Der Präsident. – Als erster Punkt folgt der Bericht von Frau Paliadeli im Namen des Ausschusses für Kultur und Bildung über den Vorschlag für einen Beschluss des Europäischen Parlaments und des Rates zur Schaffung einer Maßnahme der Europäischen Union für das Europäische Kulturerbe-Siegel (KOM(2010)0076 – C7-0071/2010 – 2010/0044(COD)) (A7-0311/2010).
Chrysoula Paliadeli, Berichterstatterin. – (EL) Herr Präsident, Frau Kommissarin! Die Förderung eines europäischen Bewusstseins, das den Multikulturalismus respektiert und verteidigt, ist eine große Herausforderung für die europäischen Institutionen im Rahmen ihrer Anstrengungen zur Erreichung einer umfassenden Kohäsion und Solidarität zwischen den Bürgerinnen und Bürgern der Mitgliedstaaten der Europäischen Union.
Die Kenntnis unserer Geschichte, die Vertrautheit mit unserem multikulturellen Kulturerbe und die Information der jungen Generation über die Ideen und Menschen, die beim Aufbau der Europäischen Union federführend waren, kann dabei helfen, die Lücke zwischen der Europäischen Union und ihren Bürgerinnen und Bürgern zu schließen.
Die Europäische Kommission hat sich auf Anweisung des Rates der Europäischen Union verpflichtet, einen Vorschlag zur Umwandlung des zwischenstaatlichen Europäischen Kulturerbe-Siegels in eine Institution der Gemeinschaft zu erarbeiten. Umfassende öffentliche Anhörungen sowie eine Folgenabschätzung haben gezeigt, dass die Integration dieser Institution in europäische Initiativen dabei helfen würde, das Image und die Glaubwürdigkeit des Siegels zu verbessern, vorausgesetzt, dass dies auf der Grundlage klar definierter Kriterien erfolgt und eher die Symbolik als die Ästhetik eines Monuments oder einer kulturellen Stätte betont; anders gesagt würde dies zum Ausdruck bringen, dass die Geschichte Europas das Ergebnis eines reichen und sich gegenseitig ergänzenden kulturellen Erbes ist und dass die Europäische Union in starken Werten wie z. B. Freiheit, Demokratie, Respekt für Menschenrechte, kulturelle Vielfalt, Toleranz und Solidarität verwurzelt ist.
Im Hinblick auf das Siegel verfolgen wir von Anfang an eine ehrgeizige Herangehensweise; als Waffe in unserem außenpolitischen Arsenal, die über die Grenzen der Europäischen Union hinausgehen würde, könnte es anderen Staaten in Europa und – warum auch nicht – sogar außerhalb unseres Kontinents verliehen werden. Momentan dürfte es realistischer sein, es als Mittel zur Vertiefung der Kohäsion zwischen den Mitgliedstaaten der Union zu verwenden und es zunächst auf die Mitgliedstaaten zu beschränken.
Auf den Vorschlag der Kommission, das Siegel an maximal 27 kulturelle Stätten zu verleihen, haben wir mit einem Vorschlag reagiert, dass das Verfahren alle zwei Jahre wiederholt werden sollte, um den Wert der Institution aufrechtzuerhalten und genügend Zeit für die Auswahl und darauf folgende Kontrolle der Stätten nach der Verleihung des Siegels einzuräumen. Wir stimmen darin überein, dass aufgrund des symbolischen Wertes der Auszeichnung als Faktor, der zur Vereinigung Europas beiträgt, transnationale Stätten bevorzugt werden müssen, da sie die Kohäsion, die Schaffung von Netzwerken und die Zusammenarbeit zwischen Mitgliedstaaten und Regionen fördern. Daher sollten sie den größten Anteil ausmachen. Aus praktischen Gründen wird ein Mitgliedstaat als Koordinator zwischen der europäischen Expertengruppe und der Kommission fungieren.
Unser Ansatz sah die Umwandlung des Siegels nicht als administrative Umwandlung der alten transnationalen Institution, sondern als neue Institution mit klar definierten Auswahlkriterien und verbindlichen Verpflichtungen seitens der Empfänger, wenn sie dieses Siegel behalten möchten. Die Expertengruppe, die Vernetzung, der symbolische Charakter und die Kontrolle der Empfänger der Auszeichnung deuten auf einen unterschiedlichen Ansatz hin, der nicht mit der alten transnationalen Institution verwechselt werden darf. Aus diesem Grund waren wir im Hinblick auf den Schutz der alten Institution und der Förderung der Gültigkeit der neuen Institution der Ansicht, dass die transnationalen Bestimmungen in Artikel 18 des Vorschlags der Kommission nicht erforderlich seien. Außerdem haben wir nach Möglichkeiten zur Stärkung der zwölfköpfigen Expertengruppe im Text der Kommission gesucht, indem wir den Text um ein vom Ausschuss der Regionen vorgeschlagenes Mitglied ergänzt haben. Überdies haben wir versucht, sicherzustellen, dass das Team stärker an der Vergabe bzw. der Aberkennung des Siegels beteiligt wird.
In diesem Zusammenhang sowie im Hinblick auf die Stärkung der Rolle des Europäischen Parlaments haben wir auf der Verpflichtung der Kommission zur Veröffentlichung einer vollständigen Liste der in die engere Auswahl aufgenommenen Stätten vor der endgültigen Auswahl sowie einer entsprechenden Beratung des Europäischen Parlaments und des Rates bestanden. Hierdurch wird dem Europäischen Parlament und dem Rat Zeit gegeben, zu reagieren, falls sich Probleme ergeben sollten.
Zum Abschluss dieser kurzen Präsentation möchte ich den Schattenberichterstattern, den Vertretern der Kommission und dem Rat für ihre kreativen Beiträge zu diesem Bericht danken, über den Sie in Kürze zur Abstimmung gebeten werden. Ich vertraue darauf, dass wir auch in der nächsten Phase der Anhörung gleichermaßen zusammenarbeiten werden.
Androulla Vassiliou, Mitglied der Kommission. – (EL) Herr Präsident! Ich möchte zunächst dem Europäischen Parlament, insbesondere der Berichterstatterin, Frau Paliadeli, sowie den Schattenberichterstattern für ihre tatkräftige Unterstützung im Rahmen der Arbeit am Vorschlag der Kommission zum Europäischen Kulturerbe-Siegel danken. Wie Sie wissen, war dieser Vorschlag einer der ersten Vorschläge, die von der Kommission nach ihrer Amtsübernahme verabschiedet wurden und der im kulturellen Bereich eine unserer Prioritäten für die kommenden Jahre darstellt.
Unser Ziel ist es, den Bürgerinnen und Bürgern Europas, insbesondere jungen Bürgerinnen und Bürgern, durch das Siegel neue Möglichkeiten zu bieten, etwas über ihr gemeinsames und gleichzeitig vielfältiges kulturelles Erbe sowie über die Geschichte und die Entwicklung der Europäischen Union zu lernen. Ich bin mir sicher, dass dies die Europäische Union näher an ihre Bürgerinnen und Bürger heranbringen wird. Das Europäische Kulturerbe-Siegel wird außerdem den Kulturtourismus fördern und greifbare sowie finanzielle Vorteile mit sich bringen.
Die Zusammenarbeit zwischen dem Parlament und der Kommission im Hinblick auf das Siegel war in den vergangenen Monaten überaus konstruktiv, und ich freue mich, dass unser Ansatz zu zahlreichen grundlegenden Fragen der gleiche war. Die meisten von Ihnen angenommenen Abänderungen stehen vollumfänglich im Einklang mit unseren Zielen für das neue Siegel. Wir teilen die Ansicht des Parlaments, dass die Qualität und Gültigkeit der Initiative von größter Bedeutung sind. Wir schätzen auch die Maßnahmen, die Sie im Hinblick auf die Wahrung größtmöglicher Klarheit, Einfachheit und Flexibilität der Vorschriften und Verfahren ergriffen haben, damit diese für die Öffentlichkeit einfach zu verstehen und für die Mitgliedstaaten der Europäischen Union einfach anzuwenden sind.
Einige wenige Abänderungen sind jedoch politisch etwas heikler. Ich beziehe mich hier hauptsächlich auf die gestrichenen transnationalen Bestimmungen. Die mit dem zwischenstaatlichen Siegel ausgezeichneten Stätten und die Mitgliedstaaten haben immense Erwartungen an den Übergangszeitraum, der ihnen die Möglichkeit geben wird, sich schnell am neuen System zu beteiligen, natürlich vorausgesetzt, dass sie die neuen Qualitätskriterien erfüllen. Dies ist möglicherweise eine der wesentlichen Fragen, die wir im Rahmen unserer Triloge in den kommenden Monaten mit dem Rat diskutieren müssen.
Ich bin mir jedoch sicher, dass wir für alle Parteien akzeptable Kompromisse finden können, die den langfristigen Erfolg des Europäischen Kulturerbe-Siegels sichern werden. Daher hoffe ich, dass wir die hervorragende Zusammenarbeit mit dem Parlament in diesem Bereich fortführen können. Nochmals herzlichen Dank für die hervorragende Zusammenarbeit.
Marie-Thérèse Sanchez-Schmid, im Namen der PPE-Fraktion. – (FR) Herr Präsident! Ich möchte unserer Berichterstatterin, wie es sich gehört, nicht nur zu ihrer Arbeit, sondern vor allem zu ihrer Fähigkeit zuzuhören gratulieren.
Dieser Bericht mag im Gesamtkontext des Parlaments vielleicht nicht sehr wichtig erscheinen, hat jedoch wahrscheinlich echte gemeinschaftliche Maßnahmen zur Folge. Viele kleine Bäche werden später zu einem großen Strom.
Wenn der Ausschuss für Kultur und Bildung für die Beibehaltung der Bezeichnung „Europäisches Kulturerbe-Siegel“ stimmt – und insbesondere darauf hofft die Fraktion der Europäischen Volkspartei (Christdemokraten) –, dann deshalb, weil diese Initiative nicht auf die Geschichte der Europäischen Union begrenzt ist, sondern weil der Schwerpunkt auf der großen Idee von Europa, also einem wesentlich älteren Konzept, liegt.
Das Siegel ist ein starkes Instrument, das vorrangig die europäische Identität durch kulturelle Vielfalt fördern sollte. Es sollte nicht als einfache Umwandlung der zwischenstaatlichen Initiative angesehen werden, sondern eher als echtes Instrument, das auf der Grundlage von Erfahrungen einen tatsächlichen Mehrwert schaffen wird, und zwar sowohl durch den Impuls, den es der Förderung der europäischen Werte durch die Mitgliedstaaten verleihen kann als auch im Hinblick auf das Wissen unserer Bürgerinnen und Bürger über diese Werte.
Ziel ist es, das Zugehörigkeitsgefühl der Bürgerinnen und Bürger zu Europa zu stärken und die Entwicklung eines gemeinsamen Bewusstseins zu unterstützen. In einer Zeit, in der die Vermittlung der europäischen Idee an die Öffentlichkeit noch immer eine wesentliche Herausforderung ist, der wir uns stellen müssen, braucht Europa Symbole, die diese Idee Tag für Tag stärken, da es wohl leider so ist, dass eine europäische Identität eine Tatsache ist, die erst noch erfunden werden muss.
Mary Honeyball, im Namen der S&D-Fraktion. – Herr Präsident! Ich stimme mit allen anderen Rednern überein, dass diese Initiative hervorragend ist und bin sehr erfreut darüber, dass der Ausschuss für Kultur und Bildung und Frau Paliadeli diese Initiative vorbringen.
Insbesondere möchte ich der Berichterstatterin für ihre hervorragende diesbezügliche Arbeit danken. Dies ist ein sehr gutes Mittel, um Europa sowie unsere gemeinsame Kultur und Geschichte zu fördern. Wir haben auf unterschiedliche Art und Weise dafür gesorgt, dass es ein Erfolg wird, und ich bin mir auch sicher, dass es ein großer Erfolg werden wird. Die endgültigen Stätten werden von einem Expertengremium ausgewählt, das über Fachkenntnisse in diesem Bereich verfügt, und wie ich bereits erwähnt habe, werden wir im Hinblick auf die Unterstützung der Idee von Europa insbesondere grenzübergreifende Stätten begutachten.
Darüber hinaus gibt es spezielle Kriterien, die die erfolgreichen Bewerber erfüllen müssen: wir wollen die europäische Bedeutung der ausgewählten Stätten steigern; die erfolgreichen Bewerber müssen Veranstaltungen zur Bildung organisieren, insbesondere für junge Menschen; es wird ein Ideenaustausch zum Start gemeinsamer Projekte mit anderen Stätten stattfinden, denen das Siegel verliehen wurde; es wird künstlerische und kulturelle Aktivitäten zur Förderung des Dialogs geben; und es wird natürlich möglichst vielen Menschen die Möglichkeit zum Besuch dieser Stätten gegeben.
Ich bin der Meinung, dass diese Stätten, wenn sie einmal eingerichtet sind, einen großen Nutzen für Europa mit sich bringen und Orte sein werden, an die Menschen reisen und an denen sie sich erfreuen. Außerdem werden sie die Idee von Europa und die Arbeit des Parlaments und der EU fördern.
Daher empfehle ich Ihnen allen diesen Bericht. Ich bin mir sicher, dass das Programm ein großer Erfolg sein wird, wenn es erst einmal eingerichtet ist und läuft, und ich bin sehr stolz, Teil dieser Initiative zu sein.
Oriol Junqueras Vies, im Namen der Verts/ALE-Fraktion. – (ES) Herr Präsident! Das Europäische Kulturerbe-Siegel ist zweifellos ein sehr wichtiges Projekt, und zwar aus mindestens zwei Gründen: erstens ermöglicht es den Bürgerinnen und Bürgern Europas, sich ihrer gemeinsamen und vielfältigen Geschichte und ihrem kulturellen Erbe näher zu fühlen; zweitens ist es ein gutes Instrument für die Förderung des Kulturtourismus sowie zur Ankurbelung der Wirtschaft.
Aus diesem Grund möchte ich Kommissarin Vassiliou und der Berichterstatterin, Frau Paliadeli, für ihre Initiative und harte Arbeit danken und möchte bei dieser Gelegenheit sagen, dass die Initiative zunächst zwar eine Initiative der Mitgliedstaaten war, dass wir ihr jedoch jetzt eindeutig eine europäische Dimension verleihen müssen.
Das bedeutet, dass das Europäische Kulturerbe-Siegel nicht als die Summe der von den Mitgliedstaaten ausgewählten Stätten angesehen werden sollte, sondern dass es eine gemeinsame europäische Vision verkörpert. Eine europäische Vision erfordert gemeinsame Kriterien und absolute Transparenz beim Verfahren zur Vorauswahl durch die Mitgliedstaaten. Es bedeutet auch, dass wir die regionale, kulturelle und sprachliche Vielfalt respektieren müssen.
Der Erfolg hängt von uns ab.
Emma McClarkin, im Namen der ECR-Fraktion. – Herr Präsident! Die Förderung und Entwicklung von Kulturerbe-Stätten in Europa ist ein notwendiges und wünschenswertes Projekt, das unsere volle Aufmerksamkeit verdient. Unser reiches und vielfältiges Kulturerbe ist etwas, worauf die Bürgerinnen und Bürger Europas stolz sein sollten und in der Tat einer der Hauptgründe, warum Millionen von Menschen aus der ganzen Welt jedes Jahr nach Europa kommen. Das Projekt hat das Potenzial, historischen Stätten den Zugang zu zusätzlichen finanziellen Mitteln zu ermöglichen und zur Erhaltung und Entwicklung dieser Stätten beizutragen. Dies ist in diesen wirtschaftlich schweren Zeiten ein wichtiger Punkt, aber dort, wo wir die Erwartungen der Bürgerinnen und Bürger wecken, haben wir die Verantwortung, unseren Worten auch Taten folgen zu lassen.
Von Beginn an war dieser Bericht jedoch in einer föderalistischen Sprache abgefasst, die ein falsches oder erzwungenes europäisches Demos fördern wollte. Der Versuch, das Programm in „Kulturerbe-Siegel der Europäischen Union“ umzubenennen, war politisch motiviert und würde Tausende potenzielle Stätten ausschließen, deren Geschichte und Erbe viele zeitgenössische Stätten diesbezüglich in den Schatten stellt.
Darüber hinaus wurden Versuche von mir und anderen, sicherzustellen, dass der Schwerpunkt des Siegels auch weiterhin auf dem Kulturerbe und nicht auf politischer Integration liegt, zurückgewiesen. Dies wird unweigerlich dazu führen, dass viele wichtige Stätten unfairerweise ausgeschlossen werden.
Auch die Finanzierung des Programms hat ernste Bedenken aufgeworfen, insbesondere angesichts der Sparmaßnahmen, die die Arbeit der Kulturbehörden in ganz Europa derzeit beeinträchtigen. Ich hoffe, dass wir dies in Grenzen halten und weiter vorankommen können. Die übermäßige Zunahme der Anzahl von Stätten sowie die wahrscheinliche Überschneidung mit dem UNESCO-Programm werden aller Wahrscheinlichkeit nach für weitere Probleme sorgen.
Wesentliches Ziel dieses Siegels sollte es sein, unser gemeinsames und vielfältiges Erbe zu erhalten und dieses zu würdigen. Leider konnten wir bisher nicht garantieren, dass wir auch einen Mehrwert schaffen werden. Dies ist etwas, dessen wir uns bewusst sein müssen.
Giancarlo Scottà, im Namen der EFD-Fraktion. – (IT) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich freue mich sehr über diese Initiative, die das Europäische Kulturerbe-Siegel in eine formelle Maßnahme der Europäischen Union umwandeln wird, um so seine Effizienz und Bekanntheit sowie sein Prestige und seine Glaubwürdigkeit zu steigern.
In diesem Zusammenhang möchte ich die Bedeutung der Professionalität der Mitglieder des Expertengremiums, das zur Bewertung der Stätten benannt wird, sowie die Strenge der Verfahren zur Verleihung des Siegels sowie zur Prüfung der Aufrechterhaltung im Laufe der Zeit betonen. Diese Elemente sind im Hinblick auf die Gewährleistung der Spezifität und der Qualität des Siegels von größter Bedeutung.
Der Schwerpunkt des Siegels muss jedoch vollumfänglich auf dem symbolischen und bildungsbezogenen Wert anstatt auf der Schönheit der Stätte liegen – wie dies bei anderen Initiativen zur Förderung unseres Kulturerbe tendenziell der Fall ist –, damit es sich klar und deutlich von diesen anderen Initiativen unterscheidet. Aus diesem Grund bin ich ebenfalls der Meinung, dass insbesondere transnationale Stätten angesichts ihrer symbolischen Bedeutung berücksichtigt werden sollten.
Hans-Peter Martin (NI). - Herr Präsident! So ein Siegel ist schon sinnvoll, aber unter zwei Bedingungen: Erstens, dass es tatsächlich auch Sichtbarkeit erzeugt, dass es auch wahrgenommen wird, denn Siegel gibt es viele. Zweitens, dass die damit verbundene Bürokratie sich nicht wieder verselbständigt wie bei so vielen ähnlichen Initiativen und EU-Institutionen. Es wäre doch wirklich ein Treppenwitz der europäischen Kulturtradition, wenn gerade etwas, was uns sehr viel helfen kann, was uns klar positioniert im Gegensatz dazu, wie in China mit alter Kultur umgegangen wird, im Gegensatz dazu, wie die USA solche Kulturstätten aus historischen Gründen nur sehr bedingt aufweisen, zum Schluss zum Vorschein bringt, dass mit viel Bürokratie und Aufwand wieder nur Posten geschaffen werden.
Eines muss uns klar sein: Die sinnstiftenden Ideen, die Visionen, das, was hier immer wieder beschworen, aber so wenig gelebt wird, kommen aus der Kultur. Gerade diese identitätsstiftende Möglichkeit, die auch im Prinzip der Subsidiarität eingeschlossen ist, kann es nur über Kultur geben, und deshalb sollten wir in diesem Bereich sogar mehr machen. Ich denke da auch an ganz gezielte Förderungen von Schriftstellern und anderen Personen, aber unabhängig und abseits dieser so sich verselbständigt habenden bürokratischen Organisationen und Institutionen im europäischen Rahmen.
Marco Scurria (PPE). – (IT) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte Kommissarin Vassiliou begrüßen und ihr für ihre starke Unterstützung dieser Initiative danken. Mein Dank gilt ebenfalls Frau Paliadeli und allen Schattenberichterstattern für ihre gute Arbeit.
Derzeit leidet ganz Europa unter der Wirtschafts- und Finanzkrise. Tatsächlich diskutieren wir momentan, wie wir intervenieren können, um einigen Ländern der Europäischen Union zu helfen, die in Schwierigkeiten stecken. Dies ist offensichtlich ein wichtiges Vorhaben, jedoch darf Europa die Bedeutung der Werte nicht aus den Augen verlieren, die es der Union ermöglicht haben, siegreich aus unzähligen Herausforderungen hervorzugehen, denen sie sich im Laufe ihrer Geschichte stellen musste.
Der Reichtum Europas liegt in seiner Geschichte, seiner Kultur, seiner Kunst, seinen Führungspersönlichkeiten, seinen Landschaften, seinen symbolischen Stätten, seinen Intellektuellen, seinen Philosophen und – es sei mir gestattet, dies zu sagen – in seiner Zivilisation begründet. Dieses Siegel kann all diese Elemente repräsentieren und all die unzähligen Formen der europäischen Identität betonen, zu denen die Mitgliedstaaten im Laufe der Zeit beigetragen haben.
Wir müssen nun den Blick auf die Verhandlungen mit dem Rat richten, um einige Unterschiede in der Auslegung zu beseitigen. Ich bin der Meinung, dass die strittigen Punkte angesichts der Bedeutung dieses Themas schnell und vielleicht auch einfach geklärt werden können. Außerdem bin ich der Meinung, dass wir uns nach der endgültigen Annahme dieses Berichts aufgrund unserer gemeinsamen Werte und Traditionen alle noch mehr als Europäer fühlen werden. Ich bin der Ansicht, dass wir durch die Kommission, die Arbeit des Parlaments und die Zusammenarbeit mit dem Rat all unseren Bürgerinnen und Bürgern einen sehr guten Dienst erweisen.
(Der Redner erklärt sich damit einverstanden, auf eine „Blue-Card“-Frage von Herrn Martin gemäß Artikel 149 Absatz 8 zu antworten)
Hans-Peter Martin (NI). - Herr Präsident! Danke, Herr Kollege Scurria! Ich schätze sehr, was Sie zum inhaltlichen Teil gesagt haben. Ich würde Sie gerade als Vertreter der größten Fraktion hier im Hause nur fragen wollen, wie Sie die Problematik einschätzen, dass es bei der Verwaltung und Umsetzung dieses Kulturerbe-Siegels zu zu viel Bürokratie kommen könnte, welche Vorstellungen Sie haben, wie man das in einem Maß und Rahmen halten kann, dass nicht zu viele Jurys ständig tagen und in Wirklichkeit das, was wir gemeinsam wollen, eigentlich nicht erreicht wird – nämlich sichtbare Siegel, die auch medial entsprechend wahrgenommen werden.
Marco Scurria (PPE). – (IT) Herr Präsident! Ich freue mich sehr, Herrn Martin antworten zu dürfen, da wir wissen, dass Bürokratie manchmal das ist, was die Bürgerinnen und Bürger Europas von ihren Institutionen unterscheidet und trennt. Von diesem Standpunkt aus gesehen, ist der von diesem Bericht vorgegebene Weg meiner Ansicht nach recht klar. Wir werden auch mit dem Rat darüber sprechen.
Wenn die Mitgliedstaaten beschlossen haben, an welche Stätten das Europäische Kulturerbe-Siegel verliehen werden könnte, und wenn wir ein Gremium aus echten Experten haben, die diese Stätten gemeinsam besuchen und innerhalb eines angemessenen, jedoch nicht übertriebenen, Zeitrahmens eine Auswahl treffen – wir müssen noch klären, wer diesbezüglich das letzte Wort haben soll, aber das ist eine Frage, die wir mit dem Rat und der Kommission klären müssen –, führt dies meiner Meinung nach nicht zu einer übermäßigen Bürokratie. Bei vielen anderen Maßnahmen ist die Bürokratie sehr wohl ein Thema, jedoch nicht bei diesem Siegel, da ich der Ansicht bin, dass das Auswahlverfahren innerhalb eines vernünftigen Zeitrahmens und mit eindeutigen Ergebnissen für alle Bürgerinnen und Bürger Europas abgeschlossen werden kann.
Maria Badia i Cutchet (S&D). – (ES) Herr Präsident, Frau Kommissarin, meine Damen und Herren! Auch ich möchte Frau Paliadeli für ihre ausgezeichnete Arbeit beglückwünschen.
Ich denke, wir können jetzt sagen, dass der Bericht nach seiner Annahme den erfolgreichen Abschluss eines neuen Engagements für eine europäische Haltung darstellt, und ich glaube nicht, dass es in der jetzigen Zeit trivial ist, ein solches Engagement zu erreichen.
Außerdem glaube ich, dass die Entscheidung der Mitgliedstaaten, der Kommissarin und der Kommission zur Integration des Europäischen Kulturerbe-Siegels in den Kontext der Europäischen Union dabei helfen wird, die Bekanntheit, das Prestige und die Glaubwürdigkeit des Siegels zu verbessern und gleichzeitig auch die tief verwurzelten Ideale von Kohäsion und Solidarität zwischen den Bürgerinnen und Bürgern Europas zu stärken.
Das Siegel ist ein wichtiger Schritt hin zur europäischen Integration, da es uns und alle Bürgerinnen und Bürger Europas unserer gemeinsamen Geschichte näher bringen wird.
Wenn so viele Meinungen gehört werden müssen, in denen oft Anspruch auf die individuelle Geschichte genommen wird – zumeist die nationale Geschichte –, dann hat eine Initiative wie die, über die wir heute abstimmen, meiner Meinung nach einen wahrhaft symbolischen und überaus bedeutsamen Wert, da sie die gemeinsame Geschichte betont und diese vermitteln will.
Ich glaube, dass das Europäische Kulturerbe-Siegel auch den jüngeren Generationen dabei helfen wird, die Ideen der Gründerväter der Europäischen Union zu verstehen und somit auch zu verstehen, dass diese Europäische Union, dieser europäische Integrationsprozess, den wir gerade durchlaufen, ein Prozess ist, dessen Abschluss, wie der aller anderen Prozesse, von denen abhängt, die an der Arbeit an diesem Prozess beteiligt sind. Ich denke, dass die Europäische Union diesbezüglich genau das sein wird, was ihre Bürgerinnen und Bürger von ihr verlangen. Ich fordere daher alle zur Zusammenarbeit auf. Natürlich habe ich Herrn Martins Kommentar vernommen, dass wir Bürokratie vermeiden sollten. Natürlich sollten wir dies tun! Vor allem müssen wir uns jedoch für unsere gemeinsame Geschichte engagieren und dafür sorgen, dass sie bekannt gemacht wird.
Der Präsident. – Herr Takkula hat gebeten, eine Frage stellen zu dürfen.
Herr Takkula, Sie dürfen Frau Badia eine Frage stellen.
Hannu Takkula (ALDE). – (FI) Herr Präsident! Meine vorrangige Absicht war es, sprechen zu dürfen, da ich Koordinator der Fraktion der Allianz der Liberalen und Demokraten für Europa bin und Frau Paliadeli im Namen der Fraktion für diesen ausgezeichneten Bericht danken und einige Worte zur Geschichte unseres Volkes und zum Europäischen Kulturerbe-Siegel sagen möchte. Meine Frage lautet also...
(Der Präsident entzieht dem Redner das Wort)
Der Präsident. – Herr Takkula, einen Moment bitte: das Verfahren... wir werden Ihnen in Kürze das Wort als zusätzlicher Redner erteilen, da der Vertreter ihrer Fraktion in der Tat nicht anwesend ist.
Wir werden Ihnen zusammen mit den nächsten Rednern das Wort erteilen, und Sie werden zwei Minuten haben, um Ihr Anliegen vorzutragen.
Marek Henryk Migalski (ECR). – (PL) Herr Präsident, Frau Kommissarin! Bei der Verdolmetschung der Rede von Frau Badia i Cutchet verwendete der Dolmetscher, vermutlich fälschlicherweise, den Begriff „Europäismus“. Ein solches Wort existiert in der polnischen Sprache nicht, und ich habe in der Tat das Gefühl, dass die Initiative, die wir derzeit diskutieren, etwas erschaffen will, das nicht existiert: „Europäismus“, oder ein ähnliches künstliches Konstrukt, das nur ein Bauer in einem politischen Schachspiel ist.
Ich bin der Ansicht, dass das, was wir gerade tun, unnötig ist. Wie ein berühmter Philosoph einst sagte: „Entitäten dürfen nicht über das Notwendige hinaus vermehrt werden.“ Ich habe den Eindruck, dass das Europäische Kulturerbe-Siegel eine Entität darstellt, die über das Notwendige hinaus vermehrt wird. Ich möchte nicht auf das große Fragezeichen eingehen, das hinter der Frage der Verleihung und des Entzugs dieses Siegels steht. Ich möchte nicht auf die Tatsache eingehen, dass die Initiative die europäischen Steuerzahler 1 350 000 EUR kosten wird. Meine Frage ist eher grundlegender Natur, ganz abgesehen von diesen anderen ernsten Fragen, denn sie lautet: Warum tun wir das? Müssen wir wirklich etwas konstruieren, das kein europäisches Gefühl ist, sondern lediglich „Europäismus“, wie zuvor erwähnt?
João Ferreira (GUE/NGL). – (PT) Herr Präsident, Frau Kommissarin! Die aktuelle Vorstellung von Kultur ist nichts Neues – wir sind bereits im Rahmen der Diskussion anderer Berichte im Parlament darauf eingegangen und tun dies heute erneut –, sie steht kurz davor, in der Europäischen Union als instrumentell angesehen zu werden. Dies zeigt sich auf unterschiedliche Art und Weise: Sei es im Kontext der sogenannten Kulturdiplomatie, die Kultur als Instrument der Außenpolitik sieht, oder im aktuell diskutierten Kontext der Einführung eines Europäischen Kulturerbe-Siegels, um damit, mit den Worten der Berichterstatterin gesagt, „den Glauben der Europäer in die Europäische Union und ihre Führungspersonen zu stärken“ und „die Lücke zwischen der Europäischen Union und ihren Bürgerinnen und Bürgern zu schließen“.
Die Berichterstatterin stellt vernünftigerweise fest, dass es andere, effizientere Möglichkeiten gibt, dies zu erreichen, über die noch viel mehr gesagt werden könnte. Ich möchte betonen, dass ein Siegel nicht ausreichend sein wird, um die sichtbaren Auswirkungen zu beseitigen, die die von der EU umgesetzte Politik und deren wirtschaftspolitische Steuerung auf die Bürgerinnen und Bürger und Völker Europas hat: kurzum, die Pläne eines wahren Sozialterrorismus, die sie unter Duldung der nationalen Regierungen umgesetzt hat.-
Wir sollten auch die Auswirkungen von Strategien wie z. B. der gemeinsamen Agrarpolitik oder der gemeinsamen Fischereipolitik auf die Zerstörung wichtiger Kultursiegel und der lebendigen Elemente des kulturellen und historischen Erbes der Völker Europas berücksichtigen. Lassen Sie uns auch die künftige Auflösung der Küstengemeinden oder der säkularen ländlichen Gemeinden im Laufe einer einzigen Generation berücksichtigen. Diese Initiative, die hauptsächlich von symbolischer Bedeutung ist, basiert auf der Entwicklung des Trugschlusses einer einheitlichen europäischen Identität und einer einheitlichen europäischen Kultur sowie darüber hinaus auf Werten wie Freiheit, Demokratie, Toleranz und Solidarität. Erreicht werden soll dies mithilfe des besonders sensiblen Bereichs des Kulturerbes und somit auch des geschichtlichen Erbes. Dies bietet Grund zur ernsten Sorge, dass hierdurch ein besorgniserregender Prozess zur Umschreibung der Geschichte unterstützt werden soll, den wir erst jüngst beobachten konnten.
Kultur gründet, ähnliche wie andere historische Phänomene, nicht auf einer Art homogener, gemeinsamer Identität, sondern deutet vielmehr auf Widersprüche, Konflikte und kulturelle Vorherrschaft hin. Wir müssen uns erneut fragen, was der Titel „Europäisches Kulturerbe-Siegel“ bedeuten soll, der lediglich auf der Grundlage der Standorte der betreffenden kulturellen Stätten gewählt wurde. Wir wissen, dass das europäische Erbe eine Vielzahl von Kulturen umfasst und ebenso von der islamischen Welt, den Mittelmeerkulturen oder den Kulturen der Völker beansprucht werden könnte, die dem europäischen Kolonialismus ausgesetzt waren. Handelt es sich hierbei also um ein Erbe der Europäischen Union oder ein Erbe in der Europäischen Union?
Herr Präsident! Zum Schluss möchte ich erwähnen, dass die von der Berichterstatterin vorgebrachten Abänderungen im Allgemeinen mit einigen Ausnahmen den Entwurf der Kommission verbessert haben. In diesem Fall sind jedoch die spezifischen Ziele des Berichts weitaus weniger wichtig als die ihm zugrunde liegenden, falschen Vorstellungen.
Corneliu Vadim Tudor (NI). – (RO) Herr Präsident! Heute, am 16. Dezember, feiern wir den 240. Geburtstag von Ludwig van Beethoven, dem Komponisten der Hymne des vereinigten Europas.
Angesichts dieses hervorragenden Berichts des Ausschusses für Kultur und Bildung möchte ich als rumänischer Historiker und Schriftsteller eine außergewöhnliche Stätte für das Europäische Kulturerbe-Siegel vorschlagen, die einzigartig auf der Welt ist – die Höhle des Heiligen Andreas, die sich in der Nähe der Donaumündung ins Schwarze Meer befindet. Wie von Origenes, einem der Väter der christlichen Kirche, bestätigt, dem es von seinem Vater anvertraut wurde, dem es wiederum von den Jüngern des Andreas anvertraut wurde, kam der erste von Jesus Christus berufene Mann zu dieser kleinen Höhle in der Provinz Klein-Skythien und verkündete das Evangelium. Es handelt sich also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit um die erste christliche Kirche in Europa.
In den ersten Monaten des Jahres 2011 werde ich die erforderlichen Schritte unternehmen, um die Unterstützung der Gemeinschaft für ein großartiges Projekt zu erhalten. Ich beabsichtige, eine beeindruckende Statue unseres Erlösers Jesus Christus im rumänischen Teil Transsilvaniens zu errichten, in der Region Braşov, um genau zu sein. Sie wird 40 Meter hoch sein, größer als vergleichbare Statuen in Brasilien, Portugal und Polen. Zu ihren Füßen wird die Kirche liegen, in der Hochzeiten, Taufen und Gottesdienste zu Ehren der großen christlichen Feste gefeiert werden sollen. Nur im Lichte des christlichen Kreuzes werden wir die uns bevorstehenden dunklen Zeiten überstehen und siegreich aus ihnen hervorgehen.
Hella Ranner (PPE). - Herr Präsident! Ich freue mich sehr, dass diese bereits in einigen Mitgliedstaaten bestehende Initiative nun auch Eingang in unsere Europäische Union gefunden hat. Es war auch sehr richtig, für die Verleihung einen Zwei-Jahres-Rhythmus einzuführen. Danke auch in diesem Zusammenhang an die Berichterstatterin. Wo mir ein Hauch von Bedenken kommt, ist allerdings, dass es uns hier gelingen muss, eine Abgrenzung zum Weltkulturerbe der UNESCO zu finden und die europäischen Eigenheiten dieses Siegels genau herauszuarbeiten. Denn ansonsten wird es zumindest für unsere Bürgerinnen und Bürger schwer sein zu entscheiden, warum gerade dieses Siegel eine besondere europäische Bedeutung hat.
Ich habe mir auch angesehen, welche Stätten bislang von den Mitgliedstaaten ausgezeichnet wurden, und habe festgestellt, dass es sich in erster Linie naturgemäß um Bauwerke handelt. Unsere Idee im Ausschuss für Kultur und Bildung war ja, nicht nur Bauwerke auszuzeichnen, natürlich auch Bauwerke, aber vor allem Werte und andere Stätten oder auch Erfahrungen, die mit der europäischen Entwicklung zu tun haben.
Das bringt mich bereits zum letzten Punkt meiner Ausführungen. Es wird von ganz besonderer Bedeutung sein, dass die Jury mit entsprechend kundigen Persönlichkeiten besetzt ist, die gerade diese Zielsetzungen verinnerlicht haben und auch weitertragen werden. Dann bräuchten wir auch vor Bürokratismus, der eventuell entstehen könnte, keine Angst zu haben.
Silvia Costa (S&D). – (IT) Herr Präsident, Frau Kommissarin, meine Damen und Herren! In einer Zeit, in der sich Europa in einer Identitäts- und Zukunftskrise befindet, bin ich der Ansicht, dass die Einführung eines Europäischen Kulturerbe-Siegels, das die materiellen und immateriellen Stätten auszeichnet, die für die Geschichte, die Kultur und die Entstehung der Europäischen Union vom hohem symbolischem und bildungsbezogenem Wert sind, für besonders wichtig.
Mein aufrichtiger Dank gilt der Berichterstatterin, Frau Paliadeli, die die von vielen Mitgliedern des Ausschusses für Kultur und Bildung vorgetragenen Vorschläge und Änderungen effizient eingearbeitet hat, insbesondere im Hinblick auf die Bereitstellung von Verfahren, die in Bezug auf die Bestimmungen des Vertrages von Lissabon hinsichtlich der Aufteilung der Aufgaben zwischen den Mitgliedstaaten, der Kommission, dem Rat und dem Parlament sicherer sind und mit dem Vertrag in Einklang stehen. Wie einige meiner Kolleginnen und Kollegen im Ausschuss bemerkt haben, haben wir uns auch bemüht, sicherzustellen, dass es keine Überschneidungen zwischen dem Siegel und anderen Initiativen der Organisation der Vereinten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur (UNESCO) oder den Plänen des Europäischen Rates in den Bereichen Geschichte und Kultur gibt.
Tatsächlich werden die Mitgliedstaaten auf der Grundlage klar definierter Kriterien alle zwei Jahre maximal zwei aktiv betreute Stätten präsentieren. Dies ist ein wichtiger Punkt: Die Mitgliedstaaten müssen nachweisen, dass sie an die Stätten glauben und sie aus diesem Grund bildungspolitisch betreuen und die Bürgerinnen und Bürger beteiligen. Die Kommission wird ihrerseits nach Anhörung eines Expertengremiums für die Vorauswahl verantwortlich sein, wird jedoch auch eine Kontrollfunktion übernehmen, alle sechs Jahre die Effektivität der Betreuung der Stätten bewerten, und sie kann das Siegel auch aberkennen. Dem Parlament kommt hierbei eine stärkere Rolle zu, da es nicht nur vier der 16 Mitglieder des europäischen Gremiums benennt, sondern auch, da es eine aktive Beziehung zu den vorab ausgewählten Stätten unterhält.
Ich unterstütze außerdem die vorgeschlagene Lösung für das komplexe Problem der vielen Mitgliedstaaten bereits auf zwischenstaatlicher Basis verliehenen Kennzeichen, die besagt, dass sie, trotz der Tatsache, dass diese nicht für das neue System geeignet sind, ihr zuvor verliehenes Kennzeichen behalten können und somit nicht heruntergestuft werden.
Ich schätze auch die Priorität, die transnationalen Stätten gewährt wird, was eine interessante Herausforderung für Europa darstellen wird, und die dem Ausschuss der Regionen zugeteilte Rolle als Teil eines Subsidiaritätsansatzes sowie die Betonung der Notwendigkeit der Beteiligung der Mitgliedstaaten an der Auswahlphase, unter anderem der Gemeinden und Regionen, um eine lediglich teilweise Beteiligung zu vermeiden. Ich bin jedoch der Meinung, dass zusätzliche Bemühungen der Mitgliedstaaten ebenfalls hilfreich wären. Es wäre überaus wichtig für sie, Wettbewerbe ins Leben zu rufen, die sich an junge Menschen in Schulen und Hochschulen richten, um einen Prozess zur Bestimmung der Stätten zu starten. Dies könnte auch eine Möglichkeit darstellen, eine gemeinsame europäische Geschichte und Zukunft wiederaufzubauen und einen Beitrag zu einem Zusammengehörigkeitsgefühl und einer europäischen Bürgerschaft zu leisten.
Hannu Takkula, im Namen der ALDE-Fraktion. – (FI) Herr Präsident, Frau Kommissarin, meine Damen und Herren! Zunächst möchte ich Ihnen für die Möglichkeit danken, im Namen meiner Fraktion, der Fraktion der Allianz der Liberalen und Demokraten für Europa, einige Worte zu diesem wichtigen Bericht über das Europäische Kulturerbe-Siegel zu sagen.
Als ich die heutige Debatte verfolgte, fühlte ich mich an das zurückerinnert, was mir ein Lehrer einmal sagte: Alles, was missverstanden werden kann, wird auch missverstanden. Damit meine ich, dass einige versuchen, dieses hervorragende Projekt – dessen Ziel es ist, das Profil Europas zu stärken und zu zeigen, dass die Stärke Europas in seiner Vielfalt und der Tatsache liegt, dass es in seiner Vielfalt vereint ist – als Bedrohung des Konzepts des Nationalstaats oder eine Bedrohung der europäischen Identität oder von etwas anderem zu sehen. Darum geht es nicht.
Ich bin der Meinung, dass dies eine hervorragende Initiative ist, und ich würde sagen, dass wir mehr über Europa erfahren müssen. Wir müssen mehr voneinander erfahren, da wir so auf ein besseres Europa der Zukunft hinarbeiten können.
Europa ist ein Mosaik von Nationen, in dem sich gemeinsame Vorstellungen von Demokratie, Menschenwürde und Meinungsfreiheit entwickelt haben. Dies sind die wichtigsten Werte, die wir fördern wollen.
Wenn wir vom europäischen Kulturerbe sprechen, dann muss erwähnt werden, dass wir über ein äußerst reiches Kulturerbe verfügen. Ich bin der Meinung, dass diese kleine Investition in Höhe von 1,3 Millionen EUR für das gesamte Programm den Stätten zugute kommen wird, die mehrfach mit dem Europäischen Kulturerbe-Siegel ausgezeichnet werden, und das auch finanziell gesehen. Der finanzielle Nutzen ist hierbei aber auch nicht das Wichtigste: Es geht vor allem um den psychologischen Nutzen, der sich aus einem gestärkten europäischen Geist und einem besseren Verständnis dafür ergibt, wie dieses Europa sich aus seinen Mosaikteilen entwickelt hat und was die Grundlage und Basis dieses Europas ist. Wenn wir unseren Hintergrund und unsere Geschichte kennen, können wir auch auf eine nachhaltige Zukunft hinarbeiten.
Herr Präsident! Ich möchte der Berichterstatterin, Frau Paliadeli, nochmals für ihren Bericht danken. Meiner Meinung nach ist er hervorragend und notwendig. Außerdem lohnt es sich, das Projekt zum Europäischen Kulturerbe-Siegel auf der Grundlage des Berichts fortzuführen.
Raffaele Baldassarre (PPE). – (IT) Herr Präsident, Frau Kommissarin, meine Damen und Herren! Die Schaffung einer europäischen Identität und die Steigerung des Interesses an der Europäischen Union und ihren Wurzeln sind zwei Herausforderungen, denen sich die europäischen Institutionen stellen müssen, um eine breite Kohäsion und Solidarität zu erreichen.
Außerdem sind diese Herausforderungen das Herzstück der Ziele im Vertrag von Lissabon. In der Tat legt Artikel 3 des Vertrages die Verpflichtung der EU fest, die kulturelle Entwicklung in Europa zu schützen. Wenn sich der europäische Traum momentan in einer schwierigen Phase befindet, dann liegt das nicht nur an der Sackgasse, in der sich Europa als politisches Projekt derzeit befindet oder an der anhaltenden Wirtschaftskrise, sondern auch an Schwierigkeiten, denen sich eine auf einer noch immer ungeklärten Identität gegründete Union gegenüber sieht.
Angesichts dieser Situation ist es mehr als notwendig, die Lücke zwischen der Europäischen Union und ihren Bürgerinnen und Bürgern zu schließen und den Bürgerinnen und Bürgern sowie vor allem den zukünftigen Generationen das multinationale und dennoch gemeinsame Kulturerbe der Europäischen Union näher zu bringen. Das ist Sinn und Bedeutung eines Europäischen Kulturerbe-Siegels: Europa in seiner Vielfalt zusammenbringen, eine gemeinsame Kultur fördern und eine Integration zwischen den involvierten Orten innerhalb seines Territoriums unterstützen.
Um dieses Ziel zu erreichen, muss der Schwerpunkt des neuen Siegels auf dem symbolischen, bildungsbezogenen Wert anstatt auf der ästhetischen Schönheit einer Stätte liegen, die Zusammenarbeit zwischen Stätten fördern und gemeinsame Projekte unterstützen. Aus diesem Grund möchte ich der hervorragenden Arbeit von Frau Paliadeli und dem Rest des Ausschusses für Kultur und Bildung meinen Tribut zollen, insbesondere im Hinblick auf das Verfahren zur Auswahl der Stätten und zur Stärkung der Rolle des Europäischen Parlaments im Rahmen des Auswahlverfahrens.
Ich bin mir sicher, dass die Entscheidung der Mitgliedstaaten zur Aufnahme des Siegels in den Rahmen der Europäischen Union zur Steigerung seiner Bekanntheit und seines Prestiges beitragen wird, um so die Ziele der Kohäsion und der Solidarität zwischen den Bürgerinnen und Bürgern Europas zu erreichen.
Cătălin Sorin Ivan (S&D). – (RO) Herr Präsident! Auch ich möchte zunächst der Berichterstatterin für ihren hervorragenden Bericht und die Verhandlungen danken, die sie mit der Kommission und dem Rat geführt hat. Auch wenn es ihr nicht gelungen ist, das Europäische Kulturerbe-Siegel in der Europäischen Union einzuführen, so ist das Europäische Kulturerbe-Siegel noch immer eine hervorragende Idee, ebenso wie das Projekt an sich. Ich bin der festen Überzeugung, dass es überaus erfolgreich sein wird, wenn wir uns am Projekt der Europäischen Kulturhauptstadt orientieren. Es ist eine hervorragende Initiative, da es insbesondere grenzübergreifende Projekte in den Vordergrund stellt.
Einige Staaten arbeiten zusammen, um die gleichen Werte und Traditionen untereinander auszutauschen, die sie bereits seit Hunderten von Jahren teilen. Ich komme aus einer Stadt an der östlichen Grenze der Europäischen Union. Sie ist nur 10 km von der Grenze entfernt und vielleicht die größte Kulturstadt an der östlichen Grenze. Ich war jedoch auch schon in Santiago de Compostela, das praktisch an der westlichen Grenze der Europäischen Union liegt – zwei kulturelle Zentren, die viel gemeinsam haben, zwischen denen es jedoch auch viele Unterschiede gibt. Ein Ort ist ein orthodoxer, der andere ein katholischer Wallfahrtsort. Wir sehen unsere gemeinsamen Werte am deutlichsten, wenn wir über die Grenzen der Europäischen Union hinausgehen, wenn wir auf andere Kontinente reisen. Dann zeigt sich uns ein klares Bild der Werte, die wir seit Hunderten von Jahren teilen, und es wird klar, dass wir eine gemeinsame Kultur und bestimmte Eigenschaften haben, die uns von anderen Völkern unterscheiden. Die Europäische Union oder vielmehr das Europäische Kulturerbe-Siegel erhält daher seine Bedeutung, wenn wir über die Grenzen der Europäischen Union hinausgehen.
Ich gratuliere Ihnen erneut zu diesem Bericht, und ich bin der festen Überzeugung, dass das Projekt erfolgreich sein wird.
Csaba Sógor (PPE). – (HU) Herr Präsident! Ich begrüße die Tatsache, dass dies im Laufe dieser Tagung bereits der zweite zur Abstimmung stehende Vorschlag ist, der die Lücke zwischen der Europäischen Union und ihren Bürgerinnen und Bürgern schließen soll. Aus zwischenstaatlichen Programmen zahlreicher europäischer Staaten in eine offizielle Maßnahme der EU umgewandelt, wird die Einführung des Europäischen Kulturerbe-Siegels das Zugehörigkeitsgefühl zur EU stärken und die Anerkennung der Unterschiede und den interkulturellen Dialog unterstützen. Es wird die Bürgerinnen und Bürger, insbesondere junge Menschen, für ihre Rolle in der Geschichte Europas und für die Symbolik Europas sensibilisieren. Es kann uns für unser gemeinsames Kulturerbe sensibilisieren.
Die Stätten, die mit dem Siegel ausgezeichnet werden, werden insbesondere für junge Menschen besser zugänglich sein, und die Objekte, die unsere gemeinsame Geschichte verkörpern, werden angemessener genutzt werden. Was mich persönlich am meisten freut, sind die organisatorischen Aspekte der Maßnahme, nämlich die Tatsache, dass die Verfahren zur Auswahl und Kontrolle auf der Grundlage gemeinsamer, eindeutiger und transparenter Kriterien beruhen und dass der Austausch von Wissen und Erfahrungen gefördert wird. Als gewähltes Mitglied einer nationalen Minderheit stelle ich mit Zufriedenheit fest, dass beispielsweise im Fall Rumäniens für die von objektiven, internationalen Experten ausgewählten Stätten auch die Chance besteht, zusätzlich zu den vier Stätten, die bereits mit dem Siegel ausgezeichnet wurden, ausgewählt zu werden. Zu diesen Stätten gehören die Teleki-Bibliothek in Târgu Mureş, die als eine der Bastionen der ungarischen Kultur bekannt ist, oder die Schwarze Kirche in Braşov, die als Musterbeispiel für die gotische Architekturkunst der Siebenbürger Sachsen gilt.
Olga Sehnalová (S&D). – (CS) Herr Präsident! Das Europäische Kulturerbe-Siegel ist zweifellos eine gute Initiative und eine Fortführung des seit 2006 laufenden zwischenstaatlichen Projekts. Ziel der Initiative ist es, zur Schaffung einer gemeinsamen europäischen Identität beizutragen und das Interesse an der Europäischen Union und ihren Werten zu steigern.
Der Begriff „Kulturerbe“ ist sehr breit, und das ist auch gut so. Ich freue mich, dass der Änderungsantrag zur Integration des Industrieerbes in diese Kategorie im Bericht ebenfalls angenommen wurde. Die Industrie ist eine der wichtigen Komponenten der europäischen Geschichte – immerhin war Europa die Wiege der industriellen Revolution im 19. Jahrhundert, und die Gründung der EU steht im Zusammenhang mit der Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl. Sie steht jedoch auch mit der gemeinsamen Geschichte der Bewegungen für bürgerliche und soziale Rechte im Zusammenhang.
Einer der Bereiche, der den Erwartungen zufolge vom Europäischen Kulturerbe-Siegel profitieren soll, ist der Bereich Tourismus. Ich bin der festen Überzeugung, dass dies eine Möglichkeit darstellt, die Monumente unserer gemeinsamen europäischen Geschichte zur Entwicklung des Tourismus in den Regionen zu verwenden, die keine traditionellen Ziele für Touristen sind. Solche Monumente werden meiner Meinung nach ungerechtfertigterweise übersehen. Dabei müssen wir deren Potenzial lediglich entdecken und nutzen. Aus diesem Grund begrüße und unterstütze ich den Bericht absolut und möchte in diesem Zusammenhang der Berichterstatterin, Frau Paliadeli, meinen Dank aussprechen.
Joanna Katarzyna Skrzydlewska (PPE). – (PL) Herr Präsident! In der Zeit vor dem Inkrafttreten des Vertrages von Lissabon sahen wir uns einer Situation gegenüber, in der das Interesse der Bürgerinnen und Bürger der EU an den Angelegenheiten und Aktivitäten der EU spürbar zurückging. Die Annahme des Vertrages von Lissabon sollte nicht nur eine Lösung für die Probleme im Hinblick auf das Erfordernis besser funktionierender Institutionen liefern, sondern die Bürgerinnen und Bürger Europas auch stärker an den Aktivitäten der EU beteiligen, beispielsweise durch Bürgerinitiativen. Das Europäische Kulturerbe-Siegel stellt einen weiteren Schritt hin zur Schaffung einer europäischen Identität sowie zur Stärkung der Verbindungen zwischen den Bürgerinnen und Bürgern und der EU dar.
In den vergangenen vier Jahren haben die Mitgliedstaaten 64 Stätten von besonderer Bedeutung für Europa benannt. Wenn wir unsere gemeinsame Geschichte entdecken und mehr über die Rolle der Europäischen Union und ihre kulturelle Vielfalt auf der Grundlage gemeinsamer demokratischer Werte und Menschenrechte erfahren, können wir im Rahmen der EU das Gefühl der Zugehörigkeit zu einer großen europäischen Familie bei den Bürgerinnen und Bürgern unserer Gemeinschaft stärken.
Seán Kelly (PPE). – (GA) Herr Präsident! Ich begrüße diese Vorschläge und bin der Meinung, dass sie zum Wachstum und zur Entwicklung der Tourismusbranche beitragen werden, und gerade das brauchen wir in diesen Zeiten sehr.
Trotz aller Kritik, die an Europa geübt wird, bin ich der Meinung, dass die meisten Bürgerinnen und Bürger Europa und insbesondere ein europäisches Siegel noch immer schätzen. Ich habe dies im Zusammenhang mit der Europäischen Hauptstadt des Sports erlebt. Die in meinem Wahlkreis liegende Stadt Limerick erhielt vor kurzem diese Auszeichnung, die eine große Wertschätzung erfuhr. Gleiches gilt für die Europäischen Kulturhauptstädte und wird sicherlich auch für die mit dem Europäischen Kulturerbe-Siegel ausgezeichneten Stätten gelten.
Es gibt jedoch ein paar Anliegen in diesem Zusammenhang, auf die die Betreiber hingewiesen werden sollten. Zum einen muss die Stätte gepflegt werden. Das Siegel wird also nicht zeitlich unbegrenzt verliehen, ohne dass sichergestellt wird, dass die Stätte diese Auszeichnung auch verdient. Zum anderen verweise ich auf die Anmerkung von Herrn Martin, die von Herrn Scurria gut beantwortet wurde, nämlich dass das Siegel nicht unter zu viel Bürokratie leiden wird. Ich denke, dass wir darauf sehr stolz sein können. Hier besteht ein großes Potenzial.
Radvilė Morkūnaitė-Mikulėnienė (PPE). – (LT) Herr Präsident, die Bürgerinnen und Bürger diskutieren oft über die Zukunft der Europäischen Union. Das Fundament einer starken Union und einer erfolgreichen Zukunft basiert auf Vertrauen und gegenseitigem Entgegenkommen, genau wie bei einer Familie. Das Europäische Kulturerbe-Siegel soll Menschen dabei helfen, mehr über andere zu erfahren, diese Grundlagen zu finden und Persönlichkeiten sowie Bewegungen, die den Aufbau Europas symbolisieren, anzuerkennen. Die Ermittlung eines gemeinsamen Kulturerbes ist eine Möglichkeit, ein einzigartiges und vereintes Europa zu stärken. Wir alle, alle Nationen und Staaten, blicken auf unterschiedliche, vielfältige und oftmals schmerzhafte historische Erfahrungen zurück, jedoch sind es genau diese Unterschiede, die zusammen unsere Familie und unsere europäische Identität ausmachen. Ich möchte insbesondere die langjährige Spaltung Europas und die unterschiedlichen oder mangelhaften Möglichkeiten zur Entwicklung der Demokratie betonen. Damit meine ich Osteuropa und die Besatzung durch die Sowjetunion. Allerdings wurde auch dort stets für die Idee eines vereinten Europas gekämpft, und wir müssen anerkennen ...
(Der Präsident entzieht der Rednerin das Wort)
Piotr Borys (PPE). – (PL) Herr Präsident! Niemand kann uns vorwerfen, wir handelten nicht konsequent. Im Vertrag von Lissabon haben wir die EU-Bürgerschaft für ihre Einwohner eingeführt, und gestern hatten wir die Möglichkeit, über die Bürgerinitiative abzustimmen. Heute verabschieden wir ein Symbol, nämlich das Europäische Kulturerbe-Siegel. Dies wird zweifelsohne die Identität und Bürgerschaft der EU stärken bzw. anders gesagt alle Werte, die uns wichtig sind. Ich bin der Meinung, dass dieses Siegel eine hervorragende Ergänzung sowohl der UNESCO-Liste als auch der Europäischen Kulturrouten sowie der Europäischen Kulturhauptstädte ist. Jeder Reisende kennt den Wert und die Bedeutung solcher Programme.
Ich bin der Meinung, dass die Förderung der europäischen Kultur im Herzen Europas ein fundamentaler Aspekt für die Europäer ist. Ein großer Teil Europas ist in dieser Hinsicht noch immer unerforscht, aber auch die Förderung der europäischen Kultur außerhalb Europas spielt eine wichtige Rolle. Der wichtigste Punkt ist, dass dieses Siegel von der Kommissarin und den Mitgliedstaaten erfolgreich gefördert wird.
Georgios Papanikolaou (PPE). – (EL) Herr Präsident! Nun möchte auch ich die Gelegenheit nutzen, unserer Berichterstatterin, Frau Paliadeli, für ihren hervorragenden Bericht und all ihre bisherigen Bemühungen zu danken. Dieses neue Europäische Kulturerbe-Siegel betont unsere Kultur und den europäischen Geist und tut all denen von uns Genüge, die oft Stätten in Europa besuchen und der Meinung sind, dass es schade ist, dass wir den Mehrwert von Europa, nämlich all diese historischen Monumente, für die wir unbedingt werben müssen, nicht betonen.
Wie Sie wissen, befasst sich Europa natürlich nicht nur mit der Wirtschaftskrise; das Europa nach dem Vertrag von Lissabon möchte seinen kulturellen Zusammenhalt, die reiche Geschichte und die einzelnen Bausteine betonen, durch die es definiert wird. Natürlich muss dies unter aktiver Beteiligung des Europäischen Parlaments geschehen, und ich vertraue darauf, dass die Verhandlungen mit dem Rat über Artikel 18 positiv verlaufen werden.
Iosif Matula (PPE). – (RO) Herr Präsident! Ich begrüße, dass das zwischenstaatliche Projekt des Europäischen Kulturerbe-Siegels in eine formelle Initiative der Europäischen Union umgewandelt wird, und zwar in einer Zeit, zu der das ursprüngliche Projekt nicht die große Bekanntheit und das große Prestige genossen hat, die es verdient. Dieses Projekt ermöglicht es uns, auch den Ländern eine Tür zu öffnen, die nicht Teil der Europäischen Union sind und trotzdem die Kultur unseres Kontinents bereichern.
Ein wichtiger Aspekt ist die Neubewertung der Stätten, die bereits im Rahmen der zwischenstaatlichen Vereinbarung ausgewählt wurden. Außerdem soll im Hinblick auf Staaten mit einer unterschiedlichen Anzahl ursprünglich registrierter Stätten Fairness gewährleistet werden. Für den Fall, dass eine Stätte nicht direkt neu bewertet werden kann, ist es außerdem wichtig, dass diese Stätte die Möglichkeit hat, sich erneut um das Siegel zu bewerben und sich so selbst mehr Möglichkeiten zu erschließen.
Die Verleihung des Europäischen Kulturerbe-Siegels für einen unbefristeten Zeitraum und ohne eine regelmäßige Neubewertung würde dabei helfen, das dem Projekt zugeteilte gekürzte Budget effizienter zu nutzen. Das Europäische Kulturerbe-Siegel wird die Öffentlichkeit für die Vielfalt unseres Kulturerbes sensibilisieren und den Kulturtourismus fördern.
Elena Băsescu (PPE). – (RO) Herr Präsident! Die Schaffung einer europäischen Identität und die Steigerung des Interesses an der EU sind große Herausforderungen. Sie können in großem Maße Zusammenhalt und Solidarität fördern. Das Europäische Kulturerbe-Siegel könnte seine Ziele wirksamer erreichen, wenn es als Initiative der EU verwaltet würde. Es muss auf denselben Kriterien basieren und über ein klar definiertes Kontrollsystem verfügen. Ein Vorteil hiervon wird die Förderung des Kulturtourismus sein. Ebenso wie bei den UNESCO-Weltkulturerbestätten wird das Siegel mehr Touristen anlocken und den lokalen Wirtschaften so neuen Schwung verleihen.
Ich begrüße die Absicht der Kommission, das Europäische Kulturerbe-Siegel zusammen mit anderen Instrumenten zur Stärkung der Verbindung zwischen der EU und ihren Bürgerinnen und Bürgern zu nutzen. Abschließend möchte ich die Bedeutung der Förderung des interkulturellen Dialogs betonen.
Androulla Vassiliou, Mitglied der Kommission. – Herr Präsident! Offensichtlich betonte die Mehrheit der Mitglieder, denen das Wort erteilt wurde, die Bedeutung dieser europäischen Initiative und ihren tatsächlichen Mehrwert. Sie betonten die Bedeutung dieser Initiative im Hinblick auf die Förderung Europas, der gemeinsamen europäischen Geschichte und des gemeinsamen Erbes, auf den bildungsbezogenen Wert dieser Initiative sowie auf die Bedeutung der Aufnahme und Förderung eines stärkeren kulturellen Dialogs.
Ich bin sehr erfreut und dankbar für diese Zustimmung. Ich möchte klarstellen, dass die Experten, die zur Entscheidungsfindung für diese wichtige Initiative benannt werden, sicherlich in höchstem Maße fachlich geeignet sein werden, damit nicht nur die besten und wertvollsten Stätten, sondern auch Ideen ausgewählt werden. Ich möchte Sie daran erinnern, dass es bei diesem Erbe nicht nur um Stätten geht, sondern auch um nicht greifbares Kulturerbe. So war beispielsweise Portugal das erste Land in Europa, das die Todesstrafe per Erlass abschaffte. Auch dies steht auf der Liste der Siegel, also kann das Erbe auch nicht greifbarer Natur sein.
Ich möchte auch klarstellen, dass es in der Tat unser Ziel ist, ein vereinfachtes Verfahren einzuführen – Qualität ist wichtig, aber auch eine Vereinfachung der Abläufe. Aus diesem Grund haben wir den Vorschlag des Rates nicht angenommen, dass die Initiative nach der Bewertung durch die Expertengruppe in ein Ausschussverfahren übergehen sollte, da dies einen zusätzlichen Verwaltungsaufwand und die Verschwendung wertvoller Zeit bis zur Annahme einer Entscheidung bedeuten würde.
Abschließend möchte ich erwähnen, dass wir in Zeiten einer Wirtschaftskrise, die die Völker Europas politisch, sozial und wirtschaftlich spaltet, Initiativen wie diese brauchen, die die Völker Europas näher zusammenbringen. Sie werden ein Gefühl der Identität spüren, und wir müssen die Bedeutung unseres gemeinsamen Kulturerbes hervorheben, dessen Reichtum in der Tat in seiner Vielfalt begründet liegt. Ein gemeinsames und gleichzeitig doch vielfältiges Kulturerbe ist das, was uns vereinen wird.
Ich möchte Ihnen nochmals für Ihre Unterstützung sowie insbesondere Frau Paliadeli und den Schattenberichterstattern für die hervorragende Zusammenarbeit danken, und ich freue mich auf die endgültige Verabschiedung dieser wichtigen Initiative in der nahen Zukunft.
Chrysoula Paliadeli, Berichterstatterin. – (EL) Herr Präsident! Ich möchte zunächst erwähnen, dass ich die sowohl zur Folgenabschätzung zum Europäischen Kulturerbe-Siegel als auch die zu seinem Mehrwert vorgebrachten Meinungen teile. Das Siegel allein kann die Lücke zwischen der Öffentlichkeit und der Europäischen Union nicht schließen. Es kann zusammen mit anderen Initiativen nur dabei helfen, das Problem zu bewältigen. Natürlich lässt sich die Tatsache nicht verbergen, dass in Zeiten einer Krise wie der Krise, der wir uns momentan gegenübersehen, die den Euro und die Europäische Union bedroht, die Öffentlichkeit nicht ausschließlich auf das Thema Kultur zur Lösung ihrer alltäglichen Probleme bedacht ist. Die Kenntnis der Geschichte und die Achtung des Multikulturalismus können jedoch beide als Instrument zur Förderung des Zusammenhalts sowie als Wachstumsanreiz für lokale Gemeinschaften fungieren, wenn man sich gemäß dem von uns angenommenen Vorschlag der Kommission im Hinblick auf eine Zusammenarbeit auf lokaler, regionaler, nationaler und transnationaler Ebene auf diese beiden Faktoren beruft. Von diesem Standpunkt aus gesehen, bedeutet die Idee eines Kulturerbe-Siegels für die Europäische Union – mein Dank gilt hierbei Herrn Ivan, der sich an den ursprünglichen Vorschlag erinnert hat –, das die europäische Öffentlichkeit für ihr gemeinsames Erbe sensibilisieren und gleichzeitig den Kulturtourismus fördern soll, einen positiven Schritt in diese Richtung. Werte wie Demokratie und Freiheit, die in der kulturellen Vergangenheit Europas verwurzelt sind, sind heutzutage ebenso wichtig wie Transparenz und Solidarität, insbesondere dann, wenn wir die Lücke zwischen den europäischen Institutionen und den Bürgerinnen und Bürgern der Mitgliedstaaten der Union sowie die Lücke zwischen den Bürgerinnen und Bürgern der Mitgliedstaaten schließen wollen. Natürlich müssen wir uns auch mit der Bürokratie befassen, aber ich kann Ihnen versichern, dass die Transparenz und die Zusammenstellung des europäischen Expertenteams überaus klaren Bedingungen unterliegen werden. Es gibt keinen Zweifel daran, dass diese Institution mit absoluter Klarheit arbeiten wird.
Der Präsident. – Die Aussprache ist geschlossen.
Die Stimmabgabe findet heute um 12.00 Uhr statt.
Schriftliche Erklärungen (Artikel 149)
Rareş-Lucian Niculescu (PPE), schriftlich. – (RO) Die Umwandlung der Initiative zum Europäischen Kulturerbe-Siegel in eine offizielle Maßnahme der EU wird allen von den Mitgliedstaaten durchgeführten Maßnahmen einen zusätzlichen Mehrwert verleihen und gleichzeitig einen wichtigen Beitrag zur Schaffung einer gemeinsamen europäischen Identität liefern. Ich begrüße diese Initiative und den vorgelegten Bericht. Ich möchte auch erwähnen, dass das Europäische Kulturerbe-Siegel sehr erfolgreich und mit positiven Auswirkungen auch auf Aktivitäten im Bereich des traditionellen Tourismus im ländlichen Raum, einer florierenden Branche in Europa, erweitert werden könnte. In der Tat ist dies einer der Vorschläge, den ich dem Ausschuss für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung im Rahmen der Präsentation der Stellungnahme zur Rolle des Kulturtourismus und des Agrartourismus im Hinblick auf die Verwirklichung des Ziele der EU, Europa zum wichtigsten Touristenziel der Welt zu machen, vorlegen werde.
Emil Stoyanov (PPE), schriftlich. – (BG) Ich möchte Frau Paliadeli zu ihrer Arbeit an diesem Bericht gratulieren. Die Einführung und Verleihung des Europäischen Kulturerbe-Siegels ist eine Initiative, die besondere Aufmerksamkeit verdient. Die europäische Dimension und die Bedeutung der vorgeschlagenen Stätten werden dabei helfen, die europäische Identität und den Sinn für eine europäische Bürgerschaft zu fördern. Die Geschichte unseres Kontinents ist ein wichtiges Element, das zur Integration der Völker Europas beitragen könnte. Unsere jüngere Generation muss sich unseres gemeinsamen europäischen Erbes genauestens bewusst sein, weil es überaus wichtig ist, dass es keine Abweichungen zwischen den unterschiedlichen Versionen oder Versuche einer populistischen Interpretation gibt, da dies unsere gemeinsame europäische Geschichte ist und unsere gesamte kulturelle und sprachliche Vielfalt widerspiegelt. Im Auswahlverfahren muss sichergestellt werden, dass nur Stätten von angemessener Qualität ausgewählt werden. Ich bin der Meinung, dass die Mitgliedstaaten ihre Vorschläge in enger Zusammenarbeit mit lokalen und regionalen Behörden einreichen sollten. Dies wird dabei helfen, die Stätten auf nationaler Ebene bekannter zu machen und die Lücke zwischen den europäischen Institutionen und den Bürgerinnen und Bürgern Europas zu schließen. Als Mitglied des Europäischen Parlaments, dem einzigen demokratisch gewählten Organ zur Vertretung der Bürgerinnen und Bürger, bin ich der Meinung, dass ihm bei dieser Initiative eine größere Rolle zukommen sollte.
Csanád Szegedi (NI), schriftlich. – (HU) Ich schließe mich vollumfänglich der Aussage des Berichts an, dass es eine große Lücke zwischen der EU und den Bürgerinnen und Bürgern der EU-Mitgliedstaaten gibt, da mehr als die Hälfte der Bürgerinnen und Bürger keine positive Meinung über die EU haben. Durch die Umbenennung des Europäischen Kulturerbe-Siegels in das Kulturerbe-Siegel der Europäischen Union sowie durch die damit einhergehenden Änderungen starten wir eine weitere hochtrabende, teure und überflüssige Kampagne zur Selbstbewerbung und Propaganda für die EU. Selbst unter Vernachlässigung kleinerer Details wie z. B. der Tatsache, dass ein Monument für den slowakischen Nationalisten und Separatisten Štefánik als beispielhaftes Artefakt für die Geschichte der Zusammenarbeit in der Europäischen Union eingestuft wird, wird auch diese neue Initiative die Menschen und die EU nicht näher zusammenbringen. Außerdem ist unklar, warum das Europäische Kulturerbe-Siegel auf Drittländer erweitert werden soll und welche Länder in dem Bericht diesbezüglich in Erwägung gezogen werden, wenn doch nicht beabsichtigt ist, die bereits vorhandene Liste der UNESCO-Weltkulturerbestätten zu kopieren.