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Ausführliche Sitzungsberichte
Donnerstag, 16. Dezember 2010 - Straßburg Ausgabe im ABl.

10.3. Eritreische Flüchtlinge, die in Sinai als Geiseln festgehalten werden
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Protokoll
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  Der Präsident. − Als nächster Punkt folgt die Aussprache über sechs Entschließungsanträge zum Thema Eritreische Flüchtlinge, die in Sinai als Geiseln festgehalten werden(1).

 
  
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  Marietje Schaake, Verfasserin. – Herr Präsident! Ungefähr 250 eritreische Flüchtlinge sollen in der Wüste Sinai festgehalten werden, und es liegen Berichte von unmenschlicher Behandlung und Vergewaltigungen vor, während diese Menschen darauf warten, dass ein Lösegeld für ihre Freilassung an Menschenschmuggler gezahlt wird.

Die jüngsten Ereignisse sind auf ein Netzwerk zurückzuführen, das Migranten aus den afrikanischen Ländern südlich der Sahara über Ägypten nach Israel schmuggelt und seit 2007 auf der Sinai-Halbinsel tätig ist. Die ägyptischen Behörden unternehmen begrüßenswerte Anstrengungen, um die vom UNHCR zur Verfügung gestellten Informationen zu überprüfen. Der Hohe Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen sollte die diplomatischen Verfahren mit den ägyptischen Behörden beschleunigen, um die Schleuserringe auszuschalten und Menschenschmuggel zu verhindern.

Gleichzeitig sollte Ägypten die Behandlung von Flüchtlingen nach internationalen Standards verbessern. Das bedeutet, dass während des gerechtfertigten Grenzschutzes keine exzessive oder sogar tödliche Gewalt gegen Zuwanderer oder Flüchtlinge eingesetzt werden sollte, und diesen Rat könnten wir uns in der EU auch selbst ab und zu geben.

 
  
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  David-Maria Sassoli, Verfasser. (IT) Herr Präsident! Die Situation ist sehr ernst. Wir denken, dass sich die Europäische Union und das Parlament mit dieser Frage – die auch von den europäischen Medien verfolgt wird – befassen sollten, und auch die Kommission sollte aufgefordert werden, sie zu überprüfen, da es sich hierbei um eine echte humanitäre Notsituation handelt.

In diesem Fall müssen die Mitgliedstaaten alles tun, um zu versuchen, diesen Flüchtlingen zu helfen, das Gebiet zu verlassen, und wir denken, dass sie von europäischen Staaten aufgenommen werden könnten. Wir fordern die Kommission auf, alles zu tun, um diese Maßnahme durchzuführen, einschließlich der Nutzung von Mitteln, die durch den Europäischen Flüchtlingsfonds zur Verfügung gestellt werden.

 
  
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  Charles Tannock, Verfasser. – Herr Präsident! Die ECR-Fraktion verurteilt die schreckliche Behandlung, die diese unschuldigen, überwiegend aus Eritrea kommenden Opfer erleiden müssen, die auf eine moderne Form der Sklaverei durch die Menschenschleuser hinausläuft. Wir begrüßen auch die Bemühungen seitens der ägyptischen Regierung, die Behauptungen zu untersuchen und die Freilassung der Flüchtlinge sicherzustellen, aber wir sollten uns auch darauf konzentrieren, wieso diese bedauernswerten Menschen überhaupt aus ihren Heimatländern fliehen.

Die Antwort lautet: weil das Regime des eritreischen Präsidenten Afewerki eines der repressivsten auf der ganzen Welt ist. Jeder, der eine Möglichkeit hat, aus dieser Diktatur zu fliehen, tut es, und einige können sich irgendwo anders ein besseres Leben aufbauen. Diejenigen, die Eritrea nicht verlassen können, werden entweder zu einem unbegrenzten Wehrdienst in der Armee verpflichtet, oder sie müssen am Rand einer Volkswirtschaft, die durch den jahrelangen sinnlosen Krieg gegen das Nachbarland Äthiopien, weit verbreitete Korruption und Misswirtschaft bankrott gegangen ist, ihren Lebensunterhalt zusammenkratzen. In Eritrea wurden noch nie landesweite Wahlen durchgeführt.

Jüngste Enthüllungen der Website WikiLeaks zeigen, dass US-Diplomaten Afewerki als grausamen und trotzigen Herrscher beschrieben haben. Ich habe keine Bedenken, dies öffentlich zu sagen. Wir sollten alles tun, um diesen schrecklichen afrikanischen Tyrannen abzusetzen, die gesamte EU-Hilfe für dieses Regime streichen und die Privilegien, die sein Land dank des Cotonou-Abkommens genießt, aufheben.

 
  
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  Cristian Dan Preda, Verfasser. (RO) Herr Präsident! Jedes Jahr versuchen Tausende von Menschen aufgrund der schwierigen Lage am Horn von Afrika die Grenze zwischen Ägypten und Israel zu überqueren. Viele dieser Menschen landen leider in den Händen beduinischer Menschenschmuggler. Wir sprechen hier über kriminelle Netzwerke, die überhaupt keine Rücksicht auf die Menschenwürde nehmen, da das Leben dieser Menschen zu einem Tauschobjekt wird. Nach Informationen von Aktivisten von NRO, die sich für den Schutz dieser Auswanderer einsetzen, wurden unglaubliche Summen von bis zu 8 000 USD für die Freilassung jeder einzelnen Person gefordert.

Zweifellos kann uns das Leiden dieser Menschen, die einer außergewöhnlich grausamen Behandlung ausgesetzt sind, nicht gleichgültig sein. Darüber hinaus möchte ich Sie auf die besonders gefährdete Situation von Frauen aufmerksam machen, die wiederholt vergewaltigt werden. Gleichzeitig bin ich der Ansicht, dass wir in diesem Fall eine konstruktive Haltung an den Tag legen sollten. Das bedeutet, dass wir die Bemühungen, die die ägyptischen Behörden zu ihrer Freilassung und insbesondere zur Unterstützung dieses Landes im Kampf gegen den Menschenschmuggel unternommen haben, anerkennen sollten. Daher bedarf es bei diesem äußerst komplexen Problem, das ein einzelner Staat nicht bewältigen kann, nicht nur scharfer Worte, sondern auch der Zusammenarbeit und konkreter Maßnahmen.

 
  
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  Rui Tavares, Verfasser. (PT) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Situation der eritreischen Flüchtlinge, die sich momentan in der Wüste Sinai befinden, ist sehr ernst, wie bereits mehrere Abgeordnete geschildert haben. Natürlich müssen wir mit den Menschenschmugglern, die diese Flüchtlinge momentan als Geiseln halten und extrem hohe Lösegelder für sie fordern, sehr streng umgehen. Gleichzeitig müssen wir aber auch die Opfer schützen, da wir uns nicht nur unnachgiebig gegenüber den Menschenschmugglern verhalten können und dann die Opfer vollkommen vergessen. Wir müssen auch die Gründe anerkennen, die dazu geführt haben, dass sie sich in der Wüste Sinai befinden: Ihre Migrationsroute führte ursprünglich durch Libyen, aber die Vereinbarungen zwischen Italien und Libyen und zwischen der EU und Libyen, die von der Kommission hier oft als gute Nachrichten dargestellt wurden, haben zur Folge, dass Menschen, die aus einem Gebiet kommen, das – zu Recht – als „riesiges Konzentrationslager“ und als „das Nordkorea von Afrika“ bezeichnet worden ist, nirgendwohin können.

Daher müssen Maßnahmen eingeleitet werden: nicht nur Maßnahmen in Ägypten, das eindeutig weitaus weniger tut, als es sollte, sondern auch in der Europäischen Union selbst. Zunächst fordere ich die Europäische Kommission auf, rasch eine Delegation nach Ägypten zu schicken, um herauszufinden, wie die Situation vor Ort aussieht. Es müssen auch in allen unseren Institutionen Maßnahmen ergriffen werden, weil es sich bei den Eritreern eindeutig um einen Fall für eine Neuansiedlung handelt, einer Politik, die wir parallel zum Europäischen Flüchtlingsfonds verfolgen. Diese Flüchtlinge können nicht nach Eritrea zurückkehren, und sie können nicht in einem Transit-Land bleiben: Die einzige Lösung ist eine Neuansiedlung. Meine Damen und Herren, wissen Sie, wieso das Neuansiedlungspaket nicht vorankommt? Es kommt nicht voran, weil, obwohl das Parlament bereits im Mai seinen Beitrag zum Mitentscheidungsverfahren über den Neuansiedlungsfall geleistet hat, der Rat sich aufgrund des berühmten Streits über delegierte Rechtsakte geweigert hat, seinen Beitrag zu leisten. Wenn das Neuansiedlungspaket verabschiedet worden wäre, dann hätten wir jetzt das Dringlichkeitsverfahren, das das Parlament in den Bericht eingefügt hat, den ich selber verfasst habe und der hier mit 500 Stimmen angenommen wurde: Die Europäische Kommission könnte ein Dringlichkeitsverfahren einleiten, um diese Flüchtlinge neu anzusiedeln. Da der Rat seinen Beitrag dazu, was man ein „Mit-Nichtentscheidungsverfahren“ nennen sollte, nicht geleistet hat, befinden sich diese Menschen in der Wüste Sinai, wer weiß für wie lange. Dieses Mit-Nichtentscheidungsverfahren hat Folgen für das wirkliche Leben von wirklichen Menschen und es ist an der Zeit, dass der Rat seine Pflichten wahrnimmt.

 
  
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  Barbara Lochbihler, Verfasserin. − Herr Präsident! Einem Telefonat zwischen einem eritreischen Priester in Italien und einer eritreischen Geisel ist es zu verdanken, dass wir überhaupt in der europäischen Öffentlichkeit davon erfahren haben, dass gewissenlose Menschenhändler die gestrandeten eritreischen Flüchtlinge nun zu erschießen drohen, wenn kein Lösegeld gezahlt wird. Die Schlepperbande zeigt keine Skrupel und hat bereits einige Menschen erschlagen oder erschossen.

Dieses brutale Verbrechen war Anlass, genauer hinzusehen, was an der Grenze zwischen Ägypten und Israel geschieht, in dem Gebiet, in dem zunehmend Flüchtlinge stranden, die versuchen, nach Europa oder nach Israel zu kommen und keine Papiere dafür haben. Auf ägyptischer Seite ist militärisches Sperrgebiet. Wer dort eindringt, muss sich vor Militärtribunalen verantworten. Nach Angaben von Human Rights Watch sind dort seit 2007 auch mindestens 85 unbewaffnete Flüchtlinge erschossen worden, als sie versuchten, die Grenze zu überqueren. Die israelische Regierung spricht von mehr als 1 000 Migranten, die monatlich versuchen, ohne Papiere ins Land zu kommen, und hat begonnen, die Grenze stärker abzusichern und zu überwachen. Zudem ist ein großes Abschiebelager in der Wüste Negev errichtet worden.

Wir appellieren an die jeweiligen Regierungen, eng mit dem UN-Flüchtlingswerk zu kooperieren und den Schutz und die Rechte der Flüchtlinge an ihren Grenzen zu garantieren. Wir sehen aber auch klar eine Verantwortung bei uns in Europa, sich um das Schicksal und die erlittenen Menschenrechtsverletzungen derjenigen Migranten zu kümmern, die an unseren Außengrenzen abgewiesen werden und die nicht in ihre Heimat zurück können, wie im Fall der eritreischen Flüchtlinge.

 
  
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  Filip Kaczmarek, im Namen der PPE-Fraktion. (PL) Herr Präsident! Die Situation der eritreischen Flüchtlinge in der Wüste Sinai ist tragisch. Sie suchen nach einem besseren Leben, aber sie treffen oft auf Tod, Folter und Unterdrückung. Sie werden ausgebeutet und betrogen. Die ägyptischen Behörden versuchen das Problem des Menschenschmuggels zu bekämpfen, aber ihre Maßnahmen sind nicht immer wirksam. Wir müssen den Flüchtlingen, den Geiseln und all jenen, die unsere Hilfe brauchen, helfen. Wir sollten die israelischen und ägyptischen Behörden in ihrem Kampf gegen den Menschenschmuggel unterstützen.

Es lohnt sich auch, über die Gründe hinter diesen gefährlichen Vorgängen nachzudenken. Ich bin der Ansicht, dass wir darauf hinarbeiten sollten, die Situation in Eritrea selbst und in anderen Ländern am Horn von Afrika zu verbessern, da die Verbesserung der Situation in afrikanischen Ländern den Migrationsdruck verringern könnte. Wir werden das Problem nicht lösen, indem wir soziale Missstände bekämpfen, die selbst durch Migration verursacht werden. Wir können nur die weniger wünschenswerten Auswirkungen und den Umfang, in dem die Entschlossenheit der Flüchtlinge ausgenutzt wird, einschränken. Ich möchte Sie bitten, den Entschließungsantrag der Fraktion der Europäischen Volkspartei (Christdemokraten) zu unterstützen. Wir sind überzeugt, dass unser Entschließungsantrag gegenüber dem gemeinsamen Entschließungsantrag zu diesem Thema eine Verbesserung darstellt.

 
  
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  Ana Gomes, im Namen der S&D-Fraktion. (PT) Herr Präsident! Ägypten verschließt nicht nur die Augen vor der entsetzlichen Behandlung und der Ausbeutung afrikanischer Flüchtlinge, die aus ihren Heimatländern, insbesondere aus Somalia und Eritrea, über die Sinai-Halbinsel nach Israel zu fliehen versuchen. Ägypten schiebt sie auch ab, obwohl sie ganz offensichtlich die Bedingungen erfüllen, um als Flüchtlinge und Asylsuchende anerkannt zu werden, da sie entweder aus einem Land kommen, das sich in einem schrecklichen Kampf mit dem Terrorismus befindet und in dem keine rechtsstaatliche Ordnung herrscht, oder aus einem anderen – Eritrea –, das eines der repressivsten und tyrannischsten Länder auf der ganzen Welt ist. Tatsächlich praktizieren die ägyptischen Behörden eine Shoot-to-kill-Strategie, und laut einem Bericht von Human Rights Watch sind seit 2007 bereits 85 Migranten auf der Sinai-Halbinsel gestorben.

Wir fordern die ägyptischen Behörden auf, ihren Verpflichtungen in Bezug auf Menschenrechte und Migranten und insbesondere in Bezug auf Flüchtlinge nachzukommen und mit dem Hochkommissariat der Vereinten Nationen für Flüchtlinge zusammenzuarbeiten. Wir fordern außerdem die europäischen Behörden auf, dasselbe zu tun und das, was Herr Tavares zu diesem Thema hinsichtlich einer möglichen Neuansiedlung gesagt hat, voll zu unterstützen.

 
  
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  Judith Sargentini, im Namen der Verts/ALE-Fraktion. (NL) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Seien wir ehrlich. Die Entschließungen in ihrer gegenwärtigen Form sind eine verwässerte Version davon, womit wir Anfang der Woche begonnen haben.

Lassen Sie uns noch einmal klar sagen: „Die Situation ist ernst.“ Wir heben außerdem die Tatsache hervor, dass eritreische Flüchtlinge in der Wüste Sinai als Geiseln gehalten werden. Dennoch sind wir nicht bereit, die Verbindungen zwischen Italien und Libyen und die Schließung der europäischen Grenzen vor Migranten zu diskutieren, als Ergebnis deren die politischen Flüchtlinge woandershin fliehen mussten. Sie müssen nun andere Routen wählen, die noch gefährlicher sind als die vorherigen.

Jeder, der Eritrea verlässt, wird automatisch zum politischen Flüchtling, weil es unmöglich ist, zurückzugehen, und wenn man es täte, würde man seine Familie in Gefahr bringen. Was mich schmerzt, ist, dass wir in diesem Parlament nicht bereit sind zu sagen: Wenn Europa sich so dringend vor Migranten schützen will, dann wird es Botschaften in Eritrea eröffnen müssen, damit die Menschen einfacher Asyl beantragen können. Es wurde uns nicht erlaubt, diesen Vorschlag in diese Entschließung aufzunehmen.

Wenn ich höre, wie die Fraktion der Europäischen Volkspartei (Christdemokraten) all die Dinge anspricht, die in Ägypten geschehen müssen, denke ich: Was müssen wir tun und wie können wir uns weigern, diese Menschen, die hier in Gefahr sind, aufzunehmen, ganz einfach, weil wir nicht bereit sind, die Verantwortung zu übernehmen? Wir schließen Menschen aus, und indem wir das tun, setzen wir ihr Leben aufs Spiel.

 
  
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  Jaroslav Paška, im Namen der EFD-Fraktion. (SK) Herr Präsident! Die Sinai-Grenze ist zu einer Route geworden, auf der Tausende von Eritreern, die aus ihrem Heimatland fliehen, versuchen, ein besseres Leben zu erreichen.

Auf ihrer illegalen Pilgerfahrt in die Freiheit sind sie jedoch von der Hilfe von Schleusern abhängig, die zu einem gewissen Preis bereit sind, den Flüchtlingen über die Sinai-Grenze zu helfen, auch wenn sie nicht über die notwendigen Papiere verfügen. In diesem gesetzwidrigen Handel haben die Flüchtlinge, die sich in den Händen von Schleuserbanden befinden, fast überhaupt keine Rechte und sind von den Wechselfällen des Schicksals und den Launen derjenigen abhängig, in deren Hände sie gegen Zahlung einer Gebühr ihr eigenes Schicksal gelegt haben.

Der Tod von sieben eritreischen Flüchtlingen, die an der ägyptisch-israelischen Grenze getötet wurden, offenbart uns etwas von der schlimmen Notlage, in der sich Flüchtlinge befinden, die auf der Suche nach Freiheit illegal reisen. Meine Damen und Herren! Daher ist es richtig, dass wir uns für eine Lösung dieses Problems einsetzen und zusammen mit den Regierungen der betroffenen Länder darauf hinarbeiten, eine zivilisierte Lösung für das Problem der eritreischen Flüchtlinge zu finden.

 
  
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  Monica Luisa Macovei (PPE). – Herr Präsident! Am 7. Dezember hat das UNHCR seine Sorge darüber zum Ausdruck gebracht, dass etwa 250 eritreische Flüchtlinge von beduinischen Schleusern in der Wüste Sinai festgehalten werden.

Es ist uns bewusst, dass diese Flüchtlinge gezwungen waren, für ihren Wunsch, unter besseren Bedingungen zu leben, eine bestimmte Geldsumme zu zahlen. Berichten zufolge werden die Flüchtlinge in Containern in der Wüste gefangen gehalten und oft geschlagen. Die Einstellung der eritreischen Regierung selbst ist besorgniserregend: Statt ihre Bürgerinnen und Bürger zu schützen, sieht sie sie als unerwünschte Dissidenten an.

Wir fordern von Ägypten und Israel ein schnelles und abgestimmtes Handeln, um Schleuser zu stoppen, dieses Netzwerk des organisierten Verbrechens aufzulösen und natürlich die Bemühungen, die jetzigen und die zukünftigen Flüchtlinge zu schützen, durch die Umsetzung von UNHCR-Bestimmungen und -Normen zu verstärken.

 
  
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  Elena Băsescu (PPE). (RO) Herr Präsident! Ich möchte schon zum Anfang meines Redebeitrags betonen, dass ich die von der Fraktion der Europäischen Volkspartei (Christdemokraten) vorgelegte Entschließung uneingeschränkt unterstütze. Trotz der Klarheit des Texts konnte mit den anderen Fraktionen keine Einigung über die Verabschiedung einer gemeinsamen Entschließung erzielt werden, was bedauerlich ist. Die Lage am Horn von Afrika ist besorgniserregend. Diese Region ist angesichts der großen Zahl von afrikanischen Migranten, die dieses Gebiet durchqueren, zu einem der wichtigsten Aktionszentren von Gruppen der organisierten Kriminalität geworden.

Die 250 Geiseln mussten eine unmenschliche und erniedrigende Behandlung erleiden und ihre Lage wird immer schlimmer. Darüber hinaus sind die Voraussetzungen für eine baldige Freilassung nicht gegeben, da die Familien der Geiseln das geforderte Lösegeld nicht zahlen können. Daher sollte das Europäische Parlament sich klar für ihre Freilassung aussprechen. Es müssen dringend Maßnahmen gegen kriminelle Organisationen ergriffen werden. Sie sollten zur Rechenschaft gezogen werden, und Folterlager sollten für immer geschlossen werden.

 
  
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  Csanád Szegedi (NI). (HU) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Natürlich verurteile ich die Art und Weise, wie die eritreischen Flüchtlinge behandelt werden, auf das Schärfste, und selbstverständlich befürworte ich, dass die Europäische Union Schritte unternehmen sollte, um die Situation dieser Flüchtlinge so schnell wie möglich zu klären. Die in diesem Bericht aufgezeigte Richtung führt jedoch in eine Sackgasse. Ich finde zwei Punkte sehr verwirrend. Dass wir einen Fonds eingerichtet haben, um diesen Flüchtlingen zu helfen, ist für mich insoweit vollkommen inakzeptabel, als es gegenwärtig Millionen von Bürgerinnen und Bürgern in der EU gibt, die in existenzieller Ungewissheit und extremer Armut leben. Über drei Millionen Menschen in Ungarn leben unter der Armutsgrenze, die meisten Rentner können ihre Medikamente nicht bezahlen, und dieser Trend nimmt in der Tat in ganz Europa zu. Daher sollten wir uns zuerst darum bemühen, Menschen in Europa zu helfen, während wir gleichzeitig natürlich auch unser Mitgefühl mit den Flüchtlingen zum Ausdruck bringen. Das andere Problem ist, dass Mitgliedstaaten die Flüchtlinge freiwillig aufnehmen sollen. Wann werden Sie einsehen, dass die Europäische Union schon genug Migranten aufgenommen hat? Die EU sollte als Vermittler zwischen Eritrea und den eritreischen Flüchtlingen agieren, damit sie sicher in ihr Heimatland zurückkehren können.

 
  
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  Corina Creţu (S&D). (RO) Herr Präsident! Die große Mehrheit der eritreischen Bürgerinnen und Bürger, die sich jetzt in der Wüste Sinai befinden, sind vor einem unterdrückerischen Regime geflohen und sollten daher als Flüchtlinge gemäß den UN-Vorgaben anerkannt werden. Aus diesem Grund denke ich, dass wir darauf bestehen müssen, dass Ägypten seinen internationalen Verpflichtungen nachkommen muss, ihnen Hilfe zu gewähren. Die wichtigste Angelegenheit ist jedoch meiner Ansicht nach die unmenschliche Behandlung, der diese Migranten ausgesetzt sind, die als Geiseln in der Wüste unter Erwartung einer Lösegeldzahlung festgehalten werden. Insbesondere die von Dutzenden von Frauen beklagten Vergewaltigungen sind abscheulich und sollten die internationale Gemeinschaft mobilisieren.

Auch der Menschenschmuggel in Afrika hat besorgniserregende Ausmaße erreicht. Dutzende von Migranten wurden in den letzten Jahren beim Versuch, die Grenze nach Israel illegal zu überqueren, von ägyptischen Sicherheitsdiensten getötet. Ich bin der Ansicht, dass der Menschenschmuggel auf diesem Gebiet mit anderen Methoden bekämpft werden sollte, und ich denke, dass ein Eingreifen seitens des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen (UNHCR) erforderlich ist, um die dringend notwendige Hilfe für diese Menschen zu gewährleisten.

 
  
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  Zbigniew Ziobro (ECR). (PL) Herr Präsident! Die eritreischen Flüchtlinge sind in einer tragischen Situation. Wenn wir über diese Tragödie nachdenken, sollten wir jedoch auch die Gründe für diese Lage berücksichtigen. Tatsache ist, dass in Eritrea die grundlegenden Menschenrechte in großem Umfang verletzt werden. Politische Gegner, Christen und auch Tausende von einfachen Menschen fallen in großer Zahl Verfolgungen zum Opfer. Das ist der wahre Grund hinter dem tragischen Problem, über das wir heute sprechen, und aus diesem Grund müssen wir alles tun, um die Politik der EU gegenüber den eritreischen Behörden zu ändern, umso mehr, wenn wir uns daran erinnern, dass das momentane Staatsoberhaupt Eritreas 2007 in Brüssel von der Europäischen Kommission herzlich empfangen wurde, obwohl er für so ein schreckliches Leid so vieler Menschen verantwortlich ist, wodurch sie gezwungen werden, zu fliehen, wodurch es zu noch mehr Tragödien kommt. Aus diesem Grund ist es an der Zeit für eine pragmatische und bestimmte Politik gegenüber diesem Tyrannen.

 
  
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  Andris Piebalgs, Mitglied der Kommission. – Herr Präsident! Die Kommission teilt die Besorgnis des Europäischen Parlaments. In den uns vorliegenden Berichten ist die Rede von mehreren Hunderten Flüchtlingen aus Eritrea, Äthiopien, Sudan und Somalia, die anscheinend in der Wüste Sinai von Schleusern als Geiseln gehalten werden, die ein hohes Lösegeld für ihre Freilassung fordern.

Seitdem wir zum ersten Mal davon erfahren haben, haben wir den Fall verfolgt, haben den Sachverhalt geklärt, die Situation bewertet und angemessene Maßnahmen ergriffen. Die Delegation der Europäischen Union in Kairo hat enge Kontakte zu lokalen Organisationen der Zivilgesellschaft und arbeitet mit der lokalen Vertretung des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen in Kairo zusammen.

Sie verfolgen den Fall ganz genau. In Abstimmung mit den Botschaften der Mitgliedstaaten der EU hat man sich an das ägyptische Außenministerium gewandt. Die EU hat ihre Besorgnis zum Ausdruck gebracht sowie unsere feste Überzeugung, dass die ägyptischen Behörden die angemessenen Maßnahmen einleiten sollten, um diese Menschen zu befreien und ihnen den angemessenen Schutz zu gewähren. Es liegen Berichte über laufende Ermittlungen vor, um diese Gruppe von Flüchtlingen zu finden, und wir hoffen, dass die Dinge sich in den nächsten Tagen klären werden.

Dieser Fall ist nicht der einzige Anlass für unsere Sorge. Migranten und Flüchtlinge sind in Ägypten immer noch nicht ausreichend geschützt. Die schwerwiegendsten Fälle werden von der Sinai-Halbinsel gemeldet. Viele Migranten, die die Grenze nach Israel über die Sinai-Halbinsel überqueren wollen, fallen Misshandlungen zum Opfer. Wir haben dieses Problem unseren ägyptischen Gesprächspartnern gegenüber im Rahmen der regelmäßigen Unterausschusstagungen, bei denen entweder Migrationsfragen oder politische Themen, einschließlich Menschenrechte, erörtert wurden, mehrmals angesprochen.

Die letzte Gelegenheit, zu der dieser Punkt angesprochen worden ist, war die Sitzung des Assoziationsrats EU-Ägypten am 14. Dezember in Kairo. Die EU hat die ägyptischen Behörden regelmäßig aufgefordert, die Qualität der Hilfe und des Schutzes, die Asylbewerbern und Flüchtlingen gewährt werden, zu verbessern, und sie hat zu diesem Zweck ihre finanzielle und technische Unterstützung angeboten. Die EU hat außerdem die ägyptischen Behörden aufgefordert, sicherzustellen, dass der Grundsatz der Nichtzurückweisung in Bezug auf alle Migranten, die internationale Hilfe benötigen, einschließlich der Eritreer, eingehalten wird.

Die EU hat gefordert, dass dem UNHCR die volle Berechtigung zur Umsetzung seines Mandats auf dem gesamten ägyptischen Hoheitsgebiet, einschließlich auf der Sinai-Halbinsel, erteilt wird. Es hat einige positive Entwicklungen gegeben, die hervorgehoben werden sollten. Im Frühjahr hat Ägypten neue Rechtsvorschriften verabschiedet, die Menschenschmuggel unter Strafe stellen und die Opfer schützen.

Eine weitere begrüßenswerte Entwicklung war die Verabschiedung eines Transplantationsgesetzes, das den Organhandel unter Strafe stellt. Wir hoffen, dass die ägyptischen Behörden jetzt wirksame Maßnahmen einleiten werden, um eine effiziente Umsetzung dieses rechtlichen Rahmens sicherzustellen, und wir haben auf diesem Gebiet unsere Mitwirkung angeboten.

Wir werden die Arbeit des UNHCR und die Organisationen der Zivilgesellschaft weiterhin unterstützen, um für bessere Lebensbedingungen sowie einen angemessenen rechtlichen Schutz für Migranten und Flüchtlinge, die in dem Land leben, zu sorgen. Wir werden den Fall der Flüchtlinge, die in der Wüste Sinai als Geiseln gehalten werden, genau verfolgen, und wir werden unsere Kontakte mit den ägyptischen Behörden in dieser Hinsicht pflegen.

Ich hoffe wirklich auf eine schnelle Lösung dieses Falles und ich bedauere den uns zum jetzigen Zeitpunkt bekannten Verlust von acht Menschenleben.

 
  
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  Rui Tavares (GUE/NGL). – Herr Präsident! Der Herr Kommissar hat seine gut vorbereitete Antwort abgelesen, als ob niemand der Kommission konkrete Fragen gestellt hätte.

 
  
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  Der Präsident. – Sie haben darum gebeten, sich in Bezug auf die Geschäftsordnung zu äußern. Sie sollten sich dazu äußern und zu keinem anderen Thema.

 
  
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  Rui Tavares (GUE/NGL). – Herr Präsident! Natürlich ist das eine Bemerkung zur Geschäftsordnung. Wir haben die Kommission konkret gebeten, anzugeben, ob sie eine Delegation nach Ägypten schicken wird, die sich die Situation vor Ort ansehen soll. Die Kommission könnte zumindest den Abschluss der Neuansiedlung fordern. Das Mitentscheidungsverfahren wird Ihnen die Befugnis verleihen...

(Der Präsident unterbricht den Redner)

 
  
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  Der Präsident. - Herr Kollege, leider ist das keine Geschäftsordnungsfrage. Sie können natürlich die Kommission fragen, und es obliegt der Kommission, ob sie eine Antwort geben will. Das entzieht sich ansonsten der Geschäftsordnung.

Die Aussprache ist damit geschlossen.

Die Abstimmung findet im Anschluss an die Aussprache statt.

 
  

(1) Siehe Protokoll

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