen und Bürger. Mir wurden diese Fragen in den letzten zwei Wochen immer wieder bei Treffen mit gewählten Politikern gestellt.
Meine Damen und Herren, wir brauchen eine Botschaft des Vertrauens, dass wir die Krise überwinden werden, Maßnahmen, um eine Rückkehr des Wachstums zu fördern und konkrete Maßnahmen wie jene, die vor kurzem von der Barroso-Kommission ergriffen wurden, den Binnenmarkt wiederherzustellen oder eine stärkere Ethik der Finanzmärkte herbeizuführen. Die Euro-Krise hat bewiesen, dass eine Zusammenführung unserer Sozial- und Finanzpolitik notwendig ist. Das erfordert Mut. Sehr verehrter Herr Präsident des Rates, Herr Präsident der Kommission, unternehmen Sie größere und schnellere Schritte und wir werden eine ganze Reihe von Problemen lösen.
Wir werden eine ganze Menge Mut brauchen in den nächsten Jahren, wenn wir unsere Länder in der Arena des globalen Wettbewerbs stärken und das Geld unserer Steuerzahler auf wirksamste Weise verwenden wollen. Diese Anstrengung, unsere Ausgaben zu harmonisieren, muss auf allen Ebenen unternommen werden: auf lokaler, regionaler, nationaler und europäischer Ebene. Die politischen und finanziellen Prioritäten der Union müssen neu überdacht werden und die öffentlichen Finanzen Europas müssen grundlegend überprüft werden. Wir müssen uns die wirklichen Fragen stellen und, abhängig von unseren Antworten, unseren Haushaltsrahmen für den Zeitraum von 2014 bis 2020 anpassen.
Das Europäische Parlament fordert diese entscheidende Aussprache, und wir als direkt von 500 Millionen Europäern gewählte Vertreter beabsichtigen, an allen diesen Diskussionen teilzunehmen, auch wenn dies bestimmten Regierungen missfällt, die uns dieses Recht absprechen wollen.
Ich fordere den Europäischen Rat auf, uns seine Zustimmung zu geben, und, falls nötig, abzustimmen, damit diejenigen, die uns diese Gelegenheit verwehren, an der Aussprache teilzunehmen, ihre Verantwortung übernehmen können. Für uns geht es nicht um Macht, sondern darum, zu einer entscheidenden Debatte über den zukünftigen Aufbau Europas beizutragen. Wir müssen das Übel an der Wurzel packen, die richtigen Entscheidungen, die notwendigen Entscheidungen treffen, um sicherzustellen, dass der europäische Haushaltsplan zunehmend ein Investitionshaushalt wird.
Wenn unsere Mitgliedstaaten eingedenk der Haushaltszwänge weniger in die Bildung, Schulung, Forschung und Innovation investieren können, dann sollten wir das auf europäischer Ebene tun, indem wir unsere Ressourcen bündeln und damit Größenvorteile erzielen.
Für die Fraktion der Europäischen Volkspartei (Christdemokraten) darf die Aussprache über Europas Finanzen nicht auf das Niveau eines Streites zwischen Mitgliedstaaten abfallen, die ihr Geld zurück wollen. Im Gegenteil, die Aussprache sollte die Versöhnung unserer Mitbürgerinnen und Mitbürger mit Europa zum Ziel haben, indem man ihnen den Wertzuwachs aufzeigt, den konzertiertes und visionäres europäisches Handeln erzielen kann.
Ich besuche zurzeit die Hauptstädte und kann Ihnen sagen, dass diese Debatte in zunehmendem Maße geführt wird. Verpassen Sie diese Gelegenheit nicht. Weil die Weihnachtszeit und das neue Jahr vor der Tür stehen und dieser Vorsitz bald zu Ende geht, möchte ich gerne dem belgischen Ratsvorsitz für seine ausgezeichnete Zusammenarbeit mit dem Parlament danken und ebenso José Manuel Barroso, der den Mut hatte, daran zu arbeiten, bis kurz vor Ende Juni ein Dokument über Kapitalanforderungen zu präsentieren. Ich glaube, dass wir zusammen in diese Richtung weiterarbeiten müssen und die Staats- und Regierungschefs uns folgen müssen. Wir müssen ihnen den Weg zeigen.
(Beifall)
Martin Schulz, im Namen der S&D-Fraktion. – Herr Präsident! Ich glaube, dass wir selten am Ende eines Jahres zusammengekommen sind mit mehr Gründen zu tiefer Sorge. Tiefer Sorge, weil Europa sich in einer sich verstärkenden, ja multiplizierenden Vertrauenskrise befindet. Diese Vertrauenskrise hat Ursachen. Ich will versuchen, ein paar dieser Ursachen hier zu beschreiben. Ich glaube, dass wir mit einer doppelten Salamitaktik konfrontiert sind. Es gibt eine Salamitaktik bei denen, die dem Volk im jeweiligen Land die tatsächliche Lage verheimlichen. Es ist eine schwere Erschütterung des Vertrauens von Menschen, wenn Regierungen dem Volk sagen, alles easy, keine Probleme, wir haben alles im Griff, und plötzlich über Nacht kommen und sagen, wir brauchen unzählige Milliarden Hilfe. Das haben wir jetzt schon zweimal erlebt. Und ich weiß nicht, ob wir es nicht nochmal erleben werden, dass Regierungen sagen, wir haben alles im Griff, wir können unsere Anleihen finanzieren, selbst wenn die Zinsen steigen. Und plötzlich kommen sie und sagen, Rettungsschirm, hilf uns. Das geht nicht! Was wir brauchen, ist eine tatsächliche Bestandsaufnahme der realen Schulden der Staaten und auch der Banken. Ich glaube, dass es mehr Vertrauen schafft, wenn man sagt: „Das ist der tatsächliche Zustand“, wie schlimm er auch sein mag. Wenn die Wahrheit auf den Tisch kommt, kann man leichter nach Lösungen suchen.
Es gibt aber auch die Salamitaktik der anderen Seite. Wenn diejenigen, die stark sind, sagen „Wir brauchen nicht zu helfen“. Wenn diese Renationalisierungstöne kommen: „Wir zahlen doch nicht für die anderen“, obwohl die, die das sagen, wissen, dass wir selbstverständlich am Ende zusammenstehen müssen und zahlen werden. Die Salamitaktik, dem Volk nicht die Wahrheit zu sagen, obwohl man weiß, dass man im eigenen Interesse zahlt und zahlen muss, ist genauso vertrauenszerstörend.
Und die unterschiedlichen Stimmen im Europäischen Rat, den wir jetzt vorbereiten? Der eine sagt „Eurobonds“, der andere sagt „Nein, keine Eurobonds“. Die eine sagt „Rettungsschirm stabilisieren, aufstocken, nicht aufstocken“. Ich frage mich, worin eigentlich die Logik besteht, wenn man sagt: „Das sind alles nur vorübergehende Maßnahmen, weil wir haben ja alles im Griff“. Aber wir müssen die vorübergehenden Maßnahmen in den Vertrag hineinschreiben, damit sie langfristig existieren. Einen solchen Widerspruch merkt auch der Letzte, auch das erschüttert das Vertrauen. Übrigens erschüttert es auch das Vertrauen, wenn man als Regierung im Sommer Banken einem Stresstest unterwirft und wenige Monate später feststellt, dass der Stresstest in Wirklichkeit der Stresstest für den Euro war und nicht für die Banken.
Wir haben es mit einer Vertrauenskrise zu tun, und ich muss auch an Ihre Adresse sagen, Herr Barroso, was Sie heute Morgen gesagt haben, mag alles stimmen, aber das atmet den Geist: Nicht wir suchen nach den besten Lösungen und setzen sie durch, sondern lasst uns über das reden, worauf wir uns als Minimalkonsens am Freitag verständigen können. Das reicht nicht! Das verstärkt die Vertrauenskrise. Die Politik, die kurzfristig den nationalen Markt beruhigt, die reicht nicht. Was wir brauchen, ist eine Politik, die die Märkte stabilisiert und den Euro stabilisiert. Warum redet in diesem Hause, warum redet im Europäischen Rat eigentlich niemand über den Außenwert des Euro? Der Euro steht heute zum US-Dollar bei 1,34. Der niedrigste Wert während der Krise war 1,20, bei der Einführung 1,15. Der Euro ist eine stabile Währung. Im interkontinentalen Wettbewerb, wo Regionen dieser Welt ökonomisch miteinander konkurrieren, zählt nicht mehr die einzelne nationale Währung, sondern zählt das Währungskonstrukt der jeweiligen Region. Die Eurozone ist ökonomisch und sozial sicher die stärkste Wirtschaftsregion der Welt. Sie ist nur politisch in einem Zustand, in dem die Verantwortungsträger durch ihre auf die kurzfristige Befriedigung nationaler Debatten ausgerichtete Politik diese eigentlich starke Zone schwächen. Der Euro ist stark! Der Euro könnte noch viel stärker sein, wenn die, die ihn politisch umrahmen, wenn die, die die Verantwortung für ihn tragen, endlich ihrer Pflicht nachkommen und mutige und einheitliche Entscheidungen sozialer und ökonomischer Art treffen, die die Vertrauenskrise beenden. Schauen Sie sich an, was in London los ist, schauen Sie sich an, was in Paris los ist, schauen Sie sich an, was in Rom los ist. Wenn wir diese Vertrauenskrise nicht beenden, dann werden wir in den nächsten Jahren große Probleme haben.
Deshalb ist mein Appell an den Rat: Ich bin für Eurobonds. Wenn es eine andere Maßnahme gibt, dann bitte andere Maßnahmen, aber einigt Euch endlich darauf, dass der Euro nach innen stabilisiert wird, nach außen ist er stark genug.
Guy Verhofstadt, im Namen der ALDE- Fraktion. – (FR) Herr Präsident, ich denke, dass es im Leben eine Regel gibt, die überall anwendbar ist: Wenn eine Gruppe einen Angriff erleidet, muss sie mit Einigkeit und Solidarität reagieren. Genau das Gegenteil geschah 2010, als der Euro angegriffen wurde, da wir seit der Griechenland-Krise nichts als Uneinigkeit in den Aussprachen erlebt haben, sicherlich keine Einigkeit und sicherlich keine Solidarität.
Wir müssen jetzt den Mut haben – und ich wende mich dabei auch an den Präsidenten der Kommission – anzuerkennen, dass alle vorübergehenden Maßnahmen ganz einfach nicht genug sind. Das ist nicht meine Analyse, sondern die Analyse des Weltwährungsfonds (IWF), der Organisation für die Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), von Herrn Trichet, Chef des Währungswächters des Euro, Präsident der Europäischen Zentralbank, dem keine der ergriffenen Maßnahmen und keine der geplanten Maßnahmen weit genug gehen.
Alle sagen, dass vier Punkte umgesetzt werden müssen: erstens, ein Stabilitätspakt mit echten Sanktionsmechanismen; zweitens ein dauerhafter, erweiterter Krisenfonds – ich bin nicht der, der das vorschlägt, Herr Trichet sagt, dass er erweitert werden muss, die Staats- und Regierungschefs wollen ihn nicht erweitern und wir wollen Vertrauen, um wieder auf die Märkte zurückzukehren; drittens, echte wirtschafts- und finanzpolitische Steuerung, Finanz- und Wirtschaftsunion und viertens, einen gemeinsamen Euro-Anleihemarkt.
Das sind die vier Dinge, die verwirklicht werden müssen, weil es nirgendwo in der Welt, meine Kolleginnen und Kollegen, eine Währung gibt, die nicht von einer Regierung, einer Wirtschaftsstrategie und einem Anleihemarkt unterstützt wird. So etwas existiert nirgendwo auf der Welt. Und was wird uns heute hier gesagt? Man sagt uns: „Ja, es ist eine gute Idee, aber wir müssen noch ein bisschen länger warten.“ Worauf müssen wir warten? Vielleicht müssen wir auf das totale Chaos warten oder darauf, dass der Euro verschwindet.
Es ist daher an der Zeit, diesen Entschluss zu fassen und ich erwarte von der Kommission nicht, Herr Präsident, uns zu sagen: „Ja, es wird schwierig sein, wir dürfen diese Diskussionen über die Eurobonds nicht fortsetzen; es ist eine gute Idee, aber es ist jetzt nicht die Zeit dafür, da wir den Krisenfonds besitzen, den wir jetzt dauerhaft machen werden.“ Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun. Der Krisenfonds ist jetzt notwendig, um Angriffen gegen den Euro Widerstand zu leisten, aber Eurobonds sind ebenso notwendig für die mittelfristige und langfristige Stabilität des Euro. Die beiden Dinge widersprechen einander nicht. Beide sind notwendig, wie das überall in der Welt der Fall ist.
Daher glaube ich, dass zusammen mit den Staats- und Regierungschefs, die morgen und übermorgen diskutieren und sagen werden, „Ja, wir werden den Vertrag anpassen, und der Krisenfonds, der normalerweise erweitert würde – was von allen gefordert wird – wird dauerhaft gemacht werden können“, dass für die Kommission die Zeit gekommen ist, so rasch wie möglich ein Paket vorzulegen, dass diesen Ansatz betreffend weit bedeutsamer, mutiger, globaler und kohärenter ist. In Anbetracht der Stabilität und des Wachstumspakts, welcher echte Sanktionsmechanismen enthält, kann das Parlament seine Arbeit ausführen, weil das Paket hier vorhanden ist und wir zu den ursprünglichen Vorschlägen der Kommission zurückkehren werden. In Bezug auf die anderen drei Punkte bin ich für einen erweiterten Fonds, ja, aber schlagen Sie es vor. Schlagen Sie es vor! Beziehen Sie zu diesem Punkt Stellung und sagen Sie, dass der Krisenfonds erweitert werden muss. Wieso? Weil eine Erweiterung des Fonds den Spekulationen gegen den Euro ein Ende bereiten wird. Zweitens sollen Sie ein weltweites Paket zur Finanz- und Wirtschaftsunion vorschlagen und drittens sollen Sie keine Angst davor haben, einen gemeinsamen Euro-Anleihemarkt vorzuschlagen. Wir wissen, dass letzten Endes dadurch der Euro auf lange Sicht stabilisiert werden wird.
Daniel Cohn-Bendit, im Namen der Verts/ALE-Fraktion. – (FR) Herr Präsident, Herr Präsident der Kommission, meine Damen und Herren, in diesem Zusammenhang mutet das allerdings etwas seltsam an. Herr Chastel, Sie sprachen vom nächsten Gipfel. Sie hätten uns sagen können, dass die Dinge vor diesem Gipfel etwas unsicher sein werden. Sie hätten uns sagen können, dass Sie einige der Aussprachen kürzen müssen.
Herr Barroso, ich glaube, wir werden keinen Fortschritt machen, wir werden wegen dieses Geschwafels nicht weiterkommen. Martin Schultz hat Recht: wir müssen die Wirklichkeit der Krise beschreiben und es so sagen, wie es ist, aber wir müssen ebenso die Realität unserer eigenen politischen Machtlosigkeit und die Gründe für diese Machtlosigkeit beschreiben. Es hat keinen Sinn, einfach festzustellen, dass wir die richtigen Entscheidungen getroffen haben. Sie wissen genauso gut wie ich, und jeder hier weiß das, dass wir sie immer zu spät getroffen haben. Wir machen einen Schritt vor und zwei zurück. Ich sage nicht, dass das Ihr Fehler ist. Ganz im Gegenteil, ich denke, dass die Kommission sogar ein Stützpfeiler der Stabilität zu einer Zeit war, wenn Klarheit Mangelware war. Aber, – ich denke Guy Verhofstadt hat die richtige Frage gestellt – wie soll unsere Strategie in den kommenden Monaten aussehen?
Wie ich es sehe, ist die Strategie einfach: die Kommission soll einen Stabilitätspakt vorlegen, was sie bereits getan hat, die notwendige Stabilität und damit die Verantwortung aller gegenüber dem Euro festlegen und einen Solidaritätspakt vorlegen, der die von uns benötigte Solidarität definiert. Es gibt keine Stabilität ohne Solidarität. Diese Diskussionen zwischen Frau Merkel und Herrn Untel interessieren uns nicht länger. Ja, die Position bestimmter Länder, einschließlich Deutschland, die sagen, dass es Solidarität geben muss und dass das, was passiert ist, nie wieder passieren darf, ist richtig. Ja, wenn wir nicht gleichzeitig sagen, dass Solidarität uns dazu zwingt, eine Möglichkeit zu schaffen, den Euro durch die Investition in Eurobonds zu schützen, um die ökologische und wirtschaftliche Umwandlung zu vollziehen. Wir müssen investieren, obwohl dass auf nationaler Ebene nicht mehr länger möglich ist. Wir haben eine zweiseitige Währung: Stabilität auf der einen Seite und Solidarität auf der anderen, mit Verantwortung in der Mitte.
Herr Präsident der Kommission, legen Sie einen Vorschlag vor, die Funktionen der Union zu reformieren, damit mit den Eurobonds Stabilität und Solidarität auf eine Art und Weise erreicht werden kann, bei der es nicht mehr länger irgendwelche Spekulationen im Hinblick auf die Verschuldung bestimmter Länder geben kann, und mit den Eurobonds haben Sie die Möglichkeit, zur gleichen Zeit zu investieren.
Herr Oettinger teilt uns mit, dass er 1 000 Mrd. EUR braucht, um den Energiesektor zu reformieren, aber wo wird er dieses Geld herbekommen? Wird er Lotto spielen oder wie geht das? Es ist vollkommen absurd, dass er 1 000 Mrd. EUR benötigt, ohne uns zu sagen, wie wir die erforderlichen Mittel für diese notwendige wirtschaftliche Umgestaltung mobilisieren werden.
Also, die Strategie ist einfach: Die Kommission schlägt vor, das Parlament ändert und beschließt, und es wird eine Stellungnahme von der Kommission und vom Europäischen Parlament für oder gegen den Rat geben und der Rat wird auf diesen gemeinsamen Standpunkt reagieren müssen. Das ist alles. Die einzige Lösung ist die heutige Aussprache. Wenn wir darauf warten, dass Frau Merkel zu einem Entschluss kommt, und zwar eine Viertelstunde, bevor der Entschluss gefällt werden muss, dann können Sie bis ans Ende aller Zeiten warten. Wenn sie letztendlich diesen Beschluss fasst, ist der Zug für uns schon lange abgefahren. Natürlich können Sie mir sagen, dass es nicht wichtig ist, da immer wieder ein Zug kommen wird und wir auch den nächsten nehmen können. Aber das stimmt nicht. Gorbatschow hatte Recht, wenn er sagte: „Gefahren warten nur auf diejenigen, die nicht auf das Leben reagieren.“
(Der Präsident unterbricht den Redner)
Ich will nicht, dass die Geschichte Europa bestraft. Übernehmen Sie Ihre Verantwortung. Wir stellen uns unserer Verantwortung und wir müssen dem Rat zeigen, dass die politische Stabilität, die wir brauchen, hier ist, in der Kommission und im Parlament, und wir werden der Instabilität des Rates die Stirn bieten.
(Beifall)
Timothy Kirkhope, im Namen der ECR-Fraktion. – Herr Präsident, ich teile die Hoffnung, dass die Maßnahmen auf der Tagung des Europäischen Rates akzeptiert werden, um den Märkten neues Vertrauen zu geben und innerhalb des Euroraums wieder Stabilität einzuführen, da wir, ganz gleich, ob wir Abgeordnete sind oder nicht, alle daran Interesse haben sollten.
Vor der Sitzung wurde uns gesagt, dass zusätzliche Sanktionen ein zentraler Teil der Lösung sein werden, aber Sanktionen müssen glaubwürdig sein, um wirksam zu sein, und die Erfolgsbilanz der Union in dieser Hinsicht ist ganz und gar nicht zufrieden stellend. Sie zu einer automatischen Einrichtung zu machen, wird sie kaum glaubwürdiger erscheinen lassen, wenn die Überzeugung bestehen bleibt, dass eine politische Lösung gefunden werden kann, um sie zu vermeiden. Was für die Mitglieder des Euroraums wirklich erforderlich ist, ist das Vorhandensein des politischen Willens, die gegenwärtigen Verpflichtungen zu erfüllen.
Wir hören Gerüchte, dass ein zentraler Teil der Lösung darin besteht, den Privatsektor die Last zukünftiger Rettungsmaßnahmen mittragen zu lassen. Es wäre allerdings ein furchtbares Paradoxon, sollte die wichtigste Konsequenz einer solchen Initiative darin bestehen, die Kreditkosten für einige der schwächeren Mitgliedstaaten des Eurogebiets zu erhöhen und zur nächsten Krise beizutragen.
Nach dem gerade abgeschlossenen Reformvertragsprozess würde ein Reformpaket, so wird uns mitgeteilt, für eine ganze Generation Vertragsänderungen unmöglich machen. Nur wenige Monate später wagen wir uns jetzt gerade an ein neues.
Es wird uns erneut versichert, und das auch vom Präsidenten der Kommission, dass die Änderungen nur geringfügig sein müssen, aber das entspricht nicht dem, was die deutsche Regierung annimmt. Der deutsche Finanzminister, Dr. Schäuble, hat anscheinend die Tür zu einer neuen Integrationsrunde geöffnet, die zu einer Finanzunion und letztendlich zu einer politischen Union führen soll.
Wo wird das enden? Sicherlich nicht in einem weiteren verlorenen Jahrzehnt, in dem man sich auf die falschen Reformen konzentriert? Europa benötigt eine Wirtschaftsreform, Disziplin bei den Staatsfinanzen, eine Intensivierung des Binnenmarktes, Änderungen beim Arbeitsrecht, um die Beschäftigung anzukurbeln, und ein Maßnahmenpaket, um aus dem Programm Europa 2020 einen Erfolg zu machen.
Das sind die zentralen Reformen, die entschlossen und zu Recht von Präsident Barroso im Programm für seine Kommission festgelegt wurden, aber ich befürchte bereits, dass uns diese Gelegenheit aus den Fingern gleitet. Es besteht das enorme Risiko, dass es in der Tat trotz der Gespräche über den Aufbau Europas unterminiert wird und es trotz der Hoffnung auf ein stärkeres Europa durch das Versagen, seine grundlegenden Wirtschaftsprobleme anzusprechen, tatsächlich nur geschwächt werden wird.
Wir glauben, dass die Prioritäten des Europäischen Rates darin bestehen müssen, einer begrenzten Anzahl von Maßnahmen zuzustimmen, damit die Mitglieder des Euroraums einander in der unmittelbaren Krisensituation helfen können, ohne den Mitgliedstaaten, die sich entschlossen haben, unbeteiligt zu bleiben, eine Last aufzubürden, und dann erneut auf die entscheidende Bedeutung, die langfristige Krise zu überwinden, hinzuweisen: das Risiko eines dauerhaften Einsturzes unserer wirtschaftlichen Wettbewerbsfähigkeit.
Lothar Bisky, im Namen der GUE/NGL-Fraktion. – Herr Präsident, geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Die globale Wirtschafts- und Finanzkrise beschäftigt uns nun schon seit drei Jahren! Eine Konsequenz aus der lang anhaltenden Diskussion ist offensichtlich: Wir packen mit unseren Maßnahmen nicht die Wurzeln der Krise an, sondern beschäftigen uns noch immer mit deren Symptomen. Ich wiederhole erneut: Entscheidungen auf EU-Ebene dürfen sich nicht von den Finanzmärkten treiben lassen. Es darf doch nicht sein, dass die Banken bisher weitgehend ungeschoren davonkommen, munter weiterspekulieren und die Risiken ihrer Geschäfte von den Staaten getragen werden! Die rigorosen Sparpakete für Griechenland und Irland laden der Bevölkerung die Kosten der Krise auf, die sie nicht verursacht haben. Das schränkt den Konsum ein und verhindert den benötigten wirtschaftlichen Aufschwung. Eine drastische Sparpolitik führt weitere krisengefährdete Staaten wie Portugal oder Spanien in die Situation von Griechenland und Irland.
Abhilfe schafft keine bloße Neujustierung finanztechnischer Instrumente oder das Aufspannen von Schutzschirmen. Ein ständiger Mechanismus zur Wahrung der Finanzstabilität muss Maßnahmen beinhalten, die das Markttreiben regulieren. Dazu gehören unter anderem die Einführung einer Finanztransaktionssteuer und die Verpflichtung auf soziale Mindeststandards. Auch gilt es, die Satzung der Europäischen Zentralbank so zu verändern, dass sie notleidenden Staaten auf direktem Weg unter Umgehung der Banken finanziell zur Seite stehen kann.
Das wären erste Schritte – zugegeben, aber diese ersten Schritte sind längst überfällig. Und um es deutlich zu sagen: Nationale Borniertheiten behindern die Regelungen für eine wirksame Finanzmarktkontrolle. Die Staats- und Regierungschefs bremsen Fortschritte in die richtige Richtung. Ich beziehe die Regierungschefin aus Deutschland da mit ein.
Nigel Farage, im Namen der EFD-Fraktion. – Herr Präsident, 2010 wird als ein Jahr in Erinnerung bleiben, in dem die großen Lücken im Euro-Projekt aufgezeigt wurden, und in dem sich die Öffentlichkeit in Europa über die unglaubliche Dummheit ihrer Führungsspitzen klar wurde.
Nun haben wir also einen weiteren Gipfel, eine weitere Krise, und das Vertrauen in den Euro verringert sich jede Woche. Es sieht so aus wie ein Verkehrsunfall in Zeitlupe und jetzt wollen Sie einen dauerhaften Rettungsmechanismus. Sie sind der Ansicht, dass mit einem Fonds von, sagen wir, einer Milliarde EUR alles in Ordnung kommen wird. Nun, es wird nicht in Ordnung kommen. Das Versagen des Euro hat nichts mit Spekulation zu tun. Es hat nichts mit den Märkten zu tun, seien es jetzt die Währung oder Anleihen, sondern es geschieht, weil der Norden und der Süden Europas weder heute noch zu irgendeinem anderen Zeitpunkt in einer gemeinsamen Währungsunion zusammengefasst werden kann. Es wird nicht funktionieren.
Und politisch müssen Sie natürlich den Vertrag ändern. Der Grund dafür ist, dass die vier deutschen Professoren in Karlsruhe gewinnen und beweisen werden, dass die von Ihnen bereits ergriffenen Rettungsmaßnahmen gemäß den Verträgen in der Tat illegal waren.
Nun, in mancherlei Hinsicht begrüße ich diese Vertragsänderung, da sie bedeutet, dass es in Irland ein Referendum geben wird. Und man weiß ja nie, vielleicht hält David Cameron sein Versprechen und führt auch im Vereinten Königreich ein Referendum durch. Ich bin mir sicher, dass Sie als Demokraten alle ein Referendum über die EU im Vereinten Königreich begrüßen würden.
Wir sollten zum Ende des Jahres 2010 nicht nur über die Lage der Union nachdenken, sondern auch über die Lage Belgiens. Sechs Monate lang hat der amtierende belgische Ratsvorsitz hier gesessen und uns erklärt, dass wir uns stärker integrieren müssen. Was für eine Farce das doch ist. Seit Juni haben Sie nicht einmal eine Regierung in Ihrem eigenen Land. Hier haben wir also einen Nicht-Staat, der unsere Nation abschaffen will. Es ist wirklich eine absolute Farce, aber niemand hier wagt es, das zuzugeben, weil Sie alle Ihre Augen vor der Wahrheit verschließen. Belgien ist ein Mikrokosmos der gesamten Europäischen Union. Belgien ist gerade dabei, auseinanderzufallen und der Rest wird folgen. Allen Fröhliche Weihnachten!
Sharon Bowles, Verfasserin. − Herr Präsident, hier untersuchen wir erneut die Klebepflaster und wundern uns, ob sie groß genug und stark genug sind, die Wunde abzudecken. Letzten Juli, als die Kommission den erwarteten Gesetzesvorschlag für einen dauerhaften Verwaltungsmechanismus für Staatsverschuldungskrisen in Aussicht stellte, fragte ich, was die rechtliche Grundlage dafür wäre. Ich stellte eine ganze Reihe weiterer Fragen, wie etwa hinsichtlich der relativen Rangfolge der verschiedenen Fonds und der Größenordnung der verwendeten Beträge. Ereignisse haben gezeigt, dass die Antwort wirklich war, dass wir das nicht wissen und wir einfach von Fall zu Fall improvisieren werden.
Ich habe dafür sogar Sympathie insofern, als wir uns auf neuem Terrain befinden und neue Pläne ausgearbeitet werden müssen. Aber ich sage es erneut, wenn diesen Erklärungen keine Taten folgen, ob durch die Kommission oder den Rat, dann läuft das dem Nutzen von Schlussfolgerungen zuwider. Antworten auf meine Fragen vom Juli erhielt ich erst während der Rettung Irlands, was meiner Ansicht nach bedauernswert ist, nicht zuletzt, wenn der kleinste Fonds, der aus dem Haushaltsplan der EU stammt, im gleichen Ausmaß wie die größeren Fonds genutzt wird. Das Parlament wurde trotz meiner früheren Fragen nicht konsultiert.
Heute bin ich hier, um weitere Fragen zu stellen, und zwar im Hinblick auf die Schlussfolgerungen, die beim Treffen des Rates im Oktober getroffen wurden, bei der die Kommission aufgefordert wurde, auf eine begrenzte Vertragsänderung hinzuarbeiten, die erforderlich ist, um einen dauerhaften Krisenlösungsmechanismus einzurichten. Sie teilte ebenfalls mit, dass es eine Einbindung des Privatsektors geben müsse, was den Markt erschreckt hat, weil es keine zufrieden stellende Erklärung gab. Es unterstreicht außerdem das von mir erwähnte regulative Problem des Risikogewichts von 0 v. H. für die Staatsverschuldung des Eurogebiets, welche die Marktdisziplin untergräbt und groteske Anreize erzeugt.
Dann kündigte die Euro-Gruppe an, dass der dauerhafte Mechanismus auf die Europäische Finanzstabilisierungsfazilität gestützt sein und in Anlehnung an die Praxis des IWF von Fall zu Fall auch den Privatsektor einbinden würde. Können wir erstens präzisere Details über die Vertragsänderung und die Vorgehensweise erhalten? Das Parlament muss wissen, dass sie angemessen sein müssen. Ein bisschen am Artikel 136 herumzudoktern ist nicht die Antwort. Zweitens, soll das neue Instrument auf einen zwischenstaatlichen Ansatz gestützt sein, denn so funktioniert die EFSF, oder wird es tatsächlich auf die Gemeinschaft gestützt sein, was wir für richtig halten? Drittens, was sind die technischen Optionen und Bedingungen? Es ist überaus wichtig, dass der Mechanismus auf technische Realitäten gestützt und zuverlässig, glaubwürdig und dauerhaft ist – wozu ich auch noch erschwinglich nennen möchte. Viertens, werden die Mitgliedstaaten, die den Euro noch nicht verwenden, aufgefordert, an diesem Mechanismus teilzunehmen? Das scheint besonders für diejenigen von Bedeutung zu sein, die eine Verschuldung in Euro eingehen.
Wir fragten, wann es stattfinden würde und Januar 2013 wurde uns als Datum angegeben, aber welche Rolle sieht die Kommission für das Parlament? Das Parlament und mein Ausschuss sind in der Tat entschlossen, ihre Rolle zu übernehmen, umso mehr, da wir in den Denkansätzen schon immer vorausschauend gewesen sind. Wenn wir der Meinung sind, dass wir nicht genauestens konsultiert und informiert werden, wo bleiben da die einzelstaatlichen Regierungen und die Bürgerinnen und Bürger? Dieses Thema ist untrennbar mit dem Paket der wirtschaftspolitischen Steuerung verbunden. Die Maßnahmen zur Verbesserung der Stabilität und des Wachstumspakts, der Überwachung und des europäischen Semesters zielen alle darauf ab, eine weitere Krise zu verhindern und dienen dazu, die Überwindung der gegenwärtigen Wirtschaftskrise zu überwachen.
Dieser Mechanismus ist kein Glücksbringer, den wir an die Wand hängen können, um die Marktdisziplin abzuwehren. In der Tat besteht die Lösung für den Euro darin, die Notwendigkeit einer umfassenden Politikdisziplin in Verbindung mit einer umfassenden Marktdisziplin anzuerkennen. Wir befinden uns in dieser Krise, weil beide in der Vergangenheit untergraben wurden.
Olli Rehn, Mitglied der Kommission. − Herr Präsident, ehrenwerte Abgeordnete, lassen Sie mich Sharon Bowles für ihre Frage und für den Entschließungsentwurf zum dauerhaften Mechanismus danken. Ich werde versuchen, Ihnen die Ansicht der Kommission zu den fünf Fragen zu geben, die in der mündlichen Anfrage enthalten sind.
Beim Treffen im Oktober hat der Europäische Rat Präsident Van Rompuy eingeladen, gemeinsam mit der Kommission Konsultationen über eine geringfügige Vertragsänderung durchzuführen, die erforderlich ist, um einen dauerhaften Krisenlösungsmechanismus einzurichten. Es wird angenommen, dass eine geringfügige Vertragsänderung die Verwendung eines vereinfachten Änderungsverfahrens gemäß Artikel 48 des Vertrags impliziert.
Die Auflagen dieses Verfahrens sind erstens, dass es nur solche Vertragsänderungen erlaubt, die der Union übertragene Befugnisse nicht stärkt und zweitens, dass es auf Änderungen des Dritten Teils des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union beschränkt ist, der sich auf die Politiken der Union und interne Maßnahmen bezieht.
Es scheint, dass die Mitgliedstaaten eine sehr geringfügige Änderung des Vertrags vorziehen, die vermutlich in Artikel 136 aufgenommen werden, dessen Bestimmungen sich ganz spezifisch auf den Euroraum der Mitgliedstaaten beziehen. Das Thema wird selbstverständlich diese Woche im Europäischen Rat diskutiert werden. Welche Änderungen auch immer vorgeschlagen werden, das Parlament wird darüber formell konsultiert werden.
Nach der Entscheidung des Europäischen Rates im Oktober hat sich die Euro-Gruppe bei ihrem außergewöhnlichen Treffen im November über die grundlegenden Prinzipien eines Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) geeinigt. Nach der Vereinbarung der Euro-Gruppe wird der ESM ein zwischenstaatlicher Mechanismus sein, dessen Steuerung auf dem Modell der Europäischen Finanzstabilisierungsfazilität aufbaut.
Die genauen Einzelheiten des Finanzmechanismus müssen noch beschlossen werden und sollten während des ersten Quartals des nächsten Jahres ausgearbeitet werden. Die Finanzierung wird natürlich eine grundlegende Frage sein. Das zukünftige Instrument muss ausreichend stabil sein und eine große Glaubwürdigkeit auf den Märkten genießen.
Jegliche Unterstützung durch den ESM wird an strenge Bedingungen geknüpft sein. Die Unterstützung eines Mitgliedstaats des Euroraums muss auf ein rigoroses Programm der wirtschaftlichen und finanziellen Beurteilung und eine umfassende Analyse der Schuldentragfähigkeit gestützt sein, die von der Kommission gemeinsam mit dem IWF und in Zusammenarbeit mit der Europäische Zentralbank durchgeführt wird.
Trotz des zwischenstaatlichen Charakters des Finanzarms des Mechanismus werden die Bedingungen der Politik fest im Vertrag verankert bleiben, um volle Übereinstimmung mit dem gemeinsamen multilateralen Aufsichtsrahmen, auf dem die gesamte Wirtschafts- und Währungsunion aufgebaut ist, sicherzustellen.
Um eine der fünf Fragen von Frau Bowles zu beantworten, eine Entscheidung darüber, ob Mitgliedstaaten, die nicht Mitglieder des Euroraums sind, auch am Mechanismus teilnehmen können, ist bis jetzt nicht gefällt worden. Es scheint trotzdem so zu sein, dass die meisten Mitgliedstaaten einen transparenten und klaren Rahmen bevorzugen, der auch nicht am Euroraum beteiligte Mitgliedstaaten durch den Ausgleichszahlungsmechanismus absichert, während die Mitgliedstaaten des Euroraums durch den Europäischen Stabilitätsmechanismus abgesichert wären.
Dennoch sollte es weiter möglich sein, dass sich nicht am Euroraum beteiligte Mitgliedstaaten einer Unterstützungsaktion durch bilaterale Beiträge anschließen können, wie das heute bereits im Falle Irlands auf das Vereinte Königreich, Schweden und Dänemark zutrifft.
Lassen Sie mich auch die Diskussion der Eurobonds kommentieren. Erinnern wir uns daran, dass im Zusammenhang mit der Einrichtung der finanziellen Rücklaufsperren am 9. Mai dieses Jahres – am Schuman-Tag – und in der folgenden Nacht die Kommission einen Vorschlag für einen Europäischen Finanzstabilitätsmechanismus vorlegte, ein Gemeinschaftsinstrument, das tatsächlich bis zum Betrag von 60 Mrd. EUR angenommen wurde, und zwar auf der Basis von Darlehensfazilitäten durch den Unionshaushalt gemäß dem Eigenmittelbeschluss.
Über den Haushalt der Union hinausgehend schlugen wir vor, dass dieser Mechanismus auf Darlehensfazilitäten der Mitgliedstaaten gestützt sein soll, die durch diesen Mechanismus an Länder weitergeleitet würden, die aufgrund der Instabilität des Euroraums insgesamt auf finanzielle Unterstützung angewiesen sind.
Dies wurde vom ECOFIN-Rat am 9. und 10. Mai abgelehnt. Wieso? Weil viele Mitgliedstaaten der Ansicht waren, dass dieser Vorschlag den Eurobonds zu ähnlich war.
Das hat dann zur Einrichtung der Europäischen Finanzstabilisierungsfazilität geführt, die eine zwischenstaatliche Vereinbarung ist, und hinsichtlich Irlands benutzen wir jetzt beide, den Mechanismus und die Fazilität.
Während das Thema der Eurobonds sicherlich eine sehr wichtige Angelegenheit ist, müssen wir auch berücksichtigen, dass dieser Vorschlag vor kurzem vom Rat während der Debatten im Mai über den Europäischen Finanzstabilitätsmechanismus abgelehnt wurde.
Lassen Sie mich zusammenfassend betonen, dass die Zukunft des Europäischen Stabilitätsmechanismus Teil einer umfassenden Antwort sein wird, um die Krise einzudämmen und die europäische Wirtschaft zu stabilisieren, und der ESM wird den neuen Rahmen der gestärkten wirtschaftspolitischen Steuerung ergänzen, der in erster Linie auf Prävention abzielt und die Wahrscheinlichkeit des Auftretens einer Krise in Zukunft wesentlich verringern wird.
Das ist der gesamte wesentliche Zweck des neuen Systems der wirtschaftspolitischen Steuerung, und ich bin Ihnen in diesem Zusammenhang für Ihre Unterstützung der Vorschläge der Kommission äußerst dankbar.
Werner Langen (PPE). - Herr Präsident! Wenn man der ersten Runde zugehört hat, dann konnte man einen Eindruck gewinnen, wer alles an dieser Vertrauenskrise schuld ist – es ist eine solche geworden, das stimmt schon: Erstens die Kommission, zweitens die Spekulanten, drittens der Rat, speziell Frau Merkel. Ja, es ist relativ einfach.
Zum Glück hat jemand darauf hingewiesen – der Vorsitzende der S&D-Fraktion –, dass der Euro stabil ist, nicht nur nach außen, sondern auch nach innen, mit den niedrigsten Inflationsraten. Die Spekulation kann gar nicht schuld sein. Der Euro ist ein stabiles Element. Es waren die Vertragsgrundlagen und die Kakofonie im ECOFIN-Rat. In jeder ECOFIN-Sitzung neue Turbulenzen!
Herr Rehn hat gerade darauf hingewiesen, dass die Kommission ein Gemeinschaftsinstrument vorgeschlagen hat, dass aber der Rat nicht bereit war, bei diesem Gemeinschaftsinstrument mitzumachen. Wir sagen jetzt, die Kommission hat nicht gehandelt – ich gehöre nicht zu denen, die dauernd die Kommission anbeten, aber korrekt war, dass die Kommission im Jahre 2008 nach zehn Jahren Euro eine exakte Bestandsaufnahme gemacht hat.
Sie hat vier Punkte genannt, die zu regeln sind: eine einheitliche europäische Aufsicht, zweitens eine einheitliche governance, Wirtschaftsregierung, wie immer man es nennen mag, drittens eine einheitliche Außenvertretung und viertens einen einheitlichen Krisenmechanismus. Die Dinge liegen auf dem Tisch. Es waren andere, die sie nicht beachtet haben – ich möchte das ausdrücklich betonen. Wenn wir hier Schuldige suchen, dann dürfen wir einen Schuldigen nicht vergessen: Das sind die Mitgliedstaaten, die sich über alle Maßen verschuldet haben, die die Vorteile der Euroeinführung nicht genutzt haben, um Reformen anzugehen, um die Verschuldung abzubauen, sondern um über ihre Verhältnisse zu leben.
Ich möchte schon noch betonen, dass es bei diesen Staaten einen roten Faden gibt. Egal wer es war, sie sind über längere Zeit oder bis heute von Sozialdemokraten regiert worden: Portugal, Spanien, Großbritannien, Ungarn, Lettland. In Griechenland haben unsere vier Jahre lang den gleichen Mist mitgemacht. Das ist doch das Resultat. Wenn wir nicht offen darüber reden, wo die Hauptursache für die übermäßige Verschuldung der Mitgliedstaaten liegt, dann kommen wir nicht zurecht.
(Der Redner ist damit einverstanden, eine Frage nach dem Verfahren der „blauen Karte“ zu beantworten (Artikel 149 Absatz 8 GO).)
VORSITZ: Libor ROUČEK Vizepräsident
Martin Schulz (S&D). - Herr Kollege Langen! Sie können sich wieder hinsetzen. Das haben Sie schön gesagt, Sie haben Ihr Sprüchlein fein aufgesagt. Ich habe eine Frage an Sie: Irland ist kein südeuropäisches Land, soweit ich weiß, sondern liegt im Norden Europas. Irland hat enorme Schulden. Können Sie uns einmal erklären, wo die irischen Schulden herkommen, und wären Sie so freundlich zu sagen, wer in den letzten 30 Jahren in Irland regiert hat?
Werner Langen (PPE). - Herr Präsident! Ich beantworte das gerne. Die irische Regierung hat den Fehler gemacht, dass sie, ohne eine Reform des Bankensektors zu verlangen, Garantien gegeben hat. Das war unverantwortlich, und deshalb hat sie jetzt 32 % Nettoneuverschuldung. Das wissen wir doch! Aber verwechseln Sie doch nicht die Probleme anderer Staaten mit denen Irlands. Irland ist ein absoluter Sonderfall, weil es sich um eine zweite Ebene der Bankenkrise und nicht um ein Strukturproblem handelt wie in anderen Fällen. Herr Kollege Schulz, das wissen Sie doch genauso gut wie ich. Lenken Sie doch nicht von der Verantwortung ab.
(Der Redner ist damit einverstanden, eine Frage nach dem Verfahren der „blauen Karte“ zu beantworten (Artikel 149 Absatz 8 GO).)
Victor Boştinaru (S&D). – (RO) Herr Präsident, irren ist menschlich. Am Irrtum festzuhalten ist dagegen teuflisch. Kennen Sie den Namen des griechischen Premierministers, in dessen Regierungszeit all diese exzessiven Schulden angehäuft wurden, die zur Krise in Griechenland führten? Das war auf keinen Fall Herr Papandreou. Erinnern Sie sich, zu welcher politischen Familie dieser Premierminister gehörte? Es war Karamanlis.
Werner Langen (PPE). - Herr Präsident! Vier Jahre Regierung Karamanlis hat ... (Unruhe). Nein, nein, die Strukturprobleme von Griechenland sind älter. Hier in diesem Parlament ist im Jahre 2000 diskutiert worden, ob wir Griechenland nachträglich in die Eurozone aufnehmen. Es waren Sozialdemokraten, die deutsche Bundesregierung, die das verlangt hat. Hier gab es mit Eurer Hilfe eine Zweidrittelmehrheit für die nachträgliche Aufnahme von Griechenland. Das ist die Wahrheit. Das hat doch mit nationalistisch nichts zu tun!
Ich darf dem Kollegen Schulz noch gerade eine Antwort auf seine Zwischenfrage geben, zur Verschuldung von Deutschland und der Spaniens. Natürlich ist die öffentliche Verschuldung Spaniens niedriger als die von Deutschland. Spanien hat keine Wiedervereinigung bewältigen müssen. Aber die spanische Regierung Zapatero hat andere Probleme, sie hat 6 Millionen Menschen ins Land gelassen, davon 2 Millionen die spanische Staatsbürgerschaft gegeben, und jetzt haben sie über 20 % Arbeitslosigkeit. Das ist das Strukturproblem, und das hat einen Namen: Zapatero.
Stephen Hughes (S&D). - Herr Präsident, im Rat und in der Kommission gibt es viele, die glauben, dass wir in der Weltwirtschaft nur dann Erfolg haben können, wenn wir die Arbeitnehmerrechte und unsere Tarifverhandlungssysteme einschränken sowie unsere Renten kürzen. Mit anderen Worten, uns wird gesagt, wir müssten unser Sozialmodell schwächen. Die öffentlichen Finanzen müssen neu geordnet werden, wobei der alleinige Schwerpunkt die Senkung der öffentlichen Schulden auf einen willkürlichen Satz von 60 % des BIP sein sollte. Defizite sollen grundsätzlich ausgeschlossen werden.
Wenn ich mich recht erinnere, ist dies derselbe Rat, der der Strategie Europa 2020 zugestimmt hat. Dieser Rat scheint sich aber nicht darum zu kümmern, woher das Geld zur Verwirklichung dieser Strategie kommen soll. Wenn wir von Jahr zu Jahr unsere öffentlichen Schulden wesentlich senken und Defizite über 1 % vermeiden müssen, wie es die Kommission vorschlägt, und wenn wir all dies in einer Zeit niedrigen Wirtschaftswachstums und hoher Arbeitslosigkeit tun müssen – wie können wir dann überhaupt die Strategie Europa 2020 einhalten?
Das ist eine verquere ökonomische Strategie der Kostenwettbewerbsfähigkeit und extremen Sparpolitik, die für Europa in einem entscheidenden Moment seiner Geschichte Abstieg bedeutet. Präsident Barroso ist im Moment nicht hier; ich meine aber, er sollte dem Rat sagen, dass dieser die politische Tagesordnung mindestens auf drei Gebieten neu definieren sollte.
Erstens müssen wir die Wirtschafts- und Währungsunion fertig stellen, indem wir eine Europäische Stabilitätsagentur für gemeinsame Eurobonds schaffen; ich freue mich, dass Präsident Barroso heute die Idee der Eurobonds nicht ausgeschlossen hat. So werden wir die spekulativen Angriffe stoppen, den Geldmarkt mit Liquidität für die Staatsschulden versorgen sowie die Gesamtkosten der Schulden innerhalb des Eurogebiets senken.
Zweitens müssen wir den Gesetzesentwurf zur wirtschaftspolitischen Steuerung neu ausrichten. Wir sind uns darin einig, dass die Haushaltsdisziplin strenge Regeln und deren strikte Durchsetzung erfordert, aber wir müssen dies auch in jedem Land mit einer angemessenen Umsetzung der Strategie Europa 2020 abgleichen – was sich in der Gesetzgebung widerspiegeln muss.
Schließlich brauchen wir auch neue öffentliche Finanzquellen. Die Krise hat jahrelange Haushaltsanstrengungen zunichte gemacht. Eine Finanztransaktionssteuer ist überfällig, und es ist ein Skandal, dass der Rat wie von Scheinwerfern geblendet wirkt, unfähig, eine Entscheidung zu dieser Steuer zu fällen. Dies sind die Reformen, die wir dringend benötigen.
Sylvie Goulard (ALDE). – (FR) Herr Präsident, seit es Parlamente gibt, wurde diesen nur selten Macht verliehen. Wann immer Parlamenten mehr Machtbefugnisse angeboten wurden, haben sie diese im Allgemeinen auch angenommen. Diese Aussprache heute Morgen lässt mich vermuten, dass wir – die Berichterstatter zum „Economic Governance“-Paket – gut daran tun, hier noch weiter zu gehen als der Entwurf, denn, Herr Kommissar, die Kommission sagt uns im Wesentlichen nur: „Wir haben es versucht, aber es ist uns nicht gelungen.“ Der Rat sagt uns dagegen: „Wir wollen hier nicht weitergehen.“ Nun, wie wir wissen, gibt es auch noch das Parlament. Außerdem war es der Rat, der die Rechte des Parlaments stärken wollte; es ist nicht etwa so, dass das Parlament unzulässig Macht ausübt. Nach dem Vertrag von Lissabon sind wir Mitgesetzgeber.
So habe ich jetzt das Vergnügen, Ihnen anzukündigen, dass es in dem Bericht, den ich heute Morgen vorlege, auch um Eurobonds gehen wird, denn die Aussprache darüber muss hier im Plenum stattfinden. Ich kann es nicht akzeptieren, wenn Herr Barroso einfach sagt: „Oh la la, das ist alles sehr kompliziert. Wir haben im Rat schon eine Menge Unsinn gemacht, also müssen Sie jetzt einfach mal den Mund halten.“ Wir werden genau das Gegenteil tun. Wir werden darüber im Kontext von Demokratie reden.
Zweitens gibt es da auch noch die Idee des Europäischen Währungsfonds, denn in der Tat sind all diese Lösungen, die, wie Martin Schulz sagte, nur vorübergehend sind, nicht unbedingt das, was unsere Bürgerinnen und Bürger erwarten. Sie können zuschauen, wie die Züge vorbeifahren, oder Sie können an die Arbeit gehen. Dieses Parlament will sich an die Arbeit machen. Wir haben keinen Entwurf, wir sehen uns nicht im Besitz der absoluten Wahrheit, aber ich halte es für absolut inakzeptabel, dass diese Debatte in der Financial Times oder in der Zeit stattfindet und nicht im Europäischen Parlament. Also werden wir uns an die Arbeit machen.
(Beifall)
Philippe Lamberts (Verts/ALE). – (FR) Herr Präsident, ich begrüße sehr, dass Martin Schulz uns dazu aufgerufen hat, zu versuchen, das Vertrauen unserer Bürgerinnen und Bürger wiederzugewinnen, und das bedeutet, dass wir ihnen die Wahrheit sagen und die Dinge nicht zu sehr vereinfachen.
Die erste zu starke Vereinfachung besteht darin, zu behaupten, Eurobonds würden den Mitgliedstaaten die Verantwortung entziehen. Das ist offensichtlich falsch, denn niemand hat die Mitgliedstaaten aufgefordert, 100 % ihrer Schulden zusammenzulegen. In einem Eurobond-Programm werden sich die Mitgliedstaaten jedenfalls immer noch direkt mit einigen ihrer Schulden an die Märkte wenden müssen; dort wird man in der Lage sein, die Qualität ihrer Unterschrift zu prüfen, was sich in den Zinssätzen niederschlagen wird, die sie zu zahlen haben. Dies ist eine übermäßige Vereinfachung, die wir vermeiden müssen.
Die zweite zu starke Vereinfachung besteht darin, zu sagen: „Wir helfen den Griechen da raus, und diesen inkompetenten Iren.“ Ich möchte dagegen betonen, dass wir Geld verleihen, und zwar zu Zinssätzen, die speziell für den Kreditgeber günstig sind. Wir machen auf dem Rücken all dessen gute Geschäfte. Und so haben wir jetzt zwei Möglichkeiten: Entweder berücksichtigen wir, dass Griechenland und Irland – durch unsere Kredite – keine Risikoländer mehr sind und sollten ihnen zu einem Null-Risiko-Zinssatz oder wenigstens zu einem Satz, der ein extrem geringes Risiko darstellt, Kredite geben. Oder wir nehmen ein Ausfallrisiko an. Diese Eiterbeule muss also aufgestochen werden; diese Schulden müssen umstrukturiert werden, und wir müssen die Unsicherheiten beseitigen.
Ich möchte mit einem Wort an unsere deutschen Freunde, insbesondere die CDU, zum Ende kommen. Herr Langen, Sie haben über die Wiedervereinigung gesprochen, und Sie haben Recht. Bei der deutschen Wiedervereinigung hat die gesamte Region, der Deutschen Mark, zu der auch Belgien gehörte und zu der sich letztlich auch Frankreich sehr loyal verhielt, durch sehr hohe Zinssätze zur Finanzierung dieser Wiedervereinigung beigetragen. Das war richtig so. Es war historisch gesehen richtig, denn die deutsche Wiedervereinigung repräsentierte auch die europäische Wiedervereinigung, wie wir sie kennen. Wirtschaftlich war es die richtige Entscheidung, denn letztlich sollten alle von dem hierdurch eingeleiteten schnelleren Wachstum profitieren.
Heute sage ich also der CDU: „Denken Sie daran“, und wir bitten Deutschland, dies auch zu tun.
(Beifall)
Martin Callanan (ECR). - Herr Präsident, ironischerweise erscheint es angemessen, dass der Europäische Rat über einen permanenten Krisenmechanismus diskutiert, da der Euro offenbar gerade von Krise zu Krise taumelt. Obwohl bei uns im Vereinigten Königreich viele den Euro schon immer für einen historischen Fehler gehalten haben, sowohl für unser Land als auch für ganz Europa, sind wir mit der momentanen Situation natürlich gar nicht zufrieden. Wir wollen eine Lösung sehen, und zwar auf europäischer Ebene durch eine entschiedene Rückkehr zur Haushaltsdisziplin in der ganzen Union.
Wir werden keine Lösung finden, wenn wir mehr Kredite aufnehmen, sei es auf EU- oder lokaler Ebene. Aber lassen Sie uns klar sehen, wo die Verantwortung für die Situation des Euro liegt. Es ist die Pflicht jedes einzelnen Mitgliedstaats im Eurogebiet, seinen Verpflichtungen nachzukommen, und die anderen dem Euro-Währungsgebiet angehörenden Mitgliedstaaten müssen dafür Sorge tragen, dass diese Verpflichtungen auch eingehalten werden. Das ist einer der Hauptgründe für die Einberufung eines Sondertreffens der Minister des Eurogebiets. Um es ganz offen zu sagen: Das stabile Management des Eurogebiets liegt im Wesentlichen in der Verantwortung der Mitglieder des Eurogebiets. Die anderen können sie dabei politisch unterstützen, aber weiter sollten sie nicht gehen. Es kann keine Rechtfertigung für weitere Lasten oder irgendwelche Sanktionen geben, die den Mitgliedstaaten auferlegt werden, die sich entschieden haben, nicht den Fehler zu machen, direkt zu Anfang dem Eurogebiet beizutreten.
Nikolaos Chountis (GUE/NGL). – (EL) Herr Präsident, meine Damen und Herren, es ist jetzt genau ein Jahr her, dass die griechische Wirtschaft begann zusammenzubrechen und Griechenland in das desaströse Memorandum und den Fördermechanismus eingebunden wurde. Ein Jahr später, Herr Langen, ist das Land am Rande des Bankrotts: Erstens ist es sozial bankrott, wenn man sieht, dass die Arbeitslosenrate nächstes Jahr 15 % erreichen wird und die Regierung gestern noch ein Gesetz zur Abschaffung von Tarifverträgen verabschiedet hat, heute aber das ganze Land im Streik ist. Zweitens ist es wirtschaftlich bankrott, und diesmal waren es nicht die „verlogenen Griechen“ in der PASOK und der Neuen Demokratie, die das Defizit und die Schulden erhöht haben. Sie wurden durch die alchemistischen Kommissare erhöht, die Eurostat-Statistiken benutzt haben, um so die Schulden der Schwachen zu erhöhen und die der Starken zu senken.
Wenn wir also einen Mechanismus wie den für Griechenland annehmen, werden wir mit Sicherheit bankrott gehen. Falls der Rat einen solchen Mechanismus vorbereitet, wird er die Länder in die Rezession stürzen, mit Arbeitslosigkeit und Vorteilen für die Banken und das Big Business. Ich frage mich: Ist das die Vision von Europa, von der Herr Barroso, der jetzt nicht hier ist, um es zu erklären, anfangs gesprochen hat?
Timo Soini (EFD). - (FI) Herr Präsident, meiner Meinung nach ist jedes Land für seine Wirtschaft selbst verantwortlich. Länder sind nicht haftbar für die Schulden anderer Länder. Das steht auch in Artikel 125 des Vertrags. Wenn es den Leuten passt, wird der Vertrag eingehalten, wenn nicht, wird er einfach ignoriert. Das konnte man auch in den Referenden sehen: Frankreich sagt Nein, die Niederlande sagen Nein, Irland sagt Nein. Zwei dieser Ergebnisse wurden im Parlament erörtert, eines im Rahmen eines weiteren Referendums. Offenbar hängt die Auslegung der Artikel des Vertrags davon ab, woher der Wind gerade weht.
Die finnische Regierung hat den finnischen Steuerzahlern diese Art von unfairen Gewährträgerhaftungsverbindlichkeiten verhängt, die wir irgendwann zu zahlen haben werden. Wir können nicht verstehen, warum finnische Arbeiter und Kleinunternehmer Blut und Wasser schwitzen sollen, um für die Rückzahlung der Schulden von Spielern und Lügnern zu arbeiten. Das ist einfach nicht gerecht.
Als es in der Sowjetunion Probleme gab, rief man nach mehr Sozialismus. Die Leute versammelten sich in Moskau: mehr Sozialismus. Sobald wir Probleme in Europa haben, versammeln sich die Menschen in Brüssel: mehr Integration. Das Ergebnis wird am Ende genau das Gleiche sein. Es wird nicht funktionieren.
Gesunde Gesellschaften werden von der Basis aus aufgebaut. Demokratie wird von unten, von der Basis aus errichtet, nicht von irgendwelchen Elfenbeintürmen aus nach unten. So funktioniert das eben. Eine gemeinsame europäische Wirtschaftspolitik kann nicht funktionieren. Europa kann nur als Wirtschafts- und Freihandelszone funktionieren, und die sollte es auch wieder werden.
Ich möchte noch einige Worte zu den Eurobonds sagen. Ich war in Mellunmäki in Helsinki, um über Eurobonds zu sprechen. Als ich erklärte, was das ist, haben die Damen ihre Handtaschen umklammert, und die Herren haben sich gesorgt, ob sie ihre Geldbörsen noch bei sich hätten. Es wird nicht funktionieren.
Hans-Peter Martin (NI). - Herr Präsident! Wir haben hier gerade eine deutsche Schuldzuweisungstragödie erlebt. Das erinnert schon verhängnisvoll an die späten Zwanzigerjahre.
Als glühender Pro-Europäer und als hartnäckiger Verfechter des Euros rufe ich euch zu: Merkt Ihr denn nicht, wie Ihr jetzt gerade dieses großartige Friedens- und Wirtschaftsprojekt der Europäischen Union an die Wand fahrt? Zu Recht hat Daniel Cohn-Bendit davon gesprochen, dass hier immer zu spät reagiert wird und immer im Nachhinein. Jetzt müssen wir nach vorne schauen! Merkt Ihr nicht, was draußen los ist? Die Leute interessieren sich nicht mehr für diese rot-schwarzen Zänkereien, weder in meiner Heimat noch hier im Europäischen Parlament, sondern sie interessieren sich für Lösungen. Sie interessieren sich dafür, ob ihr Geld noch sicher ist. Und man muss ihnen ehrlicherweise sagen: Das ist nicht mehr der Fall.
Wir müssen den nächsten Schritt vorziehen und sagen: Jawohl, wir müssen den Mut zu einem Schuldenschnitt haben, wir müssen die Banken endlich zahlen lassen, auch wenn es unsere Lebensversicherungen mit betrifft, und wir müssen dann ein neues europäisches politisches Projekt errichten, das eben die Probleme des Lissabon-Vertrags nicht mehr hat.
Wir sitzen jetzt in der Falle. Wenn jetzt diese Artikelergänzung kommt, werden wir es erleben, dass in Irland eine Volksabstimmung mit Nein ausgeht. Das ist auch in meiner Heimat zu erwarten. Wir haben ein Riesenproblem in Großbritannien. Wacht endlich auf, Kolleginnen und Kollegen!
Corien Wortmann-Kool (PPE). - (NL) Herr Präsident, in diesen Krisenzeiten sollten wir die Tatsache nicht aus den Augen verlieren, dass uns der Euro in den letzten zehn Jahren viel Wohlstand und Stabilität gebracht hat und auch viele Arbeitsplätze. Deshalb ist es der Euro wert, von uns verteidigt zu werden. Dazu brauchen wir aber einen entschlussfreudigen europäischen Gipfel und wesentlich mehr Einigkeit. Wir zeigen viel zu wenig Einigkeit, nicht nur hinsichtlich des permanenten Krisenmechanismus, sondern auch hinsichtlich einer stabilen Finanzordnungspolitik.
Herr Präsident, in dieser Aussprache scheint „Eurobonds“ so etwas wie ein magisches Wort zu sein, so als würde es die öffentlichen Schuldenprobleme verschwinden lassen wie Schnee in der Sonne schmilzt. Diejenigen in diesem Haus, die Eurobonds wollen, sollten sich aber darüber im Klaren sein, dass damit erhebliche Verpflichtungen und eine rigorose Haushaltsdisziplin verbunden sind, die wesentlich weiter gehen als die uns vorliegenden Vorschläge zur Stärkung des Stabilitäts- und Wachstumspakts.
Präsident Trichet nannte es „eine Fiskalunion“. Sind diejenigen in diesem Haus, die nach den Eurobonds rufen, darauf vorbereitet? Ich habe da meine Zweifel.
Herr Präsident, wir müssen uns verstärkt den vorliegenden Vorschlägen zuwenden, um die Grundlagen für den Euro zu stärken. Das ist vordringlich, und wir hier in diesem Hause arbeiten hart daran. Außerdem brauchen wir einen regulierten präventiven Ansatz beim Stabilitäts- und Wachstumspakt, denn „Vorbeugen ist besser als Heilen“. Wir müssen auch für ein größeres Maß an gemeinsamer Verantwortung unter den Mitgliedstaaten sorgen, nicht nur die Vorteile betreffend, sondern auch im Hinblick auf die Verpflichtungen und Verbindlichkeiten, die aus dem Stabilitäts- und Wachstumspakt resultieren.
Udo Bullmann (S&D). - Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! In kritischen Situationen hat Europa immer den Weg aus der Krise gefunden. Nicht deswegen, weil die Interessen gegeneinander ausgespielt worden wären, sondern weil die Interessen gebündelt wurden und weil man mit dem Bündeln von Interessen neue Wege beschreiten konnte.
Ich hätte Herrn Barroso gerne gefragt – er ist leider nicht mehr hier. Es gibt sicherlich schon wichtige Pressekonferenzen über die Frage, wie man mit dem kleinsten gemeinsamen Nenner Europa retten kann, aber Herr Rehn kann meine Frage möglicherweise übermitteln. Ich verstehe nicht, warum wir nicht folgenden Weg beschreiten: Eurobonds sind eine vernünftige Sache. Herr Schulz hat das für meine Fraktion gesagt, meine Partei sagt das auch in Deutschland, wo es ein kritisches Thema ist. Es gibt Vorbehalte, insbesondere bei der deutschen Regierung, aber es gibt auch Vorbehalte bei anderen Ländern, die weniger Zinsen zahlen. Warum machen wir nicht Folgendes: Wir sagen, diese Probleme sind lösbar. Wir machen jetzt den Einstieg in Eurobonds, aber wir schnüren ein vernünftiges Paket. Was brauchen wir, damit Europa wieder handlungsfähig wird? Wie kommt Geld in die Kasse? Wie können wir mehr Steuerungspotenzial für eine vernünftige langfristige Wirtschaft gewinnen? Wir machen den Einstieg in Eurobonds und wir verknüpfen diesen Einstieg mit der Einführung der Finanztransaktionssteuer in der Europäischen Union. Das ist ein Bündel, das eine Win-win-Situation schaffen kann, das Gewinne auf allen Seiten ermöglichen kann. Fragen Sie doch beim Europäischen Gipfel Frau Merkel, ob sie dazu bereit ist! Warum geht das nicht? Warum macht die Kommission nicht einen solchen Vorschlag? Der würde allen helfen und ein großes neues Projekt für Europa aus der Krise heraus gebären! Ich warte auf diese Kommission, die diesen Vorschlag macht.
Reden Sie sich nicht mehr heraus! Es ist Ihre Zeit! Sie müssen handeln, jetzt, im Interesse der Bürgerinnen und Bürger, im Interesse unserer Länder, damit wir wieder auf einen vernünftigen Wachstumspfad kommen können! Das Schicksal liegt in Ihren Händen, aber Sie müssen den Mut haben, jetzt die Initiative zu ergreifen.
Carl Haglund (ALDE). – (SV) Herr Präsident, ich denke, das letzte Jahr hat gezeigt, dass eine gemeinsame Währung klare gemeinsame Grundregeln erfordert, und es ist offensichtlich, dass wir im Moment keine solchen Regeln haben. Es ist ebenso klar, dass der Euroraum in den Augen der Menschen und des Finanzmarkts sehr unter mangelnder Glaubwürdigkeit leidet. Ich stimme nicht mit Herrn Bullman überein. Ich glaube vielmehr, dass die Kommission gute Arbeit geleistet und ambitionierte Vorschläge unterbreitet hat. Hinsichtlich der Herausforderungen, denen wir uns gerade stellen müssen, denke ich, dass das Problem nicht bei der Kommission liegt, sondern beim Rat. Natürlich steht dem Rat in den nächsten Tagen noch eine ziemlich schwierige Sitzung bevor.
Ich möchte gerne zum Ausdruck bringen, wie froh ich darüber bin, dass die Kommission jetzt auch einen Vorschlag vorgelegt hat, der es uns ermöglichen wird, in Zukunft makroökonomische Ungleichgewichte zu korrigieren. Bis jetzt haben wir uns ausschließlich auf die Finanzen und Defizite der Städte konzentriert, aber das ist vollkommen unzureichend, wie der Fall Irland sehr deutlich zeigt.
Weniger zufrieden bin ich mit der Art und Weise, wie der Rat arbeitet, beispielsweise mit dem Kuhhandel zwischen Herrn Sarkozy und Frau Merkel, um den vernünftigen Kommissionsvorschlag weniger verbindlich erscheinen zu lassen. Das wird aber bedeuten, dass der Vorschlag zu überhaupt keinen Verbesserungen führen wird. Wir sollten uns daran erinnern, was 2005 passierte, als der Stabilitäts- und Wachstumspakt verwässert wurde. Es waren die gleichen Länder, die damals eine Situation herbeiführten, die langfristig zu dem führte, was jetzt in Griechenland passiert ist. Ich hoffe, dass sich der Rat fängt und erkennt, welche Art von Entscheidung wir jetzt brauchen. Andernfalls werden wir uns nicht aus dieser Lage befreien können.
Derk Jan Eppink (ECR). - Herr Präsident! Der flämische Politiker Bart De Wever hat im „Spiegel“ ein Interview gegeben, in dem er sagte, Belgien habe sich in eine Transfergemeinschaft verwandelt. Nicht die Sprache, sondern diese Tatsache sei der Kern des Problems in Belgien. Solidarität sei eine Einbahnstraße geworden.
Die EU ist dabei, genau das Gleiche zu tun. Wir verwandeln eine Leistungsgemeinschaft in eine Transfergemeinschaft. Der Euro ist das Mittel dazu. Er schafft einen Weg zum Billiggeld in verschiedenen Staaten. Er wurde, wie EU-Präsident Van Rompuy sagte, zu einer Schlaftablette: Die Wettbewerbsfähigkeit in verschiedenen Staaten wurde untergraben. Jetzt fordern viele Europapolitiker noch eine Schlaftablette: Eurobonds. Man macht dabei die Kluft breiter. Wenn wir so weiter machen, ist die EU innerhalb einiger Jahre in der gleichen Lage wie Belgien jetzt: eine Transfergemeinschaft, deren politische Grundlage abbröckelt.
Ich werde über Weihnachten das Buch „Rettet unser Geld“ von Herrn Henkel, ehemaliger Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie, lesen, und vielleicht können Sie das auch machen, denn so werden wir wissen, was man in Deutschland denkt.
Mario Borghezio (EFD). – (IT) Herr Präsident, meine Damen und Herren, nach den Enthüllungen der New York Times laufen in den Vereinigten Staaten Untersuchungen zu dem geheimen Club von neun Banken – eine davon europäisch –, deren Direktoren sich jeden Mittwoch treffen, um über Maßnahmen zu Derivaten zu entscheiden. Der Krisenausschuss hatte davon überhaupt keine Ahnung, und Europa ist da bloß Zuschauer.
Die US-Notenbank (Fed) musste 13 Billionen US-Dollar als Ausgaben verbuchen, um diese Banken zu retten. Würden Sie uns vielleicht verraten, was die Fed für ein europäisches Bankenrettungspaket veranschlagt hat? Ist es nicht etwa die kritische Lage der Banken – und nicht die Staatshaushalte – die es erfordert, dass die Mittel des Europäischen Rettungsfonds verdoppelt werden und ein 2 000-Milliarden-Euro-Rettungspaket vorbereitet wird?
Was hindert uns daran, die Europäische Zentralbank zu einer transparenten und detaillierten Rechnungslegung aufzufordern, wie es in den Vereinigten Staaten für die Fed der Fall war? Das würde den Verdächtigungen ein Ende setzen, dass die Bank nach wie vor nach eigenem Ermessen handelt und nicht im gemeinsamen Interesse der Bürgerinnen und Bürger sowie der Steuerzahler der Mitgliedstaaten der Europäischen Union.
Warum um alles in der Welt haben wir nie über die Annahme von Maßnahmen zur Einführung einer echten und wirksamen Trennung zwischen Geschäftsbanken und Spekulationsbanken diskutiert, wie beim Glass-Steagall-Gesetz?
(Der Präsident unterbricht den Redner)
Alfredo Pallone (PPE). – (IT) Herr Präsident, meine Damen und Herren, wir sind uns alle darin einig, dass wir ein Instrument schaffen müssen, mit dem wir im Krisenfall intervenieren können. Dieses Instrument muss notwendigerweise mit einer rigorosen und sorgsamen Haushaltspolitik in den Mitgliedstaaten verbunden sein. Ich hoffe, dass sich auf diese Weise verhindern lässt, dass sich Krisen, wie wir sie in diesen Monaten erleben, wiederholen.
Die heutige Aussprache hängt von der besten Finanzierungsform für ein solches Instrument ab. Wie wir alle wissen, war der Privatsektor für die Krise in einigen Ländern mitverantwortlich, und in diesen Fällen wäre es richtig, wenn er auch einen Teil der Verantwortung übernimmt, wobei sein Anteil von Fall zu Fall ermittelt werden sollte.
Ich denke jedoch, dass wir neue und innovative Wege zur Finanzierung dieses Instruments zur Krisenbekämpfung finden müssen. Die Eurobonds, in denen manche eine neue Belastung der nationalen Haushalte sehen, könnten ein Beispiel sein. Das ist jedoch nicht der Fall. Im Gegenteil, durch die Ausgabe von Eurobonds könnten wir das Instrument zur Krisenbekämpfung über den Markt finanzieren, indem wir Kapital aus dem Ausland und von Menschen anziehen, die investieren wollen.
Ein Mechanismus, der allein auf anteilsmäßigen Beiträgen beruht, indem einfach Rücklagen verwendet werden, würde den Mitgliedstaaten große Lasten auferlegen. Diese müssten dann Ressourcen und Kapital aufbringen, das dann aber keine Erträge abwerfen würde. In der derzeitigen Situation, in der die Mitgliedstaaten gefordert sind, schwerwiegende Haushaltsmaßnahmen umzusetzen, um die Defizite und Schulden abzubauen sowie auch um Beiträge in den Krisenfonds einzuzahlen, ist das Risiko des Zusammenbruchs real.
Wir können die europäische Wirtschaft nur wiederbeleben, wenn wir gleichzeitig die Stärke des Euro auf den internationalen Märkten und die daraus resultierenden verbesserten Kreditratings dazu nutzen.
Elisa Ferreira (S&D). – (PT) Herr Präsident, Herr Kommissar, Sie haben eine deutliche Botschaft dieses Parlaments bekommen, eine Aufforderung an die Kommission, zu handeln, zu intervenieren. Die Kommission wird aufgefordert, sich nicht länger darauf zu beschränken, den Minimalkonsens zwischen den Staaten mit ihrem Siegel zu versehen, und das ist gleichbedeutend mit der Aufforderung, die Kommission möge aufhören, sich durch den Willen der Mächtigsten einschränken zu lassen. Die Kommission muss ihre Pflicht erfüllen, die Initiative zu ergreifen.
Es tut mir Leid zu sagen, dass die Schlussfolgerungen, die wir von dem nächsten Gipfeltreffen erwarten, wohl zu keiner Lösung führen werden. Das liegt vor allem daran, dass der erwartete Interventionsmechanismus einstimmig von allen Mitgliedstaaten angenommen werden muss. Auch brauchen wir eine europäische Dimension und keine Dimension, die alle möglichen Verzerrungen und die Kontrolle durch einige Länder zulässt. Wird es durch den neuen Mechanismus möglich sein, Staatsanleihen zu kaufen?
Herr Kommissar, wir brauchen eine eingehende Überprüfung, und die Kommission kann die gegenwärtige Debatte über Eurobonds nicht einfach ignorieren und Antworten auf die zwischenzeitlichen Initiativen der verschiedenen Akteure – Juncker, Mário Monti, einige Gruppen aus diesem Parlament sowie Expertenkommissionen – verweigern. Die Kommission sollte einen Vorschlag vorlegen und diesen auch vertreten können.
Und schließlich ein letzter Hinweis: Der Euroraum hat kein globales Problem – nun, er hat ein globales Problem, aber eines, das eher unzureichendes als ungleiches Wachstum betrifft. Welche Mittel können wir neben wirtschaftspolitischer Steuerung und Strafmaßnahmen einsetzen, um die Strategie Europa 2020 wirksam zu fördern und zu verwirklichen?
Wolf Klinz (ALDE). - Frau Präsidentin! Martin Schulz hat Recht. Wir stecken in einer massiven Vertrauenskrise, und die Ratsmitglieder streuen den Bürgern Sand in die Augen. Sie sagen ihnen, alles sei unter Kontrolle, es bedürfe nur minimaler Vertragsänderungen unter Einführung eines permanenten Stabilisierungsmechanismus und dann sei die Sache in Ordnung. De facto ist die Situation nicht unter Kontrolle. Die Mitgliedstaaten reagieren anstatt zu agieren, sie springen von Feuer zu Feuer, aber sie können die Glut nicht löschen. Und die Märkte fragen sich: Wer führt eigentlich in Europa und in der Eurozone?
Die EU ist an einer ganz kritischen Wendemarke. Wenn wir jetzt nicht den richtigen Weg einschlagen, werden wir noch nicht einmal den Status quo verteidigen können, sondern wir werden einen Rückschritt erleben. Was wir brauchen, sind weitere Integrationsschritte. Wir brauchen mehr Europa, wir müssen den Binnenmarkt vollenden, einschließlich des Dienstleistungssektors. Wir brauchen neben der Währungsunion auch eine Wirtschafts-, Budget- und Fiskalunion. Und wir brauchen eine starke Kommission, die das Recht und die Kraft hat, diese Wirtschaftsunion tatsächlich zu steuern und zu überwachen und dann auch automatisch Sanktionen auszulösen, wenn diese gerechtfertigt sind. Wenn wir diese Integrationsschritte haben, dann können wir auch über die Einführung von Eurobonds reden. Dann ist die Voraussetzung dafür geschaffen. Wir müssen bei alledem auch sicherstellen, dass wir langfristig die Investitionsmittel haben, die wir brauchen, trotz aller berechtigten Sparbeschlüsse, um die Wettbewerbsfähigkeit der Europäischen Union mittel- und langfristig zu sichern.
Wir müssen den Bürgern endlich die Wahrheit sagen. Wir brauchen Lösungen ohne Scheuklappen und müssen ideologiefrei diskutieren und aufhören, uns durchwursteln zu wollen. Was gefragt ist, ist langfristig angelegtes Handeln und nicht kurzfristiges Reagieren.
VORSITZ: DAGMAR ROTH-BEHRDEDT Vizepräsidentin
Vicky Ford (ECR). - Frau Präsidentin! Beginnen wir mit den guten Nachrichten. Es zeichnet sich zwar eine leichte konjunkturelle Erholung in Teilen der europäischen Wirtschaft im Allgemeinen ab, doch ist diese gefährdet durch die anhaltende Unsicherheit, wodurch die Gefahr besteht, dass die Mittel austrocknen und Investitionen abgewürgt werden. Alle in Europa, einschließlich des Vereinigten Königreichs, haben ein begründetes Interesse an einer starken Wirtschaft im Euroraum.
Eine solide und transparente Wirtschaftsplanung zur Kontrolle exorbitanter Staatsausgaben und eines untragbaren Schuldenniveaus ist für alle 27 Staaten ein wesentlicher Teil davon. Die Länder des Eurogebiets haben festgestellt, dass eine dauerhafte Krisenbewältigung notwendig ist, doch es gibt viele Fragen, von denen einige in dieser Entschließung des Parlaments behandelt werden.
Erstens: Wie soll die Beteiligung der Privatwirtschaft aussehen? Ich begrüße den Vorschlag, die öffentlichen Mittel in Anlehnung an die Bedingungen des IWF mit dem Status des bevorrechtigten Gläubigers zu schützen. Zweitens: Von welchen Vertragsänderungen sprechen Sie? Diese Frage muss geklärt werden.
Und schließlich wird der ständige Krisenmechanismus als Instrument zur Stärkung des Euroraums bezeichnet. Die Länder, die dem Euroraum beitreten wollen, sollten die Möglichkeit haben, teilzunehmen, doch diejenigen von uns, die nicht beitreten wollen, dürfen nicht zum Mitmachen gezwungen werden.
Alain Lamassoure (PPE). - (FR) Frau Präsidentin! Was die europäischen Bürgerinnen und Bürger ebenso sehr beunruhigt wie die Finanzmärkte, ist der Zweifel. Jetzt, da die Europäer ein gemeinsames Schicksal haben, sind sie auch in der Lage, es auf solidarische Weise zu meistern?
Heute, mitten in der schweren Krise manifestiert sich die Solidarität. Das ist gut und schön, aber es reicht nicht aus. Vereint in dieser Belastungsprobe müssen die Europäer auch zeigen, dass sie bei der Vorbereitung künftiger Schritte solidarisch sind, denn wenn Europa länger als andere Kontinente von der Krise betroffen ist, dann liegt es daran, dass unsere Wirtschaft bereits durch zehn Jahre langsamen Wachstums, im Durchschnitt gerade mal 1 % pro Jahr, geschwächt war. Die zehn Jahre Lissabon-Strategie waren ein verlorenes Jahrzehnt.
Mit der Agenda 2020 haben die europäischen Entscheidungsträger einen Plan vorgelegt, ohne dabei klarzustellen, wie dieser finanziert und kontrolliert werden oder welche Anreize oder möglichen Sanktionen es geben soll. Deshalb ist es an der Zeit, den Stabilitäts- und Wachstumspakt um einen Solidaritätspakt zu ergänzen, wie hier im Plenum bereits gesagt wurde.
Das Wort „Solidarität“ erscheint 23-mal im Vertrag: Setzen wir es in die Tat um. Ein Verfahren zur Koordinierung der Haushaltspolitiken wird eingeführt, um durch die Vermeidung von Defiziten die Stabilität zu sichern. Also, lassen Sie uns seinen Anwendungsbereich erweitern und uns untereinander abstimmen, um die künftige Finanzierung zu gewährleisten. Wir müssen weniger ausgeben, aber sinnvoller, nicht jeder alleine bei sich zu Hause unter Androhung von Sanktionen, sondern alle gemeinsam. Wenn sie das Schlimmste verhindern wollen, dann müssen die Europäer auch geeint sein, um den Weg optimal zu ebnen.
Zoran Thaler (S&D). - (SL) Frau Präsidentin! Wir Europäer leben mit einem interessanten Widerspruch. Einerseits hat sich der Euro im Laufe seines 12-jährigen Bestehens als die weltweit stabilste Währung erwiesen. Amtlichen Zahlen der Europäischen Zentralbank in Frankfurt zufolge lag die durchschnittliche Inflationsrate in diesem Zeitraum bei 1,97 %, also nur 3 Prozentpunkte unterhalb des 2 %-Ziels. Der Wert des Euro gegenüber dem Dollar ist in der ganzen Zeit und unter allen praktischen Aspekten höher geblieben als bei der Einführung der europäischen Währung. Zum anderen wurde in letzter Zeit aber mehrfach berichtet, dass der Euro sogar kurz vor dem Zusammenbruch stehen könnte. Wie konnten wir in eine solche Lage geraten?
Das groteske und unverantwortliche Verhalten, das durch die populistische Politik der Linken wie der Rechten hervorgerufen wurde, hat uns hierhin gebracht. Aber werden wir es bei der Verteidigung unserer Währung denn wirklich zulassen, dass sich die Demokratie im Vergleich mit relativ autoritären Regimen als schwächer erweist? Wir brauchen verantwortungsvolles Handeln, wir brauchen fünf goldene Regeln für verantwortungsvolles Handeln, die in unserer Politik verankert werden müssen. Nehmen wir sie hier im Parlament an, beschließen wir, wie wir den Grad des verantwortlichen Handelns und des Handelns zum Wohle der Gemeinschaft, das durch die Maßnahmen unserer Mitgliedstaaten gefördert wird, messen können.
Die Steuern auf Finanztransaktionen und Eurobonds sollten daher der Eckstein sein. Heute besteht unsere Verantwortung darin, zur Verteidigung unserer Gemeinschaftswährung derartige Maßnahmen anzunehmen.
José Manuel García-Margallo y Marfil (PPE). – (ES) Frau Präsidentin! Was wir hier und jetzt brauchen sind klare Regeln, und was wir tun, ist genau das Gegenteil davon. Ich werde deshalb ein paar Vorschläge machen, um wieder Klarheit zu schaffen.
Das Parlament will, dass im Europäischen Semester einige Debatten, die derzeit thematisch gestreut verlaufen und zur Allgemeinheit nicht durchdringen, gebündelt werden Wir wollen, dass die politischen Antworten auf die Empfehlungen, die im Laufe dieses Semesters an die Mitgliedstaaten gerichtet werden, bei der Festlegung der im Gesetzespaket zur wirtschaftspolitischen Steuerung vorgesehenen Sanktionen berücksichtigt werden.
Meine Fraktion möchte klarstellen, dass es in dem Gesetzespaket keine Zauberlösungen gibt, wie wir aus der Krise herauskommen. Es gibt die bekannten Methoden der Haushaltsdisziplin und der Strukturreformen, um die Wettbewerbsfähigkeit zu wahren.
Was den Krisenmechanismus anbelangt, hat uns Präsident Barroso hier versprochen – wie ich Ihnen gestern gesagt habe, Herr Kommissar –, dass es ein europäischer Mechanismus sein würde. Heute schlägt der Rat einen zwischenstaatlichen Mechanismus vor. Ist dies europäisch – im Sinne von Herrn Barroso –, denn dieser Fonds wird offenbar eher in Europa angesiedelt sein als auf den Kaimaninseln – oder will die Kommission uns helfen, einen Mechanismus aufgrund eines EU-Verfahrens zu schaffen, an dem das Parlament mitzuwirken hat?
Die Kommission, die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) und die Sachverständigen halten die Eurobonds für eine gute Idee, jedoch für verfrüht, und deshalb sind wir spät dran.
Ich möchte der Kommission vorschlagen, dass wir mit einer Debatte im Hinblick auf die Gestaltung eines Systems von Eurobonds beginnen, das den Ländern Finanzierungsfazilitäten bietet, die das Richtige tun, und die Länder, die ausscheren, dadurch bestraft, dass sie sich am freien Markt bei regelrecht abschreckenden Zinssätzen bedienen müssen. Dies ist die einzige praktikable Lösung, um Haushaltsdisziplin und Wirtschaftswachstum zu kombinieren.
Und kommen Sie mir nicht wieder damit, ob es zu früh oder zu spät ist, denn wir wissen jetzt, dass wir eigentlich immer zu spät waren. Sehen wir, ob wir, indem wir die Regeln ändern, einmal rechtzeitig dran sind.
Catherine Trautmann (S&D). – (FR) Frau Präsidentin! Der Euro ist unser gemeinsames Gut, und heute haben die Gewerkschaften dem Parlament gegenüber ihre Besorgnis darüber zum Ausdruck gebracht, dass die Arbeitnehmer den Preis für die Krise in Gestalt eines schwachen Euro zu zahlen haben, eines Euro, der angegriffen ist, und nicht durch einen Euro, der wachstumsfördernd und beschäftigungswirksam ist.
Es ist deshalb enorm wichtig, dass wir nicht nur eine einfache technische Überprüfung der Verträge ins Auge fassen, sondern dass die beiden wichtigsten Mängel des Euroraums angegangen werden, die sich im Laufe der Krise offenbart haben.
Der erste Ansatz ist die Einführung von Eurobonds, wie wir gehört haben. Durch die europäischen Staatsanleihen kann nicht nur das Niveau des Euro stabilisiert werden, sondern es ist dadurch auch möglich, unmittelbar gegen den Spekulationsangriff anzugehen.
Der zweite Ansatz, Steuergerechtigkeit einzuführen und den Finanzmarkt den Preis für die Krise zahlen zu lassen, ist die Einführung einer Steuer auf Finanztransaktionen, damit nicht die Arbeitnehmer als Folge der Steuerungerechtigkeit den Kopf für diese Krise hinhalten müssen.
Schließlich muss eine europäische Schuldenagentur eingerichtet werden, die die Möglichkeit haben muss, einen Teil der Emissionen von Staatsanleihen der Mitgliedstaaten zu bündeln.
Abschließend möchte ich auch Herrn Juncker unterstützen und sagen, dass ich den Vorschlag von Dominique Strauss‑Kahn, dem geschäftsführenden Direktor des Internationalen Währungsfonds (IWF) (IMF), den Stabilitätsfonds anzuheben, für eine sinnvolle Maßnahme halte.-
Durch frühzeitiges Eingreifen – wie wir gehört haben –, Zur-rechten-Zeit-Kommen und die Entscheidung, stark anstatt schwach zu werden, könnten wir Regierungshandeln beweisen, durch das das Vertrauen, zu dem unser Präsident, Martin Schulz, aufgerufen hat, wiederhergestellt werden würde.
(Beifall)
Paulo Rangel (PPE). – (PT) Frau Präsidentin! Als ersten Punkt, den ich hier klarstellen möchte und der in diesem Parlament bestärkt werden muss, möchte ich anführen, dass, im Gegensatz zu dem, was in der Presse und den Verlautbarungen einiger europäischer Entscheidungsträger zu lesen ist, der Euro als Währung hinsichtlich unserer Antwort auf die derzeitige Krise von entscheidender Bedeutung ist. Ohne den Euro würden wir uns in einer äußerst schwierigen Situation befinden: Währungen schwächerer Länder würden vor einer enormen Abwertung stehen und die resultierende deutsche Mark stünde einer unmöglichen Wertsteigerung gegenüber, um die deutsche und europäische Wirtschaft zu stützen. Der Euro war daher nicht nur für die Länder des Euroraums ein Stabilitätsfaktor, sondern auch für die Währungen der Staaten, die nicht am Euroraum teilnehmen wollten.
Gerade deswegen, weil wir diese Gemeinschaft, der es gelungen ist, auf eine noch nie da gewesene Krise zu reagieren, verteidigen müssen, und da wir sehen werden, was z. B. in Zukunft mit dem Dollar und den USA geschieht, werden wir auch erkennen, dass der Euro in der Tat seine Vorteile hat.
Wir haben jetzt in diesem Rat die Pflicht, alles in unseren Kräften Stehende zu tun, um den Euro zu verteidigen, und zwar einen Stabilitätsfonds zu schaffen, der auf der Gemeinschaftsmethode beruht und der die Möglichkeit bietet, Verantwortung in den Ländern, die sich in der schwächsten Situation befinden, einzuführen und Solidarität in den Ländern zu wecken, die ihren Verpflichtungen nachgekommen sind und die den Euroraum betreffend, zumindest durch ihre Erklärungen nach außen, nicht immer Solidarität bekunden konnten.
Juan Fernando López Aguilar (S&D). – (ES) Frau Präsidentin! Das Jahr, das jetzt zu Ende geht – 2010 –, wurde mehr als einmal als ein gefährliches Jahr bezeichnet. Ich meine daher, dass diese Debatte dazu nützen sollte, die Lehren des Jahres 2010 hervorzuheben, damit wir daraus Erkenntnisse für 2011 gewinnen können.
Die erste Erkenntnis betrifft die unhaltbaren Diskrepanzen im Finanzsektor der europäischen Wirtschaft und die Verzerrungen in ihrer realen Wirtschaft.
Die zweite Erkenntnis ist die untragbare Diskrepanz in der Einheitswährung und die Notwendigkeit der Koordinierung der wirtschaftlichen, steuerlichen und Haushaltspolitiken, deren Lage weiterhin heikel ist.
Die dritte und wichtigste Erkenntnis betrifft die Diskrepanz zwischen dem rasenden Tempo der Krisen und dem schleppenden Tempo der Reaktionszeiten. Unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten bedeutet dies, dass die Europäische Zentralbank aktiver auf Spekulationsangriffe auf Staatsanleihen reagieren muss und dass wir 2011 die Grundlagen für die Einrichtung einer Europäischen Schuldenagentur schaffen müssen, die die Möglichkeit hat, Eurobonds auszugeben.
Ebenso muss hinsichtlich des Stabilitäts- und Wachstumspakts eine Debatte geführt werden über die notwendige Besteuerung, die Bankensteuer und die Steuern auf Spekulation, das sind kurzfristige Spekulationsgeschäfte, und über den Bedarf an Eigenmitteln in der Europäischen Union.
Für das Parlament jedoch ist die Debatte über die politischen Konsequenzen der Krise wichtig, denn das Motto der Europäischen Union ist – ich möchte es noch einmal betonen – „In Vielfalt geeint“ und keinesfalls „Gespalten im Angesicht der Widrigkeit“. Das Parlament muss daher denjenigen die Stirn bieten, die einige Mitgliedstaaten gegenüber anderen Mitgliedstaaten stigmatisieren wollen, und dabei die europäische öffentliche Meinung spalten und die Europäer gegeneinander ausspielen.
Das Parlament vertritt 500 Millionen Europäer aus einer Union, die 27 Mitgliedstaaten hat, und wie auf Orwells Farm ist keiner gleicher als die anderen.
Othmar Karas (PPE). - Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir reden eigentlich über den Gipfel am 16. Dezember. Es wäre schön, wenn wir nach dem Gipfel vom Rat hören würden: Wir kennen die Lücken, wir kennen die Fehler, wir wissen um unser Versagen und auch um die Grenzen des Vertrags.
Mit Selbstzufriedenheit und Schuldzuweisungen, mit Beschönigungen und Oberflächlichkeit werden wir kein Problem lösen und kein Vertrauen schaffen. Beenden wir das Spiel mit Europa, es geht um Europa. Ich teile jeden Satz, den Wolf Klinz gesagt hat.
Und da wir wenige Tage vor Weihnachten stehen, sage ich: Zünden Sie eine Kerze der Entschlossenheit und der Gemeinsamkeit an, eine Kerze der neuen Ernsthaftigkeit und Aufrichtigkeit, der Zuversicht in die Zukunft der Europäischen Union und eine Kerze für einen politischen Kurswechsel in Europa, von der Krise zur Wettbewerbsfähigkeit, vom Geist von Deauville zur Politischen Union, vom Sparen zur Investition und zur Reform, von der Währungsunion zur Politischen Union.
Die Vertragsergänzung ist wegen der verfassungsrechtlichen Probleme Deutschlands eine politische Krücke für die Weiterentwicklung des Schutzschirmes, nicht mehr und nicht weniger, keine Lösung. Machen Sie sie nicht größer, als sie ist. Beenden Sie die day by day Politik, und legen Sie ein Gesamtkonzept zur Antwort auf die Krise und für den Weg zur Politischen Union vor. Machen Sie Schluss mit der Kakofonie: Es reicht, es reicht nicht, und eigentlich wissen wir nicht, wohin es geht. Verlangen wir gemeinsam von der Kommission ein Konzept zur Wirtschafts-, Sozial- und Finanzunion, damit wir Ende nächsten Jahres den nächsten Integrationsschritt und Nägel mit Köpfen beschließen können.
Anni Podimata (S&D). – (EL) Frau Präsidentin, Herr Kommissar! Morgen beginnt eine der wichtigsten Sondertagungen des Europäischen Rates in der Geschichte der gesamten Europäischen Union und der WWU im Besonderen, und es stellt sich die Frage, ob die Staats- und Regierungschefs der Aufgabe gewachsen sein werden. Wir haben sehr große Zweifel daran, weil die Philosophie, die bestimmte Regierungschefs in den Europäischen Rat eingebracht haben, nicht einer Philosophie entspricht, mit der die Krise auf den Grundsätzen der Solidarität und selbstverständlich der Verantwortlichkeit bewältigt werden kann. Es ist eine Krisenmanagementphilosophie, eine Philosophie, die ausgerichtet und beschränkt ist auf die Kriterien eines ständigen Mechanismus. Der Europäische Rat wird der Aufgabe nicht gewachsen sein, weil er nicht die Botschaft des wirtschaftlichen und politischen Zusammenhalts aussendet, der ausgesendet werden muss, nicht nur, um die Märkte zu überzeugen, sondern in erster Linie um die isolierten europäischen Bürgerinnen und Bürger zu überzeugen, die sich gegenseitig mit Argwohn betrachten und wieder fremdenfeindlich werden; sie zu überzeugen von der Bedeutung des Europäischen Aufbauwerks und ihnen in Erinnerung rufen, dass uns mehr Dinge einen als uns trennen.
Gunnar Hökmark (PPE). - Frau Präsidentin! Ich kann nicht verstehen, warum die Sozialisten sich aus der Verantwortung der sozialistischen Politik stehlen wollen. Es ist richtig, dass die Ursachen für die Defizite, die wir in Europa sehen, unterschiedlich sind. Richtig ist auch, dass die sozialistischen Regierungen Probleme mit dem Haushaltsdefizit bekommen haben wegen einer bewusst gewählten Politik mit höheren Ausgaben und höheren Schulden.
Wir führten diese Debatte im Parlament im Frühjahr 2009, und wir führten sie in einer Reihe von Mitgliedstaaten. Ich erinnere mich: Die schwedischen Sozialdemokraten kritisierten die schwedische Regierung, weil sie das Defizit und die Ausgaben nicht erhöhte.
Wir haben gesehen, was dann passiert ist. Für mich ist das ein Grund, weshalb wir feste Regeln für den Stabilitäts- und Wachstumspakt brauchen, und auch feste Regeln für die Folgen. Es kann nicht sein, dass die Mitgliedstaaten, die bei den Finanzsystemen Probleme verursachen und höhere Zinssätze schaffen, sich den Folgen entziehen können und andere Bürger für diese Zinssätze zahlen lassen.
Wir brauchen Stabilität, und Eurobonds bieten keine Lösung für dieses Problem. Wir können Eurobonds aus anderen Gründen haben, vielleicht. Was den Finanzmechanismus betrifft, so muss er nach den Risiken finanziert und ausgerichtet werden, die die Mitgliedstaaten schaffen. Wenn man ein größeres Risiko eingeht, ist das Defizit größer, dann muss man auch den Finanzmechanismus etwas mehr finanzieren. Und das bedeutet, die Verantwortung für bewusst gewählte Politiken zu übernehmen. Vergessen Sie nicht, dass die Folgen, die wir in einigen Ländern sehen, Folgen der Debatten sind, die wir in den nationalen Parlamenten und in diesem Parlament geführt haben, als einige von uns sich für höhere Ausgaben aussprachen. Jetzt sehen wir die schmerzlichen Ergebnisse.
(Der Redner erklärt sich damit einverstanden, auf eine „Blue-Card“-Frage gemäß Artikel 149 Absatz 8 zu antworten.)
Martin Schulz (S&D). - Frau Präsidentin! Herr Hökmark, ich kann ja verstehen, dass Sie für die schwedische Heimatfront hier eine schöne Rede halten müssen. Aber beantworten Sie mir doch bitte folgende Frage: Welches Land in der Europäischen Union hat die höchste langfristige Staatsverschuldung, und welche Partei regiert dieses Land?
Gunnar Hökmark (PPE). - (Herr Schulz spricht mit abgeschaltetem Mikro weiter.) Frau Präsidentin! Ich hoffe, ich kann ohne weitere Unterbrechungen weitersprechen. Zunächst richtet sich meine Botschaft insbesondere an Sie, Herr Schulz, denn ich möchte Sie daran erinnern, was Sie vor zwei Jahren in diesem Parlament vorgebracht haben. Sie haben angeführt, dass die Union und die Mitgliedstaaten ihre Ausgaben erhöhen sollten. Das Problem ist, dass manche Mitgliedstaaten sozialistische Regierungen hatten, und in all diesen Regierungen, in all diesen Staaten war ein Anstieg der Ausgaben als Folge der Maßnahmen, die Sie befürwortet haben, zu erkennen. Herr Schulz, können Sie das dementieren?
(Der Redner erklärt sich damit einverstanden, auf eine „Blue-Card“-Frage gemäß Artikel 149 Absatz 8 zu antworten.)
Martin Schulz (S&D). - Frau Präsidentin! Da der Kollege die Frage nicht beantwortet, beantworte ich sie für ihn. Das Land heißt Italien und wird regiert von Herrn Berlusconi. Die Christdemokraten regieren dieses Land praktisch ohne Unterbrechung seit 1946.
Liisa Jaakonsaari (S&D). - (FI) Frau Präsidentin! Auch ich möchte unsere Kolleginnen und Kollegen fragen, wie die Sozialisten in Irland und Griechenland ihre Länder möglicherweise in die Verschuldung geführt haben. Sie sind zurzeit die führende politische Partei in Europa, und die Kommission tendiert nach rechts, ist es da nicht Aufgabe der Rechten, auch den Weg aus der Krise zu weisen und nicht Vorgängerregierungen oder Regierungen, die größeres Gewicht haben, die Schuld zu geben?
Gunnar Hökmark (PPE). - Frau Präsidentin! Ich möchte die Kolleginnen und Kollegen hier daran erinnern, dass ich gesagt habe, dass es vielerlei Gründe für die Defizitprobleme, die wir haben, gibt, doch ich habe ebenfalls gesagt – und weder Herr Schulz noch seine Kollegen haben das bestritten –, dass es richtig ist, dass wir diese Probleme in allen sozialistischen Regierungen haben kommen sehen, weil es eine bewusst gewählte Politik war. Ich stimme unbedingt zu, was z. B. Irland angeht, dass sehr große Fehler gemacht wurden. Das Interessante dabei ist aber, dass es eine bewusst gewählte Politik war, die Ausgaben und Defizite zu erhöhen, um der Krise und den Problemen zu begegnen, und jetzt sehen wir das Ergebnis. Das ist die Botschaft an Herrn Schulz und andere.
(Der Redner erklärt sich damit einverstanden, auf drei „Blue-Card“-Fragen gemäß Artikel 149 Absatz 8 zu antworten.)
Die Präsidentin. − Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Nur um den Redner und alle anderen zu informieren: Wir haben jetzt drei weitere Mitglieder, die mittels blauer Karte eine Frage stellen wollen. Da diese Möglichkeit von der Arbeitsgruppe zur Parlamentsreform eingeführt wurde, unterstütze ich das sehr, außerdem haben wir genug Zeit, doch ich muss den Redner trotzdem fragen, ob er alle diese Fragen beantworten wird. Dann möchte ich Sie alle fragen, ob wir die Fragen der Reihe nach durchgehen und dann Herrn Hökmark bitten zu antworten. Wir werden dann diesen Teil der Redezeit abschließen.
Philippe Lamberts (Verts/ALE). - Frau Präsidentin! Ich möchte Herrn Hökmark sagen: Was Sie zu den sozialistischen Regierungen gesagt haben, mag in gewisser Hinsicht zutreffen, doch entscheiden sich rechtsgerichtete Regierungen im Grunde für analoge Maßnahmen, indem sie anstatt Staatsschulden Privatschulden anhäufen. Dies ist auch nicht besser für die Wirtschaft und es ist eigentlich nur eine andere Art, genau das Gleiche zu tun, was untragbar ist.
Werner Langen (PPE). - Frau Präsidentin! Ich wollte den Kollegen Hökmark fragen, da er ja auch schon länger dabei ist, ob er sich daran erinnert, dass beim Start der Währungsunion Belgien, Griechenland und Italien mit über 130 % des Sozialprodukts verschuldet waren, dass Griechenland nach oben gegangen ist, Belgien um über 30 % nach unten, Italien um über 25 % nach unten. Erinnert er sich daran?
Anni Podimata (S&D). – (EL) Frau Präsidentin! Ich möchte eine einfache Frage an Herrn Langen und Herrn Hökmark richten, die die Schuldenkrise idealisieren und offenbar die sozialistischen Regierungen pauschal anvisieren.
Haben Sie Ihre Kolleginnen und Kollegen in der Fraktion der Europäischen Volkspartei (Christdemokraten), die mein Land bis vor einem Jahr regierten und Ihnen und der Europäischen Kommission gegenüber amtliche Statistiken genannt haben – Sie können Herrn Rehn fragen –, jemals dazu befragt, dass das Defizit Griechenlands für das Jahr 2009 bei 6,9 % lag, und nicht bei den kürzlich von Eurostat bestätigten 15 %?
Gunnar Hökmark (PPE). - Frau Präsidentin! Diese Diskussion hat einiges geklärt, das wir nicht vergessen dürfen.
Denken wir an mein erstes Argument, nämlich – und interessanterweise streitet dies keiner meiner sozialistischen Kollegen ab – dass alle sozialistischen Regierungen, die eine sozialistische Politik umgesetzt haben, in eine tiefe Defizitkrise geraten sind. Nun ist zu beobachten, wie die Krise ein Land nach dem anderen erfasst, und zwar wegen einer bewusst gewählten Politik, die Herr Schulz und andere vor zwei Jahren in diesem Parlament verteidigten. Der Blick in die Aufzeichnungen des Parlaments zeigt uns, dass in der Debatte hier genau dies von Ihnen, Herr Schulz, und von Ihren Kollegen gesagt wurde. Nun sehen wir das bittere Ergebnis. Das wollte ich hervorheben. Es fällt mir auf, dass sie immer nur antworten „Ja, ja, Sie haben Recht, aber andere Länder haben auch Probleme“. Sie bestreiten aber nicht, dass mein Hauptargument stimmt und dass Ihre Politik diese Probleme geschaffen hat. Dies ist erinnerungswürdig und sollte meines Erachtens festgehalten werden.
Auch Herr Lamberts macht auf diese Probleme aufmerksam. Das Interessante ist jedoch: Es stimmt zwar, dass mehrere Länder Probleme wegen der Finanzkrise haben, doch es stimmt auch – was Herr Lamberts sicher anerkennt –, dass die meisten Länder mit einer stabilen Haltung gegenüber den Staatsfinanzen nicht sozialistisch regiert sind. Ich glaube nicht, dass Sie oder jemand anderer in diesem Parlament eine sozialistische Regierung nennen können, die keine Defizitprobleme hat.
Ioannis Kasoulides (PPE). - Frau Präsidentin! Was zählt, ist die Politik und nicht, wer sie umgesetzt hat. … der werfe den ersten Stein .Die Krise des Euro dürfte mit Irland nicht beendet sein, und das Schlimmste steht womöglich noch bevor.
Die „Raubtiere“ der Märkte werden stets jede Schwachstelle angreifen, trotz der mühevollen Sparmaßnahmen, die von den Mitgliedstaaten ergriffen werden. Doch wenn die EU diese Schlacht gewinnt und sich in diesen schwierigen Zeiten durchsetzt, indem sie sich entschlossen zeigt, die nötige Solidarität aufzubringen und gemeinsam zu handeln, um den Aufsichtsbehörden entgegenzuwirken und die Märkte zu überzeugen, dann würde dies den Triumph der europäischen Integration sowie einen großen Sieg bedeuten.
Dies kann durch kollektive Weisheit erreicht werden. Beweisen wir all denen, die das Ende des Euro und den Ausstieg sowohl starker als auch schwacher Länder aus dem Eurogebiet voraussagen, dass sie sich irren. Haushaltsdisziplin, wirtschaftliche Steuerung und die Rettung des Euro sind ohne einen von allen Betroffenen auf europäischer Ebene festgelegten Plan zur Wachstumsstimulierung unvollständig. In der Vergangenheit rettete ein amerikanischer Marshall-Plan die Wirtschaft Europas. Heute müssen die Europäer dasselbe für die Europäer tun.
Gay Mitchell (PPE). - Frau Präsidentin! Heute stimmt das irische Repräsentantenhaus, der Dáil, über das EU/IWF-Finanzhilfepaket ab. Dies sind sehr schwere Zeiten für Irland, das Steuererhöhungen und Ausgabenkürzungen erlebt. Der Haushalt von letzter Woche war bloß ein Indiz für die Schwierigkeiten, mit denen so viele Menschen in Irland gegenwärtig zu kämpfen haben. All dem gingen Lohnkürzungen von 14 % im öffentlichen und privaten Sektor voraus.
Ich bin jedoch überzeugt, dass das EU/IWF-Finanzpaket Irland helfen wird, sein Vertrauen wiederherzustellen, indem es den Banken Kapital verschafft, damit sie wieder Kredite vergeben können, und indem es die Staatsfinanzen in Ordnung bringt. Ich bin nicht unbedingt mit allen Einzelheiten des Plans einverstanden, doch generell werden die Zahlen von Fine Gael gestützt. Die zu Grunde liegenden wirtschaftlichen Trends in Irland sind recht gut. Eine gute Regierung und die Aufsicht des Dáil werden nötig sein, damit unsere Finanzen nie wieder aus dem Ruder geraten.
Man wird auf EU- und EZB-Ebene auch einige Überlegungen zu dem Einfluss anstellen müssen, den niedrige Zinssätze auf den Anstieg der Grundstückpreise gehabt haben. Ich stand mit meinen Fragen an Herrn Trichet zu diesem Problem zweieinhalb Jahre lang in diesem Plenum alleine da. Mit der Nachfolgeeinrichtung des ständigen Europäischen Finanzstabilisierungsmechanismus, aus dem Irland 22,5 Mrd. EUR an Darlehen erhalten wird, falls es sie in Anspruch nimmt, ist das EU/IWF-Paket ein positiver Schritt für den Euroraum.
Zum Abschluss möchte ich hinzufügen, dass viele Leute hier sind, die sich als Föderalisten sehen und dennoch eine gewisse Harmonisierung der Besteuerung wünschen. In den USA sind mehr als 50 % der Unternehmen, die in der Urheberrechtsbranche tätig sind, in Delaware angemeldet. Weshalb? Aufgrund der Steuersituation in Delaware. In diesem hohen Haus kommen zum Teil äußerst unkundige, eigennützige Kommentare von Leuten, die ihre eigenen nationalen Interessen fördern wollen, indem sie falsche Behauptungen aufstellen, und sie werden sich rechtfertigen müssen.
Tunne Kelam (PPE). - Frau Präsidentin! Die Finanzkrise hat aufgezeigt, dass es sogar noch mehr Europa braucht. Wir lernen daraus, dass ein vorwiegend auf nationale Interessen ausgerichtetes Handeln keinem Mitgliedstaat etwas bringt. Morgen bietet sich daher eine Gelegenheit zum gemeinsamen Handeln, zur Haushaltskonsolidierung und für einen Stabilitätspakt mit Sanktionen.
Dies wird auch der Moment sein, in dem der lang andauernde europäische Widerspruch aufgelöst wird. Die EU basiert auf einem Binnenmarkt, doch dieser ist noch nicht vollendet. Der Zeitpunkt für einen digitalen Binnenmarkt ist gekommen. Wir müssen einen ständigen Mechanismus zur Krisenbewältigung einrichten, vorzugsweise nach Gruppen zusammengesetzt. Zweitens: Da Maßnahmen auf Prävention und frühe Intervention ausgerichtet sein sollten, ist es nötig, die Bedingungen für eine frühe Intervention und für die Aktivierung der Krisenmechanismen besser in Einklang zu bringen, wobei eine Überregulierung natürlich zu vermeiden ist. Drittens: Der Zweck der Geldmittel zur Krisenbewältigung sollte klar definiert sein. Das Ziel ist die Gewährleistung der mikrofinanziellen Stabilität. Sie sollten nicht zur Lösung anderer aktueller Probleme verwendet werden. Viertens: Aufsichtsrechte sollten auf EU-Ebene genauer definiert werden, zum Beispiel hinsichtlich einer möglichen Intervention betreffend die Aktivitäten von Finanzinstitutionen, einschließlich des Rechts, Dividendenauszahlungen oder Aktivitäten mit ungerechtfertigt hohen Risiken zu stoppen.
Jean-Paul Gauzès (PPE). - (FR) Frau Präsidentin, Herr Minister, Herr Kommissar! Ich habe dieser langen Aussprache als Bürger zugehört.
Ich möchte Herrn Barrosos Vorschläge als sehr interessant bezeichnen. Wir würden ihre Umsetzung begrüßen. Ein klar und verständlich formulierter politischer Wille und ein wahrheitsgetreuer Diskurs bilden die Voraussetzung für eine Wiederherstellung des Vertrauens unserer Bürgerinnen und Bürger. Wir dürfen die Realität auf keinen Fall verschleiern. Da sind Staatsausgaben, die wir decken oder reduzieren müssen. Da sind staatliche und private Schulden, die wir erstatten müssen.
Es gibt eine Vielzahl von Experten, die zu allem eine Meinung haben. All diejenigen, die die Krise nicht vorausgesehen haben, sprühen nun von brillanten Lösungen. Doch in einer schwierigen Situation wie dieser sollten wir den gesunden Menschenverstand walten lassen und bei der Verwaltung öffentlicher Finanzen nicht die Fehler des Privatsektors begehen, die zur Finanz- und Bankenkrise geführt haben. Raffinierte Vereinbarungen schaffen weder Werte noch Wohlstand. Sie schaffen Illusionen und sind oft nur für Spekulanten vorteilhaft.
Tatsache ist, dass die Mitgliedstaaten über ihre Verhältnisse gelebt haben. Wir müssen den Mut aufbringen, die nötigen Schlussfolgerungen zu ziehen und sicherzustellen, dass die Last des Erholungsprozesses fair aufgeteilt wird.
Seán Kelly (PPE). - Frau Präsidentin! Als Erstes eine Beschwerde. Sie sagten, dass dies eine wichtige Aussprache sei, und sie ist es auch. Ich halte es für ziemlich inakzeptabel, dass Herr Barroso und viele der politisch Verantwortlichen das Plenum gleich nach ihrer Rede verlassen haben. Fairerweise ist zu sagen, dass Herr Schulz vom Anfang bis zum Ende anwesend ist, und ich möchte ihm mein Kompliment dafür aussprechen.
Zweitens möchte ich anmerken, dass einer der Hauptgründe für die Finanzkrise letztendlich darin liegt, dass Regierungen nicht regiert und politische Führer nicht geführt haben. Glücklicherweise bekommen wir diese Situation nun unter Kontrolle, dank der neuen Aufsichtsarchitektur, die am 1. Januar eingeführt werden soll, dank dem Bericht über Rating-Agenturen, mit dem wir uns gestern Abend befasst haben, und dank dem ständigen Finanzstabilitätsmechanismus von heute. Sie sind alle begrüßenswert.
Wäre Herr Barroso anwesend, würde ich ihn fragen wollen, ob er garantieren kann, dass weder in Irland noch anderswo ein Referendum nötig sein wird, um die minimalen Änderungen, von denen er gesprochen hat, durchzuführen.
Zum Schluss möchte ich denen, die eine schriftliche Erklärung mit den Unterschriften der Mitglieder verlangt haben, mitteilen, dass dies einen direkten Angriff auf die Unternehmenssteuern in Irland darstellt und unterlassen werden sollte.
Csaba Sándor Tabajdi (S&D). – (HU) Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Eine ideologische Debatte hat sich hier entwickelt, auch wenn wir verschiedene Beispiele anführen könnten, wie die Regierung Schröder eine sehr ernsthafte Reformpolitik umsetzte oder wie in Ungarn die konservative Regierung, die derzeit an der Macht ist, mit allen Mitteln versuchte, die damalige Linksregierung nach 2006 daran zu hindern, die Haushaltsdisziplin einzuhalten. Debatten wie diese führen zu nichts. Wichtig ist, dass die Europäische Union endlich eine proaktive anstatt eine reaktive Politik betreibt. Es wäre sehr zu begrüßen, wenn bei dem Gipfel an diesem Wochenende eine Einigung über den europäischen Stabilisierungsmechanismus erzielt werden könnte. Der ungarische Ratsvorsitz, die ungarische Regierung, die turnusmäßig im Januar die EU-Präsidentschaft übernehmen wird, wird alles unternehmen, um den Ratifizierungsprozess zu beschleunigen und sicherzustellen, dass die Europäische Union sich grundlegenden Herausforderungen stellt, wie z. B. die Dynamik in Europa zu steigern.
Ildikó Gáll-Pelcz (PPE). – (HU) Frau Präsidentin, verehrtes Ratsmitglied, verehrtes Kommissionsmitglied! Die Mitgliedstaaten versuchen, auf die Krise, in der sie sich befinden, mit individuellen Lösungen und eigenen Antworten zu reagieren. Nach der Festlegung der strategischen Ausrichtung sollten der Rat und die Kommission die Lösungen der Mitgliedstaaten zusammenfassen und koordinieren. Das heißt, wenn es um wirtschaftspolitische Steuerung geht, reicht es nicht aus, den Mitgliedstaaten Sanktionen aufzuerlegen. Es wäre natürlich erfreulich gewesen, wenn die Kohärenz und Strenge, die heute hier an den Tag gelegt wird, von bestimmten Kommissionsmitgliedern auch bewiesen worden wäre, als sie bei den Datenmanipulationen ein Auge zudrückten. Ich bin davon überzeugt, dass die Verantwortung für die Nichteinhaltung des Stabilitäts- und Wachstumspakts nicht allein bei den Mitgliedstaaten liegt, denn die Kommission selbst hat ihren Kontrollmechanismus aufgeweicht. Wir müssen zugeben, dass die Sparpolitik, die bisher verfolgt wurde, nirgendwo Erfolge gezeigt hat. Man wird also neue und klare Antworten von Ihnen verlangen. Innovative und motivierende Lösungen. Ich kann Ihnen versichern, Kolleginnen und Kollegen, dass der kommende ungarische Ratsvorsitz diese koordinierende Funktion erfüllen wird.
Proinsias De Rossa (S&D). - Frau Präsidentin! Irland wurde in dieser Aussprache mehrfach erwähnt. Ich möchte zunächst klarstellen, dass ich eine verstärkte wirtschaftspolitische Steuerung in einer europäischen sozialen Marktwirtschaft befürworte. Wir sollten den europäischen Partnern Irlands für ihre Solidarität in dieser Zeit der Krise danken – einer Krise, die zum großen Teil von unfähigen konservativen Regierungen herbeigeführt wurde.
Es wird Sie nicht überraschen, dass Solidarität von Euroskeptikern als ein Verlust der Unabhängigkeit Irlands dargestellt wird. Diese Verzerrung wird noch dadurch verschärft, dass die Kommission und der Rat es unterlassen haben, mit dem Parlament im Hinblick auf die gemeinsame Absichtserklärung mit Irland zusammenzuarbeiten. Wann, Herr Rehn, wird diese gemeinsame Absichtserklärung diesem Parlament vorgelegt?
Kommissar Rehn, eine der gemeinsten Bedingungen und Auflagen in der gemeinsamen Absichtserklärung ist die Auflage, den Mindestlohn in Irland um 2 000 EUR pro Jahr zu kürzen. Die irische Regierung behauptet, dass Sie, Herr Rehn, diese Kürzung verlangt haben. Können Sie diese Sache für dieses Parlament klarstellen?
Ein zweiter unverständlicher Aspekt dieser Vereinbarung ist die 3 %-Marge, die Sie gefordert haben...
(Die Präsidentin entzieht dem Redner das Wort.)
Ilda Figueiredo (GUE/NGL). – (PT) Frau Präsidentin! Es ist nicht hinnehmbar, dass wesentliche Maßnahmen weiterhin aufgeschoben werden, Maßnahmen, bei denen die Zunahme der Arbeitslosigkeit, Armut, Ungleichheit, Diskrepanz und wirtschaftlichen Rezession, die durch diese Sparpläne verursacht wird, außer Acht gelassen werden, während Wirtschafts- und Finanzgruppen immer größere Gewinne machen. Dies führt somit zu weiteren Fragen:
Warum wurden die Satzung und die Leitlinien der Europäischen Zentralbank hinsichtlich ihrer den Mitgliedstaaten direkt gewährten Darlehen mit einem Zinssatz von 1 % nicht geändert; dasselbe gilt für die Privatbanken, die drei-, vier- oder fünfmal höhere Zinssätze ansetzen und dadurch die Staatsschulden erhöhen? Weshalb wurde nicht beschlossen, eine Steuer auf den Kapitalverkehr zu erheben und weshalb wurden die erforderlichen Maßnahmen zur Abschaffung der Steuerparadiese und Derivativmärkte und damit zur Ausschaltung von Spekulationen auf Staatsschulden nicht getroffen? Warum beschließen wir nicht eine Aufstockung des Gemeinschaftshaushalts zugunsten einer Politik des wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalts, die auf eine Steigerung der Produktion und auf die Schaffung von Arbeitsplätzen abzielt, die rechtlich abgesichert sind...
(Die Präsidentin entzieht der Rednerin das Wort.)
Jaroslav Paška (EFD). – (SK) Frau Präsidentin! Wir führen eine Debatte über den Vorschlag für ein Instrument der Finanzstabilisierung des Eurogebiets – ein Instrument, das unseren Freunden in Ländern, die zurzeit ihre Schulden nicht bezahlen können, helfen soll.
Alle hier sprechen von der Schaffung eines gemeinsamen Finanzstabilisierungsmechanismus, der von allen Ländern des Eurogebiets garantiert wird, und wir erwarten, dass diejenigen, die ihre Schulden kontrollieren konnten, Solidarität zeigen mit den Ländern, denen dies nicht gelungen ist.
Nach den Erfahrungen mit den bisherigen Unterstützungslösungen für Griechenland und dem einmaligen Schutzwall, der beim letzten Mal errichtet wurde, frage ich mich, was geschehen würde, wenn die Finanzgenies der Märkte ihre Taschenrechner nähmen und den effektiven Wert der Lösung zu errechnen versuchten und entdeckten, dass nicht einmal dies zuverlässig genug ist, um sie zur Investition ihres Geldes in diesem Bereich zu bewegen.
Ich frage mich, ob wir Folgelösungen und weitere Vorgehensschritte vorbereitet haben. Die Glaubwürdigkeit der Lösung ist zu diesem Zeitpunkt, gemäß diesem Szenario, sehr gering.
Andrew Henry William Brons (NI). - Frau Präsidentin! Die meisten Leute betrachten Krisen als Tragödien. Eurokraten sehen in ihnen eine Chance, ihre Tentakel der Macht weiter auszustrecken. Der Europäische Rat muss über einen permanenten Krisenmechanismus entscheiden, um die finanzielle Stabilität des gesamten Euroraums sicherzustellen, selbstverständlich gestützt durch Vertragsänderungen. Wir haben zuverlässige Informationen darüber, dass diese Kontrollmechanismen, und natürlich die entsprechenden Vertragsänderungen, auch für Länder außerhalb des Euroraums gelten werden.
Die Koalitionsregierung in Großbritannien hat für den Fall einer weiteren Machtübertragung an die Europäische Union ein Referendum versprochen. Dieses Versprechen ist jedoch genauso zuverlässig und wird ebenso redlich befolgt werden wie die Zusicherung der Konservativen, ein Referendum über den Vertrag von Lissabon durchzuführen. Für die Konservativen stellen Versprechen eine Taktik dar und keine Verpflichtung.
Czesław Adam Siekierski (PPE). – (PL) Frau Präsidentin! Das Jahresende naht. Dies ist eine gute Gelegenheit zu prüfen, was wir erreicht haben. Betrachten wir einmal, was beschlossen und gesagt wurde, und stellen wir uns die Frage: Was haben wir diesbezüglich unternommen? Jeder von uns sollte seine Entscheidungen in seinen jeweiligen Verantwortungsbereichen unter die Lupe nehmen. Es ist gut, dass wir dem Vertrag gewisse Bestimmungen hinzufügen wollen, die unserem Handeln Disziplin abverlangen. Doch wir haben immerhin noch den Stabilitäts- und Wachstumspakt, der weiterhin Gültigkeit hat. Weshalb haben wir uns nicht an dessen Bestimmungen gehalten? Warum haben die Kommission und ihre Dienststellen im Fall von Griechenland oder Irland nicht schneller reagiert?
Die Europäische Union ist eine demokratische Einrichtung, die viele Mitgliedstaaten umfasst. Sie ist daher nicht in der Lage, autonom zu handeln, wie einzelne Staaten dies tun – ich denke hier zum Beispiel an China, die USA und andere Länder. Aus diesem Grund konnte der Euro nicht durch rasch entschlossenes Handeln geschützt werden. Es ist daher notwendig, einen neuen Ansatz der wirtschaftspolitischen Steuerung zu entwickeln, eine echte wirtschaftliche Union zu schaffen, die Koordinierung zu verbessern und die Finanz- und selbst die Haushaltspolitik zu harmonisieren.
George Sabin Cutaş (S&D). – (RO) Frau Präsidentin! Wie von einigen Rednern bereits erwähnt wurde, hat die Europäische Union bisher offensichtlich nicht genügend Fortschritte in Bezug auf die Sicherung der finanziellen Stabilität ihrer Märkte gemacht. Vor einem Hintergrund, wo Spekulanten Tag für Tag die Stabilität der Einheitswährung gefährden, indem sie einzelne Mitgliedstaaten isolieren und unter Druck setzen, kann eine Lösung nur durch die Aufrechterhaltung der Solidarität auf EU-Ebene erreicht werden. Die Schaffung eines ständigen Mechanismus zur Wahrung der Finanzstabilität im Euroraum ist zur Notwendigkeit geworden und muss nach der Gemeinschaftsmethode koordiniert werden.
Die Interessen der Bürger sind dann am besten gewahrt, wenn die EU-Institutionen voll in den Entscheidungsfindungsprozess mit einbezogen werden und das Gemeinwohl vor einzelne Interessen gestellt wird … Gleichzeitig müssen wir daran denken, dass es unbedingt erforderlich ist, alle 27 Mitgliedstaaten in diesen zukünftigen Mechanismus als Teil des Binnenmarkts einzubinden. Die Instabilität anderer Währungen wird stets erhebliche Auswirkungen auf den Euro haben.
Diogo Feio (PPE). – (PT) Frau Präsidentin! Die nächste Ratssitzung ist sehr wichtig. Wichtig bezüglich ihrer Reaktion auf eine Krise, die weit reichend und international ist; wichtig auch bezüglich ihrer Reaktion auf spezifische Krisen von Regierungen, die ihre Heimarbeit nicht rechtzeitig gemacht, zu viel Zeit versäumt und die nötigen strukturellen Reformen nicht durchgeführt haben. Deswegen bin ich gekommen, um ein stabiles Instrument zum Schutz des Euro zu unterstützen.
Die Maßnahmen dürfen nicht und sollten nicht von Fall zu Fall erfolgen. Genau aus diesem Grund unterstütze ich dieses Vorgehen nach der Gemeinschaftsmethode, nicht nach der zwischenstaatlichen Methode, die im Endeffekt Regierungen dafür belohnt, dass sie nicht rechtzeitig das Nötige unternommen haben. Ich betone die Notwendigkeit einer wachsenden Rolle des Europäischen Parlaments in der Diskussion dieser Angelegenheiten, mit Debatten, wie wir sie heute hier gehabt haben: lebhaft, mit Meinungsverschiedenheiten, doch im Interesse einer stärkeren Europäischen Union und eines immer besser gestellten Euro.
Zigmantas Balčytis (S&D). – (LT) Frau Präsidentin! In Wahrheit bin ich mit allen Ideen einverstanden, die heute in Bezug auf die Schaffung eines Krisenmechanismus und auf weitere Maßnahmen geäußert wurden, die, so denke ich, sowohl der Europäische Rat als auch das Parlament in Zukunft erörtern werden. Wir haben heute viele widersprüchliche Einschätzungen gehört und wohl auch einige Beschuldigungen in Bezug auf frühere Fehler. Diese gab es auf allen Seiten. Sie kamen von den Mitgliedstaaten, der Europäischen Kommission und dem Rat sowie den kommerziellen Banken, deren Aktivitäten, so nehme ich an, in Zukunft ebenfalls genau beobachtet werden. Ich möchte ein weiteres Thema aufgreifen. Mir gefiel die von Präsident Barroso vorgebrachte Idee, dass wir in schwierigen Situationen im Einklang, Schulter an Schulter, zusammenarbeiten sollten, und ich möchte Sie, Herr Kommissar, bitten, mit allen Mitteln sicherzustellen, dass alle Länder an diesem neuen Krisenmechanismus beteiligt sein können, unabhängig davon, ob sie sich im Euroraum befinden oder nicht. Da wir mit dem Beitritt zur Europäischen Union unsere Märkte geöffnet haben, steuern wir denselben Geldbetrag sowie zahlreiche weitere Dinge zum Haushalt bei.
João Ferreira (GUE/NGL). - (PT) Frau Präsidentin! Es gibt keinen Stabilitätsmechanismus, der die größten Ursachen der Instabilität innerhalb der Europäischen Union angeht. Die Politiken, die uns in diese Krise geführt haben, sind dieselben, die man nun weiterführen und entwickeln will. Eine Wirtschafts- und Währungsunion, die im Interesse der einen und zum Nachteil der anderen entstanden ist, die die Zügel der Finanzspekulation gelockert hat und dem freien, d. h. uneingeschränkten Kapitalverkehr Priorität einräumt, die den Markt allen Bereichen der Gesellschaft aufzwingt und Arbeit als Quelle des Wohlstands und somit auch die entsprechenden Rechte abwertet.
Im beginnenden zweiten Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts vermag diese Europäische Union ihre Verknüpfung mit Europas größtem sozialen Rückschritt der letzten Jahrzehnte nicht abzuschütteln. Es ist das Ergebnis eines beispiellosen Angriffs auf die Rechte und Lebensbedingungen der Menschen. Wirtschafts- und Finanzgruppen häufen nach wie vor riesige Profite an, die Arbeitslosigkeit breitet sich weiter aus und Millionen Arbeitnehmer werden immer ärmer. Dies ist die Botschaft, die in den Protesten in ganz Europa anklingt, und es ist an der Zeit, ihr Gehör zu schenken.
Angelika Werthmann (NI). - Frau Präsidentin! Das Vertrauen der Bürger in Europa und in den Euro ist durch die Finanzkrise und politisches Taktieren stark gesunken. Die Bürger brauchen für sie verständliche, klare und langfristig verlässliche Perspektiven für die Sicherheit ihrer Währung. Der Stabilitätspakt definierte Obergrenzen für Defizit und Gesamtverschuldung. Jedoch ist seine Wirksamkeit gering. Neue Rettungsmechanismen finden die notwendige breite Akzeptanz bei den Bürgern nur, wenn sie gleichzeitig wirksame Kontrollen und Sanktionen vorsehen. Für die Kontrolle gilt, Eurostat weiter zu stärken, für Sanktionsmechanismen, dass sie durchsetzbar und wirksam sind. Sanktionsmöglichkeiten bietet das bestehende System. Künftige Rettungsmechanismen heißen: kontinuierliche Kontrolle, schnelleres und koordinierteres Vorgehen und wirksame Sanktion.
Jean-Pierre Audy (PPE). – (FR) Frau Präsidentin, Herr Kommissar! Sie wollen die Schaffung dieses ständigen Mechanismus gemäß Artikel 136 vorschlagen. Ich bedaure, dass Sie nicht auf Artikel 122 zurückgegriffen haben, was uns erlaubt hätte, alle Mitgliedstaaten einzubinden, doch wir leiten eine politische Debatte ein, insofern das Parlament gemäß Artikel 48 zu den vereinfachten Änderungsverfahren angehört wird, und ich möchte zwei politische Sachverhalte zur Sprache bringen.
Erstens: Der Euroraum allein reicht nicht aus. Herr Kommissar, wir sollten mindestens alle die Staaten einbinden, die ohne Aufschub dazu verpflichtet sind, den Euro als Währung zu haben, und dabei handelt es sich um 25 Mitgliedstaaten.
Der zweite Sachverhalt betrifft die politische Kontrolle des Parlaments. Dies ist kein Notfallmechanismus, sondern ein ständiger Mechanismus. Folglich sollte es logischerweise eine politische Kontrolle des Parlaments geben unter geeigneten Bedingungen, die Sie uns vorlegen sollten, denn es ist die Rolle der Parlamente, insbesondere des Europäischen Parlaments, die Kontrolle über das Exekutivorgan hinsichtlich dieser Maßnahme auszuüben.
Edite Estrela (S&D). - (PT) Frau Präsidentin! Indem wir Anschuldigungen erheben, lösen wir nicht unsere Probleme, es beweist höchstens, dass im Hinblick auf verschiedene Situationen Unkenntnis herrscht. Wir brauchen Maßnahmen, um Spekulationen auf die Staatsschulden zu stoppen. Es ist viel die Rede von der portugiesischen Situation. In einem Bericht des Internationalen Währungsfonds jedoch wird diesen Monat festgestellt, dass Portugal zu den Ländern zählt, die die meisten Reformen durchführen, um die Nachhaltigkeit der öffentlichen Finanzen und des Systems der sozialen Sicherheit zu sichern.
Vor der Krise im Jahr 2007 hatte Portugal ein Wirtschaftswachstum von 2,4 % des BIP und ein Defizit von 2,6 % zu verzeichnen. Zwischen 2005 und 2010 war Portugal eins der Länder, die ihre Ausfuhren am meisten steigerten. Wir brauchen mehr Geschlossenheit, mehr Verantwortung und mehr Solidarität, damit sich die Märkte beruhigen.
Bogusław Liberadzki (S&D). – (PL) Frau Präsidentin! Wir konzentrieren uns auf den Euroraum, doch 150 Millionen Bürgerinnen und Bürger befinden sich außerhalb dieses Bereichs, das heißt jeder dritte Bürger der Europäischen Union. Deshalb ist es wichtig, dass wir einen gesunden Euro und einen gesunden Euroraum haben. Wir sagen das sehr deutlich: weniger nationale Regierungen, mehr Union, mehr Parlament.
In Polen ist die Meinung der deutschen Kanzlerin viel wichtiger als die von Herrn Van Rompuy, und die weithin klingende Stimme von Herrn Cameron ist wichtiger als die Meinung von Herrn Barroso. Deswegen brauchen wir einen Stabilisierungspakt, einen Pakt für sichere europäische Solidarität. Herr Schulz will zu Recht mehr Europa in unseren Überlegungen und neue Instrumente für unsere Arbeit, wie eine Steuer auf Finanztransaktionen, Staatsanleihen, Bankenaufsicht und eine abgestimmte Haushaltsdisziplin der Mitgliedstaaten.
Olli Rehn, Mitglied der Kommission. − Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Zunächst möchte ich Ihnen für eine äußerst inhaltsreiche und verantwortungsvolle Aussprache über die europäische Antwort auf die gegenwärtige Krise danken. Diese jüngste Phase der Finanzkrise erweist sich in der Tat als zunehmend systemisch, sodass es einer gleichermaßen systemischen Antwort vonseiten der Europäischen Union bedarf.
Deshalb müssen die politischen Maßnahmen Europas umfassend, kohärent und zielgerichtet sein. Es werden notwendigerweise umfassendere Maßnahmen, die für die ganze Europäische Union gelten, mit spezifischen Maßnahmen der Mitgliedstaaten kombiniert werden müssen.
Was sollte getan werden? Nach Ansicht der Kommission haben wir fünf Aktionsstränge. Erstens: Es sind entschiedene gemeinsame Anstrengungen erforderlich, um die vereinbarten Haushaltsverpflichtungen einzuhalten. Jeder Mitgliedstaat sollte an seinen Haushaltszielen festhalten. Der beste Schutz gegen Ansteckungseffekte ist die Zweckbindung unserer Haushaltspositionen. Spanien und Portugal zum Beispiel treffen sehr überzeugende Entscheidungen in dieser Hinsicht.
Zweitens: Wir müssen zur nächsten Runde der Bankenstresstests voranschreiten und sie noch umfassender und strenger durchführen als beim letzten Mal und dafür die neue Architektur für die europäische Finanzregulierung und Finanzaufsicht nutzen, die nächstes Jahr im Januar in Kraft treten wird.
Drittens: Wir brauchen wirksame „Rettungsschirme“, und deshalb hat die Union im Mai den Europäischen Finanzstabilisierungsmechanismus und die Finanzstabilisierungsfazilität mit einer vorübergehenden Geltungsdauer von drei Jahren geschaffen. Bald wird der ständige Stabilisierungsmechanismus eingerichtet, der Mitte 2013 in Kraft tritt.
Um das weiter auszuführen und zu vertiefen: Es wurden in letzter Zeit mehrere Initiativen in Sachen Eurobonds vorgestellt. Das Konzept des Eurobond deckt einen großen Bereich möglicher Anwendungen ab. Der gegenwärtige Schwerpunkt der Politikgestaltung liegt vernünftigerweise darin, die bestehende Europäische Finanzstabilisierungsfazilität wirksamer und agiler zu gestalten, um uns im Rahmen der Sofortmaßnahmen in der derzeitigen Phase der Krise von Nutzen zu sein.
Aber wir werden sicherlich weiterhin analytische Diskussionen über solche vernünftigen Alternativen führen müssen, die Europa die systemische Krise überwinden helfen, durch eine Verbesserung der Funktionsweise der Kapitalmärkte, die Erleichterung der Haushaltskonsolidierung mittels angemessenerer Kreditkosten, die Schaffung einer Grundlage für eine verstärkte haushaltspolitische Koordinierung unter den Mitgliedstaaten und vermehrte Anreize für haushaltspolitische Besonnenheit in den Mitgliedstaaten.
Vierter Bestandteil der umfassenden Antwort sind Strukturmaßnahmen, wie sie in der Strategie Europa 2020 vorgesehen sind. Diese sind für die Steigerung unseres Wachstumspotenzials und für die Schaffung nachhaltiger Beschäftigung in der Tat notwendig. Wir müssen unseren Binnenmarkt bestmöglich nutzen, insbesondere bei Dienstleistungen und im Energiebereich, das System der Abgaben und Leistungen beschäftigungswirksamer gestalten, in Wissen und Innovation zielgerichteter investieren und das Regelungsumfeld vereinfachen.
Fünftens: Ein wesentliches Element unserer systemischen Antwort, das weitgehend in Ihrer Hand liegt, verehrte Mitglieder, ist die rasche Verabschiedung eines ambitionierten Legislativpakets über eine verstärkte wirtschaftspolitische Steuerung, das von der Kommission im September vorgeschlagen wurde. Ich freue mich, dass das Parlament und der Rat darin übereingekommen sind, dieses Paket bis nächsten Sommer abzuschließen. Dies ist eine Frage der Glaubwürdigkeit der Wirtschafts- und Währungsunion der Europäischen Union in ihrer Gesamtheit. Es ist zudem ein durchaus wirksamer Mechanismus zur Krisenprävention, da durch ihn das langfristige und kurzfristige Vertrauen in die europäische Wirtschaft wie auch das Vertrauen in die unmittelbare Zukunft gestärkt wird.
Darüber hinaus, und als Antwort auf die Äußerung von Herrn Karas, stellt es auch einen wichtigen Meilenstein für die Vollendung der Wirtschafts- und Währungsunion dar, durch den die starke Währungsunion schließlich mit einer wahren und funktionsfähigen Wirtschaftsunion ergänzt wird. Es ist in der Tat allerhöchste Zeit, das „W“ in der WWU mit Leben erfüllen mittels der Schaffung einer wahren und wirksamen Wirtschaftsunion als letztem Schritt bei der Vollendung des Europäischen Aufbauwerks.
Kommissionsmitglied. – (FI) Frau Präsidentin! Ich möchte wegen des Redebeitrags von Herrn Soini noch einige Bemerkungen auf Finnisch machen. Vielleicht hat er jetzt den Weg hierher zurück gefunden, nachdem er die Sitzung vor kurzem verlassen hat. Wir konnten und sollten die Redebeiträge von Herrn Soini mit Humor nehmen, doch da er in der letzten Zeit einige Unterstützung erhalten hat, müssen sie jetzt offenbar auch ernst genommen werden.
Zunächst halte ich es nicht für nützlich oder gar fachlich angemessen, die Griechen in der Weise, wie es Herr Soini getan hat, herabzuwürdigen. Griechenland führt derzeit wichtige, ja geradezu epochemachende Reformen durch, die unseren Respekt und nicht unsere Geringschätzung verdienen.
Ich meine, Herr Soini sollte sich das alte finnische Sprichwort in Erinnerung rufen, das uns lehrt, dass wir uns unsere eigene Lage vergegenwärtigen und dabei die anderen respektieren. Damit kann man viel besser ein friedvolles Europa aufbauen, das auf Zusammenarbeit beruht.
Zweitens halte ich es auch nicht für fachlich angemessen, die Europäische Union mit der Sowjetunion zu vergleichen, wie dies Herr Soini tat. Jemand, der keinen Sinn für Humor hat, kann dies möglicherweise sogar als Beleidigung auffassen. Freiheit, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit waren nicht das Aushängeschild der Sowjetunion, aber sie sind die Grundwerte der Europäischen Union, die die Finnen im Laufe der Geschichte immer verteidigt haben, Herr Soini. Auch sollte man das Auffassungsvermögen der Finnen nicht unterschätzen, nicht einmal das der Anhänger der True Finns Party (Partei „Wahre Finnen“). Die Leute wissen sicherlich, dass die EU nicht die Sowjetunion ist.
(Beifall)
Hannes Swoboda (S&D). - Frau Präsidentin! Ich nehme an, Sie stimmen mit mir überein, dass es eine Unart mancher Kolleginnen und Kollegen ist, Fragen zu stellen und dann wegzugehen. Ich möchte mich beim Kommissar dafür entschuldigen, weil es wirklich unerhört ist, dass Sie ausführliche Antworten geben und einige Kollegen vorher verschwinden. Ich glaube, wir sollten gemeinsam daran arbeiten, dass das in Zukunft nicht mehr oder nicht mehr so oft vorkommt.
Die Präsidentin. − Lieber Herr Swoboda, ich kann das nur voll und ganz unterstreichen. Es zeugt von großer Unhöflichkeit und mangelndem Respekt. Herr De Rossa, ein Punkt zur Geschäftsordnung?
Proinsias De Rossa (S&D). - Frau Präsidentin! Andererseits hat Kommissar Rehn die Fragen, die ich gestellt habe, nicht beantwortet, und ich bin noch hier.
Die Präsidentin. − Das war nur am Rande zur Geschäftsordnung. Herr Rehn, Sie müssen darauf nicht reagieren. Sie dürfen das gern, aber wir sind nicht in einer Fragestunde mit der Kommission. Das Wort im Namen des Rates erhält jetzt Herr Chastel.
Olivier Chastel, amtierender Präsident des Rates. – (FR) Frau Präsidentin, Herr Kommissar, sehr geehrte Mitglieder! Ich persönlich finde, dass die Kommission zu dieser höchst lehrreichen Debatte mit einer Vielzahl von Antworten beigetragen hat, zumal das Parlament in die Antwort auf diese Krise unmittelbar eingebunden ist. In Ergänzung zur Kommission möchte ich zwei Punkte im Zusammenhang mit dem ansprechen, was morgen und übermorgen auf dem Gipfel zur Diskussion steht.
Zuerst möchte ich etwas zur wirtschaftspolitischen Steuerung und der Beteiligung des Europäischen Parlaments sagen. Wie Sie wissen, hat der Ratsvorsitz mit dem Europäischen Parlament, mit den Zuständigen für die Angelegenheit der wirtschaftspolitischen Steuerung im Parlament, bereits Kontakt aufgenommen. Ferner will der Ratsvorsitz die bestmögliche Zusammenarbeit mit diesem Parlament erreichen, insbesondere mittels informeller Konsultation vor Beginn der formalen Phase der Verhandlungen. Angesichts der Bedeutung dieser Angelegenheit und der potenziellen Auswirkungen auf die Märkte hat sich der Ratsvorsitz, wie bereits gesagt wurde, dazu verpflichtet, sie nach dem Wunsch des Europäischen Rates im beschleunigten Verfahren zu behandeln. Darüber hinaus hat der Ratsvorsitz zur Beschleunigung der Arbeiten eine Arbeitsgruppe eingesetzt, die nur mit dieser Sache befasst ist. Diese Gruppe hat ihre Beratungen Ende November aufgenommen, unmittelbar nachdem im Ausschuss für Wirtschaft und Währung das Augenmerk darauf gerichtet worden war.
Zweites Element, mit dem sich unsere Staats- und Regierungschefs morgen und übermorgen vorrangig befassen werden, ist der künftige ständige Krisenmanagementmechanismus. Ich sehe einige Fragen zu diesem Mechanismus, zum Ausmaß der Antwort auf die Krise. Gestern Mittag in Anwesenheit von Präsident Van Rompuy im Rat Allgemeine Angelegenheiten hatten viele von uns noch Fragen, die unbeantwortet waren. Ich kann Ihnen bestätigen, wie sehr die Mitgliedstaaten engagiert sind, diese Krise zu bewältigen, wie bewusst sie sich sind, dass es heute um den gesamteuropäischen Markt und um den Euro und nicht nur um ein einzelnes Land geht. Die Antwort muss umfassend sein, und wir müssen alles dafür tun, um die Unsicherheiten, die den Markt beeinflussen, zu verringern.
Doch sollten wir es meines Erachtens auch vermeiden, Erwartungen zu wecken oder zu schaffen, die zu diesem Zeitpunkt nicht erfüllt werden können. Deshalb brachte jeder bisher seine neuen Ideen dazu ein, wie wir dieser Krise begegnen sollten. Wenn wir wissen, dass wir für alle neuen Ideen die Zustimmung von einer Reihe von Mitgliedstaaten brauchen, dann scheint das heute nicht die bestmögliche Lösung zu sein. Ich muss Ihnen jedoch sagen: Worauf es morgen und übermorgen, am Freitag, beim Abschluss dieses Rates ankommen wird, ist erstens, dass wir den Märkten klar signalisieren können, dass die Mitgliedstaaten bereit sind, heute auf die Finanzkrise, auf die Euro-Krise zu reagieren; zweitens, dass wir die Bereitschaft bekräftigen, einen einfachen Mechanismus für die Vertragsänderung einzurichten. Sie wissen sehr genau, weshalb es ein einfacher Mechanismus sein muss, wegen der Ratifizierungen, die in den verschiedenen Mitgliedstaaten erfolgen müssen; und schließlich, dass wir diesen künftigen ständigen Krisenmanagementmechanismus einrichten, der seinerseits transparent sein muss, weil auch er nicht anfechtbar sein darf, insbesondere vor dem Gerichtshof in Karlsruhe.
Die Präsidentin. − Ich habe einen Entschließungsantrag erhalten(1), der gemäß Artikel 115 Absatz 5 der Geschäftsordnung eingereicht wurde.
Die Aussprache wird geschlossen.
Die Stimmabgabe findet am Donnerstag, den 16. Dezember 2010 statt.
Schriftliche Erklärungen (Artikel 149)
Lidia Joanna Geringer de Oedenberg (S&D) schriftlich. – (PL) Auf dem bevorstehenden Gipfel des Europäischen Rates werden wahrscheinlich Entscheidungen hinsichtlich der Ausgestaltung des permanenten Anti-Krisenmechanismus getroffen, der die finanzielle Stabilität des Euroraums nach dem Jahr 2013 sichern soll. Zudem wird damit begonnen werden, Änderungen an den Gründungsverträgen vorzunehmen. Obwohl ich die Notwendigkeit außergewöhnlicher Maßnahmen als Reaktion auf die Wirtschaftskrise als gegeben sehe, bereitet mir dennoch die Geschwindigkeit der Änderungen und die Art und Weise Sorge, wie einige Mitgliedstaaten versuchen, anderen bestimmte Lösungen aufzuerlegen. Einige der Vorschläge – beispielsweise diejenigen zur Einführung von Eurobonds – werden ohne grundsätzliche Überlegungen abgelehnt. Ich denke, dass Entscheidungen, die für die Europäische Union von Bedeutung sind, trotz dieser Ausnahmesituation in Ruhe und unter Beachtung des Solidaritätsprinzips und der gleichen Rechte aller Mitgliedstaaten getroffen werden sollten. Auch möchte ich mich dem Standpunkt der polnischen Regierung in Bezug auf die Änderungen anschließen, die die Berechnung der Höhe der Staatsverschuldung betreffen. Polen und 10 weitere EU-Mitgliedstaaten haben Reformen ihrer Rentensysteme eingeleitet. Diese Reformen führen derzeit zu einer spürbaren Mehrbelastung der nationalen Haushalte. Für Polen wurde die Einführung von Reformen durch die zunehmende Ineffizienz des alten Systems notwendig, durch das immer höhere Kosten entstanden. Der aktuelle Schuldenstand deutet daher nicht auf mangelnde Vernunft hin, sondern ist die Folge von Änderungen, deren langfristiges Ziel die Senkung der Haushaltsausgaben für Rentenzahlungen darstellt. Ich bin daher zuversichtlich, dass die Vertreter der Mitgliedstaaten den von Polen vorgeschlagenen Änderungen zustimmen werden. Danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Iliana Ivanova (PPE) schriftlich. – Die Einrichtung eines ständigen Krisenmechanismus für die EU zur Stärkung der finanziellen Stabilität stellt einen Schritt in die richtige Richtung dar. In Verbindung mit einer stärkeren und koordinierteren wirtschaftspolitischen Steuerung könnte und würde dieser ständige Krisenmechanismus die Stabilität des Euroraums sicherstellen. Bei der Einrichtung dieses Mechanismus sollte ebenfalls die besondere Situation, die in den neuen Mitgliedstaaten vorherrscht, beachtet werden. Diese Staaten sollten aktiv in die Debatte einbezogen werden und die Möglichkeit zur Teilnahme am Mechanismus erhalten, wenn sie sich dazu bereit erklären. Gleichzeitig sollten die Mitgliedstaaten ihre nationale Steuerpolitik beibehalten. Es ist wichtig, den Steuerwettbewerb als Instrument zur Förderung des Zusammenhalts und des EU-Wirtschaftswachstums zu erhalten. Eine Neuausrichtung der Politik auf eine Steuerharmonisierung oder eine einheitliche konsolidierte Steuerbemessungsgrundlage wird nur die Kluft in der wirtschaftlichen Entwicklung weiter vertiefen und den Zusammenhalt erschweren. Mitgliedstaaten, die durch ihre Defizite und ihre Schuldenlast das Risiko vergrößern, müssten ihren Beitrag zum Kapital des Krisenmechanismus erhöhen. Dies würde zweifelsohne eine strenge Finanzdisziplin begünstigen und den Mehrwert einer angemessenen Wirtschafts- und Finanzpolitik erhöhen.
Astrid Lulling (PPE) schriftlich. – (FR) Obwohl die Ereignisse der vergangenen Monate Sofortmaßnahmen sowie die direkte Umsetzung von Entscheidungen durch die Regierungen erforderten, muss die Einrichtung eines dauerhaften Krisenmechanismus zur Sicherung der finanziellen Stabilität des Euroraums auf unstrittigen Rechtsgrundlagen basieren. Somit ist es offensichtlich, dass ein Einschreiten des Europäischen Parlaments als Mitgesetzgeber erforderlich ist, um die fundamentalen Reformen umzusetzen, die zur Stabilisierung der Wirtschafts- und Währungsunion unabdingbar sind. Eine rein zwischenstaatliche Lösung kann nicht die richtige Antwort sein.
Die Reform der Wirtschafts- und Währungsunion (WWU) stellt eine entscheidende Aufgabe mit bedeutenden Auswirkungen dar. Der Wert, den die Einheitswährung für das europäische Projekt besitzt, ist uns allen bewusst. Dennoch erfordert die derzeitige Instabilität der WWU beherzte und innovative Lösungen.
Vor diesem Hintergrund ist der Rückgriff auf „Eurobonds“ eine Vorgehensweise, die eine Untersuchung und Auseinandersetzung verdient und nicht als völlig ausgeschlossen abgetan werden darf. Dennoch gibt es zum gegenwärtigen Zeitpunkt viele Hürden. Wir müssen uns der Tragweite dieses Instruments auf institutioneller, rechtlicher und finanzieller Ebene bewusst sein, mit dessen Einführung sich das Wesen der Europäischen Union wandeln wird. Denn dieses Instrument würde entgegen den Vorstellungen seiner Befürworter eine noch größere Disziplin und Strenge bedeuten.
Ulrike Rodust (S&D), schriftlich. – Ich möchte der Rat auf ein Problem aufmerksam machen - ein Problem, das in der Fischereipolitik droht, die Zusammenarbeit zwischen unseren beiden Institutionen lahmzulegen. Es geht hier um die Verordnungen für Langzeitmanagementpläne. Diese Verordnungen sind das Herzstück der gemeinsamen Fischereipolitik. Der Rat bzw. eine Mehrheit der Mitgliedsstaaten, akzeptiert nicht, dass durch den Vertrag von Lissabon das Europäische Parlament für diese Verordnungen mitentscheidungsberechtigt ist. Die Minister handeln gegen den Rat des Rechtsdiensts des Rates, gegen die Meinung der Kommission und natürlich gegen den Willen des Europäischen Parlaments. Zwei Managementpläne liegen derzeit im Rat und können nicht verabschiedet werden. Die Kommission kann weitere Pläne, die im Interesse unserer Fischer und unserer Meere dringend erforderlich sind und die längst fertig in der Schublade liegen, nicht vorschlagen. Diese Situation ist inakzeptabel. Ich fordere die belgische Präsidentschaft und die kommende ungarische Präsidentschaft auf, umgehend Verhandlungen mit dem Parlament aufzunehmen, damit wir eine Lösung finden! Wir sind gesprächsbereit! Vielen Dank.
Edward Scicluna (S&D) schriftlich. – Erinnern wir uns daran, dass die Krise der Euro-Währungsgebiets im Wesentlichen eine Staatsschuldenkrise ist, die durch zwei wichtige Ereignisse geprägt und verschärft wurde. Ersteres ist die Rettungsaktion privater Finanzinstitute, in deren Rahmen Privatschulden übernommen und in Staatsschulden umgewandelt werden, und Letzteres die Konjunkturprogramme, die von den Regierungen zur Verlangsamung der wirtschaftlichen Talfahrt aufgelegt werden. Diese beiden Ereignisse lassen wir außer Acht und behandeln alle Länder so, als seien sie eine sorglose, leichtfertige Gruppe, die sich in der mediterranen Sonne aalt. Jeder Mechanismus, der von uns zur Krisenprävention und -bewältigung eingeführt wird, sollte berücksichtigen, dass Länder in normalen Zeiten ihre Pläne zum Abbau von Defiziten und im weiteren Verlauf von Schulden ordnungsgemäß einhalten. Auf Abwege geratene Länder sind nicht die Regel, sondern die Ausnahme. Daher müssen wir unbedingt den Aufsichtsmechanismus ausbauen und praktikable Sanktionen auf den Weg bringen, dürfen aber nicht aus dem Blick verlieren, was wir mittelfristig erreichen möchten: Wachstum und Beschäftigung. Diese Ziele lassen sich nicht durch Sanktionen und auferlegte Sparmaßnahmen verwirklichen. Wachstum und Beschäftigung entstehen, wenn wir wissen, wie es zu Ungleichgewichten kommt und wie diese verringert werden können, und wenn wir gemeinsam an der Realisierung dieser Ziele arbeiten. Das erwarten die Bürgerinnen und Bürger der EU von uns.
Silvia-Adriana Ţicău (S&D) schriftlich. – (RO) Auf der für den 16.-17. Dezember anberaumten Tagung des Europäischen Rates werden die Maßnahmen diskutiert und beschlossen werden, die zur Verstärkung des wirtschaftlichen Pfeilers der Wirtschafts- und Währungsunion und zur Konsolidierung der finanziellen Stabilität der EU vonnöten sind. In diesem Zusammenhang müssen wir auch die erforderlichen Maßnahmen prüfen, mit denen gewährleistet werden kann, dass das europäische Bankensystem in der Lage ist, die europäische Wirtschaft, insbesondere kleine und mittelständische Unternehmen, zu finanzieren.
Die Bürgerinnen und Bürger der Europäischen Union erwarten von den Gemeinschaftsorganen entschiedenere Maßnahmen, die nicht nur auf die Schaffung finanzieller Stabilität, sondern insbesondere auch auf die Rückkehr zu nachhaltigem Wirtschaftswachstum ausgerichtet sind.
Im Jahre 2008 waren 116 Millionen Bürgerinnen und Bürger Europas von Armut und sozialer Ausgrenzung bedroht. Diese Zahl ist aufgrund der Wirtschafts- und Finanzkrise noch größer geworden und betrifft insbesondere die Gruppe der jungen Menschen und der Senioren, die dem Risiko der Armut und sozialer Ausgrenzung am meisten ausgesetzt sind.
Das Hauptanliegen der Bürgerinnen und Bürger Europas ist nach wie vor die Sorge um den eigenen Arbeitsplatz und die Sicherstellung eines menschenwürdigen Lebens. Die Wirtschafts- und Finanzkrise hatte weit reichende Auswirkungen auf die nationalen Haushaltsetats und führte zu einer Verschlechterung der Bildungs-, Gesundheits- und der sozialen Sicherungssysteme. Es ist an der Zeit, dass die EU die notwendigen Maßnahmen beschließt, die erforderlich sind, um ein nachhaltiges Wirtschaftswachstum durch Investitionen in eine arbeitsplatzschaffende und wettbewerbssichernde Industriepolitik und durch ausreichende Investitionen in Forschung, Bildung und Gesundheit zu sichern.
Die Präsidentin. − Der nächste Punkt ist der Bericht von Zita Gurmai und Alain Lamassoure im Namen des Ausschusses für konstitutionelle Fragen über den Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über die Bürgerinitiative (KOM(2010)0119 – C7-0089/2010 – 2010/0074(COD)) (A70350/2010).
Zita Gurmai, Berichterstatterin. − Frau Präsidentin! Die Europäische Bürgerinitiative ist eine einzigartige Chance. Zum ersten Mal haben europäische Bürgerinnen und Bürger die Möglichkeit, gemeinsam mit einer starken Stimme zu sprechen und uns zu sagen, ob wir – die europäischen Entscheidungsträger – ihrer Meinung nach unsere Aufgaben nicht ordentlich erfüllen oder ob bestimmte wichtige Themen zu kurz kommen.
So etwas brauchen wir dringend. In einer Zeit, in der gerade einmal 42 % der Menschen, die ein Stimmrecht bei den Europawahlen besitzen, sich überhaupt die Zeit nehmen, zur Wahl zu gehen, ist jedes neue europäische Instrument – besonders ein Instrument wie die EBI – von zentraler Bedeutung. Wir sind uns jedoch auch darüber im Klaren, dass die hohen Erwartungen, die mit der EBI verbunden sind, auch zu Enttäuschung und Frustration führen können. Dies können wir durch eine Verordnung vermeiden, die dafür sorgt, dass die EBI sicher und effizient eingesetzt und der berühmte Graben zwischen uns und den europäischen Bürgerinnen und Bürgern überwunden wird. Ich möchte an dieser Stelle auch die Bürgerinnen und Bürger willkommen heißen.
Herr Lamassoure, Frau Wallis, Herr Häfner und ich selbst waren uns alle der enormen Verantwortung bewusst, die auf unseren Schultern lastete. Während der Diskussionen wurde eine Vielzahl von Punkten angesprochen, und wir mussten uns bei unserer Arbeit auf die hohe Kompromissbereitschaft aller verlassen. Glücklicherweise hatten wir gute Partner, die ein vernünftiges Maß an Flexibilität zeigten und dasselbe Ziel wie die Berichterstatter des Parlaments verfolgten, nämlich so bald wie möglich eine Einigung zu erzielen und dabei die Qualität unserer Arbeit beizubehalten sowie sicherzustellen, dass wir ein Jahr nach dem Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon eine Verordnung haben werden, die sich auf das Element des Vertrages bezieht, das am meisten für die Bürgernähe steht.
Ich möchte dem Kommissar Herrn Šefčovič sowie dem belgischen Ratsvorsitz, insbesondere Herrn Chastel, und ihren Teams meinen Dank aussprechen. Unser Dank gilt außerdem dem spanischen Ratsvorsitz, der bereits ganz am Anfang des Prozesses dazu beigetragen hat, dieses Dossier voranzubringen.
Wir stellen Ihnen heute einen Kompromisstext vor, der von der Kommission unterstützt wird und auch vom Ausschuss der Ständigen Vertreter (AStV) angenommen wurde. Falls dieser Text unsere Unterstützung erhält und vom Rat gebilligt wird – was wir hoffen –, kann die Verordnung am 1. Januar in Kraft treten und 12 Monate später, also ab 2012, angewendet werden.
Wir sind erfreut, dass die zentralen Forderungen des Parlaments in den Debatten angenommen worden sind. Die Zulässigkeitsprüfung für eine Initiative wird auf klaren Kriterien basieren und zum Zeitpunkt der Registrierung erfolgen, und nicht erst, nachdem bereits viele Unterschriften gesammelt worden sind. Um sicherzustellen, dass die Initiativen fundiert sind und eine europäische Dimension haben, sollte zur Registrierung einer Initiative ein Bürgerausschuss bestehend aus mindestens sieben Personen aus sieben Mitgliedstaaten geschaffen werden.
Neben der Verringerung des Risikos unseriöser Initiativen bietet der Bürgerausschuss auch unbestreitbare Vorteile für die Organisatoren. Wenn die Initiatoren einer EBI zu Beginn des Prozesses schlecht organisiert sind, können sie auf ein Netzwerk zurückgreifen, und ihre Initiative liegt in vielen verschiedenen Sprachfassungen vor. Dadurch hätten sie bedeutend weniger Schwierigkeiten, eine Million Unterschriften zu sammeln.
Es ist klar, dass die Notwendigkeit eines Bürgerausschusses zwar zunächst wie eine Einschränkung erscheinen mag, sie jedoch in Wirklichkeit die restliche Prozedur vereinfachen wird. Die Kommission wird die Organisatoren einer Initiative unterstützen, indem sie ihnen einen benutzerfreundlichen Leitfaden zur Verfügung stellt sowie eine Kontaktstelle einrichtet. Wenn es gelingt, für eine Initiative eine Million Unterschriften zu sammeln, wird garantiert, dass angemessene Folgemaßnahmen eingeleitet werden, darunter eine öffentliche Anhörung im Parlament.
Die Überarbeitung der Verordnung ist von zentraler Bedeutung, da es sich bei diesem Instrument um das erste seiner Art handelt. Gemäß unseren Vorschlägen ist dies außerordentlich hilfreich angesichts des schwierigen Problems der Verifizierung der Unterschriften. Deren Durchführung obliegt den Mitgliedstaaten, aber wir haben sie dazu aufgefordert, so wenig personenbezogene Informationen wie möglich zu fordern. Die Mitgliedstaaten werden bei der Wahl der für ihr Land erforderlichen Informationen in gewisser Weise flexibel sein, aber erfreulicherweise werden viele von ihnen weniger Daten verlangen, als ursprünglich geplant war. Wir sind der Meinung, dass die Verordnung in diesem Kompromisstext bürgerfreundlich ist und keine belastenden Verpflichtungen für die Organisatoren schafft, die Anlass zu Enttäuschung geben.
Alain Lamassoure, Berichterstatter. – (FR) Frau Präsidentin! Die Europäische Union öffnet sich heute für eine partizipatorische Demokratie. Es handelt sich noch nicht um direkte Demokratie – die Bürgerinnen und Bürger werden nicht selbst die Entscheidungen treffen –, allerdings bekommen sie das Recht, sich direkt, öffentlich, in großer Zahl und ohne den Umweg über ihre Regierung oder ihre gewählten Vertreter an diejenigen, die in Europa die Entscheidungen treffen, zu wenden.
Von nun an werden die Bürgerinnen und Bürger die gleichen politischen Initiativbefugnisse haben, wie sie der Ministerrat und das Europäische Parlament genießen. Wie Frau Gurmai bereits erwähnt hat, waren die ausgezeichnete Vorarbeit von Kommissar Šefčovič und seinen Teams sowie die intelligente und effiziente Unterstützung durch den belgischen Ratsvorsitz überaus hilfreich für uns.
Was das Parlament betrifft, so ist dieser Text das Ergebnis der Arbeit von vier Berichterstattern, eine „Viererbande“, zu der auch Sie, Frau Präsidentin, gehörten. Ihre Anwesenheit heute ehrt uns sehr.
Unser Ziel war es, ein möglichst einfaches und bürgerfreundliches Verfahren für die Bevölkerung zu schaffen. Wer könnte sich beteiligen? Bürger, natürliche Personen also, und zwar alle Bürger, möglicherweise auch gewählte Vertreter, allerdings nur europäische Staatsbürger. Der Vertrag lässt diesbezüglich keinerlei Zweifel.
Das Recht, sich an Bürgerinitiativen zu beteiligen, gehört nun zu den Privilegien, die die Bürgerinnen und Bürger überall in Europa genießen. Wer könnte eine Initiative auf den Weg bringen? Dafür braucht es nur sieben Unionsbürger in einem Organisationskomitee, und nicht 300 000, wie von der Kommission vorgeschlagen, und auch nicht 100 000, wie es der Rat vorgesehen hatte, sondern sieben Unionsbürger aus sieben unterschiedlichen Ländern, einem Viertel der Mitgliedstaaten.
An wen soll man sich zwecks Informationen wenden, wenn man beabsichtigt, eine Initiative einzuleiten? Die Kommission selbst wird einen Leitfaden für Bürgerinitiativen erstellen sowie eine spezialisierte Kontaktstelle einrichten. Wie läuft das Verfahren ab? Außerordentlich einfach: Es genügt ein einziger Antrag, um die Initiative zu registrieren und ihre Zulässigkeit prüfen zu lassen. Die Kriterien für die Zulässigkeit? Der Vertrag, der Vertrag in seiner Gesamtheit, und nichts anderes als der Vertrag, einschließlich der Charta der Grundrechte. Welche Unterstützung kann man für eine Initiative in Anspruch nehmen? Jegliche Art der Unterstützung: politische, finanzielle, lokale, nationale, europäische und internationale Unterstützung sowie Unterstützung durch Lobbygruppen, Nichtregierungsorganisationen, Kirchen usw.
Es gibt nur eine Bedingung: vollkommene Transparenz. Die potenziellen Unterzeichner müssen wissen, was hinter der Initiative steckt. Es liegt also an den Bürgerinnen und Bürgern, ihrer Verantwortung nachzukommen. Welche Formalitäten gelten für das Sammeln von Unterschriften? Auch das ist vollkommen simpel: Es gelten Unterschriften sowohl in Papierform als auch über das Internet. Natürlich können diese nur von den Mitgliedstaaten kontrolliert werden, allerdings – wie Frau Gurmai erwähnt hat – haben wir mit Sorgfalt darauf geachtet, dass die Verfahren weitestgehend harmonisiert sind.
Langfristig gilt es, ein wirklich einheitliches europäisches System in allen 27 Mitgliedstaaten einzurichten, und ein Drittel der Mitgliedstaaten ist dafür schon bereit.
Wozu wird das Ganze politisch schließlich führen? Dies ist ein Punkt, der für das Parlament besonders wichtig war. Denn laut Vertrag kann ausschließlich die Kommission darüber entscheiden, ob nach einer erfolgreichen Initiative legislative Folgemaßnahmen eingeleitet werden oder nicht. Daher muss die Kommission in einer Zeit, in der die Union ohnehin schon zu viel reglementiert, vor einem politischen Druck geschützt werden, noch mehr Rechtsvorschriften zu erlassen. Gleichzeitig müssen die Bürgerinnen und Bürger aber auch vor dem Risiko geschützt werden, dass es in Fällen, in denen die Kommission zusätzliche Rechtsvorschriften für unangemessen erachtet, keinerlei politische Folgemaßnahmen gibt. Daher wurden den Initiatoren erfolgreicher Initiativen zwei neue Rechte gewährt: das Recht, von der Kommission empfangen zu werden, um ihr Anliegen vorzubringen, sowie das Recht auf eine öffentliche Anhörung, die auch vor dem Europäischen Parlament selbst stattfinden kann.
Kurz gesagt: Wir haben hier ein einfaches, innovatives und demokratisches Verfahren. Nun liegt es an den Bürgerinnen und Bürgern, die Initiative zu ergreifen.
(Beifall)
Gerald Häfner, Verfasser der Stellungnahme des mitberatenden Petitionsausschusses. − Frau Präsidentin! Europäische Politik darf – wie alle Politik – nicht Politik ohne die Bürger sein oder Politik über ihre Köpfe hinweg oder hinter ihrem Rücken, sondern wie alle Politik muss auch europäische Politik Politik von den Bürgern, für die Bürger und durch die Bürger sein. Wir wollen den Graben zwischen Bürgern und Politik, zwischen Bürgern und Institutionen zuschütten. Dafür braucht man Verfahren, wie die Bürger sich dort, wo die Entscheidungen fallen, einmischen und zu Wort melden können. Wir haben vieles erreicht an mehr Demokratie in der Europäischen Union, aber wir haben bisher zu wenig getan, um die Bürger selbst stärker an Entscheidungen und an europäischen Debatten zu beteiligen. Das tun wir mit der heutigen Entscheidung, mit der Einführung der Europäischen Bürgerinitiative. Wir haben hart verhandelt, und wir haben viele substanzielle Verbesserungen erreicht.
Wenn Sie den Text, der uns heute hier zur Abstimmung vorliegt, liebe Kolleginnen und Kollegen, in die Hand nehmen, dann werden Sie sehen: Überall dort, wo er fettgedruckt ist – darauf hat Kollege Lamassoure auch neulich schon hingewiesen – ersetzt der von uns vorgeschlagene Text das Verhandlungsergebnis, den ursprünglichen Entwurf der Kommission. Sie werden feststellen, zu zwei Dritteln haben wir den Text neu geschrieben, und das, was die Kommission mit viel Eifer bereits vorgelegt hatte, noch einmal deutlich verbessert. Ich will nur die allerwichtigsten Punkte nennen: Wir haben die Hürden deutlich abgesenkt. Insbesondere wird es nun nur noch nötig sein, die Unterschriften mindestens in einem Viertel der Mitgliedstaaten und nicht in einem Drittel zu sammeln. Natürlich wünschen wir uns, dass sie europaweit gesammelt werden, aber hier geht es um Mindesthürden. Wir haben vor allen Dingen diese von Anfang an extrem verunglückte Hürde, nach 300 000 Unterschriften erst eine Zulässigkeitsprüfung zu veranstalten, bevor die Bürger weitersammeln können, beinahe ersatzlos gestrichen. Beinahe ersatzlos heißt, wir haben die Idee eingebracht, zu Beginn ein Komitee von Initiatoren einzuschalten, das dafür sorgt, dass nicht jede Mail, die die Kommission erreicht und die Überschrift Bürgerinitiative trägt, bereits den vollen Verwaltungsaufwand erfordert, sondern dass ein Mindestmaß an Seriosität gewährleistet ist, das heißt, wer eine Million Unterschriften sammeln will, der muss es vorher schaffen, mindestens sieben Länder unter seinem Vorschlag zusammenzubringen.
Wir haben für mehr Transparenz gesorgt und für verbindliche Hearings am Ende. Diese Hearings werden im Europäischen Parlament und vor Parlament und Kommission stattfinden. Da werden Bürgerinnen und Bürger die Gelegenheit haben, ihre Anliegen zu erläutern. Das ist ein großer Schritt nach vorn, und wir haben dabei nicht für uns gekämpft, sondern – das sollten wir nie vergessen – für die Bürgerinnen und Bürger in Europa, für ihre Rechte und für eine wirkungsvollere und einfachere Bürgerbeteiligung in Europa.
Wir haben dabei auch einiges nicht erreicht. Manches davon findet sich jetzt in den Anträgen der Linken wieder. Allerdings sind die Verhandlungen gelaufen. Wir haben uns mit Rat und Kommission geeinigt. Wir haben an einigen Stellen nachgeben müssen, aber auch die andere Seite hat sich enorm bewegt, und wir wissen, dass Änderungsanträge jetzt mehr Schein als Sein sind, das heißt, es gibt keine Möglichkeit, dieses Ergebnis jetzt noch zu verändern. Diese Möglichkeit werden wir bei der Revision in drei Jahren haben.
Ich bedanke mich ausdrücklich bei allen Beteiligten, Mitarbeitern, Sekretariaten, bei den Ko-Berichterstattern, bei der Kommission und beim Rat für die hervorragende Zusammenarbeit und glaube, dass diese Form der Zusammenarbeit über Ausschuss- und Fraktionsgrenzen hinweg ein Modell für die Zukunft sein kann. Insgesamt wünsche ich mir ein Europa der Bürger, in dem die Bürger begreifen, dass sie Europa sind, und sich aktiver als bisher einmischen.
Die Präsidentin. − Ich möchte nur noch anmerken, dass ich es als großes Privileg empfunden habe, Mitglied eines Teams zu sein, das im Namen der europäischen Bürgerinnen und Bürger ein wirklich eindrucksvolles Stück Arbeit geleistet hat.
Olivier Chastel, amtierender Präsident des Rates. – (FR) Frau Präsidentin, Herr Kommissar, sehr geehrte Abgeordnete und insbesondere liebe Berichterstatter! Eines der wichtigsten Versprechen des Vertrags von Lissabon war, Europa seinen Bürgern näher zu bringen.
Ich denke, es ist nicht nötig, an dieser Stelle die Beispiele anzuführen, die uns vor und nach der Unterzeichnung des Vertrages gezeigt haben, wie wichtig eine solche Annäherung ist. Kein Wunder also, dass jegliche Maßnahmen, die dazu beitragen, die Bürgerinnen und Bürger für die europäische Integration zu interessieren und sie in diesen Prozess einzubeziehen, für alle Institutionen, einschließlich des Rates, hohe Priorität haben.
Daher ist es mir ein ganz besonderes Anliegen, mit Ihnen über die Verordnung zur Umsetzung der Bürgerinitiative zu sprechen, dieser herausragenden Innovation des Vertrages von Lissabon für eine bessere Einbindung der Bürgerinnen und Bürger in Entscheidungen auf europäischer Ebene.
Diese Verordnung war selbstverständlich eine der Prioritäten des belgischen Ratsvorsitzes, da diese Bürgerinitiative vielleicht am besten die neue Rolle des Bürgers in der Union in der Zeit nach Lissabon symbolisiert. Mithilfe einer Bürgerinitiative werden – wie die Berichterstatter bereits erwähnten – eine Million europäische Bürger die Möglichkeit haben, der Kommission einen Gesetzgebungsvorschlag zu unterbreiten; und die Kommission ist verpflichtet, diesen zu prüfen und dazu Stellung zu beziehen.
Wir sollten einen Augenblick innehalten und diese Neuerung würdigen, die wir heute annehmen und die – wie Herr Lamassoure gesagt hat – nur das erste Element einer partizipatorischen Demokratie auf supernationaler Ebene darstellt. Sie ist damit nicht nur auf europäischer Ebene, sondern weltweit die erste ihrer Art.
Lassen Sie uns zu dem legislativen Thema zurückkehren, über das wir heute debattieren. Ich freue mich über den Kompromiss, der im Laufe der Verhandlungen zwischen den drei Institutionen erzielt wurde. Und natürlich begrüße ich auch die Kooperationsbereitschaft sowie den Willen zum Kompromiss, den die drei Institutionen während des gesamten Verhandlungsprozesses an den Tag legten.
Und natürlich möchte ich den Berichterstattern des Ausschusses für konstitutionelle Fragen (AFCO) sowie des Petitionsausschusses (PETI), Frau Gurmai selbstverständlich, Herrn Lamassoure, Frau Wallis und Herrn Häfner persönlich für ihre Mühen und ihre konstruktiven Beiträge zur Erarbeitung dieser Verordnung danken.
Daher freue ich mich ganz besonders über das Ergebnis der Abstimmung im AFCO-Ausschuss vom Montag, bei welcher der von den Institutionen angenommene Text bestätigt wurde. Wenn in der nun anstehenden Abstimmung dieser vom AFCO-Ausschuss ratifizierte Text ebenfalls verabschiedet wird, können wir diese Einigung in erster Lesung als ein Beispiel für rasche und effiziente Gesetzgebung auf europäischer Ebene betrachten. Und auf keinen Fall dürfen wir vergessen, unser Lob an dieser Stelle auch Herrn Kommissar Šefčovič für seine Bereitschaft und antizipative Haltung auszusprechen.
Kurzum, ich glaube, dass wir bei diesem Thema alle von den zahlreichen Standpunkten profitiert haben, die am Verhandlungstisch geäußert wurden. Der europäische Bürger geht als Sieger aus diesem Trilog und dieser Einigung hervor.
Ich bin überzeugt, dass der zwischen den Institutionen erzielte Kompromiss gut ist, nicht nur deshalb, weil jede Institution – wie soeben erwähnt – durchsetzen konnte, was ihr besonders wichtig war, sondern auch, weil er zu einer guten Verordnung führen wird, die eine flexible und effiziente Durchführung von Bürgerinitiativen gewährleistet.
Im Namen des Rates begrüße ich die Bereitschaft der anderen beiden Institutionen, die Bedürfnisse und Zwänge der Mitgliedstaaten zu berücksichtigen, die sich bei der Erfüllung der ihnen übertragenen Aufgabe ergeben. Diese besteht darin, die Unterschriften zu kontrollieren, die natürlich echt sein müssen, sowie sicherzustellen, dass es bei deren Sammlung zu keinerlei Betrug oder Manipulation kommt.
Darüber hinaus war es wichtig, den Mitgliedstaaten ausreichend Zeit zu geben, die nationalen gesetzlichen Maßnahmen zu verabschieden, die für die Anwendung der Verordnung notwendig sind. Ich verstehe natürlich, dass dem Parlament viel an einer schnellstmöglichen Umsetzung der Bürgerinitiative gelegen ist, und mir ist das auch wichtig. Andererseits bedarf es natürlich nationaler Maßnahmen, damit sich diese Initiative richtig entwickeln kann, und daher muss für deren Annahme entsprechend dem derzeitigen Rechtsrahmen ausreichend Zeit zur Verfügung stehen.
Tatsächlich war der Rat schon immer der Meinung, dass die Bürgerinitiative – als Element der Teilnahme der Bürger an europäischen Entscheidungen – mit einem anderen Element einhergehen muss, nämlich den Wahlen des Europäischen Parlaments.
Abschließend und zusammenfassend möchte ich sagen, dass ich mich sehr über den in den Verhandlungen erzielten Kompromiss freue. Ich kann Ihnen nur ans Herz legen, ihn in der heutigen Abstimmung anzunehmen, und ich wünsche der Bürgerinitiative all den Erfolg, den man ihr vorausgesagt hat. Ich stelle fest, dass die ersten Initiativen bereits in der Vorbereitungsphase sind, und ich hoffe, dass eine große Zahl an Initiativen dem Prozess der europäischen Integration neue Impulse und Ideen geben wird.
Ich möchte Ihnen allen noch einmal herzlich für Ihre Mitarbeit an diesem Thema danken.
(Beifall)
Die Präsidentin. − Ich danke Ihnen vielmals, dass Sie während des Vorsitzes eine Führungsrolle übernommen haben, um dieses Anliegen durchzusetzen.
Maroš Šefčovič, Vizepräsident der Kommission. − Frau Präsidentin! Auch ich freue mich außerordentlich, dass ich heute Morgen hier bei Ihnen sein darf, denn wir haben zusammen sehr gute Arbeit geleistet. Gerade einmal ein Jahr nach dem Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon führen wir eine Diskussion über die baldige Annahme der Verordnung zur Bürgerinitiative. Wie Herr Lamassoure sagte, werden wir eine vollkommen neue Ebene der partizipativen Demokratie schaffen, die unser Modell der repräsentativen Demokratie in der Europäischen Union ergänzen wird.
Aber zum ersten Mal bieten wir den Bürgerinnen und Bürgern einen innovativen Weg, um ihre Wünsche zu äußern, mit den Institutionen zu interagieren und die Agenda der Europäischen Union mitzugestalten. Ich halte dies auch für ein sehr wichtiges Mittel zu einer Erweiterung des europäischen Raums. Ein sehr wichtiges Mittel, um mehr europäische Themen in die nationalen Hauptstädte zu tragen und europaweite Debatten zu führen. Wir alle wissen, dass die Europäische Union dies dringend benötigt.
Um die möglichen Vorteile, die uns der Vertrag von Lissabon und die Bürgerinitiative bringen können, zu nutzen, müssen wir ein klares Verfahren festlegen. Aus den öffentlichen Anhörungen und den Anhörungen mit dem Europäischen Parlament ging eindeutig hervor, dass wir ein einfaches, verständliches, benutzerfreundliches und ausgewogenes Verfahren benötigen. Und ich denke, dieses Ziel haben wir auch erreicht, gerade auch dank der tiefgreifenden Diskussionen, die wir geführt haben – sehr häufig auch hier im Europäischen Parlament. Ich möchte Ihnen allen für die vielen Anhörungen danken, die Sie durchgeführt haben, nicht nur im Ausschuss für konstitutionelle Fragen (AFCO) und im Petitionsausschuss (PETI), sondern auch in den meisten politischen Fraktionen, denn diese Anhörungen waren für uns alle außerordentlich wichtig. Ich kann Ihnen versichern, dass diese eine sehr wichtige Inspirationsquelle waren und neue kreative Ideen geliefert haben, sodass wir den ursprünglichen Vorschlag der Kommission verbessern konnten.
Außerdem schätze ich, auf welch innovative Art und Weise sich das Europäische Parlament mit dieser Initiative befasst hat. Es gab vier Berichterstatter aus zwei verschiedenen Ausschüssen. Alain Lamassoure nannte sie die „Viererbande“. Ich muss sagen, das war wirklich eine tolle „Bande“. Es war ein Vergnügen, mit Ihnen allen zusammenzuarbeiten. Es war mir eine Freude, bei unseren gemeinsamen Überlegungen Ihre neuen kreativen Beiträge zu hören, denn jeder von Ihnen ging das Thema aus einem anderen Blickwinkel an und brachte seine eigenen Erfahrungen mit ein, um den ursprünglichen Vorschlag der Kommission zu verbessern. Ich schätze das wirklich sehr.
Dank dieser neuen innovativen Herangehensweise konnten wir auch einen breiten Konsens innerhalb des Europäischen Parlaments erzielen. Besonders freue ich mich über die eindeutige Abstimmung im AFCO-Ausschuss.
Eine der wichtigen Ideen vonseiten der Berichterstatter war die Frage nach der Art der Folgemaßnahmen, die wir im Anschluss an eine Bürgerinitiative ergreifen sollten. Ich glaube, die Idee, dass ein Vertreter der Kommission auf entsprechend hoher Ebene die Organisatoren einer erfolgreich abgeschlossenen Initiative empfangen sollte, kam vom Europäischen Parlament. Auch die Idee, Anhörungen als obligatorischen Teil des Verfahrens durchzuführen, um die Ziele der Initiative in einem breiteren Rahmen zu diskutieren, kam aus diesem Hause.
Wir sind wirklich sehr erfreut und zufrieden, dass diese öffentlichen Anhörungen auf neutralem Boden – nämlich hier im Parlament – stattfinden werden, denn dadurch wird sichergestellt, dass sich die Kommission nicht in der unangenehmen Situation befinden wird, Richter und Jury gleichzeitig zu sein. Die Kommission wird bei diesen Anhörungen durch einen angemessen hohen Repräsentanten vertreten sein – wenn möglich durch den Kommissar oder den jeweils zuständigen Generaldirektor – und die Debatte aufmerksam mitverfolgen.
Ich möchte Ihnen und damit allen europäischen Bürgerinnen und Bürgern versichern, dass wir uns in der Kommission vollkommen darüber bewusst sind, wie wichtig und wertvoll ein Vorschlag ist, der von einer Million Bürgerinnen und Bürgern unterstützt wird. Wir werden ihn mit Respekt und viel Sorgfalt behandeln.
Das Einzige, was ich bei dieser Debatte bedauere, ist, dass wir uns noch ein wenig gedulden müssen, bis die Bürgerinitiative in vollem Umfang genutzt werden kann. Aber wir müssen uns auch darüber im Klaren sein, dass wir, wenn wir unseren Bürgerinnen und Bürgern bessere Dienstleistungen anbieten wollen, einige interne Regelungen in den Mitgliedstaaten ändern und die Software für das Online-Sammelsystem entwickeln müssen. Ich bin mir jedoch sicher, dass wir dies innerhalb der festgelegten Frist schaffen werden und die europäischen Bürgerinnen und Bürger diese Initiative so bald wie möglich nutzen können.
Daher freut es mich sehr, dass wir eine Einigung in der ersten Lesung anstreben, da somit die Bürgerinnen und Bürger dieses neue Instrument sehr viel schneller als ursprünglich erwartet nutzen können.
Ich möchte Ihnen allen noch einmal danken für die hervorragende Zusammenarbeit mit allen Berichterstattern, mit Frau Gurmai, mit unserer Präsidentin Frau Wallis, mit Herrn Häfner und Herrn Lamassoure. Wie ich bereits sagte, haben sie alle neue und sehr wichtige Ideen mit eingebracht, um diesen Vorschlag gegenüber dem ursprünglichen Vorschlag der Kommission zu verbessern.
Außerdem möchte ich persönlich Herrn Olivier Chastel danken, der seine hervorragende Fähigkeit zur Konsensbildung unter Beweis gestellt hat. Ich weiß, wie schwierig es war im Rat und wie viele unterschiedliche Meinungen er in Einklang bringen musste; aber dank seiner Bemühungen und dank der hervorragenden Arbeit des belgischen Ratsvorsitzes haben wir nun auch im Rat einen breiten Konsens erzielt.
Róża Gräfin von Thun und Hohenstein, Verfasserin der Stellungnahme des Ausschusses für Kultur und Bildung. – (PL) Frau Präsidentin! Ich möchte den Berichterstattern für die Erstellung dieses Berichtes, der heute zur Abstimmung steht, meinen aufrichtigen Dank aussprechen. Ich hoffe, dass wir heute diesen Mechanismus den Bürgerinnen und Bürgern an die Hand geben können und dass die Kommission ihn weiterentwickeln wird. Ich bin natürlich derselben Meinung. Er wurde so einfach wie möglich gestaltet. Das, worüber wir heute abstimmen werden, ist das Ergebnis eines – manchmal schwierigen – Kompromisses, und ich bin mir darüber bewusst, dass das, was Herr Lamassoure und die anderen Berichterstatter in unserem Namen erreicht haben, ein realistisches und umsetzbares Ergebnis ist. Ich persönlich bedauere, dass die Bestimmung, 16-Jährigen das Recht zur Unterzeichnung einer Initiative zu gewähren, aufgegeben werden musste. Dennoch werde ich den Text in seiner vorliegenden Form unterstützen, da ich überzeugt bin, dass es keine weitere Verzögerung geben darf und die Initiative nun den Bürgerinnen und Bürgern an die Hand gegeben werden sollte.
Ich denke, dass wir heute mit der Schaffung dieses neuen Teils des Systems an etwas arbeiten, das Bronisław Geremek bis zuletzt in diesem Hause oft wiederholt hat: Europa ist vereint, nun ist es an der Zeit, dass die Europäer aktiv werden. Heute unternehmen wir einen konstruktiven Schritt in diese Richtung. Wir schreiben hier nicht die Bibel neu. In drei Jahren kann man die heute vorgeschlagenen Verfahren noch einmal überprüfen und verbessern, unter der Bedingung, dass sie auch genutzt werden, wozu ich die Bürgerinnen und Bürger nachdrücklich ermutigen möchte.
Kinga Göncz, Verfasserin der Stellungnahme des Ausschusses für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres. − (HU) Frau Präsidentin! Als eine Vertreterin des LIBE-Ausschusses möchte auch ich den Berichterstattern gratulieren. Außerdem danke ich der Kommission für ihre Arbeit sowie Herrn Šefčovič und Herrn Chastel für ihre Arbeit im Rat; sie haben erheblich dazu beigetragen, einen soliden und tragfähigen Text zu erstellen, der wirklich einen Schritt in Richtung Vereinfachung darstellt und der – wie ich meine – breite Unterstützung finden wird. Es gab intensive Diskussionen, und eine Vielzahl guter Vorschläge wurde unterbreitet. Die große Anzahl an guten Vorschlägen bedeutete jedoch auch, dass diese miteinander in Einklang gebracht werden mussten, um den endgültigen Vorschlag so benutzerfreundlich wie möglich zu gestalten. Das Sammeln von einer Million Unterschriften ist eine beachtliche Leistung und erfordert einen großen Arbeitsaufwand. Wir möchten auch diejenigen erreichen, die ihren Beitrag nicht online leisten können, sondern ihre Meinung lieber in Papierform äußern möchten. Wir würden sehr gerne Feedback erhalten, und wir würden gerne alle Probleme, die während des Verfahrens auftreten, so früh wie möglich lösen. Europa wird mit Sicherheit in hohem Maße von diesem Instrument profitieren.
Cecilia Wikström, Verfasserin der Stellungnahme des Ausschusses für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres. – (SV) Frau Präsidentin! Bevor der Entschluss gefasst wurde, den Vertrag von Lissabon anzunehmen, betonten die Politiker stets die Möglichkeiten, die Bürgerinitiativen mit sich bringen würden. Wir müssen dafür sorgen, dass daraus nun eine wirkungsvolle Reform der Demokratie wird und kein Papiertiger.
Ich war die Verfasserin der Stellungnahme des Ausschusses für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres, und gerne habe ich Vorschläge gemacht, die die Dinge für die Bürger erleichtern würden. Beispielsweise wollten wir junge Menschen mit einbeziehen, daher haben wir ein Mindestalter von 16 Jahren für das Einreichen einer Initiative vorgeschlagen. Beschlossen wurde ein Mindestalter von 18 Jahren, was ich zwar bedauere, aber immerhin handelt es sich dabei immer noch um junge Leute. Auch wollten wir den Zeitrahmen auf 24 Monate ausweiten. Nun wurden daraus 12 Monate. Aber dennoch freue ich mich, dass wir einen Kompromiss haben, weil ich im Grunde ein sehr positiver Mensch bin.
Andererseits müssen wir auch sehen, dass diejenigen, die eine Initiative einreichen, sehr viel Arbeit leisten müssen, aber ich hoffe, dass wir die Herausforderung annehmen und dafür sorgen, dass Bürgerinitiativen mit Respekt und in einem konstruktiven und positiven Sinne in den Institutionen der EU entgegengenommen werden.
Schließlich möchte ich all meinen Kolleginnen und Kollegen für ihre ausgezeichnete Zusammenarbeit bei dieser wichtigen Initiative danken.
Íñigo Méndez de Vigo, im Namen der PPE-Fraktion. – (ES) Frau Präsidentin! Die Fraktion der Europäischen Volkspartei (Christdemokraten) wird mit Begeisterung für diesen Bericht stimmen. Und ich möchte den Berichterstattern, der Kommission sowie dem Rat zu dieser Einigung gratulieren.
Meine Damen und Herren, in den 80er-Jahren prägten wir den Begriff des „Demokratiedefizits“. Damit meinten wir die Tatsache, dass Entscheidungen in der Europäischen Union ausschließlich vom Ministerrat auf der Grundlage von Vorschlägen der Kommission getroffen wurden, das Parlament wurde lediglich angehört.
Das Parlament kämpft seit den 80er-Jahren – durch die Verträge von Maastricht, Amsterdam und Nizza, den Verfassungsvertrag und den Vertrag von Lissabon –, um dieses Demokratiedefizit zu überwinden. Und ich glaube, dass wir mit dem Vertrag von Lissabon, der neue Befugnisse für das Parlament und die Beteiligung der nationalen Parlamente vorsieht, dieses Ziel erreicht haben.
Und diesen Erfolg runden wir heute mit der Bürgerinitiative ab, die im Rahmen der Arbeit des Konvents aus der soliden Zusammenarbeit zwischen den nationalen Parlamenten und dem Europäischen Parlament hervorging. An dieser Stelle möchte ich an folgende Namen erinnern: Jürgen Meyer, unser sozialdemokratischer Kollege aus Deutschland, und Alain Lamassoure, die dafür sorgten, dass diese Initiative in der Plenarsitzung erörtert und auch angenommen wurde.
Und daher, Frau Präsidentin, glaube ich, dass wir den Kreis schließen konnten. Ich glaube, dass wir, wenn wir diese Initiative annehmen, heute das Todesurteil für das Phänomen des „Demokratiedefizits“ besiegeln können.
Wir müssen jetzt verantwortungsbewusst handeln, meine Damen und Herren, und dazu haben wir heute auch die Gelegenheit. Durch die Verabschiedung des EU-Haushalts werden wir die Rolle wahrnehmen, die man von uns erwartet: die Rolle eines verantwortungsbewussten Parlaments mit Mitentscheidungsbefugnissen.
Meine Damen und Herren, ich glaube, dies ist ein guter Tag für Europa.
Enrique Guerrero Salom, im Namen der S&D-Fraktion. – (ES) Frau Präsidentin! „Democracy: The Unfinished Journey“ – das ist der Titel eines Buches eines anerkannten Analysten, der theoretische und praktische Veränderungen untersucht, die zeitgenössische Demokratien durchlaufen.
In der Tat befinden wir uns mitten in einer unvollendeten Reise. Wir haben zwar schon viele Etappen zurückgelegt, aber wir befinden uns in einer Zeit des Risikos, der Unsicherheit und der Zweifel. Allerdings gibt es neben diesen Zweifeln auch einige Gewissheiten.
Zunächst blieb unsere Struktur der repräsentativen Demokratie erhalten: unsere Institutionen; ohne freie Parlamente, die auf dem Willen des Volkes gründen, konnte Demokratie noch nie überleben.
Es ist allerdings auch wahr, dass die Demokratie heutzutage Innovationen, Reformen und Veränderungen braucht; sie muss verbessert werden, und gleichzeitig müssen die Strukturen, die uns bislang gute Dienste geleistet haben, sowie deren Grundlagen erhalten bleiben.
Welche Art von Veränderungen brauchen wir? Wir müssen auf eine Form der Demokratie mit einem ausgeweiteten partizipativen Forum hinarbeiten, sodass die Bürgerinnen und Bürger mehr sind als Wahlberechtigte alle vier oder fünf Jahre. Wir brauchen eine Demokratie, die mehr Raum für Debatten schafft, in der die Bürgerinnen und Bürger diskutieren, argumentieren und Meinungen austauschen, eine Demokratie, die mehr soziales Kapital schafft und in der die Bürgerinnen und Bürger nicht länger isoliert sind, sondern sich in die Gemeinschaft integrieren können. Und wir brauchen auch eine europäische Dimension für diese Demokratie.
Ich denke, das haben wir auch erreicht, indem wir Rechtsvorschriften für diese Bürgerinitiative auf den Weg gebracht haben. Es gibt nun nicht länger zwei Arten der Legitimität, vielmehr gibt es zwei Stimmen für die Bürger: Eine ist hier das Parlament, die andere ist die Bürgerinitiative. Damit erhalten wir eine stärkere, partizipativere und legitimere Demokratie.
Anneli Jäätteenmäki, im Namen der ALDE-Fraktion. – (FI) Frau Präsidentin! Ich möchte allen für ihre Zusammenarbeit danken, eine wunderbar unkomplizierte Zusammenarbeit. Die Bürgerinitiative ist eine begrüßenswerte Ergänzung zum aktiven bürgerschaftlichen Engagement. Ich hoffe, dass durch sie die politische Diskussion weiter angeregt werden kann. Nicht alle Initiativen finden ausreichende Unterstützung, dennoch können sie neue Perspektiven in die Debatte einbringen.
Das Parlament wollte die Bürgerinitiative so benutzerfreundlich wie möglich gestalten, und dies ist ihm im Wesentlichen auch gelungen. Besonders freut es mich, dass die Kommission und das Parlament eine öffentliche Anhörung durchführen müssen, sobald eine Million Unterschriften vorliegen. Dies wird die EU-Institutionen dazu zwingen, den Vorschlägen der Unterzeichner auch wirklich zuzuhören. Gleichzeitig wird die Kommission eine mögliche negative Antwort umfassend rechtfertigen müssen.
Ich hätte mir noch gewünscht, dass nicht nur die Bürgerinnen und Bürger der EU, sondern alle Menschen, die in einem Mitgliedstaat leben, eine Bürgerinitiative unterzeichnen könnten, aber dafür gab es nicht ausreichend Unterstützung.
Die Bedeutung dieser Bürgerinitiative wird erst sichtbar werden, wenn sie in Kraft getreten ist. Ich hoffe, dass sie eines Tages eine breitere Debatte über EU-Themen anstoßen wird, als das heute der Fall ist.
Indrek Tarand, im Namen der Verts/ALE-Fraktion. – (ET) Frau Präsidentin! Ich bin wirklich froh, dass in dieser Frage, die noch vor kurzem eine nie enden wollende Geschichte zu sein schien, nun endlich eine Lösung gefunden wurde. Wie der Foxtrott mit unserem geliebten Europäischen Auswärtigen Dienst hat auch das zu lange gedauert. Ein langsamer Foxtrott verursacht Rückenschmerzen, und der Partner könnte am Ende enttäuscht sein. Der Partner hier ist jedoch kein geringerer als unsere Bevölkerung, unsere Bürgerinnen und Bürger. Ich hoffe, dass diese neue Form der Demokratie Erfolg haben wird und dass wir die Erwartungen unserer Bürgerinnen und Bürger nicht enttäuschen werden. Der für mich traurigste Teil dieser ganzen Debatte war, dass wir nur allzu oft ein gewisses Misstrauen gegenüber den Bürgern beobachten konnten; es bestand die Angst, sie könnten vielleicht unvernünftige Ideen vorbringen. Wir werden sicherlich sehen, dass diese Angst unbegründet ist.
Herr Šefčovič, ich wünsche mir auch, dass die Kommission endlich ihren Bürgerinnen und Bürgern mehr Vertrauen schenkt. Als ein Vertreter Estlands möchte ich auch dem Rat danken, dass er die Möglichkeit der digitalen Unterschrift beibehalten hat, da dies für meine Landsleute von entscheidender Bedeutung ist. Europa wartet gespannt auf die kreativen Ideen seiner Bürgerinnen und Bürger. Vielen Dank.
Emma McClarkin, im Namen der ECR-Fraktion. – Frau Präsidentin! Die Europäische Bürgerinitiative (EBI) ist ein dringend erforderliches Zeichen für Engagement vonseiten der EU. Sie ist eine großartige Möglichkeit, die demokratische Mitbestimmung in Europa sowie die Beziehungen zwischen den Bürgerinnen und Bürger und den Politikern zu stärken.
In zwei Drittel der Mitgliedstaaten besteht zwar weiterhin die lästige Verpflichtung, die Passnummer anzugeben, dennoch haben ich und andere Mitglieder der ECR-Fraktion dazu beigetragen, diese Bürgerinitiative benutzerfreundlicher zu gestalten, indem die furchtbar bürokratische, von der Kommission vorgeschlagene doppelte Zulässigkeitsprüfung abgeschafft und sichergestellt wurde, dass die EBI nicht nur für große, gut organisierte Interessengruppen, sondern auch für Volksbewegungen verfügbar ist.
Nun haben Initiativen, die wirklich direkt von der Bevölkerung ausgehen, eine Aussicht auf Erfolg, selbst dann, wenn sie nicht dem Geist des europäischen Föderalismus entsprechen. Was am wichtigsten ist: Die Kommission ist verpflichtet, die genauen Gründe für die Ablehnung einer EBI anzugeben sowie umfassend darzulegen, wie sie gedenkt, eine erfolgreiche Initiative weiterzuverfolgen. Der Schlüssel in diesem Verfahren ist Transparenz.
Es ist an der Zeit, dass die Europäische Union endlich die Ansichten der europäischen Bürgerinnen und Bürger anerkennt und der Stimme des Volkes zuhört. Ich hoffe, dass dieses Projekt den Sinn für Demokratie und die demokratische Verantwortung der Europäischen Kommission stärken und die Diskussion über den zukünftigen Kurs der EU anregen wird.
Helmut Scholz, im Namen der GUE/NGL-Fraktion. – Frau Präsidentin, Herr Kommissar, Kolleginnen und Kollegen! Bereits heute Morgen in der Debatte zum bevorstehenden Europäischen Rat haben wir deutlich festgestellt, dass wir ein Legitimationsproblem in der Europäischen Union haben. Dessen Wurzel liegt vor allem darin, dass Politik viel zu oft an den Tagesinteressen der Bürger vorbeiregiert. Zu Recht erwarten diese gerade heute, mehr in Politik eingebunden zu werden. Der Protest in zahlreichen EU-Ländern ist beredter Ausdruck dafür. Mit der Europäischen Bürgerinitiative, über die wir heute abstimmen, haben wir erstmalig in der Entwicklung der EU ein Instrument, das es Bürgerinnen und Bürgern ermöglicht, ihre Erwartungen und Forderungen direkt zu artikulieren, Initiativen unmittelbar und nachvollziehbar einzufordern und sich in Politik direkt einzubringen.
Die vorliegende Verordnung ist gut, auch wenn meine Fraktion der Überzeugung ist, sie hätte noch besser sein können und auch sollen. Ob Bürgerinnen und Bürger und Einwohner in Europa die Bürgerinitiative wirklich nutzen, wird am Ende auch von uns hier im Parlament abhängen. Wie ernst meinen wir es mit unserer Selbstverpflichtung zur Unterstützung der erforderlichen Öffentlichkeit? Werden wir in drei Jahren bereit und in der Lage sein, uns gegenüber Rat und Kommission für die Weiterentwicklung der Initiative stark zu machen? Die Themen sind durch die gegenwärtige Verordnung bereits gesetzt, und wir wollen, dass über diese Punkte heute noch einmal abgestimmt wird. Denn der Wert der Bürgerinitiative misst sich nicht an einem erreichten interinstitutionellen Kompromiss mit Rat und Kommission, sondern an ihrer realen Nutzung. Dass das Ergebnis heute deutlich besser ist – und ich bedanke mich ausdrücklich bei Frau Gurmai, Frau Wallis, Herrn Lamassoure und Herrn Häfner dafür, dass sie in enger Zusammenarbeit die Ausformung dieser Verordnung vorangetrieben haben –, hängt auch damit zusammen, dass viele zivilgesellschaftliche Akteure immer wieder den Realitäts- und Praktikabilitätscheck unserer Überlegungen und Debatten vorgenommen haben. Mein Dank gilt an dieser Stelle auch ihnen.
Liebe Bürgerinnen und Bürger, take the initiative!
Morten Messerschmidt, im Namen der EFD-Fraktion. – (DA) Frau Präsidentin! Seit dem Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon vor einem Jahr wurden den Institutionen der EU mehr Befugnisse übertragen als je zuvor. Und im Laufe des vergangenen Jahres haben wir gesehen, wie es insbesondere dem Europäischen Parlament gelungen ist, diese Situation auszunutzen und den Mitgliedstaaten ungeheuer viel Macht zu entziehen.
Es gab zwei Lichtschimmer, als der Vertrag von Lissabon in Kraft getreten ist. Einer davon war die Bürgerinitiative. Und das war auch der Grund, warum ich – sowohl im Namen meiner Partei in Dänemark als auch meiner Fraktion hier im Europäischen Parlament – an den Verhandlungen teilgenommen habe. Mein Ziel war, dass diese Bürgerinitiative zu Stande kommt, die trotz allem ein kleiner Lichtschimmer in einer sonst so dunklen und sehr föderalen EU ist.
Es gab Bereiche, bei denen wir uns nicht einig waren. Einige Berichterstatter haben bereits erwähnt, dass einige forderten, das Recht, eine Bürgerinitiative einzureichen, auch auf Menschen auszuweiten, die nicht EU-Bürger sind, andere wiederum wollten über das Wahlalter in anderen Mitgliedstaaten entscheiden usw. – Punkte, denen wir nicht zustimmen konnten. Aber der Rahmen, auf den wir uns jetzt einigen konnten, enthält dennoch positive Elemente, und daher wird meine Fraktion – im Geiste der Demokratie und zur Stärkung der positiven Elemente, die trotz alledem im Vertrag von Lissabon enthalten sind – ebenfalls diese Initiative unterstützen.
Bruno Gollnisch (NI). – (FR) Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Bürgerinitiative, so wie sie in den Verträgen vorgeschlagen und durch diese Verordnung festgelegt wird, ist eine Parodie auf die Demokratie. Zunächst lässt sie die Bürgerinnen und Bürger glauben, dass ihre Stimme von den Eurokraten gehört wird, obwohl Letztere sich systematisch weigerten, den Bürgern zuzuhören, als diese – mittels Referendum – deutlich zu verstehen gaben, dass sie die Errichtung eines europäischen Superstaats ablehnen. Also fangen Sie an, den Bürgern zuzuhören, wenn sie „Nein“ sagen, oder wenn sie „Stopp“ sagen!
Sie ist außerdem eine Parodie auf die Demokratie, was die beschränkte Zulässigkeit betrifft. Bürgerinitiativen müssen im Einklang mit den Verträgen und den ihnen zugrunde liegenden so genannten Grundsätzen stehen. Somit wird man gemäß dem Recht, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen, das in den Verträgen festgeschrieben ist, gnadenlos alle Anträge, die den Schutz unserer Volkswirtschaften anstreben, ablehnen. Man wird sich weigern, die finanzgesteuerte Globalisierung, unter deren verheerenden Auswirkungen wir derzeit leiden, in irgendeiner Weise zu bremsen oder den Migrationsströmen entgegenzuwirken. Jegliche Initiative, die darauf abzielt, die Verhandlungen mit der Türkei zu unterbrechen, wird wahrscheinlich dasselbe Schicksal erleiden, da wir die Kommission zwar auffordern können, zu handeln, aber wir können sie nicht auffordern, Handlungen zu stoppen. Wenn für eine Initiative ausreichend Unterschriften zusammenkommen, ist die Kommission nicht verpflichtet, sie tatsächlich in die Tat umzusetzen, sie muss lediglich ihre Entscheidung rechtfertigen. Dies ist wirklich eine Parodie auf die Demokratie.
Mariya Nedelcheva (PPE). – (FR) Frau Präsidentin! Zunächst möchte ich den Berichterstattern für ihren enormen Arbeitsaufwand meine Anerkennung aussprechen. Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Es gibt Momente hier im Parlament, die beispiellos sind. Heute ist einer von ihnen. Wir wollen den Bürgerinnen und Bürgern ein klares, einfaches und wirkungsvolles Instrument zu Verfügung stellen, um sie den Institutionen näherzubringen.
Erstens muss man hervorheben, welche Anstrengungen zur Vereinfachung des Verfahrens gemacht wurden. Die Registrierung verläuft jetzt schnell und klar. Es ist unsere Pflicht, die Kriterien zu verbreiten, die eine Initiative erfüllen muss, damit sie registriert wird: die Achtung der Werte der Union sowie der Befugnisse der Kommission im Zusammenhang mit der Anwendung der Verträge.
Zweitens möchte ich Ihre Aufmerksamkeit auf die einjährige Frist für die Mitgliedstaaten lenken. Wenn sie diese Frist einhalten und dabei den Datenschutz garantieren, wird das ein starkes Signal an unsere Bürgerinnen und Bürger senden.
Drittens möchte ich zum Ausdruck bringen, dass ich zufrieden bin über die dreimonatige Frist, die politischen und rechtlichen Argumente sowie das Verfahren, nach welchem die Kommission verpflichtet ist, zusammen mit dem Parlament öffentliche Anhörungen abzuhalten. Aufgrund dieser drei Punkte kann man wohl sagen, dass die europäischen Bürgerinnen und Bürger bald ein Instrument haben werden, das einfacher ist als erwartet und das klarer und wohl auch effektiver ist, als es auf den ersten Blick erscheint.
Schließlich möchte ich sagen, dass ich wachsam bleibe, was die möglichen zweifelhaften Auswirkungen betrifft, die eine Finanzierung einer Initiative durch eine politische Partei mit sich bringen könnte. Meiner Meinung nach ist dies ein Punkt, den uns die Bürgerinnen und Bürger vielleicht vorwerfen könnten. Vor diesem Hintergrund zähle ich auf uns alle, dass wir Alarm schlagen werden, sobald es erste Anzeichen einer parteipolitischen Instrumentalisierung gibt, denn dazu sind wir in erster Linie verpflichtet, und wir stimmen heute über ein Instrument der partizipativen Demokratie ab, das ausschließlich für die Bürgerinnen und Bürger gemacht ist.
Victor Boştinaru (S&D). - Frau Präsidentin! Zu Beginn möchte ich Ihnen zu dem Beitrag gratulieren, den Sie als Mitberichterstatterin unseres Petitionsausschusses geleistet haben.
Wie Sie vielleicht wissen, war die Bürgerinitiative eine äußerst wichtige Priorität für uns in der S&D-Fraktion. Zunächst möchte ich allen vier Mitberichterstattern aus dem Ausschuss für konstitutionelle Fragen und dem Petitionsausschuss zu ihrer gemeinsamen Arbeit beglückwünschen, die zu diesem bemerkenswerten Bericht geführt hat, sowie zu der Art und Weise, wie sie mit dem Rat und der Kommission verhandelt und dabei ein derart gutes Ergebnis erzielt haben. Darüber hinaus möchte ich die ganz besondere Rolle des Vizepräsidenten der Europäischen Kommission, Kommissar Šefčovič, sowie seinen Willen, seine Offenheit und sein Engagement für die Verhandlungen mit dem Rat und auch dem Parlament hervorheben.
Ich freue mich, heute – gerade einmal ein paar Monate nach Einleitung des Verfahrens – über dieses einzigartige und zentrale Instrument der partizipatorischen Demokratie in der Europäischen Union abzustimmen. Das Europäische Parlament hat zu diesem Text einen erheblichen Beitrag geleistet. Zwei Drittel des Textes stammen vom Parlament, was erneut zeigt, dass dieses stets bedacht ist, die europäischen Bürgerinnen und Bürger in die politische Debatte mit einzubinden und ihnen die Europäische Union näher zu bringen.
Ich halte dies für ein ausgewogenes Dokument, das zu unserem gemeinsamen Ziel beiträgt, den Bürgerinnen und Bürgern bei der Durchführung der europäischen Demokratie eine wichtige Rolle zukommen zu lassen und ihre Fähigkeit zu stärken, Einfluss auf die europäische Politik zu nehmen. Und in der Tat soll dieses Instrument eine tief greifende Diskussion in der gesamten Zivilgesellschaft voranbringen. Wie unsere Fraktion von Anfang an betont hat, ist dieses Instrument zugänglich und einfach und gleichzeitig klar und detailliert aufgebaut, um mögliche Frustrationen zu vermeiden.
Ich danke Ihnen vielmals und wünsche Ihnen nach diesem bemerkenswerten Start weiterhin viel Erfolg.
Andrew Duff (ALDE). - Frau Präsidentin! Entgegen den Annahmen einiger Redner bin ich der Meinung, dass schon immer vorgesehen war, dass Bürger die Bürgerinitiative nutzen könnten, um die Kommission aufzufordern, Vertragsänderungen vorzuschlagen.
Es freut mich sehr, dass in der endgültigen Formulierung von Artikel 2 der Verordnung originalgetreu die Formulierung des Artikels 11 Absatz 4 des Vertrags selbst wiederholt wird. Ein Kommissionsvorschlag zur Vertragsänderung bedeutet mit Sicherheit, dass die Kommission legal im Rahmen ihrer Befugnisse handelt; und wir alle wissen aus Erfahrung, dass die Verträge häufig abgeändert werden müssen, damit deren Ziele in vollem Umfang erreicht werden können.
Daher sollten die Bürgerinnen und Bürger in Zeiten der post-nationalen Demokratie mutig sein und dieses großartige neue Instrument auch uneingeschränkt nutzen.
Marek Henryk Migalski (ECR). – (PL) Frau Präsidentin! Wie Frau McClarkin bereits gesagt hat, wird unsere Fraktion für dieses Instrument stimmen, weil es gut ist und die Unterstützung durch unsere Stimme verdient. Ich freue mich, dass es im Zuge der Arbeit an diesem Instrument gelungen ist, einige Elemente, die Anlass zur Sorge gaben, zu beseitigen. Unter anderem wurde der Schutz personenbezogener Daten gestärkt, und das Mindestalter für die Unterstützung einer Initiative wurde von 16 auf 18 Jahre angehoben. Dies ist ein gutes Ergebnis.
Nichtsdestotrotz habe ich einige kritische Anmerkungen zu machen. Zunächst ist es – wie meine Kollegin Frau McClarkin gesagt hat – die Kommission, die über die Annahme einer Initiative entscheidet; somit wird die Stimme des Volkes noch immer von Beamten abhängen, selbst wenn diese in gutem Glauben handeln mögen. Als weiteren Punkt sollte man sich überlegen, ob die Grenze der für eine Initiative erforderlichen 300 000 Stimmen aus einem Viertel der Mitgliedstaaten nicht zu niedrig angesetzt ist. In Polen bedarf es für eine Initiative dieser Art Unterschriften von 100 000 Menschen. Auf der Ebene der gesamten Union, die ja deutlich größer ist – Polen macht gerade einmal 8 % der europäischen Bevölkerung aus –, halte ich das für fraglich. Dennoch verdient das Instrument, trotz dieser Zweifel, unsere Unterstützung, und die Europäischen Konservativen und Reformisten werden mit Sicherheit dafür stimmen.
Bairbre de Brún (GUE/NGL). – (GA) Frau Präsidentin! Zunächst einmal möchte ich sowohl Ihnen als auch den Berichterstattern danken. Die Arbeit der Berichterstatter hat den Kommissionsvorschlag erheblich verbessert.
Allerdings bin ich enttäuscht, dass aufgrund einiger Aspekte des Vorschlags Menschen, die eigentlich eingebunden sein sollten, ausgeschlossen werden. Ich möchte das Parlament bitten, sich noch einmal ernsthaft mit den Änderungsanträgen zu befassen, die mit großen Mehrheiten im Petitionsausschuss angenommen wurden und die wir dem Plenum noch einmal vorgelegt haben – nämlich die Änderungsanträge 71, 72, 73 und 74. Wir sollten vor allem sicherstellen, dass wir den Menschen, die zwar in der EU leben aber nicht die Unionsbürgerschaft besitzen, nicht den Eindruck vermitteln, dass ihre Meinung nicht zählt und nicht gewünscht wird. Genauso sollten junge Menschen ermutigt werden, sich einzubringen, wenn es um europapolitische Themen geht.
In der gegenwärtigen Situation sind nicht alle Menschen, die in der EU leben – auch nicht langfristig Aufenthaltsberechtigte – in der Lage, Bürgerinitiativen zu unterzeichnen. Es können ausschließlich die Menschen teilnehmen, die die Unionsbürgerschaft besitzen.
Das Ziel der Änderungsanträge 72 und 73, die wir dem Plenum noch einmal vorgelegt haben, ist daher, sicherzustellen, dass die Stimmen der in der EU ansässigen Menschen zu der einen Million Unterschriften gezählt werden, die erforderlich sind, damit die Kommission tätig wird.
Daniël van der Stoep (NI). - (NL) Frau Präsidentin! Ich weiß nicht genau, was ich von dieser Bürgerinitiative halten soll. Es klingt natürlich gut, die Bürgerinnen und Bürger stärker in die Entscheidungsfindung einzubinden, dennoch wäre es eindeutig besser, ihnen zu erlauben, in einem Referendum über den Vertrag von Lissabon abzustimmen.
Einen Vertrag, der unseren Bürgerinnen und Bürgern mit Gewalt aufgezwungen wurde, einen Dialog mit den Bürgern zu nennen, ist meiner Meinung nach sowohl zynisch als auch ironisch. Frau Präsidentin! Ich befürchte, dass sich die Bürgerinitiative lediglich als eine gewaltige Augenwischerei erweisen wird. Der Kommission steht es frei, Vorschläge gar nicht zu beachten. Aber natürlich wird das Steckenpferd der europhilen linken Elite, die ganz offensichtlich eine pro-europäische Position vertritt, angenommen werden.
Oder kann der Kommissar mir diese Sorgen nehmen? Stellen wir uns einmal vor, es gäbe Bürgerinitiativen, um die Verhandlungen mit der Türkei zu stoppen oder dieses Haus hier abzuschaffen – was natürlich großartig wäre. Würde die Kommission solche Initiativen ernst nehmen? Ich würde gerne wissen, was Sie darüber denken.
Frau Präsidentin! Das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die Europäische Union hat bereits einen Tiefpunkt erreicht. Ich vermute, dass diese Bürgerinitiative sehr wenig daran ändern wird. Aber das beunruhigt mich nicht, denn je mehr Menschen einsehen, dass die EU zum Scheitern verurteilt ist, desto besser ist es.
Anna Maria Corazza Bildt (PPE). - Frau Präsidentin! Als Schattenberichterstatterin für den Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres fühlte ich mich voll und ganz dazu verpflichtet, zur Gestaltung dieses neuen Rechts auf politische Initiative für die Bürgerinnen und Bürger Europas beizutragen, um den Menschen wirklich Macht zu geben.
Ich unterstütze den abschließenden Kompromiss und gratuliere Herrn Lamassoure. Die Initiative wird dadurch nutzerfreundlich, einfach und für die Bürgerinnen und Bürger zugänglich. Ich begrüße insbesondere die Transparenz, sowohl hinsichtlich der politischen als auch der finanziellen Unterstützung. Ich bedauere jedoch, dass eine Finanzierung durch politische Parteien und Gruppen erlaubt ist und dass nationale Politiker Initiativen einleiten können.
Ich will kein Spaßverderber sein, meine Kolleginnen und Kollegen, aber wir sollten doch realistisch sein. Es besteht das Risiko, dass der demokratische Prozess nicht nur erstarken, sondern dass er auch entgleisen könnte, und dass die Bürgerinitiative durch Extremisten und Populisten ausgenutzt und missbraucht werden könnte.
Ich denke, wir alle müssen nun unsere gemeinsame Verantwortung wahrnehmen und dafür sorgen, dass sie wirklich für die Bürgerinnen und Bürger verwendet wird. Ich appelliere an die gewählten Politiker in den Mitgliedstaaten, zu respektieren, dass sie ihre Meinungen durch die Mittel der repräsentativen Demokratie äußern können und dass diese Initiative für die Bürger ist. Ich appelliere an die Kommission, die Bürgerinnen und Bürger ausreichend zu informieren, damit keine falschen Erwartungen geweckt werden, und die Zulässigkeitskriterien rigoros anzuwenden.
Ich appelliere an die Medien, ihre Aufgabe wahrzunehmen und korrekte Informationen weiterzugeben, und an die Mitgliedstaaten, personenbezogene Daten zu schützen, sodass die Menschen auch genügend Vertrauen haben, teilzunehmen. Ich hoffe inständig, dass wir in der Lage sein werden, unseren Bürgerinnen und Bürgern die Möglichkeit zu geben, an dieser Debatte teilzuhaben und gerne dieses Instrument zu nutzen.
Hannes Swoboda (S&D). - Frau Präsidentin! Ich gehöre keinem der unmittelbar beteiligten Ausschüsse an und habe trotzdem unsere Berichterstatterin, Frau Gurmai, voll unterstützt und möchte allen Berichterstattern herzlich danken. Ich glaube, dass ein wesentlicher Schritt nach vorne bei der Demokratisierung der Europäischen Union gemacht wurde.
Ich weiß, dass es manche Menschen gibt, die Angst vor einem möglichen Missbrauch des Instruments haben. Aber es liegt an uns, in der Politik auf die Sorge und Nöte der Bürgerinnen und Bürger einzugehen, dann werden sie dieses Instrument nicht missbrauchen können. Es liegt an uns, in der Politik mit Bürgerinitiativen durchaus zu streiten, wenn wir meinen, sie gehen in die falsche Richtung. Aber zu streiten ist sicherlich sinnvoller als zu negieren.
Im Gegensatz zu Frau Corazza Bildt meine ich durchaus, dass ein guter Kompromiss gefunden wurde. Ich bin dafür, dass politische Parteien das Initiativinstrument nicht als solches brauchen sollten, denn dafür gibt es die politischen Parteien und dieses Parlament. Dass Politiker natürlich nicht von der Debatte ausgeschlossen werden dürfen, ist absolut richtig. Daher meine ich, dass hier wirklich ein guter Weg nach vorne aufgezeigt wurde.
Es liegt jetzt an den politischen Parteien, unter dem wachsamen Auge der Bürger und der Bürgerinitiativen eine richtige Politik zu betreiben, die Wünsche und Sorgen der Bürger aufzugreifen, in dieses Parlament einzubringen und in stärkerem Ausmaß in den Dialog mit den Bürgern zu treten. Dieses Instrument zwingt die Politik auch, vernünftiger zu agieren und Europa so zu gestalten, dass es wirklich bürgernah und nicht bürgerfern ist, wie das viele mit Recht kritisieren.
Noch einmal herzlichen Dank an die BerichterstatterInnen, dass sie so eine gute Arbeit geleistet haben. Ich glaube, es ist für die Demokratie in Europa ein wesentlicher Schritt nach vorne, und eigentlich ist es das, wofür wir in diesem Parlament kämpfen: ein demokratisches Europa.
Tadeusz Cymański (ECR). – (PL) Frau Präsidentin! Ich möchte mich denjenigen anschließen, die diese Initiative unterstützen und gutheißen. Gewisse Zweifel und Anmerkungen bedeuten hingegen nicht, dass man die Initiative nicht unterstützt, es zeigt nur, dass man sichergehen will, dass sie in der richtigen Art und Weise genutzt wird. Ich möchte an dieser Stelle hervorheben, dass viele der Möglichkeiten, Hoffnungen und auch Ängste, über die gesprochen wird – und Herr Migalski hat dies unter anderem angesprochen –, sich auf die Hoffnung beziehen, dass dieses Instrument, das so dringend gebraucht wird und so viel zur Stärkung und Ausweitung der Demokratie beitragen wird, in der Praxis nicht missbraucht wird.
Paradoxerweise könnte dieses Instrument in der Praxis jedoch ziemlich leicht missbraucht werden, und zwar nicht nur von Extremisten, sondern auch von starken und einflussreichen Interessengruppen. Ich sage das, weil nach unserer Meinung die Grenze von einer Million Unterstützungsbekundungen im Vergleich zum demografischen Potenzial der Union nicht besonders hoch ist. Wenn wir darauf hinweisen, dass eine Entscheidung über die Annahme oder Ablehnung einer Initiative hingegen weitgehend von einer willkürlichen Beurteilung abhängen wird, dann kann dies ebenfalls ernsthafte Kritik vonseiten der Bürgerinnen und Bürger selbst hervorrufen. Alles in allem denke ich, dass wir die Arbeit an diesem Instrument beschleunigen und zu einer Priorität machen sollten. Es sollte jedoch auch Gegenstand einer äußerst gründlichen, klugen und besonnenen Analyse sein.
Diane Dodds (NI). - Frau Präsidentin! Ich stehe hier als Demokratin und als jemand, der glaubt, dass mehr Teilhabe am demokratischen Prozess unterstützt werden sollte. Seien wir doch ehrlich: Es gibt eine Kluft zwischen Politikern und Bürgern. Daher ist es äußerst wichtig, dass die Stimme des einfachen Bürgers Gehör findet.
Die EBI ist in der Theorie ein gutes Konzept, allerdings wird meine Begeisterung getrübt durch die Tatsache, dass die Kommission nach wie vor über beachtliche Macht verfügt. Wir dürfen unsere Augen auch nicht davor verschließen, dass der Mechanismus für die Sammlung der Unterschriften für eine EBI – selbst mit der verringerten Zahl von einem Viertel der Mitgliedstaaten als Voraussetzung für die Teilnahme – dazu führen kann, dass es für alle – abgesehen von großen Lobbyorganisationen, die bereits europaweit tätig sind –, äußerst schwierig wird, die erforderlichen Unterschriften zu sammeln. Dies muss wirklich ein Instrument der Bürger sein und nicht der Nichtregierungsorganisationen.
Paulo Rangel (PPE). – (PT) Frau Präsidentin, Herr Kommissar, meine Damen und Herren, verehrte Vertreter des Rates! Ich wollte sagen, dass diese Bürgerinitiative einen wesentlichen Schritt hin zur Anerkennung des konstitutionellen Charakters der Europäischen Union darstellt. Nur ein konstitutionelles Gebilde – ob es nun eine geschriebene Verfassung hat oder nicht – kann seinen Bürgerinnen und Bürgern ein derart leistungsfähiges Instrument an die Hand geben; und ich erkenne in unserem Handeln etwas sehr Wertvolles: Wir verleihen der Europäischen Union diesen konstitutionellen Charakter.
Außerdem wollte ich anmerken, dass dies ein sehr wichtiger Schritt für die Bürger und die Solidarität zwischen den Bürgern ist. Durch die Bedingung, dass mindestens ein Viertel der Staaten vertreten sein muss, um eine Initiative einzuleiten, schaffen wir auch eine transeuropäische und gesamteuropäische Bewegung, da es dadurch sehr viel unwahrscheinlicher wird, dass Lobbygruppen oder parteipolitische Interessen die Oberhand gewinnen. Entgegen dem, was hier gesagt wird, ist dies sehr viel schwieriger, wenn wir fordern, dass Bürgerinnen und Bürger aus sieben oder acht Mitgliedstaaten eine Initiative unterschreiben. Und daher bin ich auch überzeugt, dass dies ein Mittel zur Stärkung der Solidarität zwischen den europäischen Staaten und der Solidarität zwischen den Bürgerinnen und Bürgern der europäischen Staaten sein wird – eine Solidarität, die wir heute, zwei Tage vor dem so entscheidenden Dezembergipfel des Europäischen Rates, mehr denn je benötigen.
Roberto Gualtieri (S&D). – (IT) Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Verfahren sind die Substanz einer Demokratie, und daher war die Umsetzung der Bürgerinitiative nicht nur eine rein technische Arbeit, sondern machte auch wichtige Entscheidungen erforderlich, die es ermöglichten, die Bürgerinitiative zu einem Instrument zu machen, das tatsächlich dazu beitragen kann, einen echten politischen Raum in Europa zu schaffen.
Das Parlament hat ohne Zweifel seine Befugnisse beispiellos genutzt und den ursprünglichen Vorschlag erheblich verbessert. Die wichtigsten Ergebnisse wurden schon erwähnt, und ich brauche sie wohl nicht noch einmal zu wiederholen. Ich möchte allerdings doch noch eines hervorheben, wozu unsere Fraktion einen großen Beitrag geleistet hat: Auch die politischen Parteien in Europa werden in der Lage sein, Bürgerinitiativen zu fördern. Dies ist ein sehr wichtiges Ergebnis, denn es bestimmt das Schicksal der europäischen Demokratie; denn echte internationale Demokratie kann es erst dann geben, wenn die europäischen politischen Parteien eine effektive Rolle im demokratischen Prozess übernehmen. Heute gehen wir einen Schritt in diese Richtung, und dies ist ein weiterer Grund dafür, dass heute ein großer Tag für die europäische Demokratie ist.
Erminia Mazzoni (PPE). – (IT) Frau Präsidentin, Herr Kommissar, Herr Ratspräsident, meine Damen und Herren! Ich möchte allen Berichterstattern für das gute Timing ihrer Arbeit und den guten Kompromiss, der erzielt wurde, danken. Als Vorsitzende des Petitionsausschusses möchte ich ganz besonders Frau Wallis und Herrn Häfner sowie den Schattenberichterstattern meinen Dank aussprechen; dieser relativ großen Mannschaft ist es sehr gut gelungen, alle Meinungen, die während der Debatte innerhalb des Petitionsausschusses zu Tage traten, zu bündeln.
Ich glaube, dass wir uns bei unserer Arbeit voll und ganz der Bedeutung unserer Aufgabe bewusst waren. Die Bürgerinitiative ist wirklich ein bedeutender Meilenstein beim Aufbau eines Europas der Menschen, eines demokratischen Europas und eines wirklich partizipativen Europas.
In diesem Sinne haben wir im Petitionsausschuss in Zusammenarbeit mit dem Ausschuss für konstitutionelle Fragen gearbeitet und dabei das Verfahren gemäß Artikel 50 der Geschäftsordnung angewandt. Wie viele Kolleginnen und Kollegen sowie die Berichterstatter betonten, war unser Ziel, das Verfahren so benutzerfreundlich, unbürokratisch, transparent und effizient wie möglich zu gestalten.
Vor diesem Hintergrund haben wir der Kommission Verpflichtungen auferlegt und ihre Möglichkeiten zur Bewertung im Rahmen der Zulässigkeitskriterien, die wir eingeführt haben, eingeschränkt. Ich möchte die Kolleginnen und Kolleginnen beruhigen, die berechtigte und verständliche Bedenken geäußert haben; viele davon haben wir während der Aussprache angesprochen, und wir haben uns bemüht, Antworten zu geben.
Und da mir dieser Punkt besonders am Herzen liegt, möchte ich schließlich noch betonen, wie wichtig die Einführung einer von der Kommission zusammen mit dem Parlament abgehaltenen öffentlichen Anhörung der Vertreter einer Bürgerinitiative ist. Als Vorsitzende des Petitionsausschusses begrüße ich das ganz besonders, da diese Aufgabe – gemäß einer Vereinbarung zwischen den beteiligten Parteien – aller Wahrscheinlichkeit nach dem Ausschuss anvertraut wird, dem ich vorsitze.
Matthias Groote (S&D). - Frau Präsidentin! Erstmal vorweg einen herzlichen Dank an alle Akteure, die dieses möglich gemacht haben, und speziell möchte ich der ehemaligen Vizepräsidentin Sylvia-Yvonne Kaufmann danken, die in der vorherigen Wahlperiode erhebliche Vorarbeit geleistet hat, damit dieser Tag kommt, damit die Europäische Bürgerinitiative Wirklichkeit wird.
Die EU-Bürgerinnen und Bürger haben manchmal das Gefühl, dass Europa und seine Institutionen weit entfernt sind. Mit diesem Instrument, mit der Europäischen Bürgerinitiative, rücken die Institutionen näher an die Bürgerinnen und Bürger. Sie ist ein hervorragendes Instrument, um Demokratie zu stärken, um sich einzubringen, um Initiativen zu ergreifen. Ich glaube, dass in den kommenden Monaten zwei Dinge ganz wichtig sein werden: Zum einen, dass der Zugang – auch der digitale Zugang – zur Bürgerinitiative über das Internet geschaffen wird, dass er unkompliziert, aber sicher ist. Zweitens: Wenn eine Bürgerinitiative erfolgreich ist, sollte diese auch einen Rechtsakt nach sich ziehen. Daher meine Frage an die Kommission: Wie möchte man in Zukunft entscheiden, bewerten, was einen Rechtsakt oder was einfach nur ein Hearing nach sich zieht? Vielleicht können Sie noch darauf eingehen, Herr Kommissar, und nochmals meinen herzlichen Dank für Ihre Arbeit und für die Arbeit des Rates.
György Schöpflin (PPE). - Frau Präsidentin! Der Start der Bürgerinitiative ist zweifellos einer der wichtigsten Meilensteine im europäischen Integrationsprozess. Sie bewirkt eine qualitative Umverteilung der Macht innerhalb der Europäischen Union und hat das Potenzial, für bedeutende Neuerungen in der europäischen Politik zu sorgen.
Die Gleichstellung von Bürgerinnen und Bürgern mit dem Parlament und dem Rat, indem die Bürgerinnen und Bürger das Recht erhalten, die Kommission aufzufordern, Rechtsvorschriften auf den Weg zu bringen, ist von großer Tragweite. So wird etwa Raum geschaffen, eines der grundlegenden Merkmale der bisherigen Ausrichtung des gesamten Integrationsprozesses infrage zu stellen, nämlich dass dieser von Anfang an von den Eliten angeführt wurde. Das war zwar in vielerlei Hinsicht sehr erfolgreich, dennoch kann man auch davon ausgehen, dass der Integrationsprozess ohne die aktive Unterstützung der Bürgerinnen und Bürger einigen Hindernissen begegnen wird. Und in der Tat gibt es immer mehr Hinweise, dass die Bürger die EU als zu weit weg, komplex und undurchsichtig betrachten. Bislang hatten sie wenig Veranlassung, den Dialog mit der EU zu suchen, da es die Mittel dazu gar nicht gab.
Hier schafft die Bürgerinitiative Abhilfe. Sie bildet ein Instrument, das in der Lage ist, die Kluft zwischen der EU und dem Volk zu überwinden. Es liegt im Interesse aller, dass dieses Instrument nun funktioniert, und zwar so effizient wie möglich.
Sylvie Guillaume (S&D). – (FR) Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Zunächst möchte ich allen Berichterstattern und insbesondere meiner Kollegin und Nachbarin Frau Gurmai zu ihrer herausragenden Arbeit an diesem Thema gratulieren.
Die Schaffung der Bürgerinitiative ist eine der interessantesten Neuerungen des Vertrages von Lissabon. Meiner Ansicht nach bildet sie eine neue legislative Macht innerhalb der europäischen Institutionen, die nun die Bürgerinnen und Bürger innehaben.
Vor dem Hintergrund eines nach wie vor zu schwachen Zugehörigkeitsgefühls zur EU und insbesondere einer Besorgnis erregenden Wahlenthaltung bei den Europawahlen wird dieses neue Instrument die europäischen Bürgerinnen und Bürger zu eigenständigen Akteuren in der europäischen Demokratie machen. Darüber hinaus erweckt dieses Thema große Neugier und zweifellos hohes Interesse.
Daher würden wir negatives Signal senden, wenn wir ausschließlich die möglichen Risiken von Bürgerinitiativen hervorhöben. Natürlich ist es nötig, dieses Instrument in angemessener Weise anzugehen, dennoch dürfen wir uns vor den Diskussionen, die auftreten könnten, nicht fürchten.
Der Kompromiss zwischen dem Parlament und dem Rat ist wirklich äußerst ausgewogen, und nach der Annahme dieses Textes muss dafür gesorgt werden, dass dieses Instrument so schnell wie möglich Anwendung findet, denn das erwarten die Bürgerinnen und Bürger von uns, und dies ist eine wichtige Gelegenheit.
(Beifall)
Carlo Casini (PPE). – (IT) Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! In meiner Eigenschaft als Vorsitzender des Ausschusses für konstitutionelle Fragen möchte ich ganz besonders allen Mitgliedern meines Ausschusses für ihre gute Arbeit danken, vor allem Herrn Lamassoure und Frau Gurmai, die Großartiges geleistet haben, um das Ziel der Umsetzung einer der wichtigsten Neuerung des Vertrags von Lissabon zu erreichen.
Der Ausschuss holte auch die Meinungen aller nationalen Parlamente und von Sachverständigen ein und kooperierte eng mit der Kommission – und dafür möchte ich dem Kommissar Šefčovič ganz herzlich danken – sowie dem Rat, der sehr dialogbereit war, wofür ich Herrn Chastel danken möchte.
Die erfolgreiche Anwendung von Artikel 50 der Geschäftsordnung hat uns auch eine effiziente Zusammenarbeit mit dem Petitionsausschuss ermöglicht.
Ich persönlich war ebenfalls der Meinung, dass eine einjährige Frist für das Inkrafttreten der Verordnung notwendig ist, und zwar sicherlich nicht, um ihre Anwendung hinauszuzögern, sondern – ganz im Gegenteil – um sicherzustellen, dass ihre erstmalige Umsetzung umfassend und gewissenhaft erfolgt, damit ausnahmslos alle Mitgliedstaaten in der Lage sind, die Anforderungen zur Vorbereitung und Prüfung der partizipativen Instrumente zu erfüllen.
Ich denke, der erfreulichste Effekt dieses neuen Instruments besteht darin, dass das Bewusstsein für die Unionsbürgerschaft geschärft wird, die nun durch die Möglichkeit, am Gesetzgebungsprozess teilzunehmen und ihm Impulse zu geben, gestärkt wurde. Ich bin außerdem sicher, dass dieses System eine problemlose Teilnahme der Bürgerinnen und Bürger sicherstellt und Missbrauch vorbeugt.
Schließlich bin ich der Meinung, dass die Annahme dieser Verordnung jetzt, wenige Tage vor Weihnachten, ein nettes Geschenk für die europäischen Bürgerinnen und Bürger und für Europa selbst ist.
Jo Leinen (S&D). - Frau Präsidentin! Es freut mich, dass ich nach meinem Nachfolger im AFCO reden darf, weil ich dieses Projekt 10 Jahre lang begleitet habe und die Europäische Bürgerinitiative quasi in letzter Sekunde in den Vertragstext aufgenommen wurde. Es waren die Abgeordneten dieses Parlaments und der nationalen Parlamente, die damals im Konvent die Initiative ergriffen haben. Damit wird ein neues Kapitel in den Beziehungen zwischen den Bürgern und den europäischen Institutionen aufgeschlagen. Wir alle hoffen, dass die Distanz zwischen den Menschen und der Europapolitik abgebaut werden kann. Diese Bürgerinitiative ist kein Allheilmittel, aber kann enorm helfen. Vor allen Dingen wünsche ich mir eine europäische Öffentlichkeit, also eine grenzüberschreitende Debatte über aktuelle Themen, die die Bürger interessieren. In meinem Bereich – im Umweltbereich – würden mir viele Themen einfallen, die mit diesem Instrument auf die Agenda der Europäischen Union gebracht werden können, vor allen Dingen auf die der Kommission als europäischer Regierung, als Exekutive. Ich würde die Kommission auch fragen, wie sie sich auf diese kommenden Initiativen vorbereitet. Es darf keine Enttäuschung geben.
Ich danke allen, vor allem den Berichterstattern Frau Gurmai und Herrn Lamassoure, für die wunderbare Arbeit.
Radvilė Morkūnaitė-Mikulėnienė (PPE). - (LT) Frau Präsidentin! Dies ist ein wirklich froher und wichtiger Tag für das Europäische Parlament. Ich hoffe wirklich sehr, dass wir dieses Instrument verabschieden werden, das es unseren Bürgerinnen und Bürgern ermöglicht, an der Gestaltung der Zukunft der Europäischen Union teilzuhaben, und zwar nicht nur durch die Wahl des Europäischen Parlament, sondern auch durch aktive Mitgestaltung. Es ist sehr wichtig, dass die Stimme der Bürgerinnen und Bürger Gehör findet. Ich selbst hatte vor einigen Jahren die Gelegenheit, zehntausende EU-Bürger zu vertreten, als ich dem Europäischen Parlament eine Petition vorlegte. Und es hat mich außerordentlich gefreut, dass das Europäische Parlament damals eine Entschließung verabschiedet hat, die sich auf diese Petition stützte. Es ist ein gutes Gefühl, wenn man merkt, dass seine Stimme – die Stimme als Bürger – in den EU-Institutionen Gehör findet. Es muss ein Dialog zwischen der Europäischen Kommission und den Bürgern stattfinden, und die Motivation der Bürger darf zu keiner Zeit geschwächt werden. Dies ist ein Schritt zur engeren Zusammenarbeit, nicht nur zwischen den Institutionen und den Bürgern, sondern auch zwischen den Bürgern untereinander. Es geht darum, bestimmte Probleme zu erkennen und dafür dann eine einzige Lösung zu finden, wobei das Verfahren sicher, transparent und unter Wahrung des Subsidiaritätsprinzips ablaufen muss.
Ioan Enciu (S&D). - Frau Präsidentin! Zunächst möchte ich Frau Zita Gurmai und Herrn Alain Lamassoure für diesen Bericht danken. Ich begrüße das Instrument der Bürgerinitiative wirklich sehr. Das ist eine sehr gute Initiative, die vom Volk ausgeht. Sie wird dazu beitragen, das Demokratiedefizit zwischen den Menschen und den EU-Institutionen erheblich abzubauen. Vor allem schafft sie eine Plattform für die Bürgerinnen und Bürger, um ihre Meinung zu äußern und Impulse für die europäische Gesetzgebung zu geben. Die Anforderung, dass bei den gesammelten Unterschriften mindestens ein Viertel der Mitgliedstaaten vertreten sein muss, wird sicherstellen, dass die Notwendigkeit für einen Legislativvorschlag von einem Querschnitt der Gesellschaft unterstützt wird.
Schließlich möchte ich betonen, dass vollkommene Transparenz notwendig ist, was die Finanzierung einer Initiative und die Finanzquellen der Organisatoren betrifft.
Izaskun Bilbao Barandica (ALDE). – (ES) Frau Präsidentin! Ich möchte die Berichterstatter beglückwünschen, da durch ihre Arbeit die europäischen Männer und Frauen die Möglichkeit erhalten werden, ihre Belange in Initiativen im Europäischen Parlament umzusetzen.
Heute verbessern wir die Demokratie, indem wir die Entscheidungsprozesse bürgernäher, offener und deliberativer machen, wobei wir stets den Blick auf die Menschen richten.
Diese Verordnung ist Teil der Europa-2020-Politik und ein grundlegendes Instrument, um das Wissen und die Talente, die in der Gesellschaft vorhanden sind, zu nutzen. Wir werden auch neue Fähigkeiten erlangen müssen, um als Politiker in virtuellen Gemeinschaften, in der digitalen Gesellschaft sichtbarer zu werden und andere – nämlich bürgernähere und menschlichere – Politik zu machen. Dies ist ein Schritt hin zu politischer Erneuerung, der uns helfen soll, transparenter zu werden und das Vertrauen der Menschen in die Politik zurückzugewinnen.
Schließlich wird die Bürgerinitiative auch eine Chance für die Regionen darstellen, um mehr Anerkennung zu erhalten, als dies in der gegenwärtigen institutionellen Struktur der Union der Fall ist. Ich bin mir sicher, dass auch die Regionen mit Entschlossenheit und Fantasie dieses Instrument nutzen werden, um ihre Vorschläge direkt in dieses Hohe Haus zu tragen.
Oreste Rossi (EFD). – (IT) Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Bis zum Vertrag von Lissabon war die Europäische Union verschlossen gegenüber den Wünschen ihrer Bürgerinnen und Bürger. Das lag zum Teil daran, dass ihre wichtigsten Organe – die Kommission und der Rat – ernannt und nicht wie das Parlament gewählt wurden. Außerdem war die Beteiligung der Öffentlichkeit in keiner Weise vorgesehen.
Mit dem Inkrafttreten des neuen Vertrages können die europäischen Bürgerinnen und Bürger nun Initiativen vorschlagen und einreichen, wenn sie die erforderliche Anzahl an Unterschriften sammeln. Wir sind im Grunde für diese Verordnung, da sie eine Verbesserung des ursprünglichen Textes der Kommission darstellt. Das Zulässigkeitsverfahren für den Vorschlag wird mit dem Registrierungsverfahren kombiniert, und darauf erfolgt die Sammlung und die Prüfung der Unterschriften.
Bedauerlicherweise ist ein Schwachpunkt des Berichts das Fehlen eines Mechanismus zur Prüfung der Authentizität der Unterschriften. Dadurch könnten auch gefälschte Unterschriften eingereicht und somit der demokratische Wert dieser Initiative für die Bevölkerung geschmälert werden.
Andrew Henry William Brons (NI). - Frau Präsidentin! Die Bürgerinitiative hat viele Masken. Ist sie eine Petition? Ja, aber sie wird nicht frei verfasst. Dem Antragsteller wird vorher gesagt, was er fordern könnte – nämlich etwas, das im Zuständigkeitsbereich der Kommission liegt – und was er nicht fordern darf – nämlich all das, was die Kommission als unseriös betrachtet oder im Gegensatz zu den so genannten europäischen Werten steht.
Ist sie ein Referendum? Auf keinen Fall. Sie wird fälschlicherweise ein Beispiel für direkte Demokratie genannt. Allerdings wird es keine Volksabstimmung unter Beteiligung aller Bürgerinnen und Bürger geben. Und selbst wenn eine Million Unterschriften zusammenkommen sollten, ist die Kommission nicht verpflichtet, zu reagieren.
Sie wird nicht einmal eine echte Bürgerinitiative sein. Es ist unwahrscheinlich, dass normale Bürgerinnen und Bürger sich selbstständig organisieren. Nur die mächtigen Interessen werden sich durchsetzen und Meinungen mobilisieren. In erster Linie wird sie ein quasi-demokratischer Anstrich für eine undemokratische Institution sein.
Sind wir deshalb dagegen? Nein. Ich bin zuversichtlich, dass besorgte Europagegner die Initiative nutzen werden, um das europäische Projekt ins Wanken zu bringen.
Jarosław Leszek Wałęsa (PPE). – (PL) Frau Präsidentin! Die Europäische Bürgerinitiative soll ein Instrument sein, durch das die Bürgerinnen und Bürger intensiver am politischen Leben der Union teilnehmen können, und das wiederum soll die eindeutig mangelhafte Kommunikation zwischen der Europäischen Union und den Bürgern stärken. Name, Adresse, Nationalität und Unterschrift – ich teile voll und ganz die Meinung, dass diese Daten ausreichen sollten, um sicherzustellen, dass der Unterzeichner auch wirklich existiert oder dass er nicht zweimal unterschrieben hat. Die Abschaffung der Forderung, die Identifikation anhand eines Ausweisdokuments durchzuführen – eine Entscheidung, die leider nicht getroffen wurde –, könnte wesentlich zur Bürgerfreundlichkeit dieses Instruments beitragen.
In einer Zeit, in der der Schutz personenbezogener Daten besonderen Anlass zu Bedenken gibt, kann das Sammeln vertraulicher, persönlicher Daten, wie etwa Identifikationsnummern, viele Bürgerinnen und Bürger davon abhalten, eine Initiative zu unterzeichnen. Die Beamten, die für die Verpflichtung geworben haben, einen Identitätsnachweis vorzulegen, haben diese Tatsache eindeutig nicht bedacht. Es ist ein unschätzbarer Wert der Demokratie, den europäischen Bürgerinnen und Bürger die Möglichkeit zu geben, Vorschläge für neue Gesetze zu Themen von gesellschaftlicher Bedeutung einzubringen. Und ich fühle mich geehrt, dass ich dazu beitragen darf, den Menschen in Europa dieses Instrument zu geben.
Kriton Arsenis (S&D). – (EL) Frau Präsidentin! Ich möchte den Berichterstattern für ihre ausgezeichnete Arbeit danken. Wir haben beschlossen, das Recht der Bürgerinnen und Bürger, von der Kommission Gesetzgebungsinitiativen zu fordern, in unsere europäische Verfassung – den Vertrag von Lissabon – aufzunehmen. Unsere Bürger haben diese Möglichkeit angenommen; sie haben bereits die erste Initiative auf den Weg gebracht und über eine Million Unterschriften gesammelt. Das Thema, das sie gewählt haben, ist ein Thema, das uns wirklich alle angeht, ein Thema, bei dem die Kommission – auch ohne Unterschriften – eine Initiative ergreifen sollte. Sie haben das Thema der Unabhängigkeit der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) gegenüber den Interessen der Biotechnologieunternehmen aufgegriffen – ein Problem, das auch Kommissar Dalli erkannt hat – und fordern ein Moratorium für Gen-Pflanzen, bis verlässliche Kontrollmechanismen verfügbar sind, um die Auswirkungen von gentechnisch veränderten Organismen auf die menschliche Gesundheit, die biologische Vielfalt und die Lebensmittelsicherheit festzustellen. Ich fordere von der Kommission, hier Initiative zu ergreifen.
Constance Le Grip (PPE). – (FR) Frau Präsidentin! Auch ich möchte den vier Berichterstattern danken. Sie haben ausgezeichnete Arbeit geleistet, und sie haben vonseiten des Europäischen Parlaments dem ursprünglich von der Kommission vorgeschlagenen Text einen erheblichen Mehrwert verliehen.
Die Bürgerinitiative, die wir von der Fraktion der Europäischen Volkspartei (Christdemokraten) voller Begeisterung verabschieden werden, ist im Zuge des Vertrages von Lissabon ein wichtiger Schritt nach vorn. Zweifellos kann dieses Instrument, sofern wir es sowohl vernünftig als auch mutig anwenden, die politische Landschaft in Europa wirklich verändern. Es kann dazu beitragen, die europäischen Bürgerinnen und Bürger direkt an der politischen Debatte in Europa teilhaben zu lassen. Es kann dazu beitragen, dass sich eine europäische öffentliche Meinung entwickelt – die Meinung der Männer und Frauen in Europa, die zusammen diskutieren, sich gemeinsam positionieren und gemeinsam wirklich europäische Themen aufgreifen. Allerdings dürfen wir unsere Bürgerinnen und Bürger nicht enttäuschen.
Wir sollten unsere Mitgliedstaaten auffordern, schnell die Umsetzungsmaßnahmen zu ergreifen, wo dies erforderlich ist. Wir dürfen unsere Bürgerinnen und Bürger nicht enttäuschen, denn die Stärkung der europäischen Demokratie hängt davon ab.
Judith A. Merkies (S&D). - (NL) Frau Präsidentin! Ich möchte ebenfalls alle beglückwünschen, insbesondere unsere Bürgerinnen und Bürger, und ich freue mich auf eine konstruktive Zusammenarbeit mit ihnen.
Es ist in der Tat richtig, dass wir in erster Linie dafür sorgen müssen, dass eine niedrige Schwelle für die Zugangsvoraussetzungen bestehen bleibt, das heißt, dass jeder die Möglichkeit haben muss, an einer Bürgerinitiative teilzunehmen. Daher ist es zu bedauern, dass jungen Menschen unter 18 Jahren dieses Recht verwehrt bleibt, denn gerade sie sind es, die wir unbedingt an die Politik heranführen wollen.
Es ist außerdem zu bedauern, dass den Mitgliedstaaten die Entscheidung überlassen bleibt, ob sie Online-Initiativen einführen oder nicht. In der heutigen Zeit kann man wohl kaum von uns erwarten, dass wir noch immer mit Papier arbeiten, wo sich doch ein Internetauftritt als äußerst effizientes Instrument erwiesen hat, um Menschen zu organisieren, sowohl politisch als auch hinsichtlich ihrer Interessen.
Was genau erhoffen wir uns, mit der Bürgerinitiative zu erreichen? Ich denke wirklich, die Kommission sollte in der Lage sein, wirklich frühzeitig zu sagen, ob bestimmte Vorschläge – etwa jene, die hier vorgebracht wurden, wie der zur Abschaffung des Parlaments – tatsächlich eine Bürgerinitiative darstellen oder nicht. Was kann man diesbezüglich tun? Wer wird diese Dinge voranbringen, und wann können wir einen Gesetzesvorschlag erwarten?
Wir Politiker sitzen im Glashaus. Die Menschen können hineinschauen und werden nun auch in der Lage sein, hereinzukommen und sich zu beteiligen. Ich freue mich auf konstruktive Zusammenarbeit.
Die Präsidentin. − Für diejenigen unter Ihnen, die im Rahmen des Catch-the-eye-Verfahrens an der Aussprache teilnehmen wollen: Ich werde keine weiteren Redner mehr annehmen können, aber ich erinnere Sie daran, dass Sie gemäß der Geschäftsordnung eine schriftliche Erklärung einreichen können, die dem ausführlichen Sitzungsbericht beigefügt wird. Ich möchte Sie bitten, so zu verfahren, wenn Sie sich äußern wollen.
Maroš Šefčovič, Vizepräsident der Kommission. − Frau Präsidentin! Zunächst möchte ich den verehrten Abgeordneten dieses Parlaments für ihre großartige Unterstützung für diese Verordnung danken. Ich möchte ihnen auch für die äußerst positive Atmosphäre danken, die während dieser Aussprache herrschte. Wie wir heute Morgen gesehen haben, ist dies ein Jahr, in dem auf Europa viele Herausforderungen zukommen werden, aber ich denke, diese Aussprache hat gezeigt, dass heute ein sehr guter Tag für die europäischen Bürgerinnen und Bürger und ein sehr guter Tag für Europa war. Ich möchte betonen, dass die Kommission will, dass diese wichtige Initiative Erfolg hat, und wir werden sie auf sehr konstruktive Art und Weise behandeln.
Um auf die Fragen einiger Abgeordneten einzugehen: Ich kann ihnen versichern, dass wir die Organisatoren unterstützen werden. Wir werden die Kontaktstellen schaffen, und wir werden einen Helpdesk einrichten, durch den wir die Organisatoren darüber beraten werden, was möglich ist und was nicht, welche Art von Verordnungen geplant sind, welche Art von Initiativen gerade eingeleitet werden oder welche Art von konkurrierenden oder gegenteiligen Vorschlägen wir von anderen Organisationskomitees erhalten haben. Wir werden versuchen, so benutzerfreundlich und aufgeschlossen gegenüber Bürgerinitiativen wie möglich zu arbeiten.
Wir nehmen die von Frau Corazza Bildt und Herrn Casini geäußerten Bedenken sehr ernst. Daher werden wir während des gesamten Prozesses sehr sorgfältig darauf achten, dass in dieser Verordnung das institutionelle Gleichgewicht sowie das alleinige Initiativrecht der Kommission gewahrt bleiben, denn die Kommission ist gegenüber allen Bürgerinnen und Bürgern verantwortlich – nicht nur gegenüber den Organisatoren einer Initiative, sondern auch im Hinblick auf allgemeine europäische Interessen. Und so müssen wir auch in diesem Prozess weiterhin verfahren.
Zur Frage von Herrn Groote: Ich möchte ihm versichern, dass wir, wenn die Europäische Bürgerinitiative Erfolg hat, die in der Verordnung festgelegte Prozedur befolgen werden. Wir werden die Organisatoren auf angemessener Ebene empfangen – auf Ebene der Kommissare oder der Generaldirektoren –, außerdem werden wir mit einem höchstmöglichen Repräsentanten in den vom Parlament abgehaltenen Anhörungen vertreten sein. Innerhalb von drei Monaten werden wir in der Mitteilung detaillierte Gründe angeben, falls wir Gesetzesvorschläge auf den Weg bringen wollen, falls wir die Angelegenheit weiter prüfen müssen oder falls wir – sollte die Initiative zu kontrovers sein – nicht beabsichtigen, weitere Vorschläge folgen zu lassen.
Ich hoffe, dass dieses Instrument zu einer besseren europäischen Debatte in Europa führen und mehr europabezogene Themen in die nationalen Hauptstädte bringen wird. Ich hoffe, dass das Projekt der EBI viel Erfolg haben wird und dass wir diesen bei unserer ersten Überprüfung auch sehen können. Vielen Dank für Ihre Unterstützung!
(Beifall)
Olivier Chastel, Amtierender Präsident des Rates. – (FR) Frau Präsidentin, verehrte Abgeordnete! Lassen Sie mich nun nach Herrn Kommissar Šefčovič auch noch einige Worte sagen.
Die Aussprache hat gezeigt, dass es sich hier um ein faszinierendes Thema handelt. Ein paar Fragen bleiben unbeantwortet, und nicht alle Ängste konnten zerstreut werden. Das ist ein echter Kompromiss.
Lassen Sie uns die Bürgerinitiative zum Leben erwecken. Lassen Sie uns die Verordnung auf lange Sicht beurteilen, da wir so sicherlich deren Mechanismen weiterentwickeln können.
Noch einmal vielen Dank für Ihre Zusammenarbeit. Ich wünsche der Bürgerinitiative alles Gute.
Zita Gurmai, Berichterstatterin. − Frau Präsidentin! Ich möchte meinen Kolleginnen und Kollegen für ihre Beiträge danken. Ich freue mich sehr, dass die meisten von uns gewillt sind, eine weitere Ebene der europäischen Demokratie zu schaffen.
Es ist vollkommen natürlich und es war auch zu erwarten, dass Ängste bestehen würden, aber wir probieren hier etwas völlig Neues aus, und wir können nicht schon im Voraus alle Fragen beantworten und alle Ängste zerstreuen. Allerdings bin ich zuversichtlich, dass die Verordnung, die wir heute vorstellen, auf viele der Schwierigkeiten eingeht, von denen wir bei der Vorbereitung der Verordnung gedacht haben, dass sie auftreten könnten.
Wir sollten keine Angst haben vor dieser neuen Ebene der Demokratie. Wir müssen den europäischen Bürgerinnen und Bürgern besser zuhören, und davor sollten wir keine Angst haben. Das ist eines der langfristigen Ziele, oder etwa nicht? Unsere einzige Sorge sollte sein, dass die EBI möglicherweise nicht im Geiste des Vertrages, nicht für ihren vorgesehenen Zweck, sondern missbräuchlich oder überhaupt nicht genutzt wird.
Wir haben mit der Hilfe von Frau Sylvia Kaufmann, die den ersten Bericht über die EBI in diesem Parlament erstellt hat, unser Bestes getan, um in der Verordnung dieses Risiko zu verringern. Ich möchte auch dem gesamten Team von Herrn Maroš Šefčovič und dem von Herrn Alain Lamassoure sowie unseren anderen Kolleginnen und Kollegen danken. Ferner möchte ich dem Team, das für den ungarischen EU-Ratsvorsitz gearbeitet hat, für seine Zusammenarbeit danken.
Ich möchte unterstreichen, dass die Umsetzung dieser Verordnung von entscheidender Bedeutung ist, und daher möchte dem kommenden ungarischen Ratsvorsitz meine Hilfe und Zusammenarbeit anbieten.
Ich bin zuversichtlich, dass bei der Abstimmung in einer Stunde der zwischen den EU-Institutionen erzielte Kompromiss bestätigt wird. Nur so werden wir in der Lage sein, den europäischen Bürgerinnen und Bürgern ein schönes Weihnachtsgeschenk zu machen: eine solide Verordnung über die Europäische Bürgerinitiative. Wir dürfen sie nicht noch länger warten lassen.
Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit, und ich wünsche Ihnen sowie allen Bürgerinnen und Bürger, die heute hier teilgenommen haben, frohe Weihnachten und ein gutes neues Jahr.
Alain Lamassoure, Berichterstatter. − Frau Präsidentin! An dieser Stelle, da alles gesagt ist, freue ich mich, ihnen das letzte Wort zu diesem Thema zu überlassen, mit dem Sie genauso gut wie ich vertraut sind.
Die Präsidentin. − Die Aussprache wird geschlossen.
Die Abstimmung wird in Kürze stattfinden.
Schriftliche Erklärungen (Artikel 149)
Elena Băsescu (PPE), schriftlich. – (RO) Ich möchte den Verfassern des Berichts zum Ergebnis der Abstimmung, welches im Ausschuss erreicht wurde, gratulieren. Die Bürgerinitiative besitzt großen Symbolcharakter und stellt eine der effektivsten Mittel dar, die Demokratie in der EU zu stärken. Bürgerinnen und Bürger muss vermittelt werden, dass das neue Instrument einfach zu handhaben, zugänglich und zuverlässig ist. Ich sollte erwähnen, dass Rumänien es während der Verhandlungen mit dem Rat erreicht hat, eine Ausgewogenheit zwischen der Zugänglichkeit der Initiative und den Auflagen machenden Vorschriften, welche ihren Missbrauch verhindern, herzustellen. Ich glaube, dass die letzten Abänderungen eine schnellere „Zulässigkeit“ bei der Überprüfung von Anträgen, leichtere Zugangsvoraussetzungen wie eine geringere Anzahl teilnehmender Länder sowie ein einfacheres Verfahren der Unterzeichnung von Petitionen beinhalten. Ich möchte hervorheben, wie wichtig es ist, dieses Instrument in ganz Europa zu regulieren. Wir müssen nach einer Lösung suchen, die die Mitsprache der breiten Öffentlichkeit fördert. Berücksichtigt man dies, so spielen Kommunikations- und Informationskampagnen eine bedeutende Rolle.
Dominique Baudis (PPE), schriftlich. – (FR) Die Bürgerinitiative soll nun endlich das Licht der Welt erblicken. Diese unglaubliche demokratische Innovation wird das Fundament für eine neue europäische Bürgerschaft legen. Sie wird zu dem Instrument werden, das es der europäischen Öffentlichkeit ermöglicht, ihren Anliegen zu Themen, welche für unsere gemeinsame Zukunft entscheidend sein können, direkten Ausdruck zu verleihen. Die Möglichkeit der Intervention ist genauso wichtig wie das erweiterte Mandat der Union. Das Europäische Parlament ermutigt zu einer schnellen und effektiven Umsetzung. Diese Initiative wurde durch den Vertrag von Lissabon eingeführt; und es liegt weiterhin an den europäischen Institutionen, eine Vereinbarung über die praktischen Vorkehrungen zu treffen. Im Rahmen der Bedingungen für die Organisation einer Initiative, die laut Parlament flexibel sein soll (eine Million Menschen aus mindestens einem Viertel der Mitgliedstaaten, was derzeit sieben Ländern entspricht), werden die betreffenden Bürgerinnen und Bürgern mit allen Mitteln ausgestattet, um die Kommission zu ersuchen, einen neuen Legislativtext vorzuschlagen. Dies wird nächstes Jahr möglich werden.
Piotr Borys (PPE), schriftlich. – (PL) Mit dem Vertrag von Lissabon haben wir auf die Einwohner der EU Nationalität übertragen. Der nächste Schritt wird sein, den Bürgerinnen und Bürgern der EU die Bürgerinitiative anzubieten. Es ist ein seltener Augenblick, wenn der Gesetzgeber oder die Exekutive etwas von ihrer Macht auf die Bürgerinnen und Bürger überträgt. Das zeigt große Reife. Es ist unsere Antwort auf das Demokratiedefizit.
Unsere Arbeit basiert nicht nur auf der repräsentativen Demokratie – sie basiert ebenfalls auf der partizipativen Demokratie. Die vorhergehende Entwicklungspolitik und die Beratungen mit Bürgerinnen und Bürgern innerhalb des Entscheidungsprozesses haben nicht immer die Erwartungen der Einwohner der Europäischen Union erfüllt. Die Bürgerinitiative, welche das Ergebnis eines schwierigen Kompromisses darstellt, hat zum einen volle Transparenz sichergestellt. Zum anderen haben wir das gesamte System vereinfacht. Außerdem haben wir eine Neuerung durch die Möglichkeit, Unterstützungsbekundungen online einzureichen, eingebracht. Derzeit warten große Anstrengungen auf uns, die Bürgerinitiative voranzubringen, und diese müssen von der Kommission, dem Parlament und auch von den Mitgliedstaaten unternommen werden. Wir sollten auch erwägen, ob Offenheit gegenüber der Bürgerinitiative durch demagogische oder populistische Vorschläge gefährdet werden könnte. Ich denke nicht, dass das passieren wird. Jede durch die Bürgerinnen und Bürger vorgebrachte Initiative wird notwendigerweise eine erhöhte Verantwortung seitens der Kommission und des Parlaments nach sich ziehen.
Zuzana Brzobohatá (S&D), schriftlich. – (CS) Der Vertrag von Lissabon hat das Fundament für die neue europäische Bürgerinitiative gelegt, die bis jetzt im Hinblick auf den Beschlussfassungsprozess der Europäischen Union gefehlt hat. Ich persönlich begrüße diese neue Option, die eine Antwort auf die häufige Kritik ist, dass die Arbeitsweise der EU ein Demokratiedefizit bei seinem Beschlussfassungsverfahren aufweist. Dieses neue Instrument ermöglicht es den Bürgerinnen und Bürgern der EU, sich direkt an die Kommission zu wenden und sie zu ersuchen, zur Behandlung einer speziellen Angelegenheit eine Gesetzesvorlage einzureichen. Das vertieft das Verhältnis zwischen den Bürgerinnen und Bürgern der EU und den Institutionen der EU dadurch, dass es das oft kritisierte Demokratiedefizit bei Entscheidungsprozessen ausschaltet und Bürgerinnen und Bürger direkt an den Entscheidungsverfahren beteiligt. Meiner Meinung nach führt die Europäische Bürgerinitiative die Institutionen näher an die Bürgerinnen und Bürger heran und erfüllt somit das Subsidiaritätsprinzip als ein grundlegendes Prinzip der Entscheidungsmechanismen der Europäischen Union. Ich möchte auch erwähnen, dass der Ausschuss der Regionen gesagt hat, dass die lokalen und regionalen Behörden Interesse an der Europäischen Bürgerinitiative gezeigt haben. Solche Organe könnten in der Funktion als Organisatoren oder Träger an dem Prozess beteiligt werden; schließlich stehen sie den Bürgerinnen und Bürgern der EU am nächsten. Das ist nur einer von vielen Gründen, weshalb ich die Einführung der Europäischen Bürgerinitiative unterstütze.
Jim Higgins (PPE), schriftlich. – Ich war ein starker Befürworter, dass die europäischen Bürgerinnen und Bürger von dem mächtigen Instrument so bald wie möglich profitieren sollten, und ich bin erfreut, das Gesetzgebungsverfahren ein Jahr nach dem Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon beendet zu sehen. Die Bürgerinitiative ist eine wichtige Neuerung des Vertrages von Lissabon. Sie stattet die europäischen Bürgerinnen und Bürger mit einem neuen Recht aus, wodurch eine Million Bürgerinnen und Bürger die Europäische Kommission dazu auffordern können, ein neues EU-Gesetz vorzuschlagen; auf diese Weise rücken Europa und seine Bürgerinnen und Bürger näher zusammen. Die Bürgerinitiative ist ein wertvolles Instrument, mit dem Bürgerinnen und Bürger durch Teamwork ehrgeizige Ziele umsetzen können – das ist das Wesen des europäischen Projekts. Diese Initiative gewährleistet, dass die Institutionen weiterhin die Anliegen, die ihren Bürgerinnen und Bürgern am Herzen liegen, ernst nehmen und gleichzeitig grenzüberschreitende Debatten über europäische Fragen fördern. Dabei handelt es sich um ein in einer Entwicklung befindliches Projekt, und die Kommission wird alle drei Jahre einen Bericht über die Umsetzung der Initiative vorlegen.
Martin Kastler (PPE), schriftlich. – Die Abstimmung heute zur Europäischen Bürgerinitiative ist ein Meilenstein für mehr Demokratie in Europa. Ja, ich begrüße den Kompromiss und werde ihn deshalb auch unterstützen, denn der Bericht meiner Kollegen Alain Lamassoure und Zita Gurmai eröffnet die ersten Schritte in die richtige Richtung. Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, haben wir keine Angst vor mehr Bürgerwillen! Lassen wir die Bürger Europas mehr mitentscheiden – und nicht nur alle fünf Jahre bei den Europawahlen. Dazu gehören Mut, Ausdauer und Kraft. Mut, immer wieder in den Dialog zu treten. Ausdauer, weil Entscheidungen nicht unbedingt schneller getroffen werden können. Und Kraft, weil unsere repräsentative Demokratie – wie ich meine, endlich – mehr partizipative Elemente erhält. Unser Ziel muss bleiben, mehr Dialog in Europa zwischen Bürgern und Politik zu schaffen. Ich freue mich, dass wir mit der Europäischen Bürgerinitiative heute dem Europa der Bürger einen Schritt näher kommen. Und ich bin überzeugt, eines Tages werden wir Europäer gemeinsam europäische Entscheidungen treffen – mit einem Bürgerentscheid.
Tunne Kelam (PPE), schriftlich. – Die Frage, wie man Europa und die Bürgerinnen und Bürger einander näher bringt, ist wahrscheinlich seit Beginn der Europäischen Gemeinschaft eines der wichtigen diskutierten Anliegen. Der Konvent zur Zukunft Europas hat sowohl die Grundlagen für die aktuelle Fassung des Vertrags von Lissabon ausgearbeitet als auch das Fundament für die Bürgerinitiative gelegt. Das Ergebnis liegt uns nun vor, und in naher Zukunft werden alle Bürgerinnen und Bürger in der EU die Möglichkeit haben, die europäischen Entscheidungsträger auf Fragen, die ihnen wichtig erscheinen, aufmerksam zu machen. Diese Initiative ist eine der wichtigsten Maßnahmen, um Bürgerinnen und Bürger in Europa zusammenzuführen – es ist eine Initiative, die gemeinsames Handeln, Zusammenarbeit, Koordination und den Willen, zusammen für ein gemeinsames europäisches Ziel zu arbeiten, erfordert. Jede Stimme in einer Gesellschaft zählt, doch nur Geschlossenheit kann wirklich etwas bewegen. Ich rufe die Kommission und die Mitgliedstaaten dazu auf, diese Initiative zu fördern und sicherzustellen, dass sie für jeden leicht zugänglich ist. Besonders begrüße ich den Vorschlag zu gemeinsamen Anhörungen mit der Kommission und dem Parlament. Es ist von höchster Wichtigkeit, dass das direkt gewählte Europäische Parlament eng eingebunden ist und den Anliegen und Fragen der Bürgerinnen und Bürger nachgeht.
Ádám Kósa (PPE), schriftlich. – (HU) Es ist für Bürgerinnen und Bürger von großer Bedeutung, dass sie zu festgelegten Bedingungen und innerhalb eines angemessenen Rahmens die Möglichkeit haben, im Zusammenhang mit den Themen, die den größten Einfluss auf ihr Leben haben, zeitnah Initiative zu ergreifen. Wie bekannt ist, bin ich der Vorsitzende einer der ältesten Interessenvertretungen für Personen mit Behinderungen in Ungarn, des über einhundert Jahre alten Ungarischen Verbandes für Taube und Schwerhörige. Auf der Grundlage der Erfahrungen, die ich während meiner Arbeit dort sammeln konnte, möchte ich schon zu diesem Zeitpunkt sagen, dass die Arbeit von Herrn Lamassoure und Frau Gurmai konkrete Ergebnisse in Form von Bürgerinitiativen zeigen wird. Mit großem Bedauern stelle ich fest, dass die 2007 durch die Gemeinschaft von 80 Millionen in der Europäischen Union lebenden Menschen mit Behinderungen gestartete „million4disability“-Initiative mit 1,35 Millionen authentischen Unterschriften nicht zum Erfolg führte. Eine solche Initiative würde jetzt Auswirkungen haben und Ergebnisse zeigen, und ich bedanke mich bei jedem für seine Arbeit in diesem Bereich.
Sirpa Pietikäinen (PPE), schriftlich. – (FI) Die Bürgerinitiative ist eine willkommene Ergänzung zur aktiven Unionsbürgerschaft. Neben der eigentlichen Gesetzesinitiative wird sie eine bedeutende Rolle bei der Initiierung von politischen Debatten spielen.
Der Anwendungsbereich der Bürgerinitiative ist jedoch noch nicht eindeutig. Die europäische Bürgerinitiative sollte ein Mittel sein, um Änderungen an den EU-Verträgen vorzunehmen. Mit dem Vertrag von Lissabon hat sogar die Kommission die Befugnis, Vorschläge in diesem Rahmen zu unterbreiten. Aus diesem Grund sollte die Bürgerinitiative auch die Entwicklung von Initiativen beinhalten. Denkbar sind zum Beispiel Initiativen im Bereich sozialer Fragen, wofür vielleicht eine Berechtigung und Grundlage in der EU-Charta der Grundrechte zu finden sind. Die Debatte über die Notwendigkeit der Änderung der Verträge sollte deshalb nicht mit einer engen Auslegung der Bürgerinitiative enden: sie muss flexibler sein und den öffentlichen Standpunkt berücksichtigen.
Cristian Dan Preda (PPE), schriftlich. – (RO) Die Einführung der europäischen Bürgerinitiative beweist, dass die Heranführung der Europäischen Union an seine Bürgerinnen und Bürger, was eines der Hauptziele des Prozesses der Überprüfung der Verträge ist und zur Annahme des Vertrags von Lissabon führte, mehr als nur eine einfache abstrakte Idee ist. Die europäische Bürgerinitiative wird einen großen Beitrag dazu leisten, das europäische Regierungssystem demokratischer zu gestalten, da sie eine direkte Verbindung zwischen den Bürgerinnen und Bürgern der Mitgliedstaaten und den EU-Institutionen herstellt. Das Dokument des Parlaments erfüllt die Anforderungen, die Bürgerinnen und Bürger mit einem einfachen zugänglichen Instrument auszustatten, und die Möglichkeit, Unterschriften online zu sammeln, demonstriert die Fähigkeit, sich an die Realität moderner Gesellschaften anzupassen. Die Initiative gibt den politischen Parteien Europas die Möglichkeit, sich von Strukturen, welche nationale Parteien zusammenbringen, hin zu Organisationen zu wandeln, die den Willen von Bürgerinnen und Bürgern in gemeinsamen Projekten mobilisieren. Doch müssen die Auswirkungen der europäischen Bürgerinitiative nicht nur auf europäischer Ebene, sondern auch auf nationaler Ebene bewertet und berücksichtigt werden. Die Tatsache aber, dass ab jetzt mindestens 24 750 rumänische Staatsbürger in der Lage sein werde, sich zusammenzuschließen, um solche Initiativen mit anderen Bürgerinnen und Bürgern von mindestens einem Viertel der Mitgliedstaaten vorzuschlagen, kann nicht von einer anderen Tatsache losgelöst werden, nämlich dass nach der rumänischen Verfassung mindestens 100 000 rumänische Staatsbürger erforderlich sind, um eine Gesetzesinitiative in einem strikt nationalen Kontext einzureichen.
Algirdas Saudargas (PPE), schriftlich. – (LT)Ich bin erfreut, dass kaum ein Jahr nach dem Inkrafttreten des Vertrages von Lissabon eine Vereinbarung über die Verordnung zur Bürgerinitiative erzielt wurde. Diese Verordnung ist eine große Errungenschaft, welche die demokratischen Grundsätze in der Europäischen Union stärkt. Das Recht der Initiierung des Gesetzgebungsverfahrens, das einer Million Bürgerinnen und Bürgern übertragen wurde, wird das Interesse und die Beteiligung an der EU-Politik wecken. Es ist von großer Bedeutung, dass das Parlament es geschafft hat, die Verfahren zur Vorlage und Organisation von Initiativen zu vereinfachen. Eine Initiative wird nur dann erfolgreich sein, wenn sie einfach umgesetzt werden kann und für alle zugänglich ist. Sie muss klar und verständlich sein, und die Bürgerinnen und Bürger müssen daran mitwirken können und dies auch wollen. Andererseits ist es auch notwendig, die Transparenz in der Organisation und die Finanzausstattung dieser Initiative sicherzustellen, und die Initiative muss vielmehr ein Sprachrohr der Bürgerinnen und Bürger als ein Instrument politischer oder anderer Gruppierungen sein. Ich bin der Überzeugung, dass der endgültige Wortlaut der Verordnung, über den wir heute abstimmen werden, dazu beitragen wird, diese Ausgewogenheit sicherzustellen. Eines der Ziele des Vertrages von Lissabon ist es, Bürgerinnen und Bürger näher an Europa heranzuführen; die Bürgerinitiative wird dabei helfen, das zu erreichen, indem sie diese neue einzigartige Form der Bürgerbeteiligung am politischen Leben einführt.
Olga Sehnalová (S&D), schriftlich. – (CS) Die Festlegung der Bedingungen für das Funktionieren der europäischen Bürgerinitiative war ein komplexer Prozess von Verhandlungen und Kompromissen und erforderte viele Debatten im Europäischen Parlament, in der Kommission und im Rat. Der gemeinnützige Sektor war ebenfalls involviert. Während der Debatte wurden bestimmte Problembereiche offenkundig, wie zum Beispiel die Fragen, wie die europäische Dimension der Initiative, Transparenz, die Methode, Unterschriften zu sammeln sowie andere Verfahrensfragen zu behandeln seien. Doch die wichtigste Frage ist die allgemeine Herangehensweise an die Bürgerinitiative. Wenn wir von diesem neuen Instrument in vollem Umfang profitieren wollen, dann dürfen wir keine Angst davor haben, die offene Diskussion zu beenden und die Zielsetzungen umzusetzen. Ja, sicher wird es populistische und heikle Themen geben, doch gerade deswegen wird es so wichtig sein, den Registrierungsprozess für eine Initiative zu starten, bevor irgendwelche Unterschriften gesammelt werden. Dieses Verfahren wird zeigen, ob Vorschläge die Grundwerte der Europäischen Union erfüllen oder nicht. Als Schattenberichterstatterin für den Ausschuss für Kultur und Bildung befürworte ich den Kompromiss, der erzielt wurde, insbesondere die Reduzierung der Mindestanzahl von Staaten, die erforderlich ist, um eine Initiative zu registrieren, auf ein Viertel der Mitgliedstaaten, sowie die Tatsache, dass das Europäische Parlament eine aktive Rolle bei der öffentlichen Anhörung von erfolgreichen Vorschlägen bei einer Initiative innehaben wird. Selbstverständlich bin ich der Meinung, dass gewählte Vertreter auch die Möglichkeit haben sollten, bei der Organisation der Initiativen beteiligt zu sein. Ich bin der festen Überzeugung, dass die europäische Bürgerinitiative in Zukunft den Charakter einer Unionsbürgerschaft festigen wird.
Der Präsident. – Als nächster Punkt folgt die Abstimmungsstunde.
(Für Einzelheiten zum Abstimmungsergebnis: siehe Protokoll)
Jean-Pierre Audy (PPE). – (FR) Herr Präsident, gemäß den Artikeln 146 und 148 unserer Geschäftsordnung möchte ich bezüglich der Mehrsprachigkeit und des Verfalls der Mehrsprachigkeit im Europäischen Parlament einhaken.
Ich nutze die Gelegenheit Sie darauf hinzuweisen, dass die Entschließung über das Arbeitsprogramm der Europäischen Kommission zusammen mit den Änderungsanträgen 19 bis 28 um 12.40 Uhr noch nicht in das Französische übersetzt wurden, um Ihre Aufmerksamkeit auf den inakzeptablen Verfall der Mehrsprachigkeit im Europäischen Parlament zu lenken.
(Beifall)
Der Präsident. – Vielen Dank. Wir werden dies in Zukunft berücksichtigen und auf solche Fälle achten. Dies ist sehr wichtig.
7.1. Inanspruchnahme des Flexibilitätsinstruments für das Programm Lebenslanges Lernen, das Programm für Wettbewerbsfähigkeit und Innovation und für Palästina (A7-0367/2010, Reimer Böge) (Abstimmung)
7.2. Vom Rat geänderter Entwurf des Gesamthaushaltsplans der Europäischen Union für das Haushaltsjahr 2011 (Abstimmung)
– Vor der Abstimmung über Änderungsantrag 13:
Martin Schulz (S&D). - Herr Präsident! Zu Änderungsantrag 13 möchte ich für unsere Fraktion folgende Erklärung abgeben: Das ist ein Antrag, den mein Kollege Göran Färm im Namen unserer Fraktion im Haushaltsausschuss gestellt hatte. Wir haben diesen Änderungsantrag nicht mehr erneut eingebracht, aber die Fraktion der Grünen hat mit 40 Unterschriften den Antrag erneut eingereicht. Wir werden uns bei diesem Antrag enthalten. Ich habe aber mit den Kollegen der Grünen darüber eine Verständigung erzielt, wir sind in der Sache absolut einer Meinung. Da wir aber grundsätzlich gesagt haben, wir bringen jetzt keine neuen Änderungsanträge als Fraktion ein, enthalten wir uns. Ich möchte aber ausdrücklich sagen, dass wir diesen Punkt – Finanztransaktionssteuer – unterstützen und hoffen, dass die Kollegen der anderen Seite des Hauses uns bei den Abstimmungen in den nächsten Tagen dabei unterstützen werden.
7.3. Standpunkt des Parlaments zum neuen vom Rat geänderten Entwurf des Haushaltsplans für 2011 - alle Einzelpläne (A7-0369/2010, Sidonia Elżbieta Jędrzejewska i Helga Trüpel) (Abstimmung)
– Vor der Abstimmung:
Sidonia Elżbieta Jędrzejewska (PPE). – (PL) Herr Präsident, ich denke, die Abgeordneten sollten eine Erklärung erhalten. Wir stimmen nun über den Entwurf ab, der uns ohne Änderungen vom Rat vorgelegt wurde, da dieser Entwurf und der Standpunkt, den der Haushaltsausschuss vergangene Woche angenommen hat, identisch sind. Er stimmt mit dem überein, was wir während der sehr langen 10 Monate dauernden Verhandlungen vereinbart haben.
Ich möchte diese Gelegenheit ergreifen, um vor allem den Sonderberichterstattern der Ausschüsse des europäischen Parlaments zu danken. Danke für Ihr unverbrüchliches Vertrauen und Ihre Unterstützung. Vielen Dank dafür, dass Sie es uns ermöglichten, den Haushaltsplan für 2011 heute anzunehmen, sodass er bereits Anfang Januar nächsten Jahres effizient umgesetzt werden kann.
– Nach der Abstimmung:
Olivier Chastel, amtierender Präsident des Rates. −(FR) Herr Präsident, sehr geehrte Abgeordnete, das Parlament hat somit den Standpunkt des Rates zu dem Entwurf des Haushaltsplans 2011 ohne Änderungsanträge gebilligt. Ich kann, ehrlich gesagt, nicht anders, als im Namen des Rates mit unserer gemeinsamen Übereinkunft zum Haushaltsplan 2011 zufrieden zu sein.
(Beifall)
Der Präsident. – Bitte hören Sie sich diese Erklärung an. Sie ist wichtig. Erstmals in der Geschichte haben wir das im Vertrag von Lissabon festgelegte Verfahren angewendet. Vergangenes Jahr haben wir ein vereinfachtes Verfahren angewendet. Dies war das erste Mal, dass das vollständige Verfahren des Vertrags von Lissabon befolgt wurde. Somit möchte ich folgende Erklärung abgeben. Das Europäische Parlament hat den Standpunkt des Rates vom 10. Dezember 2010 zum Entwurf des Gesamthaushaltsplans gebilligt, welcher von der Kommission am 26. November 2010 vorgelegt wurde. Das Haushaltsverfahren wurde gemäß Artikel 314 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union fertig gestellt. In Einklang mit Artikel 314, Punkt 4 Buchstabe a) erkläre ich, dass der Haushaltsplan für das Jahr 2011 endgültig erlassen wurde. Ich werde nun das Dokument offiziell unterzeichnen.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, ich möchte zum Abschluss noch einige Worte sagen. Ich möchte all den Kolleginnen und Kollegen des Vermittlungsausschusses des Europäischen Parlaments, 27 Personen, für ihre harte Arbeit und letztendlich für das Erreichen eines positiven Ergebnisses danken und ihnen dazu gratulieren.
Ich möchte drei wichtige Akteure für ein Foto heraus bitten: Alain Lamassoure, Vorsitzender des Haushaltsausschusses, sowie die beiden Berichterstatterinnen, Sidonia Jędrzejewska und Helga Trüpel.
(Beifall)
Lassen Sie mich zudem meine Dankbarkeit gegenüber dem Ratsvorsitz, dem belgischen Ratsvorsitz, für die hervorragende Zusammenarbeit und Tätigkeit ausdrücken, vor allem gegenüber Premierminister Yves Leterme und Staatssekretär Melchior Wathelet, die heute nicht anwesend sind. Sie waren im Namen des belgischen Ratsvorsitzes sehr aktiv.
Lassen Sie mich auch Kommissionspräsident Barroso danken, der nicht anwesend ist, und Herrn Kommissar Lewandowski für die Vorbereitung des Haushaltsplans sowie dafür danken, dass sie die heutige Übereinkunft erleichtert haben. Bitte kommen Sie für ein kurzes Foto heraus.
(Beifall)
8. Verleihung des Sacharow-Preises (feierliche Sitzung)
Der Präsident. − Sehr geehrter amtierender Präsident des Rates Chastel, sehr geehrte Hohe Vertreterin der Europäischen Union für Außen- und Sicherheitspolitik/Vize-Präsidentin der Kommission, Lady Ashton, sehr geehrte Gäste,
(PL) der Sacharow-Preis ist ein Symbol des Europäischen Parlaments im Kampf für die weltweite Achtung der Menschenrechte. Der leere Sessel in der Mitte unseres Plenarsaales ist Zeugnis dafür, wie notwendig dies ist, insbesondere, aktuell die bedeutendsten Beispiele aus der ganzen Welt anzusprechen, Beispiele von Menschen, die für die Freiheit der Meinungsäußerung kämpfen. Ich wandte mich sogar an den kubanischen Präsidenten, um ihn zu ersuchen, Herrn Fariñas nach Straßburg reisen zu lassen, doch leider brachte dies nicht den gewünschten Erfolg. Am Freitag gab es einen ähnlichen leeren Sessel in Oslo, der für den inhaftierten chinesischen Dissidenten und Friedensnobelpreisträger Liu Xiaobo gedacht war. Bei früheren Anlässen konnten andere Preisträgerinnen und Preisträger des Sacharow-Preises – Hu Jia aus China und die „Frauen in Weiß“ aus Kuba – den Preis nicht persönlich entgegennehmen. Oleg Orlov, der den Sacharow-Preis vergangenes Jahr im Namen von Memorial verliehen bekam, ist heute nicht bei uns, obwohl er zur Preisverleihung eingeladen war.
Sehr geehrte Damen und Herren, Guillermo Fariñas wird der Preis für seinen Kampf um die Wiederherstellung der Meinungsfreiheit in Kuba verliehen. Über Jahre hinweg hat er sich aktiv gegen die Zensur eingesetzt, hat sein Leben und seine Gesundheit aufs Spiel gesetzt und war bisher 23-mal im Hungerstreik. Er hat 11 Jahre im Gefängnis verbracht. Unlängst war er während eines Hungerstreiks dem Tode nah; gerade zu diesem Zeitpunkt wurde in Kuba damit begonnen, Oppositionsvertreterinnen und -vertreter und politische Gefangene aus Gewissensgründen freizulassen. Hier gebührt der katholischen Kirche großer Dank. Wie es für uns in meinem Land schon einmal der Fall war, erfüllt die Kirche für die Menschen in Kuba die Rolle der Institutionen der Zivilgesellschaft. Unglücklicherweise sind noch immer 11 Menschen im Gefängnis. Darunter auch die Ehemänner einiger der „Frauen in Weiß“. Hier und jetzt, im Namen von uns allen, fordere ich ihre unmittelbare Entlassung.
(Lauter und andauernder Beifall)
Ich zitiere aus der von uns im März angenommenen Entschließung, in der wir die Hohe Vertreterin und Vize-Präsidentin der Kommission für Außen- und Sicherheitspolitik sowie den Kommissar für internationale Zusammenarbeit auffordern, unverzüglich einen Dialog mit der kubanischen Zivilgesellschaft und mit jenen, die einen friedlichen Übergang in Kuba wollen, in Gang zu setzen und zu organisieren. Wir haben heute noch eine Diskussion über den Bericht Andrikienė über Menschenrechte in der Welt 2009 und die Politik der Europäischen Union in dieser Frage vor uns. Wir werden somit herausfinden können, was Frau Ashtons Pläne für die Stärkung der europäischen Menschenrechtspolitik sind.
Sehr geehrte Damen und Herren, trotz der Tatsache, dass Menschen wie Guillermo Fariñas verfolgt und inhaftiert werden, kann ihre Stimme nicht zum Schweigen gebracht werden. Die Rolle des Europäischen Parlaments und die Rolle jedes Einzelnen von uns ist es, diese Stimme zu stärken. Aus diesem Grund bereitet es mir große Freude, Sie darüber zu informieren, dass wir bald eine Botschaft hören werden, eine kurze Rede, die für uns von dem diesjährigen Preisträger des Sacharow-Preises, Guillermo Fariñas, aufgenommen wurde. Dies sollte der Moment sein, an dem die Urkunde dem Preisträger überreicht wird. Leider bin ich gezwungen, die Urkunde auf den leeren Sessel zu legen, doch ich hoffe, Sie gestatten mir – im Namen von uns allen – dem Preisträger viel Kraft und Gesundheit sowie Erfolg im Kampf für die Freiheit zu wünschen und schließlich auch, dass es ihm in Zukunft möglich sein wird, hier zu uns in das Europäische Parlament zu kommen und die Urkunde sowie den Preis persönlich entgegenzunehmen. Vielen Dank.
(Lauter und andauernder Beifall)
Guillermo Fariñas (PPE). – (ES) Eine Botschaft an das Europäische Parlament: Santa Clara, 14. Dezember 2010
Sehr geehrter Herr Jerzy Buzek, Präsident des Europäischen Parlaments,
sehr geehrte Vizepräsidenten und ehrenwerte Abgeordnete dieses multinationalen demokratischen Forums,
unglücklicherweise kann ich aufgrund der mangelnden Toleranz, die wir so sehr auf diesem gequälten Planeten benötigen, nicht als Vertreter des sich im Aufstand befindenden kubanischen Volkes sowie jener kubanischen Bürgerinnen und Bürger, die ihre Angst vor der totalitären Regierung, die uns seit nunmehr ganzen beschämenden 52 Jahren unterdrückt und dessen jüngstes Opfer der Märtyrer Orlando Zapata Tamayo ist, bei Ihnen sein.
Unglücklicherweise für diejenigen, die uns in unserem eigenen Heimatland schlecht regieren, ist die Tatsache, dass ich nicht freiwillig die Insel, auf der ich geboren wurde, verlassen und wieder dorthin zurückkehren kann, für sich genommen das unwiderlegbarste Zeugnis dafür, dass sich leider nichts an dem in meinem Land vorherrschenden autokratischen System geändert hat.
In den Köpfen der aktuellen kubanischen Machthaber sind wir kubanische Bürgerinnen und Bürger nichts anderes als die Sklaven, von denen ich abstamme, die in Afrika entführt und mit Gewalt nach Amerika gebracht wurden. Ich, wie auch jeder andere normale Bürger, benötige für eine Reise ins Ausland eine Carta de Libertad, eine Freiheitskarte, wie sie auch die Sklaven benötigten: nur dass sie heute Carta Blanca, „Weiße Karte“, genannt wird.
Meine größte Hoffnung ist es, dass Sie sich nicht erlauben, sich von den Sirenengesängen eines grausamen Regimes einlullen zu lassen, das den „wilden Kommunismus“ anwendet, dessen einziges Ziel – nach der Illusion, tief greifende wirtschaftliche Veränderungen vorzunehmen – es ist, dass die Europäische Union und das Europäische Parlament den Gemeinsamen Standpunkt aufgeben und es dem Regime gestatten wird, von Darlehen und Investitionen zu profitieren, die als Hilfe für Länder der Dritten Welt gemäß dem Cotonou-Abkommen verwendet werden.
Frühere politische Gefangene und politische Gefangene aus Gewissensgründen, die vor kurzem im Rahmen des „wilden Kommunismus“ freigelassen wurden, wären sicherlich gerne hierher gekommen. Es wäre ein Fehler zu glauben, dass sie in die Freiheit entlassen wurden; sie und ihre Familien sind der „psychologischen Verbannung“ ausgesetzt, denn ihre Liebsten wurden von der neostalinistischen kubanischen Regierung erpresst.
Wir, die friedliche Opposition in Kuba, haben einen sozialen, rationalen Zugang zu den materiellen oder spirituellen Schwierigkeiten, unter denen wir leiden, während wir den Verlust unserer Freiheit und sogar unseres Lebens riskieren, da wir nun einmal Teil der am wenigsten bevorzugten Bevölkerungsgruppe sind. Hier auf Kuba leiden wir alle, doch wir beschweren uns nicht, weswegen wir hoffen, auf Ihre Unterstützung zählen zu können.
Sehr geehrte Mitglieder des Europäischen Parlaments, ich ersuche Sie, den Forderungen der führenden kubanischen Elite nicht nachzugeben, solange die folgenden fünf Forderungen nicht erfüllt sind:
Erstens: Die Fortsetzung der Freilassung aller politischen Gefangenen sowie der politischen Gefangenen aus Gewissensgründen ohne Verbannung und eine öffentliche Verpflichtung, friedliche politische Gegner niemals zu inhaftieren.
Zweitens: Eine sofortige Beendigung der gewalttätigen Anschläge und der Bedrohung der friedlichen Opposition im Land durch die militärischen und paramilitärischen Anhänger des Regimes.
Drittens: Die Verkündung, dass alle kubanischen Gesetze, die der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte widersprechen, untersucht und aufgehoben werden.
Viertens: Die Zusicherung nötiger Geldmittel in der täglichen Praxis zur Schaffung von Oppositionsparteien, von Massenmedien, die dem System des „Staatssozialismus“ nicht untergeordnet sind, von unabhängigen Gewerkschaften und von anderen friedlichen sozialen Einrichtungen.
Fünftens: Die öffentliche Akzeptanz, dass alle in der Diaspora lebenden Kubanerinnen und Kubaner das Recht haben, an Kubas kulturellem, wirtschaftlichem, politischem und sozialem Leben teilzunehmen.
In dieser kritischen Zeit in der Geschichte meines Landes müssen Sie und alle uns wohlgesonnenen Menschen in der ganzen Welt sehr genau auf die unaufhörlichen sozialen Ausbrüche und Proteste in Kuba achten, die durch den Frust angesichts der anmaßenden Macht der Regierung, die im Stande ist, den Befehl zur Tötung meiner Landsleute zu geben, ausgelöst werden.
Ich bete zu Gott, dass es keinen unnötigen Bürgerkrieg zwischen Kubanerinnen und Kubanern geben wird, ausgelöst durch die verblendete Ablehnung zu akzeptieren, dass das politische Modell des „Staatssozialismus“ überall scheiterte und scheitert, wo auch immer bisher versucht wurde, es einzuführen: etwas, das der historische Führer der Kubanischen Revolution – wie sie fälschlicherweise genannt wird – persönlich in der ausländischen Presse einräumte.
Die alten Männer, die Kuba regieren, wollen in ihrer täglichen Verachtung ihren Bürgerinnen und Bürgern gegenüber nicht verstehen, dass sie öffentliche Bedienstete sein sollen und dass alle wahren öffentlichen Bediensteten ihren Landsleuten die Möglichkeit geben, ersetzt oder unterstützt zu werden. Kein Machthaber sollte danach streben, sich an dem Volk, das er regiert, zu bedienen, so wie es in Kuba der Fall ist.
Mit unseren Schwestern und Brüdern im Kampf, die demokratische Ideale teilen, mit denjenigen, die noch immer im Gefängnis sind, jenen, die die scheinbare Freiheit in den Straßen genießen und jenen, die die Härte des Exils wählten, sollten wir unseren ungleichen friedlichen Kampf gegen die Unterdrücker der Castro-Regierung fortsetzen. Mit Gottes Hilfe werden wir den Kampf ohne Blutvergießen gewinnen.
Wenn es eines gibt, dass ich mir in der Gesellschaft meiner oppositionellen Kolleginnen und Kollegen zu eigen gemacht habe, so ist das, jeglichen Hass gegen meine politischen Gegner aus meiner Seele zu verbannen. Tatsache ist – und dies macht uns zu besseren Menschen, um die Aufgabe des Wiederaufbaus unseres Heimatlandes zu bewältigen –, dass ich in diesem Kampf gelernt habe, mich durch die Worte des ersten Dissidenten, Jesus Christus, führen zu lassen: „Liebet eure Feinde“.
Ich danke dem Europäischen Parlament dafür, dass es das kubanische Volk in diesem mehr als 50 Jahre währenden Kampf um Demokratie nicht im Stich gelassen hat. Ich nehme den mir verliehenen Andrei-Sacharow-Preis 2010 für Gewissensfreiheit an, da ich mich selbst als kleinen Teil jenes rebellischen Geistes fühle, der den Menschen, auf die ich stolz bin, zu eigen ist.
Ich bin Ihnen, sehr geehrte Damen und Herren, Mitglieder des Europäischen Parlaments, sehr dankbar, da diese Geste zeigt, dass Sie die Leiden, die wir erdulden, nicht vergessen haben. Somit bringt Ihre Geste das Licht der Freiheit meinem Land um so viel näher.
Möge Gott geben, dass wir in Kuba bald die Versöhnung Seiner Kinder erleben und dass das Land mit Demokratie gesegnet werde.
Guillermo Fariñas Hernández
Qualifizierter Psychologe
Bibliothekar und freier Journalist, aus politischen Gründen dreimal inhaftiert
Nicole Sinclaire (NI). - Herr Präsident, auch wenn ich Herrn Fariñas das Beste wünsche und ihm zu seinem Preis gratuliere, möchte ich das Parlament daran erinnern, dass wir vor einem Jahr Vertreter von Memorial hier hatten, die den Preis auch voll und ganz verdient hätten. Seitdem wurden zwei von ihnen festgenommen, und doch wurde ein prestigeträchtiges Fußballturnier – die Weltmeisterschaft – für 2018 neben fünf EU-Ländern an Russland vergeben.
Warum hat das Europäische Parlament seine Bedenken nicht geäußert? Wenn dieser Preis etwas bedeuten soll, müssen Sie gegen diese Menschenrechtsverletzungen Stellung beziehen.
9.1. Inanspruchnahme des Europäischen Fonds zur Anpassung an die Globalisierung: Noord Holland ICT/Niederlande (A7-0353/2010, Barbara Matera) (Abstimmung)
9.2. Auf die Ehescheidung und Trennung ohne Auflösung des Ehebandes anzuwendendes Recht (A7-0360/2010, Tadeusz Zwiefka) (Abstimmung)
- Nach der Abstimmung:
Tadeusz Zwiefka, Berichterstatter. – (PL) Herr Präsident, vor einigen Monaten hat das Europäische Parlament dem Rat zum ersten Mal die Genehmigung erteilt, ein Verfahren der verstärkten Zusammenarbeit einzuleiten. Zum ersten Mal in der Geschichte der Europäischen Union. Das ist ein extrem wichtiger Schritt, der in Situationen, in denen kein Konsens aller 27 Mitgliedstaaten erreicht werden kann, eine völlig neue Grundlage für die Zusammenarbeit zwischen einer Gruppe von Mitgliedstaaten der Europäischen Union eröffnet. Das ist eine sehr wichtige Entscheidung. Wir haben heute bestätigt, dass dieses Verfahren gut funktioniert.
Ich möchte dem Rat gern insbesondere für die Position, die er im Rahmen seiner Zusammenarbeit mit dem Europäischen Parlament eingenommen hat, meinen tief empfundenen Dank aussprechen. Das ist ein Beispiel für perfekte interinstitutionelle Zusammenarbeit. Während seiner Arbeit an dieser Entschließung ist das Parlament nur als beratendes Organ in Erscheinung getreten, während die Häufigkeit der Treffen und die Tatsache, dass der Rat alle Vorschläge, die vom Europäischen Parlament gemacht wurden und über die im Rechtsausschuss abgestimmt wurde, aufgenommen hat – ihre Aufnahme in das endgültige Dokument – ein perfektes Beispiel ist, das für das Verfahren der verstärkten Zusammenarbeit für die Zukunft Gutes verheißt. Ich möchte dem Rat auch für seine nachdrückliche Unterstützung für unseren Vorschlag zur Durchführung einer schnellen Überprüfung von Brüssel IIa danken, die entscheidend ist, um beispielsweise Detaillösungen zu Fragen bezüglich der Notwendigkeit einer „forum necessitatis“-Regel zu finden; diese erlaubt es Mitgliedstaaten, Sicherheit im Hinblick auf die Funktionsweise ihrer internen Rechtssysteme zu erhalten, während sie unseren Bürgerinnen und Bürgern gleichzeitig die Hoffnung gibt, dass sie in Zukunft nicht nur das geltende Recht, sondern auch das Gericht frei wählen können. Ich möchte auch meinen Schattenberichterstattern aus dem Rechtsausschuss und den Berichterstattern der Ausschüsse, die um Meinungen gebeten wurden, danken.
Jean-Paul Gauzès, Berichterstatter. – (FR) Herr Präsident, dies ist ein rein technischer Änderungsantrag, um das Datum, an dem die Verordnung zur Einrichtung einer Europäischen Wertpapieraufsichtsbehörde in Kraft tritt, und die Tatsache, dass diese Verordnung erst zu einem späteren Zeitpunkt in Kraft treten kann, zu berücksichtigen.
Wir sollten infolgedessen eine Erwägung und einen Artikel des Texts, über den wir abstimmen werden, anpassen. In Erwägung 22 sollten wir den zweiten Satz streichen, und ich schlage vor, dass wir in Artikel zwei ebenfalls den zweiten Satz streichen. Dieser mündliche Änderungsantrag war Gegenstand einer Information und einer Vereinbarung der verschiedenen Fraktionen, die die Kompromissvereinbarung unterzeichnet haben. Dieser Text, über den wir heute abstimmen werden, schließt die Verordnung zu Ratingagenturen ab und ist Bestandteil der Politik der Europäischen Union zur Verbesserung der Regulierung von Finanzdienstleistungen.
Ich möchte diese Gelegenheit nutzen, um Herrn Kommissar Barnier und dem belgischen Ratsvorsitz für ihr starkes Engagement in dieser Angelegenheit zu danken.
(Das Parlament erhebt keine Einwände gegen den mündlichen Änderungsantrag)
9.4. Aufhebung der Richtlinien über das Messwesen (A7-0050/2010, Anja Weisgerber) (Abstimmung)
9.6. Vorstellung des Arbeitsprogramms der Kommission für 2011 (B7-0688/2010) (Abstimmung)
- Vor der Abstimmung über Änderungsantrag 7:
Doris Pack (PPE). - Herr Präsident! Ich möchte gern, dass wir diesen Änderungsantrag am Schluss anders formulieren. Er ist sehr negativ formuliert, und ich bitte, ihn folgendermaßen zu formulieren:
Die Initiative „Jugend in Bewegung“ unterstreicht die Bedeutung der oben genannten Programme.
(Das Parlament erhebt keine Einwände gegen den mündlichen Änderungsantrag)
- Vor der Abstimmung über Änderungsantrag 14:
József Szájer (PPE). - Herr Präsident, ich möchte nur sagen, dass wir Änderungsantrag 14 zurückziehen.
- Vor der Abstimmung über Änderungsantrag 16:
Hannes Swoboda (S&D). - Herr Präsident! Es geht hier um die Mittelmeerunion, und wir wissen ja, dass es momentan zu einem Stillstand gekommen ist und dass wir eine Wiederbelebung haben wollen. Das kommt in der Formulierung schlecht zum Ausdruck, daher würden wir gern folgenden Text einfügen:
Der aktuelle Stillstand der Union für den Mittelmeerraum.
Ich weiß, dass es da einen Widerspruch gibt, vielleicht gibt es da eine andere Formulierung, aber unsere Formulierung wäre:
Der aktuelle Stillstand der Union für den Mittelmeerraum.
(Das Parlament lehnt den mündlichen Änderungsantrag ab.)
9.7. Die Zukunft der strategischen Partnerschaft Afrika/EU im Vorfeld des 3. Gipfels Afrika/EU (B7-0693/2010) (Abstimmung)
- Vor der Abstimmung über Absatz 8:
Michael Gahler (PPE). - Herr Präsident! Es geht nur um die korrekte Bezeichnung, um was es sich handelt. Es muss am Ende im Text heißen: Extractive Industries Transparency Initiative. Das war in dem Text falsch.
(Das Parlament erhebt keine Einwände gegen den mündlichen Änderungsantrag)
- Nach der Abstimmung:
Paul Rübig (PPE). - Herr Präsident! Könnten Sie uns bitte den Namen der Person im Sekretariat sagen, die für die Sitzungsplanung zuständig ist, und ob sie zufällig im Saal anwesend ist?
Der Präsident. − Man hat mir mitgeteilt, dass die Sitzverteilung von den politischen Fraktionen im Plenum vorgenommen wird.
9.8. Grundrechte in der Europäischen Union (2009) - Wirksame Umsetzung nach Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon (A7-0344/2010, Kinga Gál) (Abstimmung)
9.9. Einfluss der Werbung auf das Verbraucherverhalten (A7-0338/2010, Philippe Juvin) (Abstimmung)
9.10. Aktionsplan für Energieeffizienz (A7-0331/2010, Bendt Bendtsen) (Abstimmung)
Der Präsident. − Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, wir haben sehr viele Erklärungen zur Abstimmung, sodass wir sehr streng mit dem Zeitplan sein müssen. Ich werde jeden nach einer Minute unterbrechen. Ich entschuldige mich dafür, aber so wird es gemacht werden.
Mündliche Erklärungen zur Abstimmung
Entwurf des Gesamthaushaltsplans der Europäischen Union für das Haushaltsjahr 2011 gemäß der Änderung durch den Rat
Ashley Fox (ECR). - Herr Präsident, ich möchte gern erklären, warum ich gegen den Haushaltsplan für 2011 gestimmt habe. Ich habe dagegen gestimmt, da die EU in einer Zeit der Knappheit Zurückhaltung zeigen sollte. Wir sollten unsere Ausgaben zurückfahren, nicht steigern. Meiner Ansicht nach war es eine Schande, dass die Kommission ursprünglich eine Erhöhung um 6 % vorgeschlagen hat und dass das Parlament dies unterstützt hat.
Ich glaube, dass mein Premierminister, David Cameron, gute Arbeit geleistet hat, indem er das Ausmaß der Erhöhung auf 2,9 % reduziert hat, aber wir wissen, dass das ein Kompromiss war. Es ist kein Kompromiss, mit dem die britischen Konservativen besonders zufrieden sind, und ich bin stolz darauf, gegen die Verschwendungssucht der EU zu stimmen.
Sirpa Pietikäinen (PPE). - (FI) Herr Präsident, es ist bezeichnend, dass das Parlament zum ersten Mal Gelegenheit hatte, den Haushaltsplan zu genehmigen. In der zukünftigen Haushaltspolitik sollte das Parlament meiner Meinung nach sicherstellen, dass der Schwerpunkt darin liegen sollte, dass die EU ihren Eigenbeitrag erhöhen kann, dass der Haushaltsplan Materialeffizienz und Politik zum Klimawandel durch die Wahl seiner eigenen Strategien unterstützt und dass auf diese Weise die Strategie Europa 2020 und eine grünere Wirtschaft erreicht werden.
Syed Kamall (ECR). - Herr Präsident, wie mein Kollege Herr Fox teile auch ich diese Bedenken, genau wie viele britische Konservative.
In einer Zeit der Knappheit, wenn Regierungen in der ganzen Europäischen Union – und in der Tat Regierungen in der ganzen Welt – versuchen, den Gürtel enger zu schnallen und Ausgaben zu reduzieren, wie können wir es da wagen, mehr Geld von den Steuerzahlern zu verlangen? Sicher ist es an der Zeit, den Gürtel enger zu schnallen und mit gutem Beispiel voranzugehen. Wir hätten keine Erhöhung verlangen sollen, wir hätten nicht einmal eine Beibehaltung des Niveaus verlangen sollen, wir hätten eine Reduzierung des EU-Haushalts verlangen sollen, damit Steuerzahler in der ganzen Europäischen Union ihre Politiker ernst nehmen können und wissen, dass wir die Sorgen verstehen, die sie jetzt gerade haben, und dass wir diese Sorgen mit ihnen teilen, statt wie eine gewählte Elite auszusehen, die keine Rücksicht auf die Leute nimmt, die uns hierher gebracht haben.
Bericht: Sidonia Elżbieta Jędrzejewska, Helga Trüpel (A7-0369/2010)
Peter Jahr (PPE). - Herr Präsident! Das Haushaltsrecht ist das Königsrecht des Parlaments. Das ist auch im Europäischen Parlament nicht anders. Verantwortung, Vertrauen, Partnerschaft – das müssen die drei Überschriften für die Zusammenarbeit zwischen dem Parlament, der Kommission und dem Rat sein. Das Beratungsprozedere zum Haushalt 2011 war in diesem Sinne keine vertrauensbildende Maßnahme. Ich fordere die Kommission, vor allem aber auch den Rat auf, die Rechte des Europäischen Parlaments zu respektieren, denn – wie gesagt – das Haushaltsrecht ist das Königsrecht des Europäischen Parlaments.
Daniel Hannan (ECR). - Herr Präsident, gestern habe ich mich gefragt, ob ich durch einen Riss im Raum-Zeit-Kontinuum gefallen und in den 1970er Jahren gelandet bin. Heute frage ich mich, ob es die 1770er Jahre sind.
Lassen Sie mich eine Bemerkung zitieren, die Thomas Jefferson über weltentrückte und distanzierte Regierungen gemacht hat. Er sagte sinngemäß, „bei einer solchen Distanziertheit gegenüber den Wählern“ neigen Regierende zwingend zu „Korruption, Plünderung und Verschwendung“. Was für eine perfekte Beschreibung für das, was im EU-Haushalt passiert, mit seinen nicht genehmigten Konten, der Fehlzuweisung von Mitteln und den ständig steigenden Zahlen, obwohl die 27 Mitgliedstaaten versuchen, ihre Ausgaben zu reduzieren. Das ist es, was passiert, wenn es keine Verbindung zwischen Abgaben, Nachweis und Ausgaben gibt, wenn die EU Lob fürs Geldausgeben erwartet, aber keine Kritik für die Erhebung von Steuern einstecken kann.
Die einzige Möglichkeit, diese Zahlen wieder mit der öffentlichen Meinung in Einklang zu bringen, besteht darin, dass wir die Verantwortung für den Haushalt wieder an nationale Parlamente und nationale Parlamentarier abgeben, die sich gegenüber ihren Wählern, die auch ihre Steuerzahler sind, rechtfertigen müssen.
Cristiana Muscardini (PPE). – (IT) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir sind für die Maßnahme und danken dem Berichterstatter, der sehr sorgfältig gearbeitet hat.
Wir glauben trotzdem, dass diese Arbeit die europäischen Institutionen zwingen sollte, zukünftige Entwicklungen in dieser neuen Disziplin weiterhin zu überwachen, da es in der Vergangenheit leider allzu oft zu unklaren Situationen gekommen ist, die negative Auswirkungen auf das Finanzsystem hatten, zulasten von Unternehmen und Sparern.
Wir sehen es als sehr wichtig an, ein neues europäisches System für Agenturen zu haben und alle zentralen Bankbehörden zu überwachen, um sicherzustellen, dass Ratingagenturen effektiv auf das moderne Finanzsystem reagieren und für die Öffentlichkeit von Nutzen sind. Daher danke ich dem Berichterstatter.
Peter Jahr (PPE). - Herr Präsident! Die Frage ist, wer kontrolliert eigentlich die Kontrollinstanzen? Denn selbst im Fußball müssen sich Schiedsrichter einer Kontrolle bzw. einem Genehmigungsverfahren unterwerfen. Was für den Fußball gilt, gilt erst recht für die Finanzmärkte. Dort wurde die Beurteilung der Kreditwürdigkeit bzw. der Solidität von Finanzprodukten, von Banken, ja selbst von Ländern den Ratingagenturen überlassen. Aber wenn sich solche Ratingagenturen eine Monopolstellung erarbeiten, wenn sie sich jeglicher Kontrolle entziehen, dann entwickeln sich solche Agenturen zu gottähnlichen Einrichtungen, die angebetet werden. Doch das geht nicht, es steht ja schon in der Heiligen Schrift: „Du sollst keine fremden Götter neben mir haben.“ Der vorliegende Bericht versucht, diesen Missstand zu beseitigen, indem eine Kontrolle der Ratingagenturen eingeführt wird. Das Parlament sollte zu gegebener Zeit noch einmal nachfragen, ob die Erfolge auch wirklich eingetreten sind.
Bericht: Sidonia Elżbieta Jędrzejewska, Helga Trüpel (A7-0369/2010)
Barbara Matera (PPE). – (IT) Herr Präsident, meine Damen und Herren, die heutige Abstimmung über den Haushaltsplan 2011 bestätigt den Abschluss eines neuen Verfahrens, das, so schmerzhaft es auch gewesen sein mag, die verantwortungsvolle und standhafte Einstellung der Haushaltsbehörden gezeigt hat.
Obwohl es eine Kompromisslösung ist, die Opfer vonseiten des Parlaments sowie des Rates verlangt, wurde die Einführung eines Zwölftelsystems verhindert, das schwerwiegende Folgen für die Finanzierung von Programmen der Europäischen Union gehabt hätte.
Das Parlament ist mit den Zielen, die wir erreicht haben, zufrieden. Es zeigt jedoch mit dem Finger auf diejenigen, die für das Scheitern der Vereinbarung zum Internationalen Thermonuklearen Versuchsreaktorprogramm sowie der Flexibilitätsvereinbarung verantwortlich sind. Die Union hat in der Tat bei ihren internationalen Partnern an Glaubwürdigkeit verloren und riskiert, ihre Verpflichtungen in Zukunft nicht finanzieren zu können und die neuen Aktionsbereiche, die sich aus dem Vertrag von Lissabon ergeben, in Zukunft nicht ausfüllen zu können.
Ab Januar 2011 müssen wir daher Prioritäten setzen und dafür sorgen, dass diese für die kommenden Jahre finanziell nachhaltig sind.
Mario Pirillo (S&D). – (IT) Herr Präsident, meine Damen und Herren, die Notwendigkeit, Messsysteme zu modernisieren und gleichzeitig die Richtlinien zu verbessern, hat uns dazu gebracht, europäische Richtlinien zum Messwesen aufzuheben.
Auch ich bin davon überzeugt, dass dies der erste Schritt ist, um eine tief greifende und umfassendere Reform in diesem Bereich einzuleiten. Es gibt auch keinen Zweifel, dass wir uns auf einen ausreichenden Zeitrahmen einigen müssen, um es Mitgliedstaaten zu ermöglichen, die Auswirkungen der Aufhebung dieser Richtlinien auf ihre eigenen Gesetze zu beurteilen und notwendige Anpassungen vorzunehmen.
Zuletzt entspricht die Entscheidung, verschiedene Richtlinien aufzuheben, vollkommen der Notwendigkeit für größere Vereinfachung, die in allen Branchen besonders deutlich spürbar ist. Wir hoffen jedoch, dass sich das Medikament nicht als schlimmer als die Krankheit erweist.
Clemente Mastella (PPE). – (IT) Herr Präsident, meine Damen und Herren, der Vertrag von Lissabon hat eine wegweisende Innovation die demokratische Funktionsweise der Europäischen Union betreffend eingeführt, indem sie dieses neue praktische Instrument für die Beteiligung der Zivilgesellschaft an der europäischen Debatte und Integration bereitstellt.
Tatsächlich führt die Europäische Bürgerinitiative ein neues Konzept internationaler Demokratie ein und stellt für die Europäische Union eine neue Form der partizipativen Demokratie dar. All unsere Bürgerinnen und Bürger können direkt die Europäische Kommission ersuchen, einen Legislativvorschlag einzureichen.
Wir begrüßen den Vorschlag der Kommission, da die Beteiligung der Zivilgesellschaft und die Formulierung von Strategien bei der Entscheidungsfindung die demokratische Legitimität unserer Institutionen stärkt und die Europäische Union ihren Bürgerinnen und Bürgern näher bringt.
Oriol Junqueras Vies (Verts/ALE). – (IT) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Zunächst einmal möchte ich meine Zufriedenheit über die Genehmigung der Europäischen Bürgerinitiative zum Ausdruck bringen, für die ich der Schattenberichterstatter für den Ausschuss für Kultur und Bildung war, während ich bedauere, dass das Parlament es versäumt hat, über zwei Punkte abzustimmen, die ich als wesentlich erachte: die Rechte junger Menschen über 16 Jahre, diese Initiative zu unterzeichnen, und Stimmen für Gebietsansässige.
Wir wissen, dass diese Initiativen nicht durch den Vertrag von Lissabon abgedeckt werden, und das sind einige der Gründe, warum wir gegen diesen Vertrag sind.
Jens Rohde (ALDE). – (DA) Herr Präsident, die Dänische Liberale Partei hat heute für die Bürgerinitiative gestimmt, weil sie die Beteiligung von Bürgerinnen und Bürger fördert und die EU wesentlich zugänglicher machen wird. Das Parlament hat es geschafft, einige standardisierte Bedingungen aufzuführen, um die Bürgerinitiative unabhängig vom betroffenen Mitgliedstaat zugänglich zu machen und sicherzustellen, dass das Instrument einfach zu nutzen ist. Bürgerinnen und Bürger müssen jedoch mindestens aus einem Viertel der Mitgliedstaaten kommen – die Anzahl der Bürgerinnen und Bürger aus jedem Mitgliedstaat muss mindestens der Anzahl der Abgeordneten aus diesem Mitgliedstaat im Europäischen Parlament multipliziert mit einem Faktor von 750 entsprechen, und die Bürgerinnen und Bürger müssen alt genug sein, um an Parlamentswahlen teilzunehmen. Wir glauben, dass diese Bedingungen wichtig sind, um sicherzustellen, dass die Bürgerinitiative auch die Gültigkeit erhält, die erforderlich ist, damit sie als ernsthafter Beitrag zur Entwicklung von Demokratie wahrgenommen wird.
Hannu Takkula (ALDE). - (FI) Herr Präsident, ich möchte gern einige Worte zur Bürgerinitiative sagen. Es ist wahr, dass der Vertrag von Lissabon bedeutet, dass wir eine neue Initiative geschaffen haben, die unsere Bürgerinnen und Bürger ermutigt, sich an demokratischen Prozessen zu beteiligen. Wenn eine Million Bürgerinnen und Bürger eine Petition unterschreiben, stimmt die Kommission zu, sich damit zu beschäftigen, aber ist das alles? Meiner Ansicht nach ist dies eine ausgezeichnete Initiative, aber wir müssen bedenken, wie sie vorangebracht werden kann.
Die Prämisse ist, dass unsere Bürgerinnen und Bürger sich hauptsächlich am demokratischen Prozess beteiligen, indem sie in den Wahlen abstimmen. Das ist ein Weg für uns, Angelegenheiten, die den Menschen wichtig sind, anzugehen. Folglich wird diese neue Initiative möglicherweise der Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern einen Impuls verleihen, obwohl ich selbst andererseits sehe, dass eine Situation entstehen kann, in der die Kommission nur auf Initiativen antwortet, ohne dass es zu konkreten Ergebnissen kommt. Angesichts dessen müssen wir noch einmal darüber nachdenken, wie wir Menschen wirklich ermutigen können, sich an der politischen Entscheidungsfindung zu beteiligen.
Morten Løkkegaard (ALDE). – (DA) Herr Präsident, um nur zu ergänzen, was bereits in Bezug auf die Unterstützung der Dänischen Liberalen Partei gesagt wurde, möchte ich sagen, dass dies, wie bereits erwähnt, eine extrem wichtige Initiative ist. Es ist auch ein Experiment, das wir – und das ist es, was ich jetzt fordere – sehr genau überwachen müssen, und wir müssen sicherstellen, dass der Dreijahreszeitraum, der jetzt für diese Initiative festgelegt wurde, tatsächlich nachverfolgt wird, und wir müssen beurteilen, ob es tatsächlich eine richtige Bürgerinitiative ist oder – wenn ich das so sagen darf – ob sie mit anderen Interessen vermengt wird. Das ist wichtig für ihren Erfolg – den Erfolg, den diese Initiative, wie wir alle hoffen, erfahren wird – nämlich, dass es die Bürgerinnen und Bürger sind, die die Initiative ergreifen. In dieser Hinsicht möchte ich auch sagen, dass ich persönlich hoffe, dass es einige zukunftsorientierte, konstruktive und positive Punkte geben wird, die Bürgerinnen und Bürger bezüglich des EU-Projekts ansprechen möchten, sodass es nicht ständig die „Neinsager“ sind, die den Nutzen dieser Initiative untergraben.
Sonia Alfano (ALDE). – (IT) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich habe das Gesetzgebungsverfahren für die Europäische Bürgerinitiative sehr genau verfolgt und freue mich sehr darüber, dass – teilweise auf der Grundlage der Erklärung des Rates und der Kommission – die ersten Petitionen in einem Jahr eingereicht werden.
Ich bin auch stolz darauf, dem Europäischen Parlament ankündigen zu können, dass in Italien infolge der Genehmigung der empörenden Richtlinie zu Tierversuchen eine breite Basisbewegung von Bürgerinnen und Bürger, Verbänden und Ausschüssen entstanden ist. Diese Bewegung wird dieses Jahr nicht untätig bleiben, sondern daran arbeiten, einen Vorschlag für die Kommission vorzubereiten: einen Vorschlag für moderne und zivilisierte Gesetze innerhalb der Europäischen Union, und der „Nein“ zu Tierversuchen – einer grausamen und wissenschaftlich ineffektiven Praxis – sagt und gleichzeitig alternative Methoden nachhaltig empfiehlt.
„Nein“ zu sagen zu Vivisektion muss ein Ziel der Europäischen Union sein, da es ein Wunsch ihrer Bürgerinnen und Bürger ist.
Ashley Fox (ECR). - Herr Präsident, ich glaube, dass die Bürgerinitiative hilfreich sein könnte, da sie es Bürgerinnen und Bürgern ermöglicht, direkt mit der Kommission zu sprechen, aber es bleibt die Frage, wie die Kommission auf Vorschläge reagieren wird, die ihr nicht zusagen.
Ich denke, dass wir eine ganze Reihe von Initiativen erwarten dürfen, die die Kommission auffordern, mehr zu tun, und nach einem engagierteren Europa verlangen, und zweifellos wird die Kommission auf diese Forderung mit Begeisterung reagieren.
Wie wird sie jedoch auf Vorschläge reagieren für ein Europa, das sich mehr zurücknehmen, besser agieren oder weniger Geld verschwenden soll, oder wie reagiert sie vielleicht auf die Aussage, dass es nie ein einheitliches europäisches Steuersystem geben wird? Ich warte gespannt darauf, wie die Kommission auf solche Vorschläge reagiert. Wird sie diese Vorschläge respektvoll behandeln? Wenn sie nur auf die Vorschläge reagieren, die ihr gefallen, dann ist diese Initiative überflüssig.
Seán Kelly (PPE). – (GA) Herr Präsident, ich habe gern für diese Vorschläge gestimmt, und ich glaube, dass die beiden Berichterstatter ihre Aufgabe sehr gut erledigt haben, nicht nur im Namen der Europäischen Union, sondern auch stellvertretend für unsere Bürgerinnen und Bürger.
Die Bürgerinitiative hat einen großen Beitrag dazu geleistet, dass der Vertrag von Lissabon in Irland vor etwas mehr als einem Jahr verabschiedet wurde, aber es schien eine Weile lang so, als ob der gesamte Prozess durch Komplikationen und Verordnungen behindert werden würde. Dank der Arbeit der Berichterstatter wurde der Prozess vereinfacht; besonders begrüßenswert ist die Idee, dass ein Ausschuss mit sieben Mitgliedern aus sieben verschiedenen Ländern den Prozess einleiten wird. Ich glaube, diese und andere Maßnahmen werden sicherstellen, dass wirkliche Bedenken der Bürgerinnen und Bürger vorgebracht werden können, während persönliche Interessen hoffentlich zurückgestellt werden.
(GA) Daher möchte ich zum Abschluss gern ein Sprichwort aus meiner eigenen Sprache erwähnen, das besagt, dass ein guter Beginn die halbe Arbeit ist. Hier wurde ein guter Beginn gemacht.
Nicole Sinclaire (NI). - Herr Präsident, dies ist wirklich eine Scheindemokratie, nicht wahr? Es ist solch eine Schande, dass Sie die Menschen Europas nicht wirklich anhören wollten, bevor Sie den Vertrag von Lissabon, der diese Bürgerinitiative einführt, umgesetzt haben.
Um auf die Punkte einzugehen, die Herr Fox eben angesprochen hat: Nach der ersten Phase könnte die Kommission entscheiden, dass es sich nicht lohnt. Das ist das Problem, weil es sich hierbei nicht um ein bindendes Mandat handelt. Es kann von der Kommission einfach ignoriert werden. Einmal mehr sehen wir, dass die Europäische Union die Wünsche der Menschen in Europa nicht berücksichtigt. Um Himmels willen, bitte hören Sie auf die Menschen, weil sie dies nicht wollen.
Jim Higgins (PPE). - Herr Präsident, ich begrüße das Arbeitsprogramm der Kommission für 2011 und habe dafür gestimmt.
Die Finanzkrise ist die große Herausforderung, und sie muss frontal angegangen werden. Ich wünsche der Kommission alles Gute bezüglich der Ziele, die sie sich gesetzt hat. In Bezug auf den Euro ist es vom Standpunkt der Integrität und Kohäsion der Union und vom Standpunkt der Solidarität innerhalb der Europäischen Union aus gesehen absolut entscheidend, dass wir die gemeinsame Währung haben und dass wir alles nur Mögliche tun, um sie zu schützen.
In Bezug auf Arbeitsplätze und die Wirtschaft begrüße ich die Tatsache, dass die Kommission im Januar 2011 ihren ersten Jahreswachstumsbericht annehmen wird. Der Jahreswachstumsbericht wird die wirtschaftliche Situation der Union analysieren, einschließlich möglicher Ungleichgewichte und systemischer Risiken. Das ist wesentlich für den Übergang Europas zu einer intelligenten und nachhaltigen Wirtschaft.
Nicht zuletzt sind wir eine Gemeinschaft aus mehr als 500 Millionen Menschen. Wir müssen unsere Präsenz auf der europäischen Bühne und der Weltbühne international verstärken. Ich wünsche der Kommission im nächsten Jahr alles Gute.
Philip Claeys (NI). - (NL) Ich habe aus verschiedenen Gründen gegen diesen Antrag gestimmt, aber der merkwürdigste Absatz ist der, der besagt, dass diesem Parlament zufolge die Mitgliedstaaten verpflichtet werden sollen, 0,7 % ihres Bruttonationaleinkommens für Entwicklungshilfe auszugeben und dass die Kommission die Einhaltung dieser Verpflichtung sicherstellen sollte.
Abgesehen von der Frage, ob Entwicklungshilfe sinnvoll ist oder nicht, stellt dies auch eine schwerwiegende Verletzung des Subsidiaritätsprinzips dar. Ein weiterer merkwürdiger Punkt ist Absatz 52, in dem die Kommission aufgefordert wird, die derzeitige Dynamik für den Erweiterungsprozess zu nutzen. Kann jemand mir sagen, welche Dynamik? Sprechen Sie dabei von den andauernden Provokationen der Türkei oder den massiven Menschenrechtsverletzungen in diesem Land, ganz zu schweigen von der ständig zunehmenden Islamisierung?
Philip Claeys (NI). - (NL) Es gibt sicher einige gute Aspekte in dieser Entschließung, beispielsweise die Verurteilung der Teilnahme von Präsident Mugabe, der ein Verbrecher ist, am Gipfel von Lissabon, und den Verweis auf die schädlichen Auswirkungen der Abwanderung hoch qualifizierter Arbeitskräfte vom afrikanischen Kontinent.
Die Entschließung betont auch zu Recht die entscheidende Rolle der landwirtschaftlichen Kapazität. Andererseits müssen wir diese absurde 0,7 %-Norm wirklich abschaffen. Die 1 Milliarde USD an Entwicklungshilfe, die seit 60 Jahren nach Afrika geflossen sind, hat nur dazu gedient, den Kontinent weiter ins Elend zu stürzen. Statt immer mehr Hilfe zu gewähren, müssen wir unsere Energie in die Bekämpfung illegaler Kapitalflucht u. ä. stecken; das ist etwas, was diese Entschließung sowieso hervorhebt.
Auch von dem Absatz zum Thema Migration war ich nicht sehr beeindruckt, weshalb ich letztendlich dagegen gestimmt habe.
Syed Kamall (ECR). - Herr Präsident, wenn wir uns ansehen, in welch traurigem Zustand sich viele afrikanische Staaten befinden, möchten wir in der EU und den verschiedenen Mitgliedstaaten der EU ihnen natürlich alle aus der Armut heraushelfen, aber ich denke, dass unsere Hilfsleistungen sinnvoller sein sollten. Wenn es eine Katastrophe gibt, ist es absolut richtig, dass Hilfe kurzfristig eine entscheidende Rolle spielt, aber wenn wir uns die langfristige Entwicklung ansehen, wird unsere Hilfe manchmal falsch zugeteilt.
Sicherlich ist es nicht richtig für unsere Steuerzahler in verschiedenen Mitgliedstaaten der EU, Geld an Regierungen in Afrika zu schicken, die ihr eigenes Land nicht anständig regieren, sodass das Geld nicht zu denen gelangt, die es wirklich benötigen. Die beste Möglichkeit zur Unterstützung von Entwicklung besteht darin, Unternehmen in ärmeren Ländern zu helfen, die Wohlstand in ihren eigenen Gemeinden schaffen und ihren eigenen Freunden und Nachbarn aus der Armut heraushelfen können.
Lassen Sie uns unsere Märkte öffnen, lassen Sie uns unsere Hilfe darauf ausrichten, Handel und Entwicklung zu fördern, statt nur mit Geld zu helfen.
Daniel Hannan (ECR). - Herr Präsident, gemeinsam mit einer Reihe von Mitgliedern dieses Hauses habe ich vor kurzem den AKP-Gipfel in Kinshasa, Kongo, besucht, offiziell das zweitärmste Land der Welt. Die UN hat einen Index für Glücklichkeit, und darauf steht die Demokratische Republik Kongo nur vor Simbabwe. Aber natürlich können die Kongolesen, im Gegensatz zu den Simbabwern, sich nicht sagen, dass die Dinge besser werden würden, wenn es nur einen Regierungswechsel gäbe: sie hatten ihre Mehrparteienwahlen, ihre international gutgeheißene Verfassung usw.
Die Demokratische Republik Kongo übertreibt und verstärkt die afrikanische Tragödie. Meiner Meinung nach können Sie die Kolonialerfahrung dort etwas mehr verantwortlich machen als in Nachbarstaaten, ohne die gesamte Tragödie des Kongo-Freistaates noch einmal anzuführen. Es gibt natürlich den Fluch natürlicher Ressourcen, der die Verbindung zwischen Abgaben und Ausgaben aufbricht und Politik zu einem Wettlauf von Ehre und Reichtum macht. Aber vor allem gibt es die Heterogenität, den Mangel eines Nationalgefühls, den Mangel einer linguistischen oder ethnischen Zweckeinheit. „Wenn Sie Ihr Land lieben, zahlen Sie Ihre Steuern“, besagt ein trauriges Schild in Kinshasa. Natürlich tut das niemand.
Ich bin sicher, dass sie vermuten können, warum ich das erwähne. Der Präsident des Europäischen Rates sagte, dass Patriotismus zu Krieg führt. Nun, ich würde ihn gern an einen Ort bringen, an dem es keinerlei Patriotismus gibt, und sehen, wohin das führt.
József Szájer (PPE). – (HU) Herr Präsident, wir alle wissen, dass infolge der Finanzkrise die staatliche Säule des Rentensystems, die einen höheren Grad an Sicherheit bietet, in verschiedenen europäischen Ländern attraktiver wird. Viele Länder überarbeiten ihre eigenen Systeme und unternehmen Anstrengungen, um das staatliche Rentensystem zu stärken. Obwohl das Rentensystem im Wesentlichen in den Bereich nationaler Zuständigkeit fällt, ist die Richtung, die die Debatte zu diesen Themen in Europa einschlägt, immer noch wichtig. Daher begrüße ich die Tatsache, dass Punkt 30 der Entscheidung zum Arbeitsprogramm der Kommission, die jetzt mit der Unterstützung der drei größten Volks-, sozialen und liberalen Fraktionen innerhalb des Europäischen Parlaments angenommen wurde, unterstreicht, dass die erste, d. h. die staatliche Säule der Rentensysteme gestärkt werden muss. Mein Heimatland, Ungarn, hat mit dem gestern angenommenen Akt einen wichtigen Schritt in die richtige Richtung gemacht. Die Rentendiskussion innerhalb der EU muss hinsichtlich der Weißbücher und der Grünbücher im Anschluss daran in diesem Sinne fortgesetzt werden; das ist es, wozu das Europäische Parlament die Kommission auffordert, und ich bin somit sehr zufrieden mit diesem Vorschlag.
Clemente Mastella (PPE). - (IT) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der neue institutionelle Rahmen, der durch den Vertrag von Lissabon eingeführt wurde, betont, dass der effektive Schutz und die Förderung von Menschenrechten und Grundfreiheiten die Demokratie und Rechtsstaatlichkeit in der Europäischen Union untermauern.
Ich habe diesen Bericht unterstützt, weil ich davon überzeugt bin, dass wir eine neue interne Menschenrechtspolitik für die Union benötigen, die effektiv und umfassend ist und die effektive Mechanismen für die Verantwortlichkeit sowohl auf nationaler als auch auf EU-Ebene sicherstellt, um die zahlreichen Verletzungen und Verstöße anzugehen, die Bestandteil des Alltags sind.
Wir möchten betonen, dass das Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon den Charakter der Gesetzgebung in der Europäischen Union radikal verändert hat. Die Charta der Grundrechte hat jetzt die gleiche Rechtsverbindlichkeit wie die Verträge und stellt die modernste Kodifizierung von Grundrechten dar; sie bietet eine Ausgewogenheit zwischen Rechten und Solidarität und umfasst bürgerliche, politische, wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte sowie Rechte der dritten Generation.
Antonello Antinoro (PPE). – (IT) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich habe beschlossen, für diesen Bericht zu stimmen – nicht nur, weil diese Entscheidung von meiner Fraktion getroffen wurde, sondern auch, weil ich absolut davon überzeugt bin, dass dieser Bericht in institutioneller Hinsicht von großer Bedeutung ist und dass er notwendig ist zu einer Zeit, zu der die Befugnisse des Parlaments zwar festgelegt sind, ihre Organisation aber Zeit braucht.
Wir hatten eindeutig den Wunsch, unsere erste Verabschiedung des Haushaltsplans unter den Bedingungen des Vertrags von Lissabon zu einem bedeutenden Ereignis zu machen. Es war daher erforderlich, dass wir uns alle auf einen gemeinsamen Standpunkt einigen; daher die Bemühungen des Berichterstatters, Kompromissänderungsanträge zu finden, um zu verhindern, dass Entscheidungen getroffen werden, die nur bedeuten, dass es länger dauert, bei der Anwendung des Vertrags von Lissabon zu einer endgültigen Linie zu finden.
Ich danke Frau Gál daher für ihre Arbeit und hoffe, dass dieser Bericht zu einer allgemeinen Verbesserung der Effizienz der Tätigkeiten der europäischen Institutionen führen wird.
Hannu Takkula (ALDE). - (FI) Herr Präsident, zunächst möchte ich Frau Gál zu diesem ausgezeichneten Bericht zur Situation der Grundrechte in der Europäischen Union gratulieren. Dies ist jedoch nur ein Bericht. Wir dürfen nicht vergessen, dass es innerhalb der Europäischen Union noch viel zu tun gibt. Leider werden nicht die Grundrechte aller in der Praxis umgesetzt, auch wenn die Menschen sagen, dass das theoretisch der Fall sei. Die große Roma-Minderheit, deren Grundrechte nicht in jeder Hinsicht umgesetzt werden, ist hierfür ein Beispiel.
Wir haben auch Probleme mit der Meinungsfreiheit. Um der Meinungsfreiheit willen haben wir den Sacharow-Preis an einen kubanischen Dissidenten vergeben, aber auch in Europa haben wir immer noch Probleme. Nicht überall können Menschen frei sprechen oder ihre Meinung äußern. Wir haben ein konkretes Beispiel dafür bei einem unserer Kollegen, einem Abgeordneten hier im Europäischen Parlament, der von Sicherheitskräften begleitet wird, weil er um seine eigene Sicherheit fürchten muss. Wir müssen uns für Grundrechte in Europa einsetzen und kämpfen, um sicherzustellen, dass jeder in der Europäischen Union das Recht auf freie Meinungsäußerung ausüben kann.
Sonia Alfano (ALDE). – (IT) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es ist wohl bekannt, dass die Aktivitäten der italienischen Regierung eine fortwährende Verletzung der Charta der Grundrechte darstellen. Wir müssen nur an den Vertrag zwischen Italien und Libyen denken, der gegen Dutzende von Artikeln der Charta verstößt, oder das vorgeschlagene „Bavaglio“-Gesetz, das den Zweck hat, die Presse und das Rechtssystem zu knebeln.
Wir sprechen von einer Regierung, die von einem auf undemokratische Art gewählten Parlament unterstützt wird, ohne den Bürgerinnen und Bürger ein Vorzugsrecht einzuräumen, einer Regierung, die gestern ein Vertrauensvotum mit Stimmen von den Bänken der Opposition gewann, von Parlamentariern, die öffentlich zugegeben haben, dass ihnen bei zukünftigen Wahlen Posten versprochen wurden und sie auf Bargeld für Stimmen angesprochen wurden.
(Die Rednerin wird durch Zwischenrufe unterbrochen.)
Die Tatsachen beweisen, dass Korruption stattfindet. Das gehört zur Tagesordnung für den Bestecher Herrn Berlusconi, wie die rechtskräftigen Urteile, die in den Fällen Mondatori und Mills ergangen sind, zeigen.
(Sagen Sie mir bloß nicht, dass das Europäische Parlament jetzt „Waschweiber“ reinlässt?)
Am 9. Dezember hat das Europäische Parlament den Welt-Anti-Korruptions-Tag gefeiert. Gestern hat das italienische Parlament seinen ersten Tag für die Legalisierung der Korruption von Abgeordneten begangen.
Der Präsident. − Frau Ronzulli, bitte setzen Sie sich und hören Sie auf zu reden. Dieses Verhalten gehört sich nicht im Plenarsaal des Europäischen Parlaments. Sie haben nicht das Wort und Sie dürfen andere Redner nicht auf diese Art unterbrechen. Bitte respektieren Sie das. Frau Alfano, bitte fahren Sie fort. Ich werde Ihnen weitere 30 Sekunden Redezeit gewähren.
Sonia Alfano (ALDE). - (IT) Herr Präsident, am 9. Dezember hat das Europäische Parlament den Welt-Anti-Korruptions-Tag gefeiert. Gestern hat das italienische Parlament seinen ersten Tag für die Legalisierung der Korruption von Abgeordneten begangen.
Der Präsident. − Frau Ronzulli, ich sage Ihnen das jetzt zum letzten Mal. Wenn Sie noch einmal aufstehen und die Sitzung unterbrechen, werde ich Sie auffordern, den Plenarsaal zu verlassen. Ist das deutlich genug? Tun Sie das nicht noch einmal.
Sirpa Pietikäinen (PPE). - (FI) Herr Präsident, mit der Annahme des Vertrags von Lissabon ist einer der bedeutendsten neuen Bereiche für das Wohlergehen unserer Bürgerinnen und Bürger, die Charta der Grundrechte, jetzt bindend für uns alle. Der nächste Schritt besteht darin, dass die verschiedenen Gemeinschaftsorgane sich auf die Überwachung und Förderung von Grundrechten in allen Politikbereichen der Union und in allen Mitgliedstaaten konzentrieren, und das auf eine Art und Weise, die so bindend und effektiv wie möglich ist.
Um das zu erreichen, ist es wichtig, das Einzelpersonen ebenso wie die verschiedenen Institutionen dafür arbeiten, sicherzustellen, dass die Gleichbehandlungsrichtlinie, die derzeit im Rat festgefahren ist, vorangebracht wird und dass wir als Ergebnis rechtlich bindende Mittel erhalten, um im Fall von Diskriminierung in den Mitgliedstaaten zu intervenieren.
Ich möchte auch erwähnen, dass es genauso wichtig ist, sowohl in Fällen verdeckter als auch offener Diskriminierung einzuschreiten. Verdeckte Diskriminierung betrifft beispielsweise ältere Menschen.
Philip Claeys (NI). - (NL) Herr Präsident, ich habe gegen diesen politisch korrekten Bericht gestimmt. Als flämischer Nationalist finde ich es völlig inakzeptabel, dass dieses Parlament Nationalismus automatisch mit Fremdenfeindlichkeit und Diskriminierung gleichsetzt.
Der Vorschlag, Vertragsverletzungsverfahren gegen Mitgliedstaaten durch ein Verfahren zu ergänzen, das bestimmte politische Maßnahmen bis zu dem Zeitpunkt blockiert, wenn die Kommission entscheidet, ob sie ein offizielles Vertragsverletzungsverfahren einleiten soll oder nicht, ist geradezu gefährlich. Das läuft im Endeffekt auf eine Kontrolle der Mitgliedstaaten hinaus, und diese Situation ist inakzeptabel.
In Zukunft wird die Europäische Kommission eine effektive Abschiebungspolitik verhindern können, und dabei wird sie ihre Befugnisse weit überschreiten. Die Umsetzung und Ausübung dieser Aufgaben sollte den einzelnen Mitgliedstaaten überlassen bleiben, nicht der Europäischen Kommission.
Daniel Hannan (ECR). - Herr Präsident, in einem Anhang zu 1984 schreibt George Orwell ein Kapitel über „Neusprech“ und spricht darüber, wie Sprache „verunreinigt“ und geändert werden und so unsere Gedanken ändern kann. Das Beispiel, das er anführt, ist das Wort „frei“. Er konnte sich nur vorstellen, dass das Wort „frei“ in Neusprech in der Bedeutung „der Hund ist frei von Läusen“, „das Feld ist frei von Unkraut“ verwendet wird; so verschwand der Ansatz intellektueller oder politischer Freiheit, weil es keine Worte gab, um es auszudrücken. Dieses Beispiel ist verblüffend vorausschauend, denn das ist mehr oder weniger das, was mit dem Wort „frei“ in unserer Zeit passiert.
Früher bedeutete es Befreiung aus einem Zwangszustand: freie Meinungsäußerung, Versammlungsfreiheit, Religionsfreiheit; mittlerweile bedeutet es Anspruch. Ich habe die Freiheit, zu arbeiten; ich habe die Freiheit, das staatliche Gesundheitssystem zu nutzen usw. Dieser Bericht über Menschenrechte hat sich vom Konzept der Rechte als Garantie für persönliche Freiheit hin zu einem Konzept des Rechts der Geltendmachung von Ansprüchen gegenüber anderen entwickelt. Anstatt unsere Rechte auf Gleichbehandlung zu garantieren, werden diese Rechte untergraben. Es gibt keine Krise der Menschenrechte in Europa, es gibt eine Demokratiekrise; und wir bewältigen diese Krise nicht, indem wir die Macht von gewählten Vertretern auf ungewählte Juristen übertragen.
***
Licia Ronzulli (PPE). – (IT) Herr Präsident, meine Damen und Herren, ich entschuldige mich für das, was vorhin geschehen ist, aber als Italienerin mag ich eine ganz bestimmte Einstellung nicht. Es reicht mir, weil Frau Alfano die Minuten der Erklärungen zur Abstimmung nutzt, um Lügen zu erzählen und das falsch darzustellen, was zurzeit in Italien wirklich geschieht. Gestern fand im italienischen Parlament ein Vertrauensvotum durch Persönlichkeitswahl und unter völlig demokratischen Bedingungen statt. Daher verzichte ich auf meine Erklärung zur Abstimmung und sage, dass ich für den Bericht von Herrn Juvin gestimmt habe.
Mario Pirillo (S&D). – (IT) Herr Präsident, meine Damen und Herren, ich bin ebenfalls davon überzeugt, dass die Werbung eine bedeutende Rolle bei der Anregung des Wettbewerbs und des Konkurrenzdenkens zwischen Unternehmen spielen kann, um das Angebot für die Verbraucher zu erweitern.
Es muss Europa jedoch gelingen, einen Sektor stärker zu regulieren, der ansonsten Gefahr läuft, immer stärker in die Privatsphäre der Menschen einzudringen, insbesondere infolge der Nutzung der neuen Technologien. Immer häufiger legen die Verbraucher sensible Daten offen, ohne dass sie sich der Konsequenzen bewusst sind.
Aus diesem Grund begrüße ich den Bericht von Herrn Juvin, insbesondere, weil er sich auf die Personen konzentriert, die am schutzbedürftigsten sind, wie Kinder, die nicht in der Lage sind, selbst die Werbeangebote einzuschätzen, die von einer zunehmend aggressiven Werbung präsentiert werden.
Sirpa Pietikäinen (PPE). - (FI) Herr Präsident, Werbung ist häufig eine nützliche Informationsquelle für die Verbraucher und unterstützt sie dabei, eine vernünftige Wahl zu treffen. Die Industrie hat sich auch zu ausgezeichneten Selbstüberwachungsverfahren in Bezug auf Ethikkodizes verpflichtet, die festlegen, welche Art von Werbung zulässig und gut ist.
In den letzten Jahren ist diese Praxis allerdings auf der Strecke geblieben, wie wir zum Beispiel daran sehen können, wie Kinder benutzt werden, und wie wir auch an der Werbung, die auf Kinder abzielt, erkennen können. Eben aus diesem Grund glaube ich, dass das Parlament in dieser Weise eingreifen und zu einem späteren Zeitpunkt diesen hervorragenden Bericht als Grundlage dafür nutzen sollte, zu überprüfen, ob die Richtlinie überarbeitet und strenger gefasst werden muss.
Anna Maria Corazza Bildt (PPE). - Herr Präsident, die Werbung ist ein wesentlicher Teil eines gut funktionierenden Binnenmarkts, um den Wettbewerb zu fördern und den Verbrauchern eine Auswahl zu ermöglichen. Ich habe für den Bericht über die Werbung gestimmt. Er schlägt keine neuen Rechtsvorschriften oder vorschriftsmäßige Werbung vor und er kontrolliert oder beschränkt das Internet nicht.
Der Bericht trägt dazu bei, das Bewusstsein für die Notwendigkeit einer verantwortungsbewussten Werbung zu schärfen, um unfaire Geschäftspraktiken in der Werbung zu bekämpfen und die personenbezogenen Daten und die Privatsphäre der Verbraucher zu respektieren.
Ich fordere die Geschäftswelt auf, ihren Teil der Verantwortung durch Selbstregulierung und freiwillige Maßnahmen zu übernehmen, um irreführende, versteckte und aufdringliche Werbung zu vermeiden. Ich appelliere insbesondere daran, dass Kinder von Werbung verschont werden. Hören Sie auf, Batman, Spiderman und Bamse-Bär gegen unsere Kinder einzusetzen.
Jim Higgins (PPE). – (GA) Herr Präsident, ich begrüße den Bericht Bendtsen und habe für ihn gestimmt. Wir müssen betonen, dass Energieeinsparung eine Möglichkeit ist, die Nachfrage nach Energie zu senken und dadurch Energieeffizienz in der gesamten Europäischen Union zu erzielen. Wir diskutieren häufig über die erneuerbaren Energiequellen, aber es ist sehr einfach, dabei unseren Stromverbrauch außer Acht zu lassen. Ich habe für diesen Bericht gestimmt, weil er äußerst wichtig ist. Ich möchte den Berichterstatter beglückwünschen.
Jens Rohde (ALDE). - Herr Präsident, hier oben gibt es einen interessanten Angriff von unserem italienischen Kollegen.
Letzte Woche sind viele Menschen den weiten Weg nach Cancún gereist, aber sie sind im Kampf gegen den Klimawandel nicht weit gekommen. Mit den heutigen Stimmen zur Energieeffizienz sind wir in der Tat einen Schritt vorangekommen. Wie dieser Bericht richtig aufzeigt, ist Energieeffizienz der kosteneffektivste und schnellste Weg, um CO2 -Emissionen zu senken. Doch die Maßnahmen, die in den Mitgliedstaaten ergriffen werden, sind bei Weitem nicht ausreichend. Wenn wir mit unseren derzeitigen Anstrengungen fortfahren, werden wir nur die Hälfte von 20 % bis zum Jahr 2020 schaffen. Deshalb brauchen wir das verbindliche Ziel der Energieeffizienz. Dieser Bericht enthält viele Lösungsmöglichkeiten. Jetzt müssen sie umgesetzt werden. Ich möchte Herrn Bendtsen danken und ihn zu seiner ausgezeichneten Arbeit an diesem Bericht beglückwünschen.
Radvilė Morkūnaitė-Mikulėnienė (PPE). - (LT) Herr Präsident, ich möchte den Berichterstatter Herrn Bendtsen zu seinem äußerst wichtigen Bericht zur Überarbeitung des Aktionsplans für Energieeffizienz beglückwünschen. Ich habe für den Bericht gestimmt, weil ich glaube, dass er nicht nur aus wirtschaftlichen Erwägungen, sondern auch vor dem Hintergrund der Cancún-Konferenz von Bedeutung ist Es ist uns gelungen, dort ansatzweise eine gemeinsame Basis zu finden, daher ist es das Wichtigste, die Arbeit fortzusetzen, die die Europäische Union zu Hause begonnen hat, um CO2-Emissionen zu senken. Energieeffizienz ist einer der geeignetsten Wege. Die Mitgliedstaaten müssen effektive nationale Aktionspläne in diesem Bereich, einschließlich Finanzierungsmechanismen bereitstellen. Im Hinblick auf Sonderhilfe muss zwischen den Mitgliedstaaten und der Europäischen Kommission Einigkeit herrschen. Alle Europäer würden von Entscheidungen wie der heutigen profitieren, weil wir über viele unabhängige Bereiche sprechen – Verkehr, neue Technologien und die Effizienz von Gebäuden, Produktions- und Verkehrsinfrastruktur. Dieses Dokument ist eine Sammlung von Maßnahmen, die nicht nur auf den Umweltschutz, sondern auch auf die Unterstützung der Volkswirtschaften ausgerichtet sind.
Hannu Takkula (ALDE). - (FI) Herr Präsident, ich habe auch für diesen Bericht von Herrn Bendtsen über die Energieeffizienz gestimmt. In der Europäischen Union hat uns das Programm Europa 2000 auch zu Energieeffizienz, Energieeinsparungen und der Nutzung erneuerbarer Energiequellen verpflichtet. Wir müssen jedoch daran denken, dass jeder sich dafür engagieren muss, wenn wir uns selbst diese Art von Zielen setzen. Dies ist ein Problem in ganz Europa: Es hat gute Zielsetzungen gegeben, aber die Mitgliedstaaten haben sich nicht dafür engagiert.
Es ist natürlich zu hoffen, dass, wenn wir über die effiziente Nutzung von Energie sprechen, diese sich nicht nur auf Europa beschränkt, sondern in größerem Umfang zum Tragen kommen wird. Natürlich dürfen Energieeffizienz und -einsparungen kein Hindernis für die Wettbewerbsfähigkeit darstellen: Wir müssen sicherstellen, dass wir auf globalen Märkten konkurrieren können und dabei Wohlstand und Wettbewerbsfähigkeit in Europa gewährleisten. Wie ich bereits sagte, ist es wichtig, zu den Verpflichtungen zu stehen, die wir eingegangen sind.
Sonia Alfano (ALDE). – (IT) Herr Präsident, meine Damen und Herren, ich glaube, dass die Europäische Union sich nicht vor der Energie-Herausforderung drücken kann, die über das Schicksal der Erde entscheiden wird.
Wir müssen den Mythos zerstören, dass die wirtschaftliche Entwicklung eines Landes eng an einen steigenden Energieverbrauch gekoppelt ist. Europa muss den Weg bereiten für ein neues nachhaltiges wirtschaftliches Modell, das auf einer geringeren Nutzung von Ressourcen, einschließlich Energie, mit größerer Produktivität basiert. Wir müssen daher die Verbindung zwischen Wirtschaftswachstum und einem wachsenden Energiebedarf von Industrie und Öffentlichkeit durchbrechen und stattdessen für einen wachsenden Bedarf an Energiedienstleistungen, die Beschäftigung und Energieeffizienz schaffen, sorgen.
Aus diesen Gründen glaube ich, dass Energieeffizienz sowohl in wirtschaftlicher als auch in ökologischer Hinsicht eine Priorität für die Zukunft der EU darstellt, und ich hoffe, dass die Kommission umgehend die notwendigen Maßnahmen ergreifen wird, um die verbindlichen Ziele umzusetzen, die das Parlament heute festgelegt hat.
Sirpa Pietikäinen (PPE). - (FI) Herr Präsident, ich habe für eine strengere und ehrgeizigere Politik in diesem Aktionsplan für Energieeffizienz gestimmt und bin in dieser Hinsicht mit dem abschließenden Standpunkt des Parlaments sehr zufrieden.
Der Klimawandel wird nicht vornehmlich einfach durch internationale Verpflichtungen und Erklärungen verhindert werden können: Wir brauchen eine praktische Lösung, um die Ziele der Emissionssenkung zu erreichen. Bei diesem Bestreben ist eine verbesserte Energieeffizienz ein sehr wichtiges großes Projekt. Um dies erreichen zu können, brauchen wir eine sehr breit angelegte und umfassende Politik zur Energieeffizienz, die verbindlich und notfalls finanziell motiviert ist und Sanktionen umfasst. Dieser Aktionsplan ist ein guter Schritt in diese Richtung.
***
Der Präsident. − Herr Silvestris, applaudieren Sie mir oder haben Sie eine Verfahrensfrage während der Erklärungen zur Abstimmung? Dies ist ungewöhnlich, aber fahren Sie fort.
Sergio Paolo Francesco Silvestris (PPE). – (IT) Herr Präsident, meine Damen und Herren, Sie können sehen, dass ich Beifall klatsche, während ich auch die Gelegenheit ergreife, eine Verfahrensfrage zu stellen.
Herr Präsident, beabsichtigen Sie auch gegen Abgeordnete vorzugehen, die in der glücklichen Lage sind, die ihnen zur Verfügung stehende Zeit zu nutzen, um die Regierung ihres Landes zu beleidigen?
In Ihrer Anwesenheit hat eine Kollegin eben die italienische Regierung beleidigt, die gestern ein Vertrauensvotum vom italienischen Parlament erhalten hat und auch das Vertrauen der italienischen Öffentlichkeit genießt. Der betreffenden Kollegin gefällt das vielleicht nicht, aber es ist ihr Problem und sie kann es mit ihren Freunden klären. Diese Kollegin hat ihre Zeit hier ausgenutzt, um die Regierung ihres Landes zu beleidigen, das auch mein Land ist, anstatt ihre Stimmabgabe zu erläutern.
Herr Präsident, ich möchte Sie fragen, ob Sie beabsichtigen, diese Dinge trotz der Geschäftsordnung zu tolerieren, denn wenn dies der Fall ist, werde ich zu allen zukünftigen Erklärungen zur Abstimmung gehen, um zu Gunsten der Regierung zu sprechen, die Italien mit der Zustimmung des Landes und seines Parlaments rechtmäßig führt.
Der Präsident. − Ich hoffe, dass Sie die Tatsache schätzen, dass ich Ihnen gestattet habe zu sprechen, obwohl Sie nicht wirklich eine Verfahrensfrage gestellt haben. Meine Aufgabe ist es nicht, zu überwachen, was die Abgeordneten beschließen zu sagen. Meine Aufgabe ist es, sicherzustellen, dass sie es sagen, wenn sie die Zeit haben, es zu sagen, anstatt einander zu unterbrechen und, wie ich zudem bemerken möchte, dies auch noch in ziemlich unhöflicher und lauter Weise. Also danke für Ihre Anmerkung. Zumindest wenn ich den Vorsitz führe, werde ich darauf bestehen, dass die Abgeordneten anständig miteinander umgehen, und ich werde versuchen, so gut es geht, auf die Zeit zu achten. Was die Abgeordneten in dem Saal, in einem demokratischen Saal wie diesem, sagen, ist ihre Sache, nicht meine.
***
Seán Kelly (PPE). – (GA) Herr Präsident! Ich möchte einige Anmerkungen zu diesem Thema machen.
Ich denke, beim Kampf gegen den Klimawandel wurde bisher fast das gesamte Augenmerk auf erneuerbare Energien gerichtet, die natürlich sehr wichtig sind. Im Bereich der Energieeffizienz könnte jedoch noch weitaus mehr getan werden, und aus diesem Grund begrüße ich den Bericht.
Bei Gebäuden könnte noch so viel mehr getan werden, insbesondere in Bezug auf dieses Gebäude hier, den Gebäudebestand in Brüssel und viele weitere öffentliche Gebäude. Es ist sehr wichtig, dass wir diese energieeffizienter gestalten. Das Gleiche gilt für sehr viele Transportmittel. Es gibt so viele riesige Diesel schluckende Motoren. Die Hersteller sollten dazu verpflichtet werden, ihre Energieeffizienz zu erhöhen.
Eine Gruppe möchte ich jedoch loben. In meinem Heimatland leisten die Schulen großartige Arbeit im Bereich der „grünen Flagge“. Dies sollte anerkannt und gefördert werden, denn so erreicht man die Kinder und deren Eltern und schafft eine positive Einstellung.
Sophie Auconie (PPE), schriftlich. – (FR) Die Haushaltspraxis der Europäischen Union erfüllt eine Reihe von Grundsätzen, zu denen der Grundsatz der Spezialisierung gehört. Das bedeutet, dass der Betrag, der einem bestimmten Politikbereich zugewiesen wird, auch nur für diese Politik verwendet werden kann. Dieser Grundsatz gewährleistet gemeinsam mit weiteren Grundsätzen ein solides Finanzgebaren der Union. Er führt jedoch auch zu einem gewissen Grad an Inflexibilität im Haushalt. Der jährliche Haushaltsplan ist nicht in der Lage, sämtliche Ausgaben der Union vorauszusagen und das gilt für den mehrjährigen Finanzrahmen umso mehr. Aus diesem Grund gibt es seit einigen Jahren ein „Flexibilitätsinstrument“. Dieses besteht aus einer finanziellen Rückstellung, deren Betrag jedes Jahr im Haushaltsplan enthalten ist. Sie ermöglicht die Finanzierung von Politiken und Projekten, deren Kosten nicht vorausgesagt werden konnten. Der Bericht meines Kollegen, Herrn Böge, empfiehlt, dass dieses Instrument zur Finanzierung des Programms „Lebenslanges Lernen“ sowie des Programms „Wettbewerb und Innovation“ verwendet wird und um Hilfe für Palästina bereitzustellen. Da es sich hier um drei Bereiche handelt, bei denen ich an die positive Kraft der Union glaube, habe ich nicht gezögert, für den Text zu stimmen.
Zigmantas Balčytis (S&D), schriftlich. − (LT) Ich stimme mit der Entscheidung des Europäischen Parlaments überein, zusätzliche Finanzhilfen zu gewähren, um das Programm „Lebenslanges Lernen“ sowie das Programm „Wettbewerb und Innovation“ im Jahr 2011 umzusetzen. Das in der Strategie von Lissabon vorgesehene Ziel, die Europäische Union zu einem weltweit wettbewerbsfähigen und wissensbasierten Wirtschaftsraum zu machen, basierend auf nachhaltiger wirtschaftlicher Entwicklung und neuen Arbeitsplätzen in dem Bestreben nach stärkerem sozialen Zusammenhalt, könnte durch die Umsetzung dieser Programme erreicht werden.
Um die weltweite Wettbewerbsfähigkeit der Europäischen Union zu steigern, sollte den Klein- und Mittelbetrieben besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden, indem ihnen die erforderliche Hilfe und finanzielle Unterstützung bereitgestellt wird. Außerdem würden Investitionen in grüne Innovationen und die Entwicklung der wissenschaftlichen Forschung die Nutzung von Quellen erneuerbarer Energien fördern, was die Schaffung nachhaltiger Arbeitsplätze in verschiedenen Sektoren wie Energie, Fertigung und Verkehr ankurbeln würde.
Bastiaan Belder (EFD), schriftlich. − Der Bericht Böge zur Nutzung des Flexibilitätsinstruments kann nicht auf meine Unterstützung zählen. Der Vorschlag der Europäischen Kommission enthält keine angemessene Begründung dazu, warum diese zusätzliche Finanzierung erforderlich ist. Nebenbei bemerkt stehe ich der Nutzung des Flexibilitätsinstruments im Allgemeinen sehr kritisch gegenüber. Es ist wünschenswert, andere Haushaltslinien zu kürzen, um die Finanzierung von Haushaltslinien zu ermöglichen, für die ein gerechtfertigter zusätzlicher Finanzbedarf entsteht.
Diogo Feio (PPE), schriftlich. – (PT) Das Flexibilitätsinstrument bietet die Möglichkeit, genau festgelegte Ausgaben zu finanzieren, die innerhalb der Höchstgrenzen einer oder mehrerer Rubriken des Mehrjährigen Finanzrahmens nicht getätigt werden können. Daher ist sein Einsatz innerhalb des Haushaltsplans für 2011 mit der Erfordernis verbunden, die Programme „Lebenslanges Lernen“ und „Wettbewerb und Innovation“ im Rahmen der Strategie Europa 2020 zu finanzieren sowie Finanzhilfen für Palästina, den Friedensprozess und das Hilfswerk der Vereinten Nationen (UNRWA) bereitzustellen. Wegen der Bedeutung des Programms beabsichtige ich, für den Vorschlag zu stimmen.
Mario Mauro (PPE), schriftlich. − (IT) Das Parlament muss unzweifelhaft eine positive Meinung zu dem Bericht von Herrn Böge über die Inanspruchnahme des Flexibilitätsinstruments für das Programm „Lebenslanges Lernen“, das Programm „Wettbewerb und Innovation“ und für Palästina haben. Ich stimme zu, dass weitere Ausgaben über die in den Rubriken 1 und 4 festgesetzten Höchstgrenzen hinaus erforderlich sind und diese folglich zugewiesen werden müssen. Angesichts der derzeitigen Wirtschaftslage sind diese Ausgaben unter mehreren Gesichtspunkten zur Bekämpfung der Krise und auch für unsere internationale Glaubwürdigkeit sehr wichtig.
Jean-Luc Mélenchon (GUE/NGL), schriftlich. – (FR) Es ist nicht akzeptabel, dass die Finanzierung von Hilfe für Palästina, europäische Aus- und Weiterbildungsprogramme sowie Programme zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit und des freien Wettbewerbs in einem einzigen Text zusammengefasst sind. Die böswilligen Absichten sind deutlich zu erkennen. Diese Kombination zwingt mich dazu, mich zu enthalten. Ich wiederhole, dass ich das palästinensische Volk nach Kräften unterstütze.
Willy Meyer (GUE/NGL), schriftlich. – (ES) Ich habe für diesen Bericht gestimmt, um die Inanspruchnahme von EU-Mitteln für Zusagen und Zahlungsermächtigungen im Gesamtumfang von circa 70 Mio. EUR aus dem EU-Solidaritätsfonds für die Naturkatastrophen in Portugal, das Finanzhilfen in Bezug auf die von Erdrutschen und Überschwemmungen verursachten Katastrophen auf der Insel Madeira beantragt hat und auch für Frankreich, das einen Antrag infolge der durch den Sturm Xynthia verursachten Katastrophe gestellt hat, zu gewährleisten. Ich bin der Auffassung, dass wir diesen Mitgliedstaaten unsere Unterstützung gewähren sollten, sodass sie die Folgen dieser Naturkatastrophen bewältigen und minimieren können. Der EU-Solidaritätsfonds wurde geschaffen, um die Solidarität der Europäischen Union mit der Bevölkerung in den von Katastrophen zerstörten Gebieten zu bekunden. Ich habe für diesen Bericht gestimmt, weil ich glaube, dass er die Inanspruchnahme von Finanzhilfen zu diesem Zweck einfordert und daher zum Ziel hat, das zur Verfügung stehende Instrument korrekt zu nutzen.
Andreas Mölzer (NI), schriftlich. − Die in diesem Bericht genannten Beträge sind absolut utopisch. Abgesehen davon, dass der derzeitige Finanzrahmen für die Erreichung der Ziele völlig ausreichen müsste, sollten bei einer etwaigen Erhöhung deutlich geringere Beträge eingeplant werden! Die Anpassung des Finanzrahmens nach den Vorschlägen des Berichts erhöht nicht die Flexibilität der Union, sondern schränkt sie ein. Deshalb habe ich gegen den Bericht gestimmt.
Wojciech Michał Olejniczak (S&D), schriftlich. – (PL) Ich möchte vor allem meine Zufriedenheit über die Tatsache ausdrücken, dass das Europäische Parlament und der Rat zu einer Einigung über die Finanzierung des Programms „Lebenslanges Lernen“ und des Programms „Wettbewerb und Innovation“ gelangt sind. Ich möchte die Aufmerksamkeit ganz besonders auf das Programm „Lebenslanges Lernen“ lenken. Es besteht aus vier sektorbezogenen Programmen. Von besonderer Bedeutung ist dabei nach meiner Auffassung das Erasmus-Programm, das den Studentenaustausch in großem Umfang fördert. Dies ist extrem wichtig, und zwar sowohl im Bereich der Aneignung neuen Wissens und neuer Kompetenzen als auch für den Aufbau neuer Beziehungen und die Begegnung der Kulturen der Mitgliedstaaten. Eine ähnliche Rolle, allerdings in Bezug auf junge Menschen im Schulalter, spielt das Comenius-Programm.
Diese Programme nutzen nicht nur der europäischen Wirtschaft, sondern schaffen ein europäisches Bewusstsein auf der Grundlage eines supranationalen Netzwerks von Kontakten. Diese Programme sollten unabhängig von der Haushaltslage hohe Priorität haben, da es sich hier um Investitionen handelt, die sich für die Europäische Union auf viele Jahre auszahlen werden – nicht nur im Wirtschaftsbereich, sondern auch in Kultur und Politik. Die Entscheidung über die Hilfe für Palästina ist aus anderen Gründen bedeutend, aber ich betrachte sie auch als gerechtfertigt.
Alfredo Pallone (PPE), schriftlich. − (IT) Die Europäische Kommission hat einen Vorschlag zur Inanspruchnahme des Flexibilitätsinstruments als Teil des neuen Handlungsspielraums für den Haushalt 2011 eingebracht, nachdem die Vermittlung gescheitert war. Ich habe dafür gestimmt, vor allem weil die Erhöhung zwei Programme betrifft, namentlich das Programm „Lebenslanges Lernen“ und das Programm „Wettbewerb und Innovation“, die größtmögliche Unterstützung und die meisten Finanzmittel der Europäischen Union verdienen. Das Flexibilitätsinstrument ist in der Interinstitutionellen Vereinbarung über Haushaltsdisziplin vorgesehen. Nachdem sich beide Organe der Haushaltsbehörde (das Europäische Parlament und der Rat) geeinigt haben, wird eine Finanzierung des zum Zeitpunkt der Festlegung des mehrjährigen Finanzrahmens nicht vorhersehbaren Bedarfs über die in der finanziellen Vorausschau festgesetzten Höchstgrenzen hinaus im Umfang von jährlich höchstens 200 Mio. EUR ermöglicht. Dies ist ein wichtiges Ergebnis für das Europäische Parlament, da dies einen Erfolg für den mit dem Rat über den Haushaltsplan geführten Dialog bedeutet.
Paulo Rangel (PPE), schriftlich. – (PT) Ich begrüße die im Zuge des Vermittlungsverfahrens erzielte Einigung bezüglich der Verwendung des Flexibilitätsinstruments, insbesondere zur Finanzierung des Programms „Lebenslanges Lernen“. Ich glaube, dass es äußerst wichtig für die Europäische Union ist, in die Entwicklung von qualitativ hochwertiger Aus- und Weiterbildung zu investieren und Leistung auf hohem Niveau zu fördern. Nur Disziplin und eine hochwertige Lehre kann Europa wettbewerbsfähiger machen.
Raül Romeva i Rueda (Verts/ALE), schriftlich. − Die Interinstitutionelle Vereinbarung vom 17. Mai 2006 ermöglicht die Inanspruchnahme des Flexibilitätsinstruments zur Finanzierung von genau bestimmten Ausgaben, die innerhalb der Höchstgrenze einer oder mehrerer Rubriken des Mehrjährigen Finanzrahmens nicht getätigt werden können. Für den Haushaltsplan 2011 sind zusätzliche Ausgaben über die in den Rubriken 1a und 4 festgelegten Höchstgrenzen hinaus erforderlich. Es wird daher vorgeschlagen, gemäß Nummer 27 der Interinstitutionellen Vereinbarung das Flexibilitätsinstrument in Anspruch zu nehmen. Folgende Beträge sollen verwendet werden: 18 Mio. EUR für das Programm „Lebenslanges Lernen“ unter Teilrubrik 1a, 16 Mio. EUR für das Programm „Wettbewerb und Innovation“ unter Teilrubrik 1a, 71 Mio. EUR für Palästina unter Rubrik 4. Die beiden Organe der Haushaltsbehörde werden daran erinnert, dass die Veröffentlichung dieses Beschlusses im Amtsblatt der Europäischen Union spätestens zum Zeitpunkt der Veröffentlichung des Haushaltsplans 2011 erfolgen muss.
Entwurf des Gesamthaushaltsplans der Europäischen Union für das Haushaltsjahr 2011 in der vom Rat geänderten Fassung
José Manuel Fernandes (PPE), schriftlich. – (PT) Der Haushaltsplan der Gemeinschaft für 2011 sieht 141,8 Mrd. EUR für Ausgaben für Bewilligungen und 126,5 Mrd. EUR für Auszahlungen vor. Die Bestätigung und Stärkung der Finanzierung von Ausbildung und Innovation könnte man als Prioritäten des Parlaments in Bezug auf diesen Haushalt betrachten. Daher sind für die Teilrubrik 1a – Wettbewerbsfähigkeit im Dienste von Wachstum und Beschäftigung – eine Aufstockung von 18 Mio. EUR für das Programm „Lebenslanges Lernen“ und für die Teilrubrik 3b – Unionsbürgerschaft – zusätzliche 3 Mio. EUR für das Programm „Jugend in Aktion“ vorgesehen.
Ich freue mich über die Zusage der nächsten vier Ratsvorsitze der EU (die Regierungen von Ungarn, Polen, Dänemark und Zypern), das Europäische Parlament an den zukünftigen Gesprächen und Verhandlungen über den nächsten mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) zu beteiligen.
Ich begrüße die Zusage der Europäischen Kommission, gegen Ende Juni 2011 einen formellen Vorschlag vorzulegen, sodass sichergestellt wird, dass die Vorschläge in Bezug auf ihre Eigenmittel zur gleichen Zeit wie der mehrjährige Finanzrahmen erörtert werden. Die Beteiligung des Europäischen Parlaments an diesen Angelegenheiten ist auch im Vertrag von Lissabon (Artikel 312, Absatz 5, 324 und 311) vorgesehen.
Ich hoffe, dass die Notwendigkeit der Einstimmigkeit innerhalb des Rates für die Beschließung des nächsten mehrjährigen Finanzrahmens und für die neuen Eigenmittel nicht zu einer Blockierung führt.
Bogusław Liberadzki (S&D), schriftlich. – (PL) Der Rat und das Europäische Parlament einigten sich über den Haushaltsplan 2011. Ich habe angesichts der dem Haushaltsplan zugrunde liegenden politischen und institutionellen Grundsätze, die unter anderem die Stärkung der Rolle des Europäischen Parlaments bei den Verhandlungen über den neuen Finanzrahmen nach 2013 und die Teilnahme an der Debatte über neue Einkommensquellen wie der Euro-Steuer vorsehen, für die Feststellung des Haushaltsplans gestimmt. Ein zusätzlicher Vorteil des Haushaltsplans ist seine erhöhte Flexibilität bei unvorhergesehenen Umständen. Wir haben die gefährliche Situation vermieden, auf der Grundlage eines provisorischen Haushaltsplans zu handeln, was die Arbeit der Union in erheblichem Maße lähmen würde. Ein solcher Zustand wäre besonders nachteilig zu einer Zeit, in der ein entschlossener Kampf gegen die Finanzkrise notwendig und eine wirksame Umsetzung des Vertrags von Lissabon erforderlich sind. Dies ist zu einem großen Teil der Position der Fraktion der Progressiven Allianz der Sozialisten & Demokraten im Europäischen Parlament zu verdanken.
Bogusław Sonik (PPE), schriftlich. – (PL) Die Feststellung des Haushaltsplans 2011 zeigt, dass es möglich ist, sich in der Europäischen Union auf einen Kompromiss zu einigen. Der Entwurf des Finanzplans für 2011 wurde dank des guten Willens aller Institutionen, die bei seiner Erstellung mitgewirkt haben, angenommen. Dieser Kompromiss sollte besonders geschätzt werden, da die Beschlussfassungsverfahren nach Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon neu sind und erstmalig in der Geschichte des Europäischen Parlaments eine gemeinsame Entscheidung über Ausgaben auf gleicher Augenhöhe mit dem Rat der Europäischen Union und der Europäischen Kommission getroffen wurde. Es ist kein idealer Haushaltsplan, aber trotzdem glaube ich, dass die Ausgaben vernünftig zugewiesen wurden und sämtliche Prioritäten der Europäischen Union abdecken. Mit meiner Stimme für die Feststellung des Haushaltsplans 2011 habe ich außerdem meine Unterstützung für die Weiterentwicklung und die Idee der europäischen Integration zum Ausdruck gebracht.
Bericht: Sidonia Elżbieta Jędrzejewska, Helga Trüpel (A7-0369/2010)
Luís Paulo Alves (S&D), schriftlich. – (PT) Ich habe für diesen Bericht gestimmt, da der Haushaltsplan der Gemeinschaft für das Jahr 2011, der vom parlamentarischen Haushaltsausschuss während der Sitzungsperiode vorgelegt wurde, die Finanzierung der vom Europäischen Parlament festgelegten Prioritäten wie Ausbildung, Friedensprozess im Nahen Osten und Palästina, das Programm „Lebenslanges Lernen“, das Forschungsprogramm „Menschen“ und das Programm „Wettbewerb und Innovation“ stärkt. Ich beglückwünsche das Parlament, den Rat und die Kommission dazu, dass sie sich außerdem darüber geeinigt haben, dass, falls zusätzliche Mittel erforderlich sein sollten, um den rechtlichen Pflichten der EU nachzukommen, es Berichtigungshaushaltspläne während des Jahres 2011 geben wird, da der EU-Haushalt aus rechtlicher Sicht kein Defizit aufweisen darf. Zusätzlich zum Haushaltsplan hatte das Parlament bestimmte politische Maßgaben in Bezug auf die Umsetzung der im Vertrag von Lissabon festgelegten Vorschriften, und zwar im Hinblick auf ein neues System der Eigenmittel, und diesbezüglich ist es gut zu wissen, dass die Europäische Kommission nun angekündigt hat, dass sie eine formelle Initiative Ende Juni 2011 einbringen will, um sicherzustellen, dass Vorschläge in Bezug auf Eigenmittel zur gleichen Zeit wie die zukünftige finanzielle Vorausschau erörtert werden.
Laima Liucija Andrikienė (PPE), schriftlich. − Ich habe für diese Entschließung gestimmt und den EU-Haushaltsplan für das Jahr 2011 unterstützt. Ich begrüße die letztlich erzielte Einigung zwischen dem Rat, der Kommission und dem Europäischen Parlament und ich hoffe, es wird ein nachhaltiger Haushalt werden, der von Beginn des Haushaltsjahres an vollständig und berechenbar umgesetzt werden kann. Durch die Annahme dieser Entschließung sichern wir, das Europäische Parlament, sowohl die Finanzierung als auch die Kontinuität des durch den Rat und den Haushaltsausschuss vereinbarten Haushaltsplans. Ich bin überzeugt, dass es notwendig war, mehr Mittel für Ausbildung, Forschung und Innovation zuzuweisen, da die EU ihre Effizienz und Wettbewerbsfähigkeit erhöhen muss, um den Weg aus der Wirtschafts- und Finanzkrise zu finden. Um dieses Ziel zu erreichen, muss die EU eine langfristige Strategie schaffen und dieser Haushaltsplan sollte ein Element dieser Strategie sein.
Charalampos Angourakis (GUE/NGL), schriftlich. – (EL) Die Billigung des Haushaltsplans der Gemeinschaft für 2011 durch das Europäische Parlament, nur wenige Tage, nachdem es ihn abgelehnt hatte, zeigt, dass das gesamte Verfahren ein schlecht organisiertes Spiel zur Ablenkung vom wesentlichen Punkt des Haushaltsplans ist, nämlich den Großunternehmen bei ihren Bemühungen zu dienen, die Lasten der Wirtschaftskrise auf andere abzuwälzen und ihren imperialistischen Einfluss auf die Arbeitnehmer zu erhöhen. Gleichzeitig zeigt dieses gut durchdachte Spiel zum einen die harte Konkurrenz unter den Imperialisten, aber auch die Tatsache, dass sich die Gemeinschaftseinrichtungen um die Position rangeln, wer nach der Annahme des Vertrags von Lissabon denn am besten den Interessen der Plutokratie dienen kann. Bereits vor einiger Zeit ist die Entscheidung gefallen, den Mindestbetrag an Mitteln für arme Bauern, Arbeitnehmer und Selbstständige zu verringern und die Mittel, die direkt an Monopolunternehmen, Dienste und Infrastruktur für zivil-militärische Interventionen sowie Verfolgung und Unterdrückung der Arbeiterklasse und der Basisbewegung gehen, zu erhöhen.
Die politischen Sprecher des Kapitals werden nicht in der Lage sein, ihren schlechten Ruf mit solchen Tricks zu verbessern. Ihre Rolle wird jeden Tag deutlicher. Die Arbeiter- und Volksklassen verstärken ihren Kampf gegen die Politik der EU und die bürgerlichen Regierungen und schaffen so neue Perspektiven für eine basisorientierte Wirtschaft, die ihren eigenen Bedürfnissen und nicht den Bedürfnissen des Kapitals entspricht.
Sophie Auconie (PPE), schriftlich. – (FR) Die Aufstellung des Jahreshaushaltsplans 2011 führte wieder einmal zu echten politischen Verhandlungen zwischen den Abgeordneten und den Regierungen der Mitgliedstaaten. Im derzeitigen Kontext der Haushaltskürzungen wollte der Rat der Europäischen Union, der die Regierungen der Mitgliedstaaten vertritt, dass die Union sich an den Sparmaßnahmen, die sich die europäischen Länder selbst auferlegt haben, beteiligt. Trotz der Tatsache, dass das Europäische Parlament wie auch die Kommission ganz im Gegenteil wollten, dass die Krise auf freiwilliger Basis gemeistert wird, hat es sich auf die Seite des Rates geschlagen und somit deutlich seine Solidarität mit den Mitgliedstaaten gezeigt. Im Gegenzug für dieses Zugeständnis wollte das Parlament eine Debatte über die Ressourcen der Union, insbesondere zu dem Thema, ob es Eigenmittel unabhängig von den Beiträgen der Mitgliedstaaten haben könne. Der Rat zeigte sich zunächst kompromisslos, gab dann jedoch unseren berechtigten Forderungen nach. Das ist der Grund, warum ich und noch weitere Abgeordnete diesem Haushaltsplan zustimmen können, dessen Ziele zwar kurzfristig ausgelegt sind, der jedoch eine Öffnung für zukünftige Perspektiven der Strategien der Union ermöglicht.
Zigmantas Balčytis (S&D), schriftlich. − (LT) Ich habe für die Entlastung des Haushaltsplans 2011 gestimmt. Dieser Haushaltsplan wurde durch neue Verfahren gestärkt, die im Vertrag von Lissabon vorgesehen sind. Diese langwierigen und schwierigen Verhandlungen über eine Einigung über den Haushaltsplan 2011 zeigen, dass wir mit Wirksamwerden der neuen Haushaltsgrundsätze gezwungen sein werden, vernünftige institutionelle Kompromisse für die wichtigsten Bereiche der EU-Politik zu finden. Seit der neue Vertrag in Kraft ist, hat das Europäische Parlament erstmals seine Befugnis, sich in vollem Umfang an der Aufstellung des Haushalts der Europäischen Union zu beteiligen, ausgeübt. Der erste erfolglose Versuch, zu einer Einigung zu gelangen und die berechtigten Forderungen des Europäischen Parlaments aufzunehmen, machen den Konflikt deutlich, der immer noch zwischen den Institutionen vorhanden ist und der eigentlich nicht vorhanden sein sollte, da er eine effektive interinstitutionelle Zusammenarbeit behindert. Das Ziel aller EU-Institutionen besteht darin, sicherzustellen, dass Vereinbarungen, die ganz besonders wichtig für die gesamte EU und für ihre Bürgerinnen und Bürger sind, so reibungslos wie möglich angenommen werden. Daher glaube ich, dass es zukünftig wesentliche Änderungen bei der Arbeitsweise der Institutionen geben muss und die Einbindung des Europäischen Parlaments in alle Phasen der Verhandlungen, insbesondere im Bereich des Haushaltsplans, als besonders wichtig für die Umsetzung des Grundsatzes der repräsentativen Demokratie anzusehen ist.
Dominique Baudis (PPE), schriftlich. – (FR) Die Europäische Union muss einen Haushaltsplan aufstellen, der ihren Ambitionen entspricht. Sie darf sich von der Krise nicht mitreißen lassen, sondern muss sich ihren Herausforderungen stellen. Aufgrund des Vertrags von Lissabon bewegt sich das Parlament nun auf gleicher Augenhöhe mit dem Rat und hat sich als proaktive Kraft profiliert. Ich habe für den Haushaltsplan 2011 gestimmt, da wir als Abgeordnete verpflichtet sind, Europa eine klare politische Richtung zu geben. 2011 wird Europa seine gesetzten Prioritäten einhalten. Es wird in der Lage sein, seinen Finanzbedarf nach oben zu korrigieren, um seine neuen Befugnisse auszuüben. Trotz der schwierigen Wirtschaftslage hat das Parlament es geschafft, eine feste Zusage von den Mitgliedstaaten zu erhalten.
Auf Vorschlag des Parlaments wird die Kommission 2011 mit den Gesprächen über verschiedene Arten von Eigenmitteln beginnen, die Europa benötigt, um seine finanzielle Unabhängigkeit in der Zukunft zu gewährleisten. Ich bin jedoch zutiefst darüber beunruhigt, dass das Parlament keinen Konsens über die zusätzlichen ab 2012 für das ITER-Projekt benötigten Finanzmittel erzielt hat. Der thermonukleare Versuchsreaktor, ein Vorzeigeprojekt der internationalen Forschung und des europäischen wissenschaftlichen Dynamismus, hätte durch einen ungenutzten und überschüssigen Anteil des Haushaltsplans 2011 finanziert werden können.
Jean-Luc Bennahmias (ALDE), schriftlich. – (FR) Nachdem das Parlament bei den Verhandlungen mit dem Rat über den Haushaltsplan 2011 gute Arbeit geleistet hat, hat es die Schlacht in Bezug auf die Bedingungen für die Aufstellung des nächsten mehrjährigen Finanzrahmens und der Frage der Eigenmittel der Union verloren. Indem der Haushaltsplan 2011 während der Sitzungsperiode im Dezember angenommen wurde, zeigten wir, dass der Rat richtig lag. Unsere Bedenken bezogen sich nicht auf Zahlen, sondern vielmehr auf politische Forderungen. Die in der vergangenen Sitzungsperiode beschlossenen sieben Forderungen haben wir nicht vergessen. Positiv ist, dass die Kommission ebenfalls einen Vorschlag im Frühjahr 2011 zur Frage der Eigenmittel machen wird. Das Parlament wird in diese Diskussionen und auch in die notwendigen Debatten über die Erstellung der finanziellen Vorausschauen eingebunden. Die Bedingungen müssen allerdings noch festgelegt werden und daher hat der Kampf darum, dass die Mitentscheidungsbefugnisse in diesem Bereich geachtet werden, gerade erst begonnen.
Sebastian Valentin Bodu (PPE), schriftlich. – (RO) Die Feststellung des EU-Haushaltsplans 2011 durch das Parlament zeigt, dass die Dinge zum beiderseitigen Nutzen geregelt werden können, wenn der Dialog zwischen der Kommission und der Legislative erst einmal angestoßen ist. Die Kommission hat realisiert, dass das Europäische Parlament jetzt mehr Mitspracherechte in Bezug auf die Finanzen der Union hat und sich entschlossen, wenn auch später, dies anzuerkennen. Praktisch gesehen bleibt der Haushaltsplan innerhalb der vom Rat gesetzten Grenzen, gleichzeitig enthält er jedoch auch einige Prioritäten der Legislative. Bevor die Einigung erzielt wurde, befanden wir uns in der merkwürdigen Situation, dass wir allerlei Strategien und Programme hatten, die in den Haushaltsplanungen für nächstes Jahr überhaupt nicht auftauchen. Diese Strategien und Programme können nicht einfach nur auf dem Papier bleiben, da sie so lediglich die Uneinheitlichkeit und den Mangel an Vertrauen in die von der Europäischen Union erlassenen Rechtsakte deutlich machen würden.
Es ist offensichtlich, dass man keine Programme zur Unterstützung von jungen Menschen, Innovation und Forschung entwickeln und behaupten kann, ein aktiver Akteur in der globalen Außenpolitik zu sein, wenn man die entsprechenden Mittel zur Finanzierung all dieser Pläne gar nicht hat. Das Parlament hat sich mit dem Rat erfolgreich dafür eingesetzt, dass es notwendig ist, regelmäßige Evaluierungen der Vorteile der neuen Rechtsvorschriften und ihrer Finanzierung durchzuführen. Da wir die direkt gewählten Vertreter der Bürgerinnen und Bürger der Europäischen Union sind, ist es für die Steuerzahler wichtig zu sehen, dass ihr Geld sinnvoll ausgegeben wird.
Maria Da Graça Carvalho (PPE), schriftlich. – (PT) Ich freue mich über den heute gebilligten Haushaltsplan, da er die vom Parlament im Oktober angenommenen Prioritätslinien enthält, die Kernbereiche wie Ausbildung, Jugend, Forschung und Innovation stärken. Es ist erforderlich, anstelle eines Systems der vorläufigen Zwölftel, das die Umsetzung der Strategien gefährden würde, einen nachhaltigen EU-Haushaltsplan vorzulegen, der von Beginn des kommenden Haushaltsjahres an in vollem Umfang und berechenbar umgesetzt werden kann. Genauso wichtig ist es, sich um einen Haushaltsplan zu bemühen, der in Zeiten der Krise eine Vision bietet und die Bereiche stärkt, die zum Wirtschaftswachstum und mehr und besseren Arbeitsplätzen wie zum Beispiel Wirtschaft und Innovation beitragen. Ein Wirtschaftsaufschwung wird in Europa nur mit einem ehrgeizigen Haushaltsplan möglich sein.
Frédéric Daerden (S&D) schriftlich. – (FR) Über den Haushaltsplan 2011 wurde mit Verantwortung, Bitterkeit und Überzeugung abgestimmt. Verantwortung: Die Fraktion der Progressiven Allianz der Sozialisten & Demokraten und das Europäische Parlament haben ihre Verantwortung wahrgenommen, indem sie für diesen Haushaltsplan gestimmt haben, um eine institutionelle Sackgasse und den Rückgriff auf das provisorische Zwölftel-System zu vermeiden. Bitterkeit: Die Mitentscheidung bei Haushaltsfragen ist eine Schlacht, die nicht gewonnen werden kann. Trotz der vom Parlament gemachten Zugeständnisse glauben einige Mitgliedstaaten im Gegensatz zu mir nicht an den Mehrwert des Haushaltsplans der Gemeinschaft und sind unflexibel geblieben. Überzeugung: Die Zukunft der Union hängt von neuen Eigenmitteln und der Finanztransaktionssteuer ab. Wir brauchen die Kommission und es ist erforderlich, dass sie sich hierzu verpflichtet, wenn wir dieses grundlegende Ziel realisieren wollen. Wir brauchen Handels- und Transporterleichterungen und auch einen Haushaltsplan 2011, und daher habe ich mich bei dem von den Grünen zu diesem Thema wieder vorgelegten Änderungsantrag enthalten, der zwar symbolischen Charakter hat, aber unverantwortlich ist. Handels- und Transporterleichterungen ist ein Thema, das zu wichtig ist, um es nebenbei mit einer Haushaltslinie von „Null“ im Rahmen der politischen Strategie der Vorlage von Änderungsanträgen, von denen man nicht der Originalverfasser ist, zu behandeln. Was ursprünglich ein sozialistischer Änderungsantrag war, hatte den Zweck, diese Debatte während des Haushaltsverfahrens voranzubringen, aber wenn er heute angenommen worden wäre, hätte dies bedeutet, eine Union ohne Haushaltsplan zu wählen.
Christine De Veyrac (PPE), schriftlich. – (FR) Ich habe für den Haushaltsplan gestimmt, der nahezu keine Erhöhungen gegenüber 2010 enthält, um zu zeigen, dass das Parlament Reife und Verantwortung im Kontext der Wirtschaftskrise, die die nationalen Regierungen lähmt, demonstrieren kann. Es wäre nicht richtig, das Haushaltsvolumenplan 2011 zu einem Zeitpunkt zu erhöhen, wo die meisten Mitgliedstaaten in eine Phase der strengen Haushaltskontrolle eintreten. Ich freue mich, dass die harten Verhandlungen, die zwischen den verschiedenen Institutionen in dieser Sache geführt wurden, zu einem Kompromiss geführt haben und dass wir eine Haushaltskrise für das Jahr 2011 abgewendet haben.
Edite Estrela (S&D), schriftlich. – (PT) Ich habe für den Bericht über den neuen Entwurf des Haushaltsplans für 2011 gestimmt, da er die Finanzierung in Bereichen unterstützt, die vom Europäischen Parlament als Prioritäten festgelegt wurden, wie beispielsweise Ausbildung, Innovation, Wettbewerbsfähigkeit und Kohäsion für Wachstum und Beschäftigung sowie Schutz und nachhaltige Bewirtschaftung natürlicher Ressourcen.
Göran Färm (S&D), schriftlich. − (SV) Wir schwedischen Sozialdemokraten haben heute für den Entwurf des Gesamthaushalts der Europäischen Union für das Haushaltsjahr 2011 gestimmt. Der Haushaltsplan ist eingeschränkt, aber er umfasst auch wichtige Investitionen in Forschung, Initiativen für junge Menschen und die nötigen Initiativen für Palästina, und er ermöglicht die Einrichtung des neuen Auswärtigen Dienstes der EU und neuer Behörden für die Finanzaufsicht.
Wir haben uns jedoch bei der Abstimmung sowohl über den Text als auch über die vorgeschlagenen Haushaltslinien bezüglich der neuen Eigenmittel für die EU enthalten. Wir sind für eine Überprüfung des Systems der Eigenmittel der EU und für die Prüfung einer Finanztransaktionssteuer, glauben jedoch, dass wir derzeit zu wenig Informationen haben, um eine detaillierte Position zu diesem Thema beziehen zu können.
Unabhängig von der Gestalt, die ein neues System für die EU-Einkünfte annimmt, möchten wir hervorheben, dass es haushaltsneutral sein und die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten im Bereich des Steuerwesens respektieren muss.
Diogo Feio (PPE), schriftlich. – (PT) Der Haushaltsplan 2011 wird der erste Haushaltsplan der EU sein, der nach Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon vereinbart wird. Auch wenn diese Einigung, die im Rahmen des neuen Mitentscheidungsverfahrens erzielt wurde, nicht alle Bedenken des Europäischen Parlaments ausräumt, ist sie doch die Grundlage für einen gemeinsamen Standpunkt in Bezug auf die Haushaltsprioritäten der Union. Angesichts der neuen Herausforderungen, denen die Union gegenübersteht, ist es sehr wichtig geworden, einen Mechanismus zu haben, der es der Kommission ermöglicht, Änderungen zum Haushaltsplan einzubringen, wenn die vorgesehenen Mittel nicht ausreichen, um die strategischen Ziele, und zwar die innerhalb der Strategie Europa 2020 festgelegten Prioritäten, zu erreichen.
Gleichsam wird es die Aufgabe des Europäischen Parlaments und des Rates sein, eine gemeinsame Grundlage für eine schnelle und effektive Lösung zu finden, die die Bedingungen für eine egalitärere und wettbewerbsfähiger Union schafft, die in der Lage ist, neue Herausforderungen zu meistern.
João Ferreira (GUE/NGL), schriftlich. – (PT) Das Ergebnis der Debatte über den Haushaltsplan 2011 war vorhersehbar angesichts der Zuständigkeiten des Rates und der Hauptfraktionen dieses Parlaments, ob es nun um die Festlegung und Annahme des aktuellen mehrjährigen Finanzrahmens oder um die Billigung der von ihm abzudeckenden nachfolgenden Haushaltspläne geht.
Was durch diese Einigung jedoch nicht behoben wird und sogar durch sie noch verstärkt wird, sind die vielen Gründe zur Kritik an diesem Haushaltsplan, die wir nicht angesprochen haben. Angesichts der sich verschlechternden Lage in Bezug auf die Wirtschafts- und Sozialkrise, die Arbeitslosigkeit sowie die Lebensbedingungen von Millionen von Menschen, zu der die Pläne für einen echten Sozialterrorismus, den die EU den Mitgliedstaaten aufdrängen will, erheblich beitragen, werden wir alle wieder einmal erleben müssen, was mit der vielgepriesenen europäischen Solidarität wirklich gemeint ist: ein Haushaltsplan, der nicht einmal 1 % des Bruttonationaleinkommens der Gemeinschaft ausmacht und mit dem die Aufgabe zur Umverteilung des Wohlstands sowie der Sicherung des wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalts nicht zu erfüllen ist und der zweifellos die negativen Auswirkungen der Politik, die die EU verfolgt, unterstreichen wird. Einmal mehr möchten wir betonen, dass es eine Alternative zu diesem Haushaltsplan gibt, die nicht nur möglich, sondern wirklich notwendig ist. Eine Alternative, die eine erhebliche Stärkung des Haushaltsplans der Gemeinschaft mit sich bringen würde und die auf fairen Beiträgen der Mitgliedstaaten in Einklang mit deren Bruttonationaleinkommen basieren würde.
Pat the Cope Gallagher (ALDE), schriftlich. – (GA) Ich begrüße die Einigung zwischen dem Europäischen Parlament und den Regierungen der 27 Mitgliedstaaten, insbesondere, weil sich die Zahlungen, die irische Farmer im nächsten Jahr erhalten, ohne diese Einigung verzögern würden.
Lidia Joanna Geringer de Oedenberg (S&D), schriftlich. – (PL) Die Gefahr, dass ein vorläufiger Haushaltsplan 2011 eingebracht wird, veranlasste das Europäische Parlament und den Rat der Europäischen Union dazu, die Gespräche zu intensivieren und das Ergebnis – ein Haushaltsentwurf, über den heute abgestimmt wurde – kann man als pragmatischen Kompromiss bezeichnen. Die zwischen den Institutionen geführten Verhandlungen führten dazu, dass die meisten vom Parlament unterstützten Vorschläge aufgenommen wurden. Der Rat hat uns versichert, dass er während der Aufstellung des Finanzrahmens 2014-2020 zur Zusammenarbeit bereit ist, was die praktische Umsetzung der Bestimmungen des Vertrags von Lissabon bedeutet. Das Parlament hat außerdem eine Einigung mit den Regierungschefs von Ungarn, Polen, Dänemark und Zypern erzielt, mit anderen Worten, mit denjenigen Mitgliedstaaten, die in den nächsten zwei Jahren den Ratsvorsitz der EU führen werden. Außerdem freuen wir uns über die Entscheidung des Rates, den Flexibilitätsmechanismus im Haushaltsplan der Europäischen Union auf einem Niveau von 0,03 % des EU-BIP zu halten. Diese Mittel werden uns erlauben, wichtige Ausgaben zu finanzieren, die während der Verhandlungen zum vergangenen Finanzrahmen nicht vorhersehbar waren, wie zum Beispiel der Europäische Auswärtige Dienst und das Galileo-System. Ein Zugeständnis seitens des Parlaments besteht in der Aufschiebung der Debatte über zukünftige Finanzquellen der Europäischen Union, was auch von der Europäischen Kommission gefordert wurde. Die Idee, nationale Beiträge zum EU-Haushalt zu entlasten, stieß auf entschlossenen Widerstand einer Gruppe von Mitgliedstaaten, die vor der Reaktion der Öffentlichkeit Angst hatte. Wir werden diese Debatte im Sommer 2011 zweifellos wieder aufnehmen, wenn die Kommission eine Reihe von neuen Optionen zur Finanzierung der EU präsentiert.
Julie Girling (ECR), schriftlich. − (im Namen der britischen Konservativen Delegation) Die britischen Konservativen haben heute gegen die Erhöhung des Haushaltsplans um 2,9 % bestimmt, da wir glauben, dass es in einer Zeit, in der die nationalen Hauptstädte nach Wegen suchen, ihre eigenen Defizite zu reduzieren oder ihre Einkommenssituation zu verbessern, für die Abgeordneten nicht angemessen ist, eine Erhöhung der europäischen Ausgaben zu fordern. Der EU-Haushalt kann im Gegensatz zur Argumentation einiger Abgeordneter nicht dazu genutzt werden, die nationalen Haushalte in Zeiten der Sparpolitik aufzustocken. Vielmehr sollte er die schwierige Situation widerspiegeln, in der sich die Mitgliedstaaten der EU befinden. Aus diesem Grund haben die Konservativen ursprünglich einen Änderungsantrag vorgelegt, der die langfristige Einfrierung von Zahlungen auf dem Niveau von 2010 fordert, ein Schritt, der viel dazu beitragen könnte, den Bürgerinnen und Bürgern zu versichern, dass die EU ihren Teil dazu beiträgt, die langfristigen öffentlichen Ausgaben unter Kontrolle zu bringen und auf eine nachhaltigere Grundlage zu stellen.
Estelle Grelier (S&D), schriftlich. – (FR) Die heutige Feststellung des Haushaltsplans 2011 hat das doppelte Versagen des Europäischen Parlaments deutlich gemacht. Der Umfang des festgestellten Haushaltsplans ist zu klein. +2,91 %, was weniger als bei der ersten Lesung (+6 %) und weniger als der ursprüngliche Vorschlag der Kommission (+5,8 %) ist. Die angenommenen Beträge entsprechen genau dem, was vorgeschlagen wurde und enthalten keinerlei Verhandlungsspielraum für den Rat, was nicht gerade ermutigend für die Verhandlungsfähigkeit zukünftiger Haushaltspläne ist. Seit der Vertrag von Lissabon umgesetzt wird, haben das Parlament und der Rat bei Haushaltsfragen im Wege des Mitentscheidungsverfahrens entschieden. Da wir bisher keinerlei genaue Zusage über die Rolle, die wir als Abgeordnete bei der Aufstellung des nächsten Finanzrahmens und bei den notwendigen Überlegungen zu unseren Eigenmitteln haben, laufen wir Gefahr, dem Rat zu gestatten, Herr und Meister über die Zukunft des europäischen Projekts zu werden. Angesichts der Positionierung bestimmter Mitgliedstaaten besteht die reale Gefahr, dass dieses Projekt scheitert. Was mich am meisten bestürzt, ist die von der europäischen Rechten gezeigte Einstellung, die fest entschlossen war, bei Beginn der Verhandlungen auszusteigen, sobald die Telefone der Regierungschefs zu klingeln begannen. Es wird sich jeder seinen Teil über die politische Standfestigkeit einer solchen Rückruderaktion denken können.
Małgorzata Handzlik (PPE), schriftlich. – (PL) Ich begrüße es, dass der EU-Haushaltsplan 2011 mit einer klaren Mehrheit angenommen wurde. Durch die zwischen dem Europäischen Parlament und dem Rat der EU erzielte Einigung konnte ein vorläufiger Haushaltsplan vermieden werden, wodurch die Verfolgung der Kohäsions- und Agrarpolitik untergraben werden könnte. Dies sind besonders gute Nachrichten für die lokalen Regierungen, Landwirte und Geschäftsleute, von denen eine steigende Zahl die Gemeinschaftsmittel nutzt, da sich die Zahlungen trotz der Wirtschaftskrise um 2,91 % im Vergleich zu 2010 erhöhen werden. Ich freue mich auch über die Aufstockung von Mitteln für die vom Parlament beschlossenen Prioritätsbereiche wie Jugend, Ausbildung, Forschung und Innovation.
Constance Le Grip (PPE) , schriftlich. – (FR) Ich habe für den neuen Haushaltsplan gestimmt und freue mich, dass die europäischen Institutionen endlich eine gemeinsame Basis gefunden haben. Das Europäische Parlament stellt mit diesem Votum der Europäischen Union einen stabilen Haushaltsplan bereit, der sofort gegen Anfang des Jahres 2011 eingeführt werden kann, sodass der Rückgriff auf das System der vorläufigen Zwölftel, das die Umsetzung vieler europäischer Strategien gefährdet hätte, vermieden werden konnte. Ich bedaure jedoch die mangelnde Flexibilität dieses neuen Haushaltsplans sowie die von bestimmten Fraktionen, insbesondere den Sozialisten, getroffene Entscheidung, das ITER-Projekt durch die Aufschiebung der Abstimmung über seine Finanzierung aufs Spiel zu setzen, denn dies ist das einzige langfristige Forschungsprogramm, bei dem die Europäische Union eine Führungsrolle hat. Durch den Verzicht auf 600 Mio. EUR in Krediten zur Finanzierung von ITER in Zeiten der Krise, in der europäische öffentliche Mittel knapp sind, haben die Sozialisten ihre Verantwortungslosigkeit gezeigt und ein strategisches Projekt gefährdet, das Arbeitsplätze schafft.
Elżbieta Katarzyna Łukacijewska (PPE), schriftlich. – (PL) Ich freue mich, dass es trotz der zahlreichen Komplikationen möglich ist, sich auf einen vom Rat geänderten EU-Haushaltsplan 2011 zu einigen und ihn zu billigen. Dies ist sehr wichtig, und zwar nicht nur im Hinblick auf die Tatsache, dass ein vorläufiger Haushaltsplan vermieden wurde, sondern auch grundsätzlich angesichts der Tatsache, dass wir Sicherheit in Bezug auf die Planung der Ausgaben im Bereich der Kohäsionspolitik haben, die für die Einwohner der EU und vor allem für die Begünstigten von EU-Mitteln sehr wichtig ist. Außerdem möchte ich betonen, dass die Mittel für die Kohäsionspolitik um 10 % erhöht wurden. Es ist wichtig, dass wir zu einer politischen Einigung gelangt sind. Dadurch haben wir europäische Solidarität gezeigt und dies gibt uns nun finanzielle Stabilität für 2011.
Véronique Mathieu (PPE), schriftlich. – (FR) Ich habe heute für den Haushaltsplan 2011 gestimmt. Nach langen Verhandlungen ist es uns gelungen, zu einer Einigung zu kommen, die für das Parlament zufrieden stellend ist. Das Parlament wartet in der Tat darauf, dass die Bestimmungen des Vertrags von Lissabon umgesetzt werden. Der Vertrag sieht vor, dass unsere Institution an den Verhandlungen über den nächsten langfristigen Haushaltsplan teilnimmt und diese Änderung sollte auf allen Ebenen akzeptiert werden. Außerdem wollte das Parlament einige Rückstellungen im Haushaltsplan 2011 beibehalten. Ein Beispiel hierfür ist der Betrag in Höhe von 425 000 EUR, der im Haushaltsplan 2011 für die Europäische Polizeiakademie (EPA) vorgesehen ist und der jetzt nur unter bestimmten Voraussetzungen freigegeben werden kann. Die Agentur muss daher die Empfehlungen der Abgeordneten nach der Weigerung des Parlaments, die Umsetzung des Haushaltsplans der Agentur zu unterstützen, berücksichtigen, sodass eine Entscheidung in Bezug auf die vollständige Zuweisung der Mittel für EPA im Jahr 2011 erfolgen kann.
Jean-Luc Mélenchon (GUE/NGL), schriftlich. – (FR) Der Haushaltsplan 2011, der der erste Haushaltsplan ist, den das Parlament prüfen durfte, hat lediglich gezeigt, wie wenige Befugnisse unsere Versammlung hat. Unzufrieden mit der Rolle, neoliberale Reformen abzunicken und für die Finanzmärkte zu arbeiten, statt für die Bürgerinnen und Bürger, die es gewählt haben, geht das Parlament sogar so weit, im Sinne der Dringlichkeit zu kapitulieren. Ich werde diesen widerlichen Vorgang nicht mit meiner Stimme unterstützen.
Nuno Melo (PPE), schriftlich. – (PT) Nach intensiven Verhandlungen war es schließlich möglich, sich auf einen Haushaltsplan 2011 zu einigen. Es ist kein idealer Haushaltsplan, aber er ist ein Dokument, der es möglich macht, die von der EU vorgeschlagenen Ziele zu erreichen. Der Haushaltsplan der Gemeinschaft für das Jahr 2011, der heute in der Sitzungsperiode angenommen wurde, stärkt die Finanzierung der vom Europäischen Parlament festgelegten Prioritäten wie Ausbildung, Innovation sowie den Friedensprozess im Nahen Osten und Palästina.
Alexander Mirsky (S&D), schriftlich. − Diese Entschließung wird die Europäische Gemeinschaft im Laufe der Zeit trotz der unzähligen Bürokraten im Europäischen Parlament und der Europäischen Kommission näher an eine gut durchdachte und effiziente Verteilung von EG-Mitteln heranführen. Ich habe auch andere Erklärungen in dem Bericht sorgfältig geprüft und bin froh, dass es gewisse Personen im Parlament gibt, die verstehen, wie wichtig es ist, Geld rechtzeitig zu nutzen und nicht erst, wenn es zu spät ist. Ich habe dafür gestimmt.
Andreas Mölzer (NI), schriftlich. − Wie schon den letzten Vorschlag zur Erhöhung des Budgets für das Jahr 2011, so musste ich auch diesen wieder im Interesse der Bürger Europas ablehnen. Es ist einfach nicht einzusehen, warum die EU sich Budgeterhöhungen leistet, während überall in Europa Sparprogramme lanciert werden müssen. Die neue Erhöhung wird abermals mit der Einführung des Vertrags von Lissabon und der damit neu geschaffenen Institutionen wie dem EAD begründet. Die FPÖ hat in weiser Voraussicht damals schon gegen den Vertrag von Lissabon gestimmt, der neben wenigen positiven Aspekten vor allem ein Mehr an Bürokratie und an Kosten für die Bürger mit sich bringt. Das Budget für 2011 war daher abzulehnen!
Elisabeth Morin-Chartier (PPE), schriftlich. – (FR) Ich unterstütze das Ergebnis der Abstimmung im Europäischen Parlament, die während der Sitzung in Straßburg am Mittwoch, 15. Dezember 2010 nach der Debatte am Dienstag stattfand, und bei der der Haushaltsplan 2011 angenommen wurde. Der festgestellte Haushaltsplan enthält eine Aufstockung der Mittel für die meisten der vom Parlament festgelegten Prioritäten und beachtet gleichzeitig die vom Rat gesetzten globalen Grenzen. Während der diesjährigen Haushaltsverhandlungen haben sich meine Kolleginnen und Kollegen im Europäischen Parlament auch mit dem Rat und der Kommission über eine Reihe politischer Forderungen bezüglich des Haushaltsplans geeinigt.
Alfredo Pallone (PPE), schriftlich. − (IT) Der durch den Europäischen Rat geänderte Haushaltsplan berücksichtigt die vom Parlament vorgebrachten Bedürfnisse und Anforderungen nicht in vollem Maße, aber die Europäische Union kann in den ersten Monaten des Jahres 2011 nicht ohne einen gebilligten Haushaltsplan dastehen. Aus diesem Grund haben die Kommission, der Rat und das Parlament während des Trilogs am 6. Dezember den richtigen Kompromiss für einen Haushaltsplan gefunden, der von Beginn des Haushaltsjahres 2011 an vollständig umgesetzt werden kann. Ich habe dafür gestimmt, weil diese verantwortungsbewusste Haltung im Einklang mit den Bemühungen des Parlaments steht, den Bürgerinnen und Bürgern der Union ausreichende Finanzmittel bereitzustellen, was durch die Billigung der gemeinsamen Erklärung zu Zahlungsermächtigungen bestätigt wird.
Maria do Céu Patrão Neves (PPE), schriftlich. – (PT) Ich habe für die Entschließung des Parlaments gestimmt, da ich die Auffassung vertrete, dass, obwohl der Haushaltsplan in der vom Rat geänderten Fassung den Anforderungen an einen nachhaltigen, kohärenten und effizienten EU-Haushaltsplan nicht in allen Punkten gerecht wird, die Aufgabe des Parlaments, der Union einen Haushaltplan bereitzustellen, der von Beginn des kommenden Haushaltsjahres an vollständig und berechenbar umgesetzt werden kann, erreicht wurde.
Paulo Rangel (PPE), schriftlich. – (PT) Ich habe für die Entschließung des Parlaments gestimmt, da ich auch der Auffassung bin, dass, obwohl der Haushaltsplan in der vom Rat geänderten Fassung den Anforderungen an einen nachhaltigen, kohärenten und effizienten EU-Haushaltsplan nicht in allen Punkten gerecht wird, es die Aufgabe des Parlaments war, der Union einen Haushaltplan bereitzustellen, der von Beginn des kommenden Haushaltsjahres an vollständig und berechenbar umgesetzt werden kann.
Raül Romeva i Rueda (Verts/ALE), schriftlich. – (FR) Es war ein ganz besonderer Moment, als alle Fraktionen sich entschlossen haben, zu einer politischen Einigung über die zukünftige Finanzierung der EU zu kommen, die über den Haushaltsplan 2011 hinausgeht. Nach all dem Aufhebens, das sie während der Verhandlungen machten, haben die drei großen Fraktionen dann kurz vor dem Ziel aufgegeben. Das Europäische Parlament hat gerade die Chance verpasst, sich selbst als Entscheidungsträger in Haushaltsfragen zu profilieren, obwohl es von seinen neu gewonnenen Befugnissen Gebrauch gemacht hat. Der Brief des belgischen Premierministers, der uns vom belgischen Ratsvorsitz gezeigt wurde und der garantiert, dass der Vertrag eingehalten wird (sic) und dass das Parlament an zukünftigen Gesprächen beteiligt wird, gewährleistet in keinerlei Hinsicht, dass es ein gutes politische Ergebnis geben wird. Unser „Nein“ ist Ausdruck dieser verpassten Gelegenheit und der Überprüfungsklausel, die nun folgen wird.
Am besten kann dies mit derselben Methode, die auch der Konvent anwendet, erreicht werden, indem das Europäische Parlament und die nationalen Parlamente und Regierungen sowie die Europäische Kommission zusammengebracht werden. Was das ITER-Mega-Projekt betrifft, das derzeit und zukünftig enorme Finanzmittel benötigt, tut es uns nicht Leid, dass es aufgeschoben wurde. Wir werden erneut versuchen aufzuzeigen, was für eine finanzielle Verschwendung es darstellt, sobald es wieder dem Haushaltsausschuss des Parlaments vorgelegt wird.
Nuno Teixeira (PPE), schriftlich. – (PT) Wir stehen kurz davor, den EU-Haushaltsplan 2011 zu billigen, was zum ersten Mal gemäß den neuen Regelungen des Vertrags von Lissabon geschieht. Ich freue mich über die Stärkung der Rolle des Europäischen Parlaments in diesem Bereich und unterstütze die Hauptprioritäten, die in dem Dokument, über das wir heute abstimmen, festgelegt sind. Im Jahr 2011 muss besondere Aufmerksamkeit auf das Thema Jugend, Bildung und Mobilität gerichtet werden, eine Priorität, die in sämtlichen Einzelplänen des Haushaltsplans berücksichtigt wurde. Wir müssen in unsere Jugend und in die Ausbildung aller europäischer Bürgerinnen und Bürger investieren, und zwar durch die Programme „Lebenslanges Lernen“, „Erasmus Mundus“ und „Eures“.
Es ist außerdem notwendig, Investitionen in Forschung und Innovation zu fördern und die Rolle der Klein- und Mittelbetriebe als Motor für eine dynamischere Wirtschaft zu stärken. Angesichts der Bedeutung der Kohäsionspolitik als übergeordnetes Element aller europäischen Politiken begrüße ich die geplante Aufnahme in das Dokument, das eine Schlüsselfunktion für die erfolgreiche Umsetzung dieser Strategie ist. Aufgrund der dargelegten Gründe und auch weil ich glaube, dass die Europäische Union durch eine Phase geht, die mehr Anstrengungen im Hinblick auf die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit Europas erfordert, während gleichzeitig der interinstitutionelle Dialog weiterhin gestärkt werden muss, stimme ich für diesen Plan, der vom Parlament vorgelegt wurde.
Thomas Ulmer (PPE), schriftlich. − Ich habe dem Bericht zugestimmt. Das Parlament hat in den Verhandlungen mit dem Rat Zähne gezeigt. Der Rat ist im vergangenen Jahr im Rahmen des Lissabon-Vertrags deutlich auf das Parlament zugegangen. Bei der jetzigen Entscheidung über den Haushalt hat das Parlament sich auf den Rat zu bewegt. Der Kompromiss erscheint tragfähig.
Derek Vaughan (S&D), schriftlich. − Der Haushaltsplan 2011 wurde in schwierigen und unsicheren Zeiten beschlossen. In einer Zeit, da wir einschneidende Kürzungen bei den Haushaltsplänen der Mitgliedstaaten erleben, ist es nun wichtiger denn je, sicherzustellen, dass Europa die Ressourcen bereitstellt, um die Krise zu meistern. Der Nutzen der EU-Mittel ist in meinem gesamten Wahlkreis sichtbar und sie unterstützen die Leidtragenden der Politik des Kahlschlags, die derzeit in Großbritannien betrieben wird.
Mit einigen Punkten des Haushaltsplans bin ich jedoch nicht einverstanden. Beispielsweise glaube ich nicht, dass es angemessen ist, für verschwenderische Agrarsubventionen und eine Erhöhung der Aufwandskosten zu stimmen. Ich glaube, es ist wichtig, in diesen unsicheren Zeiten Zurückhaltung bei den Ausgaben zu demonstrieren. Deshalb habe ich mich entschlossen, mich beim Haushaltsplan 2011 zu enthalten.
Glenis Willmott (S&D), schriftlich. − Die Labour-Abgeordneten haben gegen das Haushaltspaket gestimmt, da wir nicht der Auffassung sind, dass es angemessen ist, in Zeiten, in denen so drastische Kürzungen bei den öffentlichen Ausgaben im eigenen Land vorgenommen werden, das EU-Haushaltsvolumen anzuheben.
Wir unterstützen die Art und Weise, wie einige Regierungen ihre Volkswirtschaften durch drastische Kürzungen der öffentlichen Ausgaben gefährden, natürlich nicht. Das bedeutet jedoch nicht, dass wir automatisch eine Erhöhung der Gesamtausgaben der Europäischen Union unterstützen sollten.
Die EU wird im nächsten Jahr eine Menge wichtige Arbeit leisten und in vielen Fällen Unterstützung für Bereiche bereitstellen, die von den Kürzungen in den einzelnen Mitgliedstaaten am meisten betroffen sind. Wo jedoch neue Ausgaben erforderlich sind, glauben wir, dass es möglich gewesen wäre, Einsparmöglichkeiten zu finden, um Gelder für wichtige Projekte bereitzustellen.
Angesichts des derzeitigen Drucks, der auf den Volkswirtschaften in den einzelnen Mitgliedstaaten lastet, hätten diese Haushaltsverhandlungen eine Gelegenheit sein können, die Staats- und Regierungschefs der EU davon zu überzeugen, verschwenderische EU-Ausgaben wie landwirtschaftliche Beihilfen zu prüfen, die oftmals die Wirtschaft der entsprechenden Länder, die auf internationaler Ebene durch EU-Haushaltsmittel unterstützt werden soll, untergraben. Dieses Haushaltspaket lässt diese Subventionen jedoch nahezu unverändert.
Vor diesem Hintergrund können die Labour-Abgeordneten eine Erhöhung des Haushaltsvolumens der EU nicht unterstützen.
Maria Da Graça Carvalho (PPE),schriftlich.–(PT) Angesichts der Tatsache, dass die Niederlande Unterstützung wegen der Entlassung von 613 Arbeitnehmern in zwei Unternehmen, die im Wirtschaftszweig NACE Revision 2 Abteilung 46 (Großhandel ohne Handel mit Kraftfahrzeugen und Krafträdern) in der NUTS-II-Region Noord Holland in den Niederlanden tätig sind, beantragt haben, habe ich für die Entschließung gestimmt, da ich mit dem Vorschlag der Kommission und mit den vom Parlament vorgelegten entsprechenden Änderungsanträgen einverstanden bin. Ich bin auch dafür, dass die Funktionsweise und der Zusatznutzen des Europäischen Fonds für die Anpassung an die Globalisierung (EGF) im Kontext der allgemeinen Bewertung der mit der Interinstitutionellen Vereinbarung vom 17. Mai 2006 geschaffenen Programme und verschiedenen anderen Instrumente im Rahmen des Prozesses der Halbzeitüberprüfung des mehrjährigen Finanzrahmens für den Zeitraum 2007-2013 bewertet werden sollten.
Mário David (PPE), schriftlich. – (PT) Die Hilfe für Arbeitnehmer, die infolge von Umstrukturierung und Standortverlagerung entlassen worden sind, sollte dynamisch und flexibel sein, sodass sie rasch und wirksam umgesetzt werden kann. Angesichts der Strukturveränderungen im internationalen Handel ist es entscheidend, dass die europäische Wirtschaft die Instrumente zur Unterstützung der von derartigen Veränderungen betroffenen Arbeitnehmer rasch umsetzen und sie gleichzeitig mit den Fähigkeiten ausstatten kann, die sie für ihre schnelle Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt benötigen. Die finanzielle Hilfe sollte daher auf individueller Basis erfolgen. Es ist auch wichtig, zu betonen, dass diese Hilfe nicht die reguläre Verantwortung der Unternehmen ersetzen darf und dass sie nicht für die Finanzierung und Restrukturierung von Unternehmen gedacht ist. Angesichts der Tatsache, dass die Niederlande Unterstützung wegen der Entlassung von 613 Arbeitnehmern, die in zwei Unternehmen im Wirtschaftszweig NACE Revision 2 Abteilung 18 (Großhandel ohne Handel mit Kraftfahrzeugen und Krafträdern) in der Region Noord Holland erfolgte, beantragt hat, stimme ich für diesen Bericht, anders ausgedrückt, für die Inanspruchnahme des EGF zur Unterstützung der Niederlande.
Diogo Feio (PPE), schriftlich.– (PT) Die Finanz- und Wirtschaftskrise, in der wir uns gerade befinden, sowie die durch Veränderungen in der Struktur des internationalen Handels entstehenden ständigen Schwankungen auf dem Arbeitsmarkt haben zu zahlreichen Opfern von Arbeitslosigkeit geführt, die sich, in vielen Fällen, als langwierig erweist. Der Europäische Fonds für die Anpassung an die Globalisierung wurde eingerichtet, um auf derartige Situationen reagieren zu können. In diesem Fall sprechen wir über die Inanspruchnahme von etwas mehr als 2,5 Mio. EUR. zugunsten der Niederlande zur Unterstützung von 613 im Zeitraum zwischen dem 1. Mai 2009 und dem 31. Januar 2010 entlassenen Mitarbeitern in zwei Handels- und Einzelhandelsunternehmen. Angesichts der Tatsache, dass die Kommission diesen Antrag bei ihrer Prüfung für angemessen und die festgelegten Anforderungen erfüllend befunden hat und folglich eine Empfehlung zur Annahme des Antrags ausgesprochen hat, habe ich dafür gestimmt.
José Manuel Fernandes (PPE), schriftlich. – (PT) Angesichts der sozialen Auswirkungen der weltweiten Wirtschaftskrise, die sich vor allem auf die Beschäftigung ausgewirkt hat, ist die richtige Verwendung des Europäischen Fonds für die Anpassung an die Globalisierung (EGF) von entscheidender Bedeutung für die Linderung der Notlage vieler europäischer Bürgerinnen und Bürger und Familien, da auf diese Weise ihre soziale Integration und die berufliche Entwicklung gefördert werden und gleichzeitig dem Arbeitsmarkt neue Ressourcen zur Verfügung gestellt werden, die den Anforderungen der Unternehmen entsprechen und das Wirtschaftswachstum vorantreiben. Vor diesem Hintergrund wird dieser Interventionsplan für die Niederlande vorgelegt, und zwar in Zusammenhang mit den 613 Entlassungen, die in zwei Unternehmen erfolgten, die im Wirtschaftszweig NACE Revision 2 Abteilung 46 (Großhandel ohne Handel mit Kraftfahrzeugen und Krafträdern) in der NUTS-II-Region Noord Holland in den Niederlanden tätig sind. Ich hoffe, dass die europäischen Institutionen ihre Bemühungen verstärken werden, um Maßnahmen umzusetzen, die die Ausschöpfungsquoten einer solch bedeutenden Ressource wie dem EGF, der zurzeit in sehr geringem Maße in Anspruch genommen wird, beschleunigen und erhöhen. Dieses Jahr wurden nur 11 % der zur Verfügung stehenden 500 Mio. EUR beantragt.
Nuno Melo (PPE), schriftlich. – (PT) Die EU ist ein Raum der Solidarität, und der Europäische Fonds für die Anpassung an die Globalisierung ist ein Teil davon. Diese Unterstützung ist essenziell für die Hilfe an Arbeitslose und die Opfer von Standortwechseln als Folge der Globalisierung. Immer mehr Unternehmen verlagern ihre Produktion und profitieren von den geringeren Lohnkosten in vielen Ländern, vor allem in China und Indien, was den Ländern, die Arbeitnehmerrechte achten, schadet. Ziel des EGF ist es, den Arbeitskräften, die Opfer von Standortwechseln von Unternehmen sind, zu helfen, und er spielt eine entscheidende Rolle bei der Vereinfachung des Zugangs zu neuer Beschäftigung. Der EGF wurde in der Vergangenheit von anderen Staaten der Europäischen Union in Anspruch genommen, und nun ist es angebracht, den Niederlanden diese Hilfe zukommen zu lassen, die einen Antrag auf Inanspruchnahme des EGF in Bezug auf 613 Entlassungen in zwei Unternehmen, die im Wirtschaftszweig NACE Revision 2 Abteilung 46 (Großhandel ohne Handel mit Kraftfahrzeugen und Krafträdern) in der NUTS-II-Region Noord Holland in den Niederlanden tätig sind, gestellt haben.
Andreas Mölzer (NI), schriftlich. − Arbeitnehmern, die durch die Finanz- und Wirtschaftskrise ihren Arbeitsplatz verloren haben, sollte die Möglichkeit geboten werden, rasch wieder zurück in den Berufsalltag zu finden. Dabei sind die Staaten verpflichtet, geeignete Maßnahmen zu treffen, um die Betroffenen zu unterstützen. Der Europäische Fonds für die Anpassung an die Globalisierung der Europäischen Union stellt hierfür Mittel bereit, die von den Mitgliedstaaten beantragt werden können. Ich stimme für den Bericht, da eine Inanspruchnahme durch die Niederlande durchaus gerechtfertigt ist und alle Kriterien erfüllt werden.
Maria do Céu Patrão Neves (PPE), schriftlich. – (PT) Angesichts der Tatsache, dass die Niederlande Unterstützung in Bezug auf 613 Fälle von Entlassungen in zwei Unternehmen, die im Wirtschaftszweig NACE Revision 2 Abteilung 46(Großhandel ohne Handel mit Kraftfahrzeugen und Krafträdern) in der NUTS-II-Region Noord Holland in den Niederlanden beantragt haben, habe ich für die Entschließung gestimmt, da ich mit dem Vorschlag der Kommission und mit den vom Parlament vorgelegten entsprechenden Änderungsanträgen einverstanden bin.
Außerdem stimme ich Folgendem zu:
- Mit dem EGF sollte die individuelle Wiedereingliederung von entlassenen Arbeitnehmern in den Arbeitsmarkt unterstützt werden; ich möchte noch einmal darauf hinweisen, dass die Hilfe des EGF nicht die Maßnahmen ersetzen darf, die gemäß nationalen Rechtsvorschriften oder Tarifverträgen den Unternehmen obliegen und mit ihm auch nicht die Neustrukturierung von Unternehmen oder Wirtschaftszweigen finanziert werden sollte.
- Die Funktionsweise und der Zusatznutzen des EGF sollten im Kontext der allgemeinen Bewertung der Programme und verschiedener anderer Instrumente, die durch die Interinstitutionelle Vereinbarung vom 17. Mai 2006 geschaffen wurden, bewertet werden.
Ich begrüße den Vorschlag der Europäischen Kommission zur Schaffung einer alternativen Quelle von Geldern zu den ungebundenen ESF-Ressourcen. Sie antwortet damit auf die wiederholten Hinweise des Europäischen Parlaments, dass es notwendig ist, geeignete Haushaltsmechanismen zur Mittelübertragung zu ermitteln, in Anbetracht der Tatsache, dass der EGF als spezifisches und separates Instrument mit eigenen Zielen und Förderzeiträumen eingerichtet wurde.
Aldo Patriciello (PPE), schriftlich. – (IT) Ich stimme der Berichterstatterin Frau Matera voll zu, die mit Freude feststellt, dass die Kommission im Einklang mit den wiederholten Forderungen des Europäischen Parlaments als Quelle für die Zahlungsermächtigungen weiterhin Alternativen zu nicht verwendeten ESF-Mitteln ausfindig macht.
Ich stimme der Berichterstatterin ebenfalls dahingehend zu, dass die in diesem Fall getroffene Wahl (eine der unternehmerischen Initiative und der Innovation gewidmete Haushaltslinie) angesichts der schweren Unzulänglichkeiten, mit denen die Kommission bei der Umsetzung der Programme über Wettbewerbsfähigkeit und Innovation zu kämpfen hat, nicht zufriedenstellend ist. In Zeiten der Wirtschaftskrise sollten diese Mittel eigentlich eher erhöht werden. Die Berichterstatterin fordert daher die Kommission auf, sich weiter darum zu bemühen, künftig geeignetere Haushaltslinien für die Zahlungsermächtigungen ausfindig zu machen.
Paulo Rangel (PPE), schriftlich. – (PT) Der von den Niederlanden gestellte Antrag auf Unterstützung durch den Europäischen Fonds für die Anpassung an die Globalisierung (EGF) in Bezug auf 613 Entlassungen in zwei Unternehmen, die im Wirtschaftszweig NACE Revision 2 Abteilung 46 (Großhandel ohne Handel mit Kraftfahrzeugen und Krafträdern) in der NUTS-II-Region Noord Holland tätig sind, erfüllt sämtliche rechtlich festgelegten Kriterien für die Förderfähigkeit. Daher wurde gemäß der Verordnung (EG) Nr. 546/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Juni 2009 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1927/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Einrichtung des Europäischen Fonds für die Anpassung an die Globalisierung der Anwendungsbereich des EGF vorübergehend erweitert; es wurde nämlich erwartet, dass er in Situationen wie dieser intervenieren kann, falls es als direkte Folge der weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise „mindestens 500 Entlassungen innerhalb eines Zeitraums von neun Monaten, insbesondere in Klein- oder Mittelunternehmen, in einer NACE-2-Abteilung in einer Region auf NUTS-II-Niveau oder in zwei aneinandergrenzenden solchen Regionen“ gibt. Daher habe ich für diese Entschließung gestimmt, und ich hoffe, dass die Inanspruchnahme des EGF zu der erfolgreichen Eingliederung dieser Arbeitnehmer in den Arbeitsmarkt beitragen wird.
Raül Romeva i Rueda (Verts/ALE), schriftlich. –Das Europäische Parlament hat heute abgestimmt, und es (1) fordert die beteiligten Institutionen auf, die notwendigen Bemühungen zur Beschleunigung der Inanspruchnahme des EGF zu unternehmen; (2) erinnert an die von den Organen eingegangene Verpflichtung, ein reibungsloses und zügiges Verfahren für die Annahme von Beschlüssen über die Inanspruchnahme des Fonds zu gewährleisten und eine einmalige, zeitlich begrenzte und personenbezogene Unterstützung für Arbeitnehmer zu leisten, die infolge der Globalisierung und der Wirtschafts- und Finanzkrise entlassen wurden; hebt hervor, dass der EGF in diesem Zusammenhang eine entscheidende Rolle bei der Wiedereingliederung entlassener Arbeitnehmer in den Arbeitsmarkt übernehmen kann; (3) betont, dass in Übereinstimmung mit Artikel 6 der EGF-Verordnung sichergestellt werden sollte, dass der EGF bei der Wiedereingliederung der einzelnen entlassenen Arbeitnehmer in das Arbeitsleben behilflich ist; weist erneut darauf hin, dass die Unterstützung aus dem EGF kein Ersatz für Maßnahmen, die gemäß nationalem Recht oder den Tarifverträgen den Unternehmen obliegen, oder für Maßnahmen zur Umstrukturierung von Unternehmen oder Sektoren sein darf.
Silvia-Adriana Ţicău (S&D), schriftlich.– (RO) Ich habe für die Entschließung zu dem Vorschlag für einen Beschluss des Europäischen Parlaments und des Rates über die Inanspruchnahme des Europäischen Fonds für die Anpassung an die Globalisierung (EGF) gestimmt, der die entlassenen Arbeitnehmer im Informations- und Kommunikationstechnologiesektor (IKT) in der niederländischen Region Noord Holland unterstützt.
Der europäische IKT-Sektor ist sowohl von der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise als auch von strukturellen Änderungen auf dem weltweiten IT-Markt betroffen, insbesondere durch die Produktionsverlagerung nach China und Indien, die sich auch in dem IKT-5-Indikator widerspiegelt.
Bei dem IKT-5-Indikator handelt es sich um eine Übersicht der wesentlichen Forschungsergebnisse im Hinblick auf den Konjunkturverlauf, die Kosten und die verfügbaren Mittel im IKT-Sektor. Der Wert dieses Indikators für Westeuropa ist von etwa 160 im August 2008 auf etwa 30 im April 2009 gefallen.
Die Niederlande haben ein koordiniertes Paket personalisierter Dienstleistungen für 613 Arbeitnehmer ausgearbeitet, die in zwei zum Randstad-Konzern gehörenden Unternehmen entlassen wurden; diese Dienstleistungen umfassen beispielsweise die Unterstützung beim Arbeitsplatzwechsel, die Einrichtung von Mobilitätszentren, die Vermittlung von entlassenen Arbeitnehmern, die Bereitstellung von beruflichen Weiterbildungsmaßnahmen und die Erhöhung der Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Der erforderliche Gesamtbetrag beträgt 3 934 055 EUR. Die Niederlande haben am 8. April 2010 einen Antrag auf einen Finanzbeitrag in Höhe von 2 557 135 EUR aus dem EGF gestellt.
Thomas Ulmer (PPE), schriftlich. − Ich habe dem Berichtsentwurf zugestimmt. Ein weiteres Mal helfen wir hier in Not geratenen EU-Bürgern, nach einer Firmenkrise in einem neuen Arbeitsleben Fuß zu fassen.
Angelika Werthmann (NI), schriftlich. − Dieser Antrag ist nur einer aus einer größeren Anzahl niederländischer Anträge, die wir in jüngster Zeit im Haushaltsausschuss verabschiedet haben. Selbstverständlich habe ich dem Bericht der Kollegin Matera über die Inanspruchnahme des EGF zur Unterstützung arbeitslos gewordener Bürger in Noord Holland zugestimmt, denn es ist ja gerade Sinn und Zweck des EGF, dass mit seinen Mitteln Bürger individuell unterstützt werden, welche infolge der Globalisierung ihren Arbeitsplatz verloren haben. In den Budgetverhandlungen der vergangenen Wochen hat sich die niederländische Regierung an vorderster Front hervorgetan durch ihre Sturheit gegen berechtigte Positionen eines stets sehr kompromissbereiten Europäischen Parlaments. An diesem Punkt möchte ich einmal anmerken, dass es wohl mit nationaler Sichtweise von Politik vereinbar zu sein scheint, dass ich einerseits gerne zweistellige EU-Millionenhilfen in Anspruch nehme, mich aber gleichzeitig einer legitimen Diskussion zu inhaltlichen Punkten des Parlaments verweigere.
Laima Liucija Andrikienė (PPE), schriftlich. − (LT) Ich habe für diese Entschließung gestimmt, da ich der Meinung bin, dass die Zusammenarbeit im Bereich des auf die Ehescheidung und die Trennung ohne Auflösung des Ehebandes anzuwendenden Rechts in der EU verstärkt werden muss. Ich bin der Meinung, dass die EU-Gesetzgebung in diesem Bereich universell gelten sollte. Anders ausgedrückt heißt das, dass auf Grundlage der globalen Kollisionsnormen beschlossen werden kann, dass jedes Recht gilt – das der teilnehmenden Mitgliedstaaten, der nicht teilnehmenden Mitgliedstaaten und der Nicht-EU-Mitgliedstaaten. Die Union hat sich zum Ziel gesetzt, einen Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts, in dem der freie Personenverkehr gewährleistet ist, zu erhalten und weiterzuentwickeln. Um den Ehegatten die Möglichkeit zu bieten, das Recht zu wählen, zu dem sie einen engen Bezug haben, oder um, in Ermangelung einer Rechtswahl, dafür zu sorgen, dass dieses Recht auf ihre Ehescheidung oder Trennung ohne Auflösung des Ehebandes angewendet wird, sollte dieses Recht auch dann zum Tragen kommen, wenn es nicht das Recht eines teilnehmenden Mitgliedstaats ist. Eine erhöhte Mobilität der Bürger erfordert gleichermaßen mehr Flexibilität und mehr Rechtssicherheit, die durch die neue EU-Verordnung verbessert werden können.
Roberta Angelilli (PPE), schriftlich. – (IT) Die Erforderlichkeit der Schaffung eines klaren, umfassenden Rechtsrahmens im Bereich des auf die Ehescheidung und Trennung ohne Auflösung des Ehebandes anzuwendenden Rechts ergibt sich aus der dringenden Notwendigkeit, die Probleme anzugehen, die sich aus den Fällen „internationaler“ Scheidungen ergeben. Bisher wurden durch die Unterschiede in den nationalen Vorschriften weder der Schutz der Chancengleichheit der beiden Ehegatten gefördert noch die Interessen der betroffenen Kinder geschützt. Das Gegenteil war der Fall: Sie haben den sogenannten „Wettlauf zu den Gerichten“ noch begünstigt. Als Mediatorin des Europäischen Parlaments, die sich für Kinder einsetzt, auf die Eltern mit unterschiedlicher Staatsangehörigkeit einen Anspruch erheben, sowie auf Grundlage der Erfahrungen, die ich bei meiner Arbeit gemacht habe, unterstütze ich diesen Verordnungsvorschlag zur Schaffung von Rechtssicherheit für die betroffenen Paare sowie zur Gewährleistung der Berechenbarkeit und Flexibilität.
Eine der im Text der Verordnung enthaltenen innovativen Ideen ist die Möglichkeit, vor, während oder nach dem Scheidungsverfahren einen Familien-Mediator einzuschalten. Dies ist nicht nur deshalb von Vorteil, weil ein Mediator dem Paar eine wertvolle Stütze sein kann, indem er es über die verschiedenen Formen und Bedingungen von Scheidungen informiert und ihm bei der Lösung von Differenzen beiseite stehen kann, sondern auch, weil er zum Schutz der Rechte der betroffenen Kinder beitragen kann, indem er dem Paar hilft, geeignete und einvernehmliche Entscheidungen zum Schutz des Wohlergehens der Kinder zu treffen.
Sophie Auconie (PPE), schriftlich. – (FR) Wenn es darum geht, die Kohärenz zwischen europäischen Vorschriften in Ehesachen zu verbessern, ist es schwer, 27 Mitgliedstaaten dazu zu bekommen, in dieser Frage eine Einigung zu erzielen. Glücklicherweise können Mitgliedstaaten, die sich zusammenschließen möchten, um auf einem bestimmten Gebiet Fortschritte zu erzielen, dies seit dem Vertrag von Amsterdam 1997 in Form einer „Verstärkten Zusammenarbeit“ tun, und zwar dadurch, dass sich ein Kern von Staaten zusammenschließt, um die Union voranzubringen. Die Probleme, mit denen sich Ehegatten bei der Anerkennung ihres Status innerhalb von Europa konfrontiert sehen, insbesondere während einer Ehescheidung oder Trennung ohne Auflösung des Ehebandes, haben dazu geführt, dass bestimmte Staaten sich zusammenschließen, um die Koordinierung nationaler Rechtsvorschriften zu verbessern. Mir liegt viel daran, dass diese Verstärkte Zusammenarbeit, an der Frankreich teilhaben möchte, umgesetzt wird. Ich bin der Ansicht, dass diese Initiative dazu dient, die Europäer näher zusammenzubringen, und zwar in einem Bereich, der uns alle etwas angeht und in dem Rechtssicherheit von wesentlicher Bedeutung ist. Ich habe daher für die vorgeschlagene Verordnung zur Umsetzung dieser Verstärkten Zusammenarbeit gestimmt. In Zukunft muss eine solche Verstärkte Zusammenarbeit so oft wie nötig Anwendung finden.
Izaskun Bilbao Barandica (ALDE), schriftlich. – (ES) Ich habe für diesen Bericht gestimmt, da der Zweck dieser Verordnung die Schaffung von Rechtssicherheit für Paare ist, die verschiedenen Mitgliedstaaten angehören und die sich scheiden lassen oder sich ohne Auflösung des Ehebandes trennen wollen, wobei ihnen Berechenbarkeit und Flexibilität garantiert werden sollen.
Angesichts dieser Tatsachen stellt die angenommene Initiative einen Schritt nach vorne dar. Dennoch ist es bedauerlich, dass erstens die Möglichkeit nicht ausgeschöpft wurde, den Anwendungsbereich auf die Anerkennung von Ehen, Ungültigkeitserklärungen einer Ehe, Sorgerechtsfällen und Erbschaften auszuweiten. Ferner umfasst der Vorschlag auch nicht andere Arten von Partnerschaften, wie z. B. die homosexueller Paare, die in manchen Mitgliedstaaten anerkannt werden.
Zweitens ist es ebenso bedauerlich, dass nur 15 der 27 Mitgliedstaaten dazu bereit sind, sich zu dieser Verstärkten Zusammenarbeit zu verpflichten. Bürgerinnen und Bürger aus Ländern, die dies nicht tun, sind folglich benachteiligt.
Ich hoffe und wünsche mir daher, dass der Anwendungsbereich in Zukunft ausgeweitet, und die Anzahl der Länder, die sich zu dieser Verstärkten Zusammenarbeit bekennen, erhöht werden kann. Das schulden sie ihren Bürgerinnen und Bürgern.
Vilija Blinkevičiūtė (S&D), schriftlich. – (LT) Ich habe für diesen Bericht des Europäischen Parlaments zur Verstärkten Zusammenarbeit im Bereich des auf die Ehescheidung und der Trennung ohne Auflösung des Ehebandes anzuwendenden Rechts gestimmt, da eine klare und eindeutige rechtliche Grundlage geschaffen werden muss, anhand derer Vorschriften in Bezug auf das anzuwendende Recht angewendet werden können. Ich möchte darauf hinweisen, dass eines der vorrangigen Ziele der Europäischen Union der Erhalt und die Weiterentwicklung eines Raumes der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts ist, in dem ein freier Personenverkehr gewährleistet ist. Die rechtliche Situation auf europäischer Ebene im Hinblick auf das auf die Ehescheidung und die Trennung ohne Auflösung des Ehebandes anzuwendende Recht für Ehegatten mit unterschiedlicher Staatsangehörigkeit ist derzeit sehr verwirrend, da unklar ist, welches Recht anzuwenden ist. Dies führt häufig zu einem „Wettlauf zu den Gerichten“, bei dem ein Ehepartner die Scheidung zuerst einreicht und somit sicherstellt, dass sich das Scheidungsverfahren nach einer Rechtsordnung richtet, die vor allem seine Interessen besser schützt. Ich möchte betonen, dass diese neue vorgeschlagene Verordnung Rechtssicherheit für betroffenen Paare schaffen und Berechenbarkeit und Flexibilität gewährleisten sollte.
Vito Bonsignore (PPE), schriftlich. – (IT) Ich möchte Herrn Zwiefka für die Ausarbeitung dieses Berichts, den ich unterstütze, danken. Ziel dieser Maßnahme ist die Errichtung eines klaren und umfassenden Rechtsrahmens für Rechtsvorschriften im Bereich Ehescheidung und Trennung ohne Auflösung des Ehebandes, indem den Parteien ein bestimmtes Maß an Autonomie ermöglicht wird. Die Unterschiede in den Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten können in der Tat zu Problemen im Fall „internationaler“ Scheidungen führen.
Neben Rechtsunsicherheit im Hinblick auf die Bestimmung des anzuwendenden Rechts in jedem einzelnen Fall kann es auch zu einem „Wettlauf zu den Gerichten“ kommen, um sicherzugehen, dass sich das Verfahren nach einer Rechtsordnung richtet, die die Interessen eines der beiden Ehegatten besser schützt. Es ist daher Aufgabe der Europäischen Union, diese Risiken und Unzulänglichkeiten so gering wie möglich zu halten, indem sie die Möglichkeit gewährt, das anzuwendende Recht durch gegenseitiges Einverständnis der beiden Parteien zu wählen. Ich bin daher ebenfalls der Auffassung, dass die Notwendigkeit besteht, den Zugang der Parteien zu angemessenen und präzisen Informationen zu gewährleisten und ihnen somit zu ermöglichen, sich ihrer Möglichkeiten so schnell wie möglich bewusst zu sein.
Zuzana Brzobohatá (S&D), schriftlich. – (CS) Im Rahmen des Vertrags von Lissabon können Mitgliedstaaten nun eine Verstärkte Zusammenarbeit im Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts verfolgen, d. h. im Speziellen auch im Bereich Ehescheidung und Trennung ohne Auflösung des Ehebandes. In dieser Verordnung wird die Verstärkte Zusammenarbeit zwischen bestimmten Mitgliedstaaten (Österreich, Belgien, Bulgarien, Frankreich, Deutschland, Ungarn, Italien, Lettland, Luxemburg, Malta, Portugal, Rumänien, Slowenien und Spanien) festgelegt. Das Hauptziel dieser Verordnung ist es, jede Diskriminierung wegen des Geschlechts auszuschließen, um die Chancengleichheit der beiden Ehegatten zu gewährleisten und dem Wohl der Kinder zentrale Priorität einzuräumen. Ehegatten „wetteifern“ oft darum, wer als Erster die Scheidung einreicht, um sicherzugehen, dass sich das Scheidungsverfahren nach einer Rechtsordnung richtet, die die Interessen der jeweiligen Partei am besten schützt. Der Zweck dieser Verordnung liegt in der Verbesserung der Rechtssicherheit für die betroffenen Paare, wobei gleichzeitig die Berechenbarkeit und Flexibilität der Verfahren gewährleistet werden sollen. Ich habe die Verordnung unterstützt, auch wenn sie momentan nicht die Tschechische Republik betrifft. Insgesamt bin ich der Meinung, dass mit der Einführung dieser Verordnung ein gutes Beispiel für andere Mitgliedstaaten gesetzt wird, darunter die Tschechische Republik. In Zukunft könnte es auch anderen Mitgliedstaaten möglich sein, die Verordnung zu unterzeichnen und von der Erfahrung der Mitgliedstaaten zu profitieren, die diesen Weg bereits beschritten haben.
Diogo Feio (PPE), schriftlich. – (PT) Ziel dieses Vorschlags ist es nicht, das auf die Ehescheidung und das für die Trennung ohne Auflösung des Ehebandes anzuwendende materielle Recht zu harmonisieren, sondern harmonisierte Vorschriften für die Lösung internationaler Zuständigkeitskonflikte festzulegen. Dies bedeutet, dass wir innerhalb des Rahmens des internationalen Privatrechts und nicht innerhalb des materiellen Rahmenwerks des Familienrechts agieren müssen, in dem jeder Staat auch weiterhin eigene Gesetzte haben wird.
Es ist daher wichtig, sich in Erinnerung zu rufen, dass die vorgeschlagene Verordnung durch den Änderungsantrag für Artikel 7.º-A beispielsweise einen Mitgliedstaat nicht verpflichtet, einen Rechtsakt als eine Ehe – sei es auch nur zu dem einzigen Zweck ihrer Auflösung – anzuerkennen, der durch das Recht dieses Staates nicht als solcher gilt oder der gegen den Grundsatz der Subsidiarität verstoßen würde. Die Rechte von Personen, deren Bündnisse in einem bestimmten Staat nicht anerkannt werden, können dadurch allerdings nicht beschnitten werden, sondern es handelt sich hierbei um einen Fall, in dem eine Kompromisslösung gefunden werden muss.
Aus diesen Gründen betrachte ich die Gewährleistung größerer Rechtssicherheit in Bezug auf die Lösung von Konflikten zwischen internationalen Rechtsvorschriften im Bereich des Familienrechts, insbesondere im Bereich Ehescheidung und Trennung ohne Auflösung des Ehebandes, eindeutig als wichtigen Schritt hin zur Schaffung eines Raumes aus Freiheit und Gerechtigkeit, in dem freier Personenverkehr gewährleistet ist.
José Manuel Fernandes (PPE), schriftlich. – (PT) Ich begrüße die Annahme dieses Berichts, der es Paaren aus verschiedenen Mitgliedstaaten, oder denen, die in einem anderen Land als ihrem Heimatland leben, ermöglicht, die für ihre Ehescheidung geltenden Rechtsvorschriften selbst zu wählen.
Im Jahr 2007 wurden in der EU 1 Mio. Ehescheidungen durchgeführt, 13 % davon betrafen Paare mit unterschiedlicher Staatsangehörigkeit. Im Zuge dieser Verfahren hatten diese Bürgerinnen und Bürger Europas mit rechtlichen Problemen zu kämpfen, die ihre Trennung betrafen.
Ich möchte darauf hinweisen, dass Portugal an diesem Prozess der Verstärkten Zusammenarbeit teilnimmt, der Verbesserungen auf diesem Gebiet ermöglichen würde, aber der im Rat blockiert wird.
Ich möchte hervorheben, dass dieser Bericht nicht dazu führen darf, dass ein Mitgliedstaat verpflichtet wird, einen Rechtsakt als eine Ehe – sei es auch nur zu dem einzigen Zweck ihrer Auflösung – anzuerkennen, der durch das Recht dieses Staates nicht als solcher gilt oder der gegen den Grundsatz der Subsidiarität verstoßen würde.
Lidia Joanna Geringer de Oedenberg (S&D), schriftlich. – (PL) Ich möchte dem Berichterstatter dafür danken, dass er ein derart schwieriges Thema wie die Wahl des auf die Ehescheidung und die Trennung ohne Auflösung des Ehebandes anzuwendenden Rechts so eingehend dargelegt hat. Die Schwierigkeit dieser Frage wird deutlich, wenn man bedenkt, dass die Rom-III-Verordnung in der Geschichte der EU das erste Beispiel einer Verstärkten Zusammenarbeit ist, die im Einklang mit den in den Verträgen festgelegten Verfahren durchgeführt wird. Der Geltungsbereich dieser Verordnung wird sich daher auf 14 der 27 Mitgliedstaaten der EU beschränken. Polen ist keines von ihnen. Ich bin der Ansicht, dass die Rom-III-Verordnung durch die Einführung eines Grundsatzes, der beiden Parteien ermöglicht, das im Fall der Ehescheidung anzuwendende Recht zu wählen, zu einer größeren rechtlichen Berechenbarkeit und Sicherheit beitragen wird. Allerdings ist es angesichts des beschränkten Geltungsbereichs der Verordnung – sie betrifft nur das im Bereich der internationalen Ehescheidung anwendbare Recht – auch dringend erforderlich, die Frage nach dem Gericht zu stellen, das in einem bestimmten Fall für die Rechtsprechung zuständig ist.
Dieses Problem ist Gegenstand einer weiteren EU-Verordnung – Brüssel IIa. Ich bin daher, wie der Berichterstatter auch, der Meinung, dass es von wesentlicher Bedeutung ist, diese Verordnung so schnell wie möglich zu überarbeiten, um die Forum necessitatis-Regel einzuführen. Somit würde die Angst vieler Mitgliedstaaten, dass ihre Gerichte gezwungen würden, über die Ehescheidungen von Paaren zu entscheiden, die unter ihrem Rechtssystem nicht als verheiratet gelten, beseitigt werden. Dadurch würden sie wiederum dazu anregt, allgemeine europäische Grundsätze auf dem Gebiet der internationalen Scheidung anzunehmen, was das Leben vieler Bürgerinnen und Bürger der EU zweifellos erleichtern würde.
Nathalie Griesbeck (ALDE), schriftlich. – (FR) Wenn zwei Personen unterschiedlicher Staatsangehörigkeit oder einfach zwei Personen, die nicht länger in dem gleichen Mitgliedstaat ansässig sind, beschließen, sich scheiden zu lassen, sollten sie wissen, welchem Gericht die Rechtsprechung obliegt und in welchem Land. Von jetzt an werden diese zwei sich in Scheidung befindenden Personen bald in der Lage sein, zu wählen, im Rahmen welches Rechtssystems über ihre Scheidung entschieden werden soll. Ein weiterer wichtiger Schritt hin zu der allmählichen Schaffung eines „gemeinsamen europäischen Rechtsraumes“, dessen Bestimmungen direkt im Leben jedes Einzelnen von uns anwendbar sind. Ich begrüße zwar die Annahme dieses Berichts und die erste Anwendung des Verfahrens der Verstärkten Zusammenarbeit, doch ich bedauere, dass dieses Verfahren eingesetzt werden musste und keine Einigung zwischen den EU-Mitgliedstaaten erreicht werden konnte. Ich hoffe, dass andere Mitgliedstaaten bald Teil dieser Zusammenarbeit sein werden.
Edvard Kožušník (ECR), schriftlich. – (CS)Die Tschechische Republik ist im Europäischen Parlament vertreten. Die Tschechische Republik hat sich dem Mechanismus der Verstärkten Zusammenarbeit im Bereich der Vereinbarkeit der geltenden Kollisionsnormen nicht verpflichtet. Der Grund dafür ist, dass die Tschechische Republik nicht der Meinung ist, dass der Verordnungsvorschlag eine erforderliche Maßnahme für das reibungslose Funktionieren des Binnenmarktes ist. Ebenso ist die Tschechische Republik der Auffassung, dass die Verordnung in Bezug auf das Subsidiaritätsprinzip fragwürdig ist, da sie keinen Mehrwert mit sich bringt, der einen Eingriff in die nationalen Familienrechtsbestimmungen rechtfertigen würde. Die Tschechische Republik hält den Vorschlag außerdem im Hinblick auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit für fragwürdig, da die gewählte Rechtsform der Verordnung kein geeignetes Instrument darstellt, um die Vereinbarkeit der im Bereich des internationalen Familienrechts geltenden Kollisionsnormen sicherzustellen. Dennoch ist es nicht meine Absicht, dass meine Stimmabgabe diejenigen Staaten, die sich für eine Verstärkte Zusammenarbeit als Instrument zur Gewährleistung der Vereinbarkeit der Kollisionsnormen entschieden haben, davon abhalten soll, im Hinblick auf die Bestimmung des in Ehesachen anzuwendenden Rechts diesen Weg einzuschlagen.
Jiří Maštálka (GUE/NGL), schriftlich. – (CS) Der Verordnungsvorschlag für eine Verstärkte Zusammenarbeit im Bereich des auf die Ehescheidung und Trennung ohne Auflösung des Ehebandes anzuwendenden Rechts dient der Lösung von häufig auftretenden, komplexen und sensiblen Fragen im Zusammenhang mit Scheidungsverfahren für rechtskräftige Ehen, die von Personen unterschiedlicher Staatsangehörigkeit geschlossen wurden. Er bringt dem Paar, das sich scheiden lassen möchte, mehr Klarheit und ermöglicht ihm, das anzuwendende Recht zu wählen. Darüber hinaus wird mit ihm ihre Rechtssicherheit von Anfang an gestärkt. Da die angenommene Rechtsvorschrift über den Acquis communautaire hinaus geht, ermöglicht die Anwendung des Mechanismus der Verstärkten Zusammenarbeit den teilnehmenden Mitgliedstaaten, einen Teil der rechtlichen Probleme anzugehen, die sich aus der internationalen Zusammenarbeit im Bereich der Auflösung solcher Ehen ergeben.
Dies bietet anderen Mitgliedstaaten, die zu diesem Zeitpunkt noch nicht teilnehmen, ausreichend Gelegenheit, die positiven und negativen Auswirkungen dieses Verordnungsvorschlags im Laufe der Zeit zu bewerten und die Unterzeichnung des Verordnungsvorschlags in Erwägung zu ziehen. Über mehrere Jahre hinweg und in hinreichend begründeten Fällen wurde in solchen Scheidungsverfahren in der Tschechischen Republik ausländisches Recht angewendet.
Nuno Melo (PPE),schriftlich. – (PT) Die neue Verordnung ermöglicht internationalen Paaren (Paaren mit unterschiedlicher Staatsangehörigkeit, Paaren, die in verschiedenen Ländern wohnen oder Paaren, die gemeinsam in einem anderen als ihrem Herkunftsland leben), das für ihre Scheidung anwendbare nationale Recht zu wählen, vorausgesetzt, einer der Ehegatten hat eine Verbindung mit dem entsprechenden Land, beispielsweise weil er dort seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat oder er die Staatsangehörigkeit dieses Landes besitzt. Die neuen Vorschriften schaffen auch Klarheit darüber, welches Recht anzuwenden ist, falls die beiden Ehegatten zu keiner Einigung gelangen. Die neue Verordnung wird es beispielsweise einem spanisch-portugiesischen Paar, das in Belgien lebt, ermöglichen, zu bestimmen, ob bei ihrer Scheidung portugiesisches, spanisches oder belgisches Recht angewendet werden soll.
Alexander Mirsky (S&D), schriftlich. – Scheidungen sind eine ernste Angelegenheit. Oft genug geht es dabei auch um zerbrochenes Geschirr und die Aufteilung des Besitzes. Ich bewundere den Idealismus des Berichterstatters Tadeusz Zwiefka aufrichtig. Was geschieht, wenn ein deutscher Ehemann sich in Deutschland scheiden lassen möchte, aber seine Frau möchte in Sizilien geschieden werden will, weil ihre Mutter Sizilianerin ist? Wie teilt man einen Staubsauger und eine Waschmaschine auf die Ehegatten auf, wenn es keine Einigung gibt? Die Idee ist gut, aber sie bedarf noch einiger Nachbesserungen. 90 % aller Scheidungen verlaufen tragisch und schmutzig. Ich werde zwar mit „Ja“ stimmen, bin aber der Ansicht, dass wir bei dieser Art von Dokument noch einige Details bedenken sollten. Wir brauchen ein Gesetz, keine Vorschriften.
Andreas Mölzer (NI), schriftlich. − Trennungen und Scheidungen sind immer schwierig und ziehen einen Rattenschwanz an rechtlichen Konsequenzen nach sich. Problematisch wird das Ganze, wenn die Ehepartner aus unterschiedlichen Ländern stammen. Innerhalb der Union wurde nach einer Lösung gesucht, man konnte sich aber nur auf ein Verfahren der Verstärkten Zusammenarbeit einigen, was für die Betroffenen, also Scheidungsparteien aus verschiedenen EU-Mitgliedstaaten, nur minimale Erleichterungen bringt. De facto ist dieses Verfahren auch vom Geltungsbereich her nicht eindeutig klar, wenn dieser nicht festgelegt wird.
Zusammenarbeit kann natürlich nicht bedeuten, dass Urteile – wie die Scheidung – in einem Mitgliedstaat anerkannt werden müssen, wenn diese rechtlich gar nicht vorgesehen sind. Genauso wenig darf das Verfahren eine Möglichkeit bieten, durch die Hintertür gleichgeschlechtliche Ehen anerkennen zu müssen. Ebenso wenig wurde auf die Rechte der Eltern bei grenzüberschreitenden Trennungen eingegangen. Deshalb habe ich mich der Stimme enthalten.
Alfredo Pallone (PPE),schriftlich. – (IT) Ich habe für den Bericht gestimmt, da ich der Meinung bin, dass es erforderlich ist, einen klaren und umfassenden Rechtsrahmen hinsichtlich des auf die Ehescheidung und die Trennung ohne Auflösung des Ehebandes anzuwendenden Rechts zu schaffen. Mit der Einführung von Artikel 3a haben Ehegatten erstmals die Möglichkeit, im Falle der Scheidung ihrer Ehe in gegenseitigem Einvernehmen das anwendbare Recht zu bestimmen. Ich bin außerdem der Meinung, dass wir sicherstellen sollten, dass die von den Parteien getroffene Wahl eine Wahl in voller Sachkenntnis ist, das heißt dass die beiden Ehegatten ausreichend über die konkreten Auswirkungen ihrer Wahl informiert sind. Es muss daher sichergestellt werden, dass die Informationen exakt und vollständig sind. Ich denke, dass es wichtig ist, die Beziehung des Paares zu schützen, sodass der Trennungsakt der beiden Parteien, die zu gleichrangigen Entscheidungsträgern werden, auf eine klare, transparente Art und Weise sowie einvernehmlich vonstattengehen kann.
Maria do Céu Patrão Neves (PPE), schriftlich. – (PT) Portugal nimmt zusammen mit 13 anderen EU-Staaten (Spanien, Italien, Ungarn, Luxemburg, Österreich, Rumänien, Slowenien, Bulgarien, Frankreich, Deutschland, Belgien, Lettland und Malta) an der ersten Verstärkten Zusammenarbeit in der Geschichte der EU teil. Diese Verstärkte Zusammenarbeit wird im Bereich des auf die Ehescheidung und die Trennung ohne Auflösung des Ehebandes anzuwendenden Rechts im Hinblick auf die betroffenen Personen und deren Besitz angewendet.
Ich habe für diesen Bericht über die Verordnung gestimmt, die klare Vorschriften für das Verfahren bei internationalen Paaren (d. h. Ehegatten verschiedener Staatsangehörigkeiten) schafft, die eine Scheidung oder Trennung ohne Auflösung des Ehebandes – auch im Hinblick auf die Trennung ihres Besitzes – in ihrem Herkunfts- oder Aufenthaltslandes wünschen. Es handelt sich hierbei um eine vollkommen einvernehmliche Angelegenheit, die das Leben vieler Europäer einfacher machen wird. Dieser Moment hat symbolische Bedeutung, da zum ersten Mal eine Verstärkte Zusammenarbeit zwischen EU-Mitgliedstaaten stattfindet.
Das Ziel dieser Bestimmungen ist die Stärkung der Rechtssicherheit und Berechenbarkeit im Hinblick auf Scheidungen und die Trennung ohne Auflösung des Ehebandes im Hinblick auf Personen und deren Besitz. Die Vereinbarung bezieht sich lediglich auf die Harmonisierung von Konfliktsituationen, nicht auf die Harmonisierung grundlegender einzelstaatlicher Regeln.
Aldo Patriciello (PPE), schriftlich. – (IT) Eines der Hauptziele der Europäischen Union ist es, einen Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts, in dem der freie Personenverkehr gewährleistet ist, zu erhalten und weiterzuentwickeln. Die rechtliche Situation auf europäischer Ebene im Hinblick auf das im Bereich der Ehescheidung und Trennung ohne Auflösung des Ehebandes von Ehegatten mit unterschiedlicher Staatsangehörigkeit anzuwendende Recht ist momentan sehr unübersichtlich. Dies führt häufig zu einem „Wettlauf zu den Gerichten“, bei dem ein Ehepartner die Scheidung zuerst einreicht und somit sicherstellt, dass sich das Scheidungsverfahren nach einer Rechtsordnung richtet, die vor allem seine Interessen besser schützt. Ziel des Verordnungsvorschlags ist es, Rechtssicherheit für die betroffenen Paare zu schaffen sowie Berechenbarkeit und Flexibilität zu garantieren. Ich kann dem Berichterstatter Herrn Zwiefka daher nur Recht geben, der die inhaltliche Ausgestaltung der Regelung des anzuwendenden Rechts auf die Ehescheidung und Trennung ohne Auflösung des Ehebandes unterstützt.
Rovana Plumb (S&D), schriftlich. – (RO) Belgien, Bulgarien, Deutschland, Griechenland (zog seinen Antrag am 3. März 2010 zurück), Spanien, Frankreich, Italien, Lettland, Luxemburg, Ungarn, Malta, Österreich, Portugal, Rumänien und Slowenien teilten der Kommission mit, dass sie die Absicht hätten, untereinander im Bereich des anzuwendenden Rechts in Ehesachen eine Verstärkte Zusammenarbeit zu begründen, und forderten die Kommission auf, dem Rat dahingehend einen Vorschlag vorzulegen. Die ständig zunehmende Mobilität der Bürgerinnen und Bürger erfordert einerseits mehr Flexibilität und andererseits mehr Rechtssicherheit. Um diesem Ziel zu entsprechen, sollte diese Verordnung die Parteiautonomie bei der Ehescheidung und Trennung ohne Auflösung des Ehebandes stärken und den Parteien die Möglichkeit geben, das in ihrer Ehescheidung oder Trennung ohne Auflösung des Ehebandes anzuwendende Recht zu bestimmen.
Diese Verordnung wird nur für die Auflösung einer Ehe oder die Beendigung der ehelichen Verpflichtungen (Trennung ohne Auflösung des Ehebandes) gelten. Sie gilt nicht in Fragen betreffend die Rechts- und Handlungsfähigkeit sowie die gesetzliche Vertretung von natürlichen Personen, die Existenz, Gültigkeit oder Anerkennung einer Ehe, die Ungültigerklärung einer Ehe, den Namen der Ehegatten, die vermögensrechtlichen Wirkungen der Ehe, die elterliche Verantwortung, Unterhaltspflichten, Trusts und Erbschaften, selbst wenn diese Angelegenheiten lediglich als Vorfrage im Zusammenhang mit einem Ehescheidungsverfahren oder einem Verfahren zur Trennung ohne Auflösung des Ehebandes auftreten.
Paulo Rangel (PPE), schriftlich. – (PT) Die Entwicklung eines Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts, in dem der freie Personenverkehr gewährleistet ist, ist eines der grundlegendsten Ziele der Europäischen Union. Ich begrüße daher diesen Vorschlag, der mehr Rechtssicherheit im Hinblick auf die Bestimmung des im Bereich des auf nationale Ehescheidungen und die Trennungen ohne Auflösung des Ehebandes anzuwendenden Rechts ermöglicht, und würde mir wünschen, dass andere Mitgliedstaaten die Bemühungen zur Vereinbarkeit der in den Mitgliedstaaten geltenden Kollisionsnormen und Vorschriften zur Vermeidung von Kompetenzkonflikten unterstützen.
Raül Romeva i Rueda (Verts/ALE),schriftlich. –Dieser Text enthält Lösungen für Probleme wie das folgende: A und B sind Staatsangehörige verschiedener Mitgliedstaaten, die eine gleichgeschlechtliche Ehe in einem der Mitgliedstaaten eingegangen sind, nach deren Gesetzgebung solche Ehen zulässig sind. Sie haben seit drei Jahren in einem Mitgliedstaat ihren gewöhnlichen Aufenthalt, der gleichgeschlechtliche Ehen nicht zulässt, der aber an der Annahme der Verordnung über das anzuwendende Recht gemäß dem Verfahren der Verstärkten Zusammenarbeit teilnimmt. A und B möchten ihre Ehe auflösen.
Nach den Vorschriften der Verordnung Nr. 2201/2003 sind die einzigen Gerichte, die unter diesen Umständen zuständig sind, die Gerichte desjenigen Mitgliedstaats, in dem sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. Dies ist offensichtlich gegenüber dem betreffenden Ehepaar unfair, das beträchtliche Unannehmlichkeiten und einen großen Zeitaufwand auf sich nehmen müsste, um sein Scheidungsverfahren in die Zuständigkeit eines anderen Gerichts zu verlagern.
Alf Svensson (PPE), schriftlich. – (SV) Ich habe mich entschlossen, mich bei der heutigen Abstimmung des Europäischen Parlaments bezüglich des Vorschlages einer Verordnung des Rates zur Durchführung einer Verstärkten Zusammenarbeit im Bereich des auf die Ehescheidung und Trennung ohne Auflösung des Ehebandes anzuwendenden Rechts meiner Stimme zu enthalten. Meiner Meinung nach ist Familienrecht, wie beispielsweise die Regelung von Scheidungen, ein Bereich, in dem das Subsidiaritätsprinzip gewahrt werden sollte und in dem jeder Mitgliedstaat seine eigenen Entscheidungen treffen sollte. Die Zusammenarbeit der EU-Mitgliedstaaten, die in diesem Bericht diskutiert wird, erfolgt auf freiwilliger Basis, und dem aktuellen Stand nach nehmen 14 Staaten daran teil. Schweden gehört nicht dazu. Meiner Meinung nach wäre es für mich als schwedischen Abgeordneten nicht angemessen, eine Stellung zu einer Rechtsvorschrift zu beziehen, die sich ausschließlich auf eine Form der Zusammenarbeit bezieht, an der Schweden nicht teilhat.
Angelika Werthmann (NI), schriftlich. − Bei 16 Millionen binationalen Ehen in der EU, von denen geschätzte 140.000 Ehen jährlich scheitern, waren Verhandlungen und eine Einigung in dieser Frage unumgänglich, um die notwendige Rechtssicherheit für die BürgerInnen zu gewährleisten. Nachdem diverse diesbezügliche Initiativen bisher am Veto einzelner Mitgliedstaaten gescheitert sind, wird mit dem „Verfahren der Verstärkten Zusammenarbeit“ nunmehr zumindest 14 Ländern die Möglichkeit an die Hand gegeben, die notwendigen Kriterien festzulegen.
Luís Paulo Alves (S&D), schriftlich. – (PT) Ich habe für diesen Bericht gestimmt, da die weltweite Finanzkrise, zu der die Ratingagenturen ihren Teil beigetragen haben, die Notwendigkeit vor Augen geführt hat, die Ratingagenturen einem Klassifizierungs- und Aufsichtsmechanismus zu unterwerfen. Ich stimme mit dem Bericht überein, dass es notwendig ist, die Einführung eines Systems zur Registrierung und Beaufsichtigung von Ratingagenturen, die Ratings abgeben, die in der Europäischen Union genutzt werden, auf europäischer Ebene zu fördern und die Bedingungen festzulegen unter denen Ratings, die von Agenturen von Drittländern abgegeben wurden, in der Europäischen Union genutzt werden können. Die erzielte Einigung über die europäische Aufsichtsarchitektur, die am 1. Januar 2011 in Kraft treten wird, ermöglicht nun die effektive Umsetzung der Aufsicht über die Ratingagenturen. Es kommt in der Tat entscheidend darauf an, dass die Europäische Wertpapieraufsichtsbehörde (ESMA), sobald sie eingerichtet ist, ihre Zuständigkeiten wahrnehmen kann, um eine solide Aufsicht über die in der Europäischen Union tätigen Ratingagenturen und die Agenturen von Drittländern, deren Ratings in der Europäischen Union zugelassen werden, in enger Zusammenarbeit mit den entsprechenden nationalen Behörden, sicherzustellen. Ich begrüße zudem die Tatsache, dass auch die Vereinigten Staaten beschlossen haben, strengere Aufsichtsbestimmungen in diesem Bereich einzuführen, besonders unter dem Gesichtspunkt, da die Kommission eine bessere internationale Harmonisierung anstrebt.
Laima Liucija Andrikienė (PPE), schriftlich. − (LT) Ich stimmte für diese Entschließung, da ich eine Notwendigkeit darin sehe, die Ratingagenturen einem Kontroll- und Aufsichtsmechanismus zu unterwerfen. Die weltweite Finanzkrise, zu der die Ratingagenturen ihren Teil beigetragen haben, hat sich auf diese Initiative ausgewirkt. Ich befürworte den Vorschlag der Europäischen Kommission zur Organisation der Zulassung und Beaufsichtigung der Ratingagenturen durch die Europäische Wertpapieraufsichtsbehörde (ESMA). Allerdings ist es entscheidend, dass die ESMA, sobald sie eingerichtet ist, ihre Zuständigkeiten wahrnehmen kann, um eine solide Aufsicht über die in der Europäischen Union tätigen Ratingagenturen und die Agenturen von Drittländern, deren Ratings in der Europäischen Union zugelassen werden, sicherzustellen.
Sophie Auconie (PPE), schriftlich. – (FR) Im Prinzip geben Ratingagenturen ein unabhängiges Bonitätsurteil in Bezug auf ein Unternehmen, einen Schuldtitel, eine finanzielle Verbindlichkeit oder ein Finanzinstrument ab. Allerdings haben die Urteile dieser Agenturen manchmal schwerwiegende Auswirkungen auf die Wirtschaft des Staates, deren finanzielle Vorschriftsmäßigkeit bewertet wird. 2009 erließ die Union die Verordnung (EG) Nr. 1060/2009, welche die Aktivitäten von Agenturen regulieren soll, um Anleger und die europäischen Finanzmärkte vor dem Risiko der Misswirtschaft zu schützen. Sie legt die Bedingungen für die Abgabe von Ratings fest sowie die Vorschriften bezüglich der Registrierung und Beaufsichtigung der Ratingagenturen. In der Zwischenzeit stellte ein von einem Expertengremium verfasster Bericht fest, dass der Aufsichtsrahmen verbessert werden muss, um das Risiko einer zukünftigen Finanzkrise und deren schweres Ausmaß zu verringern. Die Verordnung zur Europäischen Wertpapieraufsichtsbehörde (ESMA) begründete die Europäische Aufsichtsbehörde. Damit diese Behörde fehlerfrei funktionieren kann und ordnungsgemäß in den allgemeinen Rahmen der Finanzaufsicht integriert ist, wurde es notwendig, die Verordnung (EG) Nr. 1060/2009 zu ändern. Ich stimmte für diesen Bericht, da er die Kontrolle über die Ratingagenturen verbessert.
Jean-Pierre Audy (PPE), schriftlich. – (FR) Auf der Grundlage des hervorragenden Berichts meines verehrten Kollegen und Freundes Jean-Paul Gauzès von der Fraktion der Europäischen Volkspartei (Christdemokraten) stimmte ich für den Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlamentes und des Rates zur Änderung der Verordnung über Ratingagenturen aus dem Jahr 2009, in dem der neu geschaffenen Europäischen Wertpapieraufsichtsbehörde (ESMA) Aufsichtsbefugnisse über diese Unternehmen verliehen werden. Ich unterstütze die durch den Berichterstatter angebotenen Verbesserungen, insbesondere die Übertragung neuer Befugnisse auf die ESMA, welche die Kommission beabsichtigte, für sich zu behalten, vor allem in Bezug auf Sanktionen. Ich halte es für wichtig, dass die ESMA einen Teil ihrer Aufgaben an nationale Behörden delegieren kann. Ich bedauere, dass das Thema Rating von Staaten und die besondere Beaufsichtigung, der ein Rating von Staaten unterliegen sollte, keine Erwähnung findet (auch wenn die vorliegende Änderung der Vorschriften vermutlich nicht das richtige Medium dafür ist). Ich schlage die Schaffung einer europäischen öffentlichen Agentur für das Rating von Staaten vor, um so die notwendigen technischen Einzelheiten und die notwendige Unabhängigkeit sicherzustellen.
Zigmantas Balčytis (S&D), schriftlich. − (LT) Die weltweite Finanzkrise hat die Notwendigkeit aufgezeigt, die Ratingagenturen einem Kontroll- und Aufsichtsmechanismus zu unterwerfen. Es besteht die Notwendigkeit einer EU-weiten gemeinsamen Kontrolle der Ratingagenturen und einer integrierten Aufsicht über sie. Ich habe dieses wichtige Dokument unterstützt. Im Jahr 2009 wurde die Verordnung (EG) Nr. 1060/2009 über Ratingagenturen erlassen. Dadurch wurde die Schaffung eines europäischen Systems zur Registrierung und Beaufsichtigung der Ratingagenturen ermöglicht, die Ratings abgeben, die in der Europäischen Union genutzt werden. Es wurde auch festgelegt, unter welchen Bedingungen Ratings, die von Agenturen von Drittländern abgegeben wurden, in der Europäischen Union genutzt werden können. Es muss ein verlässliches Beaufsichtigungs- und Kontrollsystem geben, und deshalb unterstütze ich die Änderungsvorschläge zur Stärkung der Europäischen Wertpapieraufsichtsbehörde. Diese Institution muss die Beaufsichtigung von in der EU tätigen Ratingagenturen übernehmen und ihre Aufgaben effektiv ausüben.
Vilija Blinkevičiūtė (S&D), schriftlich. − (LT) Ich stimmte für diesen Bericht, da die Wirtschafts- und Finanzkrise, die weltweite Auswirkungen hatte, die Notwendigkeit aufgezeigt hat, die Ratingagenturen einem Kontroll- und Aufsichtsmechanismus zu unterwerfen. Aus diesem Grund präsentierte die Europäische Kommission einen Vorschlag hinsichtlich der Organisation der Zulassung und Beaufsichtigung der Ratingagenturen durch die Europäische Wertpapieraufsichtsbehörde (ESMA). Am wichtigsten ist aber, dass dieser Behörde eigene Aufsichtsbefugnisse, aber auch Untersuchungsbefugnisse übertragen werden, und dass sie bei Nichtanwendung dieser Verordnung Sanktionen verhängen kann. Ich stimme mit dem Standpunkt des Europäischen Parlaments überein, dass die Notwendigkeit einer EU-weiten gemeinsamen Kontrolle der Produkte von Ratingagenturen und einer integrierten Aufsicht über diese besteht. Zudem schlägt das Parlament vor, sich auf die Befassung der ESMA mit der Aufsicht über die Agenturen und auf die Festlegung ihrer neuen Aufgaben und ihrer neuen Befugnisse zu konzentrieren. Es ist entscheidend, dass die ESMA, sobald sie eingerichtet ist, ihre Zuständigkeiten wahrnehmen kann, um eine solide Aufsicht über die in der Europäischen Union tätigen Ratingagenturen und die Agenturen von Drittländern, deren Ratings in der Europäischen Union zugelassen werden, sicherzustellen.
Nikolaos Chountis (GUE/NGL), schriftlich. – (EL) Ich habe mich bei der Abstimmung zu dem Bericht über Ratingagenturen der Stimme enthalten. Diese Ratingagenturen machen keinen Hehl daraus, dass sie im Interesse von internationalen Spekulanten arbeiten. Seit dem Beginn der Krise haben sie eine negative Rolle gespielt und tun dies auch weiterhin. Durch ihr gezieltes und willkürliches Herabstufen der Ratings von Staaten innerhalb und außerhalb der EU finden sich diese Länder in einem Teufelskreis aus Spekulation und Kreditaufnahme wieder. Ein Anstieg der Spreads führt zu einer Vermehrung der Finanzprobleme eines Staates und bereichert die Märkte auf deren Kosten. Insbesondere im Euroraum haben die Methoden und Praktiken der Ratingagenturen zudem negative Auswirkungen auf die Stabilität des Euro. Indem sie den Agenturen das Recht übertragen hat, sowohl Unternehmen als auch die Volkswirtschaften der Mitgliedstaaten zu bewerten, hat die EU eine ernsthafte politische Verantwortung übernommen. Ich bin der Ansicht, dass es unverzüglich wirksamer Maßnahmen bedarf, um dem spekulativen Charakter der Ratingagenturen den Garaus zu machen, und finde deshalb, dass die Verordnung (EG) Nr. 1060/2009 radikal abgeändert werden muss. Der Bericht enthält einige positive – bedauerliche Weise schwache – Vorschläge und geht nur zaghafte Schritte in diese Richtung.
Diogo Feio (PPE), schriftlich. – (PT) Die Notwendigkeit, auf diese Veränderung hinzuarbeiten, ergibt sich aus der Notwendigkeit, die Verordnung (EG) Nr. 1060/2009 über die neue europäische Aufsichtsarchitektur anzunehmen, sowie aus der Einführung eines neuen Mechanismus für die Zentralisierung der Tätigkeiten der Ratingagenturen.
Zu diesem Zweck werden der europäischen Aufsichtsbehörde (Europäische Wertpapieraufsichtsbehörde - ESMA) eigene Aufsichts- und Untersuchungsbefugnisse übertragen sowie die Erlaubnis, Sanktionen zu verhängen. Wir müssen jetzt sicherstellen, dass die ESMA, sobald sie eingerichtet ist, ihre Zuständigkeiten wahrnehmen kann, um eine solide Aufsicht über die in der Europäischen Union tätigen Ratingagenturen und die Agenturen von Drittländern, deren Ratings in der Europäischen Union zugelassen werden, sicherzustellen.
Pat the Cope Gallagher (ALDE), schriftlich. – (GA) Dieser Bericht ist eine technische Änderung der bestehenden Richtlinie und überträgt ab Januar 2011 Befugnisse auf die neugegründete Aufsichtsbehörde ESMA. Wir dürfen nicht aus den Augen verlieren, dass eine umfassendere Verbesserung der Ratingagenturen im Frühjahr 2011 zu erwarten sein wird.
Bruno Gollnisch (NI), schriftlich. – (FR) Herr Präsident, meine Damen und Herren, die Aktivitäten der Ratingagenturen werden theoretisch bereits auf europäischer Ebene überwacht und geregelt. Aber hat das die Dominanz der drei amerikanischen Agenturen infrage gestellt, die das Sagen haben auf den europäischen Finanzmärkten sowie zu den Staatsschulden und die daher auch die Zinssätze bestimmen, zu denen europäische Staaten Kredite aufnehmen können? Leider nicht. Das hat weder Standard & Poor kürzlich davon abgehalten, anzudrohen, Belgiens Rating herunterzustufen, noch hat es Moody's – im Fall von Spanien – oder Fitch Ireland abgehalten.
Keine dieser Agenturen wurde bestraft, weder durch ihre Klienten noch dadurch, dass ihr Ruf beschädigt wurde, weil sie ihre Arbeit während der Enron- oder Subprime-Krise nicht ordentlich gemacht haben. Jetzt behaupten sie, eine politische Rolle zu spielen: Die Drohung gegen Belgien war der Versuch, eine Regierungsbildung zu erzwingen; die fehlende Drohung gegen Frankreich war der Versuch, die Zersplitterung des Euroraums künstlich zu verhindern. Die Wahrheit ist, dass sie nur über Macht verfügen, weil die Märkte nicht reguliert sind, und ihre Dokumente, denen ich jedoch zugestimmt habe, werden nicht viel dazu beitragen, die Dinge zu verbessern.
Takis Hadjigeorgiou (GUE/NGL), schriftlich. – (EL) Die Verordnung regelt sowohl die Beaufsichtigung von Ratingagenturen durch die Europäische Wertpapieraufsichtsbehörde als auch die Aufsicht der Verwendung von Ratings durch Einzelunternehmen, die auf nationaler Ebene beaufsichtigt werden. Die einzelstaatlichen Aufsichtsbehörden sind weiterhin zuständig für die Beaufsichtigung der Verwendung von Ratings dieser einzelnen Unternehmen. Allerdings verfügen die einzelstaatlichen Behörden nicht über die Befugnis, Aufsichtsmaßnahmen gegen Ratingagenturen zu ergreifen, die gegen die Verordnung verstoßen. In genau diesem Punkt wird der Vorschlag hinsichtlich der Einhaltung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit untersucht. Der Vorschlag schafft ein Kontrollsystem, aber im derzeitigen neoliberalen Klima gibt es keine Bestimmungen für die tatsächliche – und wirklich notwendige – Anwendung dieses Systems; er ist einfach nur eine neuartige, psychologische Aktion, die an die breite Öffentlichkeit gerichtet ist.
Er dient nicht dazu, das vorherige System zu ersetzen; er dient dazu, ein neues Kontrollsystem einzuführen, das es in dieser Form noch nie gab, weshalb die Ratingagenturen bisher völlig freie Hand hatten. In diesem Sinn ist es wahrscheinlich besser, dieses System zu haben, als überhaupt keines.
Jiří Havel (S&D), schriftlich. – (CS) Ich stimmte für den Bericht über die Einführung einer zentralisierten Aufsicht über Ratingagenturen. Ich stimme vollständig mit Herrn Gauzès' Bericht zu dem Verordnungsvorschlag überein, der das Model einer zentralisierten Beaufsichtigung der Ratingagenturen durch die Europäische Wertpapieraufsichtsbehörde (ESMA) beinhaltet, insbesondere vor dem Hintergrund der beträchtlichen Mobilität der durch Ratingagenturen bereitgestellten Dienstleistungen und deren sofortige Auswirkung auf die Finanzmärkte. Eine zentralisierte Aufsicht könnte zu einer größeren Transparenz in der Welt der Ratingagenturen führen und damit einen stärkeren Wettbewerb zwischen den verschiedenen Agenturen fördern. Aus diesem Grund habe ich für den Bericht gestimmt. Allerdings habe ich Bedenken, dass der vorgeschlagene Zeitraum zu kurz ist, in dem alle Veränderungen hinsichtlich der Übertragung der Zuständigkeiten und Pflichten der entsprechenden Aufsichtsbehörden der Mitgliedstaaten auf die ESMA stattfinden, und ich denke, der Zeitraum sollte verlängert werden.
Juozas Imbrasas (EFD), schriftlich. − (LT) Ich habe für diesen Bericht gestimmt, da die weltweite Finanzkrise, zu der die Ratingagenturen ihren Teil beigetragen haben, die Notwendigkeit vor Augen geführt hat, die Ratingagenturen einem Kontroll- und Aufsichtsmechanismus zu unterwerfen. Dieses Ziel lag 2009 dem Erlass der Verordnung (EG) Nr. 1060/2009 über die Ratingagenturen zugrunde. Dadurch wurde die Schaffung eines europäischen Systems zur Registrierung und Beaufsichtigung der Ratingagenturen ermöglicht, die Ratings abgeben, die in der Europäischen Union genutzt werden. Es wurde auch festgelegt, unter welchen Bedingungen Ratings, die von Agenturen von Drittländern abgegeben wurden, in der Europäischen Union genutzt werden können. Die erzielte Einigung über die europäische Aufsichtsarchitektur, die am 1. Januar 2011 in Kraft treten wird, ermöglicht nun, dass die ESMA eigene Aufsichtsbefugnisse ausüben wird, die sich insbesondere auf die Ratingagenturen beziehen. Es ist deshalb notwendig, die Verordnung über Ratingagenturen so abzuändern, dass die Organisation der Zulassung und Beaufsichtigung der Ratingagenturen durch die Europäische Wertpapieraufsichtsbehörde möglich wird. Dieser Behörde werden eigene Aufsichtsbefugnisse, aber auch Untersuchungsbefugnisse übertragen, und sie kann bei Nichtanwendung dieser Verordnung Sanktionen verhängen. Bußgelder werden durch Mitgliedstaaten erhoben.
Bogusław Liberadzki (S&D), schriftlich. – (PL) Ein Kontroll- und Aufsichtsmechanismus für Ratingagenturen ist notwendig. Wir müssen auch die Tatsache zur Kenntnis nehmen, dass die Ratingagenturen zumindest teilweise zur der Krise beigetragen haben. 2011 werden wir einen Vorschlag der Kommission in Bezug auf verschiedene ergänzende Maßnahmen zu Ratings erhalten, und die Einführung dieser Maßnahmen wird nach der Annahme dieses Berichts möglich sein. Aufgrund dieser Überlegungen habe ich für den Bericht gestimmt, und ich tat dies als Ausdruck meiner Überzeugung, dass sie schnell in Kraft treten wird und wir positive Ergebnisse sehen werden.
Jean-Luc Mélenchon (GUE/NGL), schriftlich. – (FR)Privaten Ratingagenturen wurden neue Rechte gegeben, um Standards festzulegen, und ihnen wurde versprochen, Befugnisse von den öffentlichen Behörden übertragen zu bekommen. Ihre Abhängigkeit von privaten Partnern kennt keine Grenzen, ebenso wenig ihr willkürlicher Charakter. Die öffentlichen Behörden haben aufgegeben. Es ist eine Schande.
Nuno Melo (PPE), schriftlich. – (PT) Es ist notwendig, auf diese Veränderung hinzuarbeiten, damit die Verordnung (EG) Nr. 1060/2009 auf die neue europäische Aufsichtsarchitektur abgestimmt werden kann und ein neuer Mechanismus für die Zentralisierung der Tätigkeiten von Ratingagenturen eingeführt werden kann. Daher wird die Europäische Aufsichtsbehörde (Europäische Wertpapieraufsichtsbehörde - ESMA) eigene Befugnisse zur Aufsicht, Untersuchung sowie zur Verhängung von Sanktionen erhalten. Es ist von zentraler Bedeutung, dass die ESMA, sobald sie eingerichtet ist, ihre Zuständigkeiten wahrnehmen kann, um eine solide Aufsicht über die in der Europäischen Union tätigen Ratingagenturen wahrzunehmen.
Willy Meyer (GUE/NGL), schriftlich. – (ES) Obwohl ich vielen Punkten in diesem Bericht und auch den allgemeinen Vorschlägen für eine bessere Transparenz und verbesserte Information und Überwachung im Hinblick auf Ratingagenturen und andere Finanzdienstleister zustimme, kann ich diesen Bericht nicht unterstützen, da dieser Vorschlag den Interessen von Anlegern dienen wird, deren Tätigkeiten weit entfernt sind von der sogenannten „Realwirtschaft“, indem ihnen mehr Rechtssicherheit gewährt wird. Ich glaube zwar, dass – wie der Bericht sagt – hart daran gearbeitet werden muss, um Transparenz und das Recht auf klare Informationen im Finanzsystem zu erreichen, dennoch halte ich es für wichtiger, den Finanzspekulationen ein Ende zu bereiten und eine Regulierung zu erarbeiten, die die Finanzmärkte der Aufsicht durch die Mitgliedstaaten unterstellt. Dieser Bericht soll Transparenz, Information und einen bestimmten Grad der Überwachung der Finanzbranche erreichen, aber er tut dies nur zurückhaltend und aus einer pro-kapitalistischen Perspektive heraus, die der Finanzwelt entgegenkommen soll, eine Haltung, die ich weder teile noch unterstütze.
Alexander Mirsky (S&D), schriftlich. − Das ist ein sehr wichtiges Instrument, um die EU-Bürger über die Situation in den Unternehmen und Banken zu informieren, aber auch um die Wettbewerbsfähigkeit der verschiedenen Marken und Artikel zu vergleichen. Ich habe dafür gestimmt. Ich hoffe außerdem, dass diese Verordnung künftig durch die Kontrolle der Quoten der politischen Parteien und der Massenmedien ergänzt wird, um eine Manipulierung der öffentlichen Meinung für Geld zu verhindern. Die Ratingagenturen bemühen sich nicht unbedingt, die Informationen zu erhalten und zu analysieren. Sie sind bereit, denen, die zahlen, das passende Ergebnis zu zeigen. Alle, die die öffentliche Meinung manipulieren und damit die Gesellschaft betrügen, verdienen eine harte Strafe.
Andreas Mölzer (NI), schriftlich. − Mehr als alles andere hat uns die Finanzkrise vor Augen geführt, dass Ratingagenturen eine gefährliche Monopolstellung innehaben und dass ihre Einschätzungen nicht immer adäquat und höchst riskant sind. Daher ist es wichtig, auch Ratingagenturen einem Kontroll- und Aufsichtsmechanismus zu unterwerfen. Da Ratingagenturen in einem sehr komplexen Finanzmarktsystem arbeiten, wurde beschlossen, diesem Umstand durch ein doppelgleisiges System Rechnung zu tragen. Zudem wurde festgelegt, unter welchen Bedingungen Ratings, die von Agenturen aus Drittländern abgegeben wurden, in der Europäischen Union genutzt werden können.
Essenziell ist natürlich, dass im Rahmen der Aufsicht Sanktionen verhängt werden können. Inwieweit und in welchem Ausmaß diese dann tatsächlich angewandt werden, wird die Zukunft zeigen. Dass insgesamt nun mehrere EU-Aufsichtsbehörden eingerichtet wurden, was mehr Verwaltungsaufwand und Kosten bedeutet, kann nicht im Sinne des europäischen Steuerzahlers sein. Ich habe dies bei meiner Stimmabgabe berücksichtigt.
Maria do Céu Patrão Neves (PPE), schriftlich. – (PT) Ich habe für die Entschließung des Parlaments gestimmt, weil ich mit folgenden Punkten übereinstimme:
- Die Registrierung und ständige Beaufsichtigung von Ratingagenturen innerhalb der Union sollte die alleinige Aufgabe der Europäischen Aufsichtsbehörde (ESA), also der Europäischen Wertpapieraufsichtsbehörde (ESMA), sein; diese sollte die ausschließliche Befugnis haben, Kooperationsverträge über den Informationsaustausch mit den relevanten Behörden in Drittländern zu unterzeichnen.
- Die ESA (ESMA) sollte für die Registrierung und ständige Beaufsichtigung von Ratingagenturen verantwortlich sein; sie sollte das Recht haben, durch eine einfache Anfrage oder Entscheidung alle benötigten Informationen von Ratingagenturen, an Ratingaktivitäten beteiligten Einzelpersonen, Organisationen, die dem Rating unterliegen und mit diesen verbundenen Dritten, Drittparteien, mit denen Ratingagenturen Unterverträge über operative Aufgaben abgeschlossen haben, und von allen anderen Einzelpersonen, die in einem engen Verhältnis zu Ratingagenturen stehen oder eng mit Ratinggeschäften verbunden sind, einzuholen.
- Die Registrierung von Ratingagenturen, der von einer zuständigen Behörde zugestimmt wurde, sollte im Anschluss an die Übertragung von Aufsichtsbefugnissen von den zuständigen Behörden auf die ESA (ESMA) innerhalb der gesamten Europäischen Union gültig sein.
Aldo Patriciello (PPE), schriftlich. − (IT) Die weltweite Finanzkrise, zu der die Ratingagenturen ihren Teil beigetragen haben, hat die Notwendigkeit vor Augen geführt, die Ratingagenturen einem Kontroll- und Aufsichtsmechanismus zu unterwerfen. Dieses Ziel lag 2009 dem Erlass der Verordnung (EG) Nr. 1060/2009 über die Ratingagenturen zugrunde.
Dadurch wurde die Schaffung eines europäischen Systems zur Registrierung und Beaufsichtigung der Ratingagenturen ermöglicht, die Ratings abgeben, die in der Europäischen Union genutzt werden. Es wurde auch festgelegt, unter welchen Bedingungen Ratings, die von Agenturen von Drittländern abgegeben wurden, in der Europäischen Union genutzt werden können, wobei ein doppeltes System eingeführt wurde, das auf der Feststellung der Gleichwertigkeit und der Übernahme basiert. Daher habe ich dafür gestimmt, und ich unterstütze den Berichterstatter, Herrn Gauzès, der vorschlägt, sich auf die Befassung der Europäischen Wertpapieraufsichtsbehörde mit der Aufsicht über die Agenturen und auf die Festlegung ihrer neuen Aufgaben und ihrer neuen Befugnisse zu konzentrieren. Es kommt in der Tat entscheidend darauf an, dass die ESMA, sobald sie eingerichtet ist, ihre Zuständigkeiten wahrnehmen kann, um eine solide Aufsicht über die in der Europäischen Union tätigen Ratingagenturen und die Agenturen von Drittländern, deren Ratings in der Europäischen Union zugelassen werden, sicherzustellen.
Paulo Rangel (PPE), schriftlich. – (PT) Ich habe für die Entschließung des Parlaments gestimmt, da ich damit ebenfalls der Meinung bin, dass die Transparenz der Informationen, die die Emittenten von Finanzinstrumenten zur Verfügung stellen, die von einer bestimmten Ratingagentur eingestuft werden, einen potenziellen Mehrwert für das Funktionieren des Marktes und den Schutz von Anlegern bieten können.
Raül Romeva i Rueda (Verts/ALE), schriftlich. − Die weltweite Finanzkrise, zu der die Ratingagenturen ihren Teil beigetragen haben, hat die Notwendigkeit vor Augen geführt, die Ratingagenturen einem Kontroll- und Aufsichtsmechanismus zu unterwerfen. Dieses Ziel lag 2009 dem Erlass der Verordnung (EG) Nr. 1060/2009 über die Ratingagenturen zugrunde. Damit wurde die Einführung eines Systems zur Registrierung und Beaufsichtigung von Ratingagenturen, die Ratings abgeben, die in der Europäischen Union genutzt werden, auf europäischer Ebene ermöglicht. Es wurde auch festgelegt, unter welchen Bedingungen Ratings, die von Agenturen von Drittländern abgegeben wurden, in der Europäischen Union genutzt werden können, wobei ein doppeltes System eingeführt wurde, das auf der Feststellung der Gleichwertigkeit und der Übernahme basiert. Während der Debatten, die der Annahme der Verordnung (EG) Nr. 1060/2009 vorausgingen, hat Ihr Berichterstatter nachdrücklich auf die Notwendigkeit einer integrierten Aufsicht über die Ratingagenturen und einer EU-weiten gemeinsamen Kontrolle ihrer Produkte hingewiesen.
Dieser Grundsatz wurde berücksichtigt, und die Kommission verpflichtete sich, einen Legislativvorschlag in diesem Sinne auszuarbeiten. Die erzielte Einigung über die europäische Aufsichtsarchitektur, die am 1. Januar 2011 in Kraft treten wird, ermöglicht nun die effektive Umsetzung der Aufsicht über die Ratingagenturen. In der Verordnung zur Einrichtung der ESMA wird unterstrichen, dass diese Behörde eigene Aufsichtsbefugnisse ausüben wird, die sich insbesondere auf die Ratingagenturen richten.
Kyriacos Triantaphyllides (GUE/NGL), schriftlich. – (EL) Die Verordnung regelt sowohl die Beaufsichtigung von Ratingagenturen durch die Europäische Wertpapieraufsichtsbehörde als auch die Aufsicht der Verwendung von Ratings durch Einzelunternehmen, die auf nationaler Ebene beaufsichtigt werden. Die einzelstaatlichen Aufsichtsbehörden sind weiterhin zuständig für die Beaufsichtigung der Verwendung von Ratings durch diese Einzelunternehmen. Dennoch verfügen die einzelstaatlichen Behörden nicht über die Befugnis, Aufsichtsmaßnahmen gegen Ratingagenturen zu ergreifen, die gegen die Verordnung verstoßen. In genau diesem Punkt wird der Vorschlag hinsichtlich der Einhaltung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit untersucht.
Der Vorschlag schafft ein Kontrollsystem, für das es im derzeitigen neoliberalen Klima keine Bestimmungen für die tatsächliche – und wirklich notwendige – Anwendung dieses Systems gibt; er ist einfach nur eine neuartige, psychologische Aktion, die an die breite Öffentlichkeit gerichtet ist. Er dient jedoch nicht dazu, das vorherige System zu ersetzen; er dient dazu, ein neues Kontrollsystem einzuführen, das es in dieser Form vorher nicht gab, weshalb die Ratingagenturen bisher völlig freie Hand hatten. In diesem Sinn ist es wahrscheinlich besser, dieses System zu haben, als überhaupt keines.
Thomas Ulmer (PPE), schriftlich. − Ich habe dem Bericht mit Freude zugestimmt. Die schrittweise Regulierung der Finanzmärkte nimmt Gestalt an. Der Anlegerschutz wird verbessert und die Transparenz erhöht. Die Vorschriften sind jetzt weitreichender und umfassender und erhöhen somit den Schutz der Beteiligten.
Angelika Werthmann (NI), schriftlich. − Die weltweite Finanzkrise, zu der die Ratingagenturen ihren Teil beigetragen haben, machte es erforderlich, Ratingagenturen einem Kontroll- und Aufsichtsmechanismus zu unterwerfen. Aus diesem Grund wird die Europäische Wertpapieraufsichtsbehörde (ESMA) zum 1. Januar 2011 ihre Arbeit aufnehmen.
Die weiter anhaltende Finanzkrise sowie kontinuierlich hinzukommende neue Erkenntnisse über Marktmechanismen erfordern gleichzeitig, dass Aufgaben und Befugnisse dieser Behörde ständig angepasst sowie gegebenenfalls erweitert werden. Aus diesem Grund begrüße ich die nunmehr vorgelegten Präzisierungen und Klarstellungen zu den Befugnissen der ESMA in ihren Beziehungen zu den zuständigen einzelstaatlichen Behörden. Ich habe dem Bericht daher zugestimmt.
Laima Liucija Andrikienė (PPE), schriftlich. – (LT) Ich habe für dieses Dokument gestimmt, weil es zur notwendigen Vereinfachung des rechtlichen Rahmens in der EU beiträgt. Ich glaube, dass die acht derzeit gültigen Richtlinien im Bereich des Messwesens die Arbeit mehr behindern als fördern. Gleichzeitig teile ich aber auch die Position der Berichterstatterin, dass den Mitgliedstaaten mehr Zeit gegeben werden sollte, um zu prüfen, ob die Aufhebung der Richtlinien zu Rechtsunsicherheit führen wird, was eine europäische Harmonisierung der Vorschriften notwendig macht. Daher glaube ich, dass eine Lösung gefunden werden muss, bei der die Richtlinien aufgehoben werden, gleichzeitig jedoch ausreichend Zeit vorgesehen wird, um die möglichen Folgen im Kontext der umfassenderen Überarbeitung des grundlegenden Rechtsinstruments auf diesem Gebiet, zu analysieren.
Sophie Auconie (PPE), schriftlich. – (FR) Das Messwesen ist die Wissenschaft vom Messen. Schon seit der Antike folgte in Europa ein Messsystem auf das andere, und zwar in allen Bereichen (Längenmessung, Volumenmessung, Alkoholometrie usw.). Die Einführung des metrischen Systems führte beispielsweise zu einer besseren Zusammenarbeit zwischen verschiedenen wirtschaftlichen Akteuren auf dem Kontinent und schließlich auf der ganzen Welt. Trotzdem existieren noch immer in vielen Bereichen verschiedene Messsysteme nebeneinander. Die EU ist bestrebt, diese Barrieren für die Zusammenarbeit zwischen den Europäern abzubauen, und verfolgt daher eine langjährige Politik der Harmonisierung von Messsystemen. Die Richtlinie 2004/22 war ein wichtiger Schritt in diese Richtung. Da wir nun an die Überarbeitung dieser Rechtsvorschriften gehen, erscheinen viele Instrumente veraltet und sollten für ein besseres Verständnis abgeschafft werden. Ich habe für diesen Text gestimmt, da er eine begrüßenswerte Anpassung an das Messwesengesetz ist.
Diogo Feio (PPE), schriftlich. – (PT) Ich stimme zu, dass es notwendig ist, den gemeinschaftlichen Besitzstand zu vereinfachen und jene Richtlinien zu aktualisieren, die nicht länger gelten, um sie an die heutige Zeit anzupassen. Die betreffenden Richtlinien sind veraltet und tragen nicht zu einer besseren Rechtsetzung bei. Die Kommission glaubt, dass eine Harmonisierung der Gesetzgebung im Messwesen nicht notwendig ist, da es ihrer Meinung nach ausreichend Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten gibt und die gegenwärtige Situation der gegenseitigen Anerkennung von nationalen Vorschriften auf der Grundlage internationaler Normen zufriedenstellend funktioniert. Es sollte dabei jedoch bedacht werden, dass eine Gesetzgebungslücke in diesem Bereich schädlich wäre und dass wir nicht zu etwaiger Rechtsunsicherheit beitragen sollten.
José Manuel Fernandes (PPE), schriftlich. – (PT) Im vorliegenden Bericht ist die Rede davon, möglicherweise bis zu acht Richtlinien über das Messwesen in acht Bereichen, mit dem Ziel, die Europäische Gesetzgebung auf diesem Gebiet zu vereinfachen. Es handelt sich dabei um folgende Bereiche: Kaltwasserzähler für nicht sauberes Wasser (Richtlinie 75/33/EWG); Alkoholmeter (Richtlinie 76/765/EWG) und Alkoholtafeln (Richtlinie 76/766/EWG); Gewichtsstücke der mittleren Fehlergrenzenklasse (Richtlinie 71/317/EWG) und Präzisionswägestücke von höheren Genauigkeitsklassen als der mittleren Genauigkeit (Richtlinie 74/148/EWG); Luftdruckmessgeräte für Kraftfahrzeugreifen (Richtlinie 86/217/EWG); Messung der Schüttdichte von Getreide (Richtlinie 71/347/EWG) und die Vermessung von Schiffsbehältern (Richtlinie 71/349/EWG).
Bei der Prüfung der verschiedenen Optionen für diese acht Richtlinien über das Messwesen (volle Aufhebung, Aufhebung unter Auflagen, keine Maßnahme) kam die Kommission zu der Schlussfolgerung, dass keiner Option der Vorzug zu geben ist. Dennoch befürwortet die Kommission aus Gründen der besseren Rechtsetzung die uneingeschränkte Aufhebung sämtlicher Richtlinien, das heißt sie bevorzugt eine Neuregelung im Rahmen der Messgeräte.
Ich befürworte diese Entscheidung der Kommission im Hinblick auf eine bessere Qualität der legislativen Arbeit, obwohl ich glaube, dass die Mitgliedstaaten genügend Zeit erhalten sollten, um die möglichen Folgen im Kontext der umfassenderen Überarbeitung des grundlegenden Rechtsinstruments auf diesem Gebiet, der „Richtlinie über Messinstrumente“ (Verordnung 2004/22/EG), zu analysieren.
Nuno Melo (PPE), schriftlich. – (PT) Ein einfacher und zeitgemäßer gemeinschaftlicher Besitzstand ist eines der Ziele der EU. Es ist sinnlos, Regelungen beizubehalten, die völlig überholt sind. Die Haltung bezüglich des Messwesens ist, dass eine Harmonisierung nicht notwendig ist, da die bestehende Gesetzeslage der gegenseitigen Anerkennung von nationalen Vorschriften auf der Grundlage internationaler Normen zwischen den verschiedenen Mitgliedstaaten zufriedenstellend funktioniert. Es ist jedoch wichtig, dass keine Lücke in der Gesetzgebung entsteht, damit keine Rechtsunsicherheit auftreten kann.
Willy Meyer (GUE/NGL), schriftlich. – (ES) Ich stimmte für diesen über den Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Aufhebung von acht Richtlinien des Rates über das Messwesen, da ich, wie die Berichterstatterin, das allgemeine Ziel einer besseren Rechtssetzung befürworte. Weiterhin stimme ich der Meinung zu, dass „den Mitgliedstaaten mehr Zeit gegeben werden sollte, um zu prüfen, ob die Aufhebung der Richtlinien zu Rechtsunsicherheit führen wird“. Ich glaube, dass diese Richtlinien über Messinstrumente aufgehoben und vereinfacht werden müssen, indem die rechtliche Grundlage für das Messwesen überprüft wird: die Richtlinie über Messinstrumente. Es ist auch im Allgemeinen, so glaube ich, ein positiver Schritt, die EU-Gesetzgebung zu vereinfachen, da dies für Bürgerinnen und Bürger den Zugang zu diesen Gesetzen erleichtern und ein effizienteres Arbeiten auf diesem Gebiet ermöglichen wird.
Andreas Mölzer (NI), schriftlich. − Bis dato regeln acht EU-Richtlinien das Messwesen in sechs Bereichen. Die Kommission schlägt aus Gründen der besseren Rechtsetzung vor, die Richtlinien aufzuheben. Auch sei eine Harmonisierung laut Kommission nicht notwendig, da die gegenwärtige Situation der gegenseitigen Anerkennung von nationalen Vorschriften durchaus gewährleistet sei. Die Berichterstatterin gibt allerdings zu bedenken, dass den Mitgliedstaaten mehr Zeit gegeben werden sollte, um zu überprüfen, ob es durch die Aufhebung nicht zu einer Rechtsunsicherheit kommt. Der Bericht hat meine Stimme erhalten, da die angesprochenen Probleme der Rechtsunsicherheit durch die Berichterstatterin durchaus berücksichtigt werden sollten.
Alfredo Pallone (PPE), schriftlich. − (IT) Wenn wir europäische Richtlinien aufheben, bedeutet das vor allem, dass eine Lücke in der Gesetzgebung der Europäischen Union entsteht, aber die Modernisierung eines Systems, wie das der Richtlinien über das Messwesen, ist definitiv ein Schritt hin zu einem breiteren und zeitgemäßeren gemeinsamen System. Aus diesem Grund habe ich für den Bericht über die Aufhebung von acht Richtlinien des Rates über das Messwesen gestimmt. Das vom Rat und von der Kommission verfolgte Prinzip ist jedoch ein empfindliches System, denn jeder Mitgliedstaat muss sich auf die gegenseitige Anerkennung der eigenen nationalen Normen verlassen, um Probleme für Unternehmen zu vermeiden, die auf Regeln in Bezug auf das Messwesen angewiesen sind, bis dass die Richtlinie über Messgeräte, die die betreffenden Rechtsvorschriften auf europäischer Ebene harmonisiert, angenommen ist.
Maria do Céu Patrão Neves (PPE), schriftlich. – (PT) Ich stimme mit der Haltung der Berichterstatterin überein, die sich für verbesserte Regelungen im Bereich des Messwesens einsetzt.
Die Kommission favorisierte die vollständige Aufhebung aller acht Richtlinien über das Messwesen; jedoch ist die Position der Berichterstatterin ausgewogener, indem den Mitgliedstaaten die Zeit gegeben wird, zu überprüfen, ob die Aufhebung der Richtlinien zu Rechtsunsicherheit führen wird, was eine europäische Harmonisierung der Vorschriften in Bezug auf das Messwesen notwendig macht. Daher wird es eine Übergangsfrist geben, um die möglichen Konsequenzen der Aufhebung der Richtlinien und die etwaige Notwendigkeit einer Überprüfung der grundlegenden Richtlinie auf diesem Gebiet zu analysieren (Richtlinie 2004/22/EG).
Aldo Patriciello (PPE), schriftlich. − (IT) Ich stimme der Berichterstatterin, Frau Weisgerber, zu, die das allgemeine Ziel einer besseren Rechtsetzung befürwortet. In Bezug auf diesen Vorschlag ist jedoch noch nicht klar, welche Option die beste ist. Die Kommission kommt in ihrer Folgenabschätzung bei der Prüfung der verschiedenen Optionen für diese acht Richtlinien über das Messwesen (volle Aufhebung, Aufhebung unter Auflagen, keine Maßnahme) zu der Schlussfolgerung, dass „keiner Option der Vorzug zu geben ist“.
Dennoch befürwortet die Kommission aus Gründen der besseren Rechtsetzung die uneingeschränkte Aufhebung sämtlicher Richtlinien (und verlässt sich auf die gegenseitige Anerkennung nationaler Rechtsvorschriften) gegenüber der Harmonisierung, d. h. Neuregelung der Richtlinie über Messinstrumente. Ich möchte noch einmal betonen, dass ich mit der Berichterstatterin übereinstimme, dass den Mitgliedstaaten mehr Zeit gegeben werden sollte, um zu prüfen, ob die Aufhebung der Richtlinien zu Rechtsunsicherheit führen wird, was eine europäische Harmonisierung der Vorschriften notwendig macht.
Rovana Plumb (S&D), schriftlich. – (RO) Die Aufhebung aller acht Richtlinien wird aller Voraussicht nach zu einer zusätzlichen Verwaltungsbelastung führen, da die Mitgliedstaaten die Möglichkeit haben werden, nationale Vorschriften für die Messinstrumente einzuführen, die von den aufgehobenen Richtlinien abgedeckt werden. Weder die Aufhebung noch die Beibehaltung der Richtlinien wird generell eine Erhöhung des Verbraucherschutzniveaus fördern. Nur eine Anpassung der Richtlinien könnte dies bewirken. Ich denke, dass den Mitgliedstaaten mehr Zeit gegeben werden sollte, um zu prüfen, ob die Aufhebung der Richtlinien zu Rechtsunsicherheit führen wird, was eine europäische Harmonisierung der Vorschriften notwendig macht. Ich unterstütze ebenfalls den Vorschlag der Berichterstatterin, dass dieser Prozess bis zum 1. Mai 2014 abgeschlossen sein sollte. Folglich habe ich für diesen Bericht gestimmt, da er für eine Lösung optiert, bei der die Richtlinien aufgehoben werden, gleichzeitig jedoch ausreichend Zeit vorgesehen wird, um die möglichen Folgen im Kontext der umfassenderen Überarbeitung des grundlegenden Rechtsinstruments auf diesem Gebiet, der „Richtlinie über Messinstrumente“ (2004/22/EG), zu analysieren.
Paulo Rangel (PPE), schriftlich. – (PT) Ich stimme dem allgemeinen Ziel der besseren Rechtsetzung im Bereich des Messwesens zu. Jedoch denke ich, dass eine gründlichere Betrachtung angemessen wäre, da eine übereilte Standardisierung zu mehr Problemen und Rechtsunsicherheiten als zu größerem Nutzen führen würde.
Raül Romeva i Rueda (Verts/ALE), schriftlich. − Mit dieser Stimmabgabe drückt das Europäische Parlament seine Zustimmung zum allgemeinen Ziel der besseren Rechtsetzung aus. In Bezug auf diesen Vorschlag ist jedoch noch nicht klar, welche Option die beste ist. Die Kommission kommt in ihrer Folgenabschätzung bei der Prüfung der verschiedenen Optionen für diese acht Richtlinien über das Messwesen (volle Aufhebung, Aufhebung unter Auflagen, keine Maßnahme) zu der Schlussfolgerung, dass „keiner Option der Vorzug zu geben ist“. Dennoch befürwortet die Kommission aus Gründen der besseren Rechtsetzung die uneingeschränkte Aufhebung sämtlicher Richtlinien (und verlässt sich auf die gegenseitige Anerkennung nationaler Rechtsvorschriften) gegenüber der Harmonisierung (d. h. Neuregelung in der MIR). Das Europäische Parlament ist der Ansicht, dass den Mitgliedstaaten mehr Zeit gegeben werden sollte, um zu prüfen, ob die Aufhebung der Richtlinien zu Rechtsunsicherheit führen wird, was eine europäische Harmonisierung der Vorschriften notwendig macht.
Deshalb haben wir für eine Lösung gestimmt, bei der die Richtlinien aufgehoben werden, gleichzeitig jedoch ausreichend Zeit vorgesehen wird, um die möglichen Folgen im Kontext der umfassenderen Überarbeitung des grundlegenden Rechtsinstruments auf diesem Gebiet, der „Richtlinie über Messinstrumente“ (2004/22/EG), zu analysieren.
Thomas Ulmer (PPE), schriftlich. − Ich habe dem Bericht zugestimmt, weil er ein wesentlicher Beitrag zu der immer geforderten Entbürokratisierung ist und somit über 20 nicht mehr benötigte oder veraltete Richtlinien außer Kraft gesetzt werden. Das ist der richtige Weg für ein einfacheres und schlankeres Europa.
Laima Liucija Andrikienė (PPE), schriftlich. − (LT) Ich habe dieser wichtigen Entschließung zugestimmt, weil ich davon überzeugt bin, dass die Europäische Bürgerinitiative ein starkes Instrument zur Festlegung der Agenda sein wird und in größerem Ausmaß grenzüberschreitende Debatten innerhalb der EU fördern wird. Die Bürgerinitiative gibt den europäischen Bürgerinnen und Bürgern das Recht, einen Gesetzgebungsvorschlag zu machen. Um die Effektivität dieser Initiative zu gewährleisten, sollten sich die Organisatoren einer Europäischen Bürgerinitiative in einem Bürgerausschuss zusammenschließen, dem Personen aus verschiedenen Mitgliedstaaten angehören. Dies wird gewährleisten, dass die thematisierten Fragen wirklich europäischen Charakter haben, und gleichzeitig insoweit ein Zusatznutzen möglich ist, indem von Beginn an Hilfestellung bei der Sammlung von Unterschriften geleistet wird. Ich glaube, dass die Bürgerinitiative nur dann erfolgreich sein wird, wenn die EU-Verordnung bürgerfreundlich ist und keine belastenden Verpflichtungen für die Organisatoren schafft, die Anlass zu Enttäuschung geben. Es ist auch sehr wichtig, dass der Prozess mit den EU-Datenschutzanforderungen im Einklang steht und dass er von Anfang bis Ende vollkommen transparent ist. Die Europäische Bürgerinitiative ist ein neues Instrument der partizipatorischen Demokratie auf einer kontinentalen Ebene, und deshalb sollten Kommunikationsmaßnahmen und Informationskampagnen, die ein Bewusstsein für die Europäische Bürgerinitiative schaffen sollen, besondere Aufmerksamkeit erhalten.
Charalampos Angourakis (GUE/NGL), schriftlich. – (EL) Der Kompromiss zwischen dem Europäischen Parlament und dem Rat über die Verordnung zur sogenannten Bürgerinitiative, der von lächerlichem triumphierendem Gerede über die Stärkung der demokratischen Institutionen der EU begleitet wurde, ist nichts anderes als ein unverschämter Versuch, die Menschen zu manipulieren und zum Narren zu halten. Das Projekt mit dem irreführenden Titel Bürgerinitiative ist nicht nur nutzlos, sie kann sich sogar als gefährlich für die Menschen herausstellen. Abgesehen von den Verfahrensanforderungen, die im Hinblick auf die Sammlung von 1 000 000 Unterschriften zur Einreichung von Petitionen vereinbart wurden, damit die Kommission eine Gesetzesinitiative ergreift, bleibt im Wesentlichen alles gleich: Die Kommission ist nicht verpflichtet, die Gesetzesinitiative vorzuschlagen und ist nicht an ihre Inhalte gebunden.
Im Gegenteil, diese Art von „Bürgerinitiative“, die durch die Mechanismen des Kapitals und des bourgeoisen politischen Systems gelenkt und manipuliert wird, kann von den EU-Organen dazu benutzt werden, die volksfeindlichsten und reaktionärsten Entscheidungen der EU und der Monopolmächte als scheinbaren „Willen des Volkes“ zu präsentieren. Darüber hinaus wird diese Art von „Initiative“ dazu benutzt werden, Unterschriften, Absichtserklärungen und Anträge gegen die organisierte Volks- und Arbeiterklassenbewegung, Massendemonstrationen und Auseinandersetzungen und verschiedene Formen des Protests einzusetzen. Mehrere „Bürgerinitiativen“ können das reaktionäre Gesicht der EU nicht verdecken und werden auch nicht dazu in der Lage sein, die Eskalation im Klassenkampf und im Kampf des Volkes abzuwenden.
Sophie Auconie (PPE), schriftlich. – (FR) Die Bürgerinitiative wurde im Vertrag von Lissabon versprochen und wird nun endlich umgesetzt. Durch diese neue Form der Beteiligung an der politischen Gestaltung der Europäischen Union haben die europäischen Bürgerinnen und Bürger die Möglichkeit, sich direkt an die Kommission zu wenden und sie dazu aufzufordern, einen Vorschlag über Themen vorzulegen, die in ihrem Interesse liegen, sofern diese in den Rahmen der Befugnisse der EU fallen. Wir haben nur noch darauf gewartet, dass die Verfahrensregeln, die für dieses neue europäische Bürgerrecht eingeführt werden müssen, Wirklichkeit werden. Dies ist nun geschehen, und ich habe den Vorschlag mit meiner Stimme unterstützt. Ein „Bürgerausschuss“ bestehend aus Personen aus mindestens sieben Mitgliedstaaten kann eine Initiative bei der Kommission registrieren. Danach kann der Prozess der Unterschriftensammlung, sei es in Papierform oder online, beginnen. Die eine Million Unterschriften, die erforderlich sind, müssen aus mindestens einem Viertel der Mitgliedstaaten der EU kommen und müssen innerhalb von 12 Monaten gesammelt werden. Die Mitgliedstaaten werden die Unterstützungsbekundungen prüfen. Alle Unterschriften müssen von Bürgerinnen und Bürgern der Europäischen Union eingereicht werden, die alt genug sind, um bei den europäischen Parlamentswahlen abzustimmen. Schließlich wird die Kommission als Hüterin der Verträge endgültig darüber entscheiden, ob das vorgeschlagene Gesetzgebungsverfahren ausgeführt werden soll.
Zigmantas Balčytis (S&D), schriftlich. − (LT) Ich unterstütze den vom Europäischen Parlament angenommenen Beschluss über das durch die Europäische Bürgerinitiative festgelegte Recht einen Gesetzgebungsvorschlag zu machen. Es heißt, dass die Einführung der Initiative eine direkte Verbindung zwischen den Bürgerinnen und Bürgern und den Institutionen herstellen wird. Dadurch soll die Kluft zwischen ihnen überbrückt und gewährleistet werden, dass die EU-Institutionen die konkreten Probleme, die für die Bürgerinnen und Bürger wichtig sind, in Angriff nehmen. Durch die EBI können die Bürgerinnen und Bürger der EU die Europäische Kommission direkt dazu auffordern, einen Rechtsakt einzuleiten. Die Kommission wird über die Folgemaßnahmen im Anschluss an erfolgreiche Bürgerinitiativen entscheiden. Das Europäische Parlament wird zur Verwirklichung dieser Ziele durch die Organisation öffentlicher Anhörungen oder die Annahme von Entschließungen beitragen können. Da dies eine neue Initiative ist, wäre es nützlich, wenn die Kommission alle drei Jahre einen Bericht über ihre Umsetzung vorlegte und erforderlichenfalls eine Überarbeitung der Verordnung vorschlüge. Zur Gewährleistung einer effektiven Anwendung der Initiative sollten komplizierte Verwaltungsverfahren vermieden werden. Es muss auch gewährleistet werden, dass der Prozess mit den EU-Datenschutzanforderungen im Einklang steht.
Jean-Luc Bennahmias (ALDE), schriftlich. – (FR) Nachdem man einen Kompromiss über die Regelungen für die Europäische Bürgerinitiative geschlossen hatte, wurde der Bericht mit sehr großer Mehrheit angenommen: 628 Ja-Stimmen und nur 15 Nein-Stimmen sowie 24 Enthaltungen. Ich bin über diese Stimmabgabe sehr froh, die den europäischen Bürgerinnen und Bürgern ab 2012 die Möglichkeit gibt, ihren Stimmen mehr Gehör zu verschaffen. Das Konzept ist einfach, es ist eine Art Petition auf europäischer Ebene: Ein Bürgerausschuss, der sich aus Vertretern aus mindestens sieben Mitgliedstaaten zusammensetzt, hat ein Jahr Zeit, um eine Million Unterschriften zu einem Thema von öffentlichem Interesse zu sammeln, das die Aufmerksamkeit der Kommission erfordert. Die Kommission muss dann innerhalb von drei Monaten entscheiden, ob sie einen Gesetzgebungsvorschlag über das Thema für angemessen hält oder nicht, und sie muss ihren Beschluss begründen. Zwar sind wir gegen einige der Bedingungen, die von Mitgliedstaaten durchgesetzt wurden, wie die Anforderung, ein Unionsbürger und kein einfacher Einwohner der Europäischen Union zu sein, um die Petition unterschreiben zu können; oder die Option, dass Staaten die Personalausweise der Personen verlangen können, um ihre Unterschriften zu überprüfen. Nichtsdestotrotz ist die Bürgerinitiative eine sehr gute Idee und ein Schritt hin zur partizipatorischen Demokratie, den wir nun in die Praxis umsetzen müssen.
Vilija Blinkevičiūtė (S&D), schriftlich. − (LT) Ich habe für diesen Bericht gestimmt, weil die Europäische Bürgerinitiative, die im Vertrag von Lissabon eingeführt wird, ein enormer Schritt hin zu engeren Beziehungen zwischen der Europäischen Union und den europäischen Bürgerinnen und Bürgern ist. Die neue Initiative wird den Bürgerinnen und Bürgern die gleichen politischen Initiativbefugnisse gewähren, die der Ministerrat und das Europäische Parlament bereits besitzen. Darüber hinaus wird sie den Bürgerinnen und Bürgern ein Instrument an die Hand geben, mit dem sie sich Gehör verschaffen können, indem sie sich mit gewissen für sie interessanten Themen an die europäischen Institutionen wenden können. Ein solcher wechselseitiger Austausch ist für alle Beteiligten gewinnbringend. Mit der Einführung der Initiative wird gewährleistet, dass die Institutionen der Europäischen Union die konkreten Probleme, die für die Bürgerinnen und Bürger wichtig sind, in Angriff nehmen werden. Darüber hinaus wird das Europäische Parlament dazu in der Lage sein, den Bürgerinnen und Bürgern bei der Verwirklichung dieser Ziele zu helfen, indem es alle in seiner Macht stehenden Mittel nutzt, um die Bürgerinitiative seiner Wahl zu unterstützen, vor allem durch die Organisation von öffentlichen Anhörungen oder die Annahme von Entschließungen.
Jedoch muss die Europäische Union gewährleisten, dass der Prozess mit den EU-Datenschutzanforderungen im Einklang steht und dass er von Anfang bis Ende vollkommen transparent ist. Nur wenn wir dafür sorgen, dass die Bürgerinnen und Bürger ihre Vorschläge unter sicheren Rahmenbedingungen vorlegen können, werden wir dazu in der Lage sein, ihr Vertrauen zu gewinnen und ihr Interesse an der Arbeit der Europäischen Union zu fördern.
Sebastian Valentin Bodu (PPE), schriftlich. – (RO) Die Bürgerinitiative, die einer Million Europäern das Recht gibt, Gesetzesinitiativen vorzuschlagen, integriert das Konzept der partizipatorischen Demokratie in die Europäische Union, so wie es auch im Vertrag von Lissabon festgelegt ist. Dies ist ein neuer, wichtiger Schritt für die EU, und das Parlament wird aus diesem Grund Rückmeldungen von den Bürgerinnen und Bürgern, die es vertritt, darüber erhalten, ob es gute Arbeit leistet oder nicht. Ich begrüße die Tatsache, dass sich das Parlament nach Kräften bemüht hat, das Verfahren für Gesetzesinitiativen für die Bürgerinnen und Bürger der EU so einfach und benutzerfreundlich wie möglich zu gestalten, weil sie es sind, die es letztendlich auch benutzen werden. Wir hätten kein kompliziertes Verfahren gebrauchen können, das für die Bürgerinnen und Bürger der EU nur eine Enttäuschung gewesen wäre.
Die wichtigsten Forderungen des Parlaments wurden angenommen, etwa dass die Zulässigkeitsprüfung gleich zu Beginn und nicht erst nach der Sammlung der ersten 300 000 Unterschriften stattfinden sollte. Ich sehe es als einen Sieg für das Parlament und die Bürgerinnen und Bürger der EU an, dass die Mindestanzahl der Mitgliedstaaten, aus denen Unterschriften gesammelt werden müssen, ein Viertel und nicht, wie ursprünglich vorgeschlagen, ein Drittel ist. Ich hoffe, dass nach Inkrafttreten des Beschlusses des Parlaments im Jahr 2012 so viele Initiativen wie möglich von den Bürgerinnen und Bürgern der EU eingereicht werden.