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Verfahren : 2010/2138(INI)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadien in Bezug auf das Dokument :

Eingereichte Texte :

A7-0029/2011

Aussprachen :

PV 08/03/2011 - 7
CRE 08/03/2011 - 7

Abstimmungen :

PV 08/03/2011 - 9.11
CRE 08/03/2011 - 9.11
Erklärungen zur Abstimmung
Erklärungen zur Abstimmung
Erklärungen zur Abstimmung

Angenommene Texte :

P7_TA(2011)0085

Ausführliche Sitzungsberichte
Dienstag, 8. März 2011 - Straßburg Ausgabe im ABl.

7. Frauenarmut - Gleichstellung von Frauen und Männern — 2010 (Aussprache)
Video der Beiträge
Protokoll
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  Die Präsidentin. – Nach der Tagesordnung folgt als nächster Punkt das Thema des Tages, nämlich die Aussprache über die folgenden Berichte über Frauen in der Europäischen Union:

- den Bericht von Frau Mariya Nedelcheva im Namen des Ausschusses für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter über die Gleichstellung von Frauen und Männern in der Europäischen Union – 2010 (2010/2138(INI)) (Α7-0029/2011) und

- den Bericht von Frau Rovana Plumb im Namen des Ausschusses für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter über Frauenarmut in der Europäischen Union (2010/2162(INI)) (A7-0031/2011).

 
  
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  Mariya Nedelcheva, Berichterstatterin.(FR) Frau Präsidentin, Frau Reding, meine Damen und Herren! Ich wurde im Jahr 1979 geboren, als die Bürgerinnen und Bürger Europas zum ersten Mal ihre Vertreter direkt wählten. Ich bin stolz darauf, dass im selben Jahr erstmals eine Frau – Simone Veil, eine mutige Verfechterin der Frauenrechte – den Vorsitz des Europäischen Parlaments übernahm.

Heute gehöre ich zu den 35 % Frauen hier in diesem Plenarsaal. Dieser Anteil war noch nie so hoch im Europäischen Parlament. Nun, wem haben wir das zu verdanken? Wir verdanken das all den Frauen, die die Intelligenz, die Stärke und den Mut aufbrachten, sich zusammenzuschließen und ihr Wahlrecht sowie ihr Recht auf Arbeit und Bildung einzufordern. Wir verdanken das den Frauen, die sich einfach nur für die Achtung ihrer Würde und ihrer Rechte einsetzen wollten. Wir führen nun seit 100 Jahren einen Kampf gegen ungerechte und unbegründete Diskriminierung. Es wurden freilich beträchtliche Fortschritte gemacht, aber der Kampf gegen die Ungleichbehandlung der Geschlechter muss jeden Tag aufs Neue geführt werden, und es liegt noch ein weiter Weg vor uns.

Die Europäische Union war stets Vorreiterin, wenn es um die Gleichstellung der Geschlechter ging. Ich denke, dieses unser Haus muss dafür sorgen, dass die Union ihre Führungsrolle in dieser Entwicklung behält, auch dann, wenn es um die sensibelsten Themen geht.

Die gegenwärtige Wirtschaftskrise hat uns unsere eigenen Widersprüche vor Augen geführt. Wie in meinem Bericht betont wird, bekamen Frauen die Auswirkungen der Krise stärker und über einen längeren Zeitraum zu spüren, als dies bei den Männern der Fall war. Ich habe jedoch ebenfalls hervorgehoben, dass wir aufhören müssen, uns selbst zu bemitleiden, dass wir in die Gänge kommen und Antworten liefern müssen! Wir sollten diese Gelegenheit nutzen, unsere Denkmuster zu ändern und vorwärtszukommen.

Es kommt nun entscheidend darauf an, die Rolle der Schulen bei der Bekämpfung von Geschlechterstereotypen hervorzuheben. Indem wir weiterreichende Möglichkeiten für Bildung, Berufsausbildung und Beschäftigung bieten, können wir den Zugang der Frauen zu höheren verantwortungsvollen Positionen verbessern. Außerdem ist es an der Zeit, das anhaltende Lohngefälle zwischen Männern und Frauen zu eliminieren, und ich denke auch, dass wir einen Gang zulegen müssen, wenn wir uns die Zusammensetzung von Verwaltungsräten von großen börsennotierten Unternehmen ansehen. Gerade einmal 3 % der Mitglieder der Verwaltungsräte von börsennotierten Unternehmen sind Frauen. Das ist nicht akzeptabel. Wir müssen Gas geben! Was, wenn die großen Unternehmen trotz all unserer Bemühungen weiterhin auf die Bremse drücken? Nun, dann werden wir leider das Schreckgespenst der Quoten und verbindlichen Zielvorgaben heraufbeschwören müssen. Ich spreche nur ungern von Quoten, denn im Grunde befürworte ich sie nicht. Aber wenn das Zuckerbrot nicht hilft, nun, dann wäre die Peitsche die einzige Alternative. Es ist nicht zu leugnen: Die Beteiligung der Frauen am Arbeitsmarkt kann nur positiv zum wirtschaftlichen Wachstum beitragen.

Der aktuelle europäische Plan für den Wiederaufschwung hat größere Aussichten auf Erfolg, wenn die Gleichstellung der Geschlechter darin eine zentrale Stellung einnimmt. Es müssen konkrete Vorschläge für eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben gemacht werden, um zu zeigen, dass unsere Ziele nicht nur Träume sind, denn genau das wird von uns erwartet. Alldem liegen Werte und Ideale zugrunde, aber wir müssen bei unserer Arbeit auch pragmatisch und wirksam vorgehen.

Zum Schluss, Frau Präsidentin, möchte ich noch einen letzten Punkt ansprechen. Ich habe mit Freuden vernommen, dass die Europäische Kommission im Frühjahr einen Vorschlag zur Bekämpfung der Gewalt gegen Frauen vorzulegen beabsichtigt. Die Geißel der Gewalt gegen Frauen in all ihren Ausprägungen muss mit allen Mitteln bekämpft werden. Ich danke Ihnen, Frau Kommissarin, dass Sie auf diesem Gebiet so proaktiv sind.

Frau Präsidentin, ich bin keine Pessimistin, darum möchte ich, wenn Sie gestatten, mit einer positiven Bemerkung schließen. Ich denke, dass wir an diesem Tag, dem 100. Jubiläum des Internationalen Frauentags, dem Mut, der Stärke und der Entschlossenheit, die Frauen in Tunesien, Libyen, Iran, Ägypten und unzählige andere Frauen bei ihrem Kampf zur Verteidigung der Menschenrechte an den Tag gelegt haben, unsere Anerkennung zollen sollten.

Der Wind der Freiheit, der durch Nordafrika weht, sollte die letzten Überreste von Autoritarismus, Armut und sozialer Ausgrenzung hinwegfegen, sodass sich Frauen in diesen Ländern sozial, politisch und wirtschaftlich emanzipieren können und gleichzeitig ihre Kultur und Traditionen gewahrt bleiben. Es ist auch unsere Aufgabe im Europäischen Parlament, diese Frauen zu würdigen, sie zu ermutigen und in ihrem verzweifelten Kampf für Demokratie und Menschenrechte zu unterstützen. Den Begriff Menschenrechte benutze ich wohlgemerkt in seinem vollen Wortsinn!

 
  
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  Rovana Plumb, Berichterstatterin. – Frau Präsidentin! Lassen Sie mich zunächst allen Frauen an diesem wichtigen Datum, dem 8. März, dem 100. Jahrestag des Internationales Frauentages, meinen Glückwunsch aussprechen – 100 Jahre Kampf für die Rechte der Frauen.

Ich möchte all meinen Kolleginnen und Kollegen, den Schattenberichterstattern und allen Mitarbeitern des Sekretariats für ihren Beitrag zu diesem Bericht meinen Dank aussprechen.

Mein Bericht befasst sich mit einem allgemeinen und – mit Blick auf dessen Auswirkungen – gleichzeitig überaus konkreten Problem: Frauenarmut. 85 Millionen Europäer leben unter der Armutsgrenze, und 17 % aller Frauen in der EU werden als in Armut lebend eingestuft. Das sind die Fakten. Die Wirtschafts-, Finanz- und Sozialkrise betrifft uns alle, aber sie wirkt sich besonders negativ auf Frauen auf dem Arbeitsmarkt und in ihrem Privatleben aus, da es mehr Möglichkeiten gibt, dass sie prekäre Arbeiten verrichten, stärker von Entlassung bedroht sind und weniger von den Sozialversicherungssystemen geschützt werden.

Das ist die derzeitige Situation. Was können wir tun? Die Frauen erwarten von uns konkrete Vorschläge, konkrete Maßnahmen. Heute ist der 8. März, und ich versuche, meinen Bericht in acht Punkten zusammenzufassen.

Zuallererst rufen wir die Mitgliedstaaten auf, die geschlechtsspezifische Dimension in ihren Konjunkturprogrammen zu berücksichtigen, indem sie die Frauenerwerbstätigkeit fördern und spezifische Maßnahmen ergreifen sowie ihren Haushalt anpassen, um den gleichberechtigten Zugang zu den Ausgaben des staatlichen Sektors zu gewährleisten, sowohl um die Produktivität zu steigern als auch um den sozialen und ökologischen Bedürfnissen der Frauen Rechnung zu tragen.

Zweitens fordern wir die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um die Ungleichheiten zwischen den Geschlechtern in der Beschäftigung als Teil der EU 2020-Strategie zu beseitigen. Ich befürworte nachdrücklich, dass die Verringerung des geschlechtsspezifischen Lohngefälles um 1 % pro Jahr als ein Ziel festgelegt wird, um eine Verringerung um 10 % als Zielvorgabe bis 2020 zu erreichen. Ich setze mich ferner für notwendige positive Maßnahmen ein, um die Teilnahme von Frauen an politischen, wirtschaftlichen und unternehmerischen Entscheidungsorganen zu erhöhen.

Der dritte Punkt bezieht sich auf die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben. Ich fordere den Rat und die Mitgliedstaaten auf, ihre Verpflichtungen für die Barcelona-Ziele, zugängliche, erschwingliche und hochwertige Kinderbetreuungseinrichtungen zur Verfügung zu stellen, und neue Zielvorgaben für die Betreuung pflegebedürftiger Menschen zu erneuern und einzuhalten.

Viertens fordern wir die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, gesundheitspolitische Maßnahmen vorzugeben, die auf die Bekämpfung und die Verhütung von die Gesundheit von Frauen gefährdenden Praktiken, die auch ein Grund für soziale Ausgrenzung und Armut sind, ausgerichtet sind.

Fünftens fordern wir die Mitgliedstaaten auf, die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um Frauen im Bildungswesen bessere Möglichkeiten anzubieten und gleichzeitig Stereotype zu bekämpfen sowie traditionelle Rollenmodelle aus den Lehrplänen zu entfernen.

Sechstens besteht ein direkter Zusammenhang zwischen den sozialen Verhältnissen von Familien und der Entwicklung von Kindern. Daher fordern wir die Kommission und den Rat auf, eine Strategie zur Halbierung der Kinderarmut bis 2012 auszuarbeiten und umzusetzen.

Siebtens dürfen wir unsere Augen nicht vor der Gewalt gegen Frauen verschließen. Sie hat zunehmende Auswirkungen auf das Risiko der Marginalisierung, Armut und sozialen Ausgrenzung. Ich fordere die Kommission auf, ein Europäisches Jahr zur Bekämpfung der Gewalt gegen Frauen auszurufen.

Achtens möchten wir betonen, wie wichtig die Strukturfonds sind, insbesondere der Europäische Sozialfonds, als ein zentrales Instrument, um die Mitgliedstaaten bei der Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung zu unterstützen. Ich denke, dass wir es schaffen können. Wir haben die Macht. Wir haben die Stärke und das Erkenntnisvermögen, um dieses wichtige Problem auf europäischer Ebene und in allen Mitgliedstaaten zu bewältigen.

 
  
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  Viviane Reding, Vizepräsidentin der Kommission. – Frau Präsidentin! E s freut mich, dass am 100. Jahrestag des Internationalen Frauentages eine Frau den Vorsitz dieses Hauses hat. Ich denke, das hat große Symbolkraft, und symbolisch ist auch die Tatsache, dass wir an diesem Tag – dank der Berichterstatterin, Frau Mariya Nedelcheva – diese äußerst wichtigen Themen im Rahmen einer Tagesordnung diskutieren können, die die Arbeit der Kommission im Hinblick auf die Gleichstellung der Geschlechter stark unterstützt und sich auf Punkte konzentriert, die für die Kommission wichtig waren und auch weiterhin wichtig sein werden.

Seit 100 Jahren wird gekämpft, und es ist immer noch kein Ende in Sicht. Ich bedauere das, denn ich hoffe stets, dass wir, wenn Sie so wollen, die jährliche Würdigung des Kampfes der Frauen abschaffen können; aber solange wir unser Ziel nicht erreicht haben, können wir das nicht tun, und wir haben unser Ziel noch nicht erreicht. Der Bericht des Parlaments zeigt sehr deutlich, wo die Lücken sind. Es gibt Lücken im Bereich der Armut: Wir haben dazu auch den zweiten Bericht gehört. Frauen sind am stärksten von Armut betroffen; es besteht also keine Lücke in dem Sinne, aber was tun wir – und diese Frage wird mein Kollege Lászlo Andor beantworten –, um die Frauen aus der Armutsfalle zu befreien?

Der zweite Punkt betrifft Frauen in der Arbeitswelt. Es bestehen immer noch Probleme in Bezug auf die Vereinbarkeit von Familien- und Berufsleben. Da gibt es das Problem des Lohngefälles: Frauen verdienen im Durchschnitt noch immer 17 % weniger als Männer. Und sie haben vielleicht mitbekommen, dass wir am 5. März den „European Gender Pay Gap Day“, den europäischen Tag des geschlechtsspezifischen Lohngefälles, hatten: Wir haben berechnet, wie viel mehr Frauen im Vergleich zu Männern arbeiten müssen, um auf dasselbe Lohnniveau zu gelangen. Faktisch sind wir bis zum 5. März eigentlich gar nicht bezahlt worden; wir mussten bis dahin ohne Bezahlung arbeiten. Erst ab dem 5. März wurden wir entlohnt. Ich hoffe, dass der „Gender Pay Gap Day“ eines Tages auf den 1. Januar fallen wird, was bedeuten würde, dass die Bezahlung dann gleich wäre.

Die politische Verpflichtung der Europäischen Kommission ist Teil unserer neuen Strategie. Unsere Strategie zur Gleichstellung der Geschlechter umfasst dieselben Themen, die die Berichterstatterin angesprochen hat: wirtschaftliche Unabhängigkeit für Frauen, das geschlechtsspezifische Lohngefälle, Gewalt gegen Frauen und die Förderung der Gleichstellung der Geschlechter in der Außenpolitik.

Um mit der Außenpolitik zu beginnen: Sie haben vielleicht Cathy Ashton und mich gesehen, wie wir am 8. März zu Frauen außerhalb Europas gesprochen und den Mut all jener Frauen gewürdigt haben, die um ihr Überleben und für die Herstellung von Demokratie kämpfen. Wir müssen deutlich machen, dass wir an ihrer Seite stehen. Bei all diesen Aufständen, bei all diesen Kriegen und bei all diesen Völkermorden, die bedauerlicherweise nicht abreißen, stehen Frauen, wie Sie wissen, in vorderster Linie. Frauen und Kinder sind die schwächsten Glieder in unserer Gesellschaft, aber auch in den Gesellschaften außerhalb Europas; daher arbeitet die Kommission daran, ihre verschiedenen politischen Initiativen bezüglich der Gewalt gegen Frauen zu bündeln und Synergien zu schaffen zwischen Bereichen, in denen ähnliche Ziele verfolgt werden.

Die aktuelle Lage bei der Entwicklung kohärenter politischer Maßnahmen gegen dieses enorme Problem sieht nun so aus: Mein Anknüpfungspunkt sind konkrete Maßnahmen in Bereichen, in denen klare Rechtsgrundlagen bestehen, der Effizienz wegen. So werde ich im Mai dieses Jahres ein Maßnahmenpaket zur Stärkung der Rechte von Opfern vorlegen, in dem natürlich Rechtsvorschriften zur Unterstützung von Frauen und Kindern ganz weit oben rangieren werden.

Vielleicht sollte ich zum Abschluss ein Thema ansprechen, das in den letzten Tagen weit oben auf unserer Tagesordnung stand. Wie Sie wissen, habe ich am 1. März die Spitzen von großen europäischen börsennotierten Unternehmen an einen Tisch gebracht, um ihnen klarzumachen, dass wir nicht länger akzeptieren, dass in den Vorstandsetagen ein Männeranteil von 90 % besteht – denn genau so sieht es im Moment aus. Auf neun Männer in Verwaltungsräten kommt nur eine Frau, was de facto einem Männeranteil von 90 % entspricht. Hier muss unserer Meinung nach gehandelt werden, besonders auch, da alle ökonomischen Erkenntnisse und wissenschaftliche Erkenntnisse über wirtschaftliche Abläufe deutlich belegen, dass Unternehmen mit ausgewogenen Entscheidungsstrukturen höhere Kapitalrenditen erzielen und höhere Gewinne verzeichnen als Unternehmen, in denen ausschließlich Männer die Entscheidungen treffen.

Frauen sind also gut fürs Geschäft; es liegt im Interesse der wirtschaftlichen Entwicklung, dass Frauen mehr Verantwortung übernehmen. Konkret habe ich also die Spitzen von börsennotierten Unternehmen in Europa aufgefordert, ein Dokument mit dem Titel „Mehr Frauen in Vorstandsetagen – Selbstverpflichtung für Europa“ bis März 2012 zu unterzeichnen, in dem sie sich verpflichten, scheidende Männer in Führungspositionen durch qualifizierte Frauen zu ersetzen – und davon gibt es so viele, dass es nicht schwierig sein sollte, diese Frauen zu finden. Wir werden beobachten, kontrollieren, analysieren und quantitativ festhalten, was sich zwischen heute und dem 8. März nächsten Jahres tut; und falls sich nichts ändert, bin ich bereit, Maßnahmen auf EU-Ebene zu ergreifen, um ein ausgewogenes Geschlechterverhältnis in den Führungsetagen der Unternehmen herzustellen.

(Beifall)

 
  
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  Die Präsidentin. – Ich danke Ihnen, Frau Vizepräsidentin, Ihre Worte haben hohe Symbol- und Aussagekraft. Um der Ausgewogenheit willen erteile ich nun Kommissar Andor das Wort.

 
  
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  László Andor, Mitglied der Kommission. – Frau Präsidentin! Dies ist in der Tat ein besonderes Jubiläum, und die Teilnahme an dieser Diskussion stellt eine große Verantwortung dar.

Zuallererst möchte ich den Berichterstatterinnen des Ausschusses für die Rechte der Frau und der Gleichstellung der Geschlechter und des Ausschusses für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten jeweils für ihren Bericht danken. Dieser Bericht kommt genau zum richtigen Zeitpunkt, denn das Problem, mit dem er sich befasst, befindet sich schon eine ganze Weile auf unserer Agenda, aber es wurde noch dringlicher aufgrund der Auswirkungen der Finanz- und Wirtschaftskrise auf die gefährdeten Gruppen der Gesellschaft.

Lassen Sie mich auf einige wesentliche Elemente meiner Beschäftigungs- und Sozialpolitik eingehen, von denen ich glaube, dass sie die Beschäftigungsmöglichkeiten und Arbeitsbedingungen von Frauen verbessern werden. Es gibt in der Tat einige dringende Maßnahmen, die die Mitgliedstaaten auf diesen Gebieten ergreifen müssen. Sie müssen beispielsweise die Arbeitsmarktsegmentierung verringern, indem sie in Bezug auf die Arbeitsschutzvorschriften Ausgewogenheit zwischen Arbeitnehmern mit unbefristeten Arbeitsverträgen und solche mit befristeten, unsicheren Verträgen herstellen – von Letzteren sind nur allzu oft Frauen betroffen.-

Darüber hinaus müssen sie ein besseres Gleichgewicht zwischen Arbeit und Privat- oder Familienleben schaffen sowie andere Faktoren beseitigen, die Zweitverdiener – wiederum vor allem Frauen – von der Erwerbsbeteiligung abhalten.

Die Beschäftigungsquote in der EU muss erhöht werden, wobei die zentrale Herausforderung hier die Erwerbsbeteiligung aller Arbeitnehmer ist, sowohl männlicher als auch weiblicher. Ich denke, der Europäische Sozialfonds muss künftig verbessert und konsequenter eingesetzt werden, um die nachfrageorientierte Politik dabei zu unterstützen, neue Möglichkeiten für Frauen zu eröffnen, besonders für diejenigen, die nach einer Schwangerschaft wieder auf den Arbeitsmarkt zurückkehren.

Die Tatsache, dass heute mehr als 80 Millionen Menschen in der Europäischen Union armutsgefährdet sind, gibt der Kommission Anlass zu großer Sorge. Die Hauptverantwortung beim Kampf gegen die Armut liegt bei den Mitgliedstaaten, aber die Union spielt hier auch eine Rolle. Dieser Meinung sind laut Eurobarometer-Umfragen rund drei Viertel, nämlich 74 %, unserer europäischen Mitbürgerinnen und Mitbürger.

Die Leitinitiative „Europäische Plattform gegen Armut und soziale Ausgrenzung“ beinhaltet Vorschläge für praktische Maßnahmen, um das Ziel der zahlenmäßigen Verringerung der Armut zu erreichen. Im Zentrum dieser Plattform steht eine Maßnahme, die weiterhin große Bedeutung hat, nämlich die aktive Einbeziehung der arbeitsmarktfernsten Menschen. Wie ich bereits erwähnte, machen Frauen einen großen Anteil dieser Gruppe aus. Die Kommission wird 2012 eine Mitteilung veröffentlichen, in der sie die Umsetzung der Strategien zur aktiven Einbeziehung auf nationaler Ebene ausführlich bewerten wird.

Ich habe erwähnt, dass wir heute in der Europäischen Union mehr als 80 Millionen armutsgefährdete Menschen haben. Noch beunruhigender ist, dass über 20 Millionen von ihnen Kinder sind und dass sich deren Zahl im Laufe der Zeit nicht verringert hat. Diesen Kindern aus der Armut zu helfen, bedeutet auch, deren Eltern aus der Armut zu helfen, insbesondere den Alleinerziehenden, die größtenteils Frauen sind. Daher benötigen wir einen mehrdimensionalen Ansatz, der Beschäftigungsstrategien umfasst, um Eltern bei der Suche nach einem Arbeitsplatz zu unterstützen, die Gestaltung der Abgaben- und Sozialleistungssysteme, die Bereitstellung von grundlegenden Dienstleistungen wie Unterkunft, hochwertige Kinderbetreuung und Bildung sowie den Schutz der Rechte der Kinder. Wie im Rahmen der Plattform vorgesehen, beabsichtigt die Kommission 2012 eine Empfehlung zum Thema Kinderarmut zu veröffentlichen. Sie wird eine Übersicht über gemeinsame Grundsätze und effektive Überwachungsinstrumente enthalten, um Armut in frühen Lebensjahren zu bekämpfen und zu verhindern.

Außerdem ist es von zentraler Bedeutung, die notwendigen Mittel zur Bewältigung dieser Herausforderung bereitzustellen. Fast ein Drittel der Mittelzuweisung des Europäischen Sozialfonds in Höhe von 21,7 Mrd. EUR für den aktuellen Programmplanungszeitraum ist für Maßnahmen zur Verbesserung des Zugangs zu Beschäftigung bestimmt. Zusätzlich werden fast 3 Mrd. EUR – genau genommen 2,77 Mrd. – dieser Mittel für die Unterstützung von Selbständigen und Unternehmensgründungen verwendet, und bei den Begünstigten handelt es sich sehr häufig um Frauen.

Darüber hinaus wurde kürzlich das Europäische Progress-Mikrofinanzierungsinstrument eingerichtet, um die Schaffung von Arbeitsplätzen und selbständige Erwerbstätigkeit zu fördern. Durch dieses Instrument werden Menschen, die ihren Arbeitsplatz verloren haben und ihr eigenes kleines Unternehmen gründen oder ausbauen wollen, Darlehen zur Verfügung gestellt. Dabei gilt Frauen und jungen Menschen besondere Aufmerksamkeit. Für den Zeitraum von vier Jahren wurde ein Etat von 100 Mio. EUR bereitgestellt. Dieser kann aber im Rahmen einer Gemeinschaftsinitiative mit den internationalen Finanzinstitutionen auf mehr als 500 Mio. EUR erhöht werden.

In den letzten zehn Jahren hat die Zusammenarbeit der EU im Rahmen der offenen Koordinierungsmethode in den Bereichen soziale Eingliederung und sozialer Schutz dazu beigetragen, das Bewusstsein für diese Themen zu schärfen und den Kampf gegen Armut und soziale Ausgrenzung voranzutreiben. Die Europäische Plattform gegen Armut und soziale Ausgrenzung hat für sämtliche Politikbereiche die Rahmenbedingungen für die Verringerung der Armut geschaffen. Lassen Sie uns alles in unserer Macht Stehende tun, um dafür zu sorgen, dass dieses Ziel erreicht wird.

 
  
  

VORSITZ: ROBERTA ANGELILLI
Vizepräsidentin-

 
  
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  Nadja Hirsch, Verfasserin der Stellungnahme des mitberatenden Ausschusses für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten. − Frau Präsidentin! Als Verfasserin der Stellungnahme zum Gleichstellungsbericht habe ich mich auf den Arbeitsmarkt konzentriert. Der Unterschied bei den Gehältern beträgt leider immer noch 17 % und in den Vorstands- und Aufsichtsgremien sind leider immer noch nicht überall Frauen vertreten. Hier besteht dringender Handlungsbedarf!

Wir können es uns nicht mehr leisten, das Potenzial von Mädchen, jungen Frauen und Frauen in dieser Gesellschaft derart zu verschenken. Wir haben eine gute Ausbildung, der Staat investiert in diese jungen Frauen und Mütter. Hier sollten wir wirklich Fortschritte machen und die Unternehmen auffordern, ihren Worten auch endlich Taten folgen zu lassen. Insofern begrüße ich es, dass die Unternehmen jetzt wirklich einen Schritt im Hinblick auf eine freiwillige Quote machen.

Aber auf der anderen Seite dürfen wir bei einem Gleichstellungsbericht nicht vergessen, dass auch Männer teilweise benachteiligt sind. Gerade Jungen haben in den Schulen nicht immer die Möglichkeiten, sich zu entwickeln. Es gibt Defizite im Bereich der Pflege und der Kinderbetreuung; auch hier können Männer aktiv werden. Das ist eine Aufgabe, der wir uns verschreiben sollten. Jeder – unabhängig vom Geschlecht – sollte die Möglichkeit haben, seine Aufgabe zu finden und sein Leben zu führen.

 
  
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  Gabriele Zimmer, Verfasserin der Stellungnahme des mitberatenden Ausschusses für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten. − Frau Präsidentin! Vor hundert Jahren haben Frauen das aktive und passive Wahlrecht für sich eingefordert und heute kämpfen wir nach wie vor für die Gleichstellung von Frauen in vielen Bereichen, vor allem im Beruf und bei der Karriere, aber auch hinsichtlich der Bezahlung der geleisteten Arbeit und des Erwerbs von Leistungsansprüchen, insbesondere für das Alter. Das enthüllt nicht nur das Lohngefälle zwischen Männern und Frauen.

Frauen sind trotz steigender Einbeziehung in das Erwerbsleben stärker von Armut bedroht als Männer, das zeigen die Statistiken in allen 27 Mitgliedstaaten der Europäischen Union. Diese Feminisierung der Armut hat viele Gründe. Ich kann hier aus Zeitgründen nur auf einen eingehen: Die Zunahme prekärer Jobs diskriminiert Frauen gleich mehrfach. Über 30 % der Frauen arbeiten in Teilzeit, gegenüber nur 7,4 % der Männer. Studien belegen, dass selbst in diesen Teilzeitjobs Frauen für die gleiche Zeit und die gleiche Tätigkeit noch dramatisch schlechter bezahlt werden als Männer. So verringern sich die Chancen für die berufliche Eingliederung und die Karriere. Es vermindern sich die Rentenansprüche – Armut ist vorprogrammiert – und das Recht auf einen individuell unabhängigen Lebensweg. Ein Leben ohne Armut kann aber aus unserer Sicht durch den Ausbau sozialer Sicherungssysteme politisch durchgesetzt werden, indem armutsfeste Renten und armutsfeste Mindestlöhne garantiert und die Arbeitszeiten allgemein verringert werden.

Wir wollen nicht erst in hundert Jahren feststellen können, dass es selbstverständlich das Recht der Frauen ist, ihr Leben trotz Kindern unabhängig von männlichen Entscheidungen gestalten zu können!

 
  
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  Barbara Matera, im Namen der PPE-Fraktion.(IT) Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Heute, da wir den 100. Jahrestag des Internationalen Frauentages feiern, stimmen wir über zwei Berichte ab, die Bereiche ansprechen, in denen Frauen marginalisiert und von der Gesellschaft ausgeschlossen werden.

Frauen sind traditionell stärker vom Armutsrisiko betroffen, besonders alleinerziehende Mütter und Frauen über 65 Jahre. Der Kampf gegen die Armut ist eines der fünf Ziele, die von der Europäischen Kommission für die Strategie EU 2020 vorgeschlagen wurden, und dies macht den Bericht von Frau Plumb besonders in Bezug auf geschlechterspezifische Politik im Rahmen der Wirtschafts- und Finanzkrise extrem wichtig.

Die prekäre Lage einzelner Frauen führt dazu, dass sie dem Risiko der Armut und der sozialen Ausgrenzung ausgesetzt sind und somit in die Isolation geraten. Dies verpflichtet die Institution, die wir vertreten, dazu, dass wir konkrete Strategien und Programme aufbauen. Außerdem gratuliere ich Frau Nedelcheva zu dem guten Bericht, der sich für die Gleichstellung von Männern und Frauen in der Europäischen Union einsetzt. Frauen sind im öffentlichen Sektor wie auch im privaten Sektor im Vergleich zu Männern extrem unterrepräsentiert. Im Finanzsektor sehen die Zahlen sogar noch schlechter aus: Lediglich 10 % der Verwaltungsratsmitglieder der größten börsennotierten Unternehmen in Europa sind Frauen, und nur 3 % der Vorsitzenden der entsprechenden Verwaltungsräte sind Frauen.

Daher befürworte ich die Einführung einer Quotenregelung, um die Beteiligung von Frauen im öffentlichen Sektor sowie in privaten Sektoren und ganz besonders im Bildungswesen zu erhöhen. Dies muss unterstützt werden, da es eine Schlüsselrolle dabei spielt zu vermeiden, dass Lehrer ihre Schüler in Richtung einer geschlechterstereotypen beruflichen Laufbahn lenken.

Ich möchte schließen, indem ich die Worte einer der ersten nordamerikanischen Bürgermeisterinnen in Erinnerung rufe, die sagte: „Alles, was Frauen tun, müssen sie doppelt so gut machen wie Männer, um für halb so gut gehalten zu werden“. Lassen Sie mich zum Schluss sagen, dass dies glücklicherweise für uns Frauen nicht schwer ist.

 
  
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  Vilija Blinkevičiūtė, im Namen der S&D-Fraktion. (LT) Frau Präsidentin! Heute, da wir im Parlament den 100. Jahrestag des internationalen Frauentages begehen, schenken wir den Fragen der Geschlechtergleichstellung und der Beseitigung der Armut von Frauen besondere Aufmerksamkeit. Vor mehr als hundert Jahren kämpften Frauen für das Recht auf Arbeit, und jetzt müssen sie dafür kämpfen, gleiches Geld für gleiche Arbeit zu erhalten. Es geht zwar voran, aber die Fortschritte im Bereich der Geschlechtergleichstellung sind gering. Diskriminierung am Arbeitsplatz ist noch immer weit verbreitet, und es herrscht eine strenge Trennung des Arbeitsmarkts nach Geschlechtern, Frauen verdienen immer noch weniger als Männer, es gibt immer noch nicht ausreichend Frauen in Führungspositionen und in der Politik, und die Unterstützung für Mutterschaft und alleinerziehende Mütter ist immer noch mangelhaft. In dem Bericht des Europäischen Parlaments zur Gleichstellung von Männern und Frauen haben wir festgestellt, dass es von entscheidender Bedeutung ist, den Grundsatz der Gleichstellung der Geschlechter in Familie und Gesellschaft zu stärken, Gewalt gegen Frauen und den Frauenhandel zu eliminieren, Mutterschaftsurlaub zu garantieren, geeignete Bedingungen zu schaffen, damit Angebote von Kinderkrippen und Kinderbetreuungsstätten genutzt werden können, die Armut von Frauen zu reduzieren und den Beitrag, den Frauen zur Entwicklung der Familie, der Gesellschaft und der Wirtschaft leisten, einzuschätzen. Um diese Ziele zu erreichen, müssen das Europäische Parlament, die Europäische Kommission und die Mitgliedstaaten zusammenarbeiten, und ich möchte an diesem historischen Tag alle Frauen grüßen und sie auffordern, weiterhin für ihre Rechte und für Chancengleichheit zu kämpfen.

 
  
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  Antonyia Parvanova, im Namen der ALDE-Fraktion. – Frau Präsidentin! Lassen Sie mich zunächst all meinen Kolleginnen und Kollegen zu der von ihnen geleisteten erfolgreichen Arbeit gratulieren, die ich in meinem Bericht über die Ungleichheit von Männern und Frauen zusammengefasst habe, sowie zu dem wichtigen Thema Armut, das in Frau Plumbs Bericht angesprochen wird.

Während wir 100 Jahre Internationaler Frauentag feiern, ist es wichtig, dass dieses Parlament eine Bestandsaufnahme des langen Weges macht, den wir immer noch vor uns haben, um die Gleichstellung der Geschlechter in der gesamten Union sicherzustellen und sie in allen Sektoren als Selbstverständlichkeit zu integrieren.

Lassen Sie uns mit dem Arbeitsmarkt und dem Lohngefälle bei Männern und Frauen beginnen. Wie lange werden wir noch herumsitzen und über Statistiken sinnieren, die eine ungleiche Verteilung zeigen, nämlich dass Frauen in einigen Mitgliedstaaten der EU bis zu 34 % weniger als Männer verdienen? Wir müssen Maßnahmen durchsetzen - erforderlichenfalls auch Gesetzgebung - um konkrete Ergebnisse in der Praxis zu erzielen und nicht bloß auf dem Papier.

Der Platz, den Frauen auf dem europäischen Arbeitsmarkt einnehmen sowie die zahlreichen Hindernisse, denen sie in Form von Diskriminierung gegenüberstehen, tragen zu dem wachsenden Phänomen der Armut von Frauen bei. Zu viele Frauen befinden sich immer noch in relativer wirtschaftlicher Unsicherheit und Abhängigkeit. Sie arbeiten häufig in Teilzeit und in befristeten Arbeitsverhältnissen oder in untergeordneten Stellungen und sind schlechter bezahlt.-

Die Armut führt dazu, dass Frauenhandel und Gewalt zunehmen und allgemein zu Ausbeutung jeder Art. Wir wissen außerdem, dass Frauen, die Opfer häuslicher Gewalt werden, aufgrund fehlender finanzieller Sicherheit infolge von Armut dazu neigen, keine Schritte zu ihrem eigenen Schutz zu unternehmen.

Frau Reding, an diesem symbolischen Tag begrüßen wir die von Ihnen bereits zugesicherte EU-Strategie zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen.

 
  
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  Marije Cornelissen, im Namen der Verts/ALE-Fraktion.(NL) Frau Präsidentin! 8. März 2011 - hundert Jahre Internationaler Frauentag. Dies gibt Anlass dazu, all das, was wir zumindest in den zivilisierteren Ländern erreicht haben, zu feiern, wie beispielsweise das Frauenwahlrecht, das Recht auf Gleichstellung sowie die reproduktiven Rechte. Dies ist jedoch auch ein Tag, der Anlass zu Traurigkeit über all die Dinge gibt, die immer noch nicht so sind, wie sie sein sollten. In der EU sind Frauen bei Entscheidungsprozessen immer noch erheblich unterrepräsentiert, Pflege- und Fürsorgepflichten lasten fast ausschließlich auf den Schultern von Frauen, und das Einkommensgefälle zwischen Männern und Frauen hält sich hartnäckig, und zwar auch außerhalb der EU, wo in einigen Ländern noch nicht einmal damit begonnen wurde, den Frauen das Wahlrecht einzuräumen.

Der hundertste Jahrestag des Internationalen Frauentages gibt ebenfalls Anlass zu einem geschichtlichen Vergleich. Der erste wirklich wichtige Schritt für Frauen auf dem Arbeitsmarkt wurde in den beiden Weltkriegen getan, ganz besonders im Zweiten Weltkrieg. Es gab einfach zu wenig Männer, die die Arbeit in Fabriken und Büros verrichten konnten. Arbeitgeber hatten keine Wahl mehr, und zahlreiche Frauen traten in den Arbeitsmarkt ein. Eine solche Phase erleben wir jetzt auch wieder. Diesmal jedoch nicht aufgrund eines Krieges, sondern wegen des Alterns der Bevölkerung. In fünf bis zehn Jahren wird es erneut schlichtweg nicht genug Männer geben, um frei werdende Stellen auf verschiedenen Ebenen zu besetzen. Arbeitgeber müssen Frauen anwerben und halten. Die alternde Bevölkerung könnte eine ideale Gelegenheit für die Geschlechtergleichstellung sein.

Es ist an uns, den europäischen Politikerinnen und Politikern, und an unseren Kolleginnen und Kollegen in den nationalen Parlamenten, diese Entwicklung zu unterstützen, indem wir angemessenen Mutterschaftsurlaub für Mütter und angemessenen Vaterschaftsurlaub für Väter gewähren, und zwar indem ausreichende Angebote für erschwingliche Kinderbetreuung bereitgestellt werden, ein Anspruch auf Gleitzeit und Teilzeitarbeit mit guter Sozialabsicherung eingeführt wird, eine Frauenquote für die Beteiligung von Frauen in Führungsgremien von Wirtschaft und Politik eingeführt wird oder zumindest, indem diese Maßnahmen glaubhaft angedroht werden. Gemeinsam können wir sicherstellen, dass es nicht noch einmal hundert Jahre dauern wird, bevor Männer und Frauen die gleichen Rechte und die gleichen Möglichkeiten in jeder Beziehung haben.

 
  
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  Andrea Češková, im Namen der ECR-Fraktion. (CS) Frau Präsidentin! Ich bin die Schattenberichterstatterin für den Bericht über Frauenarmut in der Europäischen Union und werde mich daher auf diesen Bericht konzentrieren. In dem Bericht werden eine ganze Reihe von Themen behandelt, die die Lage der Frauen in der EU sehr gut beschreiben. Ich freue mich, dass der Bericht an vielen Punkten aufzeigt, dass flexible Formen der Beschäftigung notwendig sind, und damit meine ich sowohl befristete als auch Teilzeitbeschäftigung, da nach meiner Auffassung ganz besonders alleinerziehende Mütter, aber auch generell Familien mit kleinen Kindern darauf angewiesen sind, die breite Palette an Angeboten auf dem Arbeitsmarkt zu nutzen, sodass sie Arbeit und Familie unter einen Hut bringen können. Gleichzeitig begrüße und unterstütze ich natürlich, dass die Aufmerksamkeit hier wieder auf das sich hartnäckig haltende Lohngefälle zwischen Männern und Frauen gerichtet wird. Ich möchte nur kurz anmerken, dass der Bericht ebenfalls einige Punkte enthält, deren Unterstützung wir problematisch finden würden. Dazu gehört beispielsweise die Forderung, eine Europäische Charta für die Rechte der Frau zu schaffen sowie der Hinweis auf den Bericht über Mutterschaftsurlaub, der, wie wir wissen, von den Mitgliedstaaten nicht angenommen wurde. In diesem Sinne haben wir einige der Änderungsvorschläge unterstützt. Ich möchte der Berichterstatterin danken, denn dies ist ein wirklich guter und umfassender Bericht.

 
  
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  Eva-Britt Svensson, im Namen der GUE/NGL-Fraktion.(SV) Frau Präsidentin! Einhundert Jahre Kampf für gleiche Rechte – ich denke, es ist wichtig, heute auch an die Pioniere zu denken, die den Kampf für gleiche Rechte vor hundert Jahren angestoßen und den Weg für Fortschritt bereitet haben, den wir trotz allem heute erkennen können. Ich möchte meinen Kolleginnen und Kollegen und den Nichtregierungsorganisationen danken bzw. allen, die weiterhin für Gleichstellung kämpfen. Wir werden die Lage der Frauen in der EU debattieren, aber ich denke, es ist wichtig, dass wir heute auch unsere Solidarität mit den Frauen zeigen, die jetzt in diesem Moment auf den Straßen und Plätzen enormen Mut zeigen, indem sie am Kampf für Demokratie und Gerechtigkeit in anderen Ländern teilnehmen. Ich denke, wir sollten heute auch an diese Frauen denken.

Die Berichte, über die wir hier debattieren, zeigen die Ungleichbehandlung auf dem Arbeitsmarkt, wo Frauen in prekären Arbeitsverhältnissen beschäftigt sind und durchschnittlich 17 % weniger verdienen. Lediglich 6 von 10 Frauen in Europa beteiligen sich am Arbeitsmarkt, und wenn sie einen Arbeitsplatz haben, handelt es sich häufig um eine prekäre Teilzeitstelle, die nicht für einen angemessenen Lebensunterhalt sorgt. Dies ist nicht verwunderlich, da sich einflussreiche Kräfte gegen eine Ausweitung der Kinderbetreuungsmöglichkeiten und sonstige Voraussetzungen stellen, die gegeben sein müssen, damit Frauen arbeiten können.

Chancengleichheit am Arbeitsmarkt bedeutet, dass wir eine Richtlinie zum Mutterschaftsurlaub haben müssen, die hoffentlich auch den Vaterschaftsurlaub umfassen wird. Ich hoffe, dass wir bald über eine Elternversicherung diskutieren können, bei der Männer und Frauen zu gleichen Teilen Verantwortung für den Lebensunterhalt der Familie, aber auch für die Kinderbetreuung übernehmen werden. Würden Frauen in der EU im gleichen Umfang wie Männer berufstätig sein, würde sich der Wohlstand um mehr als ein Viertel mehren. Wir können es uns nicht leisten, auf Frauen am Arbeitsmarkt zu verzichten.

Die Frauenquote muss her. Ich glaube, dass Quotenregelungen ein notwendiges Instrument in einer Gesellschaft sind, in der lediglich 3 % der großen Unternehmen von Frauen geführt werden. Ich würde die Frauenquote mit Antibiotika vergleichen. Der exzessive Einsatz von Antibiotika gefällt mir nicht, aber wenn jemand krank ist, bin ich sehr froh, dass es sie gibt. Wenn lediglich 3 % der Führungspositionen in großen Unternehmen von Frauen besetzt sind, ist dies sicherlich ein Anzeichen für eine kränkelnde Gesellschaft. Eine Quotenregelung ist daher ein notwendiges Instrument, mit dem die Schieflage in unserer Gesellschaft zurechtgerückt wird.

 
  
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  Godfrey Bloom, im Namen der EFD-Fraktion. – Frau Präsidentin! Es findet eine Menge Selbstbeweihräucherung hier in der Europäischen Union am Internationalen Frauentag statt. Meiner Meinung nach haben Sie der Sache einen Bärendienst erwiesen. Sie reden vom Mutterschaftsurlaub. Ich kann Ihnen sagen, gnädige Frau, das Einzige, was bei einem zwingend vorgeschriebenen Mutterschaftsurlaub herauskommt, ist, dass immer weniger Frauen in meinem Land eine Stelle bekommen, weil man als Kleinunternehmer doch verrückt sein müsste, ein junge Frau einzustellen. Sie haben den Frauen damit also keinen Gefallen getan.

Dank eines weiteren irrsinnigen Urteils des Europäischen Gerichtshofs haben wir nun gleiche Bedingungen für alle in Bezug auf Kfz-Versicherungen, das heißt, auch wenn junge Frauen eine Anstellung bekommen könnten, könnten sie es sich nicht leisten, mit dem Auto dorthin zu fahren, weil ihre Beiträge zur Kfz-Versicherung gerade verdoppelt wurden. Und jetzt sprechen Sie von einer Quotenregelung. Was für ein Irrsinn ist das? Frauen, die ihr ganzes Leben lang gearbeitet haben, um in eine verantwortungsvolle Position im Geschäftsleben zu gelangen - berufstätige Frauen - werden nun durch Quotenregelungen gönnerhaft behandelt. Diese erfolgreichen Frauen sitzen dann in den Vorstandsetagen und die Leute dort werden fragen, ob sie Quotenfrauen sind oder dorthin gelangt sind, weil sie gut sind. Diese ganze Sache ist vollkommen verrückt, und es ist eine Tragödie, dass niemand von Ihnen jemals einen richtigen Job im Leben gehabt hat, denn ansonsten würden Sie das verstehen.

(Der Redner erklärt sich damit einverstanden, auf eine „Blue-Card“-Frage gemäß Artikel 149 Absatz 8 zu antworten)

 
  
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  Eva-Britt Svensson (GUE/NGL).(SV) Frau Präsidentin, Herr Bloom! Der Wunsch nach einer Elternversicherung und der Glaube, dass dies eine gute Sache ist, heißt nicht, dass jemand völlig verrückt ist. Sie brauchen sich dazu nur in den Mitgliedstaaten umzusehen, die ein gut entwickeltes Elternversicherungssystem haben. Diese Länder - nordische Länder wie beispielsweise Schweden - haben auch den höchsten Anteil berufstätiger Frauen. Dies beweist, dass eine gute Elternversicherung dazu führt, dass wir höhere Beschäftigungszahlen bei Frauen haben, und natürlich auch bei Männern. Die Elternversicherung wirkt sich positiv auf die Gleichstellung auf dem Arbeitsmarkt aus. Frauen können ebenfalls zum Wohlstand in der EU beitragen.

(Beifall)

 
  
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  Godfrey Bloom (EFD). – Frau Präsidentin! Dies entspricht einfach nicht den Tatsachen und wird durch die Statistiken in meinem Land nicht bestätigt. Unterhalten Sie sich einmal mit irgendeinem beliebigen Kleinunternehmer in meinem Land. Ich interessiere mich nicht für das Land der verehrten Abgeordneten oder für sonstige Länder - was mich interessiert, ist mein eigenes Land und die Wirtschaft in meinem eigenen Land, und ich kann Ihnen sagen, dass jede Geschäftsfrau und jeder Geschäftsmann Ihnen sagen wird, dass sie aufgrund der drakonischen Gesetze zum Mutterschaftsurlaub keine jungen Frauen einstellen. Ich wünsche mir, ich wünsche mir so sehr, dass Sie mal in der Realität ankommen würden. Jeder von Ihnen, der schon einmal einen richtigen Job hatte, hebe die Hand!

(Der Redner erklärt sich damit einverstanden, auf eine „Blue-Card“-Frage gemäß Artikel 149 Absatz 8 zu antworten)

 
  
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  Siiri Oviir (ALDE).(ET) Herr Bloom! Natürlich wissen Sie, dass Frauen in Europa besser ausgebildet sind als Männer, und das gilt auch für Ihr Heimatland. Warum glauben Sie dann, dass, wenn den Unternehmen Quoten auferlegt werden, dieses Drittel genau die ungebildeten Frauen umfasst, die es in unserer Gesellschaft möglicherweise auch gibt?

 
  
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  Godfrey Bloom (EFD). – Frau Präsidentin! In Beantwortung der Frage von Frau Oviir möchte ich sagen, dass ich ihr schlichtweg raten würde, die Unternehmen einfach ihrer Geschäftstätigkeit nachgehen zu lassen. Je weniger Regulierung, Steuern und Einmischung, desto schneller wird sich unsere Wirtschaft erholen. Darum geht es, und dies ist etwas, das die verehrte Frau Kollegin nicht versteht.

(Der Redner erklärt sich damit einverstanden, auf eine „Blue-Card“-Frage gemäß Artikel 149 Absatz 8 zu antworten)

 
  
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  Edite Estrela (S&D).(PT) Frau Präsidentin, Herr Bloom! Wissen Sie, was das Problem des Vereinigten Königreichs ist? Sein Problem ist, dass es 52 Wochen schlecht bezahlten Mutterschaftsurlaub hat. Lediglich die ersten sechs Wochen werden mit 60 % vergütet, während für 33 Wochen lediglich eine symbolische Summe gezahlt wird, und 13 Wochen bleiben unbezahlt. Das ist nur etwas für reiche Familien, bei denen die Frau zuhause bleiben und das Familieneinkommen reduziert werden kann. Das ist das Problem des Vereinigten Königreichs, und nicht unsere Vorschläge in Bezug auf den Mutterschaftsurlaub.

 
  
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  Godfrey Bloom (EFD). – Frau Präsidentin! In Beantwortung der Frage von Frau Estrela möchte ich sagen, ich kann ihr versichern, dass das Problem meines Landes darin besteht, dass wir die Selbstregulierung aufgegeben haben und Mitglied der Europäischen Union sind. Das ist das Problem meines Landes.

(Der Redner erklärt sich damit einverstanden, auf eine „Blue-Card“-Frage gemäß Artikel 149 Absatz 8 zu antworten)

 
  
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  Anneli Jäätteenmäki (ALDE).(FI) Frau Präsidentin! Ich möchte Herrn Bloom für seine Meinungsäußerung regelrecht danken, denn diese Meinung ist weit verbreitet. Wäre das nicht der Fall, dann hätten wir schon große Fortschritte gemacht. Allerdings gibt es auch viele Leute, die schweigen. Ich möchte Sie gerne fragen, Herr Bloom, ob Sie der Auffassung sind, dass Kinder einfach die Kinder von Frauen sind, und dass Väter keinerlei Verantwortung tragen und es überflüssig ist, dass sie Vaterschaftsurlaub nehmen oder auf sonstige Weise für ihre Familie sorgen, einmal abgesehen vom Gang zur Arbeit.

(Beifall)

 
  
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  Godfrey Bloom (EFD). – Frau Präsidentin! In Beantwortung der Frage von Frau Jäätteenmäki würde ich sagen, ich bin der Auffassung, dass die Eltern für ihre Kinder verantwortlich sind und niemand sonst. Ich akzeptiere nicht, dass jemand die Verantwortung für die Kinder der Nachbarn haben soll. Es ist die Aufgabe der Eltern, Verantwortung für ihre Kinder zu übernehmen und so sollte es sein. Je mehr Eigenverantwortung wir in Europa - und auch der ganzen Welt - tragen, desto besser ist es meiner Meinung nach.

 
  
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  Angelika Werthmann (NI). - Frau Präsidentin, sehr geehrte Frau Kommissarin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist ein absolutes Armutszeugnis für unsere Gesellschaft, dass wir noch immer über die Gleichstellung von Mann und Frau diskutieren müssen. Frauen leiden unter Benachteiligung, nicht nur in der Arbeitswelt, sondern auch im gesellschaftlichen Leben. Die Liste scheint endlos zu sein, daher einige Stichworte: Lohnniveau, Arbeits- und Einstellungsbedingungen, prekäre Arbeitsverhältnisse, Rentenansprüche, Kinderbetreuung, soziale Sicherheit und diverse Formen von Gewalt gegen Frauen.

Es gibt Frauen, die durchaus besser qualifiziert sind als Männer, dennoch wird über gleiche Bezahlung bei gleicher Arbeit diskutiert – kaum zu glauben! Kaum zu glauben ist auch, dass Frauen einem größeren Armutsrisiko ausgesetzt sind als Männer; vor allem ältere Frauen und Alleinerziehende sind armutsgefährdet. Ich erinnere daran: 2010 war das Jahr zur Bekämpfung der Armut. Die Armut ist weiblich. Dies hat schwerwiegende Folgen für die Gesellschaft, denn Armut macht krank und kann in der Folge zu Arbeitslosigkeit führen.

 
  
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  Edit Bauer (PPE).(HU) Frau Präsidentin! Heute finden hier im Parlament zwei Debatten über zwei Berichte meiner Kolleginnen statt - zu denen ich ihnen gratulieren möchte - und bei denen es wirklich schwierig ist, etwas Neues zu sagen, da sich die Lage so gut wie nicht geändert und sich in gewisser Weise in den letzten Jahren sogar noch verschlechtert hat. Beispielsweise in der Debatte über die Löhne von Männern und Frauen sagen wir seit Jahren immer wieder, dass es immer noch einen beachtlichen Unterschied gibt, trotz der Tatsache, dass der Grundsatz „gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ bereits im Jahr 1957 im Vertrag von Rom festgeschrieben wurde. Darüber hinaus haben wir seit 1975 auch Sekundärrecht in diesem Bereich - wollten wir allerdings eine Liste mit all den Gesetzen erstellen, die zwar gelten, aber in der Praxis keine Wirkung entfalten, dann hätte dieses sicherlich gute Aussichten, an erster Stelle zu landen. Wie bereits hier erwähnt wurde, zeigen die neusten statistischen Daten, dass der Unterschied derzeit 17,5 % beträgt, jedoch können sich einige unter uns noch daran erinnern, dass dieser Prozentsatz vor ein paar Jahren nur 15 % betrug, wobei die Schwankungen sehr stark sind. Dies ist auch nicht das Problem kleiner und großer Unternehmen und es ist auch nicht nur ein Frauenthema, sondern eine Frage der sozialen Gerechtigkeit. Wir können nicht oft genug betonen, dass der Lohnunterschied, wie bereits von meiner Kollegin mehr oder weniger im gleichen Sinne angesprochen, die Strafe für Frauen dafür ist, dass sie ein Kind bekommen haben, und dass dieser Unterschied geschaffen wird, wenn junge Frauen in den Arbeitsmarkt zurückkehren. Und darin liegt das wirklich wesentliche Problem, nämlich, dass Kleinbetriebe niemals die Probleme der Gesellschaft lösen werden. Was das Parlament diesbezüglich verlangte, nämlich dass sichergestellt wird, dass die Verteilung von Gehältern zwischen den Geschlechtern transparent ist und dass diejenigen, die ständig gegen diesen Grundsatz verstoßen, wenigstens keine europäischen Finanzhilfen erhalten, ist meiner Meinung nach nicht viel. Es ist zwar richtig, dass es einige Fortschritte gibt, beispielsweise ist die Einführung des „Europäischen Tages für Entgeltgleichheit“ ein solcher Fortschritt, aber eine wirklich große Errungenschaft wäre es gewesen, wenn dieser Tag am 1. oder 2. Januar statt am 5. März abgehalten würde.

 
  
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  Edite Estrela (S&D).(PT) Frau Präsidentin! Frauen sind an den Universitäten in der Mehrheit und zudem besser qualifiziert, in Bezug auf Führungspositionen stoßen sie jedoch an die gläserne Decke. Aus diesem Grund brauchen wir eine Quotenregelung. Schade, dass Herr Bloom bereits gegangen ist. In Bezug auf Wirtschaft und Politik sollte festgehalten werden, dass es nur eine weibliche Vorsitzende einer Zentralbank gibt. Frauen waren für die Finanzkrise nicht verantwortlich, hätten aber dazu beitragen können, sie zu verhindern.

Wie kommt es, dass immer wenn wir über eine Quotenregelung sprechen, jemand die fachlichen Qualifikationen zur Sprache bringt? Werden nur die fachlichen Qualifikationen von Frauen in Frage gestellt? Haben Männer keine fachlichen Qualifikationen? Die Quotenregelung ist eine notwendige und temporäre Maßnahme zur Förderung einer ausgewogenen Präsenz von Männern und Frauen in Entscheidungspositionen, und ich möchte der Kommission daher zu den Anstrengungen gratulieren, die sie unternommen hat, um sicherzustellen, dass Entscheidungen auch in der Wirtschaft von beiden Geschlechtern getroffen werden.

 
  
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  Siiri Oviir (ALDE).(ET) Frau Präsidentin! Ich wünsche allen einen schönen Internationalen Frauentag! Wenn es um die Gleichstellung der Geschlechter geht, sind nicht nur die Unterschiede und die soziale Gerechtigkeit das Thema. Die Gleichstellung von Frauen und Männern ist eine Vorbedingung für nachhaltiges Wirtschaftswachstum, Beschäftigung, Wettbewerbsfähigkeit und sozialen Zusammenhalt. Investitionen in die Gleichstellung von Männern und Frauen werden sich in Form einer höheren Frauenerwerbstätigkeit, eines größeren Beitrags von Frauen zum BIP, eines höheren Steueraufkommens und einer nachhaltigen Fruchtbarkeitsrate auszahlen. Unser Verständnis der Gleichstellung von Männern und Frauen bewegt sich heute bei vielen immer noch auf mittelalterlichem Niveau - oder zumindest konnten wir das einigen Reden entnehmen.

Es gibt ein Feindbild bei diesem Thema, und das heißt Quotenregelung. Die Menschen vergessen oder wollen vielleicht einfach nicht wahrhaben, dass die Quote den Führungspositionen nicht aufgezwungen wird, und dass durch eine Quotenregelung keine inkompetenten Frauen in einflussreiche Positionen kommen. In Europa sind Frauen besser ausgebildet, sie können Verantwortung übernehmen, und sie sind in der Lage, gute Arbeit zu leisten und dafür ein faires Entgelt zu erzielen. Länder, in denen es eine Quotenregelung gibt, die dort schon vor 20 Jahren eingeführt wurde - ich denke da an die nordeuropäischen Länder - haben in der Tat gezeigt, dass unsere Ziele mit dieser Maßnahme erreicht werden können, und heute haben die Leute ihre Einstellung geändert, sodass Quoten nicht mehr in dem gleichen Maß erforderlich sind wie in der Vergangenheit. Heute wird es als normal betrachtet, dass Frauen an allen Bereichen der Gesellschaft teilnehmen. Natürlich würde ich gerne noch viele Dinge über Armut und alleinerziehende Mütter sagen, aber leider erlaubt dies die Zeit nicht. Vielen Dank an alle, die eine Rede gehalten haben - eines Tages werden wir trotz allem gewinnen!

 
  
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  Franziska Katharina Brantner (Verts/ALE). - Frau Präsidentin! 100 Jahre Frauenrechtstag – Grund, zu feiern und zu danken, und Grund zum Weiterkämpfen.

Wir haben einen Bericht zu Frauen und Armut; ein wichtiger Grund dafür ist die Lohnungleichheit zwischen Frauen und Männern. Es wurde schon gesagt: Seit 1957 ist die Lohngleichheit in den Römischen Verträgen verankert. Aber der Lohnunterschied liegt heute europaweit noch immer bei 17,5 %, in Deutschland gar bei 23 %. Im Jahre 2008 hat dieses Haus einen Bericht zur Lohnungleichheit verabschiedet, dank Frau Bauers exzellenter Arbeit. Darin wurde die Kommission aufgefordert, gesetzliche Initiativen zu ergreifen, um die Lohnungleichheit zu begrenzen. Seither ist nichts passiert! Und, Frau Kommissarin Reding, alles was Sie getan haben, ist, am Freitag, dem 4. März, den 5. März zum European Equal Pay Day auszurufen. Gut, dass Sie es noch gemerkt hatten, bevor der Tag vorbei war.

Wir haben keine Lust mehr auf leere Pressemitteilungen. Wir wollen keine schönen Worte mehr von Ihnen. Wir wollen, dass Sie endlich aktiv werden, damit der 100. Jahrestag der Römischen Verträge nicht immer noch ein Tag ist, an dem der Lohnunterschied zwischen Frauen und Männern mehr als 0 % beträgt. We want equal pay now!

Zur Frauenquote und zum englischen Kollegen: Ich würde gerne von ihm wissen, ob er glaubt, dass in England und europaweit nur 3 % der Frauen „know how to do their business“. Das wäre ja die Erklärung, warum nur so wenige Frauen in Aufsichtsräten sind. Ich glaube nicht, dass dem so ist. Wir brauchen eine Quote!

Frau Reding, Sie haben gesagt, dass sich die Unternehmen bis nächstes Jahr verpflichten müssen, Frauen zu ernennen. Möchten Sie, dass bis zum nächsten Jahr die Zusagen vorliegen oder dass die Unternehmen bis zum nächsten Jahr Frauen ernannt haben? Ich höre, dass Sie Zweiteres wollen.

 
  
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  Tadeusz Cymański (ECR). (PL) Frau Präsidentin! Das extrem wichtige Problem der Armut von Frauen wird in der Entschließung, über die wir diskutieren, angesprochen. Wir sollten uns in Erinnerung rufen, dass es die Frauen sind, die die größte Last infolge der Finanzkrise tragen. Es sind überwiegend Frauen, die die Folgen der Krise in Bezug auf weniger Beschäftigung, niedrigere Löhne sowie Umstrukturierungsmaßnahmen zu spüren bekommen haben. Darüber hinaus sind es die Frauen, die elterliche Pflichten und Erziehungsaufgaben wahrnehmen, während sie gleichzeitig an einem schwierigen und sich ständig ändernden Arbeitsmarkt teilnehmen.

Die Lage der Frauen in den Mitgliedstaaten der EU ist sehr unterschiedlich, und daher ist es extrem wichtig, Solidarität und Verständnis für Frauen in Regionen zu zeigen, in denen das Problem der Armut besonders akut ist. Das Problem ungleicher Löhne sollte uns dazu zwingen, innezuhalten und nachzudenken, da es auch Lohnunterschiede bei Unternehmen gibt, die Frauen gehören und von ihnen geführt werden. Dies ist eine sehr beunruhigende Tatsache, und sie erfordert, dass wir uns überlegen, ob die Gründe nicht tiefer liegen und ob verwaltungstechnische Vorschriften - rechtliche Vorgaben - hier ausreichend sind, oder ob es erforderlich ist, etwas im Bewusstsein der Menschen sowie die Kultur im Allgemeinen zu ändern. Nichts kann Respekt und eine soziale Kultur ersetzen, und Rechtsvorschriften werden da auch nicht genügen.

 
  
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  Ilda Figueiredo (GUE/NGL).(PT) Frau Präsidentin! Es ist besonders bedeutsam, dass wir in diesem Jahr am Internationalen Frauentag über Berichte diskutieren, die das Augenmerk auf die immer noch bestehenden Ungleichheiten und Diskriminierungen richten wollen. In einigen Ländern findet gar ein Rückschritt innerhalb der Gesellschaft statt.

Wenn wir ein historisches Datum in Verbindung mit dem Kampf der Frauen um die Anerkennung und Ausübung ihrer Rechte hervorheben, dann heben wir den Anstieg der Arbeitslosigkeit und unsichere Arbeitsplätze hervor sowie niedrige Löhne und Lohndiskriminierung gegen weibliche Arbeitnehmer, die aufgrund ihrer Mutterschaft entsteht. Diese nehmen Formen an, die besonders schockierend und bei der jüngeren Generation inakzeptabel sind.

Immer häufiger gibt es die Situation, dass das Einkommen ausfällt und Frauen ärmer werden. Die Lage von behinderten Frauen, von Frauen mit Migrationshintergrund, von Frauen im Ruhestand mit einer geringen Rente und die Lage von schlechtbezahlten Arbeitnehmerinnen ist besonders kritisch.

Die Probleme, denen Frauen in ländlichen Gebieten und in landwirtschaftlichen Familienbetrieben gegenüberstehen, nehmen zu, und dies trifft auch auf Frauen zu, die Kleinst- und Kleinbetriebe führen. Die Folgen der Sparpolitik in einigen Ländern wie Portugal, Griechenland und Irland haben Auswirkungen auf die Lebensbedingungen von Frauen in ihrer Rolle als Arbeitnehmerinnen, Bürgerinnen und Mütter.

Dies ist der Fall bei gezielten Lohnkürzungen, Zulassungstopps für Studiengänge an Universitäten, dem Blockieren von Tarifvertragsabschlüssen, den Kürzungen im Gesundheitswesen, bei der Bildung, bei sozialer Sicherheit und bei verschiedenen Formen sozialer Unterstützung.

Daher ist der Umstand, dass Maßnahmen unter dem Vorwand der Krise verhindert werden, wodurch das Recht der Frauen auf Gleichstellung und den erforderlichen wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalt bedroht wird, ein wichtiges Problem. Schöne Worte und gute Absichten sind nicht genug. Es ist an der Zeit, einen Schlussstrich unter die neoliberale Politik des Stabilitäts- und Wachstumspaktes mit seiner Deregulierung, Privatisierung und dem freien Wettbewerb zu ziehen, die stets im Dienste wirtschaftlicher und finanzieller Interessengruppen stehen. Es ist Zeit, Frauen und ihre Rechte, die Gleichstellung von Mann und Frau sowie den wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalt als Priorität zu behandeln, damit sich unsere Gesellschaft zum Besseren wendet. So können wir die Menschenrechte achten und den Fortschritt, den Frauen für unsere Zivilisation mit aufgebaut haben, konsolidieren.

 
  
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  Teresa Jiménez-Becerril Barrio (PPE).(ES) Frau Präsidentin! Heute ist ein sehr bedeutender Tag, um über die Gleichstellung von Männern und Frauen zu reden, da wir den Internationalen Frauentag feiern, an dem wir derer gedenken, die vor 100 Jahren für das Recht auf Arbeit und die wirtschaftlichen Rechte der Frauen sowie für das Frauenwahlrecht gekämpft haben.

Wir haben in diesen 100 Jahren beachtliche Fortschritte erzielt, aber es gibt immer noch viel zu tun. Wirkliche Gleichberechtigung ist immer noch ein Traum und Diskriminierung gegen Frauen gehört immer noch zur Lebensrealität.

Ich glaube, dass jeder von uns, Männer wie Frauen, viel mehr tun kann, damit echte Emanzipation von Frauen erreicht wird. Es gibt viele Frauen auf der Welt, deren Recht auf Leben bedroht ist, deren Würde verletzt wird und die ihrer Freiheit beraubt werden.

Erlauben Sie mir, am heutigen Internationalen Frauentag meine Unterstützung und Hoffnung für alle Frauen kundzutun, die für ihre demokratischen Rechte in der Revolution in Nordafrika kämpfen. Es kann nicht sein, dass Frauen in den arabischen Ländern oder sonstwo auf der Welt nur halb so viel wert sind wie Männer. Wir sind gleichwertig und verdienen gleiche Behandlung. Ich werde auch weiterhin dafür kämpfen, dass die Gleichstellung von Mann und Frau sowie der Internationale Frauentag fortgeführt werden, bis dieses Ziel erreicht ist.

Auch wenn viele Menschen es nicht wahrhaben wollen, die Realität sieht so aus, dass es Frauen gibt, die nur halb so viel verdienen wie Männer und dass häusliche Gewalt hauptsächlich Frauen und Kinder betrifft. Ich möchte wiederholen, dass diese Tatsachen auch zukünftig im Parlament berichtet werden müssen, und ich verspreche natürlich, weiterhin daran zu arbeiten.

 
  
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  Marc Tarabella (S&D).(FR) Frau Präsidentin! Ich möchte beginnen, indem ich mein Lob für die Arbeit meiner Kolleginnen, Frau Nedelcheva und Frau Plumb, ausspreche.

An diesem symbolischen Tag - 100 Jahre Internationaler Frauentag - könnte ich Wort für Wort beinahe alles wiederholen, was letztes Jahr gesagt wurde, denn der Kampf dauert immer noch an.

Es ist wahr, dass Frauen in Bezug auf die derzeitige Krise robuster sind, was den Verlust von Arbeitsplätzen betrifft. In Bezug auf die Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen wenden wir uns an die Kommission, um zu erfahren, ob sie plant, unserer Forderung nach der Einrichtung eines Europäischen Jahrs, das dieses Thema in den Mittelpunkt rückt, nachzukommen und eine Strategie vorzubringen. Mir wurde gesagt, dass dies sehr bald geschehen wird, und darüber freue ich mich.

Leider entspricht gleiche Bezahlung noch nicht der Lebensrealität, trotz vieler Bemühungen einiger Mitgliedstaaten und insbesondere der Europäischen Kommission. Vaterschaftsurlaub wurde von den Mitgliedstaaten bedauerlicherweise trotz der massiven Bemühungen dieses Parlaments abgelehnt, und das Recht auf Abtreibung ist in vier Mitgliedstaaten der Union immer noch nicht anerkannt und wird in anderen Mitgliedstaaten bekämpft.

Ich begrüße das neue belgische Gesetz über eine Frauenquote in Unternehmen und Verwaltungsräten von Unternehmen sowie die außerordentlich proaktive Arbeit zu diesem Thema von Frau Reding und Präsident Buzek, die sogar in der Presse auf der anderen Seite des Atlantiks erschienen ist.

Abschließend sollten wir jedoch die Tatsache feiern, dass wir nach 100 Jahren dank europäischer und nationaler Gesetze die Hälfte des Weges zur Gleichstellung von Mann und Frau geschafft haben. Lassen Sie uns nicht von diesem Weg abkommen, damit es nicht noch einmal 100 Jahre dauert, um eine vollständige Gleichstellung zu erreichen.

 
  
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  Emma McClarkin (ECR). – Frau Präsidentin! Wie bereits viele Abgeordnete betont haben, haben die Rechte der Frauen über die Jahre ständig Fortschritte gemacht. In den 30 Jahren zwischen der ersten Wahl zum Europäischen Parlament und dem Jahr 2009, in dem ich gewählt wurde, hat sich der Anteil der Frauen mehr als verdoppelt. Wir sehen Frauen nun in führenden Rollen in der Politik, der Wirtschaft, der Industrie und den Medien. Der wichtigste Punkt ist vielleicht, dass wir als Gesellschaft mittlerweile zu schätzen gelernt haben, wie wichtig die Rolle der Frauen ist und dass wir ihren Beitrag nun anerkennen, was zu mehr Gleichberechtigung geführt hat.

Allerdings müssen wir genau überlegen, wie weit unsere Forderungen nach mehr Gleichberechtigung gehen sollen und in welchen Bereichen dies geschehen soll. Wir sollten uns darauf konzentrieren, was auch heute immer noch falsch läuft. Im Vereinigten Königreich sind weniger als 20 % der Parlamentarier Frauen, fast die Hälfte der Unternehmen im FTSE 250 haben keine Frauen im Verwaltungsrat und lediglich ein Fünftel aller Hochschulabsolventen in den Bereichen Ingenieurswesen, Naturwissenschaften und IT sind Frauen. Angesichts der Vielschichtigkeit unserer Gesellschaften ist dies eindeutig ein Punkt, den die Mitgliedstaaten angehen müssen, und zwar ohne willkürlich auf EU-Ebene festgelegte Quoten und Zielvorgaben.

Neben der Frage der Frauenquote gibt es jedoch noch einen wichtigeren Punkt, nämlich dass tausende Frauen in der EU und auf der ganzen Welt Gewalt, Ausbeutung und Ausgrenzung erleiden. Diese Frauen haben keine Stimme. Sie sind es, die unter Diskriminierung leiden, die bewusst davon abgehalten werden, etwas zu erreichen oder die Opfer von Unterdrückung sind, und die unsere ganze Aufmerksamkeit mit Sicherheit verdienen.

 
  
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  Astrid Lulling (PPE). - Frau Präsidentin! Zunächst möchte ich die wenigen Männer begrüßen, die den Weg zu den wenigen Frauen in diesem Plenum gefunden haben. Ich bin selbstverständlich für die Gleichbehandlung und die Chancengleichheit von Frauen und Männern. Dafür setze ich mich auf nationaler und europäischer Ebene seit über fünfzig Jahren ein – sogar mit Erfolg!

Leider enthält der Bericht über die Gleichstellung von Frauen und Männern in der EU 2010 wieder übertriebene, für die Frauen letztendlich kontraproduktive Forderungen, ich kann sie hier aus zeitlichen Gründen nicht alle erläutern. Es ist nicht die Schuld der Berichterstatterin, aber eine Fülle von Änderungsanträgen haben den Bericht leider ziemlich unverdaulich gemacht.

Im Zusammenhang mit der umstrittenen Frage, ob die EU eine Frauenquote in börsennotierten Unternehmen verordnen soll, muss ich davor warnen, Norwegen als Musterbeispiel zu loben. Weshalb? Seit der Einführung der Frauenquote 2003-2009 hat sich dort die Zahl der an der Börse notierten Unternehmen von 554 auf 362 verringert. Jedes dritte Unternehmen hat die Frauenquote als Grund für den Rückzug von der Börse genannt. In Norwegen besetzen inzwischen 70 Frauen etwa 300 Plätze in Verwaltungsräten, man nennt sie „Goldröcke“. Das ist pervers, aber interessant. Persönlich könnte ich über eine solche Karriere als „Goldrock“ nachdenken, denn ich habe bisher keinem Verwaltungsrat angehört. Die Kommission muss also gut überlegen und abwägen, ehe Schnellschüsse in dieser Problematik erfolgen.

Ich bedaure auch, dass in diesem Bericht im gleichen Atemzug empfohlen wird, Frauen einen leichten Zugang zu Empfängnisverhütung und zu Abtreibung zu gewähren. Abtreibung wird also als einfaches Mittel zur Geburtenkontrolle der Empfängnisverhütung gleichgestellt. Eine Zumutung für die Frauen! Damit kann ich nicht einverstanden sein, abgesehen davon, dass die EU hier keine Kompetenz hat – subsidiarité oblige! Ich bedaure, dass manche Kolleginnen immer wieder diese beiden Dinge miteinander vermischen. Das ist nicht nötig!

(Die Rednerin ist damit einverstanden, eine Frage nach dem Verfahren der „blauen Karte“ zu beantworten (Artikel 149 Absatz 8 GO).)

 
  
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  Licia Ronzulli (PPE).(IT) Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich möchte eine ganz einfache Frage an Frau Lulling richten: Ist sie nicht der Meinung, dass die Arbeit in Richtung Gleichstellung von Mann und Frau - selbst noch im Jahr 2011 - genau wegen Ansichten wie der ihren behindert wird, die ja die Ansichten einer Frau sind, und die sie uns sogar heute so eifrig mitteilt?

 
  
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  Astrid Lulling (PPE).(FR) Frau Präsidentin! Ich weiß nicht, ich habe vor 2011 nichts gesagt, warum hat sich die Lage verschlechtert? Sie wird sich nicht verschlechtern, wenn wir realistisch bleiben, aber sie wird sich verschlechtern, wenn wir utopische und unrealistische Vorstellungen haben.

(Beifall)

(Die Rednerin erklärt sich damit einverstanden, auf eine „Blue-Card“-Frage gemäß Artikel 149 Absatz 8 zu antworten)

 
  
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  Marc Tarabella (S&D).(FR) Frau Präsidentin, Frau Lulling! Zwar könnte ich sehr stolz sein, dass Sie den wenigen Männern, die bei dieser Debatte anwesend sind, danken, aber da ich eines der wenigen männlichen Mitglieder im Ausschuss für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter bin, ärgert es mich sehr, wenn Sie mich mit Herrn Bloom in die gleiche Ecke stellen. Ich möchte gerne wissen, ob Sie zwischen Herrn Bloom und mir unterscheiden können oder bedauerlicherweise meinen, dass wir beide am selben Strang ziehen, denn wir beide vertreten eindeutig genau entgegengesetzte Auffassungen.

 
  
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  Astrid Lulling (PPE).(FR) Frau Präsidentin, Herr Tarabella! Ich habe Herrn Bloom überhaupt nicht erwähnt! Sie haben Herrn Bloom einen großen Gefallen getan, denn schließlich waren Sie es, der ihm diese Fragen gestellt und ihm Gelegenheit gegeben hat, sich hier in Szene zu setzen. Ich bin dankbar, dass diese Fragen gestellt wurden, denn so habe ich die Zeit für meine Rede, die ich brauche.

Ich möchte Ihnen jedoch sagen, Herr Tarabella, dass Sie ein angesehenes Mitglied des Ausschusses für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter sind. Ich kann mich immer darauf verlassen, dass Sie den Standpunkt der Vernunft vertreten, und es tut mir leid, dass man in Bezug auf einige Passagen in diesen Berichten auf Sie und mich nicht gehört hat.

 
  
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  Zita Gurmai (S&D). – Frau Präsidentin! Am Jahrestag des Internationalen Frauentages, an dem wir den Plumb-Bericht über Frauenarmut und den Nedelcheva-Bericht über die Ungleichheit zwischen Frauen und Männern in der Europäischen Union debattieren, und während die Institutionen sich auf eine Frauenquote für Verwaltungsräte konzentrieren, widmet die PS-Frauengruppe ihre Kampagne für 2011 dem Thema Rentensysteme und Armut von Frauen. Alle europäischen Gesellschaften haben eine alternde Bevölkerung, und die Rentensysteme in ganz Europa werden reformiert. Aus diesem Grund muss die EU das Signal senden, dass die Lebensumstände ganz gewöhnlicher Frauen im Zentrum unserer Bemühungen stehen.

Betreffend das grundlegende Thema der Renten sollte die Europäische Kommission eine Führungsposition einnehmen, wenn es darum geht, die strukturellen Lücken zwischen Frauen und Männern zu schließen. Frauen sollten nicht aufgrund von Umständen benachteiligt werden, auf die sie keinen Einfluss haben: das Lohngefälle, wie meine Kollegin bereits erwähnte, die Pflege der Angehörigen und menschenunwürdige Arbeit. Unser erstes Ziel besteht darin, das Bewusstsein bei Frauen zu schärfen. Wir müssen deutlich machen, dass der weibliche Faktor bei den derzeitigen Diskussionen über Renten nur selten Erwähnung findet. Wir wollen, dass sich politische Entscheidungsträger über die diesbezüglichen Auswirkungen bewusst sind, und wir wollen sicherstellen, dass genaue Daten über Frauen in Bezug auf Renten erhältlich sind.-

Die Kommission muss Forschung in Bezug auf die geschlechtsspezifischen Auswirkungen auf Rentenreformen in Europa betreiben, und ich bin sicher, dass Viviane Reding dies tun wird. Wir müssen uns die bewährten Verfahren auf nationaler Ebene ansehen und einen europäischen Ansatz ausarbeiten. Es ist wirklich an der Zeit, darüber nachzudenken, was wir in den letzten 100 Jahren erreicht haben. Wir brauchen eine klare Zukunft für unsere Kinder.

Wichtig ist auch, dass wir uns in Erinnerung rufen, was Clara Zetkin vor einhundert Jahren getan hat, denn es war ihre Idee, das Lohngefälle zwischen Männern und Frauen zu beseitigen. Es ist außerdem sehr wichtig, dass wir die Änderungen nach Art von Ginger Rogers und Fred Astaire vornehmen und dabei nicht vergessen, dass Ginger Rogers alles „rückwärts und auf hohen Absätzen“ machen musste.

 
  
  

VORSITZ: DAGMAR ROTH-BEHRDEDT
Vizepräsidentin

 
  
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  Lena Kolarska-Bobińska (PPE).(PL) Frau Präsidentin! Die Berichte über Ungleichheiten, von denen Frauen und Männer in der Europäischen Union betroffen sind, enthalten zahlreiche Vorschläge zu dem, was getan werden sollte und welche Schritte unternommen werden sollten, um diese Ungleichheiten abzubauen. Ich möchte Kommissarin Reding meinen aufrichtigen Dank ausdrücken für die Maßnahmen, die sie auf europäischer Ebene zum Abbau der Unterschiede zwischen Frauen und Männern einleitet. Die meisten dieser Maßnahmen sollten jedoch auf nationaler beziehungsweise einzelstaatlicher Ebene ergriffen werden. Hierbei stößt man häufig auf starken Widerstand von Politikern, Institutionen und der öffentlichen Meinung. Frauenorganisationen rufen daher die Kommission oft um Hilfe an. Dennoch sind Aktionen auf Basisebene von entscheidender Bedeutung, so zum Beispiel im Fall Polens, wo es dank einer sozialen Frauenbewegung namens Frauenkongress möglich war, Widerstände zu überwinden. Wir haben mehr als 100 000 Unterschriften für eine Sozial- und Gesetzesinitiative gesammelt, und als Folge einer breiten Debatte, die die öffentliche Meinung mobilisiert hat, stimmte das polnische Parlament für eine Parität von 35 % für Frauen auf allen Wahllisten, einschließlich derjenigen der europäischen Wahlen. Ich bin stolz darauf, dass Polen zu denjenigen Ländern gestoßen ist, in denen Parität gesetzlich vorgeschrieben ist, und dass es der erste unter den neuen Mitgliedstaaten ist, der diese wichtige Änderung eingeführt hat. Wir werden nun sorgfältig beobachten, welchen Einfluss dies auf die politische Teilnahme der Frauen hat. Ich möchte klar festhalten, dass wir uns umgehend neue Ziele setzen sollten, und diese Ziele sollten sein: gleicher Lohn für die verschiedenen Gruppen von Frauen und Parität in anderen Entscheidungsgremien. Ich danke Ihnen.

 
  
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  Silvia Costa (S&D).(IT) Frau Präsidentin, verehrte Mitglieder der Kommission, Kolleginnen und Kollegen! Ich danke den Berichterstatterinnen, und ich widme diesen 8. März auch den Frauen in Nordafrika und im Nahen Osten, wie auch den vielen Frauen, die in diesem Moment in Kairo und im Iran demonstrieren und in ihren Ländern für Demokratie und Freiheit kämpfen. In diesem Sinne hoffe ich, dass energische Maßnahmen ergriffen werden, auch im Zusammenhang mit den Außenbeziehungen der Europäischen Kommission, um mit diesen Frauen Verbindungen herzustellen.

Auch in Europa zeigt sich ein starkes Wiedererwachen in der Beteiligung von Frauen, angefangen mit Forderungen in Bezug auf die Achtung der Würde der Frauen in den Medien und in Verhaltensweisen von Männern in Institutionen, wie sie am 13. Februar von einer Million italienischer Frauen und vielen betroffenen Männern auf Marktplätzen zum Ausdruck gebracht wurden.

Was die zur Debatte stehenden Berichte anbelangt, möchte ich feststellen, dass eine enge Verbindung besteht zwischen der wachsenden Unsicherheit am Arbeitsplatz und im Privatleben junger Frauen, auch wenn sie besser ausgebildet und besser qualifiziert sind, dem unangemessenen Schutz atypischer Arbeitnehmerinnen – was für die meisten jungen Frauen zutrifft – während der Mutterschaft, den unzulänglichen Maßnahmen zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf und den niedrigeren Beschäftigungsquoten, der größeren Armut unter Frauen und Kindern und den niedrigeren Renten und somit ihrem Ausschluss von Entscheidungsbefugnissen.

Ich stimme der Initiative von Frau Reding in Bezug auf die Aufsichtsräte zu, mit der Initiative zu den Versicherungen, durch die gerade Frauen benachteiligt werden könnten, bin ich weniger einverstanden. Andernfalls wird es kein Europa 2020 geben.

 
  
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  Elisabeth Morin-Chartier (PPE).(FR) Frau Präsidentin, Frau Kommissarin, sehr geehrte Damen und Herren! Zunächst möchte ich Ihnen sagen, dass für mich der Kampf um die Gleichstellung von Mann und Frau nichts mit links oder rechts zu tun hat, es ist kein Kampf von Männern oder Frauen, es ist ein Kampf für die Gesellschaft als Ganzes.

Welche heutige Gesellschaft würde wie wir in die Ausbildung junger Frauen investieren, um anschließend auf 50 % der Intelligenz auf dem Arbeitsmarkt zu verzichten? Das darf nicht die Gesellschaftsform sein, in der wir leben. Ich appelliere an Sie, die Kommission, den Rat und das Parlament, alles zu tun, damit wir eine Gesellschaft mit mehr Gleichstellung und mehr Gerechtigkeit hinterlassen, die die Ausbildung junger Frauen und ihre Intelligenz besser zu nutzen versteht.

Der zweite Punkt, Frau Kommissarin, betrifft den gleichberechtigten Zugang zu Führungspositionen. Wie Sie wissen bin ich Französin, und ich war gegen Quoten. Doch nach zehn Jahren habe ich begriffen, dass wir ohne Quoten nichts erreichen werden. Ohne Quoten werden wir niemals so viele Frauen wie Männer

(Beifall)

in Führungspositionen haben. Ich habe letzte Woche gehört, wie der Präsident des Parlaments diese Ansicht unterstützt hat.

Ich denke, dass wir heute wirklich diesen Weg gehen müssen. Sie wissen, dass ich gegen die Quoten war, denn ich halte es für etwas herabwürdigend, Frauen zu schützen, die auf der Grundlage ihrer Kompetenzen dort hingelangen sollten. Jetzt müssen wir allerdings diesen Weg einschlagen.

Der dritte und letzte Punkt: Wir müssen auch für das gleiche Entgelt für Männer und Frauen kämpfen. Vielen Dank für Ihre Beiträge.

(Beifall)

 
  
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  Antigoni Papadopoulou (S&D).(EL) Frau Präsidentin! Heute würdigen wir den jahrhundertelangen Kampf der Frauen und die Errungenschaften von Frauen. Wir stellen weiterhin Demokratiedefizite fest, die durch die gegenwärtige Krise noch verschärft werden. Armut, Frauenhandel, Gewalt, Arbeitslosigkeit, sexuelle Ausbeutung, die Kluft bei der Entlohnung (Lohngefälle), Herabsetzung in den Medien, die Fortdauer stereotyper Rollenbilder und die geringe Beteiligung von Frauen in Entscheidungsgremien – allesamt weibliche Substantive – fügen alleinerziehenden Müttern, älteren Frauen, Migrantinnen und Frauen mit Behinderungen den größten Schaden zu.

Wir brauchen ein abgestimmtes Vorgehen auf europäischer und einzelstaatlicher Ebene: eine wirksamere Beschäftigungs- und Sozialpolitik zur Bekämpfung der Armut, mehr Maßnahmen zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Privatleben und Beruf zur Unterstützung berufstätiger Frauen und positive Maßnahmen und Quotenregelungen für eine ausgewogene Vertretung in Entscheidungsgremien. Wir brauchen gute Erziehung und Sensibilisierung, um Gewalt und Stereotype zu bannen. Der Weg ist lang, aber wir müssen ihn gehen, denn Frauen verdienen bessere Chancen ohne Vorurteile.

 
  
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  Joanna Senyszyn (S&D).(PL) Frau Präsidentin! Frauen werden in allen Lebensbereichen diskriminiert; sie werden geschlagen und vergewaltigt. Die Hälfte aller Frauen in Europa haben Gewalt erfahren, und mehr als eine Million erfahren sie täglich. Während an der Richtlinie gegen Gewalt an Frauen gearbeitet wird, gibt es Länder in der Europäischen Union, einschließlich Polen, leider, die eine vom Gesetz sanktionierte Anwendung der Gewalt gegen Frauen auf dem Gebiet der sexuellen und reproduktiven Gesundheit zulassen.

Mangelhafte sexuelle Aufklärung und ungenügender Zugang zu Verhütungsmitteln führen dazu, dass Frauen, auch minderjährige, die schwanger werden, gesetzlich gezwungen sind, das Kind zur Welt zu bringen. Eine schwangere Frau wird wie ein Inkubator behandelt, ohne Recht auf ihre eigene Entscheidung und ohne Recht auf Gesundheit und Privatsphäre – Dinge, auf die jeder Mann Anspruch hat. Durch das Abtreibungsverbot wird die Zahl solcher Eingriffe nicht vermindert. Das gesetzliche Abtreibungsverbot ist zu verurteilen, denn es ist eine Form der staatlichen Gewalt gegen Frauen sowie institutionelle Diskriminierung von Frauen. Wenn Männer diejenigen wären, die schwanger werden, so wäre Abtreibung ein Sakrament.

 
  
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  Iratxe García Pérez (S&D).(ES) Frau Präsidentin! Ich möchte meine Anerkennung und meinen Dank gegenüber allen Frauen zum Ausdruck bringen – von denen viele sehr bekannt sind und über die geschrieben wird, aber von denen auch viele unsichtbar sind –, die sich in diesen vergangenen 100 Jahren eingesetzt und gekämpft haben, um das Niveau der Gleichstellung zu erreichen, das wir heute haben.

Aber es bleibt noch viel zu tun, und in diesen Berichten werden uns Themen näher gebracht, wie die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, Schwierigkeiten beim Zugang zum Arbeitsmarkt oder die Bekämpfung der sexuellen Gewalt, einer der größten Geißeln in Europa und der Welt. Die Gleichstellung zwischen Männern und Frauen ist noch immer nicht Realität. Deshalb müssen wir eine neue Phase einleiten und Verpflichtungen in Realitäten umsetzen.-

Wir in den Europäischen Organen und in der europäischen Gesellschaft müssen darauf hinzielen, echte Gleichstellung zwischen Männern und Frauen zu erreichen, die eine Chance darstellt, eine Gesellschaft mit mehr Gerechtigkeit und mehr Gleichstellung zu erreichen, und auf diesem Weg sind Männer unentbehrlich. Es bleibt noch viel zu tun, und wir werden es gemeinsam durchsetzen.

 
  
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  Joanna Katarzyna Skrzydlewska (PPE).(PL) Frau Präsidentin! Wir haben heute die Gelegenheit, uns auf das Recht der Menschen auf Gleichbehandlung ungeachtet ihres Geschlechts zu besinnen. Trotz der vielen Maßnahmen, die zur Gewährleistung der Gleichberechtigung ergriffen worden sind, bleibt das Problem der Lohnunterschiede zwischen Frauen und Männern ungelöst. Frauen befinden sich nach wie vor in einer schwierigeren Lage; Arbeitgeber bewerten ihre Eignung für eine Anstellung oft nicht aufgrund ihrer Qualifikationen, sondern danach, ob sie Kinder haben wollen oder nicht oder, wenn sie bereits Kinder haben, wer sich bei Krankheit um sie kümmert. Niemand stellt Männern oder Vätern solche Fragen, wenn es um eine Anstellung geht. Ich würde daher den Bedarf nach Anpassung des Systems hervorheben und Maßnahmen verlangen, die zu einer Veränderung der Wahrnehmung dieses Problems durch die Gesellschaft führen und die dafür sorgen, dass auch die Frauen selbst von ihrer inneren Überzeugung befreit werden, sie alleine seien für die Erziehung der Kinder verantwortlich. So können diese Ungleichheiten ausgemerzt werden. Da ich das Charisma und die Entschlossenheit von Kommissarin Reding kenne, halte ich es für sehr wahrscheinlich, dass dies erreicht wird. Ich danke Ihnen.

 
  
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  Mitro Repo (S&D).(FI) Frau Präsidentin! An diesem Internationalen Frauentag ist es angebracht zu prüfen, wie Gleichstellung in Europa tatsächlich umgesetzt wird. Wir haben eine neue gemeinsame Sorge: Das ist die Feminisierung der Armut. Obwohl Frauen mehr arbeiten als Männer, beziehen Männer höhere Löhne und bekommen noch höhere Renten. Es ist nicht richtig, dass Männer reicher und Frauen ärmer werden. Das trifft insbesondere auf ältere Frauen zu und deshalb sollten sie auf jede denkbare Weise unterstützt werden.

Alterung und Älterwerden sollten keine Last sein, insbesondere im Hinblick auf Frauen. Es sollte nicht als Bürde angesehen werden, sondern als eine Bereicherung der Gesellschaft und Europas und als eine Ressource. Die Zukunft der Welt und Europas wird hauptsächlich von Frauen abhängen, und insbesondere von den Müttern. Offenbar ist es gut, dass Söhne und Ehemänner von Müttern, Herr Bloom und ich, etwas Sinnvolleres zu tun haben, als in den Krieg zu ziehen. Ich gratuliere.

(Beifall)

 
  
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  Ivo Vajgl (ALDE).(SL) Frau Präsidentin! Bei den Wiener Philharmonikern, womöglich dem besten klassischen Orchester der Welt, dürfen erst seit wenigen Jahren weibliche Mitglieder aufgenommen werden und mit ihnen auftreten. Stellen Sie sich einmal vor, wie unser Orchester hier, dieses Parlament, aussehen und klingen würde, wenn wir nicht unsere weiblichen Mitglieder hätten, die es mit ihrem Charakter und bewussten Diskurs beleben.

Es ist offensichtlich, dass ein Tag wie heute, ein Tag, der uns an die Ungleichheit der Frauen erinnern soll, mehr als erforderlich ist. Am Zahltag, an dem Tag, an dem die Rollen am Arbeitsplatz aufgeteilt werden, und an allen Tagen, wenn es um die Sorge für Kinder und Familie geht, sind Frauen nicht gleich. Es liegt in unserer Verantwortung im Europäischen Parlament sowie in der Verantwortung unserer Kollegen in den nationalen Parlamenten, in angemessener Weise Rechtsvorschriften zu erlassen, um diese Gleichheit zu schaffen. Aber ich denke, wir werden diese Gleichheit auch dadurch fördern, indem wir tagtäglich Frauen gegenüber Sorge und Aufmerksamkeit beweisen.

 
  
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  Anna Záborská (PPE). (SK) Frau Präsidentin! Es ist wichtig, dass wir heute über Frauenarmut sprechen. Gleichzeitig ist es schade, dass wir in unserer Suche nach einer Lösung in einer einseitigen Denkweise verhaftet sind.

Zur Beseitigung der Armut der Frauen ist mehr als nur Zwangsintervention im familiären Umfeld nötig. Die neuesten Untersuchungen der OECD zeigen, dass eine solche Intervention nur beschränkt Erfolg hat. Frauen wenden mehr Zeit für Haushaltsarbeiten und Kinderbetreuung auf als Männer. Dies trifft selbst dann zu, wenn sich der Mann in Elternurlaub befindet. Sie tun dies nicht, weil sie es müssen, sondern weil sie es wollen. Sie ziehen eine Teilzeitanstellung vor.

Nach Angaben der OECD werden 30 bis 50 % aller wirtschaftlichen Aktivitäten von Frauen bei den aktuellen Wohlstandsmessungen, wie zum Beispiel dem Pro-Kopf-BIP, nicht berücksichtigt. Zur Beseitigung der Frauenarmut ist daher auch die Anerkennung jener Arbeit nötig, die Frauen im Rahmen der Solidarität zwischen den Generationen leisten. Indem wir diese Arbeit anerkennen, machen wir einen grundlegenden Schritt hin zur Beseitigung der Armut.

 
  
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  Sylvana Rapti (S&D).(EL) Frau Präsidentin! Ich habe etwas anderes zu sagen: Für mich ist der heutige Tag kein Feiertag; es ist ein Tag des Gedenkens an die Frauen, die nicht vor 100 sondern vor 157 Jahren Opfer des Aufstands in Amerika wurden. Auch das sollten wir nicht vergessen. Wenn wir vorankommen wollen, brauchen wir drei grundlegende Dinge:

- das Erste sind Unterstützungseinrichtungen für berufstätige Frauen: Kindergärten und Kinderkrippen;

- das Zweite, Kommissar Andor, ist finanzielle Unterstützung für Frauen und

- das Dritte ist ein Umdenken in den Schulen und hier, Frau Kommissarin Reding, sind mein Vorschlag Quoten, nicht nur im Schulrat, das hieße nämlich, das Pferd von hinten aufzäumen, sondern es muss auch Quoten für Kindergartenpädagogen und Lehrer geben, damit wir die Gleichstellung der Geschlechter erfahren können.

Abschließend, Frau Präsidentin, fordere ich Sie als weibliche Präsidentin auf, die Regeln zu umgehen und zu dieser besonderen Feier anlässlich des Frauentages das Wort den verbleibenden zehn Rednerinnen zu erteilen.

 
  
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  Ulrike Lunacek (Verts/ALE). - Frau Präsidentin, Frau Kommissarin, meine Damen und Herren hier im Raum und auf den Galerien! Der Kampf um Frauenrechte am Arbeitsplatz, in der Familie, in der Demokratie, der Kampf um wirtschaftliche Unabhängigkeit von Frauen, der Kampf gegen Männergewalt, gegen Frauenarmut, gegen Diskriminierung von Alleinerzieherinnen, von lesbischen Frauen, von Migrantinnen ist einer, der schon allzu lange dauert. Wir feiern heute das 100. Jubiläum des Frauentags. Zum Glück werden wir ihn wohl auch in Zukunft feiern können, die Errungenschaften, die wir schon haben, aber auch das, was noch fehlt.

Frau Morin-Chartier hat vorhin gesagt, sie habe vor etwa zehn Jahren noch nicht an Quoten geglaubt, heute glaube sie daran: Quoten sind notwendig. Ich danke ihr dafür! Quoten sind tatsächlich etwas, ohne dass Frauen es nicht schaffen werden. Wir haben Männerquoten in allen Aufsichtsräten, in allen Gremien, in der Politik, in der Wirtschaft. Die Männernetzwerke funktionieren ohne Probleme. Und Männer sind dort nicht unbedingt wegen ihrer Leistung – manche schon, aber lange nicht alle –, sondern weil sie diesen Männernetzwerken angehören. Deswegen brauchen wir Quoten und wir brauchen Lohngleichheit!

 
  
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  Nikolaos Salavrakos (EFD).(EL) Frau Präsident! Ich halte den heutigen Tag für einen sehr wichtigen Tag: Wir begehen den Frauentag, den Tag der Frauen, die wir lieben, der Frauen, die wir achten, der Frauen, die unsere Mütter, unsere Ehefrauen, Schwestern und Töchter, berufstätige Frauen und Hausfrauen sind. Ich möchte allen Frauen meinen Dank aussprechen und betonen, dass ich persönlich den Kampf der Frauen um die Gleichstellung in der Gesellschaft und am Arbeitsplatz, für gleiches Entgelt und für Quoten in den Entscheidungsgremien unterstütze und jede Form der Gewalt gegen und der Ausbeutung von Frauen verurteile.

Ich werde nicht mehr sagen, es wurde schon alles gesagt. Ich danke Ihnen, meine Damen, allen, die in dieser Sitzung anwesend oder auch nicht anwesend sind.

 
  
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  Licia Ronzulli (PPE).(IT) Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte heute eine besondere Widmung an alle Frauen richten, die Tag für Tag für die Achtung ihrer Rechte in der modernen Gesellschaft kämpfen, alle Frauen, die sich entschieden haben, ein Kind zu bekommen, in dem Wissen, dass ihr Arbeitsleben mit ihrer neuen Rolle als Mutter schwer vereinbar sein wird, allen Frauen, die sich im Bewusstsein ihrer Begabungen und Fähigkeiten entscheiden, trotz vieler Hindernisse auf ihrem Weg voranzuschreiten.

Aus diesem Grund unterstütze ich die Einführung, zumindest in einer ersten Phase, von verbindlichen Quoten für Frauen als Instrument zum Aufbrechen einer Kultur, die nur Männer unterstützt. Ich bin überzeugt, dass sich dadurch die Chance bieten würde, auf die viele junge Frauen warten und die sie sich mit ihren beruflichen Fähigkeiten und Kompetenzen sicher nicht entgehen lassen werden.

Ich habe ein Baby, das erst ein paar Monate alt ist, und ich habe einen Traum: Ich hoffe, dass meine Tochter, Vittoria, nicht wie wir darum kämpfen muss, diese gläsernen Decken zu durchbrechen und dass weibliche Talente nicht länger als Bürde angesehen werden müssen, sondern als echter Mehrwert.

 
  
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  Andrew Henry William Brons (NI). – Frau Präsidentin! Die Totzkisten verwandelten den marxistischen Klassenkampf in einen Gruppenkampf der Vielfachbeschwerden. Die Gesellschaft sollte in Gruppen segmentiert werden, die gewusst oder nicht gewusst haben mögen, dass sie eine Beschwerde hatten, bis es ihnen von hilfreichen jungen Aktivisten erklärt wurde. Die Gruppen können anhand der ethnischen Zugehörigkeit, der Religion, des Geschlechts, der sexuellen Ausrichtung, des Alters oder der Behinderung definiert werden. Sie sollten alle nachdrücklich dazu aufgerufen werden, sich im kollektiven Kampf gegen ihre Unterdrücker zu engagieren.

Die Trotzkisten wurden älter, wenn auch nicht erwachsener. Manche von ihnen kamen später in Positionen mit Macht und Einfluss. Ihre Ideen verbreiteten sich viel schneller und weiter, als sie es taten. Das Wort „Diskriminierung“ gefolgt von dem Wort „gegen“ wurde zum schrecklichsten aller Übel. In vielen Fällen ist ein Übeltäter nicht erkennbar. Der Diskriminierer ist der Rest der Gesellschaft. Wir alle sind schuldig. Menschen, was auch immer ihre echte Benachteiligung sei, muss klar sein, wenn sie manipuliert werden, und sie müssen diese Manipulation abschütteln.

 
  
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  Karin Kadenbach (S&D). - Frau Präsidentin, Frau Kommissarin, Herr Kommissar! Das 100. Jubiläum des Frauentags sollte auch ein Moment des Innehaltens und Bilanzziehens sein. Ich möchte mich heute bei unseren Pionierinnen, bei den Wegbereiterinnen bedanken, die ermöglicht haben, dass nun so viele Frauen am politischen Geschehen und am wirtschaftlichen System teilhaben.

Dieser Tag muss aber auch eine Mahnung sein, dass das, was bis jetzt errungen wurde, nicht aufs Spiel gesetzt werden darf. Die Programme der einzelnen Mitgliedstaaten, die jetzt unter dem Deckmantel der Budgetkonsolidierung umgesetzt werden sollen, richten sich in vielen Bereichen ganz konkret gegen Frauen, gegen die Chance der Frauen auf Bildung, gegen die Chance der Frauen auf ein existenzsicherndes Einkommen, gegen die Chance der Frauen, an der politischen Entwicklung teilzuhaben. Ich ersuche vor allem auch die Männer – und es sind jetzt auch einige da –, gemeinsam und partnerschaftlich mit uns an der Umsetzung unserer hochgesteckten Ziele zu arbeiten, damit der Frauentag in Zukunft wirklich ein Feiertag sein kann.

 
  
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  Viviane Reding, Vizepräsidentin der Kommission.(FR) Frau Präsidentin! Ich danke Ihnen, meine Damen und Herren, denn ich habe die Botschaft klar und deutlich vernommen. Ich kann sie in einem Satz zusammenfassen: Die Mehrheit von Ihnen nimmt die 90 % Quote von Männern an der Spitze unserer Unternehmen nicht länger hin und ist der Ansicht, dass sich dies ändern sollte.

(Beifall)

Lassen Sie uns gemeinsam daran arbeiten, diese Veränderung herbeizuführen.

Vizepräsidentin der Kommission.(FR) Wenn ich nun, nachdem ich Ihre Berichterstatterin und all die Beiträge angehört habe, das analysiere, was gesagt wurde, stimmen wir meines Erachtens darin überein, dass Frauen sich in der Politik recht gut behaupten. Es bleibt noch viel zu tun, aber wir sind auf dem richtigen Weg.

Leider behaupten wir uns in der Wirtschaft nicht so gut. Wir sind an Entscheidungsprozessen nicht beteiligt, und ich habe Ihrer Botschaft entnommen, dass wir das ändern müssen. Wir sind vertreten bei den gering bezahlten Tätigkeiten, während 60 % der Hochschulabsolventen Frauen sind. Sie gehen uns auf dem Weg dorthin verloren, wo wir sie in Krisenzeiten brauchen, um Dinge auf wirtschaftlicher Ebene zu verbessern.

Wir haben keine Wahl. Wie sollen wir 75 % Beschäftigungsfähigkeit erreichen, wenn nicht durch den Einsatz des ungenutzten Potenzials dieser gut ausgebildeten Frauen? Wir müssen an die Beschäftigung wirklich anders herangehen, indem wir Frauen eine Chance geben und die Talente einbringen, die wir geschult und ausgebildet haben, und die für den Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen.

Ich habe die Äußerungen in Bezug auf die Opfer zur Kenntnis genommen. Es ist richtig, dass nicht alle Opfer Frauen oder Kinder sind. Es können auch Männer sein – aber Opfer sind in erster Linie Frauen, und auch junge Mädchen. Deshalb wird dieser Tatsache im Paket zum Opferschutz, das ich im Mai vorstellen werde, Rechnung getragen.

Direkt im Anschluss an diese Sitzung werden wir den 100. Internationalen Frauentag feiern. Wir sollten nicht vergessen, dass wir auch 100 Jahre feiern, seit Marie Curie den Nobelpreis erhielt. Ich möchte allen Frauen in diesem Saal sagen, dass wir darauf stolz sein sollten, Frauen zu sein.

(Beifall)

 
  
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  László Andor, Mitglied der Kommission. – Frau Präsidentin! Ich bin der Meinung, dass einhundert Jahre Kampf und einhundert Jahre Fortschritt anerkannt werden müssen. Aber wir müssen auch anerkennen, dass das heutige Europa noch weit von der vollen Gleichstellung zwischen Männern und Frauen entfernt ist. Viele dieser Ungleichheiten spiegeln sich in den Ungleichgewichten auf den Arbeitsmärkten und den Vorurteilen gegenüber Frauen in vielen Segmenten und in vielen Einrichtungen des Arbeitsmarktes.

Deshalb ist es nach meinem Dafürhalten notwendig, europäische Maßnahmen und europäische Finanzierungsinstrumente einzusetzen, um die Situation in diesem Bereich zu verbessern und um die Beschäftigungsmöglichkeiten und Beschäftigungsbedingungen von Frauen zu verbessern, um Fortschritte zu erzielen. Es sind viele konkrete Maßnahmen möglich. Im Hinblick auf die europäischen Fonds beispielsweise wären, wo immer es möglich und sinnvoll ist, Rahmenbedingungen für die Chancengleichheit sehr wichtig. Wir wollen dies weiterverfolgen.

Doch auch die direkte Schaffung von Arbeitsplätzen ist wichtig. Dabei wird die Schaffung von Arbeitsplätzen in den kommenden zehn Jahren hauptsächlich auf die so genannten „weißen Jobs“ ausgerichtet sein – Arbeitsplätze in der Gesundheitsversorgung und in der Langzeitpflege. Hier müssen wir uns darauf konzentrieren, Chancen zu bieten, denn viele dieser Arbeiten werden sowieso von Frauen geleistet, allerdings ohne angemessene Vergütung und ohne die Möglichkeit, Rechte zu erwerben, einschließlich der Rentenansprüche für ihren Lebensabend.-

Was die Pensionen und Renten betrifft, werden wir im Weißbuch zu Pensionen und Renten, das im dritten Quartal dieses Jahres veröffentlicht werden soll, verstärkt auf die Geschlechterdimension eingehen. Eine Gruppe von Kommissionsmitgliedern arbeitet an diesem Weißbuch zu Renten und Pensionen und mit der Beteiligung und dem Beitrag von Vizepräsidentin Reding werden wir die Geschlechterdimension der Renten und Pensionen energischer angehen können als in dem vorangegangenen Grünbuch.

Ich stimme Frau Zimmer zu. Es geht auch um die Regelung der Arbeitszeit. Das ist ausgesprochen wichtig. Wir brauchen eine europäische Arbeitszeitregelung, durch die eine bessere Vereinbarkeit der Arbeitsanforderungen und der familiären Verpflichtungen möglich wird. Eine bessere Vereinbarkeit von Privat- und Berufsleben ist ganz wesentlich. Die ist Teil unserer Agenda für menschenwürdige Arbeit. Ich stimme denjenigen zu, die hervorgehoben haben, dass es sich hierbei nicht nur um eine EU-Angelegenheit handelt – dies ist eine internationale Verantwortung, die wir weiterhin wahrnehmen müssen.-

Ich möchte noch einen Zusammenhang zwischen Arbeitsmarkt und Ausbildung hervorheben: Wir müssen weit gehen, um die Qualität der Bildung zu erhöhen, um Bewusstsein zu schaffen, um Rechte zu vermitteln, insbesondere auch Frauenrechte und – dies ist sehr wichtig – Rechte europäischer Minderheiten, seien es Einwanderer oder andere ethnische Minderheiten.

Und schließlich zu den Quoten in den Aufsichtsräten: Ich hatte letzte Woche die Gelegenheit, dieses Thema mit dem neuen Präsidenten des Britischen Arbeitgeberverbands zu erörtern – Herr Bloom wird das sicherlich mit Interesse hören. Es geht in dieser Frage um viele verschiedene Aspekte. Neben der Bekämpfung von Stereotypen sowie organisatorischen und kulturellen Aspekten wurde in der Diskussion auch hervorgehoben, dass das Familienleben aufgrund der Zeitanforderungen in Spitzenpositionen anders gestaltet werden muss. Wir müssen deshalb an vielen Fronten tätig werden. Wir sollten in diesem Zusammenhang nicht nur Berufsleben und öffentliches Leben erörtern. Ich meine, wenn wir die Diskussion mit der entsprechenden Verantwortung weiterführen, dann können wir in der Zukunft Fortschritte erzielen.-

 
  
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  Mariya Nedelcheva, Berichterstatterin.(FR) Frau Präsidentin, Frau Reding, Herr Kommissar! Ich möchte allen meinen Kolleginnen und Kollegen für ihre Beiträge und Reden danken.

Die heutige Aussprache ist erneut ein Beweis dafür, wie wichtig für uns das Thema der Geschlechtergleichstellung ist. Wir alle haben gemeinsame Werte und Grundsätze: die Achtung der menschlichen Würde, die Bekämpfung von Ungleichheit und Diskriminierung.

Ich habe sehr großen Respekt gegenüber den persönlichen und häufig nationalen Konnotationen, die jeder einzelne von uns in diese Werte und Grundsätze einbringt. Darin liegt der Reichtum der europäischen Vision zu diesen Fragen. Doch dürfen diese unterschiedlichen Konnotationen nicht dazu führen, dass wir unsere gemeinsamen Ziele aus den Augen verlieren. Wir müssen weiterhin darauf hinwirken, die Bedingungen für Frauen sowohl am Arbeitsplatz wie auch auf persönlicher Ebene und auf Ebene der Familie zu verbessern. Ihr Zugang zum Arbeitsmarkt, insbesondere der Zugang zu Führungspositionen, sollte weiter gefördert werden, und die einzelstaatlichen Behörden, Institutionen, politischen Gremien und Unternehmen sollten dabei stärker in die Verantwortung genommen werden. Unsere Aufgabe ist es, zu beweisen, dass diese Ziele erreichbar sind. Es wurde heute mehrfach zum Ausdruck gebracht, dass die Bekämpfung der Ungleichheiten zwischen den Geschlechtern ein tagtäglicher Kampf ist. Ein starker politischer Wille ist mit konkreten Maßnahmen zu untermauern. Ich begrüße alle von der Kommission angekündigten Maßnahmen, und mein Dank gilt bereits im Voraus auch allen meinen Kolleginnen und Kollegen für die Unterstützung, die wir dazu leisten werden.

Ich möchte noch einen Punkt ansprechen: Während der Aussprachen wurde ich wegen der Länge des Textes kritisiert, der, wie es scheint, von Jahr zu Jahr länger wird. Dies liegt wohl daran, dass die früheren Empfehlungen nicht in vollem Umfang umgesetzt worden sind. Wir müssen dafür sorgen, dass sie von allen umgesetzt werden. Ich denke, es liegt auch an der Vielschichtigkeit des Sachverhalts und seiner dynamischen Entwicklungen. Ich möchte betonen: Es ist unsere Aufgabe, mit diesen Entwicklungen Schritt zu halten und nicht in verstaubten Ideen verhaftet zu bleiben, so dass wir in der Lage sind, diesen Entwicklungen eine Richtung zu geben.

Schließlich glaube ich, dass die Gleichstellung der Geschlechter uns nach wie vor alle angeht. Vor allem glaube ich an den freien Willen jedes Einzelnen, dies anzuerkennen und darauf hinzuwirken, dass sie Wirklichkeit wird. 2011 ist das Europäische Jahr der Freiwilligentätigkeit und unsere größte gemeinsame Initiative dieses Jahr sollte es sein, in der Geschlechtergleichstellung echte Fortschritte zu erzielen.

 
  
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  Rovana Plumb, Berichterstatterin. – Frau Präsidentin! Ich möchte Kommissarin Reding und Kommissar Andor für ihr großes Engagement in diesen wichtigen Fragen danken. Auch möchte ich allen meinen Kolleginnen und Kollegen für ihre energischen Botschaften in dieser wichtigen Debatte heute danken.

Als Erstes möchte ich feststellen, dass die Gleichstellung der Geschlechter nicht nur eine Frage der sozialen Gerechtigkeit ist; sie ist ebenfalls eine Frage des Fortschritts, und wir müssen gemeinsam eine gerechte Gesellschaft für uns alle aufbauen; Zweitens möchte ich sagen, dass ich die Quotenregelungen ausdrücklich unterstütze. Wir brauchen Frauen in Spitzenpositionen, aber wir dürfen die Armut nicht vergessen. Wir müssen die Armut bekämpfen und wir müssen Armut verhüten und verringern und wir brauchen konkrete Maßnahmen. Die Armut zu verhüten und zu verringern, ist ein wichtiger Aspekt der gesellschaftlichen Solidarität, und ich bin fest von der Solidarität der Frauen überzeugt. Wir brauchen Unterstützung für alle Bürgerinnen und Bürger; wir brauchen Unterstützung von der ganzen Gesellschaft, und ich möchte allen nichtstaatlichen Organisationen, den Sozialpartnern und allen Frauen und Männern in der Gesellschaft danken, die Jahr für Jahr, Tag für Tag für die Gleichstellung der Geschlechter kämpfen.

Wir müssen diese Gleichstellung der Geschlechter Wirklichkeit werden lassen. Wir können den Prozess heute direkt beschleunigen. Lassen Sie uns gemeinsam etwas bewirken. Ich wünsche nochmals allen Frauen glückliche Tage.

 
  
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  Die Präsidentin. − Die gemeinsame Aussprache ist geschlossen.

Die Abstimmung zu den beiden Berichten findet heute, 8. März, um 12.00 Uhr statt.

Es folgen die Feierlichkeiten zum 100. Jubiläum des Frauentags. Alle diejenigen von uns in diesem Raum, aus dem Parlament, der Kommission und dem Rat, die Frauen sind, werden im Anschluss an die Zeremonie zu einem gemeinsamen Foto gebeten. Ich hoffe, dass alle Kolleginnen und Kollegen in den Büros das jetzt hören und auch gleich ins Plenum kommen.

Schriftliche Erklärungen (Artikel 149)

 
  
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  Luís Paulo Alves (S&D), schriftlich.(PT) Nach der Feier des 100. Jubiläums des Frauentages würde es sicher nicht zu weit gehen, die bereichernde Rolle der Frau in der Entwicklung der Familie, der Gesellschaft und der Wirtschaft hervorzuheben, wenn sie häufig auch unterschätzt und unterbezahlt wird, wodurch sich das Armutsrisiko erheblich erhöht.

Eines der größten Probleme besteht im begrenzten Zugang zur Beschäftigung, den Arbeitsbedingungen oder auch im Zugang zu Positionen, die ihren Qualifikationen entsprechen. Zudem hat sich die Beschäftigungssituation von Frauen durch die gegenwärtige Wirtschaftskrise in den Mitgliedstaaten verschärft, weil bei ihnen die Wahrscheinlichkeit höher liegt, prekäre Beschäftigungsverhältnisse einzugehen. Die Förderung der Gleichstellung ist auch verbunden mit dem Kampf gegen die Gewalt gegen Frauen, sei es physische, psychische oder sexuelle Gewalt, die bekämpft und verurteilt werden muss. In dieser Hinsicht müssen spezifische Programme verabschiedet werden, um die aktive Einbeziehung oder Wiedereingliederung von Frauen in den Arbeitsmarkt zu fördern, während gleichzeitig spezifische Möglichkeiten für lebenslanges Lernen geschaffen werden, um ihnen Fähigkeiten und Qualifikationen zur Verfügung zu stellen. Außerdem muss ihr Selbstbewusstsein gestärkt und die Fähigkeiten müssen entwickelt werden, die angesichts der EU 2020-Strategie erforderlich sind.

 
  
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  Elena Oana Antonescu (PPE), schriftlich.(RO) Am heutigen Tag des Jubiläums des Internationalen Frauentages unterstütze ich die im Bericht über „die Gleichstellung von Frauen und Männern in der Europäischen Union – 2010“ aufgestellten Grundsätze. Allerdings müssen wir nach meinem Dafürhalten in nächster Zeit von hehren Prinzipien zur Annahme konkreter Maßnahmen übergehen, um die herrschenden Ungleichheiten zwischen den Geschlechtern zu verringern. Rumänien, das Land aus dem ich komme, befindet sich auf dem Index des Global Gender Gap 2010 in Bezug auf die Diskriminierung zwischen Frauen und Männern im Mittelfeld, genauer gesagt auf Platz 64. Im Allgemeinen sind rumänische Frauen besser ausgebildet als rumänische Männer, bei einem ständigen Anstieg des Frauenanteils an der Gesamtzahl der Hochschulabsolventen. In der derzeitigen Situation sind 60 % der Hochschulabsolventen Frauen und nur 40 % Männer. Aber die Einkommen, die Frauen erhalten, sind weiterhin niedriger als die von Männern. Die Risiken aufgrund geschlechtsspezifischer Unterschiede, die die Chancen der Frauen auf dem Arbeitsmarkt beeinträchtigen, sind immer noch sehr hoch und reichen von einem erhöhten Armutsrisiko bis zum versperrten Zugang zu Schlüsselpositionen. In der Hoffnung, dass Frauen auf dem Arbeitsmarkt fairer behandelt werden, möchte ich, dass auch wir dazu beitragen, diese Situation zu verändern. Dieser Bericht ist ein wichtiger Schritt in diese Richtung.

 
  
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  Zuzana Brzobohatá (S&D), schriftlich. (CS) Die Frage der Gleichstellung der Geschlechter verdient gebührende Aufmerksamkeit, insbesondere zum Zeitpunkt des 100. Jubiläums des Internationalen Frauentages. Ich persönlich halte viele der Themen des vorgelegten Berichts für außerordentlich wichtig. Ein Thema, das ich hervorheben möchte, ist die Rentenlücke zwischen Männern und Frauen. Diese Lücke gründet in der Tatsache, dass berufstätige Frauen ihre berufliche Laufbahn öfter unterbrechen als Männer, um Kinder und kranke oder ältere Familienmitglieder zu betreuen und da sie sich als Folge ihrer familiären Verpflichtungen eher als Männer auf Teilzeitarbeit oder prekäre Beschäftigungsverhältnisse einlassen. Dieser Faktor ist es, der zur Rentenlücke führt. Für genauso wichtig halte ich die Forderung, besondere Aufmerksamkeit auf die am meisten gefährdeten Gruppen von Frauen zu richten, also auf behinderte oder ältere Frauen, Immigrantinnen, lesbische, bisexuelle und transsexuelle Frauen oder auch Angehörige von Minderheiten und Frauen mit geringen Qualifikationen oder ohne Qualifikationen, die sich um von ihnen abhängige Personen kümmern. Nicht zuletzt erachte ich es als wichtig, dass der Zugang zu Hilfsangeboten zur Vermeidung von geschlechtsspezifischer Gewalt und zum Schutz der Frauen vor solcher Gewalt, unabhängig von ihrem Rechtsstatus, ihrer Rasse, ihrem Alter, ihrer sexuellen Orientierung, ihrer ethnischen Herkunft oder ihrer Religion gewährleistet, wird wozu die Kommission und die Mitgliedstaaten in diesem Bericht ebenfalls aufgefordert werden.

 
  
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  Maria Da Graça Carvalho (PPE), schriftlich.(PT) Die Gleichstellung der Geschlechter ist ein grundlegendes Prinzip, aber die Ungleichheit zwischen Männern und Frauen besteht fort. Der Frauenanteil unter den Wissenschaftlern und Ingenieuren ist deutlich gestiegen. In der EU sind 59 % der Hochschulabsolventen und 41 % der promovierten Hochschulabsolventen Frauen. Doch es gibt paradoxe Zahlen, die eine nähere Betrachtung verdienen.

Frauen sind in den Wissenschaften, was Führungsrollen betrifft, unterrepräsentiert. Lediglich 19 % der Universitätsprofessoren in der EU sind Frauen. Diese Zahlen veranlassen zu der Annahme, dass es Probleme beim Zugang von Frauen zu höheren Stellen im akademischen Bereich gibt. Es ist entscheidend, Lösungen zu finden, wie sich eine erfolgreiche wissenschaftliche Laufbahn mit einem stabilen Familienleben vereinbar lässt. Ich beziehe mich dabei zum Beispiel auf den Einsatz von neuen Techniken, die Wissenschaftlerinnen ein Arbeiten von zu Hause aus ermöglichen. Nur auf diese Weise können wir dem Ungleichgewicht zwischen Männern und Frauen in Wissenschaft und Forschung begegnen, das nach wie vor ein Hindernis für die Europäischen Zielsetzungen der Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit und der bestmöglichen Nutzung des Innovationspotenzials darstellt.

 
  
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  Monika Flašíková Beňová (S&D), schriftlich. (SK) Die derzeitige Wirtschafts- und Sozialkrise hat starke negative Auswirkungen auf die Lebensbedingungen der Männer und Frauen in der EU. Sie ist eine ernste Bedrohung für den weiblichen Teil der Bevölkerung, insbesondere in den Bereichen Gleichstellung der Geschlechter, Arbeitsbedingungen und Zugang zu Beschäftigung. Im Bereich Arbeitsbedingungen und Lohnniveau sind Frauen stark betroffen, und wenn nicht umgehend angemessene Maßnahmen ergriffen werden, besteht die Gefahr, dass sich die Situation weiter verschlechtert.

Ebenso wichtig ist es, dass die Stellung der Frauen im Rahmen des Kampfes gegen die Armut berücksichtigt wird. Auf globaler Ebene leben gemäß Statistik – im Vergleich zur männlichen Bevölkerung – bis zu 17 % mehr Frauen in Armut. Der Beitrag, den Frauen zur Entwicklung von Familie und Gesellschaft leisten, wird ebenfalls unterbewertet. Die Ungleichheiten zwischen Männern und Frauen, insbesondere in Bezug auf Zugang zu Bildung oder auf die Verteilung der familiären Pflichten, sind Faktoren, die die Armut von Frauen verschärfen. Ernsthafte Folgen hat auch das Lohngefälle zwischen Männern und Frauen beziehungsweise die so genannte gläserne Decke, die Frauen daran hindert, Führungspositionen oder leitende Funktionen zu übernehmen.

Mit der Förderung der Gleichstellung der Geschlechter wird auch die Gewalt gegen Frauen bekämpft. Es ist absolut notwendig, die verschiedenen Formen der Gewalt zu bekämpfen, unabhängig vom Schweregrad der körperlichen, psychischen oder sexuellen Gewalt. Auch in Bezug auf diesen Faktor ist es wünschenswert, dass die Regierungen der EU-Mitgliedstaaten sowie die europäischen Organe Mechanismen unterstützen, die auf eine Gleichstellung der Geschlechter in den verschiedenen Aspekten des sozialen, wirtschaftlichen und politischen Lebens ausgerichtet sind.

 
  
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  Ville Itälä (PPE), schriftlich.(FI) Es ist natürlich angemessen, dass wir am Internationalen Frauentag über Gleichstellung diskutieren, aber das genügt nicht. Die Bedeutung des Themas muss auch an allen anderen Tagen, an denen wir Beschlüsse fassen, betont werden. Ein wesentlicher Aspekt der Gleichstellung ist ferner das unverletzliche Recht jedes Einzelnen auf seinen oder ihren Körper. Dieses erstreckt sich auf das Recht auf Empfängnisverhütung, Abtreibung und gute sexuelle Gesundheit. All diese Sachverhalte sind und werden sicherlich noch lange in den Abstimmungen des Parlaments erkennbar sein. Leider spiegeln sich in den Auseinandersetzungen noch allzu oft Einstellungen wider, die die Unterdrückung der Frauen aufrechterhalten.

 
  
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  Filip Kaczmarek (PPE), schriftlich.(PL) Gleichheit gehört zu Europas Grundwerten und ist eindeutig ein positiver Wert. Das Problem ist einzig, dass Gleichstellung auf viele verschiedene Arten interpretiert wird und dass einige dieser Interpretationen extrem sind und die realen Unterschiede, die zwischen den Menschen bestehen, nicht berücksichtigen. Die verschiedenen möglichen Interpretationen haben Ideologien hervorgebracht, die mit Gleichstellung verbunden werden und direkt mit diesem Begriff zusammenhängen. Es gab in der Vergangenheit Fälle, in denen Verbrechen, einschließlich Genozid, im Namen der Gleichheit, ausgelegt im Sinn einer bestimmten Doktrin, begangen wurden. Wo es um Gleichheit zwischen Frauen und Männern geht, ist die Gefahr des Dogmatismus kleiner, doch stark radikale Positionen bestehen weiterhin. Die Gleichheit von Frauen und Männern kann nicht auf politische Äußerungen und gesetzliche Vorschriften beschränkt werden. Die Umsetzung von Standards, die auf dem Prinzip der Gleichheit beruhen, ist sehr wichtig, und die Mentalität muss sich ändern, damit dies möglich wird. Wir müssen Erziehungs- und Informationsmaßnahmen fördern und unterstützen und gute Praktiken begünstigen. Wir müssen dafür sorgen, dass das Gleichheitsbewusstsein die Regel und nicht die Ausnahme ist. Echte Gleichheit muss im Innern des Menschen vorhanden sein, in seiner Haltung, in seinem spontanen Alltagsverhalten. Gleichheit ist auch kein alleinstehender Wert. Wir sollten keine Gleichheitsbekundungen akzeptieren, die in ihrer Formulierung andere zentrale Werte wie Freiheit, Würde und Gerechtigkeit ausschließen.

 
  
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  Jan Kozłowski (PPE), schriftlich. (PL) Zunächst möchte ich die Berichterstatterinnen zu ihren Berichten beglückwünschen, in denen das wichtige Thema Gleichstellung behandelt wird. Wie in einem der Berichte aufgezeigt wird, haben über 20 Millionen Europäer, hauptsächlich Frauen, begrenzten Zugang zum Arbeitsmarkt, weil sie von ihnen abhängige Erwachsene betreuen. Wir wissen auch, vor welch schwierigen Herausforderungen Eltern stehen, die Kinderbetreuung und Beruf verbinden möchten. Konkrete Schritte im Hinblick auf die Vereinbarkeit von Berufs- und Familienleben zu setzen, ist meines Erachtens sowohl für die gesellschaftliche wie auch wirtschaftliche Entwicklung in Europa eine Angelegenheit von allergrößter Bedeutung. Wir müssen Maßnahmen ergreifen, um die Schaffung von lokalen Unterstützungsdienstleistungen für Familien zu fördern, die Kinder und abhängige Erwachsene betreuen, und den rechtlichen Rahmen überprüfen sowie verstärkt neue Technologien einsetzen, um die Hindernisse für flexible Beschäftigungsformen zu beseitigen. Ich meine, dass die Europäische Union alle erdenklichen Anstrengungen unternehmen sollte, um sicherzustellen, dass das gewaltige Potenzial ihrer fähigen und gut ausgebildeten Bürgerinnen vollkommen freigesetzt ist.

 
  
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  Petru Constantin Luhan (PPE), schriftlich.(RO) Ich begrüße die Vielzahl von Themen, die in diesem Bericht aufgeworfen werden, dank dessen wir, unabhängig von dem Ausschuss, in dem wir arbeiten, eine Reihe von Korrelationen erkennen können, die erreicht werden müssen, so dass wir einen größeren Beitrag zur Erreichung der Ziele der EU-Strategie bis 2020 leisten. Wie Sie gesehen haben, wurden Maßnahmen zur Förderung des Unternehmertums bei Frauen durch die Schaffung von Weiterbildungsstrukturen und Anlaufstellen für berufliche und juristische Beratung sowie durch die Erleichterung des Zugangs zu öffentlicher und privater Finanzierung auf einzelstaatlicher und auf europäischer Ebene gefordert. Insbesondere begrüße ich die Notwendigkeit, Unternehmertum auf lokaler und regionaler Ebene als eine der wichtigsten Quellen der Arbeitsplatzbeschaffung und der wirtschaftlichen Entwicklung auszubauen. Das Leistungspotenzial der Frauen im Hinblick auf die Leitung von Unternehmen wird nur zu einem sehr geringen Teil genutzt. Deshalb bin ich der Meinung, dass sowohl mit dem Europäischen Sozialfonds wie auch mit dem Europäischen Fonds für die regionale Entwicklung Maßnahmen unterstützt werden müssen, damit sich das Unternehmertum unter Frauen entwickeln kann. Es mag durchaus kulturelle, materielle oder wirtschaftliche Unterschiede geben, die uns daran hindern. Aber wir müssen diese Faktoren berücksichtigen und den erforderlichen Rahmen dafür schaffen, damit wir ihnen begegnen können.

 
  
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  Jiří Maštálka (GUE/NGL), schriftlich. (CS) Einhundert Jahre nach den ersten öffentlichen Kundgebungen von Frauen im Kampf für ihre Rechte hat sich das gewünschte Ergebnis immer noch nicht eingestellt. Im Gegenteil: Die aktuelle Krise dreht das Rad der Geschichte in Bezug auf die Gleichstellung von Mann und Frau um ein paar Meter zurück. Frauen auf der ganzen Welt gehen heute, wie vor einhundert Jahren, wieder auf die Straße. Sie führen Demonstrationen an in Griechenland, in Spanien, in der Tschechischen Republik und in Belgien sowie in nordafrikanischen Ländern. Die EU brüstete sich bis vor kurzem mit der Verbesserung der Stellung der Frauen auf dem Arbeitsmarkt sowie in Bezug auf Bildung, Qualität der Lebensverhältnisse, Zugang zur Gesundheitsversorgung und eine stärkere Vertretung in Verfassungsorganen, doch die sich vertiefende Krise scheint dies an den Rand des Gemeinschaftsinteresses gedrängt zu haben. Die Maßnahmen gegen die Krise sind hauptsächlich auf die männliche Bevölkerung ausgerichtet. Die Bedürfnisse der Frauen werden als zweitrangige Angelegenheiten wahrgenommen. Die letzten 100 Jahre haben gezeigt, was Frauen der Welt und dem Fortschritt gebracht haben, und wie viele von ihnen ihr Leben im Kampf für den Frieden gegeben und wie viel neues Leben sie in die Welt gebracht haben. Das ist keine Kleinigkeit. Doch die Welt bleibt den Frauen weiterhin etwas schuldig. Es geht nicht darum, ihnen einen Gefallen zu tun, sondern darum, ihre Gleichstellung in der Gesellschaft klar zu verkünden. Schließlich kämpfen diese Frauen nicht für sich selbst, sondern für eine bessere und menschlichere Welt.

 
  
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  Véronique Mathieu (PPE), schriftlich.(FR) Ich möchte zunächst meiner Kollegin, Mariya Nedelcheva, der Berichterstatterin zu diesem Thema für die mutige und gewaltige Arbeit meine Anerkennung aussprechen. Der Kampf um die Gleichstellung der Geschlechter wird Tag für Tag in allen unseren Ländern gekämpft. Meine Generation war eine der ersten, in denen Frauen Zugang zu Führungspositionen erlangten, insbesondere zu Wahlmandaten. Deshalb freue ich mich, dass Frauen heute in vielen Bereichen vertreten sind, die ihnen bis vor nicht allzu langer Zeit noch verschlossen waren. Aber die Ungleichheiten bestehen weiter und viele Schlachten müssen noch geschlagen werden, nicht zuletzt in Bezug auf das fortbestehende Lohngefälle und auf den Platz von Frauen in den Vorständen großer Unternehmen. Abschließend möchte ich besonders hervorheben, dass allen Frauen Zugang zu hochwertiger reproduktiver Gesundheitsfürsorge gewährt werden muss. Seit Beginn meiner politischen Laufbahn habe ich mich dafür eingesetzt, dass Frauen die Möglichkeit eines Schwangerschaftsabbruchs in einem sicheren medizinischen Umfeld haben. Empfängnisverhütungsmittel müssen ebenfalls problemlos für sie zugänglich sein. Deshalb plädiere ich dafür, dass Empfängnisverhütungsmittel kostenfrei verfügbar sind, insbesondere für Minderjährige.

 
  
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  Franz Obermayr (NI), schriftlich. – Frauenquoten als Meilensteine zu verkaufen, ist reiner Populismus. Was Frauen wirklich brauchen ist eine echte Wahlfreiheit im Leben: Sie müssen die Gewissheit haben, dass keine ihrer Entscheidungen weniger wertgeschätzt wird. Ein wichtiger Schritt wäre die Einführung des Familiensteuersplittings in allen Mitgliedstaaten, damit die Gründung einer Familie nicht zur Armutsfalle wird. Frauenquoten in Aufsichtsräten unterstützen - wenn überhaupt - nur Frauen, die bereits jetzt Topverdienerinnen sind. Seit Norwegen die Frauenquote im Verwaltungsrat von börsennotierten Unternehmen eingeführt hat, werden diese Posten von einer kleinen Anzahl Frauen, die mehrere Sitze in verschiedenen Verwaltungsräten innehaben, kumuliert. In den Unternehmen werden diese Frauen oft abwertend "Goldröcke" genannt, was für das Betriebsklima nicht gerade förderlich ist. Dort wo Frauen wirklich benachteiligt sind, müssen wir ansetzen: Bei den unterbezahlten Pflegekräften, bei den Teilzeitjobs, und bei den vielen Frauen, die mühsam versuchen Familie und Beruf unter einen Hut zu bringen.

 
  
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  Olga Sehnalová (S&D), schriftlich. (CS) Die soziale Solidarität und das europäische Gesellschaftsmodell sind Werte, die Europa von Gesellschaften in anderen Teilen der Welt unterscheiden. Es stellt sich die Frage, wie weit diese Werte im Zusammenhang mit der Forderung nach globaler Wettbewerbsfähigkeit aufrecht erhalten werden können, da diese geringere Lohnkosten, die Lockerung des Arbeitsgesetzes, Kürzungen beim Sozialschutz für Arbeitskräfte sowie eine Schwächung der Rolle des Staates verlangt. Die globale Wettbewerbsfähigkeit werden wir so kaum grundlegend stärken, sondern wir werden viel eher den sozialen Zusammenhalt endgültig untergraben und Spaltungen in der Gesellschaft herbeiführen. Machen wir uns keine falschen Vorstellungen. Frauen werden durch diese Maßnahmen grundlegenden Risiken ausgesetzt. Lohnunterschiede haben bedeutende Auswirkungen, genauso wie die Haushaltskürzungen im öffentlichen Sektor. Aus dieser Perspektive gesehen müssen Renten- und Gesundheitsreformen auf nationaler Ebene beiden Geschlechtern gegenüber gerecht sein. Es ist kein Zufall, dass die Frage der Armut in Europa öfter ältere Frauen betrifft. Der Kampf gegen die Ungleichheit ist keine virtuelle Realität, sondern betrifft reale Menschen.

 
  
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  Jutta Steinruck (S&D), schriftlich. – Wenn wir uns heute am 100. Internationalen Frauentag mit dem Bericht von Mariya Nedelcheva beschäftigen, dann ist es an der Zeit, den Worten endlich Taten folgen zu lassen. Die Benachteiligung von Frauen in Europa kann erst dann wirksam bekämpft werden, wenn wir verbindliche Regeln anstelle von freiwilligen Selbstverpflichtungen einführen. Dazu gehören verbindliche Frauenquoten in Vorständen, aber auch auf allen anderen Ebenen, die konsequente Bekämpfung prekärer Beschäftigung, von der Frauen sehr viel stärker betroffen sind als Männer, die Verbesserung der beruflichen Perspektiven von Frauen bereits in der Schule, indem das Spektrum der Berufswahl systematisch erweitert wird, ein Verbot der finanziellen Schlechterstellung von Frauen bei der Besteuerung und bei den Einkommen, gesetzlich verankerte Gleichstellungspläne in Unternehmen und Branchen, um Frauen zu fördern, und eine regelmäßige Überprüfung und Berichterstattung über die erzielten Fortschritte bzw. darüber, ob in Europa Fortschritte gemacht wurden.

Lassen Sie mich abschließend noch sagen: Nach 100 Jahren Frauentag werden wir Frauen uns nicht weiter mit Lippenbekenntnissen zufriedengeben. Wir wollen verbindliche gesetzliche Regeln und wir wollen, dass endlich anerkannt wird, dass Frauenarbeit einen entscheidenden Beitrag zu unserem Wohlstand leistet.

 
  
  

(Die Sitzung wird für einige Augenblicke unterbrochen.)

 
  
  

VORSITZ: JERZY BUZEK
Präsident

 
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